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Full text of "Handbuch des Sanskrit, mit Texten und Glossar. Eine Einführung in das sprachwissenschaftliche Studium des Altindischen"

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SAMMLUNG 

INDOGERMANISCHER 

LEHRBÜCHER 

UNTER  MITWIRKUNG  VON 

PROF.  DR.  E.  BERNEKES,  PROF.  DR.  CARL  BÜCK, 

PROF.  DR.  MIKKOLA,  PROF.  DR.  F.  SOMMER, 
PROF.  DR.  W.  STREITBERG,  PROF.  DR.  A.  THUMB, 
PROF.  DR.  A.  WALDE  UND  PROF.  DR.  J.  ZUBATY 

,     HERAUSGEGEBEN  VON 

Dr.   HERMAN  HIRT 

a.  o.  PROFESSOR  AN  DER  UNIVERSITÄT  LEIPZIG 


I.    REIHE:  GRAMMATIKEN 

1.  BAND: 

HANDBUCH  DES  SANSKRIT  MIT  TEXTEN 
UND  GLOSSAR 

I.  TEIL:  GRAMMATIK 


r)r)r)sr)3S!or)s  Heidelberg  i905  js^sssssr)^)^^ 

CARL   WINTER'S   UNIVERSITÄTSBUCHHANDLUNG 


HANDBUCH 

DES 

SANSKRIT 

MIT  TEXTEN   UND   GLOSSAR 

EINE  EINFÜHRUNG  IN  DAS 

SPRACHWISSENSCHAFTLICHE  STUDIUM 

DES  ALTINDISCHEN 

VON 

Dr.  albert  THUMB 

a.  O.PROFESSOR  AN  DER  UNIVERSITÄT  MARBURG 


I.TEIL:    GRAMMATIK 


r)r)r)r)!5r)sr)r)t)  HEIDELBERG  1905  rj^sssrisiosr) 
CARL  WINTER'S  UNIVERSITÄTSBUCHHANDLUNG 


Verlags -Arch IT  No.  3. 


PK 

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Alle  Rechte,  besonders  das  Recht  der  Übersetzung  in  fremde  Spraehen- 
•sverden  vorbehalten. 


Vorwort. 


Das  Bedürfnis  nach  einem  Hülfsmittel  der  Sanskrit- 
studien, wie  ich  es  hier  zu  bieten  versuche,  braucht  nicht 
erst  nachgewiesen  zu  werden.  Während  mehrere  treff- 
liche Werke  das  historische  Verständnis  des  Griechischen 
und  Lateinischen  vermitteln,  begnügen  sich  die  vorhan- 
denen Lehrbücher  des  Sanskrit  mit  der  deskriptiven  Dar- 
stellung der  Sprache,  ohne  sich  im  mindesten  um  das 
historische  Studium  des  Altindischen  zu  kümmern.  Und 
doch  ist  das  Interesse  der  meisten  Philologen,  welche  sich 
mit  dem  Sanskrit  bekannt  machen,  allein  bedingt  durch 
die  Bedeutung,  welche  jene  Sprache  für  das  Studium  der 
übrigen  indogerm.  Sprachen  noch  immer  besitzt,  obwohl 
das  Ai.  aus  seiner  zentralen  Stellung  im  Kreis  der  indo- 
germ. Sprachwissenschaft  gerückt  worden  ist.  Damit  es 
nicht  noch  mehr  zur  Seite  geschoben  werde,  muß  das 
Studium  des  Sanskrit  mit  den  verwandten  Sprachen  in 
enge  Verbindung  gebracht  werden.  Auch  im  Interesse 
der  indischen  Philologie  scheint  es  mir  notwendig,  daß 
sie  nicht  den  Zusammenhang  mit  der  indogerm.  Sprach- 
wissenschaft verliere;  mag  auch  die  Indologie  eine  durch- 
aus autonome  Wissenschaft  sein,  so  wird  sie  doch  gegen- 
über der  zwar  banausischen,  aber  unvermeidlichen  Frage 
«Cui  bono»  am  besten  fahren,  wenn  sie  auf  ihre  Bedeutung 
für  die  europäischen  Sprachen  hinweisen  kann.  Mit  meinem 
Buch  hoffe  ich  daher  sowohl  der  Indologie  wie  den  Jüngern 
der  europäischen  Philologien  einen  Dienst  zu  erweisen.  Daß 
dem  ersten  Versuch  dieser  Art  noch  mancherlei  Mängel 
lind  Unebenheiten   anhaften,   dessen   bin   ich    mir    selbst 


VI  Vorwort. 

am  besten  bewußt.  Doch  habe  ich  in  wiederholten  Vor- 
lesungen über  Sanskritgrammatik  die  Erfahrung  gemacht, 
daß  die  von  mir  gewählte  Darstellungsweise  den  Bedürf- 
nissen der  Studierenden  entspricht,  daß  z.  B.  auch  das, 
was  ich  in  der  Einleitung  gebe,  nicht  nur  Interesse  er- 
regte, sondern  auch  aus  praktischen  Gründen  nicht  über- 
flüssig ist. 

Der  Zweck  des  Buches  verlangte,  daß  ich  mir  in  den 
Literaturangaben  Beschränkung  auferlegte;  ich  habe 
sie  so  ausgewählt,  daß,  wer  die  behandelten  Probleme 
genauer  studieren  will,  sich  mit  den  angeführten  Hin- 
weisen weiterhelfen  kann.  In  sprachgeschichtlichen  Fragen 
war  ich  bestrebt,  in  erster  Linie  dasjenige  mitzuteilen, 
was  ich  nach  dem  heutigen  Stand  der  Forschung  für  ge- 
sichert oder  wahrscheinlich  halte:  Unsicheres  wurde  deut- 
lich gekennzeichnet.  Daß  mir  vor  allem  Brugmanns 
Grundriß  und  Wackernagels  Altindische  Lautlehre  unschätz- 
bare Dienste  leisteten,  möchte  ich  dankbar  hervorheben. 
Auf  neue  Entdeckungen  und  Hypothesen  bin  ich  nicht 
ausgegangen,  und  wenn  ich  einmal  eine  neue  Erklärung 
versuchte,  so  habe  ich  mich  möglichst  zurückhaltend  aus- 
gedrückt, weil  ich  dies  in  einem  Lehrbuch  für  richtiger 
halte,  als  unsichere  Hypothesen  um  weitere  zu  vermehren. 
Zur  sprachgeschichtlichen  Erklärung  habe  ich  meist  nur 
das  Griechische,  Lateinische  und  Gotische  herangezogen 
und  das  Griechische  seinerseits  wieder  stärker  als  die^ 
übrigen  Sprachen  berücksichtigt,  weil  es  aus  praktischen 
und  Innern  Gründen  am  besten  zur  Feststellung  und  Er- 
läuterung der  urindogerm.  Verhältnisse  geeignet  ist;  die 
indogerm.  Grundformen  habe  ich  nicht  durchgehends  auf- 
geführt, teils  um  dem  Benutzer  des  Buches  eigene  Denk- 
arbeit aufzugeben,  teils  deshalb,  weil  sich  bei  Gleichungen 
aus  verschiedenen  Sprachen  nicht  immer  oder  doch  nur 
in  einem  Teil  des  Wortkörpers  einheitliche  Grundformen 
gewinnen  lassen. 

Die  Sprachform,  welche  in  der  vorliegenden  Gram- 
matik gelehrt  wird,   ist  das  Sanskrit,    d.  h.   die   durch 


Vorwort.  VII 

die  Literatur  bezeugte  klassische  Sprache;  Formen  der 
älteren  (vedischen,  brahmanischen  und  epischen)  Sprache 
und  solche,  die  nur  durch  die  indischen  Grammatiker 
gelehrt  werden,  wurden  nur  aus  geschichtlichen  Gründen 
angeführt  oder  in  solchen  Fällen,  wo  die  «Regel»  nur 
sehr  unvollständig  aus  den  Literaturtexten  gewonnen  wer- 
den kann.  Mit  der  Beschränkung  auf  das  Sanskrit  hing 
es  zusammen,  daß  ich  Accentzeichen  nur  dann  setzte, 
wenn  es  zum  Verständnis  der  Formen  nützlich  oder  not- 
wendig schien,  so  z.  B.  bei  den  Paradigmen;  eine  gewisse 
Willkür  war  dabei  nicht  zu  vermeiden.  Was  die  Schrei- 
bung des  Wortauslautes  betrifiPt,  so  bestimmten  mich  di- 
daktische Gesichtspunkte,  in  der  Lautlehre  zunächst  die 
etymologische,  späterhin  die  Pausaform  zu  geben ;  gleiches 
gilt  von  meinem  Verfahren  in  der  Verwendung  von  De- 
vanägari-Schrift  und  Umschrift.  Übrigens  bemerke  ich, 
daß  sich  einigemal  Originalschrift  und  Transskription 
nicht  decken,  weil  auf  diese  Weise  längere  Erläuterungen 
überflüssig  wurden.  In  der  Transskriptionsfrage  habe  ich 
mich  fast  durchweg  an  Brugmanns  Grundriß,  fürs  Iranische 
an  Bartholomae  gehalten;  denn  ich  halte  es  für  das  beste, 
wenn  man  auf  eigene  Liebhabereien  verzichtet  und  sich 
an  viel  benützte  und  maßgebende  Werke  anschließt,  um 
nicht  die  Verwirrung  zu  vermehren,  die  gerade  für  den 
Außenstehenden  unangenehm  und  schädlich  ist. 

Daß  ich  der  Grammatik  Texte  samt  Glossar  in 
einem  besonderen  Bändchen  beigebe,  verstand  sich  von 
selbst,  wenn  ich  dem  Lernenden  nicht  zumuten  wollte, 
daß  er  sich  noch  eine  weitere  Grammatik  mit  Texten 
kaufe.  Zwischen  den  Texten  und  der  Grammatik  besteht 
ein  enger  Zusammenhang:  der  gesamte  SprachstoflF  jener 
ist  verarbeitet  (wodurch  ich  auch  einige  neue  Belege  in 
die  sprachwissenschaftliche  Literatur  einzuführen  hoffe), 
und  wer  sich  die  besonders  unter  «Komposition»  und 
«Satzbau»  angeführten  Beispiele  wohl  einprägt,  wird  bei 
der  Lektüre  der  Texte  eine  wesentliche  Erleichterung 
finden.      Zur   Erleichterung   für    den  Anfänger   habe   ich 


VIII  Vorwort. 

ferner  im  ersten  Stück  fast  durchgehends,  in  den  späteren 
Stücken  immer  spärlicher  die  Trennung  der  Worte  durch 
einen  kleinen  senkrechten  Strich  über  der  Zeile  kenntlich 
gemacht.  Die  Anmerkungen  sind  auf  das  allernotwendigste 
beschränkt.  Die  etymologischen  Angaben  im  Glossar  sollen 
vor  allem  dazu  dienen,  die  Aneignung  des  fremden  Wort- 
schatzes durch  Verknüpfung  mit  Bekanntem  zu  erleichtern ; 
einige  Wurzeln  sind  aus  etymologischen  Gründen  auf- 
genommen, obwohl  sie  in  den  Texten  selbst  nicht  vor- 
kommen. 

Beim  Lesen  der  Korrekturen  haben  mich  Herr  Pro- 
fessor Justi  und  mein  Zuhörer,  Herr  cand.  phil.  H.  Zimmer, 
unterstützt,  wofür  ich  auch  an  dieser  Stelle  meinen  herz- 
lichen Dank  ausspreche.  Herr  Zimmer  hat  außerdem  in 
dankenswerter  Weise  und  mit  großer  Sorgfalt  das  Wort- 
register ausgearbeitet.  Wenn  trotz  aller  auf  die  Korrektur 
verwendeten  Arbeit  Druckfehler  sich  eingeschlichen  haben, 
so  bedauert  das  niemand  mehr  als  der  Verfasser  selbst; 
Bogen  12 — 14  wurden  aus  Versehen  gedruckt,  bevor  sie 
für  druckfertig  erklärt  worden  waren.  Ich  bitte  unter  den 
Berichtigungen  besonders  S.  212  Z.  11  v.  u.  und  S,  345 
Z.  1  zu  beachten,  weil  sie  den  Sinn  der  Stellen  betreffen. 

Marburg,  den  23.  November  1904. 

A.  Thumb. 


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Inhalt. 


Seite 

Einleitung 1—32 

I.  Kapitel.  Übereicht  über  die  wissenschaftliche  Lite- 

ratur.    §§  1—10 ,    .    .    .    .  1 

a)  Allgemeine  Sprachwissenschalt  und  Zeitschriften 
(§§  1,  2).  b)  Idg.  Sprachwissenschaft  (§§  3,  4).  c)  Ira- 
nisch (§  5).     d)  Indische  Sprache  (§§  6—10). 

II.  Kapitel.     Stellung  des  Sanskrit  innerhalb  der  idg. 
Sprachen     und     der    nächstverwandten    Dialekte. 

§§  11-24 8 

Der  indogerm.  Sprachstamm  (§§  11—14).  Der  ansehe 
Zweig  (§§  15,  16).  Zur  Kultur  und  Geschichte  der 
Inder  ('§§  17,  18).  Die  idg.  Sprachen  Indiens  (§§  19 
—24).  ~ 

III.  Kapitel.    Übersicht  über  die  Sanskritliteratur.  Die 
nationalindische  und  europäische  Sanskritforschung. 

§§  25-41 20 

a)  Literatur.  Hülfsmittel  (§  25).  Die  Vedische  Lite- 
ratur (§§  26—32).  Sanskritliteratur  im  engern  Sinn 
(§§  33—37).  b)  Die  indischen  Grammatiker 
(§§  38—40).  c)  Das  Studium  des  Sanskrit  in 
Europa  (§  41). 

Erster  Teil:  Lautlehre 33-144 

IV.  Kapitel.    Schrift  und  Aussprache.    Der  Lautbestand 

der  idg.  Grundsprache.     §§  42 — 58 33 

a)  Die  Schrift  (§§  42—50).  b)  Die  Aussprache. 
Phonetische  Grundbegriffe  (§  51).  Die  Aussprache 
des  Ai.  (§§  52-54).  Accent  (§  55).  c)  Der  Laut- 
bestand der  idg.  Grundsprache.  Methodisches 
(§§  56,  57).    Lautbestand  der  idg.  Ursprache  (§  58). 

V.  Kapitel.    Die   Vertretung   der   idg.  Vokale  im   Ai. 

§§  59—77 49 

a)  Einfache  Vokale  (§§  59—69).  b)  Die  Vokale 
in  konsonantischer  Funktion  (§§  70—72)  und 
die  Diphthonge  (§§  73—77). 


X  Inhalt. 

Seite 

VI.  Kapitel.     Die  Nasalen  und  Liquidae.     §§  78—99.  58 
a)  In    konsonantischer    Funktion    (§§  78—87). 

Cerebralisierung  des  n  (§§  83,  84).  Fortunatovs 
Gesetz  (§  87).  b)  In  sonantischer  Funktion 
(§§  87—99).  Der  uridg.  Bestand  (§  88).  Nasalis  so- 
nans  im  Ai.  (§§  89—91).  Sonantische  Liquida  (§§  92 
— 95).  Lange  sonantische  Liquida  und  Nasal 
(§§  96-98).     Mittelind.  Vertretung  des  r  (§  99). 

VII.  Kapitel.     Die   Vokalabstufung   oder   der   Ablaut. 

§§  100-113 72 

a)  Die  Verhältnisse  der  Grundsprache  (§§  100 
—104).  Vokalabstufung  (§§  100,  101).  Ablautstufen 
(§§  102,  103).  Ablautsystem  (§  104).  b)  Das  ai. 
Ablautsystem  (§§  105—113).  Theorie  der  ind. 
Grammatiker  (§  105).  Der  ai.  Ablaut  im  Verhältnis 
zum  idg.  (§  106).  L  ä-Reihe  (§§  107,  108).  II.  ä-Reihe 
(§  109).  Seltenere  Ablautsformen  (§§  110,  111). 
Neubildungen  (§  112).  Vrcldhi  (§  113). 
Vni,  Kapitel.     Die  Verschlußlaute.   §§  114—145     .    .  87 

a)  Die  Labiale  (§§  114-117).  b)  Die  Dentale 
(§§  118-122).  Entstehung  der  Cerebrale  (§  122).  c)  Die 
fc-Laute  (§§  123—135).  Der  Bestand  der  Grund- 
sprache f§§  123,  124).  a)  Die  palatale  Reihe  (§§  125— 
127).  ß)  Die  reinvelare  und  labiovelare  Reihe (§§  128— 
133).  Das  Palätalgesetz(§§  132,1 33).  y)  Verschiebungen 
zwischen  der  indogerm.  palatalen  und  (labio)velaren 
Reihe  (§§  134,  135).  d)  Das  Aspiratengesetz 
(§§  136,  137).  e)  Verbindungen  der  unter 
a)— c)  behandelten  Konsonanten  (§§  138— 145). 

IX.  Kapitel.    Indogermanische  Zischlaute  und  Spiran- 
ten samt  ihren  Verbindungen.    §§  146—158  .    .    .  110 

Der  s-Laut  (§  146).  Cerebralisierung  des  s  (§§  147, 148). 
Wandel  in  S  (§  149).  Idg.  ss  (§  150).  Idg.  sUh)  (§  151). 
Verbindung  von  Palatalen  und  Gutturalen  mit  s 
(§§  152  — 154),  vonLabialenund Dentalen  mit  s(§  155). 
Sonstige  Entstehung  des  ai.  U  (§  156)  und  Verbin- 
dungen des  Jcs  (§  157).    Idg.  z  (§  158). 

X.  Kapitel.    Die  Gesetze  des  Auslautes.    Der  Sandhi. 

§§  159—187 119 

Vorbemerkungen  (§§  159,  160).  a)  Der  absolute 
Auslaut  im  Ai.  (§§  161—165).  b)  Sandhi  (§§  166 
—187).  Begriff  desselben  (§§  166—168).  a)  Vokal- 
verbindungen (§§  169—173).  Einfache  Vokale 
(§§169— 171).  Auslautende  Diphthonge  (§172).  Unter- 


Inhalt.  XI 

Seite 
bleiben  des  Sandhi  (§  173).  ß)  Verschlußlaute  (§§  174 
—177).    y)  Nasale  (§§  178—181).    o)  Auslautendes  -s 
(§§  182—186).    Sandhi  im  Inlaut  (§  187). 

XI.  Kapitel.    Das  ai.  Lautsystem  in  seinem  Verhältnis 

zum  uridg.  Lautsystem.    §§  188—218 136 

I.  Im  Inlaut,  a)  Vokale  und  Diphthonge  (§§  188 — 
193).  b)  Konsonanten  (§§  194—202).  c)  Bemerkens- 
werte Lautverbindungen  (§§  203—208).  IL  Im 
Auslaut,  a)  Absoluter  Auslaut  (§§209—212).  b)San- 
dhiverbindungen  (§§  213—218). 

Zweiter  Teil:  Formenlehre 145—439 

Erster  Abschnitt.    Nomen  und  Pronomen  ....    145—278 

XII.  Kapitel.  Vorbemerkungen.  Stammbildung.  §§219 

—224      145 

Die  Bestandteile  des  flektierten  Wortes  (§  219).  Stamm 
und  Suffix  (§§  220,  221).  Stammabstufung  (§§  222, 
223).     Übersicht  der  Stämme  (§  224). 

XIII.  Kapitel.    Die   Kasusbildung  und  der  Gebrauch 

der  Kasus.    §§  225—243 151 

a)  Die  Kasusformen  (§§225—234).  Übersicht  der 
Formen  (§§  225—228).  Die  Endungen  (§§  229-232). 
Ursprung  der  idg.  Kasusendungen  (§§  233).  b)  Ge- 
brauch der  Kasus  im  Ai.  (§§  235 — 243).  Nomi- 
nativ (§  236).  Accusativ  (§  237).  Instrumentalis 
(§238).  Dativ  (§  239).  Ablativ  (§  240).  Genetiv 
(§  241).  Lokativ  (§  242).  Vokativ  (§  243). 
Xiy.  Kapitel.    Die  Deklination  der  ä-  und  «-Stämme. 

§§  244-267 167 

I.  Deklination:  a-Stämme.  Paradigma  deva-  und 
phala-  (§§  244-246).     Wortbildung  (§§  247—257). 

IL    Deklination:     «-Stämme.       Paradigma     hälä- 
(§§  258,  259).     Wortbildung  (§§  260—267). 
XT.  Kapitel,   i-,  ü-  und  Diphthongstämme.  §§  268—297  182 

IIL  Deklination:  i-  und  ti-Stämme  (§§268-281). 
a)  Maskulina.  Paradigma  agni-  (§  268),  satru-  (§  270 
— 272).  b)  Feminina.  Paradigma  7nati-  und  dhemi- 
(§§  273,  274).  c)  Neutra.  Paradigma  väri-  und  asm- 
(§§  275,  276).  d)  Adjectiva  (§  277).  Wortbildung 
(§§  278-281). 

IV.  Deklination:  l-  und  ti-Stämme  (§§  282—292). 
a)  i-Stämme.  Paradigma  devl-  und  dhl-  (§§  282 — 286). 
Wortbildung  (§§  287,  288).  b)  «-Stämme.  Paradigma 
vadhü-  und  bhü-  (§§  289—291).  Wortbildung  (§  292). 


XII  Inhalt. 


Seite 


V.  Deklination:  Diphthongstämme.  Paradigma 
näu-  und  räi-  (§§  293,  294),  gö-  und  di/ö-  (§§  295, 
296).     Zu  einzelnen  Kasus  (§  297). 

XYI.  Kapitel,     r-  und  w-Stämme.    §§  298—316   ...  203 

VI.  Deklination:  r-Stämme.  Paradigma  cZätor- und 
intar-  (§§  298—302).    Wortbildung  (§  303). 

VII.  Deklination:  «-Stämme.  Paradigma  räjan- 
und  näman-  (§  304),  ätman-  und  parvan-  (§  305).  Un- 
regelmäßigkeiten (§§  306—808).  Sprachgeschicht- 
liches (§§  309,  310).  Paradigma  baiin-  (§§  311,  312). 
Wortbildung  (§§  313—316). 

XVII.  Kapitel.  VIII.  Deklination:  Stämme  auf  Ver- 
schluß- und  Zischlaute.     §§  317—337 214 

a)  Stäm  me  auf  ein  fache  V  ergeh  lußla  Ute.  Para- 
digma mc- und  päd-  (§§  317—319).  b)  Stämme  auf 
-afic-  f-ac-).  Paradigma  pränc-,  pratyanc-,  anvanc- 
(§§320-322).  c)  Stämme  auf -wi-.  Paradigma 
bharant;  dadat-  (§§  323—326).  Paradigma  dJümnnt-, 
bhagavant-  (§§  327—329).  d)  s-Stämme.  Paradigma 
manas-,  havis-  (§§  330—334).  Paradigma  gariijas- 
(§§  335,  336),  ptis-  (§  337). 

XVIII.  Kapitel.       IX.    Deklination:     Heterokhta. 

§§  338—347 233 

a)  Participium  Perfecti  auf  ras.  ParadigmaficZcrtS-, 
jagmivqs-  (§§  338,  339).  b)  Mischung  sonstiger 
Konsonantstämme  (§§340—343).  c)Misc]iung 
von  Vokal-  und  Konsonantstämmen.  Para- 
digma asthi-  (§  344),  path-  (§  345).  Sonstige  Wörter 
(§§^346,  347).  _ 

XIX.  Kapitel.     Die  Pronomina  und  die  pronominalen 

Adjektiva.    §§  348—376 239 

Literatur  und  Vorbemerkungen  (§§  348 — 350). 

a)  Personalpronomina  (mit  Posseesivum).  aJiam, 
tcam  (§§  351—353),  Reflesivum  (§  354).  svayam 
(§355).  Poseessiva  (§§356,357).  b)  Demoustra- 
tiva.  ta-  (§§358—361),  ena-  (§362),  ayam  (§§363 
—365),  asäu  (§§  366-368).  c)  Relativum  (§§  369, 
370).  d)  Interrogativum  (§§  371—374).  Indefini- 
tum  (§  373).  e)  Pronominale  Ableitungen 
und  Adjectiva  (§§  375,  376). 

XX.  Kapitel.     Anhang  zur  Nominalflexion:  Zahlwort, 
Komparation,  Adverbialbildung.    §§  377 — 407     .    .  258 

a)  Das  Zahlwort  (§§  377— 385).  Kardinal- und  Ordi- 
nalzahlen (§§377  —  379).  Deklination  der  Zahlen  und 


Inhalt.  Xni 

Seite 
Sprachgeschichtliches  (§§  380—382).  Bruchzahlen 
(§  383).  Zahladverbien  (§  384).  Zahladjektiva  und 
-Substantiva(§385).  b) Komparation  (§§386—390). 
ßegelmäßige  Komparation  (§§  386—388).  Unregel- 
•  mäßige  Komparation  (§§389, 390).  c)  Adverbialbil- 
dung (§§391—407).  Wesen  des  Adverbiums  (§391). 
Adverbiale  Kasusformeu  (§§  392 — 396).  Isolierung 
der  Adverbform  (§§  397—400).  Adverbialsuffixe 
(§§  401-407). 

Zweiter  Abschnitt.    Das  Verbum 279—439 

XXI.  Kapitel.    Die  verbalen  Ausdrucksmittel.    §§  408 

—442 279 

a)  Der  Formenbestand.  Augment  und  Redu- 
plikation (§§  408— 416).  Literatur  (§  408).  Be- 
griff der  Konjugation  (§  409).  Genera  verbi  (§  410, 
411).  Modus  und  Tempusstamm  (§412).  Die  Tempora 
(§§413,414).  Das  Augment  (§  415).  Die  Redupli- 
kation (§  416).  b)  Personalendungen  (§§  417 
—435).  Übersicht  (§417).  System  der  P.-E.  (§418). 
Aktivendungen  (§§  419—427).  Medialendungen 
(§§  428-435.)  c)  Modusbildung  (§§  436—442). 
Übersicht  (§  436).  Optativ  (§§  437,  438).  Konjunk- 
tiv (§§  439,  440).    Injunktiv  (§§  441,  442). 

XXII.  Kapitel.    Die  indogermanischen  Grundlagen  der 

ai.  Präsensstämme.    §§  443 — 466 302 

a)  Vorbemerkungen  (§§  443 — 447).  Präsens-,  Aorist- 
und  Perfektstamm  (§  443).  Stammbildende  Suffixe 
(§  444).  Präsensklassen  (§  445).  Der  thematische 
Vokal  (§  446).  Primäre  und  abgeleitete  Verba  (§  447). 

b)  Die  einzelnen  Präsensklassen  (§§448—466). 
a)  Die  ein-  oder  zweisilbige  Wurzel  als  Präseusstamm, 
I.-IV.  Klasse  (§§  448—452).  ß)  Nasalpräsentia, 
V.-VII.  Klasse  (§§  453—458).  y)  Präsensstämme 
mit  Geräuschlauten,  VIIL— XI.  Klasse  (§§459—462). 
§)  Die  io-Präsentia,  XII.— XI V.  Klasse  (§§  463—466). 

XXin.  Kapitel.     Die    primären    Präsensstämme    des 

Sanskrit  und  ihre  Flexion.    §§  467—508 317 

Vorbemerkungen.  Das  System  der  ind.  Gramma- 
tiker (§  467).  Thematische  und  athematische  Konju- 
gation (§  468).  a)  Erste  oder  thematische  Kon- 
jugation (§§  469—477).  Paradigma  hhü-  (§  469). 
Ai.  1.  Klasse  (§§  470—473).  Ai.\  Klasse  (§§  473, 
474).     Ai.  6.  Klasse  (§§  475,  476).     Ai.  10.  Klasse 


XIV  Inhalt. 

Seite 
(§  477).  b)  Zweite  oder  athematische  Konju- 
gation (§§  478—508).  I.  Die  ai.  2.  Klasse  (§§  479 
—490).  Paradigma  dvis-  (§  479),  duh-  (§  480),  i-  (§  481). 
Besonderheiten  im  xlblaut  (§§  483 — 485).  han- 
(§§  486,  487),  as-  (§§  488,  489).  Zweisilbige  Wurzeln 
(§490).  II.  Die  ai.  3.  (reduplizierende)  Klasse 
(§§  491—497).  Paradigma  7m-  (§  491).  Besonder- 
heiten im  Ablaut  (§  494).  da-  und  dhä-  (§  495). 
III.  a)  Die  ai.  5.  (nu-J  Klasse.  Paradigma  su- 
(§§  498,  499).  b)  Die  ai.  8.  ("u-J  Klasse  (§§  500—503), 
tan-  (§  500),  kar-  (§§  502,  503).  IV.  Die  ai.  7.  (n-J 
Klasse  (§§  504—506).  V.  Die  ai.  9.  Otä-}  Klasse. 
Paradigma  krl-  (§§  507,  508). 

XXIT.  Kapitel.     Das  Perfektsystem.    §§  509—533  .    .  352 

a)  Die  idg.  Perfektbildung  (§§  509—515).  Eigen- 
art des  Perfekts  (§  510).  Reduplikation  (§  511,512).  Der 
Wurzelablaut  (§§513,514).    Formenbestand  (§515). 

b)  Das  ai.  Perfectum  (§§  516—533).  Paradigma 
kar-  und  tud-  (§§  516 — 518).  Ursprung  des  Binde- 
vokals (§  519).  Zur  Reduplikation  (§§  520,  521).  Be- 
sonderheiten des  Wurzelablauts  (§§  522,  523).  Ab- 
lautsstörungen (§  524).  Paradigma  nl-  (§§  525,  526), 
da-  (§§  527,  528).  aha  (§  529).  Das  Participium  Per- 
fecti(§  530).  Das  periphrastische  Perfekt  (§§531— 533). 

XXy.  Kapitel.     Das  Aoristsystem.    §§  534—564  ...  370 

Übersicht  (§  535)  und  Vorkommen  (§  536). 

a)  Starke  Aoriste  (§§537 — 544).  1.  Der  Wurzelaorist 
(§§  537,  538).  Der  Passivaorist  der  3.  S.  (§'639). 
2.  Der  themavokalische  Aorist  (§§  540—542).  3.  Der 
reduplizierte  Aorist  (§§  542 — 544). 

b)  Sigmatische  Aoriste  (§§545—561).  4.  s-Aorist 
(§§  545—550).  Vermischung  des  1.  und  4.  Aorists 
(§  550).  5.  tf  Aorist  (§§  551—555).  6.  st's- Aorist 
(§§  556—558).    7.  sa-Aorist  (§§  559—561). 

c)  Der  Prekativ  (§§  562—564).  Bildungsweise 
(§§  562,  563).     Sprachgeschichtliches  (§  564). 

XXVI.  Kapitel.     Das  Futurum.    §§  565-575    ....  388 

Paradigma  (§  565).  Die  Wurzelsilbe  (§  566).  Bindevokal 
(§§  567—569).  Unregelmäßige  Formen  (§  570).  Sprach- 
geschichtliches (§  571).  Causativaund  Denominativa 
(§  572).  Das  periphrastische  Futurum  (§§  573,  574). 
Syntaktisches  (§  575). 


Inhalt.  XV 

Seite 

XXVII.  Kapitel.      Die     abgeleiteten     Konjugationen. 

§§  576—609 394 

1.  Das  Paesivum  (§§576 — 582).  Der  Präsensstamm 
(§§  576 — 581).     Außerpräsentische  Formen  (§  582). 

2.  Das   Causativum  (§§  583-593).     Der   Präsens- 
stamm (§§  583 — 585).    Besonderheiten  des  Wurzel- 
vokals (§  586).   p-Causativum  (§§  587,  588).    Außer-  ' 
präsentische  Formen  (§§  589 — 593). 

3.  Das  Iutensivum(§§  594-598).  Bildung  und  Fle- 
xion (§§  594,  595).  Die  Reduplikation  (§  596).  Ein- 
Schiebung  eines  i  (§  597).  Die  übrigen  Tempora  (§  598). 

4.  Das  Desiderativum  (§§599—605).  Bildungsweise 
(§  599).  RedupUkation  (§  600).  Die  Wurzelsilbe 
(§§601,602).  Bindevokal  (§  603).  Desiderativ  zum 
Causativum  (§  604).     Sonstige  Formen  (§  605). 

5.  Das  Denominativum  (§§  606—609).  Bildungs- 
weise (§§  606,  607).  Besonderheiten  der  ä-Stämme 
(§  608).     Sonstige  Unregelmäßigkeiten  (§  609). 

XXVIII.  Kapitel.   Das  Verbum  infinitum.  §§  610—645  415 

a)  Das  Participium(§§  610—628).  Übersicht  (§§  610, 
611).  1.  Die  Participien  auf  -ta-  und  -na-  (§§  612 
—621).  Particip  auf -fa- (§§612—617).  Bindevokal 
(§§615,616).  Abgeleitete  Verba  (§  617).  Particip  auf 
-tavant-{%%\^).  Particip  auf -wd- (§§  619,  620).  Sup- 
pletivformen (§621).  2.  Gerundiva(§§  622— 628). 
Übersicht  (§  622).  Suffix  -ya-  (§§  623—625).  Suffix 
-U/a-  (§  626).  Suffix  -tavija-  (§  627).  Suffix  -anlya- 
(§  628). 

b)  Infinitiv  (§§  629-634).  Wesen  des  Infinitivs 
(§§  629,  630).  Der  Infinitiv  des  Sanskrit  (§§  631,  632). 
Bindevokal  (§  633).     Abgeleitete  Verba  (§  634). 

c)  Absolutivum  (§§  635—645).  Wesen  desselben 
(§  635).  Gebrauch  (§  636).  Bildungsweise  (§  637). 
Suffix  -tvä  (§§  638,  639),  bei  abgeleiteten  Konjuga- 
tionen (§  640).  Suffix  -ya  (§§  641,  642).  Suffix  -tya 
(§  643),  bei  Kausativen  und  Denominativen  (§  644). 
Absolutivum  auf  -am  (§  645). 

Dritter  Teil:  Compositum  und  Satzbau 440—483 

XXIX.  Kapitel.     Das  Compositum.    §§  646—681     .    .  440 
Vorbemerkungen  (§§646—648).     a)  Verbalkompo- 
sita (§§  649—654).  Gliederung  (§  649).    Zusammen- 
setzung mit  Präpositionen  (§  650),    mit  Adverbien 

(§  651),  mit  Nomina  (§§  652—654). 


XVI  Inhalt. 


Seite 


b)  Nominalcomposita  (§§  655 — 678).  Vorbemer- 
kungen (§§  655,  656).  Einteilung  (§  657).  1.  Kopu- 
lative Composita  (§§  658,  659).  2.  Determi- 
native Composita  (§§  660—669).  Einteilung 
(§  660).  Attributive  (§§  661,  662),  kasuelle  Bestimmt- 
heit (§§  663—665).  Unechte  Composita  (§666).  Com- 
posita mit  Verbalrektion  (§  667).  Adverbiales  Vor- 
derglied (§§  668,  669).  3.  Possessivcomposita 
(§§  670—678).  Wesen  und  Ursprung  (§  670).  Attri- 
butive (§§  671—673),  kasuelle  Bestimmtheit  (§  674). 
Präposition  oder  Adverb  als  Vorderglied  (§§  675, 
676).     Flexion  des  Schhißgliedes  (§§  677,  678). 

c)  Adverbialcomposita  (§§  679—682).  Satzcom- 
posita (§  682). 

XXX.  Kapitel.  Die  Hülfsmittel  des  indischen  Satzbaues. 

§§  683—700 468 

Literatur  (§  683).  Charakter  des  ai.  Satzbaues  (§§  684, 
685).  V^ortstellung  (§§  686,  687),  der  Partikeln  (§§  688, 
689),  im  Fragesatz  (§  690).  Koordinierende  Konjunk- 
tionen (§  691).  Erweiterungen  des  einfachen  Satzes 
(§  692).  Das  Nominalcompositum  im  Satzbau  (§§  693 
—695).  Nebensätze  (§§  696,  697).  Konjunktional- 
sätze (§  698).  Oratio  obliqua  und  Konstruktion  von 
iti  (§§  699,  700). 

Indisches  Namen-  und  Sachregister  zur  Einleitung  .    .  484 

Wortregister      ,  485 

Nachträge  und  Berichtigungen 502 


Zur  Umschreibung  fremder  Alphabete.  XVII 


Zur  Umschreibung  fremder  Alphabete. 


Der  lautliche  Wert  der  für  die  Schreibung  der  einzelnen 
idg.  Sprachen  und  der  idg.  Grundsprache  gewählten  Zeichen 
ergibt  sich  meist  aus  den  in  der  Grammatik  gegebenen  Erläu- 
terungen (vgl.  besonders  §  51  ff.).  Für  die  Umschrift  der  einzelnen 
Sprachen  kommt  außerdem  folgendes  in  Betracht. 

1.  Avestisch.  Diphthong  ae  =  ae;  ao  =  ao.  Mit  hoch- 
gestellten kleinen  Lettern  werden  sogenannte  'epenthetische'  oder 
'anaptyktische',  d.  h.  sekundär  entwickelte  (nicht  silbebildende) 
Vokale  bezeichnet  (wie  z.  B.  in  er^  oder  haraHi).  q  ist  Nasal  vokal. 
wuh  =  whv.  c,  j  =  ai.  c,j;  y  und  8  sind  zu  y  (=  ch,  x)  und  /  (9-)  die 
entsprechenden  tönenden  Spiranten.  /  ist  ein  dem  ß  und  8  nahe- 
stehender Spirant.  —  Für  das  Altpersische  ist  zu  merken,  daß 
der  Nasal  vor  Konsonant  (z.  B.  haHiy)  im  Originalalphabet  nicht 
bezeichnet  ist;  -iy,  -uv  im  Auslaut  haben  den  Wert  von  -i,  -u. 

2.  Gotisch,  ai  ist  offenes  e  (ä),  aü  offenes  o  (a).  q  =  qu; 
h  wohl  stimmloses  u.  Über  den  Wert  von  y  im  Germanischen 
vgl.  1.  b,  d  (g?)  werden  im  Got.  nach  Vokalen  als  Spiranten  aus- 
gesprochen (f),  ?f,  f). 

3.  Litauisch.  Vokale  mit  '  sind  kurz,  mit  '  oder  ~  lang; 
bezeichnet  einen  steigend-fallenden  Accent;  bei  den  (diphthon- 
gischen) Verbindungen  von  Vokal  -f  i,  u,  r,  l,  n,  m  steht  ~  immer 
auf  dem  zweiten  Bestandteil.  (In  Wörtern  wie  wül'as  S.  68,  168 
und  halsas  S.  111  ist  das  ~  über  dem  l  typographisch  nicht  richtig 
zum  Ausdruck  gekommen.)  e  ist  geschlossenes  e;  ij  =  l;  e  =  ie; 
ü  =  uo;  j  ^=  i;  S2  =  s;  c  =  ts,  cz  =  ts.  —  i  nach  Konso- 
nant und  vor  dunklem  Vokal  bezeichnet  Palatalisierung  des 
Konsonanten. 

4.  Altbulgarisch.  e  =  e.  t,  ist  ein  kurzes  offenes  i;  ^  ein 
kurzes  offenes  u  (dem  a  nahestehend);  tj  ist  ein  M-artiger  (langer) 
Vokal,    e  ist  nasaliertes  e,  q  nasaliertes  o.    c  =  ts,  c  =  ts,  ch  =  •/• 


XVUI 


Verzeichnis  der  wichtigeren  Abkürzungen. 


Verzeichnis  der  wichtigeren  Abkürzungen. 


Zu  den  Büchertitehi  und  Zeitschriften  vgl.  Kap.  I.  Über 
die  Abkürzungen  im  Wörterverzeichnis  s.  d.  Ein  *  bedeutet,  daß 
die  damit  bezeichnete  Form  nur  erschlossen,  nicht  wirklich  belegt 
ist.  Ein  schließendes  -  bedeutet,  daß  es  sich  um  eine  Wurzel- 
oder Stammform  handelt.  Das  Wort  Texte  oder  eine  bloße  Zahl 
unmittelbar  hinter  einem  Beispiel  verweist  auf  die  Texte  des 
Handbuches  (im  2.  Teil). 

Außerdem  sind  zu  merken: 


ab.,  abulg.  =  altbulgarisch 

aeol.  =  aeolisch 

agr.  =  altgriechisch 

ahd.  =  althochdeutsch 

ai.  =  altindisch 

air.  =  altiriscb 

alat.  =  altlateinisch 

alban.  =  albanesisch 

altav.  =  altavestisch 

altlit.  =  altlitauisch 

ap.,  apers.  =  altpersisch 

ar.  =  arisch 

av.  =  avestisch 

AV".  =  Atharva-Veda 

Br.,  Brahm.  =  Brähmana's 

dial.  =  dialektisch 

der.  =  dorisch 

f.  =  Femininum 

got.  =  gotisch 

Gramm.  =  durch  die  indischen 

Grammatiker  bezeugt 
gr.,  griech.  =  griechisch 
hom.  =  homerisch 


idg.  =  indogermanisch 

ind.  =  indisch 

iran.  =  iranisch 

kl.,  klass.  =  klassisch,  d.  h.  in 
der  klass.  Sprache  vorkom- 
mend 

kret.  =:  kretisch 

lat.  =  lateinisch 

lit.  =  litauisch 

m.  =  Masculinum 

mi.  :=  mittelindisch 

n.  =  Neutrum 

ngr.,  neugr.  =  neugriechisch 

nhd.  =  neuhochdeutsch 

osk.  =  oskisch 

prakrit.  =  prakritisch 

preuß.  =  (alt)preußisch 

RV.   =  Rgveda 

o 

spätgr.  =  spätgriechisch 
thess.  =  thessalisch 
urar.  =  ur-arisch 
ved.  =  vedisch 
W.  =^  Wurzel. 


Einleitung. 

I.  Kapitel. 

Übersicht  über  die  wissenschaftliche  Literatur. 


a)  Allgemeine  Sprachwissenschaft  nnd  Zeitschriften. 

1,  Internationale  Zeitschrift  für  allgemeine  Sprachwissen- 
schaft. Herausgeg.  von  F.  Techmer.  5  Bde.  (und  Supplemente). 
Leipzig  1884—1890. 

Zeitschrift  für  vergleichende  Sprachforschung  auf  dem  Gebiete 
des  Deutschen,  Griechischen  und  Lateinischen,  herausgeg.  von  A. 
Kuhn.  Berlin  (bezw.  Güterslohe)  1852  ff.  Von  Bd.  23  ab  (1877  ff.) 
unter  dem  Titel  Ztschr.  f.  vgl.  Sprachforschung  auf  dem  Gebiet 
der  indog.  Sprachen.  Von  Bd.  26  ab  (1887  ff.)  herausgeg.  von  E. 
Kuhn  und  J.  Schmidt  (zitiert  als  Kuhns  Ztschr.  =  KZ). 

Beiträge  zur  vergl.  Sprachforschung  auf  dem  Gebiet  der  ari- 
schen, keltischen  und  slavischen  Sprachen,  herausgeg.  von  Ä.  Kuhn 
und  Ä.  Schleicher.    8  Bde.    Berlin  1858 — 76. 

Beiträge  zur  Kunde  der  idg.  Sprachen,  herausgeg.  von  A. 
Bezzenherger.  Göttingen  1877  ff.  (zitiert  als  Bezzenbergers  Beitr. 
=  BB). 

Indogermanische  Forschungen.  Zeitschrift  für  idg.  Sprach- 
und  Altertumskunde.  Herausgeg.  von  K.  Brugmann  und  W. 
Streitberg.  Mit  dem  Beiblatt:  Anzeiger  für  idg.  Sprach-  und 
Altertumskunde.  Herausgeg.  von  W-  Streitberg.  Straßburg  1892  ff. 
(zitiert  als  IF,  bezw.  IF  Anz.) 

Memoires  de  la  societe  de  linguistique  de  Paris.  Paris  1868  ff. 

The  American  Journal  of  Phüology.  Ed.  by  B.  L.  Gilders- 
leeve.    Baltimore  1880  ff. 

Auf  dem  Gebiet  der  orientalischen  Sprachen  sind  zu  nennen: 

Zeitschrift  der  Deutschen  Morgenländischen  Gesellschaft 
Leipzig  1847 ff.  (zitiert  ZDMG).  (Dazu  in  zwangloser  Folge:  Ab- 
handlungen für  die  Kunde  des  Morgenlandes,  herausgeg.  von  der 
DMG.    Leipzig  1859  ff.) 

Thumb,  Altindische  Grammatik.  * 


2  Einleitung.  [2.  3. 

"Wiener  Zeitsclirift  für  die  Kunde  des  Morgenlandes.  Herausgeg. 
von  Bühler  u.  a.    Wien  1887  ff.  (abgekürzt  WZKM). 

Journal  asiatique  ou  Recueil  de  memoires  relatifs  ä  l'histoire 
[etc.]  des  peuples  orientaux.    Publie  par  la  Societe  Asiatique.    Paris. 
Journal  of  the  American  Oriental  Society.    New  Haven  (New 
York)  1850  ff.  (zitiert  JAOS). 

Ausschließlich  der  indischen  Philologie  sind  gewidmet: 
Indische  Studien.    Herausgeg.  von  A.  Weber.  Berlin  (Leipzig) 
1850  ff. 

The  Indian  Antiquary,  a  Journal  of  Oriental  research  in  ar- 
chaeology.    Bombay. 

2.  W.  Wtmdt,  Völkerpsychologie.  Eine  Untersuchung  der 
Entwicklungsgesetze  von  Sprache,  Mythus  und  Sitte.  1.  Bd.  Die 
Sprache.    2  Teile.    Leipzig  1900. 

B.  Delbrück,  Grundfragen  der  Sprachforschung  mit  E-ücksicht 
auf  "Wundts  Sprachpsychologie  erörtert.     Straßburg  1901. 

W.  Wundt,  Sprachgeschichte  und  Sprachpsychologie  mit  Rück- 
sicht auf  B.  Delbrück  „Grundlagen  der  Sprachforschung".  Leipzig 
1901. 

G.  V.  d.  Gabelentz,  Die  Sprachwissenschaft,  ihre  Aufgaben, 

Methoden  und  bisherigen  Ergebnisse.    Leipzig  1891.   2.  Aufl.  1901. 

jff.  Paul,  Principien  der  Sprachgeschichte.  3.  Aufl.  Halle  1898. 

B.  Delbrück,  Einleitung  in  das  Sprachstudium.     Ein  Beitrag 

zur  Geschichte  und  Methodik  der  vergleichenden  Sprachforschung. 

8.  Aufl.    Leipzig  1893. 

Whitney  y.al  Jolly  'AvaYva)OiJ.aTci  rspl  twv  yevtxojv  dp/üiv  ttj« 
ouYxpiTixf];  'i'kta<si5Q'ko'iia.<i.  MeT£ppu9tj.tati.£va  zic,  ttjv  IXXtjvixtjv  öttö 
r.  N.  XaTCiSdxi,  Athen  1898.  (Bearbeitung  des  Buches  von 
Whitney,  Die  Sprachwissenschaft.  Deutsch  von  Jolly.  Leipzig 
1874.  Die  Bearbeitung  enthält  besonders  reiches  Belegmaterial  aus 
dem  Gebiet  der  griechischen  Sprachgeschichte). 

H.  Steinthal,  Geschichte  der  Sprachwissenschaft  bei  den  Griechen 
und  Römern.    2.  Aufl.    2  Bde.    Berlin  1890-1891. 

Th.  Benfey,  Geschichte  der  Sprachwissenschaft  und  orientali- 
schen Philologie  in  Deutschland.     München  1869. 

b)  Indogermanisclie  Spracliwissenscliaft. 

3.  K.  Brugmann  und  B.  Delbrück,  Grundriß  der  vergleich. 
Grammatik  der  indog.  Sprachen.  6  Bde  u.  Registerband.  Straß- 
burg 1886  —  1900.  (Laut-,  Wortbildungs-  und  Flexionslehre  von 
Brugmann,  Syntax  von  Delbrück).     Der  erste  Band  (Einleitung 


§  3.  4.  5.]         Übersicht  über  die  wiss.  Literatur.  3 

und  Lautlehre)  in  2.  Aufl.  (2  Teile).    Straßburg  1897  (zitiert  als 
Brugmann,  Grundr.) 

K.  Brugmann,  Kurze  vergleichende  Grammatik  der  indogerm. 
Sprachen  I.  (Einleitung  und  Lautlehre.)  Straßburg  1902  (zitiert 
Brugmann,  Kurze  vergl.  Gramm.). 

B,.  Meringer,  Indogerm.  Sprachwissenschaft.  Leipzig  (Samm- 
lung Göschen). 

A.  Fick,  Vergl,  "Wörterbuch  der  indog.  Sprachen.  4.  Aufl. 
Bearbeitet  von  A.  Bezzenberger,  A.  Fick  und  Wh.  Stokes.  I.  Wort- 
echatz  der  Grundsprache,  der  arischen  und  der  westeuropäischen 
Spracheinheit  von  A.  Fick.  Göttingen  1890.  IL  Wortschatz  der 
keltischen  Spracheinheit  von  Wh.  Stokes  und  A.  Bezzenberger.  1894. 

4.  J.  Schmidt,  Die  Verwandtschaftsverhältnisse  der  indog. 
Sprachen.    "Weimar  1872. 

F.  Bechtel,  Die  Hauptprobleme  der  indog.  Lautlehre  seit 
Schleicher.     Göttingen  1892. 

F.  de  Saussure,  Memoires  sur  le  Systeme  primitif  des  voyelles 
dans  les  langues  indo-europeennes.    Leipzig  1879  (Paris  1887). 

H.  Hübschmann,  Das  indog.  Vokalsystem,    Straßburg  1885. 

H.  Hirt,  Der  indog.  Ablaut,  vornehmlich  in  seinem  Ver- 
hältnis zur  Betonung.     Straßburg  1900. 

H.  Hirt,  Der  indog.  Akzent.     Straßburg  1895. 

J.  Schmidt,  Kritik  der  Sonantentheorie.     "Weimar  1895. 

Chr.  Bartholomae,  Studien  zur  indog.  Sprachgeschichte. 
2  Hefte,  Halle  1890  —  1891  (I.  Indogerm.  ss,  IL  Indog,  sk  und 
skh.    Ai.  äsis  >  lat.  eras.) 

H.  Osthoffund  K-  Brugmann,  Morphologische  Untersuchungen 
auf  dem  Gebiet  der  indog.  Sprachen.   5  Bde.   Leipzig  1878—1890. 

J.  Schmidt,  Die  Pluralbildungen  der  indog,  Neutra.  "Weimar 
1889. 

B.  Delbrück  (und  E.  Windisch),  Syntaktische  Forschungen. 
5  Bde.    Halle  1871—1888. 

Über  Darstellungen  und  Arbeiten  im  Gebiet  der  Einzelsprachen 
orientieren  die  übrigen  Teile  der  vorliegenden  Sammlung;  eine 
fortlaufende  Bibliographie  über  das  gesamte  Gebiet  der  allge- 
meinen und  indog.  Sprachwissenschaft  findet  sich  in  den  IP  (Anz,). 

c)  Iranisch. 

6.  Grundriß  der  iranischen  Philologie.  Herausgeg.  von  W. 
Geiger  und  E.  Kuhn.  Straßburg  1895  £f.  Die  Gliederung  des 
"Werkes  ist  folgende :  Bd.  I.  I.Abschnitt:  Sprachgeschichte.  l.Vor- 

1* 


4  Einleitung.  [§  6.  6. 

geschichte  der  iran.  Sprachen.  2.  Awestasprache  und  Altpersiscb. 
Von  Chr.  Bartholomae.  3.  Mittelpersisch.  Von  C  Salemann. 
4.  Neupersische  Schriftsprache.  Von  P.  Hörn.  5.  Die  Sprache 
der  Afghanen  und  Balutschen  von  TT.  Geiger.  Die  Sprache  der 
Kurden.  Von  A.  Socin.  Kleinere  Dialekte  und  Dialektgruppen. 
Von   W.   Geiger. 

Bd.  IT.  2.  Abschnitt:  1.  Awestaliteratur.  Von  K.  F.  Geldner. 
2.  Die  altpersischen  Inschriften.  Von  F.  E.  Weissbach.  3.  Pahlavi 
Literature.  By  E.  W.  West.  4.  Das  iranische  Nationalepos.  Von 
Th.  Nöldeke.  5.  Neupersische  Literatur.  Von  E.  Ethe.  3.  Ab- 
schnitt: Geschichte  und  Kultur.  1.  Geographie  von  Iran.  Von 
W.  Geiger.  2.  Geschichte  Irans  von  den  ältesten  Zeiten  bis  zum 
Ausgang  der  Säsäniden.  Von  F.  Justi.  3.  Geschichte  Irans  in 
islamitischer  Zeit.  Von  F.  Hom.  4.  Nachweisung  einer  Auswahl 
von  Karten  für  die  geographischen  und  geschichtlichen  Teile  des 
Grundrisses.  Von  F.  Jtisti.  5.  Die  iranische  Religion.  Von  W. 
Jackson.  —  Das  "Werk  wird  zitiert  als  Iran.  Grundriss. 

L.  H.  Gray,  Indo-iranian  phonology  with  special  reference 
to  the  Middle  and  New  Indo-iranian  languages.     New  York  1902. 

Chr.  Bartholomae,  Handbuch  der  altiranischen  Dialekte. 
Leipzig  1883. 

Ch.  Bartholomae,  Altiranisches  "Wörterbuch.    Strasburg  1904. 

F.  Spiegel,  Die  altpersischen  Keilinschriften.  2.  Aufl.  Leipzig 
1881. 

W.  Jackson,  An  Avesta  Grammar  in  comparison  with  Sanskrit. 
I.  Stuttgart  1892. 


d)  Indische  Sprache  (Sanskrit). 

6.  Indische  Philologie,  a.  Über  die  Fortschritte  im  gesamten 
Gebiete  der  indischen  Philologie  orientieren :  Orientalische  BibHo- 
graphie.  Herausgegeben  von  L.  Scherman  (Berlin  Reuther  und 
Reichard)  und  die  IF  (Anz,). 

b.  Grundriß  der  Indo-Arischen  Philologie  und  Altertumskunde. 
Herausgeg.  von  Georg  Bühler.  Straüburg  1896  ff.  Nach  dem 
Tode  Bühlers  fortgesetzt  von  F.  Kielhorn  (seit  1899).  Bisher  sind 
folgende  Abschnitte  erschienen: 

Bd.  I.  Allgemeines  und  Sprache. 

la.  Georg  Bühler.    Von  J.  Jolly.    1899. 
3b.  Die  indischen  "Wörterbücher  (Kosa).  Von  Th.  Zacha- 
riae.    1897. 


§  6.  7.1  Übersicht  über  die  wiss.  Literatur.  5 

6.  Vedische  und   Sanskrit-Syntax.     Von  J.   S.  Speyer. 
1896. 

8.  Grammatik  der  Prakrit  -  Sprachen.    Von  R.  Fischet, 

1900. 

10.  Literatur  und  Sprache  der  Singhalesen.     Von    W. 
Geiger.    1901. 

11.  Indische  Palaeographie.    Von  G.  Bühler.    1896  (mit 
17  Tafeln). 

Bd.  II.  Literatur  und  Geschichte. 

Ib.  The  Atharvaveda.    By  M.  Bloomfield.    1899. 

3b.  Indian  Coins.    By  E.  J.  Rapson.    1898. 

8.  Eecht  und  Sitte.    Von  J.  Jolly.    1896. 
Bd.  III.  ReHgion,  weltliche  Wissenschaften  und  Kunst. 

la.  Vedic  Mythology.    By  A.  A.  Macdonell. 

2.  Ritual-Literatur  und  vedische  Opfer  und  Zauber.    Von 
A.  milebrandt.    1897. 

4.  Säjkhya  und  Yoga.     Von  R.   Garbe.     1896. 

8.  Manual  of  Indian  Buddhism.    By  H.  Kern.     1896. 

9.  Astronomie,    Astrologie    und  Mathematik.     Von    G. 
Thibaut.    1899. 

10.  Medizin.    Von  J.  Jolly.    1902. 
Das  "Werk  wird  zitiert  als  Ind.  Grundriß. 

L.  von  Schroeder,  Indiens  Literatur  und  Cultur  in  histori- 
scher Entwicklung.    Leipzig  1887. 

7.  Grammatische  Gesamtdarstellungen.  F.  Bopp,  Ausführ- 
liches Lehrgebäude  der  Sanskrita-Sprache.  Berlin  1827.  2.  Aufl. 
u.  d.  Titel:    Grammatica    critica  linguae  sanscritae.     Berlin  1832. 

F.  Bopp ,  Kritische  Grammatik  der  Sanskrita  -  Sprache  in 
kürzerer  Fassung.     Berlin  1834.    4.  Aufl.  1868. 

Th.  Benfey,  Handbuch  der  Sanskritsprache.  I.  Vollständige 
Grammatik.  Leipzig  1852.  II.  (in  2  Teilen)  Chrestomathie  aus 
Sanskritwerken  mit  Glossar.    1853—54. 

W.  D.  Whitney,  A  Sanskrit  Grammar,  including  both  the 
classical  language  and  the  other  dialects,  of  Veda  and  Brahmana. 
Leipzig  1879  (BibUothek  indogermanischer  Grammatiken.  Bd.  IL) 
3.  Aufl.  1896  (nahezu  identischer  Abdruck  der  2.  Ausgabe).  In 
deutscher  Übersetzung  von  H.  Zimmer.  Leipzig  1879.  (Zitiert 
Whitney.) 

W.  D.  Whitney,  The  roots,  verb-forms  and  primary  deri- 
vatives of  the  Sanskrit  language.  Leipzig  1885;  in  deutscher 
Ausgabe  von  H.  Zimmer.  (Bibliothek  indogerman.  Grammatiken. 
IL  Anhang.  2.) 


6  Einleitung.  [§  7.  8. 

Ä.  JSoltzmann,  Grammatisches  aus  dem  Mahabharata.  Ein  An- 
hang zu  "W.  D.  Whitney's  Indischer  Grammatik.  Leipzig  1884. 
(Bibliothek  indog.  Gramm.     II.  Anhang  1). 

Keine  dieser  Darstellungen  behandelt  das  Sanskrit  vom  ver- 
gleichenden Standpunkt.  Die  Grammatiken  von  Bopp  und  Benfey 
haben  heute  im  allgemeinen  nur  historischen  Wert,  jene  wegen 
der  Förderung,  die  sie  der  indogerman.  Sprachforschung  brachte, 
diese,  weil  sie  sowohl  die  Lehren  der  indischen  Grammatiker  wie 
die  vedische  Sprache  zum  ersten  Male  in  Deutschland  umfassend 
behandelte.  Whitney's  Grammatik  ist  von  ihrem  Erscheinen  bis 
heute  das  maßgebende  Hauptwerk  über  altindische  Sprache  ge- 
blieben.    Diesem  Buche  steht  zur  Seite 

J.  Wackernagel,  Altindische  Grammatik.  I.  Lautlehre.  Göttingen 
1896.  (Vgl.  dazu  Bartholomae  ZDMG.  L,  674—735.)  (Zitiert 
Wackernagel.) 

Es  ist  die  erste,  groß  angelegte  Zusammenfassung  dessen,  was 
seit  den  Tagen  des  Altmeisters  Bopp  bis  heute  für  die  wissen- 
schaftliche Erklärung  der  altindischen  Sprache  geleistet  worden 
ist;  der  Verfasser  berücksichtigt  daneben  eingehend  die  Lehren 
der  alten  indischen  Grammatiker.  —  Für  das  historische  (ver- 
gleichende) Verständnis  des  Sanskrit  sind  natürlich  die  §  3. 4  an- 
geführten allgemeinen  "Werke,  sowie  die  monographische  Literatur 
heranzuziehen. 

8.  Auch  die  vorhandenen  ElementarbiicherbeBchränken  sich  auf 
die  descriptive  Darstellung  der  Sprache.  Bewährte  Hilfsmittel  sind: 
A.  F.  Stenzler,  Elementarbuch  der  Sanskrit-Sprache.  Gramma- 
tik, Texte,  Wörterbuch.     Breslau  1868.    7.  Auflage  (besorgt  von 
R.  Pischel)  München  1902. 

F.  Kielhorn,  A  grammar  of  the  Sanskrit  language.  4.  Aufl. 
Bombay  1896.    (Zitiert  Kielhorn.) 

G.  Bühler,  Leitfaden  für  den  Elementarcursus  des  Sanskrit. 
Mit  Übungsstücken  und  zwei  Glossaren.  Wien  1883.  (Sehr  gut 
geeignet  zur  praktischen  Einübung  der  Sprache,  da  der  Leit- 
faden auch  Stücke  zum  Übersetzen  ins  Sanskrit  und  Vocabel- 
verzeichnisse  enthält). 

W.  Geiger,  Elementarbuch  der  Sanskrit-Sprache.  Grammatik, 
Lesestücke  und  Glossar.     München  1888. 

A.  Bergaigne  et  V.  Henry,  Manuel  pour  etudier  le  Sanscrit 
vedique.  Precis  de  grammaire,  Chrestomathie,  lexique.  Paris 
1891.     (Ein  entsprechendes  Hilfsmittel  fehlt  in  Deutschland.) 

Die  angeführten  Hilfsmittel  enthalten  auch  meist  eine  kleine 
Auswahl  von  Texten.    Am  reichhaltigsten  ist  in  dieser  Beziehung: 


§  8.  9.  10.]       Übersicht  über  die  wiss.  Literatur.  7 

0.  Böhtlingk,  Sanskrit-Chrestomathie.  Petersburg  1845.  2. 
gänzlich  umgearbeitete  Auflage  1877. 

9.  Wörterbücher.  Sanskrit -Wörterbuch.  Herausgeg.  von 
der  kais,  Akademie  der  Wissenschaften,  bearbeitet  von  0.  Böhtlingk 
und  R.  Roth.  7  Bände  (in  4«).  Petersburg  1852  —  1875.  Ein 
monumentales  Werk,  grundlegend  und  bahnbrechend.  Wertvolle 
Ergänzungen  dazu  bietet  das 

Sanskrit- Wörterbuch  in  kürzerer  Fassung,  bearbeitet  von  O. 
Böhtlingk.    7  Teile.    Petersburg  1879—1889. 

C.  Cappeller,  Sanskrit -Wörterbuch ,  nach  den  Petersburger 
Wörterbüchern  bearbeitet.  Straßburg  1887.  (Auch  englisch  1891.) 
Es  enthält  den  Wortschatz  von  Böhtlingks  Chrestomathie  (s.  §  8) 
und  einigen  andern  oft  gelesenen  Sanskritwerken  (Nala,  Kälidäsa), 
sowie  alle  belegbaren  Wurzeln  und  primitiven  Wörter  von  ge- 
sicherter Bedeutung  und  ist  ein  bequemes  Hilfsmittel  für  den  an- 
gehenden Sanskritphilologen. 

Ä.  Ä.  Macdonell,  A  Sanskrit  English  dictionary,  for  the  ose 
of  both  scholars  and  students.  London  1892.  (Sehr  gutes  und 
sehr  reichhaltiges  Wörterbuch  für  Anfänger,  aber  mehr  als  doppelt 
so  teuer  wie  Cappeller). 

H.  Grassmann,  Wörterbuch  zum  Rigveda.    Leipzig  1873. 

E.  und  J.  Leumann,  Etymologisches  Wörterbuch  der  Sanskrit- 
sprache. Erschienen  ist  nur  der  I.  Teil  (von  J.  Leumann):  Ein- 
leitung und  Vokale.     Straßburg  1893. 

C  C.  Uhlenbeck,  Kurzgefasstes  etymologisches  Wörterbuch  der 
altindischen  Sprache.  Amsterdam  1898—1899,  (Zur  Orientierung 
geeignet,  aber  nicht  ohne  Mängel.) 

V.  Sh.  Äpte,  The  Student's  English-Sanskrit  Dictionary.  2.  Aufl. 
Bombay  1893.  (Darin  werden  auch  für  ganz  moderne  Begriffe 
Sanskritübersetzungen  geboten.) 

10.  Monographien.  C.  C.  Uhlenbeck,  A  Manual  of  Sanskrit 
Phonetics.    London  1898. 

C.  R.  Lanman,  A  Statistical  account  of  Noun-inflection  in  the 
Veda.    JAOS.  X  (1880)  325—601. 

B.  Delbrück,  Das  altindische  Verbum  aus  den  Hymnen  des 
Rg  -Veda  dargestellt.    HaUe  1874. 

J.  von  Negelein,  Das  Verbalsystem  des  Atharva-Veda,  spi-aeh- 
wissenschaftlich  geordnet  und  dargestellt.    Berlin  1898. 

B.  Delbrück,  Altindische  Syntax  =  Syntakt.  Forsch.  V. 

J.  8.  Speyer,  Sanskrit- Syntax.    Leiden  1886. 

Derselbe,  Vedische  und  Sanskritsyntax.    Ind.  Grundr.  I,  6. 


8  Einleitung.  [§  10.  11. 

S.^Jacobi,  Compositum  und  Nebensatz.  Studien  über  die  indo- 
germ.  Sprachentwicklung.    Bonn  1897. 


IL  Kapitel. 

Stellung  des  Sanskrit  innerhalb  der  indog. 
Sprachen  und  der  nächstverwandten  Dialekte. 

11.  Das  Sanskrit,  die  klassische  Sprache  |des  alten 
Indiens,  bildet  ein  Glied  des  indogermanischen 
Sprachstammes,  zu  welchem  folgende  Sprachen  ge- 
hören: 1.  das  Arische  (Indo-iranisch).  2.  das  Armenische. 
3.  das  Griechische.  4.  das  Albanesische.  5.  das  ItaHsche 
(d.  h.  das  Latein  und  die  oskisch  -  umbris chen  Dialekte). 
6.  das  Keltische.  7.  das  Germanische.  8.  das  Baltisch- 
Slavische.  Die  einzelnen  Zweige  des  indog.  Sprach- 
stammes zerfallen  in  zahbeiche  Mundarten  und  leben  in 
diesen  zum  Teü  bis  zum  heutigen  Tage  fort ;  die  Yer- 
gleichung  der  altindogermanischen  Sprachen,  deren  Ver- 
wandtschaft durch  F.  Bopp,  den  Begründer  der  ver- 
gleichenden Sprachwissenschaft,  erwiesen  worden  ist,  führt 
auf  eine  gemeinsame,  jedoch  mundarthch  schon  differen- 
zierte, indog.  Grundsprache  und  ein  indogerm.  Ur- 
volk. 

Anmerkung.  Die  Bezeichnung  'indogermaniscli'  und  'Indo- 
germanen'  ist  aus  den  beiden  Namen  des  indischen  und  germani- 
schen Sprachzweiges  gebildet,  welclxe  früher  (d.  h.  bevor  die  Zu- 
gehörigkeit des  Keltischen  zum  indog.  Sprachstamm  erkannt  worden 
ist)  für  die  äußersten  Glieder  im  Westen  und  Osten  gehalten 
wurden.  "Wer  die  Bezeichnung  aufgebracht  hat,  ist  nicht  fest- 
gestellt; sie  läßt  sich  bis  in  die  20  er  Jahre  des  19.  Jahrhunderts 
verfolgen,  s.  G.  Meyer  IF  II  125 £f.  Andere  Namen  wie  'arisch', 
'indoeuropaeisch'  haben  sich  in  Deutschland  nie  eingebürgert, 
werden,  aber  im  Ausland  gebraucht  (Frankreich,  England);  die 
Benennungen  'indokeltisch'  oder  'japhetitisch',  die  gelegentlich  vor- 
geschlagen wurden,  haben  keinen  Anklang  gefunden. 


§  12.  13.]    Stellg.  d.  Sanskrit  innerh.  d.  idg.  Sprachen  etc.  9 

12.  Über  die  Kultur  des  idg.  Urvolkes  gibt  die  'linguisti- 
sche Palaeontologie'  Auskunft;  sie  untersucht  den  durch  Ver- 
gleichung  der  Einzelsprachen  rekonstruierten  Wortschatz  der 
Grundsprache  auf  seinen  kulturgeschichtlichen  Inhalt.  Allerdings 
ist  bei  diesem  Verfahren  Vorsicht  zu  üben,  zunächst  weil  altes 
Sprachgut  entweder  ganz  oder  in  einzelnen  Sprachen  verloren  ge- 
gangen sein  kann ;  die  Möglichkeit  des  ersten  Falles  verbietet  uns, 
ohne  weiteres  Schlüsse  ex  silentio  zu  ziehen;  im  letzteren  Falle 
ist  es  schwer,  Kriterien  dafür  zu  finden,  unter  welchen  Be- 
dingungen ein  partiell  vorkommendes  "Wort  der  Ursprache  zu- 
geschrieben werden  darf  (vgl.  z.  B.  griech.  xpiSif^,  lat.  hordeum, 
deutsch  Gerste,  oder  ai.  räj-  'König',  lat.  rex,  kelt.  rix,  oder  ai.  sa- 
hasra-  'tausend',  iMioi).  Nicht  einmal  die  Wörter,  die  gemein- 
indogermanisch sind,  müssen  uridg.  sein,  da  sie  —  wie  dies  fort- 
während bis  zum  heutigen  Tag  geschieht  —  samt  der  bezeichneten 
Sache  durch  Handel,  Verkehr  und  nachbarliche  Berührung  nach 
vollzogener  Trennung  sich  allmählich  verbreiten  konnten.  So 
sind  ja  z.  B.  Kulturwörter  wie  Meter,  Kaffee,  Thee  gemeineuro- 
päisch geworden,  obwohl  sie  der  allerjüngsten  Kulturentwicklung 
Europas  angehören.  Endlich  ist  auch  die  uridg.  Bedeutung  eines 
Wortes  (besonders  in  seiner  kulturellen  Verwendung)  nicht  immer 
mit  Sicherheit  festzustellen  (vgl.  ai.  aritra-  'Ruder'  gegenüber  apo- 
Tpov,  lat.  aratrum  'Pflug').  Daher  ist  auf  die  Zeit,  wo  man  sich 
der  linguistisch  -  urgeschichtlichen  Forschung  rückhaltlos  anver- 
traute, eine  solche  des  kritischen  Zweifels  gefolgt,  indem  man  die 
methodischen  Grundlagen  prüfte  (s.  u.  Kretschmer),  Doch  ist  eine 
völlige  Ablehnung  der  linguistischen  Methode  der  Praehistorie 
ebenso  verfehlt  wie  ihre  einseitige  Schätzung:  die  linguistische 
Forschung  ist  mit  der  praehistorischen  und  kulturgeschichtlichen 
zu  verbinden, 

Literatur:  0.  Schrader,  Sprachvergleichung  und  Ur- 
geschichte. Jena  1883.  2.  Aufl.  1890.  Krek,  Einleitung  in  die 
slavische  Literaturgeschichte.  2.  Aufl.  Graz  1887.  P.  v.  Bradke, 
Über  Methode  und  Ergebnisse  der  arischen  Altertumswissenschaft. 
Gießen  1890.  P.  Kretschmer,  Einleitung  in  die  Geschichte  der 
griechischen  Sprache.  Göttingen  1896  (Kapitel  I— III).  H.  Hirt, 
Sprachwissenschaft  und  Geschichte.  N.  Jahrb.  f.  d.  klass.  Alter- 
tum I  (1898)  485 £f.  0.  Schrader,  Reallexikon  der  indog.  Alter- 
tumskunde. Straßburg  1901.  (Die  Vorrede  gibt  eine  kritische 
Erörterung  der  Methode.) 

13.  Für  die  Urgeschiclite  jedes  idg.  Einzelvolkes  ist 


10  Einleitung.  [§  1** 

am  wichtigsten  die  Frage  nach  der  Urheimat  der 
Indogermanen.  Vgl. darüber  (außer  Schrader,  Sprach- 
Tergleichung  und  Urgeschichte'^  lllff.  615if.)  S.Reinach^ 
L'origine  des  Aryens.  Histoii'e  d'une  controverse.  Paris 
1892.  Kretschmer,  Einleitung  5 7  ff.  Schrader,  Real- 
lexikon 878  ff.  M.  M  u  c  h ,  Die  Heimat  der  Indogermanen 
im  Lichte  der  urgeschichtUchen  Forschung.  Berhn  1902 
und  zuletzt  Kossinna,  Zeitschr.  f.  Ethnol.  34  (1903) 
161  ff.  Bis  in  die  70  er  Jahre  herrschte  die  Ansicht,  daß 
Asien  (das  Gebiet  des  Hindukusch  oder  die  nördhch  da- 
von gelegenen  Teile)  die  Heimat  der  Indogermanen  ge- 
wesen sei  (Pictet,  Schleicher,  V.  Hehn  u.  a.).  Den  ersten 
Zweifeln,  welche  schon  1848  der  belgische  Geologe 
d'Omahus  d'Halloy,  1851  der  enghsche  Sprachforscher 
Latham  äußerte,  folgte  erst  um  die  70  er  Jahre  ein  Um- 
schwung der  Meinungen,  indem  man  die  Urheimat  der 
Indogermanen  nach  Europa  verlegte  (Benfey,  Whitney, 
F.  Müller,  Penka,  Spiegel,  Schrader  u.  a.).  In  neuester 
Zeit  hat  nur  J.  Schmidt,  Die  Urheimat  der  Indoger- 
manen und  das  europäische  Zahlsystem  (AbhandL  d.  BerL 
Akad.  1890)  die  asiatische  Herkunft  der  Indogermanen 
mit  neuen,  jedoch  nicht  überzeugenden  Gründen  zu  stützen 
versucht  (vgh  dazu  Hirt  IF  I  464 ff.).  Über  die  engere 
Begrenzung  der  Urheimat  innerhalb  Europas  ist  jedoch 
keine  Einigung  erzielt:  so  wird  z.  B.  sowohl  das  Gebiet 
der  Ostsee  wie  Südrußland  dafür  in  Anspruch  genommen. 
Es  fragt  sich,  ob  es  mit  den  heutigen  Mitteln  der  Wissen- 
schaft überhaupt  möghch  ist,  ein  kleineres  geographisches 
Gebiet  abzugi'enzen,  in  welchem  ein  nach  Sprache,  Rasse 
und  Kultur  einheitliches  Urvolk  der  Indogermanen  ge- 
sessen hat.  Mit  Sicherheit  läßt  sich  nur  ein  ältestes  Ver- 
breitungsgebiet der  Indogermanen  bestimmen:  es  er- 
streckte sich  etwa  vom  nordösthchen  Frankreich  durch 
Mittel-  und  Ost-Europa  bis  in  die  Steppen  am  Jaxartes. 
Die  Kulturformen  waren  auf  diesem  weiten  Gebiet  nicht 


§  13. 14. 15.]  Stellg.  d.  Sanskrit  innerh.  d.  idg.  Sprachen  etc.  11 

einheitlich;  es  gab  gewiß  neben  der  Lebensfühmng  Yon 
Nomaden  (im  Osten)  einen  primitiven  Ackerbau. 

14.     Die    Vorfahren    der   einzelnen   indog.    Völker 
scheinen  in  ähnlicher  Weise  zu  einander  gelagert  gewesen 
zu  sein,  wie  heute,  d.  h.  etwa  in  folgender  Weise: 
Germanen        Slaven 
Kelten  Albanesen     Armenier     Arier 

Itahker        Griechen 

Die  Anschauung,  daß  einige  dieser  Stämme,  wie  die 
Germanen  und  Slaven  ('Nordeuropäische  Indogennanen') 
oder  die  Griechen  und  Itahker  ('Graeko-Itahker'),  nach 
der  Trennung  eine  Zeitlang  eine  engere  Einheit  bildeten, 
ist  heute  aufgegeben ;  nur  von  einer  'italokeltischen'  Ein- 
heit kann  mit  einiger  Wahrscheinhchkeit  gesprochen 
werden. 

Abgesehen  von  dieser  letzten  Gruppe  gibt  es 
keine  sprachhchen  Ej.'iterien  (d.  h.  partiellen  Überein- 
stimmungen), welche  die  Heraushebung  einzelner  Gruppen 
rechtfertigen.  Vgl.  J.  Schmidt,  Die  Verwandtschafts- 
verhältnisse der  indog.  Sprachen.  Weimar  1872.  Brug- 
mann,  Techmers  Zeitschr.  I  226 ff.  Delbrück,  Einl. 
131  ff.  Kretschmer,  Einl.  93  ff.  So  bilden  zwar  das  Ari- 
sche, Slavische,  Albanesische  und  Armenische  als  die  sog. 
satem-Sprachen  gegenüber  den  übrigen,  d.  h.  den  centum- 
Sprachen  eine  gewisse  sprachhche  Einheit  (s.  §  123  f.),  aber 
andererseits  sind  z.  B.  Iranisch  (West- Arisch),  Albanesisch 
und  Slavisch  durch  die  gleiche  Behandlung  der  Mediae 
aspiratae  hh  u.  s.  w.  (s.  §  117.  121.  131),  Arisch  und 
Griechisch  durch  die  gleiche  Vertretung  der  Nasahs  so- 
nans  (§  88.  89) ,  Iranisch  und  Griechisch  (teilweise  auch 
Albanesisch)  durch  die  Verhauchung  des  anlautenden  s 
(§  146)  verbunden. 

15.  Der  arische  Zweig  des  indog.  Sprachstam- 
mes büdet  demnach  mit  keinem  andern  Zweig  des- 
selben eine   engere   Gruppe.    Dagegen  ist  eine  länger 


12  Einleitung.  [§  115. 

dauernde  Sprach-  und  Kulturgemeinscliaft  der  beiden 
Glieder  des  Arischen  erwiesen.  Diese  beiden  Glieder 
sind  das  Altindische  (Ostarisch)  und  das  Altiranische 
(Westarisch);  das  letztere  ist  durch  die  Sprache  der  alt- 
persischen Keihnscliriften  (a  1 1  p  e  r  s  i  s  c  h)  und  des  Avesta 
(avestisch)  bekannt.^  Iranisch  und  Altindisch  zeigen 
eine  solche  Masse  übereinstimmender  Züge,  daß  wir  an- 
nehmen müssen,  daß  die  Vorfahren  der  Inder  und  Iranier 
eine  Zeitlang  ein  Volk  gebildet  haben  und  zwar  vermut- 
lich in  Iran,  wohin  das  arische  Urvolk  von  Norden  her 
gewandert  ist.  Vgl.  Schrader,  Sprachvergl.  u.  Urgesch.  ^ 
87 ff.  F.  Spiegel,  Die  arische  Periode  und  ihi-e  Zu- 
stände. Leipzig  1887.  Pizzi,  Paralleh  indo - iranici. 
Giorn.  della  societä  asiatica  ital.  VII  (1893)  197—242 
(lexikahsche  Zusammenstellung).  Der  Wortschatz  zeigt 
auf  Schiitt  und  Tritt  gemeinsame  Benennungen  und  zwar 
in  den  verschiedensten  Kulturgebieten. 

So  ist  in  beiden  Sprachzweigen  der  Stammesname  ar?/a;  apers. 
arit/a,  av.  air?/Ö  'Arier'  üblich;  vgl.  ferner  folgende  Beispiele: 
hiranya-,  av.  zaranya-  'Gold';  vrksa  'Baum'  av.  vardiö  'Wald'; 
we.?o-  av.  maesö  'Widder',  matsya-  av.  masyö  'Fisch',  Mira-  neupers. 
^Zr 'Milch';  /msta- apers.  (Zaste,  av.-zastö  'Hand';  ksetra-  'Grund- 
besitz, Feld'  av.  söii'rdm  'Flur';  send  av.  haena  ap.  hainä  'Heer', 
samarana  ap.  hamarana  av.  hamarQna-  'Kampf,  rsti-  ap.  av.  arSti- 
'Speer';  Matra-  ap.  ysatra-,  av.  /4!a>r5m 'Herrschaft'.  Bemerkens- 
wert sind  besonders  die  Wortgleichungen  in  Religion  und  Mythus, 
wie  z.B.  yajna-  &y.  yasna  'Opfer',  /iötor  av.  ^aofar 'Opferpriester', 
atharvan-  av.  äf^rava  'Feuerpriester',  asura-  'Herr,  Gott'  ap.  aura 
mazdä  av.  ahurö  mazdi  'Ormuzd',  söma-  av.  haoma  'Soma'  (eine 
göttlich  verehrte  Pflanze,  bezw.  ein  Trank  aus  deren  Saft),  Mitra- 


1  Der  Avesta  umfaßt  die  heiligen  Schriften  der  Zoroaster- 
{ZarapuUra-)'^Q\\g\on.  In  ihrer  gegenwärtigen  Gestalt  reicht  diese 
Sammlung  in  die  Zeit  der  Sassaniden,  wenngleich  die  Texte  selbst 
älter  sind.  Als  älteste  Bestandteile  heben  sich  daraus  einige 
Hymnen  (^ä/'ä's)  ab ,  deren  Sprache  man  als  altavestisch  be- 
zeichnet. —  Die  altpersischen  Keilinschriften  gehören  den  Achae- 
menidenkönigen  an. 


§  15. 16. 17.]   Stellg.  d.  Sanskrit  innerh.  d.  indog.  Sprachen  etc.       13 

ap.  Mijra  Name  eines  Gottes,  ferner  Yarna-  Sohn  des  Vivasvant- 
av.  Tima  Sohn  des  Vivanha  und  andere  mythische  Namen.  Daß 
die  gegensätzliche  Entwicklung  einiger  Begriffe,  wie  besonders 
deva-  'Gott'  av.  daeva  'böser  Dämon',  Indra-  Name  eines  (hohen) 
Gottes  av.  indra  (oder  andra)  Name  eines  Dämon,  auf  einen  alten 
politischen  und  religiösen  Zwiespalt  des  arischen  Urvolkes  hin- 
weise, läßt  sich  nicht  aufrecht  erhalten.  Über  die  religiösen  Be- 
ziehungen von  Veda  and  Avesta  vgl.  H.  Oldenberg,  Die  Religion 
des  Veda  S.  26  f.  Der  gemeinsame  Wortschatz  der  arischen 
Spracheinheit  ist  zusammengestellt  bei  Fick,  Vergl.  Wörterb.*  I 
155—342  (vgl.  dazu  Bartholomae  ZDMG  XL VIII  504—531!). 

16.  Aucliin  der  lautlichen  und  grammatischen 
Form  zeigt  das  Altindische  bemerkenswerte  Überein- 
stimmungen mit  dem  Iranischen.  So  steht  der  indog. 
Buntheit  des  Yokalismus  {a  e  o)  der  eine  Vokal  a  im 
Arischen  gegenüber  (s.  §  62 ff.);  das  'Schwa  indogermani- 
cum'  ist  durch  i  vertreten  (§  68) ;  die  Yelarlaute  wurden 
in  gleicher  Weise  palatahsiert  (§  132);  s  wird  nach  i,  n 
gleich  behandelt  (§  147).  In  der  Deklination  des  Sub- 
stantivs, in  der  Pronominalflexion,  in  der  Stamm-  und 
Formenbildung  des  Yerbums  begegnen  auf  Schritt  und 
Tritt  gemeinsame  Züge ;  w^enn  auch  in  vielen  Fällen  nur 
gemeinsame  Bewahrung  altindog.  Bildungen  vorhegt,  so 
erweist  doch  die  große  Zahl  solcher  Übereinstimmungen 
eine  Periode  der  Sprachgemeinschaft,  die  längere  Zeit 
nach  der  Trennung  von  den  übrigen  Indogermanen  fort- 
dauerte. Die  engen  Beziehungen  zwischen  Iranisch  und 
Indisch  werden  am  besten  durch  die  Tatsache  illustriert, 
daß  ganze  Sätze  des  Avesta  unter  Berücksichtigung  der 
Lautgesetze  Wort  für  Wort  in  die  Sprache  der  vedi- 
schen  Hymnen  umgeschrieben  werden  können.  Vgl.  Bar- 
tholomae, Iran.  Grundriß  I,  If. 

17.  Zur  Kultur  der  Inder.  Die  arischen  Inder 
sind  jedenfalls  von  Nordwesten  her,  also  durch  das  Kabul- 
tal, in  Indien  eingewandert.  Einen  terminus  ante  quem 
bietet  die  Fixierung  der  Zeit  des  Egveda  (darüber  s.  §  27) ; 


14  Einleitung.  [§  17.  18. 

während  des  Zeitraums,  in  welchem  die  Hymnen  des 
Rgveda  entstanden  sind,  haben  sich  die  Arier  über  das 
Penjah  ausgebreitet  und  scheinen  erst  am  Ende  dieser 
Epoche  bis  zum  Ganges  {Oangä)  vorgedrungen  zu  sein. 
Über  die  Kultur  dieser  Zeit  vgl.  H.  Zimmer,  Altindisches 
Leben.  Berlin  1879;  H.  Oldenberg,  Religion  des  Veda.  Berlin 
1894.  Die  spezifisch  indische  Kultur  entwickelte  sich  erst  in  einer 
etwas  jüngeren,  der  sogenannten  brahmanischen  Periode  (zwischen 
1000  und  600  v.  Chr.);  ihr  eigentümlich  ist  die  Ausgestaltung 
der  Priesterherrschaft  und  des  Opferwesens.  Über  die  Ent- 
wicklung der  indischen  Kultur  vgl.  Schroeder  a.  a.  O.  (§  6);  zur 
Religion  vgl.  außer  den  hierher  gehörigen  Abschnitten  des  Grund- 
risses: E.  Hardy,  Die  vedisch-brahmanische  Periode  der  Religion 
des  alten  Indiens.  Münster  i.W.  1893.  E.  W.  Hopkins,  The 
Religions  of  India.  Boston  &  London  1895.  Eine  ganz  knappe, 
aber  geschickte  Übersicht  (bis  auf  die  jüngste  Zeit)  bietet  E. 
Hardy,  Indische  Religionsgeschichte.  Leipzig  1898  (Sammlung 
Göschen).  Neben  dem  Brahmanismus,  der  zu  einem  abstrakten 
Pantheismus  geworden  war  (Gott  Brahma,  der  substanziierte  Be- 
griff des  'Gebetes',  ist  die  Weltseele)  bestanden  Sekten  mit  den 
konkreteren  Göttergestalten  des  Siva  und  Yisnu.  Die  brahmani- 
ecbe  Orthodoxie  schloß  mit  diesen  Religionsformen  einen  Kompro- 
miß, indem  sie  die  eine  Gottheit  unter  den  drei  Gestalten  {tri- 
mürti-,  eigentl.  'drei  Gestalten  habend')  von  Brahma ,  Vi§nu  und 
Siva  sanktionierte.  Seelenwanderung  und  starres  Kastenwesen 
sind  —  neben  einem  komphzierten  Opfersystem  —  die  charakte- 
ristischen Züge  der  brahmanischen  Religion.  Die  geschichtUch 
bedeutsamste  Reaktion  gegen  den  Brahmanismus  ist  die  Tätigkeit 
Buddha's  (c.  560—480  v.  Chr.).  Vgl.  Oldenberg,  Buddha.  4.  Aufl. 
1903.  Buddha,  der  atheistische  Pessimist,  betont  mit  allem  Nach- 
druck die  ethische  Seite  des  menschlichen  Handelns  und  tritt  in 
scharfen  Gegensatz  zum  Brahmanismus,  dessen  Opfer-  und  Kasten- 
wesen er  verwarf.  Der  Buddhismus  erreichte  seine  höchste  Blüte  unter 
König  Asoka  (259—222  v.Chr.),  artete  aber  bald  aus  und  wurde  von 
den  Brahmanen  wieder  aus  Indien  zurückgedrängt,  um  in  mannig- 
facher Verzerrung  außerhalb  Indiens  (Tibet,  China)  weiterzuleben. 

18.  Über  die  Geschichte  Indiens  vgl.  (außer  Schroeder) 
Lefmann,  Geschichte  des  alten  Indiens.  Berhn  1890 
(Allgemeine  Geschichte  in  Einzeldarstellungen,  herausg. 
von  Oncken.    I,  3).    Das  Buch  ist  vorwiegend  Kultur- 


§  18.]        Stellg.  d.  Sanskrit  innerh.  d.  indog.  Sprachen.  15 

gescliichte  (von  der  ältesten  Zeit  bis  ins  6.  Jahrh.  n.  Chr.). 
Eine  pragmatische  Geschichtschreibung  Indiens  ist  bei  dem 
geringen  geschichtlichen  Sinn  der  Inder  nicht  möglich;  ohne 
feste  Ckronologie,  eine  Mischung  von  phantastischer  Sage 
und  geschichtlichem  Kern,  läßt  die  indische  Geschichte 
nur  einzelne  Persönhchkeiten  aus  einem  Kranz  von  Le- 
genden hervortreten.  Nur  wo  griechische  Quellen  unsere 
Kenntnis  ergänzen,  ergeben  sich  feste  chronologische 
und  geschichtliche  Stützpunkte.  Das  Hauptgebiet  der 
arischen  Inder  ist  immer  das  große  indische  Tiefland 
{Äryavm'ta-)  gewesen:  hier  dominiert  auch  in  anthropo- 
logischer Beziehung  das  arische  Element,  wähi^end  der 
Einfluß  auf  das  (dravidische)  Dekhan  mehr  pohtischer 
und  kultureller  Natur  ist.  Zur  Zeit  Buddhas  tritt  das 
Reich  der  Magadha  im  Gangesland  hervor;  mit  dem 
Reiche  des  Paura  (IIopo?)  im  Indosgebiete  stößt  Alexander 
der  Große  zusammen.  Die  von  diesem  begründete  griechi- 
sche Herrschaft  wird  sehr  bald  wieder  gestürzt:  ein 
Emporkömmling,  Candragupta,  der  Sandrakottos  der 
Griechen,  herrscht  nach  Eroberung  des  Magadhareiches 
über  ganz  Indien  bis  zum  Vindhya  (-]-  291).  Sein  Enkel 
ist  A^öka,  der  Gönner  und  Bekenner  des  Buddhismus 
(§17).  Mit  dem  Zerfall  dieser  Dynastie  (der  Mäurya) 
fassen  die  Griechen  nochmals  in  Indien  festen  Fuß.  Dem 
griechisch-indischen  Reich  (2.  und  1.  Jahrh.  v.  Chr.)  folgt 
die  Herrschaft  der  Saka-^ömgQ ,  turanischer  Eindring- 
linge, die  von  den  Griechen  „Indoskythen"  genannt 
werden  (vom  1.  Jahrh.  v.  Chr.  bis  zum  2.  Jahrh.  n.  Chr.). 
Erst  im  4.  Jahrh.  n.  Chr.  gelingt  es  wieder  einer  ein- 
heimischen Dynastie  (der  Oupta),  ein  national -indisches 
Reich  zu  begründen ;  der  Brahmanismus  erstarkt  wieder, 
die  Literatur  erlebt  eine  neue  Blüte,  die  unter  König 
Vikramäditya  von  Ujjayim  (im  westlichen  Indien)  ihren 
Höhepunkt  erreicht  (6.  Jahi-h.).  Etwa  seit  dem  Jahre  1000 
dringen  mohammedanische  Eroberer  in  Indien  ein  (DehH). 


16  Einleitung.  [§  18.  19.  20. 

Im  Jahre  1527  begründet  Baber,  ein  Nachkomme  Timurs, 
das  Reich  der  Großmogule  (sein  Enkel  ist  der  vorurteilsfreie  Ak- 
bar).  Um  jene  Zeit  beginnen  auch  Europäer  (Portugiesen,  Hol- 
länder) in  Indien  Fuß  zu  fassen;  die  Engländer  legen  durch  die 
ostindische  Kompagnie  (1600)  den  Grund  ihrer  Herrschaft,  deren 
Ausbreitung  mit  dem  Zerfall  der  einheimischen  Reiche  (18.  und 
19.  Jahrh.)  zunimmt.  Durch  die  Engländer  -wird  Indiens  Kultur 
in  Europa  bekannt  (s.  §  41). 

19.  Die  iäg.  Sprachen  (Dialekte)  Indiens  sind: 

1.  die  Sprache  des  Veda. 

2.  das  Sanskrit. 

3.  die  mittelindischen  Dialekte :  Prakrit  (PäH , 
Apabhrq;sa). 

4.  die  neuindischen  Dialekte. 

20.  1.  Das  Vedische  ist  das  altertümlichste  und 
darum  für  die  idg.  Sprachgeschichte  wertvollste  Ghed  des 
indo-arischen  Sprachzweiges.  Die  Sprache  des  Rgveda 
(§  26  ff.)  steht  der  indoiranischen  (ur-arischen)  Grund- 
sprache noch  sehr  nahe  (s.  §  16).  Jene  ist  (wde  das  homeri- 
sche Griechisch)  eine  Kunstsprache,  die  ursprünglich  einen 
bestimmten  Dialekt  zur  Grundlage  hatte.  So  einheitlich 
die  Hymnensprache  als  ganzes  ist,  so  lassen  sich  doch  in 
derselben  Spuren  verschiedener  Dialekte  nachweisen, 
deren  charakteristische  Züge  in  den  mittehndischen  Mund- 
arten fortleben  (s.  u.).  Dahin  gehören  z.  B.  gelegentliches 
h  statt  hh,  dh  (§  117.  121),  r  statt  l  und  die  verschiedene 
Behandlung  von  r,  ?-f  Dental  (§  87).  "Vgl.  darüber  Wacker- 
nagel S.  Xin,  XVnff.  und  V.  Bradke  ZDMG.  XLVI, 
657 ff.  Ebenso  bemerkenswert  sind  die  Unterschiede 
chronologischer  Art,  Einmal  scheint  vorvedisches,  d.  h. 
in  der  vedischen  Zeit  nicht  mehr  verstandenes  und  daher 
umgedeutetes  Sprachgut  vorzukommen  (s.  Wackernagel, 
S.  XVI),  dann  zeigen  einzelne  Teile,  vor  allem  das  10. 
mandala-  (d,  i.  'Buch')  des  RV.,  deuthcheine  jüngere  Form 
der  Sprache.  Durch  Untersuchung  von  Grammatik  und 
Wortschatz   suchte   man   die   relative  Chronologie    der 


§20.  21.]    Stellg.  d.  Sanskrit  innerh.  d.  indog.  Sprachen  etc.  17 

einzelnen  Teile  zu  bestimmen,  vgl.  außer  Wackernagel 
S.  XIV l  besonders  E.  V.  Arn  o  Id  KZ.  XXXIV  (1897) 
297ff.  und  E.  W.  Hopkins  JAOS.  XVII  (1896)  23 ff. 
Die  übrigen  vedischen  Schriften  (§  29  ff.)  zeigen  eine 
stetig  fortschi-eitende  Verjüngung  der  Sprache,  die  sich 
besonders  in  der  Vereinfachung  des  Formenbestandes 
und  in  der  Umgestaltung  des  Lexikons  offenbart;  in  der 
Lautform  zeigt  sich  der  Einfluß  einer  vom  Rgvedadialekt 
verschiedenen  Mundart  {d  dh  st.  l  Ih  des  RV.,  s,  §  122 
Anm.)  Die  Sprache  der  Sütra's  (§  32)  steht  dem  klassi- 
schen Sanskrit  bereits  ganz  nahe.  Über  diesen  Ent- 
wicklungsgang vgl.  Wackernagel  S.  XXII ff. 

21.  2.  Das  Sanskrit  ist  in  noch  höherem  Grade 
als  die  Vedensprache  eine  Kunst-  oder  Hochsprache,  wie 
schon  der  Xame  sciskHa-  ('hergerichtet ,  kunstvoll  zu- 
bereitet', zur  W.  kar  'machen")  ausdrückt:  es  ist  eine 
durch  die  Grammatiker  (besonders  Pänini)  kanonisierte 
Schriftsprache,  die  dem  jüngeren  Vedisch  sehr  nahe  steht, 
aber  nicht  den  gleichen  örthchen  Ursprung  ^yie  die 
Sprache  des  RV.  hat.  Das  Sanskrit  diente  in  den  Kreisen 
der  Brahmanen  und  der  Höherstehenden  auch  als  ge- 
sprochene Sprache,  daneben  bestanden  jedoch  schon  vor 
Pänini  die  mi.  Volksmundarten,  und  je  nachdem  man 
der  volkstümlichen  Sprache  Konzessionen  machte,  ent- 
standen Varietäten,  die  sich  von  der  strengen  Kunst- 
prosa Pänini's  mehr  oder  weniger  entfernten  (vgl.  die 
Sprache  des  Epos  und  der  Kunstdichtung).  Besonders 
im  Wortschatz  bereicherte  sich  das  Sanskrit  beständig 
durch  Anleihen  aus  den  mi.  Volkssprachen.  Soweit  diese 
Wörter  durch  lautliche  Umsetzung  dem  Lautsystem  des 
Sanskrit  angepaßt  wurden,  ist  es  schwer,  sie  sicher  zu 
erkennen.  Solche  mi.  Wörter  aber,  die  nur  in  der  Flexion 
sich  anpaßten,  zeigen  eine  fremdartige,  von  den  Laut- 
gesetzen des  Sanskrit  abweichende  Lautgestalt.  So  zeigen 
hhata-  'Diener'  aus  hhrta-  (W.  hhe?-  cpepcü),  gana-  'Schar' 

Thumb,  Altindische  Grammatik.  2 


18  EinleituBg.  [§  21.  22. 

aus  *grna-  (W.  ger,  djsipu))  Jiuti  'Hütte'  aus  ^Tirü  (W.  qert 
'flechten'),  mätula-  'Mutterbruder'  aus  *mätrla-  die  pra- 
kritische  Vertretung  des  r  (s.  §  99) ;  auf  diese  Weise 
sind  auch  viele  Cerebrallaute  ins  Sanskiit  gekommen 
(§  122  c);  die  mi.  Erweichung  der  Tenuis  findet  sich  in 
tadäga-  'Teich,  See'  aus  tatäka-  zu  tata-  'Ufer',  welches 
selbst  wiedeinim  mi.  Ursprungs  ist  (aus  *trta-,  vgl.  lit. 
tlltas  'Brücke') ;  mi.  Vereinfachung  und  Umgestaltung  von 
Konsonantengruppen  werden  durch  danda-  'Stock'  aus 
*dandra-  (ÖEvBpov),  nija-  'eigen'  aus  nitya-  repräsentiert. 
—  Vgl.  hierzu  besonders  Wackernagel  S.  XXXTV^ff., 
ferner  Franke  BB  'KYll  54 ff.  und  dessen  Buch  'Pah 
und  Sanskrit',  Straßburg  1902. 

22.  3.  Daß  mindestens  schon  im  3.  Jahrh.  v.  Chr. 
das  Sanski'it  eine  erstarrte  Sprachform  war,  d.  h.  daß 
die  natürhche  Sprachentwicklung  selu'  viel  weiter  fort- 
geschritten war,  zeigen  die  Inschiiften  des  Königs  Asoka, 
welche  in  verschiedenen  mi.  Mundarten  verfaßt  sind.  Auch 
aus  diesen  mi,  Volksmundarten  (von  den  ind.  Gramma- 
tikern aimhhrqßa-  'Herabfall'  genannt,  d.  i.  'falsche,  von 
der  Grammatik  abAveichende  Sprache')  sind  eine  Beihe 
von  Literatursprachen  hervorgegangen,  nämhch  das  PäU 
und  die  Präki'it-Sprachen.  Das  Päli  (eigtl.  ai.  'präU 
'Reihe',  d.  i.  Kanon)  ist  die  Sprache  des  südindischen 
Buddhismus  (Ceylon) ;  die  Heimat  des  Päli  ist  \ielleicht 
an  der  Ostküste  Indiens  zu  suchen.  VgL  E.  Müller, 
A  simplified  grammar  of  the  Pah.  London  1884.  Das 
Präkrit  (jjräAr^ä 'die  natürhche,  gemeine',  also  'Volks- 
sprache' oder  vielleicht  [nach  den  ai.  Grammatikern] 
Yonprakrti-  'Element,  Grundlage',  eigtl.  'die  [vom Sanskrit] 
abgeleitete  Sprache')  umfaßt  eine  Reihe  von  Sprachen; 
am  wichtigsten  ist  wegen  ihrer  reichen  Literatur  die 
Mähärästn,  die  Sprache  des  Landes  der  Maräthen ;  sehr 
altertümhch  ist  die  Päisäci  (unsichern  Ursprungs).  Für 
die  Sanskrithteratur  kommen  besonders  diejenigen  Prä- 


§22.23.24.]  Stelig.  d.Sanskritinnerh.d.indog.  Sprachen  etc.  19 

krits  in  Betracht,  w  eiche  im  Dialog  des  Dramas  von  den 
Vertretern  der  niedern  Stände  und  den  Frauen  ge- 
sprochen werden,  an  erster  Stelle  die  Säuraseni  (die 
Sprache  der  Sürasena),  außerdem  die  Mägadhi.  Die  mi. 
Mundarten  sind  nicht  Tochtersprachen  des  Sanskrit  bezw. 
der  dem  Sanskrit  zu  Grunde  hegenden  Volkssprache, 
sondern  gehen  auf  ältere  Seitenverwandte  zurück,  welche 
dem  Vedischen  nahe  stehen.  Es  finden  sich  nämUch  im 
Präkrit  eine  Reihe  von  Zügen,  welche  dem  Vedischen,  nicht 
aber  dem  Sanskrit  angehören,  so  z.B.  7,  ?7i  statt  f7(7?)(§  20. 122 
Anm.),der  Instrumentahs -eJii=\ed.  -ebJiis statt-öis  (§ 241), 
der  Nom.  pl.  -älio  =  ved.  -äsas  statt  -äs  (§  241).  — Vgl.  E. 
Pischel,  Grammatik  der  Prakrit  -  Sprachen  (im  Ind. 
Grundriß  I,  8).  Zur  Einführung  ist  sehr  gut  geeignet  H. 
J  a  c  0  b  i ,  Ausgewählte  Erzählungen  in  Mähärästri.  Leip- 
zig 1886. 

23.  4.  Die  neuindischen  Sprachen  sind  Nach- 
kommen der  den  Präkrits  zu  Grunde  liegenden  Volks- 
sprachen. Sie  werden  benannt  und  geschieden  nach  den 
Landschaften,  in  denen  sie  gesprochen  werden;  die 
wichtigsten  sindPenjabi,  Sindhi,  Gujerati,  Mahrati,  Hindi 
(Hindustani),  Bengah  und  Uriya.  Auch  die  Sprache  der 
Zigeuner  ist  ein  neuindischer  Dialekt. 

Vgl.  Beames,  A  comparative  grammar  of  the  mo- 
dern Aryan  languages  of  India.    London  1872 — 79. 

24.  Übersicht  der  indisclien  Sprachentwicklung. 
*Indo-L'amsch 

I 
*Dialekte  der  vedischen  Zeit 

I  Sprache  des  Rgveda 

{     Sanskrit 
MitteUndische  Sprachen 

1     Präkrit  Päli 

Neuindische  Sprachen. 

2* 


20  Einleitung.  [§  25. 26. 27. 

in.  Kapitel. 
Übersicht  über  die  Sanskritliteratur. 

Die  nationalindisclie  nnd  europäische  Sansltritforschung. 

a)  Literatur. 

25.  Hilfsmittel..  Außer  Schroeders  Buch  und  den  im 
Grundriß  erschienenen  Monographien  (§  6.  b)  vgl.  A.  "Weber, 
Akademische  Vorlesungen  über  indische  Literaturgeschichte.  2. 
Aufl.     Berlin  1876. 

A.  A.  Macdonell,  A  history  of  Sanskrit  Literature.  London 
1900.  (In  der  reichhaltigen  Bibliographie  am  Schlüsse  des  Buches 
sind  die  Ausgaben  der  einzelnen  Literaturwerke  verzeichnet.) 

[G.gMeyer,  Zur  Charakteristik  der  altindischen  Literatur. 
Essays  zur  Sprachgeschichte  und  Volkskunde.  II  (Straßburg  1893) 
S.  78-106. 

26.  Die  altindische  Literatur  zerfällt  in  zwei  Haupt- 
abschnitte ,  in  die  veclische  und  in  die  Sanskrit- 
Periode.  Der  Veda  ('das  Wissen'  =  'die  heiüge  Lite- 
ratur') umfaßt  folgende  (auch  chronologisch  aufeinander- 
folgende) Teile: 

I.  S^hitä's  (Hymnensammlungen). 

1.  Rg-Veda. 

2.  Säma-Veda. 

3.  Yajur-Veda. 

4.  Atharva -Veda. 
IL  Die  Brähmana's. 

III.  Die  philosophische  Literatur  des  Yeda. 

1.  Aranyaka's. 

2.  Upanisad's. 

IV.  Die  Sütra-Literatur. 

27.  I.  Die  ScfJiitä's  (zu  sam  +  f?/« et 'zusammensetzen') 
sind  Sammlungen  alter  Hymnen,  die  hturgischen  Zwecken 
dienten ;  die  älteste  und  sprach-  wie  kulturgescliichtUch 
wichtigste  ist  die  ^g-Yedsi-Ss^hit&Qyveda-^rc- 
'Vers,  heiliger  Hymnus'  +  veda-).  Die  Sammlung  umfaßt 


§  27.  28.]  Übersicht  über  die  Sanskritliteratur.  21 

1028  Hymnen  in  10  Büchern  (=  mandala-  eigentlich  'Kreis, 
Cyklus').  Über  die  Kultur  dieser  Epoche  s.  §  17.  Eine 
A\dchtige  und  viel  umstrittene  Frage  ist  das  Alter  des  RY., 
bezw.  die  Altersbestimmung  der  ältesten  und  jüngsten  Teile 
desselben  (vgl.  auch  §  20).  Als  untere  Grenze  kann  rund  das 
Jahi-  1000  V.  Chr.  angesetzt  werden.  Gegenüber  der  all- 
gemeinen Ansicht,  daß  etwa  die  Zeit  von  1500 — 1000  v.  Chi-, 
die  Periode  der  rgvedischen  Kultur  und  Dichtung  gewesen 
sei,  suchte  jedoch  H.  Jacobi,  Über  das  Alter  des  RV. 
Festgruß  an  Roth  (1893)  68 — 73  aus  astronomischen  Daten 
(Verschiebung  der  Aequinoctien)  die  Zeit  von  4500 — 2500 
V.  Chi-,  als  die  Kulturperiode  des  RV.  zu  fixieren;  die 
Sammlung  der  Hymnen  gehöre  in  die  zweite  Hälfte 
dieser  Periode.  Die  These  Jacobis  hat  heftigen  Widerspruch 
erregt;  über  die  daran  sich  anschheßende  Discussion  vgl. 
IF.(Anz.)  Vn28fi'.,  Vin  155  ff.  [Xni  146].  Da  die  Lieder- 
sammlung eines  primitiven  Volkes  schwerhch  geeignet  ist, 
exakte  astronomische  Daten  zu  liefern,  da  überdies  andere 
astronomische  Berechnungen  (von  Sonnenfinsternissen) 
in  das  2.  Jahrtausend  führen  (Ginzel,  Sitzungsber.  d.  k. 
böhm.  Ges.  d.  Wiss.  Math.-naturw.  Kl.  1894,  No.  8),  so 
kann  man  sich  nicht  dazu  entschließen,  einer  Hypothese 
zuzustimmen,  welche  für  die  Chronologie  des  RV.  gerade- 
zu eine  Revolution  bedeutet.  Daß  einzelne  Lieder  sehr 
alt  sind,  vielleicht  bis  nahe  an  die  indoiranische  Zeit 
heran  reichen,  ist  nicht  unwahrscheinhch;  aber  die  hterari- 
sche  Epoche  des  RV.  darf  man  kaum  über  das  2.  Jahr- 
tausend V.  Chr.  hinaufrücken. 

28.  Die  Textüberlieferung  des  RV.  ist  von  überraschender 
Einheit  und  Treue;  dies  ist  der  Sorgfalt  zu  verdanken,  mit  wel- 
cher die  Brahmanen  ihr  heiligstes  Buch  behüteten.  Über  die 
Textkritik  des  E,V.  handelt  Oldenberg,  Die  Hymnen  des  RV. 
I.  Prolegomena.    Berlin  1888.    Hauptausgabe: 

Rig-Veda-Sanhitä,  the  Sacred  Hymns  of  the  Brahmans, 
together  with  the  Commentary  of  Sayanacharya,  edited  by  Max 
Müller.   6  Bde.   London  1849—1874.  2.  Aufl.  (in  4Bdn.)  1890—95. 


22  Einleitung.  [§  28.  29. 

(Der  indische  Grammatiker  Sänaya,  dessen  Kommentar  M.  Müller 
mit  herausgab,  lebte  im  14.  Jahrh.) 

Handausgabe : 

The  Hymns  of  the  Rig-Veda  in  the  Samhita  and  Pada 
Texts,  reprinted  by  M.  Müller.  2.  Aufl.  2  Bde.  London  1877, 
(Der  sogen.  Pada-  oder  "Wort-Text  \pada-paiha-]  unterscheidet  sich 
vom  Originaltext  dadurch,  daß  die  einzelnen  "Worte  in  ihrer 
absoluten  Form,  nicht  nach  den  Sandhiregeln  geschrieben  sind.) 

Übersetzungen: 

Rig-Veda,  übersetzt  und  mit  kritischen  und  erläuternden 
Anmerkungen  versehen  von  H.  GrafJmann.  2Bde.  Leipzig  1876— 77. 

Der  Rigveda  oder  die  heiligen  Hymnen  der  Brähmana, 
znm  ersten  Male  vollständig  ins  Deutsche  übersetzt,  mit  Kommen- 
tar und  Einleitung,  von  A.  Ludwig.     6  Bde.  1876—88. 

Die  von  Max  Müller  begonnene  englische  Übersetzung  (in 
den  Sacred  Books  of  the  East,  Bd.  XXXII,  Oxford  1891)  ist  un- 
vollendet geblieben;  eine  Fortsetzung  gab  Oldenberg  (Sacred  Books 
of  the  East,  XLVI,  1897). 

Die  Sprache  des  RV.  wird  in  den  (Grammatiken  von  Whitney 
und  "Wackernagel  eingehend  behandelt,  vgl.  auch  Kap.  I  und  §  20. 
"ijber  die  Fülle  von  Einzelschriften  und  Einzelaufsätzen  zum  RV. 
orientieren  die  bibliographischen  Hilfsmittel.  Zur  Einführung  in 
die  Lektüre  dienen: 

A.  Kaegi,  Der  Rigveda,  die  älteste  Literatur  der  Inder. 
2.  Aufl.     Leipzig  1881. 

E.  "Windisch,  Zwölf  Hymnen  des  Rigveda  mit  Säyanas 
Kommentar.    Leipzig  1883. 

A.  Hillebrandt,  Yedachrestomathie ,  herausgeg.  und  mit 
einem  Glossar  versehen.    Berlin  1885. 

29.  Der  Säma-Veda  {säman-  'Lied')  und  Y a j u r - 
Veda  {yajuh  'Opferspruch')  haben  keine  oder  doch  nur 
sehr  geringe  selbständige  Bedeutung:  beide  geben  die 
Hymnentexte  in  einer  für  bestimmte  liturgische  ZAvecke 
nötigen  Anordnung.  Der  Yajur -Veda,  der  in  zwei  Ee- 
zensionen  überhefert  ist  ('Schwarzer'  und  'Weißer'  YY), 
enthält  außerdem  eine  Eeihe  von  Opfersprüchen  in  Prosa. 
Über  den  Wert  dieser  beiden  Vedeu  (SV.  und  YV.)  für 
die  Textki-itik  des  EV.  s.  Oldenberg,  Prolegomena  271  ff. 
Dagegen  hat  der  Atharva-Veda  (atharvan-  'Feuer- 
priester') für  die  Kenntnis  des  Volkslebens  und  niederen 


§  29.  30.  31.]     Übersicht  über  die  Sanskritliteratur.  23 

"Volksglaubens  der  vedisclien  Zeit  hohe  Bedeutung,  da  er 
unter  seinen  730  Liedern  zahlreiche  Zaubersprüche,  Be- 
schwörungen und  Segensformeln  enthält,  die  im  häuslichen 
und  bürgerlichen  Leben  eine  Rolle  spielen.  Obwohl  eine 
junge  Sammlung,  enthält  der  AV.  doch  z.  B.  in  seinen 
Zaubersprüchen  uraltes  Gut.  Vgl.  Bloomfield  im  Ind. 
Grundr.  II,  1.  b. 

Ausgaben:  Atharva  Veda  Sanhita,  herausgeg.  von  E,. 
Roth  und  W.  D.  Whitney.     Berlin  1856. 

[Atharvavedasamhitä.  With  the  commentary  of  Säyana- 
cärya.     Ed.  by  Shankar  Pändurang  Pandit.  2  Bde.  Bombay  1896.] 

Ein  Index  verborum  von  Whitney  im  JAOS.  XII.     1881. 

30.  II.  Gegenüber  der  kanonischen  Literatur  der 
S%hitäs  oder  der  ^ruti-  (eigentlich  'das  Hören')  vertreten 
die  Brähmana's  die  Tradition  oder  die  smHi-  ('Er- 
innerung') :  einer  Übergangszeit  angehörend  (ca.  800 — 
500  V.  Chr.),  bilden  sie  Erläuterungsschriften  (in  Prosa) 
zu  den  vier  Veden ;  sie  enthalten  Ritualvorschriften,  dog- 
matische Kommentare,  traditionelle  Erzählungen,  Mythen 
und  philosophische  Spekulationen. 

Zu  jedem  der  vier  Veden  gehören  bestimmte  Brähmanas, 
so  zwei  zum  RV.,  wovon  das  A.itareya-Brähmana  am  wichtigsten 
ist.  Wegen  seiner  Legenden  ist  das  Satapatha-Brähmana  zum 
Weißen  YV.  {sata-patha-  'aus  100  Pfaden,  d.  i.  Lektionen  be- 
stehend') hervorzuheben.  Jenes  ist  von  Aufrecht  (Bonn  1879), 
dieses  von  Weber  (Berlin  1859)  herausgegeben  worden. 

31.  III.  An  die  verschiedeneu  Brälnnana's  schHeßen 
sich  die  Aranyaka's  d.  h.'  Waldbücher'  an,  für  fromme 
Einsiedler  bestimmte  Erb  auungsbücher,mit  Betrachtungen 
über  das  Ritual:  aus  diesen  entwickelt  sich  die  philo- 
sophische Spekulation  der  sog. Upanisad's  ('vertrauhche 
Sitzung,  Geheimlehre') ;  die  Zahl  dieser  Schriften  ist  sehr 
gi'oß,  besonders  derjenigen,  die  sich  an  den  AV.  an- 
schließen. 

Vgl.  Deußen,  Die  Philosophie  der  Upanisads.  Leipzig  1899. 
Ders.,  Sechzig  Upanisads.  Leipzig  1897.  D er s.,  Allgemeine  Ge- 
schichte der  Philosophie.  I,  1.    Leipzig  1894. 


24  Einleitung.  [§  32. 33. 

32.  ly.  Die  letzten  Ausläufer  der  vedischen  Litera- 
tur sind  die  Sütra's  (sütra-  'Eegel')  d.  h.  Lehrbücher, 
welche  Inhalt  und  Ergebnis  der  vedischen  Schriften  in 
kurzen  Regeln  zusammenfassen ;  die  Sräuta-Sütra's  (ärmda- 
von  h'iäi-)  behandeln  das  Ritual  der  großen  Opfer,  die 
Grrhya-Sütras  (grhya-  'zum  Haus  gehörig')  das  Zeremoniell 
und  Ritual  des  häushchen  Lebens,  die  Dharma-Sütra's 
(dharma-  'Recht,  Gesetz'  u.  s.  w.)  das  Rechtsleben;  die 
Prätisäkhya-Sütras  sind  die  ältesten  grammatischen  Hand- 
bücher (s.  u.).  Auch  diese  Lehrbücher  schheßen  sich  an 
die  vier  Veden  an,  d.  h.  zu  jedem  derselben  gehören  be- 
stimmte Sütra's.  Über  diesen  Zweig  der  indischen  Lite- 
ratur s.  Hillebrandt  im  Ind.  Grundriß  III,  2. 

33.  An  der  Spitze  der  Sanskritliteratur  im  engern 
Sinn  stehen  die  beiden  Epen  Mahäbhärata  und  Rä- 
mäyana.  Das  Mahäbhärata  zeigt  schon  durch  seine 
Größe  —  100000  Doppelverse  {UöMs),  d.  h.  das  Acht- 
fache von  Ihas  und  Odyssee  zusammen  —  die  dem  indi- 
schen Geist  eigene  Maßlosigkeit.  Der  Kern  dieses  Volks- 
epos, der  'große  Kampf  der  Bharata-Nachkommen',  d.  h. 
der  Kampf  zwischen  den  Kuru's  und  Pändu's,  ist  um- 
sponnen und  überwuchert  von  einer  ungeheuren  Zahl  von 
Episoden,  Mythen,  Legenden,  theosophischen  Erörte- 
rungen (vgl.  die  Sündflutsage,  Texte  No.  LV.),  so  daß  es  ge- 
radezu ein  Corpus  der  sagenhaften  Überlieferung  der 
Inder  ist.  Am  bekanntesten  ist  die  Episode  vom  König 
Nala  und  seiner  Gemahlin  Damayanti,  Im  5.  Jahrh. 
v.  Chr.  schon  nachweisbar,  hat  das  Epos  doch  erst  im 
5.  Jahrh.  n.  Chr.  seinen  heutigen  Umfang  erreicht. 

Ausgaben:  Bombay  1888,  Calcutta  1894.  Die  Nala-Episode 
ist  zuletzt  von  Kellner  herausgegeben  worden  (1885);  sie  wurde 
öfter  übersetzt,  z.  B.  von  Fr.  Kückert.  Vgl.  ferner  A,  Holtz- 
mann,  Das  M.  und  seine  Teile.  4  Bde.  Kiel  1892-95.  (Dazu 
Jacobi,  Gott.  gel.  Anz.     1893,  643  flf.) 

Dem  Mahäbhärata  sind  nahe  verwandt  mehi-ere  kleine 


§  33. 34.]  Übersicht  über  die  Sanskritliteratur.  25 

Sagensammlungen,  die  sog.  Puräna's  ('alte  Geschichten') ; 
eine  Probe  aus  dem  Yisnupuräna  ist  in  den  Texten  No.  V 
gegeben. 

Das  E  ä  m  ä  y  a  n  a  (24  000  Slökd's)  galt  schon  den  alten 
Indern  als  Kunstepos  (kävya-) ;  der  Kern  dieser  Dichtung, 
die  den  Välmiki  zum  Verfasser  hat,  ist  älter  als  das  Ma- 
häbhärata  (vor  500  v.  Chr.) ;  denn  es  wird  in  letzterm 
schon  benützt.  Sein  Hauptinhalt  sind  die  seltsamen 
Abenteuer  und  Heldentaten  des  Königs  Eäma,  der  selbst 
als  eine  Inkarnation  des  Visnu  eingeführt  \\drd.  Auch 
in  diese  Geschichte  sind  zahlreiche  Episoden  verflochten, 
von  denen  eine  in  den  Texten  (No.  VI)  mitgeteilt  ist. 

Ausgabe  von  Gorresio,  Turin  1843—1867.  Vgl.  ferner  H. 
Jacobi,  Das  Rämäyana.  Geschiebte  und  Inhalt  nebst  Konkordanz 
der  gedruckten  Rezensionen.     Bonn  1893. 

34.  Unter  den  Vertretern  des  höfischen  Kunstepos 
ist  vor  allem  Kali  da  sa  zu  nennen.  Die  Ansicht,  daß 
dieser  Dichter  ein  Zeitgenosse  des  Königs  Vikramäditya 
gewesen  und  mit  diesem  ins  6.  Jahrh.  n.  Chr.  zu  setzen 
sei  (Schroeder,  Indiens  Lit.  u.  Cultur  S.  6040".),  ist  neuer- 
dings wieder  erschüttert  worden,  s.  Macdonell,  Sanskrit 
Liter.  S.  323  ff.  446.  Kahdäsa  lebte  vielleicht  im  Anfang 
des  S.Jahrhunderts.  Seine  epischen  Dichtungen  sind  der 
Raghuv^-sa  'das  Geschlecht  des  Eagliu',  worin  das  Leben 
des  Eäma  erzählt  wird,  und  das  Kumärasambhava  'die 
Geburt  desKumära  (d.h. Liebesgottes)'.  Amberühmtesten 
sind  jedoch  die  lyrischen  und  dramatischen  Werke  des 
Dichters.  Zu  jenen  gehören  der  Meghadüta,  d.  h.  'Wolken- 
bote' (Botschaft  an  die  ferne  Gehebte,  die  ein  Verbannter 
einer  Wolke  anvertraut)  und  der  Etus^hära  'der  Kreis 
der  Jahreszeiten'.  Sein  bekanntestes  Drama,  das  auf 
Goethe  tiefen  Eindruck  machte,  ist  die  Sakuntalä;  außer- 
dem ist  KäUdäsa  Verfasser  der  Vikramörvasi,  d.  h.  'die 
durch  Tapferkeit  errungene  Urvasi'  und  des  Mälavikägni- 
mitra,  d.  h.  'Mälavikä  und  Agnimitra'. 


26  Einleitung.  [§  34.  35. 36. 

Ausgabe  des  Meghadüta  von  Stenzler  (mit  Yocabular)  1874; 
Übersetzung  von  Fritze,  Chemnitz  1879.  Ausgabe  der  Sakuntalä 
von  Pischel,  Kiel  1877,  übers,  von  Kellner  (Leipzig,  Reclam); 
UrvasI  und  Mälavikägnimitra  sind  von  Fritze  übersetzt  (in  Reclams 
Universalbibliothek). 

35.  Das  indische  Drama,  welches  aus  Tänzen 
bei  festUchen  Gelegenheiten  hervorging  und  vielleicht 
vom  griechischen  Drama  beeinflußt  ist,  hat  einen  aus- 
geprägt Ip'ischen  Charakter ;  daß  sich  aber  damit  auch 
eine  reiche  Handlung  verbinden  kann,  zeigt  die  IVIi'Ccha- 
katikä  'das  irdene  Wägelchen'  des  Königs  Südraka 
(6.  Jahrh.?),  das  in  der  deutschen  Bühnenbearbeitung 
von  Pohle  als  Vasantasenä  bekannt  geworden  ist. 

Ausgabe  von  Stenzler  (Bonn  1847),  übers,  von  Kellner  (Reclam). 
Von  sonstigen  Dramen  sind  hervorzuheben:  Ratnävali  'die  Perlen- 
schnur', dem  König  Sriharsa  (7.  Jahrhundert)  zugeschrieben.  (Aus- 
gabe in  Böhtlingks  Chrestomathie,  übers,  von  Fritze,  Chemnitz  1878) 
und  das  Mälatimädhava  'Mälati  und  Mädhava'  des  Bhavabhüti 
(8.  Jahrb.),  übers,  von  Fritze  (Leipzig,  Reclam).  —  Über  die 
Frage  des  griechischen  Einflusses  s,  zuletzt  S.  Levi,  Le  theätre 
Indien.    Paris  1890. 

36.  Unter  den  Lyrikern  ragen  (außer  Kähdäsa) 
Bhartrliari  (7.  Jahrh.)  und  Amaru  hervor;  s.  Texte 
No.Vn  und  VIII.  Das  Amarusataka  'die  100  Strophen 
des  A.'  (Ausgabe  von  R.  Simon,  Kiel  1893)  zeigt  die  stark- 
sinnhche,  von  romantischer  Sentimentahtät  freie  Erotik 
der  Inder ;  von  den  drei  'Centurien'  0ataka-)  des  Bhartrhari 
ist  nur  die  zweite  erotisch,  während  die  beiden  andern 
lehrhaften  Charakter  haben  (Lebensweisheit).  Die  Spruch- 
weisheit der  Inder  ist  überhaupt  ungemein  reichhaltig;  sie 
ist  gesammelt  und  mit  Übersetzung  versehen  von  Böht- 
lingk, Indische  Sprüche.  2  Bde.  Petersburg  1870  — 1873. 
(Sachhcher  Index  dazu  von  A.  Blau ,  Abh.  f.  d.  Kunde 
des  Morgenl.  IX,  Nr.  4,  1893.) 

Ein  Mittelding  zmschen  Lyrik  und  Drama  ist  der 
Gitagövinda  'der  Hh'te  im  Lied'   des  Jayadeva  (12. 


§  36. 37]  Übersicht  über  die  Sanskritliteratur,  27 

Jalu-hundert),  worin  in  der  Form  von  lyrischen  Monologen 
die  Liebe  des  Krsna  zu  einer  Hirtin  geschildert  wird 
(übers,  von  F.  Eückert,  Ztschr.  f.  d.  Kunde  des  Morgen- 
landes I  [1837]  129  —  175). 

37.  Dem  lehrhaften  Sinn  der  Inder  entspricht  die 
reiche  volkstümhche  Literatur  an  Fabeln,  Märchen 
und  Schwänken.  Die  älteste  Sammlung  ist  das  Pauca- 
tantra  'das  5-Bücher-Werk',  welches  sicher  schon  im 
6.  Jahi'hundert  existierte.  Es  ist  ein  „Prinzenspiegel", 
d.  h.  die  Sammlung  ist  gedacht  als  ein  Lehrbuch  prakti- 
scher Lebensweisheit  für  Prinzen;  s.  Texte  No.  I. 

Ausgabe  Bombay  1895,  übers,  von  Benfej-,  2  Bde.,  Leipzig 
1859  (die  Einleitung  ist  wichtig  für  die  vergleichende  Märchen- 
kunde). 

Der  Tendenz  und  dem  Inhalt  nach  ist  der  Hitö- 
padesa  'der  gute  Rat'  nahe  verwandt  (Ausgabe  Bom- 
bay 1896,  übers,  von  Hertel,  bei  Reclam ,  Probe  in  den 
Texten  No.  II).  Von  sonstigen  Sammlungen  sind  hervor- 
zuheben :  die  Vetälapancavijati  'die  25  Erzählungen  des 
Vetäla'  (Vetäla  ist  ein  Gespenst,  eine  Art  Yampyr) ,  die 
Sukasaptati  'die  70  Erzählungen  des  Papageis'  (Ausgaben 
von  ß.  Schmidt,  Abh.  f.  d.  Kunde  d.  Morgenl.  X  No.  1 
(1893)  und  Abh.  d.  Bayer.  Akad.  1898,  übers,  von  dems. 
Kiel  1894  und  Stuttgart  1899),  das  große  Kathä-sarit- 
sägara  'das  Meer  der  Ströme  von  Erzählungen'  des  Söma- 
deva  (11.  Jahrhundert)  in  18  Büchern.  Nur  die  letzte 
Sammlung  ist  ganz  in  Versen  (s.  Texte  No.  III) ,  während 
die  übrigen  Märchen  abgesehen  von  den  eingestreuten 
Sprüchen  in  Prosa  verfaßt  sind. 

Die  indischen  Märchen  und  Fabeln  haben  für  die  "Weltliteratur 
große  Bedeutung  erlangt,  da  sie  über  Vorderasien  nach  Europa 
gelangt  sind  und  mit  den  europäischen  Fabelstoffen  zusammen- 
stießen. Über  die  Ursprünge  und  Zusammenhänge  dieser  ganzen 
Literatur  handelt  die  vergleichende  Märchenkunde.  Vgl.  darüber 
außer   Benfey,    Pancatantra    (s.   o.)   dessen   kleinere   Schriften, 


28  Einleitung.  [§  37. 38. 

herausgeg.  von  A.  Bezzenberger  (2  Bde.,  Berlin  1890—92),  sowie 
z.  B.  G,  Meyer,  Essays  zur  Sprachgeschiclite  und  A^olkskunde 
Bd.  I  (StrafJburg  1885)  und  F.  vonderLeyen,  Indische  Märchen 
(Halle,  Hendels  Bibliothek  der  Gesamtliteratur). 

h)  Die  indischen  Grammatiker. 
38.  Auch  in  der  Geschichte  der  Wissenschaften 
haben  die  Inder  Hervorragendes  geleistet,  so  in  der 
Philosophie,  Eechts^issenschaft,  Mathematik  und  Astro- 
nomie ,  Medizin ;  in  der  Astronomie  scheinen  sie  stark 
von  den  Griechen  beeinflußt  worden  zu  sein  (wie  schon 
die  Terminologie  zeigt).  Durchaus  original  und  den 
Griechen  an  Exaktheit  weit  überlegen  ist  die  Tätigkeit 
auf  dem  Gebiete  der  Grammatik.  YgL  darüber 
Benfey,  Geschichte  der  Sprachwissenschaft  (München 
1869)  35ff.  Schroeder,  700ff.  Wackernagel, 
S.  LIX  ff.  Schon  die  Bezeichnung  für  Grammatik,  vyäJw- 
rana-,  eigtl.  'Zerlegung,  Analyse',  zeigt,  wie  klar  von  den 
Indern  die  induktive  Erforschung  der  Sprachformen  als 
die  Aufgabe  der  Grammatik  erfaßt  wurde.  Den  Anstoß 
dazu  gaben  die  vedischen  S£j,hitä's.  Die  Notwendigkeit 
einer  korrekten  Aussprache  und  eines  genauen  Vortrages 
rief  phonetische  Regelbücher,  die  sogenannten  Prätisäkhya- 
Sütra's,  ins  Leben,  deren  es  verschiedene  (für  die  einzelnen 
Yeden)  gibt.  Vgl.  besonders  die  Ausgaben  einiger  dieser 
Prätisäkhya's  von  Whitney  JAOS.  VII.  IX  und  X.  Es 
ist  eine  Streitfrage,  ob  diese  Sütra's  älter  oder  jünger  als 
Pänini  (§  39)  sind.  Auch  die  Auflösung  des  Sc^hitä-Textes 
in  den  Worttext  {padapäßm-,  s.  S.  22)  erforderte  gram- 
matisches Nachdenken,  und  endhch  machte  sich  schon 
früh  das  Bedürfnis  geltend,  dunkle  Wörter  der  Hymnen 
zu  erläutern:  so  entstanden  die  Xighantava's,^  eine  Samm- 
lung von  Glossen,  die  zusammen  mit  dem  Kommentar 


1  nighaniu-  ist  ein  "Wort  mittelindischer  Lautform  =  ai.  nir- 
granfhu'  'aus  dem  Text  herausgelöst'. 


§  38. 39.]  Übersicht  über  die  Sanskritliteratur.  29 

des  Yäska,  dem  Kiriikta  ('Auslegung'),  das  älteste 
Denkmal  der  indisclien  Spracliwissenscliaft  ist  (Ausgabe 
von  Roth,  Göttingen  1852).  Yäska  (und  der  von  ihm 
zitierte  Käutsa)  müssen  geraume  Zeit  vor  Pänini  gelebt 
haben,  da  z^\-ischen  beiden  eine  Reihe  von  Grammatikern 
genannt  werden.  Daß  ihre  Werke  verloren  gingen,  ge- 
schah infolge  des  kanonischen  Ansehens,  welches  die 
Grammatik  des  Pänini  erlangte. 

39.  Pänini,  dessen  Zeit  ins  4.  Jahi'h.  v.  Chi",  ge- 
setzt \Nird,  ist  die  bedeutsamste  Erscheinung  unter  den 
indischen  Grammatikern.  Die  Grammatik  des  Pänini 
behandelt  in  8  Büchern  und  3976  Regeln  das  klassische 
Sanski'it.  Die  geradezu  wunderbare  Kürze  der  Regeln 
ist  durch  ein  scharfsinniges,  sozusagen  mathematisches 
Pormelsystem  erreicht,  indem  durch  willkürhch  gewählte 
Buchstaben  und  Silben  grammatische  Begriffe  und  Eigen- 
schaften bezeichnet  werden :  so  bedeutet  z.  B.  l  eine 
Personalendung,  f  ein  Haupttempus,  w  ein  Nebentempus ; 
Suffixe,  welche  nie  den  Ton  haben,  werden  durch  ein  an- 
gehängtes j;  gekennzeichnet  (z.  B.  mi})  in  hhärä-mi)  u.  s.  w. 

Pänini  beeinflußte  die  jüngere  grammatische  Litera- 
tiu' ;  das  Mahäbhäsya  ('großer  Kommentar')  des  Patanjali 
(2.  Jahrh.  v.  Chr.)  faßt  diese  Tätigkeit  zusammen,  Jayäditya 
und  Yämana  (7.  Jahrh.  n.  Chr.)  gaben  in  den  8  Büchern 
der  Käiikä  Yrtti  ('Kommentar  von  Käsi,  d.  i.  Benares') 
einen  fortlaufenden  Kommentar  des  Pänini.  Einen  Ab- 
schluß der  nationalen  indischen  SprachT\dssenschaft  bildet 
die  Elementargrammatik  des  Yöpadeva  (13.  Jahrh.),  die 
bis  in  die  jüngste  Zeit  als  Lehrbuch  maßgebend  ge- 
bheben ist  und  aus  welcher  die  Europäer  das  Sanskrit 
kennen  lernten. 

Ausgabe  mit  Übersetzung  und  Erläuterungen  von  Böhtlingk, 
2  Bde.,  2.  Aufl.  Leipzig  1887;  zur  Beurteilung  Pänini's  vgl. 
ferner  Böhtlingk,  Ber.  d.  Sachs.  Ges.  d.  Wiss.  1893,  247 fl'. 
WZKM  VIII  247 fif.  und  Bühl  er,  WZKM  VIII,  17  ff.  122 ff. 


30  Einleitung.  [§  40. 41 . 

40.  Die  mdischen  Grammatiker  haben  in  der  Laut- 
und  Formenlehre  durch  scharfe  Analyse  err-eicht,  was  vom 
Standpunkt  der  Einzelsprache  aus  möglich  war.  Sie  haben 
in  der  Lavitlehre  den  Begriff  der  Vokalabstufung  (§  105),  in 
der  Formenlehre  den  der  Flexion  (Unterscheidung  von 
Stamm  und  Endung)  klar  erkannt ;  die  syntaktische  For- 
schung trat  jedoch  völhg  zurück.  Der  Etymologie  wurde 
der  Boden  bereitet  durch  Verzeichnisse  der  Sprachwurzeln 
(dhätupätJia-) ,  wie  z.B.  auch  eines  Pänini  als  Anhang 
seiner  Grammatik  hinzugefügt  hat.  Die  lexikalische 
Tätigkeit  ist  jedoch  nicht  zu  einem  Gesamtlexikon  fort- 
geschi'itten,  sondern  beschränkte  sich  auf  synonymische 
und  homonymische,  in  Versen  abgefaßte  Wörtersamm- 
lungen (köki-  'thesaurus') ,  die  man  den  6vo{JLaaTixd  der 
Griechen  vergleichen  kann.  Das  höchste  Ansehen  er- 
reichte in  Indien  der  Amarakösa ,  d.  h.  das  Wörterbuch 
des  Amarasjha,  der  nach  der  Überheferung  ein  Zeit- 
genosse des  Königs  Viki-amäditya  und  Kähdäsa's  gewesen 
ist.  Einen  Abschluß  bilden  die  Wörterbücher  des  Hema- 
candra  (1088 — 1172).  Über  die  Lexikographie  derlnder 
vgl.  Th.  Zachariae  im  Ind.  Grundriß  I,  3.  b. 

c)  Das  Studium  des  Sanskrit  in  Europa. 

41.  Über  die  Geschichte  der  indischen  Philologie  in  Europa 
vgl.  Benfey  a.  a.  0.,  ferner  Schroeder,  S.  7£f.,  Delbrück, 
Einleitung,  l£f.  und  L.vonSchroeder,  Über  die  Entwicklung  der 
Indologie  in  Europa  und  ihre  Beziehungen  zur  allgemeinen  Völker- 
kunde.   Mitteil.  d.  anthropol.  Gesellschaft  in  Wien.  XXV  (1895). 

Die  indischen  Grammatiker  haben  der  vergleichenden 
indogerm.  Sprachforschung  die  Wege  bereitet:  denn 
diese  knüpft  an  das  Bekanntwerden  des  Sanskrit  an. 

Die  Geschichte  der  europäischen  Sanskrit- 
studien zerfällt  in  vier  Epochen.  Obwohl  schon  im 
16.  Jahi'hundert  durch  den  italienischen  Keisenden  Phi- 
lippo  Sassetti  die  erste  Kunde  des  Sanskiit  nach  Europa 


§41.]  Übersicht  über  die  Sanskritliteratur.  31 

gelangte,  und  obwohl  im  17.  und  18.  Jahi-hundert  IVIissio- 
näre  das  Sanski'it  erlernten  (der  Jesuit  Hanxleden,  -j- 1732, 
ist  der  erste  europäische  Verfasser  einer  Sanskritgi-amma- 
tik),  so  haben  doch  erst  am  Ende  des  18.  Jahrhunderts 
rein  praktische  Gründe  —  die  Kenntnis  des  indischen 
Rechtes  —  die  englisch-ostindische  Handelskompagnie 
zum  Studium  der  Sanskiithteratur  gefühi't;  dasselbe  er- 
hielt bald  einen  Mittelpunkt  in  der  Asiatic  Society,  welche 
William  Jones,  Oberrichter  in  Bengalen,  1784  be- 
gründete. IVIit  dessen  und  andern  Namen  vde  Wilkins, 
Wilson  und  Colebrooke  sind  die  ersten  Übersetzungen  und 
Ausgaben  von  Sauskritwerken  verknüpft.  Der  Missionär 
Pauhnus  a  Sancto  Bartholomaeo  (ein  Österreicher)  ver- 
öffenthchte  die  erste  eui'opäische  Sanskritgrammatik  (1790 
und  1804) ;  aber  erst  die  Grammatiken  von  Colebrooke 
(1805)  und  Wilkins  (1808)  haben  tieferen  Einfluß  auf  die 
Weiterentwicklung  der  indischen  Philologie  ausgeübt. 
Neben  London  wurde  Paris  ein  Mittelpunkt  dieser  Studien 
(Chezy);  in  Deutschland  ist  die  Erforschung  der  indi- 
schen Kulturwelt  enge  mit  der  Romantik  verknüpft 
(Friedrich  und  Wilhelm  von  Schlegel). 

Die  zweite  Periode  der  Sanskiitphilologie  setzt  ein 
mit  der  Begründung  der  vergleichenden  Sprach- 
wissenschaft. Beziehungen  zu  europäischen  Sprachen 
wui'den  zwar  schon  von  Sassetti  bemerkt,  das  Ver- 
wandtschaftsverhältnis wurde  von  W.  Jones  richtig  er- 
kannt, aber  erst  Franz  Bopp  (1791  — 1867)  hat  dafür 
denexaktenNachweisgehefert(Konjugationssystem,1816). 
Rasch  erblühte  neben  den  philologischen  Studien  von 
Männern  wie  Lassen,  Stenzler,  W.  von  Humboldt,  Böht- 
lingk  die  sprachwissenschaftliche  Erforschung  des  Sanskiit 
(Benfey,  Pott,  Schleicher).  Sie  erhielt  neue  Nahi^ung 
durch  die  wissenschafthche  Erschheßung  des  Veda,  wo- 
mit die  dritte  Periode  unserer  Studien  beginnt.  Ein- 
geleitet durch  Rudolf  Roth  (Zur  Geschichte  und  Litera- 


■32  Einleitung.  [§41. 

tur  des  Yeda,  1846),  hat  das  Studium  der  Veden  die 
bedeutendsten  Vertreter  der  Sanski-itpbilologie  angezogen 
(außer  Roth  Männer  wie  Max  Müller,  A.  Weber,  Whit- 
ney, Aufrecht,  Graßmann,  Ludwig).  In  der  jüngsten, 
vierten  Epoche  —  etwa  seit  Ende  der  70er  Jahre  — 
hat  sich  die  enge  Verbindung  gelockert,  welche  zwischen 
der  indischen  Philologie  und  der  Sprachwissenschaft 
fast  zwei  Menschenalter  bestand:  indem  jene  sich  immer 
mehi"  auswuchs  und  immer  reicher  sich  gestaltete,  traten 
gegenüber  den  sprachhchen  Problemen  die  hterarischen 
und  kulturgeschichthchen  mehr  in  den  Vordergrund 
(Bühler,  Kielhorn,  Garbe,  Hillebrandt,  Jolly,  Jacobi, 
E.  Kuhn,  Oldenberg).  Andererseits  trat  durch  die  Um- 
wälzung der  sprach^Nissenschafthchen  Anschauungen  die 
sprachgeschichthche  Bedeutung  des  Altindischen  gegen- 
über den  europäischen  Sprachen  etwas  zurück.  Die 
Tätigkeit  auf  dem  Gebiet  der  altindischen  Sprache  ist 
aber  darum  nicht  geringer  geworden,  und  es  gereicht  ihr 
zum  Vorteil,  daß  sowohl  vom  philologischen  (Geldner, 
Pischel)  wie  vom  indogermanischen  Standpunkt  aus  (Brug- 
mann,  Johannes  Schmidt,  Delbrück,  Bartholomae,Wacker- 
nagel)  Fragen  der  indischen  Grammatik  behandelt  werden. 


Erster  Teil. 

Lautlehre. 


ly.  Kapitel. 

Schrift  und  Aussprache.   Der  Lautbestand 
der  idg.  Grundsprache. 


a)  Die  Schrift. 

42.  tJber  die  Geschichte  der  indischen  Schrift  vgl.  Bühler, 
Indische  Palaeographie  (im  Grundriß  I,  11),  auch  Wackernagel 
LVIflf.  Die  älteste  Anwendung  der  Schrift  findet  sich  in  den 
Inschriften  des  Königs  Asöka;  daß  zu  jener  Zeit  (3.  Jahrh.  v.Chr.) 
die  Kunst  des  Schreibens  nichts  Neues  war,  beweisen  äußere  Zeug- 
nisse und  die  palaeographischen  Verhältnisse  der  Inschriften  selbst. 
Wie  alt  der  Gebrauch  der  Schrift  ist  und  in  welchem  Umfang 
dieselbe  schon  in  der  vedischen  Zeit  Anwendung  fand,  ist  eine 
Streitfrage;  doch  ist  es  wahrscheinlich,  daß  die  Sqhitä's  und  andere 
heiUge  Schriften  lange  Zeit  mündlich  fortgepflanzt  wurden.  Die 
indischen  Alphabete  gliedern  sich  in  zwei  Hauptformen,  die  beide 
schon  in  den  Asökainschriften  vertreten  sind. 

1.  Die  Brähml  (Brahmaschrift). 

Diese  rechts  läufige  Schrift,  nach  der  indischen  Tradition 
eine  Erfindung  des  Gottes  Brahma,  wird  von  Bühler  (allerdings 
unter  dem  "Widerspruch  z.  B.  von  Halevy,  vgl.  Revue  semit.  III 
222 ff.,  372  ff.,  IV  53 ff.)  aus  dem  altphönizischen  Alphabet  (9.  Jahrh. 
V.  Chr.)  abgeleitet  und  würde  demnach  derselben  Quelle  entstam- 
men wie  die  griechischen  (und  europäischen)  Alphabete. 

2.  Die  Kharosthi,  angebUch  von  einem  Kharostha  erfunden  und 
auf  das  nordwestliche  Indien  beschränkt,  ist  eine  linksläufige 
Schrift  und  stammt  (nach  ßühler)  aus  einem  semitischen  (aramäi- 
schen) Alphabet  der  Achaemenidenzeit  (anders  Halevy,  s.  oben.) 

Die  Kharosthi  ist  nur  bis  ins  2.  Jahrh.  n.  Ohr.  in  Gebrauch 
gewesen.     Die  zahlreichen   späteren  Alphabete   Indiens,   die  auf 
Tliumb,  Altindiscbe  Grammatik.  3 


34 


Lautlehre. 


[§  42.  43. 


Inschriften  und  in  den  Handschriften  angewendet  werden,  sind 
lokale  Varietäten  der  Brähnal;  dazu  gehört  auch  die  sogenannte 
Devanägarl  -  Schrift,  welche  in  Hindostan  als  Buch-  und 
Druckschrift  gebräuchlich  ist  und  daher  auch  von  den  europäi- 
schen Gelehrten  verwendet  wird. 

Der  Name  der  tchrift  ist  nicht  ganz  klar:  er  bedeutet  die 
'Stadtschrift  {nagari)  der  Götter  oder  Brahmanen.' 

43.  Die  sog.  devanägari-'&,chx\h  besitzt  folgende  47 
Zeichen,  deren  Anordnung  von  den  indischen  Gramma- 
tikern herrührt : 


Yokale. 


Diphthonge 


1   ^ 
W  ö 


w 

a 

t 

l 

^ 

ü 

^ 

f 

^ 

t 

e. 

äi 
äu 

K  onsonanten. 


Gutturale : 
Palatale : 
Cerebrale : 
Dentale : 
Labiale : 

Halbvocale ; 


Zischlaute : 
Hauchlaut : 


^  Je,  T§  l-h,  T[  g,-^  gh,  ^  r, 

•^  c.  -^  eil,  ^j,  ^jh,  öf  n. 
-Z  t,'S  f^^  ^  f^  '^  (ß^  1!T  n- 


'  -»<  7'  >j  J"^  =n 
TT  ^,  ^  ^7?,  -^  d,  \j  äh   ■= 


<1    f-,    ^    IV(,    <-    u, 

xr  p,  xj;  ph  ^  &, 
[palatal  -^  y. 
!  cerebral  -^i^  r. 
I  (-dental')    ^  l. 

labial  •^  v. 

palatal    ^,  "sr  ^'• 
■  cerebral  "Br  s. 

dental     ^  s. 


,  -T  n. 
*j  hh,  j{  m. 


§  43.  44. 45.J  Schrift  und  Aussprache.  Der  Lautbestand  etc.  35 

Dazu  kommen  noch  die  drei  Zeichen 
Visarga:       :  h,  als  Ersatz  von  s  und  r  (s.  §  164). 
Anusvära:    ^  )  ^^^  j,^,^^^^  ^„^,  ^^^^^-^^  ^^  54_  g^^ 
Anunasika:  —  J 

Anm.  1.  Nur  dem  Vedischen  gehört  35  /  an,  s.  §  122.  3.  Anm. 

Anm.  2.  Anusvära  und  Visarga  werden  (nach  altem  indi- 
schen Schulgebrauch)  in  der  Regel  zwischen  den  Diphthongen 
und  Konsonanten  alphabetisch  eingeordnet.  Doch  stellen  die  indi- 
schen Grammatiker  die  beiden  Zeichen  an  das  Ende  des  Alpha- 
bets, s.  Kirste,  Sitzungsber.  d.  "Wiener  Akad.  133.  Bd.  (1895) 
No.  8. 

44.  Die  in  §  43  angeführten  Consonantenzeichen 
sind  Silben  zeichen,  denen  der  Vocal  a  inhäriert:  eR  = 
]{a,  ^  =  ha,  7f  =  yci,  '^  =  sa  u.  s.  w.  Der  isoHerte  Con- 
sonant  wird  durch  den  Viräma-  (,Ruhe-,  Haltepunkt'), 
einen  schrägen  Strich  unterhalb  des  Buchstabens, 
bezeichnet:  ^  k,  -^  d,  -s  h.  Also  z.  B.  t(^  yama-  (der 
Todesgott),  aber  ^j^  yam  , welchen'. 

Da  die  Wörter  in  den  Texten  gewöhnlich  zusammen- 
hängend geschrieben  werden,  so  wird  der  Viräma  meist 
nur  am  Satzende  oder  zur  Vermeidung  komphzierter 
Konsonantenverbindungen  gebraucht. 

45.  Die  Vokalzeichen  des  §  43  kommen  nur  für  den 
Anlaut  in  betracht,  z.  B.  ^^T|;  cüiam  ,ich'.  Im  Inlaut 
werden  die  Vokale  (ausser  a,  s.  §  44)  in  folgender  Weise 
geschrieben: 

ä:  öjrr  /*-■«,  ^j  da. 

i:  fgR  M,  f%  cL 

i:  efi't  M,  «f^  ni. 

u:  cR  ku,  Tg  du]  merke  "T  du,  ^  hu  und  -^  ru. 

ü:  cR  kü,  ^  hhü;  merke  t"  du,  s-  hü  und  -^  oder  5"  rü. 

r:  ff  kr,  -^  dr. 

f :    cR  kr,  ^  df. 

'S  kl. 


36  Lautlehre.  [§  45. 46. 

Diphthonge :  ^  ]{e,  ^  Mi,  eft  ^ö,  c^  käu. 
Das  Zeichen  ^f  §  nimmt  die  Form  ■sq-  an  in  37  §u, 
Tn  §ü  und  tsr  Ir. 

es  Ä     ° 

4:6.  Konsonantenverbindungen  werden  durch  Liga- 
turen geschrieben :  die  charakteristischen  Bestandteile 
der  Buchstaben  werden  so  mit  einander  verbunden, 
daß  das  zweite  Konsonantzeichen  entweder  nach  dem 
ersten  oder  unter  den  ersten  Buchstaben  geschrieben 
wird. 

a)  die  einzelnen  Zeichen  stehen  nebeneinander. 
^  JiJiya. 

T^  gda,  1^  gdha,  vf  gna,  7^  gma,  te(  gya. 

•^  gltma,  -^  ghya. 

"^  ccha,  x3P[  cma,  ^  cya. 

^  m^  3?J  jjha,  ^  jma,  mi  jya\  sg^  ficha. 

■Bsr  tya,  -^f  thya,  ^  dya,  gj  d^W^- 

1^  nta,  Tj^  nfha,  j^  nda,  jf^  ydha,  1^  nya,  ij^  nva. 

jafi  tka,  "psf  ttJia,  f^  tija,  -^  tya,  ^  tva,  1^  tsa. 

^  thya. 

yjj  dhma,  m(  dhya,  -^  dhva. 

•?!  7Üa,  «^  nda,  ^  ndha,  ^  nma,  -^  nya,  ^  nva,  ^  nsa. 

tfj  pma,  XE(  pya,  j^  psa. 

5^  l)da,  w(  hdJia,  ögr  hya. 

^  hhya,  ^  hhva. 

jq  mpa,  js(  niba,  ^  mhha,  i^  mya. 

1^  Ika,  ^  Ipa,  -^  Iva. 
^  vya. 

^  iya,  3C7T  ^nia. 

x^  ska,  -mf  hia,  xq  ^pa,  xjf  hna,  -^  ^ya,  -üsf  ^va. 
•^  ska,  ^  skha,  ^  sta,  -^  stha,  -^  spa,  ^  sma,  ^  si/a, 
1^  sva. 

b)  die  Zeichen  stehen  untereinander. 
^  Ma,  gr  kna,  ^  /<;?«,  ^  ä;!?«. 


§  46. 47. 48.]     Schrift  und  Aussprache.  Der  Lautbestand  etc.        37 

^  gJina. 

^'  nka,  ^  fdga,  -^  ngha. 

^  cca,  ^  cPia. 

g  fica,  ^  ftja. 

^  fÄ:a,  5  tta,  ^  (/r/a. 

^  nwa. 

TT  i?ia,  -^  i^na,  ^  2)Za. 

1^  f»wa,  •^  mla, 

^  hna,  ^  /«va. 

Einzelne  Zeichen  werden  in  den  Ligaturen  mehr  oder 
weniger  verändert : 
^  Ma,  ^  lima,  ^  liya,  ^  Ma. 
y{  Ua,  1"  dda,  ^  c?»?a,  ^  dma,  ^  ^!/a. 
■g  ^ca,  -g-  ^va  (und  so  immer  -sq-  statt  ij). 

Besondere  Formen  sind  -^  oder  "^  Tiki,  ^  jna, 
•^  nna. 

47.  In  eigener  Weise  wird  der  r-Laut  bezeichnet, 
nämlich 

a)  vor  einem  andern  Konsonanten  durch  ein  Häk- 
chen über  demselben :  -^  rka,  -^rtha,  ?f  rhha,  ■^  rva, -q  rSa. 

b)  hinter  einem  andern  Konsonanten  durch  einen 
kleinen  schrägen  Strich  unter  demselben :  sR  kra,  -^  ära, 
Tf  pra,  T^  sra,  -g-  Jira. 

Merke :  -^  tra,  -^  ira. 

48.  Die  Ligaturen  von  drei  und  mehr  Buchstaben 
werden  nach  den  gleichen  Regeln  gebildet.  Vgl.  z.  B. 
folgende  Ligaturen: 


88  Lautlehre.  [§48.49.50.51. 

a)  Yon  drei  Buchstaben: 

^  ktya,  '=^Jdra,  ^  kSma,  -^  k^ya;  Ti^  ghliya,  7je(  grya; 

•^  idMa,  'S?  7dMa. 
^  cchra,  ^^^  jftya^  ^^  jjva. 
r^  tkva,  r^  tkSa,  ^  ttya,  -^  ttra,  -^  W^;a,  "^sf  ^r^/ci,  7^ 

ts^^a,  (^  tsya ;  -g-  f/f?fa,  ^  ddJiva,  ^  ddhya,  ^  dhhya, 

^  drya\  -s^  ntya,  t^  ndra,  «y  ndlira. 
■^  i^^:?/«,  x."^  i^s^fl,  ö^af  hdJiva,  uf  mpra. 

^^'  ^f^a,  ^^  h-ya. 

•^  stya,  -^  stra,  ^^  stva. 

b)  von  ^ier  Buchstaben : 

^^Rj-  Mmya,  r^  tsmya,  -^  ptrya,  ^  rtsya,,  -^  ^trya. 

c)  von  fünf  Buchstaben : 
?)^  rtsnya. 

49.  Sonstige  Schriftzeichen. 

a)  Als  Apostrophzeichen  (für  ein  ausgefallanes  a, 
s.  §  172)  wird  der  avagraka-  'Trenner',  nämlich  ^,  ver- 
vrendet. 

b)  Die  Abkürzung  eines  Wortes  wii'd  mit  <>  be- 
zeichnet. 

c)  Zur  Interpunktion  dienen  |  und  ||. 

50.  Zahlzeichen. 

^  \  "^  ^  M  ^^^eo 

1234567890 
z.  B.  ^%  36,  c|00  100,  qooo  1000,  qx^Qii  1895. 

b)"'Die  Aussprache. 

p^  51.  Phonetische  Grundhegrüfe.  Die  Sprachlaute 
entstehen  durch  Hemmungen ,  welche  der  aus  der 
Lunge  kommende  Luftstrom  auf  dem  "Wege  von  der 
Stimmritze  bis  zur  Mund-  oder  Nasenöffnung  erfährt. 
Je  nach  dem  Grade  dieser  Hemmung  (Artikulationsart) 


§  51.]       Sprache  und  Aussprache.    Der  Lautbestand  etc.  39 

und  dem  Ort  derselben  innerhalb  der  Sprachorgane  (Ar- 
tiknlationsstelle)   sind  folgende  Laute  zu  unterscheiden. 

1.  Die  Stimmritze  wird  so  verengt,  daß  sie  zum 
Tönen  gebracht,  d.  h.  ein  Stimmton  erzeugt  wdrd.  Alle 
Laute  mit  Stimmton  heißen  stimmhaft  (oder  tönend); 
unterbleibt  das  Tönen  der  Stimmbänder,  so  sind  die 
Laute  stimmlos  oder  tonlos.  Bei  den  stimmhaften 
Lauten  ist  zu  unterscheiden ,  ob  der  Stimmton  rein  er- 
tönt oder  von  einem  Geräusch  begleitet  wird.  Ln  ersten 
Fall  dient  der  Mund-  oder  Naseni'aum  (in  verschiedener 
Einstellung)  nur  zur  Resonanz:  so  entstehen  die  Sonor- 
laute, nämhch  die  Yocale  (a,  e,  i  etc.),  die  Liquidae 
(?•  mit  Vibrieren  des  Zäpfchens  oder  der  Zungenspitze, 
l  mit  Vibrieren  des  Zungenrandes)  und  die  Nasale  (n, 
ni,  7d  u.  s.  w.  je  nach  der  Stelle,  wo  der  Mundraum  ab- 
gesperrt wird,  s.  3) ;  im  zweiten  Falle  entstehen  stimmhafte 
Geräuschlaute  (s.  u.),  nämlich  die  Mediae  (g,  du. s.w.) 
und  Mediae  aspiratae  (gh,  dJi),  sowie  die  tönenden 
Spiranten  (^,j,  et).  Diesen  stehen  die  stimmlosen  Ge- 
räuschlaute,  nämhch  Tenues  und  Tenues  aspiratae 
(li,  hh),  und  stimmlosen  Spiranten  und  Zischlaute  (s  u.  s.w.) 
gegenüber. 

Anm.  Die  Vocale,  Liquidae  und  Nasale  können  auch  stimm- 
los gesprochen  werden  (vgl.  die  geflüsterten  Vocale);  ein  stimm- 
loser Vocal  ist  z.  B.  der  deutsche  Hauchlaut  h. 

2.  Die  Geräuschlaute  sind  verschieden  je  nach 
dem  Grade  der  Hemmung,  welche  an  der  Artikulations- 
stelle entsteht.  Bei  geräuschbildender  Verengung  kommen 
die  Reibelaute  oder  Spiranten  zu  stände  :  z.  B.  /"  (ton- 
los), V  (tönend).  Zu  den  Spiranten  gehören  auch  die 
Zischlaute  s,  z  (in  franz.  zele),  S  (nhd.  seh),  z  (in  franz. 
jeune),  §  (s.  u.).  "Wird  der  Mundraum  an  einer  Stelle  ab- 
geschlossen und  der  Verschluss  durch  den  Druck  des 
Expii-ationsstroms  gesprengt,  so  entstehen  die  Ver- 
schlußlaute oder  Explosivae:  vgl.  z.  B.  tonloses  p 


40  Lautlehre.  [§  51. 

und  tönendes  h.  Diese  Explosivae  sind  Momentan- 
laute;  ihnen  stehen  die  Dauerlaute  gegenüber,  die 
behehig  lange  gedehnt  werden  können  (z.  B.  s). 

Anm.  Von  den  Spiranten  sind  die  Aspiraten  zu  unter- 
scheiden (th,  dh):  es  sind  Verschhißlaute  mit  nachstürzendem 
Hauch.  "Wenn  der  Verschluß  nicht  völlig  gelöst  wird,  so  ent- 
stehen Affricatae  ipf). 

3.  Die  verschiedenartigen  Geräuschlaute  lassen  sich 
am  besten  einteilen  nach  den  Artikulationsstellen. 

a)  Lippenlaute  oder  Labiale:  p,  1),  m. 

"Wenn  die  Artikulation  zwischen  Unterlippe  und  Oberzähnen 
gebildet  wird,  so  entstehen  Labiodentale  (vgl.  nhd.  /). 

b)  Zahnlaute  oder  Dentale. 

a)  Interdentale  (reine  Dentale):  p  (engl,  th),  s. 
ß)  Alveolare :  die  Zunge  legt  sich  an  die  Alveolen 
(d.  h.  Kieferrand)  der  Oberzähne,  vgl.  t,  d,  n. 

c)  Wenn  der  vordere  Zungensaum  gegen  das  vordere 
Gaumendach  auf-  und  zurückgebogen  wird,  so  entstehen 
die  sogen.  Cerebrale  (auch  Linguale,  Cacuminale  ge- 
nannt), vgl.  die  ai.  Cerebrale,  zu  denen  auch  r,  r  und  S 
hinzuzurechnen  sind. 

d)  Der  mittlere  Zungenrücken  artikuhert  gegen  den 
harten  Gaumen:  Palatale,  vgh  k  in  nhd.  Kind,  ch(y^) 
in  ich  und  den  palatalen  Spiranten  §. 

e)  Der  hintere  Zungenrücken  nähert  sich  dem  weichen 
Gaumen  (oderVelum):  Velare  (auch  Gutturale),  z.  B. 
Ji  in  Kunst,  cli  (x)  in  Bucl}. 

Anm.  Durch  die  Vereinigung  der  Laute  werden  Silben 
und  Wörter  gebildet.  Der  schallstärkste  Laut  ist  jeweils  der 
Träger  der  Silbe  oder  der  S  o  n  a  n  t ,  dem  die  übrigen  Laute  als  K  o  n  - 
sonanten  gegenüberstehen.  [Das  Wort  Konsonant  hat  hierbei  einen 
rein  funktionellen  Sinn.]  Als  Sonanten  dienen  zwar  in  der  Regel 
die  Vokale,  doch  können  auch  die  Nasale  ('nasalis  sonans')  und 
Liquidae,  ja  gelegentlich  auch  andere  Laute  'silbisch'  oder  'sonan- 
tisch'  gebraucht  werden,  was  durch  ein  untergesetztes  =  bezeichnet 
wird,   vgl.    aind.  r  und  l  oder  die  übliche  deutsche  Aussprache 


§  51—54.     Schrift  und  Aussprache.   Der  Lautbestand  etc.  41 

hundit,  handU,  sitzn  statt  hundert,  handelt,  sitzen,  oder  die  Inter- 
jektion pst.  Andererseits  können  die  Vokale  auch  als  Konso- 
nanten fungieren  (Halbvokale),  was  durch  ein  untergesetztes  ^ 
verdeutlicht  werden  kann.  Jeder  Diphthong  ist  die  Verbindung 
eines  sonantischen  mit  einem  konsonantischen  Vokal,  vgl.  z.  B. 
ai,  atf,  eu  (fallende  Diphthonge)  und  ia,  io  (steigende  Diphthonge). 

52.  Die  Aussprache  des  Altindischen.  Um 
den  Lautwert  der  einzelnen  ai.  Buchstaben  festzustellen, 
haben  wir  von  der  heute  üblichen  Aussprache  der  Brah- 
manen  auszugehen.  Wir  können  diese  durch  die  Eegelu 
der  Prätisäkhyen  (§  38)  und  der  Grammatiker  kontro- 
lieren.  Auch  die  Wiedergabe  indischer  Wörter  in  fremden 
Sprachen  (bezw.  in  ind.  Mundarten)  und  fremder  Wörter 
im  Ai.,  sowie  orthographische  Schwankungen  setzen  uns 
in  den  Stand,  die  Aussprache  der  Laute  für  ältere  Zeiten 
zu  bestimmen.  Über  die  genaueren  Ergebnisse  dieser 
Untersuchungen  s.  Whitney  §  19 — 79,  Wackernagel,  Ai- 
Gramm.  I. 

53.  Die  Normalaussprache  der  ai.  Laute  ergiebt  sich 
teilweise  schon  aus  der  Anordnung  der  Lautzeichen.  Die 
ind.  Anordnung  der  Buchstaben  entspricht  phonetischen 
Grundsätzen :  so  sind  die  'Mutae'  nach  den  Artikulations- 
stellen  und  innerhalb  derselben  nach  der  Artikulations- 
art  (Tennis,  Tenuis  aspirata,  Media,  Media  aspirata  — 
Nasal),  die  übrigen  Laute  nach  der  A rtikulationsart  und 
innerhalb  dieser  nach  der  Artikulationsstelle  geordnet. 

54.  Zu  bemerken  ist  im  einzelnen: 

1.  Vokale.  Das  a,  der  Laut,  der  dui'ch  seine 
Häufigkeit  (er  ist  doppelt  so  häufig  als  alle  andern  zu- 
sammen) dem  Sanskrit  einen  eigenen  Klangcharakter  ver- 
leiht, wird  nur  als  Länge  (-^  ä)  wie  ein  reines  a  aus- 
gesprochen; das  kui-ze  -^  a  lautet  bei  den  Indern  meist 
wie  ein  kurzes  ö  (ö,  e) ;  diese  Aussprache  ist  mindestens 
so  alt  wie  Pänini.  (Li  Europa  spricht  man  jedoch  immer  a). 
•^  r,  ^  l  werden  heute  fast  wie  ri ,  li  gesprochen 


42  Lautlelire.  [§  54, 

(bisweilen  auch  ri,  li  transskribiert),  lauten  aber  in  alter 
Zeit  wie  ein  reiner  r-  bezw\  l  -Vokal. 

Ij  e  und  -^  ö  werden  zwar  von  den  Indern  nach 
ihrer  Entstehung  (s.  §  74.  75)  als  Diphthonge  betrachtet, 
lauteten  aber  schon  seit  den  Prätisäkhya  wie  e  und  o. 

Die  'Langdiphthonge'  ^  äi  und  ^  äu  werden  ge- 
Avöhnhch  äi,  äu  (bisweilen  auch  ei,  ou)  gesprochen. 

2.  Konsonanten.  Die  ai.  Aspiratae  {pli,  Wiu.s.w.) 
sind  bis  auf  den  heutigen  Tag  reine  Aspiraten  gebheben 
und  nicht  etwa  wie  im  Griechischen  (cp,  y)  zu  Spiranten 
geworden;  i)li  z.  B.  ist  also  wie  unser  (in  Wirklichkeit 
aspiriertes)  lo  in  Pein,  packen  zu  sprechen,  hh  etwa  h-li 
in  Stabhalter. 

Die  Gutturale  sind  reine  Velarlaute.  Der  Nasal  (^) 
lautet  wie  ng  in  deutsch  Engel. 

Die  Palatale  werden  heute  wie  Dentale  mit  nach- 
folgendem palatalen  Zischlaut  {ti,  dt)  gesprochen,  vgl. 
die  Aussprache  des  engl,  nature  vmd  ital.  cento,  giro. 
Wie  alt  diese  Aussprache  ist,  läßt  sich  nicht  genau  be- 
stimmen; da  die  Palatale  von  den  alten  Grammatikern 
und  in  der  Prosodie  als  einfache  Laute  behandelt  werden, 
so  darf  vielleicht  für  die  ältere  Zeit  die  Aussprache  stark 
palataler  Verschlußlaute  (lij  u.  s.  w.  oder  t'j  u.  s.  w.?) 
angenommen  werden.  Vgl.  Wackernagel  §  119  und  Brug- 
mann,  Grundriß  I^  77.  -^  n  lautet  wie  ital.  gu  in  cam- 
pagna,  ■%  ja  wie  dPia. 

Über  die  Cerebrale  s.  §  51.  3.^c).  Das  Wort  ist  eine 
"Übersetzung  des  ind.  Terminus  mürclhamja-  'Kopflaut', 
d.  i.  'nach  dem  Kopfe  (oder  Gaumendach?)  zu  gesprochen'. 
In  Europa  pflegt  man  sie  gewöhnlich  wie  die  Dentale 
zu  sprechen. 

■^  y  und  T3(  V  sind  wirkliche  Halbvokale  (i,  u)  wie  in 
deutsch  Asien  und  engl,  ivater,  doch  wdrd  v  heute  von 
<len  Indern  auch  wie  deutsches  iv  gesprochen;  -^  r  wird 


§  54.  55.]       Schrift  und  Aussprache.   Der  Lautbestand  etc.  43 

cerebral  (mit  der  Zungenspitze)  artikuliert ;  ^  l  wird  von 
den  Prätisäkhya's  als  ein  dentaler  Laut  definiert,  35  l 
klingt  heute  wie  slav.  i. 

•^  i  wdrd  heute  wie  S  oder  s  gesprochen ,  war  aber 
in  alter  Zeit  wahrscheinlich  ein  S  (d.  seh)  mit  pala- 
taler Mundstellung  (stand  also  dem  deutschen  ic7i-Laut 
sehr  nahe) ,  wie  if  §  ein  §  mit  cerebraler  Mundstel- 
lung ist. 

^  h  \\-ird  heute  wie  unser  stimmloser  Hauchlaut  ge- 
sprochen, doch  weisen  mehrere  Zeugnisse  der  Gramma- 
tiker und  der  Urspning  des  Lautes  (§  121.  127)  darauf 
hin,  daß  ^  einst  ein  stimmhafter  Hauchlaut  war,  s.  Whit- 
ney §  65,  Wackernagel  §  211. 

Der  Yisarga  :  h  ist  ein  stimmloser  schwacher  Hauch, 
der  in  der  Mundstellung  des  vorhergehenden  Vokals  ar- 
tikuhert  wii*d,  also  das  Gegenstück  zu  dem  anlautenden 
Spiritus  asper  des  Griechischen. 

Der  Anusvära  ('Nachlaut')  bedeutet  in  der  heutigen 
Aussprache  vor  Zischlauten,  h  und  /  einen  Nasalvokal, 
z.B.  ipfff%'  manqßi ;  im  Auslaut  spricht  man  gewöhnlich 
m,  im  Inlaut  vor  Konsonant  den  diesem  entsprechen- 
den Nasal,  z.  B.  ■^^TT;ffT  samhharati.  Daß  der  Anusvära 
jedoch  an  sich  nicht  die  Nasalierung  eines  Vokales  be- 
deutete, sondern  ein  selbständiger  jedoch  nicht  sicher  be- 
stimmbarer Nasallaut  war,  darauf  weist  die  Existenz  des 
besonderen  Begriffes  Anunäsika  'von  einem  nasalen  Klang 
begleitet',  also  =  'Nasalvokal'.  Das  Zeichen  «'  für  den 
Anusvära  findet  sich  nur  in  vedischen  Texten.  Näheres 
s.  bei  Whitney  §  70  und  Wackernagel  §  223. 

55.  Accent.  Im  klassischen  Sanskrit  werden  keine  Ac- 
centzeichen  geschrieben.  Nach  der  heutigen,  in  Indien 
üblichen  Aussprache  des  Sanskrit  wird  dasselbe  ungefähr 
nach  dem  gleichen  Accentuierungsgesetz  betont,  das  für  das 
Latein  gilt :  der  Accent  ruht  auf  der  vorletzten  Silbe,  wenn 


44  Lautlehre.  [§  55. 

diese  lang  ist ;  wenn  sie  kurz  ist,  so  ruht  der  Accent  auf  der 
drittletzten  Silbe, falls  diese  lang  ist,  und  auf  der  viertletzten, 
falls  die  drittletzte  Silbe  ebenfalls  kurz  ist ;  man  betont  also 
^v^,  ±  w  b=i,ji>ww^.  Diese  (rein  expiratorische) 
Accentuierung  ist  mindestens  schon  2000  Jakre  alt  und 
stammt  aus  der  gesprochenen  Volkssprache,  denn  sie  ist 
für  gewisse  Lautwaudlungen  (z.  B.  Vokalausstoßungen) 
des  Mi.  vorauszusetzen,  wie  Jacobi,  ZDMG.  XLVII,  574  fi\ 
und  KZ.  XXXV,  563  ff.  gezeigt  hat.  Ebenso  wie  im  La- 
teinischenist die  gegenwärtige  Accentuierung  des  Sanskrit 
an  Stelle  einer  älteren  Betonungsweise  getreten,  die  in 
der  vedischen  Zeit  herrschte  und  noch  dem  Grammatiker 
Pänini  bekannt  war.  Sie  war  verwiegend  musikahsch,  die 
Accentstelle  stimmte  mit  der  indogermanischen  im  wesent- 
lichen überein. 

Anm.  1.  Über  den  älteren  Accent  geben  die  Grammatiker  (wie 
Pänini)  und  die  accentuierten  vedischen  Texte  Auskunft;  zu  den 
letzteren  gehören  jedoch  nur  die  Hymnensammlungen  (Sijhitä's) 
und  einige  Brähmana's.  Über  die  verschiedenen  Arien  der  Ac- 
centbezeichnung  s.  Whitney  §  80  fl.  und  Wackernagel  243  ff.  (wo 
das  ai.  Accentuationssystem  am  ausführHchsten  dargestellt  ist); 
vgl.  ferner  H.  Hirt,  Der  indogerm.  Accent.     Straßburg  1895. 

Die  Accentstelle  des  Hochtons  oder  Udätta-  stimmt  im  wesent- 
lichen mit  der  idg.  Accentstelle  überein,  die   sich  vor  allem  mit 
Hilfe  des  Griechischen  (und  Germanischen)  feststellen  läßt,  z.  B. 
ähümäs     gr.  O-jp-o; 
padäs         gr.  nooö; 
padam       gr.  irooa 
pitd  gr.  TiaTT^p 

mänas  gr.  jj-Ivo; 
bhärämas  gr.  cf  epoiAsv. 
Auch  der  "Wechsel  in  der  Betonung  des  Perfekts  (z.  B.  Sing. 
didesa  —  PI  didibima)  ist  uridg.,  wie  das  Germanische  zeigt.  Wie 
im  Griechischen  gibt  es  auch  tonlose  Wörter  (Enklitika),  zu  denen 
nicht  nur  Partikeln  wie  ca  'und',  gewisse  Pronominalformen  wie 
me  =  gv.  |j.ol,  sondern  auch  der  Vokativ  und  das  Verbum  finitum 
im  Hauptsatz  gehören.  Einzelne  Accentverschiebungen  der  älteren 
Zeit,  wie  z.B.  säpta  (älter  saptä)  :=- kr.zö. ,  sind  durch  analogische 
Einflüsse  verursacht  {säpta  nach  näva,  däla=  iwia  ,  oexa). 


§55.56.]     Schrift  und  Aussprache.  Der  Lautbestand  etc.  45 

Außerdem  Udätta-  gibt  es  einen  Tiefton,  Änudätta-,  und  einen 
fallenden  Ton,  den  Svarita-;  der  letztere  ruht  regelmäßig  auf 
einer  Silbe,  die  dem  Hochton  folgt:  der  Ton  sinkt  wieder  in  die 
Tieftonlage  herab.  In  dem  accentuierten  Texte  des  RV.  ist  der 
Udätta  unbezeichnet,  dagegen  wird  der  ihm  vorhergehende  Tiefton 
und  der  auf  den  Hochton  folgende  Svarita  gekennzeichnet,  jener 
durch  einen  wagrechten  Strich  unter,  dieser  durch  einen  senk- 
rechten Strich  über  der  Zeile,   z.  B.  'f3'S"5J  didesa. 

Anm.  2.  Außer  dem  durch  vorhergehenden  Hochton  bedingten 
Svarita  gibt  es  noch  einen  selbständigen  Svarita:  er  steht  auf 
Silben,  die  durch  Zusammenstoß  eines  konsonantisch  gewordenen, 
hochbetonten  i  oder  u  mit  einem  darauffolgenden  Vokal  entstanden 
sind,  z.  B.  nadyah  (geschrieben  «f^: )  'Flüsse'  aus  nadias.  Dieser 
Accent  ist  zwar  seiner  Natur  nach  mit  dem  griechischen  Circum- 
fiex  verwandt  (vgl.  xpei?  aus  tre{i)es),  steht  aber  sprach  geschichtlich 
nicht  mit  ihm  im  Zusammenhang.  Der  idg.  Circumflex,  wie  er 
z.  B.  in  i}£(Jüv  vorliegt,  läßt  sich  nur  noch  an  gewissen  zweisilbigen 
Messungen  wie  z.  B.  gaam=gain  gr.  (dial.)  ßwv  erkennen,  s. 
darüber  Oldenberg,  Prolegomena  185. 

In  der  folgenden  Darstellung  wird  der  ai.  Accent  nur  be- 
rücksichtigt, soweit  er  zum  sprachgeschichtlichen  Verständnis  ge- 
wisser lautlichen  oder  flexivischen  Bildungen  nötig  ist. 


c)  Der  Lantbestaud  der  idg.  Grundspraclie. 

56.  Methodisclies.  Der  Nachweis,  wieviele  und 
welche  Laute  der  idg.  Ursprache  vor  ihrer  Trennung  an- 
gehört haben,  wird  von  der  vergleichenden  Grammatik 
der  idg.  Sprachen  erbracht:  die  Geschichte  der  Laute 
in  den  Einzelspracheu  führt  zu  dem  ältesten  Lautbestand 
dieser,  und  die  Vergleichung  der  ältesten  Phasen  der 
einzelnen  Sprachzweige  setzt  uns  in  den  Stand,  das  Laut- 
system der  Grundsprache  zu  rekonstruieren.  Nur  in 
wenigen  Fällen,  wie  z.  B.  beim  i,  ergibt  die  unmittelbare 
Übereinstimmung  der  Lautformen  ohne  weiteres  den  Laut 
der  Grundsprache ;  in  den  meisten  Fällen  muß  untersucht 
werden,  welche  von  den  Einzelsprachen  in  der  Vertretung 
eines  uridg.  Lautes  der  Grundsprache  am  nächsten  stehen 


46  Lautlehre.  [§  56. 57. 

oder  einen  uridg.  Laut  unmittelbar  wiedergeben.  In  sol- 
cben  Fällen  hat  derjenige  Laut  als  ursprüngKcli  zu  gelten, 
von  welchem  sich  die  entsprechenden  Laute  der  Einzel- 
sprachen am  ungezwungensten  ableiten  lassen.  So  muß  vor 
allem  gefragt  werden,  welche  Lautentwicldung  am  besten 
unserer  phonetischen  und  lautgeschichtlichen  Erfahrung 
entspricht.  Es  kann  z.  B.  kein  Zweifel  darüber  bestehen, 
daß  ai.  tan-,  gr.  t£iv(d,  lat.  ten-tus,  got.  pan-jan  'dehnen' 
auf  einen  idg.  Anlaut  mit  t  zurückzuführen  sind,  obwohl  das 
Germanische  diesen  Laut  nicht  aufweist.  Oft  zeigt  nur 
eine  einzige  Sprache,  bisweilen  überhaupt  keine  den  ur- 
sprünghchen  Laut:  so  ist  z.  B.  das  ind.  hli  trotz  seiner 
Vereinzelung  gegenüber  gi*.  cp,  lat.  /",  got.  slav.  h  (ai.  hha- 
ranti,  gr.  cpspovii,  lat.  ferunt,  got.  hairand,  abulg.  herqtü) 
der  ursprünghche  Laut,  aus  welchem  sich  die  übrigen  am 
besten  herleiten  lassen;  die  Nasalis  sonans  m  ist  über- 
haupt in  keiner  Eiuzelsprache  erhalten  (s.  §  88 ff.). 

Die  heutige  Sprachwissenschaft  unterscheidet  sich  in 
der  Rekonstruktion  des  idg.  Lautbestandes  wesentlich 
von  den  Anschauungen,  die  vor  30  Jahren  herrschten. 
Während  man  damals  der  Grundsprache  eine  gewisse 
Einfachheit  des  Lautsystems  zuschi'ieb  und  z.  B.  nur  die 
drei  Vokale  a,  i,  u  und  nur  eine  einzige  Ar-Reihe  annahm, 
besteht  heute  kein  Zweifel,  daß  der  Vokalismus  eine 
größere  Buntheit  zeigte  und  mindestens  noch  ein  e  und  o 
besaß,  ferner  daß  der  Konsonantismus  mindestens  zwei 
Ä;-Reihen  aufwies.  Soweit  das  Indische  an  diesen  Fragen 
beteiligt  oder  gar  (wie  z.  B.  in  betreff  des  e-Lautes, 
s.  §  62)  von  entscheidender  Bedeutung  ist,  ^ard  die  Dar- 
stellung der  ai.  Lautlehre  natürlich  darauf  Bezug  nehmen. 

57.  Wenn  die  heutigen  Anschauungen  über  den  Laut- 
bestand der  idg.  Grundsprache  von  den  früheren  An- 
sichten so  erheblich  abweichen,  so  ist  dies  vor  allem  durch 
die  prinzipiellen  Anschauungen  über  den  Lautwandel 
bedingt :  der  Begriff  des  Lautgesetzes  wurde  schärfer 


§  57.]  Schrift  und  Aussprache.   Der  Lautbestand  etc.  47 

formuliert,  indem  man  das  Postulat  von  der  'Ausnahms- 
losigkeit  der  Lautgesetze'  aufstellte.  Jeder  Laut,  der 
eine  gewisse  Veränderung  erleidet,  erleidet  dieselbe  in 
allen  AVortformen,  wo  er  unter  gleichen  Bedingungen 
(z.  B.  hinsichtlicli  des  Accentes,  des  Sprechtempos  und 
der  umgebenden  Laute)  auftritt.  Es  ist  also  z.  B.  die 
Annahme  zurückzuweisen,  daß  das  £  von  cpspco  und  das 
0  von  coopo;  sich  aus  einem  älteren  a  'gespalten'  haben, 
d.  h.  daß  ein  ursprünghches  a  unter  gleichen  Bedingungen 
bald  zu  £  bald  zu  o  geworden  sei ;  die  beiden  Laute  gehen 
vielmehr  auf  zwei  verschiedene  Laute  der  Grundsprache 
(e,  o)  zurück. 

Wo  aber  Störungen  der  lautgesetzlichen  Entwicklung 
beobachtet  werden,  ist  es  Aufgabe  des  Sprachforschers, 
die  besonderen  Ursachen  jener  Störungen  zu  untersuchen ; 
er  darf  sich  nicht  bei  der  Annahme  eines  'sporadischen' 
Lautwandels  beruhigen. 

Um  die  Gesetzmäßigkeit  eines  Lautwandels  zu  er- 
kennen, muß  man  vor  allem  den  räumlichen  (mundart- 
lichen) und  zeitlichen  Geltungsbereich  desselben  bestim- 
men ;  "Wörter,  die  aus  einem  andern  Dialekt  aufgenommen 
sind  (vgl.  z.B.  die  Dialektmischung  im  Veda,  §20),  zeigen 
natürlich  die  lauthche  Form  ihres  Ursprungsgebietes 
ebenso  yde  beliebige  andere  Lehnwörter.  Zeitlich  ver- 
schiedene Epochen  haben  ihre  eigenen  Lautgesetze;  ein 
Laut,  der  in  einer  älteren  Zeit  einen  bestimmten  Wandel 
durchgemacht  hat,  kann  wieder  von  neuem  entstehen, 
wird  aber  dann  unverändert  bleiben,  wenn  das  alte  Laut- 
gesetz inzwischen  erloschen  ist.  In  einer  Schriftsprache 
tritt  allerdings  sehr  leicht  der  Fall  ein,  daß  Wortformen 
aus  verscliiedenen  Zeiten  sich  mischen  und  das  Bild  einer 
einheitlichen  Lautentwicklung  stören;  vgl.  die  mi.  Ele- 
mente des  Sanskrit  (§  21).  Am  häufigsten  wird  aber  der 
Lautwandel  durch  Analogiebildungen  (Formassozia- 
tionen, formale  Angleichnungen)  gestört.    Die  assoziative 


48  Lautlehre,  [§57.58. 

Verwandtschaft  von  Spracliformen  (Analogie)  maclitWort- 
formen,  die  durch  ihre  Funktion  oder  Bedeutung  mit- 
einander verbunden  sind,  auch  äuüerhch  einander  ähnlich 
(lat.  gravis  wird  im  Vulgärlat.  zu  grevis  nach  levis)  oder 
gleicht  formale  Unregelmäßigkeiten  wieder  aus,  die  durch 
das  Wirken  der  Lautgesetze  entstanden  sind  (er  ffeiicht 
wird  zu  er  fliegt  nach  icli  fliege  u.  s.  w.) ;  zahlreiche  Beispiele 
dafürbietet  etwadasPalatahsierungsgesetzim  Ai.  (§  132  ff.)- 
Vgl.  über  diese  prinzipiellen  Fragen  Brugmann,  Grundriü 
12  63  ff.  und  Griech.  Gramm,  (in  Iwan  Müllers  Handbuch  d.  klass. 
Altertumswiss.  II,  1)  3,  Aufl.  4 ff.,  wo  die  ältere  Literatur  ver- 
zeichnet ist;  dazu  ferner  Wundt,  Völkerpsychologie  I,  1  (Leipzig 
1900)  348  ff.,  Thumb  und  Marbe,  Experimentelle  Untersuchungen 
über  die  psychologischen  Grundlagen  der  sprachUchen  Analogie- 
bildung (Leipzig  1901),  Delbrück,  Grundfragen  S.  93 ff. 

58.  Lautbestand  der  idg.  Ursprache.. 
Vokale:  i  1,  u  n,  e  e,  o  ö,  a  ä,  d. 

In  konsonantischer  Funktion :  ?',  ii. 

Nasale:  m,  n,  n,  n. 

In  sonan tischer  Funktion:  m,  n,  n,  {3. 
Liquidae:  r,  l. 

In  sonantischer  Funktion :  r,  l. 
Verschlußlaute. 


Labiale : 

V 

2)h 

h 

hh 

Dentale : 

t 

th 

d 

dh 

Palatale: 

fc 

Ml 

9 

gh 

Velare : 

Q 

qli 

9 

qh 

Labiovelare 

:  ql^ 

^Jh 

gn 

gnh 

Spiranten:  s  (sh),  z  (zh),  j  (?)• 

Über  einige  weitere  Laute  wie  d  ä  (d.  i.  sehr  offenes  o)  und 
lange  Nasalis  (Liquida)  sonans,  die  ebenfalls  der  Grundsprache  zu- 
geteilt werden,  s.  §  65  Anm.  und  96 fl.  Über  einige  ^-artige,  je- 
doch nicht  genauer  bestimmbare  Spiranten  s.  §  156, 


§  59—63.]  Die  Vertretung  der  idg.  Vokale.  49 

V.  Kapitel. 
Die  Vertretung  der  idg.  Vokale  im  Altindischen. 

a)  Einfache  Vokale. 

59.  Idg.  l  =  ai.  i : 

i-  'gehen',  gr.  i-(X£v,  lat.  i-iwm,  idg.  W J- ;  dina-  'Tag', 
lat.  mm-dinum,  ab.  dbiib  'Tag';  avi-  'Schaf,  gr.  öi?,  lat. 
Ovis,  idg.  *oiii-s. 

60.  Idg.  i  ==  ai.  i: 

vira-  'Mann',  lat.  vir ,  ht.  wyras,  idg.  *mro-s ;  jwa- 
'lebendig',  lat.  vlvus,  lit.  g-^was. 

61.  Idg.  ü  =  ai.  u: 

nu,  gr.  vu,  lat.  nu-diiis,  ahd.  w?t,  idg.  *92ir,  2'«*^^«- 
'Sohn',  Isit^mtus  'Knabe';  rudhira-  n.  'Blut',  gr.  epuÖpö? ; 
itj^a  'hinzu',  gr.  61:6;  madJiu-  'Honig',  gr.  jxeÖü,  ht.  medüs, 
idg.  *medhu-. 

smömi  'ich  höre'  zu  snt-  [sruta-  'berühmt'  =  gr.  xX'jto;,  lat.  in- 
clutus)  zeigt  eine  bisher  nicht  erklärte  Behandlung  des  u,  s.  darüber 
Wackernagel  S.  33. 

62.  Idg.  ü  =  ai.  ü: 

dhüma-  'Hauch',  gr.  6a|x6c,  \2>X.  fimms\  a-hhü-t  'er 
■v\Tirde',  gr.  l-cpü,  idg.  W.  hhü--,  küpa-  'Brunnen',  gi'.xüTCTj 
'Höhle',  lat.  cüpa  'Grabnische' ;  hhrü-  'Augenbraue',  gr. 

63.  Idg.  e  =  (ar.  und)  ai.  a : 

asti,  gr.  eoxi,  lat.  est,  Ut.  esti,  ah.jests,  idg.  *esti;  aha- 
'Pferd',  apers.  aspa-,  lat.  equus,  got.  aihva  (/".);  pada- 
'Schritt,  Ort,  Stellung',  gr.  (oTpaT6)-7r£Bov,  lat.  op-pidum; 
ca  'und',  gr.  te,  lat.  gw^-,  idg.  *^^'e',  Janas-  'Geschlecht', 
gr.  "^ivoz,  lat.  genus. 

Daß  dieses  a  in  ältester  arischer  Zeit  noch  dem  e 
nahestand  und  sich  mithin  von  sonstigem  ai.  a  unterschied, 
zeigt  das  Palatalgesetz  (§  132),  durch  welches  der  unan- 

Thumb,  Altindische  Grammatik.  4 


50  Lautlehre.  [§  63. 64. 65. 

fechtbare  Nachweis  erbraclit  wird,  daß  die  Grundsprache 
einen  e-Laut  besaß. 

64.  Idg.  e  =  ai.  ä: 

dhä-  'setzen,  stellen',  gr.  Of^-aw,  lat.  fe-ci,  got.ga-de-ps 
'Tat',  lit.  de-ti  (Infin.),  idg.  W.  dhe-\  mä-  'ausmessen',  gr. 
{jiYi-Ti<;,  lat.  metior,  idg.  W.  me-;  räj-  'König',  lat.  rex 
(gall.  -rix  in  Diimno-rlx  x\.  s. -w.);  durmanäs  (Nom.  S.) 
'böse',  gr.  Bua|j,£v^?. 

Auch  hier  erweist  das  Palatahsierungsgesetz ,  daß  e 
erst  in  arischer  Zeit  zu  ä  geworden  ist. 

65.  1.  Idg.  ö  gewöhnlich  =  ai.  a  (auch  das  Gotische 
und  Litauische  haben  a,  das  Slavische  o): 

a)  pati-  'Gemahl',  gr.  Tioaic,  lat.  potis,  idg.  *poti-s; 
prati  'gegen',  gr.  irpoxi;  ratha-  'Wagen',  lat.  rota;  rasa- 
'Saft,  Genuß',  abulg.  rosa,  lit.  rasa  'Tau';  avi-  'Schaf, 
gr.  oic,  lat.  Ovis,  lit.  avls,  ab.  ovb-ca; 

anas-  'Last',  lat.  onus,  idg.  *onos-. 

b)  l-atara-  'welcher  von  beiden',  gr.  TuoTspo?;  jawa- 
'Volk,  Leute',  gr.  yovo?;  (?ama-'Haus',  gr.Bojxo?,  lat.  do- 
mus,  ab.  doms,  idg.  *domo-s. 

c)  jamhJia-  'Zahn',  gr.  yoi^-^o?;  ^cudkha-  'Muschel', 
gr.  xoY^^o?;  tarn  'diesen',  gr.  tov,  lat.  is-Uim,  got.  pan-a, 
idg.  *tom;  dadarkt  'er  hat  gesehen',  gr.  SeSopxs;  tarkt- 
yämi  'ich  lasse  dürsten',  lat.  torreo  (aus  *torsew). 

2.  Nach  Brugmann  ist  das  idg.  o  in  offener  (in- 
lautender) Silbe  im  Arischen  regelrecht  durch  ä  vertreten : 

jänu-  'Knie',  gr.  Yo^''-^;  däru-  'Holz',  gr.  Bopo,  idg. 
*döru-;  pädani  Akk.  S.  'Fuß',  gr.  Tcooa,  idg.  *podm\  dä- 
täram  Akk.  S.,  gr.  owtopa  (aber  pitgram  =  iraTspa); 
jajäna  'er  hat  erzeugt',  gr.  Ysyovs;  mänayämi  'ich  be- 
rücksichtige' (Kausativ  zu  man-  'gedenken'),  lat.  moneo, 
idg.  *monei5 ;  tära-  'durchdringend,  laut  tönend',  gr.  Top6<;; 
hhära-  'Bürde,  Last',  gr.  cpopoc. 


§65.66.]  Die  Vertretung  der  idg.  Vokale.  51 

Dieses  Lautgesetz  hat  von  verschiedenen  Seiten 
Widerspruch  und  Zustimmung  erfahren,  s.  darüber 
Wackernagel  §  90,  Brugmann,  Grundriß  I  ^  139,  Kurze 
vgl.  Gramm.  74 f.  In  jüngster  Zeit  haben  sich  vor  allem 
Meillet  Mem.  de  la  soc.  de  linguist.  IX,  142  ff.,  XI  12  ff. 
und  ühlenbeck,  Sanskiit  Phonetics  §  20f.  gegen  das 
Lautgesetz  ausgesprochen ;  einen  Kompromiß  versucht  H. 
Pedersen  KZ.  36,  86  ff.  Zwar  kann  in  einigen  ai.  Fällen 
mit  der  Annahme  eines  idg.  langen  Vokals  (ö  oder  e)  ge- 
rechnet werden  (vgl.  z.  B.  zu  jänu-  auch  yiüvia,  zu  äätä- 
ram  nicht  nur  hihxopa,  sondern  auch  SoTYJpa,  zu  pädam 
auch  got.  fötiis,  zu  väcam  [oTra]  auch  lat.  vöceni),  doch 
versagt  dieses  Hilfsmittel  in  Fällen  wie  cläru-,  jajäna, 
mänaijämi,  tära-,  hhära-.  Die  unter  1  a),  b)  verzeich- 
neten Beispiele  scheinen  allerdings  gegen  das  Gesetz  zu 
verstoßen;  aber  bei  la)  haben  wir  ein  o,  das  niemals 
mit  e  abzulauten  scheint;  für  Fälle  vde  Ib)  muß  damit 
gerechnet  werden,  daß  das  Wii-ken  der  Analogie  die  laut- 
gesetzhche  Ent^-icklung  gestört  hat,  me  es  z,  B.  auch 
beim  Palatalgesetz  in  weitem  Umfang  geschehen  ist:  so 
kann  hatara-  dmxh  ha-s,  ka-m  'wer,  wen'  u.  s.  w.,  jana- 
dui'ch  Janas-  "^ivoc,  u.  s.  w.  beeinflußt  worden  sein. 

Anm.  Die  Verschiedenheit,  welche  in  der  Vertretung  eines 
idg.  0  zwischen  1  a)  und  2  zu  Tag  tritt,  legt  die  Vermutung  nahe, 
daß  jenes  erstere  o  eine  andere  Färbung  als  das  zweite  o  hatte. 
Bartholomae  BB.  17,  94  f.,  102  f.  glaubt  im  Armenischen  diese 
Differenzierung  bestätigt  zu  finden:  dort  ist  idg.  o  in  der  Weise 
vertreten,  daß  für  nicht  ablautendes  o  (la)  ein  a,  für  sonstige  o 
ein  0  erscheint  Auf  Grund  dieser  Tatsachen  schreibt  Bartholomae 
der  idg.  Grundsprache  zwei  o-Laute  —  cl  und  o  —  zu,  worin  ihm 
Brugmann,  Grundriß  1 2  153  ff.  gefolgt  ist  (vgl  jedoch  auch  Kurze 
vgl.  Gramm.  S.  74).  So  lange  sichere  Spuren  dieser  Differenzierung 
nicht  aus  andern  Sprachen  nachgewiesen  sind,  bleibt  jedoch  die 
Aufstellung  zweier  qualitativ  verschiedenen  o-Laute  problematisch. 

