Skip to main content

Full text of "Hansische Geschichtsblätter"

See other formats


Google 



This is a digital copy of a book that was prcscrvod for gcncrations on library shclvcs bcforc it was carcfully scannod by Google as pari of a projcct 

to make the world's books discoverablc online. 

It has survived long enough for the Copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject 

to Copyright or whose legal Copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books 

are our gateways to the past, representing a wealth of history, cultuie and knowledge that's often difficult to discover. 

Marks, notations and other maiginalia present in the original volume will appear in this flle - a reminder of this book's long journcy from the 

publisher to a library and finally to you. 

Usage guidelines 

Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the 
public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken Steps to 
prcvcnt abuse by commcrcial parties, including placing technical restrictions on automatcd qucrying. 
We also ask that you: 

+ Make non-commercial use ofthefiles We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these files for 
personal, non-commercial purposes. 

+ Refrain from automated querying Do not send aulomated queries of any sort to Google's System: If you are conducting research on machinc 
translation, optical character recognition or other areas where access to a laige amount of text is helpful, please contact us. We encouragc the 
use of public domain materials for these purposes and may be able to help. 

+ Maintain attributionTht GoogX'S "watermark" you see on each flle is essential for informingpcoplcabout this projcct andhclping them lind 
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it. 

+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are lesponsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just 
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other 
countries. Whether a book is still in Copyright varies from country to country, and we can'l offer guidance on whether any speciflc use of 
any speciflc book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search mcans it can bc used in any manner 
anywhere in the world. Copyright infringement liabili^ can be quite severe. 

Äbout Google Book Search 

Google's mission is to organizc the world's Information and to make it univcrsally accessible and uscful. Google Book Search hclps rcadcrs 
discover the world's books while hclping authors and publishers reach new audiences. You can search through the füll icxi of ihis book on the web 

at |http : //books . google . com/| 



Google 



IJber dieses Buch 

Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Realen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im 
Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfugbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde. 
Das Buch hat das Urheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch, 
das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann 
von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles 
und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist. 

Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei - eine Erin- 
nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat. 

Nu tzungsrichtlinien 

Google ist stolz, mit Bibliotheken in partnerschaftlicher Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse 
zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nie htsdesto trotz ist diese 
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch 
kommerzielle Parteien zu veihindem. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen. 
Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien: 

+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche für Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese 
Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden. 

+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen 
über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen 
nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials für diese Zwecke und können Ihnen 
unter Umständen helfen. 

+ Beibehaltung von Google-MarkenelementenDas "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über 
dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht. 

+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein, 
sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA 
öffentlich zugänglich ist, auch fiir Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist 
von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig 
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der 
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben. 

Über Google Buchsuche 

Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google 
Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser We lt zu entdecken, und unterstützt Au toren und Verleger dabei, neue Zielgruppcn zu erreichen. 
Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter |http: //books . google .corül durchsuchen. 



^^2^ 



¥ 







iMi 





'^'^i^ 








>^v^ 






>^ 




r^ 



/ 



iv* 



D2) 

E'öl 

Hn 
H3 



l 



DD 
E'öl 

H3 



I 



HANSISCHE 

GESCHICHTSBLÄTTER. 



HERAUSGEGEBEN 



VEREIN FÜR HANSISCHE GESCHICHTE. 

. JAHRGANG 1897. 



LEIPZIG, 
VERLAG VON DUNCKER & HUMBLOT. 



Alle Rechte vorbehalten. 



VW . 






INHALT. 



Seite 

I. Das Zeitalter der Entdeckungen und die Hanse. Von Professor 

Dr. D. Schäfer in Heidelberg 3 

II. Etwas von der mittelalterlichen Gewerbeordnung, insbesondere der 
wendischen Städte. Von Dr. F. Techen in Wismar 19 

III. Die Zollordnung des Lübischen Rechts. Von Geh. Justizrat Prof. 

Dr. F. Frensdorff in Göttingen 107 

IV. Die Lübische Stadeschronik und ihre Ableitungen. Von Stadt- 
archivar Dr. K. Koppmann in Rostock 149 

V. Kleinere Mitteilungen: 

I. Zum Lübisch-dänischen Vertrage vom 29. April 1503. Von 

Professor Dr. D. Schäfer 205 

II. Zwei Moten König Christians L von Dänemark. Von Dr. 

W. Stein in Giefsen 229 

III. Über den angeblichen Plan eines Bündnisses der Hansestädte 
mit König Georg von Böhmen im Jahre 1458. Von Dr. 

W. Stein 239 

IV. Hansisches aus dem Marienburger Trefslerbuch. Nach dem 
Abdruck von Archivrat Joachim, erläutert. Von Ober- 
bibliothekar Dr. M. Perlbach in Halle 261 

Recensionen : 

S. Rietschel, Markt und Stadt in ihrem rechtlichen Verhältnis. 

Von Archivrat Dr. F. Philipp! in Münster 275 

Jakob Schwalm, Die Chronica novella des Hermann Korner. Von 

Stadtarchivar Dr. K. Koppmann 283 

Nachrichten vom Hansischen Geschichts verein. 27. Stück: 

I. Sechsundzwanzigster Jahresbericht, erstattet vom Vorstande III 
II. Reisebericht. Von Dr. K. Kunze in Greifswald .... IX 



I. 

DAS ZEITALTER 
DER ENTDECKUNGEN UND DIE HANSE. 



VORTRAG, 

GEHALTEN IN DER JAHRESVERSAMMLUNG DES HANSISCHEN 
GESCHICHTSVEREINS ZU BREMEN AM 26. MAI 1896. 

VON 

DIETRICJH SCHÄFER. 



Hansische Geschichtsblätter. XXV. 



w. 



er sich mit der hansischen Geschichte des i6. Jahr- 
hunderts beschäftigt, dem kommt leicht der Gedanke, dafs es 
für die Erkenntnis dieser Geschichte fruchtbringender sein möchte, 
sich mit dem zu befassen, was die Hanse nicht, als mit dem, 
was sie gethan hat. Unwillkürlich drängt sich die Vorstellung 
auf, dafs das i6. Jahrhundert, das Zeitalter der grofsen Ent- 
deckungen, das Jahrhundert, in dem der Blick des Europäers an- 
fing, die Welt zu umspannen, dem Verkehr nicht nur neue Bahnen 
gewiesen, sondern ihn auch auf ganz neue Grundlagen gestellt 
haben müsse. Der Mensch des ausgehenden 19. Jahrhunderts, 
dem die Erde wirklich ein Wirtschaftsgebiet geworden ist, kann 
es sich kaum anders denken, als dafs Weltverkehr interoceanisch, 
transatlantisch sein müsse. Der Anteil an derartigem Verkehr 
erscheint ihm entscheidend für die Stellung der Völker in Handel 
und Schiffahrt, und leicht überträgt er diese Auffassung auf 
frühere Jahrhunderte. Der heutige Vortrag soll sich mit der 
Frage beschäftigen, wie weit das richtig ist, und vor allem, wie 
weit die im 16. Jahrhundert eröffneten neuen Beziehungen euro- 
päischer Völker zu transoceanischen Gebieten Einflufs gewonnen 
haben auf die Stellung der Hanse. 

Man pflegt zu sagen, die Hanse sei vor allen Dingen 
deshalb zurückgegangen, weil sie sich an dem neuen Verkehr 
mit den beiden Indien nicht beteiligt habe. Erklärend fügt 
man hinzu, dafs die westeuropäischen Völker durch ihre Lage 
gleichsam einen Vorsprung gehabt hätten, dafs es ganz natürlich 
sei, dafs sie in einem Handel, der sich überwiegend auf den 
Weltmeeren bewegt habe, vor den binnenwärts gelegenen deut- 
schen Städten den Vorsprung gewannen. Nicht nur in popu- 
lären, sondern auch in fachwissenschaftlichen Büchern und 



I* 



— 4 — 

Schriften kann man diese Auffassung in den verschiedensten 
Wendungen wiederholt finden. 

• Auch wer den Dingen gar nicht tiefer nachforscht, wird sich 
leicht zu Zweifeln an der Richtigkeit dieser Auffassung bewogen 
fühlen. Denn noch in unseren Tagen spielt sich der Handel der 
europäischen Völker ganz überwiegend innerhalb des Erdteils ab, 
wenn auch der Verkehr mit Gebieten jenseit des Weltmeers im Zu- 
nehmen begriffen ist. Von Deutschlands Einfuhr kommt nur 
ein Drittel aus transoceanischen Ländern, nur ein Viertel der 
Ausfuhr geht dorthin. Und Deutschland hat einen verhältnis- 
mäfsig lebhaften Verkehr mit fremden Erdteilen 1 In den meisten 
anderen Ländern überwiegt der europäische Verkehr noch weit 
mehr. England allein unterhält mehr transozeanische als euro- 
päische Handelsbeziehungen. Dafs die westeuropäischen Völker 
allein durch ihre Lage einen Vorsprung haben sollten, widerlegt 
sich sowohl durch alte wie neue, allbekannte Thatsachen. An 
die Stelle der Hanse als erste Seemacht sind nicht Spanier, 
Portugiesen oder Franzosen, sondern Niederländer und Engländer 
getreten, von denen wenigstens die ersteren durch ihren Wohn- 
sitz wesentliche Vorteile vor Elbe und Weser nicht voraus haben. 
Auch heute rangiert Deutschland im oceanischen Verkehr weit 
vor Franzosen, Spaniern und Portugiesen. Nicht die Lage inner- 
halb Europas, auch nicht einmal der Kolonialbesitz kommen da 
in erster Linie in Betracht, sondern vor allen Dingen eine that- 
kräftige Kaufmanns- und Schifferbevölkerung und ein zugleich 
kaufkräftiges und produktives und dazu möglichst ausgedehntes 
Hinterland. 

Es ist zur Zeit nicht möglich, die in Betracht kommenden 
historischen Hergänge auch nur in ihren wesentlichsten Einzel- 
momenten klar zu erkennen. Kaum auf irgend einem Gebiete 
hat man bislang mehr mit allgemeinen Vorstellungen und ver- 
einzelten aus dem Zusammenhang gerissenen Thatsachen ge- 
arbeitet als in der Handelsgeschichte des 1 6. Jahrhunderts. Hier 
liegt für geschichtliche Forschungen noch ein weites, bisher wenig 
bebautes Feld. Was aber bruchstückweise bekannt geworden 
und in den verschiedensten Publikationen veröffentlicht ist, ge- 
nügt, um festzustellen, dafs das Zeitalter der grofsen Entdeckungen 
keineswegs den Schwerpunkt des bestehenden Handels völlig verlegt 
oder auch nur wesentlich verschoben hat, und dafs deshalb im 



— 5 — 

i6. Jahrhundert die Stellung der Nationen im Händel und auf 
den Meeren keineswegs in erster Linie bestimmt worden ist durch 
ihre Teilnahme an dem neuerdings eröffneten transoceanischen 
Verkehr. Da das i6. Jahrhundert, und zumal die zweite Hälfte 
desselben, die eigentliche Zeit des Niederganges der Hanse ist, 
so kann daher schon jetzt mit Sicherheit gesagt werden, dafs der 
Niedergang des deutschen Seehandels nicht veranlafst wurde 
durch die weltberühmten Entdeckungen. 

Wenn man versucht, das näher zu begründen, so wird man 
genötigt sein, die Entdeckung Amerikas und die Auffindung des 
Seewegs nach Ostindien gesondert ins Auge zu fassen, da es sich 
um zwei durchaus verschiedene und fast ganz getrennte Ent- 
wickelungen handelt. Es ist bekannt, dafs Amerika seine Ent- 
decker zunächst ar-g enttäuschte ; es war nicht Indien und konnte 
indische Produkte nicht liefern. Alles, was heute die Gebiete 
westlich des Atlantischen Oceans in den Vordergrund unseres 
handelspolitischen Interesses stellt, war im i6. Jahrhundert nicht 
vorhanden, hat sich zum allergröfsten Teile sogar erst in unserem 
Jahrhundert entwickelt. Wenn das Amerika unserer Tage durch 
die Erzeugnisse seines Ackerbaues und seiner Viehzucht die euro- 
päische Landwirtschaft in schwierige Lagen bringt, so hat man 
sich für das 1 6. Jahrhundert zu vergegenwärtigen, dafs das Land, 
was die Entdecker kennen lernten, nicht Pferd, nicht Rind, 
nicht Schaf, Ziege oder Schwein und aufser dem Mais kein an- 
baufähiges Getreide besäfs. Und nicht nur das, auch die so- 
genannten Kolonialwaaren sind, soweit sie heutigen Tages von 
Amerika importiert werden, durchweg erst von Europäern dort 
eingeführt oder doch von ihnen zuerst in gröfserer, exportfähiger 
Menge dem Boden abgewonnen worden. Noch vor hundert 
Jahren war man an der Börse von Liverpool in Zweifel , ob 
Amerika jährlich hundert Ballen Baumwolle liefern könne; heute 
produziert es 7 — 8 Millionen» Der Kaffee, von dem heute 
Brasilien mehr hervorbringt, als die ganze übrige Welt zusammen, 
wird dort erst seit dem Beginn unseres Jahrhunderts in gröfserer 
Menge angebaut. Ähnlich verhält es sich mit dem Tabak. Nur 
das Zuckerrohr ist schon früh in gröfserem Umfange kultiviert 
worden, und sein Erzeugnis spielt daher im 16. Jahrhundert eine 
verhältnismälsig grofse, immer aber noch eine sehr bescheidene 



— 6 — 

Rolle. Was hatte also der Erdteil im i6. und bis tief ins 17. Jahr- 
hundert hinein, was er Europa liefern konnte? Man wird nur 
die eine Antwort finden : Aufser den Edelmetallen wenig Nennens- 
wertes! Gold und Silber allerdings schickte er seit der Er- 
oberung Mexikos und noch mehr seit der Perus in ungewohnter 
Menge, und wenn diese Zufuhr auch manchmal überschätzt 
worden ist, so hat sie doch für ihr ausschliefsliches Bestimmungs- 
land Spanien eine sehr schwer wiegende, allerdings zweischneidige 
Bedeutung gehabt Aber diese Zufuhr konnte naturgemäfs wenig 
Schiffer imd wenig Händler beschäftigen. Noch 1626 betrug sie 
das Achtfache aller anderen Provenienzen Amerikas, und ent- 
sprechend war die Zahl der Fahrzeuge, die in diesem Verkehr 
thätig waren. Die Indienflotte, die ihn hauptsächlich be- 
sorgte, zählte in der zweiten Hälfte des i6. Jahrhunderts all- 
jährlich etwa 40 Schiffe und minderte sich unter Philipp III. 
Die höchsten Schätzungen des jährlichen Gesamtverkehrs über- 
steigen kaum die Zahl von 100 Schiffen. Selbst für Sevilla, auf 
das trotz einiger gegenteiliger Ordnungen Karls V. dieser Ver- 
kehr fast ausschliefslich beschränkt bliebe machte er unter Philipp II. 
noch nicht einmal die Hälfte seines Gesamthandels aus. Sieht 
man von den Edelmetallen ab, so spielt die amerikanische Ein- 
fuhr in ihm eine verschwindende Rolle. Seine Erträge lieferte er 
durch den Absatz europäischer Artikel, besonders der Erzeug- 
nisse gewerblichen Fleifses, an die Kolonisten. 

Einen genau entgegengesetzten Charakter trug nun allerdings 
der Handel mit Ostindien. Dort fanden sich Produkte, die das 
Abendland seit Jahrhunderten gebrauchen und schätzen gelernt 
hatte, und deren raschere, bequemere und billigere Zufuhr einen 
sicheren und reichen Gewinn abwarf, während andererseits euro- 
päische Erzeugnisse drüben kaum Verwendung fanden. Wie schon 
Vasco da Gamas Fahrt mit namhaften Erträgen abschlofs und 
wie Magelhaens Expedition, weil sie die Molukken erreichte, die 
erste spanische war, die einen Gewinn abwarf, so haben später 
auch Niederländer und Engländer gleich von ihren ersten Fahrten 
in diese Gebiete lockende Vorteile geemtet. Aber einen grofsen 
Umfang hat auch dieser Handel im 16. Jahrhundert nie an- 
genommen ; die in ihm beschäftigten Schiffe haben die Zähl jener 
in der amerikanischen Fahrt verwendeten nicht einmal erreicht. 



— 7 — 

Zu einer richtigen Schätzung dieser Ziffern gelangt, wer sich ver- 
gegenwärtigt, dafs allein dip beiden Provinzen Holland und See- 
land schon 1562 etwa 600, im Jahre 1601 etwa 1500 Schiffe 
im Heringsfang beschäftigten, dafs 1597 aus eben diesen Pro- 
vinzen 400 Getreideschiffe ins Mittelmeer gingen, dafs 1589 in 
einer Woche 600 Getreideschiffe aus der Ostsee in Amsterdam 
einliefen, 1601 in drei Tagen 800 bis 900 Schiffe dorthin unter 
Segel gingen, die Niederländer in den ersten Jahrzehnten des 
17. Jahrhunderts die Zahl ihrer alljährlich durch den Sund laufen- 
den Schiffe auf 3000 bis 4000 berechneten. Es kann gar keinem 
Zweifel unterliegen, dafs im ersten Jahrhundert nach Columbus 
und Vasco da Gama der Weltverkehr keine umstürzenden Neue- 
rungen erfahren hat und sein Schwerpunkt keineswegs von den 
europäischen auf die oceanischen Gewässer verlegt worden ist. 
Und nun mufs man' sich, um die Verhältnisse richtig zu ver- 
stehen, vergegenwärtigen, dafs in eben diesem Jahrhundert aus- 
schliefslich Spanier und Portugiesen den neuen Verkehr gehand- 
habt, dafs andere Nationen gar nicht einmal einen ernstlichen 
Versuch gemacht haben, sich an ihm zu beteiligen. In Spanien 
wie in Portugal waren die Kolonien allen Fremden strengstens, 
wiederholt bei Todesstrafe verboten; allen Verkehr dorthin kon- 
zentrierte man in Sevilla und Lissabon und überwachte ihn mit 
peinlichster Sorgfalt. Franzosen und Engländer haben im 16. Jahr- 
hundert wiederholt versucht, an Nordamerikas Ostküste Fufs zu 
fassen ; der Gedanke, in das spanische und portugiesische Kolonial- 
gebiet einzudringen, ist ihnen lange nicht gekommen. Zu dem 
Handel dorthin traten die seefahrenden Anwohner der nörd- 
lichen und nordwestlichen Gewässer Europas nur in Lissabon 
und Sevilla in Beziehung, hier besonders, indem sie Industrie- 
artikel für die Ausfuhr nach Amerika brachten, dort, indem sie 
die indischen Waren für ihre Heimatgebiete erwarben. Daneben 
betrieben sie eine steigende Ausfuhr der Rohprodukte des Nord- 
ostens, des Getreides und der verschiedenartigsten Schiffsbau- 
materialien der baltischen Lande, sowie der Fischereiergebnisse 
der Nordseegewässer, nach spanischen und portugiesischen Häfen, 
ein Geschäft, das bis tief in Philipps II. Tage hinein im Auf- 
blühen begriffen war, solange eben Spaniens Bevölkerung und 
Reichtum zunahmen. Dafs die Gewinnung von Seesalz im Laufe 



— 8 — 

des i6. Jahrhunderts sich von der westfranzösischen Küste, von 
der sogenannten cBai», südlich der ^ Loiremündung , mehr und 
mehr in den Südwesten der pyrenäischen Halbinsel verzog, ver- 
mehrte noch die Beziehungen der germanischen Seefahrer des 
Nordens zu den Kolonialmächten Iberiens. Erst als diese Er- 
werbszweige gefährdet und gehindert wurden, begannen sie selbst 
die Gegenden aufzusuchen, in welche die Spanier das europäische 
Gut hinüber- und aus denen die Portugiesen die orientalischen 
Waren herbeiführten. 

Der Kampf der Niederländer gegen Spanien hat ja das 
Eigentümliche, dafs er den Handelsverkehr der beiden Völker 
durch Jahrzehnte fast unberührt gelassen hat. Die Niederländer 
erschienen nach wie vor in den spanischen Häfen und blieben 
unbehelligt, weü das Land die zumeist von ihnen herbeigebrachten 
Waren des Nordostens so wenig entbehren konnte, dafs selbst 
Philipp IL lange nicht gewagt hat, diesen Handel zu hindern. 
In den Niederlanden erhoben sich wohl Stimmen, die es tadelten, 
dafs man dem Todfeinde selbst die Mittel zuführe, den Krieg 
fortzusetzen, aber die Erwerbsinteressen überwogen, weil die Kraft, 
die den Niederländern aus diesem gewinnbringenden Verkehr zu- 
wuchs, mehr bedeutete, als die Stärkung, die der Gegner erfuhr. 
Erst als der Kampf erbitterter wurde und den Spaniern klar 
ward, dafs der Verlust der nördlichen Niederlande drohe, ver- 
suchten sie die Rebellen durch Entziehung ihres Handelsgewinns 
zu treffen. 1580 war Portugal nach König Heinrichs Tode 
unterworfen worden ; vier Jahre später verbot Philipp IL den 
Niederländern Lissabon, ein Verbot, das zunächst nicht allzu 
strenge durchgeführt wurde, bis man 1594 Ernst machte und auf 
einen Schlag im Hafen von Lissabon 50 niederländische Schiffe 
wegnahm. Kurz zuvor hatte man ihnen die Salzhäfen von San 
Lucar und Santa Maria geschlossen, und sie waren, um des 
unentbehrlichen und äufserst gewinnbringenden Handelsartikels 
habhaft zu werden, nach den Inseln des grünen Vorgebirges und 
weiter nach Guinea gefahren. 1593 kam das erste niederländische 
Schiff an die Goldküste. 1595, ein Jahr nach der definitiven 
Schliefsung Lissabons, fuhren die Niederländer zum erstenmal 
nach Ostindien und landeten auf Java. Da das Unternehmen 
sich lohnte, nahm der Verkehr rasch zu, so dafs 1598 schon 



— 9 — 

28 Schiffe, die von drei Gesellschaften ausgerüstet waren, die 
ostindische Fahrt machten. Weil aber die Konkurrenz den Ge- 
winn in Frage stellte, schlössen sich die drei Gesellschaften 1602 
zur oslindischen Kompagnie zusammen, die zwanzig Jahre später 
77 Schiffe beschäftigte. 1590 war man auch, infolge der Er- 
schwerung des Absatzes in Spanien, zum erstenmal mit einer 
Getreideflotte ins Mittelmeer gefahren, und als Philipp III. 1603, 
beeinflufst vom Herzog von Lerma, in blindem Hasse gegen die 
Niederländer nicht nur jeden direkten Verkehr mit ihnen vierbot, 
sondern auch alle Einfuhr" wie Ausfuhr, die nicht nachweisen 
konnte, dafs sie weder durch Ware, noch durch Schiff in irgend 
welcher Verbindung mit den Niederländern gestanden hatte, mit 
einem Zuschlagszoll von 30 Prozent belegte, waren sie geradezu 
herausgefordert, den gewaltsamen Schmuggelverkehr mit dem 
spanischen Amerika zu beginnen, der die Anfange der west< 
indischen Kolonisation so wild und schaurig romanhaft gestaltet 
hat. Es erwuchs in den Niederlanden eine Partei, die den Krieg 
mit Spanien zur Lebensfrage der Staaten erklärte, die ihn mög- 
lichst unausgesetzt führen wollte, um auf den Weltmeeren der 
spanischen und portugiesischen Beute nachgehen und den c Handel 
von fem» in die eigenen Hände bringen zu können. Im Jahre 
162 1, als nach zwölfjährigem Stillstande der Krieg mit Spanien 
wieder ausbrach, entstand auch die westindische Kompagnie, 
die seit 1606 von seiten der Kriegspartei in den Niederlanden 
gefordert worden war, um Spaniens Aufsenhandel an seiner 
empfindlichsten Stelle treffen zu können. 

Den Niederländern waren die Engländer vorangegangen. Ihre 
erste Fahrt in die Kolonialgewässer, Franz Drakes berühmte 
Weltumseglung 1577 — 1580, war ein offenbarer Raub- und 
Plünderungszug, unternommen mitten im Frieden. Die überaus 
reiche Beute und die zunehmende Spannung mit Spanien reizten 
zur baldigen Wiederholung. Aber zu einer eigentlichen Handels- 
fahrt sind die Engländer erst gekommen in Nachahmung der 
Niederländer, wenngleich sie dann noch vor diesen, am letzten 
Tage des Jahres 1600, zu einer ostindischen Kompagnie ge- 
langten. Auch hier fand der erwerbslustige Teil der Nation bald 
heraus, dafs Krieg mit Spanien, besonders seitdem Portugal diesem 
angeschlossen war, ein Vorteil sei. Als unter Jakob I. mit 



lO 



Spanien geliebäugelt wurde, der König für die spanische Mo- 
narchie eine Schwäche zeigte, ging ein allgemeines Murren durch 
das Land, und zwar nicht aUein aus konfessionellen und parla- 
mentarisch-freiheitlichen Beweggründen; das Scheitern des spa- 
nischen Heiratsprojekts und die Aussicht auf einen neuen spanischen 
Krieg (1623) erfüllten weite Kreise der Nation mit Jubel, weil 
sich jetzt wieder die Möglichkeit bot zu gewinnbringenden über- 
seeischen Unternehmungen, die nicht beengt waren durch einen 
offiziellen Friedensstand. Die Gewerbe des Kapers und des Kauf- 
manns, des Schiffers und des Seeräubers haben lange hart bei 
einander gelegen bei den Völkern, welche die modernen Herren 
der Meere geworden sind. 

Wenn man nun aber fragt, wie es mit der Hanse stand zu 
der Zeit^ als der durch die grofsen Entdeckungen ermöglichte 
Verkehr anfing, nicht mehr Alleingut der Spanier und Portugiesen 
zu bleiben, so lautet die Antwort , dafs ihre Macht gebrochen 
war, ehe das geschah. Antwerpen war von den Spaniern erobert 
und dann die Scheide von den Niederländern geschlossen worden ; 
den Stahlhof hatte Königin Elisabeth vernichtet; der russische 
Verkehr war von den Schweden so schwer heimgesucht, dafs er 
sich nur noch notdürftig erhielt; die schwedischen Privilegien 
waren seit Gustav Wasa verloren, durch die dänischen und nor- 
wegischen machte um die Scheide des Jahrhunderts Christian IV. 
einen Strich ; die schonenschen Niederlassungen waren fast voll- 
ständig verödet ; an dem neuen Fischereibetriebe in der Nordsee 
hatten die Deutschen wenig Anteil genommen; im Salz-, im 
Getreide- und Holz-, im Wachs-, Leinen- und Hanfhandel, in 
der ganzen mächtigen Handelsbewegung, die sich auf der ost- 
westlichen Linie von den baltischen Ländern nach den atlan- 
tischen Küsten vollzog, der alten Grundlage hansischer Handels- 
gröfse, waren sie von den Niederländern völlig überholt worden ; 
im eigenen Reiche machten ihnen die Engländer eine empfind- 
liche Konkurrenz. Sie waren nur noch ein Schatten ihres früheren 
Seins und ihre Besieger, in erster Linie die Niederländer und 
nach ihnen die Engländer und die skandinavischen Völker, hatten 
diesen Erfolg enungen, ehe sie anfingen, sich in den spanisch- 
portugiesischen Kolonialhandel einzudrängen. Man darf sagen, 
dafs der Fall der Hanse schlechterdings in keinem Zusammen- 



— II — 

hange steht mit den grofsen Entdeckungen , dafs er eingetreten 
wäre, auch ohne dafs ein Europäer des i6. Jahrhunderts Indien 
oder Amerika betreten hätte. Dafs die Besieger der Hanse nun 
auch noch den transoceanischen Verkehr an sich rissen, hat ihr 
Übergewicht noch drückender gemacht, aber dieses ihr Über- 
gewicht war entschieden, ehe sie ihrer Macht diesen neuen Faktor 
einfügten. Auf dem gleichen Felde, auf dem die Hanse grofs 
geworden ist, ist sie auch wieder klein geworden, und nicht durch 
den Zuwachs neuer Arbeitsgebiete wurde sie in den Hintergrund 
gedrängt, sondern aus dem eigenen, überlieferten wurde sie hinaus- 
geworfen. Der Welthandel hat im Laufe des i6. Jahrhunderts 
eine ausschlaggebende Umgestaltung nicht erfahren ; ehe das ge. 
schah, war der Name der Hanse aus der Liste der auf dem 
Meere geltenden Mächte gelöscht. 

Es kann hier nicht im Einzelnen dargelegt werden, wie dieser 
Rückgang sich vollzieht, aber leicht ist es, die Hauptursache zu 
kennzeichnen. Mit dem Ausgange des Mittelalters und in der 
beginnenden neuen Zeit vollzieht sich die Ausgestaltung fester 
nationaler Staatswesen mit gesicherten Dynastien. Es entwickelt 
sich in ihnen eine nationale Wirtschaftspolitik, die gestützt wird 
von einem Mafse politischer Macht, über das die Hanse nicht 
verfügte, weil sie das Reich nicht hinter sich hatte. In Deutsch- 
land hat diese Zeit wohl die Fürstenmacht, nicht aber den na- 
tionalen Staat erstarken sehen. In dem letzten grofsen Kampfe, 
den Lübeck unter WuUenwevers mehr kühner als kundiger Füh- 
rung um seine nordische Stellung stritt, war es klar geworden, 
dafs die Zeit vorüber sei, in der deutsche Bürger europäischen 
Fürsten Verträge aufzwingen konnten. Sie sahen sich aufs Bitten 
und Vorstellen angewiesen, auf all die kleinen Mittelchen, die 
dem klugen Kaufmann auch gegenüber weniger willigen Gewalt- 
habern gelegentlich zu einem Erfolge verhelfen; wo sie einst 
forderten, mufsten sie jetzt flehen. So wuchs ihnen die Haltung 
an, von der Gustav Adolf in seiner treffenden Weise bemerkt: 
„Die Hansestädte wollen lieber bemitleidet als beneidet sein". 
In Rufsland und England, in Schweden und Dänemark, in Frank- 
reich und Burgund ward ein Zweig nach dem andern abgehauen 
von dem stolzen Baume , ohne dafs der Deutsche mehr thun 
konnte als sich in Klagen ergehen, auf sein verbrieftes Recht 



12 



verweisen und, wenn alle Hoffnung geschwunden war, sich bei 
Kaiser und Reich beschweren. 

Hülfe und Unterstützung bei den deutschen NachbarfÜrsten 
zu suchen, verbot sich durch den Gegensatz städtischer und 
ländlicher Betriebsamkeit, der längst und unter Überwiegender 
Schuld der Städte erwachsen war. Deutschland war wirtschaft- 
lich um keinen Deut mehr als politisch geeinigt. Das geringe 
Mafs von Zusammenhalt, das von jeher unter den Städten ge- 
wesen war, ward durch den Andrang des Auslandes nur noch 
mehr gelockert. Bald hatte jedes Glied der Hanse nur noch 
sich selbst im Auge, und den Fremden war Thür und Thor 
geöffnet. 

Von jeher waren die Friesen der nördlichen Niederlande 
die Konkurrenten der Hanse gewesen, vereinzelt mit ihnen ver- 
bunden , gemeinsam einen Störenfried zu strafen , zumeist aber 
wetteifernd in rivalisierender Eifersucht. Seitdem sie eingefügt 
waren in die Weltraonarchie Karls V., genossen sie eines starken 
Schutzes. Es wird in Beurteilung der Beziehungen der Nieder- 
lande zu Spanien über den Trennungskampf, der die Blicke auf 
sich lenkt, doch zu häufig übersehen, was die Provinzen ihren 
mächtigen Herrschern verdanken. Bis in die Aufstandszeiten 
hinein findet man das Regiment der Niederlande entscheidend 
beeinflufst von der Rücksichtnahme auf die wirtschaftlichen und 
ganz vornehmlich auf die merkantilen Interessen der Provinzen. 
Zumal in allen baltischen Fragen ist die Politik Karls V. und 
Philipps II. fast ausschliefslich bestimmt worden durch diese 
Interessen. Unter diesem Schutz, unter dem Ansehen einer 
starken Regierung, ist die niederländische Schiffahrt besonders 
in den mittleren Jahrzehnten des i6. Jahrhunderts mächtig empor- 
geblüht und hat überall, zumal aber in der Ostsee, vor der 
hansischen den Vorsprung gewonnen. Von Hunderten vermehrte 
sich die Zahl ihrer durch den Sund gehenden Schiffe zu Tau- 
senden. Ihre Lage vor den Thoren des Weltmarktes Antwerpen 
begünstigte sie ; auch den neuen Fischereigründen lagen sie näher. 
Als Antwerpen fiel, war Amsterdam genügend entwickelt, an seine 
Stelle zu treten. Ihre Stellung unter einem gemeinsamen Herr- 
scher mit Spanien gab ihnen lange Zeit einen Vorsprung in den 



— 13 — 

Häfen, in denen der Fernverjcehr sich in den europäischen 
umsetzte. 

Der Hanse des 1 6. Jahrhunderts ist aufserprdentlich häufig 
der Vorwurf gemacht worden , dafs es ihr an Unternehmungs- 
geist gefehlt habe, djfs der Geist der Vorfahren in den Städten 
erloschen gewesen sei. Wer so spricht, vergifst nur zu leicht, 
wie sehr deutschen Unternehmungen der Zeit die Chancen des 
Erfolges mangelten. Es ist dargelegt wojrden, wie zu einer Be- 
thätigung auf den neuen Handelswegen selbst Niederländer und 
Engländer gleichsam nur durch die Not gedrängt worden sind, 
wie sie hier erst auftraten, als sie die Hansen schon geschlagen 
hatten. Auf den neuen Stapeln für indischen und amerikanischen 
Verkehr, in Lissabon und Sevilla, haben aber die Hansen nicht 
gefehlt. Den Weg nach Lissabon und darüber hinaus haben ihre 
Schiffer schon vor der Entdeckung Amerikas gekannt, und sie 
haben ihn nach dieser nicht vergessen. Als die spanische Re- 
gierung die Zügel gegen den niederländischen Handel glaubte 
straflfer anziehen zu sollen, vereinzelt auch schon früher, hat die 
spanische Regierung Aufforderungen an die deutschen Städte und 
besonders an die an der Ostsee gelegenen ergehen lassen, die 
Zufuhren aus dem Nordosten zu leisten, die bisher die Nieder- 
länder gebracht hatten, und die man nicht entbehren konnte. 
Diese Einladungen sind nicht überhört worden, aber sie haben 
nicht geschützt vor den Erfahrungen, die der hansische Schiffer 
und Kaufmann so oft gemacht hatte, dafs man ihn und sein 
Schiff zum Kriegs- oder Regierungsdienst prefste, seine Ware 
nahm, ohne zu zahlen, ihn seines evangelischen Glaubens wegen 
vor die Inquisition forderte, der Freiheit und gar des Lebens 
beraubte. Er hatte daheim keine starke Gewalt, die imstande 
gewesen wäre, wirkungsvolle Repressalien zu ergreifen. Und 
welche Gefahren drohten ihm auf der Reise? In den fast un- 
unterbrochenen spanisch-französischen, spanisch- englischen , spa- 
nisch-niederländischen Kriegen schwärmte das Meer von Piraten 
und Kapern, die jedes Schiff, dessen Wegnahme nicht eine starke 
Rache fürchten liefs oder das nicht in starketn, bis an die Zähne 
bewaffnetem Geschwader dahersegelte , als willkommene Beute 
betrachteten. Das Räubemest Dünkirchen, zunächst bestimmt. 



— 14 — 

den Niederländern zu schaden , ist auch den Deutschen zur 
schweren Plage geworden. 

Ehe noch Niederländer und Engländer den Weg in die 
Tropen wagten und noch als sie die ersten Fahrten dorthin 
zurückgelegt hatten, haben sie versucht, im, Norden uro Amerika 
oder um Europa und Asien herum einen Weg nach Indien zu 
finden, der sie der gefährlichen Reise an Spanien und Portugal 
vorbei überhoben hätte. Wir ünden keine Spur, dafs ein solcher 
Gedanke in den Städten aufgetaucht wäre. Da man mit Spanien 
in keiner Weise in offener Feindschaft lebte, so drängte sich der 
Gedanke nicht so auf, auch mochte die Vertrautheit mit den 
isländischen Gewässern, die in den Städten zu Hause war, die 
Hoffnungslosigkeit dieser Bemühungen klarer zum Bewufstsein 
bringen. Näher hätte es gelegen, den Engländern auf dem Wege 
um das Nordkap in das weifse Meer, den sie 1553 zuerst be- 
fuhren, zu folgen, wie es Niederländer und Franzosen thaten. 
Es hätte das eine Art Ersatz geben können für den so oft durch 
Schweden gestörten Handel mit den Russen am finnischen Meer- 
busen. Aber die dänischen Könige waren erbost über diese neue 
Fahrt und suchten sie auf jede Weise zu hindern; hätten die 
Hansestädte sie versuchen wollen, sie wären alsbald des letzten 
Restes ihrer Handelsrechte in Dänemark und Norwegen verlustig 
gegangen. Das unter Dänemarks Königen stehende Flensburg 
nahm teil an dieser Fahrt, die deutschen Städte durften es nicht 
wagen. Im 15. Jahrhundert würde Dänemarks Widerstand nicht 
unüberwindlich erschienen sein \ nach der Grafenfehde mufste man 
sich vor ihm beugen. 

So stofsen wir überall auf den gleichen Grund der Dinge: 
die politische und militärische Schwäche läfst das wirtschaftliche 
Leben verkümmern. Weil Deutschland kein Staat wurde, waren 
seine Städte zum Siechtum verdammt. Vom 16. bis zum 
I9. Jahrhundert ist in ihnen, ganz vereinzelte, durch ihre Lage 
begünstigte Plätze ausgenommen, ein Fortschritt in Wohlstand und 
Bevölkerung, in Gewerbe und Handel kaum zu bemerken. Erst 
seitdem wir die wirtschaftliche und im Anschlufs an sie auch 
die politische Einheit gewonnen haben, blüht neues Leben aus 
den Ruinen. Die alte Thatkraft aber hat in den Zeiten der 
ängstlichen Ruhe wohl Not gelitten, sie ist aber nicht verloren 



— IS — 

gegangen. Der Aufschwung, den Deutschlands Stellung auf dem 
Meere in den letzten 30 Jahren genommen hat, ist überraschend. 
Das erste Handelsvolk der Erde beginnt unsere Konkurrenz zu 
fürchten. Wenn ruhige Beobachtung auch sagen möchte, dafs 
dafür doch noch kein ernstlicher Grund vorhanden, so kann es 
uns doch mit Stolz erfüllen, dafs wir in Hamburg den unbestritten 
ersten Hafen des Kontinentes besitzen, und dafs diese gute Stadt, 
in der wir uns heuer versammeln, allein eine Flotte besitzt, 
welche die des gesamten Königreichs der Niederlande, dessen 
Bewohner einst die Hanse niederrangen, um mehr als 40000 
Tonnen überragt. Wir dürfen uns in diesem Aufschwünge des 
Gutes inne werden, das wir an unserer Einheit besitzen, und uns 
der heiligen Pflicht erinnern, diese Einheit zu bewahren und 
hoch zu halten auch über dem heftigsten und lautesten Streite 
der politischen, konfessionellen, socialen und wirtschaftlichen 
Farteimeinungen. Nur so können wir hoffen, dann aber auch 
sicher, Deutschland wieder eine Stellung in Handel und Wandel 
zu erringen, die des Volkes der Mitte Europas würdig ist. 



u. 

ETWAS VON DER MITTELALTERLICHEN 
GEWERBEORDNUNG, INSBESONDERE DER WEN- 

DISCHEN STÄDTE. 

VON 

FRIEDRICH TECHEN. 



Hansische Geschichtsblätter. XXV. 



1. Einleitendes. 

Nachdem schon lange die älteren Rollen der Handwerks- 
ämter in Lübeck % Hamburg^ und Lüneburgs vollständig in 
zuverlässigen Ausgaben vorliegen, wird ein Versuch für einzelne 
Gebiete die vorliegenden Bestimmungen übersichtlich zu sammeln 
und die leitenden Grundsätze zu ermitteln keiner Rechtfertigung 
bedürfen, selbst wenn sich kein Punkt finden sollte, der nicht in 
den trefflichen Einleitungen zu jenen Ausgaben berührt oder in 
umfassenderen Werken oder Abhandlungen seine Besprechung 
gefunden hätte. Denn nirgend gilt es mehr für geschlossene 
Kreise das Einzelne genau durchzuarbeiten als für das deutsche 
Mittelalter, das seine Einrichtungen aus einheitlichen Grund- 
anschauungen heraus auf das mannigfaltigste entwickelt hat. 
Dafs aber das mittelalterliche Gewerberecht eingehendste Kennt- 
nisnahme lohnt, ist unbestritten. 

Ich beabsichtige für diesmal die Bestimmungen über den 
eigentlichen Gewerbebetrieb zu behandeln, darzulegen, welche 
Leistungen man von den Ämtern verlangte, wie weit man ihnen 
ein ausschliefsliches Recht auf ihre Arbeit zugestand, welchen 
Einschränkungen man sie unterwarf, und welche Mafsregeln man 



* Die älteren Lübeckischen Zunftrollen, herausg. von C. Wehrmann, 
Lübeck 1864, Titelauflage 1872. Citiert als Wehnnann. 

* Die ältesten Hamburgischen Zunftrollen und Brüderschaftsstatuten, 
gcs. von Dr. Otto Rüdiger, Hamburg 1874. Citiert als Rüdiger. — Ältere 
Hamburgische und hansestädtische Handwerksgesellendokumente, ges. von 
Dr. Otto Rüdiger, Hamburg 1875. Abdruck aus der Zeitschr. f. Hamb. 
Geschichte Bd. 6. Citiert als Gesellendokumente. 

3 Die älteren Zunfturkunden der Stadt Lüneburg, bearbeitet von Eduard 
Bodemann, Hannover 1883. Citiert als Bodemann. 

2* 



20 — 

für geeignet hielt, um die Ämter als Ganze wie ihre einzelnen 
Glieder lebensfähig und leistungsfähig zu erhalten. Ein paar kurze 
Worte über die Erwerbsverhältnisse in den wendischen Städten 
unter vorzüglicher Berücksichtigung Wismars und einen flüchtigen 
Umrifs über die Verfassung der Ämter und die Personen, für 
die die Ordnungen gegeben sind, glaube ich vorausschicken, 
wenn nicht zu müssen, so doch zu dürfen. 

Benutzt habe ich aufser den vier anfangs genannten Aus- 
gaben auch alle älteren Wismarschen Rollen bis zum Jahre 1570 hin \ 
dazu das wenige was von Rostocker Rollen in guten Texten 
zugänglich ist, ferner die ältesten Osnabrückischen Gildeurkunden, 
herausgegeben von Phüippi^ und endlich Blümcke, die Hand- 
werkszünfte im mittelalterlichen Stettin 3, um anderer wenig aus- 
giebiger Quellen zu schweigen, die nur beiläufig herangezogen 
werden konnten. Dafs ich die Bestimmungen der Wismarschen 
Rollen meistens voranstelle, erklärt sich daraus, dafs ich ur- 
sprünglich meine Ausführungen für einen Kreis Wismarscher 
Hörer berechnet hatte. 

Die Städte, von denen die Rede sein wird, waren, obwohl 
sie, abgesehen von dem aufsergewöhnlich gewachsenen Hamburg 
und auch von Stettin, fiir das Land viel mehr bedeuteten als zu 
unseren Zeiten, während des Mittelalters nicht sehr volkreich. 
Wismar hat vor etwa vierhundert Jahren, im Beginne seines 
Niederganges, gegen 8000 Einwohner gehabt, Rostock mag da- 
mals 12000, Lübeck höchstens 20000 gezählt haben. Die 
Nahrungsquellen waren zwar nicht für alle dieselben — hier flofs 
die eine, dort die andere ergiebiger — , im allgemeinen aber betrieb 
man während der Blütezeit der Hanse einen schwunghaften Han- 
del, indem man den Norden Europas mit Korn, Salz, Bier und 



' Die Mehrzahl ist im Ratswillkürbuche erhalten. Citieren werde ich 
nur die zuverlässig herausgegebenen, vor allem also die der Goldschmiede in 
Cmlls Amt der Goldschmiede zu W. (W. 1887). Nicht ganz wenige sind 
in Dr. Burmeisters Altertümern des Wismarschen Stadtrechts (Hamb. 1838) 
gedruckt und früher viel benutzt. Leider ist aber diese Ausgabe noch un- 
genauer als die andern Veröffentlichungen des für seine Sache begeisterten, 
aber zu flüchtig arbeitenden Mannes. 

* Osnabrück 1890. 

3 Stettin 1884 (Abdruck aus den Baltischen Studien 1884, Heft 2). 



21 

Wollenzeug versorgte und dafür Metalle, Fische, Pelzwerk, Hanf, 
Holz und Wachs eintauschte, für sich selbst und das innere 
Deutschland. Demgemäfs gehörten die Kaufleute, Schiffer und 
Brauer zu den angesehensten Bürgern, dazu die Wandschneider, 
d. h. diejenigen, die die feinen flandrischen und englischen Tuche 
einführten und ausschnitten. Die Brauerei ward nicht, wenigstens 
der Regel nach, als ausschliefsliches Gewerbe geübt, sondern 
neben der Kaufmannschaft und dem Ackerbau. Denn noch 
hatten die Städter sich keineswegs auf die Ausübung von Handel 
und Handwerk zurückgezogen ^ Zur Veranschaulichung kann 
dienen, dafs in Wismar über iioo Morgen des städtischen Ackers 
in etwa 375 Ackerlose eingeteilt waren, von denen 350 alle 
sieben Jahre unter die Vollbürger, die Eigentümer der etwa 600 
Häuser verlost wurden. Wer nur eine Bude, deren es etwa die 
doppelte Zahl gab, sein eigen nannte, hatte kein Recht darauf. 
Die Ratmannen erhielten aufser für ihr Haus noch je ein Los 
fiir ihr Amt. — In Lüneburg bedingte die Sülze besondere Ver- 
hältnisse. 

Neben den Kaufleuten und Ackerbauern hatten sich, mufs 
man annehmen, Handwerker in gröfserer Zahl in den neugegrün- 
deten Städten niedergelassen, die sich nach der Weise des Mit- 
telalters bald zu Verbänden zusammenschlössen, wie auch viel- 
fach, und nicht nur nach dem Zeugnisse der Strafsennamen, die 
dasselbe Gewerbe Betreibenden nahe an einander ihre Wohnung 
nahmen. Die Notwendigkeit einer Ordnung machte sich früh 
geltend, denn von der neuen Weisheit, dafs sich dergleichen von 
selbst am besten regle, wufste man noch nichts, hatte allerdings 
auch noch nicht die Herrsch wut der Bureaucratie erfahren. Man 
lebte vielmehr des Glaubens, dafs kein Regimente ohne Gesetze, 
Statuten und Ordnung bestehn könne und ohne solche vielmehr 
einem toten Leichnam ohne Seele zu vergleichen sei, weswegen 
in allen wohlgeordneten Regimenten ein jedes Handwerk nach 
seiner Gelegenheit seine besondere Ordnung haben müsse, damit 
es desto besser bei Nahrung, gutem Frieden und Wohlstand, 
gemeiner Stadt zum Besten erhalten bleibe^. So spricht man 



* Vgl. Adler, Fleischteuerungspolitik S. 5 f. 

* Eingang der Wismarschen Schneiderrolle vom Jahre 1568. Ähnlich 
in andern gleichzeitigen oder späteren Rollen. 



22 



freilich erst nach langer Entwickelung , aber es ist nicht zu be- 
zweifeln, dafs man seit lange, wenn nicht klare Erkenntnis, so 
doch das lebhafteste Gefühl der Erspriefslichkeit solcher Ordnung 
gehabt habe. Anfangs blieb es den Handwerkern im all- 
gemeinen überlassen, diese für sich auszubilden, und die Obrig- 
keit grifif nur ein, wo eine Schädigung oder eine Förderung des 
Ganzen in Frage kam. Doch, so lockend es ist, dem Keimen 
und Wachsen dieser Gebilde nachzuspüren, so ist das nicht dieses 
Orts und gilt es sich auf die Zeiten zu beschränken, wo das Er- 
gebnis längerer stiller Entfaltung klar vor uns liegt, das ist seit 
etwa 1350. Da verlieh oder bestätigte oder erweiterte, je nach- 
dem sich ein Anlafs fand, in der Regel nach den Vorschlägen 
des Amts oder Gewerkes, der Rat die Rollen, neben denen aller- 
dings ungeschriebenes Gewohnheitsrecht einen breiten Raum 
einnahm. Glücklicherweise sind die Rollen nicht nach einem 
Schema abgefafst und die Anlässe, die zur Aufzeichnung bald 
dieser, bald jener Bestimmung führten, verschiedenster Art gewesen. 
An der Spitze des Amts standen durchgängig zwei Meister 
oder Werkmeister oder Älterleute. Der Name wechselt und auch 
die Bedeutung ist nicht überall die gleiche : gröfsere Ämter hatten 
neben ihren Werkmeistern Älterleute oder auch Beisitzer ^ Es 
spielt dabei der Umstand mit, dafs die Ämter teils zugleich 
Brüderschaften bildeten, teils mit Brüderschaften eng verbunden 
waren zu dem Zwecke namentlich, für würdiges Begräbnis und 
Seelmessen für die Abgeschiedenen zu sorgen. Diese Brüder- 
schaften oder Gilden boten zugleich die Möglichkeit, die Gesellen 
— Knechte hiefs man sie ehemals — mit den Meistern in einen 
Verband oder festen Zusammenhang zu bringen. Nur selten 
hatten sie am Amte selbst teil, öfter bildeten sie ihre besonderen 
Brüderschaften. Regelmässig fanden im Jahre mehrere Ver- 
sammlungen statt, teils zur Erledigung von Geschäften die Mor- 
gensprachen ^ teils zur Pflege der Geselligkeit die Högen. Die 
Formen der Handhabung und Leitung waren denen des Gerichts 
abgesehen, wie auch die Lüneburger Schmiederolle vom Jahre 
1554 es klipp und klar ausspricht: »de morgensprake ... na olt- 
waniger wyse geheget, so is se gelik und is ok werklik ein geheget 



' Mekl. Jahrb. 55, S. 55 Anm. u. 58, S. 32 f. 



— 23 — 

undergerichte« ^ £s hatten aber auch die Versammlungen mehr 
oder weniger ausgedehnte gerichtliche Befugnisse. 

Wer sein Handwerk selbständig treiben wollte, hatte seine 
Fähigkeit nachzuweisen, in älterer Zeit aufserdem noCh ein ge- 
wisses Vermögen, das sein Fortkommen verbürgte, und endlich 
wurden gewisse sozusagen sittliche Anforderungen gestellt« die 
zum Teile schon bei der Annahme der Lehrlinge geltend ge- 
macht wurden. Vor allem verlangte man eheliche Geburt, und 
ebenso durfte der Hausfrau kein Makel ankleben. Durch das 
strenge Festhalten daran hat sich der Handwerkerstand ein 
grofses Verdienst um Deutschland erworben zu Zeiten, wo alle 
Bande sittlicher Ordnung rissen oder dem Reifsen bedenklich 
nahe waren. Den Dank haben die Regierenden damit abgestattet, 
dafs sie im Namen der Humanität die Handwerker zwangen, mit 
ihren Grundsätzen zu brechen ^ und ihre Ehre herabsetzten. 
Dehnbar war die weitere Bedingung guter Führung. Um den 
Amtsmeistem Gelegenheit zu geben, den künftigen Mitbruder 
kennen zu lernen, mufste er nicht nur am Orte, wo er um Auf- 
nahme nachsuchte, sondern auch bei Einem und demselben Meister 
eine längere Zeit dienen, der Regel nach i bis 3 Jahre ^, und 
wie einzelne Rollen vorschreiben, sich dessen Fürwort oder gutes 
Zeugnis erwerben oder sich zum mindesten gut mit ihm gestellt 
habend. Man konnte sich in dieser Zeit auch gründlich der 



' Bodemann S. 204. 

' I Jahr im 14. und 15. Jahrhundert, 2 und 3 Jahre in der zweiten 
Hälfte des 15. Jahrhunderts und häufiger im 16. Jahrhundert. Mit '/i Jahr 
begnügten sich die Schmiede der wendischen Städte 1494, und 1502 die 
Garbräter zu Wismar. 4 Jahre verlangten 1597 die Kannengiefser zu Lttne- 
burg, wo sonst ein Verlangen bestii^mter Dienstzeit aufs Amt, bei Einem 
Meister, selten vorkommt. Natürlich begnügen sich auch einzelne spätere 
Rollen mit der Forderung einjährigen Dienstes. 

3 CruU, Amt der Goldschmiede, Anh. S. III, 1543 (1403); Rüdiger 
S. 309, Wandmacher 1595 ; Wehrmann S. 383 und 437 , Reifer 1390, 
Schmiede 1512. Kistenmacher 1508: >dat he eme dancket«, Wehrmann S. 255; 
ebenso Vereinbarung der wendischen Schmiede 1494 « Wehrmann S. 446; 
Kisten- und Lenchtenmacher 15 15, Rüdiger S. 137. Nadleri529: »dat ehme 
sin meister weet kene schuld tho geven«, Rüdiger S. 177, ebenso die Snitker 
(Tischler) 1524, Bodemann S. 241. Rade- und Stellmacher 1599: dafs »niemand 
was auf ihn zu sagen« habe, Rüdiger S. 199. Die Lüneburger Weifsbäcker 



— 24 — 

Fähigkeiten des Gesellen vergewissem, bevor er noch sein Meister- 
stück machte. Jetzt mufs uns die Durchfuhrung eines solchen 
Verlangens schier wunderbar erscheinen, zumal wenn wir be- 
denken, dafs GeseUen und Lehrjungen mit zum Hause gehörten. 
Mögen wir uns nun auch zu hüten haben , deshalb die früheren 
Verhältnisse in zu rosigem Lichte zu sehen tmd mag auch ein 
für ein durchgängig gutes Verhältnis der Gesellen zu ihren Mei- 
stern sprechendes Zeugnis aus Lüneburg^ nicht zu überschätzen 
sein, so ist doch immerhin unumgängliche Voraussetzung ein ge- 
genseitiges mit einander auskommen können, das unsem 2^iten 
unglücklicherweise fast gänzlich verloren gegangen ist. Es waren 
aber zudem, wenn der Geselle vorher anderswo gearbeitet hatte, 
Zeugnisse über sein dortiges Verhalten beizubringen. Im ältesten 
mir bekannten Dienstbriefe vom Jahre 1355 ', vom Wismarschen 
Rate auf das Zeugnis der Werkmeister hin für einen Schuster- 
gesellen ausgestellt, heifst es, er habe sich in ihrem Amte löblich 
und ehrbar geführt und gehalten, man habe von ihm nichts er- 
fahren, als was sich von einem rechtschaffenen Knechte sagen 
lasse, und hätte er bei ihnen bleiben wollen, so würden sie ihn 
gern in ihr Amt aufgenommen haben. Ähnlich lauten die an- 
dern, nur dafs meistens noch ein Dank für die Führung aus- 
gesprochen wird. Endlich sollte der Handwerker frei und deutscher 
Herkunft sein. Meist wird als Gegensatz zu deutsch wendisch 
gesetzt, doch war es nicht der einzige. Ein Norweger, der in 
Lübeck gelernt und dort die Witwe eines Schmiedes geheiratet 
hatte, erhielt 1477 ^^ -^.mt nur durch Vermittlung der Bürger- 
meister, und es ward dabei von neuem der Grundsatz aufgestellt, 
man solle keinen von den Undeutschen noch von allen andern 



mufsten schwören: »ich habe meinen Wirt auch nicht mutwillig erzürnet in 
diesen 3 Jahren« (um 1600), Bodemann S. 12. Wenn ein Meister auf den 
Aufzunehmenden >tho seggende hedde, so schall he ersten willen maken«: 
Leuchtenmacher 1541, Rüdiger S. 165. Nach einer Übereinkunft zwischen 
den Bäckern der wendischen Städte sollte derjenige, der auf einen Knecht 
etwas hatte, es zu rechter Zeit austragen und nicht erst, wenn er seine Briefe 
zur Amtseischung holte, 1443, Hans. Geschichtsbl. 18, S. 208. 

' Bodemann S. 123, etwa 1496. 

* Mekl. Urkb. 8034. Vgl. die Willkür der wendischen Städte vom 
Jahre 1354, Mekl. Urkb. 7904, Hanserec. I, S. ii8f. 



— 25 — 

Nationen in die Lehre nehmen, sie seien denn wert Amt und 
Gilde mit zu besitzen ^ Im Jahre 1540 schlössen die Buntfutterer 
und Kürschner der wendischen Städte schwedische, dänische und 
undeutsche Jungen oder kulitzen von Lehre und Amt aus*. Die 
Danziger und Greifswalder Schneider wollten aufserdem keinen 
Lehrjungen annehmen, der lahm oder hinkend war 3. 

2. Fürsorge für die Bürger. Was sollen die Hand- 
werker leisten? 

Das vornehmste Ziel städtischer Handels- und Gewerbe- 
politik war, dafs die Bürger die notwendigsten Bedürfnisse mög- 
lichst sicher und möglichst aus erster Hand gleichmäfsig müfsten 
erwerben können. Daher durfte kein Lüneburger Schiffer mit 
Sachen, die dorthin verfrachtet waren, an der Stadt vorbei- 
fahren ♦, daher ward von dem nach Hamburg bestimmten Hopfen, 
der Lüneburg berührte, dort ein Drittel zurückgehalten s , daher 
sollte in Hamburg für Rade- und Stellmacher geeignetes Holz 
nicht durch die Stadt gelassen werden, ohne dafs es zu Kauf 
geboten wäre^, in Stettin kein einmal eingekommenes Boden- 
und Bandholz wieder verschifft werden 7. Die Fischer mufsten 
ihren Fang in ihrer Stadt zu Markt bringen*^, und insbesondere 
durften die Stader Fischer den Lüneburgischen keinen Stör ver- 
kaufen, noch auch Butt kaufen, um ihn an jene abzustehn 9 , wie 
hinwiederum die Lüneburger Fischhändler keine Fische nach 
Hamburg oder anderswohin verkaufen sollten ^°. Aus Lübeck 
durften weder Haken (Höker) noch überhaupt Bürger oder 



I WehrmanD S. 438 ff. 

* Bodemann S. 180. 

3 Hirsch, Handels- und Gewerbegeschichte Danzigs S. 327 (1454). Die 
ältesten Zunftrollen der Stadt Greifswald, herausgeg. von Oskar Krause 
(Jahrcsber. d. Gymn. zu Greifswald 1898), S. 17 u. 35 (1418? 1456). 

4 15761 Bodemann S. 200. 

5 1569, Bodemann S. 60. 

* 1599» Rüdiger S. 200. 

7 1608, Blümcke S. 138. 

8 Flau 1307, Mekl. Urkb. 3164. Röbel 1361 , 1375, Mekl. Urkb. 
8869, 10675, Hamburg 1375, Rüdiger S. 62; auch für Fischer der Um- 
gegend 1459, 1467, Rüdiger S. 68, 71. 

9 1489, Rüdiger S. 74. 

10 1570, 1573, 1580, Bodemann S. 66f. 



— 26 — 

Fremde aufgekauften Dorsch ausführen'. Lachse sollten in 
Lüneburg vor lo Uhr an Fremde überall nicht, später nur mit 
Erlaubnis der Kämmerer verkauft werden*. Kein Fremder sollte 
in Berlin Felle 3, in Wismar Häute * kaufen, zu Osnabrück aufser 
den Jahrmärkten grüne Häute überhaupt nicht und rauhe Häute 
nicht weniger als einen halben Decher^. Wolle mufste in Ham- 
burg zwei Tage lang zu Markte feil gehalten sein, ehe sie 
Fremden käuflich ward^. Zur Ausführung von Korn und Malz 
bedurfte es stets besonderer Erlaubnis. 

Aus dem gleichen Grunde wird immer von neuem das Ver- 
bot des Vorkaufs oder Aufkaufs aufgefrischt. Er sollte in Wismar 
nicht statthaben, bevor nicht die Dinge drei Tage lang zu Kauf 
geboten wären 7, kein Kauf sollte vor den Thoren und im Hafen 
und auf den Strafsen, sondern allein auf dem Markte oder an 
der die Stadt durchfliefsenden Grube gemacht werden®, wert- 
vollere Pferde sollten erst eine Nacht in der Herberge gestanden 
habend. Korn '° sollte kein Händler ursprünglich vor Allerheiligen 



" 1507, Wehrmann S. 239. 

* 1580, Bodemann S. 67. 

3 1280, Berliner Stadtbuch, zweite Ausg. S, 74. 

* 1410. 

5 1395, Gildeurkunden S. 14. 

^ Erste Hälfte des 15. Jahrhunderts, Rüdiger S. 307. — In Lübeck 
durfte Schurwolle nicht zur Ausfuhr aufgekauft werden , 1491 , Wehnnann 
S. 498 f. Im Jahre 1454 klagten die Lüneburger Haken, dafs Fremde Flachs» 
Wachs u. s« w. zur Ausfuhr aufkauften, Bodemann S. 105. 

7 Wismarsche Bürgersprache vom Jahre 1346, 1353, 1380, 1385. — 
Wegen des Mehlkaufs vgl. die Bürgersprache von 1579 f. und 16 10. 

8 Wismarsche Bürgersprache von den Jahren 1345 — 48, 135 1 — 53, 

1349» 1395» H17— 21, 1424, 1430» 1480, 1572—78, 1579^., 1610. Ordnung 
der Vorkäufer (vor 1323), Mekl. Urkb. 4398. Vgl. Mekl. Urkb. XVII, 
Wort- und Sachregister unter : ort. Anderswo mufste nur die erste Querstrafse 
überschritten sein. Das nach Lüneburg zu Verkauf gebrachte Korn mufste 
auf den Markt geführt werden 1488, 1564, Bodemann S. 50, 56. Auch das 
zum Verkauf angetriebene Vieh mufste gewisse Stellen überschritten haben, 
ehe die Knochenhauer kaufen durften. Wehrmann S. 262, Rüdiger S. 139. 
Kohlen sollte in Lübeck niemand vor den Thoren kaufen, 1469, Wehrmann 
S. 445. Rauhware, 1445, Wehrmann S. 241, 243. 

9 Wismarsche Bürgersprache von den Jahren 1436 und 1480. Einge- 
führtes Malz mufste in Lüneburg erst eine Stunde zu Markte gestanden haben, 
141 7, Bodemann S. 47. 

Wismarsche Bürgersprache von den Jahren 1352, 1424, 1430, 1480. 



10 



— 27 — 

(November i), dann vor Nicolai (December 6), Brennholz ^ keiner 
vor Jacobi (Juli 25) aufkaufen. Aufserdem konnte jeder Bürger 
und jeder Handwerker, der über den Kauf eines Vorkäufers zu- 
kam, falls er die betreffende Sache für seinen Haushalt oder sein 
Handwerk gebrauchte, die Hälfte an sich . ziehen ^. Frische 
Fische durften Aufkäufer zu Lübeck auf dem Markte erst nach 
dem Anschlagen der Hakenglocke kaufen, und die Garbräter 
waren dabei auf den Ankauf von Delphinen, Stören, Lachs und 
Aal beschränkt 3, während in Lüneburg zu Markte gebrachte 
Hakenware zwischen Dienstag zur Vesperzeit und Mittwoch 
Mittag niemand zwecks weiterer Veräufserung kaufen durfte^. 

Auch gegenüber den Knochenhauem , Garbrätem, Haken 
und Krämern war der Vorteil der Bürger gewahrt. Jeder, der 
einen Knochenhauer beim Kaufe traf, konnte für seinen eignen 
Bedarf ein Rind, Schwein oder Schaf gegen eine feste Ent- 
schädigung für den Knochenhauer für sich in Anspruch nehmen ^, 
während über See eingeführtes Vieh in Wismar erst Tag und 
Nacht im Stalle gewesen sein mufste, bevor es den Knochen- 
hauem käuflich ward ^. Überhaupt stand es nach der Wismarschen 
Bürgersprache ^ bei den Bürgern, wenn am Strande oder auf dem 
Markte ein Gesamtkauf (saamkop) an Efswaren geschah, ihren 
eignen Bedarf für die Küche um den Einkaufspreis davon zu 
decken, aber gegen bare Zahlung. Gesalzenen Stör, Lachs, Aal, 



Auch in Stettin hatten Bürger und Bäcker bis Nicolai das Vorrecht, 1562; 
die Hausbäcker durften jedoch nicht vor Martini (November 11) Hafer kaufen 
und von da an auch nur so viel, wie sie zum Grützemachen für die Bürger 
brauchten. Blümcke S. 133. 

* Wismarsche Bürgersprache von den Jahren 1353 und 1355. Der Auf- 
kauf von Kohlen wird in der Bürgersprache von 1480 allgemein verboten. 

» Ordnung der Vorkäufer zu Wismar (vor 1323), Mekl. Urkb. 4398. 

3 Vor 1399, Wehrmann S. 477. 

4 Um 1350, 1499, Bodemann S. 104, 108. 

5 Wismar (hier auch mehr) 1342, Mekl. Urkb. 6230 ; 1410, 141 7. 
Hamburg 1375» Rüdiger S. 140. Lübeck 1385, Wehrmann S. 261. Stettin 
131 2 und 1551, Blümcke S. 136. In Lüneburg hatten die Bürger das Recht 
zu gewisser Zeit einen Ochsen auszuschlachten und selbviert zu teilen , aber 
nur EU eigenem Bedarf 1586, Bodemann S. 127. Vgl. Adler, Fleisch- 
teueningspolitik S. 83. 

^ 1342 Mekl. Urkb. 6230, Rollen von 1410 und 141 7. 
7 Von den Jahren 1572—78, 1579 f., 1610. 



— 28 — 

der über See eingeführt war, konnten die Lübecker Garbräter 
erst nach drei Tagen erwerben ^ Die dortigen Haken mufsten 
beim Einkaufe den Bürgern auf Verlangen eine Tonne Dorsch 
ohne Gewinn abstehn und durften von keinem von Hamburg 
her nach Lübeck bestimmten Wagen Käse, Hering oder Schollen 
aufkaufen, ebenso wenig wie Lüneburger Fischer nach Lüneburg 
bestimmte Fische^. Den Fischhändlern der letztgenannten Stadt 
war es untersagt, den Lachs im Hause zu verkaufen, vielmehr 
mufsten sie damit auf dem Markte ausstehn^. In Lübeck und 
Wismar bestand aufserdem ein Vorrecht des Rats auf Wild- 
prett und Dorsch oder grofse Fische^. Krämer durften in 
Lübeck kein Gut kaufen, ehe es nicht in die Herberge ge- 
kommen war^. 

Ergänzend waren manchen Gewerken Vorrechte im Einkaufe 
der ihnen notwendigen Rohprodukte zugestanden, die unver- 
arbeitet den Bürgern entweder gar nicht oder verhältnismäfsig 
wenig nutzbar waren. Namentlich war Ftlrsorge getroffen für 
die Böttcher^ und Bechermacher 7, Gerber® und Schuster 9, 
Kürschner ^ ° und Buntfutterer ", für die Reifer " , die Wollen weber ^ 3 , 



' 1376, Wehnnann S, 203. 

* 1507, Wehrmann S. 239, 236; 1492, Bodemann S. 65. 

3 1580, Bodemann S. 67. 

4 1376, 1507, Wehrmann S. 204, 236; Rolle der Wismarschen Gar- 
bräter von 1502. 

5 1353, Wehrmann S. 271. 

^ Lübeck 1440, Wehrmann S. 173; Hamburg 1375, Rüdiger S. 31 ; 
Lüneburg 1455, 1490, 1543, Bodemann S. 37, 39, 43. 

7 Wismar 1489. 

8 Wismar 1410, 141 7 (Rollen der Knochenhauer); Lübeck 1454, Wehr- 
mann S. 316; Hamburg gegenüber Fremden 1375, Rüdiger S. 88. 

9 Berlin 1448 (aufser im Jahrmarkte), Beri. Stadtbuch S. 260 f.; Ham- 
burg 1375 gegenüber Fremden, Rüdiger S. 279. Charakteristisch sind die 
Greifswalder Beliebungen fiir die Schuhmacher, Pelzer, Gerber und Riemen- 
schneider von den Jahren 1521 und 1534, Zunftrollen S. 58 f., 62. 

xo Wismar 1410, 1417 (Rollen der Knochenhauer); Lübeck vor 1409, 
Wehrmann S. 356; Lüneburg um 1450, Bodemann S. 176; Hamburg 15 14, 
Rüdiger S. 186. 

" Hamburg 15 14, Rüdiger S. 186. 

^* Wismar 1487; Lübeck 1390, Wehrmann S. 380; Hamburg 1375, 
Rüdiger S. 201. 

13 Berlin 1331, Berl. Stadtbuch S. 89. In Lüneburg klagten 1568 die 



— 29 — 

für die Patemostermacher in Bernstein % und endlich für die 
Fischweicher ^ und Garbräter^. In Osnabrück durften , um die 
Lohgerber nicht zu schädigen ^ zwischen Ostern und Jacobi 
(Juli 25) keine Lohwagen beschlagnahmt werden^. Eigentümlich 
ist eine Bestimmung in der Rolle der Lübecker Häutekäufer. 
Damach konnte ein Handwerker, der beim Feilschen mehrerer 
Käufer — mindestens vier mufsten es aufser ihm sein « — zu- 
trat und den Preis um einen Pfenning herabhandeln half, die 
Hälfte der Ware für diesen Preis beanspruchen; sonst konnte 
er gegen das Zugeständnis eines Aufgeldes ^ vom Käufer die 
Überlassung der Ware verlangen; war jener aber mit dem An- 
gebote nicht zufrieden, so hatte er das Recht, darauf zu setzen, 
und der Würfel entschied: wer die meisten Augen warf, behielt 
die Ware und mufste den Satz zahlen^. Ein Beispiel wird 
die Sache klarer machen. Nehmen wir an, der übliche Preis für 
I Decher Kuhfelle habe damals 4 M. 8 ß betragen 7. Einem 
Häutekäufer sei es nun gelungen, V« Decher auf 2 M. 2 ß zu 
behandeln. Es kommt ein Gerber hinzu, der die Felle brauchen 
kann, und er bietet dem Häutekäufer 2 M. 4 ß. Der ist damit 
nicht zufrieden. Dann setzt der Gerber sie zu 2 M. 6 ß. Fällt 
jetzt der Würfel für ihn, so nimmt er die Felle und zahlt an den 
Häutekäufer 2 M. 6 ß, so dafs dieser 4 ß gewonnen hat; fällt 
dagegen der Würfel anders, so behält der Häutekäufer seine 
Häute und zahlt an den Gerber 4 ß, so dafs ihm die Häute 
nun 4 ß teurer stehn als im ersten Einkauf. Auf die Einbehaltung 
des Aufgeldes, der bäte, stand Wette ^. Dies Setzen war auch 



Wollcnweber darüber, dafs die Wolle vor den Thoren aufgekauft und weg- 
gesendet würde, während sie früher vorerst ihren Bedarf hätten decken können, 
Sodemann S. 254. 

' Lübeck 1510, Wehrmann S. 347. 

« Hamburg 1578, Rüdiger S. 81. 

3 Wismar 1502; Lübeck 1376, Wehrmann S. 203. 

♦ Gildeurkunden S. 14, nach 1395. — Vgl. für Stettin Blümcke S. 137. 

5 Vgl. oben S. 27. 

^ 1445, Wehrmann S. 242, vgl. S. 243. 

7 1469 ward als Preis für 7 Decher Kuhhäute 31 M. 8 /? in Rechnung 
gestellt. Zeitschr. f. Lüb. Gesch. 2 S. 50. Dafs es Rauhware, also Gut für 
Häutekäufer, gewesen sei, will ich nicht verbürgen. 

8 Wehrmann S. 243. 



— 30 — 

bei dem Amte der Rotlöscher in Lübeck Rechtens % wahrschein- 
lich auch sonst noch^. 

In zweiter Linie stand die Sorge dem Bürger gute Ware 
und tüchtige Arbeit zu sichern. So sollten vor allem die 
Knochenhauer gesundes und gutes Fleisch feilhalten ^ und kein 
verseuchtes Vieh einkaufen ^. In Lübeck ward die Probe auf 
die Gesundheit jedermann offensichtlich damit abgelegt, dafs das 
Tier fähig sein mufste, die Brücke nach der Schlachtstelle in 
der Wakenitz zu überschreiten 5. Das Vieh durfte nicht so ab- 
gemagert sein, dafs es kein hartes Talg mehr hatte, sonst war 
das Fleisch nur noch gesalzen zu verkaufen^. Auch sollten keine 
Schweine mit Blut gemästet sein ^. Nüchterne Kälber zu schlachten 
war wenigstens in I^üneburg schon vor dreihundert Jahren ver- 
boten, in Betrachtung, dafs sonsien vielfältige Ungesundheit des 
Leibes leichtlich daraus verursachet werden kann; als Mindestalter 



' Vor 147 1, Wehrmann S. 388. Die Erklärung der Anmerkung trifft 
nicht zu. Merkwürdig ist die Bestimmung, dafs der Rotlöscher, der zu seinem 
Betriebe einkauft, ein Aufgeld geben, aber aufser im Falle des Aufsetzens 
nicht nehmen darf. An Amtsbrüder wird dabei nicht zu denken sein; denn 
denen mufste man meines Erachtens Anteilnahme zum Einkaufspreise gestatten. 
Es wird das Verbot der Rolle der Lohgerber zu vergleichen sein (Wehrmann 
S« 315)) wonach keine gestofsene Lohe aus dem Amte hinaus verkauft werden 
durfte. Auch die mir nicht verständliche Stelle über den Alaunkauf (Wehr- 
mann S. 391) kommt in Betracht. 

' Noch jetzt kann der einzelne Schiffsrheder, um von seinem Anteil 
frei zu kommen, das Schiff setzen. Die Rhederversammlung hat dann die 
Wahl, ihm für sein Gebot das Schiff zu überlassen oder ihm seinen Anteil 
gemäfs seinem Gebot abzukaufen. 

3 Wismar, Rollen der Knochenhauer von 1410 und 141 7. 

4 Kogesch Vieh: Lübeck 1385 und Hamburg 1375, Wehrmann S. 262, 
Rüdiger S. 139. 

5 Nach der undatierten Behauptung der Küter, Wehrmann S. 269. Es 
wird richtig sein. Nach der Rolle der Knochenhauer von 1385 war ein Rind, 
das sich im Stalle verletzt hatte, ausschlachtbar, falls es fressen mochte und 
die besagte Brücke überschreiten konnte, Wehrmann S. 266. 

^ 1385, Wehrmann S. 265. 

7 1385, Wehrmann S. 266. Die Bäcker, die Schweine zur Mästung 
kauften, sollten gute Mast geben, Wehrmann S. 264. In Lüneburg war das 
Mästen Privileg des Bäckeramts und den Hausbäckern verboten 149I} Bode- 
mann S. 4. 



— 31 — 

wurden vier Wochen verlangt ^ In Berlin war kein einäugiges, 
kein einhufiges, noch mit Beulen behaftetes oder lahmes und 
verseuchtes Vieh zwecks Verkaufs zu schlachten erlaubt =. Finniges 
Fleisch betreffend, weichen die Bestimmungen von einander ab. 
Meist war der Verkauf gestattet, aber an gesonderter Stelle und 
auf weifsen Laken, damit jeder wüfste, was er kaufte 3. In 
Wismar ist die in das Ratswillkürbuch eingetragene Rolle vom 
Jahre 141 7 bald hernach dahin abgeändert worden, dafs der 
Verkauf schlechthin untersagt ward-*. In Lübeck mufste der Ver- 
käufer des Viehes, wenn er sich mit dem Käufer nicht einigen 
konnte, es zurücknehmen und mochte sehen, wie er es sich im Hause 
am besten nutzbar machte 5. In Osnabrück hatten die jährlich 
vereidigten vynnenkykere darauf zu halten, dafs kein schlechtes 
(wandelbares) und minderwertiges Fleisch auf den Fleischbänken 
verkauft würde ^. Dafs man, wenn man für Ochsenfleisch be- 
zahlte, auch Ochsenfleisch haben wollte, versteht sich von selbst. 
Um dem Betrug aber vorzubeugen, ward im Jahr 1640 in Wismar 
verordnet, es sollten aufser der Erntezeit von den Schlächtern 
ohne Konsens des Gewetts Kühe nicht geschlachtet werden 7. 



" 1586, Bodemann S. 128, Das Mindestalter von vier Wochen setzt 
auch die Stettiner Rolle vom Jahre 1551 für Kälber, Lämmer und Ziegen an, 
Bltimcke S. 132. 

* Stadtbuch S. 30, aus dem 14. Jahrhundert. 

3 Wismar 1410, 141 7. Lübeck 1385, Wehrmann S. 264. Hamburg 
1375, Rüdiger S. 139. Lüneburg 1413, Bodemann S. 121. Ebenso durften 
die Lüneburger Haken utgeschaien Berger wrackvisch unde vrater nur an be- 
sonderer SteUe an einem Markttage aushökem, 1492, Bodemann S. 106. 
Merkwürdig ist die Bestimmung der jungstädtischen Rolle in Danzig, dafs an 
den drei grofsen Festen niemand finniges oder wandelbares Fleisch feilhaben 
und einem Ratmanne oder Schoppen nicht dergleichen Fleisch verkaufen 
dürfe, Hirsch, Handelsgeschichte S. 311. 

4 Ratswillkürbuch Fol. 57 V, Auch die Garbräter durften nach ihrer 
Rolle vom Jahre 1 502 kein finniges Fleisch verarbeiten ; die Lübecker nach 
ihrer Rolle vom Jahre 1376 Icein wandelbares Fleisch , Wehrmann S. 204. 

5 1385, Wehrmann S. 263. 

^ Gildeurkunden S. 49, bald nach 1472. 

7 Allerhand Ordnungen und Rollen I, Fol. 195. Klagen über ord- 
nungswidriges Verfahren beim Schlachten von Ochsen wurden 1581 in Lüne- 
burg erhoben, Bodemann S. 124. Vgl. Hirsch, Handelsgeschichte Danzigs 
S. 311. In Stettin sollten nach der 1551 revidierten Rolle vom Jahre 131 2 



— 32 — 

Im Jahre 1739 ward verboten, die geschlachteten Lämmer mit 
Schweinsflomen, die Kälber mit Ochsentalg auszustopfen; gegen 
das Aufblasen ging man im Jahre 1742 vor. Die Erfindung der 
Kühlkammer war noch nicht gemacht, und ebenso wenig kannte 
man wohl Eiskeller. Desto eifriger wachte man darüber, dafs 
das nicht ganz frisch verkäufliche Fleisch bei Zeiten eingesalzen 
würde. Die Hamburger Rolle vom Jahre 1375 verlangt allgemein, 
übernächtiges Fleisch solle zu rechter Zeit in Salz gelegt werden % 
die Lübecker erlaubt vom i. Mai bis zum 24. August am Sonn- 
abend geschlachtetes Fleisch noch am Montage bis zu Beendigung 
der Knochenhauermesse, also bis Mittag, zu verkaufen *, wogegen 
in Wismar fast in einer Art, wie sich die Bakairi über die Zeit- 
dauer einiger Tage ausdrücken, so ausführlich und genau in den 
Jahren 1318, 1372, 1410 und 141 7 die Verkäuflichkeit für den 
Sommer auf den nächsten Tag, für den Winter auf die ersten 
drei Tage abgegrenzt wird, so dafs Sonnabends geschlachtetes 
Fleisch im Sommer Sonntags und im Winter Montags zuletzt 
als frisch feilgehalten werden konnte 3. Die Lüneburger Gar- 
bräter durften grünes Fleisch nur zwei Tage lang, die Wismar- 
schen nur zu drei Mahlzeiten zu Kauf bieten *♦. 

Den Fischern war verboten, tote und lebende Fische zu 
mengen s, und als grün sollten nur wirklich frische Fische ver- 
kauft werden^. Sehr ausführliche Vorschriften wegen des ge- 
salzenen Fischzeugs sind zu Lübeck im Jahre 1507 erlassen'. 



die Schwänze an den Rümpfen bleiben, damit nicht Kuh- für Ochsenfleisch, 
noch Bock-, Schaf- und Widderfleisch för Hammelfleisch verkauft werde. 
Blümcke S. 131. 

' Rüdiger S. 139. 

* Wehrraann S. 265. 

3 Mekl. Urkb. 4478 (1318 \\ 10337. Freitags ward, hiernach zu schliefsen, 
Fleisch weder verkauft noch geschlachtet. In Osnabrück durfte was Sonntags 
übrig blieb nicht mehr Dienstags, was Dienstags übrig blieb nicht mehr 
Donnerstags, und was Donnerstags übrig blieb nicht mehr Sonntags ausgelegt 
werden , Gildeurkunden S. 49 (um 1472). — VgL zu dem ganzen Abschnitte 
Adler, Fleischteuerungspolitik S. 23 — 34. 

♦ 1401, Bodemann S. 69. Wismar: 1435. 

5 Flau 1307, Mekl. Urkb. 3164; Lübeck 1537, 1562, Wehrmann S. 484. 
^ Lübeck vor 1399, Wehrmann S. 477. Lachse sollten in Hamburg 
möglichst frisch auf den Markt gebracht werden 1375, Rüdiger S. 62. 
7 Wehrmann S. 237 if. 



— 33 — 

Es war je nach der Güte gezeichnet und an verschiedenen Stellen, 
der Herkunft nach feil zu halten. Aus Helgoländer und hohlem 
Heringe und aus Aalborger Sommerfang durften keine Bücklinge 
bereitet werden, wenie de lüde werden hedragen myt deme quaden 
gude. Auch sollte man keinen Dorsch, der in Salz gelegen hatte, 
räuchern lassen, wente he meynliken stynket unde so werden de 
lüde darmede bedragen. Aus demselben Grunde sollte man keinen 
eingesalzenen Aal wässern, um ihn zu räuchern. 

Von den Bäckern ward vollwichtiges Brot verlangt. Eine 
unzweideutige Vorschrift über die Güte, dat yt zy schone unde 
ghare habe ich nur in Osnabrück^ gefunden, doch ist sicher, 
dafs man nirgend schlecht ausgebackenes Brot duldete^. In 
Stettin lag nach der Ordnung vom Jahre 1562 den Älterleuten 
ob, aufzupassen, dafs keine Gerste unter den Roggen oder Weizen 
gebacken werde 3. 

Vielfach sind die Bestimmungen über die Arbeit anderer 
Gewerke, und mehrfach wird die Weise, wie gearbeitet oder wie 
Dicht gearbeitet werden soll, des genaueren vorgeschrieben. 
Meistens ist der Grund deutlich zu erkennen : es sollte dem Truge 
und der Täuschung vorgebeugt und reelle Arbeit gewährleistet 
werden. Am ausführlichsten sind darum die Vorschriften da, 
wo es den Kunden am schwersten sein mufste, die Ware zu be- 
urteilen, bei den Wollen webern und Lakenmachern, zumal hier 
Sicherung des Absatzes auswärts durch gleichbleibende Güte und 
gewohnte Eigenschaften zu erzielen war-*, und bei den Reifem, 



* 1430, Gildeurkunden S. 27. 

* Nach der undatierten Morgensprache der Wismarschen Bäcker 
(16. Jahrhundert) konnten die Werkmeister, wenn jemand sein Brot verdarb, 
den Verkaufspreis für 3 Schönroggen auf 2 /^ und für 3 Wecken auf i /\ 
ansetzen. 

3 Blümcke S. 133. 

4 Wollenweber: Wismar 1387; Lübeck 1477, Wehrmann S. 495 f.; 
Hamburg Zwischen 1400 und 1450, Rüdiger S. 306; Rostock 1362, Hans. 
Geschichtsblätter 15, S. 153; Schwerin 1375, Mekl. Urkb. 10815; Osnabrück 
1471, nach 1471, 1481, 1488, Gildeurkunden S. 42 — 45, 59 f., 68; Berlin 
1295, Stadtbuch S. 68. — Lakenmacher oder Wandmacher: Wismar 1560; 
Lübeck 1553, Wehrmann S. 30of.; Hamburg 1595, Rüdiget S. 310; Lüne- 
burg 1597, Bodemann S. 255. — Sayenmacher zu Hamburg 1613, Rüdiger 
S. 211 ff. — Lakenbereiter: Lübeck 1546, Wehrmann S. 305 f.; Hamburg 

Hansische Geschichtsblätter. XXV. 3 



— 34 — 

von deren Gewissenhaftigkeit nur zu oft Wohl und Wehe der 
Seefahrer abhing ^ Es folgen die Metallarbeiter, denen ins« 
besondere Gehalt und Mischung vorgeschrieben wird, Gold- 
schmiede^, Grapengiefser 3, Kannen- oder Zinngiefser*. Ver- 
boten war Glas oder falsche Steine in Gold zu fassen s, Gold 
mit Zinn zu löten ^, Ringe aus Messing oder Kupfer rundum zu 



1547, Rüdiger S. 289—93. — Färber: Lübeck 1553, 1586, Wehrmann 
S. 308 ff., 486 fF.; Hamburg um 1535, Rüdiger S. 299 ff. — Die Wandschnei- 
der sollten keine flämischen Hosen aus englischem Tuche machen lassen : 
Lübeck, nach 1410, Wehrmann S. 493; ihr Tuch nicht unter falschem 
Namen verkaufen: Lüneburg 1402, 1521, Bodemann S. 80, 86. — Aus an- 
derer Rücksicht ist das Verbot in der undatierten Rolle der Wismarschen 
Wandscherer entsprungen, dafs sie niemand zum Einkaufe von Tuch be- 
gleiten soUen. In Lüneburg war das den Schneidern erlaubt, wenn sie dazu 
aufgefordert wurden (Ordnung von 1552, Bodemann S. 224), während ein 
älteres Statut vom Jahre 1483 der Notwendigkeit einer Aufforderung nicht 
gedenkt (Bodemann S. 213). Das Vergleichen von Tuch war nach einer 
Willkür von 141 4 nicht gestattet (Bodemann S. 83). 

' Wismar 1387; Lübeck 1390, Wehrmann S. 381 f.; Hamburg 1375, 
Rüdiger S. 201 f.; Stettin 1536, Blümcke S. 130. 

* CruU, Amt der Goldschmiede S. 16 — 18. Es ist übersehen, dafs die 
Lüneburger Rolle in der Bestimmung, dafs der Abgang an der lötigen Mark 
ein Lot nicht übersteigen dürfe, mindestens 15 lötiges Silber verlangt, Bode- 
mann S. 95 (um 1400). 15 lötiges Königssilber war auch in Osnabrück vor- 
geschrieben 1483, Gildeurkunden S. 63. Die Leipziger Rolle von 1493 ^^'* 
langt bei Hammerarbeit i4*/2, bei Gufswerk 14 lötiges Silber, Berlit, Leipziger 
Innungsordnungen des 15. Jahrhunderts, Programm des Nikolai-Gymnasiums 
1886. Mindestens 14 lötiges Silber schrieb die Stettiner Rolle vom Jahre 1549 
vor, Blümcke S. 129. 

3 Hansische Übereinkunft 1354, (1361), 1368, 1376, 1444, Wehrmann 
S. 225f., Rüdiger S. I25f., Mekl. Urkb. 8916; Wismar 1387; Lübeck 1439, 
Wehrmann S. 228; Rostock 1482, Mekl. Jahrb. 53, S. 164. 

♦ Hansische Übereinkunft (1361), 1461 Mekl. Urkb. 8916, Zunftrollen 
von Greifswald S. 24; Wismar 1387; Lübeck 1508, Wehrmann S. 247; Ham- 
burg 1375, Rüdiger S. 124; Lüneburg 1597, Bodemann S. 120; Rostock 1482, 
1678, Mekl. Jahrb. 53, S. 164, 174; Stettin 1534, Blümcke S. 129. 

5 Wismar 1380, 1543 (1403), Crull, Goldschmiede, Anhang S. I, II; 
Lübeck 1492, Wehrmann S. 215; Lüneburg um 1400, 1587, Bodemann 
S. 95, 99. 

^ Wismar 1543 (1403)1 CruU, Goldschmiede, Anhang S. II; Lübeck 
1492, Wehrmann S. 215. Die älteste Wismarsche Rolle verbietet auch das 
Löten von Gold mit Silber, Crull, Anhang S, I, die Lüneburger um das 



— 35 — 

vergolden % vergoldetes Silber zu färben^ und Gold- oder Silber- 
sachen mit Schlaglot auszugiefsen 3. Beutler, Taschenmacher, 
Riemenschläger sollten Kalb- und Schaffelle nicht auf sämisch 
gerben: semisch schall semisch bliven und schepen sali schepen 
Oliven f heifst es 148 1 in der Rolle der Stettiner Rieraenschneider^; 
doch mufste der Lüneburger Rat 1482 seinen Riemenschlägern 
nachgeben, für auswärtige Märkte, um konkurrieren zu können, 
Schaffelle zu verarbeiten s • lohgares Leder sollten sie nicht be- 
nutzen^. Die Platenschläger sollten die Platen der Panzer 
nicht auf Schaf leder befestigen ^ ; die Kürschner nicht Schaffelle 
und Lammfelle zusammenarbeiten, sondern jegliche Art für sich ®, 
in Stettin nicht Katzenfelle kaufen oder mit Hundefellen ver- 
brämen 9, Die Lohgerber in Osnabrück durften keine Felle von 
Rüden und Sauen gerben ^°. Die Schuster aber sollten nur voll- 
gares Leder verwenden". Recht ins einzelne gehn die Vor- 
schriften für die Sattler'^, die Maler und Glaser '3. Die Glaser 



Jahr 1400 will kein Ding mit Zinn gelötet wissen, die spätere untersagt Silber 
mit Zinn zu löten; beide aber haben dieselben Beispiele: Löwen und Adler. 
Für Notsachen sind Ausnahmen zulässig , Bodemann S. 95, 100. 

* Lüneburger Rolle um 1400, Bodemann S. 96; Leipzig 1493, Berlit 
(s. S. 34, Anm. 2); Osnabrück 1483 : versilbertes Kupfer soll so gezeichnet werden, 
dafs das Kupfer durchscheint, Kleinwerk soll man nicht aus Kupfer arbeiten 
und insbesondere keine Ringe aus Kupfer oder Messing vergolden, Gilde- 
urkunden h». 63. Vgl. Hirsch, Handelsgeschichte Danzigs S. 314. 

* Beide Lüneburger Rollen, Bodemann S. 95, 99 f. 

3 Wismar 1380, CruU, Goldschmiede , Anhang S. IL 

* Lübeck 1459, i486, Wehrmann S. 188, 189 f.; Hamburg 1375, 
Rüdiger S. 91, 92; Lüneburg 1432, 1466, Bodemann S. i4of«; BlümckeS.129. 

5 Bodemann S. 141 f. 

* Bodemann S. 136, 140: um 1350, 1430, 1432. Auch nicht die 
Hamburger 1375, Rüdiger S. 91. 

7 Lübeck um 1370, Wehrmann S. 365. Hamburg 1375, Rüdiger S. 92; 
hier ward Hirsch- und Rindsleder verlangt. 

* Lübeck vor 1409, Wehrmann S. 358. So ist auch der unbestimmte 
Ausdruck der Wismarschen Rolle von 1383 zu verstehn. 

9 Blümcke S. 129. 
^o Gildeurkunden S. 17, um 1400. 

" Lübeck 1441 , Wehrmann S. 413 f.; Wismar 1413; Lüneburg 1389, 
Bodemann S. 232; Hamburg 1443, Rüdiger S. 281. 

" Lübeck 1502, Wehrmann S. 402 f.; Hamburg 1375, Rüdiger S. 91. 
»3 Lübeck vor 1425, Wehrmann S. 327; Wismar gegen Ende des 

3* 



- 36 — 

sollten ihre Farben gut einbrennen und mit gutem Blei fassen, nicht 
mit gewalztem, wie die Wismarsche Rolle besonders vorschreibt, 
sondern mit geschnittenem und geschabtem. Die Maler sollten 
solch Gold verwenden, wie sie es ihren Kunden verhiefsen, und 
geistlich Werk — mit weltlichem nahm man es nicht so genau — 
nur auf Eichenholz malen ; einzig die Hamburger Rolle läfst da- 
neben Birnbaum- und Nufsbaumholz zu. Aufserdem ward fester 
Grund und gutes Firnissen verlangt. Undatierte Zusätze zur 
Hamburger Rolle, wohl vom Jahre 1458, geben noch genauer 
an, wie der Grund zu machen sei, wenn das Werk dem Wetter 
ausgesetzt werden sollte, und schreiben für Werke, die nach Lancf 
kirchen bestimmt sind, vor, den Kunden zu raten, dafs sie das 
Gold firnissen lassen, damit es Bestand habe. Damit die Bürger 
nicht übereilt oder an genauer Prüfung gehindert würden, war 
den Nadlern verboten, ihre "\yare zu mischen, sollten die Perga- 
mentmacher nicht billige und minderwertige Felle unter die guten 
stecken, die Rotlöscher jedes Fell einzeln zeigen und die Reifer 
nicht Seile und Bindfaden in ganzen Bündeln von dreifsig unter 
die Leute bringen ^ . 

Solche Vorschriften sind auch uns verständlich und ebenso 
können wir begreifen, dafs den Böttchern, die, nebenbei gesagt, 
das Spint rein abhauen, kein schiefgespaltenes oder wurmstichiges 
Holz benutzen, auch das Stabholz nicht mehr als nötig wässern 
sollten^, nicht nur Gehalt 3, sondern auch Gewicht *♦ der Tonnen 
vorgeschrieben war, dafs die Pantoflfelmacher keine Innensohlen 
von Schafleder und die Schuster nur Kinderschuhe davon machen 
durften 5, dafs den Rotlöschem gewisse Farben verboten waren ^, 



15. Jahrhunderts (die ersten 12 Artikel stimmen fast wörtlich mit der Lü- 
becker Rolle tiberein); Hamburg 1375 und um 1458, Rüdiger S. 90 f., 95. 
' Lübeckische Rollen von 1356, 1330, vor 1471, 1390, Wehrmann 

S. 339. 363, 390. 381. 

^ Lübeck 1440, Wehrmann S. 175; Lüneburg 1590, Bodemann S. 46. 
Königsberger Böttcherholz schreibt 1437 die Hamb. Rolle vor, Rüdiger S. 34. 
Vgl. die Greifswalder Rolle S. 47 f. (vom Jahre 1499). 

3 Wismar 141 1, Bürgersprache von den Jahren 1572 — 78, 1579 f., 1610. 

4 Lüneburg 1 543 , Bodemann S» 44. Übrigens mufsten iii Hamburg 
Böttcher wie Kimer auf gewisse Zeit Gewähr für ihre Arbeiten leisten 137$, 
1506^ Rüdiger S. 31, 35. 

5 Lübeck 1432, Wehrmann S. 210; Hamburg 137$, Rüdiger S. 276. 
^ Lübeck vor 1471, Wehrmann S. 391. 



— 37 — 

die Armbrustmacher, damit die Bogen desto besser trockneten, nur 
zweimal im Jahre zusammenschlagen sollten % dafs die für die 
Friesen angefertigten Borten nicht gestückt werden durften^, endlich, 
dafs, wie für Tuche und Wollenzeug, auch für Leinwand 3 und 
Haardecken* gewisse Mafse ein für allemal festgestellt waren. 
Dagegen wird es uns schwer, für andere Vorschriften ein Ver- 
ständnis zu gewinnen, wie, wenn die Hamburger Bäckerrölle vom 
Jahre 1375 anordnet, dafs grobes Roggenbrot (spisebrot) zwei- 
mal übergeschnitten werde s, wenn die Osnabrücker Kuchenbäcker 
genötigt werden, alle nach einem vorgeschriebenen Rezepte zu 
backen^, oder wenn den Buntftitterern genau angegeben war, 
wie viele Rücken sie zu jeglichem Futter zu verwenden hätten 7, 
den Lübecker Tischlern aber alle Verhältnisse für Kisten, Fufs. 
kisten und Schränke vorgeschrieben waren®. . Dafs dagegen 
Spintholz und offene Fugen verpönt waren, verstehn wir nur 
zu gut und möchten nur wünschen, dafs diese Vorschrift noch 
Geltung hätte. Mit der Kleiderordnung in Zusammenhang stehn 
dürften die Anordnungen über die Länge der ledernen Gürtel 9, 
über das Gewicht der silbernen ^°, über die Breite der Pelz- 
verbrämung an Frauenkleidern", über die Stickereien an Männer- 
schuhen ^=^. Bestellte Arbeit durfte übrigens nach Wunsch der 
Kunden auch anders angefertigt werden, als die Rolle es sonst 
vorschrieb, was ausdrücklich den Kuntormakeren (Tischlern) ^3, 
den Reifem^*, den Riemenschlägern ' s^ den Wollenwebem und 



' Hamburg 1458, Rüdiger S. 4; Lübeck 1425, Wehrmann S. 161. In 
Hamburg mafsten sie Gewähr übernehmen, Rüdiger S. 5. 
» Hamburg 1375, Rüdiger S. 91. 

3 Lübeck, im 14. Jahrhundert, Wehrmann S. 321, 323; Hamburg 1375, 
Rüdiger S. 160. 

4 Lübeck 1443, Wehrmann S. 229 f. 

5 Rüdiger S. 24. Vgl. Greifswalder Rollen S. 40 (1494). 
^ Gildeurkunden S. 31, 1457. 

7 Lübeck 1386, Wehrmann S. 191 ; Hamburg 1537, Rüdiger S. 185. 
8.1508, Wehrmann S. 252 f. 
9 Lübeck 141 4, Wehrmann S. 371. 
'o Hamburg 1375, Rüdiger S. 97. 
" Hamburg 1375, Rüdiger S. 180. 
" Hamburg 1375, Rüdiger S. 276. 
"3 Lübeck 1470, Wehrmann S. 300. 
^4 Hamburg 1375, Rüdiger S. 201. 
^5 Lüneburg um 1350, 1430, Bodemann S. 136, 140. 



- 38 - 

Leinwebern' und den Pelzern' freigestellt war, aber auch wohl 
bei andern in gewissen Grenzen galt. 

