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Full text of "Handbuch der vergleichenden und experimentellen entwicklungslehre der wirbeltiere"

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HÄNDBUCH 


DER 


VERGLEICHENDEN  UND  EXPERIMENTELLEN 

ENTWICKELUNGSLEHRE 

DER  WIRBELTIERE 

BEARBEITET  VON 

Prof.  Dr.  Barfurth,  Kostock,  Prof.  Dr.  Braus,  Heidelberg,  Docent  Dr. 
Bühler,  Zürich,  Prof.  Dr.  Rud.  Burckhardt,  Basel,  Prof.  Dr.  Felix, 
Zürich,  Prof.  Dr.  Flemmtng  (f),  Kiel,  Prof.  Dr.  Froriep,  Tübingen,  Prof.  Dr. 
Gaupp,  Freiburg  i.  Br.,  Prof.  Dr.  Goeppert,  Heidelberg,  Prof.  Dr.  Oscar 
Hertwig,  Berlin,  Prof.  Dr.  Richard  Hertwig,  München,  Prof.  Dr.  Hoch- 
stetter,  Innsbruck,  Prof.  Dr.  F.  Keibel,  Freiburg  i.  Br.,  Prof.  Dr.  Rud. 
Krause,  Berlin,  Prof.  Dr.  Wilh.  Krause,  Berlin,  Prof.  Dr.  v.  Kupffer  (f), 
München,  Prof.  Dr.  Maurer,  Jena,  Prof.  Dr.  Mollier,  München,  Docent 
Dr.  Neumayer,  München,  Prof.  Dr.  Peter,  Greifswald,  Docent  Dr.  H.  Poll, 
Berlin,  Prof.  Dr.  Rückert,  München,  Prof.  Dr.  Schauinsland,  Bremen, 
Prof.  Dr.  Strahl,  Gießen,  Prof.  Dr.  Waldeyer,  Berlin,  Prof.  Dr.  Ziehen,  Berlin 

HERAUSGEGEBEN   VON 

D*-  OSKAR,  HERTWIG 

O.   Ö.   PROF.,   DIREKTOR   D.   ANATOM.-BIOLOG.   INSTITUTS  IN   BERLIN 

ZWEITER  BAND.    ERSTER  TEIL. 

MIT  263  ABBILDUNGEN  IM  TEXT 


JEtfA 

VERLAG   VON  GUSTAV   FISCHER 

1906 


Uebersetzungs  recht    vorbehalten. 


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I  nh  al  ts  Verzeichnis 

zu  Band  II,  Teil  1. 


I.  Kapitel. 

pag. 

E.  GÖPPERT.     Die    Entwickelung    des    Mundes    und    der 

Mundhöhle  mit  Drüsen  und  Zunge;  die  Entwicke- 
lung  der  Schwimmblase,  der  Lunge  und  des  Kehl- 
kopfes der  Wirbeltiere.    Erschienen  am  21.  Oktober  1902         1 

Litter  aturverzeichnisse 33,  53,  61,  67,  76,  80,  83,   105 

II.  Kapitel. 

F.  MAURER.     Die    Entwickelt! ng    des    Darmsystems.     Er- 

schienen am  21.  Oktober  1902 109 

1)  Die  Kiemenspalten  und  ihre  Derivate 116 

2)  Allgemeine  Entwickelung    des  Darmrohres  und  seine  Sonde- 

rung in  verschiedene  Abschnitte 154 

3)  Die  histologische  Entwickelung  der  Darm  wand 174 

4)  Leber  und  Pankreas 188 

5)  Die  Entwickelung  des  Afters 210 

6)  Die  Entwickelung  der  Mesenterien 221 

Litteraturverzeichnis 241 

III.  Kapitel. 

WlLH.  KRAUSE.     Die    Entwickelung   der  Haut    und  ihrer 

Nebenorgane.     Erschienen  am  21.  Oktober   1902    ....  253 

Litteraturverzeichnis 337 

IV.  Kapitel. 

RUDOLF  BüRCKHARDT.  DieEntwickelungsgeschichte  der 
Verknöcherungen  des  Integuments  und  der  Mund- 
höhle der  Wirbeltiere.    Erschienen  am  21.  Oktober  1902  349 

Litteraturverzeichnis 456 


Erstes  Kapitel. 

Die  Entwickelung  des  Mundes  und  der  Mundhöhle  mit  Drüsen 

und  Zunge;  die  Entwickelung  der  Schwimmblase,   der  Lunge 

und  des  Kehlkopfes  bei  den  Wirbeltieren. 

Von 
E.  Gröppert. 


A.    Die  Entwickelung  des  Mundes,  der  Mundhöhle 

und  ihrer  Organe. 

Nachdem  im  ersten  Band  dieses  Handbuches  die  Entwickelung 
des  inneren  Keimblattes  geschildert  worden,  wird  nunmehr  darzustellen 
sein,  wie  aus  jener  primitiven  Anlage  das  Darmsystem  des  fertigen 
Tieres  hervorgeht.  An  dieser  Entwickelung  beteiligt  sich  in  ein- 
schneidender Weise  auch  das  Ektoderm,  indem  von  ihm  aus  die 
Bildung  der  In-  und  Egestionsöffnung  erfolgt.  Die  Herstellung  des 
Mundes  soll  nun  zumachst  besprochen  werden.  Seine  Entstehung  wird 
vielfach  beeinflußt  durch  die  Entwickelung  benachbarter  Organe 
(Hypophysis,  Geruchsorgan,  Tentakelbildungen,  Haftscheiben),  die  also 
gleichzeitige  Berücksichtigung  verlangen.  Mit  der  Bildung  der  Mund- 
öffnung nimmt  das  Ektoderm  auch  am  Aufbau  des  vordersten  Teiles 
der  Kopfdarmhöhle,  der  Mundhöhle  teil,  in  deren  Rändern  und  in 
deren  Innern  verschiedene,  der  Aufnahme  und  Verarbeitung  der 
Nahrung  dienende  Organe  entstehen,  die  weiterhin  zu  schildern  sein 
werden.  Nur  die  Zähne  sollen  von  anderer  Seite  in  einem  besonderen 
Kapitel  besprochen  werden. 

1.  Der  Mund. 

Wir  stellen  die  Entwickelung  des  Mundes  von  Amphioxus 
voran.  Die  sich  hier  abspielenden  Vorgänge  sind  aber  so  innig  mit 
den  Erscheinungen  am  ganzen  Kiemendarm  verknüpft,  daß  es  unmöglich 
scheint,  sie  aus  diesem  Zusammenhang  zu  reißen,  und  so  sei  hier 
die  Entwickelung  des  Mundes  und  der  Kopfdarmhöhle  gemeinsam  be- 
sprochen. 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.     II.  1.  1 


2  E.    GÖPPERT, 

a)  Ainphioxus  lanceolatus   (Mund,  Mundhöhle  und  Kiemendarm). 

Die  erste  Anlage  des  Mundes  findet  sich,  wenn  wir  der  Darstellung 
Legros' (1897)  folgen,  bei  einem  Embryo  mit  ungefähr  9  Urwirbeln  x). 
Hier  geht  vom  vorderen  blind  geschlossenen  Teil  des  Darmrohres  ein 
medianes  Divertikel  aus,  das  unter  der  Chorda  bis  zum  vorderen 
Kürperende  hinzieht.  An  dem  Auswachsen  des  letzteren  zum  Rostrum 
nimmt  es  teil  und  wird  zur  Rost ralhö hie,  indem  es  sich  gegen 
den  Hauptteil  des  Darmrohres  abschließt  und  seine  Zellen  eine  starke 
Abplattung  erfahren.  Später  wird  es  zu  einem  engen  Hohlraum  im 
ventralen  Teil  das  Rostrums  reduziert. 

In  dem  Stadium,  von  dem  wir  eben  ausgingen,  besteht  an  der 
linken  Seite  des  Körpers  vorn  eine  Verdickung  des  Ektoderms  in 
Gestalt  einer  ovalen  Platte,  deren  längster  Durchmesser  schräg  von 
vorn  und  dorsal  nach    hinten  und  ventral  gestellt  ist  (Fig.  1  E).    Ihr 

vorderster  Teil  liegt  etwa  in  demselben 
Niveau  wie  die  Grenze  zwischen  der  Anlage 
der  Rostralhöhle  und  dem  späteren  Kiemen- 
darm. Im  vorderen  Teil  dieses  „Plaque  ecto- 
dermique"  wuchert  das  Epithel  zapfenartig 

Fig.  1.  Amphioxus.  Larve  0,38  mm.  Quer- 
schnitt durch  den  vordersten  Teil  des  Körpers  im 
Bereich  der  linksseitigen  Ektodermverdickung.  Nach 
Legros.     E.  Ektodermverdickung.    J.  Darm. 

in  die  Tiefe,  erreicht  die  Ventralseite  der  Chorda  und  überschreitet 
die  Medianebene  erheblich.  In  dieser  Epithelmasse  entsteht  ein  Hohl- 
raum, der  eine  Mündung  nach  außen  erhält.  Damit  hat  sich  die 
Präoralgrube  (fossette  preorale,  Flimmersäckchen)  der  Larve  ge- 
bildet (Fig.  2a  Pr.Gr).  Im  caudalen  Teil  des  ektodermalen  Plaque 
kommt  eine  Verlötung  mit  dem  dicht  anliegenden  Teil  des  Ento- 
derms  zustande  und  hier  erfolgt  der  Durchbruch  des  Larven- 
mundes,  der  sich  also  nach  links  öffnet  und  sich  allmählich  zu  einer 
beträchtlichen  Größe  erweitert  (Fig.  2b  Larv.M.).  Zwischen  der  larvalen 
Mundöffnung  und  der  Präoralgrube  besteht  ein  intermediärer  Teil 
des  Ektodermfeldes,  das  sich  durch  seine  Flimmerung  auszeichnet. 
(Identisch  mit  dem  Wimperknopf  von  Klaatsch,  auch  bei  Willey 
1891  dargestellt.) 

Eine  andere  Auffassung  (Hatschek  1881)  leitete  die  Rostralhöhle 
und  die  Anlage  der  Präoralgrube  von  zwei  symmetrisch  gelagerten 
Ausstülpungen  des  vordersten  Teiles  des  Entodermrohrs  ab,  die  bei 
Embryonen  mit  7  Urwirbeln  zur  Anlage  gelangen  sollen.     Das  rechte 


Anm.  In  der  Entwickelung  des  Amphioxus  lanceolatus  unterscheidet  man 
eine  embryonale  Zeit,  welche  mit  der  Bildung  des  Larvenmundes  und  der  ersten 
Kiemenspalte  abschließt,  und  die  darauf  folgende  Larvenzeit.  Die  erste  Periode  der 
Larvenzeit  ist  charakterisiert  durch  das  Auftreten  einer  ersten  Serie  von  Kiemen- 
spalten und  des  Peribranchialraumes,  die  zweite  durch  das  Erscheinen  der  sog. 
sekundären  Kiemenspalten,  die  Ausbildung  der  definitiven  Mundöffnung  und  der 
damit  sich  vollziehenden  Umgestaltung  des  asymmetrischen  Baues  der  jungen  Larve 
zu  annähernder  Symmetrie.  So  kann  man  diesen  Teil  der  Emtwickelung  auch  als 
M(  laniorphose  auffassen.  Endlich  spielen  sich  aber  auch  noch  nach  Abschluß  der 
Larvenzeit  nach  einer  kurzen  Pause,  dem  sog.  kritischen  Stadium,  Entwickelungs- 
vorgänge  am  Kiemenkorb  ab. 


Die  Entwickelung  des  Mundes,   der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.       3 

Entodermsäckchen  wird  zur  Rostralhöhle,  das  linke  zur  Präoralgrube, 
die  erst  sekundär  ihre  Oeffnung  nach  außen  erwirbt. 

Neuerdings  vertritt  E.  W.  Mac  Bride  (1897  u.  1900)  eine  ähnliche 
Auffassung.  Nur  läßt  er  die  beiden  vorderen  Darmdivertikel  gemeinsam 
durch  Zerlegung  des  vorderen  Teiles  das  Entodermrohrs  hervorgehen.  Er 
rechnet  sie  als  Kopf  höhlen  zum  Mesoderm v).  Hatschek  sah  in  ihnen 
ein  erstes  Paar  von  Kiemenspalten.  Eine  andere  Deutung  ward  ihnen 
durch  van  Wijhe  (1893,  1901).  In  dem  (rechten)  Entodermsäckchen 
meinte  er  das  erste,  anfänglich  median  verbundene  Kopfsomitenpaar  der 
Selachier  (Oculomotoriusgebiet)  wiederzusehen,  in  der  Mündung  der 
Präoralgrube  nach  außen  erblickt  er  den  Rest  des  primitiven  Mundes,  das 
Autostoma,  in  der  Grube  selbst  das  Homologon  des  Stomodaeum  der  Cra- 
nioten. 


der 

die  sog 
gland ; 


Etwa  gegenüber  der  Stelle  der  späteren  Mundöffnung  entsteht  an 


rechten  Wand   des  Darmrohrs  ein  Organ  rätselhafter  Bedeutung, 

kolbenförmigen  Drüse  (glande  en  massue,  club-shaped 

2b,  6,  7  u.  9    Kolb.Dr.).     Nach   Hatschek   (1881),    der 


Fio- 


Pr.Gr. 


M. 


Kolb.Dr. 


Fig.  2b. 


Fig.  2  a,  b,  c. 


Amphioxus.     Lasve 
Larvenmund.      I.K.    1.   Kiemenspalte, 
kolbenförmige  Drüse.    Nach  Legros 


I.K. 
Fig.  2c. 

Präoralgrube. 


1    mm.     Pr.Gr 
Pr.Div.   präorales    Darmdivertikel. 


Larv.M. 
Kolb.Dr. 


ihre  Entwickelung  aus  dem  Entoderm  zuerst  feststellte,  entsteht  sie  hier 
als  eine  rinnenförmige  Ausstülpung  (Embryonen  von  9 — 10  Urwirbeln), 
die  schräg  dorso-ventral  und  gleichzeitig  oralwärts  über  die  rechte 
Darm  wand  hinläuft  und  noch  ein  Stück  weit  über  die  ventrale  Mittel- 
linie auf  die  linke  Seite  übergreift.  Später  soll  sie  sich  vom  Darm- 
rohr trennen.  Nach  Legros  entsteht  die  Drüse  als  eine  anfänglich 
solide  Zellwucherung  der  rechten  Darm  wand,  die  aber  die  Mittellinie 
nach  links  nicht  überschreitet.  In  ihr  entsteht  ein  Hohlraum,  der  mit 
dem  Darmlumen  an  der  Dorsalseite  der  rechten  Wand  in  Verbindung 
tritt.  Hatschek  (1881)  beschreibt  weiter,  daß  die  Drüsenanlage  sich 
in  einen  mächtigeren,  rechten  Teil  und  einen  nach  der  linken  Seite 
übergreifenden,  schmächtigeren  Ausführungsgang  sondert,  und  daß 
letzterer  in  der  Nähe  der  ventralen  Umrandung  des  inzwischen  durch- 
gebrochenen  Mundes   eine   äußere   Oeffnung  erwirbt.     Auch   Willey 


beschreibt   eine    derartige  Mündung   außer 


der 


inneren  Mündung 


am 


1)  Bateson   homologisierte   die   präoralen    Höhlen   mit    der   ßüsselhöhle   des 


ßalanoglossus  (vgl.  auch  Mac  Bride  1898) 


1* 


4  E.    GÖPPERT, 

entgegengesetzten  Ende  des  Schlauches  (Fig.  6),  und  Mac  Bride  be- 
stätigt diese  Beobachtung  (1900).  Nach  Legros  besteht  eine  solche 
äußere  Mündung  ebensowenig  wie  ein  auf  die  linke  Körperseite  über- 
greifender Teil  der  Drüse.  Das  Bestehen  der  kolbenförmigen  Drüse 
ist  auf  die  Larvenzeit  beschränkt.  In  den  letzten  Zeiten  derselben 
geht  sie  zu  Grunde,  doch  hält  van  Wijhe  (1901)  einen  von  ihm  beim 
ausgebildeten  Amphioxus  entdeckten  engen,  blind  geschlossenen  Kanal 
an  der  Ventralseite  der  Mundhöhle  für  einen  Rest  des  Ausführganges 
der  kolbenförmigen  Drüse. 

Es  sei  hier  erwähnt,  daß  van  Wijhe  (1893,  1901)  in  der  Drüse  ein 
Antimer  des  Larvenmundes  (seines  Tremostoma)  erblickt  und  in  beiden 
Homologa  des  Kiemenspaltenpaares  der  Ascidienlarven  und  der  Appendicu- 
larien  sieht.  Auch  Willey  (1891)  erblickt  in  der  Drüse  eine  unigebildete 
vorderste  Kiemenspalte,  deren  Antimer  aber  in  der  ersten  primären 
Kiemenspalte  vorliegt  (s.  u.). 

Ungefähr  gleichzeitig  mit  der  Bildung  des  Larvenmundes  kommt 
es  zur  Entstehung  der  1.  Kiemenspalte  (Fig.  2  c  I.K.).  Sie  wird  ein- 
geleitet durch  eine  scheibenförmige  Verdickung  des  Entoderms,  an  der 
Ventralseite,  caudal  von  der  Mundanlage,  die  bald  etwas  nach  rechts 
verschoben  wird.  Sie  liegt  etwa  im  Niveau  des  zweiten  Somits.  Etwas 
rechts  von  der  Medianebene  senkt  sich  nun  das  Entoderm  trichter- 
förmig ein,  erreicht  das  Ektoderm  und  verschmilzt  mit  ihm.  Darauf 
bricht  eine  ganz  enge  Oeffnung  durch,  die  sich  allmählich  erweitert 
und  dabei  weit  auf  die  rechte  Seite  der  Darmwand  übergreift.  Ein 
verdickter  Rand  flimmernder  Entodermzellen  umrahmt  sie.  (van  Wijhe 
homologisierte  sie  mit  dem  Anus  der  Copelaten.) 

Der  Durchbruch  der  larvalen  Mundöffnung  und  der  1.  Kiemen- 
spalte bestimmt  den  Beginn  der  Larvenperiode.  Wir  verfolgen  hier 
zunächst  die  Geschichte  der  Präoralgrube  und  des  Mundes. 

Wie  Legros  zeigte,  erfährt  die  Präoral  grübe  zunächst  eine 
sehr  erhebliche  Erweiterung  und  sondert  sich  in  einen  ventralen  und 
dorsalen  Abschnitt  (Fig.  3a).  Der  ventrale,  die  Portion  stomodoeale 
(P.stom.)  [Wimperorgan]  bildet  sich  später  zum  Räderorgan  des 
fertigen  Tieres  um  (Flimmergrube  und  Flimmerrinnen).  [Hatschek 
1884;  vgl.  die  genaue  Beschreibung  desselben  durch  van  Wijhe 
1901.]  Der  dorsale  Teil  läßt  wiederum  2  Diverdikel  hervorgehen.  Das 
eine  von  ihnen  wächst  nach  vorn  und  rechts  aus.  Es  ist  die  schon 
von  Hatschek  als  Bildung  der  Präoralgrube  erkannte  Hatschek  'sehe 
Grube  (H.Gr.),  die  auch  beim  Erwachsenen  an  der  Dorsal  wand  der 
Mundhöhle,  rechts  von  der  Medianebene,  bestehen  bleibt.  Ihre  durch 
Hatschek  beschriebene  Nervenversorgung  (1892)  wurde  schon  1893 
durch  van  Wijhe  wieder  in  Frage  gestellt,  der  endlich  1901  zeigte, 
daß  es  sich  hier  nicht  um  eine  Sinnesgrube,  sondern  um  eine  Drüse 
handelt,  deren  Sekret  durch  den  Wimperapparat  des  Räderorgans  der 
Velaröffnung  zugeführt  wird  und  jedenfalls  für  die  Nahrungsaufnahme 
von  Wichtigkeit  ist.  Die  HATSCHEK'sche  Grube  ist,  wie  Kupffer 
schon  1892  aussprach,  wohl  mit  Sicherheit  der  Hypophyse  der  Verte- 
braten  und  der  Neuraldrüse  der  Tunicaten  zu  homologisieren,  während 
die  Flimmergrube  des  Amphioxus  der  Flimmergrube  der  Tunicaten 
entspricht  (vgl.  van  Wijhe  1901).  Voraussetzung  ist  natürlich  die 
Richtigkeit  der  Angaben  Legros'  über  die  Entstehung  der  Präoral- 
grube. 


Dia  Entwickelung  des  Mundes,   der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.     5 

Das  zweite  Divertikel  des  dorsalen  Teiles  der  Präoralgrube  bleibt 
auf  der  linken  Seite  und  verlängert  sich  zu  einem  schlanken  Schlauch 
(Fig.  3  a  u.  b  H.Nephr.),  der  den  vordersten  Teil  des  Kiemendarms 
erreicht  und  sich  mit  ihm  in  Verbindung  setzt  (Larve  mit  6  Kiemen- 
spalten Fig.  3b),  also  nunmehr  eine  Kommunikation  zwischen  Präoral- 


H.Nephr. 


H.Gr.  •  - 


H.Xephr. 


P.stom. 


Kolb.Dr 


Larv.M. 


J. 

Fig.  3a. 

Fig.  3a,  b.  Amphioxus.  Larve  3  mm.  a  Querschnitt  durch  die  Gegend 
der  Präoralgrube,  b  Querschnitt  durch  die  Gegend  des  Larvenmundes  {Larv.M.). 
H.Nephr.  HATSCHEKsches  Nephridium.  H.Gr.  HATSCHEK'sche  Grube.  7.  Darm. 
Kolb.Dr.  kolbenförmige  Drüse.  P.stom.  Portion  stomodoeale  der  Präoralgrube. 
Nach  Legros. 


grübe  und  Darmrohr  bildet.     Die 
Mit  dem   Kiemendarm   bleibt   der 


äußere 
Schlauch 


Mündung 


Er 


liegt 


linksseitig,    der   Unterfläche   der 


schließt  sich  bald. 

dauernd  in   Verbindung. 

Chorda   angelagert,  an  der 


Dorsalseite  der  Mundhöhle  und  mündet  dicht  hinter  dem  Velum. 

Hatschek,  der  erste  Beobachter  des  Gebildes  sah  in  ihm  ein 
Exkretionsorgan,  für  das  er  mesodermalen  Ursprung  annahm  (1884). 
Seitdem  wird  es  als  Hatschek' seh  es  Nephridium  bezeichnet.  Legros 
homologisiert  es  mit  der  Hypophyse.  Endlich  nimmt  van  Wijhe  (1901) 
den  Schlauch  als  Teil  des  nach  seiner  Ansicht  außer  Funktion  gesetzten 
ehemaligen  Stomodaeums  in  Anspruch.  Schließlich  sei  erwähnt,  daß 
Mac  Bride  eine  ganz  andere  Auffassung  des  HATSCHEK'schen  Nephridiums 
vertritt.  Er  beschreibt  hinter  den  vorderen  Entodermsäckchen  (s.  o.) 
2  dorsale  Darmdivertikel  als  Teile  der  Mesodermanlage,  die  er  als 
rechte  und  linke  collar  cavity  bezeichnet.  Während  das  rechte  Säckchen 
sich  vom  Entoderm  abschnürt,  bleibt  das  linke  mit  ihm  durch  ein  enges 
Rohr  im  Zusammenhang  und  stellt  nun  das  sogenannte  Nephridium  vor. 

Während  der  ersten  Zeiten  des  larvalen  Lebens  erweitert  sich  die 
Mundöffnung  andauernd  und  wächst  zu  einer  erheblichen  Größe  heran 
(Fig.  6  Larv.M).  Sie  besitzt  ovale  Gestalt,  ihr  längster  Durchmesser 
läuft  von  vorn  nach  hinten.  Die  größte  Ausdehnung  besitzt  sie  in 
einem  Stadium  mit  8  (primären)  Kiemenspalten.  Von  nun  an  beginnt, 
wie  Legros  beschreibt,  eine  Verkleinerung  des  Larvenmundes  vom 
hinteren  Teil  seiner  Umrandung  her,  und  bald  darauf,  etwa  gleichzeitig 
mit  der  Anlage  der  sekundären  Kiemenspalten  setzt,  die  Ausbildung 
der  definitiven  Mundhöhle  ein.    Am  oberen  und  später  auch  am  unteren 


6 


E.    GÖPPERT, 


Rande  der  Präoralgrube  und  der  Mundöffnung  entsteht  je  eine  longitudinal 
gestellte  lippenartige  Falte,  welche  mit  Klaatsch  als  Präoralfalten 
bezeichnet  werden  können.  An  der  caudalen  Umgrenzung  des  Mundes 
gehen  sie  später  ineinander  über.  Sie  haben  nach  Willey  (1891), 
der  diese  Verhältnisse  zuerst  klarstellte,  nichts  mit  den  zur  Ausbildung 
des  Peribranchialraumes  führenden  Falten  zu  thun,  wie  es  behauptet 
worden  war.  Die  beiden  Präoralfalten  oder  Lippen,  die  als  obere  und 
und  untere  zu  unterscheiden  sind,  begrenzen  eine  nach  links  sich 
öffnende  Panne,  in  deren  Grund  die  Präoralgrube  mit  ihren  Teilen 
liegt  und  weiter  nach  hinten  der  stark  verkleinerte  Larvenmund  als 
Ostium  pharyngeum  die  Kommunikation  mit  dem  Kiemendarm  ver- 
mittelt (Fig.  4).  Dieser  Komplex  von  Teilen  bildet  die  definitive 
Mundhöhle.  Der  Boden  der  Mundhöhle  (gleichzeitig  ihre  rechte  Wand) 
erfährt  eine  erhebliche  Vertiefung  dadurch,  daß  der  intermediäre  Bezirk 
zwischen  Präoralgrube  und  Ostium  pharyngeum  stark  einsinkt. 

Gleichzeitig  mit  dem  Entstehen  der  unteren  Präoralfalte  treten 
an  ihr  Tentakelbildungen  (Cirri)  auf  (Fig.  10).  Sie  besetzen  den  größten 
Teil  der  unteren  Falte  mit  Ausnahme  des  vordersten  Endes  und  dehnen 

ihr  Gebiet  auf  die  obere 
Falte  aus.  Hand  in  Hand 
mit  ihrem  Auftreten  geht  die 
Ausbildung  des  Tentakel- 
skelets,  das  nach  Klaatsch, 
geweblich  dem  jugendlichen 
Chordagewebe  verwandt  ist, 
nach  seinem  ganzen  Ver- 
halten aber  als  aus  hya- 
linem Knorpel  bestehend 
durch  van  Wijhe  (1891) 
erwiesen  wurde. 

Die  Umrandung  des 
Ostium  pharyngeum  der 
Mundhöhle,  d.  h.  des  alten 
Larvenmundes ,  wird  zum 
Velum ,  unter  Ausbildung 
Muskelringes,     der, 


yDef.M. 


L.L. 


Fig.  4. 

Fig.  4.  Amphioxus.  Larve  3,65  (in  Meta- 
morphose). Def.M.  definitiver  Mund.  L.L.,  R.L. 
linke  resp.  rechte  Lippe.  Vel.  Velum  in  der  Um- 
grenzung des  Larvenmundes.  /.  Darm.  Nach 
Legros. 

Fig.  5.  Amphioxus.  Larve  3,6  mm.  (Ende 
der  Metamorphose.)  M.H.  Mundhöhle.  Sonst.  Be- 
zeichnung s.  Erkl.  Fig.  4.     Nach  Legros. 


eines 

wie  Legros  zeigte,  aus  der 
Somatopleura  in  der  Um- 
gebung der  Oeffnung  seinen 
Ursprung  nimmt  (Fig.  4,  5, 
10  Vel).  Anfänglich  umzieht  die  Anlage  des  Muskels  nur  den  vorderen 
Teil  des  Ostium  pharyngeum  erst  nach  erheblicher  Verkleinerung  des 
letzteren  kommt  es  auch  an  der  Caudalseite  zu  einem  Zusammen- 
schluß des  Muskelzuges  und  damit  zur  Entstehung  eines  wirklichen 
Ringes.  Auch  am  Velumrand  entstehen  gegen  Ende  der  Larvenzeit 
Tentakel,  erst  in  der  Vierzahl,  dann  in  größerer  Menge  bis  zu  12 
(Velartentakel),  in  denen  es  auch  zur  Ausbildung  von  Skeletstäben 
kommt,  die  aber  ganz  anders  als  die  Stützen  der  Mundtentakel  aus 
dicht  aneinander  geschlossenen  elastischen  Fibrillen  bestehen  und 
darin  mit  den  Skeletstäben  des  Kiemendarms  übereinstimmen  (van 
Wijhe  1901). 

Wir  sehen,  daß  anfänglich  die  Oeffnung  der  definitiven  Mundhöhle 
nach   lmks   sieht   (Fig.   4  Def.M.).     Die   beiden   Lippen,   die   sie   be- 


Die  Entwickelung  des  Mundes,   der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.      7 

grenzen  (Präoralfalten,  capuchon  oral,  oral  hoocl),  erschienen  als 
obere  (L.L.)  und  untere  (E.L.)  der  Grund  des  rinnenförmigen  Raumes 
ist  gleichzeitig  seine  rechte  Wand.  In  der  zweiten  Hälfte  der  Larven- 
zeit setzt  die  Herstellung  des  bleibenden  Verhaltens  ein  (Fig.  5). 
Zunächst  spielt  nach  Legros  eine  wichtige  Rolle  ein  starkes  Längen- 
wachstum der  oberen  Präoralfalte  (L.L.),  die  sich  vorhangartig  herab- 
senkt, während  die  untere  Lippe  (R.L.)  ihre  ursprüngliche  Lage  und 
Größe  annähernd  bewahrt.  Das  Herabwachsen  der  oberen  Lippe  be- 
dingt, daß  die  Mundspalte  sich  bald  nicht  mehr  nach  links,  sondern 
ventralwärts  öffnet.  Sie  bleibt  dabei  etwas  links  von  der  Medianebene. 
Die  ursprünglich  obere  Lippe  (L.L.)  ist  nunmehr  zur  linken,  die  untere 
zur  rechten  Begrenzung  des  Mundes  geworden  (KL.).  Das  Herab- 
steigen der  oberen  (linken)  Präoralfalte  ist  unter  anderem  auch  mit 
einem  erheblichen  Wachstum  der  über  ihr  gelegenen  Teile  der  Körper- 
wand verknüpft,  und  als  Folge  davon  senkt  sich  auch  die  obere  Ab- 
grenzung des  gesamten  Gebietes  des  ehemaligen  plaque  ectodermique 
ventralwärts  herab  (Fig.  5).  Der  ursprünglich  obere  Rand  des  Velum 
(Vel.)  wird  zum  linken,  indem  er  in  das  Niveau  des  unteren,  nunmehr 
rechten  Randes  tritt.  Das  Velum  hat,  wie  es  scheint,  eine  Drehung 
von  90  °  um  eine  von  vorn  nach  hinten  verlaufende  horizontale  Achse 
durchgemacht.  Seine  Oeffnung  sieht  nicht  mehr  nach  links,  sondern 
ventralwärts  und  etwas  nach  vorn.  Der  vorderste  Teil  des  Kiemen- 
darms (1)  liegt  nicht  mehr  rechts,  sondern  dorsal  von  ihm.  Vor  dem 
Velum  finden  sich  am  Dach  der  Mundhöhle  die  Teile  der  Präoral- 
grube, das  Räderorgan  und  die  HATSCHEK'sche  Grube. 

Eine  andere  Schilderung  der  Umstellung  des  Velums  gab  Willey 
(1891).    Danach  senkt  sich  die  vordere  Umgrenzung  des  Larvenmundes 

Fig.    6.      Amphi-  Pr.Gr.    End.  Kolb.Dr. 

oxus.      Junge    Larve.  I  _ 

Ansicht  von  links.    Er-  _-       £~t  g-  Llu 

klärung    der    Bezeich-  ^  /     '  ._!' 

nun  gen  von   Fig.  6,  7,  •  ~r 

9,10.    a.  Rand  der  lin-  %-,.-    ,        /  -■ 

ken,      b.    der    rechten  "       I        --    \  /     ■ 

Metapleuralfalte.       Ch.  ^j— —    \j/ 

Chorda.  End.  Endost yl.  Larv.M.       L.K. 

Kolb.Dr.   kolbenförmige 

Drüse.  R.K.,  L.K.  Kiemenspalten  der  rechten  und  linken  Seite.  E.L.,  L.L.  rechte 
und  linke  Lippe.  Larv.M.  Larvenmund.  Med.  Medulla.  Pr.Gr.  Präoralgrube.  Vel. 
Velum.    Nach  Willey. 

nach  der  rechten  Seite  ein  und  wird  zum  rechten  Teil  des  Velums, 
während  die  hintere  Umgrenzung  zum  linken  Velumrand  wird.  Man 
kann  auch  hier  von  einer  Drehung  des  Velums  um  90  °  sprechen,  aber 
diese  Drehung  verläuft  um  den  dorso-ventralen  Durchmesser  des 
Larvenmundes.  Mit  dieser  Ansicht  harmonieren  die  Feststellungen 
van  Wijhe's  über  die  Innervation  von  Velum  und  Mundhöhle  (1893). 
Untersuchen  wir  jetzt  die  Entwickelung  der  Kiemenspalten  so 
treffen  wir  auf  die  eigentümliche  Thatsache,  daß  die  Spalten  beider 
Seiten  zu  sehr  verschiedenen  Zeiten  auftreten,  als  eine  erste  Serie 
entstehen  die  Spalten  der  linken  Seite,  als  zweite  die  der  rechten 
Seite.  In  diesem  Sinne  spricht  man  von  primären  und  sekundären 
Spalten.  Die  Entwickelung  der  Spalten  der  zweiten  Serie  charakterisiert 
die  zweite  Periode  der  Larvenzeit,  in  der  auch  die  definitive  Gestaltung 
der  Mundhöhle  sich  vollzieht. 


8 


E.    GÖPPERT, 


Wir  sahen,  daß  schon  die  erste  am  Ende  der  embryonalen  Zeit 
auftretende  Spalte  etwas  nach  rechts  von  der  Medianebene  verschoben 
war  (Fig.  2  c).  Je  größer  sie  wird,  desto  mehr  rückt  sie  auf  die  rechte 
Seite   empor.    Hinter  ihr   treten   im  Anfang  der  Larvenleben   bis   zu 


R.K. 


Kolb.Dr.      pr,Gr. 


Larv.M.     L.K.     End. 


Fig.  7.  Aniphioxus.  Junge  Larve.  Ansicht  von  rechts.  Anlage  der  Kiemen- 
spalten der  rechten  Seite  (R.  K.).    Bezeichn.  s.  Erkl.  zu  Fig.  6.    Nach  Willey. 

15  Spalten  an  der  Ventralseite  des  Körpers  auf,  von  denen  die  vorderen 
gleich  der  ersten  bei  ihrer  Vergrößerung  auf  die  rechte  Seite  über- 
greifen. Die  hintersten  behalten  eine  annähernd  mediane  Lagerung 
bei  (Fig.  6  u.  7  L.K). 

Noch  bevor  die  letzten  primären  Spalten  aufgetreten  sind  (beim 
Bestehen  von  9—10  Spalten)  kommt  es  zur  Anlage  des  Peribranchial- 
ranmes;  die  Darstellung  dieser  Vorgänge  durch  Kowalewsky  und 
Rolph  hat  durch  Ray  Lankester  und  Willey  Ergänzung  und 
Verbesserung  erfahren.  An  der  Ventralseite  des  Körpers  entstehen 
dicht  nebeneinander  zwei  einander  parallele  Ektodermfalten.  Jede 
umschließt  Bindegewebe,  in  welchem  bald  lymphatische  Räume  auf- 
treten (nach  Mac  Bride),  Fortsetzungen  der  als  Collar  cavities  be- 
schriebenen Cölomtaschen.  Die  Anlagen  dieser  sog.  Metapleural- 
falten   (Fig.  8  a  M.  f.)   beginnen   etwa  in   der   Mitte  des  Körpers   ein 


c. 

_  Atr. 
.  M.-f. 


C.  ^ 


Atr.  -J; 


Fig.  8a.  Fig.  8b.  Fig.  8c.  Fig.  8d. 

Fig.  8a— d.  Aniphioxus.  Larven.  Verschiedene  Stadien  der  Entwickelung 
des  Atrium.  Atr.  Atrium.  C.  Cölom.  M.-f.  Metapleural(Seiten)falten.  S.-f.  Subatrial- 
falten.    Schematisch.     Nach  Ray  Lankester  und  Willey. 

Stück  caudal  von  dem  Bereich  der  Kiemenspalten  beiderseits  von 
der  Medianebene  gelagert,  ziehen  nach  vorn  und  nehmen  die  Reihe 
der  Kiemenspalten  zwischen   sich.    Dabei  weichen   sie  natürlich   nach 


Die  Elitwickelung  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.     9 

der  rechten  Seite  zu  ab.  Die  rechte  liegt  am  oberen,  die  linke  am 
unteren  Rand  der  Spaltenreihe.  Die  erstere  ist  vorn  bei  weitem 
die  mächtigere;  die  untere  (linke)  Metapleuralfalte  wird  nur  durch 
eine  Epithelverdickung  gebildet.  Die  rechte  Falte  überragt  den  Bereich 
der  Kiemenspalten  ein  Stück,  indem  sie  auf  der  Unterfläche  des  Rostrum 
ausläuft.  .Während  die  Zahl  der  Kiemenspalten  zwischen  beiden  Meta- 
pleuralfalten  fortgesetzt  zunimmt,  verbinden  sich  die  letzteren  mit- 
einander oberhalb  ihres  freien  Randes  durch  sog.  Subatrialfalten  (S.-f.). 
Diese  bilden  den  Boden  eines  Raumes,  an  dessen  Dach  nunmehr  die 
Kiemenspalten  münden,  während  die  Seitenwände  durch  die  Basen 
der  Metapleuralfalten  hergestellt  sind.  Dieser  enge  kanalartige  Raum, 
der  von  Ektoderm  ausgekleidet  ist,  ist  die  Anlage  des  Peribranchial- 
raunies  (Atrium)  (Fig.  8  b  Atr.).  An  seinem  caudalen  Ende  bleibt 
der  Abschluß  aus  (Porus).  Vorn  vollzieht  er  sich  erst  in  einem  Stadium 
in  dem  die  Spalten  der  zweiten  Serie  bereits  durchgebrochen  sind. 

Der  anfänglich  enge  Kanal  erfährt  bald  eine  erhebliche  Ver- 
größerung und  senkt  sich  dabei  in  das  Innere  des  Larvenkörpers  ein, 
indem  er  das  Cölomepithel  vor  sich  hertreibt  (Fig.  8  c  u.  d).  Seine 
Vergrößerung  erfolgt  auf  Kosten  der  Leibeshöhle  (C.)  Ventral,  rechts 
und  links  umfaßt  der  Peribranchialraum  das  Darmrohr.  Das  Cölom 
ist  auf  zwei  Spalten  reduciert,  von  denen  die  eine  zwischen  Darmwand 
und  Peribranchialraum,  die  andere  zwischen  letzterem  und  der  Körper- 
wand sich  einschiebt.     Beide   gehen   zur  Seite   des   dorsalen  Teils  des 

R.K.  End. 


L.K.    Kolb.Dr.   Vel-         Pr.Gr. 

Fig.  9.  Amphioxus.  Larve.  Ansicht  von  rechts.  Bezeichn.  s.  Erkl.  zu  Fig.  6. 
Nach  Willey. 

Darms,  dorsal  vom  Peribranchialsack  jederseits  ineinander  über.  Dem 
Peribranchialraum  verwandte  Einrichtungen  finden  sich  in  den  Peri- 
branchialräumen  der  Tunicaten  ohne  daß  aus  ähnlicher  Entstehung 
und  Lagerung  eine  Homologie  zu  erschließen  wäre.  Auf  die  Deutung 
des  Peribranchialraumes  als  Homologon  des  Vornierenganges  der  Verte- 
braten  (Boveri)  kann  hier  nur  kurz  hingewiesen  werden. 

Nachdem  die  Kiemenspalten  der  ersten  Serie  ihre  Maximalzahl 
erreicht  haben,  entsteht  dorsal  von  ihnen,  also  auf  der  rechten  Seite 
in  einer  langen  Linie  eine  streifenartige  Verdickung  der  Darmwand, 
die  an  i.  d.  R.  6  in  regelmäßigen  Abständen  aufeinander  folgenden 
Stellen  sich  verbreitert  und  mit  der  Wand  des  Peribranchialraums 
verlötet  (Fig.  7  R.K.).  An  diesen  Stellen  erfolgt  der  Durchbruch  der 
Kiemenspalten  der  zweiten  Serie  in  den  Peribranchialraum  (Fig.  9  R.K.). 
Sie  entsprechen  ihrer  Lage  nach  den  Somiten  vom  5.  an  und  alternieren 
dabei  mit  den  Spalten  der  ersten  Reihe.  Die  Kiemenspalten  haben 
also  anfänglich  eine  metamere  Anordnung,  die  erst  später  verwischt 
wird.  Die  Zahl  der  Spalten  der  zweiten  Serie  vermehrt  sich  caudal- 
wärts  bis  auf  i.  d.  R.  8.     Die  Spalten  selbst  vergrößern  sich.     Damit 


10 


E.    GÖPPERT, 


geht  Hand  in  Hand  ein  starkes  Wachstum  der  oberen  Teile  der  rechten 
Darmwand  nach  abwärts.  Die  Folge  hiervon  ist,  daß  der  zwischen 
beiden  Spaltreihen  gelegene  Streifen  der  Darmwand  abwärts  verschoben 
wird  und  schließlich   eine  ventro-mediane  Lagerung  einnimmt.     Damit 

linken 
rechte 


liegen  natürlich  die  Spalten   der  ersten  Serie  nunmehr  auf  der 
Seite  der  Darmwand,  während  die  der  zweiten  Serie  die  ganze 
Seite  einnehmen  (Fig.  10). 
trische  Gestaltung  erlangt. 


Der  gesamte  Kiemendarm  hat  eine  symmet- 


L.L. 


R.L. 


Fl. 


Yel.       End.     L.K.  a. 


L.K. 


Fig.  10.     Amphioxus.     Larve  gegen  Ende  der  Metamorphose, 
links.     Bezeichn.  s.  Erkl.  zu  Fig.  6.     Nach  Willey. 


Ansicht  von 


Man  kann  sagen,  daß  die  Anlage  der  späteren  linken  Darmwand 
sich  anfänglich  auf  Kosten  der  rechten  erheblich  über  die  Medianebene 
hinaus  ausdehnt.  Die  Anlage  der  rechten  Wand  ist  auf  einen  schmalen 
Streifen  an  der  dorsalen  Circurnferenz  des  Darms  reduziert.  Durch 
stärkeres  Wachstum  der  Anlage  der  rechten  Seite,  Zurückbleiben  im 
Wachstum  seitens  der  Anlage  der  linken  Seite,  stellt  sich  die  S}Tmmetrie 
wieder  her.  Die  Erklärung  der  Störungen  der  Symmetrie  in  der  Ent- 
wickelung  des  Mundes  und  der  Kiemenspalten  steht  noch  aus. 

Während  der  Ausbildung  der  Symmetrie  findet  noch  eine  Anzahl 
von  Veränderungen  statt.  Mit  dem  Durchbruch  der  Spalten  der 
zweiten  Serie  beginnt  die  erste  Spalte  der  rechten  Reihe  sich  rück- 
zubilden  und  schließt  sich  später  vollkommen.  Das  gleiche  Schicksal 
betrifft  etwas  später  die  hintersten  primären  (linken)  Spalten,  sodaß 
schließlich  beide  Seiten  des  Kiemendarms  von  der  gleichen  Anzahl  von 
Oeffnungen  (gewöhnlich  8)  durchsetzt  werden.  Die  Spalten  der  zweiten 
Serie  werden  bald  nach  ihrem  Auftreten  je  in  einen  vorderen  und  einen 
hinteren  Teil  zerlegt,  indem  ihre  obere  Umrandung  einen  Fortsatz 
abwärts  schickt,  der  einem  kleinen  Höcker  des  unteren  Randes  sich 
anfügt.  Dadurch  entstehen  die  sogenannten  Zungenbalken  (Tonguebars, 
sekundäre  Kiemenbogen).  Das  gleiche  betrifft  auch  die  Spalten  der 
linken   Seite.     Nur    die   erste    Oefmung   jederseits   bleibt   unzerlegt1). 

Gleichzeitig  mit  der  Umgestaltung  des  Kiemendarms  erfolgt  auch 
die  Ausbildung  der  Anlage  der  Hypobranchialrinne'2)  (des  Endostyls). 
Bereits  Hatschek  (1881)  hatte  ein  besonderes  Verhalten  der  Epithel- 
zellen der  Darmwand  vor  der  Anlage  der  kolbenförmigen  Drüse  be- 
obachtet.    Willey   erkannte  hierin   die  Anlage  des  Endostyls.     Bald 


1)  Die  ersten  im  Wesentlichen  richtigen  Angaben  über  die  Ausbildung  der 
Kiemenspalten  stammen  von  Kowalewsky.  Wir  folgten  hier  der  eingehenden 
Untersuchung  dieser  Vorgänge  durch  Willey. 

2)  Die  Bezeichnung  Hypobranchialrinne  ist  eigentlich  nur  für  den  hinteren  Teil 
des  Organs  zutreffend,  da  der  vordere  sich   in  das  Darmlumen  vorwölbt  (Spengel). 


Die  Entwickelung  des  Mundes  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.     11 

nach  dem  Entstehen  der  kolbenförmigen  Drüse  tritt  an  ihrer  Vorder- 
seite, also  auf  der  rechten  Seite,  ein  bandartiger  Streifen  im  Darm- 
epithel auf,  der  sich  scharf  gegen  die  Umgebung  abliebt  (Fig.  6  End.). 
Er  ist  winklig  gebogen,  derart,  daß  man  einen  oberen  und  einen 
unteren  Teil  unterscheiden  kann.  Die  Spitze  des  Winkels  zeigt  caudal- 
wärts  und  gehört  dem  Teil  der  rechten  Darmwand  an,  welcher  später 
eine  medioventrale  Lage  einnimmt.  Nach  dem  Auftreten  der  beiden 
Reihen  von  Kiemenspalten  tritt  dies  noch  klarer  hervor,  indem  der 
Winkel  der  Endostylanlage  dem  Raum  zwischen  beiden  Reihen  ent- 
spricht und  sich  immer  weiter  hier  einschiebt  (Fig.  7  u.  9).  Die 
Wachstumvorgänge  an  der  Wand  des  Kiemendarms,  welche  die 
Symmetrisation  desselben  zur  Folge  haben,  führen  auch  die  Endostyl- 
anlage an  die  Ventralseite  des  Darmes  und  machen  den  oberen  Schenkel 
der  Anlage  zum  rechten,  den  unteren  zum  linken  Teil  des  Organs, 
das  dann  allmählich  seinen  Bereich  über  den  ganzen  Kiemendarm 
ausdehnt  (Fig.  10).  Die  Wimperbogen  (Wimperrinnen),  die  jederseits 
vom  vorderen  Ende  der  Hypobranchialrinne  ausgehen  und  über  die 
Innenfläche  des  Kiemendarms  zur  Dorsalseite  desselben  zu  einer  Epibran- 
chialrinne  hinlaufen,  sind  schon  bei  jungen  Larven  im  Zusammenhang 
mit  den  vorderen  Enden  der  beiden  Schenkel  der  Endostylanlage  nach- 
weisbar (Willey)  [Fig.  10  Fl].  Sie  grenzen  ein  Vestibulum  pharyngis 
vom  eigentlichen  Kiemendarm  ab.  Ihre  Existenz  beim  Erwachsenen 
ist  neuerdings  durch  van  Wijhe  sichergestellt  worden. 

Nachdem  die  Kiemenhöhle  und  Mundhöhle  ihre  definitive  Gestaltung 
erhalten  haben,  tritt  eine  Zeit  der  Ruhe  ein.  Nach  einiger  Zeit  setzen 
aber  beim  jungen  Amphioxus  wieder  Veränderungen  ein.  Während 
des  ganzen  Lebens,  wie  es  scheint,  vermehrt  sich  die  Zahl  der  Kiemen- 
spalten rechts  und  links,  indem  caudal  von  den  während  des  Larven- 
lebens entstandenen  Spalten  immer  neue  durchbrechen,  während  die 
vorher  gebildeten  Spalten  immer  mehr  zusammengedrängt  werden. 

b)  Cyclostomen. 

a)  Petromyzonten. 

Bei  Petromyzon  Plan  er i  zeigt  sich  die  erste  Anlage  des 
Mundes  als  eine  Verdickung  des  Ektoderms  an  der  Ventralseite  der 
Anlage  des  Vorderkopfes,  der  das  übrige  Ei  stark  überragt  (Dohrn). 
Diese  „Mund Scheibe"  liegt  also  in  einiger  Entfernung  vom  vorderen 
Körperende,  an  dem  die  Anlage  des  Riechorgans  sich  gleichfalls  als 
ein  verdickter  Epitelbezirk  an  der  Stelle  des  letzten  Zusammenhangs 
zwischen  Gehirnanlage  und  Ektoderm  bemerkbar  macht.  Zwischen 
beiden  Anlagen  markiert  eine  einspringende  Kante  des  Ektoderms 
die  Stelle  der  späteren  Hypophyse.  Die  Mundscheibe  ähnelt  der 
ersten  Anlage  des  Mundes  beim  Amphioxus,  wie  sie  Legros  schil- 
derte. Die  Mundscheibe  stülpt  sich  nun  ein  und  bildet  sich  zu 
einer  tiefen,  taschenförmigen  Einsenkung  (S  t  o  m  o  d  a  e  u  m  oder  Mund- 
bucht) um  (Fig.  11  M.B.),  in  deren  Grunde  Ektoderm  und  Entoderm 
unmittelbar  aneinander  liegen  und  damit  die  sogenannte  Rachenhaut 
(R.H.)  bilden.  Die  vordere  und  hintere  Umrandung  der  Mundbucht 
springt  als  Anlage  der  Ober-  (O.L.)  und  Unterlippe  vor.  Durch  die 
Ausbildung  des  Stomodaeums  ist  ein  vor  der  Rachenhaut  liegender  Teil 
des  Entodermrohrs,  der  präorale  Darm  (Pr.D.)  [v.  Kupffer]  von  der 


VJ 


E.    GÖPPERT, 


Anlage  des  Kiemendarms  (I.)  abzugrenzen1).  Gleichzeitig  mit  der 
Ausbildung  des  Stomodaeums  sinkt  die  Anlage  des  Geruchsorgans  in 
Form  einer  Grube  ein  (R.)  und  wächst  die  Hypophysenanlage  (Nasen- 
rachengang  Hy.)  als  Schlauch  mit  engem  Lumen  caudalwärts  in  die 
Tiefe  und  legt  sich  dem  Infundibulum  an.  Alle  drei  Anlagen  liegen 
nach  Eintritt  der  geringfügigen  Kopfkrümmung  in  einer  Flucht  an 
der  Ventralseite  des  Kopfes. 

Mundbucht  und  Hypophysis  sind  durch  die  Anlage  der  Oberlippe 
(O.L)  scharf  voneinander  geschieden.  Auch  von  der  Riechgrube  (R.) 
trennt   die   Anlage    der   Hypophysis   (Hy.)   eine   allerdings   wesentlich 


^Pr.D. 


E.H. 


E.H.     O.L.    Hy.  Hy. 

Fig.  11.  Fig.  12. 

Fig.  11.  Medianer  Längsschnitt  durch  den  Kopf  einer  jungen  Larve  von 
Petromyzon  Planeri.  Nach  v.  Kupffer  (1894).  Erklärung  der  Bezeichnungen  für 
Fig.  11 — 14.  Ch.  Chorda.  Hy.  Hypophysenanlage.  K.  Kiemen taschen.  31. B.  Mund- 
bucht (Stomodaeum).  M.  Mittelhirn.  N.  Hinterhirn.  O.L.  Oberlippe.  Pr.D.  präorales 
Darmdivertikel.    E.  Eiechorgan.    E.H.  Rachenhaut.     V.  Vorderhirn.     Vel.  Velum. 

Fig.  12.  Medianer  Längsschnitt  durch  den  Kopf  einer  jungen  Larve  von 
Petromyzon  Planeri.    Nach  v.  Kupffer  (1894).    Bezeichn.  s.  Erkl.  zu  Fig.  11. 

geringfügigere  Vorwölbung  des  Epithels.  Der  allmähliche  Uebergang 
der  Gestalt  der  Epithelzellen  der  einen  Anlage  in  die  der  anderen 
läßt  die  Grenze  zwischen  beiden  weniger  scharf  erscheinen  als  die- 
jenige zwischen  Mundbucht  und  Hypophysenanlage.  Später  besteht 
für  den  Nasenrachengang  und  die  Riechgrube  eine  gemeinsame  Oeffnung 
(Fig.  12,  15). 

Das  blinde  Ende  der  Hypophysenanlage  ist  dem  vorderen  Ende  des 
präoralen  Darmes  zugekehrt  und  reicht  fast  an  dasselbe  heran.  Von 
diesem  gehen,  wie  v.  Kupffer  beschrieb,  seitlich  3  Paare  von  Aus- 
buchtungen hervor,  die  gegen  die  hyobranchiale  Kiementasche  und  gegen- 
einander durch  Streifen  mesodermalen  Gewebes  abgegrenzt  werden,  die 
sich  den  mesodermalen  Anlagen  der  Iviemenbogen  gleichartig  verhalten  ; 
dazu  kommt,  daß  in  entsprechender  Lage  wie  zwischen  zwei  Kiemen- 
taschenanlagen  auch  zwischen  den  Taschen  des  präoralen  Darmes  Aorten- 
bogen auftreten.  Kupffer  sieht  daher  in  diesem  von  ihm  geschilderten 
Verhalten  den  Beweis  dafür,  daß  sein  präoraler  Darm  mit  rudimentären 
Kiementaschenanlagen    besetzt    ist.     Er    hält    ihn    für    homolog    mit  den 


1)  Die  Darstellung  der  Entwicklung  des  Stomodaeums  folgt  im  speciellen  den 
Untersuchungen  Dohrn's  und  Kupffer's.  Die  erste  genauere  Untersuchung  der 
Mundbucht  stammt  von  Scott.     Vgl.  auch  A.  Goette  und  W.  Lubosch  (1901). 


Die  Entwickelung  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.       13 

präbranchialen  Kopfhöhlen,  die  Balfour  (A  Monograph  on  the  Develop- 
ment of  Elasmobranch  Fishes,  London  1878)  als  Teile  des  Mesoderms 
bei  Selachiern  zuerst  beschrieb.  Die  Gesamtheit  des  präoralen  Darmes 
soll,  ohne  andere  Teile  hervorgehen  zu  lassen,  nachdem  er  sich  bei  etwa 
4  mm  langen  Larven  vom  Kiemendarm  abgeschnürt  hat,  der  Rückbildung 
verfallen,  v.  Kupffer  deutet  nun  seine  Beobachtungen  derart,  daß  die 
Hypophysenanlage  ein  ehemaliger  Mund  wäre,  und  daß  der  vorderste 
Darmteil,  in  den  jener  primitive  Mund  hineinführte,  im  präoralen  Darm- 
teil vorliegt,  der  mit  den  Auftreten  der  jetzigen  Mundöffnung  in  einiger 
Entfernung  vom  vorderen  Körperende  der  Bückbildung  verfiel. 

Vor  dem  Durchbruch  der  Mimdbuclit  in  den  Kiemendarm  voll- 
zieht sich  die  Anlage  des  Velums  (Dohrn  1887,  Shipley  1887). 
Der   Grund   der   Mundbucht   (Fig.   12  u.    13  M.B)   dehnt   sich  durch 


Fig.  13a. 


Fig.  13b. 


Fig.  13c. 


Fig.  13d. 


Fig.  13  a— d.     Horizontale    Längsschnitte   durch  Mundbucht   und  Kiemendarm 


von    jungen    Ammocöten,   4,  5,   6,  9  Tage   nach    dem    Ausschlüpfen. 
(18S6/87).    Bezeichn.  s.  Erkl.  zu  Fig.  11. 


Nach  Dohrn 


Entwickelung   einer 


rinnenförmigen 


Vertiefung 


aus,  welche  die  Stelle 
umkreist,  an  welcher  das  Ektoderm  und  Entoderm  aneinander  liegen 
(R.H.).  Zwischen  der  Hinterwand  dieser  Aussackungen  und  der 
Vorderwand  des  Darmrohrs  (I.)  bleibt  eine  Schicht  mesodermalen  Ge- 
webes (Fig.  13  c).  Die  Scheidewand  zwischen  Stomodaeum  und  Darm- 
rohr  hat  sich  also  erheblich  vergrößert,  und  es  besteht  an  ihrer  Vorder- 
flache  an  einer  beschränkten  Stelle  eine  flaschenartige  Einsenkung  des 
Ektoderms,  welches  im  Grunde  der  Einsenkung  dem  Entoderm  anliegt 
(Fig.  13  c)  [Rachenhaut].  Hier  erfolgt  bei  Larven  von  etwa  4  mm  Länge 
der  Durchbrach  der  Mundbucht  in  das  Darmrohr  in  Form  einer 
vertikal  gestellten  Spalte.  Die  übrigen  mesodermhaltigen  Teile  der 
Mundbucht-Darmscheidewand  stellen  das  Velum  vor,  in  dem  der 
mesodermale  Bestandteil  Muskelgewebe  hervorgehen  läßt  (Fig.  13  d  Vel). 

Während  die  Anlage  des  Velums  sich  ausbildet,  entwickeln  sich 
auch  die  vorderen  Abgrenzungen  der  Mundbucht  weiter.  Es  kommt 
hier  zur  Ausbildung  einer  Unterlippe  und  einer  Oberlippe,  welch' 
letztere  dorsal  und  beiderseits  die  Mundöffnung  umzieht  und  erheb- 
lich an  Umfang  zunimmt  (Fig.  15).  Dabei  wird  die  äußere  Nasen- 
hypophysenöffnung  immer  weiter  von  der  Mundhöhle  getrennt  und 
kommt  auf  die  Dorsalseite  des  Vorderkopfes  zu  liegen  (Fig.  14). 

Endlich   entsteht  nach   dem  Durchbruch   der  Rachenhaut   an 
Innenseite    der    Mundhöhle    nicht    weit    vom    Velum    ein    Kranz 


der 


von 


Tentakeln  (Shipley),   der   sich   an    der  Unterfläche   der  Oberlippe  in 


14 


E.    GÖPPERT, 


verzweigen 


einer   medianen  Linie   nach    vorn  fortsetzt.     Die  Tentakel 

sich   mehrfach   und   bilden    einen  Filterapparat   vor   der  Oeffnung  des 

Velums-     Ihre  Lage   im  Innern   der  Mundhöhle   unterscheidet  sie  von 

den  Mundtentakeln  der  Amphioxus,  denen  der  Myxinoiden  und  übrigen 

Fische. 

Mit    der    Metamorphose    erfolgt    eine   völlige    Umgestaltung    der 
Mundhöhle.     Es  bildet  sich  ein  rundes  Saugmaul  aus.     Der  Tentakel- 


4 Hy.R. 


Fig.  15. 


Fig.  14. 

Fig.  14.     Medianer    Längsschnitt    durch    den    Kopf    einer    älteren    Larve    von 
Petromyzon  Planeri.    Nach  v.  Kupffer  (1894).     Bezeichn.  s.  Erkl.  zu  Fig.  11. 

Fig.  15.     Kopf  einer    4  mm    langen  Larve   von    Petromyzon    Planeri.     Hy.  R. 
Gemeinsame  Mündung  von  Hypophyse  und  Geruchsorgan. 

besatz  schwindet,  und  es  treten  Hornzähne  auf,  über  deren  Entwickelung 
später  zu  berichten  sein  wird.  Das  Velum  verfällt  der  Rückbildung, 
und  an  der  Ventralseite  der  Mundhöhle  entsteht  die  mächtige  Zunge 
mit  ihren  Knorpeln  und  Muskeln  (s.  unten,  vgl.  M.  P.  Bujor). 


ß)  Myxinoiden. 


Unsere  Kenntnis  der  Entwickelung  des  Mundes  und  der  Mund- 
höhle der  Myxinoiden  ist  noch  eine  sehr  fragmentarische.  Einigen 
Angaben  von  Price  über  Bdellostoma  Stouti  folgte  eine  auf 
reicherem  Material  beruhende  Darstellung  von  v.  Kupffer,  der  wir 
uns  hier  anschließen.  In  dem  jüngsten  bekannt  gewordenen  Stadium, 
in  welchem  der  Verschluß  des  Neuroporus  eben  vollzogen  war,  die 
Abhebung  des  Darmrohres  noch  nicht  begonnen  hatte,  bestand  eine 
kurze,  vom  Ektoderm  ausgekleidete  Mundbucht,  die  nach  vorn  weit 
durch  den  das  Vorderhirn  bergenden  Teil  des  Kopfes  überragt  ward. 
Im  Grunde  der  Mundbucht  stößt  das  Ektoderm  an  das  Entoderm,  es 
besteht  eine  Rachenhaut. 

Nachdem  der  vordere  Teil  des  Darmes  sich  zum  Rohre  abgeschlossen 
hat,  schwindet  die  Rachenhaut  und  damit  die  Grenze  des  Bereichs  von 
Ento-  und  Ektoderm.  Dicht  vor  der  (primären)  Mundöffnung  liegt 
an  der  Unterfläche  des  überragenden  Teiles  des  Vorderkopfes  die  Anlage 
des  Geruchsorgans  (Fig.  16  R.)  als  eine  unpaare  Einsenkung  des 
Ektoderms,  die  später  rechts  und  links  von  der  Medianebene  in  je 
einen  Blindsack  auswächst.  Von  dieser  Anlage  aus  zieht  eine  Rinne 
dorsal  von  der  Mundöffnung  beginnend,  in  den  Munddarm  hinein  und 


Die  Entwickeking  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.     15 

läuft  an  seiner  dorsalen  Wand  in  der  Gegend  des  vordere  Chorda- 
endes aus.  Diese  Rinne  wird  jederseits  durch  eine  von  der  dorsalen 
Darmwand  ausgehende  Falte  gegen  den  Hauptteil  des  Darmes  ab- 
gegrenzt. Indem  beide  Falten  sich  verbreitern  und  median  miteinander 
verschmelzen,  wird  der  vorher  als  Rinne  erscheinende  dorsale  Teil  des 

j. 


Fig.  16.  Bdellostoma  Stouti.  Medianer  Längsschnitt  durch  jungen  Em- 
bryo nach  v.  Kupffer.  Bezeichnungen  für  Fig.  16-18.  Ch.  Chorda  dorsalis. 
Hy.  Hypophyse  (Nasenrachengang).  I.  Darmrohr.  Inf.  Infundibulum.  L.  Zungen- 
wulst. M.  Mittelhirn.  MM.  Mundhöhle.  X.  Hinterhirn.  R.  Geruchsorgan.  Sec.R.H. 
secundäre  Rachenhaut.     V.  Vorderhirn. 

Munddarmes  von  dem  ventralen  Teil  abgetrennt  (Fig.  17).  Der 
letztere  bildet  die  bleibende  Mundhöhle  (M.H.),  das  dorsale  Rohr  den 
Hypophysenkanal  (Hy.),  in  den  vorn  die  Nasenhöhle  (R.)  mündet 
(Nasenrachengang).  Der  Hypophysenkanal  ist  anfänglich  hinten  blind 
geschlossen   und  setzt   sich  erst  später  mit  dem  Darm  in  der  Gegend 


Fig.  17.     Bdellostoma  Stouti.    Medianer  Längsschnitt  durch  einen  Embryo 
nach  v.  Kttpffek.    Bezeichn.  s.  Erkl.  zu  Fig.  16. 


des  vorderen  Chordaendes  in  Kommunikation  (Fig.  18).  Die  Scheide- 
wand zwischen  Hypophysengang  und  (sekundärer)  Mundhöhle  ward 
von  v.  Kupffer  als  Archipalatum  bezeichnet.  Während  der  Aus- 
bildung desselben  hat  sich  unmittelbar  vor  dem  Bereich  der  Nasen- 
anlage eine  sekundäre  Rachenhaut  ausgebildet  (Fig.  17  Sec.R.H.), 
mit  welchem  dann  der  untere  Rand  des  Archipalatum  verwächst  (Fig.  18). 
Sekundäre  Mundhöhle   und  Nasenrachengang  (Hypophysenkanal,   Hy.) 


16 


E.    GÖPPERT. 


entbehren  damit  zeitweilig  einer  vorderen  Oeffnung.    Später  schwindet 


die   sekundäre   Rachenhaut.     Statt 


der  primären  Mundöffnung  rinden 
sich  dann  am  Vorderteil  des  Kopfes 
2  Oeffnungen.  der  bleibende  (se- 
kundäre) Mund  und  die  vordere 
Mündung  des  Nasenrachenganges. 
Noch  vor  der  Herstellung  der 
Mundöffnung  entwickeln  sich  die 
4  den  Mvxinoiden  zukommenden 
Tentakelpaare.  Ein  Paar  entsteht 
am  Eingang  in  den  Nasenrachen- 
gang,  3  Paar  zur  Seite  der  Mund- 
öffnung. Bemerkenswert  ist,  daß 
anfänglich  die  Mundanlage  einen 
quergestellten  schmalen  Spalt  bil- 
det, ähnlich  der  Mundöffnung  einer 
Störlarve,  während  später  der 
Mund  rundliche  Form  hat  (Dean). 
Aehnliches  trat  uns  auch  bei  Pe- 
tromyzon  entgegen. 

Die  Anlage  des  Velum  be- 
schreibt v.  Kupffer  in  einem  Sta- 
dium, in  welchem  bereits  15  Kie- 
mentaschen angelegt  sind.  Es  geht 
nicht  wie  bei  Ammocoetes  aus  dem  Rest  der  Umgrenzung  der  Rachen- 
haut hervor,  sondern  entsteht  aus  zwei  mächtigen  Wülsten,  die  rechts 
und  links  von  der  Medianebene  an  der  Dorsalwand  des  Darmes  vor  dem 
Bereich  der  1.  Kiementasche  in  das  Lumen  einspringen  und  caudal- 
wärts  in  je  einen  frei  vorragenden  Zapfen  auslaufen. 


M.H. 


Sec.R.H. 


Fig, 
Medianer 
Embryo. 
s.  Erkl.  zu 


18.     Bdellost  oma  Stouti. 
Längsschnitt     durch     älteren 
Nach  v.  Kupffer.     Bezeichn. 
Fig.  16. 


c)  Gnathostoinen. 

Indem  wir  jetzt  zu  den  gnathostomen  Fischen  übergehen,  beginnen 
wir  bei  den  Selachiern.  Wir  folgen  der  Darstellung,  welche 
C.  K.  Hoffmann  (1896)  speciell  für  Acanthias  vulgaris  giebt. 
Das  Entodermrohr  läuft  bei  Embryonen  von  4—8  Urwirbeln  unter 
allmählicher  Verjüngung  bis  zum  vorderen  Körperende.    Der  vorderste 

Teil  des  Darmrohres  verliert  späterhin 
sein  Lumen  und  wird  zu  einem  soliden 
Zellstrang,  zur  Anlage  der  „anterior  head 
cavity"  ;  sein  Homologon  rinden  wir  im 
sogenanten   präoralen  Darm   des  jungen 


Ch.    Ao. 


11.11. 


Fig.  19.  Acanthias  vulgaris.  Embryo 
von  ungefähr  42—44  Somiten.  Medianer  Längs- 
schnitt. Gegend  der  Mundbucht.  Nach  C.  K. 
Hoffmann.  Bez.:  Ao.  Aorta.  Ch.  Chorda.  1. 
Darmrohr.  M.B.  Mundbucht.  Q,  Querkaual  des 
ersten  palingenetischen  Somits.  E.H.  Rachenhaut. 
V.  Vorderhirn. 


Ammocoetes.  Er  trennt  sich  von  dem  übrigen  Entoderm,  das  auch 
in  seinen  vorderen  Teilen  ein  weites  Lumen  behält.  Gegen  die  ventrale 
Wand   des   vordersten  Teiles   des   bleibenden  Entodermrohres  buchtet 


Die  Entwickelung  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.    17 


sich  das  Ektoderm  vor  (Fig.  19)  und  legt  sich  ihm  auf  einer  ziemlich 
langen,  aber  schmalen  Strecke  an,  es  entsteht  also  eine  allerdings 
ganz  flache,  rinnenartige  Mundbucht  (M.B.)  [vgl.  auch  Balfour  1878], 
deren  Boden  eine  dünne  Rachenhaut  bildet  (R.H.)  [bei  Embryonen 
von  31  und  mehr  SomitenJ.  Bei  Embryonen  mit  50  Somiten  reißt  die 
Rachenhaut  ein,  sie  geht  aber  nicht  gleich  gänzlich  verloren,  vielmehr 
erhält  sich  noch  längere  Zeit  ihr  dorsaler  (vorderer)  Teil  als  niedriger 
Vorsprung. 

Dicht  vor  diesem  Rest  der  Rachenhaut  legt  sich  nunmehr  erst  die 
Hypophyse  als  eine  schlauchförmige  Einstülpung  des  Ektoderms  an,  die 
nach  vorn  und  dorsalgerichtet  vordringt.  Dieses  späte  Auftreten  der 
Hypophyse  wurde  kürzlich  auch  durch  Haller  bestätigt. 

Von  Ganoiden  ist  vor  allem  fürAcipenser  sturio  die  Ent- 
stehung der  Mundbucht  und  der  Mundöffnung  durch  v.  Kupffer  im 
einzelnen  verfolgt  worden.  Nach  ihm  erfolgt  die  Anlage  des  Stomo- 
daeums    am  3.  Tage  nach  der  Befruchtung   als  eine  duplicaturartige 


am 
Einbuchtung 


der  basalen 


Lage 


des 


zweischichtigen 


Ektoderms.  Es 
besteht  kein  Lumen.  Zwischen  die  beiden  Lagen  dieser  Ein- 
buchtung, senkt  sich  etwas  später  auch  die  oberflächliche  Ektoderm- 
anlage,  die  sogenannte  Deckschicht,  ein  (Fig.  20).  Dem  Grunde  der 
Anlage  der  Mundbucht  steht  ein  kurzes,  vorn  blind  geschlossenes 
Divertikel  entgegen,  die  bereits  ventral 
geschlossene  Anlage  des  Vorderdarmes. 
Ueber  der  Mundanlage  liegt  eine  als 
Haftscheibe  (h.)  bezeichnete  Verdickung 
der  Grundschicht  des  Ektoderms  und 
über  dieser  die  Mündung  der  Hypo- 
physenanlage (Hy.),  dicht  unter  der  so- 
genannten unpaaren  Riechplatte,  welche 
die  Stelle  des  Neuroporus  einnimmt. 
Die  Anlage  der  Haftscheibe  hat  also 


eine    ähnliche    Lage   wie    die 


Anlage 


der  Oberlippe  der  jungen  Ammocoetes, 
ohne  daß  daraus  etwa  auf  eine  Ho- 
mologie beider  Dinge  geschlossen 
werden  darf. 


Die 


Anlage 


des    Vorderdarmes 


verlängert  sich  mit  der  fortschreitenden 


Abhebung 
nach 


des  Keimes  vom  Dotter- 
sack nach  hinten  zu,  indem  sie  sich 
auf  immer  weitere  Strecken  ventral 
abschließt.  Dabei  verdickt  sich  ihre 
ventrale  Wand,  so  daß  das  Lumen  auf 
einen  engen  Spalt  reduziert  wird 
(Fig.  20).  Der  Vorderdarm  wird  solide 
und  läßt  als  solide  Ausbuchtungen 


M.B. 

Fig.  20.  Acipenser  sturio. 
Embryo  70  Stunden  nach  der  Be- 
fruchtung. Medianschnitt  durch  den 
Vorderkopf.  Nach  v.  Kupffer. 
C.  Herz.  h.  Tentakelanlage  (Haft- 
scheibe nach  Kupffer).  Hy.  Hypo- 
physe.   M.B.  Mundbucht. 


die  Kiemenanlagen 


auftreten.     Das 


Stomodaeum  verschmilzt  am  4.  Tage  nach  der  Befruchtung,  in  der  Zeit 
des  Ausschlüpfens  der  Larve,  mit  dem  Vorderdarm,  so  daß  nunmehr 
eine  Abgrenzung  des  ektodermalen  Teiles  vom  Entoderm  nicht  mehr 
mit  Sicherheit  möglich  ist.  Am  3.  Tage  nach  dem  Ausschlüpfen  stellt 
sich  dann  ein  Lumen  im  gesamten  Vorderdarm  her,  der  Mundspalt 
öffnet  sich. 


Handbuch  der  Entwickelungslehre.    II.  1. 


18 


E.    GÖPPERT, 


Bei  Teleosteern  entbehrt  die  Vorderdarmaiilage  bereits  in 
frühesten  Stadien  eines  Lumens,  indem  ihre  Wände  einander  unmittelbar 
berühren  (Fig.  21).     Auch   die   von   ihr  seitlich  ausgehenden  Anlagen 

der  Kiemenspalten  zeigen 


Pr.D. 


das     gleiche 
Vorn 


Verhalten, 
flache 


legt  sich  die 
entodermale  Anlage  dem 
Ektoderm  an.  Von  ihm 
geht  keine  umfänglichere 
Stomodäalbildung 


E.H.  Hy. 

Salmo  irideus,  6  mm. 
nach  T3.    Haller.       /.   entodermaler 
Pr.D.  präorales  Darmdivertikel.    Sonst. 
zu  Fig.  19  u.  20. 


Fig.21. 

B.   Haller. 


Längsschnitt 
Vorderdarm. 
Bez.  s.  Erkl. 


aus. 
Es  ist  sogar  gelegentlich 
das  Auftreten  einer  sol- 
chen völlig  geleugnet 
worden,  obwohl  die  An- 
wesenheit von  Zähnen 
auch  in  den  hinteren 
Teilen  des  Kopfdarmes 
es  möglich  erscheinen 
läßt,  daß  das  Ektoderm 
sich  später  weit  nach 
innen  verschiebt  (s.  u.). 
Den  Bereich,  in  welchem  das  Entoderm  an  das  Ektoderm  anstößt, 
wird  man  auch  hier  als  Rachenhaut  (R.H.)  bezeichnen  müssen. 
Von  der  soliden  Vorderdarmanlage  ragt  ein  gleichfalls  solider  Zapfen 
nach  vorn  dorsal  über  den  Bereich  der  Rachenhaut  hinaus,  in  welchem 
vielleicht  ein  Homologon  des  präoralen  Darmes  Kupffer's  zu  erblicken 
ist  (Pr.D.)  [B.  Haller  1896].  Dicht  vor  der  Rachenhaut  geht  die 
Hypophysenanlage  als  ein  solider  Zellzapfen  vom  Ektoderm  dorsal- 
wärts  (Hy.).  Nachdem  im  Vorderdarm  ein  deutliches  Lumen  auf- 
getreten ist,  erfolgt  der  Durchbruch  der  Rachenhaut,  und  zwar  bei 
manchen  Formen  in  einer  von  der  Norm  abweichenden  Art  und  Weise. 
Wie  A.  Dohrn  (1881)  bei  Gobius,  Hippocampus  und  Belone 
darstellte,  Julia  Platt  (1891)  für  Batrachus  tau  bestätigte,  bricht 
die  Mundhöhle  zunächst  zu  beiden  Seiten  der  Mittellinie  durch  und 
bleibt  median  noch  eine  Zeit  lang  geschlossen.  Dadurch  ähnelt  die 
Mundanlage  zeitweilig  einem  Kiemenspaltenpaar,  was  Dohrn  für  seine 
Ableitung  des  Wirbeltiermundes  verwertet  (s.  u.).  Offenbar  handelt 
es  sich  aber  nicht  um  eine  allgemeine  Erscheinung  bei  den  Knochen- 
fischen, denn  W.  C.  M'Intosh  und  E.  E.  Prince  fanden  bei  Trigla 
und  anderen  Formen,  daß  die  Mundöffnung  als  ein  querer  Spalt  in 
ganzer  Breite  sich  öffnet,  um  sich  dann  allmählich  zu  erweitern. 

Von  Dipnoern  wissen  wir,  daß  Ceratodus-Embryoneu  eine 
ziemlich  tiefe  Mundbucht  besitzen,  die  an  der  Ventralseite  des  Kopfes 
als  ein  quergestellter  Spalt  ihre  Lage  hat  (R.  Semon)  [Fig.  29a].  Als 
quere  breite  Rinne  erscheint  sie  in  der  Abbildung  Kerr's  von  Lepido- 
s  i  r  e  n-Embryonen. 

Bei  den  Amphibien  (U  r  o  d  e  1  e  n  und  Anuren)  liegen  schon  in 
sehr  frühen  Stadien  Entoderm  und  Ektoderm  dicht  unter  der  Vorder- 
hirnanlage an  der  Stelle  des  späteren  Mundes  unmittelbar  aneinander 
und  verschmelzen  hier  zur  Bildung  einer  Rachenhaut  (Fig.  22  u.  23 
H.H.).  Bei  Urodelen  ist  das  vorderste  Ende  der  Darmanlage  anfangs 
solid    und    läßt   erst   später    ein  Lumen   entstehen  (Kallius)  x).     Die 

1)  Eine  andere  Deutung  dieser  Verhältnisse  siehe  bei  H.  üer. 


Die   Entwickelung  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.   19 

Mundanlage  ist  iu  beiden  Ordnungen  entsprechend  der  verschiedenen 
Form  des  Kopfes  von  sehr  verschiedener  Gestalt,  Bei  den  Anuren 
(Götte,  auch  Reichert)  ist  sie  ganz  schmal  und  vor  allem  in  sagittaler 


Bez. 


Fig.  22. 
s.  Erkl. 


Bombinator  igneus. 


zu  vorhergeh. 


Figg. 


Junge  Larve. 


U.K. 


Fig.  23. 
Medianschnitt.  Nach  Götte. 


Fig.  23.    Triton  cristatus,  ca.  8  mm  lange  Larve.    Medianer  Längsschnitt. 


Nach  Kallius.     L.  Zungenanlage.     U.K.  Unterkiefer.     E.H.  Bachenhaut. 


/. 


Ch. 


Richtung,  bei  den  Urodelenin  querer  Richtung  entfaltet  (Fig.  31  u.  32) 
(vgl.  Clarke  für  Amblystoma).  Eine  eigentliche  Mundbucht  entsteht 
erst  durch  die  Ausbildung  der  Kieferwülste  (s.  unten). 

Als  flache  Einsenkung,  deren  Boden  die  Rachenhaut  bildet,  treffen 
wir  die  Mundanlage  bei  den  Sauropsiden  an  der  Ventralseite  des 
Kopfes.  So  zeigt  sie  uns  die  in  Fig.  24  wiedergegebene  Abbildung 
M.  v.  Davidoff's  bei  einem  Embryo  von  Platydactylus  maure- 
tanicus  (M.B.).  Gleichzeitig  beweist  die  Figur,  daß  die  Mundanlage 
das  Entodermrohr  etwas  hinter  seinem  Vorderende  erreicht,  so  daß 
auch  bei  Sauropsiden,  wie  bei  Fischen,  ein  präoraler  Darm- 
abschnitt zu  unterscheiden  ist.  Beim  Hühnchen  treten  nach  Kölliker 
(Entwicklungsgeschichte)  die  ersten  Spuren  eines  Stomodaeums  bereits 
am  2.  Tage  der  Bebrütung  auf.  Am 
4.  Tage  entsteht  in  der  Rachenhaut  ein 
senkrecht  gestellter  Riß,  an  dessen 
Rändern  die  Reste  der  Rachenhaut  bald 
schwinden,  sodaß  am  5.  Tage  eine  weite 
Kommunikation  die  ektodermale  Muncl- 
bucht  mit  dem  entodermalen  Darmrohr 
verbindet. 

S  ä u  g  e  t  i  e  r-Embryonen  lassen  die 
Anlage  des  Mundes  zu  einer  Zeit  er- 
kennen, in  welcher  der  Keim  noch  flach 
dem  Dotter  aufliegt  (nachgewiesen  bei 
Kaninchen  und  Meerschweinchen  (Ca- 
rius,  Keibel).  Vor  dem  Teile  des  Ek- 
toderms,  welcher  sich  zur  Medullarplatte 
gestaltet,  liegt  auf  eine  Strecke  weit  das 
Entoderm  dem  Ectoderm  innig  an  (ohne 
trennendes  Mesodermgewebe).  Die  An- 
lage der  Chorda  reicht  bis  zum  hinteren 


-M.D. 


M.B. 


Np. 

Fig.  24.  Platydactylus 
mau retanic us  nach  v.  Davi- 
doff. Embryo  von  7  Urwirbeln. 
Medianer  Längsschnitt.  Np.  Neu- 
roporus.  M.D.  präorales  Darm- 
divertikel.  3L.B.  Mundbucht.  I. 
Darmrohr.     Ch.  Chorda. 

2* 


20 


E.    GÖPPERT, 


I. 


Ch. 


epus  cuniculus. 
Embryo.  Medianschnitt  durch  den 
Kopf.'  Nach  Keibel  (1889).  Be- 
zeichn.  s.  Erkl.  zu  vorhergeh.  Figg. 


Rande  dieser  primitiven  Rachenhaut.  Mit  der  Abhebung  der  Kopfanlage 
vom  Dotter  kommt  dann  die  Rachenhaut  an  die  Ventralseite  derselben 
zu  liegen.     Dabei  verschmelzen  die  beiden  sie  bildenden  Epithellagen 

untrennbar  miteinander  (Fig.  25).    Die 
vordere      dorsale      Ansatzstelle     der 
Rachenhaut  (H.H.)  ist  etwas  verdickt, 
und    in    den    Vorsprung   schiebt   sich 
nach  Keibel  (1889)  das  ventralwärts 
umgebogene   Vorderende   der   Chorda 
(Ch.)  etwas  vor,  um  sich  später  daraus 
zurückzuziehen.     Die   dorsale  Ansatz- 
stelle der  Rachenhaut  trennt   die   vor 
ihr  liegende  Anlage  der  Hypophyse  und 
eine  zuerst   beim   Hühnerembryo   be- 
schriebene   als    SEESSEL'sche    Tasche 
bekannte  Ausbuchtung  des  Entoderms. 
Von  letzterer  gehen  nach  v.  Kupffer 
und    Nusbaum    solide    Wucherungen 
aus,    die   wohl   dem   präoralen  Darm- 
abschnitt   Ktjpffer's    oder    vielmehr 
dessen  Anfangsstück  entsprechen  (W. 
His  1892,   p.  421,    und    v.  Kupffer 
1893,    p.    516)  0-       Die    Mundanlage 
bildet    sich    also    nicht    als    eine  Einbuchtung    des   Ektoderms.      Es 
sind  vielmehr   die   die  Mundanlage   umrandenden  Wülste,  welche  mit 
ihrem  Auftreten  bewirken,  daß  die  Rachenhaut  im  Grunde  einer  von 
Ektoderm    ausgekleideten     Bucht    zu    liegen     kommt    (vgl.    Heape, 
Tai.  XII,  Fig.  23).     Die   Zerreißung   der   Rachenhaut   erfolgt   bei  den 
einzelnen  Individuen   und  Arten   verschieden  früh.     Bei  menschlichen 
Embryonen  war  sie  nach  W.  His  bei  einem  2,15  mm  langen  Exemplar 
noch  erhalten,  bei  3,2  mm  fehlte  sie  bereits.    Nur  die  dorsale  Ansatz- 
stelle  ist   als   Vorsprung    zwischen    Hypophysenanlage    (RATHGE'sche 
Tasche)  und  SEESSEL'scher  Tasche  noch  eine  Zeitlang  kenntlich. 

Ueberschauen  wir  die  Art  des  Auftretens  der  Mundanlage  bei  den 
Wirbeltieren,  so  sehen  wir  erstens,  daß  sie  nicht  das  Vorderende  des 
Körpers,  sondern  die  Ventralseite  des  Kopfes  einnimmt,  daß  ferner  nur 
in  Ausnahmefällen  z.  B.  bei  Petromyzon  eine  tiefe  Einstülpung  des 
Ektoderms  eine  geräumige  Mundbucht  entstehen  läßt,  wie  es  bei  den 
Wirbellosen  die  Regel  bildet  und  auch  bei  den  Tunicaten  vor- 
liegt. In  der  Mehrzahl  der  Fälle  senkt  sich  die  Gegend  der  Verbindung 
zwischen  Ektoderm  und  Entoderm,  die  Rachenhaut  Remaks  zunächst 
nur  unbedeutend  oder  gar  nicht  ein.  Erst  die  Aufwulstung  der  Mund- 
ränder last  eine  geräumigere,  von  Ektoderm  bekleidete  Mundbucht 
zu  stände  kommen.  Etwas  Aehnliches  kommt  bei  der  Entwickelung  der 
Mundhöhle  des  Amphioxus  zur  Beobachtung,  indem  das  Auftreten  der 
Lippenfalten  erst  dem  Vorderdarm  einen  von  Ektoderm  ausgekleideten 
Vorraum    schafft.      Während   bei   Amphioxus    und    den    Cyclostomen 

1)  Mit  der  SEESSEL'schen  Tasche  darf  nicht  das  von  E.  Selenka  unter  der 
Bezeichnung  Gaumentasche  bei  Didelphys  beschriebenen  Gebilde  zusammen- 
geworfen werden.  Diese  Gaumentasche  gehört,  wie  Selenka  selbst  angiebt,  mit 
der  Chorda  zusammen.  Nach  Keibel  (1889)  stellt  sie  die  letzte  strangförmig  aus- 
gezogene Verbindung  zwischen  dem  vorderen  vom  Entoderm  sich  lösenden  Chordaende 
mit  dem  Entoderm  vor. 


Die  Entwickelung  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.  21 


wenigstens  den  Petromyzonten  der  ektodermale  Vorraum  durch  ein 
Velum  scharf  gegen  die  entodermale  Kopfdarmhöhle  abgegrenzt  bleibt, 
gehen  bei  den  Gnathostomen  beide  Räumlichkeiten  nach  Schwund  der 
Rachenhaut  unmittelbar  ineinander  über  (s.  u.). 


Wir  betrachten  nunmehr  die  Entwickelung  der  äußeren  Um- 
grenzung der  Mundöffnung  und  beginnen  wiederum  bei  den 
Fischen.  Zunächst  ergiebt  sich  eine  sehr  verschiedene  Gestaltung 
des  Mundes  in  der  ersten  Anlage.  Während  die  Mundöffnung  junger 
Selachier-Embryonen  als  längsgestellter  Spalt  erscheint,  ist  sie  bei 
allen  anderen  Fischen  mehr  in  die  Quere  entfaltet  (Fig.  26,  27,  28). 
Bei  allen  aber  liegt  die  Mundbucht  an  der  Ventralseite  des  Vorder- 
kopfes auch  dann,  wenn  sie  beim  fertigen  Tiere  das  Vorderende  des 
Körpers  einnimmt.  Die  Umrandung  der  Mundbucht  bildet  bei  allen 
gnathostomen  Fischen  in  übereinstimmender  Weise  anfänglich  jeder- 
seits  ein  oberer  und  ein  unterer  Wulst,  die  als  Oberkiefer-  und  Unter- 
kieferwulst bezeichnet  werden,  sie  entsprechen  dem  oberen,  resp. 
unteren  Teil  des  primitiven  Kieferwulstes,  des  1.  Visceralbogens. 
Anfänglich  sind  sie  von  ihrem  Gegenstück  median  durch  eine  Ein- 
kerbung getrennt,  die  sich  später  ausgleicht. 

Bei  Selachiern  umrahmt  in  frühen  Entwickelungsstadien  der  1. 
Visceralbogen  rechts  und  links  die  Mundbucht  (Fig.  26a  K.W.).  Eine 
geringfügige  Verbreiterung  der  Mundbucht  nach  beiden  Seiten  etwas  hinter 
der  Mitte  ihrer  Länge,  grenzt  den  unteren  zur  Unterkieferanlage  be- 
stimmten Teil  des  Kieferbogens  von  dem  oberen,  dem  Oberkieferwulst, 
undeutlich  ab.     Indem  an  dieser  Stelle    die  Mundbucht  an  Breite  immer 


-U.W. 


Fig.  26c. 


Fig.  26a.  Fig.  26b. 

Fig.  26.  Köpfe  von  Selachier-Embryonen.  a,  b  Torpedo  ocellata,  8  u. 
15  mm.  c.  Mustelus  vulgaris,  2,6  mm.  K.W.  Kieferwulst.  O.W.,  U.W.  Ober-  und 
Unterkieferwulst.     E.  Geruchsorgan.     Oc.  Auge. 


mehr  zunimmt,  während  ihr  Längsdurchmesser  sich  verringert  (Fig.  26b), 
nähert  sich  die  Form  des  Mundes  immer  mehr  dem  bleibenden  Zustand. 
Oberkiefer-  (O.W.)  und  Unterkieferwulst  (U.W.)  treffen  in  spitzem  Winkel 
zusammen  und  nehmen  eine  mehr  quere  Verlaufsrichtung  an.  Unterhalb 
der  stark  überragenden  Vorderkopfanlage,  auf  der  die  Geruchsgruben  (R.) 
ihre  Lage  haben,  springen  die  medialen  Teile  der  Oberkieferwülste  stark 
vor.     Im  Grunde  der  schmalen,    beide    median  von    einander   trennenden 


22 


E.    GÖPPERT, 


Einsenkung  zieht  eine  niedrige  Kante  von  einem  zum  anderen.  Mit  der 
weiteren  Ausbildung  des  Vorderkopfes  gleicht  sich  diese  Einsenkung  aus, 
auch  die  Oberkiefer-  und  Unterkieferwülste  selbst  verschwinden  mehr 
und  mehr  in  dem  Niveau  der  Umgebung  (Eig.  26c).  Gleichzeitig  macht 
die  Einkerbung  zwischen  den  beiderseitigen  Unterkieferbogen  einem 
medianen  Vorsprung  Platz  1). 

Unter  den  Ganoi den  liegt  bei  jungen,  kurz  nach  dem  Ausschlüpfen 
stehenden  Larven  von  Acipenser  sturio  (nach  v.  Kupffer)  die  oben 
erwähnte  als  Haftscheibe  bezeichnete  Verdickung  des  Ektoderms  (Fig.  20  h.\ 
die    bald    in    zwei    symmetrische    Hälften    zerlegt    wird    (Fig.    27).      Den 


7?.  O.W. 


Fig.  27a.  Fig.  27b.  Fig.  27c. 

Fig.  27a — c.  Köpfe  von  Acipenser-Embryonen  (sturio).    (Bezeichn.  s.  Fig.  2  6. 


oberen  Mundrand  bilden  deutlich  vorspringende,  median  durch  einen 
schmalen  Spalt  voneinander  getrennte  Oberkieferwülste  (Eig.  27a  O.W.). 
Ihre  Verschmelzung  am  4.  Tage  nach  dem  Ausschlüpfen  vollendet 
die  Abgrenzung  des  Mundes,  dessen  Bänder  dann  Zähne  hervorgehen  lassen 
(von  Kxock  bei  Ac.  ruthenus  entdeckt).  Nachdem  diese  nach  dem 
3.  Monat  des  Larvenlebens  wieder  geschwunden  sind,  erfolgt  die 
Umbildung  des  Larvenmundes  in  den  Saugmund  des  fertigen  Tieres. 
An  der  Stelle  der  sogenannten  Haftscheibe  sind  inzwischen  4  knopfartige 
Erhebungen  (t.)  entstanden,  die,  in  einer  queren  Reihe  angeordnet,  die 
Anlagen  der  Tentakel  darstellen.  Nach  v.  Kupffer  sollen  auch  die 
lateralen  aus  der  Haftscheibe  hervorgehen.  Unter  fortgesetzter  Ver- 
längerung entfernen  sie  sich  mit  dem  Auswachsen  des  Rostrums  allmählich 
von  der  Mundöffnung. 

Bei  Lepidosteus  (E.  M.  Balfour  und  W.  N.  Parker)  zeigt  die 
Mundhöhle  bei  Embryonen  dicht  vor  dem  Ausschlüpfen  die  Gestalt  einer 
queren  Grube.  Die  Höhlung  erweitert  sich  aber  rasch  zu  einer  rhomboidal 
gestalteten  Oeffnung,  die  ihre  untere  Abgrenzung  durch  die  Unterkiefer- 
wülste empfängt,  seitlich  und  oben  von  Oberkieferwülsten  begrenzt  wird, 
während  vorn  eine  starke  Verdickung  der  Epidermis,  die  Anlage  der 
sogenannten  Saugscheibe,  seit  dem  2. — 3.  Tage  vor  dem  Ausschlüpfen 
(s.  Eig.  8  h.,  Bd.  I,  6.  Kap.,  p.  28)  ihre  Lage  hat.  Die  Saugscheibe  ist  mit 
papillenartigen  Erhebungen  besetzt,  die  durch  eine  starke  Verlängerung 
von  gruppenweise  zusammenliegenden  Epidermiszellen  zu  stände  kommen. 
Sie    scheiden    einen    klebrigen    Stoff    ab,    der    zum    Festhalten    der  aus- 


1)  Eine    Darstellung    der    Mundentwickelung     von     Scyllium     canicula    gab 
A.  Sedgwick. 


Die  Entwickelung  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.  23 


geschlüpften  Larve  dient.  Wenn  die  Saugscheibe  auch  eine  ähnliche 
Lage  besitzt  wie  die  von  v.  Kupffer  als  Haftscheibe  bezeichnete  Tentakel- 
anlage von  Acipenser,  so  handelt  es  sich  doch  nicht  um  homologe 
Bildungen.  Unter  starkem  Auswachsen  der  Ober-  und  Unterkieferanlagen 
bildet  sich  allmählich  die  lange  Schnauze  des  fertigen  Tieres  aus,  an 
deren  Spitze    noch    lange  die  Reste  der  der  Rückbildung  anheimfallenden 


E. 


-O.W. 


Fig.  28a.  Fig.  28b. 

Fig.  28.    Köpfe  von  Embryonen   von  Salmo  fario.    a.  46  b.  47  Tage  nach 
der  Befruchtung.    Bezeichn.  s.  Erkl.  zu  Fig.  26. 


Saugscheibe  zu  erkennen  sind.  Sehr  ähnliche  Verhältnisse  wie  bei 
Lepidosteus  zeigen  die  ersten  Stadien  der  Mundentwickelung  auch 
bei  Amia  calva  (Bashford  Dean  1896). 

Die  Teleosteer  zeichnen  sich  durch  verhältnismäßig  recht  schwach 
hervortretende  Oberkieferwülste  aus.  Bei  Salmo  fario  wenigstens  heben 
sie  sich  (46  Tage  nach  der  Befruchtung)  nur  in  den  lateralen  Teilen  der 
der  Mundränder  wulstartig  ab  (Fig.  28a   O.W.). 

Von  den  Dipnoern  ist  die  Entwickelung  des  Mundrandes,  wie 
durch  R.  Semon  für  Ceratodus  beschrieben  wurde,  kompliziert  durch 
den    Anschluß    des    Geruchsoro-ans    an    die    Mundhöhle.      Bei    Ceratodus- 


Embryonen  liegen  dicht 
vor  der  ziemlich  tiefen, 
quergestellten  Mundbucht 
die  Anlagen  des  Geruchs- 
organs (Eig.  29a  R.). 
Beide  Riechgruben  setzen 
sich  durch  eine  bogig  vor 
der  Mundbucht  verlau- 
fende Rinne  miteinander 
in  Verbindung,  deren  mitt- 
lerer Teil  aber  später 
wieder  verstreicht,  so  daß 
von  jeder  Riechgrube  nur 
eine  kurze  Rinne  median- 
und  mundwärts  verläuft 
(Nasenrinne).  In  der  un- 
teren (hinteren)  Ab- 
grenzung der  Mundbucht 
wölben  sich  die  Unterkieferwülste 
Zeit  nach  dem  Auschlüpfen  des  jungen 
durch,    und  in  gleicher   Zeit  treten    als 


O.W 


R. 


L— — *. 


Fig.  29a. 


I U.W. 


Fig. 
nach  B. 


29 a,  b.    Köpfe  von  Ceratodu s-Embryonen 
Semon.    Bezeichn.  s.  Erkl.  zu  Fig.  26. 


(Eig. 


29b   U.W.)  vor.     In  der  ersten 
Fisches    bricht    die    Mundbucht 
obere,  resp.  vordere  Abgrenzung 


2  Wülste  auf,  die  Oberkieferwülste  (Munddachplatten   O.W.).  Beide  sind 


1)  Außer   bei    v.  Kupffer   finden  sich  Darstellungen  der  MundentwickeluDg 
von  Acipenser  bei  W.  A.  Parker  und  F.  M.  Balfour  (Handb.  d.  vergl.  Embr.). 


24 


E.    GÖPPERT, 


anfänglich  median  durch  eine  Furche  getrennt,  verschmelzen  aber  (etwa 
2  Wochen  nach  dem  Ausschlüpfen)  miteinander  (Fig.  29  b).  In  ihrem 
Bereich  entstehen  die  Vomer-  und  Pteiygo-palatinzähne.  Die  Mundhöhle 
stellt  mit  dem  Auftreten  der  Oberkieferwülste  eine  quere  Grube  vor  und 
ähnelt  damit  dem  Munde  des  Störeinb^os.  Weiterhin  erfährt  sie  eine 
erhebliche  Vergrößerung  nach  den  Seiten.  In  der  seitlichen  Umrandung 
der  Riechgrube  hat  sich  jederseits  ein  Saum  ausgebildet,  der  zum  Mund- 
winkel   zieht    (Fig.    30  L.).      An    seiner   Innenseite    liegt  die  Nasenrinne 


L. 


V.L. 


Fig.  30.  Ceratodus,  junger 
Fisch.  Nach  R.  SEMON.  R.  Nasen- 
rinne. L.  Falte  von  der  Rieeh- 
grube  zum  Mundrand.  U.L. 
Unterlippe. 

Fig.  31.    Triton  alpestris. 


Fig.  31. 
8  mm  lange  Larve.    Ventralansicht. 


(&).     Mit    der 

vorn-  innen  nach  hinten 

Nasenrinne  an.     Sie  wird 


Verbreiterung 
außen 


des    Mundes    läuft    der   Saum    schräg    von 
und  diesem  Verlauf  schließt  sich  auch  die 
durch   den  Saum  der  Mundhöhle  angeschlossen. 
Bekanntlich  überwölben  sich  die  Nasenrinnen,  es  scheidet  sich  damit  eine 


äußere  Nasenöffnuno-  von    der  Choane.     Die  letztere 


liegt 


unmittelbar  an 


der  Reihe  der  Pterygo-palatinzähne.  Endlich  wird  durch  eine  bogenförmig 
vor  den  äußeren  Nasenöffnungen  verlaufende  Falte  Mund  und  Nasenhöhle 
gemeinsam  umrandet. 


A'.ir. 


o.w. 


-—u.w. 


Fig.  32a.  Fig.  32b. 

FJ$'  32a— c.    Rana  temporaria.    Junge 
U.W.  Ober-  und  Unterkieferwulst.     R   * 


Riechgrube. 


Larven 
H. 


Fig.  32c. 

K.W.  Kieferwulst.    O.W., 
Haftorgan. 


Die  Entwickelung  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.  25 

Eine  sehr  erhebliche  Uebereinstimmimg  mit  der  Entwickelung  des 
Fischmund.es  findet  sich  unter  den  Amphibien  bei  Urodelen  und 
Anuren.  Bei  Triton  läßt  sich  schon  frühzeitig  die  Mundanlage 
caudal  von  den  runden  Nasenöffnungen  an  der  Ventralseite  des  Kopfes 
als  bogenförmig  verlaufender  schmaler  Streifen  erkennen.  In  den 
seitlichen  Teilen  desselben  wulstet  sich  später  der  Vorderrand  jeder- 
seits  etwas  auf,  so  daß  man  hier  von  den  Oberkieferwülsten  sprechen 
kann  (Fig.  31),  dann  erfolgt  gleich  der  Durchbruch  der  Mundöffnung 
in  ganzer  Ausdehnung  der  Anlage.  Seitlich  legt  sich  der  obere  Mund- 
rand etwas  über  den  unteren  Rand  hinweg,  so  daß  nur  median  auch 
bei  geschlossenem  Maul  die  Eintrittsöffnung  für  den  respiratorischen 
Wasserstrom  offen  bleibt.  Aehnlich  scheint  die  Mundentwickelung  auch 
bei  Proteus  abzulaufen  (R.  Wiedersheim). 

Nur  wenig  anders  liegen  die  Dinge  bei  Rana  (Fig.  32).  Die 
schmale,  längsgestellte  Mundanlage  begrenzen  anfänglich  seitlich  die 
noch  einheitlichen  Kieferwülste  (Fig.  32a).  An  jedem  der  beiden 
macht  sich  dann  von  der  Mundbucht  aus  eine  Trennung  in  Ober-  und 
Unterkieferwulst  bemerkbar  (Fig.  32b  O.W.  u.  U.W.).  Entsprechend 
der  Grenze  zwischen  letzteren  erweitert  sich  nun  der  Mund  zu  einer 
rhomboidal  gestalteten  Grube,  die  nun  nach  oben  durch  die  Oberkiefer-, 
nach  unten  durch  die  Unterkieferwülste  begrenzt  wird  (Fig.  32  c).  Die 
medianen  Einkerbungen  zwischen  den  Wülsten  beider  Seiten  gehen 
schließlich  verloren,  so  daß  nunmehr  das  Rundmaul  der  Larve  vor- 
liegt1). 

Den  beiden  besprochenen  Ordnungen  stehen  die  Gymnophionen 
durch  einen  scheinbar  ganz  verschiedenen  Ablauf  der  Entwickelung 
des  Mundrandes  gegenüber  (P.  u.  F.  Sarasin,  vor  allem  A.  Brauer). 
Bei  Hypogeophisrostratus  (Brauer)  wird  die  Mundbucht  zunächst 
nach  oben  von  dem  Wulst  des  Vorderkopfes  überragt  (Fig.  33a).  Auf 
diesem  liegen  die  tellerförmig  gestalteten  Riechgruben  (R.).  Die 
untere  und  seitliche  Abgrenzung  geben  die  Kieferwülste  (K.W.),  die 
anfänglich  auch  ventral  voneinander  getrennt  sind,  später  (bei  Em- 
bryonen von  18  cm  Länge)  hier  miteinander  verschmelzen.  Bei  1,5  cm 
langen  Embryonen  beginnt  am  dorsalen  Teil  des  Kieferwulstes  ein 
Vorsprung  sich  auszubilden,  der  für  die  seitlichen  Teile  der  Mund- 
spalten die  obere  Abgrenzung  bildet.  Man  bezeichnet  ihn  als  Ober- 
kieferwulst (-fortsatz)  [Fig.  29b  O.W.],  obwohl  er  keineswegs  dem 
ganzen  Oberkieferwulst  der  Selachier,  Ganoiden  oder  Dipnoer  entspricht 
(s.  u.).  Beide  Oberkieferwülste  sind  ziemlich  weit  voneinander  ent- 
fernt.   Zwischen  ihnen  fehlt  noch  eine  scharfe  Abgrenzung  des  Bereiches 


1)  Bei  Bombinator  beschreibt  Götte  die  Verhältnisse  anders  (5.  Bd., 
6.  Kap.,  Fig.  23).  Zur  Seite  der  Mundanlage  gliedert  sich  der  anfangs  einheitliche 
Kieferwulst  in  ein  paar  obere  und  untere  Vorragungen,  die  Ober-  und  Unter- 
kieferwülste. Die  Oberkieferwülste  sind  voneinander  median  getrennt,  und  von 
hier  aus  führt  jederseits  eine  Rinne  seitlich  von  einer  durch  das  Vorderhirn  bedingten 
schmalen  Vorwölbung  empor  zu  der  Nasengrube.  Diese  Verbindungen  zwischen 
Nasengrube  und  Mundbucht,  von  denen  bei  Rana  nichts  zu  erkennen  ist,  werden 
bald  ausgeglichen,  und  gleichzeitig  rücken  die  beider  Nasengruben  etwas  auseinander, 
indem  der  dem  Vorderhirn  entsprechende  Wulst  sich  jederseits  fortsatzartig  ver- 
breitert und  dadurch  mit  dem  Oberkieferwulst  in  Verbindung  tritt.  Die  Ausbildung 
der  Choane  hat  mit  der  oben  erwähnten,  von  der  Riechgrube  abwärts  führenden 
Rinne  übrigens  nichts  zu  thun,  sie  entsteht  vielmehr  auch  hier  durch  einen  direkten 
Durchbruch  der  Riechgrube  in  den  Vorderdarm.  Hinsberg  konnte  bei  Bombi- 
nator ebensowenig  wie  bei  Rana  etwas  von  einer  Rinnenbildung  zwischen  Nasengrube 
und  Mundbucht  entdecken. 


26 


E.    GÖPPERT, 


der  Mundhöhle  gegen  die  Gesichtsfläche  des  Vorderkopfes.  Bald  nach 
der  Sonderung  der  Öberkieferwülste  entsteht  in  der  Fortsetzung  der  Nasen- 
ffrube  nach  abwärts  jederseits  die  Nasengaumenrinne,  welche  den  Ober- 
kieferwulst medial  scharf  abgrenzt  (Fig.  33  c  u.  d).  Ihre  Ränder  sind  ver- 
dickt.  Ihr  äußerer  Rand,  der  1  a  t  e  r  a  1  e  N  a  s  e n  w  u  1  s  t  (L.N.  W.),  hängt 


A'.  ir. 


Fig   33a. 


Fig.  33b. 


KKW. 


L.EW. 


O.W 


33d. 


Fig.  33e. 


Fig.  33a— e.  Hypogeophis  ro- 
strat us.  Larven  verschiedenen  Alters 
nach  A.  Brauer.  M.N.W,  medialer, 
L.N.W,  lateraler  Nasenwulst.  Sonstige 
Bezeichn.  s.  Erkl.  7.11  Fig.  28. 

ohne  scharfe  Grenze  mit  dem 
Oberkieferwulst  zusammen,  ihr 
innerer  Rand,  der  mediale 
Nasen wulst  (M.N.W.),  bildet 
medial  vom  Oberkieferwulst  an 
der  Grenze  von  Gesichts-  und 
Gaumenfläche  der  Kopfanlage 
eine  vorspringende  Kante  und 
nimmt  damit  Anteil  an  der  Bil- 
dung des  oberen  Mundrandes 
(Fig.  33  d).  Dieser  besteht  also 
jederseits  aus  dem  Oberkieferwulst  und  in  dessen  Fortsetzung  nach  innen 
zu  aus  dem  untersten  Teil  des  medialen  Nasenwulstes.  Eine  mediane, 
zeitweilig  bestehende  Einziehung  des  oberen  Mundrandes  wird  später 
ausgeglichen.  Schon  bei  2,1  cm  langen  Embryonen  läuft  eine  scharf 
vorspringende  Hautfalte  als  Anlage  der  Oberlippe  am  oberen  Mund- 
rand entlang  (Fig.  33  d).  Den  Abschluß  der  Entwickelung  des  Mund- 
randes bildet  die  Ueberbrückung  der  Nasenrinne,  indem  der  mit  dem 
lateralen  Nasenwulst  zusammenhängende  Oberkieferfortsatz  mi-t  dem 
medialen  Nasenwulst  verwächst  und  dadurch  die  Trennung  der  äußeren 
Nasenöffnungvon  der  in  die  Mundbucht  mündenden  Choane  (Fig.  33  e) 
herbeigeführt  wird. 

Die  auf  den  ersten  Blick  erheblich  erscheinende  Abweichung  in 
der  Entwickelung  des  oberen  Mundrandes  bei  G  y  m  n  0  p  h  i  0  n  e  n  einer- 
seits ,  U  r  0  d  e  1  e  n  und  A  n  u  r  e  n  andererseits  hängt  mit  der  Ver- 
schiedenheit der  Entwickelung  des  Geruchsorgans  zusammen  (s.  bei 
diesem).  Während  bei  den  letzteren  die  Nasenhöhle  direkt  in  die 
Mundhöhle  durchbricht,  setzt  sie  sich  bei  den  Gyin  nophionen  durch 
Vermittelung  der  Nasenrinne  mit  ihr  in  Verbindung,  deren  Ueber- 
brückung erst  die  äußere  NasenöfTnung  und  Choane  scheidet.     So  tritt 


Die  Entwickelung  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.  27 

der  obere  Mundrand  im  ersteren  Falle  einheitlich,  im  letzteren  in 
einzelne  Komponenten  zerlegt  auf,  die  wir  bei  den  Amnioten  wieder- 
finden. Wenn  man  berechtigt  ist,  die  Bildung  der  Choane  durch  Ver- 
mittelung  der  Nasenrinne  für  den  ursprünglichen  Entwickelungsmodus 
zu  halten,  so  folgt,  daß  die  Entwickelung  des  oberen  Mundrandes  bei 
Ur  od  eleu  und  Anuren  eine  sekundäre  Vereinfachung  erfahren  hat. 

Die  Sauropsiden  stimmen  in  allen  wesentlichen  Punkten  der 
Mundentwickelung  mit  den  Gymnophionen  überein.  Die  anfänglich 
in  sagittaler  Richtung  langgestreckte  Mundöffnung  wird,  wie  Völtz- 
kow  im  besonderen  für  das  Krokodil  darstellt,  zu  einem  queren 
Spalt,  der  nach  unten  von  den  Unterkieferwülsten,  seitlich  von  den  Ober- 
kieferwülsten, nach  oben  vom  Vorderkopf  begrenzt  wird  (I.  Bd.,  6.  Kap., 
S.  79).  In  des  letzteren  Bereich  sind  inzwischen  die  Riechgruben,  welche, 
die  Enden  der  Oberkieferwülste  scharf  markierend,  auf  die  Gaumenfläche 
übergreifen,  und  in  Zusammenhang  damit  die  Nasenwülste  entstanden. 
Der  mediale  Nasenwulst  bildet  in  der  Verlängerung  des  Oberkiefer- 
wulstes einen  Teil  des  oberen  Mundrandes.  Er  wird  von  dem  ander- 
seitigen  durch  eine  Einkerbung  getrennt.  Das  Gebiet  zwischen  den 
Nasenrinnen  wird  auch  als  mittlerer  Stirn fortsatz,  die  lateralen 
Nasenwülste  als  seitliche  Stirn  fortsatz  e  bezeichnet.  Gleich- 
zeitig mit  dem  Abschluß  der  Nasenrinne  zu  einem  Kanal  durch  Ver- 
wachsung der  medialen  und  lateralen  Nasenwülste  (Huhn  Born)  oder 
etwas  später  (die  übrigen  Ordnungen)  verwachsen  auch  die  vorderen 
Enden  der  Oberkieferwülste  mit  den  medialen  Nasenwülsten.  Schon 
vorher  ist  die  Einziehung  zwischen  den  beiden  letzteren,  die  namentlich 
beim  Krokodil  stark  über  das  Niveau  des  medianen  Teiles  des  Stirn- 
wulstes vorspringen,  geschwunden,  indem  beide  miteinander  zur  Her- 
stellung der  Nasenscheidewand  verschmelzen,  so  daß  nunmehr  der 
obere  Mundrand  fertig  vorliegt.  Ebenso  schwindet  die  Einkerbung 
zwischen  den  beiden  Unterkieferwülsten. 

Auch  bei  den  Säugetieren  finden  wir  an  der  Abgrenzung  der 
Mundbucht  anfänglich  Unter-,  Oberkieferwulst  und  Vorderkopf  be- 
teiligt (Fig.  34).  Der  sehr  geräumige  Eingang  zur  Mundbucht  ver- 
kleinert sich  allmählich  in  sagittaler  Richtung  wesentlich  durch  stärkere 
Vorwölbung  des  Vorderkopfes  (Fig.  35).  Nachdem  die  Nasengaumen- 
rinne1)  zur  Ausbildung  gelangt  ist,  bildet  die  wulstförmige  mediale 
Umrandung  derselben,  der  mediale  Nasenwulst  (Fig.  36  M.N.  W.),  mit 
seinem  unteren  Ende,  dem  Processus  globularis  (W.  His),  jederseits 
medial  vom  Oberkiefer wulst  eine  deutliche  Abgrenzung  des  Mundes. 
Beide  verschmelzen  miteinander  (beim  Menschen  im  2.  Monat).  Später 
rücken  die  beiden  Processus  globulares  aneinander  und  bringen  da- 
durch die  mediane  Einkerbung  des  oberen  Mundrandes  zum  Ver- 
schwinden und  damit  letzteren  zur  Vollendung.  Auch  die  mediane 
Einkerbung  zwischen  den  beiden  Unterkieferwülsten  schwindet  früh- 
zeitig. 

Im  Bereich  der  Processus  globulares,  wie  an  den  Oberkiefer- 
fortsätzen entsteht  an  ihrer  den  Mundrand  bildenden  Fläche  eine 
ihrem  Außenrand    parallele    Rinne,    welche   einen    Kiefer-    und    einen 


1)  Thatsächlich  besteht  keine  offene  Nasenrinne,  wie  es  zeitweise  angenommen 
wurde;  vielmehr  stehen  ihre  Begrenzungsflächen  durch  eine  Epithellamelle  mit- 
einander in  Verbindung  (Hochstetter),  so  daß  bei  gut  erhaltenen  Embryonen 
die  Abgrenzungen  der  Wulstbildungen  der  Gesichtsanlage  weniger  deutlich  sind 
(Keibel  1893). 


28 


E.    GÖPPERT, 


Lippenteil  voneinander  abgrenzt  (Fig.  37a),  und,  wie  Kollmann  be- 
schreibt, einer  Einsenkung  des  Epithels  entspricht.  Das  Gleiche  voll- 
zieht   sich    an    der   Unterkieferanlage.     Der   Zerfall    innerhalb    dieser 


M.N.W 


L O.W. 


'U.W. 


Für.  34. 


L.V.W. 


___\ o.W 


_-L— .r.w. 


Fia:.  36. 


Fig.  34.     Menschlicher    Embryo,    2,4  mm.     Ventralansicht    des    Kopfes 
nach  W.  His.     Bez.  s.  Erkl.  zu  vorhergeh.  Figg. 

Fig.  35.     Menschlicher  Embryo,  2,6  mm.     Seitenansicht  des  Kopfes  nach 
\V.  His. 

Fig.  36.    Ehinolophus  hipposiderus,   Embryo.     Oberer  Mundrand  nach 
Entfernung  des  Unterkiefers.     Ch.  Primitive  Choane. 


Epithelleisten  befreit  die  Lippenanlage  von  den  Kieferrändern  und 
läßt  damit  die  Anlage  des  Vestibuluin  oris  zustande  kommen.  Der 
Kieferteil  der  Mundränder  wird  der  Sitz  der  Zahnleiste.  Die  mediane 
Spaltung  des  oberen  Mundrandes  erhält  sich  bei  vielen  Säugetieren 
im  Bereich  der  Oberlippe,  beim  Menschen  nur  andeutungsweise  im 
Philtruni   (s.  u.). 


Fig.  37a, b.  Mensch- 
liche Embryonen 
nach  W.  His.  Aufsicht 
auf  das  Munddach  nach 
Entfernung  des  Unter- 
kiefers. 


Fig.  3<a. 


Eine  eigentümliche  Bildung  in  der  Umgebung  des  Mundes  beschreibt 
S  blbnka  bei  D  i  d  e  1  p  h  y  s  -  Embryonen  als  Schnabelschild.  Es 
handelt  sich  um  eine  kragenartige  Umrahmung  des  Mundspaltes  durch 
eine  in  6  Zipfel  ausgezogene  Platte  verhornter  Epidermiszellen.  Es 
besteht  nur  in  den  letzten  Tagen  vor  der  Geburt  des  Embryo.  Beim 
Neugeborenen  ist  es  nur  noch  in  Spuren  erkennbar  (I.  Bd.,  6.  Kap., 
S.   115,  Fig.  48h). 

Aus  der  Entwickelung  der  Mundränder  erklären  sich  die  Miß- 
bildungen der  Gegend  als  Hemmungsbildungen.  Eine  mediane  Spalte 
im  Bereich  der  Oberlippe,  die  nach  oben  zu  bis  zwischen  die  äußeren 
Nasenörl'uuniien  eindrinoen  und  die  beiden  Zwischenkieferhälften  trennen 


Die  Entwickelung  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer    Organe.  29 


&  • 


kann,  entspricht  dem  Raum  zwischen  den  Processus  globulares.  Die  sog 
Hasenscharte ,  äußere  Lippen-  resp.  Nasenspalte,  entsteht  durch  mehr 
oder  weniger  weitgehendes  Offenbleiben  der  Spalte  zwischen  medialem 
und  lateralem  Nasenwulst.  Sie  kann  zwischen  Ober-  und  Zwischenkiefer 
in  die  Tiefe  dringen  und  mit  einem  Defekt  an  der  Gaumenbildung 
(Wolfsrachen)  verbunden  sein.  Endlich  kann  sich  die  Rinne  zwischen 
seitlichem  Nasenwulst  und  Oberkieferwulst  als  schräge  Gesichtsspalte 
erhalten.  Eine  Verbreiterung  der  Mundöffnung  nach  außen :  Makrostomie 
(quere  Gesichtsspalte)  entsteht  durch  einen  Defekt  in  der  Ausbildung  der 
Wange ;  eine  mediane  Spaltung  der  Unterlippe  findet  in  dem  paarigen 
Aufbau  der  unteren  Mundabgrenzung  ihre  Erklärung.  (Ueber  Besonder- 
heiten in  der  Ausbildung  des  Lippenrotes   beim  Menschen  s.  A.  Stieda.) 

Ein  Ueber  blick  über  die  Entstehung  der  Mundab- 
grenzung zeigt,  daß  der  untere  Mundrand  bei  allen  Gnathostomen  in 
annähernd  übereinstimmender  Weise  zustande  kommt,  während  am  oberen 
Mundrand  Verschiedenheiten  zur  Beobachtung  kommen.  Dies  hat  W.  His 
(1892)  dazu  geführt,  in  ausschließlicher  Betonung  der  Unterschiede  vier 
verschiedene  Arten  der  Bildung  des  oberen  Mundrandes  (uneigentlich 
Oberlippe)  aufzustellen.  His  unterscheidet  die  „Gesichtslippe",  zu 
deren  Bildung  wie  bei  den  Amnioten  und  Gymnophionen  der 
mittlere  Stirnfortsatz  mit  den  Oberkielerfortsätzen  (-Wülsten)  zusammen- 
tritt, ferner  die  „Gaumenlippe"  bei  S  el  achiern  und  Teleosteern, 
die  unter  sich  wiederum  eine  durchgreifende  Verschiedenheit  zeigen  sollen. 
Bei  den  Knochenfischen  schließt  His  aus  der  Anteilnahme  des  Prae- 
maxillare  an  der  Umgrenzung  des  Mundes,  daß  hier  neben  den  Ober- 
kieferwülsten auch  der  Stirnfortsatz,  dessen  Material  bei  den  höheren 
Vertebraten  bekanntlich  das  Praemaxillare  liefert ,  an  der  Mundrand- 
bildung beteiligt  ist.  Der  Unterschied  gegenüber  den  höheren  Wirbel- 
tieren wird  durch  die  Lagerung  des  ganzen  Geruchsorgans  außerhalb 
des  Mundbereichs  gegeben.  Bei  den  Selachiern  dagegen  kommt  der 
obere  Mundrand  allein  durch  den  medianen  Zusammenschluß  der  Ober- 
kieferwülste zustande.  Endlich  repräsentieren  viertens  die  Cyclo- 
s t o m e n  den  Typus  der  Rachenlippe,  die  im  Gegensatz  zum  oberen 
Mundrand  der  Gnathostomen  ihre  Lage  hinter  der  Hj-pophysenanlage 
besitzt. 

Durch  Keibel  (1893)  wurde  gegenüber  dieser  allein  die  Unter- 
schiede hervorhebenden  Darstellung  ein  wesentlicher  Fortschritt  gebracht, 
insofern  er  zunächst  die  prinzipielle  Uebereinstimmung  der  Entwickelung 
des  oberen  Mundrandes  bei  Selachiern  und  Teleosteern  betont. 
In  beiden  Ordnungen  kommt  allein  der  Oberkieferwulst  bei  der  Bildung 
des  oberen  Mundrandes  in  Betracht.  Keibel  versuchte  aber  weiter  die 
Entwickelung  des  oberen  Mundrandes  bei  Eischen  und  höheren  Formen 
miteinander  in  Verbindung  zu  bringen.  Er  ging  von  Zuständen  aus,  in 
denen  die  Geruchsgrube  sich  mundwärts  in  eine  medial  von  einer  Klappe 
begrenzte  Rinne  fortsetzt  (einzelne  Selachier,  namentlich  Rochen).  Die 
Nasenklappe  würde  dem  medialen  Nasenwulst  der  höheren  Formen  ent- 
sprechen. Die  Klappen  beider  Seiten  können  durch  eine  quergestellte 
Hautfalte  miteinander  verbunden  sein  und  sich  an  das  Gebiet  der  Ober- 
kieferfortsätze direkt  anlehnen,  in  wrelchen  Fällen  dann  eine  Bildung 
vorliegt,  die  mit  dem  äußerlichen  Verhalten  des  mittleren  Stirnfortsatzes 
und  seiner  seitlichen  Teile  eine  gewisse  Aehnlichkeit  nicht  verleugnen 
kann.  Eine  Verschmelzung  dieser  Klappenbildung  mit  dem  von  den 
Oberkieferwülsten   gelieferten  Mundrand    sollte   zu    der    bei   den  höheren 


30  E.    GÖPPERT, 

Wirbeltieren  vorliegenden  Beteiligung  des  Stirnfortsatzes  an  der  Mund- 
begrenzung hinüberleiten.  Die  Ueberbrückung  der  Nasenrinne ,  die 
Scheidung  einer  äußeren  Nasenöffnung  und  einer  Choane  wäre  ein 
weiterer  Schritt;  endlich  sollte  die  Ausbildung  von  Zähnen  vor  der 
Choane  die  letztere  in  den  Mundbereich  ziehen. 

Bei  dieser  Ableitung  wird  man  bedenken  müssen,  daß  es  nicht 
möglich  scheint,  in  den  Entwickelungsstadien  des  Amniotenmundes  die 
von  ihr  angenommenen  Etappen  wiederzufinden. 

Jedenfalls  wird  der  Versuch,  die  Verschiedenheit  der  Entwicke- 
lung  des  oberen  Mundrandes  bei  Eischen  und  höheren  Formen  auf- 
zuklären, von  der  Umgestaltung  des  Geruchsorgans  auszugehen  haben. 
Besonders  wichtig  ist  hier  die  in  verschiedenen  Fällen  auftretende 
Fortführung  der  Riechgrube  durch  eine  Rinne,  die  gegen  die  Mund- 
öffnung hinzieht  und  einen  Teil  des  respiratorischen  Wasserstroms 
das  Geruchsorgan  durchfließen  läßt.  Im  Prinzip  ähnlich,  im  einzelnen 
verschieden  durchgeführt ,  finden  wir  solche  Einrichtungen  mehrfach 
in  der  Fischreihe.  Sie  erreichen  die  größte  Vollkommenheit  bei 
den  Dipnoern,  bei  denen  die  Nasenrinne  zu  einem  Kanal  abgeschlossen 
wird  dessen  innere  Mündung,  die  Choane,  dabei  bis  an  die  Zahnreihe 
herangeführt  ist.  Bei  den  höheren  Vertebraten  überschreitet  nun  die 
Nasenrinne  den  Mundrand,  die  Choane  kommt  in  den  Bereich  der  Mund- 
höhle zu  liegen.  An  diesen  Znstand  schließen  sich  endlich  die  Ver- 
änderungen an,  welche  die  Mündung  der  Nasenhöhle  noch  weiter  nach 
hinten  verlegen,  zur  Bildung  der  sekundären  Nasenhöhle  mit  den  sekun- 
dären Choanen  fuhren. 

Wir  sehen  nun,  daß  bei  allen  gnathostomen  Fischen  Oberkiefer- 
wülste auftreten ,  die  meist  zuerst  durch  einen  schmalen  Spalt  median 
getrennt  sind,  später  miteinander  verschmelzen,  Bei  Gymnophionen 
und  Amnioten  liegen  die  Dinge  nur  insofern  anders,  als  die  Nasen- 
rinnen von  der  Gesichtsfläche  auf  das  Munddach  übergreifen.  Dadurch 
wird  jederseits  das  Material,  welches  die  mittleren  Teile  des  oberen 
Mundrandes  zu  bilden  hat,  scharf  gegen  die  seitlichen  Teile  abgegrenzt, 
in  welchen  die  als  Oberkieferwülste  bezeichneten  Verdickungen  in  Er- 
scheinung traten.  In  dem  von  den  beiden  Nasenrinnen  eingefaßten  Ge- 
biet, d.  h.  dem  mittleren  Stirnfortsatz,  handelt  es  sich  also  nicht  um 
einen  neuen  Baustein  im  Gefüge  des  oberen  Mundrandes,  sondern  um 
einen  Teil,  welcher  schon  bei  Fischen  vorliegt  und  nur  eben  durch  die 
Nasenrinnen  eine  Abgrenzung  und  durch  die  Beziehung  zum  Geruchs- 
organ voluminösere  Ausgestaltung  empfängt.  Kommt  es  nicht  zur  Aus- 
bildung der  Nasenrinne,  sondern  brechen  die  Riechgruben  unmittelbar  in 
die  Mundhöhle  durch  (Urodelen  und  Anuren),  so  unterscheidet  sich  die 
Entwickelung  des  oberen  Mundrandes  in  nichts  von  dem  der  Fische. 
Von  des  Abgrenzung  eines  mittleren  Stirnfortsatzes  gegen  die  seitlichen 
Teile  des  oberen  Mundrandes  ist  keine  Rede  mehr. 

Ob  man  nun  His  darin  folgen  muß,  daß  die  Mündung  der  Hypo- 
physe außerhalb  des  Mundrandes  bei  den  Cyclostomen  ein  Argument  für 
die  Aufstellung  der  sogenannten  Rachenlippe  bildet,  erscheint  doch 
fraglich.  Wenn  man  sieht,  wie  weit  die  Abgangsstelle  der  Hypophysen- 
anlage  bei  Acipenser  den  Bereich  der  Mundbucht  überschreitet,  wird 
man  an  der  Stichhaltigkeit  einer  solchen  Unterscheidung  zweifeln. 


Die  Entwickelung  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.  31 

c)  P a  1  a e o s t o m a  und  Neostoma. 

Den  Abschluß  dieses  Kapitels  möge  die  Darstellung  der  phylogene- 
tischen Vorstellungen  bilden,  welche  sich  in  reicher  Fülle  an  die  That- 
sachen  der  Mundentwickelung  anschließen. 

Verschiedentlich  ist  die  Ansicht  vertreten  worden,  daß  der  Mund 
der  Wirbeltiere  dem  der  Wirbellosen. nicht  homolog  sei.  Zuerst  tauchte 
diese  Vorstellung  bei  A.  Dohrn  (1875)  auf,  und  zwar  im  Zusammenhang 
mit  der  Hypothese  von  der  Abstammung  der  Vertebraten  von  anneliden- 
artigen Vorfahren.  Die  Vorfahren  der  Wirbeltiere  besaßen  nach  Dohrn 
ein  oberes  und  unteres  Schlundganglion,  welche  durch  ein  Paar  den 
Vorderdarm  einfassender  Kommissuren  in  Zusammenhang  standen.  Der 
alte,  das  Nervensystem  durchsetzende  Oesophagus  wurde  später  aufge- 
geben; an  seine  Stelle  trat  eine  neue  Mundbildung  (Neostoma)  an  der 
ehemaligen  Dorsalseite  des  Körpers  hinter  der  Gegend  des  oberen  Schlund- 
ganglions, und  zwar  waren  es  zwei  median  miteinander  verschmelzende 
Kiemenspalten,  welche  die  neue  Ingestionsöffnung  herstellten.  Dabei 
wurde  endlich  noch  eine  Aenderung  der  Körperlage  vorgenommen,  indem 
"Rück-  und  Bauchseite  miteinander  vertauscht  wurden  1).  Spuren  des  alten 
Oesophagus  ließen  sich  nicht  nachweisen.  Dohrx  gab  auch  bald  das 
Suchen  nach  der  Lage  des  „Palaeostoma"  auf,  nachdem  er  die  Un- 
möglichkeit, den  ancestralen  Oesophagus  durch  die  Rautengrube  zu  leiten, 
eingesehen  hatte.  Als  thatsächliche  Unterlage  für  die  Herleitung  des 
Vertebratenmundes  von  einem  Kiemenspaltenpaar  konnte  Dohrn  (1881) 
die  später  durch  J.  Platt  bestätigte  Beobachtung  anführen,  daß  bei 
bestimmten  Teleosteern  der  Durchbruch  der  Mundspalte  seitlich  früher 
erfolgt  als  median.  Einer  Verwertung  dieser  Beobachtung  im  DoHux'schen 
Sinne  steht  aber  hindernd  im  Wege,  daß  bei  keiner  anderen  Wirbeltier- 
gruppe etwas  von  einer  paarigen  Entstehung  der  Mundöffnung  zu  finden 
ist  und  nicht  einmal    bei    den  Knochenfischen    allgemein  vorliegt    (s.   o.). 

Noch  mehrfach  treffen  wir  in  der  Litteratur  auf  die  Vorstellung, 
daß  ein  ancestraler  Oesophagus  das  Centralnervensystem  durchsetzt.  Sie 
kommt  1879  bei  Kölliker  zum  Vorschein.  Epiphysis  und  Hypophysis 
sollten  die  Stelle  des  Durchtrittes  anzeigen.  Aehnliches  behauptete  1883 
R.  Owen.  Es  ist  klar,  daß  unsere  heutigen  Kenntnisse  von  der  Be- 
deutung der  Epi-  und  Hypophyse  derartigen  Auffassungen  den  Boden 
entziehen. 

Gerade  umgekehrt  wie  Dohrn  faßt  Semper  (1876 — 77)  das  Ver- 
hältnis zwischen  Anneliden-  und  Vertebratenmund  auf.  Semper  leitet 
die  Vertebraten  nicht  direkt  von  Anneliden  ab,  sondern  nimmt  für  beide 
als  gemeinsame  Vorfahren  einfacher  organisierte  Würmer  an.  Nach  ihm 
ist  der  Vertebratenmund  der  primitive  Mund,  der  Anuelidenmund 
dagegen  eine  Neubildung.  Seine  Erwerbung  hatte  eine  Veränderung  der 
Körperlage,  welche  die  alte  Rückseite  zur  Bauchseite  werden  ließ,  zur 
Voraussetzung.  Semper  glaubte  sogar  in  einer  ektodermalen  Einsenkung 
an  der  Dorsalseite  von  C  1  e  p  s  i  n  e  embryonen  ein  Rudiment  des  früheren 
Mundes  erblicken  zu  müssen.  Wenn  man  nun  auch  die  Möglichkeit  der 
Vertauschung  von  Rücken-  und  Bauchseite  nicht  bestreiten  kann,  so  wird 
man  doch  der  Deutung  des  Befundes   bei    Clepsine  nur  skeptisch  gegen- 


1)  Auch  F.  Leydig  (1864)  homologisiert  das  obere  und  untere  Schlundgangiion 
der  Würmer  mit  dem  Gehirn  der  Vertebraten,  ohne  auf  die  Verschiedenheit  im  Ver- 
halten des  Vorderdarms  einzugehen. 


32  E.  Göppert, 

überstehen  und  in  dieser  vereinzelten  Beobachtung  keinen  stichhaltigen 
Grund  für  die  SEMPEu'sche  Annahme   erblicken  können. 

In  letzter  Linie  beruht  die  DoHitN'sche  wie  SEMPER'sche  Vorstellung 
von  einer  Neubildung  des  Mundes  auf  den  phylogenetischen  Theorien 
beider,  ist  die  Konsequenz  derselben,  entbehrt  jedoch  einer  einwands- 
freien  sachlichen  Begründung.  Thatsächlich  bedarf  es  der  Annahme  des 
Durchbruchs  einer  zweiten  Mundöffnung  und  einer  Vertauschung  von 
Rücken-  und  Bauchseite  gar  nicht,  um  die  Verschiedenheit  der  Lagerung 
des  Vorderdarms  zum  Centralnervensystem  bei  Anneliden  und  Vertebraten 
zu  erklären.  Sie  beruht  auf  der  Verschiedenheit  in  der  Ausgestaltung 
des  Centralnervensystems  beider  Klassen,  der  Ausbildung  eines  Bauch- 
marks bei  den  Anneliden,  der  dorsalen  Entfaltung  des  gesamten  Central- 
nervensystems bei  den  Vertebraten.  Das  sind  Vorstellungen ,  wie  sie 
bei  Gegexbaur  und  bei  Balfour  in  seiner  Besprechung  der  Theorien 
Dohrx's  eingehend  vertreten  werden. 

Den  bisher  besprochenen  Autoren  stehen  2  Forscher  gegenüber,  die 
für  ein  scheinbar  rätselhaftes  Gebilde,  die  Hypophysis,  eine  Er- 
klärung zu  finden  glaubten,  indem  sie  die  Ansicht  aussprachen,  daß  es 
sich  hier  um  den  Rest  eines  Palaeostomas  handelt,  während  der  gegen- 
wärtige Mund  der  Vertebraten  ein  Neostoma  darstelle.  Der  erste,  der 
in  diesem  Sinne  die  Hypophyse  in  Anspruch  nahm,  war  J.  Beard  (1888). 
Er  schließt  sich  Dohrx  in  der  Annelidenhypothese  an,  denkt  sich  aber 
die  Vorfahren  der  Vertebraten  ohne  oberes  Schlundganglion  und  verein- 
facht dadurch  in  willkürlichster  Weise  sein  Problem.  Auch  er  glaubt 
an  die  Entstehung  des  jetzigen  Vertebratenmundes  durch  mediane  Ver- 
schmelzung eines  Kiemenspaltenpaares,  während  die  t  alte  Mundöffnung 
ihre  Verhindung  mit  dem  Vorderdarm  einbüßte  und  noch  in  der  Hypo- 
physe vorliegt.  Nur  bei  Myxine  erhält  sich  die  primitive  Verbindung 
neben  dem  bereits  als  Ingestionsöffhung  fungierenden  Neostoma.  Es 
sind  Uebereinstimmungen,  die  Beard  zwischen  der  Entwickelung  der 
Hypophyse  und  der  des  Stomodaeums  von  Lopadorhynchus  auf  Grund  der 
KnEiNENBERG'schen  Untersuchungen  zu  erkennen  meinte,  die  seine  Auf- 
fassung entstehen  ließen. 

Andere  Gesichtspunkte  brachten  v.  Kupffer  (1890)  zu  der  gleichen 
Auffassung  der  Hypophysis.  Es  war  hauptsachlich  die  nachbarliche 
Lagerung  des  sogenannten  präoalen  Darmes  zur  Hypophyse  (s.  o.), 
welche  in  Kupffer  die  Vorstellung  erweckte,  daß  beide  Teile  ursprünglich 
in  einander  übergingen  und  ein  primitives  Ingestionsrohr  bildeten,  das 
erst  später  —  warum,  ist  allerdings  nicht  zu  sagen  —  durch  den 
jetzigen  Mund  ersetzt  wurde.  In  weiterem  Ausbau  dieser  Hypothese 
deutet  Kupffer  die  seitlichen  Ausbuchtungen  seines  Präoraldarmes,  die 
Anlagen  der  präbranchialen  Kopf  höhlen,  als  rudimentäre  Kiemenspalten. 
Bei  Aci penser  beschreibt  er  einen  vorübergehenden  Zusammenhang 
zwischen  Hyj^ophyse  und  Kopfdarm.  Auch  er  glaubt ,  daß  im  Nasen- 
rachengang  der  Myxinoiden  das  Palaeostoma  erhalten  sei.  Auch 
beim  Amphioxus  deutet  er  die  Präoralgrube  der  Larve  als  Palaeostoma. 

Auf  Grund  seiner  eingehenden  Untersuchungen  der  Hypophyse  in 
sämtlichen  Wirbeltierklassen  trat  B.  Haller  ihrer  Deutung  als  primitives 
Stomodaeum  entgegen.  Die  Hypophyse  ist  gar  kein  rudimentäres  Organ, 
für  welches  erst  eine  Funktion  gesucht  werden  müßte,  sondern  eine  nach- 
weislich in  voller  Funktion  stehende  Drüse.  Ihre  vorübergehende  Ver- 
bindung  mit  dem  Entoderm  bei  Acipenser  erscheint  zweifelhaft.  Der 
Xasenrachengang  der  Cyolostomen   ist  eine  specielle  Erwerbung,   die  mit 


& 


Die  Entwickekmg  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.   33 

der  Entstehung  der  Monorhinie  in  Zusammenhang  gebracht  werden  muß. 
Die  Erfahrungen  über  die  Entwickekmg  des  Nasenrackenganges  (Hypo- 
physis)  bei  Bdellostoma  haben  nun  auch  unzweideutig  gezeigt,  daß 
das  angebliche  Palaeostoma  gegenüber  der  eigentlichen  Mundöffnung  eine 
sekundäre  Bildung  darstellt,  so  daß  damit  die  BEARD-KuPFFER'sche  An- 
nahme fallen  muß  (vergl.  Fürbringer  1900). 

Wenn  nun  auf  der  einen  Seite  der  Mund  der  Vertebraten  für  eine 
Neubildung  angesehen  wurde,  die  dem  Munde  der  Evertebraten  nicht 
homolog  ist,  so  treffen  wir  auf  der  anderen  Seite  die  Vorstellung,  daß 
auch  innerhalb  der  Chordaten  der  Mund  keine  homologe  Bildung  sei.  So 
hält  Kupffer  (1893)  den  Mund  der  Ascidien  für  sein  Palaeostoma,  eine 
Ansicht,  die  mit  dem  Fall  der  Palaeostomahypothese ,  den  die  Auf- 
deckung der  Bdellostomaentwickelung  zur  Folge  hatte,  von  selbst  ihre 
Erledigung  findet,  van  Wijhe  (1893,  1901)  hält  zwar  Tunicaten-  und 
Vertebratenmund  für  homolog,  glaubt  aber,  daß  bei  Amphioxus  die 
erste  Kiemenspalte  der  linken  Seite  als  Mundöffnung  benutzt  wird,  zum 
Larvenmund  würde  (Tremostoma),  während  der  eigentliche  Mund,  das 
Autostoma,  in  der  Präoralgrube  zu  suchen  ist.  Dieser  Auffassung  gegen- 
über ist  zu  bedenken,  daß  beim  Amphioxus  die  Anlage  des  Larven- 
mundes als  ektodermale,  die  einer  Kiemenspalte  als  entodermale  Ver- 
dickung auftritt,  daß  ferner  die  Lage  der  Mündöffnung  sich  wesentlich 
anders  verhält  als  die  der  Kiemenspalten  der  linken  Seite,  zu  denen  sie 
doch  gehören  soll.  Auch  die  von  van  Wijhe  festgestellte  Thatsache,  daß 
die  Mundhöhle  und  das  Velum  allein  von  linksseitigen  Nerven  versorgt 
werden,  scheint  mir  nicht  unbedingt  zu  beweisen,  daß  auch  phylogenetisch 
der  Mund  des  Amphioxus  von  je  her  eine  Bildung  der  linken  Seite 
war,  da  eine  allmähliche  Vergrößerung  einer  ursprünglich  medianen 
Mundöffnung  nach  links  und  gleichzeitige  Verkleinernng  von  rechts  her 
das  gleiche  Innervationsverhalten  zur  Folge  haben  würde. 

Ein  Ueberblick  über  die  Mundhypothesen  zeigt  also,  daß  bisher  kein 
zwingender  Grund  vorliegt,  an  der  Wurzel  des  Chordatenstammes  oder 
innerhalb  desselben  das  Auftreten  eines  Neostomas  anzunehmen.  Auf  der 
anderen  Seite  weist  doch  manches  darauf  hin,  daß  der  Mund  erhebliche 
Veränderungen,  vielleicht  auch  Verlagerungen  erfahren  hat.  Hierher 
würde  der  Befund  eines  präoralen  Entodermabschnittes  gerechnet  werden 
müssen,  wenn  die  KuPFFER'sche,  kürzlich  von  v.  Davidoff  von  neuem 
gestützte  Auffassung  desselben  zu  Recht  besteht,  was  auch  ohne  Aner- 
kennung der  Hypothese  des  Palaeostoma  möglich  ist. 

Endlich  sei  hier  noch  die  von  F.  M.  Balfour  geäußerte  Ansicht 
erwähnt,   daß  der  Wirbeltiermund  ursprünglich  ein  Saugmund  war. 

Litteratur  über  die  Entwickelung  des  Mundes. 

Amphioxus. 
Bateson,  W.      The  later  stages  in  the  development  of  Balanoglossus  Kowalewskii.     Quart. 

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Handbuch  der  Entwickelungslehre.    II.  1.  3 


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Bd.  I.  1901. 
Willey,   Arthur.      The  later  larval  development  of  Amphioxus.     Quart.  Journ.  Micr.  Sc. 
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Zur  Kopfentwickelung  von  Bdellostoma.    München  1900. 
Lubosch,    W.     Die  erste  Anlage  des  Geruehsorgans  bei  Ammocoetes  und  ihre  Beziehung 

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Haller,  B.  Untersuchungen  über  die  Hypophyse  und  die  Infundibidarorgane.  Morphol. 
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Die  Entwickelung  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.  35 

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—  Die  Entwickelung  der  menschlichen  und  tierischen  Physiognomien.     Arch.  f.  Anat.  u. 

Entwickelungsgesch.  1892. 
Hochstetter,  F.      Ueber  die  Bildung  der  inneren  Nasengänge  oder  primitiven  Choanen. 

Verhandlungen    der    Anat.    Gesellsch.    3Lünchen   1891;    Anat.  Am.    Bd.    VL.    1891. 

Ergänzungsheft. 
Reibet,   F.     Zur  Entwickelungsgeschichte  der  Chorda  bei  Säugern  (Meerschweinchen  und 

Kaninchen).     Arch.  f.  Anat.  u.  Phys.  Anat.  Abt.  Jahrg.  1889. 

—  Zur  Entwickelungsgeschichte   und  vergleichenden  Anatomie   der  Nase    und  des  oberen 

Mundrandes  (Oberlippe)  bei   Vertebraten.     Anat.  Anz.  Bd.    VLLL.  1893. 

—  Schwein.  1896.  A.  L.  LLL.  10. 

Nusbaum,  J.  Einige  neue  Thatsachen  zur  Entwickelungsgeschichte  der  Hypophysis 
cerebri  bei  Säugetieren.     Anat.  Anz.  Bd.  XIL.  1896. 

Selenka,  E.      Opossum.  1887.  A.  L.  LLL.  10. 

Stieda,  A.  Ueber  das  Tubercidum  labii  superioris  und  die  Zotten  der  Lippenschleim- 
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Batfour,   F.   M.     1885.  A.  L.  LH.  3. 

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3* 


36"  E.    GÖPPERT, 

Fürbringer,   M.     Zur  systematischen  Stellung  der  Myosmoiden  und  nur  trage  des  alten 

und  ii'  i"'n   Mundes.     Morphol.  Jahrb.  Bd.  XXVIII.  Leipzig  1900. 
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Kölliker,   A.     Entirickelungsgeschichte  des  Menschen.  II.  Aufl.  1S79. 
v.   Kupffer,    C.     1890  u.  1893  s.  Litt.   Gnathost.  Fische  p.  34. 
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1S94. 
Leydig.   F.      Vom    Bau    des   tierischen  Körpers.    Handbuch,  der  vergl.  Anatomie.  Bd.  1. 

1.  Hlft.     Tübingen  1S64. 
Owen,    R,      On    the    homology   of  the   ConarioJiyjyophysial   Tretet   or   the  socalled  Pineal 

und  Pituitary   Glands.     Proceedings  of  the  Linnean  Society.    Vol.  XVI. 
Senvper,    C.      Die    Verwandtschaftsbeziehungen  der  gegliederten   Tiere.    III.    Arbeiten  aus 

dem  Zool.-zootom.  Institut  in   Würzburg.  Bd.  III.  Hamburg  1S76  —77. 
van  Wljlie,   J.    TV.      Amphio.vus.  1893,  1901  s.  Litt.   Amphio.vus  p.  34- 

2.  Die  Entwicklung  der  Organe  der  Mundhöhle. 

a)  Zunge. 

Unter  den  Organen  der  Mundhöhle  betrachten  wir  an  erster  Stelle 
die  Zunge.  Schon  die  Cyclostomen  besitzen  eine  Zunge,  die  sich 
durch  große  Komplikation  des  Baues  auszeichnet,  sie  ist  mit  eigenen 
Knorpeln  und  Muskeln  ausgestattet  und  wird  der  Träger  eines  nament- 
lich bei  den  Myxinoiden  mächtig  entfalteten  Apparates  von  Hornzähnen. 
Dabei  bestehen  aber  die  größten  Verschiedenheiten  zwischen  den  Zungen 
der  Petromyzonten  und  der  Myxinoiden  in  engstem  Zusammen- 
hang mit  der  Verschiedenheit  ihrer  für  die  Lebensweise  beider  Ord- 
nungen so  wichtigen  Funktion.  Unsere  Kenntnis  der  Entwicklung 
der  Cyclostomenzunge  ist  noch  durchaus  ungenügend. 

Von  der  Zunge  der  Petromyzonten  wissen  wir,  daß  sie  erst 
bei  der  Metamorphose  des  Ammocoetes  zur  Ausbildung  gelangt, 
gleichzeitig  also  mit  dem  durchgreifenden  Wechsel  der  Lebensweise 
und  der  damit  in  Zusammenhang  stehenden  Umgestaltung  des  Baues. 
In  den  Dienst  des  „Saugmaules"  stellt  sich  als  mächtiger  Saug- 
apparat die  neu  auftretende  Zunge.  Die  Knorpel  der  Zunge  entstellten 
nach  P.  Bujor  in  dem  Bindegewebe  eines  großen,  an  der  Ventral- 
wand der  Mundhöhle  der  Larve  gelegenen  Tentakels.  Die  Zungen- 
muskeln werden  nach  demselben  Autor  in  der  Nachbarschaft  des  zu 
Grunde  gehenden  Velums  und  der  Glandula  thyreoidea  zuerst  sichtbar. 
Sie  haben  mit  den  Zungenmuskeln  der  höheren  Gnathostomen  nichts 
zu  thun,  wenn  es  sich  bestätigt,  daß  sie  ausschließlich  vom  Vagus- 
gebiet versorgt  werden  (vgl.  H.  V.  Neal). 

Viel  früher  entsteht  die  Zunge  der  Myxinoiden  (Bdellostoma 
Stouti),  die  bei  dem  Fehlen  eines  Wechsels  der  Lebensweise,  wie  ihn 
bei  den  Petromyzonten  das  Bestehen  eines  Larvenlebens  mit  sich 
bringt,  nach  Abschluß  der  embryonalen  Entwicklung  sogleich  in  die 
ihr  dauernd  bleibende  Funktion  als  Bohrapparat  eintritt,  v.  Kupffer 
beschreibt  und  zeichnet  ihre  Anlage  als  mächtige,  gegen  die  Mundhöhle 
vorspringende  Anhäufung  mesodermalen  Gewebes  in  einem  Stadium, 
in  welchem  die  sekundäre  Rachenhaut  noch  besteht  (s.  Fig.  17  L.) 
(Abbildungen  der  Zunge  von  Bdello  stoma-Embryonen  finden  sich 
bei  Bashford  Dean). 

Die  Cyclostomenzunge  steht  als  Bildung  eigener  Art  der  viel  ein- 
facher gebauten  Zunge  der  gnathostomen  Fische  gegenüber.  Diese 
ist  im  wesentlichen  ein  Vorsprung  der  vorderen  Teile  des  Hyo- 
branchialapparates,  welcher  die  Schleimhaut  der  Mundhöhle  unter  Ver- 
dickung des  submueösen  Gewebes  überzieht.    Ihr  fehlen  Muskeln  und 


Die  Entwickelung  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.  37 


Ihre  Entwickelung  ist   daher  auf  das  innigste   mit  der 


Drüsen 

Wickelung  des  Skeletts  verknüpft  und  wir   müssen  hier  auf  das 

bezügliche  Kapitel  verweisen. 

Höhere  Ausgestaltung  erfährt 
r  i  s  c  h  e  r    Lebensweise 
dient   jetzt    nicht    nur    zur    Fortbewegung 


Ent- 
dies- 


die 


Zunge 


übergehen  d  e  n 


gnathostomen  Fischen,    sondern    vielfach    zum 
Aufnahme   von  Flüssigkeit   in   die  Mundhöhle, 
der    Nahrungsbestandteile,    in     einer    großen 
Herstellung  eines  direkt   gegen    den  Kehlkopf 
pharyngeus,    beim    Menschen    endlich    als 
Sprache.     Dementsprechend  wird    sie  der  Sitz 


bei  den  zu  terrest- 

Wirbeltieren.      Sie 

der   Ingesta    wie   bei   den 


Beute,    zur 
Zerkleinerung 


Fang   der 
oft   zur 

Reihe  von  Fällen  zur 
leitenden  Ductus  naso- 
Apparat  bei  der 
■  sich  immer  mehr 


wichtiger 


— -    P.Z. 


komplizierenden  Muskulatur,  zahlreicher  Drüsen,  eines  höher  aus- 
gestalteten Sinnesapparates  und  gewinnt  an  relativer  Größe.  Im 
Zusammenhang  mit  all  dem  kompliziert  sich  ihre  Entwickelung  in 
hohem  Grade. 

Wir   schildern   an   erster  Stelle  die  Entwickelung   der   äußeren 
Gestalt  der  Zunge. 

Bei  den  urodelen  Amphibien  besteht,  soweit  sie  sich  nicht 
dem  Landleben  anpassen,  eine  der  Fischzunge  entsprechende  Zungen- 
bildung; aber  auch  die  Zunge  junger  Larven  von  Salamandrinen 
stimmt  in  allen  wesentlichen  Punkten  mit  der  Fischzunge  überein. 
Sie  entsteht  dadurch,  daß  der  von  der  Schleim- 
haut überkleidete  vordere  Teil  des  Visceral-  d.f. 
skeletts  sich  durch  eineEinsenkung  des  Epithels 
vom  Unterkiefer  absetzt  und  später  das  Binde- 
gewebe zwischen  Epithel  und  und  Skelett  eine 
erhebliche  Verdickung  erfährt  (Gegenbaur 
1894,  Fig.  23  L). 

In   dem  Gebiet  zwischen  der  Wurzel  der 
primitiven  Zunge  und  dem  Unterkiefer  sondert 
sich,  wie  Kallius,  dem  wir  weiterhin   folgen, 
zeigt,  bei  älteren  Larven  (Salamanderlarve  von 
45  mm  an)  ein  Schleimhautfeld  von  seiner  Um- 
gebung, das  hufeisenförmig  gestaltet  die  primi- 
tive Zunge  vorn  und  seitlich  umfaßt  (Fig.  38 
D.F.).     Hier  verdickt   sich   erst  das   Epithel, 
dann   kommt    es   zur  Ausbildung  zahlreicher 
Drüsenschläuche  (Fig.  39  D.F.),  die,  wie 
ihr  Epithel  zeigt,  ein  ganz  spezifisches 
Sekret  liefern.     Das   Drüsenfeld   wird 
von    der  Spitze  der  primitiven  Zunge 
überragt  und  ist  gegen  den  Kieferrand 
durch  eine   Furche   abgegrenzt.     Das 
gesamte  Gebiet   der  Zungenanlage  ist 
ebenso   wie   bei    den   Anuren   ento- 
dermaler  Herkunft  (vgl.  A.  Götte  und 
E.  Kallius,  s.  Fig.  22  u.  23,  p.  19).  Von 
ist,    daß    die  Thyreoidea- 
der  primitiven 
und   dem  späteren  Drüsenfeld 
ihre  Lage  hat. 

Während       der      Metamorphose 


Fig.  38.  Salamandra 
maculosa.  Aeltere  Larve. 
Boden  der  Mundhöhle. 
D.F.  Drüsenfeld.  P.Z.  pri- 
mitive Zunge. 


Wichtigkeit 


anläge  gerade  zwischen 
Zunge 


M.g.h.         M.g.gl. 

Fig.  39.  Triton  alpestris. 
Larve  in  Metamorphose.  Medianer 
Sagittalschnitt  durch  den  Mund- 
boden. M.g.gl.  Musculus  genio- 
glossus.  M.g.h.  Musculus  genio-hyo- 
ideus.    Nach  E.  Kallius. 


38 


E.    GÖPPERT, 


gleicht 
Zunge 


p.z. 


D.F. 


-M.g.gl. 


sich  die  Niveaudifferenz  zwischen  Drüsenfeld   und   primitiver 

allmählich   aus   (Fig.  40),  indem   ersteres  (D.F.)   in    die   Höhe 

wächst  und   die  einander  zugewandten  Grenzflächen  des  Drüsenfeldes 

und  der  primitiven  Zunge  (P.Z.) 
miteinander  unter  Zugrundegehen 
des  Epithels  verkleben.  Die  Ver- 
wachsungsfläche  bleibt  späterhin 
noch  lange  kenntlich  (x).  So  wird 
das  Drüsenfeld  in  den  Bereich 
der  Zunge  aufgenommen.  Die 
definitive  Zunge  setzt  sich  also 
aus  zwei  Teilen  verschiedener 
Herkunft  zusammen.  Die  pri- 
mitive Zunge  hat  dabei  den  ge- 
ringsten Anteil  an  dem  Organ, 
indem  sie  nur  den  hinteren  me- 
dianen Teil  desselben  bildet,  Das 
ganze  Zungengebiet  grenzt  sich 
dann  unter  Auswachsen  seiner 
Ränder  scharf  gegen  den  übrigen 
und  stellt  eine  pilzartige  Erhebung  vor. 


M.g.h, 

Fig.  40.  Salamandra  maculosa. 
50  mm  lange  Larve.  Medianer  Sagittal- 
schnitt  durch  den  Mundboden.  Nach  E. 
Kalliüs.  Bezeichn.  s.  Erkl.  zu  vorher- 
gehenden Fig. 


Mundboden  ab 


Von  Perennibranchiaten  untersuchte  Kalliits  nur  den  den 
Salamandrinen  eng  anzuschließenden  S  i r  e d o n.  Hier  bleibt  zeit- 
lebens die  primitive  muskel-  und  drüsenfreie  Zunge  erhalten,  doch 
findet  sich  eine  Andeutung  des  Drüsenfeldes  der  Salamandrinen  in 
einem  mit  Krypten  besetzten  Schleimhautgebiet  zwischen  Zunge  und 
Kieferrand,  gegen  welches  der  sogenannte  M.  genio-glossus  ausstrahlt. 
Es  ist  unzweifelhaft,  daß  hier,  wie  auch  sonst  in  der  Organisation  des 
A  x  o  1  o  1 1 ,  ein  Stillstand  der  Entwickelung  auf  larvalem  Zustand  ein- 
getreten ist. 

In  den  Hauptpunkten  läuft  die  Zungenentwickelung  bei  den 
Anuren  in  gleichen  Bahnen  wie  bei  den  Salamandrinen  (E.  Kallius). 
Wir  unterscheiden  auch  hier  einen  'ursprünglich  muskel-  und  drüsen- 
freien Teil,  die  primitive  Zunge,  dem  die  medianen  und  vorderen  Teile 
des  Hyobranchialskeletts  zu  Grunde  liegen  und  ein  vorderes  sich 
diesem  erst  gegen  Ende  der  Metamorphose  anschließendes  Gelnet 
(präcopularer  Teil  der  Zunge).  Starkes  Wachstum  der  Ränder  der 
Zunge,  namentlich  nach  hinten,  hebt  das  Organ  auf  das  schärfste  von 
der  Umgebung  ab. 

Zum  Unterschied  von  dem  Verhalten  bei  den  Salamandrinen 
wird  das  Stadium,  in  welchem  die  primitive  Zunge  allein  besteht,  viel 
rascher  überwunden.  Von  dem  sie  darstellenden  Wulst  bleibt  nur  der 
vordere  Teil  erhalten  und  geht  unter  scharfer  hinterer  Abgrenzung, 
in  die  definitive  Zunge  über.  Das  präcopulare  Feld  (homolog  dem 
Drüsenfeld  der  Salamandrinen)  wird  indem  es  emporwächst  und 
die  Furche  zwischen  ihm  und  dem  Drüsenfeld  dabei  vorstreicht,  in  die 
Zunge  aufgenommen.  Dann  erst  entstehen  die  es  bei  den  Salaman- 
drinen von  vornherein  charakterisierenden  Drüsen.  Die  Oberfläche  des 
primitiven  Zungenteiles  bildet  bei  Alytes  und  Pelobates  den  hin- 
tersten Teil  des  Zungenrückens,  während  sie  bei  den  übrigen  A  n  u  r  e  n 
(abgesehen  von  den  Aglossa)  in  Zusammenhang  mit  dem  starken  Aus- 


Die  Entwickelung  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.  39 


wendung 
Bei 
Larven) 
Zungenrand 


Zunge 


nach  hinten,    zur  Herstellung    der  Unterfläche   Ver- 


wachsen   der 

findet. 

den  meisten  A  n  u  r  e  n  bildet  sich  vorübergehend  (bei  älteren 
ein  die  Zunge  tragender  Wulst,  der  jederseits  ventral  vom 
in  die  Mundhöhle  vorspringt.  In  ihn  können  Teile  der 
Zungenmuskulatur  einstrahlen  (Grenio-glossus).  Nur  bei  Pelobates, 
soweit  bekannt,  bleibt  diese  sublingualer  Wulst  zeitlebens  bestehen. 

Die  Entwickelung  der  äußeren  Form  der  Zunge  der  Amnioten 
zeigt  in  wichtigen  Punkten  Uebereinstimmung  mit  der  der  Amphi- 
bien, in  anderen  Unterschiede,  die  sich  als  Fortschritt  darstellen. 
Allgemein  entstellt  sie  wie  jene  aus  zwei  Abschnitten,  einem  vorderen 
und  einem  hinteren ,  die  durch  die  Anlage  der  Schilddrüse  vor- 
übergehend gegeneinander  abgegrenzt  sind.  Der  hintere  Teil  (copu- 
larer  Teil)  entspricht  der  primitiven  Zunge  der  Amphibien;  an 
seinem  Aufbau  beteiligt  sich  das  ventrale  Ende  des  zweiten  und 
ein  Teil  des  dritten  Visceralbogens  samt  dem  copnlaren  Gebiet  zwischen 
beiden,  der  vordere  (präcopulare)  Abschnitt  geht  von  einem  als  Tuber- 
culum  impar  von  W.  His  bezeichneten  medianen  Feld  zwischen  Kiefer- 
und  Zungenbeinbogen  aus,  das  sich  unter  Uebergreifen  auf  die  Innen- 
fläche des  Kieferbogens  stark  vergrößert. 


s.  ir 


T.imp. 


Fig.  41a. 


Fig.  41b. 


r 


\\ 


Fig.  41c.  Fig.  41d. 

Fig.  41  a—  d.    Lacerta  muralis.    Verschiedene  Stadien  der  Zungenentwicke- 
lung.     Nach  E.  Kallius.     T.imj).  Tuberculum  impar.    S.W.  Seitlicher  Zungenwulst. 


40  E.    GÖPPERT, 

Als  Beispiel  für  die  Zungenentwickelung  bei  den  Reptilien  diene 
die  Darstellung,  die  E.  Kalmus  für  Lacerta  muralis  entwirft.  Bei 
Embryonen  von  etwa  5  mm  liegt  median  von  der  Tliyreoideaanlage  in 
dem  Gebiet  zwischen  erstem  und  zweitem  Visceralbogen  eine  niedrige 
Erhebung  an  Stelle  eines  bei  etwas  jüngeren  Embryonen  flachen  drei- 
seitigen Feldes,  die  als  Tuberculum  impar  zu  bezeichnen  ist  (Fig.  41  a 
T.  invp.).  Hinter  der  Schilddrüseneinsenkung  findet  sich  ein  medianer 
Wulst  zwischen  den  ventralen  Enden  der  Visceralbogen,  der  als  Copula 
bezeichnet  werden  kann.  In  seinem  Bereich  entsteht  die  Copula  des 
Yisceralskeletts.  Das  Tuberculum  impar  verliert  bald  seine  Abgrenzung 
gegen  die  Copula  und  vergrößert  sich  stark  nach  vorn.  Es  nimmt  dann 
auch  das  Gebiet  zwischen  den  beiden  Unterkieferbogen  ein  (Fig.  41  b), 
und  wird  durch  Wulstbildungen  erheblich  nach  rechts  und  links  ver- 
breitert, die  als  seitliche  Zungenwülste  bezeichnet  wurden  (S.W.).  Sie 
erheben  sich  auf  der  Innenfläche  des  Kieferbogens  (5,2  mm  langer  Embryo), 
der  mediane  Teil  der  Anlage  bildet  die  primitive  Zungenspitze  (Fig.  41  c). 
Die  Ausdehnung  der  Zungenanlage  nach  vorn  läßt  es  nicht  als  ausge- 
schlossen erscheinen,  daß  sie  in  das  Gebiet  der  ektodermalen  Mundbucht 
übergreift. 

Bisher  ist  das  Gebiet  des  Mundbodens,  das  den  hinteren  Teil  der 
Zunge  liefern  soll,  seitlich  und  aboral  nicht  abgrenzbar,  man  erkennt 
aber,  daß  die  ventralen  Teile  des  2.  und  3.  Visceralbogens  und  das 
zwischen  ihnen  lagernde  copulare  Gebiet  ihr  zugehören  (Fig.  41c).  Bald 
grenzt  aber  eine  Einfaltung  die  bezeichneten  Teile  scharf  ab  (6  mm  langer 
Embryo)  und  weist  sie  dem  Zungenbereich  zu.  Das  Wachstum  der 
Zungenränder  läßt  allmählich  allseitig  die  Zunge  sich  stark  vom  Mund- 
boden abheben.  Durch  Auswachsen  des  den  seitlichen  Zungenwülsten 
zugehörigen  Gebietes  nach  vorn  entstehen  die  beiden  definitiven  Spitzen 
der  Zunge  (Fig.  41d).  Die  primitive  Spitze  bleibt  im  Frenulum  Linguae 
erhalten.  Nach  hinten  wachsen  die  beiden  Zipfel  aus,  die  den  mittler- 
weile bis  an  den  hinteren  Zungenrand  herangerückten  Kehlkopfeingang 
seitlich  umfassen. 

In  späten  Stadien  der  embryonalen  Entwickelung  grenzt  sich  am 
Mundhöhlenboden  unter  der  Zungenspitze  durch  fast  horizontal  ein- 
schneidende Furchen  ein  kleines  dreiseitiges  Feld  ab,  dessen  Ränder 
sich  auf  die  Seitenflächen  der  Zunge  als  Falten  fortsetzen  (Sublingual- 
falten).  Sie  sind  den  sublingualen  Wulstbildungen  bei  Anuren  vergleichbar 
und  stimmen  mit  ihnen  auch  darin  überein,  daß  Muskeln  (Züge  des 
Genio-glossus,  hinten  auch  des  Hyo-glossus)  in  sie  eintreten. 

Wie  weit  die  Zungenentwickelung  bei  Schlangen,  Krokodilen 
(über  das  Verhalten  der  jugendlichen  Zunge  von  Crocodilus  madagasca- 
riensis  finden  sich  bei  A.  Voeltzkow  einige  Bemerkungen)  und  Schild- 
kröten mit  der  Entwickelung  bei  Lacerta  übereinstimmt,  bleibt  noch 
zu  untersuchen. 

Bei  den  Vögeln  verläuft  die  Entwickelung,  wie  Kallius  (1901) 
in  vorläufiger  Mitteilung  kurz  angiebt,  im  wesentlichen  ebenso  wie  bei 
Lacerta.  Aus  der  Schilderung,  die  P.  Mall  für  das  Hühnchen  giebt, 
geht  bereits  hervor,  daß  als  Anlage  des  vorderen  Teiles  der  Zunge  ein 
Tuberculum  impar  vor  dem  Ort  der  Schilddrüsenanlage  zwischen  Unterkiefer- 
unrl  Zungenbeinbogen  auftritt  (Mitte  des  4.  Bebrütungstages),  daß  ferner 
die  hinteren  Teile  der  Zunge  aus  dem  Gebiete  des  2.  und  zu  einem 
unbedeutenden  Teil  des  3.  Bogenpaares  sich  bilden. 


Die  Entwickelung  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.    41 


Auch  bei  den  Säugetieren1)  finden  wir  als  erste  Anlage  des 
„Körpers"  der  Zunge  das  Tuberculum  impar  als  eine  Erhebung  in  dem 
Gebiet  zwischen  Kiefer-  und  Zungenbogen  (menschlicher  Embryo  von 
2,15  mm  Nackenlänge,  W.  His  1885).  G.  Born  bezeichnet  die  Anlage 
(1883)  als  Schaltstück  (Fig.  42  T.imp.).  Ebenso  wie  bei  den  Reptilien 
dehnt  sich  später   das  Gebiet  des 


T.imp. 


P.Z. 


Fig.  42.  Menschlicher  Embryo.  Mund- 
boden. T.imp.  Tuberculum  impar.  P.Z. 
copularer  Teil  der  Zungenanlage.  Nach 
W.  His. 


Tuberculum  nach  vorn  auf  die 
orale  Fläche  des  Mandibularbogens 
aus  und  nimmt  erheblich  an  Um- 
fang zu,  und  zwar  in  der  Art, 
daß,  wie  Born  zuerst  zeigte 
[Schweinsembryo  von  13  mm 
Nackenlinie 2)]  2  lateral  gelagerte 
Wülste  einen  schmalen  medianen 
Kamm  zwischen  sich  fassen.  Die 
seitlichen  Teile  der  Körperanlage 
stellen  die  seitlichen  Zungenwülste 
Kallius'  (1901)  vor.  Weiterhin 
erhebt  sich  der  mediane  Kamm 
und  wächst  zum  Niveau  der  seit- 
lichen Zungenwülste  empor3). 

Aboral  von  der  Anlage  der 
Thyreoidea  schließt  sich  an  die 
Körperanlage  als  Zungen wurzel 
der  mediale  Teil    des   2.  Schlund- 

bogenpaares,  wohl  auch  ein  unbedeutender  Teil  des  3.  Bogens  samt  dem 
beiden    zugehörigen    copularen    Gebiete    an    (Fig.    42  P.Z.);    die    Grenze 
zwischen   beiden  Abschnitten  ist   noch    bei  der  Zungen   des  erwachsenen 
Menschen    als    V-förmige    Linie,     deren    hinterster 
Punkt  durch    das  Foramen  coecum,  die  Ausgangs- 
stelle   der    Thyreoidea,    markiert    wird,    erkennbar 
(Sulcus  terminalis,   Fig.  43). 

Ueber  die  Entwickelung  der  Unterzunge  fehlen 
bisher  Untersuchungen.  Erwähnt  sei  hier,  daß 
C.  Gegbnbaur  ihr  Homologon  beim  menschlichen 
Neugeborenen  im  ganzen  im  Vergleich  zum  Vo- 
lum der  Zunge  besser  ausgeprägt  fand  als  beim 
Erwachsenen,  ein  Befund,  der  mit  der  offenbaren 
Rückbildung  der  Unterzunge,  wie  sie  bei  Primaten 
und  beim  Menschen  eingetreten  ist,  in  Zusammen- 
hang steht.  Beim  Embryo  vom  Hund  beschrieben 
Nusbaum  und  Markowski  ein  vergängliches  Rudi- 
ment einer  Unterzunge,  so  daß  sich  letztere  als 
ein  verbreit  et  erer  Besitz  zu  zeigen  scheint,  als  man 
bisher  annehmen  konnte. 


Wir  betrachten  weiterhin  die  Entwickelung 
der  Muskulatur  der  Zunge.  Die  Muskel- 
gruppe,    der     sie     entstammt,     ist     die    hypo- 


Fig.  43.  Mensch- 
licher Foetus  aus  dem 
6.  Monat.  Zunge.  Nach 
W.  His. 


1)  Ueber    die    Zungenentwickelung    der    Säugetiere    siehe    die    Arbeiten    von 
E.  Dursy,  G.  Born,  W.  His,  E.  Kallius. 

2)  Naekenlinie  =  Entfernung   vom  Nackenhöcker   bis    dem    am   meisten  vor- 
springenden Teile  der  Steißkrümmung. 

3)  Die  deutliche  Ausprägung  der  seitlichen  Zungenwülste  scheint  bei  den  Säuge- 
tieren die  Regel  zu  sein,   so  erklärt  es  sich,   daß    schon  E.  Dursy  (1869)  von  einer 


42  E.  Göppert, 

branchiale  Muskulatur,  die  vom  Plexus  cervicalis,  aus  dessen  vordersten 
Teilen  der  Nervus  hypoglossus  sich  sondert,  innerviert  wird  (vgl. 
M.  Fürbringer,  Festschrift  für  Gegenbaur).  Das  Einwachsen  der 
Muskeln    läßt  den  Hypoglossus   gleichzeitig   in  die  Zunge  vordringen. 

Es  gehört  nicht  in  dieses  Kapitel,  die  Entwickelung  der  hypobran- 
chialen  Muskulatur  selbst  zu  verfolgen.  Es  sei  nur  darauf  hingewiesen, 
daß  sie  den  vorderen  postotischen  Myotomen  entstammt,  welche  Muskel- 
knospen ventralwärts  wachsen  lassen.  Diese  biegen  weiterhin  im  Bogen 
oralwärts  um  und  legen  sich  zu  einem  Strang  aneinander,  der  an  der 
Ventralseite  des  Kiemenkorbes  entlang  bis  zum  Unterkiefer  hinzieht. 
Nur  bei  Vögeln  und  Säugetieren  ist  dieser  Modus  der  Entwickelung  noch 
nicht  erwiesen.  An  dem  Aufbau  der  hypobranchialen  Muskulatur  nimmt 
das  2. — 5.  (Reptilien-Teleostier)  oder  4. — 8.  (Selachier)  Myotom  teil.  Die 
entsprechende  Muskelgruppe  der  Petromyzonten,  die  aber  hier  keinen 
Anteil  am  Aufbau  der  Zungenmuskulatur  zu  nehmen  scheint  (s.  o.),  stammt 
vom  7.  — 11.  postotischen  Myotom.  (Vgl.  J.  F.  Van  Bemmelen,  H.  V. 
Xeal,  S.  Mollier,  H.  K.  Corning,  F.  Maurer,  R.  G.  Harrison.) 

Die  einfachsten  Verhältnisse  im  Aufbau  und  damit  auch  in  der 
Entwickelung  der  Zungenmuskeln  liegen  bei  den  Salamandrinen 
vor,  bei  denen  zum  erstenmal  in  der  Tierreihe,  von  den  Cyclostomen 
abgesehen,  eigentliche  Zungenmuskeln  auftreten.  Es  bestehen  2  Mus- 
keln, der  Genio-  und  Sterno(Hyo-)glossus,  die  nach  ihrer  Funktion 
auch  als  Pro-  und  Retractor  linguae  unterschieden  werden  können  und 
weiterhin  bei  allen  höheren  Formen  auftreten.  Sie  bilden  die  primäre 
Zungenmuskulatur.    Eine  innere  Zungenmuskulatur  fehlt  noch  völlig 1). 

Die  Entwickelung  des  Genio-glossus  beginnt  erst  bei  älteren 
Larven  und  hängt  auf  das  innigste  mit  der  Entstehung  des  den 
vordersten  Teil  der  definitiven  Zunge  bildenden  Drüsenfeldes  zu- 
sammen (s.  o.).  Er  tritt  in  unmittelbarem  Anschluß  an  den  Genio- 
hyoideus  auf,  weshalb  er  als  eine  Abzweigung  des  letzteren  zu  deuten 
ist.  Seine  Fasern  wachsen  den  sich  einsenkenden  Drüsenschläuchen 
entgegen  und  kommen  mit  ihren  Enden  zwischen  dieselben  zu  liegen. 
So  haben  sie  Einfluß  auf  die  Entleerung  des  Drüsensekretes.  Der 
Genio-glossus  ist  zunächst  also  ein  Drüsenmuskel  und  seine  Ent- 
stehung wird  durch  diese  Funktion  erklärt  (Fig.  39  M.g—gl.).  Mit  der 
Aufnahme  des  Drüsenfeldes  in  die  definitive  Zunge  wird  der  Genio- 
glossus  erst  Zungenmuskel  und  wird  in  seiner  nunmehr  doppelten 
Eigenschaft  als  Drüsenentleerer  und  Protractor  linguae  von  wesent- 
licher Bedeutung  für  die  Verwendung  der  Zunge  als  Fangapparat. 
Er  bleibt  aber  dauernd  außerhalb  des  Bereichs  des  primitiven  Zungen- 
teiles. 

Der  zweite  Zungenmuskel,  der  Sterno-glossus  (Hyo-glossus, 
Retractor  linguae),  entwickelt  sich  erst  am  Ende  der  Metamorphose. 
Es  sind  Fasern  des  Sterno-hyoideus,  die  bei  der  Umgestaltung  des 
Hyobranchialskeletts  frei  werden  und  nun  in  die  Zunge  einwachsen. 
Sie  befestigen  sich  hier  an  einer  Platte  verdichteten  Bindegewebes  von 

„paarigen"  Anlage  des  Zungenkörpers  spricht.  Auch  der  Mensch  gehört  nach  den 
vorläufigen  Bemerkungen  Kallius'  (1901)  hierher,  obwohl  die  von  W.  HlS  dar- 
gestellten Stadien  der  Zungenentwickelung  bei  menschlichen  Embryonen  die  gesamte 
Zungenkörperanlage  ungegliedert  darstellen. 

1)  Ueber  die  Zungenmuskulatur  vgl.  die  Werke  von  Prinz  Ludwig  Ferdinand 
und  A.  Oppel  (1900). 


Die  Entwickelung  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.  43 


später  sehniger  Beschaffenheit,  die  von  vornher  auch  Züge  des  Genio- 
glossus  aufnimmt,  Dieses  Sehnenblatt  entsteht  wahrscheinlich  an  der 
Stelle,  an  welcher  die  primitive  Zunge  mit  dem  Drüsenfeld  verschmilzt 
(Fig.  40  x).  Einzelne  Züge  des  Sterno-glossus  gelangen  zu  den  seit- 
lichen und  hinteren  Teilen  der  Zunge  und  verflechten  sich  mit  Genio- 


glossuszügen   zwischen  den  Drüsen.     (Die  obige  Darstellung- 


Resultate  der  Untersuchung  E.  Kallius'  wieder.) 

In  den  Hauptpunkten  stimmt  die  Entwickelung  der 
muskeln  der  Anuren1)  mit  der  der  Salamandrinen  überein 
lius).  Vom  oralen  Teil  der  hypobranchialen  Muskulatur, 
mächtiger  Genio-hyoideus  ausgebildet,  entwickelt  sich  auch,  von 


giebt 


die 


Zungen- 
(E.  Kal- 
hier    als 

■—  hinten 
in  die  Zunge  einwachsend,  der  Hyo-glossus,  der  in  den  Wulst  des 
primitiven  Zuugenabschnitts  eindringt.  Gegen  das  präcopulare  Feld 
wächst  aus  gleicher  Quelle  die  Anlage  des  Genio-glossus  hervor  und 
scheint  das  ihm  zugehörige  Schleimhautgebiet  emporzudrängen  und 
dadurch  dessen  Anschluß  an  die  primitive  Zunge  zu  bewirken.  Nach 
Herstellung  der  definitiven  Zunge  findet  dann  eine  ungemein  aus- 
giebige Durchkreuzung  der  Fasern  beider  Zungenmuskeln  statt,  die 
ein  longitudinales,  transversales  und  vertikales  Fasersystem  im  Innern 
der  Zunge  zustande  kommen  läßt,  von  dem  oberflächliche  Züge 
zwischen  die  Drüsenschläuche  einstrahlen.  Die  Zunge,  aus  deren 
Bereich  sich  die  Skeletteile  ganz  zurückgezogen  haben,   wird  dadurch 

beweglichen  Organ.     Die  Vergleichung   mit   der 


ungemein 


zu   einem    uu^cmwu    uon^nui^  ^i& 
Entwickelung    der    Salamandrinenzunge    läßt    die 


e1 

größere 


Bedeutung 


und  höhere  Ausbildung  der  Zungenmuskulatur  bei  den  Anuren  auf 
das  deutlichste  dadurch  erkennen,  daß  sie  in  viel  früheren  Stadien  zur 
Anlage  kommt.  Schon  bei  ganz  jungen  Larven,  bei  denen  die  Hinter- 
beine noch  kurze  Stummel  sind,  besteht  die  Anlage  des  Hyo-glossus, 
während  er  bei  den  Salamandrinen  erst  bei  der  Metamorphose  auf- 
tritt. Die  Anlage  des  Genio-glossus  endlich  eilt  derjenigen  der  Drüsen 
des  präcopularen  Zungenteiles  erheblich  voraus,  mit  der  sie  bei  den 
Salamandrinen  aufs  innigste  verknüpft  ist. 

Unter  den  Amnioten  ist  uns  durch  die  Untersuchungen  von 
S.  Mollier  und  E.  Kallius  die  Muskelentwickelung  bei  Lacerta 
am  genauesten  bekannt.  Bei  5  mm  langen  Lacertaembryonen  besteht 
unter  dem  Boden  der  Mundhöhle  jederseits  ein  scharf  abgegrenzter 
Zellstrang,  der  lateral  und  ventral  vom  N.  hypoglossus  begleitet  wird. 
Er  stellt  die  Anlage  der  hypobranchialen  Muskulatur  vor.  Auf  einem 
etwas  älteren  Stadium  (Fig.  44)  sondert  sich  im  vorderen  Teil  dieses 
Stranges   ein   dorsaler  Zug,   der   gegen  den  Zungenrücken  auswächst, 


Fig.  44.  Lacerta  muralis,  Em- 
bryo. Sagittalschnitt  durch  den  Mund- 
boden nach  E.  Kallius.  U.K.  Anlage 
des  Unterkiefers.  M.g—h.  Muse,  genio- 
hyoideus.  M.h — gl.  Muse,  hyo-glossus. 
M.g—gl.  Muse,  genio-glossus. 


M.h.gl.  XII  M.g.gl.       U.K. 


M.g.h. 


1)  lieber  die  Zungenmuskeln  des  fertigen  Tieres  vergl.  vor  allem  E.  Gaüpp, 
Anatomie  des  Frosches.  (3.  Auflage  von  Ecker  und  Wiedersheim,  Anatomie  des 
Frosches.)     Braunschweig  189b\ 


44  E.  Göppert, 

von  einem  ventralen  Abschnitt;  beide  gehen  aboralwärts  in  die  ein- 
heitliche Masse  der  Anlage  über.  Beide  finden  aboral  Anheftung  am 
Zungenbein.  Der  dorsale  Teil  bildet  den  Hyo-glossus  (M.h—gl),  der 
ventrale  den  Genio-hyoideus  (M.g—h).  Aus  dem  hinteren  einheitlich  ge- 
bliebenen Teil  der  Anlage  geht  der  Cervico-hyoideus  hervor.  Bei  etwa 
(3  mm  langen  Embryonen  beginnt  sich  von  der  Dorsalseite  des  Genio- 
hyoideus,  der  zweite  primitive  Zungenmuskel,  der  Genio-glossus  aus- 
zubilden (M.g—gl),  dessen  Züge  bald  fächerartig  gegen  die  Ventral- 
seite des  lang  ausgewachsenen  Hyo-glossus  ausstrahlen.  Vorläufig 
sind  die  Muskelanlagen  beider  Seiten  noch  durch  ein  bindegewebiges 
Septum  voneinander  geschieden,  das  später  bei  der  Ausbildung  der 
Binnenmuskulatur  der  Zunge  vielfach  von  Muskelfasern  durchsetzt 
wird.  Die  letztere  ist  von  beiden  primären  Zungenmuskeln  ableitbar, 
und  zwar  stammen  die  ringförmig  um  den  Hyo-glossus  und  um  das 
Os  entoglossum  angeordneten  Züge,  sowie  der  Transversus  linguae 
vom  Genio-glossus,  der  Longitudinalis  wahrscheinlich  vom  dorsalen 
Rand  des  Hyo-glossus  (E.  Kallius). 

Ueber  die  Entwicklung  der  Zungenmuskeln  bei  den  übrigen 
Reptilienordnungen  und  bei  den  Vögeln  fehlen  noch  genauere  Unter- 
suchungen. 

Ganz  unzulänglich  sind  unsere  Kenntnisse  über  die  Muskel- 
entwickelung bei  den  Säugern.  Nach  W.  His  (menschl.  Embryonen) 
ist  beim  menschlichen  Embryo  eine  Sonderung  der  einzelnen  Faser- 
komplexe vom  Beginn  der  6.  Embryonal woche  an  möglich  y). 

Als  Produkte  der  Schleimhaut  der  Zunge  stellen  sich  zuerst  die 
Papillen  ein.  Es  bestehen  schon  bei  manchen  Amphibien  und 
Reptilien,  allgemein  aber  bei  den  Säugetieren  zwei  Arten  der- 
selben, indem  die  einen  als  Träger  der  Geschmacksknospen  dienen, 
die  anderen  rein  mechanisch  wirksam  sind. 

In  der  Gruppe  der  gustatorischen  Papillen  sind  die  einfachsten  die 
schon  bei  Amphibien  und  Reptilien  vertretenen  Papulae  fungi- 
formes,  auf  höherer  Stufe  stehen  die  bei  Säugern  allgemein  vor- 
kommenden Papulae  circumvallatae  und  das  bei  vielen  Formen  als 
Papilla  foliata  sich  darstellende  Randorgan.  Die  mechanisch  wirksamen 
Papillen  repräsentieren  die  Papulae  filiformes  und  die  verschiedenen 
Modifikationen    derselben    (Hornzähne,    Papulae    fasciculatae,    coronatae). 

Andersartige,  als  Kauapparat  thätige  Gebilde  des  Zungenrückens 
sind  die  großen  Hornplatten  an  der  Zunge  von  Ornithorhynchus 
und  die  Knochenschuppen  bei  Hystrix  cristata,  über  deren  Ent- 
wickelung  noch  nichts  bekannt  ist.  (Ueber  die  Zungenpapillen  vergl. 
A.  Oppel  (1900),  wo  auch  die  wichtigeren  Arbeiten  von  Poultox, 
Tuckerman,  Münch  u.  a.  ausführlich  besprochen  sind.) 

Bei  Amphibien  und  Reptilien  treten  in  der  ersten  Anlage 
die  Papillen  nicht  über  die  Oberfläche  empor.  Erhebungen  des  Binde- 
gewebes werden  durch  solide  Epithelmassen,  von  denen  sich  die  An- 
lagen  der   Drüsenschläuche   oder  Krypten   in   die  Tiefe   senken,    von- 

1)  His  nimmt  verschiedene  Quellen  für  die  Zungenmuskulatur  an;  so  soll  der 
Stylo-glossus  aus  dem  2.  Schlundbogen,  der  Hyo-glossus  aus  dem  3.  stammen. 
Transversus  und  Longitudinalis  superior  gelten  als  dem  Zungenkörper  eigentümliche 
Produkte,  während  Longitudinalis  inferior  und  Genio-glossus  aus  der  sog.  Sub- 
lingualplatte  stammen  sollen.  Es  ist  klar,  daß  hier  höchstens  der  Ort,  an  welchem 
die  ersten  gut  entwickelten  Muskelfasern  von  His  beobachtet  wurden,  dargestellt, 
aber  nicht  etwa  die  Quelle  der  Hypoglossusmuskulatur  selbst  aufgedeckt  wird. 


Die  Entwickelung  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  OrgaEe.  45 

einander    getrennt.     Mit   der   Ausbildung   von   deren    Lumina   werden 
erst  die  Papillen  zu  selbständigen  Vorragungen. 

Im  Prinzip  gleichartig  verläuft  die  Entwickelung  der  Papillen 
der  Säugetiere.  Sie  beginnt,  nachdem  die  äußere  Form  und  die 
Anlage  der  Muskulatur  der  Zunge  fertiggestellt  ist  (beim  Menschen 
Anfang  des  3.  Monats,  50  mm  langer  Embryo,  bei  Wiederkäuern  etwa 
in  der  6.-7.  Woche).  Am  frühesten  treten  die  Papulae  circuinvallatae 
und  fungiformes  hervor.  Etwas  später  (menschlicher  Embryo  64  mm) 
werden  die  Anlagen   der  Papulae  filiformes   auf  Schnitten   erkennbar. 

Die  Entwickelung  der  Papulae  fungiformes  und  filiformes 
des  Menschen,  über  den  wir  hier  am  besten  unterrichtet  sind,  erfolgt 
nach  K.  Hintze  in  ziemlich  übereinstimmender  Weise,  mit  dem  oben 
angegebenen  Unterschied  im  zeitlichen  Auftreten,  der  sich  wohl  aus  der 
verschiedenen  Mächtigkeit  beider  Papillenformen  erklärt.  Die  erste  An- 
lage besteht  in  zapfenartigen  Erhebungen  des  Bindegewebes,  welche  in 
die  Epithelschicht  einspringen,  das  Epithel  zieht  über  diese  Bindegewebs- 
papillen  hinweg  und  zeigt  nun  ganz  flache,  buckelartige  Erhebungen  über 
ihnen.  Nicht  selten  erheben  sich  über  den  Papillenanlagen  Epithel- 
wucherungen,  meist  in  Form  fingerartiger  Zotten,  die  in  den  nächsten 
Wochen  schwinden  (Vorpapillen).  Die  Bindegewebspapillen  nehmen  all- 
mählich die  für  P.  fungi-  und  filiformes  charakteristische  Gestaltung  an. 
Bei  einem  Foetus  von  195  mm  beginnt  an  ersteren  bereits  die  Anlage 
der  Sekundärpapillen.  Schon  früher  (Eoetus  von  100  mm  Länge)  treten 
an  ihnen  die  Anlagen  der  Geschmacksknospen  hervor. 

Während  bisher  die  gesamten  Papillenanlagen  annähernd  gleich- 
mäßig von  Epithel  überzogen  werden,  werden  am  Anfang  des  5.  Monats 
durch  Zerfall  der  oberflächlichen  Epithelschichten  zwischen  den  Papillen 
die  letzteren  frei  und  ragen  nun  über  die  Oberfläche  der  Zunge  empor. 
Die  Ausbildung  der  Papillen  ist  mit  der  Geburt  noch  nicht  vollendet, 
die  Entwickelung  der  Sekundärpapillen  findet  erst  später  ihren  Abschluß. 
Auch  die  Form,  Größe,  Stellung  und  Zahl  der  fungiformen  Papillen  ist 
beim  Neugeborenen  eine  andere  als  beim  Erwachsenen.  Besonders 
wichtig  ist,  daß  ein  großer  Teil  von  ihnen  jenseits  der  Säuglingszeit  ihre 
Geschmacksknospen  einbüßt.  Die  Papulae  fungiformes  verlieren  an  Be- 
deutung für  den  Geschmackssinn  gleichzeitig  mit  der  Aenderung  der 
Ernährungsweise  (H.  Stahr). 

Die  Papulae  circumvallatae  (untersucht  beim  Kaninchen 
durch  F.  Hermann  und  A.  Lustig,  beim  Menschen  durch  Listig,  F. 
Tuckerman  und  J.  Gräberg)  beginnen  beim  Menschen  etwa  im  3.  Monat 

Fig.  45.  Dasyurus  hallu- 
catus.  Beutelf'oetus.  Längsschnitt 
durch  die  Anlage  einer  Papilla  circum- 
vallata,  nach  A.   Oppel  1899    Fig.  45 

u.  46.     P.  Anlage  der  Papille.     W.  An-  "       '  u  \  °    / J^' Ser.Dr. 

läge    des    Walls.      Ser.Dr.    Anlage   der 
serösen  Drüsen. 


Ser.Dr.  — 


des  embryonalen  Lebens  aufzutreten.  Nach  J.  Gräberg  finden  sich  hier 
makroskopisch  bemerkbare  Leistchen ,  die,  nach  hinten  konvergierend, 
median  zusammentreffen.  Sie  entsprechen  den  Anlagen  sämtlicher  um- 
wallter Papillen.     Die  Abgrenzung  derselben  ist  jetzt  schon  auf  Schnitten 


46  E.  Göppert, 

nachzuweisen ,  indem  das  Epithel  in  der  Umgrenzung  der  einzelnen 
Papillen,  also  ringförmig ,  sich  in  Form  solider  Wucherungen  in  die 
Tiefe  senkt.  Diese  Epitheleinsenkungen  sind  nach  Hermann,  der  zuerst 
die  Entwickelung  der  Papulae  circumvallatae  richtig  darstellte,  beim 
Kaninchen  von  50  mm  (23.  Tag)  schon  vorhanden.  Beim  4-monatlichen 
menschlichen  Embryo  sind  die  Papillen  schon  makroskopisch  sichtbar ; 
die  Epithelwucherungen,  welche  die  Papillen  gewissermaßen  aus  dem  Ge- 
webe des  Stratum  proprium  der  Schleimhaut  herausschneiden,  sind  er- 
heblich tiefer  eingesenkt,  an  ihrem  oberen  Rand  macht  sich  eine  weitere 
Verdickung  bemerkbar,  in  welche  später  das  Bindegewebe  des  Stratum 
proprium  vordringt  und  damit  die  Umwallung  der  Papillen  zustande 
kommen  läßt.  Ferner  linden  sich  an  den  unteren  Enden  der  Epithel- 
einsenkungen solide,  nach  außen  wachsende  Zapfen,  die  Anlagen  der 
zu  den  Geschmacksorganen  gehörenden  serösen  (EBNEit'schen)  Drüsen,  die 
von  hier  zwischen  die  Züge  der  Muskulatur  vordringen  und  sich  dabei 
stark  verästeln.  Ende  des  4.  Monats  beginnt  dann  in  den  soliden 
Epithelwucherungen  eine  Spaltbildung,  welche  den  Wallgraben  herstellt 
und  damit  die  Sonderung  der  Papillen  bewirkt,  ferner  das  Lumen  der 
Drüsen  entstehen  läßt.  In  dem  zeitlichen  Ablauf  der  Entwickelung  der 
Papillen  zeigen  sich  starke  Schwankungen,  ihren  Abschluß  finden  sie  im 
allgemeinen  erst  nach  der  Geburt.  Jetzt  gelangen  auch  erst  die  sekun- 
dären Papillen  zur  Ausbildung.     (Letzteres  gilt  auch  für  das  Kaninchen.) 

In  sehr  verschiedenen  Stadien  der  Entwickelung  und  unabhängig 
vom  Entwickelungszustand  der  Papillen  treten  als  Differenzierungen  der 
Basalschicht  des  mehrschichtigen  Plattenepithels  die  Sinnesknospen  auf. 
Ihre  Anlagen  konnten  von  Graberg  schon  beim  3-monatlichem  mensch- 
lichen Embiyo  festgestellt  werden.  Auch  Tuckerman  fand  sie  bei 
einem  14-wöchentlichen  Foetus.  Lustig  traf  sie  beim  Kaninchen  erst 
beim  Neugeborenen  an  und  vermißte  sie  noch  beim  5-monatlichen  Poetus. 
Sie  nehmen  alle  Teile  der  Oberfläche  der  Papille  ein,  also  auch,  und 
zwar  zahlreich,  die  horizontale  Fläche,  wie  schon  A.  Hoffmann  zeigt. 
An  letzterer  werden  sie  gegen  Ende  des  intrauterinen  Lebens  und  bald 
nach  der  Geburt  bis  auf  wenige  zurückgebildet.  (Ueber  die  histologischen 
Vorgänge  bei  der  Entwickelung  der  Geschmacksknospen  s.  Sinnesorgane.) 

Die  Betrachtung  der  Entwickelung  der  umwallten  Papillen  lehrt 
einen  ersichtlich  cänogenetisch  veränderten  Entwickelungsvorgang  kennen. 
Die  phylogenetisch  zu  trennenden  Vorgänge  der  Ausbildung  und  der  Ver- 
senkung der  Papillen  sind  hier  zeitlich  zusammengefaßt.  Dabei  verspätet 
sich  die  Bildung  des  Ringgrabens,  die  phylogenetisch  mit  der  Versenkung 
der  Papille  Hand  in  Hand  ging,  infolge  der  Zusammenfassung  des 
Materials  für  die  innere  und   äußere  Bekleidung  der  Rinne. 

Die  Entwickelung  der  Papilla  foliata  ist  durch  Hermann  beim 
Kaninchen  untersucht.  Bei  einem  54  mm  langen  Embryo  besteht  die 
Anlage  aus  parallel  zu  einander  gestellten ,  lamellenartigen  Epithel- 
einsenkungen ,  die  entsprechend  gestaltete  Bindegewebsblätter  vonein- 
ander scheiden.  Aeußerlich  entsprechen  leichte  Einkerbungen  den  späteren 
Grenzen  der  Blätter  der  Papille.  Von  jeder  der  Epithellamellen  geht 
jederseits  bei  70  mm  langen  Embryonen  etwa  in  der  Mitte  ihrer  Höhe 
eine  leistenförmige  Einhebung  aus,  die  eine  Strecke  weit  in  das  Binde- 
gewebe einwächst.  Die  Epithellamellen  erscheinen  jetzt  also  auf  dem 
Längsschnitt  durch  die  Papillen  dreizipflig,  der  mittlere  Zipfel  greift  am 
weitesten  in  die  Tiefe.  Dadurch  zerfällt  jedes  der  ursprünglich  einfachen 
Bindegewebsblätter  der  Anlage  nach  der  Zungenoberfläche  zu  in  3  Teile,. 


Die  Entwickelung  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.  47 

in  einen  mittleren,  das  sogenannte  primäre  Blatt,  das  der  Oberfläche  der 
Zunge  am  nächsten  kommt,  und  zwei  seitliche,  die  sogenannten  sekundären 
Blätter  der  Papille,  die  sämtlich  allmählich  an  Höhe  zunehmen.  Bei  95  mm 
langen  Embryonen  zeigen  sich  bereits  die  Anlagen  der  serösen  (Ebner- 
schen)  Drüsen  der  Papille  als  Zellstränge,  welche  vom  Grunde  des  mittleren 
Zipfels  der  Epithellamellen  ausgehen  und  später  in  die  Zungenmuskulatnr 
einwachsen.  Gleichzeitig  treten  die  ersten  Spuren  der  Geschmacksknospen 
auf  und  zwar  in  dem  Epithel,  das  die  äußere  Abgrenzung  der  sekun- 
dären Blätter  der  Papille  bildet.  Beim  Neugeborenen  beginnt  die  Bildung 
des  Hohlraumes  in  den  Anlagen  der  EBNER'schen  Drüsen,  die  bereits 
anfangen,  seitliche  Aeste  zu  treiben.  Schon  am  2.  Tage  nach  der  Geburt 
stellen  sie  weitverzweigte  Drüsenläppchen  zwischen  den  Muskelzügen  der 
Zunge  vor.  Erst  beim  3-tägigen  Kaninchen  beginnt  die  Trennung  der 
einzelnen  Blätter  der  Papille  voneinander  durch  Spaltbildung  im  Epithel. 
Gleichzeitig  vermehrt  sich  die  Zahl  der  beim  Neugeborenen  noch  sehr  spär- 
lichen Geschmacksknospen.  Durch  Fortschreiten  beider  Prozesse  erreicht 
die  Papille  etwa  am  6.  Tage  nach  der  Geburt  ihr  definitives  Verhalten. 
Nur  die  Geschmacksknospen  'zeigen  noch  Verschiedenheiten  von  ihrem 
Verhalten  beim  erwachsenen  Tier. 

Beim  Menschen  scheint  die  hier  nur  schwach  entwickelte  Papilla 
foliata  verhältnismäßig  spät  aufzutreten.  Während  sie  beim  Kaninchen 
etwa  gleichzeitig  mit  den  Papulae  circumvallatae  bemerkbar  wird,  wurde 
sie  von  Tuckerman  (1884)  bei  einem  41/, — 5-monatlichen  menschlichen 
Foetus  noch  vermißt. 

Sowohl  für  die  Papilla  foliata  wie  für  die  circumvallata  ist  die  An- 
sicht ausgesprochen  worden,  daß  ihre  Entstehung  von  erweiterten  oder 
miteinander  verschmolzenen  Drüsenausführungsgängen ,  die  einen  Besatz 
von  Geschmacksknospen  erwarben,  herzuleiten  ist  (Poulton,  Tuckermax, 
Gmelin).  Die  Entwickelungsgeschichte  spricht  gegen  eine  derartige  Ab- 
leitung und  zeigt  die  Papille  als  das  Primäre,  die  Drüsenbildung  als 
einen  sekundären  Erwerb   (vgl.   Oppel   1900). 

Als  eine  weitere  Bildung  der  Schleimhaut  entstehen  die  Zungen  - 
drüsen.  Sie  legen  sich  bei  allen  Ordnungen  als  solide  Epithelzapfen 
an,  die  erst  später  kanalisiert  werden. 

Zungendrüsen  sind,  wie  Mundhöhlendrüsen  überhaupt,  eine  Erweisung 
landlebender  Formen,  sie  fehlen  daher  den  kiemenatmenden  Amphibien 
noch  völlig.  (Ueber  Rudimente  von  Drüsen,  siehe  p.  38.)  Wir  sahen 
schon  oben,  daß  sie  bei  den  Salama ndrinen  eine  ungemein  wichtige 
Rolle  bei  der  Zungenentwickelung  spielen.  Der  ganze  vordere  Teil  der 
Zunge  entsteht  aus  einem  Drüsenfeld,  dessen  Schläuche  specifischen 
Charakter  tragen.  Sie  treten  erst  bei  älteren  Larven  auf.  Die  ersten 
Anfänge  der  Ausbildung  des  Muse,  genio-glossus  stehen  im  Dienste  der 
Sekretentleerung  dieser  Drüsen  (s.  o.).  Erst  gegen  Ende  der  Meta- 
morphose wird  auch  der  Bereich  der  primitiven  Zunge  der  Sitz  krypten- 
artiger Einsenkungen.  Sie  erlangen  aber  nie  die  Mächtigkeit  der  Schläuche 
des  Drüsenfeldes ;  ihr  Epithel  unterscheidet  sich  nicht  von  dem  der 
übrigen  Mundhöhle  (E.  Kallius). 

Analoge  Verhältnisse  bestehen  bei  den  A  n  u  r  e  n  (s.  E.  Kallius),  aait  dem 
Unterschied,  daß  die  specifischen  Zungendrüsen  erst  verhältnismäßig  spät, 
gegen  Ende  der  Metamorphose,  auftreten,  wenn  das  sie  tragende  präcopulare 
Gebiet  bereits  in  die  Zunge  eingeht.  Im  Bereich  des  primitiven  Zungen- 
abschnittes entstehen  erst  später  bei  denjenigen  Formen,  bei  denen  er  noch 


48  E.  Göppert, 

ain  Zungenrücken  Verwendung  findet  (Pelobatiden)  flache  Einsenkungen 
(Krypten),  deren  Auskleidung  mit  dem  übrigen  Mundhöhlenepithel  über- 
einstimmt. 

In  der  Gruppe  der  Sauropsiden  finden  sieh  Angaben  bisher  nur 
für  Lacerta,  eine  Form,  bei  der  gerade  die  Zungendrüsen  ganz  be- 
sonders in  den  Hintergrund  treten,  indem  sie  nur  durch  kurze  krypten- 
artige Schläuche  dargestellt  werden.  Ihre  Anlagen  finden  sich  in  Form 
kurzer  epithelialer  Einsenkungen  erst  in  Stadien,  in  denen  die  äußere 
Gestalt  der  Zunge  und  ihre  Muskulatur  bereits  im  wesentlichen  fertig 
ist.  Sie  lassen  nur  die  Enden  der  Zungenspitzen  und  ein  dreieckiges 
Feld  am  Hinterrand  der  Zunge  frei  (E.  Kallius). 

Bei  den  Säugetieren  bestehen  zeitliche  und  örtliche  Verschieden- 
heiten im  Auftreten  der  beiden  hier  vorkommenden  Drüsenarten,  der 
serösen  und  Schleimdrüsen1).  Die  letzteren  entstehen  gleichzeitig  mit 
den  übrigen  kleinen  Drüsen  der  Mundhöhle  (erheblich  später  als  die 
großen  Speicheldrüsen)  als  solide  Epithelwucherungen.  Nach  Kölliker 
treten  sie  beim  menschlichen  Embryo  im  4.  Monat  des  embryonalen 
Lebens  auf  und  bilden  nach  M.  B.  Schmidt  in  der  Mitte  des  5.  Monats 
an  den  hinteren  Zungenpartien  bereits  eine  zusammenhängende,  zwischen 
die  obersten  Muskelbündel  eingelagerte  Schicht.  Die  Entwickelung 
der  serösen  Drüsen  erfolgt  etwas  später  als  die  der  Schleimdrüsen 
(A.  Oppel  [1900]  fand  sie  bei  einem  Beutelfoetus  von  Dasyurus 
hallucatus  gerade  in  der  1.  Anlage,  während  die  Schleimdrüsen  an- 
nähernd den  Bereich  einnahmen,  den  sie  auch  später  ausfüllen).  Ferner 
sind  sie,  wie  oben  dargestellt,  auf  das  innigste  mit  der  Entstehung  der 
Papulae  circumvallatae  und  foliatae  verknüpft   (Fig.  45  Ser.D.). 

Ueber  die  Entwickelung  der  Balgdrüsen  der  Zungen wurzel  s.  u. 
Sie  treten  nach  A.  Kölliker  beim  menschlichen  Embryo  am  Schluß  des 
3.  Monats  auf. 

Die  Entwickelung  der  Skelett  eile  der  Zunge  kann  hier  nur 
kurz  besprochen  werden,  da  sie  zum  Teil  wenigstens  bei  der  Dar- 
stellung der  Entwickelung  des  Hyo-branchialapparates  geschildert  wird. 
Nur  die  für  uns  wichtigsten  Punkte  können  an  dieser  Stelle  hervor- 
gehoben werden. 

In  der  primitiven  Zunge  der  Larven  der  Amphibien  liegt  der 
vorderste  Teil  des  Hyo-branchialapparates  eingeschlossen.  Mit  der 
weiteren  Entwickelung  der  Zunge,  ihrer  Abhebung  von  dem  Boden  der 
Mundhöhle  und  der  mit  der  Metamorphose  einsetzenden  Umgestaltung 
des  visceralen  Bogensystems,  befreit  sich  die  Zunge  von  den  Skelett- 
teilen. Von  einem  Binnenskelett  der  Zunge  kann  man  bei  den  höheren 
Amphibien  nicht  mehr  sprechen. 

Bei  den  Salamandrinenlarven  findet  sich  in  der  Zunge  die 
Hyoidcopula  samt  den  sich  ihr  anfügenden  Teilen  des  Zungenbein-  und 
des  1.  und  2.  Kiemenbogen  (3.  und  4.  Visceralbogen).  Bei  der  Meta- 
morphose löst  sich  vielfach  der  Verband  des  Hyo-branchialapparates. 
Für  die  Zunge  bleiben  bei  Salamandra  maculosa  außer  der  Copula 
noch  2  Paare,  sogenannte  Processus  hyoidei  (anteriores  und  posteriores) 
von  Bedeutung,  die  von  der  Dorsalseite  der  Copula  entspringen  und. 
lateralwärts  in  die  Zunge  eindringend,  hier  den  einzelnen  Bündeln  des 
Genio-glossus    Insertionsstelle    bieten.      Die    vorderen   Processus  hyoidei 


1)  Ueber  die  Drüsen  der  Zunge  siehe  vor  allem  A.  Oppel. 


Die  Entwickelung  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.  49 

sind  die  stark  reduzierten  Hypohyalia,  die  ihre  Verbindung  mit  den 
Keratohyalia  verloren  haben.  Die  hinteren  Processus  hyoidei  sind  Knorpel- 
stücke, die  bei  älteren  Larven  je  in  der  Mitte  zwischen  Hypohyale  und 
dem  gleichfalls  bei  der  Metamorphose  bestehen 

bleibenden    Hypobranchiale    des    1.   Kiemen-  b      c 

bogens  ganz  selbständig  auftreten.  Ihre 
Deutung  scheint  noch  zweifelhaft  (E.  Kal- 
lius).  Auch  bei  Triton  bleibt  das  Hypo- 
hyale,  allerdings  in  sehr  reduzierter  Form, 
erhalten  (Fig.  46  c).  Ebenso  besteht  jederseits 
ein    dem    Processus    hyoideus   posterior    von  Cop.        a     Cer. 

Salamandra  homologes   Stück,    das  in  die  Yig.   46.     Triton.      Er- 

Zunge einragt  a.  Es  befestigt  sich  mit  einer  wachsen.  Vorderer  Teil  des 
ventralen  "Wurzel  an  der  Copula  etwas  aboral      Zungenbeinapparates.      Sche- 

von  ihrem  vorderen  Ende,  mit  einer  dorsalen  ™atisch  nach  E  Kalmus. 
__XT         ,  .  ,.  ,         .    ,.  ,  .         (.      Cop.  Copula.  Cer.  Ceratonvale. 

Wurzel  an  einem  medianen,   dorsal  dicht  aui      c<  Rest  der  Hypohyale.    "a    b 

dem  Vorderende  der  Copula  lagernden  dünnen      siehe  Text. 
Knorpelstab  b  (E.  Kalmus).    Es  scheint  nicht 

ausgeschlossen,  daß  in  letzterem  Spuren  eines  Entoglossale  vorliegen,  wie 
es  bei  Fischen  besteht  und  die  Bildung  des  sogenannten  Processus  hyo- 
ideus posterior  mit  diesem  in  Verbindung  zu  bringen  ist. 

Bei  den  A  n  u  r  e  n  larven  beherbergt  die  primitive  Zunge  die  Hyoid- 
bogen  samt  dem  sie  median  verbindenden  Knorpelgewebe  (Pars  reuniens 
G-aupp).  Vor  ihm  liegt  noch  ein  ganz  isoliertes  Knorpelstück  (bei  Alytes 
gut  entwickelt,  bei  Rana  ganz  rudimentär),  das  von  seinem  Entdecker 
E.  Gaupp  (1894)  als  Copula  des  Hyoidbogens  gedeutet  wurde,  in  welchem 
man  wohl  aber  ein  Homologon  des  Entoglossale  (Glossohyale)  der  Fische 
sehen  kann.  Es  geht  im  späteren  Larvenleben  spurlos  zu  Grunde.  Auch 
bei  den  Gy  mn  ophionenlarven  (Ichthyophis  P.  u.  F.  Sarasin) 
besteht  ein  gut  ausgebildetes  Entoglossale,  das  bei  der  Metamorphose 
schwindet. 

In  der  Zunge  der  Amnioten  treffen  wir  in  weiter  Verbreitung 
ein  Binnenskelett.  Die  Entwickelung  des  Processus  e  n  t  o  g  1  o  s  s  u  s 
des  Zungenbeins  der  Reptilien  ist  für  Lacerta  durch  Kallius 
untersucht.     Er  entstellt  in  Kontinuität  mit  der  Zungenbeincopula. 

Anfänglich  (bei  6  mm  langen  Embryonen)  liegt  er  dicht  unter  der 
Oberfläche  der  noch  wenig  hervorragenden  Zungenanlage,  eingebettet  in 
einen  median  vorspringenden  schmalen  Wulst.  Bei  der  weiteren  Ausbildung 
(Entwickelung  der  Muskulatur)  und  dem  Dorsalwachstum  der  Zunge  bleibt 
er  im  gleichen  Niveau  liegen,  so  daß  er  schließlich  in  den  ventralsten 
Teilen  der  Zunge  lagert.  Im  Laufe  der  Entwickelung  macht  sich  noch 
eine  Verlagerung  der  Zunge  samt  dem  ihr  angeschlossenen  Kehlkopfeingang 
gegen  das  Zungenbein  in  der  Richtung  nach  vorn  bemerkbar.  Während 
der  hinterste  Teil  der  Zunge  anfangs  gerade  über  der  Copula  lagert  und 
der  Processus  entoglossus  in  seiner  ganzen  Ausdehnung  der  Zunge  ein- 
gelagert ist,  liegt  später  der  hintere  Zungenrand  und  der  Aditus  laryngis 
ein  ganzes  Stück  vor  der  Copula  und  der  Processus  entoglossus  gehört 
nur  mit  seiner  vorderen  Hälfte  der  Zunge  selbst   an. 

Es  besteht  die  Möglichkeit,  daß  im  Processus  entoglossus  der 
Reptilien  ein  Glossohyale  enthalten  ist,  dessen  Spuren  wir  ja  auch  bei 
Amphibien  verbreitet  trafen.  Eine  andere  Genese  nimmt  das 
Zungenskelett  der  Vögel.    Wie  aus  der  Darstellung  W.  K.  Parker's 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.     II.  1.  4 


50  E.    GÖPPERT. 

hervorgeht,  entwickelt  sich  das  sogenannte  Os  entoglossum  der  Vögel 
aus  den  vielleicht  mit  dem  Glosso-hyale  verschmelzenden  l)  Resten  der 
Zungenbeinbogen. 

Der  Zunge  vieler  Säugetiere  gehört  ein  stabartiges  Stütz- 
organ an,  das  als  L)rssa  bezeichnet  wird  (Carnivoren,  Edentaten,  In- 
sectivoren,  Schwein)  und  von  sehr  verschiedenem  Aufbau  ist. 

Es  handelt  sich  bei  der  Lyssa  um  einen  durch  Bindegewebe  abge- 
grenzten Strang,  dessen  Inneres  Fettgewebe,  Muskelfasern,  Bindegewebe 
und  in  manchen  Fällen  Knorpelstücke  bilden :  die  verschiedenen  Gewebs- 
arten  finden  sich  dabei  in  verschiedener  Kombination.  Mit  diesen 
Bildungen  gehört  das  rudimentäre  Knorpelskelett  der  Unterzunge  von 
Stenops  und  Tarsius  zusammen.  Als  Rest  eines  solchen  ist  auch 
der  Fettkern  in  der  Unterzunge  von  Petaurus  (nach  Oppel)  hierher 
zu  rechnen.  Ausgangspunkt  aller  dieser  Bildungen  ist  nach  Nusbaum 
und  Markowski  ein  Glossohyale,  als  dessen  Abkömmling  von  Gegenbaur 
schon  der  Knorpel  der  Unterzunge  der  Prosimiern  gedeutet  wurde. 

Von  entwickelungsgeschichtlichen  Ergebnissen,  die  hier  in  Betracht 
kommen,  ist  anzuführen,  daß  die  Lyssa  der  Hunde  nach  Nusbaum 
und  Markowski  sich  an  der  Ventralseite  der  Zunge  im  Bereich  eines 
Rudimentes  einer  Unterzunge  anlegt.  Ferner  fanden  die  genannten 
Autoren  Reste  eines  Zungenknorpels  auch  beim  Menschen.  In  fast 
einem  Drittel  der  untersuchten  älteren,  8 — 9-monatlichen  Embryonen 
und  Neugeborenen  lag  unter  dem  Septum,  stellenweise  mit  ihm  durch 
Bindegewebsstränge  in  Verbindung,  ein  länglich-ovales  Knorpelstück, 
das  in  anderen  Fällen  durch  eine  von  Bindegewebe  abgeschlossene 
Fettgewebsmenge  vertreten  war;  noch  häufiger  fand  sich  am  aboralen 
Ende  des  Septums,  dicht  am  Zungenbeinkörper,  ein  Knorpelstück,  das 
in  einem  Falle  (7-monatl.  Embryo)  mit  dem  ersteren  in  Kontinuität 
stand. 

Die  Entwicklungsgeschichte  scheint  auch  dafür  zu  sprechen,  daß 
das  Septum  der  Säugetierzunge  mit  der  Bindegewebshülle  der  Lyssa 
in  genetischer  Beziehung  steht.  Wo,  wie  beim  Hund,  beide  getrennt 
sind,  besteht  embryonaler  Zusammenhang. 

Ueberschauen  wir  noch  einmal  rasch  die  Vorgänge  der  Zungen- 
entwickelung,  so  ergiebt  sich  zunächst,  daß  von  den  landlebenden 
Amphibien  an  allen  höheren  Wirbeltieren  gemeinsam  ist,  daß  ihre 
Zunge  sich  aus  zwei  Abschnitten,  offenbar  verschiedenen  phylogenetischen 
Alters,  aufbaut.  Ein  hinterer  Teil  entspricht  der  Fischzunge ;  ihm  liegt 
der  vordere  mediane  Abschnitt  des  Hyobranchialskeletts  zu  Grunde 
(copularer  Teil).  Der  vordere  Teil  ist  eine  Bildung  des  vor  der  primi- 
tiven Zunge  gelegenen  Bezirks  des  Mundhöhlenbodens,  der  sich  der 
ersteren    in    immer    größerer    Ausdehnung    anschließt    (präcopularer  Teil). 

Bei  den  Amphibien  (Salamandrinen  und  Anuren)  kommt 
das  verschiedene  Alter  beider  Teile  noch  deutlich  in  verschiedenzeitlicher 
Entwickelung  zum  Ausdruck.  Bei  den  Amnioten  ist  das  nicht  mehr 
der  Fall.  Der  präcopulare  Teil  zeichnet  sich  bei  letzteren  durch 
seine  Mächtigkeit  aus,  indem  er  sich  weit  auf  die  Innenfläche  des  Kiefer- 
bogens  vorschiebt  (Tuberculum  impar.  samt  seitlichen  Zungenwülsten), 
ein  Vorgang,  der  bei  den  Amphibienlarven  von  vornherein  ausge- 
schlossen ist. 


1)  Nach  C.  Gegenbaur.    Vgl.  Anat.  1898,  p.  448. 


Die   Entwickelung  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.  51 

Die  Einbeziehuno;  o-rößerer  Teile  des  Mundbodens  in  die  Zunge  hat 
das  Eintreten  eines  neuen  Nerven,  des  Trigeminus,  in  ihr  Bereich  zur 
Eolge,  der  bei  den  Amphibien  mit  der  Zunge  noch  nichts  zu  thun 
hat.  Bei  diesen  ist  der  Glossopharyngeus  der  einzige  sensible  und 
secretorische  Zungennerv,  obwohl  man  nach  der  Art  der  Entstehung  der 
Zunge  auch  an  eine  Beteiligung  des  Facialis  denken  könnte.  Auf  der 
anderen  Seite  fällt  auf,  daß,  während  bei  Lacerta,  abgesehen  vom 
Hypoglossus ,  der  Glossophaiyngeus ,  Facialis  und  Trigeminus  in  die 
Zunge  eintreten,  die  letzteren  beiden  Nerven  den  Krokodilen  und 
Vögeln  fehlen  (vergl.  E.  Gaupp   1888). 

Da  die  Amphibien  zunge  während  ihrer  Entwickelung  dauernd  in 
Gebrauch  steht,  so  tritt  hier  die  Bedeutung  ihrer  Bestandteile  für  den 
[Fortschritt  in  der  Ausbildung  des  Organs  klarer  hervor,  als  das  bei  den 
Amnioten  der  Fall  sein  kann.  Der  erste  Anstoß  zur  Bildung  eines 
präcopularen  Teiles  der  Zunge  geht,  wie  es  die  Zungenentwickelung  bei 
den  S  alamandrinen  lehrt,  von  den  Drüsen  aus,  die  vor  dem  Bereich 
der  primitiven  Zunge  entstehen.  Im  Dienste  der  Sekretentleerung  dieser 
Drüsen  entsteht  als  Abzweigung  des  Geniolryoideus  der  Genioglossus. 
Dieses  Drüsenfeld  vereinigt  sich  bei  weiterer  Erhebung  mit  der  primi- 
tiven Zunge,  an  deren  Bewegungen  es  schon  vorher  Anteil  nehmen 
mußte,  und  führt  der  Zunge  damit  gleichzeitig  seinen  Muskel  zu,  der 
nun  für  das  ganze  Organ  Bedeutung  gewinnt.  Es  war  C.  Gegenbaur 
(1894),  der  die  Bedeutung  der  Drüsen  zuerst  erkannte,  und  auch  E.  Kal- 
mus, der  die  thatsächlichen  Angaben  Gegenbaur's  in  wichtigen  Punkten 
korrigieren  mußte,  konnte  die  Richtigkeit  des  Gedankens  bestätigen. 
Die  Auflösung  des  Hyoidkomplexes  bei  der  Metamorphose  läßt  Teile  des 
Sternohyoideus  frei  werden  und  ermöglicht  die  Ausbildung  des  Hyo- 
glossus  (Gegenbaur). 

Schon  bei  den  Anuren  verschieben  sich  die  Verhältnisse  ersicht- 
lich in  Zusammenhang  mit  der  Zunahme  der  Bedeutung  der  Zungen- 
muskulatur, die  nun  auch  entwickelungsgeschichtlich  in  den  Vordergrund 
gerückt  wird.  Der  Genioglossus  entsteht  schon  vor  dem  Auftreten  der 
Drüsen  als  wesentlicher  Bestandteil  des  präcopularen  Feldes,  der  Hyo- 
glossus  schon  vor  dem  Einsetzen  der  Metamorphose. 

Ganz  anders  liegen  die  Dinge  bei  den  Amnioten.  Die  äußere 
Form  der  Zunge  ist  bereits  in  den  wesentlichsten  Zügen  fertig  gestellt, 
ehe  die  Muskel-  und  Drüsenentwickelung  einsetzt.  Der  Raum ,  den 
Muskeln  und  Drüsen  einnehmen  sollen,  ist  vorbereitet,  ehe  die  geweb- 
liche  Differenzierung  des  Embryos  die  Sonderung  von  Drüsen  und 
Muskeln  möglich  macht.  Die  die  phylogenetische  Entwickelung  der 
Zunge  wesentlich  beherrschenden  Teile  treten  ontogenetisch  als  sekundäre 
Einlagerung  eines  vorgebildeten  Zungenwulstes  auf,  eine  hochgradig  cäno- 
genetisch  veränderte  Entwickelungsweise. 

Während  die  Bedeutung,  welche  Skeletteile,  Drüsen  und  Muskeln 
für  die  Ausbildung  der  Zunge  besessen  haben,  in  der  Entwickelungs- 
geschichte  wenigstens  stellenweise  zum  Ausdruck  kommt,  scheint  ein 
anderer,  die  äußere  Gestalt  der  Zunge  beherrschender  Faktor  onto- 
genetisch nicht  erkennbar  zu  werden  oder  ist  noch  nicht  erkannt  worden. 
Bei  allen  S  a  u  r  o  p  s  i  d  e  n  ,  deren  Gaumen  noch  nicht  abgeschlossen  ist, 
dient  die  Zunge  als  Ergänzung  des  unvollständigen  Bodens  der  sekun- 
dären Nasenhöhle  und  findet  sich  in  oft  überraschender  Weise  den 
Gaumen  anfangen  in  ihrer  Gestaltung  angepaßt.  Es  scheint  nicht  un- 
möglich,   daß    auch  in  der  Entwickelung  eine  gewisse  Parallele  zwischen 

4* 


52  E.  Göppert, 

den  Bildungen  des  Daches  und  des  Bodens  der  Mundhöhle  erkennbar 
wird.  (Vergi.  E.  Göppert,  Beiträge  zur  vergleichenden  Anatomie  des 
Kehlkopfes  und  seiner  Umgebung.  In :  Semon,  Zoolog.  Forschungsreisen. 
III.  Jenaische  Denkschriften.  VI.  1901.)  Auf  die  Thatsache,  daß  bei  den 
Säugern  vor  der  Bildung  des  sekundären  Gaumens  die  Zunge  bis  zum 
Dach  der  primitiven  Mundhöhle  emporragt,  sei  hier  noch  kurz  kinge- 
wiesen  (s.  Fig.  49). 

Es  wird  sich  jetzt  noch  fragen,  ob  die  Entwickelungsgeschichte  der 
Säugetie r zunge,  die  schwierigste  Frage  ihrer  Morphologie,  die  der 
sog.  Unter  zunge  fördert.  Gegenbaur  brachte  zuerst  die  hierher  ge- 
hörigen Dinge  bei  Marsupialiern,  Prosimiern,  Anthropoiden 
und  Mensch  miteinander  in  Zusammenhang  und  trennte  sie  von  anderen 
Faltungen  des  Mundbodens.  Bei  Prosimiern  stellt  sich  die  Unter- 
zunge wie  eine  zweite  Zunge  dar  mit  frei  vorragender  Spitze  und  starker 
Verhornung  ihres  Epithelüberzuges,  die  Marsupialier  zeigen  sie  in 
ganzer  Ausdehnung  der  Unterfläche  der  Muskelzunge  angeschlossen,  als 
ein  scharf  abgegrenztes,  vorspringendes  Feld  mit  oft  erheblicher  Ver- 
hornung des  Epithels.  Endlich  wird  sie  bei  Anthropoiden  und 
Mensch  nur  noch  in  Resten  als  ein  von  den  Plicae  fimbriatae  begrenztes 
dreiseitiges  Feld  angetroffen. 

Gegenbaur  deutet  diese  Befunde  derart,  daß  er  den  ursprünglichen 
Zustand  der  Unterzunge  bei  den  Prosimiern  erblickt.  Die  größere 
Freiheit  der  Unterzunge  ist  bei  den  Marsupialiern  aufgegeben,  in- 
dem sie  hier  in  die  Muskelzunge  aufgeht.  Die  Möglichkeit  hierzu  bot 
die  Rückbildung  des  bei  einzelnen  Prosimiern  noch  erhaltenen  Skelett- 
stabes (s.  o.  p.  50)  und  die  geringe  Ausbildung  der  Verhornung,  das  Ende 
des  Prozesses  zeigen  die  Anthropoiden  und  der  Mensch.  Gegen- 
baur  meint  nun,  daß  in  der  Unterzunge  der  Rest  einer  alten  Zunge  vor- 
liegt und  daß  aus  deren  hinterem  Teil  die  Muskelzunge  der  Säuger  ihren 
Ursprung  nahm. 

Man  wird  zugeben  müssen,  daß,  wie  Gegenbaur  übrigens  selbst  sehr 
wohl  wußte,  die  Entwickelungsgeschichte  einer  Entstehung  der  Muskel- 
zunge aus  dem  hinteren  Teil  einer  einfacheren  Zunge  nicht  das  Wort 
redet.  Es  scheint  aber,  als  ob  gerade  auf  diesen  speciellen  Punkt  der 
GEGENBAUR'schen  Ableitung  nicht  das  Hauptgewicht  gelegt  werden  darf 
und  doch  der  Grundgedanke,  daß  in  der  Begrenzung  der  Unterzunge  die 
Ränder  einer  früheren  Zungenbildung  erhalten  sind,  zu  Recht  bestehen 
kann.  Ob  wirklich  die  Selbständigkeit  der  Unterzunge  der  Prosi- 
mier  einen  ursprünglicheren  Zustand  darstellt,  als  ihr  Anschluß  an 
die  Muskelzunge,  müßte  erst  die  Untersuchung  ihrer  Entwickelung  ent- 
scheiden. 

Eine  andere  Auffassung  der  Unterzunge  vertritt  A.  Oppel.  Er 
glaubt,  daß  die  Zunge  niederer  Formen  in  ganzer  Ausdehnung  ohne  Rest 
in  die  Muskelzunge  überging.  Während  nun  bei  der  Mehrzahl  der 
Ordnungen  das  Skeletstück  der  Zunge  in  die  Muskelzunge  aufgenommen 
wurde  und  hier  entsprechende  Veränderungen  erfuhr  (Lyssa)  oder  ganz 
schwand,  wurde  in  anderen  Fällen  die  Zunge  von  dem  ihren  Bewegungen 
hinderlichen  Skelett  befreit,  indem  dasselbe  samt  seiner  Umgebung  an 
der  Unterfläche  der  Zunge  abgetrennt  wurde.  Dieser  abgegrenzte  Teil 
bildet  die  Unterzunge.  Trat  inzwischen  eine  Rückbildung  des  Knorpels 
ein,  so  stockte  diese  Abgrenzung  und  blieb,  wie  bei  den  Marsupialiern, 
in  mäßigem  Grade  bestehen,  erhielt  sich  das  Skelett  länger,    so  erfolgte 


Die  Entwickelung  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.  53 

sie,  wie  bei  den  Prosimie r n ,  in  ausgiebiger  Weise.     Die  Unterzunge 
ist  also  eine  Erwerbung  einzelner  Ordnungen  der  Säugetiere. 

Hierzu  ist  zu  bemerken,  daß  die  Emanzipierung  der  Muskelzunge 
von  dem  primitiven  Skelettteil  jedenfalls  die  Einleitung  der  Abtrennung 
der  Unterzunge  nicht  verständlich  macht,  denn  erst  nach  erheblichem 
Fortschreiten  des  Prozesses  konnte  jenes  Ergebnis  zustande  kommen, 
der  erste  Beginn  aber  konnte  nicht  die  geringste  Bedeutung  in  dieser 
Pachtung  haben.  Allerdings  könnte  der  noch  zu  erbringende  Nachweis, 
daß  die  Unterzunge  ontogenetisch  später  auftritt  als  die  Hauptmasse  der 
Zunge,  für  den  sekundären  Charakter  der  ersteren  in  Anspruch  ge- 
nommen werden,  wenn  nicht,  wie  Gtegenbaur  bereits  betont,  hier  nur 
eine  Verschiebung  im  zeitlichen  Auftreten  vorliegt. 

Litteratur 

über  die  Entw ickelung  der  Zunge. 

Bayer,   F.    Bemerkung  zur  Entwickelung  der  Eidechsenzunge.   Morph.  Jahrb.  Bd.  XXIII. 

1S99. 
van  Bemmelen,    J.  F.      lieber  die  Herkunft    der  Extremitäten    und  Zungenmuskulatur 

bei  Eidechsen.     Anat.  Anz.  1889. 
Born,    G.       Ueber   die   Derivate  der   embryonalen  Schlundbogen    und    Schlundspalten  bei 

Säugetieren.     Arch.  mikr.  Anat.  Bd.  XXII.  1883. 
Bajor,   M.  P.     S.  Litteratur  zum  vorhergehenden  Abschnitt. 
Corning,    H.   K.      Ueber   die  Entwickelung    der  Kopf-    und    Extremitätenmuskulatur  bei 

Reptilien.     Morph.  Jahrb.  Bd.  XXVIII.  1899. 

—  Ueber    die  Entwickelung    der   Zungenmuskulatur   bei   Reptilien.      Verh.    d.   anat.   Ges. 

1S95. 
Bashford,   Dean.     1899.   A.  L.  III  2. 
Dursy ,    E.      Zur   Entwickelungsgeschichte    des   Kopfes    des    Menschen    und  der  höheren 

Wirbeltiere.     Tübingen   1869. 
Ganpp,    E.     Anatomische   Untersuchungen    über   die   Nervenversorgung   der  Mund-  und 

Nasenhöhlendrüsen  der   Wirbeltiere.     Morphol.  Jahrb.  Bd.  XIV.  18S8. 

—  Beiträge  zur  Morphologie  des  Schädels.     II.  Das  Hyobranchialskelett  der  Anuren  und 

seine    Umwandlung.     Morphol.  Arb.  Bd.  III.  189-1. 
Gegenbaur,     C.      Ueber    die    Unterzunge    des   Menschen    und  der  Säugetiere.     Morphol. 
Jahrb.  Bd.  IX.  18S4. 

—  Beiträge  zur  Morphologie  der  Zunge.     Ibidem.  Bd.  XL  1886. 

—  Zur  Phylogenese  der  Zunge.     Ibidem.  Bd.  XXI.  1894:. 

■Gmelin.      Zur    Morphologie    der    Papilla    vallata    und  foliata.      Arch.    mikrosk.    Anat. 

Bd.  XL.  1892. 
Goette,   A.      Unke,  s.  A.  L.  III  7. 
Graberg,    J.     Beiträge    zur    Genese    des    Geschmacksorganes    des   Menschen.      Morphol. 

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Harrison,   R.    G.     Die  Entwickelung  der  unpaaren  und  paarigen  Flossen  der  Teleostier. 

Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  XLVL  1895. 
Hermann,  F.   Beitrag  zur  Entwickelungsgeschichte  des  Geschmacksorganes  beim  Kaninchen. 

Arch.  mikrosk.  Anat.  Bd.  XXIV.  1S84. 
His.     S.  A.  L.  LLL  10. 
Hintze,    K.      Ueber  die  Entwickelung  der  Zungenpapillen  beim  Menschen.     Lnaug.-Diss. 

medizin.  Eakult.     Strafsburg  1890. 
Hoffmann,    Arthur.      Ueber  die    Verbreitung   der   Geschmacksknospen    beim   Menschen. 

Virch.  Arch.  Bd.  LXLI.  1S7.~>. 
Kai Hus,   E.     Beiträge  zur  Entwickelung  der  Zunge.    I.  Teil.    Amphibien  und  Reptilien. 

Anat.  Hefte.  Heft  52/53,  1901. 

—  Beiträge  zur  Entwickelung  der  Zunge.      Verh.  Anat.   Ges.  Bonn  1901. 
v.   Kupffer,   C.     1900.  S.  L.  zu  Bd.  IL  Kapitel  1. 

Lordn,  Chr.  Beiträge  zur  Kenntnis  vom  Bau  der  Geschmackswärzchen  der  Zunge. 
Vom  Verf.  aus  dem  Schwedischen  übersetzt  und  am  16.  Nov.  1867  eingesandt.  Arch. 
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Jjiistig,  A.  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Entwickelung  der  Geschmacksknospen.  Sitz.-Ber. 
Akad.   Wiss.   Wien,  math.-nat.  Kl.  Bd.  LXXXLX.  1884. 


54  E.  Göppert, 

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Maurer,    F.     Der   Aufbau    und   die  Entwickehmg    der   ventralen  Rumpfmuskulatur   bei 

den  nrodelen  Amphibien  und  deren  Beziehung  zu  den  gleichen  Muskeln  der  Selachier 

und   Teleosticr.     Morpholog.  Jahrb.  Bd.  XVIII. 
Mollier,     S.       Die    paarigen    Extremitäten    der   Wirbeltiere.     II.    Das    Cheiropterygium. 

Anat.  Hefte  (Bonnet  und  Merkel).  189.1. 
Xusbaiim,  J.     Lyssa  und  Rudimente  der  Unterzunge  bei  den  Fleischfressern.    (Polnisch.) 

Abh.  d.   Krakauer  Akad.  math.-natw.  Kl.  1896. 
Xeal.     H.     V.      The    development    of   the    Hypoglossus    niusculalure    in    Petromyzon  and 

Squalus.     Anat.  Anz.  Bd.  XIII.  1897. 
Xusbaum,  Jos.   u.  Markoicski,   Z.     Zur  vergleichenden  Anatomie  der  Stützorgane   in 

der  Zunge  der  Säugetiere.     Anat.  Anz.  Bd.  XII.  1896. 

—  Weitere  Studie  über  die  vergleichende  Anatomie  und  Phylogenie  der  Zungenstützorgane 

der  Säugetiere,  zugleich  ein  Beitrag  zur  Slorphologie  der  Stützgebilde  in  der  menscli- 
lichen  Zunge.     Ibidem.  Bd.  XIII.  1S97. 
Oppel.     A.      lieber    die  Zunge    der   Monotremen,    einiger   Marsupialier    und    von  Manis 
javanica.      Zoolog.  Forschungsreisen.      Bd.  IV.  Lief.  II.     Jena,  1899. 

—  Zur  Topographie  der  Zungendrüsen  des  SIenschen  und  einiger  Säugetiere.     Festschrift 

z.   70.   Geburtstag  von  C.  v.  Kupfer.     1899. 

—  Lehrbuch  der  vergleichenden  mikroskopischen  Anatomie.     Bd,  III.     Jena  1900. 
Pariser,     W.   K.      On    the  strueture    and    development    of  the  skull  of  the  common  fowl 

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b)    Drüsen  der  Mundhöhle. 

Drüsen  fehlen  der  Mundhöhle  der  Fische  noch  völlig.  Nur 
Petromyzon  macht  eine  Ausnahme. 

Hier  mündet  jederseits  am  Boden  der  Mundhöhle  etwas  nach  außen 
und  ventral  vom  seitlichen  Zungenlappen  der  Ausführungsgang  einer 
Drüse,  deren  Körper  weiter  caudal  in  der  Masse  des  Musciüus  basilaris 
eingebettet  lagert  (G.  Born  1828,  P.  Fürbringeu  1875,  A.  Schneider 
1879).  Die  Drüse  entsteht  nach  C.  C.  Känsche  (1890)  bald  nach 
Beginn  der  Metamorphose  des  Ammocoetes  als  solide  Epitheleinsenkuug 
zur  Seite  der  Basis  des  medianen  Tentakels  und  erlangt  ihre  definitive 
Größe  noch  vor  der  Differenzierung  des  neuen  Skelettes  und  der  Muskeln 
der  Zunge. 


Die  Entwickekmg  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.  55 


Das  Auftreten  von  Drüsen  bei  den  Amphibien1)  steht  in  un- 
mittelbarem Zusammenhang  mit  dem  Uebergang  zur  terrestrischen 
Lebensweise,  wie  wir  schon  bei  den  Zungendrüsen  sahen  2). 

Abgesehen  von  den  Zungendrüsen  ist  Salamandrinen  und 
Anuren  eine  Glandula  intermaxillaris  (s.  internasalis)  gemeinsam,  die 
am  vordersten  Teil  des  Mundhöhlendaches  mündet,  bei  den  Salaman- 
drinen mit  der  Hauptmasse  ihre  Schläuche  im  Cavum  internasale  lagert 
oder  sich  von  hier  mehr  oder  weniger  weit  über  das  Schädeldach  aus- 
breitet, bei  den  Anuren  im  wesentlichen  vor  der  knorpeligen  Nasen- 
kapsel liegt.  Den  Anuren  kommt  außerdem  eine  den  Hinterrand  der 
Choanen  einnehmende  sogenannte  Rachendrüse  zu  (G.  Born).  Viel  ansehn- 
licher sind  die  Mundhöhlendrüsen  der  Gy  mno  phi  onen  entfaltet,  denen 
übrigens  eine  Intermaxillardrüse  fehlt.  Modifizierte  Hautdrüsen  begleiten 
als  Lippendrüsen  im  engen  Anschluß  an  die  Zähne  die  Außenseite  der 
Zahnreihe  des  Ober-  und  Unterkiefers.  Zwischen  den  oberen  und  unteren 
beiden  Zahnreihen,  sowie  an  der  Innenseite  der  inneren  Reihe  lagert  eine 
dichte  Masse  von  Drüsen.  Eine  Gruppe  sogenannter  Choanendrüsen 
nimmt  die  Außenwand  der  Choane  ein. 


Gl.inferm. 


Ueber  die  Entwicklung  der  Munddrüsen  der  Gymnophionen 
ist  noch  nichts  bekannt;  für  Salamandrinen  und  Anuren  wissen 
wir,  daß  sie  in  den  letzten  Zeiten  des  Larvenlebens  als  Gruppen  an- 
fänglich solider  Epitheleinsenkungen  entstehen.  Die  eigentlichen 
Z  u  n  g  e  n  d  r  ü  s  e  n  legen  sich  in  dem  Gebiet  zwischen  der  primitiven 
Zunge  und  dem  Unterkiefer  an  (Fig.  39)  und  werden  erst  im  Laufe 
der  Entwickelung  in  die  Zunge  aufgenommen  (s.  o.).  Die  Glandula 
intermaxillaris  (internasalis)  der  Salamandrinen  tritt  am 
vordersten  Teile  des  Mundhöhlendaches  als  ein  dicker,  solider  Epithel- 
zapfen auf,  der,  median  gelagert, 
in  das  Bindegewebe  des  Cavum 
internasale  eindringt  (Fig.  47  Gl. 
interm.)  und  hier  später  mehrere 
Drüsenschläuche  hervorsprossen 
läßt.  Der  Epithelzapfen  selbst  bildet 
nach  Herstellung  eines  Lumens 
den  die  Drüsenschläuche  in  seinem 
Grunde  aufnehmenden  Vorraum  der 
Intermaxillardrüse  (Triton  alpestris). 
Bei  den  Anuren  entstehen  die 
Drüsenschläuche  der  Glandula  inter- 
maxillaris unmittelbar  vom  Epithel 
des  Munddaches  aus.  Die  Rachen- 
d  r  ü  s  e  findet  sich  bei  älteren  Kaul- 
quappen jederseits  als  eine  den 
Hinterrand  der  Choane  umgürtende 
Gruppe  kurzer  Schläuche. 

Im  Reichtum  des  Drüsenapparates  der  Mundhöhle  schließt  sich 
die  Mehrzahl  der  Reptilien  an  die  Gymnophionen  an,  und  nur 
dort,   wo   eine  aquatile  Lebensweise  eine  Anfeuchtung  der  Mundhöhle 


Fig.    47.       Triton 
Larven   von  3  cm  Länge, 
durch  den   vorderen  Teil 
Gl.interm.   Anlage    der 
rnaxillaris  (internasalis] 


alpestris. 

Querschnitt 

des    Kopfes. 

Glandula  inter- 

R.  Nasenhöhle. 


1)  Ueber    die    Mundhöhlendrüsen     der    Amphibien    siehe    A.    Oppel,     ferner 
E.  Wiedersheim,  P.  Eeichel,  E.  Gatjpp,  P.  u.  F.  Sarasin. 

2)  Spuren  von  Mundhöhlendrüsen  besitzt  Siredon  ;  eine  gut  entwickelte  Glandula 
intermaxillaris  Siren  lacertina. 


56 


E.    GÖPPERT, 


vor 


entbehrlich  macht,  ist  ihre  Ausbildung  beschränkt.    Letzteres  trifft 
allem  die  Hydrosaurier,  aber  auch  die  Seeschildkröten. 

Im  allgemeinen  (s.  Fig.  48)  unterscheidet  man  als  Mundranddrüsen 
Glandulae  labiales  superiores  und  inferiores  an  der  Außenseite  der  Zahn- 
reihe. Die  vordersten  Teile  der  ersteren  Gruppe  bilden  bei  8  ch  langen  . 
aber  auch  einzelnen  8  auriern  die  Schnauzendrüse  (prämaxillare  Drüse), 
die  hinterste  Oberlippendrüse,  auch  bei  giftlosen  Schlangen  durch  be- 
sonderes Epithel  ausgezeichnet,  wird  zur  Giftdrüse.  Außer  den  Krokodilen 
fehlen  die  Lippendrüsen  den  Schildkröten  im  Zusammenhang  mit  der 
Umgestaltung  der  Mundränder.  In  fast  allgemeiner  Verbreitung  bestehen 
Glandulae  linguales  und  sublinguales  als  eng  zusammengehörige  Gruppen. 
Ferner  Glandulae  palatinae,  die  meist  entsprechend  der  Gestaltung  des 
Munddaches  als  mediane  und  laterale  Gruppen  auftreten x). 


Unsere  Kenntnis  von  der  Entwicklung  der  Mundhöhlendrüsen 
der  Reptilien  beruht  vor  allem  auf  den  Angaben  P.  Reichei/s 
über  T  r  o  p  i  d  o  n  o  t  u  s  n  a  t  r  i  x.  Am  frühesten  treten  die  Glandulae 
la'biales  inferiores  auf  (Embryo  von  (3,4  cm  Länge),  etwas  später 
die  superiores.  Es  handelt  sich  um  solide  Epithelzapfen,  die  an  der 
Außenseite  der  Zahnleiste  oder  an  deren  Verbindung  mit  dem  Mund- 
höhlenepithel in  größerer 
Zahl  entstehen  und  in 
die  Tiefe  wachsen.  Die 
Anlagen  der  Oberlippen  - 
drüsen  sind  anfänglich 
alle  gleichartig,  erst 
später  macht  sich  an  der 
vordersten  Anlage  und 
ebenso  an  einer  der 
letzten,  welche  stets  mit 
der  Zahnleiste  in  un- 
mittelbarer Verbindung 
steht,  stärkeres  Wachs- 
tum bemerkbar.  Die 
erstere,  dicht  neben  dem 
Eizahn  gelegen ,  ent- 
wickelt sich  zur  Schnau- 
zendrüse, die  letztere  zu 
dem  der  Giftdrüse  homo- 


}.GI.pal. 


,01.  lab. 
tnf. 


logen,     durch 


gelbliche 
Färbung  ausgezeichneten 
Teil    der   Drüsengruppe. 
Wie   H.  Martin  zeigte, 
entsteht  auch  die  eigent- 
liche   Giftdrüse    in    un- 
mittelbarer    Verbindung 
mit  der  Anlage  des  Gift- 
zahnes. 
Erst  nach  den  Lippendrüsen,    bei   7  cm  langen  Embryonen   legen 
sich  die  Glandulae  sublinguales  als  eine  Reihe  seitlich  von  der 
Medianebene   ausgehender   Epitheleinsenkungen   an.     Schon 


Fig.  48.  Anguisfragilis.  Aelterer  Embryo. 
<  hierschnitt  durch  den  Vorderkopf.  Gl.pal.  Anlagen 
der  Glandulae  palatinae  auf  dem  Mittelfeld  des 
Gaumens.  Gl.lab.inf.  Anlagen  der  Unterlippendrüsen. 
Gl.subl.  Glandulae  sublinguales.     R.  Nasenhöhle. 


frühzeitig 


1 )  Ueber  die    Drüsen   der  Reptilien   und   die  hierhergehörige  Litteratur   siehe 
A.  Oppel,  P.  Reichel,  E.  Gaupp,  F.  Leydig. 


Die  Entwickelung  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.   57 

sondern  sich  jederseits  die  vordersten  Anlagen  von  den  übrigen,  indem 
sie  gemeinsam,  innig  zusammengeschlossen,  in  aboraler  Richtung  aus- 
wachsen  und  zu  dem  großen,  scharf  begrenzten  Drüsenkörper  werden, 
den  man  nach  den  Ort  seiner  Mündung  als  vordere  Sublingual- 
d  r  ü  s  e  unterscheidet.  An  ihn  legen  sich  quergestreifte  Muskelfasern 
dicht  an,  die  einen  Protractor  und  Compressor  der  Drüse  hervorgehen 
lassen.  Die  übrigen  Anlagen  der  Sublingualdrüsen,  die  in  bilateraler 
Anordnung  an  dem  dem  Mundhöhlenboden  entsprechenden  Boden  der 
Zungenscheide  entspringen,  schließen  sich  zu  einem  median  gelegenen 
Drüsenkörper  zusammen,  zur  hinteren  Sublin  gualdrüse,  die 
ihrer  Entstehung  entsprechend  mit  einer  größeren  Zahl  von  Ausführ- 
gängen mündet. 

Auch  bei  Lacerta  ist  nach  E.  Kallius  bald  nach  dem  Auftreten 
der  sublingualen  Drüsenanlagen  ihre  Trennung  in  eine  vordere  und 
hintere  Gruppe  erkennbar  (vergl.  A.  Oppel).  Dieser  Sonderung  ent- 
spricht hier,  wie  bei  den  Schlangen,  eine  scharf  ausgesprochene 
histologische  Differenzierung,  indem  die  vordere  Sublingualdrüse  den 
Charakter   der    serösen,   die   hintere   den    der  Schleimdrüsen  aufweist. 

Ueber  die  Entstehung  der  Glandulae  palatinae  ist  nichts 
besonderes  zu  bemerken;  wie  Fig.  48  von  Anguis  fragilis  zeigt, 
entstehen  sie  aus  einer  großen  Zahl  von  Epitheleinsenkungen.  Ueber 
die  Glandulae  linguales  s.  o. 