66.  Idg.  ö  =  ai.  ä: 

üht-  'schnell',  gr.  ü)x6?;  väk  'Wort',  lat.  vöx;  däna- 
'Gabe',  gr.  Sai-pov,  lat.  döiium,  idg.  W.  dö-. 


52  Lautlehre.  [§  67. 68. 69. 

67.  Idg.  ä  =  ai.  a  : 

ajämi  'treibe',  gr.  ayw,  lat.  ago,  idg.  *a^ö;  ajra- 
♦Trift',  gr.  otypo?,  lat.  ager,  got.  flÄ:rs,  idg.  ""agro-s; 
yajna-  'Opfer',  gr.  dyvo?;  hliaj-  'etw.  zuteilen',  gr. 
cpay-stv. 

68.  Idg.  ä  =  ai.  ä  (got.  ö) : 

sf/m-  'stehen',  gr.  (dorisch)  iaTä-|jLi,  lat.  stäre,  idg.W. 
st{h)ä-;  mätar-  'Mutter',  gr.  (dor.)  [JidtYjp,  lat.  mater, 
idg.  *mäter-\  hhrätar-  'Bruder',  ^gr.  cppäti^p,  lat.  f räter, 
got.  hröpar;  sä  'diese',  gr.  (dor.)  ä.  (att.  yj),  got.  so. 

69.  Außer  ä,  e,  Ö  besaß  die  idg.  Grundsprache  noch 
einen  kurzen  Vokal  von  unbestimmter  Klangfarbe ,  der 
im  Ai.  (Arischen)  durch  i  vertreten  ist ,  in  den  übrigen 
Sprachen  mit  ä  zusammenfiel;  man  bezeichnet  den  Laut 
mit  9  und  nennt  ihn  (nach  dem  Muster  der  hebräischen 
Grammatik)  „Schwaindogermanicum".  Da  den  ai.  Formen 
im  Griechischen  nicht  nur  a,  sondern  bisweilen  auch  e 
und  0  entspricht,  so  liegt  die  Vermutung  nahe,  daß  idg. 
9  keine  einheitliche  Klangfarbe  gehabt  habe  (anders  Brug- 
mann,  Grundriß  I^  174  f.,  Griech.  Gramm.  33). 

pitar-  'Vater',  gr.  Tzarrip,  lat.  pater,  got.  fadar,  idg. 
*p9ter-;  sthiti-  'das  Stehen,  Aufenthalt',  gr.  axdai?,  lat. 
stati-o,  got.  staps ;  a-di-ta  (3.  S.  Aor.  Med.)  'er  gab',  gr. 
I-Bo-To;  hifa-  'gesetzt',  gr.  Öetoc,  idg.  *dJi9tö-s. 

Häufig  steht  9  hinter  der  Wurzelsill)e  ('zweisilbige 
V-^urzeln') : 

ani-la-  'Wind',  gr.  avEjxo?,  lat.  cmimus,  idg.  W.  and-; 
duU-tar-'Tochter',  gr.  %-{dTrip-Jani-tar-  'Erzeuger',  ^eve- 
Tü>p,  lat.  genitor;  dami-ta-  'gebändigt',  gr.  dSdjxctTo?,  lat. 
domitus. 

Vgl.  auch  animi  'ich  atme'  und  die  verwandten 
Verba  §  490. 

Anm.  Eine  Vertretung  des  betonten  a  durch  ai.  a  (Bechtel, 
Hauptprobleme  252)  ist  nicht  zu  erweisen,  s.  Brugmann,  Grund- 


§69—72.]  Die  Vertretung  der  idg.  Vokale.  53 

riß  I'  173,  Uhlenbeck,  Sanskrit  Phonetics  23  f.,  Bartholoniae 
ZDMG.  50,  674 £F.  Der  Versuch,  das  idg.  9  gänzlich  aus  der  Welt 
zu  schaffen  (Pedersen  KZ.  36,  75  ff.  38,  400  f.),  ist  sehr  gekünstelt. 

1))  Die  Tokale  in  konsonantischer  Funktion  (Halbvokale) 
und  die  Diphthonge. 

70.  Idg.  i  =  ai.  y  ist  in  allen  Stellungen    (außer  in 
diphthongischer  Verbindung)  erhalten: 

ya-  'welcher',  phryg.  loc,  gr.  o?,  idg.  Ho-s\  ijuvan- 
'Jüngling',  lat.  iuvenis,  got.  juggs. 

hyana-  'Lager'  zu  gr.  x£t-[Aat;  trayas  'drei',  gr. 
xpet?,  lat.  tres,  got.  preis,  ab.  trbje,  idg.  Hreies\  madhya- 
'mitten',  lat.  mediiis,  got.  midjis,  gr.  [j.£ao?,  idg.  *medJiio-s. 
Mit  diesem  i  ist  im  Ai.  auch  der  idg.  Spirant  j  zu- 
sammengefallen (der  im  Griechischen  durch  C  vertreten  ist) : 
yuga-  'Joch',  gr.  Cu^ov,  lat.  iugum,  got.  jiik;  yat- 
'bedacht  sein  auf  etwas',  gr.  Cj^xiia;  ijas-yati  'siedet', 
gr.  Cew- 

Aum.  Der  Spirant  j  verrät  sich  im  Ai.  vielleicht  noch  da- 
durch, daß  das  ihm  entsprechende  ai.  y  nicht  an  den  Ablauts- 
erscheinungen teilnimmt:  vgl.  j/aste- =  gr.  CsoT^oc  gegenüber  isfa- 
zu  i/aj-  'opfern'  (s.  darüber  §  103. 1.). 

71.  Idg.  ti  =  ai.  V : 

veh-  'Haus',  gr.  /otxo?,  lat.  ^;^cws,  idg.  *woifeo-s;  nava- 
'neu',  gr.  vs/o?,  lat.  novus,  ab.  nov3,  idg.  "^neiw-s;  deva- 
'Gott',  lat.  divus,  ht.  dewas. 

dvära-  'Türe',  lat.  fores,  ab.  dvbrb;  asua-  'Pferd',  lat. 
equos,  gr.  iTciro?;  sarva-  'all,  ganz',  gr.  oXoc,  ouXo?  (aus 

8X/0C). 

Anm.  Über  den  Schwund  von  y  vor  i  und  von  v  vor  it, 
sowie  über  parasitäres  ?/  s.  Wackernagel  §  228a)-b),  Brugmann, 
Grundriß  I2  268 f.,  301  f.  und  die  dort  zitierte  Literatur. 

72.  y  und  v  sind  in  vielen  Fällen  Vertreter  von  i 
und   u  vor  andern  Vokalen;  daher  zeigt  sich   oft    ein 


54  Lautlehre.  [§  72. 73. 

AVeclisel  von  I,  ü  und  y,  v  in  der  Flexion  vokalisclier 
Stämme  (oder  Wurzeln),  vgl. 

^  —  y.  i-mas  'wir  gehen'  —  y-anti  'sie  gehen'  (W. 
ei-,  i-);  mati-  'Gedanke',  Instrum.  maty-ä. 

l  —  y:  nadl  'Fluß',  Plur.  nady-as. 

ü  —  v:  swm-mas  'wir  keltern',  sunv-anti  'sie keltern' ; 
dJienu-  'Kuh',  Instr.  dhenv-ä. 

ü  —  v:  vadhü-  'Braut',  Plur.  vadhv-as. 

Statt  y,  V  erscheint  häufig  auch  iy,  iiv,  nämlich 

1.  hinter  dem  Anlaut:  dJi'i-  'Einsicht',  Instr.  dhiy-ä; 
hhü-  'Erde',  Instr.  hhuv-ä. 

2.  nach  einer  Konsonantengi'uppe : 
kihiu-mas  'wir  können',  saknuv-anü  'sie  können'. 
Anm.    Diese  Regeln  erleiden  manclie  Störung:  so  bildet  man 

z.  B.  zu  pari-bhfi-  'umgebend'  den  Nom.  PI,  pari-bhuvas,  zu  agni- 
'Feuer',  satru-  'Feind'  den  Gen.  Du.  agnt/ös,  satrvös.  Im  vedi- 
Bchen  Indisch  ist  i^,  uv  statt  p,  v  überhaupt  in  weiterem  Umfang 
vorhanden,  wie  besonders  aus  dem  Metrum  hervorgeht;  so  ist 
tvam  'du'  oder  die  Kasusendung  -hhyas  bald  ein-,  bald  zweisilbig 
(tuvam,  -hhiyas).  In  diesen  Verhältnissen  spiegelt  sich  ein  älterer 
Zustand  der  Grundsprache,  in  welcher  ü  und  i,  im  und  n  nach 
besonderen  Gesetzen  wechselten;  vgh  madhya-  ([j.^ao;)  gegenüber 
asviya-  iTirio;,  ferner  ap.  hasiya  (geapr.  hasya-)  ai.  satya  gegenüber 
2L^.martiya-  'Mensch'  (vgl.  c/.[j.ßp6aio;),  ai.  ved.  duväu  'zwei',  gr.  oüw, 
lat.  diiö  gegenüber  ai.  dväu,  ouboEza  (aus  *8/(«3£r.a),  got.  ttvai.  Ver- 
mutungen darüber,  nach  welchem  Gesetz  sich  dieser  Wechsel 
regelte,  s.  in  Brugmanns  Grundriß  I2  264 f,  (296);  zur  ganzen 
Frage  vgl.  besonders  Wackernagel  §  179—183,  Bartholomae  ZDMG. 
50,  690  f. 

73.  Wenn  i  und  u  in  'tautosyllabischer'  Stellung^ 
mit  einem  vorhergehenden  Vokal  verbunden  sind,  so  ent- 
stehen ('fallende')  Diphthonge,  die  man  in  Kurz-  und 
Langdiphthonge  scheidet,  je  nachdem  der  erste  Be- 
standteil kurz   oder  lang  ist:  äi  —  äi  u.  s.  f.    Es  kann 


1  In  einer  Verbindung  wie  z.  B.  aii-te  wird  n  als  'tauto- 
eyllabisch',  dagegen  in  der  Kombination  a-na  als  'heterosyllabisch' 
bezeichnet. 


§  73, 74.]  Die  Vertretung  der  idg.  Vokale.  55 

übrigens  jede  Verbindung  eines  sonantischen  (silbebilden- 
den) und  konsonantischen  Vokals  zu  den  Diphthongen 
gerechnet  werden,  also  auch  ein  ia,  iio  u.  s.  f.  ('steigende' 
Diphthonge);  ja  auch  die  Verbindungen  mit  den  'So- 
noren' r,  l,  m,  n  (ar,  ol,  em,  en)  sind  im  weitesten  Sinn 
Diphthonge  und  zeigen  z.  B.  im  Ablaut  ein  ähnliches 
Verhalten  wie  die  gemeiniglich  als  Diphthonge  bezeich- 
neten Lautverbindungen.  Da  sich  aber  das  Verhalten 
der  'steigenden'  und  der  mit  Nasal  oder  Liquida  ge- 
bildeten Diphthonge  im  Ai.  ohne  weiteres  aus  dem  Ver- 
halten der  einzelnen  Bestandteile  ergibt,  d.  h.  sich  nach 
den  Lautgesetzen  über  die  einzelnen  Vokale  und  über 
iiy),  uiv),  r,  l,  w,  n  regelt,  so  bedürfen  diese  Laut- 
verbindungen keiner  besonderen  Erörterung. 

a)  Kurzdiphthonge. 

74.  ei,  Ol,  ai  sind  zunächst  im  Urarischen  in  ai  zu- 
sammengefallen;  diese  Stufe  ist  im  Iranischen  noch  er- 
halten.   Im  Ai.  wurde  ai  zu  e. 

1.  ei: 

e^i  *er  geht',  apers.  aitiy,  gr.  elai,  lit.  eiti,  idg.  *eiti\ 
deha-  'Körper',  gr.  xetj^o?  (aus  ^dheighos-). 

2.  oi: 

e-ka-,  e-va-  'eins',  apers.  aiva,  gr.  oI(/)o?,  oivi^,  alat. 
oinos,  got.  ains;  veda  'er  weiß',  gr.  olSe,  got.  ivait,  idg. 
^uoide\  te  'diese',  gr.  toi  (=  ol),  got.  pai,  idg.  Hoi. 

3.  ai: 

edha-  'Brennholz',  av.  aesmö,  vgl.  gr.  aiöoo,  lat.  aedes 
(eigtl.  'Feuerstätte'),  idg.  W.  aidJi-. 

Der  idg.  Diphthong  di  ist  unmittelbar  nicht  mehr 
festzustellen,  da  er  vermuthch  schon  in  der  Grundsprache 
mit  ai  zusammengefallen  war:  er  kann  daher  nur  aus 
den  Ablautsverhältnissen  der  (xrundsprache  erschlossen 
werden  (s.  §  109) ;  er  liegt  z.  B.  vor  in 


56  Lautlehre.  [§  74. 75. 76. 

dhenu-  'Kuh',  dhay-ati  'er  saugt'  zur  W.  dhdi-  (im 
Ablaut  zu  dhei). 

75.  eu,  Oll,  all  sind  —  entsprechend  den  «-Diph- 
thongen —  über  urarisch  (Iran.)  au  zu  ö  geworden. 

1.  eii: 

hödh-ämi  'ich  erwache,  ich  merke',  gr.  Tr£uö-0|j.ai, 
got.  a?ia-hiudan  'gebieten',  idg.  W.  hheiidh-;  (ved.)  jöStar- 
'begehrend',  apers.  dauUar  'Freund',  zu  gr.  yguofiai,  got. 
kiusan,  idg.  W.  geiis-, 

2.  Oll  (got.  au): 

huhödJia ,  Perfekt  zu  hödhämi,  got.  haiip  (vgl.  gr. 
[hom.]  eiX-/iXou6a),  idg.  W.  hhoiidh-  ablautend  mit  hheiidJi- 
(nr.  l);jökiyate  'er  findet  Gefallen  an  etwas',  got.  kausjan 
'schmecken ,  prüfen',  idg.  W.  goiis-  ablautend  mit  geus- 
(nr.  1). 

3.  au : 

öjas-  'Kraft'  zu  gr.  au^w,  lat.  angeo,  got.  aukan,  idg. 
W.  aug-. 

Mit  du  verhält  es  sich  ebenso  wie  mit  di:  es  ist  mit 
mi  zusammengefallen,  kann  aber  vermutet  werden  in 

öS-tha-  'Oberhppe',  vgl.  lat.  aus-culum,  idg.  *dus-,  zu 
ai.  (ved.)  äs-,  lat.  ös  (s.  §  110). 

76.  Da  in  Wurzeln  und  Stämmen,  welche  auf  einen 
Diphthong  auslauten,  dieser  je  nach  der  Formenbildung 
vor  Konsonant  oder  vor  Vokal  erscheinen  kann,  so 
wechseln  im  Ai.  innerhalb  derselben  Wurzel  oder  des- 
selben Stammes  Formen  mit  ay ,  av  (vor  Vokal)  und  e, 
ö  (vor  Konsonant) : 

jay-ämi  'ich  siege',  aber  je-Syämi  'ich  werde  siegen'. 
agnay-as  'die  Feuer',  aber  agtie-s  'des  Feuers'. 
irav-as  'Ruhm'  (gr.  xX£[/]o<;),  aber  §rö-tra-  'Ohr'. 
^atrav-as  'die  Feinde',  aber  kitrö-s  'des  Feindes'. 


§  77.]  Die  Vertretung  der  idg.  Vokale.  57 

ß)  Langdiphthonge. 

77.  Das  Ai.  besitzt  Langdiphthonge  in  ziemlicli  großem 
Umfang;  doch  ist  der  Nacliweis,  wie  weit  diese  schon 
der  idg,  Grundsprache  angehörten,  schwierig,  und  zwar 
aus  zwei  Gründen: 

1.  die  idg.  Langdiphthonge  sind  in  den  übrigen 
Sprachen  meist  gekürzt  worden  (äi  zu  äi  u.s.  w.) ;  2.  schon 
in  der  Grundsprache  ist  unter  noch  nicht  recht  auf- 
geklärten Bedingungen  der  konsonantische  Bestandteil 
gesch-HTinden ,  so  daß  e,  ö,  ä  neben  ei,  öu,  cm  stehen. 
Langdiphthongische  "Wurzeln  lassen  sich  daher  am  deut- 
lichsten durch  ihi-e  Ablautsverhältnisse  erkennen,  wie 
später  gezeigt  werden  wird.  Mit  Berücksichtigung  von 
1.  läßt  sich  idg.  Langdiphthong  ansetzen  in 

aräiMam  1.  S.  Aor.  von  nc-  'loßlassen',  gr.  IXeicpa  (ei). 

deväis  Instr.  PI.  von  deva-  'Gott',  gr.  itztcoic,  (öi). 

väi,  hervorhebende  Partikel,  lat.  vae,  got.  tvai  (äi). 

dyäus,  gr.  Zsu?  {m). 

sünäu,  Lok.  von  sümi-  'Sohn',  got.  sunau  (öw);  gäus 
'Eind',  gr.  ßou?  (öm)- 

näns  'Schiff',  gr.  vau?,  vr^{f)6c,  lat.  näv-is  (cm). 

Der  Fall  2.  Hegt  z.  B.  vor  in: 

ved.  aStä,  gr.  oxtcü,  lat.  odö  gegenüber  ciMäu,  got. 
aJitau,  idg.  *oUö(u),  ferner  dhäru-  'saugend',  gr.  ör^Xuc, 
lat.  fe-mina  gegenüber  dhayati  'er  saugt',  dhenu-  'Kuh', 
idg.  W.  dhe(i):  clhoi,  sowie  in  den  Nominalformen  räSy 
räm^  dyäm,  gäm  (s.  §  293 ff.). 


58  Lauüehre.  [§  78. 79. 80. 

VI.  Kapitel. 
Die  Nasalen  und  Liquidae. 

a)  In  konsonantisclier  Funktion. 

78.  Idg.  1)1  =  ai.  m : 

mata-  'gedaclit',  a.  'Meinung',  gr.  (auT6)-[XQiT0(;.  lat. 
(com)me)ihis,  got.  munds,  idg.  *mnto-s;  mnä-ta-  'erwähnt,' 
gr.  |xv^-aü>,  [ivvi-jxa,  idg.  W.  mnä-\  mHi-  'Tod',  lat.  mors, 
lit.  7nirtls;  mrii/ate  'er  stirbt',  lat.  morior\  smay-ate  'er 
lächelt',  ab.  smijati  se  'lachen'  (vgl.  gr.  cpiXo-{i,[xei8^!;); 
jamhha-  'Zahn',  gr.  y6[JL9o?,  ahd.  chanib  'Kamm' ;  nänian- 
'Name',  gr.  övojAct,  lat.  7iomen,got.  namö;  tarn  'diesen', 
lat.  istum,  gr.  xov,  got.  pan-a. 

79.  Idg.  n  =  ai.  n : 

na  'nicht',  lat.  ne,  idg.  *«e;  nava-  'neu',  gr.  v£o?,  lat. 
novus ,  got.  niiijis;  manas  'Sinn',  gr.  |X£vo?;  svapna- 
'Schlaf,  gr.  U7ÜV0?,  lat.  somnus;  han  (Vok.)  'Hund'  =  gr. 
xuov. 

80.  a)  Der  velare  Nasal  w  kommt  in  der  idg.  Grund- 
si^rache  nur  vor  den  entsprechenden  Verschlußlauten  vor ; 
wo  der  Verschlußlaut  unverändert  gebheben  ist,  blieb 
auch  der  Nasal  unverändert :  das  ist  der  Fall  bei  den  idg. 
Velarlauten,  die  nicht  palatahsiert  wurden  (s.  §  128 ff.), 
z.  B. 

aulm-  'Haken',  gr.  o^xoc,  lat.  nncus,  idg.  *o}dqo-S', 
2)cmJiti-  Tünfheit',  idg.  ''iieidqVii-  (ab.  ijetb  'fünf'),  zu 
*ljerd(]ß^e  (lat.  quinque);  jaidghä  'Bein',  zu  got.  gaggan 
'gehen'. 

Anm.  In  freier  Stellung  (d.  li.  nicht  vor  Guttural)  findet 
sich  w  im  Ai.  nur  infolge  eines  sekundären  Ausfalls  des  Gutturals 
in  gewissen  Lautgruppen  (§  140.  a)  Anm.)  bezw.  im  Auslaut  (§  165.  2, 
175.  178). 

b)  Wenn  der  idg.  Velarlaut  in  einen  ai.  Palatal  über- 
ging, so  machte  w  diesen  Wandel  mit  und  wurde  n,  vgl. : 


§  80. 81. 82.]  Die  Nasalen  und  Liquidae.  59 

;panca  'fünf,  lat.  quinque,  lit.  jjen/ti  (gr.  Tuevxe ,  got. 
fimf),  idg.  *peid^e]  yimjati  'er  spannt  an',  lat.  iungo, 
lit.  jüngiu. 

Dieser  Wandel  trat  auch  nach  ai.  c  und  J  ein,  vgl.: 

jnäta-  'gekannt',  gr.  yviotoc;  räjnä  Instrum.  von  rä- 
jan-  'König'. 

Über  das  Verhalten  vor  ai.  h  s.  den  folg.  §. 

8J.  Auch  der  idg.  palatale  Nasal  n  blieb  nicht  un- 
verändert, da  die  idg.  Palatale  fc  und  gh,  vor  welchen  er 
stand,  nach  §  125 ff.  in  Spiranten  0,  h)  übergingen.^ 
Jeder  Nasal  geht  nämlich  vor  allen  Spiranten  (^,  S,  s, 
li)  in  den  Anusvara  (§  43.  54.  2.)  über : 

1.  Anusvara  aus  ursprünglichem  fi'. 

dqbuti  ,er  beißt',  äaja-  'Biß,  Bremse',  zu  gr.  Bay/avu) 
(Bdxvoj),  ahd.  zangar  'beißend',  zanga  'Zange',  idg.  W. 
äehh-  'beißen' ;  änqßa  'er  erreichte'  (Perf.  von  ainömi), 
gr.  -»jvEYxa;  qJias-  'Angst,  Not',  zu  gr.  ay^^ü),  lat.  angor 
{cmgustus),  got.  aggivus  (idg.  angh-). 

2.  Anusvara  aus  sonstigem  Nasal: 

qsa-  'Schulter',  got.  ams,  gr.  wp-o;,  lat.  umerus,  aus 
'^ omso-\  mqsa-  'Fleisch',  got.  mimz ,  vgl.  auch  lat.  mem- 
hrum,  aus  *mems-(r)o-. 

§qsnti  'er  lobt',  lat.  censeo,  idg.  W.  hens-\  pj^-anti 
'sie  zerstampfen',  aber  pinaS-ti  'er  zerstampft',  lat.  pinso. 

82.  Da  die  Nasale  sich  dem  folgenden  Konsonanten 
leicht  anpassen,  so  hat  sich  m  nicht  erhalten,  wenn  es 
vor  einen  Dental  zu  stehen  kam :  es  wurde  (schon  im  Ur- 
arischen) vor  dem  dentalen  Explosivlaut  zu  n,  vgl. 

jagantha  (neben  jagamitlia),  2.  S.  Perf.  zu  jagäma 
'ich  bin  gegangen';  sränia  'ermüdet',  Part,  zu sram-  'müde 
werden'. 


1  A^or  j  =  idg.  y  blieb  idg.  vi. 


60  Lautlehre.  [§  82. 83. 

Anm.  1.  Daß  auch  -ms-  zunächst  -ns-  geworden  ist,  zeigen 
die  Fälle,  wo  s  im  Auslaut  stand  und  abfiel  (§  165),  bevor  der 
davorstehende  Nasal  nach  §  81.  2  zu  Anusvära  geworden  ist,  vgl. 
a-ffan  (in  der  älteren  Sprache)  aus  *agans,  2.  S.  Aoristi  von  gam- 
'gehen'  (also  ursprünglich  *agams). 

Anm.  2.  Ein  n  statt  m  findet  sich  beim  Verbum  gam-  auch 
vor  Endungen  mit  -m-  und  -v-:  1.  Plur.  Aor.  agamna  (in  der 
älteren  Sprache),  Part.  Perf.  jaganväs-.  Zur  Erklärung  dieser 
Formen  vgl.  Wackernagel  §  175  b.  und  Brugmann,  Grundriß 
12,  350. 

83.  Cerebralisierung-  des  n.  Nach  S,  r,  r  wurde 
der  dentale  Nasal  n  zum  cerebralen  ti,  falls  ein  Vokal 
oder  n,  w^,  y,  v  nachfolgten.  Dieser  Wandel  tritt  regel- 
mäßig ein,  nicht  nur  wenn  ^,  r,  r  dem  n  unmittelbar 
vorangeht ,  sondern  auch  wenn  es  dui-ch  behebig  viele 
Laute  von  ihm  getrennt  ist:  die  Zungenstellung  des  ^, 
r,  r  wirkt  über  andere  Laute  hinweg.  Nur  wenn  Laute 
mit  Artikulation  der  Zungenspitze,  also  Palatale  (außer 
y),  Cerebrale  oder  Dentale  dazwischen  treten,  unterbleibt 
der  Wandel  des  n  in  w.    Beispiele: 

Mnä  'Durst'  (aber  z.  B.  senä  'Heer'). 

Matrena  Instrum.  von  J{Sntra-  'Herrschaft'  (gegen- 
über halena  von  heda-  'Kraft'); 

niSanna-'^  Part.  Praet.  von  ni  +  sad-  'sitzen'  (gegen- 
über dem  einfachen  sanna-);  pünia-  'voll',  lat.  })lenus 
(gegenüber  z.  B.  li'ina-  'verlassen'). 

nagaräni  Nom.  PI.  von  nagara-  'Stadt'  (gegenüber 
z.  B.  plidläni  von  phaJa-  'Frucht'). 

pitfnäm  Gen.  Plur.  'der  Täter'  (gegenüber  Gen.  PL 
Jcavlnäm  von  kavi-  'Dichter'). 

hJiaramclna-  Part.  Praes.  Medii  von  hJiar-  'bringen' 
=  gr.  cpep6[X£vo(;  (gegenüber  z.  B.  Idbliamäna-  von  labh- 
'erlangen'). 

grlmämi  'ich  ergreife'  (gegenüber  etwa  haähnänil 
'ich  binde'). 


1  Wegen  des  .5  vgl.  §  147. 


§  83. 84. 85.]  Die  Nasalen  und  Liquidae.  61 

ipwmi  'icli  höre'  (gegenüber  sunömi   'ich  keltere'). 

Auch  bei  der  Zusammensetzung  eines  Yerbums  mit 
einer  Präposition  (ferner  in  nominaler  Komposition) 
Avirkt  das  Gesetz  der  Cerebralisierung,  wenn  auch  nicht 
mit  derselben  Strenge,  da  das  Simplex  sich  auf  dem 
Wege  der  Analogie  fortwährend  geltend  machen  konnte. 

Tgl.: 

pari-nayati  'er  führt  umher'    gegenüber   nayati  'er 

fühi't';  pra-namati  'er  verehrt'  gegenüber  namati. 

Doch  sagt  man  z.  B.  in  der  Eegel  pra-nrtyati  zu  mi- 
'tanzen';  ferner  _^ra«a^fa-  'umgekommen',  ohev  pra-nai- 
yati  'kommt  um'. 

Anm.  über  weitere  Einzelheiten  8.  "Whitney  §  189  —  195 
und  Wackernagel  §  167—171.  In  den  Veden  wirken  ,?,  r,  r  sogar 
auf  einen  Nasal  des  folgenden  Wortes,  falls  dieses  sich  enklitisch 
anschliefit,  z.  B.  pari  nas  'um  uns'. 

84.  Sonstige  n.  n  ist  im  Ai.  ein  sehr  häufiger  Laut, 
ohne  daß  es  durch  das  oben  angeführte  Lautgesetz  er- 
klärt werden  kann.  Eine  Reihe  solcher  Fälle  hängt 
überhaupt  mit  der  Entstehung  der  Cerebrale  zusammen, 
die  §  87  besprochen  werden  wird.  Bisweilen  erklärt  sich 
ein  n  (ohne  daß  ein  cerebralisierender  Konsonant  in  der 
Nähe  steht)  unmittelbar  aus  dem  Wirken  des  §  83,  wenn 
nämlich  ein  ursprünghches  r  oder  r  nach  mi.  Lautbehand- 
lung (s.  §  99)  vor  n  geschwunden  ist;  z.  B.: 

vanij-  'Kaufmann',  aus  *vr-nij-,  wolil  zu    d.  Ware 
(mhd.  war ,  got.  wair-ps) ;  gana-  'Schar',  aus  '^grna-  zu 
d-yEipo),  d-yopa. 

Doch  ist  es  für  mi.  Entlehnungen  überhaupt  nicht  nötig, 
jeweils  ein  ursprüngliches  r  für  das  Eintreten  des  n  verantwort- 
lich zu  machen,  da  n  in  den  Prakritdialekten  spontan  in  n  über- 
geht. So  muß  z.  B.  mani-  'Kleinod,  Edelstein'  (zu  lat.  monüe, 
ahd.  menni  'Halsgeschmeide')  oder  bhan-  'reden  (gegenüber  ved. 
bhan-  'ertönen')  erklärt  werden;  vgl.  Wackernagel  §  173  (174). 

85.  Idg.  r  =  ai,  r: 

rudhira-  'rot',  gr.  epuÖpo?,  lat.  ruher,  got.  ranps,  idg. 


62  Lautlehre.  L§  85-  86. 

'^rud}i-{ro-)\  pra-  'hervor',  gr.  Tzpo,  lat.  j>/-o,  got  frei-, 
idg.  *j9ro;  srav-ati  'fließt',  gr,  p££i,  lit.  sraveti  'fließen'; 
hhar-ämi  'ich  trage',  altpers.  hara{n)tiy  'sie  tragen',  gr. 
cpepu),  lat.  fero,  got.  Ja/ra,  idg.  W.  liier-]  dadarsa  'ich 
habe  gesehen',  gr.  BsSopxa;  antar  'innen,  in',  hit.  inter, 
gr.  xa  Iviepa. 

86.  Idg.  l  ist  im  Iranischen  durchweg  zu  r  ge- 
worden, im  Sanskrit  durch  l  und  r  vertreten: 

a)  idg.  l  =  ai.  Z : 

luhliyämi  'ich  hegehre',  lat.  luhet,  got.  ^iw/s,  idg. 
W.  liihh-;  IcKjliu-  'leicht,  gering',  gr.  kXaynyc,,  lat.  levis; 
löcayämi  'ich  betrachte',  gr.  Xsüaau);  titZä  'Wage',  gr. 
xdXavTov,  lat.  io??o;  »««?«-  'Flecken',  gr.  [jioXüvü),  [xeXa?; 
«(p«-  'klein',  lit.  alpnas  'gering'. 

b)  idg.  l  =  ai.  r: 

rakMti  'er  behütet',  gr.  dXs^ü);  r'maUi  (in  der  älteren 
Sprache)  'er  läßt  los',  gr.  Xeittco,  lat.  linquo,  got.  leihvan 
'leihen' ;  Jiari-,  av.  za'^ri-  'goldig,  gelb',  zu  lat.  Jiolus,  ahd. 
geh,  ab.  ^■eZenat 'grün';  ^ntto-  'berühmt',  gr.  xXuto?,  lat. 
in-clutus;  calira-  'Ead',  gr.  xuxXo?;  sahasra-  'tausend', 
gr.  (dor.)  -^qhoi    (=5(1X101)  aus  '^y^eaXioi. 

Zur  Erklärung  dieser  Doppelheit  muß  zunächst  be- 
merkt werden ,  daß  für  idg.  l  im  Indischen  sowohl  l  wie 
r  im  gleichen  Wortstamm  vorkommen,  ferner  daß  auch 
idg.  r  bisweilen  im  Ai.  als  l  erscheint,  so  daß  also  r  und 
l  geradezu  behebig  mit  einander  wechseln  können  (Whitney 
§  53),  vgl. 

c)  idg.  Z  =  ai.  l  oder  r: 

lip-  {liuqKiti)  und  (E,Y.)  rip-  'beschmieren',  gr.  Xitto?, 
idg.  W.  lip-;  röc-ati  'er  leuchtet'  und  löcana-  'erhellend', 
av.  raocah-  'Licht',  gr.  Xsüxo?,  lat.  hiceo,  idg.  W.  leiiq-; 
plu'  iplavati)  'sch^vimmen'  und^^m-  (pravatein  der  älteren 
Sprache)  'fließen',  gr.  ttXsu),  lat.  j9??«Y;  lahh-  und  rahh- 
'fassen',  gr.  Xa|ißdv(i). 


§  86. 87.]  Die  Nasalen  und  Liquidae.  63 

d)  idg.  r  =  ai.  Z: 

(ved.)  lu]p-  'abreißen'  neben  ved.  und  kl.  rn^-,  lat. 
nM»j90, idg.  W.  ru'p-]  luncati  (durch  die  Grammatiker  be- 
zeugt) 'er  rauft',  lat.  runcare. 

Im  allgemeinen  ist  im  klassischen  Sanskrit  eine  Zu- 
nahme des  l  gegenüber  dem  RY.  zu  konstatieren;  daraus 
darf  aber  nicht  die  Schlußfolgerung  gezogen  werden,  daß 
etwa  im  Urindischen  r  und  l  völlig  in  ?■  zusammengefallen 
seien  (wie  im  Iranischen)  und  daß  sich  l  erst  wieder 
sekundär  aus  r  entwickelte :  denn  man  würde  sonst  schwer 
begreifen,  warum  im  RY.  l  überwiegend  dem  idg.  l  ent- 
spricht. Daher  muß  der  uns  gegebene  Zustand  der 
Schriftsprache  als  das  Produkt  einer  Dialekt  mischung 
betrachtet  werden.  Der  RY.  stellt  im  wesentlichen  eine 
Dialektform  vor,  in  welcher  idg.  r  und  l  getrennt  bheben ; 
daneben  gab  es  aber  r-Dialekte,  welche  (vne  im  Irani- 
schen) idg.  r  und  l  in  r  zusammenfallen  heßen,  und  ?-Dia- 
lekte,  welche  die  Tendenz  hatten,  die  alten  r  in  l  zu  ver- 
wandeln. Diese  Tendenz  läßt  sich  in  mi.  Dialekten 
tatsächhch  beobachten  (s.  Wackernagel  §  191  c.  Anm.). 
Die  klass.  Literatursprache  ist  nun  das  Produkt  solcher 
sich  kreuzenden  Einflüsse.  Zur  Frage  vgl.  außer  Wacker- 
nagel aaO.  Brugmann,  Grundriß  I^  427  (Kurze  vgl. 
Gramm.  118). 

Eine  Notwendigkeit,  drei  Liquidae  r,  l,  X  für  die  Clrund- 
sprache  anzunehmen  (so  neuerdings  wieder  Fortunatov  KZ.  36, 1  ff.), 
besteht  nicht. 

87.  Fortunatov's  Gesetz.  Fortunatov  (BB.YI  215  ff.) 
hat  folgendes  Lautgesetz  aufgestellt :  idg.  l  +  Dental  oder 
s  ging  unter  Schwund  des  l  in  den  entsprechenden  Cere- 
bral bezw.  ^über,  dagegen  blieb  bei  idg.  (europ.)  r  +  Dental 
der  r-Laut  unverändert.  Dieses  Gesetz,  dessen  sich  be- 
sonders Bechtel  (Hauptprobleme  382  ff.)  angenommen  und 
das  Fortunatov  jüngst  wieder  (KZ.  36,  1  ff.)  verteidigt  hat, 
■vsdrd    von    den  meisten  Forschern  bestritten,    mit   ein- 


64  Lautlehre.  [§  87. 

gehendster  Begründung  von  Bartliolomae  IF.  III,  157  ff. 
Wegen  der  weiteren  Literatur  vgl.  Brugmann,  Grundriß 
I^,  427,  Uhlenbeck,  Sanscrit  Phonetics  53  f.  Fortunatov's 
Gesetz  scheint  durch  Fälle  folgender  Art  bestätigt  zu 
werden : 

a)  europ.  (idg.)  l  geht  im  Cerebral  auf: 

jathara-  'Bauch',  got.  MJpei  'Mutterleib',  idg.  -Ith-. 

päni-  'Hand',  zu  gr.  TraXdiiT],  idg.  -In-. 

hhäSate  'er  spricht',  ht.  halsas  'Stimme',  idg.  -Is-. 

b)  europ.  (idg.)  r  bleibt  erhalten : 

vart-  'drehen,  wenden',  lat.  verto,  idg.  W.  iiert-, 
karna-  'stutzohrig',  ab.  krsnd  'stutzohrig'  (idg.  -rn-). 
varM  'Regen',  gr.  spaY],  idg.  ''^tj.ersä. 

Aber  dieser  Eegel  widersprechen  ebenso  klare  FäUe, 
ohne  daß  für  sie  ein  Ausweg  im  Sinne  jenes  Gesetzes 
gefunden  werden  könnte,  vgl. 

a)  europ.  (idg.)  l  +  Dental  oder  s  =  ai.  r  +  Dental 
oder  ä: 

jartu-  'Mutterleib'  (zu  jathara-);  ürnä  'Wolle',  ht. 
wUna,  got.  ivulla,  idg.  *utnä. 

karSü-  'Furche',  gr.  xiXcov,  'Grenzfurche',  idg.  -Is-. 

b)  europ.  r  +  Dental  =  ai.  Cerebral: 

hatuJia-  'scharf,  lit.  kartns,  idg.  -r^;  kevata-  'Grube' 
aus  "^kaiiiart-,  vgl.  gr.  (PL)  xaiata  zu  *xai/ap  (wie  r^'Kaxa 
zu  TJTrap);  käna-  'einäugig'  (wohl  zu  oben  angefühi'tem 
karna-);  vanik  'Kaufmann'  aus  *vr-nik,  wohl  zu  nhd. 
Ware. 

Nun  verraten  eine  Reihe  von  Wörtern,  in  welchen 
ein  Cerebral  als  Nachwirkung  eines  älteren  r  oder  l  steht, 
deutlich  ihre  Herkunft  aus  mi.  Dialekten,  so  z.  B.  (ved.) 
vi-kata-  'ungeheuer'  =  vi-krta-,  ferner  hhata-  'Diener'  = 
hhrta-  zur  W.  hhar-,  küthära-  'Axt'  =  lat.  culter,  in  denen 
mi.  Vertretung  des  idg.  r  bezw.  l  vorHegt  (s.  §  99),  und 
es  Hegt  daher  nahe,  alle  Fälle,  die  Cerebral  an  Stelle 


87. 88.]  Die  Nasalen  und  Liquidae.  65 

von  idg.  r  oder  l  +  Dental  zeigen,  als  'Prakritismen',  d.h. 
als  Eindringlinge  aus  Dialekten  mittelindischer  Laut- 
gestaltung zu  betrachten.  Das  Nebeneinander  von  Formen 
wie  jathara-  und  jartu-  drängt  jene  Erklärung  geradezu 
auf;  daß  schon  in  vedischer  Zeit  Dialekte  mit  mi.  Laut- 
gestalt vorhanden  waren,  wird  auch  durch  andere  Wort- 
formen nahegelegt,  s.  AVackernagel  S.  XVIIff. 

b)  In  sonantischer  Funktion. 

88.  Der  uridg.  Bestand.  1.  Daß  es  in  der  idg.  Ur- 
sprache Nasale  in  sonantischer  Funktion  (m,  w)  gegeben 
hat,  ist  eine  Entdeckung  K.  Brugmann's  (Curtius'  Stud. 
X,  285  ff.  KZ.  XXin,  587  ff.).  Man  beobachtet  nämhch 
sowohl  im  Ai.  wie  im  Griecliischen,  daß  zu  Wurzeln  mit 
Vokal  +  Nasal  Formen  mit  a,  a  ohne  Nasal  gehören,  vgl. 

ten-  'spannen'  ai.  tan-,  gr.  tev-  (xeivo)),  aber  ta-ta- 
gr.  xa-To?. 

^Jeni'  'kommen'  ai.  gam-,  aber  ga-ta-  gr.  -ßaxo?. 

frfhen-  'schlagen,  töten',  gr.  ösivto,  (povo?,  ai.  han-ti 
'er  tötet',  aber  ha-ta-,  cpa-xo?. 

Der  Verlust  des  Nasales  kann  nicht  auf  Ausstoßung 
desselben  beruhen,  jda  der  Nasal  sonst  in  gleicher  Stellung, 
d.  h.  zwischen  Vokal  und  Verschlußlaut,  erhalten  bleibt 
(vgl.  z.  B.  hxBpa  ai.  antara-,  cpspovxi  ai.  hharanti).  Was 
dem  a  (a)  des  Ai.  und  Griechischen  zu  Grunde  liegt, 
darauf  führt  der  Parallehsmus ,  der  zwischen  der  Laut- 
gruppe -en-  und  den  Diphthongen  -ei-,  -eu-  im  Ablaut 
besteht  (s.  §  103);  das  Verhältnis 

ai.  tatä-,  gr.  xaxo-?:  W.  ten-  (ai.  tan-  gr.  x£v-) 
entspricht  nämhch  z.  B.  dem  Verhältnis 

ai. i-tä-  gr.  i-xoc;, idg.  *i-t6-s:W.  ei-  (ai.  e-mi,  gr.  ei-fxi), 

ai Jrut'^-,  gr.xXuxo-?,  idg.  *klut6-s:  W.fcleu-  (&iJräv- 
as,  gr.  xXe/-o?). 

Man  kommt  somit  für  tatd-  (xaxo?)  auf  eine  um  e  ver- 

Thumb,  AUindiache  Grammatik.  5 


66  Lautlehre.  [§  88. 89. 

minderte  Wurzelf orm  von  ten-,  d.  i.  '^tntö-s,  worin  n  na- 
türlich ebenso  wie  i  und  ii  sonantisch  (n)  werden  mußte. 

Wenn  ferner 

ai.  hhrta-  'getragen'  zur  W.  hhar-,  idg.  hlier-, 

sä.pitr-hc  znpitar-as,  idg.  *p9ter-es  (gr.  iraTep-£<;) 
unmittelbar  den  postulierten  r- Vokal  noch  im  Ai.  zeigen,  so 
wird  dadurch  auch  der  Ansatz  des  y  weiter  gestützt.  Mehrere 
Gelehrte,  so  vor  allem  J.  Schmidt  (Kritik  der  Sonanten- 
theorie,  Weimar  1895)  haben  allerdings  die  Existenz  eines 
uridg.  n  und  r  bestritten  und  nehmen  ein  ^n  oder  gW  als 
idg.  Ausgangspunkt  an  (was  an  sich  möghch  ist) ;  aber 
abgesehen  davon,  daß  in  solchen  Ansätzen  wie  ^n  eine 
Feinheit  der  phonetischen  Distinktion  hegt,  die  ziemhch 
imaginär  ist,  so  empfiehlt  sich  Brugmanns  'Nasalis  sonans' 
(n)  ohne  weiteres  durch  den  im  Ablaut  begründeten 
Parallehsmus  der  oben  angeführten  Formen  —  auch 
wenn  damit  nicht  absolute  phonetische  Exaktheit  in  der 
Ansetzung  der  Grundform  erreicht  werden  sollte. 

2.  Nur  im  Ai.  und  Griech.  (und  auch  hier  nur  vor 
Konsonanten  außer  i  und  n)  ist  der  Nasalklang  gänzhch 
geschwunden,  d.  h.  ein  reiner  Vokal  (a)  an  die  Stelle 
von  n  getreten;  in  allen  andern  Sprachen  hat  sich  vor 
dem  Nasal  ein  Vokal  entvsdckelt:  w  ist  im  Ital.  durch  en, 
im  Germ,  durch  im,  im  Lit.  durch  in  und  im  Slav.  durch 
§  (Ml)  vertreten. 

89.  Die  Nasalis  sonans  im  Ai. 

1.  idg.  m  =  ai.  a: 

sa-krt  'einmal',  gr.  a-ira^,  lat.  sim-plex,  idg.  *sw  (cf. 
auch  lat.  sem-el);  gati-  'Weg',  gr.  ßdoi?,  got.  ga-qumps, 
idg.  *^mti-  (vgl.  ai.  gam-  'kommen') ;  rata-  'sich  an  etwas 
erfreuend',  gi-.  Ipa-to?,  Partizip  zu  ram-;  dah  'zehn', 
gr.  8exa,  lat.  decem,  got.  taiJiun,  idg.  *dekm. 

2.  idg.  /^  =  ai.  a: 

a-  =  d-  privativum,  lat.  in-,  got.  im-,  idg.  *n;  mati- 
'Gedanke',  lat.  mens,  got.  ga-mimds  'Andenken',  Ht.  at- 


§  89. 90. 91.]  Die  Nasalen  und  Liquidae.  67 

minus  'Erinnerung',  ah.  pa-m§tb,  idg.  *m}iti-  (vgl.  man- 
'denken');  hadh-nämi 'ich.hmdie\  got  himd-ans  'gebunden' 
(cf.  Undan)\  asi-  'Schwert',  lat.  ensis. 

3.  idg.  fi=  a: 

äa^-aü  'er  beißt',  gr.  l-8axov,  idg.  *Ä-  (vgl.  ai.  dqßa- 
ti  zur  W.  dehk-);yuvaki-,  lat.  iuvencus  (vgl.  yuvan-  'jung'). 

4.  idg.  73  =  ai.  a: 

laghu-  flink,  leicht',  gr.  sXa/oc,  eXacppo?,  ahd.  lungar 
'rasch,  munter',  idg.  *lnq^li-{u)-. 

90.  Vor  y  und  i;  ist  an  (am)  Vertreter  von  n(m),  vgl. 
jaganvq^s-  Partie.  Perf.  Act.  zur  W.  ^am-  'kommen'.^ 
hanyate    'er   wird    geschlagen',    lianvas   'wir  beide 

schlagen',  zur  W.  7iaw-. 

Nach  den  Bildungsgesetzen  dieser  Formen  (§  530. 
576.  486  f.)  ist  nämhch  als  Vorstufe  des  an  ein  w  (m)  zu 
erwarten. 

Anm.  "Wenn  in  der  Verbalform  han-mas  'wir  schlagen'  ein 
an  auch  vor  m  erscheint,  so  liegt  vermutlich  hier  eine  an  alogi- 
sche Neuerung  vor:  die  lautgesetzliche  Form  *ha-mäs  (vgl.  2.  PI. 
hathäs)  ist  nach  der  1.  Dualis  han-väs  umgestaltet. 

91.  Wenn  a-  privativum  vor  einen  Vocal  zu  stehen 
kommt,  so  lautet  es  an-  (gr.  ebenso  dv-),  z.  B.  an-udra- 
'wasserlos'av-u8po?,aw-a>ito- 'ohne  Ende',  aw-ä^as- 'schuld- 
los': 71  hat  also  vor  Vokal  seinen  Nasal  nicht  aufge- 
geben. Von  gleicher  lauthchen  Beschaffenheit  sind  tanu- 
'dünn',  gr.  xav()-('('koicaoc,) ,  lat.  tenuis  und  'schwache' 
Kasusformen  \ne  der  Instrum.  ätman-ä  (von  ätman- 
'Seele')  neben  räjPi-ä  (von  räjan-  'König')  (s.  §  304  ff.). 

Anm.  Ob  man  in  diesen  Fällen  ein  idg.  n»,  d.  h.  n  mit 
einem  (schwachen)  konsonantischen  Übergangslaut,  oder  ein  a» 
(bezw.  en)  anzusetzen  hat,  also  z.  B.  *tn^u-  oder  *famt-  (oder  *tenu-), 
hängt  eng  mit  den  Theorien  über  den  Ablaut  zusammen  und  hat 
für  die  Einzelgrammatik  nur  geringe  Bedeutung.  Das  Ai.  schließt 
jedenfalls  ein  9n  aus,  weil  man  sonst  gemäß  der  Vertretung  des 
9  durch  ai.  i  (s.  §  69)  ein  in  erwarten  müßte. 

«ÜberdenWandel  von*jagamv(ls-injaganvils-  vgl.  §  82  Anm.  ?. 


68  Lautlehre.  [§  92. 93. 

92.  Sonaiitisclie  Liquida.  Für  die  Ausetzimg  eines 
r,  l  gelten  dieselben  Erwägungen  wie  für  n  (s.  §  88).  Alle 
Sprachen  mit  Ausnalime  des  Ai.  haben  einen  Vokal  aus 
r  entwickelt:  vgl.  av.  or^,  gr.  pa  ap,  lat.  or  (ur),  germ.  ur 
(got.  aiir)  TU,  balt.  u  urslav.  &r  —  aber  ai.  r  (über  die 
Aussprache  des  Lautes  s.  §  54.  1.): 

rkki-  'Bär',  gr.  apxto<;,  lat.  ursus,  idg.  *rkpo-]  nirfi- 
'Tod',  lat.  mort-is,  ahd.  mord,  lit.  mir-ü-s,  idg.  *mrti- ; 
a-dr^-at  'er  sah',  gr.  IBpax£,  idg.  '^e-drfcet,  idg.  W.  derfc- 
(oepxojxai) ;  spd-ga-  'Hörn',  gr.  xdpv-o?  'Hornvieh',  lat. 
cornu,  got.  haürn\  xntrhi  (Locativ  PI.)  ==  gr.  Tcaxpdai. 
idg.  *p9tr-su  (aber  Dat.  S.  pitt^-e  und  Nom.  PI.  intär-as) ; 
hia-  av.  hdrHa-  'gemacht',  ai.  "W.  kar-. 

93.  Idg.  l  ist  im  Ai.  nur  durch  r  vertreten  (vgl.  dazu 
§86): 

2)rt}m-  'breit',  gr.  TcXaxu?;  vrka-  'Wolf',  got.  ivulfs, 
lit.  wÜkas,  idg.  *tdqVo-s ;  vrnämi  'ich  wähle',  idg.  Hdnami, 
W.iiel-  (lat.  i?eZZe,  d.  ivolJen). 

Anm.  Der  ai.  Laut  /  findet  sich  nur  in  der  W.  klp-  (z.  B. 
Particip  klpta-)  'in  Ordnung  sein',  entspricht  aber  einem  älteren, 
bezw.  idg.  r,  vgl.  ved.  krjj-  'Gestalt',  lat.  corpus. 

94.  Die  ai.  Vertretung  des  r  vor  y  und  v  ist  zweifel- 
haft; in  betracht  kommen  drei  Möghchkeiten : 

a)r  bleibt  unverändert:  (ved.)  hihhpjät  3.  S.  Optativi, 
hihhrvas  1.  Du.  Ind.  zu  hihharmi  'ich  trage'  (vgl.  §  491  ff.) ; 
cakrvqs-  Participium  Perf.  Act.  zu  kar-  'machen'. 

b)  mriyate  'er  stirbt',  lat.  morior  (vgl.  mrti-  §  92); 
kriyate  'wird  gemacht',  Pass.  von  kar-. 

c)  kuryät,  3.  S.  Opt.  Praes.  zu  kar-\  kurvas,  1.  Du. 
(kurmas  1.  PI.)  Praes.  zu  kar-. 

Welche  der  drei  Lautungen  man  auch  als  die  rein 
lautgesetzhche  Entwicklung  ansieht,  immer  lassen  sich 
dann  die  beiden  andern  als  Ausnahmen  erklären.  Brug- 
mann  z.  B.  (Grundriß  1=^  458)  hält  Typus  c),  Wacker- 
nagel §  180  Typus  b)  für  lautgesetzlich,  beide  sind  also 


§  94. 95. 96.]  Die  Nasalen  und  Liquidae.  69 

darin  einig,  Typus  a)  als  die  Folge  von  Ausgleichungen 
(bihhryät  libhrvas  nach  hihlirmas  hihhrtha  u.  s.  w.)  zu  er- 
klären. Brugmann  sieht  in  b)  mriijate.  darum  nicht  den 
Vertreter  von  idg.  *mr-ie-tai,  weil  man  die  Form  auch  aus 
einem  idg.  *mr-iietai  mit  konsonantischem  r  ableiten  kann 
(über  die  Doppelheit  M:i  =  ai.  iy.ij  s.  ^  72),  während 
Wackernagel  seinerseits  in  Jmr-yä-m  Anlehnung  an  den 
Optativstamm  kur-l-  (s.  §  503)  annimmt;  über  die  Deutung 
des  ur  in  kurl-  s.  den  folgenden  Paragraphen. 

95.  Wie  n  vor  Vokal  erscheint ,  so  kann  auch  r  in 
diese  Stellung  geraten  (ohne  r  zu  werden),  vgl.  gr.  8ap- 
siC  neben  Bap-io?  (idg.  dr-)  zu  hipai.  In  dieser  Stellung 
hat  auch  das  Ai.  regelmäßig  einen  neuen  Vokal  vor  r  (l) 
entwickelt,  nämhch  ein  it  oder  ein  i,  vgl. 

a)  ur: 

puras  'vor,  vor  Augen',  purä  'früher,  einst',  gr.  Tzdpoc, 
got.  fatira  'vor';  guru-  'schwer',  gr.  ßotpu?,  got.  kaürus; 
sphurati  'er  zuckt';  vgl.  airaipu)  (aus  *spr-iö)]  puru- 
'viel',  vgl.  gr.  ttoXui;  und  got.  filu  (mit  anderem  Vokalismus). 

iil: 

tidä  'Wage',  zu  gr.  xdXä?,  lat.  tollo,  idg,  W.  tel-  (tl); 
Jada-  'Herde,  Geschlecht',  vermutlich  zu  xiXoc,  'Schar'. 

b)  ir: 

iiras-  'Kopf,  gr.  xdpä  (lat.  cerebrum  aus  *ceresrom 
mit  anderem  Vokahsmus) ;  girati  'er  verschlingt',  ab.  zbrq, 
vgl.  auch  gr.  ßap-a6pov,  idg.  W.  g'"'er-  (g'''r-) ;  giri-  'Berg', 
lit.  glre  'AVald'  (sl.  gora  'Berg'  mit  anderem  Vokalismus). 

Anm.  Auch  hier  ist  (wie  für  antevokalisches  «»)  zweifelhaft, 
ob  für  die  Grundsprache  f  oder  ar  anzusetzen  sei;  die  Ver- 
schiedenheit von  ur,  ir  ist  noch  nicht  recht  aufgeklärt.  Vorher- 
gehender Labial  scheint  in  einer  Reihe  von  Fällen  Ursache  des  «r 
zu  sein;  Bloomfield  Proceed.  Am.  Or.  Soc.  XVI  (1896)  p.  CLVIIIff. 
vermutet  außerdem,  daß  rir  und  ir  (vgl.  auch  §  96)  zu  zweisilbigen 
Wurzeln  auf  u  und  i  in  kausalem  Zusammenhang  steht,  daß  also 
z.B.  tur-:taru-  und  ür-:tart-  sich  entsprechen. 

96.  Mit  dem  im  vorigen  §  besprochenen  ur,  ir  steht 


70  Lautlehre.  [§  96. 97. 

in  enger  Wechselbeziehung  ür,  ir:  dieses  tritt  vor  Kon- 
sonanten auf  in  Fällen,  wo  vor  Yokalen  ur,  ir  erscheint,  vgl. 

a)  ür: 

pürna-  '\ olV  (got.  fiills,  gr.  iroXXo-)  gegenüber  piiru-; 
parva-  'früher'  (ht.  plrmas)  gegenüber  p)urä;  sphür-ti- 
Mas  Zucken'  gegenüber  sphurati]  pur  Nom.  S.,  pür-hi 
Loc.  PI.  'Stadt'   (vgl.  TToXi?)»  aber  z.  B.  Loc.  S.  pur-i. 

b)  ir: 

ilrSa-  'Kopf  gegenüber  Ums-;  glrna-  'verschlungen' 
gegenüber  girati ;  jlrna-  'gebrechlich'  zur  W.  jar-  (-(ipoiv) 
'altern' ;  gir  Nom.  S.  'Lied',  gtrhhis  Instr.  PL,  aber  z.  B. 
Gen.  S.  gir-as. 

Ein  gleichartiges  ür ,  Ir  liegt  vor  (wie  die  Ablauts- 
verhältnisse der  verwandten  Sprachen  zeigen)  z.  B.  in 

ürnä  'Wolle',  got.  wulla,  lit.  wllna;  ürmi-  'Welle, 
Woge'  (aus  ""uürmi-),  ahd.  walm,  lit.  wilnis;  hhürja-, 
d.  Birke,  ht.  Urzas;  Irma-  'Arm',  lat.  armus,  got.  arms] 
stlrna-  'hiugestreut',  gr.  oxpioto?  (aiopvufii),  lat.  strätus, 
vgl.  auch  stHa-  zur  gleichen  W.  ster- ;  dlrgha-  'lang',  aksl. 
dlsgs  (gr.  SoXij^o?). 

Es  ist  zwar  verlockend,  auch  diese  ir,  iir  mit  der 
sonantischen  Liquida  in  Verbindung  zu  bringen  und  ent- 
sprechend dem  Parallehsmus  i:l  (ii),  u:ü  (mi)  einen 
gleichen  Parallehsmus  zwischen  kurzer  und  langer  Liquida 
sonans,  also  r:f  (rr)  und  l:i  (II)  in  der  idg.  Grundsprache 
anzunehmen,  doch  läßt  sich  gerade  wegen  der  besonderen 
Ablautoverhältnisse ,  unter  denen  ir,  ür  erscheinen  (s. 
darüber  das  VII.  Kapitel),  nicht  bestimmen,  welche  idg. 
Lautung  dem  ir  und  ür  zu  Grunde  liegt. 

97.  Das  im  Ai.  vorkommende  f  hat  auf  jeden  Fall 
mit  einem  idg.  f  nichts  zu  schaffen.  Im  Acc.  PL  pitm, 
matfs,  Nom.  PI.  Neutr.  dhätfni  und  Gen.  PL  pitfnäm 
ist  X  das  Produkt  rein  formaler  Ausgleichungen,  wo- 
]über  §  302. 


§98.99.]  Die  Nasalen  und  Liquidae.  71 

98.  Wie  a  als  Vertreter  von  n  erscheint,  so  findet 
sich  bisweilen  ein  ä  als  Vertreter  eines  ähnhchen  langen 
Lautes,  vgl. 

ä-tman-  'Seele'  neben  ani-ti  'er  atmet' ;  Ja- to- 'erzeugt' 
zu  jani-tum  (Inf.),  lat.  {g)nätus\  khä-ta-  'gegraben'  zu 
khani-tum  (Infin.). 

Von  gleicher  Beschaffenheit  scheint  ä  in  folgenden 
Fällen  zu  sein: 

äti-  'Ente',  gr.  v^tia,  lat.  atias,  ä.  Ente ;  jära-  'Buhle', 
vgl.  gr.  YCtjJißpo?  (aus  *Ya(x-p6<;) ;  yätr-  'Brudersfrau',  gr. 
(hom.)  £ivaT£p£?  aus  Ivaxepc?,  lat.  ianitrisc. 

Auch  hier  ist  es  unklar,  welche  idg.  Grundform  für 
das  ä  anzusetzen  sei.  Brugmann  nahm  in  konsequenter 
Entwicklung  seiner  Hypothese  über  n,  r,  f  eine  ent- 
sprechende lange  NasaUs  sonans  n  an,  macht  aber  dazu 
(Grundriß  I^  417f.)  wesentliche  Vorbehalte.  Man  kann 
n  gewissermaßen  als  mathematische  Formel  bestehen 
lassen,  ohne  damit  über  die  genauere  phonetische  Gestalt 
der  idg.  Grundform  etwas  auszusagen. 

Im  Ai.  begegnet  auch  an  (am)  statt  ä,  vgl.  die  dem  oben  ge- 
nannten jäta-  parallelen  Partizipialformen  kränta-  zu  kram-  'über- 
echreiten',  dänta-  'gebändigt'  zu  dam-  (wozu  dami-tar  'Bändiger' 
und  gr.  a-öajAa-Tö;,  lat.  domi-tus  zu  vergleichen  ist),  sränta-  zu 
iram-  'ermüden',  gr.  xa(jLa-Toc   und   xjj-ti-tö;. 

Man  darf  wohl  annehmen,  daß  in  diesen  Fällen  der  Nasal 
aus  den  sonstigen  (volleren)  Formen  mit  m  (n)  eingedrungen  ist. 

Zur  ganzen  Frage  der  langen  sonantischen  Liquidae 
und  Nasale  vgL  Wackernagel  §  12—13,  21 — 27,  30. 
Uhlenbeck,  Manual  S.  24—26,  30f.  Brugmann,  Grund- 
riß I^  417  ff.,  473  ff.  Kurze  vergl.  Gramm.  S.  122.  Speziell 
über  ä=n  s.  von  Bradke  FF.  V,  266 ff. 

99.  Mittelindische  Vertretung  des  r.  In  den  Präkritdia- 
lekten  ist  ai.  r  zu  a,  i  oder  u  geworden,  vgl.  z.  B.  prak.  vasdha- 
^=vrsabha-  'Stier';  ditthi- =  d--sti-  'das  ^oh&n' ;  pucchaÄ.  =  prcchati 
^er  fragt'. 

Diese  Vertretung  von  r  findet  sich  in  Sanskritwörtern,  die 
mittelindischen  Dialekten  entlehnt  sind,  z.  B. 


72  Lautlehre.  [§  99. 100 

hhata-  'Diener' =  i/irto-;  prakatl-{karöti)  '[er  macht]  offen- 
bar', zu  prakrta- ;   gana-  'Schar',  aus  *grna  zu  o.'{%'\.^üi. 

kina-  'Schwiele',  aus  *krna-  zu  lat.  callum. 

kutl  'Hütte',  vielleicht  zusammen  mit  kata-  'Geflecht,  Matte' 
zu  xdpxaXoi;  'Korb',  got.  haürcls,  nhd.  Hürde,  ai.  Grundform  *krta- ; 
mätula-  'Mutterbruder'  aus  *matt--la-. 

Auch  in  geha-  'Haus,  "Wohnung',  das  schon  in  der  vedischen 
Sprache  neben  grha-  begegnet,  scheint  e  eine  mi.  Vertretung  von 
r  zu  sein. 


YII.  Kapitel. 
Die  Vokalabstufung  oder  der  Ablaut. 

a)  Die  Terhältiiisse  der  Grundsprache. 

100.  1,  Literatur:  Brugmann,  Grundriß  I^,  1,  482ff. 
Kurze  vergl.  Gramm.  138  ff.  Die  wichtigere  Literatur  ist  dort  und 
in  Brugmanns  Griech.  Gramm. 3  90  verzeichnet;  eine  kurze  Dar- 
stellung von  H.  Hirt's  S5  stem  findet  sich  in  seiner  Griech.  Laut- 
und  Formenlehre  72  ff.    Dazu  vgl.  ferner  ßeichelt  KZ.  XXXIX  1  ff. 

2.  Unter  Yokalalbstufung  versteht  man  den  aus 
der  idg.  Grundsprache  ererbten  Wechsel  der  Vokale,  der 
in  einer  Reihe  von  Wörtern  oder  Formen  innerhalb  der 
gemeinsamen  Wurzel-  oder  Suffixsilbe  beobachtet  wird. 
Für  diese  Ercheinung  gebraucht  man  meist  den  Ausdruck 
'Ablaut',  der  von  J.  Grimm  in  die  deutsche  Grammatik 
eingeführt  wurde ;  in  den  germanischen  Sprachen  ist  näm- 
lich dieser  Vokalwechsel  am  getreusten  konserviert  worden, 
vgl.  werfen  —  warf  —  geworfen  —  Wurf,  schießen  — 
schoß  —  Schuß,  ich  iveiß  —  ivir  wissen,  reiten  —  ge- 
ritten —  Ritt.  Von  derselben  Art  ist  die  Vokalver- 
schiedenheit in  gr.  TpsTTü)  —  xpaTtetv  —  xetpocpa  —  xpo- 
TTO?,  XeiTCOJ  —  XiTCstv  —  XotTCo?  u.  dgl.;  eine  Abstufung 

der  Suffixsilben  liegt  vor  z.  B,  in  gr.  Tca-xep-a 7ra-Tp- 

6;  (TCa-xpd-oi)  —  7ia-xi^p  —  7rpo7rd-xop-a  —  irpoird-xwp. 


§  100. 101. 102.]   Die  Vokalabstufung  oder  der  Ablaut.  73- 

Anm.  Im  weitesten  Sinne  könnte  man  jeden  beliebigen, 
erst  in  der  Geschichte  der  Einzelsprache  entstandenen  "Wechsel  von 
Vokalen  als  Vokalabstufung  bezeichnen,  also  z.  B.  den  Vokal- 
wechsel in  nhd.  Tag  —  Tage,  Täter  —  Vetter,  franz.  je  tiens  — 
nous  tenons,  neugr.  (dial.)  ßXe'no'j  (=ßÄ^Tr(u)  —  fjßXtnav  (eßXeKov), 
fxö"«  (=7ixo'j<ja)  — v'  dxoi'pou  (=iva  äxotiow),  und  man  wäre  schon 
deshalb  dazu  berechtigt,  weil  die  Ursachen  in  vielen  Fällen  die- 
gleichen  zu  sein  scheinen:  denn  wie  z.B.  in  ngr.  i-nff-a  —  v'  d- 
xol3ff-oy  die  wechselnde  Stellung  des  Accentes  die  verschiedene 
Behandlung  des  Vokals  u  bedingt  hat,  so  auch  z.  B.  in  ngr.  nir- 
ojj.ai  —  Tzxio^ai,  XeiTiiu  —  Xmeiv,  wie  allgemein  angenommen  wird. 
Man  beschränkt  jedoch  den  Begriff  'Ablaut'  auf  die  Abstufungs- 
verhältnisse der  idg.  Grundsprache.  Der  Unterschied  ist  nur  der, 
daß  in  den  zuletzt  genannten  Beispielen  die  vokalischen  Änderungen 
aus  der  besonderen  lautgesetzlichen  Entwicklung  der  einzelnen 
Sprachen  erklärt  werden  können,  während  in  den  zuerst  genannten 
Fällen  der  Vokalwechsel  auf  die  idg.  Grundsprache  zurückgeht,, 
hier  aber  wohl  durch  analoge  Vorgänge  hervorgerufen  ist. 

101.  Der  Vokalwechsel  der  idg.  Grundsprache- 
variiert  in  dreifacher  Beziehung. 

1.  Qualitativer  Wechsel: 
e:o,  z.  B.  xpeTTU) :  xpoTCO?. 
e:  ö,  z.  B.  |^-/]Yvu|i,i :  Ipptoys. 
o:a,  z.  B.  oxpi?  :  axpo?. 

Man  kann  diesen  Vokalwechsel  auch  als  'Abtönung,'' 
bezeichnen  (s.  Brugmann,  Kurze  vergl.  Gr.  §  138). 

2.  Quantitativer  Wechsel : 

e :  e,  z.  B.  [xeBtov  'Herrscher' :  {jLf^oofxai. 
ö  :  ö,  z.  B.  6Cu> ".  oB-toSa. 
i :  i,  z.  B.  xXiaic  :  xXivv]. 

Hierher  gehört  auch  der  völhge  Schwund  des  silbe- 
bildenden  Vokals,  z.  B.  in  Tr£T-o{xai :  Trx-eaöai,  £i-|jli  :  i-(i£v.- 

3.  Quahtativ-quantitativer  Wechsel: 

d:ä,  z.  B.  ai.  stJiita-  'stehend'  (oTaxoc):  W.  sthä- 
(OTT^-aw). 

u  :  ö,  z.  B.  TtXuaii;  :  ttXujto?. 

103.  Man  nennt  die  Reihe  von  Vokalen,  welche  in 
den  verschiedenen  Formen  einer  Wurzelsilbe  oder  eines 


74  Lautlehre.  [§  102. 

Suffixes  erscheinen,  eine  Ablautsreihe,  und  man  unter- 
scheidet innerhalb  einer  Ablautsreihe  verschiedene 
'Stufen',  nämlich  eine  Hoch-  oder  Normal(Voll-)stufe, 
eine  Schwund-  oder  Tiefs tufe  (mit  Schwund  oder  Re- 
duktion des  Normalvokals)  und  eine  Dehnstufe  (mit 
Dehnung  des  Normalvokals). 

Jede  Stufe  kann  sich  in  verschiedene  Formen  diffe- 
renzieren, wie  die  am  reichsten  entwickelte  ^-Reihe  zeigt: 
Tiefstufe 
(Schwundstufe) 
0 
TCT-saöai 
iraxp-ö;      itaxpa-ot  aus  -x/'-oi 
Hochstufe  Dehnstufe 

1.  2.  1.  2. 

e  ö^  e  ö^ 

TTSToixat  7rOTso|xai  fehlt  7ra)Taop.at 

TiaTSpa  irpoiidtTOpa  iraXTjP  TrpoiraT(Op 

Über  die  Ursachen  des  Ablautes  ins  Klare  zu  kom- 
men, ist  schon  deshalb  schwierig,  weil  uns  Tatsachen  der 
Grundsprache  vorliegen,  über  deren  Vorstufen  sich  nur 
Vermutungen  äußern  lassen;  der  erreichbare  idg.  Zustand 
ist  jedenfalls  das  Ergebnis  einer  langen  Entwicklung  und 
verscliiedener  Prozesse,  zu  denen  auch  Vorgänge  der 
Kontraktion,  Ersatzdehnung,  rhythmischen  Dehnung, 
analogischen  Umgestaltung  und  Mischung  verschiedener 
Reihen  gehören. 

Man  erklärt  z.  B.  die  Dehnstufe  als  eine  Art  Ersatzdehnung, 
-die  infolge  des  Verlustes  einer  unbetonten  Silbe  entstanden  ist,  also 
*j)jter  aus  einem  *pjtere-  oder  *pjtero-;  der  "Wechsel  von  e  —  ö 
wird  auf  qualitative  Betonungsunterschiede  zurückgeführt. 

Daß  wenigstens  die  Tiefstufe  durch  den  Accent 
hervorgerufen  wurde,  d.  h.   aus  der  Hochstufe  als  eine 


1  Hoch-  bezw.  Dehnstufe  mit  'Abtönung'. 


§  102.]  Die  Vokalabstufung  und  der  Ablaut.  75 

Folge  von  Unbetontheit  hervorging,  darf  als  sicher  gelten: 
gerade  im  Ai.  (weniger  gut  im  Griech.)  läßt  sich  in  einer 
großen  Zahl  von  Fällen  beobachten,  daß  die  Tiefstufe 
unbetont  ist  und  neben  betonter  Hochstufe  erscheint, 
vgl.  z.  B. 

pitäram,  Tuaxe.oa  —  Dativ  jpifre  (gr.  Gen.  izaxpoc,). 

adäntam  Acc.  'essend'  —  Dativ  adate. 

Udhati  'erwacht'  (Trs-jöexai)  —  tudäti  'er  stößt'  (vgl. 
TTuöeaÖai). 

emi  (elfAi)  —  Plur.  imäs  ('ijxsv). 

äsü  (eaxi)  —  smäs  (lat.  sumus). 

huhodha  (Perf.)  —  Plur.  huhudhimä. 

kärtwn  Inf.  'machen'  —  hiä-  'gemacht'. 

(Im  einzelnen  vgl.  darüber  die  Formenlehre.) 

In  Fällen  mit  accentuierter  Tiefstufe  (z.  B.  ved.  hsiti-  =  gr. 
tpfli3ic)  darf  man  daher  annehmen,  daß  eine  Accentverschiebung 
schon  in  uridg.  Zeit  stattgefunden  hat. 

Innerhalb  der  Tiefstufe  gibt  es  verschiedene  Schattie- 
rungen, die  sich  durch  den  Grad  der  Yokalreduktion 
unterscheiden;  so  zeigt  1.  PI.  da-dh-mäs  'wir  setzen' 
(neben  1.  S.  dä-dhä-mi)  völhgen  Schwund,  das  Particip 
hita-  aus  *dhdtö-s  nur  Reduktion  des  Hochstufenvokals ; 
zu  hhäv-ati  'er  wird'  lautet  das  Participium  Praeteriti 
im  Ai.  Ihäta-,  aber  im   Griech.   erscheint  kurzes  u  in 

Man  unterscheidet  daher  Reduktions-  und 
Schwundstufe  und  nimmt  an,  daß  die  stärkste 
Schwächung  unmittelbar  nach  dem  Ton  (besonders  in 
Compositis,  vgl.  ai.  ä-gru-  'nicht  schwanger'  neben  gurü- 
*schwer',  ä-hhv-a-  'ungeheuer'  neben  hliüta-,  iroXa-xX-a? 
neben  xdX-ä?,  8i-cpp-o?  neben  cpap-expa)  oder  zwischen 
Neben-  und  Hauptton  (dä-dh-mäs)  eingetreten  sei  (s. 
zuletzt  Brugmann,  Kurze  vergl.  Gramm.  S.  143 f.).  Daß 
aber  auch  dies  nicht  die  einzige  Ursache  für  die  ver- 
schiedenen Gestaltungen  der  Tiefstufe  ist,  zeigt  hhütä- 


76  Lautlehre.  [§  102. 103. 

neben  dem  völlig  formgleichen  h'ütä-  (gr.  xXuxo?);  solche 
Fälle  erklären  sich  aus  der  Annahme  ein-  und  zweisilbiger 
Wurzeln :  hidä-  xXuto«;  ist  eine  Schwächung  von  idg.  kJeij- 
(ai.  Ini Jrö-tum),  (IrMa-  von  idg.  derk-  (Inf.  draMum),  aber 
l)hüta-  von  idg.  llie^p-,  ai.  hhavi-  (Inf.  hhavituni),  jirna- 
'gebrechlich'  von  jari-  {jari-mä,  'Alter',  gr.  -^^pd-^v-iü). 
Über  das  Verhältnis  von  ü :  ii,  i:l  im  Ai.  vgl.  besonders 
Wackernagel  §  82—86. 

103.  Die  Formen  der  Tiefstufe  in  ihrer  Ab- 
hängigkeit   von    den    Konsonanten    der    Silbe. 

1.  In  Fällen  wie  7r£X-o[iai :  Tix-eoöai  oder  ai.  äs-mi 
'ich  bin' :  s-7näs  'wir  sind'  ist  mit  dem  Verlust  des  Hoch- 
stufenvokals auch  Verlust  einer  Silbe  eingetreten.  Wenn 
aber  der  Vokal  der  Hochstufe  mit  einem  i,  ii,  n  (m),  r 
(l)  verbunden  ist,  so  bleibt  die  Silbe  vor  folgendem  Kon- 
sonanten erhalten,  indem  der  begleitende  Konsonant  zum 
Sonanten  (d.  h.  silbebildend)  wird.  Es  werden  demnach 
die  ui-idg.  [bezw.  ai.]  Hochstufenformen  ei  [e],  eu  [ö],  en 
\an\  {em\an\),  er  (el)  [ar]  in  der  Tiefstufe  zu  i,  n,  w  (m) 
[=  ai.  a],  r  (l),  z.  B. 

e-mi  €i[).i :  i-mäs  ifisv. 

yog-a-  'das  Anschirren'  Ce^Yo? :  iß(gä-  ^w^ov. 

män-as-  \i.hoc,:*)mjtö-  ai.  maid-  'gedacht'. 

thär-ati  cpsp-si :  hJuiä-. 

Der  Effekt  ist  der  gleiche  für  die  uridg.  Lautgruppen 
je,  iie,  ne,  re  (bezw.  ai.  ya,  va,  na,  ra): 

yaj-ati  'er  opfert'  (gr.  aCo[xai) :  ij-  in  iM-  'geopfert'. 

sväp-iti  'er  schläft',  sväpna-  'Schlaf :  suptä-  (vgl.  gr. 
üTcvo;;). 

näs-ate  'er  gesellt  sich  zu',  gr.  v£0[iai  voaxo?:  *nsto-r 
ai.  ästa-  'Heimat'  (mit  auffallendem  Accent). 

präth-ati  'er  breitet  sich  aus',  prthu-  'breit'. 

Anm.     Statt  der  Kürzen  i,  u,  a,  r  erscheinen  bisweilen  auch 
die  Längen  i,  ü,  ä,  Ir,  t'r,  worüber  §§  102,  107. 


§  103. 104.]       Die  Vokalabstufung  oder  der  Ablaut.  77 

2.  Wenn  die  tiefstufigen  ?,  ?/,  n,  r  vor  einen  Vokal 
zu  stehen  kommen,  so  hört  (nach  §  72)  ihre  silbische 
Funktion  in  der  Regel  auf,  z.  B. 

y-änti  'sie  gehen'  neben  i-mäs  'wir  gehen'. 

sunv-änti  'sie  keltern'  neben  sunu-mäs  (Hochstufe 
sunomi). 

raJH-ä,  Instr.  S.  von  räjan-  'König',  gegenüber  PI. 
rdjahJiis  aus  *räjnhliis. 

pitr-e,  Dat.  S.  \on  pitar-,  gegenüber  V\.  pitr-hhyas. 

Den  tiefstufigen  Längen  l,  ü,  tr,  ür  entsprechen  dagegen  vor 
Vokal  it/,  iv,  ir,  ur,  z.  B.  bhit/äna-  'sich  fürchtend'  neben  bhita- 
(Hochstufe  in  bi-bheti  'er  fürchtet  sich');  bhuv-ana-  'Welt'  neben 
bhüta-. 

Über  ir,  ur  s.  auch  §  95.    Über  ä  =  n  und  an-  nn  s.  §  98.  91. 

104.  Ablautsystem.  Um  die  mannigfachen  Arten 
von  Vokalwechsel  in  ein  System  ordnen  zu  können,  ist 
es  nötig,  die  jeweils  in  einer  ablautenden  Silbe  vor- 
kommende Vokabeihe  auf  das  Schema  Tiefstufe  —  Hoch- 
stufe —  Dehnstufe  zu  verteilen  und  so  alle  vorkommen- 
den Reihen  festzustellen.  Man  setzt  dabei  voraus,  daß 
gleiche  Formkategorien  bei  verschiedenen  Wurzeln  die 
gleiche  Ablautsstufe  repräsentieren,  daß  also  z.  B.  das  Vj 
in  Xi^yü)  und  ^t^yvu[J,i  dem  £  von  cpepo)  und  8£ixvu|xi, 
das  ä  von  dä-dhä-mi  (xiör^fJti)  dem  ä  von  U-hhar-mi  (W. 
^ep-)  entspreche,  also  jeweils  die  Hochstufe  (Normalstufe) 
seien,  daß  ferner  in  sthi-tä-  oxato?  zu  sthä-  ebenso  die 
Tiefstufe  vorliege  wie  in  hltrtä-,  itä-  zu  den  W.  hlier- 
und  ei-. 

Auf  diesem  Wege  hat  man  sechs  Reihen,  drei  leichte 
mit  den  Grundvokalen  e,  a,  o  («fspw,  aycD,  oCw),  und 
drei  schwere  mit  den  Grrundvokalen  e,  ä,  ö  (tiÖ7][Jli,  [dor.] 
loxäjii,  BiotofjLi)  unterschieden.  Während  aber  für  die 
e-Reihe  alle  Ablautsformen  ausreichend  belegt  sind,  ist 
es  für  die  andern  Reihen  nur  in  beschränktem  Maße  und 
in  wenig  sicherer  Weise  möghch,  die  einzelnen  Ablauts- 


78 


Lautlehre. 


[§  104. 105. 


stufen  zu  fixieren,  und  es  bleibt  vieles  der  hypothetischen 
Konstruktion  anheim gestellt.  So  kann  man  z.  B.  für  die 
schweren  Eeihen  vermuten,  daß  die  entsprechende  Dehn- 
stufe 'überlange'  Vokale  (e,  o  nach  der  Schreibung 
Bartholomaes)  habe;  sie  sind  aber  kaum  noch  nachzu- 
weisen, weil  Länge  und  'Überlänge'  in  den  idg.  Sprachen 
unterschiedslos  zusammengefallen  sind.  Vgl.  über  ein 
solches  Ablautsystem  Bartholomae  BB.  XVII,  91  ff. 

Anm.  Noch  komplizierter  werden  die  Verhältnisse  für  die 
zweisilbigen  "Wurzeln  ('Ablauts-Basen'),  weil  dabei  jeweils  die 
Veränderungen  von  zwei  Vokalen  bezw.  Silben  in  betracht  kommen 
und  daher  die  Variationsfähigkeit  größer  wird.  Diese  in  ein 
System  zu  bringen,  hat  sich  zuletzt  H.  Hirt  in  vielen  Punkten  mit 
Erfolg  bemüht.  So  setzt  er  z.  B.  für  eine  W.  bheuä-  'sein'  folgende 
Ablauts  formen  an: 


Vollstufe  I. 

Vollstufe  II. 

Reduktions- 

Reduktions- 

Schwund- 

stufe a. 

stufe  b. 

stufe 

idg.  bhem 

bh(e)  uä 

bheUä 

bhim 

bhm  und  bhu 

ai.  bhavi-tum 

— 

bhüta 

[üvi  •] 

— 

gr-     — 

Cp'JT^ 

ftpO 

— 

Cp'JOll 

lat.     — 

fuam 

— 

— 

fxdurns 

Hierbei  ist  jedoch  zu  betonen,  daß  die  von  Hirt  angenommene 
idg.  Grundlage  von  3.,  4.,  teilweise  auch  von  2.  und  5.  ganz  hypo- 
thetisch ist.     Vgl.  darüber  zuletzt  H.  Reichelt  a.  a.  O. 

Im  folgenden  soll  nur  dasjenige  aus  dem  uridg.  Ablautsystem 
berücksichtigt  werden,  was  für  das  ai.  Vokalsystem  unmittelbar 
wichtig  und  für  das  Verständnis  der  "Wort-  und  Formenbildung 
nötig  ist. 


b)  Das  ai.  Ablantsystem. 
105.  Theorie  der  ind.  Grammatiker.  Die  Tatsache 
der  Vokalstufung  ist  bereits  von  den  indischen  Gramma- 
tikern erkannt  worden  (§  40).  Nur  gingen  sie  —  im  Unter- 
schied von  der  heutigen  Auffassung  —  von  der  schwächsten 
Stufe,  also  z.  B.  von  i  aus  und  nannten  die  um  a  vermehrte 


*  z.  B.  ai.  tuvi-  'mächtig'  gegenüber  tavi-sa-  'stark'. 


§  105. 106. 107.]  Die  Vokalabstufung  oder  der  Ablaut.  7* 

Stufe,  also  die  Hoclistufe   {ai  bezw.  e),   Gtina-  ('Vorzug, 
hoher  Grad  —  Vokalsteigerung'),  die  um  ein  weiteres  a 
vermehrte  Stufe  {äi)  VrddJii-  'Wachstum'.     Vrddhi-  ent- 
spricht nur  teilweise  dem  Begriffe  der  Dehnstufe  (s.  §  106). 
106.  Der  ai.  Ablaut  im  Verhältnis  zum  idg.   Der 
idg.  Ablaut  mußte  sich  im  Ai.  sehr  vereinfachen,  weil  ja 
die  Vokale  e,  6,  a  in  a  zusammengefallen  sind.       Die 
§  104  erwähnten  sechs  Ablautsreihen  sind  daher  im  Ai. 
auf  zwei  Reihen  reduziert,  eine  leichte  mit  der  Normal- 
stufe a  und  eine  schwere  mit  der  Normalstufe  ä.    Eine 
weitere  Verwischung    des   ursprünglichen  Verhältnisses 
trat  femer  dadurch  ein,  daß  ai.  ä  nicht  nur  einem  idg. 
e,  ö,  ä,  sondern  walii'scheinlich  auch  unter  gewissen  Be- 
dingungen einem  idg.  ö  entsprach.    Wenn  nämhch  das 
§  65  erwähnte  Lautgesetz  richtig  ist,  so  ist  es  bei  man- 
chen ai.  ä  sch^\ierig  zu  entscheiden,  ob  die  Hochstufe  mit 
ö  oder  die  Dehnstufe  vorHegt.    Nach  der  ai.  Auffassung 
fällt  ein  solches  ä  unter  den  Begriff  Vrddhi.    So  kann 
man  zweifeln,  ob  ai.  jänu-  'Knie'  die  Stufe  "^ovo  oder  die 
Stufe  ywvia  darstelle ;  andererseits  aber  macht  z.  B.  das 
Auftreten  der  Hochstufe  in  den  gr.  Perfektformen  SsSopxa 
(==  ai.  dadarSa-),  -^i-^ova,  [lEfjiova,  xsipocpa,  ferner  in  ai.  hu- 
hödha  (zu  hudh-),  viveSa  (zu  viS-)  u.  s.  w.   es  selir  wahr- 
scheinhch,  daß  auch  in  den  gleichen  Bildungen  cakära, 
tatäna,  tatäpa  die  Hochstufe  (nicht  die  Dehnstufe)  vorliegt. 

I.  Die  ä-Reihe. 

107.  In  der  ä- Reihe  sind  enthalten  die  idg.  Reihen 
mit  e,  ö,  ä;  weitaus  am  häufigsten  sind  die  Abkömmhnge 
der  idg.  e-Reihe:  1.  0,  2.  e,  ö,  3.  e,  ö.  Sie  hat  je  nach 
den  umgebenden  Konsonanten  folgende  Formen  (in  der 
Reihenfolge  Tiefstufe  :  Hochstufe  :  Dehnstufe) : 

a)  1.  0.      2.  a  (ä).      3.  ä. 

1.  s-änti,  lat.  s-^lnt.  2.  äs-mi,  gr.  £i|j,i.    3.  — 


Lautlehre.  [§  107. 

1.  (yed.) 2n-bd-amäna-  'tretend'  (-hd-  aus  -pd-).  2.pad-i, 
Loc,  lat.  ped-(e).  3.  pät  Nom.  S.,  gr.  (dor.)  tzioc,  oder 
lat.  pes. 

Anm.  In  der  Tief  stufe  erscheint  oft  auch  a,  z.B.  patitä- 
^gefallen' zu 25a^  (niro^uai)  gegenüber  (ved.)  ä-pa-pt-at,  d.i.  gr.  e- 
iti-7rx-£.  Ob  in  solchen  Fällen  der  Hochstufenvokal  sekundär 
wieder  auf  dem  "Wege  der  Analogie  eingeführt  wurde  oder  ob  a 
die  Vertretung  irgend  eines  idg.  Reduktionsvokals  (jedenfalls  nicht 
eines  a!)  ist,  läßt  sich  nicht  ausmachen. 

b)  1.  i  (1).      2.  e.      3.  äi  (vor  Konsouant). 

y  (%)•       ciy-        ciy  (vor  Vokal). 

1.  i-mäs,  y-änti.    2.  e-mi.    3.  — 

1.  diMti'ev  zeigV.  2.  c^e^'a- 'Gegend' (eigtl. 'Richtung'), 
cf.  gr.  8£ixvu{ii.    3.  — 

1.  ji-tä-  'besiegt'.  2.  jetar-  'besiegend',  jäyati  'er 
siegt'.    3.  äjäiMm  Aor.  'ich  besiegte'. 

1.  Mi-ti-  'das  Hinschwinden',  gr.  cpöiai?  und  kfi-ijäte 
'er  schwindet  hin',  gr.  c^Ötw.  2.  Mäy-a-  'Untergang,  Ver- 
derben'.   3.  — 

1.  In-  'Glück,  Heil,  Schönheit'  und  dazu  Gen.  §riy- 
us.    2.  ire-yqß-  'schöner'.    3.  — 

1.  agni-s  'Feuer',  säkhy-ä  Instr.  S.  'Freund'.  2.  agne-s, 
Gen.  S.,  agnäy-as  Nom.  PI.   3.  säkhäy-as  Nom.  PI. 

Vgl.  auch  i:ya  §  103. 1. 

c)  1.  u  (ü).      2.  5.      3.  all  (vor  Konsonant). 

V  (uv).        av.        äv  (vor  Vokal). 

1.  iätru-s  Nom.  'Feind'.  2.  kdrö-s  Gen.  S.,  Sätrav-as 
Nom.  PI.    3.  §äträu  Loc.  S. 

1.  ä-gu-  'ohne  Kühe'.  2.  go-Su  Loc.  PL,  gäv-i  Loc.  S. 
cf.  gr.  ßouai,  ßo(/)i.    3.  gäus  Nom.  S. 

1.  prä-bhu-  'mächtig',  ä-hhv-a-  'unendlich'  und  hhii- 
tä-  'geworden',  bhüv-ana  'Wesen,  Ding'  (s.  S.  75 f.).  2. 
hhäv-ati  hhävi-tuni.    3.  — 

1.  Sru-tä-  'gehört'  (xXutoc;)  und  irü-yäte  'wird  gehört'. 
2.  irö-tar-  'Hörer',  irav-as  'Lob',  gr.  xXe/o?.    3.  — 


§  107.  108.]        Die  Vokalabstufung  oder  der  Ablaut.  81 

1.  vi-dliu-ti-  'das  Schütteln',  dliü-tä-  'geschüttelt',  dhü- 
nöti  'er  schüttelt',  vgl.  gr.  öuco  und  Öuvw.  2.  dliavi-^yati 
Fut.  'er  -w-ird  schütteln'.    3.  — 

Man  beachte,  daß  die  Wurzeln  hhü-^  dJiü-  zweisilbige 
Yollstufen  haben. 

Vgl.  auch  u,  va  §  103.  1. 

d)  1.  r  (^r,  ür).     2.  ar  [är].     3.  är. 

r  (ir,  ur). 

(Über  ir,  ür  s.  §  95  f.  103.) 

1.  hJir-tä-,  2.  hhär-ati  'er  trägt'  [hhärä-  'Last',  vgl. 
gr.  cpopo?].    3.  (ved.)  ä-hhärkim  Aor.  'ich  trug'. 

1.  tir-äti,  timiti,  tiryati  'er  setzt  über'  (alle  in  der 
älteren  Sprache).  2.  tärati  dsgl.  [tärä-  'durchdringend', 
vgl.  gr.  Topo?].  3.  (ved.)  a-täri-ma?  1.  PI.  Aor.  (zwei- 
silbige Wui'zel!) 

e)  1.  J  a  (ä,  an).    2.  an,  am  [an,  am].    3.  an,  am. 

[  n,  m  (an,  am). 

(Über  die  Tiefstufenformen  ä,  an  und  an  vgl. 
§  98.  91.) 

1.  gc'L-cchati-,  gr.  ßdoxw  'ich  gehe^  ja-gm-iva  'wir  sind 
gegangen'.  2.  (ved.)  gäm-ati  'er  geht',  got.  qiman  [ja- 
gdma  'er  ist  gegangen'].    3.  — 

1.  räjh-e  Dativ  S.,  räja-hhgas  Dat.  PI.  2.  räjan-i 
Loc.  S.  [räjänam  Acc.  S.].  3.  räjä  (mit  altem  Abfall  des 
n)  Nom.  S.  'König'. 

1.  näma  =  \sit.  nomen,  idg.  *nöm7i  'Name',  nämnas 
Gen.  S.,  vgl.  got.  namne  (Gen.  PI.);  ätman-as  (Gren.  S. 
von  ätm,an-  'Seele').  2.  nämani  Loc.  S.,  lat.  nominis. 
3.  nämäni  Nom.  PL,  vgl.  got.  (hairt)-öna. 

1.  ghn-änti  'sie  töten',  Jiatä-  'getötet'.  2.  hänti  'er 
tötet',  ja-ghäna  Perf.    3.  — 

1.  j'äid-,  lat.  natus.  2.  Perf.  jajäna  [jajäna]  =  gr. 
'(i'^Q'^a, 'Fut.  jani-äyate.    3.  — .    (Zweisilbige  Wurzel). 

108.  Die  ursprüngHche  ä-  und  ö-ßeüie  stimmt  im 
Ai.  völlig  mit  der  e-Reihe  überein.    Vgl.  z.  B. 

Thumb,  Altindische  Grammatik.  6 


82  Lautlehre.  [§  108. 109. 

1.  (ved.)  ])ari-j-man  'umlierwandeliid'.  2.  äj-ati  'er 
treibt',  gr.  aYo>,  lat.  ago  (vgl.  aber  auch  oyiAo?).  3.  äji-  f. 
'Wettlauf',  vgl.  gr.  ä-^-Myri  und  lat.  amh-äges. 

1.  iStä-  'geopfert'.  2.  yäjati  'er  opfert',  vgl.  gr.  ay- 
10?.    3.  — 

1.  idhniä-  'Brennbolz',  vgl.  gr.  Idap6c,.  2.  edha(s)- 
'Brennholz',  gr.  aiboc,  und  a'iÖü).    3.  — 

1.  —  2.  [aitüv,  lat.  aevuni].  3.  äyuS-  'Leben,  Lebens- 
dauer'. 

1.  —  2.  äpas-  'Werk',  lat.  opus.  3.  (ved.)  äpas- 
'fronune  Handlung',  ahd.  uoban  'ausüben'  (ahd.  uo  == 
idg.  ö). 

IL  ä-Reihe. 

109.  In  der  ai.  ä-Reihe  sind  enthalten  die  idg.  Reihen, 
welche  in  der  Normalstufe  e,  ö  oder  ä  haben.  Im 
folgenden  sind  sie  nicht  getrennt ;  die  beigefügten  griecli. 
Belege  zeigen  die  Qualität  des  Grundvokals  an.  Bei  den 
schweren  Reihen  lassen  sich  nur  Tief-  und  Hochstufe 
scheiden  (s.  §  104). 

a)  1.  0,  i  (idg.  9).    2.  ä. 

1.  da-dh-mäs  'wir  setzen',  Part.  Jiitä-  [öetö?].  2.  dä- 
dhä-mi  'ich  setze',  gr.  ti-6y]-|xi. 

1.  mitä-  'gemessen'.  2.  Inf.  mätiini  'messen',  lat. 
metior,  gr.  [i^xi?. 

1.  dä-d-ati  'sie  geben',  {deva)-tta  (aus  -*dta-)  '(von 
Gott)  gegeben',  ä-di-ta(\n  der  älteren  Sprache)  ==  gr.  Iooto. 
2.  dä-dä-mi,  gr.  SiSuijxi. 

1.  ta-sth-ür  'sie  haben  gestanden'  und  sthitä-  gr. 
aiaxö?.    2.  ä-sthä-m  =  gr.  latr^v  (aus  l-atäv). 

1.  ipsati  'er  sucht  zu  erlangen',  redupKcierte  Bildung 
aus  H-ipsati,  lat.  apiscor ,  aptus.    2.  äpnbti  'er  erlangt'. 

b)  a)  1.  i  (aus  ia?).    2.  yä. 

1.  (^ew  Nom.  S.  'Göttin'.    2.  devyä-s  Gen.  S. 


§  109. 110.]        Die  Vokalabstufung  oder  der  Ablaut.  83 

1.  Optativzeichen  -l-  und  2.  -ijä-  (s.  §  437). 

ß)  1.  l  (aus  9i?}.      2.  äij, 

1.  gl4ä-  'gesungen'.    2.  gäy-ati  'er  singt'. 

Anm.  Als  Tiefstufe  erscheint  auch  der  Kurzdiphtong  ai 
(idg.  di),  der  vor  Vokal  jedenfalls  lautgesetzlich  ist:  so  dhäy-ati 
'er  saugt'  neben  dhl-tä-  'gesäugt'  zur  W.  dhä{y)-;  aber  auch  vor 
Konsonanten  findet  sich  der  Diphthong:  vgl.  dhenü-  'Milchkuh'. 
Welchen  Bedingungen  dieser  idg.  Wechsel  ^i:^  unterliegt,  ist 
unklar;  vgl.  Wackernagel  §  79 d.  Brugmann,  Grundr.  I^,  498f. 
Hirt,  Ablaut  33flf. 

c)  a)  1.  ü  (aus  M9?).    2.  vä. 
Unsicher,  s.  Wackernagel  §  78  b. 
ß)  1.  ^i  (aus  du?).    2.  äv. 

1.  dhüta-  (ved.)  Part.  Prät.  zu  2.  dhcw-ati  (ved.)  'er 
spült  ab',  vgl.  Wackernagel  §  80. 

Anm.  Unter  ähnlichen  Bedingungen,  unter  denen  in  da-dh- 
mäs  neben  hitä-  das  tiefstufige  a  völlig  geschwunden  ist  (s.  §  102), 
wird  das  tiefstufige  t,  ü  zu  ?,  ü  gekürzt,  z.  B.  in  devt,  Vocativ 
zum  Stamm  devl-  'Göttin',  oder  in  vädhu,  Vokativ  zum  Stamm 
vadhü-  'Weib' ;  über  die  Ablautsverhältnisse  dieser  Stämme  s.  die 
Flexionslehre. 

d)  1.  Ir  (aus  ?).    2.  rä, 

1.  dlrgha-  'lang',  s.  §  96,  dazu  2.  Superlativ^  drä- 
ghüiha-  (zweisilbige  Wurzel). 

e)  1.  nl  (aus  nd),  ä  (aus  ?).      2.  nä. 

1.  sq-jfd-ta-  'benannt',  jä-ndti  'er  erkennt'.  2.jnä-tä- 
'bekannt';  s.  auch  oben  a). 

Anm.  Die  Möglichkeit,  daß  jä-näti  mit  Dissimilation  aus 
*jPiä-näti  (vgl.  ii-f^üi-a-Koi)  entstanden  sei  (so  Uhlenbeck,  Manual 
S.  30),  ist  nicht  abzuweisen. 

110.  Seltenere  Ablautsformen.  Außer  den  eben 
besprochenen  Ablautsreihen  gibt  es  noch  einen  Ablaut 
l :  ä,  vgl.  z.  B. 

pUa-  'getrunken'  (vgl.  gr.  ttivu)):  pä-ü  'er  trinkt', 
pä-tra-  'Trinkgefäß',  zu  idg.  pö-  in  gr.  U£7r(ü-xa,  Isii. pötus 
und  pöculmn. 


1  Dieser  nur  in  der  älteren  Sprache  gebräuchlich. 


M  Lautlehre.  [§  110. 111. 

Ein  Ablaut  ü  :  ä  (d,  li.  idg.  ö)  scheint  vorzuliegen  in 
müla-  'Wurzel'  gegenüber  gr.  jjLuiXu  und  in  müra-  'dumm' 
gegenüber  gr.  jj,(op6;. 

Diese  beiden  Ablautsformen  lassen  sich  als  eine  Modifikation 
von  §  109  b)  und  c)  erklären:  die  Stufe  mit  ä  scheint  —  bereits 
in  uridg.  Zeit  —  ein  konsonantisches  i  und  n  unter  gewissen  nicht 
sicher  erkennbaren  Bedingungen  eingebüßt  zu  haben  (s.  §77),  wie  ai. 
Formen  mit  äj/,  äv  neben  ä  zeigen,  so  z.  B.  gä-tu-  'Gesang'  neben 
gäy-ati ,  ferner  päy-ayati  'er  tränkt'  neben  pä-tum  Inf.  'trinken', 
päy-u-  (ved.)  'Beschützer'  neben  pä-ti  'er  schützt',  und  so  wohl 
auch  dhä-rä  'Strom'  zu  dhäv-ati  (Qetu)  'er  läuft'.  "Weiteres  s.  bei 
Wackernagel  §79,  80,  91,  92.  Doch  darf  nicht  jeder  Ablaut  l:ä 
so  erklärt  werden.  Denn  wenn  z.B.  zu  mä-  'messen'  (§109a)  in 
der  Tiefstufe  neben  mitä-  das  redupl.  Praes.  mi-ml-te  lautet, 
so  scheint  ^  statt  ?  auf  einer  sekundären  Neubildung  zu  beruhen 
(vgl.  §  494).  Dasselbe  ist  der  Fall  bei  dem  Präsenssuffix  nä :  nt 
(§  453).  Für  die  Umbildung  von  ä:z  in  ä:i  wirkte  wohl  der 
oben  erwähnte  Ablaut  ä(i} :  t  (?)  vorbildlich. 

111.  Das  ai.  Ablautsystem  ist  nur  der  Rest  eines 
ursprünglich  viel  reicheren  Systems ;  in  den  vorhergehen- 
den Paragi-aphen  ist  dieses  nur  soweit  berücksichtigt,  als 
es  durch  Ablauts  reihen  innerhalb  des  Ai.  vertreten  ist ; 
in  manchen  Fällen  ist  aber  im  Ai.  überhaupt  nur  eine 
einzige  Yokalform  übriggebheben,  bei  der  die  Möglich- 
keit der  Abstufung  nur  durch  die  verwandten  Sprachen 
zu  erweisen  ist.  Vgl.  schon  oben  (§  110)  mida-  zu  gr. 
{aäXu.  Daß  z.  B.  näman-  (lat.  nömen)  in  eine  ablautende 
Reihe  gehört,  zeigt  gr.  ovofia  und  got.  nmnö\  dasselbe 
gilt  von  üdliar-  'Euter'  (vgl.  gr.  ouÖap) ,  hhiirja-  'Birke' 
(vgl.  ht.  herzas  und  ahd.  hirihha),  hhrü-  'Augenbraue' 
(vgl.  ahd.  hrawa)  u.  s.  w.  Die  Einzelheiten  gehören  der 
vergleichenden  indogermanischen  Grammatik  an. 
Hier  seien  noch  einige  Ablautsreihen  angeführt,  die  zwar 
innerhalb  des  Ai.  durch  mehrere  Formen  vertreten  sind, 
sich  aber  in  unser  System  nicht  einfügen  lassen : 

1.  div-as  'des  Tages',  div-ya-  'himmhsch'  gr.  At(/)-6c 
Ai(/)i,   und  dyü-bhis  Instr.  PI.,  idg.  *diu-  und  diu-.    2. 


§  111.  112. 113.]  Die  Vokalabstufung  oder  der  Ablaut.  85 

äyäv-i  (neben  div-i),  lat.  Jöv-is  und  deva-  'Gott',  idg. 
*dieti-  lind  *deiu-.  3.  dt/äu-s=Zz6c,  (aus  *Z7]6<;)  und 
dyä-m  Acc.  S.,  gr.  Z'^v,  idg.  *dim-  und  "^die-. 

1.  div-yati  'er  spielt'  und  dyütä-  'gespielt'.  2.  dev-in- 
'Spieler'. 

1.  s'iv-yati  'er  näht',  syütä-  'genäht'  und  sü-tra- 
'Schnur',  vgl.  lit.  smti  'nähen',  gr.  xaxTuu)  und  lat.  suo. 
2.  sevana-  n.  'das  Nähen'. 

1.  Uhw-aü  'er  speit'  und  Wiyüta-  'gespieen',  gr.  tttuü) 
(aus  *iyiu-io),  lat.  spuo,  got.  speiwan.  2.  ti-Sthev-a  (in  den 
Brahmana),  vgl.  auch  ht.  spiäuju. 

Anm.  Der  Ansatz  der  Grundformen  ist  in  den  beiden  letzten 
Fällen  unsicher.  Vgl.  Brugmann,  Grundriß  1 2,  500.  Möglicher- 
weise handelt  es  sich  hier  um  ursprünglich  dreisilbige  Wurzeln, 
deren  Abstufungsfähigkeit  natürlich  mannigfaltiger  ist  (vgl.  §  104 
Anm.);  aus  der  Zweisilbigkeit  der  Basis  erklären  sich  wahrschein- 
lich Wechselformen  wie 

ambhas-  'Wasser'  und  nabhas-  (=  gr.  v^tpoc)  'Wolke',  W. 
*{e)n(e)bh-. 

hhargas-  'Glanz'  (vgl.  got.  bairhts  'hell')  und  bhräj-atl  'glänzt', 
W.  *bh{€y{e)g: 

Vgl.  dazu  (außer  Hirt,  Ablaut  und  Reichelt  a.  a.  0.)  Wacker- 
nagel §  88,  Brugmann,  Grundriß  I^,  492  f..  Kurze  vgl.  Gramm. 
147  ff. 

112.  Neubildungen.  Das  Wii-ken  der  Analogie  hat 
gelegentlich  eine  Wurzel  in  eine  andere  Reihe  über- 
geführt. So  wurde  z.  B.  zu  tulayati  'er  hebt  auf  {tulä 
'Wage')  auch  ein  tölayati  gebildet  (wie  zu  hudh-  ein 
Kausativum  hödh-ayati),  wie  wenn  die  W.  tul-  wäre;  sie 
lautete  aber  tel-,  toi-  (gr.  xeXaiJWüv)  und  enthielt  kein  u: 
das  id  gehörte  zur  Tiefstufe  (s.  §  96.  107.  d)  und  gab 
den  Anlaß  zur  Neubildung.  Ebenso  ist  zu  einem  spJiut- 
'bersten',  das  aus  sphrt-  entstanden  ist  (nach  §  99),  das 
Kausativum  sphötayati  geschaffen  worden. 

113.  Vrddhi.  Durch  eine  speziell  indische  Aus- 
gestaltung erhielt  die  sog.  Vrddhistufe  (§  105)  eine  weit 


86  Lautlehre.  [§  113. 

über  die  verwandten  Sprachen  liinausgehende  Bedeutung, 
nämlich  in  der  sekundären  Nominalbildung.  Von 
einem  Nomen  kann  ein  anderes  Nomen  mit  Hilfe  des 
Suffixes  -a-  oder  (seltener)  -ya-  abgeleitet  werden,  wobei 
die  erste  Silbe  des  Stammwortes  Vrddlii  erhält;  d.  h.  ä 
wird  zu  ä;  I,  e  zu  äi\  ü,  ö  zu  äu]  r,  ar  zu  är.  In  Fällen, 
wo  bereits  das  Stammwort  mit  -a-  gebildet  ist,  ist  Yrddhi 
überhaupt  das  einzige  Zeichen  der  Ableitung.  Die  ab- 
geleiteten Wörter  bedeuten  'irgend  eine  Beziehung  zum 
Grundwort  habend';  sie  sind  Adjectiva,  können  jedoch 
auch  substantiviert  werden,  um  z.  B.  Patronymica  oder 
Abstracta  zu  bezeichnen. 

a)  Ableitungen  ohne  Suffix. 

vänma-  'zu  Värmia-  gehörig';  ämitra-  'feindUch', 
von  amitra-  'Feind'. 

mäitra-  'zu  Mitra  gehörig';  väira-  n.  'Streit',  von 
vtra-  'Mann' ;  i^äuru^a-  7i.  'Manneskraft',  von  puruSa-, 

däiva-  'götthch',  von  deva-  'Gott'. 

päutra-  'Enkel',  von  putra-  'Sohn';  gäutmna-  'von 
Oötama-  abstammend'. 

b)  Suffix  -a-. 

mänasa-  'auf  den  Geist  bezüghch',  7i.  'Geist,  Sinn', 
von  manas  'Geist';  ämhhasa-  'aus  Wasser  bestehend', 
von  anihhas-  'Wasser';  hrähmana-  'Priester',  von  hrali- 
man-  'Gebet,  Weltseele  u.  s.  w.' 

väiSnava  'Yisnu  ergeben';  säindhava-  'vom  Indus 
(sindhu-)  stammend'. 

hhäuma-  'auf  die  Erde  bezüglich',  von  hhümi-  'Erde'; 
säumanasa-  n.  'Wohlwollen',  von  sumanas-  'wohlwollend'. 

pärthiva-  'irdisch',  von  prtliivl  'Erde'. 

c)  Suffix  -ya-. 

däivya-  'götthch',  von  deva-. 

sän'khya-  n.  'Glück',  von  sukha-  n.  'Glück'. 


§  113. 114.  115.]  Die  Verschlußlaute.  87 

säumya-  'dem  Söma  gehörig'  (Vokativ  'mein  Lieber') ; 
läukya-  'zur  Welt  gehörig',  von  löha  'Welt';  läulya-  n. 
'Lüsternheit',  von  löla-  'lüstern'. 

Diese  Bildung  geht  zwar  in  ihren  Anfängen  in  die 
indoiranische  Zeit  zurück,  wie  das  Vorkommen  ähnlicher 
Formen  im  Iranischen  zeigt  (vgl.  z.  B.  im  Avesta  hao- 
manmdhdm  =  ai.  säumanasam),  aber  die  Anknüpfung  an 
Bildungen  der  verwandten  Sprachen  ist  noch  nicht  ge- 
funden. Zur  Frage  vgl.  besonders  Bechtel,  Hauptpro- 
bleme S.  175 f.,  von  Bradke  ZDMG.  XL,  361  ff.,  Brug- 
mann,  Grundriß  II,  106  f.,  Bartholomae,  Grundriß  der 
iran.  Philol.  I,  44,  C.  D.  Bück  Am.  Journ.  of  Phil. 
XVn,  445£e.,  W.  Foy  KZ.  XXXVH,  521f.,  Hörn  KZ. 
XXXVIII,  290  ff. 


Vin.  Kapitel. 
Die  Verschlusslaute. 

a)  Die  Labiale. 

114.  Idg.  p  =  2^ : 

pati- 'Gatte',  gr.  Tcoai?,  Isd. potis  'mächtig',  idg.  *poti-\ 
pra-  'vorwärts',  gr.  Tcpo,  lat.  |jrö. 

tapas  'Hitze',  lat.  tepor;  trpti-  'Sättigung',  gr.  xep- 
^\.Z\  svapna-  'Schlaf,  vgl.  gr.  utcvo?,  ht.  säpnas. 

Anm.  1.  Bei  sthlvati  'er  speit',  gr.  Ttxucu,  lat.  spuo  ist  die 
Ansetzung  der  idg.  Grundform  unsicher,  weshalb  das  Verhältnis 
des  th  zu  dem  p-  der  andern  Sprachen  nicht  bestimmt  werden 
kann  (s.  zuletzt  Johansson  IF.  XIV,  327).    Vgl.  auch  §  111. 

Anm.  2.  krcchra-  'beschwerlich'  (Abi.  Jcrcchrät  'mit  Mühe'), 
aus  *Jcrpsra-  zu  (ved.)  hjp-ate  'jammert'  zeigt  mittelind.  Behand- 
lung von  ps,  ist  also  ein  Lehnwort  aus  einem  mi.  Dialekt,  vgl. 
Wackernagel  §  135.  a. 

115.  Idg.  ph  =  ai.  pli: 

phata-  'Schlangenhaube',  gr.  cpdXapct,  s.  Thumb  KZ, 
XXXVT,  185. 


88  Lautlehre.  [§  115.  116. 117. 

sphürjati  'drölint,  prasselt',  gr.  acpapaYSto;  spharati 
'er  schnellt',  gr.  ocpatpa  'Ball'. 

116.  Idg.  &=ai  &: 

pihati  'ertrinkt'  =  idg.*pibeti.  Daß  so  die  idg.  Grrund- 
form  anzusetzen  sei,  ward  durch  air.  ihicl  bewiesen,  das 
nach  den  Lautgesetzen  des  Irischen  ebenfalls  auf  *piheti 
zurückgeführt  werden  muß  (lat.  hibo  ist  demnach  Neu- 
bildung); auch  das  Armenische  bestätigt  diese  Grundform, 
s.  Bartholomae  ZDMG.  L,  712. 

hala-  'Kraft,  Stärke',  lat.  de-hilis,  ab.  holijb  'größer' 
(anders  Wackernagel  §  160). 

lamhaie  'hängt  herab',  lat.  labitur\  liarhara-  'stam- 
melnd', gr.  ßdpßapoc. 

Weitere  Belege  für  ai.  h  s.  bei  Johansson  KZ. 
XXXVT,  342  fe. 

Anm.  In  der  handschriftlichen  Überlieferung  findet  sich  oft 
ein  Austausch  von  b  und  v  (bäna-  und  väna-  'Pfeil');  es  handelt 
sich  hierbei  um  Vermischung  der  beiden  Laute  in  der  jüngeren 
indischen  Sprachentwicklung,  s.  Wackemagel  §  161. 

117.  Idg.  hh  =  ai.  hJi  (iran.  h,  gr.  <p,  lat.  anlautend  f 
und  inl.  h,  germ.  h,  slav.  h) : 

hharämi  'ich  trage',  gr.  cpepu),  lat.  fero,  got.  haira, 
ab.  herq,  idg.  *hlierö ;  hhrätar-  'Bruder',  gr.  cppdicop,  lat. 
frater,  got.  hröpar,  idg.  *hhrätor-. 

nabhas  'Nebel',  gr.  vecpo?,  lat.  nehula,  ab.  neho 
'Himmel';  löhha-  'Begierde',  luhhi/ati  'er  begehrt',  lat. 
luhet,  got.  us-laiibjan  'er-lauben',  luhains  'Hoffnung'. 

Anm.  In  der  "W.  grah-  'ergreifen'  (Praes.  grhnämi,  ferner 
z.  B.  graha-  'das  Festhalten')  ist  h  die  Vertretung  eines  ursprüng- 
lichen bh,  vgl.  ab.  ffrabiti  'raffen',  engl.  ^ra6  'packen';  in  der  vedi- 
schen  Sprache  finden  sich  grabh-  und  grah-  nebeneinanber.  Vgl. 
dazu  §  121  Anm. 


§118.119.120.]  Die  Verschlußlaute.  89 

b)  Die  Dentale. 

118.  Idg.  t  =  ai.  t: 

tanu-  'dünn',  gr.  xavu-,  lat.  tenuis]  trasati  'er  zittert', 
gr.  xpscD,  idg.  W.  tres-;  tva-  'dein',  ab.  tvojb  'dein',  gr. 
aö?  aus  *T/o<;  (vgl.  auch  lat.  üms),  idg.  *tuo-. 

mätar-  gr.  [xr^Tep-ot,  lat.  mater,  idg.  *mäter-\  vart-ate 
'er  dreht  sich\  vrtti-  'Tätigkeit, Lebensweise',  zulaßt  verto, 
lit.  varUjti  'wenden';  vatsa-  'Kalb'  (eigtl.  'Jährling'),  zu 
gl',  fixoc,-,  lat.  vetus. 

119.  Idg.  th  =  ai.  ^/i  (av.  p,  gr.  6) : 

'?/rti/iä  'wie',  av.  yapa,  ap.  yapä\  veWia,  gr.  (/)oia8at, 
idg.  *i(oittJia\  adi-thäs  (in  den  Brähmana),  gi-.  £o6-6t^c; 
ratha-  'Wagen',  av.  rapa-  (lat.  rota). 

Das  ai.  f/^  darf  wohl  auch  dann  als  idg.  angesetzt 
werden,  wenn  in  den  verwandten  Sprachen,  z.  B.  im 
Griechischen ,  Aspirata  nicht  unmittelbar  nachgewiesen 
werden  kann,  also  in  Fällen  wie  2Kith-  'AVeg',  av.  pap-, 
gr.  TzdxQZ,  idg.  *imth-\  priliu-  'breit',  av.  perdpu-,  gr. 
TcXaiuc;  W.  sthä-  'stehen',  gr.  aiYJ-vai,  lat.  stare. 

Vgl.  darüber  Zubaty  KZ.  XXXI,  1  ff.  Wackernagel 
§  102.    Brugmann,  Grundriß  I^  633. 

120.  Idg.  (?=ai.  cl: 

dasa  'zehn',  gr.  Sexa,  lat.  decem,  idg.  *fZefem;  da^ail 
'er  beißt',  gr.  Bd/vco;  dvis  'zweimal',  gr.  Si?,  got.  twis 
'auseinander',  idg.  *dnis. 

sadas-  'Sitz',  gr.  eSo?,  lat.  sed-es;  rudati  und  röditi 
■er  weint',  lat.  rüdo,  ht.  raudöti  'jammern'. 

Aus  -dn-  entstand  nn  in  an  na-  'Speise'  aus  *ad-na- 
(W.  ed-  'essen',  gr.  l8o{xai,  lat.  edo)  und  in  den  mit  -wa- 
gebildeten Participien  von  Dentalwurzeln,  z.  B.  Ihinna- 
zu  hhid-,  chinna-  zu  cMd-.  Zur  Beurteilung  dieser 
Fälle  vgl.  Wackernagel  §  176  und  Bartholomae  ZDMG. 
L,  712  f. 


90  Lautlehre.  [§  120. 121. 122. 

Anm.  1.  Das  Yerhältnis  von  asru-  'Träne',  av.  asru,  lit. 
aszarä  zu  gr.  oaxpu,  got.  tagr  ist  nicht  aufgeklärt.  S.  "Wacker- 
nagel §  228  c). 

Anm.  2.  Das  schon  vedische  jyötis-  'Licht'  zur  "W.  dyut- 
'leuchten'  zeigt  mi.  Lautform;  die  Lautgruppe  jy  ist  die  Vor- 
etufe  des  prakri tischen  jj  (vgl.  z.  B.  prak.  ajja  =  ai.  adya  'heute'). 

121.  Idg.  dh  ==  ai.  dh  (gr.  6,  lat.  anl.  /",  inl.  d  und  6, 
germ.,  lit.,  slav.  d) : 

dhä-  'setzen',  gr.  6*^-atü,  lat.  fe-c-i,  got.  ga-de-ps 
'Tat',  ab.  deti  'legen',  idg.  W.  dhe-;  dhüma-  'Rauch', 
gr.  6u|i-6?,  lat.  fumus. 

rudhira-  'rot'  (n.  'Blut'),  gr.  £pu6p6?,  lat.  ruher; 
madhu-  'Honig',  gr.  (xeÖu,  ab.  medd,  idg.  *medhu-\  ma- 
ähya-  'mitten',  lat.  medius,  got.  midjis  (gr.  [xeao«;). 

Anm.  Entsprechend  der  Behandlung  vonbh  in  yt-ah- {%  117) 
ist  auch  dh  seit  der  vedischen  Zeit  in  einer  Reihe  von  Fällen  an- 
lautend und  zwischen  Vokalen  durch  h  vertreten,  vgl. 

hita-  'gut'  Particip  zur  W.  dhä-;  röh-ati  (W.  ruh-)  'er  er- 
steigt' gegenüber  {veä.)  rödhati  'erwächst';  löha-  'rötliches  Metall, 
Kupfer'  gegenüber  rudhira-,  vgl.  auch  lit.  raudä  'rote  Farbe'; 
yrha-  'Haus'  aus  *grdha-,  falls  es  zu  lit.  gardas  'Hürde'  und  got. 
gards  'Haus'  gehört. 

Hierher  gehören  ferner  die  Verbalendungen  -hi  (neben  -dhi), 
-mähe  (-mahi),  -vahe  {-vahi),  s.  §  421.  433. 

Diese  Formen  mit  h  sind  schon  in  vedischer  Zeit  aus  einem 
Dialekt  eingedrungen,  in  welchem  der  Wandel  von  dh,  bh  in  h 
(vielleicht  unter  gewissen  einschränkenden  Bedingungen)  gesetz- 
mäßig war.  Auf  diesen  Dialekt  weisen  tatsächlich  Prakritdialekte, 
in  denen  die  Tenues  und  Mediae  aspiratae  zwischen  Vokalen  in 
h  übergehen  (ruhira-  =  ai.  rudhira-,  saha  =  ai.  sabhä  ' Versamm- 
lang',  raha-  =  ai.  ratha-  u.  s.  w.).  Zur  Frage  vgl.  v.  Bradke 
ZDMG.  XL,  690  ff.  und  .Wackernagel  §  218  f.  (auch  Brugmann 
12  641). 

122.  Entstellung  der  Cerebrale.  Die  Laute  t,  th,  d, 
dh,  n  sind  eine  Eigentümlichkeit  des  ind.  Lautsystems. 
Über  die  Entstehung  des  n  ist  bereits  §  83  f.  gehandelt 
worden.  In  analoger  Weise  entstanden  die  cerebralen 
Verschlußlaute  aus  den  Dentalen  in  folgenden  Fällen: 


§  122.]  Die  Verschlußlaute.  91 

1.  Als  Produkt  eines  r  oder  l  +  Dental,  s.  §  87. 
Zweifelhaft  ist  es,   ob  auch  aus  Dental  mit  nachfolgendem 

r  ein  Cerebral  entsteht.  In  Betracht  kommen  danda-  'Stock'  = 
o^vöpov,  anda-  'Ei' =  ab.  ji'c'^ro  'Hode'  und  einige  andere  Wörter, 
worüber  Wackernagel  §  147,  Liden  Zur  ai.  und  vgl.  Sprachgesch. 
(Upsala  1897)  S.  79  ff. 

2.  Nach  einem  ^  oder  |. 

a)  uMa-  'verbrannt',  lat.  ustus]  vrUi-  'Regen'  zu  var^- 
ati  'es  regnet';  aMßu  'acht',  gr.  oxTio,  lat.  odo,  got. 
ahtau;  svädiStha-  'der  süßeste',  gr.  f^oiaxo?. 

b)  in  der  Verbindung  icl(]i)  schwand  der  Zischlaut, 
so  daß  der  Cerebral  allein  übrig  bheb: 

mda-  'Nest'  aus  älterem  *)iiMa-,  idg.  *nizdo-,  vgl.  d. 
Nest,  lat.  nldus ;  nndha-  'Kampfpreis'  aus  älterem *mi|(^/ta-, 
idg.  ^mizdlio-,  vgl.  gr.  [iiaöo?,  got.  mizdö. 

(Über  den  Ursprung  des  ^,  z  und  die  Behandlung  des 
I  s.  139—143,  147,  157,  158.)    Dagegen  ist 

3.  eine  direkte  Ursache  nicht  nachzuweisen  z.  B.  bei 
at-ati   'er   schweift   umher'    neben    atati\    dindima- 

'Trommel'  (wohl  onomatopoetische  Bildung);  dlyate  ^ß^iegf 
neben  dlyati,  vgl.  gr.  8ie[xai  'ich  eile'. 

Man  muß  in  diesen  Fällen  Herkunft  aus  einem  mi. 
Dialekt,  also  Dialektmischung,  annehmen;  im  Prakrit 
beobachtet  man  nämlich  spontane  Cerebralisierung  ziem- 
hch  häufig  (s.  Pischel,  Prakrit-Sprachen  §  218  ff.).  Wo 
sich  der  Ursprung  des  Cerebrals  etymologisch  nicht  fest- 
stellen läßt,  ist  öfter  Entlehnung  aus  einer  nichtindogerm. 
Sprache  Indiens  zu  vermuten;  vgl.  Wackernagel  §  151. 

Anm.  Im  RV.  ist  d  zwischen  Vokalen  in  /  gj  übergegangen, 
z.B.  iß  statt  idä,  ein  Beweis,  daß  das  Sanskrit  (da  es  diesen 
Lautwandel  im  allgemeinen  nicht  kennt)  nicht  ein  direkter  Nach- 
komme des  vedischen  Indisch  ist.  Wenn  im  Sanskrit  einigemal 
l  statt  d  erscheint  (z.  B.  in  göla-  neben  guda-  'Kugel'),  so  ist  dies 
jedenfalls  Ergebnis  einer  Dialektmischung,  s.  darüber  Wacker- 
nagel §  194,  Lüders  KZ.  XXXVIII,  431  ff. 


92  Lautlehre.  [§  123. 

c)  Die  k-Laute. 

123.  Der  Bestand  der  Grundsprache.  Palatale 
und  Velare.  Durch  die  Forschungen  von  Fick,  Ascoli, 
Collitz  u.  a.  ist  festgestellt  worden,  daß  die  idg.  Ursprache 
mindestens  zwei  Arten  von  A-Lauten  besaß,  nämlich  eine 
palatal  gesprochene  Keihe  A',  hh,  g,  gh  und  eine  velar  ge- 
sprochene Reihe  g,  qli,  g,  gh.  Früher  hatte  man  nämlich 
angenommen,  daß  das  Auftreten  eines  k  z.  B.  in  ai.  Itdlya- 
'gesund'  und  eines  ^  in  ^ata-  'hundert'  gegenüber  dem 
einen  griech.  x  in  den  entsprechenden  Wörtern  xaXo? 
und  s-xaxov  auf  der  'Spaltung'  eines  einheithchen  uridg. 
k  beruhe ;  da  aber  keine  lautgesetzhchen  Bedingungen 
aufzufinden  sind,  nach  welchen  eine  solche  Differenzierung 
im  Ai.  eingetreten  sein  konnte,  so  mußte  man  zur 
Folgerung  gelangen ,  daß  die  ai.  Differenzierung  J  :  k 
ebenso  eine  größere  Buntheit  des  idg.  Konsonanten- 
systems (k :  q)  voraussetze ,  wie  sich  z.  B.  aus  gr.  e,  o,  a 
gegenüber  dem  einen  ai.  a  (s.  §  56.  63  ff.)  die  Buntheit 
des  idg.  Vokalismus  ergab. 

Die  Vertretung  der  ?t-Reihe  scheidet  die  idg.  Sprachen 
in  zwei  Gruppen;  Avährend  das  Griechische,  Lateinische, 
Keltische  und  Germanische  A;-Laute  bezw.  deren  Fort- 
setzungen zeigen,  erscheinen  in  den  'östhchen'  Sprachen, 
d.  h.  im  Arischen,  Armenischen,  Albanesischen  und  Bal- 
tisch-Slavischen  Zischlaute.^  Vermutlich  war  bereits  die 
uns  erreichbare  Form  der  Grundsprache  in  zwei  große 
Dialektgebiete  geschieden,  in  ein  ^centum''-  und  ein  ^satdm- 
Gebiet'.  Esistmöghch,  daß  im  safom-Gebiet  ein  Zischlaut 
oder  palataler  Spirant  schon  in  der  Zeit  vor  der  Trennung 
gesprochen  wurde;  dagegen  ist  es  unwahrscheinHch,  daß 
die  Spirans  überhaupt  der  gemein-uridg.  Laut  gewesen 


1  Nach  der  Vertretung  des  Zahlwortes  'hundert'  *hnt6m  als 
centum  im  Lat.  und  satdtn  im  Avestischen  spricht  man  kurz  von 
'centum-^  und  'safom- Sprachen'. 


§  123. 124.]  Die  Versclilußlaute.  93 

sei,  und  daß  sich  die  Verschlußlaute  der  westlichen 
Sprachen  aus  älteren  Spii'anten  ent^\dckelt  hätten,  wie 
z.  B.  Bechtel  und  Fick  annehmen.  Lautpliysiologische 
Gründe  sprechen  dafür,  daß  sich  die  (östhchen)  Zischlaute 
aus  älteren  (palatalen)  ^--Lauten  entwickelten.  Zu  dieser 
Frage  Tgl.  Wackernagel  §  200  c) ,  Brugmann ,  Grundriß 
I^  542  ff.,  Kui-ze  vgl.  Gramm.  157  und  die  an  diesen 
Orten  verzeichnete  Literatur.  Eine  historische  Darlegung 
des  Problems  der  A--Laute  findet  sich  bei  Bechtel,  Haupt- 
probleme S.  291  ff. 

124.  V  e  1  a r  e  u n d  L  a bi  0 T  e  1  a  r  e.  In  konsequenter 
Anwendung  der  Grundsätze,  welche  zur  Scheidung  einer 
palatalen  und  velaren  A'-Reihe  gefühi-t  haben,  hat  Bezzen- 
berger  (BB.  X^TL,  234  ff.)  eine  weitere  Teilung  der  velaren 
Laute  vorgenommen  und  damit  eine  diitte  fe-Reihe  der 
idg.  Grundsprache  zugeteilt.  Gegenüber  einem  ai.  h  in 
kalya-  'gesund'  oder  h'jnina-  'Schwert'  und  l-a-s  'wer'  be- 
gegnet nämhch  einerseits  ein  gi'.  x,  lat.  c  (xaXoc,  xapTco?, 
carpo),  andererseits  ein  gr.  tu,  lat.  qu  (tco-Ösv,  quo-d), 
d.  h.  der  g-Laut  ist  in  ge-^issen  Fällen  'labiahsiert',  bezw. 
(im  Griechischen)  geradezu  zu  einem  Labial  geworden. 
Daraus  ergibt  sich  eine  'rein  velare'  Reihe  q,  qli,  g,  gh 
und  eine  'labio velare'  Reihe  qV,  ^Jh,  ^^,  tf^li.  Diese 
beiden  Reihen  sind  nur*  in  den  cenütwi-Sprachen  aus- 
einander gehalten,  in  den  saf99H-Sprachen  aber  unter- 
schiedslos zusammengefallen  (während  in  den  letzteren 
die  %-  und  die  5(y)-Reihe  unterschieden  werden). 

Über  die  gewöhnUche  Vertretung  der  di-ei  Ä:-Reihen 
in  den  wichtigsten  idg.  Sprachen  vgl.  die  umstehende 
Tabelle. 


94 

Lautlel 

centum-Spr. 

ire. 

satam 

-Spr. 

124. 125. 

Uridg. 

üriecli.    Lat.      Germ. 

Lit. 

Slav. 

Avest. 

Ai. 

1a 

X     1     c        h,g 

sz 

S 

s(5) 

§ 

p-i 

M    (    gh 

T     i     9 

k 

z 

Z 

z{z) 

j 

L      ^hO 

9 

z 

z 

z(z) 

h 

i 

3 

X          c 

h9 

k 

k{c) 

k(c) 

k(c) 

13 

>  ■ 

T        ^         ^• 

9 

giß) 

9(j)\  9  (i)  1 

1— 1 

gh 

X      ^''  9 

9 

9 

9{^) 

9(i) 

gh  Qi) 

'S 
> 

q^ 

7r,T 

qu     x"  (T") 

k 

k{c) 

k(c) 

h{c) 

1-3 

^ 

ß,8 

(^>       ^'.' 

9 

9i^) 

9(j) 

9(j) 

1—5 

1— 1 

.  f^^ 

?,  ö!/',(^)i^    (Y)i^ 

9 

9(ß) 

9(j) 

gh  (h) 

Da  im  Ai.  die  Reihen  II  und  III  zusammengefallen 
sind,  so  hat  deren  Scheidung  für  die  ai.  Grammatik  keine 
Bedeutung:  sie  werden  daher  in  der  folgenden  tibersicht 
nicht  getrennt.  Übrigens  mag  bemerkt  werden,  daß  sich 
einige  Forscher  gegen  die  Annahme  der  dritten  Reihe 
ausgesprochen  haben.  S.  darüber  AVackernagel  §  115 
und  Brugmann,  Grundriß  I^,  570. 


a)  Die  palatale  Reihe. 

125.  Idg.  ^  =  ai.  ^'i 

Mta-  'hundert',  lit.  szimtas  —  gr.  exaxov,  lat.  centum, 
idg.  *kmtöm;  §qsati  'er  rühmt'  —  lat.  censeo;  §üra- 
'Held'  —  gr.  xupo?;  Sri-  'sich  anlehnen'  —  gr.  xXivw, 
lat.  (in)clinö,  ahd.  hlinen;  hä  (Nom.)  'Hund',  lit.  sz\i  — 
gr.  xucüv,  idg.  *k{ii)iiö(n). 

vaia-  'WiUe',  av.  vasö  Adv.  'nach  Belieben'  —  gr. 
ex(6v;  vi§-  'Haus',  veia-  'Haus',  av.  vis-  'Dorf,  ab.  vbsb 


§  125, 126. 127.]  Die  Verschlußlaute.  95 

'Dorf  —  gr.  /otxo?,  lat.  vicus,  idg.  *iiik-,  noiko-;  äki- 
'schneir  —  gr.  wxu?,  lat.  ocior',  aha-  'Pferd',  ap.  aspa- 
(in  Eigennamen),  lit.  aszvä  'Stute'  —  lat.  equus,  got. 
aihva  'Stute',  idg.  *efiuo-s. 

Anm.  Für  M  nimmt Bartholomae  (unter  Zustimmung  Wacker- 
nagels  §  131  f.)  ch  als  ai.  Vertretung  an ;  da  es  sich  jedoch  in 
den  vorkommenden  unzweifelhaften  Belegen  immer  um  s^h  handelt 
(s.  darüber  §  151),  so  ist  die  Frage  vorläufig  nicht  zu  entscheiden. 
Vgl.  auch  Johansson  IF.  XIV,  297. 

126.  Idg.  g  =  ai.  j.  Parallel  dem  Wandel  von  k  zu 
ai.  I  und  av.  s  muß  angenommen  werden,  daß  g  im  Urari- 
schen  zunächst  I  wui-de  (woraus  av.  z) ;  das  ai.  j  hat  sich 
erst  aus  diesem  I  entwickelt: 

Janas  'Geschlecht',  ap.  -zana  (in  parüv-zana  'volk- 
reich') —  gr.  ysvoc,  lat.  geniis  \  juSta-  'beliebt',  av.  -zuUd 
—  gr.  '^zdfi^ai,  lat.  gustus;  W.  jnä-  'kennen'  (z.  B. 
jnä-ta-  'bekannt'),  ab.  zna-ti  'kennen'  —  gr.  yi--^V(ii' 
oxü),  lat.  gnö-sco. 

gaj-ati  'er  opfert',  av.  yaz-aHe  —  gr.  ay-io?;  hhürja- 
'Birke',  lit.  herzas  —  germ.  *hirka  (ahd.  hircha). 

127.  Idg.  gJi  =  ai.  /?.  Die  (vorindische)  Zwischenstufe 
war  zh,  woraus  im  Iranischen  z  (mit  Verlust  der  Aspira- 
tion), im  Ai.  h  geworden  ist;  es  ist  zu  beachten,  daß  ai. 
h  ein  tönender  Laut  war  (s.  §  54.  2.). 

Jiima-  'Schnee',  av.  zima,  ab.  zima  'Winter'  —  gr. 

lehmi  'ich  lecke',  ht.  leziü  —  gr.  Xsi^w;  vaJiati  'er 
führt',  av.  vazaHi,  ab.  vezq  'ich  führe'  —  lat.  veJio,  got. 
ga-wigan  'bewegen' ;  sprhagati  'er  begehrt',  av.  spdr^zaHe 
'er  strebt'  —  gr.  aTzipy^Q[t.ai. 

Anm.  In  einigen  Fällen  entspricht  dem  ai.  h  in  den  übrigen 
Sprachen  ein  g  oder  dessen  Vertreter: 

cÄaw'ich',  gr.  e^u),  lat.  ego,  got.  ik;  mahänt-  'groß',  gr.  (j-^fa;, 
got.  mikils  'groß'. 

hanU'  'Kinnbacken',  gr.  f^vu;,  got.  kinnus  'Wange'. 


96  Lautlehre.  [§  127—130. 

Das  "Verhältnis  der  beiden  Lautformen  zu  einander  ist  nicht 
aufgeklärt.  Vermutungen  s.  bei  Brugmann  I^,  634  und  Wacker- 
nagel  §  216.  b).  Foy  KZ.  XXXV,  19.  Unaufgeklärt  ist  auch  das 
Verhältnis  von  ai.  hrd-  'Herz'  zu  gr.  xapBia,  lat.  cor,  s.  Brugmann 
12,  634f. 


ß)  Die  reinvelare  und  labiovelare  Reihe. 

128.  Idg.  q,  g'.^  =  ai.  k: 

harkata-  'Krebs',  gr.  xap/ivo?;  Mla-  'schwarz',  ka- 
luSa-  'trübe,  unrein',  gr.  xr^Xi?,  lat.  caligo;  kar-  'machen' 
(krta-  'gemacht',  karöti  'er  macht'),  ap.  k<^rta-,  gr.  xpaivu), 
lat.  creare,  lit.  kuriü  'ich  baue',  idg.  W.  qer-\  kraviS- 
'rohes  Fleisch',  gr.  xpea?,  lat.  cruor,  lit.  kraitjas  'Fleisch'; 
küpa-  'Grube,  Höhle',  xuttt^  'Höhle,  Becher',  lat  cüpa 
'Tonne';  kupyati  'wallt  auf,  zürnt',  lat.  cupio,  idg. 
W.  qup-. 

ka-s  'wer?',  ap.  kaS-ciy  'irgendwer',  gr.  tto-Ösv,  lat. 
quo-d,  got.  Ivas,  lit.  käs  'wer?',  idg.  Pron.-Stamm  *g^o-; 
katara-  'wer  von  beiden',  gr.  Troiepoc,  got.  Jvapar,  idg. 
^'(^o-tero-;  kn-näti  'er  kauft',  gr.  Tzp'i-aobai. 

vrka-  'Wolf,  got.  wulfs,  idg.  ""td^Jo-s. 

129.  Idg.  qh,  ^h  =  ai.  kh : 

sanklia-  'Muschel',  gr.  xoyp?,  lat.  congius,  idg. 
*konqho-. 

skhalati  'er  strauchelt',  gr.  ocpdXXojJiai,  idg.  W. 
sql%al-. 

Anm.  nakha-  'Nagel',  gr.  övjy-oi  und  lat.  unguis,  d.  nagel 
■weisen  auf  eine  zwiefache  idg.  Grundform,  mit  Tenuis  aspir.  und 
Media  aspir.,  s.  dazu  "Wackernagel  §  103. 

130.  Idg.  g,  ^i«=ai.  g: 

gala-  'Kehle,  Hals',  lat.  gula,  ahd.  cliela,  idg.  '^qelo/ä-\ 
yuga-  'Joch',  gr.  Cuyov,  lat.  mgiim,  got.  juk,  idg.  Hugo-. 

gam-  'gehen'  (gaccliati  'er  geht'),  gr.  ßdaxu),  lat.  venio, 
got.  qiman,  idg.  W.  (ffem-;  giiru-  'schwer,  ^vürdig',  gr. 


§  131. 132.]  Die  Verschlußlaute.  97 

ßapu?,  got.  kaürus]  gäu-s  'Kuh',  gr.  [3ou?,  lat.  hös,  ahd. 
chuo,  idg.  *gVöi(S. 

131.  Idg.  gh,  ^h  =  ai.  gh'. 

dirgha-  'lang',  ap.  darga-,  gr.  SoXi)(6<;. 

laghu-  'leicht',  gr.  iXayßc,  (dazu  auch  kXa^p6c,)',ghar- 
ma-  'Glut',  lat.  formus,  gr.  6£p(J.6?,  cf.  auch  d.  warm, 
idg.  *^he/ormo-. 

132.  Das  Palatalgesetz.   Die  nach  den  §  128—131 

entstandenen  ai.  Ä:-Laute  sind  nicht  die  einzigen  Ver- 
treter der  idg.  Velare  und  Labiovelare.  Schon  im  Ur- 
arischen sind  die  Laute  k,  g,  gh  vor  folgendem  I,  y, 
sowie  vor  demjenigen  a,  das  idg.  1  entspricht,  'palatah- 
siert'  ('mouilUert')  worden,  d.  h.  sie  wurden  über  h'  g  gh 
zu  c,  /,  jh  =  ai.  c,  j,  h,  bezw.  iran.  c,  j,  j,  während  sie 
vor  dunklem  Vokal  (ii,  sowie  a  aus  idg.  6  und  a)  und 
Konsonant  unverändert  blieben,  z.  B. 

a)  Ä;'  zu  c: 

cid  (indefinite  Partikel),  apers.  ciy,  gr.  xi,  lat.  quid, 
idg.  *g^«icZ. 

cyavate  'er  regt  sich',  ap.  aUyavam  (aus  *acyavam) 
'profectus  sum',  gr.  asuco  (eaauTo),  idg.  "W.  qieu-, 

ca  'und',  gr.  xe,  lat.  que,  idg.  *g?.*e;  catväras  'vier', 
gr.  leiTape?,  lat.  quattuor,  got.  ßdwör;  carati  (calati) 
'er  bewegt  sich,  geht  umher',  gr.  TüsXofxat  (ttoXqc),  lat. 
colo,  in-quü-mus  'Insasse'. 

pafica  'fünf,  gr.  Trevxe,  lat.  quinque,  idg.  '^penqVe. 

b)  ar.  ^'  zu  ai.  j: 

jlva-  'lebendig',  lat.  vwus,  got.  qius,  idg.  *glfnw-. 
jyä  'Bogensehne',  gr.  ßio?,  lit.  ^i/d  'Faden'. 
jäni-  'Weib',  got.  qms  'Weib',  vgl.  auch  gr.  ^uvi^, 
(dial.)  ßavd. 

c)  ar.  gli  zu  ai.  h : 

hanti  'er  schlägt',  av.  ja^nti,  gr.  ösivü),  idg.  W.  gVhen- 
(aber  ghn-anti  3.  PI.,  vgl.  gr.  l-7r£-cpv-ov). 

Thnmb,  Altindische  Grammatik.  7 


98  Lautlehre.  [§  132. 133. 

Anm.  Die  Entdeckung  des  ai.  'Palatalgesetzes'  hatte  für 
die  idg.  Sprachgeschichte  große  Bedeutung,  weil  sie  ermöglichte, 
das  Vorhandensein  eines  ursprachlichen  e  aus  dem  Arischen  selbst 
zu  beweisen:  denn  das  Palatalgesetz  setzt  für  das  arische  f7,  dem 
europ.  e  entspricht,  eine  helle  (e-ähnliche)  Aussprache  voraus  und 
bestätigt  somit,  daß  das  europ.  e  ursprünglicher  ist  als  das  ari- 
sche a.  Das  Gesetz  wurde  in  den  70  er  Jahren  gleichzeitig  von 
mehreren  Forschern  erkannt,  von  Collitz  zuerst  eingehend  er- 
örtert; s.  darüber  die  Literatur  bei  Wackernagel  §  124  Anm.  Die 
Palatalisierung  der  Ä-Laute  gehört  einer  frühen  Phase  der  ur- 
arischen Periode  an ;  sie  muß  erfolgt  sein,  bevor  idg.  e  im  Ur- 
arischeu  zu  a  geworden  ist.  Daß  die  Wirksamkeit  des  Laut- 
gesetzes in  der  speziellen  indischen  Sprachentwicklung  erloschen 
war,  erkennen  wir  aus  Fällen  wie  giri-  'Berg',  girati  'er  verschlingt' 
u.  ä.,  wo  i  sich  erst  sekundär  innerhalb  des  Ai.  entwickelt  hat 
(s.  §  95).  Die  Behandlung  der  Ä-Laute  vor  i  =  idg.  j  ist  zweifel- 
haft, s.  Wackernagel  §  123.  a)  y),  Brugmann,  Kurze  vgl.  Gramm. 
S.  165  (Grundriß  I^  577).  Man  darf  vielleicht  schon  der  Grund- 
sprache die  Anfänge  der  Palatalisierung,  d.  h.  die  Aussprache  q, 
ß,  ß'h  zuweisen.  Doch  ist  ein  unmittelbarer  Zusammenhang  mit 
der  griechischen  Palatalisierung  (deren  Endergebnis  in  xs,  xi; 
gegenüber  tioü  vorliegt)  abzuweisen;  denn  während  im  Arischen 
sowohl  die  velaren  wie  die  labiovelaren  Laute  davon  ergriffen 
werden,  erstreckte  sich  im  Griechischen  die  Palatalisierung  nur 
auf  die  Labiovelarlaute.  Es  ist  auch  gar  nicht  merkwürdig,  daß 
die  Palatalisierung  der  Ä-Laute  in  beiden  Sprachen  unabhängig 
von  einander  erfolgt  ist:  denn  man  beobachtet  z.  B.,  daß  ver- 
schiedene idg.  Sprachen  in  ihrer  jüngsten  Entwicklung  (so  die 
romanischen  Sprachen,  das  Schwedische  und  ein  Teil  der 
neugr,  Dialekte)  ältere  Ä-Laute  ebenfalls  palatalisiert  haben, 
wobei  natürlich  von  keinerlei  Zusammenhang  die  Rede  sein 
kann. 

133.  Morphologische  Bedeutung  des  Pala- 
talgesetzes. Ausnahmen,  "Wenn  im  Flexionssystem 
und  in  der  Wortbildung  auf  einen  ursprünghchen  ^-Laut 
bald  ein  palatahsierender  ('heller'),  bald  ein  nicht- 
palatalisierender  ('dunkler')  Yokal  oder  ein  Konsonant 
folgt,  so  müssen  nach  §  132  innerhalb  der  gleichen 
Wurzel  k  mit  c,  g  mit  j,  gh  mit  h  wechseln.  Solche  Eälle 
treten  ein: 


§  133.]  Die  Verschlußlaute.  99 

a)  im  Anlaut  regelmäßig  in  der  Reduplikationssilbe 
(die  ursprünglich  e  hatte) : 

cakära  Perf.  'er  hat  gemacht',  aus  "^qeqore. 
jagäma  'er  ist  gegangen',  aus  ^^e^ome. 
jaghäna  'er  hat  geschlagen',  aus  *^e^hone  (vgl.  dazu 
auch  §  136). 

b)  im  Anlaut  der  Wurzel: 

hanti ,  aber  ghnanti  =  idg.  *^hen-ti,  aber  *^hn-enti. 

c)  im  Auslaut  der  Wurzel: 

arka-  (-o-)  ^Strahl',  aber  arc-ati  {*-e-ti)  'er  strahlt'; 
pälia-  'das  Kochen',  pakva-  'reif',  paMyati  'er  wird 
kochen',  aber  pac-ati  'er  kocht'  (-e-ti)  zu  lat.  coquo,  idg. 
W.  pe^J-;  ucl-reka-  'Übermaß'  neben  ricijate  (in  der 
älteren  Sprache)  'er  wird  freigelassen',  vgl.  gr.  Xonro?, 
XsiTCu),  XiTTSiv,  W.  leiql'-. 

hJiaga-  'Eeichtum,  Glück',  neben  hhajati  'er  teilt 
zu';  räga-  'Farbe,  Röte,  Leidenschaft',  rakta-  'gefärbt', 
neben  rajyati  'färbt  sich'. 

argha-  'Wert,  Preis'  (vgl.  dXcpVj,  ctX^pdvü),  lit,  algd 
'Lohn')  neben  arhati  'er  verdient'. 

Infolge  dieser  wechselnden  Bedingungen  ist  nun  auch 
ein  beständiger  Anlaß  zur  Ausgleichung  der  laut- 
gesetzUch  entstandenen  Verschiedenheiten  gegeben,  vor 
allem  in  der  Dekhnation  und  Konjugation:  man  müßte 
im  Ai.  innerhalb  des  gleichen  Nomens  oder  Verbums 
bald  Guttural  bald  Palatal  erwarten,  je  nachdem  das 
stammbildende  Suffix  oder  die  Endung  mit  dunklem  oder 
hellem  Vokal  beginnt.  Nur  vor  den  Konsonanten  zeigen 
sich  die  lautgesetzlichen  Formen  durchweg  (s.  §  138 ff.); 
vor  den  Vokalen  ist  Ausgleichung  in  verschiedener  Rich- 
tung eingetreten. 

a)  Verallgemeinerung  des  Gutturals: 

Der  Vokativ  der  idg.  ö-Stämme,  der  ui-sprünglich  auf 
-e  auslautete  (s.  §  240),  zeigt  davor  den  Guttural  der 


100  Lautlehre.  [§  133. 

übrigen  Kasus,  also  z.  B.  hhaga,  vrka  (stsM  *-hhaja,  *vrca) 
nach  hhagas,  hhagam  u.  s.  w. 

kim  'was?',  kii/ant-  'wie  groß?',  MdrS-  'me  beschaffen?' 
nach  ka-s,  ka-m  'wer?  Aven?'  u.  s.  w. 

drägJiiStha-  'der  längste'  nach  dlrgha-. 

kartum  Inf.  'machen'  aus  *qertuni  (vgl.  den  ap.  Inf. 
cartanaiy)  nach  krta-,  cakära  u.  a.  Formen  mit  laut- 
gesetzhchem  k. 

glta-  'gesungen'  nach  gäyati  u.  s.  w. 

väkya-  n.  (neben  väcya-)  'Wort',  nach  Nom.  S.  väk 
'"Wort',  ukta-  'gesprochen',  vaktum  'sprechen'  u.  s.  w.  (s.  u.). 
b)  Verallgemeinerung  des  Palatals. 

Acc.  S.  väcam,  Dat.  väce  st.  *väkam,  *väke,  nach 
Loc.  S.  väci,  Nom.  PI.  vücas\  über  den  lautgesetzHchen 
Nom.  S.  väk  s.  §  165.  1.  a). 

vacas  Nom.  'Wort'  st.  '^vakas  =  gr.  Itto?  nach  Gen. 
vacas-as,  Loc.  vacas-i  u.  s.  w.  =  gr.  e7ü£(a)-oi;,  £-'7r£(a)-i, 
ebenso  öjas  'Kraft'  (zu  lat.  augeo)  statt  "^ögas  nach 
öjas-as  u.  s.  w. 

T^a^/m 'ihr  tötet',  hata-  'getötet'  {gi'.<:f)aT6^)  st.  *gJiatha, 
*ghata-  (idg.  ^^Im-)  nach  hanti  'er  tötet'  u.  dgl. 

Vor  allem  siegte  der  Palatal  im  Auslaut  der  Verbal- 
wurzeln, indem  z.  B.  ein  *pakämi  aus  "^pe^ö  nach  pa- 
casi  ^pegi^esi  u.  s.  w.,  ein  *mimkmni  nach  muncasi  u.  s.  w. 
(zu  gr.  aTTO-fJLuaau)  aus  ^fiuxia))  ihi-  c  durchführten  (pa- 
cämi,  muhcämi).  Vgl.  ferner  die  Verbalwurzeln  vac- 
'sprechen'  (vacmi  'ich  spreche') ,  sie-  'träufeln',  bhuj- 
'biegen',  hliaj-  'zuteilen',  majj-  'untertauchen'  (aus  *meBg-, 
cf.  lat.  mergo ,  lit.  mazgöti  'waschen') ,  dah-  'brennen', 
sah-  'ertragen';  da  die  Verbalformen  mit  (lautgesetzU- 
chem)  Palatal  an  sich  schon  in  der  Mehrheit  sind,  so 
wurde  der  Sieg  dieses  Lautes  erleichtert;  die  Verall- 
gemeinerung des  Guttui'als  ist  sehi-  selten  (vgl.  z.  B. 
lökate  neben  löcate  'er  erblickt',  älmgati  'er  umarmt'). 
Vom  Verbum  aus  konnten  sogar  die  Nomina  beeinflußt 


§  133. 134. 135.]  Die  Verschlußlaute.  101 

werden  und  Formen  wie  däha-  'Brand'  (statt  *dägha-) 
zum  Sieg  gelangen.  Nur  in  der  Stellung  vor  Dentalen 
und  s  (s.  §  139 — 143.  152),  gelegentlich  auch  vor  andern 
Konsonanten  (paJcva-  'reif  zu  pac-  'kochen')  ist  der  Gut- 
tural Sieger  gebheben. 

Anm.  Über  einige  dunkle  oder  seltsame  Ausnahmen  8. 
"Wackernagel  §  123.  c).  130.  d).  Auffallend  ist  die  Erhaltung  des 
kh  in  Jchyä-  'sehen'  und  saMi-  'Freund'.  Die  palatalisierte  Form 
von  kh  (ch?)  ist  überhaupt  sehr  unsicher,  s,  "Wackernagel  §  121, 
131,  132. 


Y)  Verschiebungen  zwischen  der  indogerm. 
palatalen  und  (labio)velaren  Reihe. 

134.  Das  Ai.  weist  in  einigen  Fällen  auf  idg.  Palatal,  während 
das  Baltisch-Slavische  einen  Velarlaut  fordert,  z.  B.  in  pasu-  'Vieh' 
gegenüber  lit.  pekus  (lat.  pecus),  asman-  'Stein'  gegenüber  lit. 
akmü  (gr.  axij.wv),  svasura-  'Schwiegervater'  =  gr.  i-/.\>p6<i  i  gegen- 
über ab.  svekrz  (jedoch  lit.  szeszw-as);  seltener  ist  das  Umgekehrte 
der  Fall,  z.B.  in  fcAar^a- 'Glanz' mit  Velar  gegenüber  bhräj-  'Glanz', 
bhräjati  'glänzt'  mit  g,  wie  das  av.  b^räza  'Glanz'  und  lit.  berszta 
'wird  weiß'  zeigt,  ferner  in  sarga-  'das  Ausgießen'  gegenüber  st-jati 
=  av.  hdrazaHi,  yäga-  'Opfer'  gegenüber  yaj-  =  av.  yaz-  'opfern'. 
In  den  letzten  Fällen  ist  offenbar  g:j  nach  dem  Muster  von 
bhaga-:bhajati  u.  dgl.  zustande  gekommen,  nachdem  in  ai.  _; 
idg.  g  und  q  zusammengefallen  waren.  Für  die  erstgenannten 
Fälle  ist  eine  sichere  Erklärung  nicht  gefunden ;  s.  darüber  Brug- 
mann  Grundriß  I":,  545 £F.,  Wackernagel  §  201  (bezw.  §138). 

135.  Nicht  nur  g  und  g,  gh  und  ^h  sind  infolge  des  Palatal- 
gesetzes in  j  und  h  zusammengefallen ,  sondern  auch  1i  und  q  in 
der  Verbindung  mit  s,  wodurch  die  Möglichkeit  weiterer  Ver- 
wechslungen gegeben  ist;  s.  darüber  §  152 f.  Dagegen  können  g, 
gh  und  5,  ^h  in  Verbindung  mit  Dentalen  auch  im  Ai.  deutlich 
unterschieden  werden;  s.  darüber  §  140.  141.  143. 


1  Über  den  Anlaut  ^  s.  §  149. 


102  Lautlehre.  [§  136. 


d)  Das  Aspiratengesetz. 

136.  Das  Lautgesetz,  welches  im  Griecli.  Tpi^^-e? 
statt  6pij(-,  xpecpü)  statt  6pecp-  hervorrief,  hat  auch  im  Ai. 
die  gleiche  Veränderung  der  Artikulationsart  aller  Te- 
nues  aspiratae  und  Mediae  aspiratae  bewirkt:  idg.  Aspi- 
rata verhert  im  Anlaut  einer  Sübe  ihren  Hauch,  wenn 
die  Silbe  mit  einer  Aspirata  schheßt  oder  die  folgende 
Silbe  mit  einer  solchen  anfängt.  Daher  erscheint  in  der 
Reduphkation  (beim  Perfektum  und  in  gewissen  Praesens- 
bildungen)  statt  der  anlautenden  Aspirata  der  Wurzel 
die  entsprechende  Tennis  oder  Media;  also  z.  B. 

häbhüva  Perf.  zu  hliü-  'sein'. 

dadhämi  Präs.  zu  dhä-  'setzen'. 

tiMhämi  Präs.  zu  sthä-  'stehen'. 

cakhäda  Perf.  zu  Idiäd-  'zerbeißen'. 

jahämi  Präs.  zu  hä-  'verlassen'. 

jagJiäna  Perf.  zu  han-  'töten'. 

Aus  den  drei  letzten  Beispielen  ergibt  sich  die 
Begel,  daß  zu  einem  kh  die  Reduphkationssilbe  mit  c, 
zu  einem  gh  oder  h  mit  j  gebildet  wird;  es  ist  im  letzten 
Falle  gleichgiltig,  ob  das  h  idg.  gh  oder  gh  vertritt,  da 
älteres  jh,  welches  zu  j  dissimiliert  vmrde,  nach  §  127 
einem  idg.  gh,  nach  §  132  c  einem  idg.  gh  entsprechen 
kann. 

Weitere  Beispiele  für  die  'Hauchdissimilation' 
ergeben  sich  aus  der  Vergleichung  mit  den  verwandten 
Sprachen : 

kumhha-  'Topf  aus  ^klnmibha-  (nach  Ausweis  des 
av.  yumba-) ;  hödhate  'er  wacht',  zur  W.  hheudh-  (nach 
Ausweis  von  got.  hiudan  und  gr.  TCSuöojiai) ;  hahu-  'viel' 
aus  *l)hahu-  (nach  Ausweis  von  gr.  Tzayßc,);  deha- 
'Körper'  zur  W.  dih-  'bestreichen'  aus  idg.  dheigh- 
(nach  Ausweis  von  got.  deigan  'kneten',   daigs  und  gr. 


§  136. 137.]  Die  Verschlußlaute.  103 

Anm,  Ein  griecb.  TTsuOoaai  (u.  ä.)  beweist  zusammen  mit 
ai.  budh-  eine  W.  hhendh-,  da  nur  bei  Ansetzung  eines  hh  das 
griech.  ir  und  ai.  h  vereinigt  werden  können:  eine  W.  beudh- 
müßte  im  Griechischen  *ßeu9-  ergeben,  während  aus  bheudh-  nach 
den  griech.  Lautgesetzen  ein  *cpe'j9-  und  weiterhin  -tte'jO-  entstand. 
Die  griech.  Formen  zeigen  auch,  daß  zwischen  der  griech.  und  ai. 
Hauchdissimilation  kein  innerer  Zusammenhang  bestand:  das 
griech.  z£'j9-  hat  den  "Wandel  von  bh  in  ph  (d.  h.  ein  älteres  *cpe'j9) 
zur  Voraussetzung,  es  handelt  sich  somit  bei  der  griech.  Hauch- 
dissimilation um  einen  Vorgang,  der  erst  nach  dem  ur griech. 
Wandel  von  bh  in  cp  eintrat.  Andererseits  ist  die  ai.  Hauch- 
dissimilation zwar  sehr  alt,  jedoch  nicht  indoiranisch,  wie  av. 
yunibha  (mit  /  aus  kh)  zeigt,  das  seine  Aspiration  im  Anlaut  nicht 
dissimiliert  hat;  vgl.  "Wackernagel  §  107  Anm.,  auch  Brugmann, 
Grundriß  I2,  642  und  Bartholomae,  Iran.  Grundr.  1,  8. 

137.  Wie  in  6p i^,  eöpscpa  die  Aspirata  des  Anlautes 
wieder  zum  Yorsclieiu  kommt,  so  erscheint  sie  auch  im 
Ai.,  wenn  der  Auslaut  die  Aspiration  eingebüßt  hatte, 
vgl,  z.  B.  dlirnli  aus  *dhrugh-s,  Xominativ  vom  Stamme 
druh-  'schädigend'  (vgl.  §  165),  oder  hliötsyaü  aus  *hhödh- 
syati,  Futur  von  hndh-  'erwachen',  oder  dhatse  aus  *dha- 
dJi-se  zu  dadhämi  'ich  setze'  (vgl,  §  152 ff.). 

Vom  Standpunkt  des  Ai.  aus  sieht  es  daher  so  aus, 
als  ob  die  Aspiration  auf  die  erste  Silbe  „zurückgeworfen" 
worden  wäre.  Der  Systemzwang  konnte  jedoch  gelegent- 
lich das  Wirken  des  Gesetzes  verhindern;  so  bedingen 
die  mit  dh  beginnenden  medialen  Endungen  nicht  den 
Verlust  der  Aspiration  im  Wurzelanlaut,  vgl.  z.  B.  2,  PI. 
dJmgdhve  gegenüber  döhmi  zui  W,  duh-  'melken'  (§  480), 
dhaddhve  gegenüber  dadhmaJie  (§  495) ;  ebensowenig 
haben  die  Endungen  mit  tli  Einfluß  auf  die  vorhergehende 
Aspirata,  vgl.  z.  B,  dhatthas  (aus  dJiadh  +  thas)  Aktiv, 
bezw,  dadhäthe  Med.  'ihr  beide  setzet'. 

Anm.  "Wie  die  vedischen  Verhältnisse  zeigen,  hat  das 
Aspiratengesetz  zu  einer  Zeit  zu  wirken  begonnen,  als  die  Media 
aspirata  -f  s,  also  z.  B.  bh  +  s  noch  nichtjjs  geworden  war,  sondern 
noch  eine  aspirierte  Lautgruppe  (bzh,  s.  §  153,  155)  bildete;  denn 
z.  B.  zu  *ba-bhas-ti  'er  kaut'  (zu  bhas-)  heißt  die  3.  Plur.  bapsati 


104  Lautlehre.  [§  137. 138. 139. 

(nicht  *bhapsati!)  aus  *bha-bhs-ati  {*babzhati).  Man  würde  daher 
z.  B.  zu  dha-dhs-e  ein  *datse  statt  dhatse  erwarten,  ebenso  ein 
*bötsyati  statt  bhdtsyati  u.  dgl.  Mithin  ist  das  Aspiratengesetz 
des  Sanskrit  (dhatse)  das  Ergebnis  jüngei-er  Umbildungen  und 
Ausgleichungen,  die  mit  der§138if.  behandelten  Um-  und  Neu- 
bildung älterer  Konsonantengruppen  offenbar  zusammenhängen. 
Yon  Musterforraen  aus ,  in  denen  z.  B,  bhud-  {bhut-)  und  dJiad- 
(dhat-)  lautgesetzlich  entstanden  waren,  verbreiteten  sich  die 
Typen  bhut-  und  dhat-  auch  auf  Fälle  wie  bhötsyati  und  dhatse. 
Über  die  Musterformen  selbst  ist  noch  keine  Klarheit  erlangt, 
da  die  Verhältnisse  im  einzelnen  sehr  verwickelt  sind ;  vgl.  darüber 
(und  über  'Entgleisungen'  des  Gesetzes)  Brugmann  a.  a.  0., "Wacker- 
nagel §  106—108  und  Johansson  IF.  XIV,  295  ff. 

e)  Yerbindungen  der  unter  a)  — c)  behandelten  Konsonanten. 

138.  In  der  Flexion  tritt  oft  der  Fall  ein,  daß  ein 
Wurzel-  oder  stammauslautender  Consonant  mit  einem 
andern  zusammenstößt.  Je  nach  der  Natur  dieser  Con- 
sonanten  erleiden  solche  Lautverbindungen  weitere  Ver- 
änderungen, die  den  einen  oder  auch  beide  (bezw.  alle) 
Bestandteile  der  Consonantengruppe  betreffen  können. 
So  entsteht  z.  B.  aus  der  W.  yuj-  'verbinden'  +  ta-,  dem 
Suffix  des  Participium  Praeteriti,  yuMa-.  NatürHch  ist 
diese  Wortform  nicht  etwa  aus  (ai.)  yuj-ta-  entstanden, 
sondern  schon  aus  der  Grundsprache  überkommen :  yukta- 
setzt  idg.  Hugto-,  von  der  W.  iug-,  fort.  Bei  der  Dar- 
stellung der  ai.  Verhältnisse  würde  es  also  genügen,  die 
Entsprechungen  und  Veränderungen  solcher  idg.  Laut- 
komplexe zu  behandeln.  Jedoch  ist  es  sowohl  vom  Stand- 
punkt der  ai.  Flexionslehre  wie  aus  praktischen  Grründen 
wichtig,  die  Regeln  so  zu  formuheren,  wie  wenn  die  Con- 
sonanten  erst  im  Ai.  mit  einander  verbunden  worden 
wären.  Wo  nichts  besonderes  bemerkt  wird,  ist  die  ai. 
Lautgruppe  mit  der  idg.  identisch.  Über  die  Verbindungen 
mit  s  Q)  s.  §  151  ff. 

139.  Tenuis  +  Tennis  bleibt: 
p — t:  trpta-  'erfreut',  W.  trp-. 


§  139. 140. 141.]  Die  Verschlußlaute.  106 

t — t:  vrtta-  'gewendet',  W.  vrt-  (vgl.  jedoch  §  144). 

Ji — f.  iakta-  'vermögend',  W.  hk-  {§aknömi  'ich 
kann'). 

c— i  wii'd  kt  (=  idg.  q{V)t),  da  c  auf  älteres  k  (g^) 
zurückgeht  und  dieses  vor  Consonant  nicht  palatahsiert 
wird:  mukta-  'befreit'  von  muc-  'befreien',  sikta-  'träufelnd' 
von  sie-  'träufeln'. 

i—t  ergibt  M  (=  idg.  kt),  d.  h.  das  ^  (=  idg.  k) 
wurde  zum  cerebralen  Zischlaut,  worauf  t  nach  §  122.  2  zu 
t  wurde :  naMa-  'vernichtet'  zu  na§-,  vaUi  'er  will'  zu  va^-. 
Vgl.  auch  drUi-  'das  Sehen,  Gesicht'  zu  dr^-  (Sepxofiai) 
'sehen',  aUäu  'acht'  (gr.  oxtw,  lat.  odo,  got.  ahtau)  = 
idg.  *oktöi(. 

Anm.  Auch  Tenuis  +  Tenuis  aspirata  bleibt  unverändert, 
z.  B.  (ved.)  atapthäs  2.  S.  Aor.  Med.  (§  545  fif.)  von  tap-  'Askese 
üben'. 

140.  Media  wird  vor  folgender  Tenuis  oder  Te- 
nuis aspirata  zur  Tenuis. 

d—t(li)  zu  t{h):  vetti  'er  weiß'  zur  W.  vid-;  vettha 
'du  weißt'  (Perfekt)  =  gr.  oTaOa,  zu  veda  'ich  weiß' 
(olSa). 

j — t  ergibt  kt  oder  M: 

a)  kt  (=  idg.  q{^)t),  wennj  ein  idg.  g'(?^)  fortsetzt:  yukta- 
zur  W.  yuj-. 

Anm.  Für  nkt  findet  sich  auch  die  Schreibung nt (jpankti- 
undpavti-  'Fünfheit'),  ebenso  für  9»^d(/i) :  w<i(Ä) ;  s.  darüber "Wacker- 
nagel  §  233.  a). 

b)  zu  M  (=  idg.  kt),  wenn  j  ein  idg.  (/  fortsetzt: 
märSti  'er  wischt  ab'  zu  marj-;  räUra-  'Herrschaft,  Reich' 
zu  räj-,  räjan-  'König'.  [Mithin  ist  idg.  kt  mit  -st-  unter 
gewissen  Bedingungen  zusammengefallen,  s.  §  147.] 

141.  Tenuis  Avird  vor  Media  oder  Media  aspi- 
rata zur  Media: 

t—hh  zu  dhh-:  hliaradbhis  Instrum.  PL  zu  hharant-, 
hharat-  (gr.  (pepovi-o?  u.  s.  w.). 


106  Lautlehre.  [§141.142.143. 

c{k) — hli  zu  ghh  (=  idg.  g(i*)hh):  väghhis  Instr.  PI. 
zu  väc-  'Wort'. 

c(A-) — (Ih  zu  gclli  (=  idg.  g(V)dh) :  vagdJii  'sprich'  zu 
vac-  'sprechen'. 

Die  Kombination  s—hh  und  j  [d.  i.  idg.  g]  — hh  er- 
gab ai.  dhh,  z.  B.  vidhhis  Instrum.  PL  von  vii'-  'Dorf', 
rädhhis  von  räj-  'König';  dieses  dhh  war  urar.  zhh,  das 
aus  idg.  ghh  entstanden  war. 

§  (bezw.  j) — (?(/?),  d.  i.  idg.  gd(h),  zeigt  doppelte  Be- 
handhing. 

a)  Aus  gd  mußte  zunächst  urar.  zd  entstehen  (vgL 
§  126).  Wie  nun  U  zu  St  wurde  (s.  §  139),  so  ergab  sich 
aus  zd  über  zd  ein  zd,  woraus  d  mit  Schwund  des  |: 
mrdlka-  'Gnade,  Verzeihung',  av.  mdr^zdika-  aus  *mrgdllta-, 
das  eine  (^-Erweiterung  der  W.  merg-  =  ai.  marj-  mrj- 
'ab wischen'  ist  (vgh  auch  §  143,  b). 

b)  In  der  Yerbalflexion,  d.  h.  bei  den  mit  dh  an- 
lautenden Endungen,  erscheint  nicht  das  nach  a)  zu  er- 
wartende dh,  sondern  ddh:  mrddhvam  2.  PI.  Imper.  Med. 
von  mrj-  'abmschen'. 

Anm.  In  b)  liegt  jedenfalls  eine  jüngere,  nicht  rein  lautliche 
Entwicklung  vor;  s.  darüber  "Wackernagel  §  149.  b)  y  und  c;  die 
wohl  richtige  Erklärung  s.  bei  Brugmann,  Grundriß  I^,  560;  vgl. 
auch  Johansson  IF.  XIV,  308  f. 

Über  Verbindungen  von  Dental  4-  Dental  s.  §  144. 

142.  Aspirata  verhert  vor  Aspirata  ihren  Hauch : 
dh — hh  zu  ähh-.yudhhis  Instr.  Pl.von  yudh-  'Kämpfer'. 
(^g)}i — ih  zu  gdh:   dhugdhve  2.  Plur.  Med.  von  duh- 

'melken'. 

143.  Media  aspirata  +  Tennis  ergibt  Media  + 
Media  aspirata;  die  Aspiration  geht  also  auf  den  fol- 
genden Explosivlaut  über,  der  zugleich  tönend  ward. 

hh — t  zu  hdh :  lahdha-  Part.  Praet.  zu  lahh-  'fassen'. 
h — t  zu  gdh  oder  dh : 


§  143.]  Die  Verschlußlaute.  107 

a)  ZU  gdh,  wenn  das  h  altem  Velarlaut  entspricht: 
äagdha-  'brennend'  Part.  Prät.  von  doli-  'brennen' ;  dögdhi 
'er  melkt'  von  duli-.  Hierher  gehören  ferner  die  Wurzeln 
druh-  'schädigen'  und  snili-  'sich  heften  an'. 

b)  zu  dh,  wenn  h  auf  gh  zurückgeht:  idg.  gdh  (aus 
gh — t)  wurde  über  Mh,  Mh  zu  dh,  wobei  z  unter  Deh- 
nung des  vorhergehenden  Vokals  schwand;  i  und  u  wer- 
den zu  i,  ü]  a  zu  ö,  seltener  zu  ä;  f,  das  für  die  ve- 
dische  Zeit  anzusetzen  ist,  wurde  ^\^eder  gekürzt,  ^ 
Diphthong  bleibt  unverändert,  h — dk  (tJi)  ergab  unter 
gleichen  Umständen  das  gleiche  Resultat,  denn  idg. 
gh — dh  (th)  mußte  zunächst  (nach  §  142)  gdh  werden 
und  teilte  sein  weiteres  Schicksal  mit  der  Verbindung 
gh—t 

lldha-  Part.  Prät.,  IWive  Qi — dh)  2.  Plur.  Med.  von 
lih-  'lecken'. 

rüdha-  Part.  Prät.  von  ruh-  'steigen'. 

vödhum  Inf.,  üdha-  Part.  Prät.  von  vah-  'faliren'. 

sädha-  Part.  Prät.  zu  sah-  'überwältigen'  (aber  Inf. 
söclhum). 

drdha-  'fest'  Part.  Prät.  von  drh-. 

ledhi  'er  leckt'  aus  leh  -|-  ti  von  lih-. 

Hierher  gehören  noch  die  Wurzeln  mih-  'harnen', 
gnh-  'verbergen'. 

Anm.  1.  Bisweüen  traten  zwischen  a)  und  b)  Entgleisungen 
ein:  neben  dem  lautgesetzlichen  mugdha-  'naiv'  von  muh-  'irre 
werden'  findet  sich  auch  müdha-  'töricht',  umgekehrt  statt  *dldha- 
zu  dih-  'bestreichen'  digdha-  (und  entsprechend  sqdegha-  für  sqdeha- 
'Zusammenkittung').  Über  die  besondere  Ursache  dieser  Ent- 
gleisungen s.  §  153. 

Anm.  2.  Das  h  der  W.  nah-  'binden'  geht  auf  älteres  dh 
zurück  (vgl.  lat.  nodus  und  §  121  Anm.)  und  wird  dementsprechend 
behandelt  (also  z.  B.  naddha-  aus  na(d}h-  +  ta,  vgl.  §  144,  b). 


Vgl.  dazu  Bartholomae  ZDMG.  L,  682  ff. 


108  Lautlehre.  [§  144. 

144.  Die  Dentalverbindungen  (außer  ^ — tQi),  d — tQi), 
die  den  §  139.  140  augefülirten  Regeln  folgen)  zeigen 
eine  besondere  Behandlung. 

a)  Aus  t — dh,  dJt — t,  dh — dh  mußte  zunächst  zwar 
nach  den  allgemeinen  Regeln  ddh  hervorgehen,  aber 
in  dieser  Verbindung  sowie  in  dd  hatte  sich  in  uridg. 
Zeit  ein  Zischlaut  oder  Spirant  ent^vickelt  (d^d,  d^dJi), 
und  dieser  verdrängte  schon  in  lu'arischer  Zeit  den  ersten 
Dental,  d.  h.  es  entstanden  zd  bezw.  .edh  (=  iran.  zd), 
worauf  z  mit  Ersatzdehnung  schwand. 

d — d:  meda-  'Fett'  aus  *mazda-,  idg.  *med  +  do-  zu 
ahd.  mast  'Mästung',  W.  mdd-  in  lat.  mad-eo,  gr.  {xaSdco, 
got.  mat-s  'Speise'. 

d — dh:  dehi  (für  dedhi,  s.  §  121  Anm.)  'gib'  aus  *daz- 
dhi  (av.  dazdi),  bezw.  idg.  *ded  +  dhi,  W.  da-  (s.  §  495). 

t — dh:  MyedJiä  'vielumfassend'  aus  kiyat  +  dhä. 

dh — dh:  dhehi  'setze'  aus  ^dhazdhi,  bezw.  idg.  dhedh 
+  dhi,  W.  dhü-  (s.  §  495). 

b)  In  der  Verbalflexion  zeigen  jedoch  die  angeführten 
Dentalverbindungen  gewöhnhch  eine  andere  Entwick- 
lung: es  entstehen  einfach  die  Lautgruppen,  die  nach 
Maßgabe  der  allgemeinen  Regeln  §  139  — 143  zu  er- 
warten sind: 

d — dh  bleibt  unverändert :  addJii  'iß'  von  ad-,  viddhi 
'wisse'  von  vid-. 

dh — t  zu  ddh:  haddha-  'gebunden'  von  hadh-,  huddha- 
'erleuchtet'  von  hudh-  'erwachen';  rrddJia-  'erwachsen' 
von  vrdh-.  Vgl.  auch  die  mit  dem  Suffix  -ti-  gebildeten 
Nomina  huddhi-  'Einsicht'  und  vrddhi-  'Wachstum'. 

dh — dh  zu  ddh:  dhaddhve  (2.  PI.  Med.)  von  dhä- 
'setzen'  aus  *dhadh-dhve. 

Man  wird  wohl  in  den  Fällen  von  b)  eine  jüngere 
(allerdings  in  vedischer  Zeit  schon  vollzogene)  Neuerung 
sehen  dürfen:  in  urind.  '^azdhi  zu  ad-,  *hazdfia-  zu  hadh- 


§  144. 145.]  Die  Verschlußlaute.  109 

u.  dgl.  wurde  der  dentale  Wurzelauslaut  aus  den  übrigen 
Verbalformen  wieder  neu  eingeführt  und  bUeb  nun  un- 
verändert, da  das  ältere  Lautgesetz  erloschen  war.  Doch 
s.  auch  Wackernagel  §  152,  Brugmann,  Grundi'iß  P  629, 
Anm.  Durch  Neubildung  sind  auch  die  Formen  dhattas, 
dhatte,  dhattam,  dhattäm,  adliattam,  adhattäm,  adhatta 
(§  495)  von  der  W.  dhä-  zu  erklären:  so  hätte  z.  B. 
aus  ursprünghchem  *dhedh  +  tai  (3.  S.  Präs.  Med.  = 
Tiösxai)  über  ^dhed^dliai  bezw.  urar.  ^dliazdhai  ein 
*dhedhe  oder  *dhehe  (wie  dJieJii)  entstehen  müssen;  da 
nun  aber  ein  da-dh-e  (1.  P.  Med.)  und  dhat-se  (2.  P. 
Med.)  danebenstanden,  so  wurde  ein  dhat-te  hinzugebildet, 
wie  ja  auch  zu  dade,  datse  (von  da-  'geben')  die  3.  Pers. 
datte  lautete,  wo  t-t  nach  §  140  lautgesetzhch  aus  d  -\-  t 
entstanden  war. 

Anm.  Es  ist  bemerkenswert,  daß  die  Lautverbindungen 
t  +  t{h),  d  +  t{h)  ein  ai.  tt{h)  ergeben,  obwohl  auch  hier  nach  Aus- 
weis der  verwandten  Sprachen  ein  idg.  Pt  vorausgesetzt  werden 
muß ,  vgl.  z.  B,  av.  cisti-  'Einsicht'  gegenüber  ai.  citti-  (W.  dt-), 
av.  vöistä  gegenüber  ai.  vettha.  Johansson,  der  zuletzt  ausführlich 
die  Dentalverbindungen  im  Arischen  behandelt  hat  (IP.  XIV, 
265 jS'.),  vermutet,  daß  auch  t^t  lautgesetzlich  im  Ai.  zu  st  ge- 
worden sei;  -tt-  sei  statt  -st-  erst  wieder  durch  Neubildung  ein- 
getreten, wie  ddh  in  addhi  u.  dgl.  Doch  sind  die  Belege,  welche 
st  als  lautgesetzliche  Entwicklung  von  tH  im  Ai.  erweisen  sollen, 
meist  sehr  problematischer  Natur. 

145.   Besonders  zu  merken  ist: 

adbhis  Instr.  PL,  adhhyas  Dat.  PI.  zu  äp-,  ap-  'Wasser' 
(§  318).  Johansson  IF.  lY,  134  ff.  vermutet  eine  Stamm- 
form *ahd-  (idg.  *op{e)d)  neben  ap-. 


110  Lautlehre.  [§  146. 147. 

IX.  Kapitel. 

Indogermanische  Zischlaute  und  Spiranten 
samt  ihren  Verbindungen. 

146.  Idg.  5  =  ai.  5  (im  Iran,  anlautend  und  zischen 
Vocalen  zu  Ji  wie  im  Griechischen) : 

sadas  'Sitz',  av.  hadiS,  gr.  iSo?,  lat.  sedes;  sapta- 
'sieben',  lat.  Septem,  gr.  kizza;  sva-  'eigen',  got.  swes 
'eigen',  gr.  o?,  idg.  *stio-s;  sravati  'er  fließt',  lit.  sraveti 
'sickernd  fließen',  gr.  pew  aus  *sretiö ;  spa^-  'Späher',  lat. 
{haru-)spic-e'm. 

rasa-  'Saft',  ht.  rasa  'Tau';  asi  'du  bist',  av.  ahi,  gr. 
sl,  idg.  *esi;  mqsa-  'Fleisch',  got.  mimz,  ab.  m§so\  asti 
'er  ist',  gr.  soxi,  lat.  est. 

Anm.  In  der  anlautenden  Verbindung  s  +  Konsonant  ist 
das  s  schon  in  der  idg.  Grundsprache  ein  beweglicher  Laut  ge- 
wesen, der  fehlen  kann.     Vgl. 

pasyati  'er  sieht'  gegenüber  spas-,  lat.  specio,  ahd.  spehön, 
idg.  "W.  {s)pe^-. 

tudati  'er  stößt',  lat.  tundo  gegenüber  got.  staidan  'stoßen', 
idg.  W.  {s)tud-. 

smarati  'er  gedenkt'  gegenüber  got.  maürnan  'sorgen',  idg. 
W.  {s)mer-. 

Die  W.  kar-  'machen'  und  trä-  'schützen'  zeigen  im  Ai.  ein 
s  in  Verbindung  mit  der  Praeposition  sam:  z.B.  sqskrta-  'voll- 
kommen', sqsträtum  Infin.  Nicht  in  allen  Fällen  muß  diese  Doppel- 
heit  idg.  sein,  da  Doppelformen  nach  ererbten  Mustern  neu  ge- 
schaffen werden  konnten.  Weiteres  s.  Wackernagel  §  230,  231 
und  Brugmann,  Grundriß  12,  725  ff.,  sowie  Siebs  KZ.  XXXVII, 
277  ff.,  XXXVIII,  140  ff. 

147.  Cerell)ralisieriuig  des  s.  Hinter  I,  ü  (e,  ö),  r,  r 

und  k  ist  s  zu  ^  geworden: 

snuM-  'Schwiegertochter',  gr.  vüo?,  lat.  nnrus  (aus 
*snusos);  su^väpa  Perf.  von  svap-  'schlafen'. 

deveSu,  agniSu,  ^atrvMu  u.  s.  w.  Loc.  PI.  von  deva- 


§  147.  148.]  Indogermanische  Zißchlaute  etc.  111 

(§  244),  agni-  (§  268),  htm-  (§  270)  gegenüber  haläsu 
von  um  (§  258). 

jö^a-  'Gefallen'  zu  got.  kiiisan  'wählen',  gr.  YSoojxai 
(YSüaxeov). 

trSnä  'Durst'  zu  gr.  T£,oao(xai,  got.  paürsus  'dürr' 
(über  71  s.  §  83). 

pitrhi  Loc.  PI.  von  pitar  (§  298) ;  varSa-  'Eegen',  gr. 
ipaiQ. 

Beispiele  für  ks  s.  §  152.  t  und  th  werden  hinter 
solchem  S  zu  t,  tJi,  s.  §  122.  2,  daher  Wiati  'er  steht',  anu- 
MMtar-  'Vollfühi'er'  zu  sthä-  'stehen',  vrMi-  'Kegen'  (zu 
varsa-). 

Es  ist  mögUch,  daß  die  Entwicklung  des  s  zu  ^,  die 
jedenfalls  urarisch  war  (vgl.  z.  B.  av.  aspaeSu  =  aiveSu), 
in  ihi-en  Anfängen  in  die  indog.  Grundsprache  zui'ück- 
reicht:  im  Slavischen  findet  sich  unter  gleichen  Bedin- 
gungen Übergang  des  s  in  eh.  S.  die  Literatur  bei 
Wackernagel  §  203  Anm.,  ferner  Brugmann,  Grundriß 
r,  727  f.,  Johansson  IF.  XIY,  274. 

Anm.  In  einigen  Fällen  ist  s=idg.  Is,  vgl.  bhäs-  'sprechen' 
zu  lit.  baisas  ^Stimme',  las-ati  'er  begehrt',  aus  *to-fe-afi,  red,  Bildung 
der  W.  las-  (gr.  l\.XoLioi>.a\.).  Dieser  Lautwandel  gehört  zu  „Fortu- 
natovs  Gesetz",  s.  §  87. 

148.    Ausnahmen  des  Cerebralgesetzes. 

a)  Xach  nasahsiertem  I,  m  findet  sich 

a)  unverändertes  s  in  W.  lijs-  'verletzen'  Qiisaka 
'verletzend'),  pus-  'Mann'  (§  337). 

ß)  6-  in  den  neutralen  Plui'alformen  havlU,  cakäiiH 
(§  S30).' 

Die  lautgesetzliche  Entwicklung  scheint  in  a)  vor- 
zuliegen, s.  Brugmann,  Grundriß  T,  729,  Bartholomae 
ZDMG.  L,  719  f. 

b)  Ein  unmittelbar  darauf  folgendes  r  oder  r  hindert 
die  Cerebrahsierung : 


112  Lautlehre.  [§  148. 149. 150. 

tisras,  Dat.  tisrbhyas,  Gren.  tisfnäm  'drei'  (Fem.,  s. 
die  Zahlwörter). 

c)  In  der  A^erbindung  von  Präposition  und  Verbum 
oder  Substantivum  sowie  in  der  Komposition  ist  öfter 
das  anlautende  s  des  Verbum  oder  Substantivum  simplex 
restituiert:  neben  regelmäßigem  ahhi-Sic-  'begießen'  (zu 
sie-),  amiMhä-  'folgen'  (zu  sthä-),  viSama-  'unähnlich'  (zu 
sama-)  u.  dgl.  sagt  man  z.  B.  prati-sad-  'sich  entsetzen', 
vi-stara-  'Weitschweifigkeit',  näu-stlia-  'im  Schiffe  be- 
findUch'.  Näheres  bei  Wackernagel  §  204.  Whitney 
§  185  —  188. 

d)  Umgekehrt  konnte  durch  Übertragung  ein  ^  auch 
an  falsche  Stelle  kommen,  z.  B. 

ava-Stamhh-  'stützen'  nach  vi-Manihh-  'stützen'  zu 
stamhh-;  ahhy-aMhät  (3.  S.  Aor.)  nach  abhi-Uhä-  'auf 
etwas  treten'  zu  sthä-. 

Über  die  W.  Wfiv-  'spucken'  s.  §  114,  Anm.  1. 

149.  Vor  c  (idg.  q)  wurde  s  zu  i: 
Jcahid  'irgend  jemand'  aus  kas  +  cid. 
Anm.  Idg.  s  ist  ferner  durch  s  vertreten  in 

svosttra- 'Schwiegervater'  aus  *svasura-,  gr.  ^xupo;,  \a,t.  socer, 
idg.  *suehiro- ;  sanvant-  'immer  wieder  erscheinend'  aus  *sa-svant- 
(Praeposition  sa-)\  smasru-  'Bart',  lit.  smakrä. 

Es  handelt  sich  hierbei  offenbar  um  Assimilation  des  An- 
lautes an  das  s  der  folgenden  Silbe. 

Über  weitere  Besonderheiten  in  der  Vertretung  des  s  vgl. 
■Wackernagel  §  197,  Bartholomae  ZDMG.  L,  718. 

150.  Idg.  SS.  Wenn  das  auslautende  s  oder  S  einer 
Yerbalwurzel  mit  dem  anlautenden  s  einer  Yerbal- 
endung  zusammenstieß,  so  entstand  nicht  .55  oder  S§, 
sondern  ts  und  M,  vgl. 

vatsyati  3.  S.  Fut.  von  ras-  'wohnen'. 

dvekU  2.  S.  Praes.  von  dviS-  'hassen'  (1.  S.  dveSmi). 

Der  Lautwandel  ist  nicht  genügend  aufgeklärt;  es 
begegnet  z.  B.  auch  §ässi  2.  S.  Präs.  von  iäs-  'befehlen', 


§  150. 151. 152.]     Indogermanische  Zischlaute  etc.  113 

ferner  in  der  Deklination  manähsu,  haviMu  von  manas-, 
havtö-  (s.  §  187);  ja  in  asi  'du  bist'  ^  av.  ahi,  gr.  et, 
idg.  *esi  ist  ss  schon  in  uiidg.  Zeit  vereinfacht.  Näheres 
s.  bei  Brugmann  P  734  und  in  der  dort  verzeichneten 
Literatur ,  sowie  Bartholomae  ZDMGr.  L,  710  f.  Über 
ai.  5,  ^  +  dli,  hli  s.  §  158. 

151.  Idg.  sk  und  shh  scheinen  über  U  bezw.  Uli  zu 
cell  (im  Anlaut  cli)  geworden  zu  sein: 

sk:  gacchati  'er  kommt',  qn.  jasaiti,  gr.  ßdaxü),  idg. 
*gmsfi-eti\  icchati  'er  wünscht'  aus  H{s)sk-,  ahd.  eisca 
'Forderung'.  Über  diese  Inchoativbildungen  vgl.  auch 
§  460. 

chäyä  'Schatten',  av.  a-saya-  'schattenlos',  zu  gr.  axid, 
got.  sJieinan,  "W.  skei-. 

skh:  cJiid-  'spalten'  av.  sid-,  gr.  oyiC^oy,  lat.  scindo, 
idg.  *skhid-. 

Die  Lautgruppe  ksk  ergibt  dasselbe  Resultat,  vgl. 
prcch-ati  'er  fragt',  av.  pdr^saiti,  lat.  poscü  aus  *prk-sk- 
eti  zur  W.  j)rek-  (lat.  precor), 

Anm.  Es  läßt  sich  nicht  ganz  sicher  entscheiden,  ob  ai. 
ch-  immer  auf  s^  ißih)  zurückgeht;  icchati  und  chid-  könnten  mit 
Rücksicht  auf  lit.  jeszkoti  'suchen'  und  lit.  skedzu  'ich  scheide' 
auch  auf  Hsq{h)-  und  *sqhid-  zurückgeführt  werden.  Vgl.  darüber 
Uhlenbeck,  Sanskrit  Phonetics  S.  67  f.  Wackernagel  §  131.  b. 
132—134,  sowie  §  133,  Anm.  Das  dem  Ai,  nächstverwandte 
Avestische  spricht  für  palatalen  Ursprung  des  ai.  {c)ch.  Bartho- 
lomae, Stud.  2,  1  ff.  nimmt  übrigens  für  die  ai.  Inchoativbildung 
gkh,  nicht  si  an,  was  jedoch  wegen  des  Griechischen  Schwierig- 
keiten macht:  chid-  =  o^^iCoj  neben  chäyä  =  oxia  würde  im 
Griechischen  *ßdo-/a)  u.  s.  w.  erwarten  lassen;  über  andere  Gründe, 
die  gegen  Bartholomae  sprechen,  s.  Wackernagel  §  134,  W.  Foy 
KZ.  XXXVII,  534. 

152.  Yerbindung  von  Palatalen  und  Gutturalen 

mit  s.  Ai,  k,  c,  §,  g,  j,  gh,  h  +  s  ergeben  alle  in  gleicher 
AVeise  M: 

ai.  k  (c)  +  s  (=  idg,  q(^)s):  vakSi  'du  redest',  zu 
vacmi  (1.  P,),  vakti  (3,  P.),  W,  vac-. 

Thumb,  Altindische  Grammatik.  8 


114  Lautlehre.  [§  152. 153. 

ai.  6'  +  5  (=  idg.  fis):  vciMi  'du  willst',  zu  va§mi 
(1.  P.),  W.  va§-;  diUu  Lok.  PI.  von  dii-  'Gegend'. 

ai.  g  ij)  +  s  (idg.  q{if)s,  ks) :  yöMyämi  Fut.  von  yuj- 
'verbinden'  (g,  vgl.  auch  yiiga-  'Joch');  märMyämi  Fut. 
von  mrj-  (g,  s.  §  135). 

ai.  gh,  h  +  s  (idg.  Form  s.  §  153) :  dliöMyämi  Futur 
von  duJi-  (mit  idg.  gh) ;  röMyämi  Futur  von  ruh-  (mit 
idg.  gh). 

153.  Wie  die  Beispiele  in  §  152  zeigen,  sind  also  in 
der  Verbindung  mit  s  die  idg.  Palatale  und  Velare 
unterschiedslos  zusammengefallen:  dieser  Zusammenfall 
ist  zusammen  mit  der  mehrdeutigen  Natur  des  ai.  j  und 
h  die  Ursache  der  in  §  134 f.  besprochenen  gelegenthchen 
Vermischung  der  beiden  Reihen.  Im  Iranischen  sind 
dagegen  ks  (=  S)  und  qs  (=  yß)  auseinandergehalten, 
vgl.  vaH  'du  willst'  =  ai.  vaMi,  aber  vayßyä  =  ai.  vah- 
Syämi  'ich  werde  sagen'.  Daher  kann  mit  Hilfe  des  Ira- 
nischen entschieden  werden,  ob  ai.  M  =  idg.  ks  oder  qs 
ist:  dakUna-  'rechts' =  av.  daUna  (gr.  Se^ioc;)  geht  dem- 
nach auf  ^s,  kSatra-  =  ap.  yßatra-,  Mira-  'Milch'  =  av.  yStra 
auf  qs  zurück.  Ferner  ist  zu  bemerken,  daß  die  tönen- 
den Laute  g,  j,  h  {gh)  das  gleiche  Resultat  wie  die  ton- 
losen k,  c,  J  ergeben.  Schon  in  uridg.  Zeit  waren  wohl 
die  Mediae  vor  s  zu  Tenues  geworden.  Dagegen  ist  M 
=  gh,  h  -\-  s  m  anderer  Weise  zustande  gekommen  (d.  h. 
nicht  etwa  Fortsetzung  von  uridg.  ks,  qs),  wie  das  Ave- 
stische  zeigt:  idg.  gh  [ai.  h]  +  s  und  gh  [ai.  gh,  h]  +  s 
ergaben  zunächst  die  stimmhaften  aspirierten  Laut- 
gi'uppen  gzh  und  gzh  nach  demselben  Gesetz,^  wonach 
gh  -\-  t  zu  gdh  wurde  (§  143) ;  das  Iranische  bewahrt 
nämhch  (im  Gegensatz  zu  ai.  M)  den  sthnmhaften  Cha- 


'  Man  nennt  es  nach  seinem  Entdecker  'Bartholomae's  Aspi- 
ratengesetz'. "Wegen  der  Einzelheiten  sei  auf  Brugmann,  Grundr. 
12,  625  £f.,  724,  730,  733,  737  verwiesen. 


§  153. 154. 155.]     Indogermanische  Zischlaute  etc.  115 

r akter  jener  Lautungen:  gzh  wurde  zu  av.  z,  qzh  zu  av. 
•^z  (wobei  nur  die  Aspiration  eingebüßt  wurde).  Außer- 
dem ermögbcht  uns  auch  hier  wieder  das  Avestische,  die 
beiden  A:-Reihen  {g  und  q)  auseinanderzuhalten,  während 
in  ai.  M  sowohl  die  beiden  Ä;-E,eihen,  wie  auch  die  aspi- 
rierten und  unaspii-ierten  Laute  völlig  zusammengefallen 
sind.    Vgl.  auch  §  155. 

154.  Unregelmäßigkeiten  in  der  Verbindung 
von  Palatal  +  s.  Wie  diS  +  su  (Loc.  PI.)  nach  §  152 f. 
zu  diMu  führte,  so  müßte  zu  viS-  'Ort'  der  gleiche  Kasus 
regelrecht  vikM  lauten;  diese  Form  findet  sich  jedoch 
nui'  noch  in  der  vedischen  Sprache:  im  klassischen 
Sanskrit  heißt  es  vitsii'^  zu  räj-  (idg.  *reg-)  'König'  ent- 
sprechend rätsu.  Der  Cerebral  ist  aus  den  Kasus  mit 
hh  (vidhhis)  eingeführt,  wo  er  lautgesetzhch  berechtigt 
war  (s.  §  141). 