Sehr viel häufiger als solche genaueren Vorschriften, ja fast 
ausnahmelos in jeder Rolle findet sich das Verlangen guter, 
tüchtiger Arbeit ausgesprochen. Und dafs das keine Phrase 
bliebe und trotzdem jeder so gut oder so liederlich arbeitete, 
als es ihn gut deuchte und der Kunde es sich gefallen liefs, 
dafür zu sorgen, war die Aufgabe der Werkmeister, die von Zeit 
zu Zeit die Werkstätten zu besuchen und, wo erforderlich, die 
Arbeit in verschiedenen Stadien zu prüfen hatten, wie ihnen auch 
die Entscheidung zustand, wenn Kunden Klage führten 3. Nicht 
genügende Arbeit ward zerschlagen, zerschnitten oder auch der 
Verfertiger gestraft. Diese Prüfung blieb das ganze Mittelalter 
hindurch Gesetz. Wie weit sie durchgeführt sein mag, das ent- 
zieht sich unserer Kenntnis. Dafs Weiterungen und Zank dabei 
nicht ausblieben, wie sie nicht ausbleiben konnten, dafür liefern 
die Warnungen verschiedener Rollen vollgültigen Beweis. Nicht 
nur versuchte man die Arbeit zu verstecken ^, sondern man liefs 
sich auch zu spitzigen und bösen Worten und zum Fluchen hin- 
reif sen^. Zur Erholung von der Mühe oder zum Hinunterspülen 
des Ärgers stand es den Werkmeistern frei, hernach in den Krug 
zu gehn^. Bei den Bäckern und Knochenhauem in Stettin 7, 
den Bäckern in Berlin®, den Wandbereitem in Hamburg 9 und 
nach den Beschlüssen der wendischen Städte bei den Grapen- 
giefsem'® waren auch Ratmannen oder sachverständige Bürger 



^ Osnabrück 141 1, Gildeurkunden S. 20 f. 

* Lübeck vor 1409, Wehrmann S. 359, 

3 Goldschmiede 1492, Wehrmann S. 218; Gerber und Schuster 1375, 
Rüdiger S. 88; Kisten- und Leuchtenmacher 1515t Rüdiger S. 136; Schnei- 
der 1552, Bodemann S. 227. 

^ Wehrmann S. 371, 472: 1414, um 1400; Rüdiger S. 112, zwischen 
1400 und 1450. 

5 Z. B. Kistenmacher 1508, Wehrmann S. 256 (vgl. Rüdiger S. 136); 
Kerzengiefser 1508, Wehrmann S. 250; PantofTelmacher 1436, Wehrmann S. 2 lo. 

^ Altflicker 151 1, Wehrmann S. 345. 

7 Blümcke S, 131. 

8 Stadtbuch S. 30, 72 (1272). 

9 Rüdiger S. 290 f. (1547). 

" Wehrmann S. 225 f., Rüdiger S. 125 (1354, 1376). 



— 39 — 

mit der Kontrolle betraut. Wurden die Färber beargwöhnt, bei 
der blauen Grundfarbung schwarzer Laken betrogen zu haben, 
so sollten ihre Gesellen darüber eidlich vernommen werden ^ 
Zu gröfserer Sicherung war bei einigen Gewerken eine Wardierung 
vorgeschrieben, die zum Teil durch die Werkmeister, zum Teil 
durch besonders Beauftragte, als Siegler, Staler, Wardeine, Schau- 
meister besorgt ward. Es handelt sich um die Goldschmiede ^, 
Wollenweber 3, Lakenmacher*, Sayenmacher s, Lakenbereiter ^ 
und Färber 7. Das von den Böttchern zu verarbeitende Holz 
ward zuvor von den Holtwrakern^ geprüft und nach der Güte 
sortiert, wie auch die eingeführten gesalzenen Heringe der Prü- 
fung durch beeidete Wraker unterlagen, die die Tonnen je nach 
Würden zirkelten 9. Bei denselben Gewerken und noch einigen 
andern dazu hatte der Meister sein Merk oder Zeichen auf die 
Arbeit zu setzen oder anzuhängen, um zu hindern, dafs jemand 
sich der Verantwortung entzöge. Zuerst ist das bei den Wollen- 
webern in Osnabrück ^° bezeugt, die sich im Jahre 1345 die Er- 



' Lübeck 1500, 15S6, Wehrmann S. 487. — In Hamburg waren die 
GeseUen der Wandbereiter zur Anzeige verpflichtet, wenn der Meister zu 
viele Gesellen an die Schertische gestellt oder selbst unerlaubte Arbeit gethan 
hatte, 1547, Rüdiger S. 288. 

* CruU, Goldschmiede S. 17 f.; Leipzig 1493, Berlit a. a. O. (s. S. 34, 
Anm. 2). 

3 Wismar 1492; Osnabrück 1345, Gildeurkunden S. 5. 

4 Wismar 1560; Lübeck 1553, Wehrmann S. 309 f. 

5 Hamburg 161 3, Rüdiger S. 216. 

6 Lübeck 1546, 1500, 1586, Wehrmann S. 310 f., 4870".; Hamburg 
1547, Rüdiger S. 290 f. 

7 Für Lübeck sieh die vorige Anmerkung; Hamburg 1535, Rüdiger 
S. 295 1 

* Lübeck 1445, Beitr. zur Gesch. der Stadt Rostock 2, S. 51 f.; Lüne- 
burg 1490, 1543, Bodemann S. 40 — 44. 

9 Vgl. die von Schäfer, Buch des Lübeckischen Vogts auf Schonen 
S. LXI Anm. 3 angeführten Stellen. Wehrmann S. 237. In Wismar sollte 
man nicht Hering, Aal, Dorsch, Fleisch kaufen, wenn man diese Ware weiter 
verfrachten wollte, bevor sie vom Wraker besichtigt und gezirkelt war, BÜr- 
g;ersprache vom Jahre 1572 ff., 1579 f., 1610. Bei der letzten ist am Rande 
angemerkt: Hierbei ist von der Bürgerschafft begeret worden den Wraker tu 
vermahnen diessem Statuta vleissig nachzuleben und alles gut zu erfüllen» 
Gid des Wismarschen Wrakers am Strande aus der zweiten Hälfte des 
16. Jahrhunderts (mit Verzeichnis seines Geräts), Ratswillkürbuch Fol. 50 ▼ f. 

»o Gildeurkunden S. 5. 



— 40 — 

laubnis der Zeichnung erbaten, dann 1347 bei den Wismarschen 
Böttchern^, 1354 bei den Grapengiefsern und 1361 bei den 
Grapen- und Kannengiefsem nach den Beschlüssen der wendischen 
Städte", 1362 bei den Rostocker Wollenwebern 3, 1375 bei den 
Gerbern in Hamburg*, 1425 bei den Armbrustmachern in Lübeck s. 
Stempelung der Goldschmiedearbeit ward in den Münzrecessen 
der vier Städte in den Jahren 1439, '44^; ^459» ^4^3 ausge- 
macht und findet sich verlangt in den Rollen von Lübeck 1492, 
von Wismar 1543, von Hamburg 1599^. Weiter schreiben 
Stempelung vor oder erwähnen sie als üblich die undatierte Rolle 
der Wismarschen Schwertfeger (um 1450), die der Lübecker 
Messerschmiede 1479^, ^^^ der Hamburger Schmiede 149 1*, die 
der dortigen Färber wohl aus dem Jahre 1535^, endlich die der 
Lübecker Bäcker 1547^°. Nach den schon genannten Rostocker 
und Greifswalder Böttcherrollen mufste auch der Knecht seinen 
Setinagel auf die Tonne schlagen, wie denn neben den 
Metallarbeitern aus begreiflichen Gründen gerade die Böttcher 
es sind, von denen Zeichnung ihres Werks am regelmäfsigsten 
bezeugt ist. Nebenbei erreichten die Wollen weber durch An- 
fügung ihres Merks den Vorteil, dafs Verwechselungen auf der 
Walkmühle vorgebeugt oder solche leicht richtig gestellt wurden. 
Erst an diesem Merke überzeugte sich der Wismarsche Wollen- 
weber Jürgen Wessel, dem im Jahre 1572 irrtümlich ein fremdes 



^ Mekl. Urkb. 6783; Rostock im 14. Jahrhundert, Hans. Geschichts- 
blätter 15, S. 154 f.; Lübeck 1440, Wehrmann S. 174; Lüneburg 1490, 
1543, Bodemann S. 40, 43; Greifswald 1499, Rollen S. 47; bei den Kimem 
1506 in Hamburg, Rüdiger S. 35; bei den Dichtbindern in Lüneburg 1577, 
Bodemann S. 45. 

» Wehrmann S. 225, Rüdiger S. 125, Mekl. Urkb. 7904, 8916; auch 
1441 und 1461, Nachtrag zur Wismarschen Rolle, Greifswalder Rollen S. 24 
(auf den hantgrepeiy^ für Hamburg 1375, Rüdiger S. 125. 

3 Hansische Geschichtsblätter 15, S. 153; Grcifswald 1445, Rollen S. 26; 
Wismar 1492; bei den Sayenmachern in Hamburg 1613, Rüdiger S. 224. 

4 Rüdiger S. 88; Lüneburg um 1450, Bodemann S. 72. 

5 Wehrmann S. 161 ; 1458 in Hamburg, Rüdiger S. 4. 

^ CruU, Amt der Goldschmiede, S. 16 f.; Rüdiger S. 102; Osnabrück 
1483, Gildeurkunden S. 63; 1549 auch in Stettin, Blümcke S. 130. Nicht 
verlangt in Leipzig 1493. 

7 Wehrmann S. 441. ^ Rüdiger S. 256. 

9 Rüdiger S. 299. ^° Wehrmann S. 168. 



— 41 — 

Laken aus der Walkmühle zugestellt war, von seinem Versehen, 
während er die Auslieferung des zweiten, seines eignen, wohl als 
ein Geschenk vom Himmel angesehen haben mufs^ 

Sobald der Meister nicht allein arbeitete, sondern sich der 
Hülfe von Gesellen bedienen mufste, hätte bei Unfähigkeit dieser 
das Verlangen nach guter Arbeit ein frommer Wunsch bleiben 
müssen. Daher fordern mehrere Rollen die Einstellung ausgelernter 
oder ihrer Arbeit gewachsener Knechte, nämlich die der Reifer 
in Lübeck 1390^, der Schiffszimmerleute in Hamburg und Lübeck 
1514 und 15603, der Böttcher in Lüneburg 1590^. In Lüne- 
burg war vorgeschrieben, was die Handlanger (plegesknechte) 
mauern durften s, und in Lübeck wurden Maurer und Decker, 
Meister und Knecht, straffällig, falls ein Knecht sich als unfähig 
erwies^. Häufiger sind die Knechte mit Strafe bedroht, falls sie 
ihren Meister durch schlechte Arbeit schädigen sollten. Die 
Fähigkeit mufste hauptsächlich in der Lehre gewonnen werden, 
deren Dauer überwiegend auf mindestens drei oder vier Jahre ^ — 
mit einer einzigen Ausnahme handelt es sich bei Bestimmung 
der Lehrzeit stets um Mindestanforderungen — bestimmt wird. 
Dreijährige Lehrzeit wird, soweit Daten vorliegen, zweimal im 
14. Jahrhunderte, achtmal im 15., fünfzehnmal im 16. Jahr- 
hunderte verlangt; eine vierjährige Lehrzeit verlangen für das 
14. Jahrhundert vier, für das 15. fünf, für das 16. achtzehn 
Rollen, wobei ich das Jahr des Nachdienstes um Lohn mitgezählt 
habe, auf das der Meister bei den Wismarschen Bechermachem 
(1489), bei den Kistenmachem zu Lübeck und Hamburg (1508 
und 1515) und bei den Hamburgischen Leuchtenmachern (15 15) 



' Mekl. Jahrb. 58, S. 48. 

* Wehrmann S. 386. 

3 Rüdiger S. 242 f., Wehrmann S. 408. 

4 Bodemann S. 46. 

5 1557, 1570, Bodemann S. 166 f. Frauen sollten keine Handlanger- 
dienste thun, Bodemann S. 169, 258. 

* Um 1527, Wehrmann S. 332. 

7 Für Stettin, dessen Rollen hier nicht mit gerechnet sind, vgl. Blümcke 
S. 57 f., 81, 91 f. Hier werden (im 16. Jahrhundert), siebenmal 3 Jahre, 
dreimal 2 Jahre, und je zweimal i und 4 Jahre verlangt. Mindestens drei- 
jährige Lehrzeit verlangt die Rolle der Nordheimer Tischler von 161 4, damit 
die Jungen nicht auf das Handwerk angenommen werden könnten. 



— 42 — 

dem von ihm ausgelehrten Gesellen gegenüber Anspruch hatte. 
Mit einer Lehrzeit von einem Jahre gaben sich die Gerber zu 
Hamburg (1375) und die Böttcher zu Lüneburg (1455 und 1490) 
zufrieden , und nicht länger sollte auf Betreiben des Lübecker 
Schusteramts ein noch nicht zwölfjähriger Junge lernen , der bei 
einem Travemünder Schuster sich in die Lehre zu geben den 
Mut hatte (1480). Mit zwei Jahren begnügten sich für das 
14. Jahrhundert ein Amt', fUr das 15. drei' und für das 16. 
sechs Ämter 3. Die Lübecker Nadler verlangten 1356 aufser vier- 
jähriger Lehrzeit noch ein Jahr Nachdienst, sechsjährige Lehrzeit 
die Decker in einer undatierten Lübecker Rolle, dazu die Loh- 
gerber zu Lübeck im 15. Jahrhunderte, die Böttcher zu Rostock 
1359 und die Goldschmiede zu Lüneburg im Jahre 1587, wäh- 
rend sie um das Jahr 1400 nur vier Jahre beansprucht hatten. 
Aufser vierjähriger Lehrzeit, deren allein die Rolle von 1375 
erwähnt, verlangten die Hamburger Böttcher 141 5 noch zwei 
Jahre Nachdienst. Zu achtjähriger Lehrzeit verpflichtete sich ein 
Glaserlehrling im Jahre 13 19 zu Hamburg, wobei ihn allerdings 
sein Meister zu kleiden hatte, wie überhaupt für diesen Fall oder 
wenn kein Lehrgeld gezahlt werden konnte, mehrfach eine längere 
Lehrzeit vorgesehen ward^. Auffallen müssen die Verschieden- 
heiten, die wir trotz des geringen Umfanges der Überlieferung 
feststellen können. Der Änderung bei den Lüneburger Gold- 
schmieden und den Hamburger Böttchern ist schon gedacht. 
In Hamburg verlangten die Drechsler 1375 nur zwei, um 1500 
vier Lehrjahre, die Schiffszimmerleute 1514 drei, 1544 vier 
Jahre, die Sayenmacher statt anderthalb Jahre, wie es für 161 3 
scheint, im Jahre 1645 drei^; in Lübeck die Lohgerber 1454 nur 

' Drechsler 1375, Hamburg. 

* Schuster zu Lüneburg 1448 , Wollenweber zu Hamburg und Köbel, 
in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts und 1463. 

3 Leinweber der wendischen Städte 1562, Wollenweber zu Wismar 1571, 
Maurer und Decker zu Lübeck um 1527, Posamentiere und Rade- und 
Stellmacher zu Hamburg 1586, 1599, Zimmerleute zu Lüneburg 1557 u. 1580. 

♦ So bei den Böttchern und Wollenwebern in Hamburg, 1375 und in 
der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts (Rüdiger S. 31, 305), und bei den 
Schustern in Lüneburg 1448 (^Bodemann S. 232). 

5 Rüdiger S. 233 ; die nur in später Abschrift erhaltene Rolle ist nach 
der jüngeren Forderung umgeändert. 



' 



— 43 — 

drei Jahre statt sechs im 14. Jahrhundert; während die Ltibischen 
Maurer um das Jahr 1527 sich mit zwei Lehrjahren begnügt zu haben 
scheinen, forderten die Wismarschen im Jahre 1568 deren drei; 
und wenn die Rollen der Wismarschen Hutfilter und Buntfutterer 
von 1484 und 1497 drei Lehrjahre ansetzen, so fordern etwa 
hundert Jahre später 1574 und 1577 die betreffenden Ämter im 
Verbände der wendischen Städte je ein Jahr riiehr. Am merk- 
würdigsten ist das Schwanken bei den Böttchern, indem in 
Rostock 1359 sechs Jahre verlangt wurden, in Hamburg 1375 
vier, seit 1415 dazu zwei Jahre Nachdienst gegen Lohn, in Lüne- 
burg dagegen 1455 und 1490 nur Ein Jahr, während aus Lübeck, 
Wismar und Greifswald nichts darüber bezeugt ist. 

Ein Gesellenstück finde ich nur 1547 und 1593 bei den 
Wandbereitem in Hamburg und den Schiffszimmerleuten in 
Lübeck erwähnt. Die Forderung von Lehrbriefen kommt öfter 
vor, jedoch nicht vor dem 16. Jahrhunderte und nur in sehr 
wenigen Rollen aus dessen erster Hälfte ^ Von der Tüchtigkeit 
zugewanderter Knechte überzeugte man sich, bevor man sie fest 
in Dienst nahm, was meist auf ein halbes Jahr geschah, in einer 
vierzehntägigen Versuchszeit. Wie der Lehrbrief so ist auch der 
Zwang zum Wandern erst ein Erzeugnis des 16. Jahrhunderts, 
wenn wir von dem einzigen Amte der Wollenweber absehen, 
das schon im 15. Jahrhunderte darauf bestand*. 



" Die Rolle der Lübecker Schuster vom Jahre 1441 ist überarbeitet. 
Doch scheint das Amt der Beutler und Gürtler der Jungstadt Danzig schon 
1412 Lehrbriefe verlangt zu haben, Hirsch, Handelsgeschichte Danzigs 
S. 333. Einen Lehrbrief des Maureramts vom Jahre 1591 hat Blümcke auf 
S. 162—164 abdrucken lassen. 

* Hamburg in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, Rüdiger S. in; 
Röbel 1463, Mckl. Jahrb. 13, S. 352; Lübeck 1477, Wehrmann S, 494; 
Wismar 1492. In den Stettiner Rollen taucht es erst im 1 7. Jahrhundert auf, 
Blümcke S. 8i. Dafs in der Rolle der Wismarschen Hutmacher vom Jahre 
1484, die nur in späterer Abschrift vorliegt, eine Änderung vorgenommen ist, 
wage ich nicht zu behaupten; es bestanden bekanntlich zwischen Wollen- 
webem und Hutfiltem Beziehungen. Dagegen ist es mir wahrscheinlich, dafs 
das Verlangen des Wanderns bei ungenügend ausgefallenem Meisterstück in 
die Rolle der Lüneburger Schuster später hinein redigiert ist; wenn- 
gleich gerade für diesen Fall schon ältere Danziger Rollen (1399, 1412, 
1454, 1458) dasselbe vorschreiben, Hirsch, Handels- und Gewerbegeschichte 
Danzigs S. 326, 304, 302, 316. Die Kritik hat bei den Rollen einen schweren 



— 44 — 

Ich bin jedoch in Gefahr abzuschweifen, da ich doch nur 
darlegen wollte, dafs unsere Vorfahren gute Ware und tüchtige 
Arbeit verlangten, und wie sie sich die zu sichern suchten. Sie 
hatten daneben noch den Wunsch, die wichtigsten Nahrungs- 
mittel nicht zu teuer zu bezahlen, nicht aber das Vertrauen, dafs 
die richtigen Preise sich von selbst im Wettstreite um den Er^ 
werb machen würden. Allerdings wufsten sie auch nichts vom 
Kampfe ums Dasein und hatten von dem Verhältnisse der Fach- 
genossen zu einander sittlichere Anschauungen als unsere Zeit 
unter der Einwirkung des römischen RechtS(\ Sie glaubten 
ihren Zweck am besten durch Taxen zu erreichen, ein Mittel, 
zu dem sie um so unbedenklicher griffen, als der Rat mitten 
im Leben stand und so sachverständig war als irgend jemand. 
Die ersten genaueren Brottaxen in dem hier behandelten Gebiete 
stammen aus Osnabrück aus den Jahren 143Q, 1463, 1481 ^. 
Man rechnete 1430 und 1463 in geringer Abweichung mit einer 
Verschiebung des Preises von 2 Schillingen oder 2 Schillingen 
und 2 Pfenningen bis zu 8 Pfenningen abwärts für den Scheffel 
Roggen und setzte demgemäfs für das Brot, das i Heller oder 
^2 Pfenning kostete, ein Gewicht von ^U Pfund oder auch 17 Lot 
an bis zu 2 Pfunden aufwärts 3. Im Jahre 148T wurden nur 
höhere Korn preise von 2 Schillingen bis zu 3 V« Schillingen für 



Stand. Denn einmal ist, soweit sie nicht in Weddebücher, Willkürbücher, 
Denkbücher eingetragen sind, sogar bei den in gleichzeitiger Ausfertigung 
auf Pergament erhaltenen die Frage nach der Authenticität nicht leicht zu 
beantworten; weiter sind bei den in spätem Abschriften vorliegenden nicht 
nur Zusätze am Ende gemacht worden, sondern auch vielfach Änderungen 
in den Text eingetragen, während in andern neben spätem Zusätzen ältere 
Bestimmungen stehn geblieben sind, so schlecht sie auch zusammenpassen 
mochten ; endlich ist es oft schwer, in späteren Bestätigungen die alte Vorlage 
sicher zu erkennen. Voll brauchbar sind demnacH eigentlich nur die Texte 
der erwähnten obrigkeitlichen Sammlungen, in zweiter Linie die älteren Aus- 
fertigungen. 

' Vgl. Carl Adolph Schmidt, der principielle Unterschied zwischen dem 
römischen und germanischen Rechte I, S. 278 ff. 

* Gildeurkunden S. 27, 39, 60. — Von einer Brottaxe von Danzig aus 
d. J. 1433 teilt Hirsch, Handels- u. Gewerbegesch. S. 301 das Wesentliche mit. 

3 Die Verhältnisse der vier Stufen sind infolge der Abrundungen un- 
genau; bei den nicht berechneten Zwischenstufen mufsten notwendig Schwie- 
rigkeiten an den Tag treten. Je höher der Kornpreis stieg, desto gröfserer 
Verdienst fiel den Bäckern zu. 



— 45 — 

den Scheffel Roggen berücksichtigt, wobei das Hellerbrot zwischen 
IG Lot und ^2 Pfund wiegen sollte. Das Brot sollte rein und 
ausgebacken sein. Dafs in den wendischen Städten gleichfalls 
die Gröfse des Brotes nach dem Kornpreise wechselte, ist mehr 
als wahrscheinlich, doch mangeln feste Ansätze *, Nach der Wis- 
marschen Bürgersprache sollten die Bäcker nach Erfordern der 
Zeit backen^, die Lüneburger nach ihrer Rolle vom Jahre 1422 
nicht kleiner als nach dem Laufe der Zeit 3, die Hamburger 
sollten nicht weniger oder mehr geben, als des Amtes Recht 
wäre'*. Für zu kleines Brot konnten gemäfs den Rollen von 
1410 und 141 7 die Wismarschen Werkmeister einen geringeren 
Preis bestimmen, nämlich i V^ Pfenninge für 2 Brote, während 
der übliche Preis für das Brot i Pfenning gewesen sein wird^. 
In Lübeck wird 1547 auf eine Tafel verwiesen und der Preis 
des Korns von den Werkmeistern und zwei Ratmannen, den 
Brotherrn, festgestellt^. In späterer Zeit hielt man eine gewisse 
Gröfse des Brotes fest und liefs die Preise gleiten, vom Weifs- 
brote abgesehen, das noch in unsern Tagen seine Gröfse ändert, 
jedoch nur in Einer Richtung. 

Die Knochenhauer scheinen in älteren Zeiten nicht pfund- 
weise, sondern stückweise ihr Fleisch verkauft und berechnet zu 
haben. Wenigstens wollten sich die Lüneburger noch im Jahre 
1581 einem auf Verkauf nach Pfunden gerichteten Ansinnen des 
Rats nicht fügen, indem sie behaupteten, es sei solches für Kalb-, 
Lamm-, Schaf- und Schweinefleisch nicht möglich und ungebräuch- 
lich, und auch in Lübeck und Hamburg nicht üblich 7. Wie es 
sich demgegenüber mit einer gleichen Forderung des Rats verhält, 
die undatiert ist, aber von dem Herausgeber dem Jahre 1496 zu- 
geschrieben wird®, mufs ich unentschieden lassen. Sicher ist, 



^ Die aus dem Kodex des Thedeman Güstrow von 1348 durch MoUwo 
(Die ältesten Lübischen ZollroUen S. 69 — 70) veröffentlichte Brotgewichts- 
Ordnung ist bei Obenstehendem leider von mir übersehen worden. 

» Bürgersprache von den Jahren 135 1, 1353, 1356, 143°. 

3 Bodemann S. i. ♦ Rüdiger S. 24. 5 Vgl. oben S. 33 Anm. 2. 

^ Wehrmann S. 167 f. 

7 Bodemann S. 125. Auch die Danziger Knochenhauer wollten nicht 
nach Gewicht verkaufen. Hirsch, Handelsgeschichte S. 310. Vgl. auch 
Adler, Fleisch teuerungspolitik S. 35 — 38. 

^ Bodemann S. 124. 



— 46 — 

dafs die ältesten Preisbestimmungen auf Stücke gehn\ Im Jahre 
1587 sind die Preise für den Wismarschen Freischiachter nach 
Gewicht angesetzt; Kühe, Ziegen und Bullen durfte er nicht 
schlachten. Fischtaxen kenne ich nur von Hamburg aus dem 
Jahre 1375^ ^^^ ^^s Wismar vom Jahre 1764. 

Öfter fast scheinen die Tonnenpreise die Obrigkeiten be- 
schäftigt zu haben. Im Jahre 135 1 im Juli willkürten die Wis- 
marschen Böttcher 9 dafs sie bis Johannis des folgenden Jahres 
für die Tonne nicht über 18 Pfenninge fordern wollten, und ver- 
lieh ihnen der Rat, dafs in derselben Zeit der Preis nicht unter 
I Schilling fallen solle, so dafs er sich dazwischen bewegen 
könnet. Der Rostocker Rat vereinbarte mit seinen Bürgern und 
Böttchern 1436 den Preis von 12 Tonnen auf höchstens 4 Mark*. 
In Lüneburg konnte im Jahre 1479 keine Einigung erzielt werden, 
da die Böttcher sich aufser Stande erklärten, das Fuder Tonnen 
für 20 Schillinge herzustellen, sie wollten, wie sie sagten, ihr 
Holz nicht in den Dreck hauen und gaben ihre Mafse an den 
Rat zurück 5. Im Jahre 1543 wurden die Werkmeister beauftragt, 
den Preis für das Böttcherholz zu bestimmen. 

Andere Preissetzungen sind selten, denn die Biertaxen ge- 
hören nicht hierher. Wohl im Jahre 1469 suchten die Kohlen- 
meister des Schmiedeamts zu Lübeck beim Rate u. a. um eine 
Anordnung nach, dafs, wenn im Herbste der Sack Kohlen auf 
I Schilling komme, eine weitere Preiserhöhung ohne ihre und 
des Rats Einwilligung nicht erfolgen dürfe ^. Der Rat scheint 
dem nicht stattgegeben zu haben, wogegen in Stettin nach der 
1533 bestätigten Rolle vom Jahre 1313 die Älterleute der Schmiede 
den Preis für die ankommenden Kohlen nach Gelegenheit der 



^ Mekl. Urkb. 6230. Die Worte «non carius vendere« und »XIIII denariisc 
in § 3 sind von anderer Hand auf Rasur eingetragen, diese Preisbestimmung 
fällt also später. Rüdiger S. 140. Vgl. Blümcke S. 132 und Adler, Fleisch- 
teuerungspolitik S. 92 — 102. 

» Rüdiger S. 63. 

3 Mekl. Urkb. 7492. 

4 Hansische Geschichtsblätter 15, S. 155. Nach den Münzrecessen von 
141 1 und 141 8 wären 4 M. Rost. = 3 M. Lüb. 

5 Bodemann S. 38. 

^ Wehrmann S. 443. 



— 47 — 

Jahreszeit zu setzen hatten ^ Und im Jahre 1560 verordnete der 
Rat von Hamburg, im Jahre 1564 der von Lüneburg und im 
Jahre 1578 der von Riga, dafs die Schmiede redliche oder billige 
Preise stellen sollten, feste Preise sind aber nur in Riga für grobe 
Arbeit wie Hausanker und Trallien und aufserdem für Hufeisen 
angesetzt'. Die häufigeren Lohnordnungen sind, wenn sie auch 
Berührungspunkte bieten, richtiger in einen andern Zusammen- 
hang einzureihen. 

Da billige Preise bei mangelnder Ware nutzlos oder unhalt- 
bar waren, schärfte man gleichzeitig den Ämtern ein, für genügen- 
den Vorrat zu sorgen. Das legte z. B. 1560 der Hamburger 
Rat den Schmieden ans Herz 3, wie schon 1272 der Berliner 
Rat von den Bäckern begehrt hatte : die meisters (d. i. die Werk- 
meister) scolen dt stad nicht laUn stan ane brod^. Stets sollte 
mindestens auf den Laden zweier Bäcker zu Woldegk Roggen- 
und Weizenbrot zu finden sein (1355) ^, Mindestens zweimal 
wöchentlich sollte jeder Wismarsche Bäcker backen (1417). In 
Lüneburg endlich, wo sich der Rat im Jahre 1422 begnügt hatte, 
Werkmeister und Bäcker dafür verantwortlich zu machen, dafs 
hinreichend Brot zu Kauf stünde^, verlangte er um das Jahr 
1 600 ^, dafs man täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage 
frische Wecken vorfinde, gab aber auf Beschwerde des Amts zu, 
dafs es genüge, wenn sie täglich vor 8 Uhr auf Einem Laden 
frisch vorhanden seien und die Bäcker sich das Backen umgehn 
liefsen. Dabei hielten jedoch die Bäcker daran fest, von Amts 
wegen frei zu bestimmen, wieviel Korn ein jeder mahlen lassen 
und wieviel er backen dürfe, auch sollte, wenn noch altes Brot 
vorrätig war, mit dem Backen übergeschlagen werden®. In 



' Bltimcke S. 137. 

» Mettig S. 35. — Die Wismarschen Leinweber sollten bei der Arbeit 
truwlick handeln und niemand avemektnen; zu aller Sicherheit entwarf man 
eine genaue Taxe (Rolle des 16. Jahrhunderts). 

3 Rüdiger S. 254. 

♦ Stadtbuch S. 72. 

5 Mekl. Urkb. 8088. 

^ Bodemann S. ii. 

7 Bodemann S. 1 7 f . 

' Bodemann S. 5, 13, 16, 17. 



- 4B — 

Stettin erlaubte 1562 der Rat den Bäckern, die bisher nur in 
fester Reihenfolge gebacken hatten, es täglich zu thun^ nach- 
dem er früher bereits (1543) dem Amte die Zusicherung gegeben 
hatte, es solle aufser polnischem Weifsbrote kein fremdes Brot 
zugelassen werden, solange das Amt die Stadt mit löblichem 
Brote versorge^. 

Im Jahre 1372 entdeckte man in Wismar eine Verbindung 
der Knochenhauer, wonach u. a. keiner von ihnen mehr schlachten 
durfte, als die Werkmeister ihm ansagten 3. Dem schob der Rat 
einen Riegel vor, zunächst ohne positive Vorschrift, verpflichtete 
aber im Jahre 1410 und 141 7 das Amt, dafs jeder dreimal in 
der Woche sein eignes Fleisch in den Scharren feil zu halten 
habe, wie 1472 der Rat zu Osnabrück seinen Knochenhauern 
das gemeinsame Schlachten untersagte und es einem jeden frei- 
stellte, so oft und soviel zu schlachten, wie ihm beliebte, ohne 
Einrede eines Amtsbruders ^. 



3, Die Privilegien der Ämter. 

Für ebenso selbstverständlich und notwendig als die eben 
besprochenen Mafsnahmen zwecks Erzielung tüchtiger Arbeit und 
guter, preiswerter Ware sah man die Sicherung des Nahrungs- 
standes der Handwerker an, an die diese Anforderungen gestellt 
wurden, und erteilte ihnen deshalb unbedenklich Privilegien auf 
ihre Arbeit. Das eine war die Voraussetzung des andern. Man 
gestattete also niemand seinen Erwerb durch Pelzerarbeit, 
, Böttcherarbeit, Schuhmacherarbeit zu suchen, der nicht das be- 
treffende Amt gewonnen hatte, darin selbständig oder, wie wir 
jetzt sagen, Meister geworden war^. Dies ausschliefsliche 



' Blümcke S. 132 f. Sie sollten ihr Backwerk in reine weifse Tücher, 
nicht aber in Haarkappen oder Kleidungsstücke geschlagen auf die Brot- 
bänke bringen. 

» Blümcke S. 124. 

3 Mekl. Urkb. 10337. 

4 Gildeurkunden S. 48. — Vgl. auch Adler, Fleischteuerungspolitik ^ 
S. 90 f. und Greifswalder Rollen S. 16. 

5 Es sollte aber auch , wer Meister geworden , sein Geschäft ununter- 
brochen ausüben; wenigstens untersagt um 1550 die Lüneburger Bäckerrolle 



— 49 — 

Recht wird in einer ganzen Anzahl Rollen den Ämtern zu- 
gesprochen ^ und ist aufserdem da zu folgern, wo der Rat 
Freimeister zuliefs ^. Ausnahmen waren in Wismar in den 
Rollen der Maler und Glaser und der Maurer vorgesehen, in 
der ersteren (um 1500), wenn der Rat Erlaubnis erteile, in 
der letzten (1568), wenn jemand eine besonders kunstreiche 
Arbeit in Giebeln oder anderm Mauerwerke ausführen lassen 
wolle, die er den Amtsmeistern nicht zutraue. In andern Rollen 
ist das Recht des Amts auf seine Arbeit nur in beschränkter 
Weise zum Ausdrucke gekommen 3. Weitere Beweise ergeben 
sich aber aus den vielfachen Streitigkeiten der Ämter unter 



dem, der im Sommer nicht gebacken, es zu Michaelis zu thun, und dem, 
der im Winter gefeiert, zu Ostern zu backen, Bodemann S. 5. 

' In Lübeck: den Barbieren 1480 (Wehrmann S. 164), Buntfutterern 
1386 (W. S. 190), Garbrätern 1376 (W, S. 203, 205), Glasern vor 1425 
(W. S. 327), Hutfiltern 1507 (W. S. 476), Kerzen giefsern 1477, 1508 (W. 
S. 251, 250), Kohlenträgern 1469 (W. S. 445), Leinwebern im 14. Jahrh. 
(W. S. 323), Leinwandhändlern 1503 (W. S. 313), Malern vor 1425 (W. 
S. 327); in Hamburg: den Beutlern 1557 (Rüdiger S. 46), Fischweichern 
1511 und 1578 (R. S. 81, 79), Gerbern 1375 (R. S. 88), Hutfiltern in der 
ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts (R. S. 112), Kerzengiefsern 1375 (R. 
S. 132), Krahiiträgern 1594 (R. S. 157 f.). Krämern 1375 (R. S. 49), Leuch- 
tenmachern 1515 und 1541 (R. S. 136, 166), Sayenmachern 1586 (R. S. 210), 
Tischlern (kuntormakeren) 1540 (R. S. 148), Wandbereitern 1547 (R. 
S. 293), Wollenwebern in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts (R. S. 307); 
in Wismaj: den Garbrätern 1502, Glasern und Malern um 1500, 
Maurern 1568, Pantoffelmachern 1509, Salzhaken 1480 (Bürgersprache), 
Schwertfegern um 1450, Trägern um 1450; in Lüneburg: den Leinwebern 
1430 und 1614 (Bodemann S, 148 — 150) und den Malern 1595 (B. S. 165); 
in Berlin: den Schneidern 1288 (Stadtbuch S. 77). 

» Z. B. bei den Bäckern in Lübeck 1547 (Wehrmann S. 168). Wegen 
Stettin?, Blümcke S. 40 f. 

3 In Lübeck: bei den Bechermachern 1591 (Wehrmann S. 172), Haken 
1507 (W. S. 237 ff.), Lohgerbern 1424 (W. S. 213), Nadlern 1356 (W. S. 
340 f.), Rademachern 1508 (W. S. 368), Riemenschlägern 1414 (W. S. 372X 
Rotlöschern 1463 und vor 147 1 (W. S. 213, 389), Sattlern 1502 (W. S. 
404); in Hamburg: bei den Bäckern um 1300 (Rüdiger S. 22) und den 
Barbieren 1468 (R. S. 11); in Lüneburg: bei den Gerbern 1476 (Bode- 
mann S. 74) und Schmieden 1564 (B. S. 206); in Osnabrück: bei den 
Lohgerbern nach 1395 (Gildeurkunden S. 14) und in B e r 1 i n bei den Pelzern 
1280 (Stadtbuch S. 74). 

Hansische Geschichtsblätter. XXV. 4 



— 50 — 

einander um die Grenzen ihres Arbeitsgebietes, worauf hier nicht 
eingegangen werden kann, und endlich bestimmen nicht wenige 
Rollen, dafs Bönhasen nicht geduldet werden sollen, und be- 
drohen solche mit Strafe ^ Vor 1550 hatte man keinen Namen 
für diese einzelnen, die sich, entgegen den Privilegien der Amter, 
von Handwerksarbeit nährten, obwohl man sich ihrer zu er- 
wehren suchte. Man spricht von Leuten, die dem Amte zu- 
wider nähen, backen, Pantoffel machen, arbeiten*, die heimlich 
des Amts Arbeit verrichten oder ihm zum Verfange heimlich 
arbeiten 3, die, ohne dem Amte anzugehören oder in eines Meisters 
Dienst zu stehn, des Amts gebrauchen oder sich auf seiner 
Arbeit finden lassen^, die sich ihrer Gerechtigkeit anmafsen oder 
auf eigne Hand arbeiten s, die ihrem Amte und> ihrer Nahrung 
mit merklicher Beschwerung und Abtrag verfänglich und nach- 
teilig seien ^. Erst im Jahre 1568 ist das den jetzt Lebenden 
von der Zunftzeit her noch bekannte Wort belegt und zwar zuerst 
in Wismar in der Rolle der Schneider, dann 1577 in einem Be- 
schlüsse der Buntfutterer aus den wendischen Städten 7, gleich- 
zeitig in der Rolle der Barbiere zu Hamburg neben bonhasinne 
und darauf öfter®; im Jahre 1599 begegnet das Wort bonhaserie. 



I Eine allgemeine Erklärung gegen sie erliefs der Rat von Hamburg 
im Jahre 1563 (Rüdiger S. 128) und der von Wismar im Jahre 1610 in der 
Bürgersprache (§ 30 f., Burmeister S. 138). Ursprünglich lautete der Schlufs 
von § 30: gemeinet, e/s sei dann sacke, dafs er de/swegen von den kern bür- 
ger meistern und rahte ein sonderlichs Privilegium und freiheitt erlanget habe, 

* Rollen der Schneider zu Lübeck um 1370 (Wehrmann S. 423), der 
Bäcker zu Lüneburg um 1550 (Bodemann S. 5), der Pantoflfelmacher zu 
Wismar vom Jahre 1509, der Zimmerleute zu Wismar 1537 und Lübeck 1545 
(Wehrmann S. 467). 

3 Rollen der PantofFelmacher 1436 und der Schmiede 15 12 zu Lübeck 
(Wehrmann S. 211, 438), der Kürschner zu Hamburg 1537 (Rüdiger S. 185). 

4 Rollen der Kistenmaker 1508 und der Kuntor- und Pannelenmaker 1474 
zu Lübeck (Wehrmann S. 254, 295), der Barbiere zu Hamburg 15 19 (Rü- 
diger S. 12). 

5 Rolle der Lüneburger Stellmacher 1596 (Bodemann S. 236). 
^ Beschwerde der Hamburger Barbiere 1544 (Rüdiger S. 16). 

7 Gesellen-Dokumente S. 20. 

^ Rüdiger S. 20. 1578 in dem Schrägen der Schmiede von Riga 
(Mettig S. 36); weiter in Hamburg 1583 bei den Hutmachern (Rüdiger S. 119), 
1590 und 161 4 bei den Tischlern (Snitkern, Rüdiger S. 268), 1593 bei den 



— 51 - 

Synonym werden Pfuscher % Störer ^, Winkellöper 3, Ummelöper^ 
gebraucht. Über den Sinn dieser Wörter ist kein Wort zu ver- 
lieren, und auch der ursprünglichen Bedeutung nach sind Umme- 
löper, Winkellöper und Störer ohne weiteres klar; pfuschen be- 
deutet vielleicht verbergen und dann im Verborgenen arbeiten s 
und Bönhase ist schon längst richtig als ein Hase erklärt, der 
auf dem Boden sein Wesen treibt. Doch irrt man wohl, wenn 
man glaubt, dafs die Vorstellung einer Jagd, wie man später 
die Verfolgung der Störer allgemein bezeichnete ^, bei der Bildung 
des Wortes mitgewirkt habe. Es wird lediglich ein scherzhafter 
Ausdruck für einen sein, der auf dem Boden sitzt, gerade so wie 
man, in Wismar wenigstens, im 15. Jahrhunderte die Leute, die 
in Kellern wohnten, höhnend Kellerlöwen ^ nannte, und wie wir 
von Wasserratten, Landratten und Schulfüchsen sprechen. Dafs 



Hausschiachtern oder Köchen (Rüdiger S. 109), 1599 bei den Goldschmieden 
(Rüdiger S. loi, 104), 1607 bei den Steinbrückern (Rüdiger S. 274) und 1613 
bei den Sayenmachern (Rüdiger S. 226); ferner noch in einem Beschlüsse der 
Schmiede der wendischen Städte von 1587 (erhalten in "Wismar), 1597 in 
Lüneburg in der Rolle der Lakenmacher (Bodemann S. 256) und 1610 in 
der Wismarschen Bürgersprache. 

^ Rollen der Glaser und Lakenmacher zu Lüneburg 1596 und 1597 
(Bodemann S. 93, 256). 

* Rollen der Glaser und Tischler zu Lüneburg 1596 und 1609 (Bode- 
mann S. 93, 243, 246), Wismarsche Bürgersprache von 1610. 

3 Rolle der Lüneburger Barbiere 1563 (Bodemann S. 31). 

♦ Beschlufs des Rats und der Bürgerschaft zu Hamburg 1563 (Rüdiger 
S. 128). — Wegen Stettins vgl. Blümcke S. 41 f. 

5 »ap dy alderlewte . . . falsch gut wüsten vnde das vorpuschten vnde 
. . . nycht en melten« in der Rolle der Beutler und Gürtler in Danzig (141 2), 
Hirsch , Handelsgeschichte Danzigs S. 335. Die überschlagende Lautver- 
schiebung würde bei einem Worte, das aus einem Mischdialekt übernommen 
ist, kein Bedenken haben. Die von Heyne in seinem Deutschen Wörter- 
buche gegebene Bedeutungsentwickelung kann nur als Notbehelf annehmbar 
erscheinen. 

^ Im Jahre 16 14 fafsten die Hamburger Tischler einen Beschlufs über 
die Jagd auf Bönhasen, Rüdiger S. 268. 

7 Chronik des Mag. Joh. Werkman, Mekl. Jahrb. 55, S. 103. Ob »cel- 
leratores« Mekl. Urkb, 10 81 6 dasselbe meint? Reiner v. Groningen bezeichnet 
den Kellermeister des Einbeckschen Kellers in Braunschweig als Kellerlöwen, 
nicht wohl um zu schmeicheln. Schichtspiel (voUendet 1492)1 Vers 2674, 
Hänselmann, Braunschweigische Chron. II, S. 186. 

4* 



_ 52 — 

aber die Bönhasen wirklich, wenn nicht alle, so doch zutp Teile 
auf dem Boden arbeiteten , wird durch eine Einzeichnung des 
Wismarschen Verfestungsbuches belegt : Hermen Crüze bezwer or- 
veyde darumme, dat he in der hechte zat unde hadde maket up 
enen bSne twe agnus dii^ dar nicht mer up to zakende; dar lavet 
vore Hinr. Cräze zyn broder unde Clatves Hildelof, Crassowe, 
Hinr, Moller, Bomgarde en boddeker^. Die Handwerker hatten 
damals nämlich aller Wahrscheinlichkeit nach mit seltenen Aus- 
nahmen Werkstätten wie Wohnungen zu ebener Erde, für die 
Lübecker Goldschmiede aber war es Gesetz, dafs sie nur in ihren 
Buden unter dem Rathause arbeiten durften , damit jedermann 
offenbar sehen und wissen könne, wie und was sie arbeiteten'. 
Das kaum vor 1550 geprägte Wort mufs vielen Beifall gefunden 
haben, da es schon 1577 und 1578 in Verhältnissen angewendet 
ward, für die es im eigentlichen Sinne nicht pafste, für unzünftige 
Barbiere und Schmiede, von den Steinbrückern ganz zu ge- 
schweigen. 

Die Strafen, die auf den Verstofs gegen das Arbeitsprivileg 
gesetzt waren, sind mannigfaltig. Geldstrafen (wedde, broke, 
böte) wiegen vor und zwar im Betrage von 3 M. Silber 3 (die 
gewöhnliche Wedde für Übertretung der Polizeiordnung), 10 ß 
für den Rat und 6 /^ für das Amt ^ (die übliche Bufse für Ver- 
stöfse wider die Rolle), 60 ßs (die alte Königsbufse), 12^2 ß^. 



' S. 93, im Jahre 1422. Bereits mitgeteilt von Crull in seinem Amt 
der Goldschmiede S. 22, Anm. 

* Wehrmann S. 221, 220 (1371, 1492). Auch die Danziger Gold- 
schmiede sollten an der Strafse eine stets offene (d. h. nicht für längere Zeit 
zu schliefsende) Schmiede haben, 141 8, Hirsch, Handels- und Gewerbegesch. 
Danzigs, S. 314. 

3 Lübeck: Pantoffelm acher 1432 (Wehrmann S. 211), Kistenmaker 1508 
(W. S. 254, daneben i Tonne Bier für das Amt), Schmiede 1512 (W. S. 
438), Barbiere 1480 (W. S. 164), Garbräter 1376 (W. S. 205, bei Kochen 
zu Hochzeiten), Rotlöscher 1463 (W. S. 213 , 389), Kerzengiefser 1508 (W. 
S. 250), Leinwandhändler 1503 (W. S. 313), Leinweber im 14. Jahrhundert 
(W. S. 323), Riemenscldäger 1414 (W. S. 372), Hutfilter 1507 (W. S. 476). 
Hamburg: Bäcker um 1300 (Rüdiger S. 22). 

4 Schneider zu Lübeck um 1370 (Wehrmann S. 423), Träger und 
Schwertfeger zu Wismar, um 1450. 

5 Kuntormaker zu Hamburg 1540 (Rüdiger S. 149). 
^ Rademacher zu Lübeck 1508 (Wehrmann S, 368). 



— 53 — 

Lo ß ^ Nach andern Rollen steht die Strafe in der Willkür des 
Rats^, in einigen wenigen fehlt es an fester Bestimmung 3. Mit 
Wegnahme der Arbeit oder des Werkzeugs oder auch beider zu- 
gleich (öfter als Nebenstrafe) drohen die Rollen der PantofFel- 
macher zu Lübeck (1432)*, der Goldschmiede (1599), Köche 
(1593), Beutler (1557), Wandbereiter (1547) zu Hamburg s, der 
Glaser zu Lüneburg (1596) ^ der Schmiede zu Riga (1578) 7. Stadt- 
verweisung bestimmen die Wismarsche Bürgersprache von 16 10, 
zu Hamburg die Rollen der Kürschner (1537) und Goldschmiede 
(1599) und für den Fall wiederholter Übertretung eine Kon- 
zession für die Barbiere (1544)® sowie die Rollen der Wismar- 
schen Schneider (1568) und der Lüneburger Maler (1595)^. 
Abstrafung durch die Weddeherrn sieht die Rolle der Lübecker 
Zimmerleute vor (1545)^°, durch die Richteherm eine Konzession 
der Hamburger Barbiere (1544)", Hinderung durch die Gerichts- 
herm ist den Stell- und Rademachern zu Lüneburg verheifsen 
(1596)^^, zur Erkenntnis der Morgensprachsheirn und der Älter- 
leute steht jeder Verstofs gegen das Recht der Hamburger Schiff- 
bauer (1544)^3, während für die dortigen Barbiere 15 19 zwei 
Ratmannen abgeordnet wurden, denen sie ihre Beschwerden, 
ohne den Rat damit zu behelligen, vortragen mochten'*. Eine 
Folge von Strafen bei wiederholten Übertretungen finden wir in 
den Rollen der Schneider zu Wismar (1568) und der Maler zu 



* Garbräter zu Lübeck 1376 (Wehrmann S. 203). 

* Hamburg: Wollenweber in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, 
Krfimer 1458, Leuchteninacher 1515 (Rüdiger S. 307, 51, 136). 

3 Lübeck: Kerzengicüser 1477, Sattler 1502, Haken 1502 (Wehrmann 

s. 251. 404, 237 ff.). 

4 Wehrmann S. 21 li 

5 Rüdiger S. 103» 106, 46, 293. 
^ Bodemann S. 93. 

7 Mettig, ältestes Amtsbuch S. 36. 

8 Rüdiger S. 185, 104, 16. 

9 Bodemann S. 165. 

<*> Wehrmann S. 467, nach Gelegenheit der Sache. 

'* Rüdiger S, 16, Verweisung aus der Stadt und Pön von 10 Gulden. 

" Bodemann S. 236. 

*3 Rüdiger S. 247. 

'4 Rüdiger S. I2f. 



— 54 — 

Lüneburg (1595) angeordnet*. Auf eine Warnung durch Rats- 
diener sollte bei den einen gefängliche Einziehung mit Verwill- 
kürung des Aufenthalts in der Stadt und, wenn das nicht half, 
wiederum gefängliche Einziehung und Stadtverweisung folgen, 
bei den andern Geldstrafe, Gefängnis und endlich Stadtver- 
weisung. In Hamburg versprach man den Ämtern im Jahre 
1563 auf ihr Anfordern die Ummelöper zu besuchen und die 
Schuldigen gemäfs Rollen und Büchern zu strafen ^, wie die Lüne- 
burger Glaser 1596 durch gerichtliche Visitation mit Wegnahme 
des Handwerkszeugs und Androhung harter Strafen geschützt 
werden sollten 3. Den Wismarschen Pantoflfelmachem stellte man 
den Stadtknecht zur Verfügung (1509), wogegen die dortigen 
Zimmerleute, wie es scheint, auf eigne Hand pfänden durften 
('537» '543) u^^ ^i^ Hamburger Tischler ihre dreifsig jüngsten 
Meister die Jagd abhalten liefsen (1614)*. 

Empfindlicher mochte die Störer noch anderes treffen: Ab- 
brechung alles Umganges s, dafs sie nie wieder in Dienst und 
Arbeit genommen werden sollten ^, dafs ihren Jungen Lehre und 
Dienst versagt ward 7, dafs Knechte, die bei ihnen gearbeitet 
hatten, in keinem Amte zur Arbeit zugelassen wurden^. Selbst- 
verständlich wird es scheinen, dafs die Amtsmeister keine Bön- 
hasen beschäftigten noch von ihnen kauften oder an sie ver- 
kauften; dennoch ist es für nötig erachtet, es den Hamburger 

' Bodemann S. 165. 
» Rüdiger S. 128. 

3 Bodemann S. 93 f. 

4 Rüdiger S. 268. 

5 Hamburg: Barbiere 1577, Goldschmiede 1599, Tischler (Snitker, auch 
mit den vom Rate zugelassenen Freimeistern! Vgl. Blümcke S. 41) iS9^t 
Steinbrücker 1607 (Rüdiger S. 21, 102, 268, 274); Lüneburg: Lakenmacher 
1597 (Bodemann S. 256). Einen auf dasselbe gehenden Antrag sollten die 
Abgeordneten der Hamburger Buntfutterer 1577 beim Konvente der Bunt- 
futterer der wendischen Städte stellen (Gesellen-Dokumente S. 20). 

^ Kürschner 1537 (Rüdiger S. 185), Lakenmacher 1597 (Bodemann S. 
256). Maurer zu Stettin 1582 (Blümcke S. 120). 

7 Barbiere 1577 (Rüdiger S. 21), Beschlufs der Schmiede der wendi- 
schen Städte 1587. 

8 Hausschiachter und Köche und Sayenmacher zu Hamburg 1593 und 
1613 (Rüdiger S. 109, 226); Beschlufs der Schmiede der wendischen Städte 
1587. Maurer zu Stettin 1582 (Blümcke S. 120). 



— 55 — 

Hutmachern und Sayenmachern ausdrücklich zu verbieten ^ . Aber 
noch mehr, die Lübecker Schmiede sahen sich 1 5 1 2 veranlafst, den 
Amtsmeister mit Strafe zu bedrohen, der wissentlich einem Bön- 
hasen gestattete, in seiner Schmiede zu arbeiten, und ebenso 1577 die 
Barbiere zu Hamburg, wenn sich jemand herausnähme mit einem 
Bönhasen zu verbinden^. Unsere Vorfahren liebten es eben 
nicht, die Suppe so heifs zu essen, wie sie aufgetragen ward, und 
sie ward auch oft zu heifs aufgetragen. So geht denn auch 
aus den angeführten Beschlüssen des Schmiede-Konvents von 
1587 und aus der Rolle der Lüneburger Tischler vom Jahre 
1 609 3 hervor, dafs man mit sich sprechen liefs, wenn der Knecht 
oder Junge des Störers Strafe zahlte, und die Hamburger Gold- 
schmiede, deren Amt allerdings offensichtlich auf eine zu ge- 
ringe Zahl von Meistern geschlossen gewesen war, erklärten sich 
1599 sogar bereit, Bönhasen als Meister aufzunehmen, falls sie 
ins Amt heirateten oder Bufse erlegten, vorausgesetzt, dafs sie 
sonst zu Amtsmeistem geeignet waren*. 

Auch aufser der Stadt liefs man in einem gewissen Um- 
kreise keine unzünftigen Konkurrenten zu, was, soweit die Macht 
der Städte reichte, kaum Schwierigkeiten begegnet sein wird % 



' 1583 und 1613 (Rüdiger S. 119, 226). 

* Wehrmann S. 438, Rüdiger S. 20. Die ältere Rolle der Lübecker 
Schmiede verbot den Meistern, Fremde mit ihrem Geräte schmieden zu lassen 
(Wehrmann S. 436), wie in Berlin kein Wollenwebcr sein Handwerkszeug an 
Nonnen oder andere ausleihen sollte (1295, Stadtbuch S. 68). Zweifelhaft 
ist, ob die Bedrohung eines Leuchtenmachers, der sein Arbeitszeug an jemand 
liehe, der dem Amte zuwider arbeitete (Wehrmann S. 245 f., 1593), gerade 
Bönhasen im Auge hat. 

3 Bodemann S. 243, 246. 

♦ Rüdiger S. loi. 

5 Das Kloster Scharnebeck verpflichtete sich 142 1 gegen eine jährliche 
Rente von 40 M., die das Amt der Wollenweber zu Lüneburg auf sich nahm, 
seineu Wollenwebereibetrieb gänzlich einzustellen (Bodemann S. 248 f. Vgl. 
Hans. Geschichtsbl. 15, S. 154, Mekl. Urkb. 9048, Pauli, Lüb. Zustände III, 
Urk. Nr. 77, Zeitschr. f. Lüb. Geschichte IV, S. 88 f.). In Lübeck duldete 
man nicht die Einbringung von Riemenwerk von Dörfern und Landstädten 
(1414, Wehrmann S. 372), in Hamburg nicht von Korbmacherarbeit (1595, 
Rüdiger S. 145) noch von Rade- und SteUmacherarbeit (i599i Rüdiger S. 200), 
während die Lübecker Rademacher ihre Naben von auswärts bezogen (1508, 
Wehrmann S. 367 f.). Kein Aufsenweber sollte in Wismar arbeiten noch 



- 56 - 

wie es in der That nicht unbillig war, sofern solche minder- 
wertigen Kräfte aus der Stadt ihre Nahrung ziehen wollten. So 
erging in Hamburg im Jahre 1563 ein allgemeines Verbot, in der 
Umgegend arbeiten zu lassen ^ und ward es 1572 in Meklen- 
burg Gesetz, dafs sich auf dem Lande aufser einem Schmiede, 
Schneider oder Leinweber kein Handwerker aufhalten dürfe, 
wovon der Landesgrundgesetzliche Erb vergleich 1755 § 259 
nur ein Geringes nachliefs. Und entsprechend erkannte, als ein 
Bäcker zu Kirchdorf auf Pol vom grofsherzoglichen Ministerium 
konzessioniert war, noch 1862, September 15, das Oberappellations- 
gericht zu Rostock endgültig, dafs diese Konzession den Privi- 
legien der Stadt Wismar zuwider zu Unrecht erteilt sei. Ob an 
dem mehrfachen Verbot, dafs die Gesellen nicht in kleinen 
Städten arbeiten, oder wenigstens nicht über vierzehn Tage ar- 
beiten, und Jungen dort nicht lernen sollten^, ob daran neben 



Garn aus der Stadt holen, wogegen es den Bürgern freistand, es ihnen hin- 
auszubringen (Rolle der Leinweber, 16. Jahrhundert). Wider die auf den 
Dörfern um Stettin arbeitenden Tuchschcrer erliefs Hg. Barnim 1544 «ine 
Verordnung (Bltimcke S. 41 f.). — Knechte, die auf Dörfern oder im 
Bannkreise gearbeitet oder gelernt hatten, nahm man nicht in Dienst: 
Schuster zu Osnabrück 1499 (Gildeurkunden S. 77), Drechsler zu Lübeck 1507 
(Wehrmann S. 198), Wandmacher in Hamburg 1595 (Rüdiger S. 309), Hul- 
filter der wendischen Slädte 1574 (Bodemann S. 113), Leinweber zu Lüne- 
burg um 1430 und 1614 (Bodemann S. 149 f.)* Die Schmiede zu Osnabrück 
schlössen solche von ihrem Amte aus, um 1400 (Gildeurkunden S. 3). — 
1696 beschlossen die Schmiede der wendischen Städte, der Dorfschmiede 
Kinder und Volk nicht nach Handwerks Gebrauch zu ehren, fördern und 
admittieren. Ein Schusterknecht, der sich aufs Land setzen wollte, sollte in 
Lüneburg keinerlei Förderung erfahren 1448 (Bodemann S. 232 f.). Kein 
Meister oder Knecht sollte endlich nach einem Beschlüsse der Leinweber der 
wendischen Städte vom Jahre 1562 mit Aufsenwebern Biertage machen (Ge- 
sellen-Dokumente S. 50), 

* Rüdiger S. 128; der freie Markt kam jedoch auch den Handwerkern 
der Umgegend zu statten. 

* Beschlüsse der Pantoffelmacher der wendischen Städte i486 und 1527 
(Bodem. S. 173). Rollen der Drechsler zu Lübeck 1507 (Wehrm. S. 198, der 
Schuster zu Osnabrück 1499 (Gildeurk. S. 77). Für die Reifer galten 1390 nur 
die Ämter zu Lübeck, Hamburg, Wismar, Rostock, Stralsund, Stettin für voll 
(Wehrm. S. 385. Vgl. Greifswalder Rollen S. 44, 1498. 16 10 hatte sich das Ver- 
hältnis für Stettin seit langem geändert, s. Blümcke S. 62). Buntfutterer und 
Kürschner, Riemer, Zaumschläger und Beutler sollten nach den Beschlüssen 



— 57 — 

dem Streben, die Handwerksordnung aufrecht zu erhalten, auch 
Eifersucht einigen Anteil gehabt hat, was zu vermuten man ge- 
neigt ist, bleibt doch fraglich. Denn gleichzeitig ungefähr, im 
i6. Jahrhundert, begann man die Handwerker der kleineren 
Städte den Ämtern der gröfseren anzugliedern % und auch die 
Namen, die manchmal genannt werden ^, lassen auf bessere Be- 
weggründe schliefsen. 

Das Verbot für Knechte in Dänemark, Schweden und Nor- 
wegen in Arbeit zu treten 3, erklärt sich aus der Einsicht, dafs 
man bei Nachsicht hierin Gefahr lief, sein Übergewicht und seinen 
Markt zu verlieren. Deshalb durften die Böttcherknechte auch 
in Schonen nur die Tonnen zusammenschlagen, aber keine neuen 
anfertigen*. Aus demselben Grunde verhinderte im Jahre 1548 



ihrer Konvente von 1540, 1555, 1577 nur arbeiten, wo Amt und Gilde be- 
stand (Bodein. S. 179, 184, Gesellen -Dokumente S. 20, 51); ebenso die 
Keifer nach der Stettiner Rolle (1536, Blümcke S. 62). 

^ Schon 1500 strebten die Osnabrücker Ämter den Gewerbebetrieb auf 
den Dörfern und Wibbolden des Stifts zu verhindern oder nach ihrer Ord- 
nung zu regeln (Gildeurkunden S. 77 f.). Vgl. Rüdiger S. 114, 129 f., 
Meklb. Jahrb. 53, S. 175 und 171, Blümcke S. 98. 

> Stade und Kiel in einem Beschlüsse der Kannengiefser in den wen- 
dischen Städten 1526 (Bodemann S. iiS); Ottensen und Altona in der Rolle 
der Hamburger Goldschmiede 1599 (Rüdiger S. 102). Vgl. Hans. Geschichts- 
blätter 15, S. 154. 

3 Rollen der Bechermacher zu Wismar von 1489 , der Kistenmaker zu 
Lübeck von 1508 (Wehrmann S. 258); Beschlüsse der Konvente der Rot- 
giefser von 1573 (Bodemann S. 189), der Böttcher von 1569, 1585 (Gesellen- 
Dokumente S. 9 f.), der Buntfutterer und Kürschner von 1540, 1577 (Ge- 
sellen-Dokumente S. 20). 

4 Beschlüsse von 1342, 1569, 1585 (Hanserecesse I, i, S. 64, Mekl. 
ürkb. 6219, Gesellen-Dokumente S. 10). Im Jahre 1389 sollten die hansi- 
schen Vögte auf Schonen beauftragt werden, nur hansischen Böttchern dort 
ihr Handwerk zu gestatten, Hanserecesse I, 3, S. 439. Vgl. auch Hanse- 
recesse 1, 2, S. 279 (1381) und Hanserecesse I, 3, S. 501 (1390), Schäfer, 
Hansische Geschichtsquellen IV, S. LXf. , Stieda, Hans Geschichtsbl. 15, 
S. 115, Mekl, Jahrb. 58, S. 23. — Der Beschlufs der Bäcker der wendischen 
Städte vom Jahre 1443, dafs Bäckerknechte, die in Schonen gedient, für 
Jahr und Tag nicht angenommen werden sollten (Hans. Geschichtsbätter 18, 
S, 208) und die entsprechende Bestimmung der Lüneburger Rolle (Bodemann 
S. 6, um 1550) dürfte denselben Grrnd haben wie die Bestimmung der Rolle 
der Lübecker Kuntormaker wider die Gesellen, die, um in der Umgegend zu 



— S8 - 

Lübeck auf Vorstellungen Revals hin, dafs deutsche Handwerker 
dem Rufe des Zaren Iwan Wasiljewitsch nach Rufsland folgten S 
und sollten Hamburger Brauknechte, die anderswo auf Hamburger 
Art zu brauen sich unterstehn würden, am Leben gestraft, ent- 
kämen sie aber, für verfestet erklärt werden^. 

Jedoch war die Privilegierung der Ämter keine schranken- 
lose und es blieb wenigstens in ihrer besseren Zeit unvergessen, 
dafs sie nicht um ihrer selbst wegen bestanden, sondern zum Nutzen 
des Ganzen. Einem jeden war es daher unbenommen, was er 
für sich und seinen Hausgebrauch selbst anfertigen konnte, so 
gut oder so schlecht ers vermochte, zu machen 3. So stand es 
beispielsweise jedem frei für sich zu backen, jedoch war es in 
Wismar verboten, seinen Backofen zu vermieten, höchstens durfte 
man ihn verleihen, wofür man nach der Bäckerrolle von 14 lo 
ein Brot annehmen durfte, während die von 141 7 allen Entgelt 
untersagte. Ähnliche Bestimmungen treffen wir in Lüneburg^, 
nur dafs sich dort der Rat um so häufiger damit zu beschäftigen 
hatte, als es dort eine Anzahl Hausbäcker gab, Leute, die um Lohn 
in den eignen Backöfen der Bürger und mit deren Holze und 
SaJz, vom Teige zu schweigen, das Backen besorgten. Dagegen 
war es schlechterdings unzulässig, für andere um Geld zu ar- 
beiten, wie es auch niemand gestattet ward, gleichzeitig zwei 
Ämtern anzugehören 5. Ebenso war der Grofshandel frei ^. Aus- 



arbeiten, ihre Arbeit im Stich liefsen (i486, Wehrmann S. 297) oder das 
Verbot, in der Erntezeit auf dem Lande Verdienst zu suchen. Die Spinne- 
rinnen soUten in erster Linie oder überhaupt nur für die Ämter in Lübeclc, 
Rostock und Wismar spinnen (Wehrmann S. 303, 1553, Hans. Geschichtsbl. 
15, S. 153, 14. Jahrhundert, Rolle der Klein -Wandmacher von 1560). Vgl. 
Blümcke S* 61. Weshalb die Rolle der Hamburger Korbmacher vom Jahre 
1595 ihnen verbietet, in den Orten, wo sie den Jahrmarkt beziehen , zu ar- 
beiten (Rüdiger S. 146), ist unklar. 

^ Sartorius, Geschichte des hanseatischen Bundes III, S. 209 f. 

» 1 594, Ges.-Dokumente S. 15. Vgl. Wehrm. S. 351, Paternosterer 1385. 

3 Vgl. für Stettin Blümcke S. 126. 

4 Bodemann S. 2, vgl. S. i — 4. Greifswalder Rollen S. 29, 40 f. 

5 Wismar: Rolle der Krämer 1397, der Wandschneider, gegen 1500; 
Lübeck: Gärtner um I370, Wandschneider 1410, Häutekäufer 1445 (Wehr- 
mann S. 209, 491, 242); Lüneburg: Böttcher 1490, Fischmenger 1581 
(Bodemann S. 41, 68); Osnabrück: allgemein 1458 (Gildeurkunden S. 36). 

^ Der Satz gilt allgemein. Hier nur einige Belege für die Anwendung. 



— 59 — 

nahmen sind allerdings zu Gunsten der Gerber ' und Rotlöscher * 
gemacht ; auch die Rolle der Wismarschen Becherraacher von 
1489 verbietet schlechthin den Verkauf aller ihnen zuständigen 
Arbeit, die nicht aus ihrer Werkstätte hervorgegangen sei, wie 
die Lübecker von 1591 den Handel mit finnischen Spannen 3 
und die der dortigen Rademacher von 1508 den mit fremden 
Rädern*. Böttcherarbeit durfte ebenfalls in Lübeck nicht ein- 
geführt werden 5, und Buntfutterarbeit durfte ein Bürger nur drei 
Tage während des Jahres verkaufen^. Man gestattete aber auch 
denen , die unter eigner Gefahr ihre Waren über See und Sand 
herbeigebracht hatten^ mit gewissen Einschränkungen den Ver- 
trieb im Kleinen. So besagt eine Willkür des Wismarschen Rats 
vom Jahre 141 1: ein Schiffmann, Bootsmann oder Bürger- 
knecht kann mit Strümpfen, mit Mützen, mit Tuchresten, mit 
Krämerware, mit anderem Kaufmannsgute, sofern es sein eigen 
ist, zum Verkaufe ausstehn einen Feiertag und zwei Werktage 
zusammen innerhalb eines halben Jahres, er bringe es über See 
oder über Sand '. Namentlich den Krämern ® und Haken 9 gegen- 



Lübeck: Rollen der Krämer um 1353, Schwertfeger 1473, Wandschneider 
1410 (Wehrmann S. 272 f., 456, 492); Hamburg: Rollen der Drechsler um 
1458? und Schmiede 1375 (Rüdiger S. 56, 251); Freiheit der Lüneburger 
Schmiede 1302 (Bodemann S. 201), Rolle der Rostocker Kannen- und Gra- 
pengiefser 1482 (Mekl. Jahrb. 53, S. 166). — Wegen Stettins vgl. Blümcke 
S. 125. 

' Wehrmann S. 319, 416, 14. Jahrhundert und 1404. 

* Wehrmann S. 389, vor 1471. 

3 Wehrmann S. 172. 

4 Wehrmann S. 368. 

5 Wehrmann S. 175, 1440. 
^. Wehnnann S. 192, 1386. 

7 Ratswillkürbuch Fol. 20 r. 

8 Wismar 1397; Rostock 1360, Mekl. Urkb. 8728; Lübeck etwa 1353, 
Wchrmann S.*273; Hamburg 1375, 1458, 1595, Rüdiger S. 49-— 5'» 54- 

9 Lübeck 1507, Wehrmann S. 237 — 239; gegenüber den Stockfisch- 
weichern 148 1, Wchrmann S. 454. Senf, womit die Kerzengiefser privilegiert 
waren, durften Bürger, auch wenn sie ihn über See und Sand eingeführt hatten, 
dennoch nur in Mengen nicht unter einem Fafs verkaufen 1508, Wehrmann 
S. 250. In Wismar durften nach einer Ratsentscheidung vom Jahre 1530 alle 
diejenigen, die ihre Ware über See und Sand brachten, Fische, Fleisch, 
Butter, gesalzenen Hering, Kabeljau, gesalzenen Dorsch, Seehundsspeck frei 



— 6o — 

über wird dies Recht der Bürger behauptet, aber auch gegen- 
über den Wandschneidem', die übrigens, wie schon bemerkt, 
nicht zu den Ämtern, sondern zu den Kaufleuten zählten. Und 
ebenso galt es in Stettin gegenüber den Knochenhauem ^. Be- 
zeichnend ist ein Satz der Wismarschen Bürgersprache vom Jahre 
1351 3. Dafs keiner unserer Bürger, heifst es da, Tonnen zwecks 
Weiterverkaufs kaufe. Auch wenn er Tonnen über See oder 
anders woher bringt, soll er sie nicht teurer verkaufen, als die 
Böttcher sich verwillkürt haben*. Woraus doch, wenn die 
Fassung nicht sinn- und verstandwidrig ist, folgt, dafs das Recht, 
auch Handwerksarbeit über See und Sand einzuführen, zweifel- 
los war. 

Eine weitere heilsame Schranke fanden die Privilegien der 
Ämter an dem Rechte der Fremden namentlich an Jahrmärkten, 
den rechten oder freien Märkten, die wohl in allen Städten ein- 
mal oder auch mehrmal des Jahres abgehalten wurden^, ihre 



1 



auf dem Hopfenmarkte verkaufen , nicht jedoch geweichten Fisch , aus- 
gefrischten Pickeihering (seethering), gebratenen Hering und Wagenteer. 

' Lübeck nach 1410, Wehrmann S. 493 ; Lüneburg um 1400 und 1402, 
Bodemann S. 76, 80. Dafs den WoUenwebem und Tuchmachern der Aus- 
schnitt ihrer Arbeit zum Teil beschränkt oder verboten war (vgl. Wehnnann 
S. 302, Rüdiger S. 307, Bodemann S. 256, 90, Blümcke S. 125), erklärt 
sich vielleicht weniger aus dem Obergewicht der Wandschneider, als aus Zu- 
fälligkeiten, vgl. Rüdiger S. 210, 309, Bodemann S« 256 f. 

2 1551, Blümcke S. 124. 

3 Mekl. Urkb. 7516. 
♦ Mekl. Urkb. 7492. 

5 Der Rostocker Pfingstmarkt ist im Jahre 1390 zuerst, Sonntags nach 
Pfingsten beginnend und acht Tage dauernd, abgehalten worden, Hans. Urkb. 
IV, S. 437 f., Koppmann, Beitr. z. Gesch. der Stadt Rostock 6, S. 71 — 73. — 
Für Wismar ist der Pfingstmarkt meines Wissens zuerst 1463 bezeugt, doch 
war es keine neue Einrichtung. Wie noch jetzt,, so zogen bereits sicher vor 
vierhundert Jahren die Kaufleute von Wismar weiter nach Rostock (Zeugnis 
von 1489). Einen freien Jahrmarkt berücksichtigt die Krämerrolle von 1397. 
Die Rolle der Bechermacher von 1489 erlaubte ihnen auf dem heimischen 
Markte auszustehn in dem jarmarkede und in dem pinxten. Im Jahre 1547 
stand es zur Frage, ob fremde Krämer aufser in dem freien Jahrmarkte und 
der Fürsten Umschlag auch am Kaufschlags- Montage ausstehn dürften; die 
Entscheidung des Rats fiel für den letzten Tag zu Ungunsten der Fremden 
(Zeugebuch S. 500, die Mercurii post Antoni; der Umschlag mufs um Antonii 
gewesen sein. Aus dem Kaufschlags- Montage hat sich der Fastnachtsmarkt 



— 6i — 

Waren feil zu halten. Im Laufe der Zeit suchten die Betroffenen 
allerdings dieser unbequemen und den eignen Erwerb schädigenden 
Freiheit nach Kräften Abbruch zu thun. Gegen das Recht 
spielten sie die Gewohnheit aus, oder richtiger zu reden, sie be- 
riefen sich gegenüber der Rechtsidee auf das geübte Recht. 
Hatten die Rostocker Schmiede, was ihnen ohne Zweifel niemand 
gewehrt hätte, nicht von Anfang an den Wismarschen Markt be- 
zogen, so beschwerte sich, als jene im Anfange der siebziger 
Jahre des 15. Jahrhunderts den Markt besuchen wollten, das 
Wismarsche Amt über dies ihm verfängliche Beginnen und er- 
wirkte im Jahre 1473 auch ein Warnungsschreiben des Rats, das 
jedoch nicht abgesendet ist. Ebenso beschwerten sich die Lüne- 
burger Wandschneider über die Hamburger, als diese um 1570 
auch andere Laken , als sie bisher gewohnt waren , auf den 
Michaelismarkt brachten ^ . Und in Stettin sollte kein fremder 
Kürschner, der nicht zur rechten Marktzeit, nämlich am Morgen 
des ersten Tages seine Ware auslegte, sondern erst am zweiten 



entwickelt, der erst seit zwanzig Jahren in die Fastnachtswoche zurückgelegt 
ist). — In Hamburg bestanden nach dem Zeugnisse der Rollen wenigstens 
im 16. Jahrhundert zwei Jahrmärkte um den Vitus- und den Felicianstag 
(Juni 15 und Oktober 20), — Lüneburg hatte seinen Michaelismarkt, im 
16. Jahrhundert dazu noch einen umjubilate (Rolle der Maler von 1595). — 
Stettin hatte zwei freie Jahrmärkte zu Marien Himmelfahrt und St. Katharinen 
(August 15 und November 25, Bltimcke S. 127). — Zeugnisse für die Markt- 
freiheit. Wismar: Rolle der Krämer von 1397, der Buntfutterer von 1497, 
Bürgersprache von ,1421 , Ratsentscheidung von 1547. Hamburg: Ratsent- 
scheidung von 1563, Rollen der Krämer, Pelzer, Schmiede und Schuster von 
1375 (Rüdiger S. 12S , 49, 180, 251, 278), der Hutfilter in der ersten 
Hälfte des 15. Jahrhunderts (Rüdiger S. 112), der Krämer und Drechsler, 
von 1458 (R. S. 50, 56), der Beutler von 1470 und 1557 (R. S. 45, 46), 
der Kannengiefser von 1530 (R, S. 127), der Kürschner und Buntfutterer 
von 1537 (R. S. 185), der Leuchten macher von 1541 (R. S. 176), der 
Schmiede von 1560 (R. S. 254) , der Krämer von 1563 (R, S. 51) und der 
Korbmacher von 1595 (R. S. 145). Lüneburg: Rollen der Goldschmiede von 
etwa 1400 und 1587 (Bodemann S. 95, 102), der Krämer von 1410 und 
1476 (B. S. 138, 142 f.), der Gerber von 1476 (B. S. 74) und der Maler von 
1595 (B. S. 165). Osnabrück , allgemein 1471 (Gildeurkunden S. 41). 
Stettin, s. Blümcke S. 127 f. Friedland, Rolle der Krämer von 1343 (Mekl, 
Urkb. 6308). — Das Jahrmarktsprivileg galt auch für die einheimischen Bür- 
ger, s. die Hamburger Schmiederollen von 1375 und 1560 (Rüdiger S. 251, 254). 
' Bodemann S. 90. 



— 62 — 

und dritten Tage käme, bei lo Gulden Strafe geduldet werden 
(1534)'. In ähnlicher Weise waren die Marktbesucher selbst 
bedacht, sich neue Teilnehmer vom Halse zu halten. So be- 
schlossen die Kannengiefser der wendischen Städte 1526, es solle 
kein Meister dem andern in seinen Markt ziehen, sondern es bei 
alter Gewohnheit belassen^, und im Jahre 1678 sprachen sie 
den Gadebuscher Markt den Lübeckern, Wismarschen und 
Schwerinern zu, während wegen des Marktes zu Oldenburg die 
Hamburger und Bremer ihre Beweise vorbringen sollten 3. Auf- 
fallend erscheint es, dafs das Besuchen der Märkte in den Rollen 
keineswegs begünstigt wird. Wenigstens gestattete die ältere 
Rolle der Beutler zu Lübeck von 1459 ^^^ ^^^ ^^^ dortigen 
Riemenschneider von 1396 nur den Markt zu Schonen^, und auch 
die Rolle der Wismarschen Hutmacher von 1484 erlaubte das 
Beziehen der Beimärkte nur zur rechten Zeit, zur Zeit der Kirch- 
messe s, Leichter versteht man, dafs die Lüneburger Schuster 
fremden Marktbesuchem nicht Laden und Wohnung mieten 
sollten (1389)^. Ob die auf den Markt gebrachte Ware von den 
Werkmeistern der Ämter auf ihre Güte zu prüfen war oder nicht, 
darüber entschied wohl lediglich das Herkommen: die Ham- 
burger Schuster und Buntfutterer untersuchten fremdes Schuh- 
zeug und Futter auf seine Tüchtigkeit, und dasselbe scheint in 
Stettin im 16. Jahrhunderte allgemein von den Ämtern durch- 
gesetzt gewesen zu sein * ; dagegen mochte in Wismar der Bürger 
selbst seine Augen aufmachen , wenn er nicht von einem fremden 
Buntfutterer betrogen werden wollte 9. Ebenso brauchten die 
Wismarschen Bechermacher die Arbeit, mit der sie den rechten 



' Blümcke S. 127. 
> Bodemann S. 118. 

3 Mekl. Jahrb. 53, S. 175. 

4 Wehrmann S. 188, 374. Die spätere Rolle der Beutler von 1503 
(Wehrmann S. 189) gab alle Märkte frei. 

5 Es wird sich daraus erklären, dafs keiner dem andern den Rang ab- 
laufen sollte. 

^ Bodemann S. 231. 

7 1375 und 1537, Rüdiger S. 278, 185. 

8 Blümcke S. 127. 

9 Rolle von 1497. 



— 63 - 

Markt beziehen wollten, nicht besichtigen zu lassen', wogegen 
die Lübecker Schuster und Riemenschneider ihre Arbeit, die sie 
auf die freien Märkte oder nach Schonen zu Markte bringen 
wollten, zu Hause ihren Werkmeistern vorzeigen mufsten^, und 
ebenso auch wohl die Hamburger Grapengiefser 3, die wie die Lü' 
becker Kürschner straffällig wurden, wenn sie untüchtige Arbeit 
auf den Markt gesendet hatten -♦. 

Auch aufserhalb der Jahrmärkte verschlofs man den Fremden 
keineswegs die Thore, gestattete ihnen indes nur für beschränkte 
Zeit ihre Waren auf dem Markte oder auch in ihrer Herberge 
feil zu halten : für drei Tage ^ und nur einmal im Jahre ^, einzig 
die Wismarsche Krämerrolle vom Jahre 1397 gibt zweimaligen 
Besuch zu. Umgehungen dieser Bestimmung durch Zurücklassen 
der nicht verkauften Ware und Übertragung an andere scheinen 
allein bei den Krämern vorgekommen oder befürchtet zu sein. 
Die Wismarsche Rolle begnügt sich dieserhalb mit einem Ver- 
bote, in Lübeck jedoch ward 1389 und in Lüneburg 1476 eine 
Vereidigung der auswärtigen Krämer vorgeschrieben 7. Zu den 



» Rolle von 1489. 

* Rollen von 1441 und 1396, Wehrmann S. 414 und 374, 

3 1444, Rüdiger S. 126. Auch die Nordheimer Schuster (15. Jahrh.), 

4 Vor 1409, Wehrmann S. 359. 

5 Lübeck: Apengeter 1432 (Wehrmann S. 159), Buntfutterer 1386 (W. 
S. 192), Haken 1507 (W. S. 239), Harnischmacher 1433 (W. S. 234), Krä- 
mer 1353, 1389, 1483, 1500 (W. S. 270, 274, 276, 289 f., 400), Maler und 
Glaser vor 1425 (W. S. 327), Nadler 1356 (W. S. 340), Riemenschläger 
1414 (W. S. 371), Schmiede 1400 (W. S. 436). — Hamburg: Drechsler um 
1458? (Rüdiger S. 56), Kannengiefser 1530 (R. S. 127), Kesselflicker 1545 
(R. S. 133), Krämer 1375, 1563 (R. S. 49, 51), Schmiede und Leuchten- 
macher 1375, 1532 (R. S. 251, 169). — Lüneburg: Goldschmiede um 1400 
und 1587 (Bodemann S. 95, 102), Krämer (und Riemer) um 1350, 1408, 
1410, 1476 (B. S. 135, 137 f., 142 f.), Maler 1595 (B. S. 165), Schmiede um 
1302 (B. S. 201). — Dafs die drei Tage aufserhalb der Jahrmärkte lagen, 
ist namentlich in den Verhandlungen zwischen den einheimischen und aus- 
wärtigen Krämern in Wismar 1547 unmifsverständlich bezeugt (Zeugebuch 
S. $06), Ob in Stettin ein anderes Brauch war, oder Blümckes Auffassung 
(S. 127 f.) irrig ist, stelle ich dahin. 

^ So sind auch diejenigen der in der vorangehenden Anmerkung ge- 
gebenen Stellen zu verstehn, die es nicht voll deutlich aussprechen. Ein 
für allemal bestimmt es die Wismarsche Bürgersprache vom Jahre 1421, 

7 Wehrmann S. 276, Bodemann S. 142 f. 



— 64 - 

Wochenmärkten war die Zulassung der Fremden ungleich. Denn 
während in Hamburg auswärtige Krämer bei der Durchreise 
einen Tag auf dem Wochenmarkte ausstehn mochten, sich aber 
nicht, um die Wochenmärkte abzuwarten, längere Zeit aufhalten 
durften ' , waren den Schmieden dort auch die Wochenmärkte 
frei gegeben ^, was für Lüneburg laut eines Ratsbescheides dat 
unse borgere des gepriviligeret weren, dat de middewekene eyn vryg 
dag van kopenschop were^ als allgemein gültig anzunehmen ist. 
In Lübeck durften fremde Grützmacher Montags und Donnerstags . 
auf dem Markte bis lo Uhr ausstehn^, ebenda und vermutlich 
auch in Wismar konnten auswärtige Bäcker im 13. Jahrhunderte 
täglich Brot von gewisser Gröfse auf den Markt bringen s, wo- 
gegen es später in Wismar nach der Rolle von 1410 nur 
Donnerstags und Sonntags, nach der von 141 7 nur Sonntags^ 
aufserdem nach beiden in der letzten Woche vor Ostern, nach 
der dem 16. Jahrhunderte zuzuschreibenden Morgensprache end- 
lich nur Montags und zwar bis 10 Uhr morgens erlaubt war. 
Die Hamburger Rolle von 1375 schrieb nur eine gewisse Gröfse 
des Brotes vor und gestattete kein längeres Ausstehn damit als 
von einer Vesper zur andern^. In Stettin dagegen sollte, wie 
schon erwähnt, nach der Bäckerrolle von 1543 kein fremdes 
Brot aufser etwa ankommendem polnischem Weifsbrote verkauft 
werden, solange die Meister die Stadt nach Bedarf mit löblichem 
Brote versorgten '. Mit Haken wäre konnten in Wismar auch 
nicht dem Hakenamte Angehörige an gewissen Plätzen am Mitt- 
woch, Freitag und Sonnabend gemeinhin bis 10 Uhr, während 
der Fasten- und Adventszeit aber bis 11 Uhr ausstehn^, und 
ebenso in Dan zig am Markttage ein jeder mit Eisenwerk han- 



» 1375, Rüdiger S. 50. 
» 1375, Rüdiger S. 251. 

3 1468, Bodemann S. 3. Insbesondere war das für Schmiedearbeit schon 
um 1302 festgestellt, Bodemann S. 201. Haken wäre durften Gäste an drei 
Markttagen feilhalten, Bodemann S. 104 — 106 (1350 bis 1492). 

4 1506, Wehrmann S. 224 f. 

5 Mekl. Urkb. 2316. 

6 Rüdiger S. 24. 
.7 Blümcke S. 124. 

^ Hakenrolle von 1529. 



- 6s - 

dein ^ In Berlin durften fremde Pelzef nur mit Bewilligung des 
Amts auf dem Markte feil halten'^. Der Verschiedenheiten waren 
noch mancherlei, denn die Sucht unsierer Zeit, alles gleich zu 
machen, war dem Mittelalter gänzlich fremd. Ursprünglich ' frei- 
lich , darf man annehmen , war es unterschiedslos Rechtens ge- 
wesen, dafs Fremde für drei Tage mit ihrem Gute frei ausstehii 
und ebenso frei die Wochenmärkte besuchen konnten. ' Wenn 
aber zufällig in dem einen oder dem andern Gewerbe das Recht 
längere Zeit nicht ausgeübt war, so leiteten hernach, gerade wie 
bei den Jahrmärkten , die einheimischen Ämter daraus ein Aus- 
schliefsungsrecht oder mindestens ein Einengungsrecht für sich 
ab, meistens wohl mit Erfolg. So lassen sich die Rollen der 
Wismarschen Bechermacher von 1489 und die der Lübecker 
Böttcher* von 14402 nicht gut anders auslegen, als dafs sie 
Fremde gänzlich ausschlössen. Auch durften in Lübeck Fremde 
weder Kürschnerarbeit noch Pantoffeln einführen* und waren 
dort von auswärtiger Kistenmacherarbeit nur preufsische Kisten, 
Laden und Schränke zugelassen*, in Lüneburg sollte kein ge- 
schlachtetes Vieh eingebracht werdien^. Auswärtige, die in Lübeck 
Käse auf dem Markte feil hielten, sollten während dessen ihre 
Keller gfeschlosseh halten 7, und die fremden Krämer ihre Keller 
nur öffnen, wenn sie einen Käufer hätten®. Die Möllner durften 
ihre Laken bur in ihrer Herberge verkaufeii und sie nicht aus- 
legen 9. Fremdes Leder, wie es die Rufsfärber herstellten, durfte 
nicht vor den Thüren ausgehängt und nur Montags und Donnerstags 
auf den Ma^kt gebracht werden^®, und ebenso war den fremden 
Krämern das Ausfielen ihrer Ware in Häusern und Kellern Unter- 
sagt ^ ^ . Fremde Hamischmacher konnten während ihrer drei tage 



' Hirsch, Handelsgeschichte Danzigs S. 342 (1387). 

* 1280, Stadtbuch S. 74. 
3 Wehrmänn S. 175. 

♦ Wehrmiann S. 359, 211, vor 1409, 1432. 

5 1508, Wehrmann S. 257. 

6 1586, Bodcmann S. 128. Vgl. Greifswalder Rollen S. 18 (1443). 

7 1507, Wehrmann S. 239 f. 

8 1380, Wehrmann S. 275. 

9 1477, Wehrmann S. 498. 
»o 1500, Wehrmann S. 400. 
" 1483, Wehrmann S. 289 f. 

Hansische Geschichtsblätter. XXV. 5 



— 66 — 

entweder auf dem Markte ausstehn oder vor ihrer Herberge die 
Harnische aushängen und den Rest im ganzen losschlagen'. 
Manche Waren durften von Auswärtigen nur in gröfseren Stücken 
oder Mengen verkauft werden« So Haartuch *, Schollen 3, Fleisch ■♦, 
Kram waren s, Eisenwerk ^, Salz, Heringe, Laken '. Ausdrücklich 
wird mehrfach der Hausierhandel aufserhalb der Jahrmärkte ver- 
boten, den man auch den einheimischen Handwerkern nicht 
nachsehen wollte ^, und es kann nicht für eine Ausnahme gelten, 
dafs die Kesselflicker in Hamburg umfragen durften 9. Eine 
andere Bestimmung entzieht sich in Absicht wie Wirkung unserem 
Urteile, diejenige nämlich, dafs in Lübeck fremde Kohlenhändler 
den Sack Kohlen einen Pfenning und fremde Grützmacher das 
Fafs Grütze um zwei Pfenninge billiger geben mufsten als die 
einheimischen '°. Ähnlich mufsten in Lüneburg alle, die Heringe 
und Öl auf dem Markte feil boten, den Bürgern mehr Ware um 
ihr Geld lassen als die heimischen Haken in ihren Häusern". In 
welcher Ausdehnung die fremde Ware aufserhalb der Jahrmärkte 
der Prüfung ihrer angesessenen Konkurrenten unterstand, erhellt 
nicht. Zugestanden ist das Aufsichtsrecht, gemäfs den Rollen, 
in Wismar den Buntfutterern (1497) und Hutfiltern (1484), in 
Lübeck den Apengetem (1471), Armbrustmachern (1425), Hut- 
filtem (etwa 1400), Riemenschlägern (14 14), Rufsfärbern (1500), 
Schwertfegern (1473) '^, in Hamburg den Armbrustmachern (1458) 

' I433i Wehrmann S. 234. * I443i Wehrmann S. 231; Stettin 1444, 
Blümcke S. 128. 3 1507, Wehrmann S. 239. 

* 1385, Wehrmann S. 261 ; aber nur während kürzerer Zeiten im Jahre, 

3 1353, 1380, 1484, Wehrmann S. 270 — 274, 275, 289; Stettin 1444, 
1590, Blümcke S. 128. 

^ 1400, Wehrmann S. '436; Stettin 1444, Blümcke S. 128. 

7 Danzig, Hirsch, Handelsgeschichte S. 230. Vgl. auch die Rolle der 
Greifs walder Haken von 1499 (S. 50). 

^ Rollen der Wismarschen Krämer von 1397 (wiederholte Bemühungen 
der Krämer um Schutz in den Jahren 1602 ff., 1760, 1798, 1804), der Lü- 
becker Nadler (1356), Rufsfärber (1500), Schmiede (1400), Wollenweber 
(1477) — Wehrmann S. 340, 400, 436, 498, — der Hamburger Beutler von 
1557, Rüdiger S. 46. 

9 1545, Rüdiger S. 133. *° Wehrmann S. 444, 225, um 1469, 1506. 

" Bodemann S. 103, 107 f., um 1350 und 1499. Fremde Bäcker sollten 
ihr Brot für Nordheim schwerer backen als die einheimischen, die »der 
Stadt Beschwerung helfen tragen müssen« 1614. 

« Wehrmann S. 159, 161, 473, 371, 400, 456. 



- 67 - 

und Hutfiltern (zwischen 1400 und 1450) % in Lüneburg den 
Gerbern (1400), Goldschmieden (etwa 1400) und Kanoengiefsem 
(1597)^- Mit Strafe war aufserdem in Lübeck bedroht schlechte 
oder falsche Ware von fremden Nadlern (1356), Apengetern 
(1432), Hamischmachern (1433), Platenschlägem (etwa 1370), 
Beutlem (1459)2, Fertige Schuhe sollte kein Lübecker noch 
Lüneburger Schuster einkaufen^, in Lübeck ferner kein Böttcher 
von aufsen kommende Bänder s, kein Beutler ^, Buntfutterer ', 
Kürschner®, Nadler^, in Hamburg kein Korbmacher ^°, Sayen- 
macher ", Leuchtenmacher ' =^ auswärts angefertigte Arbeit für sein 
Handwerk ankaufen. Kein Hamburgischer Pelzer durfte von 
Fremden Pelze beziehen, bereitet oder nicht bereitet ^2, wogegen 
die Wismarschen solche erst den Werkmeistern zur Prüfung vor- 
zeigen mufsten'^. Reiferarbeit zu verkaufen war in Hamburg 
und Stettin nur den eingesessenen Reifern erlaubt, die solche 
auch von aufsen kommen lassen konnten '^, wie auch die Lübecker 
Kannengiefser von auswärts Grapen beziehen mochten, falls die 
einheimischen Grapengiefser nicht gleich gute Ware hielten ^^, 



^ Rüdiger S. 4, 112. 
' Bodemann S. 70, 95, I21. 
3 Wehrmann S. 340, 159, 234, 366, 189. 
♦ Wehrmann S. 415; 1532, Bodemann S. 235. 
5 1360, Wehrmann S. 177. 
*> 1459, Wehrmann S. 188. 
7 1501, Wehrmann S. 194. 
s Wefarmann S. 359, vor 1409. 
9 1356 (schlechte Arbeit?), Wehrmann S. 340. 
»o 1595, Rüdiger S. 145. 
" 1613, Rüdiger S. 226. 

" 1548, Rüdiger S. 168. Wenn nötig, sollte man seinen Bedarf im 
Amte decken. 

'3 1375, Rüdiger S. 180. 

'♦ 1383. 

'5 1375, Rüdiger S. 202; 1536, Blümcke S. 128. 

»^ 1442, Wehrmann S. 228. Das ward 1513 abgestellt. In Hamburg 
unterlag die Einfuhr fremder Grapen , falls sie gut waren , wie es scheint, 
keiner Beschränkung, 1375, Rüdiger S. 124. Die Wismarschen Kannengiefser 
durften nach ihrer Rolle von 1387 auswärts keine Grapen giefsen lassen. Die 
Rostocker durften Kessel kaufen, jedoch mufsten sie dem ganzen Amte an- 
gestellt werden, 1482, Mekl. Jahrb. 53, S* 164. — Lemmele von auswärts 

5* 



— 68 -— 



jedoch chifften freitide Kannengi6fser sich nicht zwecks Arbeit ih- 
Lübeck aufhalten'. Endlich witd 1474 in <ler Lübecker Rolle 
der Glaser und -Maler, und entspi*echend in der undatierten Von 
ihr abhängigen Wismarseheri Rolle, des^ Falles gedacht, däfs Aus- 
wärtige in der Stadt Arbeit übernähmen, die eigentlicih' dem Aifite 
zustünde, und soUefi' die Oesellen , die dazu ihre Hand bieten, 
vom Amte ausgeschlossen werden *. 

Dafs die Ämter eifersüchtig und unnachgiebig genug den 
Fremden gegenüber ihre Rechte wahrtfen', wird man auch ohne 
Beweis anzunehmen geneigt sein. Immerhin darf eiii Vorfäll aus 
Lüneburg als Beispiel hier mitgeteilt werden; Dort hatte sich 
im Jahre 1463 ein Erfurter Bürger durch Verkauf von Lamms'' 
pelzen gegen die Privilegien' der Kürschner vergangen und 'war ■' 
auf ihre Klage vom Gerichte zu einer Bufse" voii- 3 Pfutid ver- 
urteilt, die zu gleichen Teilen dem Rate, dem Vogte und dem ' 
Amte zustanden.' Er beklagte sich darob bei dem Rate, indem 
er sich auf Unkenntnis, die im Mittelalter- noch als Entschuldigung 
galt, berief, und bat um Eriafs der Bufse. Und wirklich fand 
seine Bitte Gehör, so dafs der Rat nicht nur auf seinen Anteil 
verzichtete, sondern auch beim Vogte und beim Amte seinen 
Einflufs ebendahin geltend machte ; beim letzteren jedoch trotz der 
Drohung, des Abschlags zu gedenken, umsonst. Schiiefslich blieib ' 
kein anderer Ausweg, als dafs der Rat die Zahlung des eineii 
Pfundes an die Kürschner auf sich nahm 3. Übrigens war auch der 
Rat fast ängstlich bemüht zu sorgen, dafs nicht der fremde 
Mann den Bürger mehr in seiner Nahrung beeinträchtige, ■ als unr 
umgänglich war, wenn man'ihni den Zutritt nicht überall ver- 
sagen wollte , was schon aus Rücksichten der Gegenseitigkeit ' 
nicht klug gewesen wäre. Man gestattete also " den ' Fremden 
die mitgebrachten Waren zu verkaufen, nicht jedoch neue 



durften die Lübecker Messerbereiter benutzen, nicht aber die Messerschmiede, 
1479, Wehrmann S. 441. Die Rad^macher zu Liibeck* bezogen Naben von- 
aufsen, 1508, Wehrmann S. 367 f. ; die dortigen Drechsler hätten ein Vor- ' 
recht auf di^n Handel m'it ÜrechslerWare , 1507, Wehrmann S. 200; vgl. 
S. 201 f., aus' dem Jahre I345. 

* 1421, Wehrmann S. 248. 

* Wehrmänti SV 329 f. 
3 Bodemanh S. 178. 



. -.69 - 

i^inzuhaa^eln*, um siq aji. Ort und SteljQ wieder zu veräufsern*, 
und ebenso wenig mit einander in Handelsverkehr zu treten', 
noch erlaubte :7nan den Bürgern mit dejn Geldei von Fremden 
odqr zu d^ren J^^pdiz^^ kaufen 3. , Vergesellschaftung mit Fremden 
verbiete« eine Reihe, von Rgllen, Zu. Lübeck die der Garbräter'*, 
,der Knochenhauers, und der Fischer^, zu Hamburg die d«: 
I^npohenhamär 7,, zu Wismar dije umdatierte der Wands^hneider, 
während, die. gleichfalls .undatierte Rplle der LUneburger Pelzer 
überhaupt Geschäftsgemeinheit pait Nichtamtsgenossen nicht dulden 
wiy^» Nur Eigengut ;dm"ft^ni die Lüneburger Kränier v^srtreiben 9, 
und kejn^ dortiger Schuster Fremden zugute Leder, kaufen '°, in 
•Berlin aber kein Wollenweber die Laken 4^8 ws^rtiger , vertreiben ^ ^ 
Dagegen hielt man darauf, dafjs, die Bürger den Fremden, was 
^ie ihnen aj)kauften, zu Danke bezahlten'''. . Ihre Uniterkunft 
f^^deur; beiläufig die Gäste nicht wieje.t^t in^.öffentliQhen Wirts- 
häusern, sondern bei .einzelnen Bürgern i die dem R&tifi gegen- 



' Wismarsche Bürgersprache vpn J424, .1430, 1480. Roll? der Wismar- 
schen Krämer von 1397, .der Lübecker Krämer von 1353 ^°^ .^3^9 (Wehr- 
maun S. 271, 276), der Lübecker Wandschneider von 1410 (Wehrmann S. 
492). Danziger Willkür von 1445, Hirsch, Handelsgesch. Danzigs S. 230. 
Die undatierte .Bürgerrolle '^ der Lübecker Krämer erlaubte dagegen dem 
freniden ICn^er beim. Bürger zwecks Verkaufs einzukaufen (Wehrmann S. 274). 