Von  den  Mundhöhlendrüsen  sind  die  Glandulae  labiales  mit  Be- 
stimmtheit ektodermalen  Ursprungs.  Ihre  Vertreter  bei  den  Gymn- 
ophionen  zeigen  ihrem  ganzen  Verhalten  nach  ihre  Herkunft  von 
Hautdrüsen  an  (P.  und  F.  Sarasin).  Auch  die  Hautdrüsen  der  Kiefer- 
ränder bei  einzelnen  Urodelen  sind  nach  P.  Reichel  schon  durch 
gewisse  Besonderheiten  ihres  Epithels  von  den  übrigen  Drüsen  des  In- 
teguments  ausgezeichnet.  Die  bei  Amphibien  bekannte  Giftigkeit  des 
Sekretes  der  Hautdrüsen  läßt  in  der  Eigenschaft  der  Giftdrüse  der 
Schlangen  und  der  gleichen  Beschaffenheit  einer  wohl  aus  Unterlippen- 
drüsen hervorgegangenen  Giftdrüse  eines  Sauriers,  H  e  1  o  d  e  r  m  a  h  o  r  - 
r  i  d  u  m ,  keine  absolut  neuen  Erwerbungen  erkennen. 

In  ganz    charakteristischer  Weise   weicht   der  Munddrüsenappara 
der  Vögel  von  dem  der  Reptilien  ab,  wenn  auch  in  wesentlichen 
Zügen  Uebereinstimmung  herrscht 1). 

Den  Vögeln  fehlen  begreiflicherweise  die  Mundranddrüsen  im 
Bereich  des  Ober-  und  Unterschnabels.  In  ihre  Gruppe  gehört  aber 
wohl  die  sog.  Mundwinkeldrüse  (früher  vielfach  als  Parotis  bezeichnet), 
die,  wie  ihr  Name  sagt,  an  der  Kieferkommissur  mündet.  Sie  bildet 
eine  Besonderheit  der  Vögel.  Glandulae  palatinae  sind  in  mehrfachen 
Gruppen  ausgebildet.  Die  Drüsen  des  Mundbodens  vertreten  Glandulae 
linguales  und  jederseits,  vielfach  zwei  Gruppen  bildend,  Glandulae  sub- 
linguales (s.  submaxillares).  Die  hintere  dieser  Gruppen  liegt  bereits  im 
Gebiet  des  Glossopharvngeus,  während  die  Gl.  subungualis  post.  der 
Saurier  und  Ophidier  noch  dem  des  Trigeminus  III  und  Facialis 
angehört  ('E.  Gaupp). 


xov 


Nach   P.  Reichel    beginnt    die  Entwickelung   der   Drüsen   beim 
Hühnerembryo  am  8.  Bebrütungstage.     Wie  immer,  bestehen  die  An- 


1)  Ueber  die  Munddrüsen  der  Vögel  s.  E.  Gaupp,  P.  Reichel,  E.  Giacomini, 
A.  Oppel. 


58  E.  Göppert, 

lagen  aus  soliden  Epitheleinsenkungen,  die  frühzeitig  ein  Lumen  er- 
halten. Die  Anlagen  der  Glandulae  sublinguales  (submaxillares), 
neben  der  Medianebene  dicht  hinter  dem  Schnabelwinkel  und  weiter 
rückwärts  zur  Seite  der  Zunge,  lassen  anfänglich  eine  Trennung  in 
gesonderte  Gruppen  nicht  erkennen.  Die  lateral  von  der  Zunge 
gelegenen  Anlagen  stehen  in  unmittelbarer  Nachbarschaft  zu  den 
Glandulae  linguales,  die  von  den  Seitenflächen  der  Zunge  aus- 
gehen. Am  Mundwinkel  entsteht  als  einzelne  Anlage  die  Mund- 
winkeldrüse in  der  auch  später  von  ihr  eingenommenen  Lagerung, 
so  daß  die  Entwicklungsgeschichte  keine  Instanz  für  ihre  Beurteilung 
liefert  (s.  das  oben  Bemerkte).  Gleich  in  einzelnen  Gruppen ,  die 
dem  fertigen  Zustand  entsprechen,  entwickeln  sich  die  Glandulae 
palatinae. 

Auf  höchster  Entwicklungsstufe  stehen  die  Mundhöhlendrüsen  bei 
den  Säugern,  bei  denen  die  aufgenommene  Nahrung  am  ausgiebigsten 
innerhalb  der  Mundhöhle  verarbeitet  wird.  Das  Fehlen  aller  Speichel- 
drüsen bei  den  Barten-  und  Zahnwalen,  einzelner  der  großen 
Speicheldrüsen  bei  Pinnip ediern  und  Sirenen  ist  mit  der  Lebens- 
weise im  Wasser  in  Zusammenhang  zu  bringen  und  als  Rückbildung 
zu  deuten. 

Im  allgemeinen  sind  einzelne  Drüsen  innerhalb  bestimmter  Drüsen- 
gruppen zu  besonders  mächtiger  Ausbildung  gelangt  und  haben  sich 
dabei  unter  starker  Verlängerung  des  Ausführganges  weit  von  ihrem 
Mutterboden  entfernt.  Neben  ihnen  bestehen  die  Gruppen  kleinerer 
Drüsen,  denen  sie  entstammen,  weiter.  Zwei  Formen  secernierender 
Elemente  sind  entweder  in  der  gleichen  Drüse  oder  auf  verschiedene 
Drüsen  verteilt  zu  unterscheiden.  Man  trennt  seröse  und  mucipare 
Drüsen  und  Mischformen  zwischen  beiden,  wobei  dieselbe  Drüse  bei  ver- 
schiedenen Formen  verschiedenen  Aufbau  besitzen  kann.  Eine  verwandte 
Differenzierung  trafen  wir  bereits  bei  den   Sauropsiden. 

Die  Gruppierung  der  Drüsen  ist  die  gleiche  geblieben  wie  bei  den 
niederen  Formen.  Nach  außen  von  den  Kieferrändern  liegen  Glandulae 
labiales  superiores  und  inferiores,  dazu  kommen  Gl.  buccales  (molares) 
und  Parotis.  Größere  Ausbildungen  von  Buccaldrüsen  führen  bei  be- 
stimmten Formen  zur  Bildung  einer  Glandula  orbitalis  (infraorbitalis). 
Munddachdrüsen  werden  durch  Glandulae  palatinae  namentlich  am  weichen, 
spärlich  am  harten  Gaumen  vertreten.  Zu  den  Drüsen  des  Mundbodens 
gehören  Glandulae  linguales  (s.  o.)  und  die  sublinguale  Gruppe  (vergl. 
Banvier  und  Zumstein),  welche  aus  der  Glandula  submaxillaris  und  der 
aus  meist  einer  großen  und  einer  Beihe  kleinerer  Drüsen  sich  auf- 
bauenden Gl.  subungualis  besteht.  Die  große  Sublingualdrüse  wird  als 
Glandula  retrolingualis  (Banvier)  bezeichnet.  Ihr  Ausführgang  ist  der 
Ductus  Bartholini  (D.  subungualis  major) ,  die  Ausführungsgänge  der 
kleinen  Sublingualdrüsen  (Gl.  alveolo-linguales)  sind  die  Ductus  Rivini 
(D.  subl.  minores). 

In  der  Entwickelung1)  gehen  die  drei  großen  Speicheldrüsen  den 
kleinen  voran,  ein  Umstand,  der  ausschließlich  auf  den  Umfang  der 
Organe  zu  beziehen  ist.  Am  frühesten  zeigt  sich  die  Anlage  der 
Gl.  submaxillaris  (Schwein  21  mm  [Chievitz],  14-tägiger  Embryo 
vom  Kaninchen  [Kölliker,  Entwicklungsgeschichte],  6-wöchentlicher 

1)  Vor  allem  nach  J.  H.  Chievitz,  einzelnes  nach  P.  Reichel  und  A.  Köl- 
liker, W.  His,  J.  Aug.  Hammar. 


Die  Entwickelung  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.  50 

Embryo  vom  Mensch  [Chievitz]).  Ihr  folgt  die  Gl.  subungualis 
(die  Drüse  des  Ductus  Bartholini)  und  annähernd  gleichzeitig  die 
Parotis  (Schwein  22  mm,  8-wöchentlicher  Embryo  vom  Mensch). 
Anders  lauten  die  Angaben  Hammar's  für  den  menschlichen  Embryo. 
Nach  ihm  beginnt  die  Entwickeluug  der  Parotis  am  Ende  des  ersten 
Monats,  die  der  Submaxillaris  in  der  6.,  der  Subungualis  in  der 
9.  Woche. 

Die  Anlage  der  Submaxillaris  bildet  eine  leistenartige,  in  das 
Bindegewebe  einspringende  Verdickung  des  Epithels,  zur  Seite  der 
Zungenwurzel,  ein  Stück  hinter  dem  Frenulum  linguae,  also  entfernt 
von  dem  späteren  Ort  der  Mündung.  Von  dem  „Epithelkamm" 
wächst    in    aboraler    Richtung    nach    dem    Ort   des   späteren    Drüsen- 


Fig.  49.  M  u s  raus c u  1  u s. 
Aelterer  Embryo.  Querschnitt 
durch  die  Mundhöhle  in  der 
Gegend  der  Anlagen  der  Gl. 
submax.  und  Gl.  sublinguales. 
Die  Schnittrichtung  ist  etwas 
schief,  so  daß  die  linke  Seite 
des  Schnittes  etwas  hinter  das 
Niveau  der  rechten  fällt.  Gl. 
subm.  Gl.  submaxillaris.  Gl. 
subl.  Anlage  des  Gl.  subun- 
gualis (retrolingualis).  L. 
Zunge.  Pal.  Gaumenanlage. 
Jf.  Tjnterkieferknorpel.  JY.  ling. 
Nervus  lingualis. 


OLsubl.  - 


-Pal. 


Gl.subm. 


Gl.subm.-" 


N.ling. 


SM. 


Verbindung    der   Drüsenanlage 
nähert    sich    immer    mehr   dem 
Folge   dieser  Verschiebung   ist, 


zu 
Zunge. 


und 

Die 

nun 

der 


körpers  ein  solider  Sproß  aus.  Auf  der  Außenseite  der  Submaxillaris- 
anlage  erhebt  sich  eine  weitere  Epithelleiste,  die  von  einem  Epithel- 
sproß fortgesetzt  wird,  die  Anlage  der  Subungualis  (Schwein).  In 
anderen  Fällen  (Maus  9  mm)  entsteht  die  Drüse  aus  einer  von  der 
Submaxillaris  unabhängigen  Anlage,  diese  hinter  der  ersteren  (Chie- 
vitz und  Reichel,  Fig.  49  G.subl.).  Die  Submaxillaris-  und  Sub- 
lingualisanlage  dringt  unmittelbar  hinter  dem  Nervus  lingualis  in  die 
Tiefe,  der,  von  außen  nach  innen  laufend,  im  Bogen  unter  dem  Mund- 
boden zur  Unterseite  der  Zunge  zieht.     Weiterhin   verlagert   sich  die 

mit  dem  Epithel  nach  vorn 
bleibenden  Ort  vor  der 
daß  die  Anlage  beider  Drüsen 
über  den  N.  lingualis  fortzieht,  ihn  kreuzt.  Die  freien  Enden 
Anlagen  beider  Drüsen  beginnen  Seitensprosse  zu  treiben,  sich  immer 
reichlicher  zu  verzweigen  und  damit  den  Drüsenkörper  zu  bilden. 
Reichliches  Bindegewebe  umhüllt  dieses  Verzweigungsgebiet  und  okku- 
piert gewissermaßen  den  Raum,  den  die  Drüse  einnehmen  soll  (Beginn 
der  Verzweigung  der  Submaxillaris  beim  Schweinembryo  von  2,8  cm, 
der  Subungualis  von  3  cm).  Die  anfangs  soliden  Anlagen  höhlen  sich 
allmählich  an  dem  Ausführungsgang  gegen  die  Peripherie  fortschreitend 
aus  und  münden  (bei  einem  5  cm  langen  Embryo  vom  Schwein)  endlich 
frei  dicht  nebeneinander  an  einer  später  zu  einer  Caruncula  sub- 
ungualis sich  erhebenden  Stelle  neben  dem  Frenulum  linguae.  In 
diesem  Stadium  sind  auch  die  kleinen  Glandulae  sublinguales 
(Gl.  alveolo-linguales)  als  eine  Reihe  anfänglich  solider  Epithelzapfen 
aboral  von  den  Mündungen  der  beiden  größeren  Drüsen  aufgetreten 
(Mensch  10.  Woche)  (Fig.  50). 


60  E.    GÖPPERT, 

Die  Glandula  submaxillaris  und  subungualis  (major,  retrolingualis) 
sind  also  die  vordersten  Einzeldrüsen  einer  sublingualen  Drüsengruppe, 
die  im  allgemeinen  den  Sublingualdrüsen  der  Sauropsiden  entspricht, 
während  im  einzelnen  die  bei  den  Säugern  zu  unterscheidenden  Teile 
nicht  auf  bestimmte  Sauropsidendrüsen  zu  beziehen  sind. 

ul.suW.min.  ri     Ll  .     F'f 5a    Sch^in"   ET" 

bryo  5  cm.     Darstellung  sub- 

maxillarer    und    sublingualer 

Drüsen  von  der  lateralen  Seite 

nach    J.  H.  Chievitz.    Bez. 

s.  Erkl.  zu    Fig.  49.    Gl.  sab!. 

ülsubm  """•    Glandulae   sublinguales 

minores  (Gl.  alveolo-linguales). 

Seitlich  von  der  Zunge  bildet  die  Sublingualdrüsengruppe  einen  in 
die  Mundhöhle  vorspringenden  Wulst  (Plica  subungualis),  an  der  Stelle 
einer  schon  vor  ihrem  Auftreten  bestehenden  leistenartio-en  Erhebung:  der 
Schleimhaut,  welche  W.  His  beim  menschlichen  Embryo  schildert  und 
abbildet.  Auf  dem  Drüsenwulst  beschreibt  Gegexbaur  bei  älteren 
menschlichen  Föten  und  beim  Neugeborenen  eine  mit  zackigen  Fortsätzen 
besetzte  Falte,  die  nach  vorn  oft  in  die  Caruncula  subungualis  aus- 
läuft.    Sie  schwindet  bis  auf  letztere  im  Kindesalter. 

Die  Parotis  entsteht  als  solider  Sproß  in  dem  Winkel,  in 
welchem  Munddach  und  Mundboden  anfänglich  zusammenstoßen,  dicht 
hinter  der  Lippenkommissur  (Mensch  8.  Woche;  Schweinembryo  von 
22  mm).  Mit  der  Ausbildung  einer  vertikal  gestellten  Wangenpartie 
kommt  die  Anlage  am  oberen  Wangenkiefer winkel  zu  liegen.  Die 
Entwickelung  der  Drüse  (Verästelung  und  Kanalisation)  erfolgt  etwa 
synchron  mit  der  der  Gl.  subungualis.  Eine  andere  Darstellung  giebt 
J.  Aug.  Hammar  (1901).  Die  Parotisanlage  bildet  sich  nach  ihm 
bereits  in  der  4.  Woche  des  embryonalen  Lebens  als  eine  rinnen- 
förmige  Ausbuchtung,  die  sich  dann  zu  einem  Kanal  abschließt  und 
nur  vorn  mit  der  Mundhöhle  in  Kommunikation  bleibt.  Beim  mensch- 
lichen Embryo  von  10  Wochen  besteht  die  Drüse  schon  aus  einem 
langen,  bereits  kanalisierten  Gang,  der,  über  den  Masseter  laufend, 
die  Gegend  hinter  den  Unterkiefern  erreicht  und  hier,  umhüllt  von 
verdichtetem  embryonalen  Bindegewebe,  ihre  noch  solide  Verzweigung 
beginnt.  Ein  kleiner  Seitensproß  auf  dem  Masseter  bildet  die  Anlage 
einer  Parotis  accessoria.  Beim  12-wöchentlichen  menschlichen  Embryo 
hat  die  Drüse  im  wesentlichen  ihre  bleibende  Gestalt  und  Ausdehnung. 
Die  letzten  Verzweigungen  besitzen  aber  noch  kein  Lumen. 

Eine  eigentümliche,  der  Aufklärung  bedürftige  Abzweigung  des 
Ductus  Stenonianus  beschrieb  Chievitz  bei  einem  12-wöchentlichen 
menschlichen  Embryo.  Der  Seitenast  des  Ganges  lief  an  der  Innenseite 
des  Masseter  bis  in  die  Gegend  des  Musculus  pterj^goideus  internus. 
Auch  ein  10-wöchentlicher  Embryo  zeigte  eine  Spur  eines  entsprechenden 
Kanals. 

Die  Glandulae  labiales  und  buccales  entstehen  (beim 
Menschen  nach  Kölliker  im  4.  Monat)  als  zapfenförmige  Epithel- 
einsenkungen nach  außen  von  den  Zahnanlagen,  derart,  daß  die  Lippen- 
drüsen je  von  einer  Reihe  Buccaldrüsenanlagen  fortgesetzt  werden 
(P.   Reichel).     Lippen-    und    Wangendrüsen    gehören    also    eng   zu- 


Die  Entwickelung  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.  61 

sammen.  Sie  entsprechen  zweifelsohne  den  Mundranddriisen  der 
Gymnophionen  und  Reptilien  und  sind  wie  diese  zu  beurteilen 
(s.  o.).  Nach  dem  Ort  ihres  Auftretens  würde  man  die  Glandula 
parotis  mit  Bestimmtheit  als  eine  obere  Buccaldrüse  bezeichnen.  Die 
Art  ihrer  Innervation  erweckt  aber  noch  Bedenken,  die  erst  eine  er- 
neute Untersuchung  beseitigen  kann  (s.  E.  Gaupp), 

Die  Gl.  palatinae  und  lingualis  (s.  o.)  treten  nach  Köl- 
liker  beim  Menschen  im  4.  Monat  des  Embryonallebens  auf. 

Mit  ein  paar  Worten  haben  wir  noch  auf  die  histogenetische  Ent- 
wickelung der  Drüsen  einzugehen  (Chievitz).  Sie  findet  ihren  Abschluß 
erst  nach  der  Geburt;  beim  5-monatlichen  Kinde  ist  sie  noch  nicht 
vollendet.  Die  volle  Bedeutung  der  Drüsen  tritt  ja  auch  erst  mit  dem 
Beginne  der  Aufnahme  fester  Nahrung  ein.  Die  Parotis  ist  beim 
22-wöchentlichen  menschlichen  Embryo  durch  weitere  Ausbildung  inter- 
cellulärer  Lücken  ganz  kanalisiert ,  die  größeren  Gänge  besitzen  ein 
Epithel  mit  2  Kernreihen,  die  folgenden  Kanalstrecken  ein  kubisches 
Epithel  mit  einfacher  Kernreihe,  die  Alveolen  endlich  hohes  Epithel. 
Nach  der  Geburt  vollzieht  sich  eine  weitere  Differenzierung  der  Gang- 
systeme. Aus  den  Gangstrecken  mit  einreihigem  kubischen  Epithel  gehen 
die  Schaltstücke  hervor,  während  die  Speichelröhren  sich  aus  Teilen  der 
zweireihigen  Kanalstrecken  bilden.  Das  gleiche  gilt  für  die  Sub- 
maxillaris. 

Das  Auftreten  von  Sekret  in  den  Drüsenzellen  wird  vorbereitet 
durch  eine  Minderung  der  Färbbarkeit  des  Zellleibes  (C.  Falcone). 

In  den  schleimbereitenden  Drüsen  beginnt  die  Mucinbildung  erst 
nach  Auftreten  des  Lumens  (in  der  Glandula  subungualis  beim  16-wöchent- 
lichen  menschlichen  Eoetus).  Beim  81/2  Monate  alten  menschlichen 
Foetus  bestehen  die  Anlagen  der  GiANuzzi'schen  Halbmonde  als  Gruppen 
von  dunkleren  Zellen,  in  der  Wand  der  Schläuche,  die  im  übrigen  sich 
aus  schleimhäutigen  Zellen  aufbauen;  sie  bildet  das  blinde  Ende  des 
Schlauches  oder  seitliche  Vorbuckelungen  desselben. 

Nach  Vollendung  der  Kanalisation  der  Drüsen  erfolgt  das  weitere 
Wachstum,  das  zu  einer  Vergrößerung  der  ganzen  Drüse  und  zur  engen 
Aneinanderlegung  der  anfänglich  durch  reichliches  Bindegewebe  getrennten 
Schläuche  führt,  nicht  mehr,  wie  anfangs,  durch  Bildung  solider  Sprossen, 
sondern  durch  Verlängerung  und  Verdickung  der  bereits  gebildeten 
Kanalstrecken ,  auch  durch  Ausbildung  seitlicher  Ausbuchtungen  der 
terminalen  Abschnitte  des  Drüsenbaumes. 

Anhangsweise  seien  noch  die  Talgdrüsen  der  Mundhöhle  des 
Menschen  erwähnt.  Talgdrüsen  finden  sich  nicht  nur  am  roten  Lippen- 
rande, sondern  als  häufiges  Vorkommnis  auch  an  der  Innenseite  der 
Lippe  und  an  den  Wangen  in  ganzer  Ausdehnung.  Die  Talgdrüsen 
des  Vestibulum  oris  entstehen  erst  in  der  Pubertätszeit.  (Vergl.  die 
Zusammenstellung  von  A.  Oppel  1900  und  1901). 

Litteratur 

über  die  Entw  ickelung  der  Drüsen  der  Mundhöhle. 

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62  E.  Göppert, 

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Zuntstein,  J.  J.      lieber  die   Unterkieferdrüsen  einiger  Säuger.     Habilitationsschrift  der 

medizinischen  Fakultät  in  Marburg.     Märburg  1S91. 

c)  Lymphatische  Apparate  der  Mundhöhle  und  des 
Pharynx  samt  Bursa  p  h  a  r  y  n  g  e  a. 

Im  Anschluß  an  die  Drüsen  der  Mundhöhle  besprechen  wir  die 
Entstehung  der  lymphatischen  Organe  der  Mundhöhle.  Dabei  werden 
uns  naturgemäß  vor  allem  die  größeren  Einrichtungen  dieser  Art,  die 
bei  den  höheren  Formen  als  Tonsillen  bezeichnet  werden,  beschäftigen. 

Den  Fischen  scheinen  lymphatische  Organe  in  oder  dicht  unter  der 
Schleimhaut  der  Mundhöhle  zu  fehlen.  Bei  den  Amphibien  sind 
aus  L3rmphzellen  bestehende  Verdickungen  bekannt  geworden,  so  bei 
Proteus  ( A.  Oppel),  Salamandra  maculosa  und  Kana  tem- 
poraria  (M  .Holl)  und  zwar  sowohl  am  Dach  wie  am  Boden  der  Mund- 
höhle. Der  Bereich  des  Rachendaches  hinter  der  Choane  wird  bei  Saur- 
opsiden  ein  bevorzugter  Sitz  adenoiden  Gewebes,  dessen  Anhäufung  als 
Rachentonsille  zu  bezeichnen  ist.  Bei  vielen  Reptilien  wird  das  Be- 
stehen einer  solchen  noch  in  Abrede  gestellt,  gefunden  wurde  sie  bei 
Lacerta  (M.  Holl)  und  als  stark  entwickelte,  durch  Lymphzellen  in- 
filtrierte Palten  beim  Krokodil,  zu  beiden  Seiten  der  gemeinsamen 
Mündung  der  Tube  (G.  Killian).  Auch  bei  Vögeln  ist  vielfach 
die  Umgebung  des  Infundibulum  tubarum  und  vor  allem  die  Wand  des 
letzteren  selbst  lymphatisch  infiltriert  und  beherbergt  oft  Follikel 
(Gr.  Killian).  Alle  diese  Bildungen  lassen  sich  an  Wichtigkeit  nicht  mit 
den  lymphatischen  Organen  der  Säugetiere  vergleichen.     Abgesehen  von 


Die  Entwickelung  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.  G.'> 

Follikeln,  wie  sie  am  Gaumen,  auf  der  Zunge  sich  finden,  bestehen 
größere  lymphatische  Anhäufungen  am  Boden  der  Mundhöhle,  am  Zungen- 
grund als  Tonsilla  lingualis,  zum  Teil  in  Form  von  Balgdrüsen  oder  ein- 
facher Einlagerung  von  Follikeln  in  die  Schleimhaut;  das  Gebiet  dieser 
Zungenmandel  kann  sich  nach  oben  in  den  Bereich  zwischen  den 
Gaumenbogen  ausdehnen.  Durch  scharfe  Abrenzung,  als  einheitliches 
Organ,  zeichnet  sich  die  Gaumenmandel  (Tonsilla  p  a  1  a  t  i  n  a)  aus,  der 
Unterfläche  des  weichen  Gaumens  oder  dem  Beginn  des  Arcus  palato- 
pharyngeus  angelagert,  oft  in  einer  Art  Tasche  von  Schleimhautfalten 
umschlossen.  Sie  ist  ungemein  verschieden  ausgebildet  als  einfache,  mit 
Noduli  besetzte  Platte,  meist  vergrößert  sich  die  Oberfläche  durch  Ein- 
kerbungen oder  Einsenkungen,  die  sich  verästeln  können  und  zur  Bil- 
dung  eines  komplizierten  Hohlraumsystems  führen.  In  einigen  Fällen 
(Muriden)  wird  die  Tonsille  vermißt.  Nach  C.  Gegenbaur  (Vergl.  Anat.) 
hat  die  Tonsille  eingreifende  Bedeutung  auf  die  Gestaltung  des  weichen 
Gaumens.  Die  gleiche  Lagerung  wie  die  Rachentonsille  der  Sauropsiden 
nimmt  die  Tonsilla  pharyngea  der  Säuger  ein.  Sie  liegt  am  Dach  wie 
am  Beginn  der  Hinter-  und  Seitenwand  des  Pharynx.  Es  handelt  sich 
um  eine  lymphatische  Infiltration  der  Schleimhaut  meist  mit  Einlagerung 
von  Follikeln  oder  nur  einer  solchen.  Ihr  äußeres  Verhalten  ist  ungemein 
verschieden,  Verdickungen  der  Schleimhaut  mit  glatter  oder  höckeriger 
Oberfläche,  beetartige  Erhebungen,  Faltungen  der  Schleimhaut  in  ein- 
fachster und  kompliziertester  Ausbildung  beherbergt  das  lymphatische 
Gewebe.  Vielen  Tieren  fehlt  die  Rachentonsille  gänzlich  (F.  Th.  Schmidt 
und  vor  allem  G.  Iyillian).  Es  sei  endlich  erwähnt,  daß  auch  von  einer 
Tubentonsille  gesprochen  wird  (J.  Gerlach).  Es  handelt  sich  in  den 
lymphatischen  Organen  um  Brutstätten  von  Leukocyten,  von  denen 
wenigstens  ein  großer  Teil,  wie  Ph.  Stöhr  (1884)  zeigte,  das  Epithel  durch- 
wandert und  in  das  Innere  der  Mundhöhle  und  des  Pharynx  gelangt. 
(Litterat.  s.  G.  Bickel,  A.  Oppel  und  G.  Gradexigo.) 

Genauere  Angaben  über  die  Entwickelung  der  tonsillenartigen 
Bildungen  bei  Amphibien  und  Sauropsiden  fehlen  bisher;  nur 
bei  G.  Killian  findet  sich  die  Angabe,  daß  bei  älteren  (25  cm  langen) 
Kr  o  kodilembryonen  bereits  die  Schleimhautfalten  der  Rachentonsille. 
aber  noch  nicht  die  lymphatische  Infiltration  derselben  besteht.  Aus- 
führliche Darstellungen  bestehen  dagegen  für  die  Säugetiere.  Wir 
werden  hier  nur  die  größeren,  als  Tonsillen  bezeichneten  Komplexe 
lymphatischen  Gewebes  zu  berücksichtigen  haben,  da  die  Bildimg  der 
Follikel  selbst  innerhalb  und  außerhalb  der  Tonsillen  gleichartig  er- 
folgt. Wir  beginnen  mit  der  Tonsilla  lingualis,  und  zwar  speciell 
mit  den  Balgdrüsen  der  Zungenwurzel.  Nach  Ph.  Stöhr  sind  die 
Räume  der  Balgdrüsen  nichts  anderes  als  weite  Ausführwege  von 
Schleimdrüsen,  die  beim  Menschen  im  vierten  Fötalmonat  auftreten. 
Erst  nach  vollkommener  Ausbildung  der  Drüsen  (im  achten  Fötalmonat) 
kommt  es  in  der  Umgebung  des  Ausführungsganges  in  dem  bereits 
fibrillär  differenzierten  Bindegewebe  zur  Einlagerung  von  Rundzellen, 
die  aus  dem  Blut  stammen  und  die  Wandung  kleiner  Venen  passieren 
(Fig.  51).  Es  entsteht  dadurch  eine  diffuse  Infiltration  (L),  in  der  sich 
die  Lymphocyten  auch  durch  Teilung  vermehren.  Das  Bindegewebe 
nimmt  damit  retikulären  Charakter  an.  Später  kommt  es  zur 
Sonderung  deutlicher  Follikel ;  aber  selbst  beim  5-jährigen  Kinde  sind 
nach  F.  Th.  Schmidt  noch  nicht  in  allen  Balgdrüsen  deutliche 
Follikel  zu  finden. 


64 


E.    GÖPPERT, 


Erheblich   früher   als   die  Balgdrüsen   der  Zunge   tritt   die  Ton- 
silla  palatina  auf.    Bereits  Anfang  des  dritten  Monats  ist  sie  beim 
menschlichen  Foetus  nachweisbar.     Die  Gestalt   der    Anlage  ist   ent- 
sprechend der  mannigfachen  Gestaltung  des  fertigen  Organs  sehr  ver- 
schieden.    In  der  Mehrzahl  der  Fälle 
handelt   es    sich    jederseits    um    eine 
taschenartige    Schleimhauteiusenkung, 
,         die   an    der   Seitenwand   des   Isthmus 
faucium.    auch    mehr     oder    weniger 
weit  auf  die  lateralen  Teile  des  Velum 


Fig.  51.  Menschlicher  Foetus,  8  Mo- 
nate. Schnitt  durch  die  Anlage  einer  Balg- 
drüse des  Zungengrundes  nach  Ph.  StÖHR. 
a  Ausführungsgang  einer  Schleimdrüse  (Dr), 
L  Beginn  lymphatischer  Infiltration  in  der 
Umgebung  des  Ausführungsganges. 


palatinum  selbst  übergreifend,  ihre  Lage  hat.  Die  Tonsillen tasche 
kann  sehr  seicht  sein,  während  einer  ihrer  Ränder  sich  stark  vor- 
wulstet,  so  daß  die  Anlage  sich  mehr  wie  eine  faltenartige  Erhebung 

darstellt  (Hund).    In  manchen 
^  Fällen  bleibt   der   Grund   der 

Tonsillentasche  einfach  (Nager, 
z.  B.  Kaninchen),  in   anderen 
c.        -».■  ^ 

Fig.  52.     Menschl.   Foetus 
aus  dem  5.  Monat.     Schnitt  durch 
:,      die  Mitte  der  Tonsillenanlage   nach 
%    Ph.   Stöhr.       L  lymphatische  In- 
~'     filtratiom  b  solide  Sprossen  der  Ton- 
sillentasche,   b1   Beginn  der  Lumen- 
bildung in  einem  Seitensproß  unter 
Bildung    einer  Hornkugel,    c  Ton- 
sillentasche. 


entsendet  er  sekundäre,  fingerartige  Ausbuchtungen  (z.  B.  Mensch), 
(Fig.  52).  Eine  Gruppe  einzelner,  nebeneinander  gestellter  Einbuch- 
tungen, die  nicht  von  einem  gemeinsamen  Vorraum  aufgenommen 
werden,  bildet  die  Tonsillenanlage  bei  Pferd  und  Schwein.  (Ueber 
die  verschiedenen  Formen  der  Anlage  s.  Ed.  Retterer  1888.) 

In  der  Umgebung  der  Tonsillartasche  und  ihrer  Ausbuchtungen 
kommt  es  dann  zu  einer  erst  diffusen,  später  Follikel  enthaltenden 
Infiltration  mit  Rundzellen,  die  die  Tonsillen  zu  einem  kompakten 
Organ  sich  entwickeln  lassen.  Dabei  kann  die  ursprüngliche  Taschen- 
form durch  die  mächtige  Wulstung  ihres  Bodens  unkenntlich  werden. 

Am  genauesten  sind  wir  über  die  Entwickelung  der  menschlichen 
Tonsille  durch  Ph.  Stöhr  (91)  unterrichtet.  Anfang  des  4.  Monats 
besitzt  die  Tonsillarspalte  bereits  eine  Anzahl  verschieden  tief  in  die 
Nachbarschaft  eindringender  hohler  Nebenspalten  (Fig.  52).  Von  ihrer 
epithelialen  Wand  gehen  solide  Sprossen  aus,  die  zum  Teil  Anlagen 
kleiner  Schleimdrüsen  bilden,  zum  Teil  Anlagen  weiterer  Nebenspalten 
darstellen  (b).  Der  epitheliale  Teil  der  Anlage  ist  durch  eine  Basal- 
membran   gegen  das    Bindegewebe    scharf   abgegrenzt.     Im  letzteren  be- 


Die  Entwickelung  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.  65 


ginnt  bereits  die  Lymphzelleninfiltration.  Das  Hohlraumsystem  der  An- 
lage dehnt  sich  fortgesetzt  weiter  aus,  und  auch  in  den  anfänglich 
soliden  Epithelsprossen  kommt  es  zur  Ausbildung  eines  Lumens  (5.  Monat) ; 
in  den  terminalen  Abschnitten  der  Sprossung  spielen  dabei  Degenerations- 
und Verhornungsprozesse  eine  Rolle,  die  zur  Bildung  von  Hornkugeln 
im  Inneren  der  Sprosse  führen  (61)  die  später  nach  Herstellung  des 
Lumens  entfernt  werden.  Schon  beginnt  die  Durchwanderung  von  Leuko- 
cyten  durch  das  Epithel.  Das  an  Masse  zunehmende  adenoide  Gewebe 
außerhalb  des  Spaltsystems  ist  im  7.  Monat  noch  ganz  diffus  verteilt. 
Erst  im  8.  Monat  beginnt  es  an  einzelnen  Stellen  eine  dichtere  An- 
ordnung zu  zeigen  als  im  übrigen,  aber  erst  nach  der  Geburt  (3-monat- 
liches  Kind)  liegen  gut  entwickelte  Follikel  (Sekundärknötchen)  vor. 
Noch  längere  Zeit  spielen  sich  an  den  Randteilen  des  Organs  Ent- 
wickelungsvorgänge  ab,  die  weitere  Seitenspalten  entstehen  lassen. 

Eine  völlig  abweichende  Vorstellung  von  der  Entstehung  des  adenoiden 
Gewebes  vertritt  Ed.  Retterer.  Nach  ihm  entstammen  die  Rund- 
zellen dem  epithelialen  Teil  der  Anlage  (1888).  Neuerdings  leitet  er 
auch  das  retikuläre  Gewebe  atis  der  gleichen  Quelle  ab  (1897).  Die 
soliden  Seitensprossen  der  Mandelanlage  bilden  demnach  die  Anlage  der 
Follikel  selbst  und  lösen  sich  von  ihrem  epithelialen  Mutterboden  ab. 
Die  Angaben  Retterer's  sind  nach  den  Darlegungen  vor  allem  Ph. 
Stöhr's,   dann  J.  Kollmänn's,   G.  L.   Gi/lland's  nicht  mehr  haltbar. 

Nach  W.  His  entspricht  die  Tonsillenanlage  einem  Teil  der  Furche 
zwischen  dem  2.  und  3.  Schlundbogen,  die  Stelle  des  ersteren  nimmt  der 
Arcus  palato-glossus  ein.  (Ueber  die  Umrandung  der  Tonsillenanlage 
des  Menschen  vgl.  J.  Killian  1898.) 

Auch  über  die  Ent- 
stehung der  Tonsilla 
p  h  a  r  y  n  g  e  a  sind  wir  beim 
Menschen  am  besten  unter- 
richtet (G.  Killian,  F. 
Ganghofner,  Schwa- 
bach). Unsere  Darstellung 
schließt  sich  vor  allem  an 
G.  Killian  an.  Das  Gebiet 
der  späteren  Pharynxtonsille 
besitzt  im  mittleren  Drittel 
der  Fötalzeit,  wie  auch 
Ganghofner  zeigte,  feine 
Faltungen  der  Schleimhaut, 
die  im  6.  Fötalmonat  der 
Sitz  einer  diffusen  Infil- 
tration von  Lymphzellen 
werden  und  dadurch  stark 
an  Mächtigkeit  zunehmen. 
Dies  betrifft  erst  die  hin- 
teren 3  Viertel  des  Pharynx- 
daches  und  dehnt  sich  im 
7. — 8.  Monat  auf  die  oberen 

Teile  der  Hinter-  und  Seitenwand  des  Cavum  pharyngo-nasale  aus.  Da- 
mit kommt  auch  die  inkonstante  Bursa  pharyngea  (s.  u.)  in  den  Bereich 
der  Tonsillenbildung  (Fig.  53  T.ph.).  Gegen  Ende  der  Embryonalzeit 
werden   die   Falten   infolge   weiterer  Vermehrung   des 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.    II.    1. 


rbyp.G. 


B.ph. 


Consfrs. 


Fig.  53.  Menschlicher  Foetus  aus 
der  28.  Woche.  Medianer  Längsschnitt  durch 
den  obersten  Teil  des  Pharynx  und  die  Schädel- 
basis. Nach  G.  Killian.  B.ph.  Bursa  pharyngea. 
T.ph.  Anlage  der  Tonsilla  pharyngis.  Hyp.G. 
Hypophysengang  (Rest).  Hy.  Hypophysis.  V. 
Vomer.  P.  Gaumen.  Constr.s.  Constrictor  pha- 
ryngis superior. 


adenoiden  Ge- 
5 


66  E.  Göppert, 

webes  zu  mächtigen  Wülsten,  die  meist  nach  dem  Ort  der  Bursa 
pharyngea,  d.  h,  nach  dem  Winkel  zwischen  Dach  und  Hinterwand  des 
Pharynx  konvergieren.  In  manchen  Fällen  kommt  es  jetzt  schon  zur 
Herausbildung  von  Follikeln  (Sekundärknötchen),  die  in  anderen  Fällen 
in  den  beiden  ersten  Jahren  nach  der  Geburt  deutlich  werden  (Gang- 
hofner).  Nach  J.  Schaffer  entstehen  die  Follikel  in  der  Umgebung 
der  Ausführgänge  der  Schleimdrüsen.  Die  Wucherung  des  lympha- 
tischen Gewebes  kann  sogar  mit  einer  Zerstörung  der  umschlossenen 
Drüsen  verbunden  sein.  In  den  ersten  Zeiten  des  postembryonalen 
Lebens  erfährt  das  Wachstum  der  Rachentonsille  eine  erhebliche  Stei- 
gerung. In  den  Jahren  nach  der  Pubertät  tritt  eine  normale  Rück- 
bildung ein,  die  eine  Glättung  der  Schleimhaut  des  Nasenrachenraumes 
zur  Folge  hat,  ohne  daß  das  adenoide  Gewebe  gänzlich  schwindet. 

Wir  schließen  hier  die  Besprechung  der  Bursa  p  h  a  r  y  n  g  e  a  des 
Menschen  an,  die  in  den  Bereich  der  Rachentonsille  fällt.  Unter  diesem 
Namen  verstehen  wir  eine  kleine,  in  ihrem  Vorkommen  sehr  inkonstante 
Ausbuchtung  der  Parynxwand  an  der  Grenze  des  Daches  und  der  Hinter- 
wand, deren  Bestand  auf  die  Embryonalzeit  beschränkt  ist  (Fig.  53  B.ph.). 
Bei  Säugetieren  fand  sich  eine  entsprechende  Bildung  nur  bei  Arctomys 
marmota,  einer  Form,  die  übrigens  einer  Rachen- 
tonsille entbehrt.  Andere  direkt  über  dem  Arcus  palato- 
pharyngeus  gelegenen  Aussackungen  der  hinteren  Pharynx- 
wand,  die  auch  als  Pharynxtaschen  bezeichnet  wurden, 
B.nh.  haben  mit  der  uns  jetzt  beschäftigenden  Bildung  nichts 
zu  thnn  (G.  Killian). 

Fig.  54.   Menschlicher  Embryo  von  19  cm  Länge.     Hinter- 
c  „       wand   des  Cavum  pharyngo-nasale  mit  Bursa  pharyngea  (B.ph.). 
A  o.n.     &„.  geptum  narium.    Nacli  G.  Killian. 

Die  Bursa  pharyngea  wurde  bereits  in  der  11.  Woche  des  Fötal- 
lebens von  A.  Froriep  entwickelt  angetroffen,  über  ihre  erste  Entstehung 
ist  noch  nichts  bekannt.  Sie  bildet  hier  ein  kleines  Divertikel  der 
Phaiynxwand,  das  über  dem  oberen  Rand  des  Constrictor  pharyngis 
superior  gegen  den  Spheno-occipitalknorpel  vorragt 1).  Wie  G.  Killian, 
dem  wir  uns  im  folgenden  anschließen,  zeigte,  ist  die  Bursa  pharyngea 
durchaus  keine  regelmäßige  Erscheinung.  Sie  fehlt  in  einer  großen  Reihe 
von  Fällen  gänzlich,  in  anderen  findet  sich  nur  ein  kleiner  Recessus  an 
ihre  Stelle;  von  hier  führen  alle  erdenklichen  Uebergänge  bis  zu  einer 
wohlausgebildeten  Bursa,  die  bis  in  die  Fibro-cartilago  basilaris  an  der 
Unterfläche  der  Schädels  vordringen  kann.  Ihre  Länge  betrug  in 
maximo  2,3  mm.  Fast  regelmäßig  führt  eine  mediane  Furche  am  Rachen- 
dach zum  Eingang  der  Bursa  oder  dem  ihres  Rudiments,  das  nach  hinten 
durch  2  im  Winkel  gestellten  Falten  begrenzt  wird  (s.  Fig.  54).  Die 
Bursa  hat  nichts  zu  thun  mit  dem  Hypophysengang,  wie  es  Luschka 
annahm.  (Das  zeigten  außer  Killian  Suchannek,  Dursy,  Froriep  und 
Schwabach.)  Ebenso  fremd  ist  sie  der  SEESSEL'schen  Tasche  (s.  p.  20) 
und  Selen ka's  Gaumentasche  (s.  p  20).  Wie  G.  Killian  nachweist,  ist 
sie  jedenfalls  eine  von  der  Nachbarschaft  durchaus  unabhängige  Bildung, 
nicht,  wie  andere  annahmen,    ein  Produkt  derselben.     Ueber  ihre  wahre 

1)  Weitere  Angaben  über  die  Bursa  pharyngea  finden  sich  bei  H.  v.  Luschka, 
E.  Durry,  F.  Ganghofner. 


Die  Entwickelung  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.  67 

Bedeutung  ist  vorläufig  noch  nichts  auszusagen.  Erst  lange  nach  dem 
Auftreten  der  Bursa  kommt  es  zur  Ausbildung  der  Rachentonsille,  die 
auch  zur  Infiltration  der  Bursawand  führt.  Die  erhebliche  zeitliche 
Differenz  im  Auftreten,  ferner  der  Umstand,  daß  eine  Bursa  bei  Arctomys 
ohne  Rachentonsille  besteht,  lehrt,  daß  sie  auch  nicht,  wie  Scuwabach 
meinte,   eine  zu  letzterer   gehörige  Einsenkung  darstellt. 

Litteratur 

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Jahrg.  XX.  1890. 
— ■  Die  Entwickelung    des    adenoiden    Gewebes    der   Zungenbälge    und    der  3Iandeln    des 

5* 


68  E.  Göppert, 

Mt  tischen.     Festschrift   z.  Feier   d.  SO-j.  Doktorjubiläums   der  Herren  Prof.  Dr.  Karl 

Wilhelm    von    Nägeli    in    München    und    Geheimrat   Prof.    Dr.  Albert  v.  Kölliker  in 

Würzburg.  1891. 
Stöhv.   P/*..    Weber    die  Mandeln    und    deren  Entwickelung .     Die  Entwickelung  des  ade- 
den  Gewebes,    der    Zungenbälge    und    der   Mandeln   des   Menschen.       Anat.   Am. 

Bd.    VI.  1S91. 
Suchannek.  Ein  Fall  vo7i  Persistenz  des  Hypophysenganges.  Anat.  Am.  Bd.  XVI.  1887. 
—  Beiträge  zur  normalen  und  pathologischen  Anatomie  des  Bachengewölbes.  In:  Ziegler 

u.  Nauwerck,  Beitr.  z.  pathol.  Anat.  Bd.  III.  1888. 

d)  Hornbildungen  der  Mundhöhle. 

Die  Mundhöhlenschleimhaut  ist  vielfach  der  Sitz  intensiver  Ver- 
hornung und  besonderer  Hornorgane,  die  zur  Bewältigung  der  Nahrung 
dienen.  Hierher  gehören  die  Hornzähne  der  Cyclostomen  und 
Anurenlarven,  die  verhornten  Papillen  und  Hornplatten  der  Zunge 
(s.  o.),  das  Hornblättchen  unter  der  Zungenspitze  der  Vögel,  der 
Hornbelag  der  Unterzunge,  der  Hornschnabel  bei  Cheloniern  und 
Vögeln,  der  Hornbelag  der  Mundränder  der  Monotremen,  der 
Kieferränder  einzelner  Odontoceten  (Ziphiinen),  endlich  die  weit 
verbreiteten  Hornbildungen  am  Gaumen  der  Säugetiere. 

Eine  besondere  Besprechung  erfordern  zunächst  die  Horn- 
zähne. Bei  den  Cyclostomen  treten  sie  uns  in  zwei  Zuständen 
entgegen,  einem  einfacheren  bei  den  Petromyzonten,  einem  kom- 
plizierten bei  den  Myxinoiden.  In  beiden  Ordnungen  trägt  die 
Zunge  einen  Zahnbesatz,  die  Myxinoiden  besitzen  außerdem  einen 
Gaumenzahn,  die  Petromyzonten  eine  reiche  Zahnbewaffnung  der 
Innenfläche  des  Saugmaules. 

In  beiden  Ordnungen  besteht  ein  Zahn  aus  einem  aus  verhornten 
Zellen  sich  aufbauenden  Hohlkegel,  der  mit  seiner  Spitze  das  Niveau 
der  Nachbarschaft  tiberragt,  mit  seinem  basalen  Rand  in  die  Tiefe  des 
Epithels  in  einer  Art  Falz  eingelassen  ist  (Fig.  55).  Unter  ihm  dringt 
bei  den  Petromyzonten  eine  Bindegewebspapille  in  das  hier  ver- 
dickte Epithel  ein,  welche  bei  größeren  Zähnen  Knorpelfortsätze  des 
Mundskeletts   beherbergt.     Unter  dem  Gebrauchszahn    können    noch  eine 


=0§  °o°gV 


e°3«,'2?. 


Fig.  55 

Fig.  55.  Petromyzon  fluviatilis.  Schnitt 
durch   die  Mitte   eines  Schleimhautzahnes   nach  M. 

Jacoby.     a.  Ersatzzahn. 

i 

Fig.  56.  Petromyzon  planeri  am  Ende  der 
Metamorphose.  Anlage  eines  Hornzahnes.  Nach 
J.  Beard.    a.  Junge  Hornschicht.    P.  Papille. 

oder  mehrere  Ersatzzahnanlagen  im  Epithel  liegen  (Fig.  55a).  Bei  den 
Myxinoiden  senkt  sich  unter  dem  Bereich  des  Hornzalms  das  Epithel 
in  Form  eines  mächtigen  Zapfens  in  die  Tiefe,  dessen  Basis  eine  Binde- 
gewebspapille einschließt.     Im  Inneren  des  Zapfens  sind  die  Epithelzellen 


Die  Entwickelung  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.  69 


eigenartig  modifiziert   und  bilden  einen 


g«.gfMl 


die  Epithelzellen  der  Um- 


Vergl. 


gebung  scharf  abgegrenzten  Bezirk  (Pokalzellenkegel  Behrends'). 
F.  E.  Schulze,  J.  Beard,  G.  Behrends  und  besonders  M.  Jacobv. 

Ueber  die  Entwickelung  der  Hornzähne  sind  wir  nur  bei  den 
Petromyzonten  unterrichtet  (P.  Bujor  1890,  C.  C.  Känsche 
1890,  J.  Beard  1889).  Daß  sie  erst  bei  der  Metamorphose  des 
Ammocoetes  auftreten,  ist  bereits  erwähnt.  Ihre  Anlage  giebt  sich 
durch  eine  in  das  Epithel  vordringende  Bindegewebspapille  zu  er- 
kennen. Das  Epithel,  das  die  Papille  einschließt,  kann  sich  dabei 
verdicken  und  mehr  oder  weniger  weit  in  die  Tiefe  wuchern  (Fig.  56). 
In  den  tiefen  Schichten  des  Epithels,  in  der  Umgebung  der  Papille 
nach  außen  von  den  hohen  basalen  Elementen,  werden  dann  im 
Bereich  einer  schmalen  Zone  die  Zellen  platter  und  verhornen  (a), 
der  damit  gebildete  Hornkegel,  der  junge  Zahn,  liegt  also  vorläufig 
noch  in  der  Tiefe  des  anfänglich  sehr  dicken  Epithels.  Durch  das 
basale  Wachstum  des  Epithels  wird  er  aber  immer  mehr  gehoben  und 
gelangt  schließlich  nach  Beseitigung  der  ihn  überlagernden  indifferenten 
Epithelzellen  an  die  freie  Oberfläche.  Nur  mit  seinem  basalen  Rand 
bleibt  er  im  Epithel  eingeschlossen  und  empfängt  von  hier  aus  (von 
der  sog.  Hornrinne,  dem  Zahnfalz)  Zuwachs.  Inzwischen  hat  sich  die 
Bildung  eines  Hornkegels  in  den  basalen  Schichten  des  die  Papille 
umschließenden  Epithels  wiederholt  (Fig.  55a).  Es  ist  ein  Ersatzzahn 
entstanden,  dem  bald  ein  zweiter  folgen  kann.  Zwischen  den  damit 
gebildeten  Hornzähnen  verschiedenen  Alters  liegen  nicht  verhornte 
Epithelzellen.  Sie  erfahren  zwischen  Gebrauchs-  und  erstem  Ersatz- 
zahn erhebliche  Veränderungen,  die  sie  den  sternförmigen  Elementen 
der  Schmelzpulpa  ähneln  lassen.  Dies  ist  die  Folge  einer  Zerrung, 
welche  mit  dem  Wachstum  des  Gebrauchszahnes  von  seinem  Rand  her 
in  Zusammenhang  steht  (M.  Jacoby).  Nach  Abnutzung  des  ersten 
Gebrauchszahnes  rückt  der  Ersatzzahn  an  seine  Stelle. 

Nicht  bei  allen  Zähnen  erfolgt  ein  Wechsel.  Bei  dem  gabelförmigen 
Zahn  an  der  Zungenspitze  von  Geotria  geht  der  Ersatz  der  abge- 
brauchten Hornschichten  durch  fortgesetzten,  unmittelbaren  Nachschub 
verhornender  Elemente  an  der  Innenfläche  der  von  vornherein  in  Funktion 
stehenden  Hornschicht  von  statten  (G.  Behrends). 

Ueber  die  Vorgänge  bei  der  Entwickelung  der  Hornzähne  der 
ist  noch  nichts  Genaueres  bekannt.  Nach  J.  Beard 
bei  Jugendzuständen  von  Myxine  glutinosa  eine 
nicht  nur  in  der  Verteilung  der  Zähne,  sondern  auch 
im  Bau  derselben  Unterschiede  gegenüber  dem  Verhalten  beim  er- 
wachsenen Tiere  aufweist.  Nach  Bashford  Dean  (1899)  entstehen  die 
Zähne  von  Bdellostoma  stouti  in  Ein- 
wucherungen  des  Epithels  in  das  Bindegewebe. 

Es  ist  von  J.  Beard  versucht  worden, 
nachzuweisen,  daß  die  Cyclostomeuzähne 
von  wirklichen  Zähnen  abzuleiten  sind. 
Nach  den  Darlegungen  G.  Behrends'  und 
M.  Jacoby's,  denen  sich  Bashford  Dean 
anreiht,   ist   es   sichergestellt,    daß   sie   mit 


M  y  x  i  n  o  i  cl  e  n 
(1893)  besteht 
die 


Bezahnung, 


Fig.  57.  Alytes  obstetricans. 
schnitt  durch  eine  Kammplatte  mit 
Nach  H.  Keiffer. 


Larve.  Quer- 
2  Zahn  reihen. 


70  E.    GÖPPERT, 

den   Gnathostomenzähnen   nichts   zu   thun   haben,    sondern  Bildungen 
eigener  Art  sind. 

Eine  sehr  reiche  Ausstattung  mit  Hörn  zahnen  zeichnet  den 
Mund  und  seine  Nachbarschaft  bei  den  Anurenlarven  aus.  Nur 
vereinzelt  finden  sich  den  Larvenzähnen  ähnliche  Bildungen  auch  bei 
fertigen   Tieren   (Pipa   dorsigera   nach   F.  E.   Schulze    [1869J)1). 

Hornzähne  bilden  den  mechanisch,  wichtigsten  Teil  der  Bewehrung 
der  Kieferränder,  des  sog.  Schnabels,  sie  stehen  ferner  eingeschlossen  in 
quergestellte  Wülste  (sog.  Kammplatten ,  Lames  pectinees)  in  langen 
Reihen  am  Boden  nnd  Dach  des  vor  den  Kiefern  liegenden  Vestibulnm 
oris.  Ihre  Anordnung  ist  bei  den  verschiedenen  Arten  verschieden  und 
für  sie  durchaus  charakteristisch  (van  Bambeke  1863,  Heron  Royer  und 
Ch.  van  Bambeke   1881,   1889  und  M.  H.  Hixckley  1881). 

Betrachten  wir  zunächst  die  Kammplatten  mit  ihren  Zähnen.  Die 
ersteren  werden  durch  eine  starke  Verdickung  des  Epithels  gebildet.  In 
diesen  Wülsten  liegen,  umgeben  von  indifferenten  Epithelzellen,  in  Form 
von  Säulen  übereinander  getürmter  Zellen  die  Zähne,  die  nach  diesem 
Verhalten  auch  als  Stiftzähne  bezeichnet  wurden  (Eig.  57).  Nur  das 
oberste  Element  steht  in  Funktion  und  überragt  die  Oberfläche  der 
Nachbarschaft.  Die  ausgebildete  Zahnzelle  besteht  aus  einer  Basis  und 
einem  oberen,  verjüngten,  löffelartig  gebogenen  Eortsatz,  dessen  Kon- 
kavität nach  hinten  sieht.  Hier  trägt  die  Zelle  leistenartige  Erhebungen, 
denen  feine  Zähne  am  Rand  des  Lötfels  entsprechen.  In  einfacherem 
Verhalten  läuft  der  oberste  Teil  der  Zelle,  hakenartig  gebogen,  in  2 — 4 
Zacken  aus.  Der  untere  Teil  der  Zelle  ist  an  der  der  Epithelbasis  zu- 
gekehrten Fläche  mit  einer  tief  eingreifenden  Höhlung  versehen.  Die 
ganze  Zelle  ist  vollkommen  verhornt,  ihr  Kern  ist  geschwunden.  Auch 
die  benachbarten  oberflächlichen  Epithelzellen  können  der  Verhornung 
verfallen2). 

Die  Entwickelung  der  Zahnzellen  ist  innerhalb  eines  Zahnstiftes 
in  allen  Einzelheiten  zu  verfolgen  (Fig.  57).  Die  Stifte  gehen  bis  in 
die  tiefste  Lage  des  Epithels  hinunter.  Die  Zellen  an  ihrer  Basis 
sind  noch  indifferente  Epithelzellen.  In  dem  Maße,  als  eine  Zelle 
beim  Wachstum  des  Epithels  einem  Zahnstift  zugewiesen  und  durch 
nachrückende  Elemente  immer  mehr  emporgeschoben  wird,  in  dem 
Maße  verändert  sich  ihre  Form.  Sie  wächst  rasch  heran  und  nähert 
sich  bei  gleichzeitig  einsetzender  Verhornung  immer  mehr  der  Gestalt 
einer  fertigen  Zahnzelle,  ihr  oberer  Teil  legt  sich  in  die  Höhlung  der 
nächstälteren  Zelle,  während  ihre  eigene  Basis  zur  Aufnahme  des 
folgenden  Elementes  sich  aushöhlt.  Ist  die  über  ihr  lagernde  Horn- 
zelle  verbraucht,  so  tritt  die  Zelle  fertig  gebildet  an  ihre  Stelle.  Mit 
dem  Beginn  der  Metamorphose  hört  der  Nachschub  junger  Elemente 


1)  Einen  Hornbelag  der  Kieferränder  besitzt  in  Vertretung  der  Zähne  Siren 
lacertina. 

2)  Die  Litteratur  über  die  Hornzähne  und  Hornkiefern  der  Anurenlarve  findet 
sich  eingehend  besprochen  in  den  Arbeiten  von  E.  Gutzeit  und  Heron  Royer 
und  Ch.  van  Bambeke  (1889).  Die  ersten  guten  Darstellungen  auf  diesem  Gebiete 
stammen  von  Carl  Vogt  (1842)  und  Ch.  van  Bambeke  (1863).  Die  genaue 
Kenntnis  des  Baues  und  Wachstums  der  Zähne  und  Kiefern  beruht  in  erster  Linie 
auf  den  Untersuchungen  F.  E.  öchulze's  (18t>9  und  1888),  ferner  auf  H.  Keiffer 
(1889)  und  der  im  gleichen  Jahre  erschienenen  Arbeit  von  Heron  Royer  und 
Ch.  van  Bambeke.  Die  erste  Entwickelung  des  Schnabels  und  der  die  Zähne 
tragenden  Wülste  schilderte  E.  Gutzeit  (1889),  ihr  Verhalten  bei  der  Metamorphose 
J.  Liebert  (1894). 


Die  Entwickelung  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.   71 

von  der  Epithelbasis    auf,    und   damit   ist  bald  die  Reserve  an  Zahn- 
zellen erschöpft  (vergl.  J.  Liebert). 

Das   erste  Auftreten   der   Stiftzähne   schildert   E.  Gutzeit.     Der 
Boden,  dem  sie  entstammen,  das  Vestibulum  oris,  entwickelt  sich  derart, 
daß  um  die  den  Kieferrändern  entsprechende  Mundöffnung  bei  jungen 
Larven  eine  wulstförmige  Umrahmung  auftritt,  die  bald  eine  Gliederung 
in  ein  oberes  und  unteres  Segment  erfährt,  die  Anlage  des  Bodens  und 
des  Daches  des  Vestibulums.    Dort,  wo  Kammplatten  auftreten  sollen, 
wird  das  Epithel  durch  Teilung  der  basalen  Ele- 
mente   mehrschichtig    (Fig.   58).     Innerhalb    der  a 
dadurch  bedingten  Verdickungen  und  gleichzeitig               /^^^k''7' 
mit  ihnen  entstehen  Zellensäulen,  die  Anlagen  der             ßMm^MK 

Fig.  58.     Rana  temporaria.     Larve  S  Tage  nach  ^/Q^^S^^^J'W^ 

dem  Ausschlüpfen.    Querschnitt    durch    die    Anlage    eines        @.ä$\Wy^: 
Kammwulstes    mit   der    Anlage    eines    Stiftzahnes.     Nach 
E.  Gutzeit,    a  Zahnanlage. 


■&' 


Stiftzähne  (a).  Die  oberflächliche,  einen  Cuticularsaum  tragende  Zell- 
schicht zieht  über  das  Ganze  hinweg.  Entsprechend  der  weiteren  Ver- 
dickung der  Zahnwülste  wächst  von  der  Basis  aus  auch  der  Zahnstift 
in  die  Höhe,  die  obersten  Elemente  erfahren  die  charakteristische 
Veränderung  der  Zahnzellen,  und  nach  Beseitigung  der  oberfläch- 
lichen, einen  Cuticularsaum  tragenden  Zelle  kommt  die  erste  Zahn- 
zelle zum  Vorschein  (bei  10,5  mm  langen  Larven  von  Rana  tem- 
poraria). 

Im  Prinzip  gleichartig  erfolgt  die  erste  Entwickelung  und  Aus- 
bildung des  die  Kieferränder  deckenden  Hornschnabels  (E.  Gutzeit) 
(Fig.  59).  Auch  hier  bilden  die  Hauptsache  dicht  aneinander  gestellte 
Stiftzähne,  die,  in  einer  Reihe  angeordnet,  mit  ihren  freien  Enden  dem 
Rand  des  Kiefers  die  Gestalt  einer  Säge  verleihen.  Die  Stiftzähne  (a) 
sind  wie  in  den  Kammplatten  in  eine  starke  Verdickung  des  Epithels 
eingelassen.  Die  Epithelzellen  der  Nachbarschaft  schließen  sich  aber 
hier  vor  und  hinter  der  Zahnreihe  unter  starker  Verhornung  der  letzteren 
an  und  lassen  dadurch  eine  schnabelartige  Bildung  zu  stände  kommen. 
Wie  in  den  Kammplatten  kann  man  auch  hier  inner- 
halb eines  Stiftzahnes  die  allmähliche  Umbildung  der 
jungen,  von  der  basalen  Zellschicht  des  Epithels  ab- 
gegebenen Elemente   in    die   charakteristischen    Zahn- 

Fig.  59.  Hyla  arborea.  14-tägige  Larve.  Querschnitt 
durch  die  Anlage  des  Schnabels.  Nach  E.  Gutzeit,  a  Stift- 
zahn. 

zellen  verfolgen.  Diese  haben  aber  hier  die  Gestalt  von  Hohl- 
kegeln, deren  Konkavität  von  der  Spitze  der  nächstjüngeren  Zelle  ein- 
genommen wird.  Das  Schwinden  der  Hornkiefer  erfolgt  beim  Beginn 
der  Metamorphose  etwas  später  als  das  der  Hornzähne  der  Kamm- 
platten (J.  Liebert). 

Eine  Vergleichung  zwischen  den  Hornzähnen  der  Cyclostomen 
und  der  Anurenlarven  läßt  ohne  weiteres  die  tiefgreifende  Ver- 
schiedenheit zwischen  beiden  Zahnformen  erkennen. 

Zur  Entwickelung  eines  Hornschnabels  kommt  es  unter  Rück- 
bildung   der    Zähne    bei    den  Cheloniern    und    Vögeln.     Nur  für 


1_ 


2  E.    GÖPPERT, 


letztere  liegen  genauere  entwickelungsgeschichtliche  Angaben  (vor  allem 
Edw.  G.  Gardiner  1884  vor). 

Bei  der  Entwickelung  des  Schnabels  wird  man  zu  unterscheiden 
haben  zwischen  der  Ausbildung  der  äußeren  Form  desselben  und  der 
damit  in  Zusammenhang  stehenden  Umbildung  der  Physiognomie  einer- 
seits, der  speciellen  Entwickelung  des  Hornbelages  und  der  Ausgestaltung 
der  Mundränder  andererseits.  Nur  die  letzteren  Vorgänge  fallen  in  den 
Bereich  dieses  Kapitels. 

Die  erste  Ausbildung  verhornter  Zellen  erfolgt  an  der  Dorsalseite 
des  Oberschnabels  etwas  hinter  der  Spitze,  dort,  wo  die  Eischwiele 
(s.  u.)  in  Erscheinung  tritt  (Hühnchen,  6.  oder  7.  Bebrütungstag).  Die 
embryonale  Epidermis  besteht  hier  aus  einem  Stratum  mucosum  und 
einer  diesem  aufgelagerten,  von  ihm  gelieferten  Schichtenfolge  von  großen 
Elementen.  Wenn  die  aus  den  basalen  Teilen  des  Epithels  aufrückenden 
Zellen  unter  Abplattung  der  Verhornung  verfallen  (Fig.  60  u.  61), 
wird  die  junge  Hornschicht  (H.)  naturgemäß  von  jenen  früher  gebildeten 
nicht  oder  unvollkommen  verhornten  Elementen  überdeckt,  und  diese 
bilden  damit  das  sogenannte  Epitrichium  (Ep.)  (vgl.  Gardiner).  Vom 
Ort  des  ersten  Auftretens  breitet  sich  die  Hornbildung  nach  vorn  und 
hinten  und  nach  den  Seitenwänden  des  Schnabels  aus.  An  der  Gaumen- 
fläche kommt  es  meist  erst  gegen  Schluß  des  Embryonallebens  zur 
Verhornung,  auch  hier  besteht  eine  Epitrichialschicht.  Auch  am  Unter- 
schnabel beginnt  die  Hornbildung  von  einem  in  der  Nähe  der  Spitze 
gelegenen  Punkt,  um  sich  von  hier  aus  zu  verbreiten.  Der  Ausgangs- 
punkt des  Prozesses  kann  als  Höcker  der  Eischwiele  des  Oberschnabels 
ähnlich,  aber  ohne  die  letzterer  eigentümlichen  großen  Elemente  (s.  u.) 
hervorragen  (Weinland  1857  [Tringa  pusillaj  und  Gardiner, 
Ente,  1884).  Das  Wachstum  der  Hornsubstanz  schlägt  bald  die 
Richtung  nach  vorn,  resp.  nach  dem  Schnabelrand  zu  ein  und  führt 
zur  Ausbildung  einer  Schnabelspitze  und  zum  Durchbruch  derselben 
durch  das  Epitrichium,  welch  letzteres  dann  kurz  vor  oder  beim  Aus- 
schlüpfen des  jungen  Tieres  verloren  geht, 

Vorher  haben  sich  jedoch  sehr  bemerkenswerte  Vorgänge  abgespielt. 
Bald  nach  dem  Auftreten  der  ersten  Hornsubstanz  entsteht  an  der 
Außenseite   des  Ober-  und  Unterschnabels,  allerdings   nicht  bei   allen 

Formen,  eine  den  Kieferrändern  parallele  und 
ihnen  benachbarte  rinnenförmige  Einsenkung  des 
Epithels  (Fig.  60—62  o).  Sie  fand  sich  hier  bis 
jetzt  beim  Hühnchen  und  Melopsittacus 
(Gardiner),  bei  Struthio  camelus  (C.  Rose 
1892),   fehlt  bei  der  Ente  (Gardiner)  und   bei 

Fig.  60.  Hühnchen,  am  11.  Bebrütungstage.  Quer- 
schnitt des  Oberschnabels  in  der  Gegend  des  Eischwiele. 
Nach  Edw.  Gardixer.  E.  Eischwiele.  Ep.  Epitrichium. 
H.  Stratum  corneum.  a  als  Lippenfurche  gedeutete  Rinne. 
b  rudimentäre  Zahnleiste  (G.  Rose). 

Sterna  Wilsoni  (Rose).  Bei  Milvus  und  Buteo  soll  sie 
innerhalb  der  Mundhöhle  ihren  Weg  nehmen  (Gardiner).  Diese 
Rinnen  wurden  zuerst  von  Gardiner  und  dann  auch  mit  aller 
Bestimmtheit  von  Rose  als  Rudimente  von  Lippenfurchen  (s.  u.)  ge- 
deutet.    Sie  sind  nicht  zu  verwechseln  mit  den  von  Gardiner  zuerst 


Die  Entwickelung  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.  73 


genau  beschriebenen  von  Rose  als  Rudimente  von  Zahnleisten  gedeuteten 
Verdickungen  und  Einsenkungen  des  Epithels  nach  innen  von  den 
Schnabelrändern  (Fig.  60  b).  Die  Lippenfurche  gleicht  sich  am  Unter- 
schnabel bald  wieder  aus.  Am  Oberschnabel  nimmt  sie  zuerst  in 
Zusammenhang  mit  dem  Dickenwachstum  des  Epithels  an  Tiefe  zu ; 
wenn  dann  das  nach  vorn  gerichtete  Wachstum  des  Epithels  einsetzt, 
werden  ihre  Begrenzungsttächen  aneinander 
gepreßt  und  zur  Verklebung  gebracht,  die 
durch  sie   bedingte  äußerlich  sichtbare  Ab-  ,  F_ 

im    Bereich    des    Oberschnabels  ^^^^^^^ssz«^-      Ep. 


grenzung 


fällt    fort.       Der    Verlauf    der 


ehemaligen 


Fig.  61.  Hühnchen,  14.  Bebrütungstag. 
Längsschnitt  durch  den  oberen  Schnabel.  Nach 
Edw.  G.  Gardtner.  Sk.  Skelett  des  Schnabels. 
Sonst.  Bezeichn.  s.  Erkl.  zu  Fig.  60. 


Rinne  markiert  sich  aber  bei  manchen  Formen  (Huhn,  Melo- 
psittacus)  durch  ein  Einspringen  der  Basalfläche  des  Epithels  gegen 
die  Lederhaut,  resp.  durch  eine  an  letzterer  nach  Entfernung  des 
Epithels  bemerkbare  seichte  Einsenkung. 

Nach   dem  Vorhergehenden    entspricht    der   Rand    des  Schnabels 
dem  Kieferrand;  in  seinem  Bereich  sind  aber  auch  früher  vorhandene 
Lippenbildungen     eingegangen.       Eine     ähnliche 
Rückbildung    von    Lippen     ließ    sich    auch    bei 
Schildkröten    feststellen   (s.  u.).      Die    erste    •■;-^^w.^p-^___£ 
Hornbildung    erfolgt    embryonal   nicht    dort,    wo 
man  ihren  phylogenetischen  Ausgang   annehmen 
muß,    am   Mundrand   selbst,    sondern    in  einiger 
Entfernung  von  ihm. 

Fig.   62.     Hühnchen.      18.  Bebrütungstag.     Seiten- 


ansicht   des  Oberschnabels.      Nach   Edw. 
Bezeichn.  s.  Erkl.  zu  Fig.  60. 


G.  Gardiner. 


Im  Epithel  des  Schnabelbereichs  kommt  es  allgemein  zu  Papillen- 
bildungen,  die  am  Schnabelrand  die  erheblichste  Größe  erlangen.  Bei 
den  Embryonen  von  Papageien  sind  sie  besonders  mächtig  und  bilden 
am  Rand  des  Ober-  und  Unterschnabels,  auch  an  der  Gaumenfläche  des 
ersteren,  deutliche  Vorragungen.  Von  älteren  französischen  Forschern 
wurden  diese  mit  Hörn  überzogenen  Papillen  als  Zahnrudimente  gedeutet, 
ein  Irrtum,  der  zuerst  von  P.  Fraisse  (1879),  später  noch  von  Braun 
(1882)  zurückgewiesen  wurde.  Die  Papillen  schwinden  erst  nach  dem 
Ausschlüpfen  (vergl.   die  Abbildung  F.  Keibel's,  Bd.  I,   Kap.   6,  p.    103). 

Wir  schließen  hier  unmittelbar  die  Besprechung  des  Ei  h  Ockers 
(Sluiter)  oder  der  Eischwiele  (Rose)  an,  die  ja  wenigstens  bei  den 
Vögeln  in  unmittelbarstem  Zusammenhang  mit  dem  Schnabel  steht. 
Ein  Eihöcker  findet  sich  an  der  Oberseite  der  Schnauzen-  resp.  Schnabel- 
spitze bei  den  Embryonen  von  Vögeln,  Krokodilen,  Schild- 
kröten,    Tr  achy  dos  aurus    und    vielleicht    noch    anderen    Formen1). 


1)  Die  erste  Angabe  über  die  Eischwiele  stammt  von  W.  Yarrel  (1826. 
Hühnchen),  Mayer  (1841,  Vögel,  Krokodile,  Schildkröten)  und  Joh.  Müller 
(1841).  Die  genauere  Kenntnis  ihres  Baues  und  ihrer  Entwickelung  verdanken  wir 
Edw.  Gardiner  (1884),  C.  Rose  (1892)  und  C.  Ph.  Sluiter  (1893). 


74  E.  Göppert, 

Er  ist,  wie  schon  einer  der  ersten  Beobachter,  Mayer  (1841),  zeigte, 
scharf  zu  trennen  von  dem  durch  Joh.  Müller  entdeckten  E  i  z  a  h  n  der 
Saurier  und  Ophidier  und  nach  0.  Seydel  auch  von  dem  der 
Mono  tr  einen  (Echidna).  Im  allgemeinen  findet  sich  die  Eischwiele, 
wie  schon  Mayer  (1841)  betonte,  bei  Formen  mit  verkalkter  Eischale, 
der  Eizahn  bei  solchen  mit  häutiger  Schale,  doch  bestehen  für  beide 
Bildungen  Ausnahmen  von  der  Regel  (C.  Ph.   Sluiter). 

Es  handelt  sich  bei  der  Eischwiele  um  eine  Verdickung  der  Horn- 
schicht  des  Epithels  (Fig.  60 — 62  E.).  Sie  tritt  meist  unpaar  auf.  Nur 
die  Krokodile  (Ph.  Sluiter),  ausnahmsweise  als  Varietät  auch 
Vögel  (Mayer),  besitzen  eine  paarige  Anlage  (25  mm  lange  Embryonen 
von  Crocodilus  porosus),  die  bei  den  Krokodilen  später  eine  einheit- 
liche Basis  erhält.  Die  Eisclrwiele  ist  beim  6  —  7  Tage  alten  Hühner- 
embryo schon   deutlich  sichtbar  (Edw.  Gardiner). 

Nach  dem,  was  oben  über  die  Verhornung  des  Epithels  gesagt 
wurde,  wird  der  Höcker  anfänglich  vom  Epitrichium  überzogen  (Fig.  60 
u.   61  Ep),   das  er  vor    dem  Ausschlüpfen  des  jungen  Tieres   durchbricht. 

Die  Zellen  des  Eihöckers  sind  große,  polygonale,  nicht  abgeplattete 
Elemente,  die  eine  Menge  von  Körnchen,  die  nach  Sluiter  aus  Eleidin 
bestehen,  einschließen.  Kalksalze,  die  nach  Gardiner  eingelagert  sein 
sollen,  fehlen  thatsächlich  nach  Kose.  Nur  bei  den  Krokodilen 
platten  sich  die  dem  Epitrichium  benachbarten  Zellen  des  Eihöckers 
ab.  Nach  dem  Ausschlüpfen  des  jungen  Tieres  wird  der  Eihöcker  ab- 
geworfen. 

Ein  der  Eischwiele  ähnlicher,  durch  intensivere  Verhornung  aus- 
gezeichneter Höcker  besteht  bei  Beuteljungen  von  Echidna  und 
Ornithorhynchus  an  der  Oberseite  der  Schnauzenspitze  (W.  N. 
Parker,  E.  B.  Poulton,  s.  a.  R.  Semon,  Fig.  50  und  51).  Funktionell 
hat  er  nicht  die  Bedeutung  der  Eischwiele  (vergl.  0.  Seydel). 

In  fast  allgemeiner  Verbreitung  ist  der  harte  Gaumen  der 
Säugetiere  mit  quergestellten,  leistenartigen  Erhebungen  ausgestattet, 
die  bestimmt  sind,  bei  der  Zerkleinerung  der  Nahrung  mit  der  Zunge 
zusammenzuwirken.  Ihrer  Funktion  entsprechend  ist  das  Epithel  der 
Leisten  verdickt  und  oft  der  Sitz  intensiver  Verhornung.  Den  Höhe- 
punkt ihrer  Ausbildung  erreichen  die  Gaumenleisten  bei  den  Sirenen 
in  den  Gaumenplatten,  denen  Hornplatten  am  Unterkiefer  entgegen- 
wirken, und  in  den  Barten  der  Mystacoceten. 

Verhältnismäßig  schwache  Entwicklung  zeigen  die  Gaumen- 
leisten beim  Menschen.  Beim  Embryo  von  4,5  cm  Scheitel- 
steißlänge ist  der  Gaumen  noch  glatt,  bei  5,5  cm  Länge  bestehen  am 
vorderen  Teil  des  harten  Gaumens  jederseits  5—  7  Querfalten  in  regel- 
mäßiger Anordnung,  ähnlich  wie  es  am  Säugetiergaumen  meist  der 
Fall  ist.  Auf  den  Gaumenleisten  ist  das  Epithel  verdickt,  es  ent- 
stehen zottenartige  Erhebungen,  wie  sie  gleichfalls  bei  Säugetieren 
weit  verbreitet  sind.  Gegen  Ende  des  Fötallebens  wird  die  An- 
ordnung der  Gaumenfalten  unregelmäßiger,  einige  hintere  schwinden, 
die  vorderen  werden  am  vorderen  Teil  des  Gaumens  zusammen- 
gedrängt. So  bleiben  die  Dinge  bis  zum  Beginn  der  Pubertät,  dann 
setzt  eine  allmähliche  Rückbildung  ein,  die  zur  Herstellung  einer 
völlig  glatten  Gaumenfläche  führen  kann.  Eine  teilweise  Rückbildung 
und  Umgestaltung  der  Gaumenleiste  findet  also  beim  Menschen  schon 
in  embryonaler  Periode  statt,  bevor  von  einer  Funktion  die  Rede  sein 


Die  Entwickelung  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.  75 

kann.  Die  Entwickelungsgeschichte  weist  also  auf  einen  primitiven 
Zustand  hin,  der  mit  dem  bei  der  Mehrzahl  der  Säugetiere  bestehenden 
übereinstimmt  (C.  Gegenbaur  1878). 

Genau  bekannt  sind  wir  ferner  mit  der  Entwickelung  der  Barten 
der  Wale  vor  allem  durch  die  Untersuchung  T.  Tullberg's  (1883). 
Aeltere  Beobachtungen  stammen  von  Eschricht  (1849)  und  Esch- 
richt  und  Reinhardt  (1861). 

Die  Barten  sind  quergestellte  Hornscheiben,  die  von  der  Unterfläche 
des  Gaumens  jederseits  in  großer  Zahl  herabhängen  und  bei  geschlossenem 
Maul  den  Zwischenraum  zwischen  Zunge  und  Unterkiefer  einnehmen. 
Jede  Barte  besteht  aus  einer  größeren  Scheibe,  der  Hauptbarte  und  einer 
Anzahl  sich  medial  an  letztere  anschließender  Nebenbarten.  Die  Horn- 
massen  lösen  sich  nach  unten  in  eine  große  Anzahl  von  Bartenfäden 
(Haaren)  auf. 


Fig.  63.  Balaenoptera  Sibbaldii.  4,55  m  langer  Embryo.  Schnitt  senk- 
recht auf  die  Gaumenfläche,  der  eine  Bartenanlage  in  ihrer  ganzen  Breite  getroffen 
hat.  Nach  T.  Ttjllberg.  Das  Bindegewebe  ist  gleichförmig  schwarz  dargestellt,  das 
Epithel  punktiert.  B.  Hauptbarte,  b  Nebenbarten  mit  ihren  Bindegewebsplatten 
und  den  davon  ausgehenden  langen  Papillen.  M.  Mit  den  Spitzen  bereits  frei  ge- 
wordene Hornröhren  (Bartenhaare)  der  Hauptbarte,  m.  Dasselbe  von  Nebenbarten 
H.  sog.  Hornröhren,  den  Papillen  entsprechend. 

Die  Entwickelung  der  Barten  von  Balaenoptera  Sibbaldii  setzt  bei 
etwa  2  m  langen  Embryonen  ein.  Sie  beginnt  auf  der  Gaumen  flache  etwa 
in  der  Mitte  der  Länge  des  Oberkiefers  und  dehnt  sich  von  hier  nach  vorn 
und  hinten  aus.  Es  handelt  sich  zunächst  um  eine  starke  Verdickung 
des  Epithels  und  eine  erhebliche  Verlängerung  der  in  dasselbe  ein- 
legenden Bindegewebspapillen.  Die  Oberflächen  Schichten  des  Epithels 
zeigen  starke  Verhornung.  Unter  dem  Epithel  erhebt  sich  später  das 
Bindegewebe  zu  Leisten,  die  conische  Zapfen  tragen,  auf  denen  dann 
erst  die  eben  erwähnten  Papillen  sitzen  (Embryo  von  3  m  Länge). 
Die  Zapfen  und  Leisten  sind  in  schrägen  Reihen  angeordnet,  die  in 
großer  Anzahl  jederseits  von  außen  nach  innen  und  hinten  laufen. 
Die  äußeren  Teile  dieser  Reihen  nehmen  weiterhin  eine  mehr  quere 
Verlaufsrichtung  an  und  eine  größere  Anzahl  der  zapfenartigen  Er- 
hebungen vereinigen  sich,  indem  das  Bindegewebe  auch  zwischen  ihnen 


76  E.  Göppert, 

stark  emporwächst,  zu  quergestellten  Bindegewebsblättern,  die  mit 
ihrem  Papillarbesatz  die  Grundlage  der  Hauptbarten  bilden  (Fig.  63  B). 
Indem  sich  fortgesetzt  neue  Glieder  der  Zapfenreihen  den  Hauptbarten 
anschließen,  nehmen  diese  an  Breite  immer  zu.  Medial  von  den  Haupt- 
barten  bleibt  aber  eine  Anzahl  Bindegewebszapfen  mit  ihren  Papillen 
selbständig  und  bildet  die  Grundlagen  der  Nebenbarten  (6).  Die 
den  Bartenanlagen  zugehörigen  Papillen  wachsen  zu  erheblicher  Länge 
heran  und  dringen  tief  in  das  die  gesamte  Anlage  überziehende 
Epithel  ein  (Fig.  63).  Indem  in  der  unmittelbaren  Umgebung  der 
verlängerten  Papillen  Hornsubstanz  produziert  wird,  entstehen  Horn- 
röhren, welche  die  Papillen  umschließen.  Entsprechend  dem  Wachstum 
der  gesamten  Epithelmassen  schieben  sich  diese  Hornröhren  auch  über 
den  Bereich  der  Papillen  hinaus  (M.),  ihr  Inneres  füllt  sich  dabei  mit 
Zellen,  die  eine  Art  Marksubstanz  bilden.  Sie  stammen  von  den  die 
Spitze  der  Papillen  deckenden  Epithelzellen.  Zwischen  den  Hornröhren 
liegen  als  Zwischenhorn  die  von  den  interpapillaren  Teilen  des  Stratum 
Malpighii  gelieferten  Zellenmassen.  Nach  Abstoßung  der  oberflächlichsten 
verhornten  Schicht  werden  die  Hornröhren  an  der  Oberfläche  sichtbar. 
Haupt-  und  Nebenbarten  erheben  sich  währenddessen  über  das  Niveau 
der  zwischen  ihnen  liegenden  Theile  des  Epithels  und  werden  in 
ihrem  freien  Bereich  von  einer  stärker  verhornten  Deckschicht  um- 
schlossen, die  jedoch  den  freien  Rand  der  Barten  frei  läßt.  Indem 
hier  das  Zwischenhorn  zerfällt,  lösen  sich  die  Hornröhren  auf  längere 
Strecken  voneinander  und  bilden  die  lang  herabhängenden  Barten- 
haare  (M.  und  m.). 

Nach  der  Geburt  nehmen  die  Hauptbarten  durch  Aufnahme  von 
Nebenbarten  an  Breite  zu,  während  andererseits  am  medialen  Rand  der 
Barte  neue  Nebenbarten  auftreten. 

Bereits  Tullberg  wies  auf  die  Zusammengehörigkeit  der  Barten 
mit  den  Gaumenleisten  hin. 


Litteratur  über 

II  o  r  ii  z  ä  h  n  e    der  C'yclostomc  n  u  n  d  A  nur  etil  a  r  v  e  n. 

van   Bambeke,    Ch.     Recherches    sur    la    structure    de    la    bouche    chez   les   tetards  des 
Batraciens  anoures.     Bull.  Acad.  de  med.  de  Belgique.  IL  serie  Tome  XVI.  1S63. 
Beard,   J.     Morphological  Studies.     Zool.  Jahrb.  Bd.  III.  Anat.  Abt.  1889. 

—  Notes  on  Lampreys  and  Hags  (Myxine).     Anat.  Anz.    VIII.  1893. 

Behrends,    G.      Untersuchungen  über  die  Hornzähne  der  Myxi/ne  glutinosa.     Zool.  Anz. 
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Die  Entwickelung  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.  77 

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Gardiner,   Edw.    G.      Beiträge  zur  Kenntnis    des  Epitrichiums    und    der    Bildung    des 

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Müller,    rloh.       Ueber    eine    eigentümliche  Bewaffnung    des    Zioischenkiefers    der    reifen 

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Eschrieht  und  Reinhardt.    Om  Nordhvalen  (Balaena  mysticetus  L.)  K.  Danske   Vidensk. 

Selskabs  Skrifter.  5  Raekke.  Naturvid.  og  Mathem.  Afd.  Bd.    V.  1861. 

e)   Die  Beteiligung   des  Ektoderms   an   der  Auskleidung 
der  Mundhöhle.     Das  V  e  s  t  i  b  u  1  u  m  o  r  i  s. 

Der  Anteil  des  Ektoderms  und  Entoderras  an  der  Auskleidung 
der  Mundhöhle  und  der  Bildung  ihrer  Organe  ist  nur  in  wenigen 
Fällen  genau  zu  bestimmen,  nämlich  dort,  wo  ein  Teil  der  Rachen- 
haut  als   Velum    erhalten    bleibt,    also    beim    Amphioxus    und    bei 


73 


E.    GÖPPERT. 


A m  mocoetes.  Schon  bei  den  M yxinoide n  besteht  diese  Möglich- 
keit nicht  mehr,  da  die  Rachenhaut  frühzeitig  schwindet  und  nicht 
mehr  mit  Sicherheit  bestimmt  werden  kann,  ob  das  später  auftretende 
Velum  ihrer  Stelle  entspricht.  Bei  den  gnathostomen  Fischen  ist 
jedenfalls  das  Ektoderm  anfänglich  auf  die  Nachbarschaft  der  Mund- 
öffnung beschränkt;  die  Verbreitung  von  Zähnen  im  Bereich  der 
Kiemenhöhle,  am  Dach,  am  Boden  (Zunge),  an  den  Kiemenbögen 
könnte  aber  daran  denken  lassen,  daß  nach  Beseitigung  der  Rachen- 
haut das  Ektoderm  weit  caudalwärts  vordringt,  wenn  man  nicht  dem 
Entoderm  die  Fähigkeit,  Zähne  zu  produzieren,  zutrauen  will.  Der 
Zahnbesatz  des  Amphibienmundes  resp.  das  Bestehen  der  nach- 
weislich aus  Zähnen  hervorgegangenen  Belegknochen  (0.  Hertwig) 
könnte  hier  das  Gleiche  annehmen  lassen,  ohne  daß  man  imstande 
wäre,  irgend  einen  Beweis  hierfür  zu  erbringen. 

Genauer  können  wir  die 
Grenze  zwischen  Entoderm  und 
Ektoderm  am  Mundhöhlendach 
der  A  m  n  i  o  t  e  n  bestimmen. 
Hierzu  verhilft  das  lange  Be- 
stehenbleiben des  Zusammen- 
hangs der  Hypophysenanlage 
(RATHKE'sche  Tasche)  mit  der 
^L^^T^S^\     \        Schleimhaut  der  Kopfdarmhöhle 

(Fig.  64  Hy.).    Der  Hypophysen- 
/\j         gang  entspricht  ja   dem  tiefsten 
^         j     Teil  der  Mundbucht,    da  er    un- 
mittelbar   vor    der    Rachenhaut 
seinen    Ursprung    nimmt.      Das 
u       7    X^r^y   ■/         ganze  Gebiet  vor  ihm  wird  also 
^'        *  von  Ektoderm  ausgekleidet.    Wie 

Fig.  G4.  A'nguis  fragilis.  Aelterer  Fig.  64  speciell  für  A n  gui S  f r a  - 
Embryo.  Medianschnitt  durch  den  Kopf,  gilis  lehrt,  reicht  demnach  das 
^.Hypophy^s  noch  in  Zusammenhang  mit  ektodermale  Gebiet  bis  in  die 
dem  Mundhohlenepithel.    L.  Kehlkopf.    Z.       TT..,  ,  Tr  -,  ,,       n  ■ 

Zunge.  Hohe     des      Kehlkopteingauges. 

Entsprechend  zeigte  W.  His  für 
Säugetiere,  insbesondere  den 
Menschen,  daß  die  Grenze  zwischen  Ento-  und  Ektoderm  am 
Pharynxdach  dicht  hinter  die  Choanen  unmittelbar  vor  den  Bereich 
der  Pharynxtonsille  fällt.  Dasselbe  ergiebt  sich  aus  einem  von 
Suchannek  beschriebenen  P'alle  von  Erhaltenbleiben  des  Hypo- 
physenganges bei  einem  4-jährigen  Kinde.  Am  Boden  der  Mund- 
höhle fehlt  die  Möglichkeit  einer  scharfen  Abgrenzung  des  Ektoderm- 
bereichs.  Es  ist  sehr  leicht  möglich,  daß  zur  Ausbildung  des  vordersten 
Teiles  der  Zunge  noch  Ektoderm  herangezogen  wird  (E.  Kallius, 
s.  Litteratur  über  Zunge).  Ebensowenig  sind  wir  imstande,  an  der 
Seitenwand  der  Mundhöhle  die  Grenze  festzulegen. 

In  weiter  Verbreitung  treffen  wir  eine  Vergrößerung  des  primi- 
tiven Bereichs  der  Mundhöhle  nach  außen  zu  durch  die  Ausbildung 
von  Lippen.  Wir  fanden  derartige  Bildungen  bereits  beim  Amphi- 
oxus  (s.  p.  6).  Die  Umrandung  des  Mundes  bei  Petromyzon 
ist  hier  zu  erwähnen  (p.  13),  ferner  die  eigenartigen  Faltenbildungen 
bei  den  Dipnoern,  welche  das  gesamte  Geruchsorgan  der  Mund- 
höhle anschließen    (p.  24).      Sehen    wir   von  Integumentfalten  ab,    die 


Die  Entwickelung  des  Mundes,  der  Mundhöhle  und  ihrer  Organe.  79 


von 


allerdings 


bei  einzelnen  Familien 

so   treffen   wir   eine 

bei    den    Anurenlarven    (s 

Mehrzahl     der    Reptilien. 

labiales.     Ihr  Fehlen    bei    den 

Rückbildung,     da     C.    Rose 


Teleosteern  den  Mundrand  umsäumen, 
vergängliche  Umrandung  des  Mundes 
p.  71).  Lippen  besitzen  ferner  die 
Sie  beherbergen  hier  die  Glandulae 
Cheloniern  erklärt  sich  aus  einer 
1 1892)  bei  älteren  Embryonen  von 
Che  Ion  e  Mi  das  rudimentäre  Lippenfurchen,  die  an  der  Außen- 
seite der  Kieferränder  entlang  ziehen,  nachweisen  konnte.  Ebenso 
wurden  Lippenrudimente  am  Ober-  und  Unterschnabel  der  Embryonen 
von  Vögeln  angetroffen  (Edw.  G.  Gardiner  1884,  G.  Rose  (1892) 
(s.  p.  72  und  Fig.  60,  61,  62  a).  In  allgemeiner  Verbreitung  be- 
stehen Lippen   in  Begrenzung   eines   geräumigen  Vestibulum  oris   bei 


Säugetieren. 


Ihre  seitliche 


geraumigen 
Vereinigung 


den 

schmälert  mehr  oder  weniger  die  Mundspalte 

Muskulatur  stehen  sie  auf  besonders  hoher 

wird 


zu  einer  Wange  ver- 
.  Durch  den  Besitz  einer 
Entwickelungsstufe. 


angegeben. 


Für  die  Mono  t  r  e  m  e  n  wird  ein  Fehlen  von  Lippen 
Jedenfalls  geht  ihnen  die  Abgrenzung  eines  Vestibulum  oris  ab ;  die 
Entwickelungsgesckichte  wird  aber  hier  erst  zu  entscheiden  haben,  ob 
nicht  die  Rückbildung  der  Kieferränder,  die  Folge  des  Zahnschwundes, 
hier  eher  in  Betracht  kommt  als  das  Fehlen  von  Lippen.  Das  erstere 
bedingt  mit  Sicherheit  bei  den  Mystacoceten  den  Mangel  einer 
Lippenfurche  an  der  sehr  mächtigen  Unterlippe  und  die  mangelhafte 
innere  Begrenzung  der  Oberlippe,  also  das  Fehlen  der  Abtrennung  eines 
Vestibulum  oris  (W.  Kükenthal)  *). 

Die  Anlage  des  Vestibulum  oris  macht 
sich  als  eine  seichte  Furche  auf  der  Höhe 
der  primitiven  Mundränder,  des  Kiefer- 
Lippenwulstes,  bemerkbar  (Fig.  37a).  Im 
Bereich  dieser  Lippenfurche  ist  das  Epithel 
verdickt  (menschlicher  Embryo  von  17  mm 
Steißscheitellänge,  C.  Rose,  Fig.  65  L.F.). 
Vom  Grund  der  Lippenfurche  senkt  sich 
dann  eine  Epithelleiste  in  das  Bindegewebe 
ein,  die  Lippenfurchenleiste  (Fig.  65  L.F.L., 
menschlicher  Embryo  von  25  mm,  C.  Rose), 
in  deren  Bereich  eine  Spaltbildung  auftritt. 
Diese  Spalte  hängt  mit  der  primären  Lippen- 
furche zusammen  und  scheidet  nunmehr 
scharf  die  Lippe  vom  Kieferwall,  bildet 
also  den  Raum  des  Vestibulum  oris.  Der 
gleiche  Vorgang  spielt  sich  nicht  nur  im 
Bereich   der   eigentlichen   Lippen,    sondern 

auch  der  Wangenregion  ab  (A.  Bild).  In  vielen  Fällen  fällt  die 
Abgangsstelle  der  Zahnleiste  noch  in  den  Bereich  der  Lippenfurche 
(s.  Fig.  65).  Daß  dies  aber  nicht  durchweg  der  Fall  ist,  beweisen  die 
Darstellungen  von  G.  Pouchet  und  L.  Chabry  und  A.  Bild.  Auch 
wenn  anfänglich  die  Zahnleiste  im  Bereich  der  Lippenfurche  entspringt, 
rückt  sie  späterhin  aus  ihr  heraus,  und  die  ihr  entsprechende  Furche 
wird  an  der  Oberfläche  des  Kieferwulstes  sichtbar  (Fig.  37b) 2). 


Fig.  65.  Embryo  vom 
Mensch,  4  cm.  Querschnitt 
durch  die  Anlage  der  Unter- 
lippe. Nach  C.  Rose.  L.F. 
Lippenfurche  (primäre).  L.F.L. 
Lippenfurchenleiste.  V.L.  Un- 
terlippenwulst.  U.K.  Unter- 
kieferwulst.     Z.L.  Zahnleiste. 


1)  Die  verbreitete  Angabe,  daß  den  Cetaceen  Lippen  fehlen,  trifft  weder  für 
die  Zahn-  noch  Bartenwale  zu  (W.  Kükenthal). 

2)  Die  erste  richtige  Darstellung  der  Lippenbildung   stammt  von   J.  Koll- 


80  E.    GÖPPERT, 

Endlich  sei  noch  auf  die  zeitweilige  epitheliale  Verklebung  der 
Mundspalte  bei  Marsupialiern,  die  nur  eine  enge  Saugöffnung 
freiläßt  (E.  Selenka  1886)  und  einen  entsprechenden  Vorgang  hin- 
gewiesen, den  F.  Keibel  (1899)  beim  Schaf  und  Reh  kennen  lehrte 
(s.  Bd.  I,  Kap.  ß,  p.  112  und  125).  In  den  letzteren  Fällen  fehlt  die 
funktionelle  Bedeutung  des  Vorganges,  die  ihm  offenbar  bei  den 
Beutlern  zukommt.  Bei  Schaf  und  Reh  löst  sich  der  Verschluß  noch 
in  embryonaler  Zeit. 

Das  eigenartige  sog.  Schnabelschild  des  Opossum  ist  oben  er- 
wähnt (s.  p.  28). 

Litteratur 

über  den  Bereich  des  Ektoderms  in   der  Mundhöhle  und   die  Entwiche  - 

lung  des   Vestibulum  oris. 

Bild,  A.     Die    Entwicklungsgeschichte    des   Zahnsystems    bei    Sus   domesticws    und    das 

Verhältnis  der  Lippenfurchenanlage  zur  Zahnleiste.     Anat.  Am.  Bd.  XX.  1902. 
Chievitz,  J.  H.     S.  L.  p.  61. 
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lab.  di  anat.  norm.   Univ.  Roma.    Vol.  S.  Fase.  2.  1901. 
His,    W.     Menschliche  Embryonen. 
Hoffmann,   A.      lieber  die  Entwickelung  des  Kronencementes  an  den  Backenzähnen  der 

Wiederkäuer,  mit  Berücksichtigung   der  Zahnentwickelung   im  allgemeinen.     Zeilschr. 

wiss.  Zool.  Bd.  LVIII.  1894. 
Keibel,   F.     1899.     A.  L.  III.  10. 
Kollmann,  J.     Entwickelung    der   Milch-    und   Ersatzzähne    beim   Menschen.     Zeitschr. 

wiss.  Zool.  Bd.  XX.  1870. 
Knkenthal,  W.     Vergleichend, anatomische  und entivickelungsgeschichtliche  Untersuchungen 

an    Waltieren.     Kapitel   IV  die   Entwickelung    der   äusseren   Körperform   der   Wale. 

6.  die  Lippen.     Denkschriften  der  medizinisch-naturwissenschaftlichen   Gesellschaft  zu 

Jena.     Bd.  III.  Jena  1893. 
Leehe,    W.     Studien    über    die    Entwickelung    des    Zahnsystems    bei    den    Säugetieren. 

Morphol.  Jahrb.  Bd.  XIX.  1893. 
Neiistättev,    O.      Ueber  den  Lippensaum  beim  Menschen,  seinen  Bau,  seine  Entwickelung 

und  seine  Bedeutung.     Münchener  medizin.  Dissert.     Jena  189-1. 
Pottchet  G,   et  CJiabry,  L.     Contribution   ä  l' Odontologie   des  mammiferes.     Journ.  de 

l'anat.  et  phys.  Par.  20  annee.  1884. 
Rose,   C.      Ueber    die    Entwickelung    der    Zähne    des    Menschen.      Arch.    f.    m.    Anat. 

Bd.  XXXVIII.  1891. 
—   1892.      S.  L.  p.   77. 
Selenka,  E.     1886.     A.  L.  III.  10. 
Stieda,   A.     S.  L.  p.  35. 
Stichannek.     S.  L.  p.  78. 

B.  Die  Entwickelung  der  luftführenden  Anhänge  des 

Vorderdarms. 

1.  Schwimmblase. 

Am  Vorderdarm  dicht  hinter  dem  Kiemenbereich  nehmen  die  luft- 
führenden Organe  der  Wirbeltiere,  die  Schwimmblase  und  die  Lungen, 
ihre  Entstehung.     Wir  betrachten  die  erstere  zunächst. 

Eine  Schwimmblase  i.  d.  R.  als  unpaare  Bildung  kommt  allen  6a- 
noiden    und    den  Teleosteern    mit  Ausnahme    einzelner   Arten,    bei 


mann  (1870).  Weiter  sind  zu  nennen  G.  Poüchet  und  L.  Chabry  (1884), 
W.  Leche  (1893),  A.  Hoffmann  (1894),  G.  Favaro  (1901),  C.  Böse  (1891), 
A.  Bild  (1902).  Bemerkungen  über  die  Entwickelung  der  Wange  finden  sich  bei 
J.  H.  Chievitz.  Ueber  den  Lippensaum  des  Menschen  vergl.  die  Arbeiten  von 
0.  Neustätter  (1894)  und  Stieda. 


Die  Entwickelung  der  luftführenden  Anhänge  des  Vorderdarms.     81 


denen  sie  rückgebildet  ist,  zu.  Bei  der  großen  Mehrzahl  der  Ganoiden 
mündet  sie  an  der  Dorsalseite  des  Oesophagus,  nur  bei  Polypterus  an 
der  Ventralseite.  Ihr  paariger  Bau,  ihre  Versorgung  aus  der  hintersten 
Kiemenvene  läßt  sie  bei  jener  Form  besonders  beachtenswert  erscheinen. 
Bei  einem  Teil  der  Teleosteer  besteht  keine  Verbindung  mit  dem  Darm 
(Pkysoklysten),  bei  den  anderen  stellt  ein  Ductus  pneumaticus  den  Zu- 
sammenhang mit  dem  Oesophagus  resp.  dem  Magen  her  (Physostomen). 
Dieser  mündet  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  dorsal  in  den  Vorderdarm,  nur 
bei  den  Erythr ininen  erfolgt  seine  Befestigung  an  der  linken  Seite 
(s.  Sagemehl).  Auf  die  große  Verschiedenheit  der  äußeren  Form  der 
Blasen,  auf  die  Komplikationen  im  gröberen  und  feineren  Bau  ihrer 
AVandung  sei  nur  kurz  hingewiesen,  da  entwickelungsgeschichtlich  diese 
Dinge  noch  nicht  gebührend  berücksichtigt  sind.  Für  die  Gestaltung 
des  Organs  ist  von  der  allergrößten  Bedeutung  seine  bei  mehreren  Ord- 
nungen erworbenen  Beziehungen  zum  Gekörlabjo-fnth,  die  ihren  voll- 
kommensten Ausdruck  in  dem  WEBER'schen  Apparat  finden.  Daß  end- 
lich die  Schwimmblase  oder  Teile  von  ihr  auch  respiratorische  Bedeutung 
besitzen,  ist  bei  einzelnen  Formen  wahrscheinlich,  bei  anderen  (Aal,  Ductus 
pneumaticus)  erwiesen. 

Bei  Embryonen  und  jungen  Tieren  mehrerer  Selachierarten  ist 
von  Miklucho-Maclay  (1867)  ein  Schleimhautdivertikel  an  der  Dorsal- 
seite der  Magen  -  Oesophagusgrenze  beschrieben  und  als  Rudiment 
einer  Schwimmblase  gedeutet  worden.  P.  Mayer  (1894)  bestätigte 
das  Vorkommen  des  Divertikels  nur  für  Mustelus,  fand  es  hier  auch 
bei  erwachsenen  Tieren,  aber  außer  ihm  noch  zwei  ventral  gelegene 
gleichartige  Taschenbildungen.  Dadurch  sowie  durch  die  Vereinzelung 
des  Vorkommens  sind  Beziehungen  des  Blindsackes  zur  Schwimmblase 
sehr  unwahrscheinlich  geworden. 


Unter  den  G  a  n  o  i  d  e  n  entsteht  bei  L  e  p  i  d  o  s  t  e  u  s ,  wie  wir  durch 
F.  M.  Balfour  und  W.  N.  Parker  (1882)  wissen,  die  Schwimmblase 
gleich  nach  dem  Ausschlüpfen  der  jungen  Tiere  in  dorsomedianer 
Lagerung  dicht  hinter  dem  Kiemenbereich  als  unpaares  Divertikel  der 
Darmwand  und  wächst  von  hier  nach  hinten  aus.  Eine  andere  sehr 
bemerkenswerte  Art  der  Entwickelung 
stellte  neuerdings  Bashford  Dean  (1896) 
und  eingehender  H.  Piper  (1902)  für  Amia 
calva  fest  (1902).  Hier  bildet  sich  die 
Schwimmblase  als  eine  rinnenförmige  Aus- 
stülpung dorsomedian  am  oralen  Teil  der 
Magen-Oesophagusanlage  (Fig.  66,  S.).  Die 
Panne  schnürt  sich  von  hinten  nach  vorn 
von  der  Darmanlage  ab  bis  auf  die  vorn 
als  Ductus  pneumaticus  bestehen  bleibende 
Kommunikation.  So  spielen  sich  hier  ähn- 
liche Vorgänge  ab  wie  bei  der  Lungenent- 
wickelung. 


Fig. 


66.  Amia  calva.  Ansicht  des  Darm- 
kanals eines  Embryos  von  der  Dorsalseite.  Nach 
einem  von  H.  Piper  gütigst  zur  Verfügung  ge- 
stellten Platten  modell.  S.  Schwimmblasen  anläge  am 
oralen  Teil  des  Vorderdarmes.  P.  Pankreas.  M. 
Milz.      V.  Vorderdarm.      Die  Leber  ist  weggelassen. 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.     II.  1. 


82 


E.    GÖPPERT, 


Für  die  Tele os teer  ist  bereits  durch  K.  E.  v.  Bär  (1835)  die 
Entwickelung  der  Schwimmblase  durch  Ausstülpung  der  Dorsalseite 
des  Vorderdarms  beschrieben  (Fig.  67,  S.).  Bei  den  Physoklysten 
bildet  sich  dann  der  Ductus  pneumaticus  zurück  (v.  Bär  und  Rathke). 


S. 


-   /  - 


-\~)-}i(^^ 


Fig.  68. 

Fig.  67. 

Fig.  67.  Trutta  fario.  Embryo  nach  dem  Ausschlüpfen.  Darmkanal  von 
der  Dorsalseite.  Nach  Stricker.  S.  Schwimmblase.  G.  Gallenblase.  L.  Leber. 
P.  Pankreas. 

Fig.  68.  Salmo  salar.  17  mm  langer  Embryo.  Sagittalschnitt  durch  den 
Vorderdarm   V.     Mit  der  Schwimmblasenanlage  S.     Nach  H.  K.  Cornestg. 


Die  Angabe  VON  Bär's,  daß  die  vordere  Kammer  der  Schwimmblase  von  Cy- 
prinus  anderen  allerdings  von  ihm  nicht  näher  bestimmten  Ursprungs  ist  als  die 
hintere,  mit  der  sie  erst  sekundär  verschmelzen  soll,  bedarf  dringend  der  Nach- 
prüfung. Nach  C.  Vogt  soll  die  Schwimmblase  von  Coregonus  palaea  als 
solider  Zellenhaufen  an  der  dorsalen  Vorderdarmwand  auftreten. 

Neue  Angaben  verdanken  wir  H.  K.  Corning  (1888)  für  Salmo. 
Der  Beginn  der  Entwickelung  der  Blase  macht  sich  bei  12  mm  langen 
Embryonen  bemerkbar.  Der  Oesophagus  ist  in  diesem  Stadium  vorn 
noch  solid,  weiter  hinten  besteht  eine  namentlich  dorsal  gerichtete  Er- 
weiterung seines  Lumens  und  von  hier  geht  die  Ausstülpung  der 
Schwimmblasenanlage  dorsalwärts  nach  hinten  und  etwas  nach  rechts 
zu  von  statten  (Fig.  68).  Die  Anlage  wächst  weiter  nach  hinten; 
dabei  erfährt  sie,  wie  aus  F.  Stricker's  Darstellung  hervorgeht,  eine 
geringe  Verlagerung  nach  der  linken  Seite  zu  (Fig.  67). 

Neben  den  Erörterungen  über  die  Leistung  der  Schwimmblase  spielte 
in  der  Litteratur  auch  die  Frage  nach  den  Beziehungen  zwischen  ihr 
und  den  Lungen  eine  wichtige  Rolle.  Schon  K.  E.  v.  Bar  äußerte  sich 
1835  dahin,  daß  zwischen  beiden  Organen  nur  eine  allgemeine  Analogie 
bestehe.  Im  Gegensatz  hierzu  treten  die  meisten  späteren  Autoren  mit 
wenigen  Ausnahmen  für  die  Homologie  beider  Organe  ein,  in  der  Art, 
daß  ein  ursprünglicher  Zustand  angenommen  wird,  von  dem  aus  in 
divergenter  Richtung  einerseits  die  Schwimmblase,  andererseits  die  Lunge 
entstand.  Von  dem  Wesen  einer  solchen  Ausgangsbildung  suchte  sich 
H.  Eisig  (1881)  auf  Grund  von  Beobachtungen  pneumatischer  Anhänge 
des    Annelidendarmes    eine  Vorstellung    zu    bilden.     Die    sog.   Schwimm- 


Die  Entwickelung  der  luftführenden  Anhänge  des  Vorderdarms.     83 

blasen  einzelner  Anneliden  haben  hydrostatische  Bedeutung,  dienen  aber 
vor  allem  als  Reservoir  für  Gasmengen,  die  zeitweilig  in  dem  die  Re- 
spiration vermittelnden  Darm  abgeschieden,  in  den  Schwimmblasen  auf- 
gespeichert und  bei  Bedarf  wieder  abgeführt  werden ,  um  der  Atmung 
zu  dienen.  Eine  ähnliche  Bedeutung  kann  man  nach  Eisio,  dem  sich 
Balfour  hierin  anschließt,  bei  einem  Organ  voraussetzen,  von  welchem 
die  Schwimmblase  wie  die  Lunge  ihren  Ausgang  nehmen  konnte. 

Bei  dem  Versuch,  die  Homologie  der  Lunge  und  Schwimmblase  zu 
begründen,  wird  •  die  Verschiedenheit  ihrer  Lagerung,  namentlich  ihrer 
Verbindung  mit  dem  Darmkanal  vor  allem  in  Betracht  zu  ziehen  sein, 
während  die  Unterschiede  ihrer  Gefäßversorgung  geringere  Bedeutung 
besitzen.  Eine  Hypothese,  welche  die  hier  sich  ergebenden  Schwierig- 
keiten zu  beseitigen  sucht,-  gab  J.  E.  V.  Boas  (1881).  Er  meinte,  daß  das 
pneumatische  Organ,  das  anfangs  unpaar  an  der  Dorsalseite  des  Darmes 
lag,  sich  samt  seinem  Verbindungsgang  der  Länge  nach  spaltete.  Jeder 
Teil  sollte  dann  um  den  Darm  herum  ventralwärts  wandern,  mit  dem 
anderseitigen  wiederum  in  seinem  Anfangsbereich  verschmelzen  und  so 
zu  einem  Zustand  führen,  wie  ihn  die  Schwimmblase  von  Porypterus 
und  die  Lunge  der  Amphibien  und  Amnioten  bietet.  Mehr  auf  den 
Boden  der  Erfahrung  stellte  sich  M.  Sagemehl  (1884).  Er  sieht  den 
primitiven  Zustand  bei  Polypterus  verkörpert,  von  dem  direkt  die 
Lunge  der  Amphibien  und  Amnioten  ableitbar  ist.  Bei  den  T  e  1  e  o  - 
steern  erhält  sich  nur  der  linke  der  beiden  Säcke  der  Polypteruslunge 
und  wandert  an  der  linken  Seite  des  Darmrohres  dorsalwärts  unter  Ueber- 
nahme  wesentlich  hydrostatischer  Bedeutung.  Einen  Uebergangszustand 
weisen  die  Erythrininen  mit  ihrer  linksseitigen  Mündung  des  Ductus  pneu- 
maticus  auf.  In  anderer  Weise  leiten  sich  die  Verhältnisse  bei  den 
Dipnoern  vom  Polypteruszustand  ab ,  wo  die  Verlagerung  des  Luft- 
sackes um  die  rechte  Seite  des  Darmes  herum  vor  sich  gegangen  ist, 
während  seine  Mündung  an  Ort  und   Stelle  verbleibt. 

Aus  der  Entwickelungsgeschichte  sind  bisher  keine  sicheren  Polge- 
rungen für  die  Prägen  nach  der  Homologie  der  Schwimmblase  zu  ziehen. 
Die  Homologie  zwischen  Lunge  und  Schwimmblase  läßt  sich  vorläufig 
mit  ihrer  Hilfe  nicht  beweisen,  aber  auch  nicht  mit  Bestimmtheit  aus- 
schließen. 


Litter  atur.     S c h w  i m m blase. 

Balfour,   F.  M.  and  Parker,   W.  N.     1882.     S.  A.  L.  III.  5. 

v.  Bär,  K.  E.  Untersuchungen  über  die  Entivickelungsgeschichte  der  Fische  nebst  einem 
Anhang  über  die  Schwimmblase.     Leipzig  1835. 

—  Ueber  die  Entstehungsweise  der  Schwimmblase  ohne  Ausführungsgang.  (Auszug  aus: 
Bullet,  scientif.  de  l'Academie  de  St.  Peter  sbourg.  T.  I.)  Ar  eh.  f.  Natitrgesch.  3.  Jahr- 
gang.    Bd.  I.     1837. 

Boas,  J.  E.  V.  Ueber  den  Conus  arteriosus  und  die  Arterienbogen  der  Amphibien. 
Morphol.  Jahrb.  Bd.    VII.  1881. 

Corning,  H.  K.  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Wundernetzbildungen  in  den  Schwimm- 
blasen der  Teleostier.     Morphol.  Jahrb.  Bd.  XIV.  1888. 

Cuvier  et   Valencietines.     Histoire  naturelle  des  poissons.   T.  XII  u.  XIX. 

Bashford  Dean.     1896.   S.  A.  L.  III.  5. 

Eisig,  H.  Ueber  das  Vorkommen  eines  schwimmblasenähnlichen  Organs  bei  Anneliden. 
Mitteilungen  aus  der  zoologischen  Station  zu  Neapel.  Bd.  II.  1881. 

Gegenbaur,    C.      Vergleichende  Anatomie  der   Wirbeltiere.  Bd.  IL  1901. 

Hasse  C.  Anatomische  Studien.  T.  XIV.  Beobachtungen  über  die  Schwimmblase  der 
Fische.     Leipzig  1873. 

Jacobs,  Christian.  Ueber  die  Schwimmblase  der  Fische.  Inaug.-Diss.  d.  naturio. 
Fakidtät  zu   Tübingen.     Leipzig  1898. 

6* 


84  E.  Göppert, 

Mayer,  P.  (Jeber  die  vermeintliche  Schicimmblase  der  Selachier.  Mitt.  a.  d.  zool.  Stat. 
Neapel.  Bd.  IL  Heft  3.  1S91. 

Mikliicho-Marlay.  Ueber  ein  Schwimmblasenrudiment  bei  Selachiern.  Jenaische  Zeitschr. 
Nalurw.  Bd.  III.  1867. 

Müller,  Joh.  Bau  und  Gh'enzen  der  Ganoiden.  Vergleichende  Anatomie  der  Myxi- 
noiden.     T.   IV. 

Piper,  H.  Die  Entwickelung  von  Leber,  Pankreas,  Milz  und  Schwimmblase  von  Amia 
calva.  Verh.  d.  Anat.  Ges.  16.  Vers,  zu  Halle.  1902.  Ergänzungsh.  zum  XXI.  Bd. 
des  Anat.  Anz.  1902. 

Sagemehl,  M.  Beiträge  zur  vergleichenden  Anatomie  der  Fische.  III.  Das  Cranium 
der  Characiniden  nebst  allgemeinen  Bemerkungen  über  die  mit  einem  Weber' sehen 
Ajijiamt  versehenen  Physostomenfamilien.     Morphol.  Jahrb.  Bd.  X.  1884:. 

Stricker,  F.  Plattenmodelle  zur  Entwickelung  von  Darm,  Leber,  Pankreas  u.  Schwimm- 
blase der  Forelle.     Internat.  Monatsschrift  f.  Anat.  u.  Physiol.  Bd.  XVI.  1899. 

Vogt,    C.      Embryologie  des  Salmones. 

Weber.     De  aure  et  auditu  hominis  et  animalium.     Lips.  1820. 

2.  Lungen  mit  Kehlkopf  und  Luftröhre. 

a)  Erste  Anlage. 

Wenn  wir  nunmehr  zur  Entwickelungsgeschichte  der  Lungen 
übergehen,  wollen  wir  zunächst  die  erste  Anlage  des  Luftweges  be- 
sprechen, und  dann  die  specielle  Entwickelung  von  Larynx  und  Trachea, 
endlich  die  der  Lungen  selbst  anschließen. 

Die  Lungen  treten  in  dem  Tierreiche  in  zwei  verschiedenen,  nicht 
ohne  weiteres  aufeinander  zu  beziehenden  Zuständen  auf.  Den  einen 
repräsentieren  wiederum  in  zwei  Modifikationen  die  Dipnoer,  den 
anderen  die  übrigen  Lungenatmer.  Gemeinsam  ist  beiden  die  ventrale 
Verbindung  mit  dem  Darmrohr. 

Genauer  bekannt  sind  wir  nur  mit  der  Entwickelung  der  A  m  - 
phibien-  und  Amniotenlunge.  Hier  herrschen  im  großen  und 
ganzen  in  der  ersten  Anlage  durchaus  übereinstimmende  Verhältnisse. 
Sie  entsteht  an  der  ventralen  Seite  der  Vorderdarmwand  unmittelbar 
hinter  dem  Kiemenbereich.  Das  Darmrohr  buchtet  sich  hier  zu  einer 
schmalen  Rinne  aus,  die,  sagittal  gestellt,  in  ganzer  Länge  mit  dem 
übrigen  Darmlumen  kommuniziert  (Lungenrinne  Fig.  69  70  u.  71  Lr). 
Diese  Rinne  beginnt  dann  von  ihrem  caudalen  Ende  an  sich  gegen 
den  zum  Oesophagus  werdenden  Teil  des  Darmrohres  abzuschließen. 
Gleichzeitig  oder  schon  vor  dem  Beginne  der  Abschnürung  wachsen 
aus  ihrem  caudalen  Ende  in  die  Leibeshöhle  jederseits  einragend  die 
beiden  primitiven  Lungensäcke  hervor  (Fig.  71  L).  Der  Abschluß 
der  Lungenrinne  gegen  das  Darmrohr  führt  zur  Bildung  der  Trachea, 
die  dann  mehr  oder  weniger  stark  in  die  Länge  wächst  (Fig.  71a 
und  b).  Nur  vorn  erhält  sich  die  Verbindung  beider.  Der  dieselbe 
vermittelnde  Teil  des  Luftweges  wird  zum  Kehlkopf,  die  Mündung 
zum  Aditus  laryngis,  dessen  Umgebung  bei  Amnioten  eine  be- 
sondere   Ausgestaltung  erfährt. 

In  den  verschiedenen  Klassen  der  höheren  Wirbeltiere  bestehen 
einzelne  Besonderheiten  der  ersten  Anlage  des  Luftweges,  die  noch  kurz 
zu  erwähnen  sind. 

Von  den  Amphibien  kennen  wir  am  eingehendsten  die  Lungen- 
entwickelung  von  Bombinator  durch  A.  Goette  (1874).  [Vergl.  auch 
A.  W.  Weisse  (1895),  M.  Hempstead  (1900)  und  S.  H.  Gage  (1900)].  Die 
Lungenrinne  ist  hier  nur  kurz,  entsprechend  dem  kurzen  gedrungenen 
Bau  des  gewöhnlich  als  Stimmlade  bezeichneten  unpaaren  Teils  des  Luft- 


Die  Entwickelung  der  luftführenden  Anhänge  des  Vorderdarms.     85 

weges  (=  Kehlkopf  plus  Trachea)  (Fig.  69).  Die  paarigen  Lungen- 
säcke, die  nach  hinten  in  das  Bindegewebe  der  Splanchnopleura  des 
Vorderdarms  hineinwachsen,  bilden  zunächst  je  einen  dickwandigen,  von 
engem  Lumen  durchzogenen  Schlauch,  der  sich  später  unter  Abmachung 
des  Epithels  ausweitet  und  dünnwandig  wird.  Die  Lungenanlagen  lösen 
sich  dabei  von  der  Wand  des  Vorderdarmes  allmählich  ab,  bleiben  aber 
noch  lange  mit  ihm,  später  mit  seinem  Mesenterium  durch  eine  Peritoneal- 
duplikatur  in  Verbindung.  Bei  anderen  Anuren  ist  die  erste  Anlage  der 
Lunge  ein  solider  Auswuchs  der  Vorderdarmanlage  (Hbmpstead). 


Th.       U 


Fig.  70. 
Fig.  69. 

Fig.  69.  Born  bin  at  or  igneus  Larve.  Querschnitt  in  der  Höhe  der  Lungen- 
anlage. Nach  A.  Goette.  Lr.  Lungenrinne  mit  den  seitlichen  Ausbuchtungen  der 
primitiven  Lungensäcke. 

Fig.  70.  Hühnchen  am  3.  Bebrütungstage.  Medianschnitt  durch  den  Kopf 
nach  A.  Seessel.     Lr.  Lungenrinne,  Th.  Thyreoidea,  U.  Unterkieferwulst. 


Von  Sauropsiden  ist  uns  seit  A.  Seessel  (1877)  die  erste  An- 
lage der  Lunge  beim  Hühnchen  am  genauesten  bekannt  (ältere  Be- 
obachtungen bei  v.  Bär,  Remak,  A.  G-oette,  Selenka).  Die  Lungenrinne 
ist  am  Anfang  des  3.  Bebrütungstages  fast  gleichzeitig  mit  der  Schild- 
drüsenanlage als  flache,  nach  hinten  vertiefte  Ausbiegung  der  Vorder- 
darmwand erkennbar  (Fig.  70  Lr).  Mitte  des  3.  Tages  beginnen  die 
Lungenanlagen  hervorzusprossen,  während  die  Ablösung  der  Rinne  vom 
Oesophagus  und  damit  die  Bildung  der  Trachea  erst  etwa  am  5.  Tage 
beginnt. 

Für  die  Säugetiere  basiert  unsere  Kenntnis  auf  den  Unter- 
suchungen Kölliker's  (1879)  [Kaninchen],  und  W.  His  (1887)  [Mensch], 
an  die  sich  eine  Reihe  anderer  Forscher  anschlössen1)  (Fig.  71a  u.  b). 
Die  Lungenrinne  bildet  anfangs  nur  den  ventralen  Teil  des  von  beiden 
Seiten    her    abgeflachten    vordersten  Teils    der  Vorderdarmanlage.     Bald 


1)  Den  Ausbau  der  Kenntnis  über  die  erste  Lungenanlage  verdanken  wir 
ferner  folgenden  Forschern:  N.  Uskow  (1883)  [Kaninchen],  P.  Willach  (1888) 
[Maus],  A.  Robinson  (1889)  [Ratte  und  Maus],  A.  Stoss  (1892)  [Schaf],  A.  Nico- 
las und  Z.  Dimitrova  (1897)  [Schaf],  A.  Narath  (1901)  [Meerschweinchen  und 
Kaninchen]. 


86  E.  Göppert, 

vertieft  und  erweitert  sie  sich  an  ihrem  caudalen  Ende.  Frühzeitig 
macht  sich  dabei  eine  Asymmetrie  bemerkbar,  indem  die  Erweiterung 
nach  rechts  stärker  vorspringt  als  nach  links.  Dieses  asymmetrische 
Verhalten  zeigen  auch  die  beiden  von  hier  ausgehenden  primitiven  Lungen- 
schläuche. Diese  wachsen  caudalwärts  in  eine  mächtige,  von  der  Splanchno- 
pleura  des  Vorderdarmes  gelieferte  Bindegewebsmasse  hinein  und  be- 
ginnen hier  ihre  Verzweigung  (s.  u.).  Beim  Menschen  ist  die  Lungen- 
rinne schon  vor  Ablauf  der  3.  Woche  erkennbar.  Am  Schlüsse  des 
1.  Monats  ist  die  Abtrennung  der  Trachea  gegen  den  Oesophagus 
vollzogen,  die  dann  stark  in  die  Länge  wächst.  Gleichzeitig  beginnt 
die   Sprossenbildung  an  den  Lungenschläuchen  J)   (W.  His). 


Fig-  71a-  Fig.  71b. 

Fig.  71a  u.  b.  Menschliche  Embryonen  von  5  und  12,5  mm  Länge. 
Eingeweiderohr  mit  Lungenanlage  von  rechts,  nach  W.  His.  Hy.  Hypophysisanlage. 
L.  Primäres  Lungensäckchen.  Lr.  Lungenrinne.  Lar.  Larynx.  TV.  Trachea.  Th.  Thyreoidea. 

b)  Entwickelung  des  Larynx  und  der  Trachea  (incl.  Syrinx). 

Wir  beginnen  die  Betrachtung  der  Entwickelung  des  Larynx  mit 
der  seines  Eingangs   und  Binnenraunies. 

Bei  den  Amphibien  begrenzt  im  allgemeinen  jederseits  eine  vom 
Arytänoid  gestützte  Falte  (Plica  arytaenoidea)  den  sagittal  gestellten, 
spaltförmigen  Kehlkopfeingang.  Bei  den  Sauropsiclen  erhebt  sich  in  ein- 
zelnen Fällen  die  ventrale  Umrandung  des  Eingangs  zur  Bildung  einer 
Epiglottisfalte.  Erst  bei  den  Säugern  besitzt  aber  eine  Epiglottis  wesent- 
liche Bedeutung  und  mächtige  Ausbildung.  An  ihr  befestigen  sich  die 
ventralen  Enden  der  seitlichen  Grenzfalten,  der  Plicae  ary-epiglotticae. 
In  Beziehung  zum  Kehlkopf  stehen  endlich  noch  die  Plicae  palato  (resp. 
pharyngo-)   epiglotticae. 

Die  Entwickelung  des  Kehlkopfeinganges  ist  für  die  höheren 
Säugetiere  und  namentlich  den  Menschen  bekannt  (v.  A.  E.  Kallius, 
1897).  In  frühen  Stadien  bilden  die  Seiten  des  Acutus  laryngis  die 
durch  die  Arytänoidanlage  stark  emporgetriebenen  sogenannten  Ary- 
wülste,  welche  den  Plicae  arytaenoideae  der  Amphibie  n  gleich  zu  setzen 
sind.  Aus  ihnen  gehen  die  Plicae  ary-epiglotticae  mit  den  sich  bald 
bemerkbar  machenden  Noduli  Wrisbergi  (cuneiformes)  hervor.    Später, 

1)  Als  Hemmungsbildung  auf  dem  Stadium  der  Lungenrinne  läßt  sich  eine 
Mißbildung  verstehen,  die  bei  einem  menschlichen  8-monatlichen  Foetus  von 
H.  Schmit^(1893)  beobachtet  wurde.  Die  Lunge  fehlt,  auch  der  untere  Teil  der 
Trachea.  Kehlkopf  und  Trachea  kommunzierten  in  ganzer  Ausdehnung  mit  dem 
Oesophagus. 


Die  Entwickelung  der  luftführenden  Anhänge  des  Vorderdarnis.     87 

beim  Menschen  am  28. — 29.  Tage,  erhebt  sich  der  ventrale  Teil  des 
Einganges  zu  einer  quergestellten  Falte,  der  Epiglottis  (Fig.  72  Ep.), 
die  jederseits  noch  mit  seitlichen  Teilen  (Ep.l.)  die  vorderen  Ansätze 
der  Plicae  ary-epiglotticae  ein  Stück  überragt.  Diese  seitlichen  Teile 
der  Epiglottisfalte,  die  bei  Säugetieren  in  fast  allgemeiner  Verbreitung 
vorliegen,  schwinden  beim  Menschen  im  Laufe  der  weiteren  Ent- 
wickelung1). Nicht  lange  nach  dem  Auftreten  der  Epiglottis  zeigen 
sich  auch  als  starke  Falten  die  beim 
Menschen     sehr     variablen     Plicae 

pharyngo-epiglotticae     {PL  ph.  ep.).  ,.....-  Ep. 

Ihnen  entsprechen  bei  niederen 
Formen  der  Piacent 'alier  und 
bei  den  Monotre m e n  die  für  den 


Fig.  72.     Menschlicher  Embryo 
(40— 42  Tage).      Kehlkopfeingang.      Nach  \j§/!  \]      -IMod.CUn. 

E.  Kalliüs.  Ar.  der  Spitze  des  Arytänoides 
entsprechender  Wulst.  Ep.  Epiglottisfalte. 
Ep.  I.  Seitenteile  der  Epiglottis.  Nod.  cun. 
Nodulus  Wrisbergi  (cuneiformis).  PI.  ph.-ep. 
Plica  pharyngo-epiglottica. 

hinteren  Abschluß  des  Isthmus  faucium  sehr  wichtigen  Plicae  palato- 
epiglotticae. 

Sehr  beachtenswert  ist,  daß  der  Kehlkopfeingang  des  menschlichen 
Fötus  und  Neugeborenen  viel  höher  steht  als  der  des  Erwachsenen. 
Bei  Föten  im  5.  Monat  steht  die  Epiglottis  noch  hinter  dem  Veluni 
palatinum,  der  Kehlkopf  ragt  also  in  das  Cavum  pharyngo-nasale  ein 
(J.  Symington,  C.  Gegenbaur,  H.  B.  Howes),  wie  es  für  die  Säuge- 
tiere im  allgemeinen  charakteristisch  ist  (J.  Rückert). 

Gleichzeitig  mit  der  mächtigeren  Ausbildung  der  Arytänoidwülste 
verengt  sich  der  Binnenraum  des  Kehlkopfes  in  querer  Richtung  und  es 
kommt,  wie  es  scheint,  allgemein,  zu  einer  teilweisen  Verklebung  der 
einander  zugekehrten  Wandflächen  (Fig.  73L).  An  der  Dorsalseite  erhält 
sich  aber  dauernd  ein  Teil  des  Lumens  und  setzt  sich  an  letzterer  Stelle 
in  das  der  Trachea  fort.  Erst  in  der  10. — 11.  Woche  stellt  sich  beim 
menschlichen  Embryo  das  Lumen  wieder  ganz  her,  gleichzeitig  mit  dem 
Erscheinen  der  Stimmbänder  (W.  Roth,  A.  Kölliker,  Entwickelungs- 
geschichte,  E.  Putelli,  E.  Kalmus,  1897).  Im  4.  Monat  kommt  es 
dann  hier  zur  Ausbildung  der  MoRGAGNi'schen  Tasche  (D.  Hansemann, 
1899).  Ueber  die  Entwickelung  der  übrigen  vom  Kehlkopf  ausgehenden 
verschiedenen  Ventrikelbildungen  ist  noch  nichts  bekannt. 

Ein  Skelet  des  Luftweges  treffen  wir  von  den  Amphibien2) 
an  in  steigender  Vervollkommnung.  Wir  können  hier  als  primäres 
Skelett  Stücke  zusammenfassen,  die  in  ihrer  vollkommensten  Ausbildung 
sich  als  Arytänoide  samt  SANTORiN'schen  Knorpeln,  Cricoid,  Procri- 
coide  und  Tracheairinge  darstellen.  Als  spätere  Erwerbungen  gesellen 
sich  ihnen  der  Epiglottisknorpel  mit  dem  WRiSBERG'schen  Knorpel 
und  die  Cartilago  thyreoüdes  hinzu: 

1)  Die  Anlage  der  Epiglottis  samnit  der  der  ary-epiglottischen  Falten  ist  von 
W.  His  als  „Furcula"  zusammengefaßt  worden. 

2)  Unter  den  Dipnoern  besitzt  Protopterus  in  der  Schleimhaut  des  Vorder- 
darmes vor  dem  Eingang  zur  Lunge  eine  aus  festgefügtem  Bindegewebe 
bestehende  Platte,  die  keine  Beziehungen  zu  einem  der  Kehlkopfknorpel  der  höheren 
Formen  erkennen  läßt. 


88  E.  Göppert, 

Die  vergleichend-anatomischen  Untersuchungen  J.  Henle's  (1839) 
ergaben,  daß  das  primäre  Laryngo-Trachealskelett  im  primitivsten  Ver- 
halten aus  einem  Paar  von  Knorpelstücken  besteht,  die  jederseits  den 
Luftweg  begleiten,  den  Seitenknorpeln  (Cartilagines  laterales,  Proteus, 
Necturus) x).  Bei  den  höheren  Pormen  haben  die  oralen  Teile  der  Seiten- 
knorpel ihr  Homologon  in  den  Arytänoiden.  Den  folgenden,  sogenannten 
Partes  crico-tracheales  der  Seitenknorpel,  entsprechen  das  Cricoid  und 
die  Tracheairinge  resp.  Bronchialringe,  die  ihren  Bereich  schließlich  in 
das  Innere  der  Lunge    ausdehnen. 

Die  Untersuchung  der  Entwickelung  des  primären  Laryngo- 
Trachealskeletts  bei  Salamandra  und  Triton  durch  C.  Gegenbaur 
(1892)  ergab,  daß  hier  jederseits  bei  jungen  Larven  eine  stabförmige 
Knorpelanlage  den  Luftweg  bis  zum  Beginn  der  Lungensäcke  begleitet, 
die  nach  ihrem  Verhalten  nur  als  Cartilago  lateralis  bezeichnet  werden 
kann.  An  ihr  gliedert  sich  der  vorderste,  die  Muskeln  des  Kehlkopfes 
aufnehmende,  Teil  ab  und  bildet  das  Arytänoid.  Daß  auch  in  dem 
übrigen  Teile  später  Zerlegungen  eintreten,  ergiebt  die  Untersuchung 
des  fertigen  Tieres. 

Sehr  abweichende  Vorgänge  spielen  sich  bei  der  Entwickelung 
des  Kehlkopfskeletts  der  Anuren  ab,  wie  M.  Märtens  (1897)  zeigte, 
und  nur  Einzelheiten  weisen  darauf  hin,  daß  auch  hier  ursprünglich 
die  Cartilago  lateralis  vorlag. 

Das  Arytänoid  scheint  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  bereits  gesondert 
angelegt  zu  werden.  Nur  bei  Bufo  verbindet  eine  schmale  Zellenbrücke 
noch  seine  Anlage  mit  der  der  Pars  crico-trachealis  des  Skelettes,  als 
ein  letzter  Rest  ursprünglicher  Zusammengehörigkeit.  Bei  Alytes  ob- 
stetricans  bestehen  sogar  ganz  erhebliche  zeitliche  Verschiedenheiten 
im  Auftreten  beider  Teile.  Die  Arytänoidanlage  ist  anfänglich  stabförmig 
und  wird  erst  später  zur  Schalenform  übergeführt. 

Die  übrigen  Bestandteile  des  Laryngo-trachealskelettes  legen  sich 
bei  Alytes  obstetricans  jederseits  als  ein  Knorpelstab  an,  in 
welchem  die  Pars  crico-trachealis  der  Cartilago  lateralis  wiederkehrt. 
Dauernd  repräsentiert  ist  dieser  Zustand  bei  einem  anderen  Anuren: 
Discoglossus  pictus.  Durch  dorsale  und  ventrale  Verbindung  der 
oralen  Teile  beider  Stücke  untereinander  kommt  es  zur  Ausbildung:  des 
sog.  Ringknorpels.  Wesentlich  anders  läuft  die  Entwickelung  bei  R  a  n  a 
undHyla  ab.  Hier  entstehen  caudal  vom  Arytänoid  dorsal  und  ventral 
isolierte  Knorpelstücke,  die  seitlich  vom  Luftweg  miteinander  zusammen- 
fließen und  damit  den  Ringknorpel  entstehen  lassen.  Von  dessen  lateralen 
Teilen  entwickelt  sich  dann  erst  jederseits  ein  Stab,  der  den  Luftweg 
begleitet,  die  Pars  trachealis  des  Crico-trachealskeletts.  Da  eine  Parallele 
der  Stadien  dieses  Entwickelungsganges  bei  fertigen  Formen  und  auch 
in  der  Ontogenese  primitiverer  Arten  nicht  zu  finden  ist,  werden  wir  in 
ihm  einen  stark  cänogenetisch  veränderten  Vorgang  zu  erblicken  haben. 
Die  Erklärung  für  die  auffallende  Abweichung  steht  noch  aus. 

Für  die  Sauropsiden  fehlt  bisher  noch  die  Untersuchung  der 
Entwickelung  des  primären  Laryngo-trachealskelettes,  während  sie  bei 
den  Säugetieren  genauer  bekannt  geworden  ist2). 

1)  Die  Bezeichnung  „Cartilago  lateralis"  wird  seit  Gegenbaur  (1892)  in  dem 
obigen  Sinne  verwandt.  Henle  selbst  hatte  mit  Cartilago  lateralis  das  Stück  be- 
zeichnet, das  oben  Pars  resp.  Cartilago  crico-trachealis  genannt  wurde. 

2)  Die  folgende  Schilderung  stützt   sich  auf  die  Angaben  E.  Göppert's  (1901) 


Die  Entwickelung  der  luftführenden  Anhänge  des  Vorderdarms.     89 


Vor  dem  Auftreten  distinkter  Skelettanlagen  besteht  in  der  Um- 
gebung des  Luftweges  eine  dichtere  Anordnung  des  mesodermalen 
Gewebes  und  in  ihm  kommt  es  dann  zur  Differenzierung  der  Knorpel- 
anlagen, die  im  großen  und  ganzen  gleich  bei  ihrem  Auftreten  die 
Gestalt  der  fertigen  Teile  aufweisen.  Ihr  Gewebe  ist  als  Vorknorpel 
zu  bezeichnen.  Beim  Menschen  beginnen  sie  Ende  der  4.  Woche 
hervorzutreten.  An  den  Anlagen  ist  bemerkenswert,  daß  die  der 
Arytänoide    mit    dem  Cricoid,    letzteres    vielfach  wenigstens    mit    dem 


Tracheairinges 


und    die 


Zusammenhang 


Seite 


Cartilagines  laterales 


Tracheairinge 

stehen. 

und 

an. 


des  Luftweges 


dorsalen    Ende     des     ersten 
wiederum     untereinander    in    unmittelbarem 
Diese  Verbindungen  liegen  durchweg  an  der 
zeigen   die   Herkunft   der  Knorpel   aus   den 

In  der  vorknorpligen  Anlage  des  Arytänoids  tritt  nach  Kallius 
beim  Menschen  Ende  der  7.  Woche  zuerst  hyaline  Grundsubstanz  auf. 
Bemerkenswert  ist,  daß  die  caudalen  Teile  der  Anlagen  beider  Stell- 
knorpel bei  Echidna  dorsal  vom  Kehlkopf  durch  eine  Gewebsbrücke 
miteinander  in  kontinuierlicher  Verbindung  stehen  (Fig.  73),  selbst  noch 
nach  dem  Auftreten  hyaliner  Grundsubstanz.  Ein  analoges  Verhalten 
zeigt  dauernd  S i r e n  lacertina.  Weiterhin  wird  die  dorsale  Verbindung 
beider  Arytänoide  median  durchtrennt;  beide  stoßen  dann  noch  in  einer 
Naht  zusammen.  Eine  innige  dorsale  Verbindung  beider  Arytänoide  be- 
steht übrigens  im  fertigen  Zustande  auch  bei  den  Marsupialiern 
(J.  Symington)  und  in  weiter  Verbreitung,  wenn  auch  lockerer  bei 
Placentaliern.  Sie  scheint  also  für  die  Säugetiere  überhaupt  ein  ur- 
sprünglicher Besitz  gewesen  zu  sein. 

Eine  Abgliederung  des  oralen  Teiles  des  Arytänoids  bildet  die 
Cartilago  Santorini  (C.  corniculata).  Wahrscheinlich  stehen  auch 
die  sog.  Procricoide  (Schaltstücke)  in  genetischer  Beziehung  zu  den 
Stellknorpeln.  Das  vordere  Procricoid  (sog.  Interarytänoid),  das  der 
dorsalen  Raphe  der  Schließmuskeln  eingelagert  ist,  scheint  nach  Be- 
funden bei  Echidna  vom  oralen  Rand  der  oben  erwähnten  Interary- 
tänoidbrücke  auszugehen.    Mög- 


licherweise entsteht  das  hintere 
am  caudalen  Brückenrand.  Auf 
keinen  Eall  haben  die  Pro- 
cricoide der  Säuger  irgend 
etwas  mit  dem  gleichnamigen 
Stücke  der  Reptilien,  einer 
Abgliederung  des  Cricoids,  zu 
thun. 


vPh. 


Das  Cricoid  eilt  in  seiner 


Fig.  73.  Echidna.  Embryo. 
Querschnitt  durch  den  oralen  Teil 
des  Kehlkopfes  und  den  Pharynx. 
Ar.  Arytänoidanlage.  Dil.  Diktator 
laryngis.  H.H.  Zweiter  Zungenbein- 
bogen. H.Co.  Hyoid-Copula.  Th.I. 
Erster  Thyreoidbogen.  Th.Co.  Thy- 
reoidcopula.  L.  Kehlkopf.  Ph.  Pha- 
rynx. M.  ar.  pr.  Muse,  ary-procricoi- 
deus. 


für  Echidna ,  A.  Nicolas'  (1894)  und  besonders  E.  Kallius'  (1897)  für  die  höheren 
Formen,  namentlich  den  Menschen. 


90  E.    GÖPPERT, 

kistogenetischen  Ausbildung  den  Arytänoiden  und  Tracheairingen  voran. 
Zu  einer  Zeit,  in  welcher  letztere  noch  vorknorpeligen  Charakter  tragen, 
besteht  im  Ringknorpel  bereits  hyaline  Grundsubstanz. 

Bei  Echidna-Embr}Tonen  fiel  die  große  Variabilität  der  Gestalt  des 
Ringknorpels  auf.  Konstante  Verhältnisse  zeigten  nur  die  dem  Verlauf  der 
Cartilago  lateralis  entsprechenden  Seitenteile,  als  die  mächtigsten  und  primi- 
tivsten Teile  des  Skelettstückes.  Beim  Menschen  tritt  in  der  ringförmig 
geschlossenen  vorknorpeligen  Cricoidanlage,  die  am  29.  Tage  erkennbar 
ist,  die  Umbildung  in  hyalines  Knorpelgewebe  zuerst  in  den  Seitenteilen 
auf,  etwas  später  im  ventralen  Teile  des  Ringes  (40. — 42.  Tag),  zuletzt 
erst  im  dorsalen  Teil.  Dieses  Fortschreiten  des  Differenzierungsprozesses 
weist  auf  verschiedene  Stadien  der  phylogenetischen  Entwickelung  hin, 
die  Seitenteile  sind  die  ältesten  Stücke,  die  zunächst  sich  nur  ventral 
zusammenschlössen,  zuletzt  erst  auch  dorsal  in  Verbindung  treten.  An- 
fänglich ist  der  dorsale  Teil  des  Ringes  schmal,  erst  allmählich  ver- 
breitert er  sich  zur  sog.  Platte.  In  der  7. — 8.  Woche  ist  die  definitive 
Form  erreicht.  Die  Thatsache,  daß  die  Ringknorpelplatte  sich  am 
spätesten  entwickelt,  stimmt  mit  den  Ergebnissen  der  Vergleichung 
fertiger  Zustände  überein. 

Für  die  Tracheair  in  ge  konnte  bei  E  c  h  i  d  n  a  -  Embryonen  fest- 
gestellt werden,  daß  im  vorknorpeligen  Zustande  ihre  dorsalen  Enden 
jederseits  auf  längere  Strecken  durch  einen  vorknorpeligen  Strang  in 
Zusammenhang  stehen,  so  daß  hier  auf  das  deutlichste  der  Zusammenhang 
der  Cartilago  lateralis  erkennbar  hervortrat.  Auch  später,  nach  dem 
Auftreten  hyaliner  Grundsubstanz  hängen  vielfach  die  dorsalen  Enden 
der  Halbringe  noch  mit  den  folgenden  oder  vorhergehenden  Stücken  durch 
Vorknorpel  zusammen,  der  sich  stellenweise  noch  weiter  zu  Hyalinknorpel 
umbildet,  während  er  anderwärts  der  Rückbildung  verfällt,  so  daß  die 
Ringe  voneinander  frei  werden.  Nach  R.  W.  Philip  erfolgt  die  Aus- 
bildung der  Tracheairinge  cranial  früher  als  caudal. 

Von  den  späteren  Erwerbungen  des  Kehlkopfskelettes  besprechen 
wir  zunächst  den  Epiglottisknorpel  und  die  WRiSBERG'schen 
Knorpel  (Cartilagines  cuneiformes) 1). 

Nur  bei  den  Säugetieren  besteht  ein  selbständiger  Epiglottisknorpel, 
mit  ihm  haben  die  bei  den  Sauropsiden  vorkommenden  sogenannten  Pro- 
cessus epiglottici  des  Cricoids  nichts  zu  thun.  Der  Epiglottisknorpel  ist 
in  seinen  oberen  Partieen  der  Gestalt  der  Epiglottisfalte  angepaßt.  An 
seiner  Basis  besitzt  er  ursprünglich  paarigen  Bau,  indem  er  in  zwei 
Fortsätze  ausläuft  (Echidna).  Nur  dort,  wo  der  Knorpel  am  oberen 
Thyreoidrand  Anschluß  findet  und  sich  ihm  anpaßt,  oder  wenn  Rückbildungen 
der  Basis  eintreten,  fehlt  die  Paarigkeit.  Die  paarigen  basalen  Teile 
des  Knorpels  können  den  Keklkopfeingang  von  vorn  her  umfassen  und 
sich  endlich  als  WiusBERG'sche  Knorpel  (Cartilagines  cuneiformes)  abgliedern. 
Das  gesamte  Epiglottisskelett  besteht  aus  elastischem  Knorpel  und  erfährt 
oft  weitgehende  Rückbildungen. 

In  der  histogenetischen  Entwickelung  bleibt  die  Anlage  des  Epi- 
glottisskelettes  etwas  hinter  den  meisten  übrigen  Bestandteilen  des 
Laryngo-trachealskelettes  zurück,  wenn  sein  Auftreten  selbst  auch  nur 
wenig  später  erfolgt   als  das  der  anderen  Stücke;   auch  zwischen  den 


1)   Vermutlich    gehört  hierher    auch  der   Knorpel    am   Eingang    des    vorderen 
medianen  Ventrikels  der  Muriden  und  Arvicoliden. 


Die  Entwickelung  der  luftführenden  Anhänge  des  Vorderdarms.     91 

letzteren  bestehen  übrigens  erhebliche  zeitliche  Verschiedenheiten  in 
der  Entwickelung.  Bei  Echidna  ist  die  Paarigkeit  der  Basis  von 
vornherein  ausgeprägt  (E.  Göppert  1901).  Es  besteht  keinerlei  Zu- 
sammenhang mit  anderen  Skelettanlagen.  Beim  Menschen  stimmt 
nach  E.  Kallius  bemerkenswerterweise  die  Anlage  des  Knorpels, 
die  schon  am  29.  Tage  erkennbar  ist,  nicht  völlig  mit  der  des  fertigen 
Zustandes  überein.  Sie  ist  an  ihrer  Basis  verhältnismäßig  breiter  und 
reicht  etwas  in  die  Plicae  ary-epiglotticae  hinein.  Hier  steht  sie  noch 
bei  einem  Embryo  der  29.  Woche  durch  starke  Bindegewebszüge  mit 
der  Anlage  des  WitiSBERG'sclien  Knorpels  in  Zusammenhang.  So 
dokumentiert  sich  noch  die  Zugehörigkeit  der  letzteren  zum  Epiglottis- 
skelett. 

Wie  der  Epiglottisknorpel,  so  ist  auch  die  Cartilago  thyreoides 
ein  für  die  Säugetiere  charakteristischer  Teil  des  Kehlkopfskelettes. 


K.  1 


N.  Im 


Tr.        Oesoph. 


Postbr.  K. 


Fig.  74.  Echidna -Embryo,  Kopfdarm  mit  den  Kiementaschen  von  der 
Ventralseite  gesehen,  nach  einem  Plattenmodell.  Schematische  Einzeichnung  der 
Bestandteile  der  Kiemenbogen.  C.  or.  Lumen  der  Mundhöhle.  H.  I  u.  H.  II  die 
Bogen  des  Zungenbandes.  Th.  1  u.  Th.  II  die  Bogen  des  Thyreoids.  K.  1—4  die 
Kiemen taschen.  3,  4,  6  die  Gefäßbogen.  X.  lar.  sup.  Nervus  laryngus  superior.  N.  rec. 
Nervus  recurrens.  V,  VII,  IX,  X,  XII  Trigeminus,  Facialis,  Glossopharyngeus,  Va- 
gus, Hypoglossus.     Postbr.  K.  postbranchialer  Körper. 

Die  Entwicklungsgeschichte  des  Thyreoids  von  Echidna  zeigt 
uns  sogleich  die  Herkunft  des  Stückes  (E.  Göppert  1901).  Es  besteht 
bei  den  Monotre m e n  aus  einem  vorderen  und  hinteren  Bogenpaar, 
die  durch  eine  Copula  zusammengehalten  werden.  In  jungen  Ent- 
wickeln gsstadien  zeigt  sich,  daß  der  vordere  Thyreoidbogen  im  4., 
der  hintere  im  5.  Visceralbogen  entsteht,  also  jeder  einen  Kiemen- 
bogen darstellt  (Fig.  74  Th.  I  u.  Th.  II),  gleichartig  denen,  die  weiter 
vorn  zur  Bildung  des  Zungenbeins  zusammentreten  (H.  I,  H.  IT).  Die 
Copula  steht  hinter  den  Bogen,  mit  denen  sie  stets  kontinuierlich  ver- 
bunden ist,  in  der  Entwickelung  etwas  zurück  (Fig.  73  Th.  I  u.  Th.  —  Co.) ; 
bei  2  cm  langen  Beuteljungen  besteht  aber  das  Thyreoid  bereits  durch- 


92 


E.    GÖPPERT, 


weg  aus  hyalinem  Knorpel  (Fig.  75).  Die  Entwicklungsgeschichte 
bestätigt  also  die  von  Eug.  Dubois  (1886)  gegebene  Ableitung  des 
Thyreoids  aus  dem  4.  und  5.  Visceral-  (2.  und  3.  Kiemen-)  Bogen.  Bei 
den  höheren  Formen  ist  der  Aufbau  des  Thyreoids  aus  zwei  Bogen- 
paaren  in  der  Ontogenie  nur  noch  andeutungsweise  erkennbar. 

Am  genauesten  ist  hier  die  Thyreoidentwickelung  beim  Menschen  durch 
A.  Nicolas  und  E.  Kalmus  bekannt  geworden.  Beobachtungen  an 
anderen  Formen  (Schwein  und  Schaf)  scheinen  im  wesentlichen  über- 
einstimmende Befunde  zu  ergeben.  Die  erste  Anlage  des  Thyreoids,  die 
bei  Embryonen  von  29  Tagen  gerade  aufzutreten  beginnt,  besteht  aus 
zwei    median   voneinander    getrennten    Platten,    die    den  Seitenteilen    des 

fertigen  Knorpels  entsprechen 
(Fig.  76a  Th.).  An  der  Stelle 
des  späteren  Cornu  superius 
hängt  die  Anlage  kontinuierlich 
mit  der  des  2.  Zungenbein- 
hornes  zusammen  (Fig.  76b, 
s.  auch  E.  Zuckerkandl  1898), 
wie  es  bei  niederen  Formen 
auch  im  fertigen  Zustand  die 
Regel  ist.  Auch  darin  zeigt  die 
Anlage  primitive  Verhältnisse, 
daß  sie  mit  ihrem  oberen  Teil 
hinter  dem  Hyoidkörper  lagert. 
Der  gesamte  Kehlkopf  steht  ja  embryonal  höher  als  später  (s.  o.).  Endlich 
scheint  embryonal  regelmäßig  ein  Foramen  thyreoideum  zu  bestehen 
(Fig.  76b).  Es  dokumentiert  den  Aufbau  der  Seitenteile  aus  den  zwei 
bei  Echidna  (Fig.  75)  noch  getrennten  Bogen.  In  gleichem  Sinne 
wurde  von  Kallius  auch  die  von  ihm  festgestellte  Thatsache  gedeutet, 
daß  in  der  vorknorpeligen  Anlage  der  Seitenteile  die  Bildung  der 
hyalinen  Grundsubstanz  jederseits  an  zwei  getrennten  Stellen,  am  oberen 
und  unteren  Rande  ihren  Ausgang  nimmt.  Durch  Ausbildung  verdichteten 
Gewebes  werden  dann  die  nunmehr  hyalinknorpeligen  Anlagen  der  Seiten- 


Fig.  75.  Echidna.  Beuteljunges.  Knor- 
pelige Anlage  des  Thyreoids.  Ventralansicht 
nach  einem  Plattenmodell.  Th.  I  u.  //  Thy- 
reoid  bogen. 


Fig.  76a.  Fig.  76b. 

Fig.  76  a  u.  b.    Menschlicher  Embryo,  39—40  Tage  alt.    Vorder-  und  Seiten- 
ansicht des  Thyreoids  (Th.)  und  des  Zungenbeins  [H.  I  u.  H.  II)  nach  E.  Kallius. 

teile  miteinander  in  Verbindung  gebracht  (40.— 42.  Tag)  und  verschmelzen 
hier  zunächst  in  der  Gegend  des  oberen  und  unteren  Randes  miteinander. 
Zwischen  beiden  Stellen  bleibt  entsprechend  der  Ansatzstelle  der  Stimm- 
bänder noch  eine  Zeit  lang  eine  Lücke,    und  hier  kommt  es    erst  später 


Die  Entwickelung  der  luftführenclen  Anhänge  des  Vorderdarms.     93 


am  Kehlkopfskelett 
Tracheairingen     der 


zur  Ausbildung  eines  isolierten  Knorpelkernes  (10. — 13.  Woche;  nodule 
intermediaire  Nicolas',  Fig.  77  C),  der  in  der  16.  Woche  völlig  mit 
den  benachbarten  Teilen  der  Anlage  verschmolzen  ist.  Nach  Kalmus 
deuten  wir  dieses  „Zwischenstück"  als  Homologon  der  Copula  des 
Monotrementhyreoids,  dessen  Entwickelung  hier  wie  dort  gegen  die  der 
Seitenteile  zurückbleibt.  Es  bildet  aber  nur  einen  Teil  des  Mittelstücks 
des  Schildknorpels,  indem  die  Seitenteile  oral  und  pulmonalwärts  von 
ihm  unmittelbar  miteinander  verschmelzen.  Endlich  sei  noch  erwähnt, 
daß  während  der  10.  — 12.  Woche  die  Kontinuität  zwischen  2.  Zungen- 
beinhorn  und  Tlryreoid  gelöst  wird,  und  als  Rest  derselben  nur  noch 
das  Corpusculum  triticeum  im  Ligamentum  lryo-thyreoideum  zurückbleibt. 

In  weiter  Verbreitung  tritt 
und  an  den 
Amnioten 
Ossifikation  ein,  die  nur  die  ela- 
stisch modifizierten  Stücke  nie  zu 
befallen  scheint.  Beim  Menschen 
beginnt  die  Verknöcherung  in  der 
zweiten  Hälfte  des  2.  Jahrzehnts 
(M.  Scheier  1901).  Ihren  Ab- 
schluß erreicht  sie  in  verschiedenen 
Stücken  verschieden  spät ,  zum 
Teil  erst  jenseits  des  70.  Lebens- 
jahres bei  Weibern  später  als  bei 
Männern  (s.   Chibvitz   1832). 

Unter    den   Muskeln    des 
denen   wir  uns   jetzt 
sind  die  dem  Nervus 
zugehörigen    die    ur- 
sprünglichsten.     Ihnen   gesellen 


-Th.l. 


M.tt.a. 


Fig.  77.  Menschlicher  Embryo,  48  mm 
lang.  Querschnitt  durch  Kehlkopf  und 
Pharynx  (Ph.J.  Nach  Nicolas.  Ar.  Ary- 
tänoid.  Th.  I  erster  Thyreoidbogen.  C.  Co- 
pula (nodule  intermediaire).  M.  th.-a.  M. 
thyreo-arytaenoideus  lateralis.  M.  i.-a.  M. 
interarvtaenoideus. 


Luftweges, 
zuwenden, 
recurrens 


sich  bei  den  Amnioten  Muskeln 
anderer  Gebiete,  teils  visceralen,  teils  spinalen  Ursprungs  hinzu.  Nur 
die  Recurrensmnskeln  sollen  uns  hier  beschäftigen.  Nach  der  Funktion 
unterscheidet   man  den  Diktator   und   das  System  der  Konstriktoren. 

Auch  bei  Dipnoern  (Protopterus)  besitzt  der  Eingang  der  Lunge  außer 
einem  Sphincter  aus  glatten  Muskelzellen  jederseits  einen  aus  quergestreiften  Fasern 
bestehenden  Muskel,  der  jedoch  mit  den  Muskeln  der  höheren  Formen  keine  un- 
mittelbaren Beziehungen  zu  haben  scheint. 

Bei  den  urodelen  Amphibien  ist  der  Dilatator  laryngis  ein  langer, 
dorsal  an  der  Nackenfascie  entspringender  Muskel,  der  den  Schlund  um- 
greift, um  zum  Arytänoid  zu  gelangen,  der  somit  die  Funktion  eines 
Constrictor  pharyngis  gleichzeitig  zu  vollziehen  imstande  ist  (Dorso- 
pharyngeus).  Die  letztere  Leistung  ist  bei  höher  entwickelten  Formen 
zu  Gunsten  der  anderen  aufgegeben,  indem  der  Ursprung  des  Muskels 
ventralwärts  verlagert  ist.  Es  entspringt  von  dem  hintersten  Teil  des 
Zungenbeinapparates,  bezw.  der  Thyreoids,  endlich  vom  Cricoid.  Für  die 
Konstriktoren  des  Larynx  läßt  sich  als  ein  verhältnismäßig  primitiver 
Zustand  die  Zusammensetzung  aus  einem  dorsalen  und  einem  ventralen 
Muskelpaar  feststellen ;  die  ursprünglich  dorsal  und  ventral  vom  Kehl- 
kopf in  einer  Raphe  zusammentreffen  und  seitlich  durch  die  Arytänoide, 
an  denen  sie  Befestigung  nehmen,  voneinander  getrennt  werden. 
Sie  können  mit  der  indifferenten  Bezeichnung  von  Mm.  laryngei  dor- 
sales   und     ventrales     belegt    werden.       Wesentlich    gleichartig    werden 


94  E.  Göppert, 

sie  bei  Amphibien,  Reptilien  und  Säugetieren  angetroffen.  Die 
dorsalen  und  ventralen  Muskeln  können  um  den  Rand  des  Arytänoids 
herum  ganz  oder  stellenweise  miteinander  zur  Bildung  eines  nur  noch 
dorsal  und  ventral  unterbrochenen  Sphinkters  verschmelzen. 

Ueber  die  Herkunft  des  zur  Bildung  der  Muskeln  dienenden 
Materials  wissen  wir  noch  nichts.  Ein  verhältnismäßig  frühes  Stadium 
bei  Echidna  zeigt  eine'  einheitliche  Masse  von  Zellen  auf  jeder 
Seite  des  Kehlkopfes,  in  welche  hinten  der  Recurrens  eintritt,  als 
Anlage  der  ganzen  Muskelgruppe  (E.  Göppert  1901). 

Aus  der  Entwicklungsgeschichte  des  Dilatators  der  Uro- 
delen  ist  nur  bekannt,  daß  der  bei  der  Larve  ein  breites  Band  dar- 
stellende M.  dorso-pharyngeus  in  der  Metamorphose  eine  erhebliche 
Yerschmälerung  erfährt  und  nur  mit  seinem  oralen  Teil  (Dorso-laryn- 
geus)  bestehen  bleibt,  Bei  den  Anuren  kann  mau  schrittweise  ver- 
folgen, wie  während  der  Metamorphose  der  Ursprung  des  Muskels 
allmählich  verlagert  wird.  Der  Diktator  entspringt  allerdings  schon 
bei  der  Larve  nicht  mehr  so  weit  dorsal  wie  bei  den  U  r  o  d  e  1  e  n  , 
sondern  seitlich  vom  Pharynx.  Unter  relativer  Verkürzung  seiner 
Fasern  kommt  er  dann  ganz  an  die  Ventralseite  der  Pharynx  zu  liegen 
und  befestigt  sich  jederseits  an  dem  Processus  postero-medialis  (Colu- 
mella)  des  Zungenbeins,  und  mit  einem  Teil  seiner  Fasern  am  Cricoid 
selbst.  Diese  Befunde  zeigen  uns  unmittelbar  einen  Teil  der  Geschichte 
des  Dilatators,  speciell  der  ventralwärts  gerichteten  Verlagerung  seines 
Ursprungs ,  welche  die  Vergleichung  der  fertigen  Zustände  schon 
wahrscheinlich  macht.  Bei  allen  höheren  Formen  scheint  die  Anlage 
des  Dilatators  vom  Beginn  seiner  Differenzierung  an,  dem  Verhalten 
des  fertigen  Zustandes  zu  entsprechen.  Die  früheren  Stadien  der 
phylogenetischen  Entwickelung,  welche  die  Vergleichung  kennen  lehrt 
und  die  bei  den  Anuren  auch  teilweise  ontogenetisch  wiederkehren, 
kommen  also,  soweit  bekannt,  bei  den  Amnioten  auch  in  der  Onto- 
genese nicht  mehr  zum  Vorschein. 

Von  der  Entwickelung  der  Schließmuskulatur  wissen  wir, 
daß  schon  beim  jungen  Necturus  die  zwei  Paare  von  Mm.  laryngei 
anzutreffen  sind.  Beiden  S  alamandr  inen  und  bei  Siredon  sind 
sie  die  ersten  zur  Differenzierung  gelangenden  Bestandteile  des  Kon- 
striktorensystems  und  erst  von  ihnen  aus  entwickelt  sich  jederseits 
der  Halbring  des  Sphinkters,  der  sich  auch  dadurch  als  eine  sekun- 
däre Bildung  erkennen  läßt.  Die  Metamorphose  bewirkt  auch  an  den 
Schließmuskeln  erhebliche  Veränderungen.  Bei  den  Anuren  ist  nichts 
mehr  von  Mm.  laryngei  in  der  Ontogenese  zu  beobachten.  Die  An- 
lage der  später  sehr  kompliziert  aufgebauten  Schließmuskulatur  besteht 
jederseits  vom  Larynx  in  einem  kleinen  Halbring  von  Muskelfasern. 
Beiden  Sauropsiden  ist  über  die  Entwickelung  der  Schließmuskeln 
noch  nichts  bekannt.  Unter  den  Säugetieren  ergab  sich  für 
Echidna,  daß  die  Schließmuskeln  in  dem  Stadium,  in  welchem 
überhaupt  distinkte  Muskelanlagen  erkennbar  wurden,  im  wesentlichen 
die  Anordnung  des  fertigen  Zustandes  zeigten  (Fig.  73).  Man  erkennt 
jederseits  die  Gliederung  in  ein  dorsales  und  ventrales  Segment,  das 
erstere  repräsentiert  durch  den  M.  ary-crico  =  procricoideus  {M.  ar.-pr.), 
das  letztere  durch  den  Thyreo-crico  =  arytaenoideus  lateralis.  Das 
Gleiche  gilt  für  die  höheren  Säuger ;  so  ist  beim  menschlichen  Embryo 
von  22  mm  (Fig  77)  durch  A.  Nicolas  die  deutliche  Trennung  des 
den  beiden  Laryngei  dorsales  homologen  M.  interarytaenoideus  (M.  i.-a  ) 


Die  Entwickelung  der  luftführenden  Anhänge  des  Vorderdarrns.     95 

(homolog  den  Mm.  ary-procricoidei)  von  dem  ventralen  Segment,  dem 
Thyreo-crieo  =  arytaenoideus  lateralis  (M .th.-a.)  nachgewiesen  worden. 
Die  Darlegung  M.  Fürbringer's,  daß  die  seitlichen  Verbindungen 
zwischen  den  dorsalen  und  ventralen  Schließmuskeln,  die  vielfach  bei 
Placentaliern  vorkommen,  sekundärer  Natur  sind,  wird  also  durch 
die  Entwickelungsgeschichte  bewiesen  und  die  Rückführung  der  Säuger- 
muskeln auf  die  primitivsten  Zustände  damit  ermöglicht. 

Es  sei  hier  erwähnt,  daß  von  verschiedenen  Seiten  die  Ansicht  vertreten  wird, 
daß  ein  aus  zwei  paarigen  Hälften  sich  aufbauender  Sphinkter  auch  ontogenetisch 
die  erste  Anlage  der  Schließmuskeln  des  Säugetierkehlkopies  bildet  (Strazza,  A.  Kant- 
hack). Dem  Autor  erscheinen  diese  Angaben  nicht  richtig  und  dringend  einer 
Nachuntersuchung  bedürftig. 

Auf  die  Nerven  des  Kehlkopfes  brauchen  wir  nur  kurz  ein- 
zugehen, da  die  Darstellung  ihrer  Entwickelung  mit  der  der  übrigen 
Kopfnerven  zusammengehört. 

Den  Larynx  versorgt  bei  den  Amphibien  motorisch  wie  sensibel 
allein  der  N.  recurrens  vagi,  bei  den  Amnioten  tritt  der  Laryngeus 
superior,  bei  den  Reptilien  außerdem  noch  der  Glossopharyngeus  hinzu. 
Bei  einer  Reihe  von  Säugetieren  wurde  noch  ein  in  seiner  Morpho- 
logie unklarer  als  Laryngeus  medius  bezeichneter  Vagusast  als  Kehl- 
kopfnerv beschrieben.  Es  kommt  für  uns  vor  allem  auf  den  Laryngeus 
superior  und  den  Recurrens  an. 

Bei  Embryonen  von  Reptilien  (Tropidonotus  natrix  [E.  Göp- 
pert  1899]  und  Säugern  (Rind  A.  Froriep  [1885]  und  E  chicin  a 
E.  Göppert  [1901])  ist  nachgewiesen,  daß  der  Laryngeus  superior  als 
Ramus  posttrematicus  im  4.  Visceral-  ('2.  Kiemen-Bogen  auftritt 
(Fig.  74  N.  lar.  sup.).  J.  F.  van  Bemmelen  hatte  1887  den  Nerven 
auf  Grund  von  Untersuchungen  an  ausgebildeten  Reptilien  in  gleicher 
Weise  gedeutet.  Es  ist  der  Ramus  branchialis  I  der  Vagus.  Zu 
den  Rami  branchiales  vagi  gehört  seiner  Lagerung  nach  auch  der  Re- 
currens (über  seine  Deutung  s.  u.)  (Fig.  74,  N.  lar.  inf.) 

Im  Anschluß  an  die  Entwickelungsgeschichte  des  Kehlkopfes  wird 
noch  über  die  phylogenetische  Ableitung  seiner  Bestandteile 
Rechenschaft  zu  geben  sein.  Wenn  wir  annehmen  dürfen,  daß  der 
Luftweg  bei  den  Vorfahren  der  Landwirbeltiere  in  unmittelbarer  Nähe 
des  Kiemendarms  vom  Vorderdarm  ausging,  so  ist  es  von  vornherein 
nicht  unwahrscheinlich,  daß  sein  primitives  Skelettstück,  die  Cartilago 
lateralis,  und  damit  deren  Differenzierungsprodukte  [s.  o.  S.  88]  dem  Kie- 
menskelett entstammten.  C.  Gegenbaur  (1892)  leitete  sie  von  einem  letzten 
Kiemenbogen  ab.  Selbständig  geschah  das  Gleiche  durch  H.  H.  Wilder 
(1892)  wenigstens  für  die  Arytänoide.  Der  5.  Kiemenbogen,  (7.  Visceral- 
bogen)  der  schon  bei  der  Mehrzahl  der  Fische  seiner  ursprünglichen  Be- 
deutung mehr  oder  weniger  entfremdet  ist,  schien  hier  in  erster  Linie 
in  Betracht  zu  kommen,  bis  L.  Drüner's  (1901)  Untersuchungen  an 
Salamandrinenlarven  es  höchst  wahrscheinlich  machten,  daß  ein  späterer 
Bogen,  vielleicht  der  6.  hinter  dem  Hyoid,  den  Anschluß  an  den  Luft- 
weg erfahren  hat. 

Die  Begründung  dieser  Ableitung  der  Cartilago  lateralis  beruht  nicht 
auf  der  Entwickelungsgeschichte,  sondern  darauf,  daß  die  ihr  zugehörigen 
Kehlkopfmuskeln  sich  als  Wiederholungen  typischer  Kiemenmuskeln  er- 
weisen lassen.  Das  gilt  vor  Allem  für  den  Dilatator  (Dorso-pharyngeus 
und  den  Laryngeus  ventralis)  (H.  H.  Wilder).  Auch  der  primitive  Nerv 
des  Luftweges  der  Recurrens    gehört    zu    den  Rr.   brachiales   vagi,    wenn 


96  E.  Göppert, 

er  auch  nicht    einem  einzelnen  Ast    entspricht,    sondern    mehrere  in  sich 
vereinigt  (etwa  den  6.  und  7.)   (L.  Drüner). 

Jenseits  der  urodelen  Amphibien  beginnt  der  Kehlkopf  sich 
weitere  Teile  des  Visceralskeletts  dienstbar  zu  machen.  Es  ist  sehr 
wohl  möglich,  daß  bei  den  Vorfahren  des  Säugetiere  ein  weiteres  Kiemen- 
bogenpaar  sich  der  Vorderwand  der  Larynx  anschloß  und  zu  der  Epi- 
glottisfalte  Beziehung  gewinnend,  zum  Epiglottisknorpel  wurde  (C.  Gegen- 
baur  1892).  Ob  es  sich  hier  um  das  4.  oder  um  ein  späteres  Kiemen- 
bogenpaar  handelte,  möge  dahin  gestellt  bleiben.  Als  feste  Unterlage 
für  den  Kehlkopf  finden  dann  in  weiter  Verbreitung  andere  Abschnitte 
des  Visceralskeletts  Verwendung,  so  bei  den  Anuren  und  Reptilien 
Teile  des  Zungenbeins,  bei  den  Säugern  endlich  der  2.  und  3.  Kiemen- 
bogen  samt  Copula  im  Tlryreoid  (Eug.  Dubols).  Daß  hierbei  der  Kehl- 
kopf eine  oralwärts  gerichtete  Verschiebung  erfuhr,  ergiebt  sich  auch 
aus  der  Beteiligung  eines  bei  den  Amphibien  ihm  noch  fehlenden 
Nerven,  an  seiner  Versorgung,  des  N.  laryngeus  superior,  der  dem  2.  Kiemen- 
bogen  (4.  Visceralbogen)  zugehört,  und  des  Glossopharyngeus  (1.  Kiemen- 
bogen)  (bei  Reptilien).  Schon  bei  den  Sauropsiden  bahnt  sich 
gleichzeitig  mit  dem  Auftreten  eines  Gaumens  der  Anschluß  des  Kehl- 
kopfes an  den  Ductus  naso-pharyngeus  an,  der  seine  größte  Vollkommen- 
heit bei  den  Säugern  erreicht,  im  Zusammenhang  mit  Besonderheiten 
in  der  Nahrungsaufnahme  aber  innerhalb  dieser  Klasse,  beim  Menschen, 
wieder  aufgegeben  wird.  Nur  embryonal  tritt  er  noch  in  Erscheinuno; 
(s.  S.  87). 

Eine  besondere  Erwerbung  der  Vögel  bildet  der  untere  Kehl- 
kopf (von  Huxley  Sy  rinx  genannt)  als  Syrinx  trachealis,  tracheo-bron- 
chialis  und  bronchialis  ausgebildet.  Ueber  seine  Entwickelung  ist  durch 
L.  Wunderlich  (1884)  für  Fringilla  domestica  festgestellt,  daß  die 
zur  sog.  Trommel  zusammentretenden  unteren  Tracheairinge  anfangs 
sich  nicht  von  den  übrigen  Trachealknorpeln  unterscheiden.  Die  Ver- 
knöcherung der  Luftröhrenknorpel  beginnt  erst  nach  dem  Ausschlüpfen 
des  jungen  Tieres.  Ueber  die  Entwickelung  der  Muskulatur  der 
Syrinx  ist  nichts  Näheres  bekannt.  Ihre  Innervation  (Plexus  cervicalis) 
weist  sie  dem  Rectussystem  des  Halses  zu. 


c)  Die  weitere  Entwickelung  der  Lunge. 

Wir  verließen  oben  die  Lungenanlagen  auf  einem  sehr  frühen 
Entwickelungsstadium  und  müssen  nun  ihre  weitere  Ausbildung  zur 
Darstellung  bringen. 

Die  vergleichende  Anatomie  lehrt  uns  eine  große  Reihe  verschiedener 
Organisationsstufen  der  Lungen  kennen,  die  wir  kurz  betrachten  müssen, 
um  die  Ontogenese  richtig  beurteilen  zu  können.  Das  Prinzip,  welches 
dem  Fortschritt  im  Bau  zu  Grunde  liegt,  ist  die  Vergrößerung  der 
respiratorischen  Oberfläche  durch  centripetal  einspringende  Leisten  oder 
Septen,  die  als  Träger  der  Blutgefäße  dienen.  Dadurch  entsteht  zunächst 
in  den  peripheren  Teilen  des  Lungensackes  ein  System  größerer  oder 
kleinerer  Krypten,  die  mit  dem  centralen  Hauptraum  weit  kommunizieren. 
Wir  finden  eine  reiche  derartige  Ausstattung  der  Lungen  bereits  bei 
den  Dipnoern  (vergl.  B.  Spencer  1898),  in  einem  Verhalten,  das  an 
die  Struktur  der  Schwimmblase  von  Lepidosteus  erinnert  und  ferner  in 
verschiedenen  Zuständen  bei  den  Amphibien.     Die  in    das  Innere  ein- 


Die  Entwickelung  der  luftführenden  Anhänge  des  Vorderdarms.     97 

springenden  Scheidewände  lassen  hier  einen  centralen  Raum  frei,  der 
als  Zuleitungsrohr  der  Luft  für  die  respiratorischen  Kammern  dient. 
Mit  der  höheren  Ausbildung  der  Lunge  ergiebt  sich  auch  eine  schärfere 
Sonderung  einer  extrapulmonalen  Bronchusstrecke.  Unter  den  Reptilien 
gewinnen  die  Lungen  eine  hohe  Organisationsstufe ,  namentlich  bei 
Varaniden,  bei  den  Chel  o  ni  er  n  und  Krokodilen.  Innerhalb  des 
Septensj'stems  erheben  sich  an  bestimmten  Stellen  in  streng  gesetzmäßiger 
Anordnung  einzelne  Scheidewände  zu  erheblicherer  Größe,  teils  quer,  teils 
longitudinal  zur  Längsachse  der  Lunge  gestellt.  Sie  grenzen  größere 
Kammern  ab,  deren  Wand  wiederum  mit  kleinen  Septen  besetzt  ist.  Die 
einwärts  sehenden  Ränder  der  größeren  Septen  begrenzen  den  centralen 
Raum  des  Lungensackes,  der  sich  nunmehr  als  Stammbronchus  darstellt. 
Die  gleichen  Vorgänge,  welche  zunächst  zur  Bildung  der  Stammbronchien 
führten,  spielten  sich  bei  anderen  Formen  auch  in  den  größeren  Kammern 
ab.  Die  hier  ursprünglich  vorliegenden  weiten  Säcke  sind  durch  Ver- 
größerung ihrer  Septen  in  eine  Reihe  kleinerer  Kammern  zerlegt,  nur  der 
centrale  Teil  ihres  Raumes  bleibt  einheitlich  und  bildet  damit  einen 
Seitenbronchus.  Indem  sich  dieser  Vorgang  der  Abkammei*ung  noch 
mehrmals  wiederholt,  ist  die  Folge  eine  enorme  Vergrößerung  der  Obei*- 
fläche  bei  fortgesetzter  Verengerung  des  Kanalsystems  und  die  allmähliche 
Herausbildung  eines  komplizierten  Bronchialbaumes.  Vom  extrapulmonalen 
Bronchus  aus  rücken  dann  allmählich  auch  Skelettelemente  in  die  Wandung 
der  intrapulmonalen  Bronchien  ein  (vergl.  besonders  A.  Milani  1894 
und   1897). 

Die  Lungen  der  Warmblut  er  erscheinen  nur  als  in  verschiedener 
Richtung  durchgeführte  Weiterbildungen  des  auch  bei  Reptilien  ver- 
tretenen Systems,  wenn  es  auch  nicht  gelingen  mag,  bestimmte  Ausgangs- 
zustände für  sie  zu   entdecken. 

Bei  den  Vögeln,  deren  Lungen  sich  innig  der  hinteren  Thorax- 
wand anschmiegen,  führt  der  extrapulmonale  Bronchus  jederseits  in  einen 
die  Lunge  ganz  durchsetzenden  Stammbronchus  (Huxley's  Mesobronchium, 
Hauptluftgang  F.  E.  Schulze's).  Von  ihm  gehen  eine  größere  Anzahl 
dorsaler  Seitenäste  aus  (Huxley's  Ekto-  und  Entobronchien).  Unter 
den  ventralen  Seitenästen  kann  ein  ventro-lateral  laufender  Bronchus 
besonders  mächtige  Entwickelung  zeigen.  Die  Seitenäste  können  noch 
weiter  verzweigt  sein.  Von  ihnen  entspringen  endlich  die  sogenannten 
Lungenpfeifen  (Parabronchien)  unter  annähernd  rechtem  Winkel,  die  dicht 
nebeneinander  stehend  die  Hauptmasse  des  Lungenparenchyms  ausmachen 
und  ihrerseits  wieder  mit  den  der  Respiration  dienenden  Krypten  und 
Alveolen  besetzt  sind.  Zwischen  den  Parabronchien  der  gleichen  und 
der  benachbarten  Seitenbronchien  bestehen  vielfache  Anastomosen  (vgl. 
auch  M.  Bär  1896,  auch  für  die  Litteratur  der  Vogellunge). 

Eine  Besonderheit  des  Vogelkörpers  sind  die  Luftsäcke,  welche  an 
der  Ventralseite  der  Lunge  mit  dem  Stammbronchus  und  einer  Anzahl 
der  größeren  Seitenbronchen  durch  in  der  Regel  5  Ostien  in  Verbindung 
stehen  und  eine  ungemein  wichtige  Rolle  für  den  Atemmechanismus  spielen 1). 

Die  Säugetierlunge  durchzieht  gleichfalls  ein  Stammbronchus, 
vom    dem    in    streng    gesetzmäßiger   Weise    reich    verzweigte    Seitenäste 


1)  Die  Litteratur  über  die  Luftsäcke  findet  sich  bei  Bertelli  sorgfältig  zu- 
sammengestellt.    Vgl.  außerdem  H.  Strasser  (1877)  und  M.  Bär  (1896). 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.     II.  1.  7 


98  E.  Göppert, 

ausgehen  (Ch.  Aeby  1880).  Die  stärksten  derselben  sind  nach  ihrem 
Abgang  und  ihrem  Gebiet  als  ventrale  oder  ventro-laterale  Bronchien  zu 
bezeichnen  (Bronches  externes).  Jedem  von  ihnen  entspricht  ein  dorsaler 
Ast  (Br.  posterieure).  Der  erste  derselben  versorgt  beiderseits  die  Lungen- 
spitze (apicaler  Br.  nach  A.  Narath).  Das  Gebiet  eines  Ventral-und  Dor- 
salbronchus  stellt  ein  Stockwerk  (Geschoß)  der  Lunge  vor.  Zu  jedem  dieser 
Stockwerke  gehören  noch  Nebenbronchien,  ventrale  (Br.  accessoires  ante- 
rieures)  und  dorsale  (dorso-mediale  [dorso-internale,  auch  interne]  Aeste). 
Einen  ventralen  Nebenbronchus  stellt  der  sogenannte  infracardiale  Bronchus 
dar  (=  Bronchus  cardiacus),  der  den  zwischen  das  Pericard  und  das  Dia- 
phragma sich  einschiebenden  Teil  der  Lunge  (meist  nur  rechts  entwickelt) 
versorgt. 

Ueber  die  Ausgestaltung  der  Amphibien  hingen  ist  nichts  Ge- 
naueres bekannt,  der  Darstellung C.  Gegenbaur's  in  seiner  vergleichenden 
Anatomie  (Bd.  II,  1901)  entnehmen  wir  nur,  daß  bei  jungen  Salamandern 
die  Buchtungen  des  Lungensackes  in  auffallend  regelmäßiger  An- 
ordnung auftreten  als  Längsreihen  von  Alveolen,  die  durch  longitudi- 
nale  gegen  das  Lumen  einragende  Streifen  von  einander  geschieden 
werden. 

Für  die  Reptilien  fehlen  uns  Untersuchungen  gerade  über  die 
Entwickelung  der  kompliziertesten  Lungen  (der  Varaniden,  Schildkröten, 
Krokodile).  Nur  für  L  a  c  e  r  t  a ,  eine  Form  mit  verhältnismäßig  einfach 
gebauter  Lunge,  zeigte  C.  K.  Hoffmann  (1890),  daß  die  embryonale 
Lunge  anfänglich  einen  glattwandigen  Sack  darstellt,  von  dessen  Wänden 
später  Leistenbildungen  ausgehen,  die  in  das  Lumen  einragen  und 
die  peripheren  Buchtungen  des  Lungensackes  begrenzen. 

Bei  Vögeln  und  Säugetieren  erfolgt  die  Oberflächen  Ver- 
größerung durch  seitliche  Sprossung  des  primitiven  Lungensackes,  der 
außerhalb  des  Bereichs  der  Sprossung  gelegene  Teil  des  Schlauches 
wird  zum  extrapulmonalen  Teil  des  Bronchus. 

Für  die  Vögel  verdanken  wir  bereits  H.  Rathke  (1828)  im 
wesentlichen  richtige  Beobachtungen,  die  durch  E.  Selenka  (1866) 
(Hühnchen)  und  J.  Zumstein  (1900)  (Ente)  vervollständigt  wurden. 
Für  die  Entwickelung  der  Luftsäcke  (Huhn)  im  besonderen  kommt  die 
Arbeit  von  J.  Bertelli  (1899)  in  Betracht.  Das  primitive  Lungen- 
säckchen  enthält,  umgeben  von  reichlichem  mesodermalen  Gewebe, 
ein  langgestrecktes  epitheliales  Rohr,  die  Anlage  des  Stammbronchus 
(Mesobronchium),  das  terminal  bereits  am  5.  Bebrütungstage  eine  Er- 
weiterung zeigt,  die  Anlage  des  abdominalen  Luftsackes,  der  sich  bald 
bläschenartig  über  die  Oberfläche  des  Organs  erhebt.  Am  5.  Tage 
beginnt  der  Stammbronchus  bereits  Seitenäste  in  das  mesodermale 
Gewebe  der  Lungenanlage  zu  treiben,  die  bis  zum  7.  Tage  in 
größerer  Anzahl  in  Erscheinung  treten.  Ihre  Entwickelung  erfolgt 
ohne  jede  Anteilnahme  des  Endes  des  Stammbronchus.  Zwischen  den 
zuerst  auftretenden  können  andere  (sekundäre)  hervorsprossen.  Aus 
Seitenbronchien,  resp.  der  weiteren  Verästelung  derselben  wachsen 
endlich  die  Lungenpfeifen  (Parabronchien)  hervor,  die  untereinander 
in  ausgedehntestem  Maßstabe  Anastomosen  eingehen.  Ein  Teil  der 
Seitenbronchien  oder  ihrer  Aeste  erfährt  ähnlich  wie  das  Ende  des  Stamm- 
bronchus eine  terminale  Erweiterung  und  bildet  die  Anlagen  der 
übrigen  Luftsäcke,  die  Mitte  des  11.  Bebrütungstages  sämtlich  an  der 


Die  Entwickelung  der  luftführenden  Anhänge  des  Vorderdarms.     99 

Oberfläche  der  Lunge  hervortreten.  Unter  Benutzung  der  Verbindungen 
der  Lungen  mit  der  Nachbarschaft  tiberschreiten  sie  den  Bereich  der 
Leibeshöhle.  Ihr  Eindringen  in  Skelettteile  erfolgt  aber  erst  um  vieles 
später,   in  einer  Zeit,    da  das  Skelettwachstum  fast  abgeschlossen  ist. 

Die  genauere  Entwickelung  des  Bronchialbaumes  ist  durch  J.  Zum- 
stein  bei  der  Ente  dargelegt.  Die  wichtigsten  Aeste  entstehen  an  der 
Dorsalseite  des  Stammbronchus  in  Dreizahl,  sie  werden  als  primäre 
Zweige  bezeichnet.  Zwischen  dem  2.  und  3.  derselben  entstehen  dann 
etwas  später  2,  jenseits  des  3.  primären  Astes  eine  größere  Anzahl  (8 — 9) 
sogenannter  sekundärer  Dorsalzweige. 

Der  1.  und  2.  primäre  sowie  der  1.  und  2.  sekundäre  Bronchus 
stellen  die  Entobronchien  vor,  welche  die  medialen  Teile  der  Lunge 
versorgen.  Der  mächtigste  ist  der  erste.  Die  folgenden  Dorsaläste  lassen 
die  lateralen  Teile  der  Lunge  entstehen,  bilden  also  das  System  der 
Ektobronckien. 

Nach  dem  Auftreten  der  dorsalen  Primäräste  läßt  auch  die  Ventral- 
seite das  Stammbronchus  Aeste  hervorgehen,  von  denen  einer  ventro- 
lateral  ziehend  größere  Ausbildung  gewinnen  kann,  so  daß  der  Anschein 
einer  Gabelung  des  Stammbronchus  entsteht. 

Endlich  treten  auch  jenseits  des  3.  Primärbronchus,  abgesehen  von 
den  sekundären  Dorsalbronchen  (Ektobronchen),  am  Stammbronchus  allseitig- 
kleinere  Seitenäste  auf. 

Was  nun  endlich  die  Luft  sacke  anlangt,  so  geht  der  abdominale 
Luftsack  aus  dem  Ende  des  Stammbronchus,  der  hintere  diaphragmatische 
Sack  aus  dem  großen  ventralen  Seitenzweig  heiwor.  Den  vorderen  diaphrag- 
matischen Sack  bildet  ein  Ast  des  zweiten,  den  cervicalen  ein  Ast  des 
ersten  Primärbronchus  (Entobronchium),  den  interclavicularen  Sack  endlich 
ein  weiterer  Ast  des  zweiten  Primärbronchus. 

Die  Entstehung  der  Luftsäcke  zeigt,  daß  es  sich  um  Bildungen 
handelt,  die  phylogenetisch  an  einer  bereits  hoch  differenzierten  Lunge 
mit  einem  komplizierten  Kammersystem   sich  herausgebildet  haben. 

Oben  schilderten  wir  die  Anlage  der  Lungen  der  Säugetiere 
bis  zu  dem  Augenblick,  in  welchem  die  primären  Lungensäckchen  ent- 
standen waren  und  caudal-  und  dorsalwärts  auswuchsen.  Sie  um- 
greifen dabei  zusammen  hufeisenförmig  die  Vorderdarmanlage.  Das 
rechte  übertrifft  an  Größe  das  linke.  Beide  beginnen  in  dem  sie  um- 
hüllenden reichlichen  Mesoclermgewebe  sich  zu  verästeln,  beim  mensch- 
lichen Embryo  bereits  in  der  4.  Woche  (W.  His  ;  s.  p.  85) 1). 

Den  Hauptvegetationspunkt  bildet  das  Ende  des  primitiven  Lungen- 
schlauches. Von  ihm  gehen  als  laterale,  später  latero-dorsale  Sprossen 
successive  die  Anlagen  der  ventralen  Seitenbronchien  aus,  während  es 
selbst  weiterwächst.  So  entsteht  ein  einheitlicher  Stammbronchus, 
von  dem  Seitenäste  abgehen  (Fig.  82).  Sein  Ende,  der  Vegetations- 
punkt, stellt  die  Stammknospe  vor  (Fig.  78—81  S.K. 

In  gleicher  Weise  wachsen  und  verästeln  sich  auch  die  Seiten- 
bronchien, wenigstens  anfänglich,  von  ihren  Endknospen  aus.  Es  ent- 
stehen aber  unzweifelhaft  eine  ganze  Anzahl  von  Bronchien  ohne  Be- 


1)  Ueber  die   Ausgestaltung  des  Bronchialbaums  s.   die  Arbeiten  von  W.  His, 
d'Hardivtller,  Narath,  Robinson,  Willach. 

7* 


100 


E.    GÖPPERT, 


teiligung  einer  wachsenden  Endknospe,  indem  von  einem  Bronchus 
neben  bereits  entwickelten  Aesten  selbständige  Zweige  hervorsprossen, 
wie  wir  das  schon  bei  den  Vögeln  sahen.  Das  gilt  für  die  Mehrzahl 
der  dorsalen  Bronchien  und  die  sog.  dorsalen  und  ventralen  Neben- 
bronchien. 


Xach  Narath  handelt  es  sich  bei  den  dorsalen  Bronchien  um  Aeste, 
die  eigentlich  den  ventralen  Bronchien  zugehörten  und  von  diesen  auf  den 
Staimninbronchus  abgegeben  wurden.  Aehnlich  faßte  schon  Aeby  die 
Nebenbronchien  als  Aeste  der  dorsalen  oder  ventralen  Bronchien  auf, 
die  ihren  Ursprung  verschoben  haben. 

Die  Reihenfolge  im  Auftreten  der  Seitenbronchien  ist  eine  ganz  be- 
stimmte. 


Als  erster  Ast  kommt  beiderseits  der  erste  Ventralbronchus  ( Vi .) 
zur  Entstehung ,  bald  darauf  rechts  als  erster  Dorsalast ,  der  apicale 
Bronchus  Ap.  und  der  infracardiale  Ast  (7.)  [letzteres  wenigstens  bei 
vielen  Arten  (Fig.  78)]  Narath  zeigte,  daß    diese  drei  an  ihrem  Ursprung 


Fig.  78.  Fig.  79. 

Fig.  78.  Kaninchen.  Embryo,  7J/2  mm.  Vorderansicht  der  aufgehellten 
Lunge  nach  Narath.  Bezeichnung  für  diese  und  die  folgenden  Figuren:  A.  p.  d. 
oder  s.  Arteria  pubnonalis  dext.,  sinist.  V.  Ventralbronchien.  V.p.  Vena  pulmonalis. 
D.  Dorsalbronchien.  I.  Infracardialbronchus.  -  A.p.  Apicalbronchus.  ZV.  Trachea. 
S.K.  Stammknospe. 

Fig.  79.  Schaf.  Embryo.  Vorderansicht  der  aufgehellten  Lunge.  Nach 
D.  A.  d'Hardiviller.    Bez.  s.  Fig,  78. 


innig  verbunden  sein  können  (so  bei  E  c  h  i  d  n  a)  und  eng  zusammen- 
gehören. Der  apicale  Bronchus  ist  der  erste  der  Reihe  der  Dorsal- 
bronchien ,  der  Infracardialbronchus  ein  ventraler  Nebenbronchus  des 
ersten  Ventralbronchus.  Daß  bei  bestimmten  Formen  der  Infracardial- 
bronchus zum  zweiten,  sogar  dritten  Ventralbronchus  als  Nebenbronchus 
gehört,  geht  aus  Narath's  vergleichenden  Untersuchungen  hervor. 

Etwas  später  (Fig.  80)  geht  links  und  zwar  vom  ersten  Ventral- 
bronchus der  Apicalast  (A]).,  erster  Dorsalbronchus)  hervor,  der  dem  gleich- 
bezeichneten Ast  der  rechten  Seite  entspricht.  Ueberhaupt  bleibt  zu- 
nächst die  linke  Lunge  etwas  in  der  Entwickelung  hinter  der  rechten 
zurück,  ein  Verhältnis,  das  sich  später,  wie  schon  W.  His  zeigte,  um- 
drehen kann.  Jetzt  sind  auf  beiden  Seiten  die  Hauptzweige  des  obersten 
Lungenstockwerkes  angelegt. 


Die  Entwickelung  der  luftführenden  Anhänge  des  Vorderdarms.  101 

Zu  erwähnen  ist,  daß  in  denjenigen  Ordnungen,  bei  denen  der  apicale 
Bronchus  trachealen  Ursprungs  ist,  seine  Anlage  gleich  an  der  ent- 
sprechenden Stelle  der  Trachea  auftritt  (Fig.  79  Ap.)  [d'Hardiviller], 
daß  es  sich  hierbei  um  eine  Verschiebung  handelt,  läßt  sich  vergleichend- 
anatomisch aber  nicht  entwickelungsgeschichtlich  beweisen. 

Weiterhin  sprossen  nacheinander  die  folgenden  Ventralbronchien 
hervor  (Fig.  80,  81    V.)    und    etwas    später    als   jeder    derselben    der  zu- 


Fig.  80. 

Fig.  80.  Kaninchen.  Em- 
bryo. Vorderansicht  der  aufge- 
hellten Lunge.  Nach  Narath. 
Bez.  s.  Fig.  78. 


Fig.  81. 


Fig.  81.    Echidna.  Embryo.  Bronchialbaum,  von  vorn  gesehen.  Nach  Narath. 
Oes.  Oesophagus.     Bez.  s.  Fig.  78. 


gehörige  dorsale  Bronchus  (D.),  später  als  die  letzteren  endlich  die  dor- 
salen und  die  ventralen  Nebenbronchien.  Nachdem  eine  bestimmte 
Anzahl  von  Ventralbronchien  abgegeben  ist  (beim  Kaninchen  6),  hört 
der  Wachstumsprozeß  auf,  und  die  Stammknospe  verzweigt  sich  noch  in 
unregelmäßiger  Weise. 

Die  Art  des  Wachstums  des  Bronchialbaumes  (vergl.  auch  das  Re- 
ferat von  M.  Luhe  1901)  ist  Gegenstand  einer  lebhaften  Diskussion 
geworden.  Nachdem  anfänglich  angenommen  worden  war,  daß  .jeder 
embryonale  Bronchialast  sich  sowohl  terminal  wie  durch  Aussendung  von 
Seitenästen  verzweigt,  trat  zuerst  Küttxer  (1876)  mit  der  Ansicht  her- 
vor, daß  das  Wachstum  nur  durch  seitliche  Sprossung  erfolgt,  das  Ende 
der  Bronchialanlage  aber  ungeteilt  weiterwachse ,  das  Wachstum  sei 
also  monopodisch.  Wenn  Seitenzweige  so  stark  werden  wie  das  Stamm- 
ende, so  kann  der  Charakter  der  Monopodie  verwischt  und  an  eine 
Dichotomie  erinnert  werden.  Ist  das  Wachstum  nun  wirklich  nur  mono- 
podisch, oder  spielen  auch  dichotomische  Sprossungen  eine  Rolle?  Es 
steht  jetzt  wohl  unzweifelhaft  fest,  daß  die  ersten  Verästelungen  des 
Stammbronchus  monopodialen  Charakter  tragen,  darin  ist  sich  die  Mehr- 
zahl der  neueren  Untersucher  einig  (W.  His,  d'Hardiviller,  A.  Narath, 
Will  ach).  Tritt  nun  nicht  aber  in  den  weiteren  Verästelungen  die 
Dichotomie  in  ihr  Recht,  die  von  Narath  und  Willach  auf  das  schärfste 


102 


E.    GÖPPERT, 


bekämpft  wird  ?  In  der  Tliat  scheint  es  sicher  zu  sein,  daß  dichotoniische 
Verästelungen  auftreten  (W.  His ,  d'Hardiyiller),  nur  ist  bisher  nicht 
festzustellen ,    wo    die    Monopodie    aufhört    und    die    Dichotomie    einsetzt. 

Es  scheint  ebenso  unrich- 
tig, allein  Monopodie  an- 
[5|_  ß  zunehmen  und  alles,    was 

D?  X<v5r^       -—WlArX/'    '  dichotomisch  sich  zu  teilen 

scheint,      als      verkappte 


Fig.  82.  Echidna.  Em- 
bryo. Querschnitt  durch  das 
dritte  Stockwerk  beider 
Luugen.  Nach  Narath. 
r.  u.  /.  St.  rechter  resp.  linker 
Starambronchus.  Ao.  Aorta. 
Oe.  Oesophagus.  Sonst.  Bez. 
s.  Fig.  78. 


Monopodie  anzusehen,  wie  es  falsch  ist,  die  Monopodie  durch  die  Ein- 
führung des  Begriffes  der  inäqualen  oder  sympodialen  Dichotomie  aus  der 
Welt  zu  schaffen,  wie  es  bei  Robinson  und  neuerdings  ähnlich  bei  Ju- 
stesen  geschieht.  Ein  monopodiales  Wachstum  schafft  einer  Bronchial- 
strecke subordinierte  Seitenzweige,  die  Dichotomie  einander  koordinierte 
Abschnitte.  Für  beiderlei  Beziehungen  einzelner  Lungenteile  zu  einander 
giebt  es  genügend  Beispiele  schon  im  Aufbau  der  einfacher  gebauten 
Lungen  der  Reptilien. 

Vergleichen  wir  jetzt  noch  die  Art  der  Ontogenese  des  Bronchial- 
baumes von  Vögeln  und  Säugern  mit  dem  Bild  das  uns  die  vergleichende 
Anatomie  von  der  phylogenetischen  Entwickelung  der  Lunge  ergab,  so 
scheint  hier  ein  gewisser  Gegensatz  zu  bestehen.  Der  ontogenetische 
Ausbau  der  Lunge  erfolgt  durch  eine  centrifugale  Verästelung,  der  plrylo- 
genetische  durch  eine  Zerlegung  eines  einheitlichen  Hohlraumes  mittels 
fortgesetzter  centripetal  gerichteter  Septenbildung.  In  der  That  handelt  es 
sich  in  der  Ontogenese  aber  nur  um  eine  Beschleunigung  und  Vereinfachung 
der  Entwickelung.  Die  Lungenanlage  wächst  nicht  erst  zu  einem  weiten, 
langen  Schlauch  heran,  der  dann  erst  abgekammert  Avird,  wie  man  nach 
Kenntnis  der  fertigen  Zustände  denken  könnte,  sondern  die  Herstellung 
der  Komplikation  beginnt  gleichzeitig  mit  dem  Auswachsen  der  Anlage, 
und  die  Vergrößerung  des  Binnenraumes  präsentiert  sich  infolgedessen 
als  Sprossung.  Daß  dabei  auch  dem  mesodermalen  Teil  der  Anlage  eine 
wichtige  Rolle   zufällt,   scheint  sicher  zu  sein. 

Die  größeren  Aeste  des  Bronchialbaumes  machen  sich  auch  an  der 
Oberfläche  der  ganzen  Lungenanlage  als  Vorwölbungen  bemerkbar.  Jedem 
Ventralbronchus  entspricht  zunächst  ein  größerer  Bezirk  der  Oberfläche, 
der  von  den  benachbarten  Gebieten  durch  schräg  dorso-ventral  gerichtete 
Furchen,  die  Hauptfurchen,  abgegrenzt  wird.  Die  Hauptfurchen  scheiden 
äußerlich  die  sog.  Stockwerke  der  Lunge  gegeneinander  ab.  In  jedem 
Geschoß  grenzt  sich  wieder  ein  dorso-medialer  Abschnitt  durch  eine 
Nebenspalte  gegen  einen  ventro-lateralen  ab,  der  letztere  ist  das  eigent- 
liche Gebiet  des  Ventralbronchus,  das  dorsale  Stück  dasjenige  des  zu- 
gehörigen Dorsalbronchus.  Diese  äußere  Gliederung  der  Lunge  geht 
mit    dem    weiteren  Wachstum  zum  großen   Teil  verloren,    sie  kann  sogar 


Die  Entwickelung  der  luftführenden  Anhänge  des  Vorderdarms.  103 

ganz  schwinden.  Im  allgemeinen  besitzt  die  rechte  Lunge  eine  reichere 
Lappung  als  die  linke.  G-anz  besonders  häufig  erhält  sich  von  den 
embryonalen  Hauptfurchen  allein  die  erste  und  bildet  dann  die  Abgrenzung 
des  ersten  Stockwerkes  der  Lunge  vom  Lungenstamm,  dem  sog.  Unter- 
lappen. Sehr  oft,  namentlich  rechts,  bleibt  auch  die  Nebenspalte  des 
ersten  Stockwerkes  erhalten  und  zerlegt  dasselbe  in  den  Ober-  und 
Mittellappen.  Fehlt  die  letztere  Gliederung  auf  der  linken  Seite,  wie 
es  sich  beim  Menschen  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  trifft,  so  entspricht 
der  sog.  linke  Oberlappen  dem  rechten  Ober-  und  Mittellappen  zusammen- 
genommen. Das  Bestehenbleiben  anderer  Hauptspalten  ist  seltener.  Als 
eine  Abgliederung  des  ersten  oder  auch  zweiten  Stockwerkes  meist  nur 
der  rechten  Seite  stellt  sich  der  infracardiale  Lappen  dar.  Auch  beim 
Menschen  ist  sein  Gebiet  nachweisbar,  sein  Bronchus  scheint  hier  als 
Nebenbronchus  dem  2.  Ventralbronchus  zuzugehören.  (Ueber  die  Ent- 
stehung der  Gliederung  der  Lunge  s.  A.  Narath  1901.) 

Die  letzten  Entwickelungsvorgänge  spielen  sich  in  der  Lunge  der 
M  o  n  o  t  r  e  m  e  n  und  M  a  r  s  u  p  i  a  1  i  e  r  erst  nach  der  Geburt  ab  (E  c  h  i  d  n  a, 
s.  Narath,  Didelphys,  s.  Selenka).  Der  erste  Atemzug  des  Neu- 
geborenen erweitert  die  Enden  des  noch  sehr  unvollständig  ausgebildeten 
Bronchialbaumes  und  dehnt  sie  zu  weiten  Räumen  aus.  Die  Fertigstellung 
des  Kanalsystems  erfolgt  nach  Narath  auf  dieselbe  Weise  wie  seine 
erste  Anlage  durch  Sprossung,  während  Selenka  geneigt  ist,  eine  fort- 
gesetzte Septenbildung  als  den  Weg  zur  Herstellung  der  definitiven 
Enden  des  Bronchialbaumes  anzunehmen.  Ein  wesentlicher  Unterschied 
scheint  zwischen  diesen  beiden  Ansichten  nicht  zu  bestehen. 

Bei  den  PI  a  c  e  nt  ali  ern  sind  vor  der  Geburt  bereits  die  letzten 
Enden  der  Luftkanäle  bis  zu  den  Endbläschen  hin  ausgebildet  und  be- 
dürfen nun  noch  der  Erweiterung-  durch  den  ersten  Atemzug-.  Das 
Epithel  der  Alveolargänge  und  Endbläschen  hat  bereits  ganz  niedrige 
Form  (Stieda),  so  daß  es  bei  der  ersten  Inspiration  nur  wenig  abgeflacht 
zu  werden  braucht,  um  die  definitive  Gestalt  zu  erlangen.  Daß  ein  Teil 
seiner  Zellen  dabei  ihre  Kerne  einbüßen  und  zu  kernlosen  dünnen  Platten 
werden,  sei  nur  kurz  erwähnt.  Das  mesodermale  Gewebe  der  Lungen- 
anlage hat  im  Laufe  der  Entwickelung  das  Material  für  das  gesamte 
Bindegewebe,  die  bronchialen  Knorpel,  die  Muskelzellen  der  Lunge  ge- 
liefert. Bemerkenswert  ist,  daß  die  Hauptmasse  der  elastischen  Fasern 
erst  nach  der  Geburt  im  Laufe  der  ersten  Monate  zur  Differenzierung 
gelangt  (Linser). 

Eine  besondere  Betrachtung  verdient  jetzt  nur  noch  die  Entwickelung 
der  Blutgefäße  ( W.  His  und  A.  Narath).  Die  Anlagen  der  Lungen- 
venen sind  bereits  bei  11  mm  langen  menschlichen  Embryonen  und 
11-tägigen  Kaninchenembryonen  nachweisbar.  Die  Stammvenen  liegen 
an  der  ventro-medialen  Seite  des  Stammbronchus,  später  zwischen  den 
dorsalen  und  ventralen  Nebenbronchien,  gegenüber  der  Stammarterie.  Sie 
werden  zunächst  von  einem  einheitlichen  Stämmchen  an  der  Bifurkation 
der  Trachea  aufgenommen  und  dem  Herzen  zugeführt.  Der  erste  größere 
Ast  ist  die  Vene  des  Obergeschosses,  die  noch  in  den  unpaaren  Stamm 
mündet.  Indem  der  unpaare  Stamm  der  Vena  pulmonalis  in  die  Vor- 
hofswand allmählich  einbezogen  wird,  kommt  zunächst  die  Obergeschoß- 
vene zu  selbständiger  Mündung.  Geht  die  Einbeziehung,  wie  es  bei 
den  Primaten  und  dem  Menschen  der  Fall  ist,  weiter,  so  bekommt 
schließlich    auch    der  Best    der  Stammvene    selbst    eine  eigene  Mündung. 


104  E.    GÖPPERT, 

Gleichzeitig  mit  den  Lungenvenen  treten  auch  die  Lungenarterien 
in  Erscheinung  (Kaninchen  11.  Tag  nach  A.  Narath).  Sie  gehen  von 
den  ventralen  Teilen  der  6.  Aortenbogen  caudahvärts  zur  Nachbarschaft 
der  Lungensäckchen,  wo  sie  sich  in  feine  Aeste  auflösen.  Da  in  der 
Nähe  der  ersten  Sprossen  der  Stammknospe  nur  kleine  Gefäßästchen  an- 
getroffen werden,  ist  es  ausgeschlossen,  daß  die  Anordnung  der  Bronchial- 
zweige von  den  Lungenarterien  in  irgend  einer  Weise  beeinflußt  wird. 
In  etwas  älteren  Stadien  (12.  Tag)  findet  man  die  Arterie  jederseits 
neben  der  Trachea,  weiter  unten  an  der  lateralen  Seite  des  Bronchial- 
rohres, von  dem  sie  sich  etwas  entfernt  hält.  Dabei  entspringen  die 
ersten  Ventralbronchien  an  ihrer  Ventralseite,  der  rechte  Apicalbronchus 
medial  von  ihr  (Fig.  78).  Später  schmiegt  sich  die  Arterie  dem  Bronchial- 
rohr inniger  an  und  lagert  sich  dabei  meist  zwischen  die  dorsalen  und  ven- 
tralen Bronchien  ein  (Stammarterie)  (Fig.  80).  Nur  der  erste  Dorsalbronchus 
der  linken  Seite  der  apicale,  kommt  zur  Arterie  anders  zu  liegen,  da  er 
sich  erst  spät  und  vom  ersten  Ventralbronchus  aus  entwickelt  (Fig.  80 
und  81).  In  Fällen,  in  denen  er  am  Stammbronchus  selbst  entsteht, 
ist  seine  Lagerung  zur  Arterie  genau  die  des  apicalen  Bronchus  der 
rechten  Seite  (d'Hardiviller). 

Während  anfangs  die  Pulmonalarterien  parallel  zur  Trachea  steil  in 
die  Lunge  hinabsteigen,  ändert  sich  das  mit  der  Ausbildung  des  Pul- 
monalisstammes  und  dem  Herabsteigen  des  Herzens.  Die  Pulmonalarterien 
werden  durch  letzteres  von  der  Trachea  ventralwärts  abgebogen  und 
vom  Herzen  mitgenommen.  Von  dem  bei  verschiedenen  Tieren  ver- 
schiedenen Grade  des  Descensus  cordis  hängt  es  ab,  ob  die  Arterie 
höher  oder  tiefer  den  Stammbronchus  erreicht,  um  ihn  zu  kreuzen  und 
sich  ihm  lateral  anzuschließen.  Man  kann  also  wohl  einen  eparteriellen 
und  hyparteriellen  Teil  eines  Stammbronchus  unterscheiden.  Infolge 
der  Verschiedenheit  in  der  Lagebeziehung  zwischen  Bronchus  und  Arterie 
ist  es  aber  unmöglich,  eine  ep-  und  hyparterielle  Strecke  des  Bronchus 
als  homologe  Stücke  innerhalb  der  Tierreihe  zu  betrachten  und  danach 
auch  die  Aeste  der  Stammbronchien  zu  klassifizieren,  wie  es  Ch.  Aeby 
in  seiner  im  übrigen  so  verdienstvollen  Arbeit  gethan  hat.  Die  Be- 
urteilung der  Bronchien  nach  ihrer  Lagerung  zur  Stammarterie  ist  auch 
im  übrigen  infolge  der  weitgehenden  Variationen  im  Verlauf  der 
Arterie  nicht  möglich  (A.  Narath). 

Aeby  glaubte,  daß  ursprünglich  jeder  Lunge  ein  eparterieller  Bronchus 
zukam,  welchem  er  die  übrigen  Bronchien  als  hyparterielle  gegenüber- 
stellte. Auf  der  eparteriellen  Stammbronchusstrecke  der  linken  Seite 
fehlt  nun  meist  ein  Bronchus,  in  einzelnen  Fällen  fehlt  ein  solcher  auf 
beiden  Seiten.  Aeby  sah  hierin  den  Ausdruck  einer  Rückbildung  eines 
Teiles  der  Lunge.  Es  ist  vor  allem  das  Verdienst  Narath's,  dieser 
Auffassung  den  Boden  entzogen  zu  haben.  Der  eparterielle  Bronchus 
Aeby's  ist  der  erste  Dorsalbronchus  (apicaler  Bronchus).  Das  Homologon 
des  AEBY'schen  eparteriellen  Bronchus  ist  bei  allen  Lungen  in  diesem 
apicalen  Ast  vorhanden.  Mag  er  eparteriell  oder  hyparteriell  entspringen, 
ventral  oder  dorsal  von  der  Arterie  liegen,  mag  er  vom  Stammbronchus, 
einem  Seitenbronchus,  oder  sogar  von  der  Trachea  ausgehen,  ist  für  diese 
Beurteilung    nebensächlich 1).       Für    eine    Rückbildung    ganzer  Teile    der 


1)  Diese  Auffassung  der  eparteriellen  Lage  von  Bronchien  verdanken  wir  einer 
Reihe   von    Forschern,   unter   denen    A.    Narath   (1892,    1896,    1901)   bereits   oben 


Die  Entwickelung  der  luftführenden  Anhänge  des  Vorderdarms.  105 

Lunge  endlich,  die  nach  Aeby's  Vorstellung  bald  einseitig,  bald  beider- 
seitig erfolgt  sein  müßte,  spricht  keine  entwickelungsgeschichtliche  Er- 
fahrung. 

Litteratur 

über  die  Entwickelung  von  Larynx,   Trachea  und  Syrinx. 

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Teil.  1SS7. 
Chievitz.      Untersuchungen  über  die    Verknöcherung  der  Kehlkopfknorpel.    Arch.  Anat.  u. 

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Reptilien.     Morphol.  Jahrb.  Bd.  XXVIII.  1S99. 
Dräner,   L.     Studien  zur  Anatomie  der  Zungenbein-,  Kiemenbogen-  und  Kehlkopfmuskeln 

der   Urodelen.     Zool.  Jahrb.  Bd.  XV.    1901. 
DuboiSf   Eng.     Zur  Morphologie  des  Larynx.     Anat.  Ans.  Bd.  I.  1SS6. 
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Kallius,  E.  Beiträge  zur  Entwickelungsgeschichte  des  Kehlkopfes.  Anat.  Heft.  Bd.  LX. 
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Beurteilung  des  Bronchialsystems  bezweifelt,  war  C.  Gegenbaur  in  seinem  Lehrbuche 
der  Anatomie  der  Menschen.  Als  Gegner  der  AEBY'schen  Anschauung  vom  eparteri- 
ellen  Bronchus  traten  ferner  J.  Ztjmstein,  d'Hardiviller,  Ch.  y.  Minot  und  neuer- 
dings wiederum  von  C.  Gegexbatjr  (1901)  hervor. 


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—  Ueber  Korrosionspräparate.    Ibidem  1891  und  1892. 


Zweites  Kapitel. 
Die  Entwickelung  des  Darmsystems. 

Von 
F.  Maurer. 

Allgemeines. 

Die  erste  Anlage  des  Darmsystems  findet  sich  bei  allen  Wirbel- 
tieren schon  nach  Ablauf  des  Gastrulationsprozesses  im  Stadium  der 
zwei  primitiven  Keimblätter,  und  die  U  r  d  a  r  m  h  ö  h  1  e  ist  auch  die 
erste  Anlage  der  D  a  r  m  h  ö  h  1  e.  Doch  geht  jene  Höhle  nicht  ganz 
in  die  Darmhöhle  über,  da  das  Entoderm  der  Gastrula  noch  andere  Auf- 
gaben hat:  Bildung  der  Chorda  und  des  gastralen  Mesoderms  (0.  Hert- 
wig,  Hatschek  L.  2,  Rabl).  Es  sind  ferner  gewichtige  Stimmen  laut 
geworden,  welche  auch  nach  diesen  Sonderungen  des  Entoderms  eine 
primitive  von  einer  sekundären  Darmhöhle  unterscheiden  (Götte  A.  L. 
III.  2.  90,  v.  Kupffer  A.  L.  III.  2.  90),  so  daß  die  bleibende  Darm- 
höhle nicht  direkt  aus  der  Gastralhöhle,  auch  nicht  bei  holoblastischen 
Eiern,  wie  z.  B.  Petromyzon  (Götte),  hervorgehe,  sondern  eine  Neu- 
bildung darstelle  durch  Konfluenz  von  Lücken  zwischen  den  dotter- 
reichen Entodermzellen.  Auch  eine  Beziehung  zwischen  der  Furchungs- 
höhle  und  der  Gastralhöhle  hat  man  vielfach  geschildert  (0.  Schultze 
L.  2.  1888,  Grönroos).  Diese  Frage  fällt  in  das  Gebiet  der  Ent- 
wickelung der  Keimblätter,  auf  die  hier  nicht  einzugehen  ist.  Die 
Aufgabe  des  Entoderms  ist  eine  sehr  komplizierte,  insofern  es  die 
Chorda  und  Teile  des  Mesoderms  (gastrales  Mesoderm  nach  0.  Hert- 
wig  u.  Rabl)  ausbildet.  Bei  Säugetieren  wurde  von  Van  Beneden 
(L.  2.  1888),  die  Chordarinne,  der  Chordakanal  dem  Urdarm  der  nie- 
deren Wirbeltiere  verglichen ;  Mehnert  schloß  sich  dieser  Auffassung 
an,  die  von  Keibel  bestritten  wurde.  Nach  Letzterem  geht  die 
Furchungshöhle  in  die  Gastralhöhle  über,  und  diese  bildet  später  die 
Darmhöhle.  0.  Schultze  giebt  dies  für  Rana  temporaria  und  Van 
Bambeke  (L.  2. 1868)  für  Pelobates  an.  Bis  in  die  neueste  Zeit  ist  für 
Amnioten  die  Entwickelung  des  den  bleibenden  Darm  auskleidenden 
Teiles  des  Entoderms  Gegenstand  von  Kontroversen,  die  bei  der  Bil- 
dung der  Keimblätter  näher  zu  betrachten  sind,  da  sie  mit  der  Gastru- 


110  F.  Maurer, 

lation  und  Chordabildung  zusammenhängen.  Ich  erinnere  hier  an 
die  Angaben  von  Schauinsland  (A.  L.  III.  8. 1898)  über  Hatteria,  sowie 
von  Bonnet  (L.  2.  1902)  über  den  Hund  und  andere  Säugetiere.  Ich 
möchte  nur  hervorheben,  daß  alle  diese  mannigfaltigen  Vorgänge  in  der 
Ontogenese  doch  unsere  Auffassung  von  der  Bildung  des  Darmlumens 
nicht  wesentlich  geändert  haben.  Ob  bei  der  Gastrulation  während  der 
Zeit  der  Bildung  des  Entoderms  zeitweise  zwischen  den  Zellen  Kommu- 
nikationen zwischen  Furchungs-  und  Gastralhöhle  bestehen,  ist  belanglos, 
der  prinzipielle  Unterschied  zwischen  beiden  bleibt  doch.  Ob  ferner 
unter  Teilung,  Verlagerung  und  Resorption  von  dotterreichen  Ento- 
dermzellen  Aenderungen  im  Lumen  der  Urdarmhöhle  eintreten,  er- 
scheint mir  ebenfalls  nicht  von  Bedeutung.  Die  bleibende  Darm- 
höhle ist  darum  doch  aus  der  Urdarmhöhle  hervorge- 
gangen. 

Die  Entwickelung  des  bleibenden  Darmkanals  setzt  mit  dem  Mo- 
ment ein,  wo  die  Chorda  und  das  gastrale  Mesoderm  vom  primitiven 
Entoderm  sich  gesondert  hat  und  ventral  von  jenen  Teilen  das  sekun- 
däre Entoderm  eine  geschlossene  Zellenlage  darstellt.  An  diesen 
Zustand  schließt  sich  unmittelbar  der  Befund  an,  daß  die  Anlage 
der  Darmwandung  sich  aus  2  Schichten  aufbaut:  einer 
e n t o d e r m a  1  e n  und  einer  mesodermalen.  Dabei  bestehen 
am  Kopfende,  sowohl  wie  am  Schwanzende  in  verschiedenem  Sinne 
besondere  Zustände.  Am  Kopfende  bilden  sich  direkte  Beziehungen 
des  Entoderms  zum  Ektoderm  aus,  welche  zur  Bildung  der  Mund- 
öffnung und  der  Schlundspalten  führen.  Am  caudalen  Ende  des  Em- 
bryo besteht  der  Blastoporus,  der  bei  meroblastischen  Eiern  zum 
Primitivstreif  ausgedehnt  ist.  Im  Bereich  desselben  besteht  ein  primärer 
Zusammenhang  der  Keimblätter,  der  für  die  Ausbildung  des  Schwanz- 
darmes, wie  des  Afters  und  der  Kloake  eine  maßgebende  Bedeutung 
gewinnt. 

Der  Dar mk anal  der  Wirbeltiere  zeigt  stets  eine  zwei- 
schichtige A  n  1  ag  e.  Die  innere  wichtigste  Schicht  bildet  das  Ento- 
derm, das  die  Grundlage  der  Darmschleimhaut  darstellt.  Aus  ihr  ent- 
wickelt sich  außer  dem  Epithel  der  gesamten  Schleimhaut  auch  der  ganze 
Drüsenapparat  des  Darmes,  sowie  die  epitheliale  Auskleidung  des  respira- 
torischen Apparates.  Die  äußere  Schicht  der  Darmanlage  wird  her- 
gestellt durch  das  Darmfaserblatt  der  Parietalplatten,  welches  durch 
die  mediale  Lamelle  der  ventralen  Mesodermhälfte  gebildet  wird.  Sie 
ist  die  anatomische  Grundlage  für  die  Serosa  des  Darmrohrs,  ferner 
für  die  Mesenterien  desselben  bis  zu  jenen  Punkten,  wo  diese  in  das 
Hautfaserblatt  der  Parietalplatten  übergehen.  Ferner  bildet  sich  nach 
der  bis  heute  herrschenden  Auffassung  die  gesamte  Muskulatur  der  Darm- 
wandung, sowie  das  Bindegewebe  aus  dem  Darmfaserblatt,  der  Splanch- 
nopleura  aus,  ebenso  der  Chylusgefäßapparat.  Die  Follikelbildungen  der 
Darmwand  werden  von  den  meisten  Autoren  als  Bildungen  des  Mesoderms 
aufgefaßt,  doch  fehlt  es  nicht  an  Stimmen,  welche  das  Entoderm  als 
Bildungsstätte  dieser  Organe  ansprechen.  Der  Blutgefäßapparat  wird 
in  seiner  Herkunft  verschieden  beurteilt,  indem  er  bald  vom  Ento- 
derm, bald  vom  Mesoderm,  bald  auch  von  beiden  abgeleitet  wird.  Die 
Auffassung,  daß  das  Entoderm  in  bestimmten  Bezirken  der  ventralen 
Hälfte  des  Embryo  die  Ursprungsstätte  der  ersten  Blutelemente  darstellt, 
gewinnt  immer  mehr  Boden.  So  besteht  zwar  ein  primitiver  Zusammen- 
hang zwischen  Blutgefäßen  und  Entoderm,   doch  löst  sich  dieser  schon 


Die  Entwickelung  des  Darrnsystems.  111 

bei  der  ersten  Bildung,  und  die  Gefäße  zeigen  eine  eigene  Weiterbildung 
durch  selbständiges  Auswachsen.  So  gelangen  auch  in  die  spätere  Darm- 
wandung   von    außen   her    durch    Sprossenbildung  Blutgefäße    hinein. 

Das  Darmrohr  sämtlicher  Wirbeltiere  ist  an  seinem  vorderen  Ende, 
der  Kopfdarmhöhle,  zunächst  blind  geschlossen.  Es  entsteht  zuerst  die 
Mundöffn  u  n  g  sekundär,  nach  Bildung  einer  ektodermalen  Einsenkung, 
der  Mundbucht,  gegen  die  Kopfdarmhöhle  zu  und  nach  Einreißen  der 
trennenden  Rachenhaut.  In  der  Folge  bilden  sich  noch  in  verschie- 
dener Zahl  seitliche  paarige  Ausbuchtungen  des  vordersten  Abschnittes 
des  Darmrohrs,  welche  als  Kiemen-  oder  Schlundtaschen  bezeichnet 
werden  und  nach  Vereinigung  mit  entgegenkommenden  ektodermalen 
Kiemenfurchen,  durch  Einreißen  der  trennenden  Schichten  zu  Kiemen- 
oder Schlundspalten  durchbrechen.  Dieselben  treten  in  verschiedener 
Zahl  bei  den  einzelnen  Wirbeltierklassen  auf.  Bei  kiemenatmenden 
Formen  bleiben  sie  im  Dienste  der  Respiration  offen  bestehen,  bei 
höheren  Formen,  wo  die  Lungenatmung  sich  ausbildet,  sind  sie  vor- 
übergehende Bildungen  und  erfahren  nach  kurzem  Offensein  wieder 
einen  Verschluß.  Der  Fortbestand  der  Schlundspalten  bei  Anmioten 
ist  ein  beredtes  Zeugnis  für  die  phylogenetische  Verwandtschaft  der 
Wirbeltiere.  Dabei  ist  aber  nicht  zu  vergessen,  daß  außer  der  re- 
spiratorischen Bedeutung  die  Schlundspalten  schon  bei  Fischen  die 
Aufgabe  haben,  die  Thymus  auszubilden,  eine  Leistung,  die  ihnen  auch 
bei  Amnioten  bleibt,  so  daß  ihre  Erhaltung  in  der  Ontogenese  verständ- 
lich wird.  Das  hintere  Ende  des  Darmrohrs  entspricht  dem  Blasto- 
poruspol  des  Embryo.  Während  noch  vor  kurzem  verschiedene  An- 
sichten darüber  bestanden,  ob  der  Blastoporus  zur  Bildung  des  Afters 
verwendet  wird,  oder  ob  der  letztere  ebenso  wie  die  Mundöffnung  eine 
Neubildung  darstellt,  geht  die  heute  herrschende  Ansicht  dahin,  daß 
ein  Teil  des  Blastoporus  zur  Afterbildung  verwendet  wird.  Es  ist 
hierbei  zu  bemerkeD,  daß  bei  den  meisten  Wirbeltierembryonen  der 
After  nicht  dem  hintersten  Ende  des  Darmrohrs  entspricht,  sondern 
daß  ein  postanaler  Darm  besteht,  der  eine  verschiedene  Ausdehnung 
zeigt  und  dem  bei  vielen  Formen  eine,  wenn  auch  vorübergehende, 
Funktion  nicht  abzusprechen  ist. 

Die  erste  Art  und  Weise  der  Anlage  und  Ausbil- 
dung des  D  a  r  m  r  o  h  r  s  ist  abhängig  von  dem  Modus  des 
Gastrulationsprozesses.  Bei  holoblas  tischen  Eiern, 
deren  Furchung  sich  als  totale  abspielt,  besteht  der  Darmkanal  von 
vornherein  als  geschlossenes  Rohr,  wie  ja  auch  der  embryonale 
Körper  von  vornherein  als  geschlossene  walzenförmige  Bildung  an- 
gelegt ist.  Bei  Embryonen,  die  sich  nach  dem  Typus  der  parti- 
ellen, bei  Wirbeltieren  stets  diskoidalen,  Furchung  entwickeln, 
zeigt  der  Embryo  in  der  Keimscheibe  eine  flächenhafte  Ausbreitung, 
und  hier  stellt  auch  die  Anlage  des  Darmrohrs  zuerst  eine  entodermale 
Zellenfläche  dar.  Dieselbe  vertieft  sich  unter  dem  Vorgang  der  Ab- 
hebung der  Keimscheibe  vom  Dottersack  zur  Darmrinne,  die  sich  dann 
allmählich  erst  zum  Rohre  abschließt.  Dieser  Vorgang,  zuerst  von 
Kaspar  Friedrich  Wolff  beim  Hühnchen  beobachtet,  hat  gerade 
als  Beobachtung  eine  klassische  Bedeutung.  Es  war  hiermit  ein  Ent- 
wickelungsvorgang  nachgewiesen,  der  nicht  in  die  Auffassung  der 
Evolutionslehre  paßte  und  für  die  epigenetische  Auffassung  der  Ent- 
wickelungsvorgänge  von  grundlegender  Bedeutung  geworden  ist. 

Es  geht  demnach   nicht  das   ganze  Entoderm   bei  meroblasti- 


112  F.  Maurer, 

scheu  Eiern  in  die  Bildung  der  Darmschleimhaut  über,  sondern  das 
Entoderm  sondert  sich  in  einen  in tra embryonalen  Abschnitt,  der  allein 
die  Darmschleimhaut  bildet,  und  einen  ex  tra  embryonalen  Abschnitt,  der 
die  Dottersackwandung  bilden  hilft,  des  Dottersackentoderm.  Bei  mero- 
blastischen Eiern  besteht  der  Dottersack  als  embryonales,  nach  Ablauf 
der  Entwickelung  schwindendes  Organ.  Bei  Cyclostomen  und  A  in  - 
phibien  mit  holoblastischen  Eiern  bilden  die  dotterreichen  Eutoderm- 
zellen  der  ventralen  Hälfte  des  Darmkanals  nur  eine  vorübergehende 
leichte  Auftreibung  der  Darmanlage,  die  unter  Resorption  des  Dotter- 
materials schwindet;  dieser  ganze  dotterreiche  Abschnitt  des  Entoderm- 
rohrs  wird  einfach  in  die  Darmwand  aufgenommen.  Auch  bei  Gym- 
nophionen  mit  partieller  Furchung  wird  der  ganze  Dottersack  von  den 
Bauchplatten  des  Embryo  früh  umwachsen  und  in  die  Bauchhöhle 
aufgenommen.  Unter  Ganoiden  wird  der  Dotter  bei  Acipeuser  von 
einem  erweiterten  Darmabschnitt  aufgenommen,  der  nach  Balfour 
(A.  L.  II.  1886)  dem  Magen  entspricht.  Dagegen  finden  wir,  daß  bei 
Lepidosteus  schon  ein  Darmdottersack  sich  scharf  vom  Darmrohr  ab- 
setzt, mit  dem  er  nur  durch  einen  engen  Stiel  verbunden  bleibt.  So 
zeigt  es  sich  auch  bei  Teleo stiem.  Dabei  wird  die  Resorption  des 
Dotters  nicht  mehr  bloß  vom  Darmepithel,  sondern  von  dem  Dotter- 
sackentoderm besorgt,  welches  die  Nahrung  sofort  den  Dottersack- 
gefäßen zuführt.  Ein  äußerer  scharf  abgesetzter  Hautdottersack  bildet 
sich  bei  Teleostiern  nicht  aus,  sondern  der  Darmdottersack  wird  ganz 
in  die  Bauchhöhle  aufgenommen.  Dabei  hört,  wie  wir  von  Balfour 
wissen,  bei  Salmo  schon  sehr  früh  jede  Kommunikation  zwischen  Darm- 
rohr und  Dottersack  auf. 

Bei  Selachiern  bildet  sich  ein  Darm-  und  ein  Hautdottersack, 
die  nur  durch  einen  dünnen  Stiel,  jener  mit  dem  Darmrohr,  dieser  mit 
der  ventralen  Rumpfwand,  in  Verbindung  stehen.  Der  Darmdotter- 
sack liegt  aber  zum  Teil  in  der  Bauchhöhle  (innerer  D.)  und  nur 
zum  anderen  Teil  im  Hautdottersack  (äußerer  D.).  Der  Dotter  wird 
hier  in  den  Darm  übergeführt,  so  daß  das  Darmepithel  eine  wichtige 
Rolle  bei  seiner  Resorption  spielt. 

Bei  Mustelns  ist  der  innere  Dottersack  wenig  (M.  vulgaris)  oder 
gar  nicht  (M.  laevis)  ausgebildet.  Bei  Acanthias  ist  er  sehr  groß.  Der 
Inhalt  des  äußeren  Dottersacks  wird  hier  allmählich  in  den  inneren 
Dottersack  übergeführt.  Dabei  bleibt  der  äußere  Dottersack  als  lang- 
gestieltes Bläschen  an  der  Ventralfläche  des  Embryo  nachweisbar. 

Bei  Sauropsiden  besteht  ebenfalls  ein  äußerer  Dottersack.  Der- 
selbe wird  aber  später  ganz  in  die  Bauchhöhle  aufgenommen,  indem  er 
durch  den  Nabel  hindurchschlüpft.  Hier  wird  auch  der  Nahrungs- 
dotter sehr  früh  nicht  mehr  in  das  Darmrohr  abgeführt,  sondern 
der  dünne  Stiel  des  Ductus  omphaloentericus  schwindet,  das  Dotter- 
material  wird  von  den  Dottersackepithelzellen  resorbiert  und  von  da 
durch  die  Blutgefäße  des  Dottersacks  aufgenommen.  Unter  Schwund 
des  Dotters  bildet  die  Wandung  des  Dottersacks  Falten  und  Krausen 
(H.  Virchow),  und  der  Dottersack  schrumpft  zusammen.  Doch  bleiben 
lange  Zeit  Reste  erhalten,  zuweilen  zeitlebens,  z.  B.  bei  Lacertiliern 
und  Ratiten  (Gadow,  Strahl  L.  2.  1894,  Bersch  L.  2.  1893,  Voeltz- 
kow  A.  L.  III.  7.  1899.). 

Bei  Säugetieren  schrumpft  der  bedeutungslose  Dottersack  früh- 
zeitig zum  langgestielten  Nabelbläschen  zusammen,  das  mit  den  Ei- 
hüllen  abgeworfen  wird. 


Die  Entwicklung  des  Darmsystems.  113 

Die  letzte  Verbindung  des  Darmrohrs  mit  dem  Dottersack,  der 
Dottergang,  zeigt  bei  Fischen  und  Amnioten  verschiedene  Beziehungen 
zum  Darm.  In  allen  Fällen  ist  der  Dottersack  dem  Mitteldarmab- 
schnitt verbunden:  bei  Fischen  näher  seinem  Anfang,  bei  Amnioten 
näher  seinem  Ende,  er  sitzt  dem  Scheitel  der  primitiven  Darmschleife 
an,  auf  welchen  nach  kurzer  Strecke  der  Anfang  des  Enddarms  folgt. 
Diese  Ungleichheit  ist  begründet  durch  die  verschiedene  Anordnung 
des  Dotters  in  der  Eizelle,  die  schon  in  der  verschiedenen  Bedeutung 
des  Keimscheibenrandes  zum  Ausdruck  kommt. 

Nachdem  das  Darmrohr  ein  die  Länge  des  embryonalen  Körpers 
durchlaufendes  gestrecktes  Rohr  geworden  ist,  ein  Zustand,  der  bei 
holoblastischen  Eiern  bald  nach  der  Gastrulation,  unter  einfacher 
Streckung  des  Embryo  erreicht  ist,  bei  meroblastischen  Eiern  erst 
nach  der  vollständigen  Abhebung  des  embryonalen  Körpers  vom  Dotter- 
sack hergestellt  ist,  sehen  wir  das  entodermale  Darmrohr,  von  dem 
Darmfaserblatt  der  Parietalplatten  umgeben,  durch  ein  dorsales  und 
v  e  n  t  r  a  1  e  s  M  e  s  e  n  t  e  r  i  u  m  in  seiner  Lage  fixiert  erhalten.  Das  dor- 
sale Mesenterium  bildet  eine  Duplikatur,  die,  gleichmäßig  in  der  ganzen 
Länge  des  Rumpfes  ausgebildet,  in  gerader  Linie  das  Entodermrohr 
an  die  dorsale  Rumpfwand  befestigt.  Die  letztere  erhält  in  dem  früheren 
Stadium  zunächst  ihre  Stütze  durch  die  Chorda  dorsalis.  Zwischen 
den  beiden  Serosalamellen,  welche  das  Mesenterium  bilden,  findet  sich 
eine  bindgewebige  Membran,  welche  die  Blutgefäße  und  Nerven  zum 
Darm  führt  (Tunica  propria,  Toldt). 

Ein  ventrales  Mesenterium  besteht  nur  im  vorderen,  dem  Kopf 
und  vordersten  Rumpfabsclmitt  zugehörenden  Abschnitt  des  Darm- 
rohrs  und  ebenso  am  hinteren  Teil  kurz  vor  dem  After  in  kurzer 
Ausdehnung.  In  der  größeren  Länge  des  Darmes,  während  seines  Ver- 
laufes durch  den  Rumpfabschnitt  des  Körpers  ist  es  geschwunden  da- 
durch, daß  die  linke  und  rechte  Hälfte  der  Parietalplatten  sich  in  der 
ventralen  Mittellinie  miteinander  vereinigt  haben.  Das  primitive 
paarige  Cölom  ist  hierdurch,  unter  Einschmelzung  des  ventralen 
Mesenterium,  zu  einem  einheitlichen  Räume  geworden.  Während 
das  dorsale  Mesenterium  später  im  wesentlichen  den  Blut-  und  Chylus- 
gefäßen  sowie  den  Nerven  des  Darmes  zum  Verlauf  dient,  nur  in  ge- 
ringerem Maße  Drüsen,  die  vom  Darm  aus  ihre  Entwicklung  nehmen, 
einschließt,  sehen  wir,  daß  das  ventrale  Mesenterium  die  Bildungsstätte 
höchst  wichtiger  Organe  darstellt.  Es  stellt,  wo  es  besteht,  eine  Dupli- 
katur dar,  die  von  der  ventralen  Mittellinie  des  entodermalen  Darmrohrs 
zum  Ektoderm  längs  der  ventralen  Mittellinie  des  embryonalen  Körpers 
verläuft. 

Zwischen  seinen  beiden  Lamellen  bildet  sich  im  Bereich  des 
Kopfes  die  Anlage  des  H  erzen s  aus,  unmittelbar  dahinter  entwickelt 
sich  vom  Darmentoderm  aus  die  Anlage  der  Leber  und  des  Pan- 
kreas. Während  erstere  ausschließlich  in  das  ventralen  Mesenterium 
hinein  sich  entwickelt,  hat  man  am  Pankreas  außer  einer  ventralen, 
auch  eine  dorsale  Anlage  nachgewiesen,  welche  sich  an  der  gleichen  Stelle 
zwischen  die  Lamellen  des  dorsalen  Mesenteriums  hinein  ausbildet. 
Das  dorsale  Mesenterium  ist  außerdem  noch  die  Bildungsstätte  der 
Milz. 

In  dem  ventralen  Mesenterium  unmittelbar  vor  dem  After  bildet 
sich  ferner  die  Harnblase,  resp.  Allantois  bei  höheren  Wirbeltieren 
aus. 

Handbuch  der  Eutwickelungslehre.     II.  1.  8 


114  F.  Maurer, 

Bei  niederen  Wirbeltieren  (Amphioxus,  Cyclostomen),  behält  das 
Darmrohr  seine  gestreckte  einfache  Form,  bei  Selachiern,  Ganoiden, 
Teleostiern  beginnt  schon  ein  größeres  Längenwachsthnni  des  Darmes, 
wodurch  derselbe  sich  in  Schlingen  legt.  Dies  ist  von  Amphibien  an  auf- 
wärts in  zunehmendem  Maße  weiter  gebildet. 

Bei  allen  Formen  sieht  man  das  Darmrohr  sich  in  verschiedene 
Abschnitte  sondern,  die  scharf  getrennt  sind.  Man  unterscheidet  einen 
Vorder-,  Mittel-  und  End  darin. 

Der  Vorderdarm  umfaßt,  mit  der  Mundöffnung  beginnend,  die 
Kopfdarmhöhle,  die  Speiseröhre  und  den  Magen.  Seine  Grenze  gegen 
den  Mitteldarm  ist  scharf  markiert  durch  die  Bildungsstelle  der  Leber 
und  des  Pankreas.  Hier  beginnt  der  Mitteldarm,  der  an  einer  eben- 
falls scharf  markierten  Stelle,  einer  Blinddarmbildung,  in  den  mit 
letzterer  beginnenden  Enddarm  sich  fortsetzt.  Derselbe  findet  sein 
Ende  nicht  im  After,  denn  hinter  diesem  besteht  meist  vorübergehend 
noch  ein  postanaler  Darmabschnitt. 

Während  der  Darmkanal  zuerst  ein  gleichmäßiges  Rohr  darstellt, 
sondert  sich  später,  aber  schon  in  frühembryonaler  Zeit  ein  jeder  der 
drei  angeführten  Abschnitte  in  verschiedene  Teile. 

Vord  erdarm.  Der  Vorderdarm  läßt  die  Mundhöhle,  den  Pharynx, 
Oesophagus  und  Magen  entstehen.  Sie  zeigen  bei  den  verschiedenen 
Wirbeltierklassen  eine  sehr  ungleiche  Ausbildung.  Die  Mundhöhle  in 
ihrem  einfachen  Zustande  bei  Fischen  und  ihrer  Sonderung  bei  höheren 
Formen  in  sekundäre  Mund-  und  Nasenhöhle  ist  im  vorigen  Kapitel 
behandelt.  Der  Pharynx  ist  durch  seine  Beziehung  zu  den  Respirations- 
organen ausgezeichnet.  Bei  sämtlichen  Wirbeltieren  bilden  sich  vom 
Schlund  die  paarigen  Schlundspalten  aus,  deren  Zahl  von  niederen  zu 
den  höheren  Wirbeltieren  allmählich  abnimmt.  Sie  schwankt  zwischen 
9  und  4  Paaren.  Während  sie  bei  Fischen  und  Amphibienlarven, 
Perennibranchiaten  und  Derotremen  die  Träger  des  respiratorischen 
Gefäßnetzes  sind,  erfahren  sie  bei  höheren  Wirbeltieren  von  caduci- 
branchiaten  Amphibien  an  eine  Rückbildung. 

Bei  allen  diesen  Formen  stellt  die  ventrale  Fläche  der  hinteren 
Pharynxregion  die  Bildungsstätte  der  Respirationsorgane  dar,  die  sich 
zu  dem  Kehlkopf,  Trachea  und  Lungen  ausbilden.  Die  Schlund- 
höhle  ist  außerdem  die  Bildungsstätte  einer  Gruppe 
von  Organen,  welche  zum  Teil  mit  dem  Apparat  der 
Schlundspalten  in  genetischer  Beziehung  stehen:  Schild- 
drüse, Thymus,  p  o  s  t  b  r  a  n  c  h  i  a  1  e  r  Körper,  C  a  r  o  t  i  d  e  n  d  r  ü  s  e 
und  E  p  i  th  e  1  k  ö  r  p  e  r  c h  e  n.  Die  drei  erstgenannten  Organe  bilden 
sich  bei  sämtlichen  Wirbeltieren  aus,  die  beiden  letzten  sind  nur  von 
Wirbeltieren,  deren  Kiemenspalten  unter  Ausbildung  der  Lungen  eine 
Rückbildung  erfahren  haben,  entwickelt.  Die  aus  dem  Pharynx  sich 
fortsetzende  Speiseröhre  ist  bei  allen  Fischen  und  Amphibien  sehr 
kurz  ausgebildet,  Bei  Amnioten  länger  gebildet,  zeigt  sie  bei  Vögeln 
durch  die  Kropfbildung  eine  besondere  Komplikation. 

Der  Magen  als  letzter  Abschnitt  des  Vorderdarms  kommt  nicht 
allen  Wirbeltieren  zu.  Er  fehlt  bei  Petromyzonten  und  einigen  Klassen 
der  Teleostier.  Bei  allen  niederen  Wirbeltieren  stellt  er,  wo  er  besteht, 
eine  längsgestellte,  spindelartige  Erweiterung  des  Darmes  dar.  Bei 
einigen  Reptilien  beginnt  eine  Querstellung  des  Magens  sich  auszubilden. 
Beim  Vogel  besteht  dieselbe  in  anderer  Form  als  bei  den  Säugetieren. 


Die  Eutwickelung  des  Darmsystems.  115 

Bei  letzteren    kommt  es  in  vielen  Gattungen  zu  einer  Sonderung  des 
Magens  in  mehrere  Abschnitte. 

Mi  1 1  el  darin.  Der  Mitteldarm  ist  ein  gleichmäßigerer  Teil  des 
Darmrohrs,  der  eine  sehr  verschiedene  Länge  erreicht.  Bei  Selachiern 
ist  er  durch  die  Spiralklappe  ausgezeichnet,  die  auch  noch  in  ge- 
ringerer Ausbildung  bei  Ganoiden  und  Dipnoern  besteht.  Bei  Anuren 
zeigt  der  Mitteldarm  eine  komplizierte  Aus-  und  Rückbildung. 

Enddarm.  Der  Enddarm  ist  bei  niederen  Formen  einfach 
und  kurz.  Bei  Säugetieren  erreicht  er  eine  größere  Länge  und  Sonde- 
rung in  Colon  und  Rectum.  An  seinem  Beginn  entwickeln  sich  bei 
Vögeln  und  Säugetieren  Coecumbildungen  verschiedener  Zahl  und 
Größe. 

Von  d  e  r  E  n  t  w  i  c  k  e  1  u  n  g  d  e  r  Da  r  m  w  a  n  d  u  n  g ,  d.h.  ihrer  ver- 
schiedenen Schichten  ist  die  Ausbildung  der  Schleimhaut,  sowie  des  Se- 
rosa-Ueberzugs  am  besten  bekannt.  Diese  Teile  sind  auch  bei  allen 
"Wirbeltieren  im  wesentlichen  gleicher  Herkunft.  Die  Eutwickelung  der 
Tunica  muscularis,  sowie  des  Bindegewebes  und  der  Blutgefäße  des 
Darmes  ist  noch  keineswegs  klargestellt,  doch  ist  schon  vieles  Wert- 
volle darüber  bekannt  geworden.  Eine  besondere  Komplikation  bildet 
die  das  gesamte  Darmrohr  betreffende  Ausbildung  einer  blutgefäß- 
reichen lymphatischen  Scheide,  wie  sie  bei  Petromyzon  besteht. 

Während  der  größte  Teil  der  Drüsen  des  Darmes,  die  stets  den 
epithelialen  Teil  der  Schleimhaut  zum  Mutterboden  haben,  in  der 
Darmwandung  eingelagert  bleiben,  sehen  wir  2  Drüsen  in  volumi- 
nöser Entfaltung  vom  Darmrohr  mit  ihrem  Drüsenkörper  abrücken, 
und  nur  der  Ausführgang  mit  seiner  Mündung  läßt  noch  den  primi- 
tiven Zusammenhang  erkennen.  Dies  sind  die  Leber  und  das  Pankreas, 
die  allen  Wirbeltieren  zukommen.  Nur  bei  Amphioxus  fehlt  das 
Pankreas. 

Außer  dem  Drüsenapparat  finden  wir  in  der  Darmschleimhaut  bei 
allen  Wirbeltieren  in  reicher  Verbreitung  lymphatische  Organe  von 
verschiedener  Anordnung  und  Ausbildung.  Sie  erscheinen  außer  in 
Form  einzelner  Follikel,  die  überall  in  der  Darmschleimhaut  disse- 
miniert auftreten,  an  bestimmten  Stellen,  in  Gruppenstellung  und  bilden 
komplizierte  Organe:  Balgdrüsen  der  Zunge,  Tonsillen  und  Agmina 
Peyeri.  Diese  bei  höheren  Wirbeltieren  bestehenden  Einrichtungen 
sind  lokalisierte  Reste  von  allgemeinen  lymphatischen  Scheiden,  wie 
sie  bei  niederen  Formen  um  die  Schleimhaut  des  ganzen  Darmrohrs, 
vielfach  auch  am  Arterienapparat  des  Darmes  bestehen.  Follikel- 
bildungen  linden  sich  auch  bei  Selachiern  in  der  Auskleidung  des 
Spritzlochs  und  bei  Vögeln  im  Oesophagus. 

Mit  der  Sonderung  des  Darmrohrs  in  seine  verschiedenen  Ab- 
schnitte und  mit  der  Ausbildung  der  genannten  großen  Drüsen  kommt 
auch  eine  kompliziertere  Ausbildung  der  Mesenterien  zur  Eutwickelung. 
Bei  diesen  Vorgängen  spielen  die  zum  Darmrohr  und  seinen  Drüsen 
verlaufenden  und  von  ihnen  rücklaufenden  Blutgefäße  eine  wichtige 
Rolle. 

Aus  dem  Vorstehenden  ergiebt  -sich,  daß  eine  Schilderung  der 
Entwickelungvorgänge  des  Darmrohrs  mit  seinen  Drüsen  und  Mesen- 
terien sehr  verschiedene  Fragen  zu  behandeln  hat. 