Umgekehrt  haben  die  lautgesetzhchen  Formen  diMu 
von  diS-,  drMu  von  -dr§-  'aussehend  wie'  und  siwkhi  von 
-spr^-  'berührend'  veranlaßt,  daß  vor  hh  der  lautgesetz- 
liche Cerebral  durch  den  Guttural  ersetzt  wurde:  also 
dighhis,  drghJiis  u.  s.  w.  (statt  *didbhis  u.  s.  w.). 

155.  Terbinduug-  von  Lalbialen  und  Dentalen  mit  s. 
p-s,  t-s  bleiben  unverändert;  hh-s  wii'd  ps\  d-s,  dh-s 
wird  ts: 

d-s:  patsu  Loc.  PI.  von  p)äd-  'Fuß'. 

dh-s:  hhötsyate  3.  S.  Futur  Med.  zu  hudh-  (wegen 
des  Anlauts  s.  §  137). 

hh-s:  lapsyate  Futur  zu  lahh-  'erlangen'. 

Anm.  1.  Auch  in  den  Verbindungen  dh-s,  hh-s  muß  als  idg. 
(und  urarische)  Grundform  dzh,  hzh  angesetzt  werden  und  zwar 
wieder  wegen  der  stimmhaften  Vertretung  im  Iranischen  (vgl. 
§  153).  Daß  übrigens  der  Übergang  von  urar.  dzh,  bzh  und  gzh 
in  fe,  ps,  ks  relativ  jung  war,  ergibt  sich  aus  dem  Aspiratengesetz 
(§  137  Anm.).    Vgl.  auch  Johansson  IF.  XIV,  298. 

Anm.  2.  Über  gelegentliche  Umwandlungen  von  ps,  ts  und 
ks    in  Wörtern  mittehndischer  Lautform   s.  "Wackernagel  §  135. 


116  Lautlehre.  [§156. 

156.  Sonstige  Entstehung  des  ai.  A-^.  Nach  §  152  f. 
entspricht  das  ai.  kS  einem  idg.  ks  oder  qs.  Wie  aber 
vor  allem  das  Griechische  zeigt,  ist  der  etymologische 
Wert  des  ai.  M  bisweilen  ein  anderer.  Denn  wälu'end 
in  den  schon  genannten  Fällen  oder  z.  B.  in  raM- 
'schützen'  =■■  gv.  ali^ia,  kMra-  'ätzend'  =  gr.  ^ripoc, 
dem  ai.  M  ein  gr.  ^  entspricht,  haben  mehrere  kS  im 
Griechischen  andere  Entsprechungen: 

1.  ai.  kS,  iran.  s  oder  yß  (je  nachdem  idg.  k  oder  q 
vorHegt)  ist  gr.  xx. 

a)  W.  kSi-  'wohnen',  z.  B.  in  käiti-  'Wohnung',  av.  Hü-, 
gr.  XTi-ai?,  XTi-CoD. 

aksi-  'Auge',  av.  aU,  gr.  (boeot.)  oxxaXXo? ;  W.  taM- 
'behauen,  bearbeiten',  taMan-  'Zimmermann',  av.  taSan- 
'Bildner',  gr.  textwv  (vgl.  auch  lat.  texo  und  ahd.  dehsala 
'Beil,  Axt'). 

b)  AV.  Man-  'verletzen',  apers.  a-yßata  'unverletzt', 
gr.  xieivo),  xTivvi)[ii;  W.  kU-  'herrschen',  kMy-ati  'er 
herrscht',  kkitra-  'Herrschaft',  av.  •ßayeHi  'er  herrscht', 
y^Satra-  'Herrschaft',  gr.  xTdo|xai. 

2.  ai.  kS,  ir.  §  oder  yß  (s.  u.  1)  =  gr.  yß,  cpö. 

a)  7'akSas  'Beschädigung,  Unhold',  av.  raSö  'Qual', 
wahrscheinhch  zu  gr.  ipiyßto. 

b)  W.  Mi-  'vernichten',  ksiü-  'Vernichtung,  Unter- 
gang',   av.   yßyö   Gen.   'des  Hinschwindens',  gr.    cpöivw, 

3.  ai.  M  entspricht  zwar  wie  in  2.  einem  gr.  ^6,  9Ö, 
ist  aber  im  Ii-anischen  durch  tönende  Laute  -svieder- 
gegeben. 

a)  (ved.)  Mam-  'Erde',  gr.  /Öc&v,  ^(Öov-o?  (vgl.  auch 
yßa[i-ak6z),  av.  zdm-  (vgl.  auch  ht.  zeme). 

b)  Mar-ati  'fließt,  zerrinnt',  gr.  cpÖeipto,  av.  vt-'^ia- 
rayeHi  'er  läßt  überfließen'. 

Welche  idg.  Lautgruppen  diesen  Entsprechungen  zu 
gründe  liegen,  läßt  sich  nicht  mit  Sicherheit  bestimmen; 


§  156. 157.]  Indogermanische  Zischlaute  etc.  117 

Brugmanu,  Grundriß  1\  790  f.  setzt  als  „Notbehelfe"  für 
1)  kp  und  qp,  für  2)  fcph  und  qpli,  für  3)  gäh  und  gdh 
an.  Vgl.  auch  Wackernagel  §  209  (wo  weitere  Literatur). 

157.  Verbindungen  des  kS  mit  s,  Labialen  und 
Dentalen.  Für  die  Flexion  von  Wurzeln,  welche  auf 
ks  endigen,  gelten  folgende  Regeln: 

1.  k^  +  s  =  M:  cakM  'du  siehst'  aus  caM  +  se. 

2.  M  +  hh  =  cjhh :  kidbhis  Instr.  PI.  von  "^SakS  'sechs' 
(gr.  1^,  lat.  sex).  Darnach  im  Loc.  PI.  Satsu  statt  des 
nach  1)  zu  erw^artenden  HaMu  (wie  vitsu  st.  viksu,  vgl. 
§  154). 

3.  /c^  4-  ^  =  U:  caMe  'er  sieht'  (von  caM-). 

Das  kS  scheint  also  wie  ein  einfaches  s  behandelt  zu 
sein.  Bereits  in  urindischer  Zeit  war  der  Zischlaut  aus- 
gedrängt worden.  Dieses  Gesetz,  w^onach  ein  Zischlaut 
zwischen  Explosiven  schwand  \  gilt  für  alle  in  Betracht 
kommenden  Lautgruppen,  vgl.  z.  B.  utthita-  'aufgestanden' 
aus  ud  +  dliita\  es  findet  besonders  Anwendung  beim 
athematischen  s-Aorist  (§  545  ff.  550),  vgl.  z.  B.  alipta  aus 
*ali2)sta  oder  abhaktet  3.  S.  Med.  Aor.  aus  *a-hJiak-S-ta 
zur  3.  PI.  (ved.)  alipsata  von  lij)-  'beschmieren',  bezw. 
zur  1.  S.  a-hhakU  von  hhaj-  {q)  'zuteilen'. 

Wenn  nun  entsprechend  der  letzten  Form  aus  ^caM 
+  te  nicht  *caMe,  sondern  caMe  entstanden  ist,  so  muß 
für  diese  und  andere  Wurzeln  mit  gleicher  Lautbehand- 
lung ursprüngliches  ks  angesetzt  w^erden:  kst  ergab  zu- 
nächst kt  und  dieses  (nach  §  139)  St  (während  qst  über 
qt  zu  kt  wurde).  Somit  erhalten  wir  auch  innerhalb  des 
Ai.  selbst  die  Möghchkeit,  für  k^  unter  gewissen  Umständen 
(d.  h.  in  Verbindung  mit  t)  zu  entscheiden,  ob  idg.  ks  oder 
qs  vorliegt. 


1  Über   einen  weiteren   Fall   der  Ausdrängung  eines  s  s.  die 
Flexion  von  pum^s  'Mann'. 


118  Lautlehre.  [§  157. 158, 

4.  Bei  kä  [d.  i.  idg.  ks,  qs]  +  d{h)  ist  nach  §  141 
und  158  schon  uridg.  entweder  gzdQi)  oder  gzd(Ii)  vor- 
auszusetzen; daraus  entstand  durch  Ausdränguug  des  2 
entweder  a)  gd(h)  oder  b)  gd{Jt)  (anders  Brugmann,  Grund- 
riß P,  562.  734);  die  weitere  Behandkmg  dieser  Laut- 
gruppen ergibt  sich  aus  §  141.    Darnach  also: 

a)  Söda§a  '16'  aus  *SaM  (idg.  *sefcs)  -f-  daSa. 
Södhä  'sechsfach'  aus  *SaJ{S  +  dhä. 

Anm.  Daneben  auch  faddhä  durch  Neukomposition  au» 
sas  (Nom.  sat,  Instr.  PI.  mdbhis  u.  s.  w.)  und  dhä.  Diese  Neuerung 
findet  sich  regelmäßig  bei  den  Verben  auf  ks,  die  also  wie  Verba 
auf  s  (§  158.  2.)  behandelt  werden :  z.  B.  a-caddhvam  2.  PI.  Impf. 
Med.  'ihr  sähet'  von  caks-. 

b)  jagdin  2.  S.  Imper.  von  jaM-  essen,  das  als  re- 
dupliziertes Präsens  der  W.  glias-  aus  *ja-g]i(a)s-  ent- 
standen ist. 

158.  Idg.  z.  Der  tönende  Zischlaut  z  entstand  öfter, 
wie  die  vorigen  §§  zeigten,  in  einer  Gruppe  stimmhafter 
Konsonanten :  er  ist  in  der  idg.  Grundsprache  überhaupt 
an  solche  gebunden  und  findet  sich  am  häufigsten  vor 
stimmhafter  Explosiva,  vgl.  z.  B.  ^mezfj-  'tauchen',  lit. 
mazgöti  'waschen'  (lat.  mergo).  Dieses  z  ist  im  Ai.  in 
verschiedener  Weise  behandelt  worden. 

1.  Es  assimilierte  sich  ohne  weiteres  an  den  folgen- 
den Konsonanten:  niajjati  'er  sinkt  unter'  aus*mazj-ati. 

Anm.  Die  nichtpalatalisierte  Lautgruppe  zg  ist  dg  geworden, 
vgl.  madgu-  'ein  Wasservogel',  zu  niajjati. 

2.  Es  ging  in  folgenden  Dental  auf,  wenn  möghch, 
mit  Ersatzdehnung  des  vorhergehenden  Vokals.  Dabei 
ist  zu  bemerken,  daß  zunächst  auch  z  unter  denselben 
Bedingungen  zu  z  wurde  wie  s  zu  S  (§  147). 

a)  ädhve  2.  PL  Med.  'ihr  sitzt'  aus  *äz-dhve  zu  ös- 
(s.  §  484.  3). 

edhi  Ö.  S.  Imper.  'sei'  aus  *az-dhi,  W.  as-  (§  489). 

b)  zd(}i)  wurde  zd(li)  und  fiel  in  seiner  weiteren  Be- 


§  158.  159. 160.]  Die  Gesetze  des  Auslautes.  Der  Sandhi.  119 

hancllung  mit  ursprünglichem  gdQi)  zusammen  (§  141) ; 
z.  B.  midlia-  'Kampfpreis'  aus  *miMha-,  cf.  av.  niiMd-m 
'Lohn',  gl-.  fxioÖoc,  got.  mizclö,  idg.  *müdho-s. 

In  der  Yerbalflexion  ergibt  jedoch  der  Wurzelaus- 
laut S  +  dh  (d.  h.  idg.  zdh,  urar.  Mh)  die  Lautgruppe  ddh 
(ohne  Dehnung),  z.  B.  dviddlii  'hasse'  von  dvü-.  Zur 
Erklärung  vgl.  §  141  Anm. 

3.  Vor  den  Kasusendungen  mit  hh  ist  wurzelaus- 
lautendes 8,  d.  h.  urar.  |  (=  idg.  z),  zu  d  geworden:  dvid- 
hhis  Listr.  PI.  von  duiS-  'hassend'.  (Von  hier  aus  drang 
der  Cerebral  auch  in  den  Loc.  PI.  dvitsu  ein,  s.  §  154). 

Über  die  gleichen  Casus  der  Paradigmen  manas- 
liaviS-  und  caMiiS-  s.  §  187. 

Anm.  Entsprechend  dem  "Wandel  ibh  {=s  +  bh)  in  dbh 
erwartet  man  für  zbh  (=s  +  bh)  ein  dbh;  es  liegt  in  der  vedischen 
Sprache  vor,  z.  B.  in  mädbhis  Instr.  PI.  von  mäs-  'Monat'  (im 
Sanskrit  gebraucht  man  dafür  mäsa-);  näheres  über  dieses  dbh 
und  dbh  bei  Bartholomae  ZDMG.  L,  703  ff. 


X.  Kapitel. 
Die  Gesetze  des  Auslautes.  Der  Sandhi. 

169.  Literatur.  Brugmann,  Grundriß  12,  875  ff.  Kurze  vgl. 
Gramm.  S.  259.    Whitney  §  125  ff.    Wackernagel  §  258  ff. 

160.  Beim  natürlichen  Sprechen  ist  nicht  das  ein- 
zelne Wort,  sondern  der  Satz,  bezw.  eine  durch  gemein- 
same Exspiration  verbundene  Gruppe  von  Wörtern  die 
gegebene  phonetische  Einheit.  Daher  liegt  in  phonetischer 
Hinsicht  kein  Grund  vor,  daß  an  der  Verbindungsstelle 
zweier  Wörter  andere  Gesetze  gelten  sollten  als  im  Inlaut. 
So  wurde  z.  B.  das  auslautende  v  des  giiech.  Artikels  nicht 
anders  behandelt  als  im  Lilaut;  wie  im  Inlaut  altgriech. 
VTC  zu  [XTc,  vx  zu  yx  wird  (e|jtTroi£a),  k-CAOxKiOi),  so  wurde 


120  Lautlehre.  [§  160. 161. 

auch  T7][x  TToXiv,  Toy  x6a|xov  gesprochen  u.  dgl.  (wie  die 
Schreibung  der  Inschriften  zeigt).  Nur  im  'absoluten' 
Auslaut,  d.  h.  vor  einer  Sprechpause  ('in  pausa'),  und 
im  absoluten  Anlaut,  also  nach  einer  Sprechpause,  treten 
phonetische  Verhältnisse  ein,  welche  eine  vom  Inlaut  ab- 
weichende Behandlung  der  Laute  bedingen.  Daher  gelten 
besondere  Gesetze  für  den  Auslaut  und  Anlaut;  die 
letzteren  treten  jedoch  sehr  in  den  Hintergrund,  während 
die  'Auslautsgesetze'  für  das  lautgeschichthche  Verständ- 
nis der  meisten  Sprachen  von  grolier  Bedeutung  sind. 
Nicht  jede  schriftlich  überlieferte  Sprache  bringt  die  im 
Auslaut  und  bei  der  Wortfügung  gesprochenen  Laut- 
formen orthographisch  zum  Ausdruck:  während  z.  B. 
unsere  mittelhochdeutschen  Texte  die  Auslautsform  tac 
in  der  Schrift  von  tages  unterscheiden,  schreiben  wir 
heute  ohne  Unterschied  tag — tages  \  ebenso  ist  im  Alt- 
griech.  T7]V  tuoXiv,  tov  x6a|jtov  u.  s.  w.  die  übUche 
Schreibung.  Das  Sanskrit  ist  dagegen  in  der  Darstellung 
dieser  Unterschiede  sehr  genau,  sowohl  hinsichtlich  des 
'absoluten'  Auslautes  wie  der  Wortverbindung  im  Satz. 
Natürlich  ist  die  ai.  Auslautsform  von  der  uridg.  abzu- 
leiten. Auch  für  die  Grundsprache  galten  besondere 
Gesetze  des  Auslauts :  aus  ai.  aMmt  'acht'  und  got.  ahtau 
gegenüber  ai.  (ved.)  aHä,  griech.  oxko,  lat.  odö  ergeben 
sich  z.  B.  zwei  idg.  Grundformen,  *okt6ii  und  *oM6,  von 
denen  die  zweite  vermutlich  unter  gewissen,  für  uns  aller- 
dings nicht  melu'  sicher  erkennbaren  Bedingungen  der 
Stellung  im  Satz  entstanden  ist. 

a)  Der  absolute  Auslaut  im  Ai. 

161.  LTnverändert  bleiben  im  absoluten  Auslaut 
die  Vokale  und  Diphthonge,  sowie  die  Konsonanten  -m 
und  -n,  z.  B:  indra  'o  Indra',  häle  'o  Mädchen',  agnäu 
'im  Feuer',  dev'im  (Acc.)  'Göttin',  räjau  'o  König'' 


§  162—165.]   Die  Gesetze  des  Auslautes.  Der  Sandhi.  121 

162.  Tenues  aspiratae,  Mediae  und  Mediae  aspi- 
rata6  erscheinen  als  Tenues;  die  Aspiration  wird  ein- 
gebüßt. Da  nur  im  Nom.  Acc.  Sing.  n.  und  im  Voc. 
Sing,  dieser  Fall  eintritt,  so  sind  die  Belege  selten: 
kaini  zum  Stamme  hapiih-  'männliches  GHed',  dvipat 
zum  Stamme  dvipad-  'zweifüßig',  ahlmt  zu  dbudh-  'un- 
verständig' (vgl.  auch  §  137). 

163.  Da  der  Palatal  c  der  Vertreter  eines  k  vor 
hellem  Vokal  ist  (§  132),  so  kann  er  im  Auslaut  natür- 
lich nicht  vorkommen.    Es  erscheint  vielmehr  k  für  c : 

'prak  Nom.  S.  n.  'vorwärtsgerichtet'  zum  Stamme 
iwäc-, 

164.  Yisarga.  Idg.  s  und  r  w^urden  im  Auslaut  zu 
Visarga : 

a)  (dvcüi  (Nom.  S.)  'Pferd',  idg.  *e^-Mos;  (dväh  (Nom. 
PL)  'Pferde',  idg.  ""ekuos;  agnih  (Nom.  S.)  'Feuer',  agmh 
(Gen.  S.);  kdruli  (Nom.  S.)  'Feind',  kdroli  (Gen.);  gäuh 
(Nom.  S.)  'Rind'. 

b)  pitah  '0  Vater',  idg.  ""pdier  (gr.  Trcttep);  pimah 
(d.  i.  =  punar)  'wieder'. 

165.  Konsonantengruppen  werden  im  Auslaut  bis 
auf  den  ersten  Konsonant  vereinfacht : 

äbliaran  aus  *ehheront  'sie  trugen';  hliavan  (Voc.  S.) 
von  hhavant-  'seiend'. 

h-eyän  (Nom.  S.)  von  ireyq^s-  'besser';  ahän  (Acc. 
PI.)  von  aha-  'Pferd',  idg.  *ehions. 

akar  (akah)  2.  3.  Sing.  Aor.  (§  538  Anm.)  'er  machte' 
aus  *a-kar-s  bezw.  *a-kar-t. 

Am  häufigsten  hegt  eine  ursprünghche  Konsonanten- 
verbindung vor  in  der  Bildung  des  Nominativ  Sing, 
mit  s.  Hierbei  ist  zu  bemerken,  daß  Konsonant  +  s  im 
Ai.  (bezw.  Idg.)  schon  vor  der  Vereinfachung  der  Kon- 
sonantengruppen manche  Umbildung  erfahren  hatte  (vgl. 
§  152  ff.). 


122  Lautlehre.  [§165. 

1.  Einfacher  Konsonant  +  s. 

a)  cUvatät,  iclg.  *clekiotäts  'Gottheit',  zum  Stamme 
devatät-,  vgl.  gr.  Ösoty]?;  j^ät,  idg.  *2^öts  'Fuß',  zum 
Stamme  päd-,  vgl.  gr.  (dor.)  tcü)?. 

välc,  idg.  Hiöqs  (lat.  vox)  'Stimme',  zum  Stamme  väc-. 

diJi,  idg.  *diks  'Gegend',  zum  Stamme  di§-. 

srak  'Kranz',  zum  Stamme  sraj-\  hhü-ak  (idg.  -ks) 
'Arzt',  zum  Stamme  hhikij-  (j  ==  idg.  g)\  vanik  (idg.  -ks 
oder  -qs)  'Kaufmann',  zum  Stamme  vanij-  (j  =  idg.  g 
oder  g?). 

dhruk  (idg.  -ks)  'Unhold',  zum  Stamme  druh-  (h  = 
idg.  gJi). 

b)  Da  ks  und  qs  im  Ai.  zusammengefallen  sind  (§  153), 
so  müßten  alle  auf  c,  j,  i,  h  ausgehenden  Stämme  ihi'en 
Nominativ  mit  k  bilden;  denn  c,  j,  i,  h  +  s  ergeben  alle 
in  gleicher  Weise  kS.  Wie  aber  bereits  oben  gezeigt 
worden  ist,  erfährt  die  Verbindung  von  §,  j,  h  (=  idg. 
k,  g,  gli)  +  s  oft  eine  andere  Behandlung,  d.  h.  es  ent- 
stand ts  (statt  ks)\  im  Auslaut  muß  daraus  t  werden. 
So  ISTom.  S.  vit  (viS-)  'Ort',  s^jcit  (sjjas-)  'spähend',  rät 
(räj-)  'König',  -vät  {-väli-)  'führend',  -sät  (-sah-)  'über- 
wältigend'. Die  regelmäßige  Behandlung  (-k  aus  -kS) 
findet  sich  dagegen  bei  -dr§-  'sehend'  (vgl.  auch  tädrk 
Nom.  Sing,  'ein  solcher'  von  tädrS-),  -S2)rs-  'berührend' 
und  -sprli-  'begehrend'. 

Ebenso  müßte  das  Zahlwort  '6',  idg.  ^s{ii)eks,  eigent- 
lich im  Nom.  *Mk  lauten  (me  dik  von  di^-),  heißt  aber 
Mt  (wie  vit). 

c)  Auch  das  auslautende  -^  +  s  ergiebt  t,  z.  B.  dvit 
Nom.  S.  m.  von  dvls-  'hassend'.  Vgl.  dazu  die  Behandlung 
des  inlautenden  ^  vor  5  §  150  und  158.  3. 

Das  t  von  b)  und  c)  ist  offenbar  eine  junge  (ai.)  Neubildung 
die  von  den  Formen  des  Inlauts  [vitsu,  vidbhis,  dvitsu,  dvidbhis 
u.  s.  w.)  ausgegangen  ist. 


§165.166.]   Die  Gesetze  des  Auslautes.  Der  Sandhi.  123 

Es  ergibt  sich  somit  für  a) — c)  die  praktische  Regel, 
daß  der  Nominativ  Sing,  der  Konsonantstämme  gewonnen  wird, 
wenn  man  im  Lokativ  PI.  die  Endung  -su  abstreicht. 

2.  Konsonantengruppe  +  s. 

hharan  (Nom.  S.)  'tragend'  aus  *hharants  (Stamm 
hJiarant-),  vgl.  lat.  ferens,  got.  hairands,  idg.  *hlieronts\ 

mahän  'groß'  aus  *mahä)its. 

prän  'vorwärts'  aus  *j;räwAf  zum  Stamme  präfic-. 

r  +  Verschlußlaut  bleibt  jedoch  in  diesem  Falle  un- 
gestört, d.  h.  es  fällt  nur  das  Nominativ-s  ab : 

'  siüiärt  'ein  gutes  Herz  besitzend'  aus  *suliärts  (zum 
Stamme  hrd-). 

Anm.  1.  "Wie  sich  -s  (idg.  -i)  im  reinen  Auslaut  (d.  h.  ohne 
folgendes  -s)  verhält,  ist  unklar.  Wackernagel  §  149  nimmt  -t 
an;  vgl.  jedoch  Bartholomae  ZDMG.  L,  702 ff.  Das  t  kann  vom 
Inlaut  bezogen  sein ;  die  neutralen  Formen  -drk,  -sprk  sind  mehr- 
deutig, da  sie  den  masculinen  Formen  -drk,  -sprk  (s.  oben)  nach- 
gebildet sein  können. 

Anm.  2.  In  der  3.  S.  Aor.  aprät  (RV.)  'er  fragte'  zu  prcchati 
'er  fragt'  (s.  über  dieses  Praesens  §  460)  liegt  idg.  ht  vor  {*epre^t, 
W.  prell-,  ai.  pras-,  über  die  Aoristbildung  s.  §545  f.).  -fist  ergab 
also  dasselbe,  was  -^s  in  sat,  vit  u.  s.  w.  Während  aber  in  den 
letzten  Fällen  t  aus  den  feÄ-Kasus  erklärt  werden  kann  (in  denen 
Cerebral  nach  §  157  Regel  ist),  versagt  die  Erklärung  für  aprät 
statt  *apräk;  sie  versagt  auch,  wenn  man  die  Zwischenstufen 
*epre^t  {nach  §  157.3)  *apräU  *apräs  annimmt,  denn  auch  der 
Nom.  Sing,  dvit  (zu  dvis-)  ist  erst  durch  die  JA-Kasus  bedingt  (s. 
oben).  Vielleicht  ist  aprät  durch  den  Sandhi  vor  hh,  d,  dh  her- 
vorgerufen, indem  aus  *apräs  bhrätäram  u.  ähnl.  Verbindungen 
apräd  entstand,  worauf  diese  Form  in  den  absoluten  Auslaut 
gelangte. 

b)  Sandhi. 

166.  Die  ai.  Grammatiker  haben  die  Regeln  des 
Sandhi  (sqdhi-),  d.  h.  die  'Verbindung  der  Wörter  im 
Satz'  (s.  §  160)  auch  in  der  Orthograpliie  streng  durch- 
geführt; dabei  ging  es  freilich  nicht  ganz  ohne  Künste- 
leien und  willkürliches  Schematisieren  ab  :  man  führte  das 


124  Lautlehre.  [§  166.  167.  168. 

System  strenger  durch,  als  durch  die  lebende  Sprache 
gefordert  wurde. 

Die  vedische  Sprache  ist  in  mancher  Beziehung  freier  und 
weicht  daher  in  ihrem  Sandhi  von  dem  Sanskrit  vielfach  ab,  s. 
Wackernagel  §  262. 

167.  Natürlich  galten  schon  für  die  idg.  Grund- 
sprache gewisse  Gesetze  der  Wortverbindung;  das  ai. 
Sandhisystem  ist  daher  teilweise  die  Fortsetzung  von  idg. 
Sandhi-Gesetzen. 

So  ist  z.  B.  zu  vermuten,  daß  man  bereits  in  der  idg.  Grund- 
sprache einerseits  *tot  pehi,  andererseits  *tod  dönom  sagte,  und 
mithin  zeigen  ai.  tat  pasu  'dieses  Vieh'  und  tad  dänam  'diese 
Gabe'  keine  neuen  Gesetze  der  Wortverbindung. 

Da  aber  der  absolute  Auslaut,  wie  er  sich  speziell 
im  Ai.  entwickelt  hat,  immer  wieder  in  das  Innere  des 
Satzes  übertragen  werden  kann,  so  ergeben  sich  immer 
"wdeder  neue  Wortverbindungen,  die  neuen,  d.  h. 
speziell  ai.  Gesetzen  folgen.  Im  Folgenden  soll  daher 
von  der  altin d.  Auslautsform  ausgegangen  werden:  das 
empfiehlt  sich  auch  aus  praktischen  Gründen. 

168.  Der  Satz,  daß  im  Sandhi  gleiche  Lautgesetze  wie  im 
Inlaute  herrschen  (s.  §  160),  gilt  nicht  unbedingt:  denn  während 
z.  B.  die  Lautgruppe  sv  im  Inlaut  unverändert  bleibt,  folgt  -s  v- 
einer  besonderen  Regel  (s.  §  184).  Im  Kompositum  sollte  man 
jedoch  durchaus  die  Regeln  des  Inlauts  erwarten :  da  aber  Kompo- 
sita immer  wieder  aus  den  Komponenten  neu  gebildet  werden 
können,  so  werden  diese  Komponenten  im  Allgemeinen  nach  den 
Regeln  des  Sandhi  behandelt.  Sogar  in  den  Inlaut  eines  ein- 
heithchen  Wortes,  d.  h.  in  die  Fuge  von  Stamm  und  Endung, 
dringen  bisweilen  die  Sandhiformen  ein  (§  187).  Dagegen  zeigen 
manchmal  altererbte  und  festgewordene  Komposita  vom  Sanskrit 
abweichende  Sandhierscheinungen,  die  in  einer  älteren  Sprach- 
periode lebendig  waren  und  nur  aus  den  Lautgesetzen  dieser  zu 
erklären  sind. 


§  169. 170.]     Die  Gesetze  des  Auslautes.  Der  Sandhi.  125 

a)  y okalverbindiingen. 

169.  Einfache  Vokale  bleiben  im  Auslaut  nur  dann 
unverändert,  wenn  sie  mit  Konsonanten  zusammen- 
stoßen. ZAvei  gleiche  Vokale  verschmelzen  in  den  ent- 
sprechenden langen  Vokal: 

ä  +  ä  zu  ä: 

nästi  =  7ia  asti  'er  ist  nicht';  mayädya  =  mayä 
adya  'von  mir  heute';  taträslt  =  tatra  äs'it  'dort  war  er'; 
rajäsU  =  räjä  äsit  'der  König  war'. 

Kompositum:  sihädayah  =  siha-ädayah  'der  Löwe 
und  die  andern  Tiere'  (über  -ädi,  -ädayali  s.  das  Wörter- 
buch). 

I  +  I  zu  i: 

yadicchet  =  yadi  icchet  'wenn  er  wünschen  sollte'; 
devlva  =  devl  iva  'wie  eine  Göttin';  stnMate  =  stri 
iMate  'das  Weib  betrachtet'. 

Kompositum :  adlvävara-  =  adhi-i^vara-  'Oberherr' ; 
vlMe  ==  vi-iMe  'ich  erforsche'. 

w  +  w  zu  ü: 

sädhüUmi  =  sädliu  uktam  'recht  gesprochen'; 
Satrücatuh  =  htrii  ücatuh  'die  beiden  Feinde  sprachen'. 

Kompositum:  süMam  =  su-uktam  'wohlgesprochen'. 

170.  Ein  -ä  verschmilzt  mit  anlautendem  I-,  ü-,  r-, 
e-  oder  äi-,  ö-  oder  äu-  zu  den  Diphthongen  e,  ö,  ar, 
fti,  äu. 

a  +  I  zu  e: 

vijhäyedam  =  vijnäya  idam  'nachdem  er  dies  er- 
kannt hatte';  häUMate  =  hälä  iMate  'das  Mädchen  be- 
trachtet'. 

Kompositum :  räjendräh  =  räja-indräh  'König  Indra'. 

ä  +  ü  zvi  ö: 

tadöväca  =  tadä  uväca  'dann  sprach  er'. 

Kompositum:  hitöjmde^ah  =  hita-upadeiah  'der 
gute  Rat'. 


126  Lautlehre.  [§  170. 171. 172. 

ä  +  r  zu  ar: 

yatharHh  =  yathä  rSih  'wie  ein  Weiser'. 

Kompositum:  maJiarHh  =  mahä-räih  'ein  großer 
Weiser'. 

Anm.  Für  ä  +  i,  u,  r  erwartet  man  eigentlich  Langdiph- 
thonge {äi,  äu,  är).  Offenbar  hat  noch  vor  der  Kontraktion  eine 
Kürzung  vor  dem  folgenden  Vokal  stattgefunden,  s.  Wackernagel 
§  269.  b.  ß)  und  7).  Vgl.  auch  Whitney  §  136,  137.  In  der  Ver- 
bindung einer  Praeposition  auf  ä  mit  dem  Anlaut  r  entsteht  da- 
gegen immer  är,  z.B.  prärcchati  =  pra  rcchati  'er  geht  voran'. 

ä  -\-  e  oder  äi  zu  äi: 

drUväiva  =  drUvä  eva  'nachdem  er  eben  gesehen 
hatte';  häläikSata  =  hälä  äiMata  'das  Mädchen  sah'. 

Kompositum:  ekäikah  =  eka-ekah  'ein  jeder';  lökäi- 
ivaryam  =  löka-äiSvaryam  'Herrschaft  über  die  Welt'. 

a  +  ö  oder  äu  zu  äu: 

säuSadhih  =  sä  öSadliih  'diese  Pflanze';  taväuM- 
dhani  =  tava  ätiSadham  'deine  Arznei'. 

Kompositum:  jaläukas-  =  jala-ökas-  'das  Wasser 
ijala-)  zur  Wohnung  habend'. 

171.  Ein  -I,  -ü,  -r  wird  vor  einem  ungleichartigen 
Vokal  oder  Diphthong  zum  entsprechenden  Halbvokal 
y,  V,  bezw.  r: 

ityuväca  =  iti  uväca  'so  sprach  er';  devyäha  =  devl 
äha  'die  Göttin  sprach';  madhviva  ==  madhu  iva  'wie 
Honig';  pibatväuSadham  =  pibatu  äiiSadham  'er  soll  die 
Arznei  trinken' ;  kartrasti  =  kartr  asti  'es  ist  tätig', 

Kompositum:  anvaya-  =  anu-aya-  'Nachkommen- 
schaft'; intrariliam  =  pitr-artham  'des  Vaters  wegen'. 

172.  Auslautende  Diphthonge. 

1.  Auslautendes  -e  zeigt  je  nach  dem  folgenden  Vo- 
kal verschiedene  Behandlung. 

a)  Das  darauf  folgende  ä-  fällt  ab  (wird  apostro- 
phiert),   wobei    e   unverändert   bleibt:    te   'hharan  =  te 


§  172. 173.]    Die  Gesetze  des  Auslautes.  Der  Sandhi.  127 

ahharan  'diese  brachten';  sarve  'pi  =  sarve  api  'alle 
sogar'.    (Über  das  Zeichen  des  Apostrophs  s.  §  49). 

b)  Vor  allen  übrigen  Vocalen  vnrd  -e  zu  -a;  der 
Hiatus  bleibt  bestehen:  sarva  ägatäh  =  sarve  ägatah 
'alle  (sind)  herbeigekommen' ;  nagara  iha  =  nagare  iha 
'in  der  Stadt  hier'. 

A  n  m.  Eine  Beseitigung  des  Hiatus  durch  Kontraktion  findet 
sich  gelegentlich  in  der  älteren  (vedischen)  Sprache,  s.  Wacker- 
nagel §  268.  Das  -a  ist  aus  -ai/  (s.  u.  2.  Anm.)  entstanden,  das 
man  für  -e  +  Vokal  nach  §  76  zunächst  erwartet. 

2.  Auslautendes  -ö  wird  wie  -e  behandelt: 

prahhö  'tra  =  prahhö  atra  'o  Mächtiger  hier';  pra- 
hlt a  Uli  =  prahhö  Uli  'o  Mächtiger  komm'. 

Anm.  -e  und  -ö  können  vor  Vokal  (außer  ä-)  auch  zu  -ap, 
-av  werden  {tayiha  =  te  iha  'diese  hier',  prabhavihi  =  prahhö  iM)\ 
doch  ist  die  andere  Behandlung  üblicher. 

3.  Auslautendes  -äi  wird  in  der  Regel  -ä,  d.  h.  es 
fiel  der  konsonantische  Teil  des  Diphthonges  ab : 

tasmäiy)  adadät  =  tasmäi  adadät  'er  gab  ihm'; 
striyä  iiktani  =  striyäi  uktam  'dem  Weib  (ist)  gesagt 
worden'. 

4.  Auslautendes  -äu  wird  in  der  Regel  -äv  (seltener 
zu  -ä) : 

täv  eva  (tä  eva)  =  tau  eva  'diese  beiden  eben'. 

173.  Unterbleibeii  des  Sandhi.  Auslautende  Vo- 
kale bleiben  vor  Vokalen  bisweilen  unverändert  (sie  sind 
pragrliya-  'gesondert'),  nämhch 

1.  in  Interjectionen  {ahö  'ach',  he,  i  'he'), 

2.  im  Nominativ  Duahs  auf  *,  ü,  e  und  in  verbalen 
Dualformen  auf  e, 

3.  in  der  Pronominalform  aml  (Nom.  PI.  'jene'). 
Weitere    Einzelheiten    s.   bei  Whitney    §   138   und  Wacker- 
nagel §  270. 


128  Lautlehre.  [§  174. 175. 

ß)  Verschlußlaute. 

174.  Nach  §  162  kommen  hn  Auslaut  nur  die  Tenues 

http  vor;  für  den  Sandhi  ist  von  diesen  Auslauts- 
formen auszugehen.  Sie  bleiben  im  Sandhi  vor  tonlosen 
Lauten  im  allgemeinen  unverändert,  werden  aber  vor 
den  meisten  tönenden  Lauten,  d.  h.  vor  den  Mediae  und 
Mediae  aspiratae,  ferner  vor  r,  l,  v,  y,  sowie  vor  Vokalen 
zu  Mediae  (g  d  d  h): 

a)  vor  tonlosen  Lauten  (unverändert) : 
kadäcittena  =  liadäcit  (d.  i.  ursprünghches  -cid)  tena 

'einmal  durch  diesen  .  .  .  ' ;  tädrkjmruSah  'ein  solcher 
Mensch';  Satsaritali  'sieben  Flüsse'. 

b)  vor  tönenden  Konsonanten  (zu  Mediae): 
JädryviceStitam  =  Mdrk  viceMitam  'was  für  ein  Ge- 

bahren';  rädhhMate  =  rät  hJiäSate  'der  König  spricht'; 
äsldräjä  =  äsU  räjä  'es  war  ein  König'. 

c)  Vor  Vokalen  (zu  Mediae) : 

ahharadannam  =  dbliarat  annam  'er  brachte  Speise' ; 
tädrgannam  =  tädrk  annam  'eine  solche  Speise'. 

K.omi)Ositum:  7iyaMHatadvacäh==nyaJ{-J{rta-tat-vacäh 
'das  Wort  dieses  (Mannes)  mißachtet  habend'. 

Anm.  Vor  Vokalen  würde  man  die  Media  nicht  erwarten, 
da  ja  auch  im  Inlaut  eine  Tenuis  zwischen  Vokalen  nicht  ver- 
ändert wird ;  Alter  und  Ursprung  dieser  Erscheinung  werden  ver- 
schieden beurteilt,  s.  Wackernagel  §  276  Anm.,  Bartholomae 
ZDMG.  L,  725  ff. 

175.  Auslautende  Tenuis  wird  vor  anlautendem 
Nasal  entweder  zur  Media  oder  zu  dem  der  Tenuis 
entsprechenden  Nasal: 

vänmama  (vägmama)  =  vak  mama  'meine  Stimme'; 
tanmama  (tadmama)  =  tat  mama  'das  von  mir' ;  ycivau' 
ni^kräntah  =  yävat  ni^kräntah  'als  (er)  weggegangen 
(war)'. 


§  175—178.]  Die  Gesetze  des  Auslautes.  Der  Sandhi.  129 

Kompositum:  vämnaya-  =  väk-maya-  'aus  Worten 
bestehend' ;  rnrnmaya-  ==  mrd-maya-  'aus  Lehm  gemaclit'. 

Anm.  Dieser  Sandhi  ist  auch  in  den  echten  Inlaut  über- 
tragen worden,  z.  B.  anna-  'gegessen'  aus  *ad-na-.,  s.  Wackernagel 
§  164.  176,  Brugmann,  Grundr.  I2,  643.  Anders  Bartholomae, 
ZDMG.  L,  712  f.    Ygl.  auch  §  120. 

176.  Der  auslautende  Dental  Avird  an  den  folgen- 
den Konsonanten  assimiliert,  wenn  dieser  ist: 

1.  ein  i^alataler  Versclalußlaut :  tävacca  =  tävat  ca 
'und  inzwischen' ;  tajjivitam  =  tat  jwitam  'dieses  Leben'. 

Kompositum:  vidvajjanäh  (PL)  =  vidvat-janäh  'die 
gelehi'ten  Leute'. 

2.  ein  Cerebral:  atädayaddindimam  =  atädayat 
dindimam  'er  schlug  die  Trommel'. 

3.  ein  l:  lyräkarscdlaiHinäm'bhasi  ==  iwäkar^at  lavana- 
amhliasi  'er  schleppte  (es)  in  der  Salzflut'. 

Dental  +  S  ergibt  ccJi: 

tacchrutvä  =  tat  trutvä  'nachdem  er  das  gehört 
hatte'. 

Kompositum:  uccluita-  =  tit-hita-  'erhaben,  hoch'. 

Zur  Erklärung  dieses  Sandhi  vgl.  Wackernagel  §  278.  a.  Bei 
3.  ist  auch  der  anlautende  Konsonant  verändert;  ebenso  wird 
anlautendes  ch  nach  vorhergehendem  kurzem  Vokal  sowie  nach 
der  Praeposition  ä  und  der  Negation  mä  zu  cch:  chatracchayä 
=  chatra-chayä  'des  Schirmes  Schatten',  äcchinatti  =  ä-chinatti 
'er  nimmt  weg'. 

177.  Vor  h-  muß  auslautende  Tennis  zur  Media 
werden,  da  h  nach  §  54.  2  ein  tönender  Laut  ist;  hinter 
der  Media  wird  statt  h  in  der  Regel  die  entsprechende 
Media  aspirata  geschrieben: 

taddlii  =  tat  In  'denn  das';  tädrgghavih  =  tädrk 
JiavHi  'eine  solche  Opferspeise'. 

Y)  Nasale. 

178.  Im  absoluten  Auslaut  sind  alle  Nasale  außer 
n  möglich;  häufig  sind  jedoch  nur  m  und  n.    Die  aus- 

Thumb,  Altindisclie  Grammatik.  9 


130  Lautlehre.  [§  178. 179. 180. 

lautenden  Nasale  bleiben  im  allgemeinen  unverändert 
vor  vokalischem  Anlaut;  wenn  jedoch  dem  auslautenden 
n  (w,  n)  ein  kurzer  Vokal  vorhergeht,  so  wird  der  Nasal 
verdoppelt:  ahharanniha  =  ahharan  ilia  'sie  brachten 
hierher';  pratyardmste  =  pratymd  äste  'er  sitzt  gegen 
Westen'. 

179.  Auslautendes  n  bleibt  ferner  unverändert  vor 
Gutturalen  und  Labialen,  d  und  dh,  sowie  vor  y,  v,  r, 
S,  s  und  h,  z.  B.  tänhhayavyäJiiditän  'diese  von  Furcht 
erfüllten',  tänsihän  'diese  Löwen'  (Acc).  Vor  ^,  s  kann 
auch  ein  t  eingeschoben  werden :  tänkit  oder  tänWat  'diese 
sechs'. 

n  wird  dagegen: 

1.  zu  71  vor  einem  j  und  J: 

tänjanän  =  tän  janän  'diese  Leute' ;  tähiatrün  'diese 
Feinde'. 

Das  ^  kann  in  diesem  Fall  auch  zu  cli  werden: 
tänchatrün. 

2.  zu  n  vor  einem  d  oder  dh: 
tändamharän  =  tän  dambarän  'dieses  Lärmen'. 

3.  zu  l  vor  einem  l  unter  NasaHerung  des  vorher- 
gehenden Vokals  (über  das  Zeichen  der  Nasaherung  vgl. 
§  54.  2.) :  tqllöJxän  =  tän  löMn  'diese  Welten'. 

180.  Einschie^img  eines  Zischlautes.  Zwischen 
ein  -n  und  einen  anlautenden  tonlosen  Palatal,  Cere- 
bral oder  Dental  \drd  der  entsprechende  Zischlaut  0, 
$,  s)  eingeschoben;  der  Nasal  wird  zu  Anusvära  (s.  §  81). 

1.  -n  c-  zu  -Je-: 

gacchqka  =  gacchan  ca  'und  gehend';  kasmjßcid  = 
kasmin  cid  'in  irgend  einem  .  .  . ' ;  vrBclkhittvä  =  vrMän 
chittvä  'nachdem  er  die  Bäume  abgehauen  hatte'. 

2.  -n  t-  zu  -Jt-  (sehr  selten) : 

tq^tawkän  ==  tän  timkän  'diese  Meißel'  (Acc.  PL). 


§  180. 181.]    Die  Gesetze  des  Auslautes.  Der  Sandhi.  131 

3.  -n  t-  zu  -^st-: 

iccliqstatra  ==  icchan  tatra  'wünschend  dort';  kdr^s- 
tatra  =  htrün  tatra  'Feinde  dort'. 

Anm.  Der  'eingeschobene'  Zischlaut  ist  in  den  meisten 
Fällen  ein  aus  älterer  Zeit  bewahrtes,  ursprüngliche^,  s :  gacchan, 
vrksän,  §atrtm  sind  aus  *gacchants,  *vrksäns,  *satrüns  hervorge- 
gangen (vgl.  die  Flexionslehre);  das  s  dieser  Formen  ist  dann 
dem  folgenden  Cerebral  oder  Palatal  assimiliert  worden  (nach 
§  183).  Zum  Verständnis  des  ai.  Sandhi  ist  also  von  einer  vorind. 
Sandhiform  auszugehen:  sie  wurde  festgehalten,  während  der 
absolute  Auslaut  andere  "Wege  ging.  Da  nun  neben  einem  -n  in 
Pausa  sehr  häufig  ein  -ns  im  Sandhi  erschien,  so  wurde  der  Fall 
verallgemeinert,  d.  h.  der  Zischlaut  wurde  auch  da  eingeschoben, 
wo  er  etymologisch  nicht  berechtigt  ist,  z.  B.  in  hasmiscid  oder 
abharqstatra  ==  ahharan  tatra  u.  s.  w.  (anders  Johansson  IP. 
XIV,  338  f.).  In  der  älteren  (vedischen)  Sprache  ist  diese  Regel 
noch  nicht  durchgeführt. 

181.  Ein  auslautendes  -m  kann  vor  jedem  Konso- 
nanten zu  Anusvära  werden,  und  dies  ist  auch  das  Ge- 
wöhnHche ;  vor  y,  l,  r,  v  und  vor  den  Zischlauten  (ein- 
schließhch  h)  muß  Anusvära  eintreten.  Vor  Explosiv- 
lauten kann  der  entsprechende  Nasal  geschrieben  werden. 

1.  Anusvära: 

tqkavim  =  tarn  kavim  'diesen  Dichter';  uktqca  = 
uMam  ca  'und  es  (ist)  gesagt  (worden)';  evqtasya  = 
evam  tasya  'eben  dieses  (Gen.)  .  .  . ';  tqyuvänam  =  tarn 
yuvänam  'diesen  Jüngling';  pürvqsaüvani  =  imrvam 
sattvam  'das  frühere  Wesen'. 

Kompositum :  sqgati-  =  sam-gati-  'Zusammenkunft' ; 
sqtrasta  =  sam-trasta  'erschi-eckt' ;  sqbandha-  =  sam- 
handha-  'Verbindung' ;  sqsära-  =  sam-sära-  'der  Lebens- 
lauf'. 

2.  Partielle  Assimilation: 

imawJiiimäram   (oder  imq  h)    ==   imam   Jcumäram 

'diesen  Knaben';  tandaridram  (oder  tq  d.)  =  tarn  dari- 

dram  'diesen  Armen'. 

9* 


132  Lautlehre.  [§  181—184. 

Der  Gebrauch  des  Anusvära  bei  2.  ist  ziemlich  junge  Ver- 
allgemeinerung der  Sandhiform,  die  vor  Zischlauten  und  /;,  y, 
>•,  l,  V  erscheint. 

8)  Auslautendes  s. 

182.  Kacli  §  164  wdi-d  s  im  absoluten  Auslaut  zu 
Yisarga.  Dieser  bleibt  unverändert  vor  tonlosem  La- 
bial oder  Guttural  und  vor  den  Zischlauten  §,  S,  s : 

2mrusah  l:hanaü  'der  Mensch  gräbt';  hyälaJi  j:>ra^i- 
rasati  'der  Schakal  wohnt';  rSeh  sihjali  'des  Sehers 
Schüler';  mamih  svayam  'der  Mann  selbst'. 

Kompositum:  nihsarati  'er  geht  hervor'. 

Anm.  1.  Die  Praefixe  nis-  und  dus-  lauten  in  der  Kompo- 
sition nis-  und  dus-  vor  folgendem  k{h'),  p(Ji.),  z.B.  nisputra-  'sohnlos", 
dußrta-  'übel  getan';  vgl.  dazu  §  147  und  186. 

Anm.  2.  Vor  einem  Zischlaut  kann  statt  Visarga  auch  der 
entsprechende  Zischlaut  geschrieben  werden,  z.  B.  indras-sürah 
neben  indrah  äürah  'Held  Indra'. 

183.  Für  alle  übrigen  Fälle  ist  nicht  vom  Yisarga, 
sondern  von  dem  ursprünglichen  -s  auszugehen.  Es  bleibt 
unverändert  vor  einem  tonlosen  Dental:  hälästuSyanti 
'die  Knaben  freuen  sich';  kitrustuäpati  'der  Feind 
freut  sich'. 

Vor  einem  tonlosen  Palatal  oder  Cerebral  wird  ;.•  zu 
6-  bezw.  S: 

mrtaka  =  mrtas  ca  'und  der  Sterbliche';  paraki^- 
UmTiaha  =  parahis  tawkas  ca  'Beil  und  Axt'. 

Kompositum:    niScaya-  'Entscheidung'.     Ygl.    auch 

§  149. 

184.  Yor  den  tönenden  Konsonanten  (mit 
Einschluß  der  Yokale  und  des  h)  vdvä.  s  verschieden 
behandelt,  je  nach  dem  ein  a  oder  ein  anderer  Yokal 
vorhergeht. 

1.  Nach  einem  Yokal  außer  a  ^\'ird  -s  zu  -r: 
agniriva  =  agnih  iva  'vde  Feuer';  htnirharati  = 
htnüi  Jiarati  'der  Feind  nimmt  weg';  täirhhaByamänah 


§  184. 185.]    Die  Gesetze  des  Auslautes.  Der  Sandhi.  133 

=  täih  hli.  'von  diesen  verzelu't';  näurvahati  =  näiih  v. 
'das  Schiff  führt'. 

Kompositum :  nirnaya-  aus  nili-uaya-  'Entscheidung'. 

Vor  einem  -r  fällt  dieses  r  unter  Dehnung  des  vor- 
hergehenden Vokals  weg:  MüröMti  =  Muh  röditi  'das 
Kind  weint'. 

Anm.  1.  Die  Interjektion  bhöh  'oh'  verliert  ihren  Visarga 
vor  jedem  tönenden  Konsonant:  bhö  ägaccha  'oh  komm  herbei'. 

Anm.  2.  Dieser  Sandhi  ist  also  von  den  Gesetzen  des  In- 
lautes gänzlich  verschieden:  so  gibt  z.B.  s-d{h)  nach  §  158.  2.  nicht 
rdih),  sondern  d{h)  oder  d;  die  Inlautsform  findet  sich  gelegent- 
lich in  Kompositis  der  ved.  Sprache,  z.  B.  in  düdäsa-  aus  dus-däsa- 
'unfromm,  gottlos'  u.  dgl.  (s.  "Whitney  §  199.  b.). 

2.  Die  Sübe  -as  wird 

a)  zu  -ö  vor  tönendem  Konsonant  und  vor  ä\  das  ä- 
erleidet  Ehsion: 

Candaravö  nä»i« 'Candaravas  mit  Namen';  atö  licmi 
=  atali  aJiam  'daher  ich';  tatö  'pi  =  Mah  api  'daher 
auch'. 

b)  zu  -a  vor  allen  Vokalen  außer  a;  es  entsteht  also 
in  diesem  Fall  ein  Hiatus : 

inpa  uväca  =  nrjpah  uväca  'der  König  sprach'; 
Ulla  ägacchati  =  Utlcth  ägaccliati  'der  Knabe  kommt 
heran'. 

3.  Die  Silbe  -äs  lautet  vor  Vokal  und  tönendem 
Konsonant  immer  -ä: 

deuä  iva  =  deväh  iva  'wie  Götter';  ahä  vahanü  = 
asväh  V.  'die  Pferde  ziehen'. 

185.  Auslautender  Visarga,  der  einem  -r  entspricht 
(§  164,  b),  wird  im  allgemeinen  wie  der  sonstige  Visarga 
behandelt  (z.  B.  ininakaraü  =  imnali  caraü  'er  wandelt 
wieder').  Bei  -äh  =  -är  kommt  jedoch  vor  Vokal  und 
tönendem  Konsonant  das  ursprünghche  r  wieder  zum 
Vorschein  (es  entsteht  also  nicht  -ö),  z.  B.  imnaratra 
'wieder  dort' ;  jnmargacchati  'er  geht  wiederum'. 


134  Lautlehre.  [§  185. 186. 

Vor  einem  anlautenden  r-  schwindet  -r  unter  Deh- 
nung des  Vokals  (vgl.  auch  §  184, 1) :  jJunäramate  =  punar 
ramate  'er  ergötzt  sich  -sNieder'. 

186.  Zur  Gfeschichte  des  s-SandM.  1.  Gerade  das  aus- 
lautende s  zeigt  in  der  älteren  Sprache  (RV.)  in  einigen  Fällen 
eine  besondere  Behandlung,  aus  der  man  erkennt,  daß  hier  der 
Sandhi  eine  längere  Entwicklungsgeschichte  durchgemacht  hat, 
bevor  er  sich  zu  den  festen  Regeln  des  klassischen  Sanskrit  kon- 
solidierte. So  finden  sich  im  RV.  nicht  selten  vor  tonlosen  Vo- 
kalen statt  -ih,  -uh  die  nach  den  Gesetzen  des  Inlautes  (§  147) 
erwarteten  Formen  -is,  -us:  vgl.  z.  B.  tris  pütvä  'nachdem  er  drei- 
mal gereinigt  hatte',  dyaus  pitä  'Vater  Zeus';  Kompositum:  jyö- 
tiskrt-  'Licht  schafiend',  äyuskäma-  'Leben  wünschend'.  Hinter 
solchem  .?  mußte  anlautendes  f  zu  t  werden  (§  122.  2.),  und  so  finden 
sich  (besonders  mit  dem  enklitischen  Pronomen)  "Wortverbindungen 
wie  agni^  tvä  .  .  . .  'Feuer  dich  ....'.  Diese  Sandhiform  ist  je- 
doch durch  die  Pausaform  wieder  verdrängt  worden;  die  Ent- 
wicklung von  -s  vor  t{h)-  ist  wohl  durch  die  Analogie  von  -as 
bedingt:  aus  -ah:  -ih:  -uh  in  Pausa  ergab  sich  die  Gleichheit  von 
-as:-is:-us  (statt  -as,  -is,  -us)  vor  Dentalen. 

Entsprechend  dem  ved.  -is,  -us  vor  tonlosen  Lauten  kann 
-ir,  -ur  vor  tönenden  Lauten  als  die  Fortsetzung  eines  urari- 
schen -iz,  -uz  betrachtet  werden,  umsomehr  als  das  ai.  r  mit  dem 
s-(i-)Laut  organgleich  (nämlich  cerebral)  ist.  Da  aber  nach  den 
Gesetzen  des  Inlauts  die  Lautgruppe  -z  d{h)-  ein  d{h)  ergeben 
müßte  (s.  ein  Kompositum  dieser  Art  §  184.  Anm.  2),  da  ferner  vor 
den  tönenden  Verschlußlauten  aus  -lauch  ein  d  entstehen  kann  (nach 
§  158,  2. 3.),  so  nimmt  Wackernagel  §  285  a.  ß)  an,  daß  der  Wandel 
von  -s  in  -z  und  weiter  in  -r  nur  vor  anlautendem  Vokal  lautgesetz- 
lich sei  und  sich  von  da  allmählich  auf  andere  Wortverbindungen 
ausgedehnt  habe.  Demgegenüber  ist  jedoch  zu  betonen,  daß  auch 
dieser  Vorgang  den  Lautgesetzen  des  Inlauts  widerspricht,  denn 
ein  s  bleibt  ja  zwischen  Vokalen  unverändert  (z.  B.  agni-su,  satru- 
SU  u.  dgl.) ;  auch  die  Lautgruppen  sn,  sm,  sv,  sy  erleiden  im 
Inlaut  keine  Veränderung.  Die  Behandlung  von  -is,  -us  vor 
tönendem  Anlaut  hat  also  überhaupt  mit  den  Gesetzen  des  Inlauts 
nichts  zu  tun;  ein  jüngeres  Lautgesetz  ist  hier  an  stelle  des  älteren 
getreten.  Indem  nämlich  die  Wortausgänge  -iy,  -us  immer  wieder 
aufs  neue  vor  tönendem  Anlaut  erschienen,  entstanden  jüngere 
Verbindungen  von  -iz,  -uz  -\-  tönendem  Laut,  in  denen  -z  neuen 
Gesetzen  folgte:  es   wurde  zu  -r.     So  ist  ja  auch  im  Inlaut  an 


§  186. 187.]     Die  Gesetze  des  Auslautes.  Der  Sandhi,  135 

stelle  von  ursprÜDglichem  d[h)  =  zd{h)  in  jüngerer  Zeit  durch  Neu- 
bildung wieder  M(}i)  entstanden,  ist  aber  nicht  wieder  zu  dji), 
sondern  zu  dd{h)  geworden  (s.  §  158,  2.). 

2.  Die  Entwicklung  des  -as  und  -äs  vor  tönenden  Explosiv- 
lauten (und  h)  setzt  eine  ältere  Stufe  -az  und  -äz  voraus;  vor 
Vokalen,  Nasalen,  sowie  v,  y,  r  {l)  müßte  das  s  nach  den  Regeln 
des  Inlauts  unverändert  bleiben.  Darnach  erwartet  man  ein  -5 
(st.  -as)  und  ein  -ä  (st.  -äs)  nur  vor  d-  und  dh-  (s.  §  158,  2.  und 
3,  Anm.).  Nach  solchen  Mustern  scheinen  sich  nun  (nach  "Wacker- 
nagels einleuchtender  Annahme)  die  Sandhiformen  -ö  und  -ä 
auch  vor  den  übrigen  tönenden  Explosivlauten  und  schließlich 
überhaupt  vor  allen  tönenden  Lauten  eingestellt  zu  haben. 
Während  aber  -ä  weiterhin  unverändert  blieb,  wurde  -ö  vor 
Vokalen  außer  a-  zu  -a  gekürzt  (anders  Brugmann,  Grundriß  I^, 
892):  dem  a-  gegenüber  blieb  -ö  jedoch  Sieger  und  verschlang 
es  {atö  'ham).  Andere  Auffassungen  des  Sandhi  von  -as  s.  bei 
"Wackernagel  §  285.  b. 

187.  Sandhiformen  im  Inlaut.  Gelegentlich  ist  die 
Sandhiform  in  den  Inlaut  des  Wortes,  d.  h.  in  die  Fuge 
von  Stamm  und  Endung  (Suffix),  eingedrungen.  Die 
Brücke  bilden  die  Komposita,  die  in  der  Kompositions- 
fuge gewöhnlicli  nach  den  Sandhiregeln  behandelt  werden. 
Wie  nämhch  manas  +  härin-  ein  manöJiärin-  'den  Sinn 
bezaubernd',  manas  +  sacl-  ein  manähsad-  'im  Herzen 
sitzend'  ergab,  so  entstand  aus  manas  +  Niili  (Instr.  PI. 
von  manas-)  ein  manöhJtih,  aus  manas  -f-  sit  (Loc.  PI.) 
ein  manahsti  neben  manassu]  wie  ferner  JiaviM  +  dä- 
ein  liavirdä-  'Opfer  darbringend'  oder  äyu^  +  ^e^a-  ein 
äytiMeSa  'Lebensrest'  ergab,  so  entstand  aus  liaviS  -f- 
hhih  ein  havirbhili,  aus  caJchiS  +  ^u  ein  caMiiMtt. 

Anm.  Die  Verdrängung  der  lautgesetzlichen  Formen  fand 
in  folgender  Weise  statt:  ein  idg.  *menezbhis ,  *menessu  z.  B.  (zu 
*tnenos-)  führte  nach  den  älteren  Lautgesetzen  zu  ai.  *manad- 
bliis  {vgl.  §  158.  3.  Anm.)  und  *manatsu  (vgl.  §  150);  indem  nun  die 
Stammform  manas-  aus  den  übrigen  Kasus  in  jüngerer  Zeit 
wieder  eingeführt  wurde  {*'manas-bJnh,  manas-su),  erfolgte  die  Be- 
handlung dieser  neuentstandenen  Inlautsverbindungen  nach  den 
jüngeren   Lautgesetzen,   die   im   Kompositum   Geltung   hatten. 


136  Lautlehre.  [§  187—190. 

In  gleicher  Weise  wurden  lautgesetzliches  *havidbhih  (§  158)  durch 
*havis-bhih,  *havihm  (§  150)  durch  havis-m  ersetzt  und  dem- 
entsprechend wie  Komposita  weiterbehandelt. 


XI.  Kapitel. 

Das  ai.  Lautsystem  in  seinem  Verhältnis  zum 
uridg.  Lautsystem. 

(tlbersicht.) 
I.  Im  Inlmit. 

a)  Vokale  und  Diphthonge. 

188.  Ai.  a  =  1)  idg.  e  §  63,  ö  («?)  §  65,  a  §  67. 

2)  idg.  m  n  9]  ?a  §  88— 91. 

3)  idg.  r  (mind°)  §  99. 

Ai.  ä  =  1)  idg.   e  §  64,   ö  §  66,   ä  §  68;  ä  in 
sekundärer  Yrddhibildung  §  113. 

2)  idg.  0  in  offener  Silbe?  §  65.  2. 

3)  idg.  Langdiphtbong  §  77. 

4)  Produkt  einer  ai.  Ersatzdebnung  (statt  ä)  §  143,  b). 
Endlich  wird  in  ä,  bezw.  an,  dm 

5)  auch  die  Vertretung  langer  Nasalis  sonans  ver- 
mutet §  98. 

189.  Ai.  i  =  1)  idg.  l  §  59  (ii  §  71). 

2)  idg.  9  §  69. 

3)  idg.  r  (niind.)  §  99. 
Ai.  l  =  1)  idg.  l  §  60. 

2)  Produkt  einer  ai.  Ersatzdebnung  statt  i  §  143,  b). 
158,  2.  b). 

Über  ir,  ir  =  idg.  r  oder  f  vgl.  ferner  §  95,  b)  u.  96. 

190.  Ai.  16  =  1)  idg.  ff  §  61  {tiu  §  71). 

2)  idg.  r  (mind.)  §  99. 


§  190—194.]  Das  ai.  Lautsystem  in  s.  Verh.  z.  uridg.  Lautsyst.    137 

Ai.  ü  =  1)  idg.  ü  §  62. 
2)  Produkt  einer  ai.  Ersatzdehnung  statt  ü  §  143,  b). 
Über  ur  (ul),  ür  =  idg.    r  oder  f  (l)  vgl.  ferner 
§  95,  a)  und  96. 

191.  Ai.  r  =  1)  idg.  r  §  92  und  94,  a). 

2)  idg.  ]  §  93. 

3)  idg.  "tu  §  61. 

Ai.  f  ist  sekundären  Ursprungs  §  97. 
Ai.  )  =  idg.  r  §  93. 

192.  Ai.  e  =  1)  idg.  ei,  oi,  ai  (di)  §  74. 

2)  Produkt        einer       Ersatzdelinung 
§  158,  2,  a). 

3)  idg.  r?  (mind.)  §  99. 
Ai.  äi  =  1)  idg.  ei,  5i,  äi  §  77. 

2)  in  sekundärer  Vrddliibildung  §  113. 
"über  äy  st.  e,  äi  s.  §  76. 

193.  Ai.  ö  =  1)  idg.  eii,  oii,  aii  (dti)  §  75. 

2)  sekundären   Ursprungs    im  Ablaut 
§112. 

3)  ProdukteinerErsatzdelmung§143,b). 

4)  idg.  -es-  vor  Casussuffixen  mit  hli- 
§187. 

Ai.  cm  =  1)  idg.  eu,  oii,  au  §  77. 

2)  in  sekundärer  Yrddhibildung  §  113. 
Über  äv  st.  ö,  äu  s.  §  76. 

b)  Consonanten. 

194.  Ai.  k  =  idg.  q,  qV  §  128,  133. 
Ai.'kh=  idg.  qh,  ^%  §  129,  133  Ende. 
Ai.  ^  =  1)  idg.  g,  gr?,«  §  130  (133). 

2)  bisweilen  idg.  ^  §  134. 
AI gli=  idg.  gh,  gVh  §  131  (133). 
Ai.  ?d  =  idg.  73  §  80. 


138  Lautlehre.  [§  195. 196. 197. 

195.  Ai.  c  =  idg.  g,  gl-*  §  132,  a),  133. 
Ai.  dl  =  1)  idg.  ?  §  133  Anm. 

2)  idg.  slQi)  im  Anlaut  §  151. 
Ai.  j  =  1)  idg.  g  §  126. 

2)  idg.  q,  f^  §  132,  b),  133. 
[Ai.  jli  ist  ein  seltener  Laut,  meist  mi.  Ursprungs,  s. 
"Wackernagel  §  141  f.] 

Ai.  w  =  1)  idg.  w  §  80. 
2)  idg.  n  §  80. 

196.  Ai.  Cerebrale  =  idg.  r,  l  +  Dental  §  87,  122, 1, 
seltener  spontan  statt  eines  Dentals  §  122,  3. 

Ai.  ^  =  idg.  t\  ^^^^  .  . 

Ai.th^  idg.  th]  ■  ^        '    '    / 

Ai.  ä=^\)  idg.  zä  (s-d)  §  122,  2,  b).  158,  2,  b). 

2)  idg.  gd  §  141. 
Alcm=  1)  idg.^(^;i(5— (^/0§  122, 2,b).  158,2, b). 

2)  idg.  gdh,  bezw.  gh  +  t  §  143,  b). 

3)  Produkt  einer  Verbindung  von  kS 
+  dh  §  157,  4. 

Ai.  n  =  1)  idg.  n  nach  S,  r,  r  §  83. 

2)  idg.  r«,  seltener  spontan  statt  idg. 
n  §  84. 

197.  Ai.  t  =  idg.  ^  §  118. 
Ai.^/?  =  idg.  th  §  119. 
Ai.  c?  =  1)  idg.  d  §  120. 

2)  idg.  dd  §  144,  a). 

Ai.fZ7^=  1)  idg.  dh  §  121. 

2)  idg.  ddh  §  144,  a). 

3)  idg.  zdh  §  158,  2,  a). 
Ai.  n  =  1)  idg.  n  §  79. 

2)  bisweilen  idg.  in  §  82. 

3)  idg.  n  (^n?)  bisweilen  in  der  Laut- 
gruppe cm  §  90,  91. 


§  198 — 201.]  Das  ai.  Lautsystem  in  s.  Verh.  z.  uridg.  Lautsyst.    139 

198.  Ai.jj  =  iäg.  p  §  114. 
Ai.ph=  idg.  2)h  §  115. 
Ai.  &  =  1)  idg.  h  §  116. 

2)  bisweilen  statt  v  §  116,  Anm. 
Ai.hli=  idg.  hh  §  117. 
Ai.  m  =  1)  idg.  m  §  78. 

2)  bisweilen  in  der  Lautgruppe  am  == 
idg.  m  Gm?)  §  90,  91. 

199.  Über  Tennis  und  Media  an  Stelle  von  Tennis, 
bezw.  Media  aspirata  s.  §  136.  137. 

200.  Ai.  «/  =  1)  idg.  i  (bezw.  j)  §  70. 

2)  stebt  statt  urspr.  I  vor  Vokalen  und 
wechselt  mit  iy  §  72. 
Über  Wechsel  von  ay  und  e,  äi  s.  §  76. 
Ai.  /•  =  1)  idg.  r  §  85. 

2)  idg.  l  §  86,  b),  c). 

3)  idg.  r  vor  i  §  94,  b). 

4)  idg.  r  Gr?)  oder  idg.  f  (?)  in  den 
Verbindungen  ur,  ir,  ür,  ~ir  §  94,  c), 
95,  96. 

Ai.  l  ==  1)  idg.  l  §  86,  a),  c). 

2)  idg.  r  §  86,  d). 

3)  idg.  l  in  der  Verbindung  ul  §  95,  a). 

4)  idg.  \l  §  122,  3.  Anm. 
Ai.  V  =  1)  idg.  IL  §  71. 

2)  stellt    statt    ursprünglichem  ü   vor 
Vokalen  und   im  Wechsel  mit  iiv 
§  72. 
Über  den  Wechsel  von  äv  und  o,  cm  s.  §  76;  über 
Vertauschung  von  v  und  h  §  116,  Anm. 

201.  Ai.  i  =  1)  idg.  ^  §  125. 

2)  idg.  s  vor  c  §  149. 

3)  idg.  s  infolge  von  Silbenassimilation 
§149. 


140  Lautlehre.  [§  201—205. 

Ai.  ^  =  1)  idg.  s  §  147,  148,  c),  d). 

2)  idg.  Is  §  147,  Anm. 
Ai.  s  =  idg.  s  §  146,  148. 
Ai.  h  =  1)  idg.  ß  §  127  (bezw.  r/?  §  127,  Anm.). 

2)  idg.  gh,  f.%  §  132,  c),  133. 

3)  idg.  dh   §    121,   Anm.    bezw.    ddh 
§  144,  a). 

4)  idg.  hh^  in,  Anm. 

202.  Anusvära  =  1)  idg.  n  §  81,  1. 

2)  idg.  m,  n  §  81,  2. 
Ved.  l  aus  d  §  122,  3.  Anm. 
-hs-  =  idg.  -SS-  §  187. 

c)  Bemerkenswerte  Lautgruppen. 

203.  Ai.  M  =  idg.  qt,  bezw.  g—t  §  139,  140. 
Ai.  Mli  =  idg.  qth,  bezw.  gr— #7^  §  139,  140. 
Ai.  M  ==  1)  idg.  qs,  ks,  bezw.  g' — s,  g — s  §  152  f. 

(135). 
2)"idg.  qsli,  (j.ili,  bezw.  gli — 6?,  gli — s 
^§  152  f. 

3)  griecli.  xt,  )^Ö,  cp^  §  156. 

4)  idg.  SS  §  150. 

5)  ai.  U  -\-  s%  157,  1. 

Ai.  (jd  =  idg.  qd,  bezw.  5 — d  §  141. 
Ai.  gdh=  1)  idg.  gr?/;,  bezw.  ^ — dh  §  141  oder 
^/«— fZ7«  §  142. 

2)  idg.  grf///,  bezw.  gh—t  §  143. 

3)  idg.  qdh, hez\f.  ai.  A's  +  dh  §  157, 4,b). 

204.  Ai.cc//  =  1)  idg.  sfc(li)  §  151. 

2)  idg.  ^-s^  §  151. 

3)  idg.  ps  (mind.)  §  114,  Anm.  2. 
Ai.  i;-  =  idg.  ^g  §  158,  1. 

Ai.  jy  =  idg.  (?^  (mind.)  §  120,  Anm.  2. 

205.  Ai.  ts  ==  1)  idg.  fc,  bezw.  ^  +  s  §  154. 

2)  idg.  SS  §  158,  3. 


,  205—209.]  Das  ai.  Lautsystem  in  s.  Verb.  z.  uridg.  Lautsyst.     141 

M.Mli=  1)  idg.  gäh  §  141,  b). 

2)  idg.  zäh  §  158,  2. 

3)  ai.  U  +  dh  §  157,  4.  Anm. 
Ai.  dhh=  1)  idg.  gl)h,  bezw.  ^•— ?^/?  §  141. 

2)  idg.  zhh  §  158,  3. 

3)  ai.  M  +  hli  §  157,  2. 

206.  Ai.  i^  =  idg.  tt,  bezw.  f?— t  §  139,  140. 
Ai.  tth  =  idg.  tth,  bezw.  (^— ^/i  §  139,  140. 
Ai.  ts  =  1)  idg.  ts,  bezw.  cZ,  dJi  +  5  §  155. 

2)  idg.  SS  §  150. 
Ai.  dg  =  idg.  zg  §  158,  1.  Anm. 
Ai.  ddh  =  idg.  ddli,  hezw.dh—t,  dh—dh^lU,})). 
Ai.cM=l)idg.   dhh,    bezw.    i— Wi,   dh—hh 
§  141,  142 

2)  idg.  s&/«  (ved.)  §  158,  3.  Anm. 

3)  idg.  hhh  (?)  §  145. 
Ai.  nu  =  idg.  dn  §  120. 

207.  Ai.  pt  =  idg.  pt,  bezw.  h—t  §  139,  140. 
Ai.  j;f7t  =  idg.  pth,  bezw.  &— f7«  §  139,  140. 
Ai.  ps  =  idg.  ps,  bezw.  &,  hh  +  s  ^  155. 
Ai.  &(?  ==  idg.  hd,  bezw.  p — d  §  141. 

Ai.  hdh=  1)  idg.  hdJi,hezv.\p—dh  oder  hli—dh 
§  141,  142. 
2)  idg.  5f7/?,  bezw.  hh—t^  143. 

208.  Ai.  |f  =  1)  idg.  M,  bezw.  g—t  §  139. 

2)  ai.  M  +  t^  157,  3. 
Ai.  p  =  1)  idg.  Mh,  bezw.  g—tli  §  139,  140. 
2)  imsicberen  Ursprungs  in  Mlnvati 
§  114,  Anm.  1. 

II.  Im  Auslaut. 
a)  Absoluter  Auslaut. 

209.  Vokale  und  Diphthonge  bleiben  unverändert, 
d.  h.  sie  zeigen  die  gleiche  Gestalt  wie  der  Inlaut,  s. 
§  161. 


142 


Lautlehre. 


[§  210—213. 


210.  Ai. 

Ai. 

Ai. 

Ai. 

211.  Ai. 


Ai. 
Ai. 

212.  Ai. 
Ai. 

Ai. 
Ai. 


-t 


-P 


■)i  = 


-)d  = 
-m  = 

-rk  = 
-rt  = 
-h  = 


1)  idg.  -q,  -g,  -gh  §  162  (163). 

2)  idg.  -qs  oder  -fcs  §  165,  1. 
1)  idg.  -t,  -tJi,  -d,  -dh  §  162. 

■ts  §  165,  1. 
■fc?  §  165,  2.  Anm.  1. 
■fcs  oder  -ss  165,  1. 
■kst  §  165,  2.  Anm.  2. 
-j7/(,  -&,  -5/i  §  162.  • 

■n  §  161. 

■nt,  -ns  §  165,  1. 

3)  idg.  -nts  §  165,  2. 

idg.  -wg  oder  -idqs  §  165,  2. 
idg.  -m  §  161. 


2)  idg. 

1)  idg. 

2)  idg. 

3)  idg. 
idg.  -2), 

1)  idg. 

2)  idg. 


idg. 
idg. 
idg. 
idff. 


r  +  Konsonant  §  165. 
-rqs,  -r^s  §  165,  2. 
-rts  §  165,  2. 
-s  oder  -r  §  164. 


1))  Sandliiverbindimgeii. 

Vorbemerkung.  Unveränderte  Lautfolgen  werden  nicht 
verzeichnet;  die  Auflösungen  der  Lautfolgen  geben  nicht  die  idg. 
Laute,  sondern  die  Pausaformen  des  Ai.  wieder,  deren  idg.  Ent- 
sprechungen man  aus  a)  feststellen  kann. 

213.  -a  vor  Vokal  (außer  ä)  ^  1)  -e    (ö)    +    Vokal 

§  172,  1,  b). 
2)  -dh  +  Vokal 
§  184,  2. 

-ä-  ==  -ä  ä-  §  169. 

-ä  vor  Vokal  =  1)  -cd  +  Vokal  §  172,  3. 

2)  -cm  +  Vokal  §  172,  4. 

3)  -all  §  183,  3. 

-ä  vor  tönendem  Konsonanten  =  -ali  §  184,  3, 

-l-  -ü-  -f-  =  -i  i-  -ü  ü-  -r  r-  §  169. 

-e-  =  -a  I-  §  170. 

-e  vor  Apostroph  =  -e  et-  §  172,  1,  a). 


§  213—216.]  Das  ai.  Lautsystem  in  s.  Yerh.  z.  uridg.  Lautsyst.     143 

_ö-  =  -ä  M-  §  170. 

-ö  vor  Apostroph  =  -äli  a-  §  184,  2,  a). 
-ö  vor  tönendem  Konsonant  =  -ah  §  184,  2,  a) ;  =  öh 
§  184,  1.  Anm.  1. 

-äi-  :=  -ä  e-  oder  -a  äi-  §  170. 
-äu-  =  -ä  5-  oder  -a  äu-  §  170. 

214.-1/]  f=t] 

-i;Uor  Vokal {=  n}§  171. 

'^^Ivor  Vokal  |~  '^U  172,  2.  Anm. 
-av  J  l  =  "ö  J 

■'!^  I  vor  Vokal  H  "^' |  §  172,  3.  4. 

-rtr-  =  -ä  r-  §  170. 

-ar  vor  Vokal  oder  tönendem  Konsonanten  =  -ah 

§  185. 

4y  -iir  -er  -ör  -dir  -äur  vor  Vokal  oder  tönendem 
Konsonanten  =  -ih  -üh  u.  s.  w.  §  184,  1.  (185). 

215.  -g,  -h,  -d,  -d  vor  Vokal  oder  tönendem  Konso- 
nant =  'Jv,  -p,  -t,  -t  §  174,  b),  c). 

-ggli-  =  -^'1 

.ddli-=  -t  \li-  §  177. 

-l)l)li-  =  -p] 

-cc-  =  -^  c-  §  176,  1. 

-i- =  -O- §  176,  1. 

cell-  nach  Vokal  =  cli-  §  176. 

-cc/i-  =  -i  c7z-  oder  -i  1-  §  176. 

-fi-  =  -U-  §  176,  2. 

-iic?.  =  -i  cl-  §  176,  2. 

216.  -nn-,  -Wd-,  -nn-  nach  kurzem  Vokal  =  -w,  -w^ 
.?i  §  178. 

-?a,  -n  vor  Nasal  =  -A-,  -i  §  175. 

-yd  vor  Guttural]  o  ioi    o 

}•  =  iw  o  ioi,  /. 
-n  vor  Dental    J 


144  Lautlehre.  [§  216. 217. 218. 

-%■-,  -ilS-  =  -n  j-,  -n  ^-  §  179,  1. 
.ncli-  =  -n  §-  §  179,  1. 
.nd(h).  =  -n  d(h)-  §  179,  2. 
317.  -k-  =  -h  c-  §  183  (185). 
-st(li)-  =  -h  m-  §  183. 
-U-  =  -lii-%  182,  2.  Anm.  2. 

218.  Anusvära  vor  beliebigem  Konsonanten  =  -m 
§  181.  ^ 

_t^^  =  ->^  ^  [§180. 

—st-  =  -?i  ^  j 

--11-   =  -«  Z-  S  179,  3. 


Zweiter  Teil. 

Formenlehre. 


Erster  Abschnitt. 

Nomen  iincL  Pronomen. 


Xn.  Kapitel. 
Vorbemerkungen.  Stammbildung. 

219.  Die  Bestandteile  des  flectierten  Wortes.  Im 

flectierten  Wort  unterscheidet  man  einen  festen  und  einen 
beweglichen  Bestandteil,  den  Stamm  und  die  Endung: 
in  gr.  cpiXo-t;  cp(Xo-v  cpiXo-io  cpiXo-v;  (woraus  (piXouc)  oder 
cp£po-[.i£v  cpspe-TS  (dor.)  cpspo-vxi  oder  7roo-6?  Troo-a 
TToo-s?  oder  ea-ai  ia-xi  sa-xe  sondern  sich  die  Stämme 
cpiXo-,  «pepo-  (cpsps-),  TToo-,  ka-  deutUch  von  den  En- 
dungen ab.  Diese  dienen  beim  Nomen  zur  Bezeichnung 
der  Kasus  (Dekünation),  beim  Verbum  zum  Ausdruck 
der  tätigen  (leidenden  etc.)  Person  (Konjugation);  die 
Form  des  Stammes  zeigt  im  allgemeinen  keine  prinzi- 
piellen Unterschiede,  ob  es  sich  um  ein  Nomen  oder 
Verbum  handelt  (vgl.  cpiXo-  und  cpspo-,  ttoS-  und  sa-). 
Die  Stämme  sind  nicht  die  letzten  Elemente,  zu  denen 
die  Wortanalyse  gelangt.  In  cpspsxpo-v  führt  die  Ab- 
trennung der  Kasusendung  zu  einem  Stamm,  der  das  um 
-xpo-  erweiterte  ^)^pt-  ist,  das  man  aus  cpeps-xe  gewännt. 
Weiter  aber  ergibt  sich  aus  cpsp-xo?,  cpsp-v-/^  gegenüber 
cpepe-xpov  ein  gemeinsames  Element  'fsp--  Diese  letzten, 
in  einer  Gruppe  von  Formen  und  Wörtern  sich  wieder- 

Thumb,  Altindisclie  Grammatik.  10 


146  Formenlelire.  [§  219. 220. 

holenden  und  nicht  weiter  zerlegbaren  Bestandteile,  die 
sogen.  Wurzeln  (ai.  dhätu-),  sind  schon  von  den  in- 
dischen Nationalgrammatikern  erkannt  worden;  indem 
die  Inder  den  Wort-  und  Formenbestand  des  Sanskrit 
nach  Wurzeln,  stammbildenden  Elementen  und  Endungen 
zergliederten,  haben  sie  sich  den  Aufbau  ihrer  Sprache 
in  wissenschaftlicher  Weise  klar  gemacht. 

Anm.  Auch  die  heutige  Sprach-wissenschaft  sieht  in  dieser 
Zergliederung  eine  Hauptaufgabe  der  Formenlehre:  ob  den  so 
gewonnenen  Elementen,  d.  h.  den  "Wurzeln  und  Stämmen,  E,ealität 
zukommt,  ist  für  diese  Betrachtungsweise  an  sich  gleichgiltig,  so 
sicher  es  ist,  daß  weitaus  die  meisten  der  von  uns  konstruierten 
Wurzeln  niemals  eine  selbständige  Existenz  hatten.  Schon  die 
idg.  Grundsprache  bestand  ja  aus  "Wörtern  und  Formen;  in 
welcher  Weise  der  Aufbau  derselben  zu  stände  gekommen  ist, 
läßt  sich  nur  vermuten,  denn  die  für  uns  erreichbaren  Formen 
der  idg.  Ursprache  haben  schon  eine  lange  Geschichte  hinter  sich. 
Lautliche  und  analogische  Umformung  mag  oft  die  ursprüng- 
lichen Typen  schon  so  stark  verändert  haben,  daß  die  Elemente, 
aus  denen  sich  die  Formen  zusammensetzten,  nicht  mehr  durch 
einfache  Zerlegung  zu  gewinnen  sind.  "Wenn  wir  idg.  Grund- 
formen in  ihre  Elemente  aufzulösen  suchen,  so  können  uns  ähn- 
liche Fehler  passieren,  wie  wenn  wir  z.  B.  deutsch  Tage  (Nora, 
PI.)  in  einen  Stamm  tag-  und  die  Endung  -e  zerlegen:  in  dem  -e 
steckt  sowohl  der  Auslaut  des  Stammes  wie  die  Endung;  ebenso 
verkehrt  wäre  es  z.  B.,  aus  cpiXoi  einen  Stamm  cpiXo-  und  eine 
Endung  -i  zu  abstrahieren,  da  der  Nom.  Flur,  der  griech.  o-Stämme 
nach  dem  Muster  der  Pronominalform  ol  (xoi)  gebildet  ist.  So 
weist  z.  B.  auch  der  idg.  Nom.  PI.  *ehm  'die  Pferde'  auf  eine 
längere  Entwicklung :  während  sich  in  Nom.  Sing.  *eh(0-s  (tuTroi:), 
Acc.  Sing.  *ehio-m  (iTtrov)  noch  deutlich  Stamm  und  Endung 
erkennen  lassen,  ist  in  *ehjös  Stamm  und  Endung  bereits  so  eng 
verwachsen,  daß  wir  nicht  wissen,  welche  Endung  mit  dem 
Stamm  verschmolzen  und  wie  der  zugrundliegende  Stamm  anzu- 
setzen ist. 

220.  Die  Stämme,  welche  der  Nominal-Flexion  zu 
gründe  liegen,  sind  von  mannigfacher  Gestalt. 

1.  Die  sogen.  Wurzel  ist  mit  dem  Stamm  identisch: 
vgl.  *j90fZ-  in  ai.  j^ad-äh  =  gr.  tcoo-o?,  näu-  in  ai.  näu-li 


§  220. 221.]  Vorbemerkungen.  Stammbildung.  147 

=  gr.  vau-?.  Man  spricht  in  diesem  Fall  von  Wurzel- 
nomina. 

2.  Die  Wurzel  ist  dui-ch  ein  stammbildendes 
Suffix  erweitert.  Es  ist  die  Aufgabe  der  nominalen 
Stammbiklungslebre,  diese  verscliiedenen  Suffixe  nach 
Form  und  Bedeutung  zusammenzustellen.  Die  idg.  Stamm- 
und  Wortbildungslehre  ist  behandelt  in  Brugmanns 
Grundriß  n,  1;  für  das  Ai.  vgl.  AYliitney  §  1136  ff.,  für 
das  Griech.  Brugmann,  Griech.  Gramm.^  176 ff.;  für  das 
Lat.  Stolz,  Hist.  Gramm,  d.  lat.  Spr.  I,  2.  Hälfte. 

Aus  praktischen  Gründen  empfiehlt  es  sich  (s.  Brugmann 
Griech.  Gramm.3  162),  Suffix  als  dasjenige  zu  definieren,  „was 
von  dem  Sprechenden  in  einer  gewissen  Periode  der  Sprachent- 
•wicklung  als  ein  verschiedenen  "Wörtern  in  gleicher  Weise  eignes 
formatives  Element  empfunden  worden  ist".  In  diesem  Sinn  ist 
das  0  von  cpopo-s  (cpepo-(Aev)  gegenüber  cpep-  oder  von  tiI8o-v  ai. 
pada-m  gegenüber  *pod-  ein  Suffix,  obwohl  wahrscheinlich  nicht 
bher-,  p^jod-,  sondern  eine  zweisilbige  idg.  Wurzel  (bezw.  'Basis') 
bher^lo-  ped^jo-  die  ursprüngliche  Grundlage  der  Formen  cpopo-? 
und  nioo-v  u.  s.  w.  gewesen  ist;  in  gleichem  Sinn  ist  das  i  in 
iuci-h  'Sorge',  das  u  von  svädu-h  'süß'  Suffix,  obwohl  es  ebenso- 
gut wie  das  ejo  zur  Basis  oder  Wurzel  gezogen  werden  kann. 

221.  Ein  Wort  kann  mit  Hilfe  mehrerer  Suffixe  ge- 
bildet sein,  vgl.  Heirlichkeit ,  pYj-xop-ixo-c;  in  diesem 
Falle  handelt  es  sich  meist  um  Ableitung  eines  Nomens 
von  einem  andern  Nomen,  während  z.  B.  pi^Ttop  un- 
mittelbar von  der  Wurzel  gebildet  ist.  Die  ind.  Gram- 
matiker haben  einen  Unterschied  gemacht  zmschen  No- 
mina, die  von  (verbalen)  Wurzeln  oder  Stämmen  abge- 
leitet sind,  und  Nomina,  die  von  Nomina  abgeleitet 
sind:  der  ersten  Kategorie  dienen  die  primären,  der 
zweiten  die    sekundären  Suffixe  (vgh   pri-Xiop,    aber 

p7]TOp-u6?). 

Anm.  1.  Für  eine  historische  Betrachtung  hat  diese  Schei- 
dung keinen  Wert;  dasselbe  Suffix  kann  beide  Funktionen  haben 
(vgl.  ay-ios  gegenüber  fe?;e'j9^p-ioi);  doch  kann  man  die  Scheidung 
für  die  descriptive  Grammatik  aufrecht  erhalten,  wenn  man  die- 

10* 


148  Formenlehre.  [§  221. 222. 

jenigen  Nomina  primär  nennt,  welche  im  Sprachgefühl  nicht 
mehr  als  Produkt  eines  noch  bestehenden  Stammwortes  und  einer 
Bildungssilbe  empfunden  werden  (eiv-ig,  ur-har,  Schicksal);  se- 
kundäre Nominalbildungen  sind  dann  solche,  in  denen  das  Stamm- 
wort noch  vorhanden  ist  und  bei  denen  demgemäß  der  Charakter 
einer  Ableitung  deutlich  empfunden  wird  {herr-lich,  Eivig-keit, 
Brauer-ei) ;  solche  "Wortformen  geben  fortwährend  Anlaü  zu  neuen 
Bildungen  nach  den  vorhandenen  Mustern;  sie  besitzen  'produk- 
tive, lebendige  Suffixe',  vgl.  z.  B.  die  Nomina  auf  -ung,  -lieh, 
•heit,  -keit  gegenüber  -sam,  -sal. 

Anm.  2.  Der  Ursprung  der  aus  der  idg.  Grundspi'ache 
überlieferten  Suffixe  ist  im  Einzelnen  nicht  mehr  zu  erkennen. 
In  jüngeren  Sprachperioden  läßt  sich  öfter  die  Entstehung  neuer 
Suffixe  aus  ursprünglich  selbständigen  "Wörtern  beobachten,  so 
bei  -heit,  eigentlich  'Gestalt,  Art'  (got.  haidus  'Gestalt',  ai.  ketu-), 
-lieh,  eigentlich  'Körper'  (got.  leik  'Körper'),  franz.  -ment  {heureuse- 
ment  etc.)  aus  lat.  mente.  Daher  läßt  sich  vermuten,  daß  auch  manche 
der  uridg.  Suffixe  (z.  B.  -tor-,  -men-)  in  gleicher  Weise  entstanden 
sind.  Die  Suffixe  -o-,  -a-,  -i-,  -n-  verdienen  wahrscheinlich  über- 
haupt nicht  diesen  Namen,  sondern  sind  Bestandteile  der  Wurzel 
oder  Basis,  wie  wir  oben  (§  220  Anm.)  gesehen  haben. 

322.  Stammabstiifimg'.  In  der  Wortbildung  spielt 
der  Ablaut  eine  wichtige  Rolle;  sofern  er  innerhalb 
eines  Flexionssystems  auftritt,  spricht  man  von  Stamm- 
abstufung.  Sie  kann  sich  als  Deklinationsablaut 
in  zweifacher  Weise  äußern: 

a)  in  dem  wurzelhaften  Bestandteil  des  Wortes. 
Dieser  Ablaut  findet  sichim  Ai.  nur  noch  bei  den  Wurzel- 
nomina, vgl.  z.  B.  2)ät  'Fuß',  Acc.  päd-am,  aber  Gen.  2^äd- 
äh\  gäuli  'Hind',  ISTom.  PL  gävah,  aber  Dat.  S.  gäv-e,  PI. 
göhhyah.  Daß  dieser  Ablaut  in  der  Grundsprache  viel 
reicher  ausgestaltet  war,  ergibt  sich  aus  der  Vergleichung 
der  verschiedenen  idg.  Sprachen:  z.  B.  lat.  ped-em,  gr. 
TToB-a,  lat.  ];)es,  gr.  (dor.)  ttcü?,  got.  föt-iis  weisen  auf  ein 
ursprünglich  sehr  buntes  Bild  des  idg.  Paradigmas;  wie 
sich  die  verschiedenen  Vokalstufen  (*p^/od-,  ^p^/öd-) 
auf  die  einzelnen  Kasusformen  verteilten,  läßt  sich  nicht 
mehr  erkennen. 


§  222. 223.]  Vorbemerkungen.   Stammbildung.  149 

Anm.  1.  Die  idg.  Sprachen  zeigen  schon  sehr  früh  die 
Tendenz,  diesen  Ablaut  durch  Ausgleichung  völlig  aufzuheben: 
so  ist  für  idg.  *uöq'"- :  *?«Ö3'*-  'Stimme'  im  Ai.  die  Stammform  väc- 
(ebenso  im  lat.  vöx,  vöc-is),  im  Griech.  ötc-  (Nom.  ö<j>)  verall- 
gemeinert worden.  Eine  Reihe  von  Wurzelnomina  hat  überhaupt 
(wohl  schon  in  uridg.  Zeit)  jede  Abstufung  eingebüßt,  so  rdj-  = 
lat.  rex,  müs-  =  lat.  müs,  ahd.  müs  'Maus'. 

Anm.  2.  Daß  sich  dieser  Deklinationsablaut  in  der  idg. 
Grundsprache  nicht  nur  auf  "Wurzelnomina  erstreckte,  lassen  Fälle 
wie  ion.  -jKaGca  neben  iXmsao.,  gr.  (aeol.)  -xpexoc  neben  xpaxo; 
vermuten ;  die  verschiedenen  Wortformen  scheinen  nämlich  in  der 
Weise  entstanden  zu  sein,  daß  die  ursprünglichen  Paradigmata 
Y^cuosa  :  *YXa(joä;,  -/C[>exo;  :  *xpaT£aos  in  verschiedener  Richtung 
ausgeglichen  worden  sind. 

b)  im  Suffix;  vgl.  z.  B.  ai.  pitär-am  pitr-e  pitä  =  gr. 
Traieoa  7uaTp-(i)  Trarr^p.  Das  Ai.  hat  diese  suffixale  Ab- 
stufung am  besten  von  allen  idg.  Sprachen  bewahrt;  am 
nächsten  kommt  ihm  das  Griechische,  das  aber  z.  B.  bei 
den  ;; -Stämmen  den  ursprünglichen  Ablaut  im  Vergleich 
zum  Ai.  wesentlich  vereinfacht  hat  (vgl.  z.  B.  7roi|j,Vjv 
Troi|Aevo?  gegenüber  der  Erhaltung  der  drei  Stufen  -meyi- 
-me{n)-  -mn-  im  Ai.).  Wie  sich  die  verschiedenen 
Nominalstämme  des  Ai.  hinsichtlich  des  Ablautes  ver- 
halten, wird  bei  den  einzelnen  Paradigmata  gezeigt 
werden. 

223.  Je  nachdem  die  einzelnen  Kasus  Hoch-  oder 
Schwundstufe  des  Stammes  (bezw.  des  stammbildenden 
Suffixes)  zeigen,  nennt  man  sie  starke  oder  schwache 
Kasus. 

Starke  Kasus  sind  bei  MaskuHnis  und  Femininis: 
Nom.  Acc.  Voc.  des  Sing,  und  Dual  so^ie  Nom.  Voc. 
des  Plur. ;  bei  Neutris :  Nom.  Acc.  Voc.  des  Plur.  Der 
Nom.  Sing.  {m.  u.  f.)  hat  bisweilen  Dehnstufe,  die  sich 
gelegentlich  auch  in  den  andern  starken  Kasus  findet. 

Schwache  Kasus  sind  alle  übrigen;  doch  zeigt  der 
Lokativ  Sing,  öfter  den  Vokahsmus  der  Hochstufe. 


150 


Formenlelire. 


[§  223.  224. 


Die  ai.  Verteilung  der  Ablautsstufen  scheint  im  "Wesent- 
lichen uridg.  zu  sein.  Zweifelhaft  ist  jedoch,  ob  der  Acc.  Plur. 
auch  in  der  Grundsprache  tiefstufig  (schwach)  gewesen  ist;  das 
Griechische  und  andere  Sprachen  bilden  den  Acc.  PI.  von  der 
Hochstufe. 

Die  schwachen  Kasus  zeigen  öfter  (so  bei  den  r-  und 
n-St)  verschiedene  Form  des  Stammes,  je  nachdem  eine 
vokahsche  oder  konsonantische  Kasusendung  angefügt 
wird;  im  ersten  Fall  verhert  nämhch  das  stammbildende 
Suffix  (nach  §  103. 1)  völlig  seinen  Silbenwert.  Man  unter- 
scheidet danach  schwächste  und  mittlere  Kasus. 
Vgl.  z.  B. 

pitd  Nom.  S.       )    ,     1     1^         /Dehnstufe 
■^  .  ,  .       o   >  starke  Kasus  <  „    i    i  r 

pitär-am  Acc.  S.  j  v  Hochstute 

pitr-S  Dat.  S.      1  schwache       (  schwächster  ^^^^^  \sehwundstufe 
pitr-lhyah  D.  PI.  j  Kasus  bezw.  \  mittlerer  j 

224.  Übersicht  der  Stämme.  Die  Verschieden- 
heiten der  einzelnen  Dekhnationen  beruhen  in  erster 
Linie  auf  der  Verschiedenheit  des  Stammauslautes.  Dar- 
nach ergeben  sich  8  Hauptformen  der  Dekhnation, 
nämlich 

I.  a-Stämme  (Maskulina  und  Neutra) 
II.  ä-Stämme  (Feminina) 

III.  i-  und  ?<-Stämme  (Maskuhna,    Fe- 
minina und  Neutra) 

IV.  i-  und  «-Stämme  (Feminina) 
V.  Diphthong-Stämme  (MaskuUna  und 

Feminina) 
VI.  r-Stämme  (Maskuhna,  Feminina  und 

Neutra) 
VII.  w-Stämme  (desgleichen) 
VIII.  Stämme  auf  sonstige  Konsonanten 
(desgleichen) 


Vokal- 
stämme. 


Konsouant- 
stämme. 


^  224.  225.]    Die  Kasusbildung  u.  d.  Gebrauch  d.  Kasus.  151 

Eine  IX.  Klasse  umfaßt  die  Heteroklita,  d.  li.  die 
Nomina,  in  denen  verscliiedene  Stämme  zu  einem  Para- 
digma vereinigt  sind. 

In  diesen  Deklinationsklassen  sind  auch  die  Ad- 
jektiva  eingeschlossen.  Eine  Scheidung,  wie  sie  sich 
z.  B.  im  Germanischen  zwischen  Substantiv-  und  Ad- 
jektivflexion findet,  fehlt  im  Ai.  Nur  einige  Adjektiva 
pronominalen  Charakters  bilden  gewisse  Formen  nach 
der  pronominalen  Flexion  und  Averden  daher  beim  Pro- 
nomen behandelt. 

Anm.  Gelegentlich  zeigen  sich  einige  Besonderheiten  bei 
adjektivischen  Komposita,  deren  2.  Bestandteil  an  sich  ein  Sub- 
stantiv ist.  Die  Flexion  ist  nicht  immer  mit  derjenigen  des  betr. 
Substantivs  identisch. 


XIII.  Kapitel. 
Die  Kasusbildung  und  der  Grebrauch  der  Kasus. 

a)  Die  Kasusformen,  i 

225.  Übersicht.  Die  idg.  Grundsprache  hatte  3 
Genera  (MaskuHnum,  Femininum,  Neutrum),  3  Numeri 
(Singular,  Dual,  Plural)  und  7,  bezw.  (mit  Vokativ)  8 
Kasus.    Alle  diese  Formen  sind  im  Ai.  vertreten. 

Die  Verteilung  der  Genera  ist  im  "Wesenthchen 
aus  der  Grundsprache  ererbt,  wie  die  Üljereinstimmung 
mit  den  verwandten  Sprachen  zeigt.  Das  grammatische 
Geschlecht  ist  nur  teilweise  durch  die  Stammform  ein- 
deutig bestimmt,  vgl.  §  224,  II,  IV.  Öfter  ist  jedoch  das 
Geschlecht  an  der  Form  des  Nominativ  Sing,  kennthch; 
so  endigen  die  maskuhnen  a-Stämme  (I)  auf  -as  (gr.  -o?, 


1  Außer  Whitney  a.  a.  0.  vgl.  Brugmann,  Grundriß  II,   2, 
S.  510  flf. 


152  Formenlehre.  [§225,226.227. 

lat.  -us),  die  Neutra  auf  -am  (gr.  -ov,  lat.  -um)]  in  den 
Klassen  HE,  VI,  VII  und  teilweise  in  YUI  unterscheidet 
sich  das  Neutrum  vom  Maskulinum  und  Femininum  durch 
Fehlen  einer  Endung  (III,  VI — ^T^II),  hezw.  durch  eine 
besondere  Vokalstufe  des  Stammes  (VI — VIII). 

Anm.  Über  das  grammatische  Geschlecht  in  den  idg.  Sprachen 
vgl.  besonders  Delbrück,  Grundriß  III,  1,  89—133. 

226.  Grebrauch  des  Duals.  Der  Dual  steht  mit  oder 
ohne  dvmt,  um  eine  Zweiheit  von  Gegenständen  auszu- 
drücken; ohne  dväu  wird  er  besonders  bei  paarweise 
vorkommenden  Gegenständen  gebraucht,  Avie  z.  B.  akSl 
'die  (beiden)  Augen',  hastmt  'die  (beiden)  Hände',  päclcm 
'die  (beiden)  Füße',  dvärän  'die  beiden  Türflügel,  die 
Türe';  vgl.  gr.  oaae,  ttoos,  ittttw  'die  beiden  Wagen- 
pferde' u.  dgl.  bei  Homer.  Auch  ein  Paar  ungleicher, 
aber  zusammengehöriger  Dinge  kann  dadurch  bezeichnet 
werden,  daß  das  führende  Wort  in  den  Dual  gesetzt 
wird :  ^^ff\  dampaü  'Mann  und  Frau',  fijffi^  j^itaräu 
'Vater  und  Mutter  =  Eltern',  ^ncT'Pfr  ^hrätäräu  'Bruder 
und  Schwester',  ^a^-^  ivaiuräu  'Schwiegereltern'. 

227.  Die  Kasus  sind  (in  der  Reihenfolge  der  ai. 
Grammatiker)  folgende:  Nominativ,  Akkusativ,  Instru- 
mentalis, Dativ,  Ablativ,  Genetiv,  Lokativ;  dazu  kommt 
als  8.  Kasus  der  Vokativ,  der  jedoch  außerhalb  des  Satz- 
gefüges steht  und  daher  nicht  als  Kasus  im  strengen 
Sinn  betrachtet  werden  kann.  Das  Ai.  hat  den  Bestand  der 
Grundsprache  behauptet.  Aber  nicht  alle  diese  Kasus 
sind  in  allen  Fällen  dui'ch  eine  besondere  Form  von  ein- 
ander unterschieden:  der  Vokativ  ist  nur  im  Singular 
vom  Nominativ  verschieden,  stimmt  aber  im  Dual  und 
Plural  immer  mit  ihm  überein.  Der  Ablativ  hat  nur  im 
Singular  der  a-Stämme  eine  besondere  Form  und  fällt 
sonst  im  Singular  mit  dem  Genetiv,  im  Plural  mit  dem 
Dativ  zusammen;  für  den  Dual  gibt  es  überhaupt  nur 
drei  Kasusformen,  eine  für  den  Nom.-Acc.  (-Voc),  eine 


§  227.  228. 229.]  Die  Kasusbildung  u.  d.  Gebrauch  d.  Kasus.         153 

zweite  für  den  Instr.-Dat.-Abl.  und  eine  dritte  für  den 
Gen.-Lok. 

228.  Die  Kasusformen  werden  gewöhnlicli  durch  be- 
sondere Endungen  gebildet ;  doch  kann  auch  der  bloße 
Stamm  zur  Bildung  eines  Kasus  dienen,  vgl.  z.  B.  Nom. 

S.  f.  hälä  'Mädchen',  gr.  X^P^^  ^^*-  /^^*^'  ^^^'  ^-  '^^' 
häla  'o  Knabe',  gr.  «^iXe,  lat.  domine,  Nom.  S.  n.  näma, 
gr.  ovojxa,  lat.  nömen,  idg.  ^nömn,  Nom.  S.  m.  pitä,  gr. 
7raT"^p,  idg.  *pdte(r).  Außer  dem  Nominativ  und  Vokativ 
S.  zeigt  (im  Sanskrit)  nur  noch  der  Lokativ  S.  gelegent- 
lich endungslose  Formen. 

229.  Ülbersiclit  der  Endungen.  Da  Stamm  und 
Kasusendung  oft  so  vollständig  mit  einander  verschmolzen 
sind,  daß  die  Fuge  nicht  einmal  in  der  idg.  G-rundform 
erkannt  werden  kann  (s.  §  219  Anm.),  so  kann  ein  System  der 
Kasusendungen  nur  auf  grund  derjenigen  Dekhnations- 
formen  aufgestellt  werden,  in  denen  Stamm  und  Endung 
sich  deuthch  von  einander  abheben.  Dies  findet  sich  am 
besten  bei  den  Konsonantstämmen,  wie  bereits  die  in- 
dischen Grammatiker  erkannt  haben.  Die  Endungen 
sind  folgende : 

Singular  Dual  Plural 

m.  f.  n.  m.     f.     n. 


in.  f. 

n. 

Nom. 

-s 

0 

Acc. 

-am 

0 

Instr. 

ä 

Dat. 

e 

Abi. 

Gen. 

i-as 

Loc. 

-i 

■au      -i  }  -as 

■hhis 


I 


■hhyäm 


1 


I 


-hliyas 


■OS 


-am 

-SU 

Diese  Endungen  sind  aus  der  idg.  Grundsprache  er- 
erbt; weitere  kommen  bei  den  einzelnen  Paradigmen  zur 
Sprache. 

Endungen,  die  mit  einem  Konsonanten  beginnen 
(z.  B.  -su),  heißen  'konsonantisch',  die  übrigen  'vokalisch'. 


154  Formenlehre.  [§  230. 

230.  Die  Endungen  des  Singular. 

Nom.  m.f.  iclg.  -s,  vgl,  ai.  avi-h  'Schaf,  gr.  öi-<;,  lat. 
ovi-s  =  idg.  *om-s;  sümi-h  'Sohn',  gr.  tttj^^o-c,  lat.  lacii-s, 
got.  sunu-s  =  idg.  — ?(-s;  väli  (aus  *väk-S,  s.  §  165),  av. 
väi-^  'Stimme',  gr.  ö^*,  lat.  vöx  =  idg.  *7wqV-s.  [Über  idg. 
Nominative  ohne  s  s.  die  II.  IV.  VI.  VII.  Deklination.] 

n.  ohne  Endung,  vgl.  madJin  'Honig',  gr.  {xeÖu,  j;aJ?t 
'Vieh',  lat.  2^ecu,  got.  faihu  =  idg.  *med]iu,  '^ijeku  (neben 
*pehis  m.,  vgl.  imhüi  =  lat.  xiecus).  [Vgl.  außerdem  die 
neutrale  Endung  -m  §  242.] 

Acc.  ?n.  f.  idg.  -»i  nach  Vokal,  -m  nach  Konsonant. 

a)  asva-m  'Pferd',  lat.  eqiiu-m,  gr.  itctto-v  =  idg. 
'■^•ehto-m\  hälä-m  'Mädchen',  lat.  mensa-m,  gr.  y^u)pä-v  = 
idg.  — ä-ni. 

b)  für  idg.  -m  erwartet  man  -a  (s.  §  89.  1) ;  statt 
dessen  lautet  die  Endung  -am:  x)äd-am  'Fuß',  gr.  7r68a, 
lat.  jjedem  =  idg.  *ped-m  bezw.  *2^od-in;  IJiarant-ani 
'tragend',  gr.  cpepovi-a,  lat.  ferent-em  =  idg.  *hheront-m. 
Vermutlich  ist  das  -m  an  die  lautgesetzliche  Form  *päd-a 
u.  s.  w.  nach  Analogie  der  vokalischen,  insbesondere  der 
ä-Stämme  (aha-m  u.  s.  w.)  angefügt  Avorden,  wie  z.  B. 
auch  in  den  spätgriechischen  Akkusativen  avopav,  izaxi- 
pav,  (i,Y)T£pav  u.  dgl.  -v  nach  Analogie  von  (piXov,  j^to- 
pav  u.  s.  w.  angetreten  ist.  Über  eine  andere  Erklärung 
des  ai.  -am  vgl.  AVackerkagel  §  263,  b),  Anm.,  Bartho- 
lomae  ZDMG.  L,  677  und  Brugmann,  Kurze  vergl. 
Gramm.  §  188.  Eine  Einwirlmng  der  «-Stämme  auf  die 
übrigen  Stämme  hat  auch  bei  andern  Formen  stattge- 
funden. 

Instr.  -ä  scheint  die  ui'sprüngliche  Endung  der  ä- 
Stämme  zu  sein  (s.  §  241),  die  auf  die  Konsonantstämme 
übertragen  wurde.  Über  die  ursprüngliche  Gestalt  des 
Suffixes  und  sein  Vorkommen  im  Ai.  und  den  andern 
idg.  Sprachen  sind  die  Ansichten  geteilt,  vgl.  z.  B.  Bar- 
tholomae  Iran.  Grundr.  I,  122  f.  und  zuletzt  (aber  nicht 


§  230.  231.]    Die  Kasusbildung  u.  d.  Gebrauch  d.  Kasus.  155 

Überzeugend)  Reichelt  BB.  XXV,  232  ff.  Die  Endung  ä 
war  vermutKcli  bereits  ui'ariscb,  da  die  avestische  Endung 
-ä  (neben  -ä)  aus  -ä  gekürzt  ist,  s.  Bartholomae  a.  a.  O. 

Dat.  idg.  -ai  liegt  in  der  griecliisciien  Infinitivendung 
-|ji£V-ai  (S6{X£v-at,  iO|X£v-ai  bei  Homer)  am  deutlichsten 
vor,  denn  -jjLSv-ai  entspricht  genau  einem  ai.  -man-e 
(asman-e,  ved.  dä-man-e  u.  a.),  d.  h.  dem  Dativ  eines 
Nomens  auf  -men-. 

Abi. -Gren.  idg.  -es  und  -os,  vgh  väc-ah  'der  Stimme', 
d.  i.  gr.  QTZ-QC,  oder  lat.  vöc-is  =  idg.  '^uoqV-°/eS\  janas- 
all 'des  Geschlechtes',  gr.  ^eveos  oder  lat.  gener-is  =  idg. 
^genes-^/eS.  Im  Ai.  sind  -es  und  -os  in  -as  zusammen- 
gefallen; die  Verteilung  von  -es  und  -os  hing  in  der 
Grundsprache  vermutHch  von  bestimmten  Accentverhält- 
nissen  ab  (etwa  ^iioql^-es  aber  ^genes-os).  [Über  eine  be- 
sondere Ablativendung  s.  §  245,  über  die  ablati^dsche 
Adverbialendung  -tas  s.  §  403.] 

Loc.  idg.  -i,  vgl.  iKLcl-U  gr.  uoS-i  =  idg.  ^ii^/ed-i\ 
intär-i  'Vater',  gr.  (hom.)  iraisp-i  =  idg.  ^pdter-i. 

231.   Die  Endungen  des  Dual. 

Nom.  Acc.  m.  f.  Di6  Endung  -äu  =  idg.  -öii  ge- 
hört den  o-Stämmen  an  und  ist  von  da  auf  die  Konso- 
nantstämme übertragen ;  genaueres  s.  §  241. 

n.  -1  scheint  idg.  gewesen  zu  sein;  allerdings  fehlen 
Zeugnisse  dafür  in  den  übrigen  Sprachen.  Ob  das  l  in 
gl",  /uax-i  (£ixoa-i)  eine  verwandte  Dualendung  enthält, 
ist  sehr  fragUch  (vgl.  Pedersen  KZ.  XXXVIII,  409). 

Instr.  Dat.  Abi.  -hhyäm  (im  Veda  auch  -hhiyäm) 
hat  außer  dem  ganz  selten  vorkommenden  avest.  -hyqm 
(wofür  -hgä  das  regelmäßige  Suffix  ist)  keine  genaue 
Parallelform  in  den  verwandten  Sprachen.  Das  Element 
-hhy-  (-hhi-)  kehi"t  auch  in  der  gleichen  Kasusgruppe  des 
Plural  wieder  (s.  d.). 

Gen.  Loc.  idg.  -ous  oder  -ens  =  ai.  ös  liegt  ver- 
muthch  noch  im  ab.  Gen.  Loc.  -u  (z.  B.  Jmmen-ii  von 


156  Formenlehre.  [§  231. 232. 

kamen-  'Stein'  =  ahian-öh)  vor.  Daß  -ous  von  den  o- 
Stämmen  ausgegangen  sei  (vgl.  -äu  im  Korn.  Du.),  läßt 
sich  vermuten. 

232.   Die  Endungen  des  Plural. 

Nom.  m.  f.  iclg.  -es,  vgl.  mätär-aJi,  gr.  {XT^iep-s«;,  idg. 
*mäter-es;  silnäv-ah  'Söhne',  got.  sunjiis  (aus  urgerm. 
*siinüviz),  ab.  synov-e  =  idg.  ^sünhi-es. 

n.  idg.  -9,  vgl.  hlmrant-i  (Particip),  gr.  cpepovxa  =  idg. 
*hheront-d.  (Anders  J.  Schmidt,  Pluralbildungen  227  ff.) 

Acc.  idg.  -ns  nach  vokalischem,  -ijs  nach  konsonan- 
tischem Stammauslaut. 

a)  -ns,  s.  darüber  genaueres  bei  den  vokahschen 
(d.  h.  a-,  i-,  U-)  Stämmen. 

b)  pad-äh,  gr.  iroo-a?,  lat.  ped-es  (aus  -ns),  got.  föf- 
uns  =  idg.  *2)^/od-ns. 

Instr.  -hJiis  (apers.  -hiS,  av.  -hts)  ist  wohl  unmittel- 
bar =  idg.  -h]ii(s);  am  nächsten  steht  gr.  -cpi  (das  für  den 
Instr.  Abi.  und  Loc.  des  Sing,  und  Plm-al  gebraucht 
wird):  ai.  näu-hhih,  gr.  vau-cpi(v)  =  idg.  '^)iäu-hki(s). 
[Über  eine  besondere  Endung  der  o-Stämme  s.  d.] 

Dat.  Abi.  Dem  ai.  -hhyas  (vedisch  auch  -IJiiyas, 
av.  -hyö)  steht  lat.  -hos,  -hus  am  nächsten,  vgl.  avi-hliyah, 
lat.  ovi-hus;  da  aber  lat.  -hos  kaum  auf  *-hhios  zurück- 
geführt werden  kann,  so  gelangt  man  zu  einem  idg.  An- 
satz von  ^-hli(i)ios  und  '*-hhos,  über  deren  Verhältnis 
nichts  Sicheres  ennittelt  ist;  eine  Vennutung  s.  §  233. 

Gen.  idg.  -5m,  vgl.  pad-am,  gr.  tcoB-äv,  lat.  lied-um 
=  idg.  ^p^/od-öm;  janas-äm,  gr.  yevewv  (aus  ^^svea-tov), 
lat.  yener-um  =  idg.  *yenes-öm. 

Loc.  idg.  -SU  wird  durch  die  Übereinstimmung  des 
Ai.  und  Slav.  als  idg.  Endung  erwiesen,  vgl.  z.  B.  hälä- 
sti  und  abulg.  rqlia-chii  aus  "^rqkä-sü  von  rqka  'Hand' 
[gr.  -OL  scheint  eine  Umgestaltung  von  -su  nach  dem 
Loc.  S.  zu  sein;  vgl.  jedoch  auch  Brugmann,  Grundriß 
n,  699  ff.]. 


§  233.]  Die  Kasusbildung  u.  d.  Gebrauch  d.  Kasus.  1.57 

233.  Über  den  Ursprung  der  idg.  Kasusendungen  lassen 
sich  nur  Vermutungen  äußern:  allgemeine  Analogien  anderer 
Sprachen  (z.  B.  der  ural-altaischen)  und  jüngerer  Entwicklunge- 
stufen der  idg.  Sprachen  weisen  darauf  hin,  dafj  die  Kasussuffixe 
aus  einer  Verschmelzung  mit  Pronomina  (Partikeln),  Praeposi- 
tionen  oder  auch  mit  Substantiven  erwachsen  sind ;  die  Einzelheiten 
entziehen  sich  unserer  Erkenntnis.  Deutlicher  sind  einige  Be- 
ziehungen zwischen  den  verschiedenen  Suffixen  zu  erkennen:  so 
scheint  -ns  (Acc.  PI.)  das  Singularsuffix  -m  -f-  Pluralendung  -s 
zu  sein,  die  wohl  auch  in  -bhi-s,  *-bh{i)o-s  vorliegt  und  als  Schwund- 
stufe zu  -es  aufgefaßt  werden  kann.  Das  Verhältnis  der  Endung 
des  Dat.  S.  -ai  und  Loc.  S.  -i  sieht  so  aus,  als  ob  dieses  Schwund- 
stufe zu  jenem  wäre. 

Da  sich  die  verschiedenen  Kasussuffixe  der  einzelnen  Spra- 
chen nicht  decken  und  zum  Teil  dennoch  auf  die  Grundsprache 
zurückgehen,  so  muß  man  in  dieser  eine  Mannigfaltigkeit  von 
Endungen  annehmen,  die  von  keiner  Einzelsprache  erreicht  wird. 
Dieser  Reichtum  erklärt  sich  teilweise  aus  sekundären  Dialekt- 
verschiedenheiten der  Grundsprache.  So  besitzt  das  Germanische 
und  Baltisch-Slavische  an  Stelle  der  6/i-Suffixe  solche  mit  »u, 
z.  B.  Dat.  PI.  lit.  sunu-mus,  abulg.  syno-mii,  got.  sunu-ni  gegen- 
über ai.  sünu-hhyah,  Instr.  PL  lit.  ranko-mis,  abulg.  rqka-mi 
gegenüber  ai.  asvä-bJdh:  neben  *-bhios,  *-bhos,  *-bhis  erhalten  wir 
also  auch  ein  *-mos  und  *-mts,  und  es  kann  die  Frage  aufge- 
worfen werden,  ob  nicht  '^-bhos  statt  *-bhios  nach  *-mos  gebildet, 
-mis  zu  -bhis  nach  dem  Muster  von  *-mos,  *-bhios  geschaffen  wurde. 

"Weiter  erhebt  sich  die  Frage,  wie  sich  die  verschiedenen 
Endungen  auf  die  verschiedenen  Stämme  und  Kasus  ursprünglich 
verteilten.  Der  Dual  hatte  vermutlich  einmal  ebensoviel  Kasus- 
formen wie  der  Singular  und  Plural:  die  verschiedenen  idg.  Suf- 
fixe sind  also  wohl  verschiedenen  Kasus  zuzuteilen.  Endlich  be- 
obachtet man  in  allen  Einzelsprachen,  daß  sich  gewisse  Kasus- 
suffixe nur  noch  in  Adverbien  oder  „in  adverbialer  Erstarrung" 
behaupten,  wie  z.  B.  der  Lokativ  ol'xoi  (ol'xei)  im  Attischen  oder 
die  Instrumentalendung  -nii  in  ai.  sane-mi  'von  alters  her'  (zu 
Sana-  'alt');  auch  dieses  Entwicklungsstadium  wird  schon  in  der 
uns  erreichbaren  Grundsprache  vorhanden  gewesen  sein:  so  hat 
man  in  ai.  uSar  'in  der  Frühe'  (im  Kompositum  umr-bhut)  und 
punar  'wiederum'  ein  Lokativsuffix  mit  r  vermutet,  das  schon  zu 
Beginn  der  einzelsprachlichen  Entwicklung  adverbial  erstarrt  war. 

Mithin  muß  das  unmittelbar  zu  erschließende  uridg.  Kasus- 
system auf  ein  noch  älteres  System  zurückgeführt  werden:  daher 


158  Formenlehre.  [§  233-236. 

fehlen  uns  die  Hilfsmittel,  um  den  Ursprung  der  idg.  Kasussuffixe 
zu  erkennen.  —  Zu  diesen  Fragen  vgl.  auch  Brugmann,  Grundriß 
II,  518  ff.,  sowie  Hirt,  Griech.  Laut-  und  Formenlehre  S.  215  £F. 

234.  Die  Pronomina  haben  einige  besondere  Kasus- 
suffixe, die  in  §  349  ff.  besprochen  werden.  Gelegenthch 
greifen  das  nominale  und  das  pronominale  Kasussystem 
in  einander  über;  im  Ai.  ist  dies  jedoch  seltener  als 
z.  B.  im  Gi-iechischen  und  (liinsichtUch  der  Adjektiv- 
flexion) besonders  im  Germanischen. 


b)  Gebrauch  der  Kasus  im  Ai. 

(Syntaktische  Bemerkungen.) 

235.  Literatur :  Delbrück,  Vergleichende  Syntax  I  (=  Grund- 
riß III)  173 ff.;  Brugmann,  Kurze  vergl.  Gramm.  417-446.  Für 
das  Ai.  s.  Whitney  §267fi".,  Speijer,  Ved.  u.  Sanskrit-Syntax  (im 
Ind.  Grundriß)  S.  6  ff. ;  für  das  Griechische  vgl.  Brugmann,  Griech. 
Gramm.3  373  ff.,  Hirt,  Griech.  Laut-  u.  Formenlehre  217  ff. 

336.  Der  Nominativ  ist  der  Kasus  des  Subjekts 
und  des  Praedikatsnomens.  Über  die  Kongruenz  von 
Subjekt,  Attribut  und  Praedikat  gelten  dieselben  Regeln 
wie  im  Lateinischen. 

Anm.  Im  RV.  finden  sich  noch  einige  Spuren  einer  syn- 
taktischen Verbindung  des  neutralen  Pluralsubjekts  mit  dem 
Sing,  des  Praedikats  (wie  im  Griechischen),  s.  J.  Schmidt,  Plural- 
bildungen 4  f. 

Eigentümhch  ist  der  Gebrauch  des  Nominativs  vor 
iti  *so',  um  den  Namen  einer  Sache  einzuführen:  sf^^- 
xj^f^  ^j^  vadanty  aparneti  täm  'man  nennt  (vadanti) 
sie  (täm):  „Aparnä"  so  (iti)  (heißt  sie)'  =  'man  nennt 
sie  Aparnä';  -sftiw.  Wm  «»^^Pd  f^^«**!?  Tt^  JiäJiah  käme 
Mthayati  CüraMrna  iti  (II,  2)  'die  Krähe  sagt  (ihm) 
ins  Ohr  „Citrakarna"  (so)'.  Ein  doppelter  Nominativ 
steht  ähnhch  wie  in  den  verwandten  Sprachen,  z.  B. 
-^j^  Wtf^:  ^w^'  ^J«  vnhaydli  katliyante  (I,  2)  'unter 
fyVVs  werden   Eeiskörner  verstanden',    ^lij^^Nlild  'qfT" 


§  236.  237.]    Die  Kasusbildung  u.  d.  Gebrauch  d.  Kasus.  159 

f^fT^  äijur  varSaSatq,  parimitam  'das  Leben  ist  als  100- 
jährig  bemessen'. 

237.  Der  Accusativ  wird  gebraucht 

1.  als  direktes  Objekt,  u.  a.  auch  bei  den  Verben 
des  Sprechens  (zu  jem.)  wie  hrü-,  vac-,  vad-,  bei  smar-  'sich 
erinnern'  u.  a.  Der  Gebrauch  des  doppelten  Accusativs 
stimmt  im  Wesenthchen  mit  dem  griechischen  und  latei- 
nischen überein,  so  z.  B.  bei  den  Verben  des  Machens 
(zu),  Wofürhaltens,  Meinens,  Fragens,  Bittens,  Behrens, 
des  Sprechens  (s.  oben),  auch  des  Wegnehmens  und 
Rauhens.  Beispiele:  <^|«i|^|^'^  "^  ^^Tffl^fvt  '»'Citnä- 
näm  äirayq  yq  vyadhäd  vidliih  (III)  'den  das  Schicksal 
zu  einem  Träger  von  Schätzen  (d.  h.  sehr  reich)  gemacht 
hatte' ;  ftTf^f%  f^W^nr'^  ^f*^"^  avehi  viMnuhliaktam  'halte 
diesen  für  einen  Visnu -Verehrer' ;  «^-^^«f  «tTT  T^ 
■J^TTW  f^rf^  näubandhanq  näma  Spdgq  Miyätq,  viddhi  'wisse, 
daß  die  Bergspitze  n.  mit  Namen  genannt  ist' ;  ^j^  ^  -j^t^- 
^rq^jftf:  saty(i  tq,  räjaputram  upeyatuh  'sie  gingen  den 
Prinzen  um  die  Waln-heit  an'  (d.  h.  'sie  fragten  ihn 
nach  der  Wahrheit');  i[  ij4^*i<jU^^<l  ^^  sarvasvam 
adandayat  (III)  'diesem  nahm  er  als  Strafe  das  ganze 
Vermögen  ab'. 

Bei  kausativen  Verben  kann  die  Person  u.  s.  w., 
welche  zu  einer  Handlung  veranlaßt  wird,  auch  im  In- 
strumental stehen,  z.  B.  xrf^ijn  (oder  qf^fiy)  fxn^T'l 
<g(T<j^nT  pci^^incili  (oder  paMibliili)  pindän  hhädayati  'er 
läßt  die  Vögel  Kuchen  essen'.  Man  bemerke  auch  die 
Dativkonstruktion  in  fj^  rTT'T^  «^^<*^(1  tasmäi  tada- 
ie^q,  nyavedayat  (III)  'diesem  erzählte  er  (eigtl.  'Heß  er 
wissen')  das  alles', 

2.  Accusativ  des  Inhalts:  tt^^t^^  tapas  tapyate  'er- 
übt  Askese'  {tapas). 

3.  für  das  Ziel  einer  Bewegung  im  weitesten  Sinn 
(auf  die  Frage  wohin?);  der  Accusativ  kann  eine  Ort- 


160  Fonnenlehre.  [§237. 

liclikeit,  eine  Person,  eine  beliebige  Sache  oder  ein  Zu- 
stand sein.  Beispiele :  -^  ^iT^^Tt  vanq  gacchämah  'wir 
wollen  in  den  Wald  geben';  ^  irf^:  grhq  2)raviMah 
'er  trat  in  das  Haus  ein';  ifc^  "^1^  rTT*11^lH  ^7^^"^* 
driäu  täm  äkim  (VII,  8)  'indem  er  die  Augen  nach  jener 
Gegend  richtete';  xn^f^WT^^rRTIfT'.  i^f^^'^^'^^f*c?a»(  ?fjx]^a- 
tah  'er  versank  in  höchste  Trauer';  iirnT^T^f?T  nüMm 
äbhyeti  (I,  3)  'es  gelangt  zum  Untergang'  =  'vergeht, 
geht  weg' ;  ^TTT^^rrf^  "^TTf^  ^^rTT^  ^rTm;  sarvämj 
angäni  yäuti  mtratäm  ida  harnatäm  (VII,  6)  'alle  GHeder 
kommen  in  das  Augen-sein  und  Ohr-sein'  =  'werden  zu 
Augen  und  Ohi'en' ;  xjfg  «rqt^  V'^^^ti  nayanti  (c.  Acc.) 
*sie  führen  zur  Mästung'  =  'sie  mästen' ;  i(  Tip^  T{dmn^ 
tq  grlict,  iwaveiayaü  'er  läßt  ihn  ins  Haus  eintreten'. 

4.  auf  die  Fragen  wie  lange?  (von  der  Zeitdauer) 
wie  lang,  hoch,  breit  u.  s.  w.  ?  (von  der  Eaumerstreckung) 
und  bisweilen  auf  die  Frage  wann?  (Zeitdauer,  innerhalb 
der  etwas  geschieht),  z.  B.  ^^  <=j(^<l«l  äa^a  vatsarän 
'zehn  Jahre  lang',  ^in^^  t%^T  A^^ftwa?»  el^q  sthitvä 
'eine  Weile  stehend',  ^^f^VjH  aharnisam  'bei  Tag  und 
Nacht'. 

5.  adverbial,  z.B.  bei  behebigen  Adjektiven  zur  Bil- 
dung des  Adverbiums  (vgl.  §  392);  ferner  näma  'mit 
Namen'. ^ 

6.  bei  folgenden  eigentlichen  und  uneigentlichen 
Praepositionen,  bezw.  Postpositionen  (da  sie  in  der  Eegel 
nachgestellt  werden) :  miu  'nach'  (Ort,  Zeit,  Hang), 'gemäß'  ^, 


1  Es  besteht  keine  Notwendigkeit,  mit  L.  H.  Gray  IF.  XI, 
307  ff.  in  diesem  Gebrauch  von  näma  etwas  anderes  als  einen  Ac- 
cusativ  zu  sehen;  vgl.  dazu  W.  Foy  IF.  XII,  172 ff.  Übrigens  wird 
auch  der  Instr.  nämnä  'mit  Namen'  in  gleicher  Weise  ver- 
wendet. 

2  Der  Akk.  steht  auch  bei  den  mit  anu  {prati,  upa)  zu- 
sammengesetzten Verben,  z.  B.  bei  anu-prasthä-  (1, 2)  'nachfolgen' 
und  anu-bhü-  (ib.)  'genieföen'. 


§  237. 238.]     Die  Kasusbildung  u.  d.  Gebrauch  d.  Kasus.  161 

upa  'an — heran',  prati  'zu,  gegen — hin,  in  bezug  auf, 
vinä  'ohne,  außer'  (auch  mit  Instr.  oder  Abi.),  rte  'ohne' 
(auch  mit  Abi.). 

7.  Merke  auch  fvWT'l  f^^^^'  ^^*'*  'P^^i  über  diese' 

(vni,  1). 

238.  Der  Instrumentalis  wird  gebraucht 

1.  als  Sociativus,  um  die  Begleitung  oder  Ver- 
einigung mit  Personen  und  Sachen  auszudi'ücken,  und 
zwar  besonders  in  Abhängigkeit  von  Verben  oder  Nomina, 
die  mit  sam-  zusammengesetzt  sind  oder  eine  Vereinigung 
bezeichnen  (wie  yukta-  'vereint  mit'),  sowie  von  Aus- 
drücken der  Trennung  (hlna-  'verlassen,  entblößt  von') 
und  der  Gleichheit  {sama-,  saäria-,  tuli/a-  u.  dgl.). 

Beispiele :  vtlJHHt  <Jt^Hm*<l-^*<rM  T  «^jOfd  ^rgälaih 
sahäläpamätramapi  na  karöti  'mit  den  Schakalen  redet 
er  nicht  einmal  ein  Wort' ;  -^rf^  ^  %Tf^  ^TTf^T^  ^T;??; 
asti  me  kenacid  hhü2)citinä  väiram  'mir  ist  Feindschaft 
mit  einem  Könige';  «i  «fj^cjlifvj  (in^  '^^*  nllavarnena 
tyajyate  'er  wird  die  Indigofarbe  nicht  los'.  Hierher  auch 
Ti([(4j»H  ftcn^t  ätmanä  trtiyah  'mit  sich  der  dritte'  =  'zu 
dreien'  und  die  Konstruktion  von  ram-  c.  Instr.  'ge- 
schlechthch  mit  jem.  verkehren'. 

2.  zur  Bezeichnung  des  Mittels  oder  Werkzeuges 
im  weitesten  Sinn  (auch  von  Personen),  der  handelnden 
Person  beim  Passiv,  sowie  des  Preises ;  hierher  gehört  auch 
der  Instr.  bei  den  Ausdi'ücken  des  Füllens  und  Vollseins. 
Beispiele:  177%^  ^^:  pä^ena  haddhah  'in  einer  Schlinge 
gefangen';  ^^4^'=*!^  ajäir  yaStavyam  (I,  2)  'mit  aja's 
soll  geopfert  werden' ;  ^V!{|^|H^M4JI  fwfMiMt  yathäyäta- 
märgena  nükräntah  (I,  7)  'er  ging  weg  auf  dem  Weg,  den 
er  gekommen  war';  ^tW^  ^^4*if^  t7T<l«hOrd  dlptyä 
süryani  api  üraskaröti  'er  übertrifft  sogar  die  Sonne  an 
Grlanz';  ^jf^  <ffl*<lH*(l  TT^^^^tH  1/^^^  ratnamälayä  pra- 
yöjanam  (I,  3)  'wenn  (dir)  mit  einem  Juwelenkranz  ge- 

Thumb,  Alti&diiche  Grammatik.  11 


162  Formenlehre.  [§  238. 

dient  ist';  <^|<^i|^4^|shM:  särameyäir  akräntali  'von  den 
Hunden  verfolgt' ;  ^rsTT  ^¥^  ^  'TRT:  mayä  draUavyö 
'yq  nyäyäh  'dieses  Verfahren  muß  von  mir  angesehen 
•werden'.  Da  die  passive  Ausdrucksweise  überhaupt  selu* 
beliebt  ist,  so  findet  sich  der  letztbelegte  Gebrauch  sehr 
häufig,  sogar  in  Fällen  wie  ^f^TT^  ^Ö4(^<!l  ^ffö?^  jalänte 
duStagrahena  hhävyam  (I,  3)  'im  Wasser  muß  ein 
Kobold  sein'.  —  <^ld*l^f%  ^-^«l  ^»l  dätum  arlmsi 
mtdyena  sutam  'du  mußt  den  Sohn  um  den  Preis  her- 
geben'. 

3.  zur  Bezeichnung  des  Grundes  oder  der  Ursache: 
^^Tt^TJT  fej^mjifwi  däJiadö^ena  vinaiyanti  'sie  kommen 
durch  Brandschaden  um' ;  -411(4^144^«!  '^  "^f^  ^<^«i  ^raf- 
cnfrf«{  Tff  ^^I^  ätmäupamyma  yö  vetti  diirjcuiq  satya- 
vädinq,  sa  vancyate  'wer  nach  seinem  eigenen  Maßstab 
den  Bösewicht  für  wahrhaftig  hält,  der  wird  betrogen'. 

4.  zur  Bezeichnung  des  begleitenden  Umstandes  und 
der  Art  und  Weise :  ^STTTWt^TW^'  •  • "  f^^f?!  jarä-jmäir 
mdyanäih  . . .  vikdi  (VIII,  16)  'mit  altersschwachen  Ghe- 
dern  tritt  er  ein';  ^wrtTTtVT  sväHha-avirödhena  'bei 
Nicht-Schaden  [d.  i.  ohne  Schaden]  für  die  eigene  Sache' ; 
^'PT  ^^?n  »0^  HVch^fi  vegena  maJiatä  nävq  präharSat 
(IV)  'in  großer  Eile  zog  er  das  Schiif.  Daher  dient  der 
Instr.  oft  auch  als  Adverbium,  \de  ^j%5T  siikliena  'auf 
glückliche  Weise',  vgl.  ferner  §  393. 

5.  zur  Bezeichnung  von  Baum  und  Zeit,  innerhalb 
deren  etwas  vor  sich  geht :  sfftsrTnT^UI  f^rnt  ^röMnta- 
rena  sthitäh  (11,  2)  'in  dem  Zwischenraum  (in  der  Ent- 
fernung) eines  krö^a-  stellten  sie  sich  auf';  ch|^«1  ^RW^ 
¥  ^H^HyptT;  liälena  mahatä  sa  sumahän  ahhüt  'im  Laufe 
langer  Zeit  wurde  dieser  sehr  groß'. 

6.  nach  einigen  festen  Wendungen  wie  Jiö  'rthali  oder 
kirn  'was  nützt  das,  was  hat  man  davon',  alam,  krtam, 
astu  'genug  damit,  fort  damit',  z.  B.  flji  "^^^  ki  halimiä 


§  238.  239. 240.]  Die  Kasusbildung  u.  d.  Gebrauch  d.  Kasus,        163 

'wozu  neler  Worte' ;  t%  f^wx;^  ^i  vistarena  'wozu  be- 
darf es  der  Weitläufigkeit?'. 

7.  bei  den  Praepositionen  saha,  säkam,  särdham 
'mit'  (vgl.  1),  samam  'gleichzeitig  mit',  vinä  (§  240). 

239.  Der  Dativ  bezeichnet 

1.  das  entferntere  (indirekte)  Objekt,  wobei  er  mit 
dem  Genitiv  konkurriert.  Merke  besonders  den  Dativ 
bei  Ausdrücken  wie  gebühren,  acJit  geben  auf  etw.,  Jiin- 
neigen  zu,  jem.  anhalten  zu,  sich  bemühen  um.  Beisp.: 
TTCt^cfiTT^  M<ij<|ij  paröimliärah  pimyäga  'höchster  Lohn 
(gebühi-t)  dem  Frommen';  ^%^  M<*<ivtinj^  yatedhvq 
paramärtha-siddhyäi  'bemüht  euch  um  das  GeHngen  der 
wichtigsten  Sache';  i^^ij^  fffTT^  yöjayate  hitäya  'er 
hält  zum  Guten  an'. 

2.  den  Nutzen  oder  Schaden  einer  beteihgten  Person 
(Dat.  commodi  et  incommodi). 

3.  den  Zweck  oder  die  Absicht,  oft  in  ganz  freier 
Anlehnung  an  ein  behebiges  Verbum,  auch  als  Prädikat 
mit  der  Bedeutung  'gereichen  zu':  ^hTT  ^T^fTT  dlMlil 
smHä  bhavati  täpäya  (VIII,  5)  'das  Denken  (an  die  Ge- 
hebte) wird  zur  Pein' ;  -^[^^  . . .  ^[^\i^\M  srMam  . . .  ähä- 
räya  'zum  Essen  geschaffen';  tiT;tfci  ^IVJJKI  f^"^f^ 
parahüq  svmihäya  vighnanti  'sie  schädigen  das  Wohl 
anderer  zum  eigenen  Xutzen' ;  <4|^<^|4|  %  c|(jj4||f4{  aMie- 
däya  te  varnayämi  'zum  Trost  erzähle  ich  dir'. 

240.  Der  Ablativ  (der  jedoch  nur  im  Sing,  der  a- 
Stämme  eine  eigene  Form  hat)  wird  gebraucht 

1.  auf  die  Frage  woher?  in  eigenthcher  und  über- 
tragener Bedeutung,  auch  bei  der  Person,  von  der  man 
z.  B.  kauft,  hört,  wünscht,  ferner  zui-  Bezeichnung  der 
Herkunft  und  des  Stoffes.  Beisp.:  ^vfr^^f  "tp^^fTT  vanäd 
vanq  paryatati  'er  wandert  von  Wald  zu  Wald';  tp^- 
■«rrT«ir.  tan-madhyäd  ekdh  'einer  aus  deren  Mitte'. 

11* 


164  Formenlehre.  [§  240. 241. 

2.  bei  Ausdi-ücken  der  Trennung,  Befreiung,  Ent- 
fernung u.  dgl.  Beisp.  f5fWTTt>Jf  «IHIK  nivrttö  'hq 
märgät  'icli  habe  mich  von  dem  Wege  abgewandt'. 

3.  bei  den  Verben  'abhalten  von,  schützen  vor,  ver- 
teidigen gegen,  sich  fürchten  vor'.  Beisp.  ^^TTSpl"  ^PT 
^f^  M^W'  hcUavadbhyö  hhayq,  mama  matsyehhyah  'ich 
habe  Furcht  vor  den  starken  Fischen'. 

4.  zur  Bezeichnung  des  Grundes  oder  der  Ursache, 
z.  B.  f^^l <?n  <^  1  d.  jihväläulyät  'aus  Lüsternheit' ;  '«l^T^f^ 
T  TTTH  ffahf^d.  y(^t^iäd  api  7ia  iwäptq,  kicit  'trotz  (aller) 
Anstrengung  ist  nichts  erlangt  worden'. 

5.  zur  Bezeichnung  des  vergHchenen,  unterschiedenen 
Gegenstandes  nicht  nur  bei  Komparativen,  sondern  auch 
bei  Ausdrücken  wie  a7iya-,  imra-  'anders  (als),  verschieden 
von'  (Abi.  comparationis).  Beisp.:  -^^:  Mti(LhH  ep^Tf?; 
ireyali  pu^paphalam  vrMät  'besser  als  der  Baum  sind 
Blüte  und  Frucht';  iTT^Nt  ^mfvachnj^l  pränebhyö  'py 
aähikapriyä  (III)  'mehr  geliebt  als  das  eigene  Leben'. 

6.  bei  den  Praepositionen  ä  'von — her,  von — an, 
bis — zu',  vinä  (§238),  rie  (§  237),  ürdhvam,  anantaram, 
param  'nach'  (von  der  Zeit),  prabhrti  'von — an',  hahih 
'außerhalb,  aus'  (auch  Gen.). 

Über  adverbialen  Gebrauch  des  Kasus  s.  §  395. 
Der  Ablativ  zeigt  mannigfache  Berührung  mit  dem  In- 
strumental. Andererseits  tritt  für  ihn  der  Genetiv  ein, 
da  bei  den  meisten  Paradigmen  eine  besondere  Ablativ- 
form fehlt.  Dem  Ablativ  sind  ferner  gleichwertig  die 
Adverbialformen  auf  -tas  (s.  §  403). 

241.  Der  Genetiv  steht  (abgesehen  von  seiner  ab- 
lativischen Verwendung) 

1.  zur  näheren  Bestimmung  eines  Nomens  (als  Gen. 
subiectivus,  obiectivus,  possessivus,  partitivus,  zur  Be- 
zeichnung des  Urhebers,  Ursprungs,  Stoffes),  auch  prae- 
dicativ  wie  z.  B.  in  ^  ^f^  ^ifj^;    na   tavedam  grham 


§  241. 242.]    Die  Kasusbildung  u.  d.  Gebrauch  d.  Kasus.  166 

'das Haus  gehört  nicht  dir' ;  ?nHm(!M*i*l  ^[M\  uRchlPffd: 
mänuMnäm  ayq,  nyäyö  pariMrtitah  (I,  2)  'für  die  Men- 
schen ist  dieser  Grundsatz  ausgesprochen'. 

2.  bei  den  Adjektiven  'kundig,  erfahren,  voll',  sowie 
bei  sama-t  sämänya-  'gemeinsam',  sadria-  u.  ä.  (auch  mit 
Instr.,  s.  §  238. 1),  priya-  'lieb'  (statt  des  Dativs),  pratiküla- 
'unangenehm',  sammiJia-  'angemessen,  entsprechend'. 

3.  bei  einigen  Verb  en  wie  smar-  'sich  erinnern'  (auch 
Acc),  day-  'sich  erbarmen'. 

Anm.  In  klassischer  Zeit  tritt  der  Genetiv  immer  mehr 
an  Stelle  des  Dativs;  z.  B.  sßasi/ämäti/apadavi  pradattä  'dem 
Löwen  wurde  die  Stelle  eines  Ministers  gegeben';  etan  mam(a) 
äkhi/ätam  'dies  ist  mir  erzählt  worden' ;  ätmanah  pratiküläni  pa- 
reSq  na  samäcaret  'sich  selbst  unangenehmes  fügt  man  wohl  nicht 
andern  zu'. 

4.  bei  den  Praepositionen  antar  'innerhalb',  auch 
<aus — heraus',  upari  'oberhalb,  auf,  über',  adliali  'unter- 
halb, unter',  purah,  agre  'vor  (Ort  und  Zeit),  voraus', 
paicäd  'hinter',  arthe  (artham)  'wegen'. 

5.  Die  Beziehung  des  Genetivs  zu  den  sonstigen 
Satzghedern  ist  oft  so  lose,  daß  er  einem  Gen.  absol. 
nahekommt,  vgl.  z.  B.  -cf^  -^Ti^nhiiiiii  ^TTOTT^  ^  •  •  • 
TTf'TTtT:  irr^qfwi  tasya  räjyahiyäyq,  vartamänasya  te . . . 
tatparatali  prakHpanti  (I,  10)  'als  dieser  als  König 
herrschte,  legen  sie  vor  dessen  Angesicht . . .  nieder'. 

242.  Der  Lokatiy  steht 

1.  auf  die  Frage  wo?  'zur  Bezeichnung  des  Raumes, 
in  (an,  auf,  bei)  welchem  etwas  stattfindet  (auch  abhängig 
von  Substantiven  und  Adjectiven),  ferner  übertragen  bei 
vi-ivas-  'vertrauen  auf'  u.  ä.  (auch  mit  Gen.),  stTiä-  und 
vart-  'verharren  bei',  sowie  in  der  Bedeutung  'unter, 
zwischen'.  Beispiele:  «j^  nagare  'in  der  Stadt';  •^^fT 
■«T^  laddliä  [näiili]  h-nge  'an  das  Hörn  angebunden'; 
^^ra^^  f^iH^^  akrtyeSu  niyöjycmte  (I,  3)  'sie  hängen 
an  Dingen,  die  untunUch  sind' ;  4{^[pc)  "R^nT  madväci 


166  Formenlehre.  [§  242. 

pratyayäh  'Vertrauen  auf  mein  Wort' ;  "g^^"Bf  f^4jT|4iH 

draUavyehi  Mm  uttamam  'was  ist  das  höchste  unter  den 
Dingen,  die  man  sehen  muß?'. 

Anm.  Hierher  gehört  auch  der  adverbiale  Gebrauch  von 
pade  pade  'Schritt  für  Schritt'. 

2.  auf  die  Frage  wann?  zur  Bezeichnung  des  Zeit- 
punktes, der  äußeren  Umstände.  Hierher  gehört  auch 
die  Konstruktion  des  Loc.  absolutus,  die  dem  griech. 
Gren.  und  lat.  Abi.  absohitus  entspricht.  Beispiele :  ''ssr^- 
gTHj^Hl^lT^  astamanavelayäm  'zur  Zeit  des  Sonnenunter- 
gangs'; -^^  j[t^(7t  öjrT%  ß^^  gacchati  käle  'während  so 
die  Zeit  verging';  fT^T«<f?^  tathämiMhite  'als  so  ge- 
schehen war' ;  ^ff^  if^  ^^^fWfiWf^  tasmj  gate  'nyasmin- 
nahani  'als  er  gegangen  war,  am  andern  Tage  . . . '. 

3.  auf  die  Frage  wohin?  Der  Lokativ  teilt  sich 
hierin  mit  dem  Akkusativ.  Beispiele :  7j^^  ^^  gamyate 
svarge  (I,  2)  'man  kommt  in  den  Himmel'  (neben  «K^cfi 
ifRf^  narakq  gamyate  ib.  'man  kommt  in  die  Hölle') ; 
»{j|<^l^  Trf%^*.  nagaränte  praviUah  'er  begab  sich  nach 
einer  Stadt' ;  ^fpJ^^W  'Tf^rTt  hhändamadhye  patitah  'er 
fiel  mitten  in  das  Gefäß'. 

4.  zur  Bezeichnung  der  Person  oder  Sache,  zu  der 
man  in  irgend  einem  Verhältnis  steht  oder  in  bezug  auf 
welche  etwas  stattfindet.  Beispiele:  -^fkf  W[  f«l\<ftV 
mayi  sä  viraMä  (VITI,  1)  'diese  ist  mir  gegenüber  ab- 
geneigt' =  'fühlt  keine  Neigung  zu  mir' ;  ^%  -^  ¥Tr^<T 
duMe  duMq  samäcaret  'gegenüber  einem  Bösen  verfahre 
man  böse' ;  3ftWTR  f^^  pröUam  atra  viSaye  'in  dieser 
Beziehung  heißt  es';  ^^  41<^*1  ß'^^  säukhyam  'die 
Freude  am  Leben' ;  ir^^  if^T^rii:  prahhutve  "hkiSiMah 
'in  bezug  auf  die  Herrschaft  geweiht'  =  'in  die  H.  ein- 
gesetzt'; -^^  4«t«^4ji4(  rüpe  'nanyasamä  'an  Schönheit 
unvergleichlich'. 

5.  bei  der  Präposition  antar  'innerhalb,  in'  (auch 
Gen.,  s.  §  241). 


§  243.  244.]      Die  Deklination  der  a-  und  ä-Stämme.  167 

243.  Der  Yokativ  stimmt  in  seinem  Gebrauch  z.  B. 
mit  dem  Griechischen  völHg  überein. 

Anm.  In  accentuierten  Texten  (s.  §  55)  ist  der  Vokativ, 
falls  er  nicht  unbetont  ist,  immer  auf  der  ersten  Silbe  betont 
und  fällt  auch  dadurch  ganz  aus  dem  Rahmen  der  Kasusbüdung 
heraus  (vgl.  gr.  izäxep,  aSeXcpe  u.  ä.). 


XIV.  Kapitel. 
Die  Deklination  der  a-  und  ä-Stämme. 

I.  Deklination:  ä-Stämme. 

244.  Paradigma.    1.  deva-  m.  'Gott'. 

Singular. 

N.     ^:  devali  vtctco?  equus 

A.Q,Q,.  ^«4H  ^evam  itctcov  equum 
I-       a^HI  devena  — 

D-     ^TRI  deväya  — 

Abi.  ^cUft^  devät  equö(d) 

Gr.     ^^^  devasya  iTciroio 

L.      ^  deve  hom.  oixoi  (oixei) 

V.      ^y(  deva  iirTte  eque 

Dual. 

N.  Acc.  Y.  ^^  deväu  — 

I.  D.  Abi.   ^c(|4JHJ<  devähhyäm  — 

G.  L.  ^^^  devayöh  — 

Plural. 

N.       ^^.  deväli  got.  wulfös  'Wölfe' 

Acc.    ^yfj^  devän  itttugui;,  equös,  wulfans 

I.         ^^  deväih  ittttoi?  equis 

G"-       ^cfHl^l  devänäm  — 

L.       ^11  deveäu  <piXoioi,    ab.   rahechs   (von 

rahs  'Knecht'). 


168  Formenlehre.  [§244.245. 

2.  phala-  n.  'Frucht'. 

Besondere  Formen  nur  für  den  Nom.  Acc.  V., 
nämlich: 

Sing.     ih<9|4(^  phalam  8&pov,   lat.   donum 

Dual    15%  phale  abulg.  üe  (von  igo  'Joch'). 

Plural  ih<^|f%  phaläni  — 

Das  n  des  Instr.  S.  und  Neutr.  PI.  wird  in  gewissen 
Fällen  zu  n  nach  §  83,  z.  B.  ^[tTTü  dvärena  zu  dvära- 
n.  Türe,  uiiMlHn  ^ästräni  von  Mstra-  'Lehrbuch'. 

Diese  Regel  ist  für  die  ganze  Formenlehre  zu 
merken,  weshalb  weiterhin  nicht  mehr  darauf  hinge- 
wiesen wird. 

245.  Zu  den  einzelnen  Kasus.  Diejenigen  For- 
men, denen  die  entsprechenden  aus  den  verwandten 
Sprachen  beigefügt  sind,  setzen  unmittelbar  die  uridg. 
Formen  fort.  Die  ai.  a-Stämme  sind  also  vom  idg. 
Standpunkt  aus  ö-Stämme;  die  Abstufung  o/e,  die  im 
griech.  und  lat.  Paradigma  erhalten  ist,  mußte  im  Ai. 
verschwinden.  Soweit  die  Formen  sich  nicht  ohne  wei- 
teres aus  dem  Schema  der  Endungen  (§  229)  ergeben, 
ist  folgendes  zu  bemerken: 

Singular. 

Instr.  -ena  ist  eine  Neubildung  nach  der  pronomi- 
nalen Flexion,  s.  §  358  f. ;  die  alte  Form  findet  sich  noch 
im  Vedischen:  vgl.  z.  B.  yajnä  (zu  yajna-  'Opfer')  aus 
idg.  -ö  wie  lit.  ivükü  (von  wiZkas  'Wolf')  und  gr.  tccü- 
(Tcoxe). 

Dat.  "Wenn  man  -äya  in  -äy  +  a  zerlegen  darf,  so 
ist  -äy  =  \Ag.  -öi,  das  in  griech.  (piXo>,  lat.  se7'vo  und  in 
der  ai.  Pronominalflexion  (s.  §  358)  vorhegt;  idg.  -öi  ist 
wohl  Kontraktionsprodukt  von  -o  +  äi.  In  dem  an- 
gehängten -a  vermutet  man  eine  Postposition,  nämlich 
eine  Nebenform  der  ai.  Postposition  ä  (s.  Bartholomae, 
Iran.  Grundr.  I,  122),  die  mit  dem  Dativausgang  ver- 


§  246.]  Die  Deklination  der  a-  und  a-Stämme.  169 

wachsen  ist ;  die  Möglichkeit  solcher  Verwachsungen 
-ward  durch  Fälle  wie  gr.  'AÖTQvaCe  ='A6-^va<;-S£  (oTxovSs) 
u.  ä.  erwiesen.  Eine  andere ,  wenig  wahrscheinHche  Er- 
klärung der  Endung  -äya  s.  bei  Johansson  BB. 
XX,  96  ff. 

Abi.  Der  idg.  Ausgang  Hegt  am  deutlichsten  in  altlat. 
merit-öd,  (Adv.)  facillum-ed  vor;  vgl.  auch  griech.  (dial.) 
ßnai  'unde',  /oixü)  (im  Dialekt  von  Delphi)  'aus  dem 
Hause'  mit  Abfall  des  Dentals;  daß  dieser  ursprünghch 
-t  (-öt,  -et),  nicht  d  gewesen  sei,  wird  von  C.  Kappus,  Der 
idg.  Ablativ  (Diss.  Marbui'g  1903)  vermutet,  doch  fehlen 
ausschlaggebende  Gründe.  Im  Ai.  regeln  sich  die  Aus- 
gänge -ät  und  -äd  natürlich  nach  den  Sandhigesetzen. 

Gen.  Idg.  -sio  (-o-sio)  wird  durch  die  Überein- 
stimmung des  Ai.,  Iranischen  (vgl.  apers.  kär-a-hyä  'des 
Heeres')  und  Griechischen  (hom.  itctcoio)  erwiesen;  die 
Endung  ist  auf  die  o-Stämme  (mit  Einschluß  der  prono- 
minalen Stämme)  beschränkt. 

L  0  c.  Idg.  -oi  (vgl.  auch  apers.  pärsaiy  'in  Persien', 
lat.  dornt)  ist  o|  +  ^  Lokativendung  -i. 

Dual, 

Nom.  Acc.  Yoc.  Idg.  -öu  und  -ö,  die  vermut- 
hch  nach  bestimmten  Gesetzen  des  uridg.  Sandhi  mit- 
einander wechselten  (darüber  und  über  den  Ursprung 
der  Endung  s.  Brugmann,  Grundr.  V,  882 f.  n,  641), 
spiegeln  sich  in  dem  Nebeneinander  von  (ved.)  vrkäu 
und  frÄ;ä wieder;  während  das  Griech.  -ö  verallgemeinerte 
(iTCTTü)),  hat  das  klassische  Sanskrit  -äu  durchgeführt; 
der  Ausgang  -äu  ist  auch  auf  andere  Stämme  übertragen 
worden  (vgl  §  272,  282,  289,  293,  295  und  die  Konso- 
nantstämme, §  298  ff.). 

Instr.  Dat.  Abi.  Die  Länge  des  Stammvokals  vor 
der  Endung  (-ä-hhyäm)  ist  —  nach  der  gewöhnlichen 
Annahme  —  aus  dem  (ved.)  Nominativ  auf  -ä  übertragen; 


170  Formenlehre.  [§  245. 

der  idg.  Stammauslaut  dürfte  -oi-  gewesen  sein.  Merk- 
würdig ist  die  verschiedene  Gestalt  des  Stammes  in  dieser 
und  der  folgenden  Kasusgruppe. 

Gen.  Loc.  Ai.  -ay-ös  =  uridg.  *-oi-  +  oi(s  ist  ver- 
mutlich aus  der  Pronominalflexion  entnommen  (anders 
Bartholomae,  Iran.  Grundr.  I,  130).  Die  Flexion  von 
'2'  (idg,  *duö(u),  *duoi-oi(s  =  ai.  dvä(u),  dvayöh)  ver- 
mittelte wohl  die  Übertragung. 

Plural. 

Nom.  Wegen  uridg.  -ös  ist  außer  dem  Ai,  und 
Got.  auch  der  oskische  Nom.  PI.  Nüvlanüs  d.  i.  Noulanös 
zu  vergleichen.  Neben  -äs  hatte  das  Ur arische  die 
Endung  -äsas,  vgl.  (ved.)  aSväsah,  apers.  hagäha.  Ob 
darnach  eine  idg.  Endung  -öses  neben  -ös  angesetzt  werden 
darf,  ist  zweifelhaft  (vgl.  jedoch  auch  Brugmann,  Kurze 
vgl.  Gramm.  S.  390) ;  urar.  -äsas  kann  als  arische  Neuerung 
erklärt  werden:  an  -äs  wurde  die  dem  Sprachgefühl  deut- 
hchere  Pluralendung  -as  angefügt ;  so  ist  z.  B.  agr.  ejxs  in 
der  spätgr.  Sprachentwicklung  um  das  Accusativz eichen 
-V  (e[xe-v),  dann  noch  einmal  durch  die  Accusativendung 
-a  (neugr.  ejiev-a)  erweitert  worden  (weitere  Beispiele 
für  solche  Vorgänge  s.  bei  Brugmann,  Grundr.  II,  661). 

Acc.  Ai.  -an  ist  nach  den  ai.  Lautgesetzen  zunächst 
aus  -(|s  entstanden,  das  noch  im  Sandhi  zum  Vorschein 
kommt,  s.  §  180;  die  verwandten  Sprachen  führen  auf 
idg.  -öns  zurück,  woraus  sich  ai.  *-an{s)  ergeben  müßte. 
Wegen  des  ai.  -an  ist  es  jedoch  nicht  nötig,  ein  idg. 
-öns  anzusetzen ;  devän  kann  zum  Nom.  PI.  deväh  nach 
dem  Muster  der  Singularformen  deväh :  deväni  (bezw. 
devan  im  Sandhi  vor  t,  d)  geschaffen  sein,  s.  Bartholomae 
ZDMG.  L,  688  (anders  Lorentz  BB.  XXI,  173  ff.,  vgl. 
ferner  Brugmann,  Kurze  vergl.  Gramm.  S.  392). 

Instr.  Idg.  -öis  ergibt  sich  nicht  nur  aus  dem  Ai., 
sondern  auch  aus  dem  Griech.  (-oig),  Lit.  (wilkals)  und 


§  245. 246.]       Die  Deklination  der  a-  und  ä-Laute.  171 

Osk.  (Nüvlmiüis);  über  die  ursprüngliche  Form  des  Suf- 
fixes ist  keine  Sicherheit  zu  erlangen  (eine  Vermutung 
bei  Bartholomae,  Iran.  Grundr.  I,  134). 

Anm.  Im  Ved.  findet  sich  auch  der  Ausgang  -bhis  {vrkebhih, 
wegen  des  c  s.  d.  folg.),  der  allen  übrigen  Stämmen  angehört  und 
von  da  übertragen  ist;  diese  Neubildung  lebt  im  Prakrit  fort 
(vgl.  §  22). 

Dat.  Abi.  Der  Stammauslaut  -e-  (idg.  -oi-)  statt 
-a-i-o-)  ist  von  den  Pronomina  übernommen  (und  zwar 
schon  in  urar.  Zeit,  wie  das  Awestische  beweist);  die 
uridg.  Scheidung  des  Stammauslautes  von  Nomen  und 
Pronomen  ist  in  den  entsprechenden  Formen  des  Ger- 
manischen und  Baltisch-Sla\^schen  bewahrt  (z.  B.  got. 
daga-m,  aber  pai-m).   Vgl.  auch  Dat.  Du.  und  Loc.  PI. 

Gen.  Der  idg.  Ausgang  -öm  =  ai.  -am  (vgl.  gr.  itü- 
TTwv,  lat.  deum  =  deorum)  ist  im  RV.  noch  in  ein  paar 
Belegen  vertreten.  Die  Neubildung  -änäm  geht  jedoch 
bereits  in  die  arische  Periode  zurück  (vgl.  apers.  hagänäm 
zu  haga-  'Gott') ;  die  Ersetzung  von  -am  durch  die  deut- 
lichere Endung  -änäm  ging  wohl  von  den  ä-Stämmen 
aus,  wo  sie  durch  den  Zusammenfall  des  Acc.  Sing,  und 
des  ursprünglichen  Gen.  PI.  auf  -am  geradezu  gefordert 
wurde,  s.  darüber  §  259.  Nach  dem  Verhältnis  von 
häläh :  hälänäm  bei  den  ä-Stämmen  wurde  zu  deväh  ein 
devänäm  gebildet. 

Loc.  Idg.  -oi-su  zeigt  dieselbe  Stammesgestalt,  die 
auch  vor  den  &7i-Suffixen  erscheint,  nur  ist  hier  -oi-  jeden- 
falls schon  uridg.;  mithin  scheint  der  Prozeß,  durch  den 
der  pronominale  Stammauslaut  oi  auf  das  Nomen  über- 
tragen wurde,  bereits  in  der  Grundsprache  begonnen 
zu  haben. 

246.  Neutrum.  Die  Singularendung  -m  findet  sich 
nur  bei  den  o-Stämmen.  Die  Dualendung  -e  =  abulg.  -e 
geht  auf  idg.  -oi  zurück,  das  in  o  +  ^  zerlegt  werden  kann. 
Die  idg.  Pluralform  endigte  auf  -ä  (got.  juka,  lat.  iuga) 


172  Formenlehre.  [§  246. 247. 248. 

und  ist  noch  im  RV.  häufiger  als  -äni,  z.  B.  yugä\  -äni 
stammt  von  den  neutralen  ?i-Stämmen;  das  Nebeneinander 
von  Nom.  PI.  nämäni  und  nämä  (s.  §  309)  veranlagte 
yugäni  neben  dem  ererbten  yugä\  diese  Bildung  wurde 
dann  für  die  neutralen  i-,  u-  und  r-Stämme  vorbildlich. 
Vgl.  darüber  Hanusz,  Sitzungsber.  d.  Wiener  Akad.  CX 
(1885)  59  ff. 

Worihüdung. 

247.  Literatur:  Die  gesamte  ai.  Nominalbildung  ist  aus- 
führlich  (allerdings  mit  besonderer  Berücksichtigung  der  älteren 
Sprache)  bei  Whitney  §  1136—1246  dargestellt;  eine  Übersicht 
der  Nominalsuffixe  findet  sich  femer  bei  Kielhom  §  539  f.  Dazu 
vgl.  Brugmann,  Grundriß  II,  1  und  Bartholomae,  Iran.  Grundriß 
I,  93flF. 

248.  Die  ä-Stämme  bilden  bei  weitem  die  stärkste 
Deklination  des  Ai.,  eine  Folge  der  Häufigkeit  des 
stammbildenden  Suffixes  -o-  (vgl.  auch  §  220  Anm.), 
das  sowohl  unmittelbar  in  Verbindung  mit  der  Wurzel, 
wie  in  zahlreichen  andern  Suffixen  vorkommt. 

Anm.  Der  ai.  Stammauslaut  -a-  ist  nicht  immer  Suffix;  in 
-ga-  'befindlich  in'  {vasa-ga-  'abhängig'),  Tiefstufe  zu  gam-  'gehen', 
ist  das  auslautende  a  vielmehr  ein  integrierender  Bestandteil  der 
"Wurzel;  -jtla- 'kundig' {rasa-jna-  'geschmackekundig,  vertraut  mit 
etw.')  zu  jM-  'kennen',  -da-  'spendend'  (dhana-da-  'Reichtum 
spendend'),  -stha-  'in  etwas  befindlich'  (antara-stha-  'innerhalb 
befindlich')  zu  sthä-  'stehen',  -pa-  'gebietend'  {adhi-pa-  'Gebieter', 
nr-pa-,  bhü-pa-  'König')  zu  pä-  'schützen',  -pa-  'trinkend'  {madya- 
pa-  '"Weintrinker,  Trunkenbold')  scheinen  z.  T.  Nullstufe  der 
"Wurzel  (§  109,  a)  +  o  zu  enthalten,  also  z.  B.  -stha-  ==  idg. 
*sth-o-  (vgl.gr.  Suoxo-i;  aus  *8üo-ot-o?  zu  otä-);  da  -pa-  'trinkend' 
wegen  der  Ablautsverhältnisse  von  pä-  (§  110)  auf  gleiche  "Weise 
nicht  erklärt  werden  kann,  so  muß  angenommen  werden,  daß  das 
Muster  von  -stha-  (zu  sthä-)  u.  ä.  für  Wurzeln  auf  -ä :  -ä[i]  vor- 
bildlich geworden  ist.  Vgl.  auch  §  260  Anm.  Diese  Wörter,  die 
alle  als  Schlußteil  eines  Kompositums  (nicht  selbständig)  vor- 
kommen, sind  vom  ai.  Standpunkt  aus  mit  den  sogen.  'Wurzel- 
nomina' (s.  §  220.  1.)  identisch. 


§249.250.251.]  Die  Deklination  der  a-  und  ä-Stämme.  173 

249.  1.  Mit  dem  Suffix  -a-  werden  unmittelbar  von 
der  Wurzel  Maskulina  und  Neutra  sowie  Adjektiva  ge- 
bildet, z.  B. 

Substantiva:  '(MasJculina)  ^sj^  anta-  'Ende',  gpi^ 
Jana-  'Mensch,  Mann',  ^gi'  de§a-  'Gregend',  ^"^^  sqMaya- 
'Untergang',  ^t^  jöSa-  'Freude',  trRT  päta-  'Sturz,  Fall', 

(Neutra)  x(;s^pada-  'Schritt,  Ort',  -^^  bhaya-  'Furcht', 
jfil  yuga-  'Joch'. 

Adjektiva:  «j^  nava-  'jung,  frisch',  ^^  jlva- 
'lebend'  {n.  'Leben'),  frr?!  priya-  'lieb',  ^^  dlrgha- 
'lang'. 

Das  Suffix  wird  auch  zur  sekundären  Ableitung  ver- 
wendet, vgl.  gii^m  hrahmana-  'Brahmane'  (von  hrahman- 
'Gebet'),  4^^»^i^  mänasa-  n.  'Sinn,  Herz'  (von  manas- 
'Sinn')  und  andere,  §  113  besprochene  Fälle. 

250.  2.  Das  sehr  häufige  Suffix  -ya-,  -iya-  (idg.  -io-, 
-ijo-)  bildet  meist  Adjektiva  (entweder  von  der  Wurzel 
oder  von  anderen  Nomina) ;  das  Neutrum  wird  häufig 
als  Abstraktum  verwendet.  Außer  dem  Partie.  Futuri 
Pass.  (worüber  §  623)  vgl.  w^  sürya-  'Sonne',  -fe^  di- 
vya-  'himmHsch',  ^rw  madhya-  'mitten',  finsf  P^i'^yci- 
'väterlich',  ejf^^  yajniya-  'zum  Opfer  gehörig',  X!W^ 
rahasya-  'geheim',  ^^  däivya-  'götthch'. 

Neutra :  h^  mülya-  'Preis',  "^jöir  räjya-  'Königreich', 
c|||f(!i^  vänijya-  'Handel'  (von  vanij-  'Kaufmann'),  "^^^ 
sthäurya-  'Härte,  Festigkeit'  (von  sthüra-). 

Über  -tya-  s.  §  626. 

251.  3.  Ein  seltenes  Suffix  ist  -va-,  idg.  -uo-:  vgl. 
■qip  paJcva-  'reif,  ira  pürva-  'früher' ;  <m«\4c;  händhava- 
m.  'Verwandter',  ^y^  vähava-  n.  'Zugtier';  dagegen 
werden  mit  -tva-  zahlreiche  neutrale  Substantiva  (Ab- 
strakta)  gebildet  wie  m<^<c(  hälatva-  'Kindheit',  ^pusr 
vrddhatva-  'Greisenalter'.  —  Über  das  Part.  Fut.  Pass. 
auf  -tva-  s.  §  627  Anm. 


174  Formenlehre.  [§  252. 253. 

252.  4.  Sehr  zahlreich  sind  die  mit  Hilfe  von  -na- 
(idg.  -no-)  gebildeten  Nomina: 

a)  -na-. 

Substantiva:  (Masculina)  jf^g^  yajha-  'Opfer',  -^f?^ 
yatna-  'Anstrengung',  irf  ^^wa-  'Dieb',  :^^  svapna- 
'Schlaf;  (Neutra)  -^p;^juäua-  'Einsicht',  f^  dina-  'Tag', 
^TTiT  sthäna-  'Ort,  Stelle'.  Vgl.  auch  xniF  i^awa-  m.  'Spiel, 
Wette',  nach  §  87  aus  *palna-  (ht.  peinas  'Lohn'). 

Adjektiva:  außer  den Participien  auf  -na-  (§  619f.), 
die  gelegentlich  substantiviert  sind,  vgl.  sekundäre  Bil- 
dungen wie  rf  1 4^(j|  darum-  'hart,  streng'  (von  däru-), 
^f^  harina-  'gelblich'  (m.  'G-azelle')  Yonhari-  gelb,  xnTRJT 
puräna-  'alt,  antiquus'  (w.  'Sage  der  Vorzeit')  von  pura 
Adv.  'vormals'. 

b)  -ana-  (idg.  -eno-),  meist  zur  Bildung  von  Verbal- 
nomina verwendet. 

Substantiva  (Neutra):  ^XTff  carana-  'Fuß',  wVsR 
jwana-  'Leben',  ^t'sRT  hhükma-  'Schmuck',  jf^  marana- 
'Tod',  -^^  vadana-  'das  Sprechen,  der  Mund',  »\^^ 
iayana-  'Lager,  Bett'.  Doch  vgl.  auch  die  Masculina 
T(^  madana-  'Liebesgott',  ^^^  daiana-  'Zahn',  |^*(m 
ramana-  'Gehebter'. 

Adjektiva:  cR-?^!!  ^ctrana-  'bewirkend'  (n.  'das  Be- 
wirken, die  Ursache'),  ^r^TjT  hhaJcSana-  'genießend'  (w.  'das 
Essen');  ^\mi\  hMSana-  'schrecklich'. 

Über  das  Participialsuffix  -äna-  s.  §  610.  3. 

Anm.  Selten  sind  die  Suffixe  -ina-  (malina-  'schmutzig')  und 
'Ina-  (navina-  'neu',  käuplna-  n.  'Schamteile'). 

c)  -tana-  (-tna-)  zur  Ableitung  von  Adjektiven  aus 
Adverbien:  nfj^  (w{^) nüt(a)na- 'jetzig', ^«imt sanätana- 

es  ^ 

'immerwährend,  ewig'. 

d)  -mäna-  im  Part.  Praes.  Medii,  s.  §  610.  2 

253.  5.  -ma-  (idg.  -mo-)  wird  vor  allem  als  Kompa- 
rationssuffix und  bei  Ordinalzahlen  verwendet;  außer- 
dem vgl.: 


§  253. 254.]      Die  Deklination  der  a-  und  a-Stämme.  175 

Substantiva  (Masc):  ^pRr  dJiüma-  'Rauch',  ^j^ 
dharma-  'Satzung',  f^ftsgTr  (Jindima-  'Trommel'. 

Adjectiva:  tjtr  gharma-  'warm',  ^f^  hhlma- 
'schr  ecklich'. 

254.  6.  Ein  ziemlich  häufiges  Suffix,  bezw.  Suffix- 
element ist  -ra-  (idg.  -ro-). 

a)  -ra-  dient  meist  zur  Bildung  von  Adjektiven  (auch 
sekundär),  die  gelegentlich  substantiviert  worden  sind. 

Substantiva:  tcj^  iura-  'Held',  -^[^  ajra-  'Acker'. 

Adjektiva:  f^ir  Mipra-  'schnell',  ^7;  dura-  'fern', 
^V^  dhira-  'weise,  klug',  »r'Vin;;  madhura-  'süß',  4<l4lT 
märjära-  'Katze'  (eigenthch  'sich  putzend'). 

-ira-  z.  B.  in  ^^fvT  '^'udJiira-  'rot'  (w.  'Blut'),  -Ira 
wohl  in  "ST"^"?^  §arlra-  n.  'Körper'. 

b)  -ara-  und  -tara-  in  der  Komparation,  s.  d. 
Anm.    Außerhalb   dieses   Kreises  ist  das   Suffix  selten,   vgl. 

z.  B.  patara-  'fliegend',  hhangara-  'zerbrechlich,  vergänglich'.  In 
Isvara-  'Herr',  pivara-  'fett',  sthävara-  'feststehend,  fest'  liegt  ein 
Suffix  -vara-  vor. 

c)  -tra-  bildet  meist  neutrale  Substantiva,  die 
ein  Mittel  oder  Werkzeug,  auch  einen  Ort  bezeichnen, 
seltener  Adjektiva :  t^jj^  gätra-  'GHed',  jj^  räUra-  'Herr- 
schaft, Reich',  -^^  vastra-  'Kleid',  it\\k^  Sästra-  'Lehr- 
buch', ^ft^  irötra-  'Ohr';  iff^^  pavitra-  'reinigend, 
läuternd'  (n.  'Läuterungsmittel'). 

Bemerke  besonders  die  Neutra  eR^r^  kalatra-  ^"EihG- 
frau',flr^mitra- 'Freund';  dagegen xf^  putra-  'Sohn'  ist  m. 

Das  idg.  Suffix  -lo-  ist  im  Ai.  lauthch  mit  -ro-  zu- 
sammengefallen (s.  §  86)  und  läßt  sich  daher  von  -ro- 
nicht  mehr  deutlich  scheiden;  vgl.  -^ff^'^  anila-  m. 
'Wind',  ^x^r^  chägala-  (neben  ifpf  chäga-)  'Ziegen- 
bock', «nl^  nahhlla-  'Nabel' ;  ot^  stJiüla-  (neben  tot 
sthiira-)  'grob',  ^u^tj(  mandala-  'rund'  (n.  'Kreis, 
Scheibe'),  -cmv^  capala-  'beweghch',  ^^^  catula-  'unstet', 
■q^T^T  hahula-  'dick',  -n^chfdW  sikatüa-  'kiesig,  sandig'. 


176  Formenlehre.  [§  255. 256. 

255.  7.  a)  Das  Suffix  -ta-  (idg.  -to-)  dient  vor  allem 
zur  Bildung  des  Participium  Praeteriti,  s.  §  612ff. 
Einige  dieser  Parti cipien  sind  völlig  zu  Adj  e  ctiven  oder 
Substantiven  geworden,  wie  z.  B.  -^tt  rta-  'recht, 
richtig'  (w.  'Wahrheit,  Recht'),  -g-ff  düta-  'Bote',  wtf^ 
jivita-  n.  'Leben',  igj^f  dyüta-  n.  'Würfelspiel'. 

In  FäUen  -«de  '^xTf  väta-  'Wind',  ^|^  hasta-  (?)  'Hand' 
ist  die  substantivische  Verwendung  offenbar  uralt 
(d.  h.  uridg.). 

b)  ai.  -tha-  findet  sich  im  Superlativsuffix  -iMha- 
und  in  einigen  Ordinalzahlen,  ist  aber  sonst 
ganz  selten,  z.  B.  ■^^  yTdlia-  n.  'Schar,  Menge',  ^j^(c^^q 
ävasatha-  m.  'Nachtlager,  Herberge'. 

256.  8.  Mit  HiKe  von  -Jca-  (idg.  -qo-)  werden  Adjek- 
tiva  oder  Substantiva  aus  Adverbien  oder  Nomina  ab- 
geleitet; Substantiva  auf  -ha-  sind  (durch  die  Zwischen- 
stufe diminutiver  Bedeutung)  mit  dem  Grundwort  wieder 
identisch  geworden. 

Adjektiva:  ^üf^cft  antika-  'nahe'  (n.  'Nähe'),  "^^xf^ 
rüpaka-  'die  Gestalt  von  etw.  habend'. 

Substantiva:  ^urf^cft  upadeSaka-  'Lehrer,  Unter- 
weiser',  trra^  pätJia'ka-  'Lehrer'  (pätha-  'Vortrag,  Stu- 
dium'), TT^putraka-  'Sohn'  (eigtl.  'Söhnchen'),  1414«*  h- 
iaka-  =  -aptf  ^aSa-  'Hase',  ^«rgi  hliartrka-  1)  'Gatte'  (= 
^"ffi;  hhartar-)  2)  Adj.  'zum  Gatten  gehörig'. 

Das  Suffix  kann  auch  unmittelbar  zu  einer  Verbal- 
wTirzel  in  Beziehung  gesetzt  sein,  z.  B.  ^ni«R  ghataka-  'voll- 
bringend'zu  ^/la^  'sich  bemühen', xrrqcRi?äcaÄ:a-  'kochend'. 

Die  häufigen  Suffixe  -ika-  und  -2ika-,  z.  B.  in  \|  iTh^ 
dhärmika-  'rehgiös',  "^TTf^eR  yäjnika-  'Opferkenner',  ^rw^ 
jambhuka-  'Schakal'  (eigtl.  'der  Schnapper'  von  jamhh- 
'schnappen'),  4|JH[eh  kämuka-  'Liebhaber'  sind  wohl  von 
i-  und  w-Stämmen  aus  verallgemeinert  worden. 


§256.257.258.]  Die  Deklination  der  a-  und  a-Stämme.  177 

Das  seltene  Suffix  -Sa-  (idg.  -ko-)  begegnet  z.  B.  in 
eRöpcf  JcarhaSa-  'hart'  (neben  ör^"^  Imrkara-). 

257.  9.  Ein  Suffix  -]ja-  (idg.  -jjo-)  ist  sehr  unsicher;  es 
kann  in  ^^  d'tpa-  'Lampe',  xc^puS2)a-  n.  'Blume'  vermutet 
werden.  Gesichert,  wenn  auch  nicht  häufig,  ist  dagegen 
ein  idg.  Suffix  -hlio-  =  ai.  -hlia-,  das  zur  Bildung  von 
Tiernamen  dient,  z.  B.  •^^^  vrSahha-  'Stier',  -sq^nT  ^^^ö^- 
hha-  'Heuschrecke'. 

Das  Suffix  -sa-  (-Sa-),  z.  B.  f^^^  divasa-  m.  'Tag', 
,mf^t(  ämiSa-  n.  'Fleisch',  ^w^  kaluSa-  'trübe,  unrein', 
TfvTET  tncmuM-  'Mensch',  ist  wohl  eine  Weiterbildung  von 
5-Stämmen  (§  330  ff.). 

n.  Deklination:  ä-Stämme. 

258.  Paradigma,    hälä-  f.  'Mädchen'. 

Singular. 
N.      "^T^rr  ^^^^  /topa  mensa 

Acc.  cn<«(m  häläm  y^ibpav  mensam 

I.        <mT.f^n  lälayä  — 

D.       ^T^i^  häläyäi  — 

P      [g(Hl^l.  iäläyäh  

L.       qjHl^lH  ^äläyäm  — 

V.       '^T%  ^^^^  — 

Dual. 

N.  Acc.  V.  '^7%  ^<^^^  [X^P*^^'  ''i^ensae?] 

I.  D.  Abi.   -.^Hl^^lH  'bälabhyäm  — 

Gr.  L.  ^T^4^:  hälayoh  — 

Plural. 
N.      "^T^:  Udali  got.  gibds 

Acc.  -^i^rr.  &äZ#  mensas  (?),  got.  gihös 

I.        6H<^if^:  hälabhih  — 

.  ■     [m^fl^:  hälabhyäh  — 

Thumb,  Altindisclie  Grammatik.  12 


178  Formenlehre.  [§  258. 259.. 

G.      c(Hi«ti*i;  lalänäm  — 

L.      'm^T^  haläsu  'AOt^vt^oi. 

259.    Zu  den  einzelnen  Kasus. 

Singular. 

Der  Nominativ  ist  endungslos. 

In  Str.  Die  ursprüngliche  Form  liegt  noch  im  Vedi- 
schen  vor,  z.  B.  ahä  (von  a^t^ä 'Stute')  =  idg.  *efcuä] 
vgl.  gr.  (dor.)  xpucpä,  (att.)  Xddpä.  Die  Neubildung  auf 
-ayä  geht  jedoch  schon  in  die  arische  Periode  zurück  (av. 
haenaya  =  ai.  setiayä  von  haenä  =  send  'Heer') ;  auch 
hier  hat  eine  Übertragung  von  der  Pronominalflexion  her 
stattgefunden  (vgl.  §  358  f.). 

Dat.  Abi.  Gen.  Der  Schluß  der  Endungen,  näm- 
lich -äi  und  -äs,  zeigt  die  ursprünghche  Form,  vgl.  X^P?» 
gut.  gibai,  idg.  -äi  und  yd!)päz,  lat.  familiäs,  got.  gihös, 
idg.  -äs.  Die  Erweiterung  durch  -äi/-,  die  bereits  ur- 
arisch ist  (vgl.  ap.  hainäyä  =  ai.  senäyäh),  ist  vom  Lokativ 
(s.  d.)  ausgegangen. 

Loc.  Der  idg.  Ausgang  -äi  (vgl.  gr.  dial.  'OXofiTuiai 
'in  Olympia',  lat.  Bomae)  bleibt  übrig,  wenn  man  in  häläy- 
äni  die  Endung  -am  abtrennt.  Man  nimmt  gewöhnhch 
an,  daß  -äy  zunächst  durch  die  Postposition  -ä  (vgl.  den 
iran.  Loc.  -äy-ä)  und  weiterhin  durch  eine  Partikel  -em 
oder  -m  erweitert  worden  sei;  die  Partikel  -em,  deren 
Funktion  uns  unbekannt  ist,  kommt  am  deuthchsten  in 
Pronominalformen  zum  Vorschein.  Die  Erweiterung  des 
Ausgangs  -äi  erklärt  sich  aus  dem  Bestreben,  den  Dativ 
und  Locativ  zu  differenzieren;  auch  im  Litauischen  ist 
der  Locativ  rankoj-e  durch  ein  (etymologisch  nicht  ganz 
klares)  -e  erweitert.  Die  Endung  -äyäm  gab  nun  den 
Anstoß  zur  Bildung  des  Dat.  -äyäi  und  des  Gen.  -äyäs: 
das  Nebeneinander  von  dev-yäm :  dev-yäh :  dev-yäi  (bei 
den  i-Stämmen,  s.  darüber  §  282)  rief  zu  hälä-yäm  an 
Stelle  von  *häläs,  '^häläi  ein  hälä-yäh,  hälä-yäi  hervor. 


§  259. 260.]  Die  Deklination  der  a-  und  ä-Stämme.  179 

Yok.  Nach  Maßgabe  des  Griecli.  (vu|xcpä  u.  ä.)  und 
Slavischen  ei-wartet  man  -ä\  ob  das  vereinzelte  amlä  'o 
Mutter'  hierzu  gehört,  ist  zweifelhaft,  s.  Bechtel,  Haupt- 
probl.  S.  265  f.  Der  (bereits  ui'arische)  Ausgang  -e  {a  +  i) 
ist  nicht  sicher  erklärt,  s.  Brugmann,  Grundr.  11,  541  u. 
Bartholomae ,  Iran.  Grundriß  I,  126.  Pedersen  KZ., 
XXXVin,408  vermutet  idg.  -cd  in  griech.  yuvaizu  yuv-zj. 

Dual. 
Nom.     Idg.  -ai,  vgl.  abulg.  zene  zu   zena  'Frau' 
(und  vielleicht  gr.  yßpa.\.,  lat.  mensae  mit  plurahscher 
ümdeutung).     Die   übrigen    Dualformen    stimmen   mit 
den  ä-Stämmen  überein. 

Plural. 

Nom.  Idg.  -äs  hegt  z.  B.  auch  in  osk.  scriftas  'scrip- 
tae' und  ht.  ranJios  'die  Hände'  vor.  (Im  Yedischen 
auch  -äsas,  worüber  §  245,  S.  170  zu  vergleichen  ist.) 

A  c  c.  Idg.  -ÖS  (vgl.  auch  ht.  rauMs  'Hände')  geht 
wohl  auf  ein  noch  älteres  -ans  zurück. 

Gen.  Die  ursprüngUche  Endung  -am  ist  im  Ai.  nicht 
mehr  nachzuweisen  (wohl  aber  im  Av.) ;  -änäm  ist  von 
den  n-Stämmen  übertragen,  indem  nach  dem  Muster  von 
ätma-näm,  ätma-hhih,  ätma-su  u.  dgl.  (§  305)  zu  hälä-hhih, 
hälä-su  ein  hälä-näm  geschaffen  wurde;  die  Gleichheit 
des  Nom.  S.  (ätmä  —  häla)  begünstigte  wohl  die  Neu- 
bildung, die  sich  von  den  «-Stämmen  über  die  andern 
Vokalstämme  ausbreitete.  Ygl.  darüber  Hanusz  Sitzungs- 
berichte d.  Wiener  Akad.  CX  (1885)  41  ff. 

Loc.  Ygl.  auch  ab.  rakachü  aus  -äsu  von  raka 
'Hand'. 

WortHldung. 

260.  Das  Sioffix  -ä  bildet  zahh-eiche  Feminina;  in 
die  Flexion  derselben  sind  auch  die  weibhchen  Wurzel- 
nomina hineingeraten,  deren  -ä  nicht  immer  uridg.  ä  ist ; 

12* 


180  Formenlehre,  [§  260. 261. 

vgl.  z.  B.  ^f^T^in'  ahhidhä  'Benennung,  Name'  (ai.  W. 
dhä-,  idg.  dlie-),  f^r^T  niärä  'Schlaf  {dräti  'er  schläft), 
TJ(V[\  prdbhä  'Glanz'  (bliä-ti  'leuchtet),  if^  xjrajä  'Ge- 
schöpf (vgl.  jä-to-  TM  Jan-  §  98);  ^^  A'ai/^ä  ''Erzählung' 
scheint  ein  substantiviertes  katliä  'wie  (sc.  war  das)?' 
zu  sein. 

Anm.  Eine  besondere  Flexion  zeigen  einige  Wurzelnomina 
auf  -ä,  die  nur  am  Ende  eines  Kompositums  vorkommen;  z.  B. 
visva-pä-  m.  f.  'aUschützend'  wird  so  flektiert: 

Sing.  Du.  Plur. 

N.      visva-ph        \      _  -päh 

.  ..-      ^i  }-pau  ^  • 

Acc.  visva-pam      j  -pah 

I.       visva-pä         1  -päbhih 

D.      visva-pe  }  -päbhyäm      ']      _,  . 

Abi.  visva-pah       J  j  ^      ^  . 

G.      visva-pah      \     _,  -päm 

L.      visva-pi         j  '    •  -^äs« 

V.      visva-pah         -päu  -päh 

Die  Endungen  sind  also  z.  T.  (nämlicli  in  den  'schwächsten' 
Kasus)  an  die  schwundstufige  Stammform  p-  angefügt.  Vgl.  auch 
§  248  Anm. 

261.  Viele  adjektivische  «-Stämme  bilden  ikr  Femi- 
ninum auf  -ä,  z.  B.  -qxTT  {iKqm-)  'böse',  Fem.  qjqj  i^äpä 
(wie  gr.  [xixpo?,  fxupd,  lat.  imrvus,  parva).  Die  Flexion 
ist  mit  der  substanti\äschen  identisch. 

Den  meisten,  in  §  249  £f.  aufgezählten  Bildungen  mit 
ä  entsprechen  Feminina  auf  -ä  (über  die  Femininbildung 
-i  s.  §  288.  5).  Diese  Motion  findet  auch  dann  statt, 
wenn  masculine  Substantiva  auf  ä-  oder  feminine  auf  ä 
das  Ende  eines  adjektivischen  Kompositums  bilden;  d.h. 
zu  e^^  durhala-  'kraftlos'  =  dus  -\-  hala-  n.  'Kraft'  heißt 
das  Femin.  rf-4Hl  durhalä  (über  Femininformen  auf  -i 
s.  oben);  andererseits  bildet  man  zu  hhäryä  'Gattin'  ein 
'-414(14  cibliäryä-  'ohne  Gattin'  oder  zu  präjä  ein  tjitmT^ 
apräja-  'ohne  Nachkommen'. 

In  der  folgenden  Übersicht  der  mit  -ä-  gebildeten 
Nomina  werden  nur  die  Substantiva  berücksichtigt. 


§262—267,]    Die  Deklination  der  a-  und  ä-Stämme.  181 

262;  1.  -ä  erscheint  unmittelbar  liinter  der  "Wurzel, 
z.  B.  f^T?rr  cintä  'Gedanke',  '^(Tjjarä  'Alter',  ■^;^  rakM 
'Schutz',  ^"^  sevä  'Dienst'. 

263.  2.  Suffix  -ijä  in  f^TSTT  ^iäyä  'Wissen',  -^x^l 
hhäryä  'Gattin'  (eigtl.  Femininum  eines  Part.  Fut.  Pass.), 
3ii\m\  tayyä  'Lager,  Bett'. 

264.  3.  Bildungen  mit  -nä: 

a)  Suffix  -nä'. 

^nijj  ünm  'Wolle',  et  um  ^T^^ä  'Durst'. 

b)  -anä: 

^W^  ^ctlpanä  'Gebilde,  Form',  f^jx^jcj^i;  vidamhanä 
'Hohn,  Spott',  Hr{^\  yatanä  'Vergeltung,  Strafe'. 

265.  4.  a)  -rä:  *\r^w  madirä  'berauschendes  Ge- 
tränk'. 

b)  -trä:  ^^  dqSfrä  'Zahn',  ^t^t  hhasträ  'Blasebalg'. 

c)  'tä:  *\  1^ <^ I  mahilä  'Weib'. 

266.  4.  a)  Mit  Hilf e  von -M  werden  häufig  aus  Nomina 
Abstrakta  gebildet,  z.  B.  ^^m"  devatä  'Göttlichkeit,  Gott- 
heit', Tj(4|,dl  cänitä  'Lieblichkeit',  vt^RtTT  dhanuSmaUä 
'Geschicklichkeit  im  Bogenschießen',  sogar  effijf  fn  harnatä 
'das  Ohr-sein'  u.  ä. 

b)  -tliä,  sehr  selten,  z.  B.  in  iwnj  ycltJiä  'Lied,  Ge- 


267.  5.  -M-,  z.  B.  »^cirr  näiiJiä  'kleines  Schiff',  377- 
fx;3in'  ^äriJiä  'Predigerki-ähe',  ^jc(f^ch|  yavanikä  'Vorhang 
im  Theater'.  Den  §  256  angeführten  Nomina  auf  -aka- 
steht  oft  ein  Femininum  auf  -ikä  zur  Seite,  z.  B.  mf^ctii 
päcikä  zu  mxjch  iMcaka-  'kochend'. 


182  Formenlehre.  [§268.269. 

XV.  Kapitel. 
1-  ü-  und  Diphthongstämme. 

in.  Deklination:  i-  und  ü-Stänune. 


a 

)  MashiUna. 

268.  Paradigma. 

agni- 

■  Teuer'. 

Sing 

ular. 

N.           "^rf^:  agnih 

öcpi?,  lat.  ignis 

Acc.        -iiVAH.  ttf^m 

Ö'flV 

I.            ^^rf^^  agmnc\ 

l 

— 

B.           '^sm^  aguäye 

— 

Abi.  G.  '^r^:  agneh 

got.  anstais  (f.) 

L.           ^j^  agnäu 

— 

V.           -^  agne 

— 

Dual. 
N.  Acc.  y.  -^^^  agni 
I.  D.  Abi.   "^5rf^!T«r?i;  agmhhyäm 


G.  L. 

^T^  ((gnyoJi                    — 

Plural. 

N. 

^^rt:  agnäyah          o^^si?,  i^wes 

Acc. 

■^1^^  ft^?;i?i              got.  gastins 

I. 

^p^[^:  agmhliih       igni-hus 

D.  Abi 

.  "Wf^T^:  agnihliyah                   — 

G. 

■^"^"«IT^  agmnäm                   — 

L. 

^fqi^  aY7n?#?*                           — 

269.  Unregelmäßig  sind  pati-  'Gatte'  und  sakhi- 
'Freund';  pati-  in  der  Bedeutung  'Herr,  Meister',  bezw. 
als  letztes  Glied  eines  Kompositums  geht  jedoch  wie 
agni- : 


§  269. 270.] 


1-  u-  und  Diphthongstämme. 


183 


N.  (TrfTT: 

Acc.  (xrfTT^  iHitim) 

I.  '^mi  pätyä 

D-  "R^  pätye 
Abi.  G.  TTW:  pätyuh 

I^-  "^csfl"  pätyäu 

V.  (xfw  iJ«ie) 


N.  Acc.  Y 
I.  D.  Abi. 
G.  L. 


u.  s.  w. 


N. 

Acc. 

I. 

D.  Abi. 

G. 

L. 


(xTcRT.  pätayah) 
u.  s.  w. 


270.  Paradigma. 


Acc. 

I. 

D. 


■sn^.  Mtruh 

vj^ljH  Mitrunä 

■s^^  Sätrave 
Abi.  G.  -^ST"^:  Mtröh 
L.  "T^  kUräu 

Dual. 
N.  Acc.  Y.  ^q^  Jd^rzt 
I.  D.  Abi.    -sq-^^gT^  Mtruhhyäm 
G.  L.  T^tt  ^ätrvöh 


Singular. 

^(^;  säkJiä 
m^YH^i  säkhäyam 
m^\  säkhyä 
^^  säkhye 
^ct;  säJiliyuh 

W^h  scWiyäu 
(;g-%  säJilie) 

Dual. 

4j<gilif|  sälMyäu 
(^^*4*H\H.  säkliibliyäm) 
(^Wt:  säMiyöh) 
Plural. 

^<g(|ij;  säkliäycüi 
(Wk  saklün) 

(jjfj^^;  säJihihhyali) 
{mi\^\ii  säJihmäm) 
(^rf%"^  säkkiSu) 

iatru-  'Feind'. 
Singular. 

7r^5(u?,  fructus 


fructüs,  got.  sunaus 
(fructü?  got.  simaii) 


1  Die  regelmäßigen  Formen  sind  eingeklammert. 


184  Formenlelire.  [§270.271.272. 

Plural. 
N.  "T^^  icdravah  Tzfjtic,,  fructus 

Acc.       '«r"^  iätrün  fructus,  got.  sununs 

I.  "T^f^r:  Sätruhhih       lat.  lacu-hus 

D.  Abi.  "stpj^:  iätruhliyah  — 

G.  *|-d(jiTT^  Mtrünäm  — 

L.  T^"^  kUruSu  ab.  synüc}iil{zu  synü  'Sota') 

271.  "gfts  TiröMn-  'Schakal'  bildet  die  'starken'  Kasus 
vom  Stamme  kröUar-.  Über  die  Mischung  einiger  i-  und 
n-Stämme  s.  §  344. 