* EoUe ^er Wismarschen Krämer von ^397. Die Makler, (Träger) 
sollten keinen Handel zwischen Fremden vermitteln, Mekl. Urkb. J926 (1339X 
Wismarsche Bürgersprache von 1353 und I37if. (Mekl. Urkb. 7766, 10 261). 
Rolle der Wispiarsghen Träger, u^, das. Jahr 1450. . Ebenso die Danziger 
Willkür von 1445, Hirsch, Handelsgesch. Danzigs S.- 220 mit Anm., S. 23p. 

3 Ständig in der Wismarschen Bürgersprache wiederholt von 1346 bis 
1430, auch 14S0.. Vgl. auch |iirsch,..!Handelsgesc^. Danzigs S. 231. 

♦ 1376, Wehrmann S. 204. 
5 1385, Wehrraann S. 264. 

^ Wehrmann S. 477, .vor 1399. 
7 1375, Rüdiger S. 139. 
^ Bodemann S. 176. 
9.3pdemann S.. I32^.^m 1350. 
.'°^I448, ,Bodemanft S., 232. Vgl, die.,Nor dheimer Schusterrolle aus 
dexn,i5. Jahrlj^undert § 22. 

.1295» Stadtb^ch S. 68. 

Wismarsche Bürgersprache jvpn 1345, .1353, 1356, 1365: curialiter. 
Dasselbe verlangt die Rolle der Lübecker • Häutekäufer von .1445 • Wehrmann 
S. 241. 



II 
12 



— 70 — 

über flir das Thun und Treiben ihrer Gäste verantwortlich 
waren '. 

Aiifser dem Wettbewerbe fremder Geschäftsleute war noch 
ein Mittel zur Verfügung, um den Schäden zu. steuern, die aus 
der Privilegierung zu erwachsen drohten, und gleichzeitig unver- 
meidliche Härten der Hand werksordnung zu mildem : das war die Zu- 
lassung von Freimeistern, die, mit beschränkten Rechten allerdings, 
unabhängig von den Ämtern ihren Arbeiten obliegen mochten. In 
Lübeck sollten seit 1547 ihrer fünf neben dem Bäckeramte ihr 
Handwerk üben*. Ob auch für andere Ämter eine ähnliche Fest- 
setzung getroffen ist, mag dahin stehn^. In aufserordentlichen 
Fällen endlich konnte zur Zerrdfsung der Privilegien geschritten 
werden. So gab im Jahre 1439 ^^^ Augsburgische Rat, um 
billigere Fleischpreise zu erreichen, das Schlachten frei und ver- 
pflichtete die Bäcker dazu *. In Lüneburg begegnete, wie schon 
erwähnt ist, die Drohung des Rats beim Böttcheramte, das bei 
den ihm gesetzten Preisen nicht glaubte bestehn zu können, 
1479 hartem Trotze, und das Amt gab, dem Rate zuvorkommend, 
seine Mafse zurück. Die neue Rolle datiert vom Jahre 1490 s. 
Auch in Lübeck erwiesen sich bei einer Teurung die Bäcker un- 
fügsam und sagten 1545 oder 1546 ihr Amt auf, unterwarfen 
sich aber bereits 1547^. Meist wird jedoch schon eine Drohung 
des Rats genügt haben, um die Ämter zur Nachgiebigkeit zu 
bestimmen. 



' Standige Wismärsche Bürgersprache von (1344); vgl. die von 1350, 

I37if., 1373 ff-. 1385. 1387, 1394. 

» Wehrmann S. 168, Zeitschr. f. Lüb. Gesch. I, S. 391. 

3 Attfserordentliche Privilegierungen habe ich notiert für einen Maurer 
1453, Riemenschläger 1502, Zimmermann 1545 (Wehrmann S. 338f., 373 f., 
464); Bartscherer 1544, Hutmacher 1586 (Rüdiger S. 16, 120 f.), Barbiere 
1557 (Bodemann). In Wismar beschwerten sich die Ämter im vorigen Jahr- 
hunderte vielfach über unerträgliche Zulassung von Frei meistern; Wegen 
Stettins s. Blümcke S. 40 f. 

♦ Buchwald, Deutsches Gesellschaftsleben II, S. 237 f. Ob die Ver- 
ordnung des Strafsburger Rats vom Jahre 143$, wonach jeder Bürger, der 
das Handwerk verstünde, Mitglied der Metzgerzunft werden könne, nur vor- 
übergehend oder dauernd gültig gewesen ist, erhellt nicht aus der Anführung 
bei Adler, Fleischteüerungspolitik S. 51. 

5 Bodemann S;- 38 f. 

^ Zeitschrift f. Lüb. Gesch. I, S. 388 ff. 



— 71 — 

4. Hal^regeln zum Schutze der Schwächeren. 

War durch die Privilegierung der Arbeit das Handwerk nach 
aufsen hin auch genügend gesichert, so sah man frühzeitig ein, 
dafs der Bestand der Genossenschaften erschüttert werden mufste, 
wenn es einzelnen entweder hervorragend fähigen oder durch 
Glück und Vermögen begünstigten Leuten gelungen wäre, ihren 
Betrieb auf Kosten der Gesamtheit übermäfsig auszudehnen. Und 
man glaubte auch nicht, dafs es ein Zeichen von Blüte oder dafs 
es nur erträglich sei, wenn der Reichtum Weniger durch die 
Armut Vieler erkauft würde. Vielmehr hielt man dafür, dafs 
eine gewisse Gleichmäfsigkeit unumgänglich sei und dafs der Be- 
gabtere oder von Haus aus Vermögendere immer viel vor andern 
voraus und genug Gelegenheit habe, seine Gaben oder die Gunst 
seiner Umstände zur Geltung zu bringen und dafs er nicht ver- 
langen könne, dafs seinem Eigennutze das Wohl seiner Genossen 
geopfert würde. Möglichst gleiches Licht für alle war die Richt- 
schnur. Und während es heute in dergleichen Dingen ständig 
nach dem Spruche geht: Wasch mir den Pelz und mach' mich 
nicht nafs, war man im Mittelalter weise genug einzusehen, dafs, 
wer sein Ziel erreichen wolle, auch mit Kraft dahin streben 
müsse und nicht in Halbheiten stecken bleiben dürfe. Filial- 
geschäfte wurden nicht geduldet, und es sind auch wohl höchst 
selten Versuche in dieser Richtung gemacht. Nur in Lübecker 
Rollen findet sich nämlich das Verbot, mehrere Werkstellen zu 
halten , und zwar in der der Platenschläger (um 1370) und 
der davon abhängigen der Harnischmacher (1433) S dann in 
denen der Goldschmiede (137 1), der Pantoflfelmacher (1432), der 
Kuntormaker (1474) und endlich in der der Kistenmaker (1508)^, 
hier mit der Erweiterung, dafs auch nur Eine Verkaufsstelle ge- 



' Es soll keiner zu diesem Amte mehr Wohnungen halten als Ein Haus 
oder Eine Bude, Wehrmann S. 365, 233. 

' Wehrmann S. 221, 211, 294. Die letzte Stelle ist dem Mifsver- 
ständnisse ausgesetzt, indem es heifst: so en schal nymand . . . mer dan 
efte werckstede buten synem huse holden. Es kann nur gemeint sein: nie- 
mand soll mehr als Eine Werkstelle halten (oder genauer), er soll nicht aufser 
seinem Hause noch andere Werkstellen haben. 



— 72 — 

stattet ist ' . Ausdehnungsgelüsten anderer Art tritt die der ersten 
Hälfte, des 15. Jahrhunderts angehörende ^oUe. der Hamburger 
Wollen weber mit der Bestimmung entgegen, dafs jeder nur mit 
Einem Webstuhle (towe) arbeiten dürfe, dai sik de ene mit deme 
anderen berghen moghe^j und die gleiche Einschränkung spricht 
die der Lttneburger Breitelakenmacher von 1597 ^ aus, wogegen 
die der Berliner Wollenweber von 1295 zwei Stühle erlaubt*. 
Auch für die Lübecker, Hamburger und Stettiner Leinweber war 
die Zahl ihrer Webstühle, die höchstens zulässig war, vorge- 
schrieben und nur den Älterleuten einer darüber hinaus gestattet s. 
Die Rolle der Hamburger Wandbereiter vom Jahre 1547 be- 
schränkt die Zahl der Schertische ^. Ein Schmied zu Rostock 
bekennt im Jahre 1376, dafs er nach Schmiederecht nur Ein 
Feuer in seiner Schmiede halten dürfet, während spchs Jahre 
darauf die dortigen Richteherm einem andern in seinem von der 
Stadt erworbenen Grundstücke zwei Feuer erlaubten*. Nur Ein 
Fahrzeug sollten die Fischer und Elbschiflfer zu Hamburg 9 und 
^ie Schiffer zu Lüneburg '° haben. Efie Fischhändler der letzteren 
Stadt sollten in der Stintzeit einen Zweimannskahn nicht stärker 
besetzen". Um vieles häufiger sind die Bestimmungen über die 
Zahl der Gesellen und Lehrjungen, die zu halten erlaubt war. 
In der Regel durfte der Meister zwei Gesellen und einen Lehr- 
jungen beschäftigen^^, wobei in einzelnen Ämtern statt des Jungen 



' Wehrmann S. 254. Die Hamburger RoUe der Kisten- und Leuchten- 
macher von 15 15 (Rüdiger S. 135 ff.) ebenso; sie ist, wie bereits der Heraus- 
geber angemerkt hat, von der Lübecker abhängig. 

» Rüdiger S. 307. 

^ Bodemann S. 256. 

4 Stadtbuch S. 68. 

5 Wehrmann S. 321, 325, aus dem 14. Jahrhundert; Rüdiger S. 161, 
"™ 1375; Blüihcke S. 103. 

6 Rüdiger S. 288. 

7 Mekl. Urkb. 10930. 

8 ;Mekl. Urkb. 10930, Anm. 

9 1375, Rüdiger S. 61; 1586, 1591, 1599, Rüdiger S. 238, 240, 241. 
'° 143 1, Bodemann S. 192. 

'" 157O1 Bodemann S. 66. 

""Wismar: Böttcher 1346, Mekl. Urkb. 6684, Bechetmacher 1489. 
Lübeck: Buntmacher 1501 (Wehrmann S. 194) , Goldschmiede 1371 (W. S. 
221), Nadler 1356 (W. S. 340), Rademacher 1508 (W. S. 368), Schuster 



/ 



t. .,] 



■ — 73 — 

noch ein dritter Geselle', in,, anderen .statt eines Gesellen ein 
zweiter Junge" zulässig, war. Selbyiert konnten. die Wisijiarschen 
•Zimmerleute arbeiten ^^ Zwei Gesellen und zwei Jungeiij erlaubten 
in den wendische^ Städtep die Grape^ngiefser^^ in Lütjeck die 
Beutler und die Paternoster macher, doch durften die letzteren 
statt des einen Jungen einen dritten Gesellen s, die Gr^pengiefser 
zu Lübeck statt beider Jungen noch zwei Gesellen ^ einstellen. Selb- 
fünft durften die Kuntormaker zu Lübeck und Hamburg ar- 
beiten 7. Je ein Geselle und ein Lehrjunge waren gestattet in 
Wismar den Pantoflfelmachem ^, in Lübeck den Pantoflfelmachern 
und Sattlern 9 in Lüneburg den Schmieden ^°. und. in Osnabrück 
den Schustern ^ ^ ; entsprechend konpten selbdrjtt. arbeiten die 
Kammmacher und Holzleuchtenmacher ynd, die Ki$tenma.cher in 
Lübeck" und in Hamburg die Kisten- und Leuchtenmacher ^3. 
Neben einem Gesellen erlaubt zwei Jungen die spätere Rolle der 
Goldschmiede zu Wismar ^^, neben zwei Gesellen drei Jungen die 
derer zu Hamburg ^s ^ drei Gesellen und eipen Jungen die der 
Kürschner zu Lübeck und der Breitelakenmacher zu Lüneburg ^^, 



1441 (W. S. 415). Hamburg: Armbrustmacher 1458 (Rüdiger 3^ 5)» Beutler 

1557 (R. S. 46), Hutfilter 1583 (R. S. 118). Lüneburg: Böttcher 1543 

(Bodemann S. 44), Hutfilter 1524(6,8.111), PantofFelmacher 1525^(8,8. 170). 

'Lübeck: Kuntormaker 1474^ Perminter 1330 (Wehrmann S. 294, 363). 

* Wismar: Hutfilter 1484. Lübeck: Drechsler 1507, Hutfilter um 1400 
(Wehrmann S. 200, 472). Hamburg: Buchbinder 1592, Hutfilter in der 
ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts (Rüdiger S. 39, 112). 

3 1537, 1543.' 

* 1354t Wehrmann 8. 226. 

5 1459, 1510, Wehrmann S. 187, 349. 
^ Wehrmann S. 227, undatiert. 

7 1499, Wehrmann 8. 297; 1540, Rüdiger 8. 149. 

8 1509. 

9 1432, 1501, Wehrmann S. 211, 402. 
'° 1564, Bodemann 8. 206. 

*' Gildeurkunden 8. 29, um 1450. 

" 1531, 1508, Wehrmann S. 244, 254. Sonderbarerweise heifst es an 
der ersten 8teile: ejfn meyster unses ampthes schal arbeyden sulff drudde in 
syner warckstede, 

^3 15 15, Rüdiger 8. 136. 

'* 1^543» CruU, Amt der Goldschmiede, Anhang 8. IV. 

'5 1599, Rüdiger 8.103. 

• " * - . ■ . 

»^ Wehrmann 8. 357,. vor i4P9j Bodemann S. 256, 1597. 

-• • • • -^ . ■ . ■ ■e' • . . 



— 74 — 

drei Gesellen und zwei Jungen waren nach den Beschlüssen der 
Kannengiefser der wendischen Städte vom Jahre 1662 zulässig^, 
fünf Gesellen und einen Jungen oder vier Gesellen und zwei 
Jungen durften die Wandbereiter in Hamburg halten^, während 
die um ein Jahr ältere Rolle desselben Amts zu Lübeck schlecht- 
weg sechs Leute gestattet 3. Mit einem Gesellen endlich oder 
einem Jungen mufsten sich die Spinnradmacher zu Lübeck be- 
gnügen^. Die Übrigen Angaben berücksichtigen entweder nur 
die Gesellen 5 oder die Jungen^, was bei den Maurern und 
Deckern in Lübeck, Hamburg und Lüneburg ^ und wohl auch 
bei den Spinnradmachem von Hamburg®, wo überall nur ein 
Lehrknecht oder Junge gestattet wurde, nicht als Zufall oder Un- 
voUständigkeit anzusehen ist 9. Vielfach war den Älterleuten als 



» Mekl. Jahrb. 53, S. 169. 
» 1547, Rüdiger S. 288. 

3 Wehrmann S. 307. 

4 1559, Wehrmann S. 449. 

5 Einen Knecht gestatten die Rollen der Leuchtenmacher zu Hamburg 
(1548, Rüdiger S. 167) und der Rademacher zu Lüneburg (1596, Bodemann 
S. 237); — zwei Knechte die der Rade- und Stellmacher zu Hamburg (1599, 
Rüdiger S. 198) und die der Böttcher (um 1430, 1490, Bodemann S. 34, 41) 
und Fischer zu Lüneburg (1556, B. S. 66), und dieselbe Zahl liefsen die 
Hutfilter und die Schwertfeger für alle wendischen Städte zu (1574, B. S. 115, 
1555, Gesellen- Dokumente S. 61). — Drei Knechte durften halten die Fisch- 
händler zu Lüneburg (1570, 1578, Bodemann S. 66) und die Böttcher in den 
wendischen Städten nach den Beschlüssen von 1569 und 1585 (Gesellen- 
Dokumente S. 9). 

^ Nur einen Jungen gestatteten die Zimn^erleute zu Lübeck (1539, 1543, 
Wehrmann S. 461, 463), die Bäcker und Sayenmacher zu Hamburg (1375, 
1613, Rüdiger S. 25, 220), die Snitker zu Lüneburg (1498, 1524, Bode- 
mann S. 240, 242), die Riemer und Zaumschläger in den wendischen Städten 
(1540, 1555, Bodemann S. 184, Gesellen-Dokumente S. 53). — Zwei Jungen 
gestatteten die Paternostermacher und Riemenschneider zu Lübeck (1360, 
1396, Wehrmann S. 350, 376), die Schiffbauer zu Hamburg (15 14, Rüdiger 
S. 242) und die Rotgiefser des Städteverbandes (1573, Bodemann S. 189). 

7 Lübeck: Decker, undatiert (Wehrmann S. 195), Maurer und Decker 
um 1527 (W. S. 336); Maurer zu Hamburg 1462 (Rüdiger S. 171), zu Lüne- 
burg, 1570 und 1557 (Bodemann S. 167, 258). 

8 1593, Rüdiger S. 271. 

9 1496 beklagte sich das Amt der Wismarschen Wollenweber vor den 
Bürgermeistern über die Maurer, weil sie ihnen ihre Knechte entzögen, trotz- 
dem diese dem Amte stark verschuldet wären. Der Ratsmaurermeister entgeg- 



- 75 — 

Entschädigung für ihre Mühewaltung und ihren Zeitverhist ein 
Geselle mehr vergönnt, nämlich bei den Hutfiltern zu Hamburg % 
den Schustern zu Osnabrück^, dem Ratsmaurermeister zu Lüne- 
burg 3, und bei den Böttchern zu Lübeck, Stettin und in den wen- 
dischen Städten überhaupt^. Übrigens stand nach einer Stelle , in 
der Rolle der Hamburger Tuchmacher dies Recht auf einen 
überzähligen Gesellen wahrscheinlich den Älterleuten allgemein 
zu 5. Alte, nicht mehr arbeitsfähige Fischer durften in Lüneburg 
ebenfalls einen Knecht mehr halten^. In Wismar fafste nach 
Aufzeichnungen des Jahres 1492, zu einer Zeit des Rückganges, 
das Wollen weberamt jährlich Beschlufs, ob neue Lehrjungen und 
mehr Gesellen als bisher anzunehmen seien. In manchen Ämtern 
duldete man für kürzere Zeit eine Überschreitung der zulässigen 
Zahl, wenn fremde Gesellen zugewandert kamen ', die, wie es 
scheint, ein Recht auf vierzehntägige Beschäftigung hatten. Die 
Lübecker Kistenmacher mufsten sich im ersten Jahre ihrer Selb- 
ständigkeit mit einem Knechte behelfen ^, wie kein dortiger Rot- 
löscher der Regel nach einen Lehrknecht ansetzen durfte, ehe 
er dem Amte zehn Jahre lang angehört hattet. Auch sollte dort 
kein Reifer, um nicht seine Amtsbrüder zu schädigen, einen 
Garnspinner auf längere Zeit als für einen Monat in Dienst 



nete, er müsse das Volk nehmen, wo er es bekommen könne. Die Bürger- 
meister entschieden f die nicht verschuldeten Knechte könnten arbeiten, wo 
sie wollten , die andern aber solle kein Maurer in Dienst nehmen , er zahle 
denn ihre Schulden ab. Amtszeugebuch der Wollen weber Fol. 35r. 
' 1583, Rüdiger S. Ii8. 

* Gildeurkunden S. 29, um 1450. 

3 1570 und 1557, Bodemann S. 167, 258. 

* I559i Wehrmann S. 178; Blümcke S. 103; 1569 und 1585, Gesellen- 
Dokumente S. 9. 

^ 1595. Rüdiger S. 310. Keiner soll mehr Gesellen haben als der an- 
dere, doch soll es hierbei mit den Älterleuten wie in andern Ämtern gehalten 
w6rden. 

^ 1556, Bodemann S. 120. 

^ Z. B. Beutler in Hamburg (1557, Rüdiger S. 46), Pantoffelmacher, 
Breitelakenmacher und Tischler in Lüneburg (1525, 1597, 1609, Bodemann 
S. 170 f., 256, 243), Hutfilter und Schwertfeger in den wendischen Städten 
(1574, 1555, Bodemann S. 115, Gesellen-Dokumente S. 61). 

* 1508, Wehrmann S. 255. 

9 Wehrmann S. 392, vor 1471. 



-. 76 — 

nehroen V und kein Schneider Frauen oder Mägde zum Nähen 
halten^. Daf^ eine .beliebige Zahl von Gesellen und Lehrjungen 
zugelassen, wjurde, ist eine seltene. Ausnahme 3. .Alle Achtung 
,aber vetrdie^t ein Beschlufs, den djie Riemer und Zaumschläger 
d^r wendischen Städte. im Jahre 1555 fausten: unnd dt meister, 
de einen, .lerjun^en lerth^ i^sf ock bülUh^ dath he. ock,. einen, gesellen 
fard^rth^ szo lange, alsze he vormach ^, 

Des weiteren setzten manche Ämter fest, wieviel jeder einzelne 
höchstens an Arbeit leisten oder übernehmen dürfe. . So ist es 
schon erwähnt worden, dafs derWismarsche.Rat im Jahre 1372 
von einer seit länger aU dreifsig Jahren, bestehenden Übung seiner 
Knochenbauer KundQ erhielt, wonach sie sich eidlich verpflichtet 
hatten, täglich nicht mehr zu schlachten,, als ihrej. Werkmeister 
und Ältesten bestimmten ?. Das ward damals sicher abgeschafft, doch 
finden wir etwa hundert Jahre später, im Jahre 1484, v^ Lübeck 
wieder ein. für allemal festgesetzt, wieviel Jeder Meister höchstens 
schlachten durfte, olme dafs der Rat daran Ans^pfis .genommen 
häjtte^. Ähnlich bestimmte in Lüneburg das Bäckeramt, wieviel 
jeder mahlen lassen dürfe ^ und was an den Backtagen zu backen 
sei®.,, War noch altes Brot in der Stadt vorhanden, so schränkte 
man das. Backen ein und verwies .unter Umständen das frische 



' ^39°». Wehrmgnn S. 385. 

* "Vy ehrmann ^, 433, um 1370. Die eigene H^ausfrau durfte helfen. 

3- KleinTWandmacher in. Wismar x 5^0, Stelloiacher jn. Lüneburg 1596 
(Bodemann, S, 2Xl\ Schiffszinfimerleute in Lübeck 1593 (Wehnnwo/i S. 412). 
Verderbt ohne Zweifel ist die Stelle im j Vertrage der Hamburger Hutmacher 
mit Hans v. Brüssel (1586), wo diesem 23 Knechte und 2 Jungen oder 25 
Knechte und i Junge. zugestanden werden (Rüdiger S. 120). 

4 Gesellen-Dokumente S. 53. 

5 Mekl. Urkb. 10337. 

. ^. Wehrnuinn S. 267. Die jüngeren Meister liefen daihfils gegen einen 
de^n, Werkmeistern zustehenden Vorzug an 1 olyje durchzudringen.. Vgl. wegen 
der nicht ganz klaren Bestimmungen für Danzig Hirsch, Hgndelsgeschichte 
Danzigs, S. 311 Anm. 121; und Adler, ]^leischteuerungspolitik S. 91 f. Die 
Bestimmung d^r Wisms^schen Garbrät,errolle von .1502, dafs zwei (oder je 
zwei ?) von ihnen, zwei. Lämmer un<i, ein Schwein . gewisser .Gröfse aus- 
schlachten dürften, wird, aus fijiepa Vergleiche mit den Knochenhauern ent- 
springen. 

7 Bodemann S. 5, 13, um 1550 und ijm 1600. 

8 Bodemann S. 16, um 1600. 



— 77 " — 

Brot voö -den- Schatten. 'Auch entschloß man sich, als der 
Rat verlangte/ dafs täglich frische Wecken äü haben sein müfsteri, 
nur fortaln in fegehnäfeigem Wechsel zu backen *; Die Ämter, 
die sonst noch, um bei Erwerb zu bleiben,- dem Arbeiten eine 
Grenze stetzten ,- sind , soweit es in den Rollen zdtn Ausdruckt 
kommt: in LübefdcMiei der Haardeckenmacher ^, der Lohgerber 3, 
der Leinweber*, "der Rotlöscher 5, der Rufsfarbet^; irf Lüneburg 
die der Wbllenweber ^ und der Schiffer ®: Die Wismarschen Läk^n- 
macher beschränkten im Jahre 1582 nur die Anfertigung der 
tze/iveier l^aketi, auf -die nicht jeder zu laufen wufste. Mäh weifs' 
weder weshalb,- noch was es eigentlich für ein Tuch war, das 
unter diesem Namen -ging. Den Leinwebern endlich in Lübeck 
und Harhburg war verböten, mehr Gatn aüfzüscherenj als sie zu 
verarbeiten vermöchten 9. • 

Öfter suchte man sich die Nahrung durch Schliefsuhg des 
Amts zu erhalten und zu sichern, wozu allerdings die nicht immer 
leicht zu- erlangende Einwilligung des Rats erforderlich war. Ge- 
schlossen warfen odet wurden in ^Wismar 1500 das Amt der 
Tischler, 1509 das "d^rPantofifeTmacher, 1560 das der Klein- 
Wandmacher (bei unbeschränkter Gesellenzahl), 160^ (oder schon 
1548?) das der Barbiere, 16 10 das der Goldschmiede ; in 
Lübeck '1*3^56 das Amt der Nadler, 1376 das der Garbräter, 
1385 das der Knöchenhauer (ityfolge des Aufstandes), 1425 das 
der Arnibtustmax^her, 1436 das "der Pantoffelmacher, 1469 die 
Kohlenmesser, 1483 das Amt dei" Eisenhändler, r503 das der 
Leinwandhändler, 1567 das der Haken, 1508 das der Kerzen- 
giefser, '1526 das der Spinriradmächer , 1546 das der Tuch- 
bereiter 5 ' in Hamburg 1375 ^^s Amt der Fischer (weiter be- 



" Bodemann S. 1 7 f. 

» 1443, Wehrmann S. 230. 

3 Wehrmann S. 319, 314, im 14. Jahrhundert und 1454. 

4 "Wehrmann S. 321, im 14. Jahrhiindert. 

5 Wehrmann S. 389, vor 147 1. 
^ Wehrmann S. 398 f., 1500. 

7 1482, Bodemann S. 253. Ebenf. in Greifswald 1541 , Rollen S. 65. 

8 1521, 1576, Bodemann S. I94f., 199. Schon um 1450 strebten sie 
danach, Bodemann S. 192. 

9 Wehrmann S. 324, im 14. Jahrhunderte, Rüdiger S. 161, 163, 1375,' 
1458. 



- 78 - 

schränkt 1468), in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts das 
der Bäcker, 1437 das der Böttcher (weiter beschränkt 1458 und 
nochmals 1506), 1458 das der Leinweber, 1468 das der Bart- 
scherer, 1469 das der Goldschmiede (erweitert 1599), 1578 das 
der Fisch weicher ; in Neu • Brandenburg 1364 das Amt der 
Knochenhauer'; in Stettin^ 1491 das Amt der Böttcher, 1533 
die der Hutmacher, Schmiede, Schneider und Wandscherer, 1534 
das der Kannengiefser , 1535 das der Schuster, 1536 das der 
Reifer (erweitert 16x0), 1538 das der Leinweber (erweitert 161 1), 
1548 die der Schlachter und Garbräter und Tischler, 1549 das 
der Goldschmiede, 1553 das der Barbiere, 1555 das der Knochen- 
hauer, 1581 das der Töpfer, 1598 das der Drechsler, 16 14 das 
der Buchbinder; in Lüneburg 1455 das Amt der Böttcher (ge- 
beten hatten sie darum schon um 1430 und 1454), 15 17 das 
der Reifer (Bestätigung), 1524 das der Tischler, 1528 das der 
Pantoffelmacher, 1570 und 1581 das der Fischhändler und 1596 
das der Stell- und Rademacher. Die Zahl der Knochenhauer in 
Lüneburg ward um 1496 um 9 vermehrt, die ihrer Buden um 
19 vermindert. Die dortigen Maler und Glaser baten um 1497 
um Schliefsung ihres Amts, und die Haken behaupteten im Jahre 
1454, es sei ihnen zugesagt, dafs ihr Amt nicht gröfser werden 
und nur durch Meisterkinder oder Eingeheiratete ergänzt werden 
solle, wie es auch bei andern Ämtern gebräuchlich sei. Die Be- 
schränkung der Altschneider (Wismar 1568) und Altschuster 
(Lübeck 1532, Hamburg 1434) geschah in Rücksicht auf die 
Schneider und Schuster, die der Spinnradmacher zu Hamburg 
(1569, 1593) zu Gunsten der Blockdreher. Wahrscheinlich war 
auch das Amt der Goldschmiede zu Lübeck geschlossen, da es, 
nach S. 52, nur in den städtischen Goldschmiedebuden sein 
Handwerk betreiben durfte. 

^ — Fttf^den Fall, dafs jemand mehr Arbeit hatte, als er zu be- 
wältigen vermochte, mahnte die Rolle der Hamburger Hutfilter 
vom Jahre 1583, einen Amtsbruder zu Hülfe zu nehmen 3, wie 
solches die Rolle der Danziger Goldschmiede schon anderthalb 



' Insofern festgestellt ward, dafs die Zahl der Scharren nicht vermehrt 
werden solle. Mekl. Urkb. 9254, vgl. 2068. 
» Blümcke S. 3« und 75. 
3 Rüdiger S. 119. 



— 79 — 

Jahrhunderte vorher vorschrieb', und ein Gleiches gestatteten für 
Lübeck die Rollen der Maurer und Decker (um 1527)^, der 
Pergamentmacher (1465)3, der Kuntormaker (1474) * und der 
Patemostermacher (1510)5. Dagegen ward es 1346 in Wismar 
den Böttchern untersagt, von einander Tonnen zu kaufen und für 
Rechnung eines Amtsbruders Holz zuzuhauen oder Tonnen an- 
zufertigen ^, und in allen Städten finden sich Verbote gegen einen 
gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb. In Wismar für die Krämer 
(1397), in Lübeck für die Kuntormaker (1474) ^ und die Loh- 
gerber (14. Jahrhundert)^, in Hamburg für die Kannen- und 
Grapengiefser (1375) 9, in Lüneburg für die Bäcker (um 1550)'° 
und Goldschmiede (1587)", in Osnabrück für die Knochenhauer 
(1472)^^. In Hamburg aber gestattete man solchen unter Ein- 
schränkungen für die Gerber (1375) ^^ wenn die Verbundenen jeder 
drei Jahre, für die Schneider (1375)^* wenn sie ein Jahr lang 
selbständig gewesen waren, für die Schmiede (1375)^^, wenn sie 
in Einem Hause wohnten. Auch in Lüneburg scheint den zu 
einem Amte vereinigten Krämern und Riemern in dieser Hinsicht 
nichts in den Weg gelegt zu sein (um 1350)^^, und in Lübeck 



^ Hirschf Ilandelsgeschichte Danzigs, S. 315. 
* Wehrmann S. 336. 

3 Wehrmann S. 364. 

4 Wehrmann S. 294. 

5 Wehrmann S. 349. Der zu Hülfe gezogene Meister soUte jedoch in 
seiner eigenen Werkstätte arbeiten, oder wenigstens nicht länger als vierzehn 
Tage in der des andern. Ähnlich besteht die Wismarsche Tischlerrolle von 
1 500 darauf, dafs ein Tischler für einen Maler nur im eigenen Hause , nicht 
in dem des Malers arbeiten dürfe. 

^ Mekl. Urkb. 6684^ In Danzig sollten Böttcher, die Tonnen machten, 
keine zwecks Verkaufs kaufen, Hirsch, Handelsgeschichte Danzigs S. 305. 

7 Wehrraann S. 294. 

8 Wehrmann S. 320, aufser in Korduan. Die Rotiöscher sollten ihr 
Out auch nicht in eines andern Keller setzen, Wehrmann S. 390, vor 147 1. 

9 Rüdiger S. 124. 
*° Bodemann S. 5. 

II Bodemann S. 100. 

" Gildeurkunden S. 48. Auch in Greifswald (um 1418), Rollen S. 16. 

»3 Rüdiger S. 88. 

14 Rüdiger S. 258. 

15 Rüdiger S. 252. 
I* Bodemann S. 133. 



— 8o — 

scheint den Häutekäufern wenigstens zeitweilige Vereinigung nicht 
verboten gewesen zu sein (1445) \ Die Verbote für Wand- 
Schneider imd Brauer gehören nicht hierher und das Verbot für 
die Träger tu. Wismar selbdritt auf Mäkelschaft auszugebn (um 
1450) wird einen andern Grund haben. Noch minder gern sah 
man Verbindungen mit Leuten aufser dem Amte, obwohl nur 
sehr wenige Rollen sie verbieten , nämlich die der Garbräler zu 
Lübeck (1376)^ und die der Fischer zu Lüneburg (1492)3. Dach- 
decker dürften sich in Ltibeök nicht mit den Maurern zusammen - 
thun*, Gerber in Hamburg nicht mit Vorkäufefn (1375)^. Von 
dem untersagten Zusammengehn mit Stadtfremden ist vorher ge- 
handelt. 

Dafs gegenseitige Schädigung in eigennütziger Absicht un- 
statthaft war, ' braucht kaum hervorgehoben zu werden, und der 
Umstand, dafs sich in den Rollen wenig darauf Zielendes findet, 
läfst sich wohl für ein erfreuliches Zeugnis ansprechen. Eigent- 
lich sind nur die Rollen der Hamburger Fischer vom Jahre 1375 
und die der dortigen Finkenfänger vom Jahre 1594^ hier anzu- 
ziehen mit ihrem Verbote, sein Netz auf eines andern Wurf aus- 
zuwerfen oder sein Garn dem eines andern zu nahe zu stellen, 
allenfalls auch noch die Hamburger Bäckerrolle vom Jahre 1375, 
die untersagt, einen andern von seiner rechten Schaffe in der 
Mühle zu treiben , dar he uppe malen schal''. Vielfach sitld da- 
gegen, vorzüglich in Lübecker Rollen, die Vorschriften über den 
Einkauf der Rohprodukte, um zu verhüten, dafs jemand durch 
seine reicheren Mittel, durch günstige Gelegenheit oder Fixigkeit 
seinen Genossen einen ungebührlichen Vorsprung abgewinne. Es'" 
wiederholt sich hier das Verbot , vor den Thoren vorweg zu 
kaufen, oder ehe gewisse Stellen erreicht seien, auch von einer 
gewissen Zeit, wente anders neme de rassche deme kranken 
(Schwachen) dat brot ute deme munde, wie es iti der Rolle der 



' Wehrmann S. 241. 
* Wehrmann S. 204. 

3 Bodemann S. 65. 

4 Wehrmann S. 196. Die Rolle ist nicht datiert. 

5 Rüdiger S. 88. 

6 Rüdiger S. 63, 85. 

7 Rüdiger S. 26. 



- 8i — 

Häutekäufer von Lübeck heifst'. Die Hamburger und Lüneburger 
Böttcher sollten nicht zwecks Holzkaufs auf das Land gehn, von 
wo das Holz so wie so in die Stadt auf den Markt gebracht 
ward ^. Die Lübecker Knochenhauer aber hatten vor allen Thoren 
ein Mahlzeichen, innerhalb dessen sie das angetriebene Vieh 
kaufen und teilen mochten, und wäre es, fährt die Rolle fort, 
dafs sich jemand daran machte und die ersten Käufer mit Ge- 
walt und Widerwärtigkeit davon treiben wollte, ein solcher gewalt- 
thätiger, Verdrufs erregender Mensch verbricht an den Rat 
3 Pfund 3. Von Hamburg sollten die Knochenhauerknechte zum 
Einkaufe der Osterlämmer nicht vor Dienstag nach Palmarum 
ausgehn^. Die dortigen Kerzengiefser sollten keinen Talg in 
den Rindern kaufen , bevor er zusammengeschlagen war s, die 
Lübecker Häutekäufer das Fell nicht auf dem Fleische und 
während des Abdeckens^. Ebenso durften die Hamburger Gerber 
mit den Knochenhauern nicht handeln, solange das Vieh lebte, 
und aus Rücksicht, auf die andern Bürger nicht in den Scharren^, 
während die Lübecker Rollen das letzte nach Tische für Loh- 



' 1445, Wehrmann S. 242. Es kommen in Betracht aus Lübeck die 
Rollen der Hfiutekäufer (1445, Wehrmann S. 241 — 243), Knochenhauer 
(13S5» W. S. 262), Lohgerber (aus dem 14. Jahrhundert und 14541 W. S. 
319, 314), Rotlöscher (vor 1471, W. S. 388); aus Hamburg die der Böttcher 
(zwischen 1375 und 1415, Rüdiger S. 32), Gerber (1375, R. S. 88 f.) 1 Ker- 
zengiefser (1375, R. S. 131), Knochenhauer (1375, R. S. 140); aus Lüne- 
burg die der Böttcher (um 1430, 1490, 1543, Bodemann S. 34, 41, 43); aus 
Stettin die der Knochenhauer (1551, Blümcke S. 136); aus Osnabrück die der 
Gerber (1376, Gildeurkunden S. 12). 

> Hamburg zwischen 1375 und 141 5, Rüdiger S. 32; Lüneburg um 
1430, 1490, 1543, Bodemann S. 34, 41, 43. Die Lüneburger sollten auch 
keine Bänder im Lande Sachsen einkaufen. 

3 13851 Wehrmann S. 262. Auch die Rolle der Knochenhauer der 
Jangstadt Danzig verbietet Vieh , das des marcktes begertt^ im Umkreise 
einer Meile aufzukaufen, Hirsch, Handelsgesch. Danzigs S. 337. Gegen eine 
ähnliche Zufahrigkeit erklärten sich die Satzungen der Wismarschen Wollen- 
weber vom Jahre 1492 , wonach die Wolle nicht früher ausgeworfen werden 
durfte, als der Kauf im Kruge vollkommen abgeschlossen war. 

4 1375, Rüdiger S. 140. 

5 1375, Rüdiger S. 131. 

^ 1445, Wehrmann S. 243. 

7 13751 Rüdiger S. 88. Vgl. Greifswalder Rollen S. 60 (1527). 
Hansische Geschichtsblätter. XXV. 6 



— 82 — 

gerber und Rodöscher frei gaben ^ Wenn Lohe zu Kauf ge- 
bracht wurde, mufste man in Lübeck das Anlegen des Prahms 
abwarten oder die Wagen bis zu den bestimmten Plätzen kommen 
lassen ' ; in Hamburg mufste das Schiff erst innerhalb der Wasser- 
bäume angelangt sein, und galt es nicht, mitten auf der Strafse, 
sondern nur auf den Leisten ^ oder im Hause zu kaufen *. Eben- 
dahin zielt das Verbot, dafs kein Gerber, der gehn und stehn 
könne, sich von keinem andern Lohe einkaufen lasse s. Mehr- 
fach wird es verpönt, dafs einer dem andern vorweg kaufe, ihm 
in seinem Kaufe schade oder ihn unterbiete^. Es geschieht in 
den Rollen der Wollen weber ^, Kürschner und Buntfutterer ®, Rot- 
löscher 9, Schuster ^°, Altschuster", Garbräter'^ und Armbrust- 
macher '3. In Stettin sollte kein Drechsler dem andern das be- 
reits bedingte oder besprochene Holz aus der Hand kaufen'^. 
Dafs keiner dem andern seinen Holzmann oder Kaufmann — 
jetzt heifst's Lieferant — entziehe, verbieten übereinstimmend die 
Rollen der Rademacher und Stellmacher von- Lübeck, Hamburg 
und Lüneburg ' ^ und die Satzung der Wismarschen Wollenweber 



' Wehrmann S. 319, 14. Jahrhundert; S. 388, vor 1471. In Nordheim 
war ausschliefslich in den Scharren einzakaufen (16. Jahrhundert). 

* Wehrmann S. 319, 314, 14. Jahrhundert und 1454. 

3 Jetzt sagt man Bflrgersteig oder Trottoir. Die Sprache macht Fort- 
schritte. 

4 1375, Rüdiger S. 88. Ob nicht in § 14 und § 20 />^ Aave und tho 
boden zu lesen ist? Ähnlich durfte in Lüneburg kein Brauer Korn oder 
Hopfen vor sein Haus fahren lassen anstatt auf den Markt (1488, 15191 1564. 
Bodemann S. 50, 53, 56). 

5 Hamburg 1375, Rüdiger S. 88; Lübeck, 14. Jahrhundert. Wehrmann 
S. 320. 

* Gebräuche der Wismarschen Wollenweber, 1492. 

7 Schwerin 1375, Mekl. Urkb. 10 815. Wismar 1492. 

* Wismar 1383. Hamburg 1537, Rüdiger S. 186. Stettin 1350, 
Blümcke S. 139. 

9 Lübeck vor 1471, Wehrmann S. 388. 
'° Lübeck 1441, Wehrmann S. 413. 
»» Lübeck 15 II, Wehrmann S. 345. 
" Lübeck 1375, Wehrmann S. 203, 204. 
'3 Lübeck 1425, Wehrmann S. 161. 
'4 149 1 ''1598), Blümcke S. 139. 

'5 1508, Wehrmann S. 366, hier beschränkt auf das gezeichnete, auf- 
tragsmäfsig geschlagene Holz; 1599, Rüdiger S. 199; 1596 Bodemann S.237> 



- 83 - 

vom Jahre 1492. Andere Rollen treten einem übermäfsigen Ein- 
kaufen entgegen. So sollte in Hamburg kein Korbmacher und 
Böttcher mehr Ruten oder Holz kaufen, als er brauchte ' , wäh- 
rend in Lüneburg von Zeit zu 2^it der Rat bestimmte, wieviel 
Holz der einzelne Böttcher aufsetzen durfte^. In Lübeck sollte 
kein Lohgerber wöchentlich mehr als zwei Fuder Lohe, und die 
nicht an Einem Tage einkaufen 3, und ebenso wenig in Riga ein 
Schmied mehr als drei Fuder Kohlen auf einmal^. In Stettin 
hatte jeder Lohgerber nach bestimmter Reihenfolge vier Wochen 
hindurch das ausschliefsliche Anrecht auf den Ankauf der vom 
Scharfrichter abgezogenen Felle und sollte von der von Damm 
zu Markte gebrachten Lohe, falls mehrere darauf Anspruch machten, 
nicht mehr als ein Fuder kaufen s. Wieder andere Rollen ge- 
bieten, dafs man Genossen an seinem Einkaufe einen verschieden 
bemessenen Anteil gewähre. Ein Rademacher, der Naben oder 
Holz bestellen wollte, hatte das in Lübeck den Älterleuten an- 
zuzeigen^, und ebendort ein Schwertfeger, der auswärts einzu- 
kaufen beabsichtigte, das drei Tage vorher dem Amte mitzuteilen, 
damit jeder mithalten könnte, der die Kosten mittragen wollte 7. 
In Hamburg sollte jeder Reifer, der mehr als ein halbes Schiff- 
pfund Bast oder mehr Seile oder Heden -Garn als ein halbes 
Hundert kaufte, seinen Amtsbrüdem anbieten, an dem Über- 
schiefsenden teil zu nehmen ^ und ebenso in Rostock der Kannen- 
giefser, der an Kesseln über einen Centner und an 2^nn oder 



I I595f Rttdiger S. 146. Zwischen 1375 und 1415 , Rüdiger S. 32. 
Wer Holz übrig hatte, durfte solches an Amtsbrttder abgeben, doch sollten die 
Werkmeister zugezogen werden, damit keine Übervorteilung stattfände. Un- 
klar ist eine entsprechende Bestimmung der Lübecker Rotlöscherrolle , die, 
wie es scheint, das Aushelfen aus dem eignen Leder- Vorrate untersagt, ge- 
meinschaftlichen Einkauf aber zuläfst, Wehrmann S. 388. 

' Es wechselt zwischen 8 und 10 sosHeh , Bodemann S. 34 , 38 , 39, 
41,. 42 (von etwa 1430 bis 1543). Wem Holz über seinen Bedarf zugeführt 
wurde, der konnte zum Marktpreise an Genossen abgeben, Bodemann S. 37. 

3 1454, Wehrmann S. 315. 

4 Mettig, Amtsbuch der Schmiede S. 17, zwischen 1409 und 1428. 

5 1601, Blümcke S. 137. 

^ 1508, Wehrmann S. 368. 

7 1473, Wehrmann S. 456. 

8 1375, Rüdiger S. 202, 203. 

6* 



- 84 — 

Bld über fünf Lispfund einkatifte ' ; ein Grapengiefser mufste 
ebendort auf Verlangen von einem halben Schiffpfunde Kupfer 
abgeben, falls sein Genosse zahlungsfähig war^, und in Wismar 
durfte kein Schmied sich weigern, von seinem Kohlenkaufe einem 
Amtsbruder, der deren bedurfte, eine Tonne abzulassen 3. Femer 
mufste jeder Stettiner Kürschner bei einem 3 Schillinge über- 
steigenden Kaufe es sich gefallen lassen, mit einem hinzukommen- 
den Genossen auf dessen Begehr den Kauf zu teilen, falls er 
nicht den Gottespfenning darauf gab und das Gut in drei Tagen 
freite^. Auch die dortigen Böttcher und Kleinbinder mufsten auf 
Verlangen die Hälfte um den Einkaufspreis an einen Amtsbruder 
abstehn s. Unklar ausgedrückt ist eine entsprechende Bestimmung 
der Lüneburger Bäckerrolle: kop up der Straten van kam schal 
ein amptbroder dem andern nicht ringer weigeren alse einen 
wichimpten^. Die meisten Rollen jedoch, die sich mit dem Ein- 
kaufe beschäftigen, weisen den Einkauf gröfserer Posten oder 
besonders wichtiger Dinge dem ganzen Amte zu, mag auch der 
einzelne, dem sich die Gelegenheit bietet, abschliefsen, oder mag 
das den Werkmeistern zugewiesen werden. Die Verteilung ge- 
schah je nach Bedürfnis oder nach der Einlage oder durchs 
Los. Es mag genügen, die betreffenden Rollen zu nennen. Aus 
Wismar sind es die der Krämer (1397), Schwertfeger (um 1450), 
Reifer (1487), Bechermacher (1489) 7, Wollen weber (1494) ^, 
Bäcker (im 16. Jahrhunderte) 9 ; aus Lübeck die der Nadler (1356, 
1508) ^°,Gärtner(um 1370) ",Garbräter (1376) '% Reifer (1390) '3, 



' 1482, Mekl. Jahrb. 53, S. 164, zum Teil unverständlich. 

* 1482, Mekl. Jahrb. 53, S. 164. 

3 Etebok der Schmiede, 16. Jahrhundert. 

* 1350, 1489, Blümcke S. 137. 

5 1491, 1605, Blümcke S. 137 f., 139. 

^ Bodemann S. 6, um 1550. Gemeint ist: er soll bis zu 12 Scheffeln 
abgeben. Es hätte heifsen mtlssen nicht weigeren^ ringer, 

7 Erst wenn das Amt verzichtete, durfte der einzelne kaufen. 

* Wegen der Karden. 

9 Wenigstens stand nach der Morgensprache dem Amte der Komkauf frei. 

''o Wehrmann S, 341, 347. 

" Wehrmann S. 208. 

" Wehrmann S. 203, wegen des Fangs auf dem Wasser zu Harburg, 

»3 Wehrmann S. 382, 386. 



- 85 - 

Rieinenschneider (1396) % Messingschläger (1400)^, Hutfilter (um 
1400)3, Pelzer (vor 1409, 1409)^, Riemenschläger (1414)5, 
PantofFelmacher (1432)^, Haardeckenmacher (1443) 7, Rot- 
löscher (vor 1471)^, Schwertfeger (1473)9, Rufsfarber (1500)^°, 
Drechsler (1507)"» Haken (1507)^*, Schmiede (nach 1512)^3, 
Kammmacher und Holzleuchtenmacher (iS57)^^> Spinnradmacher 
(1559)^5^ Bechermacher (1591)^^; aus Stettin die der Reifer 
(1536, i6io)'7^ Böttcher (i6o8)'^ Buchbinder (1614)^9. Aus 
Hamburg kommt nur die Rolle der Leuchtenmacher vom Jahre 
1541 ^° in Betracht, während die der Drechsler von etwa 1458 
und die der Buchbinder vom Jahre 1592 ^^ nur mit der Möglich- 
keit gemeinsamen Kaufs rechnen. Aus Berlin ist die Rolle der 
Wollenweber anzuziehen (1331)''^; aus Lüneburg aber sind es 
die der Schuster (1389, 1448)'' 3, Pelzer (um 1450) ="* und der 



» Wehrmann S. 375, Elenhäute, bis zu ^/a Decher frei. 
* Wehrmann S. 331, Galmei. 

3 Wehrmann S. 472. 

4 Wehrmann S. 356, 360. 

5 Wehrmann S. 372. 
^ Wehrmann S. 211. 

7 Wehrmann S. 230. 

8 Wehrmann S. 391, übrigens unverständlich. 

9 Wehrniann S. 456. 
^° Wehrmann S. 398. 
" Wehrmann S. 200. 

" Wehrmann S. 236, 239. 

»3 Wehrmann S. 438; Ittnmele waren 1512 für frei erklärt, S. 437. 

*4 Wehrmann S. 245. 

'5 Wehrmann S. 450. 

»<> Wehrmann S. 172. 

'7 Blümcke S. 137. 

'< Bei gröfserer Zufuhr, Blümcke S. 138. 

»9 Blümcke S. 139, Pergament. 

«> Rüdiger S. 164. 

" Rüdiger S. 56, 41. 

" Stadtbuch S. 89 f., viscera ad cordas. 

23 Bodemann S. 230, 233. 

»4 Bodemann S. 176; um 1302 war nur der gemeinsame Einkauf von 
Weinstein als zulässig ins Auge gefafst, Bodemann S. 175. — Zu vergleichen 
Ut die Regelung des Laubschneidens für die Bader 1361, Bodemann S. 23. 



— 86 — 

Böttcher, soweit nämlich das Holz zu Schiffe ODkam (1490)*, 
wogegen zu Wagen angefahrenes dem einzelnen zu kaufen fiei- 
ttand, jedoch unter Gewährung des Rechts der Teilnahme ftir 
die Genossen'. In Lübeck war das erste HoU, das lut See 
anlangte, für die Böttcher 3, und das erste Schiff mit Bast und 
Draht fllr die Reifer^ Teilgut: den Kauf mochte der abschliefsen, 
der zuerst daran kam. Besonders lehrreich sind die Beschlüsse 
des Amts der Lübecker Paternostermacher über den Einkauf des 
Bernsteins. Schon im Jahre 1400 hatte man die Erfahrung ge- 
macht, dafs die Absicht gleich mäfsiger Verteilung des aus einer 
gemeinsamen Kasse gekauften Steins durch das Übergewicht ein- 
zelner vereitelt ward, die gegen ein geringes Trinkgeld den Anteil 
von sechs oder acht Amtsbrüdem an sich brachten. Man suchte 
damals Abhilfe in einem Verbote des Vorschiefsens auf den Ein- 
kauf hin. Wer daneben auf eigne Hand Stein kaufte, hatte ihn 
an das Amt abzuliefern und behielt ihn nur, wenn dieses in den 
Kauf einzutreten nicht vorteilhaft fand, dann aber gegen ein an 
das Amt zu zahlendes Aufgeld von a Schillingen ftir das Pfund '. 
Etwa siebzig Jahre später war noch immer kein Mittel dagegen ge- 
funden, dafs nicht einzelne mehr, als ihnen zukam, von dem vom 
Amte gekauften Steine davon trugen*, und 1510 hatte man sich 
darin als in etwas Unabänderliches ergeben und suchte nur daraus 
filr die Unterstützungskasse des Amtes Vorteil zu ziehen, indem 
man von jedem Lispfund solches über das Los übernommenen 
Ichillinge wahrnahm, eine Steuer, der man auch den 
len auf eigne Rechnung erworbenen Stein unterwarf. 
nUber der früheren Übung gab man nunmehr den 
ei, wenn das Amt verzichtete, dem von Absicht und 

Dann 5. 40. 1543 tritt dafür Feitstellung des Pieises durch die 
ein, Bodemanii S. 43. 

1490, 1543, Bodemann S.37, 40, 4J. 

WehrmaDn S. 173, 

Wehimann S. 3S2. 
a.a„n S. 35^. 
mann S. 354. 

ist hier nicht , wie es im mod, Handwörterbuch erklürt wird, 
^auf, Sonden) Nebenkauf, im Gegensatze zum ersten Kauf oder 
1er dem Amte zustand. Ebenso iimarkidt neben den richtigen 



— 87 - 

Gelegenheit Mitteilung zu machen war'. Eine ge^yisse Unklar- 
heit bleibt hierbei aus dem Grunde bestehn, weil im Jahre 1400 
von den Bestimmungen über den Kauf des fremden Bernsteins 
ausdrücklich der preufsische Stein ausgenommen wurde ^, obwohl 
das Amt schon 1397 direkt vom Deutschen Orden Bernstein be- 
zogen hatte 3, wie es 1475 ^^^ Sammeln des preufsischen Steins 
für drei Jahre pachtete'*. 

Weshalb die Lüneburger Böttcherrolle von 1490 verbieten 
mag, dafs die Hausfrau statt des Mannes Holz auf der Strafse 
einkaufe 5," und ebenmäfsig zu Stettin die Rollen der Böttcher 
(1491), Kürschner (1350), Tischler (1548) den Einkauf für die 
Werkstelle nicht von ihr besorgt wissen wollen aufser bei Krank- 
heit des xMannes^, wird nicht leicht zu ermitteln sein, und ich 
lasse es auch dahin gestellt, ob das später zu berührende Verbot 
anderer Rollen, die nicht dulden wollen, dafs die Frau im Ver- 
kaufe den Mann vertrete, demselben Gedanken entsprungen ist. 
Weniger sind wir um Gründe dafür in Verlegenheit, dafs die 
Rigische Rolle der Schmiede nur dem Meister oder der Hausfrau 
gestattet, die Kohlen zu kaufen 7, und andere den Einkauf durch 
Gesellen untersagen oder sich dagegen erklären, dafs ein Meister 
im Auftrage des andern kaufe®. Ein paar vereinzelte Bestim- 
mungen endlich sollten offenbar dem Betrüge steuern, wenn näm- 
lich im 14. Jahrhunderte die Rolle der Lübecker Lohgerber den 
mit Strafe bedroht, der einem Knochenhauer ein nach dem Ab- 
ziehen genetztes Fell abnähme 9, und die Rolle der Hamburger 
Schuster von 1375 nur zweimal in der Woche auf dem Gerber- 
hause Leder einzukaufen gestattet, es sei denn, dafs der Schuster 
damit zu Markte ziehen wolle '°. 



^ Wehrmann S. 348. 

» Wchrmann S. 353. Vgl. Stieda ^ Mitt. d. Ver. f. Lüb. Gesch. II, 
S. 103 f. und überhaupt S. loi — 106. 

3 Pauli , Lübeckische Zustände I , S. 230. Vgl. auch Wehrmanri 
S. 353 Anm. 

4 Pauli, Lübeckische Zustände III. S. 42. 

5 Bodemann S. 41. 

6 Blümcke S. 139. 

7 Mettig, Amtsbuch der Schmiede S. 17, zwischen 1409 und 1428. 

8 S. oben S. 82. 

9 Wehnnann S. 319. 
'o Rüdiger S. 278. 



Nicht alle Handwerke verarbeiten eigne Stoffe, auch jetzt 
noch nicht, wo wir bald so weit gekommen sind, dafs wir unsere 
Kleidung entweder fertig vom Kleiderhändki beziehen oder auch 
dem Schneider die Lieferung des Tuches überlassen. Von solcher 
Bequemlichkeit hielten unsere Vorfahren nichts. Sie verliefsen 
sich lieber auf ihre eignen Augen als auf die anderer, und zogen 
es deshalb vor, manchen Stoff selbst roh einzukaufen und nur 
die Bearbeitung dem Handwerker zu tiberlassen, wobei sie wahr- 
scheinlich auch glaubten billiger zu fahren. Bekanntlich ist der heilige 
Crispin in schlimmen Verruf gebracht. Man sagt ihm nach, er habe 
das Leder zu den Schuhen gestohlen, mit denen er arme Leute 
beschenkte. Und doch war nichts weniger der Fall, vielmehr 
rühmte der Spruch, aus dessen Mi fs Verständnis sich die schlechte 
Nachrede herleitet, gerade, dafs er nicht nur die Arbeit umsonst 
that, sondern auch noch das Leder spendete". Der Spruch 
lautete : 

Crispinus macht den Armen Schuh 

und stalt das Leder noch darzu. 

Stalt ist die alte Form der Vergangenheit zu stellen und hat mit 

stehlen nicht das Geringste zu thun. Der Spruch ist aber ein 

schlagender Beweis dafür, dafs es in früheren Zeiten nicht üblich 

war, dem Schuster die Sorge um das Leder zu übertragen. 

Alterdings liegen diese Zeiten weit zurück und hinter jenen, über 

die die hier behandelten Rollen zeugen, wenn es auch damals 

;haus nicht unerhört war, dafs jemand sein eignes Leder 

Q liefs. Die Ämter, in denen nach dem Zeugnisse der 

imit zu rechnen war, dafs der Bürger den Rohstoff 

ler liefern konnte und der Handwerker nur die Arbeit 

ir damit verrichtete, sind die folgenden: Grobbäcker', 

, Buntfutterer*, Garbräter oder Hausköche =, Gold- 



ihichtslügen, 12, und 13. Aufl., S. 86 f. 

iburg, 1520 und Torher, Rüdiger S. 27 f. Die Haosbficker in 
nd Gteifawald hallen ihren Namen davon , dafs sie im Aufirige 
auch Bodcmann S. i {14^8), Greifswalder Rollen S. 29. 40f. 
eburg 1543, Bodemann S. 45. 

eck 1386, Wehrmann S. 193; Hamburg 1375, Rüdiger S. 180, 
mar 1502. Für Hamburg spricht der Name. 



- 89 - 

schmiede*, Kerzengiefser ^, Kürschner 3, Leinweber'*, Reifer s, 
Schmiede^, Schuster 7, Tischler (kuntormaker und kistenmaker)^. 
In Osnabrück untersagt 1484 die Rolle der Schilderer den Malern 
Farben und Gold, den Sattlern Leder, den Glasern Glas und 
Blei, die den Kunden gehören, zu verarbeiten 9, und in Lübeck 
untersagen in Bezug auf Felle und Bernstein die Rollen der Loh- 
gerber^®, Pergamentmacher" und Bemsteinpaternostermacher ^ ^ 
dasselbe. Die Absicht war vermutlich die gleiche, in der es den 
Wismarschen Goldschmieden ^ 3 ^ den Lübecker Buntfutterern^* 
und Schwertfegern^s und den Hamburger Leuchtenmachern ^^ 
verboten war, für Händler zu arbeiten: sie wollten sich davor 
bewahren, statt selbständiger Handwerker Lohnarbeiter zu werden * 7. 
Mit dem Verbote, für Händler zu arbeiten, haben wir ein 
Gebiet betreten, mit dem sich die Rollen viel zu beschäftigen 
hatten, das Gebiet des Absatzes. Wesentlich ist es der Markt- 
verkehr, um den es sich handelt, und wie das Marktrecht älter 
ist als das Stadtrecht, so macht es sich hier geltend, dafs die 
Ordnung des Marktverkehrs denen des Handwerks um ein be- 
trächtliches voranschritt. So erklärt es sich auch, dafs in den 



* Wismar 1380, 1543, Crull, Goldschmiede, Anhang S. I, III; Lüne- 
burg 1587, Bodemann S. 99. * Hamburg 1375, Rüdiger S. 131. 

3 Hamburg 1375, Rüdiger S. 180. 

4 Hamburg 1375, Rüdiger S. 161 f. 

5 Wismar 1387, 1487; Lübeck 1390, Wehrmann S. 380 ff. ; Hamburg 
1375, Rüdiger S. 201 f. 

^ Wismar 141 1; Riga 1578, Mettig, Amtsbuch S. 35. 

7 Wismar 141 1; Hamburg 1375, Rüdiger S. 278, 

8 Lübeck 1474, 1508, Wehrmann S. 294, 256. 

9 Gildeurkunden S. 66. 

10 Wehrmann S. 319, 315, 14« Jahrhundert, 1454. 
" 1465, Wehrmann S. 364. 

" 1360, 1510, Wehrmann S. 350, 348, 349. Vgl. Mitt. d. Vereins f. 
Ltib. Geschichte II, S. 107. 

'3 1380, 1543, Crull, Goldschmiede, Anhang S. I, III. 

'♦ 1386, Wehrmann S. 191. 

'5 >473f Wehrmann S. 456. 

»6 1548, Rüdiger S. 168. 

*7 Umgekehrt sollten die Danziger Maurer nicht anders als mit dem Kalk 
und den Ziegeln des Bauherrn mauern, Hirsch, Handelsgeschichte Danzigs 
S. 323, um 1455. ^° Nordheim sollte kein Schneider auf Verkauf arbeiten, 
Rolle von 1470 § 12. 



— 90 — 

wendischen Städten nicht nur das untere Geschofs der Rathäuser 
durchgängig als Verkaufshalle eingerichtet war, diese dem Betriebe 
der Tuchhändler vorbehalten, sondern auch je nach Bedarf und 
Gelegenheit von Stadt wegen auf einer oder mehreren Seiten des 
Marktes oder in seiner Nähe feste Budenreihen gebaut wurden, 
die man (aber nicht überall und jederzeit) gruppenweise den 
Ämtern vermietete. In Lübeck umgaben solche Buden z. T. in 
mehreren Reihen den Markt fast von allen Seiten und ;^ogen 
sich aufserdem um die Marienkirche herum S in Wismar ward 
dadurch auf der Nordseite und der Westseite je eine Strafse von 
dem ursprünglich übergrofsen Marktplatze abgehegt, und hier 
waren die langen Budenfronten nach den bis in das gegenwärtige 
Jahrhundert gebliebenen Spuren vermutlich nicht nur gleichmäfsig 
und ansprechend , sondern teilweise reich gestaltet ^, in Greifs- 
wald nahm eine Budenreihe die südliche Seite des Marktes ein ^\ 
Auch für Hamburg*, Rostock s und Stralsund^ sind Verkaufs- 
buden als städtisches Eigentum bezeugt. In einigen Städten 
kamen besondere Verkaufshäuser hinzu : Gewandhäuser und Gerber* 
häuser. Und ähnlich den gemauerten Fischbänken scheinen auch 
für einzelne andere Gewerke feste Unterlagen geschaffen zu sein, 
über denen die Ausstehenden ihr Lein spannen oder ihre Bretter- 



' Pauli, Lübeckische Zustände I, S. 49 — 53. Der Markt hat infolge 
davon bedeutend an Ausdehnung eingebüfst. 

* Crull, Mekl. Jahrb. 56, S. 29 f. Kämmereirechnungen von 1319 und 
1326— 1336, Mekl. Jahrb. 29, S. 81 — 105, Mekl. Urkb. 4724, 4831, 4922, 
50591 5H3. 52441 5336» 5422, 5521, 5593, 5665. Hiernach scheint jeder 
persönlich, meist Jahr für Jahr, seinen Mietsvertrag mit den Kämmereiherren 
abgeschlossen zu haben. Folgende Gewerbe sind in den unvollständigen An- 
gaben vertreten: Wandscherer, Schneider^ Haken (auch Salzhake: soltman)^ 
Grapengiefser , Goldschmiede, Hutmacher,. Bartscherer, Garbräter, Küter, 
Riemenschneider, Zaumschläger, Reifer, Krämer, Glaser, Schuster. Dominus 
Koesfeld kann nur Tuchhändler (Wandschneider) gewesen sein. 1737 und 
1745 wurden Krambudeqstellen , wie es scheint am Rathause, vom Gewette 
veräufsert. 

3 Pyl, Geschichte der Greifswalder Kirchen I, S. 188 f. 

4 Koppmann, Hamburger KämmereirechnUngen, Einleitungen. Lappen- 
berg, Realgewerberechte in Hamburg. 

5 Register zum Mekl. Urkb. unter Budenpächter und Bude. 

^ Francke, Stralsunds äufsere Erscheinung zu Ende des 15. Jahrhunderts» 
S. 26. Topographisches Register zum ältesten Stralsundischen Stadtbuche. . 



J 



— 91 — 

bude aufschlagen mochten. Für die festen von der Stadt er- 
richteten Buden darf unbedenklich angenommen werden, dafs sie 
nicht nur dem Verschleifse dienten, sondern zugleich Arbeitsstelle 
und mindestens zum Teil auch Wohnstelle waren, und dafs, wenn 
der Vorzug der Lage nicht lockend genug war, Zwang zur Be- 
ziehung geübt ward. Dafs die Lübecker Goldschmiede nur in 
den Goldschmiedsbuden arbeiten durften, ist bereits erwähnt 
worden. Ein entsprechendes Zeugnis liegt aus Wismar in der 
Bürgersprache vom Jahre 1480 vor, wo der 55. Paragraph lautet: 
de raih büdt, dat alle linewandtschnider sehen, dede linnen cledere 
maken unnde Imnen hasen (Beinlinge) unnde hoppensecke utntne 
geldt, de schalen wähnen in der Stadt boden by deme marckete^ unde 
anders nerghene , alse idt van olders gewesen is , by dree mr» 
sulvers, Dafs die Knochenhauer allgemein ihr Fleisch nur in 
den Scharren feil halten durften, kann einem Zweifel nicht unter- 
liegen, und dasselbe ist für die Garbräter, Haken und Fischer 
und auch wohl für die Bäcker^ zu behaupten; für andere Ge- 
werbe wie die Nadler, Holzdreher, Riemenschneider, Krämer 
und Töpfer wird es nicht überall, aber hier und da ebenso ge- 
wesen sein, durchgängig vielleicht für die Schuster. In Stettin 
ward 1629 ein Hutstaffierer , der auch in seiner Wohnung aus- 
gefleit hatte, wegen Haltens zweier offenen Läden in Strafe ge- 
nommen^. Die Hamburger Schmiede liefsen sich das Ausstehn 
beim Krahne, wozu sie zu gewissen Zeiten verpflichtet gewesen 
zu sein scheinen, umgehn^. Dabei ist sicher, dafs die Verkaufs- 
stellen der Knochenhauer und Bäcker, der Garbräter und Fischer 
und Töpfer zum Wohnen nicht geeignet waren; wie es mit 
andern, beispielsweise den Lübecker Schüsselbuden, den Greifs- 
walder Riemenschneiderbuden, den Wismarschen Schusterbuden 
stand, ist die Frage. Für die letzten müfste man es wahrschein- 
lich finden, wenn alle, und das von Anfang an, zweistöckig ge- 
wesen wären, wie die es ist, deren Rückseite allein sich noch in 
alter Gestalt unsern Blicken darbietet. Jedoch werden die Bau- 
formen des oberen Stockes gerade der Zeit zugeschrieben, wo 



» Vgl. jedoch Rüdiger S. 24. 

> Blümcke S. 141 f. 

3 1560, Rüdiger S. 254 f. 



— 92 — 

das Amt die Buden der Stadt zurückgabt Erst allmählich wird 
bei diesen Gewerben, deren Verkaufsstellen, wie gesagt, von An- 
fang an auf den Markt oder um den Markt verlegt waren, der 
Verkauf und dann das Auslegen in dem Wohnhause oder der 
Wohnbude aufgekommen sein, wie denn in Lüneburg erst im 
Jahre 1 5 2 1 den Tuchhändlem, die ich, obwohl sie nicht zu den 
Ämtern gehörten, anzuführen kein Bedenken trage, der Handel 
im Hause gestattet ward ^. Umgekehrt gab es auch Ämter, denen 
nur an bestimmten Markttagen freistand, ihre Sachen auf den 
Markt zu bringen, wie in Lübeck den Apengetem^, Gärtnern*, 
Rufsfärbern 5, Senklern ^ und Eisenhändlerinnen ^, in Hamburg 
den Drechslern® und vielleicht auch den Schmieden 9. Wenige 
andere schlössen allen Markthandel (aufser zu Jahrmärkten) aus, 
nämlich in Lübeck die Beutler ^°, die Armbrustmacher" und 
Schneider '= und anscheinend auch die Rotlöscher* 3, in Hamburg 
die Armbrust macher ** und Tischler (snitker)^^y in Berlin die 
Schneider'^, in Wismar die Reifer ^ ' und Hutfilter'® und, wie es 



' CruU, Mekl. Jahrb. 56, S. 29. Abbildung bei Schlie, Mekl. Kunst- 
und Geschichtsdenkmäler II, S. 177 oben. Die Zurückgabe erfolgte, weil 
das Amt sich durch die jährliche Heuer zu sehr gedrückt fühlte. Es hatte 
dem Abkommen gemäfs künftig statt 37 M. 12 /? nur noch 26 M. jährlich 
zu entrichten. Stadtbuchschrift von 1478, Februar 21. 

* Bodemann S. 83. 

3 1432, Wehrmann S. 159. 

4 Wehrmann S. 209, um 1370. Sie sollten übrigens aufser Kresse und 
Salvei kein Kraut flächenweise im Garten verkaufen. 

5 1500, Wehrmann S. 400. 
^ 1543, Wehrmann S. 431. 

7 1400, Wehrmann S. 435. 

8 Rüdiger S. 56, 1458? 

9 1560, Rüdiger S. 254 f. 

10 Wehrmann S. 188 f. 1459 war nur der Schonische Markt frei ge- 
geben, 1503 ward die Erlaubnis auf alle Aufsenmärkte ausgedehnt. 

^^--^ **" 1425, Wehrmann S. 161. 

" Wehrmann S. 423, um 1370. 

'3 Wehrmann S. 390, vor 1471. 

H 1458, Rüdiger S. 4. 

'5 161 1, bei der Börse, Rüdiger S. 267. 

^^ 1288, Stadtbuch S. 77. 

'7 1387. 
'8 1484. 



1 






— 93 — 

scheint, auch die Bechermacher ^ und Buntfutterer *. Die Rolle 
der Lüneburger Krämer und Riemer aus der Mitte des 14. Jahr- 
hunderts aber enthält die eigentümliche Bestimmung, dafs nie- 
mand Gut auf den Wochenmarkt senden solle, bevor er es den 
Werkmeistern des Amts um das Geld angeboten hätte, wofür er 
es auf dem Markte verkaufen wollte ^. 

Die Wahl der Verkaufsstelle auf dem Markte war gemäfs 
dem , was über die festen Buden und Scharren , Tische * und 
Tröge auseinandergesetzt ist, nicht frei, sondern jedes Gewerk 
an seinen hergebrachten Platz gebunden, wie es in der That 
auf einem Markte gar nicht anders sein kann. Von den übrigen 
standen die Nadler und teilweise die Senkler in Lübeck unter 
dem Schwibbogen 5, die Grapengiefser bei der Wage^, die Gar- 
bräter vor dem Weinkeller 7, die Freibäcker bei den Kirchen®, 
die Haken auf dem Salzmarkt (Klingenberg) 9. Die Apengeter 
hatten die Wahl, ob sie auf dem Markte oder vor den Kirch- 
thüren ausstehn wollten ^°, die Drechsler, ob bei der Trave oder 
auf dem Markte". Die Gärtner sollten nicht auf den beiden 
Leichensteinen und den Eckep sitzen'^, die Krämer nicht in den 
Kirchen oder auf den Kirchhöfen oder in den Strafsen feil 
bieten '3^ sie konnten sich aber auch zwischen den Fremden ihren 
Platz anweisen lassen, wodurch es ermöglicht wurde, diese besser 
zu beaufsichtigen^*. In Hamburg hatten die Drechsler ihren 



' 1489. 

* 1497. 

3 Bodemann S. 134. 

♦ Rüdiger S. 62, 79. 

5 1356, Wchrmaon S. 339; 1543, Wehrmann S. 431. 
^ I354i Wehrmann S. 225. 

7 1369, Wehrmann S. 206 f. 

8 1567, Wehnnann S. 169. 

9 1507, Wehrmann S. 235. 
'° 1432, Wehrmann S. 159. 
" 1364, Wehrmann S. 202. 

" Wehrmann S. 209, um 1370. 

'3 Wehrmann S. 274, im 14. Jahrhunderte. 1380 ward ihnen das Feil- 
halten von Kuchen vor den Kirchthüren untersagt, Wehrmann S. 276. 

H 1501, Wehrmann S. 281. Sie durften dann aber nicht gleichzeitig 
vor ihrer Thür oder vor ihren Fenstern auslegen, S. 282. 



— 94 — 

Stand auf der Trostesbrticke % die Schmiede, wie bemerkt, beim 
Krahne". 

Um den Unterschied der Lage zwischen den Stellen jedes 
Amtes auszugleichen, scheint fast allgemein ein regelmäfsiges 
Wechseln angeordnet zu sein, auch für die Aufsenmärkte, worin 
gewöhnlich das Los 3 entschied, seltener eine feste Ordnung wie 
bei den Lübecker Nadlern und Krämern^ oder den Lüneburger 
Tuchhändlem 5. Keinem ^ird der Regel nach mehr als eine 
Stelle gestattet gewesen sein, obgleich nur wenige Rollen das 
ausdrücklich verbieten ^ und bei den Lüneburger Knochenhauem 
gegen Ende des 15. Jahrhunderts ihre 40 Buden in den Händen 
von 21 Meistern waren, so dafs der einzelne über eine bis drei 
Stellen verfugte, ein Übelstand, den man damals jedoch fort- 
bestehn zu lassen nicht gemeint war'. 

Bei diesem und jenem Gewerbe brachte es die Natur der 
Sache mit sich oder folgte es aus den Bestimmungen des Stadt- 
rechts, dafs man seinen Betrieb und seine Wohnung nicht dahin 
legen durfte, wo es am vorteilhaftesten schien, sondern sich mit 



. I 1458? Rüdiger S. 56. 

» 1560, Rüdiger S. 254 f. 

3 Wismar: Bürgersprache von 1351, Mekl. Urkb. 7516. Undatierte 
Rolle der Wandschneider (Ende des 15. Jahrhunderts). Garbräter 1502. 
Bechermacher täglich auf den Aufsenmärkten aufser im rechten Qahr-)Markte, 
1489. Lübeck: Bäcker 1316 (Pauli, Lüb. Zust. I, S. 203, Nr. 58), Gärtner 
um 1370 (Wehrmann S. 207), Knochenhauer 1385 (W. S, 260; die Werk- 
meister hatten ihre bevorzugten Plätze ohne zu losen) , Lohgerber 1454 (W. 
S. 315 f.), Tuchhändler 1410 (W. S. 490 — 492). Hamburg: Fischer 1375 
(Rüdiger S. 62), Krämer zu den Jahrmärkten 1375 (R. S. 49). Lüneburg: 
Krämer um 1350 (Bodemann S. 132), Schuster 1477 (B» S. 235 f.), zum 
Michaelismarkte: Pelzer 1421 (B. S. 175), Tuchhändler 1402, 1521 (B. S. 
78, 85). Berlin: Knochenhauer 131 1 (Stadtbuch S. 63, vierteljährlich). 
Stettin: Für die Jahrmärkte, Blümcke S. 141. Rostock, allgemein 1278, 
Meklb. Urkb. 1447. 

* 1356, 1573. Wehrmann S. 341, 278. 

5 1402, Bodemann S. 77, 82. 

^ Lübeck: Rolle der Gärtner um 1370, Wehrmann S. 209. Hamburg: 
vielleicht Beutler 1557 und Hutmacher 1583, Rüdiger S. 45, 115. Lüneburg: 
Fischer 1492, Haken und Krämer um 1350, Bodemann S. 65, 104, 132. 
Stettin, s. Blümcke S. 141. Danzig: Krämer der Rechtsstadt 1436, Hirsch, 
Handelsgeschichte S. 232. 

7 Bodemann S. 1 22 f. 



— 95 — 

der Lage begnügen mufste, die die Vorgänger gewählt hatten, 
ich nenne Gerber, Schmiede, Wollen weber, Bäcker \ Aufserdem 
sorgten noch teilweise willkürliche Satzungen dafür, dafs niemand 
aus der Reihe ausbräche. So drohte in Lübeck Ausstofsung 
demjenigen Altlapper (Altschuster), der künftig dem Amte zu- 
wider eine Wohnung beziehen wollte^, und 1467 willkürten da- 
selbst die Rotlöscher, dafs niemand seine Wohnung oberhalb der 
Querstrafsen der Hundestrafse und der Krähenstrafse, also ober- 
halb des Zuges der Balauerfohrstrafse und des Rosengartens 
haben solle 3. Freilich war die Gegend etwas aufserhalb des 
Verkehrs. Häufiger ist das Verbot, einen andern auszumieten 
oder auszukaufen*, wie es natürlich, um das beiläufig anzuführen, 
ebenfalls unerlaubt war, jemand seine Gesellen abwendig zu 
machen. 

Auch der Ausnutzung der Verkaufsstelle glaubte man Schran- 
ken setzen zu müssen. So sollten in Lübeck die Bäcker nur 
bis II Uhr ausstehn^, die Knochenhauer thaten es bis fast gegen 
Mittag^, die Leinwandverkäufer durften nicht vor 7 auslegen 
und nicht nach 10 abschneiden 7, die Garbräter nicht austragen, 
bevor die Glocke dazu angeschlagen war ^ ; die Böttcher durften 



I Noch 1850 Januar 21 entschied der Wismarsche Rat, dafs Bäckerei 
nur in einem Backhause betrieben werden dürfe. 
» 151 1, Wehrmann S. 344. 

3 Wehrmann S. 392. 

4 Wismar: Bechermacher 1489, Schmiede im 16. Jahrhunderte. Lü- 
beck: Schneider um 1370 (Wehrmann S. 423), Reifer 1390 (W. S. 384), 
Schuster 1441 (W. S. 413), Schmiede 1455 (W. S. 436), Beutier 1459 (W. 
S. 188), Barbiere 1480 (W. S. 165), Sattler 1502 (W. S. 401), Rademacher 
1508 (W. S. 367), AUschuster 151 1 (W. S. 345). Rostock: Grapen- und 
K.annengiefser 1482 (Mekl. Jahrb. 53, S. 165). Lüneburg: Schuster um 
1389? (Bodemann S. 231), Schneider 1552 (B. S. 224), Bäcker um 1600 
(B. S. 12). Osnabrück: Schmiede um 1400 (Gildeurkunden S. 3). 

5 1567, Wehrmann S. 169. 

^ 1385, Wehrmann S. 263. So lange um der Bequemlichkeit ihrer 
Kunden willen. Damit sie deshalb nicht des Besuchs der Messe entbehren 
müfsten , hatten sie sich eine eigene Vicarei errichtet , wie in Wismar etwa 
hundert Jahre später Gert Kladow eine Messe für Langschläfer oder sonst 
Oehinderte stiftete. 

7 1503, Wehrmann S. 313. 

8 1376, Wehrmann S. 204. Sie sollten ihre Ware nicht der Kontrolle 
ihrer Werkmeister entziehen. 



- 96 - 

erst den Markt betreten, wann die Herren zu Gericht gingen, 
und mufsten ihn verlassen, wann das Gericht aufstand'. In 
Hamburg sollte kein Knochenhauer vor dem Läuten der Scharren- 
glocke aufschliefsen ^, und in Lüneburg am Mittwoch (dem Tage 
des Wochen mark tes) kein Tuchhändler morgens vor dem andern 
und nachmittags keiner vor 12 Uhr; schliefsen mufsten sie auf 
das Geheifs der Älterleute 3. Auch für die Aufsenmärkte hielt 
man darauf, dafs keiner durch vorzeitiges Öffnen sich Vor- 
teil zu verschaffen suche ^. Ebenso trat man einem übermäfsigen 
oder besonders auffälligen Auslegen der Ware entgegen. Zwar 
das Gebot, dafs Frauen, die in Lübeck auf dem Markte mit 
Eisenzeug ausständen, an neuen Sachen nicht mehr als einen 
Butterstock, einen Pferdestriegel und ein billiges Vorhängeschlofs 
feil halten sollten 5, möchte ich nicht hierher ziehen, da nur die 
Absicht war zu verhüten, dafs diese Händlerinnen das Schmiede- 
amt merklich schädigten. Aber die Böttcher sollten in Lübeck 
nicht mehr als drei Stücke Kimwerk mit einem Riegel (grindel) 
auf den Markt bringen^, die Reifer nur auf Einer Seite ihrer 
Thür auslegen 7, die Sattler nur acht Stücke aushängen oder aus- 
setzen ^; in Wismar sollten die Schwertfeger nur fünf Stücke 
ausstellen, drei Schwerter und Spiefse ^ ; in Hamburg die Tischler 
(snitker) nur drei Stücke in den dohmb setzen'*^, die Schuster keine 
Schuhe auslegen, dar mit witte schepenen up schneden si^^, und 
nur Ein Ausflei war den Beutlern und Hutmachem zugestanden". 
Am meisten strebten natürlich die Krämer, ihre Sachen möglichst 
gtinstig und umfänglich zur Schau zu stellen. Darum finden wir 



1 



' 1440, Wehrmann S. 175. 
* 1375, Rüdiger S. 140. 

3 1402, Bodemann S. 80 f. Aus dieser Stelle und der S. 95 in Anm. 5 
angeführten ergiebt sich als Mittagszeit 11 Uhr. 

4 Rolle der Wismarschen Bechermacher von 1489. 

5 1400, Wehrmann S. 435. 
^ 1440, Wehrmann S. 175. 

7 1390, Wehrmann S. 385, 

8 1502, Wehrmann S. 402. 

9 Um 1450. 

^° 1614, Rüdiger S. 269. 
" 1375, Rüdiger S. 276. 

1557 und 1583, Rüdiger S. 45 und S. 115. 



12 



J 



— 97 — 

bei ihnen die eingehendsten Verordnungen. In Hamburg durften 
sie 1375 nicht mehr als ein Dutzend Beinlinge (hasen) auf ihr 
Fenster * legen und mit ihrem Kram nicht über die Leiste hinaus 
auf die Strafse rücken^. In Lübeck ward 1353 bestimmt, keiner 
solle auf seinem Fenster höher aufbauen, als drei Strafsburger 
Tücher und vier Sardoke^ hoch und im übrigen dem ent- 
sprechend*, 1380, dafs niemand über den Rinnstein vorrücken 
und vor seinen (Schlag-)Fenstem Vorbänke anbringen solle 5, 
1573 endlich, dafs niemand mit unbilligem Ausfleien oder Vor- 
bänken dem andern schaden noch seinem Nachbar Aussicht und 
Ansicht an Fenstern und Thüren mit Aushängen benehmen, 
sondern ein jeder sich vielmehr begnügen solle, nach alter Ge- 
wohnheit an seiner Hausmauer auszufleien und sein Stapelgut 
an allerhand Zeugen innerhalb Hauses und Fenster zu behalten ; 
dafs femer niemand Beinlinge (hosen), Pantoffeln und Schuhe zur 
Schau stelle, auch keine Seide und Sammet oder dergleichen, 
was von der Luft verzehrt werde und an Gewicht verliere, auch 
nicht über drei Hüte (benytte); dafs schliefslich niemand zu Markt- 
zeiten über gewöhnlichen Brauch hinaus ausfleie, aufser vor einem 
Festtage, und dann kein Gut über den Rinnstein noch auf den 
Rinnstein setze ^. In Lüneburg sollte kein Tuchhändler seine 
Laken auf die Bank vor des Nachbars Kiste setzen und vor 
seiner eignen nicht höher aufstapeln als sechs Stücke schmalen 
englischen Tuchs, auch sollte, wer auslegte, möglichst bald wieder 
wegpacken, damit er seinen Nachbarn nicht schädigte ^. Im Jahre 
1465 ward ebendort einem Schneider ein Schlagfenster an einer 
Stelle zugestanden, wo früher keins gewesen war^. 



* Gemeint ist der Überschlag des Fensters (Rüdiger S. 92), auch //'/ 
(Glied) genannt, häufiger im Plural ieäCy der nach unten schlagende Laden, der 
mit einem Fufse gestützt ward, eine Einrichtung, die aus der 49. Historie 
vom Eulenspiegel wohl bekannt ist. 

* 1375, Rüdiger S. 49. 

3 Halb Lein, halb Wolle. 

4 Wehrmann S. 272. 

5 Wehrmann S. 276. 

^ Wehrmann S. 277. In Streitigkeiten waren die Ältcrleute bereit zu 
vermitteln, S. 281. 

7 1402, Bodemann S. 80 f. 
^ Bodemann S. 210. 
Haasische Geschichtsblätter. XXV. 7 



- 98 - 

Nicht immer verständlich ist das mehrmals ausgesprochene 
Verlangen, dafs jeder selbst seinem Geschäfte vorstehn oder seinen 
Verkauf abwarten solle. Grund und Absicht sind auch keines- 
wegs überall dieselben. Während die Lübecker KräraerroUe von 
1501 ^ einer Schädigung der Amtsbrüder durch Vorschieben von 
Fremden steuern will, sollen die Rollen der Wismarschen Knochen- 
hauer von 1372*, 1410 und 141 7 oflfenbar einer Vereinigung 
zu gemeinsamem Betriebe vorbauen, und auf dasselbe mögen die 
Rollen der Lübecker Rotlöscher und Rufsfärber hinzielen 3. Für 
die Lübecker Goldschmiede'* ist es mir wahrscheinlich, dafs: die 
Gewährschaft des Meisters für die Tüchtigkeit seiner Arbeit den 
Ausschlag gab, wie die Furcht vor der Unverträglichkeit der 
Frauen bei den Wismarschen Garbrätern^, den Lübecker Haken ^ 
und auch wohl bei den Flauer ' und Lüneburger Fischern ® nur 
im Notfalle von einem Verkaufen durch die Frauen wissen wollte, 
wohingegen bei den Senklern in der Regel die Frauen ver- 
kauften 9. Bescheiden mufs ich mich, die älteste Wismarsche 
Knochenhauerrolle vom Jahre 1353 auszudeuten, die verbietet, 
dafs der Knecht statt des Meisters verkaufe *°, und ich ergründe 
auch nicht den Sinn einer Stelle in der Rolle der Lübecker Lein- 
weber, die besagt: welk vrowe de sulven tnechtich is^ de en schal 
tiene maghet.utsenden uppe enes anderen, schaden ^^. . 

Unerlaubt war es, die Käufer anzurufen und abzuwinken, 
was bei den verschiedensten Gewerben eingeschärft wird. In 
Lübeck bei den Bechermachern, die zwischen ihren Schrägen 
sitzen bleiben und niemand zu kaufen auffordern sollten, bis er 



» Wehrmann S. 281. 

* Mekl. Urkb. 10337, die späteren unwesentlich abweichend. 

3 Wehrmann S. 390, 400, vor 1471, 1500. 

4 1492, Wehrmann S. 2i8f. 

5 1435 und 1502. 

6 1507, Wehrmann S. 237. 

7 1307, Mekl. Urkb. 3164 S. 336. 

8 1492 , Bodemann S. 65. Hier sollte der Knecht den Meister 
vertreten. 

9 j 543, Wehrmann S.. 431. . , 

*° Mekl. Urkb. 7806. Dasselbe Verbot hat die Greifs wald er Rolle 
(um 1418 und 1444), Rollen S. 15, 23. . 

" Wehrmann S. 324, 14. Jahrhundert. 



— 99 — 

vor sie käme S bei den Haken *, Kistenmachern 3, Knochenhauern ^, 
Nadlem s, Linnenhändlern ^, Rotlöschern, die keinen Käufer leiten 
noch weisen oder von des andern Hause oder Thür oder Mulde 
abrufen sollten ', ferner bei den Sattlern ^ und Senklern 9 und auch 
wohl den Kürschnern*®; in Hamburg bei den Finkenföngem **, 
Knochenhauern**, Krämem*3, Kürschnern** undReifern*^ ; in Lüne- 
burg bei den Krämern *^. Einzig die vornehmen Tuchhändler ge- 
statteten in Lüneburg auf dem Markte dem, dessen Kiste sich 
der Käufer nach Überschreiten des Rinnsteins am meisten ge- 
nähert hatte, ihn anzusprechen* 7. Kamen aber Käufer auf die 
Löverung oder auf das Gewandhaus und sagten sie allgemeinen 
wir hätten gern Tuch oder ich hätte gern Tuch, so sollte niemand 
fragen weis für Tuch wolltet ihr haben, sondern er durfte höchstens 
antworten Tuch ist hier ^enug zu kaufen. Es sollte auch nie- 
mand einen Handel anfangen, sondern jeder sich vor seine Kiste 
verfügen, und dann mochte derjenige, dem der Käufer zunächst 
trat, ihn anreden*®. 

Nach diesem wird sich keiner darüber wundern, dafs das 
alle Selbstachtung untergrabende Aufsuchen ^ der Kunden voii 
Haus zu Haus, das Hausieren, zu dem jetzt sogar die Grofskauf- 
leute hinuntergestiegen sind und, wie zugegeben werden mufsV 



* 1591, Wehrmann S. 172. 

* 1507, Wehrmann S. 238. 
3 1508, Wehrmann S. 253. 
^ 1385, Wehnnann S. 264. 
5 1356, Wehrmann S. 339. 
** 1503, Wehrmann S. 313. 

7 Wehrmann S. 389, vor 1471. Sie sollten dem Käufer jedes Fell ein- 
zeln vorzeigen, S. 390. 

8 1502, Wehrmann S. 401. 

9 1543,, Wehrmann S. 431. 
Wehxanann S. 359, vor 1409. 
1594, Rüdiger S. 85. 

" 1375, Rüdiger S. 139. 

'3 1375, Rüdiger S. 49- 

'* 1375. Rüdiger S. 181. 

'5 I375i Rtldiger S. 202. 

"6 Bodemann S. 132, um 1350. — Vgl. für Stettin Blümcke S. 141. 

'7 1402 und 1521, Bodemann S. 80 und S. 85. . . 

*^ 1402, Bodemann S. 81. 

7* 



10 



II 



^ 



lOO 



nach Lage der Dinge haben hinabsteigen müssen, sobald schnöde 
Gewinnsucht das Beispiel gegeben hatte , dafs dies . Hausieren 
keinen guten Boden fand. Ein Verbot dagegen ist erlassen in 
Wismar für die Hutfilter ^ und Buntfutterer ', weit später noch 
für die Knochenhauer ^ ; in Lübeck für die Pergamentmacher ^^ 
Nadler5, Schmiede^, Hutfilter 7, Riemenschläger®, Senkler 9; in 
Hamburg für die Schuster ^°, Schmiede ", Armbrustmacher ", sowie 
auch für die Beutler, Zaumschläger, Gürtler, Sattler, Täschner'^ 
und die Krämer ^^ und deren un zünftige Konkurrenten; in Lüne- 
burg für die Knochenhauer *5. Hier wie in einer ganzen Reihe 
anderer Städte sollte auch kein Rotgiefser Arbeit aus den 
Häusern holen noch in den Häusern anbieten*^. Das Gleiche 
untersagten die Rollen der Stettiner Tischler und Maler ^7, und 
Ähnliches wird die Rolle der Wismarschen Schwertfeger aus der 
zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts im Sinne haben, in der es 
heifst: vortmer schal neen man ghan ut useme ampte unde holen 
olde zwerde to makende by dem watere ut den schepen. Ob auch 
das Verbot der Lübecker Schneiderrolle von etwa 1370, dafs 
niemand im Amte jemand umme sin werk bitten solle ^®, ebenso 
gemeint ist, bleibe dahin gestellt. Über das Hausieren der 
Kohlenträger erhob sich um 1469 in Lübeck Klage '9. Erlaubt 



' 1484. 

* 1497- 

3 Gewetts-Decisum von 1740 August 3. 

♦ 1330, Wehrmann S. 363. 

5 1356, Wehrmann S. 339. Auch in Stettin 1619, Blümcke S. 141. 

^ 1400, Wehrmann S. 434. 

7 Wehrmann S. 473, um 1400. 

^ 1414, Wehrmann S. 371. 

9 1543, Wehrmann S. 432. 

»0 1375, Rüdiger S. 276. 

" 1375» 1560, Rüdiger S. 251, 254. 

" 1458, Rüdiger S. 4. 

'3 1557, Rüdiger S. 46. 

»♦ 1563, Rüdiger S. 51. 

'S 1586, Bodemann S. 128. 

'** >573» Bodemann S. 189. 

>7 1548, 1619, Blttmcke S. 140. 

'* Wehrmann S. 423. 

>9 Wehrmann S. 444. 



J 



lOI 

war es als seltene Ausnahme in Lübeck den Kerzengiefsem *, 
Garbrätern* und Gärtnern 3, und in Wismar trugen während der 
Fastenzeit die Garbräter ihre Krapfen in der Stadt aus^. 

Auch schlimmere Ausgeburten des Erwerbssinnes und des 
Brotneides, die zum Teil sogar noch im heutigen Geschäftsleben 
für unfein gelten oder auch unter das neue Gesetz vom un- 
lauteren Wettbewerbe fallen, waren abzuwehren. Wie schon im 
Beginne des 15. Jahrhunderts die Rolle der Ltineburger Tuch- 
händler es unter Strafe stellte, wenn der eine sein Tuch auf 
des andern Kosten herausstriche s, so bedrohten in Lübeck die 
Rollen der Sattler vom Jahre 1502 ^ und die der Krämer vom 
Jahre 1573 '^ und gleichfalls die der Buchbinder in Hamburg vom 
Jahre 1592® denjenigen, der sich unterstünde, eines andern Arbeit 
oder Gut hinterrücks zu tadeln. Kein Krämer in Lübeck sollte 
an Schaffer, Köche, Herbergs -Wirte oder -Wirtinnen noch an 
Hofschnitter oder irgend andere Leute Gaben oder Geschenke 
geben, um sie an sich zu locken 9. Wenige spätere Rollen, die 



' Mit Senf und Licht, 1508, Wehrmann S. 249 f. Doch durfte nur Ein 
Knecht darauf gehalten werden und der eine dem andern nicht näher rücken 
als auf das vierte Haus. Die Beratungen des Rats sollten durch das Aus- 
rufen nicht gestört werden. In Greifswald hausierten herkömmlich die 
Fintzenpantter, Rollen S. 9 (um 1400). 

2 1376, Wehrmann S. 204, wenn ich das Austragen richtig deute. 

3 Wehrmann S. 209, um 1370. In den acht Tagen nach Ostern soll 
niemand vor Tagesanbruch austragen. 

♦ Rolle von 1435 ^^ schalen de garbradere de cropele an der vastene 
lakken unde schalen see gud unde grot maken na des rades male. Schöne hat 
demnach Recht, wenn er in seinen Deutschen Altertümern im Redentiner 
Osterspiel behauptet, dafs die V. 1135 genannten kropelroster Garbräter und 
keine Bäcker seien , nicht aber mit seiner Gleichsetzung von kropele mit 
kropelinge, da der Fisch doch in der Gröfse gebacken werden mufste, die die 
Natur ihm mitgab. Es wird wohl bei der Übersetzung mit Krapfen sein Be- 
wenden haben. 

5 1402, wiederholt 1521, Bodemann S. 81, 86. 
^ Wehrmann S. 402. 
7 Wehrmann S. 277. 

* Rudiger S. 38. — Vgl. die Malerrolle zu Stettin vom Jahre 16 19, 
Blümcke S. 140. 

^ ^573» Wehrmann S. 277. Ebensowenig sollten zu Lüneburg 1572 
die Brauer die dreifsigste Tonne zugeben, doch erhielten dem Herkommen 
gemäfs die Krüger eine Tonne zu Kirchmefs (Bodemann S. 62). Beiläufig 



I02 



der Wandfärber zu Lübeck von 1500 oder 1586^ und die der 
Rade- und Stellmacher' und der Säger 3 zu Hamburg von dea 
Jahren 1599 und 1683 verpönen es, wenn sich jemand zi 
bibigerem Arbeiten als em anderer anbieten wollte. Mehrere 
Verbieten , dem andern seine Arbeit abzuspannen oder ihn aus 
der Arbeit zu drängen, auf seine Arbeit zu gehn. Es sind in 
Wismar die der Tischler*; in Lübeck die der Bader, die die 
Badegäste eines andern nicht zu sich einladen sollen ^, der Laken- 
ftrber^, der Leinweber ', der Schmiede* und auch wohl der 
äaardeckenmacher^; in Hamburg die der Barbiere*®, der Haus- 
schlachter und Köche*', Kuntormaker (Tischler)*', Maler und 
Glaser* 3, Säger**, Schiflfbauer*^ und der Schmiede*^; in Lüneburg 
die der Eibschiffer*', Schneider*® und der Barbiere, es sei denn 



gestanden die Lübecker Haartuchmacher den Abstofsem (den Gesellen der 
Lederarbeiter, die das Haar von den Fellen stiefscn) dafür, dafs nur ihnen 
das gewonnene Kalkhaar und Bockhaar gegen einen bestimmten Preis über* 
lassen wurde, alter Gewohnheit nach jährlich eine Tonne Lübischen Biers zu 
(1538, Wehrmann S. 231 f.). 

' Wehrmann S. 486. 

» Rüdiger S. 198. 

3 Rüdiger S. 206. 
■ ♦ 1500, auf des andern vordingkede werck, Arbeit, die einem andern 
zugesagt war. 

5 Wehrmann S. 162, um 1350. 

^ 1500, 1586, Wehrmann S. 486. 

7 Wehrmann S. 322, 14. Jahrhundert. Keiner soll dem andern sin 
scherde werk untarbeyden, 

8 1400, Wehrmann S. 434. 

9 1443, Wehrmann S. 231: J^ en schal nymant wei'k don up des an'- 
dem werk, 

'° 1577, Rüdiger S. 19. 

"1593. Rüdiger S. 107. 

i^ 1540, Rüdiger S. 150. Auf dasselbe zielt wohl das durchaus unklar 
ausgedrückte Verbot in der Lübecker Rolle vom Jahre 1474, Wehrmann 
S. 295. 

^3 Rüdiger S. 96, erste vHälfte des 15. Jahrhunderts. Falls es nicht von 
vornherein ausbedungen war. 

H 1683, Rüdiger S. 206. 

'5 1544, Rüdiger S. 245. Vgl. auch die ältere Rolle von 15 14, S. 242. 

»^ 1375, Rüdiger S. 251 ; iH des andern vordingede werck, 

*7 1521, Bodemann S. 194. 

'8 1552, Bodemann S. 224. 



— 103 — 

der besondere Wunsch des Kranken ' ; in Rostock die der Graperi- 
und . Kannengiefser ^] in Stettin die der Schmiede , Schneider, 
Maurer und Maler ^ ; in Danzig die der Schmiede ^ ; in Osnabrück 
ebenfalls, die der Schmiede s und die der Schilderer ^ ^ und endlich 
eine Vereinigung der Rotgiefser aus hansischen und binnen- 
landischen Städten K Um den Erlafs eines gleichen Verbots be* 
mühten sich kurz vor 1500 die Lüneburger Maler und Glaser, 
während ihre Rolle darüber schweigt*, und die Warnung der 
Lüneburger Schusterrolle vom Jahre 1389, es solle niemand den 
andern in meiner Nahrung schädigen 9, wird nicht wohl anders 
gemeint sein. Erlaubt war es gemäfs den Rollen der Maurer 
zu Wismar ^° und Stettin " und der Tischler ** zu Wismar nur dann, 
in die Arbeit eines Amtsgenossen einzutreten. Wenn jener sie im 
Stich liefs oder nicht rechtzeitig fertig stellte, während nach 
einigen andern Rollen die Erlaubnis, den früheren Kunden eines 
Amtshruders zu bedienen, an die Bedingung geknüpft ist, dafs 
jen^r für seine früheren Leistungen befriedigt sein müsse ^ 3, Die 



* 1557, Bodemann S. 29. In Greifs wald Rademacher (um 1444) und 
Barbicire (1493) Rollen S.-23, 38 («/ des anderen bandt gan heifst einen von 
einem andern Verbundenen besuchen). 