116  F.  Maurer, 

Ich  bespreche  dieselben  in  folgenden  Abschnitten: 

1)  Die  Kiemenspalten  und  ihre  Derivate. 

a)  Die  erste  Bildung  der  Schlundspalten. 

In  Die  Entwickelung  der  Kiemen. 

c)  Die  im  Bereich  der  Kiemenhöhle    sich    bildenden   epithelogenen 

Organe. 

a)  Die  Schilddrüse. 

ß)  Die  Thymus. 

y)  Der  postbranchiale  Körper. 

ö)  Epithelkörperchen  und  Carotidendrüse. 

£)  Die  Reste  der  inneren  Kiemen  bei  Anuren. 

2)  Allgemeine  Entwickelung   des  Darmrohrs   und  seine  Sonderung  in 
verschiedene  Abschnitte. 

o)  Die  histologische  Entwickelung  der  Darmwand. 
Die  lymphatischen  Apparate  der  Darmschleimhaut. 

4)  Leber  und  Pankreas. 

a)  Die  erste  Anlage  der  Leber. 

b)  Die  weitere  Entwickelung  der  Leber. 

c)  Die  Entwickelung  des  Pankreas. 

5)  Die  Entwickelung  des  Afters. 

6)  Die  Entwickelung  der  Mesenterien. 

a)  Allgemeines. 

b)  Bildung  des  primären  Zustandes. 

c)  Septum  transversum. 

d)  Die  weiteren  Bildungsvorgänge  der  Mesenterien  in  der  Gegend 
der  Leber  und  des  Gastroduodenalabschnittes  des  Vorderdarms. 

e)  Bursa  omentalis  und  Foramen  Winslowi. 

f)  Das  dorsale  Mesenterium. 

1.  Die  Kiemenspalten  und  ihre  Derivate. 

Aus  der  Kopfdarmhöhle  entwickeln  sich  bei  sämtlichen  Wirbel- 
tieren paarige  Ausbuchtungen  in  verschiedener  Zahl,  die,  nachdem  sie 
das  Ektoderm  erreichten,  sich  mit  diesem  verbinden  und  nach  außen 
zum  Durchbruch  kommen :  Die  Schlund-  oder  Kiemenspalten.  Bei 
Amphioxus  in  sehr  großer  Zahl  bestehend  und  in  unsymmetrischer  Zahl 
ausgebildet,  münden  sie  in  den  Peribranchialraum.  Unter  den  Cyclo- 
stomen  bestehen  sie  bei  Petromyzon  in  der  Achtzahl.  Sie  brechen 
schon  bei  ganz  jungen  Embryonen  durch  (Scott  und  Osborn).  Bei 
Bdellostoma  werden  13 — 14  Paar  Kiemenspalten  angelegt.  Bei  Se- 
lachiern  bestehen  sie  zu  i>  Paaren  (Notidaniden),  dann  zu  8  und  7 
Paaren  (Heptanchus).  Von  da  an  nimmt  ihre  Zahl  bei  höheren  Wirbel- 
tieren ab.  Während  sie  bei  Fischen,  Amphibien  und  Reptilien  sich 
in  der  Zahl  5  entwickeln,  kommen  bei  Vögeln  und  Säugetieren  meist 
nur  4  Paare  zur  Ausbildung.  Bei  allen  wasserlebenden  Formen  ent- 
wickelt die  Schleimhautauskleidung  Kiemenbildungen,  und  die  Spalten 
bleiben  zeitlebens,  der  Respiration  dienend,  offen.  Bei  caducibranchiaten 
Amphibien  erfahren  sie  einen  Verschluß  zur  Zeit  der  Metamorphose. 
Bei  den  amnioten  Wirbeltieren  bilden  sich  embryonal  die  Schlund- 
spalten genau  wie  bei  den  niederen  Wirbeltieren,  sind  aber  nur  von 
vorübergehendem    Bestand. 

Bei    sämtlichen   Wirbeltieren  entwickeln  sich    diese  Spalten  nicht 


Die  Elitwickelung  des  Darrnsystems.  117 

gleichzeitig,  sondern  sie  treten  nacheinander  auf  und  zwar  meist 
so,  daß  die  erste  zwischen  Kiefer-  und  Zungenbeinbogen  gelegene 
zuerst  durchbricht,  und  nach  ihr  entsteht  die  zweite  und  so  fort 
caudalwärts  weiter  schreitend.  In  derselben  Reihenfolge  findet  bei 
den  sauropsiden  Wirbeltieren  von  vorn  nach  hinten  fortschreitend 
der  Verschluß  der  vorübergehend  offenen  Schlundspalten  statt.  Wäh- 
rend bei  Selachiern  die  erste  Spalte  als  Spritzloch  erhalten  bleibt, 
erfährt  sie  bei  Ganoiden,  Teleostiern  und  Dipnoern  einen  Verschluß. 
Bei  Säugetieren  wurde  von  His  bestritten,  daß  die  Spalten  überhaupt 
zu  offenem  Durchbruch  kommen,  doch  ist  dies  für  Monotremen  und 
auch  für  höhere  Säugetiere  nachgewiesen  worden  (Halsfisteln).  Immer- 
hin wird  es  ein  naturgemäßer  Fortschritt  sein,  wenn  die  für  die  Re- 
spiration bedeutungslosen  Spalten  auch  in  der  Ontogenese  nicht  mehr 
durchbrechen. 

Die  Schlundspalten  bilden  nicht  bloß  die  Anlage  der  respira- 
torischen Kiemen  bei  wasserlebenden  Wirbeltieren,  sondern  sie  stellen 
in  ihrer  epithelialen  Auskleidung  auch  schon  bei  solchen  Formen  den 
Boden  für  andere  Organe  dar:  es  sind  dies  die  Thymus,  die  Supra- 
pericardial-  oder  postbranchialen  Körper  und  die  Epithelkörperchen. 
Diese  Aufgabe  bleibt  ihnen  auch  bei  amnioten  Wirbeltieren,  bei  welchen 
sie  die  respiratorische  Funktion  verloren  haben.  Im  Bereich  der 
Kiemenregion  bildet  sich  ferner  bei  sämtlichen  Wirbeltieren  ein  Organ 
aus,  welches  nicht  direkt  aus  Kiemenspalten  abzuleiten  ist,  sondern 
seine  Grundlage  in  der  Hypobranchialrinne  der  Tunicaten  und  Ammo- 
coetes  besitzt,  die  Glandula  thyreoidea.  Wir  behandeln  diesen  Ab- 
schnitt in  3  Abteilungen :  1)  Die  erste  Bildung  der  Schlundspalten, 
2)  Die  Kiemenbildungen,  deren  wesentlicher  Teil  bei  dem  Gefäßsystem 
zu  betrachten  ist,  3)  Die  im  Bereich  der  Schlundspalten  sich  bildenden 
epithelogenen  Organe. 

a)  Die  erste  Bildung  der  Schlundspalten. 

Amphioxus.  Die  Entwicklung  der  Kiemenspalten  und  des 
Peribranchialraums  bei  Amphioxus  ist  schon  im  vorhergehenden  Ka- 
pitel besprochen  worden. 

Cyclo  stomen.  Bei  Ammocoetes,  Petromyzon  kommen,  wie 
schon  Huxley  nachwies,  8  Schlundspaltenpaare  zu  Anlage.  Nach 
Scott  (A.  L.  III.  2.  1882),  Götte  (A.  L.  III.  2.  1890)  und  Kupffer 
(A.  L.  III.  2.  1890)  findet  ihre  Ausbildung  von  vorn  nach  hinten 
fortschreitend  statt.  Die  1.  Schlundtasche  bildet  sich  bei  6  Tage 
alten  Embryonen  als  paarige  Ausbuchtung  des  Entoderms  der  Kopf- 
darmhöhle. Die  Taschen  wachsen  gegen  das  Ektoderm  hin,  indem 
sie  das  Mesoderm  verdrängen,  und  lagern  sich  dem  Ektoderm  an.  Die 
2.  und  3.  Tasche  bilden  sich,  einander  folgend,  am  7.-8.  Tage  der 
Entwickelung  aus.  Wenn  der  Embryo  das  Ei  verläßt,  am  8.  Tage 
(v.  Kupffer),  ist  noch  keine  Spalte  durchgebrochen.  Nach  Scott 
bricht  die  1.  Spalte  unter  Einreißen  der  aus  Ektoderm  und  Ento- 
derm  bestehenden  Verschlußmembran  am  13.  Tage  durch,  die  übrigen 
folgen  der  Reihe  nach,  so  daß  am  16. — 17.  Tage  nach  der  Befruchtung 
alle  8  Spalten  geöffnet  sind.  Bei  der  Bildung  dieser  Spalten  spielt 
das  Entoderm  allein  eine  aktive  Rolle,  das  Ektoderm  verhält  sich  passiv. 
Bei  Bdellostoma  treten  nach  Dean  (A.  L.  III.  2.  1899)  die  Kiemen- 
spalten ebenso  der  Reihe  nach  auf,  wie  bei  Petromyzonten.  Es  bilden 
sich  13 — 14  Spalten,  schon  zu  einer  Zeit,  wo  der  Kopfteil  des  Embryo 


118 


F.  Maurer. 


noch  nicht  vom  Dotter  abgehoben  ist.  Die  1.  Spalte  nimmt  eine  Sonder- 
stellung ein.  Sie  ist  durch  einen  größeren  Abstand  von  der  2.  getrennt, 
und  es  stellt  Dean  die  Frage  auf,  ob  nicht,  wie  Dohrn  iA.  L.  III.  3) 
bei  Selachiern  annimmt,  eine  2.  Spalte  hier  ausgefallen  sei.  Unter 
der  mächtigen  Volumentfaltung  des  Vorderkopfes,  der  Ausbildung  der 
Zunge  rücken  die  Kiemenspalten  weit  nach  hinten. 

Selachier.  Die  Entwicklung  der  Schlundspalten  bei  Selachiern, 
(Pristiurus,  Scyllium,  Acanthias,  Torpedo)  ist  durch  Balfour  (A.  L. 
III.  3.  1878),  Dohrn,  Van  Bemmelen  (L.  1.  1885),  Rabl  (L.  2. 
1889),  bekannt  geworden.  Auch  hier  tritt  die  1.  Schlundtasche,  die 
Anlage  des  Spritzlochs,  zuerst  auf.  Dann  folgen  die  weiteren  bei 
pentanchen  Haien  der  Reihe  nach.  Sie  entstehen  als  paarige  Aus- 
buchtungen des  Entoderms  der  Schlundhöhle.  Hinsichtlich  der  Zeit 
des  Durchbruchs  der  Taschen  zu  Spalten  differieren  die  Angaben. 
Auch  hier  spielt  das  Entoderm  allein  die  aktive  Rolle. 

Die  Ausbuchtungen  erreichen  das  Ek- 
toderm  und  vereinigen  sich  mit  ihm.  Nach 
den  genauen  Angaben  von  Rabl  erscheint 
die  1.  innere  Schlundtasche  bei  Pristiurus- 
embryonen  mit  18  Urwirbeln.  Die  folgen- 
den entstehen  der  Reihe  nach,  so  daß  bei 
Embryonen  mit  74  Wirbeln  die  6.  als  letzte 
angelegt  ist.  Die  Reihenfolge  des  Durch- 
bruchs nach  außen  stellt  sich  etwas  anders 
dar,  es  kommt  dabei  schon  die  Reduktion 
der  Spritzlochspalte  zum  Ausdruck.  Zuerst 
bricht  die  2.  Spalte  durch  bei  Embryonen 
mit  54  Urwirbeln.  Dann  folgt  die  3.  und 
mit  dieser  fast  gleichzeitig  die  1.  Die 
übrigen  folgen  sich  der  Reihe  nach.  Ein 
Embryo  mit  94  Urwirbeln  besitzt  unter 
Durchbruch  der  letzten  6  offene  Kiemen- 
spalten. 

Die  Eröffnung  der  einzelnen  Spalte  be- 
ginnt an  deren  dorsalem  Ende  und  schreitet 
ventralwärts  fort.  Die  Verhältnisse  direkt 
nach  dem  Durchbruch  der  Spalten 
Fig.  83. 


zeigt 


Fig.  83.  Horizontalschnitt  eines  jungen  Embryo 
von  Raja.  I  Spritzloch.  II— VI  Kiemenspalten.  VI 
noch  nicht  durchbrochen.  A' Kiemendarm,  o  Speise- 
röhre,  c  Gehirn,   a  Auge.    (Nach  van  Bemmelen.) 


Ganoiden.  Die  erste  Anlage  der  Schlundspalten  bei  Acipenser 
und  Lepidosteus  kennen  wir  durch  Salensky  (A.  L.  III.  5.  1881), 
Balfour  (A.  L.  III.  5.  1882),  Parker  und  Agassiz  (A.  L.  III. 
5.  1878).  Die  6  hier  sich  bildenden  Spalten  legen  sich,  von  vorn 
nach  hinten  fortschreitend,  als  entodermale  Schlundtaschen  an.  Ob 
die  2.  vor  der  1.  durchbricht,  finde  ich  nicht  angegeben.  Dagegen 
schließt  sich  die  1.  Spalte  von  ihrem  ventralen  Ende  aus  dorsal- 
wärts  fortschreitend,  so  daß  sie  nur  als  Spritzloch  offen  bleibt.  Die  erste 
Anlage  der  2  ersten  Schlundspalten  tritt  schon  zu  einer  Zeit  auf,  da  der 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems.  119 

Kopfteil  des  Embryo  auf  dem  Dottersack  ausgebreitet  liegt.  Da  ihnen 
ektodermale  Furchen  entsprechen,  heben  sich  Mandibular-,  Hyoid-  und 
1.  Kiemenbogen  als  konzentrische  kreisförmige  Wülste,  die  Kopfanlage 
seitlich  umziehend,  ab.  Wenn  der  Kopf  sich  dann  abliebt,  rücken 
die  Schlundspalten  an  dessen  Seite.  Bei  Lepidosteus  und  Polypterus 
rindet  die  erste  Bildung  der  Schlundspalten  einfacher  und  ähnlich  wie 
bei  Selachiern  statt.  Es  hängt  dies  zusammen  mit  der  anderen  An- 
ordnung der  Dottermasse,  auf  die  wir  bei  Besprechung  der  Ent- 
wickelung  der  Leber  zurückkommen. 

Dipnoer.  Die  Entwickelung  der  Schlundspalten  bei  Dipnoern 
ist  bekannt  von  Ceratodus,  Lepidosiren  und  Protopterus.  Es  ent- 
stehen auch  hier  5  Kiemenspalten.  Dieselben  brechen  bei  Ceratodus 
der  keine  äußeren  Kiemen  ausbildet,  nach  Semon  (A.  L.  III.  6.  1803) 
erst  spät  durch,  nachdem  vom  Hyoidbogen  die  Kiemendeckelfalte  nach 
hinten  gewachsen  ist.  Die  1.  zwischen  Kiefer-  und  Zungenbeinbogen 
liegende  Spalte  bricht  nicht  durch. 

Bei  Lepidosiren  entstehen  vor  Durchbruch  der  Spalten  die  mäch- 
tigen äußeren  Kiemen  (Kerr  A.  L.  III.  6.  1900) ;  Protopterus  stimmt 
damit  überein  (Budgett). 

Teleo  stier.  Bei  Knochenfischen  kommen  (3  Schlundtaschen  zur 
Anlage.  Während  bei  Selachiern  die  1.  Spalte  durchbricht,  erreicht 
bei  Knochenfischen  diese  Tasche  das  Ektoderm,  öffnet  sich  aber  nur 
ganz  vorübergehend,  da  eine  Spritzlochbildung  nicht  zustande  kommt. 

Bei  Forellenembryonen  sind  die  Schlundtaschen  am  26.  Tage  als 
entodermale  Ausbuchtungen  vorhanden,  nur  die  2.,  d.  h.  hinter  dem 
Hyoidbogen  gelegene,  ist  zur  Spalte  durchgebrochen.  Die  4  hinteren 
Spalten  folgen  erst  später.  Nachdem  sie  schon  am  30.  Tage  das  Ekto- 
derm erreicht  haben,  brechen  sie  doch  erst  am  50.  Tage  zu  offenen 
Spalten  durch.  Dies  hängt  mit  der  Entwickelung  der  Arterienbogen 
zusammen.  Während  am  40.  Tage  die  Arterie  des  Hyoidbogens  noch 
mächtig,  die  Gefäßbogen  der  4  hinteren  Kiemenbogen  dagegen  sehr 
schmächtig  sind,  erfahren  letztere  vom  50.— 56.  Tage  eine  starke  Er- 
weiterung unter  Verkümmerung  der  Hyoidbogenarterie,  und  damit 
werden  die  hinteren  Kiemenbogen  nicht  nur  stärker,  sondern  sie  rücken 
auch  auseinander,  und  die  Spalten  öffnen  sich  weit.  Im  wesentlichen 
in  gleicher  Weise  vollzieht  sich  die  Ausbildung  der  Kiemenspalten 
bei  anderen  Knochenfischen.  Rhodeus,  Lophius,  Cyprinus  (Maurer 
L.  1.  1886). 

Ich  schließe  hier  noch  die  accessorischen  Kiemenorgane  an,  die 
in  mannigfaltiger  Weise  bei  Knochenfischen  bestehen.  Es  sind  dies 
paarige  Ausbuchtungen  der  Kiemenhöhle,  die  dorsal wärts  in  Anpassung 
an  Fortsatzbildungen  der  oberen  Segmente  von  Kiemenbogen  sich 
entwickeln.  Zu  welcher  Zeit  sie  in  der  Ontogenese  auftreten,  kann  ich 
nicht  angeben.  Im  allgemeinen  handelt  es  sich  hier  um  Bildungen, 
die  sich  auf  die  Klasse  der  Teleostier  beschränken.  Von  Bedeutung 
erscheinen  mir  nicht  diese  dorsalen  Ausbuchtungen  der  ganzen  Kiemen- 
höhle,  sondern  solche,  die  hinter  dem  letzten  Kiemenbogen  bestehen. 
Solche  finden  sich  bei  Clupeiden  dorsal  über  der  letzten  Kiemenspalte, 
bei  Scariden  aber  ventral  hinter  dem  letzten  Kiemenbogen,  vor  und 
zur  Seite  von  dem  unteren  Schlundknochen  (Sagemehl).  Sie  scheinen 
mir  deshalb  von  Bedeutung,  weil  bei  Teleostiern  die  postbran dualen 
Körper  fehlen,  und  es  fragt  sich,  ob  wir  in  solchen  Ausbuchtungen  nicht 
deren  Homologa  zu  erblicken  haben. 


120 


F.  Maurer. 


Amphibien.  Bei  Urodelen.  deren  Entwicklung  bekannt  ist 
(Triton,  Salamandra,  Siredon,  Salamandrina, Necturus,  Ichthyophis,  Hypo- 
geophis)  entstellen  die  Schinndspalten  wie  bei  Fischen,  von  vorn  nach 
hinten  fortschreitend.  Es  kommen  5  Schlnndfalten  zur  Anlage,  die,  z.  B. 
bei  Siredonembryonen  von  7  mm  Länge,  das  Ektoderm  erreichen.  Un- 
mittelbar nachdem  die  Larve  das  Ei  verlassen  hat,  kommen  die  Spalten 
zum  Durchbruch.  Die  1.  öffnet  sich  überhaupt  nicht.  Das  Entoderm 
zieht  sich  sehr  rasch  vom  Ektoderm  wieder  zurück.  Von  der  2.  Spalte 
an  rückwärts  fortschreitend,  öffnen  sich  die  4  Spalten,  welche  bei 
Larven  von  9,5  mm  Länge  alle  offen  sind.  Die  Kiemenspalten  von 
Proteus,  Menobranchus  verhalten  sich  in  ihrer  ersten  Bildung  ähnlich 


Fig.   84  a   und  b. 


Horizontalschnitte  des    Vorderkörpers  junger  Bombinator- 

5  Kiementaschen. 


larven  (nach  Götte),    a  jüngere,   b  ältere  Larve.     S   Schlund; 
vd  Vorderdarm,  p  Pancreas  ventrale,   ak  äußere  1.  Kieme. 


wie  die  von  Triton  und  Siredon,  (Zeller,  Wiedersheim,  Miss  Platt 
L.  1.  1806),  auch  zeigen  die  Gymnophionen  keine  wesentliche  Ab- 
weichung, trotz  des  Dotterreichtums  der  Eier,  der  eine  partielle  Fur- 
chung veranlaßt.  P.  und  F.  Sarasin  (A.  L.  III.  7.  87  —  93)  gaben 
von  jungen  Embryonen  von  Ichthyophis  an,  daß  sie  5  Schlundtaschen 
zeigen  ;  2  von  diesen  bleiben  nach  dem  Durchbruch  als  offene  Spalten 
während  des  Wasserlebens  bestehen.  Sie  treten  nicht  offen  zu  Tage, 
weil  sie  im  Grunde  einer  engen  Grube  liegen.  Auch  bei  Hypogeophis 
bilden  sich  nach  Brauer  die  Schlundspalten  wie  bei  Ichthyophis.  Die 
1.  zwischen  Mandibular-  und  Hyoidbogen  bestehende  Spalte  ist  eben- 
falls längere  Zeit  offen. 

Auch  bei  Anurenlarven  treten  die  5  Schlundspalten  in  gleicher- 
weise auf.  Die  Ausbildung  der  äußeren  Kiemen  eilt  bei  Rana  dem 
Durchbruch  der  Schlundspalten  voraus.  Die  1.  Spalte  kommt  nicht 
zu  weiter  Oeffnung.     Die  entodermale  Tasche  erreicht  das  Ektoderm, 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems.  121 

bildet  einen  Gang,   der  kaum  ein  Lumen    besitzt,   und   löst   sich    sehr 
rasch  wieder  vom  Ektoderm  ab. 

Die  2.  und  3.  Spalte  öffnen  sich  bei  Larven  von  6  mm  Länge  bei 
Rana  esculenta.  Fig.  84a  und  b  zeigt  die  Spalten  vor  und  nach  Durch- 
bruch. Die  2  hinteren  sind  bei  7  mm  langen  Larven  ebenfalls  durch- 
gebrochen. Bufo  und  Bombinator  stimmen  damit  überein  (Götte 
A.  L.  III.  7.  1875,  Gasser  A.  L.  III.  7.  1882,  Orr  A.  L.  III.  7. 
1883,  Maurer  L.  1.  1888). 

Bei  Anuren,  deren  Eier  reichlichen  Dotter  besitzen,  bilden  sich  die 
Schlundspalten  schon  zu  einer  Zeit,  wo  der  Kopf  noch  nicht  ganz  vom 
Dotter  sich  abgehoben  hat,  so  daß  bei  Alytes  und  Phylomedusa  Zu- 
stände auftreten,  die  den  Befunden  von  Ganoiden  ähnlich  sind 
(Budgett  A.  L.  III.. 7.  1899). 

Reptilien.  Bei  Reptilien  kommen  nach  den  meisten  Autoren 
5  Schlundtaschen  zur  Ausbildung,  dahinter  der  postbranchiale  Körper. 
Doch  liegen  hier  die  4.  und  5.  sehr  nahe  zusammen,  und  die  5.  ist 
nur  von  sehr  kurzem  Bestand.  Auch  hier  folgen  sie  sich,  von  vorn 
nach  hinten  fortschreitend,  in  der  Anlage,  van  Bemmelen  (L.  1.  1887) 
untersuchte  zuerst  die  Schlundspalten  der  Reptilien  genauer,  und  zwar 
bei  Lacerta,  Tropidonotus,  Trigonocephalus,  Chelonia  viridis.  Ueberall 
fand  er  5  Schlundtaschen  angelegt,  ebenso  wie  Rathke,  Born  (1883), 
Hoffmann.  De  Meuron  (1886)  fand  bei  Lacerta  nur  4  Spalten,  ebenso 
ich  (1899).  Neuerdings  wurden  von  Peter  5  Taschen  beschrieben. 
Auch  bei  Anguis  (Nicolas  1897),  Crocodilus  (Voeltzkow  1899), 
Hatteria  (Dendy  1899  und  Schauinsland  1899)  bestehen  gleiche  Ver- 
hältnisse. 

Die  Schlundtaschen  der  Schildkröten  sind  durch  van  Bemmelen  und 
Mitsukuri  bekannt  geworden;  bei  Chelonia  viridis  legen  sie  sich  nach 
van  Bemmelen  in  gleicher  Weise  wie  bei  der  Eidechse  an.  Es  treten 
5  Taschen  auf.  Die  3  ersten  brechen  für  kurze  Zeit  zu  Spalten  durch. 
Von  der  4.  hält  es  van  Bemmelen  ebenfalls  für  wahrscheinlich.  In  der 
weiteren  Ausbildung  verschieben  sich  die  äußeren  Oeffnungen  nach 
hinten.  Die  Bogen  überlagern  sich  dachziegelartig.  Besonders  die 
2.  Spalte  verschiebt  sich  stark  nach  hinten.  Das  deutet  auf  ein  starkes 
Wachstum  des  2.  Schlundbogens,  wie  es  Rabl  auch  für  Säugetiere 
beschrieb. 

Nach  der  neuesten  Arbeit  von  Peter  erscheint  die  1.  Schlund- 
tasche bei  Embryonen  von  Lacerta  mit  6  Urwirbeln.  Sie  erreicht  das 
Ektoderm  bei  Embryonen  mit  10  Urwirbeln.  Bei  Embryonen  mit 
16  Urwirbeln  beginnt  die  erste  Spalte  an  ihrem  dorsalen  Ende  durch- 
zubrechen. Die  2.  Schlundtasche  erreicht  das  Ektoderm.  Die  3. 
Schlundtasche  tritt  erst  bei  Embryonen  mit  21  Urwirbeln  auf.  Der 
Durchbruch  der  2.  Spalte  beginnt  bei  Embryonen  mit  25  Urwirbeln, 
ebenfalls  an  ihrem  dorsalen  Ende.  Die  1.  Spalte  ist  hier  schon  ganz 
offen.  Es  erfolgt  dann  bald  auch  der  Durchbruch  der  3.  Spalte.  Ob 
die  4.  Spalte  durchbricht,  ist  nicht  sicher,  jedenfalls  erreicht  sie  das 
Ektoderm.  Eine  5.  Spalte  soll  als  ventralwärts  gerichtete  Ausbuch- 
tung bestehen,  auch  vorübergehend  das  Ektoderm  erreichen,  sie  kommt 
nicht  zum  Durchbruch.   Hinter  dieser  folgt  der  postbranchiale  Körper. 

Auch  der  folgende  Verschluß  der  Spalten  erfolgt  an  der  1.  Spalte 
zuerst,  dann  schließt  sich  die  2.  und  3. 

Vögel.  Bei  den  Vögeln  treten  nach  den  Angaben  aller  Autoren 
4  Schlundspalten  auf.     Am  meisten  wurde   das  Hühnchen  untersucht, 


122  F.  Maurer, 

ferner  die  Ente,  die  Taube,  der  Sperling,  der  Wellensittich  Apteryx 
u.  a.  (His  L.  1.  1886,  Kastschenko  L.  1.  1887,  van  Bemmelen 
L887,  de  Meuron,  Parker  A.  L.  III.  9.  1891,  Braun,  Yerdun 
L898). 

Die  Schlundtaschen  des  Hühnchens  treten  von  vorn  nach  hinten 
fortschreitend  auf.  Die  erste  Schlundtasche  bildet  sich  nach  Keirel 
(A.  L.  IL  1900)  gegen  Ende  des  2.  Bebrütungstages,  unmittelbar  nach- 
her erscheint   die  2.  Tasche,  und  am  Ende  des  2.  Tages  erscheint  die 

3.  Tasche.  In  der  Mitte  des  3.  Tages  bildet  sich  die  4.  und  letzte 
Schlundtasche.  Am  Ende  des  3.  Tages  tritt  der  postbranchiale  Körper 
auf. 

In  der  gleichen  Reihenfolge  erreichen  die  Taschen  das  Ektoderm 
und  brechen  zu  offenen  Spalten  durch.  Gegen  Ende  des  3.  Tages 
bricht  zuerst  die  1.  Spalte  durch,  am  Ende  dieses  Tages  folgt  der 
Durchbruch  der  2.    Im  Verlaufe  des  3.  Tages  erreichten  auch  die  3.  und 

4.  Tasche  des  Ektoderm,  brechen  aber  nicht  durch.  Die  3.  Spalte 
bricht  nur  sehr  wenig  und  für  kurze  Zeit,  wenige  Stunden  durch, 
nach  Verdun  von  der  140. — 148.  Stunde  der  Bebrütung.  Die  4. 
Spalte  kommt  überhaupt  nicht  zum  Durchbruch.  Zur  Zeit  des  Ver- 
schlusses der  3.  Spalte  sind  die  beiden  ersten  noch  weit  offen.  Danach 
sind  die  Angaben  von  Mall,  der  einen  Durchbruch  der  Spalten  bei 
Vögeln  bestreitet,  widerlegt. 

Säugetiere.  Auch  bei  Säugetieren  bilden  sich  die  Schlund- 
taschen wie  bei  niederen  Wirbeltieren  aus,  und  zwar  in  der  Vierzahl. 
Sie  bilden  sich  als  paarige  Divertikel  der  Kopfdarmhöhle  aus,  die  erste 
zuerst,  die  folgenden  sich  der  Reihe  nach  anschließend. 

Bei  Echidna  erfolgt  auch  offenbar  in  gleicher  Reihenfolge  der 
Durchbruch  der  Spalten  nach  außen,  nachdem  die  entodermalen  Taschen 
das  Ektoderm  erreicht  haben.  Ich  habe  ein  junges  Stadium  abge- 
bildet, in  welchem  die  beiden  ersten  Spalten  als  weit  offene  Kanäle 
nach  außen  münden,  während  die  3.  und  4.  Spalte  noch  geschlossen 
sind.  Auch  die  3.  Spalte  öffnet  sich  in  Form  eines  Kanales  nach 
außen  für  kurze  Zeit.  Die  4.  Schlundtasche  besitzt  zwar  als  solche 
ein  weites  Lumen,  erreicht  auch  das  Ektoderm,  ob  sie  aber  zu  einem 
offenen  Kanal  durchbricht,  ist  zweifelhaft.  Jedenfalls  bestehen 
d  i  e  3  e  r  s  t  e  n  S  c  h  1  u  n  d  s  p  a  1 1  e  n  gleichzeitig  e  i  n  e  k  u  r  z  e  Z  e  i  t 
lang  als  offene  Spalten.  Sie  schließen  sich  rasch  wieder,  indem 
sie  einer  Reihe  von  Organen  den  Ursprung  geben,  wovon  später. 

Von  anderen  Säugetieren  sind  die  Schlundtaschen  in  ihrer  ersten 
Anlage  übereinstimmend  bekannt.  Es  bestehen  Kontroversen  neben- 
sächlicher Natur  darüber,  ob  sie  zu  Spalten  durchbrechen  oder  nicht. 
His  vertritt  die  Ansicht,  daß  die  entodermalen  Taschen  sich  zwar 
vorübergehend  dicht  dem  Ektoderm  anschließen,  aber  kein  Durchbruch 
eintritt.  Dasselbe  giebt  er  für  den  Menschen  an.  Keirel  (A.  L.  IL  1897) 
schildert  es  ebenso  beim  Schwein,  bei  welchem  die  erste  Schlundtasche 
am  Anfang  der  3.  Woche  auftritt.  Ihr  folgt  unmittelbar  die  2.  In  der 
Mitte  der  3.  Woche  erreichen  die  beiden  ersten  Taschen  das  Ektoderm, 
und  am  16.  bis  17.  Tage  tritt  die  3.  Tasche  auf,  unmittelbar  darauf 
auch  die  4.  Am  18.  bis  19.  Tage  legt  sich  auch  die  3.  Tasche  an 
das  Ektoderm  an.  Die  4.  erreicht  es  überhaupt  nicht.  Die  Angabe 
von  Mall  (1887),  daß  sowohl  bei  Nagern,  wie  bei  Säugetieren  die 
Spalten  intra  vitam  überhaupt  nicht  durchbrechen,  ist  vielfach  wiederlegt. 
Für  die  Säugetiere   und    den  Menschen  schlössen    sich   der  His'schen 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems. 


123 


Auffassung'  Born  (1883),  Kölliker  und  Piersol  (1888)  an.  Doch 
wird  auch  von  His  zugegeben,  daß  der  Abschluß  der  Spalten  durch 
eine  nur  aus  Ektoderm  und  Entoderm  gebildete  Verschlußplatte  die 
Regel  bilde.  Das  schließt  Ausnahmen  nicht  aus.  Kollmann  (A.  L. 
IL  1898)  giebt  neuerdings  an,  daß  beim  Menschen  die  1.  Schlund- 
spalte wahrscheinlich  vorübergehend  durchbreche,  die  folgenden  da- 
nicht  zum  Durchbruch  gelangten.      Hingegen  führt  er  bei  Be- 


gegen 


sprechung  der  Kiemenfisteln  an,  daß  solche  beim  Menschen  durch  das 
Offenbleiben  hinterer  K  i  e  m  e  n  s  p  a  1 1  e n  zustande  kämen.  Dar- 
aus folgt,  daß  gelegentlich  auch  an  hinteren  Spalten,  wenigstens  der  2. 
und  3.  ein  Durchbrach  vorkommt.  Kastschenko  (1887)  uimILiessner 
(1889)  halten  auch  an  der  Auffassung  fest,  daß  normal  ein  vorüber- 
gehender Durchbruch  bei  Vögel-  und  Säugetierembryonen  bestehe. 

Die  Frage  ist  nicht  von  wesentlicher  Bedeutung.  Die  Schlund- 
spalten haben  bei  Amnioten  keine  respiratorische  Funktion,  und  wenn 
sie  sich  überhaupt  nicht  mehr  öffnen,  so  wäre  dies  nur  ein  durchaus 
verständlicher  Fortschritt  in  ihrer  Rückbildung.  Ob  die  offenen  Spalten 
als  Kommunikationsöffnungen  der  Darmhöhle  mit  der  Umgebuno-  vor- 


übergehend   Bedeutung    für   die 


Ernährung 


des   Embryo   haben ,    die 


Mundöffnung  also  gleichsam  vorübergehend  ergänzen,  ist  eine  noch 
nicht  spruchreife  Frage.  Bei  der  Rückbildung  der  Schlundtaschen 
geben  sie  auch  bei  Säugetieren  und  dem  Menschen  einer  Anzahl  epithelo- 


gener 


Organe  den  Ursprung,  auf  die  später  einzugehen  ist. 


Fig.  85  a — d.  Anlagen  der  Schlundtaschen  beim  Menschen,  Ventral waud  der 
Mundrachenhöhle,  nach  His.  a  Embryo,  2,15  mm  lang,  b  Embryo,  4,25  mm  lang, 
c  Embryo,  10  mm  lang,  d  Embryo,  12,5  mm  lang,  l — 4  Schlundtaschen.  sp  Sums 
praecervicalis.    p  Lunge. 


124  F.  Maurer, 

Mit  Hinblick  auf  die  Entwickelung  der  Thymus  führe  ich  die  von  His 
(L.  1.  1886)  geschilderte  Umbildung  der  Kiemenregion  bei  Säugetieren  an, 
die  von  Rabl  (1892)  modifiziert  wurde.  Nach  His  rücken  die  Schlund- 
bogen wie  die  Züge  eines  Fernrohrs  übereinander,  so  daß  von  außen  ge- 
sehen, der  4.  zuerst  vom  3.,  dann  dieser  vom  2.  umgriffen  und  zugedecckt 
wird,  während  an  der  inneren,  dem  Rachen  zugewandten  Fläche  der 
4.  Bogen  sich  über  den  3.  und  dieser  sich  über  den  2.  lagert  (s.  Fig.  85). 
Indem  von  hinten  her  die  hinteren  Bogen  von  der  sich  voluminös 
entfaltenden  Halswand  überlagert  werden,  bildet  sich  nach  His  der 
Sinus  praecervicalis,  der  auch  für  die  Thymusbildung  Bedeutung 
haben  sollte,  was  indessen  widerlegt  ist. 

Rabl  bezeichnet  den  genannten  Sinus  als  s.  cervicalis  und  läßt 
ihn  auf  eine  Weise  zu  stände  kommen,  die  ihn  phylogenetisch  ver- 
ständlich macht.  Es  soll  ein  direktes  Ueb  er  wachsen  des  2. 
Bogens  über  die  hinteren  stattfinden,  so  daß  sie  wie 
vom  Kiemen  deckel  überdeckt  erscheinen.  Der  2.  Bogen 
würde  dann  dem  Operculum  der  Fische  entsprechen. 

b)  Die  Entwickelung  der  Kiemen. 

Die  Kiemenbildungen  der  Fische  treten  als  äußere  und  innere  auf. 
Bei  Amphioxus  entwickeln  sie  sich  als  faltenförmige  Erhebungen  der 
vorderen  und  hinteren  Wandung  der  Kiemenspalten.  Es  sind  innere 
Kiemen.  Ebenso  sehen  wir  sie  bei  Cyclostomen  als  faltenförmige 
Erhebungen  der  Schleimhaut  der  mittleren  Abschnitte  der  Kiemengänge, 
die  zu  Kiemensäcken  ampullenartig  erweitert  sind. 

Bei  Selachiern  entstehen  die  sogenannten  äußeren  Kiemen,  welche 
während  der  Embryonalentwickelung  von  Bedeutung  sind,  als  kleine 
Höckerchen  an  dem  Hinterende  der  einzelnen  Kiemenbogen.  Ueber  die 
Zeit  ihres  Auftretens  verdanken  wir  Rabl  (L.  2.  1889)  genaue  Angaben. 
Sie  treten  als  papilläre  Bildungen  auf.  Die  Bildung  der  Kiemenfäden 
beginnt  am  Hyoidbogen  und  schreitet  nach  hinten  fort.  Nachdem  die 
Fäden  des  6.  Bogens  gebildet  sind,  erscheinen  die  Spritzloch-Kiemen- 
fäden, nach  Rabl  bei  Pristiurus  4  Fäden,  nach  Dohrn  5 — 6.  Die 
Angaben  Balfour's,  Dohrn's  und  Rabl's  stimmen  nicht  ganz  überein, 
ich  folge  letzterem.  Jeder  Kiemenfaden  erscheint  zuerst  als  kleines, 
rundliches  Knötchen.  Es  wächst  dann  in  die  Länge,  und  zwar  tritt 
zuerst  der  mittlere  Faden  auf,  dann  folgen  andere  dorsal  und  ventral 
fortschreitend.  In  derselben  Weise  entstehen  auch  bei  Ganoiden  und 
Teleostiern  die  Kiemen  als  Papillen,  und  zwar  zu  zwei  Längsreihen  an 
jedem  Kiemenbogen.  Bei  einigen  Formen  bilden  sie  wie  bei  Selachiern 
lange,  fadenförmige  äußere  Kiemen  (Acipenser,  Pleuronectes,  Cobitis). 

Bei  Ganoiden  und  Teleostiern  entwickelt  sich,  vom  Hyoid- 
bogen ausgehend,  eine  Hautfalte  jederseits,  welche  zum  Kiemendeckel 
nach  hinten  auswächst  und  im  Opercularapparat  wichtige  Skeletteile  birgt. 
Auch  im  Bereich  der  bei  Selachiern  zum  Spritzloch  umgebildeten  1.  Kie- 
menspalte entsteht  eine  kleine  Spritzlochkieme  in  gleicher  Weise  wie  die 
wahren  Kiemen,  docli  stellt  sich  eine  andere  Einschaltung  in  den  Kreis- 
lauf her  als  bei  letzteren.  Sie  wird  mit  Kiemenvenen-,  also  arteriellem 
Blut  gespeist  und  giebt  die  Arteria  ophthalmica  ab,  kann  also  keine 
respiratorische  Bedeutung  haben.  Außerdem  wird  diese  Bildung  bei 
manchen  Teleostiern  von  Schleimhautfalten  überwachsen  (verdeckte 
Pseudobranchien,   Joh.  Müller).    Daß  auch  diese  bedeckten  Pseudo- 


Die  Entwickelung 


des  Darnisystems. 


125 


branchien  in  der  Ontogenese  frei  entstehen  und  erst  allmählich  durch 
Verwachsung   von  Schleimhautfalten    die  Beziehung   zur  freien    Ober- 

enigstens  für  den  Hecht  nach- 

Ganoiden    noch    mächtig"    ent- 

bei   Teleostiern  nicht  mehr    zur 


fläche  der  Kiemenhöhle  einbüßen,  ist 
gewiesen    (Maurer    1883).      Die    bei 


•>'• 


Egl. 


CL 


wickelte  Kiemendeckelkieme   kommt 
Anlage  (Dohrn). 

Unter  Dipnoern  treten  äußere    Kiemen  bei  Lepidosiren  (Kerr 
A.  L.  III.  6.  1900)  (Fig.  S6)  und  Protopterus  (Budgett)  in   der  Vier- 
zahl jederseits  auf,   während  bei 
Ceratodus  keine  zur  Ausbildung 
kommen    (Semon  A.  L.   III.   6. 
1893). 

Bei  Amphibien  bilden  sich 
zwei  Generationen  von  Kiemen. 
Die  ersten  entwickeln  sich  als 
Hautstummel  an  den  dorsalen 
Enden  der  Kiemenbogen  in  ver- 
schiedener Zahl  (bei  Salaman- 
drinen  entstehen  meist  3  auf 
jeder  Seite).  Sie  entstehen  als 
kleine  Hautpapillen,  welche  über- 
zogen sind  von  ektodermalem 
Epithel  und  im  Innern  embryo- 
nales Bindegewebe  zeigen,  in 
welchem  eine  Gefäßschlinge  ein- 
gelagert ist,  die  dem  Arterien- 
bogen  entstammt.  Von  diesen 
Papillen  entsteht  die  des  ersten 
wahren  Kiemenbogens  zuerst, 
darauf  folgt  die  des  zweiten  und 
dann  des  dritten  Bogens.  Maxillar- 
und  Hyoidbogen  tragen  keine 
Kiemen. 

Bei  Tritonen  kommt  am 
Mundwinkel  ein  einfacher  kolbiger  Fortsatz  jederseits  zur  Ausbildung. 
Seine  phylogenetische  Bedeutung  ist  noch  nicht  aufgeklärt.  Daß  er  keine 
Kieme  ist,  ergiebt  sich  aus  der  Art  seiner  Einschaltung  in  den  Blut- 
kreislauf. Er  enthält  eine  Gefäßschlinge,  deren  zuführendes  Gefäß  einer 
Kiemenvene  entstammt,  und  deren  abführendes  Gefäß  in  die  Körper- 
venen übergeht.  Hautsinnesorgane  sind  ebenfalls  nicht  in  dem  ihn  über- 
ziehenden Epithel  enthalten  (Maurer  1888). 

Wie  diese  Gebilde  den  Anuren  fehlen,  so  sehen  wir  auch  die  Ent- 
wickelung der  Kiemen  bei  Urodelen  und  Anuren  in  verschiedener 
Weise  weiter  verlaufen. 

Bei  Urodelen  sprossen  die  äußeren  Kiemenstummel  weiter  aus, 
und  es  bilden  sich  2  Reihen  von  sekundären  Papillen  an  ihnen,  welche 
schwänz-  und  medialwärts  gerichtet  sind.  Diese  Papillen  strecken 
sich  zu  Fäden  verschiedener  Länge,  in  welchen  ein  engmaschiges 
Kapillarnetz  aus  den  Kiemenarterien  gespeist  wird.  Während  diese 
äußeren  Kiemen  an  den  dorsalen  Enden  der  vier  hinteren  Kiemen- 
bogen aussprossen,  wächst  in  der  Länge  des  knorpeligen  Bogens  selbst 


Fig.  So'  a — c.  Entwickelung  der  äußeren 
Kiemen  von  Lepidosiren  (nach  Kerr), 
a  3  Tage,  b  4  Tage,  c  24  Tage  nach  dem 
Ausschlüpfen.  Eg.I  erste,  Eg.II  zweite 
äußere  Kieme. 


die  lamellöse  Kiemenplatte   aus,   deren 

von    einem    spärlichen  Kapillarnetz    durchsetzt   ist 


bindegewebige 


Grundlage   nur 
Nicht   alles   Blut 


126  F.  Maurer, 

durchströmt  die  Kiemenkapillaren,  es  besteht  vielmehr  eine  direkte 
Anastomose  zwischen  demKiemenarterienstamin  und  der  entsprechenden 
Kiemenvene,  der  Rest  des  zuerst  angelegten  einfachen  Arterienbogens, 
der  bei  der  Metamorphose  sich  wieder  zum  bleibenden  Arterienbogen 
erweitert.  In  besonders  voluminöser  Entfaltung  bilden  sich  die  äußeren 
Kiemen  bei  Salamandra  atra,  wo  sie  während  der  intrauterinen  Ent- 
wickelung  des  Embryo  zur  Atmung  und  Ernährung  dienen. 

Die  Gymnophionen  (Epicrium  glutinosum)  verhalten  sich  in  der 
Ausbildung  ihrer  Kiemenspalten  gerade  wie  die  Urodelen.  Nach  Sa- 
rasin  (A.  L.  III.  7.  1885)  bestellen  schon  bei  jungen  Embryonen  von 
Epicrium  glutinosum  5  Kiemenspalten,  von  welchen  3  starke  äußere 
Kiemenbüschel  wie  Straußenfedern  entwickeln.  Diese  dienen  offenbar 
außer  der  Atmung  auch  der  Ernährung,  indem  sie  in  der  Eiiiüssigkeit 
beständig  bewegt  werden.  Die  äußeren  Kiemen  sind  hier  reine  Em- 
bryonalorgane, da  sie  schon  von  den  Embryonen  abgeworfen  werden. 
Die  im  Wasser  lebenden  Larven  besitzen  nur  jederseits  eine  Kiemen- 
öffnung, in  derem  Grund  3  rudimentäre  Kiemenplatten  am  3. — 5.  Kie- 
menbogen  bestehen.  Später  bei  Tieren  von  16  cm  Länge  schließen 
sich  die  Spalten  und  die  gemeinsame  Oeffnung,  indem  dann  die  Tiere 
zum  Landleben  übergehen.  Bei  Hypogeophis  schwinden  nicht  nur  die 
äußeren  Kiemen,  sondern  auch  die  Kiemenspalten  völlig  schon  beim 
Embryo  im  Ei,  da  dieser  Form  ein  Wasserleben  nicht  mehr  zukommt 
(Brauer  A.  L.  III.  7.  1899). 

Bei  Anuren  entwickein  sich  kompliziertere  Kiemenbildungen.  Die 
zuerst  sich  anlegenden  Kiemen  der  Larven  entsprechen  den  äußeren 
Kiemen  der  Urodelen  und  entstehen  gleichfalls  als  Papillen  an  den  3 
Kiemenbogen  hinter  dem  Hyoidbogen  bei  Larven  von  5—6  mm  Länge. 
Indessen  sind  sie  von  sehr  kurzem  Bestand,  da  alsbald  die  Ent- 
wicklung der  inneren  Kiemen  (Larven  von  9  mm  Länge)  sich 
anschließt.  Diese  bilden  sich  als  Stummel  von  der  lateral  und  schwänz- 
wärts  gerichteten  Konvexität  der  knorpeligen  Kiemenbogen  aus  und 
wachsen  unter  terminaler  Teilung  zu  sehr  komplizierten  Büscheln  aus. 
Etwas  später,  als  die  Anlage  dieser  inneren  Kiemen  sich  bildet,  sprossen 
ihnen  gegenüber  an  der  medial-  und  vorwärts  gerichteten  Koncavität 
eines  jeden  Kiemenbogens  Leistchen  aus,  welche  zu  dem  komplizierten 
Filterapparat  der  Larven  sich  entfalten  (Boas  L.  1.  1882,  Eilhard 
Schulze  L.  1.  1888).  Da  in  diese  Bildungen  Kiemenvenen  Blut  zu- 
führen, haben  sie  nicht  als  Kiemenapparat  zu  gelten. 

Eine  kurze  Zeit  lang  entwickeln  sich  innere  und  äußere  Kiemen 
gleichmäßig  weiter.  Bei  Larven  von  13  mm  Länge  sind  die  äußeren 
Kiemen  noch  stark  entwickelt,  und  auch  die  inneren  Kiemen  bilden 
schon  reich  verzweigte  Bäumchen.  Inzwischen  hat  sich  eine  Haut- 
duplikatur  gebildet,  welche,  von  den  beiden  Hyoidbogen  nach  hinten 
auswachsend  sehr  rasch  die  dahinter  gelegenen  Kiemenbogen  mit 
den  äußeren  Kiemen  umschließen.  So  verkümmern  die  in  der  auf 
solche  Weise  gebildeten  Kiemenhöhle  eingeschlossenen  langen  äußeren 
Kiemenfäden  sehr  rasch.  Bei  17  mm  langen  Kaulquappen  sind  sie 
nur  noch  als  kurze,  stark  pigmentierte  Stummel  nachweisbar.  Zugleich 
haben  sich  die  inneren  Kiemenbüschel  stark  entfaltet  und  übernehmen 
die  Respiration  der  Larven.  Die  beiden  Hyoidfalten  bleiben  rein  häutige 
Bildungen,  welche  so  weit  die  Kiemenbogen  umwachsen,  daß  nur  eine 
kleine  rundliche  Oeffnung  an  der  linken  ventralen  Fläche  als  Kommu- 
nikation   nach   außen    bestehen    bleibt.     Diese  Bildungen  spielen    sich 


Die  Entwickelung  des  Darmsysteins.  1^7 

vom  7.  bis  10.  Tage,  nachdem  der  Embryo  das  Ei  verließ,  ab.  so  daß 
die  inneren  Kiemen  während  der  größten  Dauer  des  Larvenlebens  die 
respiratorische  Funktion  ausüben.  Die  Bedeutung  der  äußeren  Kiemen 
beschränkt  sich  auf  die  1.  Woche  des  Larvenlebens.  Die  Rückbildung 
der  Kiemen  zur  Zeit  der  Metamorphose  führt  zugleich  zur  Bildung 
bestimmter  Reste  und  ist  bei  den  Derivaten  der  Schlundspalten  zu  be- 
trachten. Solche  bestehen  auch  bei  Amnioten,  bei  welchen  es  zur 
Ausbildung  von  respiratorischen  Kiemen  überhaupt  nicht  mehr  kommt. 

c)  Die  im  Bereich  der  Kiemenhöhle  sich  bildenden  epithelogenen 

Organe. 

Die  hier  zu  betrachtenden  Organe  teilen  wir  in  zwei  Gruppen  ein. 
Die  erste  ist  durch  Gebilde  dargestellt,  welche  neben  den  respirato- 
rischen Kiemen  und  offenen  Kiemenspalten  sich  entwickeln,  also  auch 
gleichzeitig  mit  solchen  bestehen,  das  sind  die  Schilddrüse,  die  T  h  y  - 
mus  und  die  postbranchialen  Körper  (Suprapericardialkörper 
van  Bemmelen).  Die  Organe  der  2.  Gruppe  setzen  die  Rückbildung 
der  Kiemen  und  den  Verschluß  der  Kiemenspalten  voraus,  aus  deren 
epithelialer  Auskleidung  sie  entstehen.  Dies  sind  die  Kiemenreste 
der  anuren  Amphibien,  welche  sich  nur  auf  diese  Formen  be- 
schränken und  die  E  p  i  t  h  e  1  k  ö  r  p  e  r  c  h  e  n  ,  welche  zuerst  bei  Amphibien 
auftreten,  ferner  aber  bei  sämtlichen  Amnioten  nachgewiesen  worden  sind. 

Für  die  erste  Kenntnis  der  ersten  Gruppe  dieser  Organe  sind  die 
Arbeiten  von  Remak,  Kölliker,  W.  Müller,  His,  Dohrn  und  Van 
Bemmelen  am  bedeutungsvollsten.  Die  Entwickelung  der  Organe  der 
zweiten  Gruppe  wurde    zuerst  bei  Amphibien  von  Maurer   aufgeklärt. 

Remak  fand  die  mannigfaltigen  Nebenschilddrüsen,  Körperchen  und 
( Jysten,  die  erst  in  jüngster  Zeit  hinsichtlich  ihrer  Genese  erkannt 
wurden.  Kölliker  verdanken  wir  die  Erkenntnis,  daß  die  Thymus  epi- 
thelialer Herkunft  ist.  W.  Müller  (L.  1.  1871)  weist  die  erste  An- 
lage der  Schilddrüse  nach,  His  (L.  1.  1891)  erkannte  die  Bedeutung  des 
Foramen  coecum  (Ductus  tlryreoglossus),  und  Dohrn  fand  die  Anlage 
der  Thymus  bei  Selachiern  als  Derivat  der  dorsalen  Kiementaschen. 
Van  Bemmelen  (1885)  endlich  fand  den  Suprapericardialkörper  (post- 
branchialen  Körper). 

a)  Die  Schilddrüse. 

Die  Anlage  der  Schilddrüse  entwickelt  sich  bei  allen  Wirbel- 
tieren gleichartig  und  zeigt  keine  Beteiligung  von  Kiemenspalten. 
da  sie  offenbar  ein  viel  älteres  Organ  als  diese  darstellt.  Sie  läßt 
aber  eine  gleichartige  topographische  Beziehung  zu  den  Kiemenspalten 
überall  erkennen.  Ihr  Mutterboden  ist  die  ventrale  Wandung  der  Kopf- 
darmhöhle in  ihrem  vorderen  Abschnitt.  Hier  entsteht  in  der  Mittel- 
linie eine  un paare  Ausstülpung  des  Epithels  ganz  nach 
Art  der  Drüsen.  Bei  A  m p h i o x u s  und  Ammocoetes  teilt  sich  der 
schlauchförmige  Drüsenkörper  gabelig  und  erhält  seine  offene  Mündung 
in  die  Kopfdarmhöhle.  Hierdurch  ergiebt  sich  das  Organ  als  mit  der 
bei  Tunicaten  bestehenden  Hypobranchialrinne  homolog  (W.  Müller 
L.  1.  1871).  Das  diesen  Schlauch  auskleidende  Epithel  sondert  sich  in 
Zellen,  welche  Flimmerhaare  tragen,  und  solche,  die  Schleim  secer- 
nieren.  Bei  Petromyzon  verliert  das  Organ,  welches  bei  Ammo- 
coetes seine  Mündung  in    die  Kopfdarmhöhle  noch  besaß,  diesen  Zu- 


L28 


F.  Maurer, 


sammenhang.  Dabei  teilt  es  sich  in  eine  große  Zahl  geschlossener 
1  Häschen,  die,  von  hohem  Cylin  der  epithel  ausgekleidet  in  ihrem  Lumen 
kolloide  Substanz  enthalten'  (A.  Schneider  (L.  1.  1878). 

Bei  allen  gnathostomen  "Wirbeltieren  tritt  die  Anlage  der 
Schilddrüse  sehr  frühzeitig,  vor  dem  Durchbruch  der  ersten  Kiemen- 
spalte auf  als  Ausstülpung  des  Epithels  der  ventralen  Schlundwand  in 
der  Mittellinie  zwischen  der  1.  und  2.  S  chlund  tasche,  so  daß 
die  bläschenförmige  Anlage  gerade  in  die  vordere  Gabel  des 
Herzschlauchs  zu  liegen  kommt.  Dies  Gebilde  schnürt  sich  sofort 
nach  seiner  Bildung  von  seinem  Mutterboden  ab  und  liegt  dann  als 
geschlossenes  Bläschen  noch  kurze  Zeit  an  der  angegebenen  Stelle.  Sehr 
bald  macht  es,  infolge  eigenen  Wachstums  und  der  weiteren  Entwicke- 
lung  der  Arterienbogen  vom  Herzen  aus,  Aenderungen  seines  Baues 
und  seiner  Lage  in  verschiedener  W7eise  durch. 

Bei  Selachiern  besteht   die  Anlage  in  der 
bei   Acanthias   und  Raja  vor  der 
in  seine  beiden  vordersten  Aeste 


angegebenen  Form 
Teilung  des  Kiemenarterienstammes 


Bei  Knochenfischen    ist    dies  Organ    bei   der   Forelle 


genau 


untersucht  und  entsteht  als  muldenförmige  Ausstülpung  des  Epithels, 
die  sich  im  Verlauf  von  7  Tagen  von  seinem  Mutterboden  ablöst. 
87    zeigt    es   kurz   vor    der  Ablösung.      Das    kugelige   Bläschen, 


Fig 


Fig.  87.  Medianer  Sagittalschnitt  des  Kopfes  eines  Forellenembryo  von  35  Tagen 
t  Schilddrüsenanlage,  ch  Chorda,  ao  Aorta,  in  Oesophagus,  ka  Kiemenarterien  - 
stamm,    c  Gehirn  (Maurer). 


von  einfach  kubischem  Epithel  ausgekleidet,  streckt  sich  in  die  Länge 
und  rückt  an  die  ventrale  Fläche  des  nun  in  die  Länge  gewachsenen 
Kiemenarterienstammes.  Kolloid  tritt  schon  6  Tage  nach  seiner  Ab- 
schnürung im  Lumen  auf.  Nun  treten  unter  Vermehrung  der  Wan- 
dungszellen solide  Zellsprossen  am  Mutterbläschen  auf,  die  sehr  rasch 
ein  selbständiges  Lumen  unter  Kolloidbildung  erhalten  und  sich  dann 
vom  Mutterbläschen   ablösen. 

Indem  dieser  Prozeß  rasch  weiterschreitet  und  gleichzeitig  mit 
der  Ausbildung  und  dem  Längenwachstum  des  Kiemenarterienstammes 
verläuft,  wird  schon  nach  3  Wochen  etwa  ein  Zustand  der  Art  her- 
gestellt, daß  der  ganze  Kiemenarterienstamm  umlagert  ist  von  Gruppen 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems. 


129 


von  Schilddrüsenbläschen.     Diese 
jenem,  auch  in  den  Gabeln  seiner 


liegen 


dorsal  von 


teils  ventral,  teils 
m  den  LTaoem  seiner  Aeste  angeordnet. 
Während  bei  der  Forelle  somit  die  Schilddrüse  niemals  zu  einem 
paarigen  Organe  wird,  bildet  sie  sich  bei  Amphibien  stets  zu  einem 
solchen  aus.  Die  erste  Anlage  wurde  von  W.  Müller  genau  be- 
schrieben. Sie  entsteht  auch  hier  zuerst  als  Ausbuchtung  der  ventralen 
Schlundwand,  wird  aber  dann  ein  solides,  knospenartige  Gebilde,  so 
daß  bei  Anuren  wie  Urodelen  ihre  solide  Anlage  in  der  vorderen 
Teilungsgabel  des  Herzschlauchs 
liegt  (Fig.  88).  Sie  schnürt  sich  so- 
fort vom  Mutterboden  ab.  Unter 
Anuren  sind  diese  Vorgänge  be- 
kannt von  Rana  esculenta  und  tem- 
poraria,  Bombinator  igneus,  Bufo 
cinereus,  Hyla  u.  a.  Von  Urode- 
len wurden  Triton,  Siredon,  Nec- 
turus  untersucht.  Die  durch  Tei-  bo 
hing  der  medianen  Anlage  ent- 
standene paarige  Drüse  bleibt  bei 
Anuren  stets  sehr  tief,  unmittelbar 
ventral  unter  dem  Zungenbeinkörper 


liegen,  während  sie  bei  Urodelen 
eine  oberflächlichere  Lage  erwirbt. 
Bei  S  a  u  r  o  p  s  i  d  e  n  zeigt  die 
Schilddrüse  sich  in  derselben  Weise 
angelegt.  Sie  bildet  eine  halbkugel- 
förmige  Ausbuchtung  der  ventralen 
Schlundwand  in  der  Mittellinie  zwi- 
schen der  medianen  Verbindung  der 
beiden  Mandibular-  und  Hyoidbogen. 
Nach  ihrer  Abschnürung  liegt  sie 
als  kugeliges,  mitCylinderepithel  aus- 
gekleidetes Bläschen  in  der  vorderen 
teilungsgabel  des  Herzschlauchs. 
Bei  der  Natter,  Schildkröte,  Kro- 
kodil besteht  nach  Van  Bemmelen 
Anguis  (Prenant),  Lacerta  (de  Meuron.  Van 
und  Hatteria   (Dendy).     Nachdem    das  primäre 


■V.      «$ff 

fft  * 
■:■:■:--• 


Fig.  88.  Triton  Taeniatus,  Horizontal  - 
schnitt  des  Kopfes,  22  Tage  nach  der 
Ablage  des  Eies,  2  Tage  nach  dem 
Ausschlüpfung,  t.  Anlage  der  Schild- 
drüse, cb.  Gehirn,  bo.  Bulbus  oruli.  i. 
Mundhöhle,  c.  Herzschlauch,  pr.  Peri- 
cardium  (Maurer). 

die  gleiche  Anlage,  ebenso  bei 
Bemmelen,  Maurer 
Bläschen  unter  Ver- 
mehrung seiner  Elemente  zu  einem  kompakten  Organ  aus  epithelialen 
Schläuchen  geworden,  wächst  es  bei  Lacerta  zu  2  Lappen  aus,  gewinnt 
also  einen  bilateral,  symmetrischen  Bau.  Die  beiden  Lappen  bleiben  aber 
median  vereinigt,  und  das  Organ  liegt  wie  ein  Zwerchsack  dem  Anfang 
der  Trachea  an  deren  ventraler  Fläche  an.  Im  Inneren  kann  man  lange 
Zeit  ein  kanalartiges  Lumen  als  Rest  des  weit  ausgezogenen  Lumens 
des  ersten  Bläschens  nachweisen.  Dieser  Kanal  ist  meist  mit  Cylinder- 
epithel  ausgekleidet.  An  diesen  Kanal  schließen  sich,  ohne  mit  seinem 
Lumen  zu  kommunizieren,  die  zahlreichen  mit  Kolloid  gefüllten  Bläs- 
chen von  verschiedener  Größe  und  Form  an,  die  mit  kubischem 
Epithel  ausgekleidet  sind.  Beim  Vogel  (Hühnchen)  trennt  sich  die 
Anlage  und  wird  zu  einem  paarigen  Organ,  welches  den  großen  Blut- 
gefäßen des  Halses  angelagert  ist  (Verdun). 

Die  Anlage  der  Säugetier  Schilddrüse  war  lange  Gegenstand 
von  Kontroversen.    Zweifellos  kommt  ihr  die  gleiche  mediane  Lage  zu, 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.    II.    1.  9 


130 


F.  Maurer. 


wie  bei  anderen  Wirbeltieren.  Sie  entsteht  an  der  gleichen  Stelle  und 
in  derselben  Form,  wie  sie  bei  Sauropsiden  angegeben  wurde  (Fig.  89). 
Die  von  Wölfler  (1880),  Stieda  (1881)  und  Born  (1883)  angegebene 
paarige  Anlage  entspricht  dem  postbran  dualen  Körper  und  ist  bei  diesem 
zu  berücksichtigen.  Die  unpaare  Anlage  wurde  bei  Vertretern  fast  sämt- 
licher Säugetierklassen  gefunden  (Monotremen,  Insectivoren,  Carnivoren. 
Nagern.  Wiederkäuern,  Schwein.  Mensch).  Bei  den  meisten  bleibt  sie, 
wie"  beim  Menschen,  ein  einheitliches  Organ,  aus  2  seitlichen  Lappen 
bestehend,    die  durch  einen  medianen  Isothmus  verbunden  sind.     Bei 


Fig.  89a. 


Fig.  89b. 


Lm, 


Fig.  89a— c.  Mediane  Schilddrüsen- 
anlage  von  Säugetieren :  a  Querschnitt  des 
Vorderkopfs  eines  Embryo  von  Talpa, 
1  mm  Länge;  a  eines  Talpaembryo  von 
4  mm  Länge ;  c  medianer  Sagittalschnitt 
des  Kopfes  eines  Kaninchenembryo  am 
9.  Tage,  im  Schilddrüse,  ph  Mundhöhle,  ch 
Chorda,  ba  Bulbus  arteriosus  (aus  Verdun). 

anderen  tritt  eine  Teilung  in  rechten 
und  linken  Lappen  ein.  Sie  folgt 
dem  in  die  Brust  herabrückenden 
Herzen  in  verschiedenem  Maße:  bei 
Echidna  (Maurer  1899)  sehr  weit, 
so  daß  sie  hier  im  Thorax,  dem 
Ende  der  Trachea  nahe  der  Bi- 
furkation  angeschlossen  erscheint, 
bei  anderen  Formen  behält  sie, 
wie  beim  Menschen,  eine  höhere 
Lage,  am  Halse,  dem  Anfang  der 
Trachea  angelagert.  Die  erste  Bildungsstätte  der  Schilddrüse  bleibt 
im  Foramen  coecum  der  Zunge  meist  erkennbar  erhalten  (His  1886), 
zuweilen  setzt  dieses  sich  in  einen  Canalis  thyreoglossus  von  ver- 
schiedener Länge  fort.  Derselbe  kann  auch  seinen  Zusammenhang 
mit  dem  Processus  pyramidalis  der  Schilddrüse  behalten,  ohne  je- 
doch einen  Ausführgang  darzustellen.  Mau  findet  auch  in  gleichen 
Stadien    der  Ontogenese    sehr    verschiedene   Bilder.     Das   erste  Blas- 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems.  131 

eben  wächst  unter  Vermehrung  seiner  Elemente.  Das  erste  Lumen 
wird  dadurch  ausgefüllt,  und  durch  Eindringen  von  Bindegewebe  von 
der  Peripherie  her  wird  die  Zellenmasse  in  Schläuche  zerteilt,  die  sich 
verschieden  verhalten.  Meist  entstehen  Netze  von  kompakten  Zell- 
schläuchen, die  durch  reichliches  Bindegewebe  getrennt  sind.  In 
letzterem  treten  frühzeitig  reichliche  Blutkapillaren  auf,  die  mit  dem 
Bindegewebe  von  außen  eindrangen.  In  anderen  Fällen  tritt  sehr 
bald  eine  Zerteilung  der  epithelialen  Schläuche  ein,  so  daß  das  Par- 
enchyin  der  Drüse  aus  Komplexen  von  Zellen  besteht,  die  sehr  ver- 
schiedene Form  haben:  schlauchförmige  oder  kugelige  Zellengruppen. 
Die  Kolloidbildung  beginnt  bei  Säugetieren  ziemlich 
spät,  gegen  Ende  d e r  E m b r y o n a  1  e n t w i c k e  1  u n g ,  oft  auch 
erst  nach  der  Geburt.  Kahn  weist  darauf  hin,  daß  in  den  Seiten- 
lappen der  Schilddrüse  stets  ein  kanalartiges  Lumen  beim  Kaninchen 
erhalten  bleibt  (Centralkanal  der  Schilddrüse),  mit  verschiedenem,  oft 
flimmerndem  Epithel  ausgekleidet.  Aehnliches  fand  ich  bei  der  Eidechse, 
es  ist  der  Rest  des  Lumens  des  unpaaren  primären  Schilddrüsenbläschens. 

Die  als  Nebenschilddrüsen  bezeichneten  Organe  sind  sehr 
verschiedener  Herkunft.  Es  können  sich  kleine  Gruppen  von  Schild- 
drüsenbläschen vom  erstgebildeten  Organ  ablösen,  das  sind  wahre 
Nebenschilddrüsen.  Hierzu  gehören  auch  die  durch  Bestehen  oder 
teilweisen  Schwund  eines  Processus  pyramidalis  zustande  kommenden 
Drüschen  aus  Schilddrüsengewebe,  die  vom  Foramen  coecum  der 
Zunge  bis  herunter  zum  Isthmus  der  Schilddrüse  oft  beschriebenen 
Gebilde.  Sie  bezeichnen  in  ihrer  Lage  den  Weg,  welchen 
die  Schilddrüse  in  ihrer  Ontogenese  zurückgelegt  hat. 
Nach  ihrer  Lage  wurden  diese  Nebenschilddrüsen  verschieden  bezeichnet 
gemäß  ihrer  Anordnung  zum  Zungenbeinkörper  (Gl.  subhyoidea,  supra- 
hyoidea  u.  s.  w.).  In  neuerer  Zeit  hat  Schmidt  Sprossenbildungen  ver- 
schiedener Art  am  persistierenden  Ductus  thyreoglossus  beschrieben : 
Schleimdrüsen  mit  sehr  langen  Ausführgängen,  die  mit  Flimmerepithel 
ausgekleidet  sind,  ferner  verästelte  Schläuche  (BocHDALEK'sche  Schläu- 
che). Auch  Schilddrüsengewebe  bildet  sich  hier  .aus,  wie  es  scheint 
aus  Schleimdrüsen.  Doch  ist  zu  bedenken,  daß  im  Ductus  thyreo- 
glossus ein  oberer  Abschnitt  wohl  von  einem  tieferen  zu  unterscheiden 
ist.  Der  obere  nahe  der  Zunge  wird  Organe  bilden,  wie  die  Zungen- 
schleimhaut, der  tiefe,  mehr  zur  Schilddrüse  gehörig,  wird  Schild- 
drüsengewebe  produzieren. 

Andere  Gebilde,  welche  als  Nebenschilddrüsen  bezeichnet  wurden, 
haben  mit  der  Schilddrüse  genetisch  nichts  zu  thun.  Sie  sind  teils 
Epithelkörperchen,  teils  stammen  sie  vom  postbranchialen  Körper. 
Ihre  Beziehung  zur  Schilddrüse  ist  eine  rein  topographische.  Sie 
sind  später  zu  betrachten  (S.  142  u.  146). 

ß)  Die  Thymus. 

Während  die  mediane  Anlage  der  Schilddrüse  in  ihrer  Phylo- 
genese klar  ist,  finden  wir  für  die  Thymus  keinen  Anschluß  an  niederste 
Wirbeltiere,  welcher  ihre  phylogenetische  Ableitung  erleuchtete. 

Bei  allen  Wirbeltieren  von  Cyclostomen  an  treten  Wucherungen 
am  Epithel  der  Kiemen  spalten  auf,  aus  welchen  sich  Organe  von 
lymphatischen  Charakter  entwickeln.  Während  die  Zahl  der  Kiemen- 
spalteu,  sowie  der  Teil  der  einzelnen  Kiemenspalten,  welcher  Thymus- 
gewebe  ausbildet,  Verschiedenheiten  zeigt  (s.  Fig.  90,  91,  93,  95,  103, 

9* 


132 


F.  Maurer, 


diese    Organe    doch    bei    allen    Wirbeltieren    darin 


vergänglicher 


Natur  sind.     Sie  bilden  sich  embryonal 


weniger 


stark  aus,  um  weiterhin  eine  Rückbildung  in  ve 

histologischen 


u.  104),    stimmen 
überein.  daß  sie 
mehr  oder 

schiedenem  Grade  zu  erleiden.  Hinsichtlich  der  histologischen  Ent 
wickelung  bestehen  verschiedene  Ansichten.  Während  einerseits  die 
wesentliche  Grundlage  des  Tlvymusgewebes  im  Epithel  der  Kiemen- 
spalten erblickt  wird,  soll  nach  anderer  Ansicht  das  von  außen  her 
ins  Epithel  eindringende  Bindegewebe  Leukocyten  den  Weg  ins  Epi- 
thel bahnen,  so  daß  die  Epithelzellen  nur  eine  passive  Rolle  beim  Auf- 
bau des  Organs  spielen  sollen.  Die  meisten  Angaben  sprechen 
aber  dafür,  daß  die  Epithelzellen  selbst,  indem  sie  sich 
reichlich  teilen  und  Rundzellencharakter  annehmen, 
z  u  Thym  usz  eilen  werden.  Dadurch  nimmt  die  Thymus 
eine  Sonderstellung  gegenüber  allen  übrigen  lympha- 
tischen Organen  ein. 

Cyclostomen.  Bei  Petromyzonembryonen  sind  von  Schaffer 
Thyinusanlagen  beschrieben  worden  in  Form  von  epithelialen  Wuche- 
rungen in  Knospenform,  die  sowohl  von  der  dorsalen,  als  der  ventralen 
Kuppe  sämtlicher  7  Kiemenspalten  ausgehen  (Fig.  90).  Diese  Knospen 
werden   durch    Epithelzellen    gebildet,    nicht    durch  eindringende 

mesodermale  Elemente  und  sind  nach  Schaffer 
entodermaler  Herkunft.  Bis  jetzt  ist  über 
diese  Gebilde  noch  nicht  mit  Sicherheit  ein  Urteil 
zu  fällen.  Ob  sie  der  Thymus  höherer  Wirbel- 
tiere homolog  sind,  ob  nur  die  dorsalen  dafür 
anzusprechen  sind,  die  ventralen  aber  als 
Epithelkörperchen  zu  deuten  sind,  ist  nicht  zu 
entscheiden:  ja  es  ist  möglich,  daß  sie  nur  den 
Cyclostomen  zukommende  Bildungen  eigener 
Art  darstellen,  welche  auf  gnathostome  Wirbel- 
tiere nicht  übergegangen  sind. 

Fig.  90.  Schema  der  Kiemenspaltenderivate  bei  Petro- 
myzon.  / — VII  die  Kiemenspalten.  Tr  Schilddrüse.  Tm 
1 — 7  dorsale  und  ventrale  Thymusknospen  (aus  Verdun). 


Selachier.  Bei  Selachiern  entwickeln  sich  die  Anlagen  der  Thy- 
mus nach  Dohrn  als  epitheliale  Knospen  der  dorsalen  Kie- 
mentaschen. Von  der  ersten  Kiemenspalte  zwischen  Kiefer-  und 
Hyoidbogen  wird  keine  Knospe  gebildet.  Dagegen  von  den  dahinter  ge- 
legenen 7  Spalten  bei  Heptanchus  bildet  jede  eine  Thymusknospe,  bei 
pentanchen  Haien  (Acanthias,  Pristiurus,  Scyllium,  Mustelus)  werden 
nur  von  den  2 — 5  Spalten,  jederseits  also  4  Thymusknospen  gebildet. 
Nach  Beard  treten  bei  Rochen  (Raja)  jederseits  5  Thymusknospen 
auf,  von  der  2. —  6.  Spalte  gebildet.  Stets  sind  es  dorsale  Knospen 
und  ihr  Gewebe  entstammt  dem  Entoderm  der  Kiemenspalte  (Fig.  Dl). 
Dohrn  sieht  in  ihnen  verkümmerte  Reste  dorsaler  Kiemenstrahlen, 
die  nicht  zu  voller  Ausbildung  kommen.  Die  Knospen  nehmen  von 
vorn  nach  hinten  an  Größe  ab.  Sie  verschmelzen  untereinander  und 
lösen  sich  von  ihrem  Mutterboden  ab.  Das  einheitliche  lappige  Organ 
liegt  dann  dem  Stamme  der  Jugularvene  an.  Es  erleidet  später  eine 
Rückbildung.  Auch  hier  dringt  Bindegewebe  von  außen  her  in  das 
Organ  ein  und  das  genauere  Verhalten  der  etwa  von  außen  einge- 
drungenen Leukocyten  und  der  Rundzellen  epithelialer  Herkunft  ist 
noch  nicht  hinreichend  erkannt. 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems. 


133 


Bei  Selachiern  wurden  noch  andere  Organe  epithelialer  Herkunft 
an  den  Kiemenspalten  geschildert,  deren  Bedeutung  noch  nicht  auf- 
geklärt ist.    Da,   wo    die  Ganglien   des  Glossopharyngeus    und  Vagus 


±=*  Tut.  0 

AI 


Fig.  91a — c.     Schema  der  Kiemenspalt enderivate  von  Selachiern. 
(Dohen),  b  Raja  (Beard),   c  Ueptanchus  (Dohrxi.     Tr.  Schilddrüse. 
sale  Thymus,    p.  postbranchialer  Körper  (aus  VerdüN). 


Tm.7 


a  Acanthias 
Tm.,— g  dor- 


dem  Ektoderm  sich  verbinden,  entstehen  kleine  epitheliale  Knötchen, 
vom  Ektoderm  ableitbar  (van  Wijhe  1883,  Froriep  1891),  Kiemen- 
s  p  a  1 1  e  n  o  r  g  a  n  e.  Während  sie  von  Froriep  (1892)  der  Thymus  für 
gleichwertig  gehalten  wurden,  hat  sie  Antipa  als  besondere  Bildungen 
angesprochen.  Ihre  Bedeutung  ist  rätselhaft,  bei  Epithelkörperchen 
bleibt  auf  sie  zurückzukommen. 

T  e  1  e  o  s  t  i  e  r.  Bei  Knochenfischen  zeigt  die  Thymus  dieselbe  Ent- 
wickelung  wie  bei  Selachiern,  insofern  sie  bei  der  Forelle  sich  in  Form 
kompakter,  knospenartiger  Zellenwucherungen  aus  den  dorsalen 
Taschen  der  Kiemenspalten  bildet  und  zwar  der  2.-6.  Spalte  (Fig. 
92  u.  93a).  Es  entstehen  also  jederseits  5  Knospen,  von  welchen  aber 
die  erste  rasch  schwindet.  Bei  der  Forelle  entsteht  nach  Maurer  iL.  1. 
1889)  die  Thymus  viel  später  als  die  Schilddrüse,  etwa  am  50.  Tage  nach 
dem  Streichen  der  Eier.  Die  hinterste  Knospe  entsteht  zuletzt.  Im 
Verlaufe  von  10  Tagen  vereinigen  sich  die  Knospen  jederseits  zu  einer 
einheitlichen  Masse,  die,  im  Gegensatz  zu  Selachiern,  mit  ihrem  Mutter- 
boden, dem  Kiemenhöhlenepithel,  in  Verbindung  bleibt. 

Im  späteren  Verhalten  treten  Verschiedenheiten  auf,  insofern  bei 
der  Forelle  der  Schwerpunkt  des  Wachstums  nach  hinten  liegt.  Da- 
durch gewinnt  die  Thymus  hier  eine  hintere  Lage,  längs  des  oberen 
Teils  des  Schultergürtels  an  der  hinteren  Kiemenhöhle  (Stannius). 
Bei  Cyprinus  und  Pthodeus  wuchert  die  Mitte  des  spindelförmigen  Organs 
mächtiger,  so  daß  hier  die  Thymus  etwas  weiter  vorn,  lateral  vom 
Gehörlabyrinth,  liegt.  In  gleicher  Weise  findet  sie  sich  bei  Esox.  Sie 
behält  stets  ihre  Lage  dorsal  von  den  Kiemenbogen. 

Die  histologische  Ent Wickelung  stellt  sich  so  dar,  daß  die 
durch  Teilung  sich  reichlich  vermehrenden  Epithelzellen,  die  den  en to- 
der malen  Kiementaschen  entstammen,  ihren  epithelialen  Charakter 
verlieren  und  das  Aussehen  von  indifferenten  Rundzellen  annehmen. 
Sehr  frühzeitig  dringt  Bindegewebe  mit  Blutgefäßen  aus  der  Umgebung 
ein.  Es  wurde  mehrfach  angegeben,  daß  damit  auch  die  lymphatischen 
Zellen  von  außen  her  in  die  Thymus  gelangten.  Dem  kann  ich  nicht 
beipflichten.     Die  epitheliale  Anlage  selbst  liefert  lymphatische  Zellen. 


134 


F.  Maurer, 


Später  allerdings  fallen  viele  dieser  Zellen  wieder  in  ihren 
epithelialenCharakter  zurück  und  liegen  teils  als  einzelne  große 
epithelioide  Elemente  mitten  im  Thymusgewebe,  teils  bilden  sie  zu 
Gruppen  zusammengeballte  konzentrische  K ö r p e r che n. 
Die  Thymus  besteht  bei  Knochentischen  lange  Zeit.  Bei  der  Forelle 
zeigt  sie  ihre  stärkste  relative  Ausbildung  bei  halbwüchsigen  Tieren 
von  12—15  cm  Körperlänge.  Dann  bildet  sie  sich  allmählich  zurück. 
Amphibien.  Die  Thymus  der  Amphibien  schließt  sich  hinsicht- 
lich ihrer  ersten  Anlage  an  die  Verhältnisse  bei  Fischen  an.  Urodelen 
und  Anuren  zeigen  im  speciellen  verschiedenes  Verhalten. 

Urodelen.     Bei  Tritonen   und  Siredon    entsteht   die  Thymus  in 
Form  kompakter  Zellknospen  aus  dem  Epithel  der  dorsalen  Kiemen- 
taschen, und  zwar  von  der  1.  bis 
5.    Spalte    (Fig.   93  b).     Es   ent- 
stehen jederseits  4  Knospen,  von 
welchen    die    der   2.   Spalte   früh 
verkümmert.     Die    erste   Anlage 
erscheint   bei  Siredon,   wenn  die 
Tierchen  eben   das   Ei   verlassen 
haben  (7  cm  Körperlänge).     Die 
Kiemenspalten  sind  um  diese  Zeit 
noch  nicht  offen.    Daraus  ergiebt 
daß   die  erste  Anlage 
T  h  y  m  us     e  n  t  o  d  e  r  m  a  1 
da    sie   von    den    Kiemen- 
taschen des  Kopfdarms  ausgeht. 
Alle   Thymusknospen    erstrecken 
sich    bis   dicht   an    die   Ganglien 
des    Facialis ,    Glossopharyngeus 
und  Vagus,  so  daß  es  oft  schwer 
fällt,    die    Grenze    zu    erkennen. 
Die    Abschnürung    der  Thymus- 
unregelmäßiger   Folge.      So  fand   ich 
Länge  die  1.  und  2.  Thymus  rechts, 
Schlundspalten  in  Ver- 
Bei    einem   Tier   von 
und    2.   Thymusknospe 
in  die  bleibende 


sich, 
der 

ist, 


Fig.  92.  Lateraler  Sagittalschnitt  des 
Kopfes  einer  ausgeschlüpften  Forelle.  51 
Tage  nach  dem  Streichen  des  Eies.  Th 
Thymusanlage.  1 — 4  die  Kiemenbogen. 
c  Gehirn,  a  Gehörbläschen.  bo  Bulbus 
oculi.     op  Operculum  (nach  Maurer). 


knospen    erfolgt   rasch,    aber   in 

bei-  einem  Axolotl   von   9,5   mm 

sowie   die   5.   links  noch  mit  dem  Epithel 

bindung,   alle   übrigen   waren    bereits 

1   cm   Länge   sind   sie   alle   abgelöst.     Die 

schwinden    sehr   rasch,   nur   die   3.,   4.  und 


der 

abgelöst, 


1. 
5. 


gehen 


Thymus   über,   (Fig.  100  I  u.   III)   die   bei    Salamandra   häufig  auch 
später  noch  in 
der  Ausbilduno; 


larven 
findet. 


gesonderte  Knötchen  trennbar  ist.    Der  Schwerpunkt 
des  Organs  liegt  hinten,  so  daß  man  bei  Salamander- 

Kiemenbogens 


die  Thymus   hinter   dem   dorsalen  Ende   des  4. 


Die  Entwickelung 


der  Anuren  thymus 
hier  ausschließlich  aus 


stellt  sich  insofern  anders 
der  2.  Schlundspalte  her- 


dar,   als   das  Organ 

vorgeht  (Fig.  93c  u.  100  II  u.  IV).  Die  erste  Anlage  erscheint  als 
solide  Epithelknospe  an  der  dorsalen  Schlundwand,  entsprechend  der  2. 
Schlundspalte  zwischen  Hyoid-  und  1.  Kiemenbogen.  Sie  findet  sich 
bei  Larven  von  Rana  von  6  mm  Länge,  die  seit  6  Tagen  das  Ei  ver- 
lassen haben.  Zugleich  besteht  auch  an  der  1.  Spalte,  zwischen  Kiefer- 
und  Zungenbeinbogen  eine  schwächer  entwickelte  Thymusknospe.  Bei 
Kaulquappen  von  12  mm  Länge  hat  sich  die  1.  Knospe  schon  rück- 
die  2.  ist  von  ihrem  Mutterboden  abgelöst.    An  den  3  hinteren 


gebildet, 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems. 


135 


Kiemenspalten  treten  in  dieser  frühen  Periode  keine  Thymusknospen 
auf,  wohl  aber  bilden  sich  später,  gegen  Ende  der  Larvenperiode  an 
der  dorsalen  Wand  der  äußeren  Kiemenhöhle  Epithelwucherungen, 
welche  von  lymphatischen  Zellen  durchsetzt  sind.  Dieselben  bleiben 
auch  nach  der  Metamorphose  bestehen  und  lagern  nach  Obliteration 
der  Kiemenhöhle  selbständig  unter  der  Haut  des  Halses  (Fig.  101  th). 


pJDn.5. 
17. 

a 


Tm.Z 


Tr. 


I 

}~1hi.2 
I 

i-Tm.3 

m 

s  N 


Fig.  93  a — d.  Schema  der  Kiemenspalteu derivate  von  a  Forelle,  b  Urodelen, 
c  Anuren,  d  Lacerta  (nach  Maurer),  cd  Carotidendrüse.  c1 — 3  Epithelkörperchen ; 
Krd  dorsale,  Krm  mittlere,  Krv  ventrale  Kiemenreste.  I—V Kiemenspalten.  Sonstige 
Bezeichnungen  s.  Fig.  91. 


Die  der  2.  Spalte  entstammende 
direkt   vor   dem  Gehörbläschen. 
Vena  jugularis,  ventral  von  ihr 
medialwärts   nach   hinten.     Die 


der 


Ausbildung 


des 


Gehörorgans. 


Anlage 

Dorsal  von  ihr  liegt  der 


bleibenden  Thymus  liegt 
Stamm  der 
verläuft  die  Vene  des  1 
weitere  Lageänderung 
Die 


Volumsentfaltung 


Kiemenbogens 
beherrscht  die 
des  Labyrinths 


136 


F.  Maurer, 


drängt  sie  etwas  ventral  herab,  und  unter  der  Ausbildung  der  Pauken- 
höhle rückt  sie  weiter  nach  hinten. 

Die  histologische  Differenzierung  der  Thymus  beginnt  so- 
fort nach  ihrer  Absclmürung.  Vorher  besteht  das  Organ  aus  gleichartigen 
rundlichen  Zellen.  Schon  wenige  Tage  nach  der  Abschnürung  sind  aus 
der  Umgebung  Bindegewebszellen  zwischen  die  epithelogenen  Thymus- 
zellen  eingedrungen.  In  der  Folge  wird  eine  Rinden-  und  Markschicht 
unterscheidbar:  letztere  zellenarm,  aus  blassen,  meist  epithelogenen  Ele- 
menten bestehend,  zwischen  welchen  verästelte  Bindegewebszellen  liegen, 
die  Rindenschicht  sehr  zellenarm,  aus  Reticulum  von  Bindegewebs- 
zellen bestehend,  mit  zahlreichen  lymphatischen  Zellen,  die  in  reich- 
licher Vermehrung  begriffen  sind.  Von  letzteren  ist  es  zweifelhaft, 
ob  sie  ebenfalls  von  der  epithelialen  Thyniusanlage  stammen  oder 
mit  dem  Bindegewebe  eingedrungene  mesodermale  Elemente  darstellen. 
Späterhin  treten  konzentrische  Körperchen,  aus  verhornten  Zellen  be- 
stehend, sowie  Cysten  in  der  Thymus  auf,  die  mit  Epithel  ausgekleidet 
sind.  Zahlreiche  einzelne  Zellen,  die  durch  ihre  Größe  und  starke 
Lichtbrechung  ihres  Zellkörpers  sich  auszeichnen,  wurden  von  Affanas- 
siew    als    veränderte    rote    Blutkörperchen    gedeutet.     Rückbildungs- 


erscheinungen  des 


ganzen  Organs  treten 


Länge. 


beim  Frosch  erst  sehr  spät 


auf,  bei  Fröschen  von  7 — 8 

Reptilien.  Die  Thymus  der  Reptilien  wurde  von  de  Meuron 
und  Van  Bemmelen  untersucht,  ich  selbst  beschrieb  ihre  Entwickelung 
bei  der  Eidechse  (Fig.  93  d  u.  95  a,  b).  Auch  hier  wird  das  Organ  durch 
Epithelknospen  dorsaler  Kiementaschen  gebildet,  und  zwar  sind  es  nach 
Van  Bemmelen  sehr  verschiedene  Spalten,  die  die  bleibende  Thymus 
liefern.    Bei  Eidechsen  wird  die  Thymus  von  der  2.  und  3.  Spalte  ge- 


bildet (Fig.  102  Tm2  u. 


Tm3),  bei  Schlangen  von 


der  4.  und 


Fig.  94.  Lacerta  agilis,  Embryo  8  Tage  nach  der  Ablage  dem  Ei  entnommen. 
Teil  eines  Kopfquerschnittes  im  Bereich  der  3.  Sehlundspalte.  Tm.i  Thymus  der  3. 
Spalte.  e„  Epithel  körperchen,  Carotidendrüse.  x  ventrales  Rudiment  der  3.  Spalte, 
bei  Säugetieren  die  Thymus  bildend,  eh  Chorda.  m  Muskel,  vj  Vena  jugularis  l  Acutus. 
laryngis  (nach  Maurer). 


Die  Entwickelung  des  Darinsystems.  137 

Auch  hier  sind  es  dorsale  Schlundspaltenteile,  aus  welchen 
die  Thyniusknospen  hervorgehen.  Die  Entwickelung  der  Thymus  voll- 
zieht sich  bei  der  Eidechse  in  den  ersten  beiden  "Wochen  nach  der  Ab- 
lage des  Eies,  also  am  Embryo  im  Ei.  Die  1.  Spalte  bildet  nur  vorüber- 
gehend eine  dorsale  Knospe,  während  an  der  2.  und  3.  Spalte  bleibende 
Knospen  entstehen,  welche,  dorsalwärts  gerichtet,  mit  ihrem  Ende  medial- 
wärts  gekrümmt  sind  (Fig.  94  Tm.$).  Sie  lagern  dann  zwischen  Veno 
jugularis  und  Aortenwurzel:  diese  liegt  ventral,  jene  dorsal  von  der 
Thymusknospe.  Auch  hier  bestehen  Beziehungen  zum  Ganglion  glosso- 
pharyngei  und  vagi,  welche  lateral  von  der  Thymusknospe  liegen. 

Die  Knospe  der  3.  Spalte  ist  stärker  als  die  der  2.  Man  kann 
sie  zuerst  nachweisen  bei  Embryonen,  die  6  Tage  nach  der  Ablage 
dem  Ei  entnommen  sind.  10  Tage  später  haben  sich  sowohl  die 
Thymus  der  2.  als  auch  die  der  3.  Schlundspalte  ganz  vom  Schlund- 
rohr abgelöst. 

Als  Rest  der  2.  Spalte  bleibt  nur  das  dorsale  Thymusknötchen 
übrig.  Von  der  3.  Spalte  bleiben  noch  andere  Reste:  Die  Thymus 
der  3.  Spalte  zeigt  d  o  r  s  o  v  e  n  t  r  a  1  e  i  n  e  n  g  r  ö  ß  e  r  e  n  Durch- 
messer als  die  der  2,  Spalte.  Das  rührt  daher,  daß  hier  das 
Epithel  dieser  Spalte  in  größerer  Ausdehnung  zur  Bildung  von  Thy- 
musgewebe  herangezogen  wird.  Dadurch  sind  hier  gerade  an  der 
3.  Spalte  Zustände  vorbereitet,  die,  wie  wir  später  sehen  werden,  bei 
Säugetieren  eine  Weiterbildung  erfahren  haben.  Indem  schlanken 
ventralen  Fortsatz  dieser  Spalte  erblicke  ich  das  H o - 
mologon  d e r  H  a u p t  b i  1  d u n  g s s  t  ä  1 1 e  der  S ä u g e t i e r  t h y  m u  s. 
Der  auf  Fig.  94  mit  eA  bezeichnete  Abschnitt  der  3.  Spalte  ist  die  Anlage 
eines  später  zu  betrachtenden  Epithelkörperchens.  Die  sämtlichen 
Derivate  der  3.  S p a  1 1 e  lösen  sich  in  Zusammenhang  vom 
Schlundrohr  ab.  Das  ist  ein  Punkt,  auf  den  ich  gerade 
imHinblickaufdie  Verhältnisse  bei  Säugetieren  großes 
Gewicht  legen  muß.  Es  macht  dies  d i e  B e z e i c h u n  g e n 
vieler  A u t o r e n  v e r s t ä n d  1  i c h ,  die  hier  von  Nebenthymus 
sprechen. 

Die  4.  Schlundspalte  bildet  bei  der  Eidechse  nach  übereinstimmen- 
den Angaben  de  Meuron's,  Van  Bemmelen's  und  nach  meinen  Be- 
obachtungen keine  Thymusknospe. 

In  der  Folge  rückt  die  Thymus  etwas  nach  hinten,  die  beiden 
Lappen  bleiben  aber  jederseits  getrennt.  Sie  liegen  ventral  vom 
hintersten  Teil  der  Gehörkapsel,  medial  von  ihr  liegt  die  Carotis, 
lateral  Vagus  und  Vena  jugularis.  Stets  besitzt  der  hintere  Thymus- 
lappen  einen  ventralen  Abschnitt,  der  dem  vorderen  fehlt.  Trotzdem 
liegt  das  Organ  dorsal  vom  Schlundrohr.  In  der  gleichen  Anordnung 
bestehen  die  beiden  Thymusläppchen  bei  der  ausgewachsenen  Eidechse. 

Hinsichtlich  der  histologischen  Entwickelung  der  Thymus  ist  es 
nach  meinen  Untersuchungen  an  der  Eidechse  nicht  zweifelhaft,  daß 
die  epithelogenen  Elemente  das  lymphatische  Gewebe  des  Organes 
ausbilden,  unter  reichlicher  Vermehrung  der  Zellen,  die  besonders 
in  den  oberflächlichen  Schichten  der  abgelösten  Thymuskörper  statt- 
findet. Es  ist  dadurch  eine  sehr  zellenreiche  Rindenschicht  von  einer 
'zellenärmeren  Markschicht  zu  unterscheiden.  Späterhin  bilden  sich 
zwar  nicht  konzentrische  Körper,  aber  in  großer  Zahl  einzelne  sehr 
große  Zellen  mit  stark  lichtbrechendem  Zellkörper  aus,  welche  als 
verhornte  Elemente  aufzufassen  sind,  die  wieder  epithelioiden  Charak- 
ter angenommen   haben.    Eine   Rückbildung    der  Thymus  findet  hier 


138 


F.  Maurer, 


erst  in  höherem  Alter  statt. 
Schlangen    an    den   vorderen 
Hier  bilden  vielmehr  die  2. 
chen   aus.     Dagegen    treten 


Im  Gegensatz  zur  Eidechse  zeigen  die 
Schlundspalten  keine  Thymusknospen. 
und  3.  Schlundspalte  nur  Epithelkörper- 
an  der  4.  und  5.  Schlundspalte  dieser 
Formen  dorsale  Thymusknospen  auf,  die  sich  nach  Van  Bemmelen 
in  Uebereinstimmung  mit  den  Vorgängen    an  der  2.  und  3.  Schlund- 


Tm.2 
hi.3 


c 


Fig.  95.  Schema  der  Schlnnd- 
spaltenderivate  von:  a  Lacerta.  1) 
Tropidonotus  (nach  Van  Bemme- 
len). c  Hühnchen  (nach  Verdun). 
Tr  Schilddrüse.  Tm  Thymus,  e  Epi- 
thelkörperchen.  p  postbranchialer 
Körper. 


gaben 


spalte  der  Eidechse  vom  Schlundrohr  ablösen  und  stets  als  2  ge- 
trennte Thymusläppchen  in  hinterer  Lage,  ihrer  Entwickelung  ent- 
sprechend, bestehen  bleiben  (Fig.  95b). 

Vögel.  Die  Thymus  der  Vögel  hat  im  Anschluß  an  die  An- 
von  de  Meuron,  Van  Bemmelen  und  Mall  in  neuester 
Zeit  eine  eingehende  Untersuchung  erfahren  durch  Verdun.  Nach 
de  Meuron  und  Mall  geht  sie  nur  aus  der  3.  Kiemenspalte 
hervor,  während  Van  Bemmelen  und  Verdun  auch  die  4.,  letzterer 
sogar  auch  zuweilen  die  5.  Spalte  eine  Thymusanlage  entwickeln  sah 
(Fig.  95c). 

Am  Ende  des  7.  Bebrütungstages  fand  Verdun  eine  dorsale 
Thymuswucherung  an  der  3.  und  eine  ebensolche  schwächere  an  der 
4.  'Schlundspalte.  Die  3.  Spalte  ist  um  diese  Zeit  schon  wieder  ge- 
schlossen, die  4.  Spalte  öffnet  sich  überhaupt  niemals  nach  außen. 
Die  Spalten  lösen  sich  sowohl  vom  Ektoderm,  als  auch  vom  Schlund- 
rohr ab,  und  die  Derivate  einer  jeden  stehen  daher  natur- 
gemäß unter  einander  in  Verbindung.  Nur  der  dorsale 
Teil  bildet  Thymusgewebe,  der  ventrale  Teil  bildet  an  beiden  Spalten 
ein  Epithelkörperchen. 

Die  aus  der  3.  Spalte  hervorgehende  Thymus  steht  in  ihrer 
weiteren  Ausbildung  in  topographischer  Beziehung  zur  Vena  jugularis. 
Sie  umwächst  sie  spiralig,  indem  sie  von  deren  ventraler  Fläche  um 
die  latrale  Seite    dorsalwärts  sich    ausdehnt.     Dabei    erreicht  sie  eine 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems. 


139 


beträchtliche 

Halsreg. 

Bau 


Länge. 


ganze 


langgestreckte 


so  daß  sie  sich  durch  die 
jgion  ausdehnt  (Fig.  96a  und  b).  Sie  nimmt  einen  traubigen 
an,  und  ihr  epithelogenes  Gewebe  erhält  lymphoiden  Charakter. 
Die  Thymus  der  4.  Spalte  dehnt  sich  längs  der  ventralen  Fläche  der 
Vena  jugularis  nach  vorn  hin  aus  und  schließt  sich  an  das  hintere 
Ende  der  Thymus  der  3.  Spalte  an.  Beim  erwachsenen  Tier  schwindet 
die  Thymus,  besonders  die  mächtige  vordere  Halsportion  besteht  nur 
noch  als    bindegewebiger   Strang.     In    dem    später   zu    betrachtenden 


Fig.  96a  u.  b.  Hühnchenembryo :  a  vom  7., 
b  vom  8.  Tage.  Derivate  der  Schlundspalten  im 
Horizontalschnitt,  kombiniert,  ph  Phanrynx.  j 
Jugularvene.  tm  Schilddrüse.  III,  IV.  Schlund- 
spalten. V.  (tl)  postbranchialer  Körper,  th  3 — 4 
Thymus,     gl  3— 4  Epithelkörperchen.  (Nach  Ver- 

DTJN.) 


postbranchialen  Körper  besteht  späterhin  unter  anderem  auch  thy- 
musartiges  Gewebe,  was  darauf  hinweist,  daß  vielleicht  eine  hinter 
der  4.  Kiemenspalte  gelegene  Schlundspalte  früher  eine  Thymusknospe 
bildete,  deren  Rudiment  hier  zum  Vorschein  kommt.  Bei  Gorvus 
corax  erscheint  dies  stärker  ausgebildet.  Untersucht  wurden:  Hühn- 
chen, Ente,  Corvus  corax,  corone  pica,  Columba. 

Säugetiere.  Die  Thymus  der  Säugetiere  steht  insofern  in  ge- 
wissem Gegensatz  zur  Thymus  niederer  Wirbeltiere,  als  nicht  die  dor- 
salen, sondern  die  ventralen  Taschen  der  Schlundspalten  in  ihrer 
epithelialen  Auskleidung  ihr  Bildimgsmaterial  liefern.  Dabei  bestehen 
wieder  Unterschiede  hinsichtlich  der  Zahl  der  thymusliefernden  Spalten. 
Im  allgemeinen  ist  die  3.  Spalte  für  die  Thymusbildung  am  wich- 
tigsten, doch  spielt  nicht  selten  auch  die  4.,  in  einigen  Fällen  auch 
die  2.  eine  Rolle. 

Es  sind  Vertreter  sehr  vieler  Klassen  auf  die  Entwickelung  der 
Thymus  untersucht  worden:  bei  Echidna  bildet  sich  die  Thymus  nur 
aus  der  3.  Spalte  (Maurer)  [Fig.  97  und  103],  ebenso  beim  Schwein 
(Stieda,  Fischelis),  Maulwurf  (Fig.  98a)  und  beim  Menschen  (Fig.  99) 
(Verdun).  Beim  Kaninchen  (Fig.  98b)  bildet  außer  der  3.  auch  die 
2.  Kiemenspalte  eine  Thymusanlage  (Kölliker),  die  aber  nach  Verdun 
rasch  wieder  schwindet  und  nicht  an  der  bleibenden  Thymus  teil- 
nimmt. Bis  jetzt  ist  bei  keiner  anderen  Säugetierform  eine  Thymus- 
bildung  aus   der   2.  Spalte    bekannt   geworden,    wohl    aber   hat   man 


beim  Schaf,    der  Katze,    dem   Dromedar   neben    der 


großen 


Thymus- 


140 


F.  Maurer, 


gewann    auch  ich  bei  den  Untersuchungen    an    Echidna 


bildung  der  3.  Spalte  auch  eine  solche  aus  der  4.  Spalte  hervorgehen 
sehen  (s.  auch  Fig.  104). 

Seitdem  Kölliker  zuerst  nachgewiesen  hat,  daß  die  Thymus 
nicht  aus  mesodermaler,  sondern  epithelialer  Grundlage  hervorgeht, 
hat  man  bald  das  Entoderm  der  Schlundspalten,  wie  Kölliker  selbst 
that,  bald  das  Ektoderm  der  äußeren  Kiemenfurchen  als  die  Ur- 
sprungsstätte der  Thymus  angesehen.  So  hat  His  den  Sinus  praecer- 
vicalis  dafür  angesprochen.  Die  meisten  neueren  Autoren  haben  die 
entodermale  Herkunft    der  Thymus  festgestellt,    und  diese  Auffassung 

In  neuester 
Zeit  hat  Roud  die 
Entwicklung  der 
Thymus  bei  der 
Ratte  aus  dem  Ek- 
toderm im  Bereich 
des  4.  Kiemen- 
bogens  geschildert. 
Da  dieser  aber  auch 
die  seitliche  Schild- 
drüse,    d.  h.     den 

postbranchialen 
Körper  ebenso  vom 
Ektoderm  ableitet, 
so  ist  diese  Auf- 
fassung Roud's  mit 
Vorsicht  aufzuneh- 
men. 

Nach  den  neuen 
Angaben  Verdun's 
ist  die  Thymus  der 
Säugetiere  entoder- 
maler  Herkunft. 
Nach  ihm  will  ich 
die  Stadien  der  Aus- 
bildung kurz  an- 
geben : 

Beim  Schaf  ist 
die  Thymus  der  3. 
Spalte  angelegt  bei 
einem  Embryo  von  10,5  mm  Länge.  (Thymuslänge  280  //).  Hier  steht 
die  Spalte  mit  dem  Pharynx  in  offener  Kommunikation,  ebenso 
ist  sie  nach  außen  durchgebrochen.  Bei  Embryonen  von  16  mm 
Länge  sind  die  Derivate  der  3.  Spalte  vom  Pharynx  abgelöst. 
Die  ventrale  Thymus  folgt  den  primitiven  Carotiden,  die  sie  spiralig 
umschlingt.  (Thymuslänge  670  /.i).  Bei  einem  Embryo  von  35  mm 
Länge  ist  die  Thymus  so  weit  ausgewachsen,  daß  sie  die  von  Pre- 
nant  beschriebenen  3  Abschnitte  unterscheiden  läßt:  Kopf-,  Hals-  und 
Brustteil,  die  durch  2  Zwischenstränge  verbunden  sind.  Die  Thymus 
der  4.  Spalte  tritt  nach  Verdun  erst  beim  neugeborenen  Lamm  auf, 
in  Anschluß  an  den  im  Zusammenhang  mit  dieser  Spalte  sich  ent- 
wickelnden postbranchialen  Körper. 

Bei  der  Katze  zeigt  sich  die  erste  Thymusanlage  der  3.  Kiemen- 
spalte bei  Embryonen   von  12  mm  Länge  (Thymuslänge  140  f.i).    Die 


Fig.  97.     Kopfquerschnitt  eines  Echidnaembryo  durch 
die  Gegend  der  3.  Schlundspalte,     m  Medulla.     eh  Chorda. 
i  Schlundhöhle.     X  Vagus,     vj   Vena  jugul 
c  Herz.     III  3.  Schlundspalte,     tun,  Thymus 
körperchen,     td  Schilddrüse  (nach  Maurer). 


ac   Carotis. 
e3  Epithel- 


Die  Entwickelung  des  Davrnsystems. 


141 


Schlundspalte  öft'net  sich  in  den  Pharynx.  Bei  Embryonen  von  14  mm 
Länge  steht  die  Thymus  der  3.  Spalte  durch  einen  soliden  Zellstrang 
noch  mit  dem  Pharynx  in  Verbindung  (Thymuslänge  210  (i). 

Bei  Embryonen  von  16  mm  Länge  ist  die  Thymus  der  3.  Spalte 
vom  Pharynx  abgelöst  und  beginnt,  den  Carotiden  entlang  nach  hinten 
zu  rücken. 

Die  Derivate  der  4.  Schlundspalte  bleiben  nach  der  Ablösung  am 
Schlund  untereinander  und  mit  der  3.  Spalte  in  Verbindung.  Dies 
ist  schon  bei  Embryonen  von  18  mm  Länge  erkennbar.  Eine  Thymus- 
anlage  der  4.  Spalte  tritt  aber  erst  später  auf,  in  Form  einer  Wuche- 
rung des  Restes  dieser  Spalte  bei  Embryonen  von  60  mm  Länge. 
Sie  steht  durch  einen  epithelialen  Stiel  entweder  direkt  oder  durch 
Vermittelung  des  Epithelkörperchens  der  4.  Spalte  mit  der  Thymus 
der  3.  Spalte  in  Verbindung.  Dies  zeigt  sich  auch  bei  der  neuge- 
borenen Katze.  Sie  entspricht  dem  inneren  Thymuskörperchen,  das 
Kohn  schilderte.  Bei  der  erwachsenen  Katze  schließt  sie  sich  seitlich 
der  Schilddrüse  an. 

Die  Thymus  des  Maulwurfs  ist  nach  genauen  Angaben  Verdun's 
ebenfalls  ein  Derivat  der  3.  Schlundspalte,  die  bei  Embryonen  von 
6  mm  Länge  nach  außen  geschlossen  ist.  Sie  kommuniziert  dann 
noch  mit  dem  Pharynx,  ist  bei  9  mm  langen  Embryonen  abgelöst 
vom  Pharynx.  Bei  Embryonen  von  13  mm  Länge  liegen  die  beiden 
Thymuslappen  in  der  Brusthöhle  zwischen  den  Venae  anonymae  und 
den  großen  Arterienstämmen  (Fig.  98a). 

Die  Thymus  des  Menschen  entwickelt  sich  aus  der  3.  Schlund- 
spalte, und  zwar  besteht  sie  als  ventrale  Ausbuchtung  bei  Embryonen 
von  6  mm  Länge  (Thymuslänge  130  /<)•  Die  3.  Spalte  kommuniziert 
noch  mit  dein  Pharynx.  Bei  einem  Embryo  von  14  mm  Länge  hat 
sie  sich  vom  Pharynx  ganz  abgelöst  (Thymuslänge  360  /<)•  Sie  stellt 
dann  ein  kompaktes  Gebilde  dar,  das  bis  in  die  Gegend  der  4.  Spalte 
herabreicht.  Bei  einem  Embryo  von  16  mm  Länge  ist  die  Thymus 
weiter  herabgerückt,   sie   liegt  vor   den   primitiven    Carotiden  und  er- 


Fig.  98a.  Fig.  98b. 

Fig.  98.  Schlundspaltenderivate  eines  a)  Embryo  von  Talpa,  10  mm  lang;  b) 
Kaninchenembryo  von  16  mm  Länge  nach  Verdtjn.  tm.  Schilddrüse,  th.  Thymus 
c.th.  Lumina  in  der  Thymus,  ü.  postbranchialer  Körper,  gl.th.  Epithelkörperchen 
der  8.,  gl.t.  dasselbe  der  4.  Spalte,  a.a.  Aorta  ascendens.  a.d.  Aorta  descendens.  tr 
Truncus  anonymus.  a.s.c.d.  Art.  subclavia  dextr.  a.s.c.g.  subclavia  sinistr.  cp.  Carotis 
ijr.tlu  Thymusläppchen.  j.  Vena  jugularis. 


142 


F.  Maurer. 


streckt  sich  mit  ihrem  vorderen  Ende  bis  zum  Isthmus  der  Schild- 
drüse (Thymuslänge  500  fi).  Kemi  Foetus  von  29  mm  Länge  liegt 
die  Thymus  dem  Pericard  auf  (Thymuslänge  2  mm).  Von  der  Haupt- 
masse der  Thymus  können  sich  kleine  Teile  ablösen  und  bleiben  als 
accessorische  äußere  Thymusläppchen  nahe  bei  den  Epithelkörperchen 
der  3.  Spalte  angeordnet. 

Die  histologische  Ausbildung  der  Thymus  bei  Säugetieren  stimmt 
mit  derjenigen  bei  niederen  Formen  überein.  Auch  hier  bildetsich 
adenoides  Gewebe  direkt  aus  der  epithelialen  Anlage 
aus.  Das  kompakte  Organ  treibt  kleine  rundliche  Sprossen,  welche  den 
Bau  von  Lymphfollikeln  zeigen  und  in  ihrer  oberflächlichen  Anordnung 
eine  Rindenschicht  bilden.  Hier  findet  die  reichlichste  Zellenvermehrung 
statt.  Im  Innern,  in  der  Marksubstanz,  die  erst  postembryonal  von 
der  Rinde  durch  ihr  histologisches  Verhalten  verschieden  wird,  treten 
die  ersten  konzentrischen  Körperchen  der  Thymus  auf.  Dieselben 
wurden  verschieden  beurteilt,  teils  als  Reste  der  sich  rückbildenden 
Blutgefäße,  teils  als  Reste  der  epithelialen  Anlage  in  dem  Sinne,  daß 
gewisse  epithelogene  Elemente  wieder  epithelioiden  Charakter  an- 
nehmen und  in  Cancroidkugel-ähnlicher  Form  angeordnet  im  Thymus- 
gewebe  auftreten. 

y)  Der  postbranchiale  K  ö  r  p  e  r. 

Nur  bei  Heptanchus  unter  den  Selachiern  und  bei  den  bis  jetzt 
untersuchten  Teleostiern  wurde  dies  Gebilde  vermißt  (Fig.  91  und  93). 
Sonst  besteht  der  postbranchiale  Körper  bei  allen  gnathostomen 
Wirbeltieren. 

Er  tritt  bald    in   paariger  Anordnung,    bald    nur   einseitig   (links) 


auf.     van  Bemmelen  beobachtete  dies  Organ  zuerst  bei  Selachiern 


gl  tk 


Fig.  00.  Schluudspaltenderivate 
des  Menschen:  a)  Embryo  14  mm  lang; 
b)  Embryo  20  mm  lang;  c)  Embryo 
37  mm  lang.  tm.  Schilddrüse,  th.  Thy- 
mus, v.th.  Thymusbläschen.  p.L.  Pro- 
cess.  pyramid.  der  Schilddrüse.  c.t.g. 
Ductus  thyreoglossus.  g.l.t.  Epithel- 
körperchen  der  4.  Spalte,  p.h.  Pharynx, 
sonst  wie  Figur  08.  (Nach  Verdun.) 


und  bezeichnete  es,  da  es  dem  Pericard  aufgelagert  ist,  als  Supraperi- 
cardialkörper.  Bei  einigen  Haien  (Acanthias,  Dohrn)  tritt  es  nur 
lingsseitig  auf,  bei  Raja  (Beard)   paarig   (Fig.   91a    und    b   p).     van 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems.  143 

Bemmelen  beschrieb  es  als  paarige  Ausstülpung  der  ventralen  Schlund- 
wand hinter  der  letzten  Kiemenspalte  und  deutete  es  als  rudimentäre 
Kiemenspalte.  Durch  die  Thatsache,  daß  dies  Organ  bei  Heptanchus 
hinter  der  letzten  Kiemenspalte  fehlt,  erhält  diese  Deutung  eine  Stütze. 
Durch  die  bei  vielen  Formen  nur  einseitige  Ausbildung  und  vor  allem 
durch  das  Verhalten  dieses  Gebildes  bei  höheren  Wirbeltieren  erweist 
es  sich  dagegen  als  ein  von  den  Kiemenspalten  verschiedenes  Organ.  Die 
von  van  Bemmelen  geschilderte  Thatsache,  daß  bei  Chimaera  dies  Ge- 
bilde sich  hinter  der  6.  Kiemenspalte  entwickelt  und  dauernd  bestehen 
bleibt,  während  die  6.  Spalte  spurlos  verschwindet,  spricht  gegen  die 
Deutung  einer  rudimentären  Kiemenspalte.  Die  phylogenetische  Ab- 
leitung dieses  Gebildes  ist  demnach  noch  unklar.  Man  hat  auch  den 
Ductus  oesophago-cutaneus,  wie  er  bei  Bdellostoma  besteht,  als  seine 
Grundlage  angegeben ,  besonders  mit  Hinblick  auf  seine  einseitige 
Ausbildung. 

Nach  der  Ablösung  dieses  Gebildes  von  der  Schlundwand  stellt  es 
ein  kugeliges  Bläschen  mit  epithelialer  Wandung  dar,  hat  einige  Aehn- 
lichkeit  mit  der  ersten  Anlage  der  vorderen  medianen  Schilddrüse. 
Auch  in  seiner  Weiterbildung  stimmt  es  insofern  mit  ihr  überein, 
als  es  durch  Sprossen  eine  reichliche  Zahl  geschlossener,  ganz  von- 
einander getrennter  Bläschen  bildet.  Doch  ist  nicht  bekannt,  ob  in 
ihrem  Lumen  bei  Selachiern  Colloid  auftritt,  wie  in  den  Bläschen  der 
vorderen  Schilddrüse.  Bei  den  höheren  Wirbeltieren  bis  zu  den  Vögeln 
bildet  das  homologe  Organ  kein  Colloid  aus,  giebt  sich  also  auch 
seinem  Bau  nach  als  etwas  von  der  Schilddrüse  Verschiedenes  zu  er- 
kennen. Bei  Selachiern  bleiben  diese  Bläschenkomplexe  wie  das 
Herz  an  dem  Orte  ihrer  Entstehung  liegen.  Bei  allen  höheren  Gruppen 
treten  unter  Umbildungen  der  Kiemenregion  Verlagerungen  ein. 

Bei  der  Forelle,  dem  Hecht  und  Cyprinoiden  fehlt  der 
Suprapericardial-  oder  postbranchiale  Körper  (Fig.  93a). 

Bei  Amphibien  ist  er  ausgebildet :  bei  Anuren  doppelseitig,  bei 
Urodelen  meist  nur  linksseitig  (Fig.  93b  und  c),  bei  Necturus  doppel- 
seitig. Da  er  hier  hinter  der  letzten  Kiemenspalte  liegt,  eine  Be- 
ziehung zum  Pericard  nicht  besteht  habe  ich  das  Organ  als  post- 
branchialen  Körper  bezeichnet.  Er  liegt  stets  hinter  der  letzten 
Ki  emen  spalte,  mag  diese  nun  die  4.,  5.  oder  6.  sein. 
Daraus  giebt  sich  das  Organ  als  etwas  von  der  Rückbild u  n  g 
der  Kiem  en  spalten  Unabhängiges  und  somit  als  etwas  von 
diesen  überhaupt  Verschiedenes  zu  erkennen.  In  seiner 
ersten  Anlage  stellt  er  sich  bei  Anuren  und  Urodelen  verschieden 
dar.  Bei  ersteren  bildet  er  eine  halbkugelförmige  paarige  Aus- 
stülpung hinter  der  letzten  Kiemenspalte,  die  sich  rasch  zu  einem 
kugelförmigen  Bläschen  abschnürt.  Bei  Urodelen  bildet  er  bei  Triton 
einen  nur  links  ausgebildeten  langgestreckten  Kanal  von  schrägem 
Verlauf,  der  sich  ebenfalls  bald  vom  Pharynx  ablöst  (Fig.  100  I.  und 
111).  Auf  Grund  dieses  Verhaltens  dachte  ich  daran,  ob  er  nicht  einen 
Rest  des  bei  Bdellostoma  bestehenden  Ductus  oesophago-cutaneus  dar- 
stellen könnte.  Bei  Bufo  tritt  das  Gebilde  auf,  nachdem  die  vordere 
mediane  Schilddrüsenanlage  schon  von  der  Schlundhöhle  abgeschnürt 
ist.  Die  5.  Kiemenspalte  ist  aber  noch  nicht  durchgebrochen.  Das 
Epithel,  welches  die  halbkugelige  Ausbuchtung,  die  zwischen  der  5. 
Schlundtasche  und  dem  Aditus  laryngis  liegt,  auskleidet,  ist  sehr  ver- 
schieden von   dem  Epithel   der  Schlundspalten,   insofern   es   aus    sehr 


144  F.  Maurer. 

hohen  cylindrischen  Zellen  besteht  und  sich  scharf  gegen  das  an- 
grenzende Epithel  absetzt.  Bei  Urodelen  (Siredon  und  Triton)  entsteht 
dies  Gebilde  links  als  ein  solider  Epithelzapfen,  der  erst  lange  nach 
seiner  Ablösung  vom  Schlund  ein  Lumen  erhält.  Er  bildet  sich  bei 
eben  ausgeschlüpften  Larven  und  löst  sich  nach  4  Tagen  vom  Schlund 
ab.  Bei"  Triton  erhält  er  erst  nach  der  Metamorphose  ein  weites 
Lumen.  Colloid  bildet  sich  niemals  darin  aus.  Er  bildet  sich  auch 
hier  auf  der  linken  Seite  vom  Larynxeingang  hinter  der  5.  Kiemen- 
spalte, an  der  Stelle,  wo  man  eine  6.  Spalte  erwarten  würde,  aber 
sein  Epithel  ist  vom  Schlund-  und  Kiemenspalten-Epithel  verschieden. 
Bei  Siredon  bildet  er  sich  bei  7  mm  langen  Larven,  bei  Larven  von 
10  mm  Länge  hat  er  sich  vom  Schlund  abgelöst.  Er  bleibt  stets  links 
vom  Aditus  laryngis  dicht  unter  der  ventralen  Schlundwand  liegen, 
vereinigt  sich  nicht  mit  der  Schilddrüse.  Ebenso  behält  er  in  gleicher 
Lage  seinen  Platz  bei  Anuren  bei,  wo  er  später  ein  einziges  größeres 
oder  einen  Komplex  kleinerer,  mit  Cylinderepithel  ausgekleideter  Bläs- 
chen darstellt,  die  Flüssigkeit,  aber  niemals  Colloid  enthalten  (Fig.  100 
IV  und  101  p). 

Bei  Reptilien  ist  der  postbranchiale  Körper  bei  Lacertiliern  nach- 
gewiesen worden  (Van  Bemmelen,  de  Meuron,  Maurer),  ferner  bei 
Anguis  (Prenant).  Dagegen  fehlt  er  nach  Van  Bemmelen  den 
Schlangen  (Fig.  95a  u.  b).  Bei  der  Eidechse  ist  er  bald  nur  linksseitig, 
bald  paarig  ausgebildet,  nach  Van  Bemmelen  hinter  der  5.,  nach 
Maurer  hinter  der  4.  Schlundspalte. 

Ich  zweifle  ebensowenig  an  der  Richtigkeit  der  Angaben  Van  Bemmelen's,  als 
an  meinen  eigenen  und  vermute,  daß  der  Unterschied  durch  individuelle  ontogenetische 
Differenzen  veranlaßt  ist.  Ich  selbst  untersuchte  nur  Embryonen  eines  einzigen  Ge- 
leges, und  bei  diesen  bestanden  nur  4  Kiemenspalten.  Da  es  sich  hier  nur  um  vor- 
übergehende embryonale  Bildungen  handelt,  ist  es  wahrscheinlich,  daß  die  ver- 
schwindende 5.  Kiemenspalte  in  manchen  Fällen  gar  nicht  mehr  zur  Anlage  kommt. 
Eine  neue  Arbeit  von  Peter  fügt  dem  seither  Erkannten  nichts  hinzu.  Peter 
findet  wie  Van  Bemmelen  5  Kiemenspalten,  deutet  aber  den  postbran dualen  Körper 
als  6.  Schlundspalte.  Dies  ist  insofern  ein  Rückschritt,  als  die  Thatsachen  der  ver- 
gleichenden Entwickelungslehre,  trotzdem  sie  angeführt  werden,  nicht  berücksichtigt 
sind.  Schon  mehrfach  wies  ich  darauf  hin,  daß  der  postbranchiale  Körper  bei  allen 
Wirbeltieren  eine  gleiche  Weiterbildung  erfährt,  einerlei  ob  vor  ihm  6  (Selachier),  5 
(Amphibien)  oder  4  (Säugetiere)  Schlundspalten  liegen.  Dadurch  ergiebt  sich,  daß  er 
eben  etwas  von  Schlundspalten  Verschiedenes  ist. 

Der  postbranchiale  Körper  der  Eidechse,  den  ich  bei  einem  Em- 
bryo doppelseitig,  sonst  nur  linksseitig,  wie  Van  Bemmelen  fand, 
entsteht  als  halbkugelförmige  Ausstülpung  der  ventralen  Schlundwand 
beim  Embryo,  der  5  Tage  nach  der  Ablage  dem  Ei  entnommen  wurde. 
3  Tage  später  hat  er  sich  als  kugeliges  Bläschen  vom  Schlund  ab- 
gelöst. 

In  dieser  Form  bleibt  er  lange  bestehen,  vergrößert  sich  nur  be- 
trächtlich (Fig.  102  p).  Erst  4  Wochen  nach  seiner  Bildung  ent- 
stehen Knospen  vom  Mutterbläschen  aus,  die  sich  abschnüren.  Bei 
den  ausgeschlüpften  Eidechsen  ist  das  Mutterbläschen  kollabiert  und 
von  zahlreichen  kleinen  Bläschen  umgeben.  Späterhin  wird  es  zu  einem 
kleinen,  unansehnlichen  Gebilde.  I  m  L u  m  e  n  der  Bläschen  f in  d  et 
sich  zu  keiner  Z e i t  C  o  1 1  o i d.  Es  behält  stets  seinen  Platz  seitlich 
vom  Kehlkopfeingang  bei  und  vereinigt  sich  niemals  mit  der  Schild- 
drüse, von  der  es  auch  durch  den  Mangel  an  Golloidbildung  wesent- 
lich verschieden  ist. 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems.  145 

Bei  Vögeln  wurde  der  postbranchiale  Körper  schon  von  de 
Meuron  gefunden  und  mit  dem  Suprapericardialkörper  Van  Bemme- 
lens  für  homolog  erklärt.  Letzterer  bezweifelte  die  Berechtigung 
dieser  Vergleichung.  In  neuerer  Zeit  wurde  der  genannte  Körper  mehr- 
fach nachgewiesen.  Die  neueste  Schilderung  von  ihm  giebt  Verdun, 
wonach  er  paarig  hinter  der  4.  Schlundspalte  auftritt,  in  Form  eines 
halbkugelförmigen  Divertikels,  das  mit  der  4.  Schlundspalte  zusammen- 
hängt (Fig.  85  c).  Es  löst  sich  vom  Pharynx  und  dem  Rest  der 
4.  Spalte  ab  und  bildet  dann  ein  geschlossenes  Bläschen,  welches  bald 
komplizierte  Veränderungen  durchmacht.  Nach  seiner  Ablösung  vom 
Pharynx  liegt  es  links  gerade  hinter  der  Teilung  der  Arteria  brachio- 
cephalica,  rechts  über  dem  Aortenbogen.  Am  10.  Tage  bildet  es  den  post- 
branchialen  Körper  in  charakteristischer  Ausbildung,  die  es  auch  später 
behält.  Es  besteht  aus  1)  kompakten  epithelialen  Strängen 
und  Läppchen,  dazwischen  2)  kugeligen  Bläschen,  von  ku- 
bischem Epithel  ausgekleidet,  das  zuweilen  mit  Flimmern 
versehen  ist  (Ente).  Ferner  sind  3)  dem  Gebilde  Gewebspartieen  an- 
geschlossen, die  den  Bau  von  Epithelkör  per  chen  und  von 
T  h  y  m  u  s  1  ä  p  p  c  h  e  n  zeigen. 

Es  kann  sich  dabei  an  andere  Derivate  vorderer  Schlundspalten 
anlagern,  z.  B.  der  Carotidendrüse  oder  der  Schilddrüse,  ohne  jedoch 
damit  zu  verschmelzen.  Aus  diesen  Angaben  Verdun's  ergiebt  sich 
im  Zusammenhang  mit  den  Zweifeln  Van  Bemmelen's  an  der  Ueber- 
einstimmung  mit  den  Suprapericardialkörpern ,  daß  der  post- 
branchiale Körper  der  Vögel  nicht  allein  diesem  Ge- 
bilde niederer  Wirbeltiere  homolog  ist,  sondern  eine 
komplizierte  Bedeutung  hat  (Fig.  96  U).  Weitere  Unter- 
suchungen haben  zu  entscheiden,  ob  dies  Gebilde  nicht  etwa  außer 
dem  postbranchialen  Körper  noch  Reste  einer  5.  Schlundspalte  in  Form 
eines  Thymus-  und  Epithelkörperchen-Rudiments  enthält,  worauf  sein 
Bau  hinweist.  Es  würde  dann  der  postbranchiale  Körper  thatsächlich 
der  5.  Spalte  angeschlossen  sein  und  dauernd  mit  deren  Resten  in 
Verbindung  bleiben. 

Wichtig  ist  erstens,  daß  sein  Gewebe  kein  Colloid  bildet  und  daß 
es  mit  der  aus  der  vorderen  medianen  Anlage  hervorgehenden  Schild- 
drüse nicht  verschmilzt. 

Bei  Säugetieren  ist  der  postbranchiale  Körper  in  allen  darauf 
untersuchten  Formen  nachgewiesen  worden  (Fig.  104  p).  Wölfler 
und  Stieda  sahen  die  paarigen  Gebilde  als  Anlage  der  Schilddrüse 
an  (Schwein,  Schaf,  Kalb  und  Kaninchen)  und  leugneten  eine  unpaare 
Anlage  dieses  Organs.  Born  schilderte  zuerst  in  richtiger  Weise  die 
Entstehung  paariger  Bläschen  aus  der  Wandung  der  letzten  Schlund- 
spalte beim  Schwein.  Diese  sollen  sich  mit  der  vorderen,  unpaaren 
Anlage  vereinigen,  um  die  Schilddrüse  der  Säugetiere  zu  bilden,  die 
mit  der  Schilddrüse  niederer  Wirbeltiere  demnach  nicht  homolog  wäre. 
Während  von  den  meisten  jüngeren  Autoren  diese  Thatsache  an- 
genommen wurde,  daß  der  postbranchiale  Körper  der  Säugetiere  histo- 
logisch sich  zu  Schilddrüsengewebe  ausbilde,  und  unter  Anschluß  an 
die  vordere  mediane  Anlage  der  Schilddrüse  einen  wesentlichen  Anteil 
an  der  Bildung  deren  seitlicher  Lappen  nehme,  hat  neuerdings  Verdun 
betont,  daß  die  Schilddrüse  nur  aus  der  vorderen  Anlage 
hervorgehe,  wie  ich  dies  auch  für  niedere  Wirbeltiere  immer  her- 
vorhob,  und   daß  der  postbranchiale  Körper,    selbst  wenn   er    sich  an 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.     II.  1.  10 


Uli  F.  Maurer, 

die  vordere  Schilddrüse  anlagert,  doch  einen  von  dem  Schilddrüsen- 
parenchym  verschiedenen  Bau  zeige.  Verdun  untersuchte:  Schaf. 
Kalb,  Katze,  Kaninchen,  Maulwurf,  Mensch,  sowie  einen  Embryo  vom 
Dromedar  (Fig.  98  u.  99  Ü). 

Daß  die  Verhältnisse  des  postbranchialen  Körpers  noch  nicht  ganz 
erkannt  sind,  zeigen  meine  Befunde  bei  Echidna  (Fig.  103) :  hier  bildet 
sich  derselbe  wie  bei  allen  Säugetieren  hinter  der  4.  Schlundspalte 
aus,  und  das  Bläschen,  welches  er  nach  seiner  Abschnürung  darstellt, 
entwickelt  sich  jederseits  zu  einem  kleinen  Drüschen  von  Schilddrüsen- 
bau: es  besteht  aus  geschlossenen,  mit  Epithel  ausgekleideten  Bläschen, 
die  mit  C  o  1 1  o  i  d  gefüllt  sind.  Die  Ausbildung  von  C  o  1 1  o  i  d 
halte  ich  für  das  Wichtigste.  Bei  Echidna  vereinigt  sich  dieses 
Gebilde  aber  niemals  mit  der  vorderen  medianen  Schilddrüse,  die 
vielmehr  ein  voluminöses,  aus  2  median  vereinigten  Lappen  bestehendes 
Organ  darstellt.  Während  die  Schilddrüse  hier  mit  dem  Herzen  eine  Ver- 
lagerung in  den  Thorax  erfährt,  bleibt  der  postbranchiale  Körper  weiter 
vorn,  mehr  der  Stelle  seiner  Ausbildung  an  der  Seite  der  Trachea 
liegen.  So  findet  man  ihn  später  vor  der  Schilddrüse,  die  ventral  von 
ihm  herabrückt.  Die  Abbildungen  zeigen  diese  Aenderung  in  der 
Lagebeziehung  des  postbranchialen  Körpers  zur  Schilddrüse. 

Auch  bei  höheren  Säugetieren  wurde  in  den  letzten  Jahren  die 
Ausbildung  von  colloidhaltigem  Schilddrüsengewebe  aus  der  paarigen 
Schilddrüsenanlage,  d.  h.  dem  postbranchialen  Körper  vielfach  hervor- 
gehoben. Während  His  die  seitlichen  Lappen  der  Schilddrüse  aus 
dieser  paarigen  Anlage  hervorgehen  läßt,  gab  schon  Kastschenko 
an,  daß  beim  Schwein  diese  hinteren  Schilddrüsenanlagen  nur  kleine 
Gebilde  gegenüber  der  medianen  Anlage  darstellen.  Nach  Prenant 
dagegen  bilden  die  geringen  hinteren  Anlagen  der  Schilddrüse  einen 
ebenso  starken  Bestandteil  des  ganzen  Organs,  wie  die  unpaare  vordere 
Anlage. 

Nach  unserem  heutigen  Wissen  müssen  wir  sagen,  daß  der  post- 
branchiale Körper  bei  allen  niederen  Wirbeltieren,  mag 
er  paarig  oder  nur  einseitig  ausgebildet  sein,  erstens 
niemals  Kolloid  ausbildet  und  zweitens  sich  niemals 
mit  der  vorderen  Schilddrüsenanlage  verbindet.  Bei 
Säugetieren  kann  er  kolloid  haltiges  Schilddrüsenge- 
webe ausbilden,  eine  Vereinigung  mit  der  medianen  Schilddrüsen- 
anlage tritt  bei  Echidna  nicht  ein,  wohl  aber  bei  höheren  Säugetieren 
und  dem  Menschen.  Ob  er  eine  reichliche  Menge  von  Schilddrüsen- 
gewebe liefert  oder  eine  geringe  Rolle  spielt,  insofern  er  sich  früh- 
zeitig rückbildet,  darüber  gehen  die  Ansichten  noch  auseinander.  Nach 
der  neuesten  Auffassung  (Verdun)  wird  die  Schilddrüse  bei  Säuge- 
tieren und  beim  Menschen  nur  aus  der  medianen  Anlage  gebildet,  und 
der  postbranchiale  Körper  bildet  sich  zurück. 

S)  Die  E  p  i  t  h  e  1  k  ö  r  p  e  r  c  h  e  n. 

Sie  sind  Kiemenspaltenderivate,  die  bei  Fischen  bis  jetzt  nicht 
nachgewiesen  wurden.  Bei  Amphibien  treten  sie  zuerst  auf,  und  zwar 
finden  sie  sich  bei  Anuren  schon  zur  Larvenzeit,  bei  Urodelen  er- 
scheinen sie  erst  nach  der  Metamorphose,  ihre  Bildung  setzt  den 
Verschluß  der  Kiemenspalten  voraus^  Ihre  Genese  wurde  zuerst  von 
mir  bei  Amphibien  klargestellt.    Später  wurden  sie  bei  allen  höheren 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems. 


147 


Wirbeltieren,    ebenso   beim   Menschen   nachgeAviesen   und   unter   ver- 
schiedenen Namen  beschrieben. 


th„        th,„      th,m      (h 


ff         ll,"jt  L"-f>t'r 


■VZ2&1* 


Fig.  100.  Schemata  der  Schlundspalten  und  Kiemenderivate  bei  Amphibien. 
I.  Siredon.  II.  Rana  (Larve)  III.  Triton  und  IV.  Rana  nach  der  Metamorphose,  V. 
Urodelenkieme,  'a  vor,  ß  nach  der  Metamorphose,  VI.  innere  Anurenkieme,  a  vor,  ß 
während  der  Metamorphose. 


Carotidc 

und  ventrale  Kiemenreste,     ah.  äußere  Kiemen.     Kp.  Kiemenplatte,     op.  Of>erculum. 

A7t.  Kiemenhöhle.     Kb.  Kiemenbäumchen. 


Anuren.  Die  Epithelkörperchen  treten  bei  Kaulquappen  von  Rana 
zur  Zeit  auf,  wo  gerade  die  äußeren  Kiemen,  im  Kiemensack  einge- 
schlossen, schwinden  und  die  inneren  Kiemen  sich  ausbilden  (Fig.  100  II 
und  VI  e,  ed.).  Sie  entstehen  als  kompakte  Epithelknospen  am  ven- 
tralen Ende  der  3.  und  4.  Schlundspalte.   Auch  die  2.  Schlundspalte 

10* 


148 


F.  Maurer, 


bildet  eine  solche  Knospe,  welche  nach  meinen  Beobachtungen  die  Caro- 
tidendrüse  ausbildet  (Fig.  83 et—  e.A  Fig.  100,  II  cd).  Dies  wurde  von 
anderen  Autoren  bestritten  (Zimmermann,  Schaper)  weiche  in  der  Caro- 
tidendrüse  lediglich  eine  Wucherung  der  Gefäßwand  erblicken,  ohne 
Beteiligung  des  Epithels  einer  Kiemenspalte.  Die  letzte  Kiemenspalte 
bildet  kein  Epithelkörperchen. 

Die  Bezeichnung  „Epithelkörperchen'1  wählte  ich  mit  Hinblick  auf 
das  histologische  Verhalten  der  Gebilde.  Sie  stellen  zunächst  einfach 
zusammengeschlossene  Epithelzellen  dar,  die  durch  einen  epithelialen 
Stiel  mit  dem  Epithel  der  Kiemenspalte  in  Verbindung  stehen.  Dieser 
Stiel  schwindet,  und  das  kleine  Gebilde  wächst  unter  Vermehrung 
seiner  Zellen  zu  einem  eiförmigen  Körperchen  heran,  welches  spiralig 
ineinander  geschobene  Zellenzüge  erkennen  läßt. 

Das  Gebilde  ist  äußerlich  durch  eine  zarte  bindegewebige  Kapsel 
begrenzt,  und  es  setzt  sich  auch  von  da  aus  Bindegewebe  ins  Innere 
zwischen  die  epithelogenen  Zellzüge  fort.  Ein  Lumen  findet  sich  in 
diesen  Organen  niemals.  Ihr  Bau  ist  ein  durchaus  eigenartiger,  weder 
mit  dem  der  Thymus,  noch  der  Schilddrüse  oder  des  postbranchialen 
Körpers  vergleichbar.  Sie  behalten  auch  zeitlebens  ihren  Platz  und 
sind  selbst  bei  ganz  alten  Tieren  (Rana,  Bufo,  Hyla)  nachweisbar. 

Sie  liegen  ventral  von  den  Arterien  des  3.  und  4.  Kiemenbogens 
bei  der  Kaulquappe,  und  später  liegen  sie  ventral  von  den  Aorten- 
bogen in  unmittelbarer  Nähe  der  hier  sich  bildenden  ventralen  Kiemen- 
reste, die  später  noch  zu  behandeln  sind  (Fig.  101  e). 

Bei  Urodelen  (Triton)  bilden  sich  die  Epithelkörperchen  während 
der  Metamorphose  aus  dem  Epithel  der  sich  schließenden  3.  und  4. 
Schlundspalte,  und  zur  selben  Zeit  entsteht  im  Bereich  der  2.  Spalte 
die  Carotidendrüse  (Fig.  100  III  und  V).  Die  Körperchen  liegen  hier 
an  der  lateralen  Konvexität  der  Aortenbogen  oder  sind  zwischen 
diesen  eingelagert.  Sie  empfangen  oft  von  2  Aortenbogen  je  ein 
Aestehen.  Zuweilen  findet  man  zwischen  3.  und  4.  Arterienbogen  2 
solche  Körperchen,  so   daß  3  auf  einer   Seite   bestehen.     In   anderen 


;"":';n  ■..;•:; 


Fig.  101.  Kombinierter  Querschnitt  des  ventralen  Kopfteils  einer  jungen  Rana 
esculenta,  im  Bereich  der  obliterierten  Kiemenhöhle  K.  Metamorphose  gerade  vollendet. 
t.  Schilddrüse,  e.  Epithelkörperchen.  th.  Thymus,  ed.  Carotidendrüse.  p.  post- 
branchialer  Körper,  eh.  Rest  der  Kiemenhöhle,  m.  mittlere,  v.  ventrale  Kiemenreste. 
L.  Aditus  laryngis,  cpb.  Zungenbein,  sth.  Muse,  sternohyoideus.  hg.  Muse,  hyoglossus. 
vje.  Vena  jugul.  ext.     I  lymphatisches  Knötchen. 


Die  Entwickelung  des  Darinsysterns.  149 

Fällen  findet  man  nur  ein  solches  Gebilde  auf  einer  Seite,  so  daß 
ihre  Bildung  individuellen  Schwankungen  unterliegt. 

Bei  Reptilien  wurden  die  Organe  der  Eidechse  untersucht,  wo 
sie  ebenfalls  aus  der  3.  und  4.  Spalte  entstehen  (Van  Bemmelen, 
Maurer).     Bei  Schlangen   wurde   ein  solches  außerdem  auch   an   der 

2.  Spalte  gefunden  (Van  Bemmelen).  Sie  entstehen  gleichzeitig  mit 
der  Thymus  während  des  Verschlusses  der  Schlundspalten.  Bei  der 
Eidechse  entsteht  das  Körperchen  der  3.  Spalte  am  ventralen  Ende 
der  Thymus  und  steht  mit  dieser  durch  einen  epithelialen  Strang  in 
Zusammenhang.  Die  ventrale  Tasche  dieser  Spalte  erleidet  eine  völlige 
Rückbildung.  Das  Epithelkörperchen  geht  also  aus  dem  mittleren 
Teil  dieser  Spalte  hervor.  Am  ventralen  Ende  der  Thymus  der  2. 
Spalte  findet  sich  kein  solches  Gebilde.  Das  Epithelkörperchen  der  4. 
Spalte  bildet  sich  aus  der  Wandung  dieser  Spalte,  die  einen  vom 
Schlund  aus  lateralwärts  verlaufenden  Schlauch  darstellt.  Indem  sich 
die  mittlere  Portion  dieses  Schlauches  verdickt,  stellt  sie  die  Anlage 
des  Epithelkörperchens  dar,  das  sich  vom  Schlundrohr  ablöst  und  noch 
eine  Zeit  lang  mit  dem  postbranchialen  Körper  verbunden  ist. 

Ueber  die  histologische  Entwickelung  dieser  Organe  ist  zu 
berichten,  daß  sie  zuerst  aus  gleichartigen  Epithelzellen  bestehen,  die 
im  Beginn  der  Bildung  ein  Lumen  begrenzen,  welches  als  Rest  des 
Schlundspaltenlumens  zu  betrachten  ist.  Unter  Vermehrung  der  Epithel- 
zellen schwindet  dies  Lumen  und  indem  gleichzeitig  von  außen  her 
Bindegewebselemente  eindringen,  besteht  das  Körperchen  aus  Komplexen 
von  epithelogenen  Zellen,  welche  durch  zartes  interstitielles  Bindege- 
webe voneinander  getrennt  sind.  In  diesem  Zustande  bleiben  die 
Epithelkörperchen  der  Eidechse  zeitlebens  bestehen,  sie  bilden  niemals 
ein  Lumen  aus,  colloide  Substanz  wird  nicht  secerniert, 
so  daß  ihr  Bau  nicht  mit  dem  der  Schilddrüse  ver- 
glichen werden  darf. 

Wenn  eine  5.  Schlundspalte  bei  der  Eidechse  vorübergehend  zur 
Anlage  kommt  (Van  Bemmelen),  so  bildet  sie  jedenfalls  kein  Epithel- 
körperchen, hinterläßt  überhaupt  keine  epithelogenen  Reste. 

Bei  den  Vögeln  sind  die  Epithelkörperchen  in  verschiedener 
Zahl  nachgewiesen :  Bei  allen  untersuchten  Formen  bilden  die  3.  und 
4.  Spalte  ein  solches,  und  auch  hier  liegt  es  ventral  von  der  Thymus- 
anlage  der  betreffenden  Spalte  (de  Meuron,  Van  Bemmelen,  Mall, 
Verdun;  (Hühnchen,  Ente).  Verdun  hat  die  genaueste  Schilderung 
gegeben  (Fig.  95  c).  Nach  diesem  bildet  sich  beim  Hühnchen  und 
der  Ente  auch  im  Anschluß  an  den  postbranchialen  Körper  noch  ein 
drittes  solches  Gebilde;  vielleicht  handelt  es  sich  hierum  ein  solches 
Derivat  der  5.  Schlundspalte.  Verdun  hebt  hervor,  daß  die  beiden 
ersten  sich  oft  der  Schilddrüse  anlagern ;  das  Derivat  der  4.  Spalte 
soll  häufig  dem  postbranchialen  Körper  angeschlossen  sein  (Fig.  96 
gl  3  und  4).     Während    die   Verbindung   des   Epithelkörperchens   der 

3.  Spalte  mit  der  Schilddrüse  offenbar  ein  sekundärer  Vorgang  ist, 
kann  das  Derivat  der  4.  Spalte  wohl  primär  in  Verbindung  mit  dem 
postbranchialen  Körper  stehen,  da  sich  die  4.  und  5.  Schlundspalte 
mit  dem  postbranchialen  Körper  gemeinsam  vom  Schlundrohr  ablösen 
können  und  auch  eine  spätere  Trennung  unterbleiben  kann. 

Die  histologische  Entwickelung  dieser  Gebilde  bei  den  Vögeln 
schildert  Verdun  so,  daß  sie  von  vornherein  aus  Epithelzellen  der 
Schlundspalten  bestehen,  ihre  Weiterausbildung  oft  sehr  spät,  fast  bei 


150 


F.  Maurer, 


erwachsenen  Tieren  erfahren.  Sie  bestehen  dann  ans  Epithelbläschen. 
Da  keine  Colloidsnbstanz  darin  ausgebildet  wird,  sind  sie  von  der 
Schilddrüse  scharf  unterschieden. 


au 


Fig.  102.  Sagittalschnitt  durch  den  Kopf  eines  Embryo  von  Lacerta  agilis,  25 
Tage  nach  der  Ablage  dem  Ei  entnommen,  ce.  Gehirn,  au.  Auge.  n.  Nasenhöhle. 
c.  Herz.  z.  Zunge.  i.  Mundhöhle,  tr.  Schilddrüse,  tm.  Thymus,  e.  Epithel  körper- 
chen,   p.  postbranchialer  Körper. 


Die  Epithelkörperchen  der  Säugetiere  haben  eine  sehr  ein- 
gehende Bearbeitung  von  vielen  Autoren  erfahren  und  sind  sehr  ver- 
schieden bezeichnet  worden :  Sandström  schilderte  sie  als  Glandulae 
parath)rreoideae,  Gley  als  glandules  thyroidiennes,  Nicolas  als  glan- 
dules  thyroides,.KoHN  und  Schaper  verglichen  sie  zuerst  mit  den 
Epithelkörperchen  der  Amphibien  und  bezeichneten  sie  demgemäß 
(Fig.  104e  j  u.  2). 

Solche  Gebilde  werden  von  der  3.  und  4.  Schlundspalte  gebildet 
und  unterscheiden  sich  in  ihrer  Anordnung  zur  Thymus 
der  Säugetiere  wesentlich  von  den  Epithelkörperchen 
aller  niederen  Wirbeltiere.  Sie  bilden  sich  dorsal  von  der  Thy- 
nmsanlage  (Kölliker,  Stieda,  Born,  Fischelis,  de  Meuron, 
Rabl,  Kastschenko,  Prenant,  Simon,  Groschuff,  Verdun, 
Maurer).  Nach  Groschuff,  dem  sich  Verdun  anschließt,  bildet 
die  3.  und  4.  Spalte  ein  solches  Epithelkörperchen  bei  Kaninchen, 
Fledermaus,  Hund,  Katze,  Pferd,  Dromedar,  Schaf,  Rind,  Ziege, 
Mensch,  denen  sich  auch  Echidna  anschließt  (Maurer;  Fig.  97, 
99  und  103).  Nur  die  3.  Spalte  bildet  ein  solches  Körperchen  beim 
Schwein,  Igel,  Maulwurf,  Spitzmaus,  Meerschweinchen,  Ratte,  Feld- 
maus,   Seehund    (Fig.  98  glt).      Beim   Maulwurf  schwindet   auch    das 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems. 


151 


einzige  Epitlielkörperchen  zuweilen  frühzeitig.  Die  Thatsache,  daß  diese 
Gebilde  hier  dorsal  von  der  Thymus  liegen,  findet  ihre  Erklärung 
darin,  daß  die  Thymus  nicht  vom  Epithel  der  dorsalen  Kiementaschen, 
wie  bei  allen  niederen  Wirbeltieren,  gebildet  wird,  sondern  aus  v  e  n  - 
tralen  Teilen.  Die  Epitlielkörperchen  nehmen,  wie  bei  der  Eidechse, 
eine  mittlere  Lage  ein. 

Histologisch  bilden  sie  auch  hier  zuerst  ausschließlich  aus  com- 
pakte  Epithelzellen  gebildete  Körperchen.  Nachdem  frühzeitig  Binde- 
gewebe von  außen  zwischen  die  epithelialen  Elemente  eingedrungen  ist, 
formieren  die  Epithelzellen  unter  reichlicher  Vermehrung  kompakte 
Schläuche.  Die  Annahme,  daß  sie  unter  Ausbildung  von  Kolloid  die 
Schilddrüse  ersetzen  können,  ist  nicht  erwiesen,  vielmehr  ist  bis  jetzt  die 
Auffassung  berechtigt,  daß  man  es  mit  verschwindenden  Gebilden  zu 
thun  hat.  Das  wird  mit  Recht  aus  den  Thatsachen  geschlossen,  daß  bei 
Amphibien  jederseits  2 — 3,  bei  Amnioten  nur  2,  bei  vielen  Säuge- 
tieren nur  eines  und  schließlich  sogar  gar  kein  solches  Gebilde  mehr 
später  nachweisbar  ist,  wie  beim  Maulwurf.  Der  Mensch  steht  hier 
nicht  am  Ende  der  Reihe,  insofern  bei  ihm  meist  2  solcher  Körper- 
chen zur  Entwickelung  kommen. 

Hinsichtlich  der  weiteren  Entwickelung  dieser  Gebilde  ist  noch 
speciell  ihrer  Anordnung  zu  gedenken,  die  zugleich  Schilddrüse  und 
Thymus    beeinflußt.     Die   3.  Schlundtasche    schnürt    sich  in  toto  vom 


%Us(cdU 


~^ca 


tm. 


Fig.  103.  Schema  der  Schlundspaltenderivate  von  Eehidna.  I—IV  Schlundspalten. 
tr  Schilddrüse,  tm  Thymus.  e2 — e4  Epithelkörperchen.  p  postbranchialer  Körper. 
I  Aditus  laryngis,   o  Oesophagus. 

a  Embryo,  dessen  Spalten  noch  mit  dem  Schlund  kommunizieren,  b  älterer 
Embryo,  Schilddrüse  und  Thymus  nach  hinten  gerückt,  c  halbwüchsiges  Tier : 
Schilddrüse,  Thymus  und  Epithelkörperchen  in  die  Brusthöhle  gerückt,  postbran- 
chialer Körper  behält  eine  vordere  Lage  am  Hals  bei. 


Schlundrohr  ab,  so  daß  ihre  Derivate :  Thymus  und  Epithelkörperchen 
in  primärem  Zusammenhang  sind.  Ein  solcher  kann  bestehen  bleiben, 
oder  das  Epithelkörperchen  löst  sich  von  der  Thymus  ab.  Dabei 
kann  aber  ein  Läppchen  der  Thymus  mit  dem  Epithelkörperchen  in 
Zusammenhang  bleiben,  indem  die  Loslösung  nicht  an  der  Grenze, 
sondern  im  Thymusgewebe  erfolgte.  Die  Beziehung  dieses  Körper- 
chens zur  Schilddrüse  ist  eine  rein  topographische.  Durch  die  Rück- 
wärtsverlagerung   der  Schilddrüse   kommt   das  Epithelkörperchen  der 


152  F.  Maurer, 

3.  Spalte    lateral  von    der  Schilddrüse    zu   liegen   und    bildet    so  das 
äußere  Epithelkörperchen  Kohn's. 

Komplizierter  stellen  sich  die  Beziehungen  des  Epithelkörperchen s 
der  4.  Spalte  dar,  besonders  dann,  wenn  die  4.  Spalte  auch  einen  Thy- 
rauslappen  ausbildet.  Wenn  sich  diese  Tasche  vom  Schi  und - 
röhr  löst,  so  bleiben  nicht  nur  ihre  beiden  Derivate: 
Epithelkörperchen  u  n  d  T  h  y  m  u  s ,  i  n  Verbindung,  sondern 
mit  diesen  Teilen  bleibt  auch  der  postbranchiale  Kör- 
per in  Zusammenhang,  und  demnach  sind  diese  Verbin- 
dungen primäre.  Der  postbranchiale  Körper  erwirbt  nun  sekun- 
där Anschluß  an  die  Schilddrüse,  und  dadurch  gelangt  auch 
das  Epithelkörperchen  und  die  Thymus  der  4.  Spalte  in  Beziehung  zur 
Schilddrüse  (Fig.  98  und  99).  Jenes  ist  das  innere  Epithelkörper- 
chen, das  Kohn  schilderte.  Im  Anschluß  an  meine  Befunde  bei  La- 
certa  und  Echidna  und  unter  Berücksichtigung  der  Angaben  Verduns 
(Katze)  habe  ich  schon  früher  darauf  hingewiesen.  Es  klären  diese 
Ueberlegungen  die  verschiedenen  Kombinationen  im  Zusammenhang 
so  ungleichwertiger  Teile  auf. 

Die  Carotidendrüse. 

Dies  Organ  ist  hier  anzuschließen.  Die  Drüse  fehlt  den  Fischen, 
besteht  von  Amphibien  an  bei  allen  höheren  Wirbeltieren  und  liegt 
stets  an  der  Teilungsstelle  der  Carotis  communis  in  Carotis  externa  und 
interna.  Nach  der  Auffassung  vieler  Autoren  ist  sie  eine  blosse  Ge- 
fäßbildung, durch  Wucherung  der  Gefäßwandung  entstanden.  Da 
Andere  aber  eine  Beteiligung  von  Schlundspaltenepithel  angaben,  so 
ist  sie  hier  zu  erwähnen. 

Bei  Anuren  fand  ich  im  Bereich  der  2.  Schlundspalte  eine  epi- 
theliale Knospe,  die  sich  genau  so  verhält  wie  die  Epithelkörperchen 
der  3.  und  4.  Spalte,  aber  eben  durch  ihre  sehr  bald  erkennbare  Be- 
ziehung zur  Kiemenarterie  sich  eigenartig  erweist.  Nach  Zimmermann 
ist  eine  Epithelknospe  nicht  vorhanden,  und  nur  eine  Wucherung  der 
Gefäßwand  bildet  die  Drüse.  Bei  Anuren  tritt  das  Organ  schon 
früh  bei  der  Larve  auf,  während  es  bei  Urodelen  erst  zur  Zeit  der 
Metamorphose  sich  entwickelt  (Fig.  100  II,  III  und  IV).  Hierin 
stimmt  sie  mit  der  Entwicklung  der  Epithelkörperchen  überein.  Bei 
Reptilien  (Lacerta)  fehlt  eine  die  Gefäßwandung  der  Carotis  an  deren 
Teilungsstelle  komplizierende  Drüse  und  es  liegt  dem  Carotidenstamme 
lateral  angeschlossen  das  Epithelkörperchen  der  3.  Spalte  (Fig.  102  e3). 
Wenn  man  dies  als  Carotidendrüse  anspricht,  so  stimmt  dieselbe  mit 
dem  gleichgenannten  Organ  der  Amphibien  nicht  überein. 

Das  Organ,  welches  Verdun  als  Carotidendrüse  beim  Hühnchen 
abbildet  und  beschreibt,  macht  den  Eindruck  eines  Epithelkörperchen«, 
doch  betrachtet  es  Verdun  als  ein  Produkt  der  gewucherten  binde- 
gewebigen Adventitia  des  Carotidenstammes.  Sie  tritt  zuerst  bei  einem 
Hühnchen  am  9.  Bebrütungstage  auf.  Der  gleichen  Ansicht  ist 
Schaper,  der  das  Organ  auch  bei  Säugetieren  als  Bildung  des 
Carotidenstammes  ansieht.  Bei  diesen  bestellt  sicherlich  außer  den 
Epithelkörperchen  eine  Carotidendrüse,  wenn  auch  vielfach  eines  von 
jenen  als  solche  angesprochen  wurde.  Schaper  giebt  dies  an.  Bei 
Echidna  konnte  ich  eine  Anlage  nachweisen,  die  wie  das  gleiche  Or- 
gan bei  Anuren  aus  dem  Epithel  der  2.  Schlundspalte  stammt  (Fig. 
103  e2  cd).     Die  2.  Schlundspalte    tritt  mit   ihrem  ventralen  Ende  in 


Die  Entwickelung  des  Dannsystems. 


153 


nahen  Kontakt  mit  der  Wandung  des  3.  Arterienbogens,  und  hier  löst 
sich  ein  kleiner  epithelialer  Zellenkomplex  ab,  in  welchem  ich  die 
Anlage  der  Carotidendrüse  erblicken  muß.  Sie  liegt  später  genau  in 
der  Teilungsgabel  des  Carotisstammes,  und  zwar  ist  sie  hier  der 
Carotis  interna  inniger  angeschlossen.     Es  handelt  sich  demnach  hier 


6iArTm,3 


n, 


VTin.3 


ATm.  3 


Fig.  104a — e.  Schlundspaltenderivate 
von  Säugetieren  und  Mensch,  a  Wieder- 
käuer, Pferd,  Carnivoren,  Chiropteren 
und  Mensch  (nach  Groschuff).  b 
Katze,  c  Kaninchen,  d  Mensch,  e  Talpa 
nach  Verdux).  Bezeichnungen  s.  Fig. 
103. 


nicht  um  eine  bloße  Wucherung  der  Gefäßwandung.  Indessen  ist  die 
Entwickelung  der  Carotidendrüse  noch  nicht  hinreichend  aufgeklärt, 
besonders  mit  Hinblick  darauf,  daß  unter  diesem  Namen  verschiedene 
Autoren  ungleiche  Bildungen  beschrieben  haben. 

e)  Die  Reste  der  inneren  Kiemen  bei  Anuren. 
Bei  Anuren  entwickeln  sich  während  der  Metamorphose  bei  der 
Reduktion  des  inneren  Kiemenapparates  Gebilde,  die  hier  anzuführen 
sind  (Fig.  100  V  und  VI).  Sie  kommen  ausschließlich  den  Anuren 
zu  (Fig.  100  VI).  Von  Bedeutung  sind  sie,  weil  man  sie  lange,  be- 
sonders ihre  ventralen  Teile  bei  Rana  für  die  Schilddrüse  gehalten 
hat   (Ecker,    Wtiedersheim).     Ich   habe  genau  geschildert,    wie  die 


Reduktion  der 
Zuerst    treten 


inneren   Kiemen    mit  ihrer  Kiemenhöhle  sich  abspielt, 
am    ventralen  Ende    dieser    Höhle    Wucherungen    der 


154  F.  Maurer, 

auskleidenden  Schleimhaut  auf.  Die  Kiemenbüschel  werden  kurz  und 
dick,  das  überziehende  Epithel  wird  mehrschichtig.  Unter  weiterer 
Schrumpfung  der  Büschel  und  Obliteration  der  Kiemenhöhle  entstellt 
eine  aus  epithelialen  und  bindegewebigen  Elementen  bestehender, 
dorsoventral  verlaufender  Körper,  von  welchem  in  verschiedener  An- 
ordnung Reste  erhalten  bleiben.  Bei  Rana  bleibt  das  ventrale  Ende 
erhalten  (vergl.  Fig.  100  VIvJcr  u.  101  v)  und  findet  sich  medial  und  ven- 
tral von  den  Epithelkörperchen,  gerade  bedeckt  vom  lateralen  Rande  des 
Muse,  sterno-hyoideus.  Bei  Bufo,  Hyla  und  Bombinator  bleiben  solche 
Reste  als  ein  eiförmiges  Körperchen  jederseits  weiter  dorsal-  und  lateral- 
wärts  erhalten.  Sie  gehen  aus  mittleren  Teilen  der  Kiemenhöhle 
hervor.  Auf  Fig.  100  VI  sind  sie  mit  mkr  bezeichnet,  ich  nannte  sie 
mittlere  Kiemenreste.  Auch  dorsale  Kiemenreste  erhalten  sich  bei  Rana 
öfter  in  der  Nähe  der  Thymus  I  (dkr).  Sie  unterscheiden  sich  histo- 
logisch von  der  Thymus  durch  das  Fehlen  der  großen  epithelioiden 
Zellen,  bestehen  aus  irregulärem  Gewebe,  in  welchem  lymphatische 
Rundzellen  vorherrschen.  Cysten  treten  nicht  darin  auf.  Diese  Ge- 
bilde bleiben  nicht  wie  die  mittleren  und  ventralen  Kiemenreste  bei 
den  oben  genannten  Anurenformen  dauernd  erhalten,  sondern  erfahren 
im  Laufe  eines  Jahres  eine  Reduktion,  so  daß  sie  schon  bei  4 — 5  cm 
langen  Tieren  nicht  mehr  nachweisbar  sind.  Sie  verhalten  sich  dabei 
wie  eine  zellige  Infiltration,  die  durch  Verteilung  ihrer  Elemente 
schwindet. 


2.  Allgemeine  Entwickelung  des  Darmrohrs  und  seine 
Sonderung  in  verschiedene  Abschnitte. 

Die  Ausbildung  des  Darmrohrs  ist  durch  den  Dotter  beeinflußt 
und  demnach  bei  den  verschiedenen  Wirbeltiergruppen  nicht  gleich. 
Die  Anlage  bei  holoblastischen  Eiern  zeigt  Fig.  134  von  Petromyzon 
und  Fig.  135  von  Rana.  Bei  meroblastischen  Eiern  stellt  sie  sich  im 
allgemeinen  dar,  wie  es  auf  Fig.  112  vom  Menschen  abgebildet  ist.  Die 
Beziehung  zwischen  dem  entodermalen  und  mesodermalen  Bestandteil 
der  Wandung  zeigt  Fig.  105  im  Querschnitt. 

WTir  können  auf  Fig.  112  schon  3  Abschnitte  der  Darmanlage  unter- 
scheiden: den  Kopf  dar  m  (k),  die  Darmrinne  (m)  und  den  End- 
darm.  Diese  entsprechen  nicht  den  späteren  Abschnitten,  die  wir  als 
Vorder-,  Mittel-  und  Enddarm  bezeichnen.  Der  Kopfdarm  stellt  im  all- 
gemeinen die  Anlage  des  Vorderdarms  vor,  da  unmittelbar  hinter  der 
vorderen  Darmpforte  die  Anlage  der  Leber  und  des  Pankreas  auftritt, 
welche  die  Grenze  zwischen  Vorder-  und  Mitteldarm  charakterisiert.  In 
der  Darmrinne  ist  aber  die  Anlage  des  Mittel-  und  eines  Teiles  des 
Enddarms  in  sehr  verschiedener  Weise  bei  Fischen  und  Amnioten 
enthalten. 

Amphioxus.  Bei  Amphioxus  ist  das  Entodermrohr  nach  Ab- 
lösung der  Cölomdivertikel  als  Anlage  des  Darmrohrs  zu  betrachten. 
An  diesem  ist  nach  Durchbrach  der  Mundöffnung  und  des  Afters  der 
K  i  e m  e n d a r  m  und  der  verdauende  Darm  zu  unterscheiden.  Bei 
Larven  von  3,5  cm  Länge  zeigt  sich  eine  kurze  Strecke  hinter  jenem  die 
Leberanlage,  wodurch  das  Ende  des  Vorderdarms  abgegrenzt  wird. 
Unter  rückwärts  fortschreitender  Ablösung  des  Leberblindsackes  erfährt 
der  hinter  dem  Kiemendarm  gelegene  Abschnitt  des  Vorderdarms  eine 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems.  155 

Verlängerung,  ohne  indessen  sein  Volumen  zu  ändern  oder  seinen 
geradlinigen  Verlauf  aufzugeben.  Das  Dottermaterial  in  den  Entoderm- 
zellen  der  ventralen  Hälfte  des  hinter  der  Lebermündung  gelegenen 
Mitteldarms  ist  bei  Embryonen  von  4  cm  schon  aufgezehrt.  Die  epi- 
theliale Auskleidung  bleibt  im  ganzen  Darmrohr  einfaches  Cylinder- 
epithel.  Drüsen  kommen  nicht  zur  Ausbildung.  Etwa  in  der  Mitte 
zwischen  dem  caudalen  Ende  des  Kiemendarms  und  dem  After  tritt 
bereits  bei  o,5  cm  langen  Larven  ein  durch  Karmin  sich  dunkler 
färbender  Bezirk  des  Darmrohrs  auf.  Er  wurde  von  Lankester  und 
Willey  schon  als  Darmbezirk  mit  verdicktem  Epithel  bezeichnet 
(Fig.  124).  Seine  Bedeutung  ist  noch  nicht  bekannt.  Amphioxus  be- 
sitzt einen  längere  Zeit  bestehenden  postanalen  Darm,  ebenso  wie 
einen  Canalis  neurentericus,  der  aber  häufig  kein  Lumen  besitzt.  Un- 
mittelbar hinter  dem  Leberblindsack  befindet  sich  ein  erweiterter  Ab- 
schnitt des  Darmrohrs,  der  aber  in  Folge  seiner  Lage  nicht  als  Magen 
bezeichnet  werden  darf.  Die  Muskelwand  des  Darmrohrs,  sowie  der 
Serosaüberzug  werden  als  direkte  Abkömmlinge  der  Splanchnopleura 
aufgefaßt,  die  auch  dem  Bindegewebe  der  Darmwand  seine  Entstehung 
giebt. 

Cyclostomen.  Das  Lumen  des  Urdarms  geht  nicht  in  das 
spätere  Darmlumen  über,  sondern  jenes  schwindet,  und  die  Anlage 
des  bleibenden  Darmlumens  ist  eine  sekundäre  Bildung.  Dies  soll 
nicht  durch  Auflösung,  sondern  nur  durch  Umordnung  der  sich  reich- 
lich durch  Teilung  vermehrenden  Entodermzellen  erfolgen  (Götte). 
Nach  den  Untersuchungen  von  Kupffer  und  Götte  läßt  ferner  der 
Darm  bei  Petromyzonten  sehr  frühzeitig  zwei  Abschnitte  unterscheiden, 
die  man  als  Vor  der  darin  und  Mittel-  mit  End  darin  bezeichnen 
kann.  An  der  Grenze  liegt  die  Leberanlage  (Fig.  134)  Eine  scharfe 
Grenze  zwischen  Mittel-  und  Enddarm  kommt  nicht  zur  Ausbildung. 
Die  epitheliale  Auskleidung  bildet  stets  ein  einschichtiges  Cylinderepithel. 
Drüsen  fehlen.  Dagegen  bildet  sich  frühzeitig  eine  komplizierte  lym- 
phatische Scheide  in  der  bindegewebigen  Darmwand  aus.  In  dieselbe 
verlaufen  Arterien,  welche  in  direkte  Beziehung  zu  den  lymphatischen 
Zellen  treten,  so  daß  man  das  ganze  Gebilde  auch  als  diffuse  Milz 
der  Cyclostomen  gedeutet  hat. 

Der  Darmkanal  der  Myxinoiden  entwickelt  sich  zu  einem  volumi- 
nöseren Schlauch  als  bei  Petromyzonten.  Auch  ist  bei  jenen  ein 
Magenabschnitt  unterscheidbar. 

Bei  Bdellostoma  bildet  sich  entsprechend  dem  Dotterreichtum  des 
Eies  der  Darmkanal  anders  aus  als  bei  Petromyzonten.  Er  zeigt  nach 
Dean  hinsichtlich  der  ersten  Vorgänge  viel  Aehnlichkeit  mit  der  Bil- 
dung des  Selachierdarms.  Auch  hier  hebt  sich  der  Kopfteil  des  Em- 
bryo früher  vom  Dotter  ab  als  der  Schwanzteil,  der  erst  bei  Embryonen 
mit  57  Urwirbelpaaren  erscheint.  Es  besteht  somit  auch  hier  zuerst 
eine  vordere  und  hintere  Darmpforte.  Nach  dem  Ausschlüpfen  wird 
der  Dottersack  in  wenigen  Tagen  resorbiert. 

Der  Vorderdarm  entwickelt  sich  bei  Petromyzonten  besonders  als 
Kiemendarm,  so  daß  Leber-  und  Pankreasanlage  unmittelbar  caudal 
vom  letzten  Kiemengang  sich  finden. 

Selachier.  Bei  Selachiern  treten  wichtigere  Komplikationen  bei 
der  Entwickelung  des  Darmrohrs  auf.  Durch  die  meroblastische  On- 
togenese besteht  der  Darm  zuerst  als  Rinne,  die  sich  mit  der  Ab- 
hebung   des  Embryo    vom  Dottersack  zum  Rohre   abschließt.     Unter 


156 


F.  Maurer, 


fortschreitender  Abschnürung  des  Darmentoderms  vom  Dottersack  bildet 
sich  ein  enger  Dottergang.  Es  sind  vordere  und  hintere  Darmpforte 
nahe   zusammengerückt  (Fig.  127).     Dabei 


tunisvorgange 


einen  wichtigen  Einfluß.    Wir 


erhalten  ungleiche  Wachs- 


Mündung  dieses  Dotterganges,  die 


Fig.  105.  Querschnitt  der  ventralen 
Rumpfhälfte  vor  der  hinteren  Darmpforte 
eines  Embryo  von  Pristiurus  melanostomus 
mit  63  Urwirbeln  (nach  Rabl).  i  Darin- 
rohr  (Entodorm).  m  Mesenterium  dorsale. 
s  Bplanchnopleura.  Bei  x  Bildung  der 
Spiralfalte,  so  Somatopleura.  e  Ectoderm. 
si  Subintestinalvene. 


Artefakte   vorliegen.     Torpedo    zeigt 
Hier    bildet   die  Klappe   nur   quere 
von  Kegeln. 


sehen  nämlich,  daß  die 
zuerst,  wie  bei  allen  meroblastisch 
sich  entwickelnden  Wirbeltieren 
hinter  der  Anlage  von  Leber  und 
Pankreas  sich  findet,  cranialwärts 
von  diesen  nach  vorn  rückt. 
Mayr  hat  dies  genau  studiert 
und  den  Grund  in  ungleichem 
Wachstum  der  Darm  wand  erkannt. 
Letzteres  ist  ein  Vorgang,  wel- 
cher die  Bildung  der  für  Se- 
lachier  charakteristischen,  auch 
bei  Ganoiden  und  Dipnoern  noch 
erkennbaren  Spiralfalte  veranlaßt. 
Die  S  p  i  r  a  1  k  1  a  p  p  e  kommt 
bei  Selachiern  in  verschiedenen 
Formen  vor.  Bei  Raja,  Scyllium, 
Mustelus  und  Pristiurus  haben 
alle  einen  gedrehten  Spiraldarm. 
Dabei  bildet  die  Falte  in  der  Ruhe 
Kegel,  deren  Spitze  cranialwärts 
gerichtet  ist.  Verschiedenheiten, 
die  hierin  bestehen,  wurden  von 
Parker  und  Rückert  als  indivi- 
duelle Varianten  beurteilt,  P. 
Mayer  erklärt  sie  für  funktio- 
nelle Zustände,  soweit  nicht 
dagegen  einfachere  Verhältnisse. 
Falten,    ohne  Ansatz  zur 


Bildung 


Die  Entwickelung  des  Darmrohrs  mit  der  Spiralklappe  bei 
Pristiurus  hat  zuerst  Rabl  genau  studiert.  Die  Spiralklappe  tritt 
bei  Embryonen  mit  52  Urwirbeln  auf  (Fig.  105  x).  Bei  solchen  besteht 
noch  eine  weite  Kommunikation  zwischen  Darm  und  Dottersack,  die 
sich  als  Dotterstiel  vom  5.  bis  zum  15.  Rumpfsegment  erstreckt.  Die 
Spiralklappe  beginnt  hier  sich  zu  bilden  als  eine  Einfaltung 
und  Zellwucherung  der  rechten  M e s e n t e r i a  1 1  a m e  1 1  e , 
welche  ihre  Zellen  dorsal  vom  Entodermrohr  nach  links  hintreten 
läßt,      Diese  Bildung  beginnt  weit  caudal  hinter   der   Pankreasanlage. 

Bei  Embryonen  mit  63  Urwirbeln  ist  an  dieser  Stelle  der  späteren 
Spiralfalte  auch  das  Entoderm  dicker,  mehrschichtig,  während  es  sonst 
einschichtig  ist,  Aus  dem  von  der  ersten  Mesenteriallamelle  gebildeten 
Zellstrang  leitet  Rabl  das  adenoide  Gewebe  der  Spiralklappe  ab  und 
vergleicht  diese  Bildung  mit  der  Längsfalte  im  Petromyzondarm.  Hier 
erstreckt  sich  die  Bildung  von  der  rechten  Seite  des  Darmes  in  der 
Gegend  der  Pankreasanlage  beginnend,  nach  hinten  bis  zur  Cloake, 
wobei  sie  von  der  rechten  Seite  des  Darmes  nach  hinten  allmählich 
auf  dessen  Dorsalfläche  tritt.  Bei  Embryonen  mit  68  Urwirbeln  ist 
zum  erstenmal  das  Entoderm  durch  die  Wucherung  des  Mesoderms 
eingebuchtet  und  bildet  einen  längsverlaufenden,  ins  Darmlumen  vor- 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems.  157 

ragenden  Wulst,  der  an  der  rechten  Seite  der  Pankreasmündung  be- 
ginnt und  nach  der  Cloake  zu  auf  die  Dorsalseite  des  Darmes  weiter 
verläuft.  Dann  beginnt  (Embryonen  mit  74  Urwirbeln)  die  weitere 
Ausbildung  eines  spiraligen  Verlaufes  des  genannten  Wulstes.  Derselbe 
fängt  rechts  von  der  Pankreasmündung  an,  tritt  dann  dorsal,  weiter- 
hin an  die  linke  Seite  des  hier  noch  offenen  Darmes,  bleibt  noch  eine 
Strecke  weit  hinter  der  hinteren  Darmpforte  auf  der  linken  Seite  des 
Darmes,  tritt  dann  ventralwärts,  um  schließlich  sich  noch  etwas  nach 
rechts  und  dorsalwärts  emporzuschieben.  In  diesem  S  t  a  d  i  u  m  be- 
schreibt also  die  Klappe  eine  ganze  Spiraltour. 

Wie  rasch  diese  Bildung  sich  weiter  entwickelt,  ergiebt  die  That- 
sache.  daß  bei  Embryonen  mit  83 — 87  Urwirbeln  die  Spiralfalte  schon 
21/2  Umgänge  macht.  Das  Entodermrohr  selbst  wird  dabei  um  seine 
Längsachse  gedreht.  Sowohl  das  der  Falte  zu  Grunde  liegende  Binde- 
gewebe als  das  dieselbe  überziehende  Epithel  zeigt  nach  Rabl  Be- 
sonderheiten: jenes  zeigt  ein  derberes  Verhalten  als  das  sonst  von 
der  Splanchnopleura  gebildete  lockere  Bindegewebe,  und  das  Epithel  ist 
im  Bereich  der  Falte  höher  als  anderwärts. 

Nach  den  weiteren  Angaben  von  Rückert  läßt  der  Vorgang  der 
Bildung  des  Spiraldarms  2  Vorgänge  unterscheiden :  1)  eine 
rinnenartige  Einbiegung  des  noch  gestreckt  verlaufenden  Darmrohrs, 
wodurch  die  eine  Wand  als  Längsfalte  ins  Lumen  vorspringt.  Diese 
Bildung  beruht  auf  Breitenwachstum  des  Epithelrohrs.  2)  Davon  zu 
unterscheiden  ist  die  Windung  des  entodermalen  Epithelrohrs  inner- 
halb seines  Peritonealschlauchs  um  seine  Längsachse.  Diese  Windung 
erfolgt  in  Spiraltouren  in  der  Pachtung  einer  rechts  gewundenen 
Schraube.  Von  hinten  nach  vorn  fortschreitend,  bilden  sich  l1^ 
Windungen  aus  (Fig.  106).  Die  Mechanik  dieses  Prozesses 
ist  als  Längenwachstum  des  entodermalen  Epithel- 
rohrs aufzufassen,  bei  fixiertem  vorderen  und  hinteren 
Ende  und  bei  verschieblicher  Einlagerung  desselben 
innerhalb  des  weiteren  Peritonea  Ischlauch  es.  Das 
vordere  Ende  des  Spiraldarms  kann  nicht  nach  vorn  weiter  in  die 
Länge  wachsen,  es  wird  sogar  durch  stärkeres  Längenwachstum  des 
Vorderdarms  zurückgedrängt.  Das  hintere  Ende  ist  am  After  fixiert. 
Rückert  hat  den  Prozeß  in  gewissem  Sinne  mit  dem  Längenwachs- 
tum des  Dünndarms  höherer  Wirbeltiere  verglichen.  Bei  letzterem 
kommt  es  zur  Schlingenbildung,  da  das  Peritonealrohr  sich  mit  dem 
Entodermrohr  dreht.  Rückert  hat  auch  experimentell  dies  bestätigt 
gefunden :  wenn  man  nämlich  bei  Pristiurus  die  Außenwand  des  ge- 
streckten Darmrohrs,  den  Spiraltouren  folgend,  der  Länge  nach  auf- 
schneidet, so  kann  man  den  entodermalen  Spiraldarm  auf-  und  wieder 
zudrehen,  sich  also  leicht  von  der  ontogenetischen  Drehung  über- 
zeugen. Die  Drehung  bildet  sich  nicht  gleichmäßig  aus:  während 
die  hinteren  7  Windungen  sehr  stark  gedreht  sind,  zeigt  die  vorderste 
halbe  Windung  nur  eine  schwache  Drehung,  so  daß  die  Falte  nach 
vorn  schließlich  gerade  ausläuft.  Daß  sich  aber  auch  vorn  der  ganze 
Darm  um  etwa  180°  dreht,  zeigt  die  stattfindende  Verlagerung  des 
Leber-,  Pankreas-  und  Dottergangs  J). 


1)  Die  ursprünglich  dorsale  Mündung  des  Ductus  pancreaticus  rückt  allmählich 
zuerst  nach  links,  dann  ganz  ventralwärts  herab;  die  des  Dottergangs  rückt  von  der 
ursprünglich  ventralen  Lage  um  die  rechte  Cirkumferenz  des  Darmes  auf  die  Dorsal- 
fläche, die  Mündung  des  Ductus  choledochus  endlich  rückt   ebenfalls    von   der   ur- 


158 


F.  Maurer, 


Bei  Carcharias,  Zygaena  u.  a.,  deren  Spiralfalte  in  ganzer  Länge 
gerade  verläuft,  hat  sich  der  ganze  Spiraldarm  so  entwickelt,  wie  bei 
Pristiurus  nur  dessen  vorderes,  craniales  Ende,  nämlich  durch  spiralige 
Einrollung. 

Bei  Torpedo  schildert  P.  Mayer  die  embryonalen  Spiraldarmfalten 


Ansatz   zur  Bildung   von    Kegeln. 


als  quere  Falten,   ohne  jeden 

Ptaja,  Scyllium,  Mustelus  und  Pristiurus  bildet  die  Spiralklappe 
kanntlich  späterhin  Kegel  mit  cranialwärts  gerichteter  Spitze, 
dieser  Anordnung  sieht  Mayer  den    normalen  Zustand,    während 


Bei 
be- 
lli 
die 


hierin    bei    Ptaja    auftretenden    Verschiedenheiten     nicht    individuelle 


v- 


Vx> 


K 


Fig.  106.  Eutwickelimg  des  Spiraldarms  von  Pristiurus.  Ventralansicht  nach 
Rückert.  a  Stad.  K.  n.  Balfour.  b  Stad.  L-M.  n.  Balfour.  c  Embryo  28  mm 
lang.     g.  Gallenblase,     v.  Dottergang.     c.    Ductus    choledoehus.    p 


Pankreasanlage. 


sprünglich   ventralen  Lage  um  die  rechte   Seite   dorsalwärts.     Alle  drei  Gänge  um- 
greifen dann  infolge  der  Drehung  spiralig  den  Darmumfang. 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems.  159 


*■& 


Varianten,  sondern  nach  Mayer  Artefakte  oder  funktionelle  Zustände 
des  Darmes  sein  sollen.  Torpedo  besitzt  auch  später  keinen  gedrehten 
Spiraldarm,  was  sich  schon  in  embryonalen  Zuständen  ausprägt. 

Als  einen  Rest  der  bei  Selachiern  so  stark  ausgebildeten  Darm- 
drehung in  der  Ontogenese  faßt  Rückert  auch  die  bei  Amphibien  und 
Säugetieren  bestehende  Drehung  am  Duodenum  im  Bereich  der  Leber- 
und  Pankreasmündung  auf,  und  im  gleichen  Sinne  beurteilt  er  die 
Magendrehung  der  Säugetiere. 

Während  Rückert  also  die  Bildung  des  gedrehten  Spiraldarms 
auffaßt  als  eine  Achsendrehung  des  Darmrohrs,  mit  einer  durch  Epithel- 
zellenverschiebung am  Hinterende  des  Darmrohrs  ausgeglichenen  Gegen- 
drehung, hat  sich  in  letzter  Zeit  Appel  gegen  diese  Auffassung  ge- 
wendet, Nach  diesem  handelt  es  sich  nicht  um  Drehung  und  Gegen- 
drehung des  Darmrohrs,  sondern  die  Spiralfalte  entsteht  wie  alle  Ober- 
flächen Bildungen  durch  ungleiches  Wachstum  des  Epithels, 
nicht  durch  einfaches  Längenwachstum,  wie  es  Rückert  annimmt.  Auch 
scheinen  mir  die  histologischen  Angaben  von  Rabl  hier  Beachtung  zu 
verdienen.  Wenn  an  Stelle  der  der  Spiralfalte  zu  Grunde  liegenden 
Peritonealwucherung  das  Entoderm  auch  eine  besondere  Ausbildung 
zeigt,  so  spricht  dies  gegen  eine  Verschiebung  des  Entodermrohrs 
gegen  das  äußere  Peritonealrohr,  denn  bei  einer  solchen  müßten  doch 
nach  und  nach  immer  andere  Stellen  des  Entoderms  mit  der  mesoder- 
malen  Leiste  in  Berührung  kommen.  Nach  Rabl's  Angaben  muß  es 
aber  immer  die  gleiche  Stelle  bleiben. 

Bei  Selachiern  kommt  es  stets  zur  Ausbildung  eines  voluminösen 
Magenabschnittes  zwischen  der  letzten  Kiemenspalte  und  der  Mündung 
des  Ductus  choledochus  und  pancreaticus.  Der  Magen  legt  sich  in 
eine  Schlinge,  an  welcher  man  einen  weiteren  Cardialteil  und  einen 
engeren  Pvlorusteil  unterscheiden  kann,  die  U-förmig  gegeneinander 
gekrümmt  sind.  Im  Magen  kommt  es  zur  Bildung  von  tubulösen 
Drüsen.  Die  Spiralklappe  entwickelt  sich  nur  im  Mitteldarm.  An 
dem  kurzen  Enddarm  bildet  sich  eine  Ausstülpung  dorsalwärts,  die 
Rectumdrüse. 

Die  bindegewebigen  Teile  der  Darmwand,  sowie  die  Muscularis 
entwickeln  sich  auch  hier  aus  der  Splanchnopleura. 

Ganoiden.  Bei  Ganoiden  mit  holoblastischer  Ontogenese  ent- 
wickelt sich  das  Darmrohr  direkt  aus  dem  Entoderm,  nachdem  das 
gastrale  Mesoderm  und  die  Chorda  sich  abgeschnürt  haben.  Durch 
den  Reichtum  an  Dotterblättchen  in  den  Zellen,  besonders  der  ven- 
tralen Wand,  ist  der  Mitteldarm  vom  Kopfdarm  getrennt.  An  der 
Grenze  ist  die  Bildungsstätte  von  Leber  und  Pankreas.  Der  Vorder- 
darm läßt  hinter  dem  Kiemendarm  einen  beträchtlich  erweiterten 
Magen  entstehen.  Der  Nahrungsdotter  findet  sich  hier  nicht,  wie  bei 
allen  anderen  Vertebraten  in  dem  Mitteldarmabschnitt  in  reichlicher 
Masse  angehäuft,  sondern  im  Endabschnitt  des  Vorderdarms,  d.  h.  dem 
späteren  Magen,  der  dadurch  schon  beim  jungen  Embryo  ein  sehr 
voluminöses  Organ  darstellt  (Fig.  128).  Caudal  von  ihm  schließt 
sich  der  Mitteldarm  an.  Die  Mündung  der  Leber-  und  Pankreas- 
anlage  ins  Darmrohr  findet  sich  candal  hinter  dem  mit  Dotter  er- 
füllten Magenabschnitt  (Balfour).  Mittel-  und  Enddarm  bilden  ein 
dünnes  Rohr.  Im  Mitteldarm  entwickelt  sich  eine  Spiralklappe  zum 
Teil   ebenso  wie  bei  Selachiern,    bei   Lepidosteus  beginnt  ihre  Rück- 


160  F.  Maurer, 

bildung,    insofern    sie   nur   noch   in    der  caudalen  Hälfte    des  Mittel- 
darms sich  entwickelt.     Im  kurzen  Enddarm  fehlt  die  Klappe. 

Drüsen  in  tubulöser  Form  treten  im  Magen  auf. 
Hinter  dem  Pylorus  kommen  fingerförmige  Appendices  pyloricae 
zur  Entwicklung. 

Teleo stier.  Bei  den  Knochenfischen  entwickelt  sich  der  Darm- 
kanal in  frühen  Embryonalstadien  gleichartig.  Mit  der  Abhebung 
des  Embryo  vom  Dottersack  geht  die  Darmrinne  in  ein  Darmrohr 
über.  Bei  Salmoniden  findet  nach  Balfour  sehr  früh  eine  Ab- 
schnürung des  D  arm  d  ottersacks  vom  Darm  röhr  statt.  Die 
Resorption  des  Dotters  wird  dann  durch  den  Blutgefäßapparat  des  Darm- 
dottersacks besorgt.  Es  besteht  längere  Zeit  ein  postanaler  Darm, 
der  funktioniert.  Man  findet  in  embryonaler  Zeit  Dottermaterial  nicht 
nur  im  Lumen  des  Mitteldarms,  sondern  auch  im  postanalen  Darm, 
so  daß  hier  also  jedenfalls  eine  Verdauung  stattfindet. 

Auch  hier  tritt  eine  Sonderung  in  Vorder-,  Mittel-  und  Enddarm 
ein.  Die  Grenze  des  Vorderdarms  ist  durch  Leber-  und  Pancreas- 
anlage  gekennzeichnet.  Der  Enddarm  ist  sehr  kurz  und  geht  ohne 
scharfe  Grenze  aus  dem  Mitteldarm  hervor.  Der  Schwanzdarm  er- 
fährt frühzeitig  eine  Rückbildung. 

Der  Magen  bildet  sich  sehr  verschieden  aus.  Er  fehlt  bei  Cy- 
prinoiden,  Labriden,  Gobiiden,  Blenniiden,  Syngnathus  und  Cobitis. 
Bei  diesen  findet  sich  die  Mündung  des  Leber-  und  Pancreasausführ- 
ganges  unmittelbar  hinter  dem  Kiemendarm.  Bei  den  übrigen  ent- 
wickelt sich  ein  Magen,  der  aus  einem  kurzen,  hinter  der  letzten  Kie- 
menspalte beginnenden  Oesophagus  sich  fortsetzt.  Der  Oesophagus 
erhält  erst  sekundär  ein  Lumen,  indem  er  zuerst  einen  kompak- 
ten Z ells.tr an  g  darstellt,  der  aus  der  trichterförmig  nach  hinten  sich 
verjüngenden  Kiemenhöhle  sich  fortsetzt.  Nach  dem  Magen  zu  tritt 
wieder  ein  Lumen  auf.  Bei  vielen  Teleostiern  entwickeln  sich  die 
Appendices  pyloricae  als  fingerförmige  Ausstülpungen  des  Mitteldarm- 
anfangs. Ueber  ihre  Beziehung  zum  Pankreas  siehe  bei  diesem.  Der 
Mitteldarm  zeigt  bei  wenigen  Formen  noch  Andeutungen  einer  Spiral- 
klappe.  Der  Enddarm  setzt  sich  als  kurzes  Rohr  ohne  scharfe  Grenze 
aus  dem  Mitteldarm  fort.  Ueber  die  Entwickelungsvorgänge  am 
Teleostierdarm  sind  wir  unterrichtet  durch  Agassiz  und  Vogt,  Bal- 
four, Cattaneo,  Edinger,  de  Meuron,  Stricker,  Kopsch. 

Der  Vorderdarm  der  Knochenfische  giebt auch  der  Schwimm- 
blase ihre  Entstehung.  Die  erste  Entwickelung  dieses  Organs  findet 
sich  bei  Embryonen  von  Salmo  im  Alter  von  12  mm  Länge,  41  Tage 
nach  dem  Streichen.  Die  Speiseröhre  ist  in  diesem  Zustande  ein  solider 
Zellstrang,  die  Fortsetzung  der  mit  weitem  Lumen  versehenen  Muncl- 
und  Kiemenhöhle.  Hinter  der  Speiseröhre  besitzt  der  Vorderdarm 
ein  Lumen,  und  hier  unmittelbar  hinter  dem  kompakten  Oesophagus 
entsteht  die  Anlage  der  Schwimmblase  als  hohles  Divertikel,  weiches 
an  der  dorsalen  Fläche  des  Darmes  erscheint  und  sich  dorsalwärts  und 
nach  rechts  ausdehnt.  Es  unterscheidet  sich  von  anderen  Darm- 
divertikeln  dadurch,  daß  es  die  gesamte  Darmwand,  also  auch  ihren 
Celomüberzug  mit  ausstülpt.  An  diese  Ausbuchtung  setzt  sich  das 
von  den  Nieren  kommende  dorsale  Mesenterium  fest,  und  in  dieses 
hinein  findet  die  Weiterausbildung  der  Schwimmblase  statt  (Balfour 
Corning). 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems. 


161 


sv.ff. 


Auch  bei  Dipnoern  bildet  sich  eine  Spiralfalte  im  Darmkanal 
aus,  wie  wir  durch  Kerr  von  Lepidosiren  wissen.  Ich  gebe  in  Fig. 
107  eine  Darstellung  davon. 

Amphibien.  Bei  Amphibien  haben  wir 
die  embryonale  Entwickelung  des  Darmes  und 
die  Umbildungen  desselben  bei  der  Metamorphose 
zu  unterscheiden.  Hier  spielen  sich  besonders 
bei  Anuren  komplizierte  Vorgänge  ab. 

Bei  allen  Amphibien  sondert  sich  das  pri- 
mitive Darmrohr,  schon  bevor  das  Dottermaterial 
resorbiert  ist,  in  einen  Vorder-,  Mittel-  und  End- 
darm (Fig.  135).  An  der  Grenze  zwischen  den 
beiden  ersten  Abschnitten  bildet  sich  Pankreas 
und  Leber  aus  (Fig.  108b).  Der  Mitteldarm  ent- 
hält die  dotterreichen  Zellen  des  Entoderms.  Die- 
selben liegen  in  der  ventralen  Hälfte  der  Mittel- 
darmanlage. Es  stellt  sich  kein  Gegensatz  zwi- 
schen Darm-  und  Dotterentoderm  her,  insofern 
auch  die  dotterreiche  Zellenmasse,  nachdem  die 
Dotterblättchen  resorbiert  sind,  zum  Aufbau  der 
Dannwand  verwendet  wird.  Die  Gymnophionen 
machen  nach  den  Gebrüdern  Sarasin  eine  Aus- 
nahme. 

Ein  postanaler  Darm  ist  ebenso  wie  ein  Duc- 
tus neurentericus  bei  allen  darauf  untersuchten 
Formen  nachgewiesen  worden.  Der  Vorderdarm 
sondert  sich  stets  in  Kiemenhöhle,  Oesophagus 
und  Magen.  Letzterer  ist  zuerst  in  sagittaler 
Längsrichtung  angeordnet,  die  er  bei  Urodelen 
meist  beibehält,  während  er  bei  Anuren  eine 
Krümmung  unter  stärkerer  Ausbildung  des  Fun- 
dus erfährt.  An  diese  kann  sich  weiterhin  eine 
Drehung  anschließen,  die  eine  Querstellung  her- 
vorbringt (Bufo). 


Fig.  107.    Lepidosiren,  30  Tage  nach  dem  Ausschlüpfen. 
Ventralansicht  nach  Kerr.  svg.  Öpiralfalte  des  Mitteldarms. 


Fig.  10S.  Entwickelung  des  Darm- 
kanals vom  Frosch  nach  Hammar. 
a  seitliche  Ansicht,  Embryo  7  mm 
Länge,  b  8,5  mm  Länge  von  hinten. 
k  Kopfdarm.  I  Lunge,  h  Leber. 
g  Gallenblase.  de  Ductus  chelo- 
dochus.  p  Pancreas  dorsale.  m 
Mitteldarm,  r  Rectum. 


Die  Achsendrehung,  welche 
imDuodenum  sich  findet,  wTurde 
schon  von  Götte  beschrieben 
(Fig.  108b).  Göppert  hat 
bei  der  Untersuchung  der 
Pankreasentwickelung  eben- 
falls darauf  hingewiesen    und 

Handbuch  der  Entwiekelungslehre.    II.  1. 


nv 


11 


162 


F.  Maurer, 


Rückert  hat  diese  Drehung  mit  der  Darmdrehung  bei  Selachiern 
unter  Ausbildung  des  Spiraldarms  verglichen  resp.  darauf  hingewiesen, 
daß  hier  möglicherweise  ein  Rest  dieser  Drehungserscheinung  bestehe. 

Es  findet  damit  zugleich  eine  Verlagerung  der  Leber-  und  Pan- 
kreasausführgänge  statt,  die  bei  diesen  Drüsen  zu  besprechen  ist. 
Außer  der  Gastroduodenalschlinge  bildet  sich  bei  Anuren  aber  auch 
frühzeitig,  bei  Larven  von  8,5  mm  bereits  erkennbar,  eine  Mitteldarm- 
schlinge aus,  in  einem  Stadium,  wo  dieser  noch  mit  dotterkörnchen- 
reichen  Entodermzellen  dicht  erfüllt  ist  und  infolgedessen  ein  weites 
Lumen  zeigt  (Fig.  108).  Diese  beiden  Figuren  zeigen  das  Längen- 
wachstum und  die  Achsendrehungen  des  Darms  einer  jungen  Frosch- 
larve. In  der  Folge  findet  unter  Aufsaugung  des  Dottermaterials  ein 
beträchtliches  Längenwachstum  des  Mitteldarms  statt,  das  genau  von 
Götte  geschildert  wurde  (Fig.  109  und  110a).  Es  führt  zur  spira- 
ligen Aufrollung  des  ganzen  Mitteldarms,  der  sich  dann  in  einen  kurzen 
voluminösen  Enddarm  fortsetzt.  Die  Grenze  gegen  letzteren  ist  scharf 
abgesetzt.  Zur  Zeit  der  Metamorphose  findet  eine  Rückbildung 
des  langen  Mitteldarmrohrs  statt,  womit  der  bleibende  Zustand  er- 
reicht ist  (Fig.  110  u.  111). 

Bei  Urodelen  unterscheidet  sich  die  Entwickelung  des  Darmrohrs 
von  derjenigen  bei  Anuren  durch  das  geringere  Längenwachstum  des 
Mitteldarms.  Die  Drehung  der  Gastroduodenalschlinge  findet  nicht 
in  dem  Maße  statt  wie  bei  Anuren. 

Die  Sonderung  des  Enddarm  und  seine  scharfe  Absetzung  gegen 
den  Mitteldarm  vollzieht  sich  wie  bei  Anuren. 

Die  Vorgänge  der  Aus-  und  Rückbildung  des  Anurenlarvendarms 
sind  in  jüngster  Zeit    von  Ratner  und  Reuter    geschildert  worden. 


Fig.  109.  Bombinator  igneus,  junge  Larve.  Entwickelung  der  Dannspirale 
(nach  Götte).  vd  Vorderdarm,  md  Mitteldarm.  bd  linke  Pancreasanlage.  I  Leber. 
g  Gallenblase,  k  Oeffnung  der  Kiemenhöhlen. 


Nach  Ratner  beruht  das  mächtige   Längenwachstum  des  Mittel- 
darms  zur  Dünndarmspirale  auf  starkem  Wachstum  des  Epithelrohrs. 
Bindegewebe  und  Darmmuskulatur   bleiben  zurück  und  erscheinen  so 
auseinandergedrängt,  daß  man  auf  dem  Querschnitt  des  Darms  kaum 
.etwas  davon  sieht.    Jedenfalls  bildet  die  Muscularis  keine  geschlossene 


Die  Entwickeluug  des  Darrnsystems. 


163 


Schicht.  Bei  ganz  jungen  Larven  mit  kaum  sichtbaren  Stummeln  der 
hinteren  Extremitäten  ist  die  Pylorusgrenze  des  Magens  durch  die 
hier  beginnenden  Drüsenbikhmgen  der  Schleimhaut  erkennbar.     Dieser 


s 


^: 


-s 


Fig.  110.  Rückbildung  der  Darmspirale 
von  Alytes  obstetricans  (nach  Reuter) 
während  der  Metamorphose.  m  Magen. 
5  Mitteldarm,  e  Enddarm. 

Abschnitt  des  Magens  erscheint  da- 
durch verdickt.  Von  diesem  Stadium 
an  wächst  die  Darmspirale  aus.  Bei 
Larven,  deren  Hinterbeine  8  mm 
er  erst  eine 
Die  größte 
Larven    mit 


lang 


hat 


sind, 
von     63   mm. 
erreicht  er   bei 


Länge 
Länge 


ca. 


10 
Er 
ist  dann  80  mm  lang  (Fig.  110a). 
Auf  der  Höhe  seiner  Ausbildung 
stellt  der  Mitteldarm  eine  Doppel- 
spirale dar,  die  in  21/2  —  3  Win- 
dungen vom  Pylorus  aus  von  rechts 
nach  links  sich  windet.  Diese 
Windungen    liegen    nicht 


bis  12  mm  langen  Hinterbeinen 

lang 


in    einer 


Ebene,  sondern  steigen  ventralwärts 

11* 


164  F.  Maurer, 

auf.  Von  da  an  verlaufen  ebensoviele  Windungen  in  umgekehrter 
Richtung  zwischen  den  ersteren  und  gehen  in  den  Enddarm  über. 
Von  da  an  beginnt  seine  Reduktion  an  Länge  und  Weite.  Unmittel- 
bar vor  dem  Durchbruch  der  vorderen  Extremitäten  zeigt  er  zuerst 
eine  Länge  von  45  mm,  dann  schließlich  nur  noch  2b  mm.  Mit  der 
Verkürzung  geht  eine  Aufrollung  der  Spirale  einher  und  eine  Bildung 
von  Schlingen.  In  einem  Stadium  findet  man  den  einen  Teil  des 
Darms  noch  spiralig,  den  anderen  schon  in  Schlingenform.  Nach 
Ratner  erfolgt  die  Reduktion  von  beiden  Enden  her  und  schreitet 
nach  der  Mitte  zu  fort.  Sie  ist  durch  Zusammenschiebung  der  Mus- 
kelelemente bedingt.  Nach  Reuter  ist  sie  die  Folge  einer  peri- 
staltischen  Kontraktion,  die  von  oben  nach  unten  fortschreitet.  Der 
Darm  bildet  dann  keine  Spirale  mehr,  sondern  nur  einige  Schlingen, 
die  in  der  linken  Hälfte  der  Bauchhöhle  liegen.  Nunmehr  nimmt  die 
Leber  den  größten  Raum  der  Bauchhöhle  ein.  Auch  der  Magen 
erfährt  eine  wesentliche  Volumsabnahme  (Fig.  110).  Bei  Larven  mit 
(!  mm  langen  Hinterbeinen  ist  der  Magen  11  mm  lang.  Wenn  die 
Hinterbeine  eine  Länge  von  18  mm  erreicht  haben,  zeigt  der  Magen 
nur  noch  eine  Länge  von  6  mm  (Fig.  111). 

Während  bei  den  holoblastisch  sich  entwickelnden  Amphibien  der 
dotterreiche  Abschnitt  des  Entoderms  ebenfalls  schließlich  an  der  Bildung 
der  Darmwand  teilnimmt,  verhält  sich  die  Ausbildung  der  Darm- 
wandung bei  Gymnophionen  nach  Sarasin  anders. 

Ichthyophis  entwickelt  sich  nach  dem  Typus  meroblastischer  Eier 
und  besitzt  in  einem  frühen  Stadium  einen  großen  Dottersack,  dem 
die  Keimscheibe  aufgelagert  ist.  Dabei  besteht  ein  Kopfdarm,  eine 
Darmrinne  und  ein  Enddarm.  Mit  der  Darmrinne  ist  der  große  ento- 
dermale  Dottersack  in  Verbindung. 

Derselbe  wird  nicht  vom  Entoderm  der  Darmrinne  umwachsen, 
sondern  bleibt  stets  scharf  von  ihm  getrennt.  Er  steht  nicht  durch 
einen  engen  Dottergang  mit  ihm  in  Verbindung,  sondern  durch  einen 
langgestreckten  spaltförmigen  Darmnabel.  Der  Dottersack  macht  dann 
komplizierte  Umbildungen  durch,  indem  er  von  der  Kugelform  in  eine 
langgestreckte,  mehrfach  gewundene  Schlauchform  übergeht.  In  diesem 
Zustand  wird  er  von  der  seitlichen  Bauchwand  umwachsen  und  ganz 
in  die  Bauchhöhle  aufgenommen.  Das  ist  bei  7  cm  langen  Embryonen 
erfolgt  und  zu  dieser  Zeit  beginnt  auch  die  Reduktion  der  äußeren 
Kiemen.  In  der  Bauchhöhle  findet  später  die  Resorption  des  Dotters 
statt. 

Während  nach  Funk,  Carus  und  Rusconi  bei  Salamandra  maculata 
der  Dottersack  so  aufgebraucht  wird,  daß  seine  Wandung  direkt  in 
die  Darmwand  aufgenommen  wird  und  demnach  wie  bei  anderen  Am- 
phibien an  ihrem  Aufbau  teilnimmt,  gab  Sarasin  bei  Ichthyophis 
an,  daß  der  Dottersack  sich  vom  Darmepithel  ablöse  wie  bei  Sauro- 
psiden  und  sein  Inhalt  nicht  vom  Darm  aus,  sondern  durch  die  Zellen 
des  Dottersacks  selbst  und  die  Blutgefäße  desselben  resorbiert  werde. 
Dabei  legt  sich  das  Entoderm  des  schrumpfenden  Dottersacks  in  Falten 
und  Krausen,  wie  es  durch  H.  Virchow  und  Strahl  auch  für  Sauro- 
psiden  geschildert  wurde.  Die  frisch  ausgeschlüpfte  Larve  zeigt  den 
Dottersack  ganz  aufgezehrt  und  besitzt  einen  gestreckten  Darmkanal. 
Im  Enddarmabschnitt  kommt  auch  bei  Ichthyophis  vorübergehende 
Obliteration  des  Lumens  durch  Wucherungen  der  Epithelzellen  zu- 
stande.   Indem  dann  zwischen  den  Zellen  Lücken  auftreten  und  diese 


Die  Entwickelung  des  Darmsysterns. 


165 


unter  allgemeinem  Wachstum  des  Darmrohrs  an  Größe  und  Zahl  zu- 
nehmen, stellt  sich  ein  einheitliches  bleibendes  Lumen  wieder  her,  das 
bei  Embryonen,  deren  Dottersack  von  der  Bauchwand  ganz  umwachsen 
ist,  gefunden  wird.     Seitliche  Falten  am  End- 
darm  wurden   von  Sarasin   als  Andeutungen 
einer  Spiralfaltenbildung  gedeutet;  ob  mit  Recht, 
bleibe  dahingestellt. 

Reptilien.  Bei  dieser  niedersten  Am- 
niotengruppe  bildet  sich  das  Darmrohr  aus 
dem  flächenhaft  ausgebreiteten  Entoderm  mit 
der  Splanclmopleura  in  dem  Maße,  wie  der 
Embryo  sich  vom  Dottersack  abhebt.  Zuerst 
entsteht  demnach  die  Kopfdarmhöhle,  die 
durch  die  vordere  Darmpforte  sich  in  die 
Darmrinne  fortsetzt.  Letztere  geht,  nachdem 
auch  der  Schwanzteil  des  Embryo  sich  aus 
dem  Dottersack  erhoben  hat,  durch  die  hintere 
Darmpforte  in  den  Enddarm  über.  Bei  Embry- 
onen von  Eidechsen  (Phrynocephalus)  mit  17 
bis  19  Somiten  ist  der  Enddarm  ein  ge- 
schlossenes Rohr  bis  zum  15.  Somit.  An 
dieser  Stelle  liegt  also  die  hintere  Darmpforte. 
Weiter  nach  hinten  nimmt  er  den  Urachus  auf 
und  von  da  an  beginnt  die  weiter  caudal- 
wärts  sich  erstreckende  Kloake.  Am  Enddarm 
ist  auch  ein  postanaler  Abschnitt  zu  unter- 
scheiden, der  im  Canalis  neurentericus  mit  dem 
Centralkanal  des  Medullarrohrs  kommuniziert. 
Unter  weiterem  Abschluß  der  Darmrinne  zum 
Darmrohr  entwickelt  sich  ein  dünner  Dotter- 
gang, welcher  im  Bereiche  des  Mitteldarms 
vom  Darmrohr  ausgeht  und  in  den  Dottersack 
sich  öffnet.  Nun  kommt  es  zur  Ausbildung  der 
Magenerweiterung.  Es  schließt  sich  nach  der 
Bildung  der  Leber-  und  Pankreasanlage  die 
Linksdrehung  des  Magens  an.  Vorher  hatte 
sich  die  Gastroduodenalschlinge  gebildet,  deren 
Konkavität  zuerst  ventralwärts,  dann  nach 
rechts  gerichtet  ist.    Es  folgt  dann  das  Längen- 


a 


- 


— e 


Fig.  111.  Darmkanal  von  Alytes  obstetricans  (nach 
Reuter),  a  Larve  auf  der  Höhe  ihrer  Ausbildung, 
b  nach  Abschluß  der  Metamorphose,  o  Oesophagus. 
m  Magen.  d  Duodenum.  p  Duct.  Pancreaticus,  s 
Mitteldarm,     r  Enddarm. 


Wachstum  des  Mitteldarms  in  verschiedenem  Maße.  Die  Grenze  zwischen 
Mittel-  und  Enddarm  ist  schon  frühzeitig  deutlich  markiert,  indem  der 
Enddarm  mit  einer  plötzlichen  Erweiterung  beginnt.  Der  Enddarm  zeigt 
kein  stärkeres  Längenwachstum.  Vom  postanalen  Darm  ist  bekannt, 
daß  er  von  vorn  nach  hinten  auswächst.  Der  Canalis  neurentericus 
schließt  sich  bei  Embryonen  mit  17—19  Somiten.  Der  Schwanzdarm 
obliteriert  an  seinem  vorderen  Ende  zuerst,  so  daß  er  dicht  hinter 


166  F.  Maurer, 

dem    After    schon   einen    soliden  Strang   darstellt,  während   er  weiter 
hinten  im  Schwanzabschnitt  des  Embryo  noch  ein  Lumen  besitzt. 

Auch  hier  bildet  sich  der  Oesophagus  in  der  Weise  aus,  daß  er 
vorübergehend  obliteriert  und  erst  tertiär  sein  bleibendes  Lumen  er- 
hält. Die  Gastro-Duodenalschlinge  bildet  sich  ebenfalls  aus  und  führt 
eine  Drehung  aus  mit  der  Konkavität  nach  rechts.  Dies  wird  in  ge- 
ringerem Maße  bei  Eidechsen,  kaum  bei  Schlangen,  am  stärksten  bei 
Schildkröten  ausgeführt,  wo  noch  eine  Querstellung  des  Magens  sich 
ausbildet.  Der  Dünndarm  wächst  ebenfalls  in  die  Länge,  so  daß 
Schlingenbildung  zustande  kommt,  während  der  Enddarm  kurz  bleibt. 

Bei  Vögeln  spielt  sich  die  erste  Ausbildung  des  Darmkanals 
ähnlich  wie  bei  Reptilien  ab.  Wir  kennen  diese  Vorgänge  vom  Hühnchen, 
der  Ente,  dem  Vogelstrauß,  Wellensittich.  Die  zeitliche  Folge  ergiebt 
sich  im  wesentlichen  gleichartig.  Beim  Hühnchen  sind  die  Vor- 
gänge am  genausten  bekannt.  Unter  Abhebung  des  Kopfteils  des 
Embryo  vom  Dotter  entsteht  in  der  2.  Hälfte  des  2.  Bebrütungstages 
zuerst  die  vordere  Darmbucht,  Kopfdarmhöhle.  Die  hintere  Darmbucht 
erscheint  erst  in  der  2.  Hälfte  des  3.  Tages,  nachdem  vorher  schon  die 
Anlage  der  Leber  sich  bildete.  Der  Vorderdarm  läßt  schon  am  An- 
fang des  3.  Tages  die  spindelförmige  Erweiterung  des  Magens  er- 
kennen. Am  Ende  des  3.  Tages  tritt  der  Schwanzdarm  schon  mit 
der  Kloake  in  Verbindung.  Er  erleidet  sehr  rasch  eine  Rückbildung, 
so  daß  er  in  der  Mitte  des  4.  Tages  meist  ganz  geschwunden  ist. 

Die  Darmrinne  verengert  sich  mehr  und  mehr,  so  daß  am  7.  Tage 
das  geschlossene  Darmrohr  meist  nur  durch  einen  engen  Dottergang 
mit  dem  Dottersack  zusammenhängt.  Die  Abgrenzung  des  Vorderdarms 
gegen  den  Mitteldarm  ist  schon  am  Anfang  des  3.  Tages  durch  die 
Leberanlage  gekennzeichnet,  während  die  Grenze  des  Mitteldarms  gegen 
den  Enddarm  mit  der  ersten  Anlage  der  Blinddarmausbuchtungen  am 
Ende  des  4.  Tages  hervortritt.  Am  Anfange  des  6.  Tages  tritt  die 
Bursa  Fabricii  auf  als  Ausbuchtung  des  Proctodaeum. 

Von  frühen  Sonderungen  des  Vorderdarms  sind  hier  anzuführen 
die  Linkslagerung  des  Magens,  die  am  Anfang  des  4.  Tages  schon 
besteht.  Doch  treten  die  ersten  Anlagen  der  Magendrüsen  als  Epithel- 
sprossen erst  in  der  Mitte  des  6.  Tages  auf.  Die  Speiseröhre  erleidet 
einen  vorübergehenden  Verschluß  etwa  im  Verlauf  des  6.  Tages.  Am 
Ende  dieses  Tages  wird  er  schon  wieder  durchgängig  und  es  tritt  die 
Anlage  des  Kropfes  als  Erweiterung  über  dem  Magen  auf.  Beim 
Hühnchen  bildet  sie  sich  als  Ausbuchtung  nach  der  rechten  Seite. 
Swenander  hat  in  letzter  Zeit  4  Arten  von  Kröpfen  nach  ihrer  Genese 
unterschieden,  die  er  noch  nicht  genauer  charakterisiert  hat:  demnach 
sind  verschieden  die  Kropfbildung  bei  1)  Columbae,  2)  Raptatores, 
3)  Rasores,  4)  Fringillidae,  Sumpf-  und  Schwimmvögeln.  Beim  Vogel- 
darm bildet  sich  eine  primitive  Darmschlinge  ähnlich  wie  bei  Säuge- 
tieren. Sie  besteht  am  5.  Bebrütungstage.  Das  Duodenum  zeigt  dann 
ein  starkes  Längenwachstum  bei  allen  Vögeln  und  die  Mündungen 
von  Leber  und  Pankreas  finden  sich  an  verschiedenen  Punkten  des- 
selben, bald  am  Anfang,  bald  am  Ende  (Gadow).  Infolge  des  Kurz- 
bleibens des  Enddarms  findet  das  Auswachsen  der  ersten  Schlinge 
anders  als  bei  Säugetieren  statt.  Am  7.  Tage  besteht  außer  der 
Duodenalschlinge  eine  weitere  Schlinge,  die  in  der  Nabelausbuchtung 
des  Peritonealsacks  liegt.  Der  aus  ihr  austretende  Bogen  verläuft 
direkt  zur  Kloake.  In  letzterem  Abschnitt  ist  die  Anlage  des  Endes  vom 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems. 


167 


Mitteldarm   und   der 


ganze  Enddarm 


enthalten.     Am  9. 


Tage 


ist  der 


Dünndarm  mächtig  in  die  Länge  gewachsen  zu  zahlreichen  Schlingen,  die 
zum  Teil  durch  den  Nabel  hervortreten.  Um  dieselbe  Zeit  ist  auch  die 
Sonderung  des  Magens  in  den  Vormagen  und  Muskelmagen  eingetreten, 
die  bei  Raubvögeln  nicht  so  scharf  hervortritt  als  bei  Körnerfressenden. 
Die  Längenausbildung  des  Darms  tritt  hier  ähnlich  wie  bei  Säugetieren 


derselbe 


zuerst    am   Dünndarm    auf; 
Schlingen,  die  durch  das 
Anordnung  zeigen.     Das    Duodenum 


legt 


sich    in    charakteristische 


weite  Herabtreten  des  Magens  eine  besondere 

Magen   herab 


geht  rechts   vom 


zum  Nabel,  wo  es  scharf  umbiegend  zur  Unterfläche  der  Leber  zieht. 
Von  hier  tritt  der  Dünndarm  wieder  von  der  rechten  Seite  her  zum 
Nabel,  bildet  außerhalb  desselben  einige  Windungen,  von  denen  eine 
den  Dottergang  aufnimmt  und  geht  dann,  in  die  Bauchhöhle  des  Em- 
bryo zurücktretend,  auf  der  linken  Seite  in  den  sehr  erweiterten  kurzen 
Enddarm  über,  der  längs  des  Kreuzbeines  zur  Kloake  tritt.  Auch  die 
Blinddarmanhänge  liegen  zum  Teil  außerhalb  des  Nabels.  Die  Dünn- 
darmschlingen, die  sich  beträchtlich  vermehren  unter  fortschreitendem 
Längenwachstum,  treten  vom  1(3.  Tage  an  wieder  in  die  Bauchhöhle 
zurück.  Am  20.  Tage  folgt  ihm  auch  der  Dottersack  (K.  E.  von  Baer, 
(jADOW,  His,  A.  Virchow).  Auch  die  mannigfaltige  spätere  An- 
ordnung des  Darmkanals  bei  Vögeln  einzugehen  ist  hier  nicht  der 
Ort.     Ich   verweise  hierüber  besonders  auf  die  Arbeiten  von  Gadow\ 


d 

Fig.  112.   Menschlicher  Embryo  mit  14  Urwirbeln,  Sagittalschnitt.  Nach  Koll- 
manx.   Erste  Anlage  des   Darmes,     k   Kopfdarm,     m   Mitteldarm,     e  Enddarm,     d 


Dottersack, 
wirbel. 


b  Banchstiel. 


Allantois. 


Mundbucht,  ce  Gehirn. 


Herz. 


Ur- 


Säugetiere.  Bei  Säugetieren  und  dem  Menschen  legt 
sich  das  Darmrohr  ebenso  an  wie  bei  Sauropsiden,  nur  daß  der  Dotter 
durch  die  mit  seröser  Flüssigkeit  erfüllte  Keimblase  ersetzt  ist.  Die 
frühen  Stadien,  wie  sie  von  Bischoff,  Kölliker,  His,  Fol,  Toldt 
gefunden  wurden,  sind  in  neuer  Zeit  vielfach  bestätigt  und  ergänzt 
worden  (Bonnet,  Stoss,  Martin,  Keibel).  Ein  frühes  Stadium  vom 
Menschen  (Fig.  112)  stellt  einen  Befund  dar,  der  im  wesentlichen  bei 
allen  Säugetieren  zuerst  besteht:  Kopf  darmhöhle,  vordere 
Darm pf orte,  Darmrinne,  hintere  Darmpforte  und  End- 
d a r m ,     in    den    p o s t a n a  1  e n    Darm    fortgesetzt,    sind    zu 


1(38  F.  Maurer, 

unterscheiden.  Ich  führe  noch  die  Angaben  von  Keibel  beim 
Schwein  an,  wonach  hier  der  Enddarm  der  Bildung  der  Kopfdarm- 
bucht beträchtlich  vorauseilt.  Letztere  tritt  am  Anfang  der  3.  Woche 
zuerst  auf.  In  der  Mitte  der  2.  Woche  tritt  der  Schwanzdarm  auf, 
der  am  Anfang  der  4.  Woche  schwindet.  Unter  weiterer  Ab- 
schnürung des  Darmrohrs  vom  Dottersack  näheren  sich  vordere  und 
hintere  Darmpforte  (Fig.  113a).  Schon  vorher  kommt  es  zur  Anlage 
der  Leber  und  des  Pankreas.  Nachdem  ein  dünner  Dottersackstiel 
gebildet  ist,  oder  während  dieser  sich  bildet,  entsteht  am  Ende  des 
Vorderdarmabschnittes  die  spindelförmige  Auftreibung  des  Magens 
(Fig.  114).  Dann  wächst  das  Darmrohr  zur  primitiven  Darmschlinge 
aus  (His,  Toldt).  An  dieser  Schlinge  ist  ein  absteigender,  ventral 
gelegener  und  ein  vom  Scheitel  der  Schlinge  umbiegend  dorsal  ge- 
legener aufsteigender  Schenkel  zu  unterscheiden.  Am  Beginn  des 
aufsteigenden  Schenkels  entwickelt  sich  nahe  dem  Scheitel  der  Schlinge 
früh  eine  kleine  Erweiterung,  die  Anlage  des  Coecum. 

Dadurch  wird  der  Anfang  des  Enddarms  fixiert.  Der  aufsteigende 
Schenkel  der  Schlinge  geht  dann,  zur  hinteren  Bauchwand  gelangt,  in 
das  hier  kurze  absteigende  Rectum  über  (Fig.  113b  und  115).  Die 
Konvexität  dieser  ersten  Darmschlinge  erstreckt  sich  in  den  Nabel- 
strang hinein.  Beim  4  Wochen  alten  Embryo  des  Menschen  besteht 
dieser  Zustand  und  auch  bei  allen  Säugetieren  findet  er  sich  im  wesent- 
lichen in  gleicher  Weise.  Auch  bei  Formen,  deren  Magen  bald  weitere 
Komplikationen  entwickelt,  ist  er  zuerst  in  dem  einfachen  Verhalten 
zu  finden.  So  wird  dies  auch  z.  B.  von  Wiederkäuern  von  4  Wochen 
angegeben  (Grohe,  Martin,  Stoss).  Bei  solchen  (Rind,  Schaf,  Ziege) 
ist  das  Epithel  im  ganzen  Magen,  der  schon  zum  Teil  Einschnürungen 
zeigt,  völlig  gleichartig  (Länge  der  Embryonen  1,5—2  cm). 

S o n d e r u n g e n  des  Vorderda r m s.  Der  an  den  Schlund  sich 
anschließende  Oesophagus  zeigt  ein  Längenwachstum  in  der  4.  und  5. 
Woche,  in  dem  Maße,  als  das  Herz  eine  Rückwärtsverlagerung  in 
die  Brusthöhle  erfährt  und  die  Lungen  sich  stärker  ausbilden.  In 
seiner  Wandung  tritt,  wie  es  scheint,  keine  vorübergehende  0  b  - 
literation,  wie  bei  niederen  Wirbeltieren,  ein.  In  der  genannten 
Zeit  bildet  sich  auch  die  Gastroduodenalschlinge  aus,  und  der  Magen 
dreht  sich  nach  rechts,  so  daß  seine  ursprünglich  linke 
Fläche  nach  vorn,  seine  rechte  Fläche  nach  hinten  zu 
liegen  kommt.  Indem  sich  zugleich  damit  die  Cardia  senkt, 
giebt  der  Magen  seine  sagittale  Anordnung  auf,  kommt  zuerst  in 
Schräg-  dann  in  Qu  erstell  ung.  Beim  Schwein  tritt  nach  Kei- 
bel die  erste  Drehung  des  spindelförmigen  Magens  am  Ende  der 
3.  Woche  ein.  Am  Anfang  der  4.  Woche  erweitert  sich  der  Magen 
beträchtlich.  Bei  Wiederkäuern  bildet  sich  beim  schräg  gelagerten 
Magen  eine  Einschnürung  an  der  ventralen  Wand.  In  letzter  Zeit 
sind  diese  Vorgänge  in  der  Ausbildung  des  Magens  bei  Wiederkäuern 
durch  Krazowski,  Stoss,  Martin  bekannt  geworden. 

Stoss  hat  ganz  junge  Stadien  beim  Schaf  genau  untersucht  und 
findet  beim  Embryo  von  4,5  mm  Länge  das  Darmepithel  noch  mit  der 
Chorda  in  Zusammenhang.  Die  Darmrinne  ist  1  mm  lang,  und  ihre 
Seitenwände  sind  in  die  Nabelblase  fortgesetzt.  Die  Enddarmbucht 
ist  sehr  lang,  erweitert  sich  an  ihrem  Ende  in  die  Allantois.     Mesen- 


■»' 


terien  bestehen  außer  dem   ventralen  Vorderdarmgekröse   noch   nicht 


&' 


Beim  Embryo  von  5,5  mm  Länge  ist  die  Darmrinne  weiter  zum  Rohi 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems. 


169 


geschlossen.     Letzteres  zeigt  sich  im  Querschnitt  seitlich  komprimiert 
(säbelscheidenartig).     Es  besteht   ein    kurzes    dorsales    und   ventrales 


Schlundgekröse.     Das   Darmrohr 


steigt 


hinter   der   Leberanlage   zum 


Nabel  herab,  wendet  sich  von  diesem  wieder  dorsalwärts.  Eine  Nabel- 
schleife und  Nabelbruch  sind  noch  nicht  vorhanden.  Diese  erscheinen 
erst  am  Ende  der  3.  Woche  bei  (3  mm  langen  Embryonen.  Hier  er- 
scheint auch  zuerst  die  Anlage  des  Magens  als  spindelförmige  Erweite- 
rung des  Vorderdarmrohrs.  Nun  bildet  sich  auch  die  Nabelschleife, 
so  daß  beim  Embryo  von  (33/4  mm  schon  ein  vom  Schlundrohr  ab- 
gesetzter Magen,  Dünn-  und  Dickdarm  zu  erkennen  sind  (Fig.  113b  u. 
115).     Nun  erfolgt  eine  Drehung  des  Magens,  der  bei  9   mm    langen 


-d 


Fig.  118.  Darmkanal  menschlicher  Embryonen  (nach  His).  s  1.  Schlundspalte. 
I  Lunge,  v  Vorderdarm,  h  Leber,  d  Dottersack,  e  Enddarm,  a  Allantois.  c  Herz. 
o  Oesophagus,  m  Magen,  pc  Pankreas,  ch  Ductus  choledochus.  i  Darmschlinge. 
c  Coecum.    p  Proctodaeum. 


Embryonen  gegen  die  Horizontalebene  einen  Winkel   von   45°  bildet, 
wobei  er  mit  seinem  oberen  Rande  nach  links  gedreht  ist. 

Die  weitere  Ausbildung  des  Magens  wird  von  Krazowski,  Grohe 
Martin  im  wesentlichen  übereinstimmend  geschildert.  An  der  ven- 
tralen Wand  des  schräg  gestellten  Magens  entsteht  eine  Einschnürung, 
welche  Ruinen  und  Reticulum  von  Omasus  und  Abomasus  trennen 
(Fig.  117a).  Links  von  der  Schlundmündung  bildet  sich  ein  starker 
Blindsack,  das  stark  nach  vorn  sich  erweiternde 
Außerdem   bildet    sich  an   diesem   als 


Ausbuchtung 


Rumen 
die 


(Pansen). 

des 


Anlage 


170 


F.  Maurer, 


Reticulum  (Haube).  Der  distale  Teil  stellt  die  Anlage  von  Omasus 
(Buch)  und  Abomasus  (Labmagen)  dar.  Die  Magenachse  beschreibt,  ab- 
gesehen vom  Ruinen,  eine  Schlangenlinie :  auf  den  cranial  sich  bildenden 
Pansen  folgt  nach  links  die  Haube,  dann  nach  rechts  gewendet  das 
Buch  und  auf  dieses,  nach  links  gewendet,  der  Labmagen,  der  nach 
rechts  sich  ins  Duodenum  fortsetzt.  Der  Pansen  liegt  dabei  dorsal, 
der  Labmagen  ventral  (Fig.  117b).  Das  Duodenum  geht  nach  rechts 
in  scharfem  Bogen  zur  Wirbelsäule,  und  von  da  zieht  der  Dünndarm 
zum  Nabel  herab.  Der  Pansen  dreht  sich  noch  selbständig,  indem 
seine  rechte  Wand  dorsalwärts  rückt  und  diese  rechte  Bucht  eine 
geringe  Erweiterung  erfährt,  während  die  linke  mächtig  weit  wird. 
So  findet  es  sich  nach  Martin  bei  einem  Embryo  von  42  Tagen. 
Später  wird  das  letztgenannte  Verhältnis  umgekehrt.  Beim  56  Tage 
alten  Embryo  hat  sich  das  Zwerchfell  entwickelt  und  bildet  ein  Hinder- 
nis für  die  craniale  Ausdehnung  des  Pansen.  Dieser  schlägt  sich 
caudalwärts  um.  In  der  Folge  überholt  die  ursprünglich  rechte  Hälfte 
die  linke  an  Größe  und  wird  zum  Hauptpansen ,  während  die  linke 
den  Nebenpansen  bildet.  Auch  die  übrigen  Magenabschnitte  ändern 
ihre  Lage:  die  Haube  rückt  nach  links,  das  Buch  nach  rechts,  der 
Labmagen  nach  links,  sein  hinterer  Teil  geht  nach  rechts  ins  Duodenum 
über.     Für  diese  Lageänderungen  führt  Martin  folgende  Gründe  an: 

1)  Längenwachstum  des  Magens 
überhaupt,  2)  feste  Lage  des 
Schlundes  und  Kürze  des  Meso- 
duodenum,  3)  Kurzbleiben  des 
ventralen  Magengekröses,  4)  starke 
Ausbildung  des  WoLFF'schen 
Körpers. 

Ueber  die  inneren  Kom- 
munikationen der  Kavitäten  des 
Magens  wissen  wir  durch  Grohe, 
daß  der  ersten  Einschnürung, 
welche  Pansen  und  Haube  von 
Buch    und 


Labmagen 


abgrenzt, 


Fig.  114.  Sagittalschnitt  eines  menschl. 
Embryo  von  5,6  mm  Länge,  nach  Fol.  t 
Schilddrüse.  I  Lunge,  o  Oesophagus.  / 
Leber,  eh  Duct.  choledochus.  p  Pankreas 
dorsale.     </  Dottergang. 


gegenüber  die  Schlundrinne  sich 
bildet:  sie  erstreckt  sich  über 
den  Vorder-  in  den  Hintermagen. 
Die  Einschnürung  wird  stärker, 
und  die  Vorderwand  des  Magens 
erreicht  an  der  eingestülpten 
Stelle  die  Lippen  der  Schlund- 
rinne und  verwächst  mit  ihnen. 
Dann  erhebt  sich  die  untere 
Wand  der  Labmagen-Psalterein- 
schnürung, flacht  sich  ab  und 
bildet  unter  Anlegen  an  die 
Schlundlippen  die  Psalterbrücke. 
Die  Differenzierung  der  Schleim- 


Bei 


haut  erfolgt  bei  Embryonen  von 
3  cm  Länge. 
[  cm  langen  Embryonen  ist  das  Epithel  in  den  beiden  ersten 


Magenabschnitten   mehrfach  geschichtet.     Die  erste   Entwicklung  der 


Labdrüsen    ist    bei   Embryonen    von 


8   cm   Länge   nachweisbar. 


Die 


Die  Entwickelung  des  Darinsysteins.  171 

Blätterbildung  im  Blättermagen  erfolgt  in  bestimmter  Regelmäßigkeit. 
Zuerst  sprossen  die  Hauptblätter  hervor,  und  erst  wenn  sie  völlig  aus- 
gebildet sind,  folgen  die  mittleren  und  nach  deren  völliger  Entwickelung 
folgen  die  kleinsten  Blätter  nach.  Ihre  Bildung  beginnt  stets  an  der 
großen  Kurvatur  und  greift  von  da  auf  die  Seitenwand  des  Omasus 
über.  Krazowski  macht  darauf  aufmerksam ,  daß  die  Blätter  im 
Omasus  in  ihrer  Ontogenese  Stadien  durchlaufen,  welche  bei  weniger 
entwickelten  Wiederkäuern  bleibende  Zustände  sind. 

Die  ersten  Papillen  im  Pansen  treten  bei  Rindsembryonen  von 
12  cm  Länge  auf,  und  der  Verhornungsprozeß  stimmt  histologisch  völ- 
lig mit  demjenigen  der  Epidermis  überein  (Grohe). 

Ueber  die  weitere  Entwickelung,  die  Vorgänge  der  Drehung  des 
Magenabschnittes  verweise  ich  auf  die  Angaben,  die  Stoss  über  das 
Schaf  macht.  Das  Duodenum  führt  eine  Linksdrehung  um  seine 
Längsachse  aus.  Das  ist  für  die  Vereinigung  der  ventralen  mit  der 
dorsalen  Pankreasanlage  von  Bedeutung. 

Die  Gründe,  welche  Martin  für  die  Drehungen  des  Magens  heran- 
zieht, habe  ich  oben  schon  angeführt.  Stoss  sieht  in  diesen  Drehungen 
Wachstumsvorgänge  des  Epithelrohrs  und  schließt  sich  damit  der 
Meinung  von  Rückert  an,  der  diese  Vorgänge  mit  der  Spiraldarm- 
bildung der  Selachier  in  gewissem  Sinne  vergleicht.  Erst  später  tritt 
unter  Verlängerung  des  Mesogastrium  dorsale  eine  Drehung  des  ganzen 
Magens  ein.  Es  wären  bei  diesem  Vorgange  also  zwei  wesentlich 
verschiedene  Stadien  zu  unterscheiden,  die  auch  phylogenetisch  ganz 
verschieden  begründet  sind.  Der  erste  gleichsam  die  Drehung  ein- 
leitende Prozeß  ist  als  Längenwachstum  des  epithelialen  Magenrohrs 
phylogenetisch  ein  altererbter  Vorgang,  dessen  Grund  im  Darmrohr 
selbst  liegt.  Der  zweite  Vorgang  dagegen  ist  durch  Einflüsse  der  um- 
gebenden Organe  veranlaßt,  speciell  des  Herzens,  der  großen  Venen- 
stämme und  der  Leber.  Bei  Säugetieren  kommt  die  specielle  Aus- 
bildung der  Thoraxhöhle  mit  ihrem  Abschluß  durch  das  muskulöse  Zwerch- 
fell hinzu.  Diese  Vorgänge,  wie  die  Rückverlagerung  des  Herzens  voll- 
ziehen sich  bei  den  einzelnen  Wirbeltiergruppen  graduell  verschieden, 
und  demgemäß  bildet  sich  auch  die  Drehung  des  Magens  in  ver- 
schiedenem Grade  aus. 

Dünndarm.  Die  Entwickelung  des  Dünndarms  schließt  sich 
an  den  Zustand  der  primitiven  Darmschlinge  an,  wie  er  bei  4  Wochen 
alten  Embryonen  von  Säugetieren  und  Menschen  besteht.  Zu- 
nächst führt  die  Schlinge  eine  halbe  Achsendrehung  aus,  wobei  der  auf- 
steigende dorsale  Schenkel  vor  den  ursprünglich  ventralen  absteigenden 
Schenkel  zu  liegen  kommt.  Aus  letzterem  Schenkel,  der  die  direkte  Fort- 
setzung des  der  hinteren  Bauchwand  genäherten  Duodenum  bildet,  gehen 
unter  starkem  Längenwachstum,  das  nach  der  linken  Seite  zu  erfolgt,  die 
Dünndarmschlingen  hervor.  Schon  beim  5-  wöchentlichen  Embryo  be- 
ginnt die  Ausbildung  der  Jejunum-  und  Ileumschlingen,  die  in  der  8. 
Woche  schon  stark  entfaltet  sind.  Das  Jejunum  zeigt  2  Gruppen  von 
Schlingen  im  linken  Hypochondrium. 

Jede  beschreibt  einen  Kreis  und  berührt  die  vordere  Bauchwand. 
Dann  tritt  der  Darm  durch  die  Regio  umbilicalis  auf  die  rechte  Seite ; 
hierauf  wendet  er  sich  über  die  Medianlinie  zurück  und  bildet  einige 
Schlingen  in  der  linken  Fossa  iliaca,  und  schließlich  füllt  er  das  Becken 
und  die  unteren  Räume  der  Bauchhöhle  aus  (Mall).  Müller  schildert 
in  Anschluß  an  die  Angaben  von  Henke  gleichfalls  die  Entwickelung 


172 


F.  Maurer, 


des   Dünndarms   beim   Menschen    und    findet    die    von 
schilderten  beiden  Gruppen  von  Schlingen  beim  Foetus 
an.     In    der    ersten  Fötalzeit    finden    sich    die 
linken  Gruppe  in  queren  Zügen,   sich  von  oben 


ge- 


Schlingen 


nach 


letzterem 

vom  3.  Monat 

der    oberen 

unten   windend. 


m 


In  der 
ßenden 
Gruppe 
düngen 
rechts. 


Fig.  115.  Darmkanal  eines  Schafembryo  von 
14,5  mm  Länge.  Nach.  Stoss.  r  Rectum,  v 
Dottergang.     Andere  Bezeichnungen  s.  Fig.  113. 


sich  daran  schlie- 
rechten  unteren 
ziehen  die  Win- 
von  links  nach 
Diese  Anordnung 
der  Schlingen  ist  nicht,  wie 
Henke  meint,  durch  eine 
Enge  veranlaßt,  weil  sie 
beim  Foetus ,  wo  niemals 
eine  Enge  besteht,  viel 
klarer  als  später  hervortritt. 
Die  Ursache  ist  durch  die 
Gestalt  des  Raumes  der 
Bauchhöhle  dargestellt  und 
durch  die  Gesetzmäßigkeit, 
mit  welcher  der  Darm  diesen 
Raum  durchläuft.  Der  betr. 
Raum  ist  winkelförmig  ge- 
bogen, läuft  von  hinten-oben 
nach  unten-vorn  und  biegt 
dann  nach  rechts  um.  In 
beiden  Abteilungen  liegen 
die  Darmzüge  gegen  die 
Längsrichtung  vertikal. 

Die  Ausbildung  der  pri- 
mitiven Darmschleife  hat 
Martin  bei  Wieder- 
käuern genau  geschildert 
(Fig.  116).  Die  einfache 
der  aufsteigende  Schenkel,  die 


Schleife  macht  eine  halbe  Achsendrehung:  v 

Anlage  des  Dickdarms  kommt  vor  den  absteigenden  (Dünndarm-)Schenkel 
liegen 


zu  liegen  und  kreuzt  dabei  das  Duodenum.  Zuerst  zeigt  nun  der 
Dünndarm  ein  stärkeres  Längenwachstum,  wobei  das  Mesenterium  im 
Wachstum  zurückbleibt.  So  bildet  der  Dünndarm  allmählich  eine 
große  Zahl  von  Schlingen  aus  (Fig.  116).  Beim  8  Wochen  alten  Embryo 
des  Rindes  bestehen  20  Schlingen. 

Für  die  Ausbildung  des  Enddarms  bildet  ebenfalls  die  erste  pri- 
mitive Darmschlinge  des  4  Wochen  alten  Säugetierembryos  den  Aus- 
gangspunkt. Bei  der  ersten  halben  Achsendrehung  der  Schlinge  ge- 
langt der  Dickdarm,  welcher  aus  dem  aufsteigenden  Schenkel  der- 
selben hervorgeht,  ventral  an  den  Dünndarmschenkel.  Während  der 
Dünndarm  zu  den  zahlreichen  Schlingen  auswächst,  bleibt  der  End- 
darm kurz.     Doch  wird  sein  Anfang,  der  durch  die  Coecumausbuchtung 


kenntlich  ist,  in  die  Höhe  gegen  die 


drängt 


große 


Kurvatur  des 


Magens 


■i'e- 


Erst  am  Ende  des  3.  und  während  des  4.  Monats  des  Embryo- 
nallebens tritt  beim  Menschen  ein  Längenwachstum  des  Enddarms 
ein,  wodurch  sein  Anfangsteil,  das  Coecum,  in  sehr  hoher  Lage  von 
der  großen  Kurvatur  des  Magens  und  weiter  nach  rechts  herunter  zur 
unteren  Fläche   des    rechten   Leberlappens    gelangt.     Dann   tritt    erst 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems. 


173 


von  der  Flexura  coli  clextra  aus  ein  rückläufiges  Längen  Wachstum 
ein,  wodurch  das  Colon  ascendens  entsteht  und  das  Coecum  in  die 
rechte  Focca  iliaca  gelangt. 

Der  Punkt,  an  welchem  der  aufsteigende  Schenkel  der  primitiven 
Darm  schlinge  in  den  gerade  herunterlaufenden  letzten  Teil  des  End- 
darms umbiegt,  ist  die  demnach  schon  früh  vorhandene  Flexura  coli 
sinistra.     Aus  dem  letzten  Abschnitt  des  Darmes,    der  am  Ende   der 


Fig.  116.     Entwickelung  des  Mittel-   und  Enddarms  vom  Rind  (nach  Martin) 
Embryonen  vom  32.  bis  56.  Tage.    Jj  Mitteldarm,    c  Enddarm.    Dd  Duodenum. 
Coecum.  r  Rectum. 


coc 


4.  Woche  längs  der  hinteren  Rumpfwand  zur  Kloake  herabläuft,  ent- 
wickelt sich  das  Colon  descendens,  das  S  Romanum  und  das  Rectum. 
Im  Verlauf  des  3.  Fötalmonats  tritt  durch  Längenwachstum  des  mitt- 
leren Teiles  dieses  Abschnitts  die  Anlage  der  Flexura  sigmoid.es 
auf. 

Bei  anderen  Säugetieren  tritt  eine  längere  Blinddarmbildung  durch 
paariges  Auswachsen  des  erst  einfach  angelegten  Coecums  ein  (Kanin- 
chen), während  bei  Wiederkäuern  die  Entwickelung  des  Enddarms 
komplizierter  ist  durch  die  Ausbildung  der  Darmscheibe.  Auch 
beim  Rind  ist  nach  Martin  am  Ende  der  8.  Woche,  wo  bereits  20  Dünn- 
darmschlingen bestehen,  der  Dickdarm  noch  ganz  kurz  geblieben. 
Durch  den  auswachsenden  Dünndarm  ward  aber  seine  Lage  geändert. 
Der  Dünndarm  drängt  auch  hier  den  kurzen  Enddarm  nach  oben  und 
tritt  schließlich  unter  dem  Duodenum  von  der  rechten  auf  die  linke 
Seite.  Dadurch  wird  der  Enddarm  hakenartig  umgebogen  und  um- 
schließt das  Duodenum. 


174 


F.  Maurer, 


Später  nun  beginnt  der  Enddarm  sein  Längenwachstum  und  bildet 
die  Grimmdarmspirale,  die  Anlage  der  Darmscheibe.  Dies  be- 
ginnt beim  Rindsembryo  von  !•  Wochen. 

Als  Ursache  der  Spiralbildung  wird  das  Kurzbleiben  des  Gekröses 
angegeben,  an  dem  der  wachsende  Darm  wie  an  einem  Leitband  zu  immer 
engeren  Kreisen  herumgeführt  wird  (Fig.  117b).  Das  Gekröse  ist  aber 
zuerst  ganz  frei,  und  die  Windungen  der  Spirale  liegen  nicht  in  einer 
Ebene,  sondern  sind  wie  ein  Bienenkorb  angeordnet.  So  bleiben  sie 
beim  Schwein.  Später  kommt  es  nun  zu  Verlötungen  des  Gekröses 
nicht  nur  der  Grimmdarmspiralen,  sondern  auch  dieser  mit  dem  Rec- 
tum und  mit  dem  Duodenum.  Dabei  rücken  die  Grimmdarmspiralen 
in  eine  Ebene,  so  daß  die  einheitliche  Darmscheibe  zu  stände  kommt. 
Die  Abflachung  der  Spiralen  zur  Scheibe  ist  veranlaßt  durch  das  Kurz- 
bleiben des  Gekröses  und  durch  die  Ausdehnung  des  Pansens  nach 
hinten. 

Der  Blinddarm  bildet  sich  erst  als  Mesodermhöcker,  in  den  die 
Schleimhaut  des  Dickdarms  sich  ausbuchtet.  Mit  dem  Dottergang, 
wie  Bloss  meint,  hat  er  gar  nichts  zu  thun.  Der  Dottergang  verläßt 
den  Darm  am  Scheitel  der  primitiven  Schleife;  dieser  liegt  noch  im 
Bereiche  des  Dünndarms. 


3.  Die  histologische  Entwicklung  der  Darmwand. 

Die  embryonale  Darmwandung  besteht  bei  allen  Wirbeltieren  nach 
der  Ausbildung  der  Keimblätter,   also   am    Ende   der   Differenzierung 

des  Mesoderms,  aus 2  Schich- 
ten :  dem  E  n  t  o  d  e  r  m  und 
der  Splanchnopleura, 
d.  i.  der  medialen  Lamelle 
der  Parietalplatten. 

Die  Splanchnopleura 
stellt  allenthalben  eine  ein- 
fache Epithellage  dar,  deren 
Zellen,  zuerst  abgeplattet, 
später  unter  reichlichen 
Teilungsvorgängen  ihrer 
Elemente  vorübergehend 
Cylinderzellenlage  bil- 


eine 
den. 

sogar 


Bei  Amnioten  wird  sie 
mehrschichtig     und 


kann  eine  Zeit  lang  das  zarte 
Entoderm 


Fig.  117.  a  Anlage  des  Wiederkäuermagens, 
b  "Ausbildung  des  Magendarrakanals  bei  Wieder- 
käuern (nach  Martin),  o  Oesophagus,  v  Vor- 
hof, p  Pansen,  h  Haube,  b  Buch.  /  Labmagen. 
d  Duodenum,    m  Dünndarm,    c  Dickdarmspirale. 


Mächtigkeit 


beträchtlich  an 
übertreffen. 
Das  E  n  t  o  d  e  r  m  ist 
meist  eine  einfache  epithe- 
liale Zellenanlage.  Bei  nie- 
deren Wirbeltieren  von  vorn- 
herein aus  Cylinderzellen  ge- 
bildet, stellt  sie  bei  Amnioten  häufig  zuerst  eine  sehr  zarte  Lage  abge- 
platteter Elemente  dar,  die  erst  kurz,  bevor  die  Darmrinne  sich  zum 
Rohre  abschließt,  eine  cylindrische  Form  annehmen.  Bei  Cyclostomen, 
Ganoiden,  Dipnoern  und  Amphibien,  welche  nach  dem  Typus  der  totalen 
inäqualen  Furchung  sich  entwickeln,  bildet  die  dotterreiche  Zellenmasse 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems.  175 

der  Mitteldarmanlage  zuerst  eine  Komplikation  im  Aufbau  des  Ento- 
derms,  das  demnach  hier  zunächst  nur  im  dorsalen  Teile  seiner  Wandung 
eine  einfache  Epithelschicht  bildet,  ventral  dagegen  durch  eine  Masse 
großer  polyedrischer  Zellen  dargestellt  ist,  deren  Plasmakörper  mit 
einer  Menge  von  Dotterblättchen  dicht  erfüllt  sind  (Fig.  134  von 
Petromyzon,  Fig.  135  vom  Frosch).  Bei  den  Formen,  welche  aus 
partiell  sich  furchenden  Eiern  hervorgehen,  Selachiern,  Teleostiern 
und  Amnioten,  besteht  das  embryonale  Entoderm  der  Darmrinne, 
sowie  des  aus  dieser  gebildeten  Darmrohrs  stets  aus  einer  Epithellage. 
Die  Dottermasse  findet  sich  in  dem  nur  durch  einen  Stiel  mit  dem 
Darmrohr  verbundenen  Dottersack,  der  bei  vielen  Formen  später 
unter  Resorption  des  Inhaltes  iu  die  Bauchhöhle  aufgenommen  (Tele- 
ostier,  Sauropsiden),  bei  anderen  aber  abgestoßen  wird  (Selachier, 
Säugetiere). 

Die  beiden  primären  Schichten  der  Darmwand  sind  scharf  von- 
einander getrennt,  liegen  mit  ihren  basalen  Flächen  aneinander.  Ein 
feiner  Spaltraum  ist  zwischen  ihnen  vorhanden.  Zuerst  liegen  aber 
in  diesem  Raum  keinerlei  Formelemente. 

Die  Entwickelung  der  dritten  Schicht  der  Darmwand  geht  zunächst 
von  der  Splanchnopleura  aus,  während  das  Entoderm  längere  Zeit  als 
gleichmäßige  Epithellage  bestehen  bleibt. 