Anm.  kröstu-  ist  eine  falsch  sanskritisierte  mi,  Fonn,i  die 
einem  echten  skr.  Stamm  kröstr-  entspricht  und  die  nun  als  u- 
Stamm  dekliniert  wird,  während  die  Flexion  ganz  nach  den  >•- 
Stämmen  (§  298)  erfolgen  müßte. 

273.  SprachgescMchtllclies.  Vgl.  dazu  auch Reichelt, 
Die    abgeleiteten  i-   und   w-Stämme,  BB.  XXV,  238 ff. 

1.  Die  Form  des  Stammauslautes.  Die  idg.  i- 
und  tt-Stämme  zeigen  dreifache  Abstufung: 

1.  i,  u.    2.  ei  und  o?',  eii  und  ou.    3.  ei,  m. 

==  ai.  1.  i,  t(,  bezw.  y,  v  vor  Yokalen  (vgl.  agny-ohy 
iatrvöh,  patyä^  saMiyä  u.  s.  w.).  2.  e,  ö  (Gen.  S.  agneh, 
§atröli),  bezw.  ay,  av  vor  Vokalen  (Dat.  S.  agnay-e, 
iatrav-e).  3.  äi,  äu  (Nom.  PI.  sakJiäy-ah,  Loc.  S.  §aträu). 

2.  Zu  den  einzelnen  Kasus. 

Singular. 
Nom.  Von  der  regelmäßigen  Bildung  mit  -s  weicht 
sakliä  ab,  das  auf  ein  idg.  -ö{i)  oder  -e{i)  zurückgeführt 
werden  kann  (über  den  Abfall  des  i  s.  §  77).  Av.  ha-ifi 
weist  auf  die  gleiche  Grundform,  und  hierher  gehören 
wohl  auch  die  griech.  Bildungen  wie  Ayjtü),  ireiöu)  (Gen. 
Ayjxou?  aus  *A7]Toi-o<;)  [vgl.  jedoch  auch  Brugmann, 
Griech.  Gramm.'  183]. 


1  So  lautet  z.  B.  der  Gen.  von  hhartar-  im  Mi.  hhattuno  =  ai. 
bhartr-n-ah,  s.  Pischel,  Prakrit-Spr.  271  f. 


§  272.]  i-  u-  und  Diphthongstämme.  185 

Instr.  sal-hy-ä,  paty-ä  und  \ed.  2)ciiv-ä  (Yon paki-) 
zeigen  die  zu  erwartende  Form  (-i  +  Instrumentalsuffix), 
die  bei  den  Femininis  (s.  u.)  die  Regel  ist.  Die  Endung 
-nä  (agnincl,  satrunä)  ist  von  den  «-Stämmen  übertragen: 
Formen  vde  halin-ä:hali-hhih:hali-Su  u.  s.  vf^.  (s.  §  311) 
haben  zu  agni-hliih,  iatru-hhih  ein  agni-nä,  kitru-nä  her- 
vorgerufen ;  dabei  wirkte  mit,  daß  «-Bildungen  überhaupt 
sich  weit  verbreitet  haben  (besonders  im  Gen.  PI.),  und 
daß  gelegenthch -i-,  -?t-Stämme  neben  -in-,  -i^aw-Stämmen 
bestanden,  vgl.  z.  B.  a^xi-  'Strahl'  neben  arcin-  'strahlend' 
oder  taku-  neben  takvan-  'schnell'  (über  das  Verhältnis 
von  -van  zu  -un-  s.  §  309);  ein  Instrum.  äyiinä  vom 
Stamme  äyun-  'Leben'  konnte  demnach  auf  einen  Stamm 
äyu-  bezogen  werden  und  das  Eindringen  von  n  in  die  u- 
DekHnation  veranlassen.  Ygl.  dazu  Hanusz,  Sitzungsber. 
d.  Wiener  Akad.  CX,  71  ff. 

Dat.  Idg.  -ei-ai,  -eii-ai\  am  genausten  entspricht  ab. 
Dat.  synov-i  von  syns  'Sohn'  =  ai.  sünav-e,  idg.  *süneii-ai. 
Seltener  ist  idg.  -i-ai,  -ii-ai,  vgl.  dazu  sakliy-e,  paty-e  und 
ved.  kratv-e  (von  kratu-  'Kraft'). 

Abi.  Gen.  Zu  idg.  -ojs,  -oiis  vgl.  ferner  ht.  naktes 
zu  naküs  'Nacht' und  sunaus  zu  siinns  'Sohn'  (die  freihch 
auch  auf  idg.  -eis,  -eus  zurückgeführt  werden  könnten). 

Anm.  Bildungen  auf  -t/as,  -vas  (=  idg.  -i-es  oder  -i-os, 
-tc-es  oder  -n-os,  vgl.  hom.  •{0'j\6<;  aus  *io\J^-6i)  sind  noch  im 
Yedischen  vorhanden,  z.  B.  madhv-ah  zu  madhu-  n.  In  den  Formen 
paty-uhi  sahhy-uli  ist  die  ursprüngUche  Endung  -as  (^paty-ah, 
*sakhy-ah)  durch  diejenige  der  Yervfandtschaftsnamen^ifwA,  mätuh 
(§  298)  ersetzt  worden. 

Loc.  Yerständhch  ist  ohne  weiteres  -äu=  idg.  -eii, 
ein  endungsloser  Locativ  mit  Dehnstufe  (neben  -eiii,  das 
z.  B.  in  gr.  vjBsi  und  seltenem  ved.  -ad  vorliegt).  Man 
erwartet  für  die  i-Stämme  ein  entsprechendes  -ei;  die 
satzphonetische  idg.  Nebenform  -e  (vgl.  §  77)  Hegt  offenbar 
in  ved.  agnä  u.  ä.  Formen  vor,  neben  denen  agnäic  u.  ä. 
allerdings  häufiger  ist.     Eine  entsprechende  Doppelheit 


186  Formenlehre.  [§  272. 

-äu  :  'ä  ist  für  die  ^{-Stämme  bisher  nicht  belegt ;  trotzdem 
darf  man  sie  in  urarischer  Zeit  vermuten :  denn  in  dieser 
Zeit  ist  (wie  das  L^anische  zeigt)  die  Endung  der  u- 
Stämme  auf  die  i-Stämme  übertragen  worden,  indem  man 
zu  -*äi :  -ä  nach  -äii :  *-ä  die  Doublette  äu :  ä  biklete;  in 
der  nachvedischen  Sprachentmcklung  hat  dann  -äu  in 
beiden  Stammklassen  den  Sieg  davon  getragen.  (Weitere 
Literatur  s.  bei  Bartholomae,  Iran.  (B-rundr.  I,  125). 
patyäu,  sakhyäu  zeigt  das  Fortwuchern  des  y  vom  Instr. 
Dat.  G.  (st.  ^xmtäu,  *sa1iJiäii). 

Yoc.  Idg.  -oi  oder  -ei  (vgl.  Ht.  nakte),  -on  oder  -eii 
(vgl.  lit.  sünaü)  neben  sonstigem  -i,  -u  (so  im  ai.  Neu- 
trum s.  u.). 

Dual. 

N  0  m.  A  c  c.  V.  Idg.  -l,  -ü,  vgl.  av.  -paHi  =  ai.  2'xitl, 
üY.  pasu  =  a,i.  2)cikl,  Ht.  naJäl,  sünu.  In  salihäyäu  ist  die 
übliche  Dualendung  an  den  dehnstufigen  Stamm  angefügt. 

Plural. 

N  0  m.  Idg.  -ei-es,  -eii-es,  vgl.  auch  ab.  pqtbje  =  idg. 
'^ponteies,  synov-e  =  idg.  ^süneii-es. 

Acc.  Idg.  -ins,  -uns,  vgh  auch  hom.  öi?,  lat.  ovls, 
gr.  (dial.)  uiuv?;  die  Länge  des  Yokals  in  ai.  -In,  -ün 
scheint  erst  in  aind.  Zeit  durch  das  -än{s)  der  a-Stämme 
hervorgerufen  zu  sein,  s.  Bartholomae,  Iran.  Grundr. 
I,  132  und  oben  §  245. 

Gen.  Die  Endung  -i-näm, -ü-näm st.  *-(i)yäm, *-(ii)- 
väm  (idg.  -iiöm,  -uuöm)  ist  schon  in  urarischer  Zeit 
von  den  -?i-Stämmen  ausgegangen  (ätma-näm  :  ätma-hhih 
=  *agm-7iäm  [so  im  Iranischen] :  az/m-W^i/O;  die  Länge 
i,  ü  im  Ai.  ist  durch  -änäm,  die  Endung  der  -a-Stämme, 
hervorgerufen  (s.  §  245) ;  bei  den  weibhchen  i-  und  u- 
Stämmen  (s.  §  273)  -^iirde  1,  ti  überdies  durch  den  Paralle- 
lismus von  (Acc.  PL)  devlh:  (Gen.)  dev'mäm  (§  282)  = 
maüh :  matlnäm  nahegelegt. 


L. 


§  273. 274.]  I-  u-  und  DipMliongstämnie.  187 

h)  Feminina. 

273.  Paradigma,    mati-  'Gedanke';  dhenii-  'Kuh'. 

Singular. 

N.  Tffn:  mätih  ^^:  clMnuh 

A.  irffTK  'iiicitim  Vi^fK  dhenüm 

I.  ?T(?rr  tnätyä  ^^^  dlienva 

f^TcT^  mätaye  |^^  dlienäve 

[W^  mätyäi  [^^  dlienväi 

Abi  G- (^^- "''^^^^^^  IJ^ft:  f?^«e?2o/t^ 

I^T^TK  niätyäh  |v*^'.  dhenväh 

l^rfr  niätäu  [V'fr  dhenäu 

[MciWH.  tiicäyäm  [^[TöfjTi  dlienvam 

Dual. 

N.  Acc.  y.  TTtft  widü  V^  fZ/ie»rt 

I.  D.  Abi.  TTfTTWRl  mätibliyäm  v^T^l  dJienühliyäm 

Gr.  L.  ^wt:  mcdyöh  ^^,  dhenvöh 

Plural. 
N.  iTTT"^.  mätayali  ^«TT.  dhenävali 

A.  ?nf^:  ^J?aß/i  ^^:  dlienüh 

I-  *<rdf^  mätihlüh       Vff^  dhemwiuh 

D.  Abi.  ■^rf^T^:  mätibhyah     ^^^^:  dhemihhyah 
Gr.  ^ffl^lH  '>nMmäm      ^.^^IH  dhenünam 

274.  SpracligescMclitliches.  Die  weiblichen  z-  und 
■2<-Stämme  sind  auch  in  den  verwandten  Sprachen  ver- 
treten, vgl.  z.  B.  gr.  ßdai?,  lat.  manus,  got.  «?2sfe  'Gunst' 
und  liandus  'Hand'.  Die  Flexion  ist  im  wesenthchen  mit 
derjenigen  der  MascuHna  identisch;  im  Instr.  S.  ist  die 
ursprünghche  Form  erhalten ,  s.  §  272.  Im  übrigen  hat 
die  Declination  der  weiblichen  ä-  und  z-Stämme  (§  258 ff. 
282 ff.)  einige  analogische  Umbildungen,  bezw.  Neben- 
formen bei  unsern  Stämmen  erzeugt;  so  sind  im  Acc.  PL, 


188  Formenlehre.  [§  274. 275. 276, 

entsprecliend  dem  Yerliältnis  von  ni.  aivän:  f.  aSväh,  den 
Masc.  agrän,  §atrün  die  Fem.  maüh,  dhenüh  an  die  Seite 
gestellt  worden;  ferner  hat  der  Instr.  matyä,  dhenvä  die 
Formen  matyäi  —  dhenväi,  matyäli  —  dhenväh,  mat- 
yäm  —  dJienvätn  nach  dem  Muster  von  devyä  devyäi 
devyäh  devyäm  (§  282)  hervorgerufen. 

c)  Neutra. 

275.  Paradigma,    väri-  'Wasser';  airu'  'Träne'. 

Singular. 

N.  Acc.  "^rfr  ^^^'^  "^f^  ^^^'*"^'' 

I.  c| \ Wii\ \  vdrinä  '^HiJiW  ä^rimä, 

D.  cfTf'C^  väj'ine  "^PSf^  ä§rune 

Abi.  Gr.  cjin^iji:  värinah         ''SST^W.  cänmali 

l*'  Trfrf^  värini  ■'^psrfriT  äh'uni 

^'  •qxfr, -^TT  ^■^^^"^' ^""^^  "^^'  ^T^  ^^^^*'  ^''^^'^ 

Dual. 
N.  Acc.  Y.  ■^rftTsft  i'ärhü  ^^SM\  äirum 

I.  D.  Abi.  ^fT^^TT^  väribhyäm    -^"s^^^rr^  ähuhhyäm 
G.  L.  duH  (jt):  rärinöh  'W^wt'.  äSrunöh 

Plural. 
N.  Acc.  V.  TTTttrjT  värlni  '^''Sffin  cärüni 

I.  «rrfTf*!«  väribhih  "^rgt^t  iäniWiih 

D.  Abi.        -^rfi^:  värihhyah        "'^ra^:  (druhhyah 
G.  cllO^llH  '^'G,rlnäm        "^rsrwm;  cärünäm 

L.  'c<]r<^u  värihi  "^"^"^  äSruSu. 

Anm.  Über  einige  i-Stämme,  welche  einen  Teil  der  Formen 
von  einem  n- Stamme  bilden,  s.  §  344. 

276.  SpracLgescliichtliclies.  Bei  den  Neutra  ist 
die  w-Flexion  vor  vokalischen  Endungen  ganz  durch- 
geführt und  wird  somit  zum  Charakteristiloim  neutraler 
DekUnation;  das  Yedische  zeigt  jedoch  noch  die  älteren 


§276.277.278.]        i-  u-  und  Diphthongstämme.  189 

Bildungen.  Zur  Verallgemeinerung  der  w-Formen  im 
Neutrum  trug  der  Umstand  bei,  daß  der  Plural  värmi, 
ah'üni  (statt  ""värl  und  *ftS'nl,  deren  Endung  noch  im 
Vedischen  bezeugt  ist)  durch  Anlehnung  an  phaläni  (s. 
§  246)  7;-haltig  geworden  war. 

d)  AdjeMiva. 

277.  Einige  i-  und  nicht  wenige  rt-Stämme  sind  Ad- 
jektiva,  z.  B.  '»rfi:;  hhüri-  'viel',  iri^  giiru-  'schwer'.  Die 
Flexion  entspricht  den  obigen  Paradigmen  (das  gleiche 
gilt  Ton  i-/?<-Stämmen  am  Ende  von  Komposita);  doch 
können  die  neutralen  Formen  (abgesehen  von  N.  Acc.  V.) 
auch  wie  die  Maskuhna  gebildet  werden,  also  z.  B.  Dat. 
S.  71.  ^irew  gurune  und  ot^^  gurave. 

Worthildung. 

278.  Suffix  i,  u.  Wie  -o-  hinter  einer  Wurzel  als 
Bestandteil  der  'Basis'  aufgefaßt  werden  kann  (s.  §  220 
Anm.),  so  auch  -i-,  -?(-;  trotz  dieses  Vorbehaltes  ist  es 
jedoch  erlaubt,  von  einem  'Suffix'  i  und  u  zu  sprechen; 
das  Letztere  dient  gerne  zur  Bildung  von  Adjektiven. 

a)  Suffix  i: 

Substantiva:  {Maskulina)  -^ssf^  avi-  (auch  f.) 
'Schaf,  -^flf  rSi-  'Sänger,  Weiser',  eijfg  Mjn-  'Affe', 
f^lf^  giri-  'Berg' ;  {Feminina,  Verbalabstrakta)  frfBT  krU- 
'das  Pflügen', -^^f^  nici-  'Glanz',  -»ftf^  iöci-  '(jrlut.  Flamme'. 
Neutra:  außer  väri  kommen  nur  die  §  344  angeführten 
Substantiva  in  Betracht. 

Adjektiva:     -^f^    iuci-    'glänzend',    ^f^    hari- 

'goldgelb'. 

Die  "Wurzelnomina  vi-dhi-  m.  'Anordnung',  sq-dhi-  'Wand' 
folgen  ebenfalls  unsern  i-Stämmen,  obwohl  i  ursprüngliches  a 
ist  ("W.  dhe- :  dhd-). 

b)  Suffix  u: 

Substantiva:  {Mashdina)  Tf^  tarn-  'Baum',  -^7^ 
hahu-  'Arm';   {Feminina)  t%«^  sindliu-  'Fluß'  (auchw.). 


190  Formenlehre.  [§278-281 

f "iT  hami-  'Kinnbacken' ;  (Neutra)  -q-s^  paiti-  'Yieh',  ttV 
madhu-  'Honig'. 

Adjektiva:  ^3j  äh-  'schnell',  -^^  halm-  'viel', 
^  lagJiu-  'leicht',  ^^  sädhii-  'gerade,  tüchtig',  •^t^ 
sväclu-  'süß'.  Diese  Adjektiva  bilden  das  Femininum 
meist  durch  Erweiterung  mit  dem  Suffix  i;  zu  laghu-  lautet 
das  Femininum  T^fTsy:  laghiüi  oder  ^r^  laghvi,  dagegen 
z.  B.  zu  guru-,  sädlm-,  svädtt-  nur  gun'i,  sadJivi,  svädvl. 

Anm.  vi-bhu-,  prabhii-  'mächtig;  Herr,  Gebieter'  sind  "Wurzel- 
nomina (zu  bhü-  'sein'),  folgen  aber  ganz  unsern  M-Stämmen. 

279.  Unter  den  i -halt igen  Suffixen  ist  sehr 
häufig  -ti-  zur  Bildung  von  Abstrakta  (lauter  Feminina), 
z.  B.  -grfw  tiMi-  'Wort',  ft%  %'#^-  'das  Sehen',  ^tfg 
di2)ti-  'Glanz',  f^fTT  Miti-  'AVohnort,  Behausung',  ^f^ 
vrddlii-  'das  Wachsen,  Wachstum',  •^arf^  sqgcdi-  'Zu- 
sammenkunft', f%tTT  siJiUi-  'Aufenthalt'.  Hierher  ge- 
hören auch  die  Zehner  auf  -ü-  wie  f^-srfTT  rlsaü-  'zwan- 
zig' U.S.W,  (s.  §  377).  Maskulina  sind  selten,  vgl.  ^^jf^ 
jMü-  'Blutsverwandter',  -q^rfTT  p((däti-  'Fußgänger'. 

280.  Sonstige  Suffixe  mit  l  gibt  es  wenige;  sie 
sind  außerdem  nur  in  wenigen  Belegen  vertreten,  vgl. 

-ni-:  trrftjT  ^'^-  päni-  'Hand'  (n  aus  In),  "?frf^  yöni-  f. 
'Mutterleib',  -gf^  vah)ii-  m.  'Feuer'. 

-mi-:  ^grf^  iirmi-  m.  f.  'Welle,  Woge',  -^^  Ihümi- 
f.  'Erde',  ■?:fi:Tf  rahni-  m.  'Strahl'. 

-vi-  (-U-?):  ^^rf^  cmgliri-  m.  'Fuß',  ^?rf^  adri-{?)  m. 
'Fels',  "?rf%T  «^"»'^-  f-  'Ecke,  Kante'  (^|f5^  Ihüri-  'viel'?). 

-tri-:  Tjfrr  rätri-(?)  f.  'Nacht'. 

281.  Yon  den  n-haltigen  Suffixen  ist  -tu-  am 
häufigsten  (zur  Bildung  von  Verbalabstrakta),  z.  B.  ^r^^ 
jantu-m.  'Nachkomme',  ^^rTcTf^/iä^^t-  m.  'Element,  Wurzel', 
^T^  västii-  n.  'Stätte;  Ge*genstand'.  Das  Hauptgebiet 
dieses  Suffixes  ist  der  Infinitiv,  s.  §  631. 


§281.282.283.] 


u-  und  Diphthongstämme. 


191 


Sonstige  Suffixe  sind: 

-yu-'-  ^W  wiiiju-  m.  'Tod',  -^7^  väyii-  m.  'Wind'. 
-nu-:  ^TT  sium-  'Sohn',  ^jxjrr  dhrMii-  'külin'. 
-TU-    (-lu-) :   ■s^TT^  imairu-   n.    'Bart',    ^ft^   hhlni- 
'fui-chtsam',  itttT^  hrpälu-  'mitleidig'. 

IV.  Deklination:  i-  und  u-Stämnie. 

{Feminina.) 
a)  i-Stämme. 


283.  Paradgima. 


N. 
Acc 
I. 
D. 


dtvi-  'Göttin'. 

Singular. 

[TTOTVia]  got.  frijöndi 
[uoTViav] 


TtOTVia  frijondjai 
TTOTvia?  frijondjös 


mi 


lam 


^^  devl 

^^^  devim 

^^j  devya 

^^  devyai 
Abi.  G.  ^gin:  devyah 
L-  ^^m^  devyät 

V.  ^f%  devi 

Dual. 
N.  Acc.  V.  ^^  devyäü 
I.  D.  Abi.    ^<fl^lH  devihhyl 
G.  L.  ^^:  devyoh 

Plural. 
N.  ^^:  devyah 

Acc.       ^^:  fZei;i/i 
!•  g'^^fir.  devihhih 

D.  Abi.  ^■^^t  devibliyali 
G.  ^<n»t[H  devtnäm 

L.  %^^  deviSu. 

283.  Paradigma.    c?/i«-  'Gedanke'  (Wurzelnomina). 
Singular. 

N.  vY:  ^/^^J[i  gl'-  ^'^?'  '^^'  1^*-  ^^^ 

Acc.       t^a^T^i;  dhiyam  — ■ 


192  Formenlehre.  [§  283. 284. 

I.  f^T  (fli^'ß         ^  ^  — 

D.  tv^)  f^T^  dliii/e,  dhiyai  — 

Abi.  G.  f^"?T:r  f^i^rr:  dhiyäli,  dhiydli  xi-o?  (st.  *y.i-6?) 

L.  "Nt^7  tV^rnr  dlüyl,  dJnyäm  xi-i  (st.  xi-i) 

Dual. 

N.  Acc.  y.  twt  dhhjäu  — 

I.  D.  Abi.   vWt'I  dJühJnjdm  — 

G.  L.  tV^.  dhiyoh  — 

Plural. 

N.  "f^RT  dMyali  xts?  (st.  *xie<;) 

Acc.        f^iT^:  dlnyali  — 

I.  '^IVf*r.  dhlhMh  Icpi 

D.  Abi.  \^:  dh'ihhyäh  — 

G.  f%;](i[^^,'y(\7[jT{dhiydm,  dhlnäm  xi-wv  (st.  xi-Äv) 

L.  vV^  d]mü  xT-ai. 

Anm.  Am  Ende  eines  Kompositums  sagt  man  statt  -dhiyam 
u.  B.  w.  auch  'dhi/am,  -dhyä,  -dhye,  -dhyali,  dhyi  u.  s.  f.  Ein 
Kompositum  wie  suddha-dhi-  'wer  reine  Gedanken  hat'  kann 
übrigens  Maskulinum  und  Femininum  sein.  Einige  hierher- 
gehörige "Wurzelnomina  kommen  überhaupt  nur  am  Ende  eines 
Kompositums  vor,  so  -kri-  (yava-kri-  m.  f.  'Korn  kaufend'),  -ni- 
'führend'  (agra-ni-  m.  f.  'princeps',  gräma-nl-  'Dorfschulze').  Die 
Kasus  auf  -äi,  -äs,  -am  sind  auf  das  Femininum  beschränkt,  zu 
-nl-  heißt  jedoch  der  Lokativ  nur  -nyäm. 

284.    Die  Wurzelnomina  auf  ^  unterscheiden  sich 

*  ... 

Ton  den  sonstigen  ^-Stämmen  sowohl  durch  die  signiati- 
sche  Bildung  desNom.  S.  ^\•ie  durch  die  (jeweils  an  erster 
Stelle  angefühi'ten)  Formen  mit  vokaHscher  Endung:  sie 
stimmen  darin  völhg  mit  der  Flexion  der  Konsonant- 
stämme wie  z.  B.  väc-  (§  317)  überein.  Der  Stammaus- 
laut i  erscheint  vor  vokaHscher  Endung  als  -iy- ;  vgl. 
darüber  §  72.  Die  Formen  dhiyäi,  dhiyäh,  dhiyäm,  dhi- 
näm  sind  erst  diu'ch  die  Analogie  von  devi  hervor- 
gerufen. 


§  285.]  1-  u-  und  Diphthongstämme.  193 

285.  Die  Stammformen.  Im  Paradigma  devt  sind 
zwei  ursprünglich  verschiedene  Stammbildungen  zusam- 
mengefallen; devl  selbst  ist  Vertreter  der  ablautenden 
iä- Stämme;  das  Suffix  -iä-  (ai.  -yä-)  hat  in  der  Tief- 
stufe die  Formen  -l-  und  -id-  [oder  -iid-]  (vgl.  §  109),  die 
in  der  idg.  Grundsprache  unter  uns  unbekannten  Be- 
dingungen mit  einander  wechselten.  ^  Während  -id-  oder 
-iid-  in  gr.  ■JjSeta  aus  *Yj8£/-id,  Texxaiva  aus  *xiy.xav-i(x, 
cJ^dXxpia  u.  ä.  Formen  erscheint,  zeigt  sich  l  außer  dem 
Ai.  z.  B.  auch  in  lat.  victri-{x)  u.  dgl.  sowie  in  den  got. 
Feminina  auf  -i  (aus  -i).  Mit  der  Flexion  der  yä:i- 
Stämme  sind  nun  nicht  ablautende  i-{:iy-,-y-)Stä,mme 
zusammengefallen,  an  die  sich  auch  die  Wurzelnomina 
anschließen.  Ein  ursprünghch  nicht  ablautender  «-Stamm 
ist  z.  B.  nadl  'Fluß',  dessen  Flexion  im  Yedischen  von 
devi  noch  verschieden  ist  und  derjenigen  von  dJii  gleicht. 

Die  vedische  Flexion  lautet: 

Sing.  Du.  PI. 

N.       nadlh        \      j  ^-,  ^  ,  w 

.  -  \        }nadya{u]  nadyali 

Acc.   nadyam    j        ^   ^  '  ^   • 

I.        nadya       \       ,--,,    -  nadlbhih 

^  ,5.        Snadibhyam  ^ 

D.       nadye        I  I       j-'tr      ? 

{  \nadiohyah 

G.    j  \nadiJoh  nadtnäm 

L.       nadyam    J  nadtsu 

V.       nädi  nadya[u)  nadyäh 

Hierzu    ist   noch    zu   bemerken,  daß    das   y  vor  vokaUscher 

Endung  aus  metrischen  Gründen  als  iy  zu  lesen  ist,  d.  h.  nadyam 

ist  =  nadiyam.  2 

Die  Ausgleichung  der  beiden  Stammklassen,  die 
durch  die  schon  identischen  Formen  (wie  nadyä,  na- 
dlbhih) hervorgerufen  wurde,  begann  bereits  in  rigvedi- 
scher  Zeit,  denn  im  Loc.  S.  ist  überhaupt  nur  der  devi- 


1  Es  gibt  auch  -yä-Stämme  ohne  Ablaut,  s.  oben  §  263. 

2  Auch  devyä  u.  s.  w.  hat  bisweilen  im  RV.  den  metrischen 
Wert  deviyä  u.  s.  w. 

Thumb,  AUmdiBche  Grammatik.  13 


194  Formenlehre.  [§  285. 286. 

Typus  belegt.  Das  endgiltige  Paradigma  ist  eine  Mischung 
von  beiderseitigen  Formen,  wobei  jedoch  die  yä-Fonaen 
das  Übergewicht  erhalten  haben.  —  Die  reinen  i-Stämme 
sind  übrigens  auch  in  den  verwandten  Sprachen  nur  noch 
in  Spuren  nachzuweisen,  vgl.  z.  B.  Brugmann,  Griech. 
Gramm.'  182  f. 

286.    Zu  den  einzelnen  Kasns. 

Singular. 

Der  Nom.  ist  ohne  .9  gebildet,  war  jedoch  bei  den 
nichtablautenden  ^-Stämmen  ursprünghch  sigmatisch  (s. 
oben  ved.  naä'i-li). 

Acc.  Die  Form  l-m  zeigt  die  Endung  -m  hinter  dem 
unveränderten  Stamm  -?-,  während  gr.  -mv  =  idg.  -id-m, 
gr.  -lav  und  ved.  nadiyam  =idg.  -ii-m  ist. 

Instr.  -yä  ist  =  -iä-  +  Instrumentalsuffix,  bezw.  bei 
den  (nicht  ablautenden)  -i-Stämmen  =  I  +  Instrumental- 
suffix (über  den  Wechsel  von  -iyä  und  -yä  vgl.  §  72.  285). 

Dat.  -^äi  =  idg.  -iäi  (Stamm  -iä-). 

Gen.  -yäs==  idg.  -iäs  (Stamm  -iä-). 

Loc,  Man  kann  ein  ai.  *-yäi  =  idg.  -iäi  zum  Stamm 
-iä-  (also  =  Dat.)  oder  ein  -yi  =  idg.  -ii-i  zum  Stamm  -1- 
erwarten.  Neben  -iäi  darf  nach  §  77  eine  Satz  doppelform 
-iä  sowohl  für  Dat.  wie  Loc.  vorausgesetzt  werden;  es 
scheint  nun  im  Urarischen  dieses  -iä  speziell  auf  den 
Locativ  eingeschränkt  worden  zu  sein  (vgl.  den  av.  Loc. 
harentya  =  ai.  hharantyä[m]  von  hharanÜ,  cpepooaa)  und 
erhielt  weiterhin  im  Ai.  einen  Zuwachs  -m,  in  welchen 
man  eine  'Partikel'  -em  sieht  (vgl.  §  259). 

V  0  c.  In  der  Grundsprache  bestanden  wohl  in  beiden 
Stammklassen  -i  und  -i  nebeneinander. 

Dual. 
Nom.  Acc.    -yäu  ist  die  Form  der  i-Stämme  (d.  h. 
-ii  +  Endung  der  Konsonantstämme) ;    die   iä  -  Stämme 


§  286. 287. 288.]        i-  u-  und  Diphthongstämme.  19 

hatten  im  Vedischen  -i  (devl),  womit  wohl  die  idg.  Grund- 
form übereinstimmte.  Ebenso  ist  der  Gen.  Loc.  -yöh 
(-7  + Endung)  vom  i-Stamme  aus  zu  erklären. 

Plural. 

N  0  m.  -yas  =  idg.  -ii-es ;  die  Form  der  -iä-Stämme 
(-iäs,  vgl.  got.  frijondjös)  ist  untergegangen. 

Acc.  Obwohl  gr.  YjSsiä?,  got  frijondjös  auf  idg. 
-iäs  weisen,  scheint  doch  auch  -is  den  ?«-Stämmen  an- 
zugehören, da  die  nicht  ablautenden  i-Stämme  in  der 
ältesten  Sprache  -{i)yas  =  idg.  -ii-ns  und  nicht  -Is  zeigen. 

Gen.  Man  erwartet  -iyäm  (vgl.  dhiyäm)  oder -^äw 
=  idg.  -ii-öm;  -Inäm  ist  durch  die  n-Stämme  hervor- 
gerufen: devl-hhih,  devi-näm  wie  hälä-hhih,  hälä-nam 
u.  dgl.  (s.  §  259). 

Anm.  Hier  sei  daran  erinnert,  daß  die  Flexion  von  devl  in 
diejenige  der  weiblichen  ä-  und  i-Stämme  umgestaltend  einge- 
griffen hat,  s.  §  259.  274.  Das  gelegentliche  Vorkommen  von  l- 
und  i-Stämmen  der  gleichen  "Wurzel  und  gleichen  Bedeutung  hat 
diesen  Vorgang  wenigstens  bei  den  Feminina  auf  -i-  erleichtert; 
vgl.  §  288. 

WoHhildung. 

287.  Zu  den  Wurzelnomina  gehören  ^  hhi- 
'Furcht',  -^ft  ^rl-  'Glück,  Reichtum',  -^  Jirl-  'Scham'. 

Anm.  stri-  'Weib'  schließt  sich  enger  als  die  genannten  Sub- 
stantive an  die  Flexion  von  devl  an,  vgl.  Sing.  Nom.  stri,  Acc. 
striyam  und  strlm,  D.  striyäi,  G.  striyäh,  L.  striyäm  (sonst  wie 
dU-).  Diese  Abweichung  erklärt  sich  daraus,  daß  stri-  nur  schein- 
bar ein  Wurzelnomen  ist :  es  gehört  zu  den  mo vierten  Femininen 
von  r- Stämmen  (s.  §  288). 

288.  Die  nicht  ablautenden  i-Stämme  sind  auch  im 
Ai.  selten  und  nur  mit  Hilfe  des  Yedischen  zu  erkennen, 
vgl.  z.B. noch xi^^iMf?a-ri-  'Fußspur'  (eigentl.  zu §287), 
^f^  lakSmi-  'Glück,  Reichtum'.  Bisweilen  stehen  ein 
i-  und  (fem.)  i-Stamm   nebeneinander,  vgl.   Tj|i<f\  und 

13* 


96  Formenlehre.  [§  288. 

-^srzf^  atavi-  'Wald',  ^^  und  \{f^  hliünn-  -Erde'.^  Die 
Hauptmasse  der  I-Deklination  besteht  aus  ablautenden 
-yä-Stämmen.  Mit  dem  Suffix  yäß  werden  zahlreiche 
(teils  adjektivisch,  teils  substantivisch  gebrauchte)  Femi- 
nina zu  männlichen  Nomina  verschiedener  Stämme  ge- 
bildet; nämhch 

1.  zu  ?f-Stämmen:  s.  §  278,  b.  Hierher  gehört  auch 
xrf^^  prthivt  'Erde',  eigentl.  Femininum  von  prthu- 
'breit'  (vgl.  darüber  Thurneysen  IF.  IV,  84 f.). 

2.  zu  r-  und  «-Stämmen:  ^;rfT^  (lliaritri  'Erde'  (eigtl. 
'Trägerin'  von  dharitar-),  'sjjxt  '*'^*^*  'Weib'  (zu  nar-  oder 
nara-  'Mann,  Mensch'),  ^r^f  hhartri  'Erhalterin',  "^j^ 
räjm  'Königin'  (räjan-  'König'),  -sq^  kini  'Hündin' 
(zu  kmn-  §  307),  ^t%rft  halhn  'kräftig'  f.  (zu  halm-). 

In  -q^^  paträ  'Ehefrau'  steckt  ein  altes  (vielleicht 
von  den  w-Stämmen  abstrahiertes)  Suffix  -m-,  das  auch 
in  l^TWt  'tndram  'Gattin  des  Indra',  ^cJTHI  hhavärn 
'Gattin  des  Bhava',  d.  i.  'Siva'  u.  dgl.  vorliegt.  Vgl.  dazu 
Leumann  KZ.  XXXII,  294ff.  und  Brugmann  IF. 
XII,  Iff. 

3.  zu  ??^-Stämmen,  worüber  näheres  §  324  Anm. 

4.  zu  komparativischen  s-Stämmen  (s.  §  335)  und 
zum  Partie.  Perf.  Act.  (s.  §  338). 

5.  zu  o-Stämmen  (neben  der  Femininbildung  -«,  s. 
§  261),  z.  B.  «nr^  nagarl  (neben  ^f^n:  nagara-)  'Stadt', 
w^  putri  'Tochter'  {putra-  'Kind,  Sohn'),  cr-^pf^  tarum 
'junges  Weib'  {taruna-  'zart'),  ^jjchO  hhögalrirl  von 
hhöga-kara-  'Genuß  verschaffend',  4j|J|Vift  niägadln  'Ma- 
gadha-Prinzessin'  {mägadha-  ist  ein  Volksname),  "^j'^^Tt 


1  So  auch  im  Griech,  itoXi;  t:6Au?  neben  TtoXt«  7t6Xe(fl£i;. 
Vgl.  ferner  napti  'Tochter,  Enkelin'  (neben  napti-),  das  im  Nom. 
S.  ved.  napüh  hat  (vgl.  lat.  neptis),  aber  seiner  Bildung  nach  (als 
moviertes  Femininum)  zu  den  -yä-Stämmen  gerechnet  werden  muß. 


§  288. 289. 290.J        i-  il-  und  Diplithongstämme.  197 

häkiri  von  häStira-  'dem  Schwiegervater  gehörig',  ;^r^- 
TT'sfl'  sanätanl  von  sanätana-  'ewig'. 

Anm.  Eine  feste  Regel  über  die  Verteilung  von  ä  und  %  als 
Fem.  von  o-Stämmen  läßt  sich  nicht  aufstellen ;  Delbrück,  Grundr. 

IV,  403  vermutet  „daß  l  überall  da  bevorzugt  wurde,  wo  eine 
Hinneigung  des  Wortes  zum  substantivischen  oder  participialen 
Sinn  vorlag". 

b)  w-Stämme. 

289.  Paradigma,    vadhü-  'Frau'. 

Singular. 
N.  ^^\j:  vadhüh  ttXtjÖu? 

Acc.        ^\I^  vadhüm  tcAt^uuv 

I.  ^^^  vadhvä 

T).  '^T^  vadhväi 

Abi.  G.  '^"%^  vadhvdh 
L.  '^^i^T'l  vadhväm 

V.  ■^V  i^'ädhu 


Dual. 

'am 


N.  Acc.  V.  '^"^  vadhvau 

I.  D.  Abi.    •J^^ven'l  vadhubhyt 

G.  L.  '^^^:  radhvöh 

Plural. 
N.  •^^,  vadhväh  uXTjdue«; 

Acc.        ■grvj:  vadhüh 
I.  ^^it*T«  vadhühhih 

J).  Abi.  '^v^ir^  vadhühhyäh 
G.  •^VTT^  vadhünäm 

L.  ^'V"^  vadhüSu 

CSV» 

290.  Paradigma.    6/iw-  'Erde'  (Wurzelnomina). 
Singular. 
N.  ■«:  hhüh  gr.  auc,  1.  si"(S 

Acc.        w^  hhüvam  (auv)  swew 

I.  V^  hhuvd  — 


198  Formenlehre.  [§  290. 291. 

D.  *i^,  ^^  hhuvS,  hhuvdi  sui 

Abi.  G.  ^^,  ^ttt:  hhuväh,  hJiuväh  ouo?  suis 

L.  •i;{f^,^f^(jTrhhuvi,hhuvdm  aui 

Y.  M-:  fe/rrJi  au 

Dual. 
N.  Acc.  V.  ^T^  hhüväu 
I.  D.  Abi.    ■»TWFi;  hhubhydm 
G.  L.  ■»rat:  hJiHvoh 

Plural. 
N.  »ra:  hhüvah  aus?  sries 

Acc.       ■^^:  hJiüvah  (ouc)  s?^es 

I.  Hf^:  hhiibMJi  — 

D.  Abi.  fjvn:  hhilhhyäh  sühus 

G.  wcfT^'  ^TTT^  hhiiväm,  hhünam   oüäv 

L.  ■»^■ff  hhühi  (auai) 

Anm.  Am  Ende  eines  Kompositum  wird  statt  -bhuvam  u.'b.J. 
auch  -bhvam  u.  s.  f.  gebildet.  Solche  Komposita  können  ^auch 
maskulinisch  gebraucht  werden,  z.  B.  su-bhrü-  m.  f.  'schöne 
Augenbrauen  besitzend' ;  die  Formen  auf  -äi,  -äs,  -am  sind^natür- 
lich  auf  das  Femininum  beschränkt.  Über  einige  weitere  Einzel- 
heiten s.  Kielhorn  §  164.  166. 

291.  Sprachgeschichtliches.  1.  Sowohl  die  ab- 
geleiteten wie  die  Wurzel-Nomina  sind  reine  ft-Stämme, 
bei  denen  ü  nur  mit  uu  (ai.  uv,  bezw.  v  nach  §  72) 
wechselt.  Im  Yedischen  zeigt  sich  die  Identität  beider 
Typen  am  deutlichsten.  %sA      ss*-' 

Es  wird  nämlich  tanü-  'Körper'  entsprechend  der^  Flexion 
nadth  nad{i^yam  u.  s.  f.  (§  285)  im  Ved,  so  dekliniert: 

Du.  Plur. 

)vä{u)        tan[ü)vah 


Sing. 

N. 

tanüh 

A. 

tan{ü)vam 

I. 

tan{ü)vä 

D. 

tan{ü)ve 

Abi, 

.  tan{ü]vah 

G. 

tmi{ü)vah 

L. 

tan{ü)vi 

V. 

tänu 

tanübhih 


>  tan{ü)i 
Uanübhyäm    |  ^^„^j;,^^;^ 

>  tan(ü)vöh 


tanünäm 
tanmu 

tan(ü)vä{u)        ta7i{u)vah 


§  291. 292. 293.]       !-  u-  und  Diphthongstämme.  199 

Man  könnte  neben  den  ü-( :  M?t-)Stänimen  auch  ab- 
lautende wä- :  ?7-Stäninie  erwarten;  solche  sind  zwar  ver- 
mutet worden  (z.  B.  von  J.  Schmidt,  Pluralbild.  S.  56 ff., 
Johansson  KZ.  XXX,  403  ff.),  lassen  sich  aber  (wenigstens 
im  Ai.)  nicht  mit  Sicherheit  nachweisen :  ein  Nom.  S.  auf 
-ü  (neben  -ü-h)  ist  im  E,V.  nicht  belegt.  Die  klass.  Formen 
vadhväi,  vadhväh,  vadhväm,  welche  an  Stelle  der  vedi- 
schen  gebraucht  werden,  sind  durch  den  Parallelismus 
der  7-Deldination  hervorgerufen  worden.  Bei  den  Wurzel- 
nomina ist  die  alte  und  die  neue  Bildung  neben  einander 
erhalten.  Endlich  hat  die  i^nlehnung  der  fi-Stämme 
an  die  i-DecKnation  auch  die  weiblichen  Tt-Stämme 
beeinflußt  (§  274),  so  daß  alle  weiblichen  l-  und  l-,  ü- 
und  M-Stämme  einen  weitgehenden  Parallehsmus  der 
Flexionsweise  zeigen. 

2.  Die  einzelnen  Kasus  erklären  sich  aus  der  Ana- 
logie der  7-Stämme. 

WortMldung. 

292.  Nur  wenige  Wörter  gehören  unserer  Stamm- 
klasse an;  so  noch  das  Wurzelnomen  >f  hhrü-  'Augen- 
braue'  und  das  Substantivum  -g-^f  Svairü-  Schwieger- 
mutter'. 


y.  Deklination: 

293.  Paradigma,  ncm 

Sin 
N.           «^  ndiih 
Acc.        «TT^T^  nävam 
I.            TRT  nävd 
D.            «ff^  nave 
Abi.  G.  «ncT.  näväh 

Gr.               ;^  7lduh 

DiphthongBtämnie. 

-  f.  'ScliifP ;  räi-  f.  'Reichtum', 
gular. 

4^l'i|4(^  r.äyani 

XT^  raye 
•^7r?n  räyäh 
Xrf^  rayt 

200  Formenlehre.  [§  293. 294. 295. 

Dual. 
N.  Acc.  V.  "srr^  ndväu  TT?ft  '^äyäu 

I.  D.  Abi.    •fj-^g-pi;  näubhyäm        tj^j^tTtj;  rabhyäm 
Gr.  L.  "^nrt:  nävoh  TT^rt:  i'äyoh 

Plural. 
N.  ■sfT^  nävah  -^j^^  räyali 

Acc.        «17^  nävah  TTm  räyäh 

I.  'sftf'T:  ncmhhih  TTf^\  rähhih 

D.  Abi.  «ft^r:  näulfhyäh         TT^t  rahhyäh 
G-.  «Ticfift  näväm  i^\M\H.  '^^äyäm 

L.  -i^g  näuSü  jj-^  räsü 

294.  Spracligeschichtliches.  ;?ä?^-  und  räi-  sind 
beide  abstufuugslos ;  dazu  stimmt  die  Flexion  von  gr. 
väf-  (vyjo?,  VY]i,  v^s?,  VYja?),  lat.  näv-  (Gen.  näv-is,  D. 
näv-i,  Acc.  S.  näv-em,  PI.  näv-es);  über  den  Wechsel 
von  ä^«  und  äy  s.  §  76.  räi-  lautet  vor  konsonantischer 
Endung  rä-  {räh,  rähhih,  räsn) ;  es  handelt  sich  um  ein 
idg.  *rei-  mit  der  Nebenform  *re-,  die  nach  §  77  zu  er- 
klären ist :  so  ist  ai.  ras  =  lat.  res,  ai.  rä-l)Ji(is)  =  lat.  re- 
h(us).  Die  Übereinstimmung  mit  dem  Lateinischen  ging 
in  vedischer  Zeit  noch  weiter:  der  Acc.  S.  'räw  =  lat. 
rem  und  Acc.  PI.  räh  =  lat.  res  gehen  auf  idg.  *rem  und 
*res  zurück;  ai.  räyam  und  räyah  sind  also  vermutUch 
Neubildungen  nach  räy-ä  u.  s.  w. 

295.  Paradigma,  gö-  m.  f.  'Eind,  Kuh';  dyö-  f} 
'Tag,  Himmel'. 

Singular. 

^:  dyäuh 
T<^<^*i  divam 
f^Wi  divä 
t^^  dive 
f^:  diväh 
f^t^  divi 
•^.  dyäuh 
Im  Vedischen  gewöhnlich  Maskulinum. 


N. 

^  yäuh 

Acc. 

»TRI  yctni 

1. 

^rrr  ^«^'« 

D. 

^cf  yave 

Abi. 

G.  ^ft:  goh 

L. 

arf^  r/«vi 

V. 

^:  //««/' 

§295.296.297,]        1-  u-  und  Diphthongstämme.  201 

Dual. 
N.  Acc.  y.  ijT^  gdvau  [f^^  dü-äuY 

I.  D.  Abi.    ir\wni  gohhycmi       [^wtr:  dyiihhyäm] 

Plural. 
N.  j[X^,  gavali  f^^.  ä'ivah 

Acc,      ■»rr.  o^h  t^:  <^^^^a?i 

I,  ■aftf*?:  gohhih  ^rf^n  äyühhih 

D.  Abi.  ^ft«r:  gohhyah  [^^:  dguhhgah] 

G.  j|c((H  gäväm  [T(^^\*i  diuänt] 

296.  Die  Stammformen.  Die  Substantiva  ^ö-  und 
6?^ö-  zeigen  Vokalabstufung ;  die  ursprünglichen  Verhält- 
nisse waren  folgende: 

a)  Der  Stamm  gö-  und  gav-  entspricht  idg,  *^oii-, 
vgl.  gr.  ßo(/)-6?,  ßo(/-)-i,  [3ou-ai,  lat,  höv-is,  höv-t,  lü-hus. 

Der  Stamm  gern-  ist  idg,  *grWöM-  (Dehnstufe),  vgl.  gr. 
(dor,)    ßw?   neben    ßou?    (aus    "ßwt*?).    lat-    &ös  =  idg. 

Anm,  Die  schwächste  Stammform  *qu-  liegt  am  Ende  von 
Komposita  vor,  z.  B.  in  §ata-gu-  '100  Kühe  besitzend',  das  übrigens 
ganz  wie  ein  «-Stamm  dekliniert  wird. 

b)  Der  Stamm  dgäu-  ist  idg.  dehijßtufiges  ""dieu-, 
vgl,  Zeu;  aus  *dieiis\  dazu  gehört  die  Tiefstufe  dyu-,  div- 
=  idg.  *dm-  oder  *dm-,  vgl.  gr.  Ai(/)-6?,  Ai(/)-i,  Ai(/)-a. 
Die  Hochstufe  *dieu-  (wozu  lat.  Jov-is,  Jov-i,  Jov-em, 
Jü-piter)  findet  sich  noch  in  dem  ved.  Loc.  S.  dyav-i 
(neben  dem  häufigem  div-i),  worin  wohl  die  Bewahrung 
einer  Altertümlichkeit  vorhegt. 

297.  Zu  einzelnen  Kasus.  Für  die  Paradigmen  von 
§  293  und  295  gelten  im  Allgemeinen  die  Endungen  der 
Konsonantstämme. 


1  Die  eingeklammerten  Formen  sind  nicht  belegt. 


202  Formenlehre.  [§  297. 

Sing.  Acc.  gäm  ist  idg.  *^?.«ö»i  aus  *^''öiim,  vgl. 
gr.  (dial.)  ß(J5v;  dieser  Bildung  (mit  Verlust  des  u 
nach  §  77)  entsprach  in  vedischer  Zeit  auch  ein  dyäm 
=  idg.  *die(u)m,  vgl.  gr.  Zyjv  (ZTJv-a)  zu  Zeo?,  lat.  rfiew 
(<;?ies). 

Gen.  göh  ist  vermuthch  idg.  *qVoti-s  (neben  ved. 
gav-ah  =  gr.  ßo(/)-6<;,  lat.  hov-is),  eine  Bildung  des  Gene- 
tivs  von  der  Art  wie  sie  in  iatröh  (§  272)  vorhegt. 

Yoc.  =  Nom. ;  vgl.  aber  die  ursprünghche  Form 
ohne  s  in  gr.  ZsO. 

Du.  und  Plur.  Nom.  gävau,  gävah  ist  wohl  idg. 
'^^öu-es  =  ßo/es  hoves  (o  zu  ä  nach  §  65.  2) ,  doch 
könnte  ai.  ä  auch  dehnstufigen  Ursprung  haben.  Die 
Sanskritformen  diväu,  divah  sind  durch  Verallgemeinerung 
des  Stammes  div-  zu  Stande  gekommen,  während  die 
ved.  Formen  dyävä(u),  dyävali  von  der  zu  erwartenden 
Dehnstufe  gebildet  sind. 

Plur.  Acc.  Man  erwartet  ein  idg.  ^g^ou-ns  (vgl.  lat. 
hoves,  gr.  [hom.]  ß6-a<;)  und  darnach  ai.  gar  ah  oder  gävah, 
welche  in  der  älteren  Sprache  auch  zu  belegen  sind ; 
andererseits  aber  weisen  ai.  gäh,  av.  ga,  gr.  (dial.)  ßÄ? 
auf  ein  idg.  *g''r^ös,  dessen  Verhältnis  zu  *f^^ouns  unklar  ist ; 
s.  darüber  zuletzt  Brugmann,  Griech.  Gramm.^  233  und 
Kurze  vergl.  Gramm.  392. 


§298.299.]  r-  und  n-Stämme.  203 

XVI.  Kapitel. 
r-  und  n-Stämme. 

VI.  Deklination:   r-Stämme. 

298.  Paradigma,     dätar-    m.    'Geber';    pitar-  m. 

'Vater'. 

Singular. 

N.  ^TrlT  data  fTTTTT  piia, 

Acc.        ^iHKH  dätäram      fqr[J:f{  pitdram 
I.  ^TfT  dätrd  fiTTr  pit^ß, 

D.  ^  dätre  fvi^  pitre 

Abi.  G-.  ^T^.  däti(}i  fxTH:  pitüh 

L.  ^TfTfT  dätäri  fxTfTfT  P^tctri 

V.  ^ttt:  ddtah  tim:  i^^^«?^ 

Dual. 
N.  Acc.  V.  ^Ml<t  dütärau  f^W^  pitdräu 

J.  D.  Abi.  ^^^TR:  dätfhhyäm     fxT^WR;  pjtfhhyäm 

Plural. 
N.  ^TTTTT:  dätärah         ftmX-  pi^drah 

Acc.      ^TH  ^«4^^  ttj^  jp^^r»^ 

I-  ^Wf^:  dätfhhih        fxi^f^:  pitrhhih 

D.  Abi.  ^^:  dätfhliyali      fxT^:  pitfhhyah 
O.  ^Wm;  dätpidni      fxTfnirr^  pitmäm 

299.  Nach  jj/tar-  gehen  die  Verwandtschaftsnamen 
>^TrTX  hhrdtar-  'Bruder',  ^^C  devär-  'Schwager',  ■qTfTi: 
yätar-  'Schwägerin',  ^rRTT  mätär-  'Mutter',  ^ffTT^:  du- 
hitär-'Toch.ter\-s[wr[^'^nänändar-  'Schwester  des  Mannes', 
sowie  «T^  nar-  'Mann'  (Gen.  PL  auch  winiH  nmam  mit 
kurzem  r).  Die  weiblichen  Verwandtschaftsnamen  haben 
jedoch  im  Acc.  PI.  -fs,  z.  B.  ■jn^:  matfh.    Alle  andern 


204  Formenlehre.  [§  299. 300. 301. 

Nomina  auf  -ar-  gehen  wie  dätar-,  so  auch  die  Verwandt- 
schaftsnamen •fg-^^ia^jtor-'Enkel'j^^st'asar- 'Schwester' 
(Acc.  PL  T^-^:svasfh),  -v^^  Ihartar-  'Gatte'  (eigentl.  kein 
Verwandtschaftsname,  da  es  ursprünglich  'Erhalter'  be- 
deutet). 

Anm.  1.  über  'kröMar-  s.  §  271. 

Anm.  2.  Der  Stammauslaut  r  in  Substantiven  wie  gir-  f. 
'Rede',  pur-  f.  'Stadt',  vär-  n.  'Wasser'  ist  wurzelhaft  und  hat 
mit  dem  Suffix  -{t)ar-  nichts  zu  schafien;  daher  folgen  diese 
Wurzelnomina  (wie  die  ganz  seltenen  Z-Stämme)  der  Flexion  der 
sonstigen  Konsonantstämme  (§  317).  Jedoch  ist  zu  bemerken, 
daß  ein  i  oder  u  der  Wurzel  im  Nom.  S.  und  vor  konsonantischer 
Endung  gedehnt  wird,  also  gJh,  pfih  (Nom.  S.),  glrm,  pärsu  (Loc, 
PI.)  u.  s.  w.  gegenüber  girah,  purah  (Gen.  S.)  u.  dgl. ;  vgl.  dazu 
§  95 f.  und  Wackernagel  §  38,  Barthoiomae  ZDMG.  L,  688.  —  svar- 
'Himmel'  ist  indeklinabel. 

300.  Die  adjektivischen  Nomina  auf  -tar-  wie 
z.  B.  data?--  'gebend'  bilden  im  Neutrum  folgende 
Formen : 

Singular. 
N.  Acc.  ^ri  dätf 
I-  ^TrnjTT  dätfnä 

D.  '^TfT^i  dätfne 

Abi.  G.  ■?T"?n!T:  dätf  nah 
L.  ^m%  dätfni 

V.  ^fT,  ^tt:  dätr,  dätah 

Dual.  Plural. 

N.  Acc.  rf ;  fi  (ij^  dätfni  ^"^flJT  dätfni 

I-  ^fTOTR;  dätfhhyäm      ^<Tf^:  dätfhhih 

u.  s.  f.  u.  s.  f. 

Das  movierte  Femininum  wii'd  mit  -7  gebildet:  ign^ 
dätri  'Geberin',  vgl.  dazu  §  288. 

301.  Die  Stammformen.  Die  verschiedenen  Flexions- 
arten der  r-Stämme  beruhen  in  erster  Linie  auf  der 
mannigfachen  Abstufungsfähigkeit  des  Suffixes  -ar-,  bezw. 
-tar-.    Aus  den  ai.  Paradigmen  und  aus  Formen  wie  gr. 


§301.]  r-  und  n-Stämme.  205 

ooT-^p  5otYip-o?,  i^T^Twp  prixop-a,  ■Kaxrip  nzaxip-a  Tcaxp-o?, 
cppctTcop  cppaxop-a,  avi^p  (hom.)  avep-a  avBp-6?  (ai.  war-), 
avV^vtop  -op-a,  lat.  audor  auctoris,  pater  'patris,  soror 
soröris  u.  ä.  ergeben  sich  für  jenes  Suffix  die  uridg. 
Ablautsformen  -{t)er-,  -{t)ör-,  -(i')er-,  -(tor-,  -{t)r-,  bezw. 
-(t)r-,  über  deren  sprachgescliichtliches  Verhältnis  §  102 
zu  vergleichen  ist.  Der  Wechsel  zwischen  e  und  o  (der 
nach  Ausweis  des  Griechischen  offenbar  mit  der  Accent- 
quahtät  zusammenhing)  mußte  im  Ai.  natürlich  ver- 
wischt werden,  doch  treten  in  dieser  Sprache  die  tief- 
stufigen Formen  am  deutlichsten  hervor.  Die  Formen 
mit  -a-  in  offener  Silbe,  wie  intäram,  repräsentieren 
jedenfalls  die  e-Stufe  (idg.  *pdter-m)\  von  den  Formen 
mit  ä  ist  sicher  der  Nominativ  S.  dehnstufig  (idg.  -e 
oder  -ö).  Ob  das  ä  von  dätäram,  dätärah  ein  idg.  o 
oder  ein  dehnstufiges  e  bezw.  ö  vertrete  (vgl.  cppaxop-a 
cppdtop-sc  gegenüber  gr.  SoxYipa  BoTYJps?,  lat.  datörem), 
hängt  von  der  Entscheidung  über  das  §65.  2.  besprochene 
Lautgesetz  ab. 

Da  im  Gebiet  der  Deklination  Ausgleichungen  des  Ablauts 
in  verschiedener  Richtung  möglich  sind,  so  ist  keine  Entscheidung 
zu  treflFen,  ob  z.  B.  svasäram  ein  idg.  *sifesör-m  oder  *snesör-m 
reflektiere,  oder  ob  erst  in  arischer  Zeit  zu  einem  Nom.  *svasä{r) 
ein  svasäram  st.  -aram  gebildet  sei.  "Wenn  man  aber  ä  =>  idg. 
0  setzt,  dann  erklärt  sich  allerdings  ai.  -aram  :  -aram  ohne  weiteres 
als  idg.  -br-m :  -erm. 

Daß  die  Verwandtschaftswörter  nicht  alle  gleich  flek- 
tiert werden,  ist  durch  die  ursprüngHch  verschiedenen 
Ablautsformen  des  Suffixes  bedingt :  ai.  pitär-  reflektiert 
Tzairip  u.  s.  w.,  ai.  sväsar-  den  Typus  cppdicop  und  lat. 
soror  sororis\  im  Paradigma  dätar-  sind  dagegen  die 
Paradigmen  BioTwp  und  BoxVjp  zusammengefallen.  Über 
die  Verteilung  der  Ablautsstufen  auf  die  einzelnen  Kasus 
vgl.  §  223. 


206  Formenlehre,  [§  302, 

302.  Zu  einzelnen  Kasus. 

Singular. 

Nom.  Bemerkenswert  ist  der  Abfall  des  r;  das  Ai, 
führt  zusammen  mit  dem  Baltiscli-Slavischen  (z,  B.  lit, 
möte,  ab,  rnati  'Mutter')  auf  ein  idg.  *mäte,  *pdte  (neben 
*'mäter,  *pdter)  u,  dgl.    Vgl,  auch  §  310. 

Gen,  Einem  gr.  iraipo«; ,  lat.  patris  würde  ein  ar, 
*pitrah  entsprechen,  das  im  Iranischen  auch  vorliegt: 
z,  B.  av.  hräbrö  =  urar.  ^hhrätr-as  (von  Giratar- 'Bruder'); 
daneben  kennt  das  Avestische  auch  einen  Gen.  auf  -ar-^ 
und  (mit  Tiefstufe)  -dr^^  d,  i.  -ar-,  bezw.  -r-H- Endung  -s 
(wie  bei  den  i-  und  ft-Stämmen);  ein  ^pitr-s  u,  dgl.  er- 
gab im  Ai,  vor  tönendem  Konsonant  ein  *p)itp^,  und 
daraus  dürfte  pitur  entstanden  sein  (vgl.  §  95).  So 
Bartholomae,  Arische  Forschungen  II,  110;  vgl.  auch 
Brugmann,  Grundriß  I^  458. 

Loc.  -ari  macht  wahrscheinlich,  daß  die  Form  bereits 
in  der  Grundsprache  -eri  (mit  Hochstufe)  lautete. 

Voc.    Vgh  gr,  pf^xop,  oÄTSp,  Trdxsp  u.  dgl, 

Flural. 
A  c  c.  Die  idg.  Grundform  -tr-ns  oder  -ter-ns,  bezw, 
-tor-ns  (vgl,  lat,  fratr-es,  got.  hröpr-uns  oder  gr,  uaiep- 
a?,  bezw,  pr^xop-ac,)  ergäbe  ein  ai,  *-tr-ah  oder  *-tär-ah, 
aber  schon  im  Urarischen  fand  eine  Umbildung  nach  den 
i-  und  it-Stämmen  statt :  da  z.  B.  pitr-hit,  pitr-hhih  u.  s.  w. 
den  Formen  agni-Su  agni-hhih,  8atru-^u  §atru-hMh  u,  s,  w, 
vöUig  parallel  gingen,  so  wurde  nach  dem  Muster  des 
Acc.  PI.  agmn,  htrün  auch  ein  2ntfn,  dätpi  gebildet, 
bezw.  bei.  Femininis  -fs  (mätfh)  nach  -Is,  -üs  der  weib- 
lichen i-,  ?(-Stämme.  Dieser  Parallehsmus  veranlagte  die 
ind,  Grammatiker,  überhaupt  unsere  Stämme  (abgesehen 
von  den  §  299  Anm.  2  erwähnten  Wörtern)  als  r-Stämme 
(jntr-  u,  s.  w.)  unter  die  vokahschen  Stämme  zu  rechnen. 
Der  Parallelismus  zeigt  sich  auch  im 


§  302. 303. 304.]  r-  und  n-Stämme.  207 

Gen.,  denn  pitfnäm  (st.piträm,  worauf  das  Irani- 
sche und  z.  B.  gr.  uatpÄv  weisen)  ist  nach  agnlnam, 
htrimäm  gebildet.  In  der  Ausbreitung  der  Genetiv- 
endung -näni  scheinen  die  r-Stämme  die  j  ü  n  g  s  t  e  Etappe 
zu  sein;  s.  Hanusz  a.  a.  O.  S.  57  f. 

Ebenso  ist  der  Einschub  des  n  in  der  neutralen 
Flexion  (§  300),  sowie  die  Bildung  des  PI.  (dätrni)  durch 
väri-  u.  Verw.  (§  275)  hervorgerufen. 

Anm.  Das  f,  das  in  der  Flexion  der  r-Stämme  erscheint, 
hat  also  mit  einem  uridg.  r  (§  97)  nichts  zu  tun.  Vgl.  auch 
Wackernagel  §  30. 

303.  Wortbildung. 

Außer  den  schon  genannten  Fällen  findet  sich  -r  als 
Stammauslaut  nur  in  einigen  Neutris,  die  §  341  be- 
sprochen werden;  sein  Hauptgebiet  sind  die  Nomina 
agentis  auf  -tar,  wie  dätar-,  vgl.  z.  B.  noch  ^■jt'^  kartar- 
'Täter',  ^-^  jetar-  'Sieger',  \ärrrT^  dhätar-  'Schöpfer', 
^(^^^  rakäitar-  'Schützer'.  Die  Bildung  war  fast  so 
produktiv  wie  das  Participium,  so  daß  sich  darauf  das 
periphrastische  Futurum  aufbauen  konnte,  s.  §  573  f. 

Vn.  Deklination:  n-Stämme. 

304.  Paradigma,  räjmi-  m.  'König';  näman-  n. 
'Name'. 

Singular. 

N.  W'^y  '>'Ajä  '9rxi{  näma 

Acc.  \i^HH  räjänam  «TTf  näma 

I-  TT^  räjnä  TT^T  nämnä 

D.  "^Tl^  räjne  «TT^  namne 

Abi.  G.  iTT^;  räjnah  Tna't  nämnah 

L.  TTf^'TT^rf^  ^'4?"'"^^'>  räjani  ?rrf^»  Tmf^  ndm(a)ni 

V.  TTWl  räjan  ^[M^,  TTT  näma{n) 


[§304.305. 

«TX^,  «i(44«rt  näm{a)m 
•fX^n^fjj^  nämdbhymi 
•Tfi^:  nämnöJi 

•rnrrf'T  nämäni 
•TTJrrf'T  nämäni 
«il^fyy:  nämahliih 
«rnr»^:  nämabhyah 
'!\\*^'\i\  nänmäm 
•rnr^  nnmosu 
Darnach  gehen  alle  Nomina  auf  -an-  und  diejenigen 
auf  -ma)i-,  bei   denen   dem  Suffix  -man-  ein  Vokal  vor- 
hergeht. 


208 

Formenlehre. 

N.  Acc. 
I.  D.  A 
G.  L. 

Dual. 

-bl.    -^T^p^-pfi;  räjdbhyäm 
\T%t.  räpiöh 

Plural. 

Acc. 

I. 

D.  Abi. 

G. 

XrrwTT:  räjanah 
i^\^:  räjnali 
TJ<^fv{\  räjahhih 
\1<^i^:  räjabhyah 

TTWri  rajnam 

L. 

T^l'^^  rajasu 

305.  Paradigma,     ätman- 
Abschnitt  (in  einem  Text)'. 

Singular. 

•=MI<tiH*i  'itmänmn 
^1(41  «il  fämcuiä 
■^([(jj^  ätmäne 
Gr-  -^HcijH:  ätmänah 


m.    'Seele' ;   })arvan- 


N. 

Acc 

I. 

D. 

Abi, 

L. 

V. 


■^[41  (vy  ätmäni 

-Hl^^  ätman 

Dual. 
N.  Acc.  V.  -^ii^ji^fj  ätmänau 
I.  D.  Abi.    TsnWWTTI  ätmähhyäm  xj^'^tRI  j)ärrdbhyäm 


xj^  parva 
T^  parva 
T^Urr  päri-anä 
"T^W  iwrrane 
xj-^tjt:  pärvanäli 
xj^ftjj  pärvani 
■q-^.  xj-q-  i)ärva(n) 

"q-^Wt  pärvam 


G.  L.  -dm^i^fl;  ätmdnoh 

Plural. 
N«  ■4)|(4j|«t;  ätmänah 

Acc,         -jdtjj^;  ätmänah 
I-  -411  (ijf^;  ätmähhih 

D.  Abi.  -^Tcip^n  ätmähhyah 
Acc.  G.  '4i|(4j»(|*<  ätmänäm 
L-  -4(1(41^  ätmäsu 


xi^Tjft:  pärvanoh 

^'^Tftjr  pärväni 
xj^jftjt  pärväni 
xT^f^:  pärvdbhih 
jj^^'.  pärväbhyah 
Hc((jn^  pärvanäm 
^'^^^  pärvasu 


§305-308.]  r-  und  n-Sfämme.  209 

Darnach  gehen  alle  Nomina  auf  -man-  und  -van- 
mit  vorhergehendem  Konsonant. 

306.  TITO  jnt^a«-«?.  ^xnA'<ssc^T(^ar^/aman-  m.,  Namen 
von  zwei  Gottheiten,  sovne  «»fi^  -han-  'erschlagend'  (am 
Ende  von  Komposita)  haben  im  Acc.  S.  (hezw.  Nom. 
PI.  und  N.  Acc.  Du.)  kurzes  -a-  (xf^j^pü^anamu.s.yy.). 

Anm.  Die  Flexion  von  -han-  ist  auch  sonst  bemerkenswert, 
vgl.  z.  B.  vrtra-han-  'den  (Drachen)   Yrtra-  tötend': 


Mng. 


Du.  Plur. 


N.        vrtraha  \    ,      -  -hanah 

'  ,     ,  } -hanau  ,      , 

Acc.    vrtrahanam  J        "  -gnnali 

I.         vrtraghnä  \  -habhih 

D.        vrtraghne  -hahhyäm  |  .j^^j^^^ 

Abi.  I     ^     .,.._,.  )  J 


^      \vrtraghnah  {     ^^.^^         -ghnäm 

L.        vrtrahani,  -ghni  f  ^       '  -hasu 

V.        vrtrahan  -hanäu         -hanah 

Der  Wechsel  von  h  und  gh  erklärt  sich  nach  §  133. 

307.  -g^  k-an-  m.  'Hund'  lautet  in  den  'schwächsten' 
Kasus  hn-,  ^^^  yuvan-  m.  'Jünghng'  desgleichen  yün-, 
^v|c<«i  maghavan-,  ein  Beiname  des  Indra,  maghön-,  also 
ivä,  hänam,  iunä,  iune,  kmali  u.  s.  w.,  yuvä,  yiivänam, 
yünä,  yüne  u.  s.  w.,  magJiavä,  maghavänam,  maghönä 
u.  s.  w.  (aber  regelmäßig  z.  B.  habhih,  yuvabhih). 

Anm.  Über  defektive  w-Stämme  s.  §  344. 

308.  1.  Die  wenigen  Adjektivs  auf  -van-  werden  im  Masku- 
linum und  Neutrum  nach  dem  regelmäßigen  Paradigma  dekliniert. 
Bemerkenswert  ist  die  Femininbildung  auf  -vari,  z.  B.  pwarl  zu 
pivan-  'fett' ;  daß  es  sich  hier  um  eine  uridg.  Erscheinung  handelt, 
zeigt  gr.  uiwv  —  Tt(£ipa  (Kiepös).  Die  männlichen  Substantiva 
können  movierte  Feminina  auf  -i  neben  sich  haben,  z.  B.  räjnl 
'Königin',  swni  'Hündin'.  Als  Fem.  zu  yuvan-  fungiert  yuvati- 
'Jungfrau'. 

2.  Ein  n-Stamm  am  Ende  eines  adjektivischen  Kompositums, 
z.  B.  sukrta-Jcarman-  'gute  Werke  übend',  kann  regelmäßig  flektiert 
werden  (auch  als  Femininum,  neben  der  Bildung  auf  -t) ;  öfter  gehen 
aber  diese  Stämme  in  die  a-Deklination  über,  z.  B.  mahä-räja- 
'Großkönig'. 

Thumb,  Altindische  Grammatik.  14 


210  Formenlehre.  [§  309. 

309.  Sprachgeschichtliches.  Von  den  vier  Stamm- 
formen -(m/v)an-,  -(m/v)än-,  -(m/v)a-  und  -(m)n-,  die  in 
den  Paradigmen    von  §  304.  305  vorkommen,   sind  die 
beiden  letzten  (in  den  schwachen  Kasus)  ohne  weiteres 
klar:  es  sind  die  tiefstufigen  Formen  -(ni/ujn-,  bezw.  (vor 
Vokalen)  -(>H)n-  zu  dem  idg,  Suffix  -en-  {-men-,  -uen-), 
vgl.  z.  B.  auch  gr.  äp-v-oc,  zu  ap-T^v,  tcöijav-T]  zu  iroifjnQ'v 
oder  xexxaiva  aus  *T£XT-»-ia  (=  ai.  iaM-nl  zu  takSan-). 
Wenn  neben  dem  -a-  oder  -«-  in  den  schwachen  Kasus, 
wie  z.  B.  im  Instr.,  auch  ein  -an-  {ätman-ä,  parvan-a) 
erscheint,  so  liegt  hier  entweder  die  verallgemeinerte  (e)- 
Stufe  oder  wahrscheinHcher  die  Form  der  Tief  stufe  vor, 
die  §  107.  e)  verzeichnet  ist.  In  dem  Locativ  auf  -{m/v)an-i 
darf    dagegen     eher     die     (e-)Hochstufe     angenommen 
werden,  da  der  Kasus  auch  sonst  diese  Stufe  (statt  der 
Tiefstufe)  zeigt  \    Die  Dehnstufe  -öw-  oder  -en-  ist  un- 
zweifelhaft im  Nom.  S.  m.  (vgl.  gr.  Tcoifxi^v  T£xt(ov,  lat. 
homö)  und  im  Nom.  PI.  n.    -äni  =  got.  -öna  (z.  B.  got. 
hairtöna  zum  St.  hairtin-  =  *kerden-  'Herz').    Ob  das 
-ä-  der  übrigen  Kasus  {räjänam,  räjänali  u.  s.  w.)  ein 
ursprüngüches  -ö-  (cf.  xexTova  xexxove?,  axjxova  u.  s.  w.) 
oder  ein  -ö-  bezw.  e  (aydiv-a,  TueuÖTiv-a)  reflektiere,  ist 
aus  demselben  Grund  vde  bei  den  r-Stämmen  nicht  mit 
Sicherheit  zu  entscheiden.    Meillet  Mem.  de  la  Soc.  de 
linguist.  XI,  11  ff.  vermutet,  daß  ai.  ä  (st.  a)  in  arischer 
Zeit  aus  dem  Nom.  S.  übertragen  sei.    Wenn  aber  ä  = 
idg.  ö  ist,   dann  ist  das   ä  der  übrigen  starken  Kasus  ^ 
d.  h.  der  §  306  angeführten  Nomina  nur  =  idg.  e  (vgl. 
gr.  TTOijJisva,  lit.  pemen-i);  für  (vrtra-)han-am  (-hmiäu, 
-Jianah)  wird  idg.  *-^hen-  außerdem  wegen  des  h  (nach 
§  132)  gefordert. 


1  Hierfür  sprechen  u.  a.  die  gr.  Inf.  wie  56(iev  u.  dgl.,  d.  h. 
endungslose  Lokative  von  n-Stämmen  (wie  z.  B.  ved.  mürdhan 
=  kl.  mürdhani  zu  mürdhan-  'Kopf);  vgl.  übrigens  auch  Dat.  gr. 
66[jtevai,  Gen.  got.  gumins  mit  e-Stufe.  —  2  Außer  Voc.  S. 


§  309. 310. 311.]  r-  und  n-Stämme.  211 

Zu  dem  Suffix  -iien-  giebt  es  endlich  (entsprechend 
mTi :  mn)  neben  -tin-  (ai.  -va-)  auch  die  Tiefstufe  -vn-,  bezw. 
-un-;  -im-  hegt  in  den  §  307  angeführten  Substantiven  vor ; 
vgl.  iunalij  gr.  xuvo?  =  idg.  *ku}i-os  zu  Nom.  *k(u)tiö(n); 
yün-nnd  maghö)i- sind  aus  *yu-im-  und  *magha-U7i-  kon- 
trahiert; s.  auch  J.  Schmidt,  Sonantentheorie  S.  122.  Sonst 
hegt  die  Stammform  -un-  nur  in  adverbialer  Erstarrung 
vor,  z.  B.  in  adhunä  'jetzt',  eigtl.  Instr.  zu  ädhvan-  'Weg, 
Reise'  (wozu  der  regelmäßige  Instr.  ädhvan-ä  lautet), 
vgl.  dazu  Jacobi  KZ.  XXXIV,  586  f. 

310.    Zu  einzelneu  Kasus. 

Singtdar. 

Nom.  m.  Ai.  -ä  setzt  ebenso  wie  lat.  homö  u.  dgl. 
ein  idg.  -e,  -ö  mit  Verlust  des  n  voraus;  die  f«-losen 
Formen  wechelteu  wohl  in  uridg.  Zeit  mit  den  Formen 
auf  -en,  -du  (gr.  7roi[if^v,  ax(i,a>v)  unter  bestimmten  satz- 
phonetischen Bedingungen. 

n.   näma,  gr.  6vo|±a,  lat.  nömen,  idg.  *nöm)j. 

Voc.  -an  =  idg.  -on  (oder  -en)  cf.  gr.  "AroXXov,  x6ov, 

Plural. 

Nom.  Acc.  n.  Neben  -äm  =  idg.  -ön-d  findet  sich 
im  Ved.  auch  -ä  (dhämä,  näma) ;  der  Ursprung  dieses  -ä 
(=idg.  ö[n]  oder  idg.  -n?)  ist  unklar.  Die  ved.  Doppel- 
heit  -äni  und  -ä  ist  ein  Ausgangspunkt  für  die  Wucherung 
des  n  bei  den  (neutralen)  Vokalstämmen  geworden;  vgl. 
§246. 

311.  Paradigma,    haiin-  'stark,  kräftig'. 

Singular. 
m.  n. 

N.  -^^  hall  -^sff^  hall 

Acc.        q<r^»<H  halinam  ^f%f  hali 

I.  c)f^«|j  halinä 

D.  -(^f^if  haline 

14* 


212  Formenlehre.  [§  311. 312. 

Abi.  G.  cjf^«t;  halinah 

L.  «^f^f^  halini 

y.  ■^f^T'l  hälin  T^f^f^,'scf^häli(n) 

Dual. 

N.  Acc.  V.  cjf^»fi|  hcdbiau  c^f^»f\  halinl 

I.  D.  Abi.  ^f^^^TR;  haUhliyäm 

G.  L.  c(f^«n:  halimh 

Plural. 

N.  '^f%^:  hcdiuah  ^^tf^  halini 

Acc.       gjf^«j:  halinah  ^^f^  halini 

I.  gjf^f^:  haUhhih 

D.  Abi.  ^^1%^:  haUhhyah 

G.  c4fgy«jTi{^  halinäm 

L.  ^^t^'^  haliäii 

Das  Femininum  wii-d  mit  -7  gebildet:  t^f^^f)  halim. 

312.  Spraehgeschichtliches.  Neben  den  Suffixen 
-en-,  -men-  und  -lien-  gab  es  auch  ein  Suffix  -(i)ien-, 
das  z.  B.  in  gr.  oupaviwv-s?,  lat.  leg-iön-es,  got.  «rftja 
(Gen.  arhjin-s)  vertreten  ist.  Wie  -rin-  zu  -iien-,  so  ist 
-ZH-  die  Tiefstufe  zu  -ie>?-;  die  Suffixform  -in-^  die  nur 
in  den  'schwächsten*  Kasus  zu  erwarten  ist,  wurde  auf 
alle  Kasus  ausgedehnt;  die  starken  Kasus  Nom.  S.  m. 
hall  (st.  "^halyä),  n.  hall  (st.  *hali/a  oder  *haUn),  Nom. 
PI.  n.  halini  (st.  *halyäm),  ferner  hali-hhih  u.  ä.  (st. 
*hahja-hJiih)  sind  dann  der  Flexion  der  -rt>2-Stämme  nach- 
gebildet worden,  indem  -in-  wie  -an-  behandelt  wurde 
(haU  :  hall  :  harini  :  halinä  :  haJihhih  =  ö^;»«  :  näma  : 
namäni  :  ätmanä  :  ätamahhih).  Die  Entstehung  der  -m- 
Flexion  scheint  bereits  urarisch  zu  sein.  [Über  diese 
Bildung  urteilt  ganz  anders  Bartholomae,  Iran.  Grundr. 
I,  101  und  IF.  X,  195  f.] 

Anm.  Daß  in  kanyä  f.  'Mädchen'  (das  im  Sanskrit  wie  ein 
f7-Stamm  flektiert  wird)  der  alte  Nominativ  des  abstufenden  Suf- 


§  312—316.]  r-  und  n-Stämme.  213 

fixes  -yän-,  -in-  stecke,  vermutet  Zubaty  KZ.  XXXI,  51  f.  wegen 
des  ved.  Gen.  PI.  kanlnäm  und  av.  Acc.  PI.  kainina,  haininö 
u.  dgl. 

Wortbildung. 

313.  Die  Stämme  auf  -an-  sind  nicht  gerade  häufig; 
die  Maskulina  sind  meist  (primäre)  Nomina  agentis: 
<f^^  takSan-  'Zimmermann',  •^^  vr^an-  'Mann,  Hengst' 
(eigtl.  'der  Befeuchter,  Besamer');  vgl.  jedoch  auch  jrV'l 
mürdhan-  'Kopf. 

Neutra:  '^z^  udan-  'AVasser'  (nur  in  der  älteren 
Sprache),  i4)tj*^  ä'irSan-  'Kopf.  Vgl.  auch  die  defektiven 
>2 -Stämme  §  344. 

314.  Die  Stämme  auf  -man-  sind  meist  primäre  Bil- 
dungen und  zwar  entweder  männliche  Nomina  agentis 
oder  (in  der  überTNdegenden  Mehrzahl)  sächhche  (selten 
männliche)  Nomina  actionis,  bezw.  Abstrakta. 

Maskulina:  ^(^^  hrahman-  'Beter,  Priester'  (auch 
der  höchste  Gott  Brahma) ;  4^f^4^>^  mahiman-  'Größe'. 

Neutra:  ^rif*[  karman-  'Tat,  Sache',  <^^^  janman- 
'Geburt',  VTT^  dhäman-  'Satzung',  "^^^  hraliman-  'An- 
dacht, Gebet  u.  s.  w.',  ''{^^  §arman-  'Schutz' ;  bemerke 
jedoch  auch  die  Bedeutung  von  ^.».^j«!^  veSman-  'Woh- 
nung, Haus'. 

Bisweilen  schwankt  das  Genus:  t[1j^  iweman-  m. 
und  n.  'Liebe,  Zuneigung'. 

315.  Das  Suffix  -van-  ist  selten,  vgl.  z.  B. 
Maskulina:    -^yx^^   adhvan-   'Weg',   4j<!j:j|>^   yajvan- 

'Opferer,  opfernd'. 

Neutra:  \sn^  dhanvan-  'Bogen'. 

316.  Sehr  häufig  und  produktiv  ist  das  Suffix  -in-; 
mit  demselben  werden  Adjektiva  aus  Nomina  abgeleitet, 
z.  B.  irf?f«t  krtin-  'tätig,  kundig'  (von  krta-),  ctiif^«!^ 
kämin-  'liebend,  verliebt',  mp;!«!^  iwänin-  'lebend',  ^fsq"^ 
vaSin-  'mächtig',   ^\)ri»l  ^aririn-  eigtl.  'einen  Körper 


214  Formenlehre.  [§  316. 317. 

besitzend',  auch  substantiviert  m.  'lebendes  Wesen, 
Mensch',  -sTffpn  htiu-  '100  besitzend',  -»rf^  Spdgin-  'ge- 
hörnt', ^f<gi<v  suTiliin-  'glücklich'. 

-^^f^  rakUn-  'hütend'  ('Hüter'),  -^tff^  dröhin- 
'schädigend'  u.  dgl.  können  nun  aufgefaßt  werden  sowohl 
als  Ableitungen  von  den  Nomina  rakSa-  'Schützer',  drölia- 
'Schädigung'  wie  als  Bildungen  von  den  Verbalwurzeln 
rakS-  'schützen',  druh-  'schädigen',  und  so  vvurden  eine 
Reihe  von  Adjektiven  auf  -in-  unmittelbar  zu  Verbal- 
wiu'zeln  gebildet  (oder  wenigstens  darauf  bezogen),  wie 
z.B.  nr^^  arthin-  'begehrend'  (arthayati),  Trf^  vädin- 
'sprechend',  -^f^  vartin-  'sich  befindend',  f^r^rf^ 
niväsin-  'wohnend';  solche  Adjektiva  werden  besonders 
gern  in  der  Komposition  gebraucht  (z.  B.  satyavädin- 
'die  Wahrheit  sprechend'). 

Die  nicht  häufigen  Suffixe  -min-  und  -vin-  sind  wohl 
ursprünghch  Ableitungen  von  Nomina  auf  -ma-,  -va-  und 
haben  von  da  aus  selbständig  weitergewuchert,  vgl.  z.  B. 
fcjip^^  svämin-  'Herr'  (wohl  von  sva-,  vgl.  auch  sväniya- 
'Eigentumsrecht'),  Tj^f^n  tejasvin-  'glänzend'  (von  tejas- 
'Glanz'). 


XVII.  Kapitel. 
Till.  Deklination :   Stämme  auf  Yerscliluß-  und  Zischlaute. 

a)  Stämme  auf  einfachen  Verschlußlaut. 

317.  Paradigma,    räc-  f.  'Stimme';  päd-  m.  'Fuß' 
(ebenso  dvi-päd-  'zweifüßig'). 

Singular. 
N.  V.     -^05  väk  -qjrf^  pät 

Acc.        c(M4t  läcam  VT^  pädam 


§  317.  318.]     Stämme  auf  Verschluß-  und  Zischlaute.  215 

D.  ^T^  väce  -q^  ]pade 

Abi.  G.  "^T^  väcah  xj^  padäh 

L.  cnf^  väd  xrf^  j?adi 

Dual. 
N.  Acc.  V.  cn-cH  väcäu  WT^  pädäii 

I.  D.  Abi.    ciH^mi^i  väghhyäm  ii^\*{  padhhyäm 
G.  L.  TT^  väcoh  tj^:  padöh 

Plural. 

N.  V.      T^T^  väcah  -qj^  pädah 

Acc.        c;it(;  väcah  t|^.  padäh 

I.  TTfr^:  väghhth  'Tf^I  padhhih 

D.  Abi.  ■^nrwr:  väghhyäh  Tr?r:  padhhyäh 

Gr.  ctiTJiH  väcäm  "T^T'l  padam 

L.  HTa-  väMü  x(^  patsü 

318.  1.  Die  beiden  Paradigmen  (Wurzelnomina) 
unterscheiden  sich  nur  im  Stamm:  v«c-  ist  ohne  jede  Ab- 
stufung (wie  lat.  t'örr,  vöc-is),  päd-  hat  in  den  starken 
Kasus  ä,  sonst  ä  (vgl.  gr.  dor.  ttco?  7ro5-6<;,  lat.  pes  ped-is) ; 
die  gleiche  Abstufung  findet  sich  noch  bei  iiifcj:  äpah  PL 
'Wasser'  (Acc.  apdh,  1.  adhhih,  D.  Abi.  adhhyah  [vgl. 
§  145],  G.  apäm,  L,  apsu).  Nach  i;äc-  gehen  alle  übrigen 
Wurzelnomina  auf  Verschlußlaut,  bezw.  die  Stämme  auf 
^  und  /i,  die  ebenfalls  uridg.  Stämmen  auf  Verschlußlaut 
entsprechen  (vgl.  §  125.  127.  132.  c).  Manche  dieser 
Wurzelnomina  kommen  übrigens  nur  in  nominaler  Zu- 
sammensetzung vor.  —  Vgl. 

•37^  -iah-  'vermögend'  (in  ^4*1^  sarva-iak-  'all- 
mächtig'). 

tq^  tvac-  f.  'Haut'. 

fw^  diS-  f.  'Richtung,  Gegend'  (k) ;  ^^  ^T^'  f-  '<^^s 
Sehen,  Auge'  {k) ;  "^f^  spai-  m.  'Späher'  (t). 

'^^^  hhräj-  'Glanz'  (0;  -^^r  räj-  'König'  {t).  n^^ 
-hhuj-    'genießend,    beherrschend'    (in    V(V^    hhiihhuj- 


es\»  -v 


216  Formenlehre.  [§  318. 319. 

'König');  o^^^  -srj-  'erscliaffend'  (in  f^^räf  vihasrj- 
'alles  erscliaffencV  (t); 

'»^  -hrd-  n.  'Herz'  (vgl.  §  346)  in  ^r^  sulirä- 
'Freund';  «>f%^  -viel-  'wissend'  (in  \nfTf^^  dharmavid- 
•gesetzeskundig') ;  f^^  ripad-  f.  'Mißlingen,  Unglück'; 

«>^V  -budli-  'kennend'  in  ww^^i  dliarmabudh-  '(re- 
setzeskundig'. 

o^^  -druh-  'hassend',  f.  'Schädigung'  (k,  f);  «>f^^ 
Uli-  leckend  {f). 

(Über  Wurzelnomina  auf  -r  vgl.  §  299  Anm.  2,  auf 
-s,  8  §  334  Anm.  1.  2). 

2.  Ferner  folgen  dieser  Flexion  eine  Reihe  von 
Stämmen,  welche  auf  die  Suffixe  4  und  -d  endigen, 
sowie  einige  Nomina  mit  morphologisch  unklarem  Stamm- 
auslaut, z.  B. 

»f^  -jit-  in  f^^f^Tci;  vihajit-  'alles  erobernd',  «>*Tr|; 
-hhrt-  'tragend'  (in •^^r^w3[;«c?^ö»?a&/?r<- 'sichanstrengend', 
gpTct  jagcit-  n.  'Erde,  AVeit'  (eigenthch  'das  Bewegliche', 
zur  W.  gam-),  w[V(j<i  napät-  m.  'Enkel',  ^rfTfT  sarit-  f. 
'Fluß',  ^f^Tfi;  liarit-  'grün';  ^r^  marut-  m.  'Wind'. 

Y^^  dräad-  f.  'Stein',  "sr^^  hrad-  f.  'Herbst'. 

■^fljHr  ranij-  'Kaufmann'  (k),  f^fcrw  hJiiSaj-  'Arzt'  (Ä-). 

^cRw  haknhh-  f.  'Gipfel'. 

319.  Stammauslaut.  In  betreff  der  Endungen  sei 
hier  wie  bei  allen  folgenden  Paradigmen  auf  §  229  ver- 
wiesen. Für  die  Verbindung  des  Stammauslautes  mit  den 
s-  und  &7i-Endungen  gelten  die  §  152  ff.  141  f.  gegebenen 
Regeln.  Am  wichtigsten  sind  die  verschiedenen  Kom- 
binationen von  I,  j,  h  4-  5  oder  hh.  In  den  §  318  an- 
geführten Beispielen  ist  durch  ein  beigefügtes  {h)  oder 
(t)  kennthch  gemacht,  wie  der  Wurzelauslaut  behandelt 
wird;  das  weitere  s.  a.  a.  0.  Zu  hudh-,  driüi-  u.  dgl.  vgl. 
ferner  §  137.  Der  Nom.  S.  m.  ist  mit  s  gebildet,  doch 
mußte  der  Zischlaut  nach  §  165  schwinden  (daher  väk, 


§  319.  320.]      Stämme  auf  Verschluß-  und  Zischlaute.  217 

2)ät  u.  s.  w.);  der  Nom.  S.  n.  wird  durch  den  reinen 
Stamm  gebildet,  wobei  wiederum  die  Auslautsregeln  zu 
beachten  sind;  vgl.  z.  B.  agni-mit  zum  St.  mith-,  dharma- 
hlmt  zum  St.  hudh  (nach  §  162),  satya-väk  zum  St.  -väc- 
(nach  §  163)  u.  s.  w.  Infolge  dieser  lautlichen  Vorgänge 
sind  Maskulinum  und  Neutrum  im  Sing,  völlig  zusammen- 
gefallen. 

Anm.  Zu  upänah-  f.  'Schuh'  ("W.  nah-  'binden')  merke  den 
Nom.  S.  upänat  (Acc.  upänaham),  Loc.  PI.  upänatsu,  Instr.  upä- 
nadbhih ;  zur  Erklärung  vgl.  §  143  Anm.  2. 

Im  Neutr.  PI.  wird  ein  Nasal  vor  dem  Stammauslaut 
eingeschoben,  z.  B.  trivrnti  von  trivrt-  'dreifach',  sarva- 
kitdki  von  -^ak-,  viiva-srnji  von  -srj-,  -UM  von  -lih-.  Diese 
Bildungsweise  ist  nicht  ursprünglich,  sondern  durch  das 
Muster  der  Stämme  auf  -anc-,  -nt-,  -as-  hervorgerufen,  s. 
§  320.  323.  330. 

b)  Stämme  auf  -afic-  (-ac-). 
320.  Paradigma,  präfic-  'vorwärts  gerichtet,  östlich'. 

Singular. 
m.  n. 

N.  V.      TTTS^  i;rci?j  TTT^  l^rdk 

Acc.        m^4<  prdficam  TTfö^  X>^^^ 

I.  TTHTT  präcä 

D.  T{j^  präce 

Abi.  Gr.  ITT^.  präcali 

L.  irrf^  präci 

Dual. 
N.  Acc.  V.  ITT^  präncäti  "RT^  präcl 

I.  D.  Abi.  i^[j^|*(  prägbliyäm 

G.  L.  TTP^:  präcöh 

Plural. 
Acc.       HTT.  präcah  l?Tf%  pranci 


218  Formenlehre.  [§  320. 321. 

I.  irrf7*i:  prdglMh 

D.  Abi.  itttot:  prdghhyah 

G.  UMiH  präcäm 

L.  ITTW  pycihsu 

SM 

Das  Femininum  irr^  i*^«d  g^lit  nach  §  282. 

Darnach  werden  flektiert  z.  B.  ^^Sf^^  apänc-  'rück- 
wärtsgelegen', "^RT^  arä>lc-  'nach  unten  gerichtet',  m^\^ 
paräüc-  'abgekehrt'. 

331.  Paradigma,  prätyanc-  'rückwärts,  westlich'; 
anvanc-  'folgend'.  (Es  werden  nur  die  entscheidenden 
Formen  gegeben.) 

Sing,  (m.) 
N.      TTW^  pratym  ^^I^^  anvä7d 

Acc.  H(t|^H  pratyäficam  ^»^^H  anväficam 

I.       "RTfr^r  praücä  "^^^  ojincd 

Dual. 
N.  A.  V.  mn^  pratyäficäu  "^n^^  använcäu 

I.  D.  Abi.  -g^n^^TR  jjrafyaff&/^yftw  .m^  j^jj  ih  anväghhyäm 

Plural. 
N.      iTW^:  pratymcali  ^^%\  miväncah 

Acc.  ittH-M:  praticäJi  ^^:  änücäh 

L.      TTWW  pratyäJiht  ^SH^^  anväJcSu. 

(iVe?tfrM)n) 
Sing.  N.  Acc.  V.  ttW^  pratycil        ^^si^cTefi  av^mÄ: 
Du.  TTfMt  i^raßci        ^-M-^t  «mlci 

Plur.  irwf^  pratyäuci    ^^{^  cmvänci. 

Femininum :  infN^  praüci,  ^^-^  anfiä. 

Nach  praiyahc-  gehen  ??r^  ^«^«"c-  'niedrig ,  ^r«r^ 
samyafic-  'richtig,  genau'  und  ^53^  udanc-  'nach  oben 
gewendet,  nördlich'  (mit  dem  schwächsten  Stamm  udw-) ; 
flT^  tiryafic-  'wagerecht  gehend'  hat  als  schwächsten 
Stamm  tiratc-. 


§  321. 322.]      Stämme  auf  Verschluß-  und  Zischlaute.  219 

Nach  anvahc-  geht  nochf^vac^ vi^vanc-  'auseinander- 
gehend'. 

322.  Sprachgeschichtliches.  Schon  das  Ai.  läßt 
erkennen,  daß  die  Nomina  auf  -anc-  Zusammensetzungen 
von  Präpositionen  (oder  Adverbien)  wie  pra-,])rati-,  anu-, 
ud-  mit  -afic-  {-cmk-,  vgl.  Nom.  S.  -an  aus  *-mdk$  nach 
§  165.  2)  in  den  starken,  bezw.  -ac-  (-ak-)  in  den  mittleren 
Kasus  sind ;  auch  der  (schwächste)  Stamm  -präc-  könnte 
\npra-\-ac-  zerlegt  werden  (s.  jedoch  unten).  In  samyafic- 
ist  -y-  offenbar  durch  die  Analogie  von  pratyanc-  her- 
vorgerufen worden;  udanc-  bildet  die  schwächsten  Casus 
nach  dem  Muster  von  x)ratyahc-. 

Eine  ähnhche  Zusammensetzung  findet  sich  nicht 
nur  im  Avestischen ,  sondern  auch  in  lat.  xwop-inqu-us 
und  gr.  TCOo-aTC-os  'woher  kommend',  so  daß  wir  für  die 
Grundsprache  ein  KompositionsgHed  *-ewg?.'- :  -nct'f-  (=  ai. 
-am- :  -ac-)  ansetzen  dürfen :  in  diesem  *-ew0.'-  scheint  ein 
Wurzelnomen  'sich  wendend'  oder  dgl.  vorzuUegen,  das 
bereits  in  der  Grundsprache  nur  als  zweites  Ghed  von 
Komposita  vorkam;  Brugmann,  Die  Ausdrücke  der  To- 
tahtät  (Leipz.  Progr.  1894)  S.  21  denkt  an  die  ai.  W.  ahc- 
'biegen'  u.  Verw.  (z.  B.  lat.  uncus).  Zweifelhaft  ist  die 
Auffassung  der  schwächsten  Stammformen  pratic-  und 
anüc-.  Nach  Osthoff,  Moi-phol.  Untersuchungen  IV, 
249 ff.,  Brugmann,  Grundriß  II,  241  sind  es  Ableitungen 
mit  Bülfe  des  Suffixes  -qVo-,  wie  solche  auch  in  anti- 
ka-  'nahe'  lat.  anüquus,  dblii-ka-  'hinter  etwas  her  seiend', 
anü-ka-  'dahinter  seiend'  (n.  'Rückgi-at'),  ucca-  aus  *ud 
+  ca  'hoch',  nl-ca-  'niedrig'  vorhegen.  Kasusformen  von 
derart  gebauten  Adjektiven  ^inatlca-,  *anüca  wären 
demnach  mit  solchen  der  Nominalkomposita  in'atya{h)c-, 
anva(n)c-  zu  einem  Paradigma  zusammengetreten;  da 
einige  Formen  von  "^praüca-,  *anüca-  (Instr.  S.,  Gen.  PI., 
G.  L.  Du.)  ohne  weiteres  sowohl  als  a-,  wie  als  Konso- 
nant-Stämme aufgefaßt  werden  können,  so  war  der  völlige 


220  Formenlehre.  [§  322, 

Übergang  in  die  konsonantische  Flexion  durch  die  An- 
lehnung an  die  Formen  auf  -afic-,  -ac-  leicht  zu  vollziehen 
(falls  man  nicht  überhaupt  unmittelbar  von  einem  Suffix 
-qii-  =  -gl^o-  ausgehen  Avill).  Eine  andere,  von  J.  Schmidt, 
Pluralbildungen  S.  388 ff.,  Bartholomae,  Iran.  Grundr. 
I,  96  f.  u.  a.  vertretene  Anschauung  sieht  in  (pratyic- 
und  {an)üc-  das  idg.  Kontraktionsprodukt  von  *-i/u  + 
dqV'-  und  deutet  9gt«-  als  Tief  stufe  von  ^oq^i-  'Auge',  vgl.  ai. 
iwatika-  n.  'Anthtz'  und  gr.  ■TrpoacoTCov  ==  idg.  "^proti- 
dcfio-  und  *2^roü-öqVo-  (dazu  ö4'0|JLai  otkotcoi).  Da  sich  die 
Prozesse,  welche  bei  beiden  Hypothesen  angenommen 
werden,  schon  in  der  Grundsprache  abgespielt  haben,  so 
ist  einem  *'proüqV-  nicht  mehr  sein  Ursprung  deutUch 
anzusehen;  eine  einseitige  Entscheidung  ist  vielleicht 
überhaupt  nicht  erlaubt,  da  beide  Erklärungsversuche 
berechtigt  sein  können.  Ob  die  (schwächste)  Stammform 
präc-  ein  idg.  *pröq'^^-  {aus  *pro-dql'-  oder  *2^ro-öqV-?)  oder 
(nach  §  65)  ein  *prdqV-o-  (vgl.  gr.  Tupox-a,  lat.  reci-iwöcii^ 
u.  Yerw.,  Brugmann,  Griech.  Gramm.^  205)  darstellt, 
läßt  sich  ebenfalls  nicht  entscheiden. 

Für  die'Suffix'-TheorieOsthoffs  scheint  das  Paradigma 
tiryanc-  zu  sprechen;  vgl,  dazu  Thumb,  KZ.  XXXVI, 
199  ff.  Während  tirya{n)c-  sich  in  eine  Präposition  *tr-\- 
Wurzelnomen  *enqV-  zerlegt  (das  -y-  ist  wohl  nach  Ana- 
logie von  pratyafic-  eingefügt),  ist  der  Instr.  tiraicä  aus 
der  Präposition  twas -\- cä  zusammengesetzt;  dieses  ci 
kann  mit  *ag^-/ogl^-  'Auge'  nichts  zu  tun  haben,  sondern 
ist  vermutlich  die  idg.  Partikel  *qV'e,  die  auch  z,  B.  in 
lat.  ahsque,  gr.  laxe  vorliegt.  Die  Einfügung  von  tiraicä 
in  das  Dekhnationsschema  (als  Instr.)  und  die  Fort- 
führung der  Flexion  tiraice,  üraicali  ist  wesentlich  eine 
arische  Neuerung,  falls  man  nicht  annehmen  will,  daß 
schon  in  der  Grundsprache  neben  der  Adverbialform 
*trrosque  ein  Adjektiv  *trrosq^o-  bestanden  hat. 


§  323.  324.]     Stämme  auf  VerschluIÖ-  und  Zischlaute. 


221 


c)  Stämme  auf  -nt- 


323.    Paradigma.       hharant-     'bringend'; 
'gebend'  (Participia  Praes,  Act.). 


dadat- 


N. 

Acc. 

I. 

D. 

Abi. 

L. 

V. 


G. 


^f;^;^  hJiäran 
^f^€rT^  hhärantam 
^f5[7f7  hhäratä 
'ijT^  hhärate 
»HTT:  hhäratah 
»TT^fTT  hhärati 
'^ryi  hhäran 


Dual 
N.  Acc.  V.  HT'^  hhärantäu 
I.D.Abi  ^''      " 


Singular  (m.). 

gg<^  dädat 
^^7f^  dädatam 
ggfIT  dädatä 
^^^  dädat e 
^TTT:  dädat  ah 
T?f?r  dädati 
ggt^  dädat 


G.L. 

N. 

Acc. 

I. 

D.  Abi. 

Gr. 

L. 

Neutr. : 


TV'»'  «  "  " 

^<^l^l  hhäradhliyäm 
^f^ff^;  hhäratdli 


^■fff^  dädatäu 
<^<^¥J  (H  dädadhhyäm 
(g<^(ft:  dädatöli 


Plural. 
^T?TfT:  hhärantah 
^T^:  hhäratali 
^f?;;f^:  hliäradbhih 
m^m:  hhäradhhyah 
^rrfTW;  hhäratäm 
^f^csq-  hhäratsu 

Sing.  '»RTt  hhärat  ^^fC  '^^f^f^^^ 

Du.    'HT^  hhärantl  T^"?f^  dädati 

Plur.  '»TTf^  hhäranti  ö[^f?T  (^"^f^)  däda(n)ti 

^TT;«lf^  hhäranti  '^'^^  dädati 

id  dem  Fem. 
Act.*,  nach 


^^"?T:  dädatah 
^^TT:  dädatah 
^^f^:  dädadbhih 
T^w^  dädadhhyah 
<j<jf;;4<^  dädatäni 
^^(^  dädatsu 


Fem.:  HT/lf^  hhäranti    '^'^^  dädati 

324.  Nach  hharant-  gehen  (vom  Du.  >«.  und  dem 
abgesehen)  nahezu  alle  Participia  Praes.  Act.*, 

1  Nur  in  der  Accentuierung  (der  älteren  Sprache)  giebt  es 
Unterschiede;  bei  Verben  mit  betontem  thematischen  Vokal,  z.  B. 
tudänt-  (s.  §  475  f.),  geht  der  Accent  in  den  'schwächsten'  Kasus 
auf  die  Endsilbe  (Instr.  tudata  u.  s.  f.)  über. 


222  Formenlehre.  f§  324. 325. 326. 

dem  abstufungslosen  dadat-  nur  die  Partizipien  von  sol- 
clien  Verben,  welche  in  der  3.  PI.  des  Präsens  -ati  haben, 
also  im  wesenthchen  die  Verba  der  dritten  ai.  Präsens- 
Idasse;  näheres  s.  §  491  ff.  Die  wenigen  Partizipien  von 
der  Form  yänt-  (s.  §  484)  bilden  (m.)  yän,  ycmtam,  yätä 
u.  s.  w.,  (n.)  yät,  yä{n)fi,  yänti. 

Anm.  Die  Bildung  des  Du.  n.  und  des  Femininum  ist 
identisch,  d.  h.  die  Formen  lauten  entweder  -anti  oder  -atl;  die 
letztere  Bildung  ist  jedoch  nicht  auf  den  Typus  dadat-  beschränkt. 
Für  das  Auftreten  von  -anti  und  -atl  gilt  folgendes: 

1.  -anti  ist  Regel  bei  allen  Partizipien  der  1.  4.  und  10.  (ai.) 
Präsensklasse,  sowie  der  Kausativa  und  Desiderativa; 

2.  -anfi  oder  -atl  ist  möglich  bei  den  Partizipien  der  6. 
Präsensklasse  [tudäntl  und  tudatt),  des  Futurums  {bhavisi/a[n]tl} 
und  der  Denominativa  (devai/a[n]tl).  Merke  auch  pänti  oder 
yätl  u.  ä. 

3.  -ati  ist  Regel  beij  allen  übrigen  Verben,  z.  B.  satJ  von 
sant-  'seiend',  krmati  von  krlnant-  'kaufend'  u.  s.  w. 

325.  Zu  den  Stämmen  auf  -ant-  gehören  auch  einige 
Nomina,  die  nicht  Participia  sind,  nämUch  die  Adjek- 
tiva  -^^w^hrhant-  'groß'  (Du.  n.  hrhaü),  xj-Bf^  prMnt- 
'gesprenkelt,  bunt'  und  ?TfT^  mahänt-  'groü';  das  letzt- 
genannte Adjektiv  hat  in  den  starken  Kasus  langen 
Vokal,  vgl.  {m.)  maJiän,  mahcmtam,  maliatä  u.  s.  w., 
(w.)  maJiat,  mahaü,  mahänti. 

Anm.  mahänt-  lautet  als  1.  Teil  eines  Kompositums  mahä 
(eigentl.  ein  Subst.  'die  Größe'?),  z.  B.  mahä-räja-  'Großkönig'. 

326.  Sprachgeschichtliches. 

1.  Die  Stammform  hliarant-  ist  idg.  *hheront-  (gr. 
^epovT-a,  got.  hairand-s  u.  s.  w.),  dadat-  ist  idg.  *ded-td-, 
d.  h.  das  Partizipialsuffix  -nt-  tritt  im  ersten  Fall  an  den 
Verbalstamm  *hhero-  (mit  sogen,  thematischem  Vokal), 
im  zweiten  Fall  unmittelbar  an  die  konsonantisch  aus- 
lautende Wurzel.  Während  das  Paradigma  dadat-  ab- 
stufungslos dekhniert  wird  (ebenso  im  Iranischen),  hat 
Vharant-  als  schwache  Stammform  ein  hharat-  ==  *hhernt- 


§  326.]  Stämme  auf  Verschluß-  und  Zischlaute.  223 

neben  sich;  in  den  verwandten  Sprachen,  so  vor  allem 
im  Iranischen,  Griechischen  und  Germanischen  (und  auch 
im  Baltisch-Slavischen)  erscheint  die  8tsimmiorm*hheront- 
auchin  den  schwachen  Kasus ,  und  die  Stammform  *hher^t- 
ist  nur  in  (verschieden  deutbaren)  Spuren  nachzuweisen; 
so  ist  lat.  ferens  ferent-is  wahrscheinlich  die  Verall- 
gemeinerung der  Stammform  *fe/?erw^.  Bartholomae  (s.  zu- 
letzt Iran.  Grundr.  I,  98)  schloß  daraus,  daß  bereits 
in  der  uridg.  Flexion  die  Ablautstufe  -07it-  bei  themati- 
schen Verben  durchgeführt  war,  daß  also  das  Ai.  mit  seiner 
Abstufung  hharant-fhharat-  eine  Neuerung  eingeführt  hat 
(nach  dem  Muster  der  weiter  unten  folgenden  Paradig- 
men); weder  für  noch  gegen  diese  Ansicht  lassen  sich 
zwingende  Gründe  anfühi'en.  Da  das  Ai.  im  Allgemeinen 
den  idg.  Dekhnationslaut  gut  bewahrt ,  so  läßt  sich  dies 
von  vornherein  auch  für  die  Abstufung  von  hharant-  : 
hharat-  annehmen,  während  die  Annahme  einer  Verall- 
gemeinerung des  Stammes  -ont-  (oder  -nt-)  in  den  ver- 
wandten Sprachen  auf  keine  Schwierigkeiten  stößt. 

Unzweifelhaft  lag  aber  uridg.  Abstufung  in  dem 
Partizip  der  meisten  athematischen  Verba  (§  479  ff.)  vor, 
also  in  dem  Typus  sau,  sant-am  :  sat-ä,  satl  'seiend',  wie 
gr.  (dor.)  IvT-e?:  Fem.  (l)-aoaa  zeigt;  die  idg.  Stamm- 
formen waren  *s-ent- :  s-nt-  (über  die  Verbreitung  dieser 
Bildung  s.  die  Verbalflexion).  Das  Schwanken  der  Fe- 
mininform  (§  324)  ist  wohl  darauf  zurückzuführen,  daß 
schon  in  der  Grundsprache  zu  -ont-  sowohl  ein  *-ont-i 
wie  -nü  gebildet  wurde  (wofür  gr.  (fipouGa  aus  *cpepovT-ja 
und  dexaaaa  aus  *äJ-tv.nx-ia  zu  dexwv  als  Zeugen  an- 
geführt werden  können).  Zur  ganzen  Frage  vgl.  auch 
Brugmann,  Griech.  Gramm.'  199. 

Die  Flexion  yä-nt-am  yät-ä  ist  der  von  hharant-am 
hharat-ä ,  sant-am  sat-ä  u.  s.  w.  nachgebildet ;  denn  das 
an  die  W.  yä-  antretende  -?it-  ergab  an  sich  unveränder- 
Uches  yänt-. 


224  Formenlehre.  [§  326. 327. 328. 

2.  AVoher  die  Dehnstufe  von  mahänt-  (auch  im  Ii-ani- 
schen !)  stammt,  ist  unaufgeklärt ;  die  Gleichung  Nom.  S. 
n.  ma]iat  =  gv.  [leya  (idg.  '^me(^)Jmt?)  ist  zweifelhaft,  s. 
Bartholomae  IF.  I,  303  ff. 

3.  Über  den  Nom.  S.  hharan  aus  *hharants,  dadat 
aus  *dadats  (vgl.  lat.  ferens)  s.  §  165.  2. 

327.  Paradigma,  dhimant-  'weise';  hhagavant- 
'glücklich,  erhaben'. 

Singular  {m.) 

N.      >j|4jK  dhlmän  H'l«n«l  hhägavän 

Acc.  vt^n^n^  dlmnantam  YTa|c(«r{7^  hhägavmitam 

I.       ■M^^TfTT  dhimatä  M^<^r\'[  hhägavatä 

u.  s.  w.  u.  s.  w. 

V.      Vhr^  dhiinan  *R^^  hhägavan 

Dual. 

N.  Acc.  V.  vt^RTt  dhmiantäu  ^J|c(nl1  hhägavantmi 
u.  s.  w.  u.  s.  w. 

Plural. 

N.      \ft;RnT:  dJnmantah  '^W^^:  hhägavantah 

Acc.  vt^m:  dhlmatah  ^T^TWfT:  hhägavatah 

I-       ■vft^rf^:  dhimadhhih  ^^^T^f^:  hhägavadhhih 
u.  s.  w.  u.  s.  w. 

Neiitr.:  Sing.  vt^Tci;  rf/^Mwa^  ^'T^fi;  hMgavat 

Du.    vt^Tcft  dhimaü         ^^[<^^  hliägavati 
Plur.  v^irf'ff  dhwiauti      -^^ij^if^  hhägavanti 

Fem.:  ^^Trft  dJilmaü  HTcRft  hliägavati 

Die  beiden  Paradigmen  unterscheiden  sich  von  &7;rt- 

raw^-  nur  durch  den  Nom.  S.  m. 

328.  Mit  den  Suffixen  -mant-  und  -i'«>ii-  werden 
zahlreiche  besitzanzeigende  Adjectiva  von  No- 
mina abgeleitet;  -vant-  ist  produktiver  als  -mant-',  z.  B. 

■q-sra^  pa^umant-  'Vieh  besitzend',  ijflTTpti;  mürti- 
mant-  'einen  Körper  besitzend,  leibhaftig'. 


§  328.  329.]      Stämme  auf  Verschluß-  und  Zischlaute.  225 

^njT^^  gunavant-  'tugendreicli',  •rr^r^^  näthavant- 
'einen  Schützer  habend',  ■^^r^^ri;  halavant-  'stark,  mächtig', 
■^«1HM<=<^  ((liägatavant-  'die  Zukunft  (anägata-)  be- 
treffend', f^^^T^'öi;  rijnärant-  'reich  an  Kenntnissen, 
Tf^T^'i^Tt^  tamasvant-  'dunkel'.  Vgl.  ferner  die  sekundäre 
Partizipialbildung  auf  -tavant-  §  618  und  die  Adverbia 
auf  -vat  §  402. 

Ebenso  werden  flektiert  die  pronominalen  Adjektiva 
TTT^rt^  tävant-  und  ^TT^^  yävant-,  '^^  iyant-  und 
■f%fr?T7r|;  liycmt-  (§  375),  sowie  ^j^'ftt  hhava)it-  in  respekt- 
voller Anrede  (etwa  'Euer  Wohlgeboren'),  vgl.  Nom.  S. 
M^\^  hhavän  =  'du'. 

Anm.  Das  letztgenannte  Wort  ist  vermutlich  mit  dem  Par- 
tizipium bhavant-  identisch,  schloß  sich  aber  infolge  seiner  be- 
sonderen Bedeutung  an  die  Adjektiva  auf  -vant-  an.  Vgl.  auch 
S.  226,  Fußn. 

329.  Sprachgescliichtliches.Vgl.Brugmann,  Grundr. 
n,  536,  Bartholomae,  Iran.  Grundr.  I,  97  f.  115.  Nur  die 
Stämme  auf  -vcmt-  haben  in  den  idg.  Sprachen  weitere 
Verbreitung;  diejenigen  auf  -mant-  sind  auf  das  Arische 
(Ai.  und  Iran.)  beschränkt.  Dem  ai.  -vant-  entspricht 
gr.  -/evT-  in  j^api-evi-o?  u.  ä.  (=  idg.  -uent-)\  die  Ab- 
stufung-2<e)2i-/"lH*^"(^i'is^^"'^^^^^"'"^^^")^^^J^^®^^^^^^^''^^^ 
ursprachlich.  Unsicher  ist  die  Beurteilung  des  Nom.  S. 
auf  "Vän  {-man) ;  am  nächsten  hegt  es,  -vän  auf  ein  idg. 
*-uents  (oder  "^-uönts)  zurückzuführen  (so  Bartholomae), 
denn  av.  tvävqs  (=  ai.  tvävän  von  tvävant-  'dir  ähnhch') 
und  gr.  yo-pitic,  -wädersprechen  dem  nicht.  Auch  die  im 
EY.  vorkommenden  Formen  des  Nom.  PI.  n.  ghrtavänti 
(von  ghrtavant-  'fettreich')  und  pahimänti  machen  eine 
uridg.  Dehnstufe  -iient-  {-iiönt-)  wahrscheinUch.  Aber  im 
Avesta  begegnet  auch  ein  Nominativ  auf  -vä  =  urar.  -väs, 
idg.  ^-iies  oder  *-ztö5,  d.  h.  die  Form  eines  5-Stammes. 
Eine  ähnliche  Vermischung  der  nt-  und  s-Stämme  wird 
für  das  Ai.  durch  (ved.)  Vokative  auf  -vas,  -mas  st.  -van, 

Tliumb,  Altindisclie  Grammatik.  15 


226  Formenlehre.  [§  329. 330. 

-mafi^,  für  die  idg.  Grundsprache  durch  gr.  xeioc,  ioic,  aus 
*Tä-/o?,  *ä-/o?  (gegenüber  ai.  n.  tävat,  yävat)  bezeugt. 
(Über  sonstigen  Austausch  von  t-  und  s-Stämmen  im  Ai. 
s.  §  338f.).  Brugmann  führt  daher  ai.  -vän  auf  urar.  *-väns 
zurück  und  erklärt  die  Form  für  eine  Umbildung  von 
'''-väs  nach  -vantam.  Man  spricht  vielleicht  besser  von 
der  Kontamination  eines  Nom.  S.  auf  (ar.)  -väuts  und 
auf  -väs ;  die  avestische  Doppelheit  -vqs :  -vä  macht  alte 
idg.  Doppelformen  wahrscheinhch,  die  als  *-uents  (vgl. 
gr.  ^apiei?)  und  *-u^/ös-  anzusetzen  sind  und  denen  die 
Vokative  ^-nen  und  *-u^/^s  zur  Seite  standen :  diese 
Yokativformen  begünstigten  infolge  ihrer  gleichen  Vokal- 
quantität die  Kontamination  der  Nominativformen  *-vants 
und  -väs  zu  (urar.)  -vänts  (neben  -väs),  da  auf  diese 
Weise  auch  im  Nom.  gleiche  Vokalquantität  der  beiden 
DoppeKormen  hergestellt  wurde.  Der  Nom.  auf  -väs  ist 
dann  in  der  ai.  Öprachentwicklung  völUg,  der  Voc.  -vas 
bis  auf  wenige  Reste  untergegangen. 

d)  5-Stämme. 

330.  Paradigma,   manas-  n.  'Gedanke';  haviS-  n. 
'Opferspende'. 

Singular. 

'^»A.cc.N. -r^,  mänali  -^f^:  havih 

I.  *\^m  niänasä  ^f^mj  haviSä 

D.  ^«T^  inänase  '%f^^  liciviSe 

Abi.  G.       i\'m'.  mänasah  ^^fwm  hciiiSah 

L.  ^TtRt  mänasi  ^t%f^  liaviH 

Dual. 

N.  Acc.  V.  ?TWt  mänasi  ff%^  haviB 

I.  D.  Abi.  iT'ftTr^  mänöhhgäm  i^f^^p^  havirhhyäm 

G.  L.         'JT'raV.  numasöh  ff^Wt:  JiciviSöh 

1  Hierher  gehört   auch    die    Interjektion    bhöh   'ei',    die   aus 
*bhavas  zusammengezogen  ist  (ebenso  hhagös  aus  hhagavas) :  es  ist 


§  330. 331.  332.]  Stämme  auf  Verschluß-  und  Zischlaute.  227 

Plural. 
X.  Acc.  V.  ■jnrtf^  mämisi  f^f^  haviSi 

I.  ^iT^tf^  mänöhhih  ff^rf^:  havirhhih 

D.  Abi.      inft^:  mänöhhyah        ff^^:  havirhhyah 
Gr.  ^»iiji»^  mänasäm  ^fc<MIH  ^iciviMäm 

L.  T'n^  mänahsu  if^«^  liaviMu 

Der  Flexion  von  /«afi^-  entspricht  genau  diejenige 
von  cakSu^-  'Auge'  (^^^rqr  cakhiSä,  ^^ff^  caJiklH,  ^q^f^: 
cakhirhliih,  '^r^';n  cakkiMu). 

SM    S» 

331.  ]Mit  dem  Suffix  -as-  werden  zahlreiche  Neutra 
(meist  Abstracta,  bezw.  Nomina  actionis)  gebildet;  vgl. 
z.  B. 

^■fT^  cetas-  'Herz,  Sinn',  ff??^  iawias-  'Finsternis', 
•f^q^  nanias-  'Verehrung',  cf^^  vacas-  'Wort',  f^p;^ 
iiras-  'Kopf,  ^r^  sahas-  'Gewalt,  Macht'. 

Die  Nomina  auf  -if-  und  -i(s-  sind  selten,  vgl.  noch 
^ftfH'^  jyötiS-  'Licht',  '^Sfl^  äyu^-  'Leben',  ^r^  yajiiS- 
'der  Yajurveda'. 

332.  Einige  as-Stämme  haben  neben  der  substan- 
tivischen auch  adjektivische  Bedeutung  (sie  unter- 
schieden sich  jedoch  in  der  älteren  Zeit  durch  den  Ac- 
cent),z.B.  yähs-  'Ruhm,  Herrhchkeit' neben  ?/alas-  'herr- 
lich'; auch  die  einfachen  ?(s-Stämme  konnten  adjektivisch 
gebraucht  werden,  z.  B.  väpuS-  'Wunder'  und  (ved.) 
'wunderbar'.  Ferner  finden  sich  -as-,  -is-,  -!(|-Stämme 
sehr  oft  am  Ende  adjektivischer  Komposita,  z.  B. 
im^{{  sumanas-  'wohlwollend',  *i^id<»<H  mahä-tejas- 
'herrlich'  ('gi'oßen  Glanz  besitzend'),  •^TT'Ri:  sägas-  {sa-\- 
ägas-)  'schuldig,  böse',  ^V^T^^/?ir^/i«^«<#- 'lange  lebend', 
■Hrunfrf^TET  hh-a-löciS-  'von  glänzender  Schönheit'.  Die 
meisten  (so  alle  neutralen)  Formen  werden  nach  §  330 

Vokativ  zu   bhavant-  (bhavän),  zeigt  also  ebenfalls  Vermischung 

eines  s-  und  ni-Stammes. 

15* 


228  Formenlehre.  [§  332. 333 

gebildet,    docli  merke   man   für   das   Maskulinum   und 
Femininum : 

Singular. 
IST.     ^^TfTTr.  sumänäh  4}^\ii:  älrg'häyuJi 

Acc.  OTwf^nFi;  stimänasam  ^^T^'^r^  d'irghäyuMm 

y.     ^^^\  sümanah  ^t^T^:  dlrghäyith 

Dual. 
N.  Acc.  V.  ^^«ijj^  siimänasäu     ^t^j^-qt  d'irghäyuMu 

Plural. 
N.  Acc.  ^^«tjj;  sumänasah  '^t^r^w.  dirghäyu^ah 

Nach  sumanas-  gehen  auch  einige  Substantiva  wie 
^»-^f^  candramas-  m.  'Mond',  -^fT^-^  apsaras-  f.  'die 
Apsaras'  (eine  Art  Nymphen),  ■^^i^  iiMs-  'Morgenröte'; 
nach  d'irgJiäyuS-  auch  (ved.)  ;R«r^  manus-  'Mensch'. 

Anm.  anehas-  m.  'Zeit',  piirudajas-  m.  (Name  des  Indra) 
und  usanas-  m.  (Eigenname  eines  J^si)  verlieren  nach  den  ind. 
Gramm,  im  Nom.  Sing,  das  -s  (A),  z,  B.  anehä  (doch  ist  in  der 
Literatur  häufiger  anehäh  belegt).  Der  Voc.  von  uSanas-  heißt 
(nach  den  Gramm.)  usanah,  usana  oder  uia7ian. 

333.  Stammll)ililung. 

1.  Die  neutralen  -as-Stämme  gehören  zu  der  großen 
Kategorie  der  idg.  Stämme  auf  -os-/-es-,  vgh  gr.  y^vo? 
Y£V£(o)-os,  Itto?,  1x0?,  lat.  genns  gener-is,  oims  u.  s.  w. 
Auch  die  adjekti\ische  Funktion  und  die  Bildungs- 
weise der  Komposita  ist  uridg.,  vgl.  gr.  (J;£uotqi;  neben 
^isuSo?,  ferner  daösv^?,  eufjisvf^c  u.  s.  f.  Die  im  Nom. 
S.  {m.  u.  f.)  auftretende  Dehnstufe  -es  ist  im  Ai.  durch 
-äs  reflektiert ,  während  es/os  in  as  zusammenfallen 
mußten. 

Anm.  In  uMh,  Nom.  S.  von  uftas-  'Morgenröte',  liegt  idg. 
-ÖS  vor,  vgl.  gr.  tjcu;;  die  Beurteilung  von  u^asam,  usasä  u.  s.  f. 
hängt  davon  ab,  ob  die  im  RV.  vorkommenden  Nebenformen 
usäsani,  usäsa  u.  s.  f.  die  idg.  Suffixform  -ös-  oder  -ös-  vertreten 
(vgl.  §  65.  2).  Wenn  Acc.  mäsam  =  gr.  v]«)  (aus  *T]6cja)  ist,  dann 
liegt  in  uMsam  eine  Umbildung  nach  den  übrigen  s-Stämmen  vor. 


§  333. 334,]      Stämme  auf  VerscblulJ-  und  Zischlaute.  229 

2.  Die  Stämme  auf  -i|-  sclieinen  meist  idg.  Bildungen 
auf  -9S-  gewesen  zu  sein,  vgl.  (ved.)  kraviS-  'rohes  Fleisch' 
=  gr.xpeac,  doch  stecken  darunter  auch  einige  uridg.  -is- 
Stämme  (wie  lat.  cinis ,  gr.  xovic),  wobei  -is-  als  verall- 
gemeinerte Tiefstufenform  eines  Suffixes  -ies-  (-Jos-) 
aufgefaßt  werden  kann.  Vgl.  J.  Schmidt,  Pluralbildungen 
378 ff.  In  ähnUcher  Weise  läßt  sich  auch  das  Suffix  -us- 
in  äyuS-  (n.  'Leben')  verstehen,  vgl.  gr.  ai(/)£<;  'immer' 
und  Acc.  aiüi  (neben  aiÄva)  aus  *ai/6(a)a  =  idg.  *äiiies- 
^äiuos-  *äius- ;  in  (ved.)  manuS-  steckt  vielleicht  die  Tief- 
stufe des  Partizipialsuffixes  -vas-  (s.  §  338).^  Bei  der 
Seltenheit  aller  dieser  Bildungen  ist  es  im  einzelnen  nicht 
möglich,  die  idg.  Grundformen  festzustellen  und  zu 
deuten. 

334.  Zu  einzelnen  Kasus.  Die  Form  des  N.  Acc. 
PI.  n.  {manqsi)  ist  eine  ind.  Neuerung  für  urar.  ^manäsi. 
Die  NasaUerung  ist  wohl  durch  Bildungen  wie  pratyak : 
Xwatyafici.  Du.  mahaü  :  PL  mahärdi,  dhtmatl :  dlimanti 
hervorgerufen  (ganz  andere,  aber  sehr  unwahrscheinHche 
Erklärungen  bei  J.  Schmidt,  Pluralbildungen  S.  155.  236 
und  Johansson  BB.  XVIII,  52 ff.).  -|^i,  -101  folgten  dann 
der  Analogie  von  -ä^si. 

Über  die  Behandlung  des  -s-  vor  Endungen  mit  hli 
und  s  s.  §  187. 

Anm.  1.  Wurzelnomina  wie  dvis-  'hassend'  zeigen  jedoch, 
abgesehen  vom  I^om.  S.  dvit,  die  lautgesetzlichen  Formen  {dvid- 
bhih  u.  s,  Vf.,  dvüsu),  vgl.  §  158.  3.  "Wurzelnomina  auf  -s-  kommen 
überhaupt  nur  ganz  selten  vor  (klass.  bhäs-  f.  'Glanz',  mäs-  m.  'Mo- 
nat') und  bilden  einen  Teil  der  Formen  von  anderen  Stämmen 
(s.  §  346);  an  Stelle  des  lautgesetzlichen  (ved.)  Instr.  mädbhih  von 
mäs-  tritt  in  der  jüngeren  Sprache  mäbhih;  das  s  ist  auch  hier 
wie  im  Sandhi  behandelt  worden. 


1  Dann  ist  also  manus-  eigentlich  eine  Partizipialform  zu 
man-  'denken';  eine  ähnliche  (rein  substantivische)  Verwendung 
des  gleichen  Partizipialsuffixes  liegt  z.  B.  auch  in  got.  berus-jös 
»Eltern'  (von  der  "W.  bher-,  tpepcu)  vor. 


230  Formenlehre.  [§  334. 335. 

Anm.  2.  Das  Wurzelnomen  äsis-  f.  'Segenswunsch'  (W. 
säs-ßis-,  vgl.  §  109.  a)  dehnt  im  Nom.  (Voc.)  S.  und  vor  konsonan- 
tischer Endung  den  Wurzelvokal,  also  äslh,  cmrbhih  u.  s.  w. 
gegenüber  äiis-am,  äsis-ä  u.  s.  w.  Das  Nomen  scheint  ursprüng- 
lich mit  "Wurzelablaut  flektiert  worden  zu  sein,  d.  h.  Nom.  *ämh, 
Acc.  *asäsam,  Inatr.  äsisä  u.s.  w.;  dieses  Paradigma  hat  sich  dann 
in  zwei  verschiedene  Nomina  äsis-  und  äsas-  gespalten,  indem 
einerseits  der  Nom.  äSäh  nach  Analogie  von  sumanäh  u.  Verw. 
(§  332)  durchflektiert  {äsasam,  äsasä  u.  s.  w.),  andererseits  die 
Tiefstufe  äsis-  verallgemeinert  wurde ;  die  Formen  mit  i  sind  wohl 
durch  das  Muster  von  gih,  girbhih  u.  dgl.  (§  299  Anm.  2)  hervor- 
gerufen worden.  S.  dazu  J.  Schmidt,  Pluralbildungen  382  und  Bar- 
tholomae  IF.  I,  182  f. 

335.  Paradigma,    garnjas-  'schwerer'. 
Singular. 
m.  n. 

N.  J|Oi^l«l  gärlyän  W^t^.  gdriyali 

Acc.       ^O^i^H  gärlyqßam         ^\(\i\',  gärlyah 
I.  JlO^y  gärlyasä 

D.  J|0^^  gänyase 

G.  Abi.  4\  (y  i\^\  gänyasah 

L.  JlO*<f%  gärlyasi 

V.  j|<^ej«^  gärlycm  ^i^^^.  gärlyah 

Dual. 
N.  Acc.  Y.  ^rft^-Nft-  gäriyqsäu       f[(y^^\  gärlyasi 
D.  Abi.  j|0^i*^iH  gärlydhliyäm 

G.  L.  ^lO^^«  gärlyasöh 

Plural. 
N.  i\  0"^  \W'  gärlyqsah 

Acc.        JlO^^>  gärlyasah 
I.  JiO^tfir:  gä.rlyöhhih 

D.  Abi.  41 0  <JY^:  gärlyöhhyah 

G.  JiO^^JIH  gärlyasäm 

L.  ^r^"€i:^  gärlyahsu 

Femininum :  ari^'^fft  gärlyasi. 

Darnach  gehen  die  Komparative  auf  -lyas-  und  -gas- 
über  diese  Art  der  Komparation  s.  §  389. 


Iw^tml^  9^^'ms^ 


§336.]  Stämme  auf  Verechluß-  und  Zischlaute.  231 

336.  Sprachgescliichtliches.  Ein  idg.  Komparativ- 
suffix -ies-  bezw.  -ios-  ergibt  sich  aus  der  ai.  Bildung 
-yas-  und  aus  griecb.  Formen  vde  eXdaaio,  eXdaaou?  d.  i. 
*£XaY-ioa-a,*£Xay-?oa-e?.  Die  Flexion  des  Suffixes -?/as- ist 
in  den  meisten  Formen  mit  derjenigenvon^ia  was- identisch. 
Die  Tiefstufe  -is-  ist  aus  dem  ai.  Paradigma  verschwunden, 
lebt  aber  (außer  der  Superlativendung  -iUlia-,  s.  §  389) 
z.  B.  noch  in  lat.  mag-is  fort.  Von  der  Dehnstufe  -iös- 
(vgl.  lat.  mel-iör-em)  ist  bei  der  Erklärung  der  starken 
Kasus  des  Ai.  auszugehen;  Neutr.  PL  -yqsi  st.  *-yäsi 
läßt  sich  ohne  weiteres  nach  §  334  verstehen.  Schwieriger 
ist  aber  -yqs-  in  -yän,  -yq.sam  u.  s.  w.;  an  einen  Zu- 
sammenhang mit  gr.  TjOLWV  u.  ä.,  der  früher  angenommen 
wurde,  läßt  sich  nicht  mehr  denken  (vgl.  Brugmann, 
Griech.  G-ramm.^  208  gegenüber  Gn;ndr.  11, 403).  Da  das 
Iranische  auf  eine  nicht  nasaherte  urarische  Grundform 
hinweist,  so  scheint  -yqs-  eine  indische  Neuerung  zu  sein: 
dafür  spricht  auch  die  Tatsache,  daß  der  Voc.  Sing.  m. 
im  RY.  noch  auf  -tjas  (nicht  -yan)  ausging.  Thurneysen 
KZ.  XXXin,  555f.  vermutet,  daß  der  Nasal  vom  Neu- 
trum PI.  gariyqsi  aus  in  das  Mascuhnum  eingedrungen 
sei;  ganyqsi  läßt  sich  zwar  ohne  weiteres  me  manqsi 
erklären  (s.  oben),  aber  man  versteht  schwer,  warum  dann 
nicht  auch  bei  den  adjektivischen  s-Stämmen  (§332)  der 
Nasal  in  gleicher  Weise  sich  ausgebreitet  hat.  "Wie  das 
Neutrum  PL,  so  erklärt  sich  vielmehr  auch  die  Ent- 
stehung der  übrigen  nasaherten  Formen  des  Kompara- 
tivstammes unmittelbar  durch  die  folgenden  parallelen 
Bildungen : 

hliagaväniß)  mahän{s)      =gariyän(s)  st.  *garlyäs 
hhagavantam  mahäntam  =  garlyqsam  st.  *gariyäsam 
hhagavatä  maliatä  =  gariyasä 

hhagavadhhUimahadhhih  =  *gariyazhMs  odi.  *ganyadhliis^ 


Dies  sind  die  Vorstufen  von  garlyöhhih,  vgl.  §  187  Anm. 


232  Formenlelire.  [§  336. 337. 

Auch  die  Partizipialstämme  auf  -vcls-  können  (falls  ihre 
Nasaherung  vor  der  von  -yas-  erfolgte,  s.  §  339)  auf  die 
Umbildung  von  -yäs-  eingewirkt  haben,  besonders  wenn 
man  berücksichtigt,  daß  in  einer  vorindischen  Periode 
die  Abstufung  -yäs- :  -yas-  (bezw.  -yacl-  in  *-yad-hhis !) : 
-iS-  (s.  0.)  ilir  Gegenstück  in  vcls- :  vat-  (bezw.  -vad-  in 
-vad-hliis)  :  -u^-  hatte. 

337.    piis-  'Mann'  flektiert  in  ganz  unregelmäßiger 
Weise : 


N. 

Singular. 

Plural. 
■^"Nr:  pümcisah 

M*{|«1  inimän 

Acc, 

'  ^'^^i:^^  immcisam 

to:  ]}us('üi 

I. 

^  P%sa 

xifijT:  immhlüh 

D. 

Abi. 

G. 

^^  piise 
Um  p%säh 

M4^IH  vusäm 

L. 

^  msi 

^1  msu 

y. 

vu{^  jjunian 

T(^j^:  immclsali 

Dual. 

N.  Acc.  V.  xjijijfi  piimqsäu 

D.  Abi.        ■qj^^T'l  inimhhyäni 

G.  L.  TO^:  ptisoh 

Das  Wort  erinnert  wohl  nur  zufälligerweise  an  die 
Flexion  der  Komparative.  Das  Verhältnis  der  Stamm- 
formen -mqs- '. -raqs-  (im  Vokativ,  der  jedoch  in  älterer 
Zeit  pumas  lautete):  -?ns-  ist  gänzhch  unklar,  da  eine 
sichere  Anknüpfung  in  den  verwandten  Sprachen  fehlt. 
Über  die  (nicht  ganz  klare)  lauthche  Entwicklung  von 
*])ums-hJiih  zu  pimihhih  (vgl.  Siuch piigava-  'Stier,  Held') 
s.  Brugmann,  Grundr.  I^  734  und  Bartholomae  IF.  VIII, 
242  ff.  Vermutungen  über  Stammbildung  und  Etymologie 
s.  bei  Johansson  BB.  XVIII,  42  f. 


§  338.] 


Heteroklita. 


233 


N. 
Acc 
I. 
D. 


XVIII.  Kapitel. 
IX.  Deklination:  Heteroklita. 

a)  Participium  Perfecti  aiif  -vcls-. 

338.  Paradigma.  viclvqs-^wissQJid'';jagmivq,s-'gehGiid\ 

Singular  (m.). 
^<s^\^  vidvdn  wfriTTR;  jagmivdn 


"^ffrW^iWi  jagniivqsam 
Wf^'Wi  jagwiiSä 
^fjTR^  jagmüM 
^Tsrm  jagniüMh 
WT^t^  jagmüH 
wfr^r^  jägmivan 


f^^T^n^  vidvqsam 

f^^-En"  viduSä 

f^^t  vidiiM 
Abi.  G.  fr^^  viduMli 
L.  tT?f^  vidüH 

Y.  f^^[^  vidvan 

Dual. 
N.  Acc.  V.  f^^iif)  vidvqsäu 
I.  D.  Abi.  f^^-^jjj^vidvädhhyäm  ^n*i«l^  IH  jf^gmiväd- 

hhyäm 
G.  L.  f^T^:  vidiiSöh  ^flij"q^:  jagmüSöh 

Plural. 


grfriTTNft'  jagmivqsäio 


N.  y.      f%^^:  vidvqsäli 

Acc.       f^"^t  vidühih 

I.  f^^f^^  vidvädhhih 

D.  Abi.  t^^^:  vidvädhhyah 

G. 

L. 


Wfr^T^t^:  jagmivqsah 
'WTWm  jagmiiMh 
wfj^H^f^t  jagmivädbhih 
•^f^jf^^'Jagmivädbhyah 
WT^Wl^  jagmüMni 
^fT^<s^7^  jagmivätsu 


f^^m^  vidüSäm 
t^l[^  vidvätsu 

Neutr. :  Sing,  f^^c^  vidvät 

Du.    f^dtH  'viduM 

PI-      f^^t^  vidvqsi 
Femininum:    f^aibft  'viduM 

Darnach  gehen  die  aktiven  Participia  Perfecti,  über 
deren  Bildung  §  530  zu  vergleichen  ist. 


:5rfiTR<t  jagmivät 
Wf"^  jagnmM 
WfT?TTrf%  jagmivqsi 


234  Formenlehre.  [§338. 339. 

Ein  kurzes  i,  das  oft  vor  dem  Suffix  erscheint,  (der  so- 
genannte Bindevokal)  fällt  vor  -us-  immer  aus;  zur  Bildung  des 
schwächsten  Stammes  vgl.  z.  B.  noch:  cakrus-  zu  cakrvqs-  {kar- 
'machen'),  susruvus-  zu  smruvq.s-  (sru-  'hören')»  bahhüvus-  zu 
babhüväs-  {bhü-  'werden'),  nini/us-  zu  niniväs-  (m-  'führen'),  ta- 
sthus-  zu  tasthivqs-  {sthä-  'stehen'). 

339.  SprachgescMclitliclies.  Die  schwächste  Stamm- 
form -uS-,  d.  h.  idg.  -US-,  ist  nicht  nur  durch  das  Arische, 
sondern  auch  durch  das  Griechische  (löula  aus  *fihua-ia), 
Germanische  (got.  her-ns-jös  'Eltern',  vgl.  S.  229  Fußn.) 
und  Baltisch-Slavische  (z.  B.  lit.  sedus-i  f.  'sitzend')  ver- 
treten; die  Hochstufe  -2ies-  oder  -iios-  liegt  am  deut- 
lichsten im  ved.  Voc.  S.  m.  auf  -vas  (statt  klass.  -van) 
vor,  vgl.  auch  gr.  eiSö?  (n.).  Die  Dehnstufe  -iiös-  zeigt 
sich  in  gr.  siBio?  =  av.  vidva  (d.  i.  idg.  -ißs).  Das  Ai. 
hat  dafür  eine  nasalierte  Form  -vcis-,  die  relativ  jung  zu 
sein  scheint  (vgl.  den  ved.  und  klass.  Vokativ)  und  ver- 
muthch  in  ähnhcher  Weise  wie  -yqs-  zu  stände  gekommen 
ist  (§  336).  Die  Association  mit  den  Stämmen  auf 
-vant-  war  unmittelbar  dadurch  gegeben,  daß  die  idg. 
Grundsprache  auch  ein  Partizip  des  Perfekts  auf  -wof- 
bildete,  das  in  gr.  eiSox-o;  u.  dgl.  sowie  got.  veüvöd- 
'Zeuge'  vorliegt ;  die  mit  -vat-  gebildeten  Formen  des  ai. 
Paradigmas  dürfen  ebenfalls  hierhergestellt  werden  (wenn- 
gleich ein  -vatsu,  -vadhhih  nach  §  187  Anm.  auch  aus  -vas- 
su,  -vas-hhih  erklärt  werden  könnte),  und  somit  ist  das  ai. 
Paradigma  hervorgegangen  aus  der  Vereinigung  eines  s- 
und  ^Stammes.  Wie  sich  die  Suffixe  -if/oS-  und  -ifjo^- 
im  grundsprachhchen  Paradigma  verteilten,  ist  nicht 
mehi-  festzustellen.  Aus  der  Gleichheit  von  Formen 
unserer  -vai-  und  der  §  329  behandelten  -rawi-Stämme 
(so  vor  den  konsonantischen  Endungen)  ergab  sich  nun 
eine  Kontamination  in  der  Weise,  daß  zu  urar.  ^vidväsam 
u.  s.  w.  ein  vidvq-sam  u.  s.  w.  gebildet  wurde.  Dieser  Vor- 
gang wurde  dadurch  erleichtert,  daß  ja  auch  die  Suffixe 
-vant-,  -mant-  in  vedischer  Zeit  Wechselformen  niit-t;a5-, 


§  339—342.]  Heteroklita.  235 

-mas-  neben  sich  hatten  (§  329).  Zur  Frage  vgl.  außer 
Brugmann,  Grundr.  11,  410  ff.  (wo  die  idg,  Verteilung 
der  Stammformen  besprochen  wird)  noch  Johansson  BB. 
XVni,  46  ff. 

b)  IVIischung  sonstiger  Konsonantstämme. 

340.  arvant'  'Renner'  bildet  den  Nominativ  vom  Stamme 
arvan- :  arvä. 

341.  ahan-  n.  'Tag'  bildet  die  mittleren  Formen  vom 
Stamme  ahar-,  dessen  r  vor  konsonantischen  Endungen 
vde  ein  h  im  Sandhi  behandelt  wird:  (S.)  "^n|:  ahah, 
^?S(JT  ahnä,  -^rfj  und  ^^  ah(a)ni,  (Du.)  ^^^  und 
^T^T^  ali(a)m,  (PI.)  ■'^T^rf'T  aJiäni,  ''^ifYf*!:  ahöhhih, 
■^I^^  und  "^Tf^^  aliassu,  aliahsu. 

Über  den  Sandhi  von  ahar-  (vgl.  z.  B.  auch  aharahah 
'Tag  um  Tag')  s.  §  185.  Am  Anfang  eines  Komposi- 
tums wird  nur  der  Stamm  ahar-,  am  Ende  werden  beide 
Stämme  sowie  ahna-  verwendet,  z.  B.  ^imi^  madhyäJma- 
n.  'Mittag'. 

Anm.  1.  Das  "Wort  ist  etymologisch  dunkel.  —  iidhar-  'Euter', 
das  in  der  älteren  Sprache  ebenfalls  einen  Teil  der  Formen  vom 
Stamm  üdhan-  bildete,  wird  in  der  klass.  Sprache  ganz  wie  ein 
s-Stamm  behandelt. 

Anm.  2.  Ein  ebenso  merkwürdiger  "Wechsel  besteht  zwischen 
asrj-  und  asan-  n.  'Blut',  yakrt-  und  yakan-  'Leber'  in  der  älteren 
Sprache:  der  w-Stamm  ist  vom  N.  Acc.  V.  ausgeschlossen  (und 
fehlt  überhaupt  in  der  späteren  Sprache).  "Wie  griech.  -^«ap 
TjTiaTo;  (aus  *t]t:«to;),  lat.  iecur  iecin-oris  u.  ä.  Formen  zeigen, 
handelt  es  sich  um  einen  bereits  idg.,  im  Einzeln  noch  wenig 
aufgeklärten  "Wechsel  von  n-  und  r-Stämmen,  vgl.  Bartholomae, 
Iran.  Grundr.  I,  99  f.  Brugmann,  Gr.  Gramm.3  191  und  zuletzt 
Reichelt  KZ.  XXXIX,  66  £F. 

342.  dös-  n.  (auch  m.)  'Arm'  kann  einen  Teil  seiner  Formen 
(nach  den  ind.  Gramm.)  auch  vom  Stamme  dösan-  bilden,  vgl. 

Sing.  Dual.  Plur. 

Vcc  il'J  (f}~''     )  \dösi{do§äu)  \dgsi{dösah,  dösnah) 


236  Formenlehre.  [§342.343. 

I.      dösä,  dösnä      dörhhyäm,  dösabhyäm     dörbhih,  dösabhih 
L.     dösi,  ddsya)ni    dösöh,  dösnöh  döhm,  dössu,  dösasu 

"Weitere  Zeugnisse  eines  alten  "Wechsels  von  s-  und  n- 
Stämmen  s.  bei  Pedersen  KZ.  XXXIX,  249  flf. 

343.  Ganz  unregelmäßig  ist  anadväh-  m.  'Ochse': 
Sing.  Du.  '  Plur. 

N.        anadvän         \        ^    j  -  anadvähah 

Acc.    anadväham     j        •  anaduhah 

I.         anaduhä         "|  anadudbhih 

D.        anaduhe  ]  anadudbht/äm  "I  ,    „ ,      , 

A  1,1  \         '  \  ]  anadudbhyali 

^     ■  >  miaduhah  [  ■'         ^  , 

«■•      J         *        ■  j         j  -L-i  anadtuiam 

h.        anaduhi  j         •       •  anadtitsu 

Y.        anadvan  anadvähäu  anadvähah 

Die  Flexion  und  Lautform  dieses  Wortes  ist  noch  nicht  in 
allen  Punkten  aufgeklärt;  vgl.  darüber  Bartholomae  KZ.  XXIX, 
578 f.  und  J.  Schmidt,  Pluralbildungen  der  Neutra  179  (zuletzt 
Richter  IF.  IX,  246).  Das  "Wort  ist  eine  Zusammensetzung  von 
anas-  'Lastwagen'  (lat.  onus)  und  väh-  (Dehnstufe)  bezw.  lüi- 
(Tiefstufe)  'führend'  (W.  vah-,  idg.  vegh-).  Nach  den  Sandhi- 
gesetzen  (die  nach  §  168  auch  in  der  Kompositionsfuge  gelten) 
erwartet  man  ein  urind.  *anaz-väh-  bezw.  *anaz-v.h-  (nach  §  186.  2.); 
die  M-Kasus  lauteten  daher  (nach  §  142.  141)  im  Urind.  *ana- 
zuz-bh-,  woraus  mit  Silbenassimilation  der  Zischlaute  (vgl.  auch 
§  149  Anm.)  *anazui-bh-  und  weiterhin  (über  *anamd-bh-)  *ana- 
dud-bh-  entstand;  in  dieser  Form  wurde  die  Folge  d-^d  zu 
d — d  dissimiliert  (vgl.  dazu  "Wackernagel  §  156),  woraus  sich 
die  überlieferten  Formen  anadudbhih  u.  s.  w.  ergaben.  Das  d 
scheint  sich  dann  weiterhin  auch  in  *anazväh-  und  *anazi(,h-ä 
u.  8.  w.  festgesetzt  zu  haben.  Der  Nom.  (und  Voc.)  S.  müßte 
nach  sonstiger  Analogie  *anadvät  lauten;  die  beiden  Formen  auf 
-van  gehören  vermutlich  zu  einem  Nomen  auf  -vant-  (anasvant- 
'mit  einem  Lastwagen  verbunden')  und  gerieten  in  das  Paradigma 
anadväh-,  d.  h.  der  Nom.  S.  *anadvät  wurde  mit  anasvän  zu 
anadvän  kontaminiert.  "Vielleicht  wirkten  Kasusformen  von  der 
Ablautsstufe  *anadvah-  dabei  mit,  da  ein  *anadvad-bh-  (dissi- 
miliert aus  *anadvad-bh-)  leicht  als  Form  eines  Nomens  auf  -vant- 
empfunden  werden  konnte. 


§  344.345.]  Heteroklita.  237 

c)  Mischung  von  Yokal-  und  Konsonantstämmen. 

344.  Paradigma,    astlii-  n.  'Knochen'. 

Sing.  Plural. 

N.  Acc.  -^f^  ästlii  ^Wtf^  ästlnni 

I.  '^I^'m  asthnä  ^f^f^:  ästliihlnh 

D.  -^4  «^^^^"^'  Um^:  ästhibhyah 

Abi.      1  ,   .7  J 

Gr.         1  ^"3*  ^^^jyjr  astlinam 

V.  -^rf^  (^^r^)  ^«^^^^  (-^)        ^"^tt^  ästhmi 

Dual. 
K.  Acc.  Y.  ^5!rf%^  ästhini 
D.  Abi.        -^iP^^MlH  ästJiihhyäm 
G.  L.  '^sr^'sft:  cisthnöh 

Ebenso  gehen  ^^rf^  oÄö^-  'Auge',  ^fv  (^«(^/^i-  'Sauer- 
milch' und  4jf^.^  saJiihi-  'Schenkel'. 

Daß  in  diesen  Wörtern  der  Wechsel  des  i-  und  ?i- 
Stammes  alt  ist,  zeigt  gr.  oaxeov  aus  *6aTSi-(ov),  lat. 
ossi-(:mn)  gegenüber  oataxo?  aus  *Q<3Vi-(y.6i),  s.  Bartho- 
lomae  BB.  XV,  37 f.  Pedersen  KZ.  XXXII,  255f. 

345.  path-  m.  'Weg,  Pfad'. 

Sing.  Plur. 

N.  V.  v^^\  päntJiäh  xnsn^:  päntliänali 

Acc.     xrssn^TC  pänthänam         xf^:  pathäh 

I.         tr^rr  patliä  v;f^f^\  imthibMli 

D.        xj^  imtlie 

Abi. 

G. 

L.        trf^  jpaf/il  'qf%T"5  pathisu 

Dual. 
N.  Acc.  V.  ■q^'srr^  päntMnäu 
D.  Abi.        ■qf^T^T'l  pathihhyäm 
G.  L.  TT^ftl  pcitlioh 


T^paÜiB  \j^f^^>,pathm 


238  Formenlehre.  [§  345. 346. 347. 

DerKonsonantstammjM^/^-m  den  schwächsten  Kasus 
(vgl.  auch  SLY.pap-)  entspricht  im  Vokahsmus  der  Wurzel 
dem  griech.  7üdT-(o<;),  idg.  *p)d{h)-,  wozu  die  Hochstufe 
in  TTovi-Co?),  lat.  2^ons  pont-^is),  abulg.  2^qt(b)  vorhegt; 
durch  das  Lat.  (vgl.  irnnti-hus)  und  Slavische  (Stamm 
pqtb-)  wird  ferner  der  ai.  i-Staram  patJii-  (vgl.  auch  apers. 
Acc.  S.  papim)  als  alt  bezeugt;  er  hat  im  RY.  eine  etwas 
weitere  Ausdehnung.  Auch  der  Nom.  S.  ist  als  Form 
des  i-Stammes  verständhch:  dem  sakhä  (s.  §  269,272.2) 
entsprechend  ist  neben  pantJiäh  (mit  sigmatischer  Nomi- 
nativbildung) ein  urar.  *pantliä  zu  erwarten,  das  durch 
av.  panta  (neben  pictntä  ==  -äs)  vertreten  ist;  dazu  bildete 
man  in  urarischer  Zeit  neue  Formen,  wie  den  Acc.  S. 
panÜiäyn  (im  RV.)  =  av.  pantqm.  Da  der  Stamm  pan- 
than-  nur  noch  im  Avesta  bezeugt  ist  (Acc.  S.  pantcmdw), 
so  hegt  hier  vermuthch  eine  analogische  Neuerung  des 
Arischen  vor,  d.  h.  nach  dem  Verhältnis  der  an-Stämme 
(räjä'.räjänam)  entstand  *pantJiä : panthänam  (st.  *pa- 
tJiäyam  oder  *patliim).  Vgl.  dazu  Bartholomae,  Iran. 
Grundr.  I,  115.  118. 

346.  Bei  einigen  Nomina  setzt  sich  die  Deklination  aus 
einem  konsonantischen  Wurzelnomen  und  einem  um  a  (ä)  er- 
weiterten Stamm  zusammen;  so  steht  päda-  'FufV  neben  päd- 
(§  317) ;  danta-  'Zahn'  bildet  (noch  im  Epos)  die  schwachen  Kasus 
auch  von  dat-  (idg.  *dnt-,  vgl.  gr.  öoovx-a,  lat.  dent-em),  hrdaya- 
n.  'Herz'  auch  von  hrd-;  nis-  'Nacht'  ist  in  den  starken  Kasus 
durch  nisä-  ersetzt.  Auf  diese  Weise  wurden  überhaupt  einige 
Wurzelnomina  in  jüngerer  Zeit  überflüssig,  vgl.  z.  B.  masa-  m. 
'Monat'  gegenüber  mäs-  (s.  §  334  Anm.  1).  Weitere  Fälle  dieser 
Art  bei  Whitney  §  397.  399. 

347.  ^nj  jc^'^ä-  f.  'Alter'  hat  vor  allen  vokalischen 
Endungen  auch  die  Stammform  jaras-,  z.  B.  Acc.  ^nj^ 
jaräm  und  ^^^^^  jarasam,  Gen.  PI.  ^<|(j||H  jaränäm 
und  jarasäm  (aber  z.  B.  nur  jarähhih). 

jaras-  ist  ein  s-Stamm  von  der  §  332  besprochenen  Art  (vgl. 
auch  gr.  ^ipai).  Der  Übertritt  in  die  «-Deklination  ist  vom 
Nom.  S.  jarä  ausgegangen;  dieser  ist  ursprünglich  nichts  anderes 


§  247—250.]  Die  Pronomina  und  die  pronominalen  Adjektiva.     239 

als  die  Verallgemeinerung  der  s-losen  Sandhiform  von  *jaräs. 
Die  große  Seltenheit  der  männl.  und  weiblichen  s-Stämme  be- 
günstigte eine  solche  'Entgleisung'.  "Weiteres  darüber  s.  bei 
J.  Schmidt,  Pluralbildungen  136  £f. 


XIX.  Kapitel. 
Die  Pronomina  und  die  pronominalen  Adjektiva. 

348.  Literatur:  Außer  Whitney  §  490 £F.  vgl.  Brugmann, 
Grundriß  II,  762 ff.  (Kurze  vergl.  Gramm.  399 ff.)  und  Bartholomae 
Iran.  Grundr.  I,  136  ff. 

349.  Yorlbemerkuiigeii.  Die  idg.  Pronominalflexion 
unterscheidet  sich  durch  mehrere  Eigentümlichkeiten 
von  der  nominalen  Deklination. 

1.  Oft  treten  wurzelhaft  verschiedene  Stämme  zu 
einem  Paradigma  zusammen,  vgl.  z.  B.  deutsch  ich  — 
mir  —  ivir  —  uns. 

2.  Der  bloße  Stamm  dient  öfter  als  beim  Nomen 
zur  Bildung  einer  Kasusform,  vgl.  gr.  e(xe,  as. 

3.  Zur  Kasusbildung  werden  besondere  Endungen 
gebraucht,  z.  B.  lat.  istud  gegenüber  donum. 

4.  Zwischen  Stamm  und  Endung  wird  bisweilen  ein 
stammerweiterndes  Element  eingeschoben,  z.  B.  im  Abi. 
S.  ta-sm-äd  gegenüber  dev-äd  (aber  z.  B.  tarn  wie  devam). 

Anm.  Was  solche  Elemente  ursprünglich  sind,  ist  schwer 
zu  sagen.  Doch  läßt  sich  vermuten,  daß  es  entweder  fest- 
gewachsene Partikeln  (s.  nr.  5)  oder  ursprünglich  selbständige 
Pronomina  sind  (was  z.  B.  in  gr.  e^auxoü,  oeautoO,  ^autoij  u.  s.  w. 
deutlich  vorliegt). 

5.  Pronominalformen  werden  gern  durch  eine  Par- 
tikel erweitert,  vgl.  griech.  outoat  oder  ejxs  y^-  Solche 
Partikeln  können  völlig  mit  dem  Pronomen  verwachsen, 
wie  z.  B.  in  lat.  idem  =  ai.  idam  aus  *id  +  em. 

350.  Der  Grenusunterschied  kommt  grammatisch 
nicht  immer  zum  Ausdruck,  vgl.  k^di,  au  gegenüber  au- 


240  Formenlehre.  [§350.351. 

10?;,  auiTQ,  auio.  Mau  unterscheidet  darnach  'geschlech- 
tige' uud  'ungeschlechtige'  Pronomina;  zu  jenen  gehören 
die  Personalpronomina  (mit  Einschluß  des  Reflexivs) ,  zu 
den  letzteren  alle  übrigen  Pronomina.  Die  EigentümHch- 
keiten  der  Pronominalflexion  zeigen  sich  bei  den  Ein- 
geschlechtigen' Pronomina  am  stärksten  ausgeprägt. 

a)  Personalpronomina  (mit  Possessivum). 

351.    aliam  'ich';  tvam  'du'. 
Singular. 
N.     "^f^  ahäm  i^^  tväm 

Acc.  »TR^  mäm  '^(TK  ^^^*^^ 

I.       ^nrr  mäya  c^in  t^'äl/G' 

D.     ?nr^  mälnjam  "^^1  tühhycun 

Abi.  f{^  mät  T^fri  tvät 

G.     •jfjf  mäma  7m  täva 

L.      ■5FTf%r  mäyi  ^t^  tväyi 

Dual. 
N.  Acc.  V.  ^HiH  äväm  ^c)ih  yiiväm 

I.  D.  Abi.  ^icii^^iH  ävähhyäm  ^cj|f>j|^  yiivOhhyäm 
Gr.  L.         ^|c|ipt:  äväyöh  ij<iM\:  yuväydh 

Plural. 
N.      cjii^  vayäm  ^rtf^  ynyam 

Acc.  •■jUjii«!  asmän  ^tm^t  yuhnän 

I-       "^Wrf^:  asmähliih  '^'Cfrrf^  yuSmähhih 

D.     -^4^4^H  cismähhyam  iiuj^^H  yu^mähhyam 

Abi.  ^^d,  (tsmät  ^m^  yuhnät 

Gr.      -^^icBi^  asmäkam  ^t^lcftH  yi(^mäkam 

L.      ^<^|^  asmäsu  ^"CJTT^  yuMäsu 

Dazu  kommen  noch  folgende  enklitisch  gebrauchte 
Formen : 

Sing.  Acc.  ^  W2ä  c^  tt'ä 

D.  G.  ^  *He  ^  ^e 


§  351.352.353.]  Die  Pronomina  und  die  pronominalen  Adjektiva.  241 

Du.     Acc.  D.  G.  -ift-  näu  ^r^l  ^'f*»^ 

Pliir.  Acc.  D.  Gr.  -sn  "«?'  "^:  ^"«^^ 

352.  Die  ind.  Grammatiker  betrachten  mad-  und 
asmacl-  als  Stammformen  der  1.  Person,  tvad-  und 
ijuhnad-  als  die  der  2.  Person,  weil  dieselben  im  ersten 
Glied  eines  Kompositums  erscheinen,  z.  B.  IT^T^  mad- 
väk  'mein  Wort',  "^rj^  tvatimtrl  'deine  Tochter', 
'^r^rlj'^  asmatkrte  'unsertwegen'. 

Anm.  Diese  'Stammformen'  sind  etwas  sekundäres,  die  echten 
Stammformen  mä-,  tvä-,  asma-,  yusma-  (vgl.  z.  B.  mädrs-  'mir 
ähnlich')  überwiegen  noch  in  der  älteren  Sprache,  s.  Whitney 
§494. 

353.  Sprachgeschichtliclies.  Bei  der  großen  Mannig- 
faltigkeit von  Formen,  die  in  den  verschiedenen  idg. 
Sprachen  erscheinen,  ist  die  Aufstellung  eines  einheit- 
hchen  uridg.  Paradigmas  unmöghch;  man  muß  sich  damit 
begnügen,  für  die  einzelnen  Formen  der  einen  Sprache 
die  nächsten  Verwandten  der  Schwestersprachen  fest- 
zustellen. 

Singular. 
N  0  m.  aJiam  und  apers.  adam-weisen  auf  idg.  *eghöm ; 
das  Yerhältnis  zu  idg.  *ego  (gr.  ey«),  bezw.  got.  ik),  d.  h. 
der  Ursprung  des  Nasals  und  der  Wechsel  von  gh:g  ist 
unklar.  Vielleicht  ist  von  zwei  Grundformen  *egö  und 
*egliöm  auszugehen ,  die  auf  dem  Wege  der  Kontami- 
nation die  übrigen  Formen  schufen.  Eine  Vermutung 
über  das  ursprünghche  Verhältnis  beider  Formen  s.  bei 
J.  Schmidt  KZ.  XXXVI,  406;  über  ai.  /?.  =  gr.  lat.  g 
vgl.  §  127  Anm.  —  tvam  (apers.  tuvam)  wird  als  idg. 
Hü  (=  ai.  tu  'aber',  gr.  a6,  lat.  tu)  H-  Partikel  -am,  idg. 
*-em  oder  *-o?»  erklärt^;  vielleicht  ist  aber  '^tu  einfach 
nach  aliam  zu  Hu-am  umgestaltet  worden  (vgl.  ali-am  : 
Acc.  m-äm  =  tv-am  :  Acc.  tv-äm). 


1  Diese    Partikel    kann  übrigens    auch   in  *egliom  vermutet 
werden. 

Thumb,  AUindisclie  Grammatik.  16 


242  Formenlehre.  [§  353. 

Acc.  Enklit.  mä  =  lat.  nie,  idg.  *me\  in  *mewi  (ai. 
apers.  mäm,  ab.  m§)  liegt  wolil  die  um  das  Accusativ- 
zeichen  bereicherte  Stammform  *me  vor.  Die  Stamm- 
form *me-  oder  *mo-,  die  den  folgenden  Kasus  zugrund 
liegt,  ist  durch,  die  verwandten  Sprachen  reichlich  bezeugt 
(vgl.  z.B.  gr.  |j,£,  [xou,  d.  midi,  mir  u.  s.  w.).  —  ^^«> 
tväm  entspricht  in  der  Bildung  den  Formen  der  1.  P.; 
idg.  Hiie{m)  hatte  noch  eine  w-lose  Nebenform  He{m) 
(vgl.  lat.  U,  ab.  t§).  Der  Stamm  Huo-,  Hiie-  (vgl.  die 
folgenden  Kasus)  begegnet  z.  B.  in  gr.  <si  (aus  "^x/e), 
oou  u.  s.  w. 

Instr.  mayä,  tvayä  sehen  aus,  als  ob  sie  zu  den 
Acc.  mäm,  tväm  statt  der  urspr.  Formen  *mä,  tvä  (das 
letztere  im  E,V.)  nach  dem  Muster  häUmi :  üälayä  gebildet 
wären;  *mä  und  tvä  können  als  regelrechte  Instr.  von 
den  Stämmen  ma-,  tva-  gedeutet  werden  (vgl.  §  245). 
Ebensogut  lassen  sich  aber  mayä,  tvayä  auch  als  Instr. 
der  erweiterten  Stämme  maya-,  tvaija-  (*meio-,  Hiieio-, 
vgl.  lat.  mei  'meiner'  von  meus)  auffassen. 

Dat.  EnkHt.  me  (apers.  maiy)  =  gr.  [xoi,  idg.  *moi\ 
te  (apers.  taiij)  =  gv.  toi,  idg.  Hol  (neben  aoi  =  *%oi). 
mahyam  hat  nach  Abzug  von  -am  in  lat.  niilii  (=  idg. 
^megliei  oder  *meg1ioi)  seinen  nächsten  Verwandten,  ist 
also  idg.  *megM.  Die  in  tuhhyam,  asmabliyam,  yuS- 
mcibhyam  vorhegende  Endung -hhyam(im RV.  auch -hhyß) 
sieht  aus  wie  eine  Erweiterung  eines  urspr.  -hhi  (dazu  die 
Hochstufe  in  lat.  tibi,  ab.  tehe  =  idg.  Hehhei  oder 
Heblioi);  über  dieses  -hlii-  vgl.  auch  §  231  f.  Die  idg. 
Grundform  ist  nicht  mehr  festzustellen,  da  hier  jedenfalls 
analogische  Einflüsse  frühe  das  ursprünghche  Verhält- 
nis der  verschiedenen  Formen  gestört  haben,  Vermutungen 
bei  Brugmann,  Grundr.  II,  816  f.,  Bartholomae,  Iran. 
Grundr.  I,  140.  Vielleicht  steckt  in  ved.  -lliya  (das  nach 
Ausweis  des  Iranischen  urarisch  ist)  das  -a  von  aiväy-a 
(s.  §  245),  in  -bliyam  die  Partikel  -am. 


§  353.]      Die  Pronomina  und  die  pronominalen  Adjektiva.  243 

Abi.  med,  trat,  asmat,  yuSmat  (=  av.  mat,  pvat, 
ahniat,  yu^mat)  sind  aus  dem  Stamm  und  der  Ablativ- 
endung -d  (s.  §  245)  zusammengesetzt,  vgl.  altlat.  me-cl, 
te-d  (mit  gedehntem  Stamm);  uridg.  etwa  *med,  H{u)ed 
u.  s.  w. 

Gen.  mama  ist  ohne  irgend  eine  Anknüpfung,  da 
selbst  das  Iranische  andere  Wege  geht  (av.  mana) ;  A.  Torp, 
Beitr.  zur  Lehre  von  den  geschlechtslosen  Pronomen 
(Christiania  1888)  S.  20f.  vermutet  in  mama  den  redupli- 
zierten Stamm  ma-.  —  tava  (av.  tavä)  ist  idg.  *<ewe,  d.  h. 
wie  gr.  oi,  k\ii  die  reine  Stammform,  die  z.  B.  auch  dem 
gr.  T£(/)6-?  und  lat.  tuiis  (aus  *teito-s)  zugrunde  liegt. 

Loc.  Die  Vertreter  der  regelrechten  idg.  Lokativ- 
formen *moi,  *t{ii)oi  hegen  im  enkht.  D.  Gen.  me,  te  vor, 
s.  oben;  im  B,V.  wird  tve  noch  als  Loc.  verwendet.  Li 
may-i  und  tvay-i  ist  die  ursprünghche  Form  durch  die 
Lokativendung  -i  erweitert,  wobei  das  Verhältnis  von 
pad-ä:j)ad-i,  dhiy-ä :  dJiiy-i  u.  ä.  vorbildhch  wirkte  und 
zu  may-ä  ein  may-i  hervorrief. 

Dual. 

N.  Acc.  V.  In  äväm  und  yuväm  sind  die  im  Ved. 
noch  differenzierten  Formen  des  Nom.  (äväm,  yuväm) 
und  Acc.  (äväm,  yuväm)  zusammengefallen ;  sie  verhielten 
sich  zu  einander  wie  tvam :  tväm.  Der  Stamm  äva-  (von 
dem  die  übrigen  Kasus  des  Du.  regelrecht  gebildet  sind) 
hat  keine  sicheren  Verwandten  (Vennutungen  bei  Baunack 
Mem.  de  la  Soc.  de  Linguist.  V,  20  f.  und  Brugmann, 
Grundr.  II,  831);  der  Stamm  yuvä-  ist  offenbar  aus 
yu-väm  d.  i.  =  *yü  +  am  hypostasiert,  vgl.  den  Plui-al 
yü-yam.  Die  dualische  Funktion  eines  idg.  Hü-  hegt  auch 
in  ht.  jü-du  'ihr  beide'  vor.  —  Das  enkl.  näu,  idg.  *nö(ti), 
gehört  wie  gr.  vü>  zum  Pluralstamm  *no-  (s.  u.);  väm  ge- 
hört zum  Pluralstamm  *u6-  und  ist  vielleicht  aus  *vä(u) 
=  idg.  *iiö(ti)  nach  Analogie  von  yuväm  umgestaltet. 

16* 


244  Formenlehre.  [§353 

Plural. 

Nom.  vay-am  (apers.  vayam)  führt  zusammen  mit 
got.  IV eis  'wir'  zu  einem  Ausgangspunkt  ^-uei,  worin  die 
Pluralform  eines  Stammes  ue- ,  iio-  (vgl.  te,  idg.  *toi, 
§  358)  vermutet  werden  kann;  *ue-  findet  sich  z.  B.  in 
ht.  ve-du  'wir  beide'.  —  yüyam  scheint  aus  *yüSam  nach 
va-yani  umgestaltet  zu  sein,  denn  aus  av.  yüS  (und  yüzdm), 
got.  jus,  Ht.  jus  ergibt  sich  ein  idg.  *iüs  vom  Stamm  iß-, 
der  auch  duahsche  Funktion  hat  (s.  oben). 

Acc.  Enkht.  nah  und  vali  (=  av.  nö  und  vö)  führen 
zusammen  mit  lat.  nös  und  vös  auf  ein  idg.  *wos,  "^ißs ; 
über  die  Stämme  nö-,  uö-  {iie-)  s.  oben,  asmän  und  yzis- 
mäw  (wie  devän,  §  245)  sowie  die  folgenden  Kasus  sind 
von  den  Stämmen  asma-  und  yuMa-  gebildet,  die  un- 
mittelbar in  gr.  (lesb.)  a(X{ji£  (aus  *da[JL£)  und  u|i,(i£  (aus 
*ua|Jt£  oder  *iua[X£)  vorhegen  (während  Y][Jtä<;  und  6[xa? 
wie  das  Ai.  eine  Flexionsendung  haben).  Wenn  man 
*n^-sme,  *u-sone  (oder  *ns-sme,  His-sme,  was  sich  nicht 
entscheiden  läßt)  als  idg.  Grundformen  ansetzt,  so  sind 
*n(s)  und  Hi{s)  als  die  tiefstufigen  Formen  von  *nö{s) 
und  *i<ö(s)  zu  verstehen.  In  -sme-  hegt  eine  Stamm- 
erweiterung vor,  die  auch  bei  den  geschlechtigen  Prono- 
mina begegnet  (s.  §  358  fi".).  Es  hindert  nichts,  darin  ur- 
sprünghch  eine  Partikel  *sme  (vgl.  ai.  sma)  zu  sehen. 

Instr.  Die  Flexion  weicht  von  derjenigen  der  a- 
Stämme  ab;  die  Endung  -hhih  ist  offenbar  sekundär  an 
die  Formen  "^asniä,  *yuSmä  angetreten,  wodurch  diese 
Bildungen  als  Instr.  Plur.  charakterisiert  werden;  "^asmä 
und  *yuMä  waren  (alte)  Instrumentale  des  Sing.,  vgl. 
§  245.  Da  der  Pronominalstamm  an  sich  schon  den 
Numerus  zum  Ausdruck  bringt,  so  ist  eine  Charakteri- 
sierung des  Plurals  durch  die  Endung  eigenthch  nicht 
nötig,  vgl.  auch  die  folgenden  Formen'  sowie  J.  Schmidt, 
Pluralbildungen  S.  19  f.  27. 


§  353—357.]  Die  Pronomina  und  die  pronominalen  Adjektiva.     245 

D.  Abi.  s.  Sing. 

Gen.  Die  Bildung  asmakam,  yiihnäkam  liat  außer- 
halb des  Arischen  keine  Parallelen;  der  Zusammenhang 
mit  den  Possessiva  asmäM-,  yuSmäka-  springt  zwar  un- 
mittelbar in  die  Augen,  aber  was  die  beiden  Formen 
ihrer  Endung  nach  eigenthch  sind,  ist  nicht  aufgeklärt 
(Vermutungen  bei  Brugmann,  Grundr.  II,  830). 

Log.  Im  RV.  werden  asme  und  yuSme  (also  regel- 
mäßig gebildete  Loc.  Sing.)  gebraucht;  die  verwandten 
Sprachen  haben  keine  gleichartigen  Bildungen.  Die 
Formen  auf  -äsu  sind  offenbar  zu  dem  Instr.  nach  dem 
Muster  von  hälähhih :  häläsu  gebildet. 

354.  Als  ßeflexiviim  dienen  die  obhquen  Casus  des 
Singulars  von  -4(1(4^«^  ätman-  'Seele'  für  alle  Personen 
und  Numeri. 

Anm.  Ein  substantivisches  Reflexivpronomen  scheint  der 
idg.  Grundsprache  noch  gefehlt  zu  haben,  s.  Delbrück,  Grundriß 
III,  477  f.  497. 

355.  Das  Pronomen  ^^^^{  svayam  'selbst'  ist  in- 
deklinabel. In  der  Komposition  kann  dafür  auch  ^  sva- 
(s.  u.)  verwendet  werden,  svayam  gehört  ebenfalls  zum 
Stamme  sva-\  es  ist  wie  vay-am  vom  St.  va-  gebildet. 

356.  Als  Possessiva  werden  gebraucht: 

^^^  madiya-,  J4|jn<^  mämaka-  (f.  mämika)  'mein'. 

"^^V^  tvacUya-,  frR«fi  iävaka-  (f.  -t)  'dein'. 

'4<<^<^il  asmadtya-,  ^i^TcR  (f-  ■*)  äsmäJca-  'unser'. 

^Uj<^ij  yuSmadlya-,  if|»44[ch  yäuSmäka-  (f.  -t)  'euer'. 

^  sva-,  ^c(f  svaka-,  auch  -^iitjfltj  ätmiya-  (zu  ätman-) 
'eigen,  sein,  ihr'  (Reflexiv). 

Die  Flexion  ist  regelmäßig,  über  sva-  s.  jedoch 
§  376.  4. 

357.  Sprachgeschichtliches.  Von  den  Possessiv- 
pronomina sind  nur  für  sva-  genau  entsprechende  Bil- 
dungen nachweisbar,  vgl.  gr.  o?  'sein'  =  idg.  *siiO'S  (wozu 


246  Formenlehre.  [§  357. 358. 

auchou,  01,1)  neben  ^setio-s  (gr.  16?,  lat.  suus).  Die  andern 
Possessiva  des  Ai.  sind  mit  Hilfe  der  nominalen  Suffixe 
■nya-  und  -ka-  (s.  §  256)  aus  den  Stämmen  des  Personal- 
pronomens gebildet.  Bemerke  die  sekundäre  Vrddhierung 
(§  113)  der  Formen  auf  -Jca-,  die  jedenfalls  jungen  Datums 
ist,  wie  ved.  mamaka-,  sowie  Gen.  PI.  asmäkam  und  yuS- 
makam  (§  353)  zeigen;  mamaka-  ist  zum  Gen.  mama  wobl 
erst  nacb  dem  Muster  von  tävaka- :  tava  geschaffen,  da 
ein  Stamm  *mama-  sonst  niclit  vorkommt.  Ob  bei  mad- 
lya-  u.  s.  w.  die  Stammform  mad-  u.  s.  w.  (s.  §  352)  erst 
innerhalb  der  ai.  Si^rachentwicklung  vom  Abi.  ausge- 
gangen ist,  oder  ob  hier  bereits  eine  uridg.  Stamm- 
erweiterung vorliegt  (Brugmann,  Grundriß  11,  815),^  ist 
unklar.  Über  die  älteren  A'erhältnisse  s.  Whitney  §  494. 
Die  Chronologie  der  ai.  Stammformen  mit  -d-  spricht  für 
die  erste  Auffassung;  außerdem  ist  die  Entstehung  der 
Stammform  mad-  vom  Standpunkt  des  Ai.  aus  leicht  zu 
verstehen :  da  an  den  Abi.  med  das  ablativische  Suffix 
-tas  {mattall,  tvattah)  antreten  konnte,  da  ferner  im  E.V. 
Komposita  wie  matkrta-  ursprünghch  wohl  Zusammen- 
rückung einer  Kasusform  und  eines  Nomens  waren,  so 
konnte  das  Sprachgefühl  aus  solchen  Formen  einen 
Stamm  mad-  u.  s.  w.  abstrahieren  und  verallgemeinern. 
Ygl.  dazu  Breal  Mem.  de  la  Soc.  de  linguist.  YIII,  478 
und  Flensburg  bei  Richter  IF.  IX,  231  ff.  (der  selbst 
eine  andere  Erklärung  vorschlägt).    Ygl.  auch  §  359  f. 

b)  Demonstrativa. 

358.  ta-  'dieser,  er'. 

Singular. 
m.  n.  f. 

N.  '^  soll  fif^;  tat  ^  sä 

Acc.  ff^  tarn  ^^  tat  ttiti;  täm 

1  Darauf  würde  gr.  fj(j.eo-aii6;  u.  Verw.  hinweisen. 


§  358. 359. 360.]  Die  Pronomina  und  die  pronominalen  Adjektiva.  247 


I. 

THT  ^6»?a 

ff?n  i^yci' 

D. 

fn^l  täsmäi 

TT^  täsyäi 

Abi. 

fTWTcl  täsniät 

cT^T:  täsyäh 

G. 

TT^  täsya 

rf^n*.  täsyäh 

L. 

flf%5T[  täsniin 
Dual. 

fT^fTTi;  täsyäm 

N.  Acc.  V.  ffl'  tau             ^  te 

I.  D.  Abi. 

"^PJTT'I  tähJiyäm 

TTT^TI  tähhyäm 

G.  L. 

Plural. 

cT'^ft:  ^t^yö/i 

.N 

^  te                  fT^f^^am 

rrr:  ^<^^?^ 

Acc. 

tn«l  tau            fijf^Mm 

fTTI  ^f^?^ 

I. 

^:  tdih 

fTTf^:  tdhJiih 

D.  Abi. 

^^:  tehJiyah 

rTW:  tabhyah 

G. 

7{W[^  teSäm 

«TWTO:  ^^säwj 

L. 

ffu  te^«- 

ffj^  ^<'^5?<. 

Die  Form  ^:  sa7i  lautet  vor  allen  Konsonanten  und 
Vokalen  (mit  Ausnalune  von  a-)  ^  sa ;  vor  ä-  t^  so  mit 
Elision  des  a-,  vgl.  §  172.  2. 

Nacb  ^a-  geht  auch  i|xi  eSä  'dieser  hier'  (e|d,  etat, 
etäm  u.  s.  w.). 

359.  Nach  der  Lehre  der  ind.  Grammatiker  gelten 
tad-  und  etad-  als  'Stämme';  denn  diese  Formen  werden 
in  der  Komposition  verwendet,  z.  B.  «ftc|rnrt!T  tatkärana- 
'dieses  tuend'.  Auch  in  Ableitungen  erscheinen  bisweilen 
diese  Formen,  z.  B.  in  cT^V^  tad'iya-  'diesem  gehörig'. 

360.  Die  Stammformen.  Dem  ai.  Pronomen  sa- 
— ta-  liegen  die  beiden  idg.  Stämme  *so- und  *to- zugrunde ; 
dieselbe  Verteilung  wie  im  Ai.  findet  sich  nicht  nur  im 
Iranischen,  sondern  auch  im  Griechischen  (6  'f\,  t6  tov, 
dor.  Tol  Tai  u.  s.  w.)  und  im  Gotischen  (sa  so,  pat-a  pan-a, 
pai  u.  s.  w.)  und  ist  demnach  alt.  Der  ai.  Stamm  ta-  ist 
auch  in  zahlreichen  Adverbien  vertreten,  s.  §  403 ff.  — 
eSa,  eta-  ist  ein  idg.  *eiso-,  *eito-,   vgl.  gr.  el-xa;  das 


248  Formenlehre.  [§  360. 361. 

praefigierte  *ei-  ist  entweder  ein  Lokativ  des  §  364.  c)  be- 
handelten Pronominalstammes  *o-  und  bedeutet  'hier' 
(nach  Brugmann,  Grundriß  II,  768)  oder  es  ist  mit  dem 
Pronominalstamm  *e/-  in  ay-am  (§  364.  a)  identisch. 

361.  Zu  den  einzelnen  Kasus.  Die  Flexion  weicht 
in  folgenden  Formen  vom  Nomen  ab: 

Singular. 

Nom.  m.  Die  verwandten  Sprachen,  d.  h.  av.  hä 
und  aeM,  gr.  6  (got.  so),  weisen  auf  eine  idg.  Grundform 
*50  ohne  jede  Endung;  sas  =  av.  hö ,  has{cit)  mit  dem 
Nominativ-s  scheint  eine  arische  Neubildung  zu  sein. 
Ai.  so  entspricht  wohl  unmittelbar  dem  ap.  liaiiv  und 
gr.  ou-(to?)  ,  d.  h.  es  ist  idg.  "^soii  =  so  +  u ;  über  die 
'Partikel'  n  vgl.  §  368  (sowie  Brugmann,  Grundriß  II, 
775f.). 

n.  Die  neutrale  Endung  -d  (4)  ist  der  pronominalen 
Flexion  eigen,  vgl.  gr.  t6,  lat.  (is)tud,  got.  pat{-a)  =  idg. 
^tod  (weitere  Belege  für  diese  Endung  s.  bei  den  folgen- 
den Pronomina).  Das  ai.  tad  ist  offenbar  infolge  einer 
ursprüngHch  syntaktisch  begründeten  Zusammenrückung, 
z.  B.  aus  Fällen  wie  etad-dä-  'dieses  gebend',  in  die 
Komposition  geraten  und  als  'Stammform'  verallgemeinert 
Avorden  (s.  Richter  IF.  IX,  183  ff.  234);  die  Stammformen 
mad-,  tvad-  u.  s.  w.  (s.  §  357)  haben  wohl  zu  dieser  Ent- 
wicklung beigetragen. 

Instr.  iu..  Schon  oben  (§245)  ist  darauf  liingewiesen 
worden,  daß  der  Instr.  devena  seine  Endung  vom  Pro- 
nomen bezogen  habe  (vgl.  außer  tena  den  Instr.  der  noch 
folgenden  Pronomina).  Die  Endung  -7ia  ist  spezifisch 
pronominal,  wie  die  verwandten  Sprachen  zeigen,  vgl. 
z.  B.  apers.  tya-nä  'durch  welchen',  av.  ka-na  'durch 
wen?',  gr.  i-va,  got.  pcui  'dann';  das  Suffix  -na  scheint 
ferner  in  ai.  -cana  (§  373),  vinä  'ohne',  lat.  2^Ö7ie  u.  dgl.  zu 
stecken,  vgl.  die  reichhaltige  Zusammenstellung  von  Persson 


§  361.]      Die  Pronomina  und  die  pronominalen  Adjektiva.  249 

IF.  II,  225  ff.  Auch  die  hier,  sowie  im  D.  Abi.  Gr.  Loc. 
PL  auftretende  Stammform  te-,  d.  h.  idg.  Hoi-,  ist  offen- 
bar ursprünghch  auf  das  Pronomen  beschränkt  gewesen 
und  von  da  auf  das  Nomen  (z.  T.  schon  in  uridg.  Zeit) 
übertragen  worden ;  die  gleiche  i-Erweiterung  des  Stammes 
findet  sich  nicht  nur  beim  geschlechtigen  Pronomen,  son- 
dern auch  im  Personalpronomen  vay-am  (§  353).  Was 
das  i  eigentlich  war,  ist  nicht  aufgehellt  (auch  nicht  von 
Persson  a.  a.  O.  226 f.);  nur  lehi-en  Formen  vde  ap.  Ujanä, 
daß  das  i  fakultativ  war.  —  f.  taijä  und  die  gleichen 
Formen  der  folgenden  Pronomina  (die  ebenfalls  für  das 
Nomen  vorbikUich  wurden,  s.  §  259)  scheinen  wiederum 
einen  besonderen  idg.  Pronominaltypus  *-aiä  zu  reprä- 
sentieren (vgl.  altht.  taja  und  abulg.  tojq),  doch  ist  die 
Bildungsweise  im  übrigen  dunkel. 

Dat.  Abi.  (Gen.)  m.  Die  Endungen  -äi  und  -ät 
sind  nominal  (§  245).  Die  Erweiterung  mit  -sm-  (idg. 
D.  *tesmöi,  Abi.  Hesmöd)  wird  durch  av.  ae-tahmäi  (= 
ai.  etasmäi)  u.  s.  w.,  sowie  got.  pcmima,  altpreuß.  ka-smit 
als  alt  erwdesen;  daß  sie  ursprünghch  nicht  ein  inte- 
grierender Bestandteil  der  Pronominalflexion  war,  zeigt 
z.  B.  ai.  täd  Adv.  'so',  gr.  tu)  u.  dgl.  Einer  Identifizie- 
rung mit  dem  schon  angeführten  sma-  (§  353,  S.  244) 
steht  nichts  im  Weg.  Im  Fem.  begegnet  dafür  (im  D. 
Abi.  G.  Loc.)  die  Einscliiebung  eines  -sij- ;  die  Endungen 
selbst  sind  nominal  und  zeigen  die  ursprünghche  Gestalt 
(idg.  *-äi,  *-äs).  Der  Ansatz  der  idg.  Grundformen  *^esmi, 
Hesiäs  wird  auch  durch  das  Germanische  nahe  gelegt; 
eine  einleuchtende  Erklärung  derselben  s.  bei  Brugmann 
Grundr.  II,  781.  789. 

Loc.  Die  pronominale  Endung  -in  hegt  in  griech. 
(aeol.)  a|i|JLiv,  u{X[j,iv  und  vielleicht  auch  in  lit.  (dial.)  tami 
und  altht.  tamim{-in)  vor;  daneben  -i  in  av.  ae-tahmi, 
gr.  a|i,[xi,  u|j,[xi.  Das  i  hängt  wohl  irgendwie  mit  der 
nominalen  Endung   des  Loc.  zusammen;  über  den  Ur- 


250  Formenlehre.  [§  361. 362. 365. 

Sprung  des  -n  vgl.  P.  Persson  IF.  ü,  235 f.  —  f.  tasyäm 
wie  clevy-äni,  s.  §  286. 

Plm-al. 

Nom.  te  =  idg.  Hoi  (gr.  xoi,  lat.  is-ü,  got.  pai,  lit. 
te):  eine  spezifische  Pronominalform,  mit  der  vielleicht 
der  Stamm  Hol-  in  den  übrigen  Kasus  (s.  unten)  iden- 
tisch ist. 

D.  Abi.  Zur  Stammform  te-  Ctoi-)  vgl.  auch  got. 
pai-m,  lit.  fe-ms. 

Gen.  teSäm  ist  idg.  *toisöm,  worauf  auch  ab.  teclid 
und  preuß.  s-teison  zurückführen;  die  Endung  -söm 
steckt  ferner  in  lat.  isto-rum,  illo-rum.  Ai.  täsäm  ist  gr. 
xdcüv,  lat.  {is)tärum  (idg.  Häsöm). 

362.  Von  dem  (unbetonten)  defektiven  Stamm 
ewa-  'er'  kommen  folgende  Formen  vor: 

m.  n.  f. 

Sing.  Acc.  Tpn=t  enam       j^^  enat         1J^^  enäm 

I.  "^^  enena  'Oyr^J  tiiayä 

Du.      Acc.  TH^  enäu  1j^  ene 

Gr.  L.  "^^nft:  enaydh  TpHTt:  enayöh 

Plur.  Acc.   TT^TR:  ^^'^«'^       TTTTf'T  e«c«^^     TJ^:  ^>^«?^ 

Die  Flexion  stimmt  mit  ta-,  eta-  völlig  überein;  der  idg. 
Stamm  *oino-  ist  formal  mit  *oino-s  =  lat.  unus,  got.  ains  iden- 
tisch; über  den  Bau  des  Pronominalstammes  vgl.  Persson  IF. 
II,  242  f.  (auch  Johansson  BB.  XYI,  152  ff.). 

363.  ayam  'dieser'. 

Singular, 
m.  n.  f- 

N.  ^^H.  ayäm      x^  ^^^^**  X^^  '^'^^'/ 

Acc.  ^[ifii;  imd»!       ^^  idäni  ^JUIH  2>wf("^ 

I.  -^^  a»e;?a  ^^^|  «»|«2/ä 

D.  ^31^  asmäi  w^  asyäi^ 

Abi.  -"^Si^w:^  asmät  w^rr:  «-*^«?^ 

G.  ^^  rts?/rt  ^?r^:  «5?/fi/« 

L.  ^f^^  asmin  ^^T^TTR;  cts^f^»^ 


§  363. 364.]  Die  Pronomina  und  die  pronominalen  Adjektiva.       251 

Dual. 
N.  Acc.    ■^[i^  imdu      j^  ime^  ^  ime 

I.  D .  Abi.  -Wi^UK  «^^'  y^^ ^^* 

G.  L.  -^r^nft:  anäyoh 

Plural. 

N.              '^  ime           TW[f^  imäni  ^[nr.  ^''^^?^ 

Acc.          Tyrr^  imän    T^fKXV^  imäni  x^'^  ^^^^^ 

I.                           Tjf^:  ehJüh  Wf^  ^^^^'?* 

D.  Abi.                 Tr«r:  ehhyäh  -^Sf^:  ähhijäh 

G.                         TJTR  eSäm  -^[Hl^  ^^^»^ 

L.                          TJ^  esü  ^^  äsü 

In  der  Komposition  wird  auch  hier  das  Neutrum 
idam  (Nom.  S.)  als  'Stamm'  verwendet,  z.  B.  '?;^;^xt 
idqrüpa-  'diese  Gestalt  besitzend'. 

364:.  Die  Stammformen. 

In  der  Flexion  des  Pronomens  ayam  haben  sich 
(schon  im  Urarischen)  drei  verschiedene  Stämme  ver- 
einigt: 

a)  idg.  Stamm  *ei-,  bezw.  (Tiefstufe)  *t-  im  Sing.  N. 
Acc,  Du.  N.  Acc,  Plur.  N.  Acc;  vgl.  dazu  lat.  i-s,  i-d, 
eum  (aus  *ei-om)  u.  s.  w.,  got.  is  'er',  ija  'eam'. 

b)  idg.  Stamm  "^ono-  oder  *ewo-im  Sing.L,  Du.G.L.; 
vgl.  dazu  av.  ana-,  ht.  anäs  'jener',  ab.  ons  'jener,  er'. 
Man  kann  in  diesem  Stamm  eine  i2o -Erweiterung  von 
c)  sehen. 

c)  idg.  Stamm  *ö-  oder  *e-  {f.  ä-)  in  allen  übrigen 
Kasus;  *e-  (o-)  ist  außer  im  got.  Gen.  i-s  (d.  i.  ai.  asya, 
idg.  *e-s(i)o)  sonst  nicht  als  selbständiges  Pronomen  nach- 
zuweisen, doch  steckt  es  wohl  in  gr.  e-(x£i),  lat.  e-{quidem) ; 
wie  man  griech.  ei  'wenn'  als  Lokativ  dieses  Pronominal- 
stammes auffassen  kann,  so  vielleicht  auch  e-  in  eSa 
u.  s.  w.  (§  360).  Eine  scharfe  Scheidung  ist  zwischen 
den  Stämmen  c)  e-/o-  und  a)  ei-  überhaupt  nicht  mög- 
hch:  die  Formen  e-hliih  u.  s.  w.  verhalten  sich  zwar  zu 


252  Formenlehre.  [§364.365. 

a-sya  u.  s.  w.  wie  tthliih  zu  tasya,  aber  man  könnte 
sie  ebenso  gut  auf  die  Stammform  *ei-  beziehen,  wie 
man  ja  auch  eine  Stammform  *toi-,  ^uei-  u.  s.  w.  kon- 
struieren muß  (vgl.  §  361). 

Die  Flexion  der  ai.  Stämme  a-  und  ana-  ist  mit  der 
von  ta-  fast  identisch.  Besonderheiten  finden  sich  nur 
beim  Stamme  a).  —  Über  Adverbia,  die  mit  Hilfe  dieser 
Pronominalstämme  gebildet  werden,  vgl.  §  403  ff. 

365.  Zu  den  einzelnen  Kasus. 

Singular. 
Nom.  m.  ay-am  {=  altav.  ayäm)  ist  der  Stamm 
ei-,  f.  iyam  (av.  im  =  *iydm)  der  Stamm  t-  mit  der 
'Partikel'  -em;  n.  idam  ==  lat.  iäem  ist  idg.  7i.  *i-ä  (lat. 
iä)  [mit  der  Endung  -d'\  +  Partikel  em ;  die  Grundform 
id  wird  im  Ai.  nur  noch  als  hervorhebende  Partikel  ge- 
braucht. Die  Verwendung  des  Neutrums  idam  als 
'Stammform'  ist  natürhch  eine  junge  Neubildung,  die 
durch  das  Muster  der  Pronomina  taä  und  etad  (§  359. 
361)  hervorgerufen  wurde. 

Acc.  im-am  (apers.  ebenso)  ist  der  idg.  Acc.  *i-m 
(gr.  IV,  got.  in-a)  +  em.  Nach  dem  Vorbild  etwa  von 
etam,  f.  etäm  u.  s.  w.  wurde  daraus  (schon  im  Urarischen) 
ein  Stamm  ima-  abstrahiert,  von  dem  die  Formen  imäm 
(apers.  imma),  imäu,  ime  (apers.  imaiy),  imäni,  imäli, 
imän  gebildet  sind.^ 

Plural. 
Instr.    Bemerke  ebliih  gegenüber  iäili  (in  ved.  Zeit 
aber  auch  tehhih);  vgl.  dazu  §  245. 


1  Diese, Stammbildung  war  im  Iran,  und  im  RV.  noch  etwas 
weiter  verbreitet  als  in  der  klass.  Sprache,  vgl.  z.  B.  apers.  n. 
ima  d.  i.  imad  und  (RV.)  Gen.  imasya. 


§  366. 367. 368.]  Die  Pronomina  und  die  pronominalen  Adjektiva.  253 


■^^  asäu 
•^^Tl  amum 
HMH[  amüyä 
TSrjT-^  amdSyäi 
^mH\:  atm'iSyäh 
"^SW^rri  comi'iSyäh 


366.  asäu  'jener'. 

Singular. 
w,  n. 