»1482, Mekl. Jahrb. 53, S. 165. 3 Blümcke S. 139 f. 

♦ 1387, Hirsch, Handelsgeschichte Danzigs S. 343 ; auf verdingte Arbeit. 
5 Gildeurkunden S. 3, um 1400. ^ 1484, Gildeurkunden S. 65. 

7 1573, Bodemann S. 189. 

8 'Bodemann S. 155. 

9 Bodemann S. 231. 

'o 1568. Falls der erste Meister ohne Bewilligung des Bauherrn die Ar- 
beit verliefs oder nicht so früh wieder aufnahm, wie man überein gekommen 
war. Keiner sollte sich die Arbeit dadurch zu sichern suchen, dafs er mehr 
Kalk lösche {inth sanndt setieft)^ als er binnen vierzehn Tagen zu verarbeiten 
vermöchte; ging einer während dieser vierzehn Tage* von der Arbeit ab, 
so war der Bauherr frei. 

" 1380, in Conf. 1582. Doch durfte der Bauherr, der den Verzug nicht 
abwarten wollte , nur mit Vorwissen des ersten Meisters einen andern an- 
nehmen, Blümcke S. 140. 
. " 1500. 

"3 So in den Barbierrollen von Lübeck, Hamburg und Stettin (Wehr- 
mann S. 165, 1480; Rüdiger S. 8, 13, 15, 18, 1452, 1519, 1541, 1577; 
Blümcke S. 140, 1553), in den Rollen und Willküren der Schmiede von 
Hamburg, Stettin und Riga (Rüdiger S. 251, 1375; Blümcke S. 140, 1533; 
Mettig, Amtsbuch S. 18, 35, zwischen 1409 und 1428, 1578), in den Rollen 



— 104 — 

Hamburger Buchbinderrolle endlich vom Jahre 1592 verbietet, 
dafs jemand durch List eine gröfsere Arbeit an sich allein ziehe» 
wenn etwa ein neugedrucktes Werk ausginge oder sonst etwas 
vorkäme, das haufenweise gebunden werden solle*, und weit 
später im Jahre 1760, Aug. 27, entschied das Wismarsche Kon- 
sulat in Bestätigung eines früheren Urteils, dafs SchifTsarbeit nur 
von dem ganzen Reifer -Amte gemeinschaftlich und nicht von 
einzelnen Meistern zu übernehmen und zu verrichten stehe. 



Die im Vorhergehenden behandelten Ausschnitte aus dem 
mittelalterlichen Zunftrechte lassen bei allen Abweichungen im 
einzelnen, wenn ich nicht irre, ein fest gefügtes und wohl ver- 
ankertes System erkennen, und es kann auch keinem Zweifel 
unterliegen y dafs jahrhundertelang in diesem Bau Bürger und 
Handwerker sich wohl befunden haben. Dann freilich ist im 
Laufe der Zeit hier und da ein Pfeiler geborsten und da und 
dort ein Gemach unwohnlich geworden und bei unklugem Aus- 
bessern und Anflicken das Ganze in dem Grade verdorben und 
entstellt, dafs endlich keine andere Hülfe zu bleiben schien, als 
ein gänzlicher Neubau. Es kann hier am Schlüsse dieses Auf- 
satzes nicht die Aufgabe sein zu untersuchen, ob dem Verfalle 
nicht zu steuern und ob er so weit vorgeschritten war, dafs die 
Reste bis auf den Grund abgebrochen werden mufsten, ebenso 
wenig wie ich mich berufen fühle, den Neubau zu kritisieren, 
der allerdings seinen Bewohnern unbehaglich genug ist. Nur 
der Hoffnung sei Ausdruck gegeben, dafs es in nicht zu femer 
Zeit gelingen möge, dem Handwerke — denn dafs das dem Unter- 
gange geweiht sei, mag ich nicht glauben und noch minder kann 
ich es wünschen — ein neues Haus zu schaffen, in dem es ge- 
deihen könne, was auf keine Weise gelingen wird, wenn man 
im Westen und Osten, im Norden und Süden absolut nur einen 
und denselben Grundrifs zulassen will. 



der Rade- und Stellmacher zu Hamburg und Lüneburg (Rüdiger S, 197, 
IS99- Bodemann S. 237, 1596), und denen der Knochenhauer und Gar- 
bräter (1548), Glaser (1548), Bäcker (1624) und einigen noch späteren zu 
Stettin (Blümcke S. 140), auch in den Rollen der Greifswalder und Nord- 
heimer Schmiede (vom Jahre 1452, 15. Jahrh.). 
» Rüdiger S. 39. 



J 



ffl. 

DIE ZOLLORDNÜNG DES LÜBISCHEN RECHTS. 

VON 
F. FRENSDORFF. 



1 



/ 



J 



D. 



'ie alte Zollrolle oder Zollordnung Lübecks nimmt aus 
zwei verschiedenen Gründen das wissenschaftliche Interesse in 
Anspruch: einmal um ihres Inhalts willen, zweitens wegen ihrer 
Verbindung mit der ältesten Überlieferung des Lübischen Rechts. 
Nachdem von meinen beiden auf Lübeck bezüglichen Schriften 
die ältere vom Jahre 1861* mehrfach den verfassungsgeschicht- 
lich verwertbaren Stoff der ZO. (= Zollordnung) benutzt, die 
jüngere vom Jahre 1872* ihre statutengeschichtliche Bedeutung 
erörtert hatte, haben sich in den letzten Jahren mehrere Arbeiten 
rasch nacheinander mit den verschiedenen Fragen beschäftigt, zu 
denen die ZO. Anlafs bietet. Zuerst ein Aufsatz von Hasse 
Jahrgang 1893 dieser Blätter S. 41 ff.: die älteste Lübecker Zoll- 
rolle; dann eine eigene Schrift von Moll wo: Die ältesten Lü^ 
bischen Zollrollen (1894); zuletzt hat Kopp mann im Jahr- 
gang 1894 dieser Blätter S. 160 ff. die Schrift MoUwos angezeigt 
und S. 145 ff. einen einzelnen für das Verständnis der ZO, 
wichtigen Punkt, den Begriff der Lübischen Last^ festzustellen 
versucht. Da ich die Ansichten der beiden ersten Schriftsteller 
in verschiedenen wichtigen Punkten bestreiten mufs, auf die sich 
Koppmanns Polemik nicht bezieht, und auch Koppmann nicht 
überall beitreten kann, so will ich, anstatt in eine Einzelpolemik 
einzugehen, im ganzen vorlegen, was ich über den Gegenstand 
zu sagen weifs, und mich dabei an die von mir vorbereitete 
Ausgabe des Lübischen Rcfchts anschliefsen. 

Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf dreierlei: 
die Überlieferung (I), die Form (II) und den Inhalt (III) der 



^ Im folgenden citiert: Verf. Lübecks. 
» Citiert: Lüb. R. 



— io8 — 

Zollordnung. Vorauszuschicken ist ein Wort über das vor der 
ZO. liegende Recht. 

Das Zollrecht war ein kaiserliches Recht. Kein Reichsstand 
oder anderes Rechtssubjekt konnte einen Zoll haben aufser kraft 
kaiserlicher Belehnung oder kraft unvordenklichen Besitzes ^ Galt 
das noch von den letzten Jahrhunderten des Reiches, um wieviel 
mehr unter einem so kraftvollen Herrscher wie Kaiser Friedrich L 
So unabhängig Herzog Heinrich der Löwe seine fürstliche 
Stellung aufzufassen geneigt ist, den Zoll schreibt er sich nur 
krafl kaiserlicher Gewährung und Belehnung zu. Als er 1162 
»de theloneo Lubicensis mee civitatis« eine Schenkung an den 
Propst und die Domherren von Ratzeburg macht, fügt er hinzu : 
»annuente et plenariam potestatem donante gloriosissimo impera- 
tore Friderico, cujus gratia beneficiali jure predictum theoloneum 
possedi« ". Der Aussteller der Urkunde gedenkt hier nicht blofs 
der Herkunft seines Zollrechts, sondern erklärt zugleich, dafs er 
die Zustimmung seines Lehnsherrn zur Veräufserung von Be- 
standteilen des Lehns eingeholt hat. Dasselbe wiederholt sich 
bei weiteren Vergabungen aus den Lübecker Zolleinkünften; 
immer wird der Zustimmung des Kaisers gedacht 3. Als Herzog 
Heinrich 1164 dieselbe Jahreseinnahme von 27 Mark wie 2iUvor 
den Domherren zu Ratzeburg den Domherren von Lübeck zu- 
wendet, bezeichnet er die Quelle, aus der diese Rente fliefsen 
soll : »de thelone onavium ad eandem civitatem applicantium« ^. 
Die nachfolgenden Herren der Stadt weisen bei ihren Schen- 
kungen auf dieselbe Quelle an: so Adolf v. Schauenburg 1197^, 
Graf Albrecht von Orlamünde 1210^. Die letztere ist dadurch 
von besonderem Interesse, dafs sie dem Johanniskloster in Lübeck 
das Recht gewährt, jährlich »unum last allec et modium butiri in 
theloneo nostro Lubeke« zu erheben. Das setzt voraus, dafs der 
Zoll noch in Naturalien oder Waren, in Quoten der die ZoU- 



' Zachariae, Staats- und Bundesrecht II S. 551. 

* Mecklenburg. U.-B. I n. 74. 

3 1164, U.-B. des Bist. Lübeck n. 6, n. 7; 1197, das. n. 18. 

^ Das. D* 6 und 7. In n. 5 kurz »de teloneo navium«. 

5 Das. n. 18. 

6 Lüb. U.-B. II, n. 4; Bestätigung des Königs Waldemar v. 1214; 
Hasse, Schlesw.- Holst. Regesten und Urk. I, n. 293. 



J 



— 109 — 

Stätte passierenden Gegenstände , entrichtet wurde. In der Lü- 
becker ZO. sind dagegen die Zölle sämtlich in Geld angesetzt. 
Das älteste Zollrecht Lübecks ist in dem Privileg Kaiser 
Friedrichs I. vom 19. September 11 88 enthalten*, das den vom 
Herzog Heinrich der Stadt erteilten Freiheitsbrief in sich auf- 
genommen hat. Mag auch das kaiserliche Privileg an dieser Vorlage 
einige kleine Änderungen vorgenommen haben, so sind doch die das 
Zollrecht betrefifenden Sätze davon unberührt geblieben. Die Zahl 
von Bestimmungen des Privilegs, die sich mit dem Zollwesen 
beschäftigen, ist verhältnismäfsig grofs; auch stellen sie nicht 
blofs, wie die Urkunde fUr mehrere andere Rechtsmaterien thut, 
allgemeine Grundsätze auf, sondern statten sie mit mancherlei 
Detail aus. Die auf den Zoll bezüglichen Sätze stehen nicht 
an einer Stelle im Privileg beisammen, sondern werden ge- 
trennt durch Artikel, die von Gerichtsverfahren, städtischer Auto- 
nomie u. a. handeln. Doch liegt darin keine Zerreifsung eines 
natürlichen Zusammenhangs; denn die erste Hälfte der Sätze 
hat es mit einem andern Teile des Zollrechts zu thun als die 
zweite. Die erste betrifft das Zollrecht, dem die Lübecker aufser- 
halb Lübecks unterliegen; die zweite gröfsere Hälfte das 
an der Zollstätte in Lübeck geltende Recht. An der ersten 



' St. 4502. Lüb. U.-B. I, n. 7. Dazu jetzt auch die Wiedergabe der 
Urkunde durch Lichtdruck in der Schrift von P. Hasse, Kaiser Friedrichs I. 
Freibrief für Lübeck (Lüb. 1893). Damit wird auch der einzige, aber nicht 
unwichtige Fehler des Abdrucks im Lüb. U.-B. berichtigt, der mir schon 
früher bei der Vergleichung mit dem Original aufgefallen war. Unter den 
Zeugen ftihren alle neueren Drucke einen Bemhardus burcgravius Magde- 
burgensis auf, der in die Reihe der Burggrafen von Magdeburg gar nicht 
pafst, vgl. meinen Aufsatz in den Forschgn. z. deutsch. Gesch. XII. (1872) 
S. 310. In Wahrheit liest die Lübecker Urkunde, wie auch der Lichtdruck 
deutlich erkennen läfst, Burhardus. Burchard ist der ständige Name der 
Querfurter Grafen, die von 11 36 — 1269 die Magdeburger Burggrafschaft ver- 
walteten, und der Zeuge der Lübecker Urkunde ist derjenige, der an dem 
Kreuzzuge Kaiser Friedrichs I. teilnahm und 1190 zu Antiochia starb (Riezler, 
Forschgn. X 145). Der Abdruck des Privilegs in der cit. Schrift Hasses 
S. 17 ff. ist nicht, wie man erwarten sollte,, nach dem beigegebenen Licht- 
druck gemacht, sondern fügt dem alten festgehaltenen Fehler in dem Zeugen- 
namen noch einige neue hinzu. Merkwürdigerweise haben alte Drucke des 
Lübecker Privilegs, z. B. Lünig, Reichsarchiv XIII (1714)1 S. 1330, den 
Zeugennam^ richtig. 



— HO — 

Stelle wird von der Zollfreiheit der Lübecker im Herzogtum 
Sachsen, von den Zöllen, die sie in Artlenburg an der Elbe zu 
zahlen haben, gehandelt; an der zweiten Stelle von der Zoll- 
freiheit, welche die »gentes orientales« in Lübeck geniefsen, und 
von der Handelsabgabe, die Kaufleute anderer Länder und 
Städte auf dem Markte zu Lübeck oder, wenn sie von Lübeck 
aus Kauffahrten zur See unternehmen, zu entrichten haben. Diese 
Unterscheidung ist auch für die Beurteilung der ZO. von Wert. 
So unzweifelhaft die ZO. das Privileg von 1188 als Vorlage be- 
nutzt hat, so wird sich doch zeigen, dafs die beiden im Zöllrecht 
des Privilegs unterscheidbaren Teile nicht gleichartig benutzt 
worden sind. 

I. 

Was zunächst die Überlieferung der ZO. angeht, so 
geben sie drei Handschriften in ihrer ursprünglichen Gestalt, 
d. h. an der Spitze der ältesten Lübischen Statuten, der in 
lateinischer Sprache verfafsten. Es sind: das sogenannte Lübische 
Fragment des Staatsarchivs zu Lübeck und die beiden Codices 
des Lübischen Rechts für Tondem, die die Kopenhagener Biblio- 
thek aufbewahrt. Da die beiden letztgenannten Handschriften 
sich nur wie Original und Kopie zu einander, verhalten, wie ich 
früher angegeben habeS so reduziert sich die Überlieferung der 
ZO. in Lübischen Rechtscodices auf zwei Handschriften^. Ihnen 
stellt sich an die Seite ein gleichfalls dem 13. Jahrhundert an- 
gehöriges Pergamentheft des Lübecker Staatsarchivs, das nur die 
ZO. enthält (A). Zuerst von Dreyer, Einleitung in die Lübecki- 
schen Verordnungen (1769) S. 148, erwähnt, ist es von Gütschow, 
dem Entdecker des Lübischen Fragments, in Falcks Staatsbürgerl. 
Magazin IV (1824), S. 81 ff., mit der Überlieferung in L ver- 
glichen und in der citierten Schrift von Mollwo, S. 79 ff., im 
Paralleldruck mit den übrigen Überlieferungen der ZO. ver- 



' Hans. Gcsch.-Bl. 1883, S. 91 ff. 

» Im Folgenden habe ich das Lüb. Fragment mit L, die beiden Tondern- 
schen Codices mit W oder, wo zwischen Original und Kopie. zu unterscheiden 
ist, mit Wa und Wb bezeichnet. 



I-II 



'öflfentlicht worden*. Die ZO. ist aus L im Lübecker U.-B. I n. 32, 
'S* 37 ff. , bei Höhlbaum, Hansisches U.-B. I n. 223; aus Wb 
bei Westphälen, Monum. ined. III (1743) p. 619, und bei' HaCh, 
Das alte Lübische Recht, S. 216 flf., unter den Artikeln I löi 
bis 120 abgedruckt. Was Mollwa dem Abdruck aus A ah die 
Seite stellt, wiederholt die Dradke der Ausgaben. Neben den 
lateinischen Formen der ZO. aus dem 13. Jahrhundert existiert 
-eine deutsche Übersetzung, in den Codex des Lübischen Rechts, 
•den der Bürgermeister Tidemann Güstrowe 1348 to- des Stades 
behöf zusammenstellen liefs, hinter den Statuten eingetragen. Ab- 
g^edruckt ist die ZO. dieser Form bei Hach a. a. O. und da- 
nach bei MoUwo. Ob diese deutsche Form (TG) als eine vierte 
tJberlieferung den vorhin erwähnten angereiht werden darf, hängt 
von der Beantwortung der Frage ab, ob sie als eine blofse Über- 
setzung anzusehen ist oder selbständige Bedeutung hat. Im letzten 
Falle könnte sie, wenn ihre Selbständigkeit mehr als die litterarische 
ihres Zusammenstellers wär^, uns mit dem Zollrecht ihrer Zeit 
bekannt machen ; . im ersten Falle . wäre sie von Wert, wenn sie 
-eine andere lateinische Vorlage als die uns bekannten übersetzte^. 
Bei genauerer Vergleichung ergiebt sich, däfs sie für die Er- 
kenntnis der ZO. des 13. Jahrhunderts keinen Ertrag liefert 3, ^ 



'So verdienstlich die Zusammenstellung ist, so ist doch zu bedauern, 
-dafs 'Urkundenauszüge zwischen die parallelen Sätze der ZO. gesetzt sind, 
der fehlerhafte Abdruck der ZO. bei Westphälen wiederholt ist. und die 
inrirklich parallel laufenden Quellenstellen nicht immer nebeneinander stehen: 
■so durfte der Satz des Privilegs »si quis vero transfretare« nicht S. 80, sondern 
tnufste S. 82 neben ZO. 3 gedruckt werden. 

* Die Behauptung Mollwos, in TG finde sich keine Stelle, die nur in 
L> und nicht auch in W oder A vorkäme (S. 18) , bei Abfassung von TG 
seien ausschliefslich Handschriften in der Form von W und A, keine in der 
Form von L benutzt (S. 19), widerlegt ein Blick auf ZO. 6 und Hach I iö6. 
Der Schlufssatz: »unde ne hevet he nicht« etc. giebt den nur in L vorkommen- 
-den Satz: «et si nichil habet« wieder. 

3 Ober ihr Verhältnis zu den lateinischen Formen habe ich früher 
(Lüb. R. S. 19) das Nötige bemerkt. Hinzuzusetzen wüfste ich nur, dafs der 
Zoll eines Schweins von einem (ZO. 7) in TG auf zwei Pfennige erhöht ist. 
Die Angabe Mollwos S. 98, TG unterscheide sich von allen andern Über^ 
lieferungen der ZO. durch die Herabsetzung des Zolles von 8 auf 7^/1 Pfennig 
(6. II. 14), ist irri|;; in den Handschriften Wa und Wb steht bereits 7"/» den., 
der Druck Westphalens hat das nur nicht richtig wiedergegeben. 



H2 — 

Über das Verhältnis der drei Überlieferungen zu einander 
kann allein ihr Inhalt entscheiden. Ihre Entstehungszeit beweist 
für sich noch nichts; denn abgesehen davon, dafs die Datierung 
von L streitig ist, ist für A nur der terminus a quo, für W nur 
der terminus ad quem sicher: die Handschrift A mufs, da sie 
die 1234 den Bürgern von Stade durch königliches Privileg er- 
teilte Zollfreihet in Lübeck kennt', nach 1234, und die Hand- 
schrift W, da sie Bestandteil eines 1243 für Tondem ausgefertigten 
Rechtscodex bildet, vor 1243 entstanden sein. Wer sich da- 
nach das genetische Verhältnis einfach so zurechtlegen wollte: 

L 



W 

würde schon durch die Betrachtung widerlegt, dafs W gleich L 
ZO. und Statutensammlung verbindet, während A blofs die ZO. 
kennt. Es wäre doch äufserst auffallend, dafs W sich für den 
einen Bestandteil an A, für den andern an L gehalten hätte,, 
während eine Vorlage zur Verfügung war, die beides miteinander 
verband. Dazu kommt, dafs W in L enthaltene Artikel kennt,, 
die in A fehlen. 

Da andererseits A auch Artikel der ZO. in L kennt, die 
W fehlen, so läfst sich der oben verworfene Stammbaum auch 
nicht durch den umgekehrten ersetzen: 

L 



W 



A 

Nachher anzuführende Umstände verbieten auch die Modifikation, 
sich als das Mittelglied zwischen L und A eine vollständigere 
Form von W zu denken als die uns jetzt vorliegende. 

Ist nun auch L als die sichere und gemeinsame Grundlage 
festzuhalten, so können doch nicht A und W als in einem 



1 



< BF. 4307. Lüb. U.-B. II n. 15, jetzt auch Mon. Germ. Constit. II 
D. 321. 



— 113 — 

direkten und unter sich verbundenen Zusammenhange zu L 
stehend gedacht werden. Ihre Beziehungen werden vielmehr so i 
aufzufassen sein, dafs sie unabhängig von einander ihre gemein- 
same Quelle benutzt haben, und diese nicht direkt L war, sondern [ 
eine zwischen L und den uns erhaltenen Handschriften A und j 
W stehende Form, die bereits eine Reihe von Zusätzen zu der / 
ZO. in L kannte: nämhch das Detail über den Viehzoll in Ar- 
tikel 7, den Zusatz über die den Zöllner treffende Strafe (19 
Satz 2) und die generelle Norm über die Freiheit der Rückfuhr 
(iia)*. Denn diese Vermehrung des Stoffes kehrt in A und W 
wieder. Was VV noch an andern Zusätzen aufweist, ist A fremd. 
Ebenso weichen A und W in der Stoffverkürzung von einander 
ab. Wie dort, so ist auch hier A bescheidener, mafsvoller ver- 
fahren. A hat drei Artikel: 3, 4 und 6, W sechs Artikel: i, 2^ 
8, 9, 15, 16 der gemeinsamen Vorlage ausgeschieden. Tritt die 
Handschrift A auch durch die Beseitigung der ganzen auf die 
ZO. folgenden Statutensammlung hinter W in der Benutzung der 
gemeinsamen Vorlage zurück, so steht sie ihr doch in dem be- 
nutzten Teile näher als W. Auch begnügt sie sich mit der 
kurzen, natürlichen Ausdrucksweise, wie sie L liebt, während W 
die gemeinsame Vorlage glättet, korrigiert, ordnet. Schon der 
Eingang der Handschrift W verrät diese Tendenz. Sie giebt 
dem Ganzen eine Überschrift, die zudem die beiden Bestandteile 
der Aufzeichnung unterscheidet: primitus de theloneo incipien- 
dum et postmodum de singulis causis dicendum ^. In A war 
eine Überschrift der Art nicht möglich, da hier der ZO. keine 
Sätze über singulae causae folgen. Überschriften einzuführen hat 
im weiteren Verlaufe auch A versucht, aber sparsamer als W. 
Der Artikelanfang: si homo, si vir, homo (3, 7, 16, 19) in L 



* Die Zählung der Artikel, welche ich befolge, entspricht der Ordnung 
in L, die aus dem Abdruck bei Höhlbaum, Hans. U.-B. I n. 223, leicht zu 
ersehen ist. Mit Art. iia ist der einzige gröfsere selbständige Zusatz be- 
zeichnet, den die Handschrift W aufweist = Hach I 112. Die Zählung bei 
Mollwo weicht dadurch ab , dafs ZO. 8 über die Zollfreiheit der Lübecker, 
den ich als besonderen Artikel zähle, bei ihm mit ZO. 9 einen Artikel (8) 
bildet, dafs er umgekehrt ZO. 17 meiner Zählung in die Nummern 16 und 
17 zerlegt. 

* In Wb ist durch Auslassung von incipiendum der Reim gestört. 
Hansische Geschichtsblätter. XXV. 8 



— 114 — 

und A, quicunque homo in A (iia) erscheint W nicht gebildet 
genug und wird überall — ZO. 4 ausgenommen — durch »si 
quis«, »si quisquam«, » quicunque c ersetzt. Wo L und A im An- 
schlufs an die volkstümliche Ausdrucks weise schreiben: »karruka 
dat 2 den., vehiculum dat 2 den.«, heifst es in W korrekt: >de 
karruka ^ dantur 2 den., de vehiculo dantur 2 den.« (7). Ebenso 
im Eingange desselben Artikels, wo L und A lesen: »si homo 
venit in civitatem cum curru suo, dat 4 den.«, hält W es für 
nötig im Nachsatze zu wiederholen: »dabit de curru« *. Ähnlich 
überflüssige Zusätze der Handschrift W sind in Artikel 3 zu 
«teloneabit« : »et non amplius«, in 4 zu »solvat« : »plenarie«. 
Derart unnötige Verdeutlichungen finden sich noch vielfach in W. 
Hinter »uterque« wird hinzugefügt: »eorum« (11, 14), »respon- 
debit« ersetzt durch »tenetur respondere« (17), »sola manu se 
expurgabit« durch den Zusatz »in reliquiis« erläutert (18), »ad 
invicem dant« wiedergegeben durch »ad invicem fecerint concam- 
bium ita quod alter alteri dat« (11). Überall steht hier A auf 
der Seite des einfachen Originals gegenüber dem in der Hand- 
schrift W sich geltend machenden Streben nach gröfserer Korrekt- 
heit und Umständlichkeit. 

Ist damit das relative Alter der Überlieferungen, ihre Reihen- 
folge unter einander ermittelt, so ist die weitere Frage: wie alt 
ist die. als älteste ermittelte Überlieferung? Solange man sich 
mit der Lübecker ZO. beschäftigt — und das geht auf Dreyers 
Einleitung (S. 147) vom Jahre 1769 zurück — , hat man sich für 
ihre Datierung auf Artikel 9 berufen, der den »homines domini 
Burwini et filiorum suorum« Zollfreiheit in Lübeck gewährt. Ich 
habe früher daraus gefolgert, da Burwin I. in Mecklenburg bis 
1227 und seit 1218 in Gemeinschaft mit seinen Söhnen regiert 
habe, und andererseits die Lübecker in den Jahren 1226 und 
1227 eine Reihe von Handelsbegünstigungen und Zollfreiheiten 
in Mecklenburg erlangt haben, werde die ZO. frühestens 1227 
anzusetzen sein 3. Ich hätte richtiger: spätestens 1227 sagen 



^ So Wa, in Wb »karrula«. 

» Wb setzt noch hinzu: »ad teoloneumc. Die Abweichung »in currum 
suum« ist ein von Moll wo wiederholter Druckfehler Westphalens; die Hand- 
schrift liest »in curru suo«. 

3 Lüb. Recht S. 16. 






— 115 — 

sollen, da die Bezeichnung »d omini Burwini« wohl auf einen noch 
lebenden Fürsten hinweist und Burwin am 28. Januar 1227 starb. 
MoUwo (S. 9) führt dagegen an, von einer gemeinschaftlichen 
Regierung Burwins mit seinen Söhnen könne nach dem Tode 
Nicolaus' (f 1225) und Heinrichs (f 1226) nicht mehr die Rede 
sein. Aber Burwin hat nach dem Tode seiner Söhne mit seinen 
Enkeln gemeinschaftlich regiert^ und unter den »filii« der ZO. 
könnten auch sie verstanden sein. Aufserdem redet die ZO. 
von Leuten, von Unterthanen aus dem Lande der genannten 
Fürsten. So konnten sie am Ende auch bezeichnet werden, wenn 
die Fürsten selbst nicht mehr am Leben, namentlich vor kurzem 
verstorben waren. Doch für die Datierung einer Rechtsaufzeich- 
nung kommt wenig darauf an , ob sie zwei Jahre älter oder 
jünger ist. Wichtiger ist es, den Gründen nachzugehen, aus 
denen Mollwo die Entstehungszeit enger zu begrenzen versucht ^. Als 
terminus ad quem will er den Todestag des erstverstorbenen der 
beiden Söhne Burwins, den 28. September 1225 benutzen; als 
terminus a quo die Befreiung Lübecks von der dänischen Herr- 
schaft, die in die ersten Monate des Jahres 1225 gehört. Wäre 
die ZO. vor 1225 zusammengestellt, so hätte sie nach MoUwos 
Folgerung unter den vom Zoll befreiten Nationen die Dänen mit 
aufzählen müssen. Waren denn aber die Dänen notwendig in 
Lübeck zollfrei, weil ihr König über Lübeck in der Zeit von 
1201 — 1224 gebot? Abgesehen davon, dafs die Eroberungen 
des Königs deshalb noch nicht Bestandteile des dänischen Staats- 
gebiets wurden 3, sind nicht mit einer Argumentation wie der 
bezeichneten Grundsätze aus staatsrechtlich ganz verschiedenen 
Zuständen in die Vergangenheit, in das 12. und 13. Jahrhundert 
übertragen? Die Sachsen, die Holsten geniefsen doch weder 
nach den Privilegien von 11 88 und 1226 noch nach der ZO. 
Zollfreiheit in Lübeck. — Mollwo glaubt für die Datierung noch 
besonderen Wert auf den Artikel 8 legen zu dürfen, der von 
der Zollfreiheit der Lübecker in Sachsen handelt und sie je nach 



* Böhlau, Mecklenburg. Laiidrecht I 28. 
» S. loflF. 

3 Usinger, Deutsch-dänische Geschichte S. 124 und 230. Winkelmann, 
König Philipp S. 273. 

8* 



— ii6 — 

den verschiedenen Überlieferungen der ZO. in Erteneburg und 
Mölln oder blofs in Mölln oder — nimmt man noch das Privileg 
von II 88 hinzu — blofs in Erteneburg zollpflichtig macht. 
Koppmann * hat schon bemerkt, wie wenig mit diesem Argument 
zu erreichen ist. Ich will noch darauf hinweisen, wie wenig 
Wert überhaupt der Fassung dieses Artikels in der ZO. zukommt. 
Er unterbricht den Zusammenhang, denn die ZO. handelt in dem 
vorangehenden und dem nachfolgenden Artikel von den in Lübeck 
entrichteten Zöllen. Das führt sie auf die Zollfreiheit gewisser 
Nationen in Lübeck, die Materie, der ihr eigentliches Interesse 
gilt und die daher mit allem Detail vorgetragen und in den 
späteren Recensionen fortschreitend erweitert wird. Als Gegen- 
satz wird dem die Zollfreiheit der Lübecker gegenüber gestellt 
und, wie das oft in mittelalterlichen Rechtsaufzeichnungen zu be- 
obachten ist, vorangeschickt. Es wird mehr an den Rechtssatz 
erinnert, als dafs er selbst vorgetragen würde ; giebt ihn die ZO. 
doch nicht einmal in dem Detail wieder, das in der Quelle, dem 
Privileg von 1188, geboten ist. Selbst der Ausdruck »per totum 
ducatumc statt »per totum ducatum Saxonie« ist verkürzt gehalten. 
Für das Zollrecht der Lübecker im Auslande kann der Artikel 
deshalb nicht als ausreichende Quelle gelten. 

Die drei Überlieferungen , in denen wir die ZO. besitzen^ 
stehen sich an Wert nicht gleich. Nicht blofs weil L die Grund- 
lage ist, auf der erst die beiden andern beruhen. Mögen auch 
A und W oder ihre nächste Vorlage einzelne Artikel weiter aus- 
geführt haben als L, die älteste Handschrift ist sachlich die 
reichste. Die einzige Vermehrung von sachlicher Wichtigkeit ist 
der dem Artikel 19 angehängte Satz über die den Zöllner 
treffende Strafe. Der einzige selbständige Artikel, den die späteren 
Formen vor L voraus haben, ist materiell keine Bereicherung^ 
wie MoUwo, S. 17, annimmt. Denn der die Freiheit der Rück- 
fuhr anerkennende Artikel 1 1 a ist nichts als Generalisier ung eines 
Satzes, den schon das Privileg von 11 88 in zwei, und die ZO. 
der Handschrift L in drei Einzelanwendungen (3, 7, 16) kennt. 
Dem Verfasser, der den allgemeinen Satz ^ formulierte und seiner 



» Geschl.-Bl. 1894, S. 160. 

* Ich habe schon früher (Lüb. R. S. 18) auf den Unterschied in der 



— 117 — 

Vorlage einfügte % ist dabei das Unglück passiert, einen Haupt- 
punkt zu übersehen: dafs nämlich der Kaufmann, um sich auf 
die Zollfreiheit berufen zu können, binnen Jahr und Tag zurück- 
gekehrt sein mufs. Diese Zeitbeschränkung ist auch nicht etwa 
«päter hinweggefallen, und der Artikel, wie ihn die Handschriften 
A und W gewähren, der Ausdruck einer in der Handelsfreiheit 
weiter fortgeschrittenen Zeit, denn dieselben Handschriften halten 
in der Einzelanwendung jenes Satzes von der Rückfuhrfreiheit 
völlig übereinstimmend mit L an der Beschränkung fest, dafs 
die Rückfuhr binnen Jahr und Tag geschehen sein müsse (3). 
Ergiebt diese Vergleichung den geringem Wert der spätem Hand- 
schrift, so ist auch nicht etwa eine Gleichstellung der drei Hand- 
schriften damit zu begründen, dafs wie L das Zollrecht um 1225, 
so A das um 1234, W das um 1243 bestehende darstelle. Um 
A als einen Repräsentanten des Rechts im 4. Jahrzehnt gelten 
zu lassen, müfsten wir überhaupt etwas über das Motiv seiner 
Abfassung wissen. Die Überlieferung der Handschrift ist von 
der Art, dafs wir gar nicht mit Bestimmtheit sagen können, ob 
wir in ihr überhaupt eine abgeschlossene Urkunde oder nicht 
vielleicht eine unfertige Kopie der Statuten vor uns haben. Wie 
wenig sie geeignet ist, das Recht ihrer Entstehungszeit zu re- 
präsentieren, zeigt schon der ihre Datierung ermöglichende Um- 
stand. Die Urkunde König Heinrichs VII., der den Stadern 
Zollfreiheit in Lübeck gewährt ', nennt neben ihnen die von 
.Bremen. Die ZO. in A und W nennen nur die von Stade. 
Das Motiv für die Abfassung von W kennen wir. Es war die 
Absicht, Tondern einen Codex des Lübischen Rechts zu über- 
senden. Dafs immer die neueste Gestalt des Lübischen Rechts 
nach auswärts mitgeteilt wurde, läfst sich nicht behaupten. Es 
liegen vielmehr Beweise des Gegenteils vor 3. Jedenfalls lehrt 
uns der Tondernsche Codex in seiner ZO. nicht das kennen, 



Fassung dieses abstrakten Satzes im Vergleich zu den konkret gehaltenen 
übrigen Artikeln der ZO. aufmerksam gemacht. 

' Bei den Worten »venit per aquam sive per terram« haben vielleicht die 
des kaiserlichen Privilegs vom Juni 1226 (Lüb. U.-B. I, n. 35) vorgeschwebt: 
*venientes ad civitatem ipsam sive per terram sive per aquam«. 

* Oben S. 112 A. I. 

3 Lüb. Recht S. 64. 



— ii8 — 

worauf es für den vorliegenden Zusammenhang ankommen würde» 
das in Lübeck um 1243 geltende Zollrecht. Offenbar hat man 
bei Herstellung der Handschrift aus der überlieferten ZO. alles 
das weggelassen, was für die Rechtsanwendung in Tondern un- 
geeignet war. An andern Stellen sind kurze Schlufssätze von 
Artikeln der Vorlage weggelassen (5, 6), beidemal, nachdem der Her- 
steller der Handschrift W seinen Text um kleine Zusätze bereichert 
oder richtiger erweitert hatte. Dafs er seine Vorlage nicht immer 
verstand, zeigt ZO. 12. Wenn ein Gast, der in Handelsgesell- 
schaft mit einem Bürger ist, dessen Waren nebst seinen nach 
Lübeck führt, so zollt er nur für seinen Bestandteil. Der Han- 
delsgesellschaft soll irgend welche andere Form der Geschäfts- 
besorgung für andere, z. B. Kommission gleichgestellt werden. 
Das drücken die Worte in L aus : »in societate vel alias pro libito 
suo«. W streicht »alias« und fügt »tantumc am Schlüsse zu, so 
dafs ein Gegensatz zu »societas« herauskommt: »ofte van siner we- 
ghene allene«, wie TG. übersetzt ^ Dazu pafst dann aber der Nach- 
satz gar nicht. Über die Zusätze , die W einzelnen Artikeln ge- 
geben hat (5, 7, 19), ist unten in Abschnitt III gesprochen. Den 
Vorwurf des kleinlichen Ausbesserns, des Schulmeisterns , der 
überhaupt der Arbeit des Lübecker Stadtschreibers, Heinrich von 
Braunschweig, wie sie in dem Rechtscodex für Tondern vor- 
liegt, nicht erspart werden kann, trifft nicht zum wenigsten die ZO. 

Von der Möglichkeit, eine Entwicklung des Zollrechts aus 
den verschiedenen Handschriften der ZO. zu erkennen, kann 
keine Rede sein. Die Zeitabstände, die sachlichen Unterschiede 
zwischen ihnen sind zu unbedeutend, als dafs sie als selbständige 
Rechtsaufzeichnungen neben einander in Betracht kommen könnten. 
Was sie an Abweichungen darbieten, ist sachlich ohne Wert, mufs 
seinen Grund in individuellen, zufalligen Umständen haben, die 
für uns nicht mehr verfolgbar sind. 

So wertvoll der Inhalt der ZO. für uns ist, so kann er doch 
schwerlich für die Bedürfnisse der Entstehungszeit ausgereicht 
haben. So einfach, wie nach der ZO. das Zollrecht gestaltet 
war, würde es zur Regelung des Verkehrs am Lübecker Markte 



* MoUwo, 91 zieht »tantum« zum folgenden Satz, da ist das Wort neben 
»suis« aber vollends überflüssig. 



— 119 - 

nicht genügt haben. Wieviel reicher sind die Ordnungen und 
Tarife, die das hansische Urkundenbuch für Hamburg bietet 1 
Man wird die ZO. kaum anders verstehen können, als eine 
Summe von Zollrechtssätzen, wie sie der Veranstalter der ältesten 
Aufzeichnung von lübischen Statuten aus dem umfassenderen — 
ungeschriebenen oder geschriebenen — Rechte des herrschaft- 
lichen Zöllners auszuwählen und mit den städtischen Statuten zu 
verbinden für gut befand. Wie das Recht der Zollerhebung 
herrschaftlich war und noch lange herrschaftlich blieb, so sind 
auch die dabei zur Anwendung kommenden Normen herrschaft- 
lichen Ursprungs, nicht Ausflüsse der städtischen Autonomie^. 
Sie entstanden mit der Errichtung der Zollstätte und bildeten 
sich fort mit der Zunahme des Verkehrs. Aus den in einem 
etwa sechzigjährigen Zeiträume entstandenen Zollrechtssätzen ent- 
nahm im dritten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts der vom Rate 
mit der Zusammenstellung der Statuten beauftragte Stadtschreiber 
oder wer es sonst war die Normen, die er an die Spitze der 
Statuten setzte. Die Thätigkeit des Stadtschreibers hatte keine 
gröfsere Bedeutung, als dafs er die für seinen Zusammenhang 
brauchbaren Rechtssätze auswählte und gewisse neuerdings be- 
willigte Befreiungen von der Zollentrichtung in Lübeck bei der 
Niederschrift mitberücksichtigte. 

Was die ZO. aufser dem Inhalt ihrer Bestimmungen wert- 
voll macht, ist ihre Verbindung mit der ältesten Porm der 
Statuten. Städtische Statuten mit Zollrechtssätzen zu verbinden 
ist durchaus altertümlich. Sie sichern neben andern Momenten 
dem Lübischen Fragment die Stellung an der Spitze der Lübischen 
Rechtsaufzeichnungen. Die Mehrzahl der lateinischen Hand- 
schriften wie die deutschen alle haben die ZO. ganz beseitigt; 
die kleine Zahl, welche überhaupt Zollrechtssätze aufgenommen 
hat, hat ihren Bestand, mit dem des Fragments verglichen, er- 



^ Der Gedanke Mollwos, S. 50, die ZO. sei »Teil einer vor Bürgern 
und Gästen verlesenen Bursprake« ist mit Form und Inhalt von Burspraken 
unvereinbar. Dafs sie ein städtisches Statut sei, weil um 1225 weder kaiser- 
liche noch landesherrliche Herrschaft in Lübeck bestanden habe (S. 49), 
widerlegt sich durch das im Text Gesagte; aufserdem auch durch die Bufsen- 
teilung, die bei der Übertretung städtischer Statuten eintritt (Hach I 28), ver- 
glichen mit der bei Zollstrafen angeordneten (Hach I 120). 



I20 

heblich verkürzt. Die Entstehungszeit, die für die Statuten nach 
ihrem Inhalt in Anspruch zu nehmen ist, wird bestätigt durch 
die Zeit, um welche die Zollrechtssätze aller Wahrscheinlichkeit 
nach die Fassung erhalten haben, in der sie in die Statuten auf- 
genommen sind^ 

Bei Betrachtung der ZO. nach ihrer Form wird es sich 
empfehlen, um das Verständnis der Quelle und die Verständigung 
unter ihren Auslegern zu erleichtern, von einer Feststellung ihres 
Sprachgebrauchs auszugehen. Da er kein anderer sein kann als 
der der Statuten, deren Bestandteil die ZO. büdet, mufs zugleich 
auf die in ihnen angewendete Rechtssprache Rücksicht genommen 
werden. 

Die ZO. beschäftigt sich mit den Handeltreibenden. Sie 
sind verstanden unter den »qui vendunt et emunt« (i) oder wie 
die Statuten an einer nachher anzuführenden Stelle noch 
charakteristischer sagen, die »solent emere et vendere«. Das ist 
dasselbe, was unser heutiges Recht durch: gewerb mäfsig 
Handelsgeschäfte oder ein Handels ge werbe betreiben ausdrückt^. 
Nur sie sind zollpflichtig. Wer aus andern Gründen, nicht »pro 
negociationibus suis« in die Stadt kommt 3, unterliegt nicht dem 
Zoll. Die deutsche Rechtssprache giebt »ementes et vendentesc 
einfach mit Kaufleuten wieder. Entsprechend reden die älteren 
Statuten von Kauffrauen *, nicht von Handelsfrauen , wie das 



* Was MoUwo, S. 5, gegen meine »Methode« vorbringt, hätte Wert, 
wenn er ftir die Entstehungszeit der Lüb. Statuten ein anderes Datum er- 
mittelt hätte als ich. Seine theoretischen Anzweiflungen haben keine andere 
Bedeutung, als den ihm unbequemen terminus a quo 1226 zu beseitigen. 
Wie wenig dazu seine Untersuchungen ausreichen, ist oben S. 115 gezeigt. 

^ Allgem. deutsches Handelsgesetzbuch Art. 4; Handelsgesetzbuch vom 
10. Mai 1897 § I. 

3 Priv. Kaiser Friedrichs II. vom Juni 1226 (Lüb. U.-B. I n. 35). Vgl. 
ZO. 2 »in negocio suo«. Lüb. U.-B. I n. 42 : »in negotiis et cum negotiationi- 
bus«. Vgl. unten S. 128. 

4 Lüb. Stat. Hach I 21 : mulieres que habent kopschat et solent emere 
et vendere. Revid. Lüb. R. III 6, 13 und 21 : eine kauffrau, was sie kauft, 
mufs sie zahlen. 



— 121 

moderne Recht ^ ; wird das ganze Rechtsgeschäft »kopinge«, Kauf, 
genannt", während das römische Recht das zweiseitige emtio 
venditio gebraucht, die Franzosen zwar einseitig wie wir ver- 
fahren, aber die Seite des Verkaufens — la vente — zur Be- 
zeichnung des ganzen Rechtsgeschäfts wählen 3. Den Gegenstand 
der Kaufgeschäfte bildet der in der ZO. wiederholt erwähnte 
»kopschat«. An einer Stelle glossiert das deutsche Wort das latei- 
nische facultas; an einer andern (9) wird es redditus gegenüber- 
gestellt. In demselben Sinne gebrauchen andere Sätze der ZO. 
facultates (17, 12, 13) oder bona (14), was die Übersetzung des 
TG. 5 beides durch »gut« wiedergiebt. Facultas, in den Statuten 
gewöhnlich im Plural gebraucht^, bedeutet regelmäfsig das be- 
wegliche Vermögen und steht im Gegensatz zur hereditas, zum 
Erbe, d. i. res immobilis, vgl. Hach I 18 '. Dasselbe drückt 
auch »kopschat« aus, nur dafs hier noch entschiedener das zum 
Umsatz geeignete und bestimmte bewegliche Vermögen, mit andern 
Worten: »Waren« gemeint sind^. 

Unter den Handeltreibenden unterscheidet die ZO. die selb- 
ständig Handeltreibenden von denen, die als Gehülfen dem Ge- 
werbebetriebe eines Prinzipals dienen: »comedit proprium panem« 



^ Handelsgesetzbuch Art. 6 und ß, 

* Hach II 116: verkoft en medet knecht sines herren ghut, unde ne 
wil de herre de kopinge nicht stede holden. 

3 Vgl. venda als Bezeichnung für Handelsabgabe. Waitz, Vf.-Gesch. 
VIII 288, A. 4. 

4 pro omni facultate, quod kopschat dicitur (Zusatz von A und W, 
Art. IIa). 

5 Oben S. in. 

^ Man möchte an einen Versuch denken, das deutsche «Vermögen« 
wiederzugeben; das Wort ist jedoch in diesem Sinne dem MA. noch nicht 
bekannt. Aber facultas, facultates im Latein des MA. und früher schon 
häufig =- Vermögen. 

7 Man darf nicht mit Mollwo, S. 59, sagen, facultas bilde den Gegen- 
satz zu domicilium, wenn es auch in der Stelle des Ripener Rechts, Art. 59, 
(Hasse, Quellen des Ripener St.-R., S. 18, n. i), einmal in solchem Gegen- 
satze vorkommt. 

S que habent kopschat in der oben S. 120 A. 4 citierten Stelle. So auch 
in dem S. 120 A. 3 angeführten Privileg des Grafen von Schwerin für Lübeck: 
concedimus per omnes jurisdictionis nostre terminos suis in negotiis et cum 
negotiationibus libertatem . . pertranseundi. 



122 

(6) im Gegensatz dessen, »qui est in pane burgensisc (13). Es ist 
der >brot etende knecht« des Hamburger Rechts von 1292 N. X^ 
der »brodighe knecht« der Urkunden * im Gegensatz des Brotherrn, 
des »paneus dominus f (Stralsunder Verfestungsb. LXXIII). Sonst 
sind die Gegensätze durch dominus, Herr und servus, knechte 
in den Statuten servus conductitius , gemedet knecht^ wieder- 
gegeben. 

Der Handeltreibende ist entweder Einzelkaufmann oder bildet 
mit andern zusammen eine Handelsgesellschaft. Nach den Zwecken 
der ZO. wird insbesondere der Fälle gedacht, in denen burgensis 
und hospes, Bürger und Gast (12), oder hospes und hospes (14) 
in einer societas (kumpenie) vereinigt sind, und dabei dann noch 
unterschieden, ob die Gesellschaft eine zu gleichen oder zu un- 
gleichen Teilen sei (14). 

Dem Rechte der Zeit entsprechend macht es einen be- 
sonders wichtigen Unterschied, ob der Handeltreibende ein Ein- 
heimischer (civis 8, burgensis 14) oder ein Fremder, ein Gast 
(hospes IG — 12, 14) ist. Aber schon seit seinen ältesten Zeiten 
ist es ein Ruhm Lübecks, dafs es seinen Hafen und Markt dem 
Verkehr der Fremden zugänglich gemacht hat. Was das Privileg 
Kaiser Friedrichs I. von 11 88 in dieser Beziehung anerkannt 
hatte, ist durch die ZO. wiederholt und ausgedehnt (9). Eine 
besonders benachteiligte Stellung unter den Fremden nimmt der 
Wende (Slavus) ein (16). Unter den die Zollstätte in Lübeck 
berührenden Waren wird unterschieden: Einfuhr adducere, ad- 
ducere ad civitatem (9, 10, 15) und Ausfuhr educere (16, 17X 
Die Ausfuhr geschieht landeinwärts oder zur See. Ins Binnen- 
land auf Landwegen oder die Trave hinauf Güter transpor- 
tieren wird ausgedrückt durch sursum deducere, deutsch up- 
voren (i); ebenso wie von dem landeinwärts reisenden Kaufmann 
für seine Person sursum pergere, deutsch upvaren (i) gesagt 
wird 3. Auf den Seehandel oder richtiger die Kauffahrten zur 



' Mnd. Wb. I 427. 

^ ZO. 13, Hach I 77, II 116. 

3 Ebenso Hamburgische ZO. von 1262 (Hans. U.-B. I, n. 573 S. 200): 
hospes veniens, manens apud mare occidentale vel Orientale, et volens ascen- 
dere Albiam. In der Urkunde des Herzogs von Sachsen - Lauenburg über 



— 123 — 

See beziehen sich die Wendungen : pergere ad mare (3), ire oder 
vadere ad mare (2, 3, 6), velle ad mare (14), transfretare in dem 
Privilegium von 1188. Nicht jeder Kaufmann, der sich auf die 
Seereise begiebt, fährt »cum mercimoniis suis« aus. Die ZO. be- 
rücksichtigt auch den Fall, dafs er » simpliciter« ausreist, blofs 
mit Geld versehen, um über See Einkäufe zu machen. Diese 
Bezeichnung des Gegensatzes, die einer Urkunde des Herzogs 
von Sachsen-Lauenburg für Lübeck von 1241 entnommen ist% 
ist zwar der ZO. fremd; aber die Sache ist ihr wie ihrer Vor- 
lage bekannt. In dem Privileg von 1188 wird unterschieden: 
si quis transfretare voluerit, quotcunque var habuerit, de quo- 

libet det 15 den.; et si nuUum habuerit det 5 den. 

Ebenso ZO. 6 : quicumque pergit ad mare et habet 7 punt, dat 
8 den. ; et si nichil habet et pergat ad mare .... dat 5 den. 
Die Einfuhr zur See ist mitberührt in den Artikeln der ZO., die 
die Freiheit der Rück fuhr gewähren (3, 16); speciell handelt von 
ihr eine die Pferdeinfuhr betreffende Bestimmung (10). 

Es gereicht der ZO. zur Empfehlung, dafs sie verhältnis- 
mäfsig gut geordnet ist. Ihre ersten 16 Sätze enthalten den 
Zolltarif, damit verbunden die Normen über Zollpflicht und Zoll- 
freiheit; die Sätze 17 — 19 haben es mit der Zollentrichtung 
zu thun. 

Die ZO. geht aus von dem in Lübeck an Ort und Stelle 
stattfindenden Handel (i, 2). Seinen Gegensatz bildet die von 
Lübeck ausgehende Kauffahrt zur See (3 ff.). Beides, Landhandel 
und Seehandel, interessiert unsere Quelle nur in Beziehung auf 
den Zoll. Es überwiegt der Handel auf dem Lübecker Markte. 
Nur die Artikel 3 — 6 haben den Seehandel zur Voraussetzung. 
In ZO. 3 wird die Zollregel für den Seehandel aufgestellt, in 
Artikel 4 — 6 folgt das Detail. Mit Artikel 7 kehrt die ZO. zu 
dem Eingangsthema zurück; nur dafs jetzt ausdrücklicher vom 
Kleinverkehr die Rede ist. Zunächst von dem, der sich nach 



die Zollbefreiung der Lübecker auf der Strafse nach Hamburg wird Hamburg 
als unten (deorsum sive inferius), Lübeck als oben (sursum) liegend bezeichnet. 
Lüb. U.-B. I n. 91 berichtigt durch Höhlbaums Regest im Hans. U.-B. I n. 307. 
' Lüb. U.-B. I n. 91. 



— 124 — 

den Transportmitteln (cumis, kamika, vehiculum) bemifst*, und 
dem, der in Viehhandel besteht. Die Artikel 8 und 9 behandeln 
die Zollfreiheit der Lübecker und die der Ausländer in Lübeck. 
Das leitet über zu dem Verkehr der Gäste (hospites) in Lübeck, 
der in den Artikeln 10 und fF. vorherrscht. Hier ist der Pferde- 
handel berührt, Verkauf und Einkauf, Einfuhr zur See, wobei 
vorzugsweise an von Dänemark her in die Stadt gebrachte Pferde 
gedacht sein mag. Aber auch der sonstige Verkehr der Gäste, 
soweit er für den Zoll wichtig war, ist erörtert: namentlich wie 
sich ihre Zollpflicht gestaltet, wenn sie zu Gesellschaften zusammen- 
treten, sei es untereinander (14) oder mit Bürgern (12). Die 
Zollfreiheit des Bürgers soll darunter nicht leiden, andererseits 
aber dem Gast nicht zu gute kommen. Das führt zugleich zu 
einer Festsetzung darüber, wie es mit dem »Knechte eines Bür- 
gers gehalten werden soll, der neben dem Gut seines Herrn, 
das er führt, auch selbst ein paar Mark eigenen Vermögens mit- 
bringt (13). Die Artikel 15 und 16 kehren noch einmal zu dem 
Kleinverkehr und dem besonders gestellter Fremden zurück: zu 
der Einfuhr von Obst und Gemüsen, zu dem Handel der Slaven, 
der zum Teil wenigstens in das Gebiet des kleinen Verkehrs fällt. 
Für diesen Markthandel mit den Erzeugnissen der Garten- und 
Landwirtschaft wird möglichste Zollerleichterung gewährt. Die 
den Schlufs der ZO. bildenden Artikel über die Zollentrichtung 
regeln die Verfallzeit des Zolles, das Zurücklassen des Zoll- 
betrages beim Hauswirt des Zollpflichtigen (17), die Erledigung 
von Streitigkeiten mit dem Zöllner (18) und die Strafe der Zoll- 
hinterziehung (19). 

ffl. 

Es erschwert meines Erachtens das Verständnis der ZO., 
wenn man, wie Hasse thut, die Erforschung der Zwecke, um 



' Die Transportmittel des Grofsverkehrs zu Land und zu Wasser sind 
plaustrum und navis (Priv. Kaiser Friedrichs I. von 1188 im Eingange: sive 
navibus sive plaustris opus sit ad exportandum). Plaustrum heifst in der- 
selben Urkunde aber auch soviel als die Ladung: 5 denarios de plaustro 
solvent. Ihr entspricht für den Verkehr zur See die var oder last (siehe 
unten S. 137). 



— 125 — 

derentwillen die einzelnen Bestimmungen in die Ordnung auf- 
genommen sind, voranstellt. Unwillkürlich mischen sich dabei 
Unterscheidungen der Neuzeit ein, denen sich die Festsetzungen 
der ZO. nicht fügen wollen. Auch MoUwo ist darüber ver- 
wundert, dafs die Aufzeichnung ein seltsames Durcheinander von 
Einfuhr-, Durchfuhr- und Ausfuhrzöllen zeige \ In der That weifs 
die ZO. von diesen Gegensätzen im Sinne des modernen Verkehrs 
nichts. Der Zoll der karolingischen Zeit war ein Marktzoll und 
ein Transitzoll " oder, wie man nach dem Vorgang der National- 
ökonomen zu sagen vorzieht, ein Passierzoll 3. Diesen Charakter 
hat der Zoll noch jahrhundertelang bewahrt ; die Reichspublizisten 
kennen keinen andern Begriff des Zollrechts als diesen'^. Auch 
der Zoll der Lübischen ZO. ist so zu verstehen. Ihr Zoll ist 
ein Finanzzoll, der an einer bestimmten Station von ankommen- 
den, ausgehenden, verweilenden Personen und ihren Waren zu 
keinem andern Zweck erhoben wird als: dem Inhaber des Zoll- 
rechts eine Einnahme zu verschaffen 5. Wo ein solcher Zoll am 
meisten £rtrag verspricht, wird er erhoben. Dafs er nicht 
schonungslos jeder Ware und jedem Händler gleichmäfsig auf- 
erlegt wird, sondern in gewissen Abstufungen, unter Berück- 
sichtigung dessen, was der Verkehr ertragen kann, ist durch das 
Interesse des Zollherrn selbst geboten. Wollte er den kleinen 
Marktverkehr ungebührlich belasten, so würde er ganz aufhören 
und ihm gar nichts mehr abwerfen. Die Gegenleistung des Zoll- 
berechtigten ist die Gewährung des Friedens auf der Landstrafse, 
auf dem Markte, auf der See, auch wohl die Sorge für die In- 
standhaltung der Strafse. Aber beides, mag es auch ursprünglich 



' VgJ. was Schäfer, Buch des Lüb. Vogts auf Schonen (Hans. Gesch. - 
Qu. IV) S. LXXXVIII gegen die Übertragung moderner wirtschaftlicher 
Vorstellungen in das Mittelalter bemerkt. 

* Waitz, Verf.-Gesch. IV» S. 66. Brunner RG. II 238. 240. 

3 A. Wagner, Finanzwissenschaft III (1889) S. 35, 40, 46. 

4 Als Beispiel führe ich das letzte in der Reihe der Lehrbücher »des 
teutscben Staatsrechts« an, das von Leist (Gott. 1805): unter Zoll im eigent- 
lichen Sinne versteht man diejenige Abgabe, welche allein für die Erlaub- 
nis, durch eine gewisse Gegend Sachen und Waren durchzuführen 

entrichtet werden mufs (S. 704). Es ist kein vereinzelter Fall, dafs längst 
erkannte historische Wahrheiten später wieder in Vergessenheit geraten sind. 

5 Vgl. Schäfer, Die Hansestädte und König Waldemar S. 202. 



— 126 — 

dem Zollrecht als Pflicht korrespondieren S verschwindet mehr 
und mehr hinter dem Rechte. Die Berechtigung, Zollstationen 
zu errichten, wo sich ein Marktverkehr entwickelt, wird nicht 
bezweifelt. Der Kaufmann, der die Strafse benutzt, schuldet den 
Zoll, einerlei ob der Zollherr die ihm obliegenden Pflichten er- 
füllt oder versäumt. Man nimmt auch keinen Anstofs daran, 
dafs er sich für den Schutz auf der Strafse, wenn er dazu be- 
sondere Veranstaltungen trifft, das »Geleite« gewährt, aufs neue 
Gebühren bezahlen läfst*. Die Beschwerde, die öffentliche Klage 
erhebt sich nur gegen die »injusta telonia«, und sie wird so laut, 
dafs die Reichsgesetzgebung, wie die karolingische Gesetzgebung 
schon vier Jahrhunderte früher nur die vantiqua et justa telonia 
a mercatoribus« zu fordern erlaubt hatte 3, sich mit strengen Ver- 
boten gegen die »injusta telonia« wendet "♦. Injusta sind aber 
blofs die neu auferlegten Zölle. Rectum teloneum ist der alt- 
hergebrachte, »quod semper fuit solitum nobis dari« s. Ist doch 
im mittelalterlichen Latein consuetudo, custuma, im Englischen 
noch heute custom, geradezu eine Bezeichnung für den Zoll ge- 
worden^. Auch die Kirche wendet sich gegen die Zollmifs- 



' Der Ssp. II 27 § 2 will die Verpflichtung, Zoll zu bezahlen, nur 
anerkennen, wenn der Zollherr eine besondere Leistung zur Erleichterung der 
Reise macht; nicht, wenn der Reisende »scepes oder brucge nicht ne be- 
darf«. Die Befreiung vom Zoll, welche »papen unde riddere unde ir ge- 
sinde<r nach dem Rechtsbuche geniefsen , erklärt sich daraus , dafs sie die 
Strafse nicht zu Handelszwecken befahren. 

* Ssp. II 27 § 2: es ist niemand gezwungen, sich geleiten zu lassen; 
wer aber Geleitsgeld (geleide) bezahlt, ist berechtigt, Schadensersatz von dem 
Geleitsherrn zu fordern, wenn er in seinem Geleite Schaden erleidet. Vgl. 
meine Abhandlung: Beiträge zur Gesch. und Erklärung der deutschen Rechts* 
bücher III (Nachr. der K. Gesellsch. d. Wiss. zu Göttingen 1894, S. 79). 

3 Waitz, Verf.-Gesch. IV» 55. 

4 »inconsueta et injusta thelonea« in Urkk. König Wilhelms von 1253 und 
1255 (Mon. Germ., Constit. II n. 367 und 371). 

5 Urk. von 1241 (Ltib. U.-B. I n. 91). 

^ 1294: custodibus custume nostre . . . solvant (Hans. U.-B. I n. I160), 
1 295 : coustumas et denaria sua solvendo commercia omnimoda valeant exer- 
cere (das. n. 11 73). So ist auch die Hans. U.-B. I n. 507 angeführte Urk. 
für die Bürger von Groningen von 1258 zu verstehen, wonach König Hein- 
rich III. von England sie in seinen Schutz nimmt, »ita quod sub nostro con- 
ductu salvo et secure exercere possint mercationes suas in regno nostro 



— 127 — 

brauche ihrer Zeit. Das Lateranensische Konzil von 1123 
-schliefst von der kirchlichen Gemeinschaft jeden aus »qui mer- 
catores novis teloneorum et pedagiorum exactionibus molestare 
praesumpserit« ^. Aber weder Staat noch Kirche haben dem 
Unwesen wirksam gesteuert. 

Tiuschiu lant sint roubes vol, 
gerihte voget münze zol 
diu wurden 6 durch Got erdaht, 
nu sint si gar ze roube braht 

klagt Vridanc^, und der auswärtige Beobachter sieht eine »furiosa 
Teutonicorum insania« in der Behandlung, die die Deutschen 
ihren Verkehrsstrafsen zu Teil werden lassen 3. 

Auch der Handel auf den Verkehrswegen um Lübeck litt 
unter dem gleichen Übel. Die Urkunden aus der ersten Hälfte 
des 13. Jahrhunderts berichten uns aber von unablässigen Be- 
mühungen der Stadt, die Aufhebung oder Ermäfsigung der Zölle 
in der Umgegend zu erwirken '^. Bald hier bald dort in der 



faciendo inde rectas et debitas consuetudines«. Driessen, Monura. 
Oroningana I n. 16. Neben diesen und andern Belegen aus englischen und 
fianzösischen Urk. aus deutschen: die Utrechter klagen 1122 vor Kaiser 
Heinrich V., dafs »contra aotiquam et ratione subnixam (= rechtmäfsige) con- 
suetudinem .... graves fierent exactiones« (Hans. U.-B. I n. 8). Dortmunder 
Zollrolle des 14. Jahrb.: solvit obulum de rigore consuetudinis, sed de gracia 
minus (Dortm. Statut S. 229*7). So sind auch die »Gewohnheiten« im 
Hans. U.-B. I n. 507 zu verstehen. Denselben Sprachgebrauch bezeugt schon 
aus dem 9. Jahrh. cap. missorum 819 c. 4 »de injustis occasionibus et con- 
suetudinibus noviter institutis« (M. G. Capitularia In. 141 p. 289). Occasio 
ist das deutsche »Zufall«, d. h. Nebeneinnahme, vgl. Städtechron. V 336, 
wo dem Burkard Zink sein alter Sold zugesichert wird, »sunst all zufal ab«. 
' Mon. Germ. Const. I n. 401 § 14. Waitz, Verf.-Gesch. VIII 307. 

* Bescheidenheit, hg. v. W. Grimm S. 75, 24. 

3 Thomas de Wykes, Mon. Germ. SS. XXVII 497 2. J, 1269, wo auch 
die Rede ist Ton »insolita prorsus et intollerabilia pacagia que vulgo thelonea 
nuncupantur«, die »necDei timore nee regie dignitatis reverencia coherciti 
singuli singulariter extorquebant«. Nur in Boppard und Kaiserswert soll der 
Zoll, den König Richard sonst beseitigt (M. G. Const. II n. 391) , bestehen 
bleiben als ein »consuetum thelonium, quod ex antiquo jure Romanorum 
regibus incumbere consuevit«. 

♦ Lüb. U.-B. In. 18, 22 (Zoll zu Dassau); n. 33 (im Lande Rostock); 
n. 42 (Schwerin). 



— 128 — 

in der Nachbarschaft sind Ratmannen aus Lübeck in dieser 
Richtung thätig, und es gelingt ihnen, die »libertas transeundi« 
bald für die in Lübeck Einheimischen^, bald auch für alle die 
Strafse Passierenden zu erringen^. Libertas transeundi, trans- 
ducendi ist der Ausdruck der Urkunden 3, der zutreffend dea 
vorhin besprochenen Charakter des Zolles (oben S. 125) be- 
zeichnet. Die Zollbefreiung ist oft nur eine ZoUermäfsigung ; sie 
verträgt sich damit, dafs ein Rest des Zolles beibehalten wird: 
»theloneum nostrum dimisimus«, heifst es in der Urkunde Herzog 
Albrechts von Sachsen-Lauenburg von 1241, >sub hac forma 
ut . . . .« und nun folgen Sätze über einen Weinzoll und einen 
PfundzolH. Langehin erhält sich die Klage der Kaufleute, dafs- 
sie zur Zollentrichtung genötigt werden, auch wenn sie nicht 
zum Zweck des Handels eine Zollstätte passieren s, sondern »mit 
schepen und gude dar in de havene kumpt van storme und vai> 
wedders nod umme . . . lif und gud to bergende und dar nicht 
en koft edder vorkoft noch vortan dorch (dat) land zegelt« ^. 
Schon in der Vorlage der ZO., dem Privileg Kaiser Friedrichs 



' Barnim, Herzog der Slaven 1234: quandocumque mercatores qui in 
civitate Lubicensi habent domicilium ad partes nostras mercationis causa vene- 
rint, ab omnibus exactionibus , quibus aliarum civitatum et partium nego- 
tiatores sunt obnoxii, et a teloneis sint exempti (Lüb. U.-B. I n. 62). 

* Heinrich, Bischof v. Ratzeburg 121 8: proventus thelonei in Dart- 
sowe . . . duximus penitus abolendos , non solum prefate civitatis indigenis 
verum omnibus undecunque accedentibus hinc inde transeundi .... über- 
tatem concedentes (Lüb. U.-B. I n. 18 und 22, oben S. 127 A. 4). 

3 Urk. Kaiser Heinrichs VI. v. 11 95 über den Zoll zu Gervliet: thelo- 
neum ... ab omnibus transeuntibus concessit (Hans. U.-B. I n. 41). Die 
Herren von Barkentin geben 1240 »omnibus mercatoribus proprietatem nostram 
platee Hamburgensis libertatem transeundi« (Lüb. U.-B. I n. 89). 

♦ Lüb. U.-B. I n. 91. 1237 befreien die Grafen von Dannenberg die 
Lübecker «ab omni exactione secure veniendo et redeundo, dummodo justum 
solvant theloneum« (das. n. 78). *' 

5 Oben S. 120. 

^ 1381 § 5 H.-R. I 2 n. 232. Sg. Tunsberger Vertrag zwischen König 
Erich V. Norwegen und Lübeck und Genossen v. 1294 (Hans. U.-B. I n.. 
1144 S. 395 unten): quod si postea vi tempestatis compulsi fuerint moram 
contrahere in aliqua civitatum vel villarum regni, nichilominus immunes de- 
bent esse a tributo, dummodo mercaciam suam emendo non exerceant vel 
vendendo. 



— 129 — 

von II 88, waren der Marktverkehr in Lübeck und der von Lü- 
beck ausgehende Seeverkehr einander gegenüber gestellt. Auch 
dort war schon von zweierlei Verkehrsabgaben die Rede: von 
einer in Lübeck zu bezahlenden Marktabgabe und einem 
Passierzoll für den von Lübeck aus zur See betriebenen Handel. 
Die Marktabgabe ist fix, beträgt allemal 4 Pfennige. So kennt 
sie auch unsere ZO. (i) ^. Sie wird erhoben ohne Rücksicht auf 
den Umfang und den Wert der Geschäfte, die ein Kaufmann 
abschKefst ; einerlei ob er mit oder ohne Waren auf dem Lübecker 
Markte erscheint, ob er die eingekauften oder eingetauschten 
Waren zu Lande oder auf einem oder mehreren Flufsschiffen 
von dannen führt. Jeder einzelne selbständige Handeltreibende 
hat die gleiche Abgabe zu bezahlen und zwar jedesmal, wenn 
er Lübeck besucht und Handelsgeschäfte abgeschlossen hat. 
Wenn das Lübecker Privileg von 11 88 den Kaufleuten aller 
Länder und Städte Handelsfreiheit auf dem Markte von Lübeck 
gewährt, so behält es diesen Vierpfennigzoll doch vor: vendant 
et emant libere, tantum theloneum debitum solvant, de fertone 
4 denarios, de mille märcis non amplius. Ebenso wahrt das 
Privileg Kaiser Friedrichs II. vom Juni 1226 bei seiner Ver- 
kündigung der Verkehrsfreiheit in Lübeck das »jus debitum« ^, 
Unsere ZO. , die sich ausführlich mit dieser Abgabe beschäftigt 
und den Satz des ältesten Privilegs erweiternd wiederholt 3 



' Etwas ähnliches scheint an andern Orten »Vorzoll« genannt zu sein: 
der Graf von Cleve setzt 1251 für sein Land den Weinzoll fest, »primitivo 
thelonio quod vulgariter dicitur vortolle reservato« (Lüb. U.-B. I n. 173); 
in Duisburg sollte 1287 »de pretheloneo« nicht mehr als 12 /»J und i Heller 
gefordert werden dürfen (Hans. U.-B. I n. 1014). 

* Omnes negociatores fideles , venientes ad civitatem ipsam sive per 
terram sive per aquam pro negociationibus suis, salve semper veniant et se- 
cure recedant, dummodo solvant jus debitum quod tenentur (Lüb. U.-B. I n. 35). 

3 Hegel, Städte und Gilden II 451 interpretiert das Privileg von 1188 
dahin: bei einem Werte von 1000 M. soll die Accise nicht höher bemessen 
werden als im Verhältnis von 4 Pfennig für die Viertelsmark. Die Wieder- 
gabe des Satzes der Kaiserurkunde durch ZO. i : »cum quispiam .... vendit 
vel emJt Valens mille marcas, dabit ad theloneum 4 denarios, et si emit 
Valens fertonem idem facit« zeigt, dafs eine sich gleichbleibende Abgabe ge- 
meint ist, einerlei, ob der Umsatz des Zollpflichtigen grofs oder klein ge- 
wesen ist. Vgl. auch die Urk. bei Höhlbaum , Hans. U.-B. II n. 282 , wo- 
Hansische Geschichtsblätter. XXV. 9 



— 130 — 

(i), meint sie auch an den Stellen, wo sie vom »markettok spricht 
(10)^ oder dem Kaufmann »theloneum suum 4 denariorum« ab- 
verlangt (2). Eine solche Handelsabgabe als Zoll zu bezeichnen, 
entspricht dem Sprachgebrauch des früheren Mittelalters, wie die 
bei Waitz, Verfassungsgeschichte VIII 286 gesammelten Beispiele 
zeigen "*. 

Die Abgabe trifft den Fremden und nur ihn. Der Satz 
einer Göttinger Rechtsaufzeichnung: »is he eyn ghast, so nedarf 
he nicht tinsen, aber he mod tollen«, giebt das allgemein gültige 
Recht wieder 3. Er wird ergänzt durch eine ebenso typisch zu 
verstehende Bestimmung des Braunschweigschen Ottonianum: 
swelich borgere en wile veret uth dere stat unde pleget hir 
inneschotes und rechtes, heis gelike toln vri, also he 
hir inne were'». Bürgerliche Steuerpflicht und Zollfreiheit stehen 
also in engem Zusammenhange. Blofser Grundbesitz in einer 
Stadt genügt nicht, um Zollfreiheit in Anspruch zu nehmen, wie 
einmal in einem interessanten Erkenntnis vor Kaiser Friedrich II. 
festgestellt worden ist: licet homines de Huy haberent in urbe 
Metensi domos, nihilominus debitores essent telonei, cum in 
eadem civitate nee ignem nee fumum facerent nee eorura uxores 
et familie ibidem manerent nee ipsi in eadem civitate sicut alii 
cives facerent excubias 5. Auf den Fremden, den »inkomen man«, 
beziehen sich auch die Eingangsworte der ZO. : cum quispiam 



nach die Lübecker in Skanör und Falsterbo » possin l et debeant vendere bona 

minima cum magnis sed suum justum theloneum .... debet 

quilibet ministrare«f. 

' In einer Urkunde für Brügge v. 1252 ist das übersetzt mit »merca- 
tum theloneum« (Hans. U.-B. I n. 434). 

* In einreinen der Belege sind auch schon »4 nummi« als Abgabe ge- 
fordert, das. A. I und 4, S. 291. 

3 U.-B. der Stadt Göttingen (hg. v. Gustav Schmidt) I S. 285, A. 2 

(c. 1375)- 

* U.-B. der Stadt Braunschweig (hg. v. Hänselmann) I n. 2 § 50. Heran- 
zuziehen ist noch der Satz der Goslarschen Statuten: we mit uns nicht ne 
scotet, de is en gast und nen borghere (Göschen, Goslar. Statuten 

S. ioi»6). 

5 1214 Dec. 29. BF 774. Meurisse, Hist. des ^v^ques de l'^glise de 
Metz (1634) S. 442. 



— 131 — 

venit in civitatem \ Ebenso ist auch der Anfang von Artikel 2 
»cum aliquis acquirit civilitatem« nur von dem hospes zu ver- 
stehen. Erwirbt ein Fremder das Lübische Bürgerrecht, so mufs 
er aufser dem Bürgergewinngeld auch den Zoll bezahlen. Die 
Hamburgische ZO. von 1262: cum aliquis hospes primitus erit 
civis in Hamborgh, postea nichil dabit ad theoloneum et ungel- 
clum ""j besagt nicht ganz dasselbe, sondern nur: sobald ein Gast 
Bürger in Hamburg geworden ist, braucht er keinen Zoll mehr 
zu bezahlen. In Lübeck gilt das Besondere, dafs der hospes, 
um Bürger zu werden, Zoll bezahlen mufs. Aber einmal und 
dann nieht wieder. Diese Freiheit vom Zoll bezieht sich nicht 
blofs auf den »Marktzoll«, sondern auch auf den »Seezoll«, wie 
man ihn nennen könnte, die »sevart« , wie er einmal in einer 
westfälischen Urkunde heifst^. Die ZO. drückt sich zwar all- 
gemein aus: »homo pergens ad mare« (3), »quicumque pergit ad 
mare« (6); dafs aber restriktiv zu interpretieren ist, zeigt die 
Vorlage. Das Privileg von 11 88 schickt voraus: »mercatores cujus- 
cunque regni, cujuscunque civitatis huc veniant, vendant et emant 
libere« und fährt dann fort: »si quis vero transfretare voluerit, . . . 
de quolibet var det 15 den.«. Nur auf die auswärtigen Kaufleute 
sollen sich also die Zollsätze über den Seeverkehr beziehen. Die 
Sätze, welche in ZO. 2 auf jenen Anfangspassus über die Er- 
werbung des Bürgerrechts folgen, sind für mich lange die unver- 
ständlichsten der ganzen Ordnung gewesen. Folgender Inhalt 
dünkt mich der wahrscheinlichste. Dei Satz 2 des Artikels: »si 
transit Albiam« kann nicht eine Fortsetzung des unmittelbar vor- 
aufgehenden Satzes »cum aliquis« sein, den Bürger gewordenen 
hospes betreffen, sondern mufs das Thema des Artikel i wieder 
aufnehmen. Es ist also die Rede von einem Gaste, der auf dem 
Lübecker Markte verkehrt und seinen Vierpfennigszoll bei dem 
Abzug von Lübeck entrichtet hat. Er will landeinwärts fahren. 



* Was natürlich mit »vendit vel emit« verbunden werden mufs, denn der 
Zoll wird erst beim Verlassen des Marktes entrichtet, ZO. 17. 

» Hans. U.-B. I n. 573 S. 200 unten, zweite Fassung. Die Urkunde 
ist der Kürze halber im folgenden als Hamburgische ZO. bezeichnet; über 
ihren Charakter vgl. Koppmann , Die ältesten Handelswege Hamburgs 
(1873) S. 8. 

3 Hans. U.-B. I S. 131 A. i. 



— 132 — 

hat die Elbe bereits überschritten, besinnt sich dann aber eines an- 
deren und kehrt nach Lübeck um, um seewärts zu gehen* Dann 
braucht er in Lübeck nicht noch einmal Zoll zu bezahlen, weder 
einen Markt- noch einen Seezoll ^. Verbleibt er dagegen in 
Lübeck, und entschliefst sich Bürgerrecht zu erwerben, so mufs 
er den Zoll von 4 /^ bezahlen. Hat er eine Ehefrau in Lübeck, 
d. h. doch wohl eine aus Lübeck stammende Frau, eine Bürgers- 
tochter zur Ehe genommen, so braucht er keinen Marktzoll neben 
dem Bürger gewinngeld zu bezahlen. Der letzte Satz des Arikel 2 : 
»et si habet« knüpft wieder an den ersten Satz des Artikels an, 
enthält eine allgemeine Norm für alle das Bürgerrecht erwerben- 
den Gäste, nicht etwa blofs für die, auf welche die Voraus- 
setzungen des Thatbestandes zutreffen, der in den Worten: »si 
transit Albiam« u. ff. vorgetragen ist. Durch den Schlufssatz des 
Artikel 2 werden auch die Eintragungen der alten Littera civi- 
litatum klar : »dedit denarium ad civilitatem; uxorem habet« ^, d.h. 
er hat nur Bürgergewinngeld bezahlt, von dem Vierpfennigszoll 
blieb er frei. 

Die an der Lübecker Zollstätte von dem Kaufmann, der 
seewärts gehen will, zu entrichtende Abgabe heifst in der ZO. 
wie die bisher betrachtete »theloneum«. Man dürfte sie im Gegen- 
satz zum Marktzoll Warenzoll nennen, wenn sie blofs von Waren 
erhoben würde. Sie ist nicht ein Zoll, um die Ausfuhr zu er- 
schweren, sondern wird erhoben, weil sich von einem Zolle, der 
die zur See ausreisenden Kaufleute trifft, ein reicher Ertrag für 
den Zollherrn erwarten liefs. Wer in Lübeck zu Schiffe ging, 
hatte Waren bei sich , die er über See verkaufen oder gegen 
andere vertauschen wollte, oder Geld im Beutel, um auswärts 
Waren einzukaufen. Beide waren zollpflichtig. Auch der letztere 
— ein deutliches Zeichen, dafs kein Ausfuhrzoll vorlag — falls 
er selbständig war. Wer ausreiste, um im Dienste eines andern 
seine Arbeitskraft , etwa als Häringspacker in Schonen , zu ver- 



» So folgt m. E. aus den Worten »non oportet eum quicquam dare« 
und dem gleich sich anschliefsenden Satze: >si non vadit ad marec. Ebenso 
bestimmt die Stettiner ZO. in ihrem Schlufssatze wenigstens hinsichtlich der 
Freiheit vom Marktzoll (Hans. U.-B. I n. 688). 

* Ltib. U,-B. II n, 31. Dazu Verf. Lübecks S. 194, und Mantels, 
Beiträge zur Lüb.-Hans. Geschichte S. 75. 



— 133 ~ 

werthen, zahlte nicht. Beide Arten seezollpflichtiger Kaufleute 
zahlten ihren Zoll bei Antritt der Reise; doch bestand der 
Unterschied, dafs der ohne Waren ausreisende eine feste Abgabfe 
von 5 Pfennigen, der Exporteur von Waren einen dem Quantum 
seiner Ausfuhr entsprechenden Zoll zu entrichten hatte. 

Die fixe Abgabe von 4 Pfennigen beim Binnenhandel; von 
5 Pfennigen beim Seeverkehr, die den selbständigen Kaufmann 
für seine Person trifft, legt die Vergleichung mit einer Auflage 
nahe, die den in Lübeck verkehrenden Wenden trifft: semper 
pro capite suo (Slavus) unum denarium dabit (16). Lag in dem 
Kopfgelde eine Mifsachtung des Lübischen Rechts gegen den 
Wenden * , so darf nicht verschwiegen werden , dafs in ver- 
schiedenen deutschen Zollordnungen auch deutschen oder 
dänischen Kaufleuten Abgaben pro capite auferlegt sind. Die 
Ütrechter 1122 von Kaiser Heinrich V. bestätigte ZO. verlangte 
den dänischen Schiffsführern — »singuli qui magistri dicuntur 
navium« — »de suo capite« 4 Pfennige ab'. In Stade hatten die 
Ütrechter noch um 1200 »pro suo capite« einen Zoll zu bezahlen; 
Erzbischof Hartwig von Bremen (f 1207) hob ihn auf, weil er 
»non sine peccato« gefordert werden konnte 3 ; ebenso wie Bischof 
Heinrich von Ratzeburg den Zoll zu Dassow »pro Dei timore« ^ 
und Burwin von Mecklenburg und seine Söhne »ob absolutionem 
peccaminum nostrorum et eterne vitae consolationem« aufheben ^r 
eine Ausdrucks weise , die nach dem oben S. 127 erörterten Zu- 
sammenhange erklärlich wird. Aber wie Zölle, so sind auch 
Kopfgelder aller gottesfürchtigen Anwandlungen ungeachtet später 
noch erhoben worden. Nach einer vor 1275 aufgestellten ZO. 
haben in Greifswald Dänen, Norweger, Schweden, die Bewohaer 
der Insel Fehmarn und des Landes Schleswig »pro capite« i Schil- 
ling und der »dominus na vis« 4 Pfenning zu bezahlen ^. Indem 
den Wenden nach der ZO. auferlegten Kopfgelde an sich ist 
also keine Herabsetzung zu erblicken, zumal es nur i Pfenning 



' C. W. Pauli, Lüb. Zustände I 58. 
» Hans. U.-B. I n. 8. 

3 Hans. U.-B. I n. 42. 

4 Lüb. U.-B. I n. 18, oben S. 127. 

5 Das. I n. 22. 

* Hans. U.-B. I n. 746. 



— 134 — 

beträgt. Dagegen drückt sich seine ungünstigere Rechtsstellung 
darin aus , dafs er einen Zoll für alles , was er am Lübecker 
Markte verkauft, zu entrichten hat, der ähnlich bemessen wird, 
wie der Seezoll, den Handeltreibende anderer Nationen in Lübeck 
bezahlen müssen: für Waren, die nach »punt swares« verzollt wer- 
den, das Pfund mit i /^ ; für Waren geringeren Wertes und 
Umfanges von Schillingswert i a^, von Vierdungswert 4 /^^^ 
Der Zoll des Wenden ist allerdings niedriger als der Seezoll 
(3, 6). Die Zurücksetzung des Wenden liegt nur darin, dafs er 
einen allgemeinen Zoll von allen in Lübeck verkauften Waren 
entrichtet, während andere Gäste nur von einzelnen in ZO. *j, 
IG, II, 15 bestimmten Waren Zoll bezahlen. 

Überblickt man das Ganze der ZO. , so ergeben sich für 
den Zoll folgende Grundsätze. Der Händler bezahlt einen Zoll 
für seine Person oder für seine Waren oder für beides. Die 
Waren werden verzollt nach Quantitäten oder nach Stücken. Die 
Quantitäten bestimmen sich nach Gewicht oder nach Mafs. Als 
Gewichte kennt die ZO. die Last (3, 4) und das Pfund (6, 16). 
Eine Verzollung nach Mafs kommt nur bei Wein vor (5). 

Die älteste Form der ZO. hat nur den einfachen Satz, dafs 
von dem Fafs Wein 15 /^ Zoll erhoben werden und dazu die 
Bemerkung, dafs sonst kein »bothentoln« bezahlt werde. Ich 
verstehe, es ist der einzige Zoll von Flüssigkeiten. Bote (vgL 
Bottich) ist nach Angabe der Wörterbücher eine Art grofser Fässer 
und dient vielleicht repräsentativ für Flüssigkeitsmafse überhaupt. 
Die jüngere Form der ZO. beseitigt die letztere Bemerkung und 
amplificiert und detailliert den ersten Satz. Eine blofse erwei- 
ternde Umschreibung ist es nämlich, wenn sie den Worten ihrer 
Vorlage »de vase vini« einfügt »quod continet 12 amas«, denn das 
wird eben unter einem »vas integrum« verstanden, wie die Venloer 
ZO. von 1272 zeigt: si vas vini integrum non fuit id est si 
duodecim amas non capiat ^. Von gleichem Werte ist der zweite 
Satz; denn er besagt weiter nichts, als dafs für ein halbes Fafs 
der halbe Zoll bezahlt wird. Wirklich neues enthält nur der 
Schlufs, wonach von Wein in Tonnen das Ohm mit i /^ ver- 



^ S. unten S. 142 A. 4. 
» Hans. U.-B. I n. 710. 



— 135 — 

zollt wird. Das wird demnach der weniger gute Wein gewesen 
sein. Der Zoll von 15 /^ für das Fafs Wein, mithin für das 
Ohm 1^/4 /^, findet sich ebenso schon in der Ütrechter Zollrolle 
von II 22: vinum afferentes de quolibet vase 16 denarios dent, 
sextus decimus eis reddatur^. 

Derselbe Zoll von 15 /^ kehrt wieder bei der Verschiffung 
von Waren zur See. Er wird von der »Last« erhoben (3), und 
kommt ebenso in der Greifswalder ZO. von c. 1275 vor: item 
Teutonicus . . . . si abducit mercimonia gravia dicta swar last 
dabit pro lasta 15 /^^. Die hier gewählte Bezeichnung kommt 
in den Quellen in mehrfacher Bedeutung vor, und es fragt sich, 
welche die Lübecker ZO. meint, wenn sie von »punt gravis« spricht 
(14 und 6)3. Mercimonia gravia oder res graves, deutsch swar 
last sind Waren, die nach dem Gewicht verzollt werden. So 
erklären die Lüneburger 1344: dat se sagen (Taft), yresch 
(irisches Tuch), sardouc (Serge) und allerleye want ni anders 
vertollet en hebben men vor punt swar*. Ihnen stehen Waren 
gegenüber, für die ein theloneum speciale bezahlt wird ; in der 



' Hans. U.-B. I n. 8. 
» Hans. U.-B. I n. 746. 

3 Dafs in Art. 6, wo nur die jüngere Form *punt gravis« liest, dasselbe 
gemeint ist, wie in Art. 14, wird unten S. 136 gezeigt. TG übersetzt »punt 
swares«. In dem zweiten Codex des Lüb. Rechts bei Brokes, Hach IV 37 
ist ZO. 4 durch »twelf last swares« wiedergegeben. 

4 Hans. U.-B. III n. 24. So ist auch Lüb. Chron. z. J. 1467 (Grau- 
toff II 309) über eine vom Lüneburger Rate eingeführte Zollerhöhung zu 
verstehen: it. en islik schipp mit swares alle wäre, de me dar brochte, enen 
Schilling. In der Urkunde von 1268, die die Forderungen der deutschen 
und gotischen Kaufleute für den Verkehr in Nowgorod zusammenstellt, wird 
unterschieden , ob ein Schiff »bonis« oder «gravibus« oder »victualibus« be- 
lastet ist: von dem Schiff erster Art wird der doppelte Zoll dessen gefordert, 
was das zweiter Art bezahlt; das dritter Art ist zollfrei. Navis oner. gravi- 
bus ist erläutert; »utpote carnibus farina siligine vel brasio« (Hans. U.-B. I 
n. 663 S. 230 »5). Wahrscheinlich ist dasselbe gemeint in der Urk. Albrechts 
V. Sachsen-Lauenburg v, 1248 (Hans. U.-B. I n. 357) de vario, de cera etc. 
de quolibet diversarum genere specierum de talento quod vulgariter schippunt 
vocatur dentur duo denarii, und v. 1241 (Lüb. U.-B. I n. 91) : de quolibet 
talento qualiumcunque rerum duo den. Eine ausführlichere Aufzählung von 
Gegenständen, die als »punt swares« verzollt werden: Hans. U.-B. In. 807 
(vgl. unten S. 137). 



— 136 — 

Greifs walder ZO. sind als solche Wein und Häring genannt. 
Aus der Hamburger Zollrolle von 1262 ist zu ersehen, welcher 
Zoll von »punt swar« entrichtet wird; zweimal findet sich in jeder 
ihrer beiden Fassungen der Satz: si habet punt swar, dabit de 
quolibet scippunt tercium dimidium denarium (d. i. drittehalb ^) 
ad theloneum. In den citierten Stellen unserer ZO, mufs die 
Wortverbindung »punt swar« einen anderen Sinn, den eines ge- 
wissen Quantum, einer Gewichtsmenge haben. Ihr Artikel 6 
bezieht sich auf Waren, die nur nach dem Gewicht verzollt 
werden: bis zu 3 Pfund mit 5 /^, über 3 bis zu 7 Pfund unter- 
schiedslos mit 8 /^. Diese einfachen Sätze der ältesten Form 
sind in der jüngeren etwas nach oben hin erweitert. Sie fügt 
hinzu: über 7 bis 9 Pfund 12 >^, für 14 Pfund 15 /^. Alles 
übrige in der jüngeren Form ist nur eine der Verweitläufigungen, 
wie sie diese Handschrift liebt. Wenn sie statt 8 denarios: 7^/2 
denarios fordert, so ist das keine beabsichtigte Zolländerung. 
Wahrscheinlich las auch L ursprünglich statt viii: viij, da in 
der jüngeren Handschrift die oberste Position lautet: quicunque 
. . . habet 14 punt gravis, dat 15 denarios ad thelon. Das 
würde dann genau die Verdoppelung des obersten Satzes in L 
sein: 7 punt — 7V2 denarios, und solche Selbstverständlich- 
keiten sind, wie vorhin gezeigt, ganz in der Art der jüngeren 
Form. Auch im Artikel 14 wiederholt sich der Vorgang zwei- 
mal, dafs statt 8 den. in der jüngeren Handschrift 7^/2 den. 
steht ^ 

Die in Artikel 6 der ZO. aufgestellte Zollskala wird voll- 
ständig bestätigt durch den Tarif, den nach Artikel 14 eine 
Handelsgesellschaft von Gästen zu bezahlen hat. Haben ihre 
Mitglieder Güter im Gewicht von 8 punt gravis zu gleichen 
Teilen, so hat jeder der beiden Gesellschafter für seine 4 Pfund 
8 /{^ (resp. 7^/2 /^) zu entrichten: gemäfs dem Tarife, der für 
eine Ladung von mehr als 3 Pfund bis zu 7 Pfund 8 (oder 
7^/2) /^ fordert. Gehören dagegen dem A ^/a der Ladung, 
so mufs er für seine 5^3 Pfund 8 (resp. 7^/2) /^ , B für seine 



* Hans. U.-B. I n. 573 S. 200 unten und 202 unten. 

* Oben S. in A. 3. 



— 137 — 

2^/3 Pfund 5 /& an Zoll erlegen ^ Damit ist zugleich 
bestätigt, dafs auch Artikel 6 in L unter seinem punt ein 
punt gravis versteht. Das punt swares oder p. gravis beträgt 
3 Centner. 

Das andere Gewicht, das die ZO. verwendet, ist die last. 
Bei dem nahen Anschlufs, den die ZO. an das Privileg von ii88 
überhaupt und insbesondere in diesem Artikel zeigt, darf man in 
ihrem Satze: homo pergens ad mare quotcunque last habet, tot 
quindecim denarios dabit (3) die Last identifizieren mit »quot- 
cunque var« der Vorlage. Der Zweck des Artikels, dessen Ver- 
hältnis zu dem Inhalt des vorher besprochenen Artikel 6 den 
Auslegern viel Schwierigkeiten gemacht hat, ist, wie der gleich 
folgende Artikel 4 zeigt, den Zoll für die gröfseren und gröfsten 
Warenladungen zu bestimmen. Wie grofs eine Lübische last ge- 
wesen sei und in welchem Verhältnis das punt swares zu ihr 
stehe, hat Koppmanns Untersuchung ^ nicht festzustellen vermocht. 
Eine direkt die Gröfse der Lübischen Last betreffende Angabe 
kann ich zwar auch nicht aus den Urkunden beibringen. Viel- 
leicht kommen wir aber durch folgende Kombination der Lösung 
der Aufgabe nahe. Das punt swares oder punt gravis ist, wie 
sich aus der Dortmunder ZO. strikt erweisen läfst, gleich einem 
grofsen SchifFspfund. Das talentum navale magnum der lateini- 
schen ZO. ist in der deutschen wiedergegeben durch ein punt 
swares 3. Dem entspricht es auch, wenn gewisse als punt swar 
bezeichnete Massengüter (oben S. 135) schiffspfundweise verzollt 
werden: so nach der oben citierten Hamburger ZO. ; dasselbe 
wird gemeint sein, wenn die Elbzollordnung für Lüneburg^ »die 
Aufzählung einer langen Reihe von Waren schliefst: de quolibet 
Normannorum pondere duo dabuntur denarii cum dimidioc, also 
mit dem gleichen Zollsatze wie für Hamburgs. Demnach i punt 
swar = I SchifFspfund = i Norm. Pfund. Das Verhältnis zur 



^ Die Erklärung Koppmanns (Jahrg. 1894 S. 149) ist daher unnötig. 
« a. a. O. S. 147. 

3 Dortmunder Stat. S. 229*3 vgl. mit 230*^. 
♦ Hans. U.-B. I n. 807 v. J. 1278. 

5 Dieselbe Bezeichnung de quolibet Norm, pondere und denselben Zoll- 
satz Hans. U.-B. I n. 466. 



1 



— 13» - 

Last erhellt aus einer Urkunde von 1352 \ die das bisherige 
Verkehrsrecht in Stockholm für die Bürger von Wisby dahin 
abändert, dafs sie, die bisher Getreide und Salz nur bis zum 
Betrage einer ganzen Last kaufen und verkaufen dürften, von 
nun ab Getreide »in quantitate trium talentorum videlicet quarte 
partis leste« zu verkaufen befugt sein sollen. Danach beträgt die 
Last 12 Schiffspfund oder punt swar. Wenn sich das Verhältnis 
zwischen den Zollsätzen in den Artikeln 3 und 6 unserer ZO- 
nicht auf die gefundene Beziehung zwischen Pfund und Last 
= I : 12 zurückführen läfst, so beweist das noch nicht gegen 
die Richtigkeit der Kombination. Es konnte sehr wohl ein eigener 
Zolltarif für grofse Ladungen, die nach Lasten gemessen wurden, 
aufgestellt sein; ein Tarif, dessen Sätze nicht arithmetisch ein 
Vielfaches dessen ergaben, was für Ladungen, die nach >Pfunden« 
gewogen wurden, angesetzt war. 

An den Artikel 3 schliefst die ZO. eine ihn modifizierende 
Bestimmung, die die jüngere Form nicht ganz zutreffend »de 
theloneo navisc überschreibt. Denn Artikel 4 will nur das Thema 
des vorangehenden fortsetzen, den Zoll nach den Gewichtsmengen 
zur See ausgehender Waren feststellen, also nicht das Schiff, 
sondern seine Ladung treffen. In Konsequenz des Artikel 3 
läge es für ein Schiff, das 12 Last und mehr trägt*, einen Zoll 
von 12X15 /^ zu fordern. Hier soll aber eine Ermäfsigung 
auf 11X15 /^ eintreten. Entsprechend soll für eine Ladung 
von mehr als 5 Last bis 12 Last excl. eine halbe Last dem 
Eigentümer zu gute gerechnet werden, so dafs er z. B. für 6 Last 
anstatt 6X15 /^ = 90 /^ nur 82^/2 /^ (90 — 7^/2 /^) zu be- 
zahlen hat. Solche Ermässigungen des Zolles bei gröfseren 
Warenquantitäten kennen auch andere Quellen, z. B. die schon 
mehrfach benutzte Ütrechter Urkunde von 11 22 3. Nach der 



' Hans. U.-B. III n. 243. Die lesta Norica auf Schiffe angewandt^ 
die Häringe einnehmen, das. II n. 76. 

^ Eine Abstufung des Zolles nach Schiffsladungen unter 12 Last und 
von 12 Last und darüber auch in der 1224 den Lübeckern gewährten Ur> 
künde Wizlavs v. Rügen (Lüb. U.-B. I n. 27). Hier auch derselbe Aus- 
druck »bajulare« wie in ZO. 4 vom Schiffe gebraucht, gleichbedeutend mit 
sustinere oder sufferre. 

3 Hans. U.-B. I n. 8. 



— ^39 — 

oben S. 135 citierten Stelle fährt sie fort: si decem vasa [vini] 
vel plura habuerint, unius vasis theloneum remittatur eis. Auch 
zu dem Schlufssatze der ZO. 4, wonach für eine Ladung bis zu 
5 Last incl. keine Zollermäfsigung gewährt wird, bietet sie eine 
Parallele: si pauciora quam decem, nichil condonetur eis. 

Die Artikel, welche die mit ZO. 7 beginnende Materie des 
Kleinverkehrs betreffen, bieten weniger Stoff zur Betrachtung 
und geringere Schwierigkeit. Manches von dem, was Erörterung 
verdient, ist schon oben S. 124 berührt worden. 

Aus der Zollfreiheit des Lübecker Bürgers hat die ZO. die 
beiden praktischen Sätze abgeleitet, dafs ein Gast, dei' in Han- 
delsgesellschaft mit einem Bürger dessen Gut mit seinem eigenen 
führt ^, nur für seinen Teil zollpflichtig ist (12), und dafs der 
Handlungsdiener eines Lübecker Bürgers, der Waren seines Herrn 
fiihrt, zollfrei bleibt, auch wenn er ein kleines eigenes Vermögen 
haben sollte (13). Er wird nicht dem 5-Pfenningszoll der ZO. 6 
unterworfen, denn er ifst ja nicht proprium panem^. 

Die Zölle, die von dem Marktverkehr in Lübeck erhoben 
werden, sind verschiedenartig. Sie stufen sich einmal ab nach 
den Transportmitteln, deren sich die Händler für ihre Waren 
bedienen: von einem Wagen sind vier /^, von einer Karre, die 
im Gegensatz zu jenem zweirädrig ist, zwei /^ Zoll zu ent- 
richten (7)3. Das neben der karruca mit dem gleichen Zoll 
belegte »vehiculum« ist in TG. durch Schlitten wiedergegeben. 
Oder der Zoll richtet sich nach den Arten der zu Markte ge- 
brachten Gegenstände. Als solche nennt die ZO. : Vieh, speciell 
Kühe, Schweine, Schafe, Lämmer, denen die jüngere Handschrift 
noch Böcke und Ziegen anreiht (7). Der höchste Zoll beträgt 
hier, auf das eingeführte Stück berechnet , 2 /i§> , der geringste 
'/4 /^. AusführHcher befafst sich die ZO. mit dem Zoll auf 
Pferde (10, 11). In der Zusammenstellung der Freiheiten, welche 
die Kauf leute des römischen Reichs in Brügge geniefsen, werden 



' »ducit facultates« heifst nicht, wie Hasse S. 55 übersetzt, ausführt; das 
bezeichnet die ZO. immer durch »educerec (16, 17). Über die EntsteUung des 
Art. 12 in der Handschrift W oben S. 118. 