Unter  Austritt  von  Zellen  der  Splanchnopleura  gegen  das  Ento- 
derm zu  entstehen  frei  in  den  die  beiden  primären  Darmschichten 
trennenden  Spaltraum  Zellen  welche  zuerst  als  indifferente  meso- 
dermale  Elemente  erscheinen.  Fig.  105  zeigt  dies  von  Selachiern. 
In  solchen  Zellen,  die  sich  bald  vermehren,  hat  man  das  Bildungs- 
material der  bindegewebigen  Teile  der  Darmwand  zu  erblicken.  Ferner 
entwickelt  sich  aus  ihnen  die  Muscularis  der  Darmwand.  Der  Gefäß- 
apparat der  Darm wandung  zeigt  eine  verschiedene  Herkunft.  Der 
Chylusgefäßapparat  steht  in  Beziehung  zur  Differenzierung  des  Binde- 
gewebes. Von  dessen  Saftlakunen  bildet  es  sich  aus.  Die  Blutgefäße 
der  Darmwand  dringen  von  außen  her  ein,  und  zwar  von  der  Aorta 
aus.  Der  Blutgefäßapparat  soll  auch  die  indifferenten  Rundzellen 
zur  Darmwand  führen,  welche  die  erste  Grundlage  zur  Ausbildung 
der  Lymphfollikel  der  Darmschleimhaut  darstellen.  Ob  bei  der  Bildung 
der  Blutgefäße,  sowie  des  lymphatischen  Apparates  nicht  auch  das 
Entoderm  eine  wichtige  Rolle  spielt,  ist  noch  Gegenstand  von  Kontro- 
versen, auf  die  hier  nur  insoweit  einzugehen  ist,  als  sie  die  Follikel- 
bildungen  betreffen.  Die  anderen  Fragen  fallen  mit  der  ersten  Her- 
kunft des  Blutes  und  der  Blutgefäße  zusammen,  die  an  anderer  Stelle 
behandelt  werden.  Das  Entoderm  ist  nach  der  heute  herrschenden 
Anschauung  die  Grundlage  des  Darmepithels  und  des  gesamten 
Drüsenapparates  der  Darmwand.  Diese  epithelialen  Teile  sind  stets 
scharf  von  dem  unterliegenden  Bindegewebe  getrennt.  Indessen  tritt 
die  dem  Darmepithel  zunächst  liegende  Schicht  des  Bindegewebes  in 
nähere  Beziehung  zu  den  epithelialen  Gebilden  und  formiert  mit  ihnen 
die  Darmschleimhaut.  Ich  führe  dies  besonders  an,  weil  wir  sehen,  daß 
bei  der  weiteren  Entwickelung  der  Schleimhaut  neben  dem  Epithel  auch 
stets  das  unterliegende  Bindegewebe  eine  aktive  Rolle  spielt.  Wir  ver- 
danken die  genauere  Kenntnis  der  Verhältnisse  des  gesamten  Darmkanals 
der  Wirbeltiere  in  neuerer  Zeit  vor  allem  den  sorgfältigen  Arbeiten 
Oppel's,  in  welchen  nicht  nur  die  Litteratur  erschöpfend  behandelt 
ist,  sondern  auch  zahlreiche  eigene  Untersuchungen  niedergelegt  sind 


176  F.  Maurer, 

Wenn  ich  auch  mit  den  Deutungen  und  Vergleichungen,  die  Oppel 
vornimmt,  vielfach  nicht  einverstanden  sein  kann,  so  giebt  doch  das 
riesige  Material  von  Thatsachen  eine  Grundlage,  welche  auch  für  die 
hier  abzuhandelnden  Fragen  von  größtem  Werte  war.  Das  betrifft 
besonders  die  Ausbildung  der  Schleimhaut  in  den  verschiedenen  Darm- 
abschnitten, worüber  allerdings  gerade  bei  Fischen  die  entwickelungs- 
geschichtlichen  Vorgänge  vom  Drüsenapparat   nur  lückenhaft  bekannt 

sind. 

Der  Lehre  Edinger's,  der  sich  auch  Stöhr  angeschlossen  hat, 
sind  neuerdings  Bedenken  entgegengebracht  worden,  und  gerade  Oppel 
hat  in  neuester  Zeit  Gründe  gegen  dieselbe  vorgebracht. 

Es  handelt  sich  darum,  in  welcher  Weise  die  weitere  Differen- 
zierung der  Darmschleimhaut  sich  vollzieht.  Dabei  sind  zwei  Vor- 
gänge auseinander  zu  halten:  erstens  die  Vergrößerung  der  resor- 
bierenden Oberfläche  der  Darmschleimhaut  durch  Faltenbildung  und 
zweitens  die  Ausbildung  der  secernierenden  Organe,  der  Drüsen. 
Edinger  vereinigt  beide  Vorgänge,  indem  er  die  Faltenbildung,  durch 
Wachstum  des  Epithels  und  des  unterliegenden  Bindegewebes  als 
Grundlage  für  beide  Bildungen  annimmt.  Durch  Kombination  von 
Längs-  und  Querfalten  sollen  Krypten  entstehen,  die  zugleich  die  An- 
lagen der  Darmdrüsen  darstellen.  Nach  Oppel  hingegen  handelt  es 
sich  bei  der  Drüsenbildung  um  selbständige  Sprossenbildungen  des 
Epithels  in  die  Tiefe.  Ebenso  selbständig  entstehen  die  Falten.  Oppel 
kehrt  sogar  in  einem  Falle,  bei  Amphibien,  die  Sache  um,  indem  er 
auf  Grund  der  Angaben  Reuter's,  auf  die  ich  später  eingehe,  in  den 
Drüsensprossen  die  Vorläufer  von  Falten  der  Darmschleimhaut  erblickt. 
In  neuester  Zeit  sind  die  Entwickelungsvorgänge  der  Darm  Schleim- 
haut bei  Säugetieren  durch  Voigt  genauer  bekannt  geworden,  wo- 
nach die  Drüsen  selbständig  sich  bildende  Sprossen  des  Epithels  dar- 
stellen. 

Ueber  Amphioxus  habe  ich  den  oben  angeführten  Daten  nichts 
hinzuzufügen,  ich  erinnere  nur  daran,  daß  hier  eine  Komplikation  des 
Darmepithels  durch  Entwickelung  von  Drüsen  nicht  eintritt.  Die  Aus- 
bildung von  glatten  Muskelzellen  wird  von  Stieda  geleugnet,  während 
noch  Schneider  solche  in  ringförmiger  Anordnung  schilderte. 

Das  Cylinderepithel  des  Darmes  bildet  hier  frühzeitig  Cilien  aus 
(Joh.  Müller,  Stieda,  Retzius,  Wiedersheim). 

Cyclostomen.  Bei  Petromyzon  bilden  sich  in  der  Darm- 
wandung zarte  Längsfalten  aus,  die  zuerst  nur  durch  das  Epithel  ge- 
bildet werden,  während  sekundär  Bindegewebe  eindringt.  Bei  Ammo- 
coetes  und  Petromyzon  bildet  sich  eine  äußere  Längs-  und  innere 
Ringmuskulatur  aus,  in  dein  Enddarm  mächtiger  als  in  vorderen  Darm- 
abschnitten. 

Selachier.  Bei  diesen  bestehen,  wie  wir  von  Oppel  wissen, 
entsprechend  der  Sonderung  des  Darmes  in  Oesophagus,  Magen,  Mittel- 
und  Enddarm  sehr  verschiedene  Ausbildungen  der  Wandung.  In  dem 
hinter  der  Kiemenregion  gelegenen  kurzen  Oesophagus  bildet  die 
Schleimhaut  Längsfalten,  aber  keine  Drüsen  aus.  Ferner  ist  die 
Speiseröhre  der  Selachier  im  Anfangsteil  durch  mehrschichtiges  Platten- 
epithel und  papillenförmige  Erhebungen  ausgezeichnet,  während  sie 
gegen  den  Magen  zu  Flimmerepithel  erhält.  Im  Bindegewebe  der 
Schleimhaut  kommt  reichliches  lymphatisches  Gewebe  zur  Ausbildung 
(Edinger,  Oppel).    Um    welche  Zeit    sich   dies  anlegt   und  ob  etwa 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems.  177 

das  Epithel  der  Schleimhaut  an  seiner  Bildung  beteiligt  ist,  finde  ich 
nirgends  angegeben. 

In  welcher  Weise  sich  die  Ontogenese  der  stark  entwickelten 
Magendrüsen  bei  Selachiern  abspielt,  bedarf  noch  der  Untersuchung, 
ebenso  die  Entwickelung  der  besonders  im  Pylorusteil  des  Magens  be- 
stehenden zahlreichen  Längsfältchen.  Die  Angaben  Edinger/s  seien 
hier  erwähnt,  wonach  die  Magensaftdrüsen  sekundäre  späte  Bildungen 
sein  sollen.  Sie  sollen  sich  aus  dem  Grund  der  Magenkrypten  bilden. 
Im  pylorischen  Rohr  sollen  Magenschleimdrüsen  entstehen  am  Grund 
der  Krypten  durch  Schwund  der  Labzellenanhänge  und  Vertiefung 
der  Magengrübchen. 

Ueber  die  histologische  Ausbildung  der  Schichten  des  Magens  und 
Darmes  der  Ganoiden  und  Teleostier  fehlen  genauere  Angaben. 
Wir  wissen,  daß  im  Magen  Fundus-  und  Pylorusdrüsen  zur  Ausbildung 
kommen,  daß  Drüsen  im  Mittel-  und  Enddarm  fehlen.  In  welcher 
Weise  und  in  welchen  Stadien  die  mannigfaltigen  Faltenbildungen  im 
Darm  der  Fische  sich  entwickeln,  ist  bis  jetzt  nicht  genauer  erforscht. 

Ich  erwähne  hier  noch  die  Auffassung  Bizzozero's,  wonach  das 
Epithel  an  bestimmten  Punkten  des  Darmes  die  Aufgabe  des  Ersatzes 
der  verbrauchten  Elemente  haben  soll.  Bei  Cyclostomen  ist  die  Stelle, 
in  welcher  die  lange  Spiralfalte  in  die  Darm  wand  übergeht,  dieser  Re- 
generationspunkt, Bei  den  höheren  Formen  der  Fische  sind  es  die 
Basen  der  Darmfalten  und  Krypten,  welchen  diese  Bedeutung  zu- 
kommt. Schließlich  wird  diese  Funktion  von  den  LiEBERKÜHN'schen 
Krypten  übernommen,  die  überhaupt  keine  sekretorische  Bedeutung, 
sondern  nur  die  Anfgabe  haben  sollen,  das  verbrauchte  Material  des 
Darmepithels  zu  ersetzen.  Bizzozero  berücksichtigte  die  Fische  und 
Amphibien,  um  die  Verhältnisse  bei  Säugetieren  in  der  angegebenen 
Weise  zu  beurteilen.  Seine  Auffassung  wurde  in  neuester  Zeit  von 
Voigt  widerlegt. 

Amphibien.  Was  die  histologische  Differenzierung  des  Darm- 
rohrs der  Amphibien  betrifft,  so  sehen  wir,  daß  der  Vorderdarm  schon  bei 
7  mm  langen  Larven  von  Rana  mit  einschichtigem  Epithel  ausgekleidet 
ist,  das  nach  Angabe  vieler  Autoren  Flimmerhaare  tragen  soll,  sogar 
im  Magenabschnitt,  Im  Mitteldarm  zeigt  sich  zuerst  an  der  dorsalen 
Fläche  ein  einfaches  Epithel,  während  die  ventrale  Fläche  in  ihrer 
Masse  aus  reichliche  Dotterblättchen  enthaltenden  Zellen  besteht, 
Der  Enddarm  besitzt  auch  in  diesem  Stadium  bereits  einschichtiges 
Epithel.  Im  Mitteldarm  wird  allmählich  das  Dottermaterial  aufgebraucht. 
Ein  Teil  der  Zellen  geht  dabei  zu  Grunde,  ein  anderer  Teil  wird  zum 
Aufbau  des  Dünndarmepithels  und  seiner  Drüsen  verwandt,  Diese 
Ausbildung  spielt  sich  bei  Anurenlarven  in  der  2.  "Woche  des  Em- 
bryonallebens ab.  Sie  beginnt  noch  im  Ei  und  findet  in  den  ersten 
!'  Tagen  des  freien  Lebens  ihren  Abschluß. 

Die  Ausbildung  der  Muscularis  sowie  des  bindegewebigen  Teils 
der  Darmwand  wird  dem  CöTomepithel  der  Splanchnopleura  zuge- 
schrieben. Von  manchen  Seiten  wird  indessen  dem  Entoderm  eine 
wichtige  Rolle  bei  der  Bildung  des  lymphatischen  Apparates  und  der 
Milz  zugesprochen  (Maurer). 

de  Meuron  hat  nachgewiesen,  daß  bei  Amphibien  der  Oesophagus, 
nachdem  er  zuerst  ein  Lumen  hatte,  obliteriert  und  als  kompaktes 
Rohr  eine  Drehung  um  die  Längsachse  durchmacht,  worauf  er  erst  sein 
bleibendes  Lumen  erhält. 

Handbuch  der  Entn'ickeHingslehre.     II.  1.  12 


178 


F.  Maurer, 


Die  Entwicklung  der  Magen-  und  Darmdrüsen  bei  Amphibien 
ist  bekannt.  Bensley  giebt  an,  daß  beim  Axolotl  von  9  mm  Länge 
zuerst  im  Magen  schlauchförmige  Sprossen  als  Drüsenanlagen  auf- 
treten. Im  oberen  Teil  des  Magens  sollen  sie  Bläschenförmig,  im 
unteren  (Pylorus-)  Teil  einfach  gestreckt-schlauchförmig  sein.  Zwischen 
beiden  Regionen  findet  Bensley  Uebergangsformen  der  Drüsen.  Bei 
etwas  älteren  Larven,  von  14  mm  Länge  unterscheidet  Bensley  4  Re- 
gionen :  an  der  Cardia  eine  Zone  frei  von  Drüsen,  das  Epithel  trägt 
hier  Flimmerzellen.  Darauf  folgt  eine  zweite  Region  mit  fiaschenförmigen 
Drüsen:  auch  hier  besteht  in  der  freien  Oberfläche  der  Magenschleim- 
haut Flimmerepithel.  In  der  dritten  Region  bestehen  Haschen-  und  einfach 
schlauchförmige  Drüsen  mit  mucinogenem  Epithel,  darauf  folgt  als  vierte 
Abschnitt  ein  noch  drüsenloser  Pylorusteil.  In  diesem  Abschnitt  haben 
sich  erst  bei  (3,5  cm  langen  Larven  die  Pylorusdrüsen  als  Epithel- 
sprossen ausgebildet.  Die  fiaschenförmigen  und  schlauchförmigen  Drüsen 
der  davor  gelegenen  Abschnitte  sind  alle  zu  zahlreichen  kurzen  sekun- 
dären Schläuchen  ausgewachsen. 

Auch  im  Dünndarm  der  U  r  o  d  e  1  e  n  bilden  sich  durch  Sprossen 
LiEBERKÜHN'sche  Drüsen  aus. 


O  Oo 


*2  flV  0^fiWSwß*ä?/SSl 


Fig.  118  a — d.  Querschnitte  der  Darmwand  von  Alytes.  a  Junge  Larve  vor 
Bildung  der  Darmspirale,  b  Aeltere  Larve,  vor  Beendigung  der  Dotterresorption, 
c  Vor  Beginn  der  Metamorphose,  d  Beginn  der  Darmverkürzung,  e  dotterreiche 
Entodermzellen.  m  innere  Ringmuskulatur  und  Bindegewebe,  m,  äußere  Längs- 
muskulatur.  p  Peritoneum,  d  Dotterplättchen.  r  Riesenzellen,  c  Rundzellenepithel. 
(Nach  Reuter.) 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems. 


179 


Diese  Drüsenbildungen  der  Schleimhaut  entstehen  erst  zu  einer 
Zeit,  wo  die  Muskulatur  des  Magens  und  Darines  sich  bereits  aus- 
gebildet hat.  Die  Drüsenanlagen  entwickeln  sich  bei  Amphibien  als 
die  ersten  Differenzierungen  des  Epithels,  d.  h.  bevor  Faltenbildungen 
zur  Anlage  kommen. 

Die  histologischen  Vorgänge  bei  der  Entwickelung  des  Anuren- 
darms  wurden  neuerdings  von  Ratner  und  Reuter  geschildert. 

Zunächst  ist  an  die  Angaben  von  Götte  zu  erinnern,  wonach 
bei  Bombinator  das  Darmepithel  im  Bereich  des  dottereichen  Mittel- 
darms nicht  aus  den  Dotterzellen  gebildet  wird.  Von  seiten  der  dorsal 
gelegenen  dotterarmen  Entodermzellen,  die  in  der  dorsalen  Hälfte  des 
Embryo  eine  einfache  Epithellage  darstellen,  wird  die  ventrale  dotter- 
reiche Zellenmasse  umwachsen  und  eingeschlossen.  Es  besteht  also 
hier  auch  gleichsam  eine  Darmrinne  an  der  dorsalen  Fläche  des  Dotter- 
sacks, und  von  dieser  aus  entsteht,  indem  sie  ventralwärts  auswächst, 
das  Darmrohr. 

Reuter   an,   daß   die  Dotterzellen  der 

am  Aufbau   der  Darmwand   teil- 

besteht  das  Darmepithel  aus  den  Dotter- 


ventralen 
nehmen, 
zellen  in 
Sorption 


Im  Gegensatz   dazu    giebt 

allerdings 


Entodermhälfte 
Bei  A 1  y  t  e  s  larven 


Unter  fortschreitender  Re- 
Zellformen    unterscheidbar  : 

c). 

den   mesode r  male n 


u 


aus 


mehrfacher  Schicht  (Fig.  118  a). 
des   Dotters   werden    bald    zwei 
Cylinderzellen  und  Rundzellen  (Fig.  118  b 

Die  Muskulatur  des  Darmes  entsteht 
Elementen  zwischen  Serosaepithel  und  Darmentoderm.  Die  äußere  Längs- 
und innere  Ringmuskelschicht  treten  sehr  frühzeitig  auf,  werden  aber 
durch  das  vorherrschende  Wachstum  des  Entodermrohrs  so  auseinander- 
;t,  daß  sie  in  dem  langen  Kaulquappendarm  keine  geschlossene 


gedräng 


Schicht   mehr   bilden, 
ungemein     spärlich 
und  zart. 

Ehe  die  Re- 
duktion der  Darm- 
spirale zu  Beginn 
der  Metamorphose 
eintritt,  stellt  das 
Darmepithel  eine 
hoheCylinderzellen- 
schicht  dar,  zwi- 
schen deren  Basis 
Rundzellen  liegen. 
Außerdem  beginnt 
aber  auch  schon  die 
Bildung  von  Riesen- 
zellen, die  später 
eine    sehr 


Ebenso  ist  das 


Bindegewebe 


des  Larven  darin  s 


nach 


wichtige 
Bedeutung  erlangen 


Ausstoßung,     e  Epi- 
2>  Splanch- 


(Fi 


Fig.  119.    Darm wandung  von  Alytes  unmittelbar 
der  Verkürzung.    Bei  x  Rundzelle  in 
thelkeimlager.     s  Submucosa.     m  Muscularis 
nopleura. 

118  c  u.  d) 

Die  Verkürzung,  die  unter  Aufrollung  der  Spirale  in  der  früher 
geschilderten  Weise  während  der  Metamorphose  erfolgt,  ist  nach 
Ratner  durch  ein  Zusammenschieben  der  Muskelzellen  und  eine 
Faltenbildung  des  Epithels  veranlaßt  unter  mächtiger  Verdickung  des 
Bindegewebes.  Nach  Reuter  ist  die  Verkürzung  veranlaßt  durch 
eine   von   oben   nach  unten  stattfindende  Kontraktion  der  Muscularis, 

12* 


180 


F.  Maurer, 


unter  deren  Einfluß  auch  die  weiteren  komplizierten  Umbildungen  am 
Epithel  erfolgen.  Die  Riesenzellen,  welche  zwischen  den  Basen  der 
hohen  Cylinderzellen  am  Ende  der  Larvenperiode  auftreten,  vermehren 
sich  und  bilden  die  Grundlage  des  späteren  Schleimhautepithels 
(Fig.  119).  Die  Rund-  und  Cylinderzellen  des  Larvendarmepithels 
werden  abgestoßen.  Dadurch  gelangen  die  in  der  Tiefe  liegenden 
Riesenzellen  an  die  Oberfläche  und  machen  sehr  komplizierte  Ver- 
änderungen durch.  Sie  rücken  dicht  zusammen,  und  die  Kerne  in 
jeder  einzelnen  stellen  sich  radiär.  Indem  sich  im  Centrum  einer 
jeden  eine  Flnssigkeitsvakuole  bildet,  werden  die  Riesenzellen  zu 
Bläschen,  die  dann  ins  Darmlumen  sich  eröffnen.  Die  Ränder  der  be- 
nachbarten Cysten  verwachsen  miteinander,  und  auf  diese  Weise  ent- 
steht  das   geschlossene   Epithel.     Im    caudalen   Darmabschnitt   glättet 


a 


Fig.  120.  Differenzierung  der  Riesenzellen  der  Darmwand  von  Alytes  während 
und  nach  der  Metamorphose:  a  Ordnung  der  Kerne  in  den  Riesenzellen  und  Bildung 
von  Zellgrenzen  (r).  ch  Darminhalt,  mm  Muscularis.  p  Splanchnopleura.  b  Cysten- 
bildung  aus  Riesenzellen  (<■)  und  Eröffnung  derselben  (o).  cl  Rundzellen  in' Aus- 
stoßung.   (Nach  Reuter.) 


Die  Elitwickelung  des  Darmsystems. 


181 


sich  das  Epithel,  während  es  im  oberen  Teil  bleibende  Falten  bildet,  da- 
durch dass  Bindegewebe  unter  die  Cystenränder  eindringt  (Fig.  120a  u.b). 
Als  Vorbereitung  zu  diesen  Unibildungen  nimmt  Reuter  eine  Hemmung 
der  Resorption  und  Sekretion  an,  die  sich  bei  Larven  vor  der  Meta- 
morphose in  reichlichem  Auftreten  von  stark  gefüllten  Rundzellen  und 
im  Schiwinden  der  Becherzellen  zeigen  soll. 

Bei  der  Beurteilung  dieses  ganzen  Vorgangs  der  Darmverkürzung 
zur  Zeit   der  Metamorphose   hat   man  daran  zu  denken,  daß  während 
dieser  Entwickelungsperiode,   die   einige   Tage    währt,   keine   Nahrung 
wird.    Es  ist  dies  schon  bedingt  durch  die 
der   Mund-   und   Kiemenhöhle   bei   Anuren 


aufgenommen 
im    Bereich 


Maurer 


hingewiesen 


Umbildungen 
worauf  von 
wurde.  In  dieser  Zeit  wird  wohl  alle  im  Darm- 
kanal befindliche  Nahrung  resorbiert,  auch  schließlich  die  zu  Grunde 
gehenden  abgestorbenen  Epithelzellen,  sowie  die  im  bleibenden  Epithel 
enthaltene  Flüssigkeit.  Auch  die  Lymphbalmen  des  Darmes  leeren  sich, 
und  weun  nun  noch  eine  Kontraktion  der  Muscularis  hinzukommt, 
so  erklärt  sich  daraus  die  Dickenzunahme  der  Muscularis,  sowie  des 
submucösen  Bindegewebes  und  ebenso  die  Aenderungen  am  Epithel 
der  Schleimhaut  (Fig.  121). 

Die  histologische  Differenzierung 


R  i  n  g  z  e  1 1  e  n  s  c  h  i  c  h  t 
bildung, 


. 


Fig.  121.  Querschnitt  der  Magenwan- 
duug  einer  Rana  temporaria  in  Metamor- 
phose, nach  Verkürzung  des  Darmes, 
e  Epithel  mit  Drüsen,  s  Subniucosa.  m' 
m  Muscularis.  ]}  Serosa.  (Nach  Rat- 
ner.) 


der 


der  Darmwandung  bei  Reptilien 
ist  in  neuester  Zeit  von  Giannelli 
bei  Seps  chalcides  geschildert  wor- 
den :  danach  schreitet  die  Entwicke- 
lung  von  der  Speiseröhre  abwärts 
gleichmäßig  fort.  Von  Muskel- 
schichten     kommt     zuerst      die 

zur     Aus- 
i  h  r   folgt   die  Längs- 
zellenschicht.     Auch  die   Sub- 
mucosaund  Mucosa  differenziert  sich 
zuerst  in   der  Speiseröhre   und  im 
Magen,  dann  im  Mittel-  und  zuletzt 
im  Enddarm.   Die  Entwickelung  der 
Schleimhaut  spielt  sich  in  der  Weise 
ab,  daß  zuerst  Längsfalten  durch  Vermehrung 
entstehen.     Sekundär  dringt  dann  Bindegewebe 
die  Epithelfalten  ein.     Dies  beginnt  im   Oesophagus 
Im    Magen    tritt    ebenfalls    zuerst    Zellvermehrung 
Unter   Eindringen  von  Bindegewebsleisten  entstehen 
grübchen.    Von  deren  Grund  aus  sprossen  die  Magendrüsen, 
als  solide  Knospen.    In  diesen  entsteht  später  ein  Lumen,  und 
sprossen  sie  zu  sekundären  Schläuchen  aus. 

Im  Vogeldarm  findet  die  Entwickelung  der  Zotten  zuerst  statt 
und  zwar  giebt  das  Bindegewebe  der  Schleimhaut  den  Anstoß,  indem 
es  zapfenförmige  P'ortsätze  treibt,  die  das  Epithel  vor  sich  herschieben, 
damit    beginnen    epitheliale    Sprossen    zwischen    den    Er- 
der Zotten  in  die  Tiefe  zu  rücken  und  stellen  die 
der  LiEBERKÜHN'schen  Krypten  dar  (Seyfert). 

Die  Entwickelung  der  Drüsen  im  Oesophagus  beginnt  immer  nahe 

Cardia  uud  schreitet  aufwärts  fort  (Oppel). 

Als  nicht  zur  Ausbildung  gekommene  Drüsen  werden  die  lvmpha- 


Epithelzellen  allein 
von  der  Basis   her  in 
und   Mitteldarm, 
am    Epithel    auf. 
dann  die  Magen- 
zunächst 
alsdann 


Gleichzeitig 
hebungen 


der 


Anlagen 


'&    ov 


tischen  Follikel  betrachtet,   welche  bei  manchen 


Vögeln 


(Ente)  in  der 


182  F.  Maurer, 

Wandung  des  Oesophagus  zur  Ausbildung  kommen.  Auch  im  Vogel- 
darm kommt  es  durch  Epithelwucherungen  zu  vorübergehendem  Ver- 
schluß des  Lumens,  sowohl  im  Bereich  des  Oesophagus  (de  Meuron) 
als  im  Rectum  (Minot).  Das  Rectum  wird  am  6.  oder  7.  Tage  ab- 
geschlossen, kurz  bevor  die  Bursa  Fabricii  sich  anlegt.  Eine  Kommuni- 
kation zwischen  WoLFF'schen  Gängen  und  Allantoisblase  bleibt  dabei 
erhalten.  Solch  vorübergehende  Obliteration  des  Darmlumens  finden 
wir  auch  an  andern  Darmstellen.    Bei  Säugetieren  ist  darauf  einzugehen. 

Die  Histogenese  des  Darmrohrs  bei  Säugetieren  und  dem  Men- 
schen ist  viel  genauer  erforscht  worden  als  bei  niederen  Wirbeltieren. 
Der  embryonale  Darm  besitzt  auch  hier  eine  glatte  entodermale  Epithel- 
schicht, und  in  dem  umgebenden  Bindegewebe  tritt  zuerst  die  Ring- 
muskellage auf,  wie  es  auch  bei  Reptilien  bekannt  geworden  ist. 

Die  histologische  Entwickelung  der  Darmwandung  erfolgt  nicht 
im  ganzen  Darmkanal  gleichzeitig,  ebensowenig  tritt  sie  bei  den 
Embryonen  der  gleichen  Art  zur  gleichen  Zeit  ein,  es  bestehen  indi- 
viduelle Schwankungen.  Den  früheren  Angaben  von  Barth  und  Brand 
entsprechen  die  Angaben  Kölliker's.  Die  Entwickelung  der 
Wandung  des  Magens  erfolgt  früher  als  die  des  übrigen 
Darmes.  AndieDifferenzierung  der  M  a  g  e  n  w  a  n  d  schließt 
sich  diejenige  des  Duodenum,  dann  folgt  das  Rectum, 
während  Jejunum  und  Ileum  langsamer  folgen. 

Nach  Barth,  dessen  Angaben  Brand  bestätigte,  entstehen  im 
Magen  und  im  Dickdarm  zuerst  Wucherungen  der  Schleimhaut,  des 
Bindegewebes  und  des  Epithels.  Diese  führen  zur  Bildung  vergäng- 
licher Zotten,  wie  sie  im  Dünndarm  bleibend  gebildet  werden.  Die 
Zotten  verwachsen  mit  ihren  Basen,  und  dadurch  entstehen  Krypten, 
in  deren  Tiefe  eine  hohle  Ausbuchtung  des  Epithels  als  Drüsenanlage 
sich  bildet.  Die  Verwachsung  der  Zotten  schreitet  zu  deren  Spitze  fort, 
und  so  wird  die  Bildung  der  Magengrübchen  verständlich,  ebenso  die 
glatte  Oberfläche  der  Dickdarmschleimhaut.  Auch  im  Dünndarm  ist 
es  ähnlich.  Die  Verwachsuug  schreitet  nicht  bis  zur  Zottenspitze  fort, 
und  zwischen  den  Zotten  entstehen  die  Drüsen  als  Hohlsprossen  des 
Epithels. 

Nach  Patzelt  bildet  sich  die  erste  Anlage  von  Zotten  und  Drüsen  nur 
vom  Epithel  aus,  das  Bindegewebe  nimmt  erst  sekundär  teil.  Es  bilden 
sich  kleine  Höckerchen  durch  lokale  Ausbildung  sehr  hoher  Epithel- 
zellen (Zottenanlagen) ;  zwischen  diesen  findet  man  Nester  von  kurzen 
breiten  Epithelzellen  mit  grundständigen  Kernen  (Drüsenanlagen).  Nun 
erheben  sich  bindegewebige  Höcker  und  Fältchen.  Erstere  dringen  in 
die  Zottenanlagen,  letztere  umgeben  die  Drüsen,  die  also  nicht  durch 
Epithelsprossen,  sondern  durch  Erhebung  des  Bindegewebes  entstehen. 
Nach  den  neuesten  Untersuchungen  von  Voigt  geht  die  Ausbildung 
der  Schleimhaut  beim  Schwein  von  Epithel  und  Bindegewebe  gemein- 
sam aus.  Es  kommt  zuerst  zur  Zerklüftung  der  Schleimhaut,  so  daß 
die  innere  Oberfläche  in  zahlreiche  sehr  unregelmäßige  Felder  geteilt 
wird,  die  durch  Furchen  abgegrenzt  werden.  Unter  Fortschreiten 
dieses  Prozesses  und  Vermehrung  der  Furchen  werden  die  Felder 
immer  kleiner.  An  der  auf  diese  Weise  gewucherten  Schleimhaut  ent- 
wickeln sich  dann  sowohl  Zotten,  wie  Drüsen.  Jene  kleinen  Felder 
hat  man  als  Zottenbasen  bezeichnet,  da  auf  ihnen  nunmehr  kleine  Er- 
hebungen der  Schleimhaut  entstehen ,  welche  weiter  wachsend  die 
Zottenanlagen  darstellen.     Etwas   später    entstehen   am  Grunde  jener 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems.  183 

Furchen  zwischen  den  Zottenbasen  epitheliale  Hohlsprossen .  welche 
in  die  Tiefe  wachsen,  die  Anlagen  der  LiEBERKÜHN'schen  Krypten.  Eine 
frühere  Auffassung  ließ  die  Krypten  durch  teilweise  Verwachsung  der 
Zottenbasen  zustande  kommen,  während  nach  den  Befunden  von  Voigt 
das  Schicksal  der  Zottenbasen  ein  anderes  ist.  Unter  dem  Gesamt- 
wachstum des  Darmrohrs  flachen  sie  sich  ab,  und  es  sprossen  überall 
aus  ihrer  Tiefe  neue,  sekundäre  Zotten  aus.  Die  frühere  Auffassung 
der  Verklebung  der  Zottenbasen  zur  Bildung  der  LiEBERKÜHN'schen 
Krypten  hat  auch  heute  noch  Anhänger.  Sie  ging  von  der  früher 
angeführten  Auffassung  Edinger's  über  die  Bildung  der  Darmdrüsen 
aus.  Wenn  aber  auch  die  embryonale  Entwickelung  der 
Drüsen  in  der  hier  geschilderten  Weise  verläuft,  so 
sind  doch  diese  Thatsachen  der  Ontogenese  nicht  ein 
hinreichender  Grund,  um  die  s t a m m e s g e s c h i c h 1 1  i c h e 
Ausbildung  des  Darmdrüsenapparates  nicht  doch  im 
Edinger's  che  n  Sinne  aufzufassen.  Ich  weise  nur  auf  den 
eigentümlichen  vorbereitenden  Wucherungsprozeß  der  Schleimhaut  hin, 
welcher  der  Zotten-  und  Drüsenbildung  vorausgeht. 

Wie  ich  oben  angab,  bilden  sich  embryonal  im  Darmkanal  auch 
an  Strecken,  wo  Zotten  später  fehlen,  vorübergehend  solche  aus.  So 
wissen  wir  durch  Kölliker  und  Brand,  daß  im  D  ick  dar  m  embryonal 
lange  Zotten  als  Fortsätze  der  Schleimhaut  entstehen.  Durch  Ver- 
wachsung ihrer  Ränder  entstehen  Krypten,  und  die  freie  Darmoberfläche 
wird  glatt.  Dadurch  wird  die  Drüsennatur  dieser  Krypten  in  Frage  ge- 
stellt, die  nur  durch  eine  Modifikation  der  Schleimhaut  entstanden,  nicht 
durch  Sprossung  bedingt  sind.  Die  Auffassung  von  Bizzozero  erhält 
hierdurch  eine  Stütze.  Doch  darf  man  diese  Verhältnisse  nicht  ohne 
weiteres  auf  den  Dünndarm  übertragen.  Schirman  findet  im  Dick- 
darm des  Meerschweinchens  die  erste  Anlage  der  Zotten  schon  dadurch 
rudimentär,  daß  sie  nur  durch  das  Epithel  gebildet  wrerden.  Nur  auf 
eine  ganz  kurze  Strecke,  etwa  1/5  der  Länge,  dringt  von  der  Basis  aus 
Bindegewebe  in  die  Achse  der  Zotte  ein.  Bei  der  Weiterbildung  bleibt 
nach  Schirman  nur  dies  basale  Fünftel  erhalten  und  bildet  die  Krypten 
aus,  während  der  größere  Teil  der  Zottenanlagen  durch  Zerfall  eine 
Rückbildung  erfährt.  Bei  anderen  Säugetieren  findet  dieser  letztere 
Vorgang  nicht  statt.  Seyfert  hat  die  Vorgänge  im  Blinddarm  des 
Kaninchens  geschildert.  Beim  3  Wochen  alten  Embryo  bestehen  schon 
Erhebungen  der  Schleimhaut:  Epithelhöckerchen ,  in  welche  bereits 
kleine  Zapfen  von  Bindegewebselementen  einragen.  Unter  weiterem 
Wachstum  der  Zotten  und  Verwachsungsvorgängen  bilden  sich  Neben- 
räume, die  sich  allmählich  verengern.  Dies  findet  nach  der  4.  Woche 
statt.  In  den  oberen  Abschnitten  der  Zotten  entstehen  in  Form  seit- 
licher Sprossen  des  Epithels  die  Anlagen  der  Drüsenschläuche. 

Am  Uebergang  vom  Magen  zum  Dünndarm,  im  Duodenum, 
kommt  vorübergehend  ein  Verschluß  des  Lumens  durch 
Verklebung  des  wuchernden  Darmepithels  zustande. 
In  neuester  Zeit  wurde  dies  von  Tandler  und  Filimowski  bei 
Kaninchen,  Ratte,  Hund  und  Mensch  beobachtet. 

Beim  Menschen  beginnt  die  Verengerung  am  30.  Tage  und  nimmt  bis 
zum  45.  Tage  zu.  Erst  am  60.  Tage  ist  unter  allmählicher  Reduktion 
des  gewucherten  Epithels  die  normale  Weite  des  Lumens  wieder  her- 
gestellt. Dasselbe  findet  man  in  dem  entsprechenden  Stadium  bei  der 
Ratte  und  dem  Meerschweinchen.     Die  genaueren  Vorgänge  schilderte 


184  F.  Maurer, 

Filimowski  beim  Hund:  Bei  einem  Embryo  von  19  mm  Länge  treten 
am  Uebergang  vom  Magen  ins  Duodenum  starke  Yerinehrungsvor- 
gänge  am  auskleidenden  Epithel  auf.  Sie  ragen  ins  Lumen  ein,  bilden 
eine  mehrschichtige  Zellenmasse,  die  das  Lumen  verengert.  Zuerst 
ist  das  Epithel  ganz  kompakt.  Dann  rücken  die  Zellen  auseinander. 
teils  infolge  des  Gesamtwachstums  des  Darmrohrs,  teils  durch  Ver- 
flüssigung der  Zellen.  Dadurch  entstehen  freie  Räume  zwischen  den 
Zellen.  Letztere  bilden  netzförmig  verbundene  Stränge,  die  das 
Darmlumen  durchsetzen  und  komplizieren.  Diese  Stränge,  die  aus- 
schließlich vom  Epithel,  ohne  jede  Beteiligung  des  unterliegen- 
den Bindegewebes  gebildet  werden,  schwinden  allmählich,  und  es  entsteht 
wieder  ein  einheitliches  Darmlumen.  Ein  Ausbleiben  des  normalen 
Vorganges  kann  zu  Stenose  oder  Atresie  des  Duodenum  führen 
(Tandler). 

Eine  für  Säugetiere  charakteristische  Drüsenform  sind  dieBRUNNER- 
schen  Drüsen  des  Duodenum,  die  Oppel  als  stärker  ausgebildete  und 
in  den  Darm  sekundär  fortgesetzte  Pylorusdrüsen  des  Magens  deutet. 
Sie  entstehen  in  Form  sich  verästelnder  Epithelsprossen  und  erreichen 
bei  Säugetieren  eine  sehr  verschiedene  Ausdehnung:  während  sie  bei 
Monotremen  und  Marsupialiern  sich  nur  wenige  Millimeter  über  den 
Pylorus  hinaus  fortsetzen,  sind  sie  beim  Pferd  bis  zu  7—8  m  ausgedehnt. 
Dazwischen  bestehen  alle  Uebergänge. 

Eine  rein  histologische  Frage  betrifft  d  i e  B  i  1  d  u  n  g  d  e  r  Schleim- 
z  eilen  in  der  Darm  schleim  haut.  Daß  bei  ganz  jungen  Em- 
bryonen die  Zellen  des  Entoderms  noch  indifferent  sind,  wird  niemand 
bestreiten.  Wenn  aber  Schleim-  und  Epithelzellen  sich  differenziert 
haben,  so  fragt  es  sich,  ob  dieselben  von  da  an  ganz  getrennt  bleiben, 
oder  ob  Schleimzellen  auch  später  aus  Epithelzellen  sich  bilden. 
Bizzozero  und  Sacerdotti  nehmen  an,  daß  Schleimzellen  nicht  aus 
Epithelzellen  sich  bilden,  sondern  durch  Mitose  sich  vermehren.  Das 
wird  neuerdings  von  Ascoli  bestätigt.  Andererseits  nehmen  Schmidt 
und  Oppel  an,  daß  Schleimzellen  sich  nicht  mitotisch  teilen  können, 
sondern  stets  aus  Epithelzellen  hervorgehen. 

Zusammenfassend  hebe  ich  nochmals  hervor,  daß  die  Differeu- 
zierungsvorgänge  in  der  Darmwand  sehr  komplizierter  Natur  sind. 
Von  der  Muscularis  tritt  zuerst  die  Ring-,  dann  die  Längs- 
z eilen schicht  auf,  zuletzt  die  Muscularis  mucosae.  Die  Elemente 
faßt  man  allgemein  als  hervorgehend  aus  m  esodermalen  Zellen 
auf,  die  in  gewissen  Entwickelungsstadien  Spindelform  annehmen  und 
die  kontraktile  Substanz  im  Zellkörper  differenzieren.  Bei  der  Ent- 
wickelung  der  Schleimhaut  beginnt  zuerst  die  Ausbildung 
der  Zotten,  daran  schließt  sich  die  Entwickelung  der 
Drüsen.  Vollkommene  Klarheit  über  die  Details  dieser  Vorgänge 
besteht  noch  nicht.  Besonders  sind  die  Vorgänge  der  Verwachsung 
der  Zotten  noch  genauer  zu  erforschen.  Die  Entwickelung  der 
Drüsen  zeigt  jedenfalls,  daß  sie  ontogenetisch  in  Form  von  Epithel- 
sprossen auftreten,  so  daß  die  Auffassung  Bizzozero's,  sie  seien 
nur  Regenerationsherde  für  das  Epithel  der  freien  Schleimhaut 
fallen  zu  lassen  ist,  sie  bilden  vielmehr  thatsächlich  secernierende 
Drüsen.  Die  Auffassung  Edinger's  über  die  phylogenetische  Aus- 
bildung der  Darmdrüsen  halte  ich  durch  die  seither  bekannt  ge- 
wordenen Thatsachen  der  Ontogenie  nicht  für  widerlegt,  auch  hier 
spielt  die  Cänogenese  jedenfalls  eine  wichtige  Rolle. 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems.  185 

Die  lymphatischen  Apparate  der  Darm  schleim  haut. 

Die  lymphatischen  Elemente,  welche  in  der  Darmschleimhaut 
allenthalben  vorkommen,  werden  hinsichtlich  ihrer  Genese  verschieden 
aufgefaßt.  Bei  Petr 0111  yzonten  besteht  eine  Lymphscheide,  die 
das  ganze  Epithelrohr  des  Darmes  umgiebt.  Daß  diese  Bildung 
zugleich  eine  lange  Spiralfalte  im  Darmrohr  in  sich  schließt,  wurde 
schon  bei  der  Besprechung  der  allgemeinen  Entwickelung  des  Darm- 
rohrs hervorgehoben.  Zugleich  ergab  sich  aus  der  Schilderung  Rabl's. 
daß  das  lymphatische  Gewebe,  welches  in  der  Spiralfalte  des  S  e  - 
lach  i  er  dar  ms  sich  findet,  aus  dem  Epithel  der  Splanchnopleura 
hervorgeht,  somit  m es o dermaler  Herkunft  ist.  In  derselben 
Weise  ist  die  Entwickelung  der  lymphatischen  Darmscheide  der  Cyclo- 
stomen  bis  jetzt  vom  Mesoderm  abzuleiten,  indem  Zellen  aus  dem  epi- 
thelialen Verband  der  Splanchnopleura  unter  reichlicher  Vermehrung 
sich  ablösen.  Ich  selbst  habe  bei  anuren  Amphibien  geschildert  und 
abgebildet,  daß  das  e  n  t  o  d  e  r  m  a  1  e  E  p  i  t  h  e  1  d  e  r  D  a  r  in  s  c  h  1  e  i  in  - 
haut  Zellen  austreten  läßt  in  das  unterliegende  Bindegewebe.  Diese 
Elemente  gelangen  in  die  Umgebung  der  Darmgefäße,  in  deren 
Scheiden  angeordnet,  sie  die  Grundlage  des  lymphatischen  Apparates 
darstellen  sollen,  insofern  sie  die  zuerst  gebildeten  Lymphzellen  einer 
Kaulquappe  sind.  Ich  habe  hier  nicht  die  Entwickelung  des  lym- 
phatischen Apparates  zu  schildern,  was  von  anderer  Seite  geschehen 
wird,  ich  wollte  nur  auf  die  beiden  Auffassungen  hinweisen,  die  hin- 
sichtlich der  Ausbildung  derjenige  lymphatischen  Apparate  bestehen, 
die  im  Darmkanal  der  Säugetiere  zur  Ausbildung  kommen.  Für  diese 
linden  wir  in  den  hier  angedeuteten  Formen  die  Grundlage.  Nach 
der  einen  Auffassung  sind  die  lymphatischen  Apparate 
mesodermaler  Herkunft,  nach  der  anderen  Auffassung 
bilden  sie  sich  aus  dem  En toder m.  Hinsichtlich  der  Genese 
der  Follikel  der  Darmwand  der  Säugetiere,  mögen  sie  als  solitäre 
Follikel  im  ganzen  Darin  verbreitet  auftreten  oder  konglobiert  er- 
scheinen, wie  in  den  Tonsillen  und  den  Agniina  Peyeri,  stehen 
sich  die  beiden  oben  präcisierten  Anschauungen  ebenfalls  gegenüber. 
Sie  sind  vertreten  durch  Stöhr  und  Retterer.  In  Deutschland 
ist  bis  jetzt  die  Anschauung  Stöhr's  von  den  meisten  Fachgenossen 
als  richtig  anerkannt,  wonach  das  entodermale  Epithel  keinen  Anteil 
nimmt  an  der  Bildung  lymphatischer  Organe.  Diese  stammen  viel- 
mehr aus  subepithelialen  Elementen,  somit  mesodermalen  Zellen  ab. 
Stöhr  hat  diese  seine  Ansicht  durch  eine  Reihe  sorgfältiger  Arbeiten 
begründet.  Auf  der  anderen  Seite  hat  Retterer  die  Entwickelung  der 
lymphatischen  Organe  der  Darmwand  bei  Säugetieren  aus  dem  ento- 
dermalen  Darmepithel  geschildert.  Es  ist  ungemein  schwer,  aus  den 
Schnittbildern  die  entwickelungsgeschichtlichen  Vorgänge  zu  deuten. 
Wenn  Stöhr  die  Deutungen  Retterer's  als  durch  Schrägschnitte 
veranlaßte  Trugschlüsse  auffaßt,  so  ist  doch  die  ganze  Frage  durchaus 
noch  nicht  als  gelöst  zu  betrachten,  vielmehr  ist  gerade  hier  der  Zu- 
kunft noch  vieles  vorbehalten. 

Die  Entwickelung  der  Tonsillen  geht  nach  Stöhr  von  dem 
subepithelialen  Gewebe  aus.  His  fand  zuerst  die  Anlage  der 
Tonsille  als  eine  Bucht  zwischen  dem  2.  und  3.  Schlundbogenwulst,  die 
von  Schleimhaut  ausgekleidet  ist.  An  Stelle  der  Tonsille  entsteht  zuerst 
eine  leichte  epitheliale  Einsenkimg,  welcher  aber  keinerlei  produktive 
Thätigkeit  des  Epithels  zu  Grunde  liegt  oder  folgt,    Subepithelial 


186 


F.  Maurer, 


B 1  u  t  g  e  - 


treten  Leukocyten  auf,  die  größtenteils  aus  den 
fäßen  stammen.  Sie  nehmen  allmählich  an  Masse  zu,  formieren 
aber  erst  nach  der  Geburt  Follikel.  Sehr  frühzeitig  treten  die  Leuko- 
cyten insofern  zum  Epithel  in  Beziehung,  als  sie  dasselbe  durchwandern. 
Retterer  faßt  die  Entwickelung  ganz  anders  auf.  Er  untersuchte  die 
Entwickelung  der  menschlichen  Tonsille,  wobei  nicht  nur  eine  epitheliale 
Einsenkung  entsteht,  sondern  von  dieser  aus  auch  sekundäre  Sprossen 
ins  Bindegewebe  eindringen.  Die  Elemente  dieser  Epithelsprossen  sollen 

unter  Ablösung  und  Vermehrung 
ihrer  Elemente  die  Follikel  bil- 
den (Fig.  122).  Stöhr  bekämpft 
aufs  heftigste  diese  Auffassung 
Retterer's.  Er  führt  noch  an, 
daß  die  gewundenen  Epithel- 
sprossen, welche  von  der  Epithel- 
einsenkung in  die  Tiefe  wachsen, 
zuerst  kompakt  sind,  dann  aber 
unter  Vermehrung  und  Verhor- 
nung ihrer  Zellen  hohl  werden, 
indem  die  verhornten  Zellmassen 
ausgestoßen  werden.  Stets  sind 
diese  epithelialen  Teile  scharf 
vom  Bindegewebe  abgegrenzt 
und  nehmen  nicht  im  geringsten 
teil  an  der  Bildung  lymphatischer 
Zellen.  Stöhr  weist  das  Be- 
stehen einer  epithelialen  Basal- 
membran überall  nach,  so  daß 
das  Epithel  gegen  das  Bindege- 
webe scharf  abgegrenzt  ist.  Da- 
bei ist  das  ganze  adenoide  Gewebe 
noch  reich  an  sehr  weiten  Blutge- 
fäßen, und  die  dichtesten  Leuko- 
cytenhaufen  liegen  der  Wand  der 
Gefäße  dicht  an.  Nach  Stöhr 
ist  dies  ein  Beweis,  daß  hier 
noch    viele  Leukocyten   aus 


Blutgefäßen      austreten. 


den 
Die 
der 


Rund zellen  bilden    in 

men  schlichen  Tonsille  erst 

beim  3  Monate  alten  Kinde 

Keimcentren,    doch    zeigt    sich 


Fig.  122.  Senkrechter  Schnitt  der  Ton- 
sillenanlage  von  einem  Rindsfoetus  von 
m  i  cm  Länge  (nach  Retterer.),  e  Epithel- 
zapfen.  raus  diesen  austretende  Rundzellen. 

geschlossene  Follikel  mit 
schon  beim  Foetus  ein  Einwandern  der  Lymphzellen  ins  Epithel,  was 
aber  nie  so  stark  wird,  daß  dadurch  die  Epithelgrenze  verwischt  würde. 
Die  weitere  Ausbildung  der  Tonsille  verläuft  sehr  langsam,  so 
daß   sie  auch  beim    10  Monate   alten  Kinde   noch   nicht   vollendet   ist. 

Retterer  hat  aber  bis  in  die  neueste  Zeit  seinen  Standpunkt 
festgehalten,  zahlreiche  Arbeiten  darüber  veröffentlicht  und  eine  große 
Zahl  Säugetiere  der  verschiedensten  Klassen  untersucht  (Kaninchen, 
Meerschweinchen,  Rind,  Pferd). 

Retterer  legt  besonderen  Wert  auf  das  Verhalten  der  basalen 
Epithelzellen,  die  besonders  auch  an  den  Enden  der  Epithelsprossen 
der  Tonsille  rundliche  Elemente  darstellen  sollen.     Hier  nimmt  Rette- 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems.  187 

rer  eine  Ausströmung  von  Epithelzellen  ins  unter- 
lieg e  n  d  e  B  i  n  d  e  g  e  w  e  b  e  an,  eine  abgrenzende  Basalmembran  leugnet 
er.  Von  anderen  Forschern  schließen  sich  viele  der  Ansicht  Stöhr's, 
andere  der  RETTERER'schen  Auffassung  an. 

Mit  Stöhr  nehmen  die  mesodermale  Herkunft  an :  Kölliker, 
v.  Ebner,  Gulland  (Schwein,  Schaf,  Kaninchen,  Schwein);  die 
lymphatischen  Zellen  sollen  aus  den  Capillaren  austreten. 

L y m  p h k n ö t c h e n  der  Da r m  w a n  d  u n  d  A  g mina  P  e y e r i. 
Die  Entwickelung  der  Agmina  Peyeri  wurde  zuerst  von  Stöhr  ge- 
nauer bei  der  Katze  studiert,  Bei  neugeborenen  Tieren  fand  Stöhr 
die  ersten  Stadien  am  unteren  Ende  des  Ileum.  Hier  findet  man 
einen  nicht  scharf  begrenzten  Haufen  rundlicher  Zellen  in  der  Sub- 
mucosa  unter  den  LiEBERKÜHN'schen  Krypten,  der  bis  in  die  obersten 
Schichten  der  Submucosa  hinreicht.  Von  dieser  Zellenmasse  erstrecken 
sich  Fortsätze  in  Schleimhauterhebungen,  welche  als  modifizierte 
Zotten  erscheinen.  Sie  sind  von  geringerer  Größe  als  die  benach- 
barten Darmzotten   und  ihr  Epithelüberzug  erscheint  verschieden,   in- 


d 


—  -z 


_  — 

Fig.  123.  Erste  Entwickelung  der  Darmfollikel  nach  Stöhr.  Senkrechter 
Schnitt  "der  Wandung  des  Coecum  vom  Kaninchen,  a  2l/2  Tage,  b  5  Tage  nach  der 
Geburt.  /  Follikelanlage  subepithelial,  r  ins  Epithel  eingedrungene  Rundzellen. 
2  Zotte  mit  Kundzellen  infiltriert. 

dem  er  hier  nur  aus  Cylinderzellen  dargestellt  ist,  während  Becher- 
zellen fast  ganz  fehlen.  Solche  finden  sich  im  Epithel  der  Darmzotten 
dagegen  in  großer  Zahl.  Hervorzuheben  ist,  daß  schon  in  diesem 
ersten  Entwickelungsstadium  solche  Rundzellen  auch  zwischen  den 
Epithelzellen  der  genannten  modifizierten  Zotten  nachweisbar  sind. 
Nach  Stöhr  sind  sie  durch  die  lebhafte  Färbung  ihrer  Kerne  scharf 
.on  den  mit  hellen  Kernen  versehenen  Epithelzellen  zu  unterscheiden. 
Stöhr  leitet  die  ersten  Rundzellen  aus  Elementen  der  Tunica  propria 
ab,  die  sich  durch  Teilung  reichlich  vermehren.  Ihre  Beziehung  zum 
Epithel  erwerben  sie  erst  sekundär.  Die  Ableitung  von  Epithelzellen 
sieht  Stöhr  als  unhaltbar  an,  weil  alle  Teilungen  in  Ebenen  erfolgen, 
die  parallel  zur  Längsachse  stehen.  .  (Fig.  123  zeigt  diese  Vorgänge 
aus  dem  Coecum  des  Kaninchens.) 


v 


188  F.  Maurer. 

In  wenigen  Tagen  haben  sich  die  Zellen  in  der  Submucosa  so 
vermehrt,  daß  ein  in  der  Tiefe  abgegrenztes  Knötchen  gebildet  ist, 
das  gegen  die  Oberfläche  der  Schleimhaut  zu  allmählich  in  das  Ge- 
webe der  modifizierten  Zotte  übergeht.  An  den  Zellen  des  Knötchens 
sind  reichliche  Mitosen,  dagegen  findet  man  noch  sehr  wenige  Leuko- 
cyten  im  überziehenden  Epithel.  Dann  entwickelt  sich  weiterhin  der 
in  der  Submucosa  gelegene  Teil  der  ganzen  Anlage  zum  Knötchen- 
körper  aus.  Die  Ausbildung  erfolgt  rasch,  so  daß  man  bei  6  Wochen 
alten  Katzen  die  Knötchenkörper  schon  ebenso  groß  findet  wie  beim 
erwachsenen  Tier. 

Retterer  untersuchte  die  Entwickelung  der  PEYER'schen  Plaques 
bei  vielen  Säugetieren:  Kaninchen,  Meerschweinchen,  Wiederkäuern, 
Raubtieren,  und  kommt  zu  dem  Schlüsse,  daß  auch  bei  ihrer  Bildung 
das  Dünn  darin  epithel  die  wesentliche  Rolle  spielt.  Ihm  schließen 
sich  an:  Davidoff  (Meerschweinchen),  Rüdinger  (Wurmfortsatz  des 
Menschen,  in  welchem  LiEBERKÜHN'sche  Krypten  schwinden  sollen 
und  Follikel  ausbilden),  Klaatsch,  welcher  bei  Echidna  ein  Ein- 
dringen von  verästelten  Drüsen  in  die  Follikelmassen  beschrieb  und 
eine  Beteiligung  derselben  an  der  Bildung  von  adenoidem  Gewebe 
für  nicht  unwahrscheinlich  hält,  Auch  Testut  und  Debierre  schließen 
sich  der  Ansicht  Retterer's  an.  Mrae.  Naville  leitet  beim  Hund 
die  Follikel  ebenfalls  vom  Darmepithel  ab.  Andere  behandeln  die 
Frage  der  Herkunft  der  Follikel  als  offene  Frage,  wie  Prenant  und 
Poirier. 

Für  die  mesodermale  Herkunft  der  PEYER'schen  Plaques  und 
solitären  Darmfollikel  sprechen  sich  nach  eigenen  Untersuchungen 
aus:     Flesch  und  Rubelt,   Zawarykin,   Tomaskin,    Czermak  und 

KÜCHENMEISTER. 


4.  Leber  und  Pankreas. 

Die  Anlage  der  Leber  und  des  Pankreas  treten  bei  sämtlichen 
Wirbeltieren  an  der  Grenze  zwischen  Vorder-  nnd  Mi tt ei- 
darm auf.  Wir  sind  jetzt  über  diese  Vorgänge  genau  informiert 
durch  eine  große  Anzahl  von  Arbeiten  auf  diesem  Gebiet  in  den  letzten 
Jahren. 

a)  Die  erste  Anlage  der  Leber. 

Bei  Amphioxus  entsteht  eine  kurze  Strecke  hinter  dem  Kiemen- 
darm ein  Divertikel  der  ventralen  Darmwand,  das  schon  früher  als 
Leberblindsack  gedeutet  wurde.  Seine  Entwickelung  ist  in  neuerer 
Zeit  von  Hammar  beobachtet  worden  (Fig.  124).  Dies  Divertikel  er- 
scheint bei  Larven  von  3,5  cm  Länge  und  löst  sich,  rückwärts  fort- 
schreitend, vom  Darmrohr  ab,  so  daß  es  einen  nach  vorn  blind  endigen- 
den Schlauch  darstellt,  der  mit  seinem  hinteren  Ende  in  den  Darm 
mündet.  Das  blinde  Ende  erstreckt  sich  bis  zum  hinteren  Ende  des 
Kiemendarms  (Fig.  124b).  Eine  weitere  Ausbildung  erfährt  dies  Ge- 
bilde bei  Amphioxus  nicht.  Ein  dem  Pankreas  vergleichbares  Organ 
fehlt  dem  Amphioxus. 

Für  Cyclo sto inen  sind  die  Angaben  von  Balfour,  Götte, 
Kupffer,  Brächet  maßgebend.  Die  erste  Anlage  der  Leber  be- 
steht hier  in  Form  eines  unpaaren .  median  gelegenen  Divertikels, 
welches   an    der    ventralen    Darmwand    am    oben   angeführten   Punkte 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems. 


189 


entstellt  (Fig.  134e).  Es  bilden  sich  von  diesem  Divertikel  sekundäre 
Sprossen  ans,  welche,  weiter  wachsend,  eine  tnbnlöse  Drüse  (Fig.  125 
und  126)  formieren.  Die  Mündungsstelle  des  Organs,  welche  zuerst 
in  der  ventralen  Darm  wand  liegt,  ändert  sich,  insofern  sie  um  die  rechte 
Cirkumferenz  des  Darmrohrs  herumrückend,  bis  zur  dorsalen  Cirkum- 
ferenz  sich  verlagern  kann  (Brächet). 

Nach  Götte  setzt  sich  die  unpaare  Leberbucht  durch  einen  ver- 
dünnten Leberstiel  (den  späteren  Ausführgang)  von  der  ventralen 
Darmwand  ab.  Diese  Leberbucht  treibt  Sprossen,  wie  oben  erwähnt, 
und  eine  solche  der  rechten  Seite  erscheint  blasenförmig  und  wird  zur 
Gallenblase. 

Nach  Kupffer  läßt  dagegen  die  primäre  Leberbucht  3  Abschnitte 
von  vornherein  unterscheiden:  einen  medianen,  die  spätere  Gallen- 
blase, und  zwei  seitliche,  die  zu  den  Leiterlappen  aussprossen.  Eine 
Verlagerung  der  ventralen  Mündung  auf  die  dorsale  Darinliäche  durch 


Fig.  1*24.  Sagittaler  Längsschuitt  von  Amphioxus  (Rumpfmitte).  a  Larve 
von  3,5  mm,  b  solche  von  4,5  mm  Länge,  nach  HAMMAR.  h  Leberblindsack,  d 
Mitteldarm,     c  Chorda.    K  letzte  Kiemenspalten. 


Wanderung  um  die  rechte  Cirkumferenz,  erkennt  Kupffer  nicht  an. 
Vielmehr  bildet  sich  dorsal  eine  selbständige  Ausbuchtung  der  Darmwand, 
genau  der  Leberbucht  gegenüber.  Jene  dorsale  Sprosse  teilt  sich  in 
einen  rechten  und  linken  Ast.  Der  linke  wird  zu  lymphatischem  Ge- 
webe, der  rechte  verbindet  sich  ventralwärts  mit  der  Leberanlage,  und 
unter  Obliteration  des  ventralen  Leberstieles  wird  die  dorsale  Mündung 
zum  einzigen  Abfuhrweg  der  Leber.  Brächet  neigt  der  Ansicht 
Götte's  zu.  Vor  allem  konnte  er  die  Wanderung  der  ventralen  Mün- 
dung des  Leberstiels  dorsalwärts  in  verschiedenen  Stadien  feststellen. 
Die  von  Kupffer  angegebene  dorsale  Bucht  fand  er  nicht.  Auch  hin- 
sichtlich der  Gallenblase  stimmt  er  Götte  zu. 

Bei  Selachiern  (Pristiurus,    Scyllium,  Torpedo)   findet  sich   die 
erste  Leberanlage  in  Form  einer  länglichen  rinnenartigen  Ausbuchtung 


190 


F.  Maurer, 


der  ventralen  Darm  wand  vom  Sinus  venosus  des  Herzschlauchs  bis 
zum  Ductus  omphaloentericus  (Fig.  127a).  Während  Balfour  und 
Hammar  von  vornherein  3  Abschnitte  an  dieser  Bildung  unterscheiden, 
einen  medianen,  der  zur  Gallenblase  wird,  und  einen  paarigen,  welcher 
den  rechten  und  linken  Leberlappen  bildet,  ist  nach  Brächet  die 
erste  Anlage  einfach.  Später  erst  sondert  sich  ein  cranial- 
w ä r t s  gelegener  Teil  in  eine  rechte  und  linke  Hälfte. 
die  Anlage  der  b e i d e n  L e b e r  1  a p p e n  (P  a r  s  h e p a t i c a),  wäh- 
rend eine  am  C a u d a  1  e n d e  der  Rinne  entstehende  unpaare 
Bucht  (Pars  c  y  s  t  i  c  a)  die  Anlage  der  Gallenblase  bildet 
(Fig.  127b).  Die  gesamte  Anlage  schnürt  sich  mehr  und  mehr  vom 
Darmrohr  ab,  so  daß  bald  nur  ein  dünner  Schlauch  als  Ductus  cho- 
ledochus  die  Kommunikation  herstellt. 

Diese  Anlage  der  Leber  tritt  bei  Selachiern  viel  früher  auf,  als 
die  dorsale  Pankreasanlage.  Die  Angabe  von  Laguesse,  daß  die 
paarigen  Leberdivertikel  (Pars  hepatica)  bei  Acanthias  erst  kurz  nach 
der  Anlage  des  dorsalen  Pankreas  aufträten,  wird  von  Brächet  zurück- 
gewiesen, da  seine  eigenen  und  die  Befunde  von  Mayr  dies  widerlegen. 

Bei  Teleostiern  bildet  sich  nach  Balfour,  Göppert,  Stöhr 
und  Laguesse  die  Leber  der  Forelle  in  Form  einer  kompakten  Wuche- 
rung der  ventralen  Darm  wand,  zu  einer  Zeit,  wo  auch  der  Darm 
noch  kein  Lumen  besitzt.  Die  Anlage  liegt  etwas  weiter  nach  vorn, 
cranialwärts,  als  die  später  auftretende  dorsale  Pankreasanlage.  Erst 
sekundär  entsteht  in  der  Leberanlage  wie  im  Darm  ein  Lumen,  das 
zuerst  als  unregelmäßige  Spalten  auftritt  (Göppert).  Die  Leberanlage 
rückt  etwas  caudalwärts,  so  daß  sie  der  dorsalen  Pankreasanlage  dann 
genau  gegenüberliegt.  Ferner  führt  der  Darm  eine  geringe  Rota- 
tionsbewegung aus,  so  daß  die  Mündungsstelle  des  Ausführgangs,  der 
durch  allmähliche  Abschnürung,  gerade  wie  bei  Selachiern,  entstanden 
ist,  an  die  rechte  Seite  der  Duodenalwand  zu  liegen  kommt  (Fig.  129). 


a 


Fig.  125.  Querschnitte  der  Lebergegend  junger  Larven  von  Petromyzon.  a)  P. 
Plaueri,  3,8  min  lang  (nach  Brächet),  b)  P.  fluviat.,  Larve  gerade  gestreckt  (nach 
( }ÖTTE).  i  Darm,  g  Leberstiel.  L  Leberschläuche,  c  Cölomepithel.  x  dorsales, 
y  ventrales  Mesenterium,     d  rechtes,  g  linkes  dorsales  Lebergekröse. 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems. 


191 


Unser  Wissen  über  die  Leberanlage  bei  Ganoiden  (Fig.  128L) 
beschränkt  sich  auf  die  Angaben  von  Balfour  und  v.  Kupffer,  der  sie 
beim  Stör  zuerst  als  eine  Reihe  von  Divertikeln  hinter  dem  Magen,  am 
Anfang  des  Mitteldarms  erkannt  hat.  Ob  hierin  auch  die  ventrale 
Anlage  des  Pankreas,  die  Kupffer  beschrieben  hat,  enthalten  ist. 
wie  Brächet  angiebt,  bleibe  dahingestellt. 

Die  Leberentwickelung  bei  Amphibien  wurde  nach  Götte  von 
Shore,  Weysse,  Hammar  untersucht.  Götte  findet  die  erste  Anlage 
als  eine  hohle  Ausstülpung  des  Vorderdarms.  Deren  cranialer  Teil 
schnürt  sich  ein,  sondert  sich  vom  Darmrohr  und  sproßt  zu  Leberschläu- 
chen aus,  während  der  caudale  Teil  zur  Gallenblase  wird.  Shore 
und  Weysse  schildern  die  Leberanlage  beim  Frosch  als  in  inniger  Be- 
ziehung zum  vorderen  Teil  der  dotterreichen  Entodermzellen  stehend. 
Hinter  dem  Herzschlauch  verlängert  sich  das  Darmlumen  dorso-ventral- 
wärts  und  senkt  sich  in  die  hier  befindliche  ventrale  Dotterzellenmasse 
hinein.  Diese  Dotterzellen  bilden  sich  direkt  zu  Leberzellen  um 
(Shore).  Weysse  findet  als  erste  Umbildung  dieser  Dotterzellen 
eine  reichliche  Pigmentkörnchenbildung.  Weysse  macht  darauf  auf- 
merksam, daß  eine  Divertikelbildung  mechanisch  unmöglich  ist.  Eine 
beschränkte  Anzahl  von  Dotterzellen,  welche  die  ventrale  Fläche   des 


Fig.  126.  Querschnitt  der  Lebergegend  einer  Larve  von  Petromyzon  f luv.,  etwas 
älter  als  Fig.  125b.  (Nach  Götte.)  Bezeichnungen  s.  Fig.  125. 


Darmrohrs  unmittelbar  hinter  dem  Herzen  einnehmen,  bildet  direkt 
die  Leberanlage,  und  diese  wird  von  der  ventralen  Fläche  des  Darm- 
rohrs dadurch  getrennt,  daß  sich  eine  mesodermale  Gewebsschicht 
zwischen  beide  Abschnitte  der  ventralen  Dotterzellenmasse  einschiebt. 
Aus  den  neuesten  Angaben  von  Hammar  ergiebt  sich,  daß  man  auch 


192 


F.  Maurer, 


bei  Amphibien  einen  cranialen  und  c a ud a  1  e n  Abschnitt  der  Leber- 
anlage ähnlich  wie  bei  Selachiern  unterscheiden  kann.  Aus  dem  ersteren 
geht  das  Netz  der  Leberschläuche  hervor,  während  in  dem  letzteren 
die  Anlage  der  Gallenblase  enthalten  ist  (Brächet). 

Auch  bei  Amphibien  macht  die  Leberanlage  eine  geringe  Rück- 
wärtsverlagerung durch,  indem  ihr  Ausführkanal  zuerst  cranio-caudal 
und  später  dagegen  in  caudo-cranialer  Richtung  verläuft. 

Bei  Reptilien  finden  wir  widersprechende  Angaben  über  die 
Art  der  ersten  Leberanlage,  doch  sind  die  Angaben  von  Brächet 
am  wichtigsten,  wonach  die  sonst  als  erste  Anlage  beschriebenen  Be- 
funde schon  spätere  Zustände  sind. 

Hoffmann  schildert  die  erste  Anlage  der  Leber  bei  Lacerta  in 
Form  zweier  Divertikel,  die  sich  als  rechtes  und  linkes  aus  der  ven- 
tralen Wand  der  Darmanlage  gerade  vor  dem  Ductus  omphalo-ente- 
ricus  bilden.  Die  beiden  Divertikel  sprossen  zu  Leberschläuchen  aus. 
Das  rechte,  von  vornherein  voluminösere  bildet  in  Form  einer  späteren 
blindsackartigen  Ausstülpung  die  Anlage  der  Gallenblase.  Die  ersten 
Divertikel  selbst  werden  zu  Ausführgängen. 


Hammar 
als    einfache , 


betrachtet   die 
aber    offenbar 


erste 
an    der 


Anlage 


der    Leber 
Hand    späterer 


der    Eidechse 
Stadien.      Die 


Mündungsstelle  des  Ausführgangs  liegt  genau  an  der  Stelle,  wo  auch 
der  Ductus  omphalo-entericus  zum  Darm  tritt. 

Brächet  hat  die  Leberentwickelung  an  einer  kompleten  Serie 
von  Embryonen  von  Lacerta  muralis  studiert  und  findet  sie  in  Ueberein- 
stimmung  mit  den  Verhältnissen  bei  Selachiern.  Die  erste  Leber- 
anlage tritt  auch  bei  der  Eidechse  als  longitudinale  A u s b  u c h - 


G.         P. 


J. 


Fig.  127.  Scheraatischer  Längsschnitt  durch  die  Mitteldannanlage  von  Torpedo. 
a  Embryo  mit  50,  b  mit  82  Somiten.  Nach  Mayr.  G  Magen.  /  Enddarm.  vDp,  hDp 
vordere  und  hintere  Darmpforte,  dv  Dottergang,  h  ;Leber.  p  Pankreasanlage. 
er  craniales,  cd  caudales  Ende  des  Schnittes. 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems. 


193 


tung  an  der  ventralen  F lache  des  Darmkanals  auf  und  er- 
streckt sich  vom  hinteren  Ende  des  Herzschlauchs  (Sinus  venosus) 
nach  hinten  bis  zum  Ductus  omphalo-entericus.  Die  auf  diese  Weise 
bestehende,  mit  epithelialer  Wandung  versehene  Rinne  verhält  sich 
nun  in  ihrem  vorderen  Abschnitt  wesentlich  anders  als  in  ihrem  hinteren 
(caudalen).  Durch  aktive  Zellwucherung  bilden  sich  aus  den  vorderen 
zwei  Dritteln  dieser  Rinne  Leberzellenschläuche.  Das  hintere  caudale 
Drittel  wird  zur  Gallenblase  und  Ausführgang.  Man  kann  also,  wie 
bei  Selachiern,  eine  craniale  Pars  hepatica  und  eine  caudale 
Pars  cystica  der  ersten  Leberanlage  der  Eidechse  wohl  unterscheiden. 
An  der  Pars  hepatica,  der  Anlage  der  Leberschläuche  tritt  frühzeitig 
eine  Sonderung  in  einen  vorderen  und  hinteren  Abschnitt  ein,  dadurch 
daß  ein  in  querer  Richtung  verlaufender  Zellenstreifen  keine  Leber- 
zellen ausbildet.  Durch  diesen  Streifen  zerfällt  die  Leber  in  eine 
vordere  (craniale)  und  hintere  (caudale)  Knospe.  Die  craniale  Knospe, 
welche  terminal  (distal)  sich  teilt  und  weitersproßt,  wird  in  ihrem  proxi- 
malen Abschnitt  zu  einem  Ductus  hepato-entericus. 

Die  caudale  Knospe,  distal  ebenfalls  sich  teilend  und  zu  Leber- 
schläuchen weitersprossend,  bleibt  in  Verbindung  mit  der  Gallenblase 
und  bildet  einen  Ductus  he- 
pato-cysticus.  Weiterhin  setzt 
sich  die  Gallenblase  schärfer 
vom  Darmrohr  und  Duct.  he- 
pato-entericus ab  und  steht  nur 
noch  durch  einen  längeren 
Ductus  cysticus  damit  in  Zu- 
sammenhang. In  einem  kurzen 
Ductus  choledochus  münden 
alle  Ausführwege  der  Leber 
gemeinsam  in  den  Darm. 

Die  Anlage  der  Leber 
beim  Vogel  reiht  sich  nach 
den  Arbeiten  von  Hammar 
und  Brouha  direkt  an  die 
Verhältnisse  bei  Lacerta  an, 
wenn  auch  die  Weiterbildung 
kompliziertere  Zustände  her- 
vorbringt (Fig.  130a  u.  b). 

Götte  schilderte  die  Anlage  der  Leber  beim  Hühnchen  als  eine 
paarige,  indem  sich  symmetrisch  ein  rechtes  und  linkes  Divertikel  aus 
dem  Darm  ausstülpen.  Im  Gegensatz  dazu  hat  Felix  später  hervor- 
gehoben, daß  die  beiden  Divertikel  nicht  als  ein  rechtes  und  linkes, 
sondern  als  ein  craniales  und  ein  c  a  u  d  a  1  e  s  unterschieden  werden 
müßten.  Dies  wurde  von  Hammar  bestätigt.  Nach  Felix  entsteht  das 
craniale  Divertikel  zuerst,  und  zwar  am  Ende  des  2.  Bebrütungstages. 
Dasselbe  wächst  zwischen  Sinus  venosus  und  ventraler  Darmfläche, 
also  dorsal  vom  Sinus  venosus,  cranialwärts  aus.  Später  wächst  das 
caudale  Divertikel  aus  der  vorderen  Darmpforte  hervor  und  dehnt  sich 
infolge  der  Linksdrehung  des  Embryo  und  der  dadurch  bedingten 
Kompression  der  linken  Körperhälfte  nach  der  rechten  Seite  weiter 
aus.  Es  ist  das  von  Götte  als  rechtes  Divertikel  bezeichnete  Ge- 
bilde, das  längs  der  ventralen  Fläche  des  Sinus  venosus  cranialwärts 
weiterwächst.     Dabei   schnürt   es  sich  vom  Darm  mehr  und  mehr  ab, 

Handbuch  der  Entwiclcelungsk-hre.     II.  1.  13 


Fig.  128.  Medianer  Sagittalschnitt  des 
vorderen  Rumpfteils  einer  Acipenserlarve 
(nach  Balfour).  o  Oesophagus,  m  Magen 
mit  Dotterzellen.  L  Leber,  e  Darm,  m  Nerven- 
system,    c  Chorda,     h  Herzschlauch. 


194  F.  Maurer, 

wächst  hauptsächlich  in  die  Breite  und  umfaßt  als  lumenlose  kom- 
pakte Zellenmasse  von  vorn  her  den  Sinus  venosus.  Der  craniale 
Gang  wächst  mehr  in  die  Länge,  weniger  in  die  Breite.  Von 
seinem  cranialen  Ende  gehen  rechts  zwei,  links  ein  schmaler  Fortsatz 
um  den  Sinus  venosus  herum,  um  sich  später  mit  den  beiden  Lappen 
des  caudalen  Divertikels  zu  verbinden.  So  entsteht  um  den  Sinus 
venosus  herum  ein  schanzkorbartiges  Gebilde,  von  vielen  Löchern 
durchbohrt  (von  Brunn).  Am  Darmende  des  caudalen  Divertikels  ent- 
wickelt sich  später  als  spindelförmige  Erweiterung  die  Gallenblase,  und 
damit  zerfällt  der  aus  dem  caudalen  Divertikel  entstandene  Gang  in 
einen  Ductus  cystico-entericus  und  die  Ductus  hepato-cystici.  Diese 
werden  gegenüber  dem  aus  dem  cranialen  Divertikel  entstandenen 
Gang  sehr  eng,  so  daß  der  craniale  Gang  von  nun  an  den  Haupt- 
ausführgang der  Leber  bildet.  Bei  Vögeln,  welchen  die  Gallenblase 
fehlt  (Tauben,  Papageien),  erhält  sich  der  craniale  und  caudale  Gang 
in  gleicher  Stärke.  Nach  Hammar  verhält  sich  die  Entwickelung  bei 
der  Ente  genau  so,  wie  sie  Felix  vom  Hühnchen  schilderte.  Hammar 
hat  aber  nun  weiter  diese  Verhältnisse  auf  die  von  Brächet  ge- 
wonnenen Resultate  bei  Selachiern  und  Reptilien  bezogen  und  rindet 
die  Zustände  insofern  vergleichbar,  als  an  der  ganzen  Leberanlage  ein 
cranialer  und  caudaler  Abschnitt  zu  unterscheiden  ist,  wozu  bei  Rep- 
tilien noch  eine  weitere  Sonderung  der  cranialen  Pars  hepatica  in  ein 
craniales  und  caudales  Bläschen  (gouttiere  hepatique  primitive)  ent- 
stand. Das  letztere  tritt  schon  bei  Reptilien  in  nähere  Beziehung  zur 
caudalen  Pars  cystica  der  gesamten  Leberanlage.  Die  neueste  Arbeit 
von  Brouha  bestätigt  die  Auffassung  von  Brächet.  Demnach  besteht 
beim  Hühnchen  zuerst  eine  einfache  Leberfalte,  noch 
ohne  jedes  Divertikel.  Daraus  bilden  sich  2  Divertikel,  die  als 
Pars  hepatica  (cranial)  und  Pars  cystica  (caudal)  unterscheidbar  sind. 
Der  Hauptunterschied  der  Anlage  bei  Vögeln  gegenüber  niederen 
Wirbeltieren  besteht  nach  Brouha  darin,  daß  die  Zellsprossung  und 
Leberbälkchenbildung  bei  Vögeln  nur  zögernd  beginnt  und  erst  dann 
einsetzt,  wenn  die  beiden  Divertikel  schon  getrennt  sind.  Diese 
beiden  Divertikel,  in  welchen  Götte,  Felix  und  Hammar 
zuerst  die  primitive  Leberanlage  erblickten,  sind  also 
that sächlich  bereits  sekundäre  Sprossen  der  einfachen 
medianen  Leberfalte. 

Bei  Säugetieren  (Fig.  130  c,  131  u.  132)  nimmt  Kölliker 
eine  paarige  Anlage  der  Leber  an,  wenigstens  beim  Kaninchen.  Die 
beiden  Sprossen  treten  nacheinander  auf,  und  zwar  die  erste  am  10., 
die  zweite  am  11.  Tage.  His  dagegen  schilderte  beim  Kaninchen  und 
ebenso  beim  Menschen  eine  einfache  Leberanlage,  welche  von  der 
ventralen  Wand  des  Darmrohrs  ausging.  Durch  Wucherung  seiner 
Zellen  entstand  eine  kompakte  Zellenmasse,  die  kompakte  Leberanlage. 
Die  Gallenblase  bildet  sich  nach  Kölliker  aus  dem  zuletzt  auf- 
tretenden Divertikel,  nach  His  entsteht  sie  später  als  sekundäres 
Divertikel  des  Leberausführgangs. 

Später  wurden  diese  Verhältnisse  durch  Felix,  Hammar,  Bro- 
man  und  Brächet  untersucht,  und  es  ergiebt  sich  daraus,  daß  die 
Leberanlage  der  Säugetiere  sich  genau  verhält,  wie  bei  niederen  Wirbel- 
tieren. Daß  der  Mensch  davon  keine  Ausnahme  macht,  erweisen  die 
Angaben  von  Swaen. 

Felix  schildert  bei  menschlichen  Embryonen  zwei  Leberanlagen, 
aber   nicht  wie  Kölliker  in  paariger  Anordnung,    sondern  wie  beim 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems.  195 

Hühnchen  in  cranialer  und  c  an  dal  er  Lage  zu  einander.  Doch  sind 
diese  Angaben  Felix'  mit  Vorsicht  aufzunehmen,  da  sie  auf  Grund 
einer  lückenhaften  Serie  gegeben  sind.  Nach  den  Angaben  von  Broman 
besteht  auch  bei  menschlichen  Embryonen  von  ca.  3  mm  Länge  nur 
ein  einziger  Gang,  der  vou  der  ventralen  Darmwand  unter  dem  Magen 
cranialwärts  zieht  und  sich  in  den  Trabekeln  der  bereits  gebildeten 
Leber  rasch  verliert.  Janosik  schließt  sich  den  Angaben  von  Bro- 
man an,  so  daß  auch  nach  ihm  ein  einfacher  Ausführgang  der  Leber- 
anlage von  vornherein  besteht. 

Brächet  hat  die  erste  Leberanlage  an  einer  vollständigen  Serie 
von  Kaninchenembryonen  studiert  und  findet  auch  hier,  daß  die  Leber 
durch  eine  breite  longitudinale  Ausbuchtung  (renflement)  der  ventralen 
Darmwand  sich  anlegt,  welche  sich  vom  hinteren  Herzende  (Sinus 
venosus)  bis  zum  Darmnabel  hinzieht.  Cranialer  und  caudaler  Ab- 
schnitt dieser  ersten  Leberrinne  verhalten  sich  in  der  Folge  verschieden. 
In  der  vorderen  und  mittleren  Partie  dieser  Ausstülpung  wuchern  die 
Zellen  der  epithelialen  Wand  und  bilden  einen  epithelialen  Zellenhaufen, 
der  mit  dem  Septum  transversum  sich  in  Verbindung  setzt  und  die 
kompakte  Leberanlage,  wie  sie  His  schilderte,  darstellt. 

An  dem  caudalen  Teil  der  Wand  dieser  ersten  Leberrinne  findet 
eine  solche  Zellwucherung  nach  Brächet  nicht  statt.  Hier  bleibt  die 
epitheliale  Wand  glatt.  Dieser  caudale  Teil  wächst  später  zur  Anlage 
der  Gallenblase  aus. 

Also  auch  beim  Kaninchen  kann  man  eine  einheit- 
liche Leber  anläge  erkennen,  welche  einen  cranialen  und 
caudalen  Abschnitt  in  ihrem  ferneren  Verhalten  unter- 
scheiden läßt.  Der  erste re  bildet  die  Leberschläuche, 
der  letztere  die  Gallenblase.  Man  kann  sie  also  auch 
hier  als  Pars  hepatica  und  Pars  cystica  bezeichnen. 

So  stellt  die  Leberanlage  weiterhin,  nachdem  sich  ihr  Zusammen- 
hang mit  dem  Duodenum  verengert  hat,  ein  cranialwärts  gerichtetes 
Darmdivertikel  dar,  aus  dessen  caudalem  Ende  als  sekundäres  Diver- 
tikel die  Anlage  der  Gallenblase  hervorgeht. 

Es  erscheint  mir  besonders  von  Bedeutung  für  die  Phylogenie, 
daß  hier  einfachere  Verhältnisse  als  bei  Reptilien  und 
Vögeln  bestehen,  insofern  niemals  eine  Teilung  der  vorderen 
cranialen  Leberanlage  in  zwei  hintereinander  gelegene  Knospen  statt- 
findet. Dadurch  trennen  sich  die  Säugetiere  von  den 
Sauropsiden,  wie  in  so  vielen  anderen  Beziehungen. 

Nach  Hammar  spielt  sich  beim  Säugetier  die  weitere  Ausbildung 
der  Leber  etwas  anders  ab,  so  daß  die  Trennung  der  Pars  hepatica 
und  der  Pars  cystica  nicht  in  gleicher  Weise  erhalten  bleibe,  wie  bei 
niederen  Formen.  Diese  Schwierigkeit  löst  Brächet  in  dem  Sinne, 
daß  er  angiebt,  die  Anlage  der  Pars  cystica  sei  hier  weniger  voluminös 
als  bei  Selachiern  und  Reptilien. 

Die  neuesten  Angaben  von  Swaen  über  einen  jugendlichen  mensch- 
lichen Embryo  schildern  die  Leberanlage  als  eine  Rinne  im  Duodenal- 
bezirk des  Darmes,  die  mit  dem  Septum  transversum  zusammenhängt, 
in  welchem  sie  sich  ausdehnt.  Am  cranialen  Ende  der  Rinne  bestand 
bereits  eine  kleine  Wucherung,  die  sich  abzuschnüren  begann.  Caudal- 
wärts  wird  die  Wand  glatt  und  gleichmäßig.  Die  Leberanlage  des 
Menschen  entspricht  in  diesem  Stadium  somit  vollkommen 
der  gleichen  Anlage  anderer  Säuger. 

13* 


196  F.  Maurer, 

Z  u  s  a  m  m  e  n  f  a  s  s  u  n  g :  Die  erste  Anlage  der  Leber  zeigt  nach 
den  vorstellenden  Schilderungen  bei  allen  Wirbeltieren  den  gleichen 
Plan.  Ihre  Bildungsstätte  ist  die  ventrale  Darmwand  an  der  Grenze 
zwischen  Vorder-  und  Mitteldarm.  Nach  vorn  wird  sie  durch  das 
hintere  Ende  des  Herzschlauchs,  nach  hinten  durch  die  vordere  Darm- 
pforte  begrenzt,  wenigstens  bei  meroblastischen  Eiern.  Sie  bestellt 
zuerst  in  einer  längs  verlauf  enden  Rinne,  der  Leberfalte.  Die  erste 
Anlage  tritt  bei  meroblastischen  Eiern  erst  zu  einer  Zeit  auf,  wo  der 
Embryo  sich  vom  Dottersack  abgehoben  hat,  so  daß  ihre  erste  Anlage 
durch  den  Dotterreichtum  des  Eies  nicht  so  eingreifend  beeinflußt 
wird,  wie  die  erste  Anlage  des  Herzens.  Bei  sämtlichen  Wirbeltieren 
läßt  sich  weiterhin  der  craniale  Abschnitt  der  Anlage  von  dem  caudalen 
unterscheiden :  ersterer  bildet  die  Leberdrüsenschläuche  (Pars  hepatica) 
letzterer  bildet  die  Gallenblase  (Pars  cystica).  Bei  Sauropsiden  teilt 
sich  die  Pars  hepatica  nochmals  in  einen  cranialen  und  caudalen  Teil, 
welch  letzterer  nähere  Beziehung  zur  Gallenblase  erhält.  Dadurch 
werden  die  Ausführgänge  komplizierter.  Säugetiere  und  Mensch  zeigen 
darin  einfacheres  Verhalten.  Bei  Ammocoetes  bedürfen  die  Angaben 
Kupffer's  noch  weiterer  Untersuchung  hinsichtlich  der  dorsalen 
Mündung  der  späteren  Leberanlage.  Es  ist  die  Frage,  ob  diese  der 
dorsalen  Pankreasanlage  höherer  Wirbeltiere  entspricht.  Daß  dies  nicht 
wahrscheinlich   ist,   wird   sich   bei  Betrachtung   des  Pankreas  ergeben. 

1))  Die  weitere  Entwicklung  der  Leber. 

Die  weitere  Leberentwickelung,  die  sich  an  die  betrachtete  erste. 
Anlage  anschließt,  umfaßt  erstens  die  specielle  Weiterbildung  des 
Leberparenchyms,  d.  h.  die  Histogenese,  und  zweitens  die  Lappen- 
bildung der  Leber. 

a)   Die  Histogenese  der  Leber. 

Hinsichtlich  der  Histogenese  der  Leber  bei  Wirbeltieren  sind  nach 
den  früheren  Arbeiten  von  Toldt  und  Zuckerkandl  besonders  die 
Abhandlungen  von  Retzius  und  Braus  von  Bedeutung. 

Der  wesentliche  Fortschritt  in  unserer  Erkenntnis  wurde  durch 
Retzius'  Nachweis  geliefert,  dahin  gehend,  daß  die  Leber  der  C}rclo- 
stomen  eine  echt  tubulöse  Drüse  darstellt,  deren  hohle  Schläuche 
sich  zwar  mehrfach  teilen,  aber  nicht  durch  Anastomosen  zu  einem 
Netzwerk  vereinigt  sind.  Braus  hat  an  der  Hand  dieser  Beobachtung 
die  Frage  nach  der  Histogenese  der  Leber  aufgenommen  und  bei  allen 
Wirbeltieren  durchgeführt.  Die  Schläuche  der  sich  entwickelnden  Leber 
bestehen  bei  Selachiern  und  Amphibien  jederzeit  in  Form  von  netz- 
förmig verbundenen  hohlen  Gebilden.  Die  dickeren  Schläuche  zeigen 
in  Jugendstadien  sehr  weite  Lumina,  die  in  späteren  Entwickelungs- 
zuständen    unter  Abnahme  des  Kalibers  der  Schläuche  enger  werden. 

Bei  Vögeln  bestehen  die  reichlich  verästelten  und  netzförmig  ver- 
bundenen Leberschläuche  aus  kompakten  Bälkchen,  die  kein  Lumen 
besitzen  (Götte,  Felix,  Hammar  und  Froreen).  Später  erst  kommt 
es  zur  Ausbildung  eines  Lumens.  Bis  zu  welcher  Dicke  die  zuerst 
bestellenden  kompakten  Leberbalken  sich  ausbilden,  zeigt  die  Angabe 
Froreen's,  nach  welcher  7 — 8  Zellen  den  Querschnitt  eines  solchen 
Balkens  bilden  können.  Nach  Bildung  des  Lumens  besteht  die  Leber 
aus  einem  Netzwerk  von  Leberschläuchen,  und  die  Maschen  derselben 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems.  197 

werden  von  einem  zweiten  Netz,  durch  Blutgefäße  gebildet,  ausgefüllt. 
Beide  Netze  durchdringen  sich.  So  besteht  die  Leber  zeitlebens  bei 
allen  Wirbeltieren,  mit  Ausnahme  der  Myxinoiden  und  Säugetiere. 
Während  jene  einfachere  Zustände  zeigen,  sind  die  Verhältnisse  bei 
Säugern  viel  komplizierter. 

Beim  4-wöchentlichen  menschlichen  Embryo  fanden  Toldt  und 
Zuckerkandl  die  Leber  genau  wie  bei  niederen  Wirbeltieren,  aus 
einem  Netzwerk  hohler  Schläuche  bestehend,  das  sich  mit  einem  Blut- 
gefäßnetz durchdringt.  Ueber  die  Art,  wie  sich  aus  diesem  Zustand 
der  Läppchenbau  der  ausgebildeten  menschlichen,  resp.  Säuger-Leber 
entwickelt,  gehen  die  Ansichten  auseinander:  Nach  Toldt  und  Zucker- 
kandl dehnen  sich  die  Schläuche  beträchtlich  in  die  Länge  aus,  so 
daß  sich  die  Zahl  der  Zellen,  welche  das  Lumen  eines  Schlauches  be- 
grenzen mehr  und  mehr  verringert  bis  auf  zwei.  Kölliker  dagegen 
schreibt  den  Blutgefäßen  bei  dem  Vorgang  eine  aktive  Rolle  zu,  und 
dieser  Ansicht  schlössen  sich  neuerdings  Van  der  Stricht  und  Kosta- 
necki  an.  Die  zuerst  bestehenden  dicken  Schläuche  werden  durch 
Eindringen  der  allmählich  sich  bildenden  Gefäße  weiter  zerteilt, 
und  so  kommen  die  sekundären  Leberzellbälkchen  zu  stände.  Es  ist 
dies  nur  die  Fortsetzung  eines  ersten  Entwickelungsvorganges ;  denn 
es  besteht  von  vornherein  eine  Beziehung  zwischen  dem  sich  ent- 
wickelnden Leberschlauchnetz  und  den  sprossenden  Blutgefäßen.  Das 
Einsprossen  von  Gefäßen  aus  den  Venae  omphalo-mesentericae  in  die 
zuerst  bestehende  kompakte  Masse  der  Leberzellen,  die  durch  Prolife- 
ration aus  der  Pars  hepatica  der  Leberfalte  entstanden  ist,  ist  die  Ur- 
sache für  die  erste  trabekuläre  Anlage  der  Leber. 

Diese  ersten  Vorgänge  wurden  bei  Amphibien  von  Store  und 
Hammar  übereinstimmend  geschildert.  Bei  Reptilien  besteht  nach 
Hammar  eine  größere  Selbständigkeit  im  ersten  Wachstum  der  Drüse, 
insofern  die  Schläuche  schon  ein  Netzwerk  bilden,  bevor  Blutgefäße 
in  dessen  Maschen  eingedrungen  sind.  Bei  Säugetieren  schildert 
Brächet  diese  ersten  Verhältnisse  so,  daß  die  wachsenden  Leber- 
schläuche sofort  in  Kontakt  mit  den  im  Septum  transversum  verlau- 
fenden Venen  treten,  bei  ihrem  Wachstum  die  Gefäßwand  vor  sich 
herstülpen  und  das  Gefäßlumen  abschneiden.  Wir  sehen  also  hier  alle 
Anschauungen  inbetreff  der  Bildung  des  Leberzellnetzes  mit  dem  es 
durchdringenden  Blutgefäßnetz  ausgesprochen: 

1)  Selbständiges  Wachstum  der  Leberschläuche  und  Verbindung 
desselben  zu  einem  Netzwerk  (nach  Hammar  bei  Reptilien);  2)  Zer- 
teilung  der  kompakten  Leberzellmassen  zu  einem  Netzwerk  von  Strängen 
durch  einsprossende  Blutgefäße  in  diese  Zellenmasse  (nach  Store  und 
Hammar  bei  Amphibien);  3)  Zerteilung  der  Blutgefäße  durch  Ein- 
dringen der  Leberschläuche  in  dieselben  (nach  Brächet  beim  Säuge- 
tier). 

Die  Weiterbildung  der  Säugetierleber  ist  von  Braus  genauer  in 
letzter  Zeit  geschildert  worden.  Daraus  ergiebt  sich,  daß  die  Leber 
der  Säugetiere  durchaus  nicht  gleichartig  ist,  sondern  daß  hinsichtlich 
der  Ausbildung  der  Leber  eine  Reihe  besteht:  Monotremen,  Marsu- 
pialier,  Placentalier.  Alle  zeigen  die  Läppchenstruktur.  Aber  die 
Monotremen  lassen  im  Innern  der  Läppchen  noch  keine  radiären  Leber- 
zellketten erkennen,  sondern  zeigen  teils  unregelmäßige  Zellinseln,  und 
zwar  in  der  centralen  Hälfte  des  Acinus,  teils  aber  noch  ein  Netzwerk 
geschlossener    Leberschläuche,    so   daß   3— 5  Leberzellen  eine  Gallen- 


198  F.  Maurer, 

kapillare  begrenzen.  Dies  bestellt  an  der  Peripherie  des  Läppchens.  Bei 
Marsupialiern  ist  die  Zerteilung  der  Leberschläuche  weitergediehen. 
Hier  begrenzen  höchstens  noch  3  Leberzellen  ein  Lumen.  Braus 
unterscheidet  das  verschiedene  Verhalten  der  Gallenkapillaren  als 
vasozonale  und  cytozonale  Maschen.  Letztere  können  monocytisch 
und  polycytisch  sein.  Genauer  auf  diese  vergleichend-  anatomisch  so 
wichtigen  Zustände  der  fertigen  Leber  einzugehen  ist  hier  nicht  der 
Platz.  Es  ist  nur  embryologisch  noch  hervorzuheben,  daß  nach  den 
Angaben  von  Kostanecki  und  Braus  die  Anordnung  des  Leber- 
gewebes zur  Zeit  der  Entwicklung  des  intratrabekulären  Gefäßnetzes 
vollkommen  unregelmäßig  ist.  Aber  erst  nach  der  Geburt  erscheint, 
wie  Toldt  und  Zuckerkandl  schon  angaben,  der  lobuläre  Bau  und 
die  radiäre  Struktur  der  einzelnen  Lobuli  (Brächet).  Czerny  hat 
ferner  darauf  hingewiesen,  daß  an  der  Oberfläche  der  Leber  lange 
Zeit  ein  embryonaler  Zustand  des  Lebergewebes  erhalten  bleibt  (Kanin- 
chen und  Ratte).  An  den  Rändern  der  Ratteuleber  speciell  bleiben 
sogar  Spuren  des  rein  schlauchartigen  Leberaufbaues,  wie  er  in  der 
embryonalen  Leber  besteht,  viel  länger  erhalten  als  bei  anderen  Säuge- 
tieren . 

Hinsichtlich  des  verschiedenen  Verhaltens  der  Aeste  der  Vena 
portae  und  der  Vena  hepatica  während  der  Dauer  der  Embryonal- 
entwickelung der  Leber  sind  die  Angaben  von  Toldt  und  Zucker- 
kandl beim  Menschen  und  die  von  Braus  für  das  Kaninchen  über- 
einstimmend. Schon  beim  jungen  Embryo  kann  man  die  Zweige  der 
nicht  von  Bindegewebe  umhüllten  Lebervenen  leicht  von  den  Aesten 
der  in  das  Bindegewebe  der  GLissoN'schen  Kapsel  eingelagerten 
Pfortader  deutlich  unterscheiden.  Zu  gleicher  Zeit  kann  man  schon 
eine  Läppchenbildung  in  der  Leberanlage  unterscheiden,  aber  noch 
nicht  in  dem  Sinne,  wie  später :  es  fehlt  noch  die  radiäre  Anordnung 
der  Zellbälkchen  und  der  intralobulären  Kapillaren,  und  an  Stelle 
eines  Vas  centrale  bestehen  mehrere,  die  selbst  Kollateralbildungen 
zeigen.  Auch  die  Aeste  der  Pfortader  sind  zahlreicher  und  unregel- 
mäßiger. Diese  primären  Leberläppchen,  wie  man  sie  bezeichnet  hat, 
werden  durch  das  Eindringen  der  Pfortaderäste  mit  dem  sie  um- 
hüllenden Bindegewebe  iin  das  Lebergewebe  weiter  zerteilt,  und  so 
bilden  sich  die  bleibenden  sekundären  Lobuli,  mit  je  einem  Vas  centrale. 
Die  Zahl  der  sekundären  Läppchen,  welche  aus  einem  primären  Läpp- 
chen hervorgeht,  entspricht  genau  der  Zahl  der  im  primären  Läppchen 
vorher  nachweisbaren  Aeste  der  Lebervene. 

Die  Entwicklung  der  Leber  ist  mit  der  Geburt  noch  lange  nicht 
abgeschlossen.  Nach  der  Geburt  findet  kein  gleichmäßiges  Wachstum 
des  Organes  statt,  sondern  einzelne  Teile  erfahren  eine  Vergrößerung, 
andere  aber  werden  kleiner.  Es  spielt  sich  ein  Vorgang  der  Atrophie 
in  bestimmten  Teilen  der  Leber  ab.  So  kommt  die  Verkleinerung 
des  linken  Leberlappens  zu  stände.  Es  findet  eine  reichliche  Degene- 
ration von  Leberzellen  statt,  während  die  Ausführgänge  der  Degene- 
ration lange  widerstehen  und  zum  Teil  als  Vasa  aberrantia  erhalten 
bleiben.  Solche  finden  sich  besonders  im  Lig.  trianguläre  sinistrum, 
in  der  Brücke  der  linken  Längsfurche,  an  der  Stelle,  wo  die  Vena 
cava  inf.  der  Leber  anlagert,  und  in  der  Umgebung  der  Gallenblase, 
also  vor  allem  an  der  unteren  Fläche  der  Leber  beim  Menschen.  Der 
Grund  der  Atrophie  liegt  in  dem  Druck,  den  die  benachbarten  Organe 
auf  die  Leiter  ausüben.     Czerny  weist  darauf  hin,  daß  an  den  ange- 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems.  1*)!» 

gebenen  Stellen  oft  eine  Rückbildung  von  Leberparenchym  eintritt,  ehe 
dasselbe  fertig  gebildet  war  und  noch  embryonalen  Charakter  zeigte. 
Der  Schwund  wird  eingeleitet  durch  Kompression  und  Rückbildung 
der  Blutgefäße,  woran  sich  eine  Vermehrung  von  Bindegewebe  und 
Zersprengung  der  Leberzellen  anschließt.     Letztere  atrophieren  dann. 

ß)  Die  Entwickelung  der  Leberlappen  bei  höheren 

Wirbeltieren. 

Bei  Vogelembryonen  hatten  Balfour  und  Forster  angegeben, 
daß  die  Leberanlage  von  vornherein  2  Lappen  erkennen  läßt,  welche 
den  beiden  ersten  Divertikeln  des  Darmes  entsprechen.  Später  haben 
Felix  und  Hammar  diese  Angabe  modifiziert,  indem  sie  zeigten,  wie 
die  Derivate  der  beiden  (cranialen  und  caudaien)  Leberknospen,  den 
vereinigten  Stamm  der  Venae  ompholo-mesentericae  umfassend,  eine 
einheitliche  Masse  von  Leberschlauchnetzen  bilden,  die  eine  Einteilung 
in  Lappen  ausschließt.  Beim  Kaninchen  wurde  schon  von  Kölliker 
die  Teilung  der  Leber  in  3  Lappen  erkannt.  Aber  auch  diese  bilden 
sich  sekundär  aus  einer  einfachen  Anlage.  Schon  bei  Embryonen  vom 
12.  Tage  kann  man  3  Lappen  unterscheiden  (His,  Ravn,  Brächet, 
Hammar,  S waen).  Der  eine  liegt  ventral  und  ist  median 
angeordnet.     Die  beiden  anderen  liegen  dorsolateral. 

Der  mediane  liegt  im  Septum  transversum  ventral  vom  Darm 
und  zeigt  Beziehungen  zur  ventralen  Rumpfwand.  Die  dorsolateralen 
Lappen  ragen  über  die  dorsale  Oberfläche  des  Medianlappens  j euer- 
seits empor,  zu  beiden  Seiten  des  Darmes  und  der  mesenterialen 
Scheidewand.  Die  beiden  dorsalen  Lappen  entwickeln  sich  längs  der 
Venae  omphalo-mesentericae  dorso-caudalwärts  weiter. 

Brächet  hat  weiterhin  gefunden,  daß  der  Verlauf  nicht  nur  der 
Venae  omphalo  -  entericae,  sondern  auch  der  Venae  umbilicales  von 
Einfluß  für  die  Bildung  der  Leberlappen  ist.  In  Anschluß  an  die 
Angaben  Swaen's  und  Hammar's  giebt  er  an,  daß  längs  dieser  4  Ge- 
fäßstämme die  Leber  sich  in  dorso-caudaler  Richtung  weiter  ausbildet, 
so  daß  man  4  Lappen  unterscheiden  kann. 

Es  ergiebt  sich  ferner  aus  Brachet's  Befunden,  daß  die  beiden 
längs  der  Venae  umbilicales  nach  hinten  auswachsenden  Lappenarme 
in  Verbindung  miteinander  stehen,  und  zwar  so,  daß  man  sie  als 
direkte  nach  hinten  gewachsene  Fortsätze  des  von  Kölliker  als 
ventral  gelegenen  medianen  Lappens  nachweisen  kann,  während  die 
beiden  längs  der  Venae  omphalo-mesentericae  ausgewachsenen  Lappen 
ganz  voneinander  getrennte  selbständige  Bildungen  darstellen,  die  nur 
an  ihrer  vorderen  ventralen  Fläche  mit  dem  Medianlappen  zusammen- 
hängen.    Sie  entsprechen    den   dorsolateralen  Lappen  v.  Kölliker's. 

Die  Gesamtanlage  der  Leber  stimmt  also  in  auffallender  Weise 
mit  dem  Verhalten  der  Venen,  um  welche  sie  angeordnet  ist,  überein. 
4  Venen,  die  2  Venae  omphalo-mesentericae  und  die  2  Venae  umbili- 
cales, vereinigen  sich  cranialwärts  im  einheitlichen  Sinus  venosus.  Beim 
menschlichen  Embryo  bestehen  keine  so  tiefen  Einschnitte  zwischen 
den  Lappen  wie  beim  Kaninchen. 

Swaen  giebt  an,  daß  bei  Mensch  und  Kaninchen  der  rechte  dorso- 
laterale  Lappen  sich  viel  weiter  nach  hinten  erstreckt,  als  der  linke. 
Die  Angaben  Broman's  von  einem  3  mm  langen  menschlichen  Em- 
bryo stimmen  damit  überein. 

Mit  der  späteren  Umbildung  der  Gefäße  werden  die  Lappen 
weniger  deutlich.     Es  treten  aber  sekundäre  Lappen  auf.     Von  diesen 


200  F.  Maurer, 

ist  der  Lob.  caudatus  und  Lob.  venae  cavae  inferioris  zu  nennen. 
Ravn,  Brächet  und  Swaen  haben  die  Bildung  des  Lobus  caudatus 
bei  Mensch  und  Kaninchen  übereinstimmend  geschildert.  Beim  Kanin- 
chen entstammt  er  der  inneren  Fläche  des  rechten  dorsolateralen 
Lappens.  Er  erscheint  als  ein  kleines  Knötchen,  das  den  freien  Rand 
des  Mesoduodenum  umwandert  und  sich  in  die  Bursa  hepato-enterica 
einsenkt. 

Der  Lobus  venae  cavae  inferioris  bildet  sich  aus  dem  dorsalen 
Teil  des  rechten  dorsolateralen  Lappens. 

Bei  Kaninchen  bildet  er  einen  wohlbegrenzten  Lappen,  der  sich 
weit  caudalwärts  erstreckt  (Brächet,  Hochstetter).  Auch  bei 
niederen  Wirbeltieren  ist  dieser  Lappen  vielfach  beschrieben  worden: 
von  Götte  bei  Bombinator,  beim  Axolotl  von  Brächet.  Klaatsch 
hat  ihn  bei  Amphibien  als  Lobus  descendens  hepatis  bezeichnet.  Bei 
Betrachtung  der  Sonderungen  des  Mesenterium  bleibt  darauf  zurück- 
zukommen. 

Die  Entwickelung  des  Pankreas. 

Ebenso  wie  die  Leber  läßt  das  Pankreas  in  seiner  Entwickelung 
bei  allen  Wirbeltieren  einen  gemeinsamen  Plan  erkennen.  Bei  Cyclo- 
stomen  und  Selachiern  geht  es  nur  aus  einer  dorsalen  Anlage  am  An- 
fang des  Mitteldarms  hervor,  während  bei  allen  übrigen  Wirbeltieren 
zu  dieser  unpaaren  dorsalen  Anlage  noch  eine  paarige  ventrale  An- 
lage hinzukommt,  die  in  naher  Beziehung  zur  Leberanlage  steht. 

Cyclostomen.  Die  Existenz  eines  Pankreas  bei  Cyclostomen 
wurde  bis  vor  kurzem  geleugnet.  Der  Einzige,  welcher  Angaben  über 
die  Entwickelung  dieses  Organs  bei  Ammocoetes  macht,  ist  Kupf- 
fer.  Doch  wurde  dies  Gebilde,  das  als  eine  Ausbuchtung  am  An- 
fang des  Mitteldarms  schon  oben  bei  der  Leberentwickelung  be- 
sprochen ist,  als  dorsale  Leberanlage  gedeutet.  Es  wurde  von  späteren 
Untersuchern  nicht  aufgefunden.  Durch  die  Angaben  von  Maas  wissen 
wir,  daß  Myxine  und  Bdellostoma  ein  dorsales  Pankreas  besitzen, 
und  wenn  dies  auch  angezweifelt  wurde,  so  ist  doch  durch  den  Vor- 
trag und  die  Demonstration  von  Giacomini  auf  dem  Anatomenkongreß 
zu  Pavia  (1900)  jeder  Zweifel  darüber  beseitigt,  daß  bei  Petro- 
myzon  marinus  ein  dorsales  Pankreas  in  deutlicher 
Ausbildung  besteht.  Genauer  ist  seine  Entwickelung  bis  jetzt 
freilich  nicht  bekannt  geworden. 

Bei  Selachiern  sind  wir  besser  über  die  Entwickelung  dieser 
Drüse  unterrichtet.  Balfour,  Hammar,  Brächet  und  Mayr  sowie 
Laguesse  finden  die  Anlage  des  dorsalen  (einzigen)  Pankreas  bei 
Selachiern  in  Form  eines  kurzen  Divertikels  der  dorsalen  Darmwand 
(Fig.  127P).  Dasselbe  liegt  der  Leberanlage  caudalwärts  schräg  gegen- 
über. Diese  Anlage  schnürt  sich  von  vorn  nach  hinten  fortschreitend 
allmählich  vom  Darmrohr  ab. 

Die  Anlage  des  Pankreas  entsteht  etwas  später  als  die  Anlage 
der  Leber  (Brächet,  Mayr).  Nach  Mayr  stellt  die  erste  Anlage 
eine  Rinne  dar.  Dadurch,  daß  diese  sich  von  vorn  nach  hinten  vom 
Darmrohr  abschnürt,  scheint  sich  das  Organ  rückwärts  zu  verlagern. 
Die  Pankreasanlage  kommt  in  Beziehung  zum  cranialen  Ende  der  sich 
gleichzeitig  entwickelnden  Spiralfalte  des  Darmes  bei  Acanthias. 

Durch  die  Beziehung  zur  Spiralklappe  resp.  deren  Ausbildung 
wird  die  Mündungsstelle  des  Pankreas  verlagert.  Sie  rückt  von  der 
dorsalen  Wand  des  Darmes  auf  die  linke  Seite,  um   schließlich   ganz 


Die  Entwickelimg  des  Darmsystems.  201 

ventral  zu  liegen.  Es  ist  hier  noch  auf  Oppel's  Angaben  hinzuweisen. 
Die  ausschließlich  dorsale  Anlage  des  Pankreas  bei  Selachiern  bildet 
eine  Drüse,  in  welcher  zwei  verschiedene  Bestandteile  später  zu  unter- 
scheiden sind.  Der  eine  Bestandteil  ist  die  eigentliche  Pankreasdrüse. 
Die  Zellen  dieser  Drüsentubuli  zeigen  die  bekannten  beiden  Hälften, 
die  basale  kernhaltige  und  die  freie,  welche  Zymogenkörnchen  enthält. 
Zwischen  solchem  Drüsenparenchym  liegen  andersartige  Gebilde,  die 
von  den  Autoren  als  intertubuläre  Zellhaufen  sehr  unzweckmäßig  be- 
zeichnet worden  sind.  In  diesen  erblickt  Oppel  das  Urpankreas  und 
will  mit  diesem  das  einzige  Pankreas  von  Ammocoetes  und  der  Cyclo- 
stomen  überhaupt  vergleichen.  Die  letzten  Angaben  mit  Abbildungen 
von  Giacomini  zeigen  indessen,  daß  auch  bei  Petromyzon  marinus  im 
Pankreas  zweierlei  Schläuche  bestehen.  Ueber  die  Bedeutung  dieser 
beiden  Teile  sind  so  ziemlich  alle  möglichen  Vermutungen  ausge- 
sprochen worden.  Oppel  hat  18  verschiedene  aus  der  Litteratur  zu- 
sammengestellte Ansichten  angeführt,  auf  die  ich  hier  nicht  eingehen 
will. 

Bei  allen  übrigen  Wirbeltieren  besteht  neben  der  dorsalen  auch 
eine  ventrale  Pankreasanlage. 

Bei  Ganoiden  ist  das  Pankreas  dorsale  des  Störs  von 
Kupffer  untersucht  worden.  Hier  bestehen  zwei  dorsale  Pankreas- 
anlagen,  die  nicht  paarig  angeordnet,  sondern  als  craniale  und  cau - 
d  a  1  e  zu  unterscheiden  sind.  Die  craniale  liegt  gerade  dorsal  über  der 
Leberanlange,  also  ebenfalls  am  Beginn  des  Mitteldarms,  während  die 
caudale  am  hinteren  d.  h.  caudalen  Ende  des  Mitteldarms  sich  findet. 
Diese  beiden  Divertikel  sondern  sich  bald  in  je  drei  Abschnitte :  einen 
dorsomedialen  und  zwei  laterale,  einen  linken  und  einen  rechten.  Von 
diesen  3  Abschnitten  bildet  bloß  der  rechte  sowohl  von  der  cranialen, 
wie  von  der  caudalen  Anlage  Pankreasgewebe,  während  die  dorso- 
mediale  sowie  die  linke  Portion  der  beiden  Divertikel  sich  zu  lym- 
phatischem Gewebe  weiter  ausbilden,  in  welchem  Kupffer  die  Anlage 
der  Milz  erblickt.  Die  Pankreasabschnitte  der  beiden  dorsalen  An- 
lagen vereinigen  sich  untereinander  und  treten  auch  mit  der  beim 
Stör  bestehenden  ventralen  Pankreasanlage  in  Verbindung.  Sie  lösen 
sich  vollkommen  von  der  Milzanlage  ab.  Bedeutsam  ist  nur  diese 
Angabe  Kupffer's,  weil  nach  seiner  Auffassung  somit  eine  sehr  nahe 
genetische  Beziehung  zwischen  dorsaler  Pankreasanlage  und  Milz  be- 
steht, die  indessen  zunächst  mit  großer  Vorsicht  aufzunehmen  ist. 
Nach  Brächet  sind  vielleicht  die  beiden  Anlagen  des  dorsalen  Pan- 
kreas in  gewissem  Sinne  vergleichbar  der  cranialen  und  caudalen  Leber- 
knospe bei  Reptilien  und  Vögeln. 

Stöhr  bezweifelt,  daß  die  caudale  dorsale  Pankreasanlage,  die 
Kupffer  bei  Acipenser  schilderte,  wirklich  Pankreasgewebe  bilde,  er 
hält  sie  eher  für  die  Schwanzdarmwnrzel.  Das  wird  von  Kupffer 
widerlegt ,  wonach  die  hintere  dorsale  Pankreasanlage  mit  dem 
Schwanzdarm  nichts  zu  thun  habe,  der  viel  weiter  hinten  liege.  Jene 
Anlage  liefere  sicher  Pankreasgewebe. 

Die  dorsale  Pankreasanlage  bei  Teleo stiem  ist  durch  die 
Untersuchungen  von  Göppert,  Stöhr  und  Laguesse  bekannt  ge- 
worden. Nach  Göppert  (Fig.  129)  bildet  sich  bei  der  Forelle  die 
dorsale  Pankreasanlage  als  eine  Ion  gitudinaleVer  dick  ung  der 
dorsalen  Darm  wand,  die  sekundär  ein  Lumen  erhält.   Diese  An- 


202 


F.  Maurer. 


läge  trennt  sich  mehr  und  mehr  vom  Darm  ab  und  bleibt  nur  durch 
einen  engen  Kanal  zunächst  noch  mit  ihm  in  Verbindung. 

Göppert  und  Laguesse  finden  in  gleicher  Weise,  daß  das  aus 
dieser  dorsalen  Anlage  hervorgesproßte  Pankreas  sich  mit  dem  rechten 

ventralen  Pankreas  sehr  bald 
verbindet,  worauf  der  dor- 
sale Ausfuhr  gang  in  den 
Darm  eine  völlige  Rück- 
bildung erfährt.  So  kommt 
es,  daß  für  das  gesamte 
Pankreas  bei  Teleostiern 
dann  nur  ein  ventraler  Aus- 
führgang besteht,  der  mit 
dem  Ductus  choledochus  ge- 
meinsam in  den  Anfang  des 
Mitteldarms  ausmündet. 

Bei  Amphibien  ist 
die  dorsale  Pankreasanlage 
ebenfalls  sehr  genau  unter- 
sucht worden  durch  Götte, 
Göppert,  Stöhr  und 
Weysse. 

Nach  Göppert  bildet 
sie  sich  bei  Triton  alpestris 
an  der  dorsalen  Darmwand 
im  Beginn  der  Gastroduo- 
denalschlinge,  und  zwar  in 
Form  einer  Ausstülpung 
d  e  s  E  n  t  o  d  e  r  m  s ,  dem  auch 
bald  das  Darmfaserblatt 
folgt.  Die  Ausstülpung  legt  sich  nach  rechts  sackartig  um  und  wächst 
auch  rechts  weiter.  Links  besteht  nur  eine  schwache  Ausbuchtung. 
Diese  dorsale  Pankreasanlage  liegt  etwas  cranialwärts  vom  ventralen 
Leberstiel,  von  welchem  aus  die  ventralen  Pankreasanlagen  entstehen. 
In  der  weiteren  Entwickelung  verhält  sich  die  dorsale  Pankreasanlage 
bei  Urodelen  und  Anuren  insofern  verschieden,  als  sie  bei  Urodelen 
ihren  Zusammenhang  mit  dem  Duodenum  dauernd  erhält,  während 
sie  sich  bei  Anuren  gänzlich  ablöst  nach  Vereinigung  mit  der  ventralen 
Anlage.  Stöhr  schildert  die  dorsale  Pankreasanlage  von  Rana,  wo 
sie  in  Form  eines  Wulstes  des  Entoderms  an  der  dorsalen  Darmwand 
auftritt.     Hier  sind  die  Zellen  kleiner  und  stärker  pigmentiert. 

Auch  bei  Reptilien  und  Vögeln  ist  die  dorsale  Pankreas- 
anlage in  gleicher  Weise  vorhanden  (Götte.  Foster  und  Balfour, 
Duval,  Felix,  Brächet). 

Endlich  findet  sich  auch  bei  Säugetieren  und  dem  Menschen 
die  dorsale  Anlage  des  Pankreas.  An  die  früheren  Arbeiten  von 
Kölliker,  His  und  Balfour  schließen  sich  die  von  Felix,  Stoss, 
Jankelowitz,  Wlassow  und  Brächet  an.  Die  meisten  Autoren 
betrachten  die  erste  Anlage  als  eine  unpaare  Ausstülpung  der  dorsalen 
Darmwand,  doch  giebt  Stoss  eine  erste  paarige  Anlage  an,  und  eben- 
so schildert  Wlassow7  die  erste  dorsale  Pankreasanlage  beim  Schwein 
als  zweilappig. 


Fig.  129.  Querschnitt  durch  den  Anfang  des 
Mitteldarmgebiets  eines  Forellenembryo  von  30 
Tagen.  Nach  Göppert.  D  Duodenum,  dch  Ductus 
choledochus.  pvs  u.  pvd  linke  und  rechte  Anlage 
des  ventralen  Pankreas,  pd  dorsale  Pankreas- 
anlage. s  durch  Punktlinie  angedeutet  deren  Zu- 
sammenhang mit  dem  Darm,  h  ebenso  angedeu- 
tete Mündung  des  Duct.  choled.  in  das  Duodenum. 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems.  203 

Nach  der  Schilderung  von  Stoss  tritt  bei  Schafembryonen  von 
17  —  18  Tagen  (4  mm  Länge)  die  erste  Anlage  des  Pankreas  auf.  Die 
Anlage  des  Mitteldarms  vor  der  vorderen  Darmpforte  besitzt  einen 
sehr  großen  dorso-ventralen  Durchmesser.  Dieser  von  Stoss  als 
primäres  Duodenum  bezeichnete  Darmteil,  der  gerade  aus  der  Darm- 
rinne sich  unter  fortschreitender  Abhebung  des  Embryo  vom  Dotter- 
sack zum  Rohr  abgeschlossen  hat,  sondert  sich  dorso-ventral  in  3  ver- 
schiedene Gebilde.  Der  dorsale  Teil  wird  zur  dorsalen  Pankreasanlage, 
der  mittlere  Teil  wird  zum  bleibenden  Duodenum,  und  der  ventrale 
Teil  stellt  den  primären  Ductus  choledochus  dar,  aus  welchem  auch 
die  ventrale  Pankreasanlage  sich  nun  entwickelt.  Die  dorsale  Pankreas- 
anlage besteht  in  zwei  hohlen  seitlichen  Ausbuchtungen.  Sie  löst  sich 
in  der  Folge  in  caudocranialer  Richtung  vom  Darmrohr  ab.  Die 
Ablösung  wird  beim  Schaf  vollständig  beim  Embryo  von  4,8  mm 
Länge.  Das  Duodenum  führt  um  diese  Zeit  eine  Achsendrehung'  aus, 
so  daß  die  Mündung  des  Ductus  choledochus,  die  ursprünglich  ventral 
liegt,  nach  rechts  und  dorsalwärts  rückt.  Beim  Schaf  findet  also  ge- 
nau der  gleiche  Vorgang  bei  der  Entwickelung  des  Pankreas  statt, 
wie  es  Göppert  bei  Triton  alpestris  geschildert  hat.  Doch  findet 
sich  das  nicht  bei  allen  Säugetieren.  Vielmehr  bleibt  die  Kommuni- 
kation der  dorsalen  Pankreasanlage  in  der  Regel  erhalten  beim  Pferd 
und  Hund,  wo  sie  den  schwachen  Ductus  Santorini  bildet,  der  auch 
öfter  beim  Menschen  besteht.  Beim  Rind  und  Schwein  bildet  dieser 
dorsale  Pankreasgang  sogar  den  einzigen  Ausführgang  des  Pankreas. 
Hier  hat  sich  der  Ductus  Wirsungianus  rückgebildet,  indem  sich  die 
ventrale  Pankreasanlage  so  ablöste,  wie  es  beim  Schaf  die  dorsale 
Anlage  thut. 

Die  ventrale  Anlage  des  Pankreas  findet  sich  außer  bei  Cyclo- 
stomen  und  Selachiern  bei  allen  Wirbeltieren  und  steht  in  Beziehung 
zur  Leberanlage.  Sie  bildet  sich  später  als  die  dorsale  An- 
lage und  entsteht  als  paarige  Di  vertikelbildun  g  von 
dem  bereits  stark  verdünn ten  Ductus  choledochus  aus, 
also  zu  einer  Zeit,  wo  die  Leberanlage  in  ihrer  Entwickelung  schon 
weit  fortgeschritten  ist.  Die  erste  genauere  Kenntnis  von  der  Ent- 
wickelung der  ventralen  Pankreasanlage  verdanken  wir  Göppert, 
der  sie  bei  Amphibien  und  später  bei  Knochenfischen  nachwies. 

Bei  Teleostiern  (Forelle)  bildet  sie  sich  nach  Göppert,  Stöhr 
und  Laguesse  an  der  bezeichneten  Stelle.  Indem  nun  eine  Drehung 
des  Darmes  in  dem  Sinne  erfolgt,  daß  die  Leber  rechts  zu  liegen 
kommt,  findet  sich  die  rechte  ventrale  Pankreasanlage  auf  der  rechten 
Seite,  vom  Ductus  choledochus  aus  dorsalwärts  verlaufend.  Dieser 
Anlage  wächst  die  dorsale  Pankreasanlage  auf  der  rechten  Seite  des 
Darmes  ventralwärts  entgegen  und  vereinigt  sich  mit  ihr.  Die  linke 
ventrale  Pankreasanlage  kommt  bei  der  genannten  Drehung  des  Darmes 
an  dem  rechts  gelegenen  Ductus  choledochus  in  ventrale  Lage.  Die 
aus  der  paarigen  ventralen  Anlage  sprossenden  Drüsenschläuche  des 
Pankreas  liegen  auf  der  rechten  Seite  des  Duodenum  und  dehnen  sich 
dorsalwärts  aus.  Diese  Lagebeziehung  zum  Darm  besitzt  auch  das 
gesamte  Pankreas,  nachdem  sich  die  dorsale  Anlage  gänzlich  vom 
Darmrohr  abgelöst  hat.  Es  würden  nun  2  ventrale  Mündungen 
des  Pankreas  bestehen.  Doch  auch  diese  erleiden  Veränderungen: 
Die  beiden  Mündungen  rücken  mehr  und  mehr  auf  die  Seite  des 
Ductus  choledochus,  welche  dem  Darm  zugewandt  ist,  d.  h.  nach  links 


204  F.  Maurer, 

und  hinten  sieht.  Dabei  nähern  sie  sich  einander,  um  schließlich  zu- 
sammenzutreffen, so  daß  dann  beide  eine  gemeinsame  Mündung  be- 
sitzen. An  dieser  Mündungsstelle  bildet  sich  weiterhin  ein  Kanal  aus, 
der  nun  die  beiden  Gänge  aufnimmt.  So  steht  endlich  das  Pankreas 
nur  durch  einen  kurzen,  sich  gabelig  teilenden  Gang  (Ductus  Wirsun- 
gianus)  mit  dem  Ductus  choledochus  in  Verbindung.  Auf  seinem 
Bildungsgange  tritt  das  Pankreas  auch  mit  der  Vena  portae  in  Be- 
ziehung, die  es  umwächst  (Göppert). 

Bei  Ganoiden  hat  uns  Kupffer  die  paarige  ventrale  Anlage 
des  Pankreas  als  Ausstülpungen  des  primitiven  Leberganges  nahe 
dessen  Mündung  in  den  Darm  kennen  gelehrt. 

Bei  Amphibien  hat  Göppert  die  paarige  Anlage  des  Pankreas 
bei  Triton,  Rana  und  Bufo  in  derselben  Weise  geschildert.  Hier 
wurde  zum  erstenmal  die  Entwickelung  des  Pankreas 
aus  3  Anlagen  bekannt.  Die  dorsale  Anlage  löst  sich,  wie  oben 
angegeben,  bei  Anuren  ganz  vom  Darm  ab,  während  bei  Urodelen  die 
Verbindung  mit  dem  Darm  bestehen  bleibt.  Die  ventralen  beiden  An- 
lagen münden  nicht  dauernd  getrennt,  sondern  vereinigen  sich.  Die 
ventralen  Anlagen  finden  sich,  vom  Leberstiel  ausgehend,  symmetrisch, 
nahe  dessen  Mündung  in  den  Darm.  Die  Weiterbildung  der  ersten 
Anlage  (die  3  Anlagen  finden  sich  bei  6  mm  langen  Tritonlarven)  er- 
folgt nun  in  der  Weise,  daß  die  Divertikel  sich  ausdehnen  und  dann 
ihre  Wandung  eingefaltet  wird.  Indem  diese  Buchten  Sprossen  treiben, 
erfolgt  eine  Vergrößerung  der  beiden  Anlagen,  und  dieselben  vereinigen 
sich  untereinander  und  mit  der  dorsalen  Anlage  rechts  vom  Darm,  so 
daß  bei  7,5  mm  langen  Larven  eine  einheitliche  Pankreasdrüse  mit  3  ge- 
trennten Mündungen  besteht.  Die  beiden  ventralen  Mündungen  ver- 
einigen sich,  indem  sie  einander  näher  rücken,  an  der  rechten  Peri- 
pherie des  Ductus  choledochus  und  bilden  einen  kurzen  gemeinsamen 
Ductus  Wirsungianus  (Larven  von  10  mm  Länge).  Bei  Anuren  spielt 
sich  der  gleiche  Vorgang  etwas  modifiziert  ab  infolge  des  starken 
Längenwachstums  des  Mitteldarms.  Der  Ductus  choledochus  wird  von 
den  beiden  ventralen  Ductus  pancreatici  schlingenartig  umgeben,  doch 
verbinden  auch  diese  sich  vor  ihrer  Mündung  in  den  Ductus  choledochus 
zu  einem  kurzen  einheitlichen  Endstück  (Rana  temporaria,  Larven  von 
11,5  mm  Länge).  Die  dorsale  Pankreasanlage  trennt  sich  vom  Darm 
ab,  sie  liegt  stets,  auch  später  in  der  Konkavität  der  Gastro-duodenal- 
schlinge.  Sie  erreicht  ein  sehr  bedeutendes  Volumen  und  übertrifft 
zur  Zeit  des  Auftretens  der  hinteren  Extremitätenstummel  selbst  die 
Anlage  der  Leber  an  Größe  beträchtlich.  Die  Leber  ist  lange  auffallend 
klein,  um  erst  später  durch  starkes  Wachstum  das  Pankreas  zu  über- 
flügeln. Zur  Zeit  der  Metamorphose  ändert  sich  dies  Verhältnis  noch 
weiter  zu  Ungunsten  des  Pankreas  (Göppert). 

Bei  Reptilien  ist  die  ventrale,  paarige  Anlage  des  Pankreas 
zuerst  durch  Saint  Remy  (Tropidonotus  natrix),  dann  durch  Janosik 
und  vor  allem  genauer  durch  Brächet  bekannt  geworden.  Von  der 
paarigen  Anlage  bei  Lacerta  muralis  bildet  sich  aber  nur  die  rechte 
zu  Pankreasgewebe  aus  und  vereinigt  sich  mit  der  dorsalen  Anlage. 
Die  linke  ventrale  Anlage  verkümmert  unter  Abflachung  der  Wandung 
des  ersten  Divertikels.  Ob  hier  nun  thatsächlich  eine  ventral  rückende 
Verlagerung  des  dorsalen  Ausführgangs  resp.  dessen  Mündung  erfolgt, 
derart,  daß  er  erst  dorsal,  dann  an  die  rechte  Cirkumferenz  und  schließ- 
lich ventral  in  den  Darm  mündet,  wie  Janosik  und  Brächet  angeben, 


Die  Entwickeluug  des  Darmsystems.  ' 


205 


bleibe  dahingestellt,  Die  Mündung  soll  nämlich  dann  in  den  Ductus 
choledochus  erfolgen.  Es  wäre  merkwürdig,  wenn  diese  Mündung 
thatsächlich  aus  dem  dorsalen  Gang  hervorgegangen  wäre  und  nicht 
der  rechten  ventralen  Anlage  entspräche. 

Bei  den  Vögeln  ist  die  paarige  ventrale  Pankreasanlage  von  Felix 
beim  Hünchen,  von  Saint  Remy  bei  der  Ente  geschildert  worden.  Neuer- 
dings  hat  Hammar   sie   von  Larus   canus  und  Stern a  paradisiaca  be- 


a 


/— Hi- 


ng. 130.  Frühe  Entwickelungszustände  der  Leber-  und  Pankreasanlage  vom 
Vogel  und  Säugetier,  nach.  Hammar.  a)  Hühnchen  vom  8.  Tag.  D  Vorder- 
darm, la  craniales-,  lp  caudales  Leberdivertikel.  r  Darmriunc.  b)  Plattenmodell 
eines  Mövenembryo,  7  mm  lang.  D  Darm.  L  Lebertrabekel,  la  cranialer,  lp  cau- 
daler  Lebergang,  pd  dorsales  Panki-eas.  u  Dottergang,  c)  Dasselbe  von  einem 
Kaninchenembryo  von  8  mm  Länge  (11  Tage),  m  Magen,  du  Duodenum.  L  Leber- 
trabekel, g  Gallenblase,  dch  Ductus  choledochus.  pd,  pv  dorsales  und  ventrales 
Pankreas.     dS  Ductus  Santorini.     dW  Ductus  Wirsungianus. 


schrieben  (Fig.  130  b).  Bei  diesen  bilden  sich  wie  bei  niederen  Wirbel- 
tieren 2  ventrale  Pankreasdivertikel.  Nur  das  rechte  liefert  Pankreas- 
gewebe.  Das  linke  soll  sich  nicht  rückbilden,  wie  bei  Lacerta,  sondern 
Lebergewebe  liefern.  Brächet  nimmt  wohl  mit  Recht  an,  daß  es 
sich  hier  nicht  um  die  linke  Pankreasanlage,  sondern  um  einen  Teil 
der  Leberanlage  handle.  Brouha  schilderte  beim  Hühnchen  die  beiden 
ventralen  Anlagen,  und  nach  ihm  bilden  auch  beide  Pankreasgewebe. 
Die  unpaare  dorsale  und  die  paarige  ventrale  Anlage  bleiben  nur 
lange  getrennt,  vereinigen  sich  aber  doch  schließlich  zu  einem  ein- 
heitlichen Drüsenkörper. 

Die  ventrale  paarige  Anlage  des  Pankreas  bei  Säugetieren 
wurde  genauer  zuerst  durch  Stoss  bei  Schafsembryonen  (Fig.  130  c, 
131  u.  132)  geschildert,  nachdem  vorher  schon  Phisalix,  Zimmer- 
mann, Hamburger  und  Swaen  die  doppelte  Anlage  des  Pankreas 
(dorsale   und   ventrale)    bei   menschlichen  Embryonen   erkannt  hatten. 


206 


F.  Maurer, 


Wir  kennen  ferner  die  Anlage  beim  Schwein  (Wlassow),  Kaninchen 
(Hammar),  Katze  (Felix).  Stoss'  Schilderung  war  die  erste  und 
aufklärende  für  Säugetiere.  Hiernach  entsteht  ein  paariges,  symmetrisch 
angelegtes  Divertikel  am  Leberstiel  unmittelbar  an  dessen  Mündungs- 
stelle in  'das  Duodenum.  Diese  beiden  Divertikel  wachsen  gleich- 
mäßig aus  und  liefern  Pankreasgewebe.  Indem  auch  hier  dieser 
Darmteil  eine  Achsendehrung  erfährt,  rückt  die  ventrale  Anlage  rechts 
um  das  Duodenum  in  die  Höhe  und  verbindet  sich  mit  der  dorsalen 
herabrückenden  Anlage.  Indem  die  letztere  Anlage  sich  vom  Darm 
gänzlich  ablöst,  bleibt  beim  Schaf  nur  ein  ventraler  Ausführgang  be- 
stehen. Bei  7  cm  langen  Föten  ist  der  dorsale  Gang  obliteriert,  bei 
9  cm 


langen  Föten 


besteht  nur  der  Ductus  Wirsungianus.    Hinsichtlich 


dieses   Verhaltens    der 

schiedene  Zustände.     Von   dem   bis 


Ausführgänge 


Fig.  131.  Leber-  und  Pankreasanlage  von  Schaf- 
embryonen von  5  mm  Länge.  Querschnitt  der  Duo- 
denalregion.  A  Aorta,  sd  Duodenum,  pd,  pv  dorsale 
und  ventrale  Pankreasanlage.  H  Leber,  rf  Gallen- 
blase, de  Ductus  choledochus.  vp  Vena  portae. 
vo  Vena  omphalo-enterica.    (Nach  Stoss.) 


bestehen  bei  Säugetieren  ver- 
jetzt  bekannt  Gewordenen  führe 
ich  an,  daß  bei  Pferd  und 
Hund  neben  dem  ven- 
tralen Ductus  Wirsun- 
gianus auch  der  dorsale 
Pankreasgan  g  erhalten 
bleibt,  daß  bei  der  Katze 
wie  beim  Schaf  nur  der 
ventrale  Gang  besteht, 
der  dorsale  eine  Rück- 
bildung erfährt.  Hier 
schließt  sich  der  Mensch 
an,  insofern  in  der  Regel 
nur  ein  Ductus  Wirsun- 
gianus besteht,  nicht  ganz 
selten  aber  auch  die  dor- 


sale Anlage  des  Pankreas 


Mündung 


ihre 

Darm  erhält 

Santorini. 


als 


in     den 
Ductus 


Endlich  kennen  wir  im  Rind  und  Schwein  Formen,  bei  welchen 
die  Verbindung  der  dorsalen  Pankreasanlage  mit  dem  Darm  als  einziger 
Ausführgang  der  Drüse  erhalten  bleibt,  daß  dagegen  die  ventrale 
Pankreasanlage  sich  gänzlich  vom  Ductus  choledochus  ablöst,  so  daß 
ein  Ductus  Wirsungianus  nicht  besteht,  sondern  nur  ein  sehr  weiter 
Ductus  Santorini  (Stoss).  Die  verschiedene  A  rt  der  Erhaltung 
der  Ausführ gän  ge  ist  nach  Göppert  so  zu  verstehen,  daß 
in  jedem  Fall  der  für  den  Abfluß  des  Sekretes  kürzeste 
und  leichteste  Ab  führ  weg  erhalten  bleibt,  was  durch  die 
verschiedene  Beziehung  zu  benachbarten  Organen  bezw. 
Leber  und  Vena  portae  beeinflußt  sein  mag. 

Die  jüngste  Anlage  des  ventralen  Pankreas  beim  Menschen  wurde 
von  Jankelowitz  geschildert  an  einem  Embryo  der  4.  Woche  von 
4,7  mm  Rückensteißlänge.  Demnach  besteht  die  Anlage  des  mensch- 
lichen Pankreas  aus  3  Anlagen,  die  ursprünglich  völlig  voneinander 
getrennt  sind :  einer  dorsalen,  die  dem  Epithel  des  primitiven  Duo- 
denum angehört,  und  2  ventralen,  die  von  der  rinnenförmigen  Anlage 
des  Ductus  choledochus  ausgehen. 

Die  histologische  und  topographische  Ausbildung 
der  Pankreas: 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems. 


207 


Ueber  die  histologische  Ausbildung  des  Pankreas  liegen  die  An- 
gaben von  Laguesse  über  Teleostier  vor.  Zuvor  ist  zu  bemerken, 
daß  hinsichtlich  seiner  histologischen  Verhältnisse  das  Pankreas  eine 
besondere  Ausbildung  zeigt  durch  die  intraacinösen  Zellen  und  ferner 
durch  die  intertubulären  Zellhaufen.  In  der  ersten  Anlage  bildet-fdas 
Pankreas   der  Teleostier  eine  kompakte  Masse,    die   in  Lappen  geteilt 

sich  diese  Masse  in  einen  Komplex  großer 
zusammenliegenden  Zellen.  Im  Innern 
ein  feines  Lumen,  um  welches  die  Zellen 


ist.      Weiterhin    zerteilt 
kompakter  Cylinder   aus 
dieser  Cylinder  entsteht 


fest 
dann 


sich  in  zwei  Schichten  anord- 
nen. Die  Zellen  der  inneren 
Schicht  verlieren  bald  ihren 
Zusammenhang  untereinander 
und  bilden  die  centroacinösen 
Zellen,  die  Zellen  der  äußeren 
Schicht  werden  zu  den  eigent- 
lichen Drüsenzellen.  Nach 
den  weiteren  Veränderungen, 
welche  die  centroacinösen  Zel- 
len durchmachen,  indem  sie 
sich  verlängern,  spindelförmig 
werden  und  ihr  verkleinerter 
Plasmakörper  homogen  wird, 
kommt  Laguesse  zu  dem 
Schluß,  daß  diese  Elemente 
nichts  weiter  darstellen  als 
in  die  Drüsenschläuche 
fortgesetzte  Ausführ- 
gangsepithelien, in  welche 
sie  nach  dem  Ausführgang  zu 
auch  kontinuierlich  übergehen. 
Brächet  sieht  darin  eine  Be- 
der    Angaben    von 


stätigung 


Fig.  132, 
Leberanlage 
Schafes.     Modellabbl. 
denum.   pd,  pv  dorsale 
anläge,    g  Gallenblase. 
dch  Ductus  choledochus. 


Duodenum  mit   Pankreas-  und 
vom    5  mm  langen  Embryo   des 
nach   Stoss.     D  Duo- 
urid  ventrale  Pankreas- 
en  Ductus  hepaticus. 


Langerhans,  Latschenrer- 
ger  und  Pischinger. 

Die  äußeren  eigentlichen  Drüsenzellen  ordnen  sich  radiär  um  das 
Lumen  und  werden  größer.  Die  Zymogenkörnchen  treten  schon  früh, 
ehe  die  Funktion  des  Darmes  beginnt,  auf.  Durch  die  Entwickelungs- 
weise  der  centroacinösen  Zellen  wird  die  Auffassung  Mouret's  wider- 
legt, der  sie  als  Wanderzellen  ansprach,  die  die  Membrana  propria  und 
das  Epithel  durchdrungen  hätten. 

Auch  über  die  Entwickelungsweise  der  intertubulären  Zellhaufen 
macht  Laguesse  wichtige  Angaben  beim  Schafembryo  (Fig.  133).  In 
der  frühen  Pankreasanlage  höhlen  sich  alle  Epithelschläuche  aus. 
Dieselben  treiben  dann  weiter  Sprossen,  welche  nur  zum  Teil  sich 
aushöhlen  und  zum  weiteren  Ausbau  der  Drüse  beitragen,  während 
ein  anderer  Teil  als  kompakte  Zellstränge  bestehen  bleibt  und  die 
ersten  intertubulären  Zellhaufen  darstellt.  Des  weiteren  verdient  noch 
die  Angabe  Laguesse's  Beachtung,  wonach  an  den  Anlagen  der  eigent- 
lichen Drüsenschläuche  allenthalben  voluminöse,  trübe,  dunkle  Zellen 
einzeln  oder  in  Gruppen  zwischen  den  Epithelzellen  auftreten.  Die- 
selben stellen  die  Punkte  dar,  an  welchen  die  definitiven  sekretorischen 
Endstücke  aussprossen.     Hier  besteht  also    ein  Unterschied   zwischen 


208 


F.  Maurer. 


dem  Pankreas  der  Säugetiere  und  der  Knochenfische.  Während  bei 
letzteren  der  ganze  distale  Teil  der  primitiven  Schläuche  zu  sekre- 
torischen Teilen  wird,  bilden  sich  letztere  beim  Schaf  nur  von  den 
erwähnten  großen  trüben  Zellen  aus,  alle  übrigen  primitiven  Schläuche 


affi^fffrgHgB 


Fig.  133.  Schema  zur  histologischen  Entwickelung  des  Pankreas  vom  Schaf 
(nach  Laguesse).  Bei  a  Anastomosenbildung  der  Schläuche,  ca  centroacinöse  Zellen. 
ie  intertubuläre  Zellinseln. 


formieren  Ausführgänge.  Die  intertubulären  Zellhaufen  beim  Schaf 
machen  komplizierte,  noch  nicht  genügend  aufgeklärte  Umbildungen 
durch.  Laguesse  unterscheidet  sie  als  primäre  und  sekundäre.  Die 
primären  degenerieren,  die  sekundären  bleiben  erhalten,  werden  von 
reichlichen  Blutgefäßen  umsponnen  und  können  auch  gelegentlich  zu 
secernierenden  Endstücken  werden. 

Die  topographischeAusbildung  des  Pankreas  steht  in 
naher  Beziehung  zum  Darmkanal,  der  Leber  und  den  großen  Gefäßen, 
denn  das  Pankreas  ist  in  seiner  dorsalen  Anlage  dem  dorsalen  Mesoduode- 
num  mit  seiner  ventralen  Anlage,  wie  die  erste  Anlage  der  Leber,  dem 
ventralen  Mesenterium,  resp.  dem  Septum  transversum  eingelagert. 

Bei  Knochenfische  n  (Forelle  und  Idus  miniatus)  hat  Göppert 
geschildert,  wie  das  Pankreas  nach  rechts  zu  liegen  kommt  und  dorsal 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems.  209 

vom  Darmrohr  sich  ausdehnt  (Fig.  129).  Bei  der  Forelle  umgiebt  es 
ringförmig  den  Ductus  choledochus,  bei  Idus  verläuft  letzterer  vor 
dem  Pankreas  herab  zum  Darm.  Auch  zum  Stamm  der  Vena  portae 
tritt  es  in  Beziehung,  längs  dessen  es  sich  ausdehnt.  Darauf,  wie 
auf  spätere  Ausbildungen  hat  Laguesse  bei  der  Forelle  hingewiesen. 
Abgesehen  von  dem  kompakten  Drüsenkörper  des  Pankreas,  der  ring- 
förmig den  Ductus  choledochus  umgiebt,  sehen  wir  von  diesem  Ring 
ausgehend  Fortsätze  in  großer  Zahl  die  Pfortader  und  ihre  Aeste  be- 
gleiten. Einige  dieser  Ausläufer  erreichen  die  Appendices  pyloricae, 
die  sie  in  reichlichen  Massen  umspinnen,  so  daß  letztere  ganz  von 
Pankreasgewebe  umhüllt  sind.  Bei  Crenilabrus  setzt  sich  das  Pankreas 
den  Pfortaderästen  folgend,  sogar  in  die  Leber  hinein  fort  und  bildet 
das,  was  Laguesse  als  pancreas  intra-hepatique  geschildert  hat. 
Doch  ist  dieser  Teil  des  Pankreas  vollkommen  von  der  Leber  getrennt, 
indem  sich  auch  eine  Fortsetzung  der  Leibeshöhle  hier  in  der  Um- 
gebung der  Pfortader  in  die  Leber  hinein  findet. 

Bei  Amphibien  schildert  Göppert  die  topographische  Aus- 
bildung des  Pankreas  so,  daß  es  mit  seinem  dorsalen  Teil  in  dem  dorsalen 
Mesenterium  liegt,  ventralwärts  aber  sich  in  das  Lig.  hepatogastricum 
bis  zur  Berührung  mit  der  Leber  erstreckt.  Im  dorsalen  Mesente- 
rium kann  sich  das  Pankreas  flächenhaft  ausbreiten.  Kleine,  zungen- 
artige Fortsätze  der  Drüse  erstrecken  sich  gegen  die  Gallenblase  und 
längs  der  Vena  abdominalis  hin.  Im  dorsalen  Mesenterium  bildet  das 
Pankreas  eine  dreieckige  Platte,  und  zwar  ist  es  auch  hier  in  der  Um- 
gebung der  Vena  portae  am  stärksten  entwickelt.  Dieses  Gefäß  um- 
hüllt das  Drüsengewebe  vollständig.  Die  Beziehung  des  Pankreas 
zu  den  Venen  ist  charakteristisch.  So  findet  Göppert  bei  Meno- 
branchus,  daß  das  Pankreas  Lappen  aussendet,  welche  sowohl  die 
Vena  mesenterica,  als  auch  die  Vena  lienalis  eine  weite  Strecke  be- 
gleiten. 

Bei  Anureu  gestaltet  sich  der  ventrale  Teil  des  Pankreas  viel 
voluminöser  als  der  dorsale.  Ferner  fand  Göppert,  daß  bei  Urodelen 
der  Körper  des  Pankreas  an  einer  Stelle  fest  dem  Darm  angeschlossen 
ist,  während  diese  Verbindung  bei  Anuren  fehlt.  Eine  Umwachsung 
des  Ductus  choledochus  und  der  Vena  portae  durch  Pankreasgewebe 
fehlt  noch  bei  Anurenlarven,  sie  bildet  sich  erst  nach  der  Metamor- 
phose aus  (Göppert). 

Bei  den  Säugetieren  ist  die  Topographie  des  Pankreas  natur- 
gemäß auch  durch  die  Zwerchfellbildung  beeinflußt,  die  ja  auch  die 
Leber  und  den  Darm  wesentlich  in  Mitleidenschaft  zieht.  Die  Ver- 
bindung der  dorsalen  und  ventralen  Pankreasanlage  erfolgt  in  ver- 
schiedener Beziehung  zum  Pfortaderstamm.  Während  beim  Menschen 
die  Vereinigung  ventral  vom  genannten  Venenstamm  stattfinden  soll 
(Swaen),  wird  sie  beim  Kaninchen  (Brächet)  so  hergestellt,  daß  der 
Venenstamm  ringförmig  von  Pankreasgewebe  umfaßt  wird. 

Bei  den  meisten  Säugetieren  liegt  späterhin  das  Pankreas  im 
Mesoduodenum  und  Mesogastrium,  hat  also  eine  dorsale  Lage  ange- 
nommen, ebenso  wie  beim  Menschen.  Bei  anderen  Säugetieren  aber, 
so  beim  Kaninchen  (Brächet),  dehnt  es  sich  in  Form  unregelmäßiger 
Züge,  sich  verästelnd,  zwischen  den  Lamellen  des  Mesenterium  aus, 
bildet  keine  feste,  einheitliche  Masse. 

Handbach  der  Entwicklungslehre.     II.  1.  14 


210  F.  Maurer, 

5)  Die  Entwickelung  des  Afters. 

Die  Entwickelung  des  Afters  ist  bei  allen  Wirbeltieren  an  die 
Differenzierung  des  Blastoporus  geknüpft.  Die  Form  des  Blastoporus 
in  der  Reihe  der  Wirbeltiere  ist  durch  das  verschiedene  Verhalten 
des  Dotters  im  Ei  in  quantitativer  Beziehung,  wie  im  Hinblick  auf 
seine  Orientierung,  eine  sehr  verschiedene.  Doch  sind  diese  Ver- 
schiedenheiten nebensächlicher  Natur,  und  wir  finden,  daß  sich  im 
wesentlichen  die  Ausbildung  des  aboralen  Poles  des  Wirbeltier- 
keimes in  gleicher  Weise  vollzieht.  Der  Blastoporus  bleibt  nach  dem 
Ablauf  des  Gastrulationsprozesses  noch  längere  Zeit  ein  für  das  Wachs- 
tum der  gesamten  Embryonalanlage  sehr  wichtiger  Vegetationspunkt. 
Man  nahm  lange  Zeit  an,  daß  er  an  der  Bildung  des  Afters  direkt  nicht 
teilnehme,  vielmehr  sehr  rasch  durch  Verwachsung  seiner  Ränder  einen 
völligen  Verschluß  erfahre.  Der  After  wurde  dann  als  eine  Neu- 
bildung aufgefaßt,  ebenso  wie  die  Bildung  der  Mundöffnung.  In  den 
letzten  Jahren  hat  sich  aber  herausgestellt,  daß  der  Blastoporus  aller- 
dings direkt  an  der  Afterbildung  teilnimmt,  insofern  er  bei  einigen 
Formen  ganz,  bei  anderen  zum  Teil  direkt  in  den  After  übergeht. 
Eine  bekannte  Komplikation  der  Umbildung  des  Blastoporus  ist  da- 
durch gegeben,  daß  die  Medullarrinne  denselben  bei  ihrer  Ausdehnung 
caudalwärts  umwächst  und,  indem  sie  sich  zum  Rohr  abschließt,  die 
Oeffnung  des  Blastoporus  von  der  äußeren  Oberfläche  abschlösse, 
wenn  nicht  an  diesem  selbst  Wachstums  Vorgänge  eingetreten  wären. 
Durch  Verwachsung  der  seitlichen  Urmundlippen  wird  ein  teilweiser 
Verschluß  des  Blastoporus  und  zugleich  ein  Längenwachstum  desselben 
veranlaßt.  Dadurch  wird  ein  ventraler  Teil  dem  Bereich  der  Me- 
dullarrinne entzogen.  Der  im  Medullarrinnenbereich  liegende  dorsale 
Teil  des  Blastoporus  vermittelt  die  Bildung  einer  in  verschiedener 
Weise  kurze  Zeit  bestehenden  Kommunikation  des  Medullarkanals  mit 
dem  Darmrohr,  des  Canalis  neurentericus,  während  der  aus  den 
verwachsenen  seitlichen  Blastoporuslippen  gebildete  mittlere  Teil  das 
Bildungsmaterial  für  den  Schwanzteil  des  Organismus  enthält.  So 
bleibt  das  ventrale  Ende  des  Blastoporus  noch  allein  als 
eine  kleine  Grube  bestehen,  und  diese  wird  direkt  zum 
After.  Als  Gegner  der  Konkrescenztheorie,  wie  sie  Hertw'ig  aus- 
sprach, treten  Rabl  und  Bonnet  auf,  welche  den  Blastopor us- 
Verschluß  nicht  durch  e i n e  N a h t b i  1  d u n g ,  sondern  durch 
eine  von  vorn  nach  hinten  stattfindende  Verkleinerung 
auffassen.  Auch  unter  dieser  Beurteilung  lassen  sich  alle  Er- 
scheinungen zwanglos  deuten,  und  sie  erscheint  als  die  naturgemäßere. 
Danach  stellt  der  After  den  letzten  Rest  des  Blasto- 
porus dar. 

Es  ist  hier  nicht  meine  Aufgabe,  alle  die  Umbildungen  des  Blasto- 
porus zu  betrachten,  die  in  wesentlichen  Punkten  bei  der  Ausbildung 
der  Keimblätter  und  der  Entwickelung  des  Centralnervensystens,  ferner 
auch  bei  der  Entwickelung  des  Schwanzes  beteiligt  sind  und  an 
anderer  Stelle  Berücksichtigung  finden  müssen.  Hier  ist  nur  darauf 
einzugehen,  soweit  der  Blastoporus  zur  Bildung  der  bleibenden  After- 
resp.  Kloakenöffnung  in  Beziehung  steht. 

Amphioxus.  Bei  dieser  Form  geht  nicht  der  ganze  Blasto- 
porus in  den  After  über,  sondern  sein  vorderer  Teil  wird  da- 
durch,   daß    er   vom  Medallurrohr  überwachsen    wird,    von    der  After- 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems. 


211 


bildung 


ausgeschlossen. 


Nach    den 


Angaben 


von  Kowalewski 


und 
Hatschek,  denen  sich  0.  Hertwig  anschließt,  bildet  sich  auch 
hier  eine  von  vorn  nach  hinten  fortschreitende  Verwachsungsnaht. 
Aus  dem  hintersten  Teil  des  Blastoporus  geht  der  After  hervor,  un- 
mittelbar davor  bildet  sich  die  Schwanzknospe.  Diese  Angaben  lassen 
die  Afterbildung  in  Uebereinstimmung  mit  dem  gleichen  Vorgang  bei 
höheren  Wirbeltieren,  besonders  Amphibien,  erscheinen.  Eine  Ver- 
wachsung der  Urmundränder  in  einer  Nahtlinie  ist  nach 
Hatschek's   nur  Deutungssache.     Rabl   hat  in   seinem  Vorwort 


den  Angaben 


zur 


Theorie  des  Mesoderms 
ihn  Hatschek  schildert, 


darauf 
auch 


dem  eine  Verkleinerung 


hingewiesen,  daß  der  Vorgang,  wie 
ohne  Konkrescenz  möglich  ist,  in- 
des Blastoporus  von  vorn  nach 
hinten  stattfindet.  So  wird  auch  von  Garbowski  und  Samassa 
die  Bildung  einer  Gastrularaphe  in  Abrede  gestellt.  Nach  Samassa  er- 
folgt die  Verengerung  des  Urmundes  durch  Vorrücken  seiner  Ränder. 
Das  Ueberwachsen  der  Anlage  des  Medullarrohrs  über  den  Blastoporus 
erfolgt  anders,  als  Kowalewski  und  Hatschek  dies  angaben,  sondern 
das  caudale  Ende  des  Medullarrohrs  schließt  sich  erst,  nachdem  der 
Blastoporus  umwachsen  ist,  und  zwar  überbrückt  dann  das  Epithel  (Ekto- 
derm),  nach  hinten  wachsend,  den  Urmund  und  verschmilzt  mit  dem 
Ektoderm  der  ventralen  Urmundlippe.  Ein  Canalis  neurenterius  bildet 
sich  nach  Samassa  nicht  immer,  im  Falle  er  entsteht,  findet  er  sich 
erst  bei  Embryonen  mit  3  Urwirbeln.  Ebenso  giebt  Garbowski 
an,  daß  der  Blastoporus  sich  nicht  von  allen  Seiten  zusammenziehe, 
sondern  durch  das  Nachwachsen  der  dorsalen  Wand  von  vorn  her 
eingeengt  wird.  Nach 
Mac  Bride  liegt  der 
Blastoporus  des  Am- 
phioxus  zuerst  auf  der 
linken  Seite,  um  dann 
dorsalwärts  in  die 
Höhe  zu  rücken  infolge 
starken  Wachstums 
der    Blastoporuslippe. 

Diese  abweichen- 
den Angaben  bedürfen 
noch  der  Aufklärung, 
doch  füge  ich  hinzu, 
daß  Roux  und  v. 
Davidoff  sich  der 
Anschauung  von  0. 
Hertwig  angeschlos- 
sen haben. 

Cyclo  stomen. 
In  betreff  der  Cyclo- 
stomen  sind  die  An- 
gaben von  Götte  und  v.  Kupffer  anzuführen.  Sie  stimmen  darin  über- 
ein, daß  bei  Petromyzon  der  Blastoporus  ganz  zum  After  wird 
(Fig.  134).  Da  die  Medullarrinne  den  Blastoporus  nicht  erreicht,  bildet 
sich  auch  kein  Ductus  neurentericus  aus.  Fig.  134  giebt  den  Beleg  für 
diese  Angaben,  an  deren  Richtigkeit  nicht  zu  zweifeln  ist.  Die  Cyclo- 
stomen  stehen  somit  in  gewissem  Gegensatz  zu  den  übrigen  Wirbeltieren 
hinsichtlich    der  Afterbildung,    die  hier  sehr   einfach    erscheint.     Auch 

14* 


Fig. 


134. 


eines  |Embryo 
von  Petromyzon  Planeri.  5  Tage  alt,  nach  v.  Kupffer. 
d  Vorderdarm.  I  Leberbucht,    a  Blastoporus,- After. 


Medianer  Sagittalschnitt 
5  Tage 


212  F.  Maurer, 

bei  Bdellostoma  geht  nach  den  Beobachtungen  von  Dean  der  Blasto- 
porus  in  den  After  über.  Es  besteht  wenigstens  eine  kreisrunde  Oeff- 
nung  am  Ende  der  Medullarrinne,  Dean  bezeichnet  sie  als  „inferior 
opening  of  neurenteric  canal"  bei  Embryonen  mit  54  Urwirbeln,  die 
wohl  als  Anlage  des  Afters  aufzufassen  ist. 

Selachier:  Eine  genaue  Schilderung  der  Afterbildung  bei 
Scyllium  canicula  verdanken  wir  Kastschenko:  am  Caudalencle  der 
noch  scheibenförmigen  Embryonalanlage  erheben  sich  die  beiden  Rand- 
wülste. Zwischen  beiden  in  der  Medianebene  das  Embryo  lagern 
Medullarplatte  und  Chorda  dorsalis  fest  zusammen.  Indem  die  Rand- 
wülste sich  erheben,  nähern  sie  sich  einander  und  an  der  Umbiegungs- 
stelle  der  Primitivwülste  in  die  Randwülste  entwickelt  sich  jederseits 
ein  Caudallappen.  Nun  verwachsen  die  Medullarwülste  in  der  dorsalen, 
die  Cau dal wülste  in  der  ventralen  Mittellinie.  Durch  erstere  bildet  sich 
das  Medullarrohr,  durch  letztere  der  Canalis  neurentericus  und  der 
Schwanzdarm.  Der  letztere  ist  demnach  eine  direkte  Fortsetzung 
des  Medullarrohrs.  Der  Canalis  neurentericus  ist  ein  abgeschnürter  Teil 
des  Blastoporus.  Weiter  vorwärts  bleibt  das  Lumen  des  Hinterdarms 
an  der  Ventralfläche  des  Schwanzes  noch  einige  Zeit  lang  ventralwärts 
nach  außen  offen,  aber  dann  verwächst  auch  diese  Oeffnung  und  erst 
bedeutend  später  erscheint  an  derselben  Stelle  der  After.  Nach  dieser 
Schilderung  geht  also  auch  hier  der  After  aus  dem  der  ventralen 
Urmundlippe  entsprechenden  Abschnitt  des  Blasto- 
porus hervor  und  es  zeigen  sich  die  Selachier  hierin  mit  den  übrigen 
Wirbeltieren  in  Uebereinstimmung. 

In  Betreff  der  Ausbildung  des  Afters  bei  Dipnoern  gebe  ich 
die  Darstellungen  Semon's  von  Ceratodus  wieder ,  welche  zeigen, 
daß  hier  die  Ausbildung  des  Afters  aus  dem  hinteren  Teil  des 
Blastoporus  gerade  so  verläuft,  wie  wir  es  von  Amphibien  kennen 
(Fig.  137). 

Auch  bei  Lepidosiren  bildet  sich  nach  Kerr  die  Afteröffnung 
aus  dem  Blastoporus.  Kerr  giebt  an,  daß  zur  Zeit  des  Ausschlüpfens 
der  After  obliteriert  und  erst  nach  einigen  Wochen  wieder  bleibend 
zum  Durchbruch  kommt. 

Die  Amphibien  sind  hinsichtlich  der  Ausbildung  des  Afters  viel- 
fach untersucht  und  besonders  darum  von  Interesse,  weil  hier  zuerst 
die  direkte  Beteiligung  des  Blastoporus  an  seiner  Bildung  erkannt 
wurde.  Ueber  die  Umbildung  des  Blastoporus  bei  Amphibien  liegen 
Arbeiten  vor  von  Morgan,  Kopsch  (Axolotl),  Götte,  Johnson 
(Triton),  Gasser  (Alytes),  Spencer,  Durham,  Morgan,  Side- 
botham  ,  v.  Erlanger,  Robinson  und  Asheton  (Rana).  F. 
Schanz  wies  zuerst  in  Anschluß  an  die  Arbeiten  von  0.  Hertwig 
die  Beteiligung  des  Blastoporus  an  der  Bildung  des  Afters  nach. 
Später  wurde  diese  Frage  von  v.  Erlanger,  Robinson  und  Asheton 
weitergeführt  und  die  ScHANz'schen  Angaben  bestätigt  (Fig.  135 
und  136).  In  seiner  Abhandlung  über:  „Urmund  und  Spina  bifida'1 
hat  0.  Hertwig  die  Vorgänge  genau  geschildert.  Er  unterscheidet 
4  Stadien  bei  der  Afterbildung' :  Zuerst  erscheint  er  als  der  hinterste 
Abschnitt  des  gesamten  Urmundes;  im  2.  Stadium  hat  er  sich  als 
eine  besondere  Oeffnung  von  ihm  abgetrennt,  da  sich  die  unpaare 
Schwanzanlage  aus  dem  hinteren  Ende  des  neuralen  Abschnitts 
der  Urmundränder  gebildet  hat.  „Eine  durchgängige  Oeffnung  ist  an 
Durchschnitten    durch    die    Aftergegend    nicht    zu    finden,    weil    die 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems. 


ms 


Wandungen 


sich  unmittelbar  berühren".  Aeußeres  und  inneres  Keim- 
blatt stehen  hier  nur  vermittelst  des  mittleren  Keimblattes,  das  hier 
mit  jenen  eine  einheitliche  Zellenmasse  darstellt,  in  Verbindung.  Dies 
ändert  sich  im  3.  Stadium,  insofern  hier  das  mittlere  Keimblatt  sich 
aus  dem  Zusammenhang  mit  den  beiden  primitiven  Keimblättern  löst. 


Fig. 
a  After, 
röhr,     ch 


135.  Längsschnitt  eines  Embryo  von  Rana  escnlenta  nach  v.  Erlanger. 
c  Canal.  neurentericns.  vd,  md,  ad  Vorder-,  Mittel-,  Afterdarm,  m  Medullar- 
Chorda. 


liegt 
Rückbildung 


Die  Cölomsäcke  haben  sich  abgeschnürt  und  geschlossen.  Nun  be- 
steht noch  eine  Aftermembran,  in  deren  Bereich  das  äußere  und 
innere  Keimblatt  unmittelbar  aneinanderschließen.  Diese  Membran 
im  Grunde  einer  Aftergrube.  Im  4.  Stadium  kommt  es  zur 
der  nur  durch  eine  einfache  Lage  von  Ektoderm-  und 
Entodermzellen  gebildeten  Aftermembran.  Der  After  wird  durchgängig, 
indem  in  der  Mitte  der  epithelialen  Verschlußmembran  die  Zellen  aus- 
einanderweichen. 

Von  der  ventralen  Schwanzwurzel  führt  zur  Aftergrube  eine 
häufig  von  seitlichen  hohen  Falten  begrenzte  Rinne.  Diese  schließt 
sich  unter  Verwachsung  der  Falten  zu  einem  ektodermalen  Afterrohr 
von  verschiedener  Länge.  Dies  entsteht  nach  0.  Hertwig  nicht  nur 
bei  gewissen  Missbildungen,  sondern  auch  im  normalen  Entwickelungs- 
verlaufe. 

Nicht  immer  bildet  sich  eine  Aftermembran,  sondern  in  den  Fällen 
(Missbildungen),  in  welchen  die  Höhle  des  Enddarms  vom  Grunde  der 
entodermalen  Aftergrube  weiter  entfernt  ist,  zieht  von  dieser  zu  jenem 
ein  epithelialer  Zellenstrang,  der  Afterstrang. 

Die  Afterbildung  von  Uro d eleu  stellt  sich  nach  den  Angaben 
von  Sedgwick,  Morgan,  Alice  Johnson  und  F.  Schanz  etwas  ver- 
schieden von  Anuren  dar.  Sedgwick  und  A.  Johnson  nehmen  noch 
an,  daß  der  Blastoporus  direkt  in  den  After  übergehe,  Schanz  da- 
gegen hat  die  Teilung  in  einen  dorsalen  Teil,  der  den  Canalis  neuren- 
tericus  und  einen  ventralen  zum  After  werdenden  Teil  erkannt. 
Ferner  nimmt  v.  Erlanger  an,  daß  bei  Urodelen  der  ventralste  Teil 
das  Blastoporus  stets  durchgängig  sei  und  nicht  erst  eine  Aftermembran, 
wie  bei  Anuren  zur  Ausbildung  komme.  Demnach  hält  v.  Erlanger 
die  Afterbildung   bei  Anuren    gegenüber   von   Urodelen   für   sekundär 


moditiciert.     Das   ändert 


nichts    an 


dem    wesentlichen 


Vorgang 


der 


214 


F.  Maurer, 


Afterbildung,  deren  Beziehung  zum  Blastoporus   v.  0.  Hertwig   zu- 
sammenfassend dargestellt  worden  ist. 

Bei  Gymnophionen    ist  die  Bildung  des  Afters  durch 


neuester    Zeit    von    Hypogeophis    rostratus    bekannt 


geworden 


Brauer  in 
Der 


B*~-~- 


CL" 


a 


Fig.  136.  Afterentwickelung  bei 
Rana  esculenta  nach  v.  Erlanger. 
N  Neuroporus.   B  Blastoporus.   a  After. 


._ a 


beigefügten  Figuren 


Vorgang  spielt  sich  wie  bei  Uro- 
delen  ab,  insofern  auch  hier  bei 
den  meroblastisch  sich  entwic- 
kelnden Keimen  der  Blastoporus 
sich  unter  seitlicher  Verengerung 
in  einen  vorderen  Canalis  neur- 
entericus  und  hinteren  After 
teilt.  Von  vorn  nach  hinten 
fortschreitend  tritt  der  Verschluß 
des  Blastoporus  ein,  der  hintere 
Teil,  der  zum  After  wird,  bleibt 
138  und  139  nach  Brauer  ver- 


stets  offen.     Die 
anschaulichen  dies 

Bei  Sauropsiden  vollzieht  sich  die  Afterbildung,  wenn  wir  in 
der  Primitivrinne  das  Homologon  des  Blastoporus  erblicken  in  überein- 
stimmender Weise  mit  niederen  Wirbeltieren.  Am  hinteren  Ende  des 
zur  Primitivrinne  in  die  Länge  gezogenen  Blastoporus  bildet  sich 
unter  Zusammenschluß  von  Ekto-  und  Entoderm  die  Aftermembran, 
während  das  vordere  offene  Ende  der  Primitivrinne  den  Canalis 
neurentericus  (Chordablastoporus)  darstellt.  (Strahl,  v.  Kupffer, 
Bonnet).  Die  Ausbildung  des  Afters  wurde  ferner  von  Ostroumoff 
bei  Eidechsen  (Phrynocephalus  helioscopus)  unter  den  Sonderimgsvor- 
gängen der  Primitivrinne  geschildert.  Hier  besteht  an  deren  vorderen 
Ende  der  Kiel,  d.i.  der  Anschluß  des  Chordaentoderms  an  das  Ektoderm 
und  dieser  Punkt  entspricht  der  dorsalen  Urmundlippe  der  Amphibien. 
Am  hinteren  (caudalen)  Ende  der  Primitivrinne  bildet  sich  ein  kleines 


Grübchen,   die 

findet.     Aus 


Aftergrube,  an  deren  Grund  eine  Aftermembran  sich 
lern  vorderen  Teil  des  Primitivstreifs  gehen  die  Organe 
hervor,  die  an  der  Rückenfläche  des  Embryo  liegen,  während  der 
hintere  Abschnitt   desselben   an    die  Ventralfläche    der  Schwanzanlage 


Die 


Entwickelung 


des  Darmsystems. 


215 


UHr 


des  Embryo  zu  liegen  kommt,  und  dieser  Teil  schließt  nach  vorne  mit 
dem  After  ab.  Die  Teilung  des  Gebietes  der  Primitivrinne  vollzieht 
sich  somit  auch  hier  ebenso  wie  es  Kastschenko  bei  Selachiern 
schilderte  und  wie  es  0.  Hertwig  von  Amphibien  angab.  Durch 
die  Ausbildung  des  Schwanzes 
wird  das  hintere  Ende  der  Pri- 
mitivrinne, welches  der  ven- 
tralen Urmundlippe  der  Am- 
phibien homolog  ist,  an  die 
ventrale  Fläche  der  Schwanz- 
anlage gedrängt  und  an  dem 
gerade  vor  der  Schwanzwurzel 
gelegenen  ursprünglich  hin- 
teren, nun  aber  ventralen  Ende 
bildet  sich  die  Aftergrube  mit 
der  Aftermembran,  nach  deren 
Schwund  der  After  durch- 
gängig wird.  Auch  bei  Schild- 
kröten spielt  sich  der  Vorgang 
der  Afterbildung  nach  den 
Angaben  von  Mitsukuri  in 
entsprechender  Weise  ab.  Da- 
nach besitzt  der  Blastoporus 
bei  Chelonia  in  einem  frühen 
Stadium  eine  hufeisenförmige 
Gestalt.  Der  dazwischen  lie- 
gende Dotterpfropf  wird  von 
den  Medullarfalten  umgriffen, 
indem  diese  nach  hinten  aus- 
wachsen.  Der  Dotterpfropf 
dehnt  sich  nach  hinten  aus, 
teils  unter  dem  Einfluß  der 
Medullarfalten ,  teils  durch 
eigenes  Wachstum.  Er  bildet 
ein  Grübchen.  Nun  bilden 
sich  die  zwei  Schwanzwülste, 
wie  oben  geschildert  und  ver- 
wachsen median.     Dabei  wird 

aber  das  hintere  Ende  der  Primitivrinne  nicht  erreicht,  sondern  bleibt 
frei  hinter  dem  letzteren.  Die  Afterbildung  findet  demnach  in  derselben 
Weise,  wie  bei  der  Eidechse  statt.     Nach  den  neuesten  Darstellungen 


Fig.  137.  Afterentwickelung  bei  Ceratodus, 
nach  SSemon.  b  Blastoporus.  a  After,  ol 
Riechgrube,     uk  Unterkieferanlage. 


sich 
ab. 


auch   beim    Krokodil    die   Bildung   des 


wie 
von    Voeltzkow    spielt 
Afters  in  gleicher  Weise 

Von  den  Vögeln  ist  das  Gleiche  bekannt  geworden  (Bornhaupt, 
Braun  und  Gasser).  Wir  kennen  die  Vorgänge  vom  Hühnchen,  Gans, 
Ente,  Wellensittich  u.  a.  Die  Ausbildung  der  Kloakenöffnung  beim 
Hühnchen  ist  von  Gasser  in  vortrefflicher  Weise  geschildert.  Am 
hinteren  Ende  des  Primitivstreifs  entsteht  sie  auch  hier.  Es  hängen 
Ektoderm  und  Entoderm  an  dieser  Stelle  zusammen.  Unter  Aus- 
bildung des  Schwanzteils  des  Embryo  kommt  dieser  Punkt  an  die 
ventrale  Fläche  des  Schwanzes  zu   liegen  (Fig.  140)   und    hier   treten 


nun  Lücken 


unreg 


;elmäßiger 


Art  zwischen  den  Zellen    des 


vereinigten 


216 


F.  Maurer, 


Ektoderms   und  Entoderras   auf. 
mählich   zum  Schwund   gebracht, 
die   der   Kloake   entgegenwächst 
Bursa  Fabricii,   dorsalwärts   vom 


So  wird  diese  trennende  Wand  all- 
Von  der  ektodermalen  Grube  aus, 
(dem  Proctadäum),  bildet  sich  die 
Darm  (Fig.  142F).  Die  Eröffnung 
der  Kloake  findet  erst 
am  15. — 17.  Tage  statt. 
Während  des  6. — 7.  Tages 
kommt  es  unter  Wuche- 
rungen des  Dickdarmepi- 
thels zu  vorübergehen- 
dem Schwund  des  Lu- 
mens (Fig.  141).  Später 
(am  12.  Tag)  zeigt  sich 
die  Mündung  des  wieder 
offenen  Enddarms  in  die 
Kloake 
geschnürt 


ringförmig 


Die 


ein- 
Figg. 


zeigen 


140,  141  und  142 
diese  Vorgänge  im  Längs- 
Auch  vom  Vogel 


schnitt. 
Strauß 


hat    Mitropha- 


now  die  Sonderun g  der 
Primitivrinne  geschildert. 
Wenn   M.   die 


rinne  der  Vögel 


Fig.  138.  Dorsale  Urdarmwand  von  Embryonen 
von  Hypogeophis  alternans,  hinterer  Abschnitt,  bl 
Blastoporus.  en  onnal.  neurentericus.  a  After,  en 
Entoderm.  ms  Mesoderm.  ch  Chorda.    Nach  Brauer. 


Primitiv- 
für einen 
sekundären  Erwerb  hält, 
so  daß  nur  ihr  vorderes 
Ende  dem  Blastoporus 
niederer  Wirbeltieren  ent- 
spreche, so  ist  das  doch 
wohl  so  zu  verstehen, 
daß  wir  in  ihr  einen  in 
die  Länge  gezogenen 
Vegetationsbezirk  vor  uns 
haben,  an  dessen  hinte- 
rem Ende,  wie  überall 
der  After  zur  Ausbildung 
kommt.  Auf  den  Blasto- 
porus genau* 
hen  ist  aber  hier 
meine  Aufgabe. 


einzuge- 
nicht 


Säugetiere  und  Mensch. 


Kölliker  fand  beim  Kaninchen- 
embryo mit  4  Urwirbeln  zuerst  die  Anlage  des  Afters  am  hinteren  Ende 
des  Primitivstreifs  vor,  indem  hier  Ektoderm  und  Entoderm  sich  direkt 
zusammenschließen  und  verschmelzen.  Zur  Eröffnung  der  Kloake 
kommt  es  am  11. — 12.  Tage.  Strahl  bestätigte  dies  und  fand,  daß 
im  Anfang  diese  Stelle  an  der  Dorsalfläche  der  Darmanlage  liege, 
dann  aber  mit  der  Ausbildung  des  Schwanzes  ventral  zu  liegen  komme. 
Später  bildet  sich  dann  ein  Schwanzdarm  aus.  Diese  Vorgänge  spielen 
sich  vom  10. — 13.  Tage  ab.  WTeitere  Angaben  wurden  von  Bonnet 
an  Schaf  und  Hund,  sowie  von  Keibel  am  Meerschweinchen  gemacht. 
Das  wesentliche  Resultat  dieser  Arbeiten  ist,  daß  der  After  auch 
bei  Säugetieren  aus  dem  hinteren  Ende  des  zu m  Primi- 


Die  Entwickeluno;  des  Darmsystems. 


217 


t i v s t r e i f e n  ausgezogenen  Blastop o r us  entsteht,  das  vor- 
dere Ende  bildet  den  Ductus  neurentericus.  Ueber  die  Afterbildung 
des  Menschen  sind  die  Angaben  von  Graf  Spee  und  Keibel  auf- 
klärend. 

Wir  wissen  durch  Bonnet,  daß  beim  Schaf  die  Anlage  des  Afters 
sehr  frühzeitig  besteht.  Bei  Embryonen  mit  5  Urwirbelpaaren  (16. 
Tag)  besteht  bereits  eine  Aftermembran  am  hinteren  Ende  des  Primitiv- 
streifs, indem  hier  Ektoderm  und  Entoderm  zusammenschließen.  Mit 
dem  Canalis  neurentericus,  der  den  vorderen  Teil  des  Primitivstreifs 
darstellt,  liegt  er  noch  ganz  an  der  dorsalen  Fläche  der  Embryoanlage 
(Fig.  148).  Indem  zwischen  dem  Ductus  neurentericus  und  der  After- 
membran   die   Anlage   des  Schwanzes   sich   entwickelt,   hebt   sich   das 


mr 


Fig.  139.     Medianer  Sagittalschnitt  eines  Embryo  von  Hypogeophis   alternans^ 
mr  Medullarrohr.    ud  Urdarm.    Sonst  wie  Fig.  138,  nach  Brauer. 

hintere  Ende  des  Embryo  von  der  Keim  blase  in  die  Höhe  und  es 
rückt  die  Region  der  Aftermembran  an  die  ventrale  Fläche  der 
Schwanzanlage  (Fig.  144).     Dies  ist  bei  Embryonen  mit  23  Urwirbel- 


Fig.  140 — 142.  Medianer  Sagittalschnitt  des  Schwanzendes  von  Hühnchen- 
embryonen, Fig.  140  vom  Anfang  des  4.  Tages,  Fig.  141  vom  7.  Tag,  142  vom  12. 
Tag.  r  Rectum,  al  Allantris  H  Cloake.  p  Proctadäum.  F  Bursa  Fabricii.  cm 
Cloakenmembran.  m  Medullarrohr.  ch  Chorda,  c  Schwanz,  v  Wirbelsäule.- Nach 
Gasser. 


'218 


F.  Maurer, 


paaren    erfolgt    (18.   Tag), 
erst  etwa  eine  Woche   später 
zierung   der   Primitivrinne 
Bonnet  darin,   daß  beim  Schaf 


Der    Durchbruch   der   Aftermembran    tritt 

ein.     Der  Unterschied   in    der  Differen- 

den  Sauropsiden    besteht    nach 

Darm  und  Medullarrohr  sich  niemals 


gegenüber 


bereits  schwindet,  ehe  die 
hat   und    sich   zum 


ausgebildet 


verbinden,  indem  der  Canalis  neurentericus 
Medullarrinne  soweit  nach  hinten  sich 
Rohre  abschließt. 

Auch  Keibel   schilderte   die  Bildung  des  Afters   bei    Kaninchen, 


Meerschweinchen, 
streifs  bildet  sich 


Hund  und  Schaf: 
der  ektoblastische 


Am   hinteren  Ende  des  Primitiv- 
Strang,  der  mit  dem  Afterstrang, 


wie  ihn  0.  Hertwig  bei-Amphibien-Mißbildungen  schilderte,  überein- 
stimmt. Derselbe  ist  gegen  das  Mesoderm  scharf  abgegrenzt  und 
zieht  vom  Ektoderm  zum  Entoderm.  Beim  Meerschweinchen  tritt 
dieser  Strang  viel  frühzeitiger  auf,  als  bei  anderen  Formen  und 
schwindet  auch  rascher:  an  seiner  Stelle  bildet  sich  der  After.  Im 
übrigen  geht  auch  hier  der  After  aus  dem  hinteren  Teil  des  Primitiv- 
streifs hervor,  dessen  vorderer  Abschnitt  den  Ductus  neurentericus 
bildet,  wie  es  sich  bei  allen  Wirbeltieren  verhält.  Den  Angaben 
Keibei/s  über  das  Meerschweinchen  stehen  die  Schilderungen  von 
Carius  gegenüber,  wonach  die  Aftermembran  hier  viel  später  als  beim 
Kaninchen  und  Schaf  auftreten  sollen  (Strahl),  auch  soll  dieselbe  die 
ganze  Länge  des  Primitivstreifs  in  frühen  Stadien  einnehmen.  Giaco- 
mini  beschreibt  beim  Kaninchen  2  getrennte  Verbindungen  zwischen  Ek- 
toderm und  Entoderm  im  Bereiche  des  Primitivstreifs :  eine  vordere 
-als  Canalis  neurentericus  und  eine  h i n t e r e  als  C a n a i i s  a n a- 
lis.  Sobald  die  Primitivrinne  im  HENSEN'schen  Knoten  sichtbar  wird,  und 

sich  von  diesem  nach  hinten 
ausdehnt,  erscheint  die  vordere 
Kommunikation,  der  Canalis 
neurentericus,  am  8.  Tage, 
während  die  ersten  Urwirbel 
sich  ausbilden.  Etwas  später, 
wenn  6  Urwirbelpaare  gebildet 
sind,  entwickelt  sich  die  2. 
Kommunikation,  der  Canalis 
analis.  Beide  Verbindungen 
werden  durch  eine  grübchen- 
förmige  Vertiefung  des  Ekto- 
derms  hergestellt,  deren  Grund 
sich  mit  dem  Entoderm  ver- 
bindet. Die  hintere  Grube 
muß  zu  der  Verbindung  des 
Ektoderm  mit  dem  Entoderm 
das  hier  bereits  gebildete  Me- 
soderm erst  verdrängen.  Die 
vordere  Grube  faßt  Giacomini 
als  primäre,  die  hintere  als  se- 
kundäre Bildung  auf.  Durch 
Durchbruch  der  hinteren 
Grube  entsteht  der  After. 
Embryo  bildet  sich  der  After  ebenso 
Graf  Spee  beschreibt  einen  Verbindungs- 


cm> 


wie 


Fig.  141,  s.  Fig.  140. 


Beim    menschlichen 
bei  andern  Säugetieren  : 


sträng 


zwischen    Ektoderm    und   Entoderm    im  Bereich   des   vorderen 


Die  Entwickelung  des  Darrnsystems. 


219 


Endes  des  Primitivstreifens.  Er  entspricht  wohl  der  vorderen  Ver- 
bindung, wie  sie  Giacomini  beim  Kaninchen  schilderte.  Auch  Graf 
Spee    schildert   ihn    beim   Meerschweinchen    und    Kaninchen    und   be- 


zeichnet  ihn  als  neurenterischen 
hältnisse   auch    bei 

etwas  älteren 
menschlichen  Em- 
bryonen: ein  solcher 
von  11,5  mm  Nak- 
kensteißlänge  zeigte 
bereits  einen  wohl 
ausgebildeten 

Schwanzstummel. 
in    welchem    schon 
3—6 
mente 

waren.  Der  After 
liegt  ventral  am 
vorderen  Ende  des 
Schwanzes  und  ist 
noch  durch  eine 
Aftermembran  ver- 
schlossen. Auch  bei 
einem  älteren  Em- 
bryo   von    20   mm 

Nackensteißlänge 
fand    Keibel    den 
After  noch  nicht  durchgängig, 
und  bereits 


Strang. 


Keibel  schilderte  die  Yer- 


v 


Schwanzseg- 
ausgebildet 


obgleich  schon  der  Damm 


gebildet 


war 


eine  freie  Urethralmündung  bestand. 
Bei  Säugetieren  und  dem  Menschen  verstreicht  später 
und  es  kommt  zur  Sonderung  der  vorderen  Urogenital- 
Afteröffnung.     Dies   steht   mit   der   Differenzierung   der   äußeren 
schlechtsorgane  in  Beziehuug  und  ist  bei  diesen  zu  behandeln. 

Die  Bildung   des  Afters   bis   zum   Bestehen  der  Kloakenhaut  hat 
Bonnet   kürzlich   vom    Hund   geschildert  (Fig.   143).     Hier   entsteht 


die  Kloake 
und  hinteren 
Ge- 


Fig.  143.  Medianer  Sagittalschnitt  durch  das  Caudalende  eines  Hundembryo 
mit  16  Urwirbeln  von  6  mm  Länge,  n  caudaler  Neuroporus.  0  Kloakenhaut,  a 
Amnion,     ch  Chorda,    e  Entoderm.    (Nach  Boxnet.) 


220 


F.  Maurer, 


letztere  spät,  bei  Embryonen  von  8—10  Urwirbelpaaren  und  zwar 
nahe  dem  hinteren  Ende  des  Urmundrinnenrestes.  Auch  hier  löst 
sich  das  Mesoderm  rings  um  eine  Ektodermverdickung  ab  und  lagert 
einer  entsprechenden  Entodermverdickung  an,  doch  besteht  kein  vom 
Ektoderm  zum  Entoderm  ziehender  Strang  wie  beim  Schaf,  sondern 
Ektoderm  und  Entoderm  sind  durch  einen  Spaltraum  voneinander 
getrennt  (Fig.  143).    Die  Kloakenhaut  entsteht  am  Ende  der  Urniund- 


rinne   oder   etwas 
der   Urmundrinne 


vor  diesem,   schließlich    geht  aber   der 
in    der   sich   vergrößernden    Cloakenhaut 


Rest 
oder   der 


ganze 


ventralen  Urmundlippe  auf.  Bonnet  betont  noch  besonders,  daß  das 
Verschwinden  der  Urmundrinne  und  ihrer  beiden 
Lippen  nicht  durch  Verwachsung  geschieht:  es  besteht 
nie  eine  Naht,  sondern  die  Urmundrinne  verflacht  sich  und  geht 
im  Schwanzknoten  auf.  Dieser  stellt  somit  von  vornherein  eine  un- 
paare  Bildung  dar. 

Ueber   die   später e  Ausbildung  der   Kloake   und   die 

Eröffnung  des  Afters  führe  ich  die 
Arbeiten  von  Retterer  und  Keibel 
/!  an   (Fig.   145  und  146).     Keibel    hat   die 

Afterbildung  beim  Schwein,  Meerschwein- 
chen und  Menschen  genauer  geschildert, 
geht  auch  auf  ältere  Stadien  ein.  Die 
Oeffnung  des  Afters  beim  Schwein  erfolgt 
beim  Embryo  von  20  mm  Länge.  Die 
Bildung  und  der  Durchbruch  des  bleiben- 
den Afters   bei  Säugetieren  und  dem  Men- 


Eig.  144. 


Medianschnitt  des  Schwänzendes  eines 
18  Tage  alten  Embryo  vom  Schaf  mit  23  Urwirbel- 
paaren. (Nach  Bonnet.)  e  Enddarm.  «  Allantois. 
Am  Aftermembran,    s  Schwanzstummel,     f  Amnion. 


clrrv 


Fig.  145.  Medianer  Sagittalschnitt  eines  Embryo:  a)  eines  13  Tage  alten 
Kaninchens,  b)  Schwein,  1  cm  lang.  (Nach  Retterer.)  d  Kloake,  clm  Kloaken- 
membran.     /•  Rectum.    «  Allantois.     v  Wirbelsäule,     c  Schwanz. 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems. 


L>21 


Vorgang 

derung 


sehen  stellt  nach  Retterer  und  Keibel  einen  sehr  komplizierten 
dar.  V  o  r  d e  m  D  u  r  c h  b  r  u  ch  e  r  f  o  1  g  t  s  c  h  o  n  e  i  n  e  S  o  n  - 
der  Kloake  in  eine  vordere  Urogenital-  und 
hintere  A  f  t  e  r  m  ü  n  d  u  n  g  unter  Ausbildung  des  Perinaeura.  Das 
letztere  wächst  als  Scheidewand  zwischen  Mastdarm  und  Sinus  uro- 
genitalis  herab  und  verschmilzt  mit  der  Kloakenhaut :  dann  tritt  die 
Eröffnung  der  Urogenitalöffnung  früher  als  die  des  Afters  ein.  Es 
besteht  also  beim  Menschen  niemals  eine  offene  Kloake. 


Fig.  146.  Medianer  Sagittalschnitt  eines  menschlichen  Embryo  vom  Anfang 
des  3.  Monates.  (Nach  Keibel.)  s  Sinus  urogenitalis.  <i  After.  /;  Harnblase,  p 
Symphyse,    g  Clenitalhöcker.    Sonst  wie  Fig.  145. 


Nach  Keibel  wird  die  entodermale  Kloake,  welche  durch  die  Kloaken- 
membran abgeschlossen  ist,  durch  eine  frontale  Scheidewand  in  einen 
dorsalen  und  ventralen  Abschnitt  geteilt.  Der  ventrale  Abschnitt 
sondert  sich  in  verschiedene  Teile  des  Urogenitalapparates,  der  dorsale 
bildet  den  letzten  Abschnitt  des  entodermalen  Rectum.  Diese  Vor- 
gänge sind  durch  die  Abbildungen  145  und  146  veranschaulicht. 


6)  Die  Entwickelung  der  Mesenterien. 


Die  Ausbildung  de r 


Mesenterien  ist  einer  der  komplizier- 
testen Vorgänge  der  Entwickelung  der  Wirbeltiere,  sowohl  onto-  wie 
phylogenetisch.  Sie  ist  geknüpft  an  die  erste  Ausbildung  und 
weitere  Sonderung  des  C ö  1  o m s.  Bei  allen  Formen  ist  ein 
Kopf-  und  ein  Rumpfcölom  zu  unterscheiden.  DasKopfcölom  (die 
Parietalhöhle)  liegt  bei  Fischen  stets  vor  dem  Rumpfcölom  (Pleuro- 
peritonealhöhle),  während  es  von  Amphibien  an  nur  embryonal  diese 
Anordnung  zeigt,  später  aber  von  vorn  her  in  die  Pleuroperitonealhöhle 
zurückgeschoben  erscheint.  Bei  einigen  Fischgruppen  (Amphioxus,  Cyclo- 
stomen  und  einigen  Selachiern)  kommuniziert  es  noch  mit  dem  dahinter 
liegenden  Rumpfcölom.    Bei  Teleostiern  hat  es  sich  von  ihm  abgelöst  und 


222  F.  Maurer, 

diese  Trennung  tritt  von  da  an  bei  allen  Wirbeltieren  ein.  Es  stellt 
die  Pericardialhöhle  dar.  Das  Rumpf cölom,  das  bei  Fischen  noch 
ganz  einheitlich  ist,  wird  von  Amphibien  an  unter  Ausbildung  der 
Lungen  in  einen  vorderen  Abschnitt,  die  Pleura-,  und  einen  hin- 
teren, die  Peritonealhöhle,  gesondert.  Beide  hängen  aber  kon- 
tinuierlich zusammen.  Das  findet  sich  auch  noch  bei  Reptilien  und 
Vögeln,  während  es  erst  bei  Säugetieren  zu  einer  völligen  Trennung 
der  paarigen  Pleura-    von  der  unpaaren  Peritonealhöhle  kommt. 

Diese  Verhältnisse  stellen  sich  ferner  verschieden  dar  bei  holo- 
blastisch  und  meroblastisch  sich  entwickelnden  Wirbeltieren.  Relativ 
einfach  sind  also  die  Ausbildungsvorgänge  des  Cöloms  noch  bei  Am- 
phibien, während  sie  bei  amnioten  Wirbeltieren  sich  komplizierter  ge- 
stalten. Das  Cölom  ist  bekanntlich  ausgekleidet  von  den  Parietal- 
platten  des  Mesoderms.  Diese  überkleiden  nicht  nur  die  seitliche 
Rumpfwand,  sondern  setzen  sich  auf  alle  in  die  Rumpfhöhle  eingelagerten 
Organe  fort,  die  sie  nicht  nur  überziehen,  sondern  durch  Duplikaturen 
auch  mit  der  Rumpfwand  in  Verbindung  erhalten.  Die  Organe,  um  die 
es  sich  handelt,  sind  vor  allem  der  Darmkanal,  der  in  seiner  ganzen 
Länge  durch  ein  dorsales  Mesenterium  an  der  hinteren  Rumpfwand 
befestigt  wird.  Auch  an  seiner  ventralen  Fläche  in  der  Medianebene 
des  Körpers  findet  sich  ein  solches  ventrales  Mesenterium,  das  den 
Darmkanal  an  die  ventrale  Rumpfwand  längs  der  ventralen  Mittellinie 
befestigt.  Dieses  ventrale  Mesenterium  erstreckt  sich  aber  nicht,  wie 
das  dorsale,  über  die  ganze  Länge  des  Rumpfes,  sondern  es  be- 
schränkt sich  auf  eine  vordere,  craniale  Strecke  und  besteht  ebenso, 
in  kürzerer  Ausdehnung,  am  Enddarm. 

Nicht  allein  der  Darin  steht  in  Beziehung  zu  diesen  Mesenterien, 
sondern    auch    seine    großen    Drüsen,    das   Pankreas   und   die   Leber. 
Ferner  aber  auch   die  Venen  und  gerade  die  letzteren  bedingen  wohl 
am  meisten  die  so  sehr  komplizierten  verschiedenen  Embryonalzustände 
der  Mesenterien  bei  Amnioten.    Abgesehen  davon,  daß  das  Darmrohr 
in  ungleichem  Maße  und  auf  verschiedene  Weise  ein  starkes  Längen- 
wachstum   unter   Ausbildung  mehrerer   Abschnitte    zeigt,    womit   zu- 
gleich eine  Aenderung  seines  geraden  Verlaufes  und  eine  Verlagerung 
bedingt  ist,  sehen  wir,  daß  in  der  Ausbildung  der  Venen,  die  hier  in 
Frage  kommen,  jedes  amniote  Wirbeltier  drei  Stadien  in  seiner  Onto- 
genese durchläuft:  zuerst  bilden  sich  die  Venae  omphalo-mesentericae 
aus,  dann  treten  die  Venae  umbilicales  auf  und  bei  der  Geburt  werden 
diese  eliminiert  und   es  bestehen  nur  die  Intestinalvenen,  die  sich  im 
Pfortaderstamme  vereinigen.    Alle  diese  Venen  treten  zu  verschiedenen 
Zeiten  durch  den  Pfortaderkreislauf  zur  Leber  in  Beziehung.    Wir  sehen 
ferner  den  Stamm  der  unteren  Hohlvene  mit  der  Leber  in  Verbindung 
treten,  und  durch  diese  Beziehungen  werden  nicht  nur  die  Mesenterial- 
bildungen    beeinflußt,    sondern    außerdem    die    Leber    und    vor   allem 
wieder   der   Darmkanal,   der   an   bestimmten    Punkten,   besonders   am 
Duodenalabschnitt,   fixiert   gehalten   wird  gerade  durch  die  Beziehung 
zur  Leber    und   den   Blutgefäßen.     Bei   Säugetieren   kommt  noch   die 
Ausbildung    des   muskulösen   Zwerchfells  hinzu,    wodurch  die  paarige 
Pleurahöhle  von  der  Peritonealhöhle  völlig  und  dauernd  getrennt  wird. 
Da   die  Entwickelung   und  Umbildung   der    genannten   Venenstämine, 
sowie  die  Entwickelung  des  Septum  transversum  und  des  Zwerchfells 
an   anderer  Stelle  eine  eingehende  Behandlung  finden,  nehme  ich  nur 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems.  223 

soweit  auf  dieselben  Rücksicht,  als  es  für  das  Verständnis  der  Mesenterial- 
verhältnisse  unerläßlich  ist. 

Die  ersten  Sonderungen,  welche  sich  am  Cölom  vollziehen,  sind 
dargestellt  durch  die  Bildung  des  S  e  p  t  u  m  t  r  a  nsvers  u  m.  Dasselbe 
ist  in  erster  Linie  durch  die  am  caudalen  Ende  des  Herzschlauches  zu 
diesem  tretenden  Gefäße  eingeleitet,  und  unter  diesen  sind  es  die 
Ductus  Cuvieri,  welche  die  Veranlassung  zu  Faltenbildungen  geben, 
sowie  zu  Verwachsungen,  die  den  Beginn  der  Trennung  der  Parietal- 
höhle  von  den  Rumpfhöhlen  einleiten.  Somit  gehören  diese  Vorgänge 
eigentlich  zum  Gefäßsystem,  wo  sie  auch  eine  genauere  Behandlung 
zu  erfahren  haben.  Wir  sehen  aber,  daß  bei  den  das  Cölom  be- 
treffenden Umbildungen  einen  ebenfalls  sehr  wesentlichen  Einfluß  das 
Darmrohr,  sowie  die  Leber  spielen  und,  soweit  diese  in  Frage  kommen, 
ist  deshalb  auch  hier  auf  die  erste  Bildung  eines  Septum  transversum 
einzugehen. 

Dabei  möchte  ich  eine  Anschauung  von  allgemeiner 
Bedeutung  hinsichtlich  der  Beurteilung  der  Mesen- 
terialbildungen  hervorheben.  Ich  kann  in  den  Mesenterial- 
bildungen  nur  Hilfseinrichtungen  der  nachgiebigsten  Art 
erblicken,  die  sich  den  Organen,  welchen  sie  zugehören,  stets 
anpassen  und  keine  Selbständigkeit  besitzen.  Ich  hebe  dies  des- 
halb hervor,  weil  gerade  ein  hervorragender  Forscher  auf  diesem  Ge- 
biet, Toldt,  darin  einen  anderen  Standpunkt  einnimmt.  Toldt  sagt, 
z.  B.  der  Darmkanal  könnte  nicht  in  die  Länge  wachsen  und  sich  in 
Schlingen  legen,  wenn  das  Mesenterium  nicht  wüchse,  und  faßt  die 
Möglichkeit  ins  Auge,  daß  das  Wachstum  des  Mesenterium  das  Primäre 
sei  und  das  Wachstum  des  Darmes  das  Sekundäre.  Diesen  Standpunkt 
kann  ich  nicht  teilen.  Der  Darm  ist  in  diesem  Falle  stets  das  wesent- 
liche Organ.  Wenn  er  wächst,  so  nimmt  er  das  Mesenterium  eben 
mit.  Inderseliten  Weise  wie  dem  Darm  paßt  sich  das  Gekröse  dem 
Wachstum  der  Leber,  des  Pankreas,  der  Milz  und  der  Gefäße  an.  Die 
Fixierung  gewisser  Darmstrecken  an  der  Rumpfwand  ist  auch  nicht 
durch  das  Mesenterium  veranlaßt,  so  z.  B.  beim  Duodenum,  sondern 
lediglich  durch  die  Beziehung  zu  anderen  Organen,  speciell  den  Blut- 
gefäßen und  großen  Drüsen.  Die  Gekröse  bleiben  stets  Hilfs- 
organe, welche  besonders  die  Beziehung  der  Intestina  zum  Körper  ver- 
mitteln, indem  sie  Blutgefäßen  und  Nerven  den  Weg  bieten ;  auch  können 
sie  mechanische  Bedeutung  erhalten,  aber  stets  nur  im  Sinne  von  Hilfs- 
organen. Daß  alle  wahren  Mesenterien  nicht  bloße  Duplikaturen  der 
Serosa  darstellen,  sondern  daß  zwischen  den  beiden  Serosalamellen 
eine  eigene  bindegewebige  Schicht,  in  der  eben  die  Blutgefäße,  Nerven 
etc.  verlaufen,  besteht,  wurde  von  Toldt  mit  Recht  hervorgehoben. 
Aber  auch  diese  als  Membrana  propria  bezeichnete  Schicht  ist  in 
gleicher  Weise  anpassungsfähig  wie  ihr  Serosa-Ueberzug ,  d.  h.  sie 
wächst  mit  dem  wachsenden  Darm  und  bleibt  kurz,  wenn  ein  Wachs- 
tum des  Darmes  nicht  eintritt.  Dabei  spielt  stets  der  Darm  oder  die 
Leber  und  andere  Organe  der  Leibeshöhle  den  Gekrösen  gegenüber  die 
aktive  Rolle. 

Primärer  Zustand.  Der  primitivste  Zustand  für  das  gesamte 
Mesenterium  besteht  bei  holoblastischen  Eiern  während  der  Ent- 
wickelung des  Mesoderms.  So  sehen  wir  z.  B.  bei  Amphioxus  oder  Am- 
phibien, wenn  die  paarigen  Anlagen  des  gastralen  Mesoderms,  ventral- 
wärts   auswachsend,    zwischen  Ektoderm    und  Entoderm    herabrücken, 


224  F.  Maurer, 

ehe  sie  sich  in  der  ventralen  Mittellinie  vereinigen ,  ein  ventrales 
Mesenterium  (freilich  noch  ohne  Membrana  propria)  durch  Kopf  und 
Rumpfabschnitt  des  Embryo  bestehen.  Das  dorsale  Mesenterium 
bildet  sich  erst,  nachdem  die  P  a  r  i  e  t  a  1  p  1  a  1 1  e  n  sich  von 
d  e  n  Urwirbeln  g e t r e n n t  habe n  und  ventral  v  o  n  d e r 
Chorda,  dorsal  vom  Darm  röhr  gegeneinander  rücken. 
Während  nun  dorsal  meistens  das  dorsale  Mesenterium,  nachdem 
durch  Bindegewebe  eine  Membrana  propria  zwischen  seinen  Epithel- 
lamellen gebildet  wurde,  zunächst  in  ganzer  Länge  erhalten  bleibt, 
sehen  wir,  daß  ventral  in  großer  Ausdehnung  eine  EinSchmelzung 
stattfindet,  so  daß  die  beiden  Cölomsäcke  in  der  ventralen  Mittellinie 
sich  miteinander  verbinden  und  die  einheitliche  Leibeshöhle  des 
Rumpfes  bilden.  Nur  in  der  Kopfregion  unterbleibt  die  ventrale 
Vereinigung  der  beiden  Cölomsäcke  und  hier  bestellt  darum  ein  ven- 
trales Mesenterium.  Zwischen  seinen  Lamellen  bildet  sich  das  Herz 
aus  und  dahinter  die  Leber  (Fig.  147).  Dies  ist  wohl  der  Grund  zu 
seiner  Erhaltung.  Infolgedessen  ist  der  vordere  craniale  Teil  des  Cöloms 
paarig,  bildet  die  sogenannten  Parietalhöhlen,  die  sich  caudalwärts  in 
das  einheitliche  Rumpfcölom  fortsetzen.  Während  diese  Verhältnisse 
bei  holoblastischen  Eiern  sich  direkt  ausbilden  können,  wird  bei 
meroblastischen  Eiern  die  Bildung  des  dorsalen  Mesenteriums  zwar 
nicht  wesentlich  modifiziert,  wohl  aber  diejenige  des  ventralen  Mesen- 
teriums, ebenso,  wie  die  des  gesamten  Darmkanals.  Erst  wenn  die  Darm- 
rinne  sich  unter  Abhebung  des  embryonalen  Körpers  vom  Dottersack  zum 
Rohr  abgeschlossen  hat,  kann  sich  ein  ventrales  Mesenterium  bilden 
und  im  Rumpfabschnitt  einschmelzen.  Da  der  Kopfteil  des  Embryo 
sich  zuerst  aus  dem  Dottersack  abhebt  und  mit  ihm  der  Kopfdarm 
als  geschlossenes  Rohr  bis  zur  vorderen  Darmpforte  besteht,  so  sind 
auch  die  Parietalhöhlen  und  mit  ihnen  das  ventrale  Mesenterium  des 
Kopfes  zuerst  gebildet,  gerade  jener  Teil,  in  welchem  die  ersten  wich- 
tigsten Komplikationen  des  Mesenteriums  zuerst  auftreten.  Ich  erinnere 
hier  nur  an  die  erste  paarige  Anlage  des  Herzschlauches  und  sein 
Unpaarwerden  unter  gleichzeitiger  Vereinigung  der  ventralen  beider- 
seitigen Mesodermlain  eilen. 

Wenn  wir  im  folgenden  unser  Wissen  über  die  Ausbildung  der 
Mesenterien  des  Darms  und  seiner  Drüsen  betrachten  wollen,  so  ist 
von  vornherein  zu  bemerken,  daß  über  die  Details  dieser  Vorgänge 
sehr  verschiedene  Angaben  bestehen  und  für  die  Forschung  noch  ein 
weites  Feld  offen  liegt. 

Wir  beginnen  mit  einer  kurzen  Betrachtung  der  ersten  Son- 
derungsvorgänge, die  eigentlich  in  das  Gebiet  des  Gefäßsystems  ge- 
hört, und  wenden  uns  dann  zu  den  Umbildungen  der  Mesenterien  im 
Bereich  der  Pleuroperitonealhöhle. 

Septum  transversum. 

Von  dieser  Bildung  sei  zunächst  bemerkt,  daß  sie  in  früher  Ent- 
wickelungsperiode  ausschließlich  durch  eine  Gefäßbildung  veranlaßt 
ist,  daß  aber  im  Anschluß  daran  auch  die  Leber  Einfluß  auf  ihre  Bil- 
dung erhält  und  daß  sie  bei  allen  Wirbeltieren  in  wesentlich  gleicher 
Form  auftritt,  nur  bei  meroblastischen  Eiern  durch  den  Dotter  ebenso 
cänogenetisch  modifiziert  wird,  wie  die  erste  Herzanlage. 

Für  die  C  y  c  1  o  s  t  o  m  e  n  ist  die  Angabe  von  Götte  belangreich,  wo- 
nach bei  Petromyzonten  Peritonealbrücken  bestehen,  welche  zur  Ueber- 


Die  Entwickelung  des  Darrusystems. 


225 


■y 


Fig.  147.      Querschnitt  einer 
Petromyzon   fluviat.    Herzgegend 
Dorsales  Mesenterium,    i  Darm, 
dium.     c  Cölomepithel. 


leitung  von  Stammvenen  in  den  Sinus  venosus  des  Herzens  dienen. 
Es  muß  also  hier  am  hinteren  Ende  des  Herzschlauchs  bereits  ein 
Gebilde  entstehen,  das  dem  Mesocardium  laterale  Kölliker's 
oder  dem  lateralen  Teil  des  Septum  transversum  (His, 
Ravn)  entspricht.  Man 
hat  es  sich  vorzustellen 
als  eine  an  der  seitlichen 
Leibeswand  lateromedial 
herablaufende  Falte,  die 
zuerst  einen  oberen  (dor- 
salen) und  unteren  (ven- 
tralen) freien  Rand  be- 
sitzt. Von  dem  dorsalen 
Bereich  der  rechte  n 
Falte  erstreckt  sich  nun 
caudalwärts  eine  längs- 
verlaufende weitere  Falte, 
Avelche  von  Götte  als 
dorsales  Leberge- 
k  r  ö  s  e  bezeichnet  wurde. 
Dies  stimmt  mit  dem 
Hohlvenen  gek  rose 
überein,  das  nach  Hoch- 
stetter  bei  allen  Wir- 
beltieren besteht,  die  eine 
untere  Hohlvene  besitzen. 

BeiRaja,  Urodelen  und  An u  reu,  sowie  bei  Reptilien 
steht  außer  dem  dorsalen  und  ventralen  Darmgekröse 
drittes  Längsgekröse,  welches  den  rechten 
Rand  der  Leber  mit  der  Wurzel  des  dorsalen  Darmge- 
kröses  verbindet  und  sich  wie  bei  Säugern  und  Vögeln 
noch  über  die  Leber  hinaus  nach  hinten  erstrecken  kann. 

Die  Bildung  des  Septum  transversum  vollzieht  sich  bei  A  m  p  h  i  b  i  e  n 
nach  Götte  ebenso,  wie  bei  Petromyzon.  Sie  tritt  komplizierter  auf 
bei  Amnioten,  wo  sie  eine  vielfache  Bearbeitung  erfahren  hat 
(Kölliker,  His,  Uskow,  Hochstetter,  Ravn,  Brächet,  Swaen, 
Math  es). 

Ich  folge  hier  der  Schilderung,  die  Ravn  von  der  Entwickelung 
des  Septum  transversum  des  Hühnchens  giebt,  weil  sie  am  einfachsten 
die  Bedeutung  dieser  Bildung  für  die  Leber  zeigt  (Fig.  148). 

Die  erste  Teilung  des  gesamten  Cölom  erfolgt  schon  bei  Hühn- 
chen, die  29  Stunden  bebrütet  sind.  Hier  ist  der  Kopfteil  des  Em- 
bryo vom  Dottersack  abgehoben,  das  Medullarrohr  ist  noch  nicht  ge- 
schlossen, die  Medullarfalten  berühren  sich  gerade.  Zur  Seite  der 
Kopfdarmhöhle  findet  man  die  Parietalhöhlen,  welche,  ventral  durch 
das  ventrale  Mesenterium  getrennt,  caudalwärts  jederseits  in  das 
Rumpfcölom  übergehen.  Zwischen  den  beiden  Lamellen  des  ven- 
tralen Mesenterium  liegt  die  gerade  unpaar  gewordene  Anlage  des 
Herzschlauchs.  Caudalwärts  teilt  sie  sich  vor  der  vorderen  Darmpforte 
in  die  beiden  Venae  omphalo-entericae.  Hier  ist  nun  der  Punkt,  wo 
die  erste  Bildung  einer  Scheidewand  des  Cöloms  auftritt. 
Die  Vena  omphalo-enterica  verläuft  zwischen  Splanchnopleura  und  Ento- 
derm,  die  Anlage  der  Vena  cardinalis  liegt  zwischen  Somatopleura  und 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.    II.  1.  15 


jungen  Larve  von 

(nach  Götte).     x 

h  Herz,  z  Mesocar- 


be- 
ein 
dorsalen 


226 


F.  Maurer, 


Ektoderm.  Nun  legen  sich  in  der  Gegend  der  vorderen  Darmpforte 
Somato-  und  Splanclmopleura  (Präcardialplatte  nach  His)  jeder - 
seits     aneinander,    verkleben,    und    es    bildet    sich    eine    Verbindung 

zwischen  Kardinalvene  und 
Vena  omphalo-enterica 
aus,  die  erste  Anlage  des 
CuviER'schen  Ganges. 
Damit  ist  jederseits  ein 
Mesocardium  late- 
rale (Kölliker)  ent- 
standen. Dasselbe  hat 
jederseits  einen  medialen 
und  lateralen  freien  Rand. 
Wenn  sich  nun  der  Em- 
bryo nach  hinten  weiter 
vom  Dottersack  abhebt 
und  die  vordere  Darm- 
pforte caudalwärts  rückt, 
so  wird  der  mediale  zu 
einem  dorsalen  freien 
Rand,  der  laterale  zu  einem 
ventralen  freien  Rande, 
und  diese  Ränder  begren- 


Fig.  148.  2  Modelle  vom 
Hühnchen,  Entwickeluug  der 
Vena  hepatoenterica  und  des 
Foramen  Winslowi  nach  Ravn. 

a)  Embryo    von    80    Stunden. 

b)  Embryo  von  5 — 6  Tagen, 
hier  Leber  abgetragen.  Ipu  Lig. 
pulmonale.  Ipa  Lig.  pulmonale 
accessorium.  cd  Falte  der  Art. 
hepatica.  Ihg  Lig.  hepato-gastri- 
cum.  fW  For.  Winslowi,  ihm 
entspricht  in  a  die  weite  Oeff- 
nung  bei  bhc.  p  Lunge,  rci  Vena 
cava  inf.  bhe  Bursa  hepato-en- 
terica.  m  Magen.  H  Leber.  A 
Aorta,  d  Darm,  ml  dorsales 
Lebergekröse,  vp  Vena  portae. 
sv  Sinus  venosus. 


zen  Oefthungen,  welche  noch  von  der  Parietalhöhle  jederseits  in  die 
Rumpfhöhle  führen.  Ravn  unterscheidet  sie  als  Recessus  pari- 
etales, dorsales  und  ventrales,  His  kannte  nur  die  dorsalen, 
die  er  als  Recessus  parietales  bezeichnete.  Zu  gleicher  Zeit  verbinden 
sich  der  Länge  nach  die  Herzenden  der  Venae  omphalo-entericae.  Man 
kann  dies  als  eine  caudalwärts  fortschreitende  Vereinigung  der  paarigen 
Herzanlage  betrachten,  und  damit  bildet  sich  außer  den  beiden  paarigen 
Teilen  des  Septum  transversum  noch  ein  mittlerer  unpaarer  Abschnitt. 

Ravn  unterscheidet  dann  in  der  Folge  im  ganzen  4  Bestandteile 
des  gesamten  Septum  transversum :  1)  die  mittlere  Masse  desselben ; 
2)  die  beiden  Mesocardia  lateralia;  3)  das  unpaare,  in  der  Median- 
linie gelegene  primäre  Ventralligament  der  Leber  und  4)  die 
beiden  seitlichen  Schlußfalten  des  Septum  transversum. 

Diese  Teile  bilden  allmählich  eine  einheitliche  Masse.  Zuerst 
schließt   sich  jederseits   der  Recessus  parietalis    ventralis,    später  erst 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems. 


227 


der  Recessus  parietalis  dorsalis,  was  Hochstetter  schon  früher  von 
der  Eidechse  und  dem  Hühnchen  geschildert  hat. 


ganz 


Dann  ist  erst  die  Pericardialhöhle  von  der  Plenro-peritonealhöhle 
trennt.  Das  tritt  aber  beim  Hühnchen  erst  ein,  nachdem  das 
Septum  transversum  begonnen  hat,  sich  in  seine  späteren  verschie- 
denen Bestandteile  aufzulösen.  Diese  sind:  ein  Teil  des  späteren 
Zwerchfells,  die  Leber  mit  ihren  Gefäßen  und  ein  kleiner  Teil  des 
Herzens  (Sinus  venosus). 


Fig.  149.  Querschnitte  durch  die  vordere  Bauchgegend  des  Hühnchens  nach 
Ravn.  a)  Embrvo  von  100  Stunden,  b)  u.  c)  Embryo  von  5 — 6  Tagen.  Bezeichn. 
s.  Fig.  150. 


Nach  der  60.  Stunde  treibt  die  inzwischen  hinter  dem  Herzen 
entstandene  Leberanlage  Sprossen  in  der  Umgebung  des  Sinus  venosus, 
der  ventral  vom  Vorderdarm  liegt.  Diese  Leberschläuche  breiten  sich 
mehr  und  mehr  aus  und  formieren  eine  voluminöse  Masse,  welche 
den  caudalen  Teil  des  mittleren  Abschnittes  vom  Septum  transversum 
bilden.  Somit  hat  sich  eine  Sonderung  der  mittleren  Portion  des 
Septum  transversum  in  einen  cranialen  und  einen  caudalen  Ab- 
schnitt vollzogen.  Der  craniale  enthält  nur  den  Sinus  venosus  und 
ist  schmächtiger,  der  caudale,  voluminösere  enthält  die  Leberanlage. 
Letztere  wächst  nun  mächtiger  in  die  Breite  aus  und  besitzt  die 
Form  einer  plattgedrückten  Birne,  das  stumpfe  Ende  caudalwärts 
gerichtet.  Indem  ferner  der  craniale  Teil,  der  Sinus  venosus, 
sich  ventralwärts  ausdehnt,  bildet  er  einen  querliegenden  Wulst,  der 
durch  eine  tiefe  Rinne  von  der  Leberanlage  getrennt  ist;  er  rückt 
außerdem  etwas  ventral  von  letzterer. 

Bei  Säugetieren  findet  die  Bildung  des  Septum  transversum  im 
wesentlichen  in  der  gleichen  Weise  statt.  Es  stellt  eine  in  der  Gegend 
vor  der  vorderen  Darmpforte  bestehende  Scheidewand  zwischen  Peri- 
card,  das  aus  den  Parietalhöhlen  hervorging,  und  der  Pleuroperitoneal- 
höhle  dar,  deren  Bildung  beherrscht  wird  von  der  Entwickelung 
der  Venae  omphalo-entericae,  der  Ductus  Cuvieri  und  des  Sinus 
venosus  (Ductus  venosus,  Hochstetter).  In  seinem  caudalen  Ab- 
schnitt bildet  sich  die  Leberanlage  von  der  ventralen  Vorderdarmtläche 
aus.  Es  bildet  nach  Brächet  schließlich  eine  schräge  Scheidewand  in 
cranio-caudalem  und  dorso-ventralem  Sinne,  die  von  einer  zur  anderen 
Wand  des  Köpers  gespannt  ist.     An  seinem  caudalen  Ende 

15* 


vereinigt 


22s 


F.  Maurer, 


es  sich  mit  der  ventralen  Wand  der  Pericardialhöhle  im  Niveau  der 
vorderen  Darmpforte.  An  seinem  cranialen  Ende  hat  es  rechts  und 
links  einen  freien  Rand  und  hier  kommuniziert  noch  die  Pencardial- 
mit  den  Rumpfhöhlen  durch  2  enge  Kanälchen,  die  Recessus  parie- 
tales dorsales  (His,  Ravn). 

d)  Die  weiteren  Bildungsvorgänge  der  Mesenterien  in  der  Gegend 
der  Leber  und  des  Gastroduodenalabschnittes  des  Vorderdarms. 

Indem  die  Leber  sich  in  den  hinteren  Teil  des  Septum  transversum, 
dessen  mittlerer  Teil  zugleich  einen  Abschnitt  des  ventralen  Mesenteriums 
darstellt,  hinein  entwickelt,  steht  sie  dorsahvärts  mit  dem  Darm,  ven- 
tralwärts  mit  der  vorderen  Leibeswand  und  cranialwärts  mit  dem 
hinteren  Teil  des  Sinus  venosus  in  Zusammenhang.  Das  sind  aber 
nicht  die  einzigen  Verbindungen  der  Leber,  sondern  wir  sehen  bei 
sämtlichen  Wirbeltieren,  daß  außerdem  die  Leber  durch  ein  Gekröse, 
welches  von  ihrem  rechten  Rande  ausgeht,  mit  der  dorsalen 
Rumpf  wand  in  Verbindung  steht. 

Schon  bei  Petromyzon  hat  Götte  dieses  Ligament  gefunden 
und  als  dorsales  Lebergekröse  bezeichnet. 

Es  besteht  ursprünglich  ein  linkes  und  rechtes  Nebengekröse  des 
Septum  transversum,  welche  von  Brächet,  Ravn  und  Mathes  bei 
Amphibien  genauer  beschrieben  wurden. 

Brächet  nennt  sie:  M  es  o  lateral  droit  et  gauche,  Mathes 
bezeichnet  sie :  rechts :  L  i  g.  h  e  p  a  t  o  -  c  a  v  o  -  p  u  1  m  o  n  a  1  e  und  links : 
Lig.  hepato -pulmonale  (Fig.  150). 


Fig.  150.  Querschnitte  der  Lebergegend  einer  Salamanderlarve  von  28  mm 
Länge  nach  Brächet.  G  Magen.  D  Duodenum.  Md  Dorsales  Mesenterium,  ml  Dor- 
sales Lebergekröse.  Ihe  Lig.  hepato-entericum.  mv  Ventrales  Mesenterium.  //"Leber. 
II,  lobus  descendens  hepatis.  p  Pankreas,  vf  Gallenblase.  P  Lunge.  A  Aorta. 
vei  Vena  Cava  inf.  vp  Vena  portae.  bhe  Bursa  hepato  enterica.    S  Milz. 


Die  Entwicklung  dieser  Falten  bei  Urodelen  schildern  Mathes 
und  Brächet  verschieden,  insofern  Mathes  diese  Gebilde  von  vorn- 
herein als  Falten  entstehen  läßt,  während  Brächet  sie  sich  dadurch 
/wischen  Darm-,  Leber-  und  Lungenanlage  ausbilden  läßt,  daß  das 
Cölom   in    das   zwischen   diese  Organe   eingelagerte  Bindegewebe  sich 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems.  229 

aktiv    einbuchtet.     Durch    die    Bildung    blinder   Buchten    (cul  de  sac) 
entsteht  deren  laterale  Wand  als  Lamelle  (meso  lateral). 

Mir  erscheint  die  Bezeichnung  von  Mathe s,  welcher  das  rechte 
der  genannten  Bänder  als  Lig.  he pato-cavo -pulmonale  und  das 
linke  als  hepato -pulmonale  bezeichnet,  deshalb  am  rationellsten, 
weil  dadurch  sofort  der  charakteristische  Unterschied  zwischen  beiden 
hervorgehoben  wird. 

Diese  Nebengekröse  des  Septum  transversum  entstehen  nach 
Mathes  in  der  Weise,  daß  von  der  dorsalen  Rumpfwand  oder  genauer 
von  der  lateralen  Fläche  des  dorsalen  Darmgekröses  eine  ventralwärts 
wachsende  Leiste  jederseits  entsteht,  die  mit  ihrem  freien  Rande  mit 
der  Dorsalfläche  der  mittleren  Masse  des  Septum  transversum  ver- 
wächst. Diese  Verwachsung  beginnt  cranial  und  schreitet  caudalwärts 
weiter.  Dadurch  entsteht  zu  jeder  Seite  des  Darmes  ein 
Raum  als  dorsoventraler  L ä n  g s  s p a  1 1 ,  der  cranialwärts 
blind  geschlossen,  caudalwärts  aber  sich  frei  in  die 
C  ö  1  o  m  h  ö  h  1  e  öffnet.  Die  linke  Leiste  entsteht  später  als  die  rechte 
und  verwächst  auch  niemals  soweit  caudalwärts  mit  der  mittleren  Masse 
des  Septum  transversum.  So  ist  links  der  genannte  Raum 
viel  kürzer  als  rechts  und  öffnet  sich  schon  weiter  cranialwärts 
in  das  Cölom.  Diese  beiden  Räume  sind  als  cranialwärts  gerich- 
tete Fortsätze  des  Cöloms  zwischen  Darmwand  und  Nebengekröse 
schon  lange  bekannt.  Sie  wurden  verschieden  benannt,  da  sie  sich 
auch  in  verschiedener  Ausbildung  linden. 

Bei  Amphibien  (Brächet  und  Mathes)  sind  sie  ähnlich,  wie 
beim  Hühnchen  (Hochstetter,  Ravn)  ausgebildet,  rechts  stärker, 
wie  links,  doch  besitzt  auch  der  linksseitige  eine  recht  ansehnliche  Aus- 
dehnung(Fig.  148,  149undlö0).  BeiSäugetieren  ist  der  linksseitige 
Raum  nur  eben  angedeutet,  jedenfalls  unbedeutend.  So  kommt  es, 
daß  His  überhaupt  nur  den  rechte n  Raum  benannt  hat  als  Recessus 
superior  sacci  omenti.  Diese  Bezeichnung  haben  die  meisten 
Untersucher  der  Säugetiere  angenommen.  Stoss  benannte  die  beiden 
Räume:  Recessus  pleuro-peritoneales,  Mall  nannte  sie  Gastric  diver- 
ticula. 

Ravn  selbst  nennt  den  rechten  Recessus  anterior  sacci  omenti, 
den  linken  einfach  den  linken  Recessus. 

Die  Thatsache,  daß  die  rechte  Leiste  weiter  caudalwärts  ausge- 
bildet ist,  als  die  linke  und  damit  auch  der  rechte  Recessus  eine  größere 
Ausdehnung  gewinnt,  findet  darin  ihre  Begründung,  daß  die  rechte 
Leiste  caudalwärts  die  Vena  cava  inferior  einschließt.  Der  Verlauf 
dieser  Vene  ist  der  Grund  der  Bildung  dieser  caudalen  Verlängerung 
der  Falte ;  links  schließt  die  Falte  an  der  linken  Leberhälfte  ab.  Das 
caudale  Ende  des  rechten  Nebengekröses  kann  man  zweckmäßig  als 
Hohlvenenfalte  bezeichnen.  So  kommen  wir  auf  die  MATHEs'sche  Be- 
zeichnung zurück,  die  dieser  für  Amphibien  vorschlägt. 

Ein  wichtiges  Stadium  ist  in  jenem  Befund  dargestellt,  wo  das 
rechte  Nebengekröse,  das  Lig.  hepato-cavo-pulmonale  caudalwärts  bis 
zum  Caudalende  der  Leber  sich  verlängert  hat,  während  das  linke  an 
der  cranialen  Fläche  der  Leber  sein  Ende  erreicht.  Dies  ist  beim 
Hühnchenembryo,  der  60  Stunden  bebrütet  war,  vorhanden.  Wenn 
nun  die  Lungenanlage  sich  in  dieses  Nebengekröse  hinein  ausbildet, 
so  sehen  wir,  daß  dessen  mittlerer  Teil,  welcher  die  epitheliale  Anlage 
der  Lunge  aufnimmt,  sich  mächtig  verdickt,  während  der  dorsale  und 


230  F.  Maurer, 

ventrale  Teil  schwach  bleibt.  Der  dorsale  Teil  ist  das  spätere  Liga- 
mentum pulmonale,  der  ventrale  ist  das  Lig.  pulmonale  accessorium 
und  verbindet  den  Lungenflügel  mit  der  Leberanlage.  Links  endigt  das 
Lig.  pulmonale  accessorium  an  der  Leber,  rechts  setzt  es  sich  caudal- 
wärts  in  die  Umhüllung  der  unteren  Hohlvene  fort,  Dies  findet 
man  am  Hühnchenembryo  vom  5. — 6.  Tage.  Der  Teil  des  rechten 
Nebengekröses,  welcher  die  untere  Hohlvene  einschließt,  verbindet 
sich  mit  der  dorsalen  Leberfläche,  und  darauf  dringen  Leberschläuche 
in  diese  Hohlvenenfalte  hinein  und  umwachsen  die  Hohlvene.  So 
wird  der  ventrale  Teil  der  Hohlvenenfalte  in  die  Leber 
aufgenommen.  Es  bildet  sich  ein  Leberlappen  zwischen  seinen 
Lamellen  aus,  während  der  dorsale  Teil  des  Hohlvenenbands  das 
dorsale  Lebergekröse  darstellt  (Hochstetter).  Das  ist  die 
Verbindung  der  Leber  rechterseits  mit  der  dorsalen  Rumpfwand,  deren 
Zustandekommen  als  weitere  Verbindung  der  Leber  damit  aufgeklärt 
ist.  Die  durch  die  Ausbildung  der  Leber  in  das  Lig.  pulmonale 
accessorium  veranlaßte  Verdickung  dieses  caudalen  Abschnittes  des  Lig. 
hepato-cavo-pulmonale  und  links  des  Lig.  hepato-pulmonale  hat  aber 
noch  eine  andere  sehr  wichtige  Bedeutung.  Bei  Vögeln  nur  ange- 
deutet, finden  wir  es  bei  Säugetieren  weiter  entwickelt:  es  bildet  die 
dorsale  Zwerchfellanlage:  davon  später. 

Aus  den  Angaben  Ravn's  ergiebt  sich  ferner,  daß  das  Foramen 
Winslowi  eine  primäre  Oeffnung  beim  Hühnchen  darstellt.  Es  ist 
die  caudale  Oeffnung,  in  welche  der  rechte  Recessus  superior  (anterior) 
Sacci  omenti  (von  Klaatsch  als  Bursa  hepato-enterica  bezeich- 
net) in  die  Cölomhöhle  mündet.  Diese  Oeffnung  wird  beim  Hühnchen 
vom  5.-6.  Bebrütungstage  von  folgenden  Teilen  begrenzt:  dorsal 
vom  ventralen  Rande  der  rechten  Nebengekrösfalte  (Lig.  hepato-cavo- 
pulmonale),  ventralwärts  von  der  Dorsalfläche  der  mittleren  Masse  des 
Septum  transversum,  d.  h.  der  Leber,  cranial  vom  caudalen  Rande 
der  lateralen  Recessuswand  (des  rechten  Nebengekröses),  und  caudal 
vom  Boden  oder  der  caudalen  Wand  des  Recessus.  Letzterer  Rand 
mag  dadurch  eine  schärfere  Abgrenzung  erhalten,  daß  das  dorsale 
Mesenterium  unter  Ausbildung  der  Gastro-Duodenalschlinge  eine  Ver- 
lagerung nach  links  erfährt, 

Das  Foramen  Winslowi  ändert  unter  den  relativen  Wachstums- 
vorgängen der  angrenzenden  Organe  seine  Form,  bleibt  aber  im 
Wesentlichen  erhalten.  Man  gelangt  durch  dasselbe  in  einen  Raum, 
der  nicht  einfach  bleibt,  sondern  durch  eine  sagittale  Längsfalte,  in 
zwei,  miteinander  kommunizierende  Abschnitte  geteilt  wird.  Die 
Falte  wurde  von  Toldt  als  plica  arteriae  hepaticae  bezeichnet. 
Der  erste  Abschnitt,  in  welchen  man  durch  das  Foramen  Winslowi 
gelangt,  ist  der  Vorraum.  Er  liegt  rechts  von  der  Medianebene  und 
setzt  sich  cranialwärts  in  den  Recessus  anterior  sacci  Omenti  fort. 
Der  2.  eigentliche  Saccus  omenti  liegt  links  von  jener  sagittalen  Ar- 
terienfalte und  bildet  den  links  von  der  Medianebene  gelegenen  Saccus 
omenti  majoris  oder  die  Bursa  omentalis.  Die  erwähnte  Falte  be- 
ginnt beim  Hühnchen  am  4.  Bebrütungstage  sich  zu  bilden,  am  5.— 6. 
tage  ist  sie  mächtig  entwickelt,  Sie  wurde  von  Toldt  in  gleicher 
Weise  beim  Menschen  gefunden,  von  Stoss  beim  Schaf,  doch  soll  sie 
bei  letzterem  die  Vena  ventriculo-linealis  enthalten. 

Bei  Säugetieren  sind  in  den  letzten  Jahren  die  Veränderungen 
des  Septum  transversum  nach  den  Arbeiten  von  His  besonders  durch 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems.  231 

Uskow    und  Ravn   und    in  jüngster  Zeit    durch   Swaen    und   seinen 
Schüler  Brächet  genauer  bekannt  geworden. 

Indem  das  Darmrohr  sich  cranio-caudal  weiter  abschließt,  rückt 
die  vordere  Darmpforte  caudalwärts  und  entfernt  sich  vom  caudalen 
Ende  des  Pericardes.  Hier  sehen  wir  nun  in  dieser  Strecke  ventral 
vom  Darmrohr  zwischen  Pericard  und  vorderer  Darmpforte  eine  be- 
trächtliche Ausbildung  von  embryonalem  Bindegewebe  sich  vollziehen. 
In  dieses  Gewebe  hinein  (Vorleber)  bildet  sich  die  Leber  aus,  dehnt 
sich  dabei  aber  auch  cranialwärts  in  die  eigentliche  mittlere  Portion 
de-;  Septum  transversum  aus,  in  welche  sich  jene  Bindegewebsmasse 
cranialwärts    continuirlich    fortsetzt. 

Die  Leberanlage  folgt  hier  den  Venae  omphalo-mesentericae, 
ferner  einem  Teil  der  Nabelvenen,  sowie  der  caudalen  Portion  des 
Sinus  venosus;  nur  auf  den  ganz  cranial  gelegenen  Teil  des  Septum 
transversum,  in  welchem  das  craniale  Ende  dieses  Sinus  und  der 
Ductus  Cuvieri  liegen,  erstreckt  sich  die  Leber  nicht  (Brächet).  Ich 
betone  dies,  weil  demnach  auch  bei  Säugetieren  wie  bei  Vögeln  eine 
craniale  und  caudale  Portion  des  mittleren  Teils  des  Septum  trans- 
versum besteht,  nur  die  caudale  enthält  in  der  Umgebung  der  Venen- 
stämme die  Leberanlage. 

Das  Septum  transversum  hat  eine  dorsale  Oberfläche,  an  welche 
sich  median  die  mesenteriale  Scheidewand,  die  das  Darmrohr  um- 
schließt, anheftet.  Nun  wachsen  die  Lungen  beiderseits  auf  der  late- 
ralen -Fläche  des  Darmrohrs  hervor  (His,  Uskow,  Ravn,  Swaen, 
Brächet).  Die  Leber  bildet  die  3  Lappen,  2  seitliche,  die  sich 
in  einem  mittleren  vereinigen.  Sie  sind  beim  Kaninchen  durch  tiefe 
Einschnitte  getrennt  (Kaninchen  vom  11.  Tage),  beim  Menschen  fehlen 
die  Einschnitte  (Embryo  von  8—10  mm  Länge). 

Es  kommt  nun  auch  hier  zur  Abtrennung,  zunächst  der  Peri- 
cardialhöhle  von  der  Pleuroperitonealhöhle,  wie  bei  niederen  Formen, 
durch  Bilduug  einer  Pleuro-pericardialmembran,  die  zu  schildern  nicht 
hierher  gehört  (sie  wurde  von  His  zuerst  beobachtet,  dann  von  Us- 
kow, Lockwood,  Ravn,  Swaen  und  Brächet  bestätigt).  Bei  Säuge- 
tieren bildet  sich  aber  zugleich  mit  dieser  noch  eine,  zur  späteren 
Trennung  der  Pleura  von  der  Peritonealhöhle  führende  Membran, 
das  dorsale  Zwerchfell  (Uskow,  Ravn,  Lockwood,  Waldeyer, 
Swaen),  welchem  Brächet  den  Namen  der  Pleuroperitonealmembran 
gab. 

Bei  dieser  Bildung  haben  wir  an  die  zuletzt  vom  Vogel  be- 
schriebenen Verhältnisse  anzuknüpfen,  die  ich  in  Anschluß  an  Mathes 
und  Ravn  schilderte.  Dort  bestand  rechts  das  Lig.  hepato-cavo-pul- 
monale,  links  das  Lig.  hepato-pulmonale.  Diese  beiden  Falten  sind 
identisch  mit  dem,  was  Brächet  als  Pleuroperitonealmembran  be- 
zeichnet. Bei  Säugetieren  und  Menschen  wurden  sie  von  His,  Cadiat, 
Uskow  und  Lockwood  geschildert.  Sie  sind  beim  Kaninchen  nach 
Swaen  in  ihren  weiteren  Umbildungen  leichter  verfolgbar  als  beim 
Menschen. 

Beim  Kaninchen  besteht  dieses  Gebilde,  das  Hohlvenen-  oder 
Nebengekröse  (mesolateral)  nach  Stoss,  Hochstetter,  Ravn,  Mall, 
Swaen,  Mathes,  Brächet,  ähnlich  wie  beim  Hühnchen,  nur  ist  es  links 
weniger  ausgebildet  als  beim  Hühnchen,  bei  dem  es  aber  ebenfalls 
nicht  so  weit  caudalwärts  reicht,  wie  das  rechtsseitige  Gebilde.  Es 
besteht  nach  Ravn  aus  einer  dünnen  Gewebsmasse,  die  von  der  dor- 


232  F.  Maurer, 

salen  Körperwand  ausgeht,  von  einem  mit  dem  medianen  Mesenterium 
gemeinsamen  Punkte.  Es  verläuft  ventralwärts  neben  dem  medianen 
Hauptgekröse,  parallel  mit  diesem,  herab  und  heftet  sich  dann  auf  der 
dorsalen  Oberfläche  des  Sinus  venosus  oder  des  Septum  transversum 
fest.  Zwischen  ihm  und  dem  medianen  Mesenterium  besteht  derRe- 
cessus  super i o r  sacci  omenti,  der  cranial  blind  endigt, 
cau dal  sich  in  die  allgemeine  Leibeshöhle  öffnet,  da 
das  Neben gekröse  einen  caudalen  freien  Rand  besitzt. 
Indem  es  nun  caudalwärts  weiter  wächst,  heftet  es  sich  auf  die 
dorsale  Oberfläche  des  rechten  seitlichen  Leberlappens.  In  dies  Ge- 
kröse wächst  nun  auch  hier  die  Lunge  hinein.  In  seinem  cranialen 
Teil  bleibt  das  Gekröse  dünn  membranartig,  aber  caudal  hinter 
der  Lungenanlage  verdickt  es  sich  mächtig  nach  rechts  hin,  indem  es 
auf  der  Leber  inserirt  und  bildet  eine  Nische,  in  welche  sich  das 
caudale  Ende  des  rechten  Lungenflügels  hineinlegt.  Diese  Verdickung 
des  Gekröses  wird  durch  das  Einsprossen  von  Leberschläuchen  in 
dasselbe  veranlaßt,  es  ist  dieser  ganze  Vorgang  also  auf  Rechnung 
der  Leber  zu  setzen.  Dadurch  entsteht  die  caudale  Wand  der  rechten 
Pleurahöhle. 

Da  links  ein  Nebengekröse  nicht  in  gleicher  Ausdehnung  gebildet 
wird,  spielen  sich  die  geschilderten  Vorgänge  etwas  anders  ab  als 
rechts,  aber  auch  hier  entwickelt  sich  eine  caudale  Pleurawand.  Ravn 
giebt  an,  daß  in  der  Gegend  der  Cardia  das  die  mesenteriale  Scheidewand 
und  die  Cardia  umgebende  Bindegewebe  sich  flächenhaft  nach  links 
ausbreite,  so  daß  hier  ebenfalls  eine  Nische  für  die  linke  Lunge  ge- 
bildet wird.  Wie  aber  auch  hier  die  Leber  eine  wesentliche  Rolle 
spielt,  hat  Brächet  genauer  geschildert.  Nach  links  hin  legt  sich 
der  gerade  angedeutete  Magenblindsack  und  hier  vermehrt  sich  be- 
trächtlich das  subseröse  Bindegewebe  der  Magenwand.  In  dieses 
Bindegewebspolster  bilden  sich  ebenfalls  Teile  des  linken  Leberlappens 
aus,  und  zwar  zwischen  Caudalende  der  Lunge  und  Magenblindsack. 
Nun  buchtet  sich  die  Cölomwand  zwischen  Lunge  und  linkem  Leber- 
lappen, sowie  zwischen  diesem  Leberlappen  und  Cardia  ein.  Da- 
durch wird  der  Magen,  sowie  die  linke  Lunge  frei  und  das  trans- 
versale Bindegewebsseptum,  welches  den  linken  Leberlappen  zum  Teil 
umschließt,  heftet  diesen  am  dorsalen  und  mittleren  Teil  des  medianen 
Mesenterium  an.  So  wird  ein  dorsales  und  transversales  Aufhängeband 
der  Leber,  und  ferner  die  caudale  Wand  der  linken  Pleurahöhle  gebildet. 

So  sehen  wir,  daß  die  Leber  durch  ihr  Wachstum  sehr  wichtige 
Bildungsvorgänge  beherrscht,  die  schließlich  zur  Trennung  der  Pleura- 
und  Peritonealhöhle  führen.  Zugleich  mit  der  Leber  spielen  dabei  die 
Umbildungen  ihrer  Venen  eine  große  Rolle,  auf  die  hier  nicht  ein- 
zugehen ist.  Es  kommt  damit  die  Zwerchfellbildung  zu  Stande,  die 
sich  aus  einem  ventralen  unpaaren  Teil  des  Septum  transversum  und 
einem  hinteren  paarigen  Teil  entwickelt.  Dies  war  schon  durch  His 
und  Uskow  im  Wesentlichen  bekannt  geworden,  durch  Swaen  und 
Brächet  aber  genauer  ausgeführt. 

Bei  der  Ausbildung  des  Zwerchfells  kommt  nun  bei  Säugetieren 
der  zwischen  rechtem  Nebengekröse  mit  Leber  einerseits  und  dem 
Darm  andererseits  gelegene  cranialwärts  blind  endigende  Sack  caudal- 
wärts vom  Zwerchfell,  also  in  die  Peritonealhöhle  zu  liegen.  Er  stellt 
die  Bursa  hepato-enterica  Klaatsch's  dar,  welche  weiterhin  wichtige 
Umbildungen  erfährt. 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems.  233 

Zuvor  ist  noch  in  Kürze  auf  die  definitive  Bildung  des  Ligamen- 
tum Suspensorium  und  coronarium  h e p  a ti s  einzugehen.  Dies 
sind  Verbindungen,  die  in  ihrer  fertigen  Gestalt  erst  spät  auftreten.  Zu- 
erst, wenn  sich  die  Leber  in  das  Septum  transversum  hinein  entwickelt, 
steht  sie  nicht  nur  mit  der  ventralen  Rumpfwand,  sondern  auch  dorsal 
mit  der  hinteren  Rumpfwand  in  breiter  Verbindung,  ferner  ist  sie  cranial- 
wärts  nicht  von  dem  Zwerchfell  gesondert.  Diese  Trennung  tritt  erst 
später  ein,  indem  das  Cölom  von  beiden  Seiten  her  zwischen  cranialer 
(ventraler)  Leberfläche  und  dem  davor  gelegenen  nun  muskulös  gewor- 
denen Zwerchfell  eindringt.  Dabei  hat  das  Ligamentum  Suspensorium, 
wenn  auch  sekundär  in  seiner  definitiven  Form  entstanden,  doch  als 
direktes  Derivat  der  primitiven  Verbindung  der  ventralen  Leberfläche 
mit  der  ventralen  Bauchwand  zu  gelten,  während  das  Ligamentum  coro- 
narium als  hervorgegangen  aus  der  Verbindung  der  Leber  mit  dem  Liga- 
mentum hepato-cavo-pulmonale,  dem  lateralen  Teil  des  Zwerchfells, 
aufzufassen  ist  (Brächet). 

Bursa  oinentalis  und  Foramen  Winslowi. 

Nachdem  wir  im  Vorstehenden  die  ersten  Ausbildungen  und 
weiteren  Veränderungen  des  Septum  transversum  und  damit  der  Leber- 
ligamente kennen  gelernt  haben,  haben  wir  nunmehr  eine  Bildung  zu 
betrachten,  welche  uns  vom  ventralen  zum  dorsalen  Mesenterium  führt, 
indem  beide  an  seiner  Begrenzung  teilnehmen.  Bei  allen  Wirbeltieren, 
von  Amphibien  an,  besteht  eine  B  u  r  s  a  h  e  p  a  t  o  -  e  n  t  e  r  i  c  a.  Diese  wird 
links  begrenzt  durch  das  dorsale  Mesenterium,  die  rechte  Seite  des 
Magen-Duodenum  und  das  Ligamentum  hepato-entericum.  Die  ventrale 
Abgrenzung  geschieht  durch  die  Leber  und  diese  führt  zur  rechten 
Begrenzung,  die  dorsalwärts  von  der  Leber  auf  das  Ligamentum 
hepato-cavo-pulmonale  übergeht  und  durch  dieses  zur  dorsalen  Rumpf- 
wand tritt. 

Dieser  Raum  wurde  von  Klaatsch  für  vollkommen  abgeschlossen 
gehalten,  so  daß  seine  Kommunikationsöffnungen  mit  der  übrigen  Leibes- 
höhle als  sekundäre  Durchbrechungen  auftreten.  Diese  Vorstellung 
war  durch  verschiedene  wichtige  Thatsachen  begründet:  erstens  findet 
man  bei  urodelen  Amphibien  vielfache  Durchbrechungen  im  dorsalen 
Mesenterium,  die  nur  sekundär  entstanden  sein  können.  Sie  sind  bei 
den  verschiedenen  Formen  sehr  ungleich  entwickelt.  Bald  findet  sich 
ein  Defekt  in  großer  Ausdehnung  zwischen  Milz  und  dorsaler  Rumpf- 
wand (Siren)  bald  besteht  hier  nur  ein  kleines  rundes  Loch  (Pleuro- 
deles,  Triton),  bald  ist  das  dorsale  Mesenterium  im  Bereiche  des 
Vorderdarmes  ganz  geschlossen  (Menobranchus,  Salamandra).  Dann 
treten  Defekte  im  dorsalen  Mesenterium  zwischen  Milz  und  Vorder- 
darm auf,  d.  h.  ventral  von  der  Milz :  so  bei  Salamandra,  Siredon  und 
Menobranchus,  während  bei  Triton  und  Pleurodeles  dieser  Teil  des 
dorsalen  Mesenteriums  ganz  geschlossen  ist.  Bei  Cryptobranchus  end- 
lich besteht  eine  Durchbrechung  distal  von  der  Milz.  Ferner  besteht 
aber  bei  Urodelen  im  Ligamentum  hepato-entericum  keinerlei  Oeffnung. 
Bei  Anuren  ist  sie  inkonstant,  bei  Pipa  fehlt  sie,  bei  Rana  findet 
man  sie  zuweilen,  oft  fehlt  sie  auch,  bei  Bufo  findet  man  sie  stets. 

Bei  dieser  Inkonstanz  der  Verhältnisse  in  der  Gruppe  der  Am- 
phibien war  also  Klaatsch  völlig  im  Recht,  wenn  er  diese  Durch- 
brechungen als  sekundäre  Rarefikationen  des  Peritoneums  auffaßte,  auch 


234  F.  Maurer, 

das  ventral  vom  Ductus  choledochus  im  Ligamentum  hepato-entericum 
bei  manchen  Anuren  auftretende  Loch.  Dieses  wurde  von  Klaatsch 
als  Foramen  hepato-entericum  bezeichnet,  weil  es  an  einer  Stelle  ent- 
steht, wo  bei  höheren  Formen  stets  die  einzige  Kommunikationsöffnung 
der  Bursa  omentalis  mit  der  übrigenB  auchhöhle  sich  findet,  das  Fo- 
ramen Winslowi.  Doch  ist  dieses  nicht  identisch  mit  dem  zuerst 
bestehenden  Foramen  hepato-entericum  der  Anuren. 

War  somit  Klaatsch  vom  vergleichend  anatomischen  Standpunkte 
aus  völlig  im  Recht,  wenn  er  einen  geschlossenen  Zustand  der  Bursa 
hepato-enterica  als  primär  annahm  und  alle  Durchbrechungen  ihrer 
Wand  als  sekundäre  Rarefikationen  des  Peritoneums  auffaßte ,  so 
rechnete  er  doch  nicht  mit  den  Thatsachen  der  Ontogenie.  Die  Ent- 
wickeln n  g  s  g  e  s  c  h  i  c  h  t  e  z  e  i  g  t ,  und  alle  Unter sucher  s t i m - 
men  darin  überein,  daß  die  Bildung  der  Bursa  hepato- 
enterica  so  erfolgt,  daß  an  ihrem  caudalen  Ende  eine 
primäre,  in  die  Cölom höhle  mündende  Oeffnung  be- 
steht. Es  ist  dies  nicht  nur  bei  Amphibien  von  Mathes  und 
Brächet  in  letzter  Zeit  nachgewiesen  worden,  es  war  schon  früher 
von  Hochstetter  angegeben.  Derselbe  hat  auch  beobachtet,  daß 
diese  Oeffnung  später  sekundär  zum  Verschluß  kommt.  Es  ist  für 
das  Zustandekommen  der  primären  Oeffnung  gleichgültig,  ob  die  Bildung 
der  Bursa  hepato-enterica  durch  Einstülpung  des  Cölomepithels  nach 
Brächet  entsteht,  oder  ob  das  Ligamentum  hepato-cavo-pulmonale 
aktiv  von  der  dorsalen  Rumpfwand  herabwächst. 