N.  -^^  asäu  "^Rp  adäli 
Acc.  "^iTTi;  amnm  -^i  adäh 
I.  '^^'TT  (imimä 

D.  -^sf^-^aniüämäi 

Abi.  'm>^t4H|ri^  amühnät 

G.  ^^  amüSya 

L.  ^jjpm«!  amühnin 

Dual. 
N.  Acc.  "^sr^  awt* 

I.  D.  Abi.  ^^TT^^'i;  cimübhyäm 

G.  L.  ^9SW^:  amüyöh 

Plural. 

Acc.     '^TT^  awww  ^^^f^ammn 
I.  ■^f^f%:f:  am'mnh 

D.Abi.  "^Rfh^:  amihhyah 

G.  ^^Wt^»?;  amiSäm 

L.  "^W^"^  amtsu 

Über  awi  im  Sandhi  vgl.  §  173.  3. 

367.  Die  ind.  Grammatiker  setzen  auch  hier  adah,  d.  h.  das 
Neutrum,  als  'Stamm'  an,  doch  ist  dessen  Gebrauch  im  Kompo- 
situm sehr  selten,  vgl.  adö-müla-  =  adah-müla-  'darin  wurzelnd'. 

368.  SprachgescMchtliclies. 

Nur  die  Form  asäu  läßt  sich  mit  den  verwandten 
Sprachen  verknüpfen ;  das  anlautende  a-  scheint  mit  dem 
e-  von  e-xst  u.  s.  w.  (§  364,  c)  identisch  zu  sein.  Das 
übrig  bleibende  -säu  =  av.  Mu  zerlegt  sich  als  Feminin- 
form in  sä  +  Partikel  u  und  ist  mit  gr.  au-(Tr^)  unmittel- 
bar identisch.  Im  Masc.  erwartet  man  dafür  -so  =  *sa-u 
(idg.  *so-u),  s.  §  361.    Ob  nun  das  Masc.  a-säu  (av.  hau) 


■^if:  amuh 

■^TTT:  amilh 

-sSHTtir:  amübhih 

"^nr^t  amubhyah 

*■  I  - 

•^■^-ßj-n  amiiSam 

wifTj  amüSu 


254  Formenlehre.  [§  368. 369. 370. 

aus  einer  idg.  Nebenform  *sö-u  oder  aus  einer  Ver- 
mischung von  Masc.  und  Fem.  hervorgegangen  ist,  läßt 
sich  nicht  entscheiden;  vgl.  jedoch  Fortunatov  KZ. 
XXXVI,  35  Anm.  —  Alle  andern  Formen  des  Pronomens 
sind  dunkel:  die  Stämme  amü-  und  aim-,  die  nach  dem 
Muster  von  ta-,  a-  (bezw.  nach  dem  Paradigma  der  u- 
und  I-Stämme)  flektiert  werden,  haben  außerhalb  des 
Ai.  nur  in  apers.  anmpa  'von  dort  her'  einen  (nicht  ganz 
sichern)  Verwandten;  der  Xom.  PL  ami  und  das  Xeutr. 
S.  aclah  stehen  auch  hinsichthch  der  Endung  ganz  isoHört. 
Man  kann  an  einen  Zusammenhang  mit  dem  seltenen  (ved.) 
Pronomen  amah  'er'  denken.  Für  den  Stamm  amu-  ist 
folgende  Erklärung  möghch;  der  Acc.  S.  vi.  am-u-m  hat 
am,  d.  h.  den  Acc.  des  Pronomens  a-,  +  Partikel  ii  zum 
Ausgangspunkt;  Verbindungen  wie  tam-u,  idam-u  sind 
im  Veda  nicht  selten.  Diese  Form  '^anm  wurde  nun  durch 
Hinzutreten  der  Accus  ativendung  -m  deuthcher  charak- 
terisiert, und  die  so  entstandene  Form  wucherte  dann 
wie  imam  weiter. 

c)  Belativum. 

369.  Der  Stamm  ya-  'welcher'  (idg.  ''io-,  vgl. 
av.  ya-,  gr.  o-?,  f^,  o,  phiyg.  lo?)  wird  wie  ta-  flektiert, 
also  ^.  yali  (doch  nie  ya!),  jj^  yä,  zni;  yat,  '^^  yasmäi, 
^T^  yasyäi,  ^  ye  u.  s.  w.  —  ya-  in  Adverbien  s.  §  403  ff. 

In  der  Komposition  erscheint  yad  (wie  tad  u.  s.  w.) 
als  'Stamm'. 

Anm.  Für  die  Konstruktion  des  Relativpronomens  ist  zu 
bemerken,  daß  dasselbe  gern  an  zweiter  (dritter  u.  s.  w.)  und 
sogar  letzter  Stelle  des  Relativsatzes  steht,  und  daß  der  Relativ- 
satz gern  seinem  Bezugsworte  vorangeht,  z.  B.  marsayed  dharsa- 
nq  yah,  sa  (I,  3)  'wer  eine  Kränkung  vergißt,  der...'.  — 
Auch  relative  Anknüpfung  eines  Hauptsatzes  (mit  yatah,  yerui 
u.  dgl.)  ist  beliebt. 

370.  Das  unbestimmte  Eelativum  'wer,  was 
immer'  wird  durch  Anfügung  des  indefiniten  Pronomens 


§  370—374.]  Die  Pronomina  und  die  pronominalen  Adjektiva.     255 

(§  373)  an  yali  u.  s.  w.  oder  durch  Wiederholung  ge- 
bildet, z.  B.  -«rflsFf^ri;  yatkicit  oder  Tq^pi;  yadyat  'was 
nur  immer'. 

d)  Interrogatinim. 

371.  Jca-  'wer?'. 

m.  n.  f. 

N.       cr:  Mh  f%(iT[  kirn  ^  kä  ^ 

Acc.    '^,11;  A-dwi         f^  A^'w  ■qrr^i:  A'^*** 

I.  ^■if  kena  ^T^  Mj/ä 

D.  cR^  käsmäi  ■qf^  käsyäi 

u.  s.  w.  (wie  ia-). 
Anm.    Auch  das  Fragepronomen  steht  gern  (wie  das  Rela- 
tivum,  8.  §  369  Anm.)  an  zweiter  oder  späterer  Stelle  des  Satzes, 
z.  B.  paribhramasi  ki  vrthä  (VIII,  13)  'warum  irrst  du  vergebens 
umher?'. 

372.  In  der  Komposition  wird  fqsii;  Mm  (gelegentlich 
auch  ^{^  kad)  als  'Stamm'  verwendet,  z.  B.  flji^jnc 
kikarci-  'Diener'. 

In  der  Adverbialbildung  und  in  Ableitungen  erscheint 
außer  ka-  und  ki-  noch  ein  dritter  Stamm  ku-  (Beispiele 
s.  §  403  ff.). 

373.  Indeflnitum.  Durch  Hinzufügung  der  Partikeln 
dt,  cana  oder  cqn  wird  das  Fragepronomen  indefinit 
(negiert  'niemand'  u.  s.  w.),  z.  B.  e^Hyrl,  kaicit,  ^  ,jfq 
kö  'iii  'irgend  jemand',  f^-^(^  kicana  'irgend  etwas', 
%f^  kecit  'einige'  u.  s.  w.  —  Auch  Adverbien  werden 
auf  diese  "Weise  indefinit,  z.  B.  ^^j^rf^fi:  kadäcit  'ein- 
mal' (kadä  'wann?'),  c^tV^^fM  kathamapi  'irgendwie'  (ka- 
tlmm  'wie?'),  ts{  gj^«T  na  kathqcana  'auf  keine  Weise'. 

374.  Sprachgescliichtliches. 

Die  3  ai.  Stämme  ka-  ki-  ku-  bilden  auch  in  den 
verwandten  Sprachen  das  Interrogativum : 

a)  Stamm  qVo — q'ife-:  vgl.  av.  kat  (=  ai.  kad,  s.  u.), 
lat.  quod,  got.  Jvas,  Iva,  lit.  käs  'wer?',  gr.  tcou  tcoi  u.  s.  w. 


256  Pormenlelire.  [§  374. 375. 376. 

Dem  Stamme  qi'e-  entspräche  ai.  ca-  (nach  §  132),  doch 
ist  Txü-  auch  in  diejenigen  Kasusformen  eingedrungen, 
wo  die  verwandten  Sprachen  auf  den  Stamm  q^^e-  hin- 
weisen, vgl.  Gen.  S.  kasya  gegenüber  av.  cahyä,  gr. 
xeo  =  idg.  ^qVesio. 

b)  Stamm  q^ii-:  vgl.  gr.  Ti,  lat.  quid,  dem  cid  in 
liaicit  u.  s.  w.  entspricht;  Mm  statt  cid  hat  (wie  ved. 
na-kili  'niemand')  sein  li  vom  Stamm  ät<-,  sein  -m  vom 
iSTomen  bezogen.  Neben  Mm  begegnet  in  der  älteren 
Sprache  auch  kad  (=  lat.  quod  u.  s.  w.,  s.  a). 

c)  qVii-\  vgl.  ai.  Mitra,  av.  Mipra  'wo?',  gr.  (kret.) 
Q_TCu-i  =  o-Tcoi,  lat.  ali-cii-hi;  weiteres  bei  J.  Schmidt, 
KZ.  XXXII,  394  fe. 

e)  Pronominale  Ableitungen  und  Adjektiva. 

375.  Außer  den  behandelten  Pronominalstämmen 
gibt  es  noch  mehrere  Ableitungen  von  solchen,  die  meist 
(wie  (e)ta-,  ya-,  Tca-)  zu  einander  in  korrelativem  Verhältnis 
stehen.    (Über  derartige  Adverbia  s.  §  403  ff.)    Vgl. 

1.  rTRfr^  tävant-,  TfTUW^  etävant-  'so  groß',  ^5rR>Ti; 
yävant-  'wie  groß'  (Eel.);  in  gleicher  Bedeutung  f7[I^ 
iyant-  (zum  Stamme  I-,  §  364,  a),  flfi^^  Miyant-  (Flexion 
nach  §  327). 

2.  crfTi  tau  'so  viele',  ^^f^  yati  (Eel.),  cjrfTf  kati 
(Interrog.)  'wie  viele'  (vgl.  lat.  tot,  qiiot).  Die  Formen 
werden  als  Nom.  und  Acc.  gebraucht  (Instr.  tati-hJiih 
u.  s.  w.  wie  agni-hliih). 

3.  i^Tf-sf(  tädrs-,  T^Tf^  etädrS-,  ^"^  'idr^-  (Pron.- 
St.  I-)  'so  beschaffen,  tahs',  ^n^^  yädr§-  (Rel.).  ^Vf^ 
Mdr^-  (Interrog.)  'wie  beschaffen,  quahs'.  Flexion  nach 
§  317  (318);  statt  -dr^-  auch  -dpa-  (nach  der  «-DekH- 
nation,  Fem.  -^). 

376.  Mehrere  Adjektiva  folgen  ganz  oder  teilweise 
der  pronominalen  Flexion  (^ie  ta-  u.  s.  w.): 


§  376.]      Die  Pronomina  und  die  pronominalen  Adjektiva.  257 

1.  -^p?!  anya-  'ein  anderer',  -^^tT'^  anyatara-  'einer 
von  zweien',  jyfj^itara-  'der  andere',  ij^chd*(  ekatama-  'einer 
von  vielen'  sind  ganz  pronomina],  also  z.  B.  '^fvsnt  ^^W^^^ 
^«<<n^*l  anyasmin,  -^sf^  anye  u.  s.  w. 

2.  ^  sarva-,  f^  vi^va-  'jeder',  PL  'alle',  ^jf  sama- 
'jeder,  irgend  einer' ^,  i^  eJca-  'einer',  i^^fTn^  ekatara- 
'einer  von  zweien'  flektieren  in  den  meisten  Formen 
nach  1.,  bilden  aber  Neutr.  S.  nominal  (^T(  sarvam 
u.  s.  w.).  ■^^f^j  ubhaya-  'von  beiderlei  Art'  bildet 
keinen  Dual. 

3.  ^(^  nema-  'halb'  geht  nach  2.,  bildet  aber  den 
Nom.  PL  ^^  neme  und  ^jtH  'iie^näJi. 

4.  "^Hir^  cidhara-  'der  untere',  ■^(«rii.  cmtara-  'der 
innere,  nähere',  ^^PTT  (^19^'^ci-  'c^e^  hintere,  andere',  "^TT^ 
avara-  'der  untere',  njtK.  uttara-  'der  obere',  '^f^Tlt 
daJcHna-  'rechts  stehend',  xn:  i^fwa-  'der  andere,  folgende', 
xj^  pürva-  'der  frühere',  i^  sva-  'der  eigene'  folgen  eben- 
falls 2.,  können  aber  den  Abi.  und  L.  S.  (m.  n.)  sowie 
Nom.  PL  auch  nominal  bilden,  z.  B.  Nom.  PL  "^1^??^ 
adhare  und  -^iv^i^i:  adliaräh. 

Anm.  Hier  —  und  bei  einigen  weiteren  Adjektiven  wie 
ardha-  'halb',  wo  die  pronominalen  Formen  überhaupt  fakultativ 
sind,  s.  "Whitney  §  525.  526  —  ist  also  der  Anfang  zu  einer  be- 
sonderen Adjektivflexion  gemacht,  wie  sie  z.  B.  im  Germanischen 
in  der  Flexion  des  starken  Adjektivs  durchgeführt  ist  (vgl.  Nom. 
PI.  got.  blindai  wie  sarve  gegenüber  wulfös  =  ai.  vrkäh). 


i  In  der  Bedeutung  'gleich,  ähnlich'  wird  satna-  ganz  no- 
minal flektiert. 


Thumb,  Altindische  Grammatik.  17 


Formenlehre. 


[§377. 


XX.  Kapitel. 

Anhang  zur  Nominalflexion:  Zahlwort, 
Komparation,  Adverbialbildung. 

a)  Das  Zahlwort. 
377.  Kardinal-  und  Ordinalzahlen  (Stammformen) 


1  -q^  eka-  'eins' 

2  ^  (fg;')  dvä-  {elvi-) 

3  f^  tri- 

4  ^"^  catvr- 

5  xjg-  2)änca- 

6  -qxf  Sä^- 

7  ^r^  saptä- 

8  tsTS  6^^f<^- 

9  «T^  ijcwa- 
10  ^  däh- 

30  t^^pt  tn^cii- 


TT^W  prathamä-  'der  erste' 
f^crY'Ef  dvitiya- 

^H^  caturthä-^ 
"RWT  pci'hcamä- 
ij^  SaMliä- 
Ai^M  saptamä- 

■5T^;r  navamä- 

a^^  dakimä-^ 

f^lj-   od.  f^iffTTcRT   vi^a(<*- 

iawi«)- 
f^^  od.  t^ijTW   tr0ä(tta- 


50  xT^i^ci^  pancaiät- 


ma)- 

40  ^cmR^ci catvärjßät-  ^^TtTH    o^;     ^<?4ir<^T(*i 

catvär^ä{ttamä)- 
TITnr,  od.  -q^T^rrm  P^wcä- 

Mrarl«R  SaMitaniä- 
^}\{}ir^^  saptatitamä- 
^^fdd*?  aPtütamä- 
^f^fffTTTT  navatitamä- 
^^7{j{  iatatamä- 


60  irf^  ^aM- 
70  u^fH  saptati 
80  ^?nf^  a^^«- 
90  vjcjfd  navati- 
100  -^  w.  Jafa- 


1  Fem.  von  hier  ab  -t. 

2  Dagegen  von  '11. — 19.'  -dasd- 


§  377.  378.]       Anhang  zur  Nominalflexion :  Zahlwort.  259 

1000  ^Tf^  n.  sahäsra-       ^^*^^^  saJiasratamä- 
10000  Tili] ff  n.  ayüta- 
100000  ^  laJtSä- 

Höhere  Decimalen  s.  bei  Wliitney  §  475. 

378.    Zusammensetzung  der  Zehner  und  Einer. 

Die  zwischen  den  Zehnern  hegenden  Zahlen  werden 
durch  Komposition  der  Einer  und  Zehner  gebildet;  bei 
der  entsprechenden  Ordinalzahl  erhält  nur  das  zweite 
Grhed  (der  Zehner)  die  Form  des  Ordinale.  Vgl.  -^ör- 
(^■tlft^  eka-trjßat-  '31'  {eka-trißa\ttama\-  'der  31.'),  xr^^^TRtw 
IKinca-saptati'  '75' ;  merke  ^^Treij  catur-da^a-  '14'  und 
'der  14.'  u,  s.  w.^  Natürhch  sind  die  Regeln  des  Sandhi 
zu  beachten,  z.  B.gf^ftflf  clvyasUi-  82,  ^TT^^  caturda^a- 
14,  ^"gf^^r^  catustrikä-  34,  ^rTOT^TlFl  catu^pmicä^at- 
54,  ^fT::^rf2'  catuMaMi-  64,  ^rPClfVfTT  caturakti-  84,  t^- 
:g^  Söda^a-  (§  157.  4)  16,  "^RT^irrfT^Tfl  Satcatvärßat-  46, 
M^^uVfTf  ^adaiiti-  86,  -cr^^fTf  kmnavati-  96. 

Folgende  Einer  zeigen  in  der  Komposition  Besonder- 
heiten : 

Statt  eka-  steht  ekä-  in  '11':  ii^c))id«t|  ekädaia-. 

Statt  dva-  steht  dvä-,  bei  42 — 92  auch  dvi-  (das  bei 
82  Regel  ist) :  ■^|<j«t{  dvä-dasa-  12,  |[Tf^l|f^  dvä-vjßati- 
22,  ^|T(<c)ir<\t|(t^  dvä-catvärjßat-  oder  'f|[""^^TfT^Tfl  ^^^~ 
catvärpat-  42  u.  s.  f. 

tri-  wird  bei  43 — 93  gebraucht,  trayah  (§  380)  bei 
13 — 33  immer,  bei  den  übrigen  Zahlen  (außer  83)  wahl- 
weise: z,  B.  -jjii^«^:!!  trayödaki-  14,  '^i^;M^l^c^^  trayah- 
pancäSat-  oder  f^q^(\)|<|^  tri-paficäSat-  53  u.  s.  f. 

aMa-  steht  nur  bei  48 — 98,  aStä-  bei  18 — 38  immer, 
bei  den  übrigen  Zahlen  wahlweise:  ^g^<ji|  aMä-daia- 
18,  niiamfa  oder  ■iüs'qfa  ciMa-SaMi-  68  u.  s.  f. 


1  Die  beiden  Zahlformen  von  11—19  unterschieden   sich  ur- 
sprünglich durch  den  Accent:  cäturdasa — caturdaSä-, 

17* 


260  Fonnenlehre.  l§  378. 379. 380. 

Über  sonstige  Formen  der  Zusammensetzung  s. 
Whitney  §  477;  beliebt  ist  die  Bildung  von  19,  29  u.  s.w. 
durcb  Subtraktion,  z.  B.  TT^Rt^rftlTt^  ekönavjßati-  oder 
bloß  ^3r5rf^irf?T  ünavjhti-  =  '20  vermindert  (üna-)  um 
eins'  =  '19'. 

379.  Die  Bildung  der  Hunderter  geschieht  ent- 
weder durch  attributive  Verbindung  der  (flektierten) 
Einer  mit  dem  (flektierten)  Substantivum  ^ata-  oder 
durch  Komposition  beider :  z.  B.  f^^ffT  dvi-käa-  n.  '200', 
f^IHT  tri-hta-  300  u.  s.  w.  oder  ^  ^"^  dve  Säte,  -4^  Rh 
^prxf'T  i'^^^^'  ^ciicini  u.  s.  f.  (ebenso  z.  B.  auch  ■'ftftjT 
^^MifriT  ^^^^*  sahasräni  3000  u.  s.  f.).  Die  Hunderte 
werden  mit  Einern  und  Zehnern  gewöhnhch  vermittelst 
adhika-  'plus'  zu  einem  Kompositum  verbunden,  z.  B. 
TTWTf^^^f^  P<^'"iC(^dMkahtam  oder  auch  "mfTtVeSf  I^cR; 
pafwädJiikq,  htam  '10.5',  d.  h.  '100  vermehrt  um  5'; 
■q^-scf^-f^föfiiTcTi^  pcmcäiadadhika-Satani  oder  M^iuj^- 
ftj^  T|j-ff^  2)afwä§ad-ad}iikq  Satam  '150';  andere  Arten 
der  Verknüpfung  s.  bei  Whitney  §  478 — 481. 

380.  Deklination  der  Zalilen  und  Sprachge- 
scMchtliches. 

Die  Flexion  der  Ordinaha  ist  regelmäßig.  Besonder- 
heiten zeigen  sich  nur  bei  den  Kardinalzahlen.  Wegen 
der  verwandten  Sprachen  vgl.  Brugmann,  Grundriß  11, 
463  ff.  (Kurze  vergl.  Gramm.  362  ff.). 

a)  1—4. 

1.  eka-  geht  wie  sarva-  (§  376.  2).  Im  Plural  bedeutet 
es  'einige'. 

Vgl.  dazu  apers.  ai-va-,  gr.  oi-vv]  'die  Eins  auf  dem 
Würfel',  alat.  oinos,  got.  ains:  allen  Formen  ist  wurzel- 
haftes *oi-  gemeinsam  (s.  auch  §  362).  Das  -ä-  in  ekä- 
daia-  '11'  ist  wohl  durch  dvä-daki-  '12'  hervorgerufen 
(s.  u.). 


§380.]  Anhang  zur  Nominalflexion:  Zahlwort.  261 

pra-thama-  (apers.  fra-tama-)  ist  ein  Superlativ  zu 
pm-,  vgl.gr.  irpoTEpo?;  -thania-  st.  -tama-  ist  wohl  durch 
das  Suffix  -tha-  veranlaßt,  vgl.  '4'  und  '6',   sowie  §  390. 

2.  dva-  wird  wie  ein  Dual  flektiert:  ^  äväu  m.,  % 
dve  f.  n.,  ^pjti^i,  dvähhymn,  ^^;  dvayöh. 

Die  idg.  Grundform  ist  *d{u)iiö(u),  vgl.  dvä-daSa-, 
gr.  Buoj,  lat.  diio  und  8ü>-8exa  aus  *B/(o-;  idg.  *dui-  (gr. 
öl-?,  Si-TCou?  =  ai.  dvi-päd-,  lat.  &i-s,  hi-pes)  liegt  in  der 
Komposition  und  in  dvi-tiya-  vor;  zu  letzterem  hat  nur 
das  Iranische  eine  Parallele  (apers.  duvltiya-). 

Anm.  "Wie  dväu  geht  ubhäu  'beide',  vgl.  gr.  ajA^a),  lat. 
ambö,  got.  bai;  der  Anlaut  ist  unklar. 

3.  tri-: 


N. 

Acc. 

I. 

D.  Abi. 

G. 

L. 

m.                   n. 
träyah        "^ftfJÜ  ^^^V 
trin            "ftft^  ir^V'i 

f%rfH^  tribhih 

f^r«r:  trihhyäh 

ffT^:  tisräh 
f7{W.  tisräh 
fTT^rf^  tisfbhih 
f?T^rwr:  tisfbhyah 

■^i^UUlH  trayändm 

fd^U|l*i  tisrnäm 
fi[^^  tisrSu 

AN» 

Die 

Flexion  des  3Iasc.  und  . 

Neutr.  ist  die  der  i- 

Stämme  (§  268.  275);  vgl.  dazu  gr.  xpei?,  lat.  ^res,  got. 
preis  aus  Hreies,  gr.  xpi-ai,  lat.  tri-bus,  got.  pri-m  u.  s.  w. 
aus  *fn-  +  Endung,  sowie  gr.  xpi-Ttou?,  lat.  tri-plex. 
Merkwürdig  ist  nur  die  Ersetzung  des  Gen.  PI.  trmäm 
(so  im  RV.)  durch  den  Gen.  PI.  eines  Stammes  traya-. 
Der  Femininstamm  Hisr-  (vgl.  wegen  des  s  statt  ^§  148.  b), 
wohl  zunächst  durch  Dissimilation  aus  *tri-sr-  entstanden, 
■wird  durch  das  Iranische  (av.  tiSar-o,  d.  i.  idg.  *ti-ser-es) 
und  Keltische  als  alt  erwiesen;  über  die  Natur  des  -sr- 
s.  näheres  bei  Brugmann,  Grundriß  II,  470. 

Zu  trtlya-  vgl.  lat.  tertius\  als  idg.  Grundform  ist 
neben  *tr-tno-  auch  Hr-i-tUo-  und  Hr-i-to-  anzusetzen, 
wie  apers.  tritiya  und  gr.  xpixo?  zeigen. 


262  Formenlehre.  [§  380. 381. 

4.  catur-: 

m.  n.  f. 

N.  ^'^TX  catvdrah     T\^\fX    ^TfI"^J  cätasrah 

catväri 
Acc.      ■^cTT;:  catürali         ^^qrf^    ^TT^t  cätasrah 

catväri 
I.  ■^^rrf^t  catürhJiih  ^cTljfir.  catasfbhih 

D.Abi.  ^fW:  catürhhyali        "^cT^W,  catasfbhyah 

G.  x(H<!nH  caturnäm        ^rT44lUIH  catasrnam 

L.  '^rT^  catürSu  ^Tf^re  catasfäu 

Der  Flexion  des  Mask.  und  Femin.  liegen  die  idg. 
Stammformen  ^(petiior-  (gr.  dor.  xsTop-s?,  lat.  quattuor, 
got.  fidivör)  und  ^cßetur-  (gr.  aeol.  ueoup-e?,  lit.  Mturis)  zu 
gründe,  an  welche  die  Endungen  der  Konsonantstämme 
gefügt  sind  (Gen.  PI.  catur-näm  jedoch  nach  pitf-näm 
u.dgl.).  Die  uridg. Femininform  *g?,^efe-sr-e5 (die wiederum 
durch  das  Iranische  und  Keltische  bestätigt  wdrd)  ist  in 
ihrer  Entstehung  dunkel,  doch  s.  auch  3. 

catur-tha-  (das  im  RY.  nicht  vorkommt)  steht  in  der 
Suffixbildung  (gegenüber  idg.  -to-  in  gr.  texpa-to?,  lat. 
quar-tus)  vereinzelt ;  -tlia-  findet  sich  auch  im  Superlativ- 
suffix -iStha-.  Neben  caturtha-  sind  turlya-  (in  der  älteren 
Literatur)  und  turya-  (av.  tüirya-)  in  Gebrauch,  denen 
die  Tiefstufe  *Mur-,  d.  h.  idg.  *qV(e)tur-  (mit  Verein- 
fachung der  anlautenden  Konsonantengruppe)  zu  gründe 
liegt;  vgl.  Wackernagel  §  229.  a. 

381.  b)  5  — 19.  Das  Genus  wird  nicht  unterschieden; 
Nom.  und  Acc.  besitzen  mit  Ausnahme  von  '8'  keine 
Flexionsendung : 

5.  panca-.    6.  ^aS-, 

N.  Acc.  irg-  pähca  t(Z  ^^t 

!•  "T^t^t  pahcähhih  "qf^iT.  ^adhhih 

D.  Abi.  TT^^:  pancähhyah  "Cf^^:  Sadhhyäh 


§381.382.]      Anhang  zur  Nominalflexion:  Zahlwort.  263 

Gr.  M ^ H 1 H pcincändm  miim  Sannam 

L.  xi^^  pancäsu  WZ^  ^atsit 

'N a.ch.  panca-  gehen  auch  die  Zahlen  7.  9.  10 — 19. 

Die  Flexion  dieser  Zahlen  ist  jung  (über  Ansätze 
im  Urarischen  s.  J.  Schmidt,  Pluralbüdungen  S.  292 f.) ; 
man  fügte  die  normalen  Endungen  an  die  Nominativform ; 
für  den  Gen.  wurde  -näni  verwendet,  wobei  pmcänäm 
ganz  den  a-Stämmen  {devänäm  u.  s.  w.)  angepaßt  wurde. 
Da  ein  pahcdblvili  u.  s.  w.  formell  mit  räjahhih  u.  s.  w. 
übereinstimmte,  so  haben  die  ind.  Grammatiker  pancan-, 
saptan-,  navan-,  (la§an-  als  Stammformen  angesetzt;  in 
Wirklichkeit  sind  die  idg.  Grundformen  *pen^e  (gr. 
TTEVTS,  got.  fimf),  *septni  (gr.  eTTTCt,  lat.  Septem),  *neun 
(gr.  [£v]-ve(/)a,  lat.  novem,  got.  niun),  *dekm  (gr.  8exa, 
lat.  decem).  —  ^a^  =  idg.  *s(ti)efcs  (gr.  /e^,  1^,  lat.  sex, 
got.  saths)\  jedoch  ist  der  Anlaut  ^  statt  s  nicht  recht 
klar,  s.  Brugmann,  Grundriß  I^  733  und  Pedersen  KZ. 
XXXVm,  229.  "Wegen  der  Behandlnng  des  Auslauts 
vgl.  §  157.  2.  165.  l.b). 

8.  aUa-  flektiert  entweder  wie  panca-  oder  in  folgen- 
der Weise :  N.  Acc.  -^j^  ciMßu,  I.  4iaif^:  ciMähhih,  D. 
Abi.  ■^TFW:  aUäbhyäh,  G.  ■;i|gH|4i^  aMänäm,  L.  "^rSTO 
aUäsü. 

aStäu  und  ved.  ciMä  (wovon  die  Flexion  -ä-hhih  u.  s.  w. 
ausgegangen  ist)  sind  idg.  *oUöu  (got.  ahtau)  und  "^oMö 
(gr.  oxTco,  lat.  odo);  aUa  ist  erst  nach  Analogie  von  ai. 
sapta  nava  daki  gebildet. 

Die  Ordinalzahlen  5.  7 — 10  sind  von  den  Grund- 
zahlen mit  dem  Suffix  -ma-  (idg.  -mo-)  gebildet,  vgl.  lat. 
septimus,  decimus;  kiMha-  entspricht  einem  idg.  *s(u)ek(s)- 
to-  (gr.  exTo?,  lat.  sextus,  got.  saihsta),  hat  jedoch  ^/i 
statt  t  wie  caturtha-.  -daSä-  in  '11 — 19'  statt  daiama-  ist 
auch  iranisch,  begegnet  jedoch  sonst  nicht. 

382.  c)  Die  übrigen  Zahlen.  Die  Zehner  sind 
weibhche  Substantiva  und  werden  wie  i-,  bezw.  ^-Stämme 


264  Formenlehre.  [§  383. 

dekliniert,  z.  B.  Nom.  f^iffTT:  vjßatih,  Acc.  ttjuifclH  ^i" 
satim,  I.  f^ijigT  vjßatyä]  {^%f\  triktt,  f^iTfT^  trl^atam, 
t^irfTT  ty^citü  u.  s.  w.  Die  Zahlen  100,  1000  u.  s.  w. 
sind  regelmäßige  neutrale  a-Stämme  0atam  u.  s.  w.). 
Zu  den  substantivischen  Zahlwörtern  (20,  30  u.  folg.) 
kann  der  gezählte  Gegenstand  als  Apposition  oder  im 
Genitiv  treten,  z.  B.  ■^jtt  j|e||44^  oder  »rr^t  ^(^H  gaväm 
oder  gävali  '100  Binder',  ^h<J^^  TTHT  iatasahasrq 
gaväm  '100000  Binder'. 

vjßati-  ist  wie  av.  visaiti,  dor.  /ixaii,  lat.  viginti  ge- 
bildet, woraus  sich  idg.  *ulkmti  ergibt;  ^-^mt-i  scheint 
die  Dualendung  zu  enthalten  und  ist  erst  im  Ai.  in  die 
Flexion  von  ^aMi-  u.  s.  w.  geraten,  -kit-  in  den  folgenden 
Zahlen  ist  ein  singularisches  Abstraktum  wie  gr.  eixd? 
eixao-oi;  u.  ä.  Über  den  Ursprung  des  -kmt-  (und  seiner 
Hochstufe  -liont-  in  xpidxovTa)  s.  Brugmann  Grundr.  II, 
489  ff.  Die  Natur  des  Nasals  in  vjßati-  u.  s.  w.  ist  zweifel- 
haft. Daß  einmal  in  den  Zahlen  30 — 50  die  beiden  Be- 
standteile besonders  flektiert  wurden  (vgl.  gr.  xpid-xovTa 
eigentlich  =  'drei  Zehner'),  zeigt  catvärißat-,  das  die 
Neutralform  catväri  zu  enthalten  scheint.  Der  lange 
Vokal  von  pancä-§at-  ist  aus  der  Grundsprache  ererbt, 
vgl.  gr.  TTSVTi^-xovxa.  Die  Zahlen  60 — 90  sind  Abstrakta 
auf  -tl-\  SaMi-  bedeutet  eigentlich  'eine  Sechsheit'  sc.  von 
'Zehnern'.  Diese  Ausdrucksweise  ist  schon  urarisch;  der 
Bildung  nach  entsprechen  Formen  wie  ai.  pawkti-  'Fünf- 
zahl'  =  abulg.  p§tb  '5'  und  idg.  *sefcti-  'Sechsheit'  ==  abulg. 
Sestb,  alban.  gaUt,  '6'.  In  a^i-ü  liegt  Avohl  eine  alte,  sonst 
untergegangene  Form  des  Zahlabstraktums  'Achtheit'  vor. 

Satam  ist  idg.  *kmtom  (gr.  e-xaxov,  lat.  centum,  ht. 
szimta-s)\  sa-liasra-  ist  eine  Zusammensetzung  von  sa- 
(s.  u.)  und  hasra-  =  idg.  *glies-lo-  (vgl.  gr.  dor.  5(^X101 
aus  *j(eaXioi).  aguta-  und  laMa-  (eigtl.  'Ziel,  Marke') 
sind  etjnnologisch  dunkel. 

Die  Ordinalzahlen  werden  mit   dem   Suffix  -tama- 


§  382—385.]    Anhang  zur  Nominalflexion :  Zahlwort.  265 

gebildet  wie  im  Lateinischen  {h-ßat-tama  =  tncesimus 
aus  Hrl-cent-timos ,  idg.  ^trl-hntt^mo-s) ;  die  kürzeren 
Formen  vißa-  u.  s.  w.  scheinen  durch  eka-daiä-  '11'  u.  s.  w. 
hervorgerufen  zu  sein. 

383.  Als  Bruclizahleii  dienen  die  Ordinalia,  also 
dviüya-  (oder  ardha-)  'halb',  trtiya-  'drittel'  u.  s.  f.  Doch 
kann  z.  B.  'ein  Achtel'  auch  durch  ein  Kompositum 
aSta-hhäga-  d.  h.  'ein  Acht-teil'  ausgedrückt  werden. 

384.  Zahladyerbien. 

a)  -^^cl  sakrt-  'einmal',  f^  ävili  'zweimal',  f^:  tyih 
'dreimal',  •g-fr:  catuh  'viermal',  q^^^.  paficalirtvafi  'Smal' 
(u.  s.  w.  mit  -Jcrtvah). 

Vgl.  dazu  gr.  hie,,  xpiz,  lat.  his,  ter,  quater.  Auch 
die  Verwendung  von  -krt(vah)  scheint  alt  zu  sein,  vgl. 
Ht.  trls  kartüs  'dreimal'  u.  dgl.:  hivali  ist  Acc.  Pl.^  eines 
Substantivums  hrtu-  'Handlung'  (s.  Delbrück,  Grundr. 
in,  1,  599).  In  sa-  steckt  *sm,  wie  in  gr.  a-iza^,  lat. 
sem-el. 

t>)  '5;^3|r«rr  eka-dhä  'auf  eine  Art',  f^VT  dmdhä  'auf 
zwei  Arten',  f^^TT  tridJiü  'auf  dreifache  Weise',  ifcnsTT 
Satadhä  'auf  lOOfache  Weise'. 

c)  Tpinr:  ekasali  'einzeln',  f^:  dviSah  'zu  zweien', 
t%nr.  triiali  'zu  dreien',  if^nr:  ^atahh,  WW^W'  sahasra- 
tah  'hundert-,  tausendweis'. 

Zum  Suffix  vgl.  gr.  exd?  'für  sich,  abseits',  dvBpaxd? 
*Mann  für  Mann'. 

385.  Zahladjektiva  und  -Substantiya. 

a)  ^  dvaya-  oder  f^ci^  dritaya-  'zweifach,  aus 
zweien  bestehend',  -^^  traya-  oder  f%rfT'?T  tritaya-  'di-ei- 
fach',  ^H'g^ catuMaya-,xc^;r{i^ pancataya- '4,5facli' u. s.w. 
(Femin.  -7). 

Zu  dvaya-  vgl.  gr.  8oi6?. 


1  lieber  diese  vedische  Accusativform  der  w-Stämme  vgl. 
Brugmann,  Grundriü  11,  678. 


266  Formenlehre.  [§  385. 386. 

b)  ^  dvaya-  n.  oder  ^[^  dvayi  f.  oder  t|[7r?T  ^"^i- 
taya-  n.  'ein  Paar',  -^r^  traya-  n.  oder  -^^  tray'i  f.  oder 
fv4f|ij  tritaya-  n.  'Dreizahl,  Dreiheit',  ^TTS^  catuUaya- 
n.  'Yierzalil,  Vierheit',  xr^  paficat-  f.  'Fünfzahl'  (vgl. 
gr.  TTSVid?),  •q^  kitka-  n.  'Sechszahl',  ^Tfci;  daiaU  f. 
'Zehnzahl'. 

b)  Komparation. 

386.  Regelmäßige  Komparation.  Der  Komparativ 
wird  zu  Adjektiven  jeder  Art  gewöhnlich  durch  das 
Suffix  -tara-,  der  Superlativ  durch  -tama-  gebildet;  diese 
Suffixe  werden  an  den  MaskuHnstamm  angefügt  und 
zwar  bei  Stammabstufung  an  den  schwachen  bezw.  mitt- 
leren Stamm.    Beispiele: 

^■^  dura-  'fern',  TT7TT  düratara-.,  TT^TT  düratama-\ 
ftr^P'^'W^-  'lieb',  finsnTTi^''^"^^^'^'"'  f^'^TcTT  priyatama-\ 
f^Tj^^  vilöla-  'beweghch,  unruhig',  f^^rt^rfTT;  vilölatara-, 
fcjH^Hd^  vilölatama-. 

•sqf^  §uci-  'rein',  Tf^rT"^  hicitara-,  "STf^fW  sncitama-. 

Vf^  dlianin-  'reich',  ^rfsTcf^  dhanitara-,  ^iPiHH 
dhanitama-. 

\pFf-^\j  dharmahudh-  'gesetzeskundig',  v^T^TtTT  (f^ür- 
mdbhuttara-,  ^^^-tITT  dharmahJmttama-  (vgl.  §  137). 

in^IW  pratyafic-  'zugewandt',  iT^rStT  i?^«^2/^^'^f<>'ö!-> 
H(tj^il  p7'aty aMama-. 

mi^ü^  sumanas-  'wohlwollend',  <j44«n^x;  sumanas- 
tara-,  -^^^^ji  sumanastama-. 

'^rfP^'Ef  udarciM-  'glänzend',  "'g^f^'sx  uddrciStara-, 
Nj<jp4^^  udarciMama-. 

;^r.-jf  öYm^  'gut',  ^TtTT  sattara-,  ^^TtW  saUama-\  v^- 
■^r^T  hhagavant'  'glückselig,  erhaben',  ^»pr^rT"^  hJiagavat- 
tara-,  vfirWr^Jf  hhagavattama-. 

f^l^^  vidvqs-  'wissend',  f^|["TrC  vidvattara-,  f^^^rTT 


§  387.  388.]    Anhang  zur  Nominalflexion:  Komparation.  267 

387.  Auch  Substantiva,  Indeklinabilia  (Ad- 
verbien, Praepositionen)  und  sogar  Verba  können  ge- 
steigert werden:  ttittTTT  gajatama-  'der  beste  Elefant'  zu 
gaja-\  "'^tTT  uttara-  'höher',  ^^rlTT  uttania-  'der  höchste' 
zu  tid-  'auf,  hinauf;  -^irddilH  (^ütcf'fäm  Adv.  'stärker, 
mehr,  sehi''  zu  ati  'über — hinaus,  überaus';  ^f|<^|4<  pra- 
taräm  Adv.  'weiter,  künftig',  jcr{j{jT[{^  2}ratmnäm  'vorzugs- 
weise' zu  pra-  'vor';  ^^t^tttRI  uccäistaräm  'höher', 
''iJ^*d*4lH  uccäistamäm  'am  höchsten'  zu  uccäih  Adv. 
'hoch';  ^fff^i^i^  sutaräm,  ^y\^\^^  sutamäm  zu  su-  Adv. 
'gut' ;  TJ^fTTcTTT^  imcaütaräm,  xj^fTTcTTRl  pacatitamäm 
'er  kocht  (pacati)  besser,  am  besten'.  Über  die  Form 
des  Adverbs  s.  §  392.  b). 

388.  Sprachgeschichtliches. 

Das  ai.  Komparativsuffix  -tara-  ist  mit  dem  griech. 
-tepo-  (TüiOTOTspo?,  dXYjOeaxspo;  u.s.  w.)  identisch;  dieses 
Suffix  war  ursprünghch  keineswegs  auf  den  Komparativ  be- 
schränkt, wie  z.B.  die  Pronomina  hatara-  'wer  von  beiden?', 
itara-  'der  andere'  u.  ä.  (§  376)  oder  gr.  fjfxeTspoc,  Ss^itepo«;, 
lat.  noster,  dexter  u.  dgl.  zeigen.  Außerhalb  des  Arischen 
und  Griecliischen  -ward  -tero-  überhaupt  nicht  zur  regel- 
mäßigen Komparativbildung  verwendet,  sondern  findet 
sich  nur  in  gewissen  'defektiven'  Bildungen,  in  welchen 
der  Komparativbegriff  mehr  oder  weniger  zurücktritt: 
vgl.  z.  B.  antara-,  lat.  inter  (inter-ior),  gr.  Iviepa,  und 
itara-  'der  andere',  lat.  Herum,  ferner  nhd.  der  Jimtere, 
der  vordere,  nieder  (zu  ai.  nitarämAdj.  'niederwärts')  u.  ä. 

Das  Superlativsuffix  -tama-  (das  mit  demjenigen  der 
OrdinaHa  identisch  ist,  s.  §  382)  begegnet  außerhalb  des 
Arischen  z.  B.  in  lat.  intimus  ==  ai.  antama-  'der  innerste, 
nächste',  ulthmis  u.  ä.,  got.  af-tuma  'der  hinterste',  if- 
tuma  'der  letzte',  ist  also  vermuthch  idg.  ^-t^mo-  (zur 
Lautung  gin  oder  wj"*  vgl.  §  91). 

Anm.  -tero-  und  -tamo-  stehen  in  engster  Beziehung  zu  den 
beiden  Suffixen  -ero-  und  -mo-  {-amo-),  mit  denen  ebenfalls  Kom- 


268  Formenlehre.  [§  388. 389. 

parationsformen  gebildet  werden  können ;  es  gehören  aus  dem  Ai. 
hierher:  adhara-  'der  untere'  [m.  auch  'Lippe')  und  adhama-  'der 
untere,  niedrigste',  lat.  inferi,  infimus,  got.  undar;  apara-  'der 
entferntere,  andere'  und  apama-  'der  entfernteste',  got.  afar;  avara- 
und  avama-  'der  untere,  unterste';  apara-  'der  untere',  upama- 
'der  oberste',  gr.  ujrepoc  'Mörserkeule',  lat.  superi  und  summus 
(aus  *supmos),  got.  ufarö  'darüber';  parama-  'der  fernste'  von 
para-,  madhyama-  'der  mittlere'  (von  madhya-),  carama-  'der 
letzte'  [cara-  wohl  *qVelo-  zu  gr.  TtaXai  und  xi^vo;). 

389.  Unregelmäßige  Komparation.  Eine  seltenere, 
d.  h.  nur  bei  einer  kleinen  Gruppe  von  Adjektiven  vor- 
kommende Komparation  geschieht  mit  Hilfe  der  Suffixe 
-{i)yas-  (für  den  Komparativ)  und  -iStha-  (für  den  Super- 
lativ), die  unmittelbar  an  die  dem  Adjektiv  zugrund- 
liegende  (hochstufige)  Wurzel  angefügt  sind.  Folgende 
Formen  sind  am  gebräuchlichsten: 

■^j^  alpa-  'wenig,  klein',  -41^1  i<H  alplyas-,  -41(^8 
ülpiMJia-. 

-^^  um-  'weit',  ^(^^^  varlyas-,  <nf\^  variMha- 

f^U  kUpra-  'schnell',  %-q^^  kMpiyas-,  %fq^  ^"^e- 
piWia-, 

j^  giiru-  'schwer',  i\  (\  ^^  garlyas-,  ijfj^  gariUha-. 

■^  drdha-  'fest',  ■^^V'!?^  dradJiiyas-,  ^f%^  dra- 
dhiStJia-. 

•^^  dlrgha-  'lang',  "^T^'^r^  drägliiyas-,  ^rf^ 
dräghiStha-. 

Tj^pahi-  'gescheidt',  xTz^7[ra;iJf#yas-,  xrfz^  pcdi^thci-. 

xfjq  päpa-  'böse',  xrRV^f^  päpiyas-,  xfjftf^  päpiätha-. 

xnr  Pi'i^i  u-  'breit' ,  •JT^ft^T^iJ  rathiyas-^jifif^  pratliiMtha-. 

"Hrt  priya-  'Heb',  ^7^;  P'>'iiyc^s-,  ^  preWia-. 

g<f^«l  ftflÜH-  'stark',  g(<^ijj4^  hctUyas-,  sff^  haliMha-. 

fj^fri  mahäut-  'groß',  ^^^^^^  malüyas-,  :jrff¥  '>na- 
MMha-. 

IT^  7wr^tt-  'weich',  ^^Vq'^  mradiyas-,  isrf^  «*>'<*- 


§  389.  390.]  Anhang-  zur  Nominalflexion :  Komparation.  269 

^^^T^^  vasumant-  'reich',  c(41i<H  vaslyas-,  T^f%^ 
vasi^tha-, 

^^^  ijuvan-  'jung',  ij^ij^  yavlyas-,  ^rf^  yaviStha-. 

^(X  sthira-  'fest',  %5ra;  stheyas-,  %^  stheWia-. 

Einige  dieser  Bildungen  besitzen  überhaupt  keinen 
wurzelverwandten  Positiv,  d.  h.  sie  sind  defektiv,^  vgl. 

("'irf^cR  antika-  'nahe')  ^<J^^{j^  nediyas-,  ^f^  ne- 
diMha-. 

(^^j^  (dpa-  'klein')  ^^ijf(  kanlyas-,  "Sfif^  kaniStJia- 
(vgl.  kanyä  'Mädchen'). 

inx^  praiasya-  'lobenswert',  ^c^^  ireijas-,  ^ 
h-estlia-  oder  ^[^^^  jyäyas-,  ^^  jyeMlia-  'besser,  beste'. 

^^  hahu-  'viel',  ■*r^;^  hhüyas-,  ■*rf%re  hhüyiStha-  (vgl. 
auch  hhüri-  'reichlich,  viel'). 

•sf^  vrddha-  'alt',  ^^'^ra:  varHyas-,  ^^  varhiMha- 
(oder  jyäyas-,  jyeMha-). 

tjber  die  Flexion  des  Komparativs  s.  §  335;  der 
Superlativ  folgt  den  a-Stämmen  (§  244.  258). 

Anm.  Bisweilen  werden  die  Formen  auf  -lyas-,  -istha-  nocli 
mit  den  regelmäßigen  Komparationssuffixen  versehen,  z.  B.  päpi- 
yas-tara-,  päpistha-tara-,  päpistha-tama-;  sre§tha-,  srestha-tama- 
'der  allerbeste'.  Man  vergleiche  dazu  spätgr.  Formen  wie  (xeiCö- 
Tspo«,  [AeYioTo-ca-ro;,  lat.  optimissimus  u.  ä.  Diese  Erscheinungen 
zeigen,  daß  das  Sprachgefühl  solche  Formen  nicht  mehr  deutlich 
als  Komparationsformen  empfand. 

390.  Sprachgeschiclitliches.  (S.  auch  §  336.)  Das 
primäre  (unmittelbar  an  die  Wurzel  antretende)  Suffix 
-ies-/-ps-  ist  in  den  verwandten  Sprachen  das  übliche 
Mittel  der  Komparativbildung,  vgl.  z.  B.  lat.  sen-ior, 
mel-ior,  n.  melius  u.  dgl.  (aus  -iös,  -iös).  Die  tiefstufige 
Form  des  Suffixes  ist  -is-,  vgl.  z.  B.  got.  sut-iz-a  =  nhd. 
süßer,  lat.  magis  und  das  ai.  Adv.  hahili  'draußen'  (Brug- 


1  Über  den  psychologischen  Grund  des  Vorkommens  defek- 
tiver Steigerungsformen  s.  Delbrück,  Grundriß  III.  414  f.  und 
H.  Osthoff,  Vom  Suppletivwesen  (Heidelberg  1900)  20  ff. 


270  Formenlehre.  [§  390. 

mann  IF.  XIV,  10).  Aus  dem  Griechischen  gehören  hier- 
her die  Komparativstämme  auf  -i(i)oa-  und  -ioa-,  die  in 
Formen  wie  ^IXio  -^htouc,  aus  *-^Bi[i]o[a]-a  -£?  (ai.  svä- 
dlyas-),  ßpaSiu)  (sii.  mradiyas-),  eXdaa«)  (aus*£Xa5(io[o]-a), 
jieiCou;  (aus  *jX£Yio[a]-£?)  u.  dgl.  vertreten  sind.  Der 
Wechsel  von  -i-ios-  {-i-ios-)  und  -ios-  war  demnach  bereits 
uridg. ;  Vermutungen  über  den  Ursprung  dieses  i  s.  zuletzt 
bei  Bezzenberger,  Abhandlungen  zur  indog.  Sprachgesch., 
August  Fick  gewidmet  (Göttingen  1903)  169 ff.;  vgl. 
auch  Brugmann,  Kurze  vgl.  Gramm.  320  f.  Der  Wurzel 
ist  wohl  in  der  Grundsprache  Hochstufe  eigen  gewesen, 
und  diesen  Zustand  repräsentiert  im  Allgemeinen  das  Ai. 

Dagegen  scheint  das  Superlativsuftix  -iWia-,  gr. 
-laio-  (vgl.  auch  got.  siitists  u.  dgl.)  ursprünghch  an  die 
tief  stufige  Wurzel  getreten  zu  sein,  falls  gr.  xpdiiaxo?, 
öXiYiaxoi;  u.  dgl.  (gegenüber  xpeiaawv,  oXsfCwv  und  den 
meisten  ai.  Formen)  den  ursprachhchen  Zustand  -wieder- 
geben;  das  Suffix  selbst  ist  zusammengesetzt  aus  -is- 
(d.  h.  tiefstufigem  -los-)  und  -t(li)o-,  das  auch  in  den  Ordi- 
naha  begegnet  (über  das  Verhältnis  von  ai.  tli  und  gr.  x 
vgl.  §  119).  Im  Ai.  wurde  in  der  Regel  die  Ablautsstufe 
des  Komparativs  verallgemeinert,  doch  siegte  diejenige 
des  Superlativs  in  hhüijas-  und  sthcyas-.  Man  erwartet 
nämhch  Komparativ  hhavlyas-  (so  noch  im  RV.)  und 
^sthäyas-  (wie  jyäyas-),  Superlativ  *hlmviMlia-  und  sthe- 
Mha-  (aus  *st9-is-t]io-,  vgl.  §  75,  anders  Bartholomae  IF. 
Vn,  73);  *sthäyas-'^  wurde  nach  stheMha-  zu stJieyas- um- 
gebildet,  hhavlyas-  nach  *hlmviMlm-  und  Ihü-  (in  hliüri- 
'reichlich')  zu  hhüyas-,  und  schheßUch  rief  hhüyas-  den 
Superlativ  hhü-yiMha-  statt  *hJmviWm-  hervor  (vgl. 
Wackernagel  §  187). 

Anm.    Über  den  ursprünglichen  Charakter  der  Suffixe  -(^)^os- 
und  -ist{h)o-  vgl.  auch  Delbrück  IF.  XIV,  46  ff. 


Anders,  aber  kaum  richtig  Reichelt  KZ.  XXXIX,  8. 


§  391.  392.]  Anhang  zur  Nominalflexion :  Adverbialbildung.       271 


c)  AdTerbialbildung. 

391.  Wesen  des  AdYerlbiums.  Die  Adverbien  sind 
entweder  Kasusformen  von  Nominal-  und  Pronominal- 
stämmen oder  werden  mit  Hilfe  besonderer  Suffixe  und 
Endungen  gebildet;  im  ersten  Falle  ist  die  Grenze 
zwischen  dem  lebendigen  Kasus  und  dem  Adverb  durchaus 
fließend,  wähi-end  man  im  zweiten  Fall  über  diesen  Be- 
griff nicht  im  Zweifel  sein  kann.  Zwischen  beiden 
Gruppen  stehen  Bildungen,  in  denen  alte(untergegangene) 
Kasusformen  erstarrt  sind,  nachdem  sie  in  der  Dekh- 
nation  durch  andere  Formen  ersetzt  waren.  Vgl.  hierzu 
und  zum  Folgenden  Delbrück,  Grundriß  III,  536 — 643, 
Brugmann,  Kurze  vergl.  Gramm.  446 — 456,  für  das  Ai. 
Whitney  §  1096—1122. 

392.  Der  adverbiale  Gebrauch  der  einzelnen  Kasus- 
formen ist  schon  in  den  §§  237 ff.  berührt  werden.  Am 
häufigsten  ist 

1.  Der  Akkusativ,  und  zwar 

a)  von  Substantiven,  z.  B.  chi4{H  ^ämam  'nach 
Wunsch',  n4^oh^^«^^  samaMlam  'zur  gleichen  Zeit,  gleich- 
zeitig', ^^rffsfll^  aJiarniSam  'bei  Tag  und  Nacht'  (ni^- 
'Nacht'),  ^n^n^  siikham  'glücklich',  -^  rahaJi  'im  Ge- 
heimen'. 

Vgl.  dazu  griech.  Tupocpaaiv  'vorgebUch',  icpotxa  'um- 
sonst' u.  a. 

b)  von  Adjektiven,  gewöhnlich  im  Neutrum,  z.  B. 
■41«t«^<H  cmantaram  'hierauf,  dahinter',  f^XTl  ciram 
'lange',  f^^R  nityam  'stets',  ij^tiT^j^  pratyaMam  'deut- 
hch,  offenkundig',  6j|^4{^  hähyam  'hinaus',  ^tTcTR;  sqpra- 
tam'  jetzt,  augenbHcklich',  ■^■»f  ähi  'schnell',  ^^  sädhii 
'richtig'. 

Anm.  Der  Acc.  S./.  begegnet  in  Fällen  wie  atitarätn  (§  387) 
Ygl.  dazu  z.  B.  griech.  (j.axpav,  itpipTjv,  Taj((<jTT)v  u.  ä. 


272  Formenlehre.  [§  392—397. 

c)  von  Pronominalstämmen ,  z.  B.  7^?^  tat  'dann, 
darum',  -^jf^  yat  'wenn,  daß',  fliiT^;  Mm  'warum?',  ^fy^ 
yävat  —  cficjcl^  tävat  'wie  lange  —  so  lange,  solange 
als  —  inzwischen'. 

über  die  besondere  Form  eines  adverbialen  Kom- 
positums s.  §  679  ff. 

393.  2.  Der  Instrumental  ist  ebenfalls  oft  ad- 
verbial; bei  Adjektiven  wird  gern  auch  die  Pluralform 
verwendet.    Vgl. 

a)  "^^«T  Manena  'im  Augenblick,  sofort',  "feissn 
diUyä  'Glück  auf,  4j^<j|  sahasä  'plötzhch'. 

b)  '5~^1JT  dürena  'fern,  aus  der  Ferne',  dazu  auch 
Komparativ  d'^^cf^'Hr  düratarena  'noch  weiter  weg  von...', 
ffT^^^  tira§cä  'in  die  Quere'  (vgl.  auch  §  322);  xg%:  uc- 
cäih  'hoch,  laut',  ift%:  pröccäih  'sehr  laut',  ^^:  ^anäih 
'langsam,  allmähüch'. 

394:.  3.  Der  Dativ  ist  selten  adverbial  gebraucht, 
so  z.  B.  in  "^"^TSI  ttrthäya  'um  —  willen,  zu  dem  Zweck 
des  .  .  .'. 

395.  4.  Der  Ablativ  des  Sing,  begegnet  adverbial 

a)  bei  Substantiven,  z.  B.  •^^TTrC  ^^^^^  '^i^  Gewalt, 
gewaltsam',  ^^cTRi;  sqMepät  'in  Kürze,  kurz'. 

b)  bei  Adjektiven,  z.  B.  "^rf^TTTtT;  acirät  'in  kurzem, 
bald',  ^^^n^  J^rcchrät  'mit  Mühe',  TTTri;  dürät  'von 
fern',  TBn"^ft  säMät  'vor  Augen,  leibhaftig,  wirkhch'. 

c)  bei  Pronominalstämmen,  z.  B.  ffif^  tat  'dann' 
(vgl.  §  361,  S.  249),  öji^nti;  Tidsmät  'warum?'. 

Vgl.  alat.  rected,  facülumed,  meritöd. 

396.  5.  Der  Lokativ  ist  adverbial  in  Fällen  wie 
■^I^  agre  'vornen',  -^j^  artlie  'wegen'  (am  Ende  eines 
Kompositums),  ^^  rte  'ohne,  außer'. 

397.  Isolierung  der  Adyerlbform.  Auch  in  den 
§  392  —  396  besprochenen  Kasusformen  hegt  schon 
eine  gewisse  Erstarrung  vor,  da  die  angeführten  Formen 


§  397.  398,]  Anhang  zur  Nominalflexion:  Adverbialbildung.        273 

bereits  der  Bedeutung  nach  aus  dem  Kasussystem 
losgelöst  und  isoliert  sind,  obwohl  sie  formal  noch 
als  lebendige  Kasus  empfunden  werden  können.  Von 
einer  völhgen  Erstarrung  kann  jedoch  erst  gesprochen 
werden,  wenn  die  Adverbialformen  auch  den  formalen 
Zusammenhang  mit  dem  Kasussystem  verloren  haben; 
das  ist  z.  B.  der  Fall,  wenn  ein  Kasus  sonst  unterge- 
gangen ist,  wie  im  Griechischen  der  Instrumental  oder 
der  Ablativ  (in  ouTuto,  ouio),  avwTepw  u,  dgl.).  Da  im 
Ai.  das  uridg.  Kasussystem  erhalten  ist,  so  konnte  dieser 
Fall  allerdings  hier  nicht  eintreten:  die  Isolierung  einer 
Form  geschah  entweder  dadurch,  daß  die  ursprüngHche 
Kasusform  im  lebendigen  Paradigma  durch  eine  Neu- 
bildung ersetzt  wurde,  oder  daß  das  zugrundUegende 
Nomen  (oder  Pronomen)  sonst  verloren  ging,  d.  h.  nicht 
mehr  durchflektiert  wurde. 

398.  Eine  Kasusform  kann  schon  dadurch  aus  dem 
Paradigma  losgelöst  werden,  daß  der  Accent  beim  Ad- 
verb und  beim  flektierten  Nomen  verschieden  ist: 
dieser  FaU  (z.  B.  in  adharat  'unten'  gegenüber  ädliara- 
'der  untere')  kommt  nur  für  die  ältere  Sprache  in  be- 
tracht  (vgl.  Whitney  §  1112.  e).  Im  klass.  Sanskrit  haben 
sich  aber  bisweilen  altertümliche  Kasusformen  in 
Adverbien  erhalten,  während  sie  sonst  untergegangen 
sind.  Dahin  gehören  z.  B.  das  schon  §  395.  c)  angeführte 
tat,  ferner  die  Adverbien  dt  (§  373.  374.  b)  und  id  (§  365), 
die  in  der  Flexion  der  betr.  Pronomina  durch  kim  und 
idam  ersetzt  sind.  Eine  Isoherung  kann  weiter  dadurch 
zu  stände  kommen,  daß  die  Stammbildung  beim  regel- 
mäßigen Paradigma  geändert  worden  ist:  so  ist  adhunä 
'jetzt'  ursprüngHch  ein  Instr.  der  Stammform  adhun-, 
an  deren  Stelle  in  der  Deklination  die  Stammform  adh- 
van-  trat  (vgl.  §  309). 

Eine  untergegangene  Kasusform  liegt  wohl  in 
fPi  kva  'wo?'  (kva-cid,  kva-cana,  kväpi  'irgendwo')  vor. 

Thumb,  Altindigche  Grammatik.  18 


274  Formenlelire.  [§  399. 400. 

399.  Die  Isolierimg  eines  Adverbiums  wird  noch 
vollkommener,  wenn  das  dazu  gehörende  Nomen  aus 
dem  Gebrauch  geschwunden  ist;  das  gilt  z.  B.  für  die 
Adverbien  naUam  'bei  Nacht',  tu^räm  'schweigend'  (wohl 
Acc.  eines  Subst.  *tuMi  'das  Schweigen');  über  das 
schwierige  idämm  'jetzt',  das  jedenfalls  den  Pronominal- 
stamm  i-  enthält,  vgl.  zuletzt  Pedersen  IF.  II,  237 ;  evam 
'so,  eben'  gehört  zu  dem  sonst  untergegangenen  Pronomi- 
nalstamm eva-  (apers.  aiva-  'ein',  gr.  olo?) ;  dräk  'eihg,  rasch' 
ist  vermuthch  Neutrum  eines  Adjektivs,  steht  aber  ganz 
allein;  zu  adhastät  'unterhalb',  j^lcä^ 'hierauf  fehlt  eben- 
falls ein  entsprechendes  Nomen.  Man  kann  ferner  in 
Fällen  wie  säMm  'zusammen  (mit)',  hahih  'außen'  (§  390) 
isoherte  Akkusative,  in  mithyä  'umsonst,  vergebhch'  (W. 
müh-  'wechseln'),  2>'^'^^^'^  '^or,  ehemals'  Instrumentale 
sehen;  doch  ist  die  Bestimmung  des  Kasus  nicht  immer 
so  einfach,  so  z.  B.  bei  adhali  'unten',  puraJi  'von',  mithah 
'gegenseitig',  wo  es  sich  offenbar  um  altererbte  Adverbia 
handelt  (vgl.  z.  B.  gr.  Tzdpoc,). 

400.  Wenn  ein  Adverb  gleichzeitig  in  Stamm- 
wort und  Endung  isoliert  ist,  so  haben  wir  die  voll- 
ständigste Art  der  Erstarrung,  die  z.  B.  in  eva  'so'  (bloße 
Stammform),  rrtJtä  'nach  Beheben,  umsonst'  (alte  In- 
strumentalform eines  Nomens  vrtJiä-  'Wahl'?)  vorhegt. 
In  die  Adverbialbildung  scheinen  sich  manche  Beste 
alter  Kasusformen  gerettet  zu  haben,  die  bereits  in  der 
für  uns  erschheßbaren  Gestalt  der  Grundsprache  außer 
Gebrauch  gekommen  waren ;  so  steckt  vielleicht  in  punar 
'wieder',  muhiir  (in  der  älteren  Sprache  auch  muJm) 
'plötzUch,  jeden  Augenbhck,  immer  wieder',  tar-{lu)  'da- 
mals', ebenso  wie  in  gr.  vuxTtop,  got.  Ivar,  lat.  cur  ein 
Kasus  auf  -r\  womit  der  idg.  Wechsel  von  n-  und  r- 


1  über  die  Adverbien  auf  -r  vgl.  besonders  Johansson  BB. 
XIV,  163  £f.  XVI,  130  ff. 


§  400.  401.  402.]  Anhang  zur  Nominalflexion:  Adverbialbildung.  275 

Stämmen  wohl  irgendwie  zusammenhängt  (s.  §  341  Amn.  2). 
In  einer  Reihe  von  Adverbien  muß  man  darauf  ver- 
zichten, die  ai.  oder  uridg.  Form  morphologisch  zu  deuten, 
vde  z.  B.  bei  adya,  sadyah  'heute',  liyah  (gr.  jbiz) 
'gestern',  hmli  'morgen',  nänä  'in  verschiedener  Weise', 
nÜH-ani  'jetzt'  (vgl.  vuv).  Der  Begriff  Adverb  geht  oft 
unmerkhch  in  den  der  Präposition  und  der  'Partikel'  oder 
Konjunktion  über  (vgl.  nu  'nun',  tu  'aber',  cit,  id),  da 
der  Ursprung  dieser  Wortarten  vielfach  im  Adverb  zu 
suchen  ist. 

401.  Eine  große  Zahl  von  Adverbien  wird  mit  Hilfe 
besonderer,  produktiver  Adyerlbial-Siifflxe  gebildet.  Die 
Entstehung  derselben  ist  verschieden;  zum  Teil  sind  es 
alte  Kasussuffixe  (etwa  in  griech.  7r6-öev),  zum  Teil 
Wortbildungssuffixe  in  einem  erstarrten  Kasus  (wie 
z.  B.  lat.  -tini  in  furtim  u.  s.  w.),  zum  Teil  sogar  End- 
gheder  ursprünglicher  Komposita  (vgl.  ital.  vera-mente) 
oder  ursprünghch  selbständige  Partikeln  (Postpositionen), 
die  an  eine  andere  Wortform  angewachsen  sind  (vgl.  gr. 
t6-t£  =  idg.  Ho-gßfe,  und  oixa-Se,  worin  -Se  die  Post- 
position 'zu'  ist).  Sobald  einmal  solche  Wortelemente 
im  Sprachgefühl  eine  gewisse  adverbiale  Funktion  erhalten 
hatten,  konnten  sie  'weiterwuchern',  d.  h.  zu  einer  pro- 
duktiven Endung  werden,  mit  der  beliebig  viele  neue 
Adverbia  gebildet  werden  können. 

402.  Nur  in  wenigen  Fällen  ist  es  möglich,  solche 
Adverbialsuffixe  aus  den  Mitteln  der  einzelnen  Sprache 
zu  erklären;  das  ist  z.  B.  der  Fall  bei  dem  ai.  Suffix 
-vat- ,  das  an  behebige  Nomina  angehängt  werden  kann, 
um  auszudrücken  'nach  Art  von,  gleichwie',  z.  B.  i^tt^ 
khagavat  'wie  ein  Vogel',  xj-^cjci^  putravat  'wie  ein  Sohn', 
4<ch<4rt  mukavat  'wie  ein  Stummer,  stiunm',  Pi4'^c^^^^c^<^ 
Citrakamavat  '^vae  Citrakarna',  sogar  ij^mcjci^  ijathävat  'in 
einer  Weise  wie  es  sich  gehört,  nach  Gebühr,  ördenthch' 

18* 


276  Formenlehre.  [§  402. 403. 

(vgl.  auch  die  mit  -vant-  gebildeten  Pronomina  §  375.  1). 
-vat  ist  Acc.  S.  n.  von  Adjektiven  auf  -vant-  (§  327);  der 
Ausgangspunkt  des  Gebrauchs  waren  Wendungen  wie 
etwa  manuvad  vadati  'er  redet  etwas  zum  Menschen 
gehöriges,  für  den  Menschen  passendes'  ==  'er  redet  -me 
ein  Mensch' ;  nach  dem  Muster  solcher  Fälle  wurde  nun 
-vat  auch  an  Nomina  angefügt,  zu  denen  Adjektiva 
auf  -vant-  sonst  nicht  gebüdet  worden  sind.  Vgl.  dazu 
Delbrück,  Grundriß  III,  1,  613f. 

Eine  Scheidung  der  Suffixe  nach  ihrem  Ursprung  ist 
wegen  der  Unsicherheit  der  Deutung  nicht  möghch;  für 
die  folgende  Gruppierung  ist  nur  die  ai.  Lautform  maß- 
gebend. 

403.  ^Suffixe. 

1.  -tas  bildet  Adverbia  meist  ablativischer  Bedeutung 
sowohl  von  Pronominal-  wie  Nominalstämmen,  z.  B. 

■^TfT:  atali  'deshalb,  daher'  (a-  §  364.  c),  •^t  itah  'von 
hier,  daher'  (i-  §  364  a),  fifn  tatah  'hierauf  [ta-  §  358), 
jf({:  yatah  'infolge  dessen  daß,  weil'  {ya-  §  369),  ^: 
hdah  'woher,  warum'  (ku-  §  374.  c) ;  xr^ijjarataJi  'hinter- 
drein, nachher',  xn^T:  iniratali  'voran,  in  Gegenwart'  (zu 
jmrah  'voran'),  ^ct:  sarvatah  'von  allen  Seiten,  voll- 
ständig', TTTi''  äüratah  'von  weitem',  "^nt^.  äditaJi  'von 
Anfang  an',  "^^ci:  arthatah  'um  eines  Zweckes  willen', 
rfc|H:  däivatah  'durch  Schicksalsfügung'. 

Dieses  Suffix  (das  auch  iranisch  ist)  hat  im  Ai.  noch  ziem- 
lich ausgeprägten  Kasuscharakter,  -was  sich  z.  B.  aus  einer  Kon- 
struktion wie  tatah  prabhrti  'von  da  an'  ergiebt ;  es  ist  idg.  *-tos, 
gr.  -To;,  lat.  -tus  (in  evxos,  Ixtoi;,  lat.  intus,  radicitus  u.  s.  w.). 
S.  auch  oben  §  240  u.  Brugmann,  Grundriß  II,  594  fi".  (Griech. 
Gramm.  3  254). 

2.  -ti  nui'  in  jf^  iti  'so'  (am  Schluß  einer  Rede  oder 
nach  Citierung  einzelner  Wörter  und  ganzer  Sätze). 

Es  gehört  vielleicht  zum  Nominalsuffix  -ti-  (in  lat.  -tim),  vgl. 
ferner  lat.  iti-dem,  uti-nam. 


§403 — 406.]  Anhang  zur  Nominalüexion :  Adverbialbildung.     277 

3.  -tra  findet  sich  in  einigen  Orts-  (Zeit-)Aclverbien 
wie  -^r^  atra  'dort(liin),  da,  dann',  ör^  kutra  'wo?',  tj^ 
tatra  '  dort  (hin) ',^1^  yatra  'wo',  ^^n^  anyatra  'anderswo', 
^cf^  sarvatra  'überall,  jederzeit'. 

Das  Suffix  (ved.  auch  -trä)  hat  außerhalb  des  Arischen  (vgl. 
av.  ai'ra,  yai>ra  u.  ä.)  keine  unmittelbaren  Verwandten,  doch 
kann  es  an  got.  vi-t>ra  'gegen',  hidre  'hierher',  }vai>rd  'woher'  u.  ä. 
angeknüpft  werden;  ein  Zusammenhang  mit  dem  (Komparativ-) 
Suffix  -tero-  und  dem  Suffix  -ter-  in  antar  (lat.  inter),  prätar 
'frühe,  in  der  Frühe'  liegt  nahe.  Vgl.  auch  Brugmann,  Grundr. 
II,  185.    Johannsson  BB.  XVI,  137  f. 

404.  i/i- Suffixe. 

1.  -tJiä  (av.  -pä)  bildet  Adverbia  der  Art  und  Weise 
(von  Pronominal-  und  verwandten  Stämmen),  z.  B.  ^r^TT 
kathä  'wie?',  TfEn"  tatliä  'so',  zj^n  yctthä  'wie'  (rel.), 
-^fiij^m  anyathä  'auf  andere  Weise,  fälschlich',  4j4^l 
sarvathä  'auf  jede  Weise'. 

2.  -tham  hat  gleiche  Funktion,  ist  aber  seltener,  vgl. 
dk^ii  katham  'wie?'  (katham  api  'irgendwie,  kaum'), 
X(^T{^  ittham  'so,  auf  diese  Weise'  {id-\-tham). 

Vgl.  auch  vrthä  §  400. 

405.  (Z-Suffixe. 

1.  -da  in  Adverbien  der  Zeit,  z.  B.  -jf^  tadä  'dann, 
^^\  ^JTT  yo^dä  'als,  wann',  ^gg^kadä  'wann?',  ij^chtf  |  ekadä 
'zu  gleicher  Zeit,  einmal',  -^^  sadä  'immer'  (vgl.  sa-  in 
sa-krt  §  384  a). 

2.  -di  in  yadi  'wenn'  (=  apers.  yadiy). 

Vgl.  außer  iran.  -da  auch  lit.  kada  'wann'.  Ein  Zusammenhang 
mit  den  griech.  Adverbien  auf  -8ov,  -8y]v,  -8a  ist  wegen  der  gänz- 
lich verschiedenen  Gebrauchsweisen  schwer  herzustellen,  yadi 
wird  von  J.  Schmidt  (Pluralbildungen  245)  in  das  Neutrum  yad  und 
Suffix  -i  zerlegt;  dieses  i  ist  nach  demselben  Gelehrten  ursprüng- 
lich identisch  mit  der  Endung  des  Neutr.  PL,  der  von  Haus  aus 
keine  Kasusbedeutung  zugekommen  sei.  Andere  Kombinationen 
bei  Persson  IF.  II,  218  f. 

406.  Das  schon  §  384  c)  genannte  Suffix  -ias 
kommt  auch  außerhalb    der  Zahlwortbildung  vor,   vgl. 


278  Formenlelire.  [§  406. 407. 

z.  B.  <g(u^«ij[:  Miandaiah  'stückweise',  ^nniT:  ganaiah 
'scharenweise',  ht^HT:  hhägaiah  'Teil  für  Teil,  nach  und 
nach',  f^trtj^ij:  niiyaküi  'beständig'. 

Vgl.  griech.  dvBpaxd?,  e/d?  (das  Suffix  fehlt  im  Iran.). 

407.  Ein  Suffix  -va  scheint  in  ^  iva  'wie'  (zum 
Pronominalstamm  i-)  und  i^  eva  'so,  eben'  (s.  evam 
§  399),  ein  Suffix  -ha  in  ^  Um  'hier'  und  ^  kuha  'wo?' 
vorzuüegen. 

Der  lokativische  Charakter  des  Suffixes  -Im  erhellt 
aus  Konstruktionen  y\\Q  iha  samaye  'in  dieser  Lage. 
-ha  darf  (nach  §  121  Anm.)  auf  ein  älteres  -dha  zurück- 
geführt werden,  vgl.  ved.  sadha  neben  saha  'mit'  und 
prakrit.  idlm  'hier'  neben  iha;  ein  uridg.  Lokativ-Suffix 
.dh+  Vokal  wird  auch  durch  gr.  tcoOi,  '7rp6aO£(v),  evöa, 
lat.  m(^e,  ab.  ks-de  'wo?'  wahrscheinhch  gemacht. 


Zweiter  Abschnitt. 

Das  Verbum. 


XXI.  Kapitel. 
Die  verbalen  Ausdrucksmittel. 

a)  Der  Formenbestand.    Augment  und  Keduplikation. 

408.  Literatur :  ßrugmann,  Grundriß  II,  836  ff.  (Kurze  vergl. 
Gramm.  481  ff.).  Whitney,  Gramm.  §  527  ft.  Whitney,  Die  Wurzeln, 
Verbalformen  und  primären  Stämme  der  Sanskritsprache  1885.  — 
Bartholomae  [ran.  Grundr.  I,  51  ff. 

409.  jSTur  das  Verbum  fini tum,  d.  h.  die  Gesamt- 
heit der  mit  einer  Personalendung  versehenen  Bildungen 
eines  Verbalstammes,  gehört  zum  Begriff  der  Konju- 
gation; das  Verb  um  infinitumumfasst  die  sogenannten 
Verbalnomina  (Participien  und  Infinitive)  und  wird  nur 
deshalb  zur  Verbalflexion  gerechnet,  weil  die  infiniten 
Formen  mit  den  Verbalstämmen  und  -wurzeln  in  einem 
engen  formalen  und  funktionellen  Zusammenhange  stehen. 

410.  Genera  yerbi.  Das  ai.  (arische)  Verbum  ist 
(besonders  in  der  ältesten,  vedischen  Zeit)  ein  ziemHch 
getreues  Spiegelbild  des  uridg.  Verbalsystems;  nur  das 
Griechische  kann  in  Bezug  auf  AltertümUchkeit  und 
Mannigfaltigkeit  der  Formen  mit  ihm,  wetteifern.  Diese 
beiden  Sprachen  allein  haben  die  idg.  Scheidung  von 
Aktivum  und  Medium  bewahrt:  für  jedes  der  beiden 
Genera  verbi  gibt  es  besondere  Personalendungen  (s. 


280  Formenlehre,  [§410.411. 

§  41 7 ff.);  an  dem  Unterschied  von  Aktiv  und  Medium 
nehmen  auch  die  Participia  teil,  während  den  ai.  In- 
finitiven (im  Gegensatz  zum  Griechischen)  keine  Genus- 
bedeutung zukommt.  Das  ai.  Passiv  um  ist,  soweit  es 
nicht  einfach  durch  die  medialen  Formen  ausgedrückt 
wird,  eine  Neuschöpfung  (s.  §  576 ff.);  der  idg.  Grund- 
sprache fehlte  eine  besondere  Passivbildung. 

411.  Gebrauch  der  Genera.  Aktivum  und  Me- 
dium werden  ähnlich  wie  im  Griechischen  gebraucht ;  der 
ind.  Terminus  für  'Medium',  ätmane-padam  'Wortform 
in  Bezug  auf  sich  selbst',  zeigt  (gegenüber  parasmäi- 
padam  'Aktivum',  d.  i.  'Wortform  in  Bezug  auf  einen 
andern'),  daß  im  Medium  der  Anteil  des  Subjekts  an  der 
Handlung  irgendwie  zum  Ausdruck  kommt  (direktes  und 
indirektes  Reflexivum,  Eeciprocität) ;  vgl.  z.  B.  "^irf?T 
yajati  'er  opfert'  (vom  Priester,  der  für  jem.  das  Opfer 
vollzieht),  aber  ^y^  ijajate  'er  opfert',  von  dem,  der  für 
sich  selbst  opfert;  ^r?T^  ^T^  nayasva  niäm  'führe  mich 
mit  dir  w^eg'.  Jedoch  läßt  sich  in  vielen  Fällen  die  me- 
diale Bedeutungsnuance  nicht  mehr  erkennen;  manche 
Verba  werden  überhaupt  entweder  nur  im  Aktivum  oder 
nur  im  Medium  gebraucht  (vgl.  z.  B.  ■|;'^^  'ikSate  'er 
sieht',  ^n^%  hliäSate  'er  spricht',  ?T^%  manyate  'er 
meint').  Die  letzteren  Verba  decken  sich  z.  T.  mit  den 
griechischen  Deponentien,  z.  B.  ^et^^  sacate  =  eTrexai,  j\'f\ 
§ete  =  xetiai.  Übrigens  gehören  zu  einem  medialen 
Praesensstamm  nicht  immer  mediale  Formen  der  außer- 
praesentischen  Tempora;  so  hat  z.  B.  -^-^^  vartate 
'er  wendet  sich'  (Praes.  Med.)  die  aktive  Perfektform 
'^^'^  vavarta  neben  sich,  womit  das  Verhältnis  etwa 
von  lat.  revertitm^  —  revertit  zu  vergleichen  ist. 

Das  Passivum  (d.  h.  die  §  576  ff.  behandelte  Neu- 
bildung) wird  im  Sanskrit  mit  besonderer  Vorliebe  (statt 
aktiver  Konstruktionen)  verwendet,  so  auch  häufig  bei 
intransitiven  Verben  wie  z.  B.  in  -^-^  fsf^-Rf fTTR;  ^W^^rq, 


§411.412.413.]      Die  verbalen  Ausdrucksmittel.  281 

niSkramyatäm  (I,  2)  'es  soll  schnell  weggegangen  werden' 
=  'geh  schnell  weg'.  Gelegentlich  hat  das  Passivum 
reflexive  oder  intransitive  Bedeutung,  z.  B.  ^r^%  miic- 
yate  'er  befreit  sich',  tr^^  pacyate  'er  wird  reif'. 

412.  Wenn  man  in  einer  finiten  Yerbalform  die  Per- 
sonalendung abstreicht,  so  bleibt  eine  Stammform  übrig, 
der  die  Funktion  eines  Modus  zukommt.  Das  klassische 
Sanskrit  besitzt  einen  Indicativ,  Optativ  und  Impe- 
rativ; der  Konjunktiv  ist  nur  in  der  älteren  Sprache 
erhalten,  bezw.  später  in  der  Formation  des  Imperativs 
untergegangen.  Optativ  und  Imperativ  sind  (im  klassi- 
schen Sanskrit)  außerhalb  derPraesensflexionungebräuch- 
hch.  Über  Bildung  und  Gebrauch  der  Modi  (wozu  noch 
einige  besondere  Formen  wie  der  Injunktiv,  Kondicio- 
nalis  und  Prekativ  kommen)  s.  §  436  ff.  Da  dem  Indi- 
kativ ein  besonderes  Moduszeichen  nicht  zukommt,  so 
erhält  man  aus  den  Indikativformen  nach  Abzug  der 
Endung  unmittelbar  den  Tempusstamm. 

Das  Ai.  besitzt  4  Tempusstämme : 
I.  Praesensstamm  (Kap.  XXII  und  XXIII). 
II.  Perfektstamm  (Kap.  XXIV). 

III.  Aoriststamm  (Kap.  XXV). 

IV.  Futurstamm  (Kap.  XXVI). 

Zu  I.  gehören  auch  die  abgeleiteten  (sekundären) 
Verbalstämme  (Kap.  XXVII). 

413.  Die  Tempora  des  Sanskrit  sind  Praesens,  Im- 
perfekt, Perfekt,  (starker  und  sigmatischer)  Aorist,  Fu- 
turum und  Kondicionalis ;  sie  werden  (samt  den  dazu  ge- 
hörigen Modi  und  Participien)  entweder  mit  Hilfe  der 
Tempusstämme  oder  (seltener)  durch  Umschreibung  ge- 
bildet (periphrastisches  Perfekt  und  Futurum).  Vgl.  das 
folgende  Schema: 

j  p  {  Praesens  :  Indik.,  Optat.,  Imperativ  und 

I        Particip. 
[  Imperfekt:  Indikativ  (Injunktiv). 


282  Formenlehre.  §  413. 414.[ 

.      .  f  a)  starker  Aorist:  Indikativ  (Injunktiv). 

{  b)  siffmat.  Aorist:  Indikativ  (Injunktiv)  u. 

stamm  t,    ^    j.- 

y       I'rekativ. 

III.  Perfekt-    |  Perfektum:  Indikativ  (auch  periphrast.) 

stamm        \       und  Particip. 

_,,  _  [  Futiu-um:  Indikativ  (aucliperiplirastisch) 

l        und  Particip. 
stamm        ',  -y^      ,.  .       ,. 
I  Kondicionahs. 

414.  Gebrauch  der  Tempora.  l.DasPraesens 
ist  das  Tempus  der  Gegenwart,  insbesondere  auch  der 
Dauer;  in  Verbindung  mit  der  Partikel  ^  sma  (die  je- 
doch auch  entbehrt  werden  kann)  dient  es  ferner  zum 
Erzählen  in  der  Vergangenheit,  vor  allem  um  die  Dauer 
in  der  Vergangenheit  zu  bezeichnen,  z.  B.  ^^^^rf?T  ^  ^"^^ 
sati  sma  'er  wohnte  einmal'.  Als  Tempus  der  Erzählung, 
d.  h.  der  historischen  Vergangenheit,  werden  in  gleicher 
Weise  Imperfekt,  Perfekt  und  Aorist  verwendet; 
der  Aorist  wird  jedoch  im  klassischen  Sanskrit  ziemlich 
wenig  gebraucht.  Beliebt  ist  endhch  in  der  Erzählung 
das  Particip  auf  -ta-  (§612  ff.)  und  die  davon  abgeleitete 
Form  auf  -tavant-  (§  618)  als  Praedikatsnomen  (ohne 
Copula).  Das  Futurum  ist  das  Tempus  der  Zukunft; 
die  periphrastische  Form  ist  seltener  als  das  einfache 
Futur,  unterscheidet  sichjedoch  syntaktisch  in  der  spätem 

Sprache  kaum  von  diesem. 

Anm.  Die  ind.  Grammatiker  lehren,  daß  das  periphrastische 
Futur  eine  entferntere  Zukunft  bezeichnet,  wozu  der  Gebrauch 
in  den  Brähmana  zu  stimmen  scheint,  s.  Speyer  a.  a.  0.  54 f. 
Für  die  unmittelbare  Zukunft  kann  auch  das  Praesens  gebraucht 
•werden.  Bisweilen  hat  das  Futurum  modale  Bedeutung,  d.  h.  es 
bezeichnet  Absicht,  "Wunsch  oder  "Wille  des  Handelnden. 

Der  Kondicionalis,  der  indikativische  Form  und 
ursprünghch  auch  indikativische  Bedeutung  hatte,  dient 
als  Modus  irrealis. 

2.  Der  (3rebrauch  der  Tempora  hat  sich  im  Sanskiit 
von  dem  uiidg.  (wie  er  sich  am  besten  im  Griechischen 


§  414, 415.]  Die  verbalen  Ausdrucksmittel.  283 

wiederspiegelt)  weit  entfernt.  Der  syntaktische  Zu- 
sammenfall  von  Perfekt  und  Imperfekt  beginnt  schon  im 
RV.,  der  Zusammenfall  von  Aorist  und  Imperfekt  war 
im  wesentlichen  zu  Ende  der  Brähmanaperiode  vollzogen. 
Von  der  alten  praesentischen  Gebrauchsweise  des  Per- 
fekt ragt  nur  noch  veda  'ich  weiß'  in  die  Sanskritperiode 
herein.  Vgl.  im  einzelnen  Speyer,  Ved.  u.  Sanskrit-Syn- 
tax (Grundr.  I,  6)  S.  50  ff. 

Anm.  In  der  idg.  Grundsprache  bezeichneten  die  Tempus- 
stämme nicht  die  Zeitstufe,  sondern  die  sog.  Aktionsart  (punk- 
tuelle, durative,  iterative  u.  s.w.  Handlung),  wie  sich  noch  deutlich 
im  Griechischen  erkennen  läßt.  Zu  diesem  in  den  letzten  Jahren 
viel  erörterten  Problem  der  idg.  Grammatik  vgl.  etwa  Brugmann, 
Griech.  Gramm. ^  469  ff.  und  Kurze  vergl.  Gramm.  559  ff.  Das 
eigentliche  Tempus  (die  Zeitstufe)  war  in  der  Grundsprache  nur 
teilweise  charakterisiert :  zur  Bezeichnung  der  Vergangenheit  diente 
vor  allem  das  Augment  (s.  den  folg.  §). 

415.  Das  Augment  «-,  das  in  den  accentuierten 
Texten  der  älteren  Sprache  immer  den  Accent  auf  sich 
zieht,  ist  ein  Kennzeichen  des  Indicativus  Imperfecti  und 
Aoristi  (sowie  des  Kondicionahs),  d.  h.  der  historischen 
Tempora:  es  ist  ein  ursprünglich  selbständiges  Praefix 
e-  und  konnte  auch  fehlen,  wie  die  fakultative  Verwen- 
dung desselben  im  homerischen  Griechisch,  im  Irani- 
schen und  im  vedischen  Indisch  zeigt ;  im  Sanskrit  ist  das 
Augment  obligatorisch  geworden.  Wie  im  Griechischen 
steht  es  bei  zusammengesetzten  Verben  zwischen  Praepo- 
sition  und  Verbum,  z.  B.  "^g^inTfi;  ud-apaiat  (Imperf.  zu 
nt-patati  'er  fliegt  auf). 

"Wenn  das  Verbum  vokaUsch  anlautete,  war  das 
Augment  bereits  in  der  Grundsprache  mit  dem  anlauten- 
den Vokal  verschmolzen ;  ai.  Verba  mit  anlautendem  a- 
haben  daher  die  Augmentform  ä-,  was  idg.  e-,  ö-  oder 
ä-  sein  kann,  z.  B.  "^n^fci;  ^./^^  ==  gr.  (dor.)  aye,  -jj^fl^ 
äs-l-t  'er  war'  =  gr.  (dor.)  r^?.  Die  mit  I-,  zl-,  r-  be- 
ginnenden Verba  haben  die  Augmentformen  äi-,  äu-,  är- 


284  Formenlehre.  [§  415. 416. 

(also  Vrddhi  statt  Giiiia),  z.  B.  "^^^cT  äikSata  'er  er- 
blickte' (von  IM-) ;  es  scheint  hier  ein  idg.  Augment  e- 
(st.  e-)  vorzuliegen  (wie  in  gr.  7j-^ouX6(j,7]v  u.  dgl.). 

416.  Bei  einigen  Prcäsensstämmen,  sowie  im  redupli- 
zierten Aorist  und  im  Perfektum  erscheint  als  ein  be- 
sonderes Ausdrucksmittel  der  verbalen  Stammbildung 
die  Reduplikation ;  sie  besteht  gewöhnUch  in  der  Wieder- 
holung des  ersten  Konsonanten  der  Wurzel  mit  dem 
Vokal  e  oder  i  (ye^ova,  BiBwiii),  seltener  in  der  Wieder- 
holung der  vollständigen  Wurzel  (yapYaipw).  Über  die 
besondere  Gestalt  der  Heduplikation  wird  bei  den  ein- 
zelnen Bildungen  gehandelt;  für  die  Wiederholung  der 
anlautenden  Konsonanten  gelten  einige  gemeinsame 
Regeln,  deren  Begründung  zum  Teil  schon  in  der  Laut- 
lehre gegeben  worden  ist. 

1.  Bei  Konsonantengruppen  wird  im  allgemeinen  der 
erste  Bestandteil  redupliciert,  z,  B.  "5?^%  pupluve,  Perf. 
von  plu-  'schwimmen',  gf^  jajnäu,  Perf.  von  jfiä-  'er- 
kennen', ^^T^T  sasmära,  Perf.  von  smar-  'gedenken'. 

2.  Bei  der  Anlautsgruppe  s  -1-  Explosiva  wird  jedoch 
der  zweite  Konsonant  wiederholt,  z.  B.  fT^iJT  tastambha, 
Perf.  von  stambh-  'unterstützen',  '^2X^  tuStäva,  Perf. 
von  stu-  'preisen'  (wegen  der  Verwandlung  von  5  in  ^ 
vgl.  §  147 f.;  Ausnahmen  bei  Kielhorn  §  232). 

3.  An  Stelle  einer  Aspirata  tritt  die  entsprechende 
Tenuis  oder  Media,  z.  B.  f^%^  ciccheda,  Perf.  von 
chid-  'spalten',  ^"VirrnT  dadhämi,  Praes.  von  dhä-  'setzen, 
stellen',  f7ref?T  tiMhati,  Praes.  von  sthä-  'stehen'  (Kom- 
bination mit  2.).    Vgl.  dazu  §  136. 

4.  An  Stelle  eines  Guttui^als  erscheint  der  entspre- 
chende Palatal,  z.  B.  ^^^7:  cakära,  Perf.  von  kar- 
'machen',  f^%xi  cikSepa,  Perf.  von  Mi_p-  'werfen'  (Kom- 
bination mitl.),  ^(^rr^jagJiäna,  Perf.  von  (g)han-  'schlagen' 
(Kombination  mit  3.) ;  für  h  erscheint  immer  j ,  z.  B. 
^(f\f!{  juliöti,  Praes.  von  hu-  'opfern'.  Vgl.  dazu  §  133.  a). 


§  416. 417.] 


Die  verbalen  Ausdrucksmittel. 


285 


Anm.  "Während  die  Form  des  reduplicierten  Konsonanten 
bei  3.  und  4.  durch  spezielle  ind.  Lautgesetze  bedingt  ist,  geht 
Regel  1.  auf  die  idg.  Grundsprache  zurück,  wie  z.  B.  gr.  xixpnj.ai, 
x^xTT][j.ai,  got.  sai-slep  'ich  schhef '  zeigen.  Bei  2.  war  jedoch  in  ur- 
idg.  Zeit  die  Reduplikation  mit  s  Regel,  vgl.  lat.  si-stö,  gr.  laTTjjAi, 
av.  (3.  S.)  MUaiti,  idg.  *si-sthä-.  Vielleicht  ist  die  ai.  RedupU- 
kationsweise  t — st-  u.  dgl.  durch  Dissimilation  aus  einer  (idg.?) 
Nebenform  *st — st-  u.  s.  w.  hervorgegangen;  diese  liegt  im  got. 
stai-stald  von  staldan  unverändert  vor,  während  in  lat.  spo-pondi 
im  Gegensatz  zum  Ai.  der  zweite  Zischlaut  durch  Dissimilation 
geschwunden  ist.     Vgl.  dazu  Brugmann  Grundriß  II,  857. 

b)  Personalendungen. 

417.  Ül)ersicht.  Durch  die  Personalendungen  werden 
das  Genus  verbi  (Activum  und  Medium),  die  Numeri 
(Singular,  Dual  und  Plural)  und  die  3  Personen,  teil- 
weise auch,  die  Tempora  (Tempusstämme)  und  Modi 
charakterisiert,  vgl.  die  folgende  Tabelle: 


Activum 

Medium 

S. 

1.  -mi 

2.-si 
3.-ti 

-e 

-se 

-te 

I.  Primäre  En- 

Du. 

1.  -väs 

-vähe 

dungen  (Indic.  ■ 

2.  -thäs 

-äthe 

Praes.  u.  Fut.) 

3.  -täs 

-äte 

PI. 

l.-mäs 
2.  -thä 

-mähe 
-dhve 

3.-nti,  - 

a(n)ti 

-nte,  -ate 

S. 

1.  -(a)w 

2.-5 

-i  i-ä) 
-thäs 

II.  Sekundäre  En- 

S.-t 

-tä 

du7igen  (Tmpf., 

Du 

1.  -vä 

-vähi 

Aorist,  Optativ, 

2.  -tarn 

-äthäm 

Prekativ,  Kon- 

3.  -tarn 

-dtäm 

dicionahs) 

PI. 

l.-mä 

2.-tä 

-mähi 
-dhväm 

3.  -{ä)n 

i-ür) 

-nta,  -ata  (rän) 

286 


III.  Perfekt- 
endungen 


Forn 

s. 

aenlehre. 
l.-a 

L§4 

2.  -tha 

-sä 

3.-a 

-e 

Du. 

l.-vä 

-vähe 

2.  -äthur 

-äthe 

3.  -ätur 

-äte 

PI. 

l.-mä 

-mähe 

2.-ä 

-dhve 

3.  -ür 

-re 

S. 

1.  -äni 

-äi 

2.  -{d)U  (0) 

-svä 

3.  -tu 

-tdm 

Du 

l.-äva 

-ävahäi 

2.  -tarn 

-dthäm 

3.  -tdm 

-dtäm 

PL 

1.  -äw(X 

-ämahäi 

2.-M 

-dJiväm 

IV.  Imperativ- 
endungen 


3.-ntu,  -a{n)tu -ntam,  -atam 

Anm.  1.  Die  hier  angegebene  Accentuierung  gilt  natürlich 
nur  in  der  älteren  Sprache,  vgl.  §  55;  sie  ist  wichtig  für  das 
Verständnis  der  Abstufungsverhältnisse  der  athematischen  Kon- 
jugation und  des  Perfekts. 

Anm.  2.  Wie  ferner  die  accentuierten  Texte  und  die  Lehren 
der  Grammatiker  zeigen,  war  das  ai.  Verbum  finitum  im  Haupt- 
satz ursprünghch  meist  enklitisch  und  hatte  nur  im  Nebensatz, 
sowie  an  erster  Stelle  des  Hauptsatzes  und  in  einigen  anderen 
besonderen  Fällen  seinen  eigenen  Accent.  Über  die  Einzelheiten 
vgl.  Whitney  §  591  ff.  und  Delbrück,  Grundriß  III,  3,  56  ff.  83  ff. 

418.  In  keiner  iclg.  Sprache  ist  das  System  der 
Personalendungen  so  mannigfaltig  wie  im  Ai.  Be- 
sonders wichtig  ist  die  durchgehende  Verschiedenheit 
der  primären  und  sekundären  Endungen ;  sie  findet  sich 
zwar  auch  im  Griechischen  in  ziemhch  gleicher  Verteilung, 
ist  jedoch ,  hier  nicht  in  gleicher  Vollständigkeit  durch- 
geführt: das  Ai.  gibt  die  ursprünghchen  Verhältnisse 
am  treusten  wieder.  Die  Perfekt-  und  Imperativendungen 


§418.]  Die  verbalen  Ausdrucksmittel.  287 

sind  nur  teilweise  von  speziellem  Perfekt-,  bezw.  Impera- 
tivchai-akter ;  im  übrigen  sind  sie  entweder  mit  den  pri- 
mären oder  mit  den  sekundären  Endungen  identisch; 
im  Imperativ  sind  nämlich  einige  alte  Konjunktiv-,  bezw. 
Injunkti-v'formen  aufgegangen,  s.  §  439  ff. 

Anm.  "Was  den  Ursprung  der  idg.  Personalendungen  be- 
trifft, so  läfit  sich  über  Vermutungen  nicht  hinauskommen;  a 
priori  ist  zu  vermuten,  dafi  in  denselben  Personalpronomina 
stecken;  ein  solcher  Zusammenhang  drängt  sich  z.  B.  bei  den 
Endungen  -m(i),  -t{i),  -te  {-ta)  unmittelbar  auf.  Verkehrt  wäre 
es  jedoch,  in  allen  Endungen  Reste  von  Pronomina  suchen  zu 
wollen;  so  fungiert  in  der  2.  S.  Imper.  (s.  d.)  der  reine  Stamm 
als  Flexionsform,  was  ja  auch  beim  Nomen  und  Pronomen  ge- 
legentlich der  Fall  ist.  Auch  das  formale  Verhältnis  zwischen 
aktiven  und  medialen,  primären  und  sekundären  Endungen  ist 
dunkel;  ein  Zusammenhang  ist  zwar  öfter  augenfällig,  so  z.  B. 
bei  der  3.  S.  (uridg.)  -ti,  -t,  -tai  und  -fo,  aber  es  läßt  sich  nicht  einmal 
sagen,  ob  z.  B.  das  aktive  -ti  aus  -t  oder  umgekehrt  -t  aus  -ti 
hervorgegangen  sei,  geschweige  denn  daß  wir  wüßten,  wie  die 
beiden  medialen  Endungen  mit  den  aktiven  zusammenhängen. 

Es  ist  ferner  zweifelhaft,  ob  die  Verteilung  von  primären 
und  sekundären  Endungen,  wie  sie  im  Ai.  besteht,  schon  in  der 
idg.  Grundsprache  in  gleicher  "Weise  Regel  gewesen  ist ;  im  Kon- 
junktiv zeigt  auch  das  Ai.  ein  Schwanken  zwischen  den  beiden 
Arten  von  Endungen.  Auf  grund  des  Keltischen  vermutet 
Zimmer  KZ.  XXX,  119  f.,  daß  die  um  -i  vermehrten  ('absoluten') 
Endungen  ursprünglich  nur  dann  antraten,  wenn  das  Verbum 
'absolut',  d.  h.  ohne  Praeposition  oder  Ai^gment,  gebraucht 
wurde,  daß  aber  in  Verbindung  mit  diesen  Praeverbien,  die  den 
Ton  auf  sich  zogen,  die  sekundären  ('konjunkten')  Endungen  er- 
schienen. Vgl.  darüber  zuletzt  A.  Kock  KZ.  XXXIV,  576ff. 
Hirt,  Griech.  Laut-  und  Formenlehre  S.  343  f.  Dennoch  darf  der 
Zustand,  der  sich  im  Ai.  und  Griechischen  darbietet,  im  Großen 
und  Ganzen  bereits  in  die  idg.  Grundsprache  zurückprojiziert 
werden. 

Über  ältere  Hypothesen  und  zur  Erklärung  der  idg.  Personal- 
endungen vgl.  die  von  Brugmann,  Grundriß  II,  1330  verzeich- 
nete Literatur. 


288  Formenlehre.  [§  419. 


a)  Aktivendungen. 

419.  1.  Pers.  Sing.  I.  idg.  -mi,  vgl.  z.  B.  *esmi  'ich 
bin'  =  ai.  asmi,  av.  ahnii,  gr.  tl\ii,  lit.  esml.  Die  sog. 
thematischen  Yerba  (s.  §  446)  hatten  die  Endung  -ö,  z.  B. 
*hJierö  ==  gr.  cpepo),  lat.  fero,  got.  haira;  auch  das  Alt- 
avestische  zeigt  noch  diese  Endung  (z.  B.  spasyä  =  lat. 
specio)^  das  Vedische  wenigstens  noch  im  Konjunktiv 
(s.  IV),  doch  ist  im  Arischen  die  Endung  -mi  verall- 
gemeinert, d.  h.  auf  die  thematischen  Yerba  übertragen 
worden:  vgl.  ai.  hJiarämi,  av.  harämi;  diese  Übertragung 
fand  statt  nach  Proportionen  wie  *hJiarä  (1.  S.) :  hharä- 
mäh  (1.  PL)  =  dve^-mi  (1.  S.):  dvis-mah  (1.  PI.)  oder 
*hharä :  hhare  (1.  S.  Med.)  =  dve^-mi :  dvi§-e  (1.  S.  Med.). 

II. idg. -m,hezw.  -m. z. B.  *e-hhero-m-=&i.  a-bhara-m, 
ap.  ahara-m,  gr.  l-cpepo-v;  (Opt.)  *s(i)ie-m  =  ai.  si/ä-w, 
gr.  eiTj-v,  lat.  sie-m.  -m  (z.  B.  idg.  *es-m  =  gr.  vja)  ist 
im  Ar.  durch  -am  vertreten :  ai.  äs-am ,  ap.  äham ;  das 
zu  erwartende  *äsa  u.  ä.  ist  vermuthch  durch  die  Endung 
von  ahharam  u.  s.  f.  umgestaltet  worden ;  vgl.  zu  dieser 
Erklärung  §  230,  S.  154. 

III.  idg.  -ä,  z.  B.  *dedörk-a  =  ai.  dadaria,  gr.  8s- 
8opxa. 

IV.  ai.  -äni  hat  nur  noch  im  Iran,  eine  Parallele, 
z.  B.  (jung-)av.  haräni  =  ai.  hJiaräni  'ich  vnll  tragen'. 
Daß  eine  arische  Neubildung  vorliegt,  darauf  weisen 
Formen  wie  ved.  hravä  (neben  hraväni)  =  aN.mravanehen 
mraväni  'ich  will  sprechen';  die  kürzeren  Formen  sind 
Konjunktive  mit  der  idg.  Endung  -ö  (s.  §439  f.).  An- 
sprechend ist  die  Vermutung  Perssons  IF.  II,  253  ff.,  daß 
urar.  *hharä  zunächst  durch  eine  deiktische  Partikel  -na 
erweitert  worden  sei  und  daß  dann  weiterhin  *hharäna 
nsichhharämi,  -si,  -ti  zu  hharäni  umgestaltet -w-urde.  Über 
das  genannte  -na  s.  §  426. 


§420.421.]  Die  verbalen  Ausdruckamittel.  289 

420.  2.  Pers.  Sing.  I.  iclg.  -si,  z,  B.  *ei-si  'du  gehst' 
=  ai.  e-Si,  gr.  el  (aus  *£l-ai),  lit.  ei-sl;  *hhere-si  =  ai. 
hhara-si,  av.  bara-M,  got.  hairis  (aus  urgerm.  *hiri-si). 

II.  idg.  -s,  z.  B.  '^est(Ji)ä-s  =  ai.  asthä-h,  gr.  Iott]-?; 
*ehhere-s  =  dhharah,  gr.  Iffspe?;  Opt.  *hheroi-s  =  ai. 
hhare-h,  av.  baröi-S,  gr.  cpepoi?,  got.  hairais. 

III.  idg.  -f7m,  z.  B.  *iioittJia  'du  weißt'  =  ai.  vettha, 
altav.  vöistä,  gr.  olaöa,  got.  luaist. 

IV.  idg.  -fZ/i/,  z.B.  idg.  *i-c?/««  'geh'  =  ai.  i-7«i,  ap. 
«-(?li/,  gr.  'lÖi;  zu  /t  ==  ^/i  vgl.  §  121  Anm.  Die  Endung 
-dhi  steht  nach  Konsonanten,  z.B.  viddhi  =  gr.  laöi, 
idg.  "^iiid-dhi.  Bei  thematischen  Verben  dient  der  bloße 
Stamm  als  Impv.,  z.  B.  idg.  *hhere  =■  ai.  hhara,  gr.  cpeps, 
lat.  [?e^]e ,  got.  hair.  Über  die  Formen  der  (ai.)  5.  und 
9.  Praesensklasse  s.  d. 

421.  3.  Pers.  Sing.  I.  idg.  -ti,  z.  B.  *es-ti  =  ai.  as- 
ti,  av.  as-ti,  gr.  eaxi,  got.  ist,  lit.  esti;  *hhere-ti  =  sä. 
hhara-ti,  av.  baraHi,  got.  hairip  (aus  ^hiri-pi),  altksl. 

II.  idg.  -f,  z.  B.  *edh^/idJie-t  =  ai.  adadhä-t,  gr.  exi- 
ÖYj;  *5(i)ie4  =  ai.  syät,  gr.  eiv],  alat.  sie^  (siet);  *ehhere-t 
=  ai.  ahharat,  gr.  Iffigpe  (lat.  era-^  u.  s.  w.). 

Anm.  "Wenn  die  Endungen  -s  und  -f  unmittelbar  an  einen 
konsonantisch  endigenden  Verbalstamm  antraten,  so  mußten  sie 
im  Ai.  nach  §  165  abfallen,  z.  B.  2.  3.  Imperf.  ahan  aus  *ahan-s, 
*ahan-t  zu  hanmi  'ich  töte'. 

III.  idg.  -e,  z.B.  *dedorke  =  ai.  dadarSa,  gr.  SeSopxs. 
Über  dadäu  von  c?ä-  u.  ä.  vgl.  §  527. 

IV.  ai.  -tu  ist  nur  noch  im  Iranischen  sicher  nach- 
zuweisen, z.  B.  ai.  astu  'er  soll  sein'  =  av.  astu,  ai.  hha- 
ratic  'er  soll  bringen'  =  ap.  haratuv.  Man  erklärt 
-tu  als  eine  Injunktivfonn  (idg.  *h]ieret,  s.  §  441)  + 
Partikel  u. 

Anm.  Die  uridg.  Endung  -töd  (vgl.  gr.  Iotoj,  alat.  estöd) 
findet  sich  nur  noch  im  Ved.  (fehlt  aber  im  Iranischen),    z.  B. 

Thumb,  Altindische  Grammatik.  19 


290  Formenlehre.  [§  421—424. 

vit-tdt  (von  viel-)  =  gr.  io-tw,  kpm-tät  'er  soll  machen'  =  gr. 
[8etx]vu-T(u,  vahatät  =  [cpepjeTw;  die  Formen  werden  für  die  2. 
und  3.  Person  aller  Numeri  verwendet.  Zur  Erklärung  vgl. 
Brugmann,  Grundr.  II,  1323 f.  oder  Griech.  Gramm. 3  341  f. 

422.  1.  Pers.  Du.  Die  Bildung  entspriclit  genau  der 
1.  Plur.,  nur  daß  v  an  Stelle  von  m  steht;  Dualsuffixe 
mit  -V-  begegnen  noch  im  Germanischen  und  Baltisch- 
Slavischen,  lassen  sich  aber  im  einzelnen  mit  denjenigen 
des  Ai.  nicht  zur  Deckung  bringen.  I.  idg.  -ues  oder 
-^los,  z.  B.  ai.  i-vah  von  i-  'gehn',  hharä-vah]  das  Iran, 
weist  daneben  auf  urar.  -vasi  (altav.  us-vdlil  'wir  beide 
wünschen'). 

n.  idg. -Meoder  -uo,  z.  B.  hharä-va,  O-pi.hhare-va,  dem 
got.  lairaiva  am  nächsten  steht,  doch  geht  letzteres  auf  eine 
langvokalische  Suffixform  -mö  (oder  -ue)  zurück,  die  durch 
die  lit.  Form  des  Suffixes  {süJca-vo-s  reflex.  'wir  drehen 
uns')  als  idg.  bestätigt  wird.  —  HE.  =  II.  —  IV.  ist  die 
Konjunktivform  mit  Endung  II. 

423.  2.  Pers.  Du.  I.  idg.  -thes  oder  -tlios,  z.  B.  ai. 
i-thali  von  i-  oder  hhara-thah\  sichere  Verwandte  sind 
nicht  nachgewiesen,  werden  jedoch  in  lat.  {es)-tis,  got. 
laira-ts  vermutet. 

II.  idg.  -tom,  z.  B.  *is-tom  =  Sii.  äs-tam,  gr.  YJa-xov; 
*ehJiere-tom  =  ai.  abhara-tam,  gr.  ei^epsTOV. 

m.  -atJiuh  (-atJmr)  ist  ohne  Verwandte,  weiteres  s. 
§  424.  ni.  —  IV.  =  II. 

424.  3.  Pers.  Du.  I.  idg.  -tes  ist  außer  dem  Iran, 
wohl  noch  durch  ab.  -te  vertreten,  also  z.  B.  ai.  hharatah 
=  av.  hharatö,  ai.  vaha-tah  =  ab.  veze-te. 

n.  idg.  -täm,  z.  B.  *es-täm  =  ai.  äs-iäm,  gr.  t^cjtt^v; 
*hheroi-täni  =  ai.  hhare-täm,  gr.  cpepoi-xr^v  (dor.  -xdv). 

III.  Ai.  -atuli  (-atur)  entspriclit  av.  -atar^,  z.  B.  ai. 
yet-aUcr=  av.  yaet-atar^  'sie  haben  sich  bemüht';  -itr  be- 
gegnet auch  in  der  3.  P.  Plur.  (s.  d.),  sodaß  sich  vermuten 
läßt,  daß  2.  3.  Du.  -atlmJi  und  -atuh  durch  jene  Endung 


§  424.  425.  426.]      Die  verbalen  AusdruckBmittel.  991 

beeinflußt  worden  sind;  -th-:-t-  entspricht  ferner  dem 
Verhältnis  von  -tlias  :  -tas.    Alles  übrige  ist  dunkel. 

IV.  =  n. 

425.  1.  Pers.  Plur.  Von  den  mannigfachen  uridg. 
Endungen  kommen  für  das  Ai.  in  betracht :  I.  idg.  -mes 
oder  -7nös,  z.B.  H-mes  =  ai.  i-mah,  gr.  (dor.)  i-{x*c,  lat. 
i-mus\  *hhero-mos  =  Wiarä-mah,  gr.  (dor.)  cpepo-|X£?,  lat. 
feri-mus. 

Anm.  Die  urarische  Endung  -masi,  die  im  Vedischen  noch 
vorherrschte,  ist  im  klass.  Sanskrit  untergegangen,  im  Iranischen 
zur  Alleinherrschaft  gelangt,  z.  B.  ved.  s-masi,  apers.  a-mahy,  av. 
mahi  'wir  sind';  bharä-masi,  av.  barä-mahi. 

II.  idg.  -me,  -mö  oder  -me,  -mö\  z.B.  *ehhero-m^/o  = 
ai.  ahharä-ma,  Opt.  *s(i)ie-m^/o  =  ai.  syä-ma,  da- 
gegen got.  sijai-ma  und  ht.  süko  -  me-s  (reflex.)  'wir 
drehen  uns'  mit  langem  Vokal.  Der  lange  Vokal  liegt 
ferner  in  der  ved.  Nebenform  -mä  vor.  Übrigens  läßt 
sich  ai.  -ma  auch  als  idg.  -mn,  d.  h.  Tiefstufe  zu  gr. 
-jjLSV  auffassen. 

m.  =  n.  Perf.  Hädm^/o  =  ai.  vid-ma,  got.  witu-m. 

IV.  Konjunktivform  mit  Endung  11. 

426.  2.  Pers.  Plur.  I.  idg.  -the  begegnet  nur  im 
Arischen  und  ist  sonst  nicht  sicher  nachzuweisen  (doch 
vgl.  auch  HiUebrandt  BB.  XVin,  280):  z.B.  *hMre-the 
=  ai.  hhara-tha,  av.  hara-pa. 

n.  idg.  -te  (in  den  verwandten  Sprachen  auch  pri- 
märe Endung,  vgl.  gi*.  cpepexe  u.  s.  f.),  z.  B.  *ehhü-te 
(Aor.)  =  ai.  abhü-ta,  gr.  £<^u-Te;  ^hheroi-te  =  ai.  hhare- 
ta,  av.  harae-ta,  gr.  (pepoiTS,  got.  hairaip. 

Anm.  Im  Vedischen  gibt  es  für  I.  und  II.  noch  die  Neben- 
formen -thana  und  -tana :  -na  ist  vermutlich  eine  deiktische  Par- 
tikel *-ne,  die  z.  B.  in  gr.  (thess.)  o-ve  =  o-Se,  lat.  ego-ne,  tu-ne 
voriiegt,  vgl.  Pedersen  IF.  II,  199  £F.  Man  versteht  daher,  wrarum 
-tana  besonders  häufig  im  Imperativ  erscheint. 

m.  -a  (z.  B.  ca-kr-a  von  kar-  'machen')  hat  außer- 
halb des  Arischen  keine  Anknüpfung.  —  IV.  =  II. 

19* 


292  Formenlehre.  [§  427. 

427.  3.  Pers.  Plur.  I.  idg.  -nti,  -nti  oder  -enti 
(nur  nach  Konsonant);  z.  B.  a)  -nti:  *ue-nti  'sie  wehen' 
=  ai.  vä-nti,  av.  va-nti,  gr.  cteiai  aus  *d/£-VTi ;  *hhero-nti 
=  ai.  hharanti ,  apers.  haraHiy,  gr.  (dor.)  cpepovTi,  lat. 

feru-nt,  got.  haira-nd. wfi:  *dhe-dJi-iüi  'sie  setzen' 

=  ai.  dadh-ati,  altav.  dadaHi,  vgl.  gr.  (hom.)  XeXoyj^-aai. 

b)  idg.  s-e»ii  =  ai.  santi,  apers.  haHiy,  gr.  (dor.) 
evTi  (eiai),  got.  s-?'«fl.  Über  die  Verteilung  von  a)  und 
b)  vgl.  die  einzelnen  Konjugationsklassen. 

II.  a)  idg.-w^,  z.  B.  *ehhero-nt  ==  ai.  ahhara-n  (vgl. 
§  165),  apers.  ahara(^),  gr.  Icpepo-v.  —  Über -»^  s.  W. 

b)  -ent,  z,  B.  idg,  *es-ent  =  äs-an,  gr.  (hom.)  ^ev  'sie 
waren'. 

Außerhalb  der  thematischen  Konjugation  ist  die 
Sekundärendung  meist  durch  -nh  ersetzt ;  über  die  Ver- 
teilung von  -an  imd -uh  ist  die  Konjugation  der  einzelnen 
Praesensklassen  zu  vergleichen.  Die  Endung  -uh  ist  je- 
doch Eegel  im  Optativ,  z.  B.  Iharey-uh  von  hhar-  oder 
sy-uh  von  as-  'sein'.  Dieses  -uh  ist  etymologisch  ein  -ur, 
wie  die  verwandten  iranischen  Formen  zeigen ;  das  Avesti- 
sche  hat  nämhch  folgende  mit  r  gebildete  Aktivendungen 
(s.  Bartholomae ,  Iran,  (jrrundi-.  I,  66) :  a)  -r  in  hyä-r^ 
=  ai.  sy-ur.  b)  -ar^,  z.  B.  altav.  äd-ar^  'sie  machten'  == 
ai.  ä-dh-ur  (von  dliä-  'setzen'),  c)  -r^  in  jamyä-r^§  =  ai. 
yamy-ur  (in  der  älteren  Sprache)  'sie  möchten  kommen', 
d)  -rS  in  der  altav.  Perfektform  ciköit-dr^S  =  ai.  cikit-ur 
von  cit-  'wahrnehmen'.  Das  ai.  -iir  kann  zu  b)  oder  d) 
gestellt  werden,  da  es  auf  die  Grundfoi-m  -rr  =  av.  ar^^ 
oder  auf  -rS  zurückgehen  kann  (vgl.  den  Gen.  S.  pihir 
§  302),  d.  h.  es  sind  im  Ai.  wohl  zwei  Endungen  zu- 
sammengefallen, über  deren  ursprüngUche  Verteilung 
sich  auch  auf  Grund  des  Av.  nichts  mehr  sagen  läßt. 


1  Av.  -ar»  könnte  freilich  auch  hochstufiges  urar.  -ar  sein; 
dann  steht  ai.  -ur  als  Tiefstufe  dazu  im  Ablaut. 


§427.428.]  Die  verbalen  Ausdrucksmittel.  293 

Doch  scheint  im  Ai.  -iir  die  iirar.  (iran.)  Endungen  a) 
lind  c)  verdrängt  zu  haben ,  denn  man  erwartet  z.  B.  zu 
av.  hyä-r^  ein  ai.  *syä-r  statt  syiir.  Weiteres  s.  §  435 
Anm.  —  III.  s.  II. 

IV.  ai.  -antu  und  -atii  ist  wie  die  Singularform  -tu 
zu  erklären:  nach  Abzug  von  -^l.  erhält  man  'Injunktive', 
d.  h.  Formen  mit  sekundären  Endungen :  a)  Wiara-ntu  = 
av.  hard-ntu  ist  *hhero-nt  -j-  u. 

b)  dadh-at-u  ist  ''' dlie-äli-nt  +  u\  hier  liegt  also  die 
sonst  untergegangene  Sekundärform  -nt  (s.  II.)  vor;  zu 
dadhat-  vgl.  altav.  dad-at  'sie  setzten'  (wohl  auch  =  alt- 
sächs.  ded-un  'sie  taten'). 

c)  s-ant-u  =  2iXi2iN .  Mutä  ist  s-ant  (idg.  *s-ent,  s. 
II.  b)  4-  u. 

b)  Medialendungen. 

428.  1.  Pers.  Sing.  I.  ai.  -e  (idg.  -ai?)  hat  nur  noch 
im  Iranischen  eine  Parallele  (doch  vgl.  IH.),  z.  B.  ai. 
hruv-e  =  altav.  mruy-e  'ich  spreche' ;  das  griech.  -{xai  ist 
damit  nicht  zu  vereinigen.  Der  Ausgang  -e  ist  auch  auf 
die  thematischen  Verben  übergegangen,  z.  B.  hhare  =  av. 
hah'e  'ich  bringe' ;  man  erwartet  aus  idg.  *h}ierö  +  ai  = 
*hheröi  ein  ai.  hliaräi  (av.  *haräi),  das  im  Konjunktiv 
(s.  IV.)  tatsächhch  vorHegt. 

II.  ai.  (ar.)  -i  ist  ebenfalls  ohne  Anknüpfung  und 
daher  nicht  deutbar  (gr.  -[i7]v);  bei  thematischen  Verben 
ergibt  sich  -e  (d.  h.  a  +  i) ,  also  a-dviS-i  zu  dviS-  'hassen', 
aber  ahliare  =  av.  ahare.  Ebenso  dunkel  ist  ai.  (ar.)  -a 
im  Optativ,  z.  B.  dviSiy-a,  hharey-a. 

m.  =  I.  Doch  bieten  hier  die  andern  idg.  Sprachen 
verwandte  Formen ,  z.  B.  ai.  tutiid-e  =  lat.  tutud-i  (mit 
Übertritt  ins  Aktiv),  idg.  *t{e)hid-äi ;  vgl.  auch  ab.  ved-e 
'ich  weiß',  -ai  scheint  demnach  die  ursprüngliche  Perfekt- 


294  Formenlehre.  [§  428. 429. 430. 

endung  gewesen  zu  sein  und  verdrängte  im  Ar.  die  alte 
Primärendung ,   die  vermutlich  in  griech.  -jxai  vorliegt. 
IV.   Konjunktivform,  s.  aber  auch  I. 

439.  2.  Pers.  Sing.  I.  idg.  -sai,  z.  B.  *(J^/id{9)-sai 
=  ai.  äcd-se,  gr.  Si8o-oai;  *hJiere-sai  =  ai.  hliara-se,  gr. 
(pipt-ai,  got.  hairaza. 

II.  idg.  -thes,  z.  B.  *edd-thes  =  ai.  adi-tJiäh  (in  der 
älteren  Sprache),  gr.  eBo-ör^?.  Die  Grundsprache  hatte 
außerdem  noch  (vermutlich  für  die  thematischen  Verba) 
die  Endung  -so,  die  im  Griechischen  und  Iranischen  ver- 
allgemeinert,  im  Ai.  dagegen  beseitigt  wurde,  also  ai. 
ahhara-thäh,  Opt.  hhare-thäh  gegenüber  av.  hara-7dha, 
larae-Sa  =  gr.  ecpeps-o  (scpspou),  cpspoi-o.  —  III.  =  I. 

IV.  -sra  ist  auf  das  Arische  beschi'änkt,  z.  B.  dat- 
sva  =  altav.  da-sva  'gib',  hhara-sva  =  av.  Ixira-miha 
(aus  -s\m) ;  -sva  ist  wohl  mit  dem  Reflexivpronomen  (gr.  i. 
idg.  *sue,  s.  §  357)  identisch,  das  an  den  Imperativisch 
gebrauchten  Verbalstamm  (idg.  *hhere)   angefügt  wurde. 

430.  3.  Pers.  Sing.  I.  idg.  -tai,  z.  B.  *es-tai  =  ai. 
äS'te,  gr.  YJo-xai.;  *hJiere-tai  ==  ai.  hhara-te,  av.  [yaza^yte 
(ai.  yajate),  gr.  cpepE-iai,  got.  haira-da. 

II.  -to,  z.  B.  *edd-to  ==  ai.  adi-ta  (in  der  älteren 
Sprache),  gr.  IBoto;  *el)}iere-to  =  ai.  ahhara-fa,  gr.  icps- 
psTo ;  Opt.  *l)heroi-to  =  ai.  hhare-ta,  av.  harae-ta,  gr.  cps- 
poi-To. 

m.  idg.  -ai  (jedoch  nur  im  Arischen) ;  z.  B.  ca-kr-e 
von  kar-  'machen';  dadh-e  =  av.  da'^t-e  'er  hat  gesetzt'. 
Mit  dieser  Endung  hängtwahrscheinhch  die  passive  Aorist- 
endung -i  (§  539)  zusammen;  denn  diese  und  die  Perfekt- 
endung stehen  zu  einander  offenbar  in  demselben  Ver- 
hältnis wie  die  entsprechenden  Formen  der  ersten  Person 
(II.  -i,  III.  -e). 

IV.  -täm ,  nur  im  Arischen ,  z.  B.  dat-täm  zu  da-, 
hhara-täm  =  apers.  [varnav]a-täm  'er  soll  überzeugen'. 


§430—433.]  Die  verbalen  Ausdrucksmittel.  295 

Zu  der  (ved.)  Nebenform  -am  vgl.  Brugmann,  Grundriß  II, 
1329  und  Bartholomae,  Iran.  Grundr.  I,  64. 

431.  1.  Fers.  Du.  Nur  das  Ai.  ijesitzt  besondere 
Endungen;  sie  sind  der  1.  Plur.  analog  gebildet,  indem 
das  dualische  -v-  an  Stelle  von  -m-  erscheint.  Vgl.  daher 
§433. 

4:32.  2.-3.  Pers.  Du.  I.  und  ni.,  H.  und  lY.  sind 
jeweils  identisch;  das  Verhältnis  von  tJ(  (2.  P.):i  (3.  P.) 
findet  sich  auch  im  Aktiv.  Die  Endungen  sind  auf  das 
Arische  beschränkt;  über  die  teilweise  gleichen  irani- 
schen Formen  (die  aber  alle  nur  für  die  3.  Pers.  ge- 
braucht werden)  s.  Bartholomae,  Ii'an.  Grundr.  I,  65 f. 
Merkwürdig  ist  die  Verscliiedenheit  des  dem  t(Ji)  vorher- 
gehenden Vokals  bei  athematischen  und  thematischen 
Verben:  vgl.  I.  dvis-  ät(}i)e.  II.  a-dviä-ät{li)äm ,  aber 
thematisch  I.  h]iaret{h)e,  11.  cibliaret{h)äm\  den  beiden 
letztern  Formen  hegt  mithin  eine  Endung  -itQi)e,  -tt(]i)äm 
zugrunde,  die  tatsächHch  durch  ved.  ädh-Uäm  (Aor.)  'sie 
beide  setzten'  und  av.  da^t-ltdm  'sie  schufen'  bestätigt  zu 
sein  scheint.  Eine  Vermittlung  des  ä  und  ^  ist  mög- 
lich, wenn  man  -ä-the  u.  s.  w.  nach  §  77  auf  ein  älteres 
-cli-the  zurückfühi't:  dazu  wäre  -l-tJie  die  Tiefstufe 
(s.  §  110).  Vgl.  darüber  Wackernagel  §  79.  c),  sowie 
Bartholomae  KZ.  XXIX,  283  ff. 

433.  1.  Pers.  Plur.  I.  urar.  -madliai  (idg. -medhai?), 
z.  B.  ai.  hJiarä-mahe  =  av.  harä-mahle.  Über  h  =  dh 
s.  §  121  Anm. 

n.  ]Mit  Bücksicht  auf  das  Griechische  ist  idg.  -medhd 
anzusetzen,  z.B.  ^ehhero-medlw  =  sd.  ahliarä-mahi,  gr. 
S'^spo-jisOa;  *hheroi-medhd  =  Sii.  hhare-mahi,  altav.  haröi- 
nuPdi,  gl'.  cp£poi-|X£6a  (vgl.  §  69).  Da  auch  sonstige 
Endungen  zu  einander  in  einem  Ablautverhältnis  zu 
stehen  scheinen  (si :  -se,  -ti :  -te,  -e :  -i),  so  würde  man  zu 
-medhd  ein  primäres  idg.  -medhä^  erwarten;  ai.  -mähe 


296  Formenlehre.  [§  433. 484. 435. 

(statt  *-ma[d]hä)  hätte  dann  sein  -e  von  den  übrigen 
medialen  Endungen  mit  -e  bezogen.  Vgl.  jedoch  auch 
Pedersen  KZ.  XXX\T[,  80  f.  —  in.  =  I. 

IV.  Konjunktivform;  das  -äi  stammt  aus  der  1.  Pers. 
S.,  s.  §  439. 

434.  2.  Pers.  Plur.  Außerhalb  des  Arischen  bietet 
nur  das  Griech.  (i^sps-aÖe  ii.  s.  w.)  etwas  vergleichbares; 
\-ielleicht  steckt  in  der  giiech.  Dualform  -a-6ov  die  ai. 
Endung  -dhvam,  d.  i.  idg.  -dJiiiom  (also  z.  B.  scpepsajöov 
=  ai.  dbharc{\ähvam) ;  im  übrigen  stimmen  aber  die  griech. 
und  ai.  Suffixe  nur  in  6  =  dli  überein;  ob  das  Griech. 
mit  seinem  -q^-  (=  idg.  -zdh-)  und  das  Ai.  etwa  mit  dem 
übrigen  Teil  der  Endung  (d.  h.  im  Vokalismus)  die  uridg. 
Formen  fortsetzt,  ist  unsicher.  Über  die  griech.  Endungen 
s.  zuletzt  Brugmann,  Griech.  Gramm.^  356,  sowie  Hille- 
brandt  BB.  XVIII,  279  ff. 

435.  3.  Pers.  Plur.  I.  idg.  -ntai  oder  -ntai  (vgl.  das 
Aktiv),  z.B.  *h]tero-ntai^=  Sil.  hhara-nte ,  av.  \yazd\-nte, 
gl".  cpspo-VTai,  got.  haira-nda-,  *es-ntai  =  ai.  äs-ate,  gr. 
(hom.)  f^-axai. 

n.  idg.  -tito  oder  -yto;  z.  B.  '^ehhero-nto  =  ahhara- 
nta,  apers.  cibaraHä,  gr.  ecpepo-vxo;  *es-nto  =  ai.  äs- 
ata,  gr.  (hom.)  TJato.  Der  Optativ  hat  die  nur  im  Ai. 
vorkommende  Endung  -ran,  z.  B.  dviSi-ran  von  dvi^-, 
hhare-ran. 

III.  -re,  z.  B.  cakr-i-re  (von  'kar-)  =  av.  ca^'a-re. 

Anm.  Im  Veda  war  die  Endung  -re  nicht  auf  das  Perfekt 
allein  beschränkt-,  außer  -re  und  -ran  gab  es  ferner  noch  mehrere 
andere  mediale  »--Endungen  (s.  "Whitney  §  550),  wovon  sich  einige 
(-rate,  -rata,  -ratäm)  beim  Verbum  se-  'liegen'  auch  späterhin 
behauptet  haben,  s.  §  484.  2.  Diese  Endungen  hängen  jedenfalls 
mit  den  §  427  besprochenen  zusammen.  Außerhalb  des  Arischen 
besitzt  nur  das  Italische  und  Keltische  r-Endungen  und  zwar  in 
medialer  (passivischer)  Funktion,  vgl.  z.  B.  lat.  sequor  =  air. 
-sechur,  lat.  sequitur  =  air.  -sechethar,  lat.  sequimur  =  air. 
-sechemmar,  lat.  seqimntur  =  air.  -sechetar.    Teilweise  lassen  sich 


§435.436.]  Die  verbalen  Ausdrucksmittel.  297 

zwar  die  mannigfachen  r- Formen  des  Italischen  und  Keltischen 
auf  gemeinsame  (italo-keltische)  Grundformen  zurückführen,  aber 
sie  haben  mit  den  arischen  Formen  nur  das  r  gemein,  und  es 
ist  daher  nicht  möglich,  die  idg.  Grundformen,  die  Art  der  An- 
fügung und  die  Funktion  der  r-Suffixe  mit  Sicherheit  festzu- 
stellen. Daß  sowohl  im  arischen  wie  im  italo-keltischen  Sprach- 
gebiet die  ursprünglichen  Formen  durch  Um-  und  Neubildungen 
verändert  und  vermehrt  worden  sind,  ist  unzweifelhaft;  so  ist  es 
z.  B.  wahrscheinlich,  daß  die  ai.  Endungen  -rate,  -rata,  -ratäm 
aus  einem  älteren  -ra  durch  Anfügung  der  Personalendungen 
-te,  -ta,  -täm  gewonnen  sind;  ferner  läßt  sich  vermuten,  daß  -re 
aus  dem  gleichen  -ra  durch  Anlehnung  an  den  Auslaut  -e  bei 
sonstigen  Medialendungen  entstanden  sei.  So  ist  wenigstens  eine 
idg.  Endung  -ro  mit  ziemlicher  Wahrscheinlichkeit  zu  rekon- 
struieren, da  auch  das  Italokeltische  sich  damit  verträgt;  aber 
weitere  Einzelheiten  entziehen  sich  noch  unserer  Erkenntnis. 
Vgl.  dazu  Brugmann,  Grundriß  II,  1388  ff.  (wo  ältere  Literatur 
verzeichnet  ist),  ferner  die  ausführliche  Darstellung  von  G.  D  o  1 1  i  n , 
Les  desinences  verbales  en  R  en  Sanskrit,  en  Italique  et  en  Celtique 
(Pariser  These),  Rennes  1896,  und  zuletzt  Sommer,  Lat.  Laut- 
und  Formenlehre  527 ff.  bezw.  Brugmann,  Kurze  vergl.  Gramm. 
S.  596  ff. 

IV.  Die  Endungen  -ntäm  und  -atäni  verhalten  sich 
zu  einander  wie  -nte  und  -ata  u.  dgl.,  z.  B.  dviS-atäm, 
aber  hhara-ntäm.  Zu  dieser  (auch im  Av.  Yorkommenden) 
Endung  vgl.  femer  §  430.  Wenn  man  hharantäm  =  gr. 
cpepovTwv  setzt  (Hirt  IF.  ATI,  179ff.  und  Griech.  Laut- u. 
Formenlehi-e  428 f.),  so  wäre  anzunehmen,  daß  die  Form 
im  Ai.  medial  umgedeutet  worden  ist;  man  sieht  aber 
nicht  recht  ein,  w^as  für  Vorgänge  diese  Umdeutung  be- 
wirkt haben  sollen. 


c)  Modusbilduug. 

436.  Ülbersiclit.  Die  idg.  Grundsprache  besaß 
5  Modi:  Indikativ,  Optativ,  Konjunktiv,  Injunktiv  und 
Imperativ.  Im  klassischen  Sanski*it  ist  (syntaktisch)  nur 
der  Indikativ,  Optativ  und  Imperativ  erhalten ;  der  Im- 
perativ   enthält    außer   ursprünglichen  Imperativformen 


298  Formenlehre.  [§  436. 437. 

die  Eeste  der  älteren  (ved.)  Konjunktiv-  und  Injunktiv- 
bildung. 

437.  Der  Indikativ  ist  ohne  besonderes  Moduskenn- 
zeiclien.  Der  OptatiT  (der  sekundäre  Endungen  hat) 
zeigt  zwei  Bildungsweisen : 

1.  An  den  Tempusstamm  wird  -yä-  (idg.  -ie-  und 
-iie-)  im  Aktiv,  -l-  (idg.  -l-)  im  Medium  angefügt.  Diese 
Bildung  gehört  den  a thematischen  Verben  an.  Die 
beiden  Fonnen  des  Moduszeichens  stehen  zu  einander 
im  Ablautsverhältnis,  s.  §  109.  b)  a);  die  ai.  Verteilung 
derselben  ist  teilweise  eine  Neuerung:  -{i)ie-  war  ur- 
sprünghch  auf  den  Singular  des  Aktivs  beschi-änkt, 
während  alle  übrigen  Fonnen  -i-  hatten;  z.  B.  idg.  Sing. 
*s-iie-m  =  ai.  s-yä-m,  gr.  eir^v  (aus  *£a-iTj-v),  alat. 
siem,  aber  Plur.  ""s-i-mois)  =  gr.  el[i,£v  (aus  *£a-I-|j,Ev), 
lat.  s-i-mus ;  Act.  Sing. *dh«/idh(d)-ie-s  =  ai. dadh-yä-h,  gr. 
TiÖs-iT]-?,  aber  Plur.  "^ dli^ / i-dli{d)-i-mo  =  gr.  TiÖ£-i-[xev, 
Medium  (3.  Sing.)  *dh^/idh{d)-t-to  =  ai.  dadh-i-ta,  gr.  xiÖs- 
i-To.  Ai.  syäma  statt  *slma,  dadh-yä-ma  statt  *dadh-i-ma 
sind  also  eine  Augleichung  an  den  Singular.  Ahnhche 
Ausgleichungen  zwischen  Singular  und  Plural  haben  auch 
im  Griechischen  (£ir^|X£v  st.  £l|X£v),  Lateinischen  (sim  st. 
siem)  und  sonst  stattgefunden.  Über  die  Optativformen 
der  einzelnen  Tempusstämme  s,  die  Paradigmen;  über 
die  besondere  Bildung  des  Prekativs  s.  §  562  ff. 

Vor  vokalischer  Endung  erwartet  man  nach  §  72 
für  -i-  entweder  -iy-  oder  -y-,  welch  letzteres  in  der 
3.  PI.  (z.  B.  s-ij-ur)  vorhegt;  die  1.  S.  Med.  [dviS]-iy-ä 
(st.  *[dvi^iy-a)  hat  ihr  i  von  den  übrigen  Formen  ([dvi^]- 
l-thäh  u.  s.  w.)  bezogen. 

2.  Bei  thematischen  Verben  tritt  -i-  an  den  Stamm- 
vokal -0-,  z.  B.  idg.  *lliero-i-s  =  QÄ.  hJiareh,  gr.  cpipoi?, 
got.  Mirais.;  -i-  ist  wohl  mit  dem  -1-  von  1.  identisch. 
Vor  vokaUscher  Endung  erwartet  man  im  Ai.  ^hharay-, 
doch  ist  e  aus  den  übrigen  Personen  eingeführt  und  geht 


§437.438.439,]      Die  verbalen  Ausdrucksmittel.  299 

durch  alle  Formen  hindurch,  also  Ihareyam,  hhareyufi, 
hhareya,  hhareyät(li)äm  statt  *hliarayam  u.  s.  w.  nach 
hhareh,  hJiaret  u.  s.  f. 

438.  Gebrauch  des  Optativs.  Da  im  klass. 
Sanskrit  der  Konjunktiv  untergegangen  ist,  so  übernahm 
der  Optativ  teilweise  dessen  Funktionen.    Er  dient 

1.  zur  Bezeichnung  eines  Wunsches,  einer  Bitte  oder 
eines  gemilderten  Befehls,  wobei  er  oft,  so  z.  B.  bei  all- 
gemeinen Vorschriften,  in  die  Sphäre  des  Imperativs 
übergreift  ('praeski-iptiver'  Optativ);  z.  B.  ijfw:  Tf^HW 
-^^  hlmJäih  iwamänq,  syät  (I,  2)  'der  Genuß  [einer 
Sache]  soll  Richtschnur  sein'. 

2.  als  PotentiaHs  (wie  im  Griechischen)  zum  Aus- 
druck einer  (gemilderten)  Behauptung,  z.  B.  ■gfWr'^VT^ 
itf^HIMM^Ti:  tyajet  Mudlimiö  mahiläsvapiitram  'der  von 
Hunger  gequälte  verläßt  wohl  Weib  und  Kind'. 

3.  in  hypothetischen  Sätzen  sowohl  zur  Bezeichnung 
einer  bloßen  Annahme  oder  Möghchkeit  wie  der  irrealen 
Bedingung;  im  letzten  Falle  konkurriert  er  mit  dem 
Modus  irreahs  (§  414.  1.). 

4.  als  allgemeiner  'Subjunctivus'  in  Konjunktional- 
und  Relativsätzen;  doch  macht  hierin  der  Indic.  Praes. 
oder  Futuri  dem  Optativ  oft  das  Feld  streitig,  vgl.  z.  B. 
sogar  ^  ^iij^  ^T^rfTf  cl'irr  t^^  T  fTTBtiT  yadi  ku^aM 
hhavati,  tan  mq,  viuä  na  tiWiati  (I,  2)  'wenn  er  gesund 
wäre,  würde  er  nicht  ohne  mich  bleiben'. 

439.  Der  Konjunktiv  liegt  in  den  ersten  Personen 
des  Imperativs  vor;  seine  Bildung  ist  nur  in  der  älteren 
Sprache  noch  deuthch  zu  erkennen. 

Die  Endungen  sind  bald  primär  bald  sekundär;  die  thema- 
tischen und  athematischen  Verba  bilden,  den  Modus  auf  ver- 
schiedene Weise. 

1.  Die  athematischen  Verba  schieben  zwischen  Stamm 
und  Endung  ein  a,  bezw.  in  den  Formen  der  1.  Pers.  ein  ä 
ein,  z.  B. 


300  Formenlehre.  [§  439. 440. 

Indikativ  Konjunktiv 

Akt.  S.  1.  P.  e-mi  'ich  gehe'  at/-ä(ni) 

3,  P.  e-ti  ay-a-t{i) 

PL  1.  P.  i-mah  ay-ä-ma 

Med.  S.  1.  P.  äs-e  'ich  sitze'  äs-äi  (s.  u.) 

3.  P.  äs-U  äs-a-te 

PI.  1.  P.  äs-mahe  äs-ä-mahäi  (für  *äs-ä-mahe,  s.  u.) 

2.  Die  thematischen  Verba  verlängern  den  thematischen 
Vokal  -a-,  z.  B. 

Indikativ  Konjunktiv 

Akt.  S.  1.  P.  bhava-si  bhav-ä-s'[i) 

PI,  2.  P.  bhava-tha  bhavätha 

Med.  S.  3.  P.  bhava-te  bhavä-te 

Die  Formen  der  1.  Person  konnten  auf  diese  Weise  vom  In- 
dikativ Praes.  ursprünglich  nicht  unterschieden  werden ;  dies  wurde 
durch  die  Endungen  ermöglicht :  vgl.  im  Aktiv  -ni,  bezw.  eekundäves 
■va,  -ma  {bhaväni,  -va,  -ma  gegenüber  bhavämi,  -vah,  -mah),  im 
Medium  -äi,  -vahäi,  -maJiäi  {bhaväi,  bhavä—ahäi  gegenüber  bhave, 
bhavä-ahe),  wobei  -äi  vom  Sing,  auf  den  Dual  und  Plural  über- 
tragen  worden  ist.    Vgl.  Bartholomae  KZ.  XXVII,  210  £f. 

Der  Ausgang  der  1.  Sing,  -äi  war  ursprünglich  mit  dem- 
jenigen des  Indikativ  identisch  (s.  §  428);  aber  indem  -äi  auf  den 
Konjunktiv  beschränkt  wurde,  bildete  man  z.  B.  zu  dem  doppel- 
deutigen bharäi  eine  besondere  Indikativform  bhare  nach  dem 
Muster  von  bharase,  bharate  u.  s.  w.  Schließlich  empfand  das 
Sprachgefühl  den  Ausgang  -äi  als  ein  Charakteristicum  des  Kon- 
junktivs und  rief  nicht  nur  die  schon  genannten  Endungen  -vahäi, 
-mahäi,  sondern  auch  Nebenformen  wie  -säi,  -{njtäi,  -dhväi  statt 
-se,  -nte,  -dhve  hervor;  sie  sind  im  RV.  seltener  als  in  AV.  und 
Br.  Die  letzte  Phase  in  der  Entwicklung  des  Konjunktivs  ist 
das  Eindringen  des  Typus  2.  in  den  Typus  1.,  d.  h.  der  Sieg  des 
langen  Modusvokals,  der  durch  die  Übereinstimmung  der  ersten 
Personen  bei  1.  und  2.  gefördert  wurde,  vgl.  z.  B.  ayäh  neben 
ayah,  äsätai  neben  äsate. 

440.  Spracligeschichtliches.  Der  vedische  Konjunktiv  ist 
eine  ursprachliche  Bildung,  wie  sich  besonders  aus  dem  Griechi- 
schen und  Lateinischen  ergibt;  auch  hier  finden  sich  die  beiden 
Typen  in  gleicher  Verteilung. 

1.  Zwischen  Verbalstamm  und  Endung  erscheint  der  Vokal 
e  (=ai.  a)  oder  o  (=  ai.  «!);  der  Konjunktivstamm  eines  athe- 
matischen Verbums  ist  also  mit  dem  (indikativischen)  Stamm 
eines  thematischen  Verbums  identisch;  vgl.  z.  B. 


§440.441.]  Die  verbalen  Ausdrucksmittel.  301 

Konjunktiv:  idg.  *es-e-t{i),  ai.  asat(i),  apers.  aliatiy,  lat.  erit. 

Indikativ:  idg.  *es-ti  =  ai.  asti,  gr.  eoti,  lat,  est. 

Konjunktiv:  idg.  *ei-o-mo{s)  =  ai.  ayäma,  gr.  (hom.)  i-ojxev. 

Indikativ:  idg.  *i-mos  =  ai.  imah,  gr.  [{jisv. 

Konjunktiv:  idg.  *es-ö  =  ai.  asä{ni),  gr.  ew,  lat.  ero. 

Indikativ:  idg.  *es-mi  =  ai.  asmi,  gr.  e{(j.i. 

2.  An  Stelle  des  thematischen  Vokals  e,  ö  erscheint  im  Grie- 
chischen -e-,  -ö-,  im  Lateinischen  -e-  oder  -ä-,  vgl.  gr.  cpeptup-ev 
cpepTr]Te,  lat.  ferämus  ferätis  und  (Fut.) /ermMS /erefo's  (gegenüber 
cpepo^j-ev  cp^pexe,  ferimus  legitis).  Im  Ai.  mußte  in  allen  Fällen 
ein  ä  eintreten.  Ob  dieses  ä  die  griechischen  oder  lateinischen 
Formen  wiedergibt,  ist  nicht  zu  entscheiden;  für  die  schwierige 
Frage,  wie  in  der  Grundsprache  die  verschiedenen  langen  Vokale 
im  Konjunktiv  verteilt  waren,  kommt  also  das  Ai.  nicht  in 
betracht. 

Das  Übergreifen  von  2.  auf  1.  hat  auch  im  Iranischen, 
Griechischen  (fiufj-ev)  und  Italischen  {eamus)  stattgefunden. 

441.  Unter  Injunktiv  (auch  'unechter  Konjunktiv'  ge- 
nannt) versteht  man  diejenigen  Yerbalf ormen ,  die  sich 
von  der  augmentierten  Indikativform  des  Imperfekt  und 
Aorist  nur  durch  das  Fehlen  des  Augments  unterscheiden, 
denen  also  im  Gegensatz  zum  Indikativ  Praes.  die  sekun- 
dären Endungen  eigen  sind;  also  z.  B.  hharata,  gr.  cpepexe 
gegenüber  ahharata  ecpepexs  (Indic.  Praes.  hJiaratha). 
In  älterer  (ved.,  uridg.)  Zeit  indikativisch  und  konjunk- 
tivisch verwendet,  finden  sich  solche  Formen  im  klassi- 
schen Sanskrit : 

1.  in  den  Imperativformen  der  2.  3.  Du.  Act.  (-tarn), 
2.  PL  Act.  (-to),  2.  3.  Du.  Med.  (-ät[h]äm,  -dhvam),  bezw. 
erweitert  in  der  3.  S.  u.  PI.  Act.  {-tu,  -titu),  worüber  im 
einzelnen  schon  oben  gehandelt  worden  ist. 

2.  in  Verbindung  mit  der  Negation  mä  als  Prohibi- 
tivus  und  zwar  besonders  vom  Aoriststamm,  z.  B.  mä 
krthäh  (YIII)  *tue  nicht',  mä  hhäiMh  'fürchte  nicht'  (In- 
dic. Aor,  cikrthäli,  ahhäiSih,  s.  §  538.  545).  Über  das 
Wesen  des  Modus  s.  Delbrück,  Grundriß  IV,  352 ff., 
Streitberg  IF.  (Anz.)  IX,  170. 


302  Formenlehre,  [§  442. 443. 444. 

442.  Dem  ursprünglichen  Imperativ  gehören  alle 
übrigen  Formen  an,  die  in  §  439 — 441  nicht  erwähnt 
worden  sind,  also  die  2.  S.  Act.  und  Med.  sowie  die  3.  S. 
und  PI.  Med. 


XXII.  Kapitel. 

Die  indogermanisclieii  Grundlagen  der  ai. 
Praesensstämme. 

a)  Vorbemerkungen. 

443.  Praesens-,  Aorist-  und  Perfektstamm.    Wie 

schon  bemerkt  worden  ist,  wird  entweder  die  reine 
'Wurzel'  oder  eine  durch  Suffixe  erweiterte  Form  der- 
selben als  Basis  der  Tempusbildung  verwendet.  Hin- 
sichtlich der  Bildungsmittel  oder  Formantien^  zeigen 
die  verschiedenen  Tempusstämme  keine  prinzipiellen 
Unterschiede;  nur  der  Perfektstamm  hebt  sich  von  den 
übrigen  Stämmen  durch  einige  ihm  allein  zukommende 
Besonderheiten  ab  (s.  §  510).  Dennoch  ist  man  auch 
von  formalen  Gesichtspunkten  aus  berechtigt,  die  große 
Gruppe  der  Praesensstämme  als  engere  Einheit  den 
übrigen  Tempusstämmen  gegenüberzustellen,  da  nur  eine 
sehr  beschränkte  Zahl  von  Formantien  zugleich  im 
Praesens-,  Perfekt-  und  Aoriststamm  erscheint. 

444.  Stammbildende  Suffixe.  Daß  in  einer  Form 
wie  Bsix-vu-fii  das  -vu-  ein  Suffix  oder  Formans  des 
Praesensstammes  ist,  ist  im  HinbHck  auf  Formen  wie 
Ssix-TÖ?,  Se-Bsix-xai  u.  s.  w.  ohne  weiteres  zu  erkennen; 
aber  daß  z.  B.  in  lat.  mngo  (hinxi,  iundum)  das  'in- 


1  Diesen  Ausdruck  gebraucht  Brugmann  in  seiner  Kurzen 
vergl.  Gramm,  für  alle  Suffixe,  Praefixe  und  Infixe,  welche  zur 
Formenbildung  dienen.    Vgl.  auch  IF.  XIV,  If. 


§  444. 445.]  Die  indogerm.  Grundlagen  d.  ai.  Praesensstämme.      303 

figierte'  n  ebenfalls  ursprünglich  ein  Bildungsmittel  des 
Praesensstammes  war,  ergibt  sich  erst  aus  der  Vergleicbung 
der  verwandten  Sprachen  (vgl.  z.  B.  ai.  yitk-ta-  gegenüber 
lat.  iunctns).  Die  einzelnen  idg.  Sprachen  haben  vielfach 
den  ursprünglichen  Zustand  verwischt,  indem  sie  eine 
bestimmte  Stammform  dui'ch  das  ganze  Verbum  hindm-ch 
verallgemeinerten.  Aber  da  auch  die  uns  zugänghche 
Gestalt  der  idg.  Ursprache  das  Produkt  einer  längeren 
Entwicklung  darstellt,  so  sind  natürUch  öfter  bei  den  er- 
schheßbaren  idg.  Yerbalwui'zeln  Zweifel  möghch,  ob  man 
lauthche  Elemente,  die  sich  als  Erweiterungen  einer 
noch  erkennbaren  einfacheren  Wurzel  darstellen,  als 
'Praesenssuffixe'  bezeichnen  darf.  So  kann  man  z.  B. 
die  W.  mäh-  in  ai.  yödhati  'er  gerät  in  Bewegung',  Ut. 
jticlü  'ich  bewege  mich  zitternd'  mit  Rücksicht  auf  die 
ai.  "W.  yu-  'anbinden'  in  iu  +  dli  zerlegen  und  -dh-  als 
ein  m-sprüngUches  'Praesensfonnans'  betrachten.  Eine 
solche  Bezeichnung  wird  am  besten  auf  diejenigen  Fälle 
angewendet,  wo  sich  ein  lauthcher  Zusatz  durch  eine 
größere  Zahl  von  Fällen  deuthch  als  formbildend  abhebt, 
während  man  sich  im  übrigen  begnügt,  von  der  Tatsache 
einer  einfacheren  und  erweiterten  Wurzel  Kenntnis  zu 
nehmen;  man  kann  das  die  Wurzel  erweiternde  Element 
'Wurzeldeterminativ'  nennen. 

445.  Wieviel  Praesensklassen  der  idg.  Grundsprache  zu- 
zuweisen seien,  hängt  davon  ab,  wie  man  den  Begriff  des  Praesens- 
suffixes  abgrenzt.  Brugmann  hat  im  Grundriß  II,  887  ff.  32  Klassen 
unterschieden,  wobei  z.  B.  die  -d/t-Erweiterung  einer  "Wurzel  als 
eine  besondere  Praesensklasse  aufgezählt  wird.  In  der  Gram- 
matik einer  Einzelsprache  darf  man  sich  begnügen,  diejenigen 
idg.  Bildungen  zu  verzeichnen,  bei  denen  sich  ein  stammbildendes 
Element  des  Praesens  deutlich  von  den  übrigen  Tempusstämmen 
abhebt.  Seltene  Formationen  der  Grundsprache  braucht  die 
Einzelgrammatik  nur  zu  berücksichtigen,  sofern  sie  in  dem  Formen- 
bau der  betreffenden  Sprache  eine  Rolle  spielen;  den  Verlust 
größerer  idg.  Praesensklassen  hat  aber  die  Grammatik  der  Einzel- 
sprachen  als   besonderes  Charakteristicum  zu  verzeichnen.    Das 


304  Formenlehre.  [§  445. 446. 

Altindische  hat    die    idg.   Praesensstammbildung   sehr 
gut  bewahrt  (besonders  in  der  älteren  Sprache). 

M6.  Der  thematische  Tokal.  Die  idg.  Yerbal- 
stämme,  an  welche  die  Personalendungen  (bezw.  die  Kenn- 
zeichen der  Modi)  antreten,  zerfallen  in  2  Hauptklassen, 
je  nachdem  sie  eine  Erweiterung  mit  dem  sogen,  'the- 
matischen', d.  h.  stammbildenden  Vokal  e  bezw.  o  besitzen 
oder  ohne  ihn  gebildet  sind;  so  unterscheiden  sich  z.  B. 
i-[X£v,  i-xe  oder  8£ixvu-|i,£v,  Beixvu-xevon  (f£p-o-{JL£v,  cp£p- 
£-T£  oder  xd(Jiv-o-[X£v,  xd|xv-£-T£  durch +  o/£;  im  ersten 
Fall  spricht  man  von  'athematischen'  ('themavokallosen'), 
im  zweiten  von  'thematischen'  ('themavokahschen')  Yer- 
balstämmen  oder  Verben.  Für  die  Bildung  der  einzelnen 
Verbalformen  ist  dieser  Unterschied  von  fundamentaler 
Bedeutung,  weshalb  man  der  Darstellung  der  einzelnen 
Konjugationen  jene  Zweiteilung  zweckmäßig  zugrunde 
legt  (s.  Kapitel  XXIII).  Trotzdem  empfiehlt  es  sich 
nicht,  jenes  Kriterium  zum  obersten  Einteilungsgrund  der 
idg.  Praesensklassen  zu  machen,  weil  man  sonst  Praesens- 
bildungen,  die  ihi-em  Bau  nach  enge  zusammengehören 
(z.  B.  die  reduplizierenden  Verba  8i-Bü)-[jii  und  yi-y^'O" 
|xai  oder  die  T}-pen  8d(x-va-[j,£v  und  xd[x-v-o-|X£v)  vöUig 
auseinanderreißen  müßte;  Praesensstämme  von  gleichem 
Bau  haben  öfter  Wechselfonnen  mit  oder  ohne  Thema- 
vokal (s.  u.). 

Anm.  TVas  eigentlich  der  thematische  Vokal  ist,  läßt  sich 
nicht  mit  Sicherheit  sagen;  daß  das  oje  von  cpep-ö-[A£v  cpip-e-re 
mit  dem  Stammauslaut  der  nominalen  o-Stämme  im  Grunde  iden- 
tisch ist,  und  daß  wir  ein  idg.  *hher°:e-  als  zweisilbige  Wurzel 
oder  Basis  der  nominalen  und  verbalen  Flexion  zugrunde  zu  legen 
haben,  ist  sehr  wahrscheinlich  (vgl.  auch  §  221  Anm.  2).  Zwei- 
silbige Verbalwurzeln  sind  nämlich  auch  sonst,  z.  B,  in  FäUen 
wie  cpuTj-vai,  ßa>.'?)-vai,  aXiä-so.i  u.  dgl.,  anzunehmen.  Über  die 
Ablautsverhältnisse  zweisilbiger  'Basen'  s.  §  104  Anm.  Da  neben 
solchen  Basen  einsilbige  Formen  stehen,  so  kann  der  vokaUsche 
Auslaut  dieser  zweisilbigen  "Wurzeln  ebensogut  wie  der  thematische 
Vokal  als  'stammbildend'  betrachtet  werden. 


§  447. 448.]  Die  indog.  Grundlagen  d.  ai.  Praesensatämme.  305 

447.  Die  Scheidung  in  primäre    und   abgeleitete 

Yerba  ist  für  die  formale  Seite  der  Praesensstammbildung 
von  untergeordneter  Bedeutung.  Zu  den  'abgeleiteten' 
Verben  gehören  im  Ai.  die  Causativa,  Intensiva 
und  Desiderativa,  sowie  das  Passivum:  es  sind 
Praesensstämme ,  die  mit  den  'primären'  Verben  zwar 
die  gleichen  Bildungsgesetze  gemein  haben,  sich  aber 
von  andern  Verben  gleicher  Wurzel  durch  einen  be- 
stimmten 'Nebensinn'  unterscheiden  und  zu  ihnen  ge- 
wissermaßen als  Deverbativa  in  einem  festgeregelten 
funktionellen  und  formalen  Verhältnis  stehen  (wie  z.  B. 
trhiken  und  Kausativ  tränken  oder  lat.  pario  und  par- 
turio). 

Auch  die  Denominativa  unterscheiden  sich  durch 
ihre  Bildungsweise  nicht  von  den  primären  Verben;  nur 
liegt  ihnen  nicht  eine  Verbalwurzel,  sondern  ein  Nominal- 
stamm zugrunde.  Im  Sinne  irgend  einer  Einzelsprache 
läßt  sich  nur  dann  von  Denominativen  reden,  wenn  die 
betreffenden  Verba  vom  Sprachgefühl  unmittelbar  auf 
ein  Nomen  bezogen  werden,  wie  z.  B.  BouXo«)  auf  8ou- 
Xo<;,  ßaaiXsoto  auf  ßaaiXsu?,  xTjpuTKo  auf  xvipu^  u.  s.  w. 

Anm.  Eine  feste  Abgrenzung  der  Denominativa  ist  in  der 
idg.  Grammatik  nicht  möglich,  da  absolute  Grenzen  zwischen 
Nominal-  und  Verbalstamm  nicht  bestehen  (vgl.  §  446  Anm.);  es 
kann  die  Frage  aufgeworfen  werden,  ob  nicht  das  idg.  Verbum 
überhaupt  aus  dem  Zusammenwachsen  eines  Nominalstammes 
(Nomen  agentis)  und  der  Personalendung  entstanden  ist.  Vgl. 
über  die  hier  berührten  Fragen  Brugmann,  Grundriß  II,  875 ff. 
und  allgemein  über  die  Entstehung  des  Verbums  Wundt,  Völker- 
psychologie I,  2,  129  ff. 

b)  Die  einzelnen  Praesensklassen. 

a)  Die  ein-  oder  zweisilbige  Wurzel  als  Praesensstamm. 

448.  I.  Klasse.  Die  reine  Wurzel  oder  'Basis'  dient 
als  Praesensstamm  [==  ai.  2.  Blasse,  s.  §  479 ff.]. 

Thumb,  AltindiBcho  Grammatik.  20 


306  Formenlehre.  [§448. 

a)  Einsilbige  Wurzel  mit  Abstufung: 

äs'ti  'er  ist',  s-mäh  'vnr  sind',  vgl.  gr.  eo-Ti,  lat.  es-t, 
s-umus,  idg.  *es-ti,  *s-mös. 

e-mi  'ich  gehe',  i-tnäh  '^ir  gehen',  gr.  el-[ii,  i-fxsv,  idg. 
*ei-vni,  H-mös. 

ai.  stäu-mi  'ich  preise',  stu-mah. 

Hierher  gehört  auch  der  Wurzelaorist,  s.  §  537. 

b)  Wurzel  ohne  Abstufung: 
äs-te  'er  sitzt',  gr.  -^axai; 

Se-te  'er  liegt',  gr.  xet-xai;  vgl.  §  484  und  Brugmann, 
Grundr.  II,  891  f. 

c)  Zweisilbige  Wurzel  auf  e  oder  i  (mit  Ab- 
stufung) : 

rodi-nii  'ich  weine',  riidi-mäh  'wir  weinen',  vgl.  gr, 
ayct-fiai,  xp£jxa-[i.ai. 

irävi-mi  'ich  spreche',  hrü-mäh  'wir  sprechen'. 

Vgl.  §  490.  Das  l,  welches  auch  in  der  Flexion  von 
rödi-mi  (§  490)  und  asmi  (§  488)  sowie  im  sigmatischen 
Aorist  (§  555)  erscheint,  hat  mit  dem  i  von  rödimi  u.  dgl. 
an  sich  nichts  zu  schaffen:  denn  i  ist  idg.  9,  dagegen  i 
==  idg.  i  Sowohl  ^  (9)  wie  i  sind  Bestandteile  der  Wurzel, 
die  auch  außerhalb  des  Praesensstammes  erscheinen  (vgl. 
die  Bemerkungen  über  den  Bindevokal,  §  519.  554.  568. 
571.  615.  616.  633).  Da  9  nach  §  109  Tiefstufe  von  e,  ö, 
ä  ist,  so  dürfen  dem  Typus  rödi-mi  zweisilbige  AVurzeln 
auf  einen  dieser  Vokale  zugrund  gelegt  werden;  idg. 
*reud9-,  ai.  rödi-  und  *rudd-,  ai.  rudi-  verhalten  sich  zu 
einem  idg.  *rudä-  wie  etwa  idg.  *hheu9-  und  *hJiü-  zu 
*hh(u)tiä-,  s.  §  104  Anm.  Das  1,  welches  in  hravl-mi  den 
Schluß  der  Wurzel  bildet,  ist  nach  §  109  b)  ß)  Tiefstufe 
eines  äi  (d.  h.  idg.  ei,  öi  oder  äi);  als  Zeugnis  einer 
Basis  *hraväi-  darf  (mit  Berücksichtigung  von  §  77.  2) 
iran.  mravä-  (z.  B.  in  av.  mraväH-e  'sie  sagen')  betrachtet 
werden. 


§448. 449  ]  Die  indog.  Grundlagen  d.  ai.  Praesensstämme.  307 

Zweisilbige  Basen,  wie  sie  durch  die  ai.  Typen  rödimi  (I) 
und  bravlmi  (II)  erfordert  werden,  lassen  sich  innerhalb  und 
außerhalb  des  Arischen  nachweisen.  Vgl,  I:  idg.  ^Je^^-  in  gr.  uexa- 
fxat,  ai.  pati-tum  und  ptä-  in  gr.  (dor.)  f-Ttxä-v ;  teb-  in  gr.  xeXa- 
lAflbv  und  tlä-  in  xAij-vai;  ter9-  in  ai.  tari-tum  und  trä-  in  ai.  trä-ti 
'er  rettet';  gr.  Verbalstämme  wie  dXüi-vai,  •f^tä-^ai,  ;pufi-vai  ge- 
hören zu  dem  in  ai.  trä-ti  vorliegenden  Typus,  der  sich  übrigens 
von  der  Praesensklasse  I.  b  nicht  unterscheidet  (weitere  Beispiele 
desselben  §  484.  1).  Die  Basisf'orm  II  ist  vertreten  durch  idg. 
uide(i)-  in  lat.  vide-mus  vide-re,  ab.  vidi-ti  (Inf.)  'wissen'  und 
uidl-  in  ab.  vidisi  'du  weißt'  (aus  *neldi-si).  Vgl.  dazu  auch 
§  466.  Eine  Vermischung  der  beiden  Typen  begann  schon  in 
der  Grundsprache  infolge  der  häufigen  Monophthongierung  der 
Langdiphthonge  ei,  öi,  äi:  eine  reinliche  Scheidung  beider  Gruppen 
von  Wurzeln  ist  daher  nicht  möglich.  Im  Äi.  wurde  diese  Mi- 
schung beider  noch  weiter  begünstigt,  da  i  (idg.  9  :  ä)  nach  §  109.  c. 
Anm.  auch  als  Schwächung  des  ^  (zum  idg.  Ablaut  ^  :  äl)  aufgefaßt 
werden  kann.  So  mischten  sich  also  «  (a) :  ä  und  i  :  ä,  und  daraus 
erklärt  sich,  daß  das  ^  von  bravlmi  in  den  Typus  rödimi  (s.  o.) 
eindrang,  ferner  daß  zu  bravi-mi  eine  Tiefstufe  brü-  (in  brü-mah) 
gebildet  wurde,wie  wenn  die  Hochstufe  *bravt-  lautete  (vgl.  dazu 
das  Verhältnis  von  bhavi-  d.  i.  bheua- :  hhü-). 

Zur  ganzen  Frage  dieser  Praesensbildungen  vgl.  außer  Brug- 
mann,  Grundriß  II,  947—966  (Kurze  vergl.  Gramm.  500  ff.), 
Bartholomae,  Iran.  Grundr.  I,  79  f.,  "Wackernagel  §  18.  79.  b, 
sowie  Hirt,  Ablaut  (passim),  Reichelt  BB.  XXVII,  70 ff.  und  KZ. 
XXXIX,  57,  Bezzenberger  in  Vi^aq,  (Abhandlungen,  Fick  ge- 
widmet, Göttingen  1903)  S.  198. 

449.  n.  £lasse.  Hinter  der  Wurzel  steht  der  the- 
matische Vokal.  Nach  der  Ablautsstufe  der  Wurzelsilbe 
bezw.  nach  dem  Accent  zerfällt  diese  Klasse  (die  in  allen 
idg.  Sprachen  die  weitaus  häufigste  ist)  in  zwei  Ab- 
teilungen ;  die  ursprünghchen  Verhältnisse  sind  am  deut- 
hchsten  im  Ai.  zu  erkennen. 

a)  Die  Wurzel  steht  in  der  Hochstufe  (selten  in  der 
Dehnstufe)  und  ist  betont  (=  ai.  1.  Klasse,  s.  §  469ff.): 

hhärämi,  hhärati,  hhäranti,  gr.  tpepca,  cpepouat,  lat. 
fero,  ferunt,  got.  haira,  hairand,  idg.  *hherö,  *h'her-e-ti, 

20* 


308  Formenlehre.  [§  449. 450. 

*h}ier-o-nti]  hödhati  'er  erwacht'  =  gr.  TcsuÖSTai;  ajati 
'er  führt',  gr.  ayu),  lat.  agö,  idg.  *ägö,  *äg-e-ti. 

b)  Die  W.  steht  in  der  Tiefstufe,  der  Accent  ruht 
auf  dem  thematischen  Vokal  (=  ai.  6.  Klasse,  s.  §  475  f.) : 

viSäti  'er  tritt  ein',  idg.  *tiik-e-ti;  tudäti  'er  stößt', 
idg.  *tud-e-ti;  sphuräti  'er  zuckt,  schnellt',  idg.  *sp}ig7~-e-ti. 

Zwischen  a)  und  b)  ist  gelegentlich  dadurch  eine 
Vermischung  eingetreten,  daß  der  Accent  von  a)  auf 
Verba  der  Klasse  b)  übertragen  wurde.  Verba,  deren 
Wurzelvokal  zweideutig  war,  veranlaßten  diese  Über- 
griffe von  a) :  so  konnte  ein  da^ati  'er  beißt'  =  idg.  dnk- 
e-ti  (§  89)  wie  ein  hhärati  u.  s.  w.  aufgefaßt  und  dem- 
gemäß dMati  betont  werden. 

Anm  1.  Natürlich  hat  die  angegebene  Betonungsdifferenz 
nur  in  der  älteren  Sprache  Bedeutung  (s.  §  55),  doch  war  sie  den 
ind.  Grammatikern  (Pänini)  noch  bekannt. 

Anm.  2.  Die  Verschiedenheit  der  Wurzelstufe  von  a)  und 
b)  ist  auch  in  den  verwandten  Sprachen  durch  zahlreiche  Beispiele 
zu  belegen,  vgl.  aus  dem  Griech.  z.  B.  Ypacptu,  y^^u^i«  gegenüber 
l/io,  T:e(9(u,  T^pTiu)  u.  s.  f.;  Klasse  11  b)  wird  besonders  häufig  als 
sogen,  starker  Aorist  verwendet  (s.  §  540),  und  auch  im  Griechi- 
schen zeigt  sich  in  diesem  Falle  wenigstens  beim  Infinitiv  und 
Partizip  der  alte  Accentunterschied,  vgl.  Tp^Tieiv  —  xpairsiv,  cpeuYeiv 
—  cpuYeiv,  XefTreiv  —  Xmeiv  u.  s.  f.  Man  pflegt  daher  Praesentia 
des  Typus  II  b)  als  'Aoristpraesentia'  zu  bezeichnen,  während  man 
bei  II  a)  von  'Imperfektpraesentien'  sprechen  kann. 

Anm.  3.  Ob  die  beiden  Typen  in  uridg.  Zeit  aus  einem 
älteren  Typus  mit  wechselndem  Accent  erwachsen  sind,  ist  un- 
gewiß, s.  darüber  Brugmann,  Grundr.  II,  914.  Spekulationen 
über  den  uridg.  Zusammenhang  der  I.  und  II.  Klasse  s.  bei  Hirt 
IF.  Vni,  267  fi'. 

450.  ni.  Klasse.  Reduphzierte  Wurzel  (mit  Ab- 
stufung) +  Endung.    [=  ai.  3.  Klasse,  s.  §  491  ff.]: 

piparmi  'ich  füUe',  jnprmäh,  gr.  Tri([i.)7rXa|X£v  'wir 
füllen',  idig.  pH-pel-mi,  *pi-pl-m6s;  juhomi  'ich  opfere', 
juhumäli\  dädä-mi  'ich  gebe',  dadrmäh  'wir  geben',  vgl. 
gr.  oiBcüfxi,  8ioo{JL£v,  idg.  "^dygäö-mi,  *d^/ed{d)-mös. 


§  450. 451. 452.]  Die  indog.  Grundlagen  d.  ai.  Praesensstämme.      309 

Über  die  Regeln  der  Reduplikation  s.  §  416  u.  §  492. 
Der  ursprüngliche  Vokal  derselben  scheint  in  der  Regel 
i  gewesen  zu  sein,  wie  besonders  das  Griech.  zeigt  (xi- 
ÖYjfjLi,  Tri[jnrXTrj[i,i,  iatY][jLi  u.  s.  w.).  Doch  gab  es  schon  in 
uridg.  Zeit  Praesentia  mit  dem  Reduplikationsvokal  e, 
vgl.  gr.  xe-xXu-6i  'höre'  oder  lit.  demi  'ich  lege'  =  *de-d- 
mi\  man  hat  daher  in  dad{h)ämi  (vgl.  av.  dahä-Hi  'er 
gibt')  u.  ä.  Formen  wohl  Reste  dieser  alten  Redupli- 
kationsweise mit  e  zu  sehen. 

451.  Wie  III,  jedoch  mit  verstärkter  Redupli- 
kation sind  die  Intensiva  gebildet,  s.  §  594 ff.;  z.  B. 

veved-mi,  PL  vevid-mäh,  zur  W.  vid-  'wissen'. 

Öfter  steht  l  hinter  der  Wurzel,  z.  B.  car-karl-ti  zur 
W.  kar-  'machen'. 

Dieser  Praesenstypus  kommt  nur  im  Arischen  vor. 

Anm.  Die  reduplizierenden  Praesentien  hatten  ursprünglicli 
wohl  allgemein  eine  iterative  (intensive)  Bedeutung  (oder  Aktions- 
art); daß  sie  bei  einzelnen  Verben  im  Ai.  u.  Griech.  noch  durch- 
schimmert, zeigt  Delbrück,  Grundriß  III,  2,  16  ff. 

452.  IV.  Klasse.  Reduplizierte  (meist  tiefstufige) 
W.  +  themat.  Vokal  +  Endung. 

ti-Mh-a-ti  'er  steht',  av.  Jii-M-aHi,  lat.  si-st-i-t^;  vgl. 
ferner  gr.  Yi-yv-ojxai,  lat.  gigno,  gr.  [iijivw  u.  a. 

e-  Reduplikation  findet  sich  z.  B.  in: 

sa-§c-a-ti  (RV.)  'er  folgt',  vgl.  gr.  e-OTT-e-aöai,  idg. 
*se-scßf-e-ti  zur  W.  seqV-  (ai.  sac-). 

Zu  dieser  Klasse  gehört  auch  der  reduplizierte  Aorist, 
s.  §  542  ff. 

Anm.  1.  Über  die  seltsame  Reduplikationsweise,  die  in 
pi-b-ämi  'ich  trinke'  =  idg.  *pihö,  W.  pö-,  vorliegt,  vgl.  auch  §  116, 
sowie  Brugmann,  Grundr.  II,  933 f.  940  und  Johansson  IF.  11,  8f. 

Anm.  2.  Ob  ai.  sidami  'ich  sitze'  (=lat.  sido)  auf  ein  idg. 
*si-zd-ö  (W.  sed-)  zurückzuführen  sei  (wie  man  früher  ziemlich 
allgemein  annahm) ,    ist   zweifelhaft.     Eine  idg.  Wurzelform  sid- 


1  Gr.  ?cjTTf]|j.t  gehört  dagegen  zur  III.  Klasse. 


310  Formenlehre.  [§  452. 463. 454. 

wird  von  Rozwadowski  BB.  XXI,  147 ff.  angesetzt;  über  die  Be- 
ziehungen dieses  sid-  zu  sed-  s.  Brugmann,  Grundriß  I^  504  und 
zuletzt  (aber  nicht  ganz  klar)  Reichelt  KZ.  XXXIX,  47  f. 

ß)  Nasalpraesentia. 

453.  V.  Klasse,  a)  Tief  stufige  AVurzel  mit  abstufendem 
Formans  nä :  nd  :  n  +  Endung.  Dieser  Typus  ist  am  deut- 
lichsten vertreten  in  gr.  8d(i-v7]-[j,t  (aus  8a{x-vä-{i,i): 
8d{jiva[i.£v  (=  ai.  9.  Klasse,  s.  §  507 ff.].  Im  Ai.  ist  die 
Suffixform  -nd-  durch  -nl-  (statt  -ni-)  ersetzt: 

aSncimi  'ich  esse',  ahiimäJi  'wir  essen',  ahi-änti  'sie 
essen' ;  kr'mämi  'ich  kaufe',  krmlmäh,  krmänti. 

Über  das  Verhältnis  des  ai.  -nl-  zu  gr.  -va-  (idg.  -nd-) 
sind  die  Meinungen  geteilt;  manche  Gelehrte  sehen  darin 
eine  ai.  Neubildung  statt  des  zu  erwartenden  -ni-,  d.  h. 
einen  Ersatz  des  i  (a)  durch  i  (Ablaut  ä :  l)  wie  in  den 
oben  §  448  c)  angeführten  Fällen ;  andere  (so  vor  allem 
Bartholomae)  vermuten,  daß  das  Suffix  ursprünghch  näi: 
nl  lautete ;  in  diesem  Falle  ist  idg.  -nd-  eine  Neubildung 
zu  -tiä[i]-.  Auffällig  ist,  daß  das  Iranische  die  Form  -nl- 
nicht  besitzt;  auch  kann  die  Tiefstufe  -n-  nicht  leicht  aus 
einem  -näi-  erklärt  werden.  Vgl.  zur  Frage  Bartholomae, 
Studien  II,  passim,  Iran.  Grundr.I,  73  f.  Brugmann,  Kurze 
vergl.  Gramm.  511  f.,  Reichelt  BB.  XXVII,  73  f.,  O.  Keller 
KZ.  XXXIX,  166  ff. 

Anm.  Da  die  Praesentia  auf  -nä-mi  zu  zweisilbigen  Wurzeln 
auf  -ä(/)-  in  Beziehung  stehen  (s.  §  458  Anm.),  so  darf  nach  der 
Analogie  dieser  (§  448  Anm.)  angenommen  werden,  daß  sowohl 
•nä-  (-n,3-)als  auch  -näi-  {-nl-)  einmal  neben  einander  bestanden  haben. 
Am  deutlichsten  weist  grhnämi  'ich  ergreife'  auf  eine  Basis  grhhäi-, 
vgl.  den  sigmatischen  Aor.  a-grahäi-sam  (Brahm.)  und  Formen 
wie  das  Partie.  Praet.  grhi-ta-  u.  dgl. 

454.  T.  Klasse,  b)  Wurzel  +  no/e-  (d.  h.  n  +  them. 
Vokal).    Vgl.  gr.  Sdxvü),  xdfji^^u),  tcivco. 

Diese  Klasse  ist  im  Ai.  selten  und  beruht  zum  Teil  auf 
jüngerem  Übergang  der  V. Kl.  a)  in  die  thematische  Flexion,  wozu 
die  3.  PI.  den  Anstoß  geben  konnte,  vgl.  z.  B.  (ved.)  minäti  neben 


§  454 — 458.]  Die  indog.  Grundlagen  d.  ai.  Praesensstämme.  311 

mindti  'er  mindert'.  In  andern  Fällen  wie  ghürnate  'er  schwankt' 
ist  die  Beziehung  zur  Nominalbildung  {ghürna-  'schwankend')  zu 
beachten.  Noch  deutlicher  ist  dieser  denominative  Charakter  in 
Verben  wie  h-pana-te  'er  jammert'  zu  krpana-  'jämmerlich,  elend'; 
verwandt  sind  damit  griechische  Formen  wie  dÄcpdvtt) ,  ÖTjYcivu» 
(neben  &t]yovov!).  Vgl.  dazu  besonders  Pedersen  IF.  II,  329  ff., 
ferner  Brugmann,  Kurze  vergl.  Gramm.  513  f. 

455.  VI.  Klasse,  a)  An  die  tiefstufige  W.  tritt 
-neu-/-nu-;  -nu-  lautet  vor  vokalischer  Endung  -nv-  oder 
nuv-,  s.  §  72  [=  ai.  5.  und  8.  Klasse,  s.  §  498 ff.].  Z.  B. 

strnömi  'ich  streue',  strnumäh,  gr.  aT6pvu[X£v  =  idg. 
*strneumi,  *strnumös ;  §aJcn6mi  'ich  kann',  SaJcnumah. 

Dieser  Praesenstypus  ist  am  besten  im  Ai.  erhalten 
(die  griech.  Suffixform  -vü-  [6£ixvü|xi]  ist  eine  Neu- 
bildung). 

456.  VI.  Klasse,  b)  Mit  dem  Suffix  -nu-  ist  der 
thematische  Vokal  verbunden,  also  =  W.  +  nuo- : 

ci-nv-a-ti  'er  sammelt',  gr.  (hom.)  tivcö  aus  *tiv/üj, 
idg.  *qH-nu-e-ti  (neben  ci-nö-mi,  gr.  aeol.  Ti-vo-fjievai  nach 
Via). 

457.  VII.  Klasse,  a)  Zwischen  dem  (tiefstufigen) 
Vokal  und  dem  auslautenden  Konsonanten  der  W.  ist 
ein  sogen.  'Nasahnfix'  -ne-,  bezw.  -n-  eingeschoben;  die 
Flexion  ist  athematisch.    [=  ai.  7.  Klasse,  s.  §  504 ff.] 

Außerhalb  des  Arischen  ist  dieser  Praesenstypus 
nicht  nachzuweisen ;  vgl. 

chinädmi  'ich  vernichte',  cMndmäh,  W.  chid-  (zu  gr. 
ayj.(i(i),  lat.  scindo). 

hJiunäjmi  'ich  genieße',  hhunjmäh,  W.  hhuj-. 

458.  VII.  Klasse,  b)  Die  W.  mit  dem  Infix  n  wird 
thematisch  flektiert ;  der  Typus  ist  in  den  verwandten 
Sprachen  nicht  selten,  vgl.  z.  B.  lat.  scindo,  findo,  linquo, 
pango.  [Im  ai.  Praesenssystem  sind, die  hierher  gehörigen 
Verba  bei  der  6.  Klasse  untergebracht,  s.  §  476  a]: 

vindämi  'ich  finde',  W.  vid-\  lumpäti  'er  zerbricht' 
=  lat.  rumpit,  W.  rup-,  lup-. 


312  Formenlehre.  [§  458. 459. 

Anm,  (zu  Klasse  V— VII).  Daß  die  idg.  Nasalformantien 
unter  einander  zusammenhängen,  ist  an  sich  wahrscheinlich.  Be- 
sonders schwierig  ist  die  Frage,  wie  der  Nasal  in  die  Wurzel 
hineingeraten  ist ;  denn  die  Infigierung  ist  sonst  kein  idg.  Formungs- 
mittel. Das  Problem  wird  nicht  einfacher,  wenn  man  (vgl.  zuletzt 
Hirt,  Griech.  Laut-  und  Formenlehre  372 fi".  nach  de  Saussure's 
Vorgang)  alle  Nasalklassen  durch  Infigierung  erklärt,  also  z.B. 
^rÄ-»-flwi oder od(i.-v-a-[j.i oder dAns-n-ö-wi 'ich  -wage'  aus  denWurzel- 
formen  gr(b)hä[yy  (§  453  Anm.),  ha^a-  (vgl.  lat.  domä-re)  und  dhrseu- 
(vgl.  gr.  öpaaü-i;)  ableitet;  die  Beziehungen  zu  'Basen'  auf -ä(^)-  und 
-eti-  sind  allerdings  unverkennbar.  Vgl.  außer  Brugmann,  Grund- 
riß II,  967  £F.  die  Literatur  bei  Bartholomae,  Iian.  Grundr.  I,  71 
und  Brugmann,  Griech.  Gramm.  3  286  oder  Kurze  vergl.  Gramm. 
520,  dazu  ferner  O.  Keller,  Die  Nasalpraesentia  der  arischen 
Sprachen,  KZ.  XXXIX,  134—204;  am  ausführlichsten  wird  die 
Infigierungshypothese  von  Pedersen  IF.  II,  285  ff.  erörtert  und 
vertreten. 

Y)  Praesensstämme  mit  Geräuschlauten. 

459.  VIII.  Klasse.  Als  Praesenssuffix  erscheint  ein 
-s-  hinter  der  W. ;  produktiv  ist  nur  ein  Typus:  redupli- 
zierte W.  +  s  oder  os  (-is-)  +  themat.  Vokal  [=  ai.  De- 
siderativum,  s.  §  599];  vgl. 

pi-pä-s-a-ti  'er  will  trinken'  zur  W.  pä-. 

ji-jlv-is-ä-mi  'ich  Avill  leben'  zur  W.  ßv-. 

Die  Bildung  ist  auf  das  Arische  beschränkt.  Das 
Formans  s  begegnet  ferner  im  sigmatischen  Aorist  (§  545ff.) 
und  im  Futurum  (§  565 ff.). 

Anm.  Daß  die  idg.  Grundsprache  das  s  als  Praesenssuffix 
in  weiterem  Umfang  verwendet  hat,  erkennt  man  noch  aus  dem 
Nebeneinander  von  einfacheren  und  volleren  Wurzelformen,  wie 
z.  B.  W.  dvi-s-  in  dve-s-mi  'ich  hasse'  und  W.  dui-  in  gr.  5£(-5i- 
fi£v  oder  W.  raks-  in  rak-s-a-ti  'er  schützt',  gr.  dX^^-tu  und  W. 
{a)leq-  in  gr.  dXx-i^,  dX-aXx-eiv  oder  W.  bhaks-  (bhakSämi  'ich  ge- 
nieße') und  bhaj-  (bhajämi  'ich  teile  zu').  Weitere  Beispiele  s. 
bei  Brugmann,  Grundriß  II,  1018 fi".  und  Bartholomae,  Iran, 
Grundr.  I,  75  f.  Da  das  s  durch  das  ganze  Verbum  durchgeführt 
ist  (also  z.  B.  dvis-ta-  'gehaßt',  hhaM-ita-  'gegessen'),  so  kann  man 
vom  Standpunkt  des  Ai.  aus  nicht  mehr  von  'Praesensbildungen' 
reden. 


§  460. 461. 462.]  Die  indog.  Grundlagen  d.  ai.  Praesensstämme.  313 

460.  IX.  Klasse.  An  die  W.  tritt  das  thematische 
Suffix  -sko-  d.  i.  ai.  -(c)ch-,  gr.  -oxo-,  lat.  -sc-.  Über  die 
idg.  Grundform  des  Suffixes  s.  §  151 ;  z.  B. 

gäccliämi  'ich  gehe',  gr.  ßdaxto,  vgl.  auch  aN^^i.  jasa-Hi 
'er  geht',  idg.  *gm-sk{h)ö  zur  W.  ^J^em-,  ai.  gam- 
'gehen'. 

prcchämi  'ich  frage',  lat.  pösco,  vgl.  auch  ahd.  forscön 
'forschen',  idg.  *prk-skö,  W.  prek-. 

Diese  im  Ai.  seltene  Bildung  (vgl.  §  472.  476  b)  ist 
im  litauischen  (s.  Bartholomae,  Iran.  Grundr.  I,  75), 
Griechischen  und  Lateinischen  reicher  entwickelt;  im 
Latein  ist  vor  allem  die  Inchoativbedeutung  klar  ausge- 
prägt. (Über  die  ursprünghche  Aktionsart  vgl.  Del- 
brück, Grundriß  III,  2,  59 ff.). 

Anm.  Der  reduplizierte  Typus  (gr.  yi-yvoi-ovccu)  ist  im  Ari- 
schen nicht  vertreten. 

461.  X.  Klasse.  W.  +  to-,  vgl.  z.  B.  lat.  pledo  gegen- 
über TiXexw.  Das  t  ist  in  der  Regel  durch  das  ganze 
Verbum  hindurch  geführt,  so  auch  im  Ai.,  z.  B.  sphutati 
=  sphrtati  'er  birst'  (§  99),  nhd.  spalt-en,  idg.  *sp(Ji)l-tö 
zur  W.  sphel-,  vgl.  ai.  phal-ati  'er  birst'  u.  Verwandte 
(Thumb  KZ.  XXX^T!,  184f.). 

Die  Klasse  ist  außerhalb  des  Arischen  reicher  ent- 
wickelt; im  Iranischen  fehlt  sie  jedoch  fast  ganz. 

462.  XI.  Klasse.  W.  +  dlio-  oder  äo-.  Auch  diese 
IQasse  ist  selten  und  kann  im  Ai.  nicht  mehr  als  Praesens- 
typus  betrachtet  werden,  weil  das  dQi)  wurzelhaft  ge- 
worden ist.  Wie  gr.  ßpiöo)  zu  ßpi-apoc,  TcXi^öto  zu  Tiifi,- 
TcXY]-|i,i,  so  verhält  sich  z.B.  ai.  yö-dlia-ti  'kämpft'  zur 
W.  yu-  'befestigen,  anbinden'  (yu-ta-)  oder  kür-da-ti 
'hüpft'  zur  idg.  "W.  (s)qer-  (in  gr.  oxaipw  aus  *(3xr-iü)). 
Auch  knd-  'spielen'  (aus  *kriz-d-)  gehört  vermutlich 
hierher. 


314  Formenlehre.  [§  463. 464. 

8)  Die  io-Praesentia. 

463.  XII.  Klasse.  An  die  W.  tritt  das  thematische 
Suffix  -io-/-ie-  (ai.  -ya-) ;  nach  der  Gestalt  der  Wurzel- 
stufe  gibt  es  2  Typen. 

a)  Die  Wurzel  steht  in  der  Hochstufe  und  ist  betont: 
päS-ya-ti  'er  sieht',  av.  spas-yeHi,  lat.  specio;  päcya- 

te  'kocht,  reift'  (intrans.),  gr.  Tieaau)  aus  *peqViö. 

b)  Die  W.  steht  in  der  Tiefstufe ;  der  Ton  ruht  auf 
dem  thematischen  Vokal.  Am  getreusten  ist  dieser 
Praesenstypus  in  der  Passivbildung  bewahrt  (s.  §  576 ff.); 
alle  andern  i/a-Verba  haben  im  Ai.  die  Betonung  der 
Wurzelsilbe  angenommen  und  bilden  zusammen  mit  a) 
die  ai.  4.  Klasse  (§  473 ff.);  vgl.  z.B. 

küp-yä-mi  'ich  gerate  in  Aufregung,  zürne',  lat.  cupio. 

mänyate  'er  meint'  kann  idg.  *tnen-ie-tai  oder  *m'^ie- 
tai  sein,  vgl.  §  90 ;  die  verwandten  Formen  gr,  |i,aivo|i.ai 
und  ab.  mbnjq  'ich  denke'  gehören  jedenfalls  dem  Typus 
b)  an. 

Über  dämyati  u.  ä.  Formen  mit  langem  ä  s.  §  474.  1. 

Ob  hier  Tiefstufe  (einer  zweisilbigen  Wurzel)  vorliegt  (vgl. 
darüber  §  98)  oder  ob  Dehnstufe  anzusetzen  ist,  läßt  sich  schwer 
entscheiden ;  die  Form  mädyati  spricht  für  das  letztere,  s.  Bar- 
tholomae,  Iran.  Grundr.  I,  83  und  F.  Lorentz  IF,  VIII,  87£F. 

c)  Mit  Hilfe  des  (betonten)  Suffixes  -yä-  werden  zahl- 
reiche Verba  von  Nomina  abgeleitet;  über  die  Bildung 
dieser  Denominativa  s.  §  606  ff. 

464.  XIII.  Klasse.  Das  (betonte)  Suffix  -iö-/-ie-  tritt 
an  die  reduplizierte  W.,  vgl.  gr.  Tixaiv«)  aus  *ti-t^-iö 
oder  (mit  vollerer  Reduplikation)  {xap[i,aip(o;  der  letztere 
(häufigere)  Typus  ist  auch  im  Ai.  lebendig  und  dient 
zur  Bildung  von  Intensiva,  s.  §  594  ff. 

Anm.  Das  Suffix  -io-  kann  auch  an  Praesensstämme  antreten, 
die  schon  anderweitig  charakterisiert  sind ;  Voraussetzung  scheint 
jedoch  zu  sein,  daß  die  primären  Praesensstämme  als  Wurzeln 
gefühlt  werden,  wie  z.  B.  sanc-  in  lat.  sancio  (vgl.  sanxi)  zur  W. 


§  464. 465. 466.]  Die  indog.  Grundlagen  d.  ai.  Praesensstämme.    315 

sac-  (in  sacer)  oder  prcch-  (§  460),  vand-  'preisen'  in  den  Passiv- 
formen prcchyate,  vandyate  (falls  das  letztere  ein  Nasalpraesens  zur 
W.  vad-  'sprechen'  ist).  Auch  das  Futursuffix  -sio-  (s.  §  565  ff.) 
ist  eigentlich  ein  mit  -io-  weitergebildetes  s-Praesens. 

465.  XIT.  Klasse.  An  die  Wurzel  tritt  das  the- 
matische Suffix  -eio/e-,  ai.  -äya-\  die  "W.  zeigt  in  der 
Regel  die  (o-)Hochstufe.  Hierher  gehören  vor  allem  die 
zahlreichen  Kausativa  (§  583 ff.),  vgl.  z.  B. 

tarS-äyä-mi  'ich  lasse  dürsten',  lat.  torreo,  idg.  Hors- 
eiö,  zur  W.  ters-  (trS-yä-mi  'ich  dürste'). 

Die  kausative  Bedeutung  ist  jedoch  nicht  allein- 
herrschend, wie  z.  B.  gr.  cpopetD  (zu  (fspo))  oder  lat. 
spondeo  (zu  gr.  oTcevSo))  und  tondeo  zeigen;  diesen  Verben 
scheint  ursprünghch  ein  iterativer  oder  ähnhcher  Sinn 
zuzukommen,  doch  tritt  er  nicht  mehr  überall  deuthch 
hervor.  Im  Ai.  werden  die  entsprechenden  Yerba  in  der 
10.  Klasse  (§  477)  zusammengefaßt;  vgl. 

lökayämi  'ich  erbUcke',  wohl  in  letzter  Linie  identisch 
mit  lat.  lüceo,  idg.  *loiiqei5  (vgl.  auch  gr.  Xeuooü)  'ich 
erbhcke'  aus  ^Xsu/iU)). 

Bisweilen  ist  die  Wurzel  tiefstufig: 

sprh-ayä-wi  'ich  begehre',  vgl.  gr.  airep^^ofxai. 

sv-äya-ti  'er  schwillt',  gi\  xu-ew,  idg.  *k(ti)ti-eie-ti(W. 
*fceu-  z.  B.  in  Sav'ira  'mächtig'). 