* Oben S. 123 und 132. 

3 Ebenso Greifswald: item pro curru dantur 4 >^, it. pro karruca 2 /^ 
(Hans. U.-B. I 746). Desgl. Dortmunder Statuten S. 227 ff. 



1 



— I40 — 

Pferde au den kleinen Dingen gerechnet, »daer gheine grote 
macht an leghet« und die sie deshalb kaufen und wieder ver- 
kaufen dürfen »zonder begriip, unbehindert, unbelastet«*. In Lü- 
beck sind Pferde wertvollere Objekte. Die ZO. unterscheidet 
zwischen zur See und zu Lande eingeführten Pferden. Der 
Fremde hat für jene einen Zoll von 8 /^ zu entrichten ; braucht 
dann aber beim Verkauf des Pferdes in der Stadt keinen Markt- 
zoll (oben S. 130) zu bezahlen (10). Kauft er ein Pferd in der 
Stadt oder verkauft er ein zu Lande eingeführtes, so zahlt er 
nur 4 /^ Zoll. Tauschen dagegen zwei Fremde untereinander 
Pferde, so zahlt jeder 8 /^ , da der Tausch als aus zwei Ge- 
schäften, einem Verkauf und einem Kauf, bestehend behandelt 
wird. Eine Parallelstelle, zugleich interessant durch ihren deut- 
schen Namen für das Tauschgeschäft, bietet die Greifs walder 
Zollrolle : pro equo empto 4 >^ , et si quis fecerit cum equo 
concambium butinge dictum, dabit pro equo 8 y^ ^. In Hildes- 
heim, wo der Pferdezoll 2 /^ beträgt, ist konsequent bestimmt: 
butet se mit perden, so ghift malck ver penninghe 3. 

Neben Vieh und Pferden nennt die ZO. als Marktwaren 
»redditus« und stellt sie zu »kopscat« in einen Gegensatz (9). TG. 
übersetzt das kritische Wort mit »renten«. Die Wiedergabe ist 
etwas äufserlich. Gewifs heifst redditus oft soviel als Rente, 
wie denn das deutsche Wort durch Vermittlung des mittellatei- 
nischen rendita (rendere st. reddere) aus dem lateinischen ent- 
standen ist, und Kornrenten, wie Koppmann S. 163 übersetzt, 
trifft sachlich die wichtigste unter den gemeinten zu Markt ge- 
brachten Waren. Aber der Gegensatz »Kaufschatz« weist doch 
auf eine allgemeinere Bedeutung hin : eigene Erzeugnisse, eigene 
Naturprodukte, die die »homines domini Burwinic nach Lübeck 
führen. Von diesen Gegenständen brauchen sie keinen Zoll zu 
zahlen. Führen sie dagegen Waren für andere in die Stadt ein, 
so sind sie zollpflichtig. Die Lesart der Stelle ist nicht ganz 
sicher. Der Text im U.B. der Stadt Lübeck I n. 32 und bei 



' Hans. U.-B. II n. 154 § 2 v.J. 1309, ebenso in den späteren Formen 
III 452 § 2, 497 § I. 

* Hans. U.-B. I n. 746. 

3 U.-B. der Stadt Hildesheim I n. 548 § 104. 



/ 



— 141 — 

Höhlbaum, Hans. U.-B. In. 223 lautet: »alias si ducit aliquem 
kopscath«. Vor aliquem steht aber in der Handschrift L »ali«. 
Beide Herausgeber haben es für einen verunglückten Ansatz des 
Schreibers zu dem folgenden »aliquem« gehalten und deshalb 
weggelassen oder eingeklammert. Ich glaube, das Wort mufs 
als der Dativ alii verstanden werden und zielt auf Waren, die 
von anderen als ihren Eigentümern oder deren Leuten zu Markte 
gebracht werden. Dadurch entsteht die Frage, ob die Beschrän- 
kung der zollfreien Einfuhr auf die Erzeugnisse des eigenen 
Landes für alle in ZO. 9 genannten Ausländer oder nur für die 
»homines domini Burwini« gelten soll. Eine Beschränkung solcher 
Art, wie sie das Princip der englischen Navigationsakte von 165 1 
in betreff der Erzeugnisse europäischer Länder war, ist auch dem 
Zollrecht alter Zeit nicht fremd. Das Strafsburger Stadtrecht des 
12. Jahrhunderts beschränkt die ZoUfreihett der Leute der Strafs- 
burger Kirche auf »res quas vel manibus suis fecerit vel que 
creverint ei« ^, und das zweite Hildesheimer Stadtrecht bestimmt: 
swelick man hir körn invort, dat eme uppe seme wassen ist, he 
höre weme he höre, dar ne darf he nenne tolen van gheven^. 
Da aber die Vorlage der ZO. , das Privileg von n88, den 
»Rutheni Gothi Normani et cetere gentes orientales« ohne alle 
Einschränkung den freien Verkehr in Lübeck, das »absque the- 
loneo et absque hansa venire et libere recedere« gewährt, wird 
man den Wortlaut des Artikel 9 von »nee aliquis homo« an als 
einen selbständigen Zusatz anzusehen haben und richtiger die 
Einschränkung nur auf die »homines Burwini« beziehen. 

Als Produkte der Landwirtschaft und des Gartenbaues, die 
auf den Lübecker Markt gebracht werden, erwähnt die ZO. 
endlich noch olera, Kohl, wie TG. übersetzt, Obst, Flachs und 
Hopfen. Das Princip ist hier offenbar, den Kleinverkehr frei zu 
geben. Von Gemüse wird deshalb überhaupt kein Zoll gefordert, 
von Obst (15), von Flachs und Hopfen (16) nicht, wenn sie in 
kleinen Quantitäten zu Markte gebracht werden. Bei Flachs und 
Hopfen, die besonders von Wenden nach Lübeck eingeführt 



' Gaupp, Stadtrechte S. 61 § 52. 
^ Hildesheimer U.-B. I S. 290 § 116. 



— 142 — 

wurden, bestimmt sich das zollfreie Quantum nicht nach einem 
festen Zahl- und Mafsverhältnis , sondern sinnlich nach alter 
Weise : soviel deren der Verkäufer auf seinem Rücken trägt. 
Die Begünstigung des Klein Verkehrs kehrt in anderen Ordnungen 
ähnlich wieder ^ ; oft ist namentlich freigegeben, was zur »spisec 
dient, sich unter den oft weit gefafsten Begriff der Lebensmittel 
bringen läfst ^. Die Zollfreiheit des Obstes bezieht sich auf das 
zu Schiff nach Lübeck gebrachte, das nicht mehr als 4 Schilling 
kostet. Damit soll nicht ein sogenannter Wertzoll 3, sondern ein 
bestimmtes kleineres Quantum angegeben sein : soviel als für einen 
»vierdungc zu haben ist, wie man in der Verkehrs- und Rechts- 
sprache des Mittelalters penninkwert, schillingwert* u. dgl. ge- 
brauchte, und wie auch in ZO. 16: »valens solidum«, ZO. 1 »si 
emit Valens fertonem« und »emit valens mille marcas« für den Ge- 
gensatz: »sive parvum sive multum sit« (ZO. na) verwendet ist. 
Es ist einer der wenigen Zusätze in TG, wenn hier der Einfuhr 
von Obst zu Schiff die zu Wagen gleichgestellt ist, und das von 
jenseit der Elbe herkommende Obst, vorausgesetzt dafs es »beter 
is den en verdinc«, für zollpflichtig erklärt wird. Dadurch, dafs 
das zollfreie Quantum in derselben Weise wie in der lateinischen 
ZO. begrenzt ist, bekundet sich der Zusatz sachlich als blofse 
Amplifikation. 

Den Schlufs der ZO. bilden Sätze über die Zollentrichtung. 
Man darf ausgehen von der Forderung, wie sie in einer dem 
dänischen König Waldemar zugeschriebenen Urkunde formuliert 
ist: suum justum theloneum domini regis officialibus debet qui- 



' Braunschweig. Ottonianum § 48: swaz so en man verkoft beneden 
eneme scill., dar ne gift he nenen toln af; von deme scilJ. gift he enen 
sceref (U.-B. n. 2). 

* Oben S. 135 A. 4. Hans. U.-B. III n. 24 (nach den im Texte oben 
S. 135 abgedruckten Worten der Lüneb. Urk.): unde dat allerhande spise, 
wodevic se si, dede upgheyt to der stat nut, scal wesen sunder allerleye 
tollen; wodevic (vgl. Mnd. Wb. I 513) wohl zu bessern in: wodenic. Kopp- 
mann verweist mich auf: soden statt : sodan in Mnd. Wb. IV 283. Zollfreiheit 
bei dem Einkauf »in cibariis et potibus ad victualia vel vestimentis sibi 
necessariisff Hans. U.-B. I n. 434. 

3 Stieda, Revaler Zollbticher und -Quittungen (Hans. Gesch.-Qu. V) S. 11. 

♦ Mnd. Wb. III 318. Lexer, Mhd. Wb. II 239; 737. Hildesh. U.-B. I 
n. 548 § 109. 



— 143 — 

übet ministrare^ Überall kehrt in der Lübecker Zu. wie in 
anderen Urkunden die Vorschrift und der Ausdruck wieder, dafs 
jedermann theloneum debitura (ZO. 1 7), theloneum justum *, sinen 
rechten toln (TG 17), theloneum suum (ZO. 19), sinen toln^ 
(TG) entrichte. Der Zoll ist nicht eher fallig. als bis der Pflich- 
tige die Stadt verläfst: quousque in civitate permansit, eousque 
theloneum non deduxit (17), mögen auch seine Waren bereits 
die Zollstätte passiert haben ^. Ja, der Gast darf selbst die Stadt 
verlassen, ohne sich straffällig zu machen, wenn er nur den Be- 
trag seiner Zollschuld seinem Hauswirte hinterlassen hat. Der 
Gastfreund des Fremden darf sie drei Nächte zurückbehalten, 
also auch wohl solange ein Retentionsrecht an ihr wegen seiner 
Ansprüche geltend machen, nur nicht dem Zollerheber gegen- 
über (17) 5. Erst wenn nach Ablauf dieser drei Tage der Zoll nicht 
gezahlt wird, ist der Zoll »entführt«, d. i. dem Berechtigten ent- 
zogen und die Strafe verwirkt, die der Zolldefraude gedroht ist. 
Andere Quellen gewähren dem Zollpflichtigen keine so lange 
Zahlungsfrist, sondern nur für den ganzen Tag, da er seine 
Waren vorausgeschickt hat, bis zum Sonnenuntergang »sole lu- 
cente« ; die Verzögerung usque in crastinum oder, wie deutsche 
Texte sich ausdrücken würden, »over dwernacht« ^ zieht hier 
Strafe nach sich 7. Für den »toln untvoren« , das ebenso dem 
Sachsenspiegel II 27 § i und zahlreichen anderen deutschen 
Quellen bekannt ist, ist der technische lateinische Ausdruck: 
»theloneum deducere«. So in der Hamburgischen ZO. ®, im Pri- 



I Hans. U.-B. II n. 282 vgl. mit Lüb. U.-B. I n. 13. 
^ Urk. für Utrecht 1122: qui justum theloo. dolose detulerit (Hans. 
U.-B. I n. 8). 

3 Nicht: einen t., wie bei MoUwo 97 unberichtigt stehen geblieben ist. 

4 Dafs der Zoll erst beim Verlassen der Stadt fällig wurde , beweist 
vielleicht auch das Privileg Kaiser Friedrichs I. v. 1188, dem am Schlüsse 
des Satzes über die Zollpflicht der Kauf leute , die nicht zu den völlig be- 
freiten gehören (oben S. 141), die Worte »et libere recedant« fehlen. 

5 Dafs der Wirt »in jeder Richtung« für den Gast haftbar bleibe 
(Hasse 59), kann die Stelle unmöglich besagen. 

^ Dortmunder Stat. I 34. 

7 W. Sickel, Zum ältesten deutschen Zollstrafrecht (Ztschr. für die ges. 
Strafrechtswissenschaft VII, 1887) S. 511. 

8 Hans. U.-B. I n. 573, in beiden Formen S. 202 unten. 



— 144 — 

vileg für Lüneburg von 1247, in dem für Münden von 1246*, 
im Hildesheimer Stadtrecht von 1300^. Den in der modernen 
Rechtssprache üblich gewordenen Ausdruck »Hinterziehungc be- 
legt das Privileg Kaiser Friedrichs 11. für Goslar von 121 9: si 
quis de subtractione thelonii fuerit incusatus^. Bis dahin, dafs 
der Fälligkeitstermin des Zolles eingetreten ist, sind die zoll- 
pflichtigen Waren noch »unvorvarenc : »bona nostra ratione the- 
lonei sunt unvorvaren, donec primus currus ducens bona ad naves 
sit in aquac, wie es in dem Entwurf eines Privilegs für die Lü- 
becker in Skanör und Falsterbo heifst*. 

Die Strafe, die den Pflichtigen für Verletzung des Zollrechts 
trifft, ist eine Geldbufse, die sich aus zwei Teilen zusammensetzt. 
Jeder Teil ist für sich von rechtshistorischer Bedeutung ; um wie 
vielmehr ihre Kombination. Den einen Teil bilden die 60 Schillinge 
des alten Königsbannes, den andern der neunfache Ersatz des ge* 
schuldeten Zolles s. 

Eine Reihe von Rechtsquellen des spätem Mittelalters kennt 
nur den ersten Bestandteil: so die Kaiserurkunde für Utrecht 
von II 22, das Privileg für Münden 1246, das Statut von Münster 
i. W. c. 1221^. Den zweiten Bestandteil hat W. Sickel^ auf 
den Satz der Lex Saxonum zurückgeführt, der auf den kleinen 
Diebstahl die Strafe des Neunfachen setzt: »novies conponat quod 
abstulitc. Den neunfachen Entgelt als Diebstahlsstrafe kennen 
auch noch andere Volksrechte ^ ; doch ist unten noch ein Argu- 



' U.-B. der Stadt Lüneburg I n. 67 S. 39'°*. Gengier, Stadtrechtt 
S. 303. Döbner, Die Städteprivil. Ottos des Kindes S. 26 ff. 
^ U.-B. n. 548 § 115 übersetzt «deducere« in n. 209 § 8. 

3 Bode, U.-B. der Stadt Goslar I n. 401 § 41. 

4 Hans. U.-B. II n. 282. 

5 Ob das cap. de functionibus publ. v. 820 (M. G. Capital. I n. 143) 
schon den Königsbann auf Zolldefrauden anwende, ist nicht sicher. Sickel 
a. a. O. S. 512. Brunner, RG. II 240. Überwiegend hat das Cap. eine 
andere Tendenz (s. unten S. 145 A. i). Die Behauptung Mollwos 71, dafs^ 
es schon beides, die Bannbufse und den neunfachen Ersatz, dem Defrau- 
denten androhe, ist ohne allen Grund. 

6 Hans. U.-B. I n, 8. Münden § 6, Münster § 49. Gengier, Stadt- 
rechte S. 303 u. 307. 

7 a. a. O. S. 515. 

8 Brunner, RG. II 644. v. Richthofen, Zur lex Saxonum S. 316. 



— 145 — 

ment zu erwähnen, das Sickels Hypothese stützt. Aber früher 
als aus dem 13. Jahrhundert ist die Anwendung dieser Strafe 
auf die ZoUdefraude, die sich in städtischen Statuten häufig wieder 
findet, noch nicht erwiesen. Beispiele liefern das Privileg für 
Lüneburg von 1247, das Braunschweigsche Stadtrecht § 184 und 
die Urkunde der holsteinschen Grafen für die in Hamburg ver- 
kehrenden Braunschweiger und Magdeburger^. 

Das Bedeutsame der Lübischen ZO. liegt in der Verbindung 
beider Strafen. Das Gleiche kehrt im Privileg für Goslar von 
12 19 wieder, wenngleich noch gesteigert: ipsum theloneum et pre- 
terea octuplum restituet et advocato civitatis pro quolibet denario 
60 solidos vadiabit''. Die Hamburgische ZO. verlangt wie die 
Lübecker das Neunfache und 3 Pfund. 

Wo wie in Lübeck die zwiefache Strafe verhängt wird, 
"werden mitunter die 60 SchiUinge als :^pro excessuc 3 oder charakte- 
ristischer als »vor de wold« verwirkt* bezeichnet. Die Diebstahls- 
strafe, welche das sächsische Volksrecht verhängt, besteht aufser 
dem Neunfachen des Gestohlenen in einer »pro fredo« zu ent- 
richtenden Strafsumme 5. Wie durch den neunfachen Ersatz der 
Bestohlene entschädigt und durch das Friedensgeld der Friedens- 
bruch, die Verletzung des Ganzen und seiner Rechtsordnung, ge- 
ahndet werden soll, so wird auch in der Zolldefraude die Ver- 
letzung des Zollberechtigten und die der öffentlichen Ordnung 
unterschieden und beides mit Strafe verfolgt. »Woltc ist die Ge- 
waltthat, der Bruch des Rechts, wie »fredus« der Bruch des Friedens 
und die dafür zu zahlende Bufssumme. Dementsprechend fällt 
der neunfache Ersatz für den hinterzogenen Zoll dem Zöllner 
zu, während an dem Gewette der 60 Schillinge neben dem 



1 Lüneb. U.-B. I d. 67 (oben S. 144). U.-B. der St. Braunschweig I 
S. 116; Hans. U.-B. I n. 466. 

> Damit vgl. Goslar. Statut S. 40 '5. 

3 Münden 1246 (oben S. 144): si quis vero thelon. deduxerit, tria ta- 
lenta dabit hujus modi pro excessu. Hamb. ZO. im Hans. U.-B. I n. 573. 

♦ Sfihnevertrag zwischen Sachsen - Lauenburg und Lübeck von 141 o 
(Lfib. U.-B. V n. 294 S. 325): weret ok dat yemand . . . den tolne . . . cnt- 
foerde, de ensal hegcr nicht breken , men den tolne negenvold uttogevende 
nnd dre punci vor de wold. 

5 C. 36 (M. G. LL. V 67). 
Hansitche OescfaichtsbUitter. XXY. lO 



— 146 — 

Zöllner auch die Vertreter der öffentlichen Ordnung, der Vogt 
und die Stadt, Anteil haben. In Goslar wird das Neunfache 
ebenfalls dem Zöllner, die Bannbufse dem Stadtvogt ohne Kon- 
kurrenz anderer zugewiesen. Das Recht für Hamburg stimmt 
mit dem von Lübeck wie in der Höhe der Strafsummen, so 
auch in deren Verteilung überein*. 

Wird ein Gast von dem Zöllner beschuldigt, seiner Zollpflicht 
nicht genügt zu haben , so befreit er sich nach der ZO. von 
Lübeck durch seinen Eineid (18). Ebenso nach dem Privileg 
von Goslar, während nach dem von Lüneburg die Eideshülfe 
von zwei erbgesessenen Bürgern, nach dem Statut für Münster 
ein »septima manu se expurgare« ', verlangt wird. 

Die jüngeren Handschriften haben der Lübecker ZO. den 
Schlufssatz angehängt, dafs, ebenso wie der hinterziehende Gast 
dem Zöllner, so auch der Zöllner, der unrechten Zoll nimmt, 
dem Gaste bufspflichtig wird. Wenn auch diese Bestimmung 
ihrem Inhalte nach sich als jüngeren Ursprungs erweist, so darf 
doch nicht vergessen werden, dafs gerade die ältesten Rechts- 
sätze dieses Gebiets sich gegen die Beamten richten, die rechts- 
widrig Zölle erheben 3. Dafs gerade die Zöllner geneigt waren, 
mehr zu fordern als ihnen zukam, geht auch daraus hervor, dafis 
in den Straffestsetzungen wegen Zollhinterziehung, die doch an 
sich schon reichUch hoch bemessen waren, wiederholt betont wird, 
der Zöllner dürfe nicht mehr verlangen*. 



^ Die beiden Formen der Urkunde Hans. U.-B. I n. 573 stimmen sach- 
lich überein — auch die Fassung i billigt dem Zöllner i Pfund zu, was 
Sickel S. 511 übersehen hat — und zeigen, dafs der actor der Lüb. ZO. 
der Zöllner ist. 

* Gengier, StR. S. 307. 

3 Vgl. das oben S. 144 A. 5 cit. Capitular. 

* Braunschw. StR. § 184 S. 116: we den tollen untford, deme ne 
mach de tolner nicht nir, wen dat he den tollen neghentvalt gelde. Sühne- 
vertrag V. 1410 (oben S. 145 A. 4). Nach der Genter ZO. v. 1199 soll 
der Zöllner, der mehr als die Gebühr fordert, «tanquam puUicus latro et 
aggressor viarumc behandelt werden. Warnkönig, Flandr. Staats- u. RG. II i 
S. 19 ff. Röscher, S^st. der Finanzwiss. S. 429 A. 11. 






IV. 

DIE LÜBISCHE 

STADESCHRONIK UND IHRE ABLEITUNGEN. 

I 

VON 
KARL KOPPMANN. 



lO» 



§ 1. Vorbemerkung:. 

Bei meiner Bearbeitung der Lübischen Chroniken bin ich 
von der Ansicht ausgegangen, dafs uns von dem Franziskaner- 
Lesemeister Detmar vier verschiedene Arbeiten erhalten seien: 

1. die Detmar- Chronik von 1105 — 1276 (D H), die uns in 
Auszügen in der Bremischen Chronik von Rynesberch und Schene 
und verstümmelt in der Hamburgischen Handschrift vorliegt; 

2. die Detmar - Chronik von 11 05 — 1386 (DM), die wir 
im Auszuge in der Melleschen Handschrift besitzen; 

3. die sogenannte Rufus-Chronik von 11 05 — 1395 (D R) und 

4. die Detmar- Chronik von iioi — 1395 (D L), die uns 
vollständig in der Ratshandschrift und von 1277 ab in der Ham- 
burger Handschrift aufbewahrt ist. 

Von der Hamburger Handschrift hatte ich, Städtechroniken 
19, S. 3 und S. 102 gesagt^ sie sei von 1277 ab eine Abschrift 
der Ratshandschrift; auf S. 598 gab ich nachfolgende Berichti- 
gung: »Oben S. 3 und S. 102 ist die Hamburger Handschrift 
(H.) für die Zeit von 1277 — 1400 als Abschrift der Ratshand- 
schrift (L.) bezeichnet. Aus einer genaueren Vergleichung er- 
giebt sich jedoch, dafs diese Bezeichnung irrig ist; trotz aller 
Übereinstimmung finden sich nämlich bei H. einige kleine Ab- 
weichungen, die, wie der Vergleich mit der Melleschen Hand- 
schrift (M.) lehrt, nicht auf Willkür des Abschreibers beruhen 
könnenc. Ich meinte und meine noch jetzt, mich hier durchaus 
verständlich ausgedrückt zu haben ^: ich verzeichnete, wie S. 194 



' Vgl. dagegen die Bemerkungen, mit denen O. Lorenz, Deutschlands 
Geschichtsquellen 2 (3. Aufl.), S. 166 Anm. i, wie meinen Nachweis, dafs 
die Hamburger Handschrift aus verschiedenartigen Stücken bestehe, so auch 
diese Berichtigung bedenkt. 



— ISO — 

bemerkt worden ist, » unter Benutzung einer sorgfältigen Kollation^ 
die Mantels zwischen der Hamburger Abschrift und der Grau- 
toffschen Ausgabe vorgenommen hat, die wenigen Lesart jener 
(H.), welche für die Kritik von Interesse sein können«, und be- 
merkte im Laufe der Drucklegung bei der Vergleichung dieser 
Lesarten mit denen der Melleschen Handschrift eine Überein- 
stimmung, welche die Annahme ausschliefst, der Schreiber der 
nur bis 1386 reichenden Melleschen Handschrift und ein Ab- 
schreiber der Ratshandschrift hätten bei willkürlicher Abweichung 
von ihrer betreflfenden Vorlage zufällig das Gleiche getroffen. 

Das Ergebnis einer solchen Vergleichung ist nämlich dieses : 

Ann. Lub. (Quelle) : in vigilia natroitafis heaie Marie; D L 
§ 506 S. 437: Dar na in unser vrouwen avende der laier en; 
DR: avende; D H: daghe; D M: daghe. 

D L § 586 S. S77- -^ ^^^ wart dar danz unde z du st es 
vele; DR verderbt: küssendes; D H: springendes \ DM: spryn- 
ghendes, 

D L S. 482, 9: unde vele ghuder lüde vorbannen; D H: 
vorhouwen; D M S. 164, 23: vorhouwen. 

D L S. 542, 7 — 8: In deme sulven jare let hertoge Wilhelm 
van Luneborch sine man, st e den unde lant huldegen her- 
togen Magnus van Brunswik; D H: sine man streden, unde 
dat land huldeghede; DM: syne manne stryden, unde 
dat land huldigede, 

DR § 756: dar weren se rvwich; me horde dar wot 
godes densty jummer (l: nummer) pifen edder bunghen; 
D L ursprünglich: dar weren rowich nummer pipen 
edder bunghen, daraus korrigiert: dar weren se rowicE^ 
nummer hord me pipen edder bunghen , mer godesdenst; 
D H: dar weren se rowech in er godesdenst, nummer 
horde men pipen eder bunghen; D M S. 177,8 — 9: dar 
weren se rouwech bei an ere godesdenste; nummer horde 
men pipen ofte bungen. 

D L § 763 S. 554, II — 12: In deme sulven jare in sunte 
Brixius nacht do was en stede grot wint; DR: stide; D H: 
stide; D M S. 177, 23: styde. 

D L § 866, S. 594, 14 — 15: scholden syn vorvestet unde nergen 
heghe hebben, noch in Dennemarken, noch in Höhten; D R: noch 



in Dennemarken^ noch in Höhten ; D H : noch in Denemarken, 
noch in Sweden^ noch in Höhten; D M S. i86, 12: noch in 
Dennemarken, noch in Sweden^ noch in Höhten, 

Endlich sei noch eine Stelle angeführt, die in D M fehlt, 
an der aber D H mit D R zusammen D L gegenüber steht : 

D L § 407 : des greven dochter van Reppin, de was dochter 
des vorsten vanRuyen; D H: dochter dochter ; D R: dochter- 
dochter. 

Über das Verhältnis der vier Arbeiten zu einander nahm 
ich an, Detmar habe die Chronik von 1105 — 1276 zuerst ge- 
schrieben, sodann infolge des ihm 1385 erteilten Auftrages unter 
Benutzung jenes früheren Werkes eine bis auf seine Zeit reichende 
Chronik verfafst, die uns in ihrer letzten Gestalt in der Rufus- 
Chronik vorliege und diese zweimal unter Heranziehung der 
Arbeiten des Vincenz von Beauvais und des Haython überarbeitet, 
1386 zu derjenigen Recension, die durch den in der Melleschen 
Handschrift erhaltenen Auszug repräsentiert wird, 1395 zu der, 
die sich in der Ratshandschrift darstellt. Wiederholte Unter- 
suchungen haben mich überzeugt, dafs diese Auffassung modi- 
fiziert werden müsse. 

§ 2. Grautoffs Anslclit. 

• 

Als Grautpff (1829) den ersten Band seiner Lübeckischen 
Chroniken veröffentlichte, waren ihm von den hier in Betracht 
kommenden Arbeiten nur zwei, die Recension der Ratshandschrift 
und der sogenannte Rufus bekannt. Die Vergleichung derselben 
führte ihn zu folgender Ansicht: Detmar habe ein vom Rat 
zur Überarbeitung und Weiterführung erhaltenes Exemplar der 
Stadeschronik als Konzept benutzt, indem er zwar eine Fort- 
setzung von 1350 — 139s hinzufügte, aber dasjenige, was er für 
die Reinschrift aus anderen Quellen in die Stadeschronik ein- 
geschaltet haben wollte, nicht schon wirklich in das ihm zur 
Verfügimg gestellte Exemplar eintrug. Dieses bis 1395 reichende 
Konzept Detmars, nach welchem unter Hinzufügung der von 
Detmar bestimmten Ergänzungen die Ratshandschrift hergestellt 
worden wäre, habe später Rufus unter den Manuskripten des 
Katharinen- Klosters aufgefunden, abgeschrieben und bis 1430 
fortgesetzt; bei der Abschrift sei jedoch Rufus nicht ohne Kritik 



verfahren, sondern habe einzelne Irrtümer Detmars wirklich be- 
richtigt. Daraus erkläre es sich, dafs Rufus erstens von 1106 
bis 1289 nur sparsame und kurze Nachrichten gebe, indem diese 
wahrscheinlich für die betre£fenden Jahre den ganzen Inhalt der 
Stadeschronik ausgemacht hätten, zweitens von 1290 — 1350 
freilich weitläufiger werde, aber doch weder die Vollständigkeit 
Detmars erreiche, noch überhaupt etwas enthalte, was diesem 
fehle, drittens von 1350 — 1385 zwar immer noch weniger gebe, 
als Detmar, aber doch einiges zu berichten wisse, was Detmar 
vermissen lasse, und häufig die von Detmar in einem und dem- 
selben Jahre gegebenen Nachrichten in eine andere und gröfsten- 
teils richtigere Ordnung bringe, viertens endlich von 1385 — 1395 
bis auf wenige unbedeutende Ausnahmen wörtlich mit Detmar 
übereinstimme. Nachdem dann Grautoflf die Hamburger Hand- 
schrift kennen gelernt hatte, sprach er (1830), ohne über das 
früher besprochene Verhältnis des sogenannten Rufus zu Detmar 
sich des weiteren zu äufsem, über das Verhältnis jener zu diesem 
folgende Ansicht aus. Der Verfasser des in der Hamburger 
Handschrift vorliegenden Werkes gebe zwar bis 1277 vielfach 
Ergänzungen zu den Nachrichten Detmars, habe aber doch durch- 
gehends Detmar und vielleicht auch Rufus vor sich gehabt; oft 
wiederhole er deren Bericht w^tlich, öfter weiche er zWar in 
den Worten von ihnen ab, stimme aber sachlich mit ihnen tiber- 
ein; wo sich Detmar und Rufus in der Zeitrechnung unter- 
schieden, folge der Verfasser dem Rufus; seine Ergänzungen 
habe er Helmold, der wendischen Chronik und anderen weniger 
bekannten Quellen entnommen ; diese Ergänzungen wolle Grautoff 
mitteilen, obgleich sie wenig neues enthielten, »weil sie in der 
Art, wie sie hier aufgeführt sind, näher an die Quelle führen 
können, aus der sie ursprünglich geschöpft wurden«. 

Fassen wir diese nicht überall klaren Auseinandersetzungen 
kurz zusammen, so hätte Rufus die Stadeschronik bis 1350 in 
Abschrift und Detmars Arbeit bis 1395 im Konzept, d. h. beide 
Werke ohne die von Detmar beabsichtigten Ergänzungen vor 
sich gehabt und sie bis 1385 in Einzelheiten berichtigt und er- 
gänzt, während der Verfasser der Hamburgischen Handschrift 
Detmar und Rufus neben einander benutzt und deren Mittei- 
lungen — von den sonstigen Zusätzen abgesehen — aus einem 



— 153 ^ 

unbekannten, von Detmar und Rufus ebenfalls verwerteten Werke 
vervollständigt hätte. Jedenfalls müfste also Rufus, um Detmar 
berichtigen und ergänzen zu können, neben dessen Konzept auch 
seine Quelle vor sich gehabt haben , und ebenso wären dem 
Verfasser der Hamburgischen Handschrift neben Detmar und 
Rufus auch deren Quelle nötig gewesen, um zu den Berichten 
Beider Ergänzungen liefern zu können. Unklar bleibt es, ob 
Grautoflf unter der Quelle, an welche die Ergänzungen der Ham- 
burger Handschrift näher heranführen könnten, unter Modifikation 
seiner früheren Ansicht die Stadeschronik oder etwa deren Quelle 
verstanden habe. 

Was die Entstehungszeit dieser verschiedenen Arbeiten an- 
langt, so würden nach Grautoff auf einander folgen: 

1. die Detmar-Chronik, geschrieben 1386 — 1395; 

2. die Rufus-Chronik, vollendet 1430 ; 

3. die Hamburger Handschrift, weil unter Benutzung der 
beiden anderen Chroniken abgefafst, angefangen nach 1430. 

§ 3. Die Mellesche Handschrilt. 

Unbekannt blieb Grautoflf die Mellesche Handschrift, die 
sich einerseits oflfenbar als ein Auszug aus einem gröfseren Werke 
darstellt, andererseits aber Nachrichten enthält, die von Rufus 
und in der Ratshandschrift entweder ganz ausgelassen oder un- 
vollständig wiedergegeben sind, in der Hamburger Handschrift 
aber übereinstimmend sich wiederfinden. Das Eine oder das 
Andere ist hinsichtlich folgender Stellen der Fall. 

II 80: §106: Zug Kaiser Friedrichs nach Sachsen. 

§ 108: Waidemars Ankunft beim Kaiser. 

1194: S. 46, 134: Pläne Waidemars. 
1195: S. 46, 134: Eroberungen Kaiser Heinrichs. 
1197: S. 47, 134: Zug Kaiser Heinrichs über Meer. 

S^ 47, 134: Wahl Friedrichs zum König; vgl. D R, D L 

§ 134. 
§ 135 : Wahl Philipps und Ottos. 

1198: S. 48, 135: Heimkehr Hartwigs von Bremen. 

1 199: S. 48, 135 : Zug König Knuts gegen Hamburg und Stade. 

1201 : § 142 : Lobpreisung Waidemars. 



— 154 — 

1204: S. 51, 136: Zug Waidemars nach Norwegen. 

1206: S. 52, 137: Zug des Andreas von Lund nach Reval. 

1207: §152: Ermordung König Philipps. 

S. 53i 137 '• Wiedergewinnung Stades durch Waldemar. 
1208: S. 53, 137: Pfingstfest zu Braunschweig; vgl. D R, D !L 

§ 154. 
1210: §157: Eroberung Preufsens und Samlands. 

S. 54» 137 • Tod Swerkers von Schweden. 
1212: S. 55, 138: Tod der Margaretha von Dänemark. 
1215: S. 57, 138: Zug Waidemars gegen Stade. 

S. 58, 138: Zug Ottos vor Hamburg. 

S. 58, 138: Zurückweichen Ottos vor Waldemar. 

Wäre Grautoffs Ansicht über das Verhältnis der übrigen Ar- 
beiten zu einander richtig, so müfste der Urheber der Hamburger 
Handschrift, um seinerseits zu diesen Nachrichten zu gelangen, 
neben der Ratshandschrift und der Rufus-Chronik auch noch die 
Meilesche Handschrift oder deren vollständige Vorlage benutzt 
haben. 

Da nun aber die Hamburger Handschrift mehr enthält und 
ausführlicher ist, als die übrigen drei Arbeiten zusammen, so 
hätte ihr Urheber auch noch anderweitige Quellen herangezogen 
haben müssen, dieselben Quellen, auf welche auch die Nach- 
richten der Ratshandschrift, der Rufus-Chronik und der Meile- 
schen Handscrift zurückgehen. Und sehen wir obendrein, dafs 
die Nachrichten der Hamburger Handschrift in der That, wie 
Grautoff als Möglichkeit hinstellt, »näher an die Quelle fuhren «,> 
als die übrigen Ableitungen, so werden wir berechtigt sein, den 
Spiefs umzukehren und die Hamburger Handschrift, die Chronik 
bis 1276 , vom Ende an den Anfang unserer Chronikenreihe zu 
versetzen. 

§ 4. AnflELngrs- und Endjahr der Stadesclironik. 

Wie erwähnt, meinte Grautoflf, Rufus habe mit dem Konzept 
Detmars zusammen eine Abschrift der Stadeschronik vor sich 
gehabt und die spärlichen und kurzen Nachrichten, die er von 
II 06 — ^1289 bringe, hätten vermutlich den ganzen Inhalt der 
Stadeschronik für diese Jahre ausgemacht. 



— 155 — 

Was diese Jahreszahlen anlangt, so ist das Schlufsjahr ein 
willkürliches, während das Anfangsjahr darauf beruht, dafs 1106 
die erste von Rufus namhaft gemachte Jahreszahl ist. Vor der" 
Angabe derselben stehen aber zwei Nachrichten, deren /erste die 
Zeitbestimmung by keyser Hinrikes tiiden enthält, und da diese 
in der Meileschen Handschrift ebensowohl wie in der Ratshand- 
schrift unter das Jahr 1105 gesetzt werden, so habe ich den 
Anfang der Rufus-Chronik und der Hamburger Handschrift gleich 
dem der Meileschen Handschrift von 11 05 datiert, weil es mir 
darauf ankam, den tibereinstimmenden Anfang dieser drei Arbeiten 
äufserlich zu kennzeichnen. 

Müssen wir uns in Bezug auf den Beginn der Stadeschronik 
damit begnügen, der Annahme Grautoffs beizutreten, dafs sie in 
demselben Sinne, wie die drei genannten Arbeiten, mit dem 
Jahre 11 05 begonnen habe, so besitzen wir über ihr Endjahr ein 
nicht zu bezweifelndes und — wie ich meine — nicht mifszu- 
verstehendes Zeugnis. Im Jahre 1385, so berichtet uns Detmar, 
waren die beiden damaligen Gerichtsherren darauf bedacht, die 
neuerdings stattgehabten Ereignisse dem Gedächtnis der Nach- 
welt zu überliefern, und nicht allein diese , mer ok dat gheschen 
ivere bekeniliken sedder dem groten dode, wente der Stades coroniken 
was nicht iogheschreven bi sos unde drutlich jaren. Diese Nach- 
richt, durch die allein wir die Existenz einer Stadeschronik 
kennen, bezeugt uns auch deren Abschlufs mit dem Jahre 1349. 



§ 6. Benutzungrsweise der JahreszaMen in der 

Stadeschronik. 

Über die innere Einrichtung der Stadeschronik sagt uns 
Detmar: ok was se brekaftich der ding ^ de ghescheen weren an 
vele jaren unde an vele landen^ und deutet dadurch an, dafs sie 
nicht wie die Ratshandschrift für jedes einzelne Jahr Nachrichten 
aufzuweisen hatte, sondern ähnlich wie die bis 1276 reichende 
Chronik und die Rufus-Chronik beschaffen war. 

Diese beiden Arbeiten lassen aber nicht nur, im Unterschied 
von der Ratshandschrift, viele Jahre völlig aus, sondern lieben es 
auch, die Jahreszahlen bei dem Aneinanderreihen verschiedener 
Nachrichten gewissermafsen als Bindemittel zu benutzen, während 



- 156 - 

die Ratshandschrift und die Mellesche Handschrift dieses Ver- 
fahren nur in seltenen Fällen beibehalten, in der Regel dagegen 
es gar nicht beachten und die betreffenden Nachrichten dergestalt 
durchschneiden, dafs die erste dem zuletzt genannten früheren 
Jahre, die zweite dem durch die Jahreszahl gegebenen späteren 
Jahre zugeeignet wird. 

D R verbindet §§2,3 folgendermafsen : § 2 : dat se na den 
tiiden den Hinrike mosten holden vor enen heren. Nicht lange dar 
;7a § 3 : In demejare unses Heren 1106 do sterff^ de hertoge Magnus 
van Sassen. Von Rynesberch-Schene ist die Jahreszahl aus- 
gelassen worden ; § 2 : dat se na der tut den vorsten Hinricke vor 
enen heren holden mosten. Nicht langhe dar «« § 3 : J^o starff 
hertoghe Magnus van Sassen, In D M und D L stehen §§1,2 
unter dem Jahre 1105, schliefst § 2: dat se na der tyd den 
Hinrik holden mosten vor enen heren und folgt nach einer ander- 
weitigen Nachricht für das Jahr 11 06 § 3: In deme sulven jare 
starff hertich Magnus van Seesen, 

Die nächstfolgende Jahreszahl 11 18 verbindet §§ 9 und 10. 
D H. § 9 : unde bleeff ere conync bet an die land van Polen unde 
B ehern, By sinen biden § 10: In deme jare des Heren 11 18 do 
was die gude biscop Otto van Bavenberch; die bekerde hertoghen 
Wencislaum ; D R § 9 : undo blef ere konyngh beth in de land 
Po Ionen unde Bohemen. Bii synen tiiden § 10: In deme jare 
unses Heren 1118 do bekerde de hilge bischop Otto van Benzen- 
berghe hertogen Wentslaum. D M und D L bringen die §§ 3 — 9 
zum Jahre 1106; DM schliefst § 9: dat se mosten eme tyns 
gheven beth an de land Polen unde Bemen, giebt eine anderweitige 
Nachricht zu 11 17 und läfst § 10 aus; DL schliefst § 9: unde 
blef ere coning bet an de lant Polen unde Bemen. By sinen tiden, 
giebt darauf eine ganze Reihe von Nachrichten für die Jahre 
1107 — 1117 und bringt dann § 10: In deme jare Cristi 1118 do 
was de edele vorste Bosizlaus to Polenen en hertoghe u. s. w. 

Zwischen 1 1 06 und 1 1 1 8 haben D H und D R zwar keine 
Jahreszahl, geben aber doch bei § 9 eine ungefähre Zeitbestim- 
mung : D H : In corten tiden dar na quemen Griten vrund in die 
Travene van Ruygen mit velen schepen ; DR: Körte jar dar na 
quemen Griten vrunt van Ruyen myt vele schepen in de Travene. 
D M und D L bringen , wie gesagt , auch diese Nachricht zum 



— 157 — 



Jahre 1106: Corte jar dar na quemen Griten vrunde van Rügen 
myi vele schepen in de Travene, 

Die dritte Jahreszahl 11 24 verbindet in D H und DR die 
§§ 10 und II ; D H § 10: Dar na § 11 In demejare des Heren 
II 24 do wart in deme lande to Höhten gestichtet Faldera\ D R 
§ 10: de worden do cristen § 11 In deme jar e uns es Heren 11 24, 
Do wart in deme lande to Höhten begrepen Faldera, In D M 
fehlen §§ 10, 11; DL schiebt nach § 10 eine Reihe von Nach- 
richten für die Jahre 11 18 — 11 24 ein und bringt dann § ii-: 
In der tiid do wart in deme lande to Hohen begrepen Faldera, 

Die fünfte Jahreszahl 11 26 verbindet in DR — von Rynes- 
berch-Schene ist sie ausgelassen — die §§ i6 und 17; § 16: 
Aho was in der tiid gestorven keyser Hinrik, Na eme § ly: In 
deme jare na Gades bort 1126 qwam hertoge Luder van Sassen 
in dat rike. In D M fehlt § 16; in DL lautet § 16: Also was 
in der tiid storven keyser Hinrik, Na eme, dann folgen für das 
Jahr 1126 Wunderzeichen in Spanien, nochmals der Tod Kaiser 
Heinrichs und die Wahl Lothars , darauf wie in D M § 1 7 : /« 
deme jare , alse hertoghe Luder van Sassen quaam an dat rike; 
die Worte Na eme in DL § 16 stehen also völlig in der Luft, 
und schon GrautofF (I, S. 28 Anm. **) bemerkte , dafs Detmar 
hier den Zusammenhang der Stadeschronik durch ungeschickte 
Einschaltung gestört habe. 

DR verbindet §§21 und 22 durch die Jahreszahl 1134, 
enthält in § 25 die Angabe: Des jar es dar na und verbindet 
§§ 27 und 28 folgendermafsen : § 27: to Lutteren wart he be- 
graven § 28 In deme jare unses Heren 1137. Na eme quam in 
dat rike Conrad, DL setzt § 27 zum Jahre 1136: unde wart 
bi Lutteren begraven, schaltet zum selben Jahre eine andere Nach- 
richt ein und fährt dann fort: § 28: In deme jare CrisH iij8 
do quam in dat rike Conrad, Grautoff, der die Verbin dungs weise 
des Rufus nicht erkannte, bemerkt (S. 33 Anm. *) mit Unrecht, 
er führe den Tod Lothars »fälschlich unter dem Jahre 1137« auf. 

D R verbindet die §§ 33, 34 und §§ 38, 39 durch 
die Jahreszahlen 11 45 und 1147 ; § 38: By den tiiden was vele 
orloghes in Dennemarken §39: In demejare unses Heren 11 47, 
Do weren dar twe konynghe, DL setzt §§ 34 — 38 zu 1145, 
schliefst § 38 : By den tyden was vele orloghes in Denemarken, 



- 158 - 

giebt drei neue Nachrichten zum Jahre 1146 und bringt dann 
§ 49 : In deme jare Cristi 114*1 ^^ weren dar iwe koninghe. Die 
Nachricht Detmars von den Kriegen im Jahre 1145 ist also nur 
durch das Auseinanderreifsen einer und derselben Nachricht 
seiner Vorlage zum Jahre 11 47 entstanden. 

Diese Beispiele werden genügen, um die Behauptung zu be- 
gründen, dafs die Stadeschronik nicht nur ebenso wie D H und 
D R viele Jahre überschlagen, sondern auch in der gleichen Weise 
wie D H und D R die Jahreszahlen gern zur Verbindung ver- 
schiedener Nachrichten benutzt haben mufs. 



§ 6. Abfassungrszeit der Stadeschronik. 

Aus den angeführten Worten Detmars: ivente der Stades 
coroniken was nicht togheschreven bi sos unde druttich jaren ist 
bisher geschlossen worden, dafs diese verloren gegangene Chronik 
einen offiziellen Ursprung gehabt habe und längere Zeit hin- 
durch offiziell fortgeführt worden sei. Notwendig ist eine solche 
Folgerung nicht: eine Chronik, die im Besitz des Rates war, 
konnte Detmar mit gutem Fug als der Stades coronike bezeichnen 
und seine Angabe, dafs derselben in 36 Jahren nichts hinzu- 
gefügt worden sei, beweist höchstens, dafs seiner Meinung nach 
vorher eine regelmäfsige Fortsetzung stattgefunden habe. 

Nun hat die Rufus-Chronik folgenden scheinbar rätselhaften 
Eingang : In deme jare na Godes bort dusent hundert soven unde 
vertich do wart . . . tosamende bracht in desse scrift van der 
ersten begripinge der stad Lubeke. Wenn Grautoflf dazu bemerkt 
(I, S. XXVIII): »Wie die Worte ,/« deme jare 1147^ zu ver- 
stehen sind, wage ich nicht zu erklären, denn offenbar kann die 
Chronik nicht in diesem Jahre schon begonnen seyn«, so giebt 
er unabsichtlich eine Ergänzung der nur durch Verstümmelung 
rätselhaft gewordenen Jahreszahl, denn ersichtlich ist vor hundert 
die Bestimmungszahl, die natürlich nur eyn, twe oder dre sein 
kann, ausgefallen und die Jahreszahl war also von ihm nicht 
durch ,1147', sondern durch ,1.47* wiederzugeben. »Man könnte«, 
fügt GrautofF hinzu, »allerdings wohl auf die Meinung kommen, 
dafs dafür 1347 zu lesen sey« ; ein scheinbarer Grund dafür er- 
gebe sich daraus, dafs eine in der Rufus-Chronik enthaltene 



— 159 — 

Nachricht auf deren Eintragung zu dieser Zeit hindeute, da 
aber eben diese Nachricht auch in der Detmar - Chronik ent- 
halten sei, so sei anzunehmen, dafs sie in jene, wie in diese 
aus der Stadeschronik übergegangen sei. 

Es mag kühn erscheinen, dafs ich die von Grautoff fallen 
gelassene Ergänzung der Jahreszahl 1.47 in 1347 aufnehme, um 
sie der Entstehung der Stadeschronik zu vindicieren. Da aber 
für die Entstehung der Rufus-Chronik die Jahre 1247 und 1347 
ebenso wenig passen, wie das Jahr 1147, und die verstümmelte 
Jahreszahl 1.47 doch irgend eine Bedeutung haben mufs, so liegt 
es am nächsten, sie in 1347 zu ergänzen und auf die mit dem 
Jahre 1349 abschliefsende Stadeschronik zu beziehen, natürlich 
unter der Annahme, Rufus oder dessen Vormann habe den Ein- 
gang, den er in der Stadeschronik vorfand, in seine eigene Arbeit 
aufgenommen. 

In der von Grautoff angezogeneu Stelle heifst es 1338 bei 
Gelegenheit der Rangerhöhungen Wilhelms von Jülich zum Mark- 
grafen und Rainalds von Geldern zum Herzog § 597 in DL: 
iiar was deme koninghe van Enghelande vil leve to, wente de keiser 
unde de koning unde de van Gulcke hadden de sustere des junghen 
£reven van Hollande) de sini sustere des koninghes KaroluSr- 
de nu is koning to Vrancriken\ unde de van Ghelven hadde des 
koninghes suster van Enghelande \ in D M steht: de hadden dre 
suster des jungen heren van Hoüande ^ de sint suster kynder 
des konynges Karolus , de nu is koningh to Vranckryke\ D R 
sagt dagegen: de hadden dre sustere des jungen greven van 
JIollande\ de synt suster dochter e des konynghes Philippus ^ 
de nu is konynk to Vranckriken, Da Wilhelm IV. von Holland 
und seine drei Schwestern Margaretha, Kaiser Ludwigs Gemahlin, 
Johanna, Wilhelms Gemahlin, und Philippine, König Eduards 
Gemahlin, Kinder Wilhelms III. und der Johanna, Tochter Karls 
von Valois, Schwester König Philipps, waren , so hat D R das 
Richtige. Ich habe früher (Städtechron. 19, S. 481 Anm. 6) 
an ein Mifs verstehen einer lateinischen Vorlage, etwa »moderni 
regis Francie«, durch D L gedacht, meine aber jetzt, mit Grautoflf 
eine falsche Auffassung der Worte: >^<? nu is koning to Vranc- 



— i6o — 

rikent annehmen zu müssen^. Jedenfalls dürfen. wir aus dieser 
Stelle den Schlufs ziehen, dafs ihr eigentlicher Autor sie vor dem 
Tode König Philipps, also vor 1350, niederschrieb. Nun aber 
soll die erwähnte Rangerhöhung der beiden Fürsten nach D R 
und DL 1338 zu Nürnberg vor sich gegangen sein, während 
in Wirklichkeit diejenige Wilhelms von Jülich schon 1336 Aug. 21 
zu Landau erfolgt war und diejenige Rainalds von Geldern erst 
1339 März 19 zu Frankfurt geschah: folglich kann der ur- 
sprüngliche Verfasser die Nachricht nicht vollkommen gleichzeitige 
sondern erst nach 1339 eingetragen haben. Der Schlufs des 
§ 597 , der in D L und D M verstümmelt ist, lautet in D R : 
Dar na voer de konynk wedder na Engheland^ unde redde sik ia 
noch starker wedder to körnende und stellt damit die in § 599 
erzählte Wiederkehr Eduards im September 1339 in Aussicht; 
da aber dieser Paragraph folgendermafsen schliefst: des loch dat 
her weder to lande ^ unde de koning vor in Engeland und die 
Landung Eduards in Harwich erst 1340 Febr. 21 stattfand, 
so kann die Eintragung der beiden eng zusammengehörigen 
§§ 597 ^^^ 599 nicht vor dem Jahre 1340 geschehen sein. 

Zwischen den beiden §§ 597 und 599 bringen D L und 
D M eine Nachricht, nach der König Eduard im Jahre 1339 ^^ 
Antwerpen ein Sohn Leolyn geboren worden sein soll, der später 
vergiftet worden sei. Damit ist der 1338 November 29 daselbst 
geborene Lionel gemeint, der erst 1368 Oktober 17 gestorben 
ist. Diese Nachricht, die natürlich nicht auf denselben Autor 
zurückgehen kann, der die vorher genannten als Zeitgenosse ein. 



' Wenn GrautofT aber bemerkt, dafs Detmar «durch die Jahreszahl 133S 
irre geleitet«, das nu auf dieses Jahr bezogen und statt des Phüippus: 
Karolus korrigiert habe, »weil ja dieser König 1338 noch wirklich an der 
Regierung war«, so beruht das natürlich auf Irrtum, denn Philipp regierte 
bekanntlich von 1328 — 1350 und Detmar kann also nicht an dessen Vor<- 
gänger, Karl IV. (f 1328), gedacht, sondern wird gedankenlos den Namen 
des zu seiner Zeit regierenden Karl VI. (1380 — 1422) eingefügt haben. Ebenso 
irrig sagt Grautoff, dafs »von den im Jahre 1347 schon verstorbenen 
Schwestern des Grafen von Holland . . . schon in der Vergangenheit« ge- 
sprochen werde, denn erstens waren die Schwestern (Margarethe f I35^> 
Johanna f 1374, Philippine f 1369) im Jahre 1347 noch sämtlich am Leben 
und zweitens sagt die Stelle ausdrücklich: de sini sustere des koninghes. 



— i6i — 

trug, mufs von Detmar bei der Ausarbeitung von D M und D L 
aus anderer Quelle geschöpft worden sein. In D R fehlt sie. 

Die späteren Ereignisse des englisch-französischen Krieges 
werden in D R und D L, offenbar auf Grund der Nachrichten 
eines wohl unterrichteten Zeitgenossen , richtig erzählt : die Be- 
siegung der Franzosen bei Sluys 1340 Juni 24 in § 609 (so 
groten strid uppe deme water e was ny vore vornomen) , der durch 
Johanna von Hennegau (de grevinne van Hollande, des koninghes 
siister van Vrancrike) während der Belagerung Tournais ver- 
mittelte Stillstand von 1340 Sept. 25 in § 610; die Schlacht 
bei Crecy von 1346 Aug. 26 in § 648; die Belagerung von 
Calais 1346 Sept. 3 in § 650 und dessen Einnahme am 
4. Aug. 1347 in § 661. Auf kleine Irrtümer in der Chrono- 
logie ist natürlich kein Gewicht zu legen: so wird z. B. der 
Beginn der Belagerung von Calais von na sunie Mychelis daghe 
(nach Sept. 29) und dessen Einnahme von achte daghe na 
sunie Jacobus daghe (Aug. i) datiert, während doch die An- 
gabe : dar he vor leghen hadde dre wehen min den en jar nahezu 
das Richtige trifft. Erheblicher ist, dafs uns zum Jahre 1346 
erzählt wird, der junge Graf Ludwig von Flandern habe sich 
mit Eduards Tochter Isabella verloben sollen, habe aber die 
Partei König Philipps nicht verlassen wollen: also ne wart van 
der brutlacht nicht; denn Ludwig entfloh erst am 27. März 1347 
und es kann also der zu 1346 eingetragene § 650 erst in dem- 
selben Jahre 1347 niedergeschrieben sein, in welchem unserer 
Vermutung nach die Stadeschronik tosamende bracht wurde. 

Ist diese Vermutung richtig, so mufs die Stadeschronik, da 
sie nach Detmars Angabe mit dem Jahre 1349 abschlofs, 
natürlich von 1347 — 1349 fortgesetzt worden sein. Auch diese 
Fortsetzung kann nicht unmittelbar nach den in ihr berichteten 
Ereignissen stattgefunden haben. Zum Jahre 1347 berichten DR 
und D L in § 659 die Überlassung des Schlosses Stegen durch 
Waldemar von Dänemark an Heinrich II. von Holstein, die ur- 
kundlich 1348 Juli 22 erfolgte, in § 660 die Schlacht an der 
Strebe von 1348 Febr. 2, für die übrigens Detmar noch einen 
zweiten Bericht hat, den er in D M und D L richtig in das Jahr 
1348 setzt, und in § 663 die Parteinahme Karls IV. für den 
falschen Waldemar, die 1348 Okt. 2 stattfand; zum Jahre 1348 er- 

Hansische Gescliichtsblätter. XXV. 1 1 



^— 162 -^ 

zählen beide in § 664 die Wahl Günthers von Schwarzburg, 
die 1349 Jan. 20 zu Frankfurt vor sich ging, und zum Jahre 

1349 erwähnen sie in § 678 der in der Streitsache wegen des 
falschen Waidemars ergangenen Kompromisse auf Magnus von 
Schweden von 1350 Febr. 2 und auf Ruprecht von der Pfalz 

1350 von Febr. 7. 

§ 7. Die Einleitungren der vier Chroniken. 

Im Jahre 1347, sagt — nach unserer Ergänzung — die 
Rufus-Chronik , wurde aus alten Büchern und vielen anderen 
Schriften — unter denen doch wohl nur Urkunden vierstanden 
werden können — zusammengebracht desse schrift van der ersten 
begripinge der stad Lubeke, dar van mennich langhe begheret heft 
to weiende, Unde ok is dar mede in ghebracht vän mennighen 
dyngen , de sedder gesehen synt beth an desse tüd. Da unserer 
Meinung nach der Verfasser der Rufus-Chronik diesen Eingang 
der Stadeschronik entnommen hat, so ist es also deren Autor, 
der den Anspruch erhebt, über die Gründungsgeschichte Lübecks 
den von manchem lange gewünschten Aufschlufs zu bringen und 
durch das Studium von alten Büchern und Urkunden dazu be- 
fähigt zu sein. Diese Gründungsgeschichte , de erste begripinge, 
ist nach D R und D L in kurzem die folgende. 

Zwischen der Trave und der Wakenitz gründet der zur Zeit 
Heinrichs IV. lebende heidnische Wendenfurst Crito eine Burg 
Namens Bucu (§1). — Der Wendenfürst Heinrich, dessen Vater, 
der christgläubige Gottschalk, vor Crito Herr des Landes gewesen 
ist, heiratet dessen Witwe (§ i), baut die zerstörten Kirchen 
wieder auf und begrep da, wo allein eine Kirche unzerstört ge- 
blieben ist und er eine Burg besitzt, eine Stadt Lübeck, an der 
Schwartau, an der Stelle des jetzigen Alt-Lübeck (§ 7). Nach 
Heinrichs Tode wird diese Stadt von den Rujanem erobert (§ 14). 
Durch Knut, den Herzog Lothar von Sachsen mit den Landen 
Heinrichs beliehen hat (§ 17), wird sie wiederhergestellt (§18), 
aber nach dessen Tode, als sie mit dem Lande Wagrien dem 
heidnischen Fürsten Pribislaw zu teil geworden ist (§ 21), durch 
dessen Gegner, den aus dem Geschlechte Critos hervorgegangenen 
Race, völlig zerstört (§30). — Graf Adolf von Holstein begrep 
an der Stätte der ehemaligen Burg Bucu, zwischen der Trave 



— 103 — 

und der Wakenitz ene nye siad und giebt ihr den, Namen der 
zerstörten. Stadt Lübeck (§ 34). Ai»- diese Stadt aufblüht, begehrt 
Heinrich der Löwe^ . dafs Graf Adolf sie ihm zur Hälfte abtrete, 
und rächt sich für dessen Weigerung mit . dem Verbot der Märkte 
(§48). Da. brennt die Stadt ab (§56). r-r- Die Kaufleute ver- 
zichten wegen des . verbotenen Märktverkehrs auf dea : Wieder- 
aufbau und Herzog Heinrich gründet ihnen eine neue Stadt im 
Lande Ratzeburg an* der Wakenitz, die er Löwenstadt nennt. 
Da aber die Kauf leute wegen der ungünstigen Lage sowohl, als 
auch wegen der Anfechtung /der Heiden, hier zu. bleiben sich 
weigern, so bewegt Herzog Heinrich, den Grafen Adolf, ihm den 
Grund und Boden der abgebrannten Stadt abzutreten (§ 56), 
läfst die Löwenstadt eingehen unde begrep do Lubeke wedder 
twischen der Travene unde der Waknysse , dar se van der ttd 
bette noch van der ■ genade des altnechiigen Godes in. eren bestan is 

(§58). • . - .. 

Als eins und das hauptsächlichste der für die begripinge der 
Stadt Lübeck benutzten Bücher macht D R die Slawenchronik 
Helmolds namhaft : Bybischop Geraides iiiden^ de dat stickte van Olden- 
borg legede to Lubeke^ do was een Helmoldus kerkhere to Bozowe in 
deme sulven bischopdome^ de van den Wenden ene cronicam bescref in 
Latino to gunsten deme nygen capittuh to Lubeke, und schreitet dann 
durch -Anführung einer ersten Nachricht -aus ihr zur Sache selbst 
vor : De heft under vele reden van Lubeke bescreven, dat by keyser 
Hinrikes tüden , de de veerde was van deme namen, en here was 
der Wende in Nordalbingia, dat is nu norden der Elve^ de hete 
Crito. 

Detmar in D M und D L verfährt anders. In D M beginnt 
die eigentliche croneke van Lubeke nach Begründung der Anfangs- 
worte: De Myldt Crist Vader (= 1105) mit einem längeren 
Passus : By keiser Hinricus tyden , de de verde was an deme na- 
men, do wart begrepen unde gebuwet de erlike stad Lubeke — 
u. s. w. — de merke unde Iffve God dorch sine ghude und läfst 
dann § i folgen: By der sulven tyd was en herCj de wonde in 
Nordalbingia, dat is nu norden der Elve, de hete Crito, DL be- 
richtet nach Begründung der Anfangsworte: De Milde Cristus 
Jhesus (=1101) den dem Verfasser im Jahre 1385 erteilten 

Auftrag, nennt als Quellen den speghel Historiarum , die Stades- 

II* 



- i64 - 

Chronik und die Wendischen Chroniken , beginnt mit Nach- 
richten Über die Jahre iioi' — 1105, bringt darauf den in DM 
stehenden Passus ; By des keystr Hinrikti tyden, de de veerde was 
an den namen, do wart begrepen unde ghebuwei de erlike stad Lu- 
beke u. s. w. de merke unde love God umtne al sine guäe und 
läfst dann ebenso wie D M den § i folgen : By der subien äid 
was en herre, de wände in Nordalbmgia , dai is nu norden der 
Ehe, de het Crito. 

Die Kynesberch-Schenische Chronik, auf die wir hier fllr 
die Chronik bis 1276 allein angewiesen sind, giebt eiUärticher- 
wetse ohne jegliche Einleitung nur die eigentliche Nachricht mit 
einer jedenfalls verkehrte« Jahreszahl wieder: In deme jare des 
Heren I112 dt> was en here der Wende in Nordalbingia, de kele 
Crito. 

Es erhebt sich zunächst die Frage : ob der aus D M und 
D L angeführte Passus auf die gemeinschaftliche Vorlage zurück- 
geht und also von D R ausgelassen oder von Detmar eingeschaltet 
worden ist. Ihre Beantwortung kann nicht schwer fallen. Gottes 
Gute erkennen und ihm danken , so schliefst der Passus , soll 
derjenige, we desse historian van jare to jare hir na lest, und 
diese Schlufsworte sind selbstverständlich nur in einem Werke an- 
gebracht, das wie D M und D L für jedes Jahr Nachrichten zu 
bieten vermag. Es ist also Detmar, der in diesem Passus von 
sich in erster Person redet. 

Zu Kaiser Heinrichs IV, Zeiten, sagt er, ward die Stadt 
Lübeck gegründet, de in deseme jare (1105) lach by der Swartowe 
.... Voren kadde se gheieghen tusschen der Trauen unde der 
Wakenisse, dar ze noch licht .... Wen ze dar wart erst ghe- 
buwet, oder wu langhe ze dar lach, des en beschrwen nyne scro- 
niken. Mer an ener Historien hebbe ik gelesen, dat ee in menigken 
ieghen heft gheieghen unde is oversettet van der enen jeghene to 
der anderen. Dann folgte eine kurze Übersicht Über die Nach- 
richten, die wir vorhin über die begripinge Lübecks aufgeführt 
haben und sowohl in D M und DL, wie in D R und D H stehen. 

1. Erst wart se begrepen in der siede, dar ze noch licht: 
Critos Burg Bucu § i. 

2. Dar na wart se oversettet by der Swartowe, dat noch 
Olden Lubeke heet: Heinrichs Burg Alt-Lübeck § 7. 



- i6s - 

3. Dar na wart se up der ersten stede ghebuwet wedderi 
Graf Adolfs Gründung § 32. 

4. Dar na wart so vor stör et unde wart ghesettet over de 
Wokenisse, unde het do de Louwenstadi § 56. 

5. Dar blef se ene körte wile mit wederwillen der borghere^ 
wente de schepe künden nicht by deme overe belanden: bis zu 
Heinrichs des Löwen Neugründung § 58. 

Neues enthält der Passus also nur in Bezug auf die Angabe, 
dafs die Stadt Lübeck zu Heinrichs IV. Lebzeiten gegründet 
worden sei und im Jahre 1 105 an der Schwartau gelegen habe. 
Was die Jahreszahl anlangt, so starb Heinrich IV. nach Detmars 
Ansicht im Jahre 1105, und Detmar sagt also nur, dafs Alt- 
Lübeck bei dessen Lebzeiten an der Schwartau gegründet worden 
und bei dessen Tode dort noch vorhanden gewesen sei. Diese 
Angabe hängt mit einer Änderung zusammen, die er an dem 
durch D H und D R vertretenen Text in D M und D L vornimmt. 

Helmold I, 34 berichtet: in universa Sclavia necdum erat 
ecclesia vel sacerdos, nisi in urbe tantum , que nunc Vetus Lu- 
bika dicitur. Das geben D H und D R § 7 folgendermafsen 
wieder: wente do in Nordalbingia nerne ene kerke was gebleven 
unvorsiurety ane to Lubeke .... Dar hadde hie ene borch unde 
begrecp dar (ersten) ene stad, die wart gheheten Lubeke, Dat was 
by der Swartouwe, dar noch de stede hetet Olden Lubeke, Detmar 
ändert das dahin : Dar hadde he ene borch unde ene stad unde de 
kerken ; de stad was gheheten Lubeke, Dat was bi der Swartowe. 
Dafs hier Detmar auf Helmold zurückgegangen sei, ist nicht an- 
zunehmen, denn dieser spricht nur von einer Burg (urbs) und 
läfst den Wendenfürsten Heinrich weder eine Stadt gründen, 
noch in Besitz haben. 

Was ist nun die historie, auf die sich Detmar in DM und 
D L beruft, der er die kurz zusammengefafsten Nachrichten über 
die begripinge Lübecks entnimmt? Sicher nicht die Slaven- 
chronik Helmolds, auf die sie allerdings zurückgehen, sondern 
die Stadeschronik , in der er sie bequem zusammengestellt vor- 
fand und deren Wortlaut er im wesentlichen sich anschlofs. 

Im Rahmen der Gründungsgeschichte findet sich eine gegen 
andere Schriftsteller gerichtete polemische Bemerkung. Itlike, 
sagen D H, DR, DM und D L in § 8, hebben bescreven, dat de 



— 1.66 — 

stad hete na tneme . Wendel de hete Lpbemar, vnde hete Jn Wende- 
sehen Buggevitze; dann fahren DH upd DR. fort: 'aver dar.van 
scrwet mester Helmolt nicht, tn sy>ur coronyjcken, de hie^gafß.deme 
capittele to Lubeke, do die doöm.dar erst begrepen marty.(men daJt) 
to der stad quemen vele coplüde der der. guden\kcaxiiH£ willen, 
während Detmar dies in DM und;DL iolgendermafsen.wiederT 
giebt: over dar van hefimesterÄ'HtlmvlduYAn dtier corofdken.nkht 
bescreven, wu er de name iu(n^ de Lubeke; imrhiscrifty.datto der 
ttad rjuemen.'decoplude.'dor der..gudenJicme»en willen. lyH. linä 
DR berufen sich also auf .Helnio|d,: umr. eine abweichende: Nach* 
rieht Über <lie Gründunjß; Lübecks ; abzulehnen / Detiöar in DM 
und DL pur für die . Bemerkung- j:. au?; seiner Chronik .erhelle 
nicht, wie der Name Lübeök. entstanden sei; i ?r. !:; " 

Ich '. nahm ursprünglich -an; rdafsi« unter den :>itt allen 
vier Arbeiten angezogenen .//Vi^i? diß. StadeschronikLi verstanden 
werden müsse, dafs. also er^tfens. .dies:e ebenfalls: vdn der Er? 
bauung der zwischen Trave.und Wakerikzgplegeneh Burg IBucu 
oder Buggevitze (s.' Städtechroniken i'9i :S, 7, .Anm\ 3) ihren 
Ausgang genommen, dieselben aber einem luubemär zugeschrieben 
habe und folglich nicht, aus Helmold geschöpft haben k£>nne) 
und dafs es zweitens. demnach Detmar sei, dem diese polemische 
Bemerkung und folglich alle vier Arbeiten zugeschrieben werden 
müfsten. Aber diejenigen,, welche. deit. Namen Lübeck in solcher 
Weise erklärten, brauchen ja mcht notwendig Chronisten gewesen 
zu sein , geschweige denn eine Lübische Chronik geschrieben 
haben zu müssen, sondern könneii ihre Ansicht recht wohl ander* 
weitig schrifUich ausgesprochen, haben.; 

Die in D M. und D L ausgelassenen: Worte: de. hie ^ff deme 
capitteie to Lubeke^ do die doom dar erst begrepen wxtrt, gehen zu? 
ruck auf die Einleitung DRs: ffelmoidüs de van den Wen- 
den tne cronicam bescref in . Laäno to :gunsicn deme nygen capittulc 
to Lubeke, Da nun diesie Worte, in D H .d>enso wie in D R sidi 
ünden, so glaube ich keinen Fehlschlufs zu thun, wenn ich an-» 
nehme, dafs die gleiche Einleitung wie in DR auch in DH 
gestanden hi^e, von Rynesberch-Schene aber natürlich aus? 
gelassen worden sei. 



rr-r 167 -r^ 

§ 8. Gemeinsame UphLebepsehaft der Chronik bis 

1276 und der Stadesehronik, 

Wenn ich trotz der Efkenntqis, dafs die bis zum Jahre 1276 
reichende Chronik reicher, ausführlicher und den Quellen nähfer 
verwandt sei als D R, DM u«d DL und folglich deren mittel- 
bare ocjer unmittelbar« Vorlage sein müss^j es für unmöglich 
hielt, sie^.als einen Teil der Stadeßchtonik zu. betrachten, so ge- 
schah; dies, w^il in ihr die erst mit dem Jahre 1324 abschliefs?en- 
den Lübecker Annalen benutzt sind, während ich der Stades- 
chrpnik irriger Weise ein höheres Alter vindizieren zu müssen 
meinte, .und weil ich in der Abweisung der Herkunft des Namens 
Lübeck von dem Personennamen Lubemar, wie gesagt, ebenso 
irrtümlich di^, ;Kritik Detm^rs walten zu sehen meinte. Auch 
nach meiner jetzigen Anschauung kann ich sie, freilich aus an- 
deren Gründen, als Teil der Stadeschronik nicht gelten lassen. 
Zwischen ihr. und den Ableitungen D R, D M und DL mufs 
meiner Meinung pach ein X stehen, auf das die den letzteren 
gemeinsame^, Abweichungen von ihr zurückgehen, und dieses X 
halte ich, da, ich ^ eine andere Lösung nicht zu finden vermag, 
für die Stadeschronik von 1347. 

Der Verfasser der Stadeschronik, so erkläre ich mir das 
Verhältnis , schrieb «üerst eine Lübische Chronik his zu dem im 
Jahre 1276 stattgehabten Brande der Stadt. Er war es, der 
iiesse schrift- vom der ersten begripinge der stad Lubeke , dar van 
mennUh längke begheret heft. to weiende , aus alten Büchern und 
Urkunden zusammenstellte. 

Als er es im Jahre 1347 unternahm, eine bis auf seine Zeit 
reichende Chronik abzufassen, war er diese Angabe beizubehalten 
voll befugt Die neue Arbeit kennzeichnete er mit den Worten : 
Unde ok isdar mede in ghebrächt van mennighen dyngen, de sedder 
gesehen synt beth an desse tiid. Bei dieser neuen Arbeit legte er 
für den betr-effenden Zeitraum die ältere zu Grunde , kürzte sie 
aber und nahm stellenweise Veränderungen vor. Als Beispiel 
der Kürzung, diene der Bericht über die Pilgerfahrt Heinrichs 
des Löwen -(§§ 93 — 98) , als Beispiel der Änderung die Nach- 
richt über die Teilung Dänemarks (§ 55). 



i68 — 

§ 9. Die Fortsetzungf der Stadesohronik. 

Die auf diese Weise entstandene Stadeschronik ist bis zum 
Jahre 1:^49 fortgesetzt worden, wie wir gesehen haben, rait den 
Ereignissen nicht ganz gleichzeitig. 

Den Anfang dieser Fortsetzung bildet vermutlich der § 657, 
der, gewissermafsen als Nachtrag zu den zum Jahre 1346 er- 
zählten Ereignissen und in ungewöhnlicher Weise unter aber- 
maliger Anführung der Jahreszahl mit den Worten beginnt : Dese 
ding de scheghen ok in deme 46, jare. Den Schlufs wird der 
Bericht über die Geifselbrüder in § 679 bilden; der Bericht in 
§ 681: do was so grot sterveni in allen Dudeschen landen, dat des 
ghelikes ne was ervaren, unde het noch de grote dot weist un- 
zweifelhaft auf einen später schreibenden Chronisten hin. 

Ob die Fortsetzung von demselben Manne herrühre, dem 
wir die Stadeschronik zu verdanken haben, wird schwer zu 
entscheiden sein. Mancherlei scheint mir dagegen zu sprechen. 
Wie der Anfang von § 657 ist auch ungewöhnlich der von § 663 : 
Dar na, nicht langhe dat de keiser dod was, und der von § 67 1 : Do 
de koning Ghunter dod was, in der sulven titd dar na. In etwas pe- 
dantisch lehrhafter Weise heifst es § 657 : to Dathagio an der 
stat, in § 658: Ravenna de stat, to Aghelei in der siat^ Villachus 
de stat, in § 665 : to Pragha in Behemen, in § 664 : to Vranken- 
vort in dat water, dat de Meyn hetet, in § 677 : to Odersberg bi 
dem watere, dat de Oder heilet. Männer, deren der Verfasser der 
Stadeschronik mehrfach erwähnt hat, werden uns gewissermafsen 
von neuem vorgestellt; während uns in § 650 berichtet worden 
ist: do de koning van Enghelande in Pickardie groten schaden 
hadde beghan, do loch he vor Kalis ^ heifst es in § 66 1 : do wan 
de koning van Enghelande^ de drudde Eawardus, Kaieis de herliken 
stat; von der Königs wähl Günthers von Schwarzburg, der den 
Lesern der Chronik, wenn nicht persönlich, so doch aus §§628, 
629 bekannt sein mufste, wird in § 664 gesagt: se koren enen 
greven van Swartzeborch, de Ghunter het^ ute deme lande to Do- 
ringhen; von Karl IV., der in § 652 bei Gelegenheit seiner 
Krönung zum Römischen König koning Karl van Behemen ge- 
nannt worden ist, heifst es in § 665 : na deme koning Karule to 
KomCy de ok koning to Behemen was. Der Grund, aus dem die 



-* 169 ^-^ 

£he der Margarete Maultasch mit dem Sohne Johanns von 
Böhmen, Johann Heinrich, getrennt wurde, war bereits in § 620 
angegeben worckn: umm^ dat he des nacktes nicht mochte hoven 
mit er uppe detne bedde, wird aber in § 663 wiederholt: dat des 
koninghes broder van Behmen nicht en muchte sulker leoen hande- 
lunghe met nener vruwen hebben^ als de erste man Adam met 
vrowen Even plach. Endlich tritt auch die Persönlichkeit des 
Erzählers mehr als sonst hervor. § 648 schliefst: unde vele 
undere^ der namen ik nicht en met\ in § 661 heifst es, König 
Eduard habe Calais fast ein ganzes Jahr belagert, dat de grote 
koning van Vrancriken ny so mechtich konde werden, dat he de 
stat to Kaieis untsetten muchte; in § 662 : des was aver nicht; 
apoplexia, de grote suke, sloch den heiser y dcU is in der warheit; 
in § 663 : dat was doch sere weder eren adeldom, der vursten^ dat 
sy so unredeüke sake, de so unloflike wcls, hir vorebrachten ; in 
§ 670 : dat was in wane^ hadde de koning Ghunter gheleved, he 
hedde bi deme rike ghebleven, wente he was en wis unde en hart 
here; in § 677 : do de strid gheleden was unde dat deme koninghe 
to wetene wart, do moyde he sik sere, als he wol muchte, 

§ 10. Lebensverhältnisse des Verfassers der 

Stadesclironik. 

Auf S. XXXI seiner Einleitung bemerkt Grautoff tlber Detmar 
und Rufus : »Wenn übrigens beide Schriftsteller zur Bekräftigung 
der Wahrheit ihrer Nachrichten häufig, wie z. B. beim Jahre 
13 16, Seite 205, hinzusetzen: ,Dit sach, de dit schref oder ^de 
dissen artikel settede*, so sieht man deutlich, dafs, eben weil beide 
Verfasser dieselben Worte haben, nicht sie selbst, sondern nur 
diejenigen, welchen sie diese Stellen nachschrieben, als Augen- 
zeugen gelten können«. Diese Bemerkung ist insofern ungenau, 
als die Worte ,de dyt artikel sette' nur bei Rufus (1368, § 733), 
nicht bei Detmar vorkommen. Beiden Arbeiten gemeinsam sind 
dagegen folgende Stellen. 

Im Anschlufs an die Nachricht über das Beilager Rudolfs III. 

von Österreich mit Blanka, der Schwester Philipps IV., Pfingsten 

1300 (§ 410), wird uns in § 411 berichtet: Dar bevor en to 

pctschen do wart de provestye to Lubeke sand Gherarde, greven 



Gherdes sone van JJolsUn ; de was do to, OrUns io \schoU. , J)f 
red do to Paris, den hof dar te seende, mit anderen velen papeH^ 
van Lubekey de do dar to schoU weren^ also, dewol wet, de 
dit erst beschref, DL und DR stimmen überein, in D M 
sind §§ 410, 411 ausgelassen. 

Den Nachrichten über die Wahl Johanns XXII. am 7. Aug. 
13,16 werden in DL §497 die Worte hinzugesetzt: de du 
schref, de sach ene do setten uppet altar in palaeio mit sang/iex 
,0 pästor eterne^. he was en wis, clene, kale here\ in >D R heifst 
es: de sach ene do uppt dat altar e myt sakghe settende\ in D M 
ist nur der erste Teil der betreffenden Nachrichten aufgenommen 
worden. 

Alis der letzteren Stelle wollte Hach, als er 1831 auf 
die von ihm aufgefundene Abschrift der Ratshandschrift auf- 
merksam machte, die Folgerung ziehen, dafs der Verfasser des 
ersten, bis 1400 reichenden Teils schon 13 16 gelebt habe. Er 
teilte sie folgendermafsen mit ' : de ditt schreeff do sach en do 
Sitten und schlöfs mit der Bemerkung: »Hiemäch wäre — wenn 
kein Mifsverständnis herrscht — der Verfasser, dessen Darstelliing 
überhaupt einen ernsten Charakter hat, schon etwa 70 Jahre alt 
gewesen, als er im Jahre 1385 die Chronik anfing, und es 
dürfte sogar ein Zweifel entstehen, ob er selbst den ersten Teil 
bis zum Jahre 1400 fortgesetzt habe, zumal da dieser Teil sich 
gerade mit der runden Zahl , dem Schlüsse der Jahrhunderts 
ehdigetc . Dieser Folgerung wurde sofort durch einen Ungenannten 
(Jttstizrat Dr. Schmidt?) widersprochen, der, von dem vermeint- 
lichen zweimaligen do ausgehend, die Ansicht aussprach*, 
Detmar rede hier keineswegs von sich selbst, »sondern von 
einem andern' Chronikenschreiber , den er vor sich hatte und 
excerpierte«. Von dem^ falschen Ausgangspunkte abgesehen, 
kann man dem Ungenannten natürlich nur beistimmen. 

Auch dieerstere Stelle ist von Hach nicht übersehen worden': 
er führt sie zumi Beleg dafür an 3, dafs die Geistlichen »fleifsig 



' Staatsbürger!. Mägaziil i, S. 441 — ^442. 
^ Das. 2, S. 146—147. 
3 Das. I, S. 481. 



— lyi — 

in Frankreich studierten.,, und . vielleicht unser Chronist selbst«« 
Der Ungenannte hat sie nicht in Betracht gezogen. 

Mit ihr- steht eine Bemerkung in Verbindung, die sich zum 
Jahre 13 16 findet. Die in den Ann. Lub. enthaltene Nachricht 
von Graf Gerhards von Holstein- Verkauf seiner Herrschaft ,^<? 
parata pecuria^ erscheint in §491 mit der Nuance: to reden 
penningken eine leve was van siner jogkent. 

Die Bemerkung über die Persönlichkeit Johanns XXII. kehrt 
1334 bei der Nachricht über dessen Ableben wieder: he was 
en kal man, clene van live unde grot van sinne, dar to kregel. 
Und wenn es im Anschlüsse daran weiter heifst: Dat keiserrike 
hedde he gherne tratht van den Düdeschen. He sterkede sere in 
Ytalia de Ghelfe weder de Ghebelyne; dar utntne by syner iid 
manich du^int Volkes em dicke wart aveslaghen, so ist dies ge- 
wisser mafsen eine Rekapitulation dessen, was der Verfasser früher 
über den ihm persönlich bekannt gewordenen Papst mitgeteilt 
hat. Zu 1321' heifst es in § 514: unde rantede dat keiserrike 
van den Dudeschen to bringende; zn 1^2^ in § 529: he dachte 
jo mer unde nier; w& he dat keyserrike van den Dudeschen 
brachte \ zu 1330 S. 464: dar na was do de paves mit alle sinen 
sinnen, dat he den köre in ente brachte van den Dudeschen vorsten. 
Desgleichen steht 132 1 in § 514: de almestich dar wurden dode 
slaghen^ t323in*§ 529: unde weren slaghen almestich, 1 3 2 6 in 
§341: der Ghelfen se venghen, se sloghen unde ' drenkeden mer 
den ses unde sestich' dusent. An die erstere Bemerkung schliefsen 
sich an § 542 zu 1326: -^ der tiid plach de pctves den papen 
don vele gnade an geistliken lenen , mest den Dudeschen , dor leve 
willen der vorsten t' der gunste he gherne dar mede ramede und 
§ 580 zu 1334: Van desseme pavese worven de papen vele gnade, 
de mit breven der Dudeschen vorsten van velen landen to eme 
quemen, an die letztere auf S. 474 zu 1334 der Bericht über 
eine durch den vormereden mester Johannem Andree ausge- 
richtetes Hülfsgesuch, das de van Bononye unde de Ghelfen ute 
deme lande an den Papst richteten. 

Aufser.den beiden angeführten Stellen von 1300 und 13 16, in 
denen unmittelbar auf den Schreiber der betreffenden Eintragungen 
Bezug genommen wird, mag Gräutoff noch zwei weitere im 



— 17« — 

Sinne gehabt haben, auf die aber seine Angabe nicht voll- 
ständig pafst. 

Über den Tod Heinrichs VII., 1313 Aug. 24, heifst es 
bei Detmar § 476: wo grot dar beide vroude unde drofnisse 
wart, dar mach noch af spreken unde scrwen^ de dat in des 
paves hove do warliken sach unde hör de; bei Rufus 
lautet die Stelle: dar mach me noch af spreken unde schriven^ 
de do in des paweses hove was unde sach unde hör de 
dat warliken; in der Melleschen Handschrift ist sie durch Aus- 
lassung verstümmelt. 

Zu 1330 § 566 berichtet Detmar über die Unterwerfung 
des Gegenpapstes Nikolaus V. unter Johann XXII., während der 
Rede des ersteren habe sich ein Adler uppe de kerken hoghe 
uppe deme herghe unser leven vruwen niedergelassen ; Den Ghelfen 
was dit moyelik^ de nicht mochten liden, dat jenich am in 
ener want sta malet, se ne don eme schimpliken nok, wor dat se 
moghen. Noch wundert manighen umme den arn^ de to der 
tyd sie wisede. Rufus sagt statt dessen : uppe de kerken hoghe, uppe 
dem munstere unser leven vrauwen und Den Crelfen was dyt moye- 
lik, de nicht moghen liden, dat ynich am an ener want sta 
ghemalet^ se ne don em schempliken noch, wor se moghen. Wo 
mennich sik noch wundert umme den am, de to der tyd sik 
wysede. Die Mellesche Handschrift stimmt mit der Ratshand- 
schrift überein. 

Deuten diese beiden Stellen darauf hin, dafs ihr ursprüng- 
licher Verfasser auch bei den betreffenden Ereignissen Augen- 
und Ohrenzeuge war, so kann derselbe nicht vorübergehend, 
sondern mufs dauernd in Avignon sich aufgehalten haben : schon 
1313» als die Nachricht vom Tode Kaiser Heinrichs dort ein- 
traf, 13 16 bei der Inthronisation Johanns XXII. und noch 1330 
bei der Unterwerfung Nikolaus' V. 

Bei solcher Annahme würde es sich erklären, dafs Detmar, 
beziehentlich dessen Gewährsmann, über Ereignisse in Avignon 
auffallend gut orientiert ist. Es genüge darauf hinzuweisen, dafs, 
wie die schon erwähnte Gesandtschaft des Mag. Johannes 
Andreae, so auch die Geschichte von der Verurteilung zweier 
Lombarden in Avignon 132 1, deren einer durch die heilige 
Jungfrau gerettet wird (§ 513), nur hier sich findet. Den Zeit- 



— 173 — 

raum dieser näheren Kenntnis bestimmt abzugrenzen, ist schwierig. 
Man vergleiche die Nachrichten über den Tod Philipps von 
Frankreich 13 14 (§482), das Einschreiten des Papstes gegen 
die Begharden und Beguinen 131 6 (S. 432), die Reise Bischof 
Johann Bokholts von Lübeck nach Avignon 132 1 (§§ 511, 512), 
die Ludwig von Bayern dem Papste gesetzte, freilich falsch an- 
gegebene Bedenkzeit 1323 (§ 529), die Besetzung der Bistümer 
Kammin und Verden 1324 (§ 536) und des Erzbistums Magde- 
burg 1325 (§540 und S. 456), die Aufforderung der Römer 
an den Papst zu seiner Übersiedelung nach Rom 1327 (S. 457), 
die Kaiserkrönung Ludwigs in Rom und die Wahl des Gegen- 
papstes Nikolaus' V. 1328 (S. 458), die Gesandtschaft des Grafen 
Johann von Holstein nach Avignon 1329 (§ 563), die angeb- 
liche Entsendung Wilhelms von Holland an den Papst 1330 
(§ 5^5)» ^^^ Vereinbarungen König Philipps mit dem Papst in 
Avignon 1330 (S. 464), den von König Philipp beabsichtigten 
Zug nach Aachen 1331 (S. 467), den vermeintlichen Ursprung 
der Feindschaft Johanns von Böhmen gegen den Kaiser 1331 
(§ 5Ö9 ^^^ S. 478), die Bekämpfung Johanns von Brabant 1332 
(S. 469), die Gesandtschaft Ludwigs an den Papst 1333 (S. 472), 
die Wahl Benedikts XII. 1334 (§ 581), die Entsendung Wilhelms 
von Jülich an den Papst 1337 (§ 589) und den Tod Benedikts XIL 
1342 (§622). Jedenfalls endet jener Zeitraum vor 1342, etwa 
1333 oder schon 1330. 

Der Verfasser, so dürfen wir also annehmen, studierte 1300 
in Orleans und hielt sich am päpstlichen Hofe zu Avignon von 
wenigstens 13 13 bis 1330 auf. Schon bei der Abfassung der 
bis 1276 reichenden Chronik mufs er dagegen natürlich in 
Lübeck und zwar in einer Stellung gelebt haben, die ihm die 
Benutzung der städtischen Urkunden möglich machte. In eben- 
solcher Stellung befand er sich beim Abschlufs der Stadeschronik 
im Jahre 1347 und — falls nicht deren Fortsetzung von anderer 
Hand herrühren sollte — > auch noch in den ersten Monaten des 
Jahres 1350. 



— 174 — 

§ 11. Die Persönllehkelt des Verfassers der 

Stadesehronik. 

Bei dem Versuche, den Verfasser der Stadesehronik zu er- 
mitteln, liegt es nahe, an einen Mann zu denken, der erst Pro- 
kurator der Stadt am päpstlichen Hof, dann deren Syndikus 
oder Ratsnotar war. Aber ein solcher Mann ist nicht nach- 
zuweisen. 

Über die städtischen Prokuratoren heifst es im Kämmerei- 
buch von 1316^ : Procuratori in Romana curia in quolibet hieme 
dabimus 10 parvos florenos, ohne dais der oder die Empfanger 
bis 1338 namhaft gemacht würden. Nach dem Kämmereibuch 
von 1338 erhielt dagegen Hinrich von Vemeren von 1341 bis 
1349 Honorarzahlungen ^. Von den uns für die Jahre 13 10 bis 
13 12 genannten Prokuratoren 3 : dominus Matheus de Modoecia^, 
magister Thadeus, dominus Andreas, dominus Germerius und 
magister Rogerius Interamprensis ^ kann natürlich keiner in Frage 
kommen. Aus späterer Zeit sind uns bekannt: magister Gos- 
winus de Lole 13 18 — 1324^, magister Gerhardus de Rozstoch 
1328 — 1336' und der bereits namhaft gemachte Hinricus de 
Vemeren*. 

Neben oder über diesen Prokuratoren fungierten als solche 
die S)mdiker der Stadt, die in den Kämmereibüchem als erste 
der städtischen officiatorum mit einem Jahresgehalt von 40 Mark 
aufgeführt werden 9; magister Willeheimus de Bardewic 13 10 bis 
1321^°, magister Ditmarus Sculop 1321 — 1324", nnagister Gher- 
hardus de Lochem 132 8 — 1329", magister Johannes Ricbodonis 



* Lüb. U.-B. 2, S. 1078— 1079. 

> Das. 2, S. 1079 Anm. 86. 
3 Das. 2, Nr. 1036. 

* Das. 2, Nr. 293. 
5 Das. 2, Nr. 208. 

* Das. 2, Nr. 366, 423, 442. 

7 Das. 2, Nr. 497, 626. 

8 Das. 2, Nr. 823, 830, 831, 833. 

9 Das. 2, S. 1047 — ^48 und Anm. 79 — 81. 
" Das. 2, Nr. 264; vgl. Nr. 442. 

" Das. 2, Nr. 419. 
" Das. 2. Nr. 489. 



^ 175 — 

^335 — ^338% tnagister Willekinus Bcverstede 1341 — 1343*. 
Der Letztgenannte erhält Ostern 1343 zum letztenmal sein Ge- 
halt; nach freundlicher Mitteilung des Herrn Staatsarchivars 
Dr. Hasse macht zwar ein Willekinus Beverstede erst 1353 
Mai 22 sein Testament, doch erhellt aus diesem nichts über 
dessen Stand. 

Auf die Syndiker folgen in den Kämmereibüchem die Rats- 
schreiber'*: Hinricus notarius 13.. — 1350 > Johannes RufFus 
13 . . — 1349 und dominus Gherardus sacerdos 13 16 — 13 . . ; an 
Stelle des Letztgenannten steht im Kämmereibuche von 1338 
auf einer Rasur der durchstrichene Name: Hinricus Swerk und 
über diesem: Martinus notarius. Ein uns aufserdem bekannter 
Ratsschreiber fehlt in diesem Verzeichnis: in einem undatierten 
Schreiben Lübecks von etwa 1337 kommt Nicolaus noster no- 
tarius dilectus vor, der auch in einer Stadtbuchschrift von 1340 
als Nicolaus Magnus erscheint; nimmt man an, dafs Lübeck 
nur drei Ratsnotarien hatte, so mufs dieser Nikolaus Grote 
zwischen dem dominus Gherardos sacerdos und dem Hinricus 
Swerk im Amte gewesen sein und sein Name an der radierten 
Stelle des zweiten Kämmereibuchies gestanden haben. — Nach 
Herrn Dr. Bruns, der die Freundlichkeit hatte, mir über das 
zweite Kämmereibuch näheren Aufschlufs zu, geben und einige 
weitere Stadtbuchauszüge in betreff der Ratsnotarien mitzuteilen, 
beobachtet das zweite Kämmereibuch die nachstehende Reihen- 
folge : 

1. Johannes Ruffus, bis Ostern 1349. 

2. Hinricus notarius, bis Johannis 1350. 

3 a. Gherardus sacerdos, 13 16 bis Weihnacht 1336. 

3b. Nicolaus Magnus, anderweitig genannt 1340, 1341^; 
der Name radiert und nur noch in einigen wenigen Zügen er- 
kennbar. 



' Lüb. U.-B. 2, Nr. 511. 

* Das. 2, Nr. 606. 
3 Das. 2, Nr. 731. 

♦ Das. 2, S. 1078 und Anm. 82 — 84. 

5 Das, 2, Nr. 656 und S. 611 Anm. i. Niederstadtbuch 1341 letare 
(März 18): Nicholaus Magnus notarius civitatis et Toysa uxor sua. 



— 176 — 

3C. Hinricus Sverk, bis Michaelis 1350, anderweitig ge- 
nannt 1349, 1350'; der Name auf einer Rasur und durch- 
strichen. 

3d. Martinus notarius, Weihnacht 1350 bis Weihnacht 1355 > 
der Name nicht nur übergeschrieben, sondern auch im Text: 
Item Martinus primo habet anno 51 nativitatis Domini ^. 

Zwischen dem Syndikus Wilhelm Beverstede und Johann 
Ruffus steht: Gerardus notarius, Michaelis 1353 bis Weihnacht 

1355- 

Gar nicht aufgeführt wird : magister Johannes Dannenberghe, 

notarius civitatis. Eine Eintragung des Niederstadtbuchs von 

1350 Oktober 21, nach welcher Tymmo von Segeberg magistro 

Johanni Dannenberghe notario civitatis 100 Mark schuldig war, 

geschah: per me Conradum scriptorem judicii ex jussu domini 

proconsulis Bertrammi Heydebo, weil, wie Herr Dr. Bruns folgert, 

Johann Dannenberg als Partei die Eintragung nicht vornehmen 

konnte und ein anderer Ratsnotar zur Zeit nicht vorhanden war. 

Die nächstfolgende Eintragung ist bereits von der Hand des 

Martin, die — mit geringen Ausnahmen — bis 1363 Okt. 6 

thätig bleibt und mit den Worten abschliefst: Anno Domini 

1363 sabbato ante Galli (Okt. 14) dominus Martinus plebanus 

in Wismer resignavit hunc librum in consistorio superiori. Dieser 

Eintragung entspricht eine Urkunde von 1363 Sept. 19, in 

der es heifst^: honorabiles et discreti viri necnon com- 

mendabilis vir magister Martinus dictus de Gholnowe, scolasticus 

ecclesie Zwerinensis dictorumque consulum scriba et notarius, 

personaliter constituti, predictus magister Martinus, hujusmodi 

notariatus officium dimittere volens, quod predictorum dominorum 

consulum auctoritate dudum tenuit et habuit, cuique honeste 

prefuit ac laudabiliter rexit, prout idem consules unanimiter 

asseruerunt. 



1 



^ Niederstadtbuch 1349 sabbato ante dominicam invocavit (Febr. 28) : 
Johannes Swerk mit seinen Brüdern Nycolao notario Wysmariensi et Hinrico 
notario Lubicensi (M. U.-B. 10, Nr. 6924); Laurencii (Aug. 10): Hinrico 
Swerk notario civitatis; 1350 oculi (Febr. 28): Dominus Hinricus Swerk 
notarius civitatis. 

» In den Kämmcreibtichern beginnt das Jahr mit Weihnacht. 

3 Lüb. U.-B. 3, Nr. 477. 



— 177 — 

Johann Dannenberg war wahrscheinlich der Nachfolger des 
Johann Ruffus. Da dieser Ostern 1349 zum letzten Mal sein 
Gehalt bezog, so wird mit dem Register des Lübischen Urkun- 
denbuchs (2, S. 11 10) anzunehmen sein, dafs unter dem domi- 
nus Johannes prothonotarius civitatis Lubicensis, welcher 1349 
Aug. II als Begleiter des Ratmanns Tidemann Warendorp in 
Köln auftritt', nicht Johann RufFus, sondern Johann Dannenberg 
zu verstehen sei, zumal, da 1350 Juli 20 magister Johannes 
Dannenberghe notarius civitatis in gleicher Angelegenheit thätig 
gewesen war^. Jedenfalls war er länger im Amte als Martin von 
Golnow: 136 1 wird er bezeichnet als dilectus notarius noster 
senior magister Johannes Dannenberghe 3 ; 1362 Okt. 23 wird 
eine Vollmacht presentibus . . . magistris Johanne Dannenbergh 
et Martino de Golnow , prothonotariis civitatis Lubicensis "♦ und 
1363 Juni II eine andere presentibus . . . magistris Johanne 
Dannenbergh, Martino Golnowe prothonotariis et Johanne Vritzen 
notario dicte civitatis Lubicensis ausgestellt s. Er begegnet uns 
urkundlich noch 1367 Nov. 25^. Vor seiner Anstellung 
zum Ratsnotar scheint er anderweitig in städtischen Diensten 
gestanden zu haben, denn vermutlich ist er doch, wie mit dem im 
zweiten Kämraereibuche als Wiesenbesitzer genannten magister 
Johannes Dannenbergh, so auch mit dem dominus Johannes 
Dannenberg, der 1343 dem Prokurator Hinrich von Vemeren 
sein Gehalt auszahlt^, identisch. 

Von allen diesen Männern können fiir uns nur Johann Ruffus 
und der unbekannte Heinrich in Betracht kommen. 

Was zunächst den Hinricus notarius anlangt, so macht mir 
Herr Bürgermeister Dr. Brehmer, der bei seinen zur Her- 
stellung einer urkundlichen Ratslinie angestellten Forschungen 
auch auf die Ratsschreiber Rücksicht genommen hat, die gütige 



^ Lüb. U.-B. 2, Nr. 939. 
» Das. 2, Nr. 974. 

3 Das. 3, Nr. 407. 

4 Das. 3, Nr. 434. 

5 Das. 3, Nr. 449. 
^ Das. 3, Nr. 629. 

7 Das. 2, S. 1065 Anm. 82. 

8 Das. 2, S. 1079 Anm. 86. 

Hansische Geschichtsblätter. XXV. 12 



- 178 - 

Mitteilung, dafs derselbe auch ihm nur aus den Kämmereibüchem 
bekannt geworden sei, denen zufolge er, da sein Name auf einer 
Rasur stehe, nach 131 6 angestellt worden und 1350 nach Jo- 
hannis, vermutlich an der Pest, gestorben sei. 