Aus  den  neueren  Beobachtungen  ergiebt  sich  ferner,  daß  diese 
Oeffnung  sich  zwar  bei  Urodelen  abschließt,  bei  Am- 
nioten  aber  stets  offen  bleibt  und  den  primitiven  Ein- 
gang in  die  Bursa  hepato-enterica  darstellt. 

Klaatsch  läßt  nun  das  primäre  Foramen  Winslowi  zwar  caudal 
vom  Ductus  choledochus  sich  bilden,  aber  es  bildet  nicht  das  caudale 
Ende  des  Ligamentum  hepato-entericum.  Letzteres  wird  vielmehr  durch 
die  Bildung   dieses  Loches   in  einen  proximalen  (cranialen)  Abschnitt, 


Fig.  151  u.  152.  Partieller  Querschnitt  der  Lebergegend  eines  menschlichen 
Embryo  von  18  mm  Länge.  (Nach  SWAEN.)  JVT  Niere.  T  Hoden.  8  Milz,  mgd 
Mesogastrium  dorsale.     Anderere  Bezeichnung  s.  Fig.  149  u.  150. 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems. 


235 


Bildung 
abgesehen 


das  Ligamentum  hepato-gastro-duodenale  und  einen  distalen  (caudalen), 
das  Ligamentum  hepato  -  cavo  -  duodenale,  geteilt.  Dagegen  hat  nun 
Mathes  Einsprache  erhoben,  indem  er  am  primär  bestehenden  Foramen 
Winslowi  auch  zugleich  das  caudale  Ende  des  Ligamentum  hepato- 
entericum  findet.  Brächet  ist  dem  neuerdings  zu  Gunsten  der 
Ansicht  von  Klaatsch  entgegengetreten.  Nach  Letzterem  ist  das 
Foramen  hepato-entericum  zwar  ebenfalls  eine  primitive  Oeffnung,  aber, 
wenn  ich  ihn  recht  verstehe,  bildet  sich  von  ihm  auch  caudalwärts  ein 
Cölomblindsack  aus,  der  das  Ligamentum  hepato-entericum  vom  dor- 
salen Mesenterium  abtrennt,  und  so  entsteht  als  Fortsetzung  jenes 
Bandes  das  Ligamentum  hepato-cavo-duodenale.  Es  ist  erwiesen, 
daß  das  letztere  Band  schon  bei  Amphibien  besteht  und,  indem  es  sich 
mit  dem  dorsalen  Mesenterium  verbindet,  das  Cavum  hepato-entericum 
caudalwärts  abschließt.  Ich  stelle  mich  in  der  Beurteilung  dieser  Ver- 
hältnisse ganz  auf  den  Standpunkt  von  Gegenbaur,  den  auch  Klaatsch 
einnimmt,  daß  diese  Ligamente  und  Verbindungen  alle  im  Leben 
erworben  wurden.  Die  Ontogenese  wird  hier  nicht  alles  aufklären 
können.  Wir  können  nur  angeben,  welche  Organe  auf  die 
der  verschiedenen  Gekröse  von  Einfluß  sind.  Das  sind, 
vom  Darmrohr  vor  allem  die  Gefäßstämme ,  ferner  die  Leber  und 
von  den  Amphibien  an  erhalten  auch  die  Lungen  in  ihrer  Ausbildung 
darauf  Einfluß.  Bei  Amphibien  liegt  das  craniale  Ende  der  Bursa 
hepato-enterica  am  rechten  Parietalgekröse ,  sein  caudales  Ende  am 
L o b u s  descendens-hepatis,  der  auch  bei  Dipnoern  mächtig  ent- 
wickelt ist.  Mit  der  Reduktion  dieses  Lappens  erfährt  auch 
das  caudale  Ende  der  Bursa  hepato-enterica  eine  Ver- 
kürzung. Am  weitesten  caudalwärts  ist  es  bei  Siren,  am  wenigsten 
bei  Anuren  entwickelt.  Das  primäre  Foramen  hepato-ente- 
ricum wird  nicht  zum  bleibendenForameii  Winslowi  der 
Säugetiere,  sondern  letzteres  wird  durch  eine  andere  im 
Lumen  der  Bursa  hepato-enterica  bereits  vorbereitete 
Oeffnung  hergestellt. 

Daß  die  Bursa  hepato-enterica  beim  Vogel,  Säugetier  und 
Mensch  ebenso  besteht,  wie  bei  Amphibien,  wurde  oben  schon  aus- 
geführt. Ich  habe  auch 
hervorgehoben ,  daß  man 
durch  ein  Foramen  hepato- 
entericum  in  dieselbe 
langt.  Ferner  wurde 
geben,  daß  der  Hohlraum 
durch  eine  von  der  hinteren 
Rumpfwand  vorspringende 
Längsfalte  in  2  Abschnitte 
zerlegt  wird,  erstens  einen 
Vorraum,  der  sich  cranial- 
wärts  in  den  Recessus  su- 
perior  sacci  omenti  fortsetzt 
und  zweitens  jenseits  jener 
Falte  den  eigentlichen  Sac- 
cus omentalis. 

Diese  verschiedenen 
Teile  entsprechen  auch  2 
bereits     von      His     ange-  Fig.  152.    S.  Fig.  151. 


ge- 
ange- 


236  F.  Maurer, 

gebenen  Abschnitten :  dem  Saccus  omenti  und  dem  Recessus  su- 
perior  sacci  omenti.  Der  Letztere  ist  der  zuerst  bestehende  Teil, 
während  der  Saccus  omenti  sich  von  diesem  aus  bildet  (Swaen) 
(Fig.  151  u.  152).  Nach  Letzterem  entsteht  das  Cavum  hepato- 
entericum  bei  Kaninchen  und  Menschen  nicht  erst  mit  der  Links- 
drehung des  Magens  nach  Rechtsbewegung  der  Leber,  sondern  besteht 
schon  vorher  als  ein  im  vorderen  Teil  des  Mesenterium  dorsale  un- 
mittelbar vor  der  Leber  und  Pankreasanlage  nach  rechts  von  der 
Mittellinie  eingesetzter  dorso  -  ventraler  Spalt,  welcher  medial  durch 
das  dorsale  Mesenterium ,  lateral  durch  das  Mesenterium  laterale 
(Ligamentum  hepato-cavo-pulmonale)  begrenzt  wird.  Letzteres  läuft 
caudalwärts  in  eine  Verlängerung  aus.  Dies  ist  offenbar  der  durch 
den  Lobus  descendens  hepatis  auch  bei  Amphibien  schon  bestehende 
Teil,  das  Ligamentum  hepato-cavo-duodenale  Klaatsch's. 

Von  jenem  längsverlaufenden  Spalt  aus  bildet  sich  nun  nach 
Swaen  ein  horizontaler ,  in  die  Bindegewebsmasse  des  Mesenterium 
von  rechts  nach  links  eindringender  Spalt  aus,  der  hintere  Blind- 
sack.  Dieser  schiebt  sich  nach  vorn  zu  über  den  Darm  und  den 
rechten  Leberlappen  und  isoliert  diese  Teile  vom  dorsalen  Mesen- 
terium. 

An  allen  diesen  Teilen  haben  wir  nun  zu  verfolgen,  wie  sie  sich 
weiterhin  entwickeln.  Da  finden  wir,  Klaatsch  hat  das  zuerst 
dargeth'an,  daß  das  bleibende  Foramen  Winslowi  bei  Säugetieren  und 
Mensch  sich  in  der  Weise  entwickelt,  daß  das  Ligamentum  hepato- 
cavo-duodenale  mit  der  rechten  Platte  das  Mesoduodenmn  größten- 
teils verschmilzt.  Damit  schwindet  das  Foramen  hepato-entericum  als 
solches  und  die  z  w  i  s  c  h  e  n  L  i  g  a  m  e  n  t  u  m  h  e  p  a  t  o  -  g  a  s  t  r  o  -  d  u  o  - 
denale  un  d  M  es  od  u  öden  um  liegende  Oeffnung  wird  zum 
bleibenden  Foramen  Winslowi.  Dieselbe  lag  vorher  im 
Inneren  der  Bursa  hepato-enterica. 

Hinsichtlich  der  Bildung  des  Foramen  Winslowi  beim  Menschen 
kommt  Toldt  zu  ganz  anderen  Resultaten,  wie  Klaatsch.  Auch  nach 
Toldt  ist  die  Oeffnung  eine  primäre,  nicht  durch  sekundäre  Perforation 
entstanden.  Solche  finden  sich  nach  Toldt  in  der  Wirbeltierreihe,  z.  B. 
im  dorsalen  Mesenterium  der  Cyclostomen  und  Amphibien,  sowie  im 
großen  Netz  der  Säugetiere,  aber  das  Foramen  Winslowi  hat  damit  nichts 
zu  thun.  Ebensowenig  aber  hat  die  Plica  arteriae  hepaticae  etwas  damit 
zu  thun.  Diese  liegt  vielmehr  immer  in  der  Tiefe  und  zwar  an  der 
medialen  Grenze  zwischen!  Vorraum  des  Netzbeutels  und  diesem  selbst, 
während  das  Foramen  Winslowi  nach  rechts  hin  den  Netzbeutel  gegen 
die  gesamte  Bauchhöhle  abgrenzt.  Nach  Toldt  steht  das  Omentum 
minus  durch  die  Vena  portae  in  direkter  Beziehung  zum  Mesocardium 
dorsale  und  sein  freier  Rand,  die  craniale  und  ventrale  Begrenzung 
des  Foramen  Winslowi  entspricht  dem  freien  Rande  des  ventralen 
Mesenterium.  Ein  Ligamentum  hepato-cavo-duodenale  wie  Klaatsch  es 
für  den  Menschen  postuliert,  kommt  dem  Menschen  in  der  Ontogenese 
nicht  zu. 

Was  nun  die  weitere  Gestaltung  der  Bursa  omentalis  be- 
trifft, so  ist  sie  zunächst  an  die  Ausbildung  und  Verlagerung  des 
Magens  geknüpft,  ferner  aber  sehen  wir  ein  Omentum  majus  durch 
eigenes  Auswachsen  des  Mesogastrium  dorsale  sich  entfalten.  Der 
erste  Anstoß  zu  dieser  Bildung  ist  durch  eine  Knickung  des  dorsalen 
Mesogastrium   geboten,   dessen  Ursache   von   Klaatsch   in   der  Ent- 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems.  237 

Wickelung  und  Ausbildung  der  Milz  richtig  erkannt  wurde.  Schon  bei 
Kryptobranchus  findet  sich  dies  Organ  an  der  genannten  Knickungs- 
steile angeordnet.  In  derselben  Weise  hat  es  Klaatsch  bei  Hatteria 
und  Sauriern  gefunden.  Auch  bei  Säugetieren  erkennt  Klaatsch  in 
der  Milz  die  Ursache  der  ersten  Knickung  des  dorsalen  Mesogastrium 
und  damit  den  ersten  Anstoß  zur  Bildung  des  Omentum  majus,  das 
nun  freilich  dann  in  eigenem  Wachstum  sich  vergrößert,  zu  der  beim 
Menschen  bekannten  Ausdehnung. 

Hiermit  kommen  wir  zu  den  Ausbildungsvorgängen  des  dorsalen 
Mesenterium. 

Das  dorsale  Mesenterium. 

Die  Schilderung  der  hier  zu  betrachtenden  Verhältnisse  hat  an- 
zuknüpfen an  die  Beobachtungen  von  Toldt  und  Klaatsch. 

Beide  Forscher  stehen  hier  auf  dem  gleichen  Boden. 

Es  besteht  nach  Toldt  primär  ein  dorsales  Mesenterium.  Es  hat 
seine  Bedeutung  in  der  Herstellung  einer  Verbindung  des  Darmrohrs 
mit  der  Mittellinie  der  dorsalen  Rumpfwand  an  allen  jenen  Strecken, 
wo  sich  das  erstere  von  der  letzteren  abgehoben  hat.  Diese  Verbindung 
ist  ein  unbedingtes  Erfordernis  für  die  Ueberleitung  von  Gefäßen  und 
Nerven  zum  Darm.  Sie  muß  daher  in  der  ganzen  Wirbeltierreihe  in 
ihren  wesentlichen  Teilen  vorhanden  sein.  Sie  ist  es,  die  sich  unter  allen 
Umständen  vererben  muß.  Denselben  Standpunkt  nimmt  Klaatsch 
ein  und  hat  für  die  Wirbeltierreihe  wertvolle  Thatsachen  über  die 
Beziehung  zwischen  Ausbildung  der  Darmarterien  und  des  Mesen- 
terium mitgeteilt. 

In  der  Ontogenese  eines  jeden  Wirbeltieres  muß  ein  dorsales 
Mesenterium  in  der  Anlage  bestehen.  Es  ist  dies  die  Folge  der  Art 
und  Weise  der  Ausbildung  des  gastralen  Mesoderms  aus  dem  Ento- 
derm,  wie  es  von  0.  Hertwig  nachgewiesen  wurde.  Nachdem  sich 
die  Parietalplatten  von  den  Urwirbeln  gelöst  haben,  rücken  erstere 
ventral  von  der  Chorda,  dorsal  vom  Darmrohr  zusammen  und  bilden 
die  Grundlage  des  dorsalen  Mesenterium.  Zwischen  den  beiden  epithe- 
lialen Lamellen  bildet  sich  die  bindegewebige  Tunica  propria  nach 
Toldt  aus. 

Bei  Cyclostomen  finden  wir  das  Mesenterium  dorsale  nicht 
weiter  gebildet,  sondern  es  schmilzt  in  großer  Ausdehnung  ein,  so  daß 
das  Darmrohr  frei  durch  die  Leibeshöhle  verläuft  und  seine  Beziehung 
zum  übrigen  Körper  am  cranialen  Ende,  hinter  dem  Kiemendarm  liegt 
(Götte),  (vergl.  Fig.  147,  125  und  126).  Ebenso  sehen  wir,  daß  bei 
A  m  p  h  i  b  i  e  n  Perforationen  durch  Rarefikation  des  dorsalen  Mesenterium 
in  verschiedener  Ausdehnung  bestehen.  So  finden  wir  nach  Klaatsch 
bei  Siren  eine  über  die  ganze  Strecke  des  Magens  und  Duodenum 
sich  erstreckende  Durchbrechung  des  dorsalen  Mesenterium  ,  die  einen 
langen  Spalt  darstellt  zwischen  Milz  und  Wirbelsäule.  Vom  caudalen 
Teil  der  Milz  an  erstreckt  sich  hier  das  dorsale  Mesenterium  ganz 
gerade  herab  bis  zum  End darin  als  Mesorectum.  In  diesem  verlaufen 
nun  von  der  Aorta  die  Arteriae  mesentericae  zum  Darm.  Bei  Siren 
bestehen  sie  in  großer  Zahl  in  metamerer  Anordnung.  Bei  Derotremen 
beginnt  eine  Konzentration,  insofern  ein  oberer  Stamm  die  Aeste  für 
die  letzten  Darmabschnitte  alle  übernimmt.  Bei  Anuren  ist  diese 
Konzentration  der  Darmarterien  so  weit  gediehen,  daß  eine  einzige 
Arteria    coeliaco-mesenterica    alle  Arterien    zu  Magen    und  Darm   mit 


238 


F.  Maurer, 


Leber,  Pankreas  und  Milz  abgiebt.  Hierdurch  sehen  wir  ein  wichtiges 
Moment  für  das  weitere  Verhalten  des  dorsalen  Mesenterium  gegeben, 
das  auch  für  die  Entwickelung  dieses  Gebildes  in  der  Ontogenese  der 
höheren  Wirbeltiere  Bedeutung  erhält.  DasMesenterium  dorsale 
kann  unter  diesen  Umbildungen  der  Arterien  seine 
ursprüngliche  sagittale  Anheftung  beibehalten, 
kann    aber   auch   in  eine    mehr   transversale  Linie 


g  eben. 


Durch  den  einheitlichen  Stamm  wird  gleichsam  eine 


diese 

ü  b  e  r  - 

Achse 


gebildet,  um  welche  die  am  Darm  befestigten  Mesenterien  eine  Drehung 
vollziehen  können,  ohne  in  ihren  arteriellen  Beziehungen  eine  Aenderung 
zu  erfahren.  Mit  der  Längenzunahme  des  Darmes  wächst  sein  Mesen- 
terium, und  in  dessen  Falten  verlaufen  die  Aeste  des  gemeinsamen 
Arterienstammes.  So  entsteht  eine  Radix  mesenterii.  Eine 
solche  finden  wir  bei  Anuren. 

Bei  Reptilien  erfolgt  die  Konzentration  der  Darmarterien  im 
Anschluß  an  Urodelen  etwas  anders  als  bei  Anuren.  Bei  Hatteria 
bestehen  2  Arterien,  eine  Art.  coeliaca  und  eine  Art.  mesenterica. 
Dementsprechend  besteht  bei  Hatteria  nicht  ein  einfaches  transversales 
Mitteldarmgekröse,  sondern  der  craniale  Teil,  dem  Duodenum  zuge- 
hörend, bleibt  sagittal  und  weiter  caudal  bildet  sich  eine  die  Art. 
mesenterica  enthaltende  Radix  mesenterii,  die  also  vom  Vorderdarm 
weiter  entfernt  liegt  als  bei  Anuren  (Bufo). 


Bei  Lacertiliern  ist  zwar  die  Konzentration  der  Darmarterien  vor- 
handen, insofern  nur  2  Arterien  (eine  Coeliaca  und  eine  Mesenterica) 
ausgebildet  sind.      Da  aber  das  Duodenum   freier  ist,  fehlt  die  zweite 


a  l» 

Fig.  153.  a)  Magendarmkanal  mit  dem  dorsalen  Mesenterium  vom  4  Wochen 
alten  menschl.  Embryo,  o  Oesophagus,  m  Magen,  d  Dorsales  Mesogastrium.  r  Milz. 
g  Grosse,  k  kleine  Curvatur.  du  Duodenum,  p  Pankreas,  v  Gallengang,  t  Dünndarm. 
c  Coecum.  e  Dottergang,  co  Colon,  re  Rectum,  a  After,  eh  dorsale  Rumpfwand 
(nach  Toldt).  b)  Magendarmkanal  eines  Katzenembryo  von  2,7  cm  Länge  (nach 
Bonnet).    bo  Bursa  omentalis.   j  Dünndarmspirale.    Sonst  wie  a. 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems.  239 

Voraussetzung  zur  Bildung  einer  quergestellten  Radix  mesenterii,  und 
so  erklärt  sich,  daß  hier  das  dorsale  Mesenterium  sagittal  sich  anheftet. 

Bei  Schildkröten  rinden  wir  wieder  eine  Radix  mesenterii,  wie  bei 
Anuren  und  Hatteria.  Sie  ist  hier  schon  schmäler  und  vollkommener 
ausgebildet,  als  bei  letztgenannter  Form. 

Unter  der  Ausbildung  des  Mitteldarmes  und  seiner  Radix  mesen- 
terii, die  mit  einer  nach  rechts  gerichteten  transversalen  Ausdehnung 
dieser  einhergeht,  entwickelt  sich  eine  andere  Beziehung  des  dorsalen 
Mesenterium.  Diese  wird  beherrscht  durch  die  Ausbildung  der  Milz. 
Sie  ist  dargestellt  durch  eine  Peritonealfalte,  die  direkt  vom  Meso- 
duodenum  zum  Mesorectum  verläuft.  Klaatsch  bezeichnet  sie  als 
Lig.  recto-duodenale. 

Bei  Säugetieren  hebt  auch  Toldt  die  Bedeutung  der  Arterien 
des  Darmes  für  die  ontogenetischen  Gestaltungsvorgänge  des  dorsalen 
Mesenteriums  hervor.  Die  Gefäßgebiete  entsprechen  zugleich  den  am 
Darm  sich  sondernden  Abschnitten. 

Toldt  findet  beim  menschlichen  Embryo  der  4.  Woche  einen 
Zustand,  den  er  als  primitiven  Befund  auffaßt  (Fig.  153a).  Hier  be- 
steht bei  noch  wenig  seitlich  verschobenem  Magen  und  Duodenum  das 
dorsale  Mesenterium  so,  daß  eine  linke  und  rechte  freie  Fläche  zu 
unterscheiden  ist,  Die  linke  Fläche  des  Magengekröses  ist  schon  dorsal, 
die  linke  Fläche  des  Duodenalgekröses  schon  ventral  geneigt. 

In  der  6.  Woche  hat  sich  nun  die  Nabelschleife  gebildet  und  die 
Blinddarmgrenze  ist  sichtbar.  Damit  sind  3  Bezirke  des  dorsalen 
Mesenteriums  unterscheidbar,  die  3  verschiedenen  Darmabschnitten  und 
3  verschiedenen  Blutgefäßgebieten  entsprechen.  Das  dorsale  Mesen- 
terium hat  sich  noch  nicht  allzuweit  von  dem  primitiven  Zustand  ent- 
fernt, gestattet  aber  schon  eine  Vergleichung  mit  dem  ausgebildeten 
Zustand  (Fig.  153b  zeigt  dieses  Stadium  von  der  Katze). 

Der  proximale  Abschnitt,  das  Mesogastrium ,  gehört  Magen 
und  Duodenum  (Art,  coeliaca)  an.  Der  mittlere  Abschnitt  gehört 
der  Nabelschleife  an  :  Jejuno-ileum,  Colon  ascendens  und  transversum 
(Art.  mesenterica  superior).  Der  distale  Bezirk  gehört  dem  Colon 
descendens  und  sigmoideum,  sowie  dem  Rectum  an  (Art.  mesenterica 
inf.)  Das  dorsale  Gekröse  des  Magens  setzt  sich  über  den  Pylorus 
auf  die  Konkavität  der  Duodenalschlinge  fort.  In  diesem  Blättchen  liegt 
der  Kopfteil  der  Pankreasanlage.  Aus  der  rechten  dorsal  geneigten 
Fläche  dieses  Gekröses  erhebt  sich  eine  Falte,  welche  die  Beziehungen 
zur  Leber  und  zum  ventralen  Magen gekröse  vermittelt. 

Die  Grenze  des  Mesogastrium  gegen  das  mittlere  Gekröse  (der 
Nabelschleife)  ist  nicht  scharf,  entspricht  der  Flexura  duodenojejunalis. 

Nach  His  und  Broesike  geht  der  untere  horizontale  und  auf- 
steigende Schenkel  des  Duodenum  aus  der  Nabelschleife  hervor. 
Toldt  läßt  die  Pars  horizontalis  inferior  duodeni  durch  Auswachsen 
des  primitiven  Duodenum  entstehen,  während  der  letzte  aufsteigende 
Teil  dieses  Schenkels  aus  der  Nabelschleife  sich  bildet. 

Die  Grenze  zwischen  Nabelschleife  und  Enddarmstück  sahen  His 
und  Toldt  an  der  späteren  Flexura  coli  sinistra,  während  Klaatsch 
auch  das  Colon  transversum  sich  aus  dem  Enddarmstück  entwickeln 
läßt  unter  Hinweis  auf  die  Verhältnisse  bei  Carnivoren. 

Wie  sich  phylogenetisch  die  Ausbildung  der  im  dorsalen  Mesen- 
terium verlaufenden  Darmarterien  vollzieht,  wissen  wir  durch  Klaatsch. 
Der  primitive  Zustand  besteht  bei  Siren  und  Menobranchus,   wo  eine 


240  F.  Maurer, 

große  Anzahl  segmental  übereinander  verlaufender  Arterien  zum  Darm 
treten.  Innerhalb  der  Gruppe  der  Amphibien  vollzieht  sich  die  Aus- 
bildung einer  Art.  mesenterica  sup.,  die  dann  ihrerseits  alle  die  seg- 
mentalen Aeste  zum  Darm  abgiebt. 

Damit  wird  das  dorsale  Mesenterium  in  seinem  oben  genannnten 
mittleren  Abschnitt  nicht  nur  cranio-caudal  verkürzt,  sondern  es 
erhält  auch  die  Möglichkeit,  aus  seiner  ursprünglich  longitudinalen 
Richtung  in  eine  schräge,  transversale  sich  umzubilden,  in  Anpassung 
an  die  Längsausdelmung  des  Darmes.  Bei  Säugetier-  und  mensch- 
lichen Embiyonen  ist  nun  schon  von  vornherein  dieser  mittlere  Teil 
der  dorsalen  Mesenterialansatzstelle  sehr  kurz. 

Nach  Toldt  beruhen,  den  Zustand  des  6-wöchentlichen  Em- 
bryo als  Ausgangspunkt  genommen ,  die  weiteren  Wachstumsver- 
änderungen des  dorsalen  Mesenterium  1)  auf  Vergrößerung  seiner 
Flächenausdehnung,  2)  auf  Veränderung  seiner  Lage  und  3)  auf  Ver- 
änderung seiner  Verbindungen. 

Die  Vergrößerung  der  Flächenausdehnung  eines  Mesenterial- 
abschnittes  hängt  ab  von  der  Wachstumsintensität  des  betreffenden 
Darmabschnittes.  Festgeheftete  Darmabschnitte  wachsen  nicht  lang 
aus,  ebensowenig  ihr  Mesenterium  (Duodenum).  Jejunum  und  Ileum, 
sowie  das  Colon  erfahren  ein  reichliches  Längenwachstum.  Jejunum 
und  Ileum  beim  Embryo  im  Verlauf  der  7. — 12.  Fötalwoche,  der 
Dickdarm  aber  erst  im  4.-5.  Fötalmonat. 

In  Betreff  der  Lageverschiebungen,  welche  Dünn-  und  Dickdarm 
durchmachen,  bezieht  sich  Toldt  auf  die  Angaben  von  Meckel  und 
Joh.  Müller.  Die  flächenhafte  Festheftung  gewisser  ursprünglich 
frei  beweglicher  Darmabschnite  an  die  hintere  Bauchwand  betrachtet 
Toldt  als  die  Folge  von  Verklebungen,  die  sich  in  der  Ontogenese 
vollziehen.  Die  betreffenden  Vorgänge  bezeichnet  Toldt  folgendermaßen : 
1)  die  Festheftung  des  axialen  Teiles  des  Magengekröses  und  des 
Zwölffingerdarmgekröses,  sowie  des  Mesocolon  descendens  an  die  hintere 
Bauchwand ;  2)  die  Festheftung  des  Mesocolon  ascendens  teils  an  die 
dorsale  Bauchwand,  teils  an  die  ventrale  Seite  des  Duodenum ;  3)  die 
Festheftung  der  dorsalen  Platte  des  großen  Netzes  an  die  ventrale 
Fläche  des  Mesocolon  und  Colon  transversum.  Alle  diese  An- 
lagerungen und  Verbindungen  entstehen  nach  Toldt  durch  innige 
Aneinanderlagerung  der  Teile ,  dann  tritt  eine  Verklebung  ein ,  die 
unter  Schwund  der  peritonealen  Epithellamellen  in  eine  definitive  Ver- 
wachsung übergeht.  Nach  solcher  Verwachsung  bleibt  die  Membrana 
propria  niesenterii  aber  stets  bestehen  und  wächst  mit  dem  Einge- 
weide weiter.  Flächenausdehnung,  Lageverschiebung  und  Verwachsung 
nach  Verklebung  beherrschen  die  sämtlichen  Umbildungen  der  Mesen- 
terien und  damit  die  Ausbildung  der  definitiven  Lage  sämtlicher 
Baucheingeweide.  Ueber  den  Grund,  weshalb  gerade  an  den  be- 
zeichneten Stellen  eine  Verklebung  der  Peritoneallamellen  eintritt,  wäh- 
rend sonst  nirgends  eine  solche  Verklebungstendenz  besteht,  sind  wir 
noch  im  Unklaren. 

Mit  dieser  Auffassung  steht  Toldt  in  direktem  Widerspruch  zu 
der  Beurteilung,  unter  welcher  Klaatsch  diese  Vorgänge  betrachtet. 
Nach  Klaatsch  sollen  Verklebungen  nicht  vorkommen,  sondern  es 
soll  z.  B.  das  Colon  ascendens  sich  dadurch  festheften,  daß  sich  der 
Anfangsteil  des  Dickdarms  in  das  Mesoduodenum  hineinschiebe  und 
sich  schließlich  in  das  Ligament,  cavo-duodenale  ausdehne.     Die  Fest- 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems.  241 

heftung  des  Colon  descendens  soll  sich  bilden,  indem  sich  dieser 
Dafmabschnitt  in  ein  Lig.  recto-lienale  hineindränge.  Es  handelt  sich 
hier  um  subperitoneale  Verschiebungen  der  betreffenden  Darmabschnitte. 

Für  die  Entwickelungsvorgänge  in  der  Ontogenese  sind  die  An- 
gaben Toldt's  neuerdings  auch  durch  Swaen  und  Brächet  für 
Kaninchen  und  Mensch  bestätigt  worden,  und  sie  bestehen  offenbar  zu 
Recht.  Bei  der  weitergehenden  Forschung  werden  aber  doch  zur  Be- 
urteilung der  Bildungsvorgänge  die  Gesichtspunkte,  die  Klaatsch 
für  die  Entwickelung  der  Mesenterialverhältnisse  hervorgehoben  hat, 
vielfach  maßgebend  sein  müssen,  denn  der  Standpunkt  ist  auch  hier 
festzuhalten,  daß  die  komplizierten  Einrichtungen  im  Leben  erworben 
werden,  die  ontogenetische  Entwickelung  wird  stets  nur  mit  Vorsicht 
hier  herangezogen  werden  dürfen. 

Hinsichtlich  des  Recessus  duodeno-jejunalis  wendet  sich  Toldt 
aufs  energischste  gegen  Klaatsch.  Toldt  unterscheidet  hier  zwei 
durchaus  verschiedene  Bildungen.  Die  eine  zeigt  Beziehungen  zur 
Art.  mesenterica  sup.  und  liegt  an  der  rechten  Seite  der  Flexura 
duodeno-jejunalis.  Sie  besteht  bei  Affen  nicht  konstant.  Sie  ist  als  die 
Folge  von  Verwachsungsvorgängen  zwischen  der  Flexura  duodeno- 
jejunalis  und  dem  Mesocolon  transversum,  unter  lokaler  Abhebung 
des  Peritonealüberzugs  des  letzteren  zu  betrachten  (Waldeyer, 
Toldt). 

Sie  wurde  schon  früher  von  Broesike  beschrieben  und  als  Re- 
cessus intermesocolicus  transversus  bezeichnet.  Hierher  gehört  auch 
die  von  Jounesco  beschriebene  Fossette  duodeno-jejunale  ou  meso- 
colique,  welche  Broesike  als  Recessus  duodeno-jejunalis  sup.  be- 
zeichnete. 

Eine  andere  Tasche  findet  sich  nach  Toldt  an  der  rechten  Seite 
der  Pars  ascendens  duodeni.  Sie  öffnet  sich  proximal  und  hat  mit  dem 
Mesocolon  nichts  zu  thun. 

Die  zweite  Recessusbildung  liegt  auf  der  linken  Seite  der  Flexura 
duodeno-jejunalis.  Sie  besitzt  keine  Beziehung  zur  Art.  mesenterica 
sup.  Es  ist  der  Recessus  duodeno-jejunalis  nach  Huschke  und 
Treitz.  Seine  Bildung  steht  in  Zusammenhang  mit  der  embryonalen 
Lageverschiebung  des  Dickdarm  gekröses  gegen  die  festgeheftete 
Flexura  duodeno-jejunalis.  Toldt  faßt  ihn  als  eine  lokale  Bildung  auf, 
die  mit  dem  Rec.  recto-duodenalis  von  Klaatsch  nichts  zu  thun  hat. 
Diesen  oder  die  trichterförmige  Einziehung  an  dieser  Stelle  hat  Toldt 
bei  Kindern  wiederholt  gleichzeitig  mit  einem  Recessus  duodeno-jejunalis 
gefunden.  Toldt  giebt  ferner  an,  daß  der  letztere  bei  Affen  als  typische 
Bildung  nicht  besteht,  somit  auch  nicht  vom  Menschen  von  diesen 
übernommen  sein  kann,  es  ist  eine  bei  dem  Menschen  speciell  ent- 
standene Bildung  ohne  phylogenetische  Bedeutung.  Diese  Verhältnisse 
bedürfen  noch  weiterer  Aufklärung. 

Litteratnr 

aufser  den  im  allgemeinen  Litter  aturv  er  zeichnis  angeführten  Schriften. 

1.  Seh  lun  dspalten  und  Derivate. 
Antipa.    Ueber  die  Beziehungen  der  Thymus  zu  den  sogenannten  Kiemenspaltenorganen 

bei  Selachiern.     Anat.  Anz.  Bd.    VIII.  1892. 
Bartels.    Ueber  Kiemengang  Cysten  und  Kiemengangfisteln.    -Diss.  Jena  1890. 
Baum,  H.    Die   Thymusdrüse  des  Hundes.     Deutsche    Zeitschr.  f.   Tiermedizin    Bd.   17, 
Heft  4.    S.  349—354. 
Handbuch  der  Entwickelungslehre.  IT.  1.  \Q 


242  F.  Maurer, 

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—  Beiträge   zur    Kenntnis    der  Halsgegend    der    Reptilien.  Bijdragen    tot    de   Dierkunde. 

Amsterdam  1880. 

—  Ueber  die  Entwickelung  der  Kiementaschen  und  Aortenbogen  bei  den  Seeschildkröten. 

Anat.  Am.  Bd.    VIII.  1892. 

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van  Betnmelen.    Ueber   vermutliche   rudimentäre  Kiemenspalten   bei   Elasmobranchiern. 

Jlitt.  a.  d.  sool.  Stat.  z.  Neapel.  Bd.    VI,  2.  1885. 

—  Die  Halsgegend  der  Reptilien.     Zool.  Anz.  No.  244.  1887. 

—  Die   Viscercd  laschen  -und  Aortenbogen  bei  Reptilien  und   Vögeln.     Zool.  Anz.  1886. 

—  Die  Halsgegend  der  Reptilien.     Zool.  Anz.  1887. 

—  Ueber  die  Suprapericardialkörper.     Anat.  Anz.  Bd.  4-  No.  13.  1889. 
Blumreich  u.  Jacoby.  Experimentelle  Untersuchungen  über  die  Bedeutung  der  Schild- 
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Boas.  Beiträge  zur  Angiologie  der  Amphibien.     Morph.  Jahrb.  Bd.    VIII.  1882. 

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Abt.   1886. 

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—165  1.   Teil. 

—  Complcte  cervicale  fistulae.  Journal  of  Anat.  and  Physiol.      Vol.  XXVI. 
KastsclienTco.   Das   Schlundspaltcngebiel  des  Hühnchen.     Arch.  f.  Anat.  a.  Phys.    Anat. 

Abt.  1SS7. 

—  Das  Schicksal  der  embryoneden  Schlundspalten  bei  Säugetieren.     Arch.  f.  mikr.   Anat. 

Bd.  30. 
Kohn.   Studien  über  die  Schilddrüse.    Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  44.  1895. 
Kür steiner.    Epithelkörperchen   und    Thymusstrang   beim   Menschen.     Korresp.    Blatt  f. 

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Wirbeltieren.     Diss.  Dorpat.  1889. 
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di  Anat.  e.   Embriol.    Vol.  I.  1902. 
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—  Entwickelung  der  Branchial  bogen  und  -spalten  beim  Hühnchen.     Arch.  f.  Anat.    und 

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Die  Elitwickelung  des  Darmsystems.  243 

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1883. 

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—  Die  Kiemen  und  ihre   Gefä/se  bei  anuren  und  urodelen  Amphibien.     Morphol.  Jahrb. 

Bd.  XIV.  188S. 

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Jahrb.  Bd.  XX  VII.  1899. 

—  Schilddrüse,     Thymus    und    sonstige    Schlundspaltenderivate    bei    Echidna.     Jenaische 

Denkschr.    VI.  Semon,  Zool.  Forschungsreisen.  III.  1899. 
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Mobitz.     Eine    einseitige   vollständige    Halskiemenfistel.     Petersburger    med.    Wochenschr. 

18S7.   No.  S7,   S.  SOS. 
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bei  Amphioxus  und  d.   Cyclostomen.     Jenaische  Zeitschr.  Bd.    VII.  1873. 

—  Ueber  die  Entwickelung  der  Schilddrüse.     Jenaische  Zeitschr.  Bd.    VI    1871. 

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16* 


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Compt.  rend,.  Soc.  Biol.  1896. 

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Albrecht.       Ueber    die    morpholog.    Bedeutung     der    Pharynxdivertikel.      Deutsche     med. 

Wochenschr.  No.  24.  1885. 
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d.  Anat.   Ges.  Pavia  1900.      Anat.  Anz.  Ergänzungsh.  Bd.  18.  1900. 
Van    Bambelce.      Reeherches    sur    le    developpement    du   pelobate    brun.      Memoires    de 

l'academie  royale  de  Belgique.  1S68. 
Barth.      Sitzungsber.  der  K.  Akad.  d.    Wissensch.      Wien    58.     1868. 
Bataillon.     Reeherches  anatomiques  et  experi mentales  sur  la  metamorphose    des  amphi- 

biens  anoures.     Ann.  de  l'univ.  Lyon.     T.  II.  F.   1.     Paris  1891. 
Beard.      On    the    development    of  the    common    Skate.     Raja     batis.      Rep.    Fish     Board 

Edinburgh.  1890. 

—  On  the  early  development  of  Lepidosteus  osseus.     Proceed.    of  the  rogal  soc.      Vol.  46- 

1889. 
Van  Beneden.      Vortrag  über  s.    Unters,   über  die  Bliitterbildnng,  den    Chordukanul   und 

die   Gastrulation  bei  Säugetieren  (Kaninchen  und  Vespertilio  murin us).    Verh.  d.  Anat. 

Ges.    Würzburg.  1888.      Anat.  Anz.  III.  Bd.    1888.    S.   709. 
Berry.    On  the  development  of  the   Villi  of  the  Human,  intestine.    Anat.  Anz.  Bd.  XVII. 

Jena  1900. 
Bersch.      Die  Rückbildung    des  Dottersacks    bei  Lacerta  agilis.     Anat.   Hefte.     Heft  6/7. 

1893. 
Bonnet.     Beiträge  zur  Embryologie  des  Hundes.     Anat.  Hefte.     Heft  28 — 30.  1897  und 

Heft  51.  1901. 
Brand.      Verh.  d.  phys.-med.  Gesellsch.   Würzburg.  XI.  1877. 
Mac  Bride.      The  early  development  of  Amphioxus.     Quart.  Journ.  micr.   Sc.     Vol.  XL. 

N.  S.  No.  160.  p.  589. 
Bujour.      Coutribiition   <)    l'etude    de   la   metamorphose    de    l'Ammocoetes   branchialis    en 


Die  Entwickelung  des  DarmsysteBis.  245 

Petromyzon  Planeri.     Revue  biolog.  de  Nord  de  la  France.  Annee  III.  1891.  No.  6 

et  No.  8. 
Carus.     Lehrbuch  der  vergl.  Zoologie,  II.   Teil.     Leipzig  1834:. 
Cattaneo.     Sulla  formazione    della   cripte    intestinale   negli    embrioni    de    Salmo   salar. 

Rendic.  del  R.  lstit.  Lombardo  <li  scienze  e  lettere.     Serie  II.    Vol.  XIX.  1886. 

—  Islologia  e  sviluppo  de  tubo  digerente  dei  pesci.  Atti  della  soc.  Ital.  di  scienze  naturaM 

Vol.  28.     1886  Milane. 

—  Sul  tempo  e  sul  modo  di  formazione  delle    appendici  piloriche  nei  Salmonidi.    Monit. 

Zool.  Ital.     Ann.  11.  Sitppl.  1900. 
Cunningham.      On  young   stages   of  Teleosteans.    Proc.  R.  Irish  Acad.    Ser.  3.    Vol.    V. 

No.  5.  p.   752—7^3. 
Dittvich.    Leber  zwei  seltenere,  auf  mangelhafte  Involution  des  Duct.  omphalo-mesaraicus 

zu  beziehende  Darmbefunde.     Prager  Zeitschr.  f.  Heilkunde.  Bd.    VI. 

Edinger.  lieber  die  Schleimhaut  des  Fischdarms  nebst  Bemerkungen  zur  Phylogenie 
der  Drüsen  des  Darmrohrs.     Arch.  f.  mikr.  Anat.     Bd.  XIII.     1877. 

Ehlers.  Nebendarm  und  Chorda  dorsalis.  Nachrichten  der  kgl.  Gesellsch.  d.  Wissensch. 
und  der  Georg  Aug.- Univers.    Göttingen.     Sitz  v.  5.  Dez.  1885.   No.  12. 

—  Zur  Kenntnis    der    Eingeiveide    von    Lepidosiren.     Nachrichten    der   kgl.   Gesellsch.    d. 

Wiss.   Göttingen.     Math.-nat.  EI.  1895.     Heft  1.  p.  34 — 51. 
Felix.      Beiträge    zur   Entwickelungsgeschichte    der    Salmoniden.      Anat.   Hefte.      1897. 

No.  25/26.  S.    251—466. 
Filimoxvski.     lieber  die  Veränderungen  innerhalb  der  Darmepithelschicht  von  Embryonen 

an  der  Grenze  ztvischen  Magen    und  Duodenum.     Anz.    d.  Akad.    d.    Wiss.    Krakau. 

1900. 
Fischl,   R.      Beiträge    zur  normalen    und  pathologischen    Histologie    des  Säuglingmagens. 

Prager  Zeitschr.  f.  Heilkunde.  Bd.  XII. 
Fleischmann.    Embryologische   Untersuchungen.    Heft  1  und  2.    Heft  1    Untersuchungen 

über  einheimische  Raubtiere  18S6.      Heft  2.  a)  die  Stammesgeschichte  der  Nagetiere, 

b)  die    Umkehr  der  Keimblätter.     1891.      Wiesbaden  bei  Kreidet. 
—  Bemerkungen  über  den  Magen    der  Rodentia.     Morphol.    Jahrb.     Bd.   XVII.    .S.   408 

—416. 
Fol.     Description   d'un  Embryon    humain   de    cinq  mm.    et   six  dixiemes.     Recueil   Zool. 

Suisse.   T.  I.     1884. 
Fröhlich.     Ein  Fall  von  Jejunum  duplex.     Diss.  Halle.  1891. 

Funk.      De  Salamandrae  terrestris  vita,  evolutione,  formatione    traetatus.     Berlin    1827. 
Garbowsky.      Amphio.vus    als   Grundlage    der  Mesodermtheorie.     Anat.  Anz.     Bd.  XIV. 

S.  473. 
Gegenbaur ,    C.      Ueber  Cöcalanhänge    am   Mitteldarm    der   Selachier.     Morphol.  Jahrb. 

Bd.   18. 
Giacomini.    Sulla  regressione  del  saeco  vitellino  in  Sus  scrofa.  Monitore  Zool.   Vol.   VII. 

p.  135.  1S96. 
Giannelli.     Struttura   ed    istogenesi    dell'intestino  digestivo    nella   Seps    chalcides.     Atti 

d.  R.  Accad.  d.  Fisiocritici  in  Siena.  Ser.  4.    Vol.  12.  No.  1.     S.  11 — 38. 
Gruber.     Fälle   von   ungewöhnlicher   Stellung    der    Flexura   sigmoides    bei  rechtsseitiger 

Lage  des  Rectums  in  Erwachsenen.      Virch.  Arch.  Bd.   99.     S.  497 — 499. 

Gundobin.     Der  Bau  des  Darmes  bei  Kindern.     Diss.  Moskau.  1891.    (Russisch.)     Re- 
ferat von  Lukjanow. 
Gurwitsch.      Die    Vorstufen  der  Flimmerzellen    und    ihre  Beziehungen    zu  Schleimzellen. 

Anat.  Anz.  Bd.  XIX.     1901. 
Hardivillier.     Sur  l'existence  d'un  epithelium  prismatique  simple  dans   la  partie  supe- 

rieure  de  l'oesophage  de  foetus  humain.     Echo  med.  de  Nord.     Lille   1897. 
Hartmann.      Quelques  remarques  sur  le  developpement  et  la  torsion  de  l'intestin.    Bull. 

de  la  soc.  anat.  Paris.     Annee  LXIV.  18S9.      22.  Febr. 
Hatsehek.     Zur  Entwickelung  des  Amphioxus.     Anat.  Anz.  1886.   No.  11.  S.  88. 
Hay.      Observations  on  Amphiuma  and  its  young.     Americ.  Naturalist.  1888. 
Heidenhain.      Ueber   die    erste   Entstehung    der  Schleimpfröpfe   beim    Oberflächenepithel 

des  Magens.     Anat.  Anz.  Bd.   XVIII.  1900. 
Hopkins.      On  the  Enteron  of  American  Ganoids.     Journ.   of  Morph.    Vol.    IL    1896. 
Johnson  and  Sheldon.    Notes  on  the  devtlopment  of  the  nerot  (Triton  cristatus).    Quart. 

Journ.  of  micr.  sc.    Vol.  XXVI.  P.  4.  p.  573 — 589. 
Kantorovicz.      Ueber  Bau    und  Entwickelung    des  Spiraldarms    der    Selachier.     Inaug.- 

Diss.  Leipzig.  1S98. 
Kastschenko.      Zur   Entwickelungsgeschichte    des  Selachierembryos.     Anat.    Anz.  1888. 

No.  16.   S.  445—467. 
Keibel.    Studien  zur  Entwickelungsgeschichte  des  Schiveins.    Morphol.  Arb.  Bd.  3.  1894. 
Kopsch.      Homologie    und   phylogenetische    Bedeutung    der    Kup ff  er'  sehen    Blase.      Anat. 

Anz.  Bd.  17.  No.  2ij25.  S.  497 — 509. 


246  F.  Maurer, 

Krazowski.      Untersuchungen  übe)-  die  Entwickelung   des   Omasus.     Inaug.-Diss.  Dorpat, 

1SS0. 
v.  Langer,      lieber   das    Verhalten   der   Darmschleimhaut   an   der   Lleocöcalklappe     nebst 

Bemerkungen  über  ihre  Entwickelung.    Denkschr.  d.  mathem.-naturw.    Ct.   der  Wiener 

Akad.  d.    Wissensch.  Bd.  54- 
Lönnberg,   Einar  und,  Jägerskiöld.     Ueber  das  Vorkommen  eines  Darmdivertikels  bei 

den    Vögeln.      Verhandl.  d.  biolog.    Vereins  z.  Stockholm.     Bd.  III.  Heft  3. 
Mall.      Ueber  die  Entwickelung  des  menschl.  Darms  und  seiner  Lage  beim  Erwachsenen. 

Arch.  f.  Anat.  und  Phys.     Suppl.-Bd.  1897. 
Martin.      Die    Lagerung    der   Mägen    beim     Wiederkäuer embryo.      Oesterr.    3Ionatschr.  f. 

Tierheilkunde.  J.  20.  No.  4.  S.  145-153. 

—  Die  Entwickelung    des    Wiederkäuermagens    und  -darms.     Schweiz.     Arch.     f.   Tierheil- 

kunde.    Bd.  21.  Heft  4  und  5.  1889.      S.  173—214. 

—  Zur  Entwickelung  der  Bursa  omentalis  und  der  Mägen  beim  Rind.     Oesterr.  Blonats- 

schrift  f.   Tierheilkunde  1889.      S.  49—61. 

—  Die  Entwickelung  des   Wiederkäuermagens  und  -darms.     Festschrift  f.  50-jähr.  Doktor- 

jubiläum  von  Nägeli  und  Kölliker.      Würzburg  1891. 
Mayer,   P.      Ueber  den  Spiraldarm  de%  Selachier.     Mitt.  d.  Zool.  Stat.  Neapel.     Bd.  12. 

Berlin   1897. 
Mehnert.      Gastrulation    und    Keimblätterbildung   der  Emys    lutaria    taurica.      Morphol. 

Arb.  1.  1891. 
de  Meuron.     Sur  le  developpement  de  l'oesophage.     C'ompt.  rend.  Ac.  Sc.  Paris  T.  102. 

No.  24.  S.  1401—3. 
Minot.    On  the  solid  stage  of  the  large  intestine  in  the  Chik  with  a  note  on  the  ganglion 

coli.     The  Journ.  of  the  Boston  Soc.  of  med.  Sc.    Vol.  4-     1900. 
Mühlmann.      Ueber    das    Gewicht    und    die   Länge    des    menschlichen    Darmes    in    ver- 
schiedenem. Alter.     Anat.  Anz.  Bd.   IS.  No.  8.  S.  303 — 308. 
Müller,   Erik.      Beiträge   zur  Embryologie  des  menschl.  Foetus.     Kongl.  Svenska.     Vet. 

Akad.  Handlinga.r.  Bd.  29.  1897. 

—  Drüsenstudien.     Zeitschr.  f.  wissensch.  Zool.     Bd.  64.  1898. 

Nestler,   K.    Beiträge  zur  Anatomie  und  Entwickelung sgeschichte  von  Petromyzon  Planeri. 

Arch.  f.  Naturgesch.  50.  Jahrg.  Bd.  I.  2.  Heft.     Und.  vorläufige  Mitteilung  Zool.  Anz. 

No.  325.  S.  11  und  12. 
Netiniann,   E.     Darmdivertikel  und  persistierende  Dottergefäfse   als   Ursache   von  Darm- 

i ncarcerationen.      Internation.    Beiträge    zu    wissensch.     Medizin.    IL    S.    323  -  355. 

1    Taf. 
Oppel.     Lehrbuch  der  vergl.  mikr.  Anat.     I.   Teil.  Magen.  1896.  IL   Teil.  Schlund  und 

Darm.  1897. 

—  Verdauungsapparat  in  Merkel  und  Bonnet,  Ergebn.  d.  Anat.  und  Entwickelungsgesch. 

1896,  1900. 
Orr.      Kontribution    to    the  embryology    of   the    lizard.     Journ.    of   morphology.      Vol.    I 

Heft  2.  S.  211—372. 
Ostroamoff.     Zur  Entwickelungsgeschichte    der  Eidechsen  (Phrynocephalus    helioscopus) . 

Arb.  d.   Ges.  d.  Naturf.  a.  d.   kais.  Kasaner  Univ.     Bd.  XLX.  1888. 
Patzelt.      Ueber   die   Entwickelung   der  Dickdarmschleimhaut.     Sitzungsber.    der   kaiserl. 

Akad.  d.    Wissensch.    Wien.  1882. 
Peters.        Ueber    die    Entwickelung     der    Cäcilicn.      Monatsber.      der    königl.    Akad.     d. 

Wissensch.  Berlin.  .Doli  1875. 
Phisalijc.     Sur  l'anatomie    d'un    embryon  humain    de    32  jours.     Compt.   rend.    T.    104. 

No.  11.  p.   799—802. 
Prenant.    Annotation^  sur  le  developpement  du  tube  digestif  chez  les  mammiferes.   Journ. 

de  l'Anat.  et.  de  la  j^hysiol.      Annee  27.  1891. 
Price.     Zur   Ontogenie  eines  Myxinoiden  (Bdellostoma    Stouti    Lockington).    Sitzungsber. 

d.  mathein. -physik.  Kl.  der  k.  Akad.  d.    Wissensch.  München  1896.     Heft  1.     S.  69 

—74. 

—  Some  points  in   the  decelopment  of  a   3Iyxinoid  (Bdellostoma  Stouti  Lockington) .    Vcrh. 

d.  Anat.   Gesellsch.  1896.   S.  81—86. 

Rabl.  Theorie  des  Mesoderms.  Morph.  Jahrb.  I.  Teil.  Bd.  XV.  1889.  IL  Teil. 
Bd.  XIX.  1892. 

Rainer.  Zur  Metamorphose  des  Darmes  bei  der  Froschlarve.  Dorpat  1892.  Inaug.- 
Diss. 

Henter.  Ueber  die  Entwickelung  der  Darmspirale  bei  Alytes  Obstetricans.  Anat. 
Hefte.     Bd.  13.     1900. 

—  Ueber  die  Rückbildungserscheinungen  am  Darmkanal  der  Larve  von  Alytes  obstetricans. 

Anat.  Hefte.     Heß  4-~>.     1900. 
Jtogie.     Note  sur  Devolution    de    la  portion   infraduodenale    du   tube  digestif   et    de    son 
mesenthre.     Journ.  des  sciences  med.  de  Lille.     T.  LL.  1889.  p.  121,   145,  169. 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems.  247 

llollinat  et  Trouessart.     Sur   la   reproduction    des    Chauves-Souris.     Hein.    Soc.  zool. 

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de  llouville.     Sur  la  genese  de  l'epithelium  intestinal.     C.  R.  de  l'Acad.  des  scienc.  de 

Paris.   T.   CXX.     No.  1.  p.  50—52. 
Rückert.      lieber  die  Spiraldarmentwickelung  von  Pristvurus.      Verh.  d.  Anat.   Gesellsch. 

1S96.     S.  145—148. 

—  Ueber  die  Entwickelung  des  Spiraldarms  bei  Selachiern.    Arch.  f.  Entiuickelungsmechanik. 

Bd.  4.     S.  298—326.     1S96. 
llufflni.      Sullo  sviluppo  e  sul  tardivo    contegno    dello   Strato     Glanduläre    dello    stomaco 

nella  Rana  escidenta.     Monit.  Zool.   Itcd.     Anno  X.  Suppl.  1899. 
llusconi.     Histoire  naturelle,  developpement  et  Metamorphose  de  la  Salamandre  terrestre. 

Pavia  1S54, 
Sacerdotti.     Sur  le  developpement  des  cellules   mucipares    de    tube  gastro-enterigue.     A. 

ital.  de  Biol.   T.  23.  F.  1/2.  p.  1-12. 
Salvioli.      Quelques  observations  sur  le  mode  de  formation  et  d'accroissement  des  glandes 

de  l'estomac.     Arch.   itcd.    de    biologie  T.  14.  Fase.  1   und    2.     Atti   della  R.  Accad. 

delle  science  di  Torino.      Vol.  25.  Seance  d.  9  III.  1896. 
Samassa.      Heber  Furchung  und  Keimblätterbildung  bei  Amphioxus. 
Sanfelice.     Sur  l'appendice  digitiforme    (glandes   suranales)   des   Selaciens.     Arch.    itcd. 

de  biolog.     T.  XII.  p.  222 — 223. 
Schauinsland.      Weitere  Beiträge  zur  Entwiekelungsgeschichte    der   Hatteria.     Arch.   f. 

mikr.   Anat.  Bd.  56.  Heft  4.  p.   747—867. 
Schirman.      Ueber  die  Rückbildung   der  Dickdarmzotten  des  ßleerschiceichens.      Verh.  d. 

phys.  med.    Gesellsch.    Würzburg.     N.  F.  Bd.  32.     1898. 
Schreinet'.      Beiträge  zur  Histologie  und  Embryologie  des    Vorderdarms  der  Vögel.    Zeit- 
schrift f.  ivissensch.  Zool.  Bd.  68.  Heft  4.  S.  48 1 — 581. 
Schnitze,    O.     Entwickelung   der   Keimblätter    in  der    Chorda   dorsalis  von   Rana  fusca. 

Zeitschr.  f.  wissensch.  Zool.  Bd.  47.  1888. 
Selenka.      Studien  über  Entunckelungsgeschichte  der  Tiere.      Wiesbaden,  Kreidet. 
Seyfert.     Beiträge  zur  mikrosk.  Anatomie  und   zur  Entwiekelungsgeschichte    der  blinden 

Anhänge  des  Darmkanals  bei  Kaninchen,  Taube  und  Sperling.     Inaug.-Diss.    Leipzig, 

1897. 
Spee,    Graf.     Neue  Beobachtungen  über  sehr  frühe  Entwickelungsstufen  des   menschlichen 

Eies.     Arch.  f.  Anat.  und  Phys.  Anat.  Abt.  1896.  S.  1—30. 

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Anz.  Bd.  12.  No.  3.   S.   76—79. 

—  lieber  Drüsenbildung  und  Funktion  der  Dottersackwand  des  menschl.  Embryo,   ßlünchn. 

mediz.    Wochenschr.  1896.   No.  33. 
Stöhr.       Ueber   Rückbildung   von    Duodenaldrüsen.      Festschr.    d.    phys.  ■  med.    Gesellsch. 

Würzburg  1899. 
Stoss.       Untersuchungen   über   die    Entwickelung    der    Verdauungsorgane.      Vorgenommen 

an  Schafsembryonen.     Inaug.-Diss.  Erlangen  1892. 

—  Vergl.  anat.    Unters,  über    die  Entwickelung    des    Verdauungskanals    der    Wiederkäuer. 

Deutsche  Zeitschr.  f.   Tiermedizin.  Bd.  XVI. 

—  Zur  Entwiekelungsgeschichte  des  Pferdes.      Verh.  d.   Ges.    deutscher  Naturf.   u.  Aerzte. 

München   1899. 

Strahl.      Ueber  Dottersackreste    bei   Reptilien.     Anat.    Hefte.    Bd.  III.  Heft  3.  1894. 

Stricker.  Plattenmodelle  zur  Entwickelung  von  Darm,  Leber,  Pankreas  und  Schwimm- 
blase der  Forelle.     Internat.    Wochenschr.  f.   Anat.  und  Phys.  Bd.  XIV.   1899. 

Swenander.  Beiträge  zur  Kenntnis  des  Kropfes  der  Vögel.  Zool.  Anz.  Bd.  XXII. 
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Tandler.  Zur  Entwiekelungsgeschichte  des  menschl.  Duodenum  in  frühen  Embryonal- 
stadien.    Morphol.  Jahrb.   Bd.  XXIX.   1900. 

—  Ueber  die  Entwickelung  des  menschl.  Duodenum    in  frühen  Embryonalstadien.      Verh. 

d.  Anat.   Ges.  Pavia.  1900.   Ergänzungsh.   d.  Anat.  Anz.  Bd.  XVIII.  p.  4%  ~44- 
Töpfer.     Die  Morphologie  des  Magens  der  Rodentia.    Morphol.  Jahrb.  Bd.  XVII.  S.  380 

—407. 
Tourneux  und  Hermann.    Intestin  (Histologie  et  developpement).    Dictionnaire  encycl. 

d.  sc.  med.  Ser.  IV.    T.  XV.  18S9. 
Tourneux.  Note  sur  l'epithelium  de  la  vesicule  ombilicale  chez  l'embryon  humain.    Compt. 

rendus  hebdoin.   d.  I.  soc.  d.  biol.  Ser  9.  1889.    T.   I.  No.  10. 
Vejdovsky.      Ueber   die   Entwickeluny    des   Darmepithels.  Sitzungsbcr.    d.   k.  böhm.    Ges 

d.   Wissensch.     Mathem.-naturw .  Kl.  1891.   S.  131—146. 
Virchow,   H.      Ueber   Entunckelungsvorgänge,  welche  sich  in  den  letzten  Bruttagen    am 

Hühnerei  abspielen.      Verh.  d.  anat.   Gesellsch.  z.  Berlin  18S9. 
Voigt,   Julius.     Zur  Entwickelung  der  Darmschleimhaut.     Nachr.   r.  d.  k.     Gesellsch.  d 

Wissensch.  z.   Göttingen,  math.-naturw.  Kl.  189S.   No.  4.  S.  416. 


248  F.  Maurer, 

Widmer.    Ein  Fall  von  Situs  transversus  completus  regularis,  intra  vitam  diagnostiziert 

und  durch  Autopsie  erhärtet.     Diss.  Basel  1887. 
Wiedersheim.     Beiträge  zur  Entwickelungsgeschichte    von  Proleus  augnineus.     Arch.  f. 

mihr.  Anal.  Bd.  XXXV,  p.  121— HO,  2  Taf. 

—  Beiträge  zur  Entwickelungsgeschichte  von  Salamandra  atra.    Ibid.  Bd.  XXXVI.  p.  469 

—  482.   1   Taf. 
WiJley.      The  later  larval  development  of  Amphioxus.     Quart.   Journ.  of  micr.  Sc.  X.  S. 

Xo.  126.    Vol.  XXXII.  1891.   P.  2.  p.   183—234- 
Wittenrood.     Ein  Fall  von   kongenitaler   Atresie   des    Oesophagus   mit    Tracheo-ösojiha- 

gealfistel.     Inaug.-Diss.  Freiburg  1899. 
Zimmert.    Contributo  alla  conoscenza  dell'  ontogenisi  dello  stomaco  dei  ruminanti.    Monit. 

Zool.  Anno  11.  1900. 

3.  After. 

Bonnet.     Beiträge   zur  Embryologie    der   Wiederkäuer,  gewonnen  am  Schaf  ei.     Arch.  f. 
Anat.  u.  Phys.     Anat.  Abt.  1889.  p.  1—106. 

—  Veber  die  Entwickehmg  der  Allantois  und    die  Bildung    des  Afters   bei   den   Wieder- 

käuern und  über  die  Bedeutung   der  Primitivrinne    und   des  Primitiv  Streifs   bei   den 

Säugetieren.     Anat.  Anz.  Bd.  III.  Xo.  4  und  5.  1888. 
Bovnhaupt.     Untersuchungen  über  die  Entwickelung  des   Urogenitalsystems  beim  Hühn- 
chen.    Inaug.-Diss.     Riga  1867. 
Carius.    Ueber  die  Atisbildung   des    hinteren  Körperendes  bei  Cavia.   Marburger  Sitzungs- 

ber.  1888.   Xo.  2.  S.  65—67. 
Chotodkovsky .      Ueber  einige  Formen  des  Blastoporus  bei  meroblastischen  Eiern.   Zool. 

Anz.  Jahrg.  14.  1891.  Heft  1.  p.  1—17. 
Burtiam.     Xote    on   the  presence    of  a   neurenterio  canal  in  Rana.     Quart.    Journ.    of 

micr.  Sc.      Vol.  XXVI.  P.  4,  p.  509—510. 
Erlanger,  R.    v.      Ueber   den  Blastoporus    der   anuren   Amphibien,  sein  Schicksal   und 

seine    Beziehungen    zum   bleibenden    After.     Zool.    Jahrb.    Abt.  f.  Anat.  und  Ontog. 

Bd.  IV.  2.  p.  239—256. 
Gasser.     Die  Entstehung  der  Kloakenöffnung  bei  Hühnerembryonen.     Arch.  f.  Anat.  u. 

Physiol.  Anat.  Abt.  18S0. 
Hertwig,    O.      Urmund  und  Spina  bifida.     Arch.  mikr.  Anat.  Bd.  XXXIX.  1892. 
Keibel.     Zur  Entwickelung  des  menschlichen   Urogenitalapparates.   Arch.  Anat.  u.  Phys. 

Anat.  Abt.  1896. 

—  Die  Entwickelung sv orgänge  am  hinteren  Ende  des  Meersehweinchenembryos.     Arch.  f. 

Anat.  u.  Phys.     Anat.  Abt.  p.  407—430.  1888. 
Kölliker.     Ueber  die  Chordahöhle  und  die  Bildung  der  Chorda  beim  Kaninchen.   Würz- 
burger Sitzungsber.  Dez.  1882. 

—  Einige    Beobachtungen    über   die    Organe  junger  menschlicher   Embryonen.     Sitz.-Ber. 

physik.-med.   Ges.    Würzburg.  18S3. 
Kopsch.     Entstehung   und   Bedeutung   des  Canalis   neurentericus.     Sitzungsber.    d.    Ges. 

Xaturf.  Freunde.  Berlin  1896.  p.  165—174. 
Kttpffer.     Ueber  den  Canalis  neurentericus   der  Wirbeltiere.    Miinchn.  med.   Wochenschr. 

1887.  Xo.  9.  S.  167— 16S. 

—  Dasselbe    in  Sitzungsberichte    der  Gesellsch.  f.  Morph,   u.    Phys.    in    München.    1887. 

Sitzung  11.  Jan.  S.  1 — 5. 
Lwoff.     Ueber  einige  wichtige  Punkte  in  der  Entwickelung  des  Amphioxus.    Biol.  Centralbl. 
Bd.  XII.  1892. 

—  Ueber  die  Keimblätterbildung  bei  den   Wirbeltieren.    Biol.  Centralbl.  Bd.  XIII.  1893. 
Mehnert.     Zur  Frage  nach  dem   Urdarmdurchbruche  bei  Reptilien.    Anat.  Anz.  Bd.  XI. 

p.   257—269. 
Mihalkovics.     Unters,    über   die  Entwickelung  des  Harn-  tmd  Geschlechtsapparates   der 

Amnioten.     Intern.  Monatsschr.  Anat.  und  Phys.  II.  1S85. 
Mitstikuri.      On    the  fate   of  the  Blastopore,    the   relations    of  the  posterior  end    of  the 

embryo  of  Chelonia  together  with   remarks  on   the  nature    of  the    meroblastic   ova   in 

Vertebrates.     Journ.   Coli.  Sc.   Tokio.    Vol.  X.  T.  I. 
Morgan.    On  the  amphibian  Blastopore.   Baltimore,  Studies  of  the  Biological  laboratory. 

1890. 
Nassonow.     Ueber  die  Bildung  des  Canalis  neurentericus  beim  Straufs  (Struthio  camelus). 

Zool.  Anz.  Bd.  XIX.  S.  9—13. 
Ostroumoff.      Ueber  den  Blastoporus  u.  d.  Schtvanzdarm  bei  Eidechsen  und  Selachiern. 

Zool.  Anz.  Xo.  311.  S.  364—366. 
Perenyi.     Der  Blastoporus   als  bleibender   After   bei  Anuren.     Magy.   Tad.    Acad.  Ert. 

Köt.    V.  S.  11—15. 
Reichet.     Die  Entwickelung    des  Darmes    und    ihre  Bedeutung  für    die  Entstehung   ge- 

irixsrr  Missbildungen.     Zeitschr.  f.   Geburtsh.  und  Gynäk.  Bd.  XIV.  1888. 


Die  Entwickelung  des  Darmsystems.  249 

Retterer.  Sur  l'origine  et  Devolution  de  la  region  ano-genitale  de  mammiferes.  Journ. 
de  V 'Anatomie.  Bd.  XXVI.  1890.  p.  127. 

—  Sur  le  cloissonnement  du  cloaque  et  sur  la  formation  du  perinee.  Sociele  de  Bio- 
logie. 4.  I.  1890. 

—  Du  developpement  de  la  region   anale    des    mammiferes.     Soc.    de  Biol.  Xo.  5.  1890. 
Schanz.       Das    Schicksal    des    Blastoporus    bei    den    Amphibien.      Jenaische  Zeitschrift. 

Bd.  XXI. 

Schwarz.  Untersuchungen  des  Schwänzendes  bei  den  Embryonen  der  Wirbeltiere.  Zeit- 
schrift f.  wissensch.  Zool.  Bd.  XLVIII.  p.   191—223.  Diss.  Strajsburg,  1889. 

Sobotta.  Beobachtungen  über  den  Gastridationsvorgang  bei  Amphioxus.  Verh.  d.  phys.- 
med.   Gesellscli.      Würzburg.  X.  F.   Bd.  XXXI.   1897. 

Spee,  Graf.  Beobachtungen  an  einer  menschlichen  Keimscheibe  mit  offener  Medullär 'rinne 
und  Canalis  neurentericus.  Arch.  f.  Anat.  und  Physiol.  Anat.  Abt.  1889.  S.  159 
—  176. 

Tourneux.     Du  tubercule  genital    et  de  l'anus.     Journ.    de  l'anat.  et  phys.  Par.  1888. 

—  Sur  le  mode  de  cloisonnemenl  du  cloaque  et  sur  la  formation  de  la  cloison   recto-uro- 

genitale.     Bibliogr.  anat.  II.  1894. 

—  Sur  le  mode  de  formation  du  perinee  chez  l'embryo    du   mouton  par  abaissement  d'un 

repli  perineal  unique.     Soc.  de  biol.  Xo.  6.  p.   75. 

—  Xote  sur  l'intestin  caudal  chez  l'embryon  du  chat.  Soc.  de  biol.  22.  II.  1899.    p.  97. 

—  Mecanisme  suivant  lequel  s'operent  la  disjonction  du  rectum  d'avec    le  bouchon  cloacal 

et  la  formation  de    l'anus    chez    l'embryon    du   mouton.     Soc.  de  biol.    9.   ser.   T.   II. 

Xo.  15. 
Wenkebach.     Die    Follikel   der  Bursa   Fabricii.     Anat.    Anz.   Bd.    XI.    Xo.    5.  p.    159 

—160. 
Will.       Ueber    die     Verhältnisse    des    Urdarms    und    des  Canalis    neurentericus    bei    der 

Ringelnatter.     Sitzungsber.  d.  königl.  Akad.  der    Wissensch.   Berlin.     Math.-phys.  XL 

1898. 
Wilson.     Formation   of  the  Blastoporus    in    the    frog    egg.     Anat.     Anz.     Bd.     XVIII 

Xo.   9/10.  p.   209—239. 

—  Postscript  to  the  paper.  Ibid.  Xo.  15/16.  p.   384- 

4)  Lymphatische   Organe  des  Darmes. 

Czermah.     Einige    Ergebnisse  über   die  Entwickelung,   Zusammensetzung   und  Funktion 

der  Lymphknötchen  der  Darmwand.     Arch.  mikr.   Anat.  Bd.  XLII.  1895. 
v.   Davidoff.      Ueber    das   Epithel    des  Darmes    und-    seine  Beziehungen  zum  lymphoiden 

Gewebe.     Sitzungsber.    d.   Gesellscli.  f.  Morph,   u.    Physiol.    München.  Bd.  II  1S8S. 

S.   77—79. 
Flesch.      Ueber  die  Beziehungen  zwischen  Lymphfollikeln  und  secernierenden  Drüsen  im 

Oesophagus.     Anat.  Anz.  1888. 
Gull  and.      The    development   of  the   adenoid   tissue   and   of  the    tonsil   etc.     Laboratory 

Reports,  Roy.   Coli,  of  Physicians.     Edinburgh  1891. 
Klaatsch.       Ueber   die    Beteiligung   von   Drüsenbildungen   am   Aufbau   der   Peyer'schen 

Plaques.     Morphol.  Jahrb.  Bd.  XIX.  1892. 
Kollmann.     Die  Entwickelung  der  Lymphknötchen  in  dem  Blinddarm  und  im  Processus 

vermiformis.      Die    Entwickelung    der    Tonsillen    und   der   Milz.      Arch.    f.   Anat.   u. 

Physiol.  Anat.  Abt.  1900. 
Küchenmeister.    Beiträge  zur  Entwickelung  der  Lymphknötchen.    Inaug  Diss.  Rostock. 

1895. 
Maurer.     Die  erste  Anlage  der  Milz  und  das  erste  Auftreten  von  lymphatischen  Zellen 

bei  Amphibien.     Morphol.  Bd.  XVI.  1890. 
Prenant.     Sur  la  presence  d'amas  leucocytaires  dans  l'epithelium  pharyngien.     Biblio- 
graphie anatom.  1896. 
Retterer.     Sur   le   developpement  des  tonsilles  chez  les  mammiferes.     Compt.  Rend.  Soc. 

de  biol.  Dez.  18S5. 

—  Disposition   et   connexions   du  reseau  lymphatique  dans  les  amygdales.     Compt.  Rend. 

Soc.  de  biol.  Jan.  1886. 

—  Evolution   et    Constitution   des   amygdales   chez   l'homme.     Compt.  Rend.    Soc.  de  biol. 

Xov.  1886. 

—  Type    commtm    des    amygdales    chez  les  mammiferes.     Compt.  Rend.  Soc.  de  biol.    Dez. 

1886. 

—  De  Devolution  des  elements  basilaires  dans  les  epitheliums  pavimenteux  strutifies.    Compt. 

Rend.  de  biol.  Dez.  1886. 

—  Origines    et    evolution    des    amygdales    chez    les  mammiferes,   deux   memoires.     Journal 

de  l'anat.  et  de  la  physiol.  1888. 

—  Origine    et   developpement   des  plagues    de  Peyer   chez   le    lapin    et   la    cobaye.    C.  R. 

hebdomaires  de    la    societee  de  biologie.     Ser.  IX.   T.  III.  1891.    Xo.  38.  p.  871 — 73. 


250  F.  Maurer. 

Retterer.      Origint    et  developpement  des  plaques  de  Peyer  dies  les  ruminants  et  les  soll- 
pedes.  ibid.  Ser.  IX.   T.  IV.  1S92.  No.  12.  p.  253—55. 

—  Du  tissu  angiothelial  des  amygdales  et  des  plaques  de  Peyer.    Mem.  de  la  Soc.  de  biol. 

Jan.  1892. 

—  Sur   la   part,    <j>ie   prend   l'epithelvum   ä    la  formation   de  la  botirse  de  Fabricius,  des 

amygdales  et  des  plaques  de  Peyer.     Journal  de  l'anat.  et  de  la  physiol.  1893. 

-  Des   glandes    closes ,    derivees    de    l'epithelium    digestif.     Journal   de    l'anat.   et    de    la 

physiol.  1S93. 

—  Sur    Vorigine    des  follicules   dos    du   Tube    digestif.      Ver/i.   d.  auat.   Gescllsdi.     Basel 

1895.    S.  31—39. 

—  Origine    epithelial    des    leueocytes    et    de    la    charpentes   reticulee    des  follicules    dos. 

Compt.  Send.   Soc.  de  biol.   März  1S97. 

—  Epiihelium  et  tissu  reticule  (Sabal,  Amygdales).     Journal  de  l'anat.  et  de  la  physiol. 

Bd.   SS.  1897. 

-  L'histogenese   d/u    tissu    reticule  aux  depens  de  l'epithelium.      Verh.  d.  anat.   Gesellsch. 

Gand  1897. 
Rubelt.      lieber  den  Oesophagus  des  Menschen  und  verschiedener  Haustiere.    Inaug.  Diss. 

Bern  1889. 
Schmidt.      Das  follikuläre  Gewebe  der  Schleimhaut  der  Mundhöhle.    Zeitschr.  f.  wissenseh. 

Zool.  Bd.  XIII.  1863. 
Schwabach.      Ueber  die  Bursa  pharyngea.     Arch  f.  mikr.  Anat.   Bd.  29.  1889. 
Stöhr.     Ueber  die  Lymphknötchen  des  Darmes.    Arch  f.  mikr.  Anat.  Bd.  XXXIII.  Heft  3. 

S.  255—83. 

—  Ueber   die  Mandeln    und  deren  Entwickelung .      Vortrag  bei  der  39.    Versammlung  des 

schweizer,    ärztlichen   Centredvereins.     Korrespondenzblatt  f.  schweizer  Aerzte.  Jahrg. 
XX.  1890. 

—  Die    Entirickelung    des    adenoiden    Genebes,    der   Zungenbälge    und    der    Mandeln    des 

Menschen.     Züricher  Festschr.  f.  A.  Kölliker  u.  Nägeli.     A.  Müller  1891. 

—  Ueber  die  Mandeln  und  deren    Entirickelung.     Anat.  Anz.  Jahrg.    VI.  S.  545 — 48. 

—  Ueber  die  Entwickelung  der  Darmlymphknötchen   und  über  die  Rückbildung  von  Darm- 

drüsen.    Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.   LVI.   1897. 

—  Ueber  die  Entwickelung  der  Darmlymphknötchen.      Verh.  d.  Anat.   Gesellsch.   in   Gent. 

1897.      Ergänzungsheft  d.  Anat.  Anz.  Bd.  XIII. 
ZawaryTcin.      Ueber  das  Epithel  der  Tonsillen.     Anat.  Anz.   1889. 

5)  Leber  und  Pankreas. 

Assmann.     Zur  Kenntnis  des  Pankreas.      Virchow's  Arch.  Bd.  LXI. 
Brächet.     Recherches  sur  le  developpement  du  diaphragme  et  dufoie  chez  lapin.    Journal 
de  l'anat.  et  de  la  physiol.  1895. 

—  Recherches  sur  le  developpement  du  Pancreas  et  du  foie  (Selaciens,    Reptiles,  Mammi- 

feres).     Journ.  de  l'anat.  et  de  la  physiol.  Ann.  XXXII.  1896. 

—  Die  Entirickelung  und  Histogenese  der  Leber  und  des  Pankreas  in  Merkel  und  Bonnet. 

Ergehn.  <l.  Anat.  u.   Entwickelungsgesch.  1896. 
Bvaus.     Untersuchungen  zur  vergl.  Histologie  der  Leber  der  Wirbeltiere.  Habüilalionsschr. 

Jena  1896  und  Semon,  Zool.  Forschungsreisen  in  Australien.   Bd.  IL 
Choronshitzky.      Die  Entstehung   der  Milz,  Leber,   Gallenblase,  Bauchspeicheldrüse  und 

des  Pfortadersystems  bei  den  verschiedenen  Abteilungen  der  Wirbeltiere.    Anat.  Hefte. 

Bd.  XIIL  1900. 
Ilebeyre.     Bourgeons  pancreatiques    multiples  sur  le  conduit  hipatique  primitif.    Compt. 

Rend.  Soc.  biol.  Paris.   T.  LH.  No.  26.  p.  705—706. 
Felix.     Zur  Leber-   und    PankreasenVwickelung.     Arch.  f.  Anat.    u.  Physiol.    Anat.    Abt. 

1892.   Heft  5,   6.  S.   281— S2S. 
Frobeen.     Zur  Entwickelung  der   Vogelleber.    Anat.   Hefte.  1892.   Heft.  3.  S.  S67 — 374- 
Giacomini.     Sul  pancreas    dei   Petromyzonti  cou    particulare    riguurdo    al  pancreas  di 

Petromyzon  mecrinus.      Verh.  der  Anat.   Gesellsch.     Paria    1900.     Ergänzungsheft  d. 

Anat.  Anz.  Bd.  XVIII.  S.  44—52. 
iliitnnelli.     Alcuni  recordi    sugli   abbozsi   ventrali    primitivi   del   pancreas   nei   Rettili. 

Atli  d.  R.  Accad.  <!.   Fisiocritici.  Ser.    VI.    Vol.  XLL.  No.  4. 

—  Sullo  svilluppo  del  pancreas  nella  Seps  Chalcides  etc.    Ricerche  fatte  nel  labor.  d'Anat. 

norm,  di  Roma.    Vol.    VII,   1899. 
Göppert,   E.     Die  Entwickelung  und  das  sixitere  Verhalten   1  les  Pankreas  der  Amphibien. 
Morphol.  Jahrb.  Bd.  XVII.  S.  100. 

—  Die    Entwickelung    des    Pankreas    der  Teleostier.     Morphol.   Jahrb.    Bd.  XX.    Heft    1. 

S.  90—111. 
Hamburger.   Zur  Entwickelung  der  Bauchspeicheldrüse  des  Menschen.  Anat.  Anz.  Bd.  VII. 
1892.   No.  21/22.  S.   707—711. 


•    Die  Entwickelung  des  Darmsystems.  251 

Hammar.     Einige    Plattenmodelle    zur    Beleuchtung    der  früheren,    embryonalen    Leber- 

entwickelung.     Arch.  f.  Anat.   u.  Entwickelungsgesch.  1S93. 
Helly.     Zur    Enticickelungsgeschichte    der    Pankreasanlagen    und    Duodenalpapillen    des 

Menschen.    Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  LVI.  Heft  1.  1900. 

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Hendrickson.      The    developmenl  of  the  biles-capülaries  as  reveeded  by   Golgi's  Method. 

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Heft  4. 
Knpffer,  C.    Die 'Entwickelung  von  Petromyzon  Planen'.  Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  XXXV 

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—  TJeber  die  Entwickelung  der  Milz  und  des  Pankreas.    Münchener  med.  Abh.  7.  Reihe. 

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No.   617. 
Stoss.     Zur  Entwickelungsgeschichte  des  Pankreas.    Anat.  Anz.  Bd.  VI.  1891.  No.  23/24- 
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embryonen.     Inaug.    Diss.    München    1892    u.    Deutsche   Zeitschr.  f.    Tiermedicin   u. 

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252  F.  Maurer, 

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Heft  3  u.  4. 

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—  Ueber  die  Persistenz  des  Ligamentum   lujiato-cavo-duodenale  beim  erwachsenen  Menschen 

in  Fällen  von  Hemmungsbildungen  des  situs  peritonei.     Morphol.  Jahrb.  XXIII. 
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Jahrg.  20.  No.  4.  S.  145—154. 
Mentle.     Ein   entwickelungsgeschichtlich   interessanter  Fall   von  frühzeitiger   Verwachsung 

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Denkschr.  d.  Kais.  Akad.  d.    Wissensch.    Wien.  Bd.  XLI.  1879. 

—  II.  Die  Darmgekröse  und  Netze.     Ibid.  Bd.  LVI.  1889. 

—  III.    Ueber  die  mafsgebenden  Gesichtspunkte   in  der  Anatomie  des  Bauchfells  und  der 

Gekröse.     Ibid.  Bd.  LX.  1893. 

—  Ueber  die  Geschichte  der  Mesenterien.    Anal.  Anz.  Ergänzungsheft.  Bd.  VIII.  S.  12 — ^0. 
-  Bauchfell  und  Gekröse.    Ergebn.  d.  Anat.  u.  Entwickelungsgesch.    Bd.  III.  1893/94. 

T.  I. 
Ushow.      Ueber    die   Entwicklung    des  Zwerchfells,    des  Pericardiums   und   des    Cöloms. 
Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  XXII.  1883. 


Drittes  Kapitel. 
Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane. 

Von 
Willi.  Krause  (Berlin). 


Die  allgemeinen  Bedeckungen  oder  das  Integumentum  commune 
der  Wirbeltiere  bestehen  aus  dem  Corium  oder  der  Lederhaut  und 
der  Epidermis  oder  der  Oberhaut.  Letztere  entsteht  aus  dem  Ekto- 
derm  und  dieses  liefert  auch  die  Horngebilde  der  Haut  überhaupt, 
nämlich  die  Schuppen,  Haare,  Stacheln,  Federn,  Nägel,  Krallen,  Klauen, 
Hufe  (auch  die  Hörner),  sowie  die  Zellen  aller  Hautdrüsen,  der 
Schweißdrüsen,  Talgdrüsen  und  Milchdrüsen.  Aus  dem  Mesenchym 
entsteht  das  Corium  mit  seinem  Bindegewebe,  Gefäßen  und  Nerven, 
ferner  liefert  das  Mesenchym  die  bindegewebigen  und  muskulösen  Be- 
standteile der  genannten  Drüsen,  sowie  der  Haarbälge,  Federbälge  etc. 

Epidermis. 

Ursprünglich  ist  das  Ektoderm  oder  die  Epidermis  in  ihrer  ersten 
Anlage  eine  gleichmäßige  Schicht  fein  granulierten  Protoplasmas  mit 
eingebetteten  Kernen  (Leydig,  1885).  Sie  kann  daher  als  Syncytium 
bezeichnet  werden. 

Bald  aber  sondert  sich  letzteres  in  Zellen  und  zwar  entstehen 
sehr  frühzeitig  zwei  Zellenlagen.  Die  äußere  Zellenlage  der  Epidermis 
setzt  sich  aus  abgeplatteten,  polygonalen,  meist  sechseckigen  Zellen 
zusammen,  jede  der  letzteren  ist  in  ihrem  Centrum  mit  einem  abge- 
platteten runden  chromatophilen  Kern  versehen,  sie  hat  die  Charaktere 
einer  Hornschicht  (Stratum  corneum).  Die  innere  Lage  enthält  poly- 
edrische  granulierte  Zellen,  von  denen  jede  ebenfalls  einen  chromato- 
philen, aber  kugeligen  Kern  in  ihrem  Centrum  besitzt.  Diese  Zellen 
vermehren  sich  durch  mitotische  Teilung,  rücken  nach  außen,  ver- 
hornen dabei  so  weit,  daß  sie  den  ursprünglichen  Zellen  der  äußeren 
Schicht  gleich  werden.  Die  ursprünglich  äußerste  Zellenlage  fängt 
nun  an,  sich'zu  verändern.  Die  Konturen  der  einzelnen  Zellen  werden 
undeutlich,  die  Zellen  selbst  kleben  fester  zusammen,  ihre  Kerne  er- 
scheinen noch  stärker  abgeplattet  und  sind  nicht  mehr  chromatophil. 
Indem  ihre  chromatophile  Substanz  verloren  geht  oder  resorbiert  wird, 


254  \Y.  Krause, 

bleiben  Kernlücken  übrig,  welche  die  runde  Form  der  früheren  Kerne 
in  der  Flächenansicht  beibehalten.  Die  absterbende,  aus  einer  oder 
zwei  Zellen  übereinander  gebildete,  äußerste  Zellenlage  löst  sich  früher 
oder  später  im  Zusammenhange  oder  in  einzelnen  größeren  Fetzen 
ab.  Bei  Säugetieren  und  Vögeln  geht  sie  erst  vor  oder  kurz  nach 
der  Geburt,  resp.  dem  Ausschlüpfen  verloren.  Bei  Reptilien  und 
Amphibien  ist  sie  mit  den  oberflächlichen  Zellen  des  eigentlichen 
Stratum  corneum  verklebt  und  wird  von  diesen  Tieren  bei  der  ersten 
Häutung  abgeworfen.  Sie  überzieht  die  Haare,  Federn,  Nägel  und 
ähnliche  Sprossenbildungen  der  Epidermis,  und  diese  durchbrechen 
schließlich  die  abgestorbene  Zellenlage.  Da  dies  zuerst  bei  den  Haaren 
beobachtet  wurde,  so  hat  Welcher  (1864)  diese  Lage  als  Epitrichium, 
Kerbert  (1877)  als  Epitrichialschicht  bezeichnet.  Mehnert  (1??95) 
nannte  die  äußerste  supraepitheliale  Zellenlage  bei  Embryonen  von 
Amnioten  Supraepithelialschicht  oder  Teloderm,  weil  dieses  Grenzblatt 
wenigstens  bei  Sauropsiden  die  äußerste  Lage  zelliger  Elemente  nicht 
nur  am  Körper  des  Embryo,  sondern  auch  am  Ektoderm  der  Em- 
bryonalhüllen darstellt.  Dieser  Begriff  ist  mithin  ein  weitumfassender. 
Da  die  genannte  Zellenlage  die  Epidermis  von  Anamnioten  und  auch 
die  embryonalen  Schuppen  von  Reptilien  überkleidet,  so  kann  sie,  an 
diesen  Stellen  wenigstens,  nicht  wohl  Epitrichium  genannt  werden. 
Man  hat  sie  an  den  Nägeln  und  Hufen  als  Eponychium  unterschieden 
(vergl.  unten  Nägel);  zweckmäßiger  ist  es  wohl,  sie  mit  einem  Ge- 
samtnamen als  Periderm  (Fig.  154),  oder  Peridermalschicht  zu  bezeich- 
nen, soweit  sie  die  Epidermis  des  Embryonalkörpers  selbst  und  dessen 
Epidermoidalanhänge  umhüllt. 

Die  histologischen  Veränderungen  der  äußersten  Epidermislagen, 
wie  bei  der  Abstoßung  des  Periderm  kehren  in  analoger  Weise  bei 
dem  typischen  Häutungsprozeß  von  Sauriern,  speciell  der  Schlangen 
wieder.     Der    physiologische   Unterschied    der  Peridermalschicht    vom 

Fig.  154.  Senkrechter  Durchschnitt  der  Haut  der 
Backe  eines  14-tägigen  Foetus  vom  Kaninchen.  Mül- 
^ER'sche  Flüssigkeit,  Alkohol,  Pikrokarmin,  Xylol, 
Kanadabalsam.  Vergr.  420.  l  Periderm  mit  einem 
achromatophilen  Kern.  2  Stratum  corneum  der  Epi- 
dermis. 8  Corium.  Nach  eintr  Zeichnung  von  Dr.  So- 
kolowsky  in  Berlin. 

embryonalen  Stratum  corneum  liegt  darin,  daß  die  Zellen  des  letzteren 
Stoffwechsel  aufweisen,  während  die  Zellen  des  Periderm  bereits  ab- 
gestorben sind.  Das  Periderm  ist  mithin  morphologisch  durchaus 
nichts  besonderes,  es  wird  einfach  von  denjenigen  alleräußersten  Epi- 
dermiszellen  gebildet,  die  überhaupt  absterben,  indem  sie  der  Kerati- 
sation  unterliegen. 

Verhornung.  Im  folgenden  wird  öfters  Bezug  zu  nehmen  sein 
auf  die  chemischen  Körper,  welche  in  der  Epidermis  und  den  Epi- 
dermoidalbildungen  auftreten  und  als  Ele'idin,  Keratohyalin  und  Onychin 
oder  onychogene  Substanz  bezeichnet  werden. 

Das  Eleidin  (diffuses  Elei'din,  Ranvier,  1900)  ist  nur  im  Stratum 
lucidum  vorhanden,  daher  fehlt  es  (wie  letzteres)  im  Bereich  des  Nagel- 
bettes. Es  ist  diffus  in  den  Zellen  dieses  Stratum  verteilt,  tritt  tropfen- 
förmig in  Querdurchschnitten   der  Epidermis  auf  und  ist  wenigstens  halb- 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane.  255 

flüssig,  färbt  sich  mit  Pikrokarmin  intensiv  rot.  Pikrokarmin  ist  nun 
eine  sehr  wenig  konstante  Zusammenrnischung  von  Pikrinsäure,  Am- 
moniak, Kohlensäure  u.  s.  w.,  jedenfalls  ist  es  nach  P.  Mayer  (1899) 
kein  pikrinsaures  Ammoniak.  Das  Ele'idin  färbt  sich  auch  mit  Wasserblau 
(Frickenhaus,  1896)  und  an  frischen  Hautstücken  nach  Weski  (1901) 
mit  lproz.  Wasserblau,  sowie  mit  sulfosaurem  Nigrosin.  Gewöhnlich 
wird  das  Ele'idin  für  Lanolin  (Cholestearinfett,  Wollfett  der  Schafe)  er- 
klärt, oder  doch  für  eine  Vorstufe  des  letzteren.  Andere  halten  es  für 
ein  Glycerinfett.  Jedenfalls  bedingt  es  die  Undurchlässigkeit  des  Stratum 
lucidum,  in  welches  es  sich  imbibiert,  für  AVasser  und  wässerige  Lö- 
sungen. 

Anders  verhält  sich  das  Keratoliyalin  (körniges  Ele'idin,  Ranvier. 
1900).  Es  findet  sich  in  Körnchenform  in  den  Zellen  des  Stratum  granu- 
losum,  das  ihm  sein  körniges  Aussehen  verdankt.  Die  Körnchen  können 
kleiner  oder  größer  sein,  letztere  sind  oft  unregelmäßig.  In  Säuren  oder 
Alkalien  quellen  die  Körnchen  auf,  wogegen  Pigmentkörnchen  unver- 
ändert bleiben  (Wal-  eyer,  1882),  auch  schwärzt  es  sich  mit  Ueberos- 
miumsäure  (W.  Krause,  1881,  S.  46.  Fig.  18  gr).  Durch  Maceration 
in  10-proz.  Chlornatriumlösung  wird  es  gelöst  (Ranvier,  1900).  Wie 
das  Ele'idin,  färbt  es  sich  mit  Pikrokarmin  rot,  auch  mit  Thionin  (Ran- 
vier,  1899)  oder  mit  eosinsaurem  Methylenblau  (Laurent,  1900),  außer- 
dem aber  mit  Haematoxylin  und  Karmin,  was  das  Ele'idin  nicht  thut; 
beide  sind  mithin  chemisch  verschieden.  Seine  Konsistenz  ist  nach 
Waldeyer  (1882),  von  dem  der  Name  herrührt,  gallertartig.  Es  ist, 
chemisch  betrachtet,  sicher  kein  Fett,  keine  Fettsäure,  kein  Glycogen, 
Keratin,  Nuclein,  auch  kein  H}^alin.  Die  Ansichten  gingen  meist  dahin, 
daß  es  aus  dem  Zellenkern  entsteht,  der  ja  in  dieser  Gegend  der  Epidermis 
regelmäßig  zu  Grunde  geht,  jedoch  nicht  aus  der  chromatophilen  Substanz 
des  Kernes,  sondern  aus  einem  achromatophilen  Bestandteil  des  letzteren. 
Andere  leiten  das  Keratohyalin  richtig  aus  dem  Protojdasnia  oder  aus 
letzterem  und  dem  Kerne  zugleich  ab.  Allgemein  wird  aber  seit  Unna 
(1883)  angenommen,  daß  das  Auftreten  des  Keratohyalin  zwar  eine  zeit- 
liche Begleiterscheinung  der  Verhornung  sei,  mit  letzterer  aber  nichts 
direkt  zu  thun  habe ;  Waldeyer  (1882)  und  Thoms  (1896)  sehen  darin 
ein  Zeichen  der  Degeneration  und  des  allmählichen  Absterbens  der  be- 
treffenden Epidermiszellen.  Sicher  ist,  daß  es  im  Protoplasma  der 
Epidermiszellen  anfangs  mitunter  am  Rande  derselben,  in  weiter  Ent- 
fernung vom  Kern  sich  bildet  und  mit  den  Kernbestandteilen  keine  Be- 
ziehungen hat  (Weidenreich,   1900). 

Bei  der  Bildung  des  Nagels  würde  dann  an  Stelle  des  hier  fehlen- 
den Keratohyalin  das  Onychin  und  die  Substance  onychogene  von  Ran- 
vier (1889)  in  Betracht  kommen.  Die  Verhornung  im  allgemeinen, 
namentlich  diejenige  der  äußeren  Epidermisschichten,  wird  hier  als  Kerati- 
sation,  die  Bildung  echter  Nagelsubstanz,  auch  an  Krallen,  Klauen,  Hufen, 
als  Onychisation  bezeichnet.  Mit  der  letzteren  kann  das  Keratohyalin 
nichts  zu  thun  haben,  da  es  aus  dem  Nagelbett  frühzeitig  verschwindet 
(s.  unten  Nägel),  und  schon  dieser  Umstand  würde  es  rechtfertigen,  die 
Onychisation  von  der  Keratisation  scharf  zu  trennen. 

Das  embiyonale  Nagelbett  besitzt  früher  ein  Stratum  granulosum, 
als  letzteres  in  der  übrigen  Epidermis  erscheint.  Sobald  echte  Nagel- 
substanz oder  überhaupt  Hornsubstanz  der  Krallen ,  Hufe  u.  s.  w.  ge- 
bildet wird,  verschwindet  das  Keratohyalin  und  an  seine  Stelle  tritt  das 
von  Waldeyer  entdeckte   Onychin.     Dieser  Ausdruck  rührt  ursprünglich 


256  W.  Krause, 

von  Henlb  (1884)  her,  der  damit  die  onychogene  Substanz  Ranvier's 
(s.  unten)  bezeichnete.  Waldeyer  (1882,  S.  175)  fand  im  Huf  des 
Pferdefoetus  in  einer  ziemlich  breiten  Zone,  die  ein  wenig  nach  innen 
von  der  Hornwand  gelegen  ist ,  Körnchen ,  die  sich  gegen  Acidum 
aceticum  glaciale  resistent  verhielten.  Dieselbe  vom  Ele'idin  verschiedene 
Substanz  sah  Waldeyer  auch  in  den  Hufen  vom  Rinde ;  sie  soll  hier 
als  Onychia  bezeichnet  werden.  Solche  Körnchen  sind  sehr  charak- 
teristisch im  Krallenbett  der  vorderen  Extremität  vom  14-tägigen  Kanin- 
chenfoetus  (Fig.  188).  Neuere  Untersuchungen  (Okamura,  1900)  haben 
gezeigt,  daß  die  Körnchen  des  Onychin  in  Essigsäure,  Chlorwasserstoff- 
säure, künstlicher  Verdauungsflüssigkeit,  Salpetersäure  und  in  Alkalien 
unlöslich  sind,  obgleich  sie  aufquellen,  wenn  die  letzteren  in  konzen- 
trierten Lösungen  angewendet  werden.  Mit  Pikrinsäure  färben  sich  die 
Körnchen  gelb  wie  die  foetale  Nagels  ubstanz  selbst;  in  der  Profilansicht 
erscheinen  sie  mitunter  als  eine  kurze  Reihe  von  Körnchen  innerhalb 
des  Kernes  der  Nagelzellen,  der  folglich  auch  an  ihrer  Bildung  mitbe- 
teiligt ist.  Daß  diese  OmTchinkörnchen  nicht  mit  Luftbläschen  ver- 
wechselt werden  können  (Apolant  1901*,  S.  772),  leuchtet  von  selbst  ein. 

In  chemischer  Beziehung  ist  nur  bekannt,  daß  die  Nagelsubstanz, 
sowie  die  Hornsubstanz  des  Pferdehufes  (Mohr,  1894)  mehr  Schwefel 
enthalten  als  das  Keratin  der  Epidermis,  die  Hufe  dagegen  1  —  2  Prozent 
weniger  als  in  den  Haaren  sich  findet. 

Man  muß  aber  von  diesem  Onychin  die  ursprünglich  als  onychogcne 
Substanz  von  Ranvier  (1889)  bezeichnete  Erscheinung  unterscheiden. 
Eine  am  foetalen  und  erwachsenen  Nagel  vorhandene,  ihrer  Lage  nach 
dem  Keratohyalin  vollkommen  entsprechende  Schicht  sieht  bräunlich 
(gelbbräunlich)  bei  durchfallendem,  und  weißlich  (bläulichweiß)  bei  auf- 
fallendem Licht  aus.  Folglich  handelt  es  sich  nicht  um  eine  Körnchen- 
masse oder  einen  bräunlichen  Farbstoff,  sondern  um  eine  Interferenz- 
erscheinung, welche  von  Zacken  abhängig  ist,  die  sich  bei  den  dem 
Onychisationsprozeß  unterliegenden  Zellen  ausbilden.  Jene  Zacken  färben 
sich  selbstverständlich  nicht  mit  Pikrokarmin  oder  ähnlichen  Farbstoffen. 
Nach  mehreren  Autoren,  Renaut  (1887),  Blaschko  (1889),  von  Brunn 
(1897),  Apolant  (1901*)  handelt  es  sich  aber  in  dieser  dichroitischen 
Schicht  nicht  um  Stacheln  oder  Zacken  an  der  Oberfläche  der  Zellen, 
sondern  um  eine  fibrilläre  Beschaffenheit  des  Zellenprotoplasma,  welche 
der  Verhornung,  überhaupt  der  Keratisation  sowohl  wie  der  Onychisation 
vorausgeht.  Die  Fibrillen  erscheinen  auf  dem  optischen  Durchschnitt 
selbstverständlich  als  Punkte. 

Der  Verhornungsprozeß  des  Nagels  soll,  wie  oben  gesagt,  als  Onychi- 
sation, im  Gegensatz  zu  der  häufiger  vorkommenden  Keratisation  anderer 
Epidermissubstanzen  bezeichnet  werden.  Gemeinsam  ist  der  Keratisation 
und  Onychisation,  daß  die  Verhornung  ursprünglich  von  Protoplasma- 
fasern einer  bei  beiden  homologen  Zellenschicht  ausgeht.  Unterschieden 
sind  sie,  abgesehen  von  den  physikalischen  Differenzen  der  schließlichen 
Endprodukte,  darin,  daß  der  Schwefelgehalt  der  Nägel  u.  s.  w.  höher  ist 
als  bei  den  übrigen  Epidermoidalbildungen,  daß  die  dichroitischen  Eigen- 
schaften dem  Stratum  granulosum  der  Epidermis  fehlen  und  daß  die 
Zellenkerne  an  der  Onychisation  teilnehmen,  insofern  in  ihnen  frühzeitig 
Onychinkörnchen  auftreten,  während  die  Zellenkerne  bei  der  Keratisation 
unbeteiligt  bleiben.  Die  Haarbildung  zeigt  sich  von  der  Keratisation 
darin  abweichend,  daß  die  Haare  aus  spindelförmigen,  nicht  aus  poly- 
gonalen Zellen    hervorgehen,    daß  die  Haarfibrillen    in    den  Spindelzellen 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane. 


257 


undeutlicher 
jenigen  der 


sind  und  daß  der  Schwefelgehalt  der  Haare  sich  mehr  dem- 


Nägel 


anschließt. 


Fische.     Die 


Entwickelung 


der  Schuppen  auf  der  Haut  der 
solche  besitzenden  Fische  gehört  einem  anderen  Kapitel  (II,  4)  an; 
hier  ist  nur  über  Petromyzon  zu  erwähnen,  daß  nach  F.  E.  Schulze 
(1867,  1869)  eine  cuticulare  Decklage  vorhanden  ist.  Sie  wird  von 
den  platten  nach  außen  gerichteten  Grenzsäumen  der  äußersten  Epi- 
dermiszellen  gebildet.  In  der  Profilansicht  erscheint  der  Grenzsaum 
gestreift ,  wie  wenn  er  von  Porenkanälchen  durchsetzt  würde.  Im 
übrigen  sind  die  Verhältnisse  wie  bei  Salamandra  maculosa. 

Ueber  die  besonderen  Verhältnisse  bei  Amphioxus  lanceolatus  s. 
unten. 

Amphibien.  Das  Periderm  tritt  bei  diesen  Tieren  ebenfalls  in 
der  oben  geschilderten  Weise  auf.  Bei  den  jüngsten  Larven  von 
Salamandra  maculosa  zeigt  die  Epidermis  nach  Pfitzner  (1880)  zwei 
Zellenlagen.  Die  Zellen  der  äußeren  Lage  sind  abgeplattet  und  zu- 
meist sechseckig.  Letztere  kann  als  Periderm  oder  nach  Pfitzner 
als  Homologon  eines  einschichtigen  Stratum  corneum  aufgefaßt  werden, 
diese  einschichtige  äußerste  Zellenlage  wird  bei  der  ersten  Häutung 
abgeworfen  (Schuberg,  1893).  Die  zahlreichen  Bilder  von  einge- 
schnürten Kernen  dieser  Zellen  in  der  Flächenansicht  deutet  Schuberg 
als  solche  von  amitotischer  Zellenteilung,  nicht  etwa  als  Zerfallser- 
scheinungen absterbender  älterer  Kerne.  Jedenfalls  sind  letztere 
relativ  groß  und  stark  abgeplattet.  Auch  die  Kerne  der  Zellen  der 
tieferen  Lage  sind  relativ  groß,  kugelig,  die  Zellen  selbst  mehr  kubisch 
oder  polvedrisch. 

An  der  freien  Oberfläche,  senkrecht  zu  letzterer,  zeigen  diese 
Zellen  einen  feingestreiften  Cuticularsaiim  (Fig.  155).  Der  Saum  ist 
eine  Hornbildung,  wie  Verdauungsversuche  ergaben,  die  Streifung  ist 
nach  Pfitzner  (1880)  nicht  der  Ausdruck  von  Porenkanälchen,  son- 
dern eines  rückgebildeten  Wimperbesatzes.  An  reifen  Larven  treten 
nämlich  feinste   starre   Härchen   anstatt    des   Saumes   auf,   die   meist 


es 


Fig.  155.  Senkrechter  Durchschnitt  der  Haut  einer  Larve  von  Salamandra 
maculosa.  Vergr.  ca.  500  Ep  Epidermis.  Co  Corium.  a  Stratum  corneum.  b 
Stratum  germinativum  (Malpighü).  LZ  Große  schleimhaltige  Zellen  von  Leydig. 
CS  Cuticularsaum.    (Nach  Wiedersheim,  p.  18.  Fig.  12.  1888.) 


länger  sind,  als  es  der  Dicke  des  letzteren  entspricht.  Zwischen  den 
Zellen  der  tieferen  Lage  liegen  die  sog.  Schaltzellen.  Sie  haben  keine 
besondere  Bedeutung,  es  sind  dickere  Zellen,  die  an  die  freie  Ober- 
fläche nur  mit  einem  kleineren  Umfang  hinanreichen.  Die  Epidermis- 
zellen  der  tieferen  Lage  vermehren  sich  durch  indirekte  Teilung,  später 
treten  2—3  Lagen  auf,  sowie  Becherzellen,  (Schleimzellen,  LEYDiG'sche 
Zellen),  die  einzeln   schon  bei   den  jüngsten   Larven   vorhanden   sind. 


Handbuch  der  Entwickelungslehre.    II.  1. 


17 


258  W.  Krause, 

Dieselben  bilden  sich  für  gewöhnlich  nur  so  lange,  als  eine  einzige 
Zellenlage  der  tieferen  Schicht  vorhanden  ist;  ihr  Protoplasma  ist  hell, 
ihr  Kern  verkleinert,  sie  zeigen  Vakuolen  zwischen  festeren  Protoplasma- 
strängen und  vermehren  sich  ebenfalls  durch  Karyomitose.  Sie  sind 
viel  größer  als  die  anderen  Epidermiszellen,  die  erwähnten  Vakuolen 
enthalten  eine  schleimähnliche,  durch  Säuren  u.  dergl.  körnig  ge- 
rinnende Substanz.  Bei  älteren  Larven  finden  sich  auch  wohl  zwei 
Lagen  von  Schleimzellen  übereinander.  Die  Zellen  haben  nach  Pfitz- 
ner  eine  Bedeutung  für  das  Wasserleben  der  Amphibienlarven,  da  sie 
später  verschwinden  ;  offenbar  sondern  sie  eine  Art  Sekret  ab. 

Der  erwähnte  Cuticularsaum  findet  sich  auch  bei  anderen  Am- 
phibien. Schon  Eberth  (18(36)  sah  solche  Säume  bei  Larven  von 
Bombinator  igneus  und  F.  E.  Schulze  (1869)  bestätigte  diese  Cuti- 
cularsäume  an  großen  Larven  von  Rana  esculenta  und  Pelobates  fuscus. 
Von  der  äußersten  Zellenlage  der  Epidermis  wird  eine  cuticulare  Grenz- 
schicht gebildet,  nachdem  die  Flimmerhaare  dieser  Larven  abgeworfen 
sind;  solche  Säume  wurden  schon  von  Remak  (A.  L.  I)  beobachtet. 
Die  Zellen  der  äußersten  Lage  erscheinen  in  der  Flächenansicht  grob- 
granuliert, was  von  rundlichen  kleineren  und  größeren  Körnern  herrührt. 
Eberth  (1866)  hielt  sie  für  knopfartig  hervorragende  Enden  glänzender 
Stäbchen,  F.  E.  Schuze  erklärt  sie  für  länglich  ellipsoidische  Körperchen. 

Es  ist  nun  bemerkenswert,  daß  bei  Amphioxus  lanceolatus  die 
Epidermis  auch  beim  erwachsenen  Tier  wie  bei  der  Larve  zwar  aus 
zwei  Arten  von  Zellen  besteht,  die  aber  nur  eine  einzige  Lage  bilden. 
Die  eigentlichen  Epidermiszellen  sind  cylindrisch  mit  einem  nahe  am 
Corium  gelegenen  ellipsoidischen  Kern,  der  relativ  klein  ist ;  die  Zellen 
führen  oft  Pigmentkörnchen.  Zwischen  diesen  Zellen ,  in  unregel- 
mäßiger, aber  sparsamerer  Verteilung  sitzen  schlankere,  ebenfalls  kern- 
haltige Zellen  und  letztere  tragen  an  ihrer  freien  Oberfläche  ein  starres 
feines  Haar,  das  auch  als  Stachel  bezeichnet  worden  ist.  Langer- 
hans (1875)  hielt  die  schlankeren  Zellen  irrtümlich  für  Nervenendappa- 
rate oder  Sinneszellen  (W.  Krause,  1888). 

In  analoger  Weise  schildert  v.  Kölliker  (1885)  zw  ei  Arten  v  o  n 
Zellen  in  der  Epidermis  der  Froschlarven,  Rana  esculenta,  Rana 
fnsca,  Hyla  arborea,  Bufo  cinereus.  Zwischen  den  gewöhnlichen  Epidermis- 
zellen stehen  auf  der  ganzen  Oberfläche  des  Larvenschwanzes  ver- 
breitet birnförmige  Stiftchenzellen.  Ihr  spitzeres  Ende  ist  nach  der 
Oberfläche  der  Epidermis  gewendet  und  wird  von  den  angrenzenden 
oberflächlichsten  Epidermiszellen  überdeckt,  zwischen  welchen  jedoch 
eine  feine  Lücke  bleibt.   Das  äußere  Ende  der  Stiftchenzelle  trägt  ein 


i&> 


diese  Oberfläche  überragendes,  kurzes  starres  Haar  oder  Stiftchen. 
Das  breitere  Ende  liegt  in  der  Tiefe  und  kann  der  Cutis  unmittelbar 
aufsitzen.  Bei  Rana  esculenta  fanden  sich  ca.  79  Stifte henz  eilen  auf 
1  qmm.  v.  Kölliker  möchte  sie  für  Nervenendapparate  halten  und  den 
Zellen  der  Organe,  der  Seitenlinie  homologisieren,  Leydig  (1873)  da- 
gegen erklärt  sie  für  die  Anlagen  von  Drüsenzellen  oder  Schleimzellen, 
wie  sie  in  der  Epidermis  des  erwachsenen  Tieres  vorhanden  sind. 

Vögel.  Beim  Hühnchen  konnte  Gardiner  (1884)  an  den 
meisten  Körperstellen  keinen  Unterschied  wahrnehmen,  die  äußersten 
Epidermiszellen  des  erwachsenen  Tieres  verhalten  sich  ganz  ebenso. 
Da  sie  innerhalb  des  Eies  sich  feucht  erhalten,  werden  sie  nicht  wie 
beim  erwachsenen  Tiere  abgestoßen,  und  gehen  erst  nach  dem  Aus- 
kriechen  in    derselben  Weise   verloren    wie  bei  letzterein.     Eine  Aus- 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane. 


259 


nähme  bildet  das  Periderm  auf  den  Anlagen  der  Federn  (s.  letztere), 
indem  die  Hornscheide  der  Dunenfedern  als  ein  Rest  des  Periderm 
zu  betrachten  ist.  Dagegen  fand  Gardiner  bei  Melopsittacus  sp. 
vor  der  Bildung  der  Federn,  den  ganzen  Körper  mit  einer  dünnen 
Hornschicht  bekleidet.  Anfangs  grenzt  sie  sich  nicht  scharf  gegen 
die  darunter  gelegenen  Zellen  ab,  aber  später,  wenn  der  Embryo 
wächst,  kann  man  sie  unterscheiden.  Die  Zellen  des  Epiderm  werden 
auseinander  gezerrt  und  allmählich  abgestoßen. 

Während  an  den  meisten  Körperstellen  am  4.  und  5.  Bebrütungs- 
tage  die  Epidermis  zweischichtig  ist,  indem  das  einschichtige  Stratum 
germinativum  von  einer  Lage  verhornter  Zellen  bedeckt  wird,  findet 
durch  vermehrte  Zellenteilung  eine  Verdickung  der  genannten  beiden 
Zellenlagen  an  denjenigen  Stellen  statt,  wo  sich  später  eigentliches 
Hörn  bilden  wird,  wie  am  Schnabel  und  den  Zehenenden.  Die  Ver- 
hornung beginnt  am  Oberkiefer  im  Laufe  des  6.  oder  7.  Bebrütungs- 
tages,  so  daß  auf  ein  äußeres  Periderm  die  allmählich  sich  verdickende 
eigentliche  Hornschicht  folgt,  welche  dann  nach  außen  zu  wachsen 
fortfährt. 


Säuger.  Bei  Säugern  ist  das  oben  erwähnte  Periderm  oder 
Epitrichium  deutlicher  ausgebildet.  In  früher  Embryonalzeit  zeigt  sich 
bei  einigen  derselben  (Bradypus,  Choloepus,  Myrmecophaga  dicotyles, 
Sus)  nach  Welcher  (1864)  eine  aus  großen  polygonalen,  platten 
Zellen  bestehende  Schicht ,  welche  eine  vollständige  Umhüllung  des 
ganzen  behaarten  Körpers  bildet  und  erst  bei  der  Geburt  zerreißt. 
Bei  Bradypus  ist  sie  bis  1  mm,  bei  anderen  Säugern  und  namentlich 
beim  Menschen  nur  0,005  mm  dick  und  löst  sich  schon  im  Uterus 
allmählich  in  kleineren  Partien  ab ;  eine  solche  schwächere  Umhüllung 
bezeichnet  Wtelcker  als  epitrichoide  Schicht. 


die 


Entwickelungsverhältnisse 


der   Epi- 
zwar  durch  v.  Kölliker  (1850)  studiert 


Beim  Menschen  sind 
dermis  besonders  genau  und 
worden. 

Im    1.  Schwangerschaftsmonat    (Fig.  156)    und 
besteht   die  Epidermis   aus  zwei  Lagen  von  Zellen, 
wird    von    polygonalen    abgeplatteten    Zellen    von 
Durchmesser,  mit  rundlichen  abgeplatteten,    0.009- 


Beginn 


des  2. 


Lage 


im 

Die  äußere 
0,027-0,045    mm 
0,013   mm   in   der 


Flächenansicht  messenden  Zellen  gebildet,  die  ein  einschichtiges  Stra- 


Fig.  156.  Senkrechter  Durchschnitt  der  Haut  von  einem  7 -wöchentlichen 
menschlichen  Embryo.  Vergr.  ca.  250  a  von^der  medialen  Fläche  der  oberen  Ex- 
tremität, b  von  der  Haut  des  Rückens.    (Nach  v.  Brunn,  1897.  p.  28  Fig.  35). 

17* 


260  W.  Krause, 

tum  corneum  repräsentieren.  Die  tieferen,  dem  Stratum  germinativiim 
entsprechenden  Zellen  bilden  ebenfalls  eine  einfache  Lage ;  die  Zellen 
sind  kleiner,  polyedrisch,  sie  haben  0,0068—0,009,  ihre  kugeligen  Kerne 
0,0034 — 0,0045  mm  Durchmesser.  Am  Ende  des  2.  Schwangerschafts- 
monates erscheint  die  äußere,  dem  Periderm  homologe  Zellenlage  wie 
im  Absterben  begriffen,  die  Zellengrenzen  verwischen  sich,  ihre  Kerne 
werden  undeutlich  und  nach  der  Tiefe  hin  schließt  sich  eine  neue, 
aus  kleineren  aber  sonst  ganz  ähnlichen  Zellen  bestehende  Lage  an. 
Dies  ist  die  erste  Anlage  des  bleibenden  Stratum  corneum,  während  das 
Periderm  durch  Abstoßung  nach  und  nach  verloren  geht. 

Während  des  Verlaufes  der  Schwangerschaft  nimmt  die  Epidermis 
kontinuierlich  an  Dicke  zu  und  ihre  beiden  Strata  enthalten  mehrere 
Lagen  von  Zellen  übereinander.  Im  3.  Monat  sind  im  Stratum  corneum 
4 — 5  Zellenlagen  vorhanden,  die  Zellen  sind  aber  noch  deutlich  kern- 
haltig ,  nicht  so  abgeplattet  wie  beim  Erwachsenen  und  teilweise 
feinkörnig.  Ferner  sind  im  6.  Schwangerschaftsmonat  bereits  4 — 6 
Zellenlagen  im  Stratum  corneum  und  3 — 4  im  Stratum  germinativum 
vorhanden.  Die  genauere,  mit  vielen  Zahlenangaben  ausgestaltete  Be- 
schreibung ist  bei  v.  Kölliker  (A.  L.  I.  1879.  p.  771)  nachzusehen. 

Fortwährend  findet  beim  Foetus  eine  Abschuppung  der  ober- 
flächlichen Zellenlagen  statt,  Der  Verlust  wird  durch  karyomitotische 
Zellenteilungen  im  Stratum  germinativum  und  Umwandlung  von  Zellen 
des  letzteren,  insbesondere  das  Stratum  granulosum  zu  verhornten 
Zellen  des  Stratum  corneum  ersetzt. 

Vom  5.  Schwangerschaftsmonat  an  mengt  sich  mit  den  abgestoßenen- 
Epidermiszellen  auch  das  Sekret  der  unterdessen  entwickelten  Talg- 
drüsen. So  ensteht  die  Vernix  caseosa,  Fruchtschiniere  oder  Käse- 
schmiere, welche  als  weiß-gelbliche,  weiche,  fettige  Masse  im  6. 
Schwangerschaftsmonat  die  ganze  Hautoberfläche  des  Foetus  als  eine 
dünnere  oder  dickere  Lage  überzieht.  Besonders  entwickelt  ist  sie 
am  Halse,  an  den  Geschlechtsorganen,  an  der  Beugeseite  der  Gelenke, 
in  der  Achselhöhle,  Kniekehle,  der  Weichengegend,  auch  am  Kopfe, 
Ohre,  Rücken,  der  Volar-  und  Plantarfläche  der  Hände  und  Füße. 
Mikroskopisch  besteht  sie  aus  verhornten  Epidermiszellen,  Zellen  der 
Talgdrüsen  und  Fetttröpfchen.  Die  letzteren  beiden  Bestandteile  fehlen  an 
den  Körperstellen,  die  keine  Talgdrüsen  besitzen.  Die  Vernix  caseosa 
gelangt   in    das  Fruchtwasser   und   führt  auch  abgestoßene  Wollhaare. 

Was  nun  die  Einzelheiten  der  weiteren  Entwickelung  und 
zwar  speciell  das  Stratum  granulosum  der  Epidermis  anlangt,  so 
sah  Pavloff  (1889)  beim  menschlichen  Foetus  vom  7.  Schwanger- 
schaftsmonat in  der  Epidermis,  Fußsohle  und  an  den  Fingern,  sowie 
den  Augenlidern  bereits  ein  zusammenhängendes,  aus  einer  einzigen 
Lage  von  Zellen  bestehendes  Stratum  granulosum,  während  in  der  be- 
haarten Kopfhaut  das  Keratohyalin  nur  in  einzelnen  Epidermiszellen 
dieses  Stratum  vorhanden  war.  Beim  Neugeborenen  hingegen  fand 
sich  Keratohyalin  an  allen  Stellen  der  Epidermis  verbreitet. 

Frühere  Stadien  sind  von  Hausmann  (1898)  beim  Maulwurf 
nachgewiesen.  An  der  Stelle  des  späteren  Stratum  granulosum  traten 
zuerst  einzeln  granulierte  Zellen  auf,  die  rasch  an  Zahl  zunehmen 
und  eine  aus  zwei  Zellenlagen  bestehende  Schicht  bilden.  Nach  der 
Oberfläche  hin  folgen  auf  dem  Querdurchschnitt  der  Haut  spindel- 
förmig aussehende,  als  lichtbrechende  Fasern  erscheinende  Zellen  des 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane.  261 

Stratum  corneum  die  nur  selten  noch  einen  Kern  erkennen  lassen, 
zwischen  welchen  einige  Keratohyalinkörnchen  vorhanden  sind.  Auch 
in  Ablösung  begriffene  Zellen  giebt  es,  zwischen  denen  größere  und 
kleinere  Eleidinschollen  gelegen  sind. 

Hautdrüsen  im  allgemeinen. 

Bei  Vögeln,  Amphibien  u.  s.  w.  sind  eine  Menge  verschiedenartiger 
Hautdrüsen  bekannt,  am  besten  die  Schleimdrüsen  der  Amphibien.  Es 
läßt  sich  im  allgemeinen  über  deren  Entwickelung  sagen,  daß  sie  (ähn- 
lich wie  z.  B.  Schweißdrüsen  beim  Menschen)  als  anfangs  solide  mehr 
kugelige  Einstülpungen  des  Stratum  germinativum  der  Epidermis  entstehen 
und  erst  später  von  accessorischen  Bestandteilen,  Bindegewebshülle,  glatten 
Muskelfasern ,  die  vom  Mesenchym  herstammen ,  u.  s.  w.  umwachsen 
werden.  Was  die  Hautdrüsen,  speciell  von  Amphibien  betrifft ,  so 
haben  zahlreiche  gelegentlich  angestellte  Untersuchungen,  namentlich  der 
Giftdrüsen  von  Salamandra  maculosa,  den  ektodermalen  Ursprung  dieser 
Drüsen  dargethan.  Sie  entstehen  wie  gesagt  als  Einstülpungen  des 
Stratum  germinativum,  und  dies  gilt  auch  für  die  Hautdrüsen  des  Frosches 
(Engelmann,  1872)  und  anderer  Amphibien  Seeck  (1891),  Maurer  (1895), 
Gegenbaxtr  (1898)  u.  s.  w.  Nur  Nicoglu  (1893)  war  geneigt,  diese 
Drüsen  von  oberflächlichen,  nicht  von  den  am  tiefsten  gelegenen  Zellen 
des  Stratum  germinativum  abzuleiten.  Neuerdings  hat  Ancel  (1900)  bei 
Salamandra  maculosa  an  Larven  von  2 — 5,5  cm  Länge  etwas  genauere 
Resultate  erhalten.  In  den  jüngeren  Stadien  bildet  sich  eine  rundliche 
Zellenmasse ,  die  ganz  und  gar  in  der  Epidermis  enthalten  ist.  Die 
Begrenzungslinie  des  Corium  ist  an  dieser  Stelle  etwas  konvex  nach  der 
Tiefe  hin  gebogen,  die  Zellen  der  Drüsenanlagen  sind  in  zwei  konzentrische 
Lagen  angeordnet,  die  ersteren  besitzen  große  Kerne.  Sie  entstehen  von 
einer  besonders  großen  kugeligen  Zelle,  die  auf  allen  Seiten  von  kleinen 
und  mehr  oder  weniger  in  die  Länge  gezogenen  Zellen  umgeben  wird. 
Im  übrigen  ist  die  äußere  Begrenzung  des  Corium  noch  eine  vollkommen 
ebene  Fläche.  Die  große  Zelle  besitzt  einen  entsprechend  großen  Kern, 
die  kleinen  sie  umgebenden  Zellen,  3 — 4  an  Zahl,  gleichen  vollständig 
den  benachbarten  Epidermiszellen.  Die  Drüsen  entstehen  also  als  Ein- 
stülpungen der  am  tiefsten  gelegenen  Zellenschicht  des  Stratum  germi- 
nativum. Bei  den  ältesten  der  oben  erwähnten  Larven  zeigt  sich  bereits 
ein  Lumen  in  der  Drüse.  Daselbst  sind  die  das  Lumen  umgebenden 
Zellen  abgeplattet,  in  der  Tiefe  der  Anlagen  aber  fanden  sich  bereits 
die  in  voller  Sekretion  begriffenen  Drüsenzellen.  Der  kugelige  Zellen- 
haufen ragt  in  das  Corium  hinein.  Zuletzt  bildet  sich  der  Ausführungs- 
gang, beim  Frosch  erst  am  Ende  des  Larvenstadium. 

Dieser  vollkommen  klaren  und  mit  allen  sonst  bekannten  Thatsachen 
über  die  Entwickelung  von  Hautdrüsen  in  Uebereinstimmung  sich  be- 
findenden Anschauung  hat  Madame  Phisalix-Picot  (1900)  eine  andere 
gegenüberzustellen  versucht.  Dieselbe  schreibt  den  Giftdrüsen  des  Sala- 
manders einen  mesodermatischen  Ursprung  zu,  und,  unbekannt  mit  den 
optischen  Fehlenpuellen,  verschiebt  sie  die  Grenzen  zwischen  Epidermis 
und  Corium,  indem  sie  die  ursprünglichen  Zellen  der  Drüsenanlage  von 
einer  Bindegewebszelle  des  Corium  herleitet. 


262  W.  Krause. 


Schuppen. 

In  allen  Klassen  der  Vertebraten  finden  sich  Schuppen,  nämlich 
harte  hornähnliche  Verdickungen,  häufig  von  dreieckiger  Form,  welche, 
wenn  sie  dicht  gedrängt  stehen,  die  Haut  nach  Art  eines  Schuppenpanzers 
dicht  bedecken  können.  Sie  sind  als  Papillarbildungen  aufzufassen,  die 
aus  einer  oder  mehreren  verschmolzenen  Papillen  der  Lederhaut  hervor- 
gehen, eine  bindegewebige,  Blutgefäße  führende,  nach  außen  zugespitzte, 
jedoch  abgerundete  Grundsubstanz  besitzen ,  welcher  hornartige  Epider- 
moidalgebilde  aiifgelagert  sind.  Sie  bilden  teils  einfache,  mehr  oder  weniger 
stark  entwickelte  Höcker,  oder  sie  sind  abgeplattet,  gleichsam  platt  ge- 
drückt und  am  Rumpf  der  Regel  nach  caudalwärts,  an  den  Extremitäten 
proximalwärts  gerichtet. 

Es  lassen  sich  verschiedene  Arten  von  Schuppen  unterscheiden,  die 
mehr  oder  weniger  verschiedene  Bedeutung  haben.  Es  giebt  Fisch- 
s  c  h  u  p  p  e  n  ,  ferner  primäre  Schuppen,  gewöhnliche  eigentliche 
Schuppen  oder  Hornschuppen  der  Reptilien,  namentlich  der  Schlangen, 
sodann  Lauf  seh  upp  en  oder  sekundäre  Schuppen  bei  den  Vögeln  an 
deren  Extremitäten ,  endlich  schuppenähnliche  Bildungen  bei 
Säugetieren.  Die  Fischschuppen  scheiden  hier  aus  der  Betrachtung  aus ; 
es  sind  Bildungen,  an  denen  Verknöcherung  ihren  Anteil  nimmt,  und 
daher  gehören  sie  in  ein  anderes  Gebiet. 

Reptilien.  Die  erste  Anlage  der  Reptilienschuppen  bei  Em- 
bryonen von  Schlangen,  z.  B.  Tropidonotus  natrix,  Lacertinen  u.  s.  w. 
geschieht,  wenn  die  Kiemen  eben  verschwunden  sind,  durch  Bildung 
von  kleinen  Höckern,  die  durch  Wucherung  der  Bindegewebszellen 
dicht  an  der  Epidermis  hervorgebracht  werden  (Fig.  157) ;  es  entstellt 


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Fig.  157.  Querschnitt  durch  die  Haut  eines  Schlangenembryo.  Vergr.  ca.  290. 
Die  Hervorragung  ist  die  Anlage  einer  »Schuppe,  c  Corium,  mit  zahlreichen  Binde- 
gewebszellen, e  Periderm.  s  Stratum  germinativum.  (Nach  Kerbert,  1876.  Taf.  XIX, 
Fig.  20). 

zunächst  eine  niedrige  Cutispapille.  Die  Epidermis  besteht  anfangs 
noch  aus  der  Peridermalschicht  und  dem  Stratum  germinativum;  zwischen 
beiden  entwickeln  sich  rundliche  Zellen  durch  Teilung  von  Cylinder- 
zellen  der  Schleimhaut ;  sie  liefern  die  erste  Anlage  der  Hornschuppen 
(Kerbert,  1877).  Kleine  Leistchen  auf  der  äußeren  Oberfläche  der 
Zellen  des  Periderm  nehmen  zuweilen  die  Form  von  stärker  licht- 
brechenden  Stäbchen  an,  die  alle  in  derselben  Richtung  verlaufen,  und 
die  Leistchen  sind  die  erste  Anlage  von  Längsleisteu,  die  manchen 
Schuppen  erwachsener  Reptilien  zukommen.  Die  Schuppenanlage 
bildet  weiter  wachsend    eine  Cutispapille,  welche   mehr   und   mehr   zu 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane. 


263 


einem  kugelförmigen  Zapfen  sich  gestaltet  und  wenn  die  Kiementaschen 
verschwunden  sind,  fangen  die  Schuppenanlagen  an,  sich  caudalwärts 
zu  wenden;  sie  werden  abgeplattet  und  lassen  eine  äußere  und  eine 
innere  Fläche  (Fig.  158)  unterscheiden. 

Den  Schluß  der  Entwickelung  von  Schuppen  bezeichnet  das  Auf- 
treten von  P  i  g  m  e  n  t  in  Form  sternförmiger  Bindegewebszellen  (Fig.  158), 
die  nach  Kerbert  aus  dem  Corium  in  die  Epidermis  einwandern  und 
auch  in  der  am  tiefsten  gelegenen  Cylinderzellenlage  sich  befinden. 
Beim  ausgewachsenen  Reptil  kommen  sie  in  der  Epidermis  nicht,  son- 
dern nur  noch   im  Corium   vor,  wovon   die  Lacertinen  zum  Teil   eine 


Fig.  158.  Längsschnitt  durch 
die  Haut  eines  Schlangenembryo, 
etwas  älter  als  Fig.  157.  Vergr.  ca. 
300.  Die  Schuppe  zeigt  eine  äußere 
und  eine  innere  Fläche,  an  letzterer 
ist  die  Epidermis  dünner,  c  Corium 
mit  der  Anlage  der  festeren  und  längs- 
streifigen Hauptmasse  oder  Achse 
der  Schuppenanlage.  k  feinkörnige 
Zellen  der  tieferen  Lage  des  Stratum 
corneum.  e  Periderm.  s  Stratum 
germinativum  mit  verästelten  Bindegewebszellen 
Fig.  24). 


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(Nach  Kerbert,  1876.  Taf.  XIX, 


Ausnahme  machen.  In  der  letzten  Zeit  vor  dem  Ausschlüpfen  differen- 
ziert sich  auch  das  Corium  der  Schuppe  in  eine  aus  festerem  Binde- 
gewebe bestehende  Hauptmasse,  welche  (Leydig,  1873,  p.  770)  der 
Schuppenachse  entspricht,  und  in  die  Grenzschichten,  nämlich  das  aus 
mehr  lockerem  zellenreichen  Bindegewebe  bestehende  Corpus  papilläre 
(Fig.  159). 

Bei  den  Häutungen  erwachsener  Reptilien  wiederholen  sich,  was 
die  Epidermis  anlangt,  die  embryonalen  Vorgänge. 

Die  eigentümlichen  Haftorgane  an  den  Füßen  der  Geckotiden 
sind  bei  Hemidactvlus  mabounia  von  Haase  (1900)  untersucht.  Sie 
bestehen  aus  Lamellen  und  letztere  sind  nichts  weiter  als  weiter  aus- 
gebildete Schuppen ;  sie  entwickeln  sich  wie  die  letzteren. 


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, 


H 


Fig.  159.   Längsschnitt  durch  die  Haut  eines  Schlangenembryo  etwas  älter  als 
158.     Vergr.  ca.  300.  k  tiefere  Lage  des  Stratum  corneum.    s  Stratum  germina- 
tivum.   e  Periderm.     c  Corium.    (Nach  Kerbert,  1876.  Taf.  XIX,  Fig.  26JT 


Fig 


264 


W.  Krause, 


Es  liegt  auch  ein  Versuch  vor,  die  Schuppen  der  Saurier  noch 
in  zwei  Gruppen  zu  sondern.  Sokolowsky  (1899)  bezeichnet  die 
Hervorragungen  auf  der  Körperoberfläche  als  Höckerpapillen,. 
sie  entstehen  durch  radiärsymmetrisches  Wachstum.  Nur  diejenigen 
Erhebungen,  deren  Entstehung  bilateral  symmetrisch  vor  sich  geht, 
sollen  als  Schuppen  bezeichnet  werden.  Nun  entstehen  aus  den 
Run  d  höckerpapillen  dadurch  Zapfen  höckerpapillen,  daß 
das  Erhebungscentrum,  nämlich  die  Stelle,  von  welcher  aus  das 
radiärsymmetrische  Wachstum  vor  sich  geht,  distalwärts  rückt  und 
eine  Firste  sich  ausbildet,  die  von  der  cranialen  Spitze  der  birnförmig 
werdenden  Basis  zum  Erhebungscentrum  reicht.  Auf  die  Höcker- 
papillen der  Geckotiden  aber  sind  die  Schuppen  der  Lacertilier  zurück- 
zuführen, sie  sind  selbst  in  ihrer  höchsten  Ausbildung  Modifikationen 
einfacher ,  zuerst  durch  radiärsymmetrisches  Wachstum  entstandener 
Hautpapillen.  Ueberreste  dieser  primären  Formelemente  lassen  sich 
auch   zwischen   beträchtlich    entwickelten    Schuppen   noch   nachweisen. 


Vögel. 


Die  Schuppen,  welche  die  distalen  Glieder  der  unteren 
Extremität  bei  vielen  Vögeln  mehr  oder  weniger  weit  bedecken,  werden, 
wie  gesagt,  als  Laufschuppen  bezeichnet.  Beim  Huhn  entstehen  die 
ersten  Anlagen  der  künftigen  Schuppen  nach  Kerbert  (1877)  erst  am 
11.  Bebrütungstage.   Während  die  Epidermis  selbst  aus  dem  Periderm, 


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Fig.  160.  Längsschnitt 
durch  die  Haut  am  Metacar- 
pus  des  Huhnes  vom  11.  Be- 
brütungstage. Vergr.  180.  e 
Periderm.  s  Stratum  germi- 
nativum.  c  Stelle  einer  Schup- 
penanlage. (Nach  Kerbert, 
1876.  Tal.  XX.  Fig.  33). 


der  Hornschicht  und  dem  Stratum  germinativum  besteht,  die  jede  nur 
eine  einfache  Zellenlage  zeigen,  findet  an  der  Schuppenanlage  eine 
beträchtliche  Zellenvermehrung  statt,  so  daß  die  Hornschicht  bald  vier 


bis  fünf  Zellenlagen  aufweist. 


Diese  Vermehrung  betrifft  nicht  minder 

13. 


auch  die  Bindegewebszellen  des  Corium  (Fig.  160).  Am  13.  Be- 
brütungstage unterscheidet  sich  die  Schupp  enpapille  von  der 
Papille  der  späteren  Embryonaldune  (s.  unten  Federn)  dadurch,  daß 
letztere  viel  länger  ist,  während  die  Schuppenpapille  eine  allmählich 
immer  stärker  werdende,  caudalwärts  gerichtete  Umbiegung  darbietet. 
Am  15.  Tage  wird  bereits  ein  Unterschied  zwischen  äußerer  und  innerer 
Schuppenfläche  bemerkbar,  insofern  an  der  ersteren  sowohl  die  Horn- 
schicht als  das  Stratum  germinativum  stark  verdickt  sind.  Die  dem 
Periderm  benachbarte  Zellenlage  ist  mehr  grobkörnig  (weshalb  Ker- 
bert sie  als  Körnerschicht  bezeichnet)  und  scharf  gegen  die  anderen 
Schichten  abgegrenzt.  Sie  scheint  zusammen  mit  dem  Periderm  sowie 
der  Hornscheide  der  Embryonaldunen  abgestoßen  zu  werden  und  schon 
am  23.  Tage  trennen  sich  diese  Zellenlagen  von  dem  bleibenden  Stratum 
corneum.  Bemerkenswert  erscheint  es,  daß  nach  Kerbert  (wie  es  bei 
Pteptilien  auch  der  Fall  ist,  p.  263)  am  Ende  der  2.  Bebrütungswoche 
zahlreiche  Pigmentzellen  aus  dem  Corium  in  die  Epidermis  der  Schuppe 
einwandern,   welche  Zellen  das  erwachsene  Huhn  nicht    mehr    besitzt. 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane.  265 

Vergleicht  man  die  Entwickelung  der  Schuppen  mit  derjenigen  der 
Feder  (s.  unten),  so  tritt  eine  vollständige  Homologie  hervor ;  man  ist 
so  weit  gegangen,  die  Feder  eine  ausgefaserte  Schuppe  nennen  zu  wollen. 
Jedoch  entstehen  die' Strahlen  der  letzteren  einzig  und  allein  aus  der 
dem  Stratum  germinativum  entsprechenden  Cylinderzellenlage,  wobei  die 
Hornschicht  und  die  Coriumpapille  verloren  gehen,  was  sich  alles  bei  der 
Schuppe  ganz  anders  verhält. 

Wenn  man  auch  die  Federn  von  Schuppen  der  Reptilien  ableiten 
darf,  so  liegt  doch  die  Sache  anders  bei  den  schon  erwähnten  Lauf- 
schuppen, welche  die  Beine  vieler  Vögel  mehr  oder  weniger  weit  bedecken. 
Ganz  nahestehende  Arten  oder  selbst  Varietäten  haben  befiederten 
Metatarsus  und  befiederte  Zehen,  wo  andere  kleine  Schuppen  aufweisen. 
Solche  Schuppen  sind  nach  Daviek  (1889,  p.  607)  aus  kleinen  Federn 
hervorgegangen ;  diese  Schuppen,  Schilder  oder  Halbringe  sind  sekundär 
auf  den  Dorsalflächen  oder  Streckseiten  der  Extremität  entstanden, 
während  kleine  Höcker  auf  der  Beugeseite  die  ursprüngliche  Gestalt  der 
Schuppen  u.  s.  w.  repräsentieren.  Letztere  sind  teils  beliebig  situierte 
einfache  Verdickungen  der  Cutis,  zum  Teil  aber  entstanden  sie  rund  um 
eine  Feder.  Differenzen  zwischen  Laufschuppen  und  Reptilienschuppen 
ergeben  sich  aus  dem  Umstand,  daß  die  ersteren  Federn  tragen  können. 
Sie  können  also  nicht  letzteren  homolog  sein,  wie  es  die  Reptilienschuppen 
sind,  denn  eine  Feder  kann  doch  nicht  auf  einer  anderen  wachsen.  Man 
muß  mithin  primäre  Schuppen  von  diesen  sekundär  gebildeten 
Laufschuppen  morphologisch  unterscheiden,  obgleich  beide  im  histo- 
logischen Bau  wie  in  ihrer  Entwickelung  übereinstimmen.  Jedenfalls 
ist  die  Feder  nichts  weiter  als  eine  modifizierte  Schuppe. 

Säugetiere.  Am  Schwanz  von  Mus  decumanus  sah  Römer 
(1896)  die  Haare  vor  den  Schuppen  auftreten,  aber  erst  relativ  spät, 
am  27.  Tage  der  Trächtigkeit.  Distalwärts  von  jeder  Schuppenanlage 
wächst  ein  stärkeres  Mittelhaar  hervor,  später  entstehen  an  den  Rändern 
der  Schuppe  die  kleineren  Seitenhaare.  Erst  nachdem  die  Haare  schon 
einen  hohen  Grad  der  Ausbildung  erreicht  haben,  erfolgt  mit  ihrer  Schräg- 
stellung eine  ringförmige  Erhebung  der  Cutis,  welche  den  ganzen 
Schwanz  umgreift  und  sich  schräg  über  die  Haare  hinwegschiebt.  Die 
dickere  Hornschicht  ist  auch  in  diesem  Stadium  noch  einheitlich,  und 
erst  die  durchbrechenden  Haare  bedingen  eine  bestimmte  Einteilung 
dieser  Schicht  in  dickere  Erhebungen  und  dünnere  Vertiefungen,  zu 
denen  dann  noch  an  bestimmten  Stellen  auf  den  Ringen  eine  Ein- 
teilung in  Schuppen   hinzukommt,    die  aber   nur    wenig   hervortreten. 

Die  heutigen  Schuppen  des  Rattenschwanzes  können  nach  Römer 
(1898)  nicht  als  alte  Erbstücke  von  reptilienähnlichen  Vorfahren  be- 
trachtet werden,  sondern  sie  sind  modifizierte  Gebilde,  die  sekundäre 
Abänderungen  erfahren  haben.  Die  Ansicht,  wonach  die  Schuppen  die 
Stellung  der  Haare  bedingt  hätten,  wird  durch  die  Anordnung  und 
Gruppierung  der  Haare  bei  ihrer  ersten  Anlage  bestätigt.  Aber  dieser 
Satz  gilt  nicht  für  die  Schuppen,  wie  sie  heute  am  Schwanz  der  er- 
wachsenen Ratte  vorliegen ;  es  sind  echte  Hornschuppen,  die  sich  histo- 
logisch unbedingt  an  diejenigen  der  Reptilien  anschließen ,  auch  in  be- 
treff der  vom  Corium  gelieferten  Bildungen ,  aber  sie  treten  in  anderer 
Form  und  Lage  auf.  Sie  erheben  sich  als  ringförmige  parallele  Falten 
um  den  ganzen  Schwanz  herum,  deren  zunächst  einheitliche  Hornschicht 
von  den  durchbrechenden  Haaren  zerrissen  und  in  dickere  und    dünnere 


2(36  W.  Krause, 

Partieen  geschieden  wird.      Sie  werden  mithin  von  den  durchbrechenden 
Haaren  offenbar  beeinflußt. 

Merkwürdige  Verhältnisse  fand  Römer  (1898)  bei  einem  Nager, 
dem  Embryo  von  Thryonomys  (Aulacodus)  swinderianus  (Temmink). 
Der  Embryo,  der  von  der  Nasenspitze  bis  zur  Scliwanzbasis  16  cm 
Länge  hatte,  erscheint  bei  oberflächlicher  Betrachtung  am  ganzen 
Körper  bis  auf  die  distale  Schwanzhälfte  mit  Schuppen  bedeckt.  Diese 
Schuppen  wurden  aber  durch  eine  ausgesprochene  Gruppenstellung 
der  Haare  nur  vorgetäuscht,  wirkliche  Schuppen  waren  nicht  vor- 
handen. Vielmehr  bewirken  die  größeren,  in  Gruppen  von  3 — 12  an 
Zahl  stehenden  Haare  durch  ihre  Anordnung,  daß  der  Embryo 
wie  mit  Schuppen  bedeckt  aussieht.  Außerdem  waren  noch  zahlreiche 
kleine  Haaranlagen  vorhanden,  welche  sich  überall  auf  dem  ganzen 
Körper,  auf  dem  Rücken,  am  Bauche  und  am  Schwänze  von  der  Epi- 
dermis aus  einsenkten  und  zwischen  die  größeren  Haare  und  Haar- 
gruppen schoben.  Sie  stehen  überall  auf  den  vermeintlichen  Schuppen, 
auf  ihrem  distalen  Rande,  wie  auf  ihrer  Basis;  besonders  dicht  an 
ersteren. 

Eine  besondere  Erörterung  erfordert  die  von  Emma  Borlotti 
(1896)  aufgestellte  Theorie.  Bei  Foetus  von  Mus  decumanus  (Albino), 
Talpa,  Erinaceus  und  Didelphys  zeigten  sich  deutliche  regelmäßige 
Hautfalten,  namentlich  am  Nacken  bei  Mus  decumanus,  die  Emma 
Borlotti  als  Reste  eines  Hautpanzers  anspricht,  der  Saurop- 
siden  sowohl  wie  Säugetieren  ursprünglich  zukommen  soll.  Indessen 
handelt  es  sich  in  Wahrheit  um  nichts  weiter  als  die  schrumpfende 
Wirkung  des  zur  Erhärtung  verwendeten  Alkohols,  der  die  Entstehung 
dieser  Falten  verschuldet  (Römer,  1896).  Die  Erscheinung  ist  mithin 
gänzlich  bedeutungslos. 

Federn. 

Der  in  der  Entwicklung  begriffene  Vogelembryo  zeigt  frühzeitig, 
z.  B.  am  5.  Bebrütungstage  bei  der  Taube,  am  7.  beim  Huhn,  runde, 
weiße  Flecke.   Dies  sind  die  Anlagen  der  Embryonaldune  (Pluma 

richtiger  als  Plumula  Malpighii  —  Erstlingsdune,  Nestlingsdune), 
welche  Dunen  den  bleibenden  Federn  vorausgehen,  wie  die  Lanugo  den 
Haaren  der  Säuger.  Zu  dieser  Zeit  besteht  die  Epidermis  des  Tauben- 
embryo aus  zwei  Zellenlagen.  Die  äußere  wird  hier  Periderm  (p.  254) 
genannt,  es  ist  eine  einfache  Lage  abgeplatteter  polygonaler  kern- 
haltiger Zellen ;  die  innere  Lage  zeigt  senkrecht  zum  Corium  gestellte, 
mehr  safthaltige  Cylinderzellen  mit  ellipsoidischen,  ebenfalls  senkrecht 
gestellten  Kernen. 

An  den  Stellen,  wo  jene  Flecken  liegen,  befinden  sich  in  dem 
Corium  scheibenförmige  Gruppen  von  kernhaltigen  Bindegewebszellen, 
nach  außen  davon  sind  die  beiden  Zellenlagen  der  Epidermis  verdickt 
und  zwar  die  innere  zum  Teil  durch  Vermehrung  ihrer  cylindrischen 
Zellen,  während  in  der  Peridermalschicht  die  in  einfacher  Lage  vor- 
handenen Zellen  mehr  kubisch  werden  (Davies,  1889).  So  sieht  die 
erste  Federanlage  aus  ;  sie  springt  nicht  etwa  hügelförmig  über  die 
Epidermisoberfläche  hervor  (Fig.  161). 

Dann  wächst  die  Zellen gruppe  des  Corium,  drängt  die  Epidermis 
nach  außen,  es  erfolgt  in  beiden  eine  beträchtliche  Zellenvermehrung  und 
aus  den   ursprünglichen    beiden  Zellenlagen    der  Epidermis   sind   nun 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane.  267 

zwei  mehrzellige  Schichten  geworden.  Die  Zellen  der  tiefer  gelegenen 
Schicht  sind  aber  sämtlich  Abkömmlinge  der  Zellen  der  inneren  Zellen- 
lage ;  das  Periderm  geht  einfach  darüber  hinweg  (Fig.  162).     Zugleich 


--D 


Fig.  161.  Durchschnitt  durch  die  Cutis  eines  Embryo  der  Taube  vom  5.  Be- 
brütungstage.  Erste  Anlage  einer  Embryonaldune.  Vergr.  etwa  200.  Die  Zellen- 
wucherung der  Epidermis  ist  flach,  erscheint  in  so  früher  Zeit  nicht  höckerförmig, 
im  Corium  ist  eine  sehr  beträchtlich  ausgedehnte  Wucherung  von  Mesenchymzellen 
vorhanden,  p  Periderm.  g  Stratum  germinativum.  D  Corium.  (Nach  Davies,  1889. 
Taf.  XXIII,  Fig.  1.) 

neigt  sich  die  so  gebildete  Federpapil  le  im  allgemeinen  caudal- 
wärts,  ihr  Scheitelpunkt  ist  caudalwärts  und  nur  wenig  nach  außen 
gewendet.  Das  Wachstum  dauert  in  der  einmal  eingeschlagenen  Rich- 
tung an,  die  gesamte  Zellenvermehrung  wird  lebhafter  und  lebhafter 
und  die  Federpapille  zu  einem  langgestreckten  Kegel,  der,  wie  gesagt, 
im  allgemeinen  caudalwärts  sich  wendet.  Zusammen  mit  ihrem  Epithel- 
überzuge wird  die  Federpapille  als  Fe  der  keim  bezeichnet. 


Fig.  162.  Längsschnitt  durch  die  Federpapillenanlage  einer  Embryonaldune 
von  der  Taube;  die  Rückwärtsneigung  der  Papillenachse  ist  beträchtlich.  Etwas 
späteres  Stadium  als  in  Fig.  161.  Vergr.  etwa  200.  p  Periderm.  g  Stratum  germi- 
nativum.   c  Corium.    (Nach  Davies,  18S9.   Taf.  XXIII,  Fig.  2.) 

Hieraus  ergiebt  sich  folgendes,  was  Keibel  (1895,  S.  645)  als 
eine  in  betreff  der  späteren  Entwickelung  der  Feder  besonders  be- 
deutsame Thatsache  hervorhebt.  Nach  dem  Durchbruch  durch  die  Feder- 
scheide (p.  270)  und  dem  Verschwinden  der  letzteren  entspricht  die 
dorsale  oder  äußere  Seite  der  definitiven  Feder  der  ganzen  Oberfläche 
des  Federkeimes  und  die  innere  der  Lederhaut  zugekehrte  Seite  der 
Feder  der  inneren  Fläche  des  Federkeimes,  die  ursprünglich  der  Feder- 
papille zugekehrt  ist. 

Die  Oberfläche  der  Coriumpapille  bleibt  nun  nicht  glatt.  Indem 
die  Zellenwucherung  in  ihrem  Inneren  andauert,  erheben  sich  dünne 
Leisten,  deren  Zwischenräume  mit  rundlichen  Intermediärzellen 
(Davies,  1889)  ausgefüllt  sind,  die  zwischen  der  äußersten  und  innersten 
Epidermiszellenlage  eingeschaltet  liegen  (Fig.  163.  Fig.  164);  sie  ent- 
sprechen dem  Stratum  germinativum.  Ins  Innere  der  Coriumpapille 
sind  bereits  Blutgefäße  hineingewachsen  (Fig.  165  Bg). 


268 


W.  Krause, 


Es  sind  mm  in  der  Bildung  der  Längsleisten  nach  Davies  (1889) 
zwei  Prozesse  zu  unterscheiden,  nämlich  erstens  eine  raschere  Er- 
zeugung von  Intermediärzellen  in  einigen  Teilen  der  Cylinderzellenlage ; 


Fig.  164. 

Fig.  163. 

Fig.  163.  Etwas  schräg  verlaufender  Querschnitt  eines  Dunenfederkeimes 
eines  Embryo  vom  Huhn,  nahe  dessen  Basis,  am  Beginn  der  Längsleisten.  Vergr. 
etwa  200.  Das  Periderm  umgiebt  die  ganze  Figur.  Fs  Federscheide.  In  Inter- 
mediäre Zellen.  Cy  Cylinderzellenschicht.  P  Pulpa  der  Federpapille.  (Nach  Davies, 
1889.   Tai  XXIII,  Fig.  5.) 

Fig.  164.  Querschnitt  durch  eine  verlängerte  Federpapille  vom  Flügel  eines 
ca.  20  Tage  alten  Embryo  vom  Pinguin  (Eudyptes  chrysocoma  L.).  Vergr.  250.  Man 
sieht  die  radiäre  Anordnung  der  Zellen.   (Nach  Studer,  1878.    Taf.  XXV,  Fig.  6.) 


zweitens  aber  tritt  später  eine  nach  außen  gerichtete  Ausbreitung  der 
Cylinderzellenanlage  zwischen  den  Intermediärzellen  in  denjenigen 
Partieen  ein,  wo  die  Erzeugung  der  letzteren  weniger  schnell  statt- 
gefunden hat.  Der  letztgenannte  Prozeß  überwiegt  beim  Huhn  im 
Vergleich  zur  Taube  und  spielt  die  Hauptrolle  bei  der  Entwickelung 
der  definitiven  Feder. 

Die  in  Vermehrung  begriffenen  Zellen  der  inneren,  dem  Stratum 
germinativum  entsprechenden  Schicht  drängen  nicht  nur  den  Federkeim 
nach  außen,   sondern  bewirken    auch    eine  Einstülpung   dieser  Schicht 

oder  ein  Einwachsen  des  Federkeimes  in  die 
tieferen  Schichten  des  Corium.  Diese  anschei- 
nende Einstülpung  wird  dadurch  bedingt,  daß 
die  ganze  Hautoberfiäche,  entsprechend  dem 
Wachstum  des  ganzen  Embryo,  sich  ausdehnt, 
gegen    welche   Ausdehnung    das    Wachstum    des 


welche   Ausdehnung 

Fig-  165.  Etwas  schräg  geführter  Querschnitt  eines 
Federkeimes  einer  Embryonaldune  eines  Taubenembryo. 
Späteres  Stadium,  als  das  von  Fig.  163.  Vergr.  ca.  200. 
Pu  Pulpa  der  Federpapille.  Bg  Blutgefäßdurchschnitte.  Ly 
Cylinderzellenschicht.  JJ  Innere  Intermediärzellen.  AJ 
Aeußere  Intermediärzellen.  P  Periderm.  (Nach  Davies, 
1889.    Taf.  XXIII,  Fig.  4.) 


•S'A*«/ 


AJ  P 


von 


Das 
der 


Federkeimgrundes    zurückbleibt 
Lagen    der  Epidermis    geh« 
die  äußere  Oberfläche   des  Federkeimes 
Einwachsen   teil    und  es    wird    wenigsten 
Federtasche  gebildet,  wenngleich  eine 


Periderm    und 

Hautoberfiäche 

über,    nehmen 


die  äußersten 
unmittelbar  in 
nicht  an    dem 


nach  Davies 
schwache 


Vertiefung 


an 


keine 
der 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane.  269 

der  Hautoberfläche  zugekehrten  Seite  des  schräg  gestellten  Federkeimes 
auf  Längsschnitten  durch  denselben  sichtbar  wird.  In  diesem  Stadium 
ist  nun  bereits  die  Anlage  des  Federfollikels  oder  Federbalges  aufge- 
treten. Seine  Wand  wird  nur  von  einer  mit  dem  Stratum  germinativum 
der  Epidermis  zusammenhängenden  Zellenlage  gebildet  und  repräsen- 
tiert die  innere  Lage  oder  das  Stratum  germinativum  des  Follikels. 
Sie  wird  von  der  gleichartigen  Zellenschicht  des  Federkeimes  durch 
eine  anfangs  einfache,  aus  einer  Zellenlage  gebildete,  nach  außen  an 
Dicke  zunehmende  und  aus  mehreren  Lagen  zusammengesetzte  Schicht 
getrennt ;  die  Zellen  der  letzteren  sind  abgeplattet,  in  die  Länge  ge- 
zogen und  fangen  bald  an  zu  verhornen. 

Die  Innenmasse  der  Pulpa  des  Federkeimes,  die  der  ursprüng- 
lichen Coriumpapille  entspricht,  besteht  anfangs  aus  einer  dichtge- 
drängten Menge  von  Bindegewebszellen.  Später  rücken  diese  nach 
außen  zu,  im  Scheitel  der  Federpapille,  auseinander,  die  Blutkapillaren 
vermehren  sich,  das  Gewebe  wird  lockerer  und  bestellt  schließlich  aus 
einem  Netzwerk  sternförmiger  anastomosie- 
render  Bindegewebszellen  (Fig.  166).  p 

Durch  Zwischenschiebung  der  sich  ver- 


.  Fs 
Leisten  an  der  Außenfläche  des  Federkeimes  "  /  7     u 


mehrenden    Intermediärzellen    werden    die  "'Vv 


Fig.  1G6.     Querschnitt  durch  das  periphere  Ende  ',    ,  ' .'// 


eines  Federkeimes  einer  Embryonaldune  vom  Huhn. 
Ewas  späteres  Stadium  als  Fig.  165.  Vergr.  etwa  260. 
w  Periderm.     Fs  Federscheide.     Li  Längsleisten.     Oy 


- 


Cvlinderzellenschicht.      P  Pulpa    der    Federpapille.  ,tls  P 

Nach    Davies,  1889.  Tat.  XXIII,   Fig.  7.)  v  c  =  -  "-^ 

voneinander  getrennt,  sie  werden  zu  Säulen,  in  deren  Zwischenräume  die 
Fortsätze  der  Coriumpapille  hineinragen  und  diese  Säulen  repräsen- 
tieren die  Strahlen  der  künftigen  Dune. 

Sämtliche  Veränderungen,  welche  schließlich  zur  Bildung  von 
Dunenfeder  strahlen  (Fig.  1 67)  führen,  beginnen  am  Scheitel  der 
Coriumpapille  und  schreiten  nach 
innen  hin  fort.  Der  am  tiefsten 
gelegene  Abschnitt  fasert  sich 
aber  nicht  in  Federstrahlen  auf, 
bleibt  einheitlich,  cylindrisch  und 
wird  als  Dunenfeder  spule 
(Calamus)  bezeichnet. 

Bei  der  Umwandlung  der 
geschilderten  Zellensäulen  in  Fe- 
derstrahlen ist  die  Verhornung  der 
betreffenden   Zellen   das   wesent- 


■        B<X 


Fig.  167.    Kleine  Erstlingsdune  von 
der  Schenkelhaut  eines   Kasuars  fDro- 

maeus).    Verg.  etwa  3.    Seh  Schaft  der  ^     ""sv^ 

Dune.    Sp  Spule.  (Nach  Davies,  1889.  v  Sp 

Taf.  XXIII,  Fig.  51.) 

liehe.    Die  Vorgänge  verhalten  sich  nach  H.  Rabl  (1896,  S.  460)  durch- 
aus wie  bei  den  verhornenden  Zellen  der  Kopfhaare  des  Menschen.    Die 


270  W.  Krause, 

Kerne  in  den  Zellen  der  Nebenstrahlen  der  Dunenfedern  degenerieren 
in  ganz  analoger  Weise  wie  bei  den  Haaren,  ihr  Kerngerüst  zerfällt 
in  eine  Anzahl  kleinster  Chromatinkugeln,  diese  Körnchen,  werden 
bei  gleichzeitiger  Verkleinerung  der  Kerne,  weniger  scharf,  fließen  zu- 
sammen und  schließlich  verlieren  letztere  ihre  Affinität  zu  Kernfärbe- 
mitteln. 

In  der  Gegend  der  Dunenspule  wird  nach  Davies  (1889)  nun  eine 
Reihe  von  kegelförmigen,  hornigen  Kappen  gebildet,  welche  unterhalb, 
zum  Teil  innerhalb  der  benachbarten  liegen  und  an  ihren  Spitzen 
durch  eine  hornige  Faser  mit  einander  verbunden  sind.  Sie  entstehen, 
indem  das  Pulpagewebe  an  seinem  obersten  Ende  resorbiert  wird,  wobei 
die  Cylinderzellenlage  sich  zusammenzieht ,  an  Dicke  zunimmt  und 
an  ihrer  Oberfläche  eine  Lage  von  verhornenden  Zellen  bildet.  Diese 
letzteren  sind  unnachgiebiger,  daher  trennt  sich  bei  weiterer  Zusammen- 
ziehimg die  untere  Schicht  von  der  oberen,  zieht  sich  wieder  zusammen , 
erst  rasch,  dann  langsamer,  bis  sie  wieder  eine  gewisse  Dicke  erreicht 
und  der  Prozeß  sich  von  neuem  wiederholt. 

Die  Höhlung  unterhalb  jeder  Hornkappe  scheint  zuerst  mit  Plasma 
erfüllt  zu  sein,  welches  allmählich  verdunstet.  Somit  bilden  die  Zellen 
der  Cylinderzellenlage  die  dütenähnlichen  hornigen  Gebilde,  welche  über 
der  sich  zurückziehenden  Pulpa  auftreten  und  in  der  Spule  die  Feder- 
seele aufbauen.  Beim  Rückzüge  der  Pulpa  und  der  vollendeten  Ver- 
hornung aller  Teile  bleibt  die  Dune  immer  noch  von  einer  dünnen, 
der  äußersten  Schicht  der  Epidermis  angehörenden,  also  dem  Periderm 
entsprechenden  F  e  d  e  r  s  c  h  e  i  d  e  bedeckt. 

Nach  dem  Ausschlüpfen  des  Vogels  aus  dem  Ei  fällt  diese  Feder- 
scheide  ab,  die  Hornkappen  fallen  ebenfalls  weg,  die  Federstrahlen 
breiten  sich  über  die  Hautoberfläche  aus.  Zugleich  werden  die  äußeren 
Epidermisschichten  der  Haut  abgeworfen  und  durch  Einsenkung  ent- 
steht eine  in  die  Tiefe  vordringende  Spalte,  nämlich  die  Höhlung  der 
Federtasche.  Die  Entwickelang  der  Embryonaldune  ist  damit 
vollendet. 

Bei  anderen  Vögeln  werden  die  einfachen  Hornstrahlen  der  Taube 
durch  kompliziertere  Gebilde  ersetzt,  namentlich  ist  dies  bei  der  Ente 
und  dem  Huhn  der  Fall ;  bei  letzterem  bestehen  sie  aus  Rinden-  und 
Marksubstanz  und  sind  mit  Nebenstrahlen  versehen. 

Bei  den  meisten  Vögeln  sind  die  Embryonaldunen  Pinsel  dunen 
(Fig.  167). 

Die  von  der  Spule  ausgehenden  Nebeiistrahlen  fahren  pinsel- 
förmig auseinander,  sobald  sie  über  die  Hautoberfläche  hervorgetreten 
sind.  Dagegen  besitzt  die  Embryonaldune  bei  den  Cursores,  Rasores 
und  Lamellirostres  einen  kürzeren  oder  längeren  Schaft  (Scapus  oder 
Rhachis).  Die  ältere  Ansicht,  wonach  die  Bildung  dieses  Schaftes 
auf  einer  Verlängerung  und  Verdickung  des  freien  Endes  der  Spule 
beruht,  scheint  zuzutreffen,  obgleich  manche  den  Schaft  als  einen 
Hauptstrahl  auffassen,  der  auf  Kosten  der  Nebenstrahlen  an  Länge 
und  Dicke  zugenommen  hat.  Bei  der  Ente  und  namentlich  beim 
Pinguin  (Fig.  168)  ist  dies  Verhalten  leicht  ersichtlich ;  beim  Dromaeus 
gehen  die  Nebenstrahlen  von  der  Spule  aus,  mit  Ausnahme  der  cen- 
tralen vier  (Fig.  167),  welche  aus  einem  kurzen  dünnen  Schaft  hervor- 
gesproßt sind.  Bei  diesem  Vogel  besteht  nach  Studer  (1878)  inso- 
fern eine  Abweichung,  als  die  äußeren  Epidermisschichten  bereits  im 
Ei  abgeworfen  werden,  so  daß  das  Tier  schon  mit  freien  Dunenstrahlen 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane. 


271 


das  Ei  verläßt,  während  bei  anderen  Vögeln  die  äußeren  Epidermis- 
schichten  erst  vom  jungen  Vogel  abgeworfen  werden,  der  anfangs  fast 
wie  mit  Haaren  bedeckt  zu  sein  scheint,  weil  sich  nämlich  die  Neben  - 
strahlen  noch  nicht  entfalten  konnten. 

Die  definitive  Feder  (Penna)  geht  ebenfalls  aus  einem  Federkeim 
hervor,  der  zum  Unterschiede  als  definiti  ver  F  e  derke  im  be- 
zeichnet   wird.     Das    in  das    Coriuni    eingesenkte   Ende    des    Dunen- 


Sc1   Pap    SM< 


SM: 


Wp-Mp 


FaKSMV 


^iFal/SMV 


nsiSc'i 


Fig.  168.  Sechs  Stadien  der  Federentwickelung.  Nach  Studer  (1878)  und 
Wiedersheim  (1888).  A  Senkrechter  Durchschnitt,  einer  Federpapille  von  der  Bauch- 
haut eines  ca.  20-tägigen  Embryo  vom  Pinguin  (Eudyptes  chrysocoma  L.).  Vergr. 
110.  B  Längsschnitt  einer  Federpapille  vom  Flügel  eines  ca.  20-tägigen  Embryo 
vom  Pinguin.  Vergr.  ca.  110.  C  Querschnitt  einer  Federpapille  vom  Flügel  eines 
ca.  20-tägigen  Embryo  vom  Pinguin.  Vergr.  250.  D  Längsschnitt  durch  den  Feder- 
balg einer  Embryonaldune  des  frisch  ausgekrochenen  Pinguin.  Vergr.  ca.  110.  E 
Embryonaldune  vom  Kücken  eines  frisch  ausgekrochenen  Pinguin.  Vergr.  ca.  10. 
F  Feder  der  Ruderschwinge  eines  Pinguin  von  der  Innenfläche. 

Cu  Corium.  SM  Stratum  germinativum.  Sc  Stratum  corneum.  SMX  Stratum 
germinativum  auf  der  Federpapille.  Sc  *  Stratum  corneum  auf  der  Federpapille.  Pcq) 
Federpapille.  FK  Federkeim.  FF1  Federfollikel.  P  Pulpa.  Fal  (SM1)  Faltungen 
des  Stratum  germinativum  im  Inneren  des  Federkeimes,  im  Querschnitt.  HS  (Sc1) 
Stratum  corneum,  welches  diese  Faltungen  außen  umschließt.  FSp  Federspule.  HSt 
Strahlen  der  Federspule,  sec  sekundäre  Strahlen.    R  Schaft  der  Feder.    V  Federfahne. 


federkeimes  erweitert  sich,  umschließt  eine  größere  Pulpahöhlung  und 
dringt  tiefer  in  das  Corium.  Der  definitive  Federkeim  ist  als  eine  in 
die  Tiefe  dringende  Fortsetzung  (Fig.  168D)  des  Dunenfederkeimes  zu 
betrachten  (Studer,  Davies);  da,  wo  in  der  Tiefe  die  Strata  germi- 
nativa  des  Federkeimes  und  des  Federfollikels  ineinander  übergehen, 
krümmt  sich  das  auf  dem  Längsschnitt  abgerundete  Ende  nach  der 
Achse  hin  und  so  entsteht  eine   enge  Oeffnung  des  Federfollikels   an 


272  W.  Krause, 

der  Basis  des  Federkeimes.  Dies  ist  der  Nabel  (Umbilicus),  durch 
welchen  Blutgefäße  aus  dem  Corium  in  die  Federpapille  eintreten. 
Sie  bilden  ein  Kapillarnetz  in  der  letzteren,  durch  welches  dieselben 
und  der  Federkeim  mit  Nahrungsmaterial  versehen  werden. 

Nach  und  nach  trennt  sich  vermöge  der  Bildung  eines  Spaltes  die 
Oberfläche  der  Federspule  von  der  Wand  des  Follikels.  Der  Feder- 
follikel  entsteht  mithin  (Davies,  1880)  nicht  als  eine  einfache  Ein- 
stülpung, sondern  vielmehr  als  Einsenkung  einer  soliden  Zellenmasse, 
in  welcher  die  Follikelhöhle  anfangs  als  einfache  Spalte  auftritt.  Die 
Federstrahlen ,  welche  die  Federfahne  (Vexillum)  im  Gegensatz  zum 
Federschaft  bilden,  entstehen  in  anologer  Weise  wie  bei  der  Embryo- 
naldune. 

Was  den  Federfollikel  selbst  anlangt,  so  stammt  seine  binde- 
gewebige Hülle  vom  Corium.  Der  Papillarkörper  des  letzteren  wird 
in  die  Tiefe  geschoben  und  bildet  eine  Art  Tasche,  in  welche  die  Ein- 
senkung des  Federkeimes  und  die  Epidermisanlage  des  Follikels  von 
Anfang  an  eingeschlossen  sind.  Die  Zellen  des  Corium  liefern  Fasern, 
die  in  der  die  Dunenspule  umgebenden  Gegend  cirkulär,  mehr  in  der 
Tiefe  longitudinal  angeordnet  sind ;  an  dem  am  tiefsten  gelegenen  Ende 
des  Follikels  treten   die    Blutgefäße   ein.  In  Wahrheit   beruht    die 

Einsenkung  auf  einem  Zurückbleiben  des  Wachstums  nach  außen  in 
dieser  Gegend ;  das  Ernährungsmaterial  wird  weniger  für  das  Corium 
als  für  die  Feder  selbst  verbraucht.  -Im  Grunde  des  Federfollikels 
bleibt  eine  vollständige  Cutispapille,  die  definitive  Federpapille 
zurück,  sie  besteht  aus  Epidermis  und  Bindegewebe  u.  s.  w.  wie  jede 
Cutispapille.  Sie  wächst  zur  Zeit  der  Mauser  und  liefert  eine  neue 
Feder.  Die  Details  der  Bildung  der  definitiven  Federn  wechseln  je 
nach  der  Art  derselben  (Schwungfedern,  Flaumfedern  u.  s.  w.)  und 
gehören  dem  zoologischen  Gebiet  an.  -  -  Schwungfedern  oder  die 
großen  Flügelfedern  der  Vögel  bilden  sich  in  derselben  Weise  wie  die 
übrigen  Federn,  nur  frühzeitiger,  und  entwickeln  sich  rascher,  ohne 
bedeutendere  Differenzen  darzubieten.  Jedoch  dauert  es  nach 
Pernitza  (1871)  beim  Hühnchen  noch  viele  Tage  nach  dem  Aus- 
schlüpfen aus  dem  Ei,  bis  die  Schwungfedern  soweit  ausgebildet  sind, 
daß  sie  aus  ihrer  Tasche,  die  auch  Federscheide  genannt  wird,  hervor- 
brechen. Letztere  ist  bindegewebig  und  nicht  mit  der  oben  genannten 
(p.  270),  dem  Periderm  entsprechenden  zu  verwechseln. 

Stacheln. 

Erinaceus  europaeus.  Die  Stacheln  des  Igels  legen  sich  inter- 
essanter W7eise  gerade  so  an  wie  die  Vogelfedern.  Im  Beginn  fand 
Davies  (1889)  bei  einem  Embryo  von  13  —  14  mm  Länge  in  der 
Rückenhaut  zahlreiche  weißliche,  trübe  Hervorragungen,  die  aus  einer 
Anhäufung  von  Bindegewebszellen  unter  einer  leichten  Erhebung  der 
Epidermis  bestehen.  Letztere  besitzt  ein  Periderm,  mehrere  Lagen 
von  Zellen  des  Stratum  germinativum  und  in  der  Tiefe  eine  Cylinder- 
zellenlage  (Fig.  160).  Somit  handelt  es  sich  um  eine  Papillenanlage, 
auf  der  sich  der  Stachel  entwickeln  würde.  Maurer  (1892*,  p.  729; 
1893)  bestreitet  aber,  daß  dies  jemals  der  Fall  sei  und  meint,  daß  es 
in  der  Igelhaut  unzweifelhaft  Papillen  gebe,  auf  denen  sich  niemals 
Stacheln  oder  Haare  entwickeln ;  ob  auf  dem  Bücken  des  erwachsenen 
Igels  Papillen  vorkommen,  erscheint  jedoch  nicht  aufgeklärt.   Wie  dem 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane.  273 

sei,  so  entsteht  etwas  später  eine  unzweifelhafte  Stachelanlage  als 
Hache  Einsendung  einer  Epidermiswucherung,  die  in  die  Tiefe  dringt. 
Die  C)dinderzellenlage  baucht  sich  nach  der  Tiefe  hin  aus,  ihre  Cylinder- 
zellen  vermehren  sich   und   bilden   nach  Maurer  eine  Epithelknospe, 

Fig.  169.  Anlage  eines  Stachels  vom  Rücken 
des  Igels  (Erinaceus  europaeus)  nach  Davies. 
1  Intermediärzellen  der  Einsenkung.   p  Periderm  itiittt 

oder  Epitrichialschicht.     c  Stratum  corneum.     Cy 
Cylinderzellenschicht.    P  Anhäuf ung  von  Binde-  _'•    ,-~ 

gewebszellen  des  Corium.      (Nach  Davies,  1889. 
Taf.  XXXV.  Fig.  36.) 

die  von  mehreren  Zellenlagen  des  Stratum  germinativum,  nach  Davies 
auch  noch  vom  Periderm  bedeckt  wird.  In  der  Tiefe  wuchern  die 
Bindegewebszellen  des  Corium.  In  einem  weiteren  Stadium  entsteht 
eine  solide  Einstülpung  der  Epidermis  in  das  Corium  hinein,  darunter 
liegt  die  Anhäufung  von  Bindegewebszellen  und  schließlich  bildet  sich 
auf  dem  Grunde  des  späteren  Stachelfollikels  eine  Coriumpapille  wie 
bei  der  Feder  die  Federpapille.  Die  Cylinderzellenlage  differenziert 
sich  dann  weiter  in  Lagen  der  Wurzelscheide  u.  s.  w.  des  künftigen 
Stachels.  Die  Coriumpapille  wird  länger  und  länger,  die  Wurzel- 
scheiden nehmen  auch  an  Dicke  zu,  die  centralen  Zellen  beginnen  zu 
verhornen  und  in  seiner  ersten  Erscheinung  reicht  der  ausgebildete 
Stachel  als  ein  feiner  Hornfaden  nur  bis  zum  Niveau  der  künftigen 
Talgdrüsen. 

Merkwürdiger  Weise  entstehen  genau  wie  bei  der  Feder  auf  den 
epidermalen  Wänden  des  Stachelkeimes  eine  Reihe  von  Längsleisten, 
so  daß  ein  Querschnitt  große  Aehnlichkeit  mit  dem  eines  Federkeimes 
in  demselben  Stadium,  wie  Fig.  164  zeigt.  Später  wachsen  diese 
Leisten  gegen  das  Innere  der  Papille  hin,  teilen  sie  in  eine  Anzahl 
tiefer  longitudinaler  Abschnitte  und  lassen  nur  eine  kleine  axiale  Partie 
ungeteilt,  so  daß  die  große  Aehnlichkeit  mit  dem  Federkeim  nach 
Davies  nur  vorübergehend  ist.  Der  Stachel  bleibt  ein  einheitliches 
Gebilde,  während  die  Feder  seitliche  Federstrahlen  erhält. 

Die  mikroskopischen  Vorgänge  bei  der  Stachelbildung  hat  Sprenger 
(1898)  noch  im  einzelnen  geschildert.  Die  ersten  Anlagen  der  Stacheln, 
der  Borsten  oder  kleinen  Stacheln  und  der  Haare  unterscheiden  sich 
beim  Embryo  des  Igels  von  2  cm  Körperlänge  nicht  wesentlich.  Die 
Stachelanlage  beginnt  mit  einer  Epidermiswucherung;  das  Periderm 
geht  glatt  über  den  Stachel  keim  hinweg,  der  sich  in  das  unver- 
änderte Corium  hineinsenkt.  Bald  jedoch  nimmt  das  letztere  teil,  seine 
Bindegewebszellen  vermehren  sich  an  dem  rundlichen  Ende  des  mehr 
senkrecht  zur  Oberfläche  in  das  Corium  hineinwachsenden  Epidermis- 
zapfens.  Dann  tritt  als  erste  Anlage  der  Talgdrüsen  eine  leichte 
seitliche  Ausbuchtung  in  der  Mitte  der  Länge  des  Epidermiszapfens 
auf.  Nach  und  nach  flacht  sich  der  Grund  des  späteren  Stachel- 
follikels ab,  erhebt  sich  zu  einer  Papillenanlage ,  indem  die 
Bindegewebswucherung  sich  in  die  Basis  der  Stachelanlage  etwa  wie 
die  äußere  Höhlung  einer  Weinflasche  hineindrückt.  Die  Stachel- 
papille  ist  jetzt  kegelförmig  mit  abgestutzter  Spitze.  Von  ihr  er- 
hebt sich  der  primitive  Stach elkegel,  welcher  den  späteren  Stachel 

Handbuch  der  Kntwickelungslehre.     II.  1.  \Q 


274 


W.  Krause, 


nebst  der  inneren  Wurzelscheide  repräsentiert.  Dieser  Kegel  ist  an 
seinem  äußeren. Ende  zugespitzt  und  seine  Zellen  sind  namentlich  an 
der  Kegelbasis  dunkler  gefärbt;  außerdem  ziehen  sie  sich  in  die  Länge: 
Fettkörnchen  sind  nicht  vorhanden.  Im  folgenden  Stadium  wird  die 
Stachelpapille  mehr  rundlich,  erhält  an  ihrer  Basis  einen  einge- 
schnürten Hals  und  läßt  die  innere  Wurzelscheide  mit  ihren  Schichten 
unterscheiden.  Die  mittlere  Lage  besteht  aus  zwei  Zellenlagen 
und  diese  Zellen  enthalten  bereits  Keratohyalinkörnchen,  wogegen  die 
äußere  Lage  nur  aus  einer  einzigen  Lage  von  helleren  Zellen  besteht. 
Auch  die  Zellen  der  späteren  inneren  Lage  sind  frei  von  Keratohyalin- 
körnchen und  mehr  länglich -spindelförmig.  Die  Zellen  der  äußeren 
Wurzelscheide  verhalten  sich  wie  früher.  Dann  beginnt  der  Stachel- 
keim eine  Neigung  gegen  die  Cutisoberfläche  zu  bekommen,  die  An- 
lage des  Stachels  selbst  wird  länglich  und  die  Zellen  seiner  ober- 
flächlichen Lagen,  sowie  die  innere  Lage  der  inneren  Wurzelscheide 
werden  hyalin  und  glänzend,  infolge  der  beginnenden  Keratisation. 
Im  weiteren  Verlauf  der  Keratisation  reicht  das  freie  Ende  des  Stachels 
bis  zur  Oberfläche  der  Epidermis  und  zieht  sich  in  eine  feine  Spitze 
aus.  Die  einzelnen  Zellen  verschmelzen  zu  einer  soliden  glänzenden 
Hornmasse,    die   nur   eine  Längsstreifung  erkennen  läßt.     Die  Kerati- 

der  Spitze   nach   der  Tiefe   und    von    der   Rinde 
fort.     Um   die  Papille   herum   im   Centrum    des 
rundliche  oder  ovale,  spindelförmige  und  stern- 
auf. 


sation  schreitet  von 
nach  dem  Mark  hin 
Stachelkeimes  treten 
verästelte 


förmig 


Pigmentzellen 


Der  Stachelfollikel  beginnt  sich  dann  in  eine  innere  quergestreifte 
und  eine  äußere  dünnere,  längsgestreifte  Schicht  zu  differenzieren.  Direkt 
an  die  äußere  Wurzelscheide  grenzt  eine  feine  helle  strukturlose  Glas- 


membran 
2—3 


Lagen 


Die 
mehr 


letztgenannte 


Zellenlagen ,    von 


rundlicher 
denen   die 


Wurzelscheide  besteht  in  der  Tiefe  aus 
Zellen,  weiter  nach  außen  folgen  4 — 5 
äußersten  die  Form  niedriger  Cylinder 
haben.      Die    Stachelpapille 


läng- 


ß 


wird  nach  und  nach 
lieh,  zwiebeiförmig  und  ragt 
mit  Fortsätzen  in  den 
Stachelkeim  hinein.  Letz- 
terer zeigt  auf  dem  Quer- 
schnitt anfangs  12—15 
leichte  Einkerbungen,  zwi- 
schen welche  je  ein  stumpfer 
Vorsprung  der  sehr  gefäß- 
reichen Stachelpapille    hin- 


Fig.  170.  Querschnitt  durch 
die  Anlage  eines  Stachelkeimes 
vom  Igel  (Erinaceus  europaeus). 
Stk  Stachelkeim.  P  Stachelpa- 
pille. Man  sieht  lange,  radiäre, 
in  den  Epithelkranz  nach  Art 
eines  Sternes  hineinragende  Strah- 
len. (Nach  Sprenger,  189S, 
Taf.  IX,   Fig.  9.) 


einragt.  Nach  und  nach  werden  die  Fortsätze  der  Papille  länger, 
die  Einkerbungen  bilden  sich  zu  Rindenleisten  des  Stachels  aus, 
die  Papille  erscheint  auf  dem  Querschnitt  wie  ein  Stern  mit   Strahlen 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane.  275 

{Fig.  170).  Indem  die  Keratisation  von  der  Rinde  her  fortschreitet, 
differenzieren  sich  die  den  Fortsätzen  der  Stachelpapille  zunächst 
liegenden  Zellen  zu  Markzellen,  die  anfangs  eine  mehr  cylindrische 
Form  aufweisen.  Während  sie  sich  vermehren,  schrumpfen  die  Fort- 
sätze der  Stachelpapille.  Sie  atrophieren  schließlich  und  erscheinen 
als  spärliche  Bindegewebsfasern  mit  einzelnen  eingelagerten  spindel- 
förmigen Bindegewebszellen.  Schließlich  füllen  die  Markzellen  das 
Innere  des  Stachels  vollständig  aus. 

Während  die  Stachelpapille  selbst  sich  verkürzt,  verhornt  auch 
die  Peripherie  der  Markzellen,  Luft  dringt  nicht  nur  in  sie,  sondern 
auch  zwischen  sie  ein  und  bedingt  die  weiße  Farbe  des  fertigen  Stachels. 
Indem  der  Stachel  nach  und  nach  bis  zur  Mündung  des  Stachelfollikels 
wächst,  rollt  er  sich  wenigstens  innerhalb  des  Follikelhalses  auf.  Am 
Igelfoetus  kurz  vor  der  Geburt  sind  in  der  Haut  des  Rückens 
Reihen  von  Wülsten  vorhanden,  aus  denen  die  Spitzen  der  Stacheln 
nach  und  nach  hervordringen,  die  letzteren  sind  11—12  mm  lang 
(Davies,  1889),  schief  caudalwärts  gerichtet,  und  nach  der  Geburt 
treten  sie  aus  den  Follikeln  hervor.  Dann  beginnt  auch  die  Pigment- 
bildung, die  gefärbten  Stacheln  nehmen  an  Zahl  zu,  bis  schließlich  die 
angeborenen  farblosen  Stacheln  verschwunden  sind. 

Die  Marksubstanz  im  Inneren  des  Stachels  bildet  sich  in  ähnlicher 
Weise  wie  in  der  Feder,  die  Zellen  ordnen  sich  in  Reihen,  die  aber 
nicht  ganz  bis  zur  Spitze  des  Stachels  reichen.  Die  Marksubstanz 
geht  von  einer  dem  Holükolben  eines  Haares  ähnlichen  Verdickung 
am  Grunde  des  Stachelfollikels  aus ,  während  sie  nach  außen  hin 
immer  mehr  an  Dicke  abnimmt  und  schließlich  sehr  dünn  wird.  Die 
Stachelpapille  verhält  sich  mikroskopisch  wie  die  Anlage  der  Feder- 
papille,  sie  enthält  ein  Netzwerk  von  anastomosierenden,  sternförmigen 
Bindegewebszellen. 

Wie  bei  der  Feder,  tritt  nach  dem  Gesagten  eine  Art  von  Falten- 
bildung an  der  Coriumpapille  auf,  zur  Vergrößerung  der  Oberfläche, 
wie  sie  dem  Stachel  entspricht,  der  bedeutend  stärker  wird,  als  ein 
Haar. 

Monotr einen.  Eine  ganze  Reihe  von  Echidnaembryonen  hat 
Römer  (1898)  untersucht.  Das  Integument  der  Monotremen  hat,  trotz- 
dem es  bei  ausgebildeten  Tieren  für  nichts  weniger  als  primitiv  gelten 
kann,  doch  besonders  in  frühen  Stadien,  aber  auch  in  einzelnen  Be- 
sonderheiten des  späteren  Lebens  primitive  Zustände  bewahrt.  Hervor- 
zuheben ist  die  Anordnung  der  Stacheln  bei  ihrer  ersten  Anlage  in 
Längsreihen,  der  frühe  Durchbruch  der  Stacheln  an  den  Seiten  des 
Körpers,  die  Entstehung  der  Gruppen  durch  Teilung  von  einer  einheit- 
lichen Anlage  aus  und  die  papillären  Erhebungen  hinter  den  größeren 
Stacheln.  Diese  papillären  Erhebungen  faßt  Römer  als  die  Reste  eines 
ehemaligen  Schuppenkleides  auf. 

Ein  Schwanzstachel  wird  dem  Löwen  zugeschrieben;  nach  Lev- 
dig  (1860)  handelt  es  sich  nur  um  eine  große  und  nervenreiche  Papille, 
von  deren  Entwickelung  allerdings  nichts  bekannt  ist,  die  aber  einer 
Haarpapille  gleicht.  Einen  ebensolchen  Stachel  besitzt  Puma  concolor 
nach  einem  anonymen  Autor  (1855)  und  mehr  nagelähnliche  Schwanz- 
stacheln beschreibt  GrOULD  (1841)  von  Macropus  unguifer,  sowie  der  im 
Literaturverzeichnis  citierte  Anonymus  (1855)  von  Affen  der  alten  Welt, 
Semnopithecus  melalophus,  Semnopithecus  nasalis,  Semnopithecus  pyrrhus. 
Colobus  Temminckii,   Colobus   Guereza. 

18* 


276 


W.  Krause, 


Haare. 

Was  die  Terminologie  anlangt,  so  wird  der  flache  hohle  Kegel,  mit 
welchem  das  normale  Haar  auf  der  Haarpapille  aufsitzt ,  als  Hohl- 
kolben,  Bulbus  pili  cavus  (Haarknopf),  das  verdickte  und  aufgefaserte, 
von  der  Haarpapille  abgehobene  Ende  des  ausfallenden  Haares  als  V  o  1 1  - 
kolben  (Bulbus  pili  solidus,  Haarkolben,  Haarzwiebel)  bezeichnet,  beides 
nach  Waldeyer's  Vorschlag.  An  der  inneren  Wurzelscheide  sind  drei 
Lagen  zu  unterscheiden,  nämlich  die  innere  Lage  oder  Cuticula,  die 
mittlere  Lage  oder  HuxLEv'sche  Scheide  und  die  äußere  Lage 
oder  HENLE?sche  Scheide  (vergl.  W.  Krause,  1876.  p.  109).  Die  zuerst 
auftretenden  primitiven  Haare  werden  beim  Säugetierfoetus  als  Woll- 
haare Lanugo  (vergl.  unten)  bezeichnet;  sie  entsprechen  den  Embryo- 
naldunen bei  den  Vögeln. 

Die  früheste  Anlage  des  Haares  besteht  in  einer  ganz  flachen, 
linsenförmigen  Einsendung  des  Corium  (Fig.  171),  die  durchaus  keine 
kugelförmige  Hervorragung  der  Epidermis  veranlaßt.  Gleichzeitig  mit 
der  Wucherung  von  Zellen  des  Stratum  germinativum,  welche  diese 
Einsenkung  bewirkt,   zeigt   sich  bereits   eine  Wucherung   von  Mesen- 


Fig.-171. 


Fig.  172. 


Fig.  171.  Erste  Anlage  eines  Nebenhaares  in  der  Gesichtshaut  eines  14-tägigen 
Foetus  vom  Kaninchen.  MÜLLER'sche  Flüssigkeit,  Alkohol,  Haematoxylin,  Xylol, 
Paraffin,  Kanadabalsam.  Vergr.  500.  1  Epidermis,  vom  Periderm  bedeckt.  2  Corium. 
Dasselbe  zeigt  eine  Vertiefung,  woselbst  die  gewucherten  Epidermiszellen  die  erste 
Anlage  des  Haares  repräsentieren.  Letztere  steht  nicht  genau  senkrecht  auf  der 
Ebene  der  Cutis,  sondern  es  ist  die  Richtung  der  Zellenwucherung  etwas  geneigt, 
beim  Eindringen  in  das  Corium  reicht  sie  nach  links  ein  wenig  tiefer  hineinc(vergl. 
Fig.  172).     (Zeichnung  von  Dr.  Sokolowsky  in  Berlin.) 

Fig.  172.  Anlage  eines  Nebenhaares  in  der  Gesichtshaut  eines' "14-tägigen 
Foetus  vom  Kaninchen.  MÜLLER'sche  Flüssigkeit,  Alkohol,  Haematoxylin,  Xylol, 
Paraffin,  Kanadabalsam.  Vergr.  500.  Die  Anlage  ist  weiter  vorgeschritten  als  in 
Fig.  175.  Die  cylindrischen  Zellen  der  tiefsten  Lage  der  Epidermis  senken  sich  in 
das  Corium  ein,  die  ganze  sackförmige  Haaranlage  steht  ein  wenig  schräg,  zur 
rechten  Hand,  geneigt  gegen  die  Ebene  der  Cutisoberfläche.  1  Epidermis,  2  Corium. 
Zeichnung  von  Dr.  Sokolowsky  in  Berlin. 


chymzellen,  den  Bindegewebszellen  des  Corium.  Beide  Wucherungen 
liegen  nicht  senkrecht  zur  Oberfläche  übereinander,  wie  Okamura  (1899) 
gezeigt  hat,  sondern  nebeneinander.  Die  Wucherung  in  der  Epidermis 
entspricht  der  Haaranlage ,  diejenige  im  Corium  repräsentiert  den 
späteren  Haarbalg  nebst  dessen  Papille.  Sehr  bald  und  an  weiter 
fortgeschrittenen  Haaren  desselben  Schnittes  schon  sichtbar  erscheint 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane.  277 


&  S-.^J.  .^.UIILU  """  ÜALV^X  J.,    V^X^^-l,^,.. 


die  Richtimg  des  Haares  schräg  zur  Cutisoberfläche  angedeutet,  die 
mehr  und  mehr  zunimmt  (Fig.  172),  so  daß  der  künftige  Haarfollikel 
mit  seiner  Längsachse  beinahe  parallel  der  Cutisoberfläche  zu  liegen 
scheint,  während  das  blinde  Ende  des  Haarbalges  ganz  seitlich  ge- 
richtet sich  zeigt. 

Am  dichtesten  sind  die  Bindegewebszellen  an  jener  Seite  der 
Haaranlage  gelagert,  die  mit  der  Oberfläche  einen  spitzen  Winkel 
einschließt.  Der  Neigungswinkel  des  späteren  Haares  ist  nur  klein, 
in  seiner  Größe  verschieden  und  daher  schwer  numerisch  zu  be- 
stimmen. Die  Haarpapillen  entstehen  somit  nicht  aus  kleinen  Binde- 
gewebshöckern,  die  durch  angehäufte  Bindegewebszellen  gebildet  werden, 
der  Epidermis  entgegen  wachsen  und  von  Retterer  (1894)  beim 
Pferde  als  Nodules  conjunctives  bezeichnet  wurden ;  letztere  sind  viel- 
mehr nicht  konstant.  Je  schiefer  die  Haaranlage  gerichtet  ist,  desto 
früher  ist  die  Haarpapille  vorhanden  (beim  Hund  und  der  Ratte), 
oder  sie  ist  wenigstens  früher  erkennbar. 

Mögen  die  Haaranlagen  oder  Epiclermiszapfen  auch  nahezu  senk- 
recht zur  Oberfläche  in  das  Corium  einzudringen  scheinen,  so  liegen 
doch  die  dichtgedrängten  Bindegewebszellen  seitlich  von  der  Achse 
des  Epidermiszapfens  wie  bei  den  Monotremen  (s.  unten).  Alle  diese 
Verhältnisse  sind  nach  Okamura  in  gleicher  Weise  für  den  Menschen, 
den  Hund,  das  Kaninchen,  Meerschweinchen,  Schwein  und  die  Ratte 
nachweisbar.  Je  länger  die  Haarbälge  werden,  desto  schiefer  zur  Ober- 
fläche wird  ihre  Richtung.  Dies  muß  wohl  von  Spannungsunterschieden 
in  der  Cutis  abhängen,  die  jedoch  im  einzelnen  nicht  genau  ermittelt 
sind. 

Die  feineren  Details  der  Haarentwickelung  sind  hauptsächlich  erst 
durch  eine  Arbeit  von  Maurer  (1892)  bekannt  geworden.  Beim 
Maulwurf  (Talpa  europaea)  finden  sich  Haaranlagen  am  Rumpfe 
bei  Embryonen  von  18,5  mm  Körperlänge;  am  Kopfe  treten  dieselben 
schon  etwas  früher  auf.  Mit  freiem  Auge  erkennt  man,  wie  bei  den 
Embryonaldunen  der  Vögel,  unregelmäßig  zerstreute  weißliche,  teils 
größere,  teils  viel  zahlreichere  kleinere  Knötchen.  Keinerlei  Anlage 
einer  Coriumpapille  ist  auf  der  Hautoberfläche  nachzuweisen,  letztere 
ist  ganz  eben  und  die  Haaranlage  besteht  im  Anfange  wesentlich  aus 
einer  Epidermiswucherung.  Eine  rundliche  Gruppe  dicht  gedrängter, 
ebenfalls  rundlicher  Bindegewebszellen  wird  unmittelbar  von  dieser 
Epidermiswucherung  bedeckt.  Wie  bei  den  Vögeln  besteht  die 
Epidermis,  hier  diejenige  der  Haaranlage,  aus  dem  Peridenn,  das  hier 
als  Epitrichium  bezeichnet  zu  werden  pflegt,  sodann  aus  einer  Cylinder- 
zellenschicht  und  dem  zwischen  beiden  eingeschalteten  Stratum 
corneum.  Das  letztere  wird  auch  wohl  Interinediärschicht  genannt, 
die  Cylinderzellenschicht  repräsentiert  das  Stratum  germinativum  und 
beide  werden  von  dem  aus  einer  einzigen  dünnen  Zellenlage  mit 
achromatophilen,  sehr  stark  abgeplatteten,  in  der  Flächenansicht  runden 
Kernen  bestehenden  Periderm  bedeckt. 

Die  Epidermis  selbst  besteht  zu  dieser  Zeit  ebenfalls  aus  dem 
Periderm,  dem  Stratum  corneum  und  der  Cylinderzellenlage,  und  jede 
derselben  nur  aus  einer  einzigen  Zellenlage.  In  der  Nachbarschaft 
der  Haaranlage  hat  sich  jedoch  die  Epidermis  durch  Vermehrung  der 
Zellen  des  späteren  Stratum  corneum  etwas  verdickt.  Die  Haaranlage 
besteht  aus  einer  doppelten  Lage  von  Cylinderzellen,  deren  längliche 
Kerne  senkrecht   zur  Hautoberfläche   gestellt  ^sind  (Fig.    173).     Diese 


278 


W.  Krause, 


Zellen  sind  radiär  gegen  einen  Punkt  der  freien  Oberfläche  konver- 
gierend angeordnet  und  im  Centruin  der  Anlage  befindet  sich  eine 
kleine  Vertiefung,  woselbst  das  Periderm   fehlt,  so  daß  die  dahin 


ge- 


b  Haarbalganlage. 


Fig.  173.  Erste  Anlage 
eines  Haares  vom  Maulwurf 
(Talpa  europaea)  im  senk- 
rechten Durchschnitt  der 
Haut  in  der  Seitengegend 
des    Bauches,    von    einem 

J18,5   mm    langen    Foetus. 
Vergr.  400.     e    Sog.    Epi- 
thelknospe,    g    grubenför- 
,  mige    Vertiefung   auf  dem 

Centrum    der  Haaranlage. 
(Nach  Maurer,  1892.  Taf.  XXIV,  Fig.  1.) 


richteten  äußeren  Enden  der  Cylinderzellen  zugespitzt  die  freie  Ober- 
fläche teilweise  erreichen.  Hierdurch  entsteht  eine  auffallende  Aehn- 
lichkeit  mit  der  Anlage  eines  Hautsinnesorganes,  z.  B.  einer  Epithel- 
scheint aber  sehr 


knospe  von  Amphibien  (s.  unten).     Dieses 


Stadium 


sich 


viele  Haaranlagen, 


deren 


rasch  vorüberzugehen,  wenigstens  finden 
Periderm  erhalten  ist. 

Bei  anderen  Säugern  sind  die  Verhältnisse  ganz  ähnlich.    Unter- 
sucht sind  von  Beuteltieren  Perameles,  Dasyurus,  von  Carnivoren  die 


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Fig.  174. 


Fig.  175. 

Fig.  174.  Senkrechter  Durchschnitt  durch  eine  erste  Haaranlage  in  der  Haut 
der  seitlichen  Bauchwand  eines  Foetus  der  Maus  (Mus  musculus)  von  18  mm  Körper- 
länge. Vergr.  400.  e  Epidermiszellen  der  Haaranlage.  Das  Corium  ist  noch  un- 
beteiligt.   (Nach  Maurer,  1892.  Taf.  XXIV.  Fig.  10.) 

Fig.  175.  Senkrechter  Durchschnitt  der  Haut  in  der  Seitenlinie  durch 
eine  Haaranlage,  die  weiter  vorgeschritten  ist  als  die  von  Fig.  174,  in  der  Haut 
der  seitlichen  Bauchwand  desselben  Foetus  der  Maus  (Mus  musculus)  von  18  mm 
Körperlänge.  Vergr.  400.  e  Sog.  Epithelknospe,  b  Haarbalganlagen.  P  Haar- 
papille.     (Nach  Maurer,  1892.  Taf.  XXIV.  Fig.  11.) 


Katze,  von  Nagern  die  Maus  (Maurer,  1892).  Die  erste  Anlage 
(Fig.  174)  wird  stets  dargestellt  durch  eine  lokale,  scharf  begrenzte 
knospenartige    Wucherung   der   tiefen  Zellenlage   der  Epidermis;   bei 


Die  Entwickelung   der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane. 


279 


den  genannten  Benteltieren  liegt  sie  auf  der  Spitze  einer  Corium- 
papille  und  bildet  auf  dieser  Spitze  eine  trichterförmige  Einsenkung. 
Die  weitere  Entwickelung  geht  nun  folgendermaßen  vor  sich ;  am 
genauesten  ist  sie  von  Maurer  bei  der  Maus  studiert  worden.  Zu- 
nächst dringt  die  Zellenwucherung  in  die  Tiefe  (Fig.  175),  wobei  die 
am  tiefsten  gelegenen  Cylinderzellen  immer  noch  durch  ihre  Anordnung 
an  eine  Epithelknospe  erinnern.  Sie  sitzen  aber  auf  einer  kleinen 
Coriumpapille  und  zugleich  zeigt  sich  die  aus  spindelförmigen  Binde- 
gewebszellen bestehende  Anlage  eines  Haarbalges,  an  dessen  Seiten- 
wänden sich  die  Epithelzellen  nach 
und  nach  abplatten.  Sogar  bei  der 
neugeborenen    Maus    erinnert    die 

Haaranlage,     trotzdem      sie     nach         |   .:'  ~_ 

außen  hin  zugespitzt  ist,  immer 
noch  an  eine  Epithelknospe,  insofern 
sich  die  Epidermiszellen  in  der 
Achse  des  Haarbalges  knospenähn- 
lich zusammendrängen.  Im  Umfange 
der  Papille  dagegen  werden  die  der 
Follikelwand  benachbarten  Zellen 
abgeplattet  (Fig.  176).  Das  bei  der 
neugeborenen  Maus  in  zahlreichen 
Körnchen  vorhandene  Keratohyalin 
des  Stratum  granulosum  setzt  sich 
innerhall)  solcher  Zellen  in  die 
Mündung  des  Haarbalges  trichter- 
förmig hinein  fort,  während  zwischen 
ihnen  und  der  Anlage  des  Haares 
selbst  sich  nur  rundliche  Epithel- 
zellen befinden. 


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Fig.  176.  Senkrechter  Längsschnitt  durch 
eine  Haaranlage  in  der  Haut  der  seitlichen 
Bauchwand  einer  neugeborenen  Maus. 
Vergr.  400.  e  Sog.  Epithelknospe,  b  Haar- 
balganlage, neben  demselben  sekundäre  An- 
lagen. P  Haarpapille.  (Nach  Maurer, 
1892.  Tai  XXIV.  Fig.  12.) 


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- 


I 

I 


p 


Von  Nerven  ist  zur  Zeit  der  ersten  Anlage  noch  nichts  sichtbar, 
später  findet  man  sie  an  der  Basis  der  Spürhaare  als  starke  Stämmchen. 
Nun  ist  es  bekannt,  daß  bei  den  Epithelknospen  die  Nervenfasern  als 
ein  kleines  axiales  Stämmchen  zu  dem  Centrum  der  Knospe  verlaufen. 
Bei  den  Haaren  ist  die  Sache  ganz  anders,  weil  die  Haarpapille  wenig- 
stens keine  sensiblen  Nervenfasern  enthält.  Diese  verzweigen  sich,  bilden 
einen  Plexus  um  den  Haarfollikel,  und  aus  demselben  steigen  Nerven- 
fasern zum  Halse  des  Haarbalges  auf.  Sie  umspinnen  diesen  Hals  mit 
einem  zweiten  engmaschigeren  Plexus  dunkelrandiger  Fasern,  von  wel- 
chem, wenigstens  bei  der  Maus,  einzelne  marklose  Nervenfasern  sich  in 
die  Tiefe  wenden.  Somit  erhält  das  Haar  auf  doppeltem  Wege  Nerven- 
fasern, nämlich  aus  der  Tiefe  des  Haarbalges  und  von  dessen  Halse 
her;  beide  Arten  von  Nervenfasern  sollen  verschiedene  physiologische 
Bedeutung  haben,  und  zwar  die  aus  der  Tiefe  herantretenden  Tast- 
nerven, die  oberflächlichen  aber  einfach-sensible  Nerven  sein.     Jedenfalls 


280 


W.  Krause, 


sollen  sie  in  der  äußeren  Wurzelscheide  verlaufen,  und  je  nach  den  zu 
Grunde  liegenden  Ideen  des  Beobachters  sind  ihnen  die  verschiedensten 
Formen  von  Endigung  zwischen  oder  in  Epithelialzellen  der  äußeren 
Wurzelscheide  zugeschrieben  (W.  Krause  1876.  p.  541) ;  sichergestellt 
ist  auch  durch  die  späteren  Untersuchungsn  nichts   darüber. 

Was  die  fernere  Ent  Wickelung  der  Haare  selbst  anlangt, 
so  erkennt  man  beim  Schafe  nach  Götte  (1868)  eine  leichte  Ein- 
schnürung gleich  nach  außen  von    der  Haarpapille,   indem  der  darauf 


folgende  Hauptteil  oder  Körper  des  aus  Zellen 


wenig  anschwillt. 


Hier  sind  die  Zellen 


bestehenden  Fortsatzes 

und 


zugleich  zahlreicher 


em 

kleiner  geworden 

Die  innerste  Lage  der  die  Haarpapille  bedeckenden  Cylinderzellen 
liefert  einen  Nachwuchs  von  mehr  spindelförmigen  Zellen,  die  in  der 
Achse  des  Fortsatzes  eine  Längsstreifung  und  schließlich  die  kegel- 
förmige Gestalt  des  Haares  selbst,  inkl.  der  inneren  Wurzelscheide, 
hervorrufen.  Die  Spitze  des  Kegels  steckt  in  einem  Mantel  von  kleinen 
rundlichen  Zellen,  die  innerhalb  der  Cylinderzellenschicht  gelegen  sind 
und  nach  außen  hin  um  die  Kegelspitze  herum  den  Zellen  des  Stratum 
germinativum  sich  anschließen;  sie  enthalten  beim  Schafe  Fettkörn- 
chen oder  denselben  ähnliche  Gebilde. 

Indem  die   kegelförmige  Haaranlage   weiterwächst,   strecken    sich 
axialen  Zellen    nach   außen   in    die  Länge,    so  daß    sie   schließlich 


die 


A 


B 


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0 

°~-  C 


Co     C  i    AocOoc  ■  -  -.  ,- 


die  Länge 
wie  Fasern  aussehen.  Zuerst 
verhornt  dann  die  Spitze  und, 
nach  innen  fortschreitend,  der 
Kegelmantel,  während  in  der 
Achse  noch  körnige  Zellen  sich 
befinden.  Der  Kegelmantel  wird 
daher  durchscheinend,  in  der 
Achse  erkennt  man  den  verhor- 
nenden   Haarschaft;    dieser   ver- 


Fig.  177.  Sechs  Entwickelungs- 
stadien  eines  Haares.  Vergr.  etwa  70. 
A  Cutis.  B  Einbuchtung  der  Epider- 
miswucherung,  Anlage  des  Haarkeimes. 
C  Beginn  des  Haarfollikels,  Wucherung 
der  Mesenchymzellen  des  Corium.  D 
Weitere  Ausbildung  und  Auftreten  der 
äußeren  Faserlage  des  Haarbalges.  E 
Bildung  der  Haarpapille  und  des  Haar- 
schaftes. F  Deutliche  Haarpapille  mit 
Blutgefäß.  Sc  Stratum  corneum.  Sm 
Stratum  germinativum.  C  Corium.  F 
Aeußere  Faserlage  des  Haarbalges.  Dr 
Anlage  einer  Talgdrüse.  CZ  centrale 
Zone  des  Haarkeimes.  PZ  periphere 
Zone  des  Haarkeimes.  HK  Hohlkolben 
der  Haaranlage.  P  Beginn  der  Bildung 
der  Haarpapille.  Pl  Beginn  der  Vas- 
cularisierung  der   Haarpapille.     (Nach 


WlEDERSHEIM,      1888.    p.   25. 


Fig. 


16.) 


dickt  sich  am  Gipfel  der  Haarpapille  zu  einem  der  letzteren  auf- 
sitzenden Hohlkolben  (Fig.  177  E  F.)  des  Haares.  Die  rundlichen 
Zellen  des  Kolbens  rücken  im  Schaft  nach  außen,  werden  länglich  und 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane. 


281 


verhornen.  Zwischen  dem  Schaft  und  dem  Kegelmantel  liegt  eine 
trübe  Zellenlage,  die  spätere  mittlere  Lage  der  inneren  Wurzel  scheide, 
und,  sie  umgebend,  eine  glashelle  Lage,  die  der  äußeren  Lage  der 
inneren  Wurzelscheide  entspricht  (Fig.  17*).  An  der  geschlängelt 
verlaufenden  Schaftspitze  tritt  bereits  die  innere  Lage  der  inneren 
Wurzelscheide  oder  die  Cuticula  auf,  die  als 
eine  nach  außen  gerichtete  Zähnelung  der  Ränder 
des  Haarschaftes  erkennbar  wird.  -  -  Nach  Goette 
würde  sich  also  der  Haarschaft  von  seiner 
Spitze  aus  bilden,  während  v.  Kölliker  (A. 
L.  I.  1879.  p.   782)   das   Haar   früher   gleich   in 


Entwickelungsstadium   der    Haar- 


Fig.  178.  Letztes 
anläge  beirn  Kaninchen,  Sonderung  des  Haarschaftes,  der 
Wurzelseheiden,  Bildung  des  Hohlkolbens,  die  Schaft- 
spitze hat  eben  das  Periderm  oder  Epitrichiura  durch- 
brochen. Vergr.  ca.  50.  Die  Haarpapille  erhält  durch  eine 
nach  der  Peripherie  gerichtete  Spitze  eine  zwiebelähnliche 
Gestalt.  Die  cylindrischen  Zellen  der  peripheren  Lage  der 
äußeren  Wurzelscheide  setzen  sich  in  die  tiefste  Lage  der 
Epidermiszellen  des  Stratum  germinativum  fort.  (Nach 
Götte.  Arch.  f.  mikrosk.  Anat.  Bd.  IV.  Taf.XIX.  Fig.  12. 
1868.) 


mir- 


' 


seiner  ganzen  Länge  mit  Hohlkolben,  Schaft  und  Spitze  entstehen  ließ. 
Beides   ist  richtig;   wie  v.  Kölliker  (A.  L.  I.  1879,  p.  784)  angiebt, 


kommt   es 
sieht  oder 


darauf  an,    ob    man    die   Verhornung   als 
nicht;  dieselbe  erfolgt  natürlicherweise  von  der  Spitze 


maßgebend 


Was  die  Wurzelscheiden  betrifft,  so  wurde  die 


an- 
aus. 
Zusammensetzung 
der  inneren  Wurzelscheide  aus  zwei  Schichten  bereits  erwähnt.  Offen- 
bar verlaufen  die  Zellen  der  äußeren  Schicht  in  Spirallinien,  woraus 
Götte  (1868.  p.  285)  das  geschlängelte  Aussehen  dieser  Scheide  ab- 
leitet. Die  äußere  Wurzelscheide  besteht  aus  cylindrischen  Zellen, 
denen  nach  der  Haarachse  hin  mehrere  Lagen  von  abgeplatteten  Zellen 
folgen. 

Der  Durchbruch  des  wachsenden  Haares  nach  außen  erfolgt  in 
etwas  schräger  Richtung,  indem  die  Spitze  anfangs  den  Widerstand 
der  Epidermiszellenlagen  des  Periderm,  welches  zu  dieser  Zeit  glatt 
über  die  Haaranlage  hinweggeht,  nicht  sofort  zu  überwinden  vermag, 
und  bei  wachsendem  Druck  von  innen  her  krümmt  sich  das  Haar 
daher  vor  seinem  Durchbruch  durch  die  Epidermis  und  knäuelt  sich 
nach  und  nach  spiralig  (Fig.  178)  auf.  —  Nach  Welcher  (1864)  wird 
bei  Bradypus  das  Stratum  corneum  im  ganzen  von  den  sich  entwickeln- 
den Haaren  sackartig  abgedrängt.  Beim  Vordringen  der  Haarspitze 
in  schräger  Richtung  wird  natürlicherweise  das  Periderm  zu  einem 
kleinen  länglichen  Wulste  ausgedehnt;  übrigens  scheint  nach  Götte 
die  ursprüngliche   aufgerollte  Spitze   nachträglich    verloren   zu  gehen. 

Die  hervorgewachsenen  Haare  des  Foetus  werden,  wie  gesagt,  als 
Lanugo  bezeichnet.  Sie  sind  gar  nicht  oder  wenig  pigmentiert,  gelb- 
lich und  folgen,  zeitlich  genommen,  in  ihren  Durclibruchsterminen 
den  Verschiedenheiten,  welche  sich  in  dieser  Beziehung  im  Auftreten 
bei  den  ersten  Anlagen  des  Haares  ergeben.  Sie  bestehen  aus  Rinden- 
substanz und  der  inneren  Lage  der  inneren  Wurzelscheide,  sind  also 
marklos ;  ihre  Hohlkolben  sind  farblos,  selten  beim  Europäer  bräun- 
lich pigmentiert,    und    ihr  Haarbalg    enthält    eine   schöne  Haarpapille. 


282  W.  Krause, 

Nach  ihrem  Hervorbrechen  wachsen  sie  langsam  weiter,  am  beträcht- 
lichsten am  Kopfe,  werden  auch  mehr  pigmentiert.  Ein  Teil  stößt 
sich  schon  in  den  letzten  Foetalmonaten  ab,  gelangt  in  die  Amnios- 
flüssigkeit,  wird  mit  dieser  verschluckt,  erscheint  dann  im  Meconium, 
dem  Darminhalt  des  Foetus,  und  wird  mit  diesem  vom  Neugeborenen 
entleert. 

Während  des  1.  und  2.  Lebensjahres  beim  Menschen,  weit 
rascher  bei  Säugetieren,  fallen  die  Wollhaare  aus  und  werden 
durch  die  eigentlichen  Haare  (Ersatzhaare,  sekundäre  Haare)  ersetzt. 
Der  Haarbalg  und  die  äußere  Wurzelscheide  verlängern  sich  nach  der 
Tiefe  hin,  fortsatzähnlich,  und  von  der  Haarpapille  aus,  die  stets  am 
Grunde  des  Haarbalges  zu  finden  ist,  erfolgt  die  Bildung  des  defini- 
tiven Haares.  Anfangs  besteht  dasselbe  aus  einem  kurzen  cylindrischen, 
nach  außen  zugespitzten  Schaft  (v.  Kölliker,  A.  L.  I.  1879.  Fig.  746), 
welcher  der  Haarpapille  aufsitzt  und  von  der  äußeren  Wurzelscheide 
umgeben  wird,  während  von  der  inneren  nicht  viel  zu  sehen  ist.  Die 
Spitze  des  neuen  Haares  drängt  das  ausfallende  Wollhaar  nach  außen 
und  zur  Seite,  und  dabei  verhornt  auch  der  von  der  Haarpapille  ab- 
gelöste Hohlkolben  des  Haares  nach  und  nach.  Zugleich  ändert  sich 
seine  Form,  seine  Höhlung  verschwindet,  und  aus  dem  Hohlkolben 
ist  ein  solider  Vollkolben  geworden.  An  dem  jungen  Haare  sondern 
sich  die  einzelnen  Schichten  ebenso,  wie  früher  an  dem  sich  bildenden 
Wollhaar.  Letzteres  wird  beim  Wachstum  des  neuen  Haares  immer 
mehr  nach  außen  und  zur  Seite  gedrängt,  es  wächst  durchaus  nicht 
weiter  und  fällt  aus,  wenn  die  Spitze  des  definitiven  Haares  das  Niveau 
der  Epidermis  erreicht  hat. 

Die  an  verschiedenen  Körperstellen  vorhandenen  Haare  haben 
eine  bestimmte,  zumeist  ziemlich  genau  bekannte  Lebensdauer 
(W.  Krause,  1879.  Bd.  IL  p.  305),  und  ihr  Ersatz  erfolgt  ganz  in  der- 
selben Weise  wie  bei  den  Wollhaaren.  Man  findet  daher  in  der  Haut 
des  erwachsenen  Menschen  fortwährend  hier  und  da  einzelne  Haar- 
bälge,  die  ein  altes  und  ein  junges  Haar  zugleich  enthalten.  Insofern 
zeigt  sich  ein  Unterschied  von  den  Wollhaaren,  daß  die  Haarbälge 
beim  Haarwechsel  sich  bedeutend  mehr  in  die  Länge  ziehen.  Die 
Haarpapille  rückt  anfangs  mit  dem  alten  Haare  nach  der  Oberfläche 
hin,  der  in  der  Tiefe  befindliche  Teil  des  Haarbalges  sinkt  zu  einem 
länglich-cylindrischen,  als  Haarstengel  (Wertheim,  1864)  bezeichneten 
Gebilde  zusammen.  Die  Papille  kontrahiert  sich  aber  wieder,  gelangt 
auf  den  Boden  des  Haarbalges,  wenn  das  neue  Haar  bereits  in  der 
Bildung  begriffen  ist,  indem  an  ihrer  Oberfläche  sich  wie  früher  ein 
Hohlkolben  des  neuen  Haares  zu  bilden  anfängt. 

Eine  ältere  Ansicht  behauptet,  daß  der  Hohlkolben  des  alten  Haares 
beim  Haarwechsel  des  Erwachsenen  aufgesplittert  sei  und  an  einer  seit- 
lich gelegenen  Stelle  des  Haarbalges  weiter  nach  außen  hin  festsitze, 
auch  wohl  noch  weiter  wTachsen  könne.  Solche  Haare  bezeichnete 
Unna  (1876)  als  Beethaare  und  die  Stelleu,  wo  ihre  Vollkolben  schein- 
bar in  der  äußeren  Wurzelscheide  des  Haarbalges  wurzeln,  als  Haarbeete. 
Unna  hat  jedoch  nach  Sprenger  (1898)  diese  Bezeichnungen  selbst  wieder 
aufgegeben.  Soweit  nicht  etwa  Verwechselungen  mit  Teilen  von  Talg- 
drüsen vorliegen,  handelt  es  sich  bei  den  sogenannten  Haarbeeten  ein- 
fach um  Hineinragen  von  Zellen  der  äußeren  Wurzelscheide  in  den 
Vollkolben,  wie  das  bei  der  Entstehung  des  letzteren  aus  einem  Hohl- 
kolben leicht    begreiflich  ist.     Auch    über  die  Frage,    ob  die    alte  Haar- 


Die  Entwickelung  der  Haut  und   ihrer  Nebenorgane.  283 

pajoille  zu  Grunde  geht  und  eine  neue  Papille  sich  bilden  muß,  besteht 
eine  ausgedehnte  Kontroverse.  Laxger,  v.  Kölliker,  v.  Ebner,  Schulin, 
W.  Krause,  Fritsch  u.  a.  sind  einig  darin,  daß  die  alte  Papille  auch 
•das  neue  Haar  liefert.  Steinlin,  Stieda,  Feiertag  sind  der  entgegen- 
gesetzten Ansicht,   Unna  hat  einen  Mittelweg  vorgezogen. 

Bei  sehr  vielen  Säugetieren  ist  der  Haarwechsel  bekanntlich  peri- 
odisch. 

Gruppenbild u ng  von  Haaren.  Die  Haare  entstehen  nicht 
alle  gleichzeitig.  Während  der  Entwickelung  wird  das  Haarkleid  des 
Foetus  immer  dichter  und  dichter.  Zum  Teil  entstehen  die  neuan- 
gelegten Haare  direkt  aus  dem  Stratum  germinativum  der  Epidermis 
(Fig.  171.  p.  276),  und  der  Bildungsprozeß  wiederholt  genau  die  Vor- 
gänge, welche  bei  der  Anlage  der  ersten  Haarkeime  aufgetreten  waren. 
Zum  Teil  aber  gehen  die  neuen  Haare  sekundär  aus  der  äußeren 
Wurzelscheide  hervor. 

Diese  Bildung  neuer  Haare    aus  der    äußeren  Wurzelscheide  des 
primären  Haares    ist  am  genauesten    von  Calef   (1900)   verfolgt 
worden.   Bei  Foetus  von  weißen  Hatten  (Mus  decumanus  var.  albina  — 
topo)  und  des   Schweines   entstehen   die    Anlagen    der    sekundären 
Haare   noch   unterhalb    der   Anlage    der  Talgdrüse    und   von    dieser 
durch  einen  Einschnitt  getrennt.     In  älteren  Foetus  von  5  cm  Körper- 
länge fehlt  dieser  Einschnitt,  sowie  die  Talgdrüsenanlage ;   bei  neuge- 
borenen Ratten  (Fig.  179)  sind  beide  vorhanden.     Die  Anlage  besteht 
zunächst    im    Corium    aus    einer   Lage    cylin- 
drischer    Zellen,    wie    diejenigen    der   tiefsten      p 
Lage    des    Stratum    germinativum    der    Epi- 
dermis,  mit    intensiv    chromatophilen    ellipso- 
idischen  Kernen.     Darauf  folgt  nach  der  Achse  £  f 

des  Haarbalges  hin  ein  Haufen  rundlicher  Zellen,     s 

und  ringsherum,  der  Gegeud  des  späteren  Halses  £■', 

des  Haarbalges  entsprechend,  reicht  eine  ring-     >' — ~-|  §  z 

förmige  Zone  von  vielfach  sich  vermehrenden    0  ..._ä§.~S-'s:''''''" 

Zellen.     Jene    Anlage    teilt    sich   durch    einen 

Einschnitt  in    die  Anlage   der   mehr   peripher  c  ■ 

gelegenen  Talgdrüse  und   in   die  des  accesso-  "'  ' ,.-.  '■■;: 

rischen   sekundären  Haares,   was,  wie  gesagt,  v\  r- 

Fig.  179.  Haar  der  Gesichtshaut  einer  neugeborenen 
Ratte  von  7  cm  Körperlänge.  8  Anlage  der  Talgdrüse. 
i  Einschnitt.  0  Anlage  eines  accessorischen  Haares.  Z 
Durchschnitt  der  ringsherum  gehenden  Epithelwuche- 
rung. (Nach  Calef,  1900.  Anat.  Anz.  Bd.  XVII. 
p.  512.  Fig.  2.) 

beim  neugeborenen  Tiere  deutlich  zu  erkennen  ist.  Beim  Foetus  des 
Schweines  sind  die  Verhältnisse  ganz  ähnlich. 

Diese  Art  der  Entstehung  bezeichnete  de  Heuere  (1894)  als 
seitliche  Knospung,  die  an  den  zuerst  angelegten  Haarfollikeln  vor 
sich  geht.  So  entstehen  sekundäre  Haarfollikel  und  Haare. 
Ursprünglich  sind,  wenigstens  bei  vielen  Säugern,  die  Haare  in  kleinen, 
aus  je  3  Haaren,  einem  stärkeren  Mittelhaar  und  2  schwächeren 
Seiten  haaren  oder  Nebenhaaren,  zusammengesetzten  Haargruppen 
vorhanden.     Solche    erinnern     auffallend    an    die    Schuppen    niederer 


284  W.  Krause, 

Wirbeltiere,  weil  sie  wie  diese  ziemlich  quer  zur  Längsachse  des  be- 
treffenden  Körperteiles  gestellt  sind.  Neben  diesen  Haargruppen,  und 
ganz  von  ihnen  gesondert,  können  neue  Einzelhaare  entstehen.  Oder 
aber  es  bilden  sich  neue,  sekundäre  Haarfollikel  durch  Knospung  von 
den  ursprünglichen  aus;  zumeist  geht  diese  Knospung  von  den 
seitwärts  angelegten  Haaren,  die,  wie  gesagt,  als  Seitenhaare  bezeichnet 
werden,  mitunter  jedoch  vom  Mittelhaar  aus.  Jedenfalls  ist  das  zuerst 
entstandene  Haar  als  Stamm  haar  von  den  sekundären  Neben- 
haaren zu  unterscheiden.  Die  primitive  Haargruppe  wird  aber 
keineswegs  aus  einer  einzigen  Anlage  gebildet,  womit  de  Meijere 
der  unten  noch  zu  erwähnenden  Ableitung  der  Haare  aus  Seiten- 
organen von  Anamnioten  auf  das  entschiedenste  widerspricht.  Wie 
bekannt,  erhält  sich  die  Gruppenstellung  der  Haare  an  vielen  Körper- 
stellen auch  beim  Erwachsenen ;  so  sind  in  der  Kopfhaut  des  Menschen 
kleine  Gruppen  von  3 — 5  Haaren  zu  erkennen,  von  denen  das  in  der 
Mitte  stehende  als  das  Stammhaar  zu  betrachten  ist. 

Nach  Waldeyer  (1884,  p.  38)  finden  Neubildungen,  die  zur 
Gruppenbildung  führen,  auch  noch  eine  Zeitlang  nach  der  Geburt 
statt,  und  zwar  sowohl  durch  das  geschilderte  seitliche  Auswachsen, 
als  vermöge  neuer  Einsenkungen  von  Haarbalganlagen  in  das  Corium, 
die  zwischen  den  alten  Haaren  erfolgen.  Und  nach  Hesse  (1876) 
zeigt  sich  sogar  beim  Erwachsenen  in  der  Kopfhaut  eine  derartige 
Neubildung  von  Haaren,  Haarbälgen  und  Talgdrüsen,  wie  beim  Foetus. 

Die  beschriebene  und  aus  den  angegebenen  Verhältnissen  sich 
erklärende  gruppenweise  Anordnung  der  Haare  ist  bei  einigen  Rassen, 
z.  B.  dem  Neger,  deutlicher  (W.  Krause,  1881.  p.  49.  Fig.  21),  fehlt 
aber  auch  dem  Europäer  keineswegs. 

Zeit  des  Erscheinens  der  Haare.  Beim  menschlichen  Foetus 
lassen  sich  die  ersten  Anlagen  der  primären  Haare,  die  als  Lanugo 
foetalis,  Flaumhaare,  von  Waldeyer  (1884.  p.  31)  bezeichnet  werden, 
am  Ende  des  3.  oder  Anfang  des  4.  Schwangerschaftsmonates  er- 
kennen. 

Eble  (1831)  hatte  sie  an  der  ganzen  Oberfläche  des  Körpers  erst 
am  Ende  des  5.  Monates  aufzufinden  vermocht.  Nach  Valentin 
(A.  L.  IL  1835.  p.  222)  erscheint  die  erste  Spur  der  Haaranlage  beim 
Menschen  gegen  das  Ende  des  3.  und  die  Mitte  des  4.  Schwanger- 
schaftsmonates, und  zwar  an  allen  Körperteilen  ungefähr  gleichzeitig. 
Nach  Eschricht  (1837.  p.  40)  gehen  die  Haaranlagen  des  Gesichtes 
den  übrigen  der  Zeit  nach  bei  weitem  vorauf,  sie  durchbrechen  die 
Epidermis  an  den  Augenbrauen,  der  Stirn  und  um  den  Mund  herum 
zuerst  und  zwar  am  Ende  des  5.  Monates  (v.  Kölliker,  1850.  p.  140), 
und  sind  in  der  Mitte  des  5.  Monates  länger  als  die  übrigen  Haare. 
An  den  distalen  Enden  der  Extremitäten  erscheinen  sie  am  spätesten, 
erst  am  Ende  des  6.  Monates,  so  daß  um  diese  Zeit  der  ganze  Körper 
von  Wollhaaren  bedeckt  wird. 

Die  ursprünglichen  Flaumhaare  beginnen  im  6.  Schwangerschafts- 
monat beim  Menschen  auszufallen,  indem  sie  durch  nachwachsende 
Haare  in  demselben  Haarbalg  ersetzt  werden.  Einige  Zeit  nach  der 
Geburt  sind  alle  Flaumhaare  durch  Kinderhaare,  Lanugo  infantilis 
(Waldeyer)  ersetzt.  Am  längsten  erhält  sich  das  foetale  Flaumhaar 
an  den  Schultern.  Erst  mit  dem  Beginn  der  Geschlechtsreife  treten 
die  stärkeren  Haare  auf,  die  Waldeyer  als  reifes  Haar  oder  Puber- 
tätshaar bezeichnet. 


Die  Entwickelung  der  Haut  und   ihrer  Nebenorgane.  285 

W  o  1 1  haare  des  Schafes.  Eine  merkwürdige  Differenz  existiert 
nach  Sticker  (1887)  zwischen  der  Entwickelung  der  Wollhaare  ge- 
wöhnlicher Schafe  und  der  Merinos.  Bei  letzteren  entwickeln  sie  sich 
aus  wenigen  großen  Zellen,  während  die  mehr  strafferen  Haare  ge- 
wöhnlicher Schafe  aus  vielen  kleinen  Zellen  hervorgehen.  Die  spiralige 
und  wellige  Drehung  dieser  Haare  erklärt  Sticker  aus  einer  Knickung, 
welche  der  Haarbalg  nach  außen  oder  nach  der  Peripherie  hin  von 
der  Haarpapille  erleidet.  Wie  bei  einer  sich  rankenden  Bohnenstaude 
werden  die  sich  vermehrenden  Zellen  an  der  konkaven  Seite  der 
Knickungsstelle  zusammengepreßt.  Schon  in  der  18.  Trächtigkeits- 
woche  des  Schafes  ist  ein  gruppenweises  Zusammensitzen  der  Haar- 
wurzeln nachzuweisen. 

Spürhaare  oder  Tasthaare.  Diese  Haare  treten  frühzeitig  bei 
den  Säugetieren  auf,  welche  am  Kopfe  solche  Haare  besitzen.  Ihre 
Entwickelung  geht  der  Hauptsache  nach  wie  bei  den  übrigen  Haaren  vor 
sich,  nur  daß  alle  Bestandteile  zahlreicher  oder  mächtiger  ausgebildet 
siud.  Vor  allem  aber  erfolgt  die  Ausbildung  frühzeitiger.  Beim  Maul- 
wurf sind  sie  nach  Maurer  (1892)  schon  an  Foetus  von  9,5  mm 
Körperlänge  zu  erkennen.  Beim  Kaninchen  sind  im  Anfang  der  zweiten 
Hälfte  der  Trächtigkeitsperiode  die  Spürhaare  in  ihren  Haarbälgen 
vollkommen  ausgebildet  und  keratisiert.  Ihre  Haarbälge  bieten  zu 
dieser  Zeit  zwei  beträchtliche,  zellenreiche  Anschwellungen  dar.  Die 
tiefer  gelegene  entspricht  dem  Boden  des  Haarbalges,  die  andere,  un- 
gefähr in  der  Mitte  der  Länge  des  Haarbalges  gelegen,  enthält  außer 
vielen  Zellen  auch  Blutgefäße  und  entspricht  dem  späteren  venösen 
Ringsinus.. 

Nach  v.  Kölliker  (A.  L.  I.  1879.  p.  790)  treten  die  ersten 
Anlagen  der  Spürhaare  nicht  in  Form  von  Einsenkungen  in  das  Corium, 


; 


Fig.  180.  Senkrechter  Durchschnitt  einer  Haaranlage  vom  Nacken  eines  75  mm 
langen  Foetus  vom  Schwein.  MÜLLER'sche  Flüssigkeit,  Alkohol,  Haematoxylin,  Xylol, 
Paraffin,  Kanadabalsam.  Vergr.  100.  1  Stratum  corneum  der  Epidermis,  hügelförmig 
aufgetrieben.  2  Stratum  germinativum.  3  Corium.  4  Anlage  der  Haarpapille.  Zeich- 
nung von  Dr.  Sokolowsky  in  Berlin. 

sondern  in  Gestalt  von  kleinen  Höckern  auf.  Dies  gilt  indessen  keines- 
wegs allein  für  die  Spürhaare,  sondern  für  stärkere  Haare  überhaupt, 
wovon  die  Anlage  der  Borsten  beim  Schwein,  z.  B.  in  der  Nacken- 
haut (Fig.  180)  ein  Beispiel  abgiebt.  Die  Anlagen  der  Spürhaare 
sitzen  zumeist  auf  einer  großen  flachen  Coriumpapille.  Diese  ist  selbst- 
verständlich   nicht    die    spätere    Haarpapille,    sondern    entspricht    der 


286  W.  Krause, 

ganzen  späteren  Haaranlage,  mit  Haarbalg  und  allem,  ebenso  der  An- 
lage des  Federkeimes  (Fig.  161.  p.  267).  Die  Haarpapille  entsteht  erst 
sekundär  an  einer  Einsenkung  in  der  Mitte  der  großen  Papille.  Das 
Corium  enthält  Gruppen  von  rundlichen  Zellen,  an  welche  sich  in  der 
Tiefe  abgeplattete,  jene  rundlichen  trichterförmig  umgreifende  Binde- 
gewebszellen und  sogar  schon  ßindegewebsfibrillen  anschließen.  Die 
trichterförmige  Anlage  umgreifen  in  der  Tiefe  die  Anlagen  der  Aeste 
eines  relativ  starken  Nervenstämmchens  und  solche  von  Blutgefäßen. 
Auf  der  geschilderten  großen  Coriumpapille  sitzt  eine  größere  Platte,  die 
aus  Epidermiszellen  besteht,  welche  sich  ebenso  wie  die  Zellenlagen  der 
gewöhnlichen  Haaranlagen  voneinander  unterscheiden.  Nur  sind  die 
Cylinderzellen  höher  und  ihre  länglichen  Kerne  dicker,  auch  sind  die 
sogenannten  Intermediärzellen  des  Stratum  corneum  nach  innen  zahl- 
reicher, und  wenn  auch  das  Periderm  eine  einfache  Lage  bleibt,  so 
erreicht  doch  die  gesamte  Epidermiswucherung  die  dreifache  Dicke 
der  benachbarten  Oberhaut. 

Diese  Wucherung  ragt  in  eine  flache,  kelchförmige  Vertiefung  des 
Corium  hinein,  welche  den  Gipfel  der  großen  Coriumpapille  einnimmt, 
und  im  Centrum  der  letzteren  beginnt  wiederum  eine  flache  Erhebung 
des  Corium,  die  zu  einer  kleineren  Papille  auswächst,  nämlich  der 
späteren  Spürhaarpapille.  Nach  und  nach  verstreicht  die  große  Corium- 
papille, die  ganze  Anlage  rückt  in  die  Tiefe  und  stellt  wesentlich  einen 
nach  innen  in  das  Corium  hineinragenden  Epithelzapfen  dar,  über 
welchen  hin  die  platten  Zellen  des  Periderm  sich  fortsetzen. 

Die  Lippen  haare  des  männlichen  Foetus  beim  Menschen  bieten 
so  viel  bekannt  ist,  keine  Besonderheiten. 

Kleine  Erhebungen  der  Cutis  als  erste  Haaranlagen  fand  Feiertag 
(1875)  nur  an  den  primitiven  Haaren  der  Schnauze  und  der  Augen- 
gegend  beim  Schaf  und  Schwein.  An  den  später  auftretenden 
Haaren  dieser  Gegenden,  sowie  an  allen  sonstigen  Haarkeimen  findet 
keine  primäre  Erhebung  der  Cutis  statt.  Unna  (1876)  bestätigte  diese 
Angaben  bei  Kaninchenembryonen. 

Cetaceen.  Bei  den  Waltieren  besitzen  nur  die  Foetus  Haare, 
welche  später  vollständig  schwinden  (Kükenthal,  1889),  am  spätesten 
diejenigen  der  Oberlippe. 

Mo notr einen.  Die  Eutwickelung  der  Haare  bei  Monotremen 
ist  zwar  in  allen  wesentlichen  Punkten  die  gleiche  wie  bei  anderen 
Säugetieren ,  verdient  aber  naturgemäß  besondere  Aufmerksamkeit. 
Baldwin  Spencer  (1889)  hat  obigen  wichtigen  Satz  bei  Ornitho- 
rhynchus  und  Echidna  erwiesen.  Von  ersterem  standen  Foetus  von 
40  mm  und  77  cm  Körperlänge,  von  Echidna  solche  von  55  mm  zur 
Verfügung,  so  daß  die  Beobachtungen  vom  Anfangsstadium  bis  zur 
vollen  Entwickelung  der  größeren  Haare  reichen. 

Zuerst  tritt  ein  Stadium  auf,  in  welchem  die  Haaranlage  aus  einem 
soliden,  in  das  Corium  hineinwachsenden  Epidermiszapfen  besteht.  Das 
Corium  nimmt  zu  dieser  Zeit  absolut  keinen  Anteil  an  der  Haaranlage 
(Fig.  181).  Letztere  steht  mit  ihrer  Längsachse  senkrecht  auf  der  Cutis- 
oberfläche  und  behält  diese  Lage  während  der  weiteren  Entwickelungs- 
stadien  bei.  Offenbar  ist  die  Sache  so  aufzufassen,  daß  nicht  eine 
Epidermiswucherung  in  das  Corium  hineindringt,  sondern  daß  letztere 
von  dem  saftreichen,  turgescierenden  Corium  an  ihrer  Peripherie  um- 
wachsen wird.    An  beiden  Enden  des  Epithelzapfens  (Fig.  181)  bleibt 


Die  Entwickelang  der  Haut  und   ihrer  Nebenorgane.  287 

das  Wachstum  des  Corium  zurück,  indem  das  Ernährungsmaterial  den 
Epidermiszellen  des  Stratum  germinativum  zu  gute  kommt,  die  zahl- 
reiche mitotische  Kernteilungsfiguren  aufweisen. 


Fig.  181.    Längsschnitt  durch  die  frü- 
heste Haaranlage  in   der  Brustregion  eines 

Foetus    von    Ornithorhynchus    paradoxus  ' p_®  ©  &  'Sq© 

von  40  mm  Körperlänge"    Die  Kerne  in  der  @©©©I|&!?«>'®  ^ 

Tiefe  der  Epidermiseinsenkung  sind   etwas         ftSe©0gö%fl®^§;®#©  ©  oj 
in    die    Länge  gezogen,    eine   Anlage    der  -^W^^pP^^&QQM 

Haarpapille  ist  noch  nicht  vorhanden,  die  ^■^^»'W^^&l&^^gßP. 

Spalte   zwischen  Epidermis   und  Cutis  im  M*^$- 

Grunde  des  Haarbalges  ist  Kunstprodukt. 
c  Stratum  corneum.  g  Stratum  germina- 
tivum. C  Corium.  Vergr.  250.  (Nach 
Bald win  Spencer  and  Georgina  Sweet, 
Quart.  Journ.  of  microsc.  Science.  Vol. 
XLI.  PI.  44.  Fig.  9.  1899.) 


■%• 


C 


Späterhin  wuchern  auch  die  Bindegewebszellen  an  der  tiefer  ge- 
legenen blinden  Wölbung  des  Epidermiszapfens.  Die  am  tiefsten  ge- 
legenen Zellen  des  letzteren  nehmen  die  Form  einer  sanft  geneigten 
Platte  an,  möglicherweise  existiert  die  Andeutung  einer  primitiven 
bilateralen  Symmetrie.  Dann  wird  die  Platte  durch  Hineinwachsen 
jener  Zellen  Wucherung,  die  von  den  Bindegewebszellen  des  Corium 
ausgeht,  in  eine  kolbenförmige,  inwendig  hohle,  aber  von  der  späteren 
Haarpapille  ausgefüllte  Anschwellung,  den  Hohlkolben,  verwandelt,  der 
eine  radial-symmetrische  Anordnung  zeigt.  Der  Querschnitt  der  Haar- 
follikelanlage  ist  genau  kreisförmig,  die  Schichten  der  späteren  Wurzel- 
scheiden sind  konzentrisch  angeordnet,  und  die  cylindrisch  gewordenen 
Epidermiszellen  auf  der  Innenfläche  des  Haarbalges  stehen  radiär  ange- 
ordnet. Die  oben  angedeutete  laterale  Symmetrie  zeigt  sich  in  der  schrägen 
Neigung  der  ursprünglichen  Zellenplatte;  hier  sind  die  Längsachsen 
der  am  tiefsten  gelegenen  Epidermiszellen  untereinander  parallel,  schräg 
nach  außen  und  nach  einer  Seite  gerichtet;  jedoch  ist  dies  ein  rasch 
vorübergehendes  Stadium.  Die  ganze  Haar-  und  Haarfollikelanlage 
ist  stets  eine  solide  Zellenmasse  und  enthält  niemals  eine  nach  der 
Epidermis  zu  offene  Höhlung.  Die  innere  Wurzelscheide  differenziert 
sich  aus  den  Zellen,  welche  die  Innenwand  der  Follikelanlage  aus- 
kleiden sie  wandelt  sich  in  ein  verhorntes  Netzwerk  um,  durch  welches 
später  das  wachsende  Haar  sich  Bahn  bricht.  Die  innere  Lage  der 
inneren  Wurzelscheide,  welche  die  der  Haaranlage  zugekehrte  Ober- 
fläche der  späteren  inneren  Wurzelscheide  überzieht,  hängt  kontinuier- 
lich mit  der  Cuticula  des  Haares  selbst  zusammen.  Die  Marksubstanz 
des  späteren  Haares  entsteht  als  solider  Zellenzapfen  von  den  Epi- 
dermiszellen des  Stratum  germinativum  aus,  die  sich  als  äußere  Wurzel- 
scheide in  den  Haarfollikel  fortsetzen. 

Bemerkenswert  ist,  daß  große  und  kleine  Haare  von  Ornithorhynchus 
keinen  verschiedenen  Entwickelungsmodus  besitzen.  Die  verschiedene 
absolute  Größe  der  Haarpapille  jener  großen  Haare,  sowie  der  Stachel- 
papillen  von  Echidna  hat  keine  phylogenetische  Bedeutung. 

Etwas  spätere  Stadien  der  Haarentwickelung  hat  Poulton  (1894) 
bei  einem  Foetus  von  Ornithorhynchus  von  8  cm  Körperlänge  unter- 
sucht.    Die   größeren  oder   kleineren  Haare   des  Schnabeltieres  legen 


288  W.  Krause, 

sich  als  von  vornherein  nach  außen  offener  Haarfollikel  an,  wodurch 
letzterer  eine  erhebliche  Aehnlichkeit  mit  einem  Federfollikel  besitzt. 
Feiner  sind  die  größeren  Haare  bilateral-symmetrisch  gebaut,  und  ihre 
innere  Oberfläche  ist  von  der  äußeren  etwas  verschieden.  Die  innere 
Wurzelscheide  ist  stark  entwickelt  und  die  Haarpapille  sehr  lang.  So 
homologisiert  denn  Poulton  das  Haar  ganz  und  gar  der  Feder,  und 
zwar  die  innere  Wurzelscheide  den  Federstrahlen.  Richtiger  ist  wohl 
die  Annahme  Waldeyer's  (1882),  der  die  innere  Wurzelscheide  mit 
der  Federscheide  verglichen  hat,  welche  Homologisierung  jedoch 
wiederum  von  Spencer  (1899,  p.  580)  bestritten  wurde. 

Vergleichung  von  Schuppe,  Feder  und  Haar.  Ueber 
die  Beziehungen  der  Haare  zu  den  sonstigen  Epidermoidalbildungen  giebt 
es  verschiedene  Hypothesen. 

Die  Haare  werden  von  den  Hornschuppen  der  Reptilien  abgeleitet, 
indem  sie  cylindrische,  in  die  Cutis  eingesunkene  und  aus  derselben 
hervorwachsende  schuppenähnliche  Bildungen  darstellen.  Der  Zusammen- 
hang mit  den  Federn  ergiebt  sich  von  seihst,  außerdem  hat  Reh  (1895) 
eine  Reihenfolge  aufgestellt ,   Schuppe,  Stachel,  Borste,  Haar. 

Oder  die  Haare  sind  von  den  Placoidschuppen  der  Selachier  abzu- 
leiten und  genetisch  mit  diesen  Hautzähnchen,  aber  auch  mit  den  eigent- 
lichen Zähnen    verwandt    (Beard,    1889;    Emery,    1893;  Brandt,    1900). 

Endlich  werden  die  Haare  direkt  von  den  Seitenorganen  oder  Haut- 
knospen der  Amphibien  abgeleitet,  sie  wären  den  Schuppen  und  Federn 
nicht  zu  homologisieren,  woraus  eine  nähere  Verwandtschaft  der  Säuger 
mit  den  Amphibien  und  Fischen  resultieren  würde,  während  die  Sauro- 
psiden  sich  frühzeitig  abgezweigt  hätten.  Gegenbaer  (1874,  p.  421) 
hatte  sich  nämlich  in  Bezug  auf  die  Homologisierung  der  Haare  und 
Federn  folgendermaßen  ausgesprochen.  Man  pflegt  beide  als  sehr  nahe 
verwandte  Bildungen  anzusehen,  da  sie  sowohl  in  ihren  Beziehungen  zur 
Haut,  als  auch  in  ihren  äußerlichen  Verhältnissen  manches  Ueberein- 
stimmende  bieten.  Dennoch  ergeben  sie  sich  bei  Beobachtung  der 
genetischen  Verhältnisse  als  divergente  Organe.  Die  erste  Anlage  für 
die  Feder  stellt  einen  höckerförmigen  Vorsprung  vor.  —  —  Vergleicht 
man  die  Entwicklung  des  Haares  mit  jener  der  Feder,  so  trifft  man 
den  ersten  Zustand  der  Feder  beim  Haar  nur  angedeutet  und  in  seiner 
Weiterentwickelung  übersprungen,  denn  das  Haar  legt  sich  nicht  in  jener 
vorübergehenden  Erhebung,  sondern  in  einem  von  der  Epidermis  aus  in 
die  Cutis  eingewucherten  Follikel  an,  in  dessen  Grund  gleichfalls  eine 
Cutispapille  sich  erhebt,  u.   s.  w. 

Schärfer  präcisiert  worden  ist  die  genetische  Trennung  von  Haar 
und  Feder  durch  Maurer  (1892,  1893).  Hiernach  sind  beide  einander 
nicht  homolog.  Das  Haar  ist  von  den  Epithelknospen  der  Amphibien 
abzuleiten,  andererseits  gehören  die  Schuppen  der  Reptilien  und  die 
Vogelfedern  zusammen,  wie   auch  sonst  Sauropsiden   einander  nahestehen. 

Gestützt  soll  diese  Ansicht,  abgesehen  von  den  Nerven  (s.  unten), 
dadurch  werden,  daß  die  Haare  als  reine  Epidermoidalbildungen  nach 
innen  wachsen ,  keine  auf  der  äußeren  Hautoberfläche  hervorragende 
Coriumpapille  zeigen,  wie  sie  den  Federn  und  Schuppen  zukommt,  an 
deren  Bildung  also  das  Corium  von  vornherein  beteiligt  ist.  Die  Anlagen 
der  Epithelknospen  dagegen  (Fig.  205,  206,  207)  zeigen  sich,  wie  die 
der  Haare,  in  der  Epidermis  stets  an  Stellen,  wo  die  Corium  Oberfläche 
eine  Ebene  darstellt,  ohne  Vertiefungen  oder  Erhöhungen.  Auch  bei  den 
großen  Spürhaaren  am  Kopfe,  wo   die  Haarpapillen    frühzeitig  auftreten 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane.  289 

entstehen  sie  erst  sekundär  auf  größeren  primären  Hautpapillen.  Maurer 
hat  nun  versucht,  die  Zellen  der  Epithelknospen  mit  denjenigen  des 
Haares  zu  homologisieren.  Die  Markzellen  der  Haare  sind  keine  zurück- 
gehildeten  Sinneszellen  der  Epithelknospe,  welche  letzteren  Zellen  viel- 
mehr zu  Grunde  gehen ,  sondern  differenzierte  Epithelialzellen.  Die 
röhrenförmige  Beschaffenheit  der  Rindensubstanz  des  Haares  entspricht 
der  gleichen  Anordnung  der  um  die  Sinneszellen  einer  Epithelknospe  ge- 
schichteten Stützzellen.  Die  Deckzellen  der  Knospe  sieht  Maurer  für 
diejenigen  an,  aus  welchen  sich  die  Cuticula  des  Haares  herausbildet. 
Die  Stützzellen  im  Inneren  der  Epithelknospe  entsprechen  den  Rinden- 
zellen des  Haarschaftes.  Die  äußere  Lage  der  inneren  Wurzelscheide  ist 
eine  Fortsetzung  des  Stratum  corneum  der  Epidermis,  die  mittlere  Lage 
aber  ein  dünner  Teil  der  mittleren  Lagen  des  Stratum  germinativum, 
welches  das  aus  der  Epithelknospe  sich  herausdirferenzierende  Haar 
überzieht. 