466.  Zur  Xn.— XIV.  Klasse.  Daß  die  Suffixe  -io-  {-iö-)  und 
-eiO'  ursprünglich  miteinander  zusammenhingen,  ist  von  vornherein 
wahrscheinlich;  man  kann  -i-oje-  als  Tiefstufe  eines  -ei-OjC-  be- 
trachten. Während  sich  das  Arische  und  Griechische  auf  diese 
beiden  Formen  beschränkten,  besitzen  das  Lateinische,  Germani- 
sche und  Slavische  noch  ein  Suffix  -(i)/o-,  das  mit  athematischem 
l  ablautet,  vgl.  z.B.  lat.  cupio:cuptmus,  sarcio : sarctmus  oder  ai. 
mr-iyä-te  'er  stirbt': lat.  mor-t-tur.  Die  Grundsprache  scheint 
demnach  eine  rein  thematische  Flexion  (-io-j-ie-)  neben  einer  teil- 
weise athematischen  (-io-j-t-)  besessen  zu  haben.  Es  ist  ferner  be- 
merkenswert, daß  zu  Verben  mit -/o-  und  -eio-  außerpraesentische 
Formen  gehören,  bei  denen  ein  t  hinter  der  Wurzelsilbe  erscheint 
(ai.  kupyämi:  Partie.  Praet.  kupi-ta-,  lat.  cupio:cupi-tuin;moneo: 


316  Formenlehre.  [§  466. 

tnoni-tus  u.  dgl.);  in  der  traditionellen  Grammatik  pflegt  man 
dieses  i  als  'Bindevokal'  zu  bezeichnen.  Endlich  kommt  für  die 
Beurteilung  der  -^o-Prae8entien  in  Betracht,  daf5  dazu  außerhalb 
des  Praesens  Verbalstämme  auf  e  erscheinen,  vgl.  z.  B.  gr.  jj-avT]- 
vai  zu  jj.a(vO[j.oi,  ab.  mbni-ti  zu  mbnjq  'ich  denke';  im  Latein  ist 
dieser  Verbalstamm  auf  e  überdies  auch  Grundlage  eines  Praesens- 
stammes,  vgl.  vide-mus  (Inf.  vide-re,  ab.  vidi-ti)  und  thematisch 
Video  aus  *uideiö.  Mit  Berücksichtigung  der  §  109  f.  besprochenen 
Ablautsreihen  kommen  wir  also  zu  verbalen  Basen  auf  ei': I (z.B. 
mdei-),  die  natürlich  den  §  448  Anm.  behandelten  Basen  gleich 
sind;  in  Fällen  wie  hravimi  sind  demnach  die  ai.  Reste  der  ab- 
stufenden Flexion  -{i)io-:-i-  zu  sehen;  ein  Rest  des  Typus  *ij.idei5 
liegt  z.  B.  in  (ved.)  grhhäy-ämi  (neben  grhnämi,  s.  §  453  Anm.) 
vor.  Es  hindert  nichts ,  den  Basisauslaut  ei  in  letzter  Linie  mit 
dem  Suffix  der  nominalen  i-Stämme  (§  268  ff.)  zu  identifizieren, 
die  ja  die  Ablautsformen  ei,  ei  und  i  zeigen;  ein  Zusammenhang 
ist  unverkennbar  in  Fällen  wie  haryati  'er  begehrt',  gr.  )(a(pcu 
^ap7)-vai  —  gr.  yapi-s  oder  sucyati  'er  leuchtet'  —  söci-  'Licht',  s. 
dazu  Reichelt  BB.  XXVII,  63  ff.  und  Leumann,  Verhandl.  d. 
Straßburger  Philologenversamml.  (1901)  189  f.  Wenn  nun  aber 
auch  das  i  ("^)  vielfach  als  ursprünglicher  Bestandteil  einer  Basis 
aufgefaßt  werden  darf  (vgl.  auch  §  221  Anm.),  so  müssen  dennoch 
vom  Standpunkt  der  für  uns  erschließbaren  Grundsprache  -io-  und 
-ek)-  als  lebendige  Praesensformantien  betrachtet  werden,  ob  wir 
nun  ein  *kupio  auf  ein  *kupi-ö  oder  *kup-iö,  ein  *tndeio  auf  ein 
\ddei-5  oAer  *uide-iö  zurückführen:  denn  mit  der  ausschließlichen 
Annahme  von  ei-  Basen  kommt  man  doch  nicht  durch;  da  wir  in 
historischer  und  vorhistorischer  Zeit  beobachten,  wie  Denomi- 
nativa  z.  B.  von  o-Stämmen  aus  mit  -io-  gebildet  werden  (s  §  606  ff.), 
da  ferner  die  Grenze  zwischen  Denominativen  und  Kausativen 
im  Ai.  wie  in  den  verwandten  Sprachen  nicht  ganz  scharf  ist 
(s.  §  447),  80  wird  das  Suffix  -eio-  z.  B.  in  *bhöreiö  (gr.  cpop£(u,  ai. 
bhäräyämi)  in  der  Weise  zu  stände  gekommen  sein,  daß  -io-  an 
die  Basis  bhore;o-  (gr.  cpopo?,  ai.  bhära-)  antrat;  waren  einmal 
solche  Musterformen  auf  -eiö  vorhanden,  so  konnten  darnach  neue 
Verba  zu  beliebigen  einsilbigen  Wurzeln  gebildet  werden. 

So  deutlich  die  neuere  Forschung  Zusammenhänge  zwischen 
den  mit  -i-  gebildeten  Praesentien  der  verschiedenen  idg.  Sprachen 
nachgewiesen  hat,  so  sehr  muß  man  sich  bewußt  sein,  daß  es  nur 
durch  ganz  hypothetische  Konstruktionen  möglich  ist,  die  Ent- 
wicklungsgeschichte dieser  verschiedenen  Bildungen  sich  klar  zu 
machen,  die  sich  zum  größten  Teil  bereits  in  der  Grundsprache  ab- 


§  466. 467.]  Die  primären  Praesensstämme  etc.  317 

gespielt  hatte.  Zur  ganzen  Frage  vgl.  außer  der  schon  angeführten 
Literatur  Brugmann,Grundr.  II,  1054  flf.,  Kurze  ver gl.  Gramm.  523  ff., 
Bartholomae,  Iran.  Grundriß  I,  80.  85,  Lorentz  IF.  VIII,  68  ff., 
Meillet  Mem.  de  la  Soc.  de  Linguist.  XI,  3  ff.,  Sommer,  Lat. 
Laut-  und  Formenlehre  540 ff.  549 ff.,  H.  Hirt,  Griech.  Laut-  und 
Formenlehre  305  f.  380  ff.  386  ff. 


XXm.  Kapitel. 

Die  primären  PraeseDsstämme  des  Sanskrit 
und  ihre  Flexion. 

Vof'h  emerkungen . 

467.  Das  System  der  indlsclien  Grammatiker. 

Die  ind.  Grammatiker  teüten  die  Praesensbildungen 
des  Sanskrit  in  folgender  Weise  ein: 

I.    Primäre  Bildungen. 

1.  (bJiü-)  Klasse:  hhävämi  (§  469ff.). 

2.  (ad-)  Klasse :  ädmi  (§  479  ff.). 

3.  (Im-)  Klasse :  jtiJiomi  (§  491  fi\). 

4.  (div-)  Klasse:  divyämi  (§  473 f.). 

5.  {su-)  Klasse:  sunomi  (§  498 ff.). 

6.  {tud-)  Klasse:  tudämi  (§  475 f.) 

7.  (rudli-)  Klasse:  runädhmi  (§  504ff.). 

8.  (tan-)  Klasse:  tanomi  (§  öOOff.). 

9.  (krl-)  Klasse:  hrlnämi  (§  507 f.). 

10.  {cur-)  Klasse:  cöräyämi  (§  477). 

11.  Abgeleitete   (sekundäre)   Bildungen. 

1.  Causativa  (§  583  ff.). 

2.  Intensiva  (§  594ff.). 

3.  Desiderativa  (§  599  ff.). 

4.  Denominativa  (§  606  ff.). 


318  Formenlehre.  [§  467, 468. 

Aucli  das  Passivum  gehört  zu  den  'sekundären' 
Praesensbildungen  (§  576  ff.). 

Über  die  Häufigkeit  der  einzelnen  Praesensklassen 
s.  Whitney  Proceed.  Am.  Or.  Soc.  1885,  S.  XXXII— 
XXXV. 

Anm.  In  dieser  Einteilung  finden  natürlich  nicht  alle  idg. 
Typen,  ja  nicht  einmal  alle  ai.  Bildungen  Platz.  Sie  sind  (wie 
z.  B.  die  Angehörigen  der  idg.  IX.  oder  sto-Klasse)  als  'unregel- 
mäßige Verba'  unter  die  vorhandenen  Klassen  verteilt,  sofern  sie 
überhaupt  deutlich  charakterisiert  waren  (die  idg.  X.  oder  XI. 
Klasse  kommt  daher  für  die  ai.  Grammatik  überhaupt  nicht  in 
betracht). 

468.  Die  ind.  Gruppierung  ignoriert  völlig  die  Tren- 
nung in  eine  thematische  und  athematische  Konju- 
gation (die  auch  im  vorigen  Kapitel  nicht  als  oberster 
Einteilungsgrund  gewählt  wurde).  Wie  aber  die  themati- 
sche und  athematische  (w-  und  [xi-)Konjugation  in  der 
griechischen  Grammatik  wichtig  ist,  so  ist  sie  es  auch  in 
der  ai.  Verbalflexion.  Zwar  ist  die  Differenzierung  der 
idg.  Personalendung  der  1.  S.  (thematisch  *hherö,  aber 
athematisch  *esmi)  im  Ai.  nicht  aufrecht  erhalten  worden 
(s.  §  419),  aber  die  beiden  Konjugationen  unterscheiden 
sich  im  Ai.  (außer  dem  Fehlen  oder  Vorhandensein  des 
thematischen  Vokals  a,  a)  in  folgenden  Punkten  (die  be- 
reits uridg.  sind) : 

1.  Der  Praesensstamm  der  thematischen  Verba  bleibt 
in  allen  Formen  unverändert;  bei  den  athematischen 
Verben  zeigt  der  Stamm  dagegen  Abstufung  ('starker' 
und  'schwacher'  Stamm).  Entsprechend  wechselte  in 
älterer  Zeit  der  Accent  zwischen  Stamm  und  Endung, 
während  er  bei  den  thematischen  Verben  fest  ist:  vgl. 
z.  B.  lihärämi  —  hhärämah,  aber  emi  —  imah. 

2.  Das  Optativzeichen  der  thematischen  Verba  ist  -i-, 
der  athematischen  -yä-  und  -7-  (vgl.  §  437). 


9  468. 469. 


Die  primären  Praesensstämme  etc. 


S19 


3.  Die  2.  S.  Act.  des  Imperativs  ist  verschieden  (vgl. 
die  Paradigmen). 

Während  die  Flexion  der  thematischen  Yerba  einem 
einzigen  Paradigma  folgt,  ergeben  sich  für  die  athemati- 
schen Verba  je  nach  der  Gestalt  des  Praesensstammes 
verschiedene  Paradigmen. 


a)  Erste  oder  thematische  Koujagation. 
469.  Paradigma,  hhü-  'sein,  werden'. 


Aktivum. 


Sing.  1. 

2. 

3. 
Du.    1. 


Plur. 


^T^yfir  hhävämi 
^cfHj  hliävasi 
^i^^rf^f  hhävati 
^fcfT^  hhävävah 

2.  'H^^:  hhävathah 

3.  ^T^fft  hhävatah 

1.  ■»TTTT:  ^>hävämah 

2.  ^r^^  hhävatha 

3.  H^t^  hhävanti 


Praesens. 


Medium. 

;^f%  hhäve 
■Vfßi^  hhävase 
^T^^  hhävate 
^«TT^  hhavävahe 
^{^i^  bhavethe 
^f%^  hhavete 
^c(|^^  hhävämahe 
iff^^  hhavadhve 
"VfSf^  hhävante 


Imperfektum. 


Sing.  1.  '^YT^T^  ähhavam 

2.  '^V(c(:  ähhavah 

3.  'j^4^c(c^^  ähkavat 

1.  ^y^cjicj  ähhaväva 

2.  ^H^rTT^  ähhavatani 
3«  ■^W^fTT^  ähJiavatäm 

1.  ■4;44c)|44  ähliaväma 

2.  '^H^frT  ähhavata 

3.  '^)f^^  ähhavan 


Du. 


Plur. 


■^j^^  ähhave 
'^sm^^X:  abhavathäh 
^^T^Tf  ähhavata 
"^^rnrf^  ähhavävahi 
^H^vm^i^  ähhavethäm 
"'^W^ffni  ähhavetam 
^M^mf^  ähhavämahi 
^>{ct^^  ähhavadhvam 
•^K^w^  äbhavanta 


320 


Formenlehre. 


[§469. 


Sing. 


Du. 


Plur. 


Sing. 


Optativ 

(Potentialis.) 

1.  ^^1^44,  hhäveyam 

2.  -vf^i  hhäveh 

3.  ■*i^ft^  hJiävet 

1.  ^^^  hhäveva 

2.  YRrT^l  hhävetam 
3-  ■»l^fTPFl  hhävetäm 

1.  )^f^7T  hJiävema 

2.  *T^ff  ihäveta 

3.  H%"^^  hhävepuJi 


D 


u. 


Plur. 


ii{^^  hhäveya 
'V^'^l  hhävethäh 
f^7{  hhäveta 
^l^-qf^  hhävevahi 
^^ijlHiiH  hJiäveyäthäm 
^^^MIH  ^^^äveyätäm 
vi^T^f^  hhävemahi 
^^■%^  hhävedhvam 
Vf^i^  hhäveran 


1.  »T^Tf'T  hJiäväni 

2.  ^^  hhäva 

2.  ^T^  hhävatu 

1.  ^T^T^  hhäväva 

2.  ^T^rT^  hhävatam 

3.  ^cjcti4i  hhävatam 

1.  ^c(|*<  hJiäväma 

2.  l;{^^  hhävata 

3.  >jc(trt  hhävantu 


Imperativ. 


^:T^  hhäväi 
^cf^  hhävasva 
H«frTTH  hhävatam 
^cjicj^  hhävävahäi 
H^^^  hhävethäm 
^T^fTRl  hhävetäm 
M'^y^  hhävämahäi 
)f^^cp^  hhävadhvam 
M^^\H.  hhävantäm 


Parti  cipium. 
^^^  hhävant-  ^f^iffäT  hhävamäna- 

(Flexion  s.  §  323  f.,  /".  -a^«i*). 

Nach  diesem  Paradigma  gehen  die  primären  Verba 
der(ind.)  1.  4.  6.  und  10.  Klasse  sowie  fast  alle  abgeleite- 
ten Yerba. 

Über  das  sprachgeschichtliche  Verhältnis  der  einzel- 
nen Formen  des  Paradigmas  zu  denen  der  verwandten 
Sprachen  gibt  Kap.  XXI  Auskunft ;  zu  den  Partizipial- 
formen  vgl.  Kap.  XXVIII.  —  Über  Reste  des  Kon- 
junktivs s.  §  439.  2. 


§  470. 471.]  Die  primären  PraesenBstämme  etc.  321 

470.  Die  Bildungsweise  der  ai.  1.  Klasse  ist  §  449  a) 

besprochen.  Da  man  nach  der  IJbimg  der  ind.  Gramma- 
tiker \-ielfach  die  tiefstufige  Wurzelform  als  Normalform 
ansetzt,  so  ist  zu  bemerken,  daß  die  Yerba  unserer  Klasse 
China  (d.i.  Hochstufe)  zeigen;  vgl.  dazu  §  105.  Die  1. 
Klasse  ist  im  Ai.  weitaus  am  häufigsten:  sie  umfaßt 
etwa  ebenso  viele  Verba  wie  alle  übrigen^  Yerba  zu- 
sammen. 

Nach  ihr  gehen  z.  B. 

f^  ji-  'siegen':  ^RTffT  j(iy((ii'-,  f^  smi-  -lächeln': 
^f^^  smayate;  "^  nl-  'führen':  •T'ErffT  nayati. 

•s  sru-  'fließen':  ^^r^f?T  sravati. 

^f^  cit-  'acht  geben':  ^fffTf  cetati. 

"^■^  krui-  'schreien,  klagen':  sptlTf^  l'rö§ati\  ^^ 
hudh-  'erkennen' :  '^^IvfH  hödhati  (gr.  irE'jdsxai). 

^X;  ^i(i'>'-  Oir-)  'wegnehmen':  ^Tf^fff  harati]  -^  vart- 
(vrt-)  'sich  bewegen,  drehen' :  -^"^  vartate  (lat.  verto). 

Bei  Wurzeln  mit  a -+- Geräuschlaut  bleibt  der  Vokal 
natürlich  unverändert;  dasselbe  gilt  auch  von  sonstigen 
Wurzeln,  die  mau  in  der  Hochstufe  anzusetzen  pflegt ; 
vgl.  z.  B. 

^^  car-  'sich  bewegen':  ^"^fTT  cttt'cdi  (gr.  ireXtü); 
Tf^  pat-  'fallen,  fliegen' :  xnrffT  p-f-if-iii  (gr-  Trexofjiai,  lat. 
peto) ;  ^^f  majj-  'tauchen' :  ?T^rf?T  (l^f •  niergo,  vgl. 
§  158.  1);  cf^  vali-  'fahren':  cj^f^  valiati  (lat.  veho); 
^flT  ItthJi-  'erlangen':  ^rW^  Idbliate. 

^^  8q.s-  'rühmen':  ^^rf^  kisati  (lat.  censeo). 

^^  sev-  'dienen':  ^'^  sevate\  ys^'^  dJiäv-  'laufen': 
VT<=(^  dhävate. 

471.  Unregelmäßige  Yerba  der  1.  Klasse. 
1.  Zur  ai.  Klasse  werden  eine  Reihe  von  Yerben  gerechnet, 
die  in  der  Yokalisierung  der  Wurzelsilbe  von  dem  regel- 


1  Die  Hauptmasse  dieser  bestellt  aus  Angehörigen  der  ai.  2. 
4.  und  6.  Klasse ;  alle  andern  Praesensklassen  treten  ganz  zurück. 

Thumb,  Altindisclie  Grammatik.  21 


322  Formenlehre.  [§  471. 472. 

mäßigen  Typus  abweichen  und  nur  nach  ihrer  Betonung 
hierher  gehören.  So  zeigen  folgende  Praesentia  tief- 
stufigen Vokalismus: 

•^  dqi-  'beißen' :  ^l^  dähti,  W.  denk- :  dnk-.  ^ 

f^^iB-  'sehen':  t^  Iksate;  t;f  ^^«-  'begehren':  'l^ 
ihate^-^  jw-  'leben':  ^cffri  jivati;  f^  Ulnv-  'aus- 
speien': #t^rt7T  MMvati. 

^^  ü]i-  'schieben' :  •gs'ftTT  ühaü.  ^ 

•^  guli-  'verbergen':  ^iffTT  guliati  (mit  Dehnung). 

Ikf-  und  jlv-  sind  wohl  ursprünglich  charakterisierte  Prae- 
sentia; jenes  gehört  vermutlich  zur  idg.  s-Klasse  (§  459),  dieses 
scheint  ein  praesensbildendes  Suffix-«o-  zu  enthalten  (s.  Brugmann, 
Kurze  vergl.  Gramm.  537).  Ihate  ist  nach  Bartholomae  IF.  V, 
215 f.  aus  i-dyh-  entstanden,  d.h.  es  ist  ein  reduplizierendes  Ver- 
bum  (vgl.  §  472  b);  der  Anlaut  von  IM-  scheint  übrigens  gleichen 
Ursprung  zu  haben,  wenn  das  Verbum  zur  "W.  og''"  (g^.  oiio[j.ai, 
Ttpoo-cuuov,  ai.  aks-i-}  gehört. 

Dehnstufige  Wurzelform  zeigen: 

Hf^  kram-  'schreiten' :  9|rRf^  krämati  (aber  Medium 
kramate) ;  ^^^  cam-  +  ^  ä-  'schlürfen' :  xm-eji+^fTT  äcä- 
mati. 

^^  ma7J-  'wischen' :  TTTWfTT  märjati. 

Über  diese  Bildung  s.  Brugmann,  Gruudr.  II,  890.  915,  Bar- 
tholomae, Iran.  Grundr.  I,  69  (§  125).  Der  letztere  nimmt  dafür 
eine  besondere  idg.  Praesensklasse  an  (vgl.  gr.  (j.7^oo[j.ai  zur  W. 
ni  ed-). 

473.  2.  Die  übrigen  unregelmäßigen  Yerba  unserer 
Klasse  sind  Reste  verschiedener  idg.  Klassen: 

a)  IX.  idg.  Klasse  (§  460) : 

7jii  gam-  'gehen':  ■jrr^^  gäcchati;  zf^  yam-  'dar- 
reichen': ^r^^  yäccJiati  (dient  auch  als  Praesens  von 
da-  'geben'). 


1  Ebenso   sanj-    'anhängen'    und  svanj-   'umarmen':    säjati, 
sväjati. 

2  Regel:    Wurzeln    mit   innerem    l    und    ü   bleiben    unver- 
ändert. 


§  472. 473.]  Die  primären  Praesensstämme  etc.  328 

Vgl.  auch  §  476  b). 

Anm.  In  väfwhati  'er  wünscht'  (vgl.  ahd.  wunsken)  zur 
"W.  vati-  'gewinnen'  (z.  B.  ved.  vänati)  und  mürcchati  'es  gerinnt' 
gehen  die  Formen  väiich-,  mürcch-  durch  das  ganze  Verbum  hin- 
durch. Über  an  (ür)  als  Tiefstufenform  einer  ursprünglich  zwei- 
silbigen W.  (vani-)  s.  §  98.  107.  e). 

b)  IV.  idg.  Klasse  (§  452) : 

jfj  ghrä-  'riecben' :  f^rerfTT  jighrati. 

tpf  Ipä-  'trinken' :  fijqjfTT  pihati. 

■^Tf  stJiä-  'stehen':  fTT^fTT  üMlicdi. 

Anm.  1.    Über  sidati  ("W.  sad-  'sitzen')  s.  §  452  Anm.  2. 

Anm.  2.  In  lasati  'er  begehrt'  aus  *la-ls-ati  (s.  §  87),  W. 
las-  (vgl.  gr.  \\.\a.{.o\).a\.  aus  *Xi-Xda-io[xai),  geht  der  Praesensstamm 
las-  durch  das  ganze  Verbum.  Von  gleicher  Bildung  ist  yesati 
(in  der  älteren  Sprache)  aus  *ya-is-ati,  W.  yas-  'sieden',  s.  Johans- 
son IF.  II,  36  f. 

c)  Weitere  hierhergehörige  Verba  sind  §  476  a) 
Anm.  besprochen. 

4:73.  Über  die  Bildung  der  ai.  4. Klasse  s.  §  463  a) 
und  b).  Die  Mehrzahl  der  hierhergehörigen  Verba  zeigt 
die  W.  in  der  Tiefstuf  e,  z.  B. 

eirq  hup-  'zürnen' :  ein?rffT  hupyati ;  -^^ii  kriidh-  'zür- 
nen': 9irurf^  krucUiyati;  •ro  tuS-  'sich  freuen':  H^rfff 
tuäyati;  5^  äruh-  'zu  schaden  suchen':  rf^f^  drühyati; 
j(\(  yudli-  'kämpfen' :  ^j^rf^  yudliyati. 

^^  dlv-  'spielen':  ^^^if?T  dlvyati. 

^VT  vyadh-  (vidh-)  'durchbohren' :  t^^zrfTT  vidhyati. 

•Tt^  nart-  'tanzen':  ^rsi^  nrtyate. 

^  liarS-  'sich  freuen,  erregt  sein' :  ^^qt^T  hrSyati. 

IJber  den  VokaUsmus  von  <4J^7i  j'iryate  'er  altert' 
zui'  "W.  jar-  (Jari-)  und  ^tRT^  jäyate  'wird  geboren'  zur 
W.  Jan-  (jani-)  vgl.  §  96.  98.  107. 

Die  Wurzel  steht  seltener  in  der  Hochstufe,  vgl. 

^X(  tap-  'sich  erhitzen,  kasteien':  tttzi^  täpyate  (vgl. 
lat.  tepeo)\  »nr  *^^^-  'umkommen':  •p^^rf?!  näSyati;  xfw 

21* 


324  Formenlehre.  [§  473. 474. 

jßad-  'gehen':  xf^"^ pädyate;  xfji  pcä-  'sehen':  "qi^^^rftr  P^^- 
Syati  (dient  zugleich  als  Praesensstamm  der  W.  darS- 
'sehen'). 

Über  ;Ff5^  man-  'meinen':  j^  manye  s.  §  463. 

Anm.  Das  a  von  bhrasyate  zur  W,  bhrqs-  (bhras-)  'fallen' 
kann  als  Tief-  oder  Hochstufe  gedeutet  werden,  je  nachdem  man 
die  idg.  Wurzel  als  *breM--  {bhrPi^-)  oder  *blirefi-  ansetzt;  die  Ent- 
scheidung ist  nicht  sicher  zu  treiJen,  weil  Verwandte  fehlen,  rdj- 
yati  'er  färbt  sich'  ist  auf  *reßVjeti  zurückzuführen,  wie  gr.  pi^m 
zeigt;  die  ai.  "Wurzelform  raiij-  ist  demnach  nach  §  458  zu  be- 
urteilen, d.  h.  der  Nasal  stammt  aus  dem  nasalierten  Praesens- 
stamm raiijati. 

474.  Anomala  der  4.  Klasse.  1.  Die  Wurzeln 
auf  am,  wie  cTI  t<^^n-  'stocken,  starr  werden',  ^^  hhram- 
'umherschweifen',  ^^  §am-  'ruhig  w^erden',  -^ji^;  ^ram- 
'müde  werden',  sowie  ^^  mad-  'fröhlich  sein'  dehnen  das 
a  der  Wurzel,  also  z.  B.  "5[Ti?rffT  ^ämyati,  in^f?f  ^i^äd- 
yati. 

Zur  Beurteilung  der  Formen  vgl.  §  463  b). 

2.  Die  Wiu'zeln  ^  da-  'teilen',  "^jt  sä-  'wetzen',  ^ 
sä-  'binden'  bilden  ^fTf  dyati,  ^nr^flx  ^yaü,  -^fff  syati. 

d-,  i-,  s-  sind  als  Schwundstufen  zu  beurteilen  wie 
dh-  in  da-dli-mah  neben  Mta-  (dhä-)  u.  dgl.  (§  102.  109  a). 

Die  Reduktionsform  mit  9  liegt  in  den  Partizipien  des  Praet. 
(z.  B.  dita-),  ferner  in  däyate  'er  zerteilt'  =  idg.  *dj-ie-tai  (cf.  gr. 
oaierai)  vor;  das  «/  dieser  Form  ist  als  wurzelhaftes  Element 
empfunden  worden,  und  so  entstand  eine  neue  'Wurzel'  day-,  zu 
der  das  Partizip  day-ita  gebildet  wurde.    Vgl.  auch  3.= 

3.  Die  AVurzel  gä-  (gäyati)  'singen'  gehört  nur  schein- 
bar in  die  4.  Kl.,  da  die  Wurzel  ursprünglich  gäy-  lautete 

(§  110). 

Daß  das  Sprachgefühl  der  ind.  Grammatiker  gayati  zur 
4.  Klasse  rechnete,  erklärt  sich  aus  der  Wurzelform  gä-;  gäy-ati 
wurde  auf  dieselbe  Stufe  gestellt  wie  z.  B.  tra-yate  von  der  W. 
trä-  'beschützen'  oder  dhya-yati  von  dliyä-  'an  etw.  denken'.  Eine 
scharfe  Scheidung  der  zur  4.  Klasse  gehörenden  «-Wurzeln  und 
der  ursprünglichen   öj^ -Wurzeln   ist   nicht   mehr   mit  Sicherheit 


§  474.  475.  476.]  Die  primären  Praesensstämme  etc.  325 

vorzunehmen;    die  "Wurzeln    auf   ä,   die   ihr   Praesens  mit    -ya- 
bilden,  sind  bei  "Whitney  §  761.  d.  1.  verzeichnet. 

Auch  dhäy-ati  (idg.  *dlidi-eti  'er  saugt')  zur  "W.  dhä-  (s. 
§  109  b)  ß)  Anm.)  ist  wie  gäy-ati  zu  beurteilen;  in  hväyati 
(idg.  *ghni-ieti)  von  hvä-  (hü-)  'rufen'  liegt  dagegen  ein  echtes  -ya- 
Praesens  vor;  vgl.  auch  2.  "Weitere  Pormen  gleicher  Art  s.  bei 
Whitney  §  761.  d.  2. 

475.  Über  die  Bildung  der  ai.  6.  Klasse  s.§449b). 
Hierher  gehören  z.  B.  noch: 

f^TH  käij)-  'schleudern'  •.•f^rjf^JiHpäti  ]fwi^diS-  'zeigen' : 
t^lJ'fTT  <^i^äti\  f%7x  viS-  'eintreten':  f%nrf?T  viSäti. 

ff^  tncl-  'stoßen':  tttOt  tuääti. 

^f^  sarj-  'loslassen':  ^^rf?T  srjäti\  ^^  spari-  'be- 
rühren': ^niff^T  siwiäti. 

Über  Tief  stufenformen  wie  f^n^ffT  giräti  zur  W. 
(/ir-,  gar-  'verschlingen'  oder  ^^f?f  sphuräti  zur  W. 
sphur-,  sphar-  'schnellen,  zucken'  s.  §  95.  Mehrere  Yerba 
mit  tiefstufiger  Wurzel  haben  den  Accent  der  1.  Kl.  an- 
genommen und  werden  daher  zu  dieser  gerechnet.  Einige 
andere  Wurzeln  bilden  ihr  Praesens  nach  beiden  Klassen, 
so  ^"^  kar^-  'ziehen,  pflügen' :  chMfd  kärSati  und  w^rfJT 
h-Säti. 

476.  Unregelmäßige  Verb  a.  Einige  besondere 
Praesensbildungen  sind  wegen  ihres  Accents  der  6.  Klasse 
zugeteilt  worden. 

a)  Folgende  Wurzeln  scliieben  im  Praesens  einen 
Nasal  ein  [=idg.  VII.  Klasse,  b),  s.  §  458]: 

^vf^  hart-  (krt-)  'schneiden':  Uüff??  hrntäti. 

^f^  hiuc-  'loslassen':  ^T^f^T  muncäti;  ^fx(  lup-  'zer- 
brechen' :  ^nTf?T  lumpäti ;  f^t^  lip-  'beschmieren' ;  f^mf|| 
limpäti  (vgl.  lit.  limpü) ;  f^-^  viä-  'finden' :  f^^^^TT  '^i'>^- 
däti ;  flf^  sie-  'ausgießen' :  f^f^^  smcäti. 

Anm.  Der  Nasal  ist  wurzelhaft  geworden  bei  lamb-  'herab- 
hängen' (lambate)  zu  lat.  läbi  'gleiten'  und  nind-  'tadeln'  (nindati, 
mit  Betonung  der  1.  Kl.)  zur  "W.  nid-,  neid-  (vgl.  z.  B.  ved.  nidä 
'Tadel'  und  gr.  ö'veiSo;). 


326  Formenlehre.  [§  476. 477. 478. 

b)  Zur  idg.  IX.  Klasse  (§  460)  gehören: 
^■^  iS-  'wünschen':  ^^^^f^T   icchäti  (vgl.  ahd.  eiscön 
'heischen'). 

^^  (^)  ar-  (r-)  'gehen':  ^^f^:^^^  rcchäti. 

W^  (tT^)  prccJi-  (prach-)  'fragen' :  xj-^^  prcchäti. 

Vgl.  aucli  §  472  a). 

477.  Über  die  Bildung  der  ai.  10.  Klasse  s.  §  465 ; 
hiernach  gehen  z.  B.  folgende  Verba: 

a)  mit  Hochstufe: 

^H^  kam-  'lieben':  ch|i<^ejd  kämayate;  j^^  khäd- 
'essen,  verzehren':  T^^^qfjT  khädagaU;  i^  chad-  'be- 
decken, verhüllen':  ^irf^jfTf  chädayati. 

^TT  cur  'stehlen' :  ^i^iiHr  cörayati. 

^p|TöR  Uk-  'erbhcken':  ^^^^t^R^rffT  ava-lökayati. 

b)  mit  Tief  stufe: 

■^  duS-  (düS-)  'verderben':  ■z--q'?rffj  düSayati]  ^(^ 
hhüS-  'sclmaücken':  »nrqfTT  hhükiyati. 

■^[f^ sparh-  'begehren' :  4jj^ijf^  sprliayati. 

Die  meisten  Praesentia  mit  -aya-  sind  Causativa 
(§  583  ff.),  einige  auch  Denominativa  (§  608.  1). 

b)  Zweite  oder  athematische  Konjugation. 

478.  Yorbemerkung.  Die  gemeinsamen  Merkmale 
der  athematischen  Konjugation  sind  bereits  §  468  an- 
geführt. Inbetreffder  Stammabstufung  ist  zu  merken, 
daß  die  folgenden  Formen  starken  (hoch-,  seltener  dehn- 
stufigen) Stamm  zeigen: 

1.  Der  Sing.  Praes.  und  Imperf.  des  Aktivs. 

2.  Alle  1.  Personen  des  Imperativs   (Akt.  u.  Med.). 

3.  Die  3.  Sing.  Imper.  des  Aktivs. 

Alle  andern  Formen  haben  schwachen  (tiefstufigen) 
Stamm. 

Diesem  Wechsel  der  Stammform  entspricht  ein  ur- 
sprünglicher AYechsel  des  Accents;  abgesehen  vom  Im- 


§  478.  479.]         Die  primären  Praesensstämme  etc. 


327 


perfekt  (bei  welchem  immer  das  Augment  den  Accent 
trug)  war  bei  den  starken  Formen  der  Stamm,  bei  den 
schwachen  die  Endung  betont. 

I.  Die  ai,  2.  Klasse. 

479.  Paradigma.    dviS-  'hassen'.^ 
Activum 


Sing.  1.  ^fcq'  dvesmi 

2.  ^f^  dveMi^ 

3.  ^f^  dveSti^ 
Du.     1.  f^iq;  dviäväh 

2.  f^^:  dviSthäh 

3.  tl^g:  dviStäh 
Plur.  1.  fl^xjT:  dviSmäh 

2.  f^-^  dviSthä 
3-  f^"^f5?T  dviSänti 


Sin 


Du 


Imperfektum 
g.  1.  -ji^tifi;  ädveSam 

2.  "^z  ädvet^ 

3.  '^'Z  ädvet 

1.  rjif^bet  ädviSva 

2.  ^?rf^"g?^  ädviMam 
3-  -^if^HIH  ädviStäm 

Plur.  1.  -^f^tfT  ädviSma 

2.  ^f^g  ädviUa 

3.  "^rf^xi^  ädviSan 
oder  "'?rfl["^I  ädviSiih 


Medium. 
Praesens. 

f^%  dviMe 
f^^  dviäte 
f^hisi^  dviSvähe 
f^HTq  dviSäthe 
f^irr^  dviSäte 
f^BH^  dviämähe 
f^r^%  dviddhve* 
fl^iq^  dviSäte 


^f^fif  ädviäi 
■^rfl^TT^  ädviSthäh 
^f^g  ädviMa 
■4;f^be(f%  ädviSvahi 
'^rfl[m^lH  ädviSäthäm 
■^rf^mcim  ädvüätäm 
-^ffl^-cfff^  ädviSmahi 
^f^^ioH  ädviddhvam 
TSrf^-qTT  ädviSata 


1  Wegen  der  lautlichen  Veränderungen,  die  beim  Zusammen- 
stoß von  Wurzelauslaut  und  Endung  eintreten,  vgl.  die  §§  der 
Lautlehre,  die  jeweils  bei  der  ersten  in  betracht  kommenden  Form 
angeführt  sind. 

2  §  150.  3  §  122.  2.         1  §  158.  2.  b).         »  §  165.  1.  c). 


328  Formenlehre.  [§  479. 


Optativ. 


'ja 


Sing.  1.  t^WT^  dvüyäm  t^"^t^  dvihlyc 

2.  fl^wr:  äviSydh  f^'^\wv.  dviMhäh 

3.  f|['Rrrft  dviSydt  f^T^rT  dviMä 
Du.     1.  f^"^!^  dvüyäva  f^-q^^f^  dvüiväJii 

2.  f|["5rrfT^  dvi^yätam  f^-^\^-^f[jj^d>ifiyätJiäm 
3-  f^^TflTH  dviSyätäm  f^^(\^3Trn^  dvifiyätäm 

Plur.  1.  f|["5rw  dviSyäma  f^'^^f^  dviSimähi 

2«  f^WTff  dviäyäta  f^'^t^ef^  dviSidhväm 

3.  fl^'Ri:  dviSyüli  f^Tft"?7i:  dviSirän 


Imperativ. 

Sing.  1.  ^xrrfrjT  dve^äni^  ^^  dveSäi 

2.  f^f%  dviddln  f^[^  dviMvä 

3.  ^-g  dveUu  f^'ST'T  duiMam 
Du.     1.  ^"^TR  dveSäva  ^•^J•^;^  dveSävaliäi 

2.  "f^"S^  dviMam  f^MI^IH  dviSäthäm 

3.  f^'CT^  dviSfäm  f^wrrU^  dvüdtäm 
Plur.  1.  ^"EfT^  dveSänia  ^bn^^  dveSämahäi 

2.  f^-g  dviStä  t^^^^  dviddJwäm 

3-  f^"^nT  dviMrdit  'f^W^^  dviSätäm 


Participium. 

f|['cpr|;  dviäänt-  f^"m!I  dvik'inä- 

(Flexion  s.  §  323  f.,  /".  -a^z). 


1  "Wegen  des  u  s.  §  83, 


§480.] 


Die  primären  Praesensstämme  etc. 


329 


480.  Paradigma,    duh-  'melken'. 

Activum.  Medium. 


Sing 


Du 


Praesens. 


1.  ^tflT  dohmi 

2.  vtf^  dhoMi^ 

3.  ^tfrV  dogdhi^ 

1.  "5^:  duhmäh 

2.  "5^^:  dugdhäh 

3.  "Sim  dugdJiäh 
Plur.  1.  T^:  duhmäh 

2.  -zj^  dugdhä 

3.  "5^f^  duhänti 


•^  duhe 
w%  dhuMe 
■51V  dugdhe 
■gg^  duhvähe 
"5fT^  duhäthe 
■5^^  duhäte 
"^WW  duhmahe 
\fj^  dJmgdhve^ 
■5^^  duhäte 


Imperfektum. 


Sing.  1.  ^<{1^H  ädöham 

2.  "^r^^teii  ädhök* 

3.  "'?ivt^  ädhök 
Du.     1.  ^4^  äduhva 

2.  "^sT^j^SfH  ädugdJiam 

3.  -^rgj^x'l  ädugdhäm 
Plur.  1.  -^14^  äduhma 

2.  ''äST^^  ädugdha 

3.  Ti)rf^«|^  äduhan 


-^fgf^  äduhi 
'^r^'^T.  ädugdhäh 
■^^[^3^  ädugdha 
'^4^tW  äduhvahi 
^'l'^T^  IH  äduhäthäm 
'•^l^^Vrrni  äduhätäm 
-41<^f%  äduhmahi 
^''^^£^  ädhugdhvam 
^a^fT  äduhata 


Optativ. 

Sing.  1.  ^^iH  duhyäm  %f^  duhlyä 

u.  s.  \v. 


i  §  152  (und  137).  2  §  143  (und  137).  »  §  142. 

4  §  162  und  165. 


330 


Formenlehre. 


[§  480. 481. 


Imperativ. 


Sing.  1.  rft^ifsT  doliani 

2.  '^fhif  dugdJii 

3.  ^Itu  äogdlm 
Du.    1.  <J^^Tcj  dohäva 

2.  ■^J^il^  dugdhäm 

3.  djvj  m^  dugdhäm 
Plur.  1.  g^^T4{  dohäma 

2.  -CT^  dugdhä 

3.  '5f«n  duhäntu 


'»^  dhukSvä 
^irerfl  dugdhäm 
d\^\d(^  dohävakäi 
4^1^IH  duhätJiäm 
^^TrTni  duhätäm 
<rt^T*<9  dohämahäi 
\[rh3(j{^  dhugdhväm 
TITTW;  duhätäm 


Participium. 
rti;  duhänt-  {f.  -ati)    "^^TT  diihänä- 


481.  Paradigma,    i-  'gehen'. 
Activum. 

Praesens. 


Medium. 


Sing.  1.  -qfiT  ew?i 

2.  Tjf^  #i^ 

3.  T^fTT  e^i 
Du.    1.  ^:  iva/i 

2.  ■^t  ithäh 

3.  '^:  iia/i 
Plur.  1.  ■^[tt:  imäh 

2.  ■^  ithä 

3.  e|[W<  :J/«'>^^i 


^[^  ivähe 
^iH^  iyäthe 
J1U7[  iijäte 
Xjf^  imähe 
\^  idhve 
j^^  igäte 


^  Wegen  des  s  s.  §  147. 


§481.482.]         Die  primären  Praesensstämme  etc.  331 

Imperfektum. 
Sing.  1.  niii^iH  äyarn^ 

2.^:  äih 

3.  '^  dit 
Du.     1.  ^  äiva 

2.  ^TT'l  obitam 

3.  ^TTT'l  äitäm 
Plur.  1.  ^JT  äima 

2.  "^  äita 

3.  ^(^n  äyan 

Optativ. 

Sing.  1.  ^^<iH  iydni  ^^fUl  ^^^^^ 

u.  s.  w. 

Imperativ. 
Sing.  1.  niiitif^  äyäni 

2.  ^  ihi' 

3.  T3[H  etu 

Du.    1.  -^ijict  äyäva 

2.  ^Ti;  ?^«w* 

3.  x<[jii  itäm 
Plur.  1.  ^^RTTT  äyäma 

2.  ^  iM 

3.  7f^  yäntu 

Participium. 
^r<^  ?/aH^  {f.  yati)  ^TTR  i^äfia- 

482.  Nach  der  2.  Klasse,  die  der  idg.  I.  Klasse  ent- 
spricht (§  448),  werden  ferner  z.  B.  folgende  Wurzeln 
konjugiert : 

f^  dih-  'bestreichen':  ^f^  clehmi;  t^|?i/?- 'lecken': 
iif^  leclhi  (s.  §  143);  f%^  vid-  'wissen':  ^ffT  ^etth  Imper. 
pff^  viddlii  (§  144  b).  ^ 

1  ät/  {äi)  enthält  das  Augment,  s.  §  415. 

2  Wegen  des  -hi  st.  -dhi  s.  §  420. 


332  Formenlehre.  [§  482. 483. 484. 

^^  va^-  'verlangen':  '^f^  vaUi  (§  139),  '^^T'fW  uhiah 
(vgl.  §^107  c). 

^T^  vac-  'sprechen':  '^f^  vactni,  -^f^  rciMi,  sffys 
vaJcti  (§  139)  [das  Praesens  ist  im  übrigen  defektiv]. 

483.  Besonderheiten  im  Alblaut.  Einige  AVurzeln 
zeigen  in  den  starken  Formen  Dehnst nfe,  vgl. 

^^  marj-  'abwischen':  Praes.  ?n"f%^  märjmi,  ffjf^ 
märkH  (§  152),  ^nfs  märUi  (§  140),  ?nJT:  mrjmah,  ?TWf5fr 
mrjanti  (und  ^nwf^  märjanti) ;  Impf.  -^^j^n^T^;  aniärjam, 
^?I1TT^  (imärt  (§  165),  -^^ü^ij«!^  amrjan  (und-^nTTW'l  ctmär- 
jan)\  Imper.  Trr^Tf%  märjäni,  •jj-fe  nmjdhi  (§  141),  ^rff 
märStu  u.  s.  w. 

■^  stu-  'preisen':  ^ftf^T  stmtmi,  ■^tjt!  stumah,  ^r^f% 
stuvanti\  Impf.  Ttn^ej^i^  astavam,  "^r^t  astäuJi;  Imper. 
■^^rf^  staväni,  ^rf%  stiilii,  "^^  stäidii  u.  s.  w.  Ebenso 
gehen  m-  'brüllen'  und  einige  andere  Wurzeln  auf  ti, 
s.  Wliitney  §  626. 

Anm.  Über  eine  andere  Flexion  von  stu-  u.  Verw.  s. 
§  490  b)  Anm. 

484.  Ohne  Abstufung  sind  folgende  Verba: 

1.  Wurzeln  auf  ä,  z.  B.  ■^  yä-  'gehen':  ^nt'T  yämi, 
^[rrf%  2/«5/,  -qr^:  yämak,  -^rrf^  yäntl;  Imperf.  'W^Tfi 
ayäni,  3.  PI.  -^jin«!^  ayän  und  ^sra:  ayiilj.  Ebenso  gehen 
z.  B.  T^n"  Miyä-  'sehen',  xfj  ixi-  'schützen',  -^  vä-  'wehen', 
■^7  snä-  'baden'. 

Anm.  Die  Verba  auf  ä  (idg.  ä,  e,  Ö)  sind  seit  alters  ab- 
stufungslos, wie  z.  B.  gr.  arj|j.i  und  Aoriste  wie  lopäv,  lyvcuv  zeigen. 
Genaueres  s.  Brugmann,  Grundr.  II,  951  fi'.  und  Kurze  Gramm. 
504.    S.  auch  §  448. 

2.  ^  ^e-  'Hegen':  ■^r^  kiye,  ^^  ^eSe,  ^%  §ete, 
Impf,  ^^nrf^  ahyi,  '^^"^:  aSethäh,  Opt.  ^^f)^  kiylya 
u.  s.  w.  Merke  besonders  die  3.  PI.  Praes.,  Impf,  und 
Imper.  ^^H  ^e>-rtie,  ^si^fi^fi  aierata,  ^ittTI  Seratäm; 
über  die  r-haltigen  Endungen  s.  §  435  III.  Anm. 


§  484. 485.]  Die  primären  Praesensstämme  etc.  333 

3.  -gjf^  äs-  'sitzen':  -4(1  Q  äste,  2.  PL  "^jf^  ädJive 
(§  158.  2),  Imper.  -^n^  äsäi.  Merke  besonders  das  Par- 
ticip  -^üufl*!  äsiua-. 

Die  Vokalstufe  von  2.  u.  3.  ist  uridg.,  s.  §  448  b). 

4.  -^  ad-  'essen':  -^rf^  dtti,  "^TST:  admah,  Impf. 
^I^4i  äö!aw  (mit  Augment);  die  2.  3.  Sing.  Imperf.  Act. 
sind  thematisch  gebildet:  ^?n^  ädali,  ^\f^<{  ädat  (st.  *ät 
aus  idg.  ^ec?-s,  *ed-t). 

Anm.  In  der  idg.  Grundsprache  scheint  die  W.  ed-  auch  ein 
dehnstufiges  Praesens  *ed-mi  gebildet  zu  haben,  vgl.  lit.  ed-mi, 
lat.  est.  Die  ai.  thematischen  Formen  gehören  wohl  zu  einem  idg. 
*edö,  vgl.  lat.  edo,  lit.  edu  (neben  edmi\  Die  abstufungslose  Flexion 
des  Ai.  ist  offenbar  hier  wie  in  dem  folgenden  Verbum  eine 
Neuerung  (vgl.  daneben  as-  'sein'  §  488  und  vas-  §  482). 

■^^  vas-  'kleiden'  (nur  Med.):  -q^  vaste. 

5.  ^-^  caM-  'sehen':  ■^%  caMe  (2.  u.  3.  S.),  -^  caMe 
{§  lb7. 3), ^-^^f^caMmahe,^^^^  caddhve  (§  157),  Impf. 

2.  S.  ^T(ai:  acaMhäh,  Imper.  ^%  cakMi,  ^^  caMva, 

Anm.  cdks-  scheint  eigentlich  ein  durch  -s-  charakteristi- 
sches Praesens  zu  sein  (§  459),  s.  Wiedemann  KZ.  XXXVI,  162  f. 

6.  Einige  Verba,  die  nur  im  Medium  vorkommen, 
haben  regekecht  Tiefstufenvokal  in  aUen  Formen  (auch 
im  Imper.),  z.  B.  ■|;'^  1^-  'herrschen':  t^  IMe  (§  139), 

3.  PL  ■|:im  ~i§ate\  •^  sü-  'erzeugen':  ^  siive,  •w^  süSe, 
Impf,  -^^rf^  asuvi,  ^fivm:  asüthäh,  Opt.  ^^|ej  suviya, 
Imper.  ^r^  suväi. 

485.  i[T^  kis-  'befehlen'  hat  den  schwachen  Stamm 
f^  ii^-  (Ablaut  ä:i  s.  §  109  a) :  ipt^  säsmi,  ^jrfw 
hssi,  ifrf%  ^^^^^^  ftr^:  SiSvah,  Impf.  ^^nfTRR  asäsam, 
n{^Ti^  aäiSma,  Opt.  fij'^'FC  ^i^yäm. 

Merke  jedoch  den  starken  Stamm  in  der  3.  PL  und 
2.  S.  Imper.  sowie  im  ganzen  Medium :  «mijfTf  Msati 
(Endung  -ati,  s.  §  427.  L),-?nirr^:  ci^äsuh,  UTT^^  säsatu; 
Ijprf^  sädlii  (§  158.  2.);  ^t'^  säste. 


334  Formenlehre.  [§  486. 487. 

486.  hmi-  'schlagen'. 

Praesens.  Imperfekt. 

Sing.  1.  ■^f^  hämni  W^'^H.  äJianam 

2-  ffir  Hsi^  "^rf^  ähan 

3.  ff^  hänti  '-^'^^  ähan 

Du.     1.  ^^:  hanväh  '^T^^  ähanva 

2.  ^^:  hathah  '^^«TR  ähatam 

3.  ^:  7ia^a/i  'it^flTH  ähatäm 
Plur.  1.  ^«5t:  hanmäh  '^Tf^  ähanma 

3.  ^f%  ghnänti  -^^«^  äghnan 

Optativ. 
^«etl^i^  hcmyäm  u.  s.  f. 

Imperativ. 
Sing.  1.  ^•rrf'T  hänänl 

3.  ^i?T  häntu 
Du.     2.  fiT'l  hatäm 
Plur.  3.  ^«ff  ghnäntu 

Particip. 
^r?^  ghnant-  (f.  glinatf) 

Auch  Medialformen  sind  gebräuchlich,  z.  B.  3.  S. 
Praes.  ■^'^  /(a^e,  PI.  •^'^  ghnate,  3.  S.  Opt.  •^^  ghn'da. 

487.  Der  Wechsel  zwischen  7«  und  ^/i  erklärt  sich 
nach  §  132 f.;  die  ai.  Formen  lian-mi :  ha-tha:ghn-aiiti 
entsprechen  idg.  *gyhen-mi:*gl^]mthe:*^J'h7i-enti-,  auch 
die  l.Du.  hanvah  (wonach  1.  PI.  hanmah)  und  der  Opt. 
hanyäm  sind  von  der  schwachen  Stammform  qV^lm-  aus 
gebildet  (§  90).  Natürlich  ist  h  nur  vor  ursprünglichem 
e  lautgesetzlich  (§  132),  dagegen  vor  ursprünghchem  n  aus 
dem  starkstufigen  han-{mi  u.  s.  w.)  eingeführt. 


§  81. 


§  487.  488.]  Die  primären  Praesensstämme  etc. 


335 


Der  Imperativ  jahi  (=  av.  jaihi)  ist  nach  §  121  Anm,  und 
§136  aus  urar.  *jha-dhi  entstanden;  man  erwartet  allerdings  aus 
der  idg.  Grundform  *ßl%n-dhi  ein  urar.  *ghadhi  und  weiterhin 
*gaM;  schon  in  urar.  Zeit  ist  also  jh  (das  die  Vorstufe  des  h 
bildet,  s.  §  132)  von  den  starken  Formen  *jhän-mi,  *jhän-tu 
u.  s.  w.  auf  *ghadhi  übertragen  worden. 


488.  as-  'sein' 


Praesens. 


Sing. 


Du. 


Plur. 


Sing.  1. 
2. 


^^rf^  äsmi 
-^S(f^  äsi 

^:  svah 
'^\  sthäh 
W^  stall 
•^:  smah 
j^  sthä 
^fi^  sänti 


Imperfekt. 


idg.  *es-mi  gr.  eijii 
*esi  gr.  £1^ 
*es-ti  gr.  eati 
*s-uös 
*s-thes 
*s-tes 

*s-m6s  lat.  s-umus 
*s-t}ie 

*s-enti     gr.     (dor.) 
evTi  (==  siai) 


Du. 


Plur. 


^{\mi  äsam 

^H^^^  ästam 
■^\k^\fi  ästäm 
•^\m  äsma 
■=5IT^  ästa 
^\H^  äsan 


idg.  *es-ni  gr.  (hom.)  -^a 

[*es-s] 

[*es-t  gr.  dor.  t]?] 

*es-tom  gr.  ■^axov 
*es-täni  gr.  t^otyjv 
*es-me  gr.  YJjxev 
*es-te  gr.  YJoxs 
*eS'ent  gr.  (hom.)Yjev 


Optativ. 


Sing.  1.  ■^TT'l  syäm 


idg.  *siem  alat.  siem 


u.  s.  w. 


»  Ygl.  dazu  §  150. 


336  Formenlehre.  [§  488. 489. 

Imperativ. 
Sing.  1.  nii^if;;  äsäni  idg.  *esö  gr.  Iw,  lat.  ero 

2.  xrf^  edU  *z-dM,  gr.  tadi 

3.  -^g^  ästu 
Du.    1.  Hüfiicj  äsäva 

2.  -^ni  stäni 

3.  ■^tr;  stäm 

Plur.  1.  -^rar^T  äsäma  *es-o-me,\2it erimus 

2.  -^  stä 


3.  w«ff  säntu 


Particip. 


^fxT  sanU  (f.  satt)  idg.  *sent-      gr.      (dor.) 

£VT-£<; 

(über  mediale  Formen  vgl.  §  573.) 

489.  Die  Flexion  von  as-  zeigt  getreu  die  alte  (idg.) 
Abstufung  es- :  s-,  die  in  den  verwandten  Sprachen  mehr 
oder  weniger  verwischt  ist;  die  Übertragung  der  starken 
Augmentform  es-  (ai.  äs-)  auf  die  schwachen  Formen  wie 
z.  B.  1.  PI.  *es-me  (ai.  äsma)  u.  s.  w.,  wofür  man  *e-.9-me 
(ai.  *asma)  u.  s.  w.  erwartet,  ist  wohl  schon  in  der  Grund- 
sprache vollzogen.  Im  Ai.  zeigt  nur  die  2.  Sing.  Imper. 
eine  bemerkenswerte  Abweichung  von  der  idg.  Grund- 
form: eähi  ist  aus  ^azälii  entstanden  (vgl.  §  158.  2.),  mit- 
hin ist  hier  die  starke  Stammform  as-  eingeführt  worden. 
(Aus  idg.  ^zdhi  kätte  im  Ai.  *dhi  werden  müssen  =  av. 
zd%.) 

In  der  2.  3.  S.  Impf,  hegen  die  regelrechten  Fort- 
setzer von  *ess,  "^est  im  Vedischen  noch  vor:  2.  3.  S.  ah 
(vgl.  §  165).  Die  Formen  äsih,  äsU  haben  eine  l-Er- 
weiterung,  die  mit  dem  t  der  §  490  genannten  Verba  und 
der  §  555  besprochenen  Aoristformen  identisch  ist. 

Anm.  1.  Bartholomae,  Stud.  II,  61  £f.  setzt  ai.  äslh  dem  lat. 
eräs  gleich,  d.  h.  er  sieht  in  dem  ai.  t:  lat.  a  ein  idg.  Ablauts- 
verhältnis *esö[/]-s:*m-s;  die  lat.  Form  kann  jedoch  auch  anders 


§  489. 490.]         Die  primären  Praesensstämme  etc.  337 

beurteilt  werden,  s.  Sommer,  Lat.  Laut-  und  Formenlehre  S.  578. 
Vgl.  auch  Hirt  IF.  X,  34fiF. 

Anm.  2.  Über  gegenseitige  Ergänzung  von  as-  und  bhü- 
'sein'  zu  einem  Paradigma  s.  W.  Neisser  in  Fepa;  (Abhandlungen 
für  Fick,  Göttingen  1903)  215  ff. 

490.  Zweisilbige  Wurzeln.  Mehrere  Wurzeln  sind 
in  einer  Keihe  von  Formen  zweisilbig  (idg.  I.  Kl.  c),  d.  h. 
sie  haben  vor  konsonantischer  Endung  ein  i  oder  ein  i; 
l  ist  bei  diesen  Wurzeln  Regel  in  der  2.  3.  Sing.  Imperf. 
Act.  (vgl.  auch  äslh,  äs'it). 

a)  'Einschiebung'  eines  %  findet  statt  bei  den  Wurzeln 
''?j«l  ttn-  'atmen',  -^h"  tiuI-  'weinen',  ■^^  vam-  'vomere'  (in 
der  älteren  Sprache),  -g^  tvas-  'atmen',  ^xj  svap- 
'schlafen' ;  also  z.  B.  Praes.  <[^frffi(  rodimi,  i^Oflf  rö- 
^^^h  Or^td  roditi,  "s^f^:  rudimäh,  Impv.  ^i^f^f^  rudiM, 
■^tf^fT  roditu,  aber  "^^fiff  rudmiti,  \^\t\  rudydm,  Part, 
■^^^x^  rudänt-.  Die  2.  3.  S.  Imperf.  lautet  entweder 
■^r^Yrtt  ärödih,  ^(^d\({  ärödlt  oder  (thematisch)  -^ü^^j; 
ärödali,  -^lO^jfl  ärödat. 

Anm.  Über  sonstige  Verba  mit  gelegentlichem  i  s.  Whitney 
§  630,  Kielhorn  §  271. 

b)  'Einschiebung'  von  t  findet  sich  in  den  starken 
Formen  der  W.  g-  hrä-  'sprechen',  also  g(<f\f44  hrävlmi, 
^^(\;f^  hräviM,  w^Vf^T  hräviti,  ^?rw^:  ähravih,  ^^^(^ 
ähravit,  5r^"g  hrävltu  (aber  z.  B.  ^^f^  hruvänti,  -n^'^f^ 
ähravam,  "^rw^  ähr^{va}l,•^[^J^l)rüyäm,^Sff^hrüMvL.  s.  w.). 

Anm.  Auch  die  §  483  schon  angeführten  Verba  wie  stu- 
haben  Nebenformen  nach  der  Art  von  brü-,  z.  B.  stävimi,  stu- 
vimäh,  ästavlk,  stuvihi  u.  s.  w.  (Gramm.).  Die  Dehnstufe  der  ein- 
silbigen Wurzelform  (stäumi)  hängt  offenbar  mit  der  Zweisilbig- 
keit der  Normalstufe  zusammen. 


Thumb,  Altindische  Grammatik.  22 


338  Formenlehre.  [§  491. 

II.  Die  ai.  3.  (reduplizierende)  Klasse. 
491.  Paradig-ma.    hu-  'opfern'. 

Activum.  Medium. 

Praesens. 
Sing.  1. -^p^^fij  juhonii  "^ß^^^^'e 

2.  w^tf^  juhoH  ^fW^  jiiht(M 

3.  ^ftfTT  ß(h6ti  T5T^^  jukiite 
Du.     1.  •^^rmjuhuväh  ^^ <t  juliuvähe 

2.  öT^^  juhuthäh  ^^\^  jühväthe 

3-  ^^FfTI  juhutäh  W5;T^  jühväte 

Plur.  1.  ^^T{\  jiüiumäh  ^[^jf^  juhumähe 

2.  ^^^  juliuthä  .    ^TF"^  juhudhve 

3.  :ji^f^  jühvati  W^  jühvate 


Imperfectum. 

Sing.  1.  -^(^^«4^  äjuhavam  •M'^V^  äjiihvi 

2.  "^r^nft:  äjuhöh  ^<^:^^\\,  äjuliuthah 

3.  "^r^ftfi;  äjuhöt  "^T^fT  äjuliuta 
Du.     1.  ■'^rgf^"^  äjuhiiva  nii^^cjf^  äjulmvahi 

2.  ■^l'afjicT^  äjuliutam  'M^^\'^\*i  äjuhväthäm 

3.  -jlijtjjdlH  äßtlmtäm  ■=M^,^r<1lH  äjuhvätäm 
Plur.  1-  -^^^i(  äjuhuma  "'^rsrwrf^  äjuliumahi 

2.  ^^^ff  äjuliuta  "^rsTF"^'^  äjuJiudhvam 

3.  ^i^ji^^i,  äjuhavur  H'^i^ti  äjuhvata 

Optativ. 

Sing.  1.  ^nF^jT^  jH/»(?/am  ■gf^^  jülivlya 

2.  >j|jjij|:  juhuydh  ^^^[:  jühvlthäli 
u.  s.  f. 


§491.492.493.]  Die  primären  Praesensstämme  etc.  339 

Imperativ. 
Sing.  1. -sf^^jf^  jtihäväni  ^sc^  ßiMväi 

2.  ^3[^^  jnhudhi'^  ^[^-^  juhuSvä 

3.  ^ftH  jitJwtu  ^rTR  juliiitäm 
Du.    1.  wfTT^  juhäväva  ^Tf^T^  juhävävahäi 

2.  •5i[^T{T{ju]mtäm  ^^1  ^  \*i  juhvätliätn 

3.  ^jjciiH  jitliutäm  W5T<TT1  jühvätäm 
Plur.  1.  ^sp^^fjfj  juhäväma  ■al^m*^^  juhävämahäi 

2.  ^gfFfT  juhiitä  W^'^^  julmdliväm 

3.  ^^7T  julivatu  WSTTT'T;  jithvatäm 

Particip. 
^^(^([^julivat-  (f.  -aü)      -ai^M  jüJiväna- 

492.  Reduplikation.  Über  die  Gestalt  des  redupli- 
zierten Konsonanten  s.  §  416.  Der  regelmäßige  Re- 
duplikationsvokal ist  l]  nur  die  zt- haltigen  "Wurzeln 
reduplizieren  mit  u,  die  Wurzeln  i^  da-,  ^[\  dliä-  und 
^  hä-  'verlassen'  mit  a. 

Anm.  Der  uridg.  Reduplikationsvokal  des  Praesens  war  ur- 
sprünglich «,  seltener  e  (s.  §  450);  die  tt-ßeduplikation  ist  eine 
ai.  Neuerung,  die  dadurch  hervorgerufen  wurde,  daß  das  Redupli- 
kations-i  z.  B.  von  bi-bhemi :  bi-bhlmah  zu  dem  i  der  Wurzel  in 
Beziehung  gesetzt  wurde ;  daher  schuf  man  zu  tt-"Wurzeln  parallele 
Formen  mit  dem  Reduplikationsvokal  u. 

493.  Die  Zahl  der  reduplizierenden  Praesentia  (= 
idg.  III.  Praesensklasse,  s.  §  450)  ist  in  der  klassischen 
Sprache  gering;  die  wichtigsten  Wurzeln  sind: 

xc^jpar-  (pr-)  'füllen':  fqxrf^  j^ij^anwi,  fim^:  pijjrmah, 
3.  PI.  fxrirf?f  piprati,  ^ifMM^H  cipiparam,  ^[Ui\:  apipah 
(2.  3.  P.),  ^fqq^:  apipanih.  Ebenso  ^  hliar-  'bringen'. 

^  hhl-  'fürchten':  f^fir  hiblmni,  i^^\Jf:  hihhl- 
mah,  f^^ffi  hihhyati,  -^if^^^ijii^  ahibliayam,  ^(^^:  dbi- 


1  Die  andern  Verba  auf  Vokal  haben  die  Endung  -Ai,   vgl. 
§  420.  IV. 

22* 


340  Formenlehre.  [§493.494.495, 

hhefi,  ^rf^^T^.  aUhhayuh,  f^r^fVff  Uhlnlii.    Ebenso  -g^ 
hri-  'sich  schämen'. 

Anm,  Die  schwachen  Formen  der  "W.  bhi-  haben  auch  bhi-, 
also  z.  B.  hiblnmah,  bibhthi  u.  s.  w. 

494.  Besonderheiten  im  Alblaut.  Die  Wurzeln  auf 
ä  (außer  da-  und  dhä-  §  495)  lauten  in  den  schwachen 
Formen  gewöhnlich  mit  i  ab ;  vor  vokahscher  Endung 
schwindet  der  Wurzelvokal  völhg: 

ffj  mä-  'messen':  Medium  -fTT^  mi-m-e,  f^riff^  mi- 
mi-Se,  (3. PL) f^ro^ mi-m-ate ;  -^rfTTfiT a-mi-m-i, -^^^^y, 
a-minü-thah,  ^4|^*^*^<^  a-mim-ata. 

Ebenso  1.  fj  ^^«-  'gehen'  (Med.). 

Anm.  Aktivische  Formen  der  W.  mä-  finden  sich  in  der 
älteren  Sprache,  z.  B.  Impv.  mimä-tu,  mimihi. 

2.-^hä-  'verlassen' :  ^^f^jfijjahämi,  WfVJTti«^^»'*«?^  ^^^^ 
^rffH:  jahiinah,  ^fff^  jah-ati;  -M^^yH.  ajahäm,  ^^jj: 
ajalmli ;  merke  besonders  den  Optativ  WflTR;  jcüi-yäm 
(mit  Schwund  des  Vokals  wie  vor  vokahscher  Endung) 
und  den  Impv.  ^TfTfl  jcthähi  mit  starker  Stammform 
(wie  WfTH  jcihätu)  neben  regelrechtem  grfVff  >  ^rfff^ 
jahthi. 

Anm.  Als  Tiefstufe  von  ä  erwartet  man  nach  §  109a)_  nur 
t  (idg.  9)  oder  0,  und  dieser  Ablaut  liegt  in  2.  hä-  vor.  Über 
das  l  als  Ablaut  von  ä  vgl.  außer  §  110  Brugmann  Grundriß 
II,  931  f.  und  Wackernagel  §  18. 

495.  Die  Wurzeln^  da-  'geben'  und  \n  (^^^d-  'setzen, 
stellen'  zeigen  in  allen  schwachen  Formen  Verlust  des 
Vokals  (vgl.  §  109  a)  und  haben  den  Reduphkations- 
vokal  a  (s.  §  492);  bei  dhä-  ist  außerdem  die  lauthche 
Behandlung  der  Aspirata  zu  bemerken^: 


1  Die  Flexion  von  da-   ist   mit  der  von  dha-  identisch,  nur 
daß  überall  für  dh  ein  d  einzusetzen  ist. 


§495.] 


Die  primären  Praesensstämme  etc. 


341 


Activum. 


Medium. 


Praesens. 


Sing.  1.  ^TsrrfiT  ääälmmi 

2-  rfv<|f%  dädhäsi 

3-  rf>4if7T  dädliäü 
Du.     1.  ^ysi;  dadhväh 

2.  \T(?f:  dliattliäli^ 

3.  VtT:  dhattäh 
Plur.  1.  ^tjt:  dadhmäh 

2.  \T7er  dhattliä 
3-  ^^irfJT  dädliati 


-S^  dcidhe 
^[(^  dliatse^ 
\(^  dhatte 
^V(%  dädhvalie 
^VT^  dcidhdthe 
wssri^  dadJidte 
^\JT%  dädhmaJie 
■yf^  dJiaddJive^ 
^V^  dädhate 


Imperfectum 

Sing.  1.  -^irfvlH  ttdadhäm 

2.  •^^sr^^sTTt  ädadhäli 

3.  ^^^^rni;  ädadhät 
Du.     1.  "^^^  ädaäliva 

2.  -^iv^-rlH  ädJiattam 

3.  -^p-ttITH  ädhattäm 
Plur.  1.  n!iT^  ädadJima 

2.  "^iVTr  ääliatta 

3.  "^i^^t:  ädadhuli 


•^SC^fy^  ädadhi 
Tjn^nTn  ädhatthäh 
tSjVtT  ädhatta 
"^^"^■^f^  ädadJivahi 
■^^VT^TRl  ädadliäthäm 
W^'^lrWH.  ädadhätäm 
-^rfmf^  ädadhmahi 
'^\\\^*i  ädJiaddhvani 
-^^VrT  ädadhata 


Optativ. 

Sing.  1.  T^T^l  dmViyäm  '^y^  dädhiya 

u.  s.  f. 


1  Ygl.  §  137.        2  155.        3  144. 


342  Formenlehre.  [§  495. 496. 497. 

Imperativ. 
Sing.  1.  ^^irrt^T  dädhäni  ^^  dädJiäi 

2.  vff  (f^iehi'^  Vr^  dhatsva 

3.  '^ynj^  äädliätu  VtTR:  dhattäm 
Du.     1.  ^VT^  dädhäva  ^VT^%  dädhävdliäi 

2.  "v^TtTR;  dhattäm  ^vt^TR;  dadhäthäm 

3.  ^rTTT^  dhattäm  ^^^TTcfT^  dadhätäni 
Plur.  1.  ■^\rw  dädhäma  '!p^n^%  dadhämahäi 

2.  •^ipTT  c?/ia#a  V^^  dhaddhvam 

3.  ^vg'  äädliatu  ^^ij^q^  dadhatäm 

Particip. 
^\lc^  dädhat-  ^VTT  dädhäna- 

496.  Einige  Verba  werden  zwar  vom  ind.  Sprach- 
gefühl als  Angehörige  der  AYurzelklasse  empfunden,  sind 
aber  gleichwohl  nach  Ursprung  und  Flexion  reduplizierte 
Bildungen  (vom  Typus  dadhämi),  nämhch: 

^qefiT^  caMs-  'glänzen' :  'q^rrfe  cahlsti,  3.  PI.  -cjchi^rd 
cakäsati  (ohne  Abstufung). 

grw  jci^'h  'essen' :  3.  PI.  öT^fTf  jakkiti,  Impv.  gffhj" 
jagdki;  jaM-  ist  aus  *ja-ghs-  entstanden  und  gehört  zur 
W.  ghas-  (über  das  LautUche  s.  §  152  f.);  das  Yerbum 
ist  in  die  Analogie  von  animi  u.  s.  w.  geraten  (z.  B.  3.  S. 
^rf^rf^  jakSi-ti),  nachdem  die  schwache  Stammform  ver- 
allgemeinert worden  war. 

Man  erwartet  nämlich  *jaghas-ti,  *jaks-ati:  dieser  Bildung 
entspricht  das  (sehr  selten  gebrauchte)  Verbum  bhas-  'verzehren' : 
babhasti,  3.  PI.  bapsati  (vgl.  §  155). 

497.  Über  einige  Intensivbildungen,  die  nach  ihrer 
Flexion  hierher  gehören,  s.  §  594 ff.  Über  die  themati- 
sche Schwesterform  unserer  Praesentia  s.  §  472  b). 

Anm.  Daß  schon  in  uridg.  Zeit  thematische  und  athemati- 
sche Bildungen  bei  derselben  W.  neben  einander  vorkamen,  zeigt 
das  athematische  gr.  '{zzr^\xi  neben  dem  thematischen  ai.  tisthämi; 

1  §  144  a) ;  im  KV.  auch  daddhi  nach  §  144  b). 


§497.498.]         Die  primären  Praesensstämme  etc. 


343 


ferner  haben  die  W.  da-  und  dhä-  in  vedischer  Zeit  auch  den 
thematischen  Praesensstamm  dad{h)a-,  wozu  lit.  dedü  zu  ver- 
gleichen ist. 

III.  a)  Die  ai.  5.  (n!/-)Klasse. 
498.   Paradigma,    su-  'auspressen,  keltern'. 
Activum.  Medium. 

Praesens. 
Sing.  1.  ■^nftf'T  sunomi 


2-  ^EPTtf^  simöäi 
3.  ^nftfrr  sunoti 
Du.     1.  Ti«id;  simuväh 

2.  ^nra:  siimdhäh 

3.  jjiHH:  sunutäh 
Plui'.  1.  '^t^RT:  sumimäh 

2.  ^«tvu  siinuthä 

3.  ^fff^fs?!  sunvänti 


^pro  sumiSe 
^^^  "  ' 

TTvTH  simiite 

lj«ldri  sunuvälie 

ft^Hij  sunväthe 

^,di%  sunvdte 

4^«^«%  sunumähe 

^nrC?  sunudhve 

^pa-H  simväte 


Imperfectum. 

Sing.  1.  -^^nT^K  äsunavam 

2.  "^räi^:  äsimöh 

3.  ^^»ftfi  äsunöt 
Du.     1.  ■^Wwra'  äsimuva 

2.  -^««jctTT  äsunutam 

3.  •^^«TdlH  äsunutam 
Plur.  1.  '^H«m  äsunuma 

2.  •=3ff^«ffT  äsunuta 

3.  ^f|>cj«t^  äsunvan 


"^^rf^  äsunvi 
^^TT^rn  äsunuthäh 
■^^TTfT  äsunuta 
"^^•r^t%  äsunuvahi 
"^^n^TTT'l  äsunväthäm 
^<^*c(VdiH  äsunvätäm 
•^^*i*<f%  äsimumahi 
^^•nenn  äsumidhvam 
-^m^d  äsunvata 


Optativ. 

Sing.  1.  ^•nn'l  stinuyäm  M^M  sunvlyä 

u.  s.  f. 


344  Formenlelire.  [§  498. 499. 

Imperativ. 

Sing.  1.  :q»{cjif^  sunäväni  W^  siinäväi 

2.  ^nr  sum'i  jg'HM  sunuSvä 

3.  W^t^  sunötu  ^«T(^]i(^  sunutäm 

Du.     1.  ^•TTT^  sunäväva  ^rT^T^%  simävävahäi 

2.  ^TTcfT^;  sunutäm  H^I^MI^i  simvdthäm 

3-  ^^f!TH  sunutäm  '^,^\r{\^^  sunvätäm 

Plur.  1.  4^«icH44  sunäväma  'WW^(J^%  sunävämahäi 

2.  ^RTT  sunutä  ^w\\4H  sunudhväm 

3.  ^;^i?T  sunväntu  '^^^(T^i]^  sunvätäm 

Particip. 

^?cr?T^  sunvänt-  M^[^  sunvänä- 

(f.  sunvati) 

Anm.  1,  Vor  den  mit  v  oder  m  beginnenden  Endungen 
kann  w  (bei  vokaliscli  auslautender  Wurzel)  auch  wegfallen,  z.  B. 
sunväh,  sunmähe,  äsunva  u.  s.  w.  Nach  dem  Verhältnis  von  sun- 
vah :  saknuvah  scheint  unmittelbar  sunmah  (statt  sunumah)  neben 
Saknumah  geschaffen  worden  zu  sein;  die  Form  sunvah  verhält 
sich  zu  älterem  sunuvah  wie  tvam  zu  (ved.)  tuvam  u.  ä.  (§  72). 
Vgl.  dazu  Brugmann,  Grundriß  II,  1009  f.,  Wackernagel  §  53  a)  y). 
(Anders  Bartholomae  IF.  VII,  75  f.).  Über  saknuv-anti  u.  s.  f. 
gegenüber  sunv-anti  s.  §  72. 

Anm.  2.  Bei  den  Wurzeln  auf  Konsonant  hat  die  2.  S. 
Impv.  Akt.  die  Endung  -hi,  z.  ß.  saknuhi  zu  sak-  'können'  gegen- 
über sunü.  Ob  die  Verwendung  des  Verbalstammes  sunu  (ebenso 
kuru  §  502)  alt  ist,  ist  fraglich ;  vielleicht  wurde  su7iu  (statt  sunu- 
hi)  zu  sunuta  erst  nach  dem  Muster  von  bhara :  bharata  geschaffen, 
s.  Bartholomae,  Iran.  Grundr.  I,  59. 

499.  Nach  der  n?«-Klasse,  die  der  idg.  VI.  Klasse 
entspricht  (§  455),  gehen  z.  B.  noch  folgende  Wurzeln: 

-^  kSi-  'vernichten',  f^  ci-  'sammeln',  -w  (\3()  dhü- 
'schütteln  (dhünömi),  f^  hi-  'antreiben',  -^t^  var-  'be- 
decken' (vmömi),  -^r^  star-  'streuen'  (cf.  gr.  atopvufAi), 
VT^  dJiarS-  'dreist  sein,  wagen'  {dhrsnömi),  -^ij  ^^-  (a^-) 


§  499.  500.  501.]  Die  primären  Praesensstämme  etc.  346 

'erreichen'  (ahönii),  ^xi  äp-  'erlangen'  (äpnömi)  und 
■^V  rädh-  'geraten'  (rädhnömi)  zeigen  merkwürdiger 
"Weise  Hochstufe  der  Wurzel. 

Besonders  zu  merken  ist  die  Wurzel  ^  ^ru-  'hören' 
wegen  der  Behandlung  der  Wurzelsilbe:  ■»nirtt'T  ^piomi, 
■anpr:  ^rmmah  u.  s.  w.  (Impv.  fynu)]  vgl.  dazu  §  60, 
ferner  6.  KeUer  KZ.  XXXIX,  158f.  und  Meület,  In- 
troduction  S.  184. 

Anm.  Das  Praesens  ürnömi  'ich  bedecke'  geht  ebenfalls 
nach  der  ntt-Klasse ,  wurde  aber  von  den  ind.  Grammatikern  zur 
2.  (■Wurzel-)Klasse  gerechnet,  indem  eine  zweisilbige  "W.  ürnu- 
aufgestellt  wurde ;  ür7iu-  wird  nämlich  gelegentlich  (in  der  Sprache 
der  Brähmana's)  wie  die  W.  stu-  u.  Verw.  (§  483)  behandelt  {ür- 
näuti  neben  ürnöti).  In  "Wirklichkeit  ist  es  eine  Parallelform  zu 
vrnömi  (s.  o.):  nrnömi  steht  für  *vürnömi  (nach  §  71  Anm.),  und 
*vür-  ist  Tiefstufenform  einer  zweisilbigen  "W.  vari-  (Inf.  vari- 
tutn)  1 ;  s.  darüber  §  107  d),  ferner  Brugmann,  Grundriß  il,  1008. 

b)  Die  ai.  8.  (w-)Klasse. 

500.  Paradigma,  tan-  'dehnen'. 
Sing.  1.  •rt'Ttni  tanomi  Tf^  tanve 

2.  ff«nfti  tanoH  7I«T^  tanuSe. 

u.  s.  f.  wie  sunömi. 

501.  Die  Praesensbildung  sieht  so  aus,  als  ob  an  die 
Wurzel  ein  ö  (u)  als  Suffix  angefügt  wäre,  und  daher 
haben  die  Inder  eine  besondere  w-Klasse  angesetzt.  In 
Wirklichkeit  handelt  es  sich  in  den  meisten  Fällen  um 
Bildungen  der  »zw -Klasse.  Da  nämlich  die  Wurzel  in 
der  Regel  tiefstufig  ist,  so  mußte  zur  W.  tan-  (idg.  ten-) 
das  Praesens  *tn-neu-mi,  d.i.  ai.  iawowii  lauten;  indem 
nun  tanomi  auf  die  hochstufige  Wurzelform  tan-  bezogen 
wurde ,  entstand  die  Fiktion  einer  M-Klasse.  Fast  alle 
hierhergehörigen  Wurzeln   lauten  auf  n  aus:   vgl.  ■^^ 


1  Oder  varu-,  idg.  mru-,  vgL  gr.  Ipu-oOai. 


346  Formenlehre.  [§  501. 502. 

kSan-  'verwunden'  (Manöti),  f^man-  'meinen'  {mannte 
neben  mamjate)  und  die  nur  in  der  älteren  Sprache  hier- 
her gehörigen  Wurzeln  van-  'gewinnen',  san-  'gewinnen' 

und  han-  'schlagen'. 

Anna.  Die  einzige  Ausnahme  ist  das  einmal  im  RV.  vor- 
kommende taru-te  zur  Wurzel  tar-  'übersetzen';  dieses  Praesens 
ist  nach  der  idg.  I.  Klasse  (§  448  b)  gebildet  von  der  zweisilbigen 
Wurzel  oder  Basis  taru- ;  man  erwartet  dazu  (nach  §  95  Anm.)  eine 
tiefstufige  Wurzelform  tür-  (also  *türte),  die  z.  B.  im  Partizip 
türm-  vorliegt:  eine  Flexion  '^tärumi,  *türmäh  entspräche  dem 
Verhältnis  von  bravi-mi-.brü-mali,  rödi-mi:rudi-mah;  taru-te  ist 
also  durch  Verallgemeinerung  der  starken  Stammform  zustand- 
gekommen. 

502.  Jmr-  'machen'. 

Activum.  Medium. 

Praesens. 
Sing.  1.  ■^■^tf^  Imromi  ^  kurve 

2-  wrtf^  MroH  w^  hiruSe 

3.  efr^tfTT  Jiaroti  -^-^  künde 

Du.     1.  öR^:  kurväh  ^^%  kurvähe 

2.  cfi^c^:  kundhäh  ^TT"^  kurväthe 

3.  ■aj'^H:  kundali  cRcfTfT  kurväte 
Plur.  1.  -^iiT:  kurmäh                     ^^f  kurmähe 

2.  öR^:^  kuruthä  '^'^'^  kuruähve 

3.  ■aj^f^  kurvänti  cRöfTf  kurväte 

Imperfectum. 
Sing.  1.  ^ctt^cJH  äkaravam         "^r^f^  äkurvi 

2.  "=?rejr^:  äkaröh  '^W^^.  äkundhäh 

3.  -^jefiTtfl  äkaröt  "^^^fT  äkuruta 
Du.     1.  -^^^  äkurva  ^^"^ff  äkurvaM 

2.  iR^^ff^  äkurutam  -^^^l^iH  äkurväthäm 

3.  ■^cR-^rTT'l  äkurutam        "^ch^l'dlH  äkurvätäm 
Plur.  1.  vjich4  äkurma  ^^^Tf%  äkurmahi 

2.  "^^"^  äkunda  -^^^^  äkurudhvam 

3.  "^^^  äkurvan  "'^Tefi^fT  äkurvata 


§  502, 503.]  Die  primären  Praesensstämme  etc.  347 

Optativ. 

Sing.  1.  oR'i^T'l  'kurijäm  ^^f^  kurv'ujä 

u.  s.  f. 

Imperativ. 

Sing.  1.  cR<^c(ift!T  Jiaräväni  WK^  Imräväi 

2.  cR-^  J^unt  W^^  kuruävä 

3.  öR-^fT  ^cirotu  W^TTTfi  kurutäm 
Du.     1.  efix^Tcf  kci'räväva  cR-^^^T^^  karävävahäi 

2.  w^fT^  Imrutäm  W<^J'^\fi  kurväthäm 

3.  cR^fTT'l  Tiiirutäm  ^^T'dlfl  ^^urvätäm 
Plur.  1.  cR<^c^i4j  Mräväma  '3fijy(jj^  Jmrävämahäi 

2.  ^^fT  kurutä  ^-^-tcT^  kurudhväm 

3.  •BR-aw^  kurväntu  eR^cTT^  kurvätäm 

s»  SM  «^ 

Particip. 
cjr^T^  kurvänt-  (f.  -atl)    c^»4ku  Tiurvänä- 

503.  Das  Yerbum  har-  flektierte  in  der  älteren  Sprache 
regelmäßig  nach  der  ?«it-Klasse  (kpiomi,  kpmmäh  u.  s.  f.) ; 
doch  läßt  sich  die  im  Sanskrit  herrschende  Flexion  eben- 
falls schon  im  RY.  nachweisen.  Woher  sie  stammt,  d.  h. 
ob  Jcarömi  etwa,  eine  mind.  Umbildung  von  Ärwömi  ist,  oder 
ob  in  Jcarömi  eine  Praesensbildung  wie  das  §  501  Anm. 
besprochene  tarnte  vorhegt,  ist  nicht  mit  Sicherheit  zu 
entscheiden ;  vgl.  darüber  Brugmann,  Grundr.  11, 1008  ff., 
Kurze  Gramm.  503,  Reichelt  BB.  XXVII,  75  f.  Einzelne 
Formen  des  Verbums  wie  kunnäh  u.  ä.  sowie  kuryäm 
hängen  nicht  mit  der  alten  »m-Flexion  zusammen,  sondern 
gehören  der  Wurzelklasse  an,  die  gelegenthch  in  der 
älteren  Sprache  (so  im  RV.  karSi,  krthah)  bezeugt  ist; 
seltsam  ist  auch  kurmi  (im  Epos),  eine  Neubildung  (statt 
*J{a)'mi)  zu  Tcurmah. 

Anm.  Die  Formen  karömi:kurvah:kurinah  haben  wohl  mit 
dazu  beigetragen,  die  Flexion  sunömi:sunvah:sunmah  hervor- 
zurufen, s.  §  498  Anm.  1. 


348  Formenlehre.  l§  504. 

IV.  Die  ai.  7.  (n-) Klasse. 
504.  Paradigma,    yuj-  'verbinden'. 

Activiim.  Medium. 

Praesens. 
Sing.  1.  ^Mf^  yunäjmi  ^  yunje  ^ 

2.  jjwff^  yunäMi'^  ^^  yimkSe 

3.  "^TTfw  yunäJctP  -^^  yufdUe 
Du.     1.  ^Ef^m\:  yunjmäh^  ^^^  yimjvähe 

2.  i<NJ.cf.^:  yimkthäh  ^^7^  yunjäthe 

3.  -^^i  yimUäh  ^WT^  tjunjäte 
Plur.  1.  -^^siT:  yunjmäh  ^^*T%  ijiinjmälw 

2.  "i^^-sr  yu'ti'kiM  ^IFT^  yimydlive 

3.  -^^t^  yimjänti  -^^  yimjäte 

Imperfectum. 
Sing.  1.  >41^*t<>IH  äyunajam         ^^t^  oi/^^wji 

2.  ^?5rg^cR  äyunak^  ^-^^-sn:  äißmUMh 

3.  ^^^cft  äyunak  "^^^^  äyimUa 
Du.    1.  Huij^^ äyunjva  "^rgÄtt  äyufijvaU 

2.  ^ij^^  äymdMam  "^"g^T^TR  äyunjäthäm 

3.  ^^r^'Rl  äymdMäm  ^"g^fTm;  äyuüjätäni 
Plur.  1.  ^?r^35JT  äyuiijma  -^^^^(f  äyunjmahi 

2.  "^r^  äymdMa  "^^'^^  äyungdhvam 

3.  .4)^^«^  äyunjan  "^"g^cT  äyunjata 

Optativ. 

Sing.  1.  "5555fT»l  ijunjyäm  ^^Hü  yunßyä 

u.  s.  w. 


1  §  152.  2  §  140.  3  §  80.  *  §  165. 


§  504. 505.]  Die  primären  Praesensstämme  etc.  349 

Imperativ. 
Sing.  1.  ij«)<j(i(%  yunäjäni  -g^  yimäjäi 

2.  ejr^4Vj  yungdhi  -^^  ywdkSvä 

3.  '^•r3t  yunäktu  ^^VH  ytwMdm 

Du.     1.  -fT'nrr"^  yunäjäva  n^^\<d{^  yunäjävahäi 

2.  "ii^Tr  yiüdMäm  H^\^\H.  yunjäthäm 

^^  7'  ^  -     ■    '  J.~ 

3.  -CT^^TW  yiudktäm  ^f^lTHK  yunjätam 
Plur.  1.  ^«j<a)|^  yunäjama  i^^^ya^  yiinajamanai 

2.  -^f^  yiüdUä  "^^v^^l  yutdgdhväm 

3.  -g^i^  yuhjäntu  ^rTT^  ijunjatäm 

Parti  cip. 

^Tr^  yunjänt-  (f.  -att)    ^^m  yunjänä- 
Anm.     "Wenn  wurzelauslautendes  h  (g)  zwischen  den  Nasal 
und  einen  Dental  der  Endung  zu  stehen  kommt,    so    kann  der 
Verschlußlaut  nach  §  140  Anm.  ausfallen:  also  z.  B.  ywite,  yun- 
dhve  neben  t/unkte,  yungdhve. 

505.  Nach  ijuj-  [=  idg.  Vn.  Klasse,  s.  §  457]  gehen 
z.  B.: 

flf:^  chiä-  'abschneiden':  flpTf^T  chinadmi,  flf'^r: 
chindniah  (vgl.  lat.  scindo);  ebenso  f^  hhid-  'spalten' 
(f^ff^  hhijiatti,  f^r^f^  hhindanti). 

fqir  piS-  'zermalmen':  ftp^ pinaMi,  fq^f^ pj^anti; 
fipf  §i§-  'übrig  lassen':  fipTf^  ^inasti,  f?[f^rf^  tisanü. 

^Anm.  Zur  Erklärung  des  Gegensatzes  von  s—s  vgl.  §147  f. 
Der  Zischlaut  der  lautgesetzlichen  Formen  *pinasti,  *pisanti  u.  s.  w. 
("W.  pis-,  lat.  pinso),  die  man  nach  dem  Muster  von  sinasti,  sisanti 
erwarten  darf,  ist  in  Anlehnung  an  die  sonstigen  Formen  der 
Wurzel  (Perf.  pipesa,  Part.  Praet.  pista-  u.  dgl.)  durch  s  ersetzt 
worden. 

^^  hJiuj-  'genießen'  (^xie  yuj-). 

-^\sl  rudh-  'hemmen':  ^Tirf%  runaddhi  (§  144  b), 
"^«^rf'rf  rundhanti. 

^  varj-  'zusammendrehen':  djjif^  vrnaJcti,  ct^fWl 
vrnjaidi. 


350  Formenlehre.  [§  505. 506.  507. 

Anm.  Lautlich  bemerkenswert  sind  die  in  der  älteren  Sprache 
belegten  Formen  trnedhi  (3.  S.  Ind.)  und  tpiedhu  (Impv.)  zur  "W". 
trh-  'zermalmen' ;  sie  erklären  sich  nach  §  143  b),  doch  ist  e  statt 
ö  auffallend  (vgl.  dazu  "Wackernagel  §  34).  Die  von  den  Gramma- 
tikern bezeugte  1.  S.  trnchmi  (statt  *tmahmi)  hat  ihr  e  von  der 
3.  P.  bezogen. 

506.  Die  thematische  Weiterbildung  der  w- Klasse 
(§458),  die  z.B.  in  lat.  iiingo  gegenüber  yunajmi  vorliegt, 
ist  im  Ai.  durch  melu'ere  Verba  vertreten,  die  als  'Ano- 
mala'  der  ind.  6.  Klasse  bezeichnet  werden ,  s.  §476  a). 
G-elegentlich  werden  auch  zu  Wurzeln  der  athematischen 
Klasse  thematische  Nebenformen  gebildet,  so  z.  B.  hhunj- 
ämi  neben  hliunajmi. 

Anm.  1.  In  einigen  Wurzeln  ist  das  n  der  schwachen 
Formen  wie  in  lat.jungo  auch  in  die  außerpraesentischen  Tempora 
eingedrungen  und  wurzelhaft  geworden,  so  bei  aPtj-  'salben' 
(anajmi)  und  bhafij-  'brechen'  (bhanajmi). 

Anm.  2.  Das  Verbum  hinasmi  und  hisämi,  "W.  his-  'schädigen' 
(vgl.  hisita-  'Schädigung'),  gehört  ursprünglich  nicht  zur  w-Klasse ; 
s.  Brugmann,  Grundriß  II,  1028  und  J.  Schmidt,  Sonanten- 
theorie  57  f. 

V.  Die  ai.  9.  (wä-)Klasse. 

507.  Paradigma,  h'i-  'kaufen'. 

Activum.  Medium. 

Praesens. 

Sing.  1.  sfhnrfiT  Tirmämi  IS^  krme 

2-  Vhl {IM f%  h'tnäsi  ^ftljfl^  krmtSe 

3.  sfl  (!l  I  frr  ^rmäti  ^ftrjftw  h'mlte 

Du.     1.  ^jjflcc  krlmväh  "^Tn^cf^  J^rJmvähe 

2.  spt^tifl"^:  krmWiäh  wtliTT^  Icrmätlie 

3.  sfl^irifT:  krlmtäh  WtTJTT^  krlndte 
Plur.  1.  "g^Tjft^:  hrinlmäli  sfh!ftT%  hrmimähe 

2-  sftrift^  l'ruüthä  W\W\^^  knmdJwe 

3.  sjn(!l(%  krinänti  istwh  krmäte 


§507.] 


Die  primären  Praesensstämme  etc. 


351 


Imperfectum. 


Sing. 


Du. 


Plur. 


Sing. 


1-  ^thl^JilH  äkrinam 
2.  ^;f|jjn:  äkrlnah 

1-  "^"sftrsft^  äkrlnlva 
2.  '^snfi^WtfT'l  akrlnltam 

1-  "^"^TjftTl  äJcrmlmah 

2-  "^Tsfit^ifttT  äJcrmtta 

3-  -^ivflilK  äkrman 


Sing. 


Du. 


Plur. 


^sfiniT  äkrini 
^9p)Tjf|gjTI  äkrinlthäfi 
•M^*S\f\  äkrlntta 
"^ gpl  <!?)  g( (%  äkrlmvaJii 
W^^tWVm^  äkrinäthäm 
''^WtWTrim.  äkrmätäm 
"^SfWtWt'^fW  äkrmlmahi 
^  '^n  <!n  'ha^äkrinldhvam 
^^fldlcl  äkrinata 


Optativ. 
2-  gflufli^i:  knnlyäh  sfluriviji:  krmlthäh 


u.  s.  w. 


Imperativ. 


!•  ?s)<!Mt%  krinäni 

2.  -^urtff  Anw77ii 

3.  ^ijd^  krlnätu 
1«  ;|n<!nc<  krlnäva 

2.  sp^Tjft'fT^  krlmtäm 

3.  WtüftflT^  krmitdm 
1-  sR^TJTTT  krlndma 

2.  sfl^jDd  krinltä 

3.  9f\ dit-tt  knnäntu 


■5^^  krmäi 
sftTjft^  krlnlSvä 
sftTsftcrri;  knmtdm 
sB)  jjl  1  c|^  krmdvahäi 
sftwr^T'l  krlndtliäm 
sft'TFT'mT'l  krmdtäm 
sß^TjjTT^  krlndmaJiäi 
"^T|f^"%^  knmdhväm 
W\Wrrm.  krlnätäm 


Particip. 
5Rt¥''t|;  krlnänt-  (f.  -ati)  sf|  üi  |  h  krlnänä- 

Die  2.  Sing.  Impv.  Akt.  wird  nur  bei  Wurzeln  auf 
Vokal  nach  dem  Paradigma  gebildet.  Die  übrigen 
Wurzeln  haben  die  Endung  -äwa,  z.  B.  j|^|(j;  grJiänä  von 
jl^lfi^  grhnämi  'ich  ergreife'  (W.  grali-). 

grhäna  scheint  in  ^rAä  +  na  zerlegt  werden  zu  müssen; 
das  gleiche  na  findet  sich  nach  Bartholomae's  wahrscheinlicher 
Vermutung  in  den  (ved.)  Endungen  -tana,  -thana  wieder  (s.  §  426). 


352  Formenlehre.  [§  507—510. 

Dunkel  ist  die  Stammform  grhä-;  vielleicht  ist  grhäna  durch 
Dissimilation  aus  *grhnä-na  entstanden.  Andere  Vermutungen  s. 
bei  Brugmann,  Grundriß  II,  975,  Persson  IF.  II,  254  f. 

508.  Nach  der  >iä-Klasse  (=  idg.  V.  Klasse,  s.  §  453) 
gehen  noch: 

■^st^  ai-  'essen':  ■=?r?rTt'T  ainämi. 

•^  jPiä-  'erkennen,  wissen';  WT'Trf'T  jänämi,  auch 
Med.  ^^  jäne,  WT^Tt^  jänl^e. 

Anm.  Über  die  Wurzelform  j«-  zu  jM-  vgl.  §  109  e)  Anm. 
(anders  Bartholomae  ZDMG.  L,  692). 

•CT  mi-  'reinigen':  i|«t(f»|  punämi  (ebenso  ^  lü- 
'schneiden'). 

Tf\  prl-  'erfreuen' :  ifl  iU  it^  prmämi. 

s^T  var-  'wählen':  <^i!nn:^  rpiämi. 

-sf^  handh-  'binden' :  "^^Tf^  hadhnämi  (vgl.  §  89.  2), 
ebenso  tts^  mantJi-  'schütteln,  quirlen'. 

•^^  stamhh-  'stützen' :  ^r^rf'T  stahhnämi. 


XXIY.  Kapitel. 
Das  Perfektsystem. 

a)  Die  idg.  Perfektbildung. 

609.  Literatur:  Brugmann,  Grundriß  II,  1203 ff.,  Kurze 
vergl.  Gramm.  541  ff.,  Whitney  §  780—823. 

510.  Eigenart  des  Perfekts.  Das  ai.  Perfekt  ist  das 
ziemlich  getreue  Spiegelbild  des  idg.  Perfektums,  das  sich 
besonders  mit  Hilfe  des  Ai.,  Griechischen  und  Germani- 
schen rekonstruieren  läßt.  Die  idg.  Perfektbildung  hat 
folgende  Merkmale: 

1.  mehi-ere  besondere  Endungen,  die  bereits  §  419  ff. 
besprochen  worden  sind,  nämhch  in  der  1.  2.  3.  S., 
2.  3.  Du.,   2.  PI.  und  (in  gewisser  Beziehung)   auch  in 


§510.511.512.]  Das  Perfektsystem.  353 

der  3.  PI.  des  Aktivs^  sowie  in  der  3.   S.  und  PI.  des 
Mediums. 

2.  eine  besondere  Partizipialendung,  s.  darüber  §  530. 

3.  in  der  Regel  Reduplikation  mit  e. 

4.  eine  besondere  Yokalabstufung  der  Wurzel. 

511.  Reduplikation.  Daß  der  idg.  Reduplikations- 
vokal e  war,  ergibt  sich  deutHch  aus  dem  Griechischen 
(8e8op/a,  xexXixai,  y.iyu-iai),  Lateinischen  (alat.  memordi, 
tehiJi,  pepiigi,  klass.  cecidi,  cecidi,  dedt)  und  Gotischen 
(skaisMip  'er  schied',  saisö  'er  säte',  stautaut  'er  stieß') ; 
dazu  stimmt  das  ä  der  meisten  ai.  Perfecta.  Die  Redu- 
plikation der  i-  und  w-haltigen  Wurzeln  mit  i  und  u  ist 
demnach  eine  Neuerung  (\g\.jukute  =  gr.  xe)(UTai,  tutöda 
=  got.  staistant,  ciccheda  ==  got.  skaiskaip  u.  s.  w\) ;  die 
alte  Reduplikation  ist  jedoch  erhalten  in  hahhüva  von 
hhü-  'sein',  ferner  in  den  vedischen  Formen  sasüva  von 
sä-  'zeugen'  und  kiSayäna-  (Part.  Med.)  von  Se-  liegen, 
sowie  bei  Wurzeln  wie  tyaj-  ^verlassen'  (tatyäja).  Über 
die  Einzelheiten,  besonders  auch  über  die  vokaUsch  an- 
lautenden Wurzeln  s.  §  520. 

Anm.  In  der  älteren  (besonders  in  der  vedischen)  Sprache 
findet  sich  bei  einer  ziemlich  großen  Zahl  von  "Wurzeln  als  Kedu- 
plikationsvokal  ein  langes  ä  (die  Belege  s.  bei  Whitney  §  786),  z.  B. 
vävarta  neben  regelmäßigem  vavarta  zur  W.  vart-  (vrt-)  'drehen, 
wenden'.  Daß  darin  ein  idg.  Erbteil  steckt,  darauf  weist  nicht 
nur  das  Avestische  (s.  Bartholomae,  Iran.  Grundriß  I,  89),  sondern 
auch  gr.  (hom.)  SYiSs/axai  zu  Slxop-ai  (vgl.  dazu  Brugmann,  Griech. 
Gramm.3  260). 

512.  Fehlen  der  Reduplikation.  Ai.  veda  'ich 
weiß'  ist  übereinstimmend  mit  den  verwandten  Sprachen 
(vgl.  vor  allem  gr.  oI8a)  ohne  RedupHkation  gebildet;  daß 
es  in  uridg.  Zeit  reduplikationslose  Perfecta  in  größerem 
Umfang  gegeben  hat,  wird  insbesondere  durch  das  La- 


1  Hier  ist  nämlich  -ur  Regel,  eine  Endung,  welche  allerdings 
auch  im  Imperfectum  vorkommt. 

Thumb,  Altindische  Grammatik.  23 


354  Formenlehre.  [§  512. 513. 

teinische  und  Gotische  walu-scheinlicli  gemacht,  wo  der 
größere  Teil  der  Perfecta  ohne  EedupUkation  gebildet 
ist.  Auch  im  Ai.  (RV.)  sowie  im  Griech.  gibt  es  (außer 
Hioida)  einige  Perfektfonnen  ohne  RedupHkation,  s.  die 
ai.  Belege  bei  Whitney  §  790  und  Brugmann ,  Grundriß 
II,  1212  ff.  Über  einige  scheinbar  reduplikationslose  Per- 
fecta s.  §  522  f. 

Anm.  Brugmann  hat  im  Grundriß  II,  410.  1215  f.  die  Ver- 
mutung geäußert,  daß  das  Participium  Perfecti  Act.  (das  gerade 
im  E.V.  mehrere  Mal  ohne  Reduplikation  erscheint,  z.  B.  söhv(ls- 
gegenüber  sa-säh-a  zur  W.  sah-  'überwältigen')  ursprünglich  nicht 
redupliziert  war  und  durch  seine  Einfügung  ins  Perfektsystem 
den  Verlust  der  Reduplikation  bei  den  finiten  Formen  herbei- 
führte; neuerdings  nimmt  derselbe  Gelehrte  an  (Kurze  vergl. 
Gramm.  S.  542  ff.),  daß  im  idg.  Perfectum  überhaupt  reduplizierte 
und  unreduplizierte  Typen  neben  einander  bestanden  haben,  lehnt 
jedoch  ab,  daß  der  zweite  Typus  etwa  eine  lautliche  Entwicklung 
des  ersten  darstellt.  Es  ist  aber  nicht  unwahrscheinlich,  daß  der 
Verlust  der  Reduplikation  in  der  Grundsprache  für  einen  Teil 
der  Formen  durch  die  Ablautsverhältnisse  (s.  u.)  hervorgerufen 
wurde,  d.  h.  daß  z.  B.  zu  *dedör^a  eine  Pluralform  *ddme  aus 
*d{e)drime  lautgesetzlich  entstanden  ist;  auf  Grund  eines  solchen 
oder  ähnlichen  ursprachlichen  Paradigmas  »  ist  leicht  zu  verstehen, 
daß  die  verschiedenen  Sprachen  in  verschiedener  Weise  Aus- 
gleichungen vornahmen.  Vgl.  dazu  Hirt,  Griech.  Laut-  und 
Formenlehre  S.  406  f. 

513.  Der  Wurzelablaut.  AVie  bei  den  athematischen 
Praesentien,  so  zeigt  sich  auch  in  den  verschiedenen 
Formen  des  Perfekt  ein  Wechsel  des  Wurzelvokals.  Im 
Sing.  Act.  ist  die  Wurzelsilbe  betont  und  hat  hochstufigen 
Vokahsmus;  in  allen  andern  Formen  ruht  der  Accent 
auf  der  Endung,  und  die  Wurzelsilbe  ist  dementsprechend 
tiefstufig.  Vgl.  z.  B.  1.  Sing,  veda,  gr.  oloa,  got.  ivait  = 
idg.  Hiöida,  aber  1.  Plur.  vidmä,  gr.  i8|iev,  got.  witum 


1  Man  könnte  auch  vermuten,  daß  in  Verbindung  mit  einem 
Verbalpraefix  Verlust  des  Reduplikationsvokals  eintrat,  also  z.  B. 
*sesöda  (von  sed-  'sitzen'),  aber  *ni{se)-sbda  =  *ni-söda. 


§513.514.]  Das  Perfektsystem.  355 

=  idg.  \iiäme\  1.  S.  vavärta,  got.  warp  =  idg.  *ueuörta, 
1.  PI.  vavrtimä,  got.  ivaürpum  =  idg.  *tieurtme.  Das  Germa- 
nische und  Ai.  spiegelt  diese  Verhältnisse  am  getreusten 
wieder.  Bei  AVurzeln  der  e-Reihe  erscheint  die  Hochstufe 
mit  0,  hei  der  (schweren)  e-Reihe  mit  ö,  wie  am  deuthchsten 
aus  dem  Griechischen  (ysYova,  BeSopza,  texpo^a,  ippm-^a. 
u.  s.  w.)  hervorgeht;  die  griech.  Formen  sind  für  die  Be- 
urteilung des  Ai.  wichtig,  da  hier  nach  §  63 ff.  e  und  6 
zusammengefallen  sind.  Wenn  sich  ai.  jajäna  mit  dem 
griech.  yeYove  deckt,  so  muß  angenommen  werden,  daß 
ai.  ä  =  idg.  ö  in  offener  Silhe  ist  (vgl.  §  65.  2) ;  für  die 
Annahme  einer  Dehnstufe  (idg.  ö)  gibt  es  außerhalb  des 
Ai.  keine  festen  Anhaltspunkte.  Im  Ai.  ist  langes  ä  in 
der  3.  Sing,  bei  allen  Wurzeln  der  ä-  (d.  h.  idg.  e-)Reihe 
Regel,  wenn  die  Wurzelsilbe  offen  ist  (also  jajäna,  ca- 
Jiära,  sasäda  u.  s.  w.,  aber  dadarki).  Das  ä  erscheint 
auch  bei  einem  wurzelschließenden  Diphthong,  also  hi- 
hhäi/a  zu  hhi-  'fürchten'  (gegenüber  hibheda  zu  hhid- 
'spalten'.) 

Anm.  Die  ind.  Grammatiker  lehren  daher  einfach,  daß  der 
Vokal  der  "Wurzel  in  geschlossener  Silbe  guniert,  in  offener  Silbe 
vrddhiert  werde ;  sichere  Dehnstufe  liegt  nur  in  mamarja  {mamrjüh) 
von  mrj-  'abwischen'  vor  (vgl.  auch  §  483). 

514.  Die  1.  Sing,  hat  in  der  Wurzel  bei  offener 
Silbe  nicht  nur  ä,  sondern  daneben  auch  ä,  also  ja- 
jana,  cakara,  tatapa,  hihhaya  neben  jajäna,  cakära, 
tatäpa,  hihhäya.  In  diesem  ä  scheint  die  idg.  e-Hoch- 
stufe  zu  stecken,  und  so  ergibt  sich  ein  uridg.  Paradigma 
1.  S.  *gegona  und  *gegena,  3.  S.  *gegbne,  s.  Brugmann, 
Grundriß  11,  1205.  Allerdings  gibt  es  außerhalb  des 
Ai.  keine  entsprechenden  alten,  unzweideutigen  For- 
men mit  e-Yokahsmus,  es  sei  denn,  daß  man  gr.  Tce- 
cpsaya  st.  *7U£<^ot>Ya  oder  Xs^sya  u.  dgl.  (Brugmann, 
Griech.  Gramm.^  314)  nicht  als  Neubildungen  nach  cpeu- 
yo),  Xeyto  u-  s.  vv^,  sondern  als  ursprünghche  Formen  auf- 

23* 


356  Formenlehre.  [§  514. 515. 516- 

faßt.   Im  Germanisclien  weist  jedoch  nichts  auf  analoge 
Formen. 

515.  Formenlbestand  des  Perfekts.  Im  Sanskrit 
besitzt  das  Perfekt  (außer  dem  Partizip)  nur  den  Indi- 
kativ; im  RV.  finden  sich  außerdem  noch  Konjunktiv-, 
Optativ-  und  Imperativformen,  sowie  ein  Augmenttempus 
des  Perfekts,  ein  sogen.  'Plusquamperfectum' ;  die  Belege 
s.  bei  Whitney  §  808ff. 

Die  nicht-indikativischen  Formen  sind  von  reduplizierten 
Praesensbildungen  (§  491)  und  vom  starken  reduplizierten  Aorist 
(§  543)  nicht  zu  unterscheiden,  da  das  Merkmal  besonderer 
Endungen  fehlt ,  vgl.  z.  B.  den  Optativ  vivisyäm  (von  vis-  'ein- 
treten') zum  Perf.  vivesa,  der  wie  die  Praesensform  juhui/äm 
(zu  juhötni)  gebaut  ist. 


b)  Das  ai.  Perfectum. 

516.  Paradigma. 

a)  Icar-  'machen'. 

Activum.  Medium. 

Sing.  1.  ^^jn'-:^;  oder  t^ör^  cakara  ^%  calxre 

2.  ^oR^  cakärtha  'W^^  calr^e 

3.  T|cft;<^  cakäi'Ci  -^^  cakre 

Du.     1.  ^ir^  cakrvd  ^^^  cakrvahe 

2.  ^sR^:  cakräthuh  t|^|%  cakrathe 

3.  ■=q'^rT:  cakrätuh  -^'^l^  cakrdte 
Plur.  1.  '^ir*T  cakrmä  '^W^  cakpnähe 

2.  ■^sü  cakrä  ^ir§  cakrdhve^ 

3.  "w^:  cakrüli  "^fWT  cakrire 

1  -dhve  tritt  ein  nach  vorhergehendem  u  oder  r  (sonst  in  der 
Regel  -dhve). 


§516.517.518.]  Das  Perfektsystem.  3B7 

b)  tud-  'stoßen'. 

Sing.  1.  fTffr^  tntoda  ir^  tutude 

2.  "^fftf^^  tutoditJia  ^"^f^  tutudiäe 

3.  HTft^  tutoda  ^^  häudg 

Du.     1.  Hdf^^  tiitudivä  ^^t^t  tutudivälie 

2.  ^^jf:  tutudäthuh  gn«^!^  tutudäthe 

3.  '^'^TF:  tutudätuh  "^T^  tutudäte 
Plur.  1.  -^^f^  tutudimä  "^^f^^  tutudimähe 

2.  w^  f?<f?<(?d  Üt^%  tutudidJive^ 

3.  ■^■^:  tutudüh  i"gt^  üdudire 

517.  Die  beiden  Paradigmen  unterscheiden  sich  da- 
durch von  einander,  dass  bei  a)  die  konsonantischen 
Endungen  unmittelbar ,  bei  b)  mit  Hilfe  des  'Binde- 
vokals' i  angefügt  werden;  die  Endung  -re  hat  in  beiden 
Fällen  ein  i  vor  sich. 

Nach  a)  gehen  noch  die  Wurzeln  ^  hhar-  'tragen', 
-^  var-  'wählen'.  Med.  (^  vavre),  w%.  sar-  'fließen',  ^ 
dru-  'laufen'  (^^^  dudräva,  "^^t^  dndrötha,  -^^ 
diidnnna),  -^  iru-  'hören',  ^  stu-  'preisen'  (höN  tuMäva, 
vgl.  §  147),  "V  s^^*-  'fließen'  (^^r^  susräva,  vgl.  §  148  b). 
Einige  Wurzeln  bilden  Formen  sowohl  nach  a)  wie  nach 
b),  z.  B.  ^rq;  gup-  'schützen',  tt^  taM-  'behauen',  ^^ 
muh-  'verwirrt  werden'.  [Die  übrigen,  ziemhch  selten 
gebrauchten  Verba,  welche  noch  hierher  gehören,  sind 
bei  Kielhorn  §  298  b.  2  und  3  zusammengestellt.]  Etwas 
häufiger  fehlt  der  Bindevokal  vor  der  Endung  -tha,  so 
in  der  Regel  bei  Wurzeln  auf  r  (r),  ferner  z.  B.  bei 
^Tj^  gam-  'gehen',  ^  ni-  'führen'  (s.  §  525),  sowie  bei  den 
§  522 f.  angeführten  Wurzeln. 

518.  Alle  andern  Perfecta  gehen  nach  dem  Para- 
digma b),  so  z.  B.  folgende  mit  regelmäßiger  YokaHsation 
der  Wurzelsilbe: 


1  Siehe  S.  356,  Fußnote. 


358  Formenlehre.  [§  518. 

1.  f^  Mi;p-  'werfen' :  f^^-q  cikSepa,  f^f^ftjiT  cikH- 
imna. 

f^^  chid-  'absclmeiden' :  f^-^<j  ciccheda,  f^f^^^fTiT 
cicchidima. 

t|r^  Ä  'zeigen':  f^^  dideia,  f^f^^i^  didi- 
sima. 

f%^  sie-  'ausgießen':  t%^  siSeca,  f^rf^rf^  ^^1^- 
cima. 

^•^  juS-  'sich  erfreuen' :  ^^q  jujöki,  wwF^  jujit- 
Sinia. 

^^  hudJi-  'wachen':  d^^yj  huhödha,  ^-afirn  huhi- 
dJiima. 

jra-  muc-  'befreien':   ^Tjfl^  mumöca,  ^r^f^TT  mti- 


miicima. 


-^^  riid-  'weinen' :  "^"J^f^  ruröda,  "^^f^iT  rurudima. 

•3fm  karS-  (krS-)  'ziehen':  ^^^  caJiarSa,  ^^fcnj?  ca- 
krSima. 

^^  dar^-  (dr^-)  'sehen' :  'ffT'sf  dudciria,  'S^{^*\  da- 
driima-,  2.  S.  d'^^  dadraStha  und  ^^f^^  dadarUtlia. 

^V  vardh-  (vrdh-)  'wachsen':  c[S(^vavardJia,  cfSff^rR 
vavrdhima,  Med.  ■^^v  vavrdke. 

'^^  sarj-  (srj-)  'loslassen':  ^^^  sasarja,  ^^rf^ 
sasrjima,  2.  S.  ^^y  sasraUha. 

2.  ^\ir  vyadh-  'durchbohren':  f^gijVT vivyädlia,  f^f^- 
f^^  vividhima. 

^t(  svcq)-  'schlafen':  ^te^tR  suSväjJCt,  ^11(1^44  siiki- 
2)ima. 

^  ^?a7<-  'ergreifen':  ^fJTT^  jagräJia,  ^tj^:  jagrJmh. 

3.  -tin  gam-  'gehen':  ^jh^  jagäma,  ^jtt^  jagantha 
(s.  §  82)  oder  ^i;yif^  jagamWia,  ^iftr^  jagmima,  ^rr^: 
jagmuh.  Ebenso  ij«^  i«»-  'geboren  werden',  i^  khmi- 
'graben',  ^  lian-  'schlagen'  (s.  u,  Amn.). 


§518.519.]  Das  Perfektsystem.  359 

\j^  dhar-  'halten' :  ^\rTT  (^^^)  äc^ähara,  '^f^  da- 
dlirima.  Ebenso  »fT  ''*^''-  'sterben',  ^-^  var-  'bedecken', 
^T^;  liar-  'wegnehmen'. 

Anm.  Zu  han-  heißt  das  Perfekt  ja^Ä/na  {jaghnima);  zum 
anlautenden  Konsonanten  vgl.  §  133.  Das  ffh  beweist,  daß  das  ai. 
Perfekt  bei  "Wurzeln  der  e-Reihe  die  ö-Stufe  hat.  Ebenso  erklärt 
sich  der  Guttural  in  cikäya  von  ci-  (cinöti)  'bemerken',  jigäya  von 
ji-  Oö.yfl^i)  'siegen',  jighäya  von  hi-  {hinöti)  'antreiben';  in  den 
schwachen  Formen,  wo  der  Palatal  lautgesetzlich  wäre,  hat  der 
Konsonant  der  starken  Form  im  allgemeinen  gesiegt  (also  z.  B. 
jighyuh  nach  jighäya).  Umgekehrt  ist  in  Fällen  wie  cacara  zu 
car-  'sich  bewegen'  oder  jujösa  (s.  o.)  der  Palatal  des  Praesens 
ins  Perfekt  eingedrungen. 

519.  Ursprung  des  BindeYokals.  Daß  der  Gebrauch 
des  'Bindevokals'  im  Sanskrit  das  Ergebnis  einer  längeren 
Entwicklung  ist,  darauf  weist  der  vedische  Zustand,  der 
von  dem  des  Sanskrit  ziemlich  stark  abweicht :  der  Binde- 
vokal steht  dort  (in  der  Begel)  nur  nach  vorhergehender 
langer  (konsonantisch  schheßender)  Wurzelsilbe,  also  z.B. 
2.  S.  viveditha  zu  vid-  'finden',  aber  jajäntlia  zu  jan- 
'entstehen',  yuyujmä  zu  yuj-  'anspannen'.  Die  vedische 
Regel  deckt  sich  jedoch  ebenfalls  nicht  mit  dem  ursprüng- 
lichen (uridg.)  Zustand,  sondern  „hängt  augenscheinlich 
mit  der  Tendenz  zusammen,  die  Folge  von  mehreren 
kurzen  Silben  zu  vermeiden",  ist  also  eine  sekundäre, 
wohl  nur  der  poetischen  Kunstsprache  angehörende  Er- 
scheinung. Aber  aus  den  vedischen  Verhältnissen  er- 
kennt man,  daß  in  älterer  Zeit  der  Bindevokal  nicht 
so  ausgedehnt  war  wie  im  Sanskrit;  im  Iranischen  fehlt 
er  fast  ganz,  s.  Bartholomae,  Iran.  Grundriß  I,  87.  Der 
Gebrauch  des  Sanskrit  ist  offenbar  das  Endergebnis 
eines  stetigen,  durch  das  Wirken  der  Analogie  bedingten 
Weiterwucherns  eines  Vokals,  der  an  sich  mit  der  Flexion 
des  Perfekts  nichts  zu  tun  hatte.  P.  von  Bradke,  der 
IF.  VIII,  123 ff.  die  Geschichte  dieses  'Bindevokals'  klar- 
gelegt hat  (vgl.  dazu  auch  Reichelt  BB.  XXVII ,  94f.), 


3B0  Formenlehre.  [§  519. 520. 

hat  überzeugend  gezeigt,  daß  derselbe  im  wesentlichen 
von  zweisilbigen  Wurzeln  ausgegangen  ist ;  als  wurzel- 
hafter Bestandteil  von  Formen  erscheint  das  i  (=  idg. 
9  und  teilweise  auch  i,  s.  §  448  Anm.,  466)  im  Ai.  auch 
außerhalb  des  Perfekts  in  weitem  Umfang,  wenn  auch 
lange  nicht  so  häufig  und  regelmäßig  wie  im  Perfekt 
(vgl.  §  554.  568f.  615.  616.  633). 

Während  also  z.  B.  cakrma  (Infin.  kartum,  Partie,  krta-), 
ved.  sasattha  von  sad-  'sitzen'  (Intin.  sattum,  Part.  ved.  satta-) 
regelrechte  Bildungen  der  einsilbigen  Wurzeln  kar-  (idg.  qer-) 
und  sad-  (idg.  sed-)  sind,  liegen  zweisilbige  Basen  z,  B.  in 
folgenden  Fällen  vor: 

(ved.)  pa-pt-i-»ia,  W.  petj-,  vgl.  Inf.  pati-tum,  Part,  pati-ta-, 
gr.  TTETiTa-ixai. 

ja-jui-ma,  W.  genj-,  vgl.  Fut.  jani-syati,  Part,  jä-ta-  (s.§  107  e), 
griech.  y£v£-oi;,  lat.  geni-tum. 

rurudi-ma,  s.  rödi-mi  §  490. 

Da  nun  vor  vokalischen  Endungen  die  ein-  und  zweisilbigen 
Wurzeln  zusammengefallen  sind,  so  konnte  nach  dem  Muster  von 
jajän-a:jajfii-ma,  papäta -.papti-ma  auch  ein  sasdd-a:*sazdima 
(s.  §  522),  dadarsa-.dadrsiwa,  vavarta-.vavrtima  (ved.  vavrtma) 
u.  s.  f.  geschaffen  werden.  Das  Perfekt  hat  das  i  schließlich  als 
bequemen  'Bindevokal'  ebenso  verallgemeinert  wie  das  Griech. 
sein  a  in  T£Tp6cp-a-|j.£v,  >.£>,oi7r-a-iJ:£v  u.  s.  w.  (statt  *XiX[o]nt-p.£v 
u.  ä.).  Aber  einigemal  hat  im  Ai.  auch  die  entgegengesetzte  Tendenz 
gewirkt  und  den  Bindevokal  verdrängt:  so  erwartet  man  z.  B. 
die  2.  S.  *jajani-tha,  *tatari-tha  (W.  tari-,  vgl.  §  448  Anm.);  aber 
die  Analogie  z.  B.  von  tatantha  (W.  tan-,  cf.  Part,  ta-ta-),  caJcartha 
u.  ä.  hat  in  diesem  Fall  Formen  ohne  Bindevokal  hervorgerufen 
(jajantha,  tatartha  u.  ä.). 

520.  Zur  Reduplikation.  Abgesehen  von  den 
§  511  gegebenen  Regeln  ist  für  die  Reduplikation  eines 
anlautenden  Vokals  folgendes  zu  merken  (vgl.  auch 
§  532.  2) : 

1.  anlautendes  ä  wird  gedehnt,  z.  B.  -^jf?  äda  'ich 
habe  gegessen',  -gff^  äsa  'ich  bin  gewesen'. 

Anm,  Zu  äda  vgl.  lat.  i^di;  ob  im  langen  Vokal  die  Redu- 
plikation oder  dehnstufige  Wurzel  vorliegt,  läßt  sich  nicht  ent- 
scheiden. —  Zu  äp-  'erlangen'  heißt  das  Perfekt  äpa. 


§  520. 521.]  Das  Perfektsystem.  361 

2.  Wurzeln  mit  anlautendem  i  haben  in  der  Redupli- 
kation iy-;  in  den  schwachen  Formen  verschmilzt  Re- 
duphkations-  und  Wurzelvokal  zu  1 :  jirv^  iy-äya,  3.  PL 
^"^.  'i/«?^  (aus  H-iy-ur)  zu  i-  'gehen' ;  ^[^  iy-e^a,  1 .  PI. 
i^.t^W  'i^iiiici  zu  i§-  'suchen,  verlangen'. 

Anm.  Diese  Reduplikationsweise  ist  ohne  Zweifel  eine  ai. 
Neubildung,  da  ja  der  idg.  Reduplikationsvokal  ein  e  war.  Ent- 
sprechende Behandlung  zeigen  "Wurzeln  mit  anlautendem  u,  vgl. 
1.  S.  uv-ösa  (im  Öathapatha-Brähmana)  von  uS-  'brennen'  und  3.  PI. 
(ved.)  üduh  von  ud-  'benetzen'. 

3.  Mehrere  vokaHsch  anlautende  Wurzeln  haben  als 
ßeduphkation  die  Silbe  an-;  z.  B.  nm«j\^|  änqsa,  WT^* 
änahh  von  a§-  'erreichen',  -^IM-^  änarca  von  arc-  (rc-) 
'strahlen'. 

Anm.  Die  belegten  Formen  gehören  meist  der  älteren 
Sprache  an,  s.  Whitney  §  788.  Daß  in  änqsa  eine  alte  (uridg.) 
Form  steckt,  darauf  weist  das  formal  gleiche  gr.  •^v-eYx-(a);  in 
der  sog.  attischen  Reduplikation  des  Griechischen  (Socuoa,  äxi^xoa 
u.  dgl.)  scheint  der  ursprüngliche  Typus  bewahrt  zu  sein :  ai.  an- 
ist ursprünglich  wohl  nur  die  Reduplikation  einer  n-haltigen 
Wurzel  (vgl.  auch  ved.  än-avja  zu  anj-  'salben')  und  wurde  von 
da  auf  andere  Wurzeln  übertragen.  S.  Brugmann,  Grundriß  II, 
1221  f. 

521.  Einige  mit  v  beginnende  Wurzeln  reduplizieren 
mit  u,  das  in  schwachen  Formen  mit  dem  Wurzelvokal 
u  verschmilzt,  vgl.  v^e^ixj  uväca  (2.  P.  uvaktha  und  uva- 
citha),  ^rf^^  ücima  u.  s.  w.  aus  *u-ucima  von  vac- 
'sprechen'  (über  uc-:vac-  s.  §  103.  1).  Ebenso  gehen 
■^^  vad-  'sprechen',  -^  vap-  'hinstreuen',  '^t[^  va^- 
'woUen',  ^  vali-  'fahren'.  Entsprechend  heißt  zu  -^j^ 
yaj-  'opfern'  das  Perf.  i^i\\^  iyäj-a  (2.  P.  iyaStha  und 
iyajitha),  f;;f^ffl'  Ij-ima. 

Zur  Erklärung  dieser  Reduplikationsformen  ist  die 
Annahme  nötig,  daß  ursprüngliches  vaväca  (so  im  RY., 
ferner  av.  vavaca)  zunächst  zu  *vuväca,  yayäja  zu  *yi- 
yäja  umgestaltet  sei,  wie  ja  auch  ein  *sasväpa  zu  svap- 


362  Formenlehre.  [§  521. 522. 523. 

'schlafen'  in  su^väi^a  umgewandelt  wurde  (anders  Brug- 
mann  Grundr.  II,  1220  f.).  Aus  *vuväca,  *yiyäja  entstand 
weiterhin  nach  §  71  Anm.  uväca,  iyäja. 

522.  Besonderheiten    des    Wurzelablauts.     Zu 

einem  Perfekt  sasdd-a  (idg.  *ses6da)  lautet  der  schwache 
Stamm  regelrecht  "^sazd-  (idg.  *5e-^(^-),  woraus  nach 
§  158.  2  sed-  wurde,  also  z.  B.  ^f^TT  sedimä^\  zu  einem 
Perfekt  yayaina  (von  yam-  'reichen')  lautet  der  schwache 
Stamm  *ya-im-,  woraus  yem-  entstand,  also  z.  B.  (Med.) 
^^  yeme.  Als  der  Ursprung  dieser  Formen  vergessen 
war,  d.  h.  als  sedinia,  yeniima  u.  ä.  Formen  einfach  als 
reduplikationslose  schwache  Stammformen  zu  sasada,  ya- 
yäma  empfunden  wurden,  bildete  man  nach  diesen 
Mustern  Formen  wie  petima  (statt  ved.  paptima)  zu  pa- 
päta,  teninia  (st.  Hatnima)  zu  tatäna  u.  s.  f. ;  auf  diese 
Weise  entstand  ein  neues  Paradigma  mit  scheinbar  redu- 
plikationslosen Formen : 

Activum.  Medium. 

Sing.  1.  Xf-qr^  (xn?"^)  pctpäca       ^%  pece 

2.  im^^  oder  ^f^^  ^f^^  peciSe 

papäMha  oder  pecitliä 

3.  yy]x;  papchca  ^^  pece 

Du.     1.  ^f^^  pedvä  v^^^;^^  pecivähe 

2.  ^^^:  pecätlmh  ^Tr%  pecäthe 

3.  ^^fT.  pecätiih  ^^^  pecäte 
Plur.  1.  ^f^?T  pecima  ^f^jf^  pecimahe 

2.  ^^  pecä  ^f^T:.^  pecidhve 

3.  '^^:  pecüli  ^f^T  V^c^^^ 

523.  Nach  der  Lehre  der  ind.  Grammatiker  gehen 
nach  pac-  solche  Wurzeln  mit  dem  Vokal  ä,  welche  mit 


1  Daß  ai.  sedima  nicht  dem  got.  setum  gleichzusetzen  ist, 
muß  heute  für  ausgemacht  gelten,  vgl.  z.  B.  Bartholomae  IF. 
III,  9  f. 


§  523. 524.]  Das  Perfektsystem.  363 

einem  einfachen  Konsonant  beginnen  und  schließen,  wo- 
fern der  anlautende  Konsonant  weder  ein  Guttural  noch 
eine  Aspirata  oder  ein  i;  ist^;  die  Voraussetzung  ist  also, 
daß  der  anlautende  Konsonant  in  der  Keduplikation 
nicht  verändert  wird.  Hierher  gehören  z.  B.  noch  ^-^ 
car-  'gehen',  cPl  ^«'^-  'spannen',  ffi^  tap-  'büßen',  ^  dah- 
'brennen',  »ni  nam-  'sich  verneigen',  xj^  imd-  'gehen', 
IT^  man-  'denken',  tj^^;  ram-  'zufrieden  sein',  i^p^  IcMi- 
'erlangen',  ij^  ^ak-  'können',  ipp^;  ^am-  'ruhig  werden'. 

Anm.  Mit  der  angeführten  Regel  sind  freilich  nicht  alle 
hierhergehörigen  Fälle  erschöpft;  einige  Verba  mit  anlautender 
Aspirata  (z.  B.  bhaj'  'genießen')  folgen  ausschließlich,  andere  mit 
anlautender  Konsonantengruppe  {tras-  'zittern',  bhram-  'umher- 
schweifen') fakultativ  der  Bildung  papac-jpec- ,  s.  die  Liste  der 
Verba  bei  Whitney  §  794  e)  oder  Kielhorn  §  318.  Auch  tar-  {tr-) 
»über  etwas  setzen'  kann  nach  pac-  flektiert  werden  (die  übrigen 
Verba  auf  r,  r  jedoch  nicht!). 

524.  Ablautsstörungen.  Eine  Reihe  von  Perfekt- 
stämmen  zeigt  Störung  oder  Beseitigung  der  regel- 
mäßigen Ablautsverhältnisse.  Die  meisten  hierherge- 
hörigen AVurzeln  haben  überhaupt  ihre  Abstufungs- 
fähigkeit eingebüßt. 

1.  Die  starke  oder  (seltener)  schwache  Stammform 
ist  verallgemeinert  worden: 

a)  a)  ^  garh-  'schalten':  ^i;ji^jagarha,  ^z^jagarhe. 

-^^  tvar-  'eilen'  (Med.) :  fTc^  tatvare. 

■jf^  2)rath-  'sich  ausbreiten' :  xriT^  j^aprathe. 

^^  handh-  'binden':  -^^^  hahandha,  "sr^^:  l>ci- 
landhiih. 

^T^  stanibh-  'stützen'  (Med.) :  cTW^  tastamhhe. 

Anm.  Man  erwartet  bei  den  beiden  letzten  Verben  die 
schwachen  Stammformen  babadh-  und  tastabh-;  im  Ved.  kommt 
denn  auch  tastabhuh  vor. 


1  Ausgenommen  sind  auch  die  §  518.  3  genannten  Verba. 


364  Formenlehre.  [§  524. 

ß)  cRT^  Mi-  'sichtbar  sein'  (Med.) :  -cjch;^  cakäk. 
T§T^  Tiliäi-  'kauen,  essen':  ^qi§T^  cakhäda,  -cji^if^^ 
cakhädima. 

\rr^  f?/iä^-  'laufen' :  ^VTf^T  dadJiävire. 

^)  IW^"'^'"  'verbergen':  ^a^^  jucrühe. 
^Vt(  d'q)-  'scheinen'  (Med.) :  f^^^  did'q^e. 

2.  Alle  Verbalwurzeln,  die  durch  Verallgemeinerung 
eines  charakterisierten  Praesensstammes  entstanden  sind, 
bilden  ihr  Perfekt  ohne  Abstufung: 

a)  ^T^^  hhafij-  'brechen':  "^^T^  hahhanja;  ebenso  ^n;^ 
vand-  'begrüßen',  ^TSf  lamh-  'herabhängen',  ^«^  skand- 
'springen'  (das  freilich  auch  wie  handh-  1.  a)  a)  beurteilt 
werden  kann). 

t^n^  nind-  'tadeln':  fsrf^r«^  nininda. 

TIT!I  gliürn-  'schwanken' :  w^nsr  jugliüma. 

Vgl.  zu  diesen  Verben  §  476  a).  506.    Ob 

^ig-  cunib-  'küssen':  ^^sia  cucumha, 

•m^^jrmhJi-  'gähnen':  -^(^i^  jajpnhhe 
ebenfalls  hier  einzuordnen  sind,  ist  wegen  der  Unsicher- 
heit ihrer  Etymologie  nicht  zu  entscheiden. 

b)  TT^  pracch-  'fragen' :  xii}^  papraccha. 
^^  mürch-  'gerinnen':  tttti^  niumüyclia. 
Vgl.  dazu  §  472  a)  Anm"!,  476  b). 

c)  ^^  caM-  'sehen' :  ^^^  cacaMa ;  ebenso  gehen 
andere  "Wurzeln  auf  k§  (wie  ff^  taM-  'behauen',  tt^ 
rakS-  'schützen'). 

Vgl.  dazu  §  459  Anm.  Auch  -^j-q  hhä^-  'sprechen' 
(^ifT^  ^cihhä^a)  gehört  w^ahrscheinlich  hierher  (s.  §  87). 

d)  "öR^  km'd-  'springen' :  ^ör^  cukürda. 
sR^  krid-  'spielen':  f^^ft^  cikrJda. 
Vgh  dazu  8  462. 


§524.525.]  Das  Perfektsystem.  365 

Anm.  1.  Falls  m'il-  'die  Augen  schließen'  (mitmlä)  nach 
§  122.  3  Anm.  auf  *nüd-  (d.  1.  älteres  mizd-  nach  §  158)  zurück- 
geführt werden  darf,  so  ist  es  wohl  ein  Praesensstamm  wie  krld- ; 
vgl.  das  Verbum  mis-ati  'er  schlägt  die  Augen  auf.  —  Gelegent- 
lich konnte  umgekehrt  ein  charakterisierter  Praesensstamm  im 
Perfekt  ganz  wie  eine  echte  Verbalwurzel  behandelt  werden ;  so 
folgt  las-  'begehren'  (s.  §  472  b)  Anm.  2)  ganz  der  Analogie  der 
§  522  f.  behandelten  Verba,  also  laläsa  —  Icsuh. 

Für  die  unter  1.  und  2.  genannten  Yerba  kann  etwa 
folgende  Regel  f onnuliert  werden :  der  inlautende  Wurzel- 
vokal bleibt  im  Perfekt  unverändert,  sofern  er  an  sich 
scbon  lang  ist  (ä,  ~i,  ü)  oder  vor  zwei  Konsonanten  steht. 

3.  Der  Ablaut  ä:a,  der  in 

j[^  gad-  'sprechen' :  gprr^  jagäda,  ^HT^:  jcigaduh, 

(5j^  tijaj-  'verlassen':  cT^tT^  tatijäja,  tt^^  tatyaje 
vorhegt,  ist  nicht  ursprünghch:  an  Stelle   der  Tiefstufe 
{*ja-gd-uh,  Hatije)  ist  die  Hochstufe  mit  ä  getreten.  Ein 
Perfektablaut  ä  :  a  erscheint  auch  bei 

■^jT(  kram-  'schi-eiten' :  xjsfti^  cakräma,  ^^TT  ca- 
hrame 

und  ähnüchen  AVurzeln  auf  m.     Nach  §  91   (vgl.  auch 
§  98)  kann  -am-  als  Tiefstufe  aufgefaßt  werden. 

525.  Paradigma,   nl-  'fühien'. 

Activum.  Medium. 

Sing.  1.  f^TTET:  "N^fm  ninäya     f^  ninyS 

2,  fvtvivti  ninetha  oder         fM^^  ninyi^e 

fsfsrf^f^  ninäyitlia 

3.  fsTTRT  ninäya  f^^  ninye 

Du.     1.  f^rf'JT^  ninyivä  f^rf^ZT^  ninyivähe 

2.  f5Ri^:  ninyäthuh  f^^STT^  ninyäthe 

3.  fsRIrT:  ninyätuJi  fs^RncT  ninyäte 
Plur.  1.  tM^  ninyimä  f^fHiRTt  ninyimahe 

2.  fsT?^  ninyä  fiff^sr^^  ninyidhve 

3.  t^^:  ninyiüi  tM^^T  ninyire 


366  Formenlehre.  [§  525. 526. 527. 

Anm.  Die  Einfügung  des  Bindevokals  ist  natürlich  sekundär: 
ein  niny-ima  z.  B.  statt  *ninima  ist  offenbar  zu  niny-a,  niny-uh 
u.  s.  w.  nach  Musterformen  yvie  jajfi-ima,  jajn-a,  jajfi-uh  u.  dgl. 
gebildet  worden.    Vgl.  auch  Hillebrandt  BB.  XIX,  246  f. 

526.  Nach  m-  geben  die  auf  t  und  ü  auslautenden 
Wurzeln;  wenn  dem  l  eine  Konsonantengruppe  vorher- 
geht, so  entsteht  iy  (statt  y);  die  Wurzeln  mit  ü  haben 
immer  uv;  vgl. 

•j^Ml-  'fürchten':  f^-^j^hihliäi/a,  f^rf^jpff  hihhyima. 
^  Jcrl-  'kaufen':  f^-^n^  cikräya,  Med.  f^f^Ij  ci- 
kriye  (Gramm.). 

3-  plu-  'schwimmen'  (Med.) :  tra^  pupluve. 
w  sü-  'zeugen' :  '^^y^  suSäva,  Med.  ^rra  suSuve. 
■w  stu-  'preisen  :  tt'STW  ttiMava,  H'gf^^  tiiMiivima. 
■Bf  sni-  'fließen':  ^f^T^  susräva,  ^^a;  susruvuh. 
^  hü-  Qivä-)  'rufen' :  ij^T^  jiiJiäva,  ^tF^*  juhuviih. 
Die  Wurzel  m  hliii-  'werden'  hat  ein  abstufungsloses 

CS     ,  ,      _ 

Perfekt:  "^vm  hcthJuiva,  ^^^ff%^  hahhüvitha,  'S(V[f^Jj  ha- 

Cv  Cs  ©s 

hhüvimä  u.  s.  f. 

527.  Paraclig-ma.  da-  'geben'. 

Activum.  Medium. 

Sing.  1.  3^  dacldu  ^^  dadi 

2.  ^TTW  dadätlia  oder        ^f^^  dadi^e 

^f^^  dadWiä 

3.  ^'^  dadäu  ^^  dade 

Du.     1.  ^f^  dadivä  ^f^^  dadivähe 

2.  'g'^"^:  dadäthnh  ^^"^  dadäthe 

3.  '^^tt:  dadätuh  ^^%  dadäte 
Plur.  1.  Tfs^  dadimd  ^f^Ti^  dadhnäJie 

2.  ^^  ctocZd  ^t^*^  dadidhve 

3.  -g-^:  dadüh  ^"f^  dadire 

Über  die  Ablautsverhältnisse  der  Wurzel  ((?ä-,  (?i-, 
^-)  s.  §  109  a).  Auffallend  ist  der  Ausgang  der  1.  und 
3.  Pers.  Sing.  Act.,  für  den  außerhalb  des  Ai.  kein  An- 


§527.528.529.]  Das  Perfektsystem.  367 

knüpfungspimkt  gegeben  ist:  auch  das  Iranische  kennt 
ihn  nicht  (av.  daha  gegenüber  ai.  dadäu,  s.  Bartholomae, 
Iran.  Grundr.  I,  60);  im  RV.  kommt  neben  papräu 
auch  paprä  vor,  das  nach  §  77  erklärt  werden  kann. 
Die  sehr  unsicheren  Vermutungen,  die  bei  Brugmann, 
Grundriß  11,  1223  und  Wackernagel  §  94  Anm,  ver- 
zeichnet sind,  hat  Pedersen  KZ.  XXXVIH,  408 
um  eine  weitere,  jedoch  mindestens  gleich  unsichere 
vermehrt. 

Anm.  Die  Möglichkeit  einer  Erklärung  bietet  sich  vielleicht 
in  folgender  Richtung  (vgl.  dazu  auch  Reichelt  BB.  XXVII,  93 
und  KZ.  XXXIX,  14.  44  f.) :  Zu  einer  Wurzel  da-  erwartet  man 
das  Perfectum  1.  3.  Sing.  *dadä  (worin  die  Endung  aufgegangen 
ist).  Nun  gab  es  doppelformige  "Wurzeln  wie  sthä-jsthäu-  S  zu 
denen  die  Perfecta  *tasthä  und  *tasthäva  lauten  mußten;  die 
(scheinbare)  Endungslosigkeit  von  *tasthä  rief  wohl  ein  pa- 
ralleles tasthäu  hervor  (was  vermutlich  durch  die  2.  S.  *tasthä[u]- 
tha  begünstigt  wurde),  und  nachdem  Doppelformen  wie  tasthäj 
tasthäu  zustande  gekommen  waren,  konnten  zu  beliebigen  Wurzeln 
auf  ä  Perfekta  auf  -ä  und  -äu  gebildet  werden;  die  Ausgänge 
■ä  und  -äu  standen  ja  auch  sonst  nebeneinander  (vgl.  z.  B. 
S.  169).  Schließlich  siegte  -äu  ebenso  wie  in  der  Nominalendung 
oder  wie  in  astäu. 

528.  Nach  da-  gehen  die  Wurzeln  auf  ä,  wie  ^[fx 
hliyä-  'sehen'  (cakhyäu),'^  jnä-  'kennevi,'^  dhä-  'setzen', 
xn  pä-  'trinken',  ^  yä-  'gehen',  -^n  sthä-  'stehen'  (ta- 
stJimi),  ^  hä-  'verlassen',  ferner  solche  Wurzeln,  deren 
ä  ein  reduzierter  Langdiphthong  ist  (§  77.  110),  wie  z.B. 
Ti[j  gä-  (gäi-)  'singen'. 

529.  Die  Wurzel  ah-  'sprechen'  kommt  nur  in  den  Perfekt- 
formen äha,  ättha,  ähathuh,  ähatuh,  ähuh  vor;  die  Form  ättha 
weist  auf  eine  ursprüngliche  Wurzel  adh-  (vgl.  auch  av.  paHy-äla- 
'Antwort'),  die  nach  §  121  Anm.  zu  öA-  werden  konnte.  Vgl. 
über  dieses  Verbum  zuletzt  Johanssen  IF,.  XIV,  286.  298.  306. 
und  Solmsen  KZ.  XXXIX,  218.  227. 


1  Eine  Wurzelform  sfhäu-  wird  z.  B.  durch  lit.  stow-iu  'ich 
stehe',  gr.  otau-po?,  oxu-iu,  ai.  sthü-ra-  'stark'  nahegelegt. 


368  Formenlehre.  [§  530. 531. 532- 

530.  Das  Parti cipium  Perfecti.  1.  Das  Suffix  des 
aktiven  Partizips  (s.  §  338  f.)  wird  in  der  Regel  unmittel- 
bar an  die  schwache  Form  des  Perfektstammes  angefügt ; 
die  tiefstufige  Suffixform  -2iS-  tritt  einfach  an  Stelle  der 
Endung  der  3,  Plur,  Act.;  z.  B.  x|^<^t^  cakr-vqs-,  ^ifm 
cakr-iiS-;  TTTT^^  tutud-vqs-,  t{({^  tatucl-u§-\  f^^d{'m 
nini-vqs-,  f^n^"^  niny-tiS-;  -^u^^  habliü-vqs-,  ^ViW^ 
Ijahliüv-Ub- ;  ^f^^^  dadi-vq,s-,  '^^^'^  dad-uS-  u.  s.  w. 

Der  'Bindevokal'  i  erscheint  vor  -r^s-  (-vat-)  nur 
dann,  wenn  der  (reduphzierte)  Perfektstamm  einsilbig  ist, 
also  in  Fällen  wie  ^gpf^^^  üc-i-vqs-  (üc-nS-)  zu  vac- 
'sprechen',  xjf^ejj^  ])ec-i-vcis-  {pecu^-)  zu  pox-  'kochen' 
u.  s.  f.  (jedoch  merke  t%f[i'^  vidrqs-  zu  veda  'ich  weiß'). 
Die  W.  gam-  und  Judi-  bilden  sowohl  ^rfriT^^  jagmivqs- 

jaganvqs-   und  ^f^F^;^  jaglianvqs-    (das    -an-  ist  tief- 
stufiges w,  s.  §  90,  auch  §  82  Anm.  2). 

2.  Das  mediale  Suffix  -äna-  (über  seinen  Ursprung 
s.  §  610.  3)  tritt  ebenfalls  an  den  schwachen  Stamm, 
7..'B.^r[f{'^J^tutiid-änä-,  f^«<jH  ninyänä-,  dd\^  dadänä-, 
NJtTJiM  ücänä-,  ^^fj^  j)r-cäna-  u.  s.  f. 

531.  Das  periphrastische  Perfekt  wird  gebildet, 
indem  man  an  den  Praesensstamm  die  Endung  -am 
anfügt  und  die  so  gewonnene  Form  mit  dem  Perfectum 
von  kar-,  as-  oder  hlni-  verbindet;  bei  medialen  Verben 
■wird  das  mediale  Perfekt  von  kar-  verwendet.  Also 
z.  B. 

^3^  und-  'benetzen',  '^•^T^^fTnC  undqcakära  (-ca- 
kartJia  u.  s.  w.)  oder  ^«^j  ;^nj  undämäsa  (-äsitha  u.  s.  w.) 
oder  \j«rf'i^y^  ■andqbahhüva  (hahhüvitha  u.  s.  w.). 

■^^  äs-  'sitzen' :  ■gn'^rN'%  äsqcakre  (-cakrSe  u.  s.  w.) 
oder  -^m^i^ii^  äsämäsa  oder  "^n^TR'^T^  äsämbahhüva. 

532.  Das  periphrastische  Perfekt  ist  'im  Ge- 
brauch   1.    bei    den    abgeleiteten   Konjugationen   und 


§  532. 533.]  Das  Perfektsystem.  369 

zwar  vor  allem  beim  Causativiim  (bezw.  bei  der  ai.  10. 
Praesensldasse),  z.  B.  f^^^T^rrfTR  cintmj-äm-äsa  zu  f^- 
sfT^fi^  cintay-aü  'er  denkt  nach',  ^i^^jxTW  handhai/ä- 
mäsa  'er  Keß  binden'. 

2.  bei  Wurzeln  mit  anlautendem  langen  (positions- 
langen) Vokal,  vne  ^■^  IM-  'sehen',  t^  edh-  'gedeihen'. 

3.  bei  einigen  sonstigen  Wurzeln  (z.  T.  neben  dem 
alten  Perfekt),  ■s\ie  z.  B.  ^  day-  'teilen'  (^^rrTPET  f^^- 
yämäsa),  ^r  hhar-  'tragen'  (f^^nj^w<^  ¥ilharc{bahliüva 
neben  hahhära,  vgl.  das  Praesens  hibliarti  neben  hharati). 

Weitere  Belege  s.  bei  Whitney  §  1071. 

533.  Für  die  Erklärung  des  periphi-astischen  Per- 
fekts ist  wichtig,  daß  die  Umschi'eibung  mit  kar-  nicht 
nur  am  häufigsten,  sondern  auch  am  ältesten  ist;  die 
Form  auf  -am  wird  ferner  in  der  älteren  Sprache  nicht 
ausschließhch  mit  dem  Perfekt,  sondern  auch  mit  andern 
Formen  von  kar-  verbunden  (s.  Whitney  §  1073  b),  und 
somit  ist  das  p er iphr astische  Perfekt  nur  das  Ergebnis 
einer  sprachlichen  Auslese,  welche  es  ermöghchte,  zu 
abgeleiteten  Verben  (wie  den  Kausativstämmen)  oder  zu 
primären  Praesensstämmen  wie  hibhar-  ein  besonderes 
Perfekt  zu  bilden ;  bei  Verben  wde  ~ik^-  oder  äs-  konnte 
überhaupt  nur  durch  eine  solche  Neubildung  ein  deut- 
hches,  vom  Praesens  durchweg  verschiedenes  Perfectum 
zu  stände  kommen. 

In  der  Form  auf  -am  sieht  man  wohl  mit  Becht  den 
Accusativ  eines  Verbalnomens  auf  ä;  denn  dazu  paßt 
sehr  gut  die  Verbindung  mit  kar-.  Als  -dm  in  dieser 
Verbindung  erstarrt  war,  konnte  cakära  durch  äsa  oder 
hahhüva  ersetzt  werden,  wobei  kleine  Bedeutungsnuancen 
eine  Rolle  gespielt  haben-  mögen.  Die  Accusativform 
-am  macht  bei  einer  solchen  Erklärung  um  so  weniger 
Schwierigkeiten,  als  ja  der  adverbiale  Gebrauch  ähnlicher 
Accusative  auch  sonst   sich  findet,  vgl.  §  392  b)  Anm. 

Thumb,  AUindiBche  Grammatik.  24 


370  Formenlehre.  [§  533—536. 

Andere  Erklärungsversuche  s.  bei  Brugmann,  Grundriß 
H,  1264f.,  Jacobi  KZ.  XXXY,  578ff.  (gegen  diesen 
Böhtlingk  ZDMG.  LH,  607  ff.),  A.  Ludwig,  Sitziingsber. 
d.  Böbm.  Ges.  d.  Wiss.  1900,  nr.  13. 


XXV.  Kapitel. 
Das  Aoristsystem. 

634.  Literatur:  Brugmann,  Grundriß  II,  1169  fF.  Kurze 
vergL  Gramm.  S.  537  flf.  Whitney  §  824  ff.  —  Über  die  Häufig- 
keit der  einzelnen  Aoristtypen  orientiert  die  Statistik  von  "Whitney 
Proceed.  Am.  Or.  Soc.  1885,  S.  XXXIV. 

535.  Übersicht.  Das  Ai.  hat  folgende  Aorist- 
bildungen: 

a)  starke  (asigmatische)  Aoriste. 

1.  Wurzelaorist. 

2.  themavokalischer  Aorist. 

3.  reduplizierter  Aorist. 

b)  sigmatische  Aoriste. 

4.  -5- Aorist, 

5.  -i|- Aorist. 

6.  -si^-Aorist. 

7.  -sa- Aorist. 

536.  Vorkommen.  Während  im  RV.  alle  Aorist- 
formen (vor  allem  1. — 5.)  reichhch  belegt  sind,  werden 
sie  im  klassischen  Sanskrit  recht  selten  gebraucht;  nur 
die  3.  und  besonders  die  5.  Bildung  ist  etwas  häufiger. 
Die  Aoristformen  wurden  durch  das  Imperfekt  und 
Perfekt  immer  mehr  zurückgedrängt,  seit  die  drei 
Tempora  in  ihrer  Bedeutung  zu  einem  einzigen  Tempus 
des  Praeteritums  zusammengefallen  waren  (s.  §  414.  2). 
Von  den  Modi  des  Aorists,  die  wir  im  RV.  noch  in 


§536.537.]  Das  Aoristsystem.  371 

ToUem  Gebrauch  finden,  ist  allein  der  Prekativ  als  be- 
sondere Modalform  übrig  geblieben;  wegen  der  übrigen 
Formen,  die  nur  der  älteren  Sprache  angehören,  sei  auf 
Whitney  verwiesen.  Die  Aoristbildung  des  KV.  gibt  die- 
jenige der  idg,  Grundsprache  ziemhch  treu  wieder,  wie 
man  vor  allem  mit  Hilfe  des  Griecliischen  zu  erkennen 
vermag. 

a)  Starke  Aoriste. 

537.  1.  Der  Wurzelaorist  ist  identisch  mit  dem  Im- 
perfectum  eines  Verbums  der  Wurzelklasse  (I.  idg.  oder 

2,  ai.  Klasse,  s.  §  448),  hebt  sich  aber  von  dem  gewöhn- 
lichen Imperfekt  deshalb  ab,  weil  das  betreffende  Yer- 
bum  seinen  Praesensstamm  nach  einer  andern  Klasse 
bildet.  Von  der  Imperfektflexion  der  meisten  Verba 
der  Wurzelklasse  unterscheidet  sich  unser  Aorist  außer- 
dem   durch    das   Fehlen    der    Abstufung    (bis    auf    die 

3.  Plur.).  Vgl.  zu  da-  'geben'  (dadämi)  und  hhü-  'werden' 
(hhavämi) : 

Activum. 


Sing. 

1-  "^J^TH  ädäm 

■^w^^  ähhuvam 

2.  '^'^.  ädäh 

■^^:  ähhüh 

3.  "^^f^  ädät 

■^^fi;  ähhüt 

Du. 

1-  "^^^  ädäva 

-^^^  abhüva 

2.  ■^^rT'l  ädätam 

■^^TcjCT  ähhütam 

Cs, 

3.  "^^fTT^  ädätäm 

"^f^TfTT'l  ähhütäm 

Plur. 

1-  "^^TT  ädäma 

^^^  ähhünia 

2.  "^TTfT  ädäta 

"^Wri  ahhüta 

3.  -^^i  äduh 

■^^T^«i;  ähhüvan 

Mediale  Formen  kommen  in  der  späteren  Sprache 
nur  vereinzelt  vor  (s.  u.). 

Anm.  1.  Auch  gr.  fcpüv  u.  s.  w.  ist  wie  abhüvam  abstufungs- 
los; dagegen  zeigen  gr.  e-So-jj-ev  sowie  a-di-ta  (in  der  älteren 
Sprache)  =  gr.  f-oo-to  u.  ä.  Formen  mit  Tiefstufe,  daß  die  Ver- 

24* 


372  Formenlehre.  [§  537. 538. 539. 

allgemeinerung  des  starken  Stammes  nicht  ursprünglich  war:  sie 
ist  offenbar  unter  dem  Einfluß  der  abstufungslosen  Wurzeln  (s. 
§  484.  1)  erfolgt. 

Anm.  2.  In  der  1.  Sing,  und  3.  Plur.  erwartet  man  (nach 
§  72)  abhüvam  (so  im  RV.)  und  *abhüvan:  das  ü  ist  aus  den 
übrigen  Formen  eingedrungen. 

538.  Nach  §  537  bilden  folgende  Wurzeln  ihren 
Aorist : 

TU  gä-  'gehen' :  ■^^snri;  agäm  (Praesens  emi) ,  vgl.  gr. 

lßY]V. 

\^  ähä-  'setzen':  '^nin'l  adJiäm  (Praes.  daähämi)^ 
gr.  £-d£-[x£v.  Auch  Medialformen  wie  adliita  (gr.  Iösto) 
sind  in  Gebrauch. 

in"  jptt-  'trinken' :  -^nfj^  apäm  (Praes.  inhämi). 

■^p-  stliä-  'stehen':  -s^^^tj;  asthäm  (Praes.  tisthämi), 
vgl.  gr.  £ax7]v;  Med.  asthita  wie  ad(}i)ita. 

Anm.  Zu  konsonantisch  auslautenden  Wurzeln  sind  Formen 
des  Wurzelaorists  (mit  Abstufung)  nur  in  der  älteren  Sprache 
häufiger  zu  finden,  vgl.  z.  B.  akaram,  akah  (§  165),  mä  krthäh 
(Med,,  Prohibitiv)  zu  kar-  'machen';  adarsam,  adrsma  zu  dr^- 
'sehen'.  Weitere  Belege  bei  Whitney  §  831  ff.  Manche  Formen 
können  auch  als  s-Aoriste  aufgefaßt  werden  oder  sind  in  der 
Flexion  dieses  Aorists  aufgegangen  (s.  §  550). 

539.  Zu  einer  nicht  geringen  Anzahl  von  Wurzeln 
kann  mit  Hilfe  der  Endung  4  ein  Passivaorist  der  3.  P. 

Sing,  gebildet  werden;  die  Wurzel  steht  in  der  Hoch- 
stufe {China),  bei  offenem  a  der  Wurzel  in  der  ä- 
Stufe  (Vrddhi),  z.  B.  -^RtfV  ahödhl  von  Imdh-  'er- 
wachen', ■'^i^t^  avesi  von  vi§-  'eintreten',  ''?r^rrf^  aträvi 
von  im-  'hören',  "'^föRTfT  f*^*^^'^  ^^^  ^^^■"  'machen',  "^^f% 
avahi  von  vali-  'führen'.  Bei  Wurzeln  auf  ä  wird  ein  y 
eingeschoben,  z.  B.  "^■^rf^  ajnäyi  von  jnä-  'erkennen'. 

Diese  Aoristform  findet  sich  nur  noch  im  Iranischen 
(Bartholomae,  Iran.  Grundr.  I,  85),  z.  B.  altav.  srävl  = 
ai.  cJrävi,  ap.  adäriy  =  ai.  adhäri. 

Die  Formen  sind  nicht  aufgeklärt;  man  kann  vermuten,  daß 
die  Endung  -i  eine  Ablautsform  der  Endung  -e  der  3.  Sing.  Perf. 


§  539. 540. 541,]  Das  Aoristsystem.  373 

sei  (§  430),  sich  also  zu  dieser  verhalte  wie  -i  zu  -?  in  der  1.  Pers. 
(§  428).  Eine  andere,  aber  wenig  wahrscheinliche  Erklärung  s. 
bei  Reichelt  BB.  XXVII,  86  ff.  Die  Einschiebung  des  -y-  in 
ajnä-yi  u.  dgl.  ist  offenbar  durch  Wurzeln  auf  äi  (z.  B.  ved, 
apäy-i  zu  pä-  'trinken',  s.  §  110)  verursacht;  vgl.  Bartholomae 
Stud.  II,  76,  Wackernagel  §  187. 

540.  2.  Der  themavokalische  Aorist  ist  ein  Imper- 
fekt nach  der  ai.  6.  Praesensklasse  (=  idg.  11.  Kl.  b), 
s.  §  449;  seine  Kennzeichen  sind  also  Tiefstufe  der 
Wurzel  und  thematische  Flexion.  Die  Bildung  ist  dem- 
nach identisch  mit  griechischen  Aoristen  wie  Icpuyov  zu 
cpsuyto,  IXiTCov  zu  XsiTTto  u.  dgl. 

Vgl.  zu  SIC-  (Praesens  sincämi)  'gießen': 

Activum.  Medium. 

Sing.  1.  -^f^r^Ti;  äsicam  ^t%^  äsice 

2.  "^rf%^:  äsicah  "^rf^^:  äsicathäh 

3-  ^f^^fi;  äsicat  ^t^'^TT  äsicata 

Du.     1.  ^f^T||c(  äsicäva  ^H^tCRf^  äsicävahi 

2.  ^t%^TT^  äsicatam  -^rf^^^rrT?;  äsicethätn 

3-  "^f^^^^T^  äsicatam  ^f^^TTT'l  äsicetäm 

Plur.  1.  '^rftr^T^  äsicäma  "^f^TTf^  äsicämaJii 

2.  ^n^-c(fT  äsicata  ■^f^'^v'^  äsicadhvam 

3.  •^f^x}«!  äsican  ■^f^r^«?r  äsicanta 

541.  Wie  sie-  bilden  ihren  Aorist  die  Wurzeln  f^^ 
cliid-  'abschneiden',  f^^  di§-  'befehlen',  ^r^dyut-  'leuchten', 
■^\j  rudli-  'hemmen',  oHT  vart-  (vrt-)  'wenden',  im^  gam- 
'gehen'  (agamam),  «nr  'i^^-  'umkommen'  (anasam),  ^^ 
hJi-  'können',  ^?jft:(  äp-  'erlangen'  {äiKim),  ^[tto:  ^^^-  'be- 
fehlen' (aiiSam).  [Die  vollständige  Liste  s.  bei  Whitney 
§  847  oder  Kielhorn  §  339 f.] 

Anm.  1.  Die  Wurzeln  auf  r  (zu  denen  jedoch  Aoriste  nur  in 
der  älteren  Sprache  belegt  sind)  haben  Hochstufe,  z.  B.  asaram 
von  sar-  {sr-)  'gehen'. 

Anm.  2.  Aus  der  älteren  Sprache  (Brähmana,  Sütra)  sind 
einige  Aoriste  wegen  ihrer  besondern  Form  bemerkenswert: 


374  Formenlehre.  [§  541. 542. 

1.  akhyam,  zu  khyä-  'Beben',  ist  vielleicht  aus  dem  "Wurzel- 
aorist *akJiyäm  hervorgegangen,  indem  die  Formen  akhyäma, 
akhyäva  als  thematische  Bildungen  aufgefaßt  und  in  Anlehnung 
an  die  unter  2.  genannten  Formen  umgestaltet  wurden. 

2.  Der  Aorist  ahvani  wird  gewöhnlich  auf  die  "Wurzelform 
hvä-  'rufen'  bezogen,  ist  aber  in  Wirklichkeit  ein  Aorist  der 
Wurzel  hti- ;  ebenso  gehört  asvat  nicht  zur  Wurzelform  svi-  oder 
§vä-,  sondern  zu  sü-  'schwellen'  (vgl.  sü-ra-  'Held'  zu  gr.  xü-poc 
und  xu-£uj). 

3.  Die  Hochstufe  des  Aoristes  adarsam  (neben  adnam 
in  den  Brahm.  =  gr.  eopaxov)  scheint  darauf  zu  beruhen,  daß  der 
Wurzelaorist  adarsam,  PI.  adrsma  und  der  thematische  Aoi-ist 
adi4am,  adrsah,  PI.  adriäma  contaminiert  wurden,  wobei  die  starke 
Wurzelstufe  des  1.  und  die  Flexion  des  2.  Aoristes  zusammen- 
trafen. 

4.  Die  ganz  unregelmäßige  Aoristform  ästham  zu  as-  'werfen' 
ist  nicht  aufgeklärt;  Vermutungen  s.  bei  Johansson  KZ.  XXXII, 
435  ff.  Wackernagel  §  239  c)  Anm.  und  Hillebrandt  IF.  V,  388  f. 

542.  3.  Der  reduplizierte  Aorist  ist  in  der  Flexion 
mit  dem  2.  Aorist  identisch,  doch  ist  der  Verbalstamm 
redupHziert;  die  Wurzelsilbe  kann  tief-  und  hochstufig 
sein  (bei  i-  und  i^-Wurzeln  ist  Tiefstufe  die  Regel).  Diese 
Aoristform  ist  mitliin  mit  einem  Imperfekt  der  idg. 
IV.  Praesensklasse  (§  452)  identisch.  Der  Reduplikations- 
vokal  ist  ein  l  oder  i,  bei  «^-haltigen  Wurzeln  ein  «  oder 
zl;  der  kurze  Vokal  erscheint  vor  anlautender  Konso- 
nantengruppe some  bei  langer  Wurzelsilbe ;  sonst  lauger 
Vokal.  Der  redupHzierte  Aorist  dient  in  der  Regel,  ob- 
wohl er  meist  unmittelbar  von  der  Wurzel  abgeleitet  ist, 
als  Aorist  der  ai.  10.  Klasse,  bezw.  der  Causativa;  zu 
den  primären  Verben  können  daneben  andere  Aoriste 
in  Gebrauch  sein.    Vgl. 

f^Ef  617-  'sich  wohin  begeben':  ^f^Htl^H  a^i^'r'iyam.. 

^^  nfil-  'die  Augen  schließen':  <4|f^4f|^4{^  ami- 
nfdam. 

'S  clru-  'laufen' :  '^4^<^H  aäudruvam. 

^f^  Jfm-  'erzeugen':  -^i^^f^^  ajljanam  (Kaus.). 


§542—545.]  Das  Aoristsystem,  375 

TT^  mar-  'sterben' :  ^^4{<^  amlmaram  (Kaus.). 

^^  darS-  'sehen' :  ^^^^H  (läidrhm  (Kaus.). 

■^1[  i-iJ-  'eintreten':  -s^r^Vf^^  avivüam  (Kaus.). 

•^^"yuj-  'anschirren':  -^ij^^H  ayüyujam  (Kaus.). 

Anm.  1.  Das  Vorkommen  von  kurzem  und  langem  Vokal  in 
der  Reduplikation  ist  vermutlich  uridg. ;  möglicherweise  hat  auch 
das  rhythmische  Gesetz,  welches  im  Ai.  die  Verteilung  von  Kürze 
und  Länge  regelt,  schon  in  der  idg.  Grundsprache  gegolten ;  vgl. 
Wackemagel,  Das  Dehnungsgesetz  d.  griech.  Komposita  (Basel 
1889)  S.  18  f. 

Anm.  2.  Bei  den  Kausativen,  die  durch  eine  "Wurzel- 
erweiterung mit  -p-  gebildet  sind  (§  587),  wird  der  entsprechende 
Aorist  von  diesem  erweiterten  Stamm  aus  gebildet,  z.  B,  jnäpa- 
yämi,  Kaus.  von  jhä-  'erkennen':  ajijnapam;  sthäpayämi  (zu 
sthä-  'stehen'):  atisthipam  (nur  in  der  älteren  Sprache  belegt). 

543.  Athematische  Formen.  Da  es  in  der  reduplizierenden 
Praesensbildung  neben  der  thematischen  eine  athematische  Flexion 
gab  (§  450),  so  erwartet  man  auch  entsprechende  athematische 
Aoriste;  sie  finden  sich  in  der  älteren  Sprache,  z.  B.  asmft  (Veda 
und  Brahm.)  zu  sri-,  adudröt  (RV.)  zu  drvr.  Diese  Formen  (denen 
eine  kausative  Bedeutung  nicht  anhaftet)  lassen  sich  formal  auch 
als  Imperfecta  des  Perfektstammes  auffassen  (§  515  Anm.). 

544.  Einigemal  dient  die  Reduplikation  mit  e 
zur  Bildung  des  Aoristes,  so  z.  B.  in  gr.  l-Trs-cpv-ov  u.  dgl. 
(s.  §  450).  Von  dieser  Art  ist  ^c(lxi*|^  avöcani  (zur  W. 
vac-  'sprechen'),  d.  i.  *a-va-uc-am  mit  tiefstufiger  Wurzel- 
form (§  103.  1)  =  gr.  (hom.)  leiTCov  aus  *£-/£-/7:ov\  idg. 
^e-ije-iiqi'-o-ni. 

Vgl.  ferner  aus  |der  älteren  Sprache  apaptam  (neben  apipa- 
tani)  zur  W.  pat-  'fliegen,  fallen'. 

h)  Sigmatische  Aoriste. 

545.  4.  s-Aorist.  An  die  Wurzel  tritt  s  oder  ^  (nach 
§  147);  die  Endungen  werden  unmittelbar  (d.  h.  ohne 


1  Diese    Erklärung   von    eTtiov    ist    freilich    nicht    ohne    Be- 
denken, s.  Brugmann,  Griech.  Gramm.3  276.  282. 


376 


Formenlehre. 


[§  545.  546. 


thematischen  Vokal)  an  den  Aoriststamm  angefügt.  Die 
Wurzel  hat  im  Aktiv  Dehnstiife  (Yrdäki),  im  Medium  in 
der  Regel  Tiefstufe  ;  Wurzeln  auf  I,  n  zeigen  im  Medium 
Hochstufe  (Oiüia). 


a)  7'ucUi- 


Sing. 


Du 


Plur. 


'hemmen'. 
Aktiv. 

1.  ^^T^tT^FT^  äräutsam^ 

2.  "^Bf-jfn^:  ärmitsiJi 
3-  "^"?^7^f^  äräutsit 

1.  ■=?rT'"r^  äräutsva 

2.  ^^t(*^,  äräuttam^ 
3-  "^"^"tTT^  äräuttäm 

1.  "^"^r^  äräutsma 

2.  ^^T<  äräutta 

3.  "gj-^t^:  ärmdsuli 

b)  )n-  'führen'. 
Sing.  1.  ■^■CTTi;  änäiMm 

2.  "^^"q^:  (uiäiSlh 

3.  ■^^■q^fi;  änäiM 
1.  ■^^'Bg'  mmiSva 

2-  "^%Si;  (inäiStam 

3-  "^^¥1^  änäiStäm 

1.  ^^xjT  änäiSma 

2.  "^^  anäiMa 

3.  "^^"Ei:  änäihüi 


Du. 


Plur. 


Medium. 
^^f?^  ärutsi 
■^"^<?rn  ärutthäh 
"^"^tT  änitta 
W^rWf^  ärutsvahi 
^'^WT'^K  ärutsäthäm 
■^■^(^cTTT^  ärutsätäm 
"^"^r^rf^  ärutsmahi 
"^r^^l  äriiddhvam ^ 
"^r^(^r?T  ärutsata 

'^f^f^  äneU 
■^^FT^  äueStliäh ' 
■^^^  äneUa 
^^t^t%  äneSvaki 
"^^WrmK  äneMthäm 
"^^THTT^  äne§ätäm 
-^^■crrf^  ämhnaM. 


^•T^fl  äneSata 

546.  Die  Endung  der  2.  3.  Sing.  Akt.  gehörte  ur- 
sprünglich dem  Paradigma  nicht  an,  sondern  ist  von  dem 
i|-  bezw.  s?|-Aorist  übertragen,  s.  darüber  §  555.  558. 

Die  (nach  §  165)  lautgesetzlichen  Formen  aräut  (aus  *armits-s, 
*aräuts-t)  und  anäih  (aus  *anäis-s,  *anäis-t),  welche  im  RV.  noch 


1  Wegen  des  fs  =  c?/i — s  vgl.  §  155, 

2  8.  §  157.         3  s.  §  157  und  142.         "  §  122.  2. 

6  s.  §  158.  2.   Man  bemerke,  daß  nicht  ddh,  sondern  dh  nach 
dem  älteren  Lautgesetz  eintritt. 


§  546. 547. 548.]  Das  Aoristsystem.  377 

die  Regel  waren  (Belege  bei  Whitney  §  888—890),  wurden  all- 
mählich durch  die  Formen  des  sis- Aoristes  verdrängt,  die  sich 
zur  äußeren  Differenzierung  der  2.  und  3.  Person  darboten.  Im 
Sanskrit  kommt  nur  noch  die  unaugmentierte,  als  Prohibitiv  ver- 
wendete Form  bhäih  (neben  abhäisih)  zu  Uü-  'fürchten'  vor  (tnä 
bhäih  'fürchte  nicht'). 

547.  Nach  a)  gehen: 

f^-fT chid-  'absclineiden'  (acchäitsam,acchitsi), '^^yuj- 
'verbinden'  {ayäuMam,  ayiilfi),  ^  kar-  'machen'  (aMr- 
Sam,  aJtrSi),  ff^  tar-  'überschi-eiten'  (atärMm),  •^^  da74- 
'sehen'  (adräBam),  -q^  2)rcch-  'fragen'  (apräBam^),  ^^ 
sarj-  'loslassen'  (asrdkSam,  asrBi),  ^  dali-  'brennen' 
(adhäBam),  ^^  tyaj-  'verlassen',  ^^  hhaj-  'zuteilen' 
(ahhäMam,  ahhaksi;  über  a  in  der  Tiefstufe  s.  §  107  a) 
Anm.). 

Nach  b)  gehen : 

f^  ji-  'siegen'  (ajäikim),  •jft  ^^^^-  'fürchten',  t^  iru- 
'hören'  (aSrätiMm),  ^  stu-  'preisen',  :^  hu-  'opfern'. 

Anm.  1.  Die  ablautungsfähigen  Wurzeln  auf  ä  haben  im 
Medium  Tiefstufe,  so  da-  'geben'  {adisi),  dhä-  'setzen'  {adhisi), 
sthä-  'stehen'  (asthisi);  die  Aktivformen  werden  vom  1.  Aorist 
gebildet. 

Anm.  2.  adhi+i-  'studieren,  lernen'  bildet  einen  medialen 
Aorist  (3.  S.)  adhy-äiUa ;  dafür  wird  auch  adhy-a-gista  gebraucht, 
das  zur  W.  gä-  'gehen'  gehört ;  der  Ablaut  ä:l  ist  offenbar  nach 
älteren  Mustern  neu  geschaffen  (s.  §  110  Anm.),  da  die  Wurzel 
gä-  an  sich  abstufungslosHst  (vgl.  §  484.  1). 

548.  Sprachgeschichtliclies.  Der  4.  Aorist  ent- 
spricht Bildungen  wie  gr.  IC^o^a,  loei^a,  laxiEa,  £tp£<j;a, 
lypa^a,  Ixeiaa,  lirXeuaa,  loX.  dlx-i,  düxiu.s.v,.  Da 
außerhalb  des  Ai.  die  Abstufung  im  Paradigma  teils 
durch  lautüche ,  teils  durch  analogische  Vorgänge  ver- 
wischt wurde ,  so  ist  das  Ai.  für  die  Rekonstruktion  der 


1  Die  Form  ist  natürlich  unmittelbar  von  der  W.  prefi-  (ai. 
pra§-)  gebildet. 


378  Formenlehre.  [§  548. 

uridg.  Formen  in  erster  Linie  maßgebend.  Aus  lat. 
Formen  "wie  vex-i  (vgl.  ai.  a-väM-am  von  vah-  'führen' 
in  der  älteren  Sprache),  plex-i,  lexi,  rexi,  aus  abulg.  wie 
ves-5  (lat.  vex-i) ,  rechz  =  *reks-  (zu  rekq  'ich  sage'), 
tech5  =  *teks-  (zu  tekq  'ich  laufe')  ergibt  sich  vor  allem, 
daß  die  Dehnstufe  aus  der  idg.  Grundsprache  stammt. 
Nach  Analogie  der  athematischen  Imperfektflexion  (vgl. 
besonders  §  478)  erwartet  man,  daß  die  Dehnstufe  nur 
im  Singular  des  Akt.  auftrete,  und  daß  der  Dual  und 
Plural  wie  das  Medium  Tiefstufe  zeige ;  griech.  Formen 
wie  laav,  ferner  ea^iaa,  eypacpa  weisen  vielleicht 
noch  auf  diesen  Zustand.  So  hat  also  auch  das  Ai.  die 
ursprüngUchen  Ablautsverhältnisse  nicht  mehr  rein  be- 
wahrt. Das  gilt  besonders  für  das  Medium 'des  Typus  b); 
die  hier  erscheinende  Hochstufe  (Guna)  gehört  ursprüng- 
lich dem  Konjunktiv  des  Aorists  an,  vgl.  z.  B.  die  ved. 
Formen  neS-a-ti,  vakS-a-ti,  mqs-a-te  (von  man-  'denken') 
u.  s.  w.  sowie  gr.  (kret.)  Seilet,  (hom.)  T£iao[X£v,  u.  ä.  (über 
die  Konjunktivbildung  s.  §  439 f.).  Diese  VokaUsierung 
ist  von  da  an  Stelle  der  Tiefstufe  ins  Medium  gelangt. 

Anm.  Die  im  Medium  zu  erwartende  Ablautform  liegt 
(aufier  §  547  Anm.  1)  einigemal  noch  in  der  älteren  Sprache  vor, 
z.  B.  adhüHa  (RV.)  von  dhü-  'schütteln',  wofür  die  Gramm,  klass. 
adhösta  lehren;  man  vgl.  auch  altavest.  asrüzdüm  'ihr  wurdet  ge- 
hört' =  urar.  *asruzdhvam,  urind.  *asrüdhvam  (wofür  asrödhvam). 

Das  Verhältnis  der  uridg.  zur  ai.  Aoristbildung  er- 
hellt am  besten  aus  folgender  Nebeneinanderstellung, 
wobei  die  durch  Neubildung  entstandenen  Formen  in 

eckige  Klammern  eingeschlossen  sind: 

uridg.                ai.  gr. 

Ind.     Akt.  S.   1.  *e-jeuqs-ni    äyäuksam  eC^'-»;«^ 
3.  *e-jenqs-t    *äyäuk '  [äyäuksU]    z'',vj^[z] 

PI.  1.  *e-juqs-me    [äyäukfma]  [IC^'J^ap-^^] 

Med.  S.  1.  *e-juqs-j       äyuksi  — 

Konj.  Akt.  S.  3.  ^jenqs-eti    *y6kmti^  Ce'J;«u  u.  s.  w. 


1  Zufällig  in  der  älteren  Sprache  nicht  belegt. 

2  Kann  aus  ^eC'^u^a  entstanden  sein. 


§  549. 550.]  Das  Aoristsystem.  379 

549.  Unregelmäßige  Formen.  Die  ursprüngliche 
Mannigfaltigkeit  des  Vokalismus  der  Wurzelsilbe  hat  ge- 
legenthch  einige  Störungen  hervorgerufen,  die  sich  nicht 
in  die  sonst  geltenden  Eegeln  einordnen  lassen. 

1.  Wurzeln  mit  Nasal  haben  (im  Sanskrit)  die 
Hochstufe  verallgemeinert,  vgl.: 

■^spff^  a-gcfj-si  zu  gam-  'gehen' ;  in  der  älteren  Sprache 
heißt  es  noch  regelrecht  a-ga-smahi,  worin ga-  =  idg.  g''*ni- 
ist  (die  Grammatiker  lehren  agasi  und  agqsi).  Ebenso 
n5fiff%  amqsi  zu  man-  'denken',  ^j^j^tt^  arqsit,  (Med.) 
''Jir^^fT  ci^Tqsta  zu  ram-  'sich  ergötzen'. 

2.  Auch  andere  Wurzeln  haben  gelegentlich  die  Hochstufe 
verallgemeinert,  vgl.  z.  B.  ayökUt  (Sütra)  von  yuj-  und  yötsih 
(Epos)  von  yudh-  'kämpfen'.  Einige  Wurzeln  auf  ä,  wie  hä- 
1.  'verlassen',  2.  'weichen'  behalten  (gegen  §547  Anm.  1)  ihren  hoch- 
stufigen Vokal  auch  im  Medium,  also  ahäsi,  ahästhäh  u.  dgl.  (die 
Belege  sind  meist  vorklassisch). 

3.  Wie  in  das  Perfekt,  so  ist  bisweilen  auch  in  den  Aorist 
der  Praesensstamm  eingedrungen;  so  heißt  zu  bhanakti  {§  506 
Anm.  1) 'er  zerbricht'  der  Aorist  afeMwfeszi (vgl.  das  Perfekt  6a6Äo%a), 
so  daß  man  vom  ai.  Standpunkt  aus  hhavj-  geradezu  als  Wurzel 
ansetzen  muß.  Hierher  gehört  vielleicht  auch  asänksit,  Med. 
asakta  (in  der  älteren  Sprache),  falls  die  W.  safij-  'haften  an'  wie 
hhaiij-  als  charakterisierter  Praesensstamm  zu  beurteilen  ist.  Am 
deutlichsten  liegt  die  Wirkung  des  Praesensstammes  in  gelegent- 
lichem aywdMmahi  zur  W.  yuj-  vor;  diese  'Entgleisung'  (statt 
ayuksmahi)  entspricht  Formen  wie  lat.  iunxi,  plänxi,  gr.  eTrXaf^a 
(neben  enXriia)  u.  ä.,  ohne  daß  jedoch  ein  (uridg.)  Zusammenhang 
dieser  verschiedenen  Neubildungen  anzunehmen  ist. 

550.  Termischung  des  1.  und  4.  Aorists.   Da  ein 

s  zwischen  Verschlußlauten  ausgedrängt  wird  (s.  §  157), 
so  fehlt  Formen  wie  ayuJctah,  ayuTcta,  ayugdhvam,  dbhak- 
ta  (=  altav.  hayßtä),  achitta  u.  s.  w.  das  Kennzeichen  des 
s-Aoristes.  Solche  Formen  können  an  sich  auch  zum 
1.  Aorist  gerechnet  werden  und  gehören  z.  T.  gewiss 
dorthin.  Die  ind.  Grammatiker  haben  daher  auch  Formen 
wie  akrta,  ad(li)itlicüi,  adQi)ita  u.  ä.  (s.  Whitney  §  834) 


380  Formenlehre,  [§  530. 551. 552. 

dem  Paradigma  des  sigmatischen  Aorist  zugeteilt  (1.  S. 
Med.  adiäi,  2.  S.  aditliäli  u.  s.  f.),  indem  sie  Ausfall  des 
s  (S)  nach  kurzem  Konsonant  und  vor  t,  th  lehrten;  diese 
Lautregel  ist  jedoch  nur  ad  hoc  gemacht,  denn  die  ge- 
nannten Formen  haben  mit  dem  s- Aorist  nichts  zu 
schaffen,  sondern  gehören  vielmehr  zum  1.  Aorist. 

551.  5.  i^- Aorist.  An  die  Wurzel  "^vdrd  -i§-  angefügt ; 
die  Wurzelsilbe  ist  in  der  Regel  hochstufig,  hat  jedoch 
im  Aktiv  Dehnstufe,  wenn  sie  auf  I,  ü  oder  r  (r)  ausgeht. 
Die  Flexion  ist  athematisch. 

a)  hidh-  'erwachen': 

Aktiv.  Medium. 

Sing.  1.  "^^tfv^^  abödliüam  ^.^^f\tfq  ähödJiiSi 

2.  ^?r^t^:  ähödlfih  "^^Yf^ifFn  ähödldWiäh 

3.  ^^t^fi;  (ibödliU  "^"^Itv^  äl>ödhiMa 

Du.     1.  "gsf^Yf^"^  ähödhiSva        -^-^tf^^f^  ähödhiSvalii 
2-  '^f^YfVS''^  ähödhiUam^  ^^NYf^^'^TT^  ähödhiM- 

tliäm 
3.  "^^tf^'STH  abödlnUäm  '^^tfV'^rrfTTI  ähödJiiM- 

täm 
Plur.  1.  ^^YfV^  ähödliiSma       ^^^^fvc^fTf^ähödhiSmahi 

2.  "^^YfV'5  ä^wdhi^ta  ■=3S(-^ff\:('s^ähödhidhvam^ 

3.  -^^^tf^fEr:  ähödhihiTi        ^-^Yf^'^fT  ähödhiSata 

b)  im-  'reinigen': 

Sing.  1.  -41141(^11^^  äjMvikim         '^Vi^[f^  äpaviSi 

u.  s.  f. 

552.  Nur  wenige  Yerba  bilden  in  der  klassischen 
Sprache  diesen  Aorist;  so  ist  derselbe  z.  B.  für  im-  und 
stu-  'preisen'  nur  aus  der  älteren  Sprache  (Veda,  Brahm.) 

1  s.  §  122.  2. 

2  s.  §  158.  2.  Nach  der  Lehre  der  ai.  Grammatiker  kann 
■dhvam  oder  -ähvam  gesagt  werden;  vgl.  dazu  Whitney  §  901. 
Über  -idhvatn  st.  -ulhvam  s.  Brugmann  Grundr.  II,  1196. 


§  552. 553. 554.]  Das  Aoristsystem.  381 

belegt.  In  der  späteren  Sprache  ist  er  z.  B.  noch  ge- 
bräuchlich bei  -^^  ruc-  (Med.)  'scheinen',  f%^  vid- 
'wissen','^^  vardh-  (Med.)  'wachsen'  (avardliiSi)]  j{  ie- 
(Med.)  'liegen',  ^fri;  star-  (str-)  'streuen'  (astäriSam,  asta- 
rüi  nach  den  Grammatikern). 

Anm.  Zum  "Wurzelvokalismus  vgl.  besonders  Meillet  Mem. 
de  la  Soc.  de  Linguist.  XI,  319  £f.  Delinstufe  findet  sich  im  Aktiv 
einigemal  auch  bei  a-Wurzeln,  vgl.  amädisam  von  mad-  'fröhlich 
sein',  avö.duam  von  vad-  'sprechen';  häutiger  ist  jedoch  a  unver- 
ändert, so  bei  jval-  'flammen',  raks-  'schützen',  vadh-  'erschlagen', 
§qs-  'preisen'.  Man  beachte  ferner  das  Unterbleiben  der  'Steigerung' 
in  ajwisam  von  ßv-  'leben',  ahisuam  von  his-  'verletzen',  wo 
es  sich  um  ursprüngliche  Praesensstämme  handelt  (vgl.  §  471. 
506  Anm.  2). 

553,  Zur  TV.  ■^^  grah-  'ergreifen'  lautet  der  Aorist 
-^I^C^^H  cigraliUam. 

Anm.  Eine  gleiche  'Dehnung'  des  i  wird  von  den  ind.  Gram- 
matikern fakultativ  auch  für  die  Medialformen  von  var-  'be- 
decken' und  andern  "Wurzeln  auf  r  bezw.  f  (wie  stf-  'ausstreuen') 
gelehrt;  vgl.  dazu  den  folgenden  §. 

554.  SprachgescMclitliches.  Die  meisten  AVurzeln, 
welche  den  i^-Aorist  bilden,  zeigen  ein  i  auch  vor  dem 
Formans  des  Futurums  (§  568  f.),  des  Infinitivs  (§  633) 
und  gelegenthch  des  Participium  Praeteriti  (§  615) ; 
vgl.  z.  B. 

apäviS-am,  Infin.  pavi-tum. 

avediä-am,  Fut.  vedi-Syämi  (ältere  Sprache),  Inf.  vedi- 
tum,  Part,  vidi-ta-. 

aröci-Sam,  Fut.  röci-Syate  (Epos),  Inf.  röci-tum  (Epos), 
Part,  ruci-ta-. 

akrami-Sam  (ältere  Sprache),  Fut.  krami-äyati,  Inf. 
krami-tum. 

avädi^-am,  Fut.  vadi-Syämi,  Inf.  vadi-tum,  Part. 
ndi-ta-. 

Der  idg.  Ausgangspunkt  des  i|-Aoristes  ist  in  zwei- 
silbigen Wurzeln  zu  suchen:  das  ergibt  sich  sowohl 


382  Formenlehre.  [§  554. 555. 

aus  den  Ablautsverhältnissen  innerhalb  des  Ai.  wie  aus 
verwandten  Formen  der  andern  idg.  Sprachen.  So  weisen 
die  Partizipien  j:/2i-ia-  (zu  2ni-),  Jiränta-  (zu  kram-),  stfna- 
(znstar-,  astäriSam),  jlrna-  (zu  jar-,  Aor.  järiSuh  im  EY.) 
auf  zweisilbige  Basen  mit  9  (vgl.  §  102),  und  die  dazu 
gehörigen  -9S-Aoriste  haben  ihre  Verwandten  in  griech. 
Formen  wie  ey-^pa-aa  (y7]pd-axo)) ,  ihd[ia-oa,  riXa-aa, 
expejJLa-oa.  Man  darf  eine  idg.  Aoristbasis  wie  *ge7'd-s- 
(järi-Siüi,  gr.  e-yi^pot-aa)  den  nominalen  -i§-Stämmen 
(gr.  "^f^pac,)  morphologisch  ohne  weiteres  gleichsetzen. 
Vgl.  §  333.  2  (auch  §  466)  und  Brugmann,  Grundriß  II, 
1112  f.  Wie  nun  unter  den  Nomina  auf  -iS-  nicht  nur 
idg.  -9s-,  sondern  auch  idg.  -is-  steckt,  so  ist  der  -iS- 
Aorist  bisweilen  auch  auf  idg.  Basen  mit  i  zurückzu- 
führen; vgl.  dazu  besonders  Reichelt  BB.  XXVII,  88  ff. 
So  steht  neben  aröciSam  nicht  nur  röciS-  'Licht',  sondern 
auch  der  i-Stamm  nici-  und  röci-  (s.  auch  §  466) ;  zu 
avedi-Mm  ist  wegen  lat.  vidis-ti  ebenfalls  eine  Basis 
mit  i  (ei)  anzunehmen  (auf  die  sich  auch  gr.  Tjeioea  be- 
ziehen läßt). 

Der  Vokal  i  des  i|-Aorists  hat  natürhch  nicht  in 
jedem  Falle  (so  wenig  wie  der  'Bindevokal'  beim  Perfekt 
und  sonst)  ein  uridg.  Aequivalent;  Analogiebildungen 
konnten  gelegenthch  sein  Gebiet  erweitern,  was  z.  B.  bei 
ahödhÜ'am  der  Fall  zu  sein  scheint. 

Über  agrahiSam  (§  553)  s.  den  folgenden  §. 

555.  Der  Ausgang  der  2.  3.  Sing.  Akt.  gehört 
ursprünglich  nicht  in  das  Paradigma  des  ?|-Aoristes :  denn 
aus  *ahddhi§-^,  -M  konnte  kein  ^dbödlfdi,  -It  entstehen. 
Die  Ausgänge  -is,  -it  sind  Formen  eines  starken  (Wurzel)- 
Aoristes,  d.  h.  aoristisch  gebrauchte  Imperfecta  wie  abra- 
v'ü,  äslt  u.  dgl.  (§  490).  Vgl.  darüber  besonders  Bar- 
tholomae,  Stud.  II,  164  und  Reichelt  BB.  XXVH,  88  ff. 
Daß  das  7  der  Aoristendungen  -7-5,   -1-t  Tiefstufe  einer 


§  555. 556.]  Das  Aoristsystem.  383 

Basis  auf  äi  ist,  darauf  weist  der  Aorist  aSaräit^  neben 
aiarit  (beide  im  B,V.)  von  sar-  {tr-)  'zerbrechen' ;  die 
Ausbreitung  von  -Is,  -It  auf  die  i^-Aoriste  ist  etwa  in 
folgender  Weise  vor  sich  gegangen.  Von  einer  Basis  auf 
äi,  Avie  sie  in  den  älteren  Aoristen  aiaräi-t  oder  agra- 
häi-Sam  (zu  grali-)  vorliegt,  erwartet  man  bei  tiefstufigem 
Basisausgang  die  sigmatischen  Formen  1.  S.  agra(h)hi- 
sam,  2.  S.  agra{h)M}i,  3.  S.  *agra{h)liih  (aus  -i-s-s,  bezw. 
-z-^-f),  1.  PI.  agra(b)hihna  u.  s.  f.,  woneben  die  asigmati- 
schen  Aoristformen  agrabhim  (in  der  älteren  Sprache), 
agra(b)Mh,  a^ra(&)7iifu.s. f. bestanden;  die2.S.  agra(b)lil}i 
gehörte  also  durch  lautHchen  ZusammenfaU  beiden  Aorist- 
bildungen an  und  zog  die  3.  S.  agra{h)h~it  ebenfalls  in  die 
sigmatische  Bildung  hinein.  Weiter  können  aber  gemäß 
§  109  c)  Anm.  zu  einem  äi  auch  tiefstufige  Formen  mit 
i  erwartet  werden,  die  durch  ved.  agrahhi-S-ta  (2.  Plur.) 
tatsächhch  bezeugt  sind,  und  damit  war  auch  zu  den 
ursprünghclien  ^^-Aoristen  eine  Brücke  geschlagen :  man 
erwartet  bei  diesen  z.  B.  1.  S.  apävi§am,  2.  3.  S.  *apävih 
(aus  -iS-s,  -iS-t),  2. PL  apäviMa;  in  diesem  Paradigma  ist 
nur  der  Ausgang  der  2.  3.  S.  -ih  durch  die  asigmatischen 
Aoristformen  -Ih,  -U  ersetzt  worden.  Vom  iS-  bezw.  siS- 
Aorist  drangen  dann  diese  Endungen  weiterhin  in  den  5- 
Aorist  ein  (§  546),  indem  z.  B.  ein  ayä-sih  (zu  ayä-siS-am, 
s.  den  folg.  §)  auf  den  s-Aorist  ayäs-am  bezogen  wurde. 
556.  6.  si^- Aorist.  An  die  (hochstufige)  Wurzel  tritt 
-si^-;  die  Flexion  ist  mit  dem  i^- Aorist  identisch,  doch 
fehlt  das  Medium;  vgl.  yä-  'gehen': 

Sing.  1.  Hiiiiif^tif^  äyäsiSam 

2.  ^iji^l^:  äyäslh 

3.  -^nrr^tfi;  äyäsu 

Du.     1.  ■:i(^[f^b<j|  äyäsiäva 
u.  s.  f. 

1  Die  Echtheit  dieser  und  anderer  Verbalformen  mit  äi  wird 
allerdings  von  Böhtlingk  ZDMG.  LIY,  510  £f.  bezweifelt. 


384  Formenlehre.  [§  557. 558. 559. 

557.  Der  si^- Aorist  ist  selten;  nacli  der  Lekre  der 
ind.  Grammatiker  findet  er  sich  bei  Wurzeln  auf  «  -wie  ^^ 
jM-  'erkennen',  ^  hä-  'verlassen',  S0T\-ie  bei  «nfl  *^«"^- 
'sicb  beugen'  (anqsiSam),  T(TI  yam-  'darreichen',  -^  ram- 
'sich  ergötzen'. 

558.  Der  si|-Aorist  scheint  eine  ai.  Neubildung  zu 
sein,  da  er  in  der  vedischen  Sprache  selten  und  im  Irani- 
schen überhaupt  nicht  sicher  nachzuweisen  ist  (s.  Bar- 
tholomae,  Iran.  Grundr.  I,  87).  Nach  Brugmanns  An- 
nahme (Grundriß  11,  1197)  ist  die  Bildung  von  solchen 
Wurzeln  ausgegangen,  die  neben  ihrer  einfacheren 
Form  eine  um  s  erweiterte  Nebenform  hatten ;  so  stehen 
z.  B.  nebeneinander  hhä-  und  lliäs-  'scheinen' ;  indem  nun 
ein  "^abhäs-iMm,  abliäs-'it  (bei  Grammatikern  belegt)  auf 
lliä-  bezogen  wurde  und  sich  dem  Sprachgefühl  somit  als 
ahhä-si^am,  dbM-sit  darbot,  konnte  zu  jüä-  ein  ajM- 
siSam  geschaffen  werden  u.  s.  f.  Eine  andere,  verfehlte 
Erklärung  s.  bei  Hoffmann  BB.  XXVI,  43 f.;  vgl.  dazu 
Brugmann  IE.  XV,  78  f. 

559.  7.  5r/-Aorist.  An  die  tiefstufige  Wurzel  tritt 
-sa-,  d.  i.  -s  -f-  themat.  Vokal ;  die  Flexion  ist  daher  die 
eines  thematischen  Imperfekts,  doch  werden  die  1.  S. 
und  2.  3.  Du.  des  Mediums  nach  der  Lehre  der  ind. 
Grammatiker  vom  4.  Aorist,  also  athematisch  gebildet. 
Vgl.  diS-  'zeigen': 

Activum.  Medium. 

Sing.  1.  lyf^^^Ti;  ädiBam  -^^f^  ädiMi 

2.  -^t^:  ädiMah  ■=?rf^^:  ädikkUhäh 

3.  ^^rf^^  ädiUat  ^^rf^^m  ädiUata 

Du.     1.  -^rf^-^ic;  ädikUva  ^f^^TT^tf  ädiBävahi 

2.  ^f^^^rT^  ädiMatam  '^1\'W[^fi  ädiBäthäm 

3-  '^srf^'^fTT^  ädikSatäm  ^^rf^^TcTT^  ädiMätäm 

Plur.  1.  ^?rf^^^  ädiMäma  "^f^^TTtf  cuUMämahi 

2.  ^^rf^^^fT  ädikSata  -^rf^^^  ädiMadhvam 

3.  ^?rf^1  ädiMan  "^I^W^  ädikMnta 


§  560. 561. 562.]  Das  Aoristsystem.  386 

560.   Der  seltene  sa-Aorist  wird  nur  von  Wurzeln 

auf  §,  S,  li  und  mit  inlautendem  (tiefstufigem)  i,  u,  r  ge- 
bildet, wie  z.  B.  ^-q  krS-  'pflügen'  (Brahm.),  \^  diih- 
'melken'  (adhuMam,  s.  §  137),  ^^  mr§-  'berühren',  f%^ 
vii-  'eintreten'. 

Die  vollständige  Liste  s.  bei  Whitney  §  920  oder  Kielhorn 
§  366. 

661.  Sprachgeschichtliches.  Thematisch  flektierte 
Formen  des  s-Aoristes  kommen  auch  im  Iranischen  (s. 
Bartholomae,  Iran.  Grundr.  I,  86  f.),  Griechischen  (z.  B. 
ISei^e)  und  Slavischen  (z.  B.  ab.  stachs  =  *[e'\stä-s-o-m) 
vor.  Es  ist  bemerkenswert,  daß  in  den  beiden  letztem 
Sprachen  der  athematische  und  thematische  Aorist  sich 
zu  einem  Paradigma  vereinigt  haben  (vgl.  1.  S.  iSsi^a 
neben  3.  S.  loei^e);  vermuthch  war  in  der  Grundsprache 
die  thematische  Flexionsweise  noch  nicht  voll  entwickelt. 

c)  Der  Prekativ. 