Scheinbar sehr zahlreich sind dagegen die uns über Johann 
Ruffus erhaltenen Nachrichten. Ego Johannes dictus Ruffus be- 
kennt in einem 13 13 Febr. 10 ausgestellten Schuldbriefe, me 
missum in negociis civitatis Lubicencis zu Brügge 30 Goldgulden 
ad usus sumptuum meorum von dem Dörpter Domherrn Johann 
Frese aufgenommen zu haben ^ In einem dem Ratmann Her- 
mann Clenedenst und den Brüdern Thidemann und Hermann 
Witte 1333 Sept. 14 gegebenen Zahlungs versprechen des 
Grafen Johann III. von Holstein über 4000 Mark Lübisch heifst 
es : Dai it de vaster si, so hebte wi kern Hermanne Cknedensty 
kern Constine, kern Johanne dem Roden, Thidemanne Witten en 
tr^en dar up gheUwef^ und in einem andern von 1333 Sept. 15 
über weitere 4000 Mark Lübisch: Tughe sind her Herman van 
Ghermessen, her Nico laus Langelowe, riddere, her Bertram Cre- 
men, unse cappellan, her Constin, her Johan de Rode, borghere to 
Lubeke^. Am 12. Aug. 1336 zu Stockholm stellt König 
Magnus II. von Schweden zu Gunsten Lübecks, vestris suppli- 
cacionibus nobis per reverendos nuncios vestros dominos Thithe- 
mannum Gustrowe et Johannem Ruffi, consules et concives vestros, 
decenter et honeste porrectis favorabiliter inclinati, zwei Urkunden 
aus^ und am 15, Sept. 1336 beurkunden Sigwidr Ribbing, 
Hauptmann von Halland, Knut Amwichson, Paul Amwichson, 
Peter Porse und Klaus Schriwer die cum honorabilibus viris ac 
dominis, dominis Thidemanno Gustrowe et Johanne Ruffo, nun- 
ciis civitatis Lubycensis, zu Falkenberg vereinbarte Beilegung 
ihrer Streitigkeiten s. Am 19. Mai 1337 fertigt der Notar Her- 
mann von Embeke auf Wunsch des Lübischen Bürgers Gottschalk 
von Warendorp, als Prokurators der Witwe des verstorbenen 



» Lüb. Ü.-B. 2, Nr. 311. 
» Das. 2, Nr. 565. 
3 Das. 2, Nr. 566. 
♦ Das. 2, Nr. 638, 639. 
5 Das. 2, Nr. 641. 



— 179 — 

Ratmanns Alwin Grope ante consistorium consulum zu Lübeck 
ein Instrument aus presentibus discretis viris et honestis Johanne 
Rufi, prothonotario civitatis Lubek , Johanne Nigro , Everhardo 
de Apeldorn et Holt juniore, civibus Lubicensibus \ 

Im Register des Lübischen Urkundenbuchs werden alle diese 
Nachrichten auf einen und denselben Mann, den unter den 
Kanzlern und Ratsschreibern namhaft gemachten Johannes Ruffi, 
bezogen^. Deecke, Von der ältesten Lübeckischen Ratslinie 
(Lübeck, 1842), war zweifelhaft und nannte deshalb unter den 
Ratsherren S. 37 Nr. 353 »Johannes Ruffi, 1336. 44. (notarius?)«, 
unter den Ratsnotarien S. 44: »Johannes Ruffus 1324 — 1349 
(vgl. oben 353)«. Das Lübische Urkundenbuch (2, S. 1194) 
hält dafür, dafs weder »der langjährige erste Ratsschreiber« 
später Ratsherr geworden sein könne, noch neben ihm ein gleich- 
namiger Ratsherr existiert habe. Das Attribut »langjährig« 
beruht offenbar auf der Annahme, dafs Johann Ruffus schon 
13 13 Febr. 10 Ratsschreiber gewesen sei; doch widerstreitet 
dieser der Umstand, dafs sein Name im Kämmereibuch von 
13 16 auf einer Rasur steht. Die Existenz eines Ratmanns Jo- 
hann Ruffus aber wird deshalb in Abrede gestellt, weil ein solcher 
sowohl in der »alten« Ratslinie, wie in der hier gebrauchten von 
1748 (s. S. 1189) fehle. Auch diese Begründung ist jedoch 
nicht stichaltig. Herr Bügermeister B r e h m e r teilt mir gütigst 
mit, der Name des 1328 zum Ratsherrn erwählten Johann Rufus 
stehe in der im sogenannten roten Buche enthaltenen Ratslinie, sei 
aber durch Rasur getilgt worden ; daraus sei zu entnehmen, dafs 
derselbe entweder freiwillig oder, was wahrscheinlicher sei, un- 
freiwillig aus dem Rate geschieden sei ; dieser Ratmann sei seiner 
Ansicht nach der in den Urkunden von 1333 — 1336 genannte, 
der auch noch 1343 als Bürge für einen Neubürger in der Bür- 
germatrikel vorkomme; was aber den 13 13 genannten Ruffus 
betreffe, so sei er gewifs nicht der spätere Ratsnotar, sondern 
wahrscheinlich ein Kaufmann, der Geschäfte des Rats in Brügge 
besorgt habe, vermutlich der spätere Ratmann; der Ratsnotar 
Johann Rufus endlich habe nach den Kämmereibüchern, da sein 
Name auf einer Rasur stehe, erst nach 13 16 sein Amt angetreten, 



' Lüb. U.-B. 2, S. 482 zu Nr. 531. 

» Das. 2, S. II 10. 12* 



— i8o — 

komme 1337 als Protonotar vor, werde als solcher auch 1346 
im Oberstadtbuch genannt und müsse — wiederum nach den 
Kämmereibüchern — 1349 nach Ostern gestorben sein. 

Nach dieser Auseinderhaltung der verschiedenen Nachrichten, 
die für mich durchaus überzeugend ist, gab es also einen Rat- 
mann Johann Ruflfus 1328 — 1343 uud neben ihm einen Proto- 
notar Johann Ruffus 1337 — 1349. Einer freundlichen Mitteilung 
des Herrn Staatsarchivars Dr. Hasse zufolge machte ein Johann 
Rode 1348 Aug. 21 sein Testament, doch gestattet der Inhalt 
desselben keinen Schluis auf die Persönlichkeit des Testators. 
Herrn Dr. Bruns verdanke ich die Kenntnis einer Eintragung 
des Niederstadtbuchs aus dem Jahre 1338, welche folgendermafsen 
lautet: Sabbato ante diem beati Martini (Nov. 7) dominus 
Johannes Ruffus resignavit hunc librum coram consilio in con- 
sistorio; »wann seine Hand einsetzt«, schreibt mir aber derselbe, 
»wage ich bei dem ähnlichen äufseren Charakter der frühesten 
Eintragungen, bisher wenigstens, nicht zu entscheiden«. 

Dafs Johann Ruffus vor seiner Anstellung zum Ratsnotar 
Prokurator oder Syndikus der Stadt am päpstlichen Hofe gewesen 
sei, läfst sich urkundlich allerdings nicht nachweisen; für die 
Möglichkeit einer solchen Laufbahn dürfen wir aber den bereits 
erwähnten Umstand gelten machen, dafs sein Nachfolger Johann 
Dannenberg früher in ähnhchen Beziehungen zu Avignon ge- 
standen haben mufs, da er 1343 dem Prokurator Heinrich von 
Vemeren sein Gehalt auszahlte. 

. War Johann Ruffus der Verfasser der Stadeschronik, so rauis 
er, da dieser, wie wir gesehen, 1300 zu Orleans studierte, un- 
gefähr 1282 geboren sein und die Stadeschronik 1347 in einem 
Alter von 65 Jahren verfafst haben. Die bis 1349 reichende 
Fortsetzung mufs alsdann von einem seiner Amtsgenossen, dem 
bis Johannis 1350 lebenden Heinrich oder dem bis Michaelis 1350 
bezeugten Heinrich Swerk hinzugefügt worden sein. 

Für die Annahme der Verfasserschaft des Johann Ruflfus 
lassen sich zwei Umstände geltend machen. 

Eine sehr eingehende Schilderung wird der Gesandtschaft 
zu teil, die Lübeck im Jahre 1336 an König Magnus von 
Schweden und Sigwidr Ribbing von Holland ergehen liefs 
(§§ 5^6 — 56^)^ ^^it Beziehung auf den letzteren endet der Be- 



— i8i — 

rieht mit den Worten : eren boden he gaf schone gave, unde sanae 
se mit leve van sik. Diese Boten aber waren, wie aus den schon 
angeführten Urkunden hervorgeht, Thidemann Güstrow und Jo- 
hann Rufifus, vermutlich ein Blutsverwandter des Ratsnotars. 

Unter den vielen Gesandtschaften nach Avignon, deren der 
Chronist gedenkt, ist auch die des Grafen Johann von Holstein 
im Jahre 1329. Der Graf war im Pfandbesitz von Schonen, 
Seeland, Ftihnen, Laaland und Falster, und liefs beim Papste um 
deren Lösung vom Interdikt nachsuchen, das dieser über die 
Lande König Christophs, von Dänemark verhängt hatte : dat 
warf des greven cappellan^ Hinricus Ruffi^ en domhere io Lubeke, 
de wol wüte, dat de paves deme koninghe vil böse was . . . dar 
umme dede he (de pajfes) de gnade greven Johanne, dat he de bet 
mochte de lant besitten weder den koning (§ 563). Das Namhaft- 
machen dieses sonst unbekannten Domherrn und Kaplans er- 
klärt sich doch am besten durch die Annahme , dafs derselbe 
ebenfalls ein Blutsverwandter des Verfassers gewesen sei. 

§ 12. Die Interpolation der Ratswah.lordnung'. 

Unter den verschiedenen Urkunden , die der Verfasser der 
bis 1276 reichenden Chronik bei seiner Arbeit benutzt hat, be- 
findet sich auch die sogenannte Ratswahlordnung, die uns der 
Verfasser in vollem Wortlaut mitteilt. 

Diese Ratswahlordnung ist nach Frensdorflf' »kein Privi- 
legium Heinrichs des Löwenc, »sondern ein aus der städtischen 
Autonomie erwachsenes Statut, das man mit dem Schein einer 
von dem Ftlrsten herrührenden Urkunde umgab, auf den man in 
Lübeck so viele Grundeinrichtungen zurückführte und zurück- 
zuführen berechtigt war«. »Die Entstehung des Statuts t , fährt 
er fort, »wird man nicht viel früher ansetzen können, als es uns 
in Handschriften begegnet ^ d. h. etwa in den beiden letzten 
Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts«. 

Erhalten ist uns die Ratswahlordnung nämlich nicht nur in 
der Chronik, sondern auch in drei Handschriften des Lübischen 



* Hans. Geschichtsbl. 1376, S. 142. 



— l82 — 

Rechts: im Kieler Codex, nach FrensdorfF* der jüngsten Hand- 
schrift der ersten in deutscher Sprache geschriebenen Gruppe, 
deren älteste Handschrift, der Elbinger Codex, vermutlich von 
1260 — 1276 und deren älteste datierte, der Revaler Codex, vom 
Jahre 1282 herrührt^, und in den beiden vorzüglichsten Hand- 
schriften der zweiten Gruppe, dem Codex des Albrecht von 
Bardowiek von 1294 und demjenigen des Tidemann von Güstrow 
von 13483. 

Der Text, den uns die Chronik darbietet, ist aber von dem 
der Ratshandschriften nach Form und Inhalt verschieden. In 
den letzteren findet sich folgender Eingang: Her Hinrik van 
Godes ghenaden , hortoghe [io] Beyer en unde io Bruneswich unde 
to Sassen, kundeget allen dhen, de desse scrifl onset unde höret 
lesen, dat se ewich scole sin, unde sprecht aldus: dhat si witlik 
allesweme^ dat wi andhachtich sin to der ere unde to deme vromen 
unser truweti borgere van Luheke unde der stat , unde settet unde 
bedet, dat nun dat vaste holde. In der Chronik lautet der Anfang 
folgendermafsen : Henrich^ van Gades genaden hertoge to Beyeren 
unde to Sassen, allen den genen , de desse scrift onset, in ewichcit. 
Weten scholen de jeghenwordigen unde de tokomenden, dat wy^ an- 
dechtich to der ere unde to deme vromen nnser truwen borgere io 
Lubeke unde der stat^ settet unde bedet ernstliken to holdende. In 
den Rechtshandschriften fehlt eine Datierung ; in der Chronik steht 
am Schlufs der Urkunde: » Datum c , und da dieselbe den zum 
Jahre 1163 mitgeteilten Nachrichten eingereiht wird, so kann 
kein Zweifel darüber sein, was der Chronist ausgelassen haben 
will. Mitgeteilt wird uns die Urkunde unter der Angabe: De 
hantfestinge is to Latyne , unde sprecht aldus in Dusche in desser 
wyse. Inhaltlich unterscheidet sich der Text der Chronik von 
dem der Rechtshandschriften vornehmlieh dadurch, dafs er um 
folgende Bestimmung reicher ist: Noch vorbede wy, dat nene twe 
brodere tosamende sitten in deme rade. 

Durch den Chi^nisten wurde also, kurz gesagt, eine nach 



' Hans, Geschichtsbl. 1876, S. 136; vgl. Frensdorff, Das Lübische Recht 
nach seinen ältesten Formen. 
» Das. 1876, S. 117. 
3 Das. 1876, S. 136. 



r 



- 183 - 

Frensdorflf in den beiden letzten Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts 
entstandene Fälschung interpoliert, formell besser redigiert und 
als Übersetzung eines aus dem Jahre 1 1 63 stammenden lateinischen 
Originals bezeichnet. 

Was die bessere Redaktion und die Angaben über das 
Datum und die Sprache des Originals anlangt, so liegt es auf 
der Hand, dafs sich der Chronist von der lateinischen Urkunde 
Heinrichs des Löwen von 1163 Okt. 13 leiten liefs, über deren 
Inhalt er (S. 22) ebenfalls berichtet. 

Die Interpolation bezweckt aber keineswegs einen neuen 
Grundsatz für die Ratswahl zur Geltung zu bringen, sondern ent- 
spricht einer älteren Ratswillkür folgenden Inhalts : de vader unde 
de sone unde hue broder e mögen nicht ratmanne wesen ^ . Diese ist 
bereits in den Elbinger Codex von 1260 — 1276 aufgenommen 
worden und war also schon vorhanden, als die Ratswahlordnung 
in der Gestalt, in welcher sie sich in den Rechtshandschriften 
findet, fabriziert wurde. Der Grund, aus dem sie derselben da- 
mals nicht einverleibt ward, scheint sich aus folgendem zu ergeben. 

Zum Jahre 1249 berichtet unsere Chronik von einer Expe- 
dition der Lübecker gegen Stralsund, auf der sich Alexander von 
Soltwedel derartig ausgezeichnet habe, dafs er in den Rat erwählt 
worden sei, obwohl sein Bruder demselben bereits angehört habe : 
Aldus säten 2 br ödere tosamende, dat van des rades anbegin bette 
hude noch ni geschude {^ 260). Der wohl nur durch ein Versehen 
des Abschreibers ausgefallene Name dieses Bruders war nach 
D R, D M und D L Arnold. 

In einer über Alexander von Soltwedel angestellten Unter- 
suchung* kommt Brehmer zu folgenden Resultaten. Erstens 
steht urkundlich fest, dafs Gottfried von Nüsse und Thomas von 
Nüsse, die in den dreifsiger Jahren des 13. Jahrhunderts zu- 
sammen im Rate safsen, Brüder waren 3. Zweitens wird Alexander 
von Soltwedel als Ratsherr am 19. Mai 1250 zuerst genannt 
und starb erst im Jahre 1291 ♦. Drittens läfst sich zwar nicht 



' Hans. Geschichtsbl. 1876, S. 141 Anm. 3. 

» Zeitschr. f. Lüb. Gesch. u. Alterthumskunde 4, S. 194 — 215. 

3 Das. 4, S. 214. 

♦ Das. 4, S. 207. 



— i84 — • 

nachweisen, dafs er und Arnold Brüder waren, doch wird die 
Angabe des Chronisten dadurch unterstützt, dafs Arnold einen 
Sohn Namens Alexander und Alexander einen Sohn Namens 
Arnold hatte * . Viertens wird Arnold von Soltwedel freilich in 
keiner der uns erhaltenen Urkunden erwähnt, da er aber in der 
Ratslinie aufgeführt und sein Sohn Alexander 1288 und 1290 
als filius domini Amoldi bezeichnet wird, so ist seine Rats- 
mitgliedschaft nicht zu bezweifeln und das Fehlen seines Namens 
in drei Urkunden von 1253 und 1256 einerseits und von 1277 
andererseits dadurch zu erklären, dafs er 1233 und 1256 noch 
nicht Ratmann, 1277 aber nicht mehr am Leben war*. Fünftens 
ist folglich Alexander nicht nach dem Bruder, sondern vor ihm 
in den Rat gewählt worden, und wenn man ihn später für den 
jüngeren der beiden Brüder hielt, so wird dies daher kommen, 
dafs er Arnold um viele Jahre überlebte und deshalb lange nach 
ihm in die damals noch als Todtenliste geführte Ratslinie ^ ein- 
getragen wurde * ; ein irgendwie hervorragendes Mitglied des Rates 
ist Alexander nicht gewesen ^ und die Angabe, die ihn zum An- 
führer der Lübischen Flotte im Jahre 1249 macht, ist unglaub- 
würdig ^, 

Wenn wir die beiden Punkte, dafs Arnold von Soltwedel 
der Bruder Alexanders gewesen sei und neben ihm im Rate gesessen 
habe, für gesichert halten dürfen, so ergiebt sich aus ihnen, dafs 
erstens die nach Frensdorff zwischen 1260 und 1276 in den 
Elbinger Codex eingetragene Ratswillkür erst entstanden sein 
kann, als Arnold dem Rate nicht mehr angehörte, sondern ent- 
weder durch den Tod oder durch freiwillige Resignation aus 
demselben ausgeschieden war, und dafs es zweitens unmöglich 
war, sie vor dem im Jahre 1291 erfolgten Tode Alexanders 
einem Falsifikat einzuverleiben, das von Heinrich dem Löwen 
herzurühren beansprucht. 

Brehmer, der das Vorkommen der Ratswillkür im Elbinger 



^ Zeitschr. f. Lüb. Gesch.- u. Alterthumskunde 4, S. 214 — 215. 
» Das. 4, S. 205 — 206. 

3 Das. 4, S. 205. 

4 Das. 4, S. 215. 

5 Das. 4, S. 209 — 213. 
* Das. 4, S, 208. 



— i85 — 

Codex übersieht, sagt von der entsprechenden Bestimmung der 
Ratswahlordnungi sie finde sich erst, »ersichtlich als später ein- 
gefügter Nachsatz, in einer Ausfertigung, von der sich eine Ab- 
schrift in der Hamburger Handschrift des Detmar erhalten hatc ^. 
Damit setzt er aber etwas Unerwiesenes voraus, denn diese Aus- 
fertigung findet sich eben nur in der Hamburger Handschrift. 
Mir scheint die Annahme näher zu liegen, dafs der Chronist, 
der von den von ihm benutzten Urkunden seinem Werke allein 
die Ratswahlordnung in vollem Wortlaut einverleibt, der die 
Urkunde Heinrichs des Löwen von 1163 Okt. 13 gekannt 
hat, der die Ratswahlordnung in einer unter Benutzung dieses 
Dokuments verbesserten Form als angebliche Übersetzung eines 
vom Jahre 1163 datierenden lateinischen Originals mitteilt, für 
die Interpolation dieser Stelle verantwortlich zu machen sei, der- 
selbe Chronist, der uns berichtet, dafs abgesehen von Alexander 
und Arnold von Soltwedel niemals zwei Brüder im Rate gesessen 
hätten und für diese einzige Ausnahme sofort einen triftigen 
Grund anzugeben weifs. Natürlich aber war dieser Chronist 
nicht Detmar, sondern der Verfasser der bis 1276 reichenden 
Chronik, der unserer Ansicht nach auch der Verfasser der Stades- 
chronik und — wie wir vermuten — Johann Ruffus war. 

Die beiden auffalligen Umstände, dafs ein Chronist, der die 
bis 1324 reichenden Lübecker Annalen benutzen konnte, sein 
Werk schon mit dem Jahre 1276 abschlofs, und eine in den 
beiden letzten Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts entstandene 
Fälschung in verbesserter, aber mit einer Interpolation versehenen 
Gestalt diesem Werke einverleibte, stehen, vermutlich zu einander 
in Beziehung: die Chronik bis 1276 ist — so glaube ich an- 
nehmen zu dürfen — nicht in rein historischem Interesse ge- 
schrieben, sondern hat einen praktischen Zweck oder doch 
Nebenzweck gehabt. Es wird sich darum gehandelt haben, die 
Fiktion, dafs die bei der Ratswahl beobachteten Grundsätze auf 
die Anordnung Heinrichs des Löwen zurückgingen , in einem 
Kreise von Lesern zu verbreiten oder zu stärken, und der 
Chronist gab deshalb der gefälschten Ratswahlordnung ein den 
Urkunden mehr entsprechendes Gepräge, schaltete in sie eine 



' Zeitschr. f. Lüb. Gesch.- u. Alterthumskunde 4, S. 215. 



— i86 — 

Bestimmung ein, die gleich den übrigen in Gebrauch war, und 
einverleibte sie einer von ihm verfafsten schrtft van der ersten 
bogripinge der stad Lubeke, dar van mennich begheret heft to 
wetende^ die er mit dem ersten passenden Ereignisse, dem Brande 
von 1276. abschlofs. Da aber, so folgere ich mit Brehmer^, 
»die Erinnerung daran, dafs die beiden Brüder Soltwedel neben 
einander im Rate gesessen haben, noch nicht erloschen gewesen 
sein« wird, so entstand, »um die hieraus sich ergebenden Fol- 
gerungen zu beseitigen, die Angabe, dafs Alexander, den man 
für den jüngeren hielt, wegen seiner hervorragenden Verdienste in 
dem 1249 . . • geführten Kriege, ausnahmsweise neben seinem 
Bruder in den Rat aufgenommen seic. Bei seinem Bericht über 
die Expedition gegen Stralsund und Alexanders von Soltwedel 
Führerschaft wird aber der Chronist einer Überlieferung gefolgt 
sein, die ihm, obwohl sie nicht schriftlich niedergelegt war, 
glaubwürdig erschien. Über den Charakter dieser Überlieferung 
erhalten wir wohl dadurch einen Fingerzeig, dafs nach den Er- 
mittelungen Brehmers Alexander von Soltwedel mit der Tochter 
eines Albert Rufus, vermutlich des in der Ratslinie genannten 
Ratsherrn Albert Rode, verehelicht war*. Dann ist es ein in 
der Familientradition gefeierter Grofsonkel oder sonstiger Ver- 
wandter, dem Johann RufFus die Verse widmet: 

De bedderve vrome deghen^ 

to torneye unde to zdyuste ghar vorweghen, 

Alexander van Soltwedel, 

de mit siner manheit vordenede der eren sedeL 



§ 13. Verhältnis der drei Chroniken zur Stades- 

chronik und untereinander. 

Die Beantwortung der Frage, wie sich D R, D M und D I^ 
einerseits zu der Stadeschronik und andererseits untereinander 
verhalten, wird uns durch die Art und Weise, wie uns diese Ab- 
leitungen überliefert sind, sehr erschwert. 

Eine Originalhandschrift der Detmar - Chronik besitzen wir 



^ Zeitschr. f. Lttb. Gesch.- u. Alterthumskunde 4, S. 215. 
* Das. 4, S. 207. 



^ i87 - 

überhaupt nicht. Dafs D L keineswegs, wie GrautofF annahm, eine 
solche sei, ist sicher; von einer Stelle, an welcher der Schreiber 
(§ 353) ursprünglich sinnlos schrieb : dar af brande he binnen^ unde 
buien was nehn wunde en kit eder enket, habe ich (Bd. 19, S. 189) 
bemerkt, sie scheine darauf hinzudeuten, dafs dem Schreiber 
»das Konzept Detmars von einem Dritten vorgelesen« worden 
sei. Dafs auch diefses Konzept Fehler hatte, wird dadurch be- 
wiesen , dafs dieselben Auslassungen , die D L unverständlich 
machen, auch in D M vorkommen ; so heifst es in D L § 405 : 
de domherren unde andere papen weken ute der stad, de predekere 
unde de barvoten brodere^ D M: d5? domheren unde andere papen 
toghen ute der stad, de predeker unde de barvoten broder ^ in D R 
aber: de domheren unde andere papen weken uthe der stadj de 
predekere unde de barveden brodere de sanghen up en beropeni, 
und ebenso in D L § 597 : de van Ghelren hadde des koninghes 
susier van Enghelande weder unde redde sie do noch starke weder 
to körnende y in DM: unde de van Ghelren hadde des koninges 
suster van Engelant unde rede sik do noch starker wedder to kö- 
rnende ^ in D R aber: unde de van Ghelren hadde des konynges 
suster van Engeland, Dar na voer de konynk wedder na Enghe- 
land, unde redde sik to noch starker wedder to körnende. Von 
D M habe ich (Bd. 19, S, 119) bemerkt, dafs sie nur ein mit 
der gröfsten Leichtfertigkeit beschaffter Auszug aus einer gröfseren 
Arbeit, einer Recension der Detmar- Chronik, sei, die mit der 
Erschaffung der Welt begonnen und die Geschichte Lübecks von 
1105 — 1386 erzählt habe; die Nachrichten, durch die sie der 
bis 1276 reichenden Chronik näher steht, als D R und D L, 
sind oben aufgezählt worden. Was endlich D R anlangt, so 
haben wir gesehen, dafs sie erstens eine Einleitung enthält, die 
meiner Ansicht nach auf die Stadeschronik und durch deren 
Vermittelung auf die Chronik bis 1276 zuückgeht, zweitens die 
Jahreszahlen ebenso benutzt, wie es die Chronik bis 1276 thut 
und die Stadeschronik gethan haben mufs, und drittens an mehreren 
Stellen, sowohl vor wie nach 1276, in ihrem Wortlaut der ge- 
meinsamen Vorlage näher steht als D M und D L (vgl. oben 
zu §§ 7, 597 und eben zu §§ 405, 597). 

Um diese letzte Bemerkung weiter zu begründen, führe ich 



— i88 — 

zunächst an, was sich aus einer Vergleichung der Nachrichten 
bis 1276 zu Gunsten D R's ergiebt. 

D R entnimmt der Chronik bis 1276 fünf Nachrichten, die 
in D M und D L fehlen. 

1106: § 4: Regierungsantritt Heinrichs V.; 

'^5^' § 57- Markgerechtigkeiten Lübecks; 

II77« § 9^' Bestattung der Leiche Bischof Heinrichs; 

1191: § 125: Tod Kaiser Friedrichs; 

1212: § 159: Mathildinische Erbschaft. 

Von diesen Nachrichten hat Detmar zwei, §§4, 125, absichtlich 
ausgelassen, da ihm dort Vincenz von Beauvais, hier die sächsische 
Weltchropik reicheres Material darbot. An kleinen Notizen ist 
D R mit der Chronik bis 1276 zusammen an folgenden Stellen 
reicher, als D M und D L. 

§ i: enen anderen eddelen man; 

§ 19^: den hogen herch^ de vore heet Alber ch; 

§52^: dar hadde hei4markgeldesallsinergulde; 

§ 113: In deme jare 1182 to paschen; 

§ 154: pawes Innocencius; 

§ 172: dat se gheven de stad greven Alberde; 

§ 186: de kerede ovel wedder; 

§ 191: Wy willet vort reden van des keysers 

dingen; 
§ 191: heydensche lande unde olande^ de dar weren 

belegen; 
§ 280: konynk Cristofore; 

§ 310: do weren de greven myt groter macht; 
§ 310: de worden bracht to Hamborch, 

Auch an Stellen , wo Detmar in D M und D L einen andern 
Ausdruck gebraucht, wie die Chronik bis 1276, stimmt D R mit 
der Vorlage: 

§ 8: wol besath myt riken luden; DM, DL: guden, 
§ 12: mochte hebben velige tovlucht; DM, DL: de 
veligher wesen. 



19, 52 sind von Rynesberch-Schene ausgelassen worden. 



- i89 — 

§ 284: bevestet myt synen bullen; DL: in sinen 

breven beseghelt, 
§ 319: do wart sc hinende en Sterne; DM, DL: sehen, 
§ 324: den ertzenbyschop to Landen; DM, DL: biscof. 
§ 346: do wart de stad van stene buwet; DL: vasterer. 

Hierher gehört auch die Namensform des Lübischen Bischofs 
Johann von Deyst. In der Hamburger Handschrift der Chronik 
von 1195 — 1276 § 286 heifst er korrumpiert: Johannes de Irste; 
bei meiner Ausgabe (Bd. 19, S. 98) habe ich das in: van Deyst 
geändert, hätte aber richtiger: de Deyst bessern sollen. D M und 
DL haben: van Deyst; DR liest: Dedesty irrtümlich aus: de 
Dest zusammengezogen. 

Bei der Vergleichung der Nachrichten von 1.276 — 1349 be- 
gegnet uns eine Reihe von Stellen, wo die Auslassungen D M's 
und D L's sich dadurch erklären, dafs das Auge des Schreibers 
ihrer Vorlage bei einem zweimal kurz nacheinander gebrauchten 
Worte sich vom ersten auf das zweite verirrt hat. 

§ 353- cronen\ Des gaff he em to ghisele synen sone Erike ^ 
de na deme vader sc holde hebben de crone dregen, 

§ 366: enen vrede myt: deme rike to Norweghene unde myt 
den steden unde sunderliken myt. 

§ 424: van Zweden: de se overvoreden to Zw e den, 

§ 538: to deghedinghede: unde wolde de land wedder 
hebben syme swaghere, To testen in langhen deghedingen, 

% ^Z2>', van Stoveren: in der havene to Barderavorde, 
Do dat dar na wraken wart uppe de van Stoveren, 

§ 6^4: unde wan dat: dat horde Marquard Westenze 
sulven. Dar na loch de greve vor dat hus to Woltorpe unde 
wan dat, 

§ 6*1^: Johan van Holsteni unde juncher Gherd van 
Holsten, 

§ 679: nen recht levent were: unde dat it nicht stan mochte, 
unde dat id buten der ee der hilgen kerken were. 

In gleicher Weise wird sich die Abweichung erklären, die 
zwischen D R einerseits und DM, DL andererseits in dem Be- 
richte über die Schlacht bei Crecy (§ 648) obwaltet. Eduard III. 
läfst den Leichnam Johanns von Böhmen einbalsamieren ; D M : 



1 



— 190 — 

unde sande ene in Engelant io begravende; DL: unde sant 
ene in Enghelande to begravende, korrigiert aus: unde wolde 
ene sant; D R: unde wolde ene sant hebben in Enghelande to be- 
gravende. Also quam do Karl de junghe konynk van Bemen 
unde bat den konynk van Enghelande; de gaf eme synen doden 
vader; den let he to Lutzeknborch begraven. 

Von sonstigen Auslassungen D M's und D L's seien folgende 
notiert : 

§ 356: des achteden dages assumpcionis Marie, 

§485: markgreven Woldemer, 

§ 504: de dicke zwarliken manet wart. 

§ 546: to Valster up dat hus Nykopinghe, 

§ 548: Bugeslave^ Wartslave unde Barnym, 

§ 549: in deme lande to Ruyen. 

§ 614: twen broderen, Juncker en Nicolaus unde Bernde 
van Wenden. 

§ 660: In deme sulven jare vor vastelavende. 

Bessere Lesarten als D M und D L hat D R an folgenden 
Stellen : 

§ 374- ^^ ^^^ tarne to Sunderborch\ DM, DL: 
Nortborch. 

§ 528: viftichjar; DM, DL: jj jar. 

§ 562: vor achteyn dusent lodeghe mark to losende; DL: 
achtentich. 

§ 673: Nyendorpe; DL: Meydorpe, 

§ 678: unde hertoge Albrecht van Mekelenborch ; DM, 
Y>\,\ Johan. 

Endlich ist noch hervorzuheben, dafs der Verfasser von 
D R unabhängig von der bis 1276 reichenden Chronik das Privi- 
legium Kaiser Friedrichs von 11 88 Sept. 19 benutzt hat 
Während jene in § 123 sich auf die Bemerkung beschränkt: 
Dar weren jegenwordick ratmanne van Lubeke, de in der haut- 
vestinge by namen stat gescreven, de in deme rade to Lubeke wol 
bewaret is, und D M, D L dieselbe verkürzt dahin wiedergeben: 
Dar weren jeghenwardich ratmanne to Lubeke , de in der hant- 
vestinghe beschreven stad, führt D R nach gleicher Verkürzung die 
als Zeugen genannten Ratmannen namentlich auf: Ghiselbrecht 
van Warendorpe, Waldericus Zozat, Marquardus van Erteneborch, 



— 191 — 

IVzse, EykOy Egenolff, Godfrid van Schottorpe, Sifridus Stuve, 
Ghert, Beringer ^ Eysecko van Bardewik, 

Diesen grofsen Vorzügen D R's vor D M und D L stehen 
aber grofse Schattenseiten gegenüber. 

Erstens haben wir es bei D R nicht wie bei D L mit einer 
vollständigen Recension, sondern nur wie bei D M mit einem 
blofsen Auszuge zu thun. D L berichtet zum Jahre 1342 
(S. 494) folgendermafsen : Nicht langhe dar na des neghesten 
daghes Bartholomei do quam in de stat Volkes so vele, Beyere und 
Swaven, Marcmanne, dat erer en grot del weder to lande toghen, 
und fahrt dann in § 628 fort: De dar bleven, de weren vil lat 
to reysende van des keisers unde des marcgreven weghene up eres 
sulves eventure. Beide Nachrichten hängen, wie man sieht, der- 
gestalt zusammen, dafs die zweite ohne die erste unverständlich 
ist. Trotzdem bringt aber D R nur die zweite: De dar bleven, 
de weren vil lad to reysende van des keysers weghene unde des 
markgreven uppe eres sulves eventure. 

Zweitens hat der Urheber von D R sich im Interesse der 
Kürzung zuweilen Abänderungen seiner Vorlage erlaubt, ins- 
besondere in Bezug auf die Sedenzzeit der Päpste. In D H § 33 
heifst es von Innocenz II. : unde sat 5 mande unde ij daghe, in 
DL: unde sat vif manede unde drittein daghe, in D R aber: 
unde sat viff manet Von Lucius II. sagt D H § 33: unde sat 
II mande unde veer daghe, D L : elven manede unde veer daghe, 
D R aber : de sat 11 mant, Dafs es sich dabei nicht um blofse 
Flüchtigkeit handelt, beweist § 34; nach DH dauert die Sedenz- 
zeit Eugens III. : 8 jare veer mande unde 20 daghe, nach D L : 
achte jar veer manede unde twintich daghe, nach DR aber: 8 jar 
unde 5 mant. Ebenso zieht DR in § 55 die ausführlichen Nach- 
richten ihrer Vorlage über die dänischen Verhältnisse zu der 
kurzen Angabe zusammen : Des sulven jares iißö do worden dre 
koninge in Dennemarken , Knut to Jutlande, Swen tho Zeelande^ 
Woldemer tho Schone, 

Drittens leidet der Text an Flüchtigkeitsfehlern : in der Ein- 
leitung ist, wie wir gesehen haben, die Jahreszahl 1347 ent- 
steUt in: dusent hundert seven unde verüch und statt: By bischop 
Geroides üiden steht : Bertoldes ; in § i statt : Buco : bo Butu ; 
in § 3 statt 1106: 1146; in § 8 statt: Corte jar: Dortich Jar M.s.vf. 



— 192 — 

§ 14. Erklftrungr dieses Verhältnisses. 

Ziehen wir das Resultat, so haben wir, abgesehen von den 
Auslassungen und Zusammenziehungen, welche den Urhebern 
von D M und D R zur Last gelegt werden müssen, in D M und 
D R die Repräsentanten zweier Vorlagen , die der gemeinschaft. 
liehen Quelle in verschiedener Weise näher verwandt sind, D M 
durch die unveränderte Beibehaltung von 21, DR durch die 
Aufnahme von 5 Nachrichten, sowie auch die gleiche Ver- 
wendungsweise der Jahreszahlen und durch die Vermeidung von 
allerlei kleinen Veränderungen und Auslassungen, und zwar 
finden sich die Vorzüge D M's nur in demjenigen Teile, welcher 
der bis 1276 reichenden Chronik entspricht, während diejenigen 
D R's bis 1349 reichen. D L hat keinerlei selbständige Vor- 
züge aufzuweisen und nimmt auch an denen D M's und D R's 
nicht teil. 

Zur Erklärung dieser Thatsachen weifs ich nur eine Hypo- 
these zu finden, die sich in folgender Formel ausdrückt: 

x: behält bei 21 §§ und hat 5 §§; 
y: verändert 21 §§ und hat 5 §§. 

D M : behält bei 2 1 §§, läfst aus 5 §§ ; 
DR: verändert 21 §§ und hat 5 §§. 

D L : läfst aus 5 §§ und verändert 2 1 §§. 

Mit Worten gesagt, mufs die Stadeschronik in zwei verschiedenen 
Recensionen vorhanden gewesen sein, von denen die erste die 
21 Nachrichten unverändert aufnahm, während die zweite die- 
selben ausliefs oder veränderte. Die Vorlage D R's war die 
zweite Recension. Für das Konzept zu D M benutzte Detmar 
die erste Recension und liefs teils absichtlich, teils unabsichtlich 
fünf Nachrichten aus ; für die Abfassung von D L behielt er das 
frühere Konzept bei, benutzte daneben aber auch die zweite 
Recension, verwertete sie aber nicht zur Ergänzung des Aus- 
gelassenen, sondern zur Änderung der 21 Nachrichten. 

Diese zweite Recension kann aber Detmar nicht vollständig 
vorgelegen haben, sondern nur in ihrem der Chronik bis 1276 
entsprechenden ersten Teile, der also auch für sich verbreitet 
worden sein mufs. 



— 193 — 

Um Detmars Arbeitsweise bei der Herstellung von D M und 
D L anschaulich zu machen , versah ich diejenigen Nachrichten, 
die in den vier Chroniken einander entsprechen , mit fortlaufen- 
den Zahlen, und wenn ich dabei die in D R waltende Reihen- 
folge zu Grunde legte, so geschah dies, weil D R im Unterschiede 
von D M und D L nicht mit fremdartigen Nachrichten durch- 
setzt und von den mancherlei kleinen Auslassungen und Ver- 
derbnissen frei ist, in der irrigen Voraussetzung, dafs uns in ihr 
eine vollständige Recension vorliege, und wegen der Beobachtung, 
dafs diese Reihenfolge bis 1276 mit derjenigen D L's überein* 
stimme. 

Die Chronik bis 1276 ordnet die Nachrichten folgender- 
mafsen : 

A: I — 15. 20. 22. 24. 33 — 35. 46. 48— 50- 53- 54; zu- 
sammen 2 7 ; von Rynesberch - Schene ausgelassen worden sind 
weitere 27 ; die Reihenfolge ist dieselbe wie in D R. 

B: 55 — 62. 84. 67. 63. 64. 66. 68 — 70. 65. 71 — 73. 77. 
75. 78. 74. 76. 79 — 82. 85. 86. 83. 87 — 100. 102 103. loi. 
104 — 115. 117. 116. 118 — 128. 130. 129. 131 — 136. 138. 137. 
139 — 163. 165. 164. 166. 169. 167. 168. 170. 172. 171. 173 
— 222. 224 — 264. 266 — 336. 339 — 346: zusammen 288; es 
fehlen 4, nämlich 223. 265. 337. 338; von deren Ausfall ab- 
gesehen ist die Reihenfolge von § 173 (12 17) ab die auch von 
DR beobachtete. 

In D M ist die Anordnung diese : 

A: 1—3. 5 — 9. 12—15. 17—19- 21. 25. 29. 30. 32. 36. 
48 — 54: zusammen 28; ausgelassen sind 26; die Reihenfolge 
stimmt mit D R überein. 

B: 55- 56. 58—72. 77. 79—85- 87—97. 99--I"- "4- 
116 — 124. 126—158. 163. 165. 164. 168 — 170. 172 — 178. 
181. 183. 179. 180. 186 — 190. 195. 197 — 203. 205. 206. 208 
—211. 215—218. 220. 221. 225 — 227. 230. 232. 234. 235. 
239. 241—243. 247. 245. 246. 249 — 251. 253 — 255. 257— 
302. 305 — 340: zusammen 236; ausgelassen sind 56, von denen 
§ 223 auch in der Chronik bis 1276 fehlt; abgesehen von dem 
Ausfall der §§ 252. 256. 303. 304. 341—346 entspricht die 
Reihenfolge von § 249 (1246) an derjenigen D R's. 

Hansische Geschichtsblätter. XXV. I3 



— 194 — 

In D L folgen dagegen aufeinander : 

A: 1 — 3. 5 — 54: zusammen 33; es fehlt § 4, der auch in 
D M ausgelassen ist. 

B: 55- 56. 58—97- 99 — 124- 126 — 158. 160—346; es 
fehlen in Übereinstimmung mit D M §§ 57. 98. 125. 159. 

Im zweiten Teile, der der Stadeschronik von 1277 — 1349 
entspricht, ist das Verhältnis ein anderes; es hört nämlich nicht 
nur die Übereinstimmung D L's mit D R auf, was sich ja leicht 
durch Willkür erklären liefse, sondern es tritt statt dessen eine 
vollständige Übereinstimmung D L's mit D M ein. 

In D M folgen die in D R mit §§ 351 — 679 bezeichneten 
Nachrichten ' folgendermafsen aufeinander : 

359—372. 374. 375- 373- 376—389- 391—393. 395- 397- 
398. 401 — 405. 408. 439. 455 — 458. 460. 462 — 464. 468. 473. 
475- 476. 478 — 480. 486 — 490. 484. 497. 491. 500 — 502. 499. 

504- 503. 505. 506. 509. 513. 528. 530. 537—543. 545—547. 
544. 548—564. 567. 565. 566. 568—588. 593. 589—592. 594 
— 679: zusammen 222; ausgelassen sind 107; von § 594 (1338) 
ab stimmt die Reihenfolge mit derjenigen D R's Überein. 
D L ordnet die Nachrichten in nachstehender Weise : 

351—372. 374- 375 373- 376—483. 486—490- 484. 485. 
496 — 498. 492 — 495. 491, 500—502. 499. 504. 503. 505 — 

507- 509- 510. 508. 513. 514. 511. 512. 515—517- 520—522. 
518. 519. 523—530. 533—535- 531. 532. 536—543- 545— 
547. 544. 548—564. 567. 565- 566. 568—588. 593. 589— 
592. 594 — 679: zusammen 329; es fehlt nichts; von § 594 
(1338) ab entspricht die Reihenfolge derjenigen DR's. 

§ 15. Zur Rekonstruktion der Stadeschponik. 

Da uns , wie vorhin gezeigt , in D R nicht eine Abschrift, 
sondern nur ein Auszug aus der Stadeschronik vorliegt, so 
müssen zu dessen Ergänzung D M und D L herangezogen 
werden. 

Erleichtert wird diese Arbeit durch eine weitere Beobachtung 
über die Arbeitsweise Detmars. Der Regel nach schiebt näm- 



' Die Zahlen 347 — 350 sind versehentlich von mir überschlagen worden. 



195 — 



lieh dieser die neugefundenen Nachrichten nicht zwischen die der 
Stadeschronik entnommenen ein^ sondern setzt sie vor oder hinter 
diese. Infolge diesers Verfahrens sind die in DR fehlenden 
Nachrichten, wenn sie in der Mitte des Jahres stehen, zunächst 
für die Stadeschronik in Anspruch zu nehmenn , wenn sie aber 
zu Anfang oder zu Ende des Jahres sich finden, noch einer ge- 
naueren Prüfung zu unterwerfen. Zum Beispiel mögen die 
preufsischen Nachrichten Detmars dienen. 

Von Strehlke sind zur Vergleichung mit den Thorner 
Annalen für die Zeit von 1241 — 1350: 42 Nachrichten aus DL 
herangezogen worden. Ich verzeichne sie in Nachstehendem 
kurz, deute die Quelle an, auf die sie zurückgehen, und bemerke 
bei den in DR fehlenden Nachrichten, ob sie zu Anfang, zu 
Ende oder in der Mitte des Jahres stehen. 
1241 : Verheerungen der Tataren .... § 243 : M. P. 

1250 E. : Stiftung Kulmsees S. 333: A. T. 

1260 A. : Streit um Kurland S. 343: A. T. 

1276 E. : Stiftung Braunsbergs S. 357: A. T. 

1294: Streit zw. Deutschorden u. Stift Riga § 389: A. v.ß. 

1297 A. : Tod Primislavs von Polen . . . . S. 378: A. T. 

1308 E. : Zerstörung Danzigs S. 407: A. T. 

1314: Aufhebung des Templerordens . . § 480: A. L. 

13 16: Interdikt über die Ordenslande . . § 498: A. L. 

1322 A. : Preufsenfahrt Bernh. V. Schweidnitz S. 442: A. T. 

1323 M. : Unwetter S. 445. 

1325 E. : Verbot der Kreuzfahrt in Preufsen S. 451: A. T. 

1326 : Wladislaw Lokietek u. Dav. v. Pskow § 544. 

1327 A: Unwetter in Preufsen • S. 456. 

1329 E. : Preufsenfahrt Johanns v. Böhmen S. 462: 
E. : Einfall Wladislaw Lokieteks . . . S. 462: 

1330 E. : Eroberung von Raciaz S. 465: 

E. : Einfall Wladislaw Lokieteks . . . S. 465- 
E. : Ermordung Werners von Orseln . S. 466 : 

1331 A. : Einfall des Ordens in Polen . . . S. 466: 

Schlacht bei Plowcze § 568. 

A. : Übertritt der Weichsel S. 467. 

'333 A. : Tod Wladislaw Lokieteks S. 471: A. T. 

E. : Spukgeschichte der Gertrud . . . S. 472. 

13* 



A. T. 
A. T. 
A. T. 
66 : A. T. 
A. T. 
A. T. 



— 196 — 

1334 A. : Schlacht bei Plowcze S. 473. 

1335 A. : Tod Lüders von Brautischweig . . S. 475: A. T. 

1336 E. : Preufsenfahrt Ludwigs V. Brandenb. S. 478 — 79:A.T. 

1337 A. : Preufsenfahrt Heinrichs vonBaiem S. 479: A. T. 

Preufsenfahrt Wilhelms von Holland § 594. 
1339 M. : Wegnahme preufs. Koggen im Zwijn S. 482: 

1 343 A. : Erbauung der Jtirgenburg S. 495 : A. T. 

E. : Friede zu Kaiisch S. 497 : A. T. 

1345: Preufsenfahrt Johanns v. Böhmen § 636. 

Teilnahme Heinrichs des Eisernen § 637. 

Absetzung Ludolf Königs § 638. 

1346: Der grofse Tod § 653. 

Vereitelte Preufsenfahrt Waidemars 

von Dänemark § 654. 

1347 : Schlacht an der Strebe § 660. 

1348 A. : Schlacht an der Strebe S. 512: A. T. 

A. : Kampf bei Troki S. 512 : A. T. 

A. : Eroberung Weluns S. 5 1 2 : A. T. 

1350: Einfall Kasimirs von Rufsland in 

Polen § 680: A. T. 

Von diesen 42 Nachrichten sind in D R nur 14 (§§ 243, 
389, 480, 498, 544, 568, 594, 636—638, 653, 654, 660, 680) 
enthalten, von denen § 243 auf Martin von Troppau, § 389 
auf Albrecht von Bardowiek , §§ 480 , 498 auf die Lübecker 
Annalen zurückgehen, und §§ 636 — 638, 653, 654, 660 mit 
Sicherheit für die Stadeschronik in Anspruch zu nehmen sind. 
Demgemäfs bleiben für die Vergleichung mit den Thorner An- 
nalen nur §§ 544, 568, 594, 680 übrig. Von diesen sind die 
ersten drei ebenfalls auf die Stadeschronik zurückzuführen, doch 
ist § 568 in DR in kürzerer Fassung enthalten und in D M 
und D L unter Benutzung der Thorner Annalen erweitert worden ; 
die einzige dieser Quelle entstammende Nachricht D R's, § 680, 
ist die erste des Jahres 1350 und liegt also schon jenseit des 
Abschlusses der Stadeschronik. 

Da der Verfasser der Stadeschronik demnach die Thorner 
Annalen nicht benutzt hat, so sind die dieser Quelle entlehnten 
Nachrichten D M's und D L's als Zusätze Detmars zu betrachten. 
Es sind das die folgenden 22: 1250 Stiftung Kulmsees, 1260 



— 197 — 

Streit in Kurland, 1276 Stiftung Braunsbergs, 1297 Tod Pri- 
mislavs von Polen, 1308 Zerstörung Danzigs, 1322 Preufsenfahrt 
Bernhards von Schweidnitz, 1325 Verbot der Kreuzfahrt in ■ 
Preufsen, 1329 Preufsenfahrt Johanns von Böhmen, Einfnll 
Wladislaw Lokieteks, 1330 Eroberung von Raciaz, Einfall Wla- 
dislaw Lokieteks, Ermordung Werners von Orseln, 1331 Einfall 
des Ordens in Polen, 1333 Tod Wladislaw Lokieteks, 1335 Tod 
Lüders von Braunschweig, 1336 Preufsenfahrt Ludwigs von 
Brandenburg, 1337 Preufsenfahrt Heinrichs von Baiem, 1343 
Erbauung der Jürgenburg, Friede zu Kaiisch, 1348 Schlacht an 
der Strebe, Kampf bei Troki und Eroberung Weluns. Übrig 
bleiben nur noch 6 Nachrichten unbekannten Ursprungs: 1323 
Unwetter, 1327 Unwetter in Preufsen, 1331 Übertritt der Weich- 
sel, 1333 Spukgeschichte der Gertrud, 1334 Schlacht an der 
Plowcze, 1339 Wegnahme preufsischer Koggen im Zwijn. Von 
diesen Nachrichten stehen die von 1323 und 1339 in der Mitte 
des Jahres und sind der Stadeschronik zuzueignen. Die übrigen 
Nachrichten halte ich für Zusätze Detmars : die von 1 3*34 beruht 
auf einer zweiten Vorlage Detmars über die genannte Schlacht, 
die er bereits zu 133 1 (§ 568) nach der Stadeschronik und den 
Thorner Annalen erzählt hat, und ist also sicher anderweitigen 
Ursprungs. 

§ 16. Schwalms Ansicht. 

Durch seine vortreffliche Ausgabe der Korner-Chroniken 
hat Schwalm die Möglichkeit geschaffen , die Frage nach dem 
Verhältnis Korners zu der Stadeschronik und deren übrigen Ab- 
leitungen erschöpfend zu behandeln. In der eindringenden und 
durchsichtigen Einleitung ist er selbst auf diese so aufserordentlich 
schwierige Frage eingegangen und hat ihre Lösung wesentlich 
gefördert. Leider hat er die seitdem erst von mir für den Druck 
vorbereitete Ausgabe der Rufus-Chronik bis 1395 noch nicht be- 
nutzen können und ist teilweise infolgedessen zu Resultaten ge- 
langt, denen ich nicht beipflichten kann, wenn ich auch der überall 
waltenden Schärfe der Beobachtung alle Anerkennung zolle. 

Nach Schwalms Ansicht hätte Detmar die bis 1350 reichen- 
den älteren Lübischen Aufzeichnungen überarbeitet und zumal 
mit Auszügen aus Vincenz und Haython ergänzt, von 135 1 bis 



— 198 — 

1360 wegen der Ermangelung offizieller Aufzeichnungen wenig^ 
zusammenbringen können, von 1360 ab aber »aus der Erinne- 
rung« immer genauere Aufzeichnungen entstehen lassen. Körner 
habe in seiner ersten , durch die Wolfenbütteler (K a) und die 
Danziger Handschrift (K A) repräsentierten Arbeit zunächst, un- 
abhängig von Detmar, »sich die älteren Lübischen Aufzeich- 
nungen zugänglich gemacht«. »Diese nicht näher bekannten 
Aufzeichnungen, deren sich Komer von vornherein als Quelle 
bedient, reichten nun nicht nur bis 1350, sie sind weiter fort- 
geführt gewesen bis 1386 und darüberhinaus; sie haben jedoch 
jedenfalls viel Spärlicheres geboten, als jetzt die Detmar-Chronik 
für diese Zeit aufweist. Möglicherweise haben diese Anfange 
der ursprünglichen offiziellen Aufzeichnungen dem Detmar ebenso 
oder in ähnlicher Gestalt vorgelegen , ohne dafs sie jetzt aus 
seinem Werke heraus erkenntlich wären«. Demnach werde es 
> künftig nötig sein, für alle Rücksichtnahme auf die älteren 
städtischen Aufzeichnungen in Lübeck, die ebenso dem Detmar 
wie den übrigen vorlagen , auch die Nachrichten Korners , na- 
mentlich im Wortlaut der ersten beiden Fassungen, zu verwerten«. 
Von der Rufus-Chronik , die bekanntlich, wie von H05 — 1395 
der Detmar-Chronik, so von 1395— 1430 der Korner-Chronik 
parallel geht, meint Schwalm, sie sei das einheitliche Werk eines 
Dominikaners, »der für irgend einen Besteller erst eine Abschrift 
des Detmarstoffes im Zustand vor der Bearbeitung, die nun in 
der Lübischen Ratshandschrift vorliegt, angefertigt, nicht ohne 
seinerseits hie und da eine charakteristische Färbung zu geben, 
und hiernach auf Grund der (verlorenen Korner-)Fassung C unter 
Einsicht in Korners Materialien die Darstellung für die Jahre 
1395 — 1430 angehängt« habe. 

Was zunächst die Annahme Schwalms betrifft, dafs der erste 
Teil der Rufus-Chronik (bis 1395) ebenso wie der zweite im 
Burgkloster zu Lübeck entstanden sei, so werden uns dafür zwei 
Gründe aufgeführt. In § 476 las bekanntlich DL, ebenso wie 
D H und D M, ursprünglich : van enetne predekere broder Ber- 
narde , während jetzt auf einer Rasur statt: predekere: bösen 
tuschere steht ; in D R heifst es dagegen : van eynem unreynen 
br ödere. In § 750 bringt D R eine in D M und DL fehlende 
Nachricht über ein Kapitel der Dominikaner, das 1373 zu Lü- 



— 199 — 

beck stattfand : In deme sulven jare do was capittel der predeker 
br ödere to Lubeke to der bor eh. Dar weren besammelt wol yo 
brodere unde hundert, Gode schach grot lof unde ere an myssen 
unde an predekende unde allen luden trost , de dar weren besam- 
melet, — Nun führt aber Schwalm selbst an , dafs DR § 690 
»immerhin« auch über ein in D L nur kurz erwähntes Kapitel 
der Franziskaner im Jahre 1356 nähere Nachrichten mitteilt. In 
D L heifst es nur : In deme sulven jare was cupittel to Lubeke 
der mynre brodere to sunte Katherinen in den pinxsten, unde dar 
weren vele prestere besammelt: dagegen sagt Rufus : dar weren 
besammelt meer wen ver dehalf hundert prestere ane andere brodere. 
Dar schach Gade grote ere in sanghmissen unde predicatien, unde 
werde wol 7 daghe al umme. Zwei weitere, von Schwalm nicht 
beachtete Momente kommen hinzu. Von Bischof Bertram 
Kremon erzählen D M und D L § 682 : he wart confirmeret to 
Avion van den paves in sunte Katherinen dage ; in D R heifst es 
aber : in sunte Katherinen daghe ^ der hilgen juncvrowen ; de eerde 
he grod unde hadde se lef. Der Neubau des Katharinenkl osters 
wird § 683 folgendermafsen motiviert : in D M : wente id tho 
male vorworen unde vordorven was; des en konde men nicht vor- 
waren , in D L : wente dat was tomale geworden inronnich ; des en 
konde men nicht bewaren, in D R : des en konde me nicht beweren^ 
wente dat was tomale worden inronnich, wente dat hadde wol 
dusent voethe an rennen. 

Seine Ansicht über den ersten Teil der Rufus-Chronik (bis 
1395) begründet Schwalm »mit der Beobachtung einer merk- 
würdigen Übereinstimmung in Kleinigkeiten« zwischen D R und 
Korner gegenüber von D L. Als Beleg dafür führt er neun, be- 
ziehentlich IG Stellen an, von denen für die Zeit der Stades- 
chronik jedoch nur die drei ersten in Betracht kommen. 

K S. 588: nichil invenit de redditibus ecclesie sue nisi 14 
marcas; vgl. DR § 52: dar hadde he 14 mark gel des all 
sin er gulde. 

KA § 291: Cives vero appellacionem interposuerunt , et 
super illa appellacione divina celebraverunt sacerdotes dicte civi- 
tatis appellacioni adherentes, qui fuerunt fratres utrius- 
que conventus urbis antedicte ; vgl. D R § 405 : de sunghen up 
en beropent. 



200 

KA § 182: Frater Johannes Dedest ordinis Minonim; 
vgl. DR § 286: Dedest. 

Die »merkwürdige Übereinstimmungc erklärt sich durch die 
Annahme, dafs Korner und der Urheber von DR dasselbe 
Exemplar oder doch gleichartige Exemplare der Stadeschronik 
benutzten. 

Dafs Korner, unabhängig von Detmar, aus »nicht näher 
bestimmten Aufzeichnungen« geschöpft habe, folgert Schwalm 
namentlich daraus, »dafs Korner gewisse Mifs Verständnisse, 
Schreibfehler oder Versehen Detmars nicht aufweist«. Drei 
Stellen führt er an, von denen jedoch die dritte für uns nicht 
in Betracht kommt, und von zwei weiteren bemerkt er, man 
könne zweifeln , »ob Körners Nachrichten aus der Lübischen 
Quelle oder aus Bemardus Guidonis stammen«. 

KA § 267: Nicolaus papa, qui et Jeronimus. 

KA § 405: anno quinquagesimo a felici ejus transitu 
ex hoc mundo. 

KA § 504: Deinde comes Hinricus obsedit castrum La- 
keborg et cepit illud, quod erat ejusdem Marquardi. 
Post hoc obsedit castrum Woltorpe et it er um cepit illud. 

KA § 515: subsequencia castra, videlicet Zechere, Nyen- 
dorpe u. s. w. 

Auf Bemardus Guidonis brauchen wir wohl nicht zurück- 
zugehen. Die Stadeschronik wird an der ersten Stelle Jero- 
nytnus oder Jeronimus mit einer Abkürzung geschrieben haben, 
die Korner richtig wiedergab, während sie von den übrigen 
Abschreibern in § 369 falsch aufgelöst wurde ; D M, D L lesen: 
Johan minus ^ DH: Johan mynus, DR: Johanninus. 
Die Lesart: quinquagesimo entspricht DR's: viftich jar 
(§ 528). Die Worte: quod erat — cepit illud gehen zurück auf 
DR's: dat hör de — unde wan dat (§ 654). Die Lesart: 
Ny endorpe stimmt überein mit DR's: Nyendorpe (§ 673). 
So bleibt uns denn nur die Lesart: Lakebor ch gegenüber von: 
Kaiebor ch in D M, D L und D R übrig. Beide Namensformen 
kommen meines Wissens sonst nicht vor ; da aber im Westensee 
eine Insel Loburg liegt, so hat man deren Namen mit dem von 
Korner überlieferten Lakeborg identifiziert. Sollte dies, was doch 
noch bezweifelt werden kann, richtig sein, so liefse sich annehmen. 



k^. 



20I 



dafs die Insel auch noch zu Korners Zeiten Lakeborg geheifsen 
und dafs dieser aus eigener Kenntnis die verderbte Namensform 
berichtigt habe. 

Dafs Korn er nicht andere, »nicht näher bekannte Aufzeich- 
nungen«, sondern die Stadeschronik , wie sie uns — leider nur 
in Auszügen — in D R vorliegt, benutzt habe, erweist sich auch 
aus folgenden Stellen. 

K A § 53: Et sie dedit civitatem comiti Alberto in per- 
petuum dominium; DR § 172: dat se gheven de stad greven 
Alb er de, 

KA § 203: et captus cum uxore sua Margareta et duc- 
tus est in Hammeburg; DR § 310: de worden bracht 
to Hamborch; cum uxore sua ist Verderbnis Korners. 

KA § 239: reedificata est lapidea; DR § 346: do wart 
de stad van stene bwvet. 

K A § 417: Rex vero volens habere placita cum eo d e 
pörcione Marchie predicta; D R §538: unde wolde de 
land wedder hebben synem swaghere. 

Ka § 468a: duobus fratribus, dominis Nicoiao et Ber- 
nardo de Slavia; DR §614: twen br öderen, juncheren Nico- 
laus unde Bernde van Wenden. 

K A § 5 1 5 : a comitibus Holtzacie , videlicet H i n r i c o , 
Johanne et Nicoiao acGherardo; DR §673: unde Juncker 
Gherd van Höhten; Heinrich und Nikolaus beruhen auf will- 
kürlicher Zuthat Korners. 

Von den oben aufgezählten 42 Nachrichten DL's, deren 
14 auch D R aufweist, hat Korner nur 5 : 

K A § 127 : Lubicenses hoc anno lam vehementer timuerunt 
incursionem Turconim et Tartarorum ac Lituanorum u. s. w. ; 
vgl. DR § 243; die Türken und die Litauer sind willkürliche 
Zuthat Korners. 

K A § 435 : Rex Kracovie intravit cum exercitu maximo 
terram Prucie et eam devastans occidit multos. Et spolia magna 
diripiens recessit cum victoria; vgl. DR § 568: In deme jare 
133 1 do orloghede de konynk van Krakouwe mit den godesridderen ; 
dar loch he in ere land unde dede en groten schaden; die den 
Thorner Annalen entnommene Erweiterung dieser Nachricht in 
D M und D L fehlt dort wie hier. 



202 

KA § 452: vgl. DR § 594. 

K A § 486: vgl. D R § 636; in dat laut to Lettowen ver- 
ändert Korner willkürlich: in terram Sarracenorum. 

KA § 501: vgl. DR § 666; starke Zusammenziehung 
durch Komer. 

Natürlich ist die Arbeit Korners, da in ihr die Stadeschronik 
selbständig benutzt worden ist, für deren Rekonstruktion nicht 
ganz ohne Wert, sondern mufs bei allen Auslassungen und Ab- 
weichungen D R's gegenüber D L herangezogen werden , um 
eventuell, sei es für die Ergänzung und Berichtigung, sei es für 
die Bestätigung einen Anhalt zu gewinnen. Leider giebt Komer 
erstens so dürftige Auszüge, dafs diese meistens versagen ; zweitens 
verfährt er bei seiner Zusammenziehung oft so willkürlich, dafs seine 
Vorlage nur schwer erkennbar ist; drittens benutzt er neben der 
Stadeschronik auch deren Quellen, und es ist nicht immer zu 
entscheiden, ob er diesen oder jener gefolgt ist. Dafs die Her- 
anziehung seiner Chronik trotzdem notwendig ist, zeigen z. B. 
folgende Stellen. In § 718 zieht Korner kurz zusammen, was 
in D R §§ 623 — 628 ausführlich erzählt wird; dabei ist er um 
folgende Nachricht reicher: Tunc Ludovicus marchio de Bran- 
deburg alios misit viros civitatibus predictis in auxilium et simi- 
liter imperator alios destinavit auxiliatores \ diese ist aber nichts 
anderes, als eine Umschreibung jener in D R ausgelassenen An- 
gabe der Stadeschronik, die in D M und D L übergegangen ist : 
Nicht langhe dar na, des neghesten daghes Bartholomei, do quam 
in de stat Volkes so vele , Beyere und Swaven, Marmanne. Den 
Bericht über die Seeschlaeht bei Sluys schliefst Korner § 644 
mit den Worten : interfectis de suis 4 milibus, D R § 609 dem 
entsprechend : over se verloren eres Volkes wol 4 dusem, D L aber 
folgendermafsen : over se verloren eres Volkes wol vere dusent. So 
groten strid uppe dem water e was ny vore vornomen : offenbar ist 
also diese Schlufsbetrachtung nur eine Zuthat Detmars. 




KLEINERE MITTEILUNGEN. 



I. 

ZUM LÜBISCH-DÄNISCHEN 
VERTRAGE VOM 29. APRIL 1503. 

VON 

DIETRICH SCHÄFER. 

In den Zwistigkeiten Lübecks mit König Johann von Däne- 
mark stellt dieser zu Lübeck geschlossene Vertrag (gedruckt 
Hanserecesse III, 4, n. 399) so ziemlich den Höhepunkt der 
lübischen Stellung dar. Er wurde erlangt unter einflufsreicher 
Mitwirkung des Kardinals Raimund, der als Legat Alexanders VI. 
für den skandinavischen Norden über Lübeck reiste, und ist durch 
die Bürgschaft, die Friedrich von Schleswig - Holstein mit den 
Käten der Herzogtümer und den königlichen Unterhändlern, dem 
Bischof von Fünen Jens Andersen Beldenak und dem Segeberger 
Amtmann Johann Ranzau, leistete, Quelle langwieriger und 
folgenschwerer Streitigkeiten zwischen König, Herzog und Bischof 
geworden. 

! Die Hergänge sind wiederholt dargestellt worden, zuletzt 

und am ausführlichsten von Allen, De tre nordiske Rigers Historie 
I, 315 ff. ; II, 87 ff., 365 ff. Die hier veröffentlichten Aktenstücke 
zusammen mit dem Material, das die Hanserecesse zugänglich 
gemacht haben, gewähren aber die Möglichkeit, darzulegen, dafs 
die bisherige Auffassung, und ganz besonders die Aliens, einer 
völligen Umgestaltung bedarf. Zwar werden auch so nicht alle 
Schwierigkeiten beseitigt, aber indem die unten abgedruckten 
Quellen im vollen Wortlaute vorgelegt werden, wird nicht nur 
die klare Erkenntnis dieser Schwierigkeiten wesentlich gefördert, 



— 2o6 

sondern auch die Möglichkeit gegeben, die Hergänge in ent- 
scheidenden Wendungen völlig festzulegen. 

Allen hat diese Quellen ausgiebig benutzt. Er baut seine 
Darstellung der dem Eingreifen des Kardinals und dem Lübecker 
Vertrage voraufgehenden Vermittelungsversuche des Herzogs Fried- 
rich (I, 315 flf.) ausschliefslich auf Aktenstück n. 2 auf, aus dem 
wir auch allein Kenntnis über diese Hergänge haben. Trotz- 
dem bemerkt er über diese Aktenstücke und über das Hanse- 
recesse HI, 6, n. 427 gedruckte Schreiben des Herzogs an den 
König von Ausgang Juni 15 12, dafs »hier natürlich alles darauf 
berechnet sei, des Herzogs Verhalten in das vorteilhafteste Licht 
zu setzen«. Ich habe in den so in ihrer Glaubwürdigkeit an- 
gefochtenen Quellen irgend eine nachweisbare Entstellung des 
Hergangs nicht entdecken können. In dem einzigen von Allen 
näher bezeichneten Zweifel (I, 316) ist er Opfer eines Mifsver- 
ständnisses geworden. Der Schlufs des § 10 von n. 2 sagt nicht, 
dafs der König alle genommenen Schiffe unterschiedslos (hvor- 
somhelst de vare, wo die auch immer sein möchten) zurück- 
geben wolle, sondern nur, dafs diejenigen Schiffe, von denen 
man behaupte, dafs man des Königs Siegel und Briefe über sie 
besitze, bezahlt werden sollen, wenn das sich so verhalte. Es 
ist da an Fälle zu denken, wie deren einer im Vertrage (H.-R. III, 
4» S. 550) erwähnt wird, wenn es vom Schiffe des Peter Wolf 
heifst: »Dairvan heft de here konynck den van Lubecke eynen 
bref geschreven ; de schal na synem inhalde deger und al werden 
geholden.« Auch bleibt ja im Vertrage (S. 551) die Entschädigungs- 
frage für eine Anzahl Schiffe der Entscheidung weiterer Ver- 
handlungen vorbehalten. Es kann also nicht davon die Rede 
sein, dafs die Schlufsbestimmung des § 10 dessen frühere An- 
gaben über Erstattung von Schiffen überflüssig mache, wie Allen 
meint. Übrigens wird auch für die Frage nach der Glaub- 
würdigkeit der Darlegungen des Herzogs die Mitteilung des Wort- 
lauts eine festere Grundlage geben. 

Für das Verständnis der Texte sei hier kurz der Hergang, 
wie er sich nach unserer gegenwärtigen Kenntnis stellt, dar- 
gelegt. Die im Sommer 1501 neu ausbrechenden Feindselig- 
keiten zwischen König Johann und den Schweden störten auch 
bald die lübisch - dänischen Beziehungen. Die Stadt wollte den 



— 207 — 

Verkehr mit Schweden nicht aufgeben und ihre Schiffe wurden 
infolgedessen von den Dänen aufgebracht. Dazu kamen die 
früher lübischen Schiffen zugefügten Schädigungen, die Zurück- 
haltung der lübischen Stiftungen und Bürgern zustehenden Renten 
aus Schleswig - holsteinischen Gütern und die immer noch nicht 
erfolgte Rückzahlung der Christian I. gewährten Darlehen. Lübeck 
befahl als Repressalie am 19. November 1502, alle dänischen 
Schiffe mit ihren Mannschaften in seinen Gewässern anzuhalten 
und in Gewahrsam zu nehmen. Der König wandte sich um 
Unterstützung an den Herzog und erhielt als Antwort ein Ver- 
mittelungsanerbieten , das anzunehmen er sich bereit erklärte. 
Das Nähere ward auf einer Zusammenkunft der beiden Fürsten 
auf Schlofs Dorning Anfang Februar 1503 vereinbart. Die vom 
13. — 16. März unter Vermittel ung des Herzogs und der Bischöfe 
von Lübeck und Schleswig in Lübeck zwischen der Stadt und 
den Beauftragten des Königs, die sämtlich Schleswig-Holsteiner 
waren, geführten Verhandlungen blieben aber ergebnislos, da 
Lübeck Forderungen stellte, die mit dem königlichen Auftrage 
unvereinbar waren, vor allem Ersatz des erlittenen Schadens vor 
Berufung des geplanten Schiedsgerichts. Auf den vom Führer 
seiner Gesandtschaft, dem Segeberger Amtmann Johann Ranzau, 
dem Könige erstatteten Bericht ordnete dieser aber Teilnahme 
an den verabredeten weiteren Verhandlungen an, bat den Herzog 
nochmals um Vertretung und Vermittelung und bezeichnete 
näher die Zugeständnisse, die gemacht werden könnten : Zahlung 
rückständiger Renten , Rückgabe bezw. Ersatz eines , teilweiser 
Ersatz der Ladung eines anderen Schiffes, bedingte Entschädigung 
für die übrigen (II, § 10). Dem Johann Ranzau fügte er für 
die neuen Verhandlungen den Bischof Jens Andersen (Beldenak) 
hinzu, der sich als gewandter, unterrichteter und dreister, aller- 
dings auch skrupelloser Unterhändler und Geschäftsmann wieder- 
holt erwiesen hat. In den neuen Verhandlungen, während deren 
Dauer aufser dem Kardinal die Herzöge Magnus von Meklen- 
burg und Friedrich von Schleswig-Holstein mit zahlreichen Räten 
in Lübeck anwesend waren, kam der Vertrag vom 29. April 1503 
zustande. 

Dieser geht in seinen Festsetzungen nun zweifellos über die 
in § IG vom Herzog selbst skizzierte Vollmacht des Königs 



— 2o8 — 

hinaus. Er gewährt bedingungslosen Ersatz für vier Schiffe, be* 
dingten für ein fünftes; über sechs weitere Schiffe und andere 
Zwistpunkte sollen neue Verhandlungen bezw. ein Schiedsgericht 
entscheiden. Bei den Renten ist die Vogtei Oldesloe hinzugefügt; 
auch ist nicht allein vom Zoll zu Gottorp, sondern von der 
ganzen Vogtei Gottorp die Rede, wobei allerdings zweifelhaft 
bleibt, ob diese beiden Abweichungen als eine Erweiterung 
der Vertragsbestimmungen anzusehen sind. Dafs der Inhalt des 
Abkommens noch hinter Lübecks Begehren zurückblieb, wie ein 
erhaltener Entwurf zeigt, kommt hier nicht in Betracht. Nach 
dem hansischen Bericht über die Verhandlungen ist wahrschein- 
lich, dafs die jetzt vereinbarten Bestimmungen von Lübeck schon 
in den Märzverhandlungen gefordert und zum Schlufs derselben 
dem Herzoge schriftlich übergeben worden sind, der sie durch 
Johann Ranzau dem Könige übermittelte. Die Gesandten des 
letzteren haben behauptet, dafs Lübeck mehr fordere als im 
März schriftlich übergeben worden sei, haben diese Behauptung 
aber wieder zurückgezogen, als die an den März Verhandlungen 
beteiligten wendischen Städteboten zum Zeugnis aufgefordert 
wurden \ Sicher ist, dafs die Gesandten des Königs es gewesen 
sind, die die Abmachungen des Vertrages als Ausgleichsmittel 
vorgeschlagen haben, und dafs sie das gethan haben mit der Erklä- 
rung, von ihrem Könige dazu ermächtigt zu sein ^. Sie haben sogar 
noch ein grofses weiteres, aber erst später bekannt zu gebendes 
Zugeständnis (es bleibt uns völlig verborgen, welches), das >nicht 
nur Lübeck und den wendischen Städten, sondern der ganzen 
Hanse grofsen Nutzen bringen werde«, in Aussicht gestellt. 
Wesentlich die Hoffnung auf dieses Zugeständnis hat die Bürger 
Lübecks bewogen, ihrem Rate freie Hand zu lassen und in die 
Gegenleistung der Enthaltung vom Verkehr mit Schweden für 
ein Jahr zu willigen 3. Lübeck hat, gedrängt von seinen Bürgern, 
weitere Garantien verlangt als Siegel und Urkunde, »der man 
viele gebe, nicht halte«. Es forderte Geld oder Pfänder in der 



' H.-R. 111, 4, n. 394 §§ 61-64; 388 §§ 8, 11-15. doch vgl. §§ 18, 
42, 44, 45. 

« H.-R. 111, 4, n. 398 §§ 21—30, 53—61. 
3 Ebd. §§ 54, 66, 68. 



209 — 

Gestalt von Burgen. Die königlichen Gesandten sind es dann 
selbst gewesen, die Bürgschaft angeboten haben. Und als 
Bürgen haben sie sich selbst und den Herzog Friedrich mit 
dem Bischöfe von Schleswig und sechs Adligen der Herzogtümer 
gestellt ^ Dafs der Herzog, wie seine Darlegung (unten II, §§ i6, 
17; III, § 10) sagt, dem Gange der Verhandlungen nicht im 
einzelnen gefolgt ist und zur Bürgschaft erst auf lebhaftes Zu- 
reden der königlichen Gesandten, des Herzogs Magnus von 
Meklenburg und der schleswig-holsteinischen Räte sich hat bereit 
finden lassen, ist durchaus glaubwürdig und entspricht der Dar- 
stellung des hansischen Berichts^. So weit stehen die Hergänge 
jetzt fest und werden schon dadurch der von Allen u. a. ver- 
tretenen Auffassung in Hauptpunkten entrückt 3. 

Nun ist aber der Vertrag nicht ausgeführt worden, wie er 
vereinbart war. Er setzte fest, dafs die Ratifikation seitens des 
Königs bis zum 8. Juli, seitens des dänischen Reichsrats bis zum 
29. September geschehen solle. Das Lübecker Archiv bewahrt 
eine notariell beglaubigte Abschrift einer königlichen Ratifikation 
vom 17. Juni, die allerdings nur mit dem Vorbehalte bestätigt, 
dafs sie den im Vertrage nicht erwähnten königlichen Rechten 
und Ansprüchen unverfänglich sein solle*. Da in Verhandlungen, 
die der König gegen Ende Mai persönlich in Segeberg führte, 
die Lübecker einen Versuch zur Befreiung der in Schweden ge- 
fangenen Königin versprochen hatten s, möchte man geneigt 
sein, Versprechen und Ratifikation in einen Zusammenhang zu 
bringen, und ein solcher wird auch bestehen. Aber gegen Ende 
August ist letztere doch noch nicht in Lübecks Händen gewesen, 



' H.-R. III, 4, n. 398 §§ 69, 70. Gegenüber diesem Zeugnis ist die 
Behauptung der dänischen Anklageschrift von 1507 (H.-R. III, 5, n. 267 
§§ 39. 40). <iie Lübecker hätten den Herzog zur Bürgschaft verleitet, hinfaUig. 

* Vgl. noch ebd. § 73. 

3 Allen ist der Meinung, dafs Zugeständnisse überhaupt gegen des 
Königs Willen gemacht worden seien. Dahlmann (Geschichte Dänemarks III, 
305) sagt, dafs die königlichen Gesandten von der Anerkennung der lübischen 
Forderungen «nichts hätten wissen wollen«. Waitz, Schleswig-Holsteins Ge- 
schichte II, 89 erzählt, dafs Ersatz für die genommenen Schiffe »unter 
"Widerspruch des Bischofs von Fünen bewilligte worden sei. 

♦ H.-R. III, 4, n. 406. 
5 Ebd. S. 559. 

Hansische Geschichtsblätter. XXV. I4 



2IO 

denn seine Ratssendeboten mahnen um diese Zeit in Rostock 
die dänischen Gesandten dringend sowohl um die königliche als 
um die reichsrätliche Ratifikation. Jene, wie sie in der uns be- 
wahrten Beglaubigung enthalten ist, mufs also entweder zurück- 
datiert oder verspätet ausgehändigt worden sein, vielleicht ge- 
legentlich der Rückführung der Königin*. Wir haben auch 
einen Anhalt, die Zeit zu bestimmen, wann die Aushändi- 
gung geschah. Sie vollzog sich schwerlich früher oder später 
als Mitte September bezw. Dezember 1503. In der Recht- 
fertigungsschrift für Bischof Jens Andersen in dem 15 17 gegen 
ihn angestrengten Prozesse heifst es, dafs die Ratifikation des 
Königs längst vor dem für die Zahlung festgesetzten Endtermin 
in Lübecks Händen gewesen sei. Als diesen Termin bestimmt 
der Vertrag den 17. Januar 1504. Wir erfahren dort auch, 
warum Lübecks Archiv das Original der Ratifikation heute nicht 
mehr bewahrt. Es ist mit den Bürgschaftsbriefen nach Zahlung 
der betreffenden Summe durch die Bürgen (diese erfolgte am 
3. Mai 1504) an Herzog Friedrich ausgeliefert und von diesem 
mit anderen Dokumenten nach geschehener Erstattung durch 
König Christian IL 15 13 an diesen übergeben worden^. Die 
wiederholte Behauptung des Herzogs, dafs der König den Ver- 
trag mündlich und in schriftlicher Mitteilung an ihn bestätigt und 
gutgeheifsen habe (II, §§19, 20, 26; III, § 12), ist also durch- 
aus glaubwürdig und kann mit Grund nicht angefochten werden. 
Ob die stipulierte Ratifikation des dänischen Reichsrats ein- 
geliefert worden ist, erfahren wir allerdings nicht 3. 

Mit diesen Thatsachen steht nun die Haltung des Königs 
gegenüber den Bestimmungen des Vertrags in schroffem Wider- 
spruch. Um die Zeit, als die Ratifikation eingeliefert wurde, 
ward Königin Christine durch Lübecks Gesandte aus der schwe- 
dischen Gefangenschaft befreit und erreichte im Dezember Kopen- 



' H.-R. III, 4, n- 430 §§ 37, 55; 431 §30; S. 585, 618. 

^ Vgl. Nye Danske Magazin III, 215, 216, 218; H.-R. III, 4, 
n. 450. 

3 In meinem Satze; »Eine bedingungslose Anerkennung des Vertrages 
von 1503 April 29 war vom Könige nicht zu erlangen» (H.-R. III, 4, Ein- 
leitung S. XI) ist der Nachdruck auf »bedingungslos« zu legen. Doch 
giebt die Bemerkung auch so kein richtiges Bild der Sachlage. Der Zu- 
sammenhang war mir damals nicht in allen seinen Verzweigungen klar. 



211 

hagen. Die Lübischen Ratssendeboten , die ihr aus Schweden 
her folgten, wurden am dänischen Hofe nicht einmal vorgelassen. 
»Das war das Trink- und Zehrgeld, das sie empfingen«, sagt 
Reimar Kock. Der in dem ratifizierten Vertrage vereinbarten 
Zahlungen entschlug sich der König völlig. Lübeck mufste sich 
an die Bürgen halten. Sie wurden zum Einlager gefordert und 
zahlten, bezw. verbürgten durch Verpfändung der Burg Trittau 
am 3. Mai 1504 eine Summe von 56801 Mark lüb., hinterlegten 
aufserdem noch 4216 Mark und 500 rheinische Gulden. Fast 
der ganze Schaden traf den Herzog, der versprochen hatte, seine 
schleswig-holsteinischen Mitbürgen schadlos zu halten. 

Dafs der Herzog damit einen wohlbegründeten Anspruch 
an den König gewann, kann ernstlich nicht bestritten werden. 
Doch hat sich der König geweigert, diesen Anspruch zu be- 
friedigen. Dem Bestreben, ihn als unbegründet erscheinen zu 
lassen, verdanken zwei Urkunden ihre Entstehung, deren Inhalt 
mit dem sonst über die Hergänge bekannten nicht in Einklang 
zu stehen scheint. Der Bischof von Odense hat am 6. Januar 
1505 bezeugt % dafs er vom Könige keinen Auftrag gehabt habe, 
den Lübeckern eine Geldsumme (nogre swm penninge) in 
des Königs Namen zu bewilligen ; dafs er den Herzog Friedrich 
und die anderen Bürgen auch nicht gebeten habe, durch die 
Bürgschaft, die diese und er selbst geleistet haben, den Lübeckern 
im Namen des Königs Geld zu bewilligen; dafs er ferner 
über den Inhalt des Vertrages hinaus dem Herzoge, 
seinen Mitbürgen oder den Lübeckern niemals etwas ver- 
sprochen habe; er habe in Lübeck des Königs Brief erhalten 
mit dem Verbote, den Lübeckern Geld in seinem Namen zu 
versprechen, habe diesen Brief Hans Ranzau vorgelesen und dann 
dem Herzoge und den Mitbürgen mitgeteilt und erklärt. Ent- 
sprechend bezeugt der dänische Reichsrat ^, dafs am 24. Mai 
1505 in Gegenwart des Königs der Bischof und Hans Ranzau 
übereinstimmend erklärt hätten, dafs der König ihnen keinen 
Auftrag gegeben habe, den Lübeckern Gold, Silber oder Geld 
zu versprechen oder zu verbürgen; dafs der Bischof ausgesagt. 



J H.-R. III, 5, n. 40. 
» Ebd. n. 56. 

14* 



212 

er habe während der Verhandlungen vom Könige einen Brief 
erhalten, der verboten habe, den Lübeckern Gold, Silber oder 
Geld zu versprechen , und habe gemeinsam mit Hans Ranzau 
dem Herzoge und den schleswig-holsteinischen Räten alsbald 
von dem Inhalt dieses Briefes Mitteilung gemacht. 

Allen findet in seiner Darstellung dieser Dinge ^ dafs die 
königlichen Gesandten, indem sie trotz dieses während der Ver- 
handlungen eintreffenden Verbots den Vertrag abschlössen, ihre 
Vollmacht überschritten und auf ihre eigene Verantwortung han- 
delten. Allerdings stöfst ihm bei dieser Auffassung eine Schwierig- 
keit auf, mit deren Andeutung er sich aber begnügt. Er hat 
selbst (S. 316) erzählt, dafs der König durch Hans Ranzau den 
Herzog bevollmächtigt habe, die oben (S. 207) bezeichneten Zu- 
geständnisse zu machen, und läfst es jetzt dahingestellt, »ob der 
König seine Meinung vollständig geändert oder Hans Ranzau 
früher seine Worte mifs verstanden habe«. Die Schwierigkeit ist 
gar nicht vorhanden. Der König hat seine Meinung nicht ge- 
ändert und Hans Ranzau des Königs Worte nicht mifs verstanden. 
Die Schwierigkeit erhebt sich nur vor Aliens Blick, weil er den 
Inhalt der beiden angeführten Zeugnisse und damit des allein 
durch sie bekannten königlichen Briefes an den Bischof entstellt 
und zwar entstellt durch den Zusatz »weder für die Schiffe npch 
für die Schuld (hverken for Skibene eller for den Gjaeld)«, den 
er zu dem Verbote, Geld zu versprechen, macht. In diesem 
Verbote ist aber nach den beiden Zeugnissen, die uns allein über 
dasselbe Auskunft geben, weder der Schiffe noch der Schuld 
irgendwie Erwähnung geschehen. Sie sprechen allein von Geld, 
einer Geldsumme, Gold, Silber. Und nun ist zu be- 
achten, dafs der Vertrag von diesen Dingen schlechterdings gar 
nicht spricht. Er spricht nur in allgemeinen Ausdrücken davon, 
dafs das Genommene und Vorenthaltene an Schiffen, Renten, 
Schulden wiedergegeben, ersetzt, bezahlt werden soll. Irgend 
welche bestimmte Geldsumme nennt er an keiner Stelle, auch 
bei Erwähnung der Bürgschaft nicht. Erst als diese zur Voll- 
ziehung gelangt, wird ihr Belauf auf Grund der vorgelegten 
Certifikate, Schuldscheine und Rentenbriefe auf eine bestimmte, 



* De tre nordiske Rigers Historie I, 324 fF. 



— ii3 -^ 

die oben genannte, Summe fixiert. Es ist vielleicht zu beachten, 
dafs der Vertragsentwurf, den Lübeck zunächst vorgelegt hat, 
tiberall, wo von Bezahlen die Rede ist, den Zusatz hat : binnen 
Lübeck, und dafs dieser Zusatz in der gültigen Urkunde weg- 
geblieben ist. Ersetzen, bezahlen liefs sich auch mit andern 
Dingen, als mit »redem gelde«, das nirgends in der Urkunde er- 
wähnt wird. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dafs die Aus- 
sagen des Bischofs von Odense und Johann Ranzaus nicht ex- 
trahiert worden sind, um zu beweisen, dafs die beiden nicht 
bevollmächtigt waren , den Vertrag abzuschliefsen, sondern itur, 
um zu belegen, was ihr Wortlaut sagt, dafs die beiden nicht 
bevollmächtigt waren, eine bestimmte Geldsumme zu versprechen, 
dafs also der König nicht verpflichtet sei, die Bürgen mit barem 
Gelde schadlos zu halten. Ausdrücklich erkennt ja des Bischofs 
Zeugnis die Bestimmungen des Vertrages selbst an, indem es 
sagt, dafs er ȟber den Inhalt des Vertrages hinaus dem Herzoge, 
seinen Mitbürgen oder den Lübeckern niemals etwas versprochen 
habe«. Den Inhalt des Vertrages also hat er, und zwar mit 
königlicher Zustimmung, versprochen. Auch in dem Zeugnisse, 
durch das sich der König der Geldzahlung entziehen will, be- 
streitet dieser den Inhalt des Vertrages also nicht, ganz ent' 
sprechend der früher geschehenen Bestätigung. Hätte er den 
Vertrag selbst in Frage stellen wollen, so wäre ja die Nicht- 
bestätigung ein höchst einfaches Mittel gewesen. Wäre des 
Königs während der Verhandlungen eintreffender, verbietender 
Brief in diesem Sinne zu fassen gewesen, wie hätte der Bischof 
es auch wagen können, gegen das ausdrückliche Verbot den 
Vertrag zu schliefsen, seine Durchführung nicht nur selb t mit 
zu verbürgen , sondern sie auch noch in besonderer Urkunde ^ 
unter Verpfändung seiner und seiner Nachfolger und Erben ge- 
samter kirchlicher und weltlicher Habe feierlichst zu verbriefen. 
Mit Recht hebt des Herzogs Darlegung (II, 24) hervor, dafs 



' H,-R. III, 4, n. 401. Beachte S. 554 die besonderen Klauseln , die 
gebraucht werden, um eine Umgehung des Vertrages mittels juristischer 
Spitzfindigkeiten zu verhüten. Vgl. H.-R. III, 5, n. 270 § 37 und Nye 
Danske Magazin 3, 215. Auch Johann Ranzau verbriefte die Erfüllung des 
Vertrages besonders, doch in viel einfacherer Form,. H.-R. III, 4, n. 403. 



214 — 

der König nicht sagen könne, seine Gesandten seien nicht be- 
auftragt gewesen, solchen Vertrag zu bewiUigen; sie seien ja 
nachher beim Könige in Gnaden gewesen wie vorher. Der 
Bischof ist in der That in all den folgenden, schwierigen Ver- 
handlungen mit Lübeck bis zum Vertrage von Nykjöbing (1507) 
hin geradezu des Königs rechte Hand gewesen. Nirgends ist 
auch nur eine Spur von Ungnade zu entdecken, die doch hätte 
eintreten müssen, wenn der Bischof wirklich des Königs Ver- 
trauen so gröblich verletzt hätte, wie man auf den ersten Blick 
aus den beiden Zeugenaussagen herauslesen könnte. Wie hätte 
dieser Mann gerade in den Verhandlungen mit Lübeck noch 
weiter Verwendung finden können , wenn er des Königs Ab- 
sichten gegenüber dieser Stadt so eigenmächtig durchkreuzt 
hätte ? 

Und diese unleugbare Thatsache des fortdauernden besten 
Einvernehmens zwischen König und Bischof drängt doch fast 
unabweisbar die Vermutung auf, dafs es sich um ein abgekartetes 
Spiel handelte. Auf dem Gebiete der Intriguen ist dem viel- 
gewandten Jens Andersen Beldenak schlechterdings alles zuzu- 
trauen. Wie, wenn das während der Verhandlungen in Lübeck 
eintreffende königliche Schreiben bestellte Arbeit war 1 Man kann 
es kaum anders auffassen. Die Hinterpforte, die man sich auf 
diese Weise offen hielt, hat man ja thatsächlich zum Entschlüpfen 
benutzt. Die Urkunden, die uns über die Zeugenaussagen be- 
richten, sind dem Herzoge vielleicht niemals zu Gesicht gekommen ; 
sie sind noch heute im Kopenhagener Archiv und verdanken 
vielleicht nur der Notwendigkeit, das königliche Verfahren vor 
dem Reichsrate zu rechtfertigen, ihre Entstehung. Allen (I, 329 
und 662 Anm. 23) hebt hervor, dafs weder der Herzog in seinen 
Eingaben an die Könige noch der Bischof in der späteren 
Rechtfertigungsschrift den königlichen Brief erwähnen. Der 
Bischof hatte, wenn die Sache sich so verhält, wie hier ange- 
nommen, allen Anlafs, diesen Brief Christian IL gegenüber nicht 
zur Sprache zu bringen, und ob der Herzog ihn berücksichtigen 
mufste, hängt von Inhalt und Form der Mitteilung ab, die ihm 
über denselben zu teil wurde, und über diese haben wir nur 
das Zeugnis des Bischofs. Dazu ist die Haupteingabe des Herzogs 
(II), wenn die unten angenommene Datierung richtig ist, vor 



— 215 — 

den Zeugnissen entstanden! Dafs der König, trotz der voll- 
zogenen Bestätigung, von vornherein nicht gewillt war, den Ver- 
trag zu halten, erhellt deutlich daraus, dafs er sich nicht nur der 
Zahlungen entschlagen, sondern auch die weggenommenen Waren 
nicht zurückgegeben hat*. Wenn Allen sagt und mehrmals als 
Hauptargument wiederholt (I, 374; II, 88, 368), dafs die 1506 
in Kiel zwischen König und Herzog vermittelnden Fürsten 
(Kurfürst Joachim von Brandenburg, die Herzöge Heinrich von 
Meklenburg, Heinrich von Braunschweig, Heinrich von Lüneburg) 
den König von jeder Zahlungspflicht gegen den Herzog frei- 
gesprochen hätten, so beruht das ebenfalls auf einem Mifsver- 
ständnis. Sie haben durch ihr Erkenntnis nicht entscheiden 
wollen, »wie sie auch von Rechts wegen nicht konnten«, dafs 
der König dem Herzoge für die Schiffe und Waren, >die er ohne 
vorherige Liquidation in barem Gelde bezahlt habe«, verpflichtet 
sei^. Das ist noch lange keine Freisprechung. 

Dafs König Johann einen groben Rechtsbruch beging, als 
er sich der Ausführung des Vertrages entzog, kann ruhigem 
Urteil nicht zweifelhaft sein. Wollte er ihn nicht annehmen, so 
konnte er ihn unbestätigt lassen; aber indem er ihn be- 
stätigte, erkannte er auch die geleistete Bürgschaft an. Allen 
selbst erzählt (I, 331) nach II, §§ 18, 19, dafs der Herzog als- 
bald nach Abschlufs des Vertrages dem Könige Anzeige von 
der übernommenen Bürgschaft gemacht, und dafs dieser mit 
einer Anerkennung des Vertrages geantwortet habel Mit Recht 



' H.-R. III, 4, n. 448, 449. 

^ In der Rechtfertigung Jens Andersen Beldenaks, Nye Danske Magazin 
III, 217: Et hü (nämlich die Fürsten) tractanles in causa inter eosdem 
(nämlich König und Herzog) non voluerunt, prout et nee de jure potuerunt, 
cognoscendo determinare et decernere, quod Johannes rex Frederico duci suo 
germano esset in aliquo obligatus occasione navium et mercium, quas sie 
Lubecensibus nulla deliquidatione precedente in numerato auro exsolverat. 
Die Bemerkung »nulla deliquidatione precedente« (ähnlich ebd. S. 216: debitis, 
navibus, mercibus . . . nulla liquidatione praecedente et solum ad petentium 
Vota) enthält eine notorische Unrichtigkeit, vgl. H.-R. III, 4, n. 450, 451. 
Ob der Bischof, der sich selbst, allerdings verspätet, in Lübeck zum Ein- 
lager gestellt hat (N. D. M. III, 216), es nicht besser wufste? Nach seiner 
Aufzählung der dem Könige zurückgelieferten Dokumente (ebd. III, 218) ist 
das Gegenteil anzunehmen. 



— 2 1 6 ■^— 

hebt der Herzog, der zugesteht, dafs der König ihm keinen 
Auftrag gegeben habe, Bürgschaft zu leisten, hervor, dafs er, da 
die königlichen Gesandten den Vertrag gebilligt, nicht anders 
habe annehmen können , als dafs das der königliche Wille sei, 
dafs, wie der hansische Bericht auf das deutlichste und nach- 
drücklichste bestätigt, ein Friede ohne Bürgschaft nicht zu er- 
reichen gewesen, und dafs er dieselbe zu leisten berechtigt ge- 
wesen sei , da der König ihm ausdrücklich erklärt habe , wenn 
er (der Herzog) irgend ein Mittel finden könne , den Streit fried- 
lich beizulegen, so sehe das der König gerne (II, §§ 21 — 23). 
Der Versuch, den Konsequenzen zu entgehen durch die Erklärung, 
dafs Auftrag zur Bewilligung von Geld nicht gegeben sei, war 
ein trauriger Notbehelf, der seine Dienste nicht länger geleistet 
hat, als der König lebte. Sein Nachfolger hat bald nach Antritt 
der Regierung gezahlt, weil die schleswig-holsteinischen Stände 
die Huldigung verweigerten, solange nicht diese Forderung 
Herzog Pnedrichs berichtigt sei\ Übrigens hat schon König 
Johann nach des Herzogs Angabe in der Not des hansischen 
Krieges (15 10 — 15 12) ihm wiederholt Erstattung zugesagt, ver- 
sprochen, dafs der Friede mit Lübeck nicht geschlossen werden 
solle ohne Entschädigung des Herzogs (III, §§ 16, 17). Es ist 
vielleicht zu beachten, dafs die Summe, die Lübeck im Frieden 
zu Malmö (15 12 April 26) dem dänischen Könige zusagt, genau 
die gleiche ist (30000 Gulden) wie die, welche Christian II. 
im Oktober 15 13 zu Flensburg dem Herzoge für seinen Schaden 
verschreibt Die Haltung König Johanns erfahrt eine noch grellere 
Beleuchtung durch die Thatsache, dafs er gegen Ende seiner 
Regierung den Bischof fallen liefs. Er warf ihn jetzt, wie Allen 
selbst sagt (II, 362), »dem Bruder zur Beute hin«, indem er 
diesem im Juni 151 2 seine Hilfe zu einem gerichtlichen Ver- 
fahren gegen den Bischof anbot. Herzog Friedrich lehnte das 
aber ab, da er für den König und nicht für den Bischof gebürgt 
habe^ 



^ Nye Danske Magazin III, 218. 

» H.-R. III, 6, n. 427, Geradezu widersinnig erscheint, wenn Allen 
nach langer Darlegung, dafs der Vertrag gegen den ausgesprochenen Willen 
des Königs zustande gekommen sei , in Besprechung der wenige Wochen 
später fallenden Zusammenkunft des Königs mit den Lübeckern in Segeberg 



217 — 

Nach geleisteter Entschädigung hat Christian II. bald ver- 
sucht, sich an Jens Andersen schadlos zu halten, was gut genug 
rait der Auffassung stimmt, dafs dieser Urheber des ganzen 
wenig rühmlichen Verfahrens war. Nach seiner Art hat er dann 
mehr als doppelt soviel vom Bischöfe zu erpressen versucht, als 
er dem Herzoge ersetzt hatte, hat aber doch nicht gewagt, die 
Sache zu einer wirklichen Rechtsentscheidung kommen zu lassen 
(15 17/18). Das ganze Verfahren gegen den Bischof, wie 
gegen den Herzog und gegen Lübeck, wie es sich nach den 
jetzt zugänglichen Quellen darstellt, bildet einen neuen Beleg für 
die Thatsache, dafs Treu' und Glauben in den politischen Be- 
strebungen dieser beiden Könige eine recht untergeordnete Rolle 
spielen. In dem Abschlüsse des Lübecker Vertrages vom 
29. April 1503 hat König Johann ein Mittel gefunden, die Stadt 
in einer kritischen Zeit vom Anschlüsse an seine schwedischen 
Gegner abzuhalten und die Gemahlin durch Lübecks Einflufs 
ohne Gegenleistung zu befreien. 

I. Instruktion für Gesandte H. Friedrichs von Schles- 
wig-Holstein an K. Johann von Dänemark. — [Wahrschein- 
lich 1504 in der Zeit von ungefähr Mitte Mai bis Ende 
des Jahres ^] 

Reichsarchiv Kopenhagen, Gemeinschaftliches Archiv XII, 10 f. 

I. Anfenglich wert villichte de Denssche k. w. seggen unde 
vorhalen latende, wo de to unde by den dach dar gekamen ys. 



sagt: »Der König äufserte sich zufrieden über den Ausfall der Unterhand- 
lungen und versprach , den Vertrag zu halten.« Er beschuldigt ihn damit 
selbst grober Versteilung und Täuschung. Aliens Darstellung bedarf m dieser 
ganzen Partie einer völligen Umgestaltung. 