Was  nun  die  Nerven  anlangt,  so  parallelisiert  Maurer  die  Nerven 
des  Haares  und  die  der  Epithelknospen  oder  Seitenorgane  etwa  folgender- 
maßen. Die  Epithelknospen  sollen  zwei  Arten  von  Nervenfasern  erhalten, 
nämlich  centrale  und  periphere.  Letztere  (von  denen  Maurer  eine 
übrigens  sehr  zweifelhafte  Abbildung  beim  Triton  giebt,  1892,  Taf.  XXVI, 
Fig.  29)  sollen  einfach  sensible  Hautnerven  sein  und  „in  Beziehung" 
zu  den  Stützzellen  treten.  Erstere  sind  die  specifischen  Sinnesnerven, 
aus  dem  R.  lateralis  n.  vagi,  und  stehen  in  Beziehung  zu  den  Sinnes- 
zellen. Maurer  glaubt  nun  erkannt  zu  haben,  daß  die  Nervenverzweigung 
im  Inneren  der  Epithelknospe  bei  der  Haaranlage  zu  Grunde  geht  und 
nur  die  periphere  Nervenverzweigung  erhalten  bleibt,  während  es  bei 
den  Epithelknospen  umgekehrt  sein  würde.  Um  so  mehr  homologisiert 
Maurer  die  Haare  den  Epithelknospen ;  letztere  sind  der  einzige  inte- 
grierende Bestandteil  der  Haaranlage.  Die  Haarpapillen  sind  dabei  ganz 
gleichgültig,  es  sind  sekundär  hinzutretende  Anlagen. 

In  betreff  der  Haare  hält  Maurer  mit  Recht  die  Nervenplexus, 
welche  den  Haarbalg,  namentlich  an  der  Einmündungssteile  der  Talg- 
drüsen, umspinnen,  für  einfach  sensibel.  In  der  Haarpapille  sind  keine 
Nerven.  Ein  solches  negatives  Resultat  auf  dem  Gebiet  der  Nerven- 
endigungen weiter  zu  verwerten,  hat  an  sich  etwas  Bedenkliches.  Seit- 
dem hat  nun  Retzius  (1894)  in  der  Lippenhaut  eines  20  cm  langen 
menschlichen  Eoetus  ein  Netzwerk  blasser  Nervenfasern,  allerdings  nur 
mit  der  Silberchromatmethode ,  abgebildet  (Retzius  ,  1894.  Eig.  9). 
Ferner  schilderte  Orru  (1894)  beim  Meerschweinchen  Nervenfasern  in 
den  Haarpapillen  der  foetalen  Tasthaare  ,  ebenfalls  nach  Behandlung 
mit  Silberchromat.  Es  handelt  sieh  um  zahlreiche  verästelte  und  mark- 
lose Nervenfasern.  Endlich  fand  Ksjunin  (1898)  zahlreiche  blasse,  an- 
geblich vasomotorische  Nervenfasern  in  den  Haarpapillen  von  Spürhaaren 
bei  Säugetieren.  Hiernach  erscheinen  wohl  die  Nerven  nicht  ganz  ge- 
eignet,  der  Hypothese  von  Maurer  als  Stützpunkt  zu  dienen. 

Wenn  nun  beim  Uebergange  der  Amphibien  zum  Landleben  der 
Raums  lateralis  sich  zurückbildete,  so  mochte  dies  auch  bei  den  ventralen 
Nerven  der  Seitenorgane  eintreten.  Mit  den  Sinnesnerven  der  letzteren 
stehen  nach  Maurer  „naturgemäß"  periphere  Epithelzellen  in  Verbindung. 
Diese  erleiden  auch  eine  vollkommene  Rückbildung.  Aber  das  Auf- 
treten von  Markzellen  im  Haarschaft  läßt  den  Bau  des  Haares  dem- 
jenigen der  Seitenorgane  der  Amphibien  noch  ähnlicher  erscheinen.  Man 
kann  das  Auftreten  des  Markes  und  die  damit  sich  einstellende  röhren- 

Handbuch- der  Eat wickelungslehre.    II.    1.  19 


290  W.  Krause, 

türmige  Beschaffenheit  der  Rindensubstanz  als  aus  der  röhrenförmigen 
Beschaffenheit  der  um  die  Sinneszellen  eines  Hautsinnesorganes  ge- 
schichteten Stützzellen  hervorgegangen  betrachten. 

Die  Deckzellen,  welche  an  den  Seitenorganen  die  La^e  der  Stütz- 
zellen umgeben ,  entsprechen  der  inneren  Lage  der  inneren  Wurzel- 
scheide oder  der  Cuticula  des  Haares,  die  Stützzellen  selbst  aber  liefern  die 
Rindenzellen  des  Haarschaftes.  Maureh  will  übrigens  nicht  die  Haut- 
sinnesorgane der  Amphibien  direkt  in  Haare  der  Säugetiere  übergehen 
lassen ;  erstere  sollen  vielmehr  gleichsam  nur  den  Boden  abgeben,  auf 
welchem  die  Haare  sich  entwickeln. 

Der  Anschauung  von  Maurer  steht  eine  ältere  von  Goette  (1868) 
o-e&'enüber.  Goette  erklärte  die  Entstehuno;  der  Haare  fole-endeimaßen. 
Die  Haare  sind  keine  anatomischen  Individuen,  auch  nicht  Produkte  der 
Epidermis,  sondern  nur  besondere  Teile  der  letzteren.  Die  Besonderheit 
wird  zunächst  begründet  duzch  lokale  Steigerungen  der  Ernährung  der 
Cutis  (Haarpapille,  Haarbalg) ;  unter  den  weiteren  Bedingungen  sind  die 
mechanischen  Verhältnisse  zu  berücksichtigen,  welche  aus  der  lokalen 
Epidermiswucherung  den  cjdindrischen  Haarschaft  formen.  Danach  er- 
scheint die  äußere  Wurzelscheide  als  bloße  Einstülpung  der  Epidermis, 
deren  Wachstum  von  den  Seiten  aus  eine  bogenförmige,  vom  Grunde 
des  Haarbalges  aus  eine  gerade  Richtung  hat.  Mit  der  Richtung  des 
Wachstumes  stimmt  auch  die  histologische  Sonderung  der  betreffenden 
Epidermisteile  überein,  und  die  innere  Wurzelscheide  ist  dem  Haarschaft 
selbst  näher  verwandt  als  der  äußeren  Wurzelscheide. 

Der  erste  Anstoß  zur  Bildung  einer  Haaranlage  wird  durch  eine 
lokale  Zellenwucherung  im  Corium  dicht  unter  der  Epidermis  gegeben. 
Letztere  erhebt  sich  zu  einem  kleinen  Höcker,  der  dem  freien  Auge  als 
weißes  Pünktchen  erscheint.  Die  rundlichen  Bindegewebszellen  des 
Corium  gruppieren  sich  zu  einem  rundlichen  Gebilde,  welches  vom  Stratum 
germinativum  der  Epidermis  umwachsen  wird  und  beim  Fortgang  dieses 
Wachstumes  in  die  Tiefe  gelangt.  Dadurch  verstreicht  nun  die  anfäng- 
liche Erhabenheit  der  Hautoberfläche,  und  es  entsteht  ein  von  der  Epi- 
dermis ausgehender,  anfangs  rundlicher,  später  cylindrischer,  in  die  Cutis 
hineinwachsender,  aus  Zellen  bestehender  Fortsatz.  An  seinem  Ende 
liegt  die  ursprüngliche  Papille,  wie  in  den  Fortsatz  eingestülpt,  wodurch 
das  erstere  etwas  verdickt  erscheint.  Die  strukturlose  Grenzmembran 
des  Corium,  sowie  die  Zellen  des  Stratum  germinativum  setzen  sich  in 
die  Haaranlage  fort. 

Die  Anschauung  von  Goette  ist  wohl  allgemein  aufgegeben  worden; 
in  der  ganzen  Auseinandersetzung  von  Maurer  aber  bleibt  ein  wesent- 
licher Punkt  anatomisch  unverständlich.  Haare  sind  über  die  ganze 
Körperoberfläche  verbreitet,  die  Hautsinnesorgane  sind  auf  das  Gebiet  des 
N.  vagus  und  allenfalls  des  N.  trigeminus  beschränkt.  Wenn  nun  be- 
hauptet wird,  aus  einer  Seitenlinie  könnten  allenfalls  mehrere  Linien 
von  Haaren  hervorgehen,  so  ist  doch  klar,  daß  die  Haare  der  Extremi- 
täten ebensowohl  Tastorgane  sind  wie  die  des  Rumpfes ;  an  den  Extremi- 
täten giebt  es  aber  keine  Hautsinnesorgane. 

Die  ganze  Hypothese  leidet  an  der  noch  hier  und  da  verbreiteten, 
älteren  Vorstellung  von  Sinneszellen  und  Stützzellen,  während  es  doch 
sicher  ist,  daß  die  nervösen  Endfasern  zwischen  den  sog.  Sinneszellen 
aufhören  und  nicht  in  deren  Protoplasma  eindringen.  Die  Haare  sind 
daher  keineswegs  als  weiter  ausgebildete  Teile  von  modifizierten  Haut- 
sinnesorganen, sondern  als  modifizierte  Federn   oder  Schuppen,  von  denen 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane. 


291 


sie  nur  in  der  Größe  ihrer  ersten  Anlagen  sich  unterscheiden,  aufzufassen. 
Das  Haar  inkl.  der  inneren  Wurzelscheide  repräsentiert  ein  kegelförmig  er- 
hobenes Stück  der  Gesamtepidermis,  und  dasselbe  gilt  für  die  Federn.  Die 
Federscheide  ist  der  inneren  Wurzelscheide  homolog,  sie  stellt  einen  Epi- 
dermisüberzug  der  jungen  Feder  dar.  Letztere  selbst  ist  ein  Produkt 
des  Stratum  germinativum  der  Epidermis ,  und  die  Feder  durchbricht 
die  Federscheide,  genau  wie  das  Haar  seine   innere  Wurzelscheide. 

Mögen  die  Säuger  den  Anamnioten  näher  stehen  als  den  Saurop- 
siden,  so  ist  daraus  noch  nicht  zu  folgern,  daß  die  Verwandtschaft  ge- 
rade in  den  durch  äußere  physiologische  Einflüsse  so  sehr  wechselnden 
äußeren  Bedeckungen  und  speciell  in  deren  Epidermoidalanhängen  ausge- 
drückt sein  müsse.  Zwischen  Haaren  und  Federn  sind  gewisse  Ueber- 
o-änp-e  vorhanden,  einerseits  durch  die  haarähnlichen  Federn  und  deren 
Entwickelung  bei  Dromaeus  (p.  271),  andererseits  durch  die  bereits  er- 
örterten Stachelbildungen  (p.  275).  Die  Zusammengehörigkeit  von  Stacheln 
und  Haaren  ist  allgemein  anerkannt ;  sie  folgt  schon  aus  den  vielfachen 
Uebergängen  zwischen  beiden  und,  hiervon  abgesehen,  aus  der  überein- 
stimmenden Entwickelung  beider.  Zudem  zeigt  auch  das  Haar  eine 
radiäre  Anordnung  der  Zellen  seiner  inneren  Wurzelscheide  (Fig.  182), 
welche  Anordnung  bei  den  Stacheln  (Fig.  170),  wie  bei  der  Feder 
(Fig.   164)  gleichmäßig  wiederkehrt. 

Daß  Schuppen  und  Federn  zusammengehören,  ergiebt  sich  unzweifel- 
haft aus  der  oben  geschilderten  Entwickelungsgeschichte  beider  und  ist 
allgemein  anerkannt.  Die  Anlagen  beider  besitzen  schon  ursprünglich 
schräg  zur  Epidermisoberfläche  gestellte,  nach  außen  hervorragende 
Coriumpapillen,  auf  welchen  und  um  welche  herum  sich  die  massenhaften 
Epidermis  Wucherungen  ausbilden.  Es  fragt  sich  nun,  inwieweit  die  Haare 
und  die  Federn  auseinanderzuhalten  sind,  und  da  ergiebt  sich,  daß  die 
früheste,  bisher  wenig  berücksichtigte  Form  der  Anlage  bei  beiden  dieselbe 


Fig.  182.  Querschnitt  eines  Haares  nebst 
Haarbalg  vom  Meerschweinchen  mit  0,5-proz. 
Goldchlorid.  Essigsäure,  Alkohol,  Glycerin.  Vergr. 
400.  p  Haar  mit  dunkeln  Fett-  und  Pigment- 
körnehen, m  Membran  des  Haarbalges,  g  Glas- 
membran desselben,  e  äußere  Wurzelscheide,  i 
äußere  Lage  der  inneren  Wurzelscheide,  h  radiär 
gestellte  Zellen  der  mittleren  Schicht.  Zwischen 
dem  Haar,  das  keinen  Markkanal  besitzt,  und 
den  Zellen  der  mittleren  Schicht  liegen  noch  die 
Durchschnitte  der  platten  Zellen  der  Cuticula  des 
Haares  und  nach  außen  von  letzterer  diejenigen 
der  inneren  Schicht  der  inneren  Wurzelscheide. 
(Nach  W.  Krause,  Anat.  Bd.  I.  p.  110.  Fig.  68. 
1876.1) 


ist.  Wie  das  Haar  entsteht  die  Feder  ursprünglich,  ohne  eine  Hervor- 
ragung über  das  Niveau  der  Epidermisoberfläche  zu  bilden  (Fig.  183  und 
184). 

Die  auffallenden  Unterschiede  zwischen  Haaren  und  Federn  können 
mithin  nur  als  sekundäre  aufgefaßt  werden.  Die  Anlage  der  Feder  oder 
Schuppe  ist  von  vornherein  viel  ausgedehnter,  massiger  als  die  des 
Haares,  und  das  Verhältnis,  welches  beim  erwachsenen  Tier  auffällt,  be- 
ginnt schon  in  der  allerfrühesten  Anlage  sich  zu  zeigen.  Feder  wie  Haar 
stellen  anfangs  flach  ausgebreitete,  scheibenförmige  Zellenhaufen  dar,  die 
bei  der  Feder  in  allen  Dimensionen  und  speciell  in  der  Dicke  viel  aus- 

19* 


202  W.  Krause. 

gedehnter  sind ;  letzteres  hängt  von  der  erheblicheren  Vermehrung  von 
Mesenchvmzellen  ab.  Man  darf  bei  Betrachtung  der  Fig.  183  und  184 
die  verschiedene  Vergrößerung  nicht    unbeachtet   lassen,    die  Anlage    der 


/' 
9 


Fig.  183.  Durchschnitt  durch  die  Cutis  eines  Embryo  der  Taube  vom  5.  Be- 
brütungstage.  Erste  Anlage  einer  Embryonaldune.  Vergr.  etwa  200.  Die  Zellen- 
wucherung der  Epidermis  ist  flach,  erscheint  in  so  früher  Zeit  nicht  höckerförmig, 
im  Corium  ist  eine  sehr  beträchtlich  ausgedehnte  Wucherung  von  Mesenchvmzellen 
vorhanden,  p  Periderm.  g  Stratum  germinativum.  D  Corium.  (Nach  Davies,  1889. 
Taf.  XXIII.  Fig.  1.) 

Fig.  184.   Erste  Anlage  eines  Neben- 
haares   in    der  Gesichtshaut  eines   14- 


T-  tätigen  Foetus  vom  Kaninchen.     Mül- 

%m  £    *  ■<*-«-/       LER'sche  Flüssigkeit,  Alkohol,  Haema- 

toxylin,  Xylo!,  Paraffin,  Kanadabalsam. 


Vergr.  500.  1  Epidermis,  vom  Periderm 
bedeckt.  2  Corium.  Dasselbe  zeigt  eine 
Vertiefung,  woselbst  die  gewucherten 
Epidermiszellen  die  erste  Anlage  des 
Haares  repräsentieren.  Letztere  steht  nicht  genau  senkrecht  auf  der  Ebene  der 
Cutis,  sondern  es  ist  die  Richtung  der  Zellenwucherung  etwas  geneigt,  beim  Ein- 
dringen in  das  Corium  reicht  sie  nach  links  ein  wenig  tiefer  hinein  (vergl.  Fig.  172). 
(Zeichnung  von  Dr.  Sokolowsky  in  Berlin.) 

Feder  ist  im  Flächeninhalt  etwa  17mal  größer.  Wenn  es  sich  aber  um 
Haare,  Spürhaare  oder  Borsten  handelt,  die  von  vornherein,  eine  weit 
größere  Anlage  besitzen  (Fig.  180),  so  findet  sich  eine  höckerförmige 
Hervorwölbung  so  gut  wie  bei  der  Feder  (Fig.  162)  oder  Schuppe 
(Fig.   157). 

Erst  in  zweiter  Linie  kommt  in  Betracht,  daß  die  Haaranlage  früher 
in  die  Tiefe  eingesenkt  erscheint,  als  es  bei  der  Feder  der  Fall  ist.  Die 
erstere  wächst  nicht  etwa  in  die  Tiefe,  sondern  die  bei  den  Federn, 
Schuppen  und  Haaren  in  gleicher  Weise  existierende  Coriumpapille  wird 
von  der  benachbarten  Cutis  umwachsen.  Mikroskopisch  betrachtet,  sieht 
man  eine  lokale,  vom  Stratum  germinativum  der  Epidermis  ausgehende 
Zellenwucherung,  die  nach  und  nach  tiefer  in  die  Cutis  eindringt.  Man 
darf  sie  aber  nicht  losgelöst  vom  übrigen  Embryo  betrachten.  Der 
Embryo  selbst  wächst  allseitig  nach  außen,  und  zwar  enorm  rasch,  und 
es  senkt  sich  nicht  etwa  jene  lokale  Zellenwucherung  in  die  Tiefe,  son- 
dern sie  wird  von  der  nach  außen  wachsenden  Cutis  an  ihrem  Außen- 
rande und  später  ringsum  an  ihren  seitlichen  Oberflächen  umgeben. 
Also  wuchert  nicht  die  Epidermis  in  die  Tiefe,  sondern  die  Cutis  mit 
ihren  Blutgefäßen  wächst  nach  außen.  Nun  besteht  ein  wesentlicher  Unter- 
schied der  Cutis  der  erwachsenen  Sauropsiden  von  der  äußeren  Haut  der 
Säuger  darin,  daß  die  letztere  bedeutend  dicker  ist,  sowohl  absolut,  als 
im  Verhältnis  zur  Körpergröße.  Es  ist  also  durchaus  nicht  wunderbar, 
sondern  es  kann  im  Gegenteil  nicht  wohl  anders  sein,  als  daß  die  Cutis 
der  Embryonen  von  Säugern  rascher  wächst  als  die  von  Sauropsiden. 
Auf  Differenzen  dieser  ganz   einfachen,   öfters  nicht  genügend  beachteten 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane. 


293 


mechanischen  Verhältnisse  reduciert  sich  also  die  erörterte,  scheinbar  so 
auffallende  Verschiedenheit  zwischen  den  Anlagen  von  Haar  und  Feder. 
Weil  die  Haut  und  speciell  das  Corinna  beim  Säuger  sich  beträchtlicher 
verdickt,  deshalb  gelangt  die  Haarpapille  früher  in  die  Tiefe  als  die 
Federpapille ;  letztere  bleibt  länger  oberflächlicher,  und  die  Schuppe  bleibt 
es  für  das  ganze  Leben.  Bekanntlich  erhalten  sich  die  Dickendifferenzen 
der  Cutis  zwischen  Reptil,  Vogel  und  Säuger  ebenfalls  beim  erwachsenen 
Tier. 

Das  Resultat  ist  also,  daß  Schuppen,  Federn,  Borsten,  Stacheln  und 
Haare  homologe  Bildungen  sind.  Die  Haare  haben  mit  Seitenorganen 
oder  Epithelknospen  nichts  zu  thun,  ihre  Differenzen  von  den  Federn 
erklären  sich  zum  größten  Teil  aus  den  verschiedenen  absoluten  Dimen- 
sionen der  Anlagen  und  verschwinden,  wenn  die  Dimensionen  einander 
mehr  e-leich  werden.  Zum  Teil  kommt  auch  die  saftreichere  Beschaffen- 
heit  des  Corium  der  Mammalien  gegenüber  den  Sauropsiden  in  Betracht. 
Die  Theorie  von  G-egenbaur  und  Maurer  ist  nicht  länger  haltbar. 


Nägel. 


Das  Nagelbett  entsteht  schon  im  3.  Schwangerschaftsmonat  (Valen- 
tin, A.  L.  I.  1835,  p.  277),  indem  am  distalen  Fingergliede  eine  ringsum 
laufende  Falte  auftritt,  die  sich  zum  Nagelfalz  (Fig.  185)  nach  und 
nach  ausbildet.  Jedoch  erlangt  erst  im  5.  Monat  der  Nagel  mehr 
Festigkeit  (Bischoff,  A.  L.  I.  1842,  p.  467).     Im  3.  und  4.  Schwanger- 


schaftsmonat unterscheidet  v.  Kölliker 
der  dorsalen  Fläche  der  distalen  Phalanx 
das  durch  eine  Grenzfurche  und  distal4- 
wärts   durch   einen  Nagelsaum   abge- 

Nagelfalz 
ist    das 


ein 


am 
primäres 


foetalen  Nagel  auf 
Nagelfeld, 


grenzt  ist.  Das  foetale,  den 
auskleidende  epitheliale  Blatt 
Wurzelblatt.  In  diesem  primären 
Nagelfeld  finden  sich  im  Stratum  granu- 
losum  Körnerzellen.  Die  körnige  Beschaf- 
fenheit dieser  Zellen  hängt  von  Kerato- 
hyalinkörnchen  ab,  und  seit  Zander 
(1884)  betrachtete  man  sie  ziemlich  allge- 
mein als  Vorstufe  der  Nagelzellen  (p.  294) 


Es  zeigt  sich  im  4 


Schwangerschaftsmonat 


eine  kurze,  rechteckige,  aus  nur  einer  Lage 
vom  Schüppchen  gebildete  Nagelanlage, 
welche  dem  proximalen  Dritteil  des  Nagel- 
feldes   entspricht   und  vom  Eponychium 

Fig.  185.  Längsschnitt  des  Zeigefingers  eines 
93  mm  langen  Foetus  vom  Ende  des  4.  Schwanger- 
schaftsmonates mit  der  ersten  Anlage  des  Nagels. 
Vergr.  28.  (Nach  v.  Kölliker  und  v.  Brunn, 
1897.  p.  70.  Fig.  82.)  . 


(p.  294)    bedeckt  wird.      Nach 
Nagel  das  ganze  Nagelfeld  und 
den  Nagelfalz  hineinzuwachsen, 
teren  zu  liegen   kommt. 


Obgleich 


und  nach  überlagert  der  wachsende 
fängt  am  Ende  des  4.  Monates  an,  in 
wodurch  die  Nagelmatrix  jetzt  in  letz- 
die    erste  Entstehung    der 


Nagel- 


2t '4  W.  Krause, 

zellen  im  Anfang  des  4.  Monates  nicht  vollkommen  aufgeklärt  ist, 
erscheint  es  doch  sicher,  daß  das  Keratohyalin  mit  ihrer  Bildung  nichts 
zu  thun  hat.  Später  wenigstens  gehen  die  Nagelzellen  wie  bei  Er- 
wachsenen aus  den  dichroitischen  Zellen  der  onychogenen  Substanz 
und  direkt  aus  den  onychinhaltigen  Zellen  hervor,  welche  das  An- 
fangsstadium der  Nagelzellen  darstellen.  Der  Nagel  wächst  nach  dem 
Gesagten  anfangs  proximalwärts,  sich  dabei  zugleich  verdickend,  und 
erst  später  distalwärts.  Die  feineren  Veränderungen  gestalten  sich 
folgendermaßen : 

Im  4.  Monat  besteht  das  Stratum  corneum  aus  einer  einfachen 
Lage  polygonaler,  kernhaltiger  Zellen,  welche  dem  Periderm  der  Epi- 
dermis homolog  zu  setzen  ist.  Das  Periderm,  welches  den  Nagel  um- 
hüllt, wird  zweckmäßig  als  Eponych i um  unterschieden.  Bedeckt  von 
diesem  Eponychium,  liegt  auf  dem  Stratum  germinativum  eine  zunächst 
ebenfalls  einfache  Schicht  polygonaler,  abgeplatteter,  kernhaltiger  Zellen 
von  0,0203  mm  Länge  (v.  Kölliker,  A.  L.  I.  1879),  die  als  erste 
Anlage  der  eigentlichen  Nagelsubstanz  zu  betrachten  und  als  Nagel  - 
zellen  zu  bezeichnen  sind.  Es  sind  die  oberflächlichsten  Zellen  des 
Stratum  germinativum,  die  angefangen  haben,  sich  in  die  Länge  zu 
strecken.  Die  Anlage  geschieht  hiernach  anf  dem  ganzen  Nagelbett 
durch  Onychisation  von  Zellen  des  Stratum  germinativum.  Im  An- 
fange des  5.  Monates  werden  die  Zellen  größer,  haben  0,027 — 0,045  mm 
Durchmesser  und  sind  immer  noch  von  dem  Eponychium  bedeckt,  wäh- 
rend der  Nagel  mit  dem  Nagelbett  sich  nach  allen  Seiten  weiter  aus- 
dehnt. 

Der  Nagel  entstellt  also  innerhalb  der  Epidermis,  die  seine  erste 
Anlage  von  allen  Seiten  her  umschließt.  Das  Eponychium  sondert 
sich  später  in  zwei  Schichten,  eine  innere  und  äußere.  Die  innere 
tiefer  gelegene  Lage  behält  ihre  geschilderte  Beschaffenheit  bei,  und 
beide  Schichten  finden  sich  ebensowohl  an  Krallen  und  Hufen ;  die 
innere  färbt  sich  intensiv  mit  Säurefuchsin  (Apolant,  1901*).  Das 
Eponychium  verdickt  sich,  und  zeitweise,  etwa  vom  4.  bis  8.  /Schwanger- 
schaftsmonat, existiert  eine  ziemlich  dicke,  mehrfach  geschichtete, 
äußerste  Lage  von  Oberhautzellen,  welche  die  Nagelanlage  von  außen 
her  zudeckt.  Dies  ist  die  äußere  Schicht  des  Eponyohium.  Ihre  Zellen 
sind,  im  Gegensatz  zu  den  abgeplatteten,  mit  platten,  in  der  Profil- 
ansicht fast  stäbchenförmig  erscheinenden  Kernen  versehenen  Zellen 
des  Periderm,  hell,  polyedrisch ;  sie  verlieren  mehr  oder  weniger  ihre 
Kerne  und  werden  beim  Wachstum  des  Nagels  schließlich  von  letz- 
terem durchbrochen  (s.  unten). 

Während  Unna  (1876.  p.  728)  und  Okamura  die  äußere  Schicht  als 
Eponychium  bezeichneten,  nennt  Okamura  (1900)  die  innere  Schicht  die 
Hornschicht  des  Nagelbettes,  und  Apolant  (1901)  deutet  diese  innere 
Schicht  als  das  dem  Epitrichium  homologe  Eponychium.  Eine  solche 
Synonymik  könnte  hier  und  da  Verwirrung  hervorrufen;  in  der  That 
entsprechen  beide  Schichten  des  im  Text  beschriebenen  Eponychium 
einem  verdickten  Periderm  der  Oberhaut. 

Die  Zellen  der  äußeren  Schicht  des  Eponychium  und  des  Nagel- 
saumes verdanken  ihre  helle  Beschaffenheit  vielleicht  einer  Aufquellung 
im  Amnioswasser. 

Später  verdickt  sich  der  Nagel  während  des  5.  Monates  auf 
0,051,   und   0,096  mm    im  6.  Monat.     Der  Nagel  verliert  sein  Epony- 


Die 


Entwickelung 


der  Haut  und  ihrer 


Nebenorgane. 


295 


cliium;  seine  Hornschicht  hat  0,056  mm  Dicke  und  besteht  jetzt 
aus  mehreren  Lagen  fest  verbundener,  länglicher  Zellen  von  0,045  bis 
0,065  mm  Länge,  die  immer  noch  kernhaltig  sind.  Auch  das  Stratum 
germinativum  hat  sich  auf  0,054 — 0,067  mm  verdickt.  Die  Zellen  der 
tieferen  Lagen  sind  länglich-polygonal,  0,009  mm  lang,  die  der  ober- 
flächlicheren Lagen  messen  bis  zu  0,013  mm  und  sind  mehr 
fünf-  oder  sechseckig. 


mäßig 


regel- 


Nagel 
Nagelbett 


im  ganzen  wächst  fortwährend  distalwärts,  erhält  aber 
aus  noch  Zuwachs,  was  auf  seine  Dickenzunahme  von 


Der 

vom 
Einfluß  ist. 

In  betreff  der  Einzelheiten  verdient  eine  Darstellung  von 
Zander  (1884)  besondere  Berücksichtigung.  Zander  fand  bei  einem 
menschlichen  Foetus  von  4,1  cm  Körperlänge,  der  9—10  Wochen  alt 
zu  sein  schien,  an  den  Fingern  und  Zehen  endständige  kleine  hügelige 
Hervorragungen,  wie  sie  Hensen  (1877,  p.  4)   bei  einem    7-wöchent- 


// 


: 
, 


, 


-•>    ! 


Fig.  186. 


Fig.  187. 


Fig.  186.  Längsdurchschnitt  durch  die  4.  rechte  Zehe  eines  8 — 10-wöchent- 
lichen  Embryo  vom  Menschen.  Vergr.  50.  Die  senkrechte  Linie  entspricht  der  Achse 
der  3.  knöchernen  Phalanx,  schräg  auf  diese  Achse  verläuft  die  Linie,  welche 
die  distale  Abgrenzung  der  volaren  Hautbeere  des  3.  Fingergliedes  mit  der  dor- 
salen Nagelwurzel  verbindet.  Die  Volarseite  liegt  rechter  Hand.  (Nach  Zander, 
Arch.  f.  Anat.    Anat.  Abt.  1884.  Tai  VI.  Fig.  13.) 

Fig.  187.  Längsschnitt  durch  die  4.  linke  Zehe  einer  11 — 12-wöchentlichen 
menschlichen  Frucht.  Alles  wie  in  Fig.  187.  Die  Volarseite  liegt  linker  Hand.  (Nach 
Zander,  Arch.  f.  Anat.    Anat.  Abt.  1884.  Tai.  VI.  Fig.  14.) 


ge- 


liehen Embryo  als  Urnägel  beschrieben  hatte.  Zander  sah  an 
nau  halbierenden  Längsschnitten  der  Fingerspitze  (Fig.  186,  187)  oder 
Zehenspitze  eine  dorsale  und  eine  volare  oder  plantare  Einsenkung 
der  Epidermis,  und  zwischen  beiden  liegt  der  primäre  Nagel- 
grund  eingeschlossen.  Das  Stratum  germinativum  wird  an  letzterem 
von  einer  einfachen  Lage  cylindrischer  Epithelialzellen  mit  großen, 
chromatophilen  Kernen  gebildet.  Nach  außen  folgen  eine  bis  zwei 
Lagen  polyedrischer  Zellen  mit  weniger  chromatophilem,  kleinerem  Kern 
und  dann  das  dünne  Stratum  corneum  mit  rundlichen,  abgeplatteten 
Kernen  seiner  Zellen. 

Zwischen  den  verschiedenen  Fingern  und  Zehen  besteht  ein  erheb- 
licher Unterschied  in  betreff  der  Zeit,  in  welcher  die  Verschiebungen 
eintreten.     Während    nämlich    bei    der    5.  Zehe    die    eine  Einsenkung 


296  W.  Krause, 

der  Epidermis  auf  dem  Halbierungsschnitt  fast  in  der  Höhe  der  Mitte 
der  Länge  der  dorsalen  Fläche  der  3.  Phalanx  gelegen  ist,  rückt 
beim  Daumen  die  dorsale  Einsenkung  oder  der  primäre  Nagelgrund 
bis  nahe  zu  dem  proximalen  Ende  der  distalen  Phalanx  zurück  und 
die  ventrale  Einsenkung  bis  zur  volaren  Spitze  vor.  Zwischen  diesen 
beiden  Extremen  zeigen  die  übrigen  Finger  und  Zehen  vermittelnde 
Lagen  der  Einsenkungen. 

Es  ergiebt  sich  also,  daß  der  primäre  Nagelgrund  mit  fortschrei- 
tender Entwickelung  immer  mehr  von  der  volaren  her  auf  die  dorsale 
Seite  des  letzten  Fingergliedes  wandert,  wobei  der  angeführte  Lagen- 
unterschied bei  den  verschiedenen  Fingern  und  Zehen  sich  mehr  oder 
weniger  erhält.  Die  Kuppe  des  distalen  Fingergliedes  liegt  bei  den 
älteren  Embryonen,  wie  beim  Erwachsenen  am  distalen  Ende.  An- 
fangs ist  nun  die  Endfläche  der  Volarseite  noch  nicht  in  die  definitive 
Lage  gekommen,  an  der  Plantarfläche  der  Zehen  tritt  sie  als  eine 
Halbkugel  hervor,  die  von  dem  vorletzten  bis  zur  Mitte  des  dis- 
talen Zehen glied es  sich  erstreckt.  Mit  der  volaren  oder  plantaren 
Nageleinsenkung  schiebt  sich  die  Finger-  oder  Zehenkuppe  der  Haut 
gegen  die  distale  Spitze  der  Finger  oder  Zehen  vor.  Mit  anderen 
Worten :  mit  dem  primären  Nagelgrund  zugleich  rückt  die  der  volaren 
Endfläche  entsprechende,  aus  Cutis  bestehende  Kuppe  distalwärts  und 
das  ursprüngliche  makroskopische  Höckerchen  oder  der  sog.  Urnagel 
verschwindet,  Der  Zustand,  der  beim  menschlichen  Embryo  vorüber- 
gehend ist,  bleibt  permanent  bei  den  mit  Krallen  bewaffneten  Zehen 
von  Säugetieren,  wie  z.  B.  der  Ratte. 

Zander  sucht  die  Erklärung  dieser  Erscheinungen  darin,  daß 
die  am  meisten  dorsalwärts  gelegene  knöcherne  Phalanx  in  der  Längs- 
richtung schneller  als  die  Dorsalfläche,  aber  langsamer  als  die  Volar- 
oder  Plantarfläche  der  Haut  wachse.  Dies  war  durch  direkte 
Messungen  zu  erweisen.  Auf  solche  Weise  gelangt  der  ursprünglich 
endständig  gelegene  primäre  Nagelgrund  definitiv  auf  die  Dorsal- 
fläche. 

Was  nun  die  Nerven  anbelangt,  so  wird  die  Dorsalseite  der 
Phalangen  von  Nn.  digitales  volares  oder  plantares  versorgt.  Auch  dies 
erklärt  sich  jetzt  sehr  einfach,  weil  nämlich  die  von  ihnen  versorgten 
Hautabschnitte  ursprünglich  volarwärts  oder  plantarwärts  liegen  und  erst 
sekundär  mit  dem  primären  Nagelgrund  auf  die  Dorsalflächen  gewandert 
sind.  Als  das  primäre  Verhalten  betrachtet  es  Zander,  wenn  die  dor- 
salen Zehennerven  und  Eingernerven  sich  bis  zum  proximalen  Ende  des 
Nagels  erstrecken,  was  die  ersteren  meistens,  die  letzteren  häufig  thun. 
Von  dieser  Form  findet  eine  Abweichung  statt,  wenn  volare  oder  plantare 
Nn.  digitales  kleinere  oder  größere  Abschnitte  der  Dorsalfläche  inner- 
vieren. Jedenfalls  hat  die  Entwickelungsgeschichte  aufgeklärt,  weshalb 
in  der  Regel  die  Dorsalfläche  des  letzten  distalen  Einger-  oder  Zehen- 
a'liedes  von  der  Volarseite  oder  Plantarseite  her  mit  Nerven  versehen 
wird. 

Abweichend  von  dieser  Darstellung  hat  Geuexbaur  (1885)  hervor- 
gehoben, daß  keine  Ortsveränderung  des  Nagels,  nämlich  eine  Wanderung 
seiner  Anlage  von  der  volaren  auf  die  dorsale  Seite  nachgewiesen  ist. 
Nur  das  Sohlenhorn  (p.  297)  oder  der  spätere  Nagelsaum  unterliegt 
einer  Reduktion,  während  sich  die  Volarhaut  des  distalen  Gliedes  stärker 
ausbildet;  somit  liegt  die  Bildungsstätte  des  Nagels  ursprünglich  an  der 
Dorsalseite,  womit  auch  v.  Kölliker  (1888*)  übereinstimmt. 


Die  Entwicklung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane.  297 

lieber  die  mikroskopischen  Verhältnisse  der  Nagel- 
en twickelung  ist  noch  folgendes  zu  bemerken:  Bei  einem  Foetus 
von  10  cm  Körperlänge  zeigen  sich  nach  Zander  in  der  Anordnung 
der  Epidermis  an  der  dorsalen  und  volaren  oder  plantaren  Seite,  inkl. 
des  primären  Nagelgrundes,  keine  besonderen  Differenzen.  Nur  ist 
in  der  Gegend  der  volaren  oder  plantaren  Einsenkung  das  Stratum 
gerniinativum  etwas  verdickt,  und  die  einzelnen  Zellenschichten  sind 
unregelmäßig  angeordnet.  Die  dorsale  Einsenkung,  die  bis  dahin  nur 
als  eine  flache  Grube  erschien,  wird  tiefer,  und  die  Zellen  des  Stratum 
germinativum  bilden  einen  zellenreichen  Fortsatz,  der  proximalwärts 
und  zugleich  volarwärts  oder  plantarwärts  gegen  die  Basis  der  distalen 
Phalanx  sich  erstreckt.  Sein  Inneres  wird  von  etwa  zwei  Lagen  ab- 
geplatteter Zellen  des  Stratum  germinativum  eingenommen,  zwischen 
denen  sich  öfters  ein  feiner  Ausläufer  des  Stratum  corneum  eine  Strecke 
weit  verfolgen  läßt.  Diese  dorsale  Einstülpung  repräsentiert  bereits 
den  späteren  Nagelfalz  (Fig.  185).  An  der  Oberfläche  aber  geht  das 
Stratum  corneum  beinahe  glatt  über  die  dorsale  Einsenkung  hinweg, 
nur  ein  flaches  queres  Grübchen  bildend. 

Bei  älteren  Embryonen  von  13 — 14  cm  Körperlänge  ist  die  dor- 
sale Einsenkung  sehr  tief,  in  spitzerem  Winkel  als  früher  gegen  die 
Phalangenachse  geneigt.  Die  Cylinderepithelialzellen  der  tiefsten  Epi- 
dermisschicht  sind  an  der  volaren  oder  plantaren  Einsenkung  niedriger 
geworden  und  an  der  proximalen  Seite  der  letzteren  fast  kubisch. 
Das  eingestülpte  Stratum  corneum  im  Nagelfalz  ist  deutlicher  geworden, 
neben  demselben  treten  große  helle  Zellen  auf,  welche  später  an  der 
Bildung  des  Nagels  selbst  sich  beteiligen.  Die  Epidermis  der  Dorsal- 
fläche ist  dünner,  besitzt  weniger  Zellenlagen  im  Stratum  germinativum ; 
am  dicksten  ist  die  Bedeckung  im  distalen  Abschnitt  des  primären 
Nagelgrundes,  wo  sie  als  Eponvchium  auftritt. 

Als  Begrenzungsschicht  bezeichnete  Zander  (1886)  eine 
ganz  oberflächlich  gelegene,  vom  Eponychium  nicht  bedeckte  Schicht, 
die  sich  vom  Anfang  des  3.  Schwangerschaftsmonates  bis  zum  6.  Mo- 
nat verfolgen  läßt.  Wie  der  Nagel  färbt  sie  sich  mit  Pikrokarmin 
wenigstens  proximalwärts  rein  gelb.  Sie  entsteht  durch  eine  Ver- 
schmelzung abgeplatteter  Zellen  an  der  Epidermisoberfläche.  Der 
Umwandlungsprozeß  und  somit  diese  Begrenzungsschicht  selbst  be- 
ginnt endständig  an  dem  distalen  Fingergliede  und  schreitet  nach 
beiden  Seiten  hin  fort,  aber  nur  der  zwischen  Nagelfalz  und  der  pri- 
mären Ursprungsstätte  gelegene  Abschnitt  ist  als  Nagel  aufzufassen. 
Der  distale  Abschnitt  ist  der  spätere  Nagelsaum ,  homolog  oder 
doch  vergleichbar  dem  Sohlenhorn  der  Ungulaten.  Dieser  Abschnitt 
zeigt  histologische  Eigentümlichkeiten ;  an  seiner  proximalen  Grenze 
bildet  sich  zuerst  die  Begrenzungsschicht  und  erzeugt  proximalwärts 
eine  glatte  Fläche.  Bedeckt  von  der  Begrenzungsschicht,  folgen  nach 
der  Tiefe  zu  zunächst  Zellen  des  Stratum  granulosum,  in  mehreren 
Lagen,  die  zahlreiche  Keratohyalinkörnchen  enthalten.  Sie  sind  schon 
bei  9,5  cm  langen  Embryonen  von  Brooke  (1883),  ferner  von  Ran- 
vier (1889)  und  Zander  (1886)  beschrieben,  und  von  Ranvier  als 
Elei'din  bezeichnet;  sie  färben  sich  nach  Zander  mit  Säurefuchsin 
rot.  Das  Nagelbett  des  reifen  Nagels  zeigt  kein  Keratohyalin,  wohl 
aber  das  foetale,  bis  zu  der  Zeit,  wenn  die  ersten  Nagelplättchen  sich 
ausbilden  (v.  Kölliker  ,  1888).  Nach  v.  Kölliker  (1888,  p.  58) 
sind  die  Keratohyalinkörnchen  vom  6.  Schwangerschaftsmonat  an  nur 
ausnahmsweise  vorhanden  und  verschwinden    im  8.  Monat. 


i>(.is  \V.  Krause, 

Die  hyaline,  mit  Säurefuchsin  sich  rot  färbende  Schicht,  welche  unmittel- 
bar der  Keratohvalinkörncken  führenden  Schicht  vom  4.  Schwangerschafts- 
monat  an  aufliegt,  nennen  Zander  (1884)  und  Curtis  (1889*)  den  primi- 
tiven Nagel,  Okamura  (1900)  den  primären  Nagel.  Es  ist  nichts 
weiter  als  eine  Epidermisverdickung  an  der  Stelle,  wo  später  der  defini- 
tive Nagel  entsteht,  Curtis  (1889)  und  Pollitzer  (1889)  erklärten 
diesen  Nagel  für  identisch  mit  dem  Stratum  lucidum  der  Epidermis  des 
Erwachsenen,  und  letzterer  Autor  faßte  denselben  mit  den  peripheren  aufge- 
quollenen Epidermiszellen  als  Eponychium  zusammen.  Einen  Rest  des 
Eponychium  sieht  Unna  ( 1 876)  in  dem  sogenannten  Deckenwulst,  der 
nichts  weiter  darstellt  als  die  Zusammenflußstelle  der  Hornschicht  des 
Nagelfalzes  mit   derjenigen  der  Epidermis  des  Finger-   oder  Zehenrückens. 

Ueber  die  späteren  Schicksale  des  Eponychium  ist 
folgendes  zu  bemerken.  Ursprünglich  hängt  es  mit  den  Hornplättchen 
der  Nagelanlage  an  deren  distalem  Ende  kontinuierlich  zusammen. 
Vom  7.  Schwangerschaftsmonat  ab  geht  das  Eponychium  zuerst  an 
der  Mitte  des  Nagels,  dann  an  seinem  distalen  Ende  verloren,  während 
es  am  proximalen  Ende  als  Nagelsaum  erhalten  bleibt.  Die  distal- 
wärts  weiterwachsende  Nagelspitze  durchbohrt  nämlich  das  Stratum 
corneum  des  Nagelsaumes,  die  dorsalwärts  gelegenen  Zellen  des  Epo- 
nychium gehen  verloren,  die  volarwärts  gelegenen  bleiben  mit  dem 
Nagel  in  Verbindung  und  bilden  das  Hyponychiu  m ,  welches  dem 
Sohlenhorn  von  Säugetieren  entspricht. 

Was  die  Entwickelung  des  Corium  des  Nagelbettes  an- 
langt, so  ist  beim  Foetus  nach  Unna  (1876)  das  Nagelbett  eben  und 
erhält  erst  beim  Neugeborenen  schräg  gestellte  Papillen,  mithin  keine 
Blätter  oder  Leisten.  Die  Entwickelung  der  letzteren  variiert  der 
Zeit  nach  beträchtlich.  Nach  v.  Kölliker  (A.  L.  I.  1879)  dagegen 
sind  die  Leisten  schon  am  Ende  des  4.  Schwangerschaftsmonates  zu 
erkennen,  im  5.  Monat  0,045 — 0,054  mm  hoch,  0,009—0,011  mm  dick 
und  0,018 — 0,031  mm  voneinander  entfernt,  womit  die  Dicke  der  korre- 
spondierenden Blätter  des  Stratum  germinativum  gegeben  ist. 

Zusammenfassend  läßt  sich  sagen,  daß  der  Nagel  endständig  ent- 
stellt, anfangs  ein  Eponychium  besitzt,  welches  er  später  durchbricht, 
Er  entsteht  im  ganzen  Nagelbett,  erhält  von  diesem  Zuwachs,  wächst 
aber  hauptsächlich  und  wesentlich  vom  Nagelfalz  aus  in  distaler  Richtung. 
Als  ein  Ueberrest  aus  der  Entwickelung  ist  der  Nagelsaum  zu  be- 
trachten, der  sein  Homologon  im  Sohlenhorn  der  Huftiere  hat.  Das 
foetale  Keratohyalin  ist  beim  Foetus  nicht  mehr  vorhanden,  statt  dessen 
tritt  an  anderer  Stelle  Onychin  und  onychogene  Substanz  auf. 

Der  Nagel  ist  also,  morphologisch  betrachtet,  ein  lokales  Um- 
wandlungsprodukt von  Zellen,  die  an  der  Grenze  des  Stratum  corneum 
der  Epidermis  gelegen  sind  und  dem  Stratum  lucidum  entsprechen. 
Er  hat  übrigens  eine  gewisse  Aehnlichkeit  mit  den  Haaren. 

v.  Kölliker  vergleicht  die  äußere  Wurzelscheide  mit  dem  am 
Wachstum  unbeteiligten  Stratum  germinativum  am  Nagelkörper,  sowie 
an  einer  kleinen  Stelle  an  der  dorsalen  Fläche  der  Nagelwurzel.  Die 
Epidermis  des  Nagelsaumes  und  an  der  Decke  des  Nagelfalzes  soll  der 
Hornschicht  der  Epidermis  am  Eingange  des  Haarbalges  korrespondieren. 
Wie  das  Haar  nebst  seiner  inneren  Wurzelsckeide  ist  der  Nagel  ein 
umgewandelter  Teil  eines  besonderen  Abschnittes  des  Stratum  germina- 
tivum   der  Epidermis,    welcher    im  Anfang    ganz    und    gar   von   einer  ge- 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane.  299 

schichteten  Lage  platter  Zellen,  dem  späteren  Eponyckium,  bedeckt  wird. 
Letzteres  besteht  anfangs  aus  2 — 3  Zellenlagen,  distalwärts  am  Ende 
des  Fingergliedes  aber  aus  vielen  Zellenlagen. 

Hufe. 

Pferd  (Eqiuis  caballus).  Die  Entwickelung  des  Pferdehufes  ist 
gelegentlich  von  Walde yer  (1882)  untersucht  worden,  speciell  mit 
Rücksicht  auf  das  Auftreten  von  Keratohyalin  oder  Eleidin.  Letzteres 
findet  man  am  sichersten  an  den  Hufen  von  Pferdefoetus  in  einer 
ziemlich  breiten  Zone,  welche  ein  wenig  nach  innen  von  der  sogenannten 
Hornwand  gelegen  ist.  Hier  sieht  man  auch  mit  freiem  Auge  eine 
weißliche  Trübung.  Die  kleinen  Körnchen  des  Keratohyalin  füllen 
die  Epidermiszellen  meist  ganz  aus,  kommen  aber  auch  vereinzelt 
vor;  die  größeren,  tropfenähnlichen  Bildungen  (Ele'idin)  können  ver- 
einzelt oder  zu  mehreren  im  Zellenkörper  liegen,  oft  in  unmittelbarer 
Nachbarschaft  des  Kernes.  Nicht  selten  zeigen  sie  kleine,  wie  Sprossen 
ihnen  aufsitzende  Anhänge;  auch  verlängerte,  wurstförmig  erscheinende 
Formen  kommen  vor. 

Kundsin  (1882)  unterscheidet  vier  Perioden  in  der  Entwickelung 
des  Pferdehufes.  Die  erste  Periode  von  dessen  Entwickelung  umfaßt 
die  Anlage  der  Blättchen  und  Papillen,  während  das  distale  Extremitäten- 
ende Hufform  annimmt. 

Die  zweite  Periode  reicht  bis  zum  Auftreten  von  Anlagen  der 
späteren,  aber  noch  nicht  verhornten  Hornröhrchen.  Die  Epidermis- 
zellen vermehren  sich  bedeutend,  ihre  Masse  schiebt  sich  distalwärts, 
sekundäre  Coriumblättchen  treten  auf,  und  die  Form  des  ganzen  Hufes 
wird  mehr  kegelförmig. 

Die  dritte  Periode  reicht  vom  ersten  Auftreten  der  Hornröhrchen 
bis  zum  Beginn  der  eigentlichen  Verhornung.  Um  die  freien  Enden 
der  Papillen  gruppieren  sich  die  Epidermiszellen  zur  Röhrchen-  und 
Zwischenröhrchen- Anordnung. 

Die  vierte  Periode  charakterisiert  sich  als  die  der  Verhornung,  und 
die  zuerst  verhornenden  Zellenmassen  der  Hufkrone  werden  distal- 
wärts geschoben.     Diese  Periode  reicht  bis  zur  Geburt. 

Was  die  Einzelheiten  anlangt,  so  tritt  die  Hufform  beim  Pferde- 
foetus schon  auf,  wenn  die  Hufsohle  4  mm  lang  ist.  An  der  Außen- 
wand sind  in  der  tiefsten  Schicht  Cylinderzellen  vorhanden,  dann 
folgen  polyedrische  Zellen  des  Stratum  granulosum  und  des  Stratum 
corneum.  Nach  und  nach  wächst  die  Epidermiszellenmasse  nach  außen 
und  distalwärts.  Die  äußere  Zellenschicht  der  Außenfläche  stammt 
von  der  proximalwärts  gelegenen  Hufkrone  her,  die  innere  Schicht 
von  der  Außenwand  selbst,  die  Abgrenzung  zwischen  beiden  erscheint 
durch  stark  abgeplattete,  helle  Zellen  gegeben,  die  Kundsin  (1887) 
dem  Stratum  lucidum  der  Epidermis  parallelisiert.  Durch  das  Vor- 
wachsen von  der  Krone  aus  erhält  der  Huf  seine  Kegelform.  Die 
Coriumblättchen  treten  zuerst  am  proximalen  Teil  der  Außenfläche 
auf;  beim  10  mm  langen  Hufe  sind  sie  bereits  0,06  mm  hoch,  Papillen 
finden  sich  erst  beim  10  mm  messenden  Hufe  und  erscheinen  fast 
gleichzeitig  an  allen  Teilen  des  Hufes. 

Beim  18  mm  langen  Hufe  sieht  man  die  Anlage  des  späteren 
Kronenfalzes  als  eine  flache  und  breite,  am  proximalen  Rande  der 
Hufkrone  gelegene  Rinne.    Sekundäre  Coriumblättchen  finden  sich  erst 


300  W.  Krause, 

bei  2  cm  langen  Hufen  an  deren  Außenwand.  Die  sogenannten  Wand- 
röhrchen  oder  späteren  Hornröhren  zwischen  den  Papillen  werden  an- 
fangs von  nicht  verhornten,  kernhaltigen  Epidermiszellen  gebildet,  sie 
erscheinen  zuerst  bei  den  2  ein  langen  Hufen  am  vorderen  Teile  der 
Sohle  und  auch  an  deren  hinterem  Ende.  Später  werden  die  Epidermis- 
zellen der  Röhrchen  mehr  polyedrisch,  diejenigen  Zellen,  welche  das 
Röhrchen  auswendig  umschließen,  sind  abgeplattet  und  konzentrisch 
auf  die  Fläche  gebogen.  Sie  verhornen  nach  und  nach,  und  die  rings 
umschlossenen  Zellenstränge  zerfallen.  Die  sogenannten  Hornblättchen 
sind  in  diesem  Stadium  noch  nicht  verhornt  und  bestehen  aus  kleinen 
cylindrischen,  an  der  Volarseite  und  in  der  Achse  des  Blättchens 
mehr  polyedrischen  Zellen.  Bei  32  mm  langen  Hufen  beginnt  die 
Verhornung  proximalwärts  und  schreitet  distalwärts  fort.  Zahlreiche, 
anscheinend  granulierte  Zellen  treten  in  den  verhornenden  Abschnitten 
anf.  Der  Verhornungsprozeß  schreitet  in  derselben  Richtung  fort,  wie 
früher  die  Anlage  der  Papillen  und  Hornröhrchen,  und  bei  der  Geburt 
ist  die  ganze  Röhrenschicht  der  Außenwand  des  Hufes  bereits  ver- 
hornt. 

Die  an  der  Basis  der  Hornblättchen  gelegenen  Epidermiszellen 
verhornen  zuerst;  von  da  greift  dieser  Prozeß  immer  tiefer  in  die 
Hornblättchen  hinein.  Nach  und  nach  bildet  sich  zwischen  deren 
Basis  und  den  am  tiefsten  gelegenen  Hornröhrchen  eine  distalwärts  an 
Stärke  zunehmende  Zwischenschicht,  welche  vom  Stratum  germinativum 
zwischen  den  Coriumleisten  abstammt  und  zahlreiche ,  anscheinend 
granulierte  Zellen,  aber  keine  Hornröhrchen  beim  5  cm  langen  Hufe 
aufweist.  Später  werden  diese  Zwischenschichten  mehr  reduziert.  Die 
Coriumleisten  sind  anfangs  am  proximalen  Teile  der  Außenwand  höher 
als  am  distalen ;  gegen  die  Zeit  der  Geburt  hin  kehrt  sich  das  Ver- 
hältnis um.  Die  Hornröhrchen  des  sogenannten  Saumbandhornes  am 
proximalen  Ende  des  Hufes  werden  spät,  erst  bei  ca.  5  cm  langen 
Hufen  angelegt.  Die  Verhorn ung  der  Volarseite  des  Hufes  erfolgt 
erst  kurz  vor  der  Geburt;  die  in  distaler  Richtung  verlaufenden  Corium- 
leisten an  der  Basis  der  Papillen  der  Krone  werden  bei  ca.  7  cm 
langen  Hufen  zuerst  sichtbar. 

Schwein  (Sus  scrofa).  Ein  Periderm  wie  an  der  Epidermis  der 
äußeren  Haut  oder  ein  Eponychium  fanden  Gardiner  (1884)  und 
Thoms  (1896)  auch  an  dem  foetalen  Hufe  vom  Schwein.  Dieses  Peri- 
derm ist  dick  und  besteht  nach  außen  aus  stark  abgeplatteten  und 
in  die  Länge  gezogenen  Zellen,  weshalb  sie  Thoms  B  an  dz  eilen 
nannte.  Nach  innen  folgen  zunächst  sehr  große,  durch  Intercellular- 
briiekeu  verbundene  Zellen  mit  kugeligen,  schwach  sich  fingierenden 
Zellen  des  Stratum  granulosum.  Je  weiter  nach  außen,  desto  größer 
werden  die  erwähnten  großen  Zellen,  was  aber  nicht  von  besonders 
guter  Ernährung,  sondern  von  Aufquellen  in  dem  Amnioswasser 
abhängen  dürfte. 

Die  erste  Anlage  der  Hufe  fand  Thoms  (1896)  bei  3 — 5  cm  langen 
Foetus  des  Schweines  als  zwei  kleine,  1  mm  lange  Kegel  am  distalen 
Ende  der  Extremitäten,  die  durch  eine  ebenso  tiefe  Einsenkung  ge- 
trennt waren.  Während  die  Epidermis  der  Zehenglieder  aus  einer 
oder  zwei  Zellenlagen  besteht,  wird  die  Hufanlage  proximalwärts  von 
."»,  distalwärts  von  5 — 6  Zellenlagen  bedeckt.  Die  am  tiefsten  gelegene 
besteht  aus  Cylinderzellen  von  0,012  mm  Länge  auf  0,007  mm  Dicke. 
Nach   außen    folgen  größere  polyedrische  Zellen,    welche   das    Stratum 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane.  301 

granulosum  repräsentieren  und  nach  außen  sich  mehr  und  mehr  ab- 
platten. Sie  besitzen  große,  kugelige,  mit  chromatophilen  Körnchen 
versehene  Kerne. 

An  8  cm  langen  Schweinsfoetus  sind  die  Hufe  bereits  3  mm  lang 
und  lassen  ihre  spätere  Zusammensetzung  schon  deutlich  erkennen. 
Das  Corium  zeigt  eine  Fältelung  an  der  konvexen  Außenfläche  des 
Hufes,  und  eine  Platte  des  ersteren  bildet  die  Begrenzung  des  Huf- 
randes nach  der  Sohlenfläche  hin.  Proximalwärts  von  ersterer  treten 
parallel  verlaufende  Coriumleisten  von  0,5  mm  Höhe  auf.  welche  einen 
großen  Teil  der  dorsalen  Hälfte  der  konvexen  Außenfläche  jedoch  frei- 
lassen. An  der  Sohlenfläche  verdickt  sich  die  Epidermis  beträchtlich, 
was  von  reichlicherer  Blutgefäßbildung  abhängig  ist.  An  dieser  Fläche 
sind  nahe  an  der  Matrix  des  Hufes  die  Epidermiszellen  kleiner,  0,013  mm 
lang,  0,0085  mm  breit;  weiter  nach  außen  werden  sie  bis  0,026  mm 
lang  und  mehr  keulenförmig  oder  flaschenförmig  und,  indem  sie  senk- 
recht zur  Cutisoberfläche  stehen,  ist  ihr  dünneres  Ende  der  letzteren 
zugekehrt.  Keratohyalin  ist  an  der  Sohlenfläche  nicht  nachzuweisen, 
wohl  aber  tritt  es  in  diesem  Stadium,  also  bei  8  cm  langen  Schweins- 
foetus, in  Form  von  zahlreichen,  kleinsten,  durch  Haematoxylin  sich  blau 
färbenden  Körnchen  an  der  erwähnten  Coriumplatte  auf,  welche  den  Ueber- 
gang  der  Sohlenfläche  in  die  konvexe  Außenfläche  des  Hufes  bezeichnet. 
Nach  außen  folgen  größere  Zellen  mit  großen,  kugeligen  Kernen,  und 
die  ersteren  erreichen  am  proximalen  Ende  der  Cutisplatte  eine  Länge 
von  0,038—0,04  mm  auf  0,022  mm  durchschnittliche  Breite.  Ueber- 
deckt  wird  die  ganze  Anlage  noch  vom  Periderm  (p.  300),  obgleich  nach 
Thoms  die  Grenze  zwischen  diesem  und  den  späteren  Hornzellen 
schwer  zu  bestimmen  ist.  Die  ältesten,  äußersten  Peridermalzellen  be- 
zeichnet Thoms  mit  Kerbert  (1877)  als  Bandzellen  (p.  300). 

AVas  die  Entstehung  der  Coriumleisten  anlangt,  so  sah 
(iArdiner  (1884)  beim  Schweinsfoetus  von  6 — 7  cm  Körperlänge 
das  Stratum  germinativum  am  distalen  Ende  der  Zehen  sich  vielfach 
und  tief  einfalten.  Diese  Falten  laufen  der  Länge  nach  über  die  Außen- 
wand des  Hufes  und  fehlen  auf  der  Sohlenseite.  Die  Verhornung 
beginnt  auf  den  Faltengipfeln  etwa  in  der  Mitte  der  Dicke  der  Horn- 
schicht  und  schreitet,  wie  die  Faltenbildung  selbst,  von  dort  nach  den 
Seiten  hin  fort.  Zugleich  werden  die  Zellen  der  äußersten  Schicht 
oder  des  Periderm  größer,  wie  es  scheint,  durch  Quellung  im  Amnios- 
wasser,  und  zugleich  zeigen  ihre  Kerne  zahlreiche  Karyomitosen,  was 
später  wieder  aufhört. 

Schweinsfoetus  von  10  cm  Körperlänge  besitzen  bereits  4,5  mm 
lange  Hufe.  Die  Coriumleisten  und  Papillen  vergrößern  und  ver- 
mehren sich ;  mit  zunehmender  Fältelung  treten  keratohyalinhaltige 
Zellen  in  wachsender  Menge  auf  und  überwiegen  in  der  distalen  Partie 
der  Sohlenfläche  sogar  die  übrigen  Epidermiszellen  in  Anzahl  und 
an  Masse.  Keratohyalinhaltige  Zellen  setzen  sich  in  das  Periderm  fort, 
und  an  der  am  distalen  Ende  gelegenen  Spitze  erscheinen  auch 
Elei'dinschollen,  die  zwischen  den  Zellen  durch  Haematoxylin  sich  blau 
tingierende  Streifen  bilden. 

An  einer  Stelle  des  Hufes  tritt  nun  nach  Thoms  eine  besonders 
interessante  Erscheinung  auf.  Dort,  wo  die  konvexe  Außenfläche  der 
Hälfte  des  gespaltenen  Hufes  nach  der  Innenfläche  hin  sich  einsenkt, 
erscheint  zwischen  den  kleinen  keratohyalinhaltigen  Zellen  des  Stratum 
germinativum   und   den   größeren    feinkörnigen    Zellen    des   Periderm 


302  W.  Krause, 

eine  Zellenlage,  die  zunächst  nur  wenige  übereinander  geschichtete 
Zellen  enthält.  Letztere  sind  undeutlich  begrenzt,  haben  undeutliche 
Kerne,  sind  eosinophil  und  enthalten  einige  stark  lichtbrechende  gelb- 
liche Körnchen,  von  denen  zufolge  der  Abbildung  (Thoms,  1896, 
Fig.  20  0)  nur  je  1 — 2  in  jeder  Zelle  vorhanden  sein  würden.  Von 
den  großen  keratohyalinhaltigen  Zellen  des  Periderm  werden  sie  durch 
einen  mit  Haematoxylin  sich  tin gierenden  schmalen  Streifen  homogener 
oder  körniger  Substanz  getrennt.  Wo  nun  die  Verhornung  fortschreitet, 
wird  die  Schicht  der  äußeren,  nach  und  nach  in  Hornzellen  umge- 
wandelten Zellen  dicker,  die  gelben  Körnchen,  welche  Thoms  (1896. 
p.  81)  mit  Recht  für  Onychin  erklärt,  haben  an  Menge  abgenommen 
und  bei  eintretender  Verhornung  verschwinden  sie  ganz.  Proximal- 
wärts geht  schließlich  das  Stratum  corneum  der  Epidermis  verloren, 
insofern  nämlich  die  scharfe  Scheidung  verschwindet,  die  bis  dahin 
zwischen  Periderm  und  Epidermis  bestand.  Die  Coriumleisten  wachsen 
in  diesem  Stadium  stark  in  die  Länge,  werden  zahlreicher ,  aber 
schmaler  und  schmaler,  von  0,017  von  Dicke,  mit  lang  ausgezogener 
Spitze  nach  außen  hin.  Nach  Apolant  (1901*)  ist  zu  dieser  Zeit  in 
den  tieferen,  den  Coriumleisten  zunächst  liegenden  Zellen  die  fibrilläre 
Beschaffenheit  sehr  deutlich  ausgebildet,  und  weiter  nach  außen  treten 
als  erste  Zeichen  der  Verhornung  homogene,  stark  lichtbrechende 
Zellen  auf,  die  sich  mit  Säurefuchsin  oder  Pikrinsäure  intensiv  tin- 
gieren. 

Bei  Schweinsfoetus  von  14  cm  Länge  sind  die  Hufe  nach  Thoms 
bereits  6  mm  lang.  Sie  haben  jetzt  eine  eigentümliche  Form,  indem 
das  distale  Ende  der  Hufanlage  sich  dorsalwärts  krümmt,  nach  Art 
eines  stark  gebogenen  Schnabelschuhes.  Letzterer  wird  wesentlich 
von  Zellen  des  Periderm  gebildet,  und  zwar  von  demjenigen  der 
Sohlenfläche.  Noch  beim  neugeborenen  Schwein  existiert  ein  perider- 
maler, die  Sohlenfläche  bedeckender  Schuh.  Er  scheint  die  Bildung 
von  Hornsubstanz  zu  hindern,  die  in  der  That  in  der  Sohle  viel  später, 
nämlich  erst  nach  der  Geburt,  auftritt  als  an  der  konvexen  Außen- 
fläche des  Hufes.  Am  Ballen  des  Fußes  dagegen  zeigt  sich  die  Horn- 
bildung schon  vor  der  Geburt.  An  8  mm  langen  Hufen  sind  daselbst 
stärker  entwickelte  kegelförmige  Coriumpapillen,  sowie  später  zahl- 
reiche keratohyalinhaltige  Zellen  vorhanden. 

Da  die  Verhornung  in  distaler  Richtung  fortschreitet  und  das 
Hörn  des  Hufes  sich  distalwärts  verschiebt,  so  erklärt  sich  das  merk- 
würdige Verhalten  des  erwähnten  peridermalen  Schnabelschuhes.  Er 
wird  nämlich  an  der  konvexen  Außenfläche  des  Hufes  nach  und  nach 
bis  zu  seiner  distalen  Umbiegung  von  dem  distalwärts  sich  verschieben- 
den Hörn  der  konvexen  Außenfläche  des  Hufes  überkleidet.  Dieses 
Hörn  überlagert  direkt  die  Peridermalzellen,  indem  es  sich  zwischen 
die  mehr  eosinophilen,  von  der  konvexen  Außenfläche  stammenden 
und  die  keratohyalinhaltigen,  in  Haematoxylin  sich  blau  färbenden 
Peridermalzellen  eingeschoben  hat,  welche  letztgenannten  Zellen  von 
den  keratohyalinhaltigen  Epidermiszellen  der  Sohlenfläche  herstammen. 

Bei  Hufen  von  10—15  mm  Länge  haben  sowohl  die  Coriumleisten 
als  die  dazwischen  gelegenen  Blättchen  der  Epidermis  im  allgemeinen 
schon  die  Form  wie  bei  erwachsenen  Hufen.  Je  näher  der  Geburt, 
desto  mehr  erlangt  der  Huf  seine  definitive  Form. 

Keratohyalinkörner  treten  nach  Apolant  (1901*)  erst  in  diesem 
Stadium  in  den  mittleren  Epithellagen  der  Sohle  des  Hufes  auf.    Die 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane.  303 

tieferen  oben  erwähnten  Lagen  haben  sich  zu  einer  zusammenhängen- 
den Hornwand  umgewandelt,  und  Hornblättchen  fangen  an ,  aus  der 
letzteren  in  das  Epithel  zwischen  den  Coriumleisten  hineinzuragen. 
Die  keratohyalinhaltigen  Zellen  platten  sich  nach  außen  hin  nach  und 
nach  bedeutend  ab  und  verhornen  dann. 

Bei  17  cm  langen  Schweinsfoetus  ergeben  sich  als  wesentliche 
Punkte  nach  Apolant  das  Schwinden  des  Keratohyalm,  ohne  daß  ver- 
hornte Zellenmassen  an  seine  Stelle  treten  würden,  ferner  eine  aus- 
gesprochene Differenzierung  der  jüngeren  und  älteren  Partien  in  der 
Hornsubstanz  des  dorsalen  Teiles  des  Hufes  und  die  Ausbildung  der 
Matrix  der  Hufkrone,  welche  sich  gerade  wie  die  Nagelmatrix  verhält. 

Wiederkäuer.  Die  vier  Perioden  der  Entwickelung  des  Pferde- 
hufes  kann  man  nach  Kundsin  (1882)  auch  bei  Wiederkäuern,  Rind 
und  Schaf  an  deren  Hufen  oder  Klauen  nachweisen.  Nur  ist  die  erste 
Periode  der  Entwickelung  relativ  kurz ;  die  ersten  Coriumleisten  treten 
schon  bei  2 — 2,5  mm  langen  Hufen  auf.  Das  rundliche  Extremitätenende 
erlangt  die  Form  der  Hufe,  indem  die  beiden  Anlagen  der  letzteren 
hervorsprossen,  während  Volarseite  und  Dorsalseite  sich  deutlich  ab- 
grenzen. Die  ganze  Epidermismasse  der  Hufe  ist  beträchtlich  dicker 
als  an  den  übrigen  Zehengliedern ;  die  tiefe  Zellenlage  besteht  aus 
Cylinderzellen. 

Die  zweite  Periode  ist  durch  die  Anlage  der  Coriumleisten,  der 
Papillen  an  der  Volarseite  des  Hufes  und  die  Anlage  des  Ballens 
charakterisiert.  Die  Leisten  sind  schmaler,  und  die  Anlage  der  Papillen 
der  Hufkrone  erfolgt  später  als  beim  Pferde.  Wenn  sie  erfolgt  ist, 
beginnt  die  von  der  letztgenannten  stammende  Epidermismasse  sich 
distalwärts  zu  schieben,  worauf,  am  Stratum  corneum  beginnend,  die 
eigentliche  Verhornung  folgt,  so  daß  bei  den  Wiederkäuern  die  dritte 
Periode  der  Entwickelung  des  Pferdehufes  eigentlich  fehlt.  Dafür  ist 
die  vierte  Periode  um  so  länger.  Wesentliche  Unterschiede  sind  sonst 
nicht  vorhanden;  nur  beginnt  die  Verhornung  der  Volarfläche  relativ 
früher  als  beim  Pferde. 

Ein  Periderm  ist  gut  entwickelt  an  Hufen  von  18 — 20  mm  Länge 
beim  Rinde,  von  5 — 6  mm  Länge  an  Hufen  vom  Schafe  nachzuweisen. 

Nach  Kundsin  (1882,  p.  17)  soll  bei  pigmentierten  Hufen  der 
zuerst  auftretende  Streifen  homogen  glänzender,  abgeplatteter  Zellen 
mit  länglichen  Kernen,  von  dunkeln  Pigmentkörnchen  durchsetzt  sein. 

Krallen. 

Reptilien.  An  den  Krallen  von  Krokodilembryonen  fand 
Voeltzkow  (1898)  eigentümliche  Verbreiterungen,  die  eine  typische 
Hufform  aufweisen.  Göldi  (1900)  sah  solche  bei  Embryonen  von 
Caiman  niger  und  Caiman  sclerops ,  die  sich  auf  die  3  medialen 
(radialen  und  tibialen)  Zehen  des  fünffingerigen  Vorderfußes  und  des 
vierlingerigen  Hinterfußes  beschränkten.  Diese  mikroskopisch  noch  nicht 
untersuchten  Verbreiterungen  stellen  häutige  Scheiden  dar,  welche  die 
Krallen  umschließen,  distalwärts  sind  sie  zu  einer  Scheibe  oder  einem 
Knopf  verbreitert,  die  Dorsalseite  ist  abgeflacht,  die  Volar-  oder 
Plantarseite  gewölbt.  Sie  gleichen  im  Aussehen  den  Haftscheiben  an 
den  Füßen  des  Laubfrosches.  Nach  dem  Ausschlüpfen  aus  dem  Ei 
werden  sie  bräunlich,  schrumpfen  auf  Stecknadelkopfgröße  zusammen 
und  können  von  der  fertigen  Kralle  leicht  abgezogen  werden. 


304  W.  Krause. 

Säugetiere.  Aehnliche  Scheiden,  aber  ohne  terminale  Ver- 
breiterungen wie  bei  Kaimanembryonen,  sah  Göldi  (1900)  auch  an 
den  Zehen  des  Foetus  von  Bradypus.  Dagegen  besitzen  die  brasi- 
lianischen Nager  Coelogenys  und  Dasyprocta  hufeisenförmige  Ver- 
breiterungen an  den  Krallenscheiden. 

Carnivora.  In  der  Krallenplatte  der  Katze  (Felis  catus  dome- 
sticus)  fand  Rabl  (1896)  beim  kleinen  Kätzchen  dieselben  Veränder- 
ungen bei  der  Verhornung,  welche  in  den  Zellen  der  Rindensubstanz 
des  Haares  und  der  Dunenfedern  des  Hühnchens  vor  sich  gehen.  Die 
Kerne  degenerieren  in  einer  Form,  die  der  Chromatolyse  nahesteht. 
Das  Chromatin  erscheint  in  Form  kleiner  Kügelchen,  welche,  zu  Gruppen 
vereinigt,  teils  an  der  Kernmembran  teils  im  Inneren  des  Kernes 
verteilt  sind.  Sie  verlieren  dann  ihre  Chromatophilie,  der  Kern  färbt 
sich  nur  noch  mit  Eosin,  und  zwar  gleichförmig,  schließlich  hört  auch 
diese  Affinität  auf.  In  den  verhornenden  Zellen  färben  sich  mit 
Safranin  oder  Gentiana  Protoplasmafasern,  die  der  Länge  nach  oder 
aber  parallel  der  Epidermisoberfläche  verlaufen. 

Insectivora.  Beim  Maulwurf  (Talpa  europaea)  fand  Haus- 
mann (1898)  an  2  cm  langen  Embryonen  die  Epidermis  im  Bereich 
des  späteren  Krallenbettes  schon  um  1 — 2  Zellenlagen  dicker  als  an 
der  benachbarten  Körperoberfläche.  Uebrigens  sind  stets  die  Krallen 
der  proximalen  Extremität  denen  der  distalen  etwas  in  der  Entwicke- 
lung  voraus.  Die  Epidermis  selbst  besteht  zu  dieser  Zeit  aus  drei 
Zellenlagen.  Die  äußerste  enthält  nur  abgeplattete  Zellen  mit  großen 
ovalen,  in  der  reinen  Profilansicht  fast  stäbchenförmigem  Kernen. 
Die  Zellen  der  innersten  Lage  sind  kubisch,  ihre  Begrenzungen  un- 
deutlich; der  Kern  ist  groß,  stark  chromatophil  und  enthält  Nukleolen, 
Die  Zellen  der  mittleren  Lage  sind  etwas  größer,  sie  enthalten  ein 
sich  wenig  fingierendes  Fadenwerk  und  einen  kugeligen  Kern. 

Im  Krallenbett  hingegen  sind  bereits  fünf  Zellenlagen  vor- 
handen. Die  innerste  Lage  besteht  aus  Cylinderzellen,  die  mittleren 
Lagen  zeigen  mehr  polyedrische  Zellen,  deren  Durchmesser  in  der- 
jenigen Richtung,  welche  der  Cutisoberfläche  parallel  läuft,  nach  außen 
hin  zunimmt,  während  sie  sich  zugleich  abplatten.  Die  Kerne  sehen 
etwas  geschrumpft  aus,  und  in  den  sich  abplattenden  Zellen  treten 
einige  chromatophile  Körnchen  auf:  es  ist  bereits  Keratohyalin  vor- 
handen. An  der  äußersten  Peripherie  der  Kralle  ist  die  Zellenlage 
teilweise  in  Ablösung  begriffen,  und  die  Zellenkerne  fehlen. 

Bald  vermehren  sich  die  äußeren  abgeplatteten  Zellen  und  fangen 
an  zu  verhornen.  Ihre  Begrenzungen  erscheinen  als  feine,  glänzende 
Linien,  die  Zellen  enthalten  einzelne  Keratohyalinkörnchen.  Zugleich 
schreitet  die  Entwickelung  des  Krallenbettes  selbst  fort.  An  der 
Volarseite'  oder  Plantarseite  grenzt  sich  der  Zehen  ballen  durch  eine 
feine  Linie  gegen  die  Kralle  ab.  Im  Krallenbett  selbst  entsteht 
volarwärts  oder  plantarwärts  durch  eine  Wucherung  der  Epidermis  die 
erste  Anlage  des  Sohlenfalzes.  An  der  Zehenspitze  dringen  leisten- 
förmige  Epidermiszapfen  nebeneinander  in  das  Corium  ein  und  lassen 
zwischen  sich  Coriumleisten  oder  Papillen.  Die  früher  aus  rundlichen 
Zellen  bestehende  Coriumanlage  beginnt  mehr  spindelförmige  Zellen 
zu  zeigen,  die  durch  ein  grobmaschiges  Fasernetz  verbunden  werden. 

Auswendig  wird  die  Kralle  von  einer  dünnen,  zusammenhängenden, 
intensiv  sich  färbenden  Begrenzungsschicht  (Bandzellenschicht.  Thoms, 


Die  Entwickeluno;  der  Haut  und  ihrer  Nebenoreane.  305 


*t3 


1896)  überkleidet.  Sie  ist  nach  Hausmann  kein  Periderm.  weil  ihr 
große  polygonale  Stachelzellen  fehlen;  Zellengrenzen  oder  Kerne  sind 
nicht  zu  erkennen,  die  Zellen  sind  stark  verlängert  und  miteinander 
zusammengeklebt.  Man  kann  sie  dennoch  wohl  als  Periderm  auflassen. 
Die  Epidermis  der  Körperoberlläche  besteht  zu  dieser  Zeit  auch 
aus  fünf  Zellenlagen ,  deren  innerste  Lage  von  cylindrischen  Zellen 
gebildet  wird.  Die  äußersten  zwei  bis  drei  Zellenlagen  innerhalb  der 
Begrenzungsschicht  weisen  einen  dem  Eponvchium  ähnlichen  Charakter 
auf;  dies  scheint  auf  der  Einwirkung  des  Amnioswassers  zu  beruhen. 

Die  erste  Anlage  des  K r alle nf alz e  s  zeigt  sich  als  eine  proximal- 
wärts gerichtete,  aus  kubischen  Zellen  bestehende  Epidermiswucherung. 
Bald  scheidet  sich  unter  beträchtlicher  Verdickung  die  Zellenmasse  in 
die  Epidermis  der  Innenfläche  des  dorsalen  Krallenwalles  und  in  die- 
jenige des  Krallenbettes;  letztere  ist  die  dickere.  Von  der  freien 
Krallenplatte  unterscheidet  sie  sich  durch  das  Fehlen  der  Be- 
grenzungsschicht  und  ein  dünneres  Stratum  corneum  in  der  distalen 
Hälfte  des  Krallenfalzes. 

Von  der  Dorsalseite  her  schlägt  sich  die  Epidermis  auf  die  Innen- 
fläche des  Krallenwalles  um;  sie  ist  wie  diese  gebaut,  nur  ist 
die  Anzahl  der  Zellen  in  den  einzelnen  Schichten  eine  geringere,  und  das 
Stratum  granulosum  ist  sehr  reich  an  Keratohyalinkörnchen  ;  es  ver- 
liert sich  allmählich  im  Grunde  des  Krallenfalzes. 

Was  die  Krallen  sohle  betrifft,  so  besteht  die  tiefste  Lage  der 
Epidermis  aus  Cylinderzellen.  Das  Stratum  granulosum  wird  von 
zwei  bis  drei  Zellenlagen  gebildet,  und  hier  sind  die  Keratohyalin- 
körnchen besonders  groß  und  zahlreich,  nach  außen  folgt  dann  eine 
schwach  sich  fingierende  Begrenzungsschicht,  die  allmählich  aus  der 
genannten  Schicht  sich  hevorbildet.  Die  letztere  dringt  nur  wenig  in 
den  Krallenfalz  ein,  schlägt  sich  dann  plötzlich  um  und  erstreckt  sich 
auf  dem  Zehenballen  weiter.  Der  volare  oder  plantare  Krallenwall 
läuft  distalwärts  nicht  wie  der  dorsale  in  eine  scharfe  Kante  aus, 
sondern  ist  abgerundet,  wodurch  eine  Art  von  Einbuchtung  distalwärts 
am  Eingang  des  Krallenfalzes  entsteht. 

An  den  LTebergangsstellen  von  der  Krallenplatte  zum  Zehenballen 
gehen  die  an  ersterer  die  Hornschicht  zusammensetzenden  Fasern  der 
Hornsubstanz  (sog.  Hornnbrillen)  ohne  Unterbrechung  in  die  spindel- 
förmig ausgezogenen  oder  abgeplatteten  Zellen  des  Stratum  granulosum 
über. 

Im  ganzen  läßt  sich  übersehen,  daß  die  Verhornung  an  der  Zehen- 
spitze inmitten  der  Epidermis  beginnt  und  auf  der  Dorsalseite  proxi- 
malwärts fortschreitet,  während  dieser  Prozeß  an  der  Sohlenfläche  erst 
nach  der  Geburt  erfolgt.  Erklärungen  dieser  Differenz  sind  mehrfach 
versucht,  zur  Zeit  sind  aber  die  Gründe  der  letzteren  noch  nicht  ge- 
nügend aufgeklärt. 

Rodentia.  Von  der  Ratte  (Mus  decumanus)  hat  Hausmann 
(1898)  ein  weit  fortgeschrittenes  Stadium  bei  einem  4  cm  langen,  der 
Geburt  nahestehenden  Foetus  untersucht.  Obgleich  die  Kralle  des  er- 
wachsenen Tieres  mehr  an  dier  Canivorenkralle,  als  die  von  Talpa 
erinnert,  so  ist  von  den  histologischen  Entwickelungsvorgängen  doch 
nur  wenig  Abweichendes  zu  bemerken.  Die  noch  unverhornten  Schichten 
der  Krallensohle  besitzen  ein  deutliches  Stratum  granulosum  mit 
Keratohyalinkörnchen,  welche  an  den  bereits  verhornten  Abschnitten 
durchaus  fehlen. 

An  der  Oberfläche  existiert  eine  dem  Periderm  ähnliche  doppelte 

Handbuch  der  Entivickelungslehre.     II.  1.  20 


306  W.  Krause. 

oder  dreifache  Zellenlage,  die  nicht  verhornt  ist ;  ihre  Zellen  enthalten 
teilweise  außer  einein  großen  blassen  Kern  noch  Keratohyalinkörner. 
Kaninchen  (Lepus  cuniculus).  Es  rinden  keine  wesentlichen 
Abweichungen  von  der  Ratte  statt,  die  Körnchen  des  Onychin  sind 
aber  sehr  deutlich  (Fig.  188). 


Fig.  188.  Senkrechter  Durchschnitt  parallel  der  Längsrichtung  der  letzten 
Phalanx  der  großen  Zehe  des  Hinterfußes  eines  14-tägigen  Foetus  vom  Kaninchen. 
MÜLLER'sche  Flüssigkeit,  Alkohol,  Pikrokarmin,  Alkohol,  Paraffin,  Xylol,  Kanada- 
balsam. Vergr.  250.  P  Periderm  oder  Eponychium,  in  distaler  Pichtung  nach  der 
Zehenspitze  hin  sich  abhebend.  0  Körnchen  des  Onychin.  On  onychogene  Sub- 
stanz (p.  226).  G  Kerne  des  Stratum  germinativum.  Nach  einer  Zeichnung  von  Dr. 
Sokolowsky  in  Berlin. 

Edentata.  Abgesehen  von  neugeborenen  und  erwachsenen 
Exemplaren  des  Gürteltieres  (Dasypus  novemcinctus),  stand  Haus- 
mann (1898)  ein  9,5  cm  langer  Foetus  zur  Verfügung.  An  der  distalen 
Spitze  der  Zehe  ist  die  Cutis  stark  verdickt,  gefäßreich,  und  auch  die 
Epidermis,  speciell  das  Stratum  germinativum,  ist  auffallend  dick.  Die 
Spitze  wird  von  einem  nicht  ganz  verhornten  Gewebe  überlagert,  so 
daß  eine  dicke,  sehr  plumpe  Form  der  Kralle  resultiert.  Das  Stratum 
granulosum  ist  sehr  reich  an  großen  Keratohyalinkörnchen,  nach  außen 
davon  folgt  eine  dicke  Anhäufung  großer,  polyedrischer,  unvollkommen 
verhornter  Zellen  mit  undeutlichen  großen  Kernen.  Weiter  proximalwärts 
hört  dieses  Stratum  auf,  es  wird  echte  Hornsubstanz  der  Krallenplatte 
gebildet,  die  distalwärts  noch  von  den  nicht  verhornten  großen  Zellen 
zum  Teil  überlagert  wird.  Nach  der  Volar-  oder  Plantarseite  hin 
wird  die  Krallensohle  bereits  von  einer  dünnen  Hornschicht  bedeckt, 
die  Substanz  der  letzteren  ist  wenig  fest  und  langfaserig.  Der  volare 
oder  plantare  Krallenfalz  wird  durch  eine  Einbuchtung  der  Epidermis 
gebildet  und  enthält  nur  eine  dünne  Schicht  stark  abgeplatteter 
Epithelialzellen. 

Wie  die  Körperoberfläche  bei  Dasypus -Embryonen  überhaupt 
(Welcker,  1864),  ist  das  distale  Ende  der  Zehen  mit  einem  starken 
Periderm  überdeckt,  das  bei  der  weniger  fortgeschrittenen  5.  Zehe  von 
Hausmann  besonders  deutlich  erkannt  wurde. 


Betrachtet  man  im  Zusammenhange  die  Bildung  von  Nagel,  Huf, 
Klaue  und  Kralle,  so  läßt  die  Uebereinstimmung  sich  nicht  verkennen. 
Zuerst  entsteht  überall  an  dem  freien,  distalen,  abgerundeten  Phalangen- 
ende eine  Verdickung  der  Epidermis,  welche  sich  mehr  oder  weniger 
weit  proximalwärts  ausdehnt.  Dann  bilden  sich  die  Anlagen  des  Falzes, 
der  Coriumleisten  oder  Papillen,  nicht  infolge  von  Epidermiswuclierungen, 
die    in    die  Tiefe    dringen,    sondern  durch  vermehrtes  Wachstum  der  be- 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane.  307 

nachbarten  Coriumabscknitte ;  dies  wenigstens  läßt  sich  behaupten,  trotz- 
dem die  Mechanik  dieser  Entwickelungsvorgänge  keineswegs  aufgeklärt 
ist.  Die  ersten  Anfänge  der  Verhornung,  Plättchenbildung  u.  s.  w.  be- 
ginnen am  distalen  Ende  und  schreiten  auf  der  Dorsalseite  fort,  bis  sie 
am  Falz  ihr  Ende  erreichen.  An  der  Volar-  und  Plantarseite  ist  der 
Vorgang  ein  langsamerer  und  erreicht  nicht  immer  in  der  Foetalzeit 
seine  Vollendung. 

Nur  beim  Menschen  reduziert  sich  der  Volarteil  auf  einen  schmalen, 
dem  Sohlenhorn  homologen  Streifen.  Er  hat  seine  eigene  Matrix,  sowie 
der  Nagelfalz  die  Matrix  des  künftigen  Nagels  darstellt. 

Alle  genannten  Gebilde  sind  anfangs  vom  Periderm  oder  einer  der 
letzteren  homologen  Bildung  überdeckt. 

Die  Kralle  ist  von  Boas  (1895)  mit  einer  endständigen  Kegelschuppe 
der  Reptilien  verglichen  worden.  Indessen  ist  eine  Homologisierung  der 
Entwickelung  der  Beptilienschuppe  mit  den  Krallen  u.  s.  w.,  wonach 
letztere  ursprünglich  distale  Schuppen  an  der  Zehenspitze  wären,  zwar 
naheliegend,  jedoch  mit  der  Entwickelungsgeschichte  nicht  vereinbar,  weil 
der  Nagel,  Urnagel  von  Hensen  (1877),  zuerst  als  epitheliale  Verdickung 
an  der  Zehenspitze   auftritt. 

Corium. 

Die  Entwickelung  der  Lederhaut  ist  fast  nur  beim  Menschen 
untersucht.  An  Embryonen  des  2.  Schwangerschaftsmonates  fand 
v.  Kölliker  (A.  L.  IL  1870.  p.  773),  daß  das  Corium  dem  Stratum 
germinativum  noch  sehr  ähnlich  sieht,  seine  Oberfläche  ist  vollkommen 
glatt,  Die  Dicke  der  ganzen  Cutis  beträgt  0,013—0,022  mm.  Das 
Corium  entsteht  nun  ursprünglich  als  eine  Verdickung  der  oberfläch- 
lichen Schicht  des  Mesenchym,  die  anfangs  aus  dicht  gelagerten,  spindel- 
förmigen Zellen  besteht.  Manche  dieser  Mesenclrymzellen  sind  jedoch 
rundlich,  die  länglich-spindelförmigen  haben  längliche  Kerne  von 
0,0068—0,09  mm  Länge. 

Im  3.  Schwangerschaftsmonat  ist  die  Cutis  bereits  0,13  mm  dick 
geworden,  und  man  kaun  das  Corium  vom  Unterhautbindegewebe 
unterscheiden.  Letzteres  enthält  Bindegewebsfasern  und  zahlreiche 
rundliche  oder  sternförmige  Bindegewebszellen,  auch  rundliche  An- 
häufungen von  kleinen  rundlichen  Zellen,  die  Anlagen  der  Fettzellen, 
die  hier  und  da,  namentlich  in  der  Gesichtshaut  nach  v.  Kölliker, 
schon  einzelne  Fettkörnchen  enthalten.  Die  Lederhaut  selbst  zeigt 
weniger  Bindegewebsfasern,  aber  spindelförmige  Zellen  mit  wenig 
Zwischensubstanz.  In  den  folgenden  Monaten  nehmen  die  Fettzellen- 
aggregate an  Zahl  und  Ausdehnung  zu. 

Die  Riffe  der  Cutis  treten  an  den  Volarflächen  der  Finger,  sowie 
an  den  Plantarflächen  der  Zehen  anfangs  unter  dem  Bilde  von  Primär- 
furchen (s.  unten  Schweißdrüsen)  auf;  später  werden  sie  zu  niedrigen 
Leisten.  Auf  Durchschnitten,  die  senkrecht  zum  Verlauf  der  Leisten 
geführt  sind,  erscheint  die  äußere  Begrenzung  der  Epidermis  im  4. 
und  5.  Schwangerschaftsmonat  noch  vollkommen  glatt  und  eben;  die 
Riffe  beschränken  sich  auf  Erhebungen  des  Corium,  und  die  Epidermis 
erstreckt  sich  zwar  in  den  Furchen  in  die  Tiefe,  ohne  jedoch  die 
äußere  Oberfläche  zu  erheben.  Erst  am  Ende  des  6.  Monates  wird 
die  äußere  Begrenzung  der  Epidermis  ganz  leicht  wellenförmig,  und 
nach  und  nach  treten  die  Coriumpapillen  auf  der  Oberfläche  der  Leisten 
in  zwei  einander  parallelen  Reihen  auf. 

20* 


308  W.  Krause, 

Im  7.  Monat  sind  die  Riffe  0,18  mm,  beim  Neugeborenen  0.22  bis 
0,27  mm  breit,  und  im  Corium  bilden  sich  elastische  Fasern  aus. 

Im  6.  Monat  treten  in  der  Cutis  über  den  ganzen  Körper  auch 
Anlagen  von  Fettzellengruppen  auf;  schon  im  7.  Monat  ist  ein  Panni- 
culus  adiposus  von  1 — 3  mm  Dicke  vorhanden,  und  dieser  mißt  beim 
Neugeborenen  sogar  (3 — 11  mm  an  einigen  Körperstellen. 

Was  die  Einzelheiten  anlangt,  so  leitet  Renaut  (1897)  die 
Papillen  des  Corium  von  den  Blutgefäßen  ab.  Diese  bringen  Leuko- 
cyten  mit  sich,  welche  durch  die  Gefäßwandungen  austreten  und  die 
oberflächliche  Schicht  des  Corium  „reinanient".  Sie  häufen  sich  zu 
Hervorragungen  an,  welche  das  Epithel  emporheben;  so  entstehen 
die  Cutispapillen.  Umgekehrt  ist  die  Sache  nach  Retterer  (1899). 
Die  oberflächlichen  Bindegewebszellen  des  Corium  scheiden  die  gela- 
tinöse Substanz  des  Foetus  aus,  die  beim  Erwachsenen  zu  Binde- 
gewebsfasern oder  elastischen  Fasern  sich  differenziert.  Der  Kern, 
seine  nächste  Umgebung  und  die  anastomosierenden  Ausläufer  dieser 
Zellen  existieren  lange  Zeit  als  fixe  Zellen,  dann  werden  letztere  platt, 
verlieren  ihre  Fortsätze  und  erscheinen  schließlich  als  weiße  Blut- 
körperchen. 

Die  großen  Furchen  der  Haut  an  den  Gelenken,  im  Gesicht, 
an  der  Fußsohle  und  am  Handteller  sind  schon  in  früher  Foetalzeit 
vorhanden,  an  letzterem  namentlich  die  den  Daumenballen  ulnarwärts 
umziehende  Linie.  Sie  sind  auf  Vererbung  zurückzuführen,  entstehen 
nicht  in  der  Haut  selbst,  sondern  durch  ihre  Anheftung  an  tiefer  ge- 
legenen Teilen ;  beim  Neugeborenen  sind  sie  wegen  der  stärkeren 
Entwickelung  des  Fettpolsters  größtenteils  sehr  deutlich.  Ueber  die 
Furchen  und  Riffe  an  den  Fingern  und  Zehen  (s.  unten  Schweißdrüsen). 

Amphibien.  Bei  ganz  jungen  Anurenlarven  ist  die  Anlage  der 
Cutis  nach  Eberth  (1866)  eine  homogene  glashelle  Membran.  Später 
erhält  sie  Längsstreifen  und  Querstreifen ;  ursprünglich  ist  sie  ganz 
frei  von  Zellen  und  besteht  aus  feinen ,  in  rechtem  Winkel  sich 
kreuzenden  Fasern,  sie  gleicht  einem  Gitterwerk,  das  von  senkrecht 
gegen  die  Oberfläche  aufsteigenden  Protoplasma-Ausläufern  der  darunter 
gelegenen  Zellen  durchsetzt  wird ;  diese  Ausläufer  erzeugen  in  der 
Flächenansicht  eine  feine  Punktierung.  Später  kräuseln  sich  die  starren 
Fasern,  ordnen  sich  zu  Bündeln,  dazwischen  schiebt  sich  von  der  Tiefe 
aus  kernführendes  Protoplasma,  dessen  Klumpen  rundliche  oder  viel- 
strahlige  Zellen,  junge  Bindegewebszellen  bilden. 

Pigment. 

Die  Bildung  des  Pigmentes  dauert  während  des  ganzen  Lebens 
fort  und  der  Prozeß  gehört  nicht  ausschließlich  der  Entwickelungs- 
geschichte  an.  Zwei  Ansichten  stehen  sich  auch  in  betreff  der  foetalen 
Pigmentbildung  in  der  Haut  und  den  Anhangsgebilden  des  Integu- 
mentes  gegenüber.  Entweder  entsteht  der  aus  Pigmentkörnchen 
zusammengesetzte  körnige,  braune,  seltener  schwarze  Farbstoff  in  der 
Epidermis  oder  aber  im  Corium,  und  wird  in  letzterem  Falle  auf 
irgend  eine  Weise  in  die  Epidermis  transportiert. 

Nach  der  Darstellung  von  Aeby  (1885)  soll  es  sich  um  Ein- 
wanderung von  Leukocyten  in  die  Epidermis  handeln,  welche  das  Pig- 
ment aus  der  Cutis  mitbringen.  Diese  Wanderzellen  werden  zu  den 
sternförmigen  Pigmentzellen,  die  man  im  Stratum  germinativum  vieler- 
orts antrifft  (Fig.  158  u.  159).   Sie  zerfallen  dann  in  Bruchstücke,  welche 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane.  309 


&  ~^  ^.^,^U  VI^V*.        JU*U*  ^1^^^Ü^X&1 


von  den  Epidermiszellen  des  Stratum  germinativum  in  sich  aufgenommen 
werden,  wobei  zunächst  ihre  Kerne  an  ihrer  äußeren  Seite,  einseitig 
von  pigmentierten  dunkeln  Halbmonden  umsäumt  werden.  Dasselbe 
gilt  für  die  den  Zellen  des  Stratum  germinativum  gleichwertigen  Zellen 
der  Haarbälge  u.  s.  w.  Diese  Aufstellung  ist  unter  anderen  von  v. 
Kölliker  (1887)  unterstützt  worden;  indessen  hält  v.  Kölliker 
die  gewöhnlichen  amoeboiden  Leukocyten  für  eine  andere  Art  von 
Wanderzellen  als  die  sternförmigen  Bindegewebszellen,  welche  das 
Pigment  transportieren  sollen.  Ganz  bestimmte  Gründe  für  eine  der- 
artige Leistung  der  Zellen  sind  jedoch  nicht  beigebracht. 

Einfacher  erscheint  die  folgende  Annahme.  Jarisch  (1891)  u.  a. 
lassen  nämlich  das  Pigment  in  den  Zellen  des  Stratum  germina- 
tivum selbst  entstehen.  Offenbar  vermögen  die  Zellen  des  Ektoderm 
in  ihrem  Inneren  bei  der  Zellenteilung  Pigmentkörnchen  zu  erzeugen, 
denn  zwei  herangewachsene  Tochterzellen  enthalten  offenbar  mehr 
solche  Körnchen  als  die  Mutterzelle.  In  den  Epithelialzellen  des 
Centralkanales  im  Rückenmark  des  Amphioxus,  wie  man  seit  Joh. 
Müller  (1841)  weiß,  ferner  in  den  vom  Ektoderm  abstammenden 
Pigmentzellen  des  Pigmentblattes  der  Retina,  in  der  Epidermis  von 
Froschlarven  und  zahlreichen  anderen  Amnioten,  endlich  im  Stratum 
germinativum  der  gefärbten  Hautstellen  von  Europäern,  sowie  der 
Epidermis  farbiger  Menschenrassen  findet  unzweifelhaft  die  angedeutete 
Bildung  von  Pigment  statt,  und  zwar  teilweise  schon  beim  Foetus. 

Folgt  man  dieser  Annahme,  so  ergiebt  sich  weiter,  daß  im  Proto- 
plasma der  betreffenden  Zellen  eine  chemische  Umsetzung  stattfinden 
muß,  welche  das  an  Kohlenstoff  reiche  Pigment  überhaupt  liefert  und 
hauptsächlich  als  ein  Desoxydationsvorgang  aufzufassen  ist. 

Amphibien.  Nach  Prowazek  (1900)  entsteht  das  Pigment  bei 
der  Salamanderlarve  auf  verschiedene  Weise.  Endogen  bildet  es 
sich  in  den  Epidermiszellen,  in  leukocytenähnlichen  Pigmentzellen  der 
Epidermis,  in  bindegewebigen  Pigmentzellen  der  Cutis,  die  eine  be- 
deutendere Größe  haben. 

Innerhalb  der  Epidermiszellen  der  Salamanderlarve  entsteht 
das  Pigment  in  der  Weise,  daß  im  Zellensaft  mit  Neutralrot  sich 
rötlich  färbende,  nicht  scharf  umgrenzte  Körnchen  auftreten,  die  Pro- 
wazek als  Pigmentpiastiden  bezeichnet.  Die  Pigmentkörnchen  be- 
finden sich  in  Gruppen  von  2 — 3  und  mehr  an  der  Peripherie  dieser 
Piastiden,  in  welche  sie  kontinuierlich  überzugehen  scheinen. 

Ueber  den  Frosch  ist  eine  Beobachtung  von  Rosenstadt  (1897) 
zu  erwähnen,  weil  sie  zu  der  Theorie  der  Pigmentbildung  in  Beziehung 
steht.  Nach  Rosenstadt  findet  sich  nämlich  in  den  Kernen  der 
Nickhaut  des  Frosches  Pigment.  Man  könnte  daraus  an  einen  Einfluß 
des  Kernes  auf  die  eben  erwähnte  chemische  Umsetzung  schließen, 
zumal  mit  Rücksicht  auf  die  bekannte  Thatsache,  daß  die  Pigment- 
körnchen in  den  Epidermiszellen  des  Stratum  germinativum  beim  Neger 
schalenförmig  den  Kern  umgeben. 

Reptilien.  Bei  etwas  älteren  Embryonen  von  Schlangen  be- 
ginnt nach  Kerbert  (1877)  die  Färbung  der  Hautbedeckung  mit  dem 
Auftreten  von  verzweigten  Pigmentzellen  in  der  Epidermis  (Fig.  158 
und  159).  Kerbert  erklärt  sie  für  wandernde  Bindegewebszellen; 
sie  liegen  zumeist  in  der  tiefsten  Schicht  des  Stratum  germinativum, 
also  zwischen  deren  Cylinderzellen.  Diese  Zellen  sind  beweglich  und 
beim  erwachsenen  Tier  ganz  in  das  Corium  hinuntergerückt,  in  welches 
sie  hineinwandern.  Die  Zellen  sind  teilweise  rund,  meistens  jedoch  bäum- 


310  W.  Krause, 

förmig  verzweigt,  wobei  ihre  Ausläufer  der  freien  Oberfläche  zugekehrt 
sind,  die  sie  auch  erreichen. 

Vögel.  Rosenstadt  (1897)  schreibt  die  Pigmentbildung  beim 
Hühnerembryo  sowohl  den  Bindegewebszellen  des  Corium,  von 
denen  jede  sich  in  eine  Pigmentzelle  umwandeln  kann,  als  den  Epi- 
dermiszellen  zu.  Auch  im  Periclerm  der  Federanlage  finden  sich  pig- 
mentierte Epidermiszellen,  ohne  Beziehung  zu  Ausläufern  der  pigmen- 
tierten Bindegewebszellen  des  Corium.  Verästelte  Pigmentzellen  sah 
jedoch  Kerbert  (1877)  beim  Hühnerembryo  vom  15.  Bebrütungstage 
in  der  Epidermis. 

In  den  papillenähnlichen  ersten  Anlagen  der  Federn  beim  Hühn- 
chen beobachtete  v.  Kölliker  (1887),  falls  sie  gefärbt  sind,  reich 
verzweigte,  sternförmige  Pigmentzellen,  nicht  aber  in  den  Epidermis- 
zellen selbst,  wenigstens  nicht  im  Anfange.  Kerbert  will  daher  den 
Mesenchymzellen,  die  mit  denjenigen  der  Adventitia  der  Blutgefäße  in 
letzter  Instanz  anastomosieren,  eine  Beziehung  zur  Pigmentbildung 
zuschreiben. 

Die  Pigmentbildung  in  den  Federn  hat  auch  Post  (1893)  am 
Kopfe  des  10-tägigen  Taubenembryo  untersucht.  In  dem  peripheren 
Ende  der  Pulpa  des  Federkeimes  stammt  das  Pigment  aus  den  Epi- 
dermiszellen, nicht  aus  dem  Bindegewebe.  Die  Fähigkeit,  Pigment- 
körnchen zu  bilden,  kommt  den  am  tiefsten  gelegenen  Zellen  des 
Stratum  germinativum  zu ;  aus  gewöhnlichen  Zellen  des  letzteren 
können  sich  verästelte  Pigmentzellen  entwickeln.  Die  Pigmentkörnchen 
sind  wie  an  anderen  Orten  kleine  Stäbchen,  von  denen  nach 
Behandlung    mit   Kalihydrat   eine    helle    Grundsubstanz    zurückbleibt. 

Post  glaubt  übrigens,  daß  einerseits  Pigment  aus  der  Epidermis 
in  das  tiefer  als  letztere  gelegene  Bindegewebe  übertreten  kann,  und 
daß  es  andererseits  unzweifelhaft  im  Bindegewebe  Pigmentzellen  giebt, 
obgleich  das  dazu  gehörige  Epithel  pigmentfrei  ist.  Es  entsteht  das 
Pigment  also  nach  Post  in  polyedrischen  Zellen  des  Stratum  germi- 
nativum, in  verzweigten  Zellen  des  letzteren  und  in  Bindegewebs- 
zellen. 

Säuger.  Eine  zusammenfassende  Darstellung  über  die  Bildung 
des  Hautpigmentes  hat  Rosenstadt  (1897)  gegeben.  Danach  können 
die  Epidermiszellen  selbständig  Pigment  bilden,  bei  gleichzeitigem 
Mangel  von  solchem  im  Corium.  Oder  die  Epidermis  und  das  Corium 
enthalten  unabhängig  voneinander  Pigment.  Oder  drittens  sind  die 
Epidermiszellen  pigmentiert,  und  die  Farbstoff  führenden  Bindegewebs- 
zellen des  Corium  senden  ihre  Fortsätze  in  die  Epidermis. 

Nach  Loeb  (1899)  zeigen  sich  keine  Pigmentkörnchen  in  Epi- 
dermiszellen von  Hautstückchen  des  Ohres  weißer  Meerschweinchen, 
die  man  auf  die  Haut  von  schwarzen  Ohren  transplantiert  hatte.  Um- 
gekehrt wachsen  pigmentierte  Epidermiszellen  von  den  Rändern  eines 
schwarzen  Hautstückchens  weiter,  das  auf  die  Haut  eines  Weißen  ver- 
pflanzt worden  war.  Das  Bindegewebe  ist  also  nicht  die  Quelle  des 
Pigmentes,  wenigstens  nicht  im  Anfange. 

Ebenso  tritt  nach  Retterer  (1887),  der  Untersuchungen  an  Foetus 
vom  Esel  von  8  cm  Länge  und  des  Pferdes  von  22  cm  Länge  an- 
stellte, das  Pigment  zuerst  nur  in  den  Epidermiszellen  auf,  und  zwar 
in  denen  der  tiefsten  Schichten,  nicht  aber  in  den  Intercellularräumen 
und  nicht  in  der  Cutis.  Erst  beim  Pferdefoetus  von  65  cm  Länge  zeigten 
sich  auch  pigmentierte  Bindegewebszellen.  (Analog  verhält  es  sich  mit 
der  Pigmentierung  der  Haare.) 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane. 


311 


Pigmentierte  Bindegewebszellen  sah  v.  Kölliker  (1887)  zahlreich 
im  Bast  des  wachsenden  Geweihes  bei  Hirschen  und  Rehen,  die 
in  die  anfangs  ungefärbte  Epidermis  einwandern. 

An  der  Innenseite  der  Ohrmuschel  des  5-tägigen  Hundes  wird 
nach  Post  (1893)  das  Pigment  in  langgestreckten  Bindegewebszellen 
des  Corium  gebildet, 

Das  Pigment  der  Stacheln  von  Echid  na -Embryonen  entsteht  nach 
Römer  (1898,  p.  53)  an  der  Oberfläche  der  Cutis   in  letzterer    selbst 
und  füllt  dann  die  am  tiefsten    gelegenen  Zellen    des  Stratum 
nativum. 


germi- 


Schweissdrüsen. 

Die  Schweißdrüsen-Entwickelung    ist    zuerst   von    Wendt    (1834) 
untersucht  worden.     Ihre  Ausführungsgänge  sind  schon  beim  4-monat- 


a  - 

b  " 


liehen  Foetus  durch  Abziehen   der  Epidermis  darstellbar,   v.  Kölliker 
(1850,  p.  167 — 171)  dagegen  sah  sie  erst  im  5.  Schwangerschaftsmonat 
in  Form    mikroskopisch    feiner,    durchaus   solider   Einstülpungen    des 
Stratum  germinativum   der 
Epidermis,     die     senkrecht 
zur  Oberfläche  in  die  Cutis 
hineinwachsen,      gelblich 
durchscheinend     sind     und 
aus  rundlichen  Zellen,    wie 
diejenigen    jenes     Stratum, 
bestehen.       In     der     Tiefe 
endigen  diese  soliden  Zellen- 
kolben mit  verdickten,  kol- 
benförmigen    Anschwellun- 
gen. 

Diese  Untersuchungen 
v.  Kölliker's  stammen  aus 
dem  Jahre  1850,  und  seit- 
dem hat,  mit  Ausnahme 
der  "Nachuntersuchung  von 
Brunn's  (1897),  keine  an- 
dere stattgefunden,  und 
noch  weniger  ist  etwas 
Neues  hinzugekommen. 

Nach  v.  Kölliker  haben 
diese  erwähnten  Anlagen  in 

der  Planta  pedis  0,06 — 0,2  mm  Länge  auf  0,022  mm  Dicke  am  peripheren 
Ende  und  0,04—0,045  mm  am  centralen  Ende;  übrigens  reichen  sie  an- 
fangs nicht  bis  in  die  Tiefe  des  0,056  mm  dicken  Corium  hinein.  In 
der  Epidermis  ist  noch  keine  Andeutung  eines  Ausführungsganges  vor- 
handen, so  wie  auch  die  ganze  Anlage  noch  kein  Lumen  besitzt.  Ein 
solches  zeigt  sich  erst  im  6.  Schwangerschaftsmonat  (v.  Kölliker, 
A.  L.  I.  1879,  Fig.  479).  Die  Drüsenanlage  ist  dann  weiter  in  die 
Tiefe  gewachsen,  fängt  an  sich  zu  winden  und  reicht  bis  in  die  Mitte 

Ihre 


Fig.  189.  Schweißdrüsenanlagen  von  einem 
5-monatlichen  Embryo.  Ein  Durchschnitt  durch 
die  ganze  Haut  mit  5  Drüsen.  Vergr.  50.  a 
Stratum  corneum  der  Oberhaut,  h  Stratum  ger- 
minativum. d  Drüsenanlage  ohne  Lumen,  aus 
kleinen  runden  Zellen  bestehend.  C  Corium. 
(Nach  v.  Kölliker,  Entwickel.  des  Menschen. 
1879.  p.  793.  Fig.  478  A.) 


oder  bis  in  das  tiefer    gelegene  Viertel  der  Dicke    des  Corium. 
Dicke  beträgt  zu  dieser  Zeit  am  blinden  Ende  0,09  mm,   weiter  nach 
der  Oberfläche  hin  0,036—0,045  mm. 

Sehr  bemerkenswert  ist  das  Verhältnis  der  Coriumfurchen  zu  den 
ersten  Anlagen  der  Schweißdrüsen.  Am  Ende  des  4.  Schwangerschafts- 
monates bilden  sich  an  den  Fingern   unter  der  äußerlich  glatten  Epi- 


312  W.  Krause, 

dermisoberfläche  die  Anlagen  der  Primär  furchen,  wie  sie  hier 
genannt  werden  sollen,  aus.  Sie  entstehen  als  Wucherungen  der  Zellen 
des  Stratum  germinativum,  die  in  Reihen  angeordnet  sind,  zwischen 
welchen  schmale  Cutiswälle  sich  hinziehen.  Die  spätere  konzentrische 
Anordnung  an  den  distalen  Phalangen  der  Finger  und  Zehen  ist  von 
Anfang  an  gegeben,  und  unter  der  Lupe  machen  ihre  Reihen  einen 
ganz  ähnlichen  Eindruck,  wie  sie  die  Anordnung  auf  den  Fingern  des 
Erwachsenen  aufweist.  Auch  ihre  Anzahl  ist  bei  absolut  geringeren 
Dimensionen  ziemlich  genau  dieselbe,  wie  beim  Erwachsenen ;  am 
kleinen  Finger  hatte  ein  4-monatlicher  Foetus  etwa  50  Primärfurchen 
mit  ebensoviel  Cntisstreifen  dazwischen ;  es  werden  alle  diese  Furchen 
mithin  von  vornherein  ziemlich  gleichzeitig  angelegt.  Jedoch  entstehen, 
während  die  Fingerphalangen  wachsen,  an  den  Seitenrändern  der  letz- 
teren einzelne  neue  Furchen,  durch  Teilung  der  schon  vorhandenen. 
Die  sich  neubildenden  Furchen  endigen  blind,  und  an  den  blinden 
Enden  zeigt  sich  eine  etwas  beträchtlichere,  rundliche  Anhäufung  von 
Zellen  des  Stratum  germinativum.  Die  Vermehrung  ist  aber  ver- 
gleichsweise nur  unbedeutend. 

An  Flächenschnitten,  die  von  der  volaren  Oberfläche  der  Finger 
oder  Zehen  des  5-monatlichen  Foetus  angelegt  werden,  sieht  man  nun 
mikroskopisch  die  Mündungen  der  Schweißdrüsen  in  den  Furchen 
liegen.  Von  Anfang  an  ist  die  von  Zellen  des  Stratum  germinativum 
ausgefüllte  Mündung  des  späteren  Schweißdrüsenganges  trichterförmig 
und  ein  wenig  erweitert  (Fig.  190).     Nach  der  Tiefe  zu  folgen  in  radial- 

Fig.  190.  Schweißdrüsenanlage  auf  dem  senkrechten  Durch- 
schnitt der  Haut  der  Fußsohle  eines  5-monatlichen  mensch- 
:;^^^^^fe^:^;(j  liehen  Foetus.  Vergr.  70.  (Nach  v.  Brunn  1897.  p.77.  Fig.  89.) 
l'.^S:f^$&*}.] %'-5&ff  ;■  Diese  Fig.  repräsentiert  einen  Querschnitt,  die  Fig.  189  wesent- 
•  '■-.;:^ \\y  yS-' ,':'::-:::':^---':  lieh  einen  nach  der  Längsachse  eiues  Hautriffes  verlaufen- 
.■:'' ".-' "  ''•••^•-  :-  ,  clen  Längsschnitt.  Die  Schweißdrüsenanlage  mündet  auf  einem 
;     ;;■     ■  M  ■■'-'.  '■■'■  späteren  Hautriff,  das  durch  sie  wie  in  zwei  kleine  Hügel  ge- 

£• ■"■•.■■■/    :. "'';■ ',-. '■•'. '•;.■     teilt   erscheint.     Links  und  rechts   davon  liegt  je  eine   kleine 
Epidermiseinstülpung;   diese  ist  der  Begiun   einer  definitiven 
Furche.    Die  Epidermis-Oberfiäche  erscheint   zufälliger  Weise    etwas  unregelmäßig 
(vergl.  Fig.  189). 

ulnaren  Serienschnitten  die  Querschnitte  der  Schweißdrüsenausführungs- 
gänge. Sie  stehen  in  Reihen,  sind  etwa  0,08  mm  voneinander  am 
Nagelglied  der  großen  Zehe  beim  Foetus  aus  dem  Ende  des  5. 
Schwangerschaftsmonates  entfernt,  während  sie  der  Quere  nach,  also 
dem  Abstand  der  Primärfurchen  untereinander  entsprechend,  nur 
etwa  0,06  mm  Distanz  voneinander  haben.  Weiter  nach  der  Tiefe  zu 
folgen  die  Anlagen  der  Drüsenknäuel,  die  als  kleine  seitliche  Aus- 
stülpungen und  Umbiegungen  beginnen  (Fig.  191). 

Beim  5-monatlichen  Foetus  sieht  die  Sache  eigentümlich  genug  aus. 
Die  Mündungen  der  Schweißdrüsen  liegen  merkwürdigerweise  in  den 
Furchen,  nicht  wie  beim  Erwachsenen  auf  der  Höhe  der  Riffe.  Da- 
raus folgt,  da  die  Schweißdrüse  selbstverständlich  ihren  Ort  nicht 
ändern  kann,  daß  die  Primärfurchen  den  definitiven  Furchen, 
Sulci  cutis,  nicht  entsprechen.  Beide  sind  voneinander  ganz  verschieden, 
und  die  Primär  furchen  korrespondieren  im  Gegenteil 
mit  den  Hautriffen.  Während  die  definitiven  Furchen  Einsenkungen 
des  Corium  und  der  Epidermis  darstellen,  sind  die  Primärfurchen  aus- 
schließlich Furchen  des  Corium,    und  die  E  piderm  isob  erfl  äche 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane. 


313 


liegen. 


Der 


geht    glatt   über    die  Stelle    hinweg,    wo   sie 
5-monatliche  Foetus  hat  an  seinen  Fingern  und  Zehen  noch 
definitiven  Furchen    (worauf  His  brieflich  aufmerksam  machte),   höch- 
stens   Anfänge    derselben    (Fig.   190).     Die     letzteren   Furchen    ent- 


gar keine 


stehen  erst  im 
Wachstum    der 


6.  Schwangerschaftsmonat,  und  zwar  durch  vermehrtes 


an  Blutgefäßen 


Cutiswälle,  welche 
Indem  die  ersteren 


von  den  Primärfurchen  bedeckten 
und  Nervenfaseranlagen  reich  sind, 
sich  erheben,  werden  sie  zu  Hautriffen ;  die  Epidermis  zwischen  den 
Riffen  wuchert  auf  dem  Querdurchschnitt  scheinbar  zapfenförmig  in  die 
Tiefe,  was  jedoch  nur  von  der  Erhebung  und  dem  Wachstum  der 
beiden  benachbarten  Riffe  abhängt. 

Erst  am  Ende  des  5.  (Fig.  190),  gewöhnlich  aber  erst  im  6. 
Schwangerschaftsmonat  treten  die  bleibenden  Furchen  als  schmale 
Zellenreihen  auf.  Sie  liegen  jede  zwischen  zwei  nächstbenachbarten 
Primärfurchen,  den  späteren  Riffen,  und  bestehen  anfangs  aus  zwei 
Cylinderzellenlagen.  Diese  Zellen  wenden  ihre  Basis  dem  späteren 
Riffe,  ihre  periphere  Oberfläche  der  Achse  der  definitiven  Furche  zu ; 
zwischen  den  beiden  Zellenlagen  befinden  sich  noch  einzelne  abge- 
plattete Zellen  des  Stratum  corneum  der  Epidermis.  Die  Breite  der 
definitiven  Furchen  beträgt  am  Zeigefinger  eines  6-monatlichen  Foetus 
anfangs  nur  0,016  mm;  von  Anfang  an  handelt  es  sich  um  Furchen, 
an  denen  die  freie  Oberfläche  der  Epidermis  sich  einkerbt,  was  bei 
den  Primärfurchen,  über  welche  die  Epidermisoberfläche  glatt  hinweg- 
geht, nicht  der  Fall  ist.  Flächen  schnitte  der  Volar-  und  Plantar  seiten 
von  Fingern  und  Zehen  geben  bei  weitem  die  klarsten  Bilder.  Im 
4.  Schwangerschaftsmonat  sieht  man  nur  Primärfurchen,  im  5.  Monat 
in  den  letzteren  zahlreiche  rundliche  Schweißporen  in  regelmäßigen 
Abständen,  und  im  6.  Schwangerschaftsmonat  verläuft  eine  schmale 
definitive  zwischen  je  zwei  Primärfurchen  oder  Hautriffen.  Abgesehen 
von  den  sparsamen,   durch  sekundäre  Teilung   primärer  Furchen  ent- 


■■■•■■  ■    »■'-.•fc'tiji'  /■:sÄ^ 


Fig.  192. 


Fig.  191. 

Fig.  191.  Schweißdrüsenanlagen  aus  dem  7.  Monat,  vom  Menschen.  Vergr.  50.  a 
Stratum  corneum.  g  Stratum  germinativum.  C  Schweißdrüsenkanal  imCorium.  d  kol- 
biges  Ende  der  Drüsenanlage.  Das  Lumen  ist  durchweg  vorhanden,  nur  reicht  es 
nicht  ganz  bis  ans  Ende  des  dickeren  Teiles  der  Drüsenanlagen,  die  zum  Drüsen - 
knäuel  sich  gestalten.  Fortsetzungen  der  Kanäle  in  die  Oberhaut  hinein  und  Schweiß- 
poren /  sind  da.  B  Ein  Knäuel  einer  Schweißdrüse  aus  dem  8.  Monat.  (Nach 
v.  Kölliker,  Entwickelung  der  Menschen,  1879.  p.  795.  Fig.  480  A.) 

Fig.  192.  Schweißdrüsenanlage  auf  dem  senkrechten  Durchschnitt  der  Haut 
der  Fußsohle  eines  7-monatlichen  menschlichen  Foetus.  Vergr.  70.  Linker  Hand  ist  das 
eigentlich  abgerundete  blinde  Ende  des  bereits  angelegten  Schweißdrüsenknäuels  quer 
abgeschnitten.    (Nach  v.  Bruxx,  1897.  p.  77.  Fig.  90. 


314  W.  Krause, 

standenen  Primärfurchen  (p.  312),  bleibt  die  Anzahl  der  Primärfurchen, 
der  definitiven  Furchen  und  der  Hautriffe  stets  dieselbe  und  unter  sich 
die  gleiche.  Alle  diese  Gebilde  sind  dem  Wesen  nach  schon  beim 
(»-monatlichen  Foetus  angelegt  und  ungefähr  in  derselben  Anzahl  wie 
beim  Erwachsenen  vorhanden. 

Im  7.  Schwangerschaftsmonat  sind  die  Schweißdrüsenanlagen  be- 
reits von  Valentin  (A.  L.  IL  1835.  p.  277)  in  zwei  Fällen  nachge- 
wiesen. Zu  derselben  Zeit  oder  etwas  früher  fand  Kohlrausch  (A. 
L.  II.  Bischoff,  1842.  p.  467)  an  ihrem  blinden  Ende  die  Drüsen 
0,088  mm  dick,  das  periphere  Ende  ihres  Ausführungsganges  in  der 
Cutis  0,022—0.029  mm  dick.  Die  Anzahl  der  Drüsen  betrug  144 
—225  auf  einem  Quadratmillimeter  (was  mit  v.  Kölliker's  Abbildung, 
(1850.  Fig.  46),  so  ziemlich  übereinstimmt.  Nach  v.  Kölliker 
reicht  das  blinde  Ende  bis  an  die  tiefer  gelegene  Fläche  des  Corium, 
fängt  an  sich  hakenförmig  umzubiegen  (Fig.  191)  oder  schon  zu  einem 
kleinen  Knäuel  (Fig.  192)  von  0,09 — 0,0135  mm  Durchmesser  sich  zu 
entwickeln.  Der  Drüsenausführungsgang  im  Corium  macht  mehrere 
Windungen ,  ist  0,034 — 0,035 — 0,5  mm  dick  und  zeigt  nun  ein  helles 
Lumen  von  0,0068 — 0,009  mm.  Die  Wandung  des  ganzes  Kanales 
hat  sich  verdickt,  das  Drüsenepithel  ist  einschichtig,  und  dessen 
Zellen  sind  rundlich-polyedrisch  wie  früher.  An  den  übrigen  Körper- 
stellen beginnen  erst  jetzt  die  Drüsenanlagen  zu  entstehen.  Nach 
Grefrerg  (1883)  kann  man  aber  an  bestimmten  Hautstellen  zahl- 
reiche Uebergänge  zwischen  älteren  und  ganz  jungen  Anlagen  finden. 

Wie  v.  Brunn  (1897,  p.  77)  fand,  soll  es  den  Anschein  haben, 
als  ob  die  Schicht  glatter  Muskelfasern,  welche  beim  Erwachsenen  die 
Schweißdrüsengänge  umhüllen,  ans  den  peripheren  Lagen  des  Epithels 
dieser  Gänge  hervorginge.  Diese  Vermutung  beruht  auf  irrtüm- 
lichen Angaben  von  Hörschelmann,  Hesse,  Sangster,  Ranvier  (1879, 
p.  1120)  u.  a.,  welche  die  Muskelfasern  an  die  Innenfläche  der  Membrana 
propria  verlegten.  Die  Membrana  propria  von  Ranvier  ist  aber  in 
Wahrheit  die  äußere  Bindegewebshülle  des  Schweißdrüsenganges ,  die 
wirkliche  strukturlose  und  gegen  Kalilauge  resistente  Membrana  propria 
hat  Ranvier  infolge  seiner  Untersuchungsmethode  gar  nicht  zu  sehen 
bekommen  (W.  Krause,  1881.  p.  47). 

Gelegentlich  ist  zu  erwähnen,  daß  die  Volarseite  oder  Plantarseite 
der  Endphalangen  der  Finger  oder  Zehen  beim  Kaninchen  schöne  knäuel- 
förmige  Schweißdrüsen  besitzen.  Ueber  ihre  Entwickelung  ist  so  wenig 
wie  über  die  Entwickelung  der  Schweißdrüsen  überhaupt  bei  Tieren 
etwas  bekannt. 

Beim  Neugeborenen  fand  Valentin  (A.  L.  IL  1835.  p.  277) 
die  Drüsengänge  0,079  mm,  v.  Kölliker  (A.  L.  IL  1879)  nur  0,034 
—0,045  dick;  ihre  Ausführungsgänge  haben  nach  letzterem  in  der 
Cutis  0,018,  im  Stratum  germinativum  0,05  mm  Dicke.  Die  Drüsen- 
knäuel besitzen  teilweise  bereits  im  6.,  jedenfalls  schon  im  8.  Schwanger- 
schaftsmonat Doppelmündungen  und  haben  in  der  Fersenhaut  0,13 
— 0,15  mm  Durchmesser. 

Talgdrüsen. 

Die  erste  und  bisher  einzige  gründliche  Untersuchung  der  Ent- 
wickelung der  Talgdrüsen  beim  Menschen  rührt  von  v.  Kölliker 
(1850,  p.  192 — 197)  her.  Sie  zeigen  sich  am  Ende  des  4.  Schwanger- 
schaftsmonates als  kleine  ellipsoidische  Auswüchse  (Fig.  179,  Fig.  193) 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane. 


315 


der  Haarbälge,  die  aus  einer  dünnen,  in  die  Haarbalgwand  übergehen- 
den Hülle  und  einer  dichtgedrängten  Zellenmasse  bestehen  ;  die  Zellen 
gleichen  denjenigen  der  äußeren  Wurzelscheide  und  sind  Abkömmlinge 
derselben,  stammen  aber  ausschließlich  von  den  cylindrischen  Zellen 
der  tiefsten  Schicht  dieser  Scheide.  Solche  Talgdrüsenanlagen  haben 
anfangs  0,045—0,068  mm  Länge  auf  0,022-0,36  mm  Dicke.  Sie 
treten  nur  an  den  Haarbälgen  auf  und  erst  dann,  wenn  in  letzteren 
bereits  die  Haaranlage  deutlich  zu  erkennen  ist.  Niemals  entstehen 
Talgdrüsen  unabhängig  von  Haaren  in  der  Cutis ;  bekanntlich  kann 
aber  beim  Erwachsenen  an  bestimmten  Körperstellen  das  Haar  und 
der  Haarbalg  zu  Grunde  gegangen  sein,  während  die  Talgdrüse  (un- 
passend auch  als  Haarbalgdrüse  bezeichnet)  sich  forterhält.  Wie  die 
Haare  erscheinen  die  Talgdrüsen  an  verschiedenen  Körperstellen  zu 
verschiedener  Zeit,  zuerst  an  der  Stirn  und  den  Augenbrauen,  zuletzt 
am  Ende  des  5.  Schwangerschaftsmonates  auch  an    den  Extremitäten. 


Fig.  193 


Fig.  194. 


Fig.  193.  Talgdrüsenanlage.  Es  sind  nur  die  Teile  der  Haare  und  ihre 
Wurzelscheiden,  an  denen  die  Talgdrüsen  sich  entwickeln,  vom  6-monatlichen  mensch- 
lichen Foetus  dargestellt.  Vergr.  250.  a  Haar,  b  innere  Wurzelscheide,  hier  mehr 
der  Hornschicht  der  Oberhaut  gleichend,  c  äußere  Wurzelscheide,  d  Talgdrüsen- 
anlage, höckerförmig  und  ganz  aus  denselben  Zellen  gebildet  wie  die  äußere  Wurzel- 
scheide.    (Nach  v.  Kölliker,  Entwickelung  der  Menschen.  1879.  p.  796.  Fig.  481  A.) 

Fig.  194.  Talgdrüsenanlage  von  einem  6-monatlichen  menschlichen  Foetus.  Es 
sind  nur  die  Teile  der  Haare  und  Haarbälge,  an  denen  die  Talgdrüsen  sich  ent- 
wickeln, dargestellt.  Vergr.  250.  a  Haar,  b  innere  Wurzelscheide,  hier  mehr  der 
Hornschicht  der  Epidermis  gleichend,  c  äußere  Wurzelscheide,  d  Talgdrüsenanlage, 
flaschenförmig  und  mit  Bildung  von  Fettkörnchen  in  den  centralen  Zellen.  (Nach 
v.  Kölliker,  Entwickel.  d.  Menschen.  1879.  p.  796.  Fig.  481  B.) 


Korrespondierend  mit  der  Entwickelung  der  Haarbälge  werden  sie 
größer,  mehr  kugelförmig,  wachsen  in  die  Tiefe,  neigen  sich  schräg 
gegen  die  Achse  des  Haarbalges  und  werden  birnförmig,  wodurch  der 
spätere  Ausführungsgang  sich  anlegt.  In  ihrer  dicksten  Partie  haben 
sie  bis  zu  0,0112  mm  Durchmesser;  ihre  Zellen  sind  mit  Ausnahme 
der  tiefsten  Schicht  nach  öfteren  Teilungen  rundlich-polyedrisch  geworden. 

Während  anfangs  die  Zellen  in  der  Talgdrüse  ganz  denjenigen 
der  äußeren  Wurzelscheide  gleichen,  entstehen  jetzt  im  Centrum  der 
Drüse,  in  einer  centralen  Zellengruppe  zahlreiche  feine  Fettkörnchen 
(Fig.  194).  Letztere  bilden  sich  zuerst  in  der  Tiefe  der  Drüse,  dann 
auch  im  späteren  Ausführungsgange  derselben,  und  diese  Zellen  ge- 
langen in  die  Höhlung   des  Haarbalges,    nämlich   unmittelbar   an    das 


316  W.  Krause, 

Haar  heran,  welches  sie  bei  ihrem  Zerfall  einfetten,  womit  der  Beginn 
der  Hauttalgsekretion  gegeben  ist. 

Im  6.  Schwangerschaftsmonat  treten  weitere  Anlagen  von  der 
äußeren  Wurzelscheide  aus  zu  den  schon  vorhandenen  hinzu,  so  daß 
ein  kleiner  Kranz  von  Talgdrüsen  um  jeden  Haarbalg  entstellt.  Auch 
entwickeln  sich  seitliche  Ausstülpungen  an  der  anfangs  nur  aus  einem 
Hohlraum  und  dem  Ausführungsgange  bestehenden  Drüse,  indem  sich, 
wie  es  scheint,  unter  Beteiligung  des  wachsenden  Coriuingewebes,  das 
die  hervorsprossende  Zellenmasse  einschnürt,  allmählich  eine  acinöse 
Drüse  mit  vielen  Drüsenbläschen  entwickelt.  Die  später  gebildeten 
Acini  sprossen  meist  aus  den  anfänglich  gebildeten  hervor.  Beim 
7-monatlichen  Foetus  sind  die  meisten  Drüsen  noch  einfach  gestielte 
Schläuche  von  0,009—0,0135  mm  Länge  auf  0,0045— 0,0068  mm  Breite; 
am  äußeren  Ohr  und  an  der  Nase  giebt  es  noch  einfache  Drüsen- 
schläuche, an   letzterer   auch  kleine  von  nur  0,0022  mm  Durchmesser. 

Talgdrüsen  im  roten  Lippenrande  sind  bei  Erwachsenen 
konstant,  fehlen  aber  dem  Neugeborenen  und  entwickeln  sich  erst  bei 
Kindern  von  12  — 16  Jahren;  sie  nehmen  an  Zahl  und  Größe  bis  zur 
Pubertät  zu,  enthalten  anfangs  hier  und  da  rudimentäre  Härchen,  die 
später  ausfallen ;  die  Drüsen  sind  stärker  entwickelt  an  der  Oberlippe, 
als  an  der  Unterlippe,  zahlreicher  bei  Männern  als  bei  Frauen.  Alles 
dies  weist  darauf  hin,  daß  diese  Drüseneutwickelung  sich  mit  der  Schnurr- 
bartentwickelung zusammenstellen  läßt.  Näheres  ist  über  die  erstere  nicht 
bekannt,  es  ist  jedoch  sicher,  daß  manche  Drüsen  auf  einfacher  Ent- 
wickelungsstufe  stehen  bleiben  und  nur  einen  einzigen  Acinus  aufweisen. 
Solche  sind   durchaus  nicht   pathologisch    oder  etwa  atrophische  Formen. 

Säugetiere.  Bei  diesen  Tieren  verhält  sich  die  Sache  im  wesent- 
lichen wie  beim  Menschen.  Beim  Igel  (Erinaceus  europaeus)  fand 
Sprenger  (1898)  als  erste  Anlage  der  zu  den  späteren  Stacheln 
gehörenden  Talgdrüsen  an  Foetus  von  2  cm  Körperlänge  leichte  seit- 
liche Ausbuchtungen  in  der  Mitte  der  Länge  des  Epidermiszapfens, 
welcher  zu  dieser  Zeit  die  Anlage  der  Igelstacheln  bildet.  Dasselbe 
gilt  übrigens  auch  für  die  Anlage  der  Talgdrüsen  an  den  Haaren  des 
Igels.  Jede  solche  Anlage  wird  von  einer  einfachen  Lage  cylindrischer 
Zellen  an  ihrer  Wand  ausgekleidet.  Im  übrigen  besteht  sie  aus  poly- 
edrischen  rundlichen  Zellen  des  Stratum  germinativum  und  verhält  sich 
ganz  wie  die  übrige  Stachelanlage.  Die  Talgdrüsenanlagen  nehmen 
nach  und  nach  an  Größe  zu,  die  flachen  Ausbuchtungen  des  Balges 
werden  kugelförmig  oder  birnförmig  und  neigen  sich  schräg  gegen  die 
Längsachse  des  Balges,  wobei  die  Einmündungsstelle  in  letzteren  gegen 
die  Oberfläche  der  Cutis  gerichtet  ist.  Zugleich  vergrößern  sich  die 
centralen  Zellen  in  der  Ausbuchtung,  zeigen  Fetttröpfchen  in  ihrem 
Inneren  und  werden  nach  und  nach  gelblich.  Diese  Verfettung  be- 
ginnt am  Grunde  der  Ausbuchtung  und  schreitet  gegen  den  Stachel- 
balg hinfort,  was  nach  Marks  (1895)  sich  umgekehrt  verhalten  sollte. 
Später  treiben  die  schlauchförmig  gewordenen  Drüsenanlagen  seitliche 
Sprossen,  die  von  den  peripheren  Zellen  ausgehen  und  zu  Acini  werden. 
Letztere  machen  jeder  für  sich  dieselbe  fettige  Metamorphose  ihrer 
centralen  Zellen  durch,  wie  ursprünglich  die  Anlage  der  ganzen 
Talgdrüse. 


'O^ 


Mammarorgane. 

Die  erste  Anlage   der  Mammarorgane  tritt  als   eine   breite,  flache 
Verdickung  der  Epidermis  an  der  lateralen  Bauchwand   auf,    dies   ist 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane. 


317 


der  Milch  streifen.  Später  bildet  sich  innerhalb  des  Milchstreifens 
eine  leistenlormige  Verdickimg,  die  aus  einein  verdickten  Bindegewebs- 
polster  besteht,  das  von  zwei  Furchen  begleitet  wird,  welche  die  Epi- 
dermisverdickung  seitlich  begrenzen.  Somit  hat  sich  durch  Anteil- 
nahme  des  Corium    aus   dem    Milchstreifeu    eine  Milch  leiste   oder 


Milchlinie  herausgebildet, 
die  Milchleiste  sekundär 
entstanden,  wenngleich 
Hugo  Schmidt  (1896) 
das  Gegenteil  annahm. 
Noch  später  sondert  sich 
die  Milchleiste  in  Milch- 
punkte (Fig.  195)  oder 
Milchhügel,  indem  zap- 
fenförmige  Verlänge- 
rungen der  Epidermis 
in  die  Tiefe  dringen ; 
jeder  Milchpunkt  ent- 
spricht einem  späteren 
Mammarorgan,  aber  nicht 
jeder  Milchpunkt  gelangt 
zu  einer  definitiven  Ent- 
wickelung. 


Jedenfalls  ist  der  Milchstreifen  das  Primäre, 


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Fig.  195.  Milchpunkt  eines  15  mm  langen 
Schweinsfoetus  auf  dem  senkrechten  Durchschnitt. 
uz  beginnende  Areolarzone.  Vergr.  etwa  100.  (Nach 
Profe,  1898.  Taf.  XXI.  Fig.  6.) 

Die  erwähnten  Aus- 
drücke :  Milchstreifen,  Milchleiste,  Milchlinie  u.  s.  w.  werden  übrigens 
von  mehreren  Autoren  in  verschiedenem  Sinne  gebraucht.  Abweichend 
von  der  erörterten  Anschauung  hält  Klaatsch  (1893)  die  Milchleiste 
für  eine  sekundäre  Bildung,  die  aus  den  primär  vorhandenen  Milch- 
hügeln zusammengeflossen  sei.  Letztere  w7ären  Anlagen  von  Mam- 
martaschen  und  die  Milchleiste  selbst  das  Rudiment  eines  Beutels,  wie 
der  der  Beuteltiere,  bei  Placentaliern :  die  Milchleiste  soll  als  Mar- 
supialleiste  bezeichnet  werden.     Diese  Annahmen    sind  von  Breslau 


m 


Fig.  196.  Fig.  197. 

Fig.  196.  Schema  der  Anlage  der  Rinderzitze  nach  Gegenbaur  u.  a.  C  Cutis- 
wall.  m  Mammartasche  (oder  Strichkanal).  <l  Drüsenausführungsgänge.  (Bonnet, 
1898.  p.  959.   Fig.  4.) 

Fig.  197.  Schema  der  Anlage  der  Einderzitze  nach  Rein  u.  a.  m  Mammar- 
taschenrest.  C  Cutiswall.  h  Hauptausführungsgang  (Strichkanal),  d  Drüsenaus- 
führungsgänge.   (Nach  Bonnet,  1898.  p.  959.  Fig.  4.) 


318  W.  Krause, 

(1902*)  acceptiert  worden,  doch  hat  Profe  (1898)  es  für  unnötig  erklärt, 
der  Milchleiste   eine  tiefere  phylogenetische  Bedeutung  zuzuschreiben. 

Andererseits  unterscheiden  Gegenbaur  (1872)  und  Huss  (1872) 
zwei  Typen  von  Milchdrüsen.  Bei  den  Wiederkäuern,  Ein- 
hufern und  Cetaceen  entstehen  primäre  Zitzen.  Auf  dem  Boden  des 
die  Zitze  der  Länge  nach  durchziehenden  Ausführungsganges,  der  bei 
den  Wiederkäuern  Strichkanal  heißt  (Fig.  19(5j,  münden  die 
Milchgänge. 

Ihre  Mündungen  befinden  sich  in  einem  Areal,  das  dem  Drüsen- 
felde  entspricht.  Letzteres  ist  eine  Epithelialbildung.  Ursprünglich 
bildet  sich  eine  kleine  knopfartige  Epidermis  Wucherung,  diese  stülpt 
sich  in  die  Cutis  kolbenförmig  ein,  auf  ihrer  freien  Oberfläche  ent- 
stellt eine  kleine  Grube  und  ringsherum  ein  Cutiswall,  nämlich  eine 
ringförmige  Erhebung  des  Corium  nebst  der  Epidermis.  Von  der 
Basis  der  Epidermisverdickung  wachsen  die  Drüsenanlagen  in  Form 
sich  verästelnder  solider  Epithelstränge  in  die  Tiefe.  Sie  heißen 
Epithelsprossen  und  die  ganze  Anlage  das  Drüsenfeld. 

Bei  den  genannten  Säugetieren  wächst  nun  der  Cutiswall  sehr 
beträchtlich  und  bildet  die  Zitze,  die  einen  einzigen  Strichkanal  ent- 
hält, an  dessen  blindem  Ende  die  Milchgänge  münden.  Beim  Menschen 
dagegen  und  vielen  anderen  Säugetieren  hebt  sich  das  Drüsenfeld 
durch  Wucherung  seines  Corium  und  kommt  auf  die  Spitze  einer 
papillenförmigen  Erhebung,  der  sekundären  Zitze  oder  Papilla 
manimae  zu  liegen  (vergl.  Fig.  197).  Diese  Anordnung  findet  sich 
außer  beim  Menschen  bei  Affen,  Prosimiern,  Carnivoren,  Edentaten, 
Nagern,  Dickhäutern  und  Sirenen. 

Beim  Känguruh  ist  anfangs  eine  Zitze  wie  die  des  Rindes,  nur 
viel  niedriger,  vorhanden.  Bei  dem  säugenden  Tiere  aber  wird  sie 
zu  einer  längeren,  derjenigen  des  Menschen  entsprechenden  Zitze. 
Das  Schnabeltier  (Ornithorhynchus  paradoxus)  besitzt  nur  ein  flaches 
Drüsenfeld,  ohne  Papille  und  von  dunklerer  Farbe ;  diese  Drüsen  sind 
tubulöse  oder  Knäueldrüsen  und  gehören  nicht  zu  den  Talgdrüsen. 
Bei  Echidna  ist  außer  einem  homologen  Drüsenfelde  die  Anlage  einer 
paarigen  Mammartasche  (Brutbeutel,  Haacke)  vorhanden,  die  aber  der 
Marsupialtasche  der  Beuteltiere,  welche  unpaar  ist  und  mehrere  Junge 
einschließt,  nicht  homolog  ist.  Der  Strichkanal  würde  also  einer 
Mammartaschenhöhle  entsprechen. 

Auch  Didelphys,  die  Murinen,  Halmaturus  haben  nach  Gegen- 
baur (189s,  p.  123)  einen  einzigen  Kanal  in  der  Zitze,  der  aber  ein 
echter  Drüsenausfülirungskanal  ist,  aus  Epidermissprossen  entsteht  und 
dem  Strichkanal  nicht  zu  homologisieren  ist. 

Gegenbaur  und  seine  Nachfolger  unterscheiden  also  zwei  wesent- 
lich verschiedene  Typen  der  Milchdrüsenentwickelung,  die  durch  das 
Rind  und  den  Menschen  repräsentiert  werden.  Beim  Rinde  münden 
die  Milchgänge  an  der  Basis  des  Strichkanales,  welcher  in  der  Achse 
der  Zitze  gelegen  ist.  Die  Wand  dieses  Kanales  wird  vom  Drüsen- 
wall oder  der  Mammartasche  geliefert.  Der  Areola,  soweit  von  einer 
solchen  die  Rede  sein  kann,  entspricht  die  innere  Oberfläche  des 
Strichkanales,  oder  sie  liegt  am  Boden  des  letzteren. 

Beim  Menschen  dagegen  münden  die  Milchgänge  auf  der  Spitze 
der  Brustwarze  (vergl.  Fig.  197),  ein  Homologon  des  Strichkanales 
existiert  nur  als  zeitweilige  Vertiefung  des  Drüsenfeldes  im  siebenten 
Schwangerschaftsmonat.  auch  der  Drüsenwall  besteht  nur  zeitweise, 
und  es  ist  eine  Areola  vorhanden.    Beim  Menschen  schwindet  also  die 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane. 


319 


Mammartaschenanlage  nach  kurzem  Bestehen,  während  sie  beim  Rinde 
sich  in  ganzer  Ausdehnung  als  Cisterne  und  Strichkanal  erhält.  Beide 
Extreme  sind  durch  alle  möglichen  Zwischenformen,  wie  sie  bei  Säuge- 
tieren vorkommen,  untereinander  verbunden. 

Sehr  viel  einfacher  als  bei  der  Annahme  von  zwei  Typen  gestaltet 
sich  die  Sache  nach  der  Anschauung  von  Rein  (1882),  der  unter 
Waldeyer's  Leitung  arbeitete.  Zuerst  entsteht  eine  knopfförmige 
Epithelverdickung,   die   primäre   Epithelanlage   (Fig.  195,  199), 


Fig.  198.  Primitiv- 
zitze eines  Schweins- 
foetus  von  65  mm  Kör- 
perlänge auf  dem  senk- 
rechten Durchschnitt. 
Vergr.  etwa  100.  ep 
Epidermis,  cw  Corium- 
wall.  cz  Lage  cylindri- 
scher  Zellen,  g  Blutge- 
fäße, mt  sog.  Mammar- 
tasche.  az  Areolar- 
zone.  (Nach  Profe, 
1898.  Tai  XXI.  Fig.  7.) 


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civ 

. cz 
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mt 


Fig.  199.  Linsenförmige  erste 
Anlage  der  Milchdrüse  von  einem 
17  mm  langen  Kaninchenfoetus. 
Vergr.  70.  l  Epidermishügel.  2  Cy- 
linderzellenschicht.  3  Anlage  der 
Warzenzone.  (Nach  Nagel,  189t>. 
p.  119.  Fig.  63.) 


treibt  dann  seitlich  und  in  die 
Tiefe  dringende  s  e  k  u  n  d  ä  re 
Epithelsprossen  (Fig. 200, 
201).  Geht  nun  die  ursprüng- 
liche zapfenförmige  Epitheleinsenkung  (Fig.  198)  unter  Verhornung  zu 
Grunde,  so  entsteht  ein  Hohlraum,  die  Mammartaschenanlage 
oder  der  Strichkanal.  Bleibt  die  Einsenkung  eine  geringe,  so  münden 
mehrere  Milchgänge  auf  der  Brustwarze  nach  außen.  Letztere  ent- 
steht durch  Wucherung  eines  Coriumanteiles  der  Warzenzone. 

Rein  (1882)  sieht  mithin  in  den  oben  nach  Gegenbaur  ange- 
führten Thatsachen  keineswegs  specifische,  sondern  nur  quantitative 
Differenzen.  Bei  Wiederkäuern  beginnt  die  Erhebung  des  Drüsen- 
feldes früher  als  beim  Menschen  und  geht  in  größerem  Umfange  vor 
sich,  so  daß  nicht  mehr  als  ein  quantitativer  Unterschied  vorliegt. 

Abgesehen  von  diesen  Differenzen  kommt  nach  Geoenbaur  (1886) 
noch  ein  d  iph  yl  e  tis  ch  er  Ursprung  der  Mammarorgane  in  Frage. 
Die  Mammarclrüsen  der  Mono  tr  einen  haben  nämlich  tubulösen  Bau 
und  gehen  aus  Schweißdrüsen,  nicht  Talgdrüsen  hervor.  Ihr  Sekret  kann 
als  ein  fettiger  Schweiß  bezeichnet  werden,  der  von  den  Jungen  abgeleckt 
wird.  Die  Drüsengänge  teilen  sich  an  ihrem  blinden  Ende  in  der  Tiefe 
oder  verzweigen  sich  und  bilden  vielfache  Windungen.  Bei  Echidna 
wird  ein  Teil  der  Drüsenläppcken  durch  wenig  gewundene  Schläuche  ge- 
bildet,  die  allmählich  zum  Ausführungsgang  zusammentreten ;  bei  diesem 


Tiere  ist  der  letztere  weit  in  der  Längsachse    der   Läppchen    verfolgbar 


320 


W.  Krause, 


Die  Drüsen  der  Monotremen  können  nicht  ohne  weiteres  als  Milchdrüsen 
bezeichnet  werden.  Nennt  man  sie  so,  so  sind  letztere  hiernach  diffe- 
renten,  zunächst  diphvletischen  Ursprunges,  der  aber  mit  den  oben  ge- 
schilderten Verschiedenheiten  zwischen  Mensch  und  Rind  nichts  zu 
thun  hat. 

Wenn  die  Jungen  von  Echidna,  wie  behauptet  wird,   das  Drüsenfeld 
regelmäßig  ablecken,    so  werden  sie  jedenfalls    in    dem  fettigen  Schweiß 


Fig.  200.  Zitze  eines  Schweinsfoetus  von  16  cm  Körperlänge.  Vergr.  etwa  100. 
hp  Pfropf  verhornter  Epidermiszellen  in  der  Achse  der  Anlage,  cw  Coriumwall. 
<j  Blutgefäß,  az  Areolarzone.  sp  seitlich  auswachsende  Epithelsprosse,  hr  Haar- 
anlage. (Nach  Profe,  1898.  Tai  XXI.  Fig.  9.)  Vergl.  die  Mammartaschenanlaee 
in  Fig.  202. 


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Fig.  201.  Anlage  der 
Milchdrüse  bei  einem  25  cm 
langen  menschlichen  Foe- 
tus.  Vergr.  70.  1  Anlage 
des  Stroma  mit  durch- 
schnittenen Blutgefäßen. 
Die  Epidermiswucherung 
zeigt  mehrere  sekundäre 
Ausläufer  oder  Sprossen. 
(Nach  Nagel,  1896.  p. 
120.  Fig.  65.) 


nicht  viel  brauchbare  Nahrung  erhalten.  Die  phylogenetische  Ableitung 
der  Mamma  von  Schweißdrüsen  steht  mithin  auf  schwachen  Füßen.  Nach 
Klaatsch  (1892)  besitzen  übrigens  auch  das  Schaf  und  Antilope  cer- 
vicapra  eine  Anzahl  tiefer  gelegener  Mammartaschenclrüsen,  die  von 
tubulösen  Hautdrüsen  sich  ableiten  sollen.  Nach  Untersuchungen  an 
Didelphis  marsupialis  L.  kam  Bresslau  (1902)  zu  viel  weitergehenden 
Schlüssen.  Die  Mammartaschen  von  Echidna  und  die  Marsupialtaschen 
von  Beuteltieren  sind  einander  homolog  und  liefern  den  Beutel.  Ein 
diphyletischer  Ursprung  der  Mammarorgane  nach  Gegenbaur  ist  nicht 
mehr  anzunehmen ;  wie  die  Mammarorgane  der  Beuteltiere  sollen  dieselben 
bei  allen  Säugern  aus  Schweißdrüsen  entstehen.  Jedoch  hat  die  ausge- 
bildete Drüse  nur  bei  den  Monotremen  einen  tubulösen  Bau.  Mag 
dem  sein,    wie  ihm  will,   jedenfalls  zeigen  die  Gl.  areolares   in    der  Um- 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane.  321 

gebung  der  menschlichen  Brustwarze,  die  aus  der  Mammartasche  ent- 
stehen und  accessorische  Milchdrüsen  sind,  durchaus  den  Bau  von  Tale- 
drüsen,  nicht  von  Schweißdrüsen. 

Es  sind  nun  die  Verhältnisse  bei  den  einzelnen  Säugergattungen 
specieller  durchzugehen,  im  wesentlichen  lauten  die  Untersuchungen 
übereinstimmend. 

Mensch.  Zur  Zeit  sind  die  Befunde  an  ganz  jungen  mensch- 
lichen Embryonen  noch  so  sparsam,  daß  es  erforderlich  erscheint, 
sie  einzeln  zu  diskutieren. 

Die  ersten  Anfänge  einer  Milchdrüsenanlage  konnte  Strahl  (1898) 
bereits  bei  einem  menschlichen  Embryo  von  3  mm  Körperlänge  nach- 
weisen. Man  muß  auch  beim  Menschen  zwischen  Milchstreifen  und  Milch- 
leiste unterscheiden.  Ersterer  ist  eine  breite,  lange,  niedrige,  nicht  über 
die  Epidermisoberfläche  hervorragende  Ektodermverdickung.  Innerhalb 
dieses  Milchstreifens  bildet  sich  später  eine  kürzere,  aber  dickere  An- 
schwellung, die  Milchleiste.  Der  Milchstreifen  ist  bei  Embryonen  von  ca. 
7  mm  Körperlänge  deutlich  ausgebildet,  am  meisten  an  den  Ursprungs- 
stellen der  oberen  und  unteren  Extremität ;  an  den  dazwischen  gelegenen 
Partien  ist  er  noch  sehr  niedrig.  Beim  Embryo  von  8  mm  Länge  er- 
reicht der  Milchstreifen  seine  stärkste  Ausbildung  und  erstreckt  sich  von 
der  Achselgrube  bis  zur  Inguinalregion.  Innerhalb  des  cranialen  Endes 
des  Milchstreifens  entsteht  dann  die  Milchleiste.  Bei  Embryonen  von 
14  — 15  mm  Körperlänge  zeigt  sich  der  Milchstreifen  neben. der  Wurzel 
der  Anlage  der  oberen  Extremität  und  als  Fortsetzung  derselben,  bis  in 
die  Inguinalregion  reichend.  Der  Milchstreifen  beginnt  alsdann  sich 
zurückzubilden,  indem  in  seiner  Mitte  die  relativ  hohen  Zellen  sich  ab- 
platten und  den  Epidermiszellen  der  benachbarten  Körperabschnitte  ähn- 
lich werden.  So  geschieht  beim  Menschen  (wie  auch  bei  Säugetieren) 
eine  Zerlegung  des  Milchstreifens  in  eine  beim  Menschen  geringere  An- 
zahl von  Teilen.  Nur  der  craniale  Abschnitt  des  Milchstreifens  bleibt 
in  der  Anlage  der  Milchleiste  erhalten  und  entwickelt  sich  zur  Milch- 
drüse, der  größte  Teil  des  Streifens  verschwindet  später  unter  Abplattung 
seiner  Zellen,  wogegen  bei  Säugetieren  während  der  Reduktion  des  ersteren 
sich  mehrere  Drüsenanlagen,  Milchpunkte  herausbilden. 

Auch  Hirschland  (1898)  hatte  einen  4  mm  langen  menschlichen  Em- 
bryo zur  Verfügung.  Caudalwärts  von  der  Gegend  des  Herzens  sowie 
von  der  eben  hervorsprossenden  stummeiförmigen  Anlage  der  oberen 
Extremität  fand  sich  eine  breite  Verdickung  der  Epidermis  an  der  seit- 
lichen Leibeswand  des  Embryo,  die  cranialwärts  ohne  scharfe  Grenze 
auslief  und  caudalwärts  etwas  abgeflacht  zur  Medianebene  zu  verfolgen 
war.  Nahe  an  der  Ansatzstelle  der  unteren  Extremität  erfährt  das  Ekto- 
derm  wieder  eine  bedeutende  Verdickung.  Die  geschilderten  Verdick- 
ungen stellen  die  erste  Anlage  des  Milchstreifens  dar,  worin  sich  später 
die  Milchleiste  ausbildet. 

Bei  einem  6,75  mm  langen  menschlichen  Embryo  beginnt  nämlich 
die  letztere  nahe  caudalwärts  vom  Ansatz  der  oberen  Extremität  als 
eine  von  zwei  Furchen  begleitete  Erhebung  der  seitlichen  Leibeswand, 
welche  von  etwas  dickerer  Epidermis  überkleidet  wird.  Letztere  liegt  auf 
einem  verdickten  Bindegewebspolster,  das  caudalwärts  allmählich  abnimmt, 
so  daß  die  Furchen  verstreichen;  zugleich  verdünnt  sich  die  benachbarte 
Epidermis.  In  den  mittleren  Abschnitten  seiner  Länge  enthält  die  Epi- 
dermis des  Milchstreifeus  bei  einem  8  mm  langen  Embryo  etwa  4  Zellen- 

Hanribuoh    der  Entwickelungslehre.     II.  1.  21 


•  ) 


322  W.  Krause, 

kerne  übereinander;  caudalwärts  verschmälert  sich  die  Anlage  zu  einem 
an  der  Seitenwand  des  Embryonalkörpers  liegenden  Streifen.  Letzterer 
läßt  sich  bis  in  die  Gegend  des  Ansatzes  der  unteren  Extremität  ver- 
folgen, wobei  derselbe  sich  verbreitert,  mehr  ventralwärts  wendet  und 
schließlich  in  eine  allgemeine  Epidermisverdickung  der  Leibeswand  aus- 
läuft. 

Eine  etwas  andere  Auffassung  rührt  von  Heinrich  Schmitt  (1898) 
her.  Erst  bei  einem  Embryo  von  9  mm  Körperlänge  fand  dieser  Forscher 
die  erste  Anlage  der  Milchdrüse.  Auf  solcher,  nach  Schmitt  allerfrühesten 
Entwickelungsstufe  ist  die  Anlage  hiigelförmig  oder  flach-linsenförmig  ge- 
staltet. Eine  Areolarwucherung  ist  nicht  angedeutet.  In  Stadien,  welche 
dem  von  Kallius  (s.  unten)  beschriebenen  entsprechen,  war  eine  unbe- 
deutende Areolarwucherung  vorhanden,  und  die  Milchdrüsenanlage  lag 
auf  einer  Erhebung  des  Corium :  bei  noch  älteren  Stadien  war  diese  Er- 
hebung nicht  konstant.  Schmitt  glaubt  mit  sehr  großer  Wahrscheinlich- 
keit annehmen  zu  dürfen,  daß  beim  Menschen  nur  eine  pectorale  Milchleiste 
besteht.  Den  Hugo  ScHMiDT'schen  Milchstreifen  fand  Schmitt  teilweise 
schon  bei  jüngeren  Embryonen,  welche  das  von  Kallius  erörterte  Stadium 
der  Milchdrüsenentwickelung  zeigen,  und  hält  es  für  wahrscheinlich,  daß  der 
Streifen  Beziehungen  zur  Milchdrüsenanlage  und  den  überzähligen  Mammar- 
organen  Erwachsener  besitzt.  Die  individuellen  Schwankungen  in  der 
Ausbildung  der  Milchdrüse  sind  recht  groß.  Die  von  Hugo  Schmidt  so 
benannten  hyperthelialen  Gebilde  fanden  sich  bereits  bei  jüngeren  Em- 
bryonen, doch  kommen  sie  nicht  in  der  Inguinal-  und  seitlichen  Bauch- 
gegend vor.  Als  wirkliche  überzählige  Milchdrüsenanlagen  kann  man 
wohl  nur  einen  Teil  dieser  Epithel  Wucherungen  auffassen,  es  kann  aber 
sein,  daß  auch  die  übrigen   mit  der  Mammaranlage  in  Beziehung  stehen. 

Kallius  (1897)  hingegen  sah  bei  einem  15  mm  langen,  30 — 34 
Tage  alten  menschlichen  Embryo  eine  etwa  1,5  mm  lange  Milchleiste. 
Sie  beginnt  0,25 — 0,5  mm  unterhalb  der  Anlage  der  oberen  Extremität, 
setzt  sich  in  der  Axillarlinie  caudalwärts  ca.  1,5  mm  weit  geradlinig 
fort.  Sie  war  jederseits  etwa  0,2  mm  hoch  und  0,3  mm  breit.  Das 
craniale  Ende  dieser  Milchleiste  bestand  mikroskopisch  aus  einer  Ver- 
dickung der  Epidermis,  die  tiefste  Schicht  dagegen  aus  cylindrischen 
Zellen,  während  die  Oberfläche  des  Corium  eben  ist.  Weiter  caudal- 
wärts nimmt  die  Epidermisverdickung  zu,  die  Dicke  der  ganzen  Milch- 
leiste ändert  sich  aber  nicht,  und  dies  kommt  dadurch  zu  stände,  daß 
eine  entsprechende  Einsenkung  in  die  Coriumoberfläche  stattfindet.  Auch 
der  Mensch  besitzt  also  in  frühester  Zeit  eine  gerade  und  relativ  lange 
Milchleiste,  homolog  derjenigen  von  Säugetieren,  die  aber  schnell  wieder 
verschwindet.  Nur  das  craniale  Ende,  woselbst  die  Coriumeinsenkung 
sich  befindet ,  stellt  einen  Milchhügel  oder  eine  primitive  Zitze  dar,  diese 
linsenförmige,  in  das  Corium  eingesenkte  Anlage  persistiert,  der  übrige 
Teil  der  Milchleiste  bildet  sich  zurück  und  verschwindet  in  der  Norm ; 
übrigens  ist  die  zu  Grunde  gehende  Partie  größtenteils  caudalwärts  von 
dem  Milchhügel  gelegen. 

Nach  Hikschland  (1898)  hingegen  trat  erst  bei  einem  menschlichen 
Embryo  von  26  mm  Körperlänge  die  Milchdrüsenlage  als  eine  kurze, 
gedrungene,  cirkumskripte  Verdickung  der  Epidermis  auf.  Die  äußersten 
Zellen  derselben  sind  radiär  gegen  das  umgebende  Bindegewebe  gestellt, 
letzteres  ist  verdichtet.  Diese  zapfenförmige  Anlage  kann  als  Milchpunkt 
bezeichnet  werden ;  solche  werden  auch  für  etwaige  überzählige  acces- 
sorische  Mammae  sekundär  an  anderen  Stellen  des  Milchstreifens  an- 
gelegt. 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane.  323 

Die  Anlagen  der  Milchpunkte  sind  ursprünglich  mehr  spindelförmig, 
bald  aber  beginnt  eine  Resorption  der  Milchleiste  zwischen  ihnen,  wobei 
die  in  der  Richtung  der  letzteren  länglich-spindelförmigen  Anlagen  sich 
abrunden  (Nagel,   1896). 

Die  Bildung  der  Milchdrüse  selbst  gehört  der  weitereu  Ent- 
wickelung an.  Die  Zone  der  Brustwarze  nimmt  an  Dicke  noch  zu, 
gleichzeitig  treibt  aber  der  Epithelzapfen  Sprossen  in  die  Tiefe,  in  das 
Stromalager  hinein.  Diese  Sprossen  sind  anfangs  solide,  später  werden 
sie  hohl,  und  zwar  von  der  Tiefe  aus  nach  der  Peripherie  hin ;  sie 
stellen  die  Ausführungsgänge  der  Milchdrüse  dar.  Im  Anfange  sind 
sie  mehr  cylindrisch,  nachher  kolbenförmig,  und  schließlich  werden  ihre 
Enden  unter  Teilungen  zu  Acini,  die  ganz  solide  sind  und  im  Gegen- 
satz zu  den  Milchgängen  kein  Lumen  besitzen.  Im  7.  Monat  der 
Schwangerschaft  erfolgt  nach  Rein  (1882)  im  Centrum  der  Anlage 
eine  Verhorn  im  g  und  Abstoßung  von  Epithelzellen,  wodurch  dieses 
ursprünglich  vorgewölbte  Centrum  abgeflacht   und  ausgehöhlt  wird. 

Indem  nun  während  der  folgenden  Entwickelungsperiode  die  so- 
liden Sprossen  weiter  wachsen,  seitliche  Verzweigungen  oder  sekundäre 
Sprossen  in  das  Stroma  hineintreiben,  entstehen  die  Acini  und  Milch- 
gänge, wie  sie  sich  beim  neugeborenen  Kinde  finden.  Die  Ductus  lactiferi 
zeigen  nahe  an  ihrer  Ausmündung  bereits  eine  erweiterte  Stelle,  den 
Sinus  lactiferus.  Das  Epithel  der  Gänge  ist  zweischichtig,  inwendig- 
bestellt  es  aus  Cylinderzellen ;  die  der  Wandung  des  Ganges  ansitzende 
Schicht  führt  kubische  Zellen.  In  den  der  Oberfläche  zunächst  ge- 
legenen Teilen  der  Milchgänge,  sowie  an  deren  blinden  Enden  in  der 
Tiefe  bleibt  jedoch  das  Epithel  mehrschichtig.  Eine  Anzahl  sekundärer 
Sprossen  gehört  jedesmal  zu  je  einem  Milchgang,  erstere  werden  von 
ihren  Nachbargruppen  durch  Stromagewebe  getrennt,  und  so  bilden 
sich  die  einzelnen  Lappen  der  Milchdrüse.  Fettzellen  entstehen  zuerst 
an  der  Basis  der  Mamma,  später  auch  an  deren  Peripherie. 

Erst  während  der  beiden  letzten  Schwangerschaftsmonate  bildet  sich 
die  Brustwarze.  Sie  entsteht  durch  Erhebung  des  centralen  Teiles 
der  Warzenzone  aus  der  Mammartasche  heraus.  Jedoch  können  diese 
Vorgänge  bis  nach  der  Geburt  sich  verzögern;  die  Ausführungsgäuge 
münden,  wie  gesagt,  unter  subcutanen  Erweiterungen,  auf  der  Spitze 
der  Papilla  mammae. 

Im  Bereich  der  Areola  entwickeln  sich  Netze  zahlreicher  Bündel 
von  glatten  Muskelfasern,  der  M.  subareolaris  von  Sappey  (1879). 
Während  des  1.  Lebensjahres  erhebt  sich  allmählich  das  frühere 
Drüsenfeld  unter  Entwickelung  seines  Bindegewebes  und  seiner  Muskel- 
faserzüge zur  Papilla  mammae. 

Ein  wesentlicher  Unterschied  zwischen  den  Geschlechtern  läßt 
sich  bis  zur  Geburt  in  der  Entwickelung  der  Mamma  nicht  nach- 
weisen ;  die  Differenzen  gehören  späteren  Lebensperioden  an. 

Säugetiere.  Was  die  Säugetiere  anlangt,  so  erstrecken  sich 
die  Untersuchungen  von  Rein  (1882))  hauptsächlich  auf  das  Kaninchen 
und  Pferd,  außerdem  auf  das  Rind.  Schwein,  den  Hund,  die  Katze, 
den  Maulwurf,  Igel,  das  Meerschweinchen,  die  Ratte,  Maus,  Didelphys 
und  das  Känguruh.   Hier  sind  zunächst  die  Ungulaten  zu  besprechen. 

Perissodactyden.  Die  Zitze  der  erwachsenen  Solipeden  hat 
2  (oder  3)  Ausführungsgänge  und  nach  Gegenbaur  (1872)  ent- 
spricht  die   Zitze   des   Pferdes   je   2  Zitzen   des   Rindes,   die  schon 

21* 


;;24  W.  Krause, 

frühzeitig  nahe  aneinander  gerückt  und  von  einein  gemeinsamen  Cutis- 
wall  umgeben  sind.  Beide  Ausführungsgänge  würden  primäre  Epithel- 
sprossen und  persistierende  Mammartaschen  repräsentieren.  Im  Gegen- 
satz dazu  fand  Rein  bei  13  cm  langen  Pferdefoetus  eine  einzige 
primäre  Anlage,  von  welcher  2  deutliche  kolbenförmige  Sprossen  in 
die  Cutis  sich  einsenken.  Die  Zitze  des  Pferdes  ist  also  der  des 
Menschen  und  der  Carnivoren  u.  s.  w.  homolog. 

Zwei  Pferdefoetus  von  9,5  und  22  cm  Körperlänge  hat  Clara  Ham- 
burger (1900)  untersucht.  Bei  dem  jüngeren  fanden  sich  elliptische  Riug- 
wälle  als  Anlage  der  Zitzen,  die  sich  über  das  Niveau  der  Cutis  er- 
heben. Sie  werden  durch  Vermehrung  der  Zellen  des  Corium  hervor- 
gerufen, und  diese  Wucherung  umgiebt  zwei  Einstülpungen  des  Stratum 
germinativum,  die  sich  in  das  Corium  hineinsenken.  Dies  sind  nach 
Hamburger  die  beiden  Mammartaschen.  Am  äußeren  Rande  einer 
jeden  tritt  bereits  ein  beinahe  kugeliges,  solides  Gebilde  auf,  welches 
die  Anlage  einer  Talgdrüse  darstellt.  Die  Epidermiseinstülpung  selbst 
zeigt  in  ihrer  tiefsten  Zellenlage  Cylinderzellen,  und  von  der  Tiefe  der 
Einstülpung  wachsen  Epithelsprossen  in  das  Corium.  welche  von  der 
Mammartasche  sich  abgrenzen,  die  Zone  des  areolären  Bindegewebes 
durchbrechen  und  in  das  tiefere  Bindegewebe  hineinwachsen.  In  einem 
späteren  Stadium,  nämlich  bei  einem  Foetus  von  22  cm  Körperlänge, 
zeigen  sich  die  Anlagen  der  Talgdrüsen  schon  deutlicher  als  solche ;  in 
dem  nach  außen  gekehrten  Teil  des  Ausführungsganges,  den  Hamburger 
für  einen  Rest  der  Mammartasche  hält,  steckt  ein  Pfropf  verhornter 
Epidermiszellen,  und  so  weit  wie  letztere  reicht  auch  die  Cylinderform 
der  tiefsten  Zellenlage  in  die  Tiefe.  Die  Zitze  selbst  erscheint  als 
rundlicher  Hügel,  auf  dessen  Oberfläche  die  Mündungen  der  beiden 
Ausführungsgänge  angedeutet  sind.  Hiernach  sah  sich  Hamburger 
veranlaßt,  der  Ansicht  von  Rein  entgegenzutreten.  Letzterer  erklärte, 
wie  gesagt,  in  einfacher  Weise  die  Epitheleinstülpungen  für  die  erste 
Anlage  der  Milchdrüse;  sie  geheu  von  einer  einzigen  Primäranlage 
aus,  die  einer  Mammartasche  gleichwertig  ist.  Mit  Gegenbaur  u.  a. 
zieht  Hamburger  die  Annahme  von  2  Mammartaschen  vor,  die 
successive  näher  aneinander  rücken  und  schließlich,  von  einem  ge- 
meinsamen Cutiswall  umgeben,  eine  einzige  Zitze  bilden.  Was  aber 
Rein  primäre  Epithelsprossen  nennt,  sind  für  Hamburger  sekundäre. 

Wie  man  sieht,  handelt  es  sich  weniger  um  verschiedene  That- 
sachen  der  Beobachtung,  als  um  deren  Deutung,  denn  das  Auftreten 
von  zwei  Einstülpungen  wird  allseitig  anerkannt.  Es  fragt  sich  eben, 
ob  jene  beiden  Einstülpungen  als  Mammartaschen  zu  homologisieren 
sind  oder  nicht. 

Nun  haben  aber  nach  Schwalbe  (1898)  die  sogenannten  Mammar- 
taschen der  Huftiere  nichts  mit  den  Milchdrüsen  zu  thun.  Letztere 
und  die  Inguinal  gruben  sind  ganz  verschiedene  Bildungen,  und  diese 
Gruben  sind  keineswegs  der  Mammartasche  von  Ornithorhynchus  oder 
dem  Drüsenfeld  von  Echidna  zu  parallelisieren. 

Esel.  Die  Zitze  der  Eselin  hat  nach  Hamburger  (1900)  beim 
11  cm  und  28  cm  langen  Foetus  zwei,  nicht  aber,  wie  gewöhnlich 
angegeben  wird,  drei  Ausführungsgänge.  Die  Verhältnisse  sind  sonst 
ganz  ähnlich  wie  beim  Pferde,  und  auch  bei  dem  längeren  Foetus 
waren  noch  die  Reste  von  zwei  Mammartaschen  nachweisbar.  Die 
Zitze  der  Solipeden  entspricht  also  zwei  dicht  aneinander  gerückten 
Zitzen    des   Rindes.     Erstere  gehört   nach  Hamburger    in    eine  Ent- 


Die  Entwickelunff  der  Haut  und  ihrer  Nebenorojane.  325 


&  V..V/.1  ÜIVLIU  ^JJ^L  iüi    V,l  ^.l^^^U.^1^1 


wickelungsreihe,  die  vom  Schwein,  Rind,  Pferd  zum  Menschen  auf- 
steigt. Beim  Schwein  (Fig.  198)  bildet  die  Mammartasche  das  kurze 
Mündungsstück  der  Ausführungsgänge;  beim  Rind  schwindet  sie  durch 
Abflachung  nahezu  vollständig,  und  beim  Menschen  stülpt  sich  der 
Grund  der  Mammartasche  nach  außen  und  wird  so  ein  Teil  der  Brust- 
warzenoberfläche, während  beim  Pferd  und  Esel  die  Zitze  allmählich 
ganz  und  gar  verstreicht. 

Artiodactylen.  Beim  Schwein  bleibt  nach  Profe  (1898) 
die  Mammartasche  in  Gestalt  des  sehr  kurzen  gemeinschaftlichen 
Mündungsstückes  der  2  oder  3  Ausführungsgänge  bestehen.  Zwischen 
Schwein  und  Mensch  steht  das  Rind  in  der  Mitte,  bei  welchem  die 
Mammartasche  durch  Abflachung  beinahe  ganz  verschwindet.  Profe 
fand  beim  Schwein  an  160  Embryonen  eine  bedeutende  Ueberzahl  von 
Anlagen  foetaler  Zitzen  im  Vergleich  zum  erwachsenen  Tiere.  Es  läßt 
sich  darin  eine  von  der  Brustgegend  caudalwärts  fortschreitende 
Reduktion  der  Zahl  der  ersteren  erkennen. 

Rind.  Hier  bestätigte  Profe  (1898)  den  von  Burkhardt 
(1897)  bei  diesem  Tier  entdeckten  Milchstreifen,  und  zwar  fand  ihn 
Profe  schon  bei  Rindsembryonen  von  2,5  cm  Körperlänge.  Aus  dem 
späteren  leistenförmigen  Reste  des  Streifens ,  der  Milchleiste,  leitet 
sich  die  Entstehung  der  Milchdrüsen  ab.  Der  Milchstreifen  ist  nur 
eine  Epithelverdickung,  keine  Cutiseinstülpung,  wie  die  Marsupialtasche; 
auch  bleibt  keine,  mit  einer  großen  centralen  Höhlung  ausgestattete 
Mammartasche  beim  Rinde  bestehen.  Vielmehr  ist  nach  Rein,  wie 
gesagt  der  Boden  (Sinus  oder  Cisterne)  des  Strichkauales  nicht  Mammar- 
taschengrund,  sondern  das  kolbig  verdickte,  mit  weitem  Lumen  versehene 
Ende  des  von  der  später  rückgebildeten  zapfenförmigen  Anlage  aus- 
gegangenen Epithelsprosses.   Dieser  Epithelstrang  ist  auch  nach  Profe 


Fig.  202.  Primitivzitze  eines  10,5  cm  langen  weiblichen  Binderfoetus,  auf  dem 
senkrechten  Durchschnitt.  Vergr.  etwa  100.  Die  Anlage  ist  kolbenförmig,  hp  Pfropf 
verhornter  Epidermiszellen  in  der  Achse  der  Anlage,  cw  Coriumwall.  g  Blutgefäß. 
mt  sog.  Mammartasche.    az  Areolarzone.    (Nach  Profe,  1898.  Taf.  XXII.  Fig.  16.; 


326  W.  Krause, 

vom  Boden  der  Mammartasche  in  die  Tiefe  gewuchert  und  hat  die 
Anlage  der  Drüse  gebildet.  Dies  bestätigte  ferner  Tourneux  (1892). 
Es  sind  folglich  zwei  Phasen  in  der  Entwickelung  nach  Profe 
zu  unterscheiden,  die  der  Mammartaschenbildung  (Fig.  202)  und  die 
der   Epithelsprossenbildung   (Fig.   203) ;    letztere   Sprossen   entstehen 


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Fig.  203.  Priniitivzitze  eines  16  cm  langen  weiblichen  Rinderfoetus,  auf  dem 
senkrechten  Durchschnitt.  Vergr.  etwa  100.  Im  Vergleich  zu  Fig.  202  ist  die  Zitze 
in  die  Länge  gewachsen,  die  Mammartasche  abgeflacht,  hp  Pfropf  von  verhornten 
Epidermiszellen  in  der  Achse  der  Anlage,  cw  Coriumwall.  az  Areolarzone.  g  Blut- 
gefäß, sp  Epithelsprosse,  die  sich  vom  Grunde  der  Mammartasche  in  die  Tiefe  fort- 
setzt.  (Nach  Profe,  1898.  Taf.  XXII.  Fig.  17.) 

durch  Wucherung  der  Randzellenzone  der  Mammartasche.  Die  Sprossen- 
bildung tritt  beim  Rind  (und  beim  Schwein)  gleichzeitig  mit  den  Haar- 
anlagen auf.  Der  Strichkanal  entwickelt  sich  aus  dem  geschilderten 
(nach  Rein  sekundären)  Epithelsproß  und  ist  gleichwertig  einem  der 
Milchausführungsgänge  des  Schweines  oder  Menschen.  Die  Mammar- 
tasche des  Rindes  flacht  sich  schließlich  bis  zu  völligem  Verstreichen  ab. 

Schaf.  Nach  Profe  (1898)  ist  die  Inguinaltasche  des  Schafes  ein 
lateralwärts  von  dem  Milchstreifen  auftretendes  rudimentäres  Marsupiuni, 
(Beuteltasche,  Brutbeutel,  Profe)  und  die  Mammartasche  davon  ganz 
verschieden.  Klaatsch  (1892)  betrachtet  dagegen  die  Inguinaltaschen 
des  Schafes,  sowie  einiger  Antilopen  ebenfalls  als  persistierende  Mammar- 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane.  327 

tasclien,    die    jedoch    nach  Schwalbe    (1898),    wie  gesagt,    mit    der 
Mammartaschenbildung  gar  nichts  zu  thun  haben. 

Carnivoren.  Bei  der  Katze  sah  Schickele  (1899),  daß  die 
Milchstreifen  beider  Seiten  sowohl  cranialwärts  als  caudalwärts 
konvergieren.  Hieraus  resultiert  dann  später  eine  Anordnung  der 
Milchdrüsen  zu  einer  cranialen  Brustdrüsengruppe  und  einer  caudaleu 
Leistendrüsengruppe,  zwischen  denen  ein  bedeutender  Abstand  sich 
herausbildet. 

Roden  tia.  Bei  Embryonen  von  der  Maus,  Ratte  und  des 
Kaninchens  fand  Schickele  (1899)  die  Verhältnisse  ebenso  wie  bei 
der  eben  erwähnten  Katze,  was  die  Sonderung  der  Milchdrüsenanlagen 
in  zwei  Gruppen,  eine  craniale  und  eine  caudale,  betrifft. 

Ratte.  Die  ersten  Anzeichen  eines  Milchstreifens  bei  der  Ratte 
(Mus  decumanus)  sah  Henneberg,  der  ca.  40  Embryonen  unter- 
suchte, beim  11-tägigen  Embryo  in  Gestalt  einiger  größerer  kubischer 
Zellen  an  der  dorsalen  Grenze  der  Seitenwandzone  des  Rumpfes.  Der 
Milchstreifen  dehnt  sich  allmählich  ventralwärts  aus  und  i«t  bei  13- 
tägigen  Embryonen  bereits  zweischichtig  geworden.  Sehr  wenig  später 
tritt  im  Bereich  des  Milchstreifens  eine  Milchleiste  auf,  von  welcher 
sich  ventralwärts  noch  ein  Rest  des  Milchstreifens  erstreckt.  Die 
Milchleiste  liegt  in  ihrer  ganzen  Ausdehnung  auf  der  Extremitäten- 
leiste, sie  beginnt  in  der  Achselhöhle  und  endigt  dorsalwärts  von  der 
hinteren  Extremität.  Eine  Fortsetzung  in  die  Inguinalgegend  konnte 
Henneberg  nicht  konstatieren.  Bei  14-tägigen  Embryonen  sondern 
sich  die  drei  pectoralen  und  der  proximale  der  drei  abdominalen  Milch- 
punkte, und  zwar  wird  der  am  meisten  cranialwärts  gelegene  von  den 
pectoralen  zuerst  selbständig.  Die  beiden  inguinalen  Milchpunkte 
treten  später  auf  als  die  übrigen  und  unabhängig  von  der  Milchleiste ; 
jedoch  sind  die  ersteren  kurze  Zeit  bei  W/g-tägigen  Embryonen  durch 
eine  leistenähnliche  Verdickung  der  Epidermis  verbunden.  Während 
bei  14— 15-tägigen  Embryonen  die  übrigen  Anlagen  bereits  zapfen- 
förmig  geworden  sind,  verharren  die  beiden  inguinalen  Anlagen  noch 
auf  der  Stufe  des  Milchpunktes  oder  Milchhügels.  Allmählich  rücken 
alle  Anlagen  ventralwärts  und  halten  bei  15-tägigen  Embryonen  ihre 
bleibende  Lage  erlangt,  während  der  Milchstreifen  verschwunden  ist. 
Bei  16-tägigen  Embryonen  haben  sämtliche  Milchdrüsenanlagen  das 
kolbenförmige  Stadium  erreicht. 

C  e  t  a  c  e  e  n.  Die  erste  Anlage  des  Mammarorganes  der  Delphine 
fand  Guldberg  (1899)  bei  einem  18  mm  langen  Foetus  von  Phocaena 
communis.  Eine  sanfte,  schwach  konvexe,  auf  einer  unbedeutenden 
Wucherung  des  Corium  gelegene  Epithelverdickung  befindet  sich 
zwischen  den  Anlagen  der  äußeren  Geschlechtsorgane  und  des  Rudi- 
mentes einer  distalen  Extremität;  sie  wird  von  beiden  durch  eine  mehr 
oder  weniger  tiefe  Einsenkung  oder  Furche  geschieden.  Bei  einem  26  mm 
langen  Foetus  von  Delphinus  acutus  Gray  war  dagegen  schon  eine 
länglich  rundliche  Epidermiseinstülpung  in  das  Corium  hinein  vor- 
handen,   sie   verlief   in    schräger   Richtung   cranialwärts    in    die  Tiefe. 

Weitere  Entwickelungsstadien  von  Delphinen,  namentlich  bei  einem 
64  mm  langen  Foetus  von  Monodon  monoceros  hat  Kükenthal  (1893, 
1895)  beschrieben,  worauf  hier  verwiesen  werden  muß. 

M  o  n  o  t  r  e  m  e  n.  Die  Vergleichung  der  Mammarorgane  dieser 
primitiven  Säugetiergruppe  mit  den  übrigen  wurde  bereits  oben  (p.  319) 


328  W.  Krause, 

erörtert.  Bei  letzteren  wird  nach  Gegenbaur  (1886)  der  Milchpunkt 
zur  Mammartaschenanlage,  der  Boden  derselben  ist  das  Drüsenfeld 
von  Echidna,  welches,  wie  oben  erwähnt,  dem  Grunde  des  Strich- 
kanales  beim  Rinde  und  der  Brustwarze  des  Menschen  entspricht. 
Semon  (1899)  nimmt  seine  frühere  Angabe  von  der  ursprünglich 
paarigen  Beutelanlage  bei  Echidna  zurück.  Im  Vergleich  dieses 
Mammarapparates  mit  dem  von  Ornithorhynehus  ist  derjenige  des 
letztgenannten  Tieres  als  rückgebildet  und  abgeändert  aufzufassen. 
Ein  Brutbeutel  existiert  weder  auf  der  Höhe  der  Lactation,  noch  wenn 
die  Eier  in  der  Tuba  eben  befruchtet  waren.  Breslau  (1902)  hat 
19  Exemplare  von  DidelpMs  marsupialis  untersucht,  die  von  1 — 9  cm 
Körperlänge  hatten. 

Nerven  der  Haut. 

Die  Entwicklung  der  Hautnerven  selbst  ist  hauptsächlich  an 
Batrachierlarven  untersucht  worden,  da  sie  ein  vortreffliches  und  leicht 
zugängliches  Objekt  für  die  Beobachtung  darbieten. 

Anuren.  In  den  eben  hervorsprossenden  Schwänzen  von 
Batrachierlarven  bestehen  nach  Hensen  (1864,  1868)  die  Nerven- 
bündel anfangs  aus  marklosen,  aber  glänzenden,  feinen  Nervenfasern 
ohne  Kerne  oder  Scheiden ;  diese  Fasern  teilen  sich  dichotomisch. 
Später  treten  im  Inneren  der  Bündel  Kerne  auf,  die  sich  nach  und 
nach  auch  an  den  Aesten  und  bis  zu  den  letzten  Enden  hin  erstrecken. 
Sie  gehören  amöboiden  Zellen  an ,  welche  sich  an  die  Nervenbündel 
anlegen  und  sie  umscheiden.  Die  Kerne  teilen  sich  nach  v.  Kölliker 
(1886)  auf  dem  Wege  der  Karyomitose. 

Ob  die  Scheiden  an  den  Verzweigungen  der  Nervenbündel  allmählich 
distalwärts  sich  verschieben  oder  ob  sie  an  Ort  und  Stelle  an  den- 
selben entstehen,  ist  nicht  sichergestellt. 

Die  weitere  Entwickelung  der  Hautnerven  ist  schon  vor  langer 
Zeit  von  v.  Kölliker  (1846)  im  Schwanz  der  Froschlarven  studiert 
worden.  Die  doppeltkonturierten  Nervenfasern  gehen  in  blasse,  ver- 
ästelte Endfasern  über,  erstere  sind  aus  den  spinalen  Ganglienzellen 
hervorgewachsen,  letztere  entstehen  aus  spindelförmigen  Zellen  des 
Mesenchym  (v.  Kölliker,  1860,  p.  537.  Fig.  166).  (Auch  Harrison 
(1899)  kommt  nach  neuen  Untersuchungen  am  Lachs  (Salmo 
salar)  zu  dem  Resultat,  daß  die  Achsencylinder  Ausläufer  von  Ganglien- 
zellen sind  und  keineswegs  aus  Zellenketten  hervorgehen.)  Die  ver- 
ästelten und  anastomosierenden  Endfasern  sind  bis  0,003 — 0,004  mm 
dick,  viele  aber  außerordentlich  fein.  Sie  sind  nicht  als  freie  Achsen- 
cylinder aufzufassen,  indem  sich  vom  benachbarten  Mesenchym  aus 
spindelförmige  oder  sternförmige  Bindegewebszellen  von  Strecke  zu 
Strecke  an  die  Endfasern  anlegen  und  dieselbe  umscheiden,  sie  auch 
mit  ihren  Ausläufern  begleiten.  Ihre  länglichen  Kerne  vermehren 
sich  durch  Teilungen.  Von  ihnen  aus  bildet  sich  an  Endfasern,  die 
0,001 — 0,002  mm  Dicke  erreicht  haben ,  zwischen  den  Bindegewebs- 
zellen und  den  Nervenfasern  das  Nervenmark,  das  von  Anfang  an 
als  eine  feine  Röhre  auftritt  und  peripherwärts  weiter  wächst.  Dabei 
ist  merkwürdig,  daß  markhaltige  Strecken  an  einzeln  verlaufenden 
Nervenfasern  häufig  durch  vorläufig  marklos  gebliebene  getrennt 
werden.  Zahlreiche  Einschnürungen  bedingen  die  Bildung  vieler 
kurzer  Segmente,  die  bald  in  die  Länge  wachsen.    Durch  die  Teilungen 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane.  329 

der  bindegewebigen  Zellen  entsteht  eine  Scheide,  die  als  Neurilem 
(sog.  ScHWANN'sche  Scheide)  zn  bezeichnen  ist.  Nicht  minder  teilen 
sich  die  doppeltkontnriert  gewordenen  Fasern,  und  zwar  dichotomisch. 
Stärkere  oder  schwächere  Bündel  von  Nervenfasern  entstehen  durch 
Differenzierung  innerhalb  der  ursprünglich  vorhandenen  Endfaser,  die 
in  die  Dicke  gewachsen  ist,  vielleicht  auch  durch  Anlagerung  anderer 
selbständiger  Nervenfasern.  Mit  dem  Wachstum  der  Schwanzflosse 
werden  auch  die  Anastomosen  zwischen  den  Nervenbündeln  zahl- 
reicher; zugleich  vermehrt  sich  die  Zahl  der  Nervenfasern,  nach  v.  Köl- 
liker  durch  das  Hervorwachsen  neuer  Nervenfasern  aus  dem  Rücken- 
mark. Was  die  Endigung  betrifft,  so  ließ  man  früher  die  fernsten 
spitzen  Ausläufer  der  Endfasern  im  Kernkörperchen  von  Epidermis- 
zellen  oder  im  Protoplasma  der  letzteren  endigen,  was  jetzt  nicht 
weiter  erörtert  zu  werden  braucht.  Ueber  die  Stiftchenzellen  s.  oben 
Epidermis  (p.  258).  Uebrigens  ist  bei  den  Nervenendigungen  die  That- 
sache  interessant,  daß  sie  nach  v.  Kölliker  (1886)  mit  der  Zeit  an 
Zahl  zunehmen,  also  keineswegs  von  vornherein  sämtlich  angelegt  sind. 

Nervenendigungen.  Die  Entwickelung  der  Nervenendigungen 
in  der  Haut  ist  nur  an  wenigen  Stellen  erforscht,  was  seine  natür- 
liche Erklärung  in  der  Schwierigkeit  der  Untersuchung  findet.  Zu 
erwähnen  sind  die  VATER'schen  Körperchen,  die  Endkolben,  Tast- 
körperchen, die  HERBST'schen  nnd  GRANDRY'schen  Körperchen,  welche 
letzteren  in  der  Schnabelhaut  von  Wasservögeln  vorhanden  sind.  Alle 
diese  terminalen  Körperchen  entstehen  aus  dem  Mesenchym.  Zellen- 
haufen umgeben  anfänglich  das  knopfförmige  Ende  der  marklosen  Ter- 
minalfaser, in  welche  eine  doppelkonturierte  Nervenfaser  übergeht,  und 
sekundär  entsteht  aus  den  peripheren  Zellen  eine  Bindegewebshülle, 
die  sich  enorm  verdicken  und  durch  Lymphanstauung  in  ihren  Inter- 
stitiell zu  Kapselsystemen,  z.  B.  eines  VATER'schen  Körperchens,  aus- 
bilden kann. 

VATER'sche  Körperchen.  Was  deren  Entwicklungsgeschichte 
betrifft,  so  liegen  nur  wenige  Beobachtungen  vor.  Pappenheim  (1846) 
fand  bei  11  cm  langen  Katzenfoetus  noch  keine  Spur,  bei  12  cm  langen 
sah  er  Zellenhaufen  ohne  Höhlung  und  ohne  Nervenfaser,  nur  der 
Zusammenhang  des  Stieles  mit  einer  Nervenfaser  konnte  erkannt 
werden.  Die  konzentrischen  Kapseln  wurden  nach  und  nach  von  der 
Peripherie  nach  dem  Centrum  hin  sichtbar.  Diese  Beobachtungen  be- 
stätigte Gerlach  (1846)  nach  eigenen  Untersuchungen.  Bei  mensch- 
lichen Embryonen  fanden  Henle  und  v.  Kölliker  (1844)  an  Alkohol- 
präparaten ähnliche  Zellenhaufen  in  der  Mitte  des  6,  Schwanger- 
schaftsmonates,  die  keine  besondere  Gruppierung  der  Zellen,  ent- 
sprechend den  späteren  Kapseln  wahrnehmen  ließen.  Bei  Neugeborenen 
sind  die  Körperchen  schon  ganz  denen  der  Erwachsenen  ähnlich,  nur 
kleiner  und  bestehen  aus  einer  geringeren  Anzahl  von  Kapseln  mit 
wenig  oder  gar  keiner  Flüssigkeit,  was  eine  Aehnlichkeit  mit  dem 
Verhalten  des  Systems  der  inneren  Kapseln  in  Körperchen  von  Er- 
wachsenen hervorruft.  Henle  und  v.  Kölliker  schlössen  aus  den 
angedeuteten  Befunden,  daß  die  VATER'schen  Körperchen  aus  einfachen 
Zellen  sich  entwickeln  und  früher  in  ihrer  eigentümlichen  eirunden  Ge- 
stalt sich  zeigen,  als  sie  mit  besonderen  Geweben  versehen  sind,  ferner, 
daß  nur  ein  Teil  der  Kapseln,  wie  es  scheint,  das  System  der  inneren 
Kapseln,  bei  der  ersten  Entstehung  sich  bildet,  während  die  anderen 
erst  nachher,  wahrscheinlich  durch  Umlagerung  entstehen  ;  endlich,  daß 


330  W.  Krause, 

die  Intercapsularflüssigkeit  erst  bei  fast  vollendeter  Bildung  der 
Körperchen  sich  anzusammeln  beginnt.  Als  ein  Rest  aus  dem  Eiit- 
wickelungsher gange  ist  das  Ligamentum  intercapsulare  nach  einer 
Vermutung  von  Herbst  (1848)  anzusehen,  indem  der  anfänglich  bis 
zum  peripheren  Pol  sich  erstreckende  Innenkolben  nach  und  nach  sich 
gleichsam  zurückziehen,  die  angrenzenden,  innersten  Kapseln  einander 
näher  rücken  und  zusammenwachsen  sollen. 

Nach  Rauber  (1898)  ist  die  Nervenfaser  der  Körperchen  als 
Dendrit  einer  Spinalganglienzelle  aufzufassen,  welcher  nicht  in  das 
Lamellenkörperchen  hineinwächst,  sondern  nach  und  nach  von  letzterem 
umhüllt  wird. 

Ein  von  W.  Krause  (1860)  gemessenes  Körperchen  aus  der  Volar- 
fläche  des  Zeigefingers  eines  Foetus  vom  Ende  des  5.  Schwangerschafts- 
monates hatte  0,29  mm  Länge,  0,11  mm  Breite,  es  war  daran  die 
äußerste  Kapsel  sehr  deutlich,  ebenso  die  innerste  zu  erkennen ;  die 
übrigen  bestanden  aus  angedeuteten  Schichten  mit  einer  ungeheuren 
Anzahl  längsgestellter,  ovaler  Kerne;  Querfasern  waren  nicht  wahr- 
zunehmen. Die  erwähnten  Kerne  fanden  sich  auch  im  Innenkolben, 
der  0,225  min  Länge  auf  0,01 8  mm  Breite  hatte,  in  seiner  Achse  ver- 
lief eine  sehr  deutliche,  glänzende  Terminalfaser  von  0,0038  mm  Breite 
und  endigte  dicht  vor  dem  peripheren  Ende  des  Innenkolbens  mit 
einer  leichten  Anschwellung.  Henle  und  v.  Kölliker  (1844)  fanden 
beim  5— 6-monatlichen  Foetus  die  Länge  zu  0,18—0,225,  die  Breite 
zu  0,072 — 0,09,  beim  neugeborenen  Kinde  die  Länge  zu  0,68,  die 
größte  Breite  zu  0,38  mm. 

T  a  s  t  k  ö  r  p  e  r  c  h  e  n.  Sie  sind  schon  beim  7 -monatlichem  Foetus 
in  den  Papillenspitzen  der  Vola  manus  nachweisbar  (W.  Krause,  1860, 
p.  89).  Es  sind  kleine  gewöhnlich  annähernd  kugelige  Bläschen,  an 
welche   die   doppeltkonturierte    Nervenfaser   meist   in    der   Achse    der 

Fig.  204.  Tastkörperchen  aus  der  Volarfläche  des  3.  Fingergliedes 
vom  Zeigefinger  eines  7-monatlichen  Foetus.  Mit  sehr  verdünnter 
Natronlauge.  Vergr.  350.  (Nach  W.  Krause,  Die  terminalen  Kör- 
perchen.    Hannover   1860.     Tal'.   IL     Fig.  11.) 

Coriumpapille  herantritt.  Die  Körperchen  haben  (W.  Krause,  1860) 
eine  dünne  Bindegewebshülle  mit  einzelnen  Kernen  und  zeigen  einige 
Querstreifen,  wie  sie  für  ausgebildete  Tastkörperchen  so  charakteristisch 
sind.  Sie  werden  als  die  stärker  lichtbrechenden  Grenzen  der  abge- 
flachten Kolbenzellen  gedeutet,  aus  welchen  das  Tastkörperchen  zum 
Unterschiede  von  anderen  Terininalkörperchen  aufgeschichtet  ist.  Es 
würden  anfangs  also  nur  wenige  solcher  Zellen  das  Körperchen 
konstituieren. 

Beim  neugeborenen  Kinde  sind  die  Tastkörperchen  bereits  ellip- 
soidisch,  sie  haben  zahlreichere  Querstreifen  erhalten.  Sie  haben  dann 
meistens  0,022  mm  Durchmesser,  selten  sind  kleinere  von  0,018  nun 
Durchmesser,  etwas  häufiger  größere  von  0,034  mm  Länge  und  0,022  mm 
Breite.  Die  doppeltkonturierten  Nervenfasern  haben  0,0027  mm 
Dicke.  Das  neugeborene  Kind  besitzt  bereits  ebensoviel  Tastkörperchen 
und  folglich  Nervenendapparate  an  seinen  viel  kleineren  Fingern  und 
Zehen,  wie  der  Erwachsene.  Es  hat  auch  entsprechend  feineren  Raum- 
sinn.  Mithin  entstehen,  keine  neuen  Tastkörperchen  (und  wohl  über- 
haupt keine  Terininalkörperchen)  nach  der  Geburt. 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane.  331 

Endkolben.  Die  kugeligen  Endkolben  in  der  Conjunctiva  bulbi 
des  Menschen  sind  erst  einmal  auf  ihre  Entwickelung  untersucht.  Bei 
einem  6-monatlichen  Foetus  machten  sie  den  Eindruck  von  Kern-  oder 
Zellenhaufen,  besaßen  aber  bereits  eine  wahrnehmbare  Umhüllungs- 
membran. Ihre  Form  ist  kugelig,  ihr  Durchmesser  beträgt  etwa 
0,018  mm  (W.  Krause,  1869.  p.  90). 

HERBsrsche  Körperchen.  Im  Raum  zwischen  den  Unter- 
schenkelknochen  des  Huhnes  sind  diese  Terminalkörperchen  mit  Deut- 
lichkeit erst  gegen  das  Ende  der  2.  Woche  der  Bebrütung  wahr- 
zunehmen (W.  Krause,  18(30.  p.  40).  Die  Körperchen  zeigten  sich 
ganz  durchsichtig  und  boten  keine  Spur  von  der  bräunlichen  Farbe 
der  Querfaserschicht.  Während  die  Längsfaserschicht  eine  sehr  be- 
stimmte Begrenzung  nach  außen  bildete,  waren  anstatt  der  queren 
Fasern  zahlreiche  rundliche,  mit  großen  Kernen  versehene  Zellen 
vorhanden,  die  nach  Zusatz  von  verdünnter  Essigsäure  am  deutlichsten 
waren.  Der  Innenkolben  erschien  nicht  bestimmt  differenziert,  die 
Terminalfaser  aber  war  immer  mit  großer  Deutlichkeit  wahrnehmbar 
und  zeigte  sich  als  eine  in  der  Achse  des  Körperchens  verlaufende, 
glänzende,  etwa  0,002  mm  breite  Faser.  Die  Länge  der  Körperchen 
betrug  im  Maximum  0,135,  im  Minimum  0,081,  im  Mittel  0,108  mm, 
die  Breite  im  Maximum  0,072,  im  Minimum  0,036,  im  Mittel  0,05  mm. 
Beim  eben  ausgekrochenen  Hühnchen  hatten  sich  die  Dimensionen 
ungefähr  verdoppelt;  es  betrug  die  Länge  im  Maximum  0,311,  im 
Minimum  0,198,  im  Mittel  0,241,  die  Breite  im  Maximum  0,144,  im 
Minimum  0,09,  im  Mittel  0,108  mm.  Die  Terminalfaser  hatte  etwa 
0,0038  mm  Durchmesser  und  verlief  in  der  Achse  des  blassen  Innen- 
kolbens,  der  nach  außen  durch  eine  sehr  dichtgedrängte  Schicht  von 
großen  Kernen  von  der  Querfaserschicht  getrennt  wurde.  Letztere 
bestand  noch  aus  ziemlich  homogenem,  durchsichtigem  Bindegewebe 
mit  sehr  zahlreichen  Kernen,  die  Längsfaserschicht  war  noch  viel 
dünner  als  beim  ausgewachsenen  Tiere  und  zeigte  auch  der  Länge 
nach  gestellte,  aber  dichter  stehende  Kerne. 

Auch  Scymonowicz  (1896)  hat  die  HERBST'schen  Körperchen  und 
zwar  in  der  Schnabelhaut  von  Entenembryonen  am  21. — 27.  Bebrütungs- 
tage  beschrieben.  Seine  Abbildung  vom  letztgenannten  Tage  (1896, 
Taf.  XIV.  Fig.  27)  zeigt  ein  HERBST'sches  Körperchen  in  der  Kanten- 
ansicht, daher  nur  eine  Reihe  von  Zellen  am  Rande  des  Innenkolbens, 
ferner  die  durch  Methylenblau  gefärbte  Terminalfaser  und  eine  Um- 
hüllung, die  2—3  Lagen  von  konzentrisch  angeordneten  Kernen,  aber 
noch  keine  verschiedenen  Schichten  enthält.  Die  Abbildung  stimmt 
ganz  und  gar  mit  dem  oben  Gesagten  überein,  die  Beschreibung  und 
Deutung  lautet  jedoch  etwas  different. 

KEY-RETZius'sche  Körperchen.  Ihre  Anlagen  bei  Enten- 
embryonen vom  21.  Bebrütungstage  gleichen  ganz  den  Anlagen  der 
HERBST'schen  Körperchen.  Es  sind  länglich  -  ellipsoidische  Gebilde, 
ihre  Umhüllungen  haben  sich  noch  nicht  differenziert,  und  man  sieht 
innerhalb  einer  streifigen  Bindegewebshülle  nichts  als  zahlreiche  Kerne 
und  feinkörnige  Substanz  (W.  Krause,  1880.  p.  121.  Taf.  V.  Fig.  61  u.  62). 
Asp  (1883)  dagegen  vergleicht  die  Anlagen  mit  denjenigen  der 
GRANDRY'schen  Körperchen  (s.  unten),  doch  fehlen  die  bindegewebigen 
Fortsetzungen  im  Inneren.  Die  centralen  Zellen  werden  zum  Innen- 
kolben, die  peripheren  dagegen  atrophieren  teilweise  und  bilden  ein 
feines  Netz  mit  eingestreuten  Kernen,  den  Ueberresten  sternförmiger 


332  W.  Krause, 

Zellen.  Nur  die  äußere  Umhüllung  ist  vom  Mesenchym  abzuleiten ; 
der  übrige  Teil  des  Körperchens,  das  als  ein  ellipsoidischer  Zellen- 
haufen sich  zuerst  zeigt,  soll  ektodermatischen  Ursprunges  sein  und 
sich  nach  der  .2.  Bebrütungswoche  in  Form  von  Epithelzapfen, 
ungefähr  wie  Drüsenanlagen,  in  die  Schnabelhaut  der  Ente  einsenken. 

Grandry's che  Körperchen.  Etwa  4 — 5  Tage  vor  dem  Aus- 
kriechen, also  am  23. —  24.  Tage  der  Bebrütung  von  Entenembryonen 
schnüren  sich  nach  Izquierdo  (1879)  die  GRANDRY'schen  Körperchen  aus 
Epithelzapfen  ab,  die  in  die  Gipfel  der  Zungenpapillen  sich  einsenken 
und  sekundär  eine  bindegewebige  Umhüllung  erhalten. 

Wenn  diese  Einsenkung  frühzeitiger  erfolgen  würde,  ließe  sich  ver- 
muten, die  beiden  Deckzellen  eines  GRANDRY'schen  Körperchens 
möchten  in  der  That,  wie  das  centrale  Nervensystem  überhaupt,  aus 
dem  Ektoderm  herstammen  und  sekundär  mit  Nervenfasern  des  Mes- 
enchym in  Berührung  treten.  Aber  die  Beobachtung  ist  ungenau  ge- 
wesen. Bei  nur  wenige  Tage  jüngeren  Embryonen  sah  Izqjuerdo 
noch  keine  Andeutung  von  GRANDRY'schen  Körperchen.  In  Wahrheit 
sind  letztere  (W.  Krause,  1880.  p.  121),  schon  beim  21-tägigen  Enten- 
embryo  sowohl  in  der  Zungenschleimhaut  wie  in  der  Schnabelhaut 
vollständig  fertig.  Sie  liegen  in  geringer  Tiefe,  etwa  0,1  mm  unter 
der  Epidermis,  so  dicht  gedrängt,  daß  fast  nur  die  Kapillargefäße  da- 
zwischen Platz  haben.  Sie  gleichen  in  jeder  Hinsicht  den  Grandry- 
schen  Körperchen  der  erwachsenen  Ente,  nur  sind  sie  kleiner  (W. 
Krause,  1880.  Taf.  V.  Fig.  52);  sie  haben  0,04  mm  Länge  auf 
0,035  mm  Breite,  sind  also  etwa  zwei  Drittel  so  groß  wie  bei  der  er- 
wachsenen Ente.  Jedes  Körperchen  besteht  aus  zwei  Kolbenzellen, 
deren  Kerne  sich  durch  ihre  Größe  auszeichnen,  woran  sie  leicht  zu 
erkennen  sind.  Ihre  nervösen  Terminalscheiben  hat  Scymonowicz 
(1896,  Taf.  XIV.  Fig.  26)  mit  Methylenblau  am  26.  Bebrütungstage 
dargestellt.  Die  früheren  Stadien  sind  von  diesem  Autor  jedoch  ver- 
kannt worden.  Auch  Asp  (1883)  leitet  die  Kolbenzellen  der  Grandry- 
schen  Körperchen  am  25.  Bebrütungstage  bei  der  Ente  vom  Ekto- 
derm ab. 

Als  Tastzellen  sind  irrtümlich  sowohl  GRANDRv'schen  Körperchen 
in  Flächenansieht,  als  kleinere  Stücke  derselben  beschrieben  worden,  die 
zufällig  durch  tangentiale  Flächenschnitte  abgetragen  worden  waren. 
Hierauf  hat  schon  Asp  (1883)  aufmerksam  gemacht.  Mit  den  Grandry- 
schen  Körperchen  zusammengeworfen  wurden  von  manchen  Autoren  auf- 
gequollene Epidermiszellen  des  Stratum  germinativum  bei  Säugetieren  (s. 
W.  Krause,  1880.  p.  123.  Taf.  V.  Fig.  57),  sowie  ähnliche  Zellen  in  der 
äußeren  Wurzelscheide  von  Haarbälgen.  Der  Grund  des  Aufquellens 
dieser  hellen  Zellen  ist  noch  nicht  sichergestellt,  nur  so  viel  ist  gewiß, 
daß  sie  mit  Nervenfasern  nichts  zu  thun  haben,  nicht  etwa  Sinneszellen 
sind.  Ueber  die  Entwickelung  von  sog.  Tastzellen  ist  nach  dem  Gesagten 
und  früheren  Ausführungen  (W.  Krause,  1880.  p.  123)  nichts  hinzu- 
zufügen. 

Organe  der  Seitenlinie. 

Epithelknospen. 

Die  in  Frage  kommenden  Organe  werden  mit  sehr  verschiedenen 
Namen  bezeichnet:  Sinnesknospen,  Organe  der  Seitenlinie,  Seiten- 
organe,   Endhügel,   Nervenendhügel,   Tastnecken,   Perlorgane  u.  s.  w., 


Die  Entwicklung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane.  333 

weil  die  ersteren  beim  erwachsenen  Anamnioten  verschiedener  Species 
differenten  und  oft  weiter  entwickelten  Bau  zeigen.  Die  Grundlage 
aber  ist  übereinstimmend ,  eine  Epithelknospe  (Gemma  epithelialis), 
welche  als  ein  epidermoidales  Gebilde  sich  erweist. 

In  der  Haut  der  Amphibien  und  Fische  sind  epidermoidale  Organe 
sehr  verbreitet,  die  dem  Leben  im  Wasser  angepaßt  sind.  Sie  wurden 
für  Organe  eines  sechsten  Sinnes  (Leydig,  1868)  oder  für  Wellensinnes- 
orgaue  (F.  E.  Schulze,  1870)  erklärt ;  am  einfachsten  ist  wohl  die 
Annahme,  daß  sie,  die  in  ihrem  Bau  den  Geschmacksknospen  außer- 
ordentlich nahestehen ,  eine  analoge  Funktion ,  nämlich  die  Ueber- 
mittelung  der  Empfindung  von  chemischen  Qualitäten  des  Wassers 
besitzen  (W.  Krause,  1876.  p.  525.  u.  1880.  p.  125),  da  die  Fische 
wenigstens  für  Aenderungen  jener  Qualität  oder  Beimischungen  zum 
Wasser  bekanntlich  besonders  empfindlich  sind. 

Solange  keine  anderen  Endapparate  sensibler  Nerven  in  der  Haut 
der  Wassertiere  bekannt  sind,  darf  man  den  Epithelknospen  auch  die 
Funktion  der  Druckempfindlichkeit  zuschreiben.  Wie  dem  auch  sei,  so 
gleicht  ihre  Anlage  sehr  den  Anlagen  von  Haaren  (p.  288),  welche 
letzteren  die  wesentlichen  Tastorgane  der  Haut  behaarter  Säuger  dar- 
stellen. 

Fische.  Bei  den  Selachiern  entstehen  diese  Anlagen  zuerst  am 
Kopf,  und  ihre  Ausbildung  schreitet  caudalwärts  fort  (Maurer,  1892) ; 
sie  entstehen  als  Verdickung  der  am  tiefsten  gelegenen  Schicht  des 
Ektoderm.  Ist  dieses  einschichtig,  wie  bei  Torpedo,  so  liegt  die  An- 
lage von  vornherein  frei  und  rückt  erst  später  in  die  Tiefe.  In  der 
Regel  aber,  so  bei  Acanthias,  Scyllium  u.  s.  w ,  entstehen  die  Epithel- 
knospen in  zweischichtigem  Epithel,  und  die  oberflächliche  Schicht  der 
Epidermis  zieht  ununterbrochen  über  die  Knospe  hinweg.  Die  einzelnen 
Epithelknospen  gehen  aus  Teilen  einheitlicher  Anlagen,  nämlich  ver- 
dickter Streifen  des  Ektoderm  hervor. 

Bei  5  cm  langen  Embryonen  von  Acanthias  sind  nach  Maurer 
(1892)  die  ersten  Anlagen  der  Epithelknospen  im  Bereich  der  Seiten- 

Fig.  205.  Senkrechter  Durch-  ^—^m.. 

schnitt   der  Haut  eines  Embryo  rr^r  titisf 

vom  Haifisch  (Acanthias  vulgaris)  ?t  ffffr#/f»'  '»W\i$: 

von   5    cm   Länge,    aus   der  Ge-      <s»J 

gend    der  Seitenlinie  hinter  der     ^^'^W^MSj^    ^    H^^^- 
Brustflosse.     Vergr.  250.     e  Epi-  /     -         .     -^' 

thelknospe,    aus    senkrecht    ge-  / 

stellten  Cvlinderzelien  bestehend. 
(Nach  Maurer,  1892.  Taf.  XXV.  Fig.  19.) 

Knie  an  der  Brustflosse  in  die  dreischichtige  Epidermis  eingelagert. 
Die  Knospe  (Fig.  205)  aber  besteht  nur  aus  2  Lagen  cylindrischer 
Zellen,  die  senkrecht  auf  der  Coriumoberfläche  stehen.  Es  handelt 
sich  um  ziemlich  lange,  fast  fadenförmige  Zellen,  deren  Kerne  in  ver- 
schiedenen Höhen  liegen,  so  daß  trotz  der  2  Lagen  von  Kernen 
das  Epithel  der  Knospenanlage  eigentlich  einschichtig  ist.  Solche  läng- 
lichen Zellen  werden  gewöhnlich  als  Stützzellen  gedeutet,  jedenfalls 
treten  etwas  später  im  Centrum  der  Epithelknospe  dickere,  birnförmige 
Zellen  auf,  die  für  Sinneszellen  gelten  (Fig.  206  si). 

Nach  und  nach  rückt  das  Gebilde  mehr  in  die  Tiefe,  es  bildet 
sich    eine   leichte  Einsenkung  im  Corium,    und  die  Epidermis  beginnt 


334 


W.  Krause, 


rt 


st 


an  den  Rändern  der  Knospe  dieselben  zu  überwölben.  Auch  sah 
Maurer  am  Kopfe  von  Acanthias  kugelige,  von  Cylinderzellen  aus- 
gekleidete Bläschen,    die  Anlagen  der  späteren  SAVi'schen  Blasen. 

Bei  den  Teleostiern  treten  nach  Maurer  (1892)  die  Anlagen  der 
Epithelknospen  weit  früher  auf  als  diejenigen  der  Schuppen.  Die 
Knospen  sitzen  an  der  Oberfläche  der  Schuppe,  in  der  Mitte  oder  nahe 

an  ihrem  caudalen 
Rande,  falls  sie  zu 
den  Schuppen  in  Be- 
ziehung treten,  in  die 
sie  schließlich  einge- 
lagert zu  sein  pflegen. 
Im  Corium,  bedeckt 
von  der  Epithelknospe, 
werden  Wucherungen 
von  rundlichen  Binde- 
gewebszellen in  Grup- 
penform  angetroffen, 
die  auch  Blutgefäß 
enthalten.  Hiernach 
ist  das  Corium  bei  der 
Bildung  der  Epithel- 
knospen keineswegs 
unbeteiligt,  wenn  es 
auch  nicht  bis  zur  Bil- 
dung abgegrenzter 
morphologischer  Ap- 
parate kommt. 
Anfänglich  ist  noch  kein  Unterschied  zwischen  spindelförmigen 
oder  stäbchenförmigen  und  mehr  central  gelegenen  birnförmigen  Epithel- 
zellen nachweisbar,  die  als  Stützzellen  und  Sinneszellen  unterschieden 
zu  werden  pflegen. 

Auch  bei  der  Forelle  (Maurer,  1892)  werden  die  cylindrischen 
Zellen  der  ersten  Anlage  der  Epithelknospe  höher,  cylindrisch,  mit 
ellipsoidischen  Kernen,  die  Epidermis  ist  verdickt,  das  Corium  ein- 
gebuchtet, und  über  die  Knospenanlage  zieht  eine  einfache  Lage  ab- 
geplatteter Zellen,  Epidermiszellen  hinweg  (Fig.  207).    Später  wird  die 


p  . 


__> 


Fig.  206.  Senkrechter  Durchschnitt  der  Haut 
unter  dem  Auge  eines  Embryo  vom  Haifisch  (Acan- 
thias vulgaris)  von  5  cm  Länge.  Vergr.  400.  rt,  st 
äußere  Zellen,  si  innere  Zellen.  (Nach  Maurer,  1892. 
Taf.  XXVI.  Fig.  22.) 


Fig.  207.  Senkrecher  Durchschnitt  der 
Haut  der  Seitenlinie  eines  Embryo  der  Fo- 
relle (Salmo  fario)  kurz  vor  dem  Ausschlüp- 
fen. Anlage  einer  Epithelknospe  der  Seiten- 
linie. Vergr.  400.  co  Anhäufung  von  Zellen 
des  Corium.  Die  oberflächlichste  Zellenlage 
zieht  kontinuierlich  über  die  Anlage  der  Epi- 
thelknospe hin.   (Nach  Maurer,  1892.  Taf.  XXV.  Fig.  23.) 


CO 


Epidermis  dreischichtig,  die  Knospenanlage  zweischichtig;  letztere  reicht 
aber  allmählich  bis  zur  freien  Oberfläche,  und  nach  Maurer  (1892) 
können,  successive  sich  abspaltend,  aus  einer  Anlage  mehrere  definitive 
Knospen  hervorgehen.  Auch  bei  den  Teleostiern  sind  die  Anlagen  an 
verschiedenen  Körperstellen  verschieden  ausgebildet,  am  weitesten  vor- 
aufgehend am  Kopfe. 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane.  335 


Bei  den  meisten  Knochenfischen  werden  die  Epithelknospen 
späterhin  von  Kanälen  in  der  Tiefe  des  Corium  eingeschlossen :  über 
die  Art  und  Weise,  wie  dies  zu  stände  kommt,  vergl.  unten  Seiten- 
organe. 

Amphibien.  Bei  Bufo  vulgaris,  Rana  esculenta  und  Disco- 
glossus  pictus  sah  Raffaele  (1900)  als  erste  und  gemeinschaftliche 
Anlage  des  N.  lateralis  und  seiner  Seitenorgane  eine  Syncytiumplatte 
des  Ektoderm.  Später  differenziert  sich  diese  Platte  in  Epidermis  und 
darunter  gelegene  Ganglienzellen,  wenigstens  hält  Raffaele  diese 
Annahme  für  die  wahrscheinlichste. 

Von  den  Anlagen  der  Epithelknospen  sind  nach  Maurer  (1892) 
die  der  LEYDiG'schen  Zellen  zu  unterscheiden,  mit  denen  die  ersteren 
gar  nichts  zu  thun  haben.  Sie  treten  in  der  tiefsten  Schicht  der  Epi- 
dermis an  der  ganzen  Körperoberfläche  als  größere  helle  Zellen  auf 
(Fig.  155),  die  anfangs  noch  Dotterplättchen  enthalten ;  sie  scheinen 
drüsiger  Natur  zu  sein.  Die  Anlagen  der  Epithelknospen  dagegen  be- 
ginnen bei  7  mm  langen  Embryonen  von  Siredon  nach  Maurer  als 
Zellenkomplexe  in  der  Seitenlinie,  entsprechend  dem  Verlauf  des 
Rani us  lateralis  n.  vagi.  Einige  Zellen  der  am  tiefsten  gelegenen  Lage 
von  Epidermiszellen  werden  länglich,  wachsen  nach  außen,  grenzen 
sich  gruppenförmig  von  der  Umgebung  ab  und  zeigen  längliche,  ellipso- 
idische,  leicht  gebogene  Kerne.  Anfangs  sind  es  6—8  Zellen,  die 
beteiligt  werden,  und  wie  bei  den  Teleostiern  zieht  die  äußerste  ein- 
fache Lage  abgeplatteter  Zellen,  nämlich  das  Periderm,  glatt  darüber 
hinweg;  erst  später  gelangen  die  Spitzen  der  Knospen  an  die  freie 
Oberfläche;  bei  Triton  verhält  sich  die  Sache  gerade  so. 

Nach  Mitrophanow  (1888)  würde  die  Anlage  mancher  Epithel- 
knospen nur  durch  je  eine  von  Anfang  an  differenzierte  Sinneszelle  und 
Stützzelle  gebildet,  nach  Maurer  würden  solche  einfachere  Anlagen 
vorkommen ,  aber  diese  Zellenarten  ursprünglich  nicht  differenziert 
sein. 

Bei  einigen  U  rodele n  kommt  es  nach  Malbranc  (1875)  u.  a. 
noch  beim  erwachsenen  Tiere  (Triton,  Salamandrina  u.  s.  w.)  zur  An- 
lage neuer  Epithelknospen,  was  Maurer  für  Triton  und  Amblystoma 
bestätigen  konnte.  Bei  Triton  kommt  es  auch  zur  Entwickelung  von 
Coriumpapillen  im  Centrum  der  Epithelknospe.  Am  Kopfe  von  Triton 
cristatus  sitzen  letztere  nach  der  Metamorphose  stets  dem  Gipfel  einer 
Hautwarze  auf,  bei  Triton  alpestris,  der  glatte  Haut  hat,  ist  dies 
nicht  der  Fall ;  stets  aber  bilden  die  Epidermisknospen  keine  Hervor- 
ragungen ,  sondern  sind  in  die  Tiefe  gerückt.  Dies  geht  Hand  in 
Hand  mit  dem  Uebergange  vom  Leben  im  Wasser  zu  dem  auf  dem 
Lande.  Letzteres  gilt  außer  für  Salamandrina,  Triton  und  Ambly- 
stoma, während  bei  Salamandra  sich  nach  der  Metamorphose  keine 
Epithelknospen  der  Haut  finden  lassen,  auch  für  Perennibranchiaten, 
nach  Maurer  für  Menopoma,  Menobranchus  und  Cryptobranchus. 
Diese  sekundäre  Tieflagerung  wäre  aber  ganz  verschieden  von  der 
Tieflagernng  der  Epithelknospen  bei  den  Fischen,  und  es  soll  erstere 
während  des  Landlebens  erworben  sein. 

Seitenorgane. 

Fische.  Nicht  alle  Fische  besitzen  Kanäle  in  der  Seitenlinie, 
die  man  als  Seitenkanalsystem  zusammenzufassen  und  als  Sinnesorgane, 
nämlich   als  Apparate  eines  sechsten  Sinnes  zu  deuten  pflegte.    F.  E. 


336  W.  Krause, 

Schulze  (1870)  hat  hingegen  die  Benennung  Seitenorgane  und  Seiten- 
organsy  stein  eingeführt,  weil  es  im  wesentlichen  sich  gleich  bleibt,  ob 
die  betreffenden  Organe  frei  ins  Wasser  hinausragen  oder  sich  auf 
dem  Grunde  röhrenförmiger  Kanäle,  wie  es  bei  manchen  Fischen  der 
Fall  ist,  befinden.  Unter  allen  Umständen  werden  diese  Seiten- 
organe vom  R.  lateralis  n.  vagi  mit  zahlreichen  Nervenfasern  versorgt. 
Sie  stehen  zwar  gewöhnlich  in  einer  Reihe,  dem  Verlaufe  des  genannten 
Ramus  folgend,  aber  es  kommt  auch  vor  (bei  Gobius  minutus),  daß 
sie  zu  kleinen  Gruppen  von  3-5  in  Querreihen  stehen,  die  senkrecht 
zur  Achse  des  genannten  Ramus  in  craniocaudaler  Richtung  aufein- 
ander folgen.  Außerdem  giebt  es  ganz  ähnliche  Bildungen  am  Kopfe 
z.  B.  beim  Stichling  (Gastrosteus  aculeatus),  wo  sie  vom  N.  trigemi- 
nus  versorgt  werden. 

Die  Seitenorgane  bestehen  aus  einer  hügelförmigen  Erhebung  des 
Epithels,  deren  Basis  nur  etwa  0,1  mm  Durchmesser  beim  erwachsenen 
Fische  hat.  Die  Entwickelung  ist  von  F.  E.  Schulze  (1870)  nament- 
lich an  der  Schwanzwurzel  junger  Schollen  (Platessa  vulgaris)  studiert 
worden.  Bei  Tieren  unter  15  mm  Länge  liegen  die  Seitenprgane  als 
eine  lange  Reihe  von  Hügeln  ganz  frei.  An  Tieren  von  20—30  mm 
Länge  bemerkt  man  neben  solchem  Hügel  ein  Paar  längliche,  schmale, 
lippenartige  Hautfalten,  welche  sich  parallel  den  Flossenstrahlen  erheben 
und  über  dem  Seitenorgan  sich  mit  ihren  freien  konvexen  Rändern 
zusammenneigen.  Diese  Falten  verschmelzen  zunächst  in  der  Mitte 
ihrer  Länge,  so  daß  sie  nur  eine  vordere  und  eine  hintere  Zugangs- 
öffnung zu  dem  hügelförmigen  Seitenorgane  freilassen. 

Der  mikroskopische  Bau  der  Seitenorgane  ist  zu  dieser  Zeit  ein 
ziemlich  einfacher.  Die  Seitenfläche  des  Hügels  wird  von  großen 
flachen  Epidermiszellen  des  Stratum  corneum  bedeckt.  Im  Mittelteil 
des  Hügels  dagegen  befindet  sich  eine  Gruppe  von  Cylinderzellen,  die 
sich  nach  außen  etwas  verjüngen  und  zufolge  eines  Vergleiches  von 
F.  E.  Schulze  nach  Art  der  Scheiter  eines  Kohlenmeilers  sich  nach 
dem  Centrum  des  Hügels  zusammenneigen ;  an  ihrer  Basis  befindet 
sich  der  rundliche  Kern.  Die  Anzahl  der  Cylinderzellen  beträgt  je 
nach  der  Größe  des  Hügels  10—40.  Auf  ihren  freien  Enden  sitzt  je 
ein  gerades  starres  Haar,  das  unbeweglich  und  etwa  0,014  mm  lang 
ist.  Indessen  bleibt  eine  Randzone  des  Hügels  frei  von  diesen  Haaren, 
und  ebendaselbst  entspringt  nach  F.  E.  Schulze  eine  helle,  zarte 
Röhre,  welche,  die  Haare  umschließend,  in  das  Wasser  hineinragt  und 
an  ihrem  äußeren  Ende  quer  abgestutzt  und  offen  aufhört.  Die  Röhre 
ist  ca.  0,1  mm  lang  und  besteht  aus  einer  glashellen,  strukturlosen 
Membran.  Der  Querschnitt  der  Röhre  ist  öfters  oval  und  auch  sonst 
kommen  manche  Verschiedenheiten  vor. 

Nach  Analogie  mit  den  Seitenorganen  erwachsener  Fische  (Kaul- 
barsch u.  s.  w.)  glaubte  F.  E.  Schulze  (1870),  daß  haartragende 
Zellen  auch  bei  den  hügelförmigen  Seitenorganen  junger  Fische  mit 
den    späteren  doppeltkonturierten  Nervenfasern  in  Verbindung  treten. 

Amphibien.  Auch  bei  Larven  von  Urodelen  und  Batrachiern 
(Triton  taeniatus,  Bombinator  igneus,  Ranatemporaria)  hat  F.  E.  Schulze 
(1870)  Seitenorgane  entdeckt,  die  in  ihrer  Verbreitung  und  ihrem  Bau 
vollständig  denjenigen  der  jungen  Fische  sich  anschließen.  Nur  sind 
die  starren  Haare  in  geringerer  Zahl,  wenigstens  im  Anfange,  vor- 
handen.    Leydig  (1868)  sah  diese  Seitenorgane  auch  bei  Larven  von 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane.  337 

Salamandra   maculosa,   sowie  F.  E.  Schulze   später   bei   solchen  von 
Rana  esculenta,  Bufo  cinereus,  Pelobates  fuscus  und  Hyla  arborea. 

Leydig  (1876)  fand  nämlich  im  gallertigen  Bindegewebe  des 
Schwanzes  von  Salamandra  maculosa  etwa  12  geschlossene  Bläschen, 
deren  Zugehörigkeit  zu  den  Seitenorganen  jedoch  zweifelhaft  ist.  Sie 
erhalten  je  eine  zu  dein  kugeligen,  von  einer  Bindegewebshülle  um- 
schlossenen Körperchen,  das  Leydig  mit  einem  Endkolben  der  Con- 
junctiva  vergleicht,  herantretende  Nervenfaser.  Der  Inhalt  des  Bläs- 
chens besteht  aus  Epithelzellen,  im  Centrum  sitzt  eine  körnige  kugelige 
Masse,  die  einer  Ganglienzelle  ähnlich  ist. 


Im  vorstehenden  Abschnitt  sind  einige  Kontroverspunkte  besprochen, 
die  hier  der  Uebersichtlichkeit  wegen  zusammengestellt  werden.  Es 
handelt  sich  um  das  Periderm,  die  Keratisation  und  Onychisation,  die 
Homologie  von  Feder  und  Haar,  die  radiäre  Anordnung  des  Haarbalg- 
querschnittes, die  Entstehung  der  Schweißdrüsen  in  Primärfurchen  von 
Pingern  und  Zehen,  die  Auffassung  des  Nagels  als  eines  Stratum  lucidum 
des  Nagelbettes.  —  Die  Litteraturübersicht  reicht  bis  zum  1.  Oktober 
1902. 

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Akademie  d.  Wissensch.  zu  Wien.    Bd.  LXXIV.  Abt.  3.  No.   19.  p.  136— .137.   1876. 


Die  Entwickehmg  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane.  339 

Eg  geling,      lieber  die  Stellung  der  Milchdrüsen  zu  den  übrigen  Hautdrüsen.     Jenaische 

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-    lieber    die    Hautdrüsen    der   Monotremen.     Anat.    Anz.    Ergänzungsheß.    Bd.    XVIII. 

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—  Tavole  istologische    rappresentanti  le   alterazioni   dei  follicoli    nella   depilazione  e  del 

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22* 


340  W.  Krause, 

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—  Xochmals  die  Keratingranida.     Centralbl.  f.  allg.  Pathol.  Bd.  IX.  p.   745.     1898*. 

—  Die  Parencltyrnhaut  und  ihre  Erkrankungen.     Arch.  f.  Enhvickelungs-Mech.     Bd.    VII. 

p.  299.     1899. 

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Arch.  f.  mikr.    Anat.    Bd.  LIV.  H.  4.    p.  403—420.    Mit  2   Taf.  1898. 

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342  W.  Krause, 

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p.   534—536.    1895. 
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u.  Leipzig.  Bd.  IV.  p.  562—564-     Taf.  XXVIII  u.  XXIX.  1887. 
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Taf.  XIX.  1860. 

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naturae  curiosorum.  Bd.  XXXIV.  p.  46-  1868. 

—  Zur  Kenntnis  der  Sinnesorgane  der  Schlangen.     Arch.  mikr.  Anat.  Bd.    VIII.  p.  817 

-357.     Mit  2  Taf.  1872. 

—  Ueber    die    allgemeinen  Bedeckungen    der    Reptilien.     Arch.    f.   mikr.    Anat.    Bd.    IX. 

p.  753—794.     Mit  1   Taf.  1873. 

—  Ueber  die    allgemeinen    Bedeckungen  der  Amphibien.     Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  XII. 

p.    119—242.  1875. 

—  Ueber  die  Schwanzflosse,   Tastkörperchen  und  Endorgane  der  Xerven  bei  Batrachiem. 

Arch.  mikr.  Anat.  Bd.  XII.  p.  523.  1876. 

—  Untersuchungen  zur  Anatomie  und  Histologie  der   Tiere.     Bonn.  174  P-      Mit,  8   Taf. 

1883. 

—  Stiftchenzellen    in    der  Oberhaut  von  Batrachierlarven.     Zool.    Anz.  Xo.    212.   p.    749 

—  751.  1885. 

—  Besteht   eine  Beziehung    zwischen  Hautsinnesorganen    und   Haaren  f     Biol.   Centralbl. 

Bd.  XIII.  p.  359  -  375.  1893. 
Llepmann,   JP.      Ueber    das    Vorkommen    von   Talgdrüsen    im  Lippenrot   des  Menschen. 

Inaug.-Diss.  8.  Königsberg  i.  Pr.   36  pp.  1900. 
Loeb,  L.      Ueber  Transplantation  von  weijser  Haut  auf  einen  Defekt  in  schwarzer  Haut 

und  umgekehrt  am  Ohr   des  Meerschiveinchens.     Arch.  f.  Entwickelungsmechanik  der 

Organismen.     Bd.    VI.    p.    1.  Mit  3  Taf.   u.  2  Fig.  1897. 

—  Ueber  Regeneration    des    Epithels.     Arch.  f.  Entivickelungsmechanik    der  Organismen. 

Bd.    VI.  p.  326.  1898. 

—  Transplantation  of  Skin  and  the   Origin    of  Pigment.     Medicine,    a    monthly    Journal 

of  Medicine  and  Surgery.    Vol.  IV.  No.  3.  1899. 
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Bulletin  de  la  Societe  imperiale  des  naturalistes  de  Moscou.  188-1. 

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Malbranc.    Bemerkung  über  die  Sinnesorgane  der  Seitenlinie  bei  Amphibien.     Centralbl. 

f.  <l.  mediz.   Wissensch.  No.  1.  p.  5.  1875. 
Malkmus.      Die  rudimentäre  Beuteltasche  des  Schafes.    Inaug.-Diss.  8.  Erlangen.  1887. 
Malpighii.      Opera  posthuma.     Londini.  p.   96 — 97.  1697. 
Marks,   P.      Untersuchungen  über  die  Entwickehmg    der  Haut,  insbesondere    der  Haar- 

und    Drüsenanlagen    bei    den    Haussäugetieren.      Inaug.-Diss.     8.     Giefsen.    64    pp. 

Mit  4   Taf.  1895. 
Martin,  P.    Beitrag  zur  Entwickelung  der  Sinushaare   unserer  Haussäugetiere.    Deutsche 

Zeitschr.  f.    Tiermedizin.     Bd.  X.  p.  112—121.     Mit   1    Taf.  1884. 


Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane.  343 


g,  ^AWi  J-"*«U  <^l_l^         iiiiV/i  iWUVU^&l 


Maurer,  F.  Haut- Sinnesorgane,  Feder-  und  Haaranlagen  und  deren  gegenseitige  Be- 
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1S92. 

—  Haut- Sinnesorgane,  Feder-  und  Haaranlagen.    Morphol.  Jahrb.  Bd.  XX.  p.  729 — 780. 

Taf.   XXIV.  Fig.   9.  1892*. 

—  Zur  Phylogenie  der  Säugetierhaare.     Morphol.  Jahrb.    Bd.  XX.  p.    260 — 275.    1893. 

—  Zur  Frage  von  den  Beziehungen  der  Haare  der  Säugetiere  zu  den  Hautsinnesorganen 

niederer   Wirbeltiere.   Morphol.  Jahrb.  Bd.  XX.  p.  429.  1893*. 

—  Die  Epidermis    und  ihre  Abkömmlinge.  4-  Leipzig.  IX  und    352  pp.     Mit  9    Taf.    u. 

28  Holzsehn.  1895. 

—  Die  stammesgeschichtliche    Entwicklung    der  Säugetierhaare.      Verhandl.    d.    Gesellsch. 

Deutscher  Naturforscher  u.  Aerzte  auf  d.  71.  Versammlung  zu  München.    T.  IL  Heft  2. 

p.  460—463.  1899. 
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schaftl.  Mikroskopie  und  mikr.   Technik.  Bd.  XVI.  Heft  2.  p.  219.  1899. 
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Mehnert,   E.     lieber  Entivickelung ,  Bau  und  Funktion  des  Amnion  und  Amnionganges 

nach   Untersuchtingen  an  Emys  lutaria  ta/urica  (Marsilii).    Morph.  Arbeiten.  Bd.  IV. 

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—  Heber  die  Haare    der  Säugetiere,  besonders   über   ihre   Anordnung.      Morphol.    Jahrb. 

Bd.  XXI.  p.  312—415.     Mit  41  Holzschn.  1894. 

—  Veber   die  Federn   der    Vögel,    insbesondere   über   ihre    Anordnung.     Morphol.    Jahrb. 

Bd.  XXIII.  p.  562-591.     Mit  20  Holzschn.  1895. 

—  Ist  die   Gruppenstellung  der  Säugetierhaare  eine  Stütze  für  die  Maurer'sche  Hypothese 

von  der  Ableitung  des  Haares   von  Hautsinnesorganen  niederer   Vertebraten  f     Anat. 

Am.  Bd.  XVI.  No.  10,  11.  p.  249—256.  Mit  2  Fig.  1899. 
Merkel,  F.      lieber  die  Endigungen  der  sensibeln  Nerven  in    der  Haut  der   Wirbeltiere. 

4.  Rostock,  p.  34—36.   Taf.    V.  1880. 
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—  Histologische  Studien  über  Keratohyalin   und  Pigment.     Arch.  f.  pathologische    Anat. 

Bd.   CXVI.  Heß  3.  p.  484— 516.  Mit  1   Taf.   1889. 
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— 178.  1888. 

—  Veber  die  Organe  der  sechsten  Sinnest  hat  igkeit   bei  Amphibien.      Warschauer   Vniver- 

sitätsnachrichteu.  80.  p.  6.  Mit,  3  Taf.  1888*. 

—  Veber  die  primäre  Anlage  der  Seitenorgane  bei  den  Plagiostomen.     Warschauer   Vni- 

versitätsnachrichten.  Bd.    VIII.  No.  5.  1889. 
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Hertwig.  p.  321.  1872. 
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Nagel,    W.     Die    weiblichen    Geschlechtsorgane.     Handbuch    d,  Anatomie    des  Menschen, 

von  v.  Bardeleben.     T.  IL  Abt.  1.  p.  119—121.     Mit  2  Fig.  Jena.  1896. 
Nicoglu.       Veber    die    Hautdrüsen    der    Amphibien.      Zeitschr.  f.    wissensch.    Zoologie. 

Bd.  LVL.  Heft  3.  p.  409.     Mit  3  Taf.  1893. 
Nikolsky,  P.  W.      Veber  die  Theorie  der  Verhornung.    Wratsch.    No.  4.  p.  713.  1898. 
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—  System  der  Pterylographie.     Herausgeg.  von   G.  Burmeister.  Halle.  1840. 
Nörner,    C.     Veber  den  feineren  Bau  des  Pferdehufes.    Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  XXVIII. 

p.  171 — 224.     Mit  1    Taf.  1886. 
Okamura,   T.     Zur  Lehre  über    die    Wachstumsrichtung    der  Haare   in   der   eisten  An- 
lage.    Monatshefte   f.  praktische  Dermatologie.     Bd.    XXVLLL.   p.   541 — 551.     Mit    1 
Taf.  1899. 


344  W.  Krause, 

Oka  »iura,   T.      Ueber  die  Enüwickekmg  des  Nagels  beim  Menschen.    Archiv  f.  Dermato- 
logie.    Bd.  LLL.  Heft  2.  p.  223—252.     Mit  3  Taf.  1900. 
' Oppenheimer,    E.      Ueber   eigentümliche  Organe   in  der  Haut   einiger    Reptilien.     Ein 
Beitrag  zur  Phylogenie  der  Haare.     Morphol.  Arb.     Bd.    V.  p.  445 — 46I.  1896. 

Orrii,   E.      Ueber   die    Nervenendigungen   an    den   Haaren.  Moleschott's   Untersuchungen 
zur  Naturlehre  des  Menschen  und  der  Tiere.    Bd.  XV.  Heft    3.  p.  277 — 284.    1894. 

—  La    terminazione  nervosa  nei  pili.     Bollettino    della  R.    Accademia   medica  di  Roma. 

Anno  NIX.  Fsc.  7.  p.   762—767.  1894  *. 
Osawa,     G.      Beitrag    zur  feineren  Struktur    des    Integuments    der   Hatteria   punctata. 

Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  XLVII.  p.  570—583.     Mit  1    Taf.  1896. 
Pappenheim,   C.     R.   Acad.  sc.  Paris.  T.  XXIII.  p.   768.  1846. 

Paul,   H.      Ueber  Hautanpassung   der  Säugetiere.     Inaug.-Diss.  Jena.    72   pp.  1884. 
Pavloff,    T.     Entstehung    und  Schicksale    des  Keratohyalins    vor   xmd   nach    der  Geburt. 

Monatshefte  f.  praktische  Dermatologie.  Bd.  IX.  No.   7.  p.  302 — 311.  1889. 

—  Entstehung    und   Schicksale    des    Keratohyalins    vor    und    nach   der    Geburt.     Arch.  f. 

Dermatologie  und  Syphilis.   Bd.  IX.  Ergänzungsheft.     p.  235 — 242.  1889*. 
Peremeschko,     Ueber  die   Teilung  der  tierischen  Zellen.    Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  XVI. 
p.  437—457.     Mit  1    Taf.  1878. 

—  Ueber  die  Teilung  der  tierischen  Zellen.    Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  XVII.  p.  168 — 186. 

Mit  1   Taf.  1879. 
Pernitza,   E.     Bau  und  Entwicklung  des  Erstlingsgefieders,   beobachtet   am  Hühnchen. 

Sitzungsber.    <L  K.  Akad.    d.   Wissensch.   zu    Wien.     Math.-naturw.    Kl.    Bd.    LXIII 

Abt.  2.p.  439—448.     Mit  1   Taf.  1871. 
Peter,   K.     Der   Einfiufs    der  Entwickelungsbedingungen   auf  die    Bildung   des  Central- 

nervensy stems  und  der  Sinnesorgane  bei  den  verschiedenen  Wirbelklassen.  Anat.  Anz. 

Bd.  XIX.  p.  177—198.     Mit  8  Fig.  (Teloderm).  1901. 
Pfltzner  W.    Die  Epidermis  der  Amphibien.    Morphol.  Jahrb.  Bd.  XL  p.  469—523.  Mit 

2  Taf.  I88O. 
Phisalix,    C.      Observation  mir  la  note  precedente    (de  M.    Ance.l),  Compt.   rend.    hebdo- 

madaires  de  la  Societe  de  biologie.   T.  LLL.  No.  35.  p.  962.  1900. 

—  Remarques  sur  la  note  precedente.  Ibidem.  No.  38.  p.  1060—1061.  1900*. 

—  Phisalix-Picot,  Madame,  Recherehes  embryologiques,  histologiques  et  physiologiques  sur 

les    glandes   ä  venin  de  la  salamandre  terrestre.      These.  Paris.  1900. 
Pljuschko,  J.     Beiträge  zur  Histologie  der  Haut  der  Säugetiere.     Kasan.  1890. 
Pollitzer,    S.      Ueber    die   Natur    der    von   Zander    im    embryonalen    Nagel    gefundenen 

Körnerzellen.     Monatshefte  f.  praktische  Dermatologie.     Bd.  IX.  No.  8.  p.  346 — 348. 

1889. 
Post,     H.      Ueber    die    normale    und    pathologische  Pigmentierung    der    Oberhautgebilde. 

Lnaug.-Diss.  8.  Königsberg  i.  Pr.  51  pp.  1893. 
Potilton,  E.   B.      The    Structure  of  the  Bill   and  Hairs   of  Ornithorhynchus  paradoxus 

with  a  Discussion   of   the  Homologies   and    Origin   of  Mammalian    Hair.    Quarterly 

Journal  of  microscop.  science.     Vol.  XXXVI.  p.  143 — 199.   With  3  pls.  1894. 
Profd,    O.     Beiträge    zur  Ontogenie   und  Phylogenie  der  Mammarorgane.     Anat.   Hefte. 

Bd.  XL  p.  247—286.     Mit  6  Taf.  und  1  Holzschn.  1898. 
Prowazek,    S.     Beiträge    zur  Pigmentfrage.     Zool.    Anz.  Bd.   XXLLL.    No    628.   p.  477 

—480.   1900. 
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Die  Entwickelung  der  Haut  und  ihrer  Nebenorgane.  345 

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—  Studien    über   das   Integument   der   Säugetiere.     II.    Die   Anordnung   der    Haare   bei 

Thryonomys  (Aulacodus)  swinderianus  Temminck.  Jenaische  Zeitschr.  f.  Naturw, 
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—  Studien  über  das    Integument    der  Säugetiere.    III.    Das  Integument    der  Monotremen. 

Denkschr.  d.  mediz. -naturw.   Gesellschaft    zu  Jena.     Bd.     VI.  Lief.    2.    53  pp.     Mit  1 

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—  Atlas    der    menschlichen    und    tierischen   Haare,    sowie    der    ähnlichen    Fasergebilde. 

Querfolio.  Lahr.  1884. 
Weber,   31.    Bemerktingen  über  den   Ursprung  der  Haare  und  über  Schuppen  bei  Säuge- 
tieren.    Anat.  Anz.  Bd.    VIII.  No.  12  u.  13.  p.  413—423.   1893. 


348  .  W.  Krause, 

Weidenreich,  F.      üeber   Bau   und   Verhornung    der   menschlichen    Oberhaut.     Arch.  f. 

mikr.  Anat.  Bd.  LVI.  Heft  1.  p.  169—229.  Mit  1   Taf.  1900. 
Welcher,   H.      l'eber   die  Entwickelung   und   den  Bau   der  Haut   und  Haare   bei   Bra- 

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Weski,    O.    Zur  Elealindarst eilung.    Anat.  Hefte.  Bd.  XVII.  Heft  1.  p.  197—202.  1901. 
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Wolff,    G.     Die   Cuticula  der   Wirbeltierepidermis.     Inaug.-Diss.  Jena  1889. 

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Bd.  XXIII.  p.  576—584.  Mit  1   Taf.  1S89*. 
ZabludoivsJcy ,  J.    Der   Verhornungsprozefs  während  des  Embryonallebens.    3Iitteilungen 

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Mit  1   Taf.  1880. 
Zander,   R.     Die  frühesten  Stadien    der  Nagelentwickelung  und  ihre  Beziehung  zu  den 

Digitalnerven.    Arch.  f.  Anat.   u.  Physiol.  Anat.  Abt.  p.  103 — 144-  Mit  1   Taf.  1884. 
■ —   Untersuchungen   über   den    Verhornungsprozefs.     I.    Die  Histogenese   des  Nagels   beim 

menschlichen  Eoetus.     Arch.  f.  Anat.  u.  Physiol.  Anat.  Abt.  p.  273 — 306.  Mit  1   Taf. 

1886. 


Viertes  Kapitel. 

Die   Entwickelungsgeschichte  der  Verknöcherungen  des   Inte- 
guments  und  der  Mundhöhle  der  Wirbeltiere. 

Von 
Professor  Rudolf  Burckliarclt. 

I.  Einleitung. 

A.  Definition  der  Hartgebilde  des  Integuments  und  der  Mund- 
höhle. 

Die  Organe,  deren  Entwicklung  im  nachfolgenden  Kapitel  zur 
Behandlung  gelangt,  bezeichnet  man  als  verknöcherte  Hartgebilde 
des  Integuments  und  der  Mundschleimhaut.  Sie  haben 
wenig  augenfällige  Merkmale,  die  sie  äußerlich  als  zusammengehörig 
erkennen  lassen:  die  einen,  die  Haut  v  erkn  öcherun  gen,  dienen 
dem  Schutze  der  Körperoberiläche,  die  anderen,  die  Zähne,  der 
Nahrungsaufnahme  oder  weiteren  digestiven  Funktionen.  Unter  dieser 
äußeren  Verschiedenheit  aber  enthüllt  uns  die  Vergleichung  ihres  Baues 
und  ihrer  Entwickelimg  gemeinsame  Züge.  Ja,  der  Nachweis  ihres 
gemeinsamen  Ursprungs  ist  sogar  vorzugsweise  an  die  Entwickelungs- 
geschichte geknüpft.  Innerhalb  der  Wirbeltiere  aber  gehen  bald  beide 
Organsysteme,  die  Hautverknöcherungen  und  das  Gebiß  ihre  getrennten 
Wege.  Für  das  gesamte  Integument  bilden  sich  so  verschieden- 
artige Funktionen  anderer  Art,  insbesondere  Wärmeschutz,  heraus, 
daß  seine  primitiven  verkalkten  Hartgebilde  hinter  den  sekundären 
verhornten,  Federn  und  Haare,  zurücktreten  und  nur  noch  eine  sehr 
untergeordnete  Rolle  spielen.  Für  das  Gebiß  oder  Zahnsystem  da- 
gegen treten  entsprechend  dem  Wechsel  der  ursprünglichen  Funktion 
des  bloßen  Zurückhaltens  der  ergriffenen  Nahrung  speciellere  Funk- 
tionen auf  den  Plan.  Es  erfährt  innerhalb  des  Wirbeltierstammes  zu- 
nächst eine  fortschreitende  stamm  esgeschichtliche  Entwickelung,  die  end- 
lich auch  in  Rückbildung  ausgeht. 