562.  Bildungsweise.  Mit  dem  s-Aorist  ist  eine  be- 
sondere Modusform,  der  sog.  Precativus ,  verwandt,  der 
übrigens  ganz  die  Funktion  des  Optativs  hat.  An  die 
Wurzel,  die  im  Aktiv  tiefstufig,  im  Medium  gewöhnlich 
hochstufig  (gunierf)  ist,  treten  besondere  Endungen  an, 
über  welche  das  folgende  Paradigma  hudh-  'erwachen' 
Aufschluß  gibt: 

Activum.  Medium. 

Sing.  1.  '^i^nf;^  hudhyäsam        ^XfiiJf^t^  hödhiMyä 

2.  '^T2tt:  hudhyali  ^^tfV^t^:  ^ödhiMthah 

3.  "^^Tci;  hudhyät  "^tf^'^'S  l>ödliiMtß 
Du.     1.  '^T2jT^  hudhydsva  -^tf^^I^t^tf  hödhiSlvähi 

2.  '^wrw^  hudhyästam      Ttfi<Ml^l^T^  hödhiSi- 

ydsthäm 

3.  '^^TWRl  hudhyästam    ^\f\3r^(\jn'^m  hödhiSi- 

ydstäm 

Thnmb,  Altindischo  Grammatik.  25 


386  Formenlehre.  [§  562. 563. 

Plur.  1.  ■^■^T^  hudhyäsma  'Wtf^sr^f^^^  hödhiSimähi 

2.  ■^■«fT^fT  hudhyästa  '^YfV'^S^  hödhüidh- 

väm^ 

3.  "^"^zrT^:  hudhyäsuh  '^tfv^T'l  iödhiSlrmi 

563.  Die  Prekativformen  kommen  in  der  klassischen 
Sprache  selten  vor;  die  ind.  Grammatiker  lehren  sie  für 
beliebige  Wurzeln.  Für  das  Aktiv  ist  darnach  hin- 
sichtlich der  Wurzelsilbe  das  Nachfolgende  besonders 
zu  merken  (weitere  Einzelheiten  bei  Kielhorn  §  381) : 

1.  Auf  i  und  u  auslautende  Wurzeln  verlängern  diese 
Vokale,  z.  B.  f^  ji-  'siegen':  ^t^TWI  jiyäsani]  -sg  §ru- 
'hören':  ;ti^jnj4{^  §rüyäsam. 

2.  Wurzeln  auf  ä  verwandeln  diesen  Yokal  gewöhn- 
lich in  e,  z.  B.  ^  da-  'geben' :  ^^^^f^  deyäsam. 

3.  Die  Wurzeln  auf  r  (r)  zeigen  verschiedene  Ge- 
stalt, vgl. 

cjTf  kat~-  'machen':  fspTT^'l  kriyäsam. 

oir5"  har-  (kr-,  kir-)  'streuen' :  cf|4l^H  k'iryäsam 

xfj  par-  (pr-,  pur-)  'füllen' :  x^^i?;  püryäsam. 

■^T  smar-  (smr-)  'gedenken':  ^ijl^JH  smaryäsam. 

Anm.  In  kriyäsam  ist  -iyäs-  (statt  -yäs-)  die  Form  des  Modus- 
zeichens, wie  ja  auch  im  Optativ  -iyä-  mit  -yä-  wechselt  (s. 
§  437. 1);  ob  man  daraus  (d.  h.  aus  dä-{-iyäs-)  auch  deyäsam  u.  ä. 
erklären  darf,  ist  fraglich;  vgl.  dazu  §  624  Anm. 

Noch    seltener    als    das    Aktiv    sind    die    Medial- 

formen;  statt  des  Formans  -iM-  kommt  auch  -sl-  (-B-) 

vor,  z.  B.  w^\7S(jefiya  von  ^  ji-  'siegen',  -^rft?!  smrSiya 

(neben  smarifiya)  von  ^-5;  smar-  'gedenken',  ^|^i|  dä- 

slya  von  da-  'geben',   cTrtfl^j  tutslya  (mit  Tief  stufe !)  von 

TT^    tud-    'stoßen'.     Weiteres    s.    bei   Kielhorn   §    382. 

38^3.  385. 

Zu  grah-  'ergreifen'  merke  grahisiya. 


1  Oder  -Idhvam,  worüber  die  ind.   Grammatiker   bestimmte 
Regeln  geben,  s.  Whitney  §  924,  Kielhorn  §  380.  d. 


§564]  Das  Aoristsystem.  387 

564.  Sprachgeschichtliches.  Der  Prekativ  unter- 
scheidet sich  in  den  meisten  Formen  von  dem  gewöhn- 
lichen Optativ  dadurch,  dali  zwischen  das  Optativzeichen 
und  die  Endung  ein  s  {S)  eingeschoben  ist ;  hierin  handelt 
es  sich  gewiß  um  eine  ind.  Neubildung,  die  durch  eine 
Kontamination  mit  dem  sigmatischen  Aorist  hervor- 
gerufen zu  sein  scheint.  Der  Zusammenhang  des  Mediums 
mit  dem  i§-  (und  s-)Aorist  ist  unverkennbar;  die  1.  Sing., 
Du.  und  PI,  die  3.  Plur.  und  die  2.  PI.  -Idhvam  sind 
regelrechte  mediale  Optativformen  des  iä-  (s-)Aorists. 
Die  2.  3.  S.  des  Aktivs  können  als  Optativformen  des 
Wurzelaorists  aufgefaßt  werden,  d.  h.  sie  sind  wie  der 
Optativ  der  ai.  2.  Praesensklasse  gebildet.  Das  s  hat 
sich  hinter  dem  Moduszeichen  vielleicht  in  folgender  Weise 
eingestellt:  eine  Aoristform  wie  2.  S.  ajnäh  gehört  so- 
wohl dem  starken  Wurzel- Aorist  (§  537)  wie  dem  sig- 
matischen Aorist  (aus  *ajnä-s-s)  an  und  bewirkte,  daß 
auch  ajfiät  auf  ein  ajnäsam  (§  545)  bezogen  wurde. 
Durch  die  Reihe  ajnäsam,  ajnäh,  ajnät,  ajiiäsma  u.  s.  w. 
war  aber  das  formale  Muster  gegeben,  wonach  zu  einem 
hudhyäli,  hudhyät  ein  hudhyäsam,  hudhyäsma  u.  s.  w.  ge- 
schaffen werden  konnte.  Vom  Aktiv  wucherte  dann  das 
s  weiter:  es  drang  wohl  zuerst  in  die  2.  3.  Du.  Med.  und 
von  da  in  die  2.  3.  Sing.,  sowie  in  die  2.  PI.  (-Idhvam 
aus  -Iz-dhvam)  ein,  während  die  übrigen  Formen  un- 
berührt blieben. 


388  Formenlehre.  [§  565. 566. 

XXVI.  Kapitel. 

Das  Futurum. 
565.  Paradigma. 

a)  da-  'geben'. 

Activum.  Medium. 

Sing.  1.  ^T^rrf'T  däsyämi  '^T%  ääsyi 

2-  ^T^rf^  däsyäsi  "ZJW^  däsyäse 
3.  ^TT^ffT  däsyäti  TP^^  däsyäte 

Du.     1.  ?|^|c{:  däsyävah  ?[<^(c(^  däsydvahe 

2.  ^T"^r^'.  däsydthah  ^T"^^  däsyethe 

3-  gi^Ht  däsyätah  ¥T%%  däsyete 
Plur.  1.  gHj<iTT:  däsyämah  gT^'HRl^  däsydmahe 

2.  -^i^^  däsyätha  '^t^^  däsyädhve 

3»  ai^HrT  däsyänti  f^\*^^  däsyänte 

Particip. 
^T^^ däsyänt- (f. -änü)  <J|^j^4^M  däsyämäna- 

b)  kar-  'machen'. 

Sing.  1.  chr<t>i|f44  kariSyämi        'öRfT"^  kariSye 

2.  chPi^mf%  kariSyäsi  '^fKys(^  kari^yäse 

u.  s.  f. 

Ann.  Zum  Futurstamm  kann  auch  ein  Imperfekt  gebildet 
werden,  das  die  Bedeutung  eines  Kondicionalis  hat:  ädäsyam 
'ich  würde  geben',  ädäsyah  u.  s.  f. ;  äkarisyam  'ich  würde  machen', 
äkarisyah  u.  s.  f.  Der  Gebrauch  dieser  Formen  ist  in  allen  Pe- 
rioden der  aind.  Sprache  sehr  selten;  vgl.  §  414.  1. 

566.  Die  Wurzelsilbe  ist  fast  regelmäßig  hoch - 
stufig  ((yuniert);  Dehnstufe  findet  sich  hei -^-if  marj- 
(mrj-)  'ab-sdschen':  ^^^  märkSyate  (in  der  älteren 
Sprache)  oder  ^frfw^ltVT  märjiSyati  (Gramm.). 

Die  Tiefstufe  erscheint  nur  in  Wurzeln,  in  denen 
charakterisierte  Praesensstämme  zu  vermuten  sind,  wie 


§  566. 567.]  Das  Futurum.  389 

^^  iM  'sehen' :  ^f%%  iMi^ye  (ebenso  ^^  cUM-  'sich 
weihen  zu'). 

sp^  kriä-  'spielen' :  ^ftt^^^ETTf^  kndüyämi. 

^(\^jlv-  'leben':  <3n 0=1 1>^ I Ht ßviSyämi. 

T^-S  sad-  'sitzen' :  ^r<^t.ij|fij  sidihjämi  (in  der  älteren 
Sprache  satsyänii) ;  vgl.  dazu  sidämi  §  452  Anm.  2. 

f^  his-  'schädigen' :  f^f^r^rrf'T  MsiSyämi. 

Vgl.  über  diese  Wurzeln  auch  §  462. 471.  506  Anm.  2. 

Auffallend  ist  jedoch  die  Tiefstufe  in 

f?T^  mü-  'sich  vereinigen' :  fyf%b^  |  U{  miliSyämi, 

■f%T^  UM-  'ritzen':  f^ {7e( bij | (rf  likhiSyämi  (jedoch 
nach  den  Gramm.  lekhiMyämi),  weil  die  hochstufige 
Wurzelform  bei  diesen  Wurzeln  sonst,  z.  B.  im  Causa- 
tivum  (melayämi,  lekhayämi),  nicht  fehlt. 

567.  Der  Bindeyokal.  Die  Verteilung  der  -sya-  und 
-is^a-Form  läßt  sich  nicht  in  bestimmte  Regeln  fassen 
(über  den  Grrund  s.  §  554).  Nach  a),  also  'ohne  Binde- 
vokal', werden  die  meisten  Wurzeln  auf  Vokal  und 
Explosivlaut,  sowie  eine  Reihe  von  Wurzeln  auf  Spiranten 
(einschl.  h)  gebildet,  so  z.  B.  ■?;  i-  'gehen'  {eSymni),  ts[ 
§ru-  'hören'  (iröSyämi) ;  ^rn  gä-  (gäi-)  'singen'  (gäsyämi) ; 
^^JTK  ä})-  'erlangen'  {äpsyämi);  f^^chid-  (chetsyämi),  tj^ 
pac-  'kochen'  (jjakSyämi),  jc^  praccJi-  {prccli-)  'fragen' 
(praMyämi^),  it^  7nuc-  'loslassen'  (mökäyämi),  7f\(  yudli- 
'kämpf en' (yötsyämi) ,^^ sarj-(sraj-)  'loslassen' (srakäyämi) , 
f^-^j  diS-  'zeigen'  (dekSyämi),  ^^  dar^-  'sehen'  (draM-yämi), 
■ff^  duh-  'melken'  (dhökSyämi),  -^  rakS-  'schützen' 
(raMye),  ^^  vas-  'wohnen'  (vatsyämi,  vgl.  §  150),  t%^ 
vi§-  'eintreten'  (vekSyämi).  Für  die  Verbindung  des 
Stammauslautes  mit  dem  Formans  s  gelten  die  §  152  ff. 
angeführten  Lautgesetze. 


1  Vd.  dazu  S.  377.  Fußnote. 


390  Formenlelire.  [§  568. 569. 

568.  Nicht  wenige  "Wurzeln  können  ihr  Futm-um 
nach  a)  und  b),  d.  h.  ohne  oder  mit  Bindevokal 
bilden,  so  z.  B.  ■^  i-  'gehen'  (eSyäml  und  ayi^yämi),  ^ 
ni-  'fühi-en'  {aeäyänii  und  nayiSyämi),  -^  daJi-  'brennen' 
(dluiMyämi  und  dahßyämi),  ^^  hhaj-  'essen',  ^^  laM- 
'fassen,  erlangen',  ^^  vah-  'fahren',  ■q^  vart-  'wenden'. 
Gewöhnhch  herrscht  aber  in  der  klassischen  Sprache  die 
eine  Form,  wähi'end  die  ältere  Sprache  (mit  Einschluß 
des  Epos,  das  jedoch  in  mehreren  Fällen  seine  eigenen 
Wege  geht)  die  andere  Form  aufweist.  Der  älteren 
Form  ohne  i  stehen  klassische  Formen  mit  i  gegenüber 
bei  den  Wurzeln  öRtf  Jtart-  'schneiden',  ir^  kram- 
'schreiten'  {krqsyämi  —  JiramiSyämi) ,  -^^  iy^^j-  'ver- 
lassen', »fT^  nam-  'sich  verneigen',  -^^  handh-  'binden', 
jf^  yam-  'darreichen',  ^f^  sah-  'überwältigen',  -^(^  sad- 
'sitzen'  (s.  §  566);  das  Umgekehrte  ist  der  Fall  bei  -f^ 
man-  'denken',  f^^  vid-  'wissen',  ^  stu-  'preisen',  ^t^ 
sra^)-  'schlafen'.  Im  allgemeinen  überwiegt  die  Neigung, 
den  'Bindevokal'  i  in  jüngerer  Zeit  immer  mehr  auszu- 
dehnen (vgl.  die  Statistik  bei  Whitney  Proceed.  Am.  Or. 
Soc.  1885  S.  XXXIY). 

569.  Zu  den  Wurzeln,  welche  das  Futurum  in  der 
Regel  oder  ausschHelihch  mit  Bindevokal  bilden,  ge- 
hören ■^■^f  a§-  'essen',  -^^  as-  'werfen',  -^^  äs-  'sitzen', 
^^  Ihs-  'sehen',  -^»^  kkini-  'erdulden',  T^fi^  khan-  'graben', 
jmyani-  'gehen',  ^f^ja7i-  'erzeugen',  -^^^  jval-  'flammen', 
^^  dir-  'spielen'  (devi^yämi),  \n^  dhäu-  'laufen',  xj(^ 
pat-  'fliegen,  fallen',  ^ffij  hhäS-  'sprechen',  ^hhü-  'werden' 
(hhaviSyämi),  ^"^  rud-  'weinen',  cf^  vad-  'sprechen', 
■^V  vadh-  'erschlagen',  ^j  le-  'liegen'  (iayiSyate),  f%f  iri- 
*sich  wohin  begeben',  ^  7««;^-  'schlagen',  so'svie  endlich 
alle  Wurzeln,  die  auf  ein  r  (f)  ausgehen. 

^11  yrah-  'ergreifen'  bildet  ^y^t>i}[f^  graliisyämi. 


§  669. 570. 571.]  Das  Futurum.  391 

Anm.  Die  ind.  Grammatiker  nennen  die  Wurzeln,  hinter 
denen  immer  ein  i  erscheint,  set-,  diejenigen,  hinter  denen  es 
niemals  oder  nicht  regelmäßig  erscheint,  ani^"Wurzeln  (i-t  ist  eine 
Formel  für  'Bindevokal  i\  also  set  =  sa+it  'mit  it\  miit  =  an 
-\-if  'ohne  W).  Für  das  Auftreten  des  i  im  Futurum  gilt  nun  die 
Regel,  daß  se< -"Wurzeln  immer,  anit -Wurzeln  fakultativ  i  ein- 
schieben. Über  weitere  Einzelheiten  s.  Kielhorn  §  370  f.  Ein 
Verzeichnis  aller  amf -Wurzeln  ib.  §  298. 

570.  Unregelmäßige  Formen.  Auffallend  sind  die 
Bildungen 

•f-?^  naS-  'umkommen':  •T^^rrf'T  nmdMyämi  (neben 
naii^yämi). 

?f^  majj-  'untertauchen':  ^^•^jf'T  mmdMyämi. 

Da  die  W.  ndä-  (idg.  neh-)  keinen  Nasal  enthielt,  so 
ist  dieser  vermutlich  durch  das  Muster  der  W.  dqi-,  daS- 
(idg.  denk-,  dfßc-),  d.  h.  durch  die  Formen  Praes.  da^ati, 
Fut.  dawMyämi  (Gramm.)  verursacht. 

Das  im  Epos  vorkommende  dasi^t/ati  (statt  dqUsyati)  lehnt 
sich  seinerseits  an  das  Praesens  däSati  an,  das  als  eine  hochstufige 
Wurzelform  (wie  pat-,  na§-  u.  s.  w.)  empfunden  wurde,  s.  auch 
§471. 

manMyämi  scheint  seinen  Nasal  ähnhchen  Vor- 
gängen zu  verdanken ;  vgl.  zu  mäjjati :  mmdMyati  etwa 
säjati :  scmkäyati  (Gramm.),  W.  sanj-  'haften'. 

571.  Sprachgeschichtliclies.  Das  ai.  Futurum  ist  der 
Nachkomme  des  idg.  Futurums,  das  mit  Hilfe  des  the- 
matischen Suffixes  -sio-  gebildet  wurde.  Außerhalb  des 
Ai.  (und  Iranischen)  ist  diese  Bildung  nur  im  Litauischen 
deuthch  zu  belegen,  vgl.  z.  B.  däsyämi  =  ht.  düsm, 
idg.  *dö-siö ;  plöSyämi  (in  der  älteren  Sprache,  W.  plu- 
'schwimmen')  =  ht.  pläusiti ,  idg.  *pleusiö  ;  vartsyämi  == 
Ht.  iversiu,  idg.  Hiertsiö.  Im  griechischen  Futur  steckt 
diese  Bildung  nur  teilweise ;  doch  darf  eine  Form  wie 
z.  B.  Sei^d)  dem  ai.  deMyämi,  W.  di§-,  idg.  *deiksiö  un- 
mittelbar gleichgesetzt  werden. 


392  Formenlehre,  [§571.572.573. 

Das  Futurum  mit  -ihja-  hat  in  den  verwandten 
Sprachen  keine  genaue  Entsprechung;  sogar  dem  Irani- 
schen fehlt  diese  Bildung  (s.  Bartholomae,  Iran.  Grund- 
riß I,  77).  Doch  besteht  z.B.  zwischen  der  ai.  Form  hanih- 
yümi  und  gr.  ösveo),  Ösvä  (zu  öeivto)  u.  ä.,  zwischen 
maniSi/e  und  lit.  minesiu  oder  vediSyämi  und  gr.  ei^T^oco, 
lit.  weizde-siu  ein  augenscheinlicher  Zusammenhang,  wenn 
auch  die  vor  dem  Formans  auftretenden  Yokale  nicht 
unmittelbar  zusammenstimmen.  Es  liegen  der  Futur- 
bildung wiederum  zweisilbige  Wurzeln  zu  Grund,  die 
zum  Teil  auf  d  (bhavisyämi) ,  zum  Teil  auf  e[i]  (eiBr^- 
aco),  bezw.  l  (gralüSyämi)  oder  i  (vecUäyämi)  endigten 
(vgl.  §  466).  Natürhch  stimmt  die  ai.  Verteilung  des 
'Bindevokals'  nicht  mehr  genau  mit  dem  ursprüng- 
lichen Zustand  überein,  da  sich  das  i  durch  Analogie- 
bildungen allmähhch  ausbreitete,  bisweilen  auch  ein- 
geschränkt wurde  (s.  §  568) ;  so  ist  z.  B.  das  i  in  vartiSyämi 
schwerlich  ererbt,  während  das  Aufgeben  des  i  in 
svapsymni  (Praesens  svapi-mi  'ich  schlafe')  durch  das 
Muster  der  meisten  sonstigen  Wurzeln  auf  Labial  be- 
dingt zu  sein  scheint. 

572.  Causativa  und  Denominativä.  Formen,  in 
denen  der  Praesensstamm  die  Grundlage  des  Futurums 
bildet,  wurden  bereits  §  566  erwähnt.  Regelmäßig  ist 
dasselbe  der  Fall  bei  den  Causativa  (bezw.  den  Verben 
der  ai.  10.  Klasse)  und  bei  den  Denominativa :  das  Suffix 
-iSya-  wird  nämlich  an  den  Praesensstamm  auf  -ay-  an- 
gefügt; z.  B.  H^ch^lHT  lökayämi  'ich  erblicke':  ^^t^f^i- 
b.^|(lj  lökayisyämi]  t{\^M\\^  tädayämi  'ich  schlage": 
■fj|sjf%yt>ij|f^  tädayUyämi. 

573.  Das  periphrastische  Futuriun  wird  gebildet 
durch  Verbindung  eines  Nomen  agentis  auf -tor-  (§  298  ff.) 
mit  dem  Praesens  von  as-  'sein'  (§  488);  als  3.  Person 
dient  das  einfache  Nomen  im  entsprechenden  Numerus. 


§573.574.]  Das  Futurum.  898 

Activum.  Medium. 

Sing.  1.  ^TfTrf^  dätdsmi  ^TcTTf  dätähe 

2-  ^TfTrftr  dätäsi  ^TTTW  dätäse 

3.  d[r{\  data 

Du.     1.  <^|rl|4«i:  dätdsvah  ^Trn^%  dätäsvahe 

2.  ^T<rr^  dätdsthah  f^\r{[m^  dätäsäthe 

3.  ^[TffT^  dätäräu 

Plur.  1.  ^Tfn^.  dätäsmah  <^ihi^^  dätäsmahe 

2.  ^TrTTW  dätästha  -^j^^j^  dätädhve 

3.  ^[TfTTT*  dätärah 

Der  Nominativ  Sing.  f?äiä  ist  so  völlig  mit  dem  Hilfs- 
verbum  verschmolzen,  daß  er  erstarrte  und  auf  Dual  und 
Plural  übertragen  wurde,  daher  nach  dätäsmi  z.  B. 
1.  PI.  dätäsmah  st.  dätärah  smah.  Für  die  merkwürdige 
1.  P.  S.  Med.  dätähe  erwartet  man  *dätäse\  da  neben 
dätäsmi  auch  Formen  wie  dätäham  (=  data  aham)  vor- 
kommen ,  so  wurde  zu  dieser  verbal  empfundenen  Form 
nach  dem  Muster  von  ahharam  und  äbhare  eine  Medial- 
form geschaffen:  auf  diese  Weise  wurde  zugleich  die  1. 
und  2.  Sing,  differenziert.  Vgl.  dazu  Wackernagel  §  221, 
J.  Schmidt,  Gurupüjakaumudi  S.  17  f.  (anders  Böhthngk 
IF.  VI,  342 f.). 

574.  Das  periphrastische  Futur  ist  erst  in  d  e  r  B  r  ä  h  - 
manaliteratur  zu  belegen ;  das  Medium  ist  überhaupt 
ganz  selten.  Das  zugrundUegende  Nomen  agentis  ist  im 
wesenthchen  von  derselben  Wurzelform  gebildet  wie  das 
einfache  Futurum  und  stimmt  mit  diesem  im  allgemeinen 
auch  hinsichthch  des  Bindevokals  i  überein;  jedoch  haben 
die  Wurzeln  auf  r,  some  gam-  und  han-  kein  ?',  z.  B. 
öRTTff^  hartäsmi  'ich  werde  machen',  ^^cnf^  gantäsmi, 
^^\Uh  hantäsmi.  Am  engsten  scliließt  sich  die  Stamm- 
form des  Nomen  agentis  an  diejenige  des  Infinitivs  an 
(§  632f.). 


394  Formenlehre.  [§  574—577. 

Über  die  einzelnen  Regeln  der  indischen  Grammatiker  vgl. 
Kielhorn  §  375 ;  die  meisten  der  von  den  Grammatikern  gelehrten 
Formen  sind  in  der  Literatur  nicht  zu  belegen. 

575.  Syntaktisches.  Das  Futurum  bezeiclmet  nicht 
nur  die  Zukunft,  sondern  dient  oft  auch  zum  Ausdruck 
einer  beabsichtigten  oder  gewollten  Handlung.  Nach 
der  Lehre  der  Grammatiker  (wozu  der  Gebrauch  in  den 
Brähmana  stimmt)  kann  das  periphrastische  Fu- 
turum eine  Handlung  bezeichnen,  die  in  einem  be- 
stimmten Termin  (z.  B.  'morgen')  eintreten  wird ;  doch 
mrd  im  klass.  Sanskrit  zwischen  beiden  Formen  kein 
Unterschied  gemacht.  Vgl.  Whitney  §  949,  Speyer, 
Ved.  u.  Sanskiit-Syntax  §  184. 


XXVn.  Kapitel. 
Die  abgeleiteten  Konjugationen.' 

1.  Das  FassiTuin. 

576.  Der  Praesensstamm  des  Passivs  wird  mit  HiKe 
des  (ursprüngUch  betonten)  Suffixes  -ya-  gebildet,  das 
unmittelbar  an  die  tiefstufige  Form  der  Wurzel  antritt; 
dabei  ist  es  gleichgiltig ,  zu  welcher  Praesensklasse  die 
Wurzel  im  Aktiv  oder  Medium  gehört.  Die  Flexion 
stimmt  mit  dem  Medium  der  ai.  4.  Klasse  überein,  z.  B. 

eR^  Myi-  'ziehen,  pflügen',  Praes.  Act.  ch4if4j  ^dr- 

Sämi,  Pass.  if"^  %%^,  ^t>'ij^  krSyäse  u.  s.  f. 

•a^  huäh-  'wecken',  Praes.  Act.  '^^if^  bödhämi: 

Pass.  '^^  hudhye,  ■^"^zr^  hidhyäse  u.  s.  f. 
\»  \j 

577.  Die  Wurzel  hat  in  weitaus  den  meisten  Fällen 
die  regelmäßige  Form  der  Tiefs tufe,  wie  sie  sich  aus 
den  Ablautsreilien  des  Ai.  (§  107  ff.)  ergibt,  vgl.  z.  B. 

t  Vgl.  §  447. 


§  577. 578.]  Die  abgeleiteten  Konjugationen.  395 

1 .  f^x^  khp-  'werfen' :  f^xg^  kHpyate. 
-^^  yaj-  'opfern':  ^[äif^  Uv^^^- 

^\j  vyadli-  'durchbohren' :  f^^^  vidhyate  (Epos). 

V[^  hhiij-  'genießen':  ^pif^  hhujyate. 

^T(  svap-  'sclilafen' :  ^qig^  supyate. 

^^  vac-  'sprechen':  ^"^^  ^<ci/aie;  ebenso '^  vac?- 
'sprechen',  ^xj;  vap-  'hinstreuen',  ef^  vas-  'wohnen'  (u}yate), 
^^  vali-  'fahren'. 

^■^  l-ar-  (kr-)  'machen':  ^f[^^  kriyate  (vgh  §  94); 
ebenso  \^;  dhar-  (dJir-)  'halten',  ^^^  hhar-  'tragen'  u.  a. 
"Wurzeln  auf  r  (f). 

^üj  dari-  'sehen':  ^3c^^  dr^yate. 

1^  gam-  'gehen' :  i[w^  gamyate. 

^  han-  'schlagen':  ^«q'^  hanyate. 

Anm.  Wie  ff  am-  und  han-  gehen  die  meisten  Wurzeln  auf 
m  und  n;  am,  an  ist  idg.  m,  n,  s.  §  90. 

^Ij-  dq^-  'beißen':  ^"sc^^  dcäyate  (im  Epos). 
^^«^  handJi-  'binden' :  "^-^^  hadhyate. 

2.  ff^  tcifi-  'dehnen':  rfr^^  täyate  (neben  tanyate)] 
ebenso  ^^  kJian-  'graben'. 

■^fi;;  star-  (str-)  'streuen':  ^V'q^  süryate\  ebenso  örtc 
kar-  (kir-)  'zerstreuen',  ;rr^  gar-  'verschlingen',  ^gr  dar- 
'spalten'. 

xn;;  par-  ipr-)  'füllen' :  q^Tl  püryate. 

Vgl.  dazu  §  107  d)  e).  * 

3.  'if^  ni-  'führen' :  »f)ij7l  nlyate. 
gT  hvä-  (hü-)  'rufen':  ^^^  hüyate. 

^17^  Ms-  'befehlen' :  f^-^i^  iiSyate  (neben  Säsyate). 

578.  1.  "Wurzeln,  die  auf  i  oder  ii  auslauten,  dehnen 
ihren  "Vokal,  z.  B. 

f%  kH-  'vernichten' :  '^Y^l^  Mlyate. 

TS  iru-  'hören' :  ^^j^  h'üyate. 

Anm.  Da  ein  ^  oder  ü  nur  bei  zweisilbigen  Wurzeln  oder 
in  schweren  Reihen  als  Tiefstufe  zu  erwarten  ist,  so  muß  die  all- 


396  Formenlehre.  [§  578. 579. 580. 

gemeine  Giltigkeit  der  ai.  Regel,  also  z.  B.  die  Anwendung  auf 
sru-,  Folge  analogischer  Ausbreitung  sein. 

2.   Wurzeln,   die  auf  ä  ausgehen,  bleiben  entweder 

a)  unverändert  oder  verwandeln  b)  ihr  ä  in  i.  Zu  a)  ge- 
hören ^^Tf  ^^fyä-  'sehen',  ^  ghrä-  'riechen',  -^  jfm-  'er- 
kennen', Mifj   dhyä-  'denken',  i^  mnä-  'erwähnen';  zu 

b)  TTT  gä-  'singen'  (giyate),  ^  da-  'geben',  ^pT  ^^*'^- 
'setzen',  in"  pä-  'trinken',  -^  mä-  'messen',  ^ff  sthä- 
'stehen',  ^  hä-  'verlassen'. 

Anm.  Während  bei  a)  die  Hochstufe  vorliegt,  ist  b)  nach 
§  110  zu  beurteilen.  In  die  Analogie  ursprünglicher  äi :  i-Wurzeln 
sind  auch  echte  «-Wurzeln,  wie  d[h)ä-,  geraten. 

579.  Wurzeln  mit  inlautendem  a  zwischen  Geräusch- 
lauten bleiben  unverändert,  z.  B.  ^^  dah-  'verbrennen' 
(dahyate),  ^jeR  laÄ;- können' ;  daß  hier  echte  Hochstufe 
(und  nicht  etwa  eine  Abart  der  Tiefstufe,  s.  §  107  a) 
Anm.)  vorliegt,  ist  deshalb  wahrscheinhch ,  weil  Hoch- 
stufe auch  sonst  öfter  erscheint,  so  in  -^m  tydj-  '^'©i"- 
lassen'  und  ^v  vadh-  'erschlagen'  (tyajyate,  vadhyate 
gegenüber  ijyate,  ucyate  u.  ä.  §  577.  1),  in  ^  car-  'be- 
wegen' (caryate)  und  ^-^  smar-  (smr-)  'sich  erinnern', 
;rT^  garh-  'schelten',  cf^  vraj-  'fortgehen'  und  ^^  sev- 
'dienen'.  Wurzeln  der  ä-Eeihe  (§  109)  bleiben  eben- 
falls in  der  Kegel  unverändert,  so  "^ffn;  ä})-  'erlangen', 
TfTT  ^^iäd-  'verzehren',  ^m'  gäh-  'eintauchen'.  In  allen 
diesen  Fällen  ist  also  die  Vokalstufe  des  Praesens - 
Stammes  auf  den  Passivstamm  übertragen  worden. 

580.  Wie  sonst  ein  charakterisierter  Praesensstamm 
gelegentlich  auf  außerpraesentische  Formen  übertragen 
wird  (s.  §  524.  2,  549.  3,  566),  so  erscheint  er  auch  im 
Passiv.  Außer  Fällen  wie  f;^  IkS-  'betrachten",  ^^ 
jw-  'leben',  ■>nw  ^^'#-  'sprechen'  (§  471.  87)  vgl.  be- 
sonders die  Wurzeln  w^s^  nand-  'sich  freuen',  fsT^ 
nind-  'tadeln'   (im  RV.  noch  nidyate),  c[^  vand-  'be- 


§580.581.]  Die  abgeleiteten  Konjugationen.  397 

gi-üüen",  ^ng  Jamh-  'herabhängen',  f^^  hjs-  'schädigen' 
sowie  -q^  prcch-  'fragen'.  Ebenso  bilden  die  Causativa 
ihr  Passiv  in  Anlehnung  an  den  Praesensstamm,  s. 
§  592. 

581.  Sprachgeschichtliches.  Der  Passivstamm  ist 
seinem  Ursprung  nach  identisch  mit  der  idg.  XU.  Praesens- 
klasse  (§  462),  also  eine  Abzweigung  der  4.  ai.  Klasse, 
von  der  sich  das  Passiv  nur  durch  den  Accent  unter- 
scheidet. Diese  Verschiedenheit  (4.  ai.  Klasse  mit  Wurzel- 
betonung, das  Passivum  mit  Betonung  des  thematischen 
Vokals)  ist  selbst  sekundär  und  fiel  überdies  für  die 
jüngere  Accentuation  des  Sanski'it  (§  55)  wieder  vöUig 
weg.  Ursprünghch  war  die  Wurzelbetonung  mit  Hoch- 
stufe ,  die  Suffixbetonung  mit  Tiefstufe  der  Wurzel  ver- 
bunden. Die  Schöpfung  des  Passivs  ging  von  Intransi- 
tivis  der  io-Klasse  aus,  wie  z.  B.  jdyate  'er  wird  ge- 
boren' (zvijan-),  Miyate  und  kfiyäte  'er  geht  zu  gründe' 
(kH-) ,  vi-iKidyaU  'er  geht  zu  gründe'  i^pad-),  mriyäte  'er 
stirbt',  hiSyati  'er  ist  zufrieden,  befriedigt',  -Uimyaü  'er 
■^v^rd  ruhig'  (vgl.  döMh  praMmyati  [Texte  I,  3]  'ein  IJbel 
Anrd  geheilt')  u.  dgl.  Die  mediale  Flexion  war  bei  diesen 
Intransitiven  an  sich  nicht  nötig,  wie  z.  B.  ved.  ßryati 
gegenüber  klass.  ßryate  'er  verfällt,  wird  alt'  zeigt ;  sie 
erleichterte  aber  die  Entstehung  der  passiven  Funktion. 
Auch  der  Accent  ist  in  der  älteren  Zeit  kein  unbedingtes 
Unterscheidungs-Merkmal  der  beiden  Praesensbildungen, 
da  gelegenthch  Schwanken  herrscht  (s.  oben  und  aus- 
führhcher  Whitney  §  761  b).  Als  aber  eine  Reihe  von 
aktiven  Verben  der  io-Klasse  den  Accent  der  wurzel- 
betonten Klasse  annahm  (z.  B.  iSyati  'er  sendet',  wie 
pcäyati  'er  sieht'),  verband  sich  mit  der  Betonung  -yä- 
bei  intransitiven  Verben  das  Gefühl  einer  intransitiven 
und  weiterhin  passiven  Bedeutung  (die  z.  B.  in  jäyate, 
kfiyate  in  einander  übergeht) .  und  so  wucherte  die  tief- 


398  Formenlehre.  [§  581. 582. 

stufige  -?/d-Bildung  weiter,  um  schließlicli  ein  allgemeines 
Ausdrucksmittel  des  Passivs  beliebiger  Wurzeln  zu  werden. 
Die  Anfänge  dieser  Entwicklung  liegen  übrigens  schon 
in  der  urarischen  Zeit,  da  auch  das  Iranische  ähnliche 
Passivformen  mit  -ya-  besitzt  (s.  Bartholomae,  Iran. 
Grundr.  I,  82  f.).  Je  mehr  sich  -yä-  für  das  Passiv  fest- 
setzte, desto  mehr  wurde  diese  Accentuation  für  die  ak- 
tive Praesensklasse  zurückgedrängt,  bis  schUeßhch  nach 
einer  Zeit  des  Schwankens  (jäyate,  mriyäte,  Miyate  und 
kfiyäte)  eine  reinliche  funktionelle  Scheidung  in  der  Art 
eintrat,  daß  Miyate  mit  intransitiver  Bedeutung  'er  kommt 
um'  als  ein  primäres  Yerbum,  Miyäte  'er  -vNird  vernichtet', 
als  eine  sekundäre  YerbaKorm,  d.  h.  als  Passiv  zu  Minäti 
'er  vernichtet'  empfunden  wurde.  —  Vgl.  dazu  auch  Del- 
brück, Grundriß  HI,  2,  4.35  f. 

Aus  den  ursprünglichen  Bildungsgesetzen  der  idg.  io-Klasse 
ergibt  sich  auch,  daß  das  Passivum  gelegentlich  hochstufige 
Wurzel  zeigen  kann,  vgl.  oben  pädyate;  sobald  sich  aber  in  der 
hochstufigen  Klasse  passive  Bedeutung  entwickelte,  stellte  sich 
auch  die  entsprechende  Betonung  ein,  vgl.  pacyäte  'es  wird  ge- 
kocht' gegenüber  pdct/ate  (gr.  iziaaiu  aus  *T:eq'Uiia)  'es  wird  reif ; 
damit  war  die  Möglichkeit  gegeben,  überhaupt  hochstufige  "Wurzel- 
formen (s.  §  579)  zur  Bildung  des  Passivs  zu  verwenden. 

582.  Außerpraesentische  PassiTformen.  Außer- 
halb des  Praesensstammes  wird  das  Medium  zugleich 
als  Passivum  verwendet,  z.  B.  ^^  cah'e  'er  wurde  ge- 
macht'. Eine  besondere  Passivform  gibt  es  nur  noch  in  der 
3.  S.  Aoristi  auf  -i  (s.  §  539).  [Über  einige  von  den  ind. 
Grammatikern  gelelu'te  Besonderheiten  s.  Kielhorn  §  396 
— 401].  Das  passive  Praeteritum  vnrd  jedoch  in  der 
Regel  mit  Hilfe  des  Participium  Praeteriti  (§  612)  aus- 
gedrückt, wobei  die  Copula  fehlt,  z.  B.  ^^  ^n;:  ^HT^^T" 
f^TT^  tena  sarah  samäsäditam  'von  diesem  wurde  ein 
Teich  erreicht'.  Die  passive  Ausdrucksweise,  vde  sie  in 
diesem  Beispiel  oder  in  unpersönlichen  Wendungen  wie 
^^fllH  ^rüyatäm   'es  möge   gehört  werden'  =  'höre(t)' 


§582.583.584.]     Die  abgeleiteten  Konjugationen.  399 

vorliegt,  ist  überhaupt  sehr  beliebt;  infolge  dessen  werden 
Gedanken,  die  man  im  Deutschen  vorzugsweise  aktivisch 
ausdrückt,  im  Sanskrit  oft  durch  passivische  Wendungen 
wiedergegeben. 

2.  Das  CausatiTum. 

583.  Der  Praesensstamm  des  Causativums  ist  mit 
der  ai.  10.  Klasse  identisch  (vgl.  §  477) ;  nm-  durch  die 
Bedeutung  scheiden  sich  die  Kausativstämme  auf  -aya- 
von  den  primären  Verben  der  10.  Klasse.  Aus  der  idg. 
Grundform  (§  465)  ergibt  sich  Hochstufe  der  Wurzel, 
und  zwar  bei  der  e-E,eihe  die  o-Stufe  (=  ai.  a  oder  ä). 
Nach  dieser  Regel  kann  das  Causativum  zu  den  meisten 
Wurzeln  gebildet  werden ;  es  ist  in  der  Literatui"  viel 
häufiger  als  die  andern  sekundären  Yerbalstämme  be- 
legt.   Beispiele : 

f^  vid-  'wissen' :  ^^^nf'T  vedayämi  'ich  lasse  wissen, 
benachrichtige'. 

f^lj  vii-  'eintreten' :  ^^^|f^  vedayämi  'ich lasse  ein- 
treten, führe  liinein'. 

^nr  ?^{&/«- 'begehren' :  <^ 4j ^  ( f^T  lobhayämi  'ich mache 
begelirlich,  verlocke'. 

ö[if  dars-  (dr§-)  'sehen':  ^'a^itiifi^  dariayämi  'ich 
zeige'. 

^  vart-  {vrt-)  'sich  wenden' :  ^(T^rf'T  vartayämi  'ich 
wende'  (trans.). 

cR^  kalp-  (klp-)  'passend  sein':  ^ejf^T^Tf'T  sqJialpa- 
yämi  'ich  habe  im  Sinne'. 

^T?tr  handh-  (badli-)  'binden':  «n^^TTf'T  handhayämi 
'ich  lasse  binden'. 

584.  Dehnung  des  Wurzelvokals.  An  Stelle  von 
hochstufigem  a  erscheint  bei  offener  Silbe,  also  wenn 
die  Wurzel  in  der  Hochstufe  auf  einen  Konsonanten 
endigt,  in  der  Regel  ä;  z.  B. 


400  Formenlehre.  [§  584. 585. 

^  hhü-  'sein':  ^n^^STTf^  hhüvayämi. 

^  hin-  'fürchten':  ^itjijifTT  hhäyayämi. 

eR^  kar-  'machen':  cirrCTrfifT  kärayämi. 

ffX!  ^^^■-  'überschreiten' :  TTTT^TTf^  tärayämi. 

T{^  man-  'meinen':  4{ H ^ ifiT  mänayämi  'ich  ehre'.^ 

Tj^  jpad-  'gehen' :  iHrf  ij  I  f^  pädayämi. 

Tg^  vac-  'sprechen':  c(ix|^)|f^  räcayämi, 

^f^  sad-  'sitzen' :  4ji2ij|fTr  sädayämi. 

Der  Vokal  a  bleibt  jedoch  unverändert  bei  den 
Wurzeln  ^i;^  Mam-  'erdulden',  -j^  gam-  'gehen',  ^[5^ 
Jan-  'erzeugen'  (janayämi),  ^  jar-  'altern',  ^7^  dam- 
'bändigen',  if"?!  iiratli-  'ausbreiten',  -^^  va^-  'verlangen', 
f^  Mi-  'vernichten'  (kSayayämi);  bei  nicht  wenigen 
Wurzeln  finden  sich  a  und  ä  neben  einander,  so  bei  "gj^ 
kram-  'schreiten',  ^^  cal-  'in  Bewegung  geraten',  gq^ 
jval-  'flammen',  »^r^  nam-  'sich  verneigen',  ^j^^  hhi'am- 
'umherschweifen',  ^^  mad-  'fröhhch  sein',  ^q^  yam-  'dar- 
reichen', "^  ram-  'sich  erfreuen',  ^f^  lag-  'sich  heften 
an',  '^^^  vam-  'erbrechen',  -^p^  iam-  'ruhig  werden',  ^sf^ 
h'am-  'müde  werden',  -^j^  smar-  (smr-)  'sich  er- 
innern' (weitere  bei  Kielhorn  §  428  f.,  Whitney  §  1042  b.  c). 
Wurzeln  wie  5  dm-  'laufen',  xj  ^jf^-  'reinigen',  -^  Sni- 
'hören'  haben  in  der  älteren  Sprache  kurzen  Yokal, 
später  langen;  die  Längung  ist  offenbar  erst  im  Anschluß 
an  die  Wurzeln  des  Typus  kar-,  hr-  erfolgt. 

585.  Die  sprachgeschichtliche  Beurteilung 
des  ä  (idg.  0  oder  ö?)  hängt  von  dem  §  65.  2  erwähnten 
Lautgesetz  ab.  Da  die  verwandten  Sprachen  zu  Wurzeln 
der  e-Beihe  alte  echte  Causativa  mit  langem  Yokal 


1  Es  ist  jedoch  vielleicht  richtiger,  mit  Meillet,  De  indo- 
europaea  radice  men-  (Paris  1897)  S.  31  f.  in  mänayämi  ein  De- 
nominativum  (zu  mäna-  'Ehre')  zu  sehen;  die  Bedeutung  erklärt 
sich  dann  ungezwungener. 


§  585. 586.]  Die  abgeleiteten  Konjugationen.  401 

nicht  besitzenS  vielmehr  gegenüber  dem  ai.  ä  ein  ö  auf- 
weisen (Beispiele  §  465) ,  so  kann  man  sich  schwer  der 
Scliluüfolgerung  entziehen,  daß  das  ai.  ä  einem  idg.  o 
entspreche.  Auffallend  ist  allerdings,  daß  in  offener  Silbe 
auch  ein  kurzes  ä  erscheint;  dieses  ä  gehört  jedoch  teil- 
weise gar  nicht  zur  e-Reihe  (so  in  den  W.  dam-,  mad-, 
§am-  und  vielleicht  auch  in  lag-)  und  fällt  daher  nach 
§  65  nicht  unter  das  erwähnte  Lautgesetz.  Nachdem 
aber  einmal  ein  Nebeneinander  von  ä  und  ä  bei  sonst 
gleichartigen  Bildungen  vorhanden  war,  so  war  ein  An- 
laß zu  Schwankungen  zwischen  ä  und  ä  unmittelbar  ge- 
geben, und  es  konnte  z.  B.  ein  damayati  mit  laut- 
gesetzlichem a  eine  Parallelform  ramayati  statt  räma- 
yati,  und  dieses  letztere  wiederum  ein  iämayati  statt 
damayati  hervorrufen.  Ob  mit  der  "Wahl  des  kurzen 
oder  langen  Vokals  einmal  ein  Bedeutungsunterschied 
verknüpft  war  (Delbrück  IE.  IV,  132 f.),  ist  zweifelhaft. 
Vgl.  zur  Kausativbildung  auch  Brugmann,  Grundriß 
II,  1146,  Kurze  vergl.  Gramm.  S.  535,  Delbrück, 
Grundriß  in,  2,  109  ff.,  C.  D.  Bück,  Amer.  Journ.  of 
Phil.  XVII,  445  ff. 

Anm.  Wirkliche  Dehnstufe  ist  in  märjayati  (aber  ved.  mar- 
jayati),  W.  marj-  'abwischen',  vorhanden;  diese  Wurzel  zeigt  auch 
sonst  dehnstufigen  Vokalismus  (vgl.  §  483). 

586.  Besonderheiten  des  Wurzelvokals.  I.Wurzeln 
mit  langem  ä,  wie  '^sfTl  ^P'  'erlangen',  ^fm  hhäs-  'reden', 
bleiben  natürlich  unverändert. 

2.  Verbal  wurzeln,  die  ursprünglich  charakterisierte 
Praesensstämme  sind,  bleiben  ebenfalls  unverändert 
(vgl.  dazu  §  580);  hierher  gehören  ^[^  wg-  ^bewegen' 
(vgl.  dazu  Thumb  IF.  XIV,  343  ff.),  ^f^yjianj-  'brechen', 
\:niT  ghürn-  'schwanken',  j^  nmrch-  'gerinnen';  ferner 


1  Die  bei  Bechtel,  Hauptprobleme  S.  169  f.  genannten  Beispiele 
können  nicht  dafür  in  Anspruch  genommen  werden. 
Thumb,  Altindiache  Grammatik.  26 


402  Formenlehre.  [§  586. 587. 

Wurzeln  auf  Jis  (f^  'iM-  'sehen',  f^^^  WiiM-  'betteln' 
u.  s.  w.)  und  d  (sft^  hricj-  'spielen',  -^^  vnd-  'sich 
schämen'  u.  s.  w.),  soväe  vermuthch  ^j  'ir-  'in  Bewegung 
setzen'  (das  wohl  wie  ih-  zu  erklären  ist,  vgl.  §471  Anm.), 
^■^  jl^.  'leben'  und  ift^  miU  'die  Augen  schheßen'. 
Aber  auch  außerhalb  dieser  Grenzen  wird  das  Causativum 
in  unmittelbare  Beziehung  zum  Praesensstamm  gesetzt, 
so  in  TfhjRTfTI  prumyati  zu  3ftT!TTf?T  prmäti  'er  erfreut' 
oder  \iR^rfTT  dMuiayati  (Gramm.  \rR^rf?T  dhävayati)  zu 
\r^^tf^  dliünöü  'er  schüttelt'. 

3.  Tief  stufe  erscheint  auch  bei  mehreren  primären 
(echten)  Wurzeln,  nämhch  ^if  iS-  'senden'  (iktyati  neben 
eSayati),  i(f3(  s'w-  'nähen',  ^gf^  iih-  'schieben',  ^^  güh- 
'verbergen'  (gühayati),  -^^  duS-  'verderben'  {düSayati), 
WK  ^^^""  (ä^")  'verschlingen'  (girayati,  Gramm,  gärayati), 
TT^  2mr-  (pr-)  'füllen'  {pürayati,  Gramm,  pärayati), 
^^  sphar-  {sphur-)  'zucken'  {sphurayati  neben  sphära- 
yati),  -^ir^  splrürj-  'prasseln';  einige  seltene  oder  der 
älteren  ^Sprache  angehörende  Wurzeln  s.  bei  Whitney 
§  1042  a)  und  Kielhorn  §  406. 

Obwohl  die  Yerba  der  -eio-Klasse  gelegenthch  auch 
in  den  verwandten  Sprachen  tiefstufige  Wurzelsilbe  zeigen 
(s.  §  465  und  Brugmann,  Grundriß  II,  1146 f.),  so  darf 
doch  mit  Eücksicht  auf  2.  angenommen  werden ,  daß  in 
einem  Teil  der  genannten  Wurzeln  der  Vokal  des  Praesens- 
stammes  erst  sekundär  auf  das  Causativum  übertragen 
worden  ist,  ein  Prozeß,  der  durch  die  ererbten  tiefstufigen 
Formen  erleichtert  wurde.  Eine  Scheidung  beider  Gruppen 
ist  nicht  mit  Sicherheit  vorzunehmen. 

587.  ;?-Causativum.  Die  auf  ä  (äi)  auslautenden 
Wurzeln  bilden  das  Causativum  meist^  dui'ch  Anfügung 
von  -paya-,  z.  B. 

1  Ausgenommen  sind  pä-  'trinken'  [päyayämi)  und  einige 
andere  Verla  (Whitney  §  1042  d,  Kielhorn  §  430). 


§  587. 588.]  Die  abgeleiteten  Konjugationen.  403 

TT  ^«-  (9('f^-)  'singen':  TTT^rrf^  gäpayämi. 

■^  jM-  'wissen':  -jjiMijiRi  jnäpayämi  (auch  jna- 
payämi). 

-^Sj  stliä-  'stehen':  T^XRTTf^  sthäpayämi. 

Von  den  sonstigen  Verben,  die  ilu'  Causativuni  in 
gleicher  Weise  bilden  (AVliitney  §  1042  e,  Kielhorn 
§  431),  merke  man: 

"^  (^)  ci^-  (T-)  'gehen':  TSjTj^^nf'T  arpayämi. 

^  i-  'gehen'  -\-adhi:  ^\sr[\\^\{i\  adhy-äpayämi  'stu- 
dieren lassen,  unterrichten'. 

588.  Das  j>Causativum  ist  jedenfalls  das  Ergebnis 
einer  analogischen  Wucherung,  die  von  Wurzeln 
auf +  _p  ausging;  vgl.  Brugmann,  Grundr.  II,  1156 f.  So 
bietet  das  Ai.  neben  einander  eine  W.  dl-  und  dip- 
'scheinen'  (wozu  das  Causativum  d'ipayati);  zu  ai.  sthä- 
p-ayämi  vgl.  Ht.  stap-ytis  'stille  stehen'.  Indem  man 
sthä-p-ayämi  auf  sfhä-  bezog,  konnte  -payämi  auch  auf 
andere  vokalisch  auslautende  Wurzeln  übertragen  werden. 
Die  Form  -äpayämi  zu  i-  'gehen'  scheint  durch  zwei  sich 
mischende  Vorgänge  hervorgerufen  zu  sein:  1.  zur  regel- 
rechten Kausativform  äy-ayämi  (mit  prati-  gebräuchlich) 
konnte  nach  dem  Muster  von  Doppelformen  wie  gäy- 
äyäini :  gä-joayänii  (Wurzel  gä-:gi-)  ein  ä-payämi  ge- 
schaffen werden.  2.  das  Verhältnis  sthita-\st}i äpayämi 
u.  ä.  ergab  i-ta- :  äpayämi. 

In  der  jüngeren  Sprache  wurde  sogar  -äpaya-  als 
Kausativsuffix  empfunden:  indem  jlv-ita-  (jlv-ati)  mit 
sth-ita-  auf  die  gleiche  Linie  gestellt  wurde,  schuf  man 
nach  sth-äpayämi  ein  jiv-äpayämi  (die  Belege  dieser 
Bildung  s.  bei  Whitney,  Die  Wurzeln  u.  s.  w.  der  Sanskrit- 
Sprache  S.  238). 

Anm.  Die  ursprüngliche  Natur  des  -p-  ist  nicht  recht  auf- 
geklärt; man  spricht  gewöhnlich  von  einem  'Wurzeldeterminativ' 
(s.  §  444).  Da  aber  die  Causativa  ursprünglich  den  Denominativa 
nahestehen   (s.  §  466),   so    ist   es    wohl   richtiger,  in  dem   p   ein 

26* 


404  Formenlehre.  [§  588. 589. 590- 

altes  Nominalsuffix  zu  sehen,  so  daß  also  z.  B.  sthäpayämi  ur- 
sprünglich von  einem  Nomen  *sthä-pa-  (vgl.  dlpa-  'Lampe'  zur 
W.  di-p-)  abgeleitet  ist.  Eine  Parallele  zu  diesem  Vorgang  bieten 
die  Verba  pälat/ati  'er  bewacht',  ghätayati  'er  läßt  töten',  die 
zwar  eigentlich  Denominativa  zu  päla-  'Wächter'  und  ghäta- 
'Schlag'  sind,  aber  von  den  Indern  als  Causativa  der  Wurzeln 
pä-  'schützen'  und  han-  'töten'  empfunden  wurden.  —  Eine  späte 
Entgleisung  ist  das  Caus.  röpayämi  (neben  röhayämi)  zu  ruh- 
'besteigen'. 

Die  außerpraesentisclien  Formen. 

589.  Das  Perfekt  des  Causativum  wird  durch  Um- 
schreibung gebildet  (nach  §  531  f.),  und  zwar  vom  Kau- 
sativstamm aus,  z.  B.  -^tV^TT  ^«*l<  ('^)  hödhayq,  ca- 
hära  {cakre)  'er  weckte  auf. 

590.  Als  Aorist  dient  der  reduphzierte  (3.)  Aorist, 
dessen  Bildung  §  542  ff.  dargestellt  ist.  Die  Verbindung 
dieser  Aoristform  mit  dem  Kausativ  ist  sekundär,  denn 
in  der  älteren  Sprache  ist  noch  ein  starker  Bruchteil 
der  reduphzierten  Aoriste  ohne  jene  Beziehung.  Ver- 
mutlich hat  ein  zufälHges  Zusammentreffen  von  Verben 
der  10.  Klasse  mit  dem  reduphzierten  Aorist  eine  Asso- 
ziation beider  herbeigefülirt  und  beide  in  einen  inneren 
Zusammenhang  gerückt,  so  daß  allmählich  alle  re- 
duphzierten Aoriste  auf  -a?/a-Praesentia  bezogen,  bezw. 
neue  Aoriste  nach  den  vorhandenen  Mustern  ge- 
schaffen wurden.  Die  ind.  Grammatiker  stellten  genaue 
Regeln  auf,  wie  die  Kausativaoriste  von  den  einzelnen 
Wurzeln  gebildet  werden;  s.  darüber  Kielhorn  §  415 — 
417.  434 — 437.  Die  in  der  klassischen  Sprache  belegten 
Formen  sind  gering  an  Zahl  im  Vergleich  zu  den  belegten 
Kausativpraesentien  (etwa  wie  1 :  7). 

Eine  deutliche  Neubildung  ist  der  reduplizierte  Aorist  von 
j:)-Causativa;  er  wird  nicht  von  der  Wurzel,  sondern  von  dem 
Kausativstamm  gebildet,  z.  B.  jnäpayämi:ajijhapam  oder  aji- 
jftipam.    Die  Zahl  der  vorkommenden  Belege  ist  sehr  gering. 


§591—594.]  Die  abgeleiteten  Konjugationen.  405 

591.  Das  Futurum  wird  ebenfalls  vom  Kausativ- 
stamm  aus  gebildet,  z.  B.  ^t^-rf^ t^j  | f^  hödhai/iSyämi  oder 
(periphrastisch)  ^^f^dlf^  hödhayitäsmi. 

592.  Das  PassiYum  wird  gebildet,  indem  das  Suffix 
-ya-  an  die  im  Kausativstamm  erscheinende  Wurzelform 
gefügt  A\drd,  z.  B. 

-^lif  kSuhh-  'zittern,  schwanken'  (Praes.  Mubhyämi): 

■^m'^  kSöhhyate,  zum  Kaus,  Möhhayati. 

\^  dliar-  (dhr-)  'tragen,  halten':  \rps[^  dhäryate. 

-^n  sthä-  'stehen':  ^jui^  sthäpyate. 

Daß  es  sich  auch  hier  (wie  in  §  590  Anm.  und  591)  um 
junge  Neubildungen  handelt,  ergibt  sich  schon  aus  der  Chrono- 
logie dieser  Formen ;  sie  beginnen  erst  in  den  Brähmana's  ge- 
legentlich aufzutreten. 

593.  Über  die  Bildung  der  Formen  des  Verb  um 

infinitum  s.  §  615.  625.  627.  634,  über  Desiderativa 
aus  Causativis  s.  §  605.  3. 


3.  Bas  Inteusivnm. 

594.  Bildung  und  Flexion.  Die  aktive  Form  des 
Intensiviim,  welches  zum  Ausdruck  einer  wiederholten 
oder  intensiven  Handlung  dient,  unterscheidet  sich  von 
einem  Verb  um  der  ai.  3.  Praesensklasse  nur  durch  die 
vollere  Form  der  Beduplikation.  Das  Medium  zeigt 
die  gleiche  Reduplikation,  ist  aber  im  übrigen  mit  der 
Passivform  identisch.    Vgl. 


406  Formenlehre.  [§594. 

Activiim.  Medium. 

Praesens. 
Sing,  l.'^if^  (if^^fVf^)  v^-        -^^  höhudhiß 
redmi  (vevidimi) 
2.  '%^t?^  (^f^^tf^)  vevetsi  ^t^^^  höhudhyäse 

(vevidäSi) 
3.'%%f^  (^f^^VfTT)  revetti  ^^vr^  höhudhyäte 
{vividlti) 
Du.     1.  %f^:  vevidväh  ^t^\a[Tss^  höhudhyd- 

vahe 
u.  s.  w. 

Imperfectum. 
Sing.  1.  iff^f^^  (ivevidam  ^^r^tfW  ähöhidhye 

2.  ^%^f^  (■^^f^^:)  ävevet  ^^t^\g^:  ähöhudhja- 

(ävevidlh)  ^     tliäh 

3.-^'^^r[^(-^'^f^-^r()cnevet^-^'^7{  ähöhudhyata 
{ävevidlt) 
Du.     1.  ^%f%n["  ävevidva  ■gsj^t^^jTTWff  ähöhu- 

dhyävahi 
u.  s.  %v. 
Optativ. 
Sing.  1.  ^cj.ij|H  revidydm  "^t^W^  höUidhyeya 

u.  s.  w. 

Imperativ, 
Sing.  1.  ^f^^rf^  vevidäni  WT^"^  höhudhyäi 

2.  %f^f^  veviddlii  ^^^^  hölmdhyäsva 

3.  %^  (^f^^H)  revettu    ^^-^Tn^^öhudhyätä 

{vSridJtu) 
Du.     1.  ^f%^^  vividäva  -^t^^l^  höhudhyäva 

liäi 
u.  s.  w. 
Parti  cip. 
^f%^  revidat-  -^t^\2nTTT  höhndhyä- 

mäna- 


m 


§595.596.]  Die  abgeleiteten  Konjugationen.  407 

595.  Die  Verwendung  des  Intensivum  ist  in  der 
klassischen  Sprache  spärlich;  zahlreicher  sind  die  Belege 
in  der  vedisclien  (und  brahmanischen)  Periode  (vgl. 
Whitney,  Die  AVurzeln  S.  232  f.  und  Gramm.  §  1001  ff.). 
Nach  den  ind.  Grammatikern  kann  fast  zu  jeder  Wurzel 
ein  Intensivum  gebildet  werden;  die  einzelnen  Regeln 
s.  bei  Kielhorn  §  457—474. 

596.  Die  Reduplikation  der  in  der  klassischen 
Sprache  vorkommenden  Formen  zeigt  folgende  Gestalt: 

1.  i-  und  u-haltige  Wurzeln  haben  den  Reduplikations- 
vokal e  und  ö,  s.  das  Paradigma. 

2.  a-haltige  Wurzeln  reduplizieren  mit  ä,  z.  B. 
iq-^  jval-  'flammen' :  ^^^f?f  jäjvalUi. 

xj^  pac-  'kochen' :  xtR"^^  impacyaU. 
Vgl.  dazu  gr.  (hom.)  ÖTjöe^axai. 

3.  Nasal-  und  r-(?)-haltige  Wurzeln  wiederholen  in 
der  Beduplikationssilbe  den  Nasal  oder  r. 

a)  9|fJ^  kram-  'schreiten':  ■cl^'*^^  caidkrmnyate. 

>^  hhram-  'umherschweifen' :  -^i^iftfTf  (c^hjr|%)  ham- 
hhranfdi  (banibhramijate). 

^pff  jamhh-  'schnappen' :  ^f^i^r^  janjdbhyate. 

Vgl.  dazu  gr.  TrafxcpaiVü). 

Anm.  Nach  dem  Muster  von  Wurzeln  wie  {jambh- :)  jabh-: 
jaPijahhyate,  {dqs- :)  das- :  (ved.)  Partie.  Med.  dandasäna-  stellte 
sich  der  Nasal  in  der  Reduplikation  auch  bei  solchen  Wurzeln 
ein,  die  selbst  keinen  Nasal  enthalten,  vgl.  dandahiti  zu  dah- 
'brennen'. 

b)  ^-^  car-  'bewegen':  "^^^  carcüryate. 
jl^  gal-  'herabträufeln' :  ?r^T^^  galgalyaU. 

Vgl.  dazu  gr.  (Jiapjjiaipu)  u.  ä.,  lat.  murmurare,  ab. 
glagoljq  aus  *goIgoIjq  'ich  spreche'. 

Anm.  1.  Nach  den  Gramm,  erscheint  bei  b)  gelegentlich 
Nasal  statt  r  (l),  z.  B.  cancüryate  von  car-,  pamphulyate  von 
2')hal-  'bersten'.  Da  auch  im  Griech.  ähnliches  (z.  B,  in  TovöopiCw) 
vorkommt,  so  handelt  es  sich  vielleicht  um  eine  uridg.  Dissimi- 
lation (r — r  zu  n — r). 


408  Formenlehre.  [§  596—599. 

Anm.  2.  jägarti  'er  wacht'  und  nänardyate  'er  brüllt'  folgen 
nr.  2. 

4.  Häufig  wird  bei  r-haltigen  Wurzeln  noch  ein  I 
zwischen  Reduplikation  und  Wurzel  eingeschoben,  z.  B. 

^-^  dari-  'sehen':  ^^^^^^  daridrsyate. 

■^  drä-  'laufen':  ^i^^if^  daridräti. 

wf^  nart-  'tanzen' :  «iO«1(€lT^  yiarmrtyate. 

V[%  hhar-  'tragen' :  ^^t5rf^  harihharti. 

Anm.  1.  Bei  n-haltigen  Wurzeln  kommt  gleiches  in  der 
älteren  Sprache  vor,  z.  B.  kani-kradyamäna-  von  krand-  'brüllen'. 
Diese  Reduplikationsform  konnte  ebenfalls  (wie  bei  3  a)  Anm.) 
verschleppt  werden,  vgl.  (klass.)  parüpadyate  von  päd-  'gehen'. 

Anm.  2.  Über  den  Ursprung  dieses  wenig  aufgeklärten, 
speziell  ai.  t  s.  Brugmann  Grundr.  II,  848.  852  f. 

597.  Der  Vokalismus  der  Wurzel  ist  durch  die 
Regeln  über  die  ai.  3.  Klasse  und  das  Passiv  bestimmt. 
Die  Einschiebung  des  i  (zwischen  W.  und  Endung)  ist 
nach  den  Gramm,  in  den  starken  Formen  vor  konsonanti- 
scher Endung  fakultativ;  wenn  i  eingeschoben  -w-ird,  so 
ist  der  inlautende  Wurzelvokal  gewöhnlich  tiefstufig  (s. 
das  Paradigma).  Dieses  i  ist  mit  dem  in  hravlmi  und 
den  verwandten  Formen  auftretenden  ~i  identisch  (vgl. 
§  490),  gehörte  also  ursprünglich  nur  zAveisilbigen 
Basen  an. 

698.  Die  übrigen  Tempora.  Nach  den  ind.  Grammatikern 
können  zum  Intensivum  ein  Perfekt,  Aorist,  Futur,  Passiv  u.  s.  w. 
gebildet  werden,  doch  sind  sich  die  Grammatiker  über  die  ein- 
zelnen Regeln  selbst  nicht  einig;  s.  darüber  Whitney  §  1018 ff. 
Da  die  Formen  in  der  Literatur  äußerst  selten  vorkommen,  so 
haben  jene  Regeln  geringe  sprachgeschichtliche  Bedeutung. 

4.  Das  Desiderativum. 

599.  Bildimgsweise.  Das  Desiderativum,  das  nach 
den  idg.  Grammatikern  zu  jeder  Wurzel  möglich  ist  und 
auch  häufiger  als  das  Intensivum  vorkommt,  wird  aus 


§599.600.601.]     Die  abgeleiteten  Konjugationen.  409 

der  reduplizierten,  in  der  Regel  tiefstufigen 
Wui-zel  mit  BQlfe  des  thematischen  Suffixes  -sa-  (seltener 
-iäa-  mit  'Bindevokal')  gebildet ;  es  ist  mithin  ein  Praesens 
der  idg.  VIII.  Praesensklasse  (§  459) ;  vgl. 

^jr  hudh-  'erkennen':  ^^Jc^Tf^  huhhutsämi. 

^^  darS'  'sehen' :  f^^^|(?T  didrMämi. 

f^  vid-  'wissen':  f^rf^f^rnt^  vividiSämi. 

600.  Die  Reduplikation  folgt  im  Allgemeinen  den 
Regeln  der  ai.  3.  (reduphzierenden)  Praesensklasse  (der 
Vokal  ist  jedoch  nie  ein  ä);  merkwürdig  ist  der  lange 
Vokal  in  ^^17^  Ubhatsate  (von  der  W.  hädh-  'drängen') 
und  ^ftiFTra^  mlmqsate  (von  man-  'denken'). 

^t(j((^  Ipsämi  von  äp-  'erlangen'  erklärt  sich  aus 
der  Grundform  *i-dp-sö;  einige  vokahsch  anlautende 
Verba  zeigen  den  in  gr.  eS-tooa,  dp-apsTv  u.  dgl.  ver- 
tretenen Reduphkationstypus :  so  ■■^f||riimf*4  aüSiSämi 
von  a§-  'essen'  und  andere  durch  Grammatiker  über- 
Heferte  Formen  (Whitney  §  1029  b,  Kielhorn  §  450,  451). 

601.  Die  Wurzelsiilbe  ist  in  der  Regel  tief  stufig; 
bemerkenswert  ist 

a)  die  Schwundstufe  in: 

^  da-  'geben':  f^t^ntiT  ditsämi  aus  ^di-d-sämi. 

\n  öf/^ä-  'setzen':  fvt^rrf^  dhitsämi. 

j^  hJc-  'können' :  tiT^Tf'T  ^iBämi  (aus  *§i-^'k-Sämi) 
'lernen'.  Dieses  Verbum  kann  infolge  seiner  selbstän- 
digen Bedeutung  geradezu  als  primär  betrachtet  werden; 
eine  durchaus  selbständige  Bedeutungsentwicklung  findet 
sich  auch  sonst,  so  z.  B.  in  (^(^(i^lfil  cikitsämi  'ich 
heile'  zu  dt-  'walirnehraen'  (andere  Beispiele  bei  Kielhorn 

§4^2). 

Anm.  Nach  dem  Muster  von  sah :  siksämi  ist  han:hisämi 
'ich  schädige'  gebildet,  s.  darüber  §  506  Anm,  2  und  Bartho- 
lomae  Stud.  II,  161  ff.  (anders  J.  Schmidt,  Sonantentheorie  S.  57  £F.). 
Die  ältere  Sprache  und  die  Grammatiker  bieten  noch  eine  Reihe 
von    Belegen    des    Typus    tiklämi    und     ditsämi    (s.    Whitney 


410  Formenlehre.  [§601.602. 

§  1030,  Kielhorn  §  451),  von  denen  ein  Teil  ebenfalls  analo- 
gischen  Ursprungs  ist.  In  diesen  Formen  ist  das  Gefübl  für 
das  Vorhandensein  der  Reduplikation  verloren  gegangen,  und 
so  erklärt  es  sich,  daß  möksämi,  das  nach  §  459  Anm.  zu  beur- 
teilen ist,  neben  mumuksämi  als  Desiderativ  von  muc-  'loslassen' 
betrachtet  wurde. 

b)  Dehnimg  eines  wiirzelauslautenden  i  und  u,  bezw. 
1r,  ür  bei  Wurzeln  auf  r: 

f^  ci-  'sammeln':  f^cfjtiTi  ciklhde  (neben  ciciSati). 

f^  ji-  'siegen' :  f^nftiorTlTr  j/glMmi. 

Anm,  1.  Das  lautlich  unberechtigte  Auftreten  von  k  und^  im 
Wurzelanlaut  dieser  beiden  Verben  ist  durch  die  Anlehnung  an 
die  Perfektformen  cikäya  und  jigäya  verursacht,  deren  Guttural 
den  Lautgesetzen  entspricht,  s.  §  518  Anm. 

•ssi  h'u-  'hören' :  -gy^mf^^  hiirüSämi. 

cR"^  l'a7'-  'macheu":  f^^-^xfir  cikirSami. 

^j^  tar-  'machen':  fTT^^Tf^  titlvMmi. 

WT  hhar-  'tragen':  -sfiffmij^  hiihhürSämi]  ebenso  •f^j- 
mar-  'sterben'. 

Anm.  2.  Das  u  (statt  i)  in  der  Reduplikation  der  letzt- 
genannten Verba  ist  natürlich  durch  die  Analogie  der  echten  u- 
Wurzeln  hervorgerufen. 

Anm.  3.  ^  und  ü  sind  wie  beim  Passiv  zu  beurteilen  (§  578.  1 
Anm.);  tr,  ür  (vgl.  §  107  d)  sind  nur  in  einem  Teil  der  Wurzeln 
(d.  h.  bei  Wurzeln  wie  tar-)  alt  und  von  da  aus  verallgemeinert. 

602.  Die  Hochstufe  erscheint  1.  bei  den  meisten 
Wurzeln  auf  ä,  z.  B.  xrf  ])ä-  'trinken':  fqui^ifir  ]_n- 
päsämi. 

Anm.  Im  Ved.  hat  jedoch  pä-  (sowie  hä-  'zurückweichen') 
die  tiefstufige  Form  piptsämi  (vgl.  §  110). 

2.  bei  den  meisten  Wurzeln  mit  ä  (ä)  +  Geräusch- 
laut, z.  B.  ^^  (laJi-  'brennen':  'fe^ir^Tf'T  cUcUiaMämi; 
^^  Miäcl-  'essen':  f^wrfexrrf'T  cikhädiMmi. 

3.  nicht  selten  bei  der  Bildung  mit  -iki-,  z.  B.  t[t 
le-  'liegen' :  f^njl^ti^  tiikiyihde ;  3i;f(  gam-  'gehen' :  fgf- 
^rfrrirrf^  jlgamMmi 


§  602—605,]  Die  abgeleiteten  Konjugationen.  411 

Anm.  1.  ffam- bildet  d&nehenjigilsämi,  und  diese  langvokali- 
sche  Form  findet  sich  auch  bei  andern  Wurzeln  auf  Nasal,  wie 
ta7i-,  man-,  han-.  Was  diesem  -q-  zugrunde  liegt  (etwa  echte  idg. 
Dehnstufe  wie  beim  sigmatischen  Aorist,  s.  §  548),  läßt  sich  nicht 
entscheiden,  weil  die  verwandten  Sprachen  keine  Parallelen  bieten. 
Vgl.  auch  Brugmann,  Grundriß  II,  1027. 

Anm.  2.  Weitere  Regeln  der  Grammatiker  über  die  Form 
der  Wurzel  s,  bei  Kielhorn  §  446  f. 

603.  Für  das  Auftreten  des  Bindevokals  (bezw. 
des  Suffixes  -iäa-)  gelten,  wie  die  in  der  Literatur  be- 
legten Formen  und  die  Lehren  der  Grammatiker  über- 
einstimmend zeigen,  etwa  dieselben  Regeln  wie  für  das 
-?^  ?/a-Futur  um . 

Wegen  der  Einzelheiten  s.  Kielhorn  §  443—445.  Das  Verbum 
grah-  'ergreifen'  hat  in  der  brahmanischen  Sprache  grahlsämi 
neben  dem  gewöhnlichen  jighrksämi. 

604.  Audi  zum  Causativum  (bezw.  zu  Verben  der 
ai.  10.  Klasse)  kann  ein  Desiderativum  gebildet  wer- 
den: das  Suffix  -üa-  tritt  (wie  die  Futurendung,  s.  §  572. 
591)  an  die  Basis  des  Kausativums  an,  z.  B. 

4)vM^|f7T  hödhayämi  (Kaus.  von  hudli-) :  gjgf^vfeim- 
f^  hihödhayiSämi. 

605.  Sonstige  Formen  des  Desiderativs  sind 
selten  im  Gebrauch. 

1.  Das  Perfectum  wird  periphrastisch  gebildet,  z.  B. 

^T^jfiT  Ipsämi:  ^^t  "^^"'C  ^i^^4  cakära. 

Anm.    Vgl.  dazu  die  Nomina  auf  -sä  wie  pipäsä  'Durst'. 

2.  Zur  Bildung  von  Aorist  und  Futur  wird  der  -iS- 
und  -?'6'^a-Typus  (§  551.  565  b)  verwendet,  z.  B.  ^fi^'qn 
äi})sisam,  i^rUjbt||fij  tpsi^yämi. 

3.  Auch  ein  Passiv  und  Kausativ  kann  gebildet  wer- 
den, z.  B.  t^x-^j^^  Ipsyate  und  |;^Uj'ijT[?T  wsayämi. 

4.  Über  die  Formen  des  Yerbum  iufinitum  s.  §  615. 
634. 


412  Formenlehre.  [§  606. 607. 


5.  Das  DenominatiTum. 

606.  Bildungsweise.  Die  Grenze  zwischen  primären 
und  denominativen  Verben  ist  nicht  sicher  zu  ziehen, 
wenn  es  sich  um  altererbte  Typen  handelt  (vgl.  §  447). 
Jedoch  besitzt  das  Ai.  (wie  die  verwandten  Sprachen) 
die  Fähigkeit,  aus  Nomina  neue  Verba  zu  bilden;  die 
deutliche  semasiologische  Beziehung  des  Denominativums 
zu  dem  vorhandenen  Nomen  zeigt  in  den  meisten  Fällen 
deutlich  den  ursächlichen  Zusammenhang  beider  Wort- 
arten. Da  die  Denominativbildung  in  allen  Perioden 
der  Sprache  lebendig  war,  so  läßt  sich  bei  den  einzelnen 
vorkommenden  Formen  schwer  sagen,  wie  alt  sie  sind, 
d.  h.  in  welchem  Umfang  sie  etwa  schon  in  die  Zeit  der 
Grundsprache  zurückgehen. 

Wie  in  den  verwandten  Sprachen,  so  dient  auch  im 
Ai.  das  ursprünghch  betonte  und  thematische  Suffix  -iö- 
bezw.  -ya-  zur  Bildung  von  Denominativen;  es  tritt  un- 
mittelbar an  den  Nominalstamm  an. 

Anm.  Nach  den  ind.  Grammatikern  kann  der  Nominalstamm 
ohne  weiteres  (oder  höchstens  mit  Anfügung  des  thematischen 
Vokals)  als  verbale  Basis  verwendet  werden,  z.  B.  mälä-ti  'es  ist 
wie  eine  Girlande',  räjan-a-ti  'er  benimmt  sich  wie  ein  König'; 
hierher  gehört  aus  der  Literatur  z.  B.  märga-te  'er  sucht'  von 
märga-  'Pfad,  Fährte'.  Daß  die  Bildungsweise  (trotz  ihres  ganz 
seltenen  Vorkommens)  sehr  alt  ist,  zeigt  das  Iranische,  das  gerade 
einen  der  wenigen  Belege  (Bartholomae,  Iran.  Grundr.  I,  85)  mit 
dem  RV.  gemein  hat,  nämlich  bhisaktl  'er  ist  Arzt,  heilt'  von 
bhisaj-  'Arzt'.  Athematische,  d.  h.  unmittelbar  vom  Nominal- 
stamm aus  gebildete  Denominativforraen  begegnen  auch  sonst,  so 
z.  B.  im  gr.  (aeol.)  xtij.a-ij.ev  oder  lat.  plantä-mus.  Zur  Beurteilung 
dieser  Formen  vgl.  Brugmann,  Kurze  vgl.  Gramm.  S.  552  f. 

607.  Je  nachdem  -ya-  an  die  verschiedenen  Nomi- 
nalstämme antritt,  entstehen  folgende  Formen: 

1.  a-Stämme:  ^Tjg-  danda-  'Stock':  ^Tj^iqrf^  danda- 
yämi  'ich  strafe' ;  -^j^  artha-  'Sache' :  "^r^%  arthayate 


§  607. 608.]  Die  abgeleiteten  Konjugationen.  418 

(mit  pra-)  'er  erbittet  sich';  ^^ijj  cürna-  'zerrieben': 
^Tjf^jf?T  cürnayati  'er  zerreibt'.  Vgl.  dazu  gr.  cpiXeto, 
■/opr^^iii)  u.  ä.  oder  lat.  alheo  u.  dgl. 

2.  rt-Stämme:  ^t^  dölä  'Schaukel':  /\<j;(ij7l  dölä- 
yate  'er  schaukelt';  ^irr  ^iresä  'das  Wiehern':  ^mij^ 
lireMyate  'er  \NTiehert'.    Vgl.  gr.  Ti(i,do>,  lat.  planto. 

3.  I-  und  «-Stämme:  kavi-  -"Weiser':  kavlyate  (KV .)  'er  handelt 
wie  ein  Weiser',  yf^  satru-  'Feind':  satrüyati  (RV.)  'er  handelt 
als  Feind'.  Vgl.  lat.  finio,  gr.  oaxpüw.  Die  Dehnung  des  i  und 
H  scheint  uridg.  zu  sein,  s.  Wackernagel  §  41. 

4.  Konsonantstämnie :  firqw  hkiMj-  'Arzt' :  f^xn^rfw 
hhihijyaü  'er  macht  den  Arzt' ;  cTXI^  tapas-  'Kasteiung' : 
Tfg^jfff  tapasyati  'er  kasteit  sich'.  Vgl.  gi'.  (puXdaau) 
u.  dgl. 

608.  Besonderheiten  der  a-Stämme. 

1.  päläyämi  'ich  schütze'  ist  zwar  ein  Denominativ  von  päla- 
'Hüter',  wurde  aber  als  Causativum  empfunden  (s.  §  588  Anm.)  und 
erhielt  dessen  Accent.  Die  gleiche  Accentuation  zeigen  arthäyate 
'er  erbittet  sich'  und  andere  Verba  (s.  Whitney  §  1056,  sowie 
Brugmann,  Grundr.  II,  1157);  ob  sie  beim  Denominativ  alt  oder 
eine  ai.  Neuerung  ist,  läßt  sich  kaum  entscheiden.  In  kathäyämi 
'ich  erzähle'  zu  kathä-  'Erzählung'  (man  erwartet  *kathäyämi)  ist 
die  ganze  Endung  -äyami  durch  die  des  Kausativs  ersetzt.  Ebenso 
scheint  cintäyämi  'ich  denke'  ein  Denominativum  zu  sein  (vgl. 
cintä-  'Gedanke').  Die  Ersetzung  des  Ausgangs  'äyämi  durch 
-äyami  hat  auch  außerhalb  des  eigentlichen  Denominativums 
stattgefunden,  s.  Bartholomae,  Stud.  II,  93.  121. 

2.  Der  Auslaut  der  ä-Stämme  ist  nicht  selten  gedehnt,  z.  B. 
cira-  'lang',  ciräyate  'er  zögert';  taruna-  'zart,  jung',  tarunäyatp 
'er  bleibt  jung,  frisch';  sahda-  'Stimme,  Laut',  sabdäyatc  '■er  schreit' 
(neben  sahdayate). 

Da  diese  Bildungsweise  schon  im  RV.  vorkommt,  auch  in 
den  verwandten  Sprachen  seit  alters,  z.  T.  übereinstimmend  bei 
gleichen  Verben  sich  findet  (ai.  priyä-yäte  zu  priya-  'lieb'  =  ab. 
prija-jci,  lat.  wovare=ahd.  niuwön  'erneuern'  u.  dgl.),  so  darf 
man  annehmen,  daß  bereits  die  Grundsprache  den  Ausgang 
-ä-iö  auf  o-Stämme  übertragen  hatte ;  vgl.  Brugmann,  Grundriß  I, 
1107  f. 


414  Formenlehre.  [§  608. 609. 

3.  Der  Stammauslaut  kann  vor  -ya-  fehlen,  z.  B.  turana- 
'eilend',  iuranyämi  (RV.)  'ich  eile'.  Auch  diese  Bildungsweise 
scheint  altererbt  zu  sein,  vgl.  z.  B.  dfiillm  (aus  *dy(iXi(»)  zu 
S.fr.Ui.     (Anders  O.  Keller  KZ.  XXXIX  166  ff.) 

Das  Suffix  lautet  bisweilen  auch  -iya-  oder  -li/a-,  z.  B.  putra- : 
putrlyäti  oder  putriyäti  (ältere  Sprache  und  Gramm.)  'er  wünscht 
einen  Sohn'  i ;  -iya-  und  -ya-  sind  w^ohl  Wechselformen  im  Sinne 
des  §  72;  die  gedehnte  Form  -lya-  könnte  dann  weiterhin  nach 
Analogie  von  §  607.  3  erklärt  werden.  Es  darf  aber  nicht  außer 
Acht  gelassen  werden,  daß  nominale  a-Stämme  auch  in  der  Ver- 
balkomposition den  Ausgang  i  zeigen,  z.B.  svl-kar-  'sich  zu 
eigen  machen'  zu  sva-  u.  ä.  (s.  §  654):  ein  Zusammenhang  dieser 
Formen  und  der  Denominativa  auf  -tyati  ist  daher  wahrschein- 
lich. Vermutungen  darüber,  die  sich  allerdings  in  das  Dunkel 
der  idg.  Grundsprache  verlieren,  s.  bei  Bezzenberger,  Tipai  (Fest- 
schrift für  A.  Fick,  Göttingen  1903)  S.  187  ff. 

609.  Sonstige  Unregelmässigkeiten.  Nach  den  ind.  Gramma- 
tikern ist  das  Suffix  -lya-  (§  609.  3)  auf  r-  und  n-Stämme  übertragen 
worden,  z.'S>.  pitar-:pitriyäti  'er  ist  wie  ein  Vater';  räjan-iräji- 
yäti  'er  ist  wie  ein  König' ;  besonders  im  letzteren  Falle  Hegt  die 
Neubildung  auf  der  Hand,  da  hier  einfach  der  Nominativausgang 
(räj-ä)  durch  das  Ableitungssuffix  ersetzt  ist. 

Über  sonstige  (seltenere)  Neubildungen  s.  Whitney  §  1059  e, 
1061  Anm.  1063  Anm.  1064.  Kielhorn  §  481—483.  485,  sowie 
Brugmann,  Grundr.  II.  1116. 


1  Der  Begriff  'etwas  wünschen'  kann  nach  den  ind.  Gramm, 
auch  noch  mit  Hilfe  von  -kämya-  ausgedrückt  werden,  z.  B. 
putra-kämya-ti  'er  wünscht  einen  Sohn';  dies  ist  ursprünglich 
nichts  anderes  als  ein  Denomin.  des  Compositum  putra-käma- 
'einen  Sohn  wünschend'. 


§  610.]  Das  Verbum  infinitum.  415 

XXVni.  Kapitel. 
Das  Verbum  infinitum.' 

a)  Das  Participium. 

(Verbale  Adjektiva.) 

610.  Ülbersicht.  Das  Ai.  hat  folgende  Partizipial- 
formen : 

1.  Part.  Praes.  Akt.  mit  -nt-;  vgl.  darüber  §  323  ff. 
und  die  Paradigmen  des  XXIII.  Kapitels. 

2.  Partie.  Praes.  Medii  auf  -mäna-  bei  thematischen 
Verben;  es  kann  nach  §  65.  2  idg.  -mono-  sein  (anders 
Bartholomae,  Iran.  Grundr.  I,  109)  und  steht  zu  -meno- 
(gr.  -|X£vo?,  av.  -mana-)  und  -mno-  (av.  -mna-,  ferner 
in  gr.  ߣXe-[JLVo-v,  lat.  alumnus)  im  Ablautsverhältnis. 

3.  Partie.  Praes.  und  Perf.  Medü  auf  -äna-,  ersteres 
bei  athematischen  Verben  (s.  die  Paradigmen  im  XXIII. 
Kapitel) ;  es  entspricht  jedenfalls  dem  gleichwertigen  av. 
-ä7ia-  und  -ana-.  Man  hat  zwar  an  einen  Zusammenhang 
mit  2.  gedacht,  indem  man  die  Grundformen  -mno-  und 
-mno-  ansetzte,  doch  ist  eine  Verwandtschaft  mit  dem 
Suffix  -na-  (s.  u.)  wahrscheinlicher.  Vgl.  Brugmann, 
Grundriß  II,  1421.  1423,  Bartholomae,  Iran.  Grundriß, 
I,  109  f. 

4.  Partie.  Perf.  Act.   auf  -vcls-,  -vat-,  -uS-,  s.  §  530. 

5.  Partie.  Praet.  auf  -ta-  (mit  seiner  Ableitung 
-ta-vant-)  und  -na-,  s.  §  612  ff. 

6.  Partie.  Futuri  Pass.  (Gerundivum)  auf  -ya-  (-tya-), 
-tavya-  und  -amya-,  s.  §  622  ff. 

Anm.  Einige  andere  Verbaladjektiva  gehören  entweder  nur 
der  älteren  Sprache  an  oder  können  ebensogut  der  nominalen 
Wortbildungslehre  zugewiesen  werden.  Vgl.  außer  §  627  Anm. 
Brugmann,  Grundriß  II,  1422  f.  und  Whitney  §  966.  967.  1148.  3.  4, 

*  Vgl.  dazu  die  Bemerkungen  §  409,  ferner  Brugmann,  Grund- 
riß II,  428  f.  440  flf.  1397  £f. 


416  Formenlehre.  [§  610. 611. 612. 

1038.  1178.  1180.  Unter  diesen  Formen  seien  besonders  die  Ver- 
baladjektiva  auf  -su-  wie  z.  B.  yiyäsu-  'gehen  wollend'  hervor- 
gehoben, die  in  engster  Beziehung  zum  Desiderativstamm  stehen 
und  infolge  ihrer  Produktivität  (in  der  jüngeren  Sprache)  geradezu 
als  ein  Partizip  des  Desiderativs  gelten  können. 

611.  Die  in  §  610  erwähnten  Partizipialbildungen 
zerfallen  morphologisch  in  2  Gruppen:  No.  1 — 4  sind 
an  einen  bestimmten,  charakterisierten  Tempusstamm 
gebunden,  nämlich  des  Praesens  (1.  —  3.)  oder  des  Per- 
fekts (4.);  No.  5  und  6  sind  dagegen  unmittelbar  von  der 
Verbalwurzel  aus  gebildet  und  werden  deshalb  erst  an 
dieser  Stelle  behandelt. 

1.  Die  Partizipien  auf  -ta-  und  -na-. 

612.  Das  Participium  Praeteriti  wird  in  der  Regel 
durch  das  Suffix  -tu-  gebildet,  das  gewöhnhch  unmittel- 
bar an  die  tief  stufige  Form  der  Verbalwurzel  an- 
tritt. Es  ist  nach  Form  und  Bedeutung  identisch  mit 
dem  in  allen  idg.  Sprachen  vorkommenden  Partizip  oder 
Verbaladjektiv  auf  -tö-,  vgl.  z.  B.  gatä-  'gegangen',  gr. 
"Paio?,  lat.  {circum-)ventus,  idg.  *^^hntö-s[;  niatä-  'gemeint', 
got.  munds  'gemeint',  ht.  mirttas,  idg.  *)mjtö-s. 

Das  Verbaladjektiv  auf  40-  bedeutet  seit  uridg.  Zeit 
eine  vollendete,  oft  auch  zuständliche  Handlung.  Pas- 
sivische Funktion  ist  der  Bildung  an  sich  nicht  eigen  (vgl. 
gatä-  'gegangen',  viSta-  'eingetreten',  sruta-  'fließend', 
präpta-  'angelangt') ,  aber  bei  transitiven  Verben  Eegel. 
Die  Verwendung  von  -to-  zur  Partizipialbildung  ist  nur  ein 
Ausschnitt  aus  der  an  sich  viel  größeren  Gebrauchssphäre 
des  Nominalsuffixes  -to-,  -tä-  (s.  Brugmann,  Grundriß 
II,  205  ff.).  Wie  -to-  schon  in  der  idg.  Grundsprache 
echte  Adjectiva  und  Substantiva  bildete  (vgl.  *Mütö-s 
'berühmt',  ai.  iruta-,  gr.  xXuioc;,  lat.  inclutus,  ahd.  hlüt, 
oder  *7nrtö-m  -Tod',  ai.  mrtä-ni,  ahd.  mord  n.),  so  zeigen 
sich  in    allen   Einzelsprachen  Übergänge  vom  Partizip 


§  612. 613. 614.]  Das  Verbum  infinitum.  417 

zum  Adjektiviim;  aus  dem  Ai.  vgl.  z.  B.  clrclhä-  'fest'  zu 
drh-  'befestigen',  luhdlia-  'habsüchtig' (zu  liibJi-  'begehren'), 
ucchrita-  'erhaben,  hoch'  (zu  Sri-  'sich  wohin  begeben'), 
vitta-  n.  'Fund,  Besitz'  (zu  vid-  'finden'),  mata-  n.  'Meinung' 
(zu  man-  'meinen')  u.  a.,  worüber  das  Wörterbuch  Aus- 
kunft gibt  (weitere  Beispiele  bei  Brugmann,  Grundriß 
H,  213  f.). 

613.  Accent.  Das  fo-Partizip  zeigt  im  Ai.  (wie  im  Grieclii- 
schen)  seine  ursprüngliche  Endbetonung  unverändert;  bei  Zu- 
sammensetzung mit  einer  Praeposition  oder  einem  Adverb  wird 
der  Accent  wie  im  Griech.  zurückgezogen,  z.  B.  ä-gata- =  gr. 
a-ßaTo?,  sq-hita-  =  gr.  auv-Oexo«;  u.  s.  w.  Durch  diese  Betonung 
ist  auch  die  Tiefstufe  der  Wurzel  bedingt.  "Wenn  das  nominale 
Suffix  -to-  (bei  Adjektiven  und  Substantiven)  nach  hochstufiger 
Wurzel  erscheint,  so  ist  die  Wurzelsilbe  betont,  wie  z.  B.  in  märta- 
'sterblicher  Mensch',  idg.  *mörto-s  gegenüber  mrtä-  {'^mrto-s)  oder 
in  gr.  cpopTo;  'Last'  gegenüber  ai.  bhrtä-  'getragen'.  Tiefstufige 
-fö-Formen  konnten  bei  rein  adjektivischer  Funktion  gelegentlich 
die  Betonung  der  hochstufigen  -fo-Nomina  erhalten,  vgl.  z.  B. 
dhurta-  'schlau',  m.  'Betrüger'  (zu  dhvar-  'durch  Täuschung 
schädigen'),  sürta-  'hell'  (zu  svar-  'leuchten'). 

614.  Für  die  einzelnen  Formen  des  Partizips  sind 
die  Gesetze  des  Ablauts,  im  besonderen  der  Tiefstufe 
(§  102  ff.),  sowie  die  Regeln  über  die  Kombination  eines 
Konsonanten  mit  t  (§  138 ff.)  zu  beachten.    Beispiele: 

1.  ^  ddh-  'brennen':  ^j^  dagdlia-  (§  143  a) 
'brennend'. 

•f^  nah-  'binden' :  -^r^  naddha-  (§  143  Anm.  2). 
j^  mad-  'fröhlich  sein' :  jj^  matta-  (§  140)  'erregt'. 
^;ff  labh-  'erlangen':  ^fatf  lahdha-  (§  143). 
^  sah-  'überwältigen':  ^fj^  sädha-  (§  143  b). 
Zum  Vokal  der  Wurzel  vgl.  §  107  a)  Anm. 

2.  f^  smi-  'lächeln' :  f^TT  smita'  'lächelnd'. 
■fe^  dih-  'bestreichen' :  f^TK^  digdha-, 
fa^^  dis-  'zeigen':  f^  dista-  (§  139). 

flp^  sie-  'träufeln' :  flri»  sikta  (§  139)  'beträufelt'. 

Thumb,  Altindisohe  Grammatik.  27 


418  Formenlehre.  [§  614. 

"?IW  y<^j-  'opfern' :  -^  iUa-. 

öETV  vyadh-  'durchbohren' :  f^  viddha-. 

Zum  Ablaut  vgl.  §  107  b),  108. 

Merke  jedoch  tyakta-  zu  tyaj-  'verlassen'  nach  1. 

3.  ■^  ^ru~  'hören':  :?nT  ^ruta-. 

•^^dhü'  'schütteln':  \|rT  dhiita-  (§  107  c). 
■OT  tuS-  'sich  freuen' :  -g^  tuMa-  (§  122.  2)  'zufrieden'. 
■55^  l'rudh-  'zürnen' :  -^^  kruddha-  'zornig'. 
•^^  vac-  'reden' :  "^5^  uMa-. 
^■q  svap-  'schlafen' :  ^th  supta-  'schlafend'. 
^  muh-  'irre  werden':  ?T¥  miujha-  und  -m^mugdha- 
(s.  §T43  b)  und  Anna.  1)  'töricht;  naiv,  reizend'. 
■^  ruh-  'steigen':  -^^  rüdha-. 
^  vah-  'fahren' :  ^gj^  üdlia-. 
Zum  Ablaut  vgl.  §  107  c). 

4.  \rC  dhar-  'halten':  VcT  dhrta-. 
■^  i;arf-  'drehen':  sf^  vrtta- 

■q^  _29rcc/^-  (2)racc]i-)  'fragen' :  trs  Jl»"^?«- ;  dieses  Par- 
tizip ist  jedoch  nicht  von  dem  als  W.  aufgefaßten  Prae- 
sensstamm  prccli-  gebildet,  sondern  gehört  eigenthch  zu 
der  primären  W.  pra§-  (s.  §  547). 

;^  sarj-  'loslassen':  ^rs  srMa-  (§  140  b). 

Zum  Ablaut  vgl.  §  107  d). 

Merke  jedoch  trasta-  zu  tras-  'erschrecken'  nach  1. 

5.  ^^T'i;  kMn-  'verletzen':  -^ff  Mala-. 
■^  han-  'töten':  ^  Imta-, 

"^  ram-  'sich  ergötzen':  Tj^f  rata-  'sich  erfreuend  an 
etwas'. 

"^^  ahj-  'salben':  -^g^  akta- 

•s(^  handh-  'binden' :  sf^  haddha-, 

^jr  llirqß-  'fallen':  >^  hhraUa-, 

■:5f^  h'amhli-  'vertrauen' :  ssf^  h'dbdlia-. 

Zum  Ablaut  vgl.  §  107  e). 


§614.]  Das  Verbum  infinitum.  -  419 

6.  ^^  Tihan-  'graben':  x^ttj  IJiäta-. 
51^  Jan-  'entstehen' :  iniT  jäta-. 

Dazu  aus  der  älteren  Sprache  san-  'gewinnen':  säta-. 
Über  die  Natur  des  ä  s.  §  107  e). 

7.  mf{  kam-  'lieben' :  cRTnT  känta-. 

Ebenso  «u^  kram-  'schreiten',  Tf^  tarn-  'ermatten', 
^^  hJiram-  'umherschweifen',  ^jp^  §am-  'ruhig  werden', 
•^(^  iram-  'ermüden'.  Zum  Yokahsmus  vgh  nr.  6  und 
besonders  §  98  Amn. 

8.  a)  VT  ^^^-  'setzen,  stellen':  f^  liita-  (vgl.  §  121 
Anm.). 

•m  mä-  'messen' :  f^  mita-. 
■^TT  stliä-  'stehen':  f^TfT  sthita-. 
'^^j^  ^äs-  'befehlen' :  f5|^  ^iMa-. 
Zum  Ablaut  vgl.  §  109  a). 

b)  ^Tf  khyä-  'nennen':  ^n<T  khyäta-. 

■^  jM-  'wissen' :  -^TcT  jnäta-  (aber  ^f^pT  sqjnita- 
'benannt'). 

Ebenso  -^j  yä-  'gehen',  -^t  snä-  'baden'. 

Anm.  Gr.  y^wtoc,  lat.  {g)nötus  u.  a.  zeigen,  daß  in  dieser 
Gruppe  das  Auftreten  des  langen  (hochstufigen)  Vokals  er- 
erbt ist. 

c)  Bei  ^qnC  ^P'  'erlangen':  ^^jtTT  äpta-  (wofür  man 
*ipta-  erwartet)  ist  der  Vokal  des  Praesens  (äpnömi)  auf 
das  Partizip  übertragen  worden. 

d)  ^  da-  'geben':  ^^  datta-\  die  Form  ist  eine 
Neubildung  von  dad-  (Praesens  dadämi  u.  s.  w.)  aus,  das 
als  Wurzelform  empfunden  wurde.  In  gleicher  Weise 
diente  ^'^  jakS-  'essen'  (s.  §  496)  als  (xrundlage  der 
Neubildung  gp^  jagdha-. 

Anm.  Die  uridg.  Formen  *ddtö-s  (lat.  dätus)  =  ai.  dita- nni 
*tto-s  (aus  *d-to-s)  =ai.  tta-  liegen  nur  in  Zusammensetzungen  vor, 
das  letztere  in  devä-tta-  (RV.)  'von  Gott  gegeben'.  Auf  eine  weitere 
idg.    Grundform    *döt6-s    (nach  b)   weisen  data-  (RV.),  av.  data-, 

lit.  dlitas. 

*  27* 


420  Formenlehre.  [§  614. 615v 

9.  -^^  ni-  'fühi'en' :  ;^<t  n^ta-. 
^  gä-  'singen' :  ;ifVrT  gUa-, 
xn  pä~  'trinken' :  aftcf  p'ita-. 

■^rr  ^y^'  (^^-)  'gerinnen':  "^ftTf  tita-. 
^  hvä-  {hü-)  'rufen' :  -^ff  hüta-. 
cn"  'vä-  'weben':  ■^jTf  2ita-  (selten  iita-). 
Zum  Ablaut  vgl.  §  109  b)— d).  110. 

10.  ^^  dlv-  'spielen':  ^cT  dyüta-. 
;g^  slv-  'nähen' :  -raTT  syüta-. 
Zum  Ablaut  vgl.  §  111. 

Anm,  mürta-  gehört  zwar  seiner  Funktion  nach  zu  mürch- 
'gerinnen'  (vgl-  §  472  a)  Anm.),  wie  prHa-  zu  prcch-  (s.  o.),  ist  aber 
unmittelbar  von  der  primären  "Wurzelform  mnr-  gebildet,  deren 
Vokal  Verhältnisse  unklar  sind;  falls  es  mit  mifra-  'stumpfsinnig', 
gr.  ij.(up6?  verwandt  ist,  so  ist  §  110  zu  beachten. 

615.  Über  das  Auftreten  des  BindeYOkals  bei  pri- 
mären Verben  lassen  sieb  keine  festen  Regeln  aufstellen; 
wegen  der  Einzelheiten  s.  Kielhorn  §  507  fP.  Im  all- 
gemeinen findet  sich  der  Bindevokal  dann,  wenn  er  auch 
sonst  bei  der  betreffenden  Wurzel  erscheint  (vgl.  §  519. 
554.  568f.).    Beispiele: 

^  dag-  (dagate)  'Anteil  haben':  ^f^  dagita- 
'geliebt'. 

^  ie-  'hegen' :  «qf^H  iagita-. 

^j^  gal-  'herabträufeln':  ^rf^ 5'«^^^^- '"verschwunden'. 

T^"^  cm--  'gehen,  sich  bewegen' :  -^fTTT  carita-, 

^^  cal-  'in  Bewegung  geraten' :  xjf^d  calüa-. 

^■q^  jiv-  'leben' :  wtt^fT  jlvita-. 

^•^  jval-  'flammen' :  ^(nd  jvaUta-. 

5^T  tvar-  'eilen':  c^f^cT  tvarita-  'eilend,  schnell'. 

xicj;  pat-  'fallen' :  qfTifT  paüta-. 

^^  manth-  'schütteln':  ^rf^  mathita-. 

f^^  mü-  'sich  vereinigen' :  f^rf^  milita-. 

^■Bf  nius-  'stehlen' :  4ifb|r|  miiHta-. 


§  615. 616. 617.]  Das  Yerbum  infinitum.  421 

■^^  rud-  'weinen':  ^^f^Tf  rudita-  'weinend'. 

■^^  vad-  'sprechen':  '^af^eT  udita-  (auch  vadita-). 

^^  vam-  'sich  erbrechen' :  ^fiHT  'i-di^iita-. 

■;^  vas-  'wohnen' :  ^f^  uHta-  (neben  vasita-,  im 
Epos  auch  uSta-). 

f^  vid-  'wissen':  f^f^cf  vidita-  (aber  vid-  'finden': 
vitta-). 

■g-^  h'as-  'schnaufen' :  ivasita-  (neben  svasta-). 

Endlich  nimmt  t(^  (jrcüi-  'ergreifen' :  ^i^^  grhita- 
(mit  i\)  auch  hier  wieder  eine  Sonderstellung  ein. 

616.  "Wurzeln,  die  ursprünghch  den  Charakter  von 
Praesensstämmen  hatten,  bdden  ihr  Partizip  in  der 
Eegel  mit  Bindevokal,  wobei  die  Yokalstufe  der  AYurzel- 
silbe  unveränderhch  bleibt,  z.  B.  ■^^  iM-  'sehen'  (iMita-), 
-»fra  hhäs-  'sprechen',  -^  raJcS-  'schützen'  (vgl,  §459.  471, 
aber  taMa-  von  takS-  'zimmern') ,  f^r«^  7iiiid-  'tadeln' 
(§  476  a)  Anm.),  ^r^  laS-  'begehren',  '^js^  vähch-  'wün- 
schen' (§  472),  ■^j^'  sphiit'  'platzen'  (§  461).  Es  läßt 
sich  die  (jedoch  keineswegs  ausnahmslose)  Regel  auf- 
stellen, daß  Wui-zeln,  die  auf  eine  Konsonantengruppe 
endigen,  den  Bindevokal  haben. 

Anm.  Über  die  Natur  des  Bindevokals  vgl.  §  519.  Das  i 
(idg.  9  oder  i)  ist  ursprünglich  ein  Bestandteil  der  "Wurzel  oder 
Basis,  z.  B.  bei  pat-,  rud-,  vam-,  vid-,  und  verbreitete  sich,  von 
solchen  Fällen  aus  (wie  sonst  beim  Verbum)  auf  dem  Wege  der 
Analogie.     S.  ferner  §  617. 

617.  Abgeleitete  Terba.  Bei  den  Causativa  (bezw. 
der  ai.  10.  Klasse),  den  Intensiva,  Desiderativa  und  Deno- 
minativa  wird  -ta-  immer  mit  Hilfe  des  Bindevokals 
i  angefügt  und  zwar  an  die  Wui'zelform  der  entsprechen- 
den Praesensstämme ;  in  diesem  FaUe  ist  also  der  Vo- 
kahsmus  der  Wurzel  unabhängig  von  der  für  die  primären 
Yerba  geltenden  Regel.    Beispiele: 


422  Formenlehre.  [§  617. 618. 

1.  ^Hfnrrf'T  gamayämi  (Kaus.  von  gam-  'kommen'): 
lt^  gciwiki-. 

1{^H\U\  tcüyayämi  (Kaus.  von  tar2)-,  trp-  'befriedigt 
sein'):  crfqfT  tcirpita-. 

Tft^r^lf'T   töSayämi  (Kaus.  von  tuS-  'sich  freuen'): 

ll\HM\\^  Säi/ayämi  (Kaus.  von  ^e-  'liegen'):  s^Tf^H 
iäyita-. 

^\HH\r*\  sihäpayämi  (Kaus.  von  sthä-  'stehen'): 
^rrf^  sthäjnta-. 

t^nT'^t^  cintayämi  'ich  überlege' :  f^f^fy  cmtita-. 

^tj(H[f^  hJiüSayämi  'ich  schmücke':  ^rf^cl  hhüSita-. 

2.  t^f^c^rrt^  cikitsämi  (Desid.  von  cit-,  s.  §  601  a): 
t^t^fT^fT  cikitsita-. 

-^^%  hthJiuMe  (Desid.  von  hhuj-  'genießen') :  '^w- 
-^Tf  huhhukSita-  'hungrig'. 

3.  t(  ^^^  I  [i\  cürnayämi  'ich  zerreibe'  (Denom.):  ^- 
f||ff  curnita-. 

c(i!ji<|fiT  varmyämi  'ich  schildere'  (Denom.):  ^fipr 
varnita-. 

fcj^ijlf^j  vighnayäml  'ich  hindere'  (Denom.  zu  vi- 
ghna-^):  f^f^cT  viglinita-. 

Den  Kausativpartizipien  gamita-,  tarpita-  u.  s.  w. 
entsprechen  in  den  verwandten  Sprachen  Formen  wie 
lat.  monitus  zu  moneo  oder  got.  nasips  zu  nasjan  'retten'. 
Die  idg.  Grundform  ist  daher  mit  -i-to-  anzusetzen;  das 
-i-  steht  zu  dem  -ei-  des  Praesenssuffixes  -eio-  im  Ab- 
lautsverhältnis;  vgl.  auch  §  466. 

618.   Partizip  auf  -tavant-.  Von  dem  Partizip  auf 

-ta-  kann  mit  Hilfe  des  Nominalsuffixes  -vant-  ein  aktives 
Partizip  des  Praeteritums  abgeleitet  werden,  z.  B.  '^g^ 
ukta-:     'jfhc^^    iiktavant-    (Nomin.    S.    uldaiän)    'ge- 


i  -ghn-a-  ist  ein  Nomen  von  der  W.  han-  'schlagen,  töten'. 


§  618. 619. 620.]  Das  Verbum  infinitum.  423 

sprochen  habend';  t^f^cT  cintita-  'gedacht':  f^f^^rfT^'t!; 
cintitavant-  'gedacht,  überlegt  habend'.  Über  die  Flexion 
s.  §  328. 

Die  Partizipien  auf  -ta~  und  -tavant-  werden  sehr 
oft  als  Praedikatsnomen  (ohne  Copula)  statt  einer 
finiten  Verbalform  verwendet,  z.  B,  cifft'  ^hT*.  ^*^ö  gatdh 
'dann  ist  er  weggegangen;  "^faS'^T'l.  ädiStavän  (von 
ä-di§-)  'er  befahl'. 

Anm.  In  irad-dadhänavant-  'gläubig'  ist  das  Suffix  -vant- 
an  das  Partie.  Praes.  Med.  -dadhäna-  (s.  §  495)  angetreten;  die 
Bedeutung  des  "Wortes  ist  rein  adjektivisch. 

619.  Das  Partizip  auf  -nä-  ist  demjenigen  auf  -tä- 
völHg  gleichwertig;  auch  hinsichtUch  der  Wurzelgestalt 
gelten  dieselben  Eegeln,  vgl.  z.  B.  chinnä-  von  cliid-  'ab- 
hauen'. Das  idg.  Suffix  -no-  begegnet  in  der  Nominal- 
bildung sehr  häufig,  s,  §  252  und  Brugmann,  Grundriß 
II,  131  ff.  Die  partizipiale  Verwendung  des  Suffixes  ist 
am  deuthchsten  im  Ai.,  ging  aber  z.  B.  im  Griechischen 
und  Lateinischen  verloren  (vgl.  ayvo?,  aiUY^ö?,  ^Zenw5, 
dignus) ;  die  verwandten  Suffixformen  -eno-  und  -ono- 
(wozu  vielleicht  ai.  -äaa-  gehört,  s.  §  610.  3)  dienen  im 
Germanischen  und  Slavischen  zur  lebendigen  Partizipial- 
bildung  (vgl.  z.  B.  got.  hundan-s  'gebunden'  oder  ab.  nes- 
ens  'geführt'). 

Die  Partizipialformen  auf  -nä-  haben  sich  im  Ai. 
auf  Kosten  der  Formen  auf  -tä-  ausgebreitet,  wie  sich 
noch  unmittelbar  an  den  Texten  beobachten  läßt. 

620.  Über  die  Verteilung  von  -na-  und  -da- 
lassen sich  keine  festen  Regeln  aufstellen ;  bemerkenswert 
ist  jedoch,  daß  fast  alle  Wurzeln  auf  d  ihi-  Partizip  mit 
-na-  bilden,  so  f^f^A7iic?- 'reißen'  (fi^^kJiinna-),-^^  cliad- 
'bedecken',  rf^  Uul-  'stoßen',  tf^  päd-  'gehen',  fv(^  hhid- 
'spalten',  f^y  vid-  'finden'  (neben  vitta-),  ^^  sad-  'sitzen' 
(ved.  auch  satta-)\  über  das  nn  vgl.  §  120.  175  Anm. 


424  Formenlehre.  [§  620. 621. 622. 

Yon  sonstigen  AVurzeln  mögen  gemerkt  werden: 

1.  -^  Tisi-  'vernicliten' :  ^^^  Mtna-  (neben  Mita-). 
-^  Vi-  'sich  anschmiegen' :  ^^  llna-. 

^  lü-  'abschneiden' :  ^^  Jana-. 
^  Jiä-  'verlassen':  ^^  Jiuia-. 

2.  ^T"^  (jar-  'verschlingen':  ^i^^jt  glrna-, 
'^\jar-  'altern':  <^j^  jmui-. 

j^-r  tar-  'über  etwas  schreiten' :  rj^iiT  tlrna-  und  fT^jr 
türna-. 

Tjp^  liar-  'füllen':  jj^  imrna-, 

^T  star-  'streuen' :  ^üt  sttrna-  (neben  strta-). 

3.  '^^  JjJianj-  'zerbrechen':  -vp^f  hhagtia-. 
^^  hlmj-  'biegen':  -j?^  Ihugna-, 

^■^  majj-  'untertauchen' :  ^prj  magna-. 
^^  lag-  'sich  heften  an':  ^nj  lagna-. 
Weitere  Belege  s.  bei  Wliitney  §  957  und  Kielhorn 
§  508.  510  c). 

621.  Bei  einigen  Verben  findet  sich  weder  ein  Partizip  auf 
-ta-  noch  auf  -na-;  nach  den  ind.  Grammatikern  treten  dafür 
sonstige  Nominalformen  ergänzend  ein,  so  z.  B.  pakva-  'gekocht' 
zu  pac-.    Weiteres  bei  Whitney  §  958. 

2.  Oerimdiva. 

622.  Übersiclit.  Verbaladjektiva  mit  der  Bedeutung 
des  lat.  Gerundivum  auf  -ndus  (man  bezeichnet  sie  auch 
als  Partie.  Fut.  Pass.  oder  Partie,  necessitatis)  werden 
mit  Hilfe  der  Nominalsuffixe  -?/a-,  -tavya-  und  -aniga- 
unmittelbar  von  der  Verbalwurzel  gebildet.  Am  häufigsten 
ist  der  Gebrauch  von  -ya-.  Infolge  der  Vorhebe  des 
Sanskrit  für  passive  Konstruktionen  wird  das  Neutrum 
des  Gerundivums  gerne  (sogar  bei  intransitiven  Verben) 
als  Praedikat  gebraucht,  z.  B.  •r  ^w^^  na  hhetavyam 
'man  braucht'  sich  nicht  zu  fürchten';  ^^|«^  ^0*11^^ 
VTf^fT^  jalcmte  äuUagräliena  hJiävyam  (I,  3)  'im  Wasser 
muß  ein  Kobold  sein'. 


§623.624.]  Das  Verbum  infinitum.  425 

623.  Das  Gerundiv- Suffix  -ija-  ist  mit  dem 
weitverbreiteten  primären  Nominalsuffix  idg.  -io-  iden- 
tisch, s.  darüber  §  250  und  Brugmann,  Grundriß  II, 
115  ff.  Die  produktive  partizipiale  Verwendung  des 
Suffixes  ist  zwar  auf  das  Ai.  beschränkt,  doch  zeigen 
Fälle  ■wie  gr.  ayio?  'verehrenswert ,  heihg'  =  ai.  yäj-ya- 
'venerandus',  daß  der  ai.  Gebrauch  im  Keim  schon  in 
der  Grundsprache  vorhanden  war.  Eine  Adjektivierung 
oder  Substantivierung  der  Gerundivform  findet  sich  auch 
im  Ai. ;  eine  Scheidung  zwischen  diesen  und  den  alt- 
ererbten (reinen)  Xomina  ist  kaum  durchzuführen:  so 
können  z.  B.  ^akya-  'möghch'  oder  väkya-  n.  'Wort'  als 
alte  Xomina  auf  -io-  aufgefaßt  werden,  mögen  aber 
ebensogut  das  Stadium  des  Gerundivums  durchgemacht 
haben. 

624.  Für  die  Gestaltung  der  Wurzelsilbe  gibt 
es  keine  bestimmten  Regeln:  es  findet  sich  sowohl 
Tief-  "«ie  Hochstufe,  bisweilen  auch  die  Dehnstufe. 
Nur  die  auf  ä  auslautenden  Wurzeln  zeigen  eine 
einheithche  Behandlung;  sie  bilden  ihi-  Gerundiv  auf 
-e-ya-]  z.  B. 

^  jnä-  'kennen':  ^f^  jneya-. 

■vrr  dJ^ä-  'setzen':  ^^  dJieya-  (bemerke  auch  irad- 
dheya-  'glaubwürdig'). 

•^i^J  dhyä-  'an  etwas  denken' :  i^^  dliyeya-. 
Die  Erklärung  dieses  e  ist  strittig,  vgl,  Wackernagel  §  33  b) 
Anm.  und  Bartholomae  ZDMG.  L,  686. 

Wurzeln  auf  I,  m,  r  (r)  zeigen  in  der  Regel  Hoch- 
stufe oder  Dehnstufe,  soweit  sie  nicht  zu  §  626  ge- 
hören, z.  B. 

■^  kri-  'verkaufen':  t^%"?r  vikreya-  'verkäuflich'. 

fir  ji-  'siegen' :  ^  jeya-. 

T^  ni-  'führen':  ^^  neya-  (jedoch  auch  nuja-). 


426  Formenlehre.  [§  624. 625. 

Vf  hhü-  'werden,  sein' :  ^^  hliävija-  und  )n^  hhäVT/ä- 
'was  sein,  geschehen  soll'.* 

TSf  Sru-  'hören' :  isfc^  iravya- 

^r^  smar-  'sich  erinnern':  ^Fp!|  smarya-. 

cjT^  kar-  'machen':  ^^fpg  Mrija-, 

^  har-  'wegnehmen' :  ^j^  liärya-. 

625.  Die  Bildung  der  übrigen  Formen  erhellt  aus 
folgenden  Beispielen: 

1.  Tiefstufe: 

aj^  giih-  'verbergen' :  ^riT  guliyci-  (nach  den  Gramm, 
auch  göhya-). 

^■^  dars-  'sehen':  -^^  ärhja-\  ebenso  -^i?  spari- 
'berühren'  u.  a.  (so  Wurzeln  mit  inlautendem  r  bezw.  r). 

'5[T^  iäs-  'befehlen' :  fif^r  h^ya-. 

2.  Hochstufe: 

t^iET^  dviS-  'hassen' :  ^'^  dveSya-. 
f^^  hkid-  'spalten':  5|u  hJiedya-. 
■^V  hudJi-  'erkennen' :  "^tw  iödhya-, 
^^  hhaM-  'essen':  vrw  hhaMya-. 
T;^^  ram-  'sich  ergötzen':   -^^  ramya-   'angenehm, 
hebHch'. 

■^^\T  hcmdJi-  'binden':  '^5^  landhya- 
•^^  iwdk-  'zweifeln' :  IXU  ^CLf^kya-. 

3.  Dehnstufe: 

Xf^  pac-  'kochen' :  xtRST  päkya-. 
^^  vad-  'sprechen':  ^efj^  vädya-, 
■q^  vac-   'sprechen':  ejy^  väcya-   (neben  väkya-  n, 
'Wort,  Eede'). 


1  Die  ind.  Grammatiker  lehren  für  die  Formen  mit  Hoch- 
iind  Dehnstufe  einen  Bedeutungsunterschied:  lavya-  (zu  lü-)  'was 
abgeschnitten  werden  muß  oder  soll',  aber  lüvya-  'was  not- 
wendig abgeschnitten  werden  muß'. 


§625.626.627.]  Das  Verbum  infinitum.  427 

Für  die  Causativa  (bezw.  10.  Kl.)  ist  der  Vokal  des 
Praesensstamines  maßgebend,  z.  B. 

(üHijlflT  tyäjayämi  'ich  veranlasse  jem.  etwas  auf- 
zugeben' :  ^nw  iyäjy(^-' 

i\-\^H\{i{  mänayämi  'ich  ehre':  ^n^^T  mänya-. 

i^\<li\\f^  svädayämi  'ich  koste,  versuche':  {^[^ 
sväclya-, 

AVeitere  Einzelheiten  bei  Kielhorn  §  532  ff. 

Anm,  Daß  alle  drei  Ablautsstufen  unserem  Suffix  -io-  seit 
uridg.  Zeit  zukommen,  zeigen  z.  B.  gr.  otuyio;,  acpdYios,  av.  dar^sya 
(=  darsya-  im  RV.,  klass.  drsya-),  gr.  IpeiTria,  lat.  ex-imius,  got. 
un-qePja-  'unaussprechlich',  ab,  jaMa  aus  *ediä  'das  Essen'  (vgl. 
ai.  ädya-  'eßbar').  Die  Ursachen  dieser  verschiedenen  Vokalab- 
stufung entziehen  sich  unserer  Kenntnis. 

626.  Suffix  -fya-.  Bei  einigen  "Wurzeln,  die  auf 
(tiefstufiges)  i,  u,  r  auslauten,  wird  das  Gerundivum  mit 
-tya-  statt  -ya-  gebildet,  z.  B. 

^  i-  'gehen':  j^  itya-  (in  den  Brähmana's  und 
Sütra's). 

TS[  im-  'hören' :  -^r^  iriitya-. 

^  stu-  'preisen':  ^f^  stutya-. 

^f^  Mr-  'machen':  ij^  -Mya-  {a-hiija-  n.  'Untat'). 

if-^  hJiar-  'bringen' :  vr^  hhrtya-. 

Das  Suffix  -tya-  ist  eine  Weiterbildung  des  im  Ai. 
häufigen  Suffixes  -t-  (§  318. 2) :  z.  B.  zu  kr-t-ya-  vgl.  Ir-t- 
'machend'. 

627.  Das  Suffix  -tiwya-  wii'd  an  die  Yerbal- 
wurzel  nach  denselben  Regeln  wie  die  Infinitivendung 
(s.  §  632  ff.)  angehängt,  z.  B. 

^T  siliä-  'stehen':  ^rTfT^  sthätavya-. 
cRi^  kar-  'machen' :  ^^  kartavya-,  Kaus.  öjnrf^Trl^ 
kärayitavya-. 

■^  vart-  'wenden':  '^f?T<T^  vartitavya-. 


428  rormenlehre.  [§  627. 628. 

Das  Gerundiv  auf  -tavya-  begegnet  im  EY.  noch  gar 
nicht  und  beginnt  erst  in  den  Brähmana's  häufiger  zu 
werden;  -tavya-  ist  Weiterbildung  eines  Suffixes  -tava- 
=  idg.  -tetio-,  das  in  gr.  -tso-  (ooieoi;  'dandus')  vorliegt. 

•teuo-  scheint  seinerseits  eine  Weiterbildung  des  Suffixes  -tii- 
{-teu-)  zu  sein,  das  Yerbalabstrakta  bildet  (§  281) ;  im  B,V.  wurde 
(wie  im  Av.,  s.  Bartholomae,  Iran.  Grundr.  I,  111)  auch  -tva- 
(idg.  -tno-)  als  Gerundivsui'fix  verwendet.  Über  den  sonstigen 
Gebrauch  dieses  Suffixes  s.  g  251.  Da  im  ßY.  -tva-  oft  zwei- 
silbig zu  lesen  ist  {kartua-  neben  kartva-),  so  steckt  darin  viel- 
leicht auch  ein  -tava- ,  d.  h.  die  für  -tavya-  vorauszusetzende 
Grundform.  (Über  das  Suffix  -tavya-  urteilt  etwas  anders  Prell- 
witz BB.  XXIV,  103  Fußnote;  vgl,  ferner  Brugmann,  Kurze 
vergl.  Gramm.  605.) 

628.    Das  Gerundivum  auf  -arüya-,  das  im   RV. 

ebenfalls  noch  fehlt,  ist  in  der  Idassischen  Sprache  viel 
seltener  als  die  schon  genannten  Bildungen.  Es  ist  mit 
Hilfe  des  Suffixes  -lya-^  einer  nicht  häufigen  Nebenform 
des  Suffixes  -{i)ya-  (§  250) ,  von  dem  Yerbalabstractum 
auf  -ana-  bezw.  -na-  (§  252)  abgeleitet.  Die  Gestalt 
der  AYurzelsilbe  ist  durch  das  Grundwort  auf  -ana-  be- 
stimmt; in  der  Regel  zeigt  sie  Hochstufe,  z.  B. 

-gf^  har-  'machen':  cRi^jfV^  haraiüya-. 

^■^  dar^s-  'sehen':  ?gj«fl'^  darSamya-. 

^^  hhuj-  'genießen':  wV^n^t^  hhöjaniya-. 

Bei  Wurzeln  auf  ä  wird  nur  -niya-  angehängt,  z.  B. 

XTf  im-  'trinken' :  m  «f)  t]  iKiräya-  (n.  'Trunk'). 

Das  idg.  Suffix  -eno-  (ai.  -ana-)  oder  -ono-  (s.  Brugmann, 
Grundriß  II,  140  ff.)  wird  im  Ai.  innerhalb  des  eigentlichen  Verbal- 
paradigmas nicht  verwendet  (falls  es  nicht  im  Partizip  auf  -äna- 
zu  suchen  ist,  s.  §  610.  3);  dagegen  dient  -ono-  im  Germanischen 
zur  Infinitivbildung,  vgl,  z.  B.  got.  [ya-]wiffan  'bewegen'  und  ai. 
vahana-m  'das  Fahren' =  uridg.  *uei/h«io7io-m. 


§  629. 630.]  Das  Verbum  infinitum.  429 


b)  Inllnitiv. 

(Verbal-Substantiva.) 

629.  Wesen  des  lufinitiTS.  Vgl.  dazu  besonders 
Delbrück,  Grundriß  III,  2,  440  ff.  Die  Infinitive  der  idg. 
Sprachen  sind  erstarrte  Kasusformen  von  Verbalsubstan- 
tiven ;  die  verwendete  Kasusform  war  ursprüngKch  durch 
die  Konstruktion  des  Satzes  bestimmt  (Objekts accusativ, 
Dativ  des  Zwecks  u.  s.  w.),  wurde  aber  weiterhin  absolut 
gebraucht,  d.  h.  sie  richtete  sich  nicht  mehr  nach  der 
Rektion  eines  andern  Satzghedes  und  löste  sich  schließ- 
Hch  aus  dem  ursprünglichen  Kasussystem  los :  erst  in 
diesem  Stadium  kann  man  von  fertigen  Infinitiven  sprechen. 
Auf  diesem  Standpunkt  stehen  alle  idg.  Sprachen  mit 
Ausnahme  der  ältesten  Phasen  des  arischen  Zweiges, 
die  den  uridg.  Zustand  am  besten  wiederspiegeln. 

630.  Da  es  in  der  idg.  Grundsprache  eine  nicht 
kleine  Anzahl  von  Suffixen  gab,  welche  zur  Bildung  von 
Verbalsubstantiven  (Nomina  actionis)  dienen  können,  so 
ist  von  vornherein  eine  große  Mannigfaltigkeit  von 
Infinitivformen  zu  erwarten.  Tatsächhch  gehen  die 
idg.  Sprachen  in  ihren  Infinitiven  beträchtlich  auseinander, 
nicht  nur  hinsichthch  der  zugrund  Hegenden  Kasus- 
formen, sondern  auch  hinsichtlich  der  durch  allmähliche 
Auslese  zur  Herrschaft  gelangenden  Xominalsuffixe.  So 
ist  z.  B.  der  hom.  Infinitiv  o6|X£vai  der  Dativ  eines 
Nomens  auf  -men-,  der  germanische  Infinitiv  auf  -an 
(-671)  der  Accusativ  eines  Nomens  auf  -ono-,  lit.  duti 
'geben'  der  Kasus  eines  Nomens  auf  -ti-  u.  s.  w.  Um  so 
bemerkenswerter  ist  es,  daß  einige  Suffixe  (so  z.  B.  -tu-, 
-ti-,  -men-)  übereinstimmend  in  verschiedenen  Sprach- 
zweigen infinitivisch  verwendet  werden. 

Die  vedische  Sprache  teilt  mit  dem  Avestischen 
eine    große    Zahl  von   Infinitiven    oder   infinitivartigen 


430  Formenlehre,  [§630.631. 

Formen,  s.  darüber  Bartholomae,  Iran.  Grundr.  I,  143  ff. 
Der  RY.  verwendet  in  solcher  Funktion  z.  B.  den  Accusa- 
tiv  auf  -tu-ni,  den  Genetiv  auf  -tos,  Dative  auf  -tav-e, 
-tay-e,  -man-e,  -van-e,  endungslose  Lokative  auf  -man, 
-van  (s.  Whitney  §  970 — 979).  Von  reinen  Infinitiven 
kann  man  im  EV.  eigenthch  noch  nicht  sprechen,  d.  h. 
eine  scharfe  Grenze  zwischen  Nominalform  und  Infinitiv 
ist  nicht  zu  ziehen,  weil  der  Gebrauch  der  verschiedenen 
Kasusformen  noch  deutlich  durch  die  Kasussyntax  be- 
stimmt ist  (s.  darüber  Whitney  §  980  ff.  und  Delbrück 
a.  a.  0.). 

631.  Derinfinitiv  des  Sanskrit.  Aus  der  Masse 
vedischer  Formen  gelangte  nur  eine  einzige,  der  Accusativ 
auf  -tum,  in  der  klassischen  Sprache  zur  Herrschaft, 
nachdem  schon  vorher  in  der  jüngeren  vedischen  Lite- 
ratur das  Suffix  -tu-  ein  gewisses  Übergewicht  erlangt 
hatte;  -tum  ist  identisch  mit  dem  lat.  und  baltisch-slavi- 
schen  Supinum  auf  -tum ;  vgl.  z.  B.  ai.  clä-tum  'geben' 
und  lat.  dä-tum  oder  ai.  dJiä-tum  'setzen'  und  ht.  de-tiim, 
aksl.  de-t5.  Aber  während  im  RY.  und  AY.  die  Dativ- 
formen bei  weitem  am  häufigsten  waren,  hat  in  den  Bräh- 
mana's  der  Accusativ  den  Dativ  überflügelt,  s.  Whitney 
§  986  f.  Der  Infinitiv  war  in  seiner  Entmcklung  ab- 
geschlossen, als  man  nach  dem  Muster  etwa  von  draStum 
icchati  'er  wünscht  zu  sehen'  (Acc.-Objekt)  statt  eines 
Dativ  des  Zweckes  die  Accusativform  auf  -tum  verwen- 
den konnte,  wie  z.  B.  in  draUum  gatali  'er  ist  gekommen 
um  zu  sehen'.  Der  Infinitiv  \\ird  in  Abhängigkeit  von 
Yerben  und  Nomina  sehi'  häufig  gebraucht,  ,,um  das  Ziel 
oder  den  Zweck  einer  Handlung  zu  bezeichnen  oder  ein 
an  sich  unvollständiges  oder  auxihares  Hauptverbum  zu 
ergänzen"  (Speyer), 

Anm.  Jedoch  hat  auch  in  der  späteren  Sprache  derinfinitiv 
seinen  ursprüngHchen,  nominalen  Charakter  nicht  völlig  eingebüßt, 
wie  zwei  Momente  zeigen: 


§  631. 632.]  Das  Verbum  infinitum.  431 

1.  Der  Infinitiv  ordnet  sich  in  die  Nominalkomposition 
(Kap.  XXIX)  ein,  indem  die  Stammform  als  erstes  Glied  eines 
Kompositums  gebraucht  wird,  z.  B.  srasiu-käma-  'erschaffen 
wollend'  (eigentlich  yasya  srastum  kämah  'wer  den  "Willen  hat 
zu  schaffen').  Daß  aber  trotzdem  der  Infinitiv  verbal  empfunden 
wurde,  ergibt  sich  aus  Konstruktionen  wie  svadesq  gantu-kämah 
(III)  'in  seine  Heimat  zu-gehen-Lust-habend'. 

2.  Der  Infinitiv  kann  aktivisch  und  passivisch  verwendet 
werden,  z.  B.  svämyam  .  .  .  kartum  na  sakyate  (I,  2)  'Besitz  kann 
nicht  ergriffen  werden'.  Es  liegt  in  der  Natur  des  Verbalnomens, 
daß  an  ihm  das  Genus  verbi  an  sich  nicht  zum  Ausdruck  kommt ; 
so  ist  z.  B.  ein  Substantiv  wie  nhd.  das  Essen  inbezug  auf  das 
Genus  verbi  völlig  indifferent,  d.  h.  das  Nomen  kann  aktivisch 
und  passivisch  (=  'die  Speise')  verwendet  werden. 

632.  Die  einzelnen  Formen.  Die  Endung  -tum  tritt 
gewöhnlich  unmittelbar  an  die  hochstufige  "Wurzel, 
wobei  hinsichthch  des  wurzelauslautenden  Konso- 
nanten dieselben  Eegeln  -wie  beim  fa-Partizip  gelten. 
Beispiele : 

1-  fwi^-  'siegen':  ^^j{^jetum. 

ifV  hhi-  'fürchten':  ^rTT^  hheium. 

^  iru-  'hören':  "^plTTTr  h'ötum. 

gri;  kar-  'machen" :  "^iTTfl  Partum. 

-jp^  gam-  'kommen' :  j|«rtH  ganitim  (vgl.  §  82). 

^  Jian-  'töten' :  ^^t^  liantum. 

^  dah-  'brennen' :  <jjv4^  dagdJium. 

-^j^l  yaj-  'opfern':  ^a>l  yaUum. 

^^  vac-  'sprechen' :  ^'WPi  vaktum. 

■^^  vah-  'fahren' :  <ft<g^  vödlium. 

f^^^  vii-  'eintreten' :  ^'gr^  veMum. 

-^f^  yuj-  'verbinden' :  ij^^4<.  yöktum. 

-^^  nüi-  'ersteigen' :  "^^t^  rödhum. 

^■^  dar^-  'sehen':  "^"g^  draUum  (ebenso  ;i^  sarj- 
'loslassen',  -^-gf  spart-  'berühren'). 

^5^  handh-  binden':  -^^^ir^;  handdhum. 


432  Formeulehre.  [§  632. 633, 

2.  ^  trä-  'beschützen' :  "^rf^  trähim. 
-^17  sthä-  'stehen' :  ■^TTfTK  sthätum. 
TiJ  gä-  'singen' :  'sriTi^  gütum. 
•^^  Ms-  'befehlen':  "sh^t^;  Mstuni. 

633.  Der  Bindevokal  i  erscheint  im  Großen 
lind  Ganzen  in  demselben  Umfang  wie  das  -iSya- 
Futurum  (§  567 ff.),  mit  dem  der  Infinitiv  ja  auch  in  den 
Yokalverhältnissen  der  Wurzelsilbe  übereinstimmt;  vgl. 
z.  B. 

1.  'w  Ihü-  'werden':  ^f^Tfiij;  hhavüum. 

^  U-  'liegen':  ^iff^^  kiyitum  (im  Epos). 

fn:  tcir-  'überschreiten' :  ff-H^HiT:  taritum  (neben  f^^ 
tartum). 

ig-^  car-  'gehen' :  -^fi^fTFi;  caritum. 

^  vart-  'wenden":  -^f^fHi;  vartituni  (Futurum  mit 
und  ohne  i). 

scq  varS-  'regnen' :  -^f^rW;  varsitum. 

5jfi^  kram-  'scln-eiteu' :  ssfTTfr'l  hramitum  (ebenso 
>^  hhram-  'umherirren'). 

Anm.  Die  daneben  vorkommenden  Formen  kräntum  und 
bhräntum  sind  offenbar  durch  die  Analogie  der  Participia  kränta- 
und  bhränta-  veranlaßt  (s.  §  614.  7). 

2.  i;^  IkS-  'sehen' :  t'N^  tkUtum. 
sft^  kr'id-  'spielen' :  "^Vf^^  kndituni. 
t^  Jiis-  'schädigen' :  ttf%"g^  hisitum. 
^(f^  jlv-  'leben' :  ^f^^  jlvitum. 

^■^ceM-  'in  Bewegung  setzen':  %t%^  ceStitum. 

Zu  diesen  Formen  vgl.  §  566. 

Trotz  ihres  i- Futurums  bilden  jedoch  kar-,  gam- 
und  7; aw-.den  Infinitiv  ohne  Bindevokal  (s.  §  632) ;  anderer- 
seits haben  einige  Yerba  den  Bindevokal  zwar  im  In- 
finitiv, aber  nicht  im  Futurum,  so  z.  B. 


§633.634.635.]  Das  Verbum  infinitum.  433 

TO  vardh-  'wachsen' :  ^^t\^H^  vardhitum  (Futurum 
^^ptl  vartsyati,  nach  den  ind.  Gramm,  allerdings  auch 
vardhiSyate). 

Endhch  merke  wiederum  ^^  grdh-  'ergreifen' :  ^y^- 
•JT^  grahitum  (vgl.  §  615). 

Anm.  Ein  langes  i  erscheint  ferner  in  taritum  neben  tar- 
tum  zu  tar-. 

634.  Die  abgeleiteten  Verba  bilden  den  Infinitiv 
vom  Praesensstamm  aus  und  zwar  immer  mit  Hilfe  des 
Bindevokals,  z.  B. 

^^ijlf44  janayämi  'ich  erzeuge':  ^pTf^H^l  jana- 
yitum. 

y^l^lTi  imläyate  'er  flieht':  TT^TTf^'l  paläyitum.'^ 

c)  AbsolutivTiin. 

(Gerundium.) 

635.  Wesen  des  Absolutivums.  Das  Absolutivum 
ist  seiner  Form  nach  der  erstarrte  Kasus  eines  Verbal- 
substantivs, ist  jedoch  syntaktisch  von  dem  morphologisch 
gleichartigen  Infinitiv  völHg  verschieden :  es  hat  —  etw^ 
wie  die  französische  Konstruktion  des  Participium  Prae- 
sentis  mit  en  —  die  Funktion  eines  indeklinabeln  Parti- 
zips, das  als  nähere  Bestimmung  des  Subjekts  oder  eines 
andern  Satzgliedes  dient,  und  drückt  eine  Handlung  aus, 
die  neben  derjenigen  des  Yerbum  finitum  als  begleitender 
Umstand  einhergeht  oder  ihi'  vorangegangen  ist.  Vom 
lateinischen  Gerundium  unterscheidet  sich  die  Form  da- 
durch, daß  jede  Kasusbeziehung  zu  dem  näher  bestimmten 
Satzglied  fehlt:  es  ist  ein  wirkliches  Absolutivum  und 


1  Der  Verbalstamm  paläy-  wird  von  den  Indern  als  Deno- 
minativum  empfunden  und  dementsprechend  behandelt ;  über  den 
Ursprung  von  paläyate  (aus  palä  =  parä  'fort ,  weg'  +  ayate  'er 
geht'  zur  W.  %-]  vgl.  z.  B.  Whitney  §  1087  c). 

Thumb,  Altind.  Grammatik.  28 


434  Formenlehre.  [§  635. 636. 637. 

mitliin  dem  Adverb  am  nächsten  verwandt;  wie  dieses 
ist  es  aus  einer  kasuell  ausgedrückten  adverbialen  Be- 
stimmung hervorgegangen. 

636.  Gebrauch.  Das  Absolutivum  ist  im  ai.  Satz- 
bau eines  der  häufigsten  Ausdrucksmittel  nächst  dem 
Compositum:  Satzbestimmungen,  die  in  den  verwandten 
Sprachen  durch  ein  Participium  coniunctum,  einen  Re- 
lativ- oder  Konjunktionalsatz  wiedergegeben  werden 
müssen,  werden  im  Ai.  durch  das  Absolutivum  ausge- 
drückt. Obwohl  es  sich  meist  auf  ein  bestimmtes  Nomen 
im  Satz  bezieht,  so  muß  es  nicht  einmal  unmittelbar  bei 
demselben  stehen.  Das  Absolutivum  kann  seinerseits 
wieder  nähere  Bestimmungen  bei  sich  haben:  die  Kon- 
struktion derselben  ist  rein  verbal. 

Beispiele:  f^^pRr  f^^H^  '^  ^nftr  ^ITR:  i^^^ramya 
viiramya  (Absol.)  na  yäti  kälah  (VUI,  25)  'ruhend  ruhend 
vergeht  die  Zeit  nicht'  d.  i.  'unaufhörhch  vergeht  die 
Zeit';  ^g^rr  •  •  •  ^fHdll^  ^T  uMvä  (Absol.)  .  .  .  chalitä 
{a)smi  tena  (YII,  7)  'nachdem  er  gesprochen  hatte, 
wurde  ich  von  ihm  getäuscht';  ^^<*Hb|i  f1%  W^H  ^ 
3f\cH-tj  a^rulialuSq,  cMH  krtvä  sa  pröväca  (I,  3)  'nachdem 
er  ein  tränenübergossenes  Gesicht  gemacht  hatte,  sprach 
dieser';  j{^  wttl^^  ^JcTT  '^^^  mama  samlpavarti- 
naü  hhütvä  vadatam  (I,  2)  'nachdem  ihi'  beiden  mir  in 
der  Nähe  befindhche  geworden  seid,  sprecht'  =  'nach- 
dem ihr  beide  in  meine  Nähe  gekommen  seid' ;  UTT^ 
I^rf^t^  ^RTT  Jt9^^^  'yam'-'-  iti  matvä  ...  (I,  1)  —  'ein 
Schakal  ist  dieser  —  indem  er  so  dachte  .  .  .'. 

Ein  Beispiel  für  Häufung  der  Absolutiva  findet  sich 
Texte  VII,  2. 

637.  Bildungsweise.  Zur  Bildung  des  Absolutivums 
dienen  die  Suffixe  -tvä  beim  Yerbum  simplex  und  -ya 
oder    -tya    beim    Yerbum    compositum.      Nur    das    a- 


§  637. 638.]  Das  Verbum  infinitum.  435 

privativum  verträgt  sich  mit  der  Form  auf  -tvä,  z.  B. 
■41^ <m  akrtvä  'ohne  zu  machen'.^ 

-trä  ist  der  erstarrte  Instrum.  Sing,  eines  Verbal- 
nomens  auf  -tu-  (vgl.  §  281);  über  sonstige  Absolutiv- 
formen  der  älteren  Sprache,  welche  zu  dem  Suffix  -tu- 
gehören,  s.  Wliitney  §  993,  Brugmann,  Grundriß  IT, 
1417.  In  -ya  (-tya)  steckt  irgend  ein  Kasus  eines  Verbal- 
nomens  auf  -i-  (-ti-).  Man  vermutet  in  -a  ebenfalls  die 
Endung  des  Instrum.,  deren  Grundform  freihcli  wenig 
sicher  ist  (vgl.  §  230);  auffallend  ist  die  Tatsache,  daß 
im  RV.  über-vnegend  -yä  vorkommt,  eine  Form,  die  sich 
äußerlich  genau  mit  dem  ai.  Instrumentalausgang  deckt: 
daß  trotzdem  in  späterer  Zeit  die  altertümhchere  und 
und  völhg  isolierte  Form  -ya  siegte,  ist  um  so  merk- 
würdiger, da  -tvä  mit  regelmäßiger  Endung  daneben 
stand.  Die  nominale  Grundlage  von  -tya  ist  durch  die 
zahlreichen  Substantiva  auf  -ti-  (§  279)  gegeben ;  Verbal- 
abstracta  auf  -i-  sind  außerhalb  des  ai.  Absolutivums 
selten,  doch  vgl.  außer  den  ai.  Beispielen  in  §  278  a) 
gr.  ipi-c.  'Streit',  |i.YjV-i?  'Zorn',  got.  mims  aus  *miini-s 
'Absicht'  (W.  men-  'denken') ,  qiims  aus  *qiimi-s  'das 
Kommen'  u.  s.  w. 

Anm.  Der  Dativ  solcher  i-Stämme  (-at/e)  wird  im  RV.  auch 
als  Infinitiv  verwendet  (ebenso  -ta?/e  von  -ti-).  —  Im  RV.  gibt 
es  noch  einige  andere  Absolutivbildungen  vom  Suffix  -tu-,  über 
deren  Gebrauch  auch  noch  A.  Ludwig,  Sitzungsber.  d.  Böhm. 
Ges.  d.  "Wiss.  1897  nr.  7  S.  1  £F.  zu  vergleichen  ist  (nicht  annehm- 
bar sind  jedoch  die  Erklärungsversuche  Ludwigs). 

638.  Das  Suffix  -tvä  tritt  an  die  Yerbalwurzel 
in  gleicher  "Weise  wie  die  Partizipialendung  -ta-:  an 
Stelle  ihres  a  setzt  man  einfach  ein  vä ;  wo  das  Partizip 
auf  -na-  lautet,  tritt  -tvä  an  die  Wurzelform,  die  jenem 
zugrunde  hegt.    Beispiele : 


1  Über  weitere  Ausnahmen  der  Regel  vgl.  Speyer,  Ved.  u. 
Sanskrit-Syntax  §  223. 

28* 


.^6  Formenlehre.  [§  638. 639. 

1-  f^  ß-  'siegen' :  f%r5^  jitvä. 

'9f\  ni-  'führen':  «fl^i  nJtvä. 

TS  ^ru-  'hören':  "^r^rr  iriävä. 

'Vf  bhü-  'werden":  ^Tt^  Wiütva. 

eR^  liar-  'machen':  if^qr  ^'i'i^ci- 

-^^i  man-  'denken':  ^TWT  '^natvä. 

f»T?  hhid-  'spalten':  firTöTT  ^^Mvä  (Part,  hhinna-). 

j{^^muc-  'loslassen' :  n^^T  niuktvä.  ^ 

"3|x[  vac-  'sprechen':  ^g^rr  uktvä. 

^^  dar^-  'sehen':  ^fT  ärMvä. 

s^  handh-  'binden' :  •^^j  haddlivä. 

^pr  labh-  'erlangen' :  ^rs't^  Jahdhvä. 

■gfir  tycf'j-  'verlassen':  ^j^j  tyaktvä. 

2.  ^  jnä-  'erkennen' :  ^i^m  jnätvä. 

Tzn"  dhyä  'denken':  "«rRTT  dhyätvä. 

\(j  dhä-  'setzen*:  t^c^T  ^^it't^ä. 

^  da-  'geben':  <^t41  duttvä. 

Tfr  im-  'trinken' :  tJ^^t  l^tvä. 

"^HT^  öp-  'erlangen' :  -^imm  äjptvä. 

639.  Auch  in  Bezug  auf  den  Bindevokal  zeigt 
sich  im  allgemeinen  Übereinstimmung  mit  dem  Partizip 
auf  -ta- ;  doch  hat  gelegentlich  der  Infinitiv  die  Bildung 
des  Absolutivs  sowohl  in  der  Wurzelform  (Hochstufe) 
wie  hinsichthch  des  Bindevokals  beeinflußt  und  dadurch 
die  ursprünghche  Bildungsweise  gestört;  vgl.  z.  B. 

1^  khan-  'graben' :  4^|<c(|  khätvä  und  (klass.)  auch 
igll^^cj;  khanitvä  (Part,  khäta-,  Inf.  khanitum). 

-^m  kram-  'schi'eiten' :  ;f)|.^|  kräntvä  und  (seit  dem 
Epos)  auch  ;fjf^<«4|  kramitvä  (kränta-,  kramitum). 

Anm.  1.  Die  gegenseitige  Beeinflussung  von  Infinitiv,  Parti- 
zip und  Absolutivum  läßt  sich  am  besten  durch  das  Verbum  säs- 
'befehlen'  illustrieren,  vgl. 


»  Kann  (mit  Acc.)  bedeuten:  'abgesehen  von'. 


§  639—642.]  Das  Verbum  infinitum.  437 

Partizip.  Infinitiv.  Absolutiv. 

Tiefstufe:  sista-  —  sistvä  (Gramm.) 

Hochstufe:     säs{i)ta-  (jünger)        säs(i)tum  säsitvä  (klass.) 

(Die  ursprünglichen  Formen  sind  durch  den  Druck  hervor- 
gehoben.) 

Anm.  2.    grah-  bildet  wieder  grhitvä. 

Anm.  3.  Wegen  weiterer,  von  den  ind.  Grammatikern  ge- 
lehrten Einzelheiten  s.  Kielhorn  §  513. 

640.  Für  die  abgeleiteten  Konjugationen  ist  wie 
beim  Infinitiv  vom  Praesensstamm  auszugehen,  z.  B. 

Ulrfijlf^T  sädayämi  (Kaus.)    'ich  setze':    441^(41  t<4T 

sädayitvä  (vgl.  Partie,  sädita-,  Infin.  sädayitum). 

^rr^T^^rrfH  sänttvayämi  (Denom.)  'ich  beschwichtige' : 
4j  I  »-T^  r^ y4 1  sänttvayitvä. 

641.  Das  Suffix  -i/a  tritt  in  der  Eegel  ebenfalls 
an  die  tief  stuf  ige  Wurzel  (obgleich  sie  ursprünglich 
betont  war !),  z.  B. 

^  ni-  'führen':  ^q^fl^  vpaniya. 

■ff^  tar-  'übersetzen' :  riic|fD4  avatirya. 

Tfc^pat-  'fallen':  f^q^j  nipatya. 

f^ir  vi§-  'eintreten' :  T?t%i?r  praviSya. 

^\j  hiidh-  'merken' :  ir^w  prahudhya. 

T^  vac-  'sprechen' :  ift^  pröcya. 

m^  karS-  'ziehen':  "f^ir^T  vikrSya. 

;gX  hvä-  {hü-)  'rufen' :  w^^  aliiiya. 

Anm.  Die  Übereinstimmung  mit  der  Wurzelform  des  Partie. 
Praet.  zeigt  sich  besonders  in  Fällen  wie  präpt/a  (von  äp-  'er- 
langen') oder  älambya  (von  lamb-  'herabhängen')  u.  ä. ;  vgl.  daher 
§  614  fl".  In  Formen  wie  ägamya  (von  gam-  'gehen'),  atikramya 
(von  kram-  'schreiten')  u.  dgl.  kann  die  "Wurzel  nach  §  90  als 
tiefstufig  aufgefaßt  werden  (vgl.  auch  §  577. 1).  Zu  se-  'liegen'  heißt 
das  Absol.  ni-say-ya,  eine  Neubildung,  die  offenbar  durch  say-ita-, 
iay-itvä  veranlaßt  ist. 

642.  Wurzeln  auf  ä  bleiben  vor  -ya  unverändert 
(hochstufig),  z.  B. 

^^  jnä-  'wissen' :  ^«n-sjl^  äjnäya. 
^  da-  'geben':  "^n^^  ädäya. 


438  Formenlelire.  [§  642. 643. 644. 

^  hä-  'verlassen':  f^^^  vihäya. 

643.  Das  Suffix  -tya  erscliemt  bei  Wurzeln,  die 
in  der  Tiefstufe  auf  kurzes  i,  u,  r  auslauten,  z.  B. 

^  i-  'gehen':  -q^  eti/a  (d.  i.  ä  +  iti/a). 

f^  ci-  'wahrnetiinen' :  f^f^sj  nidciti/a. 

•^  shi-  'preisen':  -jf'^r^  i^>'<^*'^^'^//^'^- 

qpj^  kar-  'machen' :  '^rW^  satkrtija. 

Diese  Bildung  ist  auch  möghch  bei  solchen  AVurzeln 
auf  am,  an,  deren  Tiefstufe  a  ist,  z.  B. 

ijj(  gam-  'gehen':  ^\i\^  är/atya  (neben  ägamya),  vgl, 
das  Part,  gata-, 

^w[  ')Han-  'denken':  "^«itfTc^  anumatya  (neben  anu- 
manya),  vgh  das  Part.  mata-. 

Dagegen  z.  B.  nur  atikramya  (Partie.  Praet.  kränta-). 

644.  Die  Caiisativa  (mit  der  ai.  10.  Klasse)  und 
DeuominatiTa  fügen  -ya  in  der  Hegel  an  die  nach  Abzug 
von  -aya-  übrig  bleibende  Wui-zelform,  z.  B. 

Tüe^cin^^lf^  auatärayämi  'ich  hole  herunter' :  '^f^- 
TTT'^  avatärya. 

f^T\H[\^  löcayämi  'ich  betrachte' :  ^j^iH^-^  samä- 
iöcya. 

"f^«fr^rrf*r  cintayämi  'ich  denke' :  f^f^nST  vkintya. 

^\y\^\U\  jnäpayämi  'ich  benachrichtige':  "^•f-sjliy 
anujfiäpya. 

^|6ftiijij[fTT  äkarnayämi  'ich  höre'  (Denom.  von  cRUf 
karna-  'Ohr') :  "^g?^  äkarnya. 

"Wenn  jedoch  die  Wurzelsilbe  des  Kausativs  ein 
kurzes  a  vor  einfachem  Konsonanten  enthält,  so  tritt  -ya 
an  den  Ausgang  -ay-,  z.  B. 

ct)H^|(7T  kalayämi  'ich  treibe  an' :  •4||c()H<U|  äkalayya. 

"i^M^if^  itnnumayämi  (Kaus.  von  nd-\-nam-)  'ich 
erhebe':  ^^^TSJI  unnamayya. 

In  diesem  Fall  hat  der  Trieb,  das  Kausativ  deutlich 
von  dem  Grundworte  zu  differenzieren,  die  jS'eubildung 


§644.645;]  Das  Verbum  iufiiütum.  439 

auf  -ayya  hervorgerufen:  nach  dem  Muster  etwa  von 
ga-tvä:  -gam-ya  wurde  zu  gam-ay-itvä  die  Kausativform 
-gamay-ya  statt  -gamya  geschaffen. 

645.  Über  ein  Absolutivum  auf  -am  (d.  h.  Acc.  S.  eines 
Yerbalnomens  auf  aj,  dessen  Hauptgebiet  die  Brähmana's  sind, 
das  jedoch  in  der  klass.  Sprache  ganz  selten  ist,  vgl.  Whitney, 
§  995,  Kielhorn  §  526,  Speyer,  Ved.  u.  Sanskrit-Syntax  §  224, 
Jacobi,  Compositum  unä  Nebensatz  S.  101  ff.  Die  Bildung  ist 
auch  iranisch,  s.  Bartholomae  IF.  XII,  141 S. 


Dritter  Teil. 

Compositum  und  Satzbau. 


XXIX.  Kapitel. 
Das  Compositum. 

Yorhemerkimgeyi. 

646.  Literatnr :  Brugmann,  Über  das  "Wesen  der  sogenannten 
"Wortzusammensetzung,  Sitzungsber.  d,  Sachs.  Ges.  d.  "Wiss.  1900, 
361—401 ;  ferner  Grundriß  11,21  ff.  Kurze  vergl.  Grammatik  S.  287  ff. 
297 ff,  (auch  Griech.  Gramm. s  163 ff.).  Delbrück,  Grundriß  V, 
139  ff.  159  ff.  181  ff.  Jacobi,  Compositum  und  Nebensatz.  Bonn 
1897.  Für  das  Ai.  vgl.  "Whitney  §  1076—1095,  1246—1316 
und  Kielhorn  §  541—576,  Speyer,  Sanskrit  Syntax  S.  145  ff. 
und  Ind.  Grundr.  I,  6,  S.  32 ff.,  ferner  Reuter,  Die  ai.  Nominal- 
composita  ihrer  Bedeutung  nach  untersucht,  ELZ.  XXXI,  157 — 
232.  485—612.  Richter,  Die  unechten  Nominalcomposita  des  Alt- 
indischen und  Altiranischen  IF.  IX,  Iff.  Die  beiden  Arbeiten 
enthalten  ein  überaus  reichhaltiges  Material  vor  allem  aus  der 
älteren  Sprache.  Für  das  Iranische  vgl.  Bartholomae,  Iran.  Grund- 
riß I,  148—151. 

647.  Begriff  des  Kompositums.  Die  einzelnen 
Wortformen  werden  im  Satz  gemäß  ihrer  syntaktischen 
Funktion  mit  einander  verbunden.  Sobald  nun  „die  Be- 
deutung von  Wörtern,  die  im  Satz  einen  engeren  syn- 
taktischen Verband  bilden,  in  der  AVeise  modifiziert  wird, 
daß  dieser  Verband  konventioneller  Ausdruck  für  eine 


§  647.]  Das  Compositum.  441 

irgendwie  einheitliche  Bedeutung  wird"^,  so  entsteht 
eine  Wortzusammensetzung  oder  Komposition  im 
weiteren  Sinne  (vgl.  "Wörter  wie  der  Gottseibeiuns ^ 
Landesfürst,  Rote  Rübe  u.  dgl.).  Dabei  ist  es  nicht  nötig, 
daß  eine  solche  Wortgruppe  formal  irgendwie  gekenn- 
zeichnet sei,  ja  nicht  einmal,  daß  die  einzelnen  G-heder 
sich  unmittelbar  berühren  (vgl.  die  sogen.  Tmesis  in  alat. 
oh  vos  sacro  =  obsecro  vos  oder  in  nhd.  er  fällt  vom  Baum 
herunter  u.  dgl.).  Eine  formale  Kennzeichnung  kon- 
ventioneller (erstarrter)  Wortverbindungen  tritt  jedoch 
schon  dann  ein ,  wenn  eine  solche  Wortgruppe  bei  un- 
veränderlicher, fester  Wortstellung  unter  einem  Haupt- 
accent  steht  (vgl.  gr.  Aioaxoupoi  =  Aio?  xoöpoi).  Feste 
Wortverbindungen  werden  ferner  gegenüber  freien  syn- 
taktischen Gebilden  isohert,  wenn  eines  oder  beide  Glieder 
außerhalb  der  Verbindung  nicht  mehr  selbständig  im 
Gebrauch  sind,  vgl.  z.  B.  ein  Yerbalkompositum  wie  upa- 
sthä-  'herantreten'  oder  ein  Nominalkompositum  wie  dur- 
manas-  gr.  Süa-jxsvT^?,  worin  die  ersten  Bestandteile  upa- 
und  duli-  (8üa-)  seit  der  vedischen,  bezw.  uridg.  Zeit 
außerhalb  der  Komposition  nicht  mehr  gebräuchlich  sind, 
oder  gr.  86a-ßaTo?,  wo  auch  der  zweite  Bestandteil  im 
Griechischen  außer  Gebrauch  gekommen  ist.  Im  letzteren 
Falle  kann  schließHch  dem  Sprechenden  das  Gefühl  für 
das  Vorhandensein  eines  Kompositums  völlig  verloren 
gehen,  so  daß  das  ursprünglich  selbständige  Schlußglied 
sich  zu  einem  „Suffix"  verflüchtigt  (vgl.  §  221  Anm.  2; 
auch  die  Nomina  auf  -anc-  gehören  hierher,  s.  §  322, 
ferner  das  Endghed  -maya-  'aus  etwas  gemacht,  in  etwas 
bestehend',  z.  B.  mpi-maya-  'aus  Lehm  gemacht',  möJia- 
maya-  'auf  Verblendung  beruhend').  Am  deutlichsten  wdrd 
ein  Compositum  formal  dadurch  gekennzeichnet,  daß  in 


1  Diese  Definition  stammt  von  Brugmann,  es  ist  jedoch  der 
Ausdruck  'Bedeutung'  anstelle  von  'Gesamtvorstellung'  gesetzt. 


442  Compositum  und  Satzbau.  [§647.648.649. 

der  Kompositionsfuge  zweierAVörter  das  Yorderglied  eine 
spezifische  Form  des  Auslautes  zeigt,  die  außerhalb  dieser 
Yerbindung,  d.  h.  in  dem  freien  syntaktischen  Grebilde, 
nicht  vorkommt,  wie  z.  ^.mErden-hewoliner,  Herrscliafts- 
haus,  Kirch-turm,  Haus-türe.  In  den  beiden  letzten 
Beispielen  besitzt  das  Vorderghed  überhaupt  kein  Kenn- 
zeichen der  Flexion.  Zu  dieser  Gruppe  gehört  nun  die 
Masse  der  aus  der  idg.  Grrundsprache  ererbten  und  nach 
diesem  Muster  fortwährend  neugeschaffenen  Nominal- 
komposita des  Ai.,  Griechischen  und  Germanischen,  in 
denen  das  Vorderglied  die  Stammform  des  Nomens 
zeigt.  Man  kann  sie  als  'echte'  Composita  (wozu 
noch  Fälle  wie  8ua-[x*v^^,  a-ßaio;  u.  dgl.  gerechnet 
werden  müssen)  oder  als  Composita  im  engeren  Sinn 
bezeichnen. 

64:8.  Einteilung  der  Composita.  Da  die  verschie- 
denen Wortarten  (Nomen,  Pronomen ,  Yerbum ,  Ad- 
verbium, Praeposition,  Partikel)  in  mannigfachster  Kom- 
bination sich  zu  Composita  (im  weiteren  Sinn)  verbinden 
können,  so  ergibt  sich  vom  morphologischen  Standpunkt 
aus  eine  große  Zahl  von  Kompositionsformen  (s.  die  Über- 
sicht bei  Brugmann,  Kurze  vergl.  Gramm.  S.  298 — 300). 
Wenn  man  jedoch  die  Composita  nicht  nach  den  zu- 
sammengesetzten Teilen,  sondern  nach  der  grammatischen 
Funktion  des  ganzen  Gebildes  betrachtet,  so  ergeben 
sich  3  Hauptklassen:  Verbalkomposita,  Nominal- 
komposita und  indekUnable  oder  Adverbialkompo- 
sita. Für  die  weitere  Gruppierung  gibt  die  grammatische 
Funktion  der  einzelnen  Gheder  und  deren  syntaktisches 
Verhältnis  zu  einander  den  Einteilungsgrund. 

a)  Verbalkomposita. 

649.  (Gliederung.  Ein  Verbum  finitum  (als  Endghed) 
kann  im  Ai.    mit  einer   Praeposition,    einem  Ad- 


§  649. 650.]  Das  Compositum.  443 

verbium  (Partikel)  oder  einem  Nomen  verbunden 
^N-erden;  am  häufigsten  ist  der  erste  Fall  (sowohl  im  Ai. 
wie  in  den  verwandten  Sprachen). 

A  n  m  Der  Fall,  daß  ein  Verbalkompositum  durch  Anfügung 
eines  Adverbiums  oder  eines  anderen  indeklinablen  Elementes  an 
eine  finite  Verbalform  zustande  kommt  (Brugmann  Kurze  vergl. 
Gramm  S  369.  3),  spielt  im  lebendigen  Sprachgefühl  keine  KoUe ; 
denn  in  Fällen  wie  ved.  hharata-na  (§  426.  IL  Anm.)  oder  gar 
hhara-täd  (§  421.  IV.  Anm.)  und  hhara-sva  (§  :429.  IV.)  ist  das 
Bewußtsein  der  Komposition  erloschen. 

G50.  Mit  dem  Verbum  werden  folgende  Praepo- 
sitionen  verbunden : 

.^jfTj  ati-  'darüber  hinaus',  z.  B.  ^rf^T^W:  aii-hram- 
'überschreiten'. 

^jfiij  am-  'darüber,  auf,  z.B.  ^rf%[^^  adi-ruh-  'auf- 
steigen'. 

^  anu-  'nach,  gemäß',  z.  B.  -^f^  anv-i-  'nach- 
folgen'. 

^^\  antar-  'dazwischen,  innerhalb',  z.  B.  ^^rrfT 
antar-i-  ^daz^Ndschen  treten'  [lat.  inter-venio]. 

^PT  apa-  'ab,  weg  von',  z.  B.  -^xTf^  apa-har-  'weg- 
nehmen' [gr.  ctTro-^dXXu)]. 

^jfxT  api-,  bisweilen  auchj^i-  'zu,  gegen'  (sehr  selten), 
z  B  ^rftWT  oder  finTr(a)iJi-f?/«ä-  'zudecken,  verschließen'. 
^^  abhi-  'zu,  gegen',  z.  B.  ^^^^  ahlii-dha-  'heran- 
bringen, anreden'  [got.  U-qiman  'überfallen',  idg.  ""oWn 
und  *&/h]. 

.^j^  ava-  'herab,  von  —  weg',  z.  B.  ^?5r^fTI  ava-tar- 
'herabsteigen'  [lat.  au-fero]. 

^  ä-  'zu  —  hin,  herbei',  z.  B.  WKT  ä-hvä-  'herbei- 
rufen'. 

^^  ud-  'auf,  empor',  z.  B.  ^?5[T  m^'^^^^"  (^^  ^^^^^-'  ^• 
§  157)"  'aufstehen,  sich  erheben'  [vgl.  got.  id-gaggan 
'hinausgehen']. 


444  Compositum  und  Satzbau.  [§650. 

^^  tipa-  'zu  —  hin,  gegen',  z.  B.  ^gr?^  upa-ni- 
'heranfühien'  [gr.  uTUo-TaiTw  'darunterstellen']. 

f^  ni-  'herab,  in',  z.  B.  f^TTf^;  ni-pat-  'hinfallen'. 

f^  nih-  'aus,  heraus',  z.  B.  f^nsffji;  7ii4-kram-  (vgl. 
§  182  Anm.  1)  'herausgehen'. 

Tnrr  l^arä-  'weg',  z.  B.  i(4^(<:j({  parä-vart-  'sich  ab- 
wenden'; vgh  2iViQh.  paläij-  S.  433  Fußnote. 

Ttfc:  pari-  'um  —  herum',  z.  B.  Mf^chldill  pari-Järtay- 
'rings  herum  verkünden'  [vgl.  gr.  7r£piXa{Jißdv(ü]. 

IT  _prff-  'vorwärts,  (her)vor',  z.  B.  ijf^n  pra-sthä- 
'aufbrechen'  [gr.  Trpo-ßaivu)]. 

irfTT  i?^«^i-  'entgegen,  zurück',  z.  B.  irffT^^  prati- 
hhäS-  [gr.  (dorO.TrpoTi-EiTCov  ==  TcpoostTCov]. 

f%  vi-  'weg,  hinaus',  z.  B.  f^  vi-dJiü-  'abschütteln, 
beseitigen'. 

;5f^  sam-  'mit,  zusammen',  z.  B.  ^n^«cr  sam-handh- 
'zusammen-,  anbinden'. 

Sin  Verbum  kann  auch  mit  mehreren  Praepositionen 
verbunden  werden,  z.  B.  ^rffTsfR  vy-ati-kram-  'vorüber- 
gehen', ■^SRjrnX  (i^^^y-ä-har-  'wegnehmen',  -^r^  anu~ 
p)ra-i§-  'zu  jem.  hinsenden'. 

Anm.  1.  Einige  dieser  Praepositionen,  wie  z.  B.  ud-,  ni-, 
pra-,  wurden  im  Ai.  niemals  selbständig  gebraucht;  in  der  späteren 
Sprache  sind  überhaupt  nur  wenige  davon  außerhalb  der  Verbal- 
komposition noch  im  Gebrauch  (die  üblichen  Praepositionen  s. 
§  237  f.  240—242).  Die  ursprüngliche  Bedeutung  der  Praeposition 
kann  im  Verbalkompositum  entweder  ganz  verblassen,  so  daß  sie 
nur  eine  Verstärkung  des  Verbalbegriffes  darstellt  (z.  B.  anu-grah- 
'ergreifen',  pari-tyaj-  'aufgeben,  verlassen',  sam-pra-äp-  'erlangen, 
erreichen'),  oder  sie  wird  völlig  unkenntlich,  wenn  das  Compo- 
situm starke  metaphorische  Bedeutungsänderungen  durchmacht 
(z.B.  anu-jnä-  Kaus.  'sich  verabschieden',  abhi-sic-  'salben,  weihen 
zu  etwas',  vy-ä-har-  'aussprechen').  Diese  Vorgänge  sind  auch 
in  den  verwandten  Sprachen  ganz  gewöhnlich;  über  die  Einzel- 
heiten gibt  das  Lexikon  Auskunft.  —  Bisweilen  verleiht  die 
Praeposition  dem  Verbum  eine  konträre  Bedeutung,  z.  B.  da- 


§650.651.]  Das  Compositum.  445 

'geben'  —  ä-dä-  'mit-,  wegnehmen',  kti-  'kaufen'  —  upa-krl- 
'verkaufen' ;  vgl.  dazu  "Wackernagel,  Nachr.  d.  Göttinger  Gesellsch. 
d.  Wiss.  1902,  737  ff. 

Anm.  2.  Über  einige  formale  Regeln,  die  bei  der  Ver- 
bindung von  Praeposition  und  Verbura  zu  beachten  sind,  vgl. 
§  146  Anm. ;  weiteres  dieser  Art  bei  Whitney  §  1087  d)  und  §  182 
Anm.  1.  Die  Stellung  der  Praeposition  war  in  der  älteren  Sprache 
frei  (vor  oder  nach  dem  Verbum),  s.  Whitney  §  1081;  im  San- 
skrit steht  die  Praeposition  immer  vor  ihrem  Verbum.  Wie  in 
der  griechischen  Sprache,  zeigt  sich  also  auch  hier  eine  Ent- 
wicklung von  der  ursprünglichen  (uridg.)  Freiheit  zur  Ge- 
bundenheit. 

651.  Die  Verbindung  von  Adverbien  mit  einem 
Verbum  liegt  z.  B.  vor  in  -^j^tjeh^  alq-kar-  'schmücken' 
(alam  Adv.  'genug,  gehörig'),  ■:i||fcm<^  äviS-kar-  'offen- 
bar machen'  (ävih-  'offenbar,  bemerkbar'),  ftn^^T^  tiras- 
kar-  'übertreffen'  (tiräli  Adv.  'quer',  Praep.  'durch',  vgl. 
§  322),  tn^^i;  puras-kar-  'an  die  Spitze  stellen'  (purah 
'voran,  vorn',  auch  Praep.),  c(f^bc}>'^  hahiS-kar-  'verjagen, 
ausschließen'  (hahih  'außerhalb',  s.  §  399),  f^rwjcre'  (oder 
o^^,  *»3)  mitliyä-vad-  (-vac-,  -hrü-)  'lügen'  (niithyä  'um- 
sonst,  vergeblich'),  ^^jrsirx;  säkMt-kar-  'sich  vor  Augen 
führen'. 

Die  Fähigkeit  dieser  Komposition  ist  (im  Vergleich 
zu  §  650)  selir  beschränkt:  vor  allem  ist  das  Verbum 
o|p(^  kar-  'machen'  dabei  beteihgt;  auch  sind  es  nur  einige 
wenige  Adverbien,  die  dazu  verwendet  werden.  Die  Grenze 
zwischen  Adverb  und  Praeposition  ist  übrigens  nicht 
immer  mit  Sicherheit  zu  ziehen.^ 

Anm.  Die  Partikeln  a-,  su-  und  duly,  die  in  der  Nominal- 
komposition überaus  häufig  sind  (s.  §  669),  können  nach  den  ind. 
Grammatikern  ebenfalls  mit  dem  Verbum  finitum  verbunden 
werden  (a-pacati   'er   kocht   nicht',   dus-carati    'er   befindet  sich 


1  Einen  charakteristischen  Beleg  bieten  dafür  die  idg.  Par- 
tikeln *epi  und  *eti:  jene  ist  im  Ai.  gewöhnlich  Adverb  {api 
'dazu,  auch'),  im  Griech.  Praeposition;  diese  ist  im  Ai.  Praepo- 
sition (ati-),  aber  im  Griech.  Adverb  (e'xi). 


446  Compositum  und  Satzbau.  [§  651—654. 

schlecht'),  doch  sind  Belege  (abgesehen  von  Partizipien  des  Praesens 
wie  a-jänant-  'nicht  kennend',  a-ldbhamäna-  'nicht  erlangend'  und 
zahlreichen  Particip.  Praet.)  in  der  Literatur  kaum  zu  finden, 
s.  Whitney  §  1121. 

652.  Die  Verbindung  mit  einem  Nomen  ist 
ebenfalls  an  gewisse  Grenzen  des  Gebrauchs  gebunden. 
Eine  bestimmte  flektierte  Form  erscheint  z.  B.  in 
"^n^f^+T  ('I'l'  ^T)  ctstam-i-  (-gam-,  -yä-)  'untergehen'  von 
der  Sonne  {asia-  'Heimat,  Wohnung',  vgl.  gr.  voaxo?) 
und  «Tifj^r^  namashar-  'verehren,  huldigen'.  Vgl.  dazu 
Fälle  wie  lat.  amm{um)  adverto,  nhd.  heimgehen^  außer 
Landes  gehen. 

653.  Etwas  häufiger  ist  die  Komposition  mit  einem 
Nominalstamm;  aber  außer  tsi;^  hrid-dliä-  'glauben' 
(=  lat.  credo,  idg.  *fcred-dhe-)  ist  wieder  nur  die  "W. 
kar-  daran  beteiligt,  vgl.  *n^i^  mjak-kar-  'erniedrigen, 
mißachten'  (nyak-  zu  nyahc-,  s.  §  321),  ^Kd^\  sat-kar- 
'gut  behandeln,  bewirten'  (saut-  'gut').  In  den  Fällen, 
wo  der  Stamm  äußerHch  mit  der  Flexionsform  des 
Neutrum  Sing,  zusammengefallen  ist,  kann  auch  an  Com- 
posita  nach  Art  des  §  652  gedacht  werden. 

Anm.  Die  Komposition  von  Nomen  und  Verbum  ist  auch 
in  den  übrigen  idg.  Sprachen  selten;  so  hat  sie  im  Griech.  erst 
in  jüngeren  Sprachperioden  eine  größere  Ausdehnung  bekommen 
und  scheint  hier  sekundär  durch  Nominalkomposita  vermittelt  zu 
sein  (vgl.  gr.  xpsocpaY^u)  'Fleisch  essen'  zu  xp£ocpdY°4  >  vau7:rjYetu 
'Schiffe  bauen'  zu  vauTTT^yoi;). 

654.  Nach  den  ind.  Grammatikern  können  beUebige 
Nomina  mit  den  Wurzeln  ^j;  kar-  'machen',  ^  hhü- 
'werden'  und  -^^  as-  'sein'  zusammengesetzt  werden. 
Häufig  belegt  sind  Composita  von  nominalen  «-Stämmen 
und  dem  Verbum  kar-\  der  Stammausgang  des  Nomens 
wird  hierbei  durch  ein  l  ersetzt,  z.  B.  -^n^^ört  aidgJ-kar- 
'sich  aneignen,  auf  sich  nelmien'  (aidga-  n.  'Glied'),  '^•fl- 
<)cji'^  antarl-kar-  'dazwischen  setzen,  einsetzen'  (antara- 


§654.655.]  Das  Compositum.  447 

'der  innere'),  -411  ch«^^"^  äkidl-luir-  'verwirren'  {akida- 
'ver^N-irrt'),  g^f^^^cft^  nialim-kar-  'beflecken'  (malina-  be- 
fleckt'), T^töRT  svi-kar-  'sich  aneignen'  (sva-  'eigen'). 
Die  Natur  dieses  l  ist  nicht  aufgeklärt;  s.  Delbrück, 
Grundriß  III,  1,  539  f.  und  zuletzt  Bezzenberger,  Fepa? 
(Festschrift  für  Fick)  156  f.  163. 

Anm.  In  Formen  wie  räji-bhü-  'König  werden',  pitri-bhn- 
'Vater  werden',  die  von  den  Grammatikern  gelehrt  werden,  handelt 
es  sich  um  Weiterwuchern  des  i  von  den  a- Stämmen  aus. 


b)  NominaLkomposita. 

655.  Vorbemerkungen.  Durch  die  Fähigkeit,  No- 
mina in  unbegrenzter  Zahl  und  beliebiger  Variation  mit 
einander  zu  Composita  zu  verbinden,  unterscheidet  sich 
das  klassische  Sanski-it  von  allen  andern  idg.  Sprachen, 
in  denen  die  Composita  auf  feste  Typen  mit  konventio- 
neller Bedeutung  beschränkt  sind.  Die  ai.  Nominal- 
komposition  istwieDekhnation  und  Konjugation  zu  einem 
grammatischen  Ausdrucksraittel  geworden,  das  im  ai. 
Satzbau  geradezu  die  Flexion  ersetzen  kann:  dem  ai. 
Compositum  kommt  daher  in  solchen  Fällen  keine  andere 
Bedeutung  zu,  als  der  entsprechenden  syntaktischen 
Gruppe,  die  durch  die  üblichen  flexivischen  Mittel  der 
Sprache  ausgedrückt  wird;  d.  h.  es  braucht  z.  B.  ein  Com- 
positum wie  Haustüre,  Königspalast  im  Ai.  nichts  anderes 
zu  besagen  als  das  syntaktische  Gebilde  die  Türe  des  oder 
eines  (bestimmten)  Hauses,  der  Palast  des  Königs. 

Anm.  In  der  vedischen  Sprache  wird  die  nominale  Kompo- 
sition noch  nicht  beliebig  verwendet,  sondern  ist  auf  zweigliedrige 
Verbindungen  beschränkt,  bei  denen  in  vielen  Fällen  wohl  eine  ein- 
heitliche Bedeutung  (wie  bei  nhd.  Hanstüre  u.  dgl.)  vorliegt.  Auch 
die  klassische  Sprache  besitzt  Composita  in  diesem  Sinn,  wie 
z.  B.  räjaputra-  'Königssohn' = 'Prinz';  daß  aber  die  Composita 
des  Sanskrit  ohne  weiteres  anstelle  der  freien  syntaktischen  Ge- 
bilde treten  können,  erhellt  am  deutlichsten  daraus,  daß  ein 
einzelnes  Glied  eines  Kompositums  durch  ein  außerhalb  desselben 


448  Compositum  und  Satzbau.  [§655.656.657. 

stehendes  Satzglied  näher  bestimmt  werden  kann ,  z.  B.  gurave 
datta-daksinah  'dem  Lehrer  äie-rechte-(Hand)-gegebenhabend'; 
svadesq  gantu-hämah  'in  die  Heimat  zu-gehen-Lust-habend'.  In 
der  Kontroverse,  die  sich  über  die  Bedeutung  der  Composita 
zwischen  Whitney  und  Delbrück  (s.  Grundriß  V,  204)  entsponnen 
hat,  haben  in  gewissem  Sinn  beide  Gelehrte  recht;  vgl.  dazu 
Speyer,  Ved.  und  Sanskritsyntax  S.  32. 

656.  Während  das  Endglied  eines  Kompositums 
flektiert  w-ird,  ist  das  Vorderglied  in  der  Eegel  der 
unveränderliche  AVortstamm  (wie  z.  B.  auch  in  gr.  itutto- 
Sajioc,  vaujxaj(ia  u.  dgl.) ;  seltener  dienen  Kasusformen 
als  Vorderglieder  (wie  in  gr.  Ai6?xoupoi).  Wenn  ein 
Nomen  verschiedene  Stammformen  hat,  so  erscheint  in 
der  Komposition  der  schwache  (bezw\  mittlere)  Stamm 
(vgl.  §  223),  also  z.  B.  agni-,  ]}itr-,  räja-,  hhagavat-, 
vidvat-  u.  s.  f.  Über  die  'Stammformen'  einiger  Pro- 
nomina vgl.  §  352.  355.  359.  363.  367.  369.  372,  über 
maliä-  für  mahänt-  s.  §  325  Anm.  (anders  Richter  IF. 
IX,  52  f.). 

Die  lautliche  Verbindung  der  KompositionsgUeder 
erfolgt  nach  den  Regeln  des  Sandhi  (vgl.  §  187). 

Beim  Schlußglied  eines  Kompositums  besteht  die 
Neigung,  «-Stämme  herzustellen:  so  wird  z.  B.  räjan- 
durch  räja-,  alian-  durch  ahna-  ersetzt,  neben  sahJii-, 
gö-  auch  sakha-,  gava-  gebraucht  (weitere  Beispiele  bei 
Whitney  §  1315,  vgl.  ferner  die  Regeln  bei  Kielhorn 
§  561.  568).  Über  Änderungen,  die  durch  die  Funktion 
des  Kompositums  bedingt  sind,  s.  u.  §  677 f. 

Anm.  "Wie  die  accentuierten  Texte  (s.  §  55)  zeigen,  steht 
das  Compositum  in  der  Regel  (jedoch  nicht  immer)  unter  einem 
Accent;  über  die  einzelnen  Regeln,  die  zahlreiche  Ausnahmen 
erleiden,  s.  Whitney  und  besonders  Reuter  a.  a.  0.  (§  646);  vgL 
ferner  §  659  Anm.,  670  Anm. 

657.  Einteilung  der  Nominalkomposita.  Nach  dem 
syntaktischenVerhältnis  der  Glieder  zerfallen  die  Nominal- 
komposita in  drei  Hauj^tklassen : 


§  657. 658.]  Das  Compositum.  449 

1.  Kopulative  Composita.  Die  einzelnen  Glieder 
sind  einander  koordiniert. 

2.  Determinative  Composita.  Ein  Glied  wird 
durch  ein  anderes  in  irgend  einer  Weise  näher  bestimmt 
oder  ergänzt. 

3.  Possessiv-Comp  osita.  Das  Compositum  hat 
nicht  einfach  die  aus  dem  Schlußglied  sich  ergebende 
Funktion,  sondern  drückt  aus,  daß  die  durch  den  Komplex 
bedingte  Bedeutung  Attribut  eines  Gegenstandes  oder 
einer  Person  ist. 

Anm.  Eine  Mittelstellung  zwischen  verbalem  und  nominalem 
Compositum  nehmen  die  Nomina  ein,  welche  von  zusammen- 
gesetzten Verben  (Verbalwurzeln)  abgeleitet  sind.  Dahin  gehören 
nicht  nur  Verbalnomina  im  engeren  Sinn,  d.  h.  Infinitive  und 
Partizipien  wie  z.  B.  vi-rötum  'brüllen'  (von  ru-)  oder  pra-sänta- 
'beruhigt',  pari-pürna-  'erfüllt',  anu-mata-  n.  'Erlaubnis'  oder  apa- 
htya-  n.  'Schädigung'  ('was  abgehalten  werden  muß'),  sondern 
auch  Nomina  actionis  und  agentis  wie  adhi-pa-  'Gebieter',  äkhyä- 
f.  'Benennung',  upagraha-  'das  Ergreifen',  prasäda-  'Gnade',  abhi- 
dhäna-  n.  'Benennung',  niskramana-  n.  'das  Hinausgehen',  upa- 
iänti-  'K.uhe',  pariträtar-  'Beschützer',  nivartin-  'umkehrend' 
u.  dgl, 

1.  Kopulative  Composita. 

658.  Bildimgsweise.  Die  kopulativen  Compo- 
sita, ai.  dvandva-  n.  'Paar'  genannt,  dienen  zui-  Ver- 
knüpfung von  grammatisch  gleichartigen  koordinierten 
Gliedern  (Substantiven  oder  Adjektiven,  selten  Ad- 
verbien). Das  substantivische  Schlußglied  steht  entweder 
im  Dual,  bezw.  Plural  oder  im  Neutrum  Sing.  Bei- 
spiele : 

a)  -^^viiff  artha-dharmäu  'Nutzen  und  Recht';  -jw- 
^^ir<^  ^uka-iärike  'Papagei  und  Elster',  ^^(apsrn  hasty- 
aiväh  'Elefanten  (hastin-)  und  Pferde';  WT^pn^f^^" 
f^ZTST  hrähmana-Matriya-vit-h'idräh  'ein  Brahmane, 
ein  Ki'ieger,  ein  Yäi^ya  und  ein  Südra'. 

Thumb,  Altindisohe  Grammatik.  29 


450  Compositum  und  Satzbau.  [§  658. 659. 

b)  gmoi^tiH  puSpa-phalam  'Blüte  und  Fruclit' ;  ^gj^- 
Tf^MilH  jaya-V^^fäjayam  'Sieg  oder  Niederlage' ;  f^fTT" 
f^H,  hita-aJiitam  'AVolil  und  Wehe'. 

Anm.  Durch  die  Form  des  Neutr.  S.  scheint  für  das  ind. 
Sprachgefüh]  nicht  einfach  eine  Verbindung  zweier  Wörter  oder 
Begriffe,  sondern  vielmehr  die  Vereinigung  derselben  zu  einem 
höheren  Gattungsbegriff  ausgedrückt  zu  werden ;  also  z.  B.  puspa- 
pÄaZam  = 'Produkt,  Endzweck  der  Pflanze',  mahilä-svaputram 
'Weib  und  Kind' = 'Familie'. 

c)  w|$t)^uij  kiklalirMa-  'hell  und  dunkel",  fuTTlfff 
krtakrta-  'getan  und  nicht  getan';  ferner  J|dHldlN  //«" 
tägatäni  (YIII,  12)  'das  (fortwährende)  Gehen  und 
Kommen'. 

d)  -^^f^i^iij^  aharni^am  Adv.  'bei  Tag  und  Nacht'. 
Vgl.  ferner  die  zusammengesetztenZahlwörter  §  378f. 
Anm.    r- Stämme  erscheinen  als  Vorderglied   bisweilen  im 

Nom.  S.,  z.  B.  mätä-pitaräu  'Mutter  und  Vater'  =  'Eltern'  (was 
auch  durch  pitaräu  ausgedrückt  werden  kann,  s.  §  226);  solche 
Formen  sind  wohl  durch  Verschmelzung  von  asyndetisch  ver- 
bundenen Nominativen  mätä-pitä  entstanden.  Über  die  Ver- 
bindung von  zwei  Dualen  wie  miträ-varunä  'Mitra  und  Varuna', 
die  nur  im  Vedischen  vorkommt,  s.  Whitney  §  1255,  Richter  IF. 
IX,  23  ff.,  Brugmann,  Kurze  vergl.  Gramm.  S.  301.  Es  ist  be- 
merkenswert, daß  der  Abnahme  dieser  Bildungen  in  den  ved. 
Texten  eine  Zunahme  der  echten  Dvandva's  (mit  Stammform  im 
ersten  Glied)  parallel  geht. 

659.  Sprachgeschichtliches.  Die  Dvandvakompo- 
sita  sind  in  der  ältesten  Sprache  (RV.)  noch  recht  selten 
und  auf  zwei  Glieder  beschränkt,  während  sie  im  Sanskrit 
in  beliebiger  Anzahl  von  Gliedern  auftreten.  Die  idg. 
Grundsprache  besaß  offenbar  nur  einige  wenige  feste 
Verbindungen  dieser  Art,  wie  z.  B.  die  Zahlwörter  '11,12' 
(vgl.  lat.  undecim,  diiodecim,  gr.  evBexa,  BwBsxa,  ai.  dvä- 
dah-)\  die  Dvandva's  sind  in  allen  idg.  Sprachen  spärhch, 
und  nur  noch  das  Griechische  hat  —  aber  erst  in  jüngerer 
und  jüngster  Zeit  —   einen  Anlauf  zu  produktiver  Ver- 


§659.660.661.]  Das  Compositum.  451 

Wendung  derselben  genommen  (vgl.  außer  agr.  vu^^OtJias- 
pov  z.  B.  ngr.  yovaixo-TraiSa  'Frauen  und  Kinder'). 

Anm.  Den  Dvandva's  sind  nahe  verwandt  die  sog. 'Iterativ- 
oder ämrcrfito-Composita' 1  (vgl.  besonders  Delbrück,  Grundriß 
III,  3,  141  ff.),  d.  h.  Wortwiederholungen  wie  panca-panca  'je  5'^ 
yad-yad  'was  immer',  padc  pade  'Schritt  für  Schritt',  die  in  allen 
idg.  Sprachen  vorkommen  (vgl.  agr.  Suo  ouo  [im  Neuen  Testament] 
'je  zwei',  ngr.  oiya  017«  'nur  immer  langsam',  lat.  quisquis,  ital. 
pian  piano  u.  dgl.).  Daß  es  sich  hierbei  um  Komposition  (im 
weiteren  Sinn)  handelt,  ergibt  sich  aus  den  accentuierten  (ved.) 
Texten,  in  denen  z.  B.  dive-dive  'Tag  für  Tag'  unter  einem  Ac- 
cent  steht.  Wie  völlig  solche  'Zusammenrückungen'  zu  einer 
festen  Einheit  verschmelzen  können,  zeigen  anyönya-  'einander' 
und  paras-para-  'gegenseitig':  der  Nom.  S.  des  ersten  Gliedes 
erstarrte  (in  der  Zeit  der  Brähmana's),  so  daß  nur  das  Schluß- 
glied flektiert  wird;  aber  auch  dieses  verliert  schließlich  seine 
Flexionsfähigkeit,  d.  h.  es  entstehen  die  Adverbien  anyönyam 
und  parasparam,  die  in  beliebiger  Satzfügung  zum  Ausdruck  des 
Reziprozitätsverhältnisses  dienen.  Vgl.  dazu  Richter  IF.  IX,  49  f.  — 
Mit  den  echten  Composita  sind  identisch  iterative  Zusammen- 
setzungen wie  ekäika-h  {=  eka-eka-h)  'einer,  einzeln',  pürva- 
pürva-h  'jeweils  der  frühere',  in  welchen  das  Yorderglied  die 
Stammform  angenommen  hat. 

2.  Determinative  Cotnposita. 

660.  Eiuteilimg.  Die  determinativen  Composita,  in 
derind.  Grammatik  nach  einem  Musterbeispiel  tatpuru^a- 
('dieser  Mann')  benannt,  umfassen  alle  Zusammen- 
setzungen, in  denen  ein  Nomen  durcb  ein  anderes  Nomen 
oder  ein  Adverbium  näher  bestimmt  wird ;  das  näher  be- 
stimmte Wort  bildet  in  der  Regel  (jedoch  nicht  immer) 
das  Schlußglied.  Die  Unterabteilungen  ergeben  sich  aus 
dem  syntaktischen  Verhältnis  der  Gheder,  das  attri- 
butiv, kasuell  oder  adverbial  sein  kann. 

661.  Das  attributive  KompositionsgUed  ist  entweder 
ein  Adjektiv    (Partizip,   Pronomen)    oder    ein    Sub- 

1  ämredita'  bedeutet  'wiederholt'. 

29* 


452  Compositum  und  Satzbau.  [§661. 

stantiv  (Apposition).  In  der  ind.  Grammatik  heißen 
diese  Composita  Jcarma-dhäraya-  'ein  Amt  tragend'.^ 
Beispiele : 

a)  TT^^jn^h  iKira-lö'ka-  m.  'die  andere  Welt,  Jenseits', 
f^-^j^  priya-sahhl-  'Hebe  Freundin',  -^^^y^maliädeva- 
'der  große  Gott"  (für  Siva  gebrauclit),  ITWT^  madhyähna- 
m.  'Mittag'.  ^nT^  sadhhäva-  m.  'gute  Gesinnung,  Zu- 
neigung', fc(^^»ti:  vidvajjanäJi  PI.  'gelela-te  {vidvqs-) 
Leute',  ^^TT^T  sva-sthäna-  n.  'Heimat',  iTl[r^  mad-väc- 
'mein  Wort'. 

Vgl.  dazu  Bildungen  wie  gr.  dxpo-oXi?.  [i^ao-^aia, 
ttYpiajiTTEXo?,  nlid.  Jungfrau. 

h)  sf^^c^x  ^t«i'"^'-^'^^'«-  'Mann,  Held,  der  ein  Dichter 
ist',  w^rf^  hrahmarU-  'ein  rU-  (Weiser)  der  Brahmane 
ist,  Priester  und  Weiser  in  einer  Person,  Priester-Weiser', 
yT«TM<i^^  mämiMrakMsa-  'Dämon  in  Menschengestalt'. 
Ygl.  gr.  iaTp6-{i.avTi<;  'Wahrsager,  der  ein  Arzt  ist'. 

^ej^|g<^  jaya-iahda-  'das  Wort  jaya-\  ^^S(mWTJW^ 
amätya-räkMsa  'Minister  Räksasa',  ^jH^^}  M-sarya- 
'Majestät  Sonne,  die  herrliche  Sonne'  (M-  'Herrhch- 
keit,  Majestät'  ^ird  besonders  Eigennamen  vorgesetzt, 
um  auszudrücken  'der  erhabene  N.  N.'). 

Bisweilen  steht  das  bestimmende  Glied  am  Schluß 
des  Kompositums,  z.  B.  xpi^  inf,-gava-  'ein  Mensch,  der 
ein  Stier  ist'  =  'Held',  -g^^xi-sj  iJ?<r?iöa-prtö'«- 'Mensch, 
der  ein  Vieh  ist'  =  'Mensch  und  Vieh  in  einer  Person, 
Viehmensch',  4^«^^ct^|^  manuja-vyäghra-  'Mensch  der 
wie  ein  Tiger  ist"  =  'ein  hervorragender  Mensch',  jj^- 
f^  räja-siha-  'ein  König  wie  ein  Löwe',  in^lTt^rn  *"^^'- 
tya-matsyäh  (VIII,  3)  'Männer  welche  Fischen  zu  ver- 
gleichen sind";   (f^^rf7r)"?T^Frtrr"^"siTn^^rnT  (^^'«^0  yama- 


1  Es    ist    unklar,    in  welchem    Sinn    dieser    Terminus     ge- 
meint ist. 


§661.662.663.]  Das  Compositum.  453 

ähäm-ijavanikäm  (Vni,  16)  'er  tritt  in  des  Todesgottes 
Behausung  wie  hinter  einen  Vorhang'. 

Anm.  1.  Eine  besondere  Abart  der  Tatpurusa  sind  die 
sogen.  'Vergleichungskomposita'  wie  z.  B.  candröjjvala-  (=  candra- 
ujjvala-)  'strahlend  wie  der  Mond'. 

Anm.  2.  Ein  prädikatives  Verhältnis  der  Glieder  liegt  in 
Fällen  wie  unmatta-bhfita-  'toll  geworden'  vor;  solche  Composita 
sind  halb  nominal,  halb  verbal. 

662.  Die  attributive  Verbindung  eines  Zahlwortes 
und  eines  Substantivs  bezeichnet  in  der  Regel  (d.  h. 
wenn  das  Compositum  nicht  Glied  eines  mehrteiligen 
Komplexes  ist)  die  Gesamtheit  einer  Anzahl  von  Dingen, 
d.  h.  ein  kollektives  Verhältnis,  z.  B.  ij^b[^;  saptat'bayah 
(PI.)  'die  7  Weisen',  d.  i.  'das  Gestirn  des  großen  Bären'. 
Die  kollektive  Natur  dieser  Composita,  die  von  den  In- 
dern clvigu-  'aus  zwei  Kühen  bestehend'  genannt  werden, 
Anrd  meist  dadurch  gekennzeichnet,  daß  das  Schlußglied 
zu  einem  Neutrum  Sing,  auf  -am  oder  Femin.  Sing,  auf 
-^  umgeformt  wird,  z.  B.  ^ct'4^1»^  catur-yugam  'die  4 
Weltalter',  f^^t^  trilöM  'die  drei  Welten,  die  Drei- 
welt'. Vgl.  auch  die  Zusammensetzung  der  'Hunderter' 
§  379. 

AhnUche  Bildungen  sind  gr.  xpitüßoXov,  £xaT6[xß7]. 