' Die Aufzeichnung ist jedenfalls nach der Zahlung entstanden , die 
1504 Mai 3 geschah (H.-R. III, 4, n. 450, 451). Andererseils ist sie vor 
den hansischen Krieg (1510 — 12) zu setzen (III, §§ 16, 17). Mit Rücksicht 
auf die oben S. 2Tiff. mitgeteilten und besprochenen Zeugenaussagen glaube 
ich, dafs n. i und 2 in die oben angegebene Zeit zu verlegen sind. In 
der Rechtfertigungsschrift ftir Jens Andersen Beldenak wird auch gesagt, 
dafs der Streit zwischen König und Herzog über die Bürgschaftssumme bald 
nach Zahlung derselben begonnen habe (Nye Danske Magazin lU, 2J7). In Kiel 
ist Juni 1506 über die Sache verhandelt worden, vgL Allen a. a. O. I, 372 flf. 



2l8 — 

2. Dar uppe wyl syk villichte erstmals antwort geboren, 
dar wo yd recht, alse yd bet up den dach vorhalet wart, syne 
f. g. des bekentlich synde, 

3. Dar beneven wart syne f. g. nochmals uppe dat flitigste 
unde fruntligste biddende, dat syne k. w. wylle nochmals be- 
trachten unde ans6n, wo unde üth wat broderlicher truwe syne 
f. g. tom handele unde na to der betalinge, den van Lubek 
gesehen, ys gekamen, unde darumme noch so de here unde 
fruntliche broder syne f. g. sodans schaden entheven unde be- 
nemen sunder jeniges rechtganges dwangk edder irkantnisse ; dat 
wille syne g. vordeynen. 

4. Dar overst de k. w. deme also to donde nicht ge williget 
were, so ys syne f. g. al wege overbodich gewesen unde ys 
noch, dat sulve by prelaten, rede unde menne desser erer k. w. 
und f. g. furstendome Sleswygk unde Holsten unwedderroplich 
to stellende. Dar de k. w. deme ok also to donde gewilliget 
ys, so wyl sick syne f. g. derhalven myt wyderen reden laten 
hören. 

5. Dar negst wyl syck geboren , des enen vorvarenheyt 
van den prelaten, reden unde mennen to nemende, oft se sick 
sodane sake rechtlich to entschedende willen annemen. 

2. Darlegung H. Friedrichs an K. Johann über das 
Zustandekommen des Vertrags vom 29. April 1503. — 
[1504 zwischen Mitte Mai und Ende des Jahres.]* 

Ebd., überschrieben: Articule, wo hertoge Frederich van 
Sleswigk unde Holsten tor betalinge vor de Densschen k. w., 
den van Lubeke gesehen, ys gekamen. 

I. Interste ame anfange der erringe, synen k. w. unde 
den van Lubeke entwisschen, ame xv*^*®° unde anderen jare ummen- 
trent Katerine", so de van Lubeke etliche uth Dennemargken 
in personen, schepen unde guderen hadden arresteret^, Ifeth de 
k. w. etliche schrifte an syne f. g. langen umme derhalven radt, 
hulpe unde trost. Des do syne f. g. gaf schriftlich antwort, dat 
synen g. geraden duchte, de dinge in der gude to vorvatende. 

' Vgl. S. 217 Anm. i. 

* Nov. 25. 

3 H.-R. III, 4, n. 362. 



— 219 — 

2. Item dar uppe de k. w. sick in synen k. w. antwordes- 
schriften leth vornemen, dat syne k. w. in den saken nenen 
Handel in fruntschoppe edder rechte uthgeslagen hadde, unde so 
syne f. g. dar inne to handelende jenige wege myt gelympe be- 
kamen konde, dat sodane twystinge uppegestuttet mochte werden, 
dat sege syne k. w. utermaten gerne. 

3. Item dar uppe schickede syne f. g. an de van Lubeke, 
umme synen g. in sodaner erringe handeis to vorgunnende ; dat 
de van Lubeke uppe sodane syner g. furderinge unde begere 
also beleveden unde inrumeden. 

4. Item so heft doch syne f. g. also uppe de schrifte nicht 
wyder vortfaren willen, sunderen heft sick ummentrent puri- 
ficationis ^ anno etc. tercio der k. w. to Dorninge umme wyder 
bevel bygefoget. 

5. Item des do de k. w. dersulven erringe enen gudigen 
dach to vorramende bewilligede unde wes aldar schole gehandelt 
werden bevel dede. 

6. Item dar up syne f. g. enen dach tom Reynefelde vor 
vastelavende ^ to sinde syck beflitigede, de doch umme vorvalsz 
willen der van Lubeke bynnen Lubeke uppe reminiscere wart 
belevet unde geholden. 

7. Item uppe deme dage de van Lubeke etliche dinge be- 
gerden unde antogen, de na vormoge des k. w. bevels nener- 
leyge wys konden edder mochten belevet edder ingerumet w.er- 
den, darumme also de dach ungeendiget unde sunder frucht 
entstunt^. 

8. Jodoch wart uppe demsulven dage belevet, dat de dinge 
scholden allenthalven beth uppe den negst volgenden palm- 
sundach^ yn der gude berouwen, unde oft der k. w. belevede, 
nochmals uppe sodane dinge, der de van Lubeke vor allen 
dingen restitucien unde betalinge begerden, furder handelen to 



> Febr. 2. 

» Febr. 23 — 28. Der Tag wurde vom Herzog auf Febr. 12 geplant, 
ebd. n. 372 §§ 31, 32. 
3 Vgl. ebd. n. 384, 
♦ April 9. Nach H.-R. III, 4, d. 384 §§ 48, 51, 61 bis April 16. 



— 220 — 

latende, so scbolde de ander dach uppen sundach judica' ok 
bynnen Lubeke syn. 

9. Item des schickede syne f. g. Hanse Rantzouwen an de 
k. w., umme desulven, wo sick de erste Lubesche dach allent- 
halven begeven hadde, to erinnerende ^. De also ilende an de 
ko. w. reisede unde wedderumme qwam seggende unde wer- 
vende, dat syne k. w. begerde na wo vorhfen, dat sick syne 
f. g. nochmals in den handel myt flite slan mochte unde den- 
sulven anderen dach besoken, unde dat de k. w. eme derhalven 
bevel gegeven hadde unde wolde eme den bisschop van Fune 
myt fulmacht toschicken. 

IG. Item heft syck Hans Rantzouw jegen syne f. g. hören 
unde vornemen laten, dat de k. w. eme hadde also in bevel 
gedan, dat dat lateste schyp, to Kopenhagen angehalt, scHolde 
myt'synen inhebbenden guderen wedderumme tor stede kamen, 
unde wes dar van vorrucket were, scholde gegulden unde be- 
talet werden 3, unde dar to alle nastande unde vorsetene rente 
in der vogedie unde Segebergepart vorschreven unde dar to 
wes in der Hilligenhave , Nygstadt, Grotebrot unde im tollen to 
Gottorp myt nogaftigen segelen unde breven were vorschreven, 
unde wor sus wytliche schulde na vormoge vullenkamener segele 
unde breve weren. Unde wes van deme schepe, dat an Mone 
in lant an her Magnus Goyen scholde gekamen syn, an her 
Magnus gelanget were, scholde gegulden unde betalet werden. 
Unde de anderen schepe, dar men syck hören leth, dat dar uppe 
syner k. w. segele unde breve weren, wor de also weren, de 
scholden ok gegulden unde betalet werden. 

II. Item in myddeler tyd qwame de hochwerdigste her 
Raymundus cardinal, do pewestliche legate, unde sloch syk 
mede in den handel unde vorlengede den dach van judica* 
beth uppen sondach quasimodogeniti ^ ; dar denne sjrne f. g. 
der k. w. bevel na syk tor stede vogede unde ok, wo syk Hans 



^ April 2. Dieses Datum hat der Recefs nicht; vgl. auch n. 380. 

» Vgl. H.-R. III, 4, n. 398 § 18. 

3 Vgl. ebd. § 23. 

4 April 2. 

5 April 23. 



— • 221 — 

Rantzouw hadde vorhfen hören laten, de bisschop van Fune, 
unde se sick aldar alse de fulraechtigen der k. w, geschigkten 
tor stede irtogeden. 

12. Item dar do de geschickeden syck also to vele inalen 
by den cardinal in den handel vogeden; wes overst dar also 
gehandelt wart, was syner f. g. roeistdel unbewust ^ 

13. Item dar do nha vorlope etlicher dage de dinge uppe 
deme capittelhuse in jegenwardicheit des cardinals unde syner 

f. g., myt sampt zeligen hertogen Magnese van Mekelenborg 
unde erer f. g. rede sampt anderen deme handele tohorende 
int hör qwemen, unde nha veleme handele den koninglichen ge- 
schigkten unde den van Lubeke entwisschen de gebreke to et- 
licher mate gehandelt unde tom ende gedegedinget. 

14. Item dar to etliche, alse de bisschoppe van Lubeke, 
de greve van Kyrkberg, her Otte Rantzouw unde doctor Brandes 
unde doctor Krans, worden gedeputert, de dinge wo vorlaten in 
Schrift to settende. 

15. Item de schrift also gemaket wart den konnin glichen 
geschickten unde den van Lubeke togeschicket ; des de van 
Lubeke also wedderumme an den cardinal schickeden, des vor- 
ramendes nen benoch to hebbende, 

16. Item dar uppe en ander dach uppe deme capittelhuse 
vorbenomet wart bestemmet , dar de konningliche geschegkten 
unde de van Lubeke myt sampt etlichen anderen , durch den 
cardinal dar to gedeputeret, den recess, wo he namals vorlaten 
unde besegelt wart , beleveden unde involgeden , uthgenamen 
etliche articule, de syne f. g. nicht wolde belaven, alse dat syne 

g. myt den reden der lande Sleswigk unde Holsten scholde be- 
laven, dat syn f. g. nicht don wolde. 

17. Jodoch leth sick syne f. g. durch furderent der konning- 
lichen geschigkten unde radent zeligen hertogen Magneses unde 
der rede disser lande bewegen, etliche articule myt sampt deme 
bisschoppe van Fune, alse eneme hovetmanne to syner g., unde 
myt sampt den reden disser lande to belavende inholde des 
breves dar aver gegeven^, uppe dat syne f. g. der dinge, de 



' Vgl. ebd. n. 398. 

» Erwähnt in n. 399 S. 552: na lüde unde inholde eres breves sun- 
dages dar over gegeven unde vorscgelt. 



222 

doch na inholde des recesses durch de konningliche geschigkten 
belevet weren loven to makende, nicht wolde laten van ander gan. 
i8. Item ene klene tydt na deme handele heft syne f. g. 
de k. w. schriftlich irsocht unde vorwitlichet , wo syne f. g. de 
dinge myt deme bisschoppe van Fune belavet unde durch de 
rede belaven laten unde desulven rede schadelosz vorschriven 
laten hadde, biddende, syne k. w. deshalven wedderumme synen 
f. g. ene vorseckeringe, schadelosz to sinde, don mochte. 

19. Item des syne f. g. syner k. w. wedderschrifte langede, 
dar inne syne k. w. synen f. g. heft togeschreven , dat syne 
k. w. heft myt den van Lubeke tho muntlicher sprake gewesen 
unde en gelavet unde togesecht unde ok den recessz stede unde 
vast by macht to holdende ^ 

20. Item deme alles wo vorgehoret na unde sundergen de 
wyle syne f. g. erstmals uppe schriftlich unde namals uppe munt- 
lich biddent, furderent unde bevelent der k. w. by den handel 
gekamen unde nu wedderumme durch de k. w. van deme han- 
dele vorwesen edder vorlaten, sunderen alwege myt beger dar 
by geholden unde also tom lofte gekamen unde ok dar up syner 
k. w. schrifte, den recessz belevet unde by macht to holdende, 
entfangen, dar uppe leth sick syne f. g. deme rechte unde der 
byldicheyt nha bedungken, dat syne k. w. ys synen f. g. wedder- 
stadinge unde enthevinge sodans uthgelechten geldes unde ge- 
leden schaden schuldich unde plichtich, angesfen dar syne k. w. 
den recessz by macht holt, so bewillet syne k. w. ok alle arti- 
cule de dar inne syn; wente syne f. g. nene betalinge furdert, 
dede im recessz nicht mede ys begrepen. 

21. Hyr en jegen wert villichte de k. w, seggende, dat 
syne k. w. synen f. g. nicht gebeten hebbe, ensodant to bela- 
vende, unde ok den geschigkten nicht bevalen hebbe, den van 
Lubeke jennich gelt totoseggende. 

22. Hyr wedder enjegen repliceret syne f. g., dat de k. w. 
synen f. g. jummer jo gebeten hebbe, in deme dat syne k. w. 
ime anfange synen f. g. toschref, dat dar syne f. g. in sodaner 
twyst to vorhandelende jenige wege myt gelympe bekamen konde, 
so dat sodane twist upgestuttet mochte werden, dat sege syne 



' Vgl. ebd. n. 406, 41 1, 412. 



— 223 — 

k. w. utermaten gerne, unde ok wente de k. w. synen f. g. by 
Hanse Rantzouwen hadde togebaden , dat syne k. w. to deme 
anderen Lubeschen dage wo vorberort den bisschop van Fune 
unde Hanse Rantzouwen myt bevele worde schickende, byddende 
doch, dat syne f. g. na, wo vorhfen ok sick dar by vogen wolde, 
darumme alsz de dinge na inholde des recesses belevet weren 
durch de geschigkten, unde syne f. g., wo vorberort, van der 
k. w., alse van syner g. heren broder, so mergklich gebeden 
was, so hadde des syne g. jo also en broderlich bevel; unde 
des is denne ok jo de k. w. na vormoge der natur unde aller 
rechte synen f. g. broderlich to enthevende plichtich. 

23. Item do de articule de konningliche geschigkten alse 
sodane geschigkten inholt des recesses hadden belevet, do was 
yd jo loflich, dat ensodant der k. w. wille was, unde do yd sick 
also dar uppe stottede, dat syne g. myt den reden de dinge 
scholden belaven, unde do konde syne g. jo myt gelympe dar 
by kamen, dat syne g. de dinge belavede, uppe dat de twyst 
mochte upgestuttet werden, der to vorsieht, dat de k. w. na in- 
holde der gedachten koninglichen Schriften dat utermaten gerne 
sach ; unde dar syne f. g. de dinge nicht hadden myt den reden 
belavet, so hadde de twyst nicht upgestuttet worden, unde so 
hadden syne f. g. den konninglichen beden unde begerten nicht 
genoch dän, alse syne f. g. dede, do syne g. de dinge belavede, 
dar durch de twyst wart uppgestuttet unde by gelecht. 

24. Item jegen dat syne k. w. wert seggende. dat syne 
k. w. den geschigkten also nen bevel hebbe gedan, unde ok dat 
de recess also synen k. w. newerle behaget hebbe, dar en jegen 
secht syne f. g., dat dar sick de geschigkten also wyder, den 
se in bevel hadden, vorgeven, so syn desulven doch by der 
k. w. in gnaden, ok nha wo vorhfen in werden geholden, dat 
ungetwyvelt nicht were geschfen, wen se sick dar mede baven 
bevel vorgeven hadden. Dar uth ys to vormerkende, dat syne 
k. w. de dinge in der grünt hebbe belevet unde bewillet. 

25. Item oft sick de geschigkten ok myn edder mer, den 
se in bevel hadden, vorgeven, dat ys nicht twisschen synen f. g. 
unde den geschigkten. 

26. Item ok ys yd jo apenbare unde ime dage, dat syne 
k. w. den recessz hebbe belevet, wente syne k. w. den van 



— 224 — 

Lubeke sodanen recessz confirmeret heft unde ok, wo vorh6n 
angetagen^ syne k. w. synen f. g. heft geschreven, dat syne 
k. w. wille den recessz by macht holden. 

27. Item alszdenne desse furstendöme unde lande myt et- 
licher schult twysschen der k. V. unde synen f. g. gedelet unde 
van ander gesettet synt, des heft syne f. g. de k. w. der schulde 
halven, de synen f. g. byqwemen, alle wege fryg unde ungemanet 
geholden. De wyle denne syne f. g. nhu nochmals etlicher 
schulde, de in unde to der k. w. dele gelecht weren, alse zeugen 
konningk Kristiems unde hertogen Alves erve gefurdert unde 
geraanet wart, imde ock de meste dßl des wedderwillen sodaner 
schult halven uppe dyt lant orsakede, dar uth synen f. g. unde 
dessen landen 6n sunderlich vorderf vor ogen was, darumme 
Ifeth sick syne f. g. beduncken, dat de k. w. syne f. g der- 
halven jo vor allen dingen unde sunder alle myddel to ent- 
hevende plichtich ys. 

3. Darlegung H. Friedrichs an K. Christian II. über 
das Zustandekommen des Vertrages vom 29. April 1503. — 

[1513 März.] 

Reichsarchiv Kopenhagen, Gemeinschaftliches Archiv XIII, 48. 
Aufsen von Wolfgang Utenhofens Hand beschrieben: Welcher 
gestalt herzcog Friderich den schaden, szo er von konig Johans 
wegen geladen, von konig Cristiern nach absterben seins vatern 
fordern lassen. Überschrieben : Artickel, dem dorchluchtigsten 
gekornen koninghe to Dennemargken und Sweden, erfgnamen 
to Norwegen etc., hern Cristiern van wegen des hochgeborn 
fursten hern Fridrichs , erfgnomen to Norwegen , hertogen to 
Sleszwigk und Holsten etc., muntlich vortodragen. 

1. Thom ersten eyne fruntliche und dinstliche irbedinge* 
mit overreyckinge eyner credentz wo gewonlich. 

2. Darnach den untydelicken tode und afgangk des dorch- 
luchtigsten, hochgebornen fursten und hern, hern Johansen, wey- 
landt to Dennemarcken etc. koniges, welchen m, g. her sondages 
oculi ^ mit bedrovedem und leydigem gemöte irfarn, to beclagen. 



^ § 20. 

* 15 13 Febr. 27. 



— 225 — 

3- Darup dan syne königcliche werde to vormanen, dat 
m. g. her an de sulven van wegen syner gnaden schaden dinst- 
lich und betlich geschreven, welcks alles one twyvel synen k. w. 
noch in fryscher gedechtnisse were. So idt averst jo synen 
k. w. umme grother und mercklicher sacken und sonderlick desser 
bedrdfnisse halven des afganges syner gnaden hern vaders van 
gedechtnisse gefallen und vorgetten were, so heft sick de handcl 
dermaten bogeven, dat sick im jare 1502 ctlicke mergkliche 
irringe und twystinge twischen obgemelten koningk van Denne- 
raarcken an eynem unde der stat Lubegk anders deyls irhaven 
h ebben. 

4. Idt syn averst desulven gebrecken allein uth den ryken 
to Dennemarcken unde nicht dessen furstendömen, wo menigclich 
bewuszt, georsacket unde irwassen. 

5. Up welcke gebrecken und irringe bemelte van Lubegk 
ummetrent Katheryne ^ des sulften andern jars etlicke uth Denne- 
marcken in personen und mergclichen guderen giearrestieret. 

6. Idt syn ock de van Lubegk up dat sulvige mal mit 
aller redschup thom krig und orlage denende geschicket unde 
desse lande to overtiehen, to vorderven und sick eres Schadens 
darinne to irholen willens geweszt. 

7. Up solick der van Lubegk vornemen heft königcliche 
werde milder gedechtnisse mynen g. h. mehr dan eynmal ge- 
schreven mit gutlichem und bröderlichem bogern, de irringen, 
velem quaden vortokomen, in der gude, fruntschup edder sust 
to vorfaten, uptostutten edder bytolegen*. 

8. Und wowol m. g. her sick daran höchlich boswert, heft 
doch gelyckwol syn f. g. bröderlich unde getruwlich in den 
irringen to handeln nicht nagelaten unde sick up irforderende 
by ko. w. personlick to Dörningk irtöget, dar syn k. w. mynen 
g. h. gebeden und muntlich bevolen heft, de gebrecken uptostutten 
edder in der gude bytolegen^. 

9. Und heft darup de königcliche w. twe syner gnaden 
trepenlicken rede, als den bischup van Fun und Hans Ranzowe, 



» Nov. 25, vgl. II, § I. 
» Vgl. II, § 2. 
3 Vgl. II, § 4. 

Hansische Gescbichtsblätter. XXV. 1$ 



226 — 

de geb recken to bereden und in eyn recessz to vorfaten , afge- 
ferdiget. Welcke beyde dan als volmechtigen ko*"- w. mit hulpe 
unde möglichem vlite des hochwerdigsten in Got vader und 
Herren, hern Reymundi, des stols to Rome cardihal und pa west- 
licher hillicheit in Dudische lande ock Dennemarcken , Sweden 
und Norwegen legaten, de gebrecken boredet und in eyne schrift 
und recessz vorfatet'. 

IC. So averst vor den gemackten recesz to lavende unde 
gut to- segende up der van Lubegk befördern de notdurft eschede 
unde de beyde geschickten volmechtigen darvor loven to makende 
nicht bel6ft edder genochsam weren , unde darmit der upgerichte 
handel nicht one frucht unnutte wedder van eynander ginge, 
heft m. g. her uth gudem herten unde bröderlicken truwen syner 
g. hern broders schrifte, ock de muntliche bede unde bovele 
syner gnaden up Döminghen geschehen betracht unde umme 
der beyden volmechtigen vlitigen bede willen vor den recessz 
den sulven to holdende mit desser lande reden lut breve und 
szegel gelavet und gut gesecht. 

1 1 . Nach s ulken gelöften und bürg werden heft myn g. her 
umme entneminge und enthevinge des sulften, ock umme be- 
levinge und ratification des upgerichten recesses de ko. w. an- 
socken laten ^. 

12. Darup de k. w. den recessz erstlick to Segeberg munt- 
lich unde darna mit bref und szegel den van Lubegk bewilligt, 
belevet, angenomen und ratificeret heft luth der breve darup 
gegeven ^ . 

13. Idt heft averst gelyckwol, unangesehen sollicker rati- 
fication unde belevinge des recesses, m. g. her to der enthevinge 
der burgschup nicht komen mögen. 

14. Und is myn g. her syner gnaden gelöften ock breve 
und szegel nach van den van Lubegk genödiget, den recessz to 
holdende und en darup, wo in dem recessz begrepen, eyne 
mercklicke summa geldes to betalen; darto eyn syner g. ampt 
und slot vorpanden möten'^. 



^ Vgl. II. §§11-17. 
» Vgl. II, § 18. 
3 Vgl. II, § 19. 

♦ Vgl. H.-R. III, 4, n. 448, 450, 451 455, 457. 



227 

15. Dorch soUicken sick m. g. her in mergclichen schaden 
unde schuld uth orsacken, wo gehöret, gesettet, darinne nu int 
teynde-jar ungefarlich gewesen, rente up rente gegeven, welcks 
synen gnaden ock to unvorwyntlicken und untreglichen schaden 
irwassen. 

16. Uth sulkem schaden to komen heft m. g. her de ko. 
w. to velmalen schriftlich und muntlich besandt, ock sulvest 
manichmal unde latst vor eynen jar to Flenszborch' derhalven 
personlick irsocht und angeredet. 

17. Unde heft de ko. w. darup mynen g. h. thom latsten 
sulvest muntlich unde tovorn vaken togesecht, syn k. w. wolde 
sick mit den van Lubegk nicht vordraghen, m. g. her hette dan 
tovorn syner g. vorpandten borch und ampt wedder unde wer 
des andern schaden tofreden gesteh, und so dat nicht, wolde 
dennoch syn k. w. mynen g. h. de wege wysen, dardorch syn 

f. g. syner gnaden unvorwintlicken schaden allenthalven naqueme. 

18. Darto dan m. g. her eyn gantzes vastes bröderlicks 
vortruwen, wo de almechtige syne ko. w. lenger gefristet, hette 
gehat. 

19. Deweil averst solkes vorseumet unde de ko. w. mynen 

g. h. des Schadens nicht entnomen, sonder darunder in Got van 
desser werlde vorstorven, unde syner gnaden lande und lüde 
ock nagelatene schuld up j. ko. w. geervet, so is mynes g. h. 
dinstliche und fruntliche bede, j. ko. w. wolle allenthalven to 
gemöte nemen und noturftigclich bedencken, uth wat guder toney- 
ginge unde bröderlichen herten und truwen, vortokomen velem 
argen, cristlichs blödes vorgetinge und ewigem vorderf der 
furstendome Sleszwigk, Holsten und Stormarn, so dar geöget und 
vorhanden was, m. g, her to baven angetogeden untreglichen 
und unvorwyntlichem schaden und vorderve gekomen sye, unde 
mynen g. h. so fruntUck, vedderlick unde gnedig fallen, synen 
gnaden sollickes Schadens mit irleginge der uthgelechten summen 
geldes, mit darup gewandten scheden ock entfryinge syner gnaden 
slot und ampt entnemen und entheven unde darover syne f. g. 
als j. ko. w. fruntlicken, leven vedder to fruntschup und dinst 
annemen unde bevolen hebben. 



' Im März 1512, vgl. H.-R. III, 6, n. 398 — 400. 

i5* 



228 — 

20. Dat sulfte wil myn g. her angeboraer verwantnisse, in 
velterlichen truwen, mit vermögen syner g. eygen lives und gudes 
und allem dem, so syn f. g. vormaghe, mit syner g. willigen» 
vlitigen und annemen beheglichen diensten alletydt to vordenen 
willig befunden werden. 

21. Dorchluchtigster koningk, j. k. w. wolle ock mynen 
g. h. hiran, unde dat syn f. g. so balde na dem afgangk j. k. 
w. hem vaders forderinge und desses anbryngen don leth der 
notturft na, anders nicht dan mit dem beszten vormercken; 
wan wo syn f. g. darto nicht dorch den untreglichen schaden 
so merglich georsacket, wolde syn f. g. solliche ylende anfor- 
dringe ungern an j. k. w. hebben langen laten. 

2 2. Unde bogert m. g. her darup j. k. w. richtige, tovor- 
latige unde gnedige antwort. 



II. 
ZWEI MOTEN KÖNIG CHRISTIANS L VON DÄNEMARK. 

VON 

WALTHER STEIN. 

Im Anschlufs an das Buch des Lübeckischen Vogts auf 
Schonen hat D. Schäfer (Hans. Geschichtsquellen IV S. 79 flf.) 
die schonensche Mote, d. i. die im Namen des Königs und mit 
Zustimmung der städtischen Vögte erlassene , in jedem Jahr von 
neuem verkündigte Polizeiordnung für den Fischerei- und Handels- 
verkehr auf Schonen, nach fünf deutschen Texten veröflfentlicht. 
Von diesen sind die beiden ältesten Ausfertigungen der Königin 
Margarete, M und M i ^, von c. 1390, die dritte eine solche 
König Erichs und Margaretes, Em, die zwischen 1398 und 141 2 
fällt, die vierte eine solche König Johanns, J, von 1484 und die 
fünfte eine solche König Friedrichs, F, von 1525 oder aus den 
nächsten Jahren. Von König Christian I. war nur eine im 
Stettiner Archiv erhaltene Mote von Dragör bekannt geworden, 
die wahrscheinlich ins Jahr 1470 zu setzen und von D. Schäfer 
in diesen Blättern Jahrgang 1888 (1890) S. 174 — 188 abgedruckt 
ist. Neuerdings hat nun W. Christensen in seinem 1895 er- 
schienenen Buch > Unionskongerne og Hansestsederne 1439 — 1466c 
S. 380 Anm. I auf zwei weitere im Reichsarchiv zu Kopen- 
hagen abschriftlich aufbewahrte deutsche Texte von Moten aus 
der Regierungszeit König Christians I. aufmerksam gemacht, die 



' Eine dritte M 2, vielleicht um weniges älter als M und Mi, ist nur 
gelegentlich herangezogen worden. 



— 230 — 

das Interesse der hansischen Forschung auf sich zu lenken ge- 
eignet sind. Bei meinem Aufenthalt in Kopenhagen im Mai 1896 
habe ich diese neuen Texte mit denen der Schäferschen ver- 
glichen und teile im folgenden die bemerkenswerten Abweichungen 
der neuen von den gedruckten Texten mit. Beide Moten be- 
finden sich in Langebeks Diplomatarium tom. 31 bei den Jahren 
1457 und 1459 und sind, wie Christensen a. a. O. bemerkt^ 
Abschriften des Isländers Jon Mortensen aus dem vorigen Jahr- 
hundert und von Langebeks Hand mit Bemerkungen über die 
Abfassungszeit versehen. Leider fehlt den Abschriften jeglicher 
Hinweis auf die Vorlage des Abschreibers. 

Die ältere der beiden Moten, C i, ein Oktavheftchen von 
6 Blättern, ist für Landskrona erlassen. Ihre schon von 
Christensen mitgeteilte Einleitung lautet : Wy Cristernne, myt Ghades 
gnaden to Dennemargken Sweden Norwegen der Wende unde Gotten 
konyngky greve to Oldenborch unde Delmenhorst^ doen witlkk unde 
apenbare, [datwy] na amvysynge unde rade des gemenen rikes to Dene- 
margken hebben geschicket unde gefoget dorch des menen kopmans 
willen, de unse lande soken uppe Schone^ sunder to der Landes- 
krönen^ unsen leven getruwen denere unde hovetmanne Hans Thide- 
kesson ' , voget unde tolnere to wesende unde alle articule to behol- 
dendey alse hyrna geschreven steyt. Dann folgen 49 Paragraphen^ 
von denen die ersten 48 den Schäferschen Text in folgender 
Reihenfolge bringen: i, 3, 2, 6, 5, 7, 8, 24—29, 33—35» 5^ 

—53; 53 a, 53 b, 10, 12, 4, 17—23, 38» 39» 46, 48—50» 56, 
59, 62, 69 — 76. Der letzte Paragraph, 49, ist den gedruckten 
Texten fremd. Die vorhergehenden 48 Paragraphen verhalten 
sich folgendermafsen zu den gedruckten: 

§ I stimmt, abgesehen von dem Namen des Vogts, im 
wesentlichen mit Schäfer § i überein: Tho denie ersten male so 
bede wy allen , weme de vorbenomede Hans Thydekesson nemed in 
synen vrede unde velicheyt unde geleyde, de schal gevredet unde 
geveliget wesen. Breket dat jemand, den schal men richten an syn 
hogeste. Hyrmede so bede wy , vrede to lande to holden unde to 
watere by lyve unde by gude. § 2 = Schäfer § 3 mit gering- 



^ Ein Hans Titkensson erscheint 1469 als kgl. Vogt zu Aalborg, H.-R. 
II 6 n. 252 § 2, 253 § 2, vgl. 251 § 2. 



— 231 — 

fügigen AbweichuDgen in der Fassung wie Em J F, § 3 = Schäfer 
§ 2 in der Fassung wie Em J F, statt wichte ende hat C i ivichie 
edder ^ Überschrift C i : van der wychte. § 4 beginnt : item en 
schal nyn schipman in syne staken voren lenger pyel wan ene hande 
bred; wert dar jemand u. s. w. wie Schäfer § 6. § 5 über- 
schrieben : van de wapenne in de zee, = Schäfer § 5 , C i vischer 
statt visman^ up de zee statt in die zee. § 6 = Schäfer § 7 
wie P\ § 7 = Schäfer § 8, C i vischer statt vysman, C 1 de 
deme kopmanne heryngk vorkoft, vull teilen unde vull geven, § 8 
= Schäfer § 24, fast übereinstimmend mit F, nach iseren hoden 
in C I eingeschoben: mit pollexen. § 9 = Schäfer § 25 wie 
F, überschrieben: va?i vorvluchticheyt. § 10 = Schäfer § 26 
wie F, überschrieben: van heryngk to sollende in den schepen, 
§ II lautet : Item so schal 7iemand buten mit varen (!) in den 
Strand, heryngk to kopende, by j Schonsche marck^ sunder he hebbe 
des tolners orloß, vgl. Schäfer § 27. §§ 12 — 15 = Schäfer 
§§ 28, 29, 33, 34, wie F. § 16 = Schäfer § 35 wie F, C i 
am Schlufs : unde by vorlust des herynges. §17= Schäfer §51 
mit unwesentlichen Abweichungen wie F, auch mit dem Zusatz 
var. n. § 18: Item schal nen man offte ieggewyff herynck myt 
molden in de tunnen störten; wol darmede begrepen worde, id sy 
man ofte vrouwe, den schal men richten an syn hogeste y vgl. 
Schäfer § 52, ergänzt Schäfer Einleitung S. LIX. §19 = 
Schäfer § 53 wie F, statt unsen tolner und vaget hat C i unse 
vogede, § 20 = Schäfer § S3a wie F, Lubesche fehlt C i. § 21 
= Schäfer § 53 b wie F, statt dat land, deme ryke, desse ryke 
hat C I unse rike, C i also lange alse; nach velicheit geneten, s. 
var. g, schiebt C i ein : weret sake, dat hyr sick jenich ane vor- 
halede edder breke, den schal men richten in sin hogeste, wente se 
synt u. s. w. wie F. § 22 Schäfer § 10 wie F mit unbedeuten- 
den Abweichungen. § 23 == Schäfer § 12 wie F, C i vischer 
statt vischman. § 24 = Schäfer § 4 wie F. § 25 = Schäfer 
§17 wie Em J F, C i kerlle statt wagenkeerle, C 1 ys de wagen 
nicht so grot, C i dre Schonsche margk, §§ 26 und 27 = 
Schäfer §§ 18 und 19 wie EmJ bezw. Em. § 28 lautet: Item 
so schal neyn kerreman garn voreft by dree margken , he hebbe 
des vogedes mynne; vor et he sunder teken umme gelt, so breckt he 
3 margk, vgl. Schäfer § 20. §§ 29 und 30 = Schäfer §§21 



232 — 

und 2 2 wie F bezw. EmJF. § 31 = Schäfer § 23 wie F, 
nach vischer folgt C i amptman. § 32 = Schäfer § 38 wie F, 
rechtenn fehlt C i, C i unde by vorlust des vees^ dat he koft, 
§33 liest: liem schal neyn bunden deme kopmanne vorkopen noch 
kopman van deme bunden kopen hoen noch goes noch schaep noch 
körne buten der bue by j margken unde by vorlust des gudes, dcU 
he koft^ vgl. Schäfer § 39, Christensen a. a. O. § 34 = Schäfer 
§ 46, C I dat sc holde darumme gan alse eyn lantrecht were unde 
dat scholde jo rechte tich wesen^ wente dat geyt an syn hogeste. 
§ 35 = Schäfer § 48 wie J F mit unwichtigen Abweichungen, 
C I in dessen dren ryken. § 36 = Schäfer § 49 wie F. § 37 
lautet: Item schal nemand, de hyr vromet beere vor et in de stad^ 
mit drunckebeer noch mit koffente uppevullen, men beer mit beer; 
wer et sake^ dat jenich darboven dede, de schal dat beer vorbroken 
hebben unde dartho dre marck, vgl. Schäfer § 50. § 38 = 
Schäfer § 56 wie F. § 39 = Schäfer § 59. § 40 = Schäfer 
§ dl wie F. § 41 = Schäfer § 69 wie F mit dem Zusatz 
var. m, noch vorkopenn fehlt C i, am Schlufs Q \y 40 margken 
Schonsch. § 42 = Schäfer § 70 wie F bis van dem tolner, 
hierauf folgt C i erst by j margk^ C i munderick, § 43 = 
Schäfer § 71 wie F. § 44 = Schäfer § 72 mit stilistischen 
Abweichungen. §§45 und 46 = Schäfer §§73 und 74 F. 
§ 47 = Schäfer § 75 F, tolner unde fehlt C i. § 48 = Schäfer 
§ 76 F mit unwesentlichen Abweichungen. § 49: Item schal 
men uth unde in schepen in keynen Straten sunder in Bartolt Paden 
Straten unde in sunte Gertruden Straten unde anders nergen by 
vorlust des gudes. 

Über die Ausfertigungszeit dieser Mote für Landskrona be- 
merkt schon Langebek am Rande der Abschrift, dafs sie, wie 
aus dem Titel des Königs (König von Schweden, noch nicht 
Herzog von Schleswig, Graf von Holstein und Stormarn) zu 
schliefsen sei, in die Jahre 1457 — 1460 gehöre. Christensen be- 
grenzt diesen Zeitraum noch enger durch die Nachricht, dafs 
einer Eintragung im Lübecker Niederstadtbuch zufolge 1457 
Okt. 4 Jeppe Clausson Vogt in Landskrona war, welches Datum 
mithin den Terminus a quo für die Abfassungszeit bilden würde. 
Derselbe knüpft ferner an die, in der obigen Textvergleichung 
deutlich hervortretende, enge Verwandtschaft von C i mit F die 



— 233 — 

Bemerkung, dafs F, die Recension von 1525, ursprünglich auch für 
Landskrona bestimmt gewesen sei, wofür er einige beachtens* 
werte Gründe anführt. Es geht, abgesehen von der Einleitung, 
aus den mitgeteilten Abweichungen der Texte, vgl. §§ 33, 37, 
49, hervor, dafs C i für eine Stadt bestimmt ist, während in F, 
s. § 37, an Stelle der Stadt vom Lande die Rede ist. 

Der zweite und jüngere Text, C 2, ein Oktavheftchen von 
IG Blättern, ist eine für ganz Schonen erlassene Mote mit der 
Einleitung: Wy Christiern^ van Godes gnaden konyngk to Dene- 
margken Sweden unde Norwegen der Wende unde Gotten, har- 
toghe to Slesuyck greve to Höhten Stormarn Oldenborch unde 
Delmenhorst^ na anwysynghe unde rade des gemenen rykes to Dene- 
margken so hebbe wy geschicket unde gevoget dorch des gemenen 
kopmans wylkn, de unse lande soken to Schone^ unsen leven ge- 
truven dener unde hovetman to Schonore unde Valsierbode unde 
tollere^ alle artikel to holdende , alse hyrna geschreven staen. Die 
folgenden 76 Paragraphen geben den Text Schäfers in der Reihen- 
folge I, 3, 2, 4, 6, 5, 7—9, 24—29, 31—37» 51—53; 53a, 
53b, 10—16, i6a, 17—23» 38—43; 45— 5©; 55» 56, 58—76; 
"§75 fehlt in den gedruckten Texten. 

§ I beginnt: Tho deme ersten male so gebede wy allen dat, 
Werne unse hovetmanne N unde B nemed van unser wegen in eren 
vrede unde velicheyt, de schal geifeliget unde geleydet syn. Breke 
dat jenich man, den sc holde men richten an syn hogeste. Hyr- 
mede u. s. w. wie Schäfer §1. §2 = Ci§2. §3=Ci 
§ 3, C 2 Wichte ende und überschrieben: van wychte unde mate, 
§ 4 = Schäfer § 4. § 5 Item schal nyn vyschman voren in 
synen staken lenggeren peeck wen eyne hand breyd; worde u. s. w, 
wie Schäfer § 6. § 6 = Schäfer § 5, überschrieben: van wapene 
in de zee. § 7 = Schäfer § 7. § 8 = Schäfer § 8, C 2 
vull don unde teilen unde geven, überschrieben : van vul teilende, 
§ 9 = Schäfer § 9. § 10 = Schäfer § 24, am ähnlichsten 
EmJ, C 2 iseren statt gizeren, mit bar den fehlt C 2, C 2 dar 
jemand schade mede don mach, § n = Schäfer § 25 wie EmJ, 
am Schlufs mit dem Zusatz : edder ander broke. §12= Schäfer 
§ 26, am Schlufs mit dem Zusatz: unde by vorlust des heringes. 
§ 13 = Schäfer § 27 wie EmJF, C 2 sunder des tolners orloff. 
§ 14 = Schäfer § 28 wie EmJ, mit dem Zusatz am Schlufs: 



— 234 — 

unde nicht uppe de dutsche Vitien, vgl. Schäfer S. XCIII. § 15 = 
Schäfer § 29 wie J, doch hat C 2 nur sunder des tolners orlove. 
§ 16 = Schäfer § 31 wie J, C 2 louwand statt linewant, über- 
schrieben : wand to snydende. §17 = Schäfer § 3 2 wie J, über- 
schrieben: eghene vitten, § 18 = Schäfer § 33, bis nacht wie 
Em J, von nacht bis zum Schlufs wie F. § 19 = Schäfer § 34 
wie J, C 2 am Schlufs: buten blodighe deme in dat hogeste (l)^ 
§§ 20 — 22 = Schäfer §§35—37. §«3 = Schäfer § 51 wie 
J, C 2 am Schlufs: dat schal men richten an syn hogesten, § 24 
= Schäfer § 5 2 wie Em J F, C 2 befyndet statt begript § 2 5 
= Schäfer § 53 wie Em und J, C 2 dat jenich voget van syner 
stad weghene dat gud wolde vordegedyngen und weiter dat id syner 
stad borgere, C 2 fügt am Schlufs hinzu by lyffunde ghude. § 26 
= Schäfer §53a. §27 = Schäfer 53 b, C 2 willen se viand- 
schop hebben, de vore en islik in synen lande unde holden unde ge- 
neten mynes heren des konynges vrede, der Schlufs ähnlich dem 
in F. § 28 = Schäfer § 10, C 2 wert he upgeholden, he brecht 
dre margk , sunder he hebbe en teken. § 29 = Schäfer § 11. 
§ 30 = Schäfer § 12 wie EmJF. §§31 und 32 = Schäfer 
§§12 und 13 wie J. § 33 = Schäfer § 15, C 2 am Schlufs: 
darvor schal des konynges rum wesen, § 34 == Schäfer § 16 
wie EraJ. § 35 = Schäfer § 16 a wie J, C 2 hat bueman. 
§ 36 = Schäfer § 17 wie JF. § 37 = Schäfer § 18 wie 
EmJF. § 38 = Schäfer § 19 wie Em. § 39 lautet: Ock en 
schal neyne karre gaen by j margken, he en hebbe des tolners 
orloff; varet se sunder teken umme gelt, so breckt se j margk, 
s. Schäfer § 20. § 40 = Schäfer § 21, am Schlufs mit dem 
Zusatz unde deme sturmanne, § 41 = Schäfer § 22. §42: 
Item en schal neyn vischman, amptman, sturman wapene dreghen 
dach edder nacht by ener margk unde by vorlust der wapene, de 
he drecht, unde j margk, s. Schäfer § 23. § 43 = Schäfer 
§38, anders fehlt C 2, C 2 kopet statt koft heft. § 44 = 
Schäfer § 39 wie Em, aber C 2 am Schlufs: by 40 margken 
unde by deme gude, dat he koft, § 45 = Schäfer § 40 wie Em, 
am Schlufs mit dem Zusatz: unde 40 margk dartho. § 46: 
Ock en sali neyn voget mer kroge uppe syner vitten hebben, wen 
syne privilegie uthwysen, alse eme unse voget myt willen toleth unde 
don, wes unse rechticheyt, s. Schäfer § 41. § 47 = Schäfer §42 



— 235 — 

wie EmJ, C 2 mit dein Zusatz myt synen rechten Privilegien, 
§ 48 .= Schäfer § 43 wie EmJ. § 49 = Schäfer § 45. § 50 
= Schäfer § 46 wie Em, C 2 dat scheide darumme gaen, alse en 
but recht (!) were, unde dat scholde jo rechte ticht wesen. § 51 
= Schäfer § 47, am ähnlichsten Em. § 52 = Schäfer § 48 
teils wie J, teils wie Em. § 53 = Schäfer § 49 ebenso. § 54 
:= Schäfer § 50, fast übereinstimmend mit EmJ. § 55 = 
Schäfer § 55, C 2 in de bue to Schonore unde Valsterbode, unde 
hoy fehlt C 2. § 56 = Schäfer § 56. § 57 = Schäfer § 58. 
§ 58 == Schäfer § 59, C 2 zsaken statt laken. § 59 = Schäfer 
§ 60 wie J. § 60 = Schäfer § 61, C 2 buten dat velt up dat 
velt und dai he koft hefft. § 61 = Schäfer § 62, C 2 Z£/^ dar- 
mede begrepen worde , so schal dat wand vorbroken syn unde 
40 margk, §§ 62 und 63 = Schäfer §§ 63 und 64. § 64: 
Tho detne ersten male schal en swar nobel 3 Lubesche margk 
gelden. Item de lichte nobel j margk. Item Lub, gülden 26 schilt. 
Lub. Item de Rynse gülden 20 s. Lub. Item de postlatsche gülden 
18 s. Item Äey[n]oldesche gülden i margk. Item de bisschoppes- 
gülden 75 s. Lub. Item schilde 75 s. Lub. Item de Arnoldus- 
gulden 12 s. Lub. Item vynt man nye Rynsche güldene, dar eyn 
appel uppe steyt, oft id keysers gülden weren, unde steyi upgeschreven 
Didericus de Brenthorst (!) , de syni valsch unde synt nicht wert 
14 s. unde we over duret uthghyfft, den sal men richten an syn 
hogeste; s. Schäfer § 65. § 65 = Schäfer § 66, C 2 to dat he 
dat bewysen moghe, § 66 = Schäfer § 67, C 2 Item schal mynes 
heren munte gaen like der veerleye munte. § 67 = Schäfer § 68, 
C 2 stede statt Schede. § 68 = Schäfer § 69, nur hat C 2 auch 
edder vorkopen. § 69 : Item schal nyn myndrick voren in de zee 
[unde] gudup dat land voren uth den schepen edder inschepenby vor tust 
u. s. w. wie Schäfer § 70. § 70 = Schäfer § 71, C 2 am 
Schlufs unde 40 margk wie F. § 71 = Schäfer § 72 mit 
unwesentlichen Abweichungen. § 72 = Schäfer § 73 J, C 2 
uppe mynes heren konynges erde unde don myneme heren deme ko- 
nynge, wes se eme plege synt, de nympt mynes heren voget unde 
tolner to Schonore unde to Valsterbode sunderliken in eren vrede 
unde velycheyt. § 73 : Item alle dejenne, de hyr ere erden hebben 
gehad, na der tyd id vrede wart tuysschen mynen heren deme ko- 
nynge unde den sieden^ unde hebben mynen heren dar nicht vul vor 



— 236 — 

dan, de wü mynes heren tolner nenen (\. nemen) in mynes heren 
vryheyd y sunder se komen nu unde bekennen ere erde unde don 
myneme heren, wes se eme plege syn; vgl. Schäfer § 74. § 74 
= Schäfer § 75. § 75: Item so hefft mynes heren gnade unde 
myner vrouwen gnade vorboot, dat men nen honte h schal uth- 
schepen unde nene perde by 12 margktn etc, § 76 = Schäfer 
§ 76; edder teyns fehlt C 2 ; Z. 12 v. o. C 2 70 Lub, d.; Z, 13 
V. o. 10 Lub, d.; nach eyn last soltes 10 den. schiebt C 2 ein: 
item eyn last beers 10 d. ; statt eyn vat yserens 10 d. hat C 2 
eyn vat osemundes 10 d. ; ofte gerste fehlt C 2 ; nach eyn last ters 
ofte gerste 10 d. schiebt C 2 ein: Item eyn last pickes 10 //., 
item eyn imstere 10 d., item eyn sloet vor en tonne 10 d.; statt 
eyn tonne vettes hat C 2 item vet ofte smol 10 d,; statt eyn pert 
10 d, hat C 2 item eyn perd nedden 10 marck 10 d., item [eyn] 
perd baven 20 marck g s.; hierauf schiebt C 2 ein: item eyn 
tonne zeelspeck 10 d,; statt eyn schippunt (sie) JO den, liest C 2 
vollständig: item eyn schippunt oeste 10 d.; statt eyn tonne licht 
10 den, hat C 2 item eyn tunne syns 10 d.; eyn tonne negel fehlt 
C 2, statt dessen hat C 2 : item eyn tunne koevlesches 5 d,, item 
eyn hoffyseren 5 d, ; statt eyn dosyn hantschen hat C 2 item eyn 
dossyn hosen 5 d.; eyn geladen wagen ß den. fehlt C 2, statt dessen 
hat C 2 item eyn tunne lasses ; nach eyn stucke gevarwedes wandes 
5 den, schiebt C 2 ein : item eyn deker lamfel; statt eyn tonne 
mels I engl, hat C 2 item i tonne äderen 2 engl,; statt eyn tonne 
lokes liest C 2 item en tunne sipollen i engl.; zwischen eyn tonne 
bers I engl, und eyn lamp hat C 2 item tunne visches i d,, item 
tonne (!) theers i d. ; eyn lyspunt blyes i engl, fehlt C 2 ; statt eyn 
syden Speckes i engl, hat C 2 item eyn side vlesches i d. ; von eyn 
tonne dorsches i engl, bis zum Schlufs hat C 2 statt i engl, 
stets i d. 

Diese Schonensche Mote setzt bereits Langebek wegen des 
königlichen Titels (König von Schweden und Herzog von Schles- 
wig, Graf von Holstein und Stormam) zwischen 1460 und 1474. 
Ein genaueres Datum innerhalb dieses Zeitraums läfst sich nicht 
ermitteln. In den Akten der Kopenhagener Verhandlungen 
zwischen König Christian und den Ratssendeboten Lübecks, 
Rostocks und Wismars im Juni und Juli 1462 wird das Motbuch 



— 237 — 

dreimal erwähnt', an der ersten Stelle unter Bezugnahme auf 
die Zollrolle des Motbuchs, tiberall jedoch ohne Erwähnung einer 
Textstelle der Mote. Die damals von Christian versprochene Ab- 
schrift des Motbuchs befand sich 1469 noch nicht in Händen des 
lübischen Vogts ^. 1 464 ordnete die Königin Dorothea die Verkün- 
digung und Beschwörung der Mote auf Schonen an 3. Die Städte 
beriefen sich 1475 ^^^ 1476 auf das Motbuch ♦. Die wenigen Angaben 
der Mote, die auf bestimmte Ereignisse hinweisen oder zur Bestim- 
mung der Abfassungszeit der Mote dienen könnten, führen auf die 
Zeit vor Christians Regierung. Während in dem gedruckten Text, 
§ 65, nur eine aus der Zeit König Johanns I. stammende Liste der 
gangbarsten fremden Goldmünzen , die im Schonenverkehr um- 
liefen, vorliegt, liefert unsere Mote in § 64 eine Valvationstabelle 
der fremden Münzsorten mit Zugrundelegung der Lübischen 
Münzwerte, d. h. der des wendischen Münzvereins, Nach der 
Mote gilt der schwere Nobel 3 M. Lüb., der leichte Nobel 3 M. 
(Lüb.), der Lübische Gulden 26 Seh. Lüb., der rheinische Gulden 
20 Seh. Lüb., der Postulatusgulden 18 Seh. (Lüb.), der Reinoldus- 
gulden I M., der Bischofsgulden 15 Seh. Lüb., der Schild 15 Seh, 
Lüb., der Arnoldusgulden 12 Seh. Lüb. Da der Kurswert der 
fremden Münzen für Schonen zwischen dem königlichen Vogt, 
dem Zöllner und den Hansestädten vereinbart wurde und das 
Münzwesen Dänemarks sich im Laufe des 15 Jahrhunderts nach 
dem Vorbilde des Lübeckischen umgestaltete 5, kann man die 
Sätze der Mote zusammenstellen mit den Valvationen im dänisch- 
wendischen Münzvertrage von 1424, den späteren wendischen 
Mtinzrecessen u. a. Nachrichten aus dem Bereiche des wendischen 
Münzvereins. Hieraus ergeben sich bis in die Abfassungszeit 
der Mote folgende Kurswerte der am häufigsten genannten, ein- 
zelnen Goldmünzen: schwerer (alter) Nobel 1424 = 2-^ 10 ß^, 
1441 = 3 / 15 ß7, 1450 = 3/10 ß8, 1462 = 3/12 ß9, 



' von der Kopp, H.-R. 5 n. 243 §§ 36 u. 44, n. 245 § 7. 

* a. a. O. 6 D. 251 §§ 13 u. 14, n. 252 § 11. 

3 a. a. O. 5 n. 525. ♦ a. a. O. 7 n. 300 § 2, n. 338 § 67. 

5 Schäfer a. a. O. S. XCV f. 

^ Koppmann, H.-R. 7 n. 740 § 7. 

7 von der Kopp, H.-R. 2 n 521 § ii. 

* von der Ropp, H.-R. 3 n. 676 §§ 7 u. 15. 
9 H. U.-B. 8 n. 1212. 



— 238 — 

1467 = 3 -^ *o ß% — Mote 3 ^; leichter (neuer) Nobel 
1441 = 3/8 Witte 3, 1450 = 3 ^ 5 ß4, 1462 = 3 -^ 
6 ß6, 1467 = 3 / 4'/' ß', — Mote 3 /; Lübischer Gulden 
(1436 = 27 und 28 ß) ^, 1441 = 26 ß 3, (1445 = 28 ß) ♦, 1450 
.= 27 ßs, (1461 = 32 ß)% 1462 = 29 ß^ 1467 = 28 ß7, 

— Mote = 26 ß; rheinischer Gulden 1424 = i ^^, 1433 = 
20 ß9, (1436 = 21 und 21^/2 ß)^, 1441 == 21 ß weniger 

3 /^ ^ 1450 = 21 ß^ 1461 = 22 ß'° (24 ß und 24 ß 6 4)% 
1462 = 22 ß^, 1463 = 21 ß [galt 23, auch in den folgenden 
Jahren]", 1467 = 23 bezw. 21 ß% 1468 = 22 (23?) ß'^, — 
Mote = 20 ßj Reinoldusgulden 1441 =1^3^ 145^ = 1^7^ 

— Mote = I ^; Bischofsgulden 1424 = 13 ß^, 1441 = 
15 ß3, 1467 = 14 ß7, — Mote = 15 ß; Postulatusgulden, 
dessen Annahme die Münzrecesse von 1441 und 1450 ver- 
boten ^3^ 146^ = 13 ß7^ — = Mote 18 ß. Die Vergleichung 
zeigt, dafs die Mote den Umlaufswert der meisten Goldmünzen 
ungefähr so ausdrückt , wie ihn die ' übrigen Valvationen in 
früheren Jahrzehnten, etwa für das Ende der Regierungszeit Erichs 
angeben. Auch die Zeitbestimmung in § 73 der Mote: na der 
tyd id vrede wart tuysscken mynen heren deme konynge unde den 
sieden pafst nicht auf ein Ereignis der Regierungen Christians 
oder Christophs, die mit den in erster Linie in Betracht 
kommenden wendischen Hansestädten keine Kriege geführt haben. 
Vermutlich ist der zwischen Erich und den wendischen Städten 
in Wordin gborg geschlossene Frieden vom 17. Juli 1435 genieint. 



I von der Kopp, H.-R. 6 n. 56 § 8 u, n. 58 § 8. 

* Grautoff, Hist. Schriften 3 S. 160 Anm. 152. 
3 von der Ropp, H.-R. 2 n. 521 § 11. 

♦ Grautoff a, a. O. S. 161 Anm. 154, 

5 von der Ropp, H.-R. 3 n. 676 §§ 7 u. 15. 
^ H. U.-B. 8 n. 1212. 

7 von der Ropp, H.-R. 6 n. 56 § 8 u. n. 58 § 8. 

8 Koppmann, H.-R. 7 n. 740 § 7. 

9 von der Ropp, H.-R. i n. 156 § 7. 

'° von der Ropp, H.-R. 5 n. 182 u. 183 liest: 32/?, Lüb. U.-B. 10 
n. 98 u. 99 : tweundetwintich, 

'^ von der Ropp, H.-R. 5 n 305 §§ i u. 2, dazu n. 592 flf. 

" von der Ropp, H.-R. 6 n. 92 § i. 

'3 von der Ropp, H.-R. 2 n. 521 § 18, 3 n. 676 § 15, Grautoff a. a. 0. 
S. 161. 



III. 

ÜBER DEN ANGEBLICHEN PLAN EINES 
BÜNDNISSES DER HANSESTÄDTE MIT KÖNIG GEORG 

VON BÖHMEN IM JAHRE 1458. 

VON 

WALTHER STEIN. 

Im letzten Jahrzehnt vor der Mitte des 15. Jahrhunderts 
hatte die besonders durch die brandenburgischen Fürsten und 
Christoph von Dänemark hervorgerufene Spannung zwischen 
Fürsten und Hansestädten den höchsten Grad erreicht. Die Be- 
zwingung Berlin -Kölns durch Kurfürst Friedrich von Branden- 
burg, den Führer der fürstlichen Städtefeinde in Norddeutschland, 
hatte Kämpfe zwischen Fürsten und Städten in den umliegenden 
Territorien zur Folge'. Christophs Tod (Januar 1448) vereitelte 
den Ausbruch gefährlicherer Kämpfe. Zwar gelang es dem Kur- 
fürsten durch Benutzung der dänisch - schwedischen Streitigkeiten, 
auch Christophs Nachfolger, Christian, für seine Pläne einzu- 
spannen, aber die Städte stellten den gegen sie gerichteten Bünd- 
nissen der norddeutschen Fürsten vom August 1449 ^^^ grofses 
Bündnis vom Dezember 1450 und April 1451 entgegen, die 
Pläne der Fürsten scheiterten und die Zwiste und Waflfengänge 
zwischen Fürsten und Städten blieben fernerhin vereinzelt. In 
diesen Wirren nimmt die Hanse wie die einzelnen Städtegruppen 
eine defensive Haltung ein. Die Fürsten erscheinen als die An- 



' Vgl. von der Ropp, Jahrg. 1886 S. 41 ff., Christensen, UniouskoD- 
gerne og Hansestaederne S. 83 ff., 159 ff., 178. 



— 240 — 

greifer und von ihnen gehen die Pläne zur Beseitigung der Selb- 
ständigkeit der Städte aus. Die Städte rüsten und vereinigen sich 
zur Abwehr dieser Angriffe und sind aus ihrer Verteidigungs- 
stellung auch später nicht herausgetreten. Es überrascht daher, 
dafs nach einer Nachricht vom 9. April 1458 Lübeck für sich 
und die Hansestädte dem neuen König von Böhmen, Georg von 
Podiebrad, ein Bündnis angetragen haben soll. Kein Geringerer 
als der eifrigste und entschiedenste Städtefeind dieser Jahrzehnte, 
zugleich im Reiche einer der klügsten und erfahrensten Poli- 
tiker und der tapferste Kriegsmann, Markgraf Albrecht von 
Brandenburg, ist es, der am genannten Tage diese Nachricht 
seinem Bruder, dem Kurfürsten, meldet. Da der Markgraf seinen 
Bericht von dem Bündnisanerbieten Lübecks mit böhmischen 
Angelegenheiten in Zusammenhang bringt, ist ein kurzer Über- 
blick über die Lage der Dinge in Böhmen unumgänglich. 

Nach dem am 23. November 1457 unerwartet zu Prag er- 
folgten Tode des jungen Königs Ladislaw von Böhmen und 
Ungarn kamen für die Nachfolge auf dem erledigten Thron 
Böhmens eine Reihe von Prätendenten in Betracht ^ Herzog 
Wilhelm von Sachsen erhob als Gemahl der ältesten, Kasimir 
von Polen als Gemahl der jüngeren Schwester Ladislaws Erb- 
ansprüche. Der Kaiser und die österreichischen Herzöge konnten 
auf Grund der Oberlehnsherrlichkeit des Reichs und der älteren 
Erb vertrage mit den Luxemburgern Ansprüche geltend machen. 
Karl VIL von Frankreich warb für seinen gleichnamigen Sohn 
um die Krone. Bei den Verhandlungen der böhmischen Stände 
im Dezember wurde auch auf Herzog Ludwig von Baiern und 
Markgraf Albrecht von Brandenburg als geeignete Thronkandi- 
daten hingewiesen, und die Stände der Lausitz wünschten den 
Kurfürsten Friedrich von Brandenburg als König von Böhmen*. 

^ Das Folgende stützt sich hauptsächlich auf die eingehenden Dar- 
stellungen A. Bachmanns, Ein Jahr böhmischer Geschichte, Archiv f. Osten- 
Gesch. 54, S. 37 ff., und Böhmen und seine Nachbarländer unter Georg voa 
Podiebrad 1458 — 1461; vgl. auch Palacky, Gesch. von Böhmen 4, 2, S. lyff.^ 
Hnber, Gesch. Österreichs 3, S. 119 ff. 

* Leroux, Nouvelles recherches crit. sur les r^lations polit. de la France 
avec l'Allemagne de 1378 ä 1461 S. 301, nennt noch Philipp von Burgund 
unter den Thronbewerbern , der in den deutschen und böhmischen Quellea 
nicht erwähnt wird. 



— 241 — 

Der wichtigste Bewerber war der wirkliche Inhaber der Macht 
in Böhmen, der bisherige Gubemator Georg von Podiebrad. Von 
diesen Persönlichkeiten haben weder die wegen der österreichi- 
schen Herzogtümer untereinander verfeindeten Habsburger noch 
Ludwig noch die brandenburgischen Brüder ihre Ansprüche 
kräftig vertreten oder Versuche zur Erwerbung der Krone ge- 
macht. Kasimir, durch den Krieg mit dem Orden hinlänglich 
beschäftigt, hat wohl nur die Ansprüche seiner Gemahlin formell 
gewahrt \ Es blieben als ernstliche Rivalen Herzog Wilhelm, 
Karl VII. und der Gubernator, zu deren Ansprüchen und Be- 
werbungen die Nachbarmächte Stellung nehmen mufsten. Karl VII. 
blieb ohne fremde Unterstützung, dagegen erfreute sich Herzog 
Wilhelm eines beträchtlichen Anhanges. Ihn unterstützte zu- 
nächst mit Rücksicht auf die böhmischen Lehen in Meifsen und 
im Voigtlande sein Bruder Kurfürst Friedrich von Sachsen. Aus 
verschiedenen Gründen waren ferner die Brandenburger für Wil- 
helms Nachfolge. Seit der schmählichen, mit Danzigs Geld er- 
kauften Übergabe der Marienburg, Pfingsten 1457, war Polen 
Herr des Weichsellandes und Nachbar der Neumark, also Branden- 
burgs geworden. Aus diesem Grunde fürchtete Kurfürst Fried- 
rich von Brandenburg die Nachfolge Kasimirs von Polen in 
Böhmen. Von einem feindseligen Herrscher Böhmens waren 
ferner Versuche zur Wiedereinlösung der an Brandenburg ver- 
pfändeten, von Böhmen zu Lehen gehenden Teile der Lausitz 
zu erwarten. Endlich standen Sachsen, Brandenburg und Hessen 
seit April 1457 in enger Erbverbrüderung. Zur Sicherung ihrer 
eigenen Machtstellung wünschten daher die Brandenburger die 
böhmische Krone auf dem Haupte eines befreundeten Fürsten. 
Herzog Wilhelm war von den auswärtigen Prätendenten der 
thätigste. Im Dezember und Januar forderte er die Schlesier 
und Oberlausitzer, den Gubernator sowie böhmische Adlige und 
Städte zur Anerkennung seiner Ansprüche auf und richtete noch 
im Februar ein Manifest an die böhmischen Stände. Von allen 
Bewerbern befand sich aber Podiebrad in der vorteilhaftesten 
Lage, die er geschickt zu verwerten verstand. Er hatte die 
Regierungsgewalt in Händen, ihm kamen die Bestrebungen der 



* Vgl. Caro, Gesch. Polens 5, S. 171 f. 
Hansische Geschichtsblätter. XXV. l6 



— 242 

Böhmen zu statten, statt des Erbrechts ihr Wahlrecht zu be- 
gründen, ftlr ihn sprach die Abneigung der Böhmen gegen die 
Herrschaft eines Deutschen, vor allem unterstützte ihn die utra- 
quistische Geistlichkeit und der utraquistische Adel. Die Zwischen- 
zeit bis zu dem Wahllandtage, der auf den 22. Febr. 1458 
nach Prag ausgeschrieben war, benutzte er mit Klugheit und 
Vorsicht. Durch die im Januar von der ungarischen Nationalpartei 
vollzogene Wahl seines Schwiegersohnes Mathias zum Könige 
wurde der Präcedenzfall einer Königs wähl geschaffen, im Februar 
schlofs er vorteilhafte Freundschaftsverträge mitMathias. Im Lande 
bereitete er, ohne mit Geldspenden zu sparen, alles vor auf einen 
ihm günstigen Ausfall der Wahl. Nachdem französische und 
sächsische Botschaften auf dem Landtage ihre Werbung vor- 
getragen hatten, wurde am 2. März Podiebrad auf stürmisches 
Verlangen des Volkes zum Könige gewählt. 

Nach der Wahl kam es auf die Krönung an. Die Wahl 
allein konnte noch nicht als ein vollständiger Erfolg gelten, aus- 
wärts fand Georg nur sehr wenige Freunde, vor der Krönung 
hatte er sich mit den Forderungen der katholischen Partei ab- 
zufinden, seine Lage im Innern und nach aufsen war durch die 
Wahl schwieriger geworden. In Böhmen war seine Stellung am 
festesten , in Mähren zeigten sich besonders die gröfseren deut- 
schen Städte feindlich, die auch nach der bedingten Anerkennung 
des neuen Königs auf dem Brünner Landtage am 9. April ihre 
Anerkennung verweigerten. Die Lausitzer und die Schlesier, be- 
sonders Breslau, waren mit wenigen Ausnahmen entschiedene 
Gegner Georgs. Herzog Wilhelm war nicht willens, seine An- 
sprüche ohne weiteres fahren zu lassen. Bald nach der Prager 
Königswahl appellierte er mit Einspruch gegen deren Gültigkeit 
und Betonung des Rechts seiner Gemahlin an Papst, Kaiser und 
Kurfürsten, und sein Bruder, der Kurfürst, forderte von dem 
päpstlichen Legaten in Deutschland die Verhinderung der Krö- 
nung des ketzerischen Wahlkönigs. Die Hinderung der Krönung 
legte er am 19. März auch den befreundeten Brandenburgern nahe'. 



* Palacky, Urkundl. Beiträge z. Gesch. Böhmens u. s. Nachbarländer 
(1450 — 1471), Fontes rer. Austriac. 2. Bd. 20 n. 145; Bachmann, Ein 
Jahr etc. S. 108. 



— 243 — 

An demselben Tage vertraten auf einer Tagfahrt schlesi scher 
Fürsten und Prälaten sowie der Liegnitzer und Breslauer in 
Liegnitz böhmische und sächsische Deputierte die Rechtmäfsig- 
keit der vollzogenen Wahl des einen bezw, die Erbansprüche des 
andern Prätendenten. Die Versammlung verschob aber die Ent- 
scheidung auf einen neuen Tag in Breslau am 17. April. Im 
Reiche fand Podiebrad aufser dem Bischof von Würzburg keinen 
Freund, die österreichischen Herzöge traten jetzt mit ihren Erb- 
ansprüchen an Böhmen und Mähren hervor. Nur Mathias von 
Ungarn und der in Ungarn anwesende Kardinal Carvajal be- 
glückwünschten den Gubemator zu seiner Erhebung, sie haben 
aber für die durch einen ungarischen Bischof zu vollziehende 
Krönung schwere Bedingungen gestellt. So schien Georgs Lage 
noch recht bedenklich. Markgraf Albrecht versprach dem Kur- 
fürsten Friedrich von Sachsen am 29. März, seine Räte zu jener 
Tagfahrt nach Breslau schicken und mit allen ins Einverständnis 
treten zu wollend Auf dieser Versammlung, bei der u. a. Bot- 
schaften Herzog Wilhelms, König Georgs, des sächsischen Kur- 
fürsten, Markgraf Albrechts und des Magdeburger Erzbischofs 
anwesend waren, sind die Ansprüche Georgs, Sachsens, Öster- 
reichs und Polens nochmals vorgetragen und erörtert worden. 
Erfolgte auch nicht die Anerkennung Georgs, so wurde docli 
auch kein feindseliger Beschlufs gegen ihn gefafst. Der Beschlufs 
der Versammlung, erst nach Entscheidung an gebührlicher Stelle 
einen König anzuerkennen, bedeutete im Grunde einen Erfolg 
Podiebrads. Von einer Empörung der nördlichen Nebenländer 
gegen ihn war keine Rede, nur Breslau verweigerte unbedingt 
die Anerkennung. Nach wiederholtem Aufschub der Krönung 
empfing Georg gegen vorherige geheime Leistung eines Krönungs- 
eides und Abschwörung seines Glaubens am 8. Mai die Krone aus 
der Hand ungarischer Bischöfe. 

Vor die Breslauer Versammlung fällt nun das erwähnte 
Schreiben des Markgrafen an seinen Bruder*. Er berichtet 



* a. a. O. 

* Bachmann, Utk. und Aktenstücke z. österr. Gesch. im Zeitalter Kaiser 
Friedrichs III. und König Georgs v. Böhmen, Fontes rer. Austriac. 2. Bd. 
42 n. 165, wiederholt Lüb. U.-B. 9 n. 926. 

16* 



— 244 — 

diesem am 9. April im tiefsten Geheimnis folgendes : Ein guter 
Freund seines Hauses habe ihm aus Böhmen mitgeteilt, das die 
von Lübeck ir treffenntlich botschafft gehabt haben bey dem newen 
erweiten zu Beheym von ir und der andern Heniisischen stete 
wegen und haben sich berumt ettlicher Merkischer stete, das sie der 
macht haben f das sie sich mitsampt ine und andern Henyschen steten 
verpindten wollen zu der krön, alsverrn sie der new erweit wil 
aufnemen; darauf wolle (nach dem Bericht des guten Freundes) 
König Georg eingehen ; die Lübecker seien wieder zurückgekehrt, 
um bei ihren Freunden das Bündnis zustande zu bringen^ sie 
hätten dem König zween gülden koppff und in yeden koppff tausent 
gülden geschenkt ; derselbe Freund habe ihm (dem Markgrafen) 
das Anerbieten gemacht, in dem Streit zwischen Sachsen und 
Böhmen wegen der sächsischen Ansprüche auf die böhmische 
Krone zu vermitteln, vielleicht eine Einung zwischen Sachsen, 
Brandenburg, Hessen und wen diese noch hinzuziehen wollten 
mit der Krone Böhmen zustande zu bringen; wenn der Mark- 
graf diese Vermittelung übernehmen wolle, würde König Georg 
seine den Lübeckern gegebene Zusage zurückziehen, deren Bünd- 
nisanerbieten gänzlich abschlagen und sich auf die Seite des 
Markgrafen stellen , womit dann alle Zwistigkeiten mit Branden- 
burg und Sachsen zur Ruhe kämen ; die Ansprüche Herzog Wil- 
helms an Böhmen sollten vorläufig ruhen, was besser wäre, als 
sie durch Krieg geltend zu machen. Der Markgraf fügt hinzu, 
er wolle der Sache nachforschen und sie, wenn sie sich also 
erfinde, an den Bruder und die sächsischen Fürsten bringen. Er 
wünscht, dafs der Kurfürst seinerseits Nachforschungen anstelle 
der puntnuss halben der Henysch stete , was wars oder gelogens 
dorinnen were, und bittet ihn am Schlufs, diesen Brief, nachdem 
er ihn gelesen, zu verbrennen. Der für die hansische Geschichte 
wichtigste Teil dieser Nachricht ist, dafs Lübeck im Namen der 
Hansestädte und mit Hinweis auf die märkischen Städte dem 
Böhmenkönige ein Bündnis angetragen und dieser eine Zusage 
gegeben haben soll, infolge deren Lübeck beabsichtigte, sich 
weiter bei den Hansestädten um das Zustandekommen des Bünd- 
nisses zu bemühen. Es ist gleich hier zu bemerken, dafs diese 
Nachricht die einzige ist, die von den damaligen Beziehungen 



— 245 — 

Lübecks und der Hansestädte zu Podiebrad und die daran ge- 
knüpften Anträge Podiebrads an den Markgrafen berichtet \ 

Erst in seiner zweiten, kürzeren Erzählung der Ereignisse 
in Böhmen seit dem Tode Ladislaws hat Bachmann ^, der obiges 
Schreiben zuerst auffand und veröffentlichte, den Inhalt desselben 
benutzt. Nach ihm ist es Podiebrad selbst 3, der in der Absicht, 
mit seinen Gegnern Beziehungen anzuknüpfen, durch den »guten 
Freund« den Markgrafen von dem Vorschlage der Lübecker und 
seiner Stellung dazu unterrichten und den erwähnten Vermittelungs- 
antrag stellen läfst. Über die That sächlichkeit des lübischen 
Anerbietens spricht Bachmann sich nicht aus, scheint aber nicht 
daran zu zweifeln ; jedoch läfst er die Möglichkeit bestehen, dafs 
Podiebrad die Brandenburger »nur einschüchtern und zu einem 
Ausgleiche geneigt machen wollte«. Priebatsch^, der ohne Be- 
zugnahme auf Bachmanns Darstellungen die auf die Hanse be- 
züglichen Stellen des Schreibens zum Teil gesperrt abdruckt, be- 
hauptet geradezu: *Im Jahre 1458 versucht Lübeck, mit dem 
neugewählten Böhmenkönige, Georg Podiebrad, Verbindungen 
anzuknüpfen. Durch grofse Geldsummen will die Stadt den 
König für einen Krieg gegen die Mark gewinnen. Sie verspricht 
ihm die Hilfe der Hanse. Der Preis des Kampfes dürfte eine 
Wiederbefreiung der märkischen Städte gewesen sein«. 

Die bisherige Verwertung der ganz vereinzelt dastehenden 
Nachricht mufs um so mehr zu Bedenken Anlafs geben, als die 
Angaben des »guten Freundes« schon von dem einzigen, der 
sie überliefert hat, dem Markgrafen, als zweifelhaft bezeichnet 
werden. Die Frage nach der Glaubwürdigkeit der ganzen Mit- 
teilung des »guten Freundes« teilt sich in die nach der Glaub- 
würdigkeit ihres oder ihrer Urheber einerseits und nach der 



' Auch Priebatsch, der für seine unten erwähnte Darstellung aufser der 
gedruckten Litteratur eine Reihe von Archiven benutzt, s. S. [220], hat kein 
neues, mittelbar oder unmittelbar auf die obige Nachricht bezügliches Zeug- 
nis beigebracht. 

* Böhmen u. s. Nachbarländer S. 16 f. 

3 Vgl. auch Arch. f. Österreich. Gesch. 64, S. 252. 

♦ Die HohenzoUern und die Städte der Mark im 15. Jahrhundert S. 120 
u. Anm. 8. 



— 246 — 

Thatsächlichkeit der von diesem oder diesen berichteten Dinge 
andererseits. 

Was damals über Vorgänge in Böhmen an den benachbarten 
Fürstenhöfen erzählt wurde, erweist sich wiederholt als unzu- 
verlässig. Nachrichten von einer Verbindung des Bischofs von 
Wtirzburg mit Podiebrad in Eger am 24. April und von einer 
Botschaft der drei geistlichen Kurfürsten daselbst stellten sich 
als falsch heraus ^ Dafs selbst vom Hoflager des neuen Königs 
unzuverlässige Nachrichten ausgingen, zeigt Bachmann ^ an. dem 
Beispiel der Verbreitung einer unwahrscheinlichen Nachricht von 
einem angeblichen Schreiben des Kaisers an Georg, worin jener 
diesen zur Befreiung des gefangenen Ulrich von Eizinger und 
damit zum Kriege gegen Herzog Albrecht von Österreich auf- 
gefordert haben soll. Es steht aufser Zweifel, dafs Kurfürst 
Friedrich von Brandenburg Agenten in Böhmen und in der Nähe 
Podiebrads hatte. Ein solcher berichtete dem Kurfürsten am 
9. Mai aus Prag über die Krönung Podiebrads, die dabei ge- 
pflogenen Unterhandlungen über die religiöse Frage, die über- 
mütig-festliche Stimmung des Volkes, Ereignisse in Mähren u. a. 3. 
Von diesem Bericht, dessen Autor sich nicht nennt, erklärt 
wiederum Bachmann, dafs er, weil er »sich zumeist auf das Ge- 
rede der Leute stütze, unzuverlässig und am unzuverlässigsten 
in den wichtigsten Punkten c sei*. Der Bericht des »guten 



* Bachmann , Böhmen u. s. Nachbarländer S. 10 f., Fontes rer, Aust. 
2. Bd. 42, S. 242, 250. 

^ a. a. O. S. 6 f., Fontes a. a. O. n. 182. 

3 Dieser Prager Bericht vom 9. Mai ist 1860 von Palacky, Urk. Beitr. 
a. a. O. D. 156 als Bericht an Markgraf Albrecht von Brandenburg aus einer 
»Abschrift im kgl. geh. Cabinetsarch. in Berlin« und 1859 von Riedel, Cod. 
dipl. Brandenb. 3, i S. 327 f. als Bericht an Kurfürst (Friedrich) aus dem 
»Orig. des kgl, Hausarchivs« gedruckt worden. Der Güte Herrn Archivrat 
Berners in Berlin verdanke ich die Feststellung, dafs der Bericht nur im Orig. 
vorliegt und daher mit gröfster Wahrscheinlichkeit an den Kurfürsten Fried- 
rich gerichtet war. Bachmann , der den Druck bei Riedel übersah, benutzt 
das Schreiben als den Bericht eines Agenten Markgraf Albrechts, s. die in 
der folg. Anm. angezogene Stelle und Böhmen u. s. Nachbarländer S. 16. 
In Zeile 12 des Drucks bei Palacky S. 151 läfst dieser nach krönen aus 
und salben^ Riedel nach gelobin: und sweren; aufserdem fehlt bei Palacky 
der ganze Schlufspassus. 

4 Arch. f. öslerr. Gesch. 54, S. 137 Anm. i. 



— 247 — 

Freundes« des Markgrafen wird daher auch nicht ohne weiteres 
auf Glaubwürdigkeit Anspruch machen dürfen. Aus den Worten 
des erwähnten Krönungsberichterstatters aus Prag: »Auch höre 
ich oft über Tisch drohen, dafs sie [d. h. die Böhmen] alle 
deutschen Fürsten zu bezwingen meinen und besonders den von 
Sachsen , und meinen dazu auch die Lausitz und die Mark zu 
haben und alles, was zur Krone Böhmen gehört«, erkennt man 
die Wünsche des Volkes und den Boden, auf dem Gerüchte 
entstehen konnten, die mit diesen Wünschen in Zusammenhang 
standen. Indessen kann der »gute Freund« des Markgrafen in 
der lübischen Angelegenheit genau unterrichtet gewesen sein, 
um so genauer und zuverlässiger, wenn Podiebrad selbst, wie 
Bachmann annimmt, die Quelle war, aus der er schöpfte. 

Aber diese Annahme steht keineswegs auf sicherem Boden. 
Der Markgraf deutet in seinem Briefe mit keinem Wort und 
keiner Wendung an , dafs nach seinem Dafürhalten die ganze 
Nachricht auf Podiebrad selbst zurückgehe und der »gute Freund« 
nur den Vermittler spielen solle. Vielmehr nimmt er die ganze 
Nachricht mit Mifstrauen auf. Wegen des Bündnisses der Hanse- 
städte mit Podiebrad soll Kurfürst Friedrich nachforschen, was 
daran wahr oder gelogen sei. Der Markgraf hält die Thatsache 
des Bündnisses nicht ohne weiteres für richtig. Er wünscht 
daher nicht sogleich weitere Nachforschungen über die Art des 
geplanten Bündnisses selbst, sondern hält die Möglichkeit offen, 
dafs die ganze Nachricht erlogen sei; Wichtiger ist, dafs er 
auch den anderen Teil des Berichts, den Antrag auf Vermittelung 
bei den Sachsen und Einung der befreundeten Fürstenhäuser mit 
Böhmen nicht als unbedingt zuverlässig betrachtet. Er erklärt 
sich noch nicht über seine Stellung zu diesem Antrage, was er 
von ihm hält, ob er ihm Folge geben wird, sondern zuerst will 
er weiter nachforschen und erst wenn er »die Sache also er- 
findet«, will er sie an die sächsischen Fürsten und seinen Bruder 
bringen. Das kann nur bedeuten, dafs er sich vorher Gewifs- 
heit verschaffen will, ob der Vermittelungsantrag ernst gemeint 
ist, ob er von mafsgebender Stelle an ihn gerichtet ist, ob daher 
seine eventuelle Vermittelung eine gewisse autoritative Grundlage 
haben wird. Es scheint daraus doch hervorzugehen , dafs der 
in diplomatischen Verhandlungen ja sehr erfahrene Markgraf sich 



— 248 — 

über den Gewährsmann seines »guten Freundes« im Zweifel be- 
findet und die ganze Mitteilung des letzteren daher vorläufig 
noch beargwöhnt. Sollte der Markgraf, wenn er als den Hinter- 
mann des »guten Freundes« den König selbst oder eine wohl- 
unterrichtete Person vermutete oder voraussetzte, dies in einem 
so vertraulichen Briefe an den Bruder nicht angedeutet oder 
seine Überzeugung von der Glaubwürdigkeit der Mitteilung des 
»guten Freundes« nicht in anderer Weise deutlicher zum Aus- 
druck gebracht haben? 

Immerhin ist die Möglichkeit zuzugeben, dafs Podiebrad 
selbst oder ein Vertrauensmann desselben der Gewährsmann des 
»guten Freundes« war. Dann entsteht die Frage, welchen Zweck 
die Übermittelung des Berichts und Antrags durch den »guten 
Freund« an den Markgrafen verfolgte — gleichgültig, ob die 
Behauptung von dem Bündnisanerbieten Lübecks erlogen bezw. 
der Vermittelungsantrag ernst gemeint war oder nicht. Es ist 
anzunehmen , dafs man am böhmischen Hofe glauben konnte, 
durch solche Mitteilungen auf die beiden Brandenburger Eindruck 
zu machen. Denn die städtefeindliche Gesinnung Albrechts und 
die frühere Spannung zwischen Friedrich und den Hansestädten, 
vorzüglich der märkischen Städte wegen, waren jedenfalls in 
Böhmen bekannte Dinge. Ferner hatten im Februar Albrechts 
Gegner, Herzog Ludwig von Baiern - Landshut und Pfalzgraf 
Friedrich der Siegreiche, ein gegen Albrecht und die Ausdehnung 
des Nürnberger Landgerichts gerichtetes Bündnis geschlossen. 
Vielleicht bezweckte die Nachricht von dem Bündnis mit den 
Hansestädten, die brandenburgischen Brüder mit Rücksicht auf 
die bevorstehende Breslauer Versammlung zu veranlassen, sich 
selbst und die sächsischen Fürsten auf dem auch für Podiebrad 
vorteilhaften Wege des Friedens zu halten und ihre Aufmerksam- 
keit vom Süden nach dem Norden abzulenken ' . Die Verfolgung 
solcher Absichten von Seiten Podiebrads liegt im Bereiche des 
Möglichen. Es ist aber erstens nicht bekannt, ob die Nachricht 
von dem Bündnisanerbieten der Hansestädte und dem daran ge- 
knüpften Vermittelungsantrag den Markgrafen zu Verhandlungen 
mit den sächsischen Fürsten bewogen hat, und zweitens ist es 



* Vgl. Bachmann a. a. O. S. 24 f. 



— 249 — 

sicher, dafs solche Verhandlungen, wenn sie stattgefunden haben, 
keinen Erfolg hatten. Denn die sächsischen Fürsten setzten ihren 
Widerstand gegen Podiebrad unbeirrt fort und hielten ihre Erb- 
ansprüche aufrecht. Der Markgraf blieb auf ihrer Seite und be- 
stärkte sie in ihrem Widerstände, indem er Herzog Wilhelm am 
i8. Mai riet, durch die beiden Kurfürsten von Brandenburg und 
Sachsen Podiebrads Aufnahme ins Kurfürstenkollegium verhindern 
zu lassend Die Mitteilung des »guten Freundes« hat also keine 
Änderung in der Haltung des Markgrafen und seines Bruders 
bewirkt. 

Wenn aber auch der Gewährsmann des »guten Freundes« 
eine hochgestellte Persönlichkeit am böhmischen Hofe gewesen 
wäre und die Mitteilung des »guten Freundes« einen erweis- 
lichen Einflufs auf die Stellung des Markgrafen zur böhmischen 
Königsfrage gehabt hätte — das erstere ist, wie gezeigt, zweifel- 
haft, das letztere nicht der Fall gewesen — , so wäre damit die 
wichtigste Frage , ob thatsächlich Lübeck namens der Hanse- 
städte dem neuerwählten Böhmenkönige ein Bündnis angeboten 
hat, noch nicht beantwortet. Behauptungen von Bündnisanträgen, 
Bündnisabschlüssen u. dergl. sind mit oder ohne bestimmte Ab- 
sicht oft genug aus der Luft gegriffen worden ; mitunter werden 
unbedeutende Vorgänge absichtlich zu gröfserer Bedeutung auf- 
geputzt, um damit einen Eindruck zu erzielen, und in bewegten 
Zeiten pflegen Wünsche und Hoffnungen sich schnell zu That- 
sachen und Ereignissen zu verdichten. Da über das angebliche 
Bündnisanerbieten Lübecks kein weiteres Zeugnis vorliegt, mufs 
der Versuch unternommen werden, aus der allgemeinen Lage 
der Hanse und aus ihrem Verhältnis zu den brandenburgischen 
Fürsten in jenen Jahren einen Schlufs auf die Glaubwürdigkeit 
jener Nachricht zu gewinnen. Der Politik Lübecks ist dabei 
besondere Beachtung zu schenken. 

Vorab ist zu bemerken, dafs Handelsbeziehungen der Hanse- 
städte, d. h. der in Betracht kommenden Gruppen der märkischen, 
sächsischen und wendischen u. a. Ostseestädte mit dem eigent- 
lichen Böhmen nicht Anlafs oder Grundlage für ein Bündnis mit 
Podiebrad abgegeben haben können. Wenn auch solche vor- 



' Palacky, Urk. Beiträge n. 158. 



250 — 

banden waren, sind sie doch stets geringfügig und auch damals 
keineswegs von irgendwelcher Bedeutung für die Hanse gewesen. 
Die wichtigste Handelsstadt der böhmischen Nebenländer, Breslau^ 
selbst Hansestadt, deren Kaufleute wiederholt im Ostseehandel 
genannt werden und einen regen Verkehr mit Flandern, Brabant 
und dem Niederrhein unterhielten, war gerade die unermüdlichste 
und leidenschaftlichste Feindin des neuen Böhmenkönigs. Der 
Bündnisantrag Lübecks müfste also wesentlich politische Zwecke 
verfolgt haben. 

Die Lage der Hanse und vor allem die der mafsgebenden 
wendischen Städte war damals nicht ungünstig. Nach sechs- 
jährigem Handelskriege mit Flandern war der hansische Kauf- 
mann aus seiner zeitweiligen Residenz Utrecht im August 1457 
wieder nach Brügge zurückgekehrt. Entsprachen auch die Zu- 
geständisse Burgunds und Flanderns für die Rückkehr des Kauf- 
manns bei weitem nicht den Forderungen der Hanse, so über- 
wogen doch die Vorteile der Rückkehr die Nachteile der 
Vereinsamung in Utrecht. Der Verkehr sollte wieder in die 
altgewohnten Bahnen geleitet werden, was man denn auch ins 
Werk zu setzen suchte. Mit den Holländern und Seeländern,, 
die von jenem Handelskriege den gröfsten Vorteil für sich ge- 
zogen hatten, ruhten die Verhandlungen über die alten Streitig- 
keiten aus dem dänischen Kriege und dem Kopenhagener 
Frieden seit mehreren Jahren. Jetzt mufste man versuchen, in 
eifrigem Wettbewerb ihnen das gewonnene Feld wieder zu ent- 
reifsen, wobei der Hanse zu statten kam, dafs Amsterdam wegen 
Unterstützung des Ordens im preufsischen Kriege in eine er- 
bitterte Fehde mit Danzig geraten war. Friedlich waren auch 
die Beziehungen zu England , nachdem Heinrich VI. den Streit 
mit Lübeck am i. März 1456 durch Gewährung eines acht- 
jährigen Stillstandes zwischen England, Lübeck und den preufsi- 
schen Städten beendigt hatte. In den nordischen Kämpfen 
zwischen Christian I. von Dänemark und Karl Knutson von 
Schweden hatten die wendischen Städte, gefördert durch die 
Haltung des ihnen stets wohlgesinnten Herzogs Adolf VIII. von 
Schleswig - Holstein , mit überlegener Geschicklichkeit gehandelt. 
Von Christian erwarben sie 1455 die Bestätigung der hansischen 
Privilegien in Dänemark und Norwegen. Karl Knutson, der 



— 251 — 

ihnen im nächsten Jahre die Bestätigung ihrer schwedischen 
Privilegien abschlug, mufste bereits im Februar 1457 aus seinem 
Reiche flüchten. Im Juni wurde Christian in Schweden zum 
Könige gewählt, im Juli gekrönt. Die Vereinigung der drei 
Reiche in Christians Hand brachte der Hanse keinen Nachteil, 
schon im Juni 1458 erlangte sie ohne Schwierigkeit von Christian 
die Erneuerung ihrer schwedischen Privilegien. Mit den Auf- 
ständischen in Preufsen war Christian schon bald nach dem Aus- 
bruch des Ordenskrieges (Febr. 1454) in Konflikt geraten. Danzig 
hatte seit Mitte 1455 Auslieger in der Ostsee und stand mit 
Christian und dem den preufsischen Orden unterstützenden Ordens- 
meister von Livland in offener Fehde. Durch die Aufnahme 
Karl Knutsons in Danzig wuchs die Bedeutung der Gegnerschaft 
Danzigs für den neuen König der drei Reiche. Aber Danzig 
suchte im September 1457 durch Vermittelung Lübecks sowie 
der schwedischen Reichsräte und Städte eine Aussöhnung mit 
Christian. Lübeck und die Schweden gewährten diese Vermittelung 
und so erhielt schon im Februar 1458 eine Gesandtschaft Danzigs 
Geleit zu einer Tagfahrt mit Christian in Schweden ^ Dafür 
widersetzte sich Lübeck, freilich erfolglos, der Aussendung der 
Danzigschen Auslieger in die See im Früjahr 1458. Der leb- 
hafte Handelsverkehr Lübecks und seiner Nachbarstädte mit 
Livland war bisher durch die Feindseligkeiten zwischen Dänen, 
Livländern und Danzigern , die die Ostsee beunruhigten , nicht 
erheblich gestört worden. Erst für das Jahr 1458 waren ärgere 
Beschädigungen zu befürchten und die livländischen Städte baten 
daher im September 1457 und später im Februar 1458^ Lübeck, 
Christian zur Abstellung des Kaperwesens der Dänen und 
Schweden zu bewegen. Den am 24. Juni 1457 abgelaufenen 
Beifrieden mit Nowgorod vermochten Gesandte der livländischen 
Städte nur bis zum 24. Juni 1458 zu verlängern. Da eine han- 
sische Gesandtschaft nach Nowgorod nicht zustande kam, mufsten 
die livländischen Städte im Februar 1458 die Schliefsung des 



I » Vgl. von der Kopp, H.-R. 4 n. 528, 529, 591-593. 59^, 597, 

Simson, Danzig im dreizehnjähr. Kriege, Zeitschr. d. westpreufs. Geschichts- 
I Vereins 29 S. 70. 

* von der Ropp, H!-R. 4 n. 562, 568 § 4. 



— 252 — 

Petershofes anordnen. Der kurze Überblick lehrt, dafs die Politik 
Lübecks auf den eigentlichen Interessengebieten der Hanse, so- 
weit die Quellen ein Urteil gestatten, auf den Frieden gerichtet 
war. Die vor nicht langer Zeit beendigten Streitigkeiten mit den west- 
lichen Ländern, die eben erst zum Vorteil des mit den wendischen 
Städten in gutem Einvernehmen stehenden Königs Christian aus- 
geschlagenen Kämpfe zwischen den nordischen Königreichen und 
der die anderen Ostseemächte stark beeinflussende preufsisch- 
polnische Krieg verlangten die Befolgung einer Friedens- und 
Vermittelungspolitik. Die Politik Lübecks entsprach durchaus 
den Interessen der Hanse. 

In den Territorien ruhten die Streitigkeiten und Fehden 
zwischen Fürsten und Städten zwar nicht, aber sie waren ver- 
einzelt. Kolberg lag in Fehde mit Bischof Henning von Kammin, 
hatte aber zugleich mancherlei Zwist mit Lübeck. Mehrere 
Raubanfalle adliger Strafsenräuber auf Kaufleute im April und 
Mai 1457 veranlafsten Versammlungen der wendischen Städte, 
zu denen auch die kleinen meklenburgischen Landstädte heran- 
gezogen wurden, und Verhandlungen mit Herzog Heinrich von 
Meklenburg, der die Herausgabe des beim ersten Überfall ge- 
nommenen städtischen Guts durchsetzen mufste. Die Einmischung 
der wendischen Städte im Juni in die inneren Angelegenheiten 
Stralsunds zu Gunsten des von dort entwichenen Bürgermeisters 
Voge reizte den Zorn der pomraerschen Herzöget Die meklen- 
burgischen und pommerschen Fürsten waren aber nicht glücklich 
in diesen territorialen Fehden. Einen Überfall der herzoglichen 
Jagdpartie durch Stralsunder im August vergalt Erich von Pom- 
mern-Barth mit Feindseligkeiten gegen Greifswald und den be- 
kannten Dr. Rubenow und mit Plünderung der von ihm zum 
Barther Jahrmarkt geleiteten Stralsunder Kaufleute im Oktober. 
Die Folge war ein Hilfsgesuch Stralsunds , welches Lübeck, 
Rostock und Wismar nur mit Vorsicht aufnahmen^, und eine 
Erneuerung des Bundes der vier pommerschen Hauptstädte Stral- 
sund, Greifs wald, Anklam und Dem min am 9. Nov. 3. Den 



' a. a. O. n. 538. 

* von der Ropp a. a. O. S. 417 f. 

3 Hans. U.-B. 8 n. 647. 



J 



— 253 — 

Herzögen Albert von Meklenburg und Heinrich von Stargard 
brachten die Stralsunder nicht lange darauf eine Niederlage bei. 
Zwischen Heinrich von Meklenburg, der die Scharte auswetzen 
wollte, und das kampfgerüstete Stralsund trat dann am Ende 
des Jahres Rostock als Vermittlerin. Der Streit Erichs und 
Stralsunds wurde von den Schiedsrichtern, den eigenen Städten 
des Herzogs, zu des letzteren Ungunsten entschieden. Für den 
Fall des Wiederausbruchs der Fehde zwischen Herzog Heinrich 
und Stralsund hatten die Städte diesem Hilfe zugesagt. Im De- 
zember 1457 und März 1458 kehrten Rubenow und Voge in 
ihre Städte zurück. Mit Lübeck selbst schlössen Herzog Hein- 
rich von Mecklenburg, Heinrich von Stargard und ihre Söhne 
am 20. März 1458 einen dreijährigen Friedend Die Städte 
treten in diesen territorialen Fehden nicht als geschlossene Ein- 
heit auf, Lübeck nicht als ihre Führerin. Dieses befolgt eine 
vorsichtige Interventionspolitik und sorgt für Herstellung des 
Friedens mit den Nachbarfürsten. Manche Sorge verursachte den 
Städten der Lüneburger Prälatenstreit, an dessen Verlauf haupt- 
sächlich die Gruppen der sächsischen und wendischen Städte 
beteiligt waren. Für diese handelte es sich vornehmlich darum,, 
in den inneren städtischen Wirren dem in den Recessen aus- 
gesprochenen Grundsatz der Verhinderung von Verfassungsände- 
rungen Geltung zu verschaffen, die Salzzufuhr von Lüneburg 
nach den Seestädten freizuhalten und einem Ausbruch gefähr- 
licher, Fürsten und Städte in Bewegung setzender und den Handel 
im weiteren Umkreise schädigender Unruhen vorzubeugen. Am 
8. April 1458 lud Lübeck sächsische und wendische Städte wegen 
vielfacher, wichtiger Anliegen des Kaufmanns zu Wasser und zu 
Lande und wegen des Lüneburger Prälatenstreites zur Tagfahrt 
nach Lübeck auf den i. Mai ein^, aber die meisten der Ein- 
geladenen lehnten aus verschiedenen Gründen ab, nur Braun- 
schweig und Buxtehude sagten, soviel wir wissen, ihr Erscheinen 
zu 3. Auch im Prälatenkrieg haben die Hansestädte und besonders 
Lübeck nur eine sehr behutsame Vermittelungspolitik befolgt. 



» Lüb. U.-B. 9 n. 598, Hans. U.-B. 8 n. 680. 

» Hans. U.-B. 8 n. 682. 

3 von der Ropp, H.-R. 4 n. 578 fF. 



— 254 — 

Es bleibt noch übrig, die Beziehungen der Seestädte zu den 
märkischen Städten und den brandenburgischen Ftlrsten ins Auge 
zu fassen. Die Unterwerfung Berlin-Kölns durch Kurfürst Fried- 
rich^ bedeutete an sich kein Ausscheiden der Schwesterstädte 
aus der Hanse , d. h. aus dem Recht der hansischen Kauf leute 
im In- und Auslande, sondern zunächst nur einen Verzicht auf 
Teilnahme an den Bündnissen der Hansestädte und damit not- 
wendig auch an deren Versammlungen. Da besonders im fünften 
Jahrzehnt des Jahrhunderts bei den Hansestädten die Vertretung 
ihrer eigentlichen Handelsinteressen und der städtischen Selbst- 
ständigkeit gegenüber den Fürsten Hand in Hand ging, erschienen 
die Versammlungen der Städte als Herde fürstenfeindlicher Be- 
strebungen und als Mittel zur Stärkung des Selbstständig- 
keitsgefühls der einzelnen Städte. Die völlig bezwungenen 
Schwesterstädte durften daher nicht mehr auf den Hansetagen 
erscheinen , womit dann auch ihr Einflufs auf Ordnung der all- 
gemeinen Angelegenheiten des deutschen Kaufmanns aufhörte. 
Wenige Jahre nach dem letzten mifslungenen Erhebungsversuch 
Berlin-Kölns bot sich ihnen die Gelegenheit, ihre Trennung von der 
Hanse deutlich zu machen. Auf der Lübecker Tagfahrt vom 
2 1. Sept. 1450 und im nächsten Jahre auf der Utrechter 
Versammlung wurden nebst zahlreichen anderen Hansestädten 
auch Frankfurt, Berlin, Stendal und Salzwedel wegen Nichtbesuchs 
der Tagfahrten zum Verlust der Hanse auf zehn Jahre verurteilt, 
wenn sie nicht bis zur nächsten Tagfahrt eine ausreichende Recht- 
fertigung beibringen würden^. Der Recefs der Lübecker Ver- 
sammlung vom Februar und März 1452 nennt ferner Branden- 
burg, Stendal, Salzwedel, Berlin und Frankfurt unter den Städten, 
die das im vergangenen Jahre verkündigte hansische Verbot des 
Handels mit Flandern nicht beachtet hatten 3. Um Ostern, da- 
mals der 9. April, wurden Berlin und Köln von ihrer bedingten 
Ausschliefsung aus der Hanse benachrichtigt. Sie erwiderten 



» Vgl. von der Kopp, Hans. Geschichtsbl. 1886 S. 42 f., Priebatsch 
a. a. O. S. 78 ff., Krüner, Berlin als Mitglied d. deutschen Hanse, Wissensch. 
Beil. z. Jahresber. d. Falk-Realgymnasiums zu Berlin 1897, S. 30 f. 