Der  Wert  dieses  Organsystems  für  die  allgemeine  Entwickelungs- 
lehre  ist  gerade  darin  begründet,  daß  wir  von  keinem  andern  Organ- 
system so  vollständige  und  abwechslungsreiche  stamm  esgeschichtliche 
Dokumente   besitzen,   wie  von   ihm  wegen   der  Dauerhaftigkeit  seiner 


350  R.    BüRCKHARDT, 

Substanzen.  Infolgedessen  tritt  der  Zusammenhang  zwischen  phylogene- 
tischen und  ontogenetischen  Entwicklungsprozessen  am  Zahnsystem  in 
besonders  einleuchtender  Weise  hervor.  Eine  weitere  Eigentümlichkeit 
dieses  Organsystems  ist  die,  daß  die  individuelle  Entwicklung  seiner 
Gebilde  bei  den  niedersten  Formen  seines  Bestehens  mit  keinem  Ab- 
schnitt einer  bestimmten  Lebensperiode  ihr  Ende  findet.  Es  werden  viel- 
mehr beständig  die  Organe  abgestoßen  und  wieder  neu  gebildet.  Dieser 
Neubildungsprozeß  erstreckt  sich  ursprünglich  über  die  Dauer  des  ganzen 
Lebens.  Für  die  Hautverknöcherungen  wird  er  allerdings  schon  bei 
niederen  Vertebraten  auf  die  Embryonalperiode  zurückgedrängt.  Für 
das  Gebiß  aber  ist  er  noch  bei  relativ  hoch  entwickelten  Vertebraten 
(viele  Reptilien)  ein  permanenter.  Erst  allmählich  wird  er  auf  die  Ju- 
gend und  die  Embryonalperiode  zurückverlegt  und  erlischt  endlich  ganz. 
Andererseits  neigt  das  einzelne  Hartgebilde,  je  mehr  es  sich  von 
seinen  ursprünglichsten  Zuständen  entfernt,  zu  andauerndem  Bestehen. 
Die  Hautverknöcherungen  werden  schon  innerhalb  der  Fische  stabil 
und  können  mit  Größenzunahme  des  Individuums  weiterwachsen. 
Im  Gebiß  wird  das  Prinzip  des  Wechsels  der  Elemente  viel  zäher 
festgehalten,  und  Dauerwachstum  tritt  erst  als  Folge  dauernder  Ab- 
nutzung des  einzelnen  Zahnes  auf. 

Während  sich  somit  vom  Standpunkt  der  Wirbeltier phy logen ie 
die  Entwicklungsgeschichte  der  Verknöcherungen  des  Integuments 
und  der  Mundschleimhaut  als  äußerst  fruchtbar  erweist,  hat  sie  bisher 
für  Wachstums  physiologische  Probleme  nicht  entfernt  ähnliche 
Bedeutung  erreicht.  Experimentelle  Eingriffe  in  diese  Prozesse  haben 
noch  nicht  stattgefunden ;  sie  scheinen  vorläufig  auch  zu  wenig  ver- 
sprechend. Immerhin  ist  nicht  abzusehen,  welche  Resultate  sie  unter 
Umständen  reifen  können.  Manche  der  schwebenden  Fragen  über  die 
Ausscheidung  der  Hartsubstanzen  dürften  vielleicht  auf  diesem  Wege 
zur  Entscheidung  zu  bringen  sein. 

Die  Hartgebilde  des  Integuments  und  der  Mundschleimhaut 
stimmen  unter  sich  in  folgenden  Eigenschaften  überein  : 

1)  Sie  sind  intercellulare  Ausscheidungen  von  lebenden  Elementen, 
von  denen  sie  nicht  regeneriert  werden  können.  Die  absondernden 
Elemente  bilden  mehr  oder  weniger  begrenzte  Gewebekomplexe 
und  gehören  dem  Ektoderm  und  dem  Mesoderm  an,  nur  in  extremen 
Fällen  beteiligt  sich  am  Aufbau  der  Hartgebilde  ausschließlich  das 
letztere. 

2)  Die  ausgeschiedenen  Hartgebilde  bestehen  aus  soliden  Sub- 
stanzen, insbesondere  Kalkverbindungen,  womit  eine  organische  Grund- 
lage imprägniert  wird. 

3)  Sie  gelangen  beinahe  auf  der  ganzen  Körperoberfläche  zur 
Ausbildung,  ferner  innerhalb  der  Mundhöhle,  gemäß  dem  ektoder- 
malen  Ursprung  ihrer  Auskleidung. 

Durch  diese  Eigenschaften  unterscheiden  sich  auch  die  hierher 
gehörenden  Hartgebilde  allseitig.  Der  Substanz  nach  stehen  ihnen 
die  Knochen  zunächst,  unterscheiden  sich  aber  von  ihnen  dadurch, 
daß  diese  Organe  sich  regenerieren  und  ausschließlich  mesodermaler 
Abkunft  sind.  Sodann  existieren  auch  andere  integumentale  Hart- 
gebilde, die  im  Munde  sogar  als  Zähne  bezeichnet  werden  (Cyclostomen, 
Ämphibienlarven),  aber  sie  sind  ihrer  Substanz  nach  verschieden,  da 
sie  aus  Hörn  bestehen.  Damit  sind  denn  auch  die  Integumentver- 
knöcherungen  und  Zähne  Bildungen  der   Wirbeltiere,  welche  keinerlei 


Die  Verknöcherung  des  Integuments  und  der  Mundhöhle.        351 


Homologa  unter  den  Wirbellosen   besitzen.    Die  Versuche 
(1873),   sie  als   bloße  Cuticularbildungen  darzustellen, 
scheitert  betrachtet  werden. 


v.  Leydig's 
müssen  als 


ge- 


B.  Die  Entwickelung  der  Hartgebilde  im  allgemeinen. 

1.  Ek toder m.  Schmelz. 
Das  Ektoderm  beteiligt  sich  am  Aufbau  der  Hartsubstanzen  in 
erster  Linie  mit  abgegrenzten  Bezirken  derjenigen  Cylinderzellen, 
welche  die  basale  Schicht  der  Epidermis  bilden.  Sie  allein  sind  direkt 
mit  der  Absonderung  der  ektodermalen  Hartsubstanz  des  Schmelzes, 
beschäftigt  (Marcusen,  1849).  Man  bezeichnet  sie  als  inneres  Schmelz- 
epithel  oder  als  Ameloblastenschicht  und  sie  bilden  stets  ein 
kontinuierliches  Gewebe.  Ueberall  können  mit  ihnen,  namentlich  wo 
die  Schmelzabsonderung  tief  ins  Mesoderm  verlegt  ist,  solche  Epithel- 
zellen, welche  über  ihnen  liegen,  durch  die  Einsenkung  des  Schmelz- 
epithels mitgerissen  werden.  Bei  niederen  Wirbeltieren  geschieht  dies, 
ohne  daß  sie  ihre  Gestalt  von  kubischen,  indifferenten  Epithelzellen 
aufgeben;  bei  höheren  Ausbildungsstufen  der  Hartgebilde  aber  können 
auch  diese  Zellen  sich  differenzieren.  So  können  sie  bereits  bei  Rep- 
tilien unter  Ausscheidung  einer  transparen- 
ten Zwischensubstanz  lockerer  werden,  stern- 
artige Formen  annehmen,  wodurch  sie  an 
mesodermales  Gallertgewebe  erinnern,  man 
nennt  sie  alsdann  Sternzellen  und  den 
aus  ihnen  bestehenden  Körper  die  Schmelz- 
pulpa.  In  diesem  Falle  aber  bildet  sich 
zwischen  diesen  lockeren  Zellen  und  dem 
geschlossenen  Schmelzepithel  eine  Schicht 
von  weniger  stark  differenzierten  Elementen 
aus,  das  S  t  r  a  t  u  in  i  n  t  e  r  m  e  d  i  u  m.  W o 
eine  Schinelzpulpa  zur  Ausbildung  gelangt, 
wird  auch  ein  weiteres  Stück  des  Stratum 
Malpighii  mit  in  die  Tiefe  gerissen.  Es  um- 
kleidet äußerlich  gegen  das  Mesoderm  hin 
die  Schmelzpulpa,  sondert  aber  selbst  keinen 
Schmelz  ab.  Man  bezeichnet  diese  Schicht 
als  das  äußere  S  c  h  m  e  1  z  e  p  i  t  h  e  1.  Nur 
bei  den  Hartgebilden  von  höherer  Aus- 
bildung —  und  als  solche  kommen  bloß 
die  Zähne  in  Betracht  —  kommt  es  zu 
diesen  weiteren  Sonderungen  des  Ektoderms, 
welche  alle  zusammentreten,  um  ein  em- 
bryonales Organ  zu  bilden,  das  Schmelz- 


or  gan. 


Nach  Leche's  (1895)    Vorschlag 


Fig.  208.  Längsschnitt  durch  die  Anlage  eines 
Molaren  von  Didelphys.  P  Pulpa.  Od  Odontoblasten. 
Z>,  unverkauftes,  D  verkalktes  Dentin.  S  Schmelz. 
T  XoMEs'scher  Fortsatz  der  Ameloblasten.  S Ei  Amelo- 
blastenschicht oder  inneres  Schmelzepithel.  Stri  Stra- 
tum intermedium.  SP  Schmelzpulpa.  SEa  äußeres 
Schmelzepithel.  C  Bindegewebe.  K  Knochen  der 
Alveole.    Vergr.  250.  Nach  Rose. 


^mf^Arn^ 


352  R.    BlJRCKHARDT, 

pflegt  man  in  der  Ausbildung  des  Zahnkeims  drei  Stadien  zu  unterschei- 
den :  1)  das  k  n  o  s  p  e  n  f  ö  r  m  i  g  e  Stadium,  welches  die  erste  Differenzie- 
rung des  Schmelzkeimes  als  geringere  oder  stärkere  Anschwellung  der 
Zahnleiste  darstellt,  2)  das  kappenförmige  S t a d i u m,  auf  welchem 
die  knospenförmige  Anlage  durch  den  emporsprossenden  Zahnkeim  ein- 
gestülpt worden  ist.  ohne  weitere  wesentliche  Aenderung  seiner  histo- 
logischen Differenzierung;  3)  das  glockenförmige  Stadium  ist 
durch  die  Glockenform  des  Schmelzkeims  mit  der  tieferen  von  ihm 
umfaßten  Mesodermpapille  und  durch  die  Differenzierung  der  Zellen 
des  Schmelzkeims  in  äußeres  Schmelzepithel,  Schmelzpulpa,  Stratum 
intermedium  und  Ameloblastenschicht  gekennzeichnet.  Eine  scharfe 
Grenze  ist  zwischen  diesen  drei  Stadien  natürlich  nicht  zu  ziehen. 
Nachdem  das  Schmelzorgan  seine  Funktion  verrichtet  und  den  Schmelz 
abgesondert  hat,  gerät  es  in  Zerfall,  und  seine  Ueberreste  bleiben  noch 
zu  kleinen,  linsenförmigen  Zellgruppen  vereint,  da  und  dort  unter  dem 
Epithel  liegen.  Man  heißt  diese  Rudimente  Epithelperlen,  in 
älterer  Zeit  wohl  auch  nach  ihrem  Entdecker  SERREs'sche  Körperchen 
(Serres  1817). 

Die  vom  Ektoderm  abgeschiedene  Hartsubstanz  wird  durchweg 
als  Schmelz  (Email)  bezeichnet.  Sie  bildet,  wenn  vorhanden,  stets 
einen  solideren  Ueberzug  an  der  Oberfläche  von  Dentingebilden.  Die 
Elemente,  welche  sie  absondern,  bleiben  nach  Erfüllung  ihrer  Funktion 
zunächst  rein  passiv  und  verschwinden  später  vollständig.  Auch  der 
Schmelz  selbst  tritt  häufig  als  vorübergehende,  flüchtige  Bildung  auf. 
ohne  dauernd  das  Hartgebilde  zu  schützen,  sondern  mehr  nur  als 
phylogenetische  Reminiscenz. 

Nach  Hoppe-Seyler  besteht  der  Schmelz  aus : 

Calciumphosphat  und  -karbonat  95,35  Proz. 

Magnesiumphosphat  1,05       „ 

organischer  Substanz  3,60       „ 

Er  besitzt  die  Härte  des  Apatits  und  ist  das  härteste  Gewebe 
tierischer  Körper.  Dabei  nimmt  der  Gehalt  an  Phosphor  und  Kalk 
erst  im  postembryonaler  Zeit  erheblich  zu,  während  er  beim  Neuge- 
borenen noch  kleiner  ist  im  Vergleich  zur  organischen  Substanz,-  die 
hier  bis  zu  22  Proz.  betragen  kann. 

Der  Schmelz  ist  meistens  von  senkrecht  zu  seiner  Oberfläche 
stehenden  Säulen  gebildet,  Schmelzprismen,  die  von  der  Dentin- 
grenze bis  zur  Oberfläche  des  Zahnes  durchgreifen.  Es  kann  jedoch 
nicht  als  definitiv  erwiesen  gelten,  daß  der  Schmelz  überall  Prismen- 
struktur besitzt,  wohl  aber  kommt  sie  ihm  meistens,  namentlich  bei 
höheren  Wirbeltieren  zu.  Hier  können  sie  auch  vielfachen  Modifi- 
kationen ihres  Verlaufs  unterliegen,  die  phylogenetisch  bedeutungsvoll 
sind  (vergl.  besonders  Preiswerk  1805). 

Der  feinere  P>au  des  Schmelzes,  dessen  Kenntnis  für  das  volle 
Verständnis  seiner  Histogenese  unumgänglich  nötig  wäre,  ist  nicht 
einwandfrei  festgestellt;  besonders  ist  strittig,  ob  zwischen  den  Schmelz- 
prismen eine  Kittsubstanz  vorhanden  sei  (J.  u.  C.  Tomes  1898, 
von  Ebner  1891,  Bödecker),  oder  ob  sie  fehle  (Hannover  1856. 
Hertz  1866,  Waldeyer  1871,  Walkhoff  1901).  Streifungen  und 
Unterschiede  in  Dichtigkeit  und  Verlauf  der  Schmelzprismen  erzeugen 
mannigfaltige  Strukturbilder,  für  deren  nähere  Beschreibung,  da  sie 
vorläufig  mit  der  Histogenese  in  keinen  greifbaren  Zusammenhang  zu 


Die  Verknöcherungen  des  Integumen<"s  und  der  Mundhöhle.      353 

bringen  sind,  wir  auf  die  speciell  histologischen  Untersuchungen  und 
Darstellungen  verweisen  müssen. 

Vor  der  Abnutzung  wird  der  Schmelz  der  Zähne  von  einer  struktur- 
losen Membran  von  1  |x  Dicke  überzogen,  welche  von  Kölliker 
(1861)  nach  ihrem  Entdecker  (1842)  die  NASMYTH'sche  Membran  ge- 
nannt hat,  sie  wird  auch  oft  als  S  c  h  m  e  1  z  o  b  e  r  h  ä  u  t  c  h  e  n  bezeichnet. 
Sie  ist  eine  Cuticula,  welche  sich  in  Säuren  auch  beim  Kochen  nicht 
löst  und  sich  allein  beim  Kochen  mit  Aetzkali  und  -natron  auflockert. 

Wie  weit  innerhalb  der  Wirbeltiere  Schmelz  zur  Ausbildung  ge- 
langt, bedarf  noch  der  endgiltigen  Erledigung. 

Owten  (1845),  ausgehend  von  dem  Satz,  daß  nur  Zähne,  welche 
in  der  Tiefe  der  Kiefer  entstehen,  von  Schmelz  bedeckt  sind,  hat  den 
Zähnen  der  Selachier  Schmelz  abgesprochen.  Demgegenüber  hat 
0.  Hertwig  (1873)  dargethan,  daß  sich  die  oberflächlichste  Schicht 
der  Haifischzähne  wie  Schmelz  verhalte  und  bei  Behandlung  mit 
Säuren  die  charakteristischen  Reaktionen  gebe.  Klaatsch  (1889)  und 
Rose  (1897)  hinwiederum  bestreiten  die  Schmelznatur  der  ober- 
flächlichsten Zahnschichten  und  vindizieren  den  Selachierzähnen  bloß  ein 
Schmelzoberhäutchen.  Rose  (1897)  erklärt  auch  den  von  Rohon 
(1889)  für  die  Placoidschuppen  behaupteten  Schmelz  für  Vitrodentin. 
Ihm  widersprechen  Wtalkhoff  (1901)  und  C.  Tomes  (1898),  ebenso 
Jentsch  (1898).  Eine  definitive  Lösung  dieser  komplizierten  Frage 
liegt  noch  nicht  vor.  Wir  können  keine  Gründe,  die  gegen  die  Schmelz- 
natur der  Selachierzähne  vorgebracht  wurden,  als  hinreichend  er- 
achten und  betrachten  daher  die  oberflächlichste  Schicht  der  Selachier- 
zähne und  -schuppen  als  Schmelz,  wofür  auch  die  Auflösung  der  frag- 
lichen Substanz  in  Salzsäure  ohne  Rückstand  und  die  Proportion 
zwischen  ihrer  Stärke  und  der  Größe  der  Ameloblasten  spricht 
(C.  Tomes). 

2.  Mesoderm.     Mesodermale  Hartsubstanzen. 

Von  mesodermalen  Zellen  sind  es  zunächst  ganz  indifferente 
Elemente  der  Cutis,  gewöhnliche  Bindegewebszellen,  welche,  da  und 
dort  zu  Gruppen  vereinigt,  Hartsubstanz  ausscheiden.  Dabei  unter- 
scheiden sie  sich  nicht  von  denjenigen,  welche  überhaupt  Bindegewebs- 
verknöcherung  erzeugen.  Wir  bezeichnen  sie  alle  mit  dem  Namen 
Skier oblasten,  den  Klaatsch  (1894)  zuerst  für  sie  gebraucht  hat, 
ohne  daß  wir  damit   etwas  über   ihre  Herkunft   präjudizieren  wollten. 

Nachdem  J.  Platt  (1893)  bei  Amphibien  Wanderzellen  aus  dem 
Ektoderm  ins  Mesoderm  hatte  übertreten  sehen  und  sie  als  Bildner  von 
oberflächlichem  Knorpel  gedeutet  hatte,  empfand  Klaatsch  das  Bedürf- 
nis, die  mesodermalen  Gewebe  überhaupt  aus  den  beiden  primären  Keim- 
blättern duch  Auswanderung  von  Elementen  abzuleiten.  Er  kam  auf 
Grund  seiner  Präparate  zu  folgender  Deutung  der  Hartsubstanzbildner 
oder  Skierobasten  der  Cutis.  Sie  seien  ursprünglich  im  Anschluß  an 
Hautsinnesorgane  ektodermal  entstanden  und  später  erst  nach  dem  Meso- 
derm ausgewandert;  daher  seien  auch  alle  integumentalen  Verknöche- 
rungen und  vom  Skelett  wenigstens  die  Deckknochen  vom  Ektoderm 
abzuleiten  und  nicht,  wie  allgemein  angenommen  wird,  vom  Meso- 
derm. Gegen  diese  Theorie  wandten  sich  besonders  Rabl  (1894),  Rose 
(1897),  Keibel  (1894)  und  R.  G.  Harrison  (1895),  welche  betonten, 
daß  an  tadellos  hergestellten  Präparaten  niemals  zwischen  Ektoderm  und 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.    II.  1.  23 


354  R.    BüRCKHARDT, 

Mesoderm  die  von  Klaatsch  gesehene  Verwischung  der  Grenze,  aus 
welcher  er  seine  Theorie  abgeleitet  hatte,  nachzuweisen  sei.  Eine  Be- 
stätigung der  Skleroblastentheorie  ist  denn  auch  bisher   nicht  erfolgt. 

Je  nach  der  Beschaffenheit  der  Hartsubstanz,  die  die  Skleroblasten 
absondern,  belassen  wir  ihnen  diesen  Namen,  wofern  die  Hartsubstanz 
weder  zu  Knochen,  noch  zu  Zahnbein  wird.  Sondern  sie  dagegen 
Knochensubstanz  ab,  so  werden  sie  Osteoblasten  (Gegenbaur), 
sondern  sie  Zahnbein  ab,  Odon  tob  lasten  (Waldeyer  1871)  ge- 
nannt. Die  Odontoblasten  bilden  eine  einfache  Lage  cylindrischer 
Zellen,  die  mit  ihrem  äußeren  Ende  dem  Dentin  anliegen  und  in 
einen  Fortsatz  auslaufen  der  in  einer  langgestreckten  Höhlung  ver- 
läuft, dem  Dentinröhrchen.  Entsprechend  der  Form  des  Odonto- 
blasten ist  auch  sein  Kern  meist  länglich.  An  der  Innenseite  kann 
der  Odontoblast  abgerundet  sein  oder  in  einen  kurzen  Fortsatz  aus- 
laufen ;  auch  giebt  er  gelegentlich  kurze  seitliche  Ausläufer  ab. 

Außer  diesen  specifisch  für  die  Absonderung  der  Hartsubstanz 
differenzierten  mesodermalen  Elementen  werden  noch  weitere  in  Mit- 
leidenschaft gezogen.  Unter  dem  Hartgebilde  oder,  wenn  es  Kegel- 
form besitzt,  in  ihm  bildet  sich  ein  Kern  von  indifferenten  Binde- 
gewebszellen, der  früher  als  Keim,  jetzt  allgemein  als  Pulpa  be- 
zeichnete Körper,  welcher  Fibrillen,  Gefäße  und  Nerven  enthält. 

Weniger  einheitlich  als  der  Schmelz  treten  uns  die  mesodermalen 
Hartsubstanzen  entgegen.  Dementsprechend  hat  auch  ihrer  Systematik 
und  Nomenklatur  vielfache  Wandlungen  durchgemacht.  Der  Unter- 
schied gegenüber  dem  Schmelz  beruht  hauptsächlich  darin,  daß  bei 
diesem  das  ausscheidende  Zellmaterial,  nachdem  es  seine  Funktion  ver- 
richtet hat,  für  die  Hartsubstanz  bedeutungslos  wird.  Bei  den  meso- 
dermalen Hartsubstanzen  aber  treten  die  ausscheidenden  Zellen  zu  der 
ausgeschiedenen  Hartsubstanz  in  mehr  oder  weniger  innige  Beziehungen, 
die  denn  auch,  solange  das  Hartgebilde  existiert,  festgehalten  werden, 
sei  es  nun,  daß  die  Zellen  der  Hartsubstanz  nur  oberflächlich  anliegen 
oder  daß  sie  von  ihr  eingeschlossen  werden.  Im  allgemeinen  be- 
zeichnet man  die  Hartsubstanz ,  wofern  sie  nicht  ausgesprochene 
Knochenstruktur  besitzt,  als  Dentin  oder  Zahnbein  in  weiterem 
Sinne. 

Owen  (1840 — 45)  gab  zuerst  dem  Dentin  den  Namen  und  be- 
schrieb als  Modifikationen  desselben  bei  den  Edentaten  und  Fischen 
das  Vasoden tin  und  bei  den  Labyrinthodonten  das  Plicid entin, 
ersteres  als  eine  von  Röhren  durchsetzte,  letzteres  als  eine  durch 
Faltungen  charakterisierte  Dentinart.  Außerdem  erkannte  er  das 
Cement  als  Knochengewebe.  Wtilliamson  (1849 — 51)  beschreibt 
zuerst  die  von  ihm  als  Lepidin  und  Kosmin  bezeichneten  Hart- 
substanzen, Kölliker  (1858)  das  osteoide  Gewebe  als  eine  ein- 
schlußfreie Hartsubstanz.  Eine  Fülle  von  Kombinationen  dieser  Modi- 
fikationen wurde  von  Pander  (1860)  an  paläozoischen  Fischen  be- 
schrieben und  ihnen  neu  hinzugefügt  das  Isopedin.  Tomes  wies 
1877  nach,  daß  auch  bei  Gadidenzähnen  eine  Modifikation  des  Dentins 
vorkomme,  die  allein  den  Namen  Vasodentin  verdiene,  da  sie 
wirkliche  Blutgefäße  enthalte  und  nicht  bloß  Pulpateile,  wie  das  „Vaso- 
dentin" Owen's.  Umfassendere  Versuche,  die  Hartsubstanzen  zu 
klassifizieren,  stellten  sodann  Baume  (1882),  Klaatsch  (1890)  und 
Rose  (1897)  an,  während  von  Ebner  (1899)  der  Mannigfaltigkeit 
dieser  Gewebe  wenig  Beachtung  schenkt. 


Die  Verknöcherungen  des  Integuments  und  der  Mundhöhle.      355 

Wir  folgen  im  Ganzen  trotz  den  kritischen  Bemerkungen  von 
Tomes  (1898),  Rose  (1897),  besonders  auch  in  Bezug  auf  seine  Neue- 
rung, daß  er  für  das  ehemalige  „Vasodentinkt  Owen's  bei  niederen 
Wirbeltieren  das  Trabeculardentin  als  neuen  Hartsubstanztypus 
eingeführt  hat;  für  dieses  dürfte  sich  der  abgekürzte  Name  Trabe- 
culin  empfehlen.  Eine  eingehende  Diskussion  der  Argumente,  welche 
die  Autoren  für  ihre  Auffassung  beigebracht  haben,  liegt  außerhalb 
des  Rahmens  unserer  Darstellung  und  fällt  vollständig  auf  das  Gebiet 
der  vergleichenden  Anatomie.  Es  kommt  auch  für  den  vorliegenden 
Zweck  nur  darauf  an,  die  Definitionen  für  die  im  speciellen  Teile 
vorkommenden  Hartsubstanzen  festzustellen  und  nach  einheitlichen 
Prinzipien  zu  ordnen.  Als  Einteilungsprinzip  verwenden  wir  dabei 
das  Verhältnis  der  WTeichteile  zu  den  von  ihnen  ausgeschiedenen 
Hartsubstanzen. 

System  der  in  es  od  er  malen  Hartsubstanzen. 

I.  Verkalkte  Bindesubstanz:  Rein  anorganische  Salze  werden 
im  Bindegewebe  ausgeschieden  (Kalkplättchen  des  Selachierskeletts). 

II.  Echte  Hartgewebe:   Verkalkung  unter  Einlagerung  des  Kalkes 
innerhalb  der  organischen  Substanz  des  Bindegewebes. 

A.  Ohne  Einschlüsse: 

1)  mit  feinsten  Kanälchen,  ohne  nachgewiesenen  Protoplasma- 
einschluß, organische  Substanz  spärlich,  an  der  Grenze  beider 
Keimblätter  als  Ueberzug  des  Dentins  entstehend:  Vitro  - 
dentin  (an  Zähnen)  und  Ganoin  (an  Hautgebilden); 

2)  ohne  Kanäle,  im  Mesoderm  entstehend:  osteoides  Ge- 
webe. 

B.  Mit  Einschluß  von  Zell  teilen: 

1)  mit  eingeschlossenen  Bindegewebsfibrillen,  rein  mesodermal 
entstehend:  Le pidin  (Schuppencement  der  niederen  Verte- 
braten) ; 

2)  mit  unter  sich  parallelen,  für  Protoplasmaausläufer  bestimmten 
Röhrchen,  welche  senkrecht  zu  der  Grenze  zwischen  Ekto- 
derm  und  Mesoderm  stehen,  woran  die  einseitig  wachsende 
Hartsubstanz  ausgeschieden  wird:  Dentin  (Zahnbein); 

3)  mit  baumartig  regelmäßig  verzweigten  Büscheln  von  Dentin- 
röhrchen  innerhalb  exoskelettaler  Hartgebilde:  Kos  min 
(Schuppen  der  Ganoiden). 

C.  Mit     Einschluß     von     Zellen,      mesodermal     ent- 
stehend: 

1)  mit  eingeschlossenen,  allseitig  gerichteten  Zellen:  Knochen; 

2)  mit  eingeschlossenen,  der  Oberfläche  parallel  gehenden, 
flächenhaft  ausgebreiteten  Zellen:  Isopedin  (Schuppenbasis 
von  Ganoiden). 

D.  Mit  Einschluß  ganzer  Pulpaabschnitte: 

1)  allseitig  wachsendes,  rein  mesodermal  entstehendes  Hart- 
gewebe, welches  balkenartig  die  Pulpa  durchzieht:  Trabe- 
culin  (Trabeculardentin  Rose,  die  größeren  Massen 
der  Fischzähne  bildend); 

2)  einseitig  wachsendes,  Dentin,  welches  durch  Faltung  die  Pulpa 

23* 


356  R.   BüRCKHARDT, 

zerklüftet :    Plicidentin    (Ganoideii-    und    Stegocephalen- 
zähne) ; 

3)  einseitig  wachsendes  Dentin  mit  Einschluß  ganzer  Gefäße: 
Vaso den tin  (Tomes,  Zähne  der  Gadiden); 

4)  einseitig  wachsendes  Dentin,  welches  die  Pulpa  an  ihrer 
Peripherie  in  Röhren  zerlegt :  Porodentin  (höhere  Nager, 
Edentaten  und  Pinnipedier). 

Diese  verschiedenen  Hartsubstanzen  nehmen  in  sehr  mannigfaltiger 
Weise  am  Aufbau  der  Hartgebilde  teil.  Dementsprechend  ist  auch 
ihre  Entwicklung  verschieden  und  in  den  Einzelheiten  noch  nicht 
durchgehends  aufgeklärt.  Innerhalb  der  niederen  Wirbeltiere  treten 
sie  in  weit  größerer  Mannigfaltigkeit  auf;  bei  den  höheren  Wirbel- 
tieren, von  den  Sauropsiden  an  aufwärts,  sind  nur  wenige  von  ihnen 
von  Bedeutung.  In  erster  Linie  das  Dentin,  dann  der  Knochen 
und  das  osteoide  Gewebe,  als  extrem  specialisiertes  Dentin  tritt 
alsdann  bei  Nagern  und  Eden  taten  das  Porodentin  auf  den  Platz. 
Alle  anderen  Formen  gehören  ausschließlich  den  Hartgebilden  niederer 
Vertebraten  an. 

Seiner  feineren  Struktur  nach  ist  das  Dentin  im  engeren  Sinne 
unter  allen  mesodermalen  Hartsubstanzen  am  genauesten  bekannt. 
Walkhoff  (1901)  unterscheidet  am  fertigen  Zahnbein  folgende  ver- 
schiedenen Gewebsformen :  1)  Zahn  fasern  (ToMEs'sche  Fasern, 
Waldeyer  1871):  Fortsätze  der  Odontoblasten,  welche  außerhalb  der 
Dentinmasse  liegen.  2)  Zahn  scheiden  (NEUMANN'sche  Scheiden). 
Was  speciell  diese  betrifft,  so  ist  um  ihre  Deutung  viel  gestritten 
worden.  Eine  ausführliche  Darlegung  der  Kontroverse  um  sie  hat  erst 
neuerdings  Walkhoff  gegeben,  und  so  können  wir  uns  darauf  be- 
schränken, sein  wichtigstes  Resultat  wiederzugeben.  Die  Zahnscheiden 
sind  sekundäre  Bildungen  im  Dentin,  welche  eine  Uebergangsform  in 
die  verkalkte  Zahnbeingrundsubstanz  darstellen.  3)  Die  Inter- 
cellularsubstanz  ist  nach  von  Ebner  von  feinen  Fibrillen  durch- 
zogen, welche  vorwiegend  in  der  Längsrichtung  des  Zahnes  verlaufen. 

Als  Cement  bezeichnet  man  eine  Hartsubstanz,  die  aus  dem 
Bindegewebe  auf  das  vorhandene  Dentin ,  namentlich  der  Wurzeln 
höherer  Vertebraten,  abgelagert  wird.  Der  Struktur  nach  besteht  die- 
selbe aber  aus  Knochen  oder  osteoider  Substanz,  ist  daher  in  unserer 
Uebersicht  nicht  besonders  aufgeführt.  Ferner  wird  sie  von  den 
echten  integumentalen  Hartsubstanzen  dadurch  unterschieden,  daß  sie 
regeneriert  werden  kann  (Baume  1882). 

Der  chemischen  Zusammensetzung  nach  ist  von  den  mesodermalen 
Hartsubstanzen,  abgesehen  vom  Knochen,  das  Dentin  der  höheren  Tiere 
ebenfalls  am  genauesten  untersucht;  wie  weit  die  für  dasselbe  aufge- 
stellten Analysen  auch  für  die  Hartsubstanzen  der  niederen  Tiere 
gelten  können,  ist  einstweilen  nicht  zu  entscheiden. 

Die  organische  Grundlage  des  Dentins  ist  das  Collagen,  das  in 
den  erhärteten  Bindesubstanzen  allgemein  eine  wichtige  Rolle  spielt, 
es  ist  eine  leimgebende  Substanz  von  komplizierter  chemischer  Zu- 
sammensetzung und  geht  durch  Wasserentziehung  aus  der  Gelatine 
hervpr.  Wahrscheinlich  nimmt  auch  Elastin  am  Aufbau,  besonders 
der  NEUMANN'schen  Scheiden  teil.  Diese  organischen  Substanzen  be- 
tragen insgesamt  ca.  28  Proz.  des  Dentins.  Nach  Cohn  besteht  normales 
Zahnbein  aus  folgenden  Bestandteilen : 


Die  Verknöcherungen  des  Integuments  und  der  Mundhöhle.      357 

Wasser  4,27  Proz. 

organische  Substanz  28,39      „ 

phosphorsaurer  Kalk  52,90      „ 

kohlensaurer  Kalk  12,93      „ 
phosphorsaure  Magnesia  1,08      „ 

Ueber  die  chemische  Konstitution  der  einzelnen  anorganischen 
Bestandteile  gehen  die  Meinungen  der  Autoren  auseinander ;  hier  ist 
nicht  der  Ort,  darauf  näher  einzutreten. 

Für  das  Cement  ist  die  chemische  Zusammensetzung  nach  v.  Bibra 
ähnlich  wie  für  das  Dentin. 

3.   Die   Verbindung  zwischen  e  k t o  d e r m a  1  e n   und   raeso- 

d er  malen  Hartsubstanzen. 

Die  Art,  wie  sich  die  mesodermalen  und  ektodermalen  Hart- 
substanzen miteinander  verbinden,  ist  eine  sehr  verschiedene.  Gegen 
die  Cement-  und  Schmelzgrenze  hin  weichen  die  Dentinkanälchen 
auseinander  und  verzweigen  sich  mehr  oder  weniger  reichlich.  Nach 
C.  Tomes  (1898)  treten  sie  in  ein  Lückensystem  über,  die  sogen. 
Interglo  bularräu  in  e;  diese  sind  aber  nach  Walkhoff  (1901) 
vielmehr  als  unverkalkte  Grundsubstanz  aufzufassen ,  durch  welche 
das  Dentinkanälchen  hindurch  bis  an  die  Schmelzgrenze  vordringt.  Bei 
menschlichen  Zähnen  ist  die  Begrenzung  zwischen  Schmelz  und  Dentin 
durch  halbkreisförmige  Ausschnitte  gebildet.  An  dieser  Grenzlinie 
brechen  dann  die  Dentinkanälchen  plötzlich  ab.  Höchstens  einzelne 
ragen  noch  in  den  Schmelz  hinein.  Dagegen  dringen  die  Dentin- 
kanäle bei  Wiederkäuern,  Raubtieren,  Affen,  Beuteltieren  (J.  Tomes), 
sodann  bei  manchen  Fischen  in  den  Schmelz  vor,  ohne  sich  dabei  an 
den  Verlauf  der  Prismen  zu  halten.  Die  Grenze  zwischen  beiden 
Hartsubstanzen  wird  deswegen  nicht  verwischt. 

Für  weitere  Einzelheiten  über  die  Histologie  der  Zahngewebe  sei 
hier  auf  die  zusammenfassenden  Arbeiten  von  Waldeyer  (1871),  v.  Eb- 
ner (1899),  C.  Tomes  (1898)  und  Walkhoff  (1901)  verwiesen.  Die 
Histogenie  von  Schmelz  und  Dentin  soll  bei  der  Entwicklung  des 
menschlichen  Gebisses  p.  412  besprochen  werden. 

4.  Die  Verteilung  der  Hartgebilde  am  Körper. 
Als  Ort  des  Vorkommens  von  Hartgebilden  haben  wir  oben  die 
gesamte  Körperoberfläche  und  die  Mundhöhle  namhaft  gemacht.  In 
den  phylogenetischen  Anfangsstadien  ist  eine  scharfe  Trennung 
zwischen  mesodermalen  Hartsubstanzen  der  Oberfläche  des  Körpers 
und  solchen  der  Tiefe  nicht  durchzuführen,  da  sich  weder  die  ab- 
scheidenden Elemente  noch  die  abgeschiedene  Substanz  wesentlich 
unterscheidet.  Nach  dieser  Seite  hin  ist  also  die  Abgrenzung  eine 
rein  konventionelle,  wofern  nicht  der  Ueberzug  des  integumentalen 
Hartgebildes  mit  Schmelz  als  entscheidend  betrachtet  wird.  Ferner- 
hin sind  die  integumentalen  Hartgebilde  nur  auf  denjenigen  Teilen 
der  Körperoberfläche  anzutreffen,  welche  nicht  durch  Sinnesorgane  oder 
Mündungen  innerer  Organe  eine  Veränderung  erfahren  haben.  Man 
nimmt  gewöhnlich  an,  die  Fähigkeit  zur  Produktion  integumentaler 
Hartbildungen  reiche  so  weit,  als  das  Ektoderm  in  die  Mundhöhle 
sich  fortsetzt.  Ryder  aber  (s.  C.  Tomes  1898)  behauptet,  die  Zähne 
auf  den  Kiemenbogen  der  Fische  liegen  nicht  mehr  im  Bereich  dieser 


358  R.    BüRCKHARDT, 

ektotlermalen   Einstülpung.     Daher   komme   die   Fähigkeit    zur   Zahn- 
bildung auch  dem  Entoderm  zu. 

C.  Die  Terschiedenen  Stufen  der  Gebißentfaltung  innerhalb  der 

Wirbeltiere. 

Innerhalb  der  Wirbeltierreihe  nun  gestaltet  sich  das  Vorkommen 
von  Hartgebilden  überaus  verschieden.  Schon  oben  wurde  erwähnt, 
daß  Integument  und  Mundhöhle  untereinander  sich  verschieden  ver- 
halten. Während  auf  jenem  die  Entwicklung  von  Hartgebilden 
schon  früh  (bei  Amphibien  und  Reptilien)  erlischt  und  erst  sekundär 
wieder  aufflackert  (s.  Säugetiere),  hält  die  Fähigkeit  zur  Produktion 
von  Hartgebilden  in  der  Mundhöhle  viel  länger  vor  und  erleidet  ent- 
sprechend der  physiologischen  Vervollkommnung  der  Zähne  Modi- 
fikationen, deren  wichtigste  stammesgeschichtliche  Typen  noch  näher 
zu   betrachten  sind. 

1)  Im  ursprünglichsten  Stadium  produziert  die  Mundschleimhaut 
allein  allerorts  Zähne ,  die  den  Placoidschuppen  in  Bau  und  Ent- 
wickelung  ähnlich  sind,  unregelmäßig  stehen  und  nach  Bedarf  ersetzt 
werden  können  (Mundschleimhautzähne  der  Selachier). 

2)  Auf  einem  zweiten  Stadium  weichen  die  Schuppen  der  Mund- 
höhle von  denen  des  Integuments  durch  Größe  und  Lokalisierung  auf 
gewisse,  von  tief  liegenden  mesodermalen  Hartbildungen  abhängige 
Stellung  ab.  Nach  Maßgabe  der  Größe  wird  die  Entwicklung  des 
Zahnes  von  der  Oberfläche  der  Schleimhaut  etwas  in  die  Tiefe  verlegt, 
und  es  bildet  sich  zwischen  der  Mundschleimhaut  und  dem  Schmelz- 
epithel  ein  epithelialer  Verbindungsstrang,  den  man  als  Zahnzapfen 
bezeichnet  (größere  Zähne  der  Knochenfische). 

3)  Als  drittes  Stadium  ist  der  Fall  zu  betrachten,  wo  die  Zähne  in 
Anpassung  an  ihre  Funktion  sich  der  äußeren  Form  nach  vollständig 
entfernen,  in  bestimmten  Reihen  stehen ,  die  sich  streng  an  einen 
unterliegenden  Knorpel  anschließen,  wo  der  Zahnersatz  in  regel- 
mäßigen Intervallen  vor  sich  geht,  und  zwar  nicht  mehr  bloß  von 
einzelnen  Epithelzapfen  aus,  sondern  von  einer  zusammenhängenden 
Falte  des  Epithels,  welche  ins  Mesoderm  eingesunken  ist,  der 
Z a h n  1  e i s t e.  So  entstehen  gemeinsam  funktionierende  Zahngene- 
rationen   (Dentitionen:    primitives  Kiefergebiß  der  Selachier). 

4)  Auf  einem  vierten  Stadium  ist  die  Zahl  der  gleichzeitig  in  Funk- 
tion tretenden  Zahnreihen  eine  beschränkte  geworden,  zugleich  hat  sich 
der  Einzelzahn  vervollkommnet  und  seine  Entstehung  ist  noch  mehr  ins 
Mesoderm  hinab  verlegt.  Der  Zahnersatz  geschieht  nicht  mehr  von 
einer  faltenartigen,  sondern  einer  gitterartig  durchbrochenen 
Zahnleiste  aus.  Hand  in  Hand  damit  hat  sich  ein  Schmelz- 
organ  (vergl.  p.  410)  ausgebildet,  von  dem  aus  der  Einzelzahn  ent- 
steht. (Spätere  Generationen  der  Krokodilzähne.)  Auch  findet  hier 
stets  noch  während  des  ganzen  Lebens  Zahnersatz  statt,  ein  Zustand, 
den  man  als  Polyphyodontie  bezeichnet. 

5)  Aus  diesem  Gebißtypus  entwickelt  sich  ein  solcher  mit  nur 
wenigen  Generationen  von  Einzelzähnen  zu  Beginn  der  Lebensdauer 
(0 1  i  g  o  p  h  y  o  d  o  n  t  i  e) ,  mit  rudimentärem  oder  fehlendem  Gaumen- 
gebiß und  mit  einer  über  die  Unterkieferreihe  übergreifenden  Ober- 
kieferbezahnung, unter  Beibehaltung  der  übrigen  auf  vorigem  Stadium 
erworbenen  Vervollkommnungen  (manche  Eidechsen). 


Die  Verknöcherungen  des  Integuments  und  der  Mundhöhle.      359 

6)  Sechstens  wird  die  Zahl  der  Zahngenerationen  auf  zwei  beschränkt 
unter  fortschreitender  Vervollkommnung  der  Einzelzähne,  die  unter 
sich  nach  der  Funktion  verschieden  sind  (Diphyodontie).  Man 
bezeichnet  diese  beiden  Zahngenerationen  als  lakteales  oder  Milch- 
und  permanentes  oder  Ersatzgebiß.  Von  den  ihnen  voran- 
gehenden und  nachfolgenden  Generationen  sind  Spuren  erhalten ,  die 
man  als  prälakteale  und  postpermanente  Dentition  bezeichnet 
(primitives  Säugetiergebiß). 

7)  Von  diesem  Stadium  bildet  sich  ein  weiteres  heraus,  bei  dem 
nur  noch  eine  Zahngeneration  von  zumeist  unter  sich  ähnlichen 
Zähnen  zur  Ausbildung  gelangt,  sei  es  daß  dieselben  in  größerer 
Anzahl  oder  nur  einzeln  auftreten  (Monophyodontie).  Damit  in 
Verbindung  greift  eine  weitere  Erscheinung  Platz,  das  Dauerwachstum 
von  einzelnen  Zähnen  (zahlreiche  Wale,  Nager  und  Edentaten). 

8)  Endlich  kann  die  Zahnbildung  völlig  erlöschen.  Hierbei  treten 
wohl  noch  Rudimente  von  Einzelzähnen  oder  Zahngenerationen  auf, 
aber  nicht  immer.  Zahnlosigkeit  (Anodontie)  ist  stets  eine  terminale 
Erscheinung,  nie  primitiv;  doch  können  wir  nicht  nachweisen,  daß 
zahnlose  Wirbeltiere  alle  die  möglichen  Entwickelungs-  und  Rück- 
bildungsstufen durchlaufen  haben  oder  durchlaufen  müssen,  die  das 
Zahnsystem  in  seiner  Gesamtheit  aufweist.  Zahnlos  sind  unter  den 
Fischen  die  Lophobranchier,  die  meisten  erwachsenen  Knorpelganoiden, 
unter  den  Amphibien  die  Kröten,  zahlreiche  fossile  Sauropsiden  inner- 
halb der  verschiedensten  Stämme,  sowie  unter  den  lebenden  die 
Schildkröten  und  Vögel,  unter  den  Säugetieren  die  erwachsenen 
Monotremen,  viele  Edentaten ,  die  Endformen  der  Sirenen  (Rhytina) 
und  Wale  (Bartenwale). 

Das  speciell  mit  der  Bildung  des  Zahnes  betraute  Schmelzorgan 
hat  in  den  letzten  Stadien  erhebliche  Veränderungen  erlitten.  Im 
einen  Fall,  wo  es  einen  Dauerzahn  zu  produzieren  hat,  wird  es 
selbst  zu  einer  dauernden  Einrichtung  (s.  p.  405).  In  allen  Fällen  da- 
gegen, wo  Rückbildung  eines  Einzelzahnes  oder  einer  ganzen  Generation 
stattfindet,  bleibt  es  an  Größe  zurück  und  giebt  seine  Differenzierung 
auf,  um  zu  einem  unbedeutenden  Epithelvorsprung  herabzusinken. 

Aus  dieser  Uebersicht  geht  hervor,  daß: 

1)  der  Prozeß  der  Zahnbildung,  der  anfänglich 
während  des  ganzen  Lebens  andauerte,  successivein 
die  E  m  b  r  y  o  n  a  1  p  e  r  i  o  d  e  zurücktritt; 

2)  der  0 r t  d  e r  Zahn  bildung,  der  anfänglich  sich 
über  d  i  e  g  a  n  z  e  M  u  n  d  h  ö  h  1  e  erstreckte,  javielleicht  noch 
auf  das  Entoderm  ausdehnte,  immer  mehr  beschränkt 
wird,  zuerst  auf  einzelne  Bezirke  der  Mundhöhle,  dann 
ausschließlich  auf  die  Kieferschleimhaut  und  schließ- 
lich nur  noch  auf  einzelne  Teile  derselben; 

3)  der  Modus  des  Zahnersatzes  ursprünglich  un- 
regelmäßig auf  den  Einzelzahn  beschränkt  und  zufällig, 
allmählich  geordnet  wird  und  periodisch  (in  Gene- 
rationen oder  Dentitionen)  von  statten  geht; 

4)  daß  an  Stelle  der  zahlreichen  Hartgebilde  mit 
diffuser  Funktion  nach  und  nach  eine  geringere  An- 
zahl mit  höherer  und  bestimmterer  Funktion  gesetzt 
wird. 


360  R.    BURCKHARDT, 

5)  Kompliziertere  mesodermale  H a r  t s u b  s t a n z e n 
machen  einfacheren,  aber  solideren  Platz,  einfachere 
Strukturen  der  ektoder malen  bei  niederen  Verteb raten 
komplizierteren  bei  den  höheren.  Demgemäß  weicht 
ein  primitiver  Modus  der  Bildung  eines  einzelnen 
H a r  t  g e  b i  1  d e  s  auch  einem  komplizierteren  und  an 
histologische  Sonderun  gen  geknüpften,  wie  wir  ihm 
bei  den  höheren  Wirbeltieren  begegnen. 

Erst  von  diesen  allgemein  anatomischen  Thatsachen  aus  werden 
die  speciellen  der  Embryologie  verständlich.  Ebenso  aber  auch,  daß 
die  Zahnentwickelung  eine  verschiedene  Bedeutung  für  die  Systematik 
der  niederen  und  der  hohen  Vertebraten  besitzt,  und  zwar,  daß  diese 
Bedeutung  zunimmt,  je  mehr  wir  uns  Endzuständen  innerhalb  der 
Wirbeltiergruppen  nähern. 


II.  Die  Entwickelung  der  Hartgebilde  des  Integuments. 

A.  Die  Schuppen  der  Fische  und  ihre  Modifikationen. 

1 .  Die  Entwickelung  der  P 1  a  c  o  i  d  s  c  h  u  p  p  e  n. 

Von  den  mannigfachen  Hartgebilden  der  Haut,  die  bei  den  Fischen 
anzutreffen  sind,  betrachten  wir  die  placoide  Beschuppung  der  Selachier 
mit  Gegenbaur  und  0.  Hertwig  (1874)  als  die  primitivste.  Aber 
wir  gehen  insofern  von  dem  durch  die  Untersuchungen  klassisch  ge- 
wordenen Material  ab,  als  nicht  mehr  heute  lebende  Selachier  zum 
Ausgangspunkt  für  unsere  Betrachtungen  über  den  Bau  der  Schuppe 
gewählt  werden  können,  da  fossile  uns  viel  ursprünglichere  Zustände 
enthüllen.  Für  das  Studium  der  Ontogenie  der  Placoidschuppen  bleibt 
uns  freilich  nichts  anderes  übrig,  als  uns  an  die  noch  lebenden  modi- 
fizierten Formen  zu  halten,  auf  deren  weitgehende  Abweichung  von 
ursprünglichen  Zuständen  schon  Gegenbaur  aus  rein  theoretischen 
Gründen  hingewiesen  hat,  lange  ehe  primitive  Placoidschuppen  bekannt 
wurden. 

Nachdem  bereits  Pander  und  eine  ganze  Reihe  späterer  Fisch- 
paläontologen uns  mit  dem  Bau  der  Schuppen  der  Cölolepiden  und 
Acanthodiden  vertraut  gemacht  hatten,  war  es  Rohon  (1889),  der  auf 
die  genetische  Bedeutung  dieser  Gebilde  hinwies.  Bei  den  Acanthodiern 
bestehen  die  winzigen  Schuppen  aus  einem  quadratischen,  allseitig  abge- 
rundeten auf  der  Unterseite  hohlen  Korn.  Ebenso  bei  den  Coelolepiden 
(Fig.  209).  Doch  ist  hier  die  Oberfläche  nicht  rundlich  gewölbt,  sondern 
caudalwärts  stumpf  zugespitzt  und  oberwärts  mit  einigen  schwachen, 
nach  der  stumpfen  Spitze  hin  gerichteten  Längsleisten  versehen.  Mit 
ihrer  Kuppe  ragt  die  Placoidschuppe  aus  der  Haut  heraus ;  wo  sie  in 
diese  eintritt,  ist  sie  etwas  verschmälert,  um  sich  mit  dem  tiefer  in 
der  Haut  steckenden  Teil  wieder  zu  verbreitern.  Von  der  Unterseite 
dringt  eine  weite,  an  ihrem  Eintritt  nur  wenig  verengerte  Höhlung 
in  dieses  Hartgebilde.  Man  unterscheidet  demnach:  Schuppen- 
spitze,  Hals  und  den  unter  ihm  befindlichen  Teil  als  Basis.  Die 
Höhle  wird  als  Pulpahöhle  bezeichnet,  da  sie  denjenigen  Anteil 
des  Mesoderms  enthält,  welcher  als  Bildungs-  und  Ernährungsorgan 
der  Placoidschuppe  dient,  die  Pulpa.  Während  in  diesen  äußeren 
Formverhältnissen  die  Schuppen  der  niederen  Selachier  von  denen 
der   höheren   nicht   wesentlich    verschieden    sind,    weist  besonders  die 


Die  Verknöcherungen  des  Integuments  und  der  Mundhöhle.      361 

Struktur  der  Hartsubstanz  einen  sehr  primitiven  Bau  auf.  Schuppen- 
spitze und  Hals  sind  von  einem  stark  lichtbrechenden  dünnen  Ueberzug 
bekleidet,  dem  Schmelz.  Die  Hauptmasse  der  Schuppe  aber  besteht 
aus  Dentin,  an  dem  sich  folgende  Struktureinzelheiten  unterscheiden 
lassen.  Einmal  zeigt  das  Dentin  Schichtungsstreifen,  Bänder  von  ab- 
wechselndem Lichtbrechungsvermögen,  welche  der  Oberfläche  der  Pulpa- 
höhle  parallel  verlaufen.     Dann  aber   dringen  von  der  Oberfläche  der 


i  \E.Sch. 


Fig. 


209.    Placoidschuppe  von   Thelolepis. 


P  Pulpa.  Dr  Dentinröhrchen.  VD 
Vitrodentin.  Co  u.  Co,  Konturlinien  im  Zahnbein.  Sh  Kanäle  der  zur  Basis  verlaufen- 
den Bindegewebsfibrillen  (SHARPEY'schen  Fasern).  Mittlere  Vergrößerung.  NachRöSE. 


Pulpahöhle  radiäre  Kanäle  ins  Innere  des  Dentins,  um  sich  in  ihm 
baumartig  mehrfach  zu  verzweigen  und  sich  in  feinste  Ausläufer  auf- 
zulösen. Es  sind  dies  die  Dentinkanäle;  von  ihnen  werden  alle 
äußerlich  unterscheidbaren  Teile  der  Schuppe  in  gleicher  Weise  durch- 
zogen. Doch  hat  Baume  darauf  aufmerksam  gemacht,  daß  die  meso- 
dermale  Hartsubstanz  vielfach  auf  einer  Stufe  stehen  bleibt,  die  dem 
osteoiden  Gewebe  näher  kommt  als  dem  Dentin.  Ergänzen  wir  dieses 
Bild  einer  primitiven  Placoidschuppe,  wie  sie  bisher  bloß  bei  fossilen 
Selachiern  nachgewiesen  wurde,  durch  dasjenige,  welches  uns  0.  Hert- 
wig  (1871)  von  der  Schuppe  eines  lebenden  Selachiers  (Mustelus  vul- 
garis) entwirft. 

Die  Cutis  der  Selachier  besteht  aus  übereinander  liegenden  Binde- 
gewebslamellen, deren  jede  aus  einer  Schicht  parallel  gerichteter 
Fibrillen  besteht.  Die  größeren  Komplexe  dieser  Fibrillen  kreuzen 
sich  gegenseitig  unter  rechtem  Winkel  und  unter  45°  zur  Längsachse 
des  Tieres.  Senkrecht  zu  diesen  einander  durchflechtenden  Binde- 
gewebszügen  steigen  in  der  Richtung  gegen  die  Körperoberfläche 
isoliert  verlaufende  Fibrillenbündel  auf,  deren  noch  weiterhin  zu  ge- 
denken ist.  Zwischen  all  diesen  Faserzügen  finden  sich  zerstreut 
Cutiszellen.     Ueberdeckt  wird    die   Cutis    von   einer    mehrschichtigen 


362 


R.    BURCKHARDT, 


Epidermis,  deren  untere  Zelllagen  cylindrisch,  deren  obere  kubisch 
oder  pflasterartig  sind.  In  diesen  Boden  sind  die  Placoidsclmppen 
eingesenkt.     Sie   haben    sich    bei    den    lebenden    Selachiern    insofern 


Fig.  210.  Sagittalschnitt  durch  eine  Placoidschuppe  von  iScymnus  lichia. 
E  Epidermis.  S  Schmelz.  D  Dentin.  C  Basalplatte,  bg  Bindegewebsfibrillen  der  Cutis, 
in  Bündeln  angeordnet.    P  Schuppenpulpa.  Ca.  90  fach  vergr.     Nach  O.  Hertwig. 


differenziert,  als  der  Hals  enger  geworden  ist.  Dadurch  tritt  die 
Schuppenspitze  deutlicher  hervor.  Die  bei  niederen  Selachiern  hohl- 
kegelartige  Basis  verbreitert  sich  zu  einer  mehr  oder  weniger  qua- 
dratischen Basalplatte  und  die  dort  weite  Pulpahöhle  erfährt  hier 
durch  die  Verbreiterung  der  Basalplatte  eine  Verengerung  ihrer  Mün- 
dung. Mit  diesen  äußeren  Veränderungen  der  Placoidschuppe  hat 
sich  auch  das  histologische  Bild  geändert.  Die  Hauptmasse  der  Pla- 
coidschuppe   besteht  zwar  auch  aus  Dentin,    welches  von   zahlreichen 


Kanälen    durchzogen    ist 


aber    die  Verzweigungen   sind    nicht 


mehr 


parallel  gerichtet,  und  sie  fließen  nach  der  Pulpahöhle  hin  in  einige 
stärkere  Röhren  zusammen.  Auch  die  Schichtungsstreifen  fehlen  nicht. 
Dagegen  hat  die  Basis  mit  ihrer  Umwandlung  in  eine  Platte  auch 
eine  Veränderung  ihrer  ursprünglich  dentinartigen  Struktur  erfahreu. 
Sie  besteht  aus  einer  homogenen  Grundsubstanz,  die  allmählich  in 
das  Dentin  übergeht.  In  sie  treten  die  oben  erwähnten,  senkrecht 
aufsteigenden  Bindegewebsfibrillen  ein  und  dienen  so  zur  Befestigung 
der  Schuppe.  Die  Pulpahöhle  öffnet  sich  durch  einen  langen  verti- 
kalen Gang,  der  die  Basalplatte  durchbricht,  nach  unten.  Sie  enthält 
ein  zellenreiches,  blutgefäßführendes  Bindegewebe.  Ihre  Oberfläche 
ist  von  dicht  gedrängten  Zellen  besetzt,  deren  einige  starke  Ausläufer 
in  die  oben  beschriebenen  Dentinröhren  senden,  die  sich  wie  diese 
verzweigen.  Diese  Zellen  sind  auch  bei  der  Schuppe  als  Odon to- 
blasten zu  bezeichnen.  Die  Schuppenspitze  ist  mit  einer  Rinde 
bedeckt,  in  welche  die  Dentinröhrchen  nicht  eindringen.  Diese  Rinde  ist 
glatt,  hart,  glasglänzend  und  stark  lichtbrechend.  Sie  unterscheidet  sich 
vom    Dentin    dadurch,    daß   sie   sich   in    konzentrierter   Salzsäure    mit 


ganz  geringem  Rückstand  auflöst, 
zusatz    als    milchweißer    Ueberzug 


während  sie  bei  schwachem  Säure- 
erhalten    bleibt.     Diese    Substanz 


Die   Verknöcherungen  des  Integuments  und  der  Mundhöhle.      363 


deutet  0.  Hertwig  als  Schmelz,  obsclion  sie  die  für  den  Schmelz 
der  Zähne  charakteristische  Prismentstruktur  nicht  erkennen  läßt, 
lieber  ihr  findet  sich  ein  Schm  elzoberhäutchen.  Die  Placoid- 
schuppe unterliegt  den  mannigfaltigsten  Modifikationen,  schon  inner- 
halb eines  und  desselben  Schlippenkleides,  noch  mehr  innerhalb  der 
ganzen  Ordnung  der  Selachier.  An  solchen  seien  hier  nur  erwähnt: 
die  großen  Einzelschuppen  der  Rochen,  die  sternartigen,  oft  miteinander 
innig  verbundenen  Platten  von  Echinorhinus,  die  haarartigen  Schuppen 
von  Spinax.  die  buckelartigen  Schuppen  der  Rhinobatiden.  Als  be- 
sonders extreme  Umbildungen  der  Placoidschuppe  erscheinen  die 
Flossenstacheln,  deren  noch  ausführlicher  zu  gedenken  ist. 

Die  Ent Wickelung  der  Placoidschuppen  verläuft  nach  0.  Hertwig 
und  Klaatsch  (1890)  folgendermaßen: 

Bei  einem  Scymnusembryo  von  17  cm  Länge  zeigen  sich  die 
ersten  Veränderungen,  die  in  der  Folge  zur  Schuppenbildung  führen. 


der 


Epidermis.     Zugleich   ver- 
so,  daß  die  in  der  übrigen 


Fig.  211.  Anlage  einer  Placoidschuppe 
Sm  Schmelzmembran  in  der  Epidermis.  Ska 
Spitzenteil  der  Cutispapille.  S/cb  Basalteil  der 
Cutispapille.  Ca.  150-fach  vergrößert.  Nach 
Klaatsch. 


Es  entsteht  eine  leichte  Vorwölbung 
ändert  sich  deren  basale  Schicht  und  zwar 
Epidermis  kubischen  Zellen  im 
Bereiche  der  Schuppenanlage 
sich  senkrecht  zur  Basis  strec- 
ken ;  außerdem  nimmt  auch 
die  Zahl  der  über  ihnen  lie- 
genden Zellschichten  etwas 
rascher  zu.  Unter  der  also 
veränderten  Epidermis  sam- 
meln sich  die  Cutiszellen  dich- 
ter an  und  färben  sich  leb- 
hafter. Gleichzeitig  wölbt  sich 
diese  gesammte  Papille  leb- 
haft gegen  die  Epidermis  vor. 
Nun  macht  sich  auf  etwas  spä- 
teren Stadien  eine  Sonderung 
der    Cutispapille    bemerkbar : 

der  äußere  Teil  besteht  aus  kleineren  rundlichen  Elementen,  die  rasch  an 
Zahl  zunehmen.  Sein  höchster  Punkt  verschiebt  sich  nach  und  nach  cau- 
dalwärts.  Aus  diesen  Zellen  wird  die  Schuppenspitze  ausgeschieden.  Der 
basale  Teil  der  Cutispapille  nimmt  weniger  lebhaft  zu,  seine  Elemente 
richten  sich  der  Oberfläche  parallel ;  ihm  verdankt  die  Basalplatte  ihre 
Entstehung.  Nachdem  nun  die  Form  der  Placoidschuppe  in  zelligen 
Elementen  angelegt  ist,  erfolgt  die  Abscheidung  der  Hartsubstanzen.  Es 
erscheint  der  Schmelz  als  eine  kontinuierliche  homogene  Lage  an  der 
Unterseite  der  basalen  Epidermiszellen,  welche,  wenn  sie  ihn  ausge- 
sondert haben,  sich  wieder  verkürzen.  Gleichzeitig  haben  sich  die 
oberflächlichsten  Elemente  der  Cutispapille  vergrößert  und,  zu  einer 
besonderen  Schicht  angeordnet,  von  den  übrigen  differenziert,  Sie 
scheiden  nun  eine  dem  Schmelz  dicht  anliegende  homogene  Schicht 
aus,  welche  sich  von  ihm  durch  eine  unregelmäßig  gezackte  Linie 
abhebt.  Erst  jetzt  lagern  sich  in  dieser  Schicht  Kalksalze  ab,  sie  wird 
zum  Dentin.  Das  zellige  Material  des  basalen  Teiles  der  Cutispapille 
sondert  die  Basalplatte  aus.  Erst  später  findet  die  Ausscheidung  der 
Bindegewebstibrillen  statt,  die  zur  Befestigung  der  Schuppe  dienen, 
Hierbei  ist  bemerkenswert,  daß  die  Basalplatte  allseitig  von  den  sie 
bildenden  Bindegewebszellen  umlagert  wird  und  daß  also  die  von  ein- 


364 


R.  BüRCKHARDT, 


seitig 


verzweigten 


Röhren    durchzogene 


dem  engen  Anschluß  an  die  Epidermis 
War  bisher  die  Schuppe    unter  der 
sie  jetzt    mit  der  Spitze  dieselbe 


ginnt 


Dentinsubstanz  ihre  Struktur 
verdankt. 

Epidermis  verborgen,    so  be- 
zu    durchbrechen.     Der  Hart- 


substanzmantel, der  die  Cutispapille  umgiebt,  verdickt  sich.     Der  obere 


;-:■:> 


Sp 

brl 

cos 


Fig.  212.  Längsdurchschnitt  durch  eine  ältere  Anlage  einer  Placoidschuppe 
e  Epidermis,  b  Basalschicht  ihrer  Zellen,  bin  Basalmembran,  seh  Schleimzellen,  bwl 
Bindegewebslamellen  der  unteren  Cutis,  cos  Obere  Outisschicht.  Sp  Cutispapille  der 
Schuppe.  O  Odon toblasten.  D  Dentin.  S  Schmelz.  Sm  Schmelzmembran.  120-fach 
vergr.    Nach  ü.  Hertwig. 


Teil  der  Pulpahöhle  verschmälert  sich  zu  einer  Röhre,  in  welcher  die 
obersten  Odontoblasten  sitzen.  An  der  frischen  Schuppe  zeigt  die 
Oberfläche  eine  polygonale  Felderung,  welche  auf  den  ursprünglichen 
Ueberzug  mit  dem  Schmelzepithel  zurückgeht.  Die  Basalmembran  der 
Epidermis  wird  zum  Schmelzoberhäutchen. 

-  Ueber  den  Modus  der  Hartsubstanzbildung  liegen  keine  einwand- 
freien Beobachtungen  vor.  Man  hat  die  Frage  aufgeworfen,  ob  das 
Dentin  durch  Umwandlung  eines  Teiles  des  Odontoblastenkörpers  ent- 
steht, oder  ob  es  einfach  von  diesem  ausgesondert  wird.  Für  letz- 
teres scheinen  die  Schichtungsstreifen  im  Dentin  zu  sprechen.  Für 
Umwandlung  der  Schmelzzellen  im  Schmelz  spricht  die  Abnahme  der 
Schmelzzellen  an  Höhe  nach  Maßgabe  der  Schmelzablagerung.  Ander- 
seits sieht  man  keine  Verkalkung  in  den  Schmelzzellen  auftreten,  son- 


wenigstens 


auch    keine  Spur 
die  Basalmembran 


liegend 


gefunden. 


daß    der    Schmelz 


dem  bloß   im    Schmelz    selbst.     Dieser    zeigt   denn 
einer  zelligen  Zusammensetzung,  fernerhin  wird  ja 
der  Schmelzzellen   nachträglich    auf   dem  Schmelz 
Daraus    ergiebt   sich    als    das    Wahrscheinlichere, 

bei  der  Placoidschuppe  ein  Absonderungsprodukt  ist. 
Nach  Baudelot  (1873),  hat  schon  Steenstrup  (1861)  darauf 
hingewiesen,  daß,  während  bei  den  Teleostomen  die  Schuppen  per- 
sistieren, bei  den  Selachiern  ein  beständiger  Wechsel  stattfindet.  Wahr- 
scheinlich entsteht  auch  bei  den  größeren  Haien  ein  großer  Teil  der 
Schuppen  erst  im  späteren  Leben.  Für  die  riesige  Myliobatis  bovina 
kann  ich  konstatieren,  daß  sie  bei  mehreren  Metern  Breite  eine  von 
kleinen  Schuppen  bedeckte  Occipitalgegend  besitzt,  während  Exemplare 
von  etwa  einem  Meter  Breite  noch  solcher  Hautgebilde  entbehren. 


Die   Verknöcherungen   des  Integuments  und  der  Mundhöhle.      365 

Bei  den  Holocephalen  älterer  Formationen  ist  noch  ein  beträcht- 
licher Teil  des  Schuppenkleides  erhalten,  der  in  älteren  Entwickelungs- 
stadien  der  lebenden  wiederkehrt  (A.  Dumeril  1863);  während  die 
Holocephalen  im  erwachsenen  Zustand  sonst  nur  an  den  Begattungs- 
organen modifizierte  Placoidschuppen  beibehalten,  sind  nach  einem 
mir  freundlichst  gewährten  Einblick  in  eine  demnächst  erscheinende 
Arbeit  von  Schauinsland  bei  älteren  Embryonen  von  Callorhynchus 
fast  typische  Placoidschuppen  auch  in  der  Occipitalgegend  reihenweise 
vorhanden  und  über  den  ganzen  Kopf  zerstreut.  Nach  Schauinsland's 
Untersuchungen  über  den  mikroskopischen  Bau  dieser  Gebilde  dürften 
sie  diejenigen  Placoidschuppen  sein,  welche  abgesehen  davon,  daß  sich 
Schmelz  bei  ihnen  nicht  nachweisen  ließ,  im  Bau  den  oben  erwähnten 
palaeozoischen  Urformen  am  allernächsten  stehen,  indem  auch  bei 
ihnen  die  Dentinstruktur  auf  die  Basalplatte  übergreift,  ganz  so,  wie 
es  für  Thelolepis  geschildert  wurde. 

2.  Die  Ent  Wickelung  der  Flossen  st  ach  ein  der  Selachier. 

Schon  Hannover  (1868)  hat  lebhaft  betont,  daß  die  Flossen- 
stacheln  bei  den  Selachiern  homolog  der  Placoidschuppe  seien.  Diese 
Ansicht  vertritt  auch  0.  Hertwig  (1873).  Ausführlichere  entwickelungs- 
geschichtliche  Untersuchungen  rühren  indes  erst  von  späteren  Autoren 
her:  Benda  (1882),  Markert  (1896),  Ritter  (1900);  aus  diesen  geht 
hervor,  daß  es  sich  um  sehr  komplizierte  und  schwer  zu  verstehende 
Vorgänge  handelt,  deren  Darstellung  und  Deutung  die  Autoren  nicht 
gewachsen  waren. 

Die  Gebilde,  um  die  es  sich  handelt,  sind  offenbar  sehr  verschieden- 
artige. Stacheln  können  am  Hinterhaupt  auftreten  (Xenacanthidae), 
an  den  Wangen  (Menaspis),  an  der  lang  ausgezogenen  Schnauze  als 
Rostralstacheln  (Pristis),  zwischen  Brust-  und  Bauchflossen  oder  an 
diesen  selbst  (Acanthodier),  vor  den  Unpaarflossen  des  Rückens  (Spina- 
cidae,  Cestracionidae),  hinter  den  Rückenflossen  (Centrobatidae  Jaekeli, 
endlich  an  den  Kopulationsorganen.  Von  all  diesen  verschieden  ge- 
stellten und  gebauten  Stacheln  sind  bisher  auf  ihre  Entwickelungs- 
geschichte  hin  nur  die  der  Rückenflossen  untersucht  worden.  Von 
vornherein  macht  sich  bei  diesen  der  Unterschied  geltend,  daß  die 
Rückenstacheln  der  Centrobatiden  ersetzt  werden,  während  für  die  der 
Spinaciden  und  Cestracioniden  kein  Ersatz  stattfindet. 

Bei  Acanthias  vulgaris  besitzt  ein  Flossenstachel  folgende  Struktur. 
Schmelz  liegt  dem  über  die  Haut  hervorragenden  Teile  nur  an  seiner 
Vorderfläche  auf.  Die  größte  Masse  des  Stachels  besteht  aus  Dentin, 
und  zwar  sind  mehrere  Schichten,  deren  Dentinröhrchen  bald  centri- 
petal,  bald  centrifugal  verlaufen,  zu  unterscheiden.  Die  Pulpa  ist 
größtenteils  von  einem  Knorpelstab  ausgefüllt,  der  an  der  Basis  der 
Rückenflosse  entspringt.  Die  Entwicklung  dieser  Gebilde  scheint  vor 
derjenigen  der  Placoidschuppen  ihren  Anfang  zu  nehmen;  denn  auf 
dem  ersten  von  Markert  abgebildeten  Stadium  zeigt  sich  die  Epi- 
dermis in  der  Umgebung  noch  sehr  indifferent,  während  sich  von  ihr 
bereits  ein  im  Querschnitt  halbmondförmiger  Epithelzapfen  tief  ins 
Mesoderm  eingesenkt  hat.  Das  vordere  Blatt  dieses  Zapfens  besteht 
noch  aus  kubischen  Epithelzellen ,  das  hintere  aus  einer  typischen 
Ameloblastenschicht.  Auch  im  Mesoderm  sind  bereits  Differenzierungen 
vorhanden,  und  zwar  zwei  Platten  von  fibrösem  Bindegewebe,  sowie  die 
erste  Anlage  des   Pulpaknorpels.    Erst  spät  durchbricht  der  also  vor- 


366  R.    BURCKHARDT, 

gebildete  Stachel  die  Oberhaut.  Vorerst  verdickt  sich  die  Schmelzlage ; 
zwischen  sie  und  das  Dentin  wächst  Pigment  hinein.  Von  den  beiden 
Bindegewebsplatten  legt  sich  die  hintere,  einen  Halbcylinder  bildend, 
um  den  Knorpel  herum,  die  vordere  biegt  sich  über  die  Ränder  der 
hinteren  hinweg,  bildet  beidseitig  Hohlkanten,  deren  Ränder  in  der 
Medianebene  auf  der  hinteren  Platte  verschmelzen.  Jetzt  erst  lagern 
sich  in  diesen  Platten  Kalksalze  ab,  und  an  die  Stelle  des  fibrösen 
Bindegewebes  tritt  modifiziertes  Dentin.  Die  höchst  komplizierten 
Entwickelungsvorgänge  verdienen  jedenfalls  noch  nähere  über  mehrere 
Selachier  sich  erstreckende  Untersuchungen. 

3.  Die  Entwickelung  der  Schuppen  der  T e  1  e o s t o m e n. 

Von  der  großen  Mannigfaltigkeit  an  Hautverknöcherungen ,  wie 
wir  sie  bei  Ganoiden  und  Teleostiern  vorfinden ,  können  wir  nur 
wenige  in  ihrer  Entwickelung  verfolgen,  die  uns  zufälig  erhalten  sind. 

a)  Ganoiden.  Bei  Lepidosteus  beginnen  nach  Nickerson  (1893) 
die  Schuppen  an  Embryonen  von  14,5  cm  aufzutreten ;  bei  18  cm  ist 
beinahe  das  ganze  Tier  nach  Klaatsch  (1890)  mit  Schuppen  versehen, 
doch  finden  sich  am  Bauche  Stellen,  wo  die  Schuppen  erst  in  der 
Entwickelung  begriffen  sind.  An  der  Epidermis  ist  keine  basale  Schicht 
besonders  deutlich.  In  der  Cutis  entstehen  ebenfalls  Fibrillenbündel- 
S}rsteme,  von  denen  besonders  das  senkrecht  aufsteigende  ausgeprägt 
ist.  Die  ersten  Anlagen  der  Schuppen  bilden  dünne  Lagen  von  Hart- 
substanz in  der  äußeren  Cutisschicht,  immerhin  in  beträchtlichem  Ab- 
stand von  der  Epidermis.  Der  Kontur  der  ersten  Schuppenlage  ist 
noch  kein  rhombischer,  sondern  kreisrund.  Ihr  Mittelpunkt  ist  durch- 
brochen von  Blutgefäßen,  die  auf  die  äußere  Oberfläche  der  Schuppe 
treten.  Die  ganze  Oberfläche  der  Hartsubstanzplatte,  die  sich  später 
in  Knochengewebe  verwandelt,  ist  mit  großen  Cutiszellen,  die  als 
Skleroblasten  zu  betrachten  sind,  bedeckt.  Diese  Elemente  werden 
später  in  die  Hartsubstanz  einbezogen.  Die  an  der  Basis  der  Schuppen 
gelegenen  Cutiszellen  sondern  Bindegewebsfasern  aus,  welche  in  der 
Folge  in  die  Schuppe  aufgenommen  werden.  Aus  diesen  gehen  auch 
die  soliden  Bänder  hervor,  welche  später  die  Elemente  des  Schuppen- 
kleides unter  sich  verbinden.  Jetzt  erst  nähert  sich  die  Schuppen- 
anlage der  Epidermis;  gegen  diese  wachsen  aus  den  außerhalb  der 
Anlage  gelegenen  Schichten  des  Bindegewebes  Papillen  ein,  deren  Zahl 
auf  einer  großen  Schuppe  30—40  beträgt.  Ueber  den  Papillen  nimmt 
die  Basalschicht  der  Epidermis  deutlich  die  Beschaffenheit  eines  Schmelz- 
epithels an  und  sondert  wirklich  auch  ein  dünnes  Hütchen  von  Schmelz- 
über  der  Papillenspitze  aus.  Daran  schließt  sich  die  Bildung  eines 
Dentinkegels  über  den  Zellen  der  Papille;  doch  enthält  dieses  Dentin 
nur  wenige  Röhrchen.  Jetzt  erst  tritt  der  Dentinkegel  mit  der  unter- 
liegenden Platte  in  direkte  Verwachsung,  aber  die  Zellmassen  im 
Innern  des  Kegels  bleiben  noch  durch  eine  Oeffnung  mit  dem  übrigen 
Bindegewebe  in  Verbindung.  Schließlich  verschmelzen  auch  noch  die 
Hartgebilde  der  einzelnen  Kegel  untereinander.  So  entstellt  eine 
Schicht,  welche  sich  durch  das  Fehlen  von  eingeschlossenen  Binde- 
gewebszellen von  der  unter  ihr  gelegenen  unterscheidet ;  sie  wurde  seiner 
Zeit  von  Williamson  (1849)  als  Ganoin  bezeichnet,  von  anderen  Au- 
toren als  Schmelz.  Später  stumpfen  sich  die  Zähnchen  vollständig  ab 
und  es  bildet  sich  die  gelenkige  Verbindung  der  Schuppen  aus.  In 
Ergänzung   hierzu   ist  zu   bemerken ,    daß   Nickerson   insofern   von 


Die   Verknöcherungen   des  Integuments  und  der  Mundhöhle.      3G7 


nachträglich 


äußeren 


Olli   (I 

Bedingungen 


G 


so   an- 
caudal- 
bilden. 
Kreuzung 


Fig.  213.    Fertiges   Schuppenzähnchen 
von   Lepidosteus   18   cm.     E  Schmelz. 
Dentin.    G  oberflächliche  Hartsubstanz 


D 

der 


Schuppe.  Vergr.  120-fach.  Nach  Klaatsch. 


Klaatsch   abweicht,   als   nach  ersterem  das  Ganoin  erst 
als    Ueberzug    der    von  Klaatsch  so  benannten   zellenlosen 
Hartsubstanz  auftritt. 

b)   Tele o stier.     Die    Mehrzahl    der    Arbeiten    über    Teleostier- 
schuppen  schildert  die  zahlreichen  Modifikationen  lebender  und  fossiler 
ausgewachsener  Formen.     Ueber 
die  Entwickelungsgeschichte   lie- 
gen relativ  wenige  Beobachtungen 
vor. 

Vogt  (A.  L.  III.  1842)  weist 
darauf   hin,    daß  das    Schuppen- 
kleid bei  Salmoniden  relativ  spät 
auftritt.    Ryder    (1878/79) 
den    mechanischen 
in  der  Anordnung  des  Schuppen- 
kleides nach.  Die  Schuppenreihen 
entsprechen  ihm  zufolge  den  My- 
omeren und  entstehen  in  Bezirken 
der  Haut,  die  in  ihrer  Abgrenzung 
mit  diesen  zusammenfallen.     Die 
Somiten  sind  dorsal  und  ventral 
von   der  Mitte  der  Seite 
geordnet,    daß   sie    eine 
wärts    gerichtete    Spitze 

Dadurch  kommt  eine  Kreuzung  des  Zuges  zwischen  den  dorsalen 
und  ventralen  Abschnitten  der  Somiten  zu  stände,  und  durch  diese 
Zuglinien  wird  die  Oberfläche  des  Integuments  in  rhombische  Fel- 
der zerlegt.  Danach  richtet  sich  wiederum  die  Stellung  der  Schuppen. 
Auf  ein  Myomer  können  auch  mehrere  Schuppenreihen  entfallen.  Nach 
Klaatsch  (1890)  und  Ussow  (1877)  machen  sie  sich  im  embryonalen 
Leben  an  den  beiden  vorderen  Seitenflächen  des  Rumpfes  bemerkbar,  und 
von  diesen  Stellen  schreitet  ihre  Entwicklung  allseitig  vor.  Salmoniden 
und  Cyprinoiden  wenigstens  stimmen  hierin  überein.  Eingehendere 
Angaben  über  die  Entwicklung  der  Teleostierschuppe  finden  sich  bei 
B.  Hofer  (1890)  und  Klaatsch. 

Forellenembryonen  beginnen  erst  ihre  Schuppen  auszubilden,  wenn 
sie  gegen  3  cm  Länge  erreicht  haben.  Vorher  wird  die  Haut  von 
einer  dünnen  Epidermis  und  einer  relativ  sehr  dünnen  Cutisschicht 
gebildet,  deren  Lamellen  bis  dicht  unter  die  Epidermis  reichen.  An 
gewissen  Stellen  beginnen  sich  nun  die  Cutiszellen  lebhafter  zu  teilen 
und  großkernige  Elemente  auszusondern,  welche  sich  ansammeln,  um 
eine  leicht  nach  der  Epidermis  vorgewölbte  Papille  zu  bilden.  Die 
Oberfläche  der  Epidermis  ist  auf  diesem  Stadium  noch  glatt.  Im 
weiteren  Verlaufe  ordnen  sich  die  Zellen  der  Papille  so  an,  daß  sie 
eine  ovale  Scheibe  bilden,  deren  Mitte  aus  zwei  übereinander  liegenden 
Zellschichten  gebildet  wird,  während  an  der  Peripherie  sich  etwa  drei 
bis  vier  Zelllagen  ansammeln.  Alsdann  bohrt  sich  der  gesamte  Zellhügel 
caudal  tief  in  die  Epidermis  ein.  Jetzt  beginnen  sich  Veränderungen 
in  der  Schmelzmembran  geltend  zu  machen.  Ihre  Zellen  nehmen  wie 
bei  der  Bildung  der  Placoidschuppen  Cylinderform  an,  sondern  aber 
keinen  Schmelz  aus  und  verfallen  im  weitern  Verlauf  einer  regressiven 
Metamorphose.  Die  Schmelzniembran  tritt  also  hier  noch  als  rudimentäres 
Organ  auf  (Hofer  ;  von  Klaatsch  bestritten).  Unterdessen  tritt  zwischen 


368 


R.    BURCKHARDT, 


den  beiden  über  die  ganze  Anlage  der  Schuppe  sich  erstreckenden  Schichten 
der  Cutispapille  eine  dünne  Lage  stark  lichtbrechender  Substanz  auf:  die 
nachmalige  Hartsubstanz  der  Schuppe.    Es  lockert  sich  die  Verbindung 

der  Skleroblasten  und 
der  übrigen  Cutiszel- 
len,  und  es  bildet  sich 
auch  durch  die  be- 
trächtliche Ausdeh- 
nung, welche  das  sich 
entwickelnde  Organ 
annimmt,  und  die  be- 
reits vorher  ange- 
bahnte Schrägstellung 
die  dachziegelartige 
Deckung  (Imbrikation) 


Ä 


^m&fW&ttmv 


Fig.  214.  B,  A,  C.  Drei  verschiedene  Entwickelnngs- 
stadien  der  ForeUensckuppe  im  Längsschnitt,  ca.  360- 
fach  vergr.  Nach.  Klaatsch. 


aus.  Die  Lockerung 
in  der  Cutis  ist  so 
weit  fortgeschritten, 
daß  eine  Schuppen- 
tasche bemerkbar  wird. 
Diese  entsteht  da- 
durch, daß  „einmal 
die  Schuppe  durch 
wucherndes  Bindege- 
webe von  der  Epider- 
mis abgedrängt  und 
so  eine  äußere  Wand 
der  Tasche  in  ihrem 
vorderen  Teile  gebildet 
wird ;  sodann  wird 
durch  das  Einwachsen 
der  Schuppe  in  die 
lockern  Teile  der  Cutis 
und    durch    die    Aus- 


bildung derselben  zu  Septen  der  Boden  der  Tasche  und  ihre  äußere 
Wand  geliefert"  (Klaatsch).  Die  Hartsubstanz  ist  ausschließlich 
ein  Ausscheidungsprodukt,  in  das  keine  Zellen,  wohl  aber  Binde- 
gewebsfibrillen  aufgenommen  werden.  Erst  wenn  es  zur  Imbrikation 
gekommen  ist,  wird  die  untere  Schuppenschicht  von  den  Zellen,  die 
die  Basis  der  Schuppentasche  bilden,  ausgeschieden.  Auch  in  diese 
Schicht  treten  keine  Zellen  ein.  Ein  prinzipieller  Unterschied  in  ihrer 
Entstehung  im  Vergleich  zur  oberen  Schuppenschicht  ist  nicht  vor- 
handen ;  entstammen  doch  die  Bildner  beider  Schichten  derselben 
Cutispapille.  Die  Entwicklung  der  Ctenoidschuppen  verläuft  im 
wesentlichen  wie  die  der  Cykloidschuppen. 

4.  Die  Entwickelung  der  Fulcra  und  Flossenstrahlen 

der  Teleostomen. 

Fulcra,  Flossenstrahlen  und  Schuppen  sind  zweifellos  verwandte 
Hartgebilde.  Früher  wurden  erstere  als  charakteristische  Bildungen 
der  Ganoiden  betrachtet,  doch  finden  sie  sich  auch  an  der  Basis  der 
Knochenfischfiossen.  An  den  Materialien  von  Fritsch  und  Traquair, 
die   uns  vielfach  mit  Uebergangsreihen  zwischen  Fulcra  und  Flossen- 


Die  Verknöcherungen  des  Integuments  und  der  Mundhöhle. 


369 


strahlen  bekannt  gemacht  haben,  hat  sich  die  alte  von  Kner  vielseitig 
ausgebaute  Theorie  von  der  Einheit  aller  knöchernen  Hartgebilde  der 
Flosse  aufs  neue  bestätigt.  Wie  aber  alle  Uebergänge  zwischen 
Fulcren  und  Flossenstrahlen  zu  verfolgen  sind,  so  auch  von  den 
Filieren  zu  den  Schuppen.  Der  ontogenetische  Prozeß  der  Flossen- 
strahlenbildung  ist  in  den  Arbeiten  von  Lotz  (1862),  0.  Hertwig 
(1879),  R.  G.  Harrison  (1893)  und  Salensky  (1899)  dargestellt.  Der 
letztgenannte  Autor  hat  die  frühen  Vorgänge  in  der  Entwicklung  der 
Fulcra  von  Acipenser  verfolgt  und  giebt  an,  daß  die  Skleroblasten 
sich  schon  in  Reihen  anordnen,  bevor  die  Hartsubstanz  sichtbar  wird. 
Im  weiteren  hat  er  die  Beobachtung  0.  Hertwig's,  wonach  einzelne 
Plättchen  gebildet  werden,  die  später  unter  sich  verschmelzen,  be- 
stätigt. Nach  Lotz  werden  die  Flossenstrahlen  zuerst  als  kontinuier- 
liche Stäbe  angelegt.  Harrison  zeigte,  daß  der  Hartsubstanzstreifen 
aus  Körnchen  aufgebaut  wird  und  unmittelbar  unter  dem  Ektoderm 
der  Flosse  liegt,  ohne  daß  jedoch  diese  Schicht  sich  nur  im  geringsten 
an  der  Ausscheidung  beteiligte,  da  seine  Basalmembran  niemals  auf- 
gelöst wird.  Die  durch  Größerwerden  aus  dem  Mesenchym  sich  differen- 
zierenden Osteoblasten  sammeln  sich  alsdann  an  bestimmten,  mecha- 
nisch bedingten  Stellen  (Ryder,  A.  L.  III.  1884)  zu  mehrzelligen 
Haufeu  an  der  Unterseite  des  Hartsubstanzstreifens  an,  und  schon 
der  blosse  Druck  derselben,  vielleicht  in  Verbindung  mit  chemischen 
Einflüssen  genügt,   um  die  Flossenstrahlen  zu  knicken.     Die  erst  un- 


_  ect 


Fig.  215.  Schnitt  durch  den  Flossenstrahl  der  Schwanzflosse  von  Sahno  salar, 
2  cm.  fr  Flossenstrahl,  sp  künstliche  Spalte,  hf  Hornfasern.  bm  Basalmembran. 
Stark  vergr.     Nach  Harrison. 


regelmäßigen  Bruchflächen  der  Flossenstrahlenpartikel  werden  nach- 
träglich abgerundet  und  durch  Ligament  verbunden.  Harrison  hat 
hierbei  besonders  auf  die  Analogie  in  der  Entwickelung  der  Flossen- 
strahlen und  der  Hornfäden  aufmerksam  gemacht,  welch  letztere  in 
einem  anderen  Kapitel  dieses  Handbuches  zur  Darstellung  gelangen  wird. 


B.  Die  Entwickelung  der  Hautknochen  der  Anamnier. 

Schon  Agassiz  (1845)  und  Williamson  (1849)  haben  die  Schilder 
und  Panzerplatten  der  .Fische  den  übrigen  Integumentbildungen  der- 
selben angeschlossen.  Doch  taucht  der  Gedanke,  die  Entwickelungs- 
geschichte  all   der   hierher   gehörigen   Hartgebilde   einheitlich   zu   be- 

Handbuch  der  Enhvickelungslehre.     II.  1.  9<4 


370  R.    BURCKHARDT. 

trachten  und  ihre  Homologien  zu  bestimmen,  erst  in  den  Arbeiten 
0.  Hertwig's  (1874*)  auf  und  findet  dort  seine  Durchführung.  Wir 
werden  diese  Modifikationen  der  Hauthartgebilde  erst  in  zwei  Kategorien 
einteilen  und  getrennt  verfolgen:  einmal  in  die  Panzerplatten  und 
Schilder  der  Fische,  dann  aber  in  die  Mundhöhlenknochen  und  über- 
haupt in  die  sog.  Deckknochen  am  Schädel  und  an  anderen  Körper- 
regionen ;  drittens  würden  hier  anzureihen  sein  die  Fulcra  und  Flossen- 
strahlen, deren  Entwickelung  bereits  geschildert  ist. 

1.  Das  Hautskelett  der  Störe. 

Das  Hautskelett  der  Störe  zeigt  im  erwachsenen  Zustande  alle 
Uebergangsformen,  welche  von  den  einfachsten  Hartgebilden,  wie  sie 
die  primitivsten  Selachier  und  Ganoiden  besitzen,  zu  jenen  extremen 
Bildungen  hinüberleiten,  die  man  als  Schilder,  Schindeln  (Fulcra)  und 
Flossenstrahlen  bezeichnet.  Eben  deshalb  sind  die  Störe  ein  geradezu 
klassisches  Objekt  auch  für  das  Studium  der  Entwickelung  dieser 
Gebilde.  Ohne  auf  die  vergleichend-anatomischen  Kontroversen  ein- 
treten zu  können,  welche  sich  an  die  Homologisierung  derselben 
knüpften ,  müssen  wir  an  Hand  der  Untersuchungen  Salenski's 
(A.  L.  III.  1880  und  1899)  kurz  über  ihre  Entwicklungsgeschichte 
referieren.  Die  Rückenschilder  des  Störs  machen  sich  bei  achttägigen 
Embryonen  auf  dem  Flossensaum  in  Gestalt  einer  Reihe  dunkler 
Flecke  bemerkbar ;  ihnen  entsprechen  Verdichtungen  des  Mesoderms. 
Schon  am  12.  Tage  brechen  die  Schilder  durch  die  Epidermis.  Erst 
wenn  sie  sich  gegenseitig  berühren,  beginnen  sie,  von  außen  sich 
mit  verkalktem  Gewebe  zu  bedecken.  Wie  schon  Götte  (1878)  be- 
tonte, sind  diese  Anlagen  der  Schilder  auffallend  spitzkegelförmig 
und  verraten  dadurch  eine  nahe  Verwandtschaft  mit  den  Fulcren.  Erst 
nach  der  Reihe  der  Rückenschilder  legen  sich  die  lateralen  und  ven- 
tralen Schilderreihen  an.  Der  Dentinkegel  der  Schilder  besteht  bei 
allen  untersuchten  Formen  aus  einer  homogenen,  von  Kalksalzen 
durchtränkten  Substanz  ohne  nachweisbare  Struktur.  Schmelz  wird 
gar  nicht  gebildet.  Schon  Williamson  hat  die  Existenz  von  solchem 
beim  ausgewachsenen  Hautskelett  der  Störe  bestritten.  Nach  0.  Hert- 
wig  werden  dagegen  in  den  Basalplatten  der  kleinen  Ossifikationen 
zwischen  den  Schildern  Knochenkörperchen  gefunden,  ebenso  in  den 
größeren  Schildern  selbst.  Sie  müssen  also  nach  den  von  Salenski 
beobachteten  Entwickelungsstadien  in  den  Verknöcherungsprozeß  ein- 
bezogen werden.  Es  entspricht  dies  auch  den  von  0.  Hertwig 
(1879)  bereits  namhaft  gemachten  Beobachtungen,  wonach  der  Ver- 
knöcherungsprozeß der  Hauthartgebilde  die  Embryonalperiode  der 
Störe  weit  überdauert  und  somit  wahrscheinlich  mit  dem  permanenten 
Wachstum  der  großen  Arten  von  Stören  zeitlebens  Schritt  hält. 

2.  Das  Hautskelett  der  Knochenfische. 
Das  Hautskelett  der  Knochenfische  ist  von  den  Autoren  mehr  an 
extremen  Formen  und  besonders  wiederum  auf  Grund  von  Ver- 
gleichung  der  fertigen  Zustände  verfolgt  worden.  Bekannt  sind  die 
Knochenplatten  des  Körpers  von  Hypostoma,  welche  an  ihrer  Ober- 
fläche mit  kleinen  echten  Zähnchen  besetzt  sind,  die  einem  besonderen 
Sockel  aufsitzen  und  an  ihrer  Spitze  sogar  eine  Schmelzkappe  tragen. 
Diese  Zähnchen  sind  keine  bleibenden  Bildungen,  sondern  der  Er- 
neuerung  unterworfen.    Hieraus  können  wir  schließen,    daß  sie  wohl 


Die  Verknöcherungen  des  Integurnents  und  der  Mundhöhle.     371 

auch  ursprünglich  ontogenetisch  in  gleicher  Weise  entstehen.  Nach 
0.  Hertwig's  (1874*)  Ausführungen  ist  denn  auch  die  Entwickelung 
der  Zähnchen  völlig  analog  der  eines  Teleostierzahnes,  wie  wir  sie 
p.  379  zu  schildern  haben.  Im  weiteren  Verlauf  tritt  alsdann  eine 
Verschmelzung  mehrerer  kleiner  Einzelplättchen  zu  einer  größeren 
Platte  ein  und,  es  bilden  sich  auf  diese  Weise  die  eigentlichen  Panzer- 
platten, wie  sie  namentlich  bei  der  schwer  gepanzerten  Gattung 
Callichthys  angetroffen  werden. 

3.  Die  Mund  höhlenkno  chen  und  die  Deckknochen  des 
Schädels  bei  Fischen  und  Amphibien. 

0.  Hertwig  (1874*)  hat  zuerst  der  vergleichend-anatomischen 
Hypothese  Ausdruck  verliehen,  daß  in  ähnlicher  Weise,  wie  die  Panzer- 
platten aus  einzelnen  den  Placoidschuppen  homologen  Hautzähnchen 
verschmelzen,  auch  die  Mundknochen  durch  Verschmelzung  von  Zahn- 
sockeln entstünden.  Die  embryologischen  Thatsachen,  die  für  die  Be- 
urteilung dieser  Hypothese  in  Betracht  kommen,  treten  an  allgemeiner 
Bedeutung  hinter  den  auf  die  Mannigfaltigkeit  in  den  Zuständen  aus- 
gewachsener niederer  Vertebraten  begründeten  weit  zurück.  Die  Ein- 
heitlichkeit der  sich  hierbei  abspielenden  embryonalen  Prozesse,  sowie 
die  historische  Entwickelung  des  Problems  zwingen  uns,  die  niederen 
Vertebraten  nicht  in  systematischer  Pteihenfolge  zu  behandeln,  sondern 
von  den  an  Amphibien  gemachten  Beobachtungen  auszugehen.  An 
eben  ausgeschlüpften  Amphibien  beobachtet  man,  daß  neben  einzeln 
verkalkten  Zahnspitzchen  auch  solche  vorhanden  sind,  die  an  der  Basis 
einer  äußerst  feinen  und  gitterartig  durchbrochenen  Knochenlamelle 
mehr  oder  weniger  fest  aufsitzen,  welche  erst  nach  ihnen  im  Binde- 
gewebe der  Mundschleimhaut  entstanden  ist.  Unsere  Figur  giebt 
diesen  Zustand  vom  Vomer  eines  Urodelen  wieder.  Dadurch  er- 
scheinen die  also  entstehenden  Knochen  bloß  „als  Gruppe  von 
Zähnen,  die  an  ihrer  Basis  verkittet  sind1'  (0.  Hertwig).  Daher 
bilden  sie  ein  „Zahnskelett"  bestehend  aus  Vomer,  Palatinum  und 
Operculare.  Dentale,  Maxillare  und  In- 
termaxillare   bilden    sich    nur    zum   Teil  . 

auf  dieselbe  Weise,  da  sie  zum  anderen        v ,  i"M 

Teil  aus  dem  Cutisgewebe  der  Oberhaut     f  -k     c-*  v^    \  i 
direkt  ihren  Ursprung  nehmen.     Zu  den      jjro  jjfo'^  j^  VhL-i 
am   spätesten   auftretenden  Knochen  ge-    vc.  <         |>of;     <£  *t>  $l0 & 
hört  das  Parasphenoid.     Noch  enthalten  jj}  c*       j*©o  " jjJ 

diese    Knochen    alle   keine   Knochenkör-  xo*0  ^o^M^jm) 

perchen,  sondern  bestehen  bloß  aus  ver-  ^°  D  ^^ — 

kalkten  Bindegewebslamellen,  in  die  erst  ^<*ß^ 

später   Zellen    einbezogen  werden.      Die  Fig.  216.  Vomer  einer  2,5  cm 

wichtigste  Veränderung  der  Folgezeit  be-     langen  Axolotllarve,  45malvergr. 
steht  aber  darin,  daß  auf  also  gebildeten     Nach  °-  Hertwig- 
Knochen  die  Zähnchen  schwinden  können, 

daß  dagegen  die  von  ihnen  basal  ausgeschiedene  Platte  nicht  nur  be- 
stehen bleibt,  sondern  an  der  der  Epidermis  abgewandten  Seite  Zuwachs 
erhält. 

Abweichend  verhalten  sich  die  Anuren  insofern,  als  bei  ihnen  die 
für  Vomer,  Palatinum  und  Operculare  nachweisbare  Entwickelung 
ohne  Anlage  von  zahnähnlichen  Gebilden  verläuft.  Ferner  tritt  bei 
Anuren   im   Gegensatz   zu   den  Urodelen   die  Zahnbildung   erst  nach 

24* 


372  R.    BlJRCKHARDT, 

der  Knochenbildung  auf.  Das  Parasphenoid  entsteht  zuerst.  Ueber 
die  Vorgänge  der  Entwickelung  des  Mundskeletts  berichtet  0.  Hert- 
wig:  „In  einem  sehr  zellenreichen  Gewebe  entwickeln  sich  die  Deck- 
knochen zwischen  Epithel  und  Primordialcranium,  von  beiden  durch 
eine  mehr  oder  minder  starke  Gewebsschicht  getrennt,  In  demselben 
findet  man  ausgezackte  Balken  einer  verkalkten  Substanz,  welche  zum 
Teil  untereinander  zusammenhängen  und  ein  Netzwerk  bilden.  Ihnen 
sind  Osteoblasten  angeschmiegt,  und  man  trifft  häufig  Zellen  in  die 
osteoide  Substanz  eingeschlossen.  Durch  Zunahme  der  letzteren  ver- 
schmelzen die  einzelnen  ßälkchen  mehr  und  mehr  miteinander ,  und 
so  entsteht  eine  zusammenhängende  Knochenlamelle,  in  welcher 
Knochenkörperchen  eingelagert  sind.  Die  ganze  Entwickelung  spielt 
sich  erst  im  späteren  Larvenleben  ab."  Daraus  schließt  0.  Hertwig, 
daß  Knochen,  die  ursprünglich  durch  Verschmelzung  von  Zähnen  ent- 
standen seien,  später  unabhängig  von  diesen  zur  Entwickelung  kommen. 
Danach  würden  auch  Beobachtungen,  wie  die  R.  G.  Harrison's  (1893), 
daß  das  Dentale  und  Maxillare  beim  Lachs  unabhängig  von  den  Zahn- 
anlagen entstehen,  nichts  Befremdliches  an  sich  haben.  Alle  Schleim- 
hautknochen lassen  sich  daher  auf  den  gemeinsamen  Typus  des  Schleim- 
hautzähnchens  zurückführen  und  damit  in  letzter  Linie  an  die  Placoid- 
schuppe  anknüpfen. 

0.  Hertwig  hat  schon  selbst  darauf  hingewiesen  daß  bei  den 
Teleostierembrvonen  die  Entwickelung  des  Mundhöhlenskeletts  prin- 
cipiell  ebenso  verläuft  wie  bei  den  Urodelen. 

Für  die  Amnioten  gelang  es  ihm  nicht,  den  Zusammenhang 
der  Entwickelung  der  Zähne  und  der  der  Deckknochen  nachzuweisen. 
Dagegen  hat  uns  Rose  (1893,  No.  V)  ein  Bild  gegeben,  welchem  zu 
entnehmen  ist,  daß  die  placoiden  Zahngenerationen  der  Krokodile 
noch  durch  ihre  Sockel  mit  dem  sich  entwickelnden  Dentale  in  innigster 
Verbindung  stehen  (vergl.  Fig.  235  p.  399). 

Ausgehend  von  dieser  Basis,  warf  0.  Hertwig  aufs  neue  die  be- 
reits von  Leydig  ventilierte  Frage  auf,  inwiefern  den  Mundhöhlen- 
knochen die  Deckknochen  des  Schädels  entsprechen.  Eine  solche  Auf- 
fassung derselben  mußte  auch  in  den  vergleichend-anatomischen  und 
paläontologischen  Untersuchungen  von  Williamson  und  Pander  eine 
Stütze  finden. 

Nun  machte  aber  J.  Walther  (1882)  die  Beobachtung,  daß  die 
Verkalkung  des  Zahnsockels  beim  Hecht  zu  einer  Zeit  beginnt,  wo 
das  Zahnspitzchen  erst  zur  Hälfte  abgeschieden  ist.  Ferner,  daß  die 
große  Mehrzahl  der  Zähne  mit  ihren  Knochenplättchen  nicht  ver- 
schmelzen, nur  gelenkig  verbunden  sind.  Daß  der  Vomer  entsteht 
und  zu  einer  Platte  sich  ausbildet,  bevor  der  Zahnbesatz  auftritt.  Daß 
also  eine  gewisse  Unabhängigkeit  zwischen  der  Zahnbildung  und  der 
Knochenanlage  bestehe.  Danach  unterscheidet  er  zwischen  Cement- 
und  Bindegewebsknochen ,  eine  Unterscheidung,  die  von  späteren 
Forschern  wieder  aufgegeben  wurde.  Ferner  hat  Wiedersheim 
(1882)  nachgewiesen,  daß  die  Entstehung  des  Parasphenoids  bei  Urodelen 
unabhängig  von  der  zugehörigen  Bezahnung  ist,  daß  aber  außerdem 
die  Sockel  der  Parasphenoidplatte  verschmelzen  und  eine  oberflächliche 
Platte  bilden.  Somit  kann  für  das  Parasphenoid  die  Entstehung  aus 
Zahnsockeln  kaum  angenommen  werden,  obschon  Rose  (1894,  No.  IV) 
glaubt,  man  habe  eine  Abspaltung  des  eigentlichen  Parasphenoids 
von  den  Sockeln  der  ihm  entsprechenden  Zähne  anzunehmen. 


Die  Verknöcherungen  des  Integuments  und  der  Mundhöhle.     373 

Für  die  Deckknochen  des  Kopfes  haben  wir  eine  ähnliche  onto- 
genetische  Entwickelung,  wie  für  die  Mundknochen,  anzunehmen. 
Schon  aus  vergleichend-anatomischen  Gründen  ist  Leydig  für  eine 
solche  Autfassung  der  Kopfknochen  von  Polypterus  eingetreten,  und 
0.  Hertwig  hat  nachgewiesen ,  daß  sie  wie  Schuppen  stellenweise 
mit  Schmelz  bedeckt  sind.  Andererseits  ist  vielfach  beobachtet  worden 
(J.  Vrolik  ,  Mc  Murrich,  Allis,  Sagemehl),  daß  die  primitiven 
Formen  der  Knochenentwickelung  schon  bei  Fischen  verwischt  sind 
und  daß  die  Entwickelung  oberflächlicher  Hartgebilde  einmal  direkt 
im  Anschluß  an  die  Sinneslinie  vor  sich  geht,  während  die  Haupt- 
masse derselben  Knochen  in  der  Tiefe  entsteht, 

4.    Die  Integumentverknöcherungen  bei  Amphibien. 

Bei  Amphibien  kommen  zwei  genetisch  verschiedene  Arten  von 
Hartgebilden  des  Integuments  vor.  Einmal  breite  Knochentafeln,  die 
nach  Leydig  (1876)  im  subcutanen  Bindegewebe  des  Rückens  oder  des 
Kopfes  liegen  und  dort  direkt  entstanden  sind,  so  bei  gewissen  Anuren 
(Ceratophrys).  Diese  Tafeln  sind  nur  als  neuerworbene  Bildungen  zu 
betrachten,  können  aber  keinesfalls  als  modifizierte  Schuppen  aufge- 
faßt werden.  Anders  die  echten  Schuppen,  die  nicht  nur  der  aus- 
gestorbenen Gruppe  der  Stegocephalen  eigen  und  bei  diesen  als  Erb- 
teil von  den  Fischen  her  zu  betrachten  sind,  sondern  die  sich  von 
ihnen  auch  auf  die  heute  noch  lebenden  Apoden  oder  Gymnophionen 
vererbt  haben.  Bei  der  Gattung  Ichthyophis  ist  der  Körper  von  zahl- 
reichen Querringeln  der  Haut  bedeckt,  deren  mehrere  auf  je  ein  Seg- 
ment entfallen.  Unter  diesen  Ringeln  verlaufen  Querkanäle  im  Binde- 
gewebe, die  alternierend  Drüsen  und  Schuppen  enthalten.  Die 
Schuppen  sind  Scheiben  von  1,5 — 2  mm  im  Durchmesser  und  tragen 
auf  der  Oberfläche  Reihen  von  Plättchen,  Squamulae.  Erst  gegen 
Ende  des  Larvenlebens  treten  die  Schuppen 
auf.  Unsere  Figur  zeigt  einen  Schnitt  durch 
die  Haut  dieses  Stadiums  nach  P.  u.  F.  Sara- 
sin  (A.  L.  III.  1885).  In  der  Schuppentasche 
liegt  eine  Bindegewebslamelle,  die  auf  beiden 
Seiten  mit  Bindegewebszellen  belegt  ist,  die 
untere  Schicht  bildet  die  Schuppe  selbst,   die 

Fig.  217.  Längsschnitt  durch  die  Haut  einer  alten 
Larve  von  Ichthyophis.  In  der  Schuppentasche  (St), 
liegt  von  Bindegewebszellen  umgeben,  die  Schuppe  (s). 
ep  das  Epithel  der  Haut.  Stark  vergr.  Nach  P.  u.  F. 
Sarasln. 

obere  die  oberflächlich  auf  ihr  liegenden  Squamulae.  Die  Bildung 
der  letzteren  greift  auch  ins  spätere  Leben  über.  Die  früheren  Ent- 
wickelungsstufen  dieser  Hartgebilde  sind  noch  nicht  bekannt. 

C.   Die  Hautverknöcherimgen  der  höheren  Wirbeltiere. 

1.  Schildkröten. 
Die  Entwickelung  des  Hautpanzers   bei   den  Schildkröten  hat  zu 
vielen   Kontroversen    Veranlassung   gegeben.     Es   kann   sich   für   uns 
nur  darum  handeln,   den   ontogenetischen  Entwickelungsprozeß  dieser 


374  R.    BüRCKHARDT, 

Integumentverknöcherung,  soweit  er  bekannt  ist,  darzustellen,  ohne  auf 
die  phylogenetischen  Thatsachen,  die  sich  aus  ihm  ergeben,  einzutreten. 
Rathke  (1848),  Owen  (1849),  Gegenbaur,  Hoffmann  (1890), 
Haycraft  (1890)  und  Götte  (1899)  verdanken  wir  besonders  eine 
Serie  von  Arbeiten,  die  sich  mit  diesem  Gegenstande  beschäftigen; 
doch  ist  zu  betonen,  daß  wir  gerade  über  die  Gruppe  der  Atheca  und 
deren  einzige  lebende  Gattung  Dermochelys  noch  nicht  genügend 
unterrichtet  sind,  während  die  übrigen  Schildkröten,  die  Thecophora, 
sich  unter  einander  ziemlich  übereinstimmend  verhalten. 

Nach  Götte  (1899)  rindet  sich  bei  Föten  der  Chelone  imbri- 
cata  von  1  cm  Länge  unmittelbar  unter  der  Epidermis  eine  dichtere 
Bindegewebsschicht,  die  sich  vom  übrigen  Bindegewebe  gegen  den 
Randwulst  hin  immer  deutlicher  absondert.  Ventral  erhält  diese 
Schicht  eine  beinahe  ligamentöse  Begrenzung  nach  dem  lockeren 
tiefen  Bindegewebe  hin,  und  es  treten  in  ihr  wie  übrigens  auch  da, 
wo  später  die  Nackenplatte  liegt,  bereits  Verdichtungen  auf,  aus  denen 
später  die  Plastronstücke  hervorgehen.  Schon  bei  einem  Foetus  von 
1,1  cm  macht  sich  die  mittlere  spinale  Reihe  von  Schuppen  durch 
Abgrenzung  ihrer  Epidermisbezirke  geltend.  In  den  späteren  Stadien 
schwindet  die  scharfe  Grenze  des  subcutanen  gegen  das  tiefe  Binde- 
gewebe. Nun  beginnt  die  von  starkem  Periost  gebildete  Umhüllung 
der  Rippen  sich  in  eine  dünne  Knochenhülse  zu  verwandeln  und  rasch 
fortzuschreiten.  Unterdessen  verfällt  die  Cutis  einer  Rückbildung. 
In  ihr  entsteht  aber  unabhängig  von  den  spinalen  Verknöcherungen 
die  Nuchalplatte,  von  der  Spinalplatte  des  zweiten  Brustwirbels  erst 
völlig  getrennt ;  mit  dieser  verwächst  sie  erst  später,  ebenso  auch  mit 
dem  ersten  Rippenpaar.  Merklich  später  treten  die  Rand-  und  Pygal- 
platten  auf.  „In  diesem  Hautskelett  geht  übrigens  die  Verknöche- 
rung genau  so  vor  sich  wie  im  Periost:  zuerst  entsteht  in  der  Cutis 
eine  der  Form  des  Knochens  entsprechende  Verdichtung,  deren 
Centrum  sich  alsdann  aufhellt  und  die  ersten  Knochenlamellen  sich 
entwickeln  läßt,  an  diese  schließt  sich  in  der  beschriebenen  Weise  die 
übrige  spongiöse  Masse  an."  Nuchal-,  Marginal-  und  Pygalplatten, 
sowie  das  Plastron  entstehen  also  in  gleicher  Weise  und  sind  als 
echte  Hautknochen  zu  betrachten,  während  für  eine  Teilnahme  echter 
Hautknochen  an  der  Bildung  der  Spinal-  und  Costalplatten,  wie  sie 
vielfach  angenommen  wurde,  keine  ontogenetischen  Beweise  erbracht 
werden  konnten.  Nun  kommt  aber  bei  Dermochelys,  dem  einzigen 
Vertreter  der  Atheca,  ein  Hautpanzer  vor,  der  aus  zahlreichen  kleineren 
Mosaikstücken  besteht.  Götte  untersuchte  auch  junge  Exemplare 
von  Dermochelys,   bei  denen  diese  Hartgebilde   keilförmig  beschaffen 

£  £  Fig.  218.     Erste    Anlage 

^jU- )      I  der   Nuchalplatte    von    einer 


2,3  cm  langen  Chelone  imbri- 
cata.  np  Anlage  der  Nu- 
chalplatte. Ep  Epidermis,  c 
Cutis.  Schwach  vergr.  Nach 
Götte. 

und  in  Längsreihen  angeordnet  sind ;  sie  sind  so  völlig  der  Epidermis 
angepaßt,  daß,  wo  diese  sich  im  Laufe  der  phyletischen  Entwicklung 
veränderte,  auch  die  Hartgebilde  wegfielen.     Mit  diesem  ersten  Haut- 


Die  Verknöcherungen  des  Integuments  und  der  Mundhöhle.     375 

skelett  aber  hat  das  zweite,  wie  es  oben  von  Chelone  geschildert 
wurde,  nichts  zu  schaffen.  Nackenplatte  und  Plastron  treten  bei 
Dermochelys  nach  Rathke  und  Gervais  lange  vor  dem  Hautpanzer 
auf.  Es  ist  zwar  kaum  zu  bezweifeln,  daß  diese  beiden  Gebilde  auch 
aus  Schuppenknochen  hervorgingen,  aber  in  der  Ontogenie  läßt  sich 
diese  Entstehung  nicht  mehr  nachweisen. 

2.  Saurier  und  Krokodile. 
Von  Sauriern  sind  es  unter  den  lebenden  außer  den  Schildkröten 
die  Krokodile  und  Eidechsen,  namentlich  Scinke  und  Gekotiden,  bei 
denen  Cutisbezirke  verkalken  können ;  unter  den  fossilen  seien  erwähnt : 
Dinosaurier,  Ichthyosaurier  und  Rhynchocephalen ,  bei  denen  ent- 
sprechende Bildungen  angetroffen  werden.  Hierbei  pflegen  sich  die 
Skleroblasten  zusammenzuscharen  und  zwischen  sich,  also  intercellu- 
lär,  feine,  sich  allmählich  verdichtende  Netze  von  Knochensubstanz  auszu- 
bilden (vergl.  Fig.  220).  Allmählich  werden  die  Skleroblasten  in  ihr 
Ausscheidungsprodukt  einbezogen  und  zu  Knochenzellen  umgewandelt. 
Diesen  Prozeß  haben  neuerdings  Schauinsland  bei  Hatteria  (1900) 
und  Voeltzkow  (1901)  bei  Crocodilus  wieder  beschrieben;  ersterer 
unter  Hinweis  auf  die  Aehnlichkeit  in  den  Prozessen  der  Abscheidung 
von  Knochen  und  Knorpel. 

3.  Das  G  astral  skelett  der  Reptilien. 

Als  Gastralskelett  werden  neuerdings  von  Döderlein  (1900)  jene 
Skelettbildungen  bezeichnet,  welche  zwischen  dem  Brustkorb  und  dem 
vorderen  Beckenrande  der  Stegocephalen  und  mancher  Reptilien 
(unter  den  Lebenden  nur  bei  Krokodilen  und  Hatteria)  angetroffen 
werden.  Die  Frage  nach  der  Homologie  dieses  Systems  von  schräg 
verlaufenden  stabartigen  Knochen  kann  nach  den  Untersuchungen  von 
Credner,  Cope,  Gegenbaur,  Baur  und  Fürbringer  als  dahin  er- 
ledigt betrachtet  werden,  daß  von  den  Stegocephalen  nach  den  ver- 
schiedenen Richtungen  des  Reptilstammes  sich  ein  Hautskelett  ver- 
erbte, das  ursprünglich  seine  Schuppennatur  schon  durch  die  Form 
der  Elemente  und  ihre  Bedeckung  mit  Schmelz  verrät,  sekundär  aber 
vielfach  modifiziert  worden  ist  und  endlich  bei  Krokodilen  nur  noch 
rudimentär  auftritt.  Auch  das  Plastron  der  Schildkröten  wäre  als 
Modifikation  dieses  Hautpanzers  aufzufassen.  Schauinsland  (1900) 
schildert  die  Bauchrippen  von  Hatteria  ,,in  frühen  Stadien  als  eine 
unbedeutende  Lage  einzelner  Zellen,  welche  in  regelmäßigen  Ab- 
ständen zwischen  den  Muskelzellen,  aus  welchen  später  die  obersten 
Schichten  der  Bauchmuskulatur  sich  bilden  werden,  angeordnet  sind". 
Alsdann  bilden  sie  deutliche  Stränge,  in  denen  Verknöcherungen  erst 
spät  erscheinen.  Sie  vereinigen  siclrmedian  erst,  wenn  der  allmählich 
sich  schließende  Nabel  es  zuläßt.  Demgemäß  tritt  auch  Verknöcherung 
zuletzt  in  den  unpaaren  Medianstücken  auf.  Genau  in  derselben 
Weise  werden  die  Knochen  der  Clavicula  oder  des  Episternums  ge- 
bildet. 

Nach  Voeltzkow  (1901)  erfolgt  die  erste  Anlage  des  Gastralskeletts 
bei  Crocodilus  madagascariensis  etwa  V I  ±  Monat  nach  der  Eiablage. 
Es  werden  zunächst  die  vorderen  Gastralstäbe  angelegt,  und  von  da 
schreitet  der  Prozeß  nach  hinten  fort.  Von  den  beiden  Stücken,  welche 
den  Gastralstab  einer  Seite  bilden,  wird  das  laterale,  das  das  mediale 


376 


R.    BURCKHARDT, 


an  Größe  überwiegt,  zuerst  angelegt.  Etwa  acht  Tage  später  sind 
acht  Paar  solcher  Gastralstäbe  angelegt.  Da  der  Verschluß  der 
Bauchhöhle  von  vorn  nach  hinten  fortschreitet,  gelangen  auch  in  der- 
selben Reihenfolge  die  Gastralstäbe  beider  Seiten  allmählich  zur  Be- 
rührung. Auf  einem  Längsschnitt  durch  dieses  Stadium  der  Ent- 
wicklung stellt  sich  heraus,   daß   acht  Paare  von    Gastralstäben  dem 


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Fig.  219.  Anlage  der  drei  vordersten  Gastralstäbe,  sowie  der  beiden  später 
verschwindenden  Rudimente  zweier  weiterer  Paare  bei  Crocodilus  madagascariensis. 
Längsschnitt,     Vergr.  25fach.    Nach  Voeltzkow. 


Fig.  220.  Querschnitt 
durch  die  früheste  Anlage 
eines  Gastralstabes  von 
Crocodilus  madagascarien- 
sis. Vergr.  200-fach.  Nach 
Voet/tzkow. 


■ 


Musculus  rectus  ober- 
flächlich     anliegen. 
Außerdem   liegen  vor 
ihnen  noch    zwei  An- 
lagen, die  später  rück- 
gebildet  werden    und 
die  hier  auch  vom  Muskel  entfernt  im  weichen  Cutisgewebe  eingebettet 
sind. 

Der  histogenetische  Vorgang,  der  die  Entstehung 
begleitet,  ist  derselbe,  wie  wir  ihn  bei  gewöhnlicher 
knöcherung  antreffen.    (Mitogenetische  Reminiscenzen  an 
dieser  Skelettelemente  aus  dem  Hautpanzer  sind  nicht 


dieser  Gebilde 
Bindegewebsver- 
die  Herkunft 


nachgewiesen. 


4.  Hautverknöcherungen  der  Säugetiere. 
Hautverknöcherungen,  welche  in  das  Bereich  unserer  Aufgabe 
fallen,  sind  bei  Säugetieren  große  Seltenheiten.  Auch  lassen  sich 
zwischen  ihnen  keine  näheren  phylogenetischen  Beziehungen  herstellen, 
wie  sie  denn  auch  zu  denen  der  Reptilien  höchstens  im  Verhältnis 
inkompletter  Homologie  stehen.  Ueber  den  Bau  und  die  Entwicklung 
des  Panzers  der  Gürteltiere  sind  wir  durch  eine  Arbeit  von  Römer 
(1892)  unterrichtet,  welcher  verschiedene  Entwickelungsstadien  dieser 
Hautverknöcherung  untersucht  hat.  Daß  ein  prinzipieller  Unterschied 
zwischen  dem  Prozeß  bei  diesen  und  bei  anderen  gepanzerten  Eden- 
taten  bestehe,  ist  von  vornherein  nicht  zu  erwarten.  Bei  5  cm  langen 
Embryonen  von  Dasypus    novemcinctus   erhebt   sich   auf  dem  Längs- 


Die  Verknöcherungen 


des  Integurnents 


und  der  Mundhöhle.     377 


schnitt  die  Lederhaut  bereits  zu  einer  breiten,  nach  hinten  zuge- 
spitzten Masse,  welche  etwas  über  die  Haut  vorspringt ;  die  Epidermis 
beginnt  die  spätere  Hornschuppe  zu  bilden,  treibt  aber  alsbald  auch 
die  Anlagen  der  Haare  und  Drüsen.  Bei  einem  Embryo  von  12  cm 
entsteht  durch  Verknöcherung  die  Anlage  des  Panzers,  und  zwar  zuerst 
an  mehreren  Stellen  ganz  unabhängig,  erst  sekundär  verschmelzend. 
Durch  das  Fortschreiten  dieses  Ossifikationsprozesses  werden  die  Haare 
und  Schweißdrüsen  teilweise  verdrängt  und  unterliegen  einer  baldigen 
Rückbildung. 

Hautverknöcherungen  kommen  außer  bei  den  Edentaten  nur  bei 
Walen  vor.  Schon  Gray  und  Murray  haben  auf  Höcker  in  der 
Haut  von  Phocaena  und  Neomeris  aufmerksam  gemacht.  Küken- 
thal (1890  u.  1897)  erst  hat  sie  auch  bei  Embryonen  näher  beschrieben 


Fig.  221.  Längsschnitt  durch  die  Gürtel  eines  Embryos  von  Dasypus  novem- 
cinctus  von  12  cm  Länge,  c  Cutis,  d  Drüsenanlagen,  e  Epidermis.  /;  Haaranlage. 
k  Verknöcherung.     Schwach  vergrößert.    Nach  Römer. 


und  aus  ihrer  Existenz  den  Schluß  gezogen,  daß  ein  Teil  der  Wale 
von  Landsäugetieren  mit  Hautpanzer  abstammen  sollte.  An  einem 
erwachsenen  Neomerisweibchen  fand  er  die  Rückenfläche  mit  einer 
zusammenhängenden  Decke  von  verknöcherten  Hautgebilden  bedeckt, 
die  aus  einer  Platte  und  einem  auf  ihr  sich  erhebenden  Höcker  be- 
steht; außerdem  waren  einzelne  höckerlose  Platten  unregelmäßig  in 
weiterer  Ausdehnung  nachzuweisen.  Bei  einem  Embryo  von  52  cm 
Länge  fand  Kükenthal  die  Hartgebilde  des  Rückenfeldes  bereits 
angelegt,  aßer  erst  deren  Höcker  aus- 
gebildet. Er  zeigte,  daß  sie  aus  Kalk 
besteben  und  auf  einer  Cutispapille 
abgesondert  werden,  so  daß  man  sie 
den  Schuppen  der  niederen  Wirbel- 
tiere  vergleichen  kann. 

Fig.    222.    Dorsalansicht  eines  Embryos 
von  Neomeris  phocaenoides,  52  cm  lang,  nach 

KÜKEXTHAL. 


Für  die  phylogenetische  Deutung  dieser  Bildungen  ist  in  Betracht 
zu  ziehen,  daß  sie  auch  an  der  Rückenflosse  von  Phocaena  spinipinnis 
in  drei,  und  an  der  von  Phocaena  communis  in  einer  Reihe,  ferner 
bei  Globiocephalus  macrorhynchus  auftreten. 


378  R.    BüRCKHARDT, 

III.  Die  Entwickelung  des  Gebisses  bei  den  Fischen. 

A.  MiindschleimhautgeMß. 

Leydig  und  0.  Hertwig  (1874)  geben  übereinstimmend  an,  daß 
die  Mundschleimhaut  der  Selachier  Zähnchen  von  geringer  Größe  und 
vollständig  analogem  Bau  wie  die  Placoidschuppen  trägt.  Ueber 
ihre  topographische  Verbreitung  bei  den  verschiedenen  Fischen  sind 
wir  noch  nicht  orientiert,  doch  sind  sie  bei  Hexanchus,  Heptanchus, 
Acanthias  und  Raja  in  verschiedener,  lockerer  Verteilung  innerhalb 
der  Mundhöhle  und  auf  den  Kiemenbogen  beobachtet.  Wo  die  Hart- 
gebilde fehlen,  werden  als  Rudimente  derselben  Papillen  der  Mund- 
schleimhaut angesehen.  Dieses  Mundschleimhautgebiß  ist 
zweifellos  die  primitivste  Form  der  Integum  en  t ver- 
knöcherung in  der  Mundhöhle.  Aber  es  zeigt  bereits  insofern 
nicht  mehr  den  ursprünglichen  Charakter,  als  es  die  gleichmäßige  Ver- 
teilung über  den  ganzen  Mutterboden  bereits  aufgegeben  hat.  Ueber 
seine  Entwicklungsgeschichte  ist  nichts  Genaueres  bekannt,  doch  darf 
vorausgesetzt  werden,  daß  sie  der  der  Placoidbeschuppung  ähnlich  und 
nur  vielleicht  in   ihrem  zeitlichen  Auftreten    von    ihr    verschieden  sei. 

Alle  übrigen  Formen  des  Gebisses  sind  nur  als  Modifikationen 
dieser  ursprünglichsten  Gebißform  aufzufassen.  Sie  sind  entstanden 
im  Anschluß  an  solidere  Unterlagen  der  Schleimhaut,  hervorgerufen 
durch  Uebernahme  von  Funktionen  im  Dienste  der  Ernährung,  aber 
stets  nach  demselben  Grundplan  in  Bau  und  Entwickelung  angelegt, 
wie  der  Mundschleimhautzahn,  resp.  die  Placoidschuppe  (0.  Hertwig). 

Aus  entwickelungstheoretischen  Gründen  werden  wir  in  erster 
Linie  die  Zahnentwickelung  bei  den  Teleostomen  (Ganoiden  und 
Teleostiern)  besprechen,  dann  diejenige  der  Dipnoer  einfügen  und 
erst  zuletzt  die  der  Selachier  beiziehen.  Denn  in  seiner  Gesamtheit 
ist  das  Gebiß  der  Selachier  als  höher  specialisiert  zu  betrachten  als 
das  der  primitiven  Teleostomen,  wie  schon  Baume  (1882)  betont  hat. 
Auch  haben  Ch.  Tomes  (1898)  und  0.  Hertwig  (1874)  den  Modus 
der  Zahnbildung  bei  den  Teleostomen  als  primitiver  taxiert.  Ander- 
seits läßt  beinahe  ausschließliche  Reduktion  des  Gebisses  auf  die  Kiefer, 
die  streng  geometrische  Anordnung  der  Kieferzähne,  der  durch  die 
Geschlossenheit  des  Gebisses  periodisch  bedingte  Wechsel  der  Zähne, 
das  Entstehen  des  Gebisses  unter  einer  gemeinsamen  Schleimhaut- 
falte das  Selachiergebiß  nicht  als  primitiv,  sondern  als  höher  speciali- 
siert erscheinen. 

B.  Das  Gebiß  der  Teleostomen. 

1.  Hecht. 

Wir  beginnen  mit  dem  Gebiß  des  Hechtes,  als  einer  leicht  zu- 
gänglichen, viel  studierten  und  embryologisch  einfachen  Form. 

Der  Mund  des  erwachsenen  Hechtes  starrt  von  mehr  oder  weniger 
großen,  feinspitzigen  Zähnen,  die  mit  ihren  Spitzen  rückwärts  geneigt 
sind.  Sie  verteilen  sich  auf  eine  große  Zahl  von  Knochen.  Das  Den- 
tale trägt  seitlich  an  seinem  Rande  in  großen  Abständen  Zähne  von 
1—2  cm  Länge,  die  mit  kleineren  unregelmäßig  wechseln ;  vorne  linden 
sich  nur  unregelmäßig  mehrreihig  angeordnete  kleinere  Zähne.  Auf 
dem  Maxillare  fehlt,  wie  bei  Knochenfischen  häufig,  die  Bezahnung. 
Diejenige  der  Praemaxilla,  die  sonst  an  ihre  Stelle  zu  treten  pflegt,   ist 


Die  Verknöeherungen  des  Integuments  und  der  Mundhöhle.     379 

ebenso  geringfügig,  wie  die  im  vorderen  Teile  des  Dentale.  Dagegen 
laufen  drei  mächtige,  mehrreihige  Zahnpolster  dem  Gaumen  entlang, 
deren  Elemente  zuvorderst  etwa  die  Hälfte  der  größten  Unterkiefer- 
zähne erreichen,  während  die  hinteren  allmählich  kleiner  werden. 
Eines  dieser  Zahnpolster,  das  mediane,  gehört  dem  Vomer  an,  die 
seitlichen  den  Gaumenbeinen.  Außerdem  ist  die  Copula  des  Zungen- 
beins mit  einem  Zahnpolster,  und  sämtliche  Kiemenbogen  mit  kleinen, 
mehrspitzigen  Plättchenreihen  bedeckt.  Das  ursprünglich  der  Möglich- 
keit nach  in  der  ganzen  Mundschleimhaut  vorhandene  Gebiß  hat  also 
eine  Konzentration  auf  solche  Bezirke  erfahren,  unter  denen  wir  auch 
Knochen  antreffen.  Es-  zeigt  hier  noch  keine  scharfe  Sonderling 
zwischen  den  niedrigeren  und  höheren  Ausbildungsgraden  des  Zahnes. 
Regelmäßigkeit  in  der  Anordnung  der  Zähne  und  des  Zahnersatzes 
fehlt.  Das  sind  Verhältnisse  von  sehr  primitiver  Art.  Was  nun 
die  Entwicklungsgeschichte  dieses  Gebisses  betrifft,  so  wissen  wir 
über  Entstehung  und  Ersatz  der  eigentümlichen  Kiemenbogenzähne 
nichts.  Von  den  Zahnpolstern  des  Gaumens  und  der  Zunge  wird  an- 
gegeben, daß  sie  sich  in  gleicher  Weise  wie  das  Kiefergebiß  ent- 
wickeln und  daß  der  Ersatz  ohne  Bildung  einer  Zahnleiste,  einfach 
durch  die  neben  jedem  Zahn  befindlichen  Papillen  der  Mundschleim- 
haut während  des  ganzen  Lebens  besorgt  werde.  Genauer  sind  wir 
aber  über  die  Zahnentwickelung  in  den  Kiefern  orientiert,  die  nach- 
dem ihr  Heincke  (1873)  und  Carlsson  (1895)  bereits  Beachtung  ge- 
schenkt hatten,  eine  zusammenhängende  Darstellung  durch  Fried- 
mann (1897)  erfahren  hat. 

Die  ersten  Spuren  von  Zahnbildung  treten  erst  am  23.  Tage  nach 
der  Befruchtung  bei  einem  Hechtembryo  von  9,5  mm  auf,  und  zwar 
im  Ober-  und  Unterkiefer.  Sie  machen  sich  einmal  dadurch  geltend, 
daß  die  untere  der  beiden  auf  diesem  Stadium  die  Epidermis  bilden- 
den Zellschichten  sich  in  radialer  Richtung  streckt;  zweitens  dadurch, 


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Fig.  223.  Esox  lucius  L.,  1,1  cm  lang.  Embryo  24  Tage  nach  der  Befruchtung. 
2  Zahnanlagen  des  Unterkiefers,  Zv  genau  im  Längsschnitte,  Z,,  peripher  getroffen. 
Ep  Kieferepithel.    CaM  MECKEL'scher  Knorpel.    Vergr.  375.    Nach  Friedmann. 

daß  das  unterliegende  Mesoderm  seine  Elemente  an  diesem  Punkte 
konzentriert.  Diesen  ersten  Anlagen  folgen  längs  den  Lippen  bald 
weitere,  und  alle  erfahren  in  der  Folge  rasch  eine  Weiterbildung.  Vom 
Mesoderm  stülpt  sich  nämlich  gegen  den  durch  weitere  Zellspaltung 
erhöhten  Epidermishügel  eine  kegelförmige  Papille  vor,  in  und  unter 
welcher    sich   immer    lebhafter   Bindegewebszellen   ansammeln.     Etwa 


380 


R.    BüRCKHARDT, 


am  30.  Tage  werden  die  Anlagen  des  Gaumengebisses  sichtbar.  Am 
31.  Tage  werden  die  Zahnanlagen  des  Zwischenkiefers  bereits  auf 
einem  Stadium  angetroffen,  wie  es  die  nebenstehende  Figur  zeigt. 
Die    Mesodermpapille   hat    gegen    die    Epidermis    hin    das    Zahnbein, 


E.Sch. 


Fig.  224.  Schnitt  durch 
den  Zwischenkiefer  des 
Hechtembryos  vom  31. 
Tage  nach  der  Befruchtung. 
D  Zahnbein.  K  knöcher- 
ner Zahnsockel.  <  'a  Knor- 
pel. Ep  Kieferepithel.  EScli 
oberste  Schicht  desselben, 
der  Epithelscheide  höherer 
Vertebraten  entsprechend. 
Vergr.  375.  Nach  Fried- 
mann. 


Dentin,  abgesondert,  ohne  daß  ihre  Zellen  gerade  eine  besondere  Um- 
wandlung erfahren  hätten.  An  der  Basis  hat  sich  der  also  eingeleitete 
Ausscheidungsprozeß  fortgesetzt,  es  hat  sich  der  knöcherne  Zahnsockel 
gebildet,  welcher,  was  allerdings  auf  der  Figur  nicht  hervortritt,  an 
einer  Stelle  so  durchbrochen  sein  muß,  daß  die  Mesodermpapille,  die 
bereits    zur  Pulpa    des  Zahnes   geworden   ist,    mit   dem   umgebenden 


Bindegewebe    in 


Verbindung 


bleibt.      Ob    Schmelz    bereits    von   der 


Epidermis  ausgeschieden  ist,  läßt  sich  für  dieses  Stadium  schwer  ent- 
scheiden ;  doch  sei  im  voraus  bemerkt,  daß  später  der  Hechtzahn  ein 
zartes  Schmelzhütchen  besitzt,  das  sich  vom  Dentin  abhebt,  aber  früh 
verloren    geht.     Was   aber    diesem  Modus    der   Zahnbildung   ein    be- 


geht. 

sonders  primitives  Gepräge  verleiht,  das  ist,  daß  der  Zahn  unmittel- 
bar in  der  Mundschleimhaut  gebildet  wird,  ohne  daß,  wie  bei  den 
höheren  Formen  der  Zahnentwickelung,  eine  Ablösung  des  zahnbilden- 
den Epithelbezirks  aus  seinem  ursprünglichen  Verbände  stattfindet. 
In  derselben  Weise  werden  auch  zeitlebens  die  Ersatzzähne  für  das 
Gaumengebiß  gebildet.  Im  Unterkiefer  allein,  wo  wir  auch  die  Einzel- 
zähne mächtiger  ausgebildet  antrafen,  ist  der  Modus  der  Zahnbildung 
und  des  Zahnersatzes  ein  anderer.  Diesem  haben  wir  jetzt  Beachtung 
zu  schenken.  Hier  wird  nämlich  der  Zahn  nicht  oberflächlich  in  der 
Mundschleimhaut  gebildet,  sondern  es  senkt  sich  der  Epithelbezirk, 
der  die  Mesodermpapille  überzieht,  samt  dieser  gegen  das  unter- 
liegende Bindegewebe  ein,  und  der  Zahn  gedeiht  zu  einer  bedeutenden 
Größe,  ehe  er  durch  die  Kieferschleimhaut  hervorbricht.  Von  beson- 
derer Bedeutung  ist  hierbei,  daß  die  also  gebildeten  Unterkieferzähne 
des  Hechtes  einzeln  aus  der  Mundschleimhaut  sich  einsenken,  ohne 
durch  eine  gemeinsame,  dem  Kiefer  parallel  laufende  Schleimhautfalte 
unter  sich  verbunden  zu  sein ;  das  ist  ein  primitiver  Zustand.  Ebenso 
ist  auch  das  Verhalten  der  Ersatzzähne  zu  diesen  Unterkieferzähnen 
ein  primitives.  Lingualwärts  nämlich  von  jedem  dieser  Unterkiefer- 
zähne hat  sich  bereits  eine  zweite,  mit  der  ersten  durch  eine  gegen 
das  Mesoderm  vordringende  Ektodermfalte  verbundene  Zahnanlage 
gebildet;  dieser  folgen  bald  weitere,  wenn  auch  nicht  gerade  regel- 
mäßiger Anordnung.  So  erhalten  wir  ein  Bild,  wie  es  Fig.  225 
zeigt. 


Die  Verknöcherungen  des  Integuments  und  der  Mundhöhle.     381 

Die  histologischen  Differenzierungen,  die  hier  auftreten,  bleiben 
an  Deutlichkeit  hinter  den  bei  höheren  Tieren  vorkommenden  zurück. 
So   unterscheiden    sich    die   Mesodermzellen,    welche    das   Dentin  ab- 


Fig.  225.  Flachschnitt  durch  die  Zähne  und  Ersatzzähne  des  Unterkiefers  von 
einem  jungen  Hecht.  1 — s  Kieferzähne  oder  deren  Abschnürungstelle.  EZ  jüngste 
Zellenanlagen.    Hinter  jedem  Kieferzahn   befindet  sich  eine  Epithelfalte,  die  zu  den 


Ersatzzähnen  führt. 


Vergr.  34. 


Nach  Friedmakx. 


sondern,  nur  wenig  von  den  übrigen  Zellen  der  Pulpa,  wenigstens 
bei  den  Gaumenzähnen,  die  Epithelzellen,  welche  den  Schmelz  ab- 
sondern, nur  wenig  von  den  übrigen,  und  obschon  bereits  hier  eine 
sogenannte  Schmelzpulpa  auftritt,  so  erreicht  sie  nicht  entfernt  den 
Grad  der  Differenzierung,  welcher  für  sie  bei  den  Zahnanlagen  der 
Krokodile  oder  der  Säuger  charakteristisch  ist. 


2.  Uebrige  Teleostomen. 


Ueber   andere  Teleostier 


Rose  (1894, 
der  großen 
Uebergänge 


liegen 


namentlich  Untersuchungen  von 

daß  bei 


möglichen 


No.  III)  und  Carlsson  vor.  Aus  diesen  erhellt 
Mannigfaltigkeit  des  Teleostiergebisses  alle 
zwischen  den  verschiedenen  Modi  der  Zahnbildung 
existieren.  Die  ersten  Generationen  der  Zähne  pflegen  allgemein 
direkt  in  der  Epidermis,  ohne  Einsenkung  derselben  ins  Mesoderm 
zu  entstehen  (placoides  Stadium,  Rose).  Häufig  jedoch,  und  besonders 
trifft  dies  bei  späteren  Zahngenerationen  und  bei  größeren  Zähnen  zu, 
findet  eine  Einsenkung  des  Zahnes  statt  (Zapfenstadium,  Rose).  Da- 
gegen ist  alsdann  der  Modus  des  Zahnersatzes  ein  verschiedener,  und 
zwar  können  hinter  jedem  zu  ersetzenden  Zahn  ein  oder  mehrere  Er- 
satzzähne in  mehr  oder  weniger  enger  Verbindung  mit  der  Mund- 
schleimhaut einwuchern,  wie  wir  es  am  Unterkiefer  des  Hechtes  ge- 
sehen haben,  oder  es  kann  eine  gemeinsame  Zahnleiste  die  Zähne  je 
einer  Generation  miteinander  enger  verbinden.  Dentin  und  Knochen 
entstehen  in  der  Regel  unabhängig  voneinander.  Wird  dieses  typische 
Teleostomengebiß  reduziert,  so  kommt  es  zum  Ausfall  von  Schmelz- 
bildung, zur  Ausbildung  nur  einer  Zahngeneration,  und  die  Ver- 
wachsung des  Zahnes  mit  dem  Knochen  unterbleibt,  wie  dies  Carlsson 
für  die  Vomerbezahnung  des  Lachses  schildert. 


382  R.    BURCKHARDT, 

Wenn  wir  nun  dazu  übergehen,  einigen  Modifikationen  Beachtung 
zu  schenken,  so  muß  in  erster  Linie  hervorgehoben  werden,  daß  im 
Zahnsystem  Unterschiede,  die  einer  systemastischen  Kluft  entsprechen 
würden  zwischen  Teleostiern  und  Ganoiden,  nicht  existieren.  So  wenig 
Lepidosteus,  über  dessen  Zahnentwickelung  uns  Rose  berichtet,  wie 
Polypterus  und  Amia,  unterscheiden  sich  in  Bezug  auf  ihre  Zahn- 
entwickelung in  wesentlichen  Punkten  von  Teleostiern.  lieber  die 
Störe  berichten  uns  die  russischen  Forscher  Salensky  (A.  L.  III.  1880, 
p.  81)  und  Zograff  (1887),  die  bei  Polyodon  folium,  sowie  bei  Aci- 
penser  von  der  3.  Woche  bis  zum  3.  Monat,  winzige  Zähne  auf  den 
Kiefern  vorfanden.  Nach  der  geographischen  Verbreitung  sowie  der 
Länge  der  Schnauze  scheint  sich  auch  die  Neigung  zur  Peristenz 
dieses  rudimentären  Gebisses  zu  richten.  Auf  den  Kiemenbogen 
finden  sich  nach  0.  Hertwig  (1874*)  dauernd  kleine  Zähnchen,  die 
durch  eine  Knochenlamelle  an  der  Basis  verschmolzen  sind.  Wichtiger 
erscheinen  die  Modifikationen,  welche  bei  gewissen  extremen  Teleostiern 
auftreten  und  die  dazu  angethan  sind,  den  Kreis  unserer  Vorstellungen 
von  der  Zahnentwickelung  bei  Fischen  wesentlich  zu  erweitern. 

In  erster  Linie  ist  hier  das  Schlundgebiß  der  Cyprinoiden  zu  er- 
wähnen, mit  dem  sich  besonders  Heincke  (1873)  und  Carlsson  be- 
schäftigt haben.  Die  echten  Karpfen  besitzen  Zähne  bloß  auf  den 
beiden  letzten  Kiemenbogen ;  wie  weit  Rudimente  der  Kieferbezahnung 
vorkommen  mögen,  muß  dahingestellt  bleiben.  Jene  Zähne  nun  er- 
innern durch  den  Besitz  von  Hals  und  Krone  an  Zahnformen  höherer 
Wirbeltiere,  sie  sind  dem  Kieferknochen  fest  aufgewachsen  und  nur 
in  der  frühesten  Jugend  von  einem  Schnielzkäppchen  überzogen.  Die 
Ersatzzähne  bilden  sich  als  isolierte  Epithelzapfen,  wobei  das  Schmelz- 
organ ganz  aus  seiner  Verbindung  mit  der  Mundschleimhaut  treten  soll. 

Zweitens  ist  zu  beachten,  was  Boas  (1879)  über  die  Zahn- 
entwickelung  der  Scariden  berichtet.  Bei  diesem  trägt  das  vierte  Paar- 
oberer  und  unterer  Kiemenbogenstücke  Zahnplatten,  dorsal  zwei,  ven- 
tral eine,  die  aus  einem  Pflaster  dicht  gestellter  und  streng  geometrisch 
angeordneter  Zähne  bestehen.  Diese  werden  von  Cement  zusammen- 
gehalten, sind  mit  mächtigen  Schmelzkappen  überzogen  und  am  Hinter- 
rande am  stärksten  abgekaut.  Der  Zahnersatz  findet  am  Vorderrande 
statt,  aber  nicht  von  einer  quer  verlaufenden  Schmelzleiste,  sondern 
von  einzelnen  Epithelzapfen  aus.  Ebenso  am  Dentale  und  Inter- 
maxillare,  wo  eine  große  Zahl  von  Ersatzzähnen,  in  Reihen  gestellt, 
gleichzeitig  mit  ihren  Vorgängern  in  Funktion  treten. 

Aehnliche  Verhältnisse  existieren  bei  Tetrodon  und  Diodon,  wo 
ganze  Zahnplatten  ausgebildet  werden.  Doch  ist  die  Entwicklung 
dieser  Gebisse  noch  wenig  bekannt. 

Endlich  verdient  das  völlige  Fehlen  des  Gebisses  bei  den  Lopho- 
branchiern  Beachtung. 

C.  Das  <xel)iß  der  Selachier. 

1.  Die  typische  Entwickelung  bei  den  primitiven 

Sei  ac  hiergebissen. 

Wie  schon  eingangs  erwähnt,  betrachten  wir  das  Gebiß  der  Se- 
lachier, wenn  wir  von  den  Mundschleimhautzähnchen  absehen,  als 
minder  primitiv  im  Vergleich  zu  den  niedrigeren  Gebißformen  bei  den 
Teleostomen,  sowohl  in  seiner  definitiven  Verfassung  als  auch  in  seiner 


Die  Verknöcherungen  des  Integuments  und  der  Mundhöhle.      383 

Entwickelung.  Uebergangsformen  zwischen  dem  Mundschleimhautzahii 
und  den  Kieferzähnen  fehlen  ihnen  so  gut  wie  ganz,  und  bis  jetzt  ist 
nur  eine  Modifikation  der  Mundschleimhautzähne  gefunden  worden, 
die  vom  Typus  der  Placoidschuppe  (s.  p.  378)  erheblich  abweicht.  Bei 
der  riesenhaften  planktivoren  Selache  maxima  nämlich  erfahren  die 
Kiemenbogenzähne  eine  ganz  eigenartige  Umbildung,  deren  Ontogenie 
freilich  noch  unbekannt  ist.  Sie  legen  sich  zu  Hunderten  in  einer 
eng  geschlossenen  Reihe  aneinander  und  bilden  zwei  Spitzen  aus,  deren 
eine  kürzere  in  der  Mundschleimhaut  steckt,  wogegen  die  andere 
längere  mehrere  Centimeter  auswächst  und  von  einem  elastischen  eigen- 
tümlich modifizierten  Dentin  gebildet  wird.  Der  durch  diese  parallel 
gerichteten  Spitzen  gebildete  biegsame  Kamm  dient  zum  Filtrieren 
des  Planktons.  Für  das  Nähere  verweise  ich  auf  Turner's  (1880)  Be- 
schreibung dieser  genetisch  und  physiologisch  so  bedeutungsvollen 
Modifikation  des  Gebisses.  Außer  diesem  Apparat  finden  sich  bei 
keinem  Selachier  andere  Modifikationen  des  Mundschleimhautgebisses 
als  die  den  Kiefern  angehörigen  Zahnreihen,  die  sich  hinter  dem 
Mandibularknorpel  und  dem  Palatoquadratknorpel  anlegen. 

Der  Einzelzahn  des  Selachiergebisses  kann  in  seiner  Form  sehr 
starken  Veränderungen  ausgesetzt  sein,  der  histologische  Aufbau  bleibt 
derselbe.  Zweifellos  ist  der  Hauptbestandteil  Dentin,  welches  durch 
parallel  gerichtete,  radiäre  Röhrchen  kenntlich  ist ;  der  innere  Teil 
des  Zahnes  ist  häufig  mit  einem  aus  ähnlicher,  aber  balkenartig  ver- 
zweigter Modifikation  derselben  Substanz  erfüllt,  dem  Trabekulin; 
die  oberflächlichste  Schicht  des  Dentins  bildet  das  Vitrodentin, 
welches,  von  allerfeinsten  Röhrchen  durchzogen,  einen  harten,  schmelz- 
artigen Ueberzug  des  Dentinkegels  bildet.  Ob  Schmelz  am  Aufbau 
des  Selachierzahnes  teilnimmt,  und  ob  als  eine  eigentliche  Schicht, 
oder  bloß  als  ein  sogenanntes  Oberhäutchen,  darüber  ist,  wie  wir  schon 
auf  p.  353  ausgeführt  haben,  noch  keine  Einigkeit  erzielt. 

Wir  lassen  diese  Meinungsverschiedenheiten  undiskutiert,  da  sie 
ein  Eingehen  auf  alle  histologischen  Argumente  fossiler  Urkunden  er- 
fordern würden  und  überdies  für  die  Entwickelungsgeschichte  von  unter- 
geordneter Bedeutung  sind.  An  der  Basis  des  Zahnes  bildet  sich  eine 
von  Bindegewebsfibrillen  und  spärlichen  Zellen  durchzogene  Hartsubstanz 
aus,  die  man  als  osteoides  Gewebe  bezeichnen  muß.  Zu  diesen 
Hartgebilden  des  Selachierzahnes  gesellt  sich  im  Innern  eine  Pulpa, 
bestehend  aus  Bindegewebe,  Blutgefäßen,  Lymphgefäßen  und  Nerven. 
Die  oberflächlichste  Schicht  derselben,  welche  an  das  Dentin  stößt. 
wird  von  den  Odontoblasten  oder  Zahnbildnern  gebildet.  Sie  unter- 
scheiden sich  von  den  übrigen  Bindegewebszellen  besonders  durch 
einen  einseitig  ausgebildeten,  schwach  verzweigten,  in  die  Dentin- 
röhrchen  hineinragenden  Leib. 

Die  Entwickelung  des  Kiefergebisses  der  Selachier  verläuft  nach 
0.  Hertwig  (1874),  dessen  Beobachtungen  von  Tomes  (1898),  Jentsch 
(1898)  und  Laaser  (1900)  erweitert  wurden,  folgendermaßen. 

Bei  Acanthias  vulgaris  zeigt  sich  die  erste  Anlage  der  Zahnleiste 
schon  beim  4,5  cm  langen  Embryo;  längs  den  bereits  knorpligen  Anlagen 
der  Kiefer  zieht  hinter  denselben  eine  Epithelverdickung  entlang,  die  ins 
embryonale  Bindegewebe  hineinragt.  Sie  besitzt  auf  der  ganzen  Länge 
ihrer  Ausdehnung  dieselbe  Form  und  bildet  also  ein  gleichmäßiges 
Band,  eine  Leiste.  Ihr  entspricht  an  der  Oberfläche  eine  seichte  Furche, 
die  Zahnfurche.     Die   Elemente   der   Epidermis   erfahren   durch   diese 


384  R.    BURCKHARDT, 

Einwucherung  gewisse  Veränderungen.  Es  strecken  und  vermehren 
sich  nämlich  an  der  Zahnleiste  die  Cylinderzellen  der  dem  Mesenchym 
zugekehrten  Schicht,  ja  sie  bilden  beinahe  eine  doppelte  Lage.  Ihnen 
folgen  auf  der  Einwucherung  die  sie  bedeckenden  kubischen  Epithel- 
zellen und  bilden  an  dieser  Stelle  mehrere  Schichten.  Zwischen  dieser 
gesamten  Einwucherung  nun  und  der  Aülage  des  Kieferknorpels  ver- 
dichtet sich  das  Mesenchym,  besonders  auch  in  dem  spitzen  Winkel, 
der  zwischen  der  Zahnleiste,  der  labial  von  ihr  gelegenen  Epidermis 
und   dem  Knorpel   liegt.    Unsere  Fig.  226   stellt  dieses  Stadium  vom 

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Fig.  226.  Embryo  vom  Spinax  niger,  4,5  cm  Länge.  Längsschnitt  durch  den 
Oberkiefer  nahe  der  Mitte,  dms  verdichtetes  Mesenchym.  ok  Palatoquadratknorpel. 
ZI  Zahnleiste.  Zp  Zahnpapille.  epi  Mundepithel  innerhalb  der  Zahnleiste  (lingual). 
Vergr.  204.    Nach  Laaser. 

Oberkiefer  dar,  doch  ist  zu  bemerken,  daß  die  Zahnleiste  des  Unter- 
kiefers der  des  Oberkiefers  zeitlich  etwas  vorauseilt.  In  der  Folge 
schreitet  nun  der  also  eingeleitete  Wucherungsprozeß  weiter  vor,  und 
es  bilden  sich  bald  die  ersten  Zahnanlagen  in  ähnlicher  Weise,  wie 
Placoidschuppen  an  derjenigen  Stelle,  die  in  unserer  Figur  mit  sp  be- 
zeichnet ist.  Nach  Laaser  sind  bei  einem  Embryo  von  4,9  cm  im 
Oberkiefer  bereits  8,  im  Unterkiefer  19  Zahnanlagen  anzutreffen.  Bilder, 
die  für  das  Verständnis  des  ganzen  Entwickelungsprozesses  am  günstig- 
sten sind,  begegnen  uns  jedoch  erst  etwa  beim  Acanthiasembryo  von 
10  cm  und  beim  Spinaxembryo  von  8  cm.  Die  Zahnleiste  ist  jetzt 
weit  hinter  die  Kieferknorpel  gewachsen,  und  während  ihre  linguale 
Seite  annähernd  glatt  geblieben  ist,  zeigt  die  labiale,  dem  Kiefer  zu- 
gewendete   Seite    unregelmäßige,   aber   deutliche   Wellen.     Unter   den 


Die  Verknöcherungen  des  Integuments  und  der  Mundhöhle.     385 

vordersten  dieser  AV eilen  bemerkt  man  im  Unterkiefer  zwei,  im  Ober- 
kiefer eine  Zahnanlage,  an  der  es  bereits  zur  Ausscheidung  von  Hart- 
substanz gekommen  ist,  die  sich  kegelartig  auftürmt.  Unsere  Fig.  227 
giebt  ein  Uebersichtsbikl  dieses  Entwickelungsstadiums  von  Spinax. 

Für  die  histologischen  Vorgänge,  die  sich  hierbei  abspielen,  gilt 
dasselbe,  was  bei  der  Placoidschuppenentwickelung  zu  sagen  war,  je- 
doch mit  einigen  Modifikationen,  da  der  Kieferzahn  nicht  die  Epidermis 
sofort  durchbricht,  wie  der  Hautzahn.  Die  Basalschicht  der  Epidermis 
ist  in  ihrem  ganzen  Zusammenhang  noch  zu  erkennen,  wenn  auch  auf 


~. ifn 


Fig.  227.  Embryo  vom  Spinax  niger,  8  cm  Länge.  Sagittalschnitt  durch  die 
Kiefer,  zf  Zahnfurche,  zl  Zahnleiste,  ok  Palatoquadratknorpel.  aze  äußeres  Zahn- 
epithel (agf  äußere  Grenzfurche,  ifn  u.  i/o  innere  Mundfalte  der  Kiefer).  Vergr.  55. 
Nach  Laaser. 


dem  lingualen  Blatt  der  Zahnleiste  ihre  Elemente  am  hinteren  Rande, 
als  der  Stelle  intensivster  Streckung,  ihre  Cylinderform  aufgegeben 
haben.  Verdoppelt  erscheint  diese  Schicht  nur  noch  an  dem  Ende 
des  labialen  Blattes,  wo  sich  eben  erst  neue  Zahnanlagen  bilden,  da- 
gegen überzieht  sie  als  regelmäßiges  Cylinderepithel  die  davor  liegenden 
Wellen.  An  drei  Zahnanlagen  hat  diese  Schicht  der  Ameloblasten  wohl 
auch   schon  Schmelz   an   ihrer   Basis   ausgeschieden,   doch   ist   er   der 

Handbuch  der  Entwicklungslehre.  II.  1.  25 


386  R.    BURCKHARDT, 

Entkalkung  des  Präparates  zum  Opfer  gefallen.  Im  Vergleich  zur 
Basalschicht  spielt  die  oberflächliche  eine  passive  Rolle,  sie  füllt  die 
Lücken  jener  aus.    Dagegen  ist  das  Mesenchym  weitere  Veränderungen 


agf  uk 

Fig.  228.  Embryo  vom  Spinax  niger,  8  cm  Länge.  Längsschnitt  durch,  den 
Unterkiefer.  Detailbild  zu  Fig.  227.  z  erste  Zahnanlage.  Uebrige  Bezeichnungen  s.  o. 
Vergr.  100.    Nach  Laaser. 

eingegangen.  Es  konzentriert  sich  an  den  Wellenthälern  des  labialen 
Zahnleistenblattes  und  hat  an  den  beiden  vordersten  Zahnanlagen  be- 
reits dicke  Dentinrinden  abgesondert,  die  eine  kegelartige  Gestalt  be- 
sitzen und  die  Hauptmasse  der  Hartgebilde  des  Zahnes  vorstellen. 
In  diesen  Dentinkegeln  belinden  sich  größere  Bindegewebszellen,  die 
in  der  Folge  teils  zu  Odontoblasten  werden,  teils  bloße  Pulpazellen 
bleiben.  Auch  an  der  Basis  des  Dentinkegels  hat  sich  ein  Sockel  ge- 
bildet, der  später  zur  Wurzel  des  Zahnes  wird.  Auch  der  Unterkiefer- 
knorpel grenzt  sich  schärfer  ab  als  auf  früheren  Stadien.  Man  findet 
somit  auf  demselben  Längsschnitt  verschiedene  Entwicklungsstufen 
der  Zahnanlage;  die  meist  ausgebildeten  stehen  dem  Kieferrande  am 
nächsten. 

Die  weitere  Entwickelung  des  Zahnes  hat  zur  Folge,  daß  der 
Schmelz  nur  unbedeutend  zunimmt.  Das  Dentin  dagegen  verdickt 
sich  mächtig,  seine  oberflächliche  Schicht  wird  durchsichtig  und  ent- 
hält nur  die  feinsten  Röhrchen,  sie  wird  zu  Vitrodentin,  während  die 
tieferen  Schichten  sich,  besonders  im  Anschluß  an  die  äußere  Form 
des  Zahnes,  verschieden  gestalten.  Meist  behalten  sie  die  Struktur  des 
typischen  Dentins  bei,  mit  dem  Unterschied  gegenüber  dem  Dentin 
höherer  Wirbeltiere,  daß  sie  von  weitverzweigten  Röhrchen,  die  nicht 
immer  parallel  laufen,  durchzogen  sind.  Oft  aber,  und  das  ist  be- 
sonders bei  voluminösen  Zähnen  der  Fall,  bildet  sich  nur  eine  relativ 
dünne  Dentinkappe  aus,  dagegen  durchwachsen  die  Pulpa  mehr  oder 
weniger  regelmäßig  angeordnete  Balken  von  Dentinsubstanz,  in  denen 
auch    später    die   fürs   Dentin   charakteristischen   Röhrchen   sich   aus- 


Die  Verknöcherungen  des  Integuments  und  der  Mundhöhle. 


387 


bilden.  Unsere  Fig.  229  zeigt  das  Entstehen  dieser  Modifikation  des 
Dentins,  die  durch  ihr  weiteres  Wachstum  die  Pulpa  auf  ein  relativ 
enges  Kanalsystem  zusammendrängt.  So  entsteht  diejenige  Hartsub- 
stanz, welche  Owen  Vasodentin,  Rose  (1897)  Trabekulardentin  und 
wir  Trabekulin  nennen  (s.  p.  355). 

Der  Zahnwechsel  ist  bei  den  Selachiern  ein  sehr  lebhafter.  Neu- 
bildung von  Zähnen,  meist  unter  mäßiger,  aber  konstanter  Größen- 
zunahme, erfolgt  während  des  ganzen 
Lebens.  Wie  beim  Embryo  liegen 
die  neuen  Anlagen  stets  hinter  den 
in  Funktion  befindlichen,  in  der 
Tiefe  der  Schleimhaut.  Ist  nun 
eine  Generation  von  Zähnen  abge- 
nutzt, so  rückt  eine  folgende  an 
ihre  Stelle.  So  findet  eine  be- 
ständige Fortbewegung  der  zahn- 
tragenden   Schleimhaut    nach   vorn 


Fig.  229.     Vorletzter 


Ersatzzahn  aus 
dem  Oberkiefer  einer  jungen  Myliobatis 
aquila.  Ep  Epithelreste  der  Zahnleiste. 
D  Dentin.  Tri)  Trabekulardentin  (Trabe- 
kulin).   Vergr.  20.     Nach  Rose. 


eine  Walze  hingleitet.     Wie 


statt,  wobei  sie  über  den  Kiefer  wie  über 

die  jüngeren  Zähne  vorrücken,  wuchern  die  Zellen  am  Hinterende  der 

Zahnleiste,    und  es  entstehen  dort  fortwährend  neue  Anlagen  (Andre 

1784). 


2.   Modifikationen    der    E  n  t  w  i  c  k  e  1  u  n  g   bei   den   speciali- 

sierten  S  elachiern. 

Im  Anschluß  an  die  Schilderung  des  typischen  Verlaufs  der  Ge- 
bißentwickehmg  bei  den  Selachiern  ist  zu  betonen,  daß  in  gleicher 
Weise,  wie  bei  den  Teleostomen,  der  Prozeß  durch  die  Specialisierung 
des  Gebisses  bei  den  Erwachsenen  wesentlich  modifiziert  werden  kann. 
Auf  einen  vollkommen  abweichenden  Zahnwechsel  lassen  Gebisse 
schließen,  wie  diejenigen  von  Cochliodonten  oder  von  Edestus  (Kar- 
pinski). Nähere  Angaben  besitzen  wir  über  die  Zahnentwickelung 
eines  der  aberrantesten  Selachiergebisse,  desjenigen  von  Myliobatis 
(Treuenfels  1896).  wo  endgiltig  nachgewiesen  wurde,  daß  auch  große, 
breite  Pflasterzähne  nicht  durch  Konkrescenz  gebildet  zu  werden 
brauchen,   sondern  ihrer  Entwickelung  nach  Einzelzähne  sind. 

Auch  Gebisse,  die  im  späteren  Leben  von  den  typischen  Selachier- 
gebissen  stark  abweichen,  zeigen  zu  Beginn  ihrer  Entwickelung  die 
typische  Placoidform  in  den  ersten,  niemals  funktionierenden  Gene 
rationen.  Es  beweist  dies  den  hohen  Wert  der  ersten 
rationen  im  Dienste  der  Phylogenie. 

So  hat  Rose  (1894,  No.  I)  bei  einem  Chlamydoselachusembryo  von 
34  cm  Länge  dargethan,  daß  die  Zähne  in  labial-lingualer  Richtung 
im  Unterkiefer  eine  mediane  und  sieben  voneinander  entfernt  stehende 
laterale  Reihen  bilden.  Die  erste  Generation  derselben,  welche  am  Ueber- 
gang  der  Kieferschleimhaut  in  die  Oberhaut  steht,  besteht  im  Vorder-- 
abschnitt  aus  einspitzigen,  im  Hinterabschnitt  aus  zweispitzigen  Zähn- 

25* 


Zahngene- 


.",SS  R.  BURCKHARDT, 

chen,  die  iu  der  Größe  zwischen  einer  Placoidschuppe  und  einem  Zahn 
späterer  Generationen  in  der  Mitte  stehen.  Die  etwas  größeren  Zähnchen 
zweiter  Generation  sind  zwei-  bis  dreispitzig  und  leiten  erst  zu  den 
typischen  Zähnen  über.  Ebenso  zeigte  Miclucho-Maclay  (1879). 
daß  die  ersten  Zahngenerationen  von  Cestracion  aus  Elementen  be- 
stehen, die  unter  sich  gleich  und  noch  keineswegs  den  späteren 
Pflasterzähnen  auf  der  Kiefermitte  dieses  eigentümlichen  Gebisses 
ähnlich  sind.  Endlich  hat  auch  Jaekel  (1893)  bei  Myliobatis  die 
ersten  Zahngenerationen  als  aus  runden  Elementen  bestehend  ge- 
schildert und  nachgewiesen,  daß  erst  in  den  folgenden  Generationen 
die  für  die  erwachsene  Gebißform  so  bezeichnende  Querstreckung 
des  Mittelzahns  auftritt. 

Durch  die  Freundlichkeit  unseres  Mitarbeiters,  Herrn  Prof. 
H.  Schauinsland  sind  wir  in  der  Lage,  seine  Beobachtungen  über 
die  Entwickelung  des  Holocephalengebisses  mitzuteilen,  welche  er  uns 
zu  erstmaliger  Publikation  an  dieser  Stelle  zur  Verfügung  stellt.  Die 
bei  den  erwachsenen  lebenden  Holocephalen  vorkommenden  Formen 
sind  nach  ihm  schon  bei  den  Embryonen  vorhanden.  In  keiner  der 
Kauplatten  (oben  4,  unten  2)  und  auf  keinem  Stadium  tritt  eine  An- 
deutung davon  zu  Tage,  daß  diese  Gebilde  durch  Konkrescenz  ent- 
standen wären.  Die  erste  Anlage  erscheint  als  eine  dünne,  flache 
Dentinscherbe  auf  einer  enorm  verbreiterten  Zahnpapille.  Fast  gleich- 
zeitig mit  ihr  bilden  sich  im  unterliegenden  Bindegewebe  Balken  von 
Trabekulin,  wie  solches  auch  die  Zahnplatten  des  erwachseneu  Indi- 
viduums ausfüllt.  Zur  Absonderung  von  Schmelz  kommt  es,  trotzdem 
sich  die  Elemente  der  basalen  Epidermisschicht  strecken,  nicht,  wohl 
aber  erscheint  das  Dentin  an  seiner  Oberfläche  mit  einer  Lage  von 
Vitrodentin  bedeckt.  Innerhalb  der  Längskämme  der  Zahnplatten  be- 
obachtete Schauinsland  langgestreckte  Körper  von  einer  andern 
Substanz,  die  er  als  weiches  Dentin  bezeichnet.  Diese  Körper  treten 
erst  in  vorgerückteren  Entwickelungsstadien  auf  und  sollen  möglicher- 
weise der  letzte  Ausdruck  einstiger  Zahnfolgen  sein. 

D.  Dipnoer. 

Die  eigentümliche  Bezahnung  der  Dipnoer  hat  schon  seit  langem 
auch  als  entwickelungstheoretisch  interessant  gegolten,  einmal  wegen 
der  vermutlichen  Mittelstellung  der  Dipnoer  zwischen  Fischen  und 
Amphibien,  dann  aber  auch,  weil  diese  Fischgruppe  in  allgemein  ana- 
tomischer Hinsicht  der  Spekulation  gewisse  Anhaltspunkte  darbot. 
In  letztgenannter  Richtung  ist  vor  allem  Owen  vorgedrungen,  während 
die  späteren  Untersucher  das  Studium  der  Dipnoer  mehr  von  syste- 
matischem Gesichtspunkte  ins  Auge  faßten.  In  neuerer  Zeit  hat 
Rose  (1892,  No.  X)  versucht,  dem  erwachsenen  Gebiß  von  Protopte- 
rus  allgemeinere  Anschauungen  abzugewinnen ;  doch  haben  sich  diese 
nicht  bewährt,  als  Semon  (1899)  auf  Grund  reichen  embryologischen 
Materials  den  aufgeworfenen  Fragen  näher  trat,  Wenn  nun  auch  Publi- 
kationen über  Entwickelung  des  Zahnsystems  von  Protopterus  und 
Lepidosiren  noch  ausstehen  und  manche  Ergänzung  erwarten  lassen, 
so  dürften  doch  die  Hauptfragen,  die  an  die  Bezahnung  der  Dipnoer 
anknüpfen,  bereits  von  letztgenanntem  Autor  an  Ceratodus  schon 
entschieden  worden  sein. 

Zur  Orientierung  sei  daran  erinnert,  daß  sich  das  Gebiß  der 
lebenden  Dipnoer  auf  drei  Paare  von  Zahnplatten    reduziert,    die  fest 


Die  Verknöcheruugen   des  Integunients  und  der  Mundhöhle.      389 

mit  den  unterliegenden  Knochen  verwachsen  sind.  Im  Unterkiefer  ist 
je  eine  Platte  auf  dem  Operculare,  im  Oberkiefer  eine  der  Opercular- 
platte  an  Größe  entsprechende  auf  dem  Palatopterygoid.  Beide  tragen 
an  ihrer  Kaufläche  Kämme,  die  lingual  konvergieren  und  mehr  oder 
weniger  die  Kaufläche  zerlegen.  Dazu  kommt  ein  Paar  kleiner,  bei 
Ceratodus  mehrspitzig  -  schaufelartiger ,  bei  Protopterus  konischer 
Vomerzähne. 

Wertvolle  Aufschlüsse  über  die  mutmaßliche  Genese  dieser  eigen- 
tümlichen Gebißform  sind  von  paläontologischer  Seite  gebracht  worden. 
Schon  Jaekel  (1890)  hat  gezeigt,  wie  von  den  paläozoischen  Phanero- 
pleurinen  her  schrittweise  eine  Umwandlung  des  Gebisses  bis  zu  den 
lebenden  Dipnoern  überleitet.  Diese  Umwandlung  besteht  darin,  daß 
bei  Phaneropleuron  acht  lingualwärts  konvergierende  Kämme  noch 
ihre  Abkunft  von  verschmolzenen  Zahnreihen  dadurch  zum  Ausdruck 
bringen,  daß  sich  an  ihnen  die  einzelnen  Zahnspitzen  noch  mehr  oder 
weniger  selbständig  ausbilden.  Diese  Selbständigkeit  wird  bei  den 
jüngeren  Dipnoern  immer  mehr  aufgegeben.  Ferner  fanden  sich  bei 
Phaneropleuron  Einzelzähne  an  den  Kieferrändern,  deren  Existenz  aus 
dem  erwachsenen  Zustand  der  lebenden  Dipnoer  nicht  zu  erklären  ist. 
Sodann  hat  Traquair  auch  die  Anfangsstadien  dieses  phylogenetischen 
Prozesses  nachgewiesen ,  indem  bei  den  paläozoischen  Gattungen 
Uronemus  und  Conchopoma,  die  schon  als  primitive  Dipnoer  zu  be- 
trachten sind,  das  Gebiß  aus  isolierten  Kegelzähnen  besteht. 

Bestätigten  schon  diese  paläontologischen  Befunde  die  Annahme, 
daß  die  Dipnoerkauplatten  als  Verschmelzungsprodukte  zu  betrachten 
seien,  so  wurde  sie  zur  Gewißheit  durch  die  schon  erwähnte  Unter- 
suchung von  Semon,  der  wir  folgendes  entnehmen. 

Die  Zahnentwickelung  von  Ceratodus  beginnt  im  Stadium  44  mit 
Anlagen  in  der  Mundschleimhaut,  die  denen  anderer  Fische  völlig- 
gleich  sehen,  also  dem  placoiden  Typus  angehören.  Ihre  Zahl  nimmt 
aber  äußerst  rasch  zu,  sodaß  schon  in  folgenden  Stadien  je  vier  in 
jeder  Ober-  und  Unterkieferhälfte  nachweisbar  sind.  Diese  Anlagen 
lassen  sich  von  nun  an  auch  auf  weiteren  Entwickelungsstadien  stets 
wiederfinden,  und  so  ist  der  Zuwachs  an  neuen  unschwer  zu  bemessen. 
Sie  bilden  zunächst  lose  in  der  Schleimhaut  sitzende  Dentinkegel,  an 
deren  Basis  erst  nachträglich  ein  weitmaschiges  Netzwerk  von  Knochen- 
balken entsteht,  das  die  verschiedenen  Zahnspitzchen  miteinander 
verbindet.  Dieses  Maschenwerk  verbreitet  sich  immer  mehr,  nur  in 
der  Median  ebene  stoßen  beide  Hälften  im  Oberkiefer  nicht  zusammen. 
Im  Unterkiefer  freilich  haben  sich  zwei  kleine  medial  gelegene  Zähnchen 
ausgebildet,  deren  Basis  verwächst  und  die  Medianebene  überbrückt, 
wofern  nicht  überhaupt  bloß  eine  mediane  Zahnspitze  vorhanden  ist. 
Außerdem  vereinigen  sich  in  jeder  Unterkieferhälfte  nicht  alle  Zahn- 
sockel zu  einer  einheitlichen  Masse,  sondern  es  entstehen  je  zwei  ein- 
ander parallel  laufende  Knochenbesätze  des  MECKEL'schen  Knorpels, 
ein  innerer  opercularer  und  ein  äußerer,  der  mit  dem  inneren  nicht 
verwächst  und  in  der  Folge  eine  Rückbildung  erfährt.  An  ihm  gehen 
später  die  Zahnspitzen  verloren  und  er  wird  zu  dem  von  Huxley  als 
Dentale  bezeichneten  Knochen,  der  im  erwachsenen  Zustande  an 
Masse  hinter  dem  die  Zahnplatten  tragenden  Operculare  weit  zurück- 
bleibt und  gänzlich  zahnlos  ist.  Die  Zahnspitzen  des  Dentale,  offen- 
bar die  Antagonisten  der  Vomerzähne,  sind  es  wohl  auch,  welche  jenen 
vereinzelten  Zähnchen  am  Kieferrande  bei  den  älteren  Dipnoern  ent- 


390  R.    BüRCKHARDT, 

sprechen    und   hier   (Mitogenetisch   einen    ursprünglichen    Zustand   des 
Stammes  wiederholen. 

Was  den  histologischen  Bau  der  also  sich  entwickelnden  Ceratodus- 
zähne  betrifft,  so  konnte  Semon  keine  Spuren  von  Schmelzbildung 
nachweisen.  Die  peripheren  Schichten  des  Zahnes  bestehen  aus  Vitro- 
dentin,  die  Basen  der  Zahnspitzen  aus  Bindegewebsverknöcherungen, 
in  denen  auf  geraume  Zeit  keine  Osteoblasten  eingeschlossen  werden. 
Später  allerdings  umschließt  der  zahntragende  Knochen  auch  Knochen- 
körperchen.  Unter  dein  Vitrodentin  hat  sich  während  der  weiteren 
Entwickelung  Dentin  mit  unregelmäßig  verästelten  Röhren  ausgebildet, 
das  wir  zum  Trabekulin  zu  zählen  haben. 

So  weit  ist  die  Entwickelung  des  Ceratodusgebisses  auf  Stadium 
48  gediehen.  Es  ragen  jetzt  die  Einzelspitzen  durch  die  Mundschleim- 
haut als  scheinbar  getrennte  Kegel  hervor.  Trotz  einem  hohen  Grade 
der  Ausbildung  gleicht  dieses  Gebiß  in  seiner  äußeren  Konfiguration 
noch  sehr  wenig  dem  des  erwachsenen  Ceratodus.  Schnitte  durch 
dasselbe  zeigen  aber  eine  überaus  weitgehende  Aehnlichkeit  mit 
Dünnschliffen  durch  die  Zahnspitzen  paläozoischer  Dipnoer.  Im 
Laufe  der  Stammesgeschichte  der  Dipnoer  vollzieht  sich  nun  eine 
Verwachsung  der  ursprünglich  getrennten  Spitzen  zu  radialen 
Kämmen.  Dabei  nehmen  die  Basen  der  Zahnspitzen  immer  mehr  zu, 
das  Trabekulin  verdrängt  das  Vitrodentin  und  seine  Kanäle  stellen 
sich  senkrecht  zur  Oberfläche.  Die  Kämme  treten  zurück  und  machen 
einer  immer  breiter  werdenden  Kaufläche,  wie  sie  die  Gattung  Cera- 
todus besitzt,  Platz,  die  Zahnplatte  wird  von  einer  sekundären  Pulpa- 
höhle  unterlagert  und  hat  während  des  ganzen  Lebens  zu  funktio- 
nieren. Nun  fehlen  in  Semon's  Materialien  gerade  diejenigen  Stadien 
der  Ontogenie  von  Ceratodus,  welche  dieser  phylogenetischen  Ver- 
wandlung entsprechen.  Aber  es  unterliegt  wohl  kaum  einem  Zweifel, 
daß  auf  den  ontogenetisch  letzten  Zustand,  der  dem  geologisch  ersten 
entspricht,  Stadien  folgen  werden,  die  ebenfalls  die  stammesgeschicht- 
liche  Entwickelung  rekapitulieren. 

Es  muß  hier  nur  im  Anschluß  an  Semon  hervorgehoben  werden, 
daß  bei  Verschmelzung  der  Zahnspitzen  der  Prozeß  nicht  in  der 
Richtung  der  primären  Zahnreihen  erfolgt,  sondern  funktionelle  Ein- 
flüsse dazu  beitragen  mögen,  daß  sich  bei  der  Verschmelzung 
andere  Kombinationen  ergeben. 

Von  Rose  (1892,  No,  IX)  ist  ein  Zahnwechsel  bei  Dipnoern  an- 
genommen  worden,   da   während   der    Schlafperiode   von   Protopterus 


Fig.  230.  Oberkieferzähne  aus  den  Stadien  45 '/2  und  48  von  Ceratodus  Forsten. 
Die  Buchstaben  bezeichnen  die  Reihen  aufeinanderfolgender  Einzelzähnchen  und 
zwar  a — c  die  des  Oberkiefers,  v  die  des  Vomers.     Vergr.  50fach.     Nach  Semon. 


Die  Verknöcherungen  des  Integuments  und  der  Mundhöhle.     391 

eine  Epithelschicht  die  Zahnplatte  überzieht.  Wir  nehmen  mit  Semon 
an,  daß  diese  Epithelbedeckung  eine  Schutzvorrichtung  gegen  Aus- 
trocknung der  Zahnplatten  sei  und  ihre  Entstehung  einer  jedesmaligen 
Wucherung  der  Mundschleimhaut  verdanke.  Ein  Zahnwechsel  kommt 
den  Dipnoern  nicht  zu. 

Eine  augenfällige  Weiterbildung  des  Gebisses,  wie  es  uns  bei  den 
typischen  Dipnoern  entgegentritt,  repräsentiert  dasjenige  der  Arthro- 
diren,  eigentlicher  Riesenfische  des  Palaeozoicums,  deren  Zugehörig- 
keit zu  den  Dipnoern  wohl  kaum  mehr  zu  bestreiten  ist.  Die  Onto- 
genie  dieser  Gebißform  ist  aber  noch  unbekannt. 

IV.  Die  Entwickelung  des  Gebissesj  bei   den  Sauropsiden  *). 

A.  Amphibien. 

Abgesehen  von  den  irrtümlichen,  weil  auf  unrichtiger  Verallge- 
meinerung beruhenden  Angaben  Leydig's  (1873)  über  die  Zahnent- 
wickelung der  Amphibien,  sind  es  die  Arbeiten  von  S.  Sirena  (1871), 
0.  Hertwig  (1874*),  Rose  (1894,  No.  IV)  und  Wiedersheim  (1882), 
welche  uns  über  diesen  Gegenstand  belehren. 

„Wenn  wir  zunächst  die  Verteilung  der  Zähne  untersuchen,  so 
findet  man  Amphibienarten,  bei  denen  fast  jeder  Knochen  der  Mund- 
höhle Zähne  trägt,  sowie  anderseits  vollkommen  zahnlose  Arten. 
Zwischen  beiden  stehen  Formen,  deren  Knochen  in  verschiedener 
Kombination  mit  einem  Zahnbesatz  ausgerüstet  sind.  Die  reichste 
Bezahnung  besitzen  im  ganzen  genommen  die  älteren  Amphibien- 
ordnungen  ,  die  Apoden ,  Perennibranchiaten,  Derotremen  und  Sala- 
mandrinen,  die  geringste  dagegen  die  Batrachier."     0.  Hertwig. 

Zahntragend  können  demnach  sein:  Intermaxillare,  Maxillare, 
Palatinum,  Vomer,  Parasphenoid  (Plethodon),  Dentale  und  Operculare. 
Fügen  wir  noch  bei,  daß  bei  fossilen  Amphibien  sogar  noch  die 
Kiemenbögen  Zähne  tragen  können,  so  erweist  sich  damit  der  Bestand 
an  zahntragenden  Knochen  als  so  reich,  daß  in  ihm  kein  Unterscheidungs- 
charakter gegen  die  Fische  hin  zu  erblicken  ist.  Ein  bürstenartiger 
Ueberzug  von  Zähnen  kommt  so  gut  wie  bei  Fischen  auch  hier  auf 
den  Gaumenknochen  vor.  Zwei-  oder  Mehrreihigkeit  ist  auch  auf  den 
Kieferknochen  nicht  selten,  wenngleich  zuzugeben  ist,  daß  auch  das 
Gebiß  bei  gewissen  Anuren  vollständiger  Reduktion  anheimgefallen 
ist.  Was  die  Form  des  Einzelzahnes  betrifft,  so  weicht  sie  nie  so 
erheblich  von  der  des  Kegels  ab,  auch  wo  sie  zweispitzig,  rundlich 
oder  mit  labyrinthisch  gewundener  Wand  auftritt.  Weder  nach  den 
Reptilien  noch  nach  den  Fischen  hin  lassen  sich  durchgreifende 
Unterschiede  im  Zahnsystem  für  die  Klasse  der  Amphibien  aufstellen. 

Nach  Rose  entstehen  die  ersten  Anlagen  der  Zähne  bei  der 
Larve  von  Triton  alpestris  (7,5  mm  Länge)  in  derselben  WTeise,  wie 
die  ersten  Zahngenerationen  der  Fische,  nämlich   so,  daß   die   zellen- 


1)  Es  sind  hier  die  Amphibien  unter  den  Begriff  Sauropsiden  einbezogen  worden, 
da  nach  den  neueren  .paläontologischen  Arbeiten  sich  keine  durchgreifenden 
Charaktere  mehr  angeben  lassen,  welche  die  Aufrechterhaltuug  einer  besonderen 
AVirbeltierklasse  Amphibien  rechtfertigten.  Die  Abtrennung  der  Amphibien  von 
den  Reptilien,  welche  seiner  Zeit  von  Merrem  (1820)  ausschließlich  auf  Grund  der 
Kenntnis  lebender  Angehöriger  dieser  Gruppe  unternommen  wurde,  findet  auch  im 
Zahnsystem  und  seiner  Entwickelung  keinerlei  Anhaltspunkte. 


392 


R.    BURCKHARDT, 


armen  Bindegewebspapillen  in  das  einschichtige  Epithel  kegelartig 
emporragen,  ohne  daß  zuvor  ein  besonderer  Epithelzapfen  sich  ins 
Mesoderm  eingesenkt  hätte.  Ja,  sie  schieben  sogar  dieses  Epithel 
kuppenförmig  empor  gegen  die  in  Resorption  begriffenen  Epithel- 
massen, die  noch  die  Mundhöhle  verstopfen.  Auf  späteren  Stadien 
stoßen  wir  alsdann  auf  Zahnanlagen,  die  sich  in  die  Tiefe  gesenkt 
haben  und  die  Uebergangszustände  darstellen  zwischen  solchen 
Zähnen,  die  placoid  entstehen,  und  solchen,  die  sich  von  einer  Leiste 
aus  bilden.  Die  Anlage  der  Ersatzleiste  kann  sich  verschieden  bilden, 
entweder  sie  geht  neben  der  ersten  Zahnanlage  direkt  vom  Epithel 
aus,  oder  sie  ist  bereits  auf  die  tiefer  ins  Mesoderm  eingewucherte 
Epithelscheide  des  ersten  Zahnes  übergegangen.  Ja,  wir  finden  sie 
sogar  bei  der  Bildung  mehrerer  aufeinander  folgender  Zahnanlagen  in 
breitester  Verbindung  mit  dem  Epithel.  Einen  mittleren  Zustand 
veranschaulicht  unsere  einem  älteren  Stadium  von  Triton  entnommene 
Figur.  Hier  ist  bereits  eine  Zahnreihe  in  Aktion  getreten.  Schmelz 
und  Dentin  sind  wohl  ausgebildet,  und  der  Zahn  ist  mit  dem  unter 
ihm  liegenden  Dentale  verwachsen.  Hinter  ihm  senken  sich  drei  An- 
lagen von  Ersatzzähnen  ins  Bindegewebe  ein,  sowie  die,  soviel  be- 
kannt, während  des  ganzen  Lebens  weiterwuchernde  Ersatzleiste. 

Die  Anuren  stehen  in  Bezug  auf  Zahnentwickelung  zu  den 
Urodele.n  in  einem  gewissen  Gegensatz.  Während  nämlich  bei  diesen 
die  Zahnentwickelung  in   sehr  frühe  Embryonalstadien  fällt,   tritt  sie 

bei  den  Anuren,  die  ja  in  der 
Jugend  einen  Hornschnabel  be- 
sitzen, erst  ziemlich  spät  wäh- 
rend des  Larveulebens  auf. 

Besonderer  Erwähnung  be- 
darf das  Entstehen  des  Sockels 
der  Zähne.  0.  Hertwig  fand, 
daß  „an  der  Innenseite  der  Epi- 
thelscheide eine  dünne  Lage  einer 


Fig.  231.  Triton  cristatvts,  4  cm 
laug.  Querschnitt  durch  die  vordere 
Hälfte  des?  Unterkiefers.  De  Dentale. 
.cm  GM  MECKEL'scher  Knorpel.  6?  Blutge- 
fäße. E  äußeres  Epithel.  Et  Mund- 
höhlenepithel. LF  Lippenfurche.  EL 
Ersatzleiste.  S  Schmelz.  D  Zahnbein. 
Vergr.  100.     Nach  Rose. 


homogenen  Grundsubstanz  entsteht,  welche,  unter  der  Zahnkrone  dicker 
ist,  weiter  nach  abwärts  sich  membranartig  verdünnt.  Einwärts  von 
ihr  haben  sich  die  oberflächlichen  Zellen  der  Papille  zu  Spindelzellen 
umgestaltet  und  bilden  eine  epithelartig  angeordnete  Schicht,  welche 
sich  nach  oben  direkt  in  die  Odontoblastenschicht  fortsetzt,  nach  unten 
bis  zur  Basis  der  Anlage  herabreicht.  Der  homogene  Streifen  ist  die 
Anlage  des  Cements". 

Auch  Resorption  alter  Zähne  findet  bei  Amphibien  in  ausgiebigerem 
Maße  statt.  Einzelne  Zähne,  meist  an  der  Basis,  sind  von  Grübchen 
und  Rauhigkeiten  bedeckt,  in  denen  vielkernige  Zellen  von  bedeuten- 
der Größe  die  Dentin-  und  Cementmasse  zur  Auflösung  bringen. 


Die  Verknöcherungen  des  Integuments  und  der  Mundhöhle.      393 

B.  Reptilien. 

Wofern  wir  die  Reptilien  in  ihrer  Gesamtheit  und  nicht  nur  in 
den  gerade  heute  lebenden  Formen  erfassen,  ist  die  Gestaltung  ihres 
Zahnsystems  eine  äußerst  mannigfaltige,  und  mit  ihr  wechselt  auch 
entsprechend  der  Zahnbildungsprozeß.  Aber  weder  im  erwachsenen 
Zustande,  noch  im  Entwickelungsleben  zeigt  das  Gebiß  einen  gerade 
für  die  Klasse  der  Reptilien  einheitlichen  Charakter.  In  den  niedersten 
Formen  lehnt  es  sich  ohne  Kluft  an  das  der  Amphibien  und  Fische 
an.  zeigt  aber  physiologisch  und  genetisch  Uebergangsformen,  die  nach 
den  Säugetieren  hinüberleiten,  nach  denen  hin  jedoch  die  Abgrenzung 
eine  schärfere  ist  als  nach  unten.  Der  Schilderung  der  Zahnent- 
wickelung bei  einzelnen  genauer  bekannten  Reptiltypen  schicke  ich 
einige  vergleichend-anatomische  Bemerkungen  voraus. 

Soweit  bei  Reptilien  eine  knöcherne  Unterlage  auftritt,  können 
von  der  gesamten  Mundschleimhaut  Zähne  auf  ihr  produziert  werden, 
und  zwar  auch  auf  den  Gaumenknochen,  wie  bei  Fischen.  Nur  auf  den 
Sphenoidknochen  und  den  Kiemenbogen  sind  bis  jetzt  keine  Zähne 
beobachtet.  Ein  Gaumengebiß  kommt  vorwiegend  den  phyletisch 
älteren  Formen  zu.  Es  kann  ebenso  in  unregelmäßig  mehrreihigen 
Zahnpolstern  angeordnet  sein ,  wie  bei  Fischen.  Auf  den  Gaumen- 
knochen sowohl  als  in  den  Kiefern  sind  die  Zähne  stets  in  einer 
oder  mehreren  Reihen  angeordnet  und  werden  von  Zahnleisten  aus 
ersetzt.  Zahl  und  Form  der  Einzelzähne  ist  sehr  verschieden  und 
erschwert  eine  bestimmte  Homologisierung.  Wir  begegnen  denselben 
physiologischen  Anpassungen  bei  herbivoren  und  carnivoren  Formen 
wie  unter  den  Fischen.  Ihnen  entsprechend  modifiziert  sich  auch  der 
Zahnwechsel  in  den  verschiedenen  Gruppen,  zu  deren  gesonderter  Be- 
trachtung wir  jetzt  überzugehen  haben.  Von  der  Entwicklung  des 
Gebisses  der  meisten  fossilen  Reptilien  können  wir  uns  nur  auf  Grund 
der  Kenntnis  lebender  Amphibien  und  Reptilien  einen  Begriff  machen, 
dadurch  daß  wir  aus  der  Aehnlichkeit  der  Gebißform  auf  die  Form 
des  Zahnersatzes,  für  die  nur  spärliche  Anhaltspunkte  vorliegen,  zurück- 
schließen. Eine  große  Zahl  fossiler  Reptilien  schließt  sich  in  Gebiß 
und  Zahnersatz  am  ehesten  den  Krokodilen  an,  wir  haben  sie  daher 
dort  erwähnt. 

1.  Theromorphen. 

Die  größte  Mannigfaltigkeit  von  Gebißform  und  Zahnersatz  finden 
sich  bei  den  Theromorphen.  In  dieser  Gruppe  ist  Kiefergebiß  und 
Gaumengebiß  auf  allen  möglichen  Stadien  der  Vollkommenheit  anzu- 
treffen, sogar  bis  zu  gänzlicher  Rückbildung  (Oudenodon).  Die 
primitivsten  Formen  besitzen  auf  den  Gaumenknochen  noch  reichliche 
Zahnpolster,  von  denen  anzunehmen  ist,  daß  sie  nicht  einmal  von 
Zahnleisten ,  sondern  in  derselben  unregelmäßigen  Weise  wie  bei 
Fischen  ersetzt  worden  seien.  Daneben  kommen  aber  auch  Gaumen- 
gebisse vor,  die  aus  regelmäßigen  Reihen  kleiner  Zähne  bestehen  und 
wohl  ebenso  wie  die  Gaumenzähne  der  Schlangen  von  Zahnleisten 
aus  ersetzt  wurden.  In  den  Kiefern  von  Pareiosauriern  fand  zweifellos 
ein  ähnlicher  Zahnwechsel,  wie  bei  den  Krokodilen  statt,  denn  Owen 
bildet  bereits  Zähne  ab,  die  von  einem  Ersatzzahn  verdrängt  werden. 
Dagegen  war  die  Kieferbezahnung  der  Theriodontier  monophyodont, 
und  bis  jetzt  sind  keine  Gründe  vorhanden,  anzunehmen,  daß  bei 
ihnen  ein  Wechsel  stattgefunden  habe. 


394  R.    BüRCKHARDT, 

Von  einer  gewissen  Bedeutung  für  die  Beurteilung  der  Säugetier- 
molaren sind  einige  Thatsachen,  die  sich  diesem  und  verwandten 
Reptilstämmen  entnehmen  lassen.  Das  Bedürfnis,  die  Kaufläche  in 
den  hinteren  Abschnitten  des  Kiefers  zu  verbreitern,  erzeugt  ganz  ver- 
schiedene Umbildungen  dieser  Gebißpartie.  Bei  Empedias  (Cope) 
und  Diademodon  (Seeley)  geschieht  die  Verbreiterung  dadurch,  daß 
sich  der  Einzelzahn  in  der  Wangen gegend  verbreitert.  Er  nimmt 
alsdann  vollständig  die  Gestalt  eines  Säugetiermolaren  an.  Bei 
Pantylus  und  Helodectes  (Cope)  hingegen,  sowie  auch  bei  Plesiosaurus 
(Owen)  und  Hyperodapedon  (Lydekker)  finden  wir  im  hinteren 
Abschnitt  der  Unterkiefer  Verbreiterung  der  Kaufläche  dadurch  er- 
reicht, daß  innerhalb  der  gewöhnlich  vorhandenen  Reihe  von  Kiefer- 
zähnen mit  dieser  noch  weitere  gleichzeitig  in  Aktion  treten ,  ohne 
daß  indes  eine  Verschmelzung  eintreten  würde. 

2.  R  h  y  n  c  h  o  c  e  p  h  a  1  e  n. 

Für  die  Rhynchocephalen  sind  vielfach  ähnliche  Gebiß-  und  Zahner- 
satzformen wie  für  die  Theromorphen  festzustellen,  und  in  ihren 
niedersten  Vertretern  (Proterosaurus  Seeley)  schließen  sie  sich  jenen 
vollkommen  an  oder  weichen  so  stark  ab,  wie  Hyperodapedon ,  bei 
welchem  im  Oberkiefer  ausschließlich  das  Palatiimm  bezahnt  war  und 
während  des  Lebens  wahrscheinlich  ein  beständiger  Zuwachs  von  Zähnen 
am  Hinterrande  stattfand,  ohne  daß  die  vorderen  entfernt  wurden 
(Burckhardt).  Bei  Simaedosaurus  begegnen  wir  einem  reichen  un- 
regelmäßigen, aus  winzigen  Elementen  bestehenden  Gaumengebiß,  das 
sich  in  keiner  Weise  von  ähnlichen  bei  Fischen  unterscheidet  und  wohl 
sekundär  in  Anpassung  an  die  aquatile  Lebensweise  erworben  ist. 
Diesen  Formen  gegenüber  besitzt  die  einzige  lebende,  Hatteria,  ein 
relativ  einfaches  Gebiß,  dessen  Entwickelung  wir  besonders  im  An- 
schluß an  die  Untersuchungen  von  Günther,  Schauinsland  (1900), 
Howes  und  Swinnerton  (1901)  und  H.  S.  Harrison  (1901)  kennen 
zu  lernen  haben. 

Das  Gebiß  der  erwachsenen  Hatteria  besteht  aus  kegelförmigen, 
seitlich  komprimierten  Zähnen,  die  nicht  bloß  dem  Knochen  aufge- 
wachsen sind,  sondern  teilweise  noch  von  ihm  an  der  Basis  mit 
Substanz  bedeckt  werden.  Sie  bilden  eine  fortlaufende  Reihe  im 
Unterkiefer,  welche  zwischen  zwei  Reihen  des  Oberkiefers  eingreift, 
deren  eine,  äußere,  auf  dem  Maxillare  und  Praem axillare,  deren  andere, 
innere,  auf  dem  Palatinum  verläuft ;  dazu  kommen  noch  unbeständige, 
offenbar  in  Reduktion  begriffene  Zähnchen  auf  dem  Vomer. 

Die  Entwickelung  dieses  Gebisses  beginnt  im  dritten  Monat  der 
Bebrütung,  und  es  bilden  sich  unmittelbar  unter  der  Oberfläche  des 
Epithels  an  sechs  Stellen  winzige  Zahnanlagen,  nämlich  je  zwei  in 
Ober-  und  Unterkiefer  und  zwei  neben  den  Choanen,  welch  letztere 
der  palatinalen  Reihe  angehören.  Ihnen  folgen  weitere,  bis  die  Zahl 
von  etwa  36  erreicht  ist.  Sie  gehen  alle  nach  und  nach  in  die  Epidermis 
über  und  werden  beim  Ausschlüpfen  abgeworfen.  Während  des  weiteren 
Lebens  im  Ei  bildet  sich  alsdann  eine  eigentliche  Zahnleiste  mit  einer 
Ersatzleiste  aus.  Ein  Teil  der  Epidermiszellen  über  den  Zahnanlagen 
nimmt  sogar  Sternform  an.  Das  Gebiß  des  ausschlüpfenden  Embryo 
kommt  nun  nach  H.  S.  Harrison  dadurch  zu  stände,  daß  die  Elemente 
einer  zweiten  Dentition  stellenweise  auseinanderrücken  und  diejenigen 
einer  nachfolgenden  zwischen  sich  treten  lassen.   Ja,  in  der  Praemaxilla 


Die  Verknöcherungen  des  Integuments  und  der  Mundhöhle.      395 

bei  einem  Embryo  von  21,2  cm  würden  im  Laufe  der  Entwicklung 
schon  fünf  verschiedene  Zahngenerationen,  die  zum  Teil  schon  wieder 
rückgebildet  wären,  in  Betracht  kommen.  Die  „Schneidezähne"  der 
erwachsenen  Hatteria  sind  allerdings  aus  zwei  Spitzen  zusammenge- 
setzt, aber  diese  sind    nicht  unter   sich  verschmolzen,    sondern    durch 

Fig.  232.  Obere  Bezahnung  einer  Hat- 
teria von  10  cm.  Der  Zwischenkiefer  zeigt 
noch  drei  Zähne,  der  Oberkiefer  elf,  deren  al- 
ternierende Stellung  zu  beachten  ist.  Dahinter 
vier  Palatinzähne.  Nach  einem  Präparat  von 
G.  Thilexius  gez.  von  E.  Sauerbeck. 

Knochensubstanz  zusammengehalten,  welche  zwischen  ihnen  herunter- 
wächst  zu  einer  Zeit,  wo  noch  drei  Einzelspitzen  vorhanden  sind, 
deren  eine  völlig  verschwindet.  Wenn  nun  die  alternierende  Serie 
vollendet  ist,  findet  ein  mehr  oder  weniger  vollständiger  Zahnwechsel 
statt,  bis  es  zur  Ausbildung  einer  Reihe  von  Zähnen  kommt,  die 
einander  alle  an  Größe  gleichen.  Gleichzeitig  werden  am  hinteren 
Ende  der  Zahnreihe  neue  Elemente  zugefügt.  Wie  lange  der  Zahn- 
ersatz in  der  postembryonalen  Jugend  des  Tieres  fortdauert,  ist  nicht 
bekannt,  doch  scheint  er  bald  zu  erlöschen. 

Schmelz  wird,  wenn  überhaupt,  nur  in  ganz  geringen  Lagen  ab- 
gesondert (Schauinsland). 

3.  Lacertilier. 

Das  Gebiß  der  Eidechsen  zeigt  nicht  eben  einen  einheitlichen 
Charakter,  ebenso  auch  die  Zahnentwickelimg.  Von  dieser  kennen 
wir  einzelne  Typen,  die  unter  sich  mehr  oder  weniger  abweichen  und 
die  daher  gesondert  zu  betrachten  sind. 

Die  Eidechsen  reihen  sich  den  Rhynchocephalen  und  Theromorphen 
direkt  an  dadurch,  daß  viele  derselben  nicht  nur  ein  Kiefergebiß,  sondern 
auch  ein  mehr  oder  weniger  vollständiges  Gaumengebiß  besitzen,  doch 
sind  von  diesem  auf  den  verschiedenen  Knochen  nur  ein-  oder  wenig- 
reihige  Formen  bekannt.  In  vielen  Fällen  scheint  Zahnersatz  während 
des  ganzen  Lebens  stattzufinden,  während  bei  anderen  wiederum  die 
Zahl  der  Dentitionen  beschränkt  ist. 

Ueber  die  Entwickelungsgeschichte  des  Eidechsengebisses  orien- 
tieren uns  Arbeiten  von  Sirena  (1872),  Carlsson  (1896),  Leche 
(1893),  Rose  (1893,  No.  III). 

An  mehreren  Stadien  von  Iguana  tuberculata  konnte  Leche 
(1893)  folgende  Eigentümlichkeiten  der  Zahnentwickelung  feststellen. 
Die  ersten  Zahnanlagen  treten  bei  Embryonen  von  24  Tagen  auf,  und 
zwar  in  Gestalt  einer  rein  an  der  Oberfläche  liegenden  Erhebung 
und  Verdickung  des  Kieferepithels.  Die  Zahnanlagen  erster  Generation 
senken  sich  nicht  gegen  das  Mesoderm  ein.  In  dieser  Verdickung 
bilden  sich,  leider  ließ  sich  der  Prozeß  nicht  im  einzelnen  verfolgen, 
rudimentäre  verkalkte,  oberflächlich  gelegene  Zähnchen,  die,  zur 
Funktionslosigkeit  verurteilt,  lange  vor  der  Geburt  verkümmern.  Die 
zweite  und  die  folgenden  Zahngenerationen  gestalten  sich  folgender- 
maßen. Die  zweite  Generation  wird  von  der  gegen  das  Mesenchym 
vorgestülpten  Epidermis  gebildet,  aber  immerhin  noch  in  so  ober- 
flächlicher  Lage,    daß   es   nicht   zur   Abschnürung   eines   eigentlichen 


396  R.    BüRCKHARDT, 

Sclmi elzorgans  kommt.  Das  lingual  gelegene  tiefe  Ende  der  einge- 
senkten Schmelzleiste  faltet  sich  und  bildet  die  Anlage  eines  Zahnes 
dritter  Generation.  Das  Entwicklungstempo  ist  ein  ziemlich  rasches, 
denn  beim  Embryo  von  77  mm  finden  wir  die  Zähne  erster  Generation 
verschwunden,  die  zweiter  Generation  an  der  Basis  mit  dem  Kiefer- 
knochen verwachsen,  an  der  Spitze  durch  die  Schleimhaut  durchge- 
brochen. Unter  diesem  Zahn  lauert  bereits  eine  ziemlich  weit  fortge- 
schrittene Anlage  dritter  und 
\  neben  ihr  eine   erst  in   der  Ab- 

%•  \  .  Scheidung  des  Dentins  begriffene 

vierter  Generation. 

Diesem  Stadium  entspricht 
auch  die  nebenstehende  Figur, 
welche  einen  Oberkieferzahn  und 
seine  Ersatzzähne  von  Lacerta 
vivipara  versinnlicht. 

Aehnlich  schildert  Carls- 
son  (1896)  die  Zahnentwickelung 
bei  Agama,  nur  daß  hier  auch 
an  gewissen  Stellen,  z.  B.  hinter 
den  Schneidezähnen,  Zahngene- 
rationen vorkommen,  die  nur 
Fig.  233  Lacerta  vivipara  Oberkiefer-  j  j  auftreten  und  Später  nicht 
zahn  und  2  .brsatzzahne  desselben,  schwach  ,  j  i      i    o 

ver„r>  mehr   ersetzt   werden,    und    daß 

ferner  die  Zahnerneuerung  eine 
spärlichere  als  bei  Iguana  ist;  die  Schmelzleiste  dringt  tief  ein,  wo 
mehrere,  seicht,  wo  nur  eiue  Zahngeneration  ausgebildet  wird. 

Eine  besondere  Untersuchung  hat  Rose  (1893,  No.  III)  der  Zahn- 
entwickelung des  Chamäleons  gewidmet.  Hier  wird  nur  eine  Zahn- 
generation  ausgebildet,  die  Keime  einer  folgendfn  verkümmern.  Da- 
gegen findet  am  hinteren  Kieferende  eine  beständige  langsame  Um- 
bildung von  Zähnen  statt,  die  zu  den  schon  vorhandenen  hinzuwachsen. 

4.  Schlangen. 

Schon  im  18.  und  zu  Beginn  des  19.  Jahrhunderts  stoßen  wir 
auf  eine  reiche  Litteratur  über  Entwickelung  des  Schlangengebisses. 
Insbesondere  waren  es  die  gefürchteten  Giftzähne,  deren  rascher 
Ersatz  die  Forscher  fesselte.  In  neuerer  Zeit  förderten  Ley- 
dig  (1873),  Tomes  (1875,  1876),  Reichel  (1883),  Rose  (1894. 
No.  II),  Voerckel  (1895),  Käthariner  (1897),  anschließend  an 
histologische  Grundlagen  unsere  Kenntnis  über  die  Gebißentwickelung 
der  Schlangen.  Hierbei  blieb  jedoch  immer  noch  im  Vorder- 
grunde des  Interesses  die  Entwickelung  des  Giftzahns,  während  unsere 
Erfahrungen  über  die  primitiveren  und  reduzierten  Formen  des 
Schlangengebisses  noch  recht  unvollkommen  genannt  werden  müssen. 

Zahntragend  sind  bei  den  Schlangen  überhaupt  Dentale,  Prae- 
maxillare,  Maxillare,  Palatinum,  Pterygoideum.  Da  und  dort  können 
Diastemata  auftreten,  ja  die  Zähne  auf  sonst  zahntragenden  Knochen 
auch  ganz  fehlen;  so  besitzen  die  Typhlopiden  nur  im  Oberkiefer, 
die  Glauconiiden  nur  im  Unterkiefer  Zähne.  Im  allgemeinen  ist  die 
Zahnzahl  eine  bedeutende,  so  giebt  Leydig  (1873)  für  die  Ringel- 
natter an,  daß  deren  etwa  130  gleichzeitig  in  Funktion  sind.  Eine 
ganz  besondere  Modifikation  erfährt  das  Schlangengebiß  bei  den  Pro- 


Die  Verknöcherungen  des  Integurnents  und  der  Mundhöhle.      397 

teroglyphen  und  Solenoglyphen,  wo  es  zur  Ausbildung  der  eigentüm- 
lichen Giftzähne  auf  dem  Maxillare  kommt  und  wo  auch  der  Zahnent- 
wickelungsprozeß  von  dieser  Specialisierung  affiziert  wird.  Bekannt- 
lich zeichnen  sich  die  Giftzähne  aus  durch  Größe,  ferner  durch  Aus- 
bildung des  „Giftkanales"  einer  geschlossenen  Furche  an  der  Vorder- 
seite des  Zahnes,  die  allmählich  vom  Zahn  so  umwachsen  wird,  daß 
nur  noch  eine  Oeffnung  an  der  Ober-  und  eine  an  der  Unterseite  der 
ursprünglich  seichten  Furche  übrig  bleibt;  eine  weitere  Eigentümlichkeit 
dieser  Zähne  besteht  darin,  daß  dem  Maxillare  jedesmal  der  älteste 
Zahn  fest  aufwächst.  Ueber  die  Entwickelung  der  gewöhnlichen 
Schlangenzähne  macht  Leydig  die  Angabe,  daß  neben  jeder  funktio- 
nierenden Zahnreihe  einwärts  von  ihr  noch  zwei  von  einer  Ersatz- 
leiste ausgebildete  jüngere  Zahngenerationen  lauern.  Eine  besondere 
Modifikation  der  Gebißentwickelung  tritt  uns  in  der  Bildung  des  echten 
Eizahns  entgegen  (nicht  mit  der  Eischwiele  identisch),  welchen  Joh. 
Müller  nicht  nur  bei  Schlangen,  sondern  auch  bei  Eidechsen  beobachtet 
hat.  Bei  der  Kreuzotter  hat  Rose  (1892  No.  V)  die  Entwickelung  dieser 
embryonalen,  histologisch  vollkommen  wirklichen  Zähnen  entsprechen- 
den Gebilde  untersucht  und  gefunden,  daß  sie  aus  den  Anlagen  der 
Prämaxillarzahnleiste  hervorgehen.  Sie  gehören  deren  erster  Generation 
an  und  werden  paarig  angelegt;   der  linke  Keim  wird  früh  zurückge- 


Fig.  234.  Querschnitt  durch  den  Oberkiefer  einer  jungen  Kreuzotter.  ZL  Beste 
der  früheren  Zahnleiste.  1  in  Thätigkeit  befindlicher  Giftzahn ,  dessen  dargestelltes 
vorderes  Ende  frei  in  der  Zahnfleischtasche  Bg  (Bursa  gingivalis)  liegt.  10  jüngster 
Ersatzzahn  der  Giftzähne.  GK  Giftkanal.  EL  Ersatzleiste,  freies  Ende  der  Zahn- 
leiste.    G  Gefäß.    N  Nerven.    Vergr.  62.     Nach  Böse. 


398  Iv.    BURCKHARDT, 

bildet,  und  nur  der  rechte  gelangt  zur  Ausbildung,  um  beim  Durch- 
brechen der  Schale  benützt  und  alsdann  abgeworfen  zu  werden. 

Der  Giftzahn  und  seine  Ersatzzähne  bilden  sich  nach  den  Unter- 
suchungen desselben  Autors,  sowie  der  oben  erwähnten  folgender- 
maßen. 

Bei  der  Kreuzotter  treten  die  ersten  Anlagen  der  Zahnleiste  bei 
Embryonen  von  4,5  mm  Kopflänge  auf.  Bei  10  mm,  wenn  der  oben 
erörterte  Eizahn  bereits  ausgebildet  ist,  ist  seitwärts  von  ihm  die 
Oberkieferleiste  bereits  gegen  das  Mesoderm  vorgewuchert  und  hat 
eine  rudimentäre  erste  Giftzahnanlage  erzeugt.  Den  Querschnitt 
eines  bedeutend  älteren  Stadiums,  nämlich  einer  ausgeschlüpften  jungen 
Kreuzotter  giebt  unsere  Figur  234  wieder.  Die  Zahnleiste  hat  sich 
unter  Hinterlassung  einiger  Rudimente  völlig  vom  Kieferepithel  ab- 
gelöst und  ist  in  weitem  Bogen  um  die  von  ihr  ausgebildeten  Zähne 
herumgewachsen.  Ihre  Verbindung  mit  ihnen  ist  auf  diesem  Quer- 
schnitt nicht  wiedergegeben,  obschon  sie  noch  vorhanden  ist.  Der 
Giftzahn  und  seine  Nachfolger  sind  hier  meist  quergetroffen  und  be- 
finden sich  auf  verschiedenen  Stadien  der  Entwicklung;  so  zeigen  die 
Anlagen  (oben  rechts)  eben  den  Schluß  der  Zahnrinne  zu  einem  Kanal, 
dem  späteren  Giftkanal.  Unter  dem  Einfluß  der  seltsamen  den  Zahn 
modifizierenden  Funktion  hat  also  die  Zahnleiste  hier  eine  gesteigerte 
Produktion  von  Ersatzähnen  entwickelt,  deren  Zahl  bis  auf  10  wachsen 
kann.  Diese  Zahnproduktion  dauert  natürlich,  wie  auch  die  der  übrigen 
Schlangenzähne,  während,  des  ganzen  Lebens  fort.  Während  des 
Sommers  wird  nach  Kathariner's  Beobachtungen  der  Giftzahn  alle 
sechs  Wochen  gewechselt.  Infolge  davon  muß  jedesmal  die  Verbindung 
zwischen  Giftzahn  und  Giftdrüse  neu  hergestellt  werden. 

5.  Krokodile. 

Abgesehen  von  den  älteren  Schilderungen  Rathke's  (1848)  und 
Hoffmann's  (1890)  hat  uns  erst  Rose  (1893,  No.  V)  eine  umfassende 
und  einwandfreie  Darstellung  von  der  Zahnentwickelung  der  Krokodile 
gegeben.  An  zehn  verschiedenen  Stadien  von  Crocodilus  porosus  ge- 
lang es  ihm,  Nachfolgendes  festzustellen :  Bei  einem  Embryo  von  einer 
Kopflänge  von  5  mm  ist  vom  MECKEL'schen  Knorpel  noch  keine  Spur 
vorhanden,  aber  schon  erhebt  sich  die  erste  Anlage  der  Zahnleiste  auf 
dem  Schnitte  in  Gestalt  einer  Spindel,  die  auf  vier  bis  fünf  Zelllagen 
anschwillt,  während  die  übrige  Epidermis  deren  bloß  zwei  besitzt.  Am 
Oberkiefer  zeigt  die  Zahnleiste  unmittelbar  darauf  zwei  Wellen,  deren 
Berge  zu  Zahnpapillen  werden,  die  mit  zwei  weiteren,  hinter  ihnen 
entstehenden  das  gemeinsam  haben,  daß  sie  sich  nicht  ins  Mesoderm 
einsenken,  sondern  vielmehr  gleich  einem  von  einem  Wall  umzogenen 
Hügel  über  die  Mundschleimhaut  emporragen.  Bei  8  mm  Kopflänge 
hat  diese  Zahnserie  ihre  Ausbildung  erreicht,  und  bereits  sind  die 
Zahnpapillen  mit  einem  Dentinhütchen  überzogen.  Eine  Verbindung 
durch  eine  Zahnleiste  haben  sie  nicht  erfahren,  dagegen  beginnen  sich 
die  Zahnanlagen  nunmehr  etwas  gegen  das  Mesoderm  vorzuschieben, 
und  über  ihnen  lockert  sich  das  Epithel  zu  einer  Modifikation,  die 
man  als  primitives  Sternzellengewebe  bezeichnen  kann.  So  bei  einer 
Kopflänge  von  12  mm.  Gleichzeitig  tritt  aber  mehr  oder  weniger 
gesondert  von  dieser  ersten  Serie  von  Zähnen  median  von  ihr  in 
geringer  Entfernung  eine  kontinuierlich  den  Kiefern  entlang  laufende 
Zahnleiste  auf,   die  tief  ins  Mesoderm    dringt,    dort   sich   stellenweise 


Die  Verknöcherungen  des  Integuments  und  der  Mundhöhle.      399 


verbreitert 
Stadium 


und  Papillen    des    Mesoderms    umgreift, 
zu  stände,    welches    uns  Rose  auf  Fig.  235 


So    kommt    das 
wiedergiebt  und 

zu  dessen  Verständnis  einige  Worte  beizufügen  sind.  In  ihm  sind 
durch  Rekonstruktion  veranschaulicht  der  MECKEL'sche  Knorpel,  die 
Deckknochen  und  die  Mundschleimhaut  des  Unterkiefers.  Weggelassen 
ist  das  mesodermale  Gewebe,  also  auch  die  Zahnpapillen  selbst,     Ab- 


zsn 


Fig.  235.  Crocodilus  porosus,  Kopflänge  12,5  mm.  Modell  der  epithelialen,  knor- 
peligen und  knöchernen  Teile  des  Unterkiefers  in  ventraler  Ansicht.  ZSl  erste  Zahn- 
serie. ZSn  zweite  Zahnserie  in  Verbindung  mit  der  Zahnleiste.  ZI  Zahnleiste. 
Z  Zunge.  CM  Cartilago  Meckelü.  A  Angulare.  Psp  Praespleniale.  D  Dentale.  O 
Verbindung  des  Dentale  mit  dem  Cementsockel  des  zweiten  Zahnes  erster  Serie. 
Vergr.  25  fach.    Nach  Rose. 


400  R.    BURCKHARDT, 

gesehen  von  der  speciellen  Anlage  der  Zähne,  zeigt  uns  das  Modell 
besonders  schön  den  wesentlichen  Unterschied  zwischen  den  beiden 
bisher  angelegten  Zahngenerationen :  die  Anlagen  erster  Serie  treten 
nicht  an  einer  Zahnleiste  auf  wie  die  der  zweiten.  Fernerhin  ist  von 
prinzipieller  Bedeutung  die  Thatsache,  daß  das  Dentale  mit  dem  Sockel 
eines  Zähnchens  erster  Serie  in  Verbindung  betroffen  wird.  Wir 
haben  bereits  p.  372  auf  dieses  Vorkommnis  hingewiesen. 

Nach  diesem  Stadium  beginnen  die  folgenden  Veränderungen 
Platz  zu  greifen :  Die  Zahnanlagen  der  ersten  Serie  bleiben  zurück, 
überziehen  sich  nur  zum  Teil  mit  Schmelz  und  fallen  bald,  ohne 
funktioniert  zu  haben,  aus.  Die  Zahnanlagen  der  zweiten  Serie  bleiben 
zum  Teil  auf  demselben  Stadium  wie  die  der  ersten  Serie  stehen ;  nur 
zum  Teil  bilden  sie  sich  jedoch  weiter  zu  Zähnen  mit  schmelzbedeckter 
Krone  und  offener  Wurzel,  um  sie  herum  entsteht  eine  offene  Knochen- 
rinne. Diese  Zähne  durchbrechen  alsdann  das  Zahnfleisch.  Ihre 
Wurzeln  aber  werden  auf  diesem  Stadium  bereits  in  Resorption  an- 
getroffen. Unterdessen  hat  sich  die  Zahnleiste  erheblich  umgebildet 
und  weiterentwickelt.  War  sie  anfangs  eine  bloße  Epitheleinsenkung, 
an  der  sich  die  Knospen  für  die  zweite  Zahnserie  bildeten,  so  über- 
läßt sie  alsbald  die  Knospen  ihrer  Weiterbildung  und  wächst  labial- 
wärts  aus.  Hierbei  löst  sie  sich  teilweise  von  ihrem  Mutterboden 
ab,  verliert  den  Charakter  einer  Schleimhautfalte  und  erfährt  zahlreiche 
siebartige  Durchbrechungen;  nur  durch  wenige  Brücken  steht  sie 
jetzt  noch  mit  der  Mundschleimhaut  in  Zusammenhang,  bildet  aber 
einen  dem  MECKEL'schen  Knorpel  parallel  laufenden  Strang,  der  nun 
die  Produktion  weiterer  Ersatzzähne  übernimmt.  Prinzipiell  gleich 
verhält  sich  die  Zahnleiste  des  Oberkiefers.  Diesen  späteren  Zustand 
veranschaulicht  Fig.  236,  die  ebenfalls  auf  Rekonstruktion  beruht. 
Sie  zeigt  uns  ein  Stück  der  Oberkieferbezahnung.  Rechts  ist  ein 
Zahn  des  linken  Oberkiefers,  links  mehrere  des  rechten  Oberkiefers 
in  umgekehrter  Lage  dargestellt.  Nur  ein  kleines  Stück  des  Kiefer- 
epithels ist  wiedergegeben,  und  zwar  dasjenige,  durch  welches  die 
zweite  und  dritte  Zahnanlage  der  zweiten  Serie  mit  ihren  Spitzen  eben 
durchbrechen.  Von  diesen  ist  die  erstere  rudimentär  geblieben,  die 
letztere  aber  hat  sich,  wie  auch  die  beiden  ersten  Anlagen,  weiterent- 
wickelt. Nichtsdestoweniger  droht  auch  diesem,  sowie  der  dritten  An- 
lage der  zweiten  Serie  der  Untergang;  denn  bereits  hat  sich  eine 
dritte  Serie  anlegt,  deren  Ausbildung  die  Angehörigen  der  zweiten  Serie 
verdrängt.  Diese  Anlagen  sind  nur  in  der  rechten  Hälfte  des  Ober- 
kiefers abgebildet.  Besonders  imponiert  der  dritte  Ersatzzahn,  dessen 
Wachstum  bereits  die  Resorption  der  Wurzel  seines  Vorgängers  ver- 
anlaßt hat.  Die  Zahnleiste  hat  sich  auf  diesem  Stadium  völlig  von 
der  Mundschleimhaut  abgelöst  und  ist  nur  noch  ein  dünner,  wenn 
auch  lebenskräftiger  Strang.  An  einer  Stelle,  nämlich  lingual  vom 
zweiten  Zahn  der  dritten  Serie,  läßt  sie  eine  leichte  Grube  erkennen. 
Das  ist  bereits  die  Anlage  eines  Zahnes  vierter  Serie.  Diese  Knospe 
wird  sich  in  der  Folge  von  der  Zahnleiste  labialwärts  ebenso  ab- 
schnüren wie  die  des  Vorgängers,  die  Zahnleiste  wuchert  lingual  - 
wärts  weiter  und  erzeugt  während  des  ganzen  Lebens  neue  Zahn- 
Generationen. 

Wie  die  Hartgebilde  der  Zähne  und  ihre  Ersatzzähne  sich  ver- 
halten, zeigt  Fig.  237,  die  als  typisch  für  die  meisten  Kegelzähne  der 
Reptilien     sowohl    als    der    Zahnvögel    gelten   kann.     Der   Ersatzzahn 


Die  Verknöcherungen  des  Integuments  und  der  Mundhöhle.      401 


erzeugt 


der 


au  der  lingualen  Fläche  der  Wurzel  seines  Vorgängers  eiue 
allmählich  sich  erweiternde  und  nach  unten  hin  durchbrechende  Grube. 
Dadurch  drängt   er  sich  in  die  Pulpa  des  zu    ersetzenden  Zahnes  ein 


und  stößt  diesen  mit  fortschreitendem  Wachstum  aus. 


Fig.  237.' 


Fig.  236.  Crocodilus  porosus,  Körperlänge  von  25  cm.  Die  3  ersten  Zähne 
des  rechten  und  der  erste  des  linken  Oberkiefers.  ZSiu  dritte,  ZSir  vierte  Zahn- 
serie. ZL  Zahnleiste.  E  Kieferepithel.  ESch  Epithelscheide  der  beiden  ersten  Zähne. 
8  Schmelz.    D  Dentin.    K  Knochenalveolen.     Vergr.  lTfach.     Nach  Rose. 

Fig.  237.  Crocodilus  porosus,  junges  Tier.  In  Resorption  begriffener  Zahn 
mit  dem  Zahnscherbchen  seines  Nachfolgers  in  natürlicher  Lage.  Vergr.  3fach.  Nach 
Rose. 

Erst  wenn  die  Krokodilzähne  dem  Durchbruche  nahe  sind,  lagert 
sich  um  die  Wurzel  eine  dünne  Cementschicht. 

Endlich  ist  hervorzuheben,  daß  das  Tempo  des  Zahnersatzes  bei 
den  Krokodilen  nicht  in  allen  Teilen  der  Kiefer  dasselbe  ist;  die  Zahn- 
generationen  durchdringen  sich  mannigfach,  und  während  ein  Zahn 
einer  bestimmten  Serie  angehört,  kann  sein  Nachbar  einer  voran- 
gehenden oder  späteren  angehören. 


6.  Uebrige  Reptilien. 


geschilderte  Modus 


des 


Zahnersatzes  gilt 


Der  für  die  Krokodile 

nun    aber    nicht    nur    für    diese  Gruppe    der  Reptilien,    sondern  wir 
können  aus  der  Uebereinstimmung  späterer  Stadien  mit  Vorkommnissen 

bei   fossilen  Reptilien    den  Schluß  ziehen,    daß    auch   bei   dieseu  der 

Zahnersatz    sich  in  ähnlicher  Weise  wird  vollzogen   haben,   so  in  den 

Kiefern  der  Pareiosaurier,  der  Ichthyosaurier,  der  Sauropteiygier,  der 
Patagiosaurier  und  der  Mehrzahl  der  Dinosaurier. 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.     II.  1.  26 


402  R.    BüRCKHARDT, 

Während  sich  im  allgemeinen  die  Zahnformen  der  Dinosaurier  den- 
jenigen der  Krokodile  anschließen,  sind  doch  einige  fossile  Dinosaurier 
bekannt,  die  uns  einen  sekundär  veränderten  Zahnwechsel  vermuten 
lassen.  Bei  Diplodocus  longus  hat  Marsh  im  Unterkiefer  hinter  dem 
funktionierenden  Zahn  bereits  sechs  Ersatzzahnanlagen,  die  Hartgebilde 
ausgeschieden  hatten,  angetroffen ;  die  Zahl  der  Anlagen  in  ein  und 
demselben  Querschnitt  wird  also  auch  noch  etwas  höher  gewesen  sein. 
Eine  ganz  eigentümliche  Entwickelungsbahn  hat  der  Zahnersatz  bei 
den  ornithopoden  Dinosauriern  eingeschlagen.  In  dieser  Abteilung  der 
Reptilien  sind  wir  durch  Marsh  mit  einer  Reihe  von  Reptilien  des 
oberen  Jura  und  der  Kreide  bekannt  geworden,  welche,  mit  mäßigen 
Dimensionen  anhebend  (Camptosaurus),  sich  durch  mehrere  Etappeniiin- 
durch  (Iguanodon,  Claosaurus)  zu  seltsamen  Riesenformen  (Hadrosaurus) 
umgebildet  haben.  In  Zusammenhang  mit  dieser  Stammesentwickelung 
nimmt  die  Zahl  der  in  einer  Reihe  stehenden  Einzelzähne  des  Kiefers 
um  etwa  das  Dreifache  zu,  die  Einzelzähne  nehmen  an  Größe  ab,  sie 
konzentrieren  ihren  Schmelz  im  Oberkiefer  auf  die  labiale,  im  Unter- 
kiefer auf  die  linguale  Fläche,  sie  kauen  sich  immer  rascher  ab  ;  in- 
folgedessen rücken  schließlich  mehrere  Generationen  derselben  gleich- 
zeitig ins  Treffen,  um  eine  gemeinsame  Kaufläche  zu  bilden.  Während 
wir  bei  den  Krokodilen  sahen,  daß  die  Ersatzzähne  je  nach  Bedürfnis 
und  nicht  jede  Generation  gleichzeitig  in  Funktion  treten,  ist  hier  in 
dieser  Beziehung  eine  größere  Regelmäßigkeit  eingetreten,  die  auch 
mit  einer  regelmäßig  alternierenden  Stellung  der  Einzelzähne  verbunden 
ist.  Der  Zahnwechsel  wird  hier  in  ähnlicher  Weise  wie  bei  Selachiern 
mechanisiert. 

C.  Vögel. 

Zahntragende  Vögel  sind  bis  jetzt  nur  fossil  bekannt.  Die  Gattungen 
Archaeopteryx,  Hesperornis,  Ichthyornis  und  Gastornis,  welche  vom 
oberen  Jura  bis  zum  Eocän  reichen,  haben  Zähne  besessen.  Von 
Hesperornis  wissen  wir  auch,  dank  den  Untersuchungen  Marsh's, 
daß  die  Verdrängung  des  Zahnes  durch  seinen  Ersatzzahn  in  ähn- 
licher Weise  von  statten  ging  wie  bei  den  Krokodilen.  Ob  aber 
nur  ein  einmaliger  oder  mehrmaliger  Wechsel  stattgefunden  hat.  dar 
über  ist  noch  nichts  bekannt.  Ebenso  hat  Marsh  für  Ichthyornis 
festgestellt,  daß  die  Ersatzzähne  sich  nicht  von  der  Innenseite  her. 
sondern  von  unten  in  den  zu  ersetzenden  Zahn  eindrängen  und  ihn 
zum  Ausfall  bringen.  E.  Geoffroy  St.  Hilaire  beobachtete  bei 
Embryonen  von  Palaeornis  Reihen  von  Papillen  im  Ober-  und  im 
Unterkiefer,  die  er  mit  Zahnpapillen  verglich.  Diese  Bildungen  haben 
E.  Blanchard  (1860)  und  M.  Braun  (1882)  zu  weiteren  Unter- 
suchungen an  Papageien  Veranlassung  gegeben,  bis  Fraisse  (1880) 
endgiltig  nachwies,  daß  es  sich  hier  um  eigenartige  Modifikationen 
des  Hornschnabels  handle,  daß  aber  Dentinbildung  und  somit  die 
Basis  für  eine  Homologisierung  dieser  Papillen  mit  Zähnen  ausge- 
schlossen sei.  Neuerdings  ging  Rose  und  im  Anschluß  an  ihn 
A.  Carlsson  (1896)  von  der  allgemeinen  Anschauung  aus,  daß,  wenn 
es  bei  Vögeln  überhaupt  noch  zur  Anlage  des  Zahnsystems  komme, 
dieses  sich  auf  eine  rudimentäre  Schmelzleiste  beschränken,  aber  keine 
Papillen  zur  Ausbildung  bringen  werde.  Beide  Autoren  fanden  denn 
auch  Verhältnisse,    die    diesen    theoretischen    Anforderungen    zu    ent- 


Die  Verknöcherungen   des  Integuments  und  der  Mundhöhle.     403 


des  Unterkiefers 
Dasselbe  zeigte 
Später    wuchert 


sprechen  scheinen.  Rose  (1892,  No.  VI)  untersuchte  eine  Serie  von 
Embryonen  einer  Seeschwalbe  (Sterna  Wilsoni).  Bei  einer  Kopflänge 
von  8,5  mm  fand  er  auf  Schnitten  hinter  dem  Rande 
eine  spindelförmige  Anschwellung  des  Kieferepithels, 
auch  auf  etwas  späterem  Stadium  der  Oberkiefer, 
dieser  Zellstrang  gegen  das  Mesoderm  vor.  ohne  indes  zu  verhornen. 
Aehnliches  hat  Rose  auch  bei  Struthio  camelus  beobachtet,  wo  sogar 
eine  Rinne  vorhanden  ist,  die  er  als  Lippenfurche  deutet.  Carlsson 
hat  Embryonen  von  Sterna  hirundo  untersucht,  deren  Körperlänge 
18-  '50  mm  betrug.  Die  Leiste  hat  sich  nie  sich  über  das  Niveau  des 
übrigen  Epithels  erheben  sehen  und  giebt  von  ihr  fernerhin  an,  „sie 
verschwinde  vollkommen  dem  vordersten  Teile  der  äußeren  Nasen- 
öffnung gegenüber".  Während  des  Wachstums  von  20—37  mm 
Körperlänge  bleibt  sich  die  Leiste  völlig  gleich,  bei  44  mm  tritt  eine 
Veränderung  ein:  „die  Leiste  bildet  sich  früher  in  der  Kieferspitze 
und  ist  überall  tiefer,  als  bei  den  jüngeren  Embryonen ;  sie  steht  hier 
auf  der  Höhe  ihrer  Ent- 
wickeln!] g.u 


Die  neben- 
stehende Figur  giebt 
diesen  Zustand  wieder, 
worin  sie  und  Rose  das 
kritische  Stadium  er- 
blicken. Verhornung  tritt 
erst  später  ein,  gleich- 
zeitig eine  Rückbildung 
dieser  Ektodermleiste. 

Können  wir  auch  der 
Hypothese  beistimmen, 
daß  wohl  schwerlich  bei 
lebenden  Vögeln  voll- 
kommenere Zahnleisten- 
anlagen zu  erwarten  sind, 
so  scheinen  uns  die 
Gründe,  welche  Rose 
und  Carlsson  dafür  ins 
Feld  führen,  daß  hier 
eine  rudimentäre  Zahn- 
leiste vorliege,  nicht  aus- 
reichend. Namentlich 
müßte  dieselbe  Anlage 
als  ein  allgemeiner  Be- 
sitz der  Vogelembryonen 
wie  die  von  Sterna.  Bei 
des  Schnabels  statt,  und 
vielleicht  die 


. 


- 
—  _. 


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--->/ 


hang 


Ausgedehntere 


Untersuchungen 
deren  Schnabel    eine  primitivere  Form 
Hypothese  aus  dem  Bereiche  der 
überführen. 


Fig.  238.  Frontalschnitt  durch  den  Oberkiefer 
eines  Embryos  von  Sterna  hirundo,  44  mm,  um  die 
Schmelzleiste  {st)  auf  der  Höhe  ihrer  Entwickelung  zu 
zeigen,  eh  Ektoderm.  gd  Leiste,  woraus  die  Gaumen- 
drüsen hervorgehen,  ms  Mesoderm.  Vergr.  120. 
Nach  A.  Carlsson. 


erwiesen    sein    und    nicht    gerade   solcher, 

diesen    findet  ja  eine   erhebliche  Streckung 

mit  diesem  völlig  sekundären  Charakter  ist 

des  Ektoderms  in  Zusammen- 

an    Embryonen    von    Vögeln, 

:>e  wahrt  hat,    können  erst  die 

in  das  der  Wirklichkeit 


nachgewiesene  Verdickung 


Möglichkeit 


26* 


404  R.    BüRCKHARDT. 

V.  Die  Entwickelung  des  Gebisses  bei  den  Säugetieren. 

A.  Allgemeines. 

1.  Die  Theorien  der  stamm  es  geschichtlichen  Ent- 
wickelung des  Säugetiergebisses. 

Innerhalb  der  Säugetiere  kommt  der  6.,  der  7.  und  der  8.  der  in  un- 
serer Einleitung  aufgestellten  Gebißtypen  vor,  also  Diphyodontie,  Mono- 
phyodontie  und  Anodontie  (vgl.  p.  359).  Diphyodontie  tritt,  auch  wenn 
durch  die  prälactealen  und  postpermanenten  Dentitionen  der  Anschluß 
an  die  Polyphyodontie  gegeben  ist,  in  so  scharf  ausgeprägter  Form  auf. 
wie  sie  bisher  bei  lebenden  und  fossilen  Reptilien  noch  nicht  bekannt 
ist.  Nach  Leche  (1895)  besteht  auch  eine  besondere  Schwierigkeit 
in  der  Beurteilung  der  diphyodonten  Gebisse  darin,  daß  die  gleich- 
zeitig funktionierende  Bezahnung  oft  aus  Elementen  der  Milch-  und 
der  Ersatzdentition  zusammengesetzt  ist.  Als  Kriterium  ist  zwar 
mit  aller  Vorsicht  die  Zeit  der  Entstehung  eines  Zahnes  zu  verwenden. 
Auf  Grund  dieses  Merkmals  kann  oft  entschieden  werden,  ob  ein  Zahn 
zur  einen  oder  anderen  Generation  gehört.  Doch  betrachtet  M.  Wood- 
ward (1896)  sogar  dies  nicht  als  entscheidend.  Von  den  für  die 
Säugetiere  charakteristischen  Zuständen  des  Gebisses  sind  es,  abge- 
sehen von  der  Diphyodontie,  zahlreiche  Fragen :  das  nur  einmalige 
Erscheinen  der  Molaren ,  deren  Mehrspitzigkeit ,  das  Auftreten  der 
prälactealen  und  postpermanenten  Dentition ,  das  Verhältnis  von 
Wurzel  und  Krone  u.  a.  m.,  welche  nicht  durch  einwandfreie  Be- 
obachtung gelöst  werden  konnten,  sondern  zu  ausgedehnten  speku- 
lativen Versuchen  Veranlassung  gaben.  Dabei  sind  die  größten 
Gegensätze  in  der  Auffassung  dieser  Eigentümlichkeiten  des  Säuge- 
tiergebisses zu  Tage  getreten  und  in  widersprechende  Hypothesen  ge- 
faßt worden,  die  sich  zur  Zeit  noch  ebenso  unversöhnt  gegenüber- 
stehen, wie  vor  einem  Decennium. 

Von  den  einen  Autoren  (Kowalewski,  Schmidt,  Wortmann, 
Schlosser,  Kükenthal,  Rose,  Schwalbe,  Woodward)  wird  die 
Diphyodontie  der  Säugetiere  so  aufgefaßt,  daß  das  Auftreten  von  nur 
zwei  Zahngenerationen  der  Ueberrest  eines  einst  reichlicheren  Prozesses 
der  Zahnproduktion  sei.  Demgemäß  wären  die  prälacteale  und  die  post- 
permanente Dentition  als  rudimentär  zu  betrachten.  Leche  dagegen 
ist  der  Ansicht,  daß  sich  die  Trennung  der  Zähne  in  Dentitionen  erst 
nachträglich  herausgebildet  habe  und,  wenn  sie  auch  bei  den  Rep- 
tilien bereits  angebahnt,  doch  erst  bei  den  Säugern  zu  voller  Durch- 
führung gelangt  sei.  Im  Zusammenhang  mit  dieser  Anschauung  hält 
er  die  Neubildung  von  Dentitionen  für  möglich  uud  vertritt  die  Ansicht, 
daß  wenigstens  die  Präponderanz  des  Ersatzgebisses  über  das  Milch- 
gebiß eine  innerhalb  der  Säugetiere  erworbene  Eigenschaft  sei.  Aehn- 
licher  Ansicht  ist  Rose  (1896). 

Die  zweite  Frage,  ob  die  Molaren  zur  ersten  oder  zur  zweiten 
Dentition  zu  zählen  seien,  wird  von  den  Autoren  je  nach  ihrer  Auf- 
fassung vom  Bau  der  Molaren  verschieden  beantwortet.  Giebel,  Gaudry, 
Ameghino,  Magitot,  Kükenthal  und  seine  Schule,  Rose,  Schwalbe 
u.  a.  sind  der  Ansicht,  der  Molar  der  Säugetiere  sei  ein  Verschmelzungs- 
produkt von  kegelförmigen  Reptilienzähnchen,  von  denen  zwei  oder 
mehrere  Reihen  unter  sich  verwachsen  seien.  Diese  Aufassung  läßt  es 
plausibel  erscheinen,  daß  die  Molaren  durch  Verschmelzung  (Kon- 
krescenz)  von  mindestens  zwei  Generationen  entstanden  seien. 


Die  Verknöcherungen  des  Integuments  und    der  Mundhöhle.     405 

Dem  gegenüber  vertreten  Cope,  Osborn  und  die  übrigen  ameri- 
kanischen Paläontologen,  ferner  Schlosser,  Fleischmann,  Jaekel, 
A.  Hoffmann,  Woodward,  Leche  die  Meinung,  daß  die  Molaren 
auf  dem  Wege  der  Differenzierung  entstanden  seien  und  zwar  haben, 
abgesehen  von  Cope's  physiologisch-mechanisch  durchgearbeiteten  An- 
schauungen, Forsyth  Major  und  M.  Tims  den  Prozeß  der  Differen- 
zierung der  Molaren,  wie  er  von  dem  Verhalten  der  Kaufläche  bei  Carni- 
voren  und  Insektivoren  seinen  Ausgang  genommen  hat,  im  Einzelnen 
dargestellt,  wogegen  Osborn  (1897)  ihn  von  den  frühen  Stadien  und  von 
der  Basis  des  Zahnes  an  vor  sich  gehen  läßt.  Sind  die  Molaren  aber  nur 
einer  Zahngeneration  homolog,  so  fragt  es  sich,  welcher  von  beiden. 
Daß  sie  zur  ersten  gehören,  nehmen  an:  Osborn  (1892),  Beauregard 
(1888),  Rose  (1896),  Leche  (1895),  A.  Hoffmann  (1894),  daß  sie 
zur  zweiten  gehören :  Lataste  (1888),  Magitot  (1888).  Neben  diesen 
Streitfragen  ist  die  nach  der  Homologisierung  der  Einzelzähne  neuer- 
dings mehr  in  den  Hintergrund  getreten.  Immerhin  wird  die  von  ver- 
gleichend-anatomischer Seite  angenommene  Einschaltung,  sowie  der  Aus- 
fall, namentlich  im  Gebiet  der  vorderen  Prämolaren,  von  der  Ontogenie 
vielfach  beleuchtet.  Die  weitgehenden  Hoffnungen,  die  für  die  Er- 
schließung phylogenetischer  Probleme  auf  die  Ontogenie  des  Gebisses 
gesetzt  worden  sind,  haben  sich  aber  nicht  erfüllt.  Namentlich  kommt 
diesen  Urkunden  höchstens  der  Wert  von  Verifikationen  der  Hypothese 
zu.  Auch  Leche  (1895)  und  Rose  (1896*)  sind  zu  dieser  Ansicht 
gelangt;  letzterer  sogar  nach  reichlicher  Ueberschätzung  der  Ontogenie 
für  die  Phylogenie;  Leche  dagegen  in  Verbindung  mit  der  Einsicht, 
daß  die  Hartgebilde  innerhalb  relativ  enger  systematischer  Grenzen 
so  beträchtlichen  Schwankungen  unterliegen.  Der  Homologisierung  der 
Hartgebilde  und  ihrer  Generationen  stehen  daher  die  größten  Schwierig- 
keiten gegenüber.  Auch  sind  es  nach  Rose  (1896)  gerade  die  ältesten 
und  jüngsten  Ereignisse  der  Stammesgeschichte,  welche  bei  der  ontoge- 
netischen  Entwickelung  des  Zahnsystems  auftreten.  Während  daher 
früher  der  Möglichkeit  der  Homologisierung  von  Zahnreihen,  Zähnen 
und  deren  Elementen  der  größte  Spielraum  vergönnt  wurde,  hat  sich 
in  neuerer  Zeit  die  Anschauung  durchgerungen,  daß  auch  das  Ge- 
bißsystem in  weit  höherem  Grade  Anpassungserschei- 
nungen aufweise  und  der  Neubildung  fähig  sei,  als 
früher  angenommen  wurde.  Es  steht  diese  Neuerung  wohl 
auch  damit  in  Verbindung,  dass  früher  die  Hartgebilde  selbst  und  zwar 
vorwiegend  im  erwachsenen  Zustande  untersucht  wurden,  heute  aber 
die  sie  absondernden  Weichteile  mit  in  Betracht  gezogen  werden. 

So  wie  die  Fragestellungen  und  die  Urkunden  liegen,  kann  daher 
im  Nachfolgenden  keine  ausführliche  Diskussion  aller  in  Betracht 
kommenden  Instanzen  erwartet  werden.  Wir  werden  uns  indessen 
bemühen,  die  wichtigsten  Thatsachen  aus  der  Ontogenie,  die  zu  Gunsten 
der  einen  oder  anderen  Theorie  ins  Feld  geführt  worden  sind,  wieder- 
zugeben. 


lov 


2.  Die  Zähne  mit  permanentem  Wachstum. 
Die  Zähne  mit  dauerndem  Wachstum  sind  innerhalb  der  Säuge- 
tiere am  besten  studiert  und  wohl  auch  am  meisten  verbreitet,  zugleich 
eine  der  wichtigsten  Eigentümlichkeiten  des  Säugetiergebisses.  Wir 
haben  daher  die  Besprechung  der  mit  diesem  Typus  verbundenen 
Wachstums-    und    Entwickelungsvorgänge    bis    hierher    nicht   berück- 


406  R.    BURCKHARDT, 

sichtigt,  obschon  rück  greifend  zu  bemerken  ist,  daß  wahrscheinlich  die 
Vorgänge  bei  der  Entstehung  und  dem  Wachstum  der  Gebisse  von 
entsprechenden  Fischen  (Holocephalen,  Plectognathen)  und  Reptilien 
(Dicynodonten)  ähnliche  sind. 

Im  allgemeinen  nimmt  innerhalb  der  Säugetiere  die  Entstehung 
von  Hartgebilden  nach  Durchbruch  des  Zahnes  ihren  Abschluß.  Schmelz 
kann  in  späteren  Zuständen  überhaupt  nicht  mehr  entstehen,  da  im 
erwachsenen  Zustande  des  Zahnes  die  Krone  weit  entfernt  von  den 
Ameloblasten  zu  liegen  kommt.  Dagegen  dauert  die  Dentinbildung 
noch  länger  an  ;  ja  nach  der  Angabe  der  Autoren  sind  die  Odonto- 
blasten  während  des  ganzen  Lebens  damit  beschäftigt,  durch  weitere 
Ablagerung  von  Dentin  den  Hohlraum  der  Pulpa  zu  verkleinern. 
Diese  mündet  gewöhnlich  durch  eine  feine  Oeffnung  nach  dem  übrigen 
Mesoderm  hin.  Ebenso  schließt  auch  die  Bildung  von  Cement  an  der 
Wurzel  nicht  mit  einem  bestimmten  Zeitpunkt  ab.  Von  diesen  Zu- 
ständen haben  wir  auszugehen,  wenn  wir  die  immerwährend  wachsenden 
Zähne  begreifen  wollen.  Drei  extreme  physiologische  Bedingungen  sind 
es,  die  in  Verbindung  mit  dem  Dauerwachstum  der  Zähne  stehen:  die 
eine  ist  die  Abnutzung  eines  Stoßzahnes,  die  andere  die  einer  mög- 
lichst verbreiterten  Kaufläche,  die  dritte  die  einer  möglichst  scharfen 
Schneide.  Von  diesen  aus  wird  nicht  nur  die  Form  des  Zahnes, 
sondern  auch  ein  Wachstum  und  seine  Entstehung  bestimmt, 

Dauerwachstum  ist  hiernach  allgemein  als  ein  sekundärer  Zustand 
aufzufassen,  entgegen  den  Ansichten  von  Baume  (1882),  der  übrigens 
nach  Owen  (1845)  und  Hannover  (1856)  dieser  Erscheinung  zuerst 
wieder  eingehendere  Aufmerksamkeit  geschenkt  hat. 