663.  Bei  kasueller  Bestimmtheit  kann  ein  jedes 
Kasusverhältnis  bezeichnet  werden,  das  zwischen  zwei 
Nomina  möglich  ist.  Bei  Verbalnomina,  besonders  Wurzel- 
nomina von  verbalem  Chararakter,  ersetzt  das  Compo- 
situm ein  verbales  Rektionsverhältnis.  Die  kasuellen 
Determinativkomposita  zerfallen  demnach  in  solche  mit 
verbaler  und  solche  mit  nominaler  Kasusrektion  des 
Endghedes.  Die  Grenzen  zwischen  beiden  Klassen  sind 
naturgemäß  fließend,  da  ja  die  besondere  Kasusrektion 
formal  nicht  kennthch  gemacht  ist.  Nur  in  den  wenigen 
Fällen,  w^o  das  erste  Glied  nicht  in  der  Stammform, 
sondern  in  einem  Kasus  steht  (also  in  'unechten'  Com- 


454  Compositum  und  Satzbau.  [§  663. 664. 665. 

positis),  ist  das  sjTitaktisclie  Verhältnis  der  Glieder  direkt 
nachweisbar. 

664.  Bei  rein  nominaler  Rektion  steht  das  erste 
Griied  am  häufigsten  für  einen  Grsnetiv. 

a)  Das  Schlußglied  ist  ein  Substantivum,  z.  B.  »nTfTT 
}ir-pati-  'Herr  der  Männer'  oder  ^xrfff  h]iii-2)ati-  'Landes- 
herr' =  'König',  ■^^ftrfTT  artha-pati-  'Sachwalter, 
Richter',  ■JTRItrfTWT'T  präna-imrityäga-  'Aufgeben  des 
Lebens',  tt^^.  tad-vacah  'dessen  Wort" ;  "^r^Tr^üT  cirtha- 
tr^nä-  'Geldgier,  Habsucht",  Tr[T!['V{'m)räna-hliaya-  'Furcht 
um  das  Leben';  -cn<^c)f^  cäura-huddhi-  (III)  'Meinung 
daß  es  ein  Dieb  sei'. 

VgL  dazu  gr.  TraxpdSsXcpo?,  dixoSsotcott^c. 

b)  Das  Schlußglied  ist  ein  Adjektiv,  z.  B.  «f^^^ 
nara-sreWia-  'der  beste  der  Männer',  ^^TMl^fiT  ^^^ciSä- 
{a)ntara-  (n.)  'das  innere,  der  Sinn  der  Rede'. 

665.  Seltener  sind  andere  Kasusverhältnisse,  z.  B. 
Dativ:  UTrf^rfch  padöclaka-  'Wasser  für  die  Füße', 

gfftf^ff  gö-hita-  'gut  für  Kühe*. 

Instrumental:  VT^n"^  dliänyärtha-  'Reichtum 
(der)  durch  Getreide  (erworben  ist)',  r^T^W  tvat-sama- 
'dir  ähnhch'  (vgl.  §  238.  1),  ^<^^|fi  hari-träta-  'von  Hari 
beschützt'. 

Ablativ:  ^tT^HT  cäura-bhaya-  'Furcht  vor  einem 
Dieb',  ^"^ahrfTTcT  svarga-patiia-  'vom  Himmel  gefallen', 
^::^TT  ^^iiii-p'-iyf^-  'höher  als  ich'. 

Lokativ:  TTTJfTre  gräma-väsa-  'das  Wohnen  im 
Dorf,  TjcfrqT^f^fT  eka-päda-sthita-  'auf  einem  Fuß 
stehend'. 

Accusativ:  f^'a''i|jm»T  videia-gamana-  'das  Gehen 
in  die  Frernde',  f^^ftW«TT^rfT  triyöjan{a)-äyata-  'drei  yö- 
Jana-  (ein  Längemaß)  lang",  f^^rK^ld  ciratara-gata- 
'schon  länger(e  Zeit)  weggegangen'. 


§665.666.667.]  Das  Compositum.  455 

Vgl.  dazu  z.  B.  aus  dem  Grriecliischeii  Oeo-eixeXos, 

666.  Unechte  Composita  mit  flektiertem  Vorderglied  (wie 
gr,  Aioaxo'jpoi,  AucpiXo«)  sind  nur  in  der  älteren  Sprache  etwas 
häufiger;  in  der  klass.  Sprache  werden  z.  B.  gebraucht  visäm- 
pati-  'Herr  der  Gaue'  (zur  Bezeichnung  eines  Fürsten),  divas-pati- 
'Himmelsherr'  (Beiname  Indra's  und  Visnu's),  väcas-pati-  'Herr 
der  Rede'  (Beiname  verschiedener  Götter);  parasmäi-pada-  'Ac- 
tivum'  (s.  §  411);  ätmanä-trtlya-  'durch  sich  selbst  der  dritte, 
selbdritt'.  Es  handelt  sich  fast  nur  um  altererbte  und  konventio- 
nelle Ausdrücke ;  daß  die  Kasusnatur  des  Vordergliedes  im  Sprach- 
gefühl bisweilen  völlig  vergessen  ist,  zeigt  vanas pati-  'Waldes- 
herr', d.  i.  'Baum'  (zu  vana-  'Wald');  der  Ausgang  -as  ist  von 
Fällen  wie  divaspati-  verschleppt,  vgl.  gr.  Auxoc-oupa  nach  Kuvoa- 
oüpa. 

667.  Composita  mit  Yerb  alrektion  liegen  eigent- 
lich schon  in  Fällen  wie  Jiari-träta-,  videsa-gmnana- 
u.  dgl.  (§  665)  vor.  Am  deutlichsten  tritt  die  verbale 
Rektion  bei  Yerbalwurzeln  zu  Tage,  die  unmittelbar  oder 
mit  den  Suffixen  -t-  und  -a-  (s.  §  418.  2,  248f.)  als  Nomina 
agentis  das  Schlußglied  eines  Kompositums  bilden  und 
nur  in  dieser  Verbindung  verwendet  werden.  Solche 
Composita  wurden  von  den  ind.  Grammatikern  uijapada- 
'Nebenwort'  genannt ;  L.  v.  Schroeder  und  Jacobi  nennen 
sie  'synthetische',  Delbrück  und  Brugmann  'Eektions- 
komposita'.    Schlußglieder  dieser  Art  sind  z.  B. 

1.  -ga-  'gehend  in,  zu' :  c(^j[  va^a-ga-  'unter  dem 
Willen  eines  stehend,  abhängig'. 

-glina-  'schlagend':  ^Tf^  Tirta-glina-  'undankbar'. 

-ja-  'abstammend  von' :  »jui^j-ai  nrpätma-ja-  'von  der 
Person  eines  Königs  {nrpa-)  abstammend,  Königssohn'. 

-jha-  'kundig':  <^<j-s^  rasa-jna-  'geschmackskundig, 
vertraut  (mit  etw.)'. 

-da-  'gebend' :  v«fT  dhana-da-  'Reichtum  spendend'. 

-ni-  'führend' :  Hjt^jji)  agra-nl-  'an  der  Spitze  führend, 
princeps'. 


456  Compositum  und  Satzbau.  [§667. 

-im-  'trinkend' :  •^^(^  madya-jja-  'Weintrinker'. 
-2)a-  'schützend' :  ^x?  h]iü-2)a-  'das  Land  schützend, 

König'. 

-hhuj-  'genießend,  essend':  cjn^w^  kanta-hhuj- 
'Dornenesser,  Kamel'. 

-viel-  'wissend':  TiRff^  dharma-vid-  'das  Eecht  er- 
kennend'. 

-stlia-  'in  etwas  hefindhch' :  "^ittt;^  antara-stha-  'im 
Innern  befindhch'. 

2.  -krt-  'machend':  Tn^rffci;  l^äpa-krt-  'böses  tuend' 
(Gramm.). 

-jit-  'besiegend,  gewinnend':  ij-^f^fi;  kdru-jit-  'die 
Feinde  besiegend'  (Gramm.). 

-hhrt-  'tragend':  -^^pRrWf^  udyama-hhrt-  'Anstrengung 
tragend,  sich  anstrengend'. 

3.  -kara-  'bewirkend':  ^i^c^if^  sukha-kara-  'GKick 
verschaffend'. 

-smara-  'sich  erinnernd':  -sj | fd^HT  jnäti-smara-  'sich 
einer  früheren  Geburt  erinnernd'. 

-hara-  'vertreibend' :  mg^^^  päpa-hara-  'das  Böse 
vertreibend'. 

4.  Auch  andere  Verbalnomina  wie  z.  B.  diejenigen 
auf  -ana-  (§  252  b)  und  -tar-  (§  303),  sowie  Nomina  auf 
-m-,  die  an  sich  nicht  unmittelbar  zur  Verbalwurzel  ge- 
hören (s.  §  316),  können  in  gleicher  Weise  verwendet 
werden,  z,  B. 

karana-  'bewirkend':  <TTa[R^T!t  tat-karana-  'dies  be- 
wirkend'. 

kärin-  'bewirkend':  Nj«jj|<Jc(tTfT7i;  unmäda-kärin- 
'Raserei  hervorrufend'. 

vartin-  'sich  befindend' :  ^yfjijcjnH^  samipa-vartin- 
'in  der  Nähe  befindhch'. 

vädin-  'sprechend' :  {j'rftcjxfg^  satya-vädin-  'die  Wahr- 
heit sprechend'. 


§667.668.]  Das  Compositum.  457 

härin-  'bezaubernd':  ^«H^ir^«!  manö-härin-  'das 
Herz  bezaubernd'. 

(Weitere  Fälle  dieser  Art  s.  bei  Whitney  §  1276  — 78 
und  Jacobi  a.  a.  O.  6  ff.) 

Die  verbale  Funktion  dieser  verschiedenen  Scbluß- 
glieder  ergibt  sich  aus  den  hierhergehörigen  unechten 
Composita,  wie  -^ir^rf^i  arl-dama-  'den  Feind  bändigend', 
^\\i(^'i\imra-imrq-jaya-  'die  Stadt  des  Feindes  erobernd', 
f^^v^-  vihcm-ga-  'durch  den  Luftraum  gehend',  m.  'Vogel', 
^vmf^ci  yudhä-jit-  (Epos)  'durch  Kampf  siegend'  u.  dgl. 
(Weitere  Beispiele  meist  aus  der  älteren  Sprache  bei 
Whitney  §  1250.  1269  f.  und  besonders  Richter  IF.  IX, 
183 ff.,  der  jedoch  [S.  196  ff.]  in  vihcmga-  keinen  Accu- 
sativ  sieht). 

Die  Eektionskomposita  sind  in  den  idg.  Sprachen 
altererbt  und  weit  verbreitet,  vgl.  z.  B.  aus  dem  Griechi- 
schen ßo6-xXec[*,  l7r7r6-Ba|jLo?,  (pu^o-Troixirö?,  aTpax-TjYoc, 
davato-cpopo?  u.  s.  w.  oder  (mit  flektiertem  Anfangsghed) 
Zopi-iidyoc.  Jacobi  a.  a..  O.  S.  17  ff.  sieht  in  den  Schluß- 
ghedern  Partizipien  einer  älteren  Stufe  der  Grund- 
sprache, doch  ist  diese  Annahme  nicht  nötig,  s.  Delbrück 
m,  3,  162  ff. 

Anm.  Composita  mit  verbalem  Vorderglied  und  davon  ab- 
hängigem Schlußglied  kommen  nur  im  RV.  vor,  z.  B.  kmyäd-vira- 
'Helden  beherrschend',  äbharäd-vasu-  'Güter  herbeibringend'  (s. 
Whitney  §  1309)  oder  däti-vära-  'Gabenspendend'  (s.  Jacobi  a.  a.  0. 
S.  64) ;  der  erste  Typus  ist  auch  iranisch,  der  zweite  liegt  in  gr. 
Xuoi-TTovo?  u.  ä.  vor,  vgl.  auch  gr.  cpsps-oixö?,  dp)(£-xaxo?.  Die 
Entstehung  dieser  alten ,  auf  dem  Aussterbeetat  befindlichen 
Composita  reicht  ofi'enbar  in  die  Zeit  lange  vor  der  Entstehung 
der  Flexion  zurück :  es  ist  daher  schwer,  über  die  Natur  des  ver- 
balen Elements  ins  Klare  zu  kommen.  Vgl.  darüber  Jacobi 
a.  a.  0.  und  die  Literatur  bei  Brugmann,  Kurze  vergl.  Gramm. 
S.  299  f. 

668.  Als  adverbiales  Vorderglied  werden 
nicht  nur  Adverbien,  sondern  auch  Praepositionen,  Par- 


458  Compositum  und  Satzbau.  [§668.669. 

tikeln  und  andere  indeklinable  Wörter  verwendet.  Zwi- 
schen diesen  und  den  kasuellen  Composita  ist  die  Grenze 
nicht  scharf  zu  ziehen,  wenn  ein  Adjektivstamm  in  ad- 
verbialer Funktion,  d.  h.  an  Stelle  eines  adverbial  ge- 
brauchten Kasus,  im  Yorderglied  steht,  wie  z.  B.  in 
^V4*j^^  cidhama-ceMa-  'gemein  handelnd',  "^rfV^TflT^ 
adhika-xwiya-  'im  Übermaß,  außerordenthch  gehebt', 
M<*^3flTy  parama-2Jrlta-  'auf  höchste  erfreut',  TT^  dära- 
stha-  in  der  Ferne,  fern  stehend'.  Als  Schlußgheder 
dienen  auch  die  §  667  genannten  Nomina. 

Beispiele  i-^f^fTI  adJii-jMti-'OherhevY',  jffr^q^  prati- 
paJisa-  'die  entgegengesetzte  Seite';  "^fTTrftsT  ati-tlvra- 
'sehr  heftig',  fvr^fgf  nir-jiva-  'leblos',  ^^fp  sam-pakva- 
'ganz  reif,  xr^:^n^  ijurali-sara-  'vorangehend',  fT^rWcI  ^^" 
tJiä-hhüta-  'so  beschaffen'. 

Vgl.  dazu  griech.  Composita  wie  auvBouXo?,  a|xcpi- 
jxeXac,  Y](xi&£o?,  oizapyoc,  u.  dgL 

Aum.  Seltsam  ist  die  Verwendung  von  adverbialem  pürva- 
'fi'üher'  als  Schlußglied,  z.  B.  drsta-pürva-  'früher  gesehen'. 

669.  Besonders  zahlreich  sind  die  mit  den  Par- 
tikeln a-  (privativum),  su-  und  duh-  zusammengesetzten 
Nomina  (denen  die  griechischen  Composita  mit  d-  [av-], 
SU-  und  ou?-  entsprechen),  z.  B. 

a-,  an-:  "^^j^  abliäva-  'das  Nichtvorhandensein', 
'■^<r^dT  a-rciMitar-  'der  Nichtbeschützer',  ■^'^•T  «-i«ä- 
iia-  'das  Nichtkennen' ;  '^s[^fx[^a-sant-  'nicht-gut,  schlecht', 
■^xf^  a-pürva-  'noch  nicht  dagewesen',  -^«f.ij^4{  an-anya- 
sama-  'nicht  einem  andern  gleich ,  '-^c||-<t|  a-vacya-  'un- 
aussprechbar', -4|f^^'q  a-vikreya-  'unverkäuflich",  ^^ 
a-druh-  (ved.)  'nicht  schädigend'. 

Anm.  l.  Die  Vorsilbe  a(«)-  trägt  in  den  accentuierten  Texten 
nahezu  ausnahmslos  den  Accent,  z.  B.  äkrta-  'ungetan'  gegenüber 
Tirtä-  'getan'  (vgl.  gr.  a-cpOiro;  —  cp&ixoc  u.  dgl.). 

Anm.  2.  Wie  geläufig  dem  Inder  diese  gegensätzliche  Gliede- 
rung der  Begriffe  war,  zeigt  das  "Wort  sura'  (w.)  'Gott':  es  ist  ledig- 


§669.670.]  Das  Compositum.  459 

lieh  eine  Abstraktion  aus  dem  "Wort  asura-  'böser  Geist',  das  als 
ein  a-sura-,  d.  i.  'Nicht-Gott',  empfunden  wurde,  obwohl  das  an- 
lautende a-  nichts  mit  dem  a-privativum  zu  tun  hat. 

SU-:  TraVr  sti-vlra-  (ved.)  'Held',  7^ij{m  su-mrtyu- 
'schöner  Tod',  ^nr^^  sa-mahant-  'sehr  groß',  ^*nf^ 
su-hJiäSita-  'schon  gesprochen',  ^^*{|f^fi  su-samähita 
'wohlbedacht',  w^c[^  su-hi-  'gut  handelnd'. 

Anm.  3.  Die  Partikel  su-  läßt  sich  mit  gr.  eu  vereinigen, 
wenn  man  als  idg.  Grundform  ein  *esu-  neben  *su-  ansetzt;  die 
beiden  Formen  stehen  zu  einander  im  Ablaut  wie  die  Formen 
der  W.  es-ls-;  vgl.  dazu  Zubaty  KZ.  XXXI,  54  f, 

duh- :  TT^^  durnaya-  m.  'schlechtes  Betragen',  T^^ 
dar-jana-  'böser  Mensch',  ^^^  dur-ukta-  'schlecht  ge- 
sprochen', ^"E^ft!  duS-krt-  'schlecht  handelnd',  ^t^  duJi- 
saha-  'unerträgUch'. 

Anm.  4.  Zwischen  su-  und  duh-  besteht  ein  so  festes  gegen- 
sätzliches Verhältnis,  daß  jedem  su-  ein  dw/j-Compositum  ent- 
sprechen kann;  so  bildete  man  zu  suldia-  'Glück'  ein  duhkha- 
'Unglück';  vgl.  auch  Anm.  2. 

Anm.  5.  In  ähnlicher  Funktion  wie  duh-  (jedoch  viel  seltener) 
wird  der  Pronominalstamm  ku-  (§  374  c)  gebraucht,  z.  B.  ku-cara- 
'schlecht  wandelnd'  (eigentlich  *umher-schweifend'),  kii-väkya- 
*  schlechte  Rede,  Verleumdung'. 

5.  PossessivJcomposita. 

670.  Wesen  und  Ursprung.  Die  Possessivkompo- 
sita,  von  den  Indern  nach  einem  Musterbeispiel  hahti- 
vrilii-  ('viel  Reis  besitzend')  genannt,  sind  wie  die  Deter- 
ininativkomposita  gebaut,  haben  aber  eine  besondere 
grammatische  Funktion :  sie  sind  immer  Adjektiva,  ob- 
wohl das  Endghed  ein  Substantiv  ist  oder  substantivische 
Bedeutung  hat,  und  bezeichnen  'eine  bestimmte  Eigen- 
schaft habend'  oder  'in  einem  bestimmten  Zustand  be- 
findlich' ;  welcher  Art  die  Eigenschaft  oder  der  Zustand 
ist,  wird  durch  die  Glieder  des  Kompositums  bestimmt; 
vgl.  gr.  poöo-SdxTuXo?  'Kosenfinger  habend',  ijlcY^'^^IJ'O'S 


460  Compositum  und  Satzbau,  [§670.671. 

'hochgemut',  nhd.  DicTikopf ,  Langfinger  u.  ä.  Da  die 
Vorbilder  dieser  Komposition  in  die  Zeit  der  idg.  Grund- 
sprache zurückreichen,  so  ist  über  die  Vorgänge  ihrer 
Entstehung  keine  Khirheit  zu  erlangen.  Jacobi,  der 
a.  a.  0.  S.  83  ff.  ausführhch  darüber  handelt,  sieht  in  den 
jBa7iMrri/?i-Composita  die  Reste  ursprachlicher  Relativ- 
sätze, doch  ist  diese  Hypothese  nicht  unbedingt  nötig, 
s.  Brugmann,  Griech.  Gramm.  ^  174.  415  f.  und  zuletzt 
B.  J.  Wheeler,  Proceed.  of  the  Am.  Philol.  Ass.  XXXIV 
(1903)  S.  LXVinft\ 

Die  Baliuvrlhi-Corxr^oBiidi  sind  im  Sanskrit  überaus 
häufig;  die  einzelnen  Arten  derselben  entsprechen  den 
formalen  Kategorien  der  Determinativkomposita. 

A.nm.  In  der  älteren  Sprache  unterscheidet  sich  das  Baku- 
vrthi-  vom  gleichgebauten  Determinativkompositum  durch  den 
Accent,  vgl.  z.  B.  hiranya-tejas-  'Goldglanz',  aber  agni-tejas- 
'Eeuerglanz  besitzend';  wegen  der  Einzelheiten  s.  Whitney  §  1295 ff. 

671.  Das  Endglied  ist  attributiv  durch  ein  Ad- 
jektiv bestimmt  (vgl.  §  661  a),  z.  B.  in  -fe^T^xi  divya-rüpa- 
'götthche  Gestalt  besitzend',  f^iT^wfTT  vimala-mati- 
'reinen  Sinn  habend,  reingesinnt',  ^n^^j^  ürähva-häJiu- 
'mit  erhobenem  Arm',  ^^Tijp^  maliätman-  'grossmütig', 
^^Ttj^^  inahäya^as-  'grossen  Ruhm  besitzend'. 

Auch  Zahlwörter  stehen  oft  im  ersten  Glied  (vgl. 
§  662),  z.  B.  f^xi^  dii-pad-  'zweifüÜig',  JH^^j^  salias- 
räMa-  'tausendäugig'  (zu  ciMi-,  vgl.  §  656). 

Besonders  häufig  ist  die  (beim  Determinativkompo- 
situm ganz  seltene)  Attributivbestimmung  durch  ein  Parti- 
zip (gewöhnhch  des  Präteritum);  diese  Komposition 
spielt  im  ai.  Satzbau  eine  große  Rolle.  Beispiele:  ^racfT" 
^c<)|\}|  lahdha-avakäia-  'eine  erlangte  Gelegenheit  habend', 
■41^*?^^  asta-möha-  'den  Irrtum  abgeworfen  habend', 
'^ct<<=ii'N  iiMa-väkya-  'ein  Wort  gesprochen  habend', 
"ITrTITW  krta-lrtga-  'das  zu  tuende  als  getanes  besitzend' 
=  'zufriedengestellt',   ^T^"f%'gT¥  jüta-vih-äsa-  'einer  in 


§  671, 672. 673.]  Das  Compositum.  461 

welchem  Vertrauen  entstanden  ist'  =  'vertrauend',  S'Tf- 
-^fg  datta-drSti-  'den  Blick  (auf  etwas)  gerichtet',  w^T{- 
ietj4*i  sukrta-lcarman-  'guten  Werken  obliegend',  j|clT'^^ 
gatäyus-  'einer  dessen  Leben  (äi/uS-)  gegangen  ist  oder 
geht'  ==  'tot'  oder  'sterbend'. 

Über  die  seltene  Verbindung  mit  andern  Partizipien  s. 
Whitney  §  1299  b)— d). 

672.  Das  Verhältnis  der  Glieder  ist  appositionell 
in  Fällen  wie  •stTxj-^  mra-putra-  'Helden  zu  Söhnen 
habend'  [mra^niträ  f.  'Heldenmutter'  im  AV.),  HH «11*4*1. 
nala-näman-  'Nala  als  Namen  habend',  iiirl^ilf  kita- 
sqkhya-  '100  als  Zahl  {sqkliya)  habend,  100  an  Zahl  be- 
tragend', fT^nf  tad-anta-  'dies  als  Ende  habend,  damit 
endigend'.  Auch  ein  substantiviertes  oder  prädikatives 
Adjektiv  kann  als  EndgUed  dienen,  z.  B.  rfcTT!  t((t-p(f't'Ci'- 
'das  als  höchstes  habend,  damit  ganz  beschäftigt,  darauf 
erpicht';  mit  -jjürva-  und  -pürvaka-  'der  vordere'  so^de 
-puralisara-MVi^  -imrdgama-  'vorangehend'  werden  Wen- 
dungen wie  'unter  dem  Vorantritt  von  .  .  .  .'  u.  ä.  -svdeder- 
gegeben,  z.  B.  f^^=4||y^:^rrr:  ^"R^  siha-vyäglira- 
imrahsaräli  sväpadäh  (I,  1)  'die  Tiere  mit  dem  Löwen 
und  Tiger  an  der  Spitze'. 

673.  Besonders  zu  merken  sind  die  appositioneilen 
Bahuvrihi-Composita,  welche  Wendungen  mit  'usw.'  und 
'nui',  bloss'  bezeichnen.  Für  'usw.'  verwendet  man  ge- 
wöhnhch  Composita  mit  den  Endghedern  ädi-,  ädika- 
und  ädya-  'erster,  Anfang',  seltener  prabhHi-  'Anfang', 
z.  B.  ^y(j  Xt^j^:  devä  indr(a)-ädayah  'die  Götter  die 
Indra  als  ersten  haben'  =  'die  Götter  Indra  u.  s.  w.',  ^v|t^- 
«rf  l<^^:  madliuccliand{a)-ädayali-  'Madhucchandau.s.  w.', 
Md^<NI'f^<=<>H  g^^(itci-^(i'>'äv(a-)ädikam  'etwas  was  Krug 
und  Teller  als  erstes  hat'  =  'Krug,  Teller  u.  s.  w.' 
(vgl.  auch  §  658  b,  662) ,  f^' ^ c4H y ^Vfxf^TT^^:  siha- 
vyäglira-dvipi-vfka-prdbhrtayah  'die  Löwen,  Tiger,  Pan- 


469  Compositum  und  Satzbau.  [§673.674. 

tlier,  Wölfe  usw.'  Zur  Bezeichnung  von  'nur'  dient 
mäträ-  'Mass,  Begrenzung',  z.  B.  ■^rä^T^ri;  ^abda-mätram 
'etwas  was  ein  Wort  als  Mass  hat'  =  'nur  ein  Wort', 
^^Vf^TRTT^TJT  jlvita-mätrena  'nur  um  des  Lebens  willen' 
(vgl.  auch  das  Beispiel  §  238.  1).  In  ähnhcher  Weise 
dient  präya-  zur  Bezeichnung  von  'großenteils,  fast', 
z.  B.  ^TcfTTT^  gata-präya-  'fast  verflossen'. 

Weitere  Wendungen  dieser  Art  s.  bei  AVhitney 
§  1302.  5. 

A  n  m.  Infolge  der  konventionellen  Erstarrung  solcher  Formeln 
ist  ihre  ursprüngliche  Bedeutung  nicht  immer  mit  Sicherheit  zu 
erkennen.  In  einer  Zusammensetzung  wie  z.  B.  desäntara-  'ein 
anderes  Land'  (mit  antara-  'anderer'  als  Endglied)  kann  man 
zweifeln,  ob  ein  Tatpurusa-  oder  ^a/iMvrF/w-Compositum  vor- 
liegt. Die  Verdunkelung  des  ursprünglichen  Sinnes  konnte  ferner 
eine  formale  Änderung  des  Schlußgliedes  herbeiführen:  so  scheint 
■präya-  von  Haus  aus  nicht  ein  a-Stamm  'Mehrheit',  sondern  das 
substantivisch  gebrauchte  Neutrum  eines  Komparativs  präyas- 
'mehr'  zu  sein;  diese  Form,  die  selbständig  als  Adverb  'zum 
größten  Teil,  meist'  bedeutet,  ist  ein  idg.  *ple-ios-  (zu  gr.  TiXeCtuv 
TiAeiaTo;  u.  Verw.). 

674.  Kasuelle  Bestimmtheit  (vgl.  §  663)  Hegt  z.  B. 
vor  in^f%xjT-ff  liasti-päda-  'einen  Elefantenfuß  habend', 
^yf^T^If^f  svämi-müla-  'im  Herrscher  wurzelnd',  cB"?^^^- 
•^■Ef  kuraidga-caMu^-  oder  ^TT^IT  mrga-dr^-  'gazellen- 
äugig' ;  TTärföRTTr  gantu-käma-  'einer  der  den  Wunsch  hat 
zu  gehen'  (vgl.  §  631  Anm.). 

Das  kasuell  bestimmte  Kompositionsghed  steht  am 
Ende,  wenn  es  einen  Körperteil  (besonders  die  'Hand') 
bezeichnet,  z.  B.  i|  \  Uj ch  i»^  imia-kantlia-  'eine  Schhnge 
am  Hals  habend',  ^fjr;(mfi[[  iastra-iiäni-  'ein  Schwert  in 
der  Hand  haltend',  XT'OTT'f^l"^  pu^pädi-hasta-  'Blumen 
usw.  in  der  Hand  habend'.  Wortkomplexe  von  der  Form 
'Schwert-hand'  ('schwerthändig')  d.  i.  'mit  Schwert  ver- 
sehene Hand  (habend)'  scheinen  den  Ausgangspunkt 
solcher  Composita  gebildet  zu  haben.    Vgl.  dazu  Justi,. 


§674  675.676.]  Das  Compositum.  463 

Die   Zusammensetzung    der    ISTomina    (Marburg    1861) 
S.  29. 

675.  Das  Yorderglied  ist  endlicli  eine  Präposition 
oder  ein  AdYerbium  (vgl.  auch  §  668);  z.  B. 

a)  ^(i|«ti  aty-anta-  'bis  an  das  Ende  reichend,  voll- 
ständig'; "^n^T"^  aähy-akhi-  'Augenzeuge,  Aufseher', 
NdgH'^  ud-gr~iva-  'mit  aufgerichtetem  Halse',  ^n^^  upa- 
daSa-  (Gramm.)  'gegen  10  betragend',  f^r^T^j  nir-hhaya- 
'ohne  Furcht,  furchtlos',  i;rf7T^ra'i^*'^<^^-^'^~'?f<-  'widerwärtig' 
(eigentl.  'gegen  das  Ufer  gerichtet'),  ^^  vy-artha-  'ohne 
Zweck,  zwecklos'. 

"Wähi-end  in  einem  Teil  dieser  Fälle,  wie  z.  B.  in 
ud-grlva-,  das  erste  Glied  adverbial  (nd-  'empor')  aufzu- 
fassen ist,  handelt  es  sich  in  andern  vne  aty-anta-  um 
lU'sprüngliche  präpositionale  Wendungen,  die  adjektiviert 
worden  sind ;  d.  h.  aus  einem  praepositionalen  Ausdruck  wie 
z.  B.  aty  antani  'bis  über  das  Ende  hinaus'  (vgl.  auch  §  680) 
wurde  sekundär  ein  Adjektiv  gebildet;  gleiche  Bildungen 
sind  gr.  £Yxe<^aXot;  =  ev  xscpaXifj  (wv),  £v8r^(JL0?  =  ev 
8i^(ji(ü  (wv),  dvdXoYo?  usw.  Die  Muster  dieser  Compo- 
sita,  nach  welchen  fortwähi*end  neue  direkt  (d.  h.  ohne 
Yermittlung  des  ursprünghchen  Präpositionalausdrucks) 
geschaffen  werden  konnten,  sind  jedenfalls  schon  der  idg. 
Grundsprache  zuzuweisen;  Delbrück,  Grundriß  III,  3, 
140  nennt  sie  'präpositionale  Bektionskomposita'.  Weitere 
Beispiele  aus  der  älteren  Sprache  s.  bei  Whitney 
§  1310. 

b)  '^\JtJT^  adlid-miiklia-  'das  Gesicht  nach  unten 
gerichtet',  -^«^ vij  N  pH  anyathä-vrtti-  'in  anderer  Weise 
Beschäftigung  habend',  i\\^\ ^tt  nänä-rüpa-  'verschieden- 
gestaltig'.    Vgl.  dazu  griech.  j(a|i,ai-e6vYji;,  irdvoTuXo?. 

676.  Besonders  häufig  sind  wiederum  Zusammen- 
setzungen mit  a{n)-,  su-,  duh-,  sowie  mit  sa-  'zu- 
sammen' (vgl.  §  669);  z.  B. 


464  Compositum  und  Satzbau.  [§  676. 677. 

-gsj^-Cf  nMki-  'ohne  Rest  seiend,  vollständig',  ■^•n^ 
an-uttama-  'nicht  Höchstes  (über  sich)  habend,  der 
höchste'. 

•^•aJ[  su-hhaga-  'wohlbeglückt,  glückhch',  ^t^tts;  ^^^- 
manas-  'wohlwollend',  ^^^^  su-hrd-  'ein  gutes  Herz 
habend,  Freund'. 

?WfT'<^  f7n^-crtrifrt-  'ein  schlechtes  Betragen  habend', 
•y^  äur-bala-  'kraftlos'. 

Anm.  Ähnlich  wird  ku-  vei'wendet  (vgl.  §  669  Anm.  5),  z.  B. 
ku-janman-  'von  niederem  Stande',  ku-dhi-  'von  geringer  Einsicht, 
einfältig',  ku-manas-  'verstimmt,  ungehalten'. 

jji^<^  sa-phala-  'mit  Früchten  versehen,  Früchte 
tragend',  :^r^fXsa-tvara-  'mit  Eile,  eihg',  ts;v^  sa-hhärya- 
'zusammen  mit  der  Frau';  4j^M  sa-rüpa-  gleichförmig, 
gleich'. 

Vgl.  dazu  griech.  Composita  wie  äXo^oc,,  oi)ai^v£{xo?, 

677.  Flexion  des  Schlußgliedes.  Da  sich  bei 
den  BaliuvriM-Comi^ositA  die  grammatische  Funktion 
des  Endghedes  ändert,  so  wird  dieses  ganz  unabhängig 
von  seinem  ursprünglichen  Genus  als  zwei-  oder  drei- 
geschlechtiges  Adjektiv  flektiert;  die  Flexion  richtet 
sich  gewöhnhch  nach  den  für  die  verschiedenen  Genera 
geltenden  Flexionsweisen  der  betreffenden  Stammklasse ; 
vgl.  dazu  die  Einzelnheiten  in  den  §§  261,  269,  283  Anm., 
290  Anm.,  296  Anm.,  308.  2,  332,  341.  Man  hat  beson- 
ders zu  beachten,  daß  ä-Stämme  am  Ende  adjektivischer 
Composita  im  Masc.  und  Neutr.  zu  ä-Stämmen  werden, 
z.  B.f^t^^^^  righrntecchafi  (Nom.  S.)  'einer  dessen  Ab- 
sicht (iccliä)  vereitelt  ist';  ferner  treten  an  Stelle  männ- 
licher oder  sächlicher  a-Stämme  in  der  Femininform  ä- 
oder  «-Stämme,  z.  B.  i^mif^^^^T  im^pädi-hasiä  (f.) 
'Blumen  usw.  in  der  Hand  (liasta-)  habend'  oder  f^^^cTT- 
T^  viMatcmgi  (/".)  'verwundete  GHeder  {cwga-  n.)  habend'. 


§678.679.]  Das  Compositum.  466 

678.  Nicht  selten  werden  Bakuvrihi-Composita, 
durch  ein  Adjektivsuffix  wie  -ka-  oder  -in-  erweitert, 
z.B.  ^i^cft  vy-asfliaka-  (Brähm.)  'ohne  Knochen,  knochen- 
los', ^fTijTT^  mrta-hhartr-ka-  'wessen  Gatte  tot  ist,  ver- 
wittwet',  TT^n4«i  mahörmin-  'grosse  Wogen  (ürmi-) 
habend',  ^(p^«^  säkHn-  'Zeuge' ;  das  Interesse  der  Deut- 
hchkeit  erfordert  manchmal  solche  Hilfsmittel :  vgl.  sa- 
patnl-  'Mitgemahhn,  Nebenbuhlerin',  aber  sa-patm-Jca- 
'seine  Gemahhn  bei  sich  habend'. 

Anm.  Ein  Compositum  ist  überhaupt  sekundärer  Weiter- 
bildung fähig;  ein  adjektivisches  Compositum  kann  z.  B.  wieder 
substantiviert  werden,  und  so  bedeutet  tri-yöjana-  'drei  yöjana- 
lang'  als  Neutrum  auch  'Raum  von  3  y.'' ;  zwischen  Bahuvrihi- 
und  Determinativ-Composita  wird  auf  diese  "Weise  die  (rrenze 
verwischt  (vgl.  §  662).  Die  Substantivierung  kann  ferner  durch 
ein  Nominalsuffix  herbeigeführt  werden,  vgl.  z.  B.  sa-seSa-  'mit 
einem  Rest  versehen,  einen  Rest  lassend',  sa-seSa-tva-  («.)  'das 
Übrigsein,  der  Rest'.  Umgekehrt  wird  ein  Dvandva-  und  Deter- 
minativkompositum durch  suffixale  Weiterbildung  zum  Adjektiv, 
z.  B.  rüpa-yäuvana-vant-  'mit  Schönheit  und  Jugend  versehen', 
anya-Iökya-  (von  anya-löka-)  'für  eine  andere  Welt  bestimmt'  oder 
träilökya-  (von  tri-löka-)  'auf  die  3  Welten  bezüglich',  «.  'die  3 
Welten'.  Hierher  gehört  auch  die  §  662  besprochene  Umbildung 
trilökl. 


c)  AdrerbiaLkomposita. 

679.  Wenn  ein  Adverbium  oder  ein  adverbial 
gebrauchter  Kasus  das  Schlußglied  eines  Komposi- 
tums bildet,  so  ist  dieses  selbst  natürhch  adverbial,  z.  B. 
jjptjl^^  su-cirani  'lange',  fTl[tf:  tad-hahih  'außerhalb 
von  dem' ;  -^^"^Ti;  raMärtJiam  'zum  Zwecke  (artham)  des 
Behütens',  -4(^(chd  asmatkrte  'unseretwegen'. 

Bemerkenswert  sind  die  adverbialen  Ausdrücke  ^j^- 
^  anye-dyuh  'am  andern  Tage',  Xf^W:  imrve-dyuh  'am 
vorhergehenden   Tag',    die   wie   lat.  postri-die   als   Zu- 

Thumb,  Altindische  Grammatik.  30 


466  Compositum  und  Satzbau.  [§679.680.681. 

sammenrückung  zweier  Lokativformen  zu  erklären  sind, 
s.  Richter  IF.  IX,  236  ff.  (der  ebenda  weitere  'unechte' 
Adverbialkomposita  des  Ai.  zusammenstellt).  Vgl.  außer- 
dem die  §  659  verzeichneten  adverbialen  Iterativkom- 
posita. 

680.  Sekundäre  Adverbialkomposita  entstehen  aus 
Bahuvi'ihikomposita.  So  kann  das  schon  §  679  genannte 
Beispiel  rakMrtliam  auch  aufgefaßt  werden  als  adverbial 
gebrauchter  Acc.  S.  n.  eines  Bahuvrihikompositums 
rakäärtha-  'das  Behüten  zum  Zweck  habend'.  In  dieser 
Weise  werden  besonders  Composita  verwendet,  deren 
Vorderglied  eine  Praeposition  oder  die  Partikel  sa~  ist 
(vgl.  §  676);  sie  heißen  (mit  Einschluß  derjenigen  des 
folg.  §)  avyayibliäva-  d.  h.  'Indechnabiha' \  Beispiele: 
-^rfarap^fTi;  ahhi-mukham  'nach  vorn,  entgegen'  (auch 
'nach  —  hin'  in  Verbindung  mit  einem  Genetiv  oder  als 
Ende  eines  Kompositums),  firM»  |  <^.HH  niS-käranam  'ohne 
Grund',  urfl^H  praty-aMam  'vor  Augen,  offenkundig', 
"fffgff^gl^JH  prati-divasam  'täglich',  TTflTTf^  prati-nadi 
'an  jedem  Fluß';  jj^jiglH  sq-mnkham  'vor  Angesicht, 
gegenüber';  ^TJIWI  sa-kmkam  'besorgt'  (Adv.),  ^^^4< 
sa-lajjam  'verschämt,  verlegen'  {lajjä  'Scham'). 

Anm.  -pürvam  'in  Begleitung  von  .  .  .'  (als  Endglied  eines 
Kompositums)  ist  die  adverbiale  Verwendung  des  §  672  ange- 
führten Typus. 

681.  Eine  besondere  Gattung  bilden  die  Compo- 
sita mit  yathä  'wie'  als  erstem  Glied,  z.  B.  4j5|g+( 
yatheUam  'wie  gewünscht,  nach  Wunsch',  i|^|c4i|4l4i. 
yathä-kämam  'nach  Wunsch',  ^\m«<<i^4<  yathä-nyäyam 
'nach  der  Regel,  ordenthch'.  Auch  yävat-  kann  ähnhch 
verwendet  werden,  z. B.^m^^cj^  yävajjwam  'das  ganze 
Leben  hindurch',  ijM^^T^;  yävad-varSam  'während  eines 
Jahres'. 


1  Von  avyayl-hhü-  'indeklinabel  werden'. 


§  681. 682.]  Das  Compositum.  467 

Hierbei  handelt  es  sich  ursprünglich  um  Erstarrung 
von  Nebensätzen  (wobei  die  Copula  wie  auch  sonst  fehlt), 
d.  h.  yatlieUam  ist  eigenthch  ein  Satz  'wie  gewünscht 
[worden  ist]' ;  man  vgl.  damit  Wendungen  Tvie  nhd.  wie 
gesagt  oder  lat.  nescio  quid  u.  ä.,  die  ebenfalls  formel- 
haft und  wie  Adverbien  gebraucht  werden.  Nach  dem 
Muster  von  yatheMam  u.  dgl.,  sowie  nach  den  übrigen 
adverbialen  Composita  (§  680)  sind  dann  formelhafte 
Sätze  -wäe  z.  B.  yathä  Mmah  'wie  der  Wunsch  [ist]'  in 
yathakämam  u.  s.  f.  umgestaltet  worden,  und  weiterhin 
konnten,  nachdem  einmal  solche  Typen  geschaffen  waren, 
auf  dem  Wege  der  Analogie  beliebige  neue  Wendungen 
ähnlicher  Art  gebildet  werden.  Im  RV.  und  AV.  ist 
dieser  Typus  noch  sehr  selten  (s.  Whitney  §  1313  b). 

Anm.  Die  Composita  mit  yathä  können  selbst  wieder 
Glieder  eines  Kompositums  werden,  wobei  statt  der  Accusativ- 
die  Stammform  erscheint,  z.  B.  yathesta-härya-  'nach  Wunsch 
wegzutragendes',  yäthäsanna-vastunä  'mit  einem  Gegenstand,  wie 
er  gerade  zur  Hand  war';  ja  diese  Adverbialkomposita  können 
sogar  adjektiviert  und  substantiviert  werden,  z.  B.  yathägatena 
pathä  'auf  dem  Pfad,  wie  man  gekommen  ist'  oder  yathä-vrtta-  n. 
'der  Sachverhalt'  (eigentlich  'wie  es  geschehen  ist').  Die  Rück- 
verwandlung eines  adverbialen  Ausdrucks  zum  flektierbaren 
Nomen  findet  sich  auch  sonst,  vgl.  z.  B.  madhyqdina'  m.  'die 
Mittagszeit'  aus  *madhyq  dinam  (Acc.)  'zur  Mittagszeit'. 

682.  Satzkomposita.  Die  Erstarrung  von  ganzen 
oder  elhptischen  Sätzen  zu  einer  Worteinheit  (sogen. 
'Univerbierung'  nach  Brugmann)  ist  keineswegs  auf  den 
in  §  681  besprochenen  Fall  beschränkt.  Satzkomposita 
von  der  Art  \ne  nhd.  Vergißmeinnicht,  der  Gottseibeiuns 
sind  z.  B.  ^c{^nj  itihäsa  'die  Legende',  eigenthch  = 
iti  ha  äsa  'so  in  der  Tat  war  es'  (als  Schluß  einer  Er- 
zählung) oder  f^cfgf^  Tiivadanti-  'das  Gerücht',  eigent- 
lich 'was  sagen  [die  Leute]?'.  Ein  verkürzter  (elliptischer) 
Satz  hegt  dem  Substantivum  ^{^  iMthä  'Erzählung'  (s. 
§  260)  und    dem  Adverbialausdruck  ■^Moh^jHTci;  akasmät 

30* 


468  Compositum  und  Satzbau.  [§  682. 683. 684. 

'ohne  Ursaclie,  plötzlich'  zu  grund:  im  letzten  Beispiel 
ist  kasmät  'warum  (sc.  geschah  das)?'  völlig  wie  ein 
einfaches  Adverbium  behandelt  und  durch  a-privativum 
in  sein  Gegenteil  verwandelt  worden.  Eine  willkürliche 
und  beträchtliche  Kürzung  des  ursprüngUchen  Satzes 
hat  in  dem  Wort  ^:gfc<^|  yad-hhavi§ya-  'der  Fatahst' 
stattgefunden;  es  bedeutet  'den  der  (immer)  sagt  yad- 
hhavisyati  hJiaviSyati^ ;  man  vergleiche  damit  den  deutschen 
Heinrich  Jasomirgott  =  Heinrich  der  immer  sagt(e) 
Jasomirgott  helfe. 

Über  andere  seltsame  Gebilde  ähnHcher  Art  s. 
Whitney  §  1314  und  Richter  IF.  IX,  243  f. 

Anm.  Auch  echte  Composita  werden  gelegentlich  gekürzt, 
z.  B.  jätakam  (im  Epos)  =  jäta-karman-  'Geburtszeremonie'  oder 
sikatä  (Pänini)  =  sikatadesa-  'Kiesgegend'  (Name  einer  Örtlichkeit); 
weitere  Beispiele  bei  Franke  ZDMG.  XLIV  481  ff.  und  WZKM. 
VIII  239  ff.  Diesen  Bildungen  (denen  das  §  659  d)  Anm.  genannte 
pitaräu  u.  Verw.  angereiht  werden  kann)  sind  die  sogen.  Kurz- 
oder Kosenamen  zu  vergleichen,  wie  sie  z.  B.  in  gr.  Zeü^ic  = 
Zeu^iTtTto?,  'E7iacf>pä{='ETtacpp68iTo;  oder  Xa)^avä;  =  Xa^^avortwX-r]!; 
u.  ä.  vorliegen. 


XXX.  Kapitel. 
Die  Hilfsmittel  des  indischen  Satzbaues. 

683.  Literatur:  Delbrück,  Grundriß  V.  Brugmann,  Kurze 
vergl.  Gramm.  S.  623  ff.  Speyer,  Ind.  Grundr.  I,  6,  74  ff.  und 
Sanskrit  Syntax  S.  336  ff.  (im  letztgenannten  "Werke  ist  besonders 
der  Sprachgebrauch  der  klassischen  Literatur  durch  Beispiele 
belegt), 

684.  Charakter  des  ai.  Satzlbaues.  Der  gramma- 
tische und  logische  Zusammenhang  der  einzelnen  GUeder 
eines  Satzes  ist  durch  die  Gebrauchsweise  der  verschie- 


§684.685.]     Die  Hilfsmittel  des  indischen  Satzbaues,  469 

denen  AVortformen  gegeben,  worüber  an  den  entsprechen- 
den Stellen  dieses  Buches  schon  gehandelt  ist.  Durch 
die  Bewahrung  der  alten  Casus  ist  im  Ai.  gegenüber  den 
meisten  verwandten  Sprachen  eine  größere  Mannigfaltig- 
keit im  formalen  Ausdruck  der  Satzglieder  erhalten  ge- 
blieben, doch  verfügt  der  Satzbau  des  Ai.  abgesehen 
von  dem  Absolutivum  über  keine  besondern  HiKsmittel, 
welche  etwa  den  übrigen  Sprachen  völlig  fehlten.  Trotz- 
dem hat  die  Bevorzugung  und  Ausgestaltung  bestimmter 
Ausdrucksmittel  dem  Satzbau  des  Sanskrit  mehrere  cha- 
rakteristische Züge  aufgeprägt.  Sie  sind  vor  allem  be- 
stimmt durch  die  starke  Vorliebe  für  nominale  und 
passivische  Ausdrucksweise.  Aus  dieser  Neigung 
erklärt  sich  zunächst  die  Häufigkeit  unpersönHcher  pas- 
siver Konstruktionen  (obwohl  die  eigenthchen  Imperso- 
naha  nicht  häufig  sind);  vgl.  dazu  §  411.  Die  VorHebe 
für  nominalen  Ausdruck  zeigt  sich  weiter  beim  Prä- 
dikat in  der  häufigen  Verwendung  von  Partizipien  als 
Prädikatsnomen  (statt  eines  Verbum  finitum),  vgl.  dazu 
§  618.  Eine  charakteristische  Vereinigung  von  passi- 
vischer, unpersönHcher  und  nominaler  Ausdrucksweise 
ist  die  Konstruktion  mit  dem  Neutrum  des  Participium 
Fut.  Pass.,  s.  §  622. 

685.  Die  Vorliebe  für  nominale  Ausdrucksweise 
äußert  sich  beim  Prädikat  ferner  darin,  daß  der  Be- 
deutungsinhalt desselben  gern  in  ein  Abstractum  ver- 
legt wird,  während  ein  Verbum  finitum  oder  Participium 
nur  das  formale  Prädikat  bildet ;  die  Hauptformen  dieser 
Umschreibung  des  Prädikats  ergeben  sich  aus  fol- 
genden Beispielen: 

a)  'T^TRT'rfiS"^  ^^f^  paläycmakrlyq,  kurvanti  'sie 
machen  die  Handlung  des  Pliehens'  =  'sie  fliehen' ;  4jf^^ 
■ff^TT  öjr^tf?f  salile  praveiq,  Tcaröti  'er  macht  Eintreten 
in  den  Teich'  =  'er  geht  in  den  Teich'. 


470  Compositum  und  Satzbau.  [§685.  686. 

b)  '^^'^•f  1TTI  adartanq,  gatali  'er  ist  zum  Nichtsehen 
gelangt'  =  'er  wurde  nicht  mehr  gesehen,  er  verschwand' ; 
•T  ^ifd  ^1tj<i(H(  cRT^yn  *'f*  y^^^  Ibcana-pathq,  liäntä  'die 
Gehebte  gelangt  nicht  in  das  Gesichtsfeld'  =  'kann  nicht 
erblickt  werden'. 

c)  ^rf»t[ctvjf?T'»  f^  «firTT  vadanavidhutih  lii  lirtä  (VII, 
3)  'warum  ist  (von  mir)  Abwendung  des  Gesichtes  ge- 
macht worden?'  ^  'warum  habe  ich  das  Gesicht  abge- 
wendet?'; ch(ic^^  v^^"?rW^  liartavyö  dhanna-sqgrahah 
(I,  2)  'man  muß  sich  an  die  Tugend  halten'  \  Auf  diese 
Weise  wird  sclüießhch  das  eigentliche  Prädikat  zum  for- 
malen Subjekt  und  das  eigentliche  Subjekt  zu  einer  at- 
tributiven Bestimmung  jenes,  die  entweder  durch  Kom- 
position oder  durch  eine  Kasuskonstruktion  ausgedrückt 
wird;  statt  vadana-vidhutih  könnte  in  dem  ersten  Satz 
auch  vadanasya  vidhutih  gesagt  werden  (als  Beispiel  für 
den  Genetiv  vgl.  Texte  I,  1,  Yers  1  und  die  Erläuterung 
der  Stelle). 

Anm.  1.  Abstrakte  Ausdrucksweise,  wie  sie  sich 
in  diesen  Konstruktionen  zeigt,  wird  auch  sonst  gelegentlich  be- 
vorzugt, so  z.  B.  in  dem  Satz  sarväny  augäni  yänti  netratäm 
Uta  karnatäm  (VII,  6)  'alle  Glieder  gelangen  zum  Augen-  und 
Ohrsein'  =  'werden  Augen  und  Ohren'. 

Anm.  2.  Der  nominale  Stil  ist  am  stärksten  im  wissen- 
schaftlichen Sanskrit  ausgebildet,  vgl.  Jacobi  IF.  XIV,  236flF.  (wo 
man  weitere  charakteristische  Beispiele  findet).  Vorausgesetzt 
daß  das  uridg.  Verbum  selbst  nominalen  Ursprungs  ist  (s.  §  447 
Anm.),  so  zeigt  also  der  Höhepunkt  des  Sanskrit  wieder  eine  Art 
rückläufiger  Bewegung;  man  darf  diese  Erscheinung  mit  Jacobi 
wohl  als  das  Kennzeichen  einer  alternden  Sprache  betrachten,  die 
lange  Zeit  hindurch  wissenschaftlichem  Denken  gedient  hat. 

686.  Wortstellung.  Vgl.  besonders  Thommen,  Die 
AVortstellung  im  nachvedischen  Altindischen  und  im 
Mittehndischen,  KZ.  XXXVIII,  504fe.    Da  im  Ai.  die 


1  Man  beachte  in  diesen  Beispielen  zugleich  die  passivische 
Konstruktion ! 


§  686.]  Die  Hilfsmittel  des  indisclien  Satzbaues.  471 

grammatische  (und  logisclie)  Beziehung  der  Satzglieder 
schon  durch  die  grammatische  Form  völhg  bestimmt  ist, 
so  sind  einer  völlig  freien  Wortstellung  durch  die  Rück- 
sicht auf  Yerständhchkeit  keine  Schranken  gezogen ;  das- 
selbe galt  für  die  idg.  Grundsprache.  Doch  gibt  es  auch 
im  Sanskrit  eine  typische  ('habituelle')  Wortstellung, 
welche  mithin  derjenigen  successiven  Association  der 
Satzgheder  entspricht,  die  den  Sprechenden  am  geläufig- 
sten ist.  Die  Wortstellung  des  Sanskrit  weicht  von  der 
vedischen  nur  in  wenigen  Punkten  ab. 

Das  Subjekt  eröffnet,  das  Prädikat  (Verbum  oder 
Prädikatsnomen)  schheßt  den  Satz;  zwischen  beiden 
stehen  die  übrigen  Satzgheder.  Für  die  Aufeinander- 
folge der  Objekte  und  sonstigen  Kasus-Bestimmungen 
sind  die  inneren  Beziehungen  zum  Prädikat  maß- 
gebend; der  Accusativ  steht  im  Allgemeinen  hinter  den 
übrigen  Kasus,  es  sei  denn  daß  diese  phraseologisch 
enger  mit  dem  Verbum  verknüpft  sind.  Das  Adjektiv- 
und  Genetivattribut  steht  vor  seinem  Beziehungswort, 
die  Apposition  kann  voran-  oder  nachgestellt  werden. 
Solche  Attribute,  welche  ,,zum  Prädikat  in  irgend  einer 
Beziehung  stehen",  also  vor  allem  Composita  und  Parti- 
cipia,  die  den  Wert  eines  Nebensatzes  haben  (s.  u.), 
stehen  in  der  Regel  hinter  ihrem  Nomen.  Das  Abso- 
lutivum  und  der  Locativus  absolutus  haben  ihren  Platz 
habituell  zmschen  Subjekt  und  Verbum ,  gehen  jedoch 
den  sonstigen  Bestimmungen  des  Verbums  voraus;  der 
Infinitiv  steht  gern  unmittelbar  vor  dem  Prädikat. 

Der  Vokativ  und  die  Interjektionen \  die  überhaupt 


1  Die  gebräuchlichsten  sind  ahö,  ahaha,  bata  'ah,  ach',  ä, 
am  'o',  dhik  'pfui'  (vgl.  §  237.  7),  hä  'wehe',  he,  i  'he'  (wegen  des 
Sandhi  s.  §  173.  1) ;  dazu  kommen  einige  interjektional  gebrauchte 
Kasusformen  wie  bhöh  'heda'  (s.  S.  226  Fuün.),  distyä  'Gott  sei 
Dank',  sädhu  'bravo'  u.  dgl.  m.  (s.  Whitney  §  1135,  Speyer,  Sans- 
krit Syntax  S.  326). 


472  Compositum  und  Satzbau.  [§686.687.688. 

nicht  in  das  Satzgefüge  gehören,  können  am  Anfang  oder 
Ende  stehen  oder  in  den  Satz  eingeschaltet  werden ;  über 
den  Vokativ  vgl.  auch  §  243  Anm. 

687.  Die  habituelle  Wortstellung  wird  sehr  oft 
aufgegeben,  um  ein  Satzglied  durch  einen  nicht  übhchen 
Platz  rhetorisch  oder  logisch  stärker  hervorzuheben; 
auch  das  Metrum  bedingt  leicht  eine  veränderte,  'occa- 
sionelle'  Wortstellung.  So  tritt  Inversion  zwischen 
Subjekt  und  Prädikat  (bezw.  Prädikatsnomen)  ein,  Avenn 
auf  letzterem  ein  Nachdruck  liegt,  wie  es  z.  B.  beim 
Imperativ  der  Fall  ist^,  und  besonders  gern  ziehen  die 
Konjunktion  ca  und  andere  satzverbindende  Partikeln 
{tat  'drum',  atha  'dann',  iti  'so')  oder  Demonstrativa, 
die  dem  gleichem  Zweck  dienen  (wie  z.  B.  in  ^THg(«f^~ 
"^JWy  ittm  cibravid  räjä  'zu  ihr  sprach  der  König')  das 
Prädikat  an  den  Anfang  des  Satzes;  vgl.  darüber  Jacobi 
IF.  V,  335  ff.  Auch  die  übrigen  Satzbestimmungen  können 
an  den  Anfang  oder  an  das  Ende  gestellt  werden;  der 
Instrumentalis  der  handelnden  Person  (beim  Passivum) 
tritt  mit  Yorhebe  an  die  erste  Stelle,  weil  er  ja  das  psy- 
chologische Subjekt  des  Satzes  bildet,  ferner  der  Locativus 
absolutus,  sowie  Formen  des  Demonstrativpronomens 
(samt  den  damit  gebildeten  Adverbien),  wodurch  eine 
Anknüpfung  an  den  vorhergehenden  Satz  erreicht  wii'd. 
Endhch  kann  die  Stellung  des  Attributs  occasionell  ge- 
ändert werden,  sogar  in  der  Weise,  daß  zwischen  Attri- 
but und  Beziehungswort  andere  Satzglieder  treten. 

688.  Eine  feste  Wortstellung  kommt  den  Prä-  und 
Postpositionen,  ferner  den  Partikeln  zu,  welche  den 
ganzen  Satz  oder  ein  einzelnes  Satzghed  irgendwie  modi- 
fizieren, sowie  allen  enklitischen  Wörtern.    Die  Nega- 


1  Er  kann  durch  die  ihm  vorangehenden  Partikeln  hanta  und 
auga  'wohlan'  u.  ä.  verstärkt  werden. 


§  688.  689.  690.]  Die  Hilfsmittel  des  indischen  Satzbaues.  473 

tionen  «T  na  und  j{j  mä  (vgl.  §441.  2)  stehen  am  Anfang 
des  Satzes  oder  unmittelbar  vor  dem  Verbum,  letzteres 
immer  dann,  wenn  die  Negation  eine  enge  Einheit  mit 
dem  Verbum  bildet,  wie  z.  B.  in  «njWtf^  ''f*  iaknömi 
'ich  vermag  nicht,  bin  ausser  stände';  verneint  die  Ne- 
gation ein  nominales  Satzghed,  so  steht  sie  unmittelbar 
vor  diesem,  z.  B.  «rflfif^^  nakicit  'nichts'. 

689.  Partikeln,  die  zur  Hervorhebung  (Einschrän- 
kung usw.)  eines  einzelnen  Wortes  dienen,  stehen  hinter 
diesem,  so  das  häufige  -^^  eva  'eben',  ferner  -^rfxj  api 
'auch,  sogar',  das  leicht  hervorhebende  ^  sma  (vgl. 
§  414.  1  sowie  S.  244.  249)  und  ^  Iva,  -^^  yathä 
'wie'  (iva  auch  'etwa,  wenigstens').  AVenn  Partikeln 
den  ganzen  Satz  modifizieren,  so  nehmen  sie  in  dem- 
selben die  zweite  Stelle  ein;  hierher  gehören  t^ 
khalu  'freilich,  ja',  flif^T  kila  'quidem',  ött^  tävat  (s. 
§  375)  'wenigstens,  jedenfalls',  "sn^  näma  (eigentl.  Acc. 
S.  von  näman-  'Name')  'nämhch,  freilich,  etwa',  ^  nu 
'nun,  also'  (oft  liinter  dem  FrageiDronomen,  z.  B.  M  nu 
'was  nun?'),  f^cj;  svit  {svicl)  'wohl,  etwa,  wirkhch',  ■^  Im 
(leicht  hervorhebend),  f^  hi  'denn,  ja'  und  eine  Anzahl 
von  Konjunktionen,  die  §  691  angeführt  sind.  Ein  ne- 
gierter Satz  mrd  in  diesem  Fall  mit  na  +  Partikel  einge- 
leitet. Anfangsstellung  haben  jedoch  ch|«HH  ^ämam  'ge- 
wiß, freihch'  (eigentl.  'nach  AVunsch'),  ^cjhH  ^ß'^alam 
'einzig,  allein,  nur'  (Adv.  zu  kevala-  'einzig'),  «rj  nanu 
'doch  wohl'  (vgl.  auch  §  690),  •r^ni;  nünam  'gewiß,  sicher- 
lich'. Soweit  es  sich  um  Enkhtika  handelt  {sma,  iva, 
svit,  ha),  findet  die  allgemeine,  bereits  ui-idg.  Regel 
Anwendung,  daß  Enkhtika  (also  besonders  auch  die 
enkhtischen  Pronomina)  möglichst  die  zweite  Stelle  im 
Satz  einnelimen;  zu  diesem  Gesetz  vgl.  besonders  Wacker- 
nagel IF.  I,  333  ff. 

690.  Im  Fragesatz  ist  die  Wortstellung  von  der  des 
Hauptsatzes  prinzipiell   nicht  verschieden;    das  Frage- 


474  Compositum  und  Satzbau.  [§690.691. 

pronomen  (das  durch  Partikeln  wie  vä,  svit,  iva,  nu  u.  a. 
verstärkt  werden  kann)  muß  keineswegs  am  Anfang 
stellen  (s.  §  371  Anm.).  In  Satzfragen  ist  Anfangsstel- 
lung des  Verbums  beliebt,  aber  nicht  notwendig.  Zur 
Verdeutlichung  der  Frage  können  f^f(  kirn  'ne,  num', 
efif^f^  Tiaccit,  «f^  nanu  'nonne'  und  "^ffq  ain  (mit  An- 
fangsstellung!) als  Fragepartikeln  verwendet  werden,  in 
Doppelfragen  f^fm^  kirn  —  ^37^  uta,  fqjTi;  Mm  —  '^snift 
aiiö,  f^p^  Mm  —  "^  vä,  »t  nu  —  »t  nii  u.  a. 

691.  Da  das  Sanskrit  keinen  Periodenbau  kennt 
(s.  §  692),  so  schreitet  die  Rede  meist  in  parataktisch 
aneinandergereihten  Hauptsätzen  fort;  hierzu  dienen  — 
abgesehen  von  der  asyndetischen  Anreihung  —  koordi- 
nierende Konjunktionen  oder  Partikeln,  die,  sofern  im 
Folgenden  nichts  anderes  bemerkt  ist,  Anfangsstellung 
haben. 

1.  Anreihend:  ^  ca  'und'  (an  zweiter  Stelle  wie 
gr.  T£,  lat.  que),  "^rfq  ain,  ^571  uta  'auch,  und'  (an  2.  Stelle), 
■'^f^  atha  und  ffff:  tatali  'da,  dann',  nim^^^^^  aparam,  ^««|^ 
anyacca,  flj}^  M  ca  'ferner';  -^  ca  —  ^  ca,  ^?jfq  api  — 
"^jfq  ajn,  ^  ca  —  •'ssffq  api  'sowohl  —  als  auch';  «T^clHH 
na  kevaJam  —  ^  ca  (^rfq  «jji)  'nicht  nur  —  sondern 
auch';  «fq-  naca,  »rrf^  näpi  'neque'. 

2.  Disjunktiv:  -^  vä  'oder',  auch  'doch,  indessen' 
(an  zweiter  Stelle) ;  ^  vä  —  ■^  vä  'entweder  —  oder'. 

Anm.  Mit  ca  und  vä  können  auch  koordinierte  Satzglieder 
verbunden  verden. 

3.  Adversativ:  ^  tu  (an  zweiter  Stelle),  f^TT  kitu, 
HfUd  apitu,  xiJJi  param  (xr^ff  parqtu),  ^  punah  (an 
zweiter  Stelle),  cfT  ^'^  (s-  2.),  "^nr^  aüiavä  'aber  (sondern), 
jedoch,  indessen'. 

4.  Kausal:  ff  hi  (an  zweiter  Stelle)  'denn';  j{^  tat, 
r[^\\t\^  tasmät,  ^tt:  atah  'daher,  deshalb'.  Über  relative 
Anknüpfung  s.  §  369  Anm. 


§  691.  692.]    Die  Hilfsmittel  des  indischen  Satzbaues.  475 

Anm.  Eine  lebhafte  Art,  Sätze  zu  verbinden,  ist  der  ellip- 
tische Gebrauch  von  katham  'wie  [ist  das]?'  und  kutah  'woher 
[kommt  das]?'  vor  einem  Satz,  der  Ursache  oder  Grund  des  vor- 
hergehenden Satzes  angibt. 

692.  Erweiterungen  des  einfachen  Satzes.     Das 

Sanski'it  besitzt  nicht  die  Fälligkeit,  einen  Hauptsatz  mit 
einer  Reihe  von  Nebensätzen  zu  einer  kunstvollen  Periode 
zu  vereinigen,  wie  sie  vor  allem  im  Griechischen  und 
Lateinischen  ausgebildet  worden  ist.  Ein  Hauptsatz  kann 
jedoch  durch  Häufung  der  einzelnen  Satzglieder  so  er- 
weitert werden,  daß  er  zwar  nicht  grammatisch,  aber 
dem  Gedankeninhalt  und  Sprachgefühl  nach  einer  kom- 
phzierten  griechischen  oder  lateinischen  Periode  gleich- 
kommt. Dies  wird  erreicht  durch  die  Vereinigung  von 
Partizipien ,  Gerundien ,  Adverbialbestimmungen  und 
Nominalkomposita  unter  einem  Subjekt  und  Prädikat. 
Der  logische  oder  sachhche  Zusammenhang  der  Teile 
tritt  grammatisch  nur  bei  kasuellen  Adverbialbe- 
stimmungen deuthch  zutage.  So  dient  der  Ablativ 
oder  Instrumental  eines  Abstraktums  zur  Umschreibung 
eines  Kausalsatzes,  der  Lokativ  zur  Umschreibung  eines 
Bedingungs-,  Konzessiv-  oder  Temporalsatzes  (vgl.  auch 
den  Loc.  absol.),  der  Dativ  oder  eine  Konstruktion  mit 
artham  (s.  §  679)  zur  Umschreibung  eines  Finalsatzes. 
Beispiele :  ■:i(|dj»t(4i'^ctt<cn«jj»l<f|  ^m^c^rc^H  ätmanäm  ane- 
hatvän  [Abi.]  manasö  ^py  anekatvam  'weil  es  eine  Viel- 
heit von  Seelen  gibt,  gibt  es  auch  eine  Vielheit  des 
Sinnes' ;  ■^^TT'Wr^  fT^^fT^t  eMm  ahhäve  tadabhäväh  'beim 
Nicht-Sein  dieser  [ist]  Nicht-Sein  dieser'  =  'wenn  diese 
nicht  da  sind,  sind  auch  jene  nicht  da';  weitere  Belege 
s.  bei  Jacobi  IF.  XV,  240  ff.  Hierin  zeigt  sich  wieder 
die  Neigung  zu  nominaler  Ausdrucksweise,  die  zugleich 
eine  außerordentUche  Kürze  des  Ausdrucks  ermöghcht. 
Bei  Gerundien,  Partizipien  und  Composita  ist  die  logische 
Beziehung  der  Satzteile  (abgesehen  von  den  Regeln  der 


476  Compositum  und  Satzbau.  [§692.693. 

Kongruenz,  die  für  konjunkte  Partizipien  und  die  Com- 
posita  gelten)  nur  aus  dem  ganzen  Zusammenhang  zu 
gewinnen;  gelegentlich  wird  der  Kern  des  Satzes  durch 
ein  atha  'da,  dann'  oder  eine  ähnliche  Partikel  zu 
den  vorhergehenden  Nebenbestimmungen  in  Beziehung 
gesetzt. 

693.  Das  Nomiiialkompositum  im  Satzlbau.  Die 
stärkste  sprachhche  Kompression  der  Gedanken  und  der 
Höhepunkt  nominaler  Ausdrucks  weise  wird 
durch  die  Nominalkomposition  erreicht.  Indem  eine 
syntaktische  Gruppe  von  Nomina,  die  zu  einander  in 
einem  grammatischen  Bezugsverhältnis  stehen,  zu  einem 
Compositum  zusammengefügt  wird,  bleibt  es  dem  Hören- 
den oder  Lesenden  überlassen,  die  Art  jener  Beziehungen 
aus  dem  Zusammenhang  zu  entnehmen,  vgl.  z.  B.  4j<^- 
j{i4  \  «n  f\  saliln-mul{h{a)-änita-  '(durch)  (der)  Freundin  Ver- 
anlassung herbeigeführt'.  Die  ältere  (vedische)  Sprache 
macht  vom  Compositum  noch  keinen  stärkeren  Gebrauch 
als  etwa  die  Sprache  Homers.  Aber  die  klassische  Kunst- 
sprache und  zwar  gerade  die  der  Dichter  liebt  es  in  ihrer 
höchsten  Entwicklung,  Composita  von  behebiger  Länge  zu 
bilden:  beiJusti,  die  Zusammensetzung  der  Nomina  S.  17 
findet  man  ein  Beispiel  aus  Bhavabhüti  (vgl.  §  35  Anm.), 
wo  das  Subjekt  des  Satzes  durch  5  Composita  näher  be- 
stimmt wird,  deren  Länge  sich  zwischen  17  und  und  26 
Gliedern  bewegt.  Der  ai.  Satzbau  vereinigt  also  die 
Formlosigkeit  der  flexionslosen  Sprache  mit  einem  wohl 
erhaltenen  System  von  Flexionsformen.  Wie  sehr  sich 
auch  in  der  Verwendung  der  Komposition  die  Masslosig- 
keit  des  indischen  Geistes  zeigt,  so  müssen  wir  doch  ein 
Volk  bewundern,  „das  mit  so  logischem  Sinn  und  so 
energischer  Denkkraft  begabt  war  wie  das,  welches  diese 
Wortgebilde  schuf"  (Justi)  und  das  zugleich  eine  so  leb- 
hafte Phantasie  besaß,  daß  sich  seinem  geistigen  Auge 
die  gerade  in  poetischen  Werken  hingeschütteten  Wort- 


§693.694.]    Die  Hilfsmittel  des  indischen  Satzbaues.  477 

komplexe   zu    anschaulichen   und    rasch   verständlichen 
Bildern  gestalteten. 

Anm.  Abgesehen  von  den  Dvandva's  sind  selbst  die  längsten 
Composita  zweiteilig  aufgebaut,  d.  h.  sie  zerfallen  zunächst  in  2 
Glieder,  von  denen  jedes  wieder  aus  2  Gliedern  bestehen  kann 
u.  8.  f.     Vgl.  das  folgende  Schema: 

A 


u.  s.  f. 

Beispiel:  nlU  \  rasa  |  paripürtia-  \\\  mahä  |  bhändam  'ein  mit 
Indigo- Farbe  gefülltes,  großes  Gefäß'. 

Bei  der  Einfügung  eines  Dvandvakompositums  in  ein  anderes 
Compositum  entstehen  folgende  Gebilde : 

A 

a b 

(=«,  ß,  ...) 
Beispiel:  jaya  \paräjaya  |  nirnayah  'Entscheidung  über  Sieg 
oder  Niederlage'  {paräjaya-  ist  selbst  wieder  ein  Compositum), 
Oder:  A 


f=a,  ß,  ...) 
Beispiel:  atarkita-  \\  gam{a)  \  agamah  'einer   dessen    Gehen 
und  Kommen  unerwartet  ist'. 

Oder:  A 


a-(a,  ß,  Y  •  •  •) 
Beispiel:  sa  ,i  deva  \  asura  [\  manusah  'die  Menschen  samt  den 
Göttern  und  Dämonen'. 

694.  Indem  substantivische  Composita  zu 
Adverbialbestimmungen  verwendet  werden  (vgl. 
§  692),  ist  es  möglich,  komplizierte  Konjunktionalneben- 
sätze  rein  nominal  auszudrücken;  so  kann  z.  B.  der  In- 
strumental ij'4<i.*<^aHch«=^H^<?m«=ft^'*lM  pdryatana-drMß- 
aneJia-Jcäutühala-prakatJianena  (I,  2)  =  'durch  Erzählen 

von '  übersetzt  werden  'indem  sie   (wir  usw.)  die 

vielen  {aneka-)  Wunderdinge  (käutühala-)  erzählten,  die 
sie  (wir  usw.)  auf  der  Wanderung  (paryatana-)  gesehen 


478  Compositum  und  Satzbau.  [§694.695.696. 

hatten';  ein  Beispiel  prägnanter  Kürze  ist  qj^W^  pasv- 
anrte  (I,  2)  'bei  einer  Lüge  über  ein  Kleinvieh'  =  'wenn 
man  lügt,  obwohl  es  sich  nur  um  ein  Stück  Kleinvieh 
handelt'. 

695.  Das  Bahuvrihi-Compositum,  das  als  At- 
tribut mit  irgend  einem  Satzghed  verbunden  wird,  ist  im 
Deutschen  oft  durch  ein  Partizip,  einen  Relativ-  oder  einen 
Konjunktionalsatz -R-iederzugeben;  das  letztere  gilt  beson- 
ders für  diejenigen  Composita,  welche  ein  Participium 
Praeteriti  in  der  §  671  besprochenen  Weise  enthalten. 
Beispiele :  NdMU|l«^c(i4^'1i:  uiM^änty-eha-manäli  (YIII,  18) 
'einer  dessen  Sinn  nur  (eha-)  auf  Gemütsruhe  gerichtet  ist' ; 
MTch<<J]f<il4«1V||'^  ^^'l  2)äl-a-ras{a)-äsvääana-präyq 
suJiJtam  (I,  3)  'ein  Glück  dessen  Hauptsache  (präya-, 
s.  §  673)  das  Kosten  des  schhchten  Genusses  ist'  =  'ein 
Glück,  das  nur  während  des  Genusses  süß  ist';  ^^fc(w 
TfTgffff:  suMia-vismrta-durgatih  'sein  Unglück  infolge  des 
Glückes  vergessend' ;  Ti^TTT^fTf^Hfi  d <=h U^ :  ratna-mälä-vi- 
hhüSita-Jianthah  (I,  3)  'dessen  Hals  mit  einem  Kranz 
von  Juwelen  geschmückt  war';  "^Vxrr^WS^f^:  cirdJia- 
päda-sprUa-bhümili  (I,  2)  'indem  er  den  Erdboden  (nur) 
mit  halbem  Fuß  [d.  h.  mit  den  Zehen]  berührte' ;  luTHT- 
^r^^[ii<?=tm!ll  ^rta-däsatva-hhäryatva-panäu  (III)  'nach- 
dem die  beiden  eine  AVette  geschlossen  hatten,  welche 
Sklaverei  [auf  der  einen  Seite]  oder  Ehe  [auf  der  andern 
Seite]  zum  Einsatz  hatte';  l%Hr|*i<^<4<4^<3Tl«T'^r'rr  smita- 
mukha-sakhi-datta-nayanä  (YII,  1)  'indem  sie  die  Augen 
auf  die  Freundinnen  richtet,  deren  AntUtz  lacht'. 

696.  Nebensätze.  Infolge  der  reichen  Entfaltung 
der  verschiedenen  Mittel,  über  welche  der  einfache  Satz 
im  Ai.  verfügt,  ist  der  Nebensatz  verkümmert;  fast  alle 
Nebensätze  des  Sanskrit  sind  Belativsätze,  die  mit 
dem  Pronomen  ya-  und  seinen  Ableitungen  gebildet 
sind;  selbst  die  indirekte  Frage  kann  ebensogut  mit  dem 


§696.697.]     Die  Hilfsmittel  des  indischen  Satzbaues.  479 

Kelativpronomen  wie  mit  dem  Fragepronomen  eingeleitet 
werden.  Das  Ai.  ist  also  auf  dem  Standpunkt  stehen 
geblieben,  den  wir  schon  in  der  idg.  Grundsprache 
voraussetzen  dürfen.  Über  die  Stellung  des  Relativ- 
pronomens s.  §  369  Anm.  Der  Relativsatz  steht  gewöhn- 
lich vor  dem  Hauptsatz,  occasionell  auch  am  Schluß  (in 
welchem  Fall  er  immer  durch  das  Relativpronomen  er- 
öffnet wird),  kann  aber  nicht  in  den  Hauptsatz  einge- 
schoben werden.  In  der  Regel  (jedoch  nicht  notwendiger 
Weise)  wii-d  der  Relativsatz  dm-ch  das  korrelative  De- 
monstrativpronomen sa  (und  seine  Ableitungen)  mit  dem 
Hauptsatz  enger  verknüpft.  In  diesen  Verhältnissen 
schimmert  noch  deuthch  jener  ursprünghche  Zustand 
durch,  in  welchem  das  Relativpronomen  ebenso  wie  das 
Demonstrativum  einfach  dazu  diente,  als  ein  hinweisendes 
Formwort  zwei  Sätze  auf  einander  zu  beziehen,  wodurch 
zwar  eine  logische,  nicht  aber  eine  grammatische  Unter- 
ordnung zu  stände  kam. 

Anm.  In  Relativsätzen  allgemeinen  Inhalts  kann  der  Optativ 
als  'Modus  subiunctivus'  (s.  §  438. 4)  dienen,  um  das  Abhängigkeits- 
verhältnis zu  verdeutlichen  und  zu  verstärken. 

697.  Relativsatz  und  (B  ahuvrihi-)  Compo- 
situm sind  in  ihrer  Bedeutung  für  das  Satzganze  nicht 
gleichwertig,  d.  h.  sie  können  nicht  behebig  mit  einander 
vertauscht  werden.  Jacobi  (Compositum  und  Nebensatz 
S.  91)  stellt  für  die  Wahl  der  beiden  Ausdrucksmittel 
folgende  Regel  auf:  „Wenn  man  aus  dem  Deutschen 
oder  einer  andern  modernen  Sprache  in  Sanskrit  über- 
setzt, dürfen  nicht  alle  Nebensätze  dui'ch  Composita 
wiedergegeben  werden,  sondern  nur  die  ausschmücken- 
den und  beschreibenden;  diejenigen  aber,  welche  eine 
begrifflich  notwendige  oder  \\dchtige  Bestimmung  enthal- 
ten, erscheinen  auch  im  Sanski-it  als  Relativsätze."  Eben- 
so bezeichnet  der  (relative)  Konjunktionalsatz  „ein  enges, 
wesentliches   Verhältnis   zwischen  Haupt-   und  Neben- 


480  Compositum  und  Satzbau.  [§697.698. 

satz ;  Nebenumstände  zeitlicher  o^er  kausaler  Art  werden 
durch  die  Form  des  Absolutivum  ausgedi'ückt"  (Jacobi 
IF.  Anz.  VI,  153).  Der  Inder  ist  freilich  geneigt,  manches 
als  Nebenumstand  aufzufassen,  was  für  unsere  Vorstel- 
lungsweise ein  selbständiger  Bestandteil  des  fortschreiten- 
den Zusammenhangs  der  Gedanken  ist. 

698.  Konjunktionalsätze.  Wie  im  Lateinischen  qui 
für  einen  Kausalsatz  mit  cmn  is  stehen  kann,  so  drücken 
auch  die  ai.  Kelativsätze  oft  eine  kausale,  konsekutive 
oder  finale  Beziehung  zum  Hauptsatz  aus  (yah  also  = 
'da  er,  damit  er'  u.  ä.).  Eine  Reihe  von  Kasus-  und 
Adverbialformen  des  Relativums  (vgl.  §  403  ff.)  dienen 
ferner  dazu,  die  verschiedenen  Konjunktionalsätze  ein- 
zuleiten : 

1.  "^jf^  yat  'was',  sovne  'daß'  zur  Bezeichnung  von 
Subjekt-  und  Objektsätzen  (vgl.  auch  §  699);  seltener 
wird  yat  in  Kausal-  und  Finalsätzen  ('weil,  damit')  ver- 
wendet. 

2.  ^^  yena  'wodurch',  auch  'weil'  und  'damit';  bei 
finaler  Bedeutung  kann  der  Optativ  oder  Indic.  Fut. 
neben  dem  Indic.  Praes.  gebraucht  werden. 

3.  -^jTf:  yataJi,  nm\r{  yasmät  'weshalb'  und  'weil'. 

4.  ^^1  yathä  'wie'  (in  Vergleichungssätzen),  ferner 
'daß,  auf  daß,  damit'  in  Final-  und  Konsekutivsätzen 
(mit  Indic.  Praes.,  Fut.  oder  Optativ^),  endlich  'daß'  in 
Objektsätzen  nach  Verba  sentiendi  et  declarandi. 

5.  Tf^  yadä  'wann,  als'  in  Temporalsätzen. 

6.  "^jf^  yadi  'wenn'  (in  Bedingungssätzen),  'ob'  (in 
indirekten  Fragesätzen);  ^^fij  yady-api  'wenn  auch, 
obgleich' ;  "?rf^  yadi  —  '^fk  yadi  'sive  —  sive'. 

7.  ■^TT^  yävat  'wie  lange,  insofern  als;  so  lange  als, 
während;  als,  sobald  als;  bis'  (in  der  letzten  Bedeutung 


1  In  der  vedischen  Sprache  steht  ausser  Optativ  und  Futur 
auch  der  Konjunktiv. 


§698.699.]         Die  Hilfsmittel  des  indischen  Satzbaues.  481 

mit  Präsens,  Futur  und  Optativ) ;  mit  der  Negation 
(yävamia)  'ehe,  bevor'. 

Die  B,elativnatui*  dieser  Konjunktionen  zeigt  sich 
besonders  darin,  daß  im  Hauptsatz  oft  das  entsprechende 
Correlativum  (s.  §  375)  steht,  so  z.  B.  in  der  Regel  bei 
yävat  (tävat) ;  vgl.  ferner  einen  Finalsatz  wie  "?f^ . . . 
^miT'^tTT  cT^IHal^'diH  y(^t^^^  • '  •  vyäpädai/ati,  tathä 
'nuWüyatäm  'es  soll  (so)  eingerichtet  werden,  daß  er  .  .  . 
tötet'. 

8.  Xur  die  Konjunktion  ^«^  cet  'wenn'  {na  cet 
'uisi")  ist  nicht  vom  E,elativstanim  abgeleitet;  sie  wird 
neben  yadi  (s.  6)  in  Bedingungssätzen  gebraucht,  ced, 
d.  i.  ca^  +  id  (s.  §  365),  steht  nie  an  erster,  gewöhn- 
lich an  zweiter,  oft  aber  auch  wie  das  Relativpronomen 
an  späterer  (sogar  letzter)  Stelle  des  Satzes.  Der  cet- 
Satz  geht  gewöhnhch  dem  Hauptsatz  voraus,  der  durch 
Partikeln  wie  tat,  tatali,  atlia  u.  ä.  eingeleitet  werden 
kann.  Zu  einer  feineren  formalen  Nuancierung  der  ver- 
schiedenen hypothetischen  Fälle  ist  der  Inder  nicht  ge- 
langt :  der  Optativ  mrd  gebraucht,  um  einen  möghchen 
(angenommenen)  wie  irrealen  Fall  zu  bezeichnen,  als 
Irrealis  dient  außerdem  der  Condicionahs  (s.  §  414. 
565  Anm.). 

699.  Oratio  0ll)li(iua.  Die  Abneigung  des  Inders 
gegen  Nebensätze  zeigt  sich  besonders  darin,  daß  eine 
oratio  obliqua  nicht  ausgebildet  worden  ist;  auch  die 
Konstruktion  des  Acc.  c.  Infin.  fehlt.^  Wenn  man  von 
kurzen  Objektsätzen  (s.  §  698.  1)  und  indii*ekten  Frage- 
sätzen absieht,  so  gibt  es  überhaupt  keine  eigenthche  oratio 
obHqua:   die   direkte   Rede    bleibt  einfach  unverändert; 


1  ca  bildet  in  der  älteren  Sprache  auch  für  sich  allein  Be- 
dingungssätze. 

2  Einige  Belege  finden  sich  im  RV.,  s.  Wolff  KZ.  XXXIX, 
490  £F. 

Tliumb,  Altindische  Grammatik.  31 


482  Compositum  und  Satzbau,  [§  699. 700. 

als  abhängig  värd.  sie  entweder  durch  ein  vorangeschicktes 
yat,  yatah  u.  ä.  oder  durch  die  Partikel  iti  'so'  charakte- 
risiert. Der  Grehrauch  von  iti  ist  überaus  häufig;  das 
'regierende'  Verbum  des  Sagens  kann  unmittelbar  folgen 

(,, "  ity  ahravU,  ity  uktam  u.  ä.)  oder  vorhergehen 

(abravit:  ,, "  iti  u.  ä.). 

Jede  Art  der  Meinungs-  und  Willensäußerung  kann 
durch  iti  an  ein  Verbum  sentiendi  oder  declarandi  (in 
weitestem  Sinn)  angeschlossen  werden.  Aber  ein  solches 
Verbum  ist  überhaupt  nicht  nötig,  da  irgend  eine  Äuße- 
rung durch  iti  unmittelbar  mit  jedem  beliebigen  Praedi- 
kat  oder  mit  einem  darauf  folgenden  neuen  Satz  ver- 
bunden werden  kann;  dann  ist  iti  zu  übersetzen  'indem 
er  (sie  u.  s.  w.)  so  sagte  (dachte,  glaubte  u.  dgl.)'  oder 
'so  sagte  (dachte,  glaubte)  er  (sie  u.  s.  w.),  und  dann . . ." 

Durch  iti  wird  ferner  nicht  nur  die  vollständige 
Äußerung  eines  andern,  sondern  auch  irgend  ein  Citat 
oder  eine  Erläuterung  (sei  es  auch  nur  ein  einzelnes 
Wort)  kenntlich  gemacht,  so  daß  iti  völlig  die  Funktion 
unseres  Anfühi'ungszeichens  hat.  Vgl.  auch  §  236.  Wenn 
ein  Citat,  ein  Spruch  u.  dgl.  nur  mit  den  Anfangsworten 
angedeutet  wird,  so  gebraucht  man  ^[(Srrf^  ityädi  'so 
u.  s.  w.',  vgl.  z.  B.  Teerte  II,  1  (Schluß) :  ^^f^fj-  ^  W^\f^  \ 
"^'TTTfT'^nft*  f^^fTTfiTMTf^  ö!^ö  ^ham  hravimi:  ,^anägata- 
vanti  ciiitäm'-^  ityädi  'drum  sage  ich  „einen  auf  die 
Zukunft  bezüglichen  Gedanken"  u.  s.  w.'  (der  vollständige 
Spruch  steht  am  Beginn  der  Erzählung). 

700.  Durch  die  Partikel  iti  kann  endlich  das  sub- 
jektive Motiv  einer  handelnden  Person  augegeben  wer- 
den; der  durch  iti  abgeschlossene  Ausdruck  bildet  dann 
eine  Art  Kausalb  e  stimm  un  g  zu  dem  folgenden  Haupt- 
satz, z.  B.  -^g^rRft  .T^firfTT  ^r-qr  ^ra^rwr^'^:  m^\h^ 

f^rm  ^W^'.  ift^I  nK^yälu  '^rt;//"  iti  niatvä  salajjam 
adhömuJiJiäh  Manam   ekq,  stJiitvä  mithäli  pröcuh  (I,  1) 


§  700.]  Die  Hilfsmittel  des  indischen  Satzbaues.  483 

'„es  ist  nur  ein  Schakal"  indem  sie  so  dacliten  [=  'weil 
es  nur  ein  Schakal  war"],  standen  sie  einen  Augenblick 
beschämt  mit  gesenktem  Kopfe  da  und  sprachen  zu  ein- 
ander'. Aber  auch  hier  ist  die  Verknüpfung  durch  eine 
Yerbalform  matvä  od.  dgl.  nicht  nötig;  iti  allein  genügt, 

z.  B.  f^^n  wt^^  ^w^K frf^  ^ftc^r^^'T  ^  f^rf^- 

^>'mfx  ,.diStyä  jwann  ayqi  muktaicäuräir'-'-  iti  nialiötsa- 
vas  tena  cakre  milita-handhunä  (III)  '„zum  Glück  lebt  er 
und  ist  von  den  Räubern  befreit"  —  in  diesem  Sinn  [= 
aus  Freude  darüber,  daß  er  lebte  und  befreit  war]  wurde 
von  diesem  ein  großes  Fest  veranstaltet,  nachdem  er  die 
Verwandten  versammelt  hatte.'  Trotz  aller  Unbehilflich- 
keit  des  Ausdrucks  erzielt  das  Sanskrit  auf  solche  Weise 
eine  so  prägnante  und  unmittelbare  Wiedergabe  der 
Gedanken,  wie  sie  sich  in  keiner  andern  idg.  Sprache 
findet. 


SV 


Verzeichnis  der  in  der  Einleitung  genannten 
(indischen)  Namen  und  Sachen. 

(Die  Zahlen  beziehen  sich  auf  die  Paragraphen.) 


Akbar  18. 
Agnimitra  34. 
Atharva-Veda  26.  29. 
Apabhraja  22. 
Amarahösa  40. 
Amarasiha  40. 
Amaru  36. 
Aiöha  17.  18. 
Äranyaka  26.  31. 
Aryavarta  18. 
Äitar'eya-  Brähmana 

80. 
Indoskythen  18. 
Indra  15. 
TJjjayim  18. 
Üparnmd  26.  31. 
i?^verf«.  20  ff.  26  ff. 
Rtusqhara  34. 
Kathäsaritsägara  37. 
Kälidäsa  34. 
kävija-  33. 
Käslkä  Vrtti  39. 
Kumarasamhhava  34. 
jKMm  33. 
.KV-swa  36. 
Ärösa  40. 
Kätctsa  38. 
Gitagövinda  36. 
Grupta  18. 
Gfhya-Sütra  32. 
Candragupta  18. 
Jayadeva  36. 
Jayäditya  39. 
Timur  18. 
Damayanü  33. 
Dekhau  18. 
de?;«  15 
Dehli  18. 

Dharma- Sütra  32, 
dhatupatha-  40. 


iVa^a  33. 

Nighantava  38. 
Nirukiä  38. 
Neuindische  Dialekte 

23. 
Paficatantra  37. 
Patanjali  39. 
Pada-Text  28. 
Pä«iwi  21,  39. 
Pa?«c?«  33. 
Päli  '22. 
Purana  33. 
Päimcl  22. 
Päura  18. 
Präkrit  22. 
Prätimkhya-  Sütra 

32.  38. 
Baber  18. 
Buddhismus  17. 
Brahma  17. 
Brähmana  26.  30. 
Brahmanismus  17. 
Bhartrhari  36. 
Bhavabhüü  35. 
Magadha  18. 
mandala  20.  27. 
Mahähhn rata  33. 
Mahäbhä>ya  39. 
MägadM_22. 
Mälatimädhava  35. 
Mälavikä  34. 
MähcträMrl  22. 
Mrcchakatikä  35. 
Meghadüta  34. 
Mäurya-Dynastie  18. 
YaiMÄ  29. 
Yajur-Veda  26. 
Tama  15. 
YösA-a  38. 
Baghuvaja  34. 


Ratnävali  35. 
Rämäyana  33. 
Vasantasenä  35. 
Frtwana  39. 
Yälniiki  33. 
Vikramäditya  18.  34. 

40. 
FiÄiraworvasi  34. 
Vindhya  18. 
Vivasvant  15. 
Tisüm  17. 
Yisnupuräna  33. 
Yetalapaficavisati  37. 
Ffda  20.  25—32. 
Vopadeva  39. 
vyäkarana-  38. 
ÄaÄra  18. 
Sakuntalä    34. 

Satapatha-  Brähmana 
,  30. 
(S^va  17. 
Sukasaptati  37. 
Südraka  35. 
Säurascm  22. 
Srihar^a  35. 
srw^i-  30. 
Sräuta- Sütra  32. 
hlöka-  33. 

sqskrta-,  Sanskrit  21. 
Sq/w^ö  26.  27. 
Sandrakottos  18. 
Säjwa-  Fe(?a  26.  29. 
Säyana-  28. 
Sffira  20.  26.  32. 
Somadeva  37. 
smrti-  30. 
Hi'töpadesa  37. 
Hemacandra  40. 


Wortverzeichnis. 

(Die  Zahlen  beziehen  sich  auf  die  Paracrraphen ;  fettgedruckte  §§  enthalten 
ein  Wort  als  Paradigma.) 


A.  =  Anmerkung. 
Abs.  =  Absolutivnm. 

C.  =  Causativum. 

D.  =  Deeiderativurn. 
Den.  =  Denominativum. 
Du.  =  Dual. 

F.  =  Futurum. 
Ger.  =  Gerundivum. 
I.  =  Intensivum. 

a-  Augm.  415 ;  privat. 

91.  651.  669.  676. 
qsa-  81. 
qhas-  81. 
akasmät  682. 
aUi-  156,1.  344.  Du. 

226. 
agni-  72 A.  76.  107  b. 

161.  164.  268.  272, 

1,  2.  656. 
agra-nl-  283  A. 
agre  241,4.  396. 
a-gru-  102. 
aiika-  80. 
auga  687  FuCn. 
aaghri-  280. 
acirät  395 

aj- 67. 108.  Augm.  415, 
ajra-  67.  254  a. 
-am-  (Suff.)  322. 
a»y-506.Pf.(ved.)520, 

3.    P.Pt.  614,5. 
at-  122,3. 
atavi-  288. 
anda-  122,1, 
ai-  s.  at-. 
atah  403.  691,4. 
ati-    650.    651   Fußn. 

Komp.  387. 392.  l.b. 
atyanta-  675. 
atra  403. 
atha  691, 1.  698. 
atharvan-  15.  29. 


Abkürzungen. 

Imp.  =  Imperativ. 
Impf.  =  Imperfectum. 
Inj.  =  Injunktiv. 
Komp.  =  Komparation. 
Kompos.  =  Komposition. 
N.Pl.  =  Nominativus  Plur. 
P.  =  Participium. 
Pass.  =  Passivum. 
Pf.  =  Perfectum. 

athavä  691.  3. 

ad-    Pr.  467.   484,  4. 

P.Pr.    102.     Impf. 

484,  4.  Imp.  144,  b. 

Pf.  520.    P.Pt.  120. 

175.     adya-  625  A. 
adö-müla-  367. 
adya-  400. 
adri-  280. 
adhama-  388  A. 
adhara-  376.     388  Ä. 

398. 
adharät  398. 
adhah  241,4.  399. 
adhastät  399. 
adhi-    169.    547  A.  2. 

650. 
adhika-  379. 
adhipa- 248  A.  657  A. 
adhunä  309.   398. 
adlivan-  309.  315. 
an-  privat,  s.  a  privat. 
an-    (atmen)   L9.    98. 

490. 
anadväh-  343. 
ananta-  91. 
anantaram    240.  6. 

392, 1. 
ananyasama-  242,  4. 
anas-  65, 1.  343. 
anasvant-  343. 
anägata[vant]-  328. 
anit  569  A. 


Postp.  =  Postposition. 
Pr.  =  Praesens, 
prakr.  =  prakritisch. 
Prek.  =  Prekativ. 
Pt.  =  Praeteritum. 
s.  =  siehe. 
St.  =  Stamm. 
Suff.  =  Suffix. 
"W.  =  Wurzel. 

anila-  69.  254. 

anu-  171.  237,6.  322. 

650. 
anüka-  322. 
Anudätta-  55  a.  1. 
anudra-  91. 
Anunäsika-  54,  2  (S. 

43). 
anumata  657  A. 
Anusvära-   54,   2  (S. 

43). 
anehas-  332  A. 
anta-  249. 
antama-  388. 
awtor-  85.  88,1.    241, 

4.    242,  5.    403.  3. 

650. 
antara-    238,  5.    376. 

388. 
antika- '256.  322.  389. 
anna-   120   (s.    auch 

a(i-). 
anya-  240,  5.  376. 
anyacca  691,  3. 
anyatara-  376. 
anyatra  403. 
anyatliä  404. 
anyedyuh  679. 
an^ÖM^a[w]  659  A. 
anvafic-  321. 
anvaya-  171. 
ap-  s.  rtj»-  (Wasser). 
oj?a-  650. 


486 


Wortverzeichnis. 


apakrtya-  657  A. 
apabhrqsa-  22. 
apama-  388  A. 
apara-  376.  388  A. 
aparam  691, 1. 
apas-  108. 
apäüc-  320. 
ajpi373.650.651FulJn. 

689—691.697,6. 
apitu  691,  3. 
apsaras-  332. 
abudh-  162. 
«&/«'-  650. 
ahhika-  322 
abhidha  260. 
abhidhäna-  657  A. 
abhut  s.  abudh-. 
aMm-102(S.75).107c 

(s.  auch  bJm-). 
amitra-  113  a. 
owi-  s.  asöw. 
amü-  s.  asäu. 
amba  259  (S.  179), 
anibhas-  111 A.  113b. 
ayam    363  fi".      icZawi 

349,  5. 
ayuta-  382. 
or-  Pr.  476.  C.  587. 
aritra-  12. 
aridama-  667. 
crrÄ-a-  133  (S.  99). 
«r5r/ia-  133  (S.  99). 
arc-  133  (S.  99).    Pf. 

520,  3. 
arciin)-    272,   2    (S. 

185). 
ßrfÄa-  316.   607.  608, 

1. 
arthatah  403. 
artham' 2A\,  A.  679. 
arthaya  394. 
arthin-  316. 
ßri/ie  241, 4.  396. 
ardAa-  376  A.  383. 
ar^a-  15. 
aryaman-  306. 
arvant-  340. 
arÄ-  133  (S.  99). 
a7rtm  238,  6.  651. 
alpa-    86  a.     Komp. 

389. 
ava-  650. 
avagraha-  49. 


avama-  388  A. 
amm-  376,4.    388  A. 
avaric-  320. 
at;i-  59.  65, 1.  230.  232. 

278. 
avyayibhava-  680. 
O6-(essen)Pr.453.508, 

F.  589. 
as-    (erreichen)    Pr. 

499.   Pf.  81.  520,  3 
asiti-  382. 
asman-  134.  230  (S. 

155).  231. 
asri-  280. 
ös'nt-    120  A.l.    275. 

276. 
asva-  63.  71. 125. 164. 

165.  230(8.154). 233. 

274.    353   (S.    242). 

,>J.P1.  (ved.)  245. 
asva  259. 
asviya-  72  A. 
ßstrt-  122,  2.  139.  381. 

■  (ved.)  77.  160. 
a'^ta-bhaga-  383. 
fls- (sein)  63. 102(8.75) 

103.    107.   150.  419. 

421.  425.   427.  531. 

654.    Pr.  448  a.  484, 

4  A.  488.  P.Pr.  324 

A.  3.     Imp.  158,  2. 

Augm.  415.    Impf. 

489  A.  1.     Pf.  520. 

Opt.  437. 
as-  (werfen)  541  A.  4. 

569. 
asan-  s.  asrj-. 
asi-  89,  2.  ° 
asura-  15. 
as);;'-  341  A.  2, 
as««  173.  366.368. 
asta-  103,  1. 
asthi-  344. 
asmath'te  352.  679. 
asmad-  s.  aham. 
asmadiya-  356. 
rt/i-  529. 
rtAan-  341.  656. 
o/iam    127  A.    351  flf. 

357. 
aharnimm  237, 4.  392, 

1.  658  d. 
ahaha  8.  471  Fußn. 


ahö  173.  8.  471  Fußn. 
ahvam  s.  /lit-. 

ä  S.  471  Fußn. 

ä-    Praep.    240.    650. 

Postp.  245  (8.  168). 
akarnay-  644  (s.  auch 

^aryjff-). 
akliyd-  657  A. 
f7yi-  108. 
rtfj-  98. 
ätman-  91.  98.  107  e. 

354.    Dekl.   259  (8. 

179).  272,2.  305. 
atmanatrt'tya-  666. 
ätmaneimdam  411. 
ätmlya-  356. 
-äcZi-  673. 
-adika-  673. 
äditah  403. 
fM^a-  s.  öd-. 
-ädya-  (zu  ö(?z-)   673. 
oj5-  (erlangen)    109  a. 

641  A.  Pr.  499.  Pf. 

520,   1.     Aor.  541. 

F.  567.     Pass.  579. 

C.  586,  D.  600.  605. 

Abs.  638.  P.Pt,  612. 

614,  8. 
äp-    (Wasser)     145. 

318, 1, 
apas-  (ved.)  s.  apas-, 
am  8.  471  Fußn. 
amitra-  113  a. 
ämisa-  257. 
ämbhasa-  113  b. 
ämredita-  659  A. 
äyun-  272,  2. 
äyu~^-  108.    187.    331. 

333,  2. 
aranyaka-  31. 
äliug-  133  b  (8. 100). 
avasatka-  255. 
dm/j  651. 
äsi's-  334  A.  2. 
am-  66.    125.  278  b. 

392, 
äs-  (sitzen)  158, 2. 423, 

424,  435.  531.  569. 

Pr.  439.  448  b.  484, 

3.    äddhve  158,  2. 
äs-  (Mund)  75,3, 
astham  s,  «s- (werfen). 


"Wortverzeichnis. 


487 


äsmaka-  '6b6 
äha  s.  ah-, 
ähö  689. 

i  (Interj.)  173.  S.  471 

Fulbn. 
i- (gehen)  59.  72.74,1. 

88,1.  102  (S.75).  103, 

1,2.  104.  107  b.  420. 

422.   423.  425.  439. 

448.  643.     Pr.  439. 

481.    Imp.420.   Pf. 

520.  F.  567.  568.  0. 

587.  Ger.  626.  P.Pr. 

328.   375,     +abhi- 

237,3.  +rtm  237,1. 

-\-upa-  237, 1. 
i-  (Pron.-St.)  s.  ayam. 
iag-  586. 
idä  {ilä)  122  A. 
iiah  403 
itara-  376.  388. 
üi    171.    236.    403,2. 

687.  699  f. 
itihasa-  682. 
ittham  404. 
id  398.  400. 
idam  s.  ayam. 
idänim  399. 
idha  (prakr.)  407. 
idhma-  108. 
indra-  15.  161. 
indräin  288,  2. 
iyant-  375, 1. 
iva  407.  689. 
i§-  (senden)  Pass.  581. 

■  0.  586,  3. 

is- (wünschen)  151.  Pr. 

■  476  b.  Pf.  520,2. 
ista-  s.  yaj-. 

iJia  407. 

tks-  411.  Augm.  415. 

Pr.    471.     Pf.    532. 

F.  566.  569.     Pass. 

580.  C.586,2.  P.Pt. 

616.    Inf.  633,2. 
Idrs-  375. 
ir-  C.  586,2. 
trma-  96  b. 
U-  Pr.  484,6. 
Isvara-  254  b  A. 
ih-  Pr.  471.  586,  2. 


ukta-  s.  uac-. 
uktavant-  s.  vac-. 
MÄ:fi-  279. 
Mcm-  322. 

uccaihS93.  K9mp.387. 
ucchrita-  s.  sH-. 
Uta  690.  691, 1. 
uttama-  387. 
Mitera-  376,4.  387. 
t<(^-  (Praep.)  322. 650. 

Komp.  387. 
lul-    (benetzen)    Pf. 

(ved.)  520,  2  A. 
udaTic-  321. 
udan-  313. 
udarcis-  Komp.  386. 
Udätta-  bb  A.  1. 
udyama-hhrt-  318. 2. 
itdreÄ:«-  133  (S.  99). 
wnfZ-  Pf.  531. 
upa  61.  237,6.  650. 
upagraha-  657 A. 
upadpsaka-  256. 
upapada-  667. 
upama-  388  A. 
«2?an  241,  4. 
upasänti-  657  A. 
upänah-  319  A. 
ubhaya-  376,2. 
t«i/imi  380, 2  A. 
ttm-  389. 
uianas-  332  A. 
M3-  122,  2.  520,  2  A. 
usar-  233. 
usar-bhut  233. 
Msas-  332.  333  A. 

üdha-  s.  va/i-. 
MöfÄar-  111.   341  A.l. 
i<r«a-  87.  96  b.  264. 
ürnomi  499  A. 
ürdhvam  240,  6. 
iirmi-  9tj  b.  280. 
üh-  Pr.471.  C.586.3. 


f  s.  ar-, 
rkm-  92. 
fc-  s.  arc-. 
rta-  255  a. 
rte  237,  6.  396. 
m-  278  a. 
rsti-  15. 


eyta-74,2.  376,2.  380. 
ekatama-  376, 1. 
ekatara-  376,  2. 
ekadä  405. 
ekädasa-  380, 1. 
ekaikah  170.  659  A. 
etofi  8.  (?sa-. 
etadrS-  375. 
etävant-  375. 
erf/i-  Pf.  532. 
ed/ifl-  74.  108. 
ewa-  362. 
emi  8.  i-  (gehen), 
em  400.  407.  689, 
eva-   74,2.    399. 
evam  399.  407. 
esa  358.  361. 

öjas-  75.  133  (S.IOO). 
ostha-  75. 

Äa-  124.  128.   133  (S. 

100).  371.  373  f.  395. 
kakubh-  318,2. 
kaccit  690. 
/t-ßto-  99. 
ka'tuka-  87. 
Ä:atem-  65,1,2.    128. 

388. 
kati  375. 
kathqcana  373. 
/cafAam     373.     404. 

691  A. 
kathamapi  373. 
kathay-  608, 1. 
Ä:a^Ää  260.  404.  608,1. 

682. 
kadä  373.  405. 
kadäcit  373. 
kanistha-  389. 
kaniyas-  389. 
kanyä  312  A.  (s.  auch 

kaniyas-). 
kapi-  278  a. 
kaprtli-  162. 
A-awJ-  Pr.  477  a.  P.Pt. 

614,  7. 
Ärar-  (machen)  21.  92. 

94a,b,c.  102  (S.75). 

128.133.165.589.643. 

Pr.502.Imp.498A. 

2.  (ved.)  421,  IV,A. 

Pf.  106.  416, 4.  426. 


488 


"Wortverzeichnis. 


430.  435.  513.  516. 
519.  P.Pf.  338.  530. 
582.  Inj.  441.  'Aor. 
538.  539.  547.  550. 
Prek.563,3.  F.565. 
574.  Pass.  577,  1. 
C,  584.  D.  601  b. 
Ger.  624.  626-628. 

1.  451.  Inf.  632.  633, 

2.  Abs.  637.  638. 
Kompos.  651.  653. 
654.  667,  2,  3,  4. 

kar-    (streuen)    Prek. 

563,3.   Pass.  577,2. 
-kara-  667,  3. 
kar an a-  252  b. 
karkata-  128. 
karkara-  256. 
karkaSa-  256. 
kar»a-  87.  644. 
karnatä  266. 
kart-    Pr.    476.      F. 

568. 
kartar-  303. 
kartua  (ved.),  kartva- 

(ved.)  s.  kar-. 
karman-  308,2.  314. 
kars-    Pr.    475.      Pf. 

518,  1.      Aor.    560. 

Pass.  576.  Abs.  641. 
karsü-  87. 
kal-  644. 
kalatra-  254  c. 
kalusa-  128.  257. 
kalp-  93  A.  C.  583. 
kalpana  264. 
kalya-  123.  124. 
kavi-  83.  607,3. 
kaviy-     Den.    (ved.) 

607,  3. 
kascit  149.  373. 
kasmat  395. 
kämam  392,  1  a.  689. 
kamin-  316. 
kämiika-  256. 
käla-  128. 
kavya-  33. 
AflÄ-  Pf.  524, 1. 
ki-  s.  A-«-. 
kjvadanti-  682. 
kikara-  372. 
Ä?:f«  691. 
Zrj>?a-  99. 


Am  133  (S.  100).  238, 

6.  392, 1  c.  689.  690. 

691  ;  s.  auch  ka-. 
\kiyant-    133  (S.  100). 

328.  375. 
kiyedha  144  a. 
kir-  s.  kar-  (streuen). 
kila  689. 
Aldrs'-     133"  (S.'IOO). 

3°75. 
ku-  669  A.  5.     676  A. 

s.  ferner  ka-. 
kutl  21.  99. 
kuiah  403.  691  A. 
Awfra  374  c.  403. 
kup-  128.  Pr.  463.  466. 

473.  P.Pt.  463. 
kumbha-  136. 
kula-  95  a. 
kuha  407. 
küthära-  87. 
Mj^a-  62.  128. 
Awr^i-    Pr.    462.     Pf. 

524,  2. 
kr-  s.  kar-   (machen). 
krcchra-     {krcchräf) 
°  114A.2.  395  b. 
krt-  s.  kart-. 
krtam  238,  6. 
krtin-  316. 
Icrtu-  (krtvah)  384  a. 
Jcrp-  (Gestalt)  ved.93A. 
krp-  (jammern)    ved. 
°  114  A.  2. 
krpana-,  krpan-atc 

Den.  454. 
krpäna-  124. 
Ar^ö^tt-  281. 
Ars-  s.  kars-, 
Jct:H-  278a. 
A^j)-  s.  Aö?p-. 
ketu-  221  A.  2. 
kevata-  87. 
Aemto-  689.  691,  1. 
kösa-  40. 
käupma-  252  b. 
Ara^tt-    Dat.S.    (ved.) 

272,  2. 
Ara«(Z-  I.  596,  4A.1. 
kram-  Pr.  471.    Pass. 

411.  Pf.  524, 3.  Aor. 

554.  F.  568.  C.  584. 

I.  596,  3  a.     P.Pt. 


98.  614,  7.  Inf.  633, 

1.  Abs.  639.  641 A. 
643. 

kravis-  128.  332,2. 
krl-  i28.  283  A.     Pr. 

453.  467.  507.  P.Pr. 

324  A.  3.     Pf.  526. 

Ger.  624. 
An(?-Pr.462.    Pf.  524, 

2.  F.  566.  C.  586,  2. 
Inf.  633,2. 

kritdh-  Pr.473.  P.Pt. 

614,  3. 
krus-  Pr.  470. 
kröstar-,  kröUu-  271. 

299  A.l.     ■■ 
kva  398. 
ksanena  393  a. 
Maira-    15.    83.    153. 

156, 1. 
Man-  156,1.   Pr.  501. 

■  P.Pf.  614,  5. 
Mam-    (erdulden)    F. 

■  569.    C.  584. 
kmm-  (Erde)  156,  3. 
Maya-  107  b. 
Mar-  156,3. 
Mara-  156. 

Asi-  (herrschen)  156,1. 
Asi-  (vernichten)  156, 

■  2.  Pr.  499.  Pass. 
107  b.  578.  581.  C. 
584.    P.Pt.  620. 

kii-  (wohnen)    156, 1. 

ksiti-     (Vernichtung) 

'102   (S.  75).     107  b. 

156,  2. 

ksiti-  (Wohnung)  156, 

■  1.  279. 

Asip- Pr.  475.  Pf.  416, 
4.  518,1.  Pass. 577,1. 

ksipra-  254  a.  Komp. 
389. 

khra-  15.  153. 

k'subh-  C.  592. 

ksetra-  15. 

khandasah  406. 
khaii-  98.'  Pf.  518,3. 

F.  569.  Pass.  577,  2. 

P.Pt.     98.     614,  6. 

Abs.  639. 
khalu-  689. 


Wortverzeichnis . 


489 


khäd-  136,    Pr.  477  a. 

Pf.  524,1.  Pass.579. 

D.  602.2. 
khid-  P.Pt.  620. 
ÄÄ2^ä-133A.Pr.484.1. 

Pf.  528.     Aor.   541 

A.  2.     Pass.  578,  2. 

P.Pt.  614,8. 

-ffa-  667, 1. 
gacchati  s.  gam-, 
gaja-  387. 
gana-,  21.  84.  99. 
ganasah  406. 
gaii-  89, 1. 
gad-  Pf.  524,  3. 
^aw- 82. 88, 1.89,1.90. 

107e.l30. 133(S.99). 

151.    248  A.   318,2. 

427.   Pr.  460.  472  a. 

Pf.l07e.  517.518,3. 

P.Pf.  90.  338.  530. 

Aor.  82  A.  1,  2.  541. 

549.1.  F.  569.  574. 
Pass.  577.  C.  584. 
D.602,3.  P.Pt.  612. 
613,  617.    Inf.  632. 

633.2.  Abs.  641  A. 
643.  644. 

gar-       (verschlingen) 

95b.     96b.    132  A. 

Pr.  475.  Pass.  577. 

C.  586.  3.      I.  596, 

3  A.  2.  P.Pt.  620,2. 
gar-  (wachen)  I.  596, 

3A.2. 
garlyas-  s.  giiru-, 
garh-  Pf.  524,1.  Pass. 

579. 
gal-  i.  596,  3.    P.Pt. 

615. 
gala-  130. 
gava-  s.  gö-. 
gä-  (gehen)  Aor.  538. 

547  A.  2. 
oä- (singen)  109  b.  110. 

133(8.100).  Pr.474, 

3.    Pf.  528.  F.  567. 

Pass.  578,  2.  C.  587. 

588.     P.Pt.   614,  9. 

Inf.  632,2. 
gatu-  110. 
gätra-  254  c. 


gäthä  266. 

gäh-  Pass.  579. 

gir-   (verschlingen)  s. 

gar-, 
gir-   (Lied)  96  b.  299 

A.2. 
giri-    95  b.    132  A. 

278  a. 
gir  s.  gir-  (Lied). 
guda-  122  A. 
Chtina-  105. 
gunavant-  328. 
gv^-  Pf.  517. 
gurn-  95  a.  102  (S.75). 

130.     277.     278  b. 

Komp.  335.  389. 
guh-  143  b.     Pr.  471. 

Pf.  524,1.  C.586,3. 

Ger.  625, 1. 
gr-  s.  gar-, 
grbhäy-  (ved.)  466 ;  s. 

auch  grah-. 
grha-  99.  121  A. 
grhya-  32. 
geha-  99. 
gö-  11.  107  c.  130.  164. 

222  a.  295.  656. 
qötama-  113  a. 
'göla-  122  A. 
gautama-  113  a. 
grabli-  (ved.)  s.grah-. 
grah- 83.  niA.  121 A. 

Pr.  453  A.    458  A. 

466.    Imp.507.    Pf. 

518,  2.    Aor.  453  A. 

553.    555.    563.     F. 

569.    D.  603.    P.Pt. 

453  A.     615.      Inf. 

633,2.    Abs.  639. 
graha-  111 A. 
grämanl-  283  A. 

ghat-  256. 

ghataka-  256. 

gharma-  131.  253. 

gJias-  157,  4  b.  496. 

ghäta-,ghatag-  (Den.) 
I      588  A. 
\  ghürn-   Pr.  454.     Pf. 

524,2.    C.  586,2. 
\  ghrtavant-  329. 

-ghna-  667, 1  (s.  auch 
I     han-). 


ghra-  Pr.  472  b.  Pass. 
578,  2. 

ca  54  a,  1.    63.    132  a. 

687.691.698,8Fußn. 
cakara-  s.  kar-. 
cakäs-  496. 
cakrvqs-  s.  kar-. 
cakra-  86  b. 
cakrus-,  cakre  s.  kar-, 
caks-  ■  157,  1,  3,  4  A. 

Pr.484,5.  Pf.  524, 2. 
caksus-     158, 3.     187. 

3"30'. 
catula-  254. 
catuh  384  a. 
catur-  132  a.  380,4. 
caturtha-  380,  4. 
j  cattcftaya-  385. 
j  catväras  s.  catur-, 
catvärisat-  382. 
cana  373. 
candramas-  332. 
capala-  254. 
cam-  471. 
car-  132,  3.     Pr.  470. 

Pf.    518,  3  A.    523. 

Pass.  579.     I.  596, 

3  b.  P.Pt.  615.  Inf. 

633, 1. 
car an a-   252  b. 
cara-   388  A. 
cal-  0.  584.  P.Pt.  615. 
caruta   266. 
ei- (bemerken)  Pf.  518, 

3A,  Abs.  643. 
ci-  (sammeln)  Pr.  456. 

499.  D.  601b. 
cit    (Partikel)    132  a. 

373.  374.  398.  400. 
cii- (wahrnehmen)  144 

A.  Pr.470.  Pf.  427. 

D.601a.  P.Pt.  617. 
citti-  144  A. 
cintay-  (Den.)  608, 1. 

Pf!  532.    P.Pt.  617. 

618.  Abs.  644. 
cintä  262.  608, 1. 
cira-  392,1b.    608,2. 

679. 
ciräy-  (Den.)  608,  2. 
cumb-  Pf.  524,2. 
cur-  Pr.  467.  477  a. 


490 


"Wortverzeiclinis. 


curna-   607, 1. 
cürnay-  (Den.)Pr.607, 

1.'  P.Pt.  617. 
cet  698,  8. 
cetas-  331. 
ccd  s.  cet. 
cest-  Inf.  633,2. 
ci/ü-  132  a. 
chad-  Pr.  477  a.  P.Pt. 

620. 
chaga{la)-  254. 
chäyä  151. 
cMd-lo\.  Pr  457.505. 

Pf.  416, 3. 511.518,1. 

Aor.  541.  547  a.    F. 

567.  P.Pt.  120.  619. 

-ja-  667,1. 

jak^-  Pr.  496.     Imp. 

157,4,6.  P.Pt.614, 8. 
jagdM  s.  jaks-. 
jagmiväs-  s.  gam-. 
jcwghä  80  a. 
jathara-  87. 
jan-  65,  2.    98.  |107  e. 

260.     Pr.  473.     Pf. 

513.518,3.519.  Aor. 

542.    P.  569.    Pass. 

581.     C.584.   P.Pt.  i 

614,6.    Iijf.  6.34. 
Jana-  65, 1,  2.    249, 1. 
Janas-  63.  65,2.   126. 

230.  232. 
janitar-  69. 
jantu-  281. 
janman-  314. 
jamhuka-  256. 
jambh-   256.     I.  596, 

3  a. 
jambha-  65, 1  c.  78. 
iör-96b.  102.  Pr.473. 

Aor.(ved.)  554.  Pass. 

581.    0.  584.   P.Pt. 

620. 
jarä  262.  347. 
jaW-  s.  jar-. 
jarimä  102. 
jartu-  87. 
ia/w  s.  Äan-. 
jagar-ü  s.  ^ar-  (wa- 
chen). 
jätakam  682  A. 
/äni-  132  b. 


yäWM-  65,2.  106. 
jara-  98. 

jj-  76.  107  b.  Pr.  470. 
Pf.  518,  3  A.     Aor. 
547  b.    563,  1.     D. 
601b.  Ger.  624  Inf. 
632.    Abs.  638. 
[  -jit-  318,  2.  667,  2. 
Ißrija-  96  b.  102. 
]jiv-  Pr.  459.  471.  Aor. 
i      552  A.  F.566.  Pass. 
I      580.   0.  586,2.  588. 
'      P.Pt.  615.  Inf.  633,2. 
fiva-  60.  132  b.  249. 
j  jivana-  252. 
Ijivita-  255  a. 
jus-    Pr.    75,  2.      Pf. 

518,  1. 
jupta-  126. 
jiihomi    s.    JiH-. 
jmibh-  Pf.  524,2 
jetar-  107  b.  303. 
\jo_sa-  249. 
j  joßtar-  (ved.)  75, 1. 
!  -JHÖ-  667,  1. 
\jnä-  80  b.   109  e.  126. 
248 A.  Pr.508.    Pf. 

416.1.  528.  Aor. 
539.  542  A.  2.  557.. 
Pass.  578, 2.  C.  587. 
P.Pt.  614,8.  Ger. 
624.  Abs.  638.  642. 
644. 

jnati-  279. 
jhäna-  252  a. 
jyä  132  b. 
jyayas-  389. 
jyestha-  389. 
jyötis-  120  A.  2.  331. 
jval-  Aor.  552.  F.  569. 

C.  584.     I.    596,2. 

P.Pt.  615. 

dindima-  122,  3.  253. 
diyate  s,  dlyati. 

ta-    65, 1  c.  68.    74,  2. 

78.  167.  349.  358— 

362.  375. 
taku-  272,2. 
faM- 156,1a.  Pf.  517. 

524.2,  P.Pt.  616. 
taUan-  156  a,  1.  309, 

313. 


;  tatß-  21. 
[  taiaka-  21. 
'  tad-  F.  512. 
'  ta'daga-  21. 
\tai  392  c.  687.  691,4. 
[      698,8  (s.  auch  ta-). 
tatah    403.     691 ,  1. 

698,  8. 
tati  375. 
I  tatpurum-  660. 
!  toira  403,  3. 
tathä  407. 
fodrt  405. 
tadlya-  359. 
ton-    56.    88,1.    106. 
467.     Pr.  500.  501. 
Pf.  519.(8.360).  522. 
523.  577,2.  JJ.  602 
A.  1. 
tanu-  91.  118. 
tanii-  291. 

tap-  106.  237,  3.     Pr. 
473.   Pf.  523.   Aor. 
(ved.)  139  A. 
tapas-     114.     237,  3. 

Den.  607,4. 
tarn-  Pr.  474, 2.  P.Pt. 

614, 1, 
tanias-  331. 
tamasvant-  328. 
tar-  95  A.  107  d.  448. 
519.  Pr.  (ved.)  501 A. 
Pf.  523  A.  Aor.  547  a. 
C.   584.     D.  601b, 
P.Pt.  620.  Inf.633,1, 
2  A.    Abs.  641.  644. 
tari-  s.  tar-. 
taru-  95  A.  278  b. 
taruna-  288, 5.    Den. 

608,  2. 
tarp-  P.Pt.  139.  617. 
tar-ild)  400. 
ifar.§-  65, 1  c.  465. 
tavifa-  104Fußn. 
tasmät  691,  4  (s.  auch 

ta-). 
to^  361(8.249).  365  c. 

398. 
iädrS-   165, 1  b.  375. 
tära-   65,2.  107  d. 
tdvaka-   356. 
tävat   329.  392,  1  c. 
689. 


Wortverzeichnis. 


491 


tävant-  328.  375. 
tirah  651. 
tirascä  393  b. 
tirt/afic-  321.  322. 
tisthami  s.  stha-. 
Usras  148  b.  380,  3. 
hl  400.  691,  3. 
tud-    102.    Pr.  449  b. 

467.475.   P.Pr.324 

und  A.  2.     Pf.  428. 

511.616  b.  P.Pf  530. 

Aor.  563.  P.Pt.  620. 
tur-  (tur-)  s.  tar-. 
turana-,  Den.  turan- 

tjami  (RV.)  608,3. 
tunya-  380,4. 
fMr?/a-  380,4. 
tul-  112. 

iwZä  86  a.  95  a.  112. 
tulya-  238,1. 
tuvam  (ved.)  s.  tvam. 
tuvi-  104A.Fui:m. 
tuS-   Pr.  473.     Pass. 

'581.    P.Pt.    614,  3. 

617. 
tusmm  399. 
/i.'_  s    tctv~ 
trüya-  380,  3.  383. 
fr^)-  8.  tarp-. 
trpti-  114. 
irs-  8.  tors-. 
fnsnä  83.  264  a. 
irh-  (ved.)  505  A. 
tejas-,  tejasvin-  316. 
iz/aj-   Pf.  511.  524,  3. 

Aor.  547  a.  F.  568. 

Pass.579.  P.Pt.  614, 

2.    Ger.  625.     Abs. 
.    638  c.  Instr.  238,  1. 
traya-  385. 
trayi  385. 
tras-  118.    Pf.  523  A. 

P.Pt.  614  4. 
trä-  P.Pt.  632. 
tri-  70.  380,3. 
trih  384  a. 
trisati-{tania-)  382. 
tritaya-  385. 
trimürti-  17. 
frmi-  319 A. 
im-  118. 
toae-  318,1. 


tvadlya-  356. 

feaw  72  A.  351.  352. 

tvar-  Pf.  524, 1.  P.Pt. 

615. 
tvävant-  329. 

-cia-  248  A.  667, 1. 
dqs-  s.  das-, 
daia-  81, 1. 
danträ  265  b. 
dalisina-  153.  376. 4. 
c?a»dä-  21.  122,1. 
danday-  (Den.)  607,  1. 
dadhi-  344. 
danta-  346. 
(^om-  69.  Pr.  463.    C. 

584.  585.   P.Pt.  98. 
dama-  65, 1  b. 
damitar-  98. 
damyatl  226. 
da^-  (teilen)  Pr.  474,2. 

Pf.  532,   P.Pt.  615; 

8.  auch  c?rt-  (teilen). 
day-  (sich  erbarmen) 

c.  Gen.  241,  3. 
dar-  Pass.  577.  2. 
dar.l-  65, 1  c.    85.  92. 

102.  106.  139.   154. 

165, 1  b.    419.    421. 

Pr.    {paiyati)    473. 

Pf.  513.  518,1.  Aor. 

538  A.  541 A.  3.  542. 

547  a.  F.  567.  Pass. 

577.   0.583.  1.596, 

4.  D.599.  Ger.  625. 

628.  Inf.  632.   Abs. 

638. 
das-  81, 1.  89,  3.  120. 

Pr.  449  b.  471.     F. 

570.  Pass.  577.  Inf. 

596,  3,  a  A. 
dasa  Mal.  89,1.  120. 
dasat-  385. 
dasana-  252  b. 
dah-  133  (S.  100).  Pf. 

523.    Aor.  547  a.    F. 

568.    Pass.  579.    I. 

596,  3 aA.  D.602,2. 

P.Pt.  143  a.   614,1. 

Inf.  632. 
da-  (geben)  69.  109  a. 

119.    144.  421.  429. 

430.    Pr.  450.  492. 


495.  P.Pr.  323.  Pf. 

627.  P.Pf.  530.  Aor. 

537.547A.1.  563,2. 

F.  566  a    571.  573. 

Pass.578,2.  D.601a. 

P.Pt.  109  a.   614,8. 

Inf.    (ved.)    2.30  (S. 

155).  631.  Abs.  638. 

642. 
da-  (teilen)  Pr.  474,  2. 
(i«tor-65,2.29S.300. 
däna-  66. 
däru-  65, 2. 
däruna-  252. 
däha-  1.33  (S.  101). 
dina-  59.  252  a. 
div-  s.  dyo-. 
divasa-  257. 
divaspati-  666. 
divya-  111.  250. 
dU-    (zeigen)    54  a  1 . 

107  b.   Pr.  475.   Pf. 

518,1.  Aor.  541.559. 

F.  567.  571.     P.Pt. 

614,  2. 
dis- (Gegend)  152. 154. 

165, 1  a.  318, 1. 
diHyä    393.     S.    471 

Fußn. 
dih- 136. 143  A.  1.  Pr. 

482.    P.Pt.  614,2. 
dl-  s.  dip-. 
dlks-  F.  566. 
rfi^- Pf.  524,1.  C.  588. 
dtpa-  257.  588  A. 
dipü-  279. 
dlyati  122,3. 
dirgha-    96  b.    109  d. 

131.  249.  389. 
dirghayus-  332. 
dw- 111.  467.  Pr.  473, 

F.  569.    P.Pt.  614. 

10. 
duhkha-  669  A.  4. 
durhala-  261. 
durmanns  64. 
duväu  (ved.)  s.  dva-. 
dm-    Pr.    477  b.     C. 

586,  3. 
dmkrta-  182. 
dws-°182A.  651.  669. 
:      676. 
*Ji- 137. 142. 143. 152. 


492 


Wortverzeichnis. 


Pr.  480.    Aor.  560. 

F.  567. 
duUtar-  69.  299. 
düdäsa-  (ved.)    184, 

lA. 
data-  255  a. 
dura-  254  a.  386. 
düratah  403. 
düratarena-  393  b. 
dürät  395  b. 
dürena  393  b. 
drdJia-  389.  612. 
drs-  (sehen)  s.  dars-. 
äri-  (Auge)  318, 1. 
-drs-,  -drsa-  375. 
drsad-  318,2. 
dKs/i-  99.  139.  279. 
S-Ji-  P.Pt.  143  b.  612. 
äeva-  15.  71.  77.  111. 

113  a,c.    244.   245. 

259.  361. 
devata  266  a. 
devatät-  165, 1  a. 
deva-tta-  s.  «i«-. 
devanägari  42.  43 
devay-    (Den.)    P.Pr. 

324  A.  2. 
devar-  299. 
devin-  111. 
fZm     109  b  a;  c  ß  A. 

161.272,2.282.285. 

286.  287  A. 
desa-  107  b.  249,1. 
deJia-  74, 1.  136. 
daiva-  113  a. 
däivatah  403. 
däivya-  113  c.  250. 
cZöte ,    dölay-     (Den.) 

607,  2. 
f?ös-  342. 
dyam  s.  rf^o-. 
rZyiii-  120  A.  2.     Aor. 

541. 
dyüta-  255  a. 
dyö-  11.  111.  296. 
dyau-  s.  d^o-. 
drä-  (laufen)  596,  4. 
drä-  (schlafen)  260. 
drcik  399. 
dräghistha-  109  d.  133 

(S.  100). 
dru-Yi.b\l.  Aor. 542. 

543.    C.  584. 


druh-  143  a.  316.   Pr. 

473. 
druh-     (schädigend) 

137.  165,1a.  318,1. 
drölia-  316. 
dröhin-  316. 
dva-    72  A.    226.  245. 

380,  2. 
dvandva-  658. 
dvaya-,    dvayl    385 

a,  b. 
dvädasa-  380,  2. 
dyära-  71.     Du.  226. 

Instr.  244,  2. 
dvigu-  662. 
dvitaya-  385  a,  b. 
dvitiya-  380,2.  383. 
dvipad-      162.      317. 

380,  2.  671. 
dri.s-    150.    158,  2,  3. 

165,  Ic.     334  A.l. 

428.  432.    Opt.  437. 

Pr.459A.479.  Ger. 

625, 1,  2. 
dvis{dvih)  120.  384a. 

-dha-  407. 
dhanada-  248  A. 
dhanin-  386. 
dhamismattä  266  a. 
dhanvan-  315. 
dÄay-74,3.77.109bA. 

474.  3. 
rf/iar-  Pf.  518.  3.  Aor. 

539.    Pass.  577.    0. 

592.  P.Pt.  614,4. 
dharitar-  288,2. 
dharitrl  288,  2. 
dharma-  32.  253. 
dharmabudh-    318,  1. 

386. 
dharmavid-  318, 1. 
rf/mrs-  458  A.  499. 
dhä-  64.  69.  102.  104. 

109  a,  c  A.     121  A. 

137.   144.    157,  4  A. 

416,3.421.427.430. 

432.    Pr.  492.  495. 

Opt.  437.    Pf.  528 

Aor.  538.  547  A.  1. 

550.     Pass.    578,  2. 

D.  601  a.  P.Pt.  614, 

8.     Ger.  624.     Inf. 


631.  Abs.  638.    -\-vi 
c.  Acc.  237. 

dhätar-  97.  303. 

dhcitti-  219.  281. 

dhaüqmtha-  40. 

dhäman-  310.  314. 

dhärä  110. 

dhäru-  77. 

dhärmika-  256. 
\dhäv-   110.     Pr.  470. 
!      524, 1.    F.  569. 
I  dhäv-  (ved.,  abspülen) 
I      109  c  ß. 

dhik   237,  7.     S.  471 
I      Fußn. 

dhi-  72.  283.  284.  286. 

dhimant-  327. 

dhlra-  254  a. 

dhü-  107  c.  Pr.  499. 
Aor.  548  A.  0.586, 
2.    P.Pt.  614,3. 

dhuta-  s.  (i/iay-  (ab- 
spülen). 

dhüma-   55  A.  1.   62, 
121.  2.53. 

dhfirta-  613. 

dhr-  s.  dhar-. 

dh'rsnu-  281. 

dhrsnömi  s.  dhars-. 

dh'enu-  72.  74, 3.'  77. 
109  b  A.  273.  274. 

dA^a-Pr.474,  3.  Pass. 
578,2. 0  er.  624.  Abs. 
638. 

dhruk-  s.  druh-  (schä- 
digend). 

dhvar-  P.Pt.  613. 

na  79.  688.  689. 
naktam  399. 
nakha-  129  A. 
nagara  83. 
nagari  288,  5. 
«o«(  691, 1. 
narfi  72.  285  ff. 
nanandar-  299. 
naw«  689.  690. 
nand-  Pass.  580. 
waj^ät-  318,2. 
naptar-  299. 
nahhas-  111  A.  117. 
nabhlla-  254. 
nawi-  522.    Aor.  557. 


Wortverzeichnis. 


493 


F.  668.  C.594.  Abs. 

644.     +pra-  83. 
namas-  331. 
nar-  288, 1.  299. 
nara-  288,1. 
?i«rf-Pr.473.  1.596,4. 

+jprö-  83. 
nava-(^)  55  A.  1. 
nava-  (neu)  71.  249, 1. 
navina-  252  A. 
na^- 139.  Pr.  473.  Aor. 

541.  F.  570.  +^m- 

83. 
nas-  103. 1. 
nah-  143  A.  2.  319  A. 

P.Pt.  614,1. 
nathavant-  328, 
nänardyate    596,  3  b 

A.  2. 
»Jana  400. 
nöpi  691, 1. 
näma  (Adv.)   237,  5. 

689. 
naman-  78. 107  e.  111. 

228.237,5.246.304. 

310.  688. 
näri  288,  2. 
«i-  650. 
nighantu-  38. 
«i/a-  21. 
nitaräm  388. 
nitya-  21. 
nityam  392, 1  b. 
nityasah  406. 
nidrä  260. 
nM2(Z-  Pr.  476  a  A.  Pf. 

524,  2.    Pass.    580. 

P.Pt.  616. 
nirgranthu-  38. 
nirnaya-  184, 1. 
nivartin-  657  A. 
niväsin-  316. 
nis-,  «isrt  346. 
niScaya-  183. 
nisanua-  s.  sarf-. 
nißramana-  657  A. 
nisputra-  182  A. 
ms-  (ni/i-)  182  A.  650. 
m-  83.  'Pr.  470.     Pf. 
517.525.  P.Pf.  338. 
530.     Aor.    546  b. 
Conj.(ved.)548.    F. 
568.    Pass.    577,  3. 


P.Pt.   614,9.     Ger. 

624.  Abs.  638.  641. 

+pari-  83. 
-m-  283  A.  667,  1. 
ntca-  322. 
ntda-  122,2  b 
nu  61.  400.  689.  690. 
nut{a)na-  252. 
nünam  400.  689. 
nrpa-  248  A. 
ned'iyas-  389. 
nemo-  376,  3. 
nätf-  77.   220,1.    232. 

293. 
nmika  267. 
näustha-  148  c. 
nyanc-  321. 

-j>a- (trinkend)  248  A. 

667, 1. 
-^Ja-  (gebietend)  248  A . 

667, 1. 
pakva-  133(8.99.101). 

251.  621. 
paijkti-    80  a.    140  A. 

382. 
pauti-  140  A. 
pac-  133  (S.  99.  100. 

101).  387.  411.    Pr. 

463.  Pf.  522.  P.Pf. 

530.    F.  567.    Pass. 

581.  1.596,2.  P.Pt. 

621.  Ger.  625. 
pacatitamam,  pacati- 

taräni  387. 
panca-    80  b.    132  a. 

381. 
paficah-tvah  384  a. 
paücat-  385. 
pahcataya-  385. 
paficäsat-  382. 
patu-  389. 
pana-  252  a. 
pai-  107  a  A.  Pr.  418. 

470.     Pf.   519.  522. 

Aor.   544.     F.   569. 

P.Pt.    615.    616  A. 

Abs.  641. 
patara-  254  b  A. 
pati-     65,   1  a.     114. 

269  ff.  666. 
patni  288.  2. 
path{i)-  119.  315. 


päd-  (gehen)  Pr.  473. 

Pf.  522.    Pass.  581. 

C.584.  I.596,4A.l. 

P.Pt.  620. 
päd-    (Fuß)    55A.1. 

65,  2.     107  a.     155. 

165, 1  a.  220, 1,  2  A. 

222  a.    226.    230  b. 

232.  317.  346.  353. 

(S.  243). 
pada-  63.  249, 1. 
padavl  288. 
padäti-  279. 
pade  242, 1  A.   659  A. 
panthan-  s.  path{i)-. 
par-    Pr.    450.    493. 

Aor.  563,  3.     Pass. 

577,  2.      C.  586,  3. 

P.Pt.  620. 
para-  240,  5.    376,4. 

388  A. 
paratah  403. 
param    (Adv.)    691. 

c.  Abi.  240,  6. 
parama-  388  A. 
parasparam  659  A. 
parasmäipada-    411. 

666. 
parä-  634Fu[:>n.  650. 
parahc-  320. 
pari-  650. 

parijman  (ved.)  108. 
pariträtar-  657  A. 
paripürna-  657  A. 
paribhü-    (umgebend) 

72  A. 
parvan-  305. 
paläy-  Inf.  634. 
pavitra-  254  c. 
pas-  581.  Pr.  463. 473. 
pam-  134.  230.  272,  2 
I      (S.186).278b.  Instr. 
Sing.(ved.)272,2(S. 
■      186). 

\  pasumant-  Z2%.  329. 
pascät  [pascäd)  399, 1. 
I      c.  Gen.  241,4. 
\  pä-     (schützen)     110. 
,      248  A.     Pr.  484,  1. 

0.  588 A. 
j  2?«- (trinken)  110.  116. 
!      Pr.    452  A.l.     459. 
i      472  b.  Pf.  528.  Aor. 


494 


Wortverzeichnis. 


538.539(ved.).  Pass. 

578,2.  C.587Fußn. 

D.602.  P.Pt.614,  9. 

Ger.  628.   Abs.  638. 
päka-  133  (S.  99). 
pacaka-  256.  267. 
päcikä  267. 
pätha-  256. 
päthaka-  256. 
pähi-  87.  280. 
päia-  249,1. 
pätra-  110. 
pänlya-  s.  j^ä-   (trin- 
ken). 
_päi?a-  261.  389. 
payu-  110. 
pärtMva-  113  b. 
jjäto-  588  A.  608,1. 
pälay-  588  A.    608,1. 
^i-  650. 
pisanti  s.  _pi.s-. 
/itor-  55  a  1.' 65,2.  69. 

83.  88, 1.  92.  97.  102. 

103,2.    164.    222  b. 

223.  226.  228.  230(S. 

155).  272,  2  A.  298. 

609.  658  A.  682  A. 
pitr'iy-  (Den.)  609. 
pitrya-  250. 
pinasti  s.  pis-, 
pipäsä  605,  i  A. 
pibämi  s.pä-  (trinken). 
pibdamäna-    (ved.) 

107  a. 
pis-  81,2.   Pr.  505. 
pivan-  308, 1. 
j)wam- 254  bA.  308,1. 
piiS-  157Fußn.  337. 
pv^gava-  337. 
putra-  61.  113  a.  254  c. 

288,5.  608,3. 
putraka-  256. 
putrakäma-.  Den.  pu- 

*raÄ:ä»/?/-608,3  Fuß- 
note. 
putrl  288,  5. 
pufrty-  (Den.)  608,  3. 
punar    {p%inah)    164. 

233.  400.  691. 
pumils-  s.  PHS-. 
pur-  (füllen)  s.  par-. 
pur-  (Stadt)  96  a.  299. 

A.2. 


puratah  403. 
puras.purah  95  a.  399. 

651.   c.  G'.  241, 4. 
pura  95  a.  96  a.  252  b. 

399. 
puräna-  252. 
puru-  95  a.  96  a. 
pumdqsas-  332  A. 
purum-  113  a. 
puspa-  257. 
pii-Pr.b08.  Aor.561b. 

555.  C.  584.    P.Pt. 

554.    Inf.  554. 
piir-  s.  pur-  (ötadt). 
pürna-  83.  96  a. 
pürva-  96  a.  251. 376, 4. 

668  A.  672.  680  A. 
pilrvedyuh  679. 
pülan-  3Ö6. 
pr-  s.  par-. 
prcch-  99.  151.  165,2 
°  A.2.  Pr.460.464A. 

Pass.  476  b.  Pf.  524, 

1,2.  Aor.  547  a.    F. 

567.  Pass.  580.  P.Pt. 

614,  4. 
prthivi  113  b.    288. 1. 
prthu-  93.103,1.  119. 

°  288, 1.  389. 
prmnt-  325. 
päutra-  113  a. 
päuruia-  113  a. 
pra-    85.     114.     322. 

380,  1.  387.  650. 
prakati-{kar-)  99. 
prakria-  99. 
prakrti-  22. 
pragrhya-  173. 
pracch-  s.  prcch-. 
prajä  260.  261  {apra- 

.;■«-)• 

pranamati  s.  ^«m-. 
pranasyati  s.  was-. 
prall-    65, 1  a.    237  b. 

322  650.  c.Acc.237b. 
pratikula-  c.  Gen.  241, 

2. 
pratisad-  148  c. 
pratika-  322. 
pratyaksam  392,  1  b. 
pratyafic-  321.  386. 
_2?m^/i-  103, 1.  Pf.  524, 

1.    C.  584. 


prafhama-  380, 1, 
prabhä  260. 
prabhu- 107  c.  278  b  A. 
^raö/HÜc.  Abi.  240.6. 

673°. 
pras-  s.  prcch-. 
prasasya-  389. 
prasänta-  657 A. 
prasäda-  657  A. 
^>-rt-  Pf.  (ved.)  527. 
jpraÄ;  s.  pränc-. 
präkrfä  22. 
präu,  präc-  s.  präPtc-. 
_pm/';e- 163. 165,2.320. 
pränin-  316. 
präiar  403,  3. 
präya-  673. 
^räß  22. 
ßn?/a-   249.  386.  389. 

608,  2.    c.  G.  241,  2. 
priyäy-  (Den.)  608, 2. 
2)n-Pr.508.  C.  582,2. 
^rif-  86  c. 
preman-  314. 
pröccäih  393  b. 
_p/M-  86'c.  416,  1.    Pf. 

526.    F.  571. 

phata-  115. 

Ma^  Pr.  461.    I.  596, 

3bA. 
phala-  83.  2M,  2.  276. 

6ate  S.  471  Fußn. 
badh-,bandh- 83.  89,2. 
144  b.  Pr.  508.   Pf. 

524. 1.  532.  F.  568. 
Pass.  577.  C.  583. 
P.Pt.    614,5.     Ger. 

525.2.  Inf.  632.  Abs, 
638. 

bapsati  s.  bhas-. 
barbara-  116. 
&a^rt-83.116.261.395a. 
balavant-  328. 
balin-  272,  2  (S.  185). 

288,2.  311.  389. 
bahih  240  b.  390.  399. 

651.  679. 
bahu-\oQ.  278  b.  389. 
bahula-  254. 
bahuvrihi-  670. 
bäna-  116  A. 
badh-  D.  600. 


"Wortverzeichnis, 


495 


bändhava-  251. 

bälatva-  251. 

hälä    161.    228.    230. 

232.   245.  258.  259. 

286   (S.  195).     353. 

395  a. 
bähu-  278  b. 
bähyam  392, 1  b. 
&Hd/i-75,l,2. 102. 106. 

112.  136  U.A.  137  u. 

A.  144  b.    155.  319. 

Pr.  470.    Pf.  518, 1. 

Aor.     539.     551  a. 

Prek.    562.     Pass. 

576.     C.    589.    591. 

I.  594.  D.  599.  604. 

Ger.    625,  2.     Abs. 

641. 
-biidh-  318,1. 
brhant-  325. 
brahman-  113  b.  314. 
brähmana-  113b.  249. 
brü-    419.    428.      Pr. 

448c.  490b.    c.Acc. 

237, 1. 

6AaH-Pr.459A.  625, 

2. 
bhakfana-  252  b. 
bhaga-'   133    (S.  99). 
bJiagavant-    327.  329 

Fußn.  386. 
bhagös  329  Fußn. 
bhcmgara-  254  b  A.      ! 
bhaj-  67.   133  (S.   99.  ' 

100).  157.  Pr.459A. 

Pf.523A.Aor.547a. 

F.  568. 
bJiam-    Pr.    506  A.  1. 

Pt.  524.2.  Aor.549,3. 

C.  586.  2.  P.Pt.  620. 
bhata-  21.  87.  99. 
bhan-,  bhan-  84. 
bhai/a-  249, 1.  c.  Abi. 

240,  3. 
bhar-  21.  55  A.  1.  83. 

85.  87.  88,  1.   94  a. 

99.  103,1.  104.  107 

d.    117.   165.  419— 

435.    Opt.437.   Inj. 

441.     649   A.      Pr. 

449  a.    Pf.  517.  532. 

Pass.  577, 1.  I.  596, 


4.    D.  601b.    P.Pt. 

613.    Ger.    26. 
bharant-    141.   165,2. 

230    (S.    154).    232. 

286.  323.  326  3. 
bharga-  134. 
bhargas-  111 A. 
bhartar-    256.    271  A 

Fußn.  299. 
bhartrka-  256. 
bhartri  288,2. 
bhavant- 165. 328.  329. 
bhaväm  288,  2. 
bims-  Pr.  137  A.  496. 
bhastra  265  b. 
bhä-  260.   Aor.  558. 
bhägasah  406. 
bhära-  65,  2. 
bhäryä  261.  263. 
Mos- 87. 411.  Pf.  524, 

2.  F.  569.  Pass.  580. 

C.  586,1.  P.Pt.  616. 
bhäs-  334A.  1. 
bUM-  C.  586,  2. 
bhid-\20.  Pr.505.  Pf. 

513.  P.Pt.  620.  Ger. 

625,2.  Abs.  638. 
bhinna-  s.  bind-, 
bhiyäna-  103, 2. 
6/ma;'-165,  la.  318,2. 

606  A.  607,4.  Den. 

606  A.  607,4. 
bin-    (sich    fürchten) 

103,  2.     Pr.  492  A. 

493.     Pf.    513.  526. 

Aor.  546. 547  b.  Inj. 

441.     C.  584.     Inf. 

632. 
bin-  (Furcht)  287. 
bhima-  253. 
blüru-  281. 
blmana-  252  b. 
6/mj-' (biegen)  133  (S. 

100).  P.Pt.  620. 
bhuj-    (genießen)    Pr. 

457.  505.  Pass.  577. 

P.Pt.  617.  Ger.  628. 
-bhuj-  318, 1.  667, 1. 
blmvana- \0%,2.  107c. 
bim-  (Erde)   72.  290. 
hhü-  (sein)  62.  102  (S. 

7.5. 76).  103, 2. 104  A. 

107  c.  136.  278  bA. 


324  A.  2.  426.  439. 
489  A.  2.  654.  Pr. 
467.  469.  Pf.  511. 
526.  P.Pf.  338.  530. 
Aor.   537.     F.  569. 

0.  584.  Ger.  624. 
Inf.6.33,  I.Abs.  638. 
■\-anu-  c.  Acc.  237, 
6  Fußn. 

bliüpa-  248  A. 
bküblmj-  318, 1. 
6/www- 113  b.  280.288. 
bhuyüs-,    bhüyistha- 

389.  390. 
bhnri-  277.  280.   389. 
bhürja-  96  b.  111.  126. 
&7«<.s-Pr.477b.    P.Pt. 

617. 
bhnPana-  252. 
-Mrf-'318,2.  667,2. 
blirta-  21 ;     s.   ferner 

bhar-. 
bhöh    184,  lA.    329. 

S".  471  Fußn. 
bhogakara-  288,  5. 
bhäuma-  113  b. 
Wtrtfs- Pr. 473  A.  P.Pt. 

6i4,  5. 
bhram-  Pr.  474, 1 .  Pf. 

523 A.     C.  584.    J. 

596,  3  a.   P.Pt.  614, 

7.    Inf.  633,  1. 
bhraj-  (glänzen)  111 A . 

134. 
bhräj-    (Glanz)    134. 

318,1. 
bhrätar-  68.  117.  226. 

299.  302. 
bhrü-  62.  111.  292. 

maghavan-  307.  309. 
waji>  133(8.100).  158, 

1.  Pr.  470.  F.  570. 
P.Pt.  620. 

niani-  84, 
maodala-  27.  254. 
mai-  s.  ahani. 
mata-  s.  man-, 
mati-  72.  89,2.  272,2 

(S.  186).  273.  274. 
matsya-  15. 
mad-  s.  aham. 
mad-  Pr.  463.  474,  1. 


496 


Wortverzeichnis. 


Aor.552A.    C.  584. 
585.    P.Pt.  614, 1. 
madana-  252  b. 
madirä    265. 
madlya-  356. 
madgu-  158. 
madyapa-  248  A. 
madhu-  61.  121.  230. 
272,2(8.185).  278  b. 
madhura-  254  a. 
madht/a-70. 12  A.  121. 

250. 
madhyaßina-  681  A. 
madhyama-  388  A. 
madhyähna-  341. 
man-' 65,2.  89,2.103, 
1.  333,2.  411.     Pr. 
463.  473.   501.    Pf. 
522.  Aor.  548(ved.). 
549, 1.     F.  568.    C. 
.584.  D.600.602A.1. 
P.Pt.  78.  612.  Ger. 
625.    Abs.  638.  643. 
manas-  54,  2.  79.  103, 
1.  113b.  150.  158,3. 
187.  330. 
manahsad-  187. 
manus-    (ved.)    332. 

333",  2. 
manma-  257. 
manöhärin-  187. 
manf/t- Pr.  508.  P.Pt. 

615. 
war- 78. 94  b.  Pr.466. 
Pf.  518,  3.  Aor.  542. 
Pass.  581.  D.  601b. 
P.Pt.  612.  613. 
marana-  252. 
marut-  318,  2. 
marta-  613. 
marj-    140.    141.  152. 
Pr.    471.    483.     Pf. 
513  A.     F.  566.    C. 
585  A. 
mala-  86  a. 
malina-  252  A. 
mahätejas-  332. 
mahänt-  127  A.  165,  2. 

325.  326,2.  389. 
mahäräja-  308,  2.  325 

A. 
mahiman-  314. 
mahilä  265  c. 


Wrt.  687. 

mä-    64.    109  a.    110. 
Pr.  494.  Pass.  578, 2. 
P.Pt.  614,8. 
mqsa-  81,  2. 
mägadha-  288,  5. 
m«tor-    68.    97.    118, 
232.  272,  2  A.  299. 
mätula-  21.  99. 
matra-  673. 
mädrs-  352  A. 
mäna-  584  Fuf5n. 
mänasa-  113  b.  249. 
mümaka-  356. 
märga-,  Den.  märgate 

606  A. 
märjara-  254  a. 
»näte ,    Den.   maläti 

606  A. 
mäs-  158,3A.334A.l. 

346. 
mäsa-  158,  3  A.  346. 
mitra-  254  c. 
wi^/;-  319.  399. 
I  mitJiah  399. 
mithyä  399.  651. 
minati  s.  ȟ-. 
wi^    F.    566.      P.Pt. 

615. 
wiis-  524,  2  A. 
miÄ-  143  b. 
m^-  Pr.  454. 
midha- 122,2h.  158,2. 
miZ-Pf.  524A.2.  Aor. 

542.    C.  586,2. 
mugdha-  143  A.  1. 
muc- 133  (S.  100).  139. 
411.  Pr.  476  a.  Pf. 
518,1.  F.  567,2.  D. 
601  aA.  Abs.  638. 
muncami  s.  muc-. 
mMs-222a  A.  1.  P.Pt. 

615. 
muh- 143  A 1.  Pf.  517. 

P.Pt.  614,  3. 
muhu{r)  400. 
mar-  614, 10  A. 
müra-  110.  614, 10  A. 
mürcch-  472  a  A.   Pf. 
524,  2.     C.    586,  2. 
P.Pt.  614, 10  A. 
murtimant-  328. 
mürdhan-  309.  313, 


murdhanya-  54,  2  (S. 

42). 
müla-  110.  111. 
mülya-  250. 
wrj-  s.  marj-. 
mrta-  s.  war-. 
wk^  78.  92. 
mrtyu-  281. 
1  mrdu-  389. 
;  wf  6'-  Aor.  560. 
meda-  144  a. 
;  mesa-  15. 
mäitra-  113  a. 
wwrt-  78.  Pass.  578,  2. 
mradiyas-  390, 


ya-  70.  369. 

yakan-,   yakrt-    341 

A.2. 
Va/-   70  A.    103.    108. 

126.  134.     Pf.   521. 

Pass.  577.  P.Pt. 614, 

2.     Ger.  623.     Inf. 

632. 
yajus-  29.  331. 
yajn'a-  15.  67.  245  (S. 

168).  252_. 
yajniya-  250. 
yajvan-  315. 
yat  392, 1  c.  698.  699. 
yat-  70.  424.    c.  Dat. 

239, 1. 
yatana  246  b. 
yatah  403.  698.  699. 
yati  375. 
yatklcit  370. 
yatna-  252. 
yatra  403. 
wafM   119.  404.   681. 

689.  698. 
yathävat  402. 
yathävrtta-  681  A. 
j^adä  405.  698. 
?/arfi  405,  2.  698. 
yadbhavisya-  682. 
yadyat  370. 
yadyapi  698. 
waw-  Pr.  472  a.     Pf. 
522.    Aor.  557.     F. 
568.    C.  584. 
yavakri-  283  A. 
yayanikä  267. 
yasas-  332. 


Wortverzeichnis. 


497 


yas-  Pr.  472  b  A.  2. 
yasta-  70  A. 
yasniüt  698. 
yä-  Pr.  484,1.    P.Pr. 

324.  326,  1.  Pf.  528. 

Aor.555.556.  P.Pt. 

614,  8. 
yäga-  134. 
yäjnika-  256. 
yätar-  299. 
yätr-_9S. 
yaärs-  375. 
yävat   329.    392,  1  c. 

681.  698,7. 
yävant-  328.  375. 
yiyasu-  610  A. 
yu-  Pr.  444.  462. 
yukta-  c.Instr.  238,1, 
yuga-  70.  103,1.  130. 

246.  249. 
2/Mj- 80  b.  138.  140.142. 

Pr.504.Pf.519.Aor. 

542.  547  a.  548.  549, 

2,3.    Inf.  632.    (C.) 

c.  Dat.  239, 1. 
yuiijati  s.  yiij-. 
yudh-   142.     Pr.  473. 

Aor.  549,2.    F.  567. 
yuvati-  308, 1. 
yuvati-  70.  89,3.  307. 

308,1.  389. 
yuvasa-  89,  3. 
yufmadlya-  356. 
yutha-  255  b. 
j'ma  697. 
yöga-  103, 1. 
yöwi-  280. 
yäuhnäka-  356. 

mH-  86  b.   156.     Pr. 

4b9  A.     Pf.  524,  2. 

Aor.  552  A.  F.  567. 

P.Pt.  616. 
raksas-  156,  2  a. 
raksä  262. 
rakUtar-  303. 
raksin-  316. 
raj-,  rajy-  133  (S.  99). 

473  A. 
ratha-  65, 1  a.  119. 
rafc/t-  86  c. 
ram-  89,  1.     Pf.  523. 

Aor.  549,1.  557.584. 

Thumb,  Altindiache 


0.585.  P.Pt.  614,  5. 
Ger.  625.    c.  Instr. 
238, 1. 
ramana-  252. 
rasmi-  280. 
rasa-  65, 1  a. 
rasajha-  248  A. 
rahasya-  250. 
rahah  392, 1  a. 
räga-  133  (S.99). 
mj-  12.  64.  140.  141. 

154.  165,1b.  222a 

A.l.  288,2.   318,  1. 
räja-  308,2. 
räjan-d,Oh.  91.103,2. 

107  6  140.  161.304. 

606  A.    656.     Den. 

609. 
rajaputra-  655  A. 
räjm  308,1. 
rajya-  250. 
rätri-  280. 
rädh-  499. 
raMra-  140.  254  c. 
ric-  77.  86  b.   133  (S. 

99). 
rinakti  s.  yjc-. 
W_p-  (yed.)  86  c. 
ru-  Pr.  483.   +  i;i- 

657  A. 
ruc-  86  c.    Aor.  552. 

554. 
ruci-  278  a.  554. 
rud-  120.     Pr.  448  c. 

490  a.  Pf.  518, 1.  F. 

569.    P.Pt.  615.  616 

A. 
rudh-   467.     Pr.  505, 

Aor.  541.  645  a. 
rudhira-  61.  85.   121 

u.  A.  254  a. 
rup-  86  d. 
r«A- 121  A.  143  b.  152. 

P.Pt.    614,  3.    Inf. 

632. 
riipaka-  256. 
röcis-  554. 
räi-  77.  293. 

laksa-  382. 

lak'sml  288. 
I  lag-  C.  584.  585.  P.Pt. 

620. 
Grammatik. 


%A«- 86  a.  89,4.  131. 

278  b. 
labh-   83.    86  c.    143. 

155.   470.     Pf.  523. 

F.  568.  P.Pt.  614,1. 

Abs.  638. 
lamb-lU.  Pr.476aA. 

Pf.524,2.  Pa8S.580. 

Abs.  641  A. 
las-    Pr.    472  b  A.  2. 

Pf.  524, 2.  P.Pt.  616. 
likh-  F.  566. 
lip-     86  c.     157.     Pr. 

476  a. 
lih-  127.  143  b.    Pr. 

482. 
-Hh-  318,1.  319. 
II-  P.Pt.  620. 
lunc-  86  d. 
lup-    86  d.     Pr.    458. 

476  a. 
/M6/i-86a.  117.  C.  583. 

P.Pt.  612. 
lii-    P.Pt.     6       62  4 

Fußn. 
lök-  133  (S.  100).  Pr. 

465.  477  a,    F.  572 

Abs.  644. 
löka-  113  c. 
löc-  U.S. f.  s.  lök-. 
löcana-  86  c, 
löbha-  117. 
lola-  113  c. 
löha-  121  A, 
laukya-  113  c. 
läulya-  113  c, 

vac-  133  (S.IOO).  141. 

152.  153.    Pr.  482. 

Pf.  521.    P.Pf.  530. 

Aor.  544.  548  (ved.). 

Pass.  577.     C.  584. 

P.Pt.    614,  3.    618. 

Ger.  625, 3.  Inf.  632. 

Abs.638.641.c.AcQ. 

237, 1. 
vacas-   133   (S.IOO). 

331. 
vamj-84:.  165,1a.  250. 

318,  2. 
vatsa-  118. 
vad-   Pr.  464  A.    Pf. 

521.Aor.552A.554. 

32 


498 


"Wortverzeichnis. 


F.  569.     Pass.  577. 

P.Pt.615.  Ger.  625. 

3.    c.  Acc.  237, 1. 
vadana-  252. 
vadh-  Aor.  552  A.    F. 

569.    Pass.  579. 
vadliii-  72.   109  cßA. 

291.  289. 
van-  s.  vanch-. 
vanaspati-  666. 
vand-  464  A.  Pf.  524, 

2.    Pass.  580. 
vap-  Pf.  521.    Pass. 

577. 
vaptis-  332. 
vam-Pr.490a.  C.584. 

P.Pt.  615.  616  A. 
var-    (bedecken)  Pr. 

499.  Pf.  518, 3.  Aor. 

553  A. 
var-  (wählen)  Pr.  93. 

508.  Pf.  518. 
varj-  Pr.  505. 
variiay-  P.Pt.  617. 
mr^87. 118. 139.411. 

Pr.  470.    Pf.  511 A. 

513.    Aor.  541.    F. 

568.    571.     C.    583. 

P.Pt.  614,  4.     Ger. 

627.   Inf.  633, 1.    c. 

Log.  242, 1.     +  ni- 

c.Abl.  240,2. 
vartin-  316.  667,  4. 
vardh-  144  b.  Pf.  518, 

1.     Aor.  552.     Inf. 

633,  2. 
vars-   122,  2  a.    Inf. 

633, 1. 
varsa  87  b. 
varslyas-  389. 
vas-    139.    152.     153. 

Pr.  482.    484,  4  A. 

Pf.  521.     C.  584. 
vaia-  125. 
vasaga-  248  A. 
vaiin-  316. 
vas-  150.    Pr.  484,4. 

F.  567.     Pass.  577. 

P.Pt.  615. 
vasumant-  389. 
vastra-  254  c. 
vah-  127.  143  b.  343. 

421.  424.     Pr.  470. 


Pf.  521.    Aor.  539. 

548.    F.  568.    Pass. 

577.     P.Pt.  614,  3. 

Ger.  628.    Inf.  632. 
vahni-  280. 
vä  690.  691. 
vä-  427.     Pr.  484,  1. 

P.Pt.  614,9. 
väki/a-    133    (S.  100). 

623.  625,3. 
väc-  65,2.  66.  133  (S. 

100).    141.    165,1a. 

222aA.  1.230.  284. 

317.  319. 
väcaspati-  666. 
väcya-  133  (S.  100). 
väfich-  Pr.  472  a.  501. 

P.Pt.  616. 
vana-  116  A. 
vänijya-  250. 
väta-  255  a. 
vädin-  316.  667,  4. 
väyu-  281. 
vär-  299  A.  2. 
väri-  275.  276. 
varuna-  113  a. 
västu-  281. 
-väh-  165, 1 b, 
vähava-  251. 
vi-  6.50. 
visati  279.  382. 
vikata-  (ved.)  87. 
vikria-  87. 
vighnay-  617.    . 
vijPiävant-  328. 
vidambanä  264  b, 
vitta-  612, 
vid-  (finden)  Pr.  458. 

476  a.  Pf.  519,  P,Pt. 

612, 
vi(Z- (wissen)  74,  2. 119, 

140,    144  b.    414,2, 

420.  425.     Pr,  451. 

482.     Pf.  512,  513. 

P.Pf,  338,  386,  530, 

Aor,  552,  554,  F.568 

C.  58.3.   1.594.    D, 

599.    P.Pt.  615.  616 

A. 
-vid-  318, 1.  667, 1. 
vidya  263, 
vidvqs-  s,  vid-. 
vidh-  s.  vyadh-. 


vidhi-  278  aA. 
vidhuti-  107  c, 
vinä    237,6,    238,7, 

240  b. 
vipad-  318, 1, 
vibJm-  278  b  A. 
vilöla-  386. 
vis-    (eintreten)    106. 

449  b,  Pr.475,    Pf, 

515,    Aor,  539.  542, 

560.  F.  567,  C,  583. 

P.Pt.  612,  Inf.  632. 

Abs.  641. 
vis-    (Dorf)   125.  141. 

154.  157,2.  165,1. 
visampaU-  666, 
visva-  376. 
visvajit-  318,  2. 
viSvapä-  260. 
visvasi-j-  318,1.  319, 
visama-  148  c, 
visvafw-  321. 
vistara-  148  c. 
vihaiiga-  667. 
vira-  60.  113  a. 
vrka-    93,    128.    133 
°  (S,  100),  245, 
vrksa-  15, 

vrnämi  s,  var-  (wäh- 
°  len), 

vrt-  s.  var^-. 
w-i^i-  118. 
vrtrahan-  306  A. 
w-f/i«  400,  404,  2, 
W(Z(^Aa-  389, 
vrt?d/w-  105,    144  b. 
°279. 

vrddhatva-  251, 
vrdh-  s,  vardh-. 
vrsan-  313. 
vVsabha-  99,  257, 
w-.sii-  122,2  a, 
vesä-  71.  125, 
vesman-  314, 
ww  77, 
väira-  113  a, 
väisnava-  113  b, 
vyä(i7i-   Pr,  473,    Pf, 

518,  2.     Pass,   577. 

P.Pt.  614,2. 
vyalmrana-  38. 
vraj-  Pass.  579. 
Wirf-  0.  586,2. 


Wortverzeichnis. 


499 


6-«s-81,2. 125.Pr.470, 

Aor.  552  A. 
§ak-  72.  139.  Pr.455. 

498  A.  2.     Pf.  523. 

Aor.  541.  Pass.579, 

D.  601  a. 
-sak-  318, 1. 
§akt/a-  623. 
sa»k-  Ger.  625,  2. 
sa»kha-  65, 1  c.  129. 
Sata-  123.  125.  382. 
sataka-  36. 
satagu-  296  a  A. 
satapatha-  30. 
Satin-  316. 
safrw-  72  A.  76.  107  c. 

164.  270.  272.  274. 
.  302.    Den.  607,3. 
sanäih    393  b. 
sabdat/-  (Den.)  608,  2. 
sam-   Pr.  474, 1.     Pf. 

523.    Pass.  581.    C. 
,  584. 585.  P.Pt.614,7. 
myana-  70.  252. 
sayyä  263. 
sar-  Aor.  555. 
sarad-  318,2. 
sarikä  267. 
sarlra-  254  a. 
sartrin-  316. 
sarman-  314. 
salahha-  25il. 
savlra-  465. 
§asa{ka)-  256. 
sasvant-  149  A. 
sä-  Pr.  474,  2. 
lös- 150.  Pr.  485,  Aor. 

541.     Pass.    577,  3. 

P.Pt.  614,  8.     Ger. 

625,1.  Inf.  632.  Abs. 

639  A.  1. 
säs^ra-  244,  2.  254  c. 
siras-  95  b.  96  b.  331. 
ks-  Pr,  505. 
si-  8.  syä-. 
strsa{n)-  96  b.  313. 
sukrasöcis-  332. 
SMC-  Pr.  466. 
siici-  220,  2  A.   278  a. 
,  386. 

suddhadhi-  283  A. 
swn-  s.  svan-. 
iMni  288,2   308,1. 


susruvq^s-  s.  snt-  P.Pf. 
SM-  (sM-)  s.  sm- 
mra-  125.  254  a.  541 
.  A.2., 
sf-  s.  sar-. 
§rwffa-  92. 
irngin-  316. 
se-   411.   435  A.     Pr. 

448.  484,  2.  Pf.  511. 

Aor.  552.    F.  569. 

D.  602,3.  P.Pt.  615. 

617.  Inf.  633,  I.Abs. 

641 A. 
soei-,  278  a.  466. 
smasru-  149  A.  281. 
s>«-  P.Pt.  614,9. 
sraddadhanavant-  618 
.  A. 

Sraddhä  653, 
üraddMya-  624. 
sram-  82.  98.  C.  684. 

P.Pt.  614,  7. 
srambh-  P.Pt.  614,5. 
sravas-  76.  88, 1. 107  c. 
sri-    125.     Aor.  542. 

543.   F.  569.    P.Pt, 

612. 
sri-  107  b.  287. 
iru-  61.83.102.107  c. 

Pr.  499.     Pf.  517, 

P.Pf.  338.  Aor.  539. 

547  b.  548  A.  563, 1. 

F,567.  Pass.  578, 1. 

582.  C.584.D.601b. 

P.Pt.  86  b.  88, 1.102. 

107  c.    612.    614,3. 

Ger.  624.  626.  Inf. 
.  632.    Abs.  638. 
sruta-  8.  sru-, 
sruti-  30.  32. 
.^r^yßs- 107  b.  165.389. 
srotar-  107  c. 
srötra-  76.  254  c, 
sräuta-  32. 
slöka-  33. 

han-  79. 125.  307, 309, 
svay-ati-  s.  svä-, 
svasuräu  226, 
svasrü-  292. 
svah  400. 
4'as- Pr.  490  a.   P.Pt. 

615.    -f  vi-  c.  Loc. 

242, 1. 


svä-  Pr.  465.    Aor. 
.  541  A.  2. 

svasura-  134.  149 A. 
288,  5. 

satka-  385. 
saddhä  157,  4  A. 
sah-    157,  2, 4  A,   165, 

ib.  381. 
saUi-  382. 
sastha-  381. 
södasa  157,  4. 
södhä  157,  4. 
Miü-    111.    114  A.  1. 
■  ■  148  d.     Pr.  471. 

sa-  (Pron.)  s.  ta-. 
sa-   (Partikel)   149  A. 

384a.  676, 
sqskrta-  21. 
sqhüa-  613, 
sqhitä  27. 

saA-r^  89,1, 384a.  405,1, 
sakthi-  344. 
saMi-    107  b.    133  A, 

269.  272.  656. 
sqksaya-  249, 1. 
sqksepät  395  a. 
sqgati-  279. 
sac-  411.  452  (ved.) 
safij-   Pr.   471  Fußn. 

Aor.  549,  3.  F,  570. 
sqjfiita-  109  e, 
satya-  12  K. 
satyavädin-  316. 
sa(i- 83.  Pr.472bA.l. 

Pf.  512  Fußn.    513, 

519.522.  F.  566. 568, 

C.  584.    P.Pt,  620, 

Abs.  640,    -\-prati- 

148  c, 
sadas-  120. 
sadä  AOb. 
sadrsa-  c.  Instr.  238,1. 

c.  Gen.  241,  2. 
sadyah  400. 
sadÄa'  (ved.)  407. 
son- 83.  Pr.501.  P,Pt. 

614,  6. 
Sana-  233. 

sanätana-  252.  288, 5. 
sanenii  233. 
sanf-  (gut)  386. 
sanf-  (seiend)  s.  as-. 
32* 


500 


Wortverzeichnis. 


sqdegha-  143  A.  1. 
sqdeha-  143  A. 1. 
sqdhi-  166.   278  aA. 
sapta  54  a  1. 
sam-  238, 1.  650. 
sama-  (jeder)  376. 
sama-   (gleich)  148  c. 

288, 1.  241,  2. 
samakalam  392, 1  a. 
samani  c.  Instr.  238, 7. 
samarana-  15. 
samartha-  c.Gen.  241, 

2. 
samyafic-  321. 
sar- Pf.  517.  Aor.541, 

A.  1. 
sarit-  318,2. 
sarga-  134. 
sar;- 134.  Pr.475.  Pf. 

518, 1.    Aor.  547  a. 

F.  567.  P.Pt.  614, 4. 

Inf.  632. 
sarva-  71.  376. 
sarvatah  403. 
sarvatra  403. 
sarvathä  404. 
sarvasak-  318,1.  319. 
sa/t- 133(8.100).  143  b. 

P.Pf.  512  A.  F.  568. 

P.Pt.  614, 1. 
saha  407.     c.  Instr. 

238,  7. 
sahas-  331. 
sahasä  393  a. 
sahasra- 12.  86  b.  382. 
sa  s.  ta-, 
sä-  Pr.  474,2. 
sakam  399.     c.  Instr. 

238,  7. 
saksät  395  b. 
sä^as-  332. 
säd/m-  278  b.  392, 1  b. 

S.  471  Fußn. 
santtvay-  Abs.  640. 
säman-  29. 
sämänya-  c.  Gen.  241, 

2. 
sqpratam  392, 1  b. 
särdham  c.  Instr.  238, 

7. 
-säÄ-  165, 1  b. 
sikatä  682  A. 
sikatüa  254. 


sie-  133  (S.  100).  139. 

148  c.     Pr.    476  a. 

Pf.  518,1.  Aor.  540. 

P.Pt.  614. 
sindhu-  113  b.    278  b. 
sid-ati  s.  sad-  Pr. 
sw-  111.     C.   586,  3. 

P.Pt.  614, 10. 
SU-  (gut)  387.    651  A. 

669.  676. 
SU-    (pressen)    72.  83. 

103,2.467.  Pr.4:98. 

503  A. 
sukrtakarman-  308, 2. 
sukha-    113  c.     669, 

A.4. 
sukham  392, 1  a. 
sukhin-  316. 
sukhena  238, 4. 
subhrü-  290  A. 
sumanas-  113  b.  332. 

386. 
suhart  s.  suhrd-. 
suhrd-  165,2.°  318, 1. 
sü-°Pr.  484,  6.  Pf.  511. 

526. 
sütra-  32.  111. 
sünu-    77.   230.  232. 

233.  272,  2.  281. 
sürta-  s.  swar-  (leuch- 
ten). 
sürya-  250. 
sr/-  s.  sarj-. 
-s^;;'-  318, 1. 
set-  569  A. 
sena-  252. 
send  15.  83.  259. 
sev-    Pr.    470.     Pass, 

579. 
sevana-  111. 
sevä  262. 
söma-  15. 
säindhava-  113  b. 
säukhya-  113  c. 
säumanasa-  113. 
säumya-  113  c. 
s^fcand-  Pf.  524,  2. 
sMa^  129. 
stow6/i-  148  d.  416,  2. 

Pr.  508.  Pf.  524,1. 

-{■ava-,  vi-  148  d. 
Star-   96  b.     Pr.  499. 

355.  Aor.  562. 553  A. 


554.     Pass.  577,  2. 

P.Pt.  620. 
stu-  Pr.  448.  483.  490 

b  A.  Pf.  416,  2.  517. 

526.  Aor.  547  b.  552. 

F.  568.     Ger.  626. 

Abs.  643. 
str-  s.  star-. 
stri-  287  A. 
-stha-  248  A.  667,1. 
sthä-  68.   101,3.   104. 

109  a.  111.  119.  157. 

248A.Pr.416, 3.420. 

452.    472  b.   497  A. 

Pf.  528.  P.Pf.  338. 

Aor.  538.  542  A.  2. 

547A.1.  Pass.578,2. 

C.    587.    588.    592. 

P.Pt.    614,  8.     (C.) 

617,1.  Ger.  627.  Inf. 

632.    c.  Loc.  242, 1. 

+  anu.  +  abhi-  148 

c,  d.    -\-anu-pra-  c. 

Acc.  237,  6  Fußn. 
sthäna-  252. 
sthävara-  254  b  A. 
sthiti-  69.  279. 
sthira-  389. 
sthüra-  250.  254. 
sthula-  254. 
stheyas-  390. 
stheHha-  390. 
sthaurya-  250. 
snä-  Pr.  484,  1.  P.Pt. 

614,  8. 
snih-  143  a. 
spars-  Pr.  475.  P.Pt. 

625, 1.     Inf.  632. 
sparÄ- 127. 165,  Ib.Pr. 

465.  477  b. 
spas-  165,  1  b.  318, 1. 
spr§-  154.  165, 1  b. 
sprh- 165, 1  b ;  s.  ferner 

sparh-. 
sphar-  95  a.  96  a.  115, 

Pr.    496b.  475.     C. 

586,  3. 
sphut-  112.    Pr.  461. 

P.Pt.  616. 
sphur-  s.  sphar-. 
sphürj-Ub.  C.586,3. 
sphurti-  96  a. 
sphrt-  s.  sphut-. 


Wortverzeichnis. 


501 


sma    353.  361.  414. 

689. 
smar-  Pf.  416,1-  Aor. 

563,3.  Pass.579.  0. 

684.    P.Pt.  624.    c. 

Acc.  237, 1.  C.Gen. 

241,  3. 
-smara-  667,  3. 
smi-78.  Pr.470.  P.Pt. 

614,  2. 
smr-  s.  smar-. 
smrti-  30. 
srdj-  (Kranz)  165,1  a; 

8.  ferner  sarj-. 
sru-  85.   Pr.  470.  Pf. 

517.526.  P.Pt.  612. 
si'a-356.  376,4.  608,3. 
svaka-  356. 
svanj-  Pr.  471  Fußn. 
svad-  C.  (Ger.)  625. 
si'op- 103,1.  Pr.490a. 

Pf.  518,  2.  521.     F. 

568.  571.  Pass.  577. 

P.Pt.  614,  3. 
svapna-    79.    103,  1. 

114.  252. 
svayam  355. 
svar-   (Himmel)  299 

A.  2. 
svar-  (leuchten)  P.Pt. 

613. 
svarita-  54  a,  1. 
svasar-  299. 
svädistha-  122,  2  a. 
svädiyas-  390. 
svädu-  220,2.  278  b. 


svädya-  s.  svad-. 
svämin-  316. 
svämya-  316. 
svü  689. 
sv'ikar-  608,3. 

ha  689. 

hata-1  hatha  s.  han-, 

han-  88,1.   90.  107  e. 

132  c.  133  a,  b.  136. 

617  Fußn.  Pr.  486  f. 

501.   Imp.487.    Pf. 

416,4.518,3.    P.Pf. 

530.  Aor.  421,1IA. 

F.  569.  574.     Pass. 

577.  C.588Ä.  P.Pt. 

614, 5.  D.  602  A.Inf. 

632;  s.  ferner  his-. 
-han-  306  A. 
hanu-  121 K.  278  b. 
hanta  687  Fußn. 
har-  Pr.  466.  470.   Pf. 

518,3.   Ger.  624. 
-hara-  667.  3. 
hari-  86  b.  278  a. 
harina-  252. 
harit-  318,  2. 
hars-  473. 
havirdä-  187. 
havis- 150. 158,  3. 187. 

330. 
hasta-  15.  226.  255  a. 
hä  S.  471  Fußn. 
hä-   (gehen)    Pr.  494. 

D.  602 A. 
ha-  (verlassen)  136.  Pr. 


^492.  494.    Pf.  528. 

Aor.     549,  2.     557. 

Pass.  578,2.    P.Pt. 

83.  620.     Abs.  642. 
härin-  667,4. 
hi  689.  691,  4. 
hi-  Pr.  499.   Pf.  518, 

3  A. 
Ms-  Pr.  506  A.  2.  601 
"aA.  Aor.  552  A.  F. 

566.  Pass.  580.  Inf. 

633,  2. 
hita-  s.  dha-. 
hima-  127. 
hiranya-  15. 
hina-  c.  Instr.  238,  1 ; 

s.  ferner  hä-. 
/m-467.  Pr.  450.  491. 

515.  Pf.  416,4.  511. 

Aor.  547  b. 
hti-  s.  hvä-, 
hrd-     127  A.     165,  2. 
'  318, 1.  346. 
hrdaya-  346. 
Jie  173.  S.  471  Fußn. 
hötar-  15. 
%aÄ  400. 
hrl-  287. 
hrem,     Den.    hresä- 

yate  607,  2. 
hvayati  s.  /twä-. 
Avä-  (M-)  Pr.  474,  3. 

Pf.  526.     Aor.  541 

A.  2.    Pass.  577,  3. 

P.Pt.  614,  9. 


Nachträge  und  Berichtigungen. 

S.  2  (§  2).  Wundt's  Völkerpsychologie  ist  1904  in  zweiter 
Auflage  erschienen. 

S.  3  (§  3).  Brugmann's  Kurze  vergl.  Grammatik  ist  seit 
1904  vollständig  erschienen  (IT.  Lehre  von  den  Wortformen  und 
ihrem  Gebrauch.  III.  Lehre  von  den  Satzgebilden).  Ferner  ist 
hinzuzufügen:  A.  M ei  11  et,  Introduction  ä  i'etude  comparative 
des  langues  indo-europeennes.    Paris  1903. 

S.  10.  Das  Buch  von  Much  erschien  1904  in  zweiter  Auf- 
lage. Zur  Urheimat  der  Indogermanen  vgl.  noch  A.  Weber 
Sitzungsber.  d.  Berl.  Ak.  1899,  558  ff. 

S.  12.  Über  die  älteste  Heimat  der  Arier  vgl.  auch  H.  Brunn  - 
hofer,  Zeitschr.  f.  Ethnol.  XXXI,  478  ff.  —  Z.  20  lies  rrHa- statt 
vrksa.  —  Z.  21  1.  mae§5  st.  maeSö.  —  Z.  23  1.  hama  st.  häena.  — 
Z.  27  1.  yajna-  st.  yajna-  und  hötar-  st.  hötar. 

S.  13,  Z.  2  1.  Yivanhä  st.  Yivahha.  —  Z.  4  1.  daeva  st.  daeva.  — 
Z.  5  1.  indra  st.  indra  (oder  andra). 

S.  14,  Z.  21  und  24  1.  VUnu-  st.  Yisnu. 

S.  17  (§  20).  Vgl.  noch  M.  Bloomfield,  Relative  chronology 
of  the  Vedic  Hymns.  JAOS.  XXI,  42  ff.  —  Z.  16  1.  kar-  st.  har.  — 
Z.  1  V.  u.  1.  hher-  st.  hher. 

S.  18,  Z.  1  1.  ger-  st.  ger,  ferner  qert-  st.  qert.  —  (§  21)  Über 
tata-  vgl.  besonders  Johansson  IP.  VIII,  166  ff. 

S.  19,  Z.  11  1.  S.  171  St.  §  241.  —  Z.  12  1.  S.  170  st.  §  241.  — 
(§  22)  Über  das  Verhältnis  der  mi.  Dialekte  zum  Vedischen  und 
Sanskrit  vgl.  ferner  IF.  (Anz.)  XVI,  2  f.  und  E.  J.  Rapson,  In 
what  degree  was  Sanskrit  a  spoken  language?  Journ.  of  the  R. 
Asiat.  Sog.  1904,  435  ff.  —  (§  23)  Füge  hinzu:  Linguistic  Survey 
oflndia.  Vol.V,l  Specimens  of  the  Bengali  and  Assamese  Language 
by  G.  A.  Grierson.  Calcutta  1903.  (Einziger  bisher  erschienener 
Teil  eines  großen  Werkes,  das  in  Bd.  V— XI  die  arischen  Sprachen 
Indiens  behandeln  wird.) 


Nachträge  und  Berichtigungen.  503 

S.  20  (§  25).  Hinzuzufügen  H.  Oldenberg,  Die  Literatur 
des  alten  Indiens.  Stuttgart  1903  (ausgezeichnete  Einführung). 
V.  Henry,  Les  litteratures  de  l'Inde.  Paris,  Hachette  1904.  — 
Z.  5  V.  u.  1.  dhä-  st.  dhä. 

S.  21  (§  27).  Bis  ins  Jahr  6000  v.  Chr.  und  noch  weiter 
glaubt  Brunnhofe r,  Verhandl.  d.  Berl.  Gesellsch.  f.  Anthrop. 
XXXII,  soff,  zurückgehen  zu  können! 

S.  22,  Z.  1  1.  Säyana  st.  Sänaya.   —    Z.  6  1.  oder  st.  oder. 

S.  26,  Z.  16.  Der  Punkt  hinter  „zugeschrieben"  ist  zu  streichen. 

S.  33,  Z.  2  und  6  v.  u.  1.  Kharösthl  st.  KharostM,  bzw.  Kha- 
röstha-  st.  Khar-oStha. 

S.  35,  Z.  1  V.  u,  ist  l:  vor  ^  ausgefallen. 

S.  37,  Z.  13  V.  u.  1.  jva  st.  jna. 

S.  43,  Z.  6  V.  u.  1.  §  70  S.  st.  §  70. 

S.  45,  Z.  18  1.  gäm  st.  gam. 

S.  50  (§  65, 1).  ratha-,  lat.  rota,  ist  unter  b)  zu  setzen,  da  das 
idg.  0  mit  e  ablautet  (W.  reih-  in  air.  rethim).  —  (§  65,  2)  Über 
mänayami  vgl.  auch  S.  400  Fußnote. 

S.  57,  Z.  7  V.  u.  1.  näus  st.  näus. 

S.  69,  Z.  11  V.  u.  1.  ^l^er-  st.  ^er-, 

S.  70,  Z.  3  V.  u.  1.  mätfs  st.  matrs. 

S.  71,  Z.  16  V.  u.  1.  dami-tar-  st.  dami-tar. 

S.  73,  Z.  10  1.  agr.  st.  ngr. 

S.  75.  Zu  den  Ablautsformen  wie  da-dh-mas  neben  hita-  vgl. 
auch  Meillet,  Mem.  de  la  Soc,  de  lingu.  XII,  219  ff. 

S.  81,  Z.  16  v.  u.  1.  ga-cchati  st.  ga-cchati-. 

S.  82,  Z.  9  V.  u.  1.  *-dta-  st.  -^dta-. 

S.  85,  Z.  17  V.  u.  1.  bhräj-ati  st.  bräj-aü. 

S.  86,  Z.  8  V.  u.  1.  Vimu-  st.  Visnu. 

S.  88,  Z.  10  V.  u.  1.  &er(55  st.  berq. 

S.  90,  Z.  15  V.  u.  1.  §  420  st.  421. 

S.  100,  Z.  1  1.  *bhaja  st.  *-bhaja. 

S.  104,  Z.  2  1.  *dha-dh-se  st.  dha-dhs-e. 

S.  114,  Z.  4  1.  ^««^a-  st.  yucja-.  —  Z.  19  1.  daklina-  st.  dakUna-, 

S.  117,  Z.  1  V.  u.  1.  pumäs-  st.  pumäs. 

S.  118,  Z.  10  1.  :sa|!  St.  sat. 

S.  123,  Z.  9  V.  u.  1.  bhrätaram  st.  bhrätäram, 

S.  125,  Z.  15  1.  devi  st.  c?evi. 

S.  135,  Z.  10  V.  u.  1.  äyuhsesa-  st.  ayuhse?a-. 

S.  152,  Z.  17  V.  u.  1.  ^J7|^  bhnltaräu  st.  ^jj^p^  bhrä- 
täräu. 

S.  161,  Z.  5  V.  u.  1.  1,  3  st.  I,  7. 


504  Nachträge  und  Berichtigungen. 

S.  165,  Z.  12  V.  u.  1.  I,  1  st.  I,  10. 
S.  170,  Z.  7  V.  u.  1.  devän  st.  devün. 

S.  176,  Z.  3/4  V.  u.  1.  ^f^ci;  jambuka-  st.  gf^j^  jambJmka-. 
S.  179,  Z.  6  V.  u.  ].  rqkachz  st.  rqkachü. 

S.  180,  Z.  11  1.  visva-päh  st.  visva-ph.  —  Z.  4  und  3  v.  u.  ]. 
i^rajä-,  ^-pT^  apraja-  st.  präjä,  "^ifT^  apräja-.  ^ 

S.  181,  Z.  13  V.  u.  1.  -lä  St.  -fä.    —   Z.  11  v.  u.    1.   ■^^cTT  ^t. 

s.  182,  z.  12  V.  u.  ].  ^rf^sr^'R  St.  isrf^^n^^- 

S.  184,  Z.  7  1.  symchz,  bzw.  s?/?25  st.  synücM,  synü. 

S.  185,  Z.  12  1.  -van-  st.  -van.  —  Z.  15  v.  u.  1.  sünaüs,  bezw. 
sünus  st.  stinaüs,  sunus. 

S.  186,  Z.  5  1.  *-öA  st.  -*äi. 

S.  191,  Z.  2  1.  ^^  St.  •^m■  —  Z.  6  (Überschrift)  1.  I-  und  ü- 
Stämme  st.  i-  und  «.-.Stämme.  —  Z.  9  1.  Paradigma  st.  Paradgima. 

S.  192,  Z.  18  V.  u.  1.  -dhyi  st.  dhyi. 

S.  193,  Z.  16  1.  (i/if-  st.  diu. 

S.  195,  Z.  13  1.  hälä-näm  st.  bälä-nam. 

S.  198,  Z.  11  1.  -^Sf:  st.  ^^:. 

s.  201,  z.  9 1.  ^n^r:  ^t.  ^^:. 

S.  203,  Z.  1  V.  u.  1.  mätfJi  st.  matrh. 
S.  205,  Z.  5  1.  -{t^or-  st.°  "-(iör-. 
S.  207,  Z.  1  1.  *piträm  st.  piträm. 

s.  208,  z.  8  V.  u.  1.  -q^uft:  St.  -q-^Tift:- 

S.  210,  Z.  8  1.  toHn-t  st.  foH-m.  —  Z.  11  1.  e-  st.  (e)-. 

S.  212,  Z.  5  1.  balinäu  st.  balinau.  —  Z.  11  v.  u.  Die  Worte 
„n.  bali  (st.  *balya  oder  *balin)"  sind  in  die  folgende  Zeile  hinter 
„ferner"  zu  setzen. 

S.  215,  Z.  6  1.  -q^TR  st.  xr^srra;. 

S.  216,  Z.  1  füge  „(Ä-)"   hinter   „'König')-'  ein,    —    Z.  11  1.  -s 

St.  s.  -  z.  16 1.  ^rf^  St.  ^rf^. 

S.  218,  Z.  12  V.  u.  1.  anücah  st.  änücah. 

S.  239  (§  348)  füge  hinzu  Brugmann,  Die  Demonstrativ- 
pronomina der  indogermanischen  Sprachen.  Abhandl.  der  Sachs. 
Gesellschaft  d.  Wiss._1904.  Nr.  6. 

S.  241  (§  353).  Über  die  idg.  Grundform  von  'ich'  vgl.  ferner 
Brugmann  a.  a.  0.  S.  71. 

S.  251  (§  364  b).  Zur  Stammform  ana-  vgl.  auch  Brugmann 
a.  a.  0.  S.  93  f. 

S.  2.54  (§  368).  Zu  amti-  und  amt-  vgl.  auch  Brugmann  a.  a.  0, 
S.  96.  111. 


Nachträge  und  Berichtigungen.  505 

S.  264,  Z.  10  1.  visaHi  st.  visaiti. 

S.  265,  Z.  14  V.  u.  1.  ekaiah  st.  ekasah. 

S.  274  (§  399).  Zu  idänim  vgl.  ferner  Brugmann  a.  a.  0. 
S.  46.  142. 

S.  275  (§  400).  nänä  ist  vielleicht  eine  Form  des  reduplizierten 
Pronominalstammes  no-,  eigentlich  'so  und  so',  s.  zuletzt  Brugmann 
a.  a.  0.  S.  119.  131. 

S.  278  (§  407).  iha  ist  vielleicht  identisch  mit  gr.  föa-,  »at- 
in  ßa(i)-7evi}s,  s.  darüber  Brugmann  a.  a.  0.  S.  37  und  die  dort  ver- 
zeichnete Literatur. 

S.  308,  Z.  3  V.  u.  1.  *pi-pel-mi  st.  pH-pel-mi. 

S.  325,  Z.  10  1.  di§-  st.  diS-.  —  Z.  11  1.  vis-  st.  vii-, 

S.  328,  Z.  16  (2.  Du.)  1.  dviMäm  st.  dviHam. 

S.  335,  Z.  1  1.  ja'H  st.  jam. 

S.  345,  Z.  1.  Nach  der  letzten  Revision  des  Satzes  wurden 
die  Zeilen  falsch  verschoben :  mit  -^qp^  (öp-)  beginnt  ein  neuer 
Absatz. 

S.  355,  Z.  7  V.  u.  1.  gegona  st.  gegona. 

S.  389,  Z.  1  1.  iM-  st.  iM. 

S.  396,  Z.  9  V.  u.  1.  nl-  st.  ni-. 

S.  468,  Z.  17  1.  658  st.  669. 


Druck  von  "W.  Drugulin  in  Leipzig. 


Carl  Winter's  Universitätsbuchhandlung  in  Heidelberg. 

Sammlung  indogermanischer  Lehrbüclier. 

Herausgegeben  von  Herman  Hirt. 

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Altindischen  von  Dr.  Albert  Thumb,  a.  o.  Professor 
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an  der  Universität  in  Leipzig.  S".  geheftet  8  M,,  in 
Leinwandband  9  M. 

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des  Lateins  von  Dr.  Ferdinand  Sommer,  o.  Professor 
an  der  Universität  in  Basel.  8o.  geheftet  9  M.,  in 
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(Siehe  Sammlung  germanischer  Elem.  I.  1.) 

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Die  Sammlung  wird  weiter  ausgebaut  werden. 


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Soeben  beginnt  zu  erscheinen: 

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Sprachwissenschaft  von  Dr.  W.  Meyer-Lübke, 

0.  Professor  an  der  Universität  in  Wien.     8». 
geheftet  6  M.,  in  Leinwandband  6  M. 

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schaft.   Die  Aufgaben  der  romanischen  Sprachwissenschaft. 

. . .  Ein  solcher  Führer  liegt  nun  vor,  von  berufenster  Seite  ausge- 
arbeitet, ein  Buch,  von  dem  er  seinen  Ausgang  nehmen  kann  und  zu  dem 
er  immer  wieder  zurückkehren  wird,  um  neue  Anregung  zu  holen.  ...  Es 
wird  in  Hinkunft  nicht  nur  dem  Eomanisten  unentbehrlich,  sondern 
jedem,  der  vergleichende  Sprachforschung  treibt,  sehr  willkommen  und 
nützlich  sein.  ( Liter aturblatt  f.  germ.  u.  rom.  Philologie.) 


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Herausgegeben  von  Wilhelm  Streitberg, 

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Dr.  W.  Streitberg,  Professor  an  der  Universität  in 
Münster.    8o.     geheftet  8  M.,  Leinwandband  9  M. 

2.  Band.    Gotisclies    Elementarbuch    von    Dr.   W.   Streitberg, 

Professor  an  der  Universität  in  Münster.  8".  geheftet 
3  M.,  Leinwandband  3  M.  60  Pf.  ' 

3.  Band.    Altisländisches    Elementarbuch    von    Dr.   B.   Kahle, 

a.  o.  Professor  an  der  Universität  in  Heidelberg.  8". 
geheftet  4  M.,  Leinwandband  4  M.  80  Pf. 

4.  Band.    Altenglisches  Elementarbuch  von  Dr.  E.  D.  Bülbring, 

ö.  Professor  an  der  Universität  in  Bonn.  I.  Teil:  Laut- 
lehre. 80.  geheftet  4  M.  80  Pf.,  Leinwandband  5  M.  60  Pf. 
II.  Teil  in  Vorbereitung. 

5.  Band.    Altsächsisches  Elementarbuch  von  Dr.  F.  Holthausen, 

o.  Professor  an  der  Universität  in  Kiel.  S».  geheftet 
5  M.,  Leinwandband  6  M. 

6.  Band.    Althochdeutsches   Eiementarbuch.     (In  Vorbereitung.) 

7.  Band.    Mittelhochdeutsches  Elementarbuch  von  Dr.  V.  Michels, 

0.  Professor  an  der  Universität  in  Jena.  8'\  geheftet 
5  M.,  Leinwandband  6  M. 

III.  Reihe:  Lesebücher. 

1.  Band.  Altfriesisches  Lesebuch  mit  Grammatik  und  Glossar 
von  Dr.  W.  Heuser,  Oberlehrer  in  Wilhelmshaven.  8o. 
geheftet  3  M.  60  Pf.,  Leinwandband  4  M.  20  Pf. 


Eine  Keihe  weiterer  Bände  befindet  sich  in  Vorbereitung. 


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663 

T.l 


Thumb,   Albert 

Handbuch  des    Sanskrit 


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