Immerwachsende  Zähne  kommen  vor  bei  Edentaten  (Orycteropus, 
Dasypodidae,  Bradypodidae  und  den  fossilen  Verwandten),  Ungulaten 
(Toxodontia,  Endglieder  der  Hypselodonten,  ferner  als  Stoßzähne  bei 
Hippopotamiden,  Suiden  und  Proboscidiern),  bei  Nagern  (Schneide- 
zähne und  vielfach  auch  Backzähne),  bei  Lemuren  (Schneidezähne  von 
Chiromys),  bei  Marsupialien  (Phascolomys  mit  permanenten  Schneide- 
und  Backzähnen),  bei  Pinnipediern  (Eckzähne  der  Trichechiden),  bei 
Walen  (Stoßzahn  des  Narwal,  Unterkieferzähne  von  Mesoplodon).  Die 
immerwachsenden  Zähne  sind  durch  Uebergänge  mit  den  Zähnen  mit 
früh  beschränktem  Wachstum  verbunden.  Einen  solchen  Uebergangs- 
zustand  weisen  nach  Baume  die  Pferde  auf,  wo  die  Zähne  wenigstens 
sehr  lange  wachsen  und  erst  spät  durch  einen  Wurzelteil  abgeschlossen 
werden.  Das  Auftreten  des  Dauerwachstunis  bedeutet  eine  tiefgreifende 
Umwandlung  für  die  ganze  Oekonomie  des  Einzelzahnes.  Das  geht 
daraus  hervor,  daß  je  nach  Verlängerung  der  Wachstumsdauer  die 
typische  Zusammensetzung  des  Zahnes  modifiziert  ist.  Die  Schmelz- 
absonderung wird  auf  die  äußersten  Spitzen  und  auf  die  frühesten  Zu- 
stände des  Zahnes  beschränkt  oder  nur  auf  bestimmte  Flächen  des 
Zahnes,  aber  dann  vermittelst  Einrichtungen,  welche  das  ganze  Leben 
hindurch  bestehen  bleiben  und  funktionieren.  Die  Schmelzbildung 
kann  aber  auch  vollständig  erlöschen,  was  nicht  hindert,  daß  das 
Schmelzorgan  doch  noch  kann  angetroffen  werden. 

Andererseits  geht  mit  dem  Uebergang  zu  permanentem  Wachstum 
vermehrte  Absonderung  von  Cement  Hand  in  Hand,  die  endlich  sich 
so  gewaltig  steigern  kann,  daß  die  übrigen  Zahnsubstanzen  von  ihm 
beinahe  ganz  verdrängt  werden.     Und    ferner  sind  Modifikationen  des 


Die  Verknöcherungen   des  Integuments  und  der  Mundhöhle.     407 

Dentins  mit  dieser  ganzen  Umwandlung  verbunden,  unter  denen  wir  be- 
sonders hervorzuheben  haben  das  „Vasodentin"  Owen's,  welches  wir, 
um  mit  Tomes  (1898)  die  Bezeichnung  Vasodentin  ausschließlich  für  vas- 
kularisiertes  Dentin  zu  reservieren,  als  Porodentin  bezeichnen.  Denn 
es  ist  ein  Dentin,  das  von  zahlreichen  gröberen,  zur  Kaufläche  senkrecht 
stehenden  Kanälen  durchzogen  wird ,  in  welchen  die  Odontoblasten 
sitzen.  Walkhoff  (1901)  schildert  uns,  wie  diese  Modifikation  des 
Dentins  aus  dem  gewöhnlichen  innerhalb  der  Nager  an  den  Schneide- 
zähnen sich  ausbildet,  wie  denn  auch  bei  Ungulaten  die  Innenfläche 
der  Pulpahöhle  ihre  einfache  Konfiguration  aufgiebt  und  zu  Lappen- 
bildung neigt.  Wir  können  hier  den  ganzen  phylogenetischen  Prozeß 
der  Porodentinbildung  nicht  darstellen  und  müssen  uns  begnügen, 
noch  auf  das  Endstadium  desselben  hinzuweisen,  wie  es  uns  inner- 
halb der  Edentaten  und  bei  den  Eckzähnen  des  Walrosses  entgegen- 
tritt. Hier  ist  nur  der  unterste  Teil  der  Pulpa  eine  einheitliche  Höhle, 
von?; ihr  aus  strahlen  der  Kaufläche  des  Zahnes  dünne  Kanäle  zu,  ganz 
ähnlich  wie  die  in  gewissen  Formen  des  Trabekulins  der  Fische.  Von 
diesen  Kanälen  strahlen  wiederum  die  Dentiuröhrchen  radiär  aus  und 
die  zu  einem  Kanal  gehörigen  Massen  des  Dentins  bilden  vier-  bis 
mehrseitige  Prismen. 


'O 


Aber  nicht  nur  in  Bezug  auf  die  verschiedenen  Modifikationen 
der  Zahnsubstanzen  unterscheiden  sich  die  permanent  wachsenden 
Zähne,  sondern  die  gewöhnlichen  äußerlich  unterscheidbaren  Teile: 
Krone,  Hals  und  Wurzel,  die  mit  der  Befestigungsweise  der  einen 
Abschluß  des  Wachstums  erreichenden  Zähne  eine  scharfe  Ausprägung 
erhalten,  sie  sind  hier  verschwunden,  da  eine  dauernde  Befestigung 
des  Zahnes  aufgegeben  ist.  Man  hat  daher  auch  diese  Zähne  als 
wurzellos  oder  als  mit  persistenter  (richtiger:  offener)  Pulpaversehen 
bezeichnet.  Für  die  Einzelheiten  in  der  Entwickelung  von  immer- 
wachsenden Zähnen  verweisen  wir  auf  das  bei  Nagern  und  Edentaten 
Gesagte. 

In  der  Reihenfolge  der  Säugetierordnungen  folgen  wir  keinem  der 
üblichen  zoologischen  Systeme.  Da  die  Verteilung  des  Stoffes  im  vor- 
liegenden Handbuch  eine  Sonderung  nach  den  Organsystemen  gebot, 
müßte  sonst  eine  für  das  Verständnis  der  Entwickelungsprozesse  im 
Zahnsystem  hinderliche  Anordnung  herauskommen.  Die  Primaten  und 
Insektivoren  haben  eine  relativ  primitive  Entwickelung  des  Gebisses 
aufzuweisen,  die  ans  Ende  unserer  Betrachtungen  zu  stellen  eine  ge- 
netische Auffassung  der  Gebißentwickelung  nicht  rechtfertigen  würde. 
Andererseits  erscheint  das  Gebiß  der  Monotremen  in  einem  Zustande, 
der  keineswegs  der  primitiven  Verfassung  ihrer  anderen  Organe  ent- 
spricht und  der  doch  nur  verständlich  wird  als  Endglied  einer  langen 
Kette  von  Mittelgliedern ,  welche  den  bei  anderen  Ordnungen  der 
Säuger  noch  erhaltenen  Zuständen  ähnlich  gewesen  sein  mögen. 

Wir  schicken  daher  der  Schilderung  der  Gebißentwickelung  in 
den  einzelnen  Säugetierordnungen  die  des  menschlichen  Gebisses 
voraus.  Abgesehen  von  den  oben  erwähnten  Gründen  entwickelungs- 
theoretischer  Natur  spricht  hierfür,  daß  die  Zahnentwickelung  keines 
anderen  Säugetieres  genauer  bekannt  ist  und  daß  die  des  Menschen 
in  den  wesentlichsten  Zügen  mit  einer  großen  Anzahl  primitiver  und 
centraler  Säugetiertypen  übereinstimmt. 


408 


R.    BüRCKHARDT, 


3.  Die  Entwickelung  des  menschlichen  Gebisses. 

a)  Erste  Entwickelungsstadien. 

Die  erste  Anlage  einer  Zahnleiste   findet   sich    nach  Rose   (1891 

und  1892 II)    bei   menschlichen  Embryonen    von    11    mm  Länge,   also 

etwa  um  den  34.  Tag.     Auf  diesem  Stadium  besteht  sie  aus  einer  im 

Querschnitt  leicht  spindelförmigen  Verdickung  des  Ektoderms,  welche 

sich  über  die  Oberfläche  ebenso  schwach 
vorwölbt,  wie  nach  dem  Mesenchym  hin. 
Ein  Stadium,  bei  dem  die  Anlage  nur  etwas 
stärker  zur  Ausbildung  gelangt  ist,  treffen 
wir   bei   einem    Embryo   vom   40.  Tage  an 

Fig.  239.  Mundeingang  eines  menschlichen  Em- 
bryo von  15  mm,  ca.  40  Tage  alt.  Ok  Oberkiefer. 
Uk  Unterkiefer.    ZI  Zahnleiste.    Vergr.  SOfach.    Nach 

ROSE. 


(Fig.  239).  Hier  beginnt  bereits  die  Anlage  sich  deutlicher  von  der 
Umgebung  abzuheben,  da  sie  schon  die  doppelte  Zahl  von  Zell- 
schichten im  Vergleich  zum  übrigen  Ektoderm  besitzt. 

Diese  im  Querschnitt  spindelförmige  Anschwellung  wuchert  nun 
gegen  das  Mesenchym  vor  und  bildet  eine  zusammenhängende,  bogen- 
förmig verlaufende  Leiste  im  Vorderteil  beider  Kiefer,  die  Zahn- 
leiste;  gleichzeitig  hat  sich  jedoch  labial  von  und  zunächst  in 
innigem  Zusammenhang  mit  ihr  eine  ihr  parallel  laufende  zweite  Leiste 
gebildet,  die  Lippen f  u  r  chenleiste.  Beide  Bildungen  haben  das 
Ektoderm  so  sehr  in  die  Tiefe  gezogen,  daß  eine  Rinne  der  Mundhöhle 


£Jl 


Fig.  240.  Ektoderm 
des  Mnndeingangs  eines 
menschlichen  Embryo 
von  2,5  cm.  9  Wochen 
alt,  von  oben  gesehen. 
ZL  Zahnleiste.  LL  Lip- 
penfurchenleiste.  Mo- 
dell in  12x/2fach.  Vergr. 
Nach  Eöse. 


an  seiner  Oberfläche  entstanden  ist,  die  Lippenfurche  (Fig.  240). 
Erst  jetzt  beginnen  an  der  Zahnleiste  sich  einzelne  gegen  das  Mesenchym 
vorragende  Höcker  geltend  zu  machen ,  welche  sich  stärker  gegen 
das  Mesenchym  hin  vorwölben,  es  sind  Zahnanlagen  auf  dem  knospen- 
förmigen  Stadium,  welche  nur  wenig  über  die  Zahnleiste  hinaus  vor- 
springen. Deutlicher  werden  sie  erst,  wenn  sie  in  das  kappenförmige 
Stadium  übergehen  (Fig.  241).  Bei  einem  Embryo  von  4  cm  nämlich 
hat  sich  die  Lippenfurchenleiste  nur  erheblich  verdickt.  An  der  Zahn- 
leiste aber  sind  weitere  Differenzierungen  bemerkbar  geworden.  Die 
Verbindungsbrücke  zwischen  der  Zahnleiste  und  der  Lippenfurchen- 
leiste resp.  dem  übrigen  Ektoderm  hat  sich  verschmälert,  die  ursprüng- 
lich kugelig  gegen  das  Mesenchym  vorspringende  Zahnanlage  hat  eine 
leichte  Einstülpung  von  der  der  Mundschleimhaut  abgewandten  Seite 
erfahren ;  endlich   hat   sich  außerhalb   dieser  Einstülpung,    im  Mesen- 


Die  Verknöcherungen  des  Integuments  und  der  Mundhöhle.     409 


y° 


chym  selbst  eine  dichte  Ansammlurg  von  Elementen  gebildet,  die  sog. 
Mesod  erm  papille.      Aber    nicht    überall    bietet    die    Zahnleiste 
dasselbe  Bild  dar,  sondern  nur  im  Bereiche   der  Zahnanlagen   selbst. 
Von    dem    Zustande   der    gesamten 
Zahnleiste  in  diesem  Stadium  giebt 
uns  Fig.  242  ein  vollständiges  Bild. 
Die    Einstülpungen    erscheinen    an 
ihr  wie  die  Abdrücke  eines  Siegels ; 
zwischen   ihnen  verläuft    die  Zahn- 
leiste noch  in  ähnlicher  Weise  wie 
auf   dem  vorhergehenden   Stadium, 

Fig.  241.  Querschnitt  durch  den  Über- 
kiefer eines  menschlichen  Embryo  von  4  cm. 
Z/ Lippen  furche.  PMesodermpapille.  Vergr. 
SOfach.  Nach  Rose. 


Angelegt 


ist  schon 
zwei  Mo- 


nur  erstreckt  sich  der  Bogen  weiter  nach  hinten. 

das  ganze  Milchgebiß,   je   zwei    Incisiven,   ein   Canin    und 

laren. 

Die  nachfolgenden  Veränderungen  machen  sich  besonders  in 
folgenden  Punkten  geltend:  1.  Die  kappenförmigen  Zahnanlagen 
nehmen   erheblich   an  Umfang  zu   und   gehen  hierbei  in  das 


glocken- 


d 


JIM.  JL-X 

l 


U.Z. 


VA 

i 


Mm.£r 


Mm.Ir 


Fig.  242.  Oberkiefer  eines  menschlichen  Embryo  von  4  cm.  Modell  der  ekto- 
dermalen  Teile,  das  Mesoderm  ist  weggelassen.  ZL  Zahnleiste.  LFL  Lippenfurchen - 
leiste.  L  Lippe.  Jl  I  u.  II  Milchincisiven.  Gl  Milchcanin.  Mm  1  u.  II  Milchmolaren. 
Vergr.  1272fach.    Nach  Eöse. 


förmige  Stadium  über,  das  Schmelzorgan  bildend.  2.  Dadurch  lösen  sie 
sich  von  der  Zahnleiste  labialwärts  ab  und  bleiben  mit  ihr  nur  noch 
durch  eine  bescheidene  Berührungsfläche  in  Verbindung.  3.  Die  Zahn- 
leiste wuchert  lingual  weiter  und  bildet  ein  kontinuierliches  Band,  welches 
sich  auch  hinter  den  Anlagen  der  2.  Milchmolaren  nach  hinten  fort- 
setzt; die  Verbindung  der  Leistenhälften  in  der  Medianebene  lockert 
sich  und  geht  später  ganz  verloren.  Besondere  Beachtung  verdient  das 
caudale  Ende    der  Zahnleiste.     An    ihm   hat   sich,    genau   wie   bei  der 


Entstehung 


der  Milchzahnanlagen    eine  Einstülpung 


gebildet. 


Es   ist 


410 


R.  BURCKHARDT, 


die  Anlage  des  ersten  bleibenden  Molaren.  Ebenso  entstehen  auch 
später  durch  weitere  Wucherung  der  Zahnleiste  die  Anlagen  der 
übrigen  Molaren. 

Von  nun  an  beginnt  die  Zahnleiste,  die  noch  eben  eine  fort- 
laufende, mit  dem  Ektoderm  verbundene  Lamelle  war,  sich  unregel- 
mäßig umzubilden.     Sie   löst   sich    in   ein  gitterartiges   Netzwerk  von 


J..L.T- 


M.m.Jt 


/  Ml 


Fig.  243.  Linke  Unterkieferhälfte  eines  menschlichen  Embryo  von  18  cm.  Mo- 
dell der  ektodermalen  Teile.  M1  Anlage  des  ersten  bleibenden  Molaren.  Uebrige  Be- 
zeichnungen wie  die  in  voriger  Figur.     Vergr.  121/2-fach.     Nach  Rose. 


Epithelsträngen  auf,  die  nur  noch  da  und  dort  mit  dem  Ektoderm 
einerseits  und  dem  Schmelzorgan  andererseits  in  Zusammenhang  bleiben. 
Nur  ihr  labialer  Rand,  die  Ersatzleiste,  bleibt  als  ein  zusammen- 
hängender Wulst  bestehen  und 


zeigt  hinter 


den  Milchzahnanlagen  An- 


schwellungen, an  denen  sich  bald  leichte  Einstülpungen  geltend  machen. 
Es   sind   dies    die  Ersatzzahnanlagen, 
weiterbilden,  wie 


es 


die  Ersatzzalmanlagen 


die  Milchzahnanlagen 
angelegt,    so    löst 


die  sich  in  der  Folge  genau  so 

gethan  haben.    Sind  einmal 

sich   auch   noch    die  Ersatz- 


leiste  auf   und   zwischen   den  Ersatzzahnanlagen    besteht   später   kein 

Zwischen  den  Milchzahnanlagen  und  der  Ersatz- 
der  gitterartigen    Auflösung   der    Zahnleiste   überhaupt 


leiste 


Zusammenhang  mehr 

Auflösung 
der  Zusammenhang  verloren  gegangen,  bevor  es  zur  Bildung  von  1 
satzzalmanlagen 


kommt 
für 
diese  Ansicht  als 


und   während    diese    bis  auf  Guillot  (1858) 

gehalten    worden,   hat    sich 


irrig 


Milchzahnanlagen 
erwiesen. 


Die  Verknöcherungen  des  Integuments 


und  der  Mundhöhle.     411 


Das  eben  geschilderte  Stadium  der  Zalmleiste  veranschaulicht 
Fig.  244.  Auf  ihr  steht  das  Schmelzorgan  in  voller  Entfaltung.  Die 
Verkalkung  der  Milchzähne  hat  bereits  begonnen.  Die  Zahnleiste  ist 
in  Auflösung  begriffen.  Die  Ersatzzahnanlagen  befinden  sich  noch  auf 
dem  kappenförmigen  Stadium. 

Außer  den  eben  geschilderten  Zahnanlagen  lassen  sich  aber  auch, 
wie   übrigens   bei   manchen   anderen  Säugetieren    noch  Anlagen    einer 
prälactealen    und    einer    post- 
permanenten   Dentition    nach- 
weisen.   (Rose  1895.) 

Wir  haben  die  Anlagen 
der  Milchzähne  auf  dem 
glockenförmigen  Stadium  ver- 
lassen. Auf  diesem  zeigen  sie 
alle  Differenzierungen,  die  in 
der  Einleitung  p.  351  hervor- 
gehoben wurden :  das  äußere 
Schmelzepithel,  die  Schmelz- 
pulpa,  das  Stratum  inter- 
medium .     die     Ameloblasten- 

Fig.  244.  Menschlicher  Fötus 
von  30  cm.  Modell  zweier  Incisiven 
und  ihrer  Ersatzzahnanlagen.  D 
Dentin.  S  Schmelz.  Sp  Schmelz- 
pulpa.  ZI  Zahnleiste.  Es  Ersatz- 
zahnanlage. Ms  Mundschleimhaut. 
Vergr.  20-fach.     Nach  Rose. 

schicht.     Was   nun    das    Mesoderm    betrifft,    so    ist    die    Papille    des- 
selben allmählich   umwachsen  worden,  je  mehr  das  Schmelzorgan  zur 


Ex- 


«S-i    "-*      Öl''         -^Tr»^ 


^ 


2>-i 


Fig.  245.  Frontalschnitt  durch  den  2.  Incisiven  eines  menschlichen  Fötus 
von  30  cm  Länge.  ZI  Zahnleiste.  Ez  Ersatzzahnanlage.  Sp  Schmelzpulpa.  D  Dentin. 
P  Zahnpulpa.  Vergl.  Fig.  244.  Der  Schmelz  ist  weggelassen  und  als  dünner  Ueber- 
zug  des  Dentins  zu  denken.     Vergr.  20-fach.     Nach  ROSE. 


412  R.    BuRCKHARDT, 

Glockenform  auswuchs.  Aus  dieser  Papille,  welche  auch  ihrerseits 
reichlich  ihre  Zellen  vermehrt,  wird  die  Zahnpulpa,  deren  oberfläch- 
lich gelegene  Schicht  sich  zur  Odontoblasten Schicht  (Membrana 
eboris)  umwandelt,  indem  die  ursprünglich  unregelmäßigen  Binde- 
gewebszellen sich  einseitig  ausbilden  und  in  der  Richtung  gegen  die 
Ameloblastenschicht  einen  besonders  langen  Ausläufer  ausbilden,  den 
ToMEs'schen  Fortsatz.  Auf  diesem  Stadium  wuchern  in  die  Pulpa 
Gefäße  und  Nerven  hinein.  Aber  auch  das  Mesoderm,  welches  das 
Schmelzorgan  umgiebt,  verhält  sich  nicht  ganz  passiv.  In  ihm  werden 
nach  Legros  und  Magitot  (1879)  Kapillarnetze  ausgebildet,  die 
später  wieder  verschwinden.  Doch  dringen  nie  Gefäße  ins  Innere 
der  Schmelzpulpa,  solange  die  äußere  Epithelscheide  erhalten  ist. 

Nach  Canalis  (1886)  hängen  die  Kernteilungsfiguren  innerhalb 
des  Schmelzorgan  es  und  der  Mesodermpapille  nicht  mit  der  Absonde- 
rung der  Zahnsubstanzen  zusammen ;  er  beobachtete  vielmehr,  daß 
während  des  Prozesses  der  Schmelzabsonderung  keine  Kernteilung  in 
der  Ameloblastenschicht  beobachtet  wird,  sondern,  daß  Kernteilungen 
alsdann  nur  am  unteren  Rande  der  Schmelzglocke  zu  sehen  sind, 
also  an  der  unteren  Grenze  der  Hartsubstanz.  Ebenso  an  der  Meso- 
dermpapille sind  Kernteilungsfiguren  nur  unterhalb  der  Odontoblasten- 
schicht  gegenüber  dem  Rande  der  Schmelzglocke  wahrzunehmen. 

b)  Die  Histogenese  der  Zahn  Substanzen. 

So  lebhaft  auch  die  Bemühungen  waren,  über  die  Frage  nach  der 
Absondernng  der  Hartsubstanzen  Aufklärung  zu  schaffen,  so  wenig 
kann  behauptet  werden,  daß  eine  befriedigende  Lösung  dieser  Auf- 
gabe zur  Zeit  erzielt  sei.  Haben  Kölliker  (A.  L.  IL  1861,  1864) 
Kollmann  (1869)  und  Walde yer  (1871)  der  Schmelzbildung  ganz 
besondere  Aufmerksamkeit  geschenkt,  so  ist  man  nach  ihnen  wenig- 
weiter  gekommen;  zur  Verwirrung  der  ohnedies  nicht  klaren  Situation 
haben  Morgenstern  (1891)  und  Bödecker  (1892)  in  den  gebräuch- 
lichsten deutschen  Handbüchern  dadurch  beigetragen,  daß  sie  Kunst- 
produkte und  Schiefschnitte  mißdeuteten.  Im  Ganzen  dürften  die  An- 
schauungen als  die  richtigsten  betrachtet  werden,  welche  v.  Kölliker 
(1884),  v.  Ebner  (1891  und  1899),  Rose  (1897  und  Tomes  (1898) 
vertreten  und  die  unter  sich  nur  in  untergeordneten  Punkten  ab- 
weichen. 

Danach  ist  der  Schmelz  ein  Secretionsprodukt  der  Ameloblasten- 
schicht. Es  sind  dieselben  Zellen,  welche  die  Bildung  des  Schmelzes 
von  Anfang  bis  zu  Ende  besorgen ;  jeder  verdankt  je  ein  Prisma 
seinen  Ursprung.  Das  Protoplasma  wandelt  sich  an  der  Basis  in 
eine  homogene  Masse  um;  gleichzeitig  sondern  sich  von  ihm  die 
ToMEs'schen  Fasern  in  derselben  Richtung  aus,  welche  pinselartig 
gegen  die  Oberfläche  des  Dentins  ausstrahlen.  Ob  nun  diese  Fasern 
zuerst  verkalken,  wie  die  einen  annehmen,  oder  ob  zwischen  ihnen 
sich  erst  ein  honigwabenartiges  Netz  von  Verkalkungen  bildet,  von 
dem  aus  die  Verkalkung  centripetal  vor  sich  geht,  wie  die  andern 
annehmen,  muß  wohl  einstweilen  dahingestellt  bleiben.  Abgesehen 
von  den  Versuchen  Graf  Spee's  (1887),  welcher  nachwies,  daß  Os- 
niiuinsäure  nicht  nur  den  embryonalen  Schmelz,  sondern  auch  kleine 
Partikel  innerhalb  der  Ameloblasten  schwarz  färbt,  sind  mikrochemische 
Reaktionen,  welche  allein  über  die  Absonderung  des  Schmelzes  ge- 
nauere  Auskunft  versprechen,    noch   ausstehend.     Auch   Walkhoff 


Die  Verknöcherungen   des   Integuments  und   der  Mundhöhle.     413 


allseitiger 


Discussion 
dahin  aus,  die 
von  Kalksalzen 
m    Protoplasma 


der  Beobachtungen 


und 
des  Schmelz- 
an  der   inneren  Seite 
des   Zellleibes    selbst 


Verkalkung 


(1001)  spricht  sich  nach 
Deutungen  früherer  Autoren 
prismas  sei  eine  Ausscheidun 
der   Ameloblasten   und    gehe 

vor  sich.  Die  Membran,  welche  Nasmyth  (1842)  entdeckte,  bildet 
einen  dünnen  continuierlichen,  gegen  Säuren  äußerst  resistenten  Ueber- 
zug  des  Schmelzes.  Schon  Waldeyer  (1871)  vermutete,  daß  sie  ein 
modifiziertes  Epithel  sei,  das  aus  dem  Schmelzorgan  hervorgehe. 
Neuerdings  hat  Paul  (1895)  ihre  Entstehung  aus  dem  Stratum  inter- 
medinm  und  ihre  Epithelnatur  behauptet,  während  v.  Kölliker  (1884) 
und  v.  Ebner  (1890)  sie  für  eine  von  den  Ameloblasten  nach  voll- 
endeter Schmelzbildung  abgesonderte  Cuticularbildung  ansehen. 

Nicht  geringere  Schwierigkeiten  als  die  Entstehung  des  Schmelzes 
aus  den  Ameloblasten  bereitet  die  des  Zahnbeines  aus  den  Odon- 
toblasten.  Die  Zellschicht,  welche  aus  diesen  gebildet  wird,  ist 
eine  einfache;  die  Elemente  selbst  stehen  dicht  gedrängt  neben 
einander  und  lassen  je  nach  der  Dicke  der  Schicht  von  bereits 
ausgesondertem  Dentin  mehr  oder  weniger  lange,  nach  außen  gerich- 
tete Fortsätze  erkennen,  die 
sich  entweder  gleich  nach  ihrem 
Ursprung,  oder  erst  innerhalb 
des  Dentins  schwach  verzwei- 
gen. Der  Kern  liegt  an  der 
Basis  der  Odontoblasten.  Von 
den  vielen  Ansichten  über  den 
Modus  der  Dentinbildung 
scheint  uns  diejenige,  welche 
v.  Ebner  1891,  1890)  und 
Rose  (1891,  1892)  vertreten, 
die  plausibelste.  Nach  diesen 
Autoren  wird  ein  Teil  des  Pro- 
toplasmas,   das    sich    an    der 


Od  - 


Fig. 


246.    Spitze 
zahnes  einer  jungen 
unfertiger  Schmelz. 
Odontoblasten. 
capi  Haren    im 
310fach  versr. 


eines  Schneide- 
Katze.  8  Noch 
D  Dentin.    Od 

P  Pulpa.  C  Blut- 
Innern     der    Pulpa. 

Nach  Rose. 


Oberfläche  der  Odontoblasten  befindet,  in  eine  gelatinöse  Substanz  ver- 
wandelt. In  dieser  werden  Fibrillen  gesehen,  die  wahrscheinlich  aus 
dem  ToMEs'schen  Fortsatz  der  Odontoblasten  hervorgehen.  Erst 
dann  tritt  Verkalkung  der  fibrillenhaltigen  Grundsubstanz  ein,  welche 
sich  dadurch  allmählig  in  Dentin  umwandelt. 


c)  Die  späteren  E  ntwickelun  gsstadien  und  der 

Zahnersatz. 
Wir  haben  das  Schmelzorgan  auf  der  Höhe  seiner  Ausbildung 
verlassen,  wo  es  seine  volle  gewebliche  Differenzierung  erreicht  hatte 
und  den  Schmelz  zunächst  in  Gestalt  eines  kegelförmigen  Hutes  über 
dem  Dentin  ausschied.  Dieser  Ausscheidungsprozeß  setzt  sich  allmähg 
basalwärts  fort,  bis  der  Schmelzüberzug  seine  ganze  Größe  erreicht 
hat.     Mit   der  netzartigen  Auflösung   der  Zahnleiste    wurde    der  Ver- 


414 


R.  BURCKHARDT, 


ge 


fallsprozeß  der  ektodermalen  Zahngewebe  bereits  eingeleitet.  Er 
(leiht  zunächst  dadurch  weiter,  daß  sich  die  Zahnleiste  in  einzelne 
Zellen  und  kleine  Zellengruppen  auflöst,  die  sich  stellenweise  zu 
Epithelperlen  umgestalten.  So  bleibt  schließlich  von  der  Zahnleiste 
nichts  übrig,  als  die  Ersatzzahnanlagen,  welche  lingual  von  den  mächtig 
entfalteten  Milchzahnanlagen  liegen  bleiben,  um  später  genau  denselben 
Umwandlungen  zu  unterliegen,  wie  sie  die  Milchzahnanlagen  zu  durch- 


laufen haben.     Noch  ehe  die  Schmelzabsonderung 


ganz 


vollendet  ist. 


wird  aber  auch  das  Schmelzorgan  aufgelöst.  Die  äußere  Epithelscheide 
zerfällt  in  ähnlicher  Weise,  wie  die  Zahnleiste  in  einzelne  Zellgruppen. 
Zwischen  diesen  treten  Capillaren  bis  dicht  an  die  Schmelzpulpa  heran, 
durchsetzen  sie  allmählig  und  dringen  bis  an  die  Ameloblastenschicht 
vor,  die  unterdessen  ihre  Aufgabe  erfüllt  hat.  Auch  die  Ameloblasten 
fallen  auseinander  und  werden  allmählich  aufgelöst.  So  bleibt  schließlich 
die  verkalkte  Zahnspitze  nur  noch  vom  Bindegewebe  getrennt  durch 
Sternzellen,  welche  sich  nur  noch  wenig  von  Bindegewebszellen  unter- 
scheiden (Eig.  247). 

Die  weiteren  Veränderungen  des  Zahnes  bestehen  darin,  daß  seine 
Dentinmasse    zunimmt    und   daß    sie   an    der   Wurzel    endlich   einen 


Ueberzug    von    Cement    erhält.       Die 


/Mir-4 


Ausscheidung  des  Cementes 
kann  auf  zweierlei  Weise  er- 
folgen, entweder  wird  die 
Substanz  wie  Bindegewebs- 
knochen  aus  den  Bindegewebs- 
zellen direkt  ausgeschieden, 
oder  auf  dem  Umwege  durch 
ein  knorpeliges  Zwischen- 
stadium (Magitot,  1883). 

In  späteren  Stadien  bildet 
sich  auch  aus  dem  umgeben- 
den Bindegewebe  die  knöcherne 
Alveole,  die  den  Milch-  und 
seinen  Ersatzzahn  gemeinsam 
einschließt.  Wie  unsere  Figur 
zeigt,  kann  hierbei  die  Al- 
veole zum  Schutze  der  Zahn- 
spitze sich  über  diese  hinweg 
erstrecken.  In  der  Folgezeit 
verändert  sich  aber  diese  Al- 


veole 


beständiger  Um- 


unter 

der  Knochensubstanz 
noch  vielfach,  ehe  sie  die  de- 
finitive Gestalt  annimmt. 


lagerung 


Fig.  247.  Kind  vom  dritten 
Monat  nach  der  Geburt.  JMII 
Zweiter  Milchschneidezahn.  JII  Er- 
satzzahn desselben.  DK  Embryonale 
Pulpa.  D  Dentin.  S  Schmelz.  SP 
Schmelzpulpa.  ZL  Ueberreste  der 
Zahnleiste.  ME  Mundschleimhaut. 
K  Knöcherne  Alveole.  9fach  vergr. 
Nach  Rose. 


Eine  weitere  Entwickelungsphase  des  menschlichen  Gebisses  wird 
bezeichnet  durch  den  Durchbruch  der  Zähne,  das  Zahnen.     Hierbei 


Die  Verknöcheruns-en  des  Integuments  und  der  Mundhöhle.     415 


*&~"     "v"-'     -^"^ö 


gelangen  die  Zahnanlagen  mit  ihrer  Spitze  an  die  Oberfläche  der 
Mundschleimhaut  und  zwar  nicht  etwa  an  derjenigen  Stelle,  wo  sich 
die  Zahnleiste  vom  Mutterboden  abgelöst  hat,  sondern  an  einem  in 
der  Längsachse  des  Zahnes  liegenden  Punkte.  Die  Zeit  des  Durch- 
bruches ist  für  die  verschiedenen  Zähne  eine  verschiedene,  auch 
variiert  sie  nach  Rasse,  Klima  und  Ernährungszustand.  Der  Durch- 
bruch der  ersten  Milchzähne  erfolgt  zwischen  dem  6.  und  8.  Monat 
(Scheff  1891),  kann  sich  aber  bis  zum  20.  Monat  hinausziehen. 
Das  fortschreitende  Wachstum  der  Wurzeln  treibt  die  Spitze  des 
Zahnes  gegen  die  Mundschleimhaut,  nachdem  zuerst  die  Schinelzpulpa 
in  Verfall  geraten  und  das  Bindegewebe  bei  Seite  gedrängt  ist.  Jetzt 
wird  die  Mundschleimhaut  durchgerissen.  Bei  Zähnen,  die  so  angelegt 
werden,  daß  ihre  Spitze  nicht  von  vornherein  gegen  die  Mundschleim- 
haut gerichtet  ist,  geht  dem  Durchbruch  des  Zahnes  eine  entsprechende 
Drehung  voraus.  Während  des  ganzen  Prozesses  wird  auch  der  Al- 
veolenrand  vielfach  umgebaut,  insbesondere  ist  das  Heraustreten  des 
Zahnes  aus  der  Alveole  zunächst  von  Resorption  des  Alveolenrandes 
begleitet.  Die  Reihenfolge,  in  welcher  die  Milchzähne  auftreten,  ist 
folgende : 

I.  Mittlere  Schneidezähne  6. — 8.  Monat. 
II.  Seitliche  Schneidezähne  8.- 12.  Monat. 

III.  Vordere  Backzähne  12. — 1(3.  Monat. 

IV.  Eckzähne  des  Oberkiefers 


17. — 20.  Monat. 
V.  Eckzahne  des  Unterkieters 

VI.  Hintere  Backzähne  20.— 24.  Monat. 

In  der  Regel  ist  der  Durchbruch  des  Milchgebisses  mit  Beginn 
des  3.  Lebensjahres  vollendet. 

Ueber  die  Ursachen  des  Zahndurchbruches  sind  besonders  von 
praktischer  Seite  mehrere  Theorien  aufgestellt  worden.  Die  Autoren 
haben  hierbei  die  Ursachen  regelmäßig  mit  den  Begleiterscheinungen 
des  Prozesses  verwechselt ;  ein  Eintreten  auf  diese  Theorien  ist  daher 
völlig  gegenstandslos. 

Der  Zahn  Wechsel  ist  mit  eigentümlichen  Erscheinungen  der  Re- 
sorption verbunden.  Baume  (1882)  schildert  sie  etwa  so:  Der  Milch- 
zahn, welcher  ausfallen  soll,  verliert  seinen  Glanz ;  seine  Pulpa  stirbt 
ab.  Dann  beginnt  der  Prozeß  der  Resorption  und  zwar  gewöhnlich 
an  derjenigen  Stelle  der  Milchzahnwurzel,  wo  sie  dem  Ersatzzahn 
zunächst  liegt.  Am  Cement  treten  flache  Grübchen,  die  Howship- 
schen  Lacunen  auf,  von  denen  aus  allmählig  größere  Partieen  des 
Cements  und  Dentins  ergriffen  werden,  bis  endlich  die  ganze  WTurzel 
verschwunden  ist.  Die  Resorption  wird  von  großen  vielkernigen 
Bindegewebszellen.  Osteoklasten,  besorgt,  wie  solche  auch  den  Knochen 
resorbieren.  Es  bilden  sich,  nach  Maßgabe  der  Resorption  der  Wurzel 
Bindegewebspapillen  aus.  ähnlich  denen,  welche  im  Granulationsge- 
webe einer  Wunde  angetroffen  werden.  Auch  von  der  Pulpa  aus 
wird  die  Zerstörung  der  Zahnsubstanz  in  Angriff  genommen.  Während 
des  gesamten  Ablaufs  der  Resorption  nimmt  der  Ersatzzahn  an  Größe 
zu  und  rückt  an  die  Stelle  des  zu  ersetzenden  Zahnes.  Auch  die 
Alveole  des  ersten  Zahnes  wird  resorbiert  und  durch  eine  neu  auf- 
gebaute ersetzt.  Der  gesamte  Resorptionsprozeß  verläuft  in  derselben 
Reihenfolge,  in  welcher  der  Zahndurchbruch  vor  sich  gegangen  ist. 

Die  Zähne  der  zweiten  Dentition  sind  durchweg  größer,    schärfer 


416 


R.    BüRCKHARDT, 


ausgeprägt    und  von  mehr    gelber  Farbe    als   die   ersten.     Der  Zahn- 


wechsel beginnt  am  Ende 


des  6.  oder  am  Anfang  des  7.  Lebensjahres 
und  zwar  gewöhnlich  damit, 
daß  die  ersten  echten  Molaren 
zum  Vorschein  kommen.  Ihnen 
folgen  vom  7.  bis  9.  Jahre  die 
Schneidezähne,  dann  bis  zum 

11.  die   ersten    und   bis    zum 

12.  oder  13.  Jahre  die  zweiten 
Praemolaren,  gleichzeitig  mit 
diesen  die  Eckzähne.  Im  12. 
Jahre  beginnen  auch  die  zwei- 
ten Molaren  durchzubrechen. 
Für  die  dritten  ist  die  Durch- 

Fig.  248.  Gebiß  eines  ca.  11- 
jährigen  Menschen  im  Zahnwechsel. 
Die  ./  sind  bereits  gewechselt,  noch 
nicht  dagegen  die  C  u.  P.  Ml  ist 
durchgebrochen,  im  Überkiefer  auch 
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liehen  Schwankungen. 


der   Regel    das   17.— 24.  Altersjahr.     Alle  diese  Zeiten 
streng  eingehalten,  sondern  unterliegen  vielmehr  erheb- 


Von    den 
Beschreibung 
(1891)  u.  a., 
verdient 
geschichte 
satzgeneration 


d)  Mehrfache  Dentitionen, 
zahlreichen    Dentitionsanomalien,    für 
wir    auf  die  Lehrbücher    von    Baume 
sowie   auf  die  Arbeit   von  Kollmann 


deren 


genauere 
Scheff 
verweisen, 
„dritte  Dentition"  im  Anschluß  an  die  Entwickelungs- 
besondere  Erwähnung.     Da  nach    unserer  Zählung  die  Er- 
der Säugetiere    bereits    die   dritte   ist,    welche   für   die 
vergleichende  Entwicklungsgeschichte  in  Betracht  kommt,  zählen  wir 


die  sog 


anders 
vorhandenen 


und  fassen    hier  die  Ausbildung 


Zahngenerationen 


der   dei 
sowie    fernerer,    auf 


Anlage 


nach    meist 
diese   folgender, 


postpermanenten, 

zusammen. 
Seit  den  ältesten  Zeiten  sind  Beobachtungen  über  Ausbildung 
postpermanenter  Dentitionen  gemacht  worden  (vergl.  hierüber  Taruffi 
1878  und  M.  Eichler  in  Scheff's  Handbuch  1891).  Nachdem  sie  be- 
reits früher  als  solche  betrachtet  wurden ,  waren  es  Busch  und 
Scheff,  welche  Anomalien  an  Hand  von  sorgfältig  beobachteten 
Fällen,  als  verspätete  Ausbildung  der  Ersatzdentition  deuteten  und  auch 
den  in  der  Litteratur  citierten  Fällen  eine  ähnliche  Deutung  zu  geben 
suchten.  Immerhin  sind  neuerdings  wieder  Beobachtungen  gemacht 
worden,  welche  die  Frage  nicht  als  vollständig  im  Sinne  von  Busch 
und  Scheff  erledigt  erscheinen  lassen,  so  in  den  Fällen,  welche 
Linderer,  Harris,  Montigel  und  d'Ajutolo  (1892)  beschrieben 
haben.  Da  aber  ein  anatomisch  und  entwickelungsgeschichtlich  durch- 
gearbeiteter Fall  bisher  noch  nicht  vorliegt,  sind  diese  Erscheinungen 


einstweilen  weiterer    und  eingehender 

und  es  bleibt  bloß  die  Möglichkeit  offen, 

aufzufassende    Zahngeneration    auftritt, 

regellos  zur  Ausbildung  von  Zähnen  Anlaß  geben  können. 


Beobachtung  anheim  zu  geben 
daß  entweder  eine  atavistisch 
oder    daß    Epithelreste    ganz 


Die  Verknöcherungen  des  Integumcnts  und  der  Mundhöhle.     417 


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Die  Verknöcherungen  des  Integuments  und  der  Mundhöhle.     421 


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422  R.    BURCKHARDT, 

B.  Modifikationen  der  Gebißentwickelung  in  den  verschiedene» 

Säugetierstani  in  en. 

1.  Prosimier  und  Affen. 

Für  die  Entwickelung  des  Prosimiergebisses  liegen  einesteils  die 
älteren  Angaben  zoologischer  Systematiker  vor,  andererseits  als  erste 
zusamenhängende  Untersuchung  mit  neuerer  Technik  eine  Arbeit 
Leches  (1896).  Die  Hauptschwierigkeit  für  die  Beurteilung  auch  der 
Ontogenie  ist  die  Unsicherheit,  welcher  die  Phylogenie  der  Prosimier 
unterliegt.  Nicht  zum  mindesten  ist  ein  abschließendes  Urteil  durch 
die  Lückenhaftigkeit  des  bisher  vorliegenden  Materials  erschwert. 

Auch  bei  den  Prosimiern  eilt  die  Zahnentwickelung  im  Unter- 
kiefer voraus.  Ps  entwickelt  sich  bei  Tarsius,  Chirogaleus  und  Galago 
bemerkenswert  spät.  Bei  Tarsius  wird  ein  unterer  I  angelegt,  der 
niemals  zur  Reife  gelangt.  Bei  Tarsius  auch  löst  sich  die  Zahnleiste 
vom  Mundhöhlenepithel  ab,  bevor  sich  die  Zahnknospen  der  Ersatz- 
generation bilden. 

Die  Milch-  und  Ersatzgenerationen  gelangen  zu  typischer  Ausbildung. 
Hervorzuheben  ist,  daß  bei  Lemur  der  Milcheckzahn  eine,  der  definitive 
zwei  Wurzeln  besitzt,  bei  Galago  crassicaudatus  ist  sogar  der  Milcheck- 
zahn zweiwurzelig.  „Das  Vorkommen  bei  Indrisinae  von  drei  Zähnen 
im  Milchgebiß  (nämlich  Pd2  im  Oberkiefer,  C  und  Pd3  im  Unter- 
kiefer), deren  Nachfolger  wohl  bei  den  übrigen  Lemuridae,  aber  nicht 
bei  Indrisinae  vorhanden  sind,  bildet  einen  wertvollen  Beleg  für  die 
Anschauung,  daß  sich  das  Milchgebiß  durch  größere  Ursprünglichkeit 
vor  dem  Ersatzgebiß  auszeichnet.'1  Leche  (1896).  Alle  Milchzähne 
sind  schwächer,  als  die  entsprechenden  Ersatzzähne. 

Ein  eigentümliches  Extrem  der  Gebißentwickelung  erreicht  in  dieser 
Ordnung  das  Aye-aye,  Chiromys  madagascariensis.  Das  erwachsene 
Tier  besitzt  bei  einer  Formel  von  I{  C-g-  P£  Jff,  darunter  ganz  gewaltige 
nagerartige  Incisiven,  welche  sich  gegenseitig  schräg  abkauen  und 
dauernd  wachsen.  Die  Backzähne  sind  mit  Wurzeln  versehen  und 
gleichen  denen  omnivorer  Nagetiere.  Das  Milchgebiss  ist  durch  Peters 
(1865)  bekannt  geworden.  Es  ist  noch  erhalten,  wenn  die  großen  I 
des  definitiven  Gebisses  bereits  durchgebrochen  sind  und  zwar  sind 
auf  kurze  Dauer  die  beiden  unscheinbaren  und  typisch  lemuroiden  Id 
noch  vorhanden,  ebenso  noch  ein  C  im  Oberkiefer  und  in  beiden 
Kiefern  je  2  Milchbackzähne. 

Die  besondere  Bedeutung  des  Zahnwechsels  bei  Chiromys  besteht 
darin,  daß  auch  hier  das  Milchgebiß  die  ursprüngliche  Form  beibehalten 
hat  und  daß  aus  diesem  Gebiß  per  analogiam  ein  Schluß  auf  den 
Entwicklungsgang  des  ähnlichen  Nagergebisses  möglich  ist,  wo  bei 
keinem  lebenden  Repräsentanten  mehr  dieses  Stadium  erhalten  ist. 

Ueber  die  Entwickelung  des  Gebisses  bei  den  echten  Affen  exis- 
tieren nur  wenige  Angaben.  Es  erklärt  sich  daraus,  daß  die  ersten 
Entwickelungsstadien  denen  des  Menschen  so  sehr  ähnlich  sind  und 
daß  ferner  der  Zahnbau  überhaupt  keine  wesentlicheren  Differenzen 
aufweist,  als  diejenigen,  welche  in  anderen  Ordnungen  der  Säugetiere 
Gattungen  oder  höchstens  Familien  trennen.  Einige  aphoristische 
Beobachtungen  über  die  Anthropomorphengebisse  in  vorgerückteren 
Stadien  finden  sich  in  der  anthropologischen  Litteratur,  sowie  bei 
Selenka  (1900). 


Die  Verknöcherungen  des  Integurnents  und  der  Mundhöhle.     423 


2.  In  sektivoren. 

Die  Insektivoren  haben  sich  für  die  vergleichende  Anatomie  des 
Zahnsystems  als  eine  der  ergiebigsten  Gruppen  innerhalb  der  Säuge- 
tiere erwiesen.  Demgemäß  ist  im  letzten  Decenninm  auch  das  Studium 
ihrer  Zahnentwickelung  besonders  eifrig  betrieben  und  vielfach  zur 
Basis  weitgreifender  Spekulation  gemacht  worden.  Specielle  Umbil- 
dungen erfährt  die  Bildung  des  Einzelzahnes  und  seiner  Teile  bei 
den  Insektivoren  nicht;  dagegen  zeigt  das  Gebiß  in  seiner  Gesamt- 
entwickelung merkwürdige  Modifikationen. 

Fast  am  meisten  ist  die  Gattung  Erinaceus  untersucht  worden, 
bei  welcher  seit  Rousseau  (1827)  über  das  Milchgebiß  zahlreiche,  sich 
widersprechende  Beobachtungen  gemacht  worden  sind.  Näheres  hierüber 
siehe  bei  Leche  (1895),  welcher  die  eingehendsten  Untersuchungen 
über  die  Erinaceiden  angestellt  und  den  vollständigen  phylogenetischen 
Zusammenhang  in  der  Entwickelung  des  Gebisses  der  Gattungen 
Gymnura-Hylomys-Erinaceus  nachgewiesen  hat.  Die  Formel  für  das 
Ersatzgebiß  des  Igels  ist  nach  Leche 

1,   1,  I3   C  P2  P3  P4  Mx-3 
I2  I3   ü        P3  P4  Jfx_3. 

Bei  Embryonen  von  10  mm  Scheitel-Steißlänge  tritt  die  Zahnleiste 

Einwucherung   im  Mesoderm   auf.     Eine  Zahnfurche 

nicht  vor,   erst  eine  Lippenfurche.     Als  erster  Schmelz- 


ais  gleichmäßige 
kommt  noch 
keim    tritt  Id 
Ihm  folgen  bald 


auf  den  Plan. 
CundP3. 
Dabei  machte  Leche  die  Be- 
obachtung, daß  die  Verdich- 
tung des  Mesoderms  nicht  aus- 
schließlich für  die  Zahnpapillen 
charakteristisch  ist,  sondern 
auch  da  auftritt,  wo  die  Zahn- 
leiste rasch  in  das  Mesoderm 
ein  wuchert.  Bald  folgt  die 
Anlage  von  Pd4  und  Mx.  Erst 
bei  Embryonen  von  23  mm 
treten  Zahnwall  und  Zahn- 
furche auf,  stehen  aber  in 
keiner  Beziehung  zur  Ent- 
wickelung des  Gebisses.  Bei 
einem  Embryo  von  38  mm 
bildet  sich  vor  Id2  ein  rudi- 
mentärer Id1.    M2,  der  schon 

Fig.  249.  Aufgeschnittene  Kiefer 
eines  Erinaceus  europaeus.  Der  obere 
Cd  war  schon  ausgefallen  und  ist  hier 
nach  einem  jüngeren  Exemplar  ein- 
getragen. Doppelte  natürliche  Größe. 
Nach  Leche. 


früher  sich  anlegte,  hat  sich  besser  ausgebildet.  Schon  bei  43  mm  gerät 
Id2  in  Zerfall  und  M3  tritt  auf.  Bei  55  mm  Länge,  von  der  Schnauze 
zum  Anus  gerechnet,  wird  das  Tier  geboren.  Jetzt  macht  sich  die 
Dentinabsonderung  und  gleichzeitig  Rückbildungserscheinungen  an  den 


424  R.    BURCKHARDT, 

SchmelzorgaDen  geltend.  Die  Zahnanlagen  sind  auf  überaus  ver- 
schiedenem Grade  der  Ausbildung  angelangt,  doch  ist  noch  keine  so 
weit  entwickelt,  daß  das  Zahnfleisch  durchbrochen  würde.  Vom  Ersatz- 
gebiß entstehen  unmittelbar  vor  der  Geburt  I2,  23,  C,  Ps  und  P4. 
Schon  bei  einem  jungen  Tier  von  83  mm  ist  aber  die  Verbindung  zwischen 
Id2  und  P>,  sowie  zwischen  den  Anlagen  von  PdA  und  P4  aufgehoben. 
Bei  140  mm  sind  alle  Zahnkronen  des  zuerst  fungierenden  Gebisses 
ausgebildet  und  auch  I2  und  P4  völlig  verkalkt.  Die  Zahnleiste  ist 
vollkommen  resorbiert.  Die  gegebene  Darstellung  bezieht  sich  auf 
den  Unterkiefer.  Auch  die  Verhältnisse  des  Oberkiefers  sind  ähnliche. 
Bei  der  Geburt  ist  Cd  rudimentär,  aber  allen  anderen  Zähnen  in  der 
Entwicklung  voran  geeilt.  Von  Ersatzzähnen  sind  die  Keime  von  II 
und  P4  entwickelt.  Besonders  bemerkenswert  ist  der  labialwärts  von 
I3  liegende  Schmelzkeim  eines  nie  zur  Ausbildung  gelangenden  lds. 
In  Uebereinstimmung  mit  Sahlertz  (1871)  stellt  Leche  für  Erinaceus 
europaeus  die  folgende  Gesamtformel  auf: 


1. 

2. 

3. 

1. 

2. 

3. 

4. 

1. 

2. 
2. 
2. 

C 

l. 
1. 

P 

3. 
3. 

4. 
4. 

4. 

M 

1.     2.     3. 

Der  Wechsel  der  übrigen  Zähne,  mit  Ausnahme  von  Cd  des  Ober- 
kiefers, findet  erst  nach  dem  Durchbruch  des  hintersten  Molaren  statt. 
Besonders  bemerkenswert  ist,  daß  die  Zähne  ein  sehr  verschiedenes 
Entwicklungstempo  einhalten  und  daß  die  zuletzt  fertig  werdenden 
Zähne  der  1.  Funktionsreihe,  nicht  nur  die  schwächsten,  sondern 
auch  die  einzigen  Antemolaren  sind,  welche  nicht  gewechselt  werden, 
während  in  der  2.  Funktionsreihe  die  stärksten  sich  zuerst  anlegen 
und  ausbilden.  Während  der  ersten  Monate  besitzt  also  der  Igel  ein  Ge- 
biß, welches,  abgesehen  von  den  Molaren,  aus  drei  verschiedenen  Arten 
von  Zähnen,  nämlich  echten  Milchzähnen,  nicht  wechselnden  Ante- 
molaren und  einem  Ersatzprämolaren  zusammengesetzt  ist.  An  diesem 
klassischen  Objekte  ist  auch  Leche  zur  Einsicht  gelangt,  daß  eine 
Wertung  der  Elemente  vom  Standpunkt  der  ontogenetischen  Urkunden 
aus  geradezu  unmöglich  ist  und  er  ist  durch  Kombination  seiner  Be- 
obachtungen mit  denen  an  den  nahe  verwandten  erwachsenen,  sowie  an 
fossilen  Formen  zu  den  schönsten  phylogenetischen  Resultaten  gelangt, 
für  die  wir  hier  auf  seine  Originalarbeit  hinweisen  müssen.  In  seiner  Ge- 
samtheit faßt  er  das  Erinaceusgebiß  als  durch  Entwertung  der  mittleren 
und  höhere  Ausbildung  der  vorderen  Antemolaren  entstanden  auf.  Denn 
bei  den  weniger  specialisierten  Gattungen  Gymnura  und  Hylomys  kommt 
ein  so  gut  wie  vollständiger  Zahnwechsel  vor,  während  bei  der  extrem 
specialisierten  Familie  der  Soricidae  ein  solcher  gänzlich  fehlt.  Bei 
Erinaceus,  welcher  in  der  Mitte  zwischen  beiden  Extremen  steht,  ge- 
hörten die  keinen  Zahnwechsel  unterworfenen  Antemolaren  ursprüng- 
lich der  Ersatzdentition  an,  beschleunigten  aber  durch  den  Verlust 
der  entsprechenden  Zähne  der  Milchdentition  ihr  Entwickelungstempo 
und  traten  so  in  die  Reihe  der  Milchdentition  über,  um  zuerst  zu- 
sammen mit  dieser,  später  zusammen  mit  den  Ersatzzähnen  zu  funktio- 
nieren. Ontogenetisch  ist  dieser  Entwickelungsgang  in  seinen  ver- 
schiedenen Stadien  noch  bei  I3  und  C  im  Oberkiefer  vorgezeichnet 
(Leche).  Für  die  Centetiden  hat  Leche  gezeigt,  daß  meist  die  Milch- 
zähne noch  zusammen  mit  allen  Molaren  funktionieren;  bei  Hemicentetes 
und  Ericulus   erfolgt  der  Zahnwechsel  überhaupt  erst,   wenn  das  Tier 


Die  Verknöcherungen  des  Integuments  und  der  Mundhöhle.     425 

bereits  erwachsen  ist.  Bei  den  Solenodontiden  sind  alle  Milchzähne 
einfacher  gebaut,  als  die  entsprechenden  Ersatzzähne.  Dasselbe  gilt 
für  die  Tupajiden.  Die  Milchzähne  von  Talpa  sind  als  rudimentär  zu 
betrachten  im  Vergleich  zu  den  Ersatzzähnen;  ja  bei  Scalops  und  Con- 
dylura  werden  sie  resorbiert,  ohne  das  Zahnfleisch  durchbrochen  zu 
haben.  M.  Woodward  (1896)  kam  auf  Grund  seiner  vorwiegend  ver- 
gleichend-anatomisch orientierten  Untersuchungen  zu  dem  Resultat, 
daß  innerhalb  der  Insektivoren  sich  im  Allgemeinen  eine  Tendenz  zur 
funktionellen  Reduktion  des  Milchgebisses  geltend  mache  und  ferner, 
daß  die  Zeit  der  Entwicklung  eines  Zahnes  niemals  als  Kriterium 
für  seine  Zugehörigkeit  zu  einer  Dentition  gelten  könne.  Endlich  ist 
zu  erwähnen,  daß  Leche  bei  Erinaceus  Spuren  sowohl  der  prälactealen, 
als  auch  der  postpermanenten  Dentition  nachgewiesen  hat. 

Eine  Sonderstellung  innerhalb  der  Insektivoren  und  der  Säugetiere 
überhaupt  nimmt  die  Familie  der  Galeopitheciden  ein,  sowohl  durch 
andere  Eigenschaften,  als  auch  durch  die  Beschaffenheit  ihres  Zahn- 
systems. Nachdem  bereits  Owen  und  de  Blainville  des  Milch- 
gebisses Erwähnung  gethan  haben,  hat  Leche  (1885)  gezeigt,  daß  der 
Zahnwechsel  auffallend  spät  vor  sich  geht,  indem  alle  Molaren  während 
einiger  Zeit  mit  den  Zähnen  des  Milchgebisses  gleichzeitig  funktionieren 
und  die  Eigentümlichkeiten  der  Gattung  (die  kammartigen  Incisiven 
und  der  Besitz  zweier  Wurzeln  bei  I2  und  Px)  iu  beiden  Dentitionen 
zum  Ausdruck  gelangen.  Diese  Angaben  hat  Dependorf  (1896)  be- 
stätigt und  erweitert.  Nach  ihm  treten  die  eigentümlichen  Zinken  der 
Incisiven,  obschon  sie  ein  phyletisch  sehr  später  Erwerb  sein  müssen, 
bereits  bei  Embryonen  von  14  cm  auf.  Ferner  kommt  sowohl  die  prä- 
lacteale,  als  die  postpermanente  Dentition  zur  Anlage.  Die  Gleich- 
wertigkeit beider  Dentitionen  hält  Dependorf  nicht  für  einen  Neu- 
erwerb, sondern  für  ein  altes  Erbstück. 

3.  Chiroptern. 

An  das  Gebiß  der  Insektivoren  schließen  wir  zweckmäßig  daß  der 
Fledermäuse  an.  Abgesehen  von  Angaben  älterer  Autoren  besitzen  wir 
zwei  ausführliche  und  sorgfältige  Monographien  von  Leche  (1876 — 78 
und  1892)  über  dieses  keineswegs  einfache  Thema.  Ohne  auf  dessen 
vergleichend  anatomische  Seite  einzutreten,  wollen  wir  nur  hervor- 
heben, daß  die  Homologisierung  der  Prämolaren  hier  besondere  Schwierig- 
keiten bereitet,  daß  das  Auftreten  einer  größeren  Zahl  von  Backzähnen 
mit  einer  größeren  Entwicklung  des  Einzelzahnes  zusammenhängt 
und  daß  im  Laufe  der  stammesgeschichtlichen  Entwicklung  die  Re- 
duktion der  Zahnzahl  entweder  nur  die  Prämolaren  beschlägt  (Ch. 
insectivora)  oder  auch  die  Molaren  (Pteropi).  Sodann  zeichnen  sich 
die  Chiroptera  dadurch  aus,  daß  auch  das  Ersatzgebiß  schon  frühzeitig 
angelegt  ist  und  verkalkt,  so  bei  Phyllostoma  hastatum  schon  wenn 
der  Embryo  die  Hälfte  seiner  Länge  erreicht.  Außerdem  ist  aber  bei 
dieser  Säugetierordnung  eines  entwickelungsgeschichtlich  abweichenden 
Verhältnisses  zu  gedenken,  das  innerhalb  der  Vertebraten  einzig  da- 
steht. 

Unsere  Fig.  250  giebt  die  Schneide-  und  Eckzähne  des  Zwischen- 
kiefers von  Ametrida  centurio  wieder  und  zwar  die  des  Milchgebisses 
und  die  des  Ersatzgebisses.  Während  die  letzteren  den  typisch  frugi- 
voren  und  insektivoren  Charakter  zeigen,  hat  das  Milchgebiß  eine 
Modifikation  erfahren.    Die  einzelnen  Zähne  sind  zu  feinen  gekrümmten 


426  R.    BURCKHARDT, 

Häkchen    geworden    und   dienen   den  Föten  dazu,    sich   an   der  Brust 
der  Mutter    festzuhalten ,    während   sie   herumflatternd   ihre   Nahrung 
sucht.    Die  Lebensweise  der   Fledermäuse,   welche   so 
yY"  viele  andere  tiefgreifende  Veränderungen  in  ihrer  Or- 

\    I        j  ganisation  zur  Folge  gehabt  hat,  beeinflußt  also  auch 

das  Milchgebiß,  welches  weit  entfernt  davon,  hier  ein 
primitives  Gepräge  bewahrt  zu  haben,  der  weitesten 
Anpassung  unterlegen  ist  und  eine  „beispiellose  Un- 
abhängigkeit" vom  Ersatzgebiß  gewonnen  hat. 

Fig.  250.  Obere  Schneide-  und  Eckzähne  von  Ametrida  cen- 
turio.  M  Milchgebiß.  E  Ersatzgebiß.  3-fach  vergr.  4'/2-fach 
vergr.    Nach  Leche. 

4.  Fissipede  Carnivoren. 

Die  Gebißentwickelung  der  Carnivoren  zeigt  im  ganzen  wenig 
Verschiedenheit  innerhalb  des  gesamten  Stammes  und  überhaupt  wenig 
Abweichungen  von  der  Entwickelung  eines  typischen  diphyodonten 
Säugetiergebisses. 

Nach  v.  Zittel's  zusammenfassender  Darstellung  stimmen  die 
ausschließlich  fossilen  Creodontier  in  dieser  Hinsicht  ganz  mit  den 
lebenden  Carnivoren  überein,  „indem  sie  mehrere  P,  die  C  und  I 
wechseln,  und  das  Milchgebiß  nicht  wie  viele  Insectivoren  im  em- 
bryonalen oder  doch  sehr  jugendlichen  Zustand  verlieren,  sondern 
demselben  eine  verhältnismäßig  lange  Funktionsdauer  gestatten.  Von 
den  Milchbackenzähnen  gleicht  der  hinterste  einem  echten  M,  der  vor- 
letzte dem  letzten  P  des  definitiven  Gebisses." 

Einer  ausführlichen  auch  auf  Modellen  und  mikroskopischer 
Praeparation  beruhenden  Arbeit  von  Scheidt  (1894)  ist  über  die 
Zahnentwickelung  der  Hauskatze  folgendes  zu  entnehmen.  Die  erste 
Anlage  der  Zahnleiste  muß  erfolgen,  bevor  der  Embryo  30  mm  Total- 
länge erreicht  hat.  Bei  31  mm  fand  Scheidt  bereits  deutlich  er- 
kennbare Zahnanlagen  auf  dem  glockenförmigen  Stadium,  wie  sie  etwa 
Rose  vom  menschlichen  Embryo  bei  18  cm  Länge  beschreibt.  Es 
sind  hier  vom  Milchgebiß  3  I,  ein  C  und  3  P  vorhanden,  sowie  be- 
reits die  1  und  C  des  definitiven  Gebisses.  Nur  über  den  letzteren 
hängt  die  Zahnanlage  mit  der  Mundschleimhaut  zusammen,  sonst  ist 
sie  von  ihr  abgelöst.  Auf  diesem  Stadium  macht  sich  bereits  be- 
sonders am  Pd  2  die  definitive  Form  geltend,  im  Vergleich  zu  ihm  ist 
Pd1  winzig.  Die  Unterkieferanlagen  eilen  denen  des  Oberkiefers  in 
der  Entwickelung  voraus,  wie  denn  auch  im  Gegensatz  zum  Ober- 
kiefer bereits  die  Anlage  des  Ersatzzahnes  für  P2  vorhanden  ist. 

Bei  12,4  cm  also  unmittelbar  vor  der  Geburt,  sind  im  Unterkiefer 
alle  Zähne  angelegt,  wogegen  im  Oberkiefer  noch  die  Anlagen  der 
Molaren  fehlen.  Der  Durchbruch  der  Milchzähne  erfolgt  bei  4,4  cm 
Kopflänge,  und  bei  6,8  cm  sind  außer  Pd,  alle  Milchzähne  durch- 
gebrochen. Für  die  specielle  Beschreibung  des  Milchgebisses  der 
Katze  sei  auf  die  Arbeit  von  Rousseau  (1827)  hingewiesen.  Im  An- 
schluß an  diese  Ausführungen  Scheidt's  geben  wir  die  Abbildung 
des  Gebisses  von  einem  Leoparden  im  Zahnwechsel.  Hierbei  tritt  das 
für  die  Raubtiere  charakteristische  Factum  zu  Tage,  daß  der  Reißzahn 
des  Milchgebisses  nicht  dem  des  definitiven  Gebisses  entspricht,  indem 
im  Oberkiefer  Pd  2  die  Gestalt   von  P3    und   im    Unterkiefer2P3    die 


Die  Verknöcherungen  des  Integuments  und  der  Mundhöhle.     427 

von  Mx  besitzt.  (Wir  zählen  hierbei  nicht  nach  der  vergleichend 
anatomischen  Zählung,  bei  welcher  P{  als  ganz  ausgefallen  ange- 
nommen  wird).     Noch   sei   die   Bemerkung  Leche's  (1895)    erwähnt, 


Fig.  251.  Linker  Oberkiefer  eines  zweijährigen  Leoparden  im  Zahn  Wechsel.  Die 
I  sind  bereits  gewechselt.  N.  Gr. 

daß  bei  einem  fast  reifen  Embryo  der  Schmelzkeim  des  Milcheckzahnes 
sich  schon  vollständig  von  der  Zahnleiste  abgeschnürt  hat. 

Von  vergleichend-anatomischem  Gesichtspunkt  aus  hat  M.  Tims 
(1896)  der  Embryonalentwickelung  des  Hundegebisses  Beachtung  ge- 
schenkt. Nach  ihm  sind  die  lacteale,  permanente  und  postpermanente 
Dentition  vorhanden ,  dagegen  konnte  er  keine  Spuren  einer  prae- 
lactealen  auffinden.  Der  Zahndurchbruch  geschieht  folgendermaßen: 
Der  erste  durchbrechende  Zahn  ist  der  untere  Reißzahn  Pd  4,  schnell 
folgt  ihm  der  obere  Pd  3  am  Ende  der  2.  Woche  nach  der  Geburt. 
Ende  der  3.  Woche  beginnen  Pd  3  und  0  im  Unterkiefer  zu  er- 
scheinen, denen  bald  C  und  1 3  im  Oberkiefer  folgen.  Dann  kommen 
Pd  2  und  Pd  4  des  Oberkiefers,  endlich  der  Rest  der  oberen  und 
unteren  Incisiven.  Der  letzte  Milchzahn  ist  Pd  2  im  Unterkiefer,  der 
erst  am  Anfang  des  3.  Monats  erscheint.  Für  die  specielle  Be- 
schreibung der  Milchzähne  sei  auf  das  Original  verwiesen. 

Besonders  eingehend  hat  Tims  die  Zeiten  des  Auftretens  der 
einzelnen  Höcker  der  Molaren  verfolgt  und  gefunden,  daß  die  em- 
bryologische Reihenfolge  der  palaeontologischen  vollständig  entspricht. 
Er  unterscheidet  als  Reihenfolge  des  Auftretens:  1.  der  primäre  Conus, 
2.  der  vordere,  3.  der  hintere,  4.  der  innere  Höcker  des  Cingulums, 
5.  der  sekundäre  Conus. 


5.  Pinnipedie r. 

Das  Pinnipediergebiß  ist  in  seiner  definitiven  Form  und  in  seinen 
Entwickelungszuständen  von  allergrößter  Bedeutung.  Es  tritt  auf  mit 
allen  vier   bei  Säugetieren  möglichen  Dentitionen,  von  denen  Küken- 


thal (1893)  für  Phoca  die  praelacteale  und  postpermanente  und 
Leche  (1892  u.  1895)  die  postpermanente  nachgewiesen  haben.  Die 
Milchzahngeneration  kommt  nur  noch  zu  rudimentärer  Entfaltung  und 
unterliegt  in  Bezug  auf  ihre  Ausdauer  erheblichen  Schwankungen. 
Nach  Leche  (1895)  erfolgt  der  Zahnwechsel  umso  zeitiger,  je  unter- 


428 


R.    BURCKHARDT, 


geordneter  die  Rolle  ist,  welche  das  Gebiß  spielt.  Die  Einzelzähne 
der  Ersatzgeneration  sind  von  einem  eigentümlichen  grob  blattartig 
gesägten  Typus  oder  kegelförmig,  der  Unterschied  zwischen  Prae- 
molaren  und  Molaren  läßt  sich  nur  nach  der  Zahl  der  vorangehenden 
Milchzähne  bemessen,  nicht  aber  nach  der  Gestalt  der  Zähne  selbst, 
der  Form  nach  gehen  die  Praemolaren  allmählich  in  die  Molaren  über. 
Von  den  drei  hier  zu  unterscheidenden  Familien  sind  die  Otariiden  an 
den  Anfang,  die  Phociden  in  die  Mitte,  die  Trichechiden  ans  Ende  zu 
setzen. 

Die  Otariiden,  mit  einem  definitiven  Gebiß  von  1  f  C  \  P  f-  M  ~- 
besitzen  noch  relativ  größere  Milchzähne,  welche  nach  Flower  (1881) 
erst  verschwinden ,  wenn  das  Junge  einige  Wochen  alt  ist.  Die 
Phociden,  mit  einem  definitiven  Gebiß  von  I%C\P%M\  ver- 
lieren ihr  Milchgebiß,  (Fig.  252)  in  der  1.  Woche  nach  der  Geburt,  nur 
der  Milcheckzahn  persistiert  etwas  länger.  Dabei  durchbricht  die 
Mehrzahl    der    Milchzähne    das   Zahnfleisch    gar    nicht,    sondern    wird 


Fig.  252.    Gebiß  eines  Neugeborenen  von  Phoca  vitulina.     Zweifache  nat.  G-r 
Man  beachte  die  von  Leche  hervorgehobene  Verschiedenheit  des  ersten  P  in 
auf  Lage  und  Form. 


Bezug 


innerhalb  desselben  resorbiert.  Auf  unserer  Figur  zeigen  die  beiden 
Milchmolaren  deutlich  an  ihren  vorderen  Wurzeln  die  Spuren  dieser 
Resorption.  Nach  Leche  wird  bei  Halichoerus,  nach  Reinhardt 
(1864)  bei  Cystophora  und  nach  Flower  bei  Macrorhinus  das  Milch- 
gebiß bereits  vor  der  Geburt  resorbiert. 

Die  Trichechiden,  mit  einem  definitiven  Gebiß  von  anfänglich 
I  f  C  \  M  £  und  in  späterem  Alter  I  J-  C  |  M  |  besitzen  ein  Milch- 
gebiß von  4  Milchzähnen  in  jedem  Kiefer,  doch  gehen  die  Zähne  zur 
Zeit  der  Geburt  verloren  und  es  ist  fraglich,  ob  die  in  späterem  Alter 
ausfallenden  dem  Milch-  oder  dem  Ersatzgebiß  angehören. 

Für  das  Auftreten  von  überzähligen  Praemolaren,  das  bei  Pinni- 
pediern  besonders  häufig  ist,  nimmt  Leche  die  postpermanente 
Dentition  in  Anspruch.  Für  die  weitere  Verwertung  des  Pinnipedier- 
gebisses  im  Dienste  der  vergleichenden  Anatomie  muß  auf  die  Arbeiten 
von  Kükenthal  und  Leche  selbst  verwiesen  werden. 


6.  Cetaceen. 

Ueber  die  Entwicklung  des  Gebisses  der  Zahnwale  waren  vor 
Kükenthal's  (1897)  Untersuchungen  nur  zerstreute  Notizen  vorhanden. 
Wir  haben  uns  daher  vornehmlich  an  die  von  diesem  Forscher  ge- 
machten  Angaben    zu    halten,  doch   sind    sie   zu    ergänzen   nach   den 


Die  Verknöcherungen  des  Integuments  und  der  Mundhöhle.     429 

Angaben  von  Leche  (1895)  und  Ohlin  (1896).  Den  embryologischen 
Beobachtungen  sind  jedoch  einige  stammesgeschichtliche  Bemerkungen 
vorauszuschicken . 

Der  Stamm  der  Zahnwale,  beginnt  mit  Gebißformen  die  noch 
einigermaßen  an  die  übrigen  Säugetiergebisse  sich  anschließen.  Das 
Gebiß  von  Zeuglodon  mit  seiner  geringen  Zahl  von  Zähnen  ist  noch 
vollständig  heterodont  und  verbietet  nicht  unbedingt  einen  Anschluß 
an  das  Pinnipediergebiß  umsomehr,  da  es  nach  Leche  (1895)  als 
sicher  diphyodont  gelten  darf.  Mit  zunehmender  Zahnzahl  beginnen 
die  Backzähne  sich  der  Kegelform  zu  nähern,  die  bei  den  Delphinen 
keinen  Unterschied  der  verschiedenen  Gebißabschnitte  mehr  erkennen 
läßt.  Von  diesem  aus  zahlreichen  Elementen  bestehenden  Gebiß  aus 
findet  Reduktion  nach  verschiedenen  Richtungen  hin  statt,  einmal  nach 
den  Physeteriden,  bei  denen  nur  die  Unterkieferreihe  beibehalten  wird, 
dann  nach  den  Ziphiiden,  bei  denen  nur  je  ein  großer  Unterkiefer- 
zahn persistiert,  drittens  nach  Monodon  hin ,  wo  nur  im  Oberkiefer 
Zähne  im  späteren  Alter  erhalten  bleiben ,  die  beim  Weibchen  im 
Kiefer  zurückgehalten  werden,  während  beim  Männchen  in  der  Regel 
nur  der  linke  zur  Ausbildung  gelangt. 

Stammesgesehichtlich  so  rasch  verlaufende  Ereignisse  können 
nicht  ohne  Eingriff  in  die  Entwicklungsgeschichte  verlaufen  und 
dementsprechend  haben  wir  dann  bei  den  Zahnwalen ,  wenn  auch 
noch  lückenhafte,  so  doch  sehr  lehrreiche  Befunde  zu  erwarten.  So- 
lange es  jedoch  an  einer  Kontrolle  der  Beobachtung  von  Schnitten 
durch  Rekonstruktion  fehlt,  sind  die  Resultate  nicht  als  völlig  sichere 
zu  betrachten. 

Bei  Beluga   leucas,   einem   typischen   Delphin    ist   die  Zahnleiste 
im    vordersten   Teile   des    Kiefers    netzartig   aufgelöst.     Epithelperlen 
zeigen  an,  daß  hier  wohl  Zahnanlagen   verloren    gegangen   sind.     Die 
Anlagen  der  durchbrechenden  Zähne 
entstehen  wie  Milchzähne  eines  ty- 
pischen Säugetiers,  entsprechen  also 
der  Milchdentition.      Dafür   spricht 
auch  der  Umstand,  daß  außer  ihnen 
rudimentäre  Ersatzzahnanlagen  vor- 
handen   sind.       Im    Anschluß    an 
Kükenthal  beschreibt  Leche  das 
Schmelzorgan   von   Phocaena,    wel- 
ches  weder    Sternzellen   noch    eine 
cylindrische  Ameloblastenschicht  be- 
sitzt. 

Am  Gebiß  des   Delphin  finden     s - 

sich  Varietäten   in   der   Anordnung    # J 

3 f  - 

Fig.  253.  Querschnitt  durch  einen  Zahn     2 %—- 

aus  der  Mitte  des  Oberkiefers  eines  Braun-     j 
fischembryos  von  GS  cm  Länge,    la  große,         '" 

lh  kleine    Zahnpapille.     2   Odontablasten-        ' * 

schicht.  8  Dentin.  4.  inneres  Schmelzepithel. 
5  Bindegewebe.  Vergr.  33.  Nach  Küken- 
thal. 

der  Zähne,  so  zwar,  daß  sich  gelegentlich  zwei  Zähne  des  einen 
Kiefers  in  den  Zwischenraum  zweier  Zähne  des  anderen  einschieben. 
Diese   Erscheinung  beschränkt   sich   ausschließlich   auf  den    mittleren 


o '' 


§ 


430  R.    BüRCKHARDT, 

und  hinteren  Teil  der  Kiefer.  Es  kann  auch  zur  Verschmelzung 
solcher  Zähne  unter  sich  kommen  Fig.  253.  Es  können  aber  auch 
nach  Kükenthal  zwei  Zähne,  welche  nicht  derselben  Dentition  an- 
gehören, sondern  zwei  verschiedenen,  unter  sich  zu  einem  Zahne  ver- 
schmelzen. Wir  reproduzieren  nebenstehend  diesen  von  Kükenthal 
beschriebenen  Fall. 

Daraus  nun  leitet  Kükenthal  ab,  daß  die  einfachen  Kegelzähne 
der  Zahnwale  hervorgegangen  seien  aus  mehrspitzigen  der  heterodonten 
Vorfahren,  indem  jede  Spitze  im  Zusammenhang  mit  der  Verlängerung 
der  Kiefer  selbständig  geworden  sei.  Als  Neuerwerbungen  seien 
diese  Anomalien  nicht  aufzufassen,  da  sie  gerade  bei  Delphinen,  also 
stammesgeschichtlich  culminierenden  Cetaceen,  vorhanden  sind.  Aber 
nicht  ausschließlich  durch  Teilung  soll  die  große  Zahl  der  Cetaceen- 
zähne  entstanden  sein,  sondern  Neubildung  könne  auch  an  der  nach 
hinten  fortwuchernden  Zahnleiste  stattgefunden  haben. 

Als  ein  reduziertes  Delphingebiß  unter  Specialisierung  einzelner 
Zähne  ist  dasjenige  der  Ziphiiden  zu  betrachten.  Hyperoodon  besitzt 
allein  im  Unterkiefer  2  große,  ca.  4  cm  lange  kegelförmige  Zähne, 
welche  beinahe  horizontal  nach  vorn  gerichtet  sind.  Außer  diesen 
finden  sich  noch  LI  winzige  Abortivzähne  im  Unterkiefer  und  13 
ebensolche  im  Oberkiefer  (Kükenthal).  Nun  fand  Ohlin  (1896) 
bei  einem  jungen  Fötus  eine  zusammenhängende  Zahnleiste,  die  bei 
älteren  Föten  bereits  in  getrennte  Epithelreste  zerfällt.  Das  Maximum 
der  Anlagen  wird  erreicht,  wenn  dieselben  auf  dem  kappenförmigen 
Stadium  angelegt  sind.  Dann  sind  es  deren  40  im  Oberkiefer  und 
36  im  Unterkiefer.  Davon  sollen  dann  alle  bis  auf  6  oder  7  in  jedem 
Kiefer  zu  Grunde  gehen.  Ersatzanlagen  konnte  Ohlan  nicht  nach- 
weisen. 

Eine  extreme  Specialisierung  nicht  nur  des  Walgebisses,  sondern 
auch  des  Säugetiergebisses  überhaupt  tritt  uns  in  Mesoplodon  Layardii 
entgegen.  Hier  gelangen  nach  Turner  (s.  Tomes  1898)  zwei  Ünter- 
kieferzähne  zur  Ausbildung,  welche  als  flache,  etwas  gekrümmte  Bänder 
nach  oben  und  medialwärts  konvergieren  und  in  höherem  Alter  den 
Oberkiefer  über  dem  Unterkiefer  so  fixieren,  daß  er  kaum  mehr  be- 
weglich ist.  Hierbei  besteht  der  eigentliche  Zahn  nur  aus  einem  kleinen 
Hütchen  von  schmelzbedecktem  Dentin.  Die  Hauptmasse  des  ganzen 
Gebildes  ist  ein  riesiger  und  strukturell  eigentümlich  modifizierter 
Sockel  von  Cement,  der  auch  die  Pulpahöhle  auf  einen  minimalen 
Kanal  einengt.  Ueber  die  Embryologie  dieses  aberranten  Gebildes  ist 
noch  nichts  bekannt. 

Der  Narwal  ist  nur  mit  zwei  persistenten  Zähnen  des  Zwischenkiefers 
versehen.  Beim  Weibchen  bleiben  sie,  nachdem  sie  etwa  15  cm  Länge 
erreicht  haben  und  verkalkt  sind,  im  Knochen  eingeschlossen.  Beim 
Männchen  setzt  der  linke,  selten  beide  Zähne  das  Wachstum  fort  bis 
zu  etwa  10  Fuß  Länge.  Aus  den  lückenhaften  Angaben  über  die  Ent- 
wickelung  dieses  Gebisses  sei  hervorgehoben,  daß  nach  Stannius  beim 
Fötus  zwei  abortive  Schneidezähne  vorhanden  sind,  nach  Eschricht 
(1849)  und  Berthold  (1850)  hinter  dem  Stoßzahn  zwei  rudimentäre 
Oberkieferzähne.  Kükenthal  untersuchte  Embryonen  von  13,8  cm 
und  25,7  cm  und  fand  beim  jüngeren  derselben  auch  im  Unterkiefer 
Zahnanlagen  und  zwar  an  einer  jederseits  sich  nach  hinten  verlierenden 
Zahnleiste;  beim  älteren  besaß  der  Oberkiefer  nur  eine  Anlage  und 
der  Stoßzahn  entstand  ohne  Vorgänger  auf  einer  Doppelpapille.     Der 


Die  Verknöcherungen  des  Integuments  und   der  Mundhöhle.     431 


Verbindung  der  Zahnanlagen  mit  der  Zahnleiste  zufolge  gehören  auch 


ersten  Dentition  an,  indem  seitlich  von 
das   freie 


der 


kolbenförmig 


ange- 


die  Zähne  des  Narwal  der 

Zahnanlage   nach  der   inneren  Seite    zu 

schwollene  Ende  der  Zahnleiste  liegt. 

Das  Gebiß  der  Bartenwale  ist  von  E.  Geoffroy-St.  Hilaire 
(1807)  entdeckt  worden  und  hat  späterhin  zu  mehrfacher  Untersuchung 
Veranlassung  gegeben.  [Julin  (1880),  M.  Weber  (1886),  Pouchet 
und  Chabry  (1884)].  Es  ist  auch  von  Kükenthal  nach  verschie- 
denen Richtungen  spekulativ  verwertet  worden.  Aus  den  Forschungen 
der  verschiedenen  Autoren  geht  folgender  Sachverhalt  hervor:  Die 
Zahnanlagen  treten  schon  im  frühen  Embryonalleben  auf,  erreichen 
ihre  höchste  Entwickelung  bei  x/4  bis  1/.i  der  Länge  des  reifen  Fötus 
und  sind  bei  halber  Länge  desselben  schon  wieder  spurlos  zurück- 
gebildet, Die  Zahl  der  Zahnanlagen  beträgt  ca.  40 — 53  in  jedem 
Kiefer  und  in  ihrer  Ausbildung  eilt  der  Oberkiefer  dem  Unter- 
kiefer voraus  (Fig.  254).  Die  Zahnleiste  dokumentiert  ihren  rudi- 
mentären Zustand  dadurch,  daß  sie  netzartig  aufgelöst  ist.     Die  einzel- 


Fig.  254.     Kopf  eines  Embryo  von  Balaenoptera   musculus  von  123  cm  Länge 
mit  freigelegter  Zahnreihe  des  Überkiefers.   1/3  nat.  Gr.    Nach  Kükenthal. 


nen  Zahnanlagen  bestehen  zum  Teil  aus  bloßen  Epithelanschwellungen ; 
doch  kommt  es  daneben  auch  zur  Ausbildung  regelrechter  Schmelz- 
organe, wenn  auch  Schmelz  nicht  produziert  wird,  sondern  nur  ein 
Dentinkegel.  Schon  die  älteren  Beobachter  wußten,  daß  die  Zahn- 
kronen hierbei  nicht  immer  einfach  sind,  sondern  oft  aus  zwei  oder 
mehreren  Kegeln  zusammengesetzt  erscheinen.  Aber  erst  Kükenthal 
hat  dargethan,  daß  im  Laufe  der  embryonalen  Entwickelung  von 
Balaenoptera  musculus  sich  die  Zahl  der  insgesamt  angelegten  Zahn- 
spitzen  gleich  bleibt,  daß  aber  zwei-  oder  mehrspitzige  Zähnchen  nur 
in  den  früheren  Stadien  angetroffen  werden.  Hieraus  sowie  aus  der 
Beobachtung  von  verschiedenen  Stadien  der  Teilung  von  Schmelz- 
organen hat  er  den  Schluß  gezogen,  daß  ein  Teil  der  einspitzigen 
Zähnchen  durch  Teilung  aus  mehrspitzigen  hervorgehe  und  daß  somit 


432  R.    BüRCKHARDT, 

dieses  ganze  homodonte  Gebiß  aus  einem  ursprünglich  heterodonten 
durch  Teilung  der  Backzähne  hervorgegangen  sei.  Auch  den  Resorp- 
tionsprozeß der  Zähnchen  hat  er  verfolgt  und  konstatiert,  daß  die 
Rückbildung  des  Dentinkegels  von  der  Spitze  her  vor  sich  geht.  Hier 
ist  noch  Leche's  Beobachtung  hervorzuheben,  daß  bei  einem  Balae- 
nopteraembryo  von  70  cm  die  Zahnanlagen  auf  dem  glockenförmigen 
Stadium  gefunden  werden  und  mit  typisch  ausgebildeter  Schmelzpulpa 
versehen  sind. 

Das  Bartenwalgebiß  wird  von  Kükenthal  als  homolog  der 
Milchdentition  betrachtet  und  zwar  einmal,  weil  er  auch  Anschwellungen 
der  Zahnleiste  beobachten  konnte,  die  den  prälaktealen  Anlagen  ent- 
sprechen sollen,  dann  aber  auch,  weil  Schmelzorgane  zur  Beobachtung 
gelangten,  die  er  nicht  als  in  Spaltung  begriffen  deute,  sondern  so 
entstanden,  daß  hier  die  kleinere  Ersatzzahnanlage  in  die  Milch- 
zahnanlage aufgenommen  werde,  wie  er  es  für  Zahnwale  beobachtet  hat. 

Wir  sind  mit  Leche  (1895)  der  Ansicht,  daß  wir  „die  Frage 
nach  der  Homologisierung  des  Gebisses  der  Waltiere  bis  auf  weiteres 
als  eine  offene  zu  betrachten  haben1'. 

7.  Ungulaten. 
Die  Huftiere  bilden  in  der  Gegenwart  den  reichst  entfalteten 
Stamm  der  pflanzenfressenden  Säugetiere.  Dem  entspricht  denn  auch 
die  Mannigfaltigkeit  ihres  Gebisses,  dessen  Umwandlung  von  gene- 
rellsten an  die  Omnivoren  anschließenden  Formen  bis  zu  den  extremen 
Specialitäten,  wie  sie  uns  im  Gebiß  der  Pferde,  der  Elefanten  und 
der  Seekühe  entgegentreten,  zu  verfolgen  sind.  Daß  von  solchen  An- 
passungen auch  die  Entwickelung  des  Gebisses  in  Mitleidenschaft  ge- 
zogen wird,  versteht  sich  von  selbst  und  so  stoßen  wir  denn  viefach 
auf  Modifikationen  der  Zahnentwickelung,  die  einzig  dastehen.  Zudem 
ist  das  Gebiß  unserer  hierher  gehörigen  Haustiere  von  alters  her  ein 
beliebtes  Objekt  für  ontogenetische  Untersuchungen  gewesen  und  an 
ihm  sind  vielfach  die  allgemeinen  Anschauungen  über  Gebißent- 
wickelung in  älterer  Zeit  gebildet  worden.  Auch  erwies  sich  schon 
für  den  Tierzüchter  das  Gebiß  und  seine  Entwickelung  als  das  zu- 
verlässigste Altersmerkmal  (G.  T.  Brown,  Nehring).  Von  der  Zahn- 
entwickelung    bei    den    primitiveren    Huftieren     mit    der    Zahnformel 

-  und   bunodonten  Backzähnen    wissen  wir  wenig,  teils  weil 

O»    JL.    4.    O 

sie  bereits  ausgestorben  oder  noch  nicht  im  Zusammenhang  unter- 
sucht worden  sind;  am  nächsten  dürften  ihnen  unter  den  noch  leben- 
den die  Kameele  und  die  Schweine  kommen.  Reichlicher  sind  die 
Quellen  über  die  Gebißentwickelung  bei  den  Huftieren  mittlerer  Spe- 
cialisierung  und  bei  den  extremen  Formen.  Von  diesen  sollen  zu- 
nächst die  ersteren  zur  Darstellung  gelangen. 

Im  allgemeinen  läßt  sich  über  diese  Gruppe  der  Huftiere  sagen, 
daß  ihr  Milchgebiß  zu  einer  für  Säugetiere  normalen  Entfaltung  ge- 
deiht und  sich  auch  innerhalb  derselben  auf  dieser  Höhe  behauptet 
unter  Anlehnung  seiner  Formen  an  die  des  definitiven  Gebisses.  Be- 
sonderes Interesse  beanspruchen  daher  die  vielfach  nur  ontogenetisch 
auftretenden  Zahnrudimente  der  vorderen  Praemolargegend,  die  Ent- 
wickelungsvorgänge  an  den  eigentümlich  specialisierten  Zahngestalten 
und  an  ihren  Substanzen.  Trotzdem  sich  die  ontogenetische  Unter- 
suchung  vielfach    als   wertvolles   Kriterium    für   die    Homologisierung 


Die  Verknöcherungen   des  Integuments  und  der  Mundhöhle. 


433 


der  Einzelzähne  innerhalb  der  Ungulatengebisse  erwiesen  hat,  ver- 
bietet es  sich  von  selbst,  auf  diese  ins  Gebiet  der  vergleichenden  Ana- 
tomie gehörenden  Fragen  einzutreten. 

Das  Gebiß  der  Hyracoidea  ist  zuerst  an  Procavia  capensis  von 
M.  Woodward  (1892)  eingehend  beschrieben  und  in  seiner  Ent- 
wickelung  verfolgt  worden.  Hierbei  kam  Woodward  zu  dem  Re- 
sultat, daß  für  die  Bezahnung  des  erwachsenen  Tieres  die  Formel 
I?  <?oT  piMi  8'üt  und  daß  das  Milchgebiß  aus  1%  C{ M\  besteht.  Bei 
einem  Fötus  von  12,5  cm  fand  er  im  Unterkiefer  acht,  im  Oberkiefer 
sieben  Zähne.  Hiervon  sind  die  rudimentären  I2  u.  I.ä  und  C  des  Ober- 
kiefers, sowie  C  des  Unterkiefers  variabel.  Fleischmann  (1897)  beob- 
achtete indes,  daß  hinter  den  Schneidezähnen  rudimentäre,  überhaupt 
nie  durchbrechende  Ersatzzähne  zur  Anlage  gelangen,  deren  Deutung 
er  offen  läßt.  Nach  einer  von  Adloff  (1901)  in  Aussicht  gestellten 
Arbeit  soll  auch  die  prälakteale  Dentition  bei  Hyrax  besonders  schön 
zum  Ausdruck  kommen. 

Für  die  Gebißentwickelung  des  S  c  h  w  ei  n  e  s  liegt  eine  reiche  Litte- 
ratur  vor,  von  der  wir  nur  die  Arbeiten  von  Nehring  (1888),  Naw- 
roth  (1893),  Pouchet  et  Charry  (1884),  Taeker  (1892),  Lesrre, 
Stehlin  (1900),  Adloff  (1901)  und  Bild,  (1902)  anführen.  Nach 
Nehring  haben  für  das  normale  Hausschwein  im  Durchschnitt  fol- 
gende Durchbruchszeiten  der  verschiedenen  Zähne  zu  gelten : 

Normale  Durchbruchszeiten    für  die  Zähne  des  Schweine- 
gebisses nach  Nehring. 


Milchgebiß. 

Ersatzge  bi 

ß. 

Jt 

3_4    Wochen 

Iv 

12 

Monate 

-?2 

oben      12                „ 

h 

oben         18 

;> 

unten       8                „ 

unten       17 

» 

M 

bei  der  Geburt 

C 

9 
9 

31 

7 

P, 

(Wolfszahn)    5 

i) 

Ml 

oben      8             Tage 

?2 

14—15 

>> 

unten    3 — 4     Wochen 

PS 

13—14 

n 

M* 

oben     3 — 4           „ 

P* 

13-14 

>) 

unten    8             Tage 

*, 

5 

)> 

^■2 

9—10 

V 

M~t 

18—19 

)> 

Im  Gegensatz  zu  Nehring  und  der  älteren  Meinung  von  Hensel 
beistimmend,  betrachtet  Adloff  den  „Wolfszahn"  als  ersten  Praemo- 
laren  des  Milchgebisses.  Diese  Ansicht  deckt  sich  mit  den  Angaben 
und  Schlüssen  von  Lesbre,  welcher  neben  dem  Wolfszahn  in  einem 
Falle  dessen  Ersatzzahn  atavistisch  vorfand.  Adloff  gelang  es  auch, 
vor  den  Incisiven  prälakteale  Zahnknospen  aufzufinden,  und  Bild, 
der  Adloff's  Untersuchungen  bestätigte,  erweiterte  diese  Angabe 
dahin,  daß  bei  ca.  60  mm  Nackensteißlänge  die  Prälaktealzahnanlagen 
auftreten  und  in  der  Folge  bei  allen  Zähnen  der  Kiefer  nachzuweisen 
seien.  Adloff  wies  ferner  einen  atavistisch  auftretenden  J,  des 
Oberkiefers  nach,  während  Bild,  das  Verhältnis  der  Lippenfurchen- 
anlage  zur  Zahnleiste  beleuchtend,  eine  primäre  und  eine  sekundäre 
Lippenfurche  unterscheidet.  Erstere  ist  diejenige,  „welche  lediglich 
durch  das  Vordringen  eines  Teiles  des  verdickten  Epithels  der  Lippen- 
furchenanlage  gegen  das  Mesoderm  zu  stände  kommt1',  letztere  bildet 

Handbuch  der  Eatwickelnn^sgeschichte.  II.  1.  28 


434  R.    BüRCKHARDT, 

sich  erst  später  aus  und  entsteht  durch  den  Zerfall  der  im  Innern 
der  Lippenfurchenanlage  liegenden  Epithelzellen.  Hierbei  tritt  er  der 
Behauptung  Wilson  u.  Hills  (1897)  entgegen,  wonach  die  Ent- 
stehung der  Lippenfurchenanlage  von  der  Zahnleiste  abhängig  sein 
sollte. 

Für  die  Kameele,  denen  im  erwachsenen  Zustand  die  beiden 
oberen  ersten  Incisivenpaare  fehlen,  giebt  OwrEN  (nach  Tomes)  an, 
daß  an  ganz  jungen  Schädeln  sechs  obere  I  vorhanden  seien,  deren 
erstes  Paar  früh  verloren  gehe.  Nach  Vallois  ist  der  Zahnwechsel 
erst  im  7.  Jahre  vollendet. 

Schaf sembryonen  sind  von  älteren  Autoren  zur  Feststellung  all- 
gemein entwickelungsgeschichtlicher  Fakta  benutzt  worden.  Goodsir 
(1839),  Hertz  (1866),  v.  Kölliker  (1864).  Legros  et  Magitot 
(1879),  Pouchet  et  Chabry  (1884).  Eine  zusammenhängende  Ent- 
wickelungsgeschichte  des  Schafgebisses  zugleich  mit  sorgfältig  erwo- 
genen Ausblicken  auf  die  Entwickelungsgeschichte  des  Säugetiergebisses 
überhaupt  findet  sich  bei  A.  Hoffmann  (1894).  Bei  Embryonen  von 
5,5  cm  durchzieht  die  Zahnleiste  den  Unterkiefer  als  fortlaufende 
Epitheleinsenkung.  Die  Anlagen  der  Vorderzähne  (I3  und  C)  sind 
knospenförmig,  die  median  gelegenen  weiter  fortgeschritten  als  die 
lateralen.  Hinter  der  Eckzahnanlage  läuft  die  Zahnleiste  weiter,  auch 
über  die  Region  des  Pdx  hinaus,  der  gar  nicht  zur  Ausbildung  ge- 
langt und  von  dem  auch  nicht  einmal  mehr  eine  Knospe  angelegt 
wird.  Die  Anlagen  der  Schmelzorgane  gehen  ausschließlich  aus  dem 
lingualen  Blatt  der  Zahnleiste  hervor.  Von  den  drei  nun  folgenden  An- 
lagen der  Backzähne  ist  die  hinterste  am  weitesten  entwickelt  und 
steht  auf  dem  glockenförmigen  Stadium,  wenn  Pd2  erst  eine  geringe 
Anschwellung  an  der  Zahnleiste  bildet.  Von  den  im  erwachsenen  Ge- 
biß fehlenden  Vorderzähnen  des  Oberkiefers  sind  die  Incisiven  spurlos 
auch  in  der  Anlage  verschwunden  (Schwinck,  1888),  während  Cdy  sich 
als  Anschwellung  der  Zahnleiste  deutlich  bemerkbar  macht,  wie  schon 
Piana  festgestellt  hatte;  außerdem  sind  die  drei  Milchbackenzähne  wie 
im  Unterkiefer  auch  hier  angelegt.  Beim  Embryo  von  7,5  cm  haben 
die  auf  dem  früheren  Stadium  fehlenden  Anlagen  sich  nicht  etwa  noch 
ausgebildet,  vielmehr  beginnt  die  Zahnleiste  in  der  vorderen  Prämolar- 
gegend sich  zurückzubilden  und  schnürt  sich  vom  Mundhöhlenepithel 
da  und  dort  ab.  In  innigem  Anschluß  an  die  Zahnleiste  bildet  sich 
die  Lippenfurchenleiste  aus  und  zwar  als  embryonales  Organ,  das  sich 
später  proportional  der  Rückbildung  der  Zähne  rück  bildet. 

Bei  den  Huftieren  kommt  es  vor  dem  Durchbruch  der  Zähne 
vielfach  zur  Absonderung  einer  Cementschicht,  welche  nicht  nur  die 
Wurzel,  sondern  auch  die  Krone  des  Zahnes  überzieht,  des  sogenannten 
Kr onencements.  Auf  seine  Ausscheidung  hat  Hoffmann  sein 
Augenmerk  gerichtet.  Wenn  der  wachsende  Zahn  eine  gewisse  Größe 
erreicht  hat,  so  beginnt  sich  über  ihm  wie  bei  anderen  Säugetieren  das 
Schmelzorgan  in  kleine  Zellhaufen  aufzulösen  und  zwischen  seinen 
Trümmern  dringt  das  vaskularisierte  Bindegewebe  gegen  den  Zahn 
vor.  Am  längsten  bildet  die  Ameloblastenschicht  und  das  Stratum 
intermedium  eine  Schutzmauer  gegen  das  nach  dem  Zahn  hin  vor- 
dringende Bindegewebe.  Wenn  alle  epithelialen  Teile  von  den  meso- 
dermalen  Zellen  verdrängt  sind,  lagern  diese  schließlich  direkt  dem 
Schmelz  auf,  ohne  Gefäße  zu  enthalten,  da  diese  nach  Abtragung  des 
Schmelzorganes   verschwunden    sind.     Hoffmann   hat   zwar   die   Ent- 


Die  Verknöcherungen  des  Integuinents  und  der  Mundhöhle.     435 


«    q3  an 
tß    ■ 

CS 


436 


R.    BüRCKHARDT. 


Fig.  256. 


Jd3 
Cd 


Pd, 


B 


Pdo 


POL 


M, 


Pd, 


M1 


Fig.  257. 


stehung  des  Kronen- 
cements  selbst  nicht 
beobachtet ,  nimmt 
aber  an.  daß  er  nicht 
in  den  dem  Schmelz 
direkt  anliegenden 
dichteren,  sondern  in 
den  unter  ihnen  be- 
findlichen lockeren 
Schichten  abgesondert 

Fig.  256.  Rindsembryo 
von  10  cm  Länge.  Quer- 
schnitt durch  die  Eckzahn- 
gegend des  Oberkiefers. 
Cd  rudimentärer  Milcheck- 
zahn. PZ  Prälakteale  Zahn- 
anlage. ZL  Zahnleiste.  EP 
Epithelperle.  ZF  Zahn- 
furche. ZW  Zahnwall.  E 
Kieferepithel.  Vergr.  128. 
Nach  Rose  und  Bartels. 

werde  und  zwar  je 
mehr  der  Zahn  aus 
seiner  ursprünglichen 
Lage  hervortrete.  Je- 
denfalls komme  es 
dabei  nicht,  wie  Le- 
gros  und  Magitot 
angegeben,  zu  der 
Ausscheidung  eines 
knorpeligen  Zwischen- 
stadiums. 

Wenn  das  Milch- 
gebiß beim  Schaf  aus- 
gebildet ist,  wächst  die 
Zahnleiste  hinter  den 
Molaren  weiter  und 
bildet  zunächst  den 
ersten  definitiven  Mx. 
Ebenso  bilden  sich  M 3 
und  M5.  Bei  einem 
Schafsembryo  von  20 
cm  Länge  sah  sodann 
Hoffmann  „eine  ge- 
ringe Ausbuchtung  der 
Epithelscheide"  an  der 
lingualen     Seite     der 

Fig.  257.  Rekonstruk- 
tion der  Kiefer  von  Tapirus 
americauus.  A  oberer 
linker.  B  unterer  rechter. 
Das  Netzwerk  entspricht 
der  Schmelzpulpa ,  das 
Schwarze  dem  Dentin. 
Nach  Ghigi. 


Die  Verknöcherungen  des  Integuments  und  der  Mundhöhle.     437 

glockenförmigen  Molaranlage,  von    der   er   annimmt,   daß  sie  den  An- 
fang zur  Bildung  einer  rudimentären  Ersatzleiste  darstelle. 

Auch  die  Zahnentwickelung  des  Rindes  ist  wiederholt  studiert 
worden  von  v.  Kölliker  (1864),  Hertz  (1866),  Pouchet  et  Chabry 
(1884),  Pietkiewicz  (1877),  Piana  (1878),  Taeker  (1872),  Rose  und 
Bartels  (1896).  Namentlich  letztgenannten  Autoren  verdanken  wir  eine 
genaue  Darstellung  des  Sachverhaltes,  insbesondere  auch  der  bei  älteren 
Autoren  nicht  scharf  gesonderten  Entwickelungsvorgänge  der  Lippen- 
furchenleiste.  Die  erste  Anlage  der  Zahnleiste  erfolgt  in  der  für  die 
Säugetiere  typischen  Weise.  „Die  Lippenfurchenleiste  spaltet  sich  im 
Bereiche  des  Zwischenkiefers  und  im  vorderen  Teile  des  Unterkiefers 
von  der  Zahnleiste  ab.  Im  hinteren  Teile  beider  Kiefer  dagegen  ent- 
wickelt sich  die  Lippenfurchenleiste  völlig  unabhängig  und  weit  ent- 
fernt von  der  Zahnleiste"  (Rose  und  Bartels).  Von  diesen  Ver- 
hältnissen sowie  von  den  ersten  Zahnanlagen  des  Rindes  giebt  ein 
Modell  den  besten  Begriff,  welches  wir  nebenstehend  abbilden. 

Besonders  bemerkenswert  erscheint  es,  daß  Rose  und  Bartels 
durch  die  Modellierung  im  stände  waren,  die  früheren  unklaren  An- 
schauungen über  die  Lippenfurchenleiste  zu  beseitigen  und  auch  im  Ge- 
biet der  Vorderzähne  des  Oberkiefers  außer  dem  C  noch  eine  Anlage 
des  i3  nachzuweisen,  deren  geringe  Anschwellung  auf  bloßen  Schnitten 
nicht  zum  Ausdruck  kommen  kann.  Der  Arbeit  derselben  Autoren 
entnehmen  wir  Fig.  256,  worin  typisch  abgebildet  sind:  ein  rudimentärer 
Eckzahn,  eine  Epithelperle,  wie  solche  durch  Zerfall  der  Zahnleiste 
entstehen  und  eine  deutliche  prälakteale  Zahnanlage. 

Die  Zahnentwickelung  des  amerikanischen  Tapirs  behandelte  bis- 
her Ghigi  (1900)  an  Hand  eines  Embryo  von  125  mm  Länge.  Dabei  legte 
er  besonderen  Wert  auf  das  Studium  der  Höckerentwickelung  und  ge- 
langte zu  dem  Schluß,  daß  die  einzelnen  Höcker  direkt  oder  indirekt 
im  Zusammenhang  mit  der  Basis  des  Haupthöckers  stehen.  Die  Prä- 
molaren bilden  sich  insofern  in  gleicher  Weise,  als  zuerst  der  Proto- 
conus,  dann  der  Hypo-  und  der  Paraconus  und  erst  zuletzt  von  der 
Basis  des  Hypoconus  aus  der  Metaconus  entspringt.  P:  des  Unter- 
kiefers fehlt;  sein  Material  ist  in  dasjenige  von  P2  einbezogen  worden. 
Das  Diastema  entsteht  nicht  durch  den  Ausfall  einer  größeren  Prä- 
molarenzahl, sondern  durch  Längenwachstum  der  Kiefer.  Wir  geben 
beifolgend  die  Figur  aus  Ghigi's  Arbeit  wieder,  da  sie  in  sehr  zweck- 
mäßiger Weise  die  Verhältnisse  des  beschriebenen  Objektes  abstrahiert. 

Das  Pferd  erhält  sein  definitives  Gebiß  sehr  langsam.  Bei  der 
Geburt  besitzt  das  Füllen  nur  die  /,  in  jedem  Kiefer,  welche  erst  bei 
21/2  Jahren  abgeworfen  werden.  Bekanntlich  wird  das  Alter  des 
Tieres  nach  dem  Grade  der  Abkauung  der  Incisiven  beurteilt.  Für 
die  näheren  Einzelheiten  hierüber  muß  auf  die  tierärztlichen  Hand- 
bücher verwiesen  werden.  Frühere  Entwickelungsstadien  wurden  von 
Klever  (1889)  untersucht.  Die  einzelnen  Anlagen  sind  weit  voneinander 
getrennt  und  in  frühen  Stadien  erscheint  eine  solche,  die  möglicherweise 
einem  Rudiment  von  ldA  entspricht.  Klever  kommt  auf  Grund  ein- 
gehender Vergleiche  der  ontogenetischen  Entwicklung  des  Pferde- 
gebisses mit  der  phylogenetischen  der  fossilen  Vorläufer  der  Pferde 
zu  einer  Bestätigung  der  RüTiMEYER'schen  Theorie,  daß  das  Milch- 
gebiß der  Ungulaten  im  ganzen  bei  den  fortgeschritteneren  Formen 
die  Zustände  der  geologisch  älteren  rekapituliert. 


438  R.    BlTRCKHARDT, 

Einige  Angaben  über  Zahnleiste  und  Lippe afurchenleiste  beim 
Pferdeembryo  von  21  cm  und  bei  einem  Eselembryo  von  16  cm  finden 
sich  bei  Pouchet  und  Chabry  (1884). 

8.  P  r  o  b  o  s  c  i  d  i  e  r. 

Eines  der  extrem  specialisierten  Gebisse  besitzen  die  Proboscidier. 

Wie   für   den    ganzen  Stamm    der  Anschluß   an    die   übrigen   Huftiere 

noch  sehr  unsicher  ist,   so  auch  für  das  Gebiß.     Sollte  sich  Moerithe- 

rium  (Andrews)   wirklich  als  Protoproboscidier  behaupten  lassen,   so 

würde   das   ursprüngliche    Gebiß   bestehen   aus   I~   C^  Pm~    ^06, 

wobei  die  Backzähne  bunodont  und  quadrituberkulär  sind.  Das  End- 
glied der  Reihe  würde  etwa  Elephas  indicus  repräsentieren  mit  1^  C§ 
-Mf,  wobei  die  Backzähne  multilophodont  geworden  sind  und  bis  zu 
27  Querjochen  enthalten,  die  durch  mächtige  Cementmassen  verbunden 
werden.  Von  diesen  Backzähnen  funktioniert  nur  je  einer  oder  zwei, 
während  noch  bei  der  älteren  Form  Dinotherium,  die  bloß  zwei-  bis 
drei-jochige  Zähne  besitzt,  in  beiden  Kiefern,  deren  noch  je  fünf  gleich- 
zeitig in  Funktion  sind.  Entsprechend  den  Umwandlungen,  die  das  fertige 
Gebiß  von  Elephas  in  seiner  phylogenetischen  Entwicklung  erfahren 
hat,  ist  auch  der  ontogenetische  Prozeß  des  Zalmwechsels  in  ein- 
schneidender Weise  modifiziert. 

Noch  unbekannt  sind  die  ersten  Entwickelungszustände  des  Ge- 
bisses, sowie  die  Konfiguration  der  Zahnleiste  auch  in  älteren  Stadien. 
Abgesehen  von  der  klassischen  Arbeit  John  Corses  (1799)  haben 
uns  paläontologische  Untersuchungen  über  den  Zusammenhang  des 
phylogenetischen  und  ontogenetischen  Prozesses  aufgeklärt.  Jüngere 
Entwickelungsstadien  des  Elefantengebisses  untersuchte  neuerdings  auch 
Rose  (1893  No.  I).  Dem  Stoßzahn  des  Elefanten  geht  ein  Milch- 
stoßzahn voran,  um  im  2.  Lebensjahre  von  dem  nachdrängenden  Ersatz- 
zahn ausgetrieben  zu  werden.  Beide  bestehen  aus  einem  centralen 
Dentinkegel,  welcher  an  der  Spitze  von  einem  Schmelzmantel  bedeckt 
ist.  Der  ganze  Zahn  ist  sodann  in  Cement  eingehüllt.  Schmelz  und  Cement 
werden  aber  früh  an  der  über  die  Mundscheimhaut  hervorragenden 
Partie  abgerieben.  Der  1.  Molar  besteht  aus  4  Zahnlamellen  und  be- 
ginnt 8—10  Tage  nach  der  Geburt  durchzubrechen.  Der  Durchbruch 
ist  erst  im  3.  Monat  beendet  und  diese  Zähne  funktionieren  bis  zum 
2.  Jahre.  Im  2.  Jahre  treten  die  zwei  aus  8 — 9  Lamellen  bestehenden 
Molaren  in  Thätigkeit.  Vom  Ende  des  2.  Jahres  bis  zum  Beginn  des 
6.,  der  dritte  mit  10 — 12  Lamellen  und  vom  6.  bis  9.  der  vierte  mit  15 
Lamellen.  Die  drei  ersten  gelten  als  Milchmolaren,  der  vierte  und  die 
zwei  ihm  im  15.  und  20.  Jahre  folgenden  als  Ersatzmolaren.  Der 
Zahnwechsel  geschieht  so,  daß  die  zuerst  auftretenden  Zähne  allmäh- 
lich abgekaut,  in  Trümmer  zerfallen,  die  von  den  nachdrängenden 
folgenden  Zähnen  ausgestoßen  werden ;  die  neuen  Zähne  treten  stets 
hinter  den  bestehenden  auf,  niemals  unter  ihnen  und  schieben  ihre 
Vorgänger  allmählich  nach  vorn.  Dieser  Zustand  ist  ein  später  Er- 
werb, denn  noch  bei  Dinotherium  fand  ein  Zahnwechsel  in  der  Form 
statt,  daß  die  zwei  hinteren  Milchmolaren  durch  unter  ihnen  keimende 
Prämolaren  ersetzt  werden.  Die  für  die  Elefanten  charakteristische 
Abänderung  der  Zahnentwickelung  besteht  also  einmal  darin,  daß  der 
Zahnwechsel  zu  einem  das  ganze  Leben  hindurch  andauernden  Prozeß 
wird,   begleitet   auch   von    den    Folgen    dieser    Verzögerung   (Cement- 


Die  Verknöclierungen  des  Integuments  und  der  Mundhöhle.      439 

absonderung,  offene  Pulpen),  sodann  darin,  daß  innerhalb  des  Kiefers 
die  Richtung  des  Zahnersatzes  geändert  und  dauernd  axial  wird,  end- 
lich darin,  daß  die  Dentitionen  und  die  Grenzen  zwischen  ihren  Pro- 
dukten verwischt  werden. 

9.  Sirenier. 

Ueber  die  Entwickelung  des  Sirenengebisses  finden  sich  in  der 
vergleichend-anatomischen  Litteratur  mehrfache  Mitteilungen.  Neuer- 
dings hat  diese  Säugetiergruppe  erhöhte  theoretische  Bedeutung  ge- 
wonnen infolge  der  eigentümlichen  Entwickelung  ihres  Gebisses, 
worüber  uns  eine  auf  breitester  Basis  aufbauende  Abhandlung  von 
Kükenthal  (1896  u.  1897)  unterrichtet. 

Der  Tierstamm,  womit  wir  es  hier  zu  thun  haben,  hat  eine  sehr 
verschiedenartige  Beurteilung  erfahren.  Es  ist  daher  der  Betrachtung 
seines  Gebisses  die  Bemerkung  vorauszuschicken,  daß  wir  in  ihm  mit 
Owen  eine  Abzweigung  erblicken,  die  zu  Beginn  der  Tertiärzeit  sich 
vom  Hauptstamme  der  Ungulaten  abgelöst  und  dein  Leben  im  Wasser 
angepaßt  hat.  Dementsprechend  ist  auch  das  Gebiß  als  ein  modi- 
fiziertes Ungulaten gebiß  anzusehen,  das  eine  ganz  selbständige  Ent- 
wickelungsbahn  eingeschlagen  hat. 

Das  Gebiß  der  Gattung  Manatus  besteht  in  erwachsenem  Zu- 
stande ausschließlich  aus  Molaren,  die  unter  sich  gleich  sind  und 
deren  man  in  beiden  Kiefern  8—10  zählt.  Nach  Krauss  (1858 
u.  1862)  findet  eine  unbegrenzte  Vermehrung  dieser  Backzähne 
vom  hinteren  Ende  jeder  Reihe  her  statt:  der  vorderste  Zahn 
wird  allmählich  verdrängt,  die  ganze  Reihe  befindet  sich  in  einer 
beständigen  Bewegung  von  hinten  nach  vorn.  Von  den  übrigen 
Zähnen  ist  nichts  erhalten  geblieben  als  Alveolen,  in  denen  Zahn- 
anlagen sich  rudimentär  ausgebildet  haben,  später  aber  verloren  ge- 
gangen sind  (Blainville,  Stannius).  Kükenthal  fand  nun  zu- 
nächst bei  einem  Embryo  von  M.  latirostris  von  13,6  cm  Länge  im 
Oberkiefer  Epithel  Wucherungen ,  die  er  als  prälakteale  Zahnleiste 
deutet.  Hinter  ihr  liegt  eine  Zahnanlage  (Ij)  die  auf  dem  kappen- 
förmigeu  Stadium  getroffen  wird;  eine  zweite  kleinere  (i"2)  zweigt  direkt 
vom  Mundhöhlenepithel  ab;  ebenso  eine  kleine,  welche  I3  entspricht. 
Von  da  an  bis  zur  Region  der  Backzähne  ist  mm  weiterhin  nichts 
mehr  zu  sehen.  Ganz  ähnliche  Verhältnisse  finden  sich  im  Unter- 
kiefer: eine  prälakteale  Leiste,  drei  Anlagen  von  Schneidezähnen.  Aber 
hier  ist  die  Zahnleiste  nicht  wie  im  Oberkiefer  bis  zu  den  Molaren 
unterbrochen.  Sie  zieht  vielmehr  als  schmaler  Strang  unter  dem 
Mundhöhlenepithel  fort,  um  alsbald  wieder  eine  stärkere  Zahnanlage 
zu  produzieren,  die  dem  Eckzahn  entspricht.  Hierauf  folgen  drei 
Anlagen  rudimentärer  Art,  die  Kükenthal  als  Prämolaren  deutet. 
Es  stehen  diese  embryologischen  Thatsachen  in  bestem  Einklänge 
mit  den  Erfahrungen  der  Palaeontologie,  woher  wir  bekanntlich  Formen 
kennen,  die  noch  deutliche  Incisivenpaare  besitzen  (Halitherium)  oder 
gar  ein  vollständiges,  auch  an  Prämolaren  noch  reicheres  Gebiß  (Pro- 
rastomus).  Im  Oberkiefer  folgen  auf  eine  längere  zahnlose  Strecke 
die  Backzahnanlagen.  Die  erste  derselben  ist  noch  wenig  weit  ent- 
wickelt und  überschreitet  noch  nicht  das  kappenförmige  Stadium.  An 
der  zweiten  hat  sich  eine  große  Schmelzpulpa  gebildet.  An  ihr  machen 
sich  verschiedene  Auswüchse  geltend,  der  eine  liegt  ihr  labialwärts  auf 
und  steht  in  mehr  oder  weniger  lockerer  Verbindung  mit  dem  labialen 


440  R.   BURCKHARDT, 

Mundepithel ;  er  ist  die  prälakteale  Zahnanlage,  welche  mit  der  erfolg- 
reicheren der  ersten  Dentition  verschmolzen  ist.  Aber  auch  die 
linguale  Wand  der  Schmelzpulpa  weist  einen  Auswuchs  auf.  Dieser  Aus- 
wuchs ist  die  Anlage  einer  weiteren  Dentition  und  zwar  mindestens 
einer.  Kükenthal  nimmt  infolgedessen  an,  daß  in  das  Bildungsge- 
webe eines  Backzahns  mindestens  drei  Dentitionen  einbezogen  werden. 
Auf  diese  Weise  werden  sowohl  im  Oberkiefer  als  im  Unterkiefer  drei 
Backzähne   gebildet.     Für   das   Milchgebiß   von   Manatus   ergiebt   sich 

somit   die  Formel  ^  '     '     '     .     Eine  Reduktion   der  Zahnanlagen   im 

vorderen  Kieferabschnitt  scheint   aber  (sehr   bald   vor   sich   zu    gehen, 
denn  schon  beim  Embryo  von  29  cm   sind  nicht  mehr  alle   diese  An- 
lagen zu  erkennen.   Dagegen  hat 
^-  *•  die   Verschmelzung    der    prälak- 

Pza  tealen,  der    1.    und  der  2.  wirk- 

lichen Zahngeneration  Fortschritte 
gemacht  und  an  Molaren  sind 
vier  zu  zählen.     Fünf  derselben 


zeigt  ein  Embryo  von  63,3  cm. 
Beim  neugeborenen  Manatus 
senegalensis  sind  bereits  drei 
Backzähne  durchgebrochen,  wäh- 
rend noch  ein  Oberkieferschneide- 

Fig.  258.  Frontalscknitt  durch  eleu 
zweiten  Backzahn  des  Unterkiefers  von 
Manatus  senegalensis,  Embryo  von  13,6 
cm.  P  Pulpa.  Pza  Anlage  der  prälak- 
tealen  Zahnleiste.  El  Ersatzzahnleiste, 
welche  mit  der  Anlage  der  ersten  Den- 
tition   verschmilzt.     Vergr.   40.     Nach 

KÜKENTHAL. 

zahn  erhalten  ist.  Auf  die  Befunde  Kükenthal's  an  Halicore  brauchen 
wir  hier  nicht  weiter  einzugehen,  da  sie  wesentlich  für  die  Stammes- 
geschichte der  Sirenen  in  Betracht  kommen  ;  doch  verdient  noch  eine 
embryologische  Thatsache  der  Erwähnung.  Er  beobachtete  nämlich,  daß 
vor  dem  Durchbruch,  wo  von  Abnutzung  der  Backzähne  nicht  die  Rede 
sein  kann,  an  den  Backzahnhöckern  glatte  Flächen  auftreten.  Gleich- 
zeitig sollen  Kapillaren  der  Blutgefäße  in  die  Nähe  dieser  Flächen 
vordringen  und  die  Annahme  eines  Resorptionsprozesses  wahrscheinlich 
machen. 

Diesem  Bilde  von  der  eigentümlichen  Entwickelung  des  Si- 
renengebisses sind  noch  einige  vergleichend-anatomische  Streiflichter 
aufzusetzen.     Einmal  verdient  Beachtung,  daß  schon   bei  Halicore  die 

5—6 
Zahl    der  Molaren  -. — =■  beträgt  und  daß  ein  Incisiv  bei  dieser  Gattung 

4— ö  & 

als  kleiner  Stoßzahn    ausgebildet  wird ,    während    bei  Halitheriuni    ein 

großer   I2    als  Stoßzahn   bestehen    bleibt.     Dieses    sind   ohne  Zweifel 

primitivere   Zustände   des  Gesamtgebisses   als   bei  Manatus.     An   der 

Basis    des    Stammes    treffen    wir    Prorastoinus    sirenoides    aus    dem 


°     1  .5 


Eocän    von   Jainaica   mit    der"  Zahnformel  0  *  i  '  K  '  Q     und     Zahnfor- 

o  .  1  .  5  .  o 


Die  Verknöcherungen  des  Integurnents  und  der  Mundhöhle.     441 

men,  die  mehr  an  primitive  Huftiere  erinnern ,  als  die  irgend  einer 
späteren  Sirene.  Aber  auch  über  die  bei  Manatus  bekannte  Modi- 
fikation des  Gebisses  hinaus  ist  das  Stadium  völliger  Zahnlosigkeit 
erreicht  worden  von  Khytina  Stellen,  dem  im  18.  Jahrhundert  im 
Behringsmeer  entdeckten  und  ausgerotteten  Borkentier. 

10.  Nager. 

Diese  artenreichste  Säugetiergruppe  besitzt  gegenüber  allen 
anderen  Ordnungen  in  ihrem  Gebiß  ein  Unterscheidungsmerkmal,  das 
nie  versagt.  Innerhalb  der  Nager  selbst  liefern  zwar  die  Einzelheiten 
der  Molarenkonfiguration  wichtige  Kriterien  für  Gattungen  und 
Familien.  Dagegen  erfährt  der  Gesamtbestand  des  Gebisses  nur  wenig 
Abänderungen.  Die  reichlichste  Bezahnung  besitzen  die  Leporiden 
mit  I\  C  -g  P  |  M  |  das  andere  Extrem  vertreten  etwa  die  Gattungen 
Hydromys  und  Rhynchomys  mit  I  T  C  £  P  g  M  § ;  bei  letzterer  er- 
scheint sogar  der  zweite  Molar  bereits  als  unbedeutendes  Rudiment. 
Zwischen  beide  Extreme  reihen  sich  die  Sciuromorphen,  bei  denen  stets 
mindestens  ein  Prämolar  in  jedem  Kiefer  zu  finden  ist,  oft  sogar  zwei 
im  Oberkiefer,  die  Hystricomorphen,  welche  einen  Prämolaren  besitzen 
können  und  manche  Myomorphen  mit  noch  drei  Molaren.  Die  Incisiven 
sind  auf  vier  permanent  wachsende  bogenförmige  Zähne  von  einseitigster 
Spezialisierung  beschränkt,  die  auch  durch  ihre  Ausbildung  die  gesamte 
vordere  Kiefergegend  verändert  haben.  Nur  bei  Hasen  findet  sich 
im  Oberkiefer  ein  rudimentäres  zweites  Paar.  Die  Caninen  fehlen  durch- 
weg, die  Prämolaren  sind  aufs  äußerste  reduziert.  In  seiner  pri- 
mitivsten Form  ist  der  Backzahn  quadrituberculär  bunodont,  mit 
Wurzeln  versehen ;  bei  den  spezialisiertem!  vollständig  dem  Back- 
zahn der  Elefanten  ähnlich  (Capybara)  oder  überhaupt  aufs  äußerste 
reduziert  (Hydromyinae)  mit  ovaler  Kaufläche  versehen  (vergl. 
Schlosser,  F.  Major,  Tullberg  etc.).  Die  Entwickelungsgeschichte 
des  Nagergebisses  ist  ein  viel  kultiviertes  Gebiet.  Von  älteren  Autoren 
waren  es  Raschkow  (1835),  A.  Retzius  (1837),  Owen  (1845), 
Erdl  (1843),  Kölliker  (1864),  Wenzel  (1868),  Huxley  (1880). 
Namentlich  wurden  Rötter  (1889)  zufolge,  die  Untersuchungen 
Wenzel's  wesentlich  nur  durch  solche,  welche  mit  besserer  Technik 
und  an  ausgedehnteren  Material  unternommen  wurden,  ergänzt.  Von 
neueren  Autoren  sind  zu  nennen :  Pouchet  und  Chabry  (1884), 
Rötter  (1889),  B.  Sachse  (1894),  W.  Mahn  (1890),  Freund  (1892), 
M.  Woodward  (1892  u.  1899)  und  Adloff  (1898). 

Der  Uebersichtlichkeit  wegen  ist  hier  dreierlei  auseinander  zu 
halten :  1.  die  Entwickelung  der  Schneidezähne  und  die  bei  ihr  speciell 
vorkommenden  Modifikationen  typischer  Zahnentwickelung,  2.  die  Ent- 
wickelung der  Molaren  und  3.  die  Entwickelung  des  Gesamtgebisses 
im  Verhältnis  zu  seiner  Stammesgeschichte  und  zur  Ontogenie  seines 
Trägers. 

Seit  A.  Retzius  (1837)  auf  Grund  von  pathologischen  Fällen  das 
Dauerwachstum  der  Nagerzähne  lehrte,  haben  die  Histologen  und 
Embryologen  dieser  Erscheinung  besonders  bei  den  Incisiven  der 
Nager  mehrfach  ihre  Aufmerksamkeit  geschenkt.  Die  naive  Beobach- 
tung ist  hierbei  vielfach  durch  Theorien  beeinflußt  worden,  so  einmal 
durch  diejenige  Baume's  vom  Scheindiphyodontismus  der  Säugetiere, 
welche  insbesondere  von  Fleischmann  und  seinen  Schülern  nach- 
drücklich  und    erfolgreich   bekämpft   wurde   und   fernerhin    durch   die 


442 


R.    BüRCKHARDT, 


Wf  ?  SV.-:».'  R?  »'•'.•  •  J 


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ganz  unfruchtbare  Frage,  welche  v.  Brunn  (1887)  aufwarf,  ob  das 
formbildende  Element  des  Zahnes  im  Schmelzorgan  oder  in  der  Mesoderm- 
papille  zu  suchen  sei.  An  einem  Kaninchenembryo  von  5  mm  fand 
Freund  im  Oberkiefer  eine  kontinuierlich  fortlaufende  Zahnleiste, 
während  sie  im  Unterkiefer  im  Gebiet  des  Diastema  bereits  unter- 
brochen war.  In  ihren  ersten  Stadien  nun  entstehen  die  Anlagen  der 
Incisiven  genau  so,  wie  bei  anderen  Säugetieren.  „Allmählich  ver- 
ändert sich  das  Bild ;  wir  sehen,  daß  sich  die  eine  Seite  des  glocken- 
förmigen Schmelzorganes  anders  auszubilden  beginnt,  wie  die  andere, 

wir  sehen  die  eine  Seite  Zellenbestand 
und  Forin  vollständig  verändern,  während 
die  andere  Seite  in  ihrer  Entwickelung 
mehr  auf  dem  embryonalen  Standpunkte 
bleibt"  (Sachse).  Da  nur  die  labialen 
Flächen  der  Schneidezähne  mit  Schmelz 
bedeckt  werden,  entwickelt  sich  auch  nur 
hier  eine  Ameloblastenschicht,  hinter 
welcher  denn  auch  ein  ziemlich  mächtiges 
Stratum  intermedium  zur  Entfaltung  ge- 
langt. In  Zusammenhang  mit  der  raschen 
Streckung  des  sich  entwickelnden  Schnei- 
dezahns erfährt  die  Schmelzpulpa  nicht 
ihre  typische  gallertartige  Ausbildung, 
sondern  bleibt  kurze  Zeit  auf  einem 
weniger  differenzierten  Zustande  stehen, 
um  an  der  labialen  Seite  bald  unter  Auf- 
lösung des  äußeren  Schmelzepithels  zu 
Grunde  zu  gehen  (Rötter,  Sachse). 
Der  histologisch  embryonale  Zustand 
wird  an  der  Basis  des  Zahnes  zeitlebens 
beibehalten,  während  die  Spitze  ihrer 
Bestimmung  gemäß  durchbricht  und  sich 
abnutzt.  Auf  der  nicht  Schmelz  bildenden 
oralen  Seite  hat  sich  noch  bis  zum  acht- 
tägigen Stadium  der  Maus  die  Epithel- 
scheide als  eine  dünne,  an  ihrem  basalen 
Ende  etwas  anschwellende  Membran  er- 


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Fig.  259.    Längsschnitt  durch  den  Unterkiefer 
neugeborenen 

P  Pulpa.     Pd 


der    Stelle    der 


einer  lieugeoorenen  Maus.  An 
Pfeile  ist  ein  Stück  ausgelassen. 
Porodentin  der  Zahnspitze.  Sz  Zellen  des  Schmelz- 
organs. Vr  Unischlagsrand  des  Schmelzorgans 
an  der  Basis  des  Zahns.  Schwach  vergr.  Nach 
Sachse. 


halten,  welche  aus  zwei,  basal  drei  Schichten  abgeplatteter  Zellen  besteht. 
An  der  Basis  bleibt  sie  auch,  so  gut  wie  die  Ameloblastenschicht,  zeit- 
lebens bestehen.  Von  dem  später  den  Dentinmantel  ausfüllenden  Poro- 
dentin wissen  wir  nur,  daß  es  in  unregelmäßigen  an  Trabeculin  er- 
innernden Massen  schon  früh  abgelagert  wird.  Eine  bestimmte  Rich- 
tung scheint  an  ihm  erst  später  aufzutreten. 

Die  erste  Anlage  der  Molaren  erfolgt  nach  Mahn  (1800)  bei  der 
Hausmaus  genau  so,  wie  sie  für  die  wurzeltragenden  Zähne  anderer 
Säugetiere  beschrieben  wurde.  M3  wird  verhältnismäßig  spät,  erst 
nach  der  Geburt  angelegt.     Bei    einer    1(3   Tage   alten    Maus   hat  Mx 


Die  Verknöcheruugen  des  Integunients  und  der  Mundhöhle.     443 

sein  Wurzelwachstum  vollendet  und  bricht  durch,  während  M3  noch 
wurzellos  ist.  Die  Wurzeln  werden  ohne  Beteiligung  des  Ektoclerms 
ausgebildet.  Nach  Hensel  besitzen  die  Spitzen  der  Zahnhöcker  noch 
nicht  durchgebrochener  Zähne  keinen  Schmelz.  Dementsprechend 
beobachtete  Mahn  daß  auch  an  diesen  Stellen  die  unterste  Ektoderm- 
schicht  nicht  zu  Ameloblasten  werden,  sondern  ihre  einfache  kubische 
Form  beibehalten.  Bei  den  permanent  wachsenden  Molaren  von 
Arvicola  bildet  sich  im  Gegensatz  zu  dem  Verhalten  an  den  Incisiven 
aller  Nager  ein  vollkommen  ausgebildetes  Gallertgewebe  aus.  In  ähn- 
licher Weise ,  wie  dies  für  Huftiere  beschrieben  wurde ,  entstehen 
auch  bei  den  Nagern  Cementbänder,  welche  in  der  Wachstumsrichtung 
des  Backzahns  verlaufen. 

Delalande  entdeckte  den  hinfälligen  Milchincisiven  der  Hasen. 
Huxley  (1880)  beschrieb  nach  ihm  Rudimentärzähnchen  in  beiden 
Kiefern  des  Kaninchens  und  deutet  sie  ebenfalls  als  Vorgänger  der 
Nagezähne.  Dies  wurde  von  Pouchet  und  Chabry  bestätigt  und 
von  Freund  auch  an  anderen  Nagern  nachgewiesen.  Auf  breiteren 
Materialien  fußt  aber  erst  die  Untersuchung  von  Adloff  (1898), 
welche  sich  über  eine  große  Zahl  von  verschiedenen  Stadien  ver- 
schiedener Nagergattungen  erstreckt.  Der  Zahnwechsel  ist  mit  Aus- 
nahme der  Lagomorphen,  die  außerdem  noch  den  kleinen  rudimentären 
Schneidezahn  wechseln,  auf  die  Prämolaren  beschränkt,  welche  bei 
einem  Teil  der  Nager  schon  intrauterin  gewechselt  werden.  Bei  den 
Sciuromorphen  ,  wo  wir  noch  dem  vollständigsten  Gebiß  begegnen, 
fand  Adloff  noch  folgende  Zähne  teils  embryonal  angelegt,  teils  aus- 
gebildet:  ^  _  ^ 

-  I2 P2     Psi  Ml   M*   M* 


Idt  Id%  -   Cd    -    Pd2Pdl\  M*  M*  M* 

während  bei  Cavia  nur  Spuren  eines  I1  im  Unterkiefer  und  bei 
Muriden  nur  in  einem  Falle  ein  verloren  gegangener  Ix  im  Unter- 
kiefer und  Is  im  Oberkiefer  zur  Beobachtung  kam.  Bei  diesen  beiden 
Gruppen  fand  er  auch  die  Zahnleiste  in  beiden  Kiefern  im  Bereiche 
des  Diastema  verschwunden  und  auch  bei  Lagomorphen  außer  dem 
7*7,  keine  Spur  einer  reicheren  Bezahnung.  Außerdem  fand  Adloff 
sogar  bei  Nagern  trotz  ihrer  großen  Entfernung  vom  Säugetiertypus 
noch  prälacteale  und  postpermanente  Zahnanlagen.  Bei  Pd3  der  Sciuro- 
morphen konnte  er  beobachten,  wie  die  prälakteale  Anlage  mit  der 
Milchzahnanlage  verschmilzt. 

11.  Edentaten. 

Als  Edentaten  faßt  man  eine  Gruppe  von  Säugetierfamilien  zu- 
sammen, die  durch  Abwesenheit  von  Schneidezähnen  im  erwachsenen 
Zustande  ihrer  lebenden  Repräsentanten  gemeinsam  charakterisiert 
sind.  Nach  Flower  ist  es  höchst  wahrscheinlich,  daß  sie  keine  natür- 
liche Gruppe  bilden,  sondern  aus  mindestens  zwei  heterogenen  Zweigen 
gebildet  werden,  die  unabhängig  von  einander  die  gemeinsamen  Merk- 
male erworben  haben. 

Wir  begegnen  bei  den  Edentaten  dem  Gebiß  in  mannigfaltigen 
Stadien  der  Rückbildung.  Wie  weit  die  verschiedenen  Formen  unter 
sich  gemeinsame  Bahnen  durchlaufen  haben,  ist  kaum  zu  entscheiden. 
Ein  Symptom  der  Rückbildung  ist  es  auch,  daß  in  dieser  Gruppe  die 
eigentliche  Domäne  ist  für  Zähne  mit  permanentem  Wachstum,  für  Poro- 


444  R.    BüRCKHARDT, 

dentin struktur,  für  Homodontie  (sekundäre  Gleichartigkeit)  und 
für  Prismenform  wurzelloser  und  schmelzloser,  mit  Cement  bedeckter 
Einzelzähne. 

Am  meisten  Anschluß  an  das  typische  diphyodonte  Säugetier- 
gebiß zeigt  dasjenige  von  Orycteropus.  Hier  sind  in  jedem  Kiefer 
fünf  prismatische  Zähne,  von  denen  der  erste,  zweite  und  fünfte  kleiner 
sind  als  die  mittleren.  Diesem  Gebiß  geht  bei  0.  afer  von  14 — 18  Zoll 
Länge  nach  0.  Thomas  (1890f)  ein  Milchgebiß  voraus.  Ebensowenig 
wie  im  deünitiven  Gebiß  finden  sich  zwar  in  ihm  Zähne  des  Zwischen- 
kiefers oder  des  entsprechenden  Unterkieferabschnittes,  dahinter  aber 
zählt  Thomas  im  Oberkiefer  sieben  verkalkte  rudimentäre  Zälmchen 
des  Milchgebisses,  die  unter  sich  sehr  verschieden  sind.  Das  dritt- 
letzte und  das  letzte  übertreffen  die  anderen  an  Größe  bei  weitem  und 
sind  vielleicht  als  Prämolaren  der  Ersatzdentition  zu  deuten,  die 
ebenso  wie  das  Milchgebiß   frühzeitig  ausfallen.     Im  Unterkiefer   sind 

die  Ersatzzahnanlagen  weiter  fort- 
geschritten, man  erkennt  deren  vier; 
vor,  resp.  über  ihnen  sind  vier 
unverkennbare  Rudimente  von 
Milchzähnen,  deren  hinterster  deut- 
lich zweiwurzlig  ist.  Orycteropus 
ist  somit  der  Vertreter  einer  Eden- 
Fig.  260.    Milch-  und  Ersatzgebiß     tatenfamilie,  welche  ein  heterodontes 

a\HOMAs.°PUS  ^  Milchgebiß  und  ein  homodontes  Er- 

satzgebiß  besitzt,  welche  das  typische 
Säugetiermilchgebiß  frühzeitig  auswirft  und  ein  typisches  Edentaten- 
ersatzgebiß  produziert.  Ob  die  Milchzähne  auch  aus  Porodentin  be- 
stehen oder  vielleicht  noch  typische  Dentinstruktur  aufweisen,  ist  nicht 
untersucht  worden. 

Wenn  es  sonach  kaum  zweifelhaft  ist,  daß  das  Gebiß  von  Oryc- 
teropus aus  dem  typischen  Säugetiergebiß  hervorgegangen  ist,  so  wird 
es  vollends  durch  fossile  Uebergangsformen  zwischen  Edentaten  und 
anderen  Säugetieren  herbivoren  Charakters  wahrscheinlich  gemacht. 

Ein  weiterer  Grad  der  Gebißreduktion  kommt  den  Gürteltieren 
zu.  Hier  kann  noch  wie  bei  Tatusia  ein  Prämaxillarzahn  dauernd 
erhalten  sein,  oder  wie  bei  Dasypus  mehrere  rudimentäre  Zähne  des 
Oberkiefers,  die  niemals  durchbrechen.  Alle  Dasypodiden  sind  zwar 
homodont,  doch  findet  auch  bei  ihnen  noch  Zahnwechsel  statt  und 
zwar  bei  Tatusia,  wo  mit  Ausnahme  der  beiden  letzten  alle  Zähne 
ersetzt  werden,  wie  von  Rapp  bis  Tomes  eine  Reihe  von  Forschern 
dargethan  hat.  Nach  Kükenthal  (1897)  sind  auch  bei  Dasypus 
villosus  beide  Dentitionen  angelegt.  Schon  Tomes  (1874)  wies  ein 
Schmelzorgan  nach,  dessen  innerste  Zellen  nach  Leche  (1895)  bei 
Tatusia  sogar  die  typische  Ameloblastenschicht  bilden.  Nach  diesem 
Autor  werden  auch  bei  Tatusia  mehr  Zahnanlagen  (bis  15)  beim 
Embryo  gebildet,  als  zur  Ausbildung  gelangen.  Schmelz  wird  nicht 
produziert,  Die  Zahnleiste  hat  ihren  Zusammenhang  mit  dem  Mund- 
höhlenepithel aufgegeben,  was  bei  entsprechenden  Stadien  typischer 
Säugetiere  nicht  der  Fall  ist,  Beide  Dentitionen  sind  ursprünglich 
heterodont,  da  die  beiden  vordersten  Zähne  einspitzig,  die  hinteren 
zweispitzig  sind. 

Rose  (1892,  No.  III  u.  IV)  beobachtete  lingualwärts  von  den 
rudimentären  Zahnanlagen  eine  kolbig  verdickte  Schmelzleiste.  Da- 
nach gehören  jene  Rudimente  der  ersten  Dentition  an. 


Die  Verknöcherungen  des  Integuments    und  der  Mundhöhle.     445 

Au  die  Gürteltiere  schließen  sich  wohl  am  besten  die  Faultiere 
mit  ihrem  Gebiß  und  dessen  Entwickelung  an.  Wenn  wir  von  den 
fossilen  Formen  Argentiniens  absehen,  welche  nach  Ameghino  noch 
vollständige  Gebisse  besaßen,  sind  die  heutigen  Gattungen  Bradypus 
und  Choloepus  in  Bezug  auf  ihr  Zahnsystem  einander  sehr  ähnlich  und 
sehr  vereinfacht.  Sie  besitzen  J  Molaren  von  säulenförmiger  Gestalt 
und  mit  permanentem  Wachstum.  Die  Entwickelung  dieses,  ebenfalls 
leicht  heterodonten  Gebisses  ist  vielfach  Gegenstand  von  Unter- 
suchungen gewesen,  auch  wurden  allgemeine  Schlußfolgerungen  an  sie 
angeknüpft,  deren  Tragweite  überschätzt  worden  ist.  Pouch  et  und 
Chabry  (1884)  beobachteten  an  Bradypus,  daß  ein  Schmelzorgan  zur 
Ausbildung  gelangt,  welches  einer  Schmelzpulpa  entbehre,  nie  Schmelz 
produziere  und  frühzeitig  zurückgebildet  werde.  Das  Schmelzorgan 
ist  aber  nach  Ballowitz  (1890),  der  es  zuerst  in  vollem  Umfange 
beschrieb,  nicht  nur  ein  embryonales  Gebilde ;  ein  Abschnitt  desselben 
erhält  sich  zeitlebens  und  bleibt  an  den  für  das  Wachstum  der  Zalm- 
substanz  charakteristischen  Stellen.  Die  Rückbildung  tritt  ein,  sobald 
die  ersten  Dentinanlagen  abgesondert  sind.  Nach  v.  Brunn  (1886 
und  1887)  wuchert  sogar  sein  unterer  Rand  weiter,  erst  nachdem  die 
Dentinbildung  bis  zu  unterst  fortgeschritten  ist,  verschwindet  die 
Epithelscheide. 

Aus  dieser  Dauerhaftigkeit  ist  die  Auffassung  entstanden,  als  ob 
das  Schmelzorgan  für  die  Ausbildung  der  Zahnform  einen  Grund  ent- 
halte ;  v.  Brunn  suchte  damit  die  Ansicht  zu  begründen,  daß  die 
Schmelzbildung  nicht  die  primäre  Aufgabe  des  Schmelzorgans  sein 
könne.  Diese  sei  vielmehr  „die  formenbildende,  das  Wachstum  des 
Zahnes  regulierende"  und  somit  sei  das  Schmelzorgan  gewissermaßen 
die  Matrize  für  die  später  vom  Mesoderm  entstehende  Dentinmasse. 
Diese  Hypothese  ist  in  allgemeiner  Form  erweitert  worden  zu  der  Streit- 
frage, ob  das  Schmelzorgan  das  „formbildende  Element"  für  den  Zahn 
sei,  oder  die  Cutispapille  (s.  p.  442  oben).  In  dieser  Form  paßte  sie 
auch  in  das  noch  allgemeinere  Frageschema,  das  für  so  viele  andere 
Fälle  aufgeworfen  wurde:  Ektoderm  oder  Mesoderm?  Welches  von 
beiden  ist  das  bestimmende  und  enthält  somit  die  Ursache  für  die  Ent- 
wickelung eines  Organisationsverhältnisses?  So  gestellt  ist  aber  so- 
wohl die  speziell  odontologische  Frage  als  die  allgemein  embryologische 
sicher  unrichtig.  Nur  auf  zwei  Bedingungen  läßt  sich  ein  solcher 
Zustand  zurückführen.  Entweder  auf  die  Einflüsse  der  Außenwelt, 
in  diesem  Falle  die  Nahrung,  auf  welche  ein  bestimmtes  Organi- 
sationsverhältnis  bezogen  werden  kann,  oder  auf  die  genetische  Basis, 
welche  uns  doch  nur  das  eine  besagt,  daß  der  Urzustand  aller  hierher 
gehörenden  Hartgebilde  auf  dem  Zusammenwirken  beider  Keimblätter 
zu  Absonderung  eines  einheitlichen  Ausscheidungsproduktes  beruht. 

Leche  (1895)  erweiterte  beträchtlich  unsere  Kenntnis  von  der 
Entwickelung  des  Bradypusgebisses.  Nach  ihm  besitzt  das  Schmelz- 
organ kein  Sternzellengewebe,  sondern  höchstens  Zellen  vom  Ent- 
wicklungsgrad des  Stratum  intermedium,  auch  bleibt  die  Amelo- 
blastenschicht  auf  dem  Stadium  eines  kubischen  Epithels  zurück.  Der 
Oberkiefer  von  Bradypus  enthält  sechs  Zahnanlagen,  wovon  jedoch 
nur  fünf  zur  Ausbildung  gelangen.  Besonders  wichtig  ist  Leche's 
Entdeckung,  daß  labial  vom  zweiten  Zahn,  also  dem  ersten  persistieren- 
den, eine  kurze,  kegelförmige,  verkalkte  Zahnanlage  auftritt,  die  Leche 
als  letzten  Rest  einer  ersten  Dentition  bei  den  Faultieren  auffaßt,  wo- 


446 


R.    BURCKHARDT, 


durch  sich  diese  Formen  einigermaßen  an  die  Orycteropodiden  und 
Dasypodiden  im  Entwickelungsgrad  ihres  Gebisses  anschließen.  Sämt- 
liche Zähne  durchbrechen  das  Zahnfleisch  vor  der  Geburt. 

"Während  von  den  im  erwachsenen  Zustande  vollkommen  zahn- 
losen Maniden  und  Myrmecophagiden  lange  keinerlei  Spuren  der  Ge- 
bißentwickelung  bekannt  waren,  ist  es  Rose  (1892)  gelungen,  an 
M.  Weber's  Präparaten  von  Manisföten  (7,6—9  cm)  rudimentäre 
Zahnanlagen  in  Form  eines  kolbig  angeschwollenen  Teiles  der  gemein- 
samen Zahnleiste  nachzuweisen.  Für  einen  Embryo  von  Cyclothurus 
(20  cm)  giebt  derselbe  Autor  an,  es  sei  an  der  Stelle  der  Zahnleiste 
eine  Reihe  hoher  Papillen  auf  der  Mundschleimhaut  gewesen,  die 
möglicherweise  als  Rückbildungsprodukte  einer  Zahnleiste  zu  be- 
trachten seien. 


nahm    schon 


12.  M on otr einen. 

Das    erwachsene  Schnabeltier    besitzt    acht  Hornplatten,    zwei  in 
jedem    Kiefer.    Aus    Gründen    phylogenetischer    Natur 
Huxley    (1880)    an,    daß  auch  dieses  Säugetier   zuerst 
hat  und  erst  später  der  Zahnlosigkeit  verfallen  sein  müsse. 

E.    B.    Poulton    (1889)     war    so    glücklich,     an    Schnitten    aus 
W.  K.  Parker's  Sammlung  die  Zähne  von  Ornithorhynchus  zu  ent- 


Zähne  gehabt 


Fig.  262. 


Fig.  261. 

Fig.  261.  Rechter  Unterkiefer  eines  Schnabeltieres  von  316  mm,  von  oben  be- 
trachtet. Die  drei  vorderen  Zähne  in  völlig  ausgebildetem  aber  noch  nicht  ab- 
gekautem Zustand ;  öfach  vergr.    Nach  Stewart. 

Fig.  262.  Schematische  Darstellung  des  Entwicklungsganges  eines  Zahnes 
von  Ornithorhynchus.  a  Der  Zahn  noch  vom  Schmelzorgan  Dedeckt,  hat  die  Mund- 
schleimhaut noch  nicht  erreicht,  b  Der  Zahn  unmittelbar  vor  Durchbruch,  c  Der 
Zahn  ist  durchgebrochen,  d  Die  Ränder  der  Mundschleimhaut  verhornen,  e  Die 
Hornplatte  hat  sich  gebildet  und  enthält  den  abgekauten  Zahn.  /  Der  Zahn  ist  ent- 
fernt, die  Hornplatte  trennt  sich  von  der  Umgebung.  Nach  O.  Thomas  und 
Poulton. 


Die  Verknöcherungen  des  Integuments  und  der  Mundhöhle.     447 

decken.  Er  gab  die  erste  ausführliche  Beschreibung,  an  welche  sich 
eine  lebhafte  Diskussion  ausschließlich  englischer  Forscher  schloß. 
Der  Sachverhalt,  soweit  er  für  unseren  Zweck  in  Betracht  kommt,  ist 
folgender: 

An  derselben  Stelle,  wo  in  den  Kiefern  des  erwachsenen  Schnabel- 
tieres Hornplatten  dem  Knochen  leicht  aufsitzen,  erheben  sich  bei 
einer  Länge  des  Jungen  von  31  cm  Zähne,  und  zwar  je  zwei  breite 
größere,  deren  man  also  insgesamt  acht  zählt.  Im  Oberkiefer  liegt 
vor  ihnen  ein  winziges  Zahnrudiment,  im  Unterkiefer  ein  dritter 
kleinerer  Zahn  und  an  seinem  Innenrande  das  Rudiment  eines  vierten, 
winzigen,  in  unserer  Figur  nicht  abgebildeten  Zahnes.  Diesen  Zu- 
stand des  Gebisses  giebt  wenigstens  für  den  rechten  Unterkiefer  unsere 
nach  Stewarts  (1892)  Abbildung  kopierte  Figur  und  nach  Tomes 
gilt  dies  auch  für  ihre  Dentinstruktur.  Sie  veranschaulicht  aber  nicht 
nur  den  Zustand  des  Gebisses  von  Ornithorhynchus,  sondern  sie  läßt 
uns  die  Einzelheiten  von  Zähnen,  die  in  voller  Degeneration  begriffen 
sind,  erkennen.  Die  Krone,  welche  mit  Schmelz  überzogen  ist,  besitzt 
eine  in  die  Breite  ausgedehnte  Kaufläche.  Die  Anordnung  ihrer 
Höcker  ist  völlig  unregelmäßig  und  läßt  sich  daher  kaum  auf  einen 
bei  anderen  Säugern  bekannten  Typus  zurückführen.  Zwei  Höcker 
dominieren  den  Innenrand  des  Oberkiefers,  zwei  den  Außenrand  des 
Unterkiefers.  Unter  ihr  hat  man  sich  einen  ziemlich  stark  einge- 
schnürten Zahnhals  vorzustellen  und  unregelmäßige  schwache  Wur- 
zeln. Die  Zähne  liegen  gleichsam  eingepreßt  in  die  bereits  in  Ver- 
hornung begriffene  Mundschleimhaut.  Nur  während  kurzer  Zeit  be- 
harrt das  Gebiß  des  Schnabeltieres  auf  dieser  Höhe  seiner  Vollkommen- 
heit. Rasch  werden  die  Zähne  abgekaut  und  ihre  Reste  ausgeworfen. 
Unterdessen  hat  sich  unter  ihnen  eine  Hornplatte  gebildet,  welche 
in  die  Lücke  tritt,    die  durch  Ausfallen  des  Zahnes  entsteht. 

Gehen  wir  nun  auf  frühere  Stadien  zurück,  wie  sie  namentlich 
Poulton  an  einem  Exemplar  von  8,3  cm  beschrieben  hat,  so  zeigt 
es  sich,  daß  diese  Zähne,  und  das  gilt  auch  für  den  rudimentären 
vierten  des  Unterkiefers,  alle  histologischen  Differenzierungen  eines 
echten  Säugetierzahnes  durchmachen.  Pulpa,  Odontoblasten,  Dentin, 
Schmelz,  Ameloblasten,  Stratum  intermedium  und  Sternzellengewebe 
sind  nachgewiesen  und  lassen  keinen  Zweifel  daran  aufkommen,  daß 
wir  es  hier  mit  einem  ursprünglich  vollkommenen  Gebiß  zu  thun 
haben.  Eine  genauere  Beschreibung  der  Zahnleiste  und  ihrer  ver- 
schiedenen Verwandlungen  steht  noch  aus.  Unsere  Figur  262  soll  in 
schematischer  Weise  das  Verhalten  eines  der  acht  größeren  Zähne 
zur  Kieferschleimhaut  veranschaulichen.  Vergl.  auch  0.  Thomas  (1890). 

Von  Echidna  sind  bisher  keine  Zahnanlagen  bekannt. 

13.  Marsupiali a. 

Die  Entwicklungsgeschichte  des  Beuteltiergebisses  ist  im  letzten 
Decennium  besonders  ausgiebig  studiert  worden  und  im  Mittel- 
punkt der  Diskussionen  über  die  Dentitionenfrage  gewesen.  Wäh- 
rend man  früher  geneigt  war,  im  Gebiß  der  Marsupialier  besondere 
primitive  Charaktere  zu  suchen,  hat  allmählich  mehr  die  Ansicht 
an  Boden  gewonnen,  daß  hier  vielmehr  sekundäre,  auf  Anpassung 
beruhende  Zustände  vorliegen  und  daß  daher  auch  die  Entwicke- 
ln g  des  Marsupialiergebisses  entsprechend  zu  beurteilen  sei.  Die 
Thatsachen,  die  für  eine  solche  Beurteilung  in  Betracht  kommen,  sind  : 


448  R.    BüRCKHARDT, 

1)  Bei  carnivoren  Beuteltieren  existiert  eine  rudimentäre  Placenta 
(Wilson  und  Hill). 

2)  Bei  den  Sparassodontiden  und  Abderitiden  des  Tertiärs  von 
Patagonien  wurden  mehrere  Zähne  gewechselt  (Ameghino). 

3)  Caenolestes  stellt  eine  neue  südamerikanische  Beuteltierfamilie 
dar.  welche  von  den  Dasyuriden  abzweigend,  den  oben  genannten  pata- 
gonischen  fossilen  Familien  nahekommt  (0.  Thomas  1895). 

4)  Bei  Phascolomys  ist  deutlich  eine  doppelte  Dentition  nach- 
zuweisen (Rose  1893  II). 

Aus  alledem  geht  hervor,  daß  die  Eigentümlichkeiten  der  Beutel- 
tierorganisation nicht  durchweg  nach  dem  Verhalten  des  Genitalsystems 
zu  taxieren  sind,  ja,  daß  sogar  dieses  seinen  gegenwärtigen  Zustand 
erst  auf  Umwegen  durch  placentale  Vorstufen  erreicht  hat,  daß  mithin 
auch  andere  Örgansysteme ,  insbesondere  das  Gebiß,  sehr  erheblich 
modifiziert  sein  können. 

Die  Entwickelungsgeschichte  des  Beuteltiergebisses  ist,  wenn  wir 
von  den  älteren  Autoren,  wie  Owen  (1845)  und  Flower  (1867)  ab- 
sehen, namentlich  von  0.  Thomas  (1887,  1888,  1892),  Kükenthal 
(1892,  1893,  1895),  Rose  (1892  I  u.  V,  1893  II),  Leche  (1892.  1893. 
1895),  M.  F.  Woodward  (1893,  1896).  Wilson  und  Hill  (1897), 
Dependorf  (1898),  A.  Carlson  (1899)  bereichert  worden;  dazu 
kommt,  daß  die  meisten  Autoren,  die  in  derselben  Periode  das  Säuge- 
tiergebiß besprachen,  auch  sich  über  die  eigenartigen  Zustände 
bei  den  Marsupialiern  äußerten.  Ein  befriedigender  Abschluß  dieses 
Forschungsgebietes  ist  trotz  alledem  noch  nicht  erzielt.  Denn  ein- 
mal fehlt  es  noch  vielfach  an  den  für  den  Entscheid  prinzipieller 
Fragen  geigneten  Materialien  (wie  z.  B.  Serien  von  Phascolomys, 
Caenolestes).  Sodann  muß  die  Art  der  Verarbeitung  der  vorhandenen 
Materialien  durch  die  neuesten  und  ausführlichsten  Autoren  nur  als 
eine  halbfertige  bezeichnet  werden,  die  dem  Leser  kein  Urteil  über  das 
von  ihnen  Gesehene  ermöglicht.  Wer  sich  nicht  des  Hilfsmittels  der 
plastischen  Rekonstruktion  bedient,  kann  nicht  in  so  komplizierten 
Formverhältnissen  das  Vollgewicht  einer  objektiven  Darstellung  bean- 
spruchen, da  ihm  selbst  schon  das  wichtigste  Hilfsmittel  der  Selbst- 
kontrollierung  fehlt.  Demgemäß  sind  auch  alle  Angaben  über  Rudi- 
mente von  Zahnanlagen,  Zahnknospen,  freie  Zahnleistenenden  u.  s.  w. 
nicht  nur  bei  Säugetieren  überhaupt,  sondern  ganz  besonders  bei 
Marsupialiern,  wo  so  viel  mit  ihnen  argumentiert  wird,  nur  mit  aller- 
größter Reserve  aufzunehmen. 

Zur  Zeit  stehen  sich  zwei  Hypothesen  über  die  Deutung  des 
fertigen  Beuteltiergebisses  gegenüber,  für  deren  geschichtliche  Ent- 
wickelung  wir  insbesondere  auf  Wilson  und  Hill  (1897)  verweisen. 
Nach  der  einen  entspricht  das  fertige  Gebiß  (von  den  Molaren  ist 
hierbei  ganz  abzusehen)  dem  Ersatzgebiß  der  Placentalier  (Flower 
L867,  0.  Thomas  1887,  Tims  1896,  Wilson  und  Hill  1897,  A. 
Carlson  1899);  nach  der  anderen  dem  Milchgebiß  derselben  (Kü- 
kenthal 1891,  Rose  1892,  0.  Thomas  1892,  Leche  1892—95. 
Dependorf  1898).  Je  nachdem  werden  auch  die  zahlreichen  ru- 
dimentären Anlagen  des  Gebisses  gedeutet  und  bezeichnet.  All- 
gemein aber  hat  sich  die  Anschauung  Bahn  gebrochen,  daß  die 
Marsupialier  nicht  eben  die  primitivsten  Gebißverhältnisse  aufweisen 
und  daß  die  Modifikationen  in  der  Zahnsuccession  besonders  auf  die 
Eigentümlichkeiten  der  Laktation  zurückzuführen  seien  (Leche  1892). 


Die  Verknöcherungen  des  Integuments  und  der  Mundhöhle.      449 

Eine  gewisse  Gewähr  für  die  Richtigkeit  dieser  Ansicht  liegt  schon 
darin,  daß  ja  in  letzter  Zeit  auch  in  anderen  Ordnungen  der  Säuge- 
tiere sehr  starke  Modifikationen  der  ursprünglichen  Diphyodontie  unter 
dem  Einfluß  der  Ernährung  nachgewiesen  sind,  die  wohl  meist  in  geo- 
logisch jüngeren  Perioden  erworben  wurden  als  die  Eigentümlichkeiten 
des  Beutlergebisses  (Proboscidier,  Sirenier,  Chiropteren).  Doch  weicht 
Leche  (1895)  insofern  von  den  übrigen  Autoren  ab,  als  nach  ihm  das 
Ersatzgebiß  dennoch  in  progressiver  Entwicklung  sein  kann  und  dieEnt- 
wickelung  einer  postpermanenten  Dentition  für  die  Marsupialier  nicht 
ausgeschlossen  zu  sein  braucht. 

Wenden  wir  uns  nun  der  Ontogenie  des  Marsupialiergebisses  zu, 
so  ist  zu  konstatieren,  daß  die  allgemeinen  Entwickelungsvorgänge  bei 
der  Anlage  des  Zahnsystems  dieselben  sind  wie  bei  anderen  Säugetierord- 
nungen.  Die  erste  Spur  einer  Zahnleiste  tritt  nach  Rose  (1892  IV)  bei 
Didelphys  opossum  6ll2  Tage  nach  der  Furchung  auf  (bei  Perameles  na- 
suta  nach  Wilson  und  Hill  [1897]  an  Embryonen  von  8,75  mm  Länge). 
Dabei  bemerkt  Rose,,  daß  im  Oberkiefer  die  Zahnleiste  nicht  konti- 
nuierlich ausgebildet  ist,  sondern  zwischen  den  Anlagen  der  Incisiven 
Unterbrechungen  aufweist.  Schon  am  12.  Tage  nach  der  Furchung 
wird  der  Embryo  geboren  und  enthält  bereits  die  Anlagen  der  meisten 
Zähne  (I5,  C,  P2,  M.2).  Die  Entwicklung  der  Lippenfurchenleiste  be- 
giunnt  erst  jetzt,  wohl  infolge  der  Ausbildung  des  Saugmundes  ver- 
zögert. Bei  7  cm  Rumpf  länge  kommen  noch  MA  und  M4  zu  den 
schon  vorhandenen  Zahnanlagen.  Die  Knospen  für  die  Incisiven 
schwellen  so  sehr  an,  daß  sie  nicht  mehr  in  einer  Reihe  Platz  haben, 
sondern  eine  alternierende  Stellung  einnehmen.  Während  die  Zahn- 
leiste als  schmales  Band  hinter  den  Zahnanlagen  entlang  läuft,  ver- 
breitert sie  sich  etwas  an  derjenigen  Stelle,  wo  später  P4  (nach  O.Thomas 
gezählt)  entsteht.  Als  prälakteale  Zahnanlagen  hat  zuerst  Leche  die 
rudimentären  von  Rose  beim  Wombat  gesehenen  Zahnkeime  gedeutet. 
Seither  sind  von  Leche  selbst  solche  Keime  bei  Myrmecobius  und  von 
Woodward  bei  Macropodiden  in  demselben  Sinne  gedeutet  worden. 
Namentlich  aber  Dependorf  war  es,  der  bei  den  von  ihm  unter- 
suchten Beutlern  zu  dem  Schluß  kam.  daß  zahlreiche  prälakteale  An- 
lagen vorhanden  seien,  die  sogar  nicht  nur  einer,  sondern  mehreren 
Serien  entsprechen  sollten.  Schon  Woodward  behauptete,  daß  diese 
prälaktealen  Zahnkeime  im  Gegensatz  zu  denen  der  übrigen  Säuger 
verkalkten.  Dependorf  hat  solche  prälakteale  Anlagen  mit  laktealen 
verschmelzen  sehen.  Ebenso  sollen  auch  lingual  von  den  echten  Mo- 
laren kolbenförmige  Zahnkeime  vorkommen,  die,  unter  der  Voraus- 
setzung, daß  die  Molaren  durch  Konkrescenz  entstanden  seien,  von  De- 
pendorf als  postpermanente  Dentition  der  Beuteltiere  gedeutet  werden. 
Die  histogenetischen  Prozesse  sind  ebenfalls  denen  der  Placen- 
talier    völlig    ähnlich.     Wir    haben    daher    auch   keinen   Austand   ge- 


lö 


uommen,  einen  Schnitt  durch  den  sich  entwickelnden  Zahn  als  typisch 
auf  p.  351  abzubilden.  Nur  eine  Eigentümlichkeit,  die  von  J.  Tomes 
(1850)  entdeckt  wurde,  sei  noch  erwähnt.  Bei  allen  Beuteltieren  mit 
Ausnahme  des  Wombat  dringen  die  Dentinfasern  in  feine  Kanäle  des 
Schmelzes  vor. 

Erhebliche  Abweichungen  in  der  Ontogenie  des  Marsupialier- 
gebisses machen  sich  erst  geltend,  wenn  wir  die  späteren  Entwickelungs- 
vorgänge und  deren  Mannigfaltigkeit  bei  den  verschiedenen  Familien 
ins  Auge  fassen. 

Handbuch  der  Entwicklungslehre.     II.  1.  29 


451 ' 


R.  BüRCKHARDT, 


Für  die  Beuteltiere  kann  als  allgemeine  Formel  die  folgende  an- 
genommen werden:  |-]  |j,  wobei  die  Zahl  der  Molaren  bei  lebenden 
(Myrmecobius)  und  fossilen  noch  höher  ausfallen  kann.    Diese  Formel 


JVf3 


Fig.  203.  Didelphys  aurita,  Kopflänge  2,1  cm.  Modell  der  rechten  und  eines 
Teiles  der  linken  Unterkieferhälfte  der  Zahnleiste  in  halber  Größe.  Die  Zahnleiste 
erstreckt  sich  vom  ersten  incisivus  an.  hinter  sämtlichen  Zahnanlagen  hinweg  und 
endigt  mit  der  Anlage  des  4.  Molaren.  (if4)  pms  erste  Anlage  des  Prämolaren  der 
2.  Zahnserie.  In  der  Gegend  der  Schneidezähne  ist  die  Zahnleiste  in  mehrere  Seg- 
mente zerfallen  und  steht  hier  teilweise  mit  dem  Kieferepithel  in  Verbindung.  Vergr. 
121f2ia.ch.    Nach  Kose. 


unterliegt  in  einzelnen  Familien  der  Reduktion,  und  zwar  befällt  diese 
einmal  die  hinteren  Incisiven,  dann  die  Caninen  und  endlich  die  vorderen 
Prämolaren ;  in  besonders  ausgesprochenem  Maße  verfallen  die  Diprot- 
odontia  der  Reduktion,  sowie  der  Wombat  (j:-^  j),  bei  letzterem  unter 
Uebergang  seiner  sämtlichen  Zähne  in  Dauerwachstum.  Diese  Re- 
duktion macht  sich  zunächst  in  der  Zahnentwickelung  dadurch  geltend, 
daß  abortive  Zahnknospen,  welche  den  typisch  vorhandenen  Zähnen 
entsprechen,  angetroffen  werden ;  solche  kommen  z.  B.  bei  Phascol- 
arctos  und  Phascolomys  vor. 

Als    wesentliches    Characteristicum    für    das    Beuteltiergebiß    hat 


lange  Zeit  das  Verhalten  des  Pa 


(des  Wechselzahnes)  gegolten.   CKven 
(1867)   haben   nachgewiesen,   daß  bei 
dieser  Zahn   allein  von  einem 
übrigen  Zähne  nur  einmal  er- 
(1887),  daß  innerhalb  der  Fa- 


(1845)  und  nach  ihm  Flower 
der  großen  Mehrzahl  der  Marsupialier 
Nachfolger  ersetzt  wird,  während  die 
scheinen.  Nun  fand  aber  0.  Thomas 
mibe  der  Dasyuriden  dieser  Zahn  einer  allmählichen  Reduktion  anheim- 
fällt und  daß.  während  die  einen  Dasyuriden  sich  völlig  den  übrigen 
Beuteltieren  in  dieser  Hinsicht  anschließen,  andere  ihn  vollständig 
verloren  und  total  monophyodont  geworden  sind.  Ferner  hat  Leche 
(1892)  die  Entdeckung  gemacht,  daß  im  vorderen  Kieferteile  von 
Myrmecobius  verkalkte,  niemals  zur  Funktion  gelangende  Zahnrudimente 
angetroffen  werden.  Aehnliches  konstatierte  M.  Woodward  (1893) 
für  die  Macropodiden.  Diese  Entdeckungen  ließen  die  Annahme  ge- 
rechtfertigt erscheinen,  daß  auch  die  Marsupialier  ursprünglich  zwei 
Dentionen  besessen  haben,  daß  aber  die  erste  im  Anschluß  an  die 
Ausbildung   unterdrückt   worden    sei.     Die   stärkste  Stütze  fand  diese 


Die  Verknöcherung  des  Integuments  und  der  Mundhöhle,         451 

Auffassung  aber  in  Röse's  (1893  II)  Untersuchung  über  die  Zahnent- 
wickelung des  Wombat.  An  einem  Embryo  von  19  mm  Länge  fand 
Rose  wirklich  die  Ueberreste  zweier  Dentitionen,  einer  Milch-  und 
einer  Ersatzzahnserie,  welch  letztere,  an  die  Nager  erinnernd,  dem 
Dauerwachstum  verfällt.  In  der  Folgezeit  kamen  dann  M.  Tims  (1896) 
und  Wilson  und  Hill  (1897)  zu  der  Ueberzeugung,  daß  die  perma- 
nenten Zähne  der  Marsupialier  denen  der  übrigen  Säuger  entsprechen, 
daß  der  Wechselzahn  ein  richtiger  Milchmolar  sei,  der  mit  all  jenen 
verkalkten  Zahnrudimenten,  die  von  anderen  Forschern  als  prälakteale 
gedeutet  werden,  in  den  vorderen  Kieferabschnitten  zusammen  die  Milch- 
zahnserie ausmache,  die  lingual  vorkommenden  Auswüchse  der  Zahn- 
leiste aber  seien  nicht  als  Ersatzzahnanlagen  zu  deuten,  wie  es  die- 
jenigen Autoren  thun,  welche  die  permanenten  Zähne  der  Beutler  als 
Milchzähne  ansprechen.  Diesen  Autoren  ist  nun  neuerdings  wiederum 
ein  Schüler  Kükenthal's,  Dependorf  (1898)  entgegengetreten  und 
hat  an  umfangreichem  Materiale  die  ältere  Ansicht  von  Kükenthal 
und  Rose  zu  stützen  gesucht. 

Dependorf  setzt  das  Gebiß  der  Beutler  dem  Milchgebiß  der 
übrigen  Säuger  homolog;  denn  bei  Phascolarctos  findet  er  labial  von 
Prf 4  noch  prälakteale  Zahnknospen.  Er  führt  die  Abweichungen  in 
der  Ausbildung  der  Dentitionen  bei  Beutlern  im  Vergleich  zu  den 
Placentaliern  auf  das  lange  andauernde  Beutelleben  zurück.  „Die  sich 
anfänglich  verzögernde  Entfaltung  der  einzelnen  Zahnkeime  und  bis 
zum  Beginn  der  mittleren  Zeit  des  Beutellebens  langsam  fortschreitende 
Entwickelung  nimmt  nach  dieser  Zeit  einen  plötzlichen  Aufschwung/' 
Ferner  „führt  die  erworbene  Starrheit  in  dem  Entwickelungsgang  und 
das  hohe  Alter  der  Beuteltiere  zu  besonderen  Eigenarten  der  Gebiß- 
entwickelung, unter  die  wir  vor  allem  die  regelmäßig  auftretenden  Reste 
prä-  und  postlaktealer  Dentitionen  mehrerer  Grade  rechnen,  welche 
nie  zur  vollständigen  Entfaltung  kommen,  sondern  der  Ausdruck  der 
Trägheit  in  der  Vererbung  nutzlos  gewordener  Organe  sind.", 

VI.    Geschichtliche    Uehersicht    der    Forschungen    üher    die 
Hartgebilde    des    Integumentes    und    der    Mundhöhle,    ins- 
besondere deren  Entwickelung. 

Zum  Abschluß  dieses  Kapitels  werfen  wir  vom  Standpunkt  der 
Entwickelungslehre  und  speciell  von  dem  der  ontogenetischen  Forschung 
aus  einen  Rückblick  auf  die  verschiedenen  Etappen ,  welche  diese 
Forschungsrichtung'  durchlaufen  hat.  Von  vornherein  kommt  zwar 
geschichtlicher  Betrachtung  dieses  Gebietes  schon  insofern  eine  ver- 
minderte Bedeutung  zu,  als  auf  seine  Umgestaltung  historische  Reflexion 
niemals  von  entscheidendem  Einfluß  geworden  ist.  Die  Fortschritte  sind 
vielmehr  ausschließlich  zurückzuführen  auf  zwei  Quellen  :  auf  die  Ver- 
schärfung der  technischen  Hilfsmittel  und  auf  die  Ausdehnung  der 
systematisch-zoologischen  Basis.  Beide  Quellen  aber  sind  erst  in  neuerer 
Zeit  in  ergiebigerer  Weise  geflossen.  Wenn  daher  auch  wenig  positive 
Förderung  auf  Rechnung  der  Geschichte  zu  setzen  ist,  so  ist  auch  die 
Zahl  falscher  Induktionen,  die2  erst  historisch  begriffen,  auf  andern 
Gebieten  ausgemerzt  werden  können,  hier  ebenfalls  relativ  gering. 

Zahnforschung  und  Zahnbehandlung  reichen  bis  zu  den  Uranfängen 
menschlicher    Kultur.     Nirgends    vor    den    Hippokratikern    und    auch 

29* 


452  .  R.    BüRCKHARDT, 

bei  diesen  nur  flüchtig  wird  der  menschlichen  Zahnentwickelung  ge- 
dacht. In  größtem  Umfange  treten  uns  Kenntnisse  über  vergleichende 
Anatomie ,  Entwicklungsgeschichte  und  Mißbildung  der  Zähne  bei 
Aristoteles  entgegen.  Aus  seiner  Entwickelungsgeschichte  erhellt, 
daß  bereits  vor  ihm  Demokrit  sich  die  Thatsache  des  Zahnwechsels 
aus  der  Physiologie  des  Säugens  zurecht  gelegt  hatte.  Aristoteles 
selbst  macht  uns  mit  einer  Fülle  von  Thatsachen  aus  dem  Entwickelungs- 
ieben der  Zähne,  wohl  vielfach  auf  Grund  älterer  Berichte,  bekannt. 
Der  Zahnwechsel  ist  ihm  eine  geläufige  Vorstellung,  wenn  er  auch  im 
einzelnen  irrig  aufgefaßt  wird.  Er  diente  schon  damals  zur  Erkennung 
des  Alters  von  Haustieren,  und  so  war  denn  auch  die  Verschiedenheit 
im  Zahnersatz  bei  Pferd,  Esel,  Hund,  Rind,  Mensch  bereits  hinlänglich 
beobachtet.  Die  lange  Dauer  des  Entwicklungsprozesses  der  Zähne, 
die  Unterscheidung  in  Schneide-,  Eck-  und  Backzähne,  welche  zum 
Teil  nicht  wechseln,  die  Mehrreihigkeit  des  Fischgebisses,  der  Zahn- 
besatz der  Fischzunge,  die  Härte  der  Zahnsubstanz  im  Vergleich  zum 
Knochen,  die  Zugehörigkeit  von  Zähnen  zum  Typus  der  Wirbeltiere, 
verspäteter  Durchbruch  von  Molaren,  Geschlechtsdifferenzen  im  Gebiß, 
die  Verwendung  der  Zähne  zur  Bestimmung  der  Verwandtschaften 
innerhalb  der  Säuger,  die  Korrelation  zwischen  lückenhaftem  Oberkiefer- 
gebiß und  Hornbesatz  des  Kopfes  bei  Säugern  —  das  alles  sind  Kennt- 
nisse, die,  von  einer  so  hohen  Autorität  ausgesprochen,  später  einer 
genetischen  Betrachtungsweise  des  Zahnsystems  nur  förderlich  sein 
konnten  und  neben  denen  wir  getrost  über  ein  paar  Irrtümer  hinweg- 
sehen dürfen. 

Nur  einem  Schriftsteller  des  Altertums  verdanken  wir  noch  nähere 
Angaben  über  den  Zahndurchbruch  bei  Kindern,  Oribasius.  Aber  so 
wenig  wie  Galen,  erhob  sich  Vesal  nach  langer  ganz  steriler  Zwischen- 
zeit wesentlich  über  die  bereits  erwähnten  Kenntnisse  des  Alter- 
tums. Von  letzterem  sei  als  selbständige  Beobachtung  nur  her- 
vorgehoben die  Angabe,  daß  Zähne  von  Knochen  sich  dadurch  unter- 
scheiden ,  daß  sie  freistehen.  Eingehender  beschäftigte  sich  in  der 
Neuzeit  erst  wieder  Eustachio  (1562)  mit  dem  Studium  des  Gebisses. 
Er  erkannte  im  Schmelz  eine  besondere  Zahnsubstanz,  er  sah  den 
Zahn  als  einen  Abkömmling  der  Mundschleimhaut  an,  wie  der  Nagel 
ein  solcher  der  Haut  sei,  und  hob  als  Unterschied  zwischen  Zahn  und 
Knochen  die  Regenerationsfähigkeit  des  letzteren  hervor.  Unter  den 
Anomalien  bespricht  er  einen  Fall  von  viermaliger  Dentition.  Weitere 
Fortschritte  in  der  Kenntnis  der  allgemeinen  Anatomie  und  Entwicke- 
lungsgeschichte des  Zahnsystems  blieben  auf  lange  Zeit  aus,  von  Cl.  Per- 
rault's  (1653)  vergleichend-physiologischen  Bemerkungen  abgesehen. 
Zwar  entdeckte  Loeuwenhoek  (1678)  die  Struktur  des  Zahnbeins  und 
des  Schmelzes,  ohne  weitere  Folgen  für  die  Wissenschaft.  Als  aber  in 
Frankreich  im  18.  Jahrhundert  die  Zahnarznei  sich  von  der  Medizin 
ablöste,  da  machte  sich  dieser  Prozeß  auch  auf  anatomischem  Gebiete 
bemerkbar.  Herissant  war  es,  der  1754  unter  dem  oberflächlichen 
Zahnfleisch  ein  tiefes  vorübergehendes  unterschied,  dessen  Fortsätze 
die  Zahnsäckchen  seien,  eine  Anschauung,  der  in  den  30er  Jahren  des 
19.  Jahrhunderts  von  Goodsir  und  Arnold  zum  Durchbrach  ver- 
holfen  wurde.  Im  übrigen  stellte  sich  in  Frankreich  in  der  Folge- 
zeit, und  das  gilt  auch  noch  für  den  Anfang  des  19.  Jahrhunderts, 
die  vergleichende  Zahnforschung  beinahe  ausschließlich  in  den  Dienst 
der  zoologischen  Systematik,  wo  sie  namentlich  unter  dem  Einfluß  des 


Die    Verknöcherungen  des  Integurnents  und  der  Mundhöhle.     453 

principe  de  la  Subordination  des  characteres  und  der  paläontologischen 
Forschung  Cuvier's  sich  für  die  Zoologie  als  ungeheuer  wertvoll  er- 
wies. Mit  dem  Aufleben  der  deskriptiven  Anatomie  um  die  Mitte 
des  18.  Jahrhunderts  in  deutschen  Sprachgebieten  erfuhr  auch  die 
Zahnanatomie  und  Histologie  dauernde  Förderung:  da  ist  eine  Arbeit 
von  Albinus  über  den  Zahnwechsel  zu  erwähnen,  später  die  Unter- 
suchungen VOn  SÖMMERRING,  SCHREGER,  PURKINJE,  RETZIUS  U.  a.    Nur 

aufgezählt  seien  die  Verdienste  von  Berzelius,  Moricchini,  Bibra 
und  Lassaigne  um  die  Chemie  des  Zahnes;  letzterer  würdigte  auch 
die  chemischen  Veränderungen  in  den  verschiedenen  Lebensaltern  zum 
ersten  Male.  Epochemachend  wirkte  auch  auf  diesem  Gebiete  der 
Anatomie  in  England  John  Hunter  (1780)  einmal  durch  ausführ- 
liche anatomische  Studien  über  das  menschliche  Gebiß;  dann  aber 
auch  durch  die  Grundlage,  welche  er  mit  seiner  klassischen  Samm- 
lung für  die  späteren  Studien  Richard  Owen's  legte.  Ferner  ver- 
diente Andre  Erwähnung,  der  den  permanenten  Zahnwechsel  der 
Haifische  (1784)  beschrieb,  nachdem  ihn  bereits  0.  Fabricius  (1780) 
beobachtet  hatte.  England  hatte  mit  Beginn  des  19.  Jahrhunderts  auf 
dem  Gebiete  der  Zahnheilkunde  die  Führung  übernommen:  es  entstanden 
1826  die  Principles  of  dental  Surgery  von  L.  Koeker;  John  Fox, 
Thomas  Bell,  James  Robinson  und  John  Tomes  entfalteten  ihre 
reformatorische  Thätigkeit  und  schufen  den  Boden,  worauf  Owen's 
Odontography  (1840 — 1845)  Wurzel  fassen  mußte.  Dieses  Werk  ist 
die  erste  große  Anatomie  des  Zahnsystems  der  lebenden  und  fossilen 
Wirbeltiere,  auf  physiologischer  Grundlage.  Im  Gegensatz  zu  den  fran- 
zösischen Odontologen  betrachtete  Owen  die  Ableitung  systematischer 
Charaktere  nur  als  Nebensache,  im  Vordergrund  standen  ihm  Form 
und  Entwickelung  des  Gebisses  in  ihren  Beziehungen  zur  Physiologie, 
Das  Dentin  erhob  er  zum  Typus  der  Zahnsubstanz  und  unterschied 
als  seine  Modifikationen  Plicidentin  und  Vasodentin.  Bezeichnend  ist 
vom  genetischen  Standpunkte  aus  besonders,  daß  Owten  in  seinen  drei 
Kursen,  die  der  Publikation  der  Odontography  vorangingen,  einmal 
die  Zähne  im  Anschluß  an  die  herrschende  Anschauung  als  Knochen, 
dann  als  Teile  des  Verdauungssystems  und  endlich  als  modifizierte 
I n t e g u m entgebilde  behandelte.  Das  Schwergewicht  von  Owen's 
wissenschaftlicher  Person  verschaffte  dieser  Auffassung  der  Zähne  denn 
auch  Allgemein giltigkeit. 

Die  weitere  Entwickelung  der  Zahnforschung  ist  ganz  wesentlich 
beeinflußt  von  dem  Gedanken  der  genetischen  Einheit  von  Schuppen 
und  Zähnen.  Daher  ist  hier  auch  ein  kurzes  Wort  über  die  Er- 
forschung der  Schuppen  erforderlich.  Ausführlicher  schildern  die 
Geschichte  der  Schuppenforschung  Mandl  (1839)  und  Baudelot 
(1873).  Aristoteles  behandelt  die  Schuppen  als  Homologa  der 
Federn  und  Haare.  Borelli  (1656)  soll  der  erste  gewesen  sein,  der 
eine  Beschreibung  der  Schuppen  gegeben  hat.  Eingehender  handelt 
von  ihnen  Loeuwtenhoek  (1685),  der  den  Schleim  aus  ihnen  hervor- 
gehen läßt  und  zuerst  die  Ansicht  vertritt,  beim  WTachstum  der 
Schuppen  werden  die  konzentrischen  Ringe  jedes  Jahr  abgelagert  wie 
bei  den  Bäumen  die  Jahresringe.  Diese  Theorie  nahm  er  1696  zurück 
zu  Gunsten  einer  anderen,  wonach  jedes  Jahr  unter  der  bestehenden 
Schuppe  sich  eine  neue  bilde  und  mit  der  vorhandenen  Masse  verlöte. 
In  der  Folgezeit  gingen  die  Forscher  mehr  darauf  aus,  die  Mannig- 
faltigkeit der  Schuppen  zu  schildern.  Einen  entscheidenden  Schritt 
vorwärts  that   erst  Heusinger  (1823)   der   die  Schuppen   zwar    noch 


R.  BüRCKHARDT, 

immer  dem  Horngewebe  einreiht,  zum  erstenmale  aber  auch  klassi- 
fiziert und  in  die  Klassifikation  der  Fische  einführt.  Er  unterschied 
Fische  1)  ohne  Schuppen,  2)  mit  kleinen  Schuppen,  3)  mit  typischen 
Schuppen,  4)  mit  am  Rande  gezähnelten  Schuppen ,  5)  mit  Knochen- 
schuppen (unsere  Ganoiden  und  Placoiden)  (3)  mit  Knochenplatten.  Er 
betrachtete  auch  die  Hautstacheln  als  modifizierte  Schuppen  und  ferner 
die  Rostralzähne  von  Pristis.  Und  da  auch  die  Stacheln  wie  Zähne 
gebaut  seien,  sei  der  Uebergang  des  Schuppengebildes  in  das  Zahn- 
gebilde vollständig  nachgewiesen.  Ebenso  wie  von  Heusinger  ist 
vor  ihm  von  P.  F.  v.  Walther  (1807),  einem  Physiologen  und  Schüler 
Schelling's,  die  Einheit  der  Schuppen-  und  Zahngebilde  gelehrt 
worden.  Diese  richtige  Synthese  wurde  unterstützt  durch  eine  falsche 
Analogie  zwischen  Haaren  und  Zähnen,  welch  beide  'Bildungen  von 
Bonn"  (17(33),  v.  Walther,  Lavagna  (1812),  C.  Mayer  (1819) 
und  J.  F.  Meckel  als  zusammengehörig  betrachtet  wurden.  Gegen- 
über Lavagna  hob  jedoch  Fox  die  Aehnlichkeit  zwischen  Zahn-  und 
Knochengewebe  hervor.  So  kam  es  zu  dem  sonderbaren  Resultat, 
daß  unter  dem  falschen  Oberbegriff  des  Horngewebes  die  Zähne  und 
Schuppen  nebst  deren  Abarten  einander  angenähert  wurden,  der  erste 
Schritt  zur  definitiven  Einsicht  in  ihre  verwandtschaftlichen  Be- 
ziehungen und  somit  auch  in  ihre  Entwickelungsgeschichte.  Agassiz 
baute  die  Kenntnis  der  Schuppen  vorwiegend  nach  der  zoologisch- 
systematischen  Seite  hin  aus,  während  Mandl  ihrer  Anatomie  eine  aus- 
führliche Studie  widmete. 

Von  der  genetischen  Einheit  der  Schuppen  und  Zähne  waren  Joh. 
Müller,  Williamson  und  Steenstrup  überzeugt  Williamson  (1849) 
drückte  dies  dadurch  aus,  daß  er  die  Placoidschuppen  als  „Hautzähne" 
bezeichnete.  Auch  bestimmte  die  Einsicht  in  dieses  Verhältnis  beider 
Organe  Hannover  (1868)  zu  einer  eingehenden  Untersuchung  der 
verschiedenen  Formen  der  Placoidschuppe  und  ihrer  Struktur.  Aber 
erst  Gegenbaur  (1871)  erkannte  in  ihr  in  vollem  Umfange  den  Typus, 
auf  den  alle  Hartgebilde  der  Haut  zurückzuführen  seien,  und  veranlaßte 
auf  Grund  eines  breiten  Materiales  0.  Hertwig  (1874)  zu  seinen 
Untersuchungen  über  den  Gegenstand,  die  die  Basis  für  alle  weiteren 
in  dieser  Richtung  liegenden  Forschungen  bilden. 

Mit  dem  allgemeinen  Ueberhandnehmen  entwickelungstheoretischer 
Forschungen  ließ  man  auch  dem  Zahnsystem  vielfach  specielle  Auf- 
merksamkeit angedeihen.  In  England  waren  durch  Owen's  umfassen- 
den Wurf  eine  Reihe  von  Forschern  angeregt  worden,  speciell  histo- 
logischen und  entwickelungsgeschichtlichen  Fragen  nachzugehen,  unter 
ihnen  sind  namentlich  hervorzuheben:  Nasmyth,  Huxley  und  be- 
sonders J.  und  C.  Tomes.  Bei  vielen  wertvollen  Erweiterungen,  die 
das  Verdienst  dieser  Autoren  begründen,  blieb  doch  die  systematische 
Gliederung  des  Stoffes  auf  der  von  Owen  geschaffenen  Basis.  Da- 
gegen entwickelte  sich  in  Amerika  eine  vergleichend-odontologische 
Forschungsrichtung,  als  deren  leitende  Häupter  einmal  Wortmann 
(1880)  und  neuerdings  die  Paläontologen  Cope,  Osborn  und  Ame- 
ghino  zu  bezeichnen  sind;  neben  Cope  (1889)  hat  sich  Ryder  (1878) 
mit  der  mechanisch-physiologischen  Betrachtungsweise  der  fertigen 
Gebißformen  befaßt  und  die  Grundlagen  für  eine  Mechanik  des  Kau- 
aktes gelegt.  In  Frankreich  wurde  das  Forschungsgebiet  der  ver- 
gleichenden Odontologie  von  den  vorwiegend  systematischen  Interessen 
der    CuviER'schen    Schule    beherrscht    (de    Blainville,    Frederic 


Die  Verknöcherungen   des  Integuments  und  der  Mundhöhle.     455 

Cuvier,  Rousseau).  Intensivere  Bemühungen  um  die  Ontogenie  des 
Zahnsystems  erwachten  in  der  zweiten  Hälfte  des  Jahrhunderts  (Robin, 
Legros,  Magitot,  Lataste,  Pouchet  und  Chabry).  Die  klassische 
zusammenfassende  Darstellung  der  bis  1*60  reichenden  Forschungen 
gab  H.  Milne-Edwards.  Eine  eifrige  Pflege  erfuhr  die  wissenschaft- 
liche Zahnforschung  in  Deutschland  und  den  benachbarten  Ländern. 
Hier  wurde  die  vergleichende  Odontologie  Owen's  und  der  CuviER'schen 
Schule  vereinigt  und  systematisiert,  zugleich  aber  mit  den  Resultaten 
der  Paläontologie  und  der  mikroskopischen  Anatomie  durchtränkt 
(Hannover,  Rütimeyer,  Baume).  An  Owen  einerseits  und  die  deut- 
schen Odontologen  andererseits  lehnen  sich  auch  die  zeitgenössischen 
englischen  Forscher  an  (Flower,  F.  Major,  M.  Woodward,  0.  Tho- 
mas, M.  Tims,  Wilson  und  Hill).  Die  letzte  Phase  der  vergleichend- 
anatomischen Richtung  wird  bezeichnet  durch  die  mustergiltige  Arbeit 
E.  Rosenberg's  (1895),  worin  als  Ausgangspunkt  für  die  Beurteilung 
der  Zahnhomologieen  die  individuelle  Variation  gewählt  ist.  Diesen 
Standpunkt  hat  denn  auch  Leche  eingenommen.  Am  mächtigsten 
hat  sich  aber  die  Histologie  und  Entwickelungsgeschichte  des  Gebisses 
durch  das  ganze  Jahrhundert  hindurch  geltend  gemacht  von  Schre- 
ger's,  A.  Retzius',  Purkinje's,  Raschkow's,  Schwann's  und  Va- 
lentin's  Arbeiten  an,  bis  später  die  Führer  der  Entwickelungs- 
geschichte, v.  Kölliker  (1861,  1864),  Kollmann  (1869),  Waldeyer 
(1871),  Hertwig  (1874),  Schwalbe  (1894)  u.  a,  die  gegenwärtig 
giltigen  Anschauungen  über  Zahnentwickelung  begründeten. 

Besonders  fruchtbar  wurden  sodann  die  anderthalb  letzten  De- 
cennien  des  ausgehenden  Jahrhunderts:  Ausgedehnte  Bereicherung 
erfuhr  das  Material  durch  die  Herbeiziehung  bisher  wenig  oder  nicht 
untersuchter  phylogenetisch  bedeutungsvoller  Tierformen,  ferner  da- 
durch, daß  fortlaufende  Entwickelungsreihen  des  Gebisses  derselben 
zur  Untersuchung  gelangten.  Zudem  stellte  sich  die  Anwendung  der 
Schnittserien  allein  als  unzulänglich  heraus,  und  die  plastische  Rekon- 
struktion der  Schnitte  begann  sich  einzubürgern.  Endlich  wurden 
die  Bemühungen  lebhafter,  die  ontogenetischen  Entwickelungsreihen 
mit  den  phylogenetischen  zu  verbinden,  wozu  sich  namentlich  bei 
der  Vermehrung  der  Studien  auf  dem  Gebiet  der  Säugetierphylo- 
genie  reichlichste  Gelegenheit  bot.  Die  größten  Verdienste  in  dieser 
Hinsicht  haben  sich  Rose,  Kükenthal  und  Leche  nebst  ihren 
Schülern  erworben,  abgesehen  von  zahlreichen  Entdeckungen  anderer 
Forscher  an  einzelnen  wichtigen  Wirbeltiertypen.  Weniger  glück- 
lich wurde  auf  dem  Gebiet  der  Histologie  und  Histogenese  ope- 
riert. Die  Tendenz,  mit  unzureichenden  Mitteln  wichtige  Fragen 
entscheiden  zu  wrollen,  macht  sich  auf  diesem  Specialgebiet  —  und  das 
gilt  für  die  ausgedehnte  zahnhistologische  Litteratur  im  allgemeinen  — 
besonders  fühlbar.  Thatsächlich  ist  die  Kenntnis  der  Absonderungs- 
vorgänge der  Hartsubstanzen  eine  ungenügende,  und  es  ist  auch  nicht  ab- 
zusehen, durch  welche  Hilfsmittel  hier  volle  Klarheit  geschaffen  werden 
sollte.  Neben  den  bereits  erwähnten  Embryologen  sind  es  vor  allem 
Neumann,  C.  Tomes,  Andrews,  v.  Ebner  und  Walkhoff,  die  sich 
um  Sichtung  dieses  praktisch  bedeutungsvollen,  aber  für  die  allgemeine 
Entwickelungsgeschichte  bisher  wenig  ergiebigen  Stoffes  verdient  ge- 
macht haben ,  wogegen  andererseits  die  Theorieen  von  Bödecker 
(1892),  Abbot  und  Morgenstern  (1891)  als  erledigt  zu  betrachten 
sind. 


456  R.    BURCKHARDT, 

Litteratnr. 

Adloff,     B.      Zur    Entwickelungsgeschichte     des    Nagetiergebisses.      Arch.     mikr.    Anat. 
Bd.  XXXII.  1898. 

—  Zur    Entwickelungsgeschichte    des   Zahnsystems   von   Sus    scrofa   dornest.     Anat.    Am. 

Bd.  XIX.  1901. 
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Ameghino,    G.     Sur  l'evohition  des  dents  des  mammiferes.    Botet.  Acad.  Nac.  Cordoba. 

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von  Aubert  und   Wimmer.     Leipzig  1860. 
Assmann.   F.    W.      Quellenkunde    der   vergleichenden   Anatomie.     Brauns chtveig    1847 

(enthält  die  gesamte  altere  Litteralur). 
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Bateson,    IV.      On  numerical  Variation  in  teeth,  with  a  discussion  of  the  conception   of 

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Baume,  B.      Odontologische  Forschungen.     Leipzig  1882. 
Beauregard,    H.      Considerations    sur    les    deux    dentitions    des    mammiferes,    Compte 

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Par.     1860. 
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die  Zahnbild,ung .     Arch.  mikr.  Anat.  Bd.  XXIX.  1887. 
■ —  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Zahnentwickdung.    Arch.  mikr.  Anat.     Bd.  XXVIII.  1886. 
Burckhardt,  B.     Das  Gebifs  der  Sauropsideu.     Mbrphol.  Arb.  Bd.    V.  1895. 
Canalis,   B.     Sullo  sviluppo  dei  dcnti  nei  mammiferi.     Anat.  Anz.   1886. 
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Bd.  XII.  1899. 
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Journ.  Morph.  Bost.    Vol.  III.  1889. 

—  Ameghino  on  the  cvolution  of  Mammalian  teeth.     Amer.  Nat.    Vol.  XXX.  1896. 
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Dependorf,    Th.     Zur   Entwickelungsgeschichte    des    Zahnsystems   der   Säugetiergattung 
Galeopithecus  Pull.     Jenaische  Zeitschr.  f.  Nalurwiss.   Bd.  XXX.  1S96. 

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Schejfs  Handbuch  der  Zahnheilkunde.  Bd.  I). 

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Eustachii,   Barth.,    Tractatus  de  dentibus.     Delphis  1726. 


Die  Verknöcherungen  des  Integuments  und  der  Mundhöhle.     457 

Fleischmann,  A,     Die  Grundform  der  Backzähne  bei  Säugetieren    und    die   Ilomulogit 
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berg. Bd.  X.  1897. 
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Friedmann,   E.     Beiträge  zur  Zahnentwickelung  der  Knochenfische,    Morphol.  Arbeiten. 

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Arch.  mikr.   Anat.  Bd.  XXXJX.  1892. 
Gebhardt,    W.      Ueber  den  funktionellen  Bau    einiger  Zähne.     Arch.  /.  Enwickl.-Mech. 

Bd.  X.  1900. 
Ghigi,   A.      Sui    denti     dei    Tapiridi.      Verh.     Anat.     Gesellsch.     Pavia.      Anat.     Anz. 

Bd.  XVII.  Svppl.  1900. 
Goeldi,    E.    A.       Kopfskelet    und    Schultergürtel    von    Loricaria    cataphraeta,     Batistes 

capriscus  und  Acipenser  ruthenus.     Jen.   Zeitschr.  f.   Naturwiss.    Bd.    XVII.    1S84. 
Goette,   A.     Beiträge  zur  vergleichenden  Anatomie  des  Skelettsystems  der   Wirbeltiere  II. 

Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  XV.  1878. 

—  Ueber  die  Entwickelung   des    knöchernen   Bückenschildes    der   Schildkröten.     Zeitschr. 
f.  wiss.  Zool.  Bd.  LXVI.  1899. 

Goodsir.    On  the  Origin  and  Development  of  the  Pulp  and  Sacs  of  the  Human  Teeth.  1S39- 
Goronowitsch,  N.      Weiteres   über   die    ektodermale  Entstehung    von  Skelettanlagen   im 

Kopfe  der   Wirbeltiere.     Morph.  Jahrb.  1893. 
Guillot,  N.     Sur  la  genese  et    Devolution   des    dents    et   des    machoires.     Ann.  Sei.    nat. 

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Ann.  sc.  nat.  Ser.  5.   Tom  IX.  1868. 

—  Om  Bygningen    og    Udviklingen    af  Skjael   og   Pigge    hos  Bruskfisk.    Danske    Vidensk. 

Selskab.  Skrift.    T.  Raekke.  7.  Bind.  Kjöbnhavn  1868. 
Harrison,  R.  G.    Ectodermal  or  mesodermal  origin  of  Teleosts.    Anat.  Anz.  Bd.  X.  1895. 

—  Ueber   die  Entwickelung   der   nicht  knorpelig  vorgebildeten  Skeletteile   in  den  Flossen 

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Heinche,   F.      Untersuchungen   über    die  Zähne   niederer   Wirbeltiere.     Zeitschr.  f.  wiss. 

Zool.  Bd.  XXIII.  1873. 
Hertwig,    O.      Ueber    den    Bau   und   die    Entwickelung    der   Placoidschuppen   und   der 

Zähne  der  Selachier.     Jen.  Zeitschr.  f.  Naturwiss.  Rd.    VIII.  1874. 

—  Ueber    das   Zahnsystem    der   Amphibien    und   seine    Bedeutung   für    die    Genese    des 
Skeletts  der  Mundhöhle.     Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  XL  1874:*. 

—  Ueber  das  Hautskelett  der  Fische.    Morphol.  Jahrb.  Bd.  IL  1876  und  Bd.    V.  1879. 
Hertz,   H.    Untersuchungen   über   den  feineren  Bau   und   die  Entioickelung   der  Zähne. 

Arch.  f.  pathol.  Anat.  Bd.  XXXVII.  1866. 
Hofer,  B.     Ueber  Bern  und  Entwickelung  der  Cycloid-  und  Ctenoidschuppen.    Sitzungsber. 

d.    Gesellsch.  f.  Morph,  u.  Physiol.  München.  1899. 
Hoffmann,   A.      Ueber   die  Entwickelung   des  Kroncementes   an  den   Backenzähnen    der 

Wiederkäuer   mit  Berücksichtigung  der  Zahnentwickelung    im  allgemeinen.     Zeitschr. 
f.  wiss.  Zool.  Bd.  LVIIL  1894. 
Hoffmann,    C.  K.     Schildkröten.    Bronn's  Klassen  und  Ordnungen,  Reptilien.  Bd.    VI. 

S.  1.  1890. 
Howes,    G.   B.,    and   Swimmerton,    H.      On    the    development    of  the    skeleton    of  the 

Tuatara.     Trans.  Zool.   Soc.  London.    Vol.  XVI.  1901. 
Hnnter,  John.     Natural  History  of  human  teeth.     Deutsch  Leipzig  1780. 
Huxley,   Th.   H.      On    the  development   of  the  teeth  and  on  the  nature    and  imporlance 

of  Nasmyth's  „persistent  capsule".      Quart.  Journ.  micr.  Science.  1853. 

—  On   the    application    of  the    laws    of  evolution    to  the    arrangement  of  the    Verlebrata. 

Proc.  Zool.  Soc.  London.  1880. 

—  On   the    application   of  the  laws   of   evolution   to    the    arrangement   of  the    Vertebrata 

and  more  particularly  to  the  Mammalia.     Proc.  Zool.  Soc.  London.  1880. 


458  R.    BURCKHARDT, 

Jaekel,  O.  Ueber  Phaneropleuron  und  Hemictenodus.  Sitzungsber.  Gesellsch.  Naturf. 
Freunde  Berlin.  1890.  Xo.   1. 

—  Die  Selachier  vom  Mte.  Bolea.   1893. 

—  Ueber  sogenannte  Faltenzähne  und  kompliziertere  Zahnbildungen  überhaupt.   Sitzungsber. 

Ges.  Naturf.  Freunde  Berlin.   189-1. 

Jentsch,  B.  Beitrag  zur  Entwickehing  und  Struktur  der  Selachier  zahne.  Diss.  Leipzig 
1898. 

Kathariner,  L.  Ueber  Bildung  und  Ersatz  der  Giftzähne  bei  Giftschlangen.  Zool. 
Jahrb.  f.   An, it.  Bd.  X.  1897. 

Klaatsch,  H.  Zur  Morphologie  der  Fischschuppen  und  zur  Geschichte  der  Hartsubstanz- 
gewebe.    Morphol.  Jahrb.  Bd.  XVI.  1890. 

—  Ueber  die  Herkunft  der  Skier  oblasten.     Morph.  Jahrb.  Bd.  XXI.  1894. 

Klever,  E.   Zur  Kenntnis  der  Jlorphogenese  des  Equidengebisses.    Morph.  Jahrb.  Bd.  AT. 

18S9. 
v.    Kölliker,    A.     Die    Entwickehing   der  Zahnsäckchen    der    Wiederkäuer.     Zeitschr.  f. 

loiss  Zool.  Bd.  XII.  1863. 
Kollmann,    J.     Entwickehing    der  Milch-   und    Ersatzzähne    beim    Menschen.     Zeitschr. 

f.  wiss.  Zool.  1869. 
Kvauss.  Beiträge  zur  Osteologie  des  surinamischen  Manatus.    Arch.  f.  Anat.  u.  Physiol. 

1858  u.  1862. 
Kükenthal,  W.    Ueber  Reste  des  Hautpanzers  bei  Zahnwalen.    Anat.  Anz.  Bd.    V.  1890. 

—  Das   Gebi/s  von  Didelphys.     Anat.  Anz.   Bd.    VI.  1S91. 

—  Einige  Bemerkungen  über  die  Säugetierbezahnung.     Anat.  Anz.  Bd.    VI.  1891. 

—  Ueber  den  Ursprung  und  die  Entwickelung  der  Säugetierzahne.  Jen.  Zeitschr.  f. 
Naturwiss.  Bd.  XXVII.  1892. 

—  Ueber  die  Entstehung  und  Entwickehing  des  Säugetierstammes .    Biol.   Centralbl.   1892. 

—  Vergleichend-anatomische    und    entwickelungsgeschichtliche     Untersuchungen    an    Wal- 

tieren.    Denkschr.  d.  Med.-naturwiss.  Ges.  Jena.  1893. 

—  Entwickelungsgeschichtliche    Untersuchungen   am  Pinnipediergebisse.     Jen.    Zeitschr.  f. 

Naturwiss.  1893. 

—  Zur  Dentitionenfrage.     Anat.  Anz.  Bd.  X.  1895. 

—  Zur  Entwickelungsgeschichte  des   Gebisses  von  Manatus.     Anat.  Anz.  Bd.  XII.  1S96. 

—  Vergleichend-anatomische  und    entwickelungsgeschichtliche   Untersuchungen  an  Sirenen. 

Semon,  Forschungsreisen.  Bd.  IV.   1.  1897. 
Laaser,  JP.   Die  Entwickehing  der  Zahnleiste  bei  den  Selachiern.     Anat.  Anz.  Bd.  XVII. 

1900. 
Lataste,  F.    Considerations  positives  sur  les  deux  dentitions  des  Mammiferes.   C.  R.  Soc. 

de  biol.   T.    V.  1888. 

—  Des    dents  exceptionellement  monophysaires  chez  les   mammiferes    diphyodontes.     C.  R. 

Soc.  de  biol.   T.  IV.  1888. 
Leclie,    W.     Zur  Kenntnis  des  Milchgebisses  und    der  Zahnhomologieen   bei  Chiropteren. 
Bunds  Univ.  Aarskr.  1876 — 78. 

—  Ueber   die  Säugetiergattung  Galeopithecus.     Kgl.   Svensk.    Vedensk.    Handl.    Bd.  XXI. 

1885. 

—  Studien  über  die  Entwickelung  des  Zahnsystems  bei  den  Säugetieren.     Morphol.  Jahrb. 

Bd.  XIX.  1892. 

—  Nachträge    zu  Studien    über    die  Entwickehing    des  Zahnsystems    bei    den  Säugetieren. 

Morphol.  Jahrb.  Bd.  XX.  1893. 

—  Ueber  die  Zahnentwickelung  von  Iguana  tuberculata.     Anat.  Anz.  1893. 

—  Zur  Entwickelungsgeschichte    des  Zahnsystems    der  Säugetiere.     Biblioth.  Zool.  1895. 

—  Die    Entwickehing    des   Zahnsystems    der    Säugetiere.      Ber.    d.    intern.    Zool.-Kongr. 

Leyden.   1895. 

—  Untersuchungen   über    das    Zahnsystem    lebender    und   fossiler    Halbaßen.       Festschr. 

Gegenbaur.  1896. 

—  Ueber  Schlosser's  Bemerkungen  zu  meiner  Entwickelungsgeschichte  etc.  Anat.  An:. 
Bd.  XIV.  1897. 

- —  Zur  Morphologie  des  Zahnsystems  der  Insectivoren.     Anat.  Anz.  Bd.  XIII.  1897. 
Legros  et  Magitot.    Contributions  ä  l'etude  du  developpement  des  dents.     Journ.    anat. 

et  physiol.   T.  XV.  1879. 
Lesbre.    Considerations  sur  la  premiere  premolaire  de  quelques  mammiferes  domestiques. 

C.  R.  Soc.  biol.  1893. 
Levy,   H.      Beiträge  zur  Kenntnis  des  Baues  und  der  Entioickelung    der  Zähne    bei  den 

Reptilien.     Arch.  f.  mikr.  Anat.  Bd.  XXXII.  1898. 
v.    Leyclig,    F.      Ueber   die    allgemeinen   Bedeckungen    der  Amphibien.     Arch.  f.    mikr. 

Anat.  Bd.  XII.  1876. 

—  Die    Zähne   einheimischer   Schlangen    nach    Bau   und   Entwickelung.      Arch.  f.    mikr. 

Anal.  Bd.  IX.   1873. 


Die  Verknöcherangen  des  Integuments  und  der  Mundhöhle.      459 

Lotz,  Th.  Ueber  den  Bau  der  Schwanzwirbelsäule  der  Salmoniden,  Cyprinoiden,  Per- 
coiden  'und  Cataphracten.     Zeitschr.  f.  wiss.  Zool.  Bd.  XL.  1862. 

Magitot,  E,  Traue  des  anomalies  du  Systeme  dentaire  chez  l'homme  et  les  mammiferes. 
Paris  1877. 

—  Des  lois  de  la  dentition.     Jburn.  anat.  et  physiol.   T.  XIX.  1883. 

—  Sur  les  deux  dentitions  des  mammiferes.     C.  R.  Soc.  Mol.  1888. 

Mahn,  li.     Bau  und  Entwickehing  der  Molaren  bei  Mus  und  Arvicola.    Morphol.  Jahrb. 

Bd.  XVI.  1890. 
Marcusen.     Bull.  Acad.  St.  Petersbourg.  1849. 
Markert,   F.     Die  Flossenstacheln    von   Acanthias,    ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Hart- 

Substanzgebilde  der  Selachier.     Zool.  Jahrb.  f.   Anat.  Bd.  IX.  1896. 
Major,   F.      Trituberculy  and  Polybuny.     Nature.    Vol.  I. 

—  On  the  change  and  form  oj  the  teeth  in  the  Centetidae.     Ann.  Mag.  Nat.  Hist.  Ser.  6. 

Vol.  XX.  1897. 
Mandl,  L.     Recherches  sur  la  structure   intime    des  ecailles  des  poissons.     Ann.  scienc. 

nat.  Ser.  2.   T.  XL  1839. 
Mayo,   F.      The   superior  incisors    and   canine   teeth   of  Sheep.    Bull.    Mus.    Harv.    Coli. 

Vol.  XIII.  1888. 
Mieliieho-Maclay ,  N.     Plagiostomata   of  the  Pacific.  Part  I.  Proc.  Linnean  Soc.  Neio 

S.   Wales.    Vol.  III.  1879. 
Mit ne-Edwarcls,   H.     Lecons  sur  la  physiologie  et  l'anatomie   comparee    de  l'homme  et 

des  animaux.   T.    VI.  1860.    (Enthält  auch  die  ganze  ältere  Litteratur,  sofern  sie  in 

Betracht  kommt.) 
Morgenstern,   M.     Untersuchungen  über  den  Ursprung  der  bleibenden  Zähne.    Deutsche 

Monatssc.hr.  f.  Zahnheilk.  1SS4 — S5. 

—  Entwicklungsgeschichte  der  Zähne.     Scheff's  Handb.  f.  Zahnheilkunde.  Wien  1891. 
Müller,   J.      Ueber    eine    eigentümliche  Bewaffnung    des  Zwischenkiefers    der  reifen  Em- 
bryonen  der  Schlangen  und  Eidechsen.     Arch.  f.  Anat.  1S41. 

Mummery,  J~.   H.     Some  points    in    the   structure   and    development    of   dentine.     Phil. 

Trans.  Roy.  Soc.  London.  1891. 
Nasmyth,   H.      Three  Memoirs  on  the  development   and   structure   of  the    teeth  and  epi- 

thelium.  18-12. 
Xawroth,   P.     Zur  Ontogenese  der  Schweinemolaren.     Diss.  Basel.  1893. 
Nehring,    A.      Ueber    die     Gebifsentwickelung    der    Schweine,    insbesondere    über     Ver- 

frühungen  imd   Verspätungen  derselben.     Berlin  1888. 
Nickerson,    W.   S.      The    development   of  the    seedes    of  Lepidosteus.     Bull.   Mus.   Comp. 

Zool.  Harvard  College.    Vol.  XXIV.  1893. 
Olilin,   A.      Om    Tandutvecklingen   hos  Hyperoodon.     Bih.    Svensk.    Ved.    Akad.    Handl 

Bd.  XXII.  1896. 
Osborn,   H.   F.    The  evolution  of  mammalian  molars  to  and  jrom  the  tritubercular  type. 

Anw.  Nat.  1S8S. 

—  The  history  and  homologies  of  the  human  molar  cusps.     Anat.   Anz.  1892. 

—  Trituberculy.     Amer.  Nat.  1S97. 
Owen,   R.      Odontography.  1840 — ^.5. 

—  On    the    development   and    homologies   of  the   Carapace  and  Plastron  of  the  Chelonian 

Reptiles.    Phüos.   Trans.  London.   1849. 
Paul,    T.   Nasmyth  membrane.     Dental  Record.  1S95. 

Peters,    C.     Die  Säugetiergattung  Chiromys.     Abh.  d.  Akad.    Wiss.  Berlin.  1865. 
Plana.     Osservazioni    intorno    all' esistenza    di    rudinienti    di    denti    canini    cd   incisivi 

superiori    negli    embrioni    bovini   ed   ovini.     Mem.    R.  Accad.    sc.    Istit.    di   Bologna. 

Ser.  3.    Vol.  IX.  187S. 
Piethiewics,    V.     De    la  valeur   de    certains    argumenta    du   transformisme    empruntes  ä 

V evolution    des    follicules    denlaires    chez    les    ruminants.      C.    R.    Acad.    sc.    Pa?*is. 

T.  LXXXIV.  1877. 
Platt,    J.    B.     Ontogenetic    differentations    of   the    ectoderm    in    Neclurus.      Anat.    Anz. 

Bd.  IX.  1893. 

—  Ectodermic  origin  of  the  cartilages  of  the  head.     Anat.  Anz.  Bd.    VIII.  1893. 
Pouchet,    G.,   et  Chabry.    Sur  Devolution   des  dents  des  Baienides.    C.  R.  Acad.  de  sc. 

Paris.   T.   CIV.  1882. 

—  Contribntions    ä    l' Odontologie    des    Mammiferes.       Journ.    anat.    et    physiol.    T.    XX. 

1884. 
Poulton,    E.      The    true    teeth    and   horny    2^aies    °f    Ornithorhynchus.      Quart.    Journ. 

Micr.  Sc.   Vol.  XXIX.  1889. 
Prince,    G.   E.      The  development  of  the  pharyngeal  teeth  in  the    Labridae.     Meet.  Brit 

Ass.  Edinburgh.  1892. 
Preiswert,    G.    Beiträge  zur  Kenntnis  der  Schmelzstruktur  bei  Säugetieren.  Basel  1895. 
Rabl,    C.      Ueber  die  Herkunft  des  Skeletts.      Verh.  d.  Anat.   Ges.  Strafsburg  1894. 


460  R.    BURCKHARDT, 

Raschkoic.   J.     Meletemata  circa  mammalium  dentium  evolutionem.    Vratislaviae    1S35. 

Ratlike,   H.      lieber  die  Entwickehing  der  Schildkröten.  1S48. 

Reinhardt.      Om  Klapmydsens    ufödte   Unge    och   dens  Melketandsaet.    Vidensk.    Meddel 

Natvrhist.  Forening.  Kopenhagen.  1877. 
Retzius,   A.      Bemerkungen  über  den  inneren  Bau    der  Zähne    mit  besonderer  Rücksicht 

auf  den  im  Zahn    vorkommenden  Röhrenbau.     Miller' s  Arch.  1S37. 
Reichet,  JP.     Beitrag  zur  Morphologie  der  Jlundhählcndrüsen  der   Wirbeltiere.    Morphol. 

Jahrb.  Bd.    V.  1S83. 
Reissner,    W.      lieber   die  Schuppen  von   Polypterus    und  Lepidosteus.     Arch.  f.    Anat. 

u.  Physiol.  1859. 
Ritter,  JP.     Beitrage    zur    Kenntnis   der    Stacheln    von    Trygon   und,   Acanthias.      Diss. 

Rostock.  1900. 
Römer,   F.     lieber  den  Bau   und  die  Entwicklung  des  Panzers  der  Gürteltiere.  Jenaische 

Zeitschr.  f.  Naturwiss.  Bd.  XXVII.  1892. 
Roetter,  F.      lieber  Entwiclcelung  und   Wachstum  der  Schneidezähne  bei  Mus    musculus. 

Morphol.  Jahrb.  Bd.  XV.  1889. 
Rohon.    J.     V.     Die    obersilurischen    Fische    von    Oesel.    Mem.    Acad.    sc.    Petersbourg. 

Ser.  6.  T.  XXVI,  XXXVIII  u.  XLI.  1889,  92  u.   93. 
Rosenberg,    E.       lieber    Umformungen   an   den   Incisiven    der   zweiten    Zahngeneration 

des  Menschen.     Morphol.  Jahrb.  Bd.  XXII.  1895. 
Rousseau,  E.     Anatomie  comparee  du  Systeme  dentaire.  Paris  1827. 
Rose,    C.      lieber    die    Entwicklung    der    Zähne    des    Menschen.     Arch.  f.    mikr.    Anat. 

Bd.  XXXVIII.  1891. 

—  Zur  Phylogenie  des  Säugetiergebisses.     Biol.  Centrcdbl.  1892.  No.  I. 

—  lieber    die  Zahnentwickelung    des  Menschen.     Schweiz.    Vierteljahrsschr.  f.    Zuhnheilk. 

Bd.  II.  1892.  Xo.  II. 

—  Beiträge  zur  Zahnentwickelung  der  Edentaten.     Anat.  Ans.  Bd.    VII.  1892.  No.  III. 

—  lieber  die  Zahnentwickelung  der  Beuteltiere.     Anat.  Anz.  Bd.    VII.  1892.  Xo.  IV. 

—  lieber  die  Zahnleiste  und  die  Eischwiele  der  Sauropsiden.    Anat.  Anz.  Bd.  VII.  1892. 

Xo.   V. 

—  lieber   die  Entstehung   und  Formabänderung    der   menschlichen  Molaren.     Anat.  Anz. 

Bd.    VII.  1892.  Xo.    VI. 

—  Ueber   rudimentäre  Zahnanlagen   der    Gattung   Manis.     Anat.    Anz.   Bd.    VII.    1892. 

Xo.    VII. 

—  Ueber  Zahnbau  und  Zahnwechsel  der  Dipnoer.    Anat.  Anz.  Bd.  VII.  1892.  Xo.  VIII. 

—  Ueber  den  Zahnbau    und  Zahnwechsel   von  Elephas    indicus.     Morphol.  Arb.  Bd.  III. 

1893.  Xo.  I. 

—  Ueber    die    Zahnentwickelung    von    Phascolomys  icombat.       Sitzungsber.    Akad.     Wiss. 
Berlin.  1893.    No.  II. 

—  Ueber  die  Zahnentwickelung  vom  Chamäleon.     Anat.  Anz.  Bd.   VIII.  1893.  Xo.   III. 

—  Ueber  die  erste  Anlage  der  Zahnleiste  beim  Menschen.     Anat.  Anz.  Bd.    VIII.   1893. 

No.  IV. 

—  Ueber  die  Zahnentwickelung  der  Krokodile.     Morphol.  Arb.  Bd.  III.  1893.    No.   V. 

■ —    Ueber  die  Zahnentwickelung  von  Chlamydoselachus  anguineus.     Morphol.  Arb.  Bd.  IV. 

1894.  No.  I. 

—  Ueber  die  Zahnentivickelnng  der  Kreuzotter.     Anat.  Anz.  Bd.  IX.  1S94.  Xo.  II. 

—  Ueber  die  Zahnentwickelung  der  Fische.     Anat.  Anz.  Bd.  IX.  189-1.  No.  III. 

—  Beiträge  zur   Zahnentw ickelung    der  Schwanzmolche.     Morphol.    Arb.     Bd.  IV.   1894. 

Xo.  IV. 

—  Ueberreste  einer  vorzeitigen  prälactealen  und  einer  vierten  Zahnreihe  beim    Menschen. 

Oestr.-ung.    Vierteljahrsschr .  f.  Zahnheilk.  Bd.  XI.  1895. 

—  und,  Bartels,   O.      Ueber  die  Zahnentwickelung  des  Rindes.    Morphol.  Arb.  Bd.    1 1.  1. 

1896. 

—  Das  Zahnsystem  der   Wirbeltiere.     Erg.    d.    Anat.  Entwickelungsgesch.  1896'.      (Dort 

auch  das  vollständige  Verzeichnis  der  bis  dahin  erschienenen  Arbeiten  dieses  Autors.) 

—  Ueber    die    verschiedenen  Abänderungen    der    Hartgewebe    bei    niederen    Wirbeltieren. 

Anat.  Anz.  Bd.  XIV.  1897. 
Ryder,  J.  A.     On  the  evolution  and  homologies  of  the  incisors  of  the  horse.     Proc.  Acad. 
I'ltilad.  1877. 

—  On  the  mechanical  genesis  of  tooth  forma.    Proc.  Acad.   Philad.   1S78;    ebenso   Dental 

Cos  mos.    Vol.  XX.  1878  und  Ame'r.  Xat.   1879. 

—  A  contribution  to  the  embryography  of  the  osseous  fishes  with  special  reference    to  the 

development  of  the   Cod.     Ann.  Rep.    U.   S.   Comm.  Fishes  and  Fisheries.    1882. 

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Sluiter,    C.  Ph.    Ueber  den  Eizahn  und  die  Eischwiele  einiger  Reptilien,    Morph.  Jahrb. 

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—  A  milk-dentition  in   Orycteropus.     Proc.  Roy.  Soc.  London.  1S90*. 

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—  On  the  development  and  succession  of  poisonous  fangs  in  snakes.  Philos.  Trans.  London. 

1876. 

—  On  the  development  of  Marsupial   and   other   tubulär   enamels,    with    notes   upon   the 

development  of  enamel  in  general.     Proc.  Roy.  Soc.  London.    Vol.  LX1I.  1897. 

—  Upon  Röse's  proposed  Classification  of  the    forms    of  dentine.     Anat.  Anz.  Bd.  XLV. 

1898. 

—  Upon  the  strueture  and  development  of  the  enamel  of  the    elasmobranch  fishes.     Proc. 

Roy.  Soc.  London,    Vol.  XLI.  1898. 

—  A  Manual    of    dental   anatomy,    human    and    comparative.   London    1898.     (Enthält 

auch  das   Wesentlichste  aus  den   Untersuchungen  seines   Vaters  J.   To  m  e  s.) 
Treuenfels.     Die  Zähne  von  3Iyliobatis  aquila.     Diss.  Basel.  1896. 


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■ —  On  the  milk-dentition   of  the  Rodentia.     Anat.   Anz.  Bd.  IX.  1894. 

—  On    the    teeth    of   the  Marswpialia    with    especied   reference    to   the  premilk  dentition. 

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sehen.     Sitzungsber.  d.   Akad.   Wiss.    Wien.  1891. 


XB.  Die  ausgedehnte  palaeontologische  und  vergleichend-anatomische  Litteratur  konnU 
nicht  im  Einzelnen  aufgeführt  werden,  ist  aber  so  viel  als  möglich  im  Text  berück- 
sichtigt worden. 


Register. 


A. 

Abomasus  169. 

After,  Entstehung  des  210  ff. 

—  —  Amphibien  212. 

Amphioxus  210. 

Cyclostomen  211. 

Dipnoer  212. 

Mensch,  Säuger  216  ff. 

Sauropsiden  214,  215. 

Selachier  212. 

Aftermein bran  213,  218. 

Agmina  Peyeri  187. 

Ameloblasten  351. 

Ameloblastenschicht,  b.  Menschen  411. 

Archipalatum  15. 

Arteriae  pulmonales  104. 

Arytänoid  89. 

Atrium  des  Amphioxus  9. 

B. 

Balgdrüsen  der  Zungenwurzel  63. 

Bandzellen  300. 

Barten  75. 

Basalplatte  der  Placoidschuppe  362. 

Beethaare  282. 

Begrenzungsschicht  297. 

Blastoporus  211,  217. 

Blinddarm  173,  174. 

Borsten  285. 

Bronchus,  eparterieller  104. 

Brustwarze  323. 

Bulbus  pili  cavus  276. 

solidus  276. 

Bursa  hepato-enterica  232,  233,  234. 

—  pharyngea  65,  66. 


c. 

Canalis  analis  218. 

—  neurentericus  210,  218. 

—  thyreoglossus  130. 
Carotidendrüse  114,  148,  152. 


Cartilago  cuneiformis  90. 

—  lateralis  88. 

—  Santorini  89. 

—  thyreoides  91. 
Cement  354,  356. 
Coecum  173,  174. 
Coelom  221. 

Collar  cavity,  Amphioxus  5. 
Colon  descendens  173,  241. 
Corium  307,  308. 

—  primäre  u.  definitive  Furchen  des  312. 

—  des  Nagelbettes  298. 
Coriumleisten  der  Hufe  301. 
Cricoid  89. 
Cuticularsaum  257. 


B. 

Darm,  Anlage  des;   Allgemeines  110. 

—  äußere  Längsmuskulatur  des  176. 

—  innere  Ringin uskulatur  des  176. 

—  postanaler  161,  167. 

—  präoraler,  Ammocoetes  11. 

—  —  Sauropsiden  19. 

—  —  Selachier  16. 

Teleostier  18. 

Darmdottersack  160. 
Darmdrüsen  176. 

—  Amphibien   178. 
Darmfollikel  188. 
Darrahöhle  109. 
Darmkanal  112. 
Darmlumen  110. 

Darmpforte,  hintere,  vordere  167. 
Darmrinne  154,  166,  168. 
Darmrohr,  Allgemeines  111. 

—  Sonderung  i.  versch.  Abschnitte  154  ff. 
Darmscheibe  174. 

Darmschleife  113. 
Darmschleimhaut  175. 

—  lymphatische  Apparate  der  185  ff. 

—  Lymphfollikel  der  175. 
Darm  wand  112,  115. 


464 


Register. 


Darm  wand,  Drüsenapparat  der  175. 

—  histologische  Entw.  der  174  ff. 
Musculaxis  der  175. 

—  primäre  Schichten  der  175. 

—  der  Reptilien   181. 

—  der  Säuger  182. 

—  der  Vögel  181. 
Deckenwulst  298. 

Deckknochen;   Pisces,  Amphibien  3,1  tf. 
Dentin  354. 

—  bei  Fischen  361. 
Dentinröhrchen  354. 
Dentition(en)  358. 

—  mehrfache,  beim  Menschen  41(3  ff. 

—  postpermanente  359. 

—  prälakteale  359. 
Dottergang  1'66,  174. 
Dottersack  112,  104,  175. 

Drüse,  kolbenförmige,  des  Amphioxus  3. 
Drüsen  der  Mundhöhle  54  ff. 
Amphibien  55. 

—  —  Petromyzon  54. 

—  —  Säuger  58. 

Sauropsiden  56. 

Drüsenfeld  (Mammarorgaue)  318. 

—  der  Mundhöhle,  Amphibien  37. 
Dünndarm  171. 

Dünndarmspirale  der  Anuren  162. 
Dunenfederspule  269. 
Dunenfederstrahlen  269. 
Duodenum  171. 

—  Säuger  183. 

E. 

Eihöcker  73. 

Eischwiele  73. 

Eizahn  der  Saurier  u.  Ophidier  74. 

Ektobronchien  99. 

Eleidin  254. 

—  diffuses  254. 

—  körniges  255. 
Embryonaldune  266. 
Enddarm  114,  115,  154,  155. 
Endkolbeu  331. 

Endostyl  1Ü. 

Entobronchien  99. 

Entoglossale  49. 

Epidermis  253  ff. 

Epiglottis  87. 

Epiglottisknorpel  90. 

Epithelknospen  332. 

Epithelkörperchen  114, 127,145,146—152. 

—  bei  Säugern  150—152. 
Epithelperlen  352. 
Epitrichialschicht  254. 
Epitrichium  254. 
Eponychium  254,  294. 
Ersatzhaare  282. 
Ersatzleiste,  Mensch  410. 
Erstlingsdune  266. 


F. 

Feder,  Federn;  Entw.  der  26611. 

—  Vergleichung  mit  Schuppe  u.  Haar  288. 

Federfollikel  269,  272. 


Federkeim  267. 

—  definitiver  271. 
Federpapille  267. 

—  definitive  272. 
Federscheide  270. 
Federseele  270. 
Federtasche  268,  270. 
Fischschuppen  2b2. 
Flaumhaare  284. 
Flexura  sigmoides  173. 
Flimmersäckcheu  des  Amphioxus  2. 
Flossenstacheln,  Selachier  365. 
Flossen  strahlen.  Teleostomen  368. 
P'oramen  Winslowi  233,  234. 
Fruchtschmiere  260. 

Fulcra,  Teleostomen  368. 

Furchen  des  Corium,  definitive  312. 

primäre  312. 

tf. 

Ganoin  355. 

Gastralhöhle  109. 

Gastralskelett,  Reptilien  375. 

Gastroduodenalschlinge  162,  165. 

Gaumenleiste,  Sirenia  74. 

Gaumenlippe  29. 

Gaumentasche,  Didelphys  20. 

Gebiß,  Entwickelung  dess.,  Amphib.  391. 

Aves  402. 

■  Carnivoren  426. 

Cetaceen  428. 

Chiropteren  425. 

Dinosaurier  401. 

Dipnoer  388  ff. 

Edentaten  443. 

—  —  Lacertilier  395. 

—  ;—  Hatteria  394. 
Holocephalen  388. 

—  —  Insectivoren  423. 

Marsupialier  447. 

Krokodil  398. 

Mensch  408  ff. 

Monotremen  446. 

Nager  441. 

—  —  Ophidier  396. 

Pferd  437. 

Pinnipedier  427. 

—  —  Proboscidier  438. 

—  —  Prosimier,  Affen  422. 

Reptilien  393  ff. 

Sauropsiden  391  ff. 

Schwein  433. 

Selachier  382  ff. 

Sirenier  439. 

Teleostomen  378  ff. 

Ungulaten  432. 

—  geschichtliche Uebersicht des  Studiums 
der  Entw.  des  451  ff. 

—  lakteales  359. 

—  permanentes  359. 
Geschmacksknospen  46. 
Gesichtslippe  29. 
Gesichtsspalte,  schräge  29. 
Giftdrüse,  Sauropsiden  57. 
Glandulae  alveolo-linguales  59. 

—  buccales  60. 


Register, 


465 


Glandulae  labiales  56,  60. 

—  linguales  57,  61. 

—  palatinae  57,  61. 

—  sublinguales  56,  57,  59. 

—  submaxillares  59. 
Glossobyale  49. 

( rrandry'sche  Körpereben  332. 
(Trimmdarmspirale  174. 

H. 

Haare,  Entw.  der  276  ff. 

—  der  Cetaceen  286. 

-  Gruppenbildung  der  283. 

—  Lebensdauer  der  282. 

—  primäre  283. 

—  reife  284. 

—  sekundäre  283. 

-  Vergleicbung  mit  Schuppe  u.  Feder  288. 
Haarbeete  282. 

Haarfollikel,  sekundäre  283. 

Haarknopf  276. 

Haarkolben  276. 

Haarpapille  276. 

Haarzwiebel  276. 

Haftscheibe  von  Acipenser  17,  22. 

Halsfisteln  117. 

Hasenscharte  29. 

Hatschek'sche  Grube  4. 

Hatschek'sches  Nephridium  5. 

Haut,  Entw.  der  253  ff. 

—  Furchen  der  308. 

—  Litteraturübersicht  337. 

—  Nerven  der  328  ff. 
Hautdrüsen  im  allgemeinen  261. 
Hautknochen,  Amphibien  373. 

—  Ganoiden  370. 

—  Teleostier  370. 
Hautverknöcherungen  349. 

—  Amnioten  373  ff. 

—  Chelonier  373. 

—  Mammalia  376,  377. 

—  Saurier  u.  Krokodile  375. 
Herbst'sche  Körperchen  331. 
Höckerpapillen  264. 
Hohlkolben  276. 
Hohlvenengekröse  225. 
Hornbildungen  der  Mundhöhle  68  ff. 
Hornschnabel  der  Anurenlarven  71. 
Hornzähne  der  Anurenlarven  70. 

—  der  Cyclostomen  68. 
Hufe  299  ff. 

Hypobranchialrinne  10,  117. 
Hyponychium  298. 
Hypophyse  als  Palaeostoma  32. 
Hypophysenanlagen,  Petromyzon  12. 

I.     J. 

Jejunum  171. 

Ileum  171. 

Infracardialbronchus  100. 

Integument,  Hartgebilde  des  349  ff. 

Interglobularräume  357. 

Isopedin  354. 

Isthmus  der  Schilddrüse  130. 

Handbuch  der  Entwickelungslehre.  11.  1. 


K. 

Käseschmiere  260. 
Kammplatten  70. 
Kehlkopf  86  ff. 

—  Nerven  des  95. 

—  Phylogenie  des  95. 
Keratisation  255. 
Keratohyalin  254,  255. 
Key-Retzius'sche  Körperchen  331. 
Kiemen,  äußere,  innere  124,  126. 
Kiemendarm  154. 
Kiemenorgane,  accessorische  119. 
Kiemenplatte  125. 
Kiemenreste  127,  147,  153. 
Kiemenspalten  116,  126. 

—  des  Amphioxus  7. 
Kiemenspaltenderivate  146. 
Kiemenspaltenorgane  133. 
Kloake  220,  221. 
Kloakenöffnung  210. 

Konkrescenz  im  Gebiß  der  Selachier  387. 

—  der  Molaren  404. 

Marsupialier  449. 

Kopfdarm  154. 
Kosmin  354. 

Krallen  303. 
Krallenbett  304. 
Krallenfalz  305. 
Krallenplatte  305. 
Krallensohle  305. 
Krallenwall  305. 
Kronencement,  Ungulaten  434. 
Kropf  166. 

L. 

Labdrüsen  170. 
Lanugo  276,  281. 

—  foetalis  284. 

—  infantilis  284. 
Larynx  s.  Kehlkopf. 
Laufschuppen  262. 

—  sekundär  gebildete  265. 
Leber  113,  115,  188-200. 

—  Amphibien  191. 

—  Amphioxus  188. 

—  Cyclostomen  188. 

—  Ganoiden  191. 

—  Mensch  195. 

—  Eeptilien  192. 

—  Säuger  194. 

—  Selachier  189. 

—  Teleostier  190. 

—  Vögel  193. 

—  Histogenese  der  196. 
Lebergekröse,  dorsales  225,  230. 
Leberlappen,  Entw.  der  199. 
Lepidin  354. 

Leydig'sche  Zellen  257,  335. 
Lieberkühn'sche  Krypten  187. 
Ligamentum  cavo-duodenale  240. 

—  coronarium  hepatis  233. 

—  hepato-cavo-pulmonale  228. 

—  hepato-gastro-duodenale  236. 

—  recto-duodenale  239. 

—  recto-lienale  241. 

—  Suspensorium  hepatis  233. 

30 


466 


Register. 


Lippen  78  ff. 
Lippenfurche  79. 

—  Mensch  408. 

—  Vögel  403. 
Lippenfurchenleiste  79. 

—  Mensch  408. 

—  Rind  437. 
Lippenhaare  286. 

Lobus  descendens  hepatis  235. 
Luftsäcke  der  Vögel  98,  99. 
Luftwege,  Muskeln  der  93. 

—  Skelett  der  87  ff. 
Lungen,  erste  Anlage  der  84. 

-  Blutgefäße  der  103. 

—  weitere  Entwickelung  der  96  ff. 
Lungenarterien  104. 
Lungenpfeifen  98. 
Lungenvenen  103. 

Lymphatische  Apparate  der  Darmschleim- 
haut 185  ff. 

der  Mundhöhle  und  des  Pharynx 

62  ff. 
Lyssa  50. 

M. 

Magen  159,  160,  163,  167,  168,  176. 

—  Drehung  dess.,  Säuger.  169. 
Magendrüsen  177. 
Makrostornie  29. 

Manimardrüsen  d.  Monotremen  319. 
Mammarorgane  316. 
Mammartaschenanlage  319. 
Marsupialleiste  317. 

Membrana  propria  mesenterii  240. 

Mesenterien  22 1  ff. 

Mesenterium  dorsale  113,  224,  237. 

—  ventrale  113. 
Mesobronchium  98. 
Mesocardiuni  laterale  226. 
Mesodermpapille  d.  Zahnanlagen,  Mensch 

409. 
Mesoduodenum  236. 
Metapleuralf alten  8. 
Milchdrüse  323. 
Milchleiste  317. 
Milchlinie  317. 
Milchpunkt  323. 
Milchstreifen  317. 
Mitteldarm  115,  155. 
Mittelhaar  283. 
Molaren,  Differenzierung  der  405. 

—  Konkrescenz  der  404. 
Morgagni'sche  Tasche  87. 
Mund,  Entstehung  dess.  1 — 36. 

—  Amphibien  18,  25. 

—  Amphioxus  2  ff. 

—  Cyclostomen  1 1  ff. 

—  Dipnoer  18,  23. 

—  Ganoiden  17,  22. 

—  Säuger  19,  27. 

—  Sauropsiden  19,  27. 

—  Selachier  16,  21. 

—  Teleostier  18,  23. 
Muudbucht  111. 

—  Ammocoetes  11. 

—  ßdellostoma  14. 


Mundbucht,  Dipnoer  18. 

—  Ganoiden  17. 

—  Säuger  20. 

—  Sauropsiden  19. 

—  SeLichier  17. 
Munddachplatten,  Dipnoer  23. 
Mundhöhle,  Drüsen  der  54  ff. 
Amphibien  55. 

Petromyzon  54. 

Säuger  58. 

Sauropsiden  56. 

—  Drüsenfeld  der,  Amphibien  37. 

—  Hartgebilde  der  349  ff. 

-  Hornbildungen  der  68  ff. 
lymphatische  Apparate  der  62  ff. 
Mundhöhlenknochen,  Pisces,  Amphibien 

371  ff. 
Mundscheibe  11. 
Mundschleimhautgebiß  378. 
Mundwinkeldrüse  57. 


N. 

Nabel  112,  272. 
Nabelbläschen  112. 
Nabelbruch  169. 
Nabelschleife  169. 
Nägel,  Entw.  der  293  ff. 

—  Nerven  der  296. 
Nagel,  primärer  21.8. 

—  primitiver  298. 
Nagelfeld,  primäres  293. 
Nagelgrund,  primärer  295. 
Nagelsaum  293. 
Nagelzellen  294. 
Nasengaumenrinne  26  ff. 
Nasenrachengang,  Bdellostoma  15. 

—  Petromyzon  12. 
Nasenrinne  24. 

Nasenwulst  (-fortsatz),  lateraler  u.  medialer 

26  ff. 
Nebenhaare  283. 
Nebenschilddrüsen  131. 
Nebenstrahlen  (Feder)  270. 
Nebenthymus  136. 
Neostoma  31. 

Nephridium,  Hatschek'sches  5. 
Nervenendigungen  in  der  Haut  329. 
Nestlingsdune  266. 


0. 

Oberkieferfortsatz  21  ff. 
Oberkieferwulst  s.  Oberkieferfortsatz. 
Odontoblasten  354. 
—  der  Selachier  362. 
Oesophagus  160,  166,  176,  177. 
Omasus  169. 
Onychin  255,  306. 
Onychinogene  Substanz  256. 
Onychisation  255. 
Operculum  124. 
Organe  der  Seitenlinie  332  ff. 
Osteoblasten  354. 
I   Osteoide  Gewebe  354. 


Register. 


467 


P. 

Palaeostoma  31. 

Pankreas  113,  115,  171,  200  ff. 

—  der  Cyclostomen  200. 

—  der  Selachier  200. 

—  centroacinöse  Zellen  des  207. 

—  dorsale,  Amphibien  202. 
Ganoiden  201. 

Reptilien  u.  Vögel  202. 

Säuger  202. 

Teleostier  201. 

—  histologische  Differenzierung  des  206. 

—  topographische   Ausbildung   des    208, 
209. 

—  ventrale,  Amphib.  204. 

Ganoiden  204. 

Reptilien  204. 

Säuger  205. 

Teleostier  203. 

—  —  Vögel  205. 
Papilla  mamtnae  318. 
Parabronchien  98. 
Parotis  57. 

—  Säuger  60. 

Peribranchialrauin  des  Amphioxus  8. 
Pericardialhöhle  231. 

Periderm  254. 

—  der  Hufe  300. 
Peridermalschicht  254. 
Peritonealhöhle  222. 
Perlorgane  332. 
Pigment  308  ff. 

—  von  Schuppen  263. 
Pigmentkörnchen  308. 
Pinseldunen  270. 

Placoidschuppen,  Entw.  der  360  ff. 
Pleurahöhle  222. 
Pleuroperitonealhöhle  231. 

Plica  subungualis,  Säuger  60. 

Plicidentin  354. 

Pluma  266. 

Plumula  Malpighii  266. 

Polyphyodontie  358. 

Porodentin  356. 

Postbranchialer  Körper  114, 119,  127,  140, 

142,  146. 
Präcardialplatte  226. 
Präoraler  Darm,  Ammocoetes  11. 

Sauropsiden  19. 

Selachier  16. 

—  —  Teleostier  18. 
Präoralgrube  2,  4. 
Präoralfalten  6. 

Primärfurchen  des  Corium  312. 
Processus  entoglossus  49. 

—  globularis  27. 
Procricoide  89. 
Pubertätshaar  284. 
Pulpa  des  Federkeims  269. 

—  der  Zahnbildungen  354. 


ß. 


Rachenhaut  111. 

—  Ammocoetes  13. 

—  Amphibien   18. 


Rachenhaut,  Bdellostoma  14. 

—  Säuger  20. 

—  Sauropsiden  19. 

—  Selachier  17. 

—  Teleostier  18. 
Rachenlippe  29. 
Rachentonsille  63. 
Radix  mesenterii  238. 
Räderorgan,  Amphioxus  4. 
Recessus  duodeno-jejunalis  241. 

—  intermesocolicus  transv.  241. 

—  parietales  des  Cöloms  226. 

—  recto-duodenalis  241. 

—  superior  sacci  omenti  229,  232. 
Rectum  173. 

Reticulum  169. 

Rhachis  270. 

Rindenleisten  des  Stachels  274. 

Rostralhöhle  2. 

Rumen  169. 

Rundhöckerpapillen  264. 

s. 

S  Romanum  173. 

Saugscheibe  von  Lepidosteus  22. 

Scapus  270. 

Schaft  (Feder)  270. 

Schaltstück  (Tuberculum  impar)  41. 

Schilddrüse  114,  127. 

Schildknorpel  91. 

Schleimzellen  257. 

Schlundspalten  117,  120. 

Schlundspaltenderivate  141,  153. 

Schlundtaschen,  Mensch  123. 

—  Säuger  122. 
Schmelz  351. 

■ —  Pisces  361. 
Schmelzepithel  351. 

—  äußeres,  Mensch  411. 
Schmelzoberhäutchen  353. 
Schmelzorgan  351,  358. 
Schmelzprismen  352. 
Schmelzpulpa  351. 

—  Mensch  411. 
Schnabel  der  Vögel  72. 
Schnabelschild,  Didelphys  28. 
Schuppen,  Amnioten  262  ff. 

—  Geschichtliches  über  453. 

—  Ganoiden  366. 

—  Teleostier  367. 

—  primäre  262.  265. 

—  Vergleichung  mit  Feder  u.  Haar  288. 
Schuppen-ähnliche  Bildungen  262. 
Schuppen papille  264. 
Schwanzstachel  275. 
Schweißdrüsen  311. 

Schwimmblase  80—84,  160. 
Schwungfedern  272. 
Seessel'sche  Tasche  20. 
Seitenhaare  283. 

Seitenlinie,  Organe  der  332 — 337. 
Seitenorgane  335. 
Seitenorgansystem  336. 
Septum  transversum  223,  224  ff. 
Sinnesknospen  332. 
Skleroblasten  353. 

30* 


468 


Register. 


Sohlen  falz  304. 
Sohlenhorn  297. 
Spiraldarm  157. 
Spiralfalte  161. 
Spiralklappe  156. 
Splanchnopleura  110,  159,  174. 
Spritzloch  117. 
Spürhaare  285. 

—  Nerven  der  279. 
Stachelfollikel  273. 
Staehelkegel  273. 
Stachelkeim  273. 
Stacheln  272  ff. 
Stachelpapille  273. 
Stammbronchus  98,  99. 
Stammhaar  284. 
Stammknospe  99. 
Sternzellen  351. 
Stiftchenzellen  258. 
Stiftzähne  70. 

Stirnfortsatz,  mittlerer,  seitlicher  27  ff. 
Stomodaeum  s.  Mundbucht. 
Stratum  intermedium  351. 

Mensch  411. 

Strichkanal,  Wiederkäuer  318. 
Substanz,  onychinogene  256. 
Suprapericardialkörper  127,  142. 
Syncytium  (Epidermisanlage)  253. 
Syrinx  96. 

T. 

Talgdrüsen  314. 

—  im  roten  Lippenrande  316. 

—  der  Mundhöhle  61. 
Tasthaare  285. 
Tastkörperchen  330. 
Tastzellen  332. 
Teloderm  254. 
Tentakel,  Acipenser  22. 

—  Amphioxus  6. 

—  Bdellostoma  16. 
Thymus  114,  127,  131  ff. 

—  Amphibien  134. 

—  Mensch  141. 

—  Eeptilien  136—138. 

—  Säuger  139— 142 

—  Teleostier  133. 

—  Vögel  138,  139. 

—  konzentrische  Körperchen  der  134. 
Tonsilla  lingualis  63. 

—  palatina  64. 

—  pharyngea  65. 
Tonsillen  185. 
Trabeculin  Bf»."). 

—  Selachier  387. 
Trachea  86  ff. 
Tracheairinge  90. 
Tremostoma  33. 
Tuberculum  impar  39,  41. 

u. 

Unterkieferfortsatz  21  ff. 
Unterkieferwulst  s.  Unterkieferfortsatz. 


Unterzunge  52. 
Urdarm  109. 
Urnägel  295. 


V. 


Vasoden  tin  354. 

Vater' sehe  Körperchen  329. 

Velum,  Ammocoetes  13. 

—  Amphioxus  6. 

—  Bdellostoma  16. 
Venae  pulmonales  103. 
Verhornung  254  ff. 
Vernix  caseosa  260. 
Vestibulum  oris  79. 
Vitrodentin  355. 
Vollkolben  276. 
Vorderdarm  114,  155. 

—  Sonderungen  des  168. 
Vorleber  231. 


w. 

Wolfsrachen  29. 
Wollhaare  276. 
—  des  Schafes  285. 
Wrisberg'scher  Knorpel  90. 
Wurzelblatt  der  Nagelanlage  293. 
Wurzelscheide ;    radiäre   Anordnung   der 
Zellen  der  innern  291. 


z. 

Zähne,    Definition,    Geschichtliches     349 
452. 

—  mit  permanentem  Wachstum  405. 
Zahnanlage,  prälakteale  437. 
Zahnen,  beim  Menschen  414. 
Zahnentwickelung,  Bind  437. 

—  Tapir  437. 
Zahnersatz,  Säuger  413  ff. 
Zahngenerationen  358. 
Zahnleiste  358. 

—  Mensch  408. 

Zahnsubstanzen,  Histogenese  der,  Mam- 

malia  412. 
Zahuwachstum,  permanentes,  bei  Nagern 

441. 

Edentaten  443. 

Zahnwechsel,  Mensch  415. 
Zahnzapfen  358. 
Zapfenhöckerpapillen  264. 
Zitze,  sekundäre  318. 
Zunge  36—54. 

—  äußere  Form  der  37  ff. 

—  Drüsen  der  47. 

—  der  Fische  36. 

—  Muskulatur  der  41  ff. 

—  Papillen  der  44  ff. 

—  Skelett  der  48  ff. 
Zungenwülste,  seitliche  40,  41. 
Zwerchfell  222,  227,  230. 


Fommannsche  Buchdruckeret  (Hermann  Pohlc)  In  Jena. 


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NEW  YORK     . 


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