* von der Ropp, H.-R. 3 n. 649 § i, 709 § 20. 

3 a. a. O. 4 n. 63 § 10. 



— 255 — 

«rst am 22. Juli ^ in einem Schreiben, welches ihren Schmerz 
über die erlittene Demütigung im Kampfe mit dem Landesherrn 
und ihre jetzige Ohnmacht erkennen läfst. Mit Erinnerung an 
ihre vergeblichen Hilfsgesuche bei den grofsen benachbarten 
Hansestädten; an ihren verderblichen Schaden und schweren Fall 
wiesen sie nicht ganz mit Unrecht darauf hin, dafs ihr Aus- 
schlufs aus der Hanse und ihre Verurteilung in Strafe übereilt 
und ihre Niederlage Entschuldigung genug gewesen sei. Ohne 
aber bei dieser Rechtfertigung stehen zu bleiben, erklären sie 
unumwunden und definitiv ihren Verzicht auf die weitere »Mit- 
gesellschaft der Hanse«. Dieser im August in Lübeck einge- 
troffenen Erklärung folgte ein leider nicht erhaltenes Schreiben 
des Kurfürsten an Lübeck oder die Hansestädte »wegen seiner 
Städte Berlin und Köln « , welches ohne Zweifel dieselbe Angelegen- 
heit behandelte ^. Die anderen märkischen Städte haben ihre 
Rechtfertigung dargethan 3. Ob Berlin in den nächsten Jahren zu 
Hansetagen eingeladen wurde, ist zweifelhaft. Ein lübisches Ver- 
zeichnis der Städte, die den Besuch der Lübecker Tagfahrt vom 
24. Juni 1456 ablehnten, nennt auch Berlin, ist aber anscheinend 
inkorrekt 4. Doch wird Berlin in einer Sessionsliste von 1469 
wieder als Hansestadt aufgeführt 5 ; es hat eben nur auf jede äufsere 
Teilnahme an hansischen Angelegenheiten verzichten müssen. 
Die altmärkischen Städte, damals unter dem schwachen Regiment 
Friedrichs des Feisten , sind in regerer Verbindung mit den mafs- 
^ebenden Hansestädten geblieben. Frankfurt besuchte den Hanse- 
tag vom Juni 1456, ist später öfters eingeladen worden und 
meistens durch Vollmacht vertreten gewesen. Ebenso hat Branden- 
burg später einem Hansetage Vollmacht erteilt^. 

Für das Vorhandensein einer bedrohlichen Spannung zwischen 
den gröfseren Hansestädten und dem Kurfürsten Friedrich findet 
sich in diesen Jahren kein Zeugnis, wenngleich die gegenseitige 
Abneigung in einzelnen Vorgängen zu Tage tritt. Die politischen 



^ a. a. O. 7 n. 531. 

* Hans. U.-B. 8 n. 113 Einleitung. 

3 a. a. O. und von der Ropp, H.-R. 3 n. 672. 

♦ Hans. U.-B. 8 n. 472 Anm. 

5 von der Ropp, H.-R. 6 S. 164 § 20. 

^ Die Teilnahme der märkischen Städte an den hansischen Angelegen- 
heiten in späterer Zeit braucht hier nicht erörtert zu werden. 



— 256 — 

Ereignisse in den Ostseeländern erforderten die gespannte Auf- 
merksamkeit des Kurftirsten. Im preufsisch - polnischen Kriege 
ergriff er aus Grundsatz sowie der Neumark wegen die Partei 
des Hochmeisters, dessen Vorgänger ihm einst Hilfe gegen die 
aufständischen Berliner angeboten hatte ^ , aber einen offenen Krieg 
an der Seite des Ordens wagte er nicht. Bald nach dem Aus- 
bruch des Krieges suchte er Christian von Dänemark, der seinen 
Rat erbat, von einer Parteinahme zu Gunsten des preufsischen 
Bundes gegen den Orden zurückzuhalten. Er riet ihm ab, dem 
preufsischen Bunde, der sich mit der Bitte um freien Verkehr 
der preufsischen Kaufleute auf Grund der hansischen Privilegien 
an Christian gewandt hatte, »keine Hanse oder Bund« zu be- 
stätigen und sandte zur mündlichen Besprechung einen Unter- 
händler. Dieser Ratschlag des Kurfürsten ist wohl nicht ohne 
Einflufs auf Christians feindseliges Vorgehen gegen die Auf- 
ständischen in Preufsen und besonders die Danziger geblieben*. 
Im nächsten Jahre (1455), nachdem die Hansestädte bei Christian 
die Bestätigung ihrer Privilegien erreicht hatten, erwarb die Ver- 
wendung Kurfürst Friedrichs und seines Mündels Otto von Stettin 
im September den Kaufleuten des Stettiner Landes den Schutz- 
Christians und sicheren Verkehr in dessen Reichen 3. Dadurch 
ist eine gewisse Sonderstellung der Stettiner Kaufleute in den 



* Die Gemeinsamkeit dieser Interessen des Hochmeisters und der Branden^ 
burger tritt noch bei anderer Gelegenheit hervor. Der durch den preufsischen 
Bund bedrängte Hochmeister verfolgte mit Spannung die Entwickelung des- 
Krieges zwischen dem aufständischen Gent und Philipp von Burgund. Über 
den Verlauf des Krieges erhielt er wiederholt Nachrichten vom Niederrhein 
und besonders ausführliche über die Bedingungen, auf die die Genter nach 
ihrer Niederlage bei Gavre am 22. Juli 1453 sich dem Herzog unterwarfen. 
Der Elbinger Komtur Heinrich Reufs von Plauen sandte dem Hochmeister 
am 18. Oktober aus Neustadt in Österreich Mitteilungen über die politische 
Lage in Österreich samt einer besonderen czeitunge von dem herczogen czu 
Borgundien unde der stat Gent, In letzterer wird kurz über die Schlacht bei 
Gavre und genauer über die Unterwerfung Gents sowie die Frie,dens- 
bedingungen berichtet; am Schlüsse heifst es an: Item dese mere unde czei- 
tunge hot graff Ulrich von Wirtemberg geschicket marggraf Olbrecht von 
Brandenburg unde dobey geschreben, das im die von dem marschalk von Bor- 
gundien seyn czugesant worden (Staatsarchiv zu Königsberg). Von Albrecht 
hat sie vermutlich der Komtur erhalten. 

* Hans. U.-B. 8 n. 330 Einleitung. 
3 a. a. O. n. 416. 



— 257 — 

dänischen Fischereiplätzen und Handelsstädten gefördert worden. 
Der dänisch-schwedische Streit führte dann 1456 zu einem vor- 
übergehenden Zusammenwirken des Kurfürsten mit den wen- 
dischen Städten. Jedenfalls im Einverständnis mit Christian lud 
der Kurfürst Lübeck zu einer Versammlung nach Rostock auf 
den 7 . März ein , wo aufser Christian , dem Kurfürsten und 
anderen Nachbarfürsten auch Vertreter der Städte erschienen. 
Christian forderte von ihnen die Absendung einer Gesandtschaft 
an Karl Knutson, die im Mai nach Schweden ging und mit 
einem Gesandten Kurfürst Friedrichs den Schwedenkönig ver- 
geblich zur Einstellung des Krieges mit Dänemark zu bestimmen 
suchte ^ Der jüngere Friedrich von Brandenburg, Regent der 
Altmark und Priegnitz, suchte im Juni mit Lübeck und anderen 
»mächtigen« Städten wie Hamburg und Lüneburg Verhandlungen 
zur Unterdrückung der Strafsenräubereien anzuknüpfen*. Man 
sieht nicht, ob die Sache einen Fortgang hatte. Wiederholt 
traten in diesen Jahren der Kurfürst und sein Bruder Albrecht 
als kaiserliche Kommissare in städtischen Händeln auf. Fried- 
rich fällte 1456 einen Spruch im Streite zwischen dem Bürger- 
meister Voge, Stralsund und dem Herzoge von Barth 3, Albrecht 
liefs 1457 durch Boten die Streitigkeiten zwischen dem alten und 
neuen Rat in Lüneburg untersuchen*. Friedrichs Entscheid ent- 
sprach aber nicht einmal den früheren Forderungen Christians 
und der anderen Fürsten zu Gunsten Voges und Albrecht war 
es anscheinend nur um eine Gelderpressung zu thun. Über die 
Beziehungen des Kurfürsten zu Christian im Jahre 1457 fehlen 
Nachrichten. Am 3. April 1458 empfahl jener Stralsund seinen 
Rat Hans von Kokeritz , der in seinem Auftrage zu Christian 
gehe, und bat es, ihm zu schneller Überfahrt behilflich zu sein s. 
Der Zweck der Gesandtschaft ist unbekannt. 

Wir sehen die Hanse im Anfang des Jahres r458 auf den 
meisten Punkten ihres äufseren Interessengebietes und gegenüber 



' von der Kopp, H.-R. 4 S. 301 ff., Hans. Ü.-B. 8 n. 468, Christensen, 
UnioDskongerne S. 295 ff. 

* Ltib. U.-B. 9 n. 348. 

3 Lüb. ChroD., ed. Grautoff 2 S. 182. 

♦ a. a. O. S. 197 u. 200, Lüb. Ü.-B. 9 n. 439, 453, 578. 
5 Orig. im Stadtarchiv Stralsunds. 

Hansische Geschichtsblätter. XXV. 17 



— 258 — 

den Fürsten in einer vorteilhaften Stellung. Im Westen hatte 
sie Frieden seit kurzer Zeit und nach langen Zwistigkeiten. Mit 
dem Könige der drei Reiche standen die wendischen Städte in 
gutem Einvernehmen. Die Bestätigung auch der schwedischen 
Privilegien liefs sich bald erwarten. Den Streit zwischen dem 
Könige und Danzig, der den Ostseeverkehr beunruhigte, suchte 
Lübeck zu vermitteln. Die pommerschen und meklenburgischen 
Fürsten hatten im Kampfe mit Stralsund den kürzeren gezogen; 
bereits waren Friedensverhandlungen im Gange und zum Teil 
schon zum Abschlufs gebracht. Lübeck schlofs Frieden mit den 
Herzögen von M eklen bürg und Stargard und erfreute sich der 
Freundschaft Adolfs von Schleswig-Holstein. In den Beziehungen 
der Städte zu den brandenburgischen Fürsten zeigt sich, ab- 
gesehen von dem natürlich nicht freiwilligen Ausscheiden Berlins 
aus der Hanse , übrigens eines niemals einflufsreichen Mitglieds 
derselben , nichts von entschiedener Feindseligkeit. Spannung 
und Mifstrauen zwischen Fürsten und Städten waren immerfort 
vorhanden, aber der Ausbruch diesei Spannung in offene Fehden 
blieb vereinzelt, von ernstlichen Plänen zu allgemeinem Vorgehen 
der Fürsten gegen die Städte kennt man aus diesen Jahren so 
wenig wie von gemeinsamen Mafsnahmen der Städte gegen die 
Fürsten. 

In dieser Lage soll Lübeck im Namen der Hansestädte dem 
neuerwählten Böhmenkönige ein Bündnis angetragen, ihn mit 
reichen Geschenken zur Annahme desselben günstig gestimmt 
und das Bündnis bei den anderen Hansestädten vollends zu- 
stande zu bringen beabsichtigt haben. Ein Blick auf die ge- 
schilderte Gesamdage der Hanse zeigt, dafs ein solches An- 
erbieten ihrer sonstigen Politik und ihren Interessen widersprochen 
hätte. Mit der Wiederherstellung des Friedens mit den West- 
ländern hatten die Hanse und Lübeck den vornehmsten Zweck 
ihrer Politik , die Sicherung eines ruhigen Handelsverkehrs mit 
dem Westen , erreicht ; im Norden und Osten suchte sie weiter 
auf den Frieden hinzuwirken; sie hatte wertvolle Privilegien er- 
worben, andere in Aussicht *, ihre Beziehungen zu den Territorial- 
fürsten waren erträglich; stets befolgte Lübeck eine vorsichtige 
Politik der Vermittelung und des Friedens. Auf der anderen 
Seite stand der neue Böhmenkönig, Anhänger der von der kirch- 
lichen Uniformität abweichenden und von der Kirche stets nur 



~ 259 — 

widerwillig geduldeten Partei der Utraquisten, ein Emporkömmling, 
der Über das Erbrecht der Nachbarfürsten hinweggeschritten 
war, dessen Stellung auch nach der Wahl mit nichten befestigt 
war und möglicherweise erst durch einen Krieg erprobt werden 
mufste, der Herrscher eines Landes, dessen zuchtloses Kriegs- 
volk noch aus der Soester Fehde her bei den niederdeutschen 
Städten in böser Erinnerung stand und mit Schrecken genannt 
wurde. Mit diesem Könige ein Bündnis einzugehen, bedeutete 
ein entschiedenes Abweichen von der Friedenspolitik, einen Über- 
gang von der Politik der Vorsicht, Zurückhaltung und Ver- 
teidigung zu einer Politik der Verwegenheit und des Angriffes, 
eine Aufforderung an die Fürsten zum Zusammenschlufs ihrer- 
seits. Nichts hätte den Fürsten einen besseren Grund zur Ver- 
einigung gegen die Städte geben können , als ein von diesen 
mit dem Gegner fürstlicher Erbansprüche geschlossenes Bündnis, 
welches über die eigentlichen und vernünftigen Zwecke der 
Hanse hinausging. Ein Bündnis wie dieses hätte die damals 
verhältnismäfsig günstige und erträgliche Stellung der Hanse zu 
den Territorialfürsten in eine feindselige umgewandelt und manche 
Hansestadt in eine sehr gefährliche Lage versetzt. Nur der 
wird ein solches Bündnisprojekt wahrscheinlich finden, der etwa 
die leichtfertige Politik eines Wullenwever für die den Interessen 
der Hanse und Lübecks angemessene Politik hält. Es ist über- 
flüssig, den möglichen Inhalt des angeblichen Bündnisses in Er- 
wägung zu ziehen. 

Endlich mag nicht unerwähnt bleiben, dafs auch die Vereinze- 
lung der Nachricht von der Gesandtschaft Lübecks nach Böhmen 
und von dem Geschenk der beiden mit 2000 Gulden gefüllten 
Goldbecher Verdacht erregen mufs. Man weifs, wieviel Mühe 
es selbst in dringenden und wichtigen Angelegenheiten des Han- 
dels Lübeck oftmals kostete, sogar die Nachbarstädte zu gemein- 
samem Auftreten zu bestimmen, wie vorsichtig die Städte mit 
Erteilung von Vollmachten waren. Wieviel gröfser müfste, wie 
man annehmen kann, bei einer so weit hinausgreifenden und 
gewagten Unternehmung die Schwierigkeit gewesen sein, die 
Städte zu gemeinsamen Schritten zu bewegen. Von Bemühungen 
Lübecks und irgendwelchen Verhandlungen der Städte tlber diese 
böhmische Sache findet sich aber in der lübischen und hansischen 

17* 



— 26o — 

Überlieferung sowenig eine Spur wie über die Gesandtschaft 
selbst'. Bezüglich des angeblichen Geldgeschenks der Lübecker 
sei zum Vergleiche erwähnt, dafs Lübeck 1455 für die Bestäti- 
gung der dänischen Privilegien nur 50 und für die der nor- 
wegischen nur 100 rheinische Gulden bezahlte^. 

Nach den vorstehenden Ausführungen ist die Glaubwürdig- 
keit des »guten Freundes« des Markgrafen oder des Hintermannes 
des ersteren zweifelhaft, ist ferner der Markgraf selbst im Zweifel, 
ob die Nachricht wahr oder erlogen sei und hat die Mitteilung 
der ganzen Nachricht sein politisches Verhalten nicht geändert; 
läfst sodann die Lage der Hanse und Lübecks Politik den Bündnis- 
plan als ganz unwahrscheinlich erscheinen und findet sich endlich in 
der zuverlässigen Überlieferung keine Andeutung einer Erörterung 
der böhmischen Angelegenheit unter den Hansestädten. Das Bünd- 
nisanerbieten der Lübecker an Podiebrad kann daher nicht eher 
als historische Thatsache gelten, als bis es zuverlässiger beglaubigt 
ist. Ob der Bericht auf Gerede oder Prahlereien von Kauf- 
leuten zurückgeht, ob er mifsverstandene Gerüchte zur Grundlage 
hatte, ob bei den Böhmen blofs der Wunsch der Vater des Ge- 
dankens war oder ob die Nachricht lediglich zur Einschüchterung 
der Brandenburger erfunden war, läfst sich nicht ermitteln. Scheidet 
der Bündnisantrag Lübecks und der Hansestädte als beglaubigte 
oder glaubwürdige Thatsache aus der Geschichte aus, so bleibt 
die Nachricht bestehen als beachtenswertes Symptom der all- 
gemeinen Spannung zwischen Fürsten und Städten im Reiche. 
Mehrere Jahre später ist Georg von Podiebrad in besser be- 
glaubigte Beziehungen zu Lübeck getreten. 



' Auch die lübischen Kämmereirollen von 1457 und 1458 enthalten, 
wie Fr. Bruns in Lübeck mir freundlichst mitteilt, nichts auf die böhmische 
Angelegenheit Bezügliches. Eine entsprechende Notiz in diesen Rollen wäre 
an sich nicht ausgeschlossen, wie der Umstand zeigt, dafs die Kämmereirolle 
von 1458 Geschenke an kaiserliche Hofbeamte anläfslich lübischer Processe 
in der Höhe von 139 M. 3 Seh. verzeichnet. 

* Hans. U.-B. 8 n. 399 Anm. u. n. 404 Anm. 



IV. 

HANSISCHES AUS DEM MARIENBÜRGER TRESSLERBÜCH. 

NACH DEM ABDRUCK VON ARCHIVRAT JOACHIM, 

ERLÄUTERT VON 

M. PERLBACH. 

Das Trefslerbuch (A 17 des Königsberger Staatsarchivs) 
hat seit den Tagen Johannes Voigts die Aufmerksamkeit aller, 
die sich mit der Geschichte des Ordenslandes Preufsen be- 
schäftigten, auf sich gezogen und schon vielfachen Stoff zu 
Untersuchungen der verschiedenartigsten Verhältnisse gegeben. 
Mit um so gröfserem Danke war es daher zu begrüfsen, dafs 
der jetzige Vorstand des Königsberger Archivs, Herr Archivrat 
Joachim, sich entschlofs, einer Anregung des Baurats Steinbrecht, 
des genialen Wiederherstellers des Hochschlosses von Marien- 
burg, Folge zu geben und diese unschätzbare Quelle ersten 
Ranges, eine wahre Fundgrube für die Kulturgeschichte nicht 
nur Ost- und Westpreufsens , sondern des ganzen nordöstlichen 
Europas in den Jahren 1399 — 1409 (leider umfafst sie nur diese 
kurze Spanne Zeit) durch den Druck zu veröffentlichen. Im 
Herbst 1896 erschien die Ausgabe unter dem Titel: Das Marien- 
burger Trefslerbuch der Jahre 1399 — 1409- Auf Veranlassung 
und mit Unterstützung des Vereins für die Herstellung und Aus- 
schmückung der Marienburg herausgegeben von Archivrat Dr. 
Joachim, Königsberg i. Pr., 1896, Verlag von Thomas & Opper- 
mann (IX, 688 S.) 8 °. Der Dank gegen den Herausgeber wird frei- 
lich durch die Art der Ausgabe nicht unwesentlich beeinträchtigt : 



202 

von jedem sachlichen Kommentar, besonders von jeder Heran- 
ziehung anderer Quellen zur Ergänzung der oft sehr knappen 
Eintragungen des Schatzmeisters, hat Joachim abgesehen und alle 
Erläuterungen in die Register verwiesen. Diese Register sind 
aber nicht vollständig zum Abdruck gelangt, bei allen häufiger 
vorkommenden Namen und Sachen ist nur die Seite des ersten 
Vorkommens und die Häufigkeit der Anführungen angemerkt. 
So ist die Ausgabe des Trefslerbuches nicht, wie wir sonst bei 
mittelalterlichen Schriftdenkmälern gewöhnt sind, der Abschlufs 
der wissenschaftlichen Arbeit mit demselben, sondern vielmehr 
erst der Anfang • — die Durchforschung desselben mufs erst jetzt 
beginnen und sie wird durch die unzulänglichen Register sehr 
erheblich erschwert. 

Die engen Beziehungen Preufsens zur Hanse im Anfang des 
15. Jahrhunderts treten auch in den Aufzeichnungen des obersten 
Finanzbeamten Preufsens stark hervor. Zwischen Marienburg 
und den wendischen Städten gehen mehr als einmal jährlich 
Boten hin und her, oft erscheinen die Ratsherren von Lübeck, 
Hamburg und Stralsund am hochmeisterlichen Hofe (sie werden 
dann regelmäfsig aus der Herberge ausgelöst, d. h. ihre Zeche 
wird von der hochmeisterlichen Kammer bezahlt), besonders ist 
Wulf Wulflam aus Stralsund ein oft gesehener Gast an der Nogat» 
Es läfst sich nun aus dem 4. und 5. Bande der Hanserecesse, 
die die Jahre 1391 — 1410 umfassen, in den meisten Fällen die 
Veranlassung der Botschaften aus den noch erhaltenen Schreiben, 
die die Boten überbrachten, oder die Anwesenheit der hansischen 
Sendeboten auf den meist in Marienburg gehaltenen Städtetagen 
nachweisen : dieses im einzelnen zu belegen , ist der Zweck der 
folgenden Auszüge, die sich in der nicht immer streng einge- 
haltenen chronologischen Reihenfolge genau an den Abdruck 
Joachims anschliefsen. Die gotländische Angelegenheit, die im 
Trefslerbuche und in den Recessen einen breiten Raum einnimmt, 
ist dabei nicht mit berücksichtigt, denn alle auf diese — und 
die Geschichte der nordischen Reiche überhaupt — in unserer 
Quelle bezüglichen Stellen sind schon vor dem vollständigen 
Abdruck des Trefslerbuches in den Jahren 1875 ^^s 1887 i^ 
den beiden ersten Bänden von Silfverstolpes Svenskt Diplo- 
matarium am Schlüsse der Jahre 1403 — 1409 mitgeteilt worden. 



— 263 — 

Aus diesem Abdruck haben nur zwei Stellen aus dem Trefsler- 
buche zum Jahre 1406 ihren Weg in die Hanserecesse (V S. 247 
Anm. 2) gefunden; die neue Ausgabe zeigt S. 394, dafs Kopp- 
manns Konjektur 150 m. statt 1^/2, wie Silfverstolpe gelesen 
hatte, das Richtige traf. 

Wenn das hansische Urkundenbuch bis in die Jahre 1399 
bis 1409 gelangt sein wird, werden die Angaben des Trefsler- 
buches, die ich im Folgenden zusammenstelle, zur Erläuterung 
nicht ohne Wert sein; andererseits werden sich dann wohl die 
Stellen, zu denen sich aus den Recessen keine Belege gewinnen 
liefsen(Nr. i, 3, 4, 9, 15, 17, 21, 24, 35, 42, 48), auch in die 
Reihe einfügen lassen. 

1399 Dez. 23. Item tusund mark von der stad zum Sunde, die 

uns der grosscheffer vom Marienburg am dinstage noch 
senthe Thomastage [gab]. S. 3. i. 

Juni 16. Item 6 Geirische guldin (vid. 1^/2 m.) dem 
kompthur zu ThoranS als her ken der Wismar zoch *, 
zerunge. item 20 Reynische guldin ouch dem komp- 
thur zu Thoran (vid. 8 m. und 4 scot). item 40 unger. 
guldin dem kompthur zu Thoran am montage noch Viti 
(summa 30 mark), item 8 scot Prusch dem kompthur 
zu Thoran. S. 28. 2. 

1400 Okt. 22. ^2 ni. dy boten von Lubik us der herbergen 

zu losen am frytage nach der 1 1 000 meyde tage ; 
Nammyr3 nam das gelt. S. 85. 3. 

1401 Dez. 15. Item der rad zum Sonde dedit 326 mark; das 

gelt entpfing der grosscheffer von Marienburg und hat 
ys uns vort berechent am donrstage noch Lucic*. (Der 
Posten ist durchstrichen). S. 92. 4. 

1400 (vor Weihnachten.) Item 3^/2 m. eyme loufer, der dy briefe 
brochte konige Albrecht und den rittern zu Meckilburg . .^ 



* Friedrich von Wenden 1397 — 1407; Voigt, Namen-Codex S. 57. 

* Zu König Albrecht von Schweden, Hanserecesse IV n. 539 § 7, 
Sattler, Handelsrechnungen S. 4. 

3 Diener des Hochmeisters. 

* S. Nr. I. 

5 Die 3 Briefe vom 24. Oktober 14CX5 an Albrecht, Herzog Johann v. 
Mekelnburg, Städte und 10 Ritter in Mekelnburg im Auszuge, Hanserecesse 
IV n. 625, 626, 627. 



— 204 — 

1401 März 2 2. item 495 m. dem grosscheffer vor 900 ducaten 

in den hof zu Rome gesandt, yo den ducaten vor 13 
scot und 6 pf. ; das gelt entpfing der grosscheffer am 
dinstage nach Judica . . item 4 m. eyme loufer in 
Flandern ken Brücke zu loufen, das man dy ducaten 
koufte in den hof zu Rome. S. 104. 5 

1402 Juli 21. Item der herre herzog vom Sonde' dedit 932 m.; 

das selbe gelt hatte unser homeister den steeten als 
Thorun Danczk gelegen, das sie Johan von der Merssen 
burger zu Thorun und syne geselleschaft us dem ge- 
fengnusse losten ^ ; als vyl geldes haben die burger ge- 
nomen von dem pfuntgelde und habens dem pfuntmeister 
gegeben und der pfundtmeister hatte is vort gegeben 
dem kompthur zu Danczk ^ und der kompthur antwerte 
is uns vordan am obunde Marie Magdalene. S. 136. 6. 

Aug. 16. Item das . . capitel zu Culmenszhe tenetur 
1640 m. 15 scot gelegen von des wechseis wegen, das 
unser homeister vor sie mit Johan von Thorun burger- 
meister zum Elwinge ken Flander machte, von des 
bischtumes wegen do seibist noch Johans briefe uswei- 
sunge ; das gelt entpfing Johans von Thorun capellan an 
der mittwochen noch assumpcionis Marie*. S. 146. 7. 

März 9. Item 4 scot eyme boten, der dem meister von 
Hamburg briefe brochte, gegeben am donrstage noch 
Letare. S. 154. 



' Barnim VI. oder Wartislaw VIII. von Wolgast- Barth (1394 — 1405, 
resp. 141 5), Klempin, Stammtafeln des Pomm.-Rtig. Fürstenhauses S. 9. 

* In der Gefangenschaft der Herzöge von Barth hatte sich der han- 
sische Sendebote Johann v. d. Merse, Bürger von Thorn, befunden, 1401 
Dez. 30 ist er bereits frei, Hanserecesse V n. 58. 

3 Graf Albrecht von Schwarzburg 1396 — 1407, Voigt, Namen-Codex 
S. 27. 

* »Ouch so haben wirs usgericht, das den Lombarden, di ir uns nant 
in uwer briffe czu Brügge in Flandern, sollen geantwert werden ader 3 M 
ducaten ader 1^/2 M nobeln« schreibt der Hochmeister am i. Aug. 1402 an 
den Ordensprokurator in Rom, der die päpstliche Bestätigung des neuer- 
wählten Bischofs von Kulm, Arnold Stapel, betreiben sollte, Wölky, Urkun- 
denbuch des Bistums Kulm n. 437. Johann von Thorn ist im Elbinger Rat 
von 1395 — 1410, Toeppen, Elb. Antiq. 288. 



— 205 — 

Item 2 m. 8 scot i seh. Johan WolfF den burger- 
meister zum Sunde us der herberge zu losen am donrs- 
tage noch Letare. item 2 m. 4 seh. den burgemeister 
von GryfFswolde und clerken von Hamburg us der 
herbergen zu losen am donrstage noch Letare. S. 155 ^ 8. 

1402 März 27. Item i m. eyme herolde von Engillande ge- 
geben, das gelt entpfing Tymo ^ am montage zu ostem* 
S. 158. 9, 

c. April 9. Item i firdung eyme boten us Frisenland . . 3. 
S. 159. 9 a. 

Juli 9. Item I m. 2 scot Wolfflam den burgermeister 
vom Sunde* us der herberge zu losen am sontage vor 
Margarethe. S. 170. 10. 

Sept. 23. Item 4 m. der herzogen von Mekelburg spil- 
luthen gegeben am sonabunde noch Mathei ap. und 
ewang. ; Pasternacks his yn das gelt geben, item i m. 
des herzogen von Mekelburg spilluten^ von des gros- 
kompthurs und treszelers wegen am sonabunde noch 
Mathei apostoli. S. 183. 11. 

(um Michaelis.) Item ^U m. eyme loufer von Lubig^ 
geben, Thimo his im das gelt geben. S. 185. 12. 

Dez. 28. Item das capitel der kirchin zu Colmensehe 
tenetur 149 m. und 12 scot gelegen noch von des 
Wechsels wegen der golden in Flanderen, das unser 
homeister von des bischtumes wegen von Colmense 



^ Vgl. den Recefs vom 8. März 1402 zu Marienburg, Hanserecesse V 
n. 71. Die Sendeboten sind Wulf Wulflam aus Stralsund, Gotschalk von 
Lübeck aus Greifswald und der Stadtschreiber (clerke) Hermann Kule aus 
Hamburg. 

* Thimotheus, Kämmerer des Hochmeisters. 

3 Er brachte das Schreiben der Lande Ostergo und Westergo, das der 
Hochmeister am 8. April 1402 beantwortet, Hanserecesse V n. 75. 

4 Seine Anwesenheit auf dem Marienburger Städtetage vom 7. Juli 1402 
wird im Recefs nicht erwähnt, Hanserecesse V n. 100. 

5 Spielmann des Hochmeisters 1399 — 1409 genannt. 

^ Mit ihnen war eine Gesandtschaft aus Gothland in Marienburg, 
Tr. 183. 

7 Wahrscheinlich brachte er den Brief des Rates von Lübeck an den 
Hochmeister vom i. Sept. 1402, Hanserecesse V n. 105. 



— 266 — 

theet ; das gelt entrichte in Flanderen Allexander des gros- 
scheflfers leger von Marienburg ^ und entpfing das gelt 
am donrstage in den wynachten heiigen tagen. S. 22 1. 13» 
1403 März 8. Item 2 m. zoumgelt eyme knechte, der unserm 
homeister eyn zeldinpferdt brachte, das yra Wolff der 
burgermeister von dem Sunde sandte und do mete 
erte; das gelt entpfmg her Arnolt^ am donrstage noch 
Invocavit. S. 234. 14. 

März 15. Item 7V2 m. Wolfflam den burgermeister us 
der herberge zu losen ^ • Kuncze unser kemerer ^ ent- 
pfing das gelt am fr y tage noch Gregorii pape. S. 239. 15.. 

(Frühjahr.) Item 8 seh. eynen boten vom Sunde us der 
herberge zum Hamirsteyne^ zu losen. S. 244. 16.. 

Juni 6. Item i m. des bischofs fedelern von Bremen^ 
gegeben an der mitwochen zu pfingsten. item */2 m.. 
eyme herolde, persandte ' genant, gegeben an der mit- 
wochen zu pfingsten. item i m. 7 scot i seh, Wolflam 
den borgermeister vom Sunde ® us der herberge zu losen 
an der mitwochen zu pfingesten ; des treszelers schriber 
nam das gelt. S. 252, 17^ 

Aug. 13. Item 3 m. 13 scot und 6 pf. Wolfflam den 
burgermeister 9 us der herberge zu losen , Har- 



' S. oben N. 7. Allexander Winlcelmann erscheint als Lieger des 
Marienburger Grofsschäffers in Brügge von 1404 — 1420 in Sattlers Handels- 
rechnungen, 141 1 als Lieger des Königsberger Grofsschäffers in Danzig^ 
(ib. 291). 

^ Arnold von Baden, oberster Kompan des Hochmeisters 1402 — 1408^ 
Voigt, Namen-Codex S. 109. 

3 Die Anwesenheit des Stralsunder Bügermeisters wird in den Recessen 
der Marienburger Tagfahrten vom 3. und 20. März 1403, Hanserecesse V 
n. 118 u. 119, nicht erwähnt. 

* 1399 — 1403 im Trefslerbuche genannt. 

5 Zu Hammerstein, an der preufsisch-pommerschen Grenze, fand im 
Frühjahr 1403 eine Tagfahrt des Hochmeisters mit den Herzögen von Stettin 
statt, Voigt, Gesch. Preufsens VI 256, 257. 

^ 1395 — ^4^^ 0^*° Herzog von Braunschweig- Lüneburg. 

7 Kein Eigenname, sondern == persewant (poursuivant). 

8 Auf den Städtetagen zu Scharpau und Marienburg 6. u. 15. Juni 1403 
wird er nicht genannt, Hanserecesse V n. 131, 132. 

9 Ein Städtetag wurde im August in Preufsen nicht abgehalten, aber 



— 267 — 

tung ^ entpfing das gelt am montage vor unser Frauwen 
tage. S. 263. 18. 

1404 (nach Jacobi; Verproviantierung für den Zug nach Goth- 
land). Item 50 m. vor 13 pferde vor 2 tonnen kabelow 
I tonne kufleischs und 1^/2 tonnen potir eyme burger 
von Lubig gegeben , die der kompthur von der Balge ^ 
und der grosscheffer von ym kouften; des gab her uns 
eynen brief vom rathe von Lubig, das her des geldes 
mechtig zu heben was. item 20 m. vor 2^/2 last heringes 
Heydenrich eyme koufman von Rostock gegeben, die 
in der Gotlandischen [reise] genomen wurden, an sente 
Thomas tage. S. 296. 19. 

März 15. Item 17 scot Wolfflam den burgermeister vom 
Sunde 3 us der herberge zu losen am sontage Judica; 
Härtung nam es. S. 297. 20. 

Juni 3. Item 2 m. 8 scot den Johaniter us der herberge 
zu losen, den der herzog von Megilburg in botschaft zu 
unserm homeister gesant hatte ; das gelt entpfing Här- 
tung des meisters dyner am dinstage noch des h. 
hchnams tage. S. 308. 21, 

(Okt. 3.) Item 37 m. an I fird, vor 35 nobeln Heynrich 
Baiborn dem leger, der 35 wochen zu Flander gelegen 
hatte, und sulde haben silber zur monze gekouft, yo von 
der woche 1 nobel. S. 319. 22. 

Okt. 19. Item 32 m. Wolfflam dem burgermeister vom 
Sunde vor die 64 m. lubisch und 2 weyse pfenge, die 
eyme burger vom Sunde in der Gotlandischen reysen 
genomen wurden, item 2 m. dem selben vor 8 syeten 
Speckes und i tonne potter am sontage noch Galli. 

Okt. 20. Item 3 m. 5 scot i seh. den burgermeister 
von Hamborg us der herberge zu losen, item 6 m. 



um diese Zeit fand eine Zusammenkunft des Hochmeisters mit Witold von 
Litauen statt, Anfang September, an der Dubissa, Scr. rer. Pruss. III 267. 

* Diener des Hochmeisters. 

* Ulrich von Jungingen, bis 1404 Sept. 29, Voigt, Namen-Codex 20. 

3 Am 21. Febr. 1404 hatte der Hochmeister dem Stralsunder Bürger- 
meister, der sich erboten hatte als Friedensvermittler nach Preufsen zu 
kommen, ausweichend geantwortet, Hanserecesse V n. 180. 



— 268 — 

den burgermeister von Rostock und den von der 
Wissmar' us der Herberge zu losen, item 5 m. die 
burgermeister von Lubig" us der herberge zu losen, 
item 6 m. den burgermeister vom Sunde us der herberge 
zu losen, als sie mit unserm homeister eyn gespreche 
bilden; das gelt nam Nammir am montage noch Galli. 
S. 321. 23. 

1405 April 6. Item 19 m. Johan vom Tamme und 6 seh. eyme 
Schippherren von der Wysmar, der in der Gotlendischen 
reyse 4V2 monden mit eyme schiffe von 22 lesten ge- 
dynet hatte ; das gelt his her Amolt geben am montage 
noch Judica. S. 349. 24. 

Mai 8. Item 15 m. meister Nicolaen dem burgermeister 
von Dirssow gegeben, als her mit dem kompthur von 
der Mewe ^ of den tag ken Lubig (tag ken Denemarckten) * 
zoch ; das gelt his ym her Amolt geben am frytage noch 
Stanislai. S. 353. 25. 

Aug. 13. Item 2 m. zwen herolden gegeben, die mit den 
sendeboten von Engelaut ^ hie woren, am donrstage noch 
Laurencii . . . item 4 scot zwen pfedeler gegeben, als 
die Engillischen hie woren. S. 359. 26. 

c. Sept. 6. Item 2 m. 4 seh. Rotehern des herzogen von 
Borgundien [boten] ^ us der herberge zu losen , als her 
mit dem briefe etc. S. 360. 27. 



' Auf dem Tage zu Marienburg, 16. Oktober 1404, werden im Recefs 
genannt: Albert Schreye aus Hamburg, Johann van der Aa aas Rostock, 
Hermann Meyer aus Wismar. 

* Der Recefs nennt nur einen Lübecker Goswin Clingenberg, Hanse- 
recesse V n. 209. 

3 Friedrich von Wallenrod 1404 — 1407, Voigt, Namen-Codex 38. 

^ Gemeint sind die Verhandlungen zu Falsterbo, Johanni 1405, Hanse- 
recesse V n. 255. 

5 Ritter William Esturmy, Magister Johann Kington und William 
Brampton, Bürger zu London, werden am 11. Mai 1405 als Gesandte nach 
Preufsen beglaubigt und sind am 12. August in Marienburg, Hanserecesse V 
n. 265, 268. 

^ Rogerius Rothe de Colonia bringt den Hansestädten ein Schreiben 
des Herzogs vom 8. Juni, das der Hochmeister am 30. August beantwortet, 
Hanserecesse V n. 256, 271. 



— 269 — 

Sept. 28. Item 8 seh. den pfifFern gegeben am obunde 
Michaelis, als die Engilischen' — , S. 361. 28. 

Okt. 16. Item 100 m. dem voythe von Roghuszen^ zur 
zerunge gegeben , als yn unser homeister in botschaft 
zum koninge ken Sweden und vordan ken Dorderot^ 
vorsante, am frytage noch Burghardi. S. 363. 29. 

c. Okt. 3 1 , Dis nochgeschreben gelt hat der huskompthur 
usgegeben vor den treszeler , als der treszeler mit dem 
meister umbe zoch im lande: zum [irsten] 2^/2 m. 4^/2 
scot Niclus Felkegener vor den pfafFen von Hamborg*, 
der in botschaft zu unserm homeister gesant wart, us 
der herberge zu losen, item ^/a m. 2 seh. Lucas ^ vor 
den stadtschriber von Lflbig^ us der herberge zu losen, 
item 3V2 m. 4 scot Hannus Pyser^ vor Rotehern des 
herzogen von Borgundien bothen^ us der herberge zu 
losen .... item 14 m. vor eyn pferdt Rotehern des 
herzogen von Borgundien boten gekouft. S. 369. 30. 

1406 April 15. item 33 m, zhen soldenern gegeben, die in das 
schiff (das 3 tonnen Walsch wyns für den Hochmeister 
brachte) genommen wurden durch der Frysen willen 9, 
S. 390. 31, 

(Dezember.) item 4 m. eyme loufer, der unsers homeisters 
briefe trucg zum Sunde Lubig und zum Hamburg '°. 
S. 392. 32. 



' Vgl. Hanserecesse V n. 276 § i. 

* Johann von der Dollen 1404 — 1407, Voigt, Namen-Codex 75. 
3 Hanserecesse V n. 276 § i. 

♦ Vgl. oben n. 8 den clerken von Hamburg. Der Stadtschreiber Her- 
mann Knie von Hamburg wird im Recefs um Michaelis 1405 erwähnt, 
Hanserecesse V n. 276 § i, 

5 Nur hier genannt. 

^ Hinrich Vredeland, Hanserecesse V S. 601. 

7 Erscheint von 1399 — 1406 als Käufer von Pferden und Wein für den 
Hochmeister im Trefslerbuch. 

^ Dieser bekam erst am 8. Oktober 1405 seinen Bescheid , Hanse- 
recesse n. 272. 

9 Der friesischen Seeräuber wegen, Hanserecesse V n. 311 § 2. 
" Vorher geht im Trefslerbuch eine ebenfalls undatierte Eintragung: of 
den tag zu Marienburg, als man die zwene bischove von Curlant und Refein 



— 270 — 

(Dezember.) item 25 m. 3 fird. vor 14 zymmer schone- 
werk, die den Engillischen ^ worden. S. 393, 33. 

(Dezember.) Roma, Flandern: item 560 m. und 17 scot 
an IG den. vor thusunt gülden Johan Bave zu Brücke*, 
die her obir ken Rome dem procurator obirkoufte, yo 
vor das pfundt grose 3 m. 13 scot. S, 409. 34. 

1407 März 7. Item i m. des koninges herolde von Engillant 
gegeben am montage noch Letare. S. 418, 35. 

März 17. Item 9 m. 10 den., das der grosscheflfer von 
Marienburg vor das Wechsel noch obirig muste geben 
von den 1000 ducaten, die dem procuratori von Flan- 
deren gesant worden im 1406. jare noch Johan Baven 
uswysunge syner briefe; das gelt nam der grosschefFer 
am donrstage vor palmen. S. 418. 36, 

Juni 2. Item 3^/2 m. eyme loufer ken Engillant zu her 
Wilhelm dem ritter^. item 2^/2 m. eyme loufer ken 
Lubick und zum Sunde* am donrstage noch corporis 
Christi. S. 427. 37. 

(c. Aug. 15.) Item 3 m. 8 scot her Erich und Wolfflam 
der koningynne von Denemarckten [boten] 5 us der her- 
berge zu losen . . Item 13 m. an 5 scot vor eynen 
silbirynen kopp ^ , den der huskompthur ' von des 



krönet, das geschah nach Johann v. Posilge Ss. r. Pruss. III 281 am Sonntag 
Gaudete in domino, am 13. Dezember. Schreiben des Hochmeisters an die 
3 Hansestädte aus dem Jahre 1406 kennen wir nicht. 
^ S. N. 26. 

* Jacob Bave, Bürgermeister zu Brügge 1358 — 59 u. 1425, Hanse- 
recesse III n. 246 u. VIII n. 1094, 

3 William Esturmy, s. oben N. 26. 

* Am II. April 1407 schrieb Werner von Tettingen, der Statthalter des 
Hochmeisters (Konrad von Jungingen war am 30. März 1407 gestorben] nach 
England und an die wendischen Städte, Hanserecesse V n. 380 u. 375, das 
obige Datum ist auffallend. 

5 »eyn ritter unde her Wulff Wulfflam, burgermeister vam Zünde, sende- 
bothen der frauwen konynginnen tzu Demiemarken« werden am 10. Juli 
1407 dem Hochmeister Ulrich von Jungingen von dem Danziger Bürger- 
meister Konrad Letzkau angemeldet, sie sollten am 11. Juli in Danzig ein- 
treffen, Hanserecesse V n. 425. 

^ Becher. 

7 Von Marienburg, Johann Hochslitz, 1402 — 1408, v. Mülverstedt in der 
Zeitschrift des Westpreufs. Gesch.- Ver. 24, 51. 



— 271 — 

meisters wegen Wolfflam dem borgerraeister vom Sunde 
erete. S. 431. 38. 

1408 (März.) Item 2 m. 2 scot eyme brieftreger der stad von 

Danczk loufer gegeben, der unserm homeister eynen 
brief von HoUant^ brochte; her Dittherich von Logen- 
dorff" bis. S. 471. 39. 

(c. März 17.) Item i m. eyme löfer, der unserm homey- 
ster eynen bryf vom scheffer von Konigisberg us Flan- 
dern brochte. S. 473. 40. 

(vor Sept. 29.) Item 2 m. 10 scot vor beberhute und 
laden zu den armbrosten und vor dy messer zu slyfen, 
als das unser homeyster dem herren konige von Enge- 
lant by Arnolt von Dechsen3 sante. S. 506. 41. 

1409 (vor März 24.) Item i fird. eyme bryeftreger von Gry- 

feswalde; Sparaw* his. S. 531. 42. 

(April 22.) Item V^ ni. eyme boten von Hamborch, der 
unserm homeyster eynen bryef brochte . . item 3 m. 
eyme bryeftreger des herren konigs von Engelant s ; her 
Brendel^ his. S. 539. 43. 

(Juni 13.) Item ^/2 m. Ywan dem jungen zerunge, als her 
mit her Ditteriche von LogendorfF ken Engelant zoch 7, 
Trappyer: Item i ^/a m. und 4 scot vor gewant Ywan 
dem jungen zun mantel , als her mit her Dittherich 
ken Engelant zoch. item i scot vor das selbe gewant 
zu scheren. S. 541. 44. 



' Das Schreiben Herzog Wilhelms von Holland vom 18. Januar 1408, 
Hanserecesse V n. 486. 

* 1399 — 1409 im Trefslerbuch genannt, ein kulmischer Lehnsmann im 
Dienste des Hochmeisters, auch Hanserecesse V öfters erwähnt. 

3 Arnold von Dassel, ein preufsischer Kaufmann, wird am 22. Sept. 
1408 vom Hochmeister beim König von England beglaubigt, Hanserecesse V 
n. 540. 

4 Paul Sparow, Diener des Hochmeisters, seit 1402. 

5 Er brachte das Schreiben vom 7. März 1409, Hanserecesse V n. 578. 
^ Boemund Brendel, oberster Kompan des Hochmeisters 1408, 1409, 

Voigt, Namen-Codex 109. 

7 Von der Sendung Dietrich von LogendorfFs nach England ist schon 
in dem Recefs vom 21. April 1409, Hanserecesse V n. 579 § 11 die Rede. 



— 272 

(vor April 30.) Item 10 m. her Ditteriche von LogendorfF 
zu syner usrichtunge, als in unser homeyster ken Engelant 
vorsante^. S. 545. 45» 

(c. Okt. 20.) Herzogen Wolgast Stetyn Stolpe» 
Item 1000 schok bem. gr. (1500 m.) dem herren her- 
zogen von Wolgast, do mete in unser homeyster erete; 
das gelt enpfing Wolfflam borgermeyster vom Sonde ^. 
S. 566. 46. 

(ohne Tag.) Item 16 scot 2 sol. WolfFchen vom Sonde 
US der herberge zu losen. S. 578. 47. 

(ohne Tag.) Item 2 m. eyme lofer us Flandern, der des 
herzogen bryfe von Birgundia brochte. S. 579. 48» 



^ Der erste Bericht Logendorifs aus England ist vom 31. August 1409^ 
Hanserecesse V n, 620. 

* Am 13. September 1409 berichtet Danzig dem Hochmeister die be- 
vorstehende Ankunft Wulfflams, Hanserecesse V n. 695. 



RECENSIONEN 



Hansische Geschichtsblätter. XXV. iS 



S. RIETSCHEL, Markt und Stadt in ihrem rechtlichen 
Verhältnis. Leipzig, Veit & Comp. 1897. 

VON 
F. PHILIPPI. 

Das vorstehende Buch eines Verfassers, der sich durch seine 
Abhandlung über die civitas (1894) vorteilhaft eingeführt hatte, 
bezeichnet einen erheblichen Schritt vorwärts bei den Bestrebungen 
zur Aufhellung der Anfange unseres mittelalterlichen Städte wesens. 
Es verdankt diesen Erfolg wesentlich seiner Methode, d. h. der 
Vertiefung der Forschung durch eingehende und umfassende Be- 
handlung einer Einzelfrage. 

Als bleibende Ergebnisse der Arbeit möchten zu bezeichnen 
sein : die Feststellung der Thatsache, dafs die den Ausgangspunkt 
fast aller älteren Städte bildenden grundherrlichen Ansiedelungen, 
seien es nun bischöfliche oder Klosterimmunitäten (urbes im 
engeren Sinne) oder Burgen der Könige und weltlichen Grofsen 
oder schliefslich Fronhöfe, jedesmal von der eigentlichen Stadt 
getrennte Rechtsgebiete gewesen und meist geblieben sind; 
zweitens der Nachweis , dafs die Mehrzahl, ja man kann sagen 
fast alle rechtsrheinischen Städte aus Marktansiedelungen hervor- 
gegangen sind; auch den Beweis, dafs der Stadtfriede aus dem 
Burgfrieden, nicht aber aus dem Marktfrieden hervorgegangen 
ist, möchte Rietschel erbracht haben. Drei Feststellungen, welche 
zur Klärung der auf dem Gebiete der Stadtgeschichte auftauchen- 
den Fragen wesentlich beitragen. 

Andererseits möchte aber die Frage zu stellen sein, ob der 
Verfasser nicht die aus diesen Feststellungen abgeleiteten Folge- 
rungen zu einseitig zieht, ob er dabei den überall so verschieden- 

18* 



— 276 — 

artig auftretenden Gestaltungen des Lebens genügend gerecht 
wird und nicht die von ihm dargestellten oder vorausgesetzten 
wirtschaftlichen Verhältnisse zu Unrecht als die einzig vorhan- 
denen, einzig möglichen auffafst, mit einem Worte, ob er nicht 
zu sehr systematisiert und so dem Einzelfalle gelegentlich Gewalt 
anthut. Z. B. wird man ja im allgemeinen geneigt sein , ihm 
darin Recht zu geben, dafs die rechtsrheinischen Städte als 
künstlich gegründete Marktansiedelungen anzusehen sind, trotz- 
dem aber wird diese Annahme gerade für die ältesten derartigen 
Gebilde, welche für die jüngeren vorbildlich gewesen sind, ab- 
gelehnt werden müssen. Es springt das sofort in die Augen, 
wenn man die Pläne der vier westfälischen Bischofsstädte % 
denen Soest und Bremen ^ durchaus analog sind, mit den Grund- 
rissen alter, sicher künstlicher Gründungen wie Hamm und 
Lippstadt 3 vergleicht. Jene älteren Städte erweisen sich schon 
aus ihren Plänen als nach Bedürfnis erwachsene in ihren An- 
fängen und ihrer ältesten Entwickelung vollständig uneinge- 
schränkte spontane Ansiedelungen und diese Eigenschaft gerade 
läfst sie für das Studium so interessant erscheinen, weil man in 
ihnen das pulsierende Leben verfolgen kann, während die künst- 
lichen Gründungen nur eine Phase der Entwickelung, diese aber 
freilich zeitlich genau bestimmt und fest umrissen erkennen lassen. 

Durch dieses Bestreben zu systematisieren und zu schemati- 
sieren ist es denn auch zu erklären, dafs der Verfasser, welcher 
in dem ersten Teile seiner Untersuchung die allmähliche Ent- 
stehung und Weiter entwickelung des Marktregals in so klarer 
und überzeugender Weise darlegt, im späteren Verlaufe immer 
mehr dazu übergeht, rechtliche Verhältnisse in ihrer zeitlichen 
und thatsächlichen Vereinzelung zu erfassen und darzustellen. Wäre 
er auf dem anfangs betretenen Wege, die Entwickelung zu 
verfolgen, weiter vorgeschritten, so würde er wahrscheinlich auch 
in manchen Einzelheiten zu anderen Ergebnissen gekommen sein. 

Ich möchte das an einigen Punkten, in welchen er sich 
mit meinen, dasselbe Gebiet behandelnden, Arbeiten auseinandersetzt^ 



* S. Philipp! , Zur Verfassungsgeschichte der Westf. Bisch. S. 11 ff. 

2 S. besonders den Aufsatz von Buchenau in Beiträge zur Bremischen 
Geschichte 1896. S. i ff. 

3 S. das Bild bei Merian, Topographia Westfaliae. 



— 277 — 

kurz darlegen. Zunächst kommt dabei das Verhältnis von Stadt- 
und Landgemeinde zu einander in Frage. Die Abhängigkeit der 
Stadtgemeinde von der alten Landgemeinde oder wohl in vielen 
Fällen die Ausgestaltung der Stadtgemeinde nach dem Vorbilde 
der Landgemeinde ist durchweg aus dem Grunde schwer mit 
sicheren Beweisgründen zu erhärten, weil wir bis jetzt über die 
rechtliche Natur, die Verfassung und die Ausdehnung der Land- 
gemeinde , wie sie zur Zeit des lebhaften Emporblühens deutscher 
Städte bestanden hat, so gut wie nichts wissen. Wir alle, die 
wir uns bis jetzt mit dieser Frage beschäftigt haben, mufsten 
uns damit begnügen, Bildungen späterer Zeit zur Vergleichung 
heranzuziehen, indem wir voraussetzten, dafs in den früheren 
Jahrhunderten des Mittelalters die Zustände ebenso oder doch 
ähnlich gestaltet waren, wie in seinen letzten Zeiten, ja im 17. 
und 18. Jahrhundert. Diesen Mangel giebt Rietschel auch S. 166 
zu. Dann aber bezeichnet er bei seiner Feststellung des Ver- 
hältnisses der Stadt- zur Landgemeinde als grundlegende Ver- 
schiedenheiten beider, dafs die Dorfgemeinde monarchisch, die 
Stadtgemeinde republikanisch organisiert gewesen sei (S. 164). 
Solche Gegenüberstellungen haben verbrähmt mit solchen Kunst- 
ausdrücken auf den ersten Blick eine grofse Wirkung ; halten sie 
aber auch bei näherer Nachprüfung Stand? Obwohl Rietschel 
eine Reihe von Einwürfen gegen seine Aufstellung angeführt und 
kurz abgewiesen hat, ist es dennoch ganz unzweifelhaft, dafs nicht 
alle Landgemeinden ~- Dorfgemeinden giebt es in Nordwestdeutsch- 
land überhaupt nicht — nur je einen Vorsteher (Bauerrichter) 
hatten, dafs aber vor allem die meisten Städte durch Einzel- 
beamte, die Stadtrichter ^ in den ältesten Zeiten vertreten waren 
und auch in späteren Zeiten häufig nur je einen regierenden 
Bürgermeister als ausführende Behörde besafsen. Ferner sind 
den Stadträten durchaus entsprechende Bauernausschüsse schon 
im 16. Jahrhunderte in oldenburgischen Landgemeinden neben 
den Bauerrichtern nachweisbar^. Es erhellt also, dafs mit so 
einfachen Kategorien so verwickelte Fragen nicht zu lösen sind ; 



Es lohnt nicht, dazu BelegsteUen anzuführen: für Siegen vergl. mein 
Siegener U.-B., für Osnabrück mein Osn. U.-B., für Bremen das Bremer U.-B. 
w. 
* Vergl. die Mitteilung Seilos in Jahrg. 1889 dieser Zeitschr. S. lyoAnm. 2. 



u. s. w. 



— 278 — 

es bedarf eingehender Untersuchung der so verschiedenartig im 
einzelnen gestalteten Verhältnisse, um das allen Gemeinsame mit 
einiger Sicherheit erkennen zu können. Am ehesten sollte man 
nun denken, bei einer der ältesten Städte Klarheit gewinnen zu 
können, z. B. bei Köln ; für diese Stadt aber liegen ältere statu- 
tarische Aufzeichnungen kaum vor und die Verhältnisse sind 
dort schon frtihzeitig gewaltsam umgeformt worden. Etwas 
günstiger liegen die Verhältnisse für Soests aber auch hier reichen 
die Quellen nicht vollkommen aus, wenn auch Lübeck als Soester 
Tochterstadt wieder einige Analogie gewährt. Die Überliefe- 
rungen der vier westfälischen Bischofsstädte gestatten in ihrer 
Gesamtheit schon eher einen Einblick. Ich habe nachzuweisen 
versucht, dafs in ihnen der Rat die zu einer Gesamtbehörde 
vereinigten Ausschüsse der Sondergemeinden darstellt, aus 
welchen alle diese Städte gleich mäfsig bestehen^. Für diese 
Sondergemeinden habe ich eine ursprüngliche Organisation als 
Landgemeinden oder wenigstens nach Analogie der Landgemeinden 
angenommen. Da Rietschel eine von Grund aus verschiedene 
Organisation der Stadt- und der Landgemeinde voraussetzt, mufs 
er folgerichtig dies Vorhandensein von Sondergemeinden (S. 169 fF.), 
wenigstens von solchen mit ursprünglicher politischer Selbständig- 
keit, bestreiten. Er sieht die Unterabteilungen der Städte trotz 
ihrer charakteristischen Namen (Bauerschaft, Laischaft u. s. w.) 
vielmehr als künstlich zu Verwaltungszwecken geschaffene Unter- 
abteilungen an und leugnet, dafs ein Beweis für ehemalige Selb- 
ständigkeit dieser Gemeinden überhaupt erbracht sei. Dabei 
scheint er ganz übersehen zu haben, dafs ich diesen Beweis für 
die eine Paderborner Bauerschaft unwiderleglich erbracht habe 3. 
Es ist überhaupt zu bedauern, dafs er meine Darlegungen über 
diese Stadt, welche von allen westfälischen Bischofsstädten die 
ursprünglichen Formen am längsten bewahrt hat, gar nicht 
in den Kreis seiner Betrachtungen gezogen hat. Aus dieser 



^ Vergl. IlgCDS Allgemeine Einleitung zur Geschichte und Verfassung 
V. Soest, Städtechroniken Bd. XXIV S. XI ff., insbesondere XXVII. Über 
Soests Analogie mit Köln S« C. 

* Zur Verfassungsgeschichte der westf. Bischofsstädte. Für Soest ganz 
ähnlich Ilgen a. a. O. S. XCVIII. 

3 Zur Verfassungsgeschichte u. s. w. S. 54. 



— 279 — 

unzulänglichen Heranziehung des vorliegenden Materials ist dann 
wohl auch die S. 170 sich findende Aufstellung: »Der Beweis 
dafür, dafs eine Stadt durch Zusammentritt mehrerer Land- 
gemeinden entstanden sei, ist bisher für keine einzige Stadt ge- 
lungen«, zu erklären. Abgesehen davon, dafs auf diese Weise, 
durch »Synoikismus«, eine Reihe hessischer Städte unzweifelhaft 
entstanden ist, worüber allerdings urkundliche Nachrichten bis 
jetzt noch nicht veröffentlicht oder mir wenigstens nicht zur Hand 
sind, ist ein solcher Vorgang für Brilon aufser ZweifeP; ebenso 
ist Borgentrich (Borgentriche) aus den beiden ausgegangenen 
Ortschaften Sunrike und Embrike zusammengezogen *. In Brilon 
hatte jede Bauerschaft ihren Bauerrichter (Seibertz a. a. O. S. 44). 
Trotz dieser thatsächlichen Verhältnisse aber ist in Rietschels 
Bezeichnung der Sondergemeinden »als zur Erleichterung der 
Verwaltung künstlich geschaffener Stadtbezirke« (S. 170) etwas 
Wahres enthalten, wie denn die Möglichkeit, dafs solche Bezirke 
zuweilen auch künstlich geschaffen worden sind, nicht abgestritten 
werden kann. Es ist meines Erachtens eben eine bezeichnende 
Eigentümlichkeit der mittelalterlichen Stadtgemeinde, dafs sie 
sich nicht wie die Landgemeinde als ein einheitlicher Verwaltungs- 
und Gerichtsbezirk darstellt, sondern aus einer Mehrheit von 
Gemeinden mit , wenn auch eng begrenzter und allmählich immer 
enger begrenzter Selbständigkeit besteht. Es ist z. B. anzu- 
nehmen, dafs bei dem Ausbau der Soester Verfassung die Hoven 
nach Analogie der Kirchspiele künstlich geschaffen sind^ und 
ein ähnliches Verhältnis für Bielefeld, Coesfeld und Lipp- 
stadt vorauszusetzen. Damit aber, dafs eine künstliche Analogie- 
bildung zugegeben wird, braucht nicht auch zugestanden zu 
werden, dafs diese künstlichen Bildungen darum jeder politischen 
Sonderrechte bar gewesen sind, ja gewesen sein müssen. Es 
ist doch unbestritten, dafs die Bauerrichter in Soest eine niedere 



' Vergl. Seibertz, Quellen zur westf. Geschichte II 43 und dazu Becker, 
Geschichtliche Nachrichten über die im Briloner Stadtgebiete untergegangenen 
Dorfschaften. Die Namen der Quartale, Bauerschaften sind von den Thoren 
und diese wieder z. T. nach den alten durch die Stadt aufgesogenen Dörfern 
Ledrike und Ceflike genommen. Diese städtischen Bauerschaften nutzten 
die alte Mark der ausgegangenen Dörfer. 

* Zeitschrift für westf. Geschichte 39 S. 164 ff. 

3 Ilgen a. a. O. S. XXVIII. 



— 28o — 

Gerichtsbarkeit (die Wroge) auf je den Czerichtsplätzen der ein- 
zelnen Hoven (in viculis qui dicuntur ty) ausübten; ebenso ist 
es urkundlich festgestellt, dafs die Bauerschaft Maspem (Asperthe) 
in Paderborn ihren eigenen Richter hatte ^ ; ja sogar in Osna- 
brück, was mir bis dahin entgangen war, amten in den ältesten 
beiden Laischaften neben einander zwei Richter (Osn. U.-B. 
II 438); dafs an der Spitze der Briloner Bauerschaften je ein 
Bauerrichter stand , ist schon oben angedeutet. Ich verstehe 
nicht, wie man diesen Thatsachen gegenüber eine ursprüngliche 
politische Selbständigkeit der Sondergemeinden schlechtweg be- 
streiten kann. Dafs eine solche Selbständigkeit nicht für alle 
Städte unwiderleglich dargethan werden kann, dafs sie ohne 
Zweifel nicht überall gleich grofs gewesen und nach dem festeren 
Zusammenschlüsse der Städte zu einem Ganzen immer mehr zu- 
sammengeschmolzen ist, ist anstandslos zuzugeben, trotzdem 
kann aber ihr ursprüngliches Vorhandensein nicht geleugnet und 
ihre Bedeutung für die Entwickelung der Städte, besonders für 
die Entstehung des Rates nicht von der Hand gewiesen werden ". 
Meines Erachtens erklärt aber das Vorhandensein derartiger 
Sondergemeinden erst die Exemtion der Städte aus den sie 
umgebenden Landgerichtsbezirken. Eine Einzelgemeinde konnte 
nicht wohl einen besonderen Landgerichtsbezirk bilden, da die 
Landgerichtsbezirke regelmäfsig aus einer gröfseren Zahl von Land- 
gemeinden (Bauerschaften, Honschaften, Dörfern u. s. w.) biestanden. 
Ein weiterer Punkt, in welchem sich der Verfasser insbeson- 
dere mit meinen Aufstellungen auseinandersetzt, betrifft das 
»Weichbild«. Er kann meine Auffassung, dafs Weichbild ur- 
sprünglich die städtische Erbzinsleihe bezeichne, nicht als richtig 
anerkennen; obwohl er für »Burgrecht«, welches nach meiner 
Annahme im oberdeutschen Rechtsgebiete dem niederdeutschen 
Weichbild vollkommen entspricht, diese Bedeutung ohne weiteres 
zugiebt (S. 182)3, Ich habe meine Anschauungen über Gel- 



' Westf. Bischofsstädte S. 54. 

^ Ich bemerke dabei ausdrücklich, dafs ich nur von den mir bekannten 
nordwestdeutschen Städten rede. 

3 Rietschel sagt S. 188: »Dagegen hat sich im Gegensatz zu ,Burg- 
recht' der Ausdruck ,WeichbildS soviel ich sehe, nie von seinen Heim- 
stätten , den Städten und Wigbolden , losgelöst , um zur rein privatrecht- 
lichen Bezeichnung eines überall vorkommenden Erbleiherechts zu werden. 



28l — 

tungsbereich, ursprüngliche Bedeutung und weitere Entwickelung 
des »Weichbild« im Jahrg. 1895 dieser Zeitschrift S. i fF. ein- 
gehend begründet und mufs an dem dort Vertretenen festhalten. 
Ich habe dort auch zu entwickeln versucht, wie aus der ur- 
sprünglichen Bedeutung, dem ursprünglichen Rechtsinhalte die 
mannigfachen späteren Bedeutungen herausgewachsen sind. Seit 
der Zeit ist im Hildesheimer Urk.-Buch (von Janicke) unter 
Nr. 703 zu etwa J217 eine Urkunde mitgeteilt worden, welche 
bekundet, dafs Graf Konrad von Spiegelberg die Ansprüche, 
welche er an eine dem Kloster Amelungsborn gehörige Salzquelle 
zu Hammendorf gemacht hatte, aufgegeben habe, und dafs er 
das Kloster in dieser Hinsicht niemals mehr belästigen wollte, 
auch nicht per illud jus quod sibi de jure quod in vulgo 
wigbelede appellatur dicebat pertinere. Fafst man 
wigbelede als Leiherecht , so läfst sich die Urkunde verstehen \ 
was sie aber heifsen soll, wenn man das Wort als Ortsrecht 
(Stadtrecht) ausdeutet, ist mir unverständlich. Dasselbe trifft für 
das bekannte Privilegium für Schüttorf Nr. 1295^, auf welches 
ich schon mehrfach hingewiesen habe, zu. 

Schliefslich sei mir noch gestattet, so ungern ich mich in 
solche persönliche Polemik einlasse, einige Worte zu Rietschels 
Auslassung auf S. 185 — 186, die unmittelbar gegen mich ge- 
richtet ist, beizubringen. Er sagt dort wörtlich : »Die von 
Philippi vorgetragene Behauptung, in der älteren Zeit hätten die 
Wigbolde im Gegensatz zu den Städten keine eigenen Gerichts- 
bezirke gebildet, ist demnach geradezu falsch«. Wie Rietschel 
diese Behauptung aus meinen -einschlägigen Äufserungen hat 
herauslesen können, ist mir unverständlieh ; er stützt seine An- 
gabe auch nicht auf ein Citat. Ich habe nun in dem oben an- 
gezogenen Aufsatze über »Weichbild« auf S. 11 — 14 eingehend 
die durch Verleihung von Weichbildrecht bedingte Schaffung 
eigener Gerichtsbezirke dargelegt und S. 14 insbesondere auf die 



Burgrechtsleihe findet sich auch in Dörfern , Weichbildleihe nur in Städten 
und Wigboldenc. Zur Richtigstellung dieser Behauptung verweise ich auf 
die unten erwähnte Urkunde über Hammendorf und die in meinem unten 
erwähnten Aufsatze über Weichbild unter Nr. 28 und 46 der Beläge ange- 
zogenen Urkunden. 

' Nr. 89 der Beläge zu meinem oben erwähnten Aufsatze. 



— 282 — 

Gründungsurkunde von Dülmen verwiesen, in welcher der Bischof 
Ludwig von Münster die Einwohner des Ortes, denen er den 
Flecken zu Weichbild austhut, gleichzeitig vom Gogerichte be- 
freit. Rietschel kann daher nur meine Bemerkungen auf S. 34 
der »Westfälischen Bischofsstädte« im Auge haben. Ich sage 
dort: »Für die ältere Zeit erscheint mafsgebend, dafs die eigent- 
lichen Städte vom Landgerichte eximirte eigene Gerichts- 
bezirke bildeten, während die Einwohner der Wigbolde dem 
Landgerichte: Gogerichte (und Freigerichte) unterworfen zu sein 
pflegten«. An dieser Stelle ist denn auch auf die im An- 
hange mitgeteilten Privilegien von Iburg und Melle hingewiesen, 
welche Rietschel weiter bespricht ^ Es ist nun vollkommen 
deutlich, dafs ich an dieser Stelle nur von dei Exemtion vom 
Landgericht rede. Dafs aber auch der Gerichtsbarkeit des 
Landrichters unterworfene Gemeinden trotzdem eigene Gerichts- 
bezirke — für Weichbildgerichtsbarkeit — bilden können, braucht 
wohl nicht besonders betont zu werden. Dafs ich diesen Zu- 
stand eben für die Wigbolde annehme, habe ich im »Weichbild« 
(s. oben) eingehend erörtert und zu begründen versucht ^ 

» Er verkennt aber, wie mir scheint, dabei den Sachverhalt. Für die 
Frage der Exemtion ist es vollkommen gleichgültig, ob »nur für besonders 
sohwere Verbrechen das Landrecht« gilt, *im Übrigen beide Orte unter 
Osnabrücker Stadtrecht« stehen. Das entscheidende Merkmal ist die That- 
sache, dafs weder in dem Privileg von Melle noch in dem für Iburg ein 
eigener Richter genannt wird; der Amtmann, also der landesherrliche Be- 
amte, übt die richterlichen Befugnisse in prinzipiell vor das Landgericht zu 
ziehenden Strafsachen aus. 

» Auf einem ähnlichen Mifsverständnis mag die S. 188 Anm. 3 gegen 
mich gerichtete Bemerkung beruhen: »Die unmögliche etymologische Ab- 
leitung des Wortes .Weichbild* von belien = beleihen hat Philippi jetzt 
aufgegeben, damit fällt aber völlig die sprachliche Grundlage für seine Aus- 
führungen, denn die Behauptung, jus civile könne nur .bürgerliches Recht*, 
nie , Stadtrecht* bedeuten und sei deshalb auf die Erbzinsleihe der Bürger 
zu beziehen (Phil., Weichbild S. 7), ist absolut unhaltbar«. Am angezoge- 
nen Orte heifst es bei mir wörtlich: »Die älteste und ursprüngliche, über 
ein Jahrhundert in Westfalen festgehaltene Bedeutung des Wortes Weich- 
bild ist also die des bürgerlichen Erbzinsleiherechts : denn so, nicht 
städtisches Recht, ist jus civile zu übersetzen. Schon der strenge Wortlaut 
führt darauf, weil civilis das Eigenschaftswort zu civis und nicht zu civitas 
ist. Dann zwingt dazu aber noch folgende weitere Erwägung« u. s. w. 



JAKOB SCHWALM, Die Chronica novella des Her- 
mann Korner. Im Auftrage der Wedekindschen Preis- 
stiftung für Deutsche Geschichte herausgegeben. Göttingen, 
Vandenhoeck & Ruprecht. 1895. 

VON 
KARL KOPPMANN. 

Durch die wissenschaftliche Herausgabe der Komer-Chronik 
hat sich Jakob Schwalm ein Verdienst erworben, das kaum vol 
genug anerkannt werden kann. Ist doch mit ihr eine Aufgabe 
gelöst, die auf Anregung von Waitz von der Wedekind - Stiftung 
vor mehr als einem Menschenalter vergeblich gestellt worden 
war und nach ihrer wiederholten Ausschreibung nur ein nicht 
befriedigendes Ergebnis erzielt hatte , und ist doch mit ihr eine 
Lücke ausgefüllt, die jedem, der auf engerem oder weiterem Ge- 
biete norddeutscher Geschichte pflegt, schmerzlich fühlbar war. 
Am peinlichsten mufste deren Klaffen aber der empfinden, der, 
wie Jahrzehnte hindurch Mantels und nach seinem Tode auch 
ich, mit der Erforschung des Quellenkreises beschäftigt war, mit 
dem der Name des Franziskaner-Lesemeisters Detmar verknüpft 
ist, und so wird es wohl nicht für anmafsend gelten, wenn ich 
mir erlaube, im Namen aller, die bei ihren Studien auch Korners 
Chronica novella zu Rate ziehen müssen, dem Herausgeber für 
seine mühevolle und erfolgreiche Arbeit meinen warmen Dank 
auszusprechen. 

In lateinischer Sprache hat Korner fünf Recensionen ab- 
gefafst, von denen uns jedoch nur vier erhalten sind. Der 
Entstehungszeit nach steht obenan die bis 141 6 reichende 
Wolfenbütteler Handschrift (a), die aber der Verfasser selbst nur 



— 284 — 

als Entwurf, nicht als die erste eigentliche Arbeit betrachtet ; als 
solche gilt ihm vielmehr die bis 1420 reichende Danziger Hand- 
schrift; so erklärt es wenigstens Schwalm, dafs Korner die bis 
1423 fortgeführte Linköpinger Handschrift als »de secundo 
opere« bezeichnet, Die vom Verfasser als »de tercio opere« 
gerechnete Recension (C), die nach Schwalm im Jahre 1430 
entstand, ist verloren gegangen. Den Abschlufs dieser Arbeiten 
bildet die als »de quarto opere« bezeichnete und bis 1435 ^^'^^t- 
gesetzte Lüneburger Handschrift (D), die einzige Recension, die 
bisher im Abdruck benutzt werden konnte. Von diesen vier 
Handschriften sind die drei späteren Originalhandschriften, d. h. 
wenn auch nicht von Korner selbst, so doch unter seiner Auf- 
sicht geschrieben. Weniger gut ist es mit den Arbeiten Korners 
in deutscher Sprache bestellt. Nach einer urkundlichen Nachricht 
gab es eine Chronik Dr. Hermann Korners in zwei Bänden, 
deren erster van anbegin der werlt wente an keiser Carol den 
groten reichte; doch ist uns, abgesehen von Auszügen, »die den 
Trojanischen Krieg, die Erbauung Roms, die Zerstörungen Ak- 
kons und Jerusalems betreffen«, nur eine Recension erhalten, die 
mit Karl dem Grofsen anhebt und bis zum Februar 1438 
fortgeführt ist. Diese liegt uns in der guten, wenn auch an 
Defekten leidenden Hannoverschen Handschrift (H) und in der 
durch das Abschreiben nach Lagen verderbten und durch Inter- 
polationen entstellten Wiener Handschrift (W) vor. Von zwei 
anderen Arbeiten , die ich früher einmal ebenfalls Korner zu- 
schreiben zu können meinte ^, ist nach Schwalm die Fortsetzung 
der Detmar-Chronik von 1400 — 1435 zwar eine Übersetzung der 
Recension D, rührt aber nicht von Korner her, und auch die 
sog. Rufus-Chronik von 1395 — 1430, die, wie uns der Herausgeber 
belehrt, wegen ihrer Beziehungen zu der verlorenen Fassung C 
von Wert ist, wird wahrscheinlich nicht Korner, sondern einen 
unbekannten Ordensbruder desselben zum Verfasser haben. 

Die Ausgabe behandelt zuerst die Recensionen a, A, dann 
die Recensionen B, D, legt je die weitere Fassung zu Grunde, 
numeriert deren einzelne Nachrichten und giebt durch einge- 
klammerte Zahlen deren Platz in den übrigen Recensionen an 5 



I Hans. Geschichtsbl. 1871, S. 82—83. 



— 285 — 

die in der weiteren Fassung neu auftretenden Nachrichten sind 
durch Klammern kenntlich gemacht, die bei Seite gelassenen 
oder anderweitig ersetzten Nachrichten der vorhergehenden 
Fassung werden unterhalb des Textes, durch zwei Striche von 
ihm und den nachfolgenden Anmerkungen getrennt, verzeichnet. 
Um Raum zu ersparen, sind in a, A diejenigen Nachrichten, 
welche in B, D wiederkehren, nur durch die Anfangs- und End- 
worte bezeichnet. Auf diese Weise ist der Stoff, den die vier 
lateinischen Recensionen für die Zeit von 1200 — 1435 darbieten, 
auf 532 Seiten zusammengedrängt, von denen auf die Recensio- 
nen aA nur die ersten 134 kommen. Ein erster Anhang ist 
der deutschen Bearbeitung (H) gewidmet und bringt zunächst 
Auszüge vor 1200 (S. 535 — 537), dann Zusätze und Ab- 
weichungen von T200 bis 1435 (ß- 537 — 553) und endlich voll- 
ständig die deutsche Bearbeitung von 1435 — ^43^ (S. 553 bis 
672). Ein zweiter Anhang enthält Auszüge aus den lateinischen 
Fassungen vor 1200 (S. 575 — 599). 

Korner war, so etwa bestätigt und ergänzt Schwalm das 
von Waitz über ihn gefällte Urteil, ein virtuoser Kompilator 
von unermüdlicher Schaffenslust, von ungemeiner stilistischer Ge- 
wandtheit und von fast unglaublicher Willkür. Den Wortlaut 
seiner Vorlagen modelt er so lange um, bis er nicht mehr er- 
kennbar ist, die chronologischen Angaben wirrt er immer wüster 
durcheinander, bei den Quellenangaben läfst er immer von neuem 
seine Willkür walten. Mit jeder neuen Recension entfernt er 
sich daher weiter von der geschichtlichen Wahrheit und je zu- 
sammenhängender er erzählt, desto vorsichtiger mufs man seinen 
Angaben gegenüber sein. Abgesehen von dem gröfseren Reichtum 
der späteren Recensionen gewinnen diese nur dadurch , dafs Korner 
in ihnen nach Schwalms Ansicht »ruhiger, milder, objektiver, ab- 
geklärter erscheint«. Wenn aber der Herausgeber meint, dafs diese 
zunehmende Milde sich insbesondere in der Art und Weise zeige, 
in der Korner den Rivalen seines Ordens, den Franziskanern, 
gegenübertrete, so mag darauf hingewiesen werden, dafs erst in 
B D (§ 203) die erlogene Nachricht steht: »Cognovit autem 
idem frater Adolfus camaliter suam prefatam uxorem post fac- 
tam professionem et genuit ex ea filium«. 

Die Quellen, aus denen Korner in Wirklichkeit schöpfte. 



— 286 — 

waren Heinrich von Hervord, Vincenz von Beauvais, Martin von 
Troppau und ein anderes, nicht näher zu bestimmendes Papst- 
verzeichnis, ferner Adams von Bremen Descriptio insularum 
aquilonis, Helmold , Arnold von Lübeck , die reichere Fassung 
der Stader Annalen, die Sächsische Weltchronik, die Annales 
Ryenses, eine Ableitung der Chronik des Michaelisklosters zu 
Lüneburg, der Bericht des Eilard Schone velt, und andere, 
von denen nur zwei uns nicht erhaltene Geschichtswerke, das 
eine Magdeburger oder Halberstädter, das andere meklenburgi- 
schen Ursprungs, und die mündliche Überlieferung angeführt 
werden mögen. Über die ausführlich begründete Ansicht des 
Herausgebers von dem Verhältnis Körners zu Detmar und der 
Rufus-Chronik habe ich mich anderweitig schon (oben S. 197 
bis 202) geäufsert, möchte aber auf ein paar damit in Zusam- 
menhang stehende Punkte hier eingehen. 

Der Herausgeber, der einesteils die Benutzung Detmars in 
den Recensionen a, A mit Recht in Abrede stellt und dies an- 
dernteils ebenso richtig dadurch begründet, dafs die für Detmar 
charakteristischen Nachrichten, die Auszüge aus Vincenz und 
Haython, in diesen Fassungen fehlen, giebt trotzdem an einer 
Stelle einen Hinweis auf eine bei Detmar sich findende Parallel- 
stelle, die auf Haython zurückgeht. Es handelt sich um die 
Eroberung Bagdads im Jahre 1258, die bei Detmar S. 339 bis 
340 richtig zu 1258, bei Korner in a § 213, wie es scheint, 
zu 1268, in A zu 1266, in B D § 319 wieder zu 1268 gesetzt 
wird. Detmar berichtet darüber: Halahon^ des keisers 
broder van Taiheren . . . jeghen den winter . . . heleghde 
...de stad Baldach , unde wan ze binnen körten daghen 
mit hulpe der Tather en^ de in den lande weren beseten. He vingh 
dar inne Kalif ^ den heren der stad unde lerer unde meyster in 
der ee Mahometen unde en vorkerer al der werld. In der stad 
slogen se dot al dat volk , dat dar was, Se vunden zo groten 
schaty dat men sik des nicht hadde vormodet ^ dat in allen lande 
scholde zo grot schal sin ghewesen \ Halahon läfst den Chalifen 
besluten in ene bemurde kameren ^ unde leet eme vor gheten gholt 
unde sulver unde dure stene, unde vorbot ^ dat em neman scholde 
spise gheven eder bringhen. Dar sat he so langhe over deme 
schatte ^ dat he starf. Mit diesem Bericht vergleiche man Hay- 



— 287 — 

thons Erzählung: Haolonus ... hieme veniente obsedit 
civitatem Baldach, in qua erat Caliphus, qui magister erat 
et doctor sectae perfidi Mahumeti: fecitque Haolonus ad exer- 
citum convocari triginta millia Tartarorum , qui erant in regno 
Turquiae: postque congregavit undique gentem suam, insultari 
fecit ante litus civitatis , quae velociter absque nimio 
morae dispendio fuit capta ... et inventae fuerunt in 
Baldach tantae divitiae, quod vix credendum esset, esse totidem 
in residuo hujus mundi ... et praecepit ponere Caliphum una 
Camera, et ante ipsum projici margaritas et aurum, ut de illis 
comederet, quantum vellet, et praecepit, ne aliquis cibus daretur 
aut potus alius propinaretur eidem. Et sie morte pessima miser 
ille et avarus miserabilem vitam finivit. Dahingegen lautet Kor- 
ners Nachricht folgender mafsen : Ayco rex Armenie cum 
adjutorio Chaam, imperatoris Tartarorum, obsedit 
magnam illam civitatem Baldach, sitam in Chaldea, 
et expugnavit eam 30. die obsidionis sueet cepit eam et 
interfecit indifferenter omnes inhabitatores ejus utriusque sexus, 
infinitum thesaurum ex ea auferendo. Captivavitque in ea Ca- 
liphum, successorem Machameti, quem tamquam nobilem in pa- 
lacio concludens fame interire fecit et thesaurum suum innume- 
rabilem abduxit. 

Korners geographische Bestimmung Bagdads: »sitam in 
Chaldea« würde für willkürliche Zuthat gelten können. Seine 
Angabe, dafs die Stadt durch den Armenierkönig »cum adjutorio 
Chan (a) oder Chaam (A)« erobert worden sei, läfst sich inso- 
fern begründen, als Hulaku im Auftrage seines Bruders Mango- 
Chan handelte und dieser nach Haython der Bitte des Armenier- 
königs folgte, »ut intenderet ad destructionem Caliphi in Bal- 
dack«. Die Nachricht über die Zeitdauer der Belagerung macht 
es aber unmöglich, eine unmittelbare Benutzung Haythons durch 
Korner anzunehmen. Auf Detmar könnte sie zurückgeführt 
werden , da dessen allgemeine Zeitbestimmung : binnen körten 
daghen als: binnen dorüch daghen verlesen und durch : »die« 30. 
wiedergegeben werden konnte. Dagegen war aber Korner nicht 
imstande, den Namen »Ayco« (Haython Kap. 23: rex Armenie 
dominus Aythonus) aus Detmar kennen zu lernen, da dieser den 
König weder hier noch anderswo namhaft macht. Schwalms 



— 288 



Hinweis auf Detmar ist also abzulehnen und Korners Nachricht 
auf eine andere Quelle zurückzuführen. 

Bei der Ausarbeitung der Recension B modelt Korner 
die Stelle unter Benutzung Detmars in § 319 zu 1268 der- 
gestalt um, dafs nun »Ayco rex Armenie cum adjutorio Ahalon 
imperatoris Tartarorum« die Eroberung Bagdads vollführt, und 
erzählt in § 282 dieselbe Geschichte nochmals vollständig nach 
Detmar zu 1260, ^»secundum cronicas Francorum«. Bei der 
Ausarbeitung von D behält er unter Veränderung des Citats in 
»secundum Wilhelmum« § 262 zu 1260 bei, bemerkt bei §319,. 
dafs er Bagdad schon einmal habe erobert werden lassen, ver- 
allgemeinert deshalb die frühere Nachricht folgendermafsen : 
»Ayco rex Armenie cum adjutorio Alahonis imperatoris Tartha- 
rorum in Turkia plures civitates et castra expugnavit secundum 
Egghardum< und verbindet sie mit einer der Detmar - Chronik 
zu 1270 (S. 350 — 351) entnommenen Nachricht über den Tod 
des Armenierkönigs. 

Im Ganzen gehen in der Fassung D 20 Nachrichten Kor- 
ners durch Vermittelung Detmars auf Haython zurück. 



1256: 


§ 262: 


1260; 


§ 282: 


1261 : 


§ 287: 


1262 . 


§ 291: 


1266 : 


§ 311: 


1267 . 


• § 316: 


1268 


: § 319: 


1272 . 


§ 332: 


1273 


: § 339- 


1276 


: § 355: 


1282 


: § 380: 


1292 


: § 418: 


1295 


: § 428: 


1301 


: § 454: 


1301 


• § 455- 


130T 


: § 456; 


1301 


: § 457: 


1305 


: § 489: 



u 


L, 


b. 


337, 


1255- 




n 


n 


» 


339, 


1258. 




n 


» 


n 


341, 


1259- 


■ 


n 


» 


» 


345» 


1262. 




rj 


» 


» 


349, 


1268. 




» 


» 


» 


350, 


1270. 




« 


» 


» 


350, 


1270. 




» 


n 


» 


354, 


1274. 




» 


» 


r) 


353, 


1272. 




» 


» 


n 


356, 


1276. 




» 


» 


n 


361- 


-63, 1282- 


-84. 


» 


n 


» 


376- 


-78, 1295, 


97- 


n 


n 


n 


379, 


1298. 




n 


» 


n 


385, 


1301- 




n 


n 


n 


388, 


1302. 




» 


» 


n 


391- 


1303- 




n 






394, 
401, 


1304. 
1307. • 





— 289 — 

1310: § 5io: ^^ S 407, 1309. 

13"- § 525: » » » 409, 1310- 
Von diesen 20 Nachrichten stehen 12 auch in B, nämlich 
§§ 262, 282, 287, 339, 380, 418, 428, 454— 457> 510» und 
zwar mit Ausnahme von 287 sämtlich als Nachträge unten am 
Rande. Der Name »Aycoc findet sich in D noch viermal 
wieder: § 262: »Ayco magnus rex Armenie« ; § 311: »Ayco 
autejn rex Armenie«; § 316: »Ayco rex Armenie«; § 332: 
»Buonus denique rex Armenie filius Ayconis« ; in B § 262 heifst 
es nur: »Rex Armenie«, entsprechend Detmars: de koningh van 
Armenien; der Zusatz: »magnus« in D beruht auf Mifsverständnis 
von Detmars: den graten keiser der Tatheren. 

Der Umstand, dafs Korner, nachdem er die Detmar-Chronik 
bei der Ausarbeitung von B benutzt hat, bei der Herstellung von 
D in derselben eine Nachlese zu halten vermag, durch die er zu 
den früheren zwölf acht weitere Nachrichten gewinnt, erklärt sich 
aus der Beobachtung, dafs der fortwährend wachsende Umfang 
der Korner - Recensionen nicht allein auf der Zunahme des 
Quellenmaterials, sondern auch darauf beruht, dafs der Verfasser 
sich anfangs auf willkürlich zusammengeraffte Excerpte beschränkt 
und später mehr und mehr von dem aufnimmt , was er früher 
absichtlich bei Seite gelassen hat. 

Dieser Beobachtung hat Schwalm, der seinen Autor sonst 
durchaus nicht überschätzt, bei seiner Besprechung der zwischen 
Korner und der Detmar-Chronik waltenden Beziehungen nicht ge- 
nügend Rechnung getragen. Bei seiner Beweisführung für die 
von ihm erkannte Thatsache, dafs Korner bei seiner Abfassung 
der Recension a die Arbeit Detmars, wie sie sich in der Melle- 
schen Handschrift und der Ratshandschrift darstellt, noch nicht 
gekannt habe , fuhrt er Momente an , die einem so willkürlich 
verfahrenden Schriftsteller gegenüber keine Bedeutung haben können. 

Die Reihe seiner Gründe eröffnet er mit der Frage: 
»Warum hatte z. B. Korner nötig gehabt, die §§ A, 435, 439, 
464, 507 (der in B wegblieb) durch die verwandten Stücke aus 
Detmar, die ihm später besser zusagten, in den §§ D 665, 662, 
700 und 701, 749 zu ersetzen, wenn ihm von vornherein Detmar 
vorgelegen hätte?« Von diesen vier Beispielen passen aber kaum 

Hansische Geschichtsblätter. XXV. 19 



— 290 — 

zwei. Für den Sieg Wladislaw Lokieteks bei Plowcze von 1331 
Sept. 27 folgt Korner in a, A § 435, B § 665 der Stades- 
chronik § 568 (s. oben S. 201), in D § 665 dagegen dem 
zweiten Bericht Detmars S. 473. Für den Sieg Eduards III. von 
England bei Sluys von 1340 Juni 24 folgt er in a, A § 464, 
B § 700 der Stadeschronik § 609, indem er deren Bericht ver- 
kürzt, die Zahl der gefallenen Franzosen 32000 in 22000 
ändert und § 610 nicht berücksichtigt, in D §§ 700, 701 da- 
gegen Detmars §§ 609, 610 unter Wiedergabe der von diesem 
herrührenden Schlufsbemerkung zu § 609 (s. oben S. 202), än- 
dert nunmehr die Zahl in 30000 und macht aus Dorneke das 
erste Mal: »Doracum«, das zweite Mal: »sanctum Cornelium«. 
Die beiden andern Nachrichten sind aus der Stadeschronik un- 
verändert in die Detmar-Chronik übergegangen und haben also 
Korner bei seiner Ausarbeitung von a ebenso vorgelegen, wie 
bei der von D. Den Zweikampf zwischen Otto von der Lippe 
und Burchard von Schwalenberg von 133 1 Jan. 28 bringt er 
aber in a, A § 439, B § 662, »secundum cronicam de Marka«, 
nur im Auszuge, in D § 662 dagegen ausführlich, »secundum 
cronicam Saxonum«, unter willkürlicher Veränderung des Namens 
Otto in Gerhard. Die vierte Stelle ist für Korners Arbeitsweise 
bei der Herstellung der verschiedenen Recensionen so lehrreich, 
dafs es sich wohl der Mühe lohnt, sie in ihrer allmählichen Um- 
gestaltung zu verfolgen. 

In den Städtechroniken 19, S. 506 Anm. 4 habe ich be- 
merkt und sodann im Einzelnen nachgewiesen , dafs für das in 
DL § 657 Erzählte ein Bericht benutzt worden sei, den auch 
die Neuburger Annalen, Franz von Prag und die oberrheinische 
Chronik verwertet haben. Dieser offenbar ursprünglich lateinisch 
geschriebene Bericht ist am vollständigsten von dem Verfasser 
der Stadeschronik aufgenommen worden, völlig übereinstimmend 
aus dieser in die Rufus- Chronik und die Detmar-Chronik über- 
gegangen und hat also Korner bei der Abfassung von a ebenso 
wie bei der von D vorgelegen. Um die Übersicht zu erleichtern, 
zerlege ich den Bericht, wie er bei Rufus und Detmar sich 
findet, in sechs Abschnitte und stelle diesen die Kornerschen 
Excerpte gegenüber. 



— 291 — 

I. 

Dese ding scheghen ok in deme 46. jare over mer, dar de 
peper unde inghever west. To Dathagio an der stat vlot en 
water, dat wart vortnenghet niet utermaten vele wormen unde 
slanghen\ de vreten alle de vruchi up, de in deme lande was. En 
grot deel, de dat water anrurde, vil neder unde was dot. 

KaA 506. In Datagio ci- KBD 774. In Dathagio 

vitate Persarum aqua quedam urbePersarum secundum Ecghar- 
innumeris repleta serpentibus et dum aqua quedam innumeris 
vermibus horribilibus replevit repleta est serpentibus et ver- 
totam terram venenosis anima- mibus, que profluens replevit to- 
libus. Que vorantes semina et tarn terram innumeris venenosis 
fructus quidquid tangebant in- animalibus. Que vorantes se- 
ficiebant. Aquam autem illam mina et fructus, quidquid tan- 
quicunque tangebat, mox moritu- gebant , inficiebant. Aquam 
rus corruebat. autem illam quicumque tangebat, 

mox exspirans corruebat. 

KD 748. Ultra mare in terris, ubi piper et zinziber crescit, 
in Dathagio flumen, quod dictam urbem pertransit, expletum est 
vermibus et serpentibus venenonis secundum cronicam Fran- 
corum. Qui exeuntes aquas demoliebantur omnem fructum terre, 
et quicunque aquas illas tangebat, cecidit extinctus. 

2. 

Vortmer to Lnperio , middes tusschen Kaihagium unde Per- 
Slam, reghendet vür also snevlocken; dat vür vorbrande stede, 
borghe unde land ^ berghe unde dale, manne unde vrowen, unde 
stene, oft se drughe holt hedden ghewesen. Dat vür ghaf groten 
rok van sik ; we den rok sach, de ne levede nicht enen halven dach ; 
we otk den mynschen sach, de den rok gheseen hadde, de en levede 
nicht langhe. 

KaA 506. Infra Cartha- KBD 774. Infra Cartha- 

ginem vero civitatem et Per- ginem vero urbem KB 774: et 
syam pluit ignis, qui consumpsit Persidem pluit ignis, qui con- 
civitates et castra et villas, lapi- cumpsit civitates et castra et 
des et ligna achomines\ Ignis villas, lapides et ligna ac homi- 



• K a : ligna, viros, mulieres et parvulos. 

19* 



— 292 — 

ille magnum fumen de se emit- nes infinitos. Ignis ille fumum 
tebat, et si quis odorabat, mox magnum de se emittebat, et si 
moriturus cadebat. quis odorabat, mox moritttrus 

cadebat. 

KB 748. In Terra Sancta ignis de celo in modum pluvie 
cecidit tante virtutis existens et activitatis, ut lapides et omnia 
que tangeret consumeret ; et omnes homines , qui odorem fumi 
senciebant, moriebantur. Qui vero fumum viderunt odorem non 
percipiendo, ubicumque illi applicuerunt, pestilenciam hominibus 
et pecoribus intulerunt. 

KD 748. Eodem tempore inter Cathagium et Persidem 
cecidit ignis de nubibus et consumpsit plures urbes, opida et 
villas cum omnibus inhabitatoribus. Nee poterat igni illi quecum- 
que materia resistere et dabat ex se maximum fumum horribiliter 
fetentem. Quicumque autem naribus suis fumum senciebat, mo- 
riebatur statim. Qui vero ipsum videbat, non odorans fetorem, 
moriebatur infra sex dies. Et ubicumque homines illi applicabant^ 
pestem secum ferebant et homines alios inficiebant. 

3- 
Hir van schaghet, dat van KD 748. Que quidem 

iwelf galeyden, de in deme lande calamitas causa extitit generalis 
weren^ de den rok geseen hadden^ epydimie et mortalitatis. Nam 
iive galeyden quenien in Greken 12 galee in hiis partibus pro 
to Janueum^ unde begründen al- mercimoniis afferendis venerant^ 
tohant to stervende , beide de in qui videntes fumum ignis reversi 
den galeyden weren unde de lüde sunt ad partes suas. De quibus 
uter siat, also dat sy kume de due venerant in Januam, 
galeyden mit kummer brachten 
van der stat in dat grote nier^ 

unde dreven do to Constantinopo- due in Constantinopolim et 
lim unde to Per am, Do de lüde Peram, 
van Constantinopel unde van Fera 
— U.S. w. — wol sesteyn dusent 
Volkes. Dar na seghelden de ga- 
leyden van Greken — u. s. w. — 

de suke des stervendes. To lest alie vero navigaverunt in Sici> 
quemen se to Cecilien unde Mes- liam et Marsiliam. 



— 293 — 

sinam — u. s. w. — wol dre 

dusent lude^ unde en stat — u. s. w. 

— Cratappaim , starf al wüste. 

Dar na quemen de galeyden van 

Cecilien to Sardineam, unde brech- Quedam autem ex eis pervene- 

ten dai stervend an de galeyden runt in Sardiniam, ubi dominus 

des heren Archassari , de in de Archassar maximum exercitum 

hervart scheiden, unde storven congregaverat, 

also degher uth, dai de teynde 

tnynsche nicht levende blef^ also 

dat dar storven dre unde dertich de quo exercitu mortui sunt 

dusent Volkes^ de men in dat mer 40000. Qui omnes in mare sunt 

warp. Dar na quem ene van projecti. 

den twen galeyden to Marsilien, 

unde brochte dat stervend dar^ 

also dat de stat wüste starf. 

Ad quamcumque ergo terram 

homines illi in galeis illis decli- 

nabant, mortalitatem secum fe- 

rebant et populum innumerum 

inficiebant. 

4. 
Über Avignon wird Feuer in der Luft gesehen ;van deme 
ostene in datwestene*, 

5. 
Vortmer van deme weghe , als men ghet van Kathelonia to 
Arragonia , vellen dre grote stene van deme hemmele , jeweUk also 
grot als en tover. Des nemen de lüde ute deme lande enen van 
den stenen unde brachtene deme koninghe des landes up eneme müle 
to groteme wundere. 

KaA 506. Inter Cathalo- KB 774. Inter Cathalo- 

niam et Arragoniam tres cecide- niam eciam et Aragoniam KBD 

runt lapides de aere, quorum tres ceciderunt lapides de aere, 

quilibet habebat magnitudinem quorum quilibet habebat magni- 

magni modii. Homines autem tudinem modii. Homines autem 

illius terre receperunt unum de illius terre receperunt unum de 



— 294 — 

lapidibus illis et imposuerunt lapidibus illis et imposuerunt 
illum mulo et portavenint illum ipsum mulo et tulerunt illum ad 
domino terre illias pro magno dominum terre illius pro magno 
portento. portento. 

6. 

Vortmer de koning van Vellemare, Albessessu ghenant, en here 
aver gantz Barbarien, let enen weck tnaken dor de wusienye, also 
tnen reysen mochte to Januam, 

KaA 507. Rex quidam KD 749. Albessessu autem 

Albessessu nomine Tartarorum' rex Tartharorum de Vellemare 
fecit novam facere viam, qua urbe magna viam fieri fecerat 
nuncii et mercatores per com- per deserta nemora compendio- 
pendium et directum ire vale- sam versus urbem Januensem 
rent de regno suo ad civitatem in labore maximo. 
Januam per desertum. 

. Do he ret mit groteme volke unde wolde den wech beseen, da 
quam en bode eme na unde seghede: i^Here, sint dat du uthtoghest 
sint ghestorven binnen twen daghen achtentich diner husvrowen; 
unde alle, de in der siat sin^ de sterven<i. 

KaA. Quam viam una KD. Cum autem una die- 

dierum experiri volens rex, si rum cum exercitu pulcro transi- 
congrue fieret, exivit cum suis ret per viam illam causa videndi, 
pro spaciosa deduccione. Cum- qualis fieret, subito venit post 
que iter continuasset per qua- ipsum quidam nuncians ei et 
tuor horas vel citra, ecce nun- dicens: »Domine rex, postquam 
cius multum festinans post regem recessisti de domo tua, defuncte 
cursitavit. Quem cum attigisset, sunt 80 mulieres de uxoribus tuis 
dixit: »Domine mi rex, post- et quasi omnes homines civi- 
quam exivisti domum tuam , de- tatis tue cadunt et subito mo- 
cesserunt de uxoribus tuis 80 et riunturc. 
omnes in civitate existentes 
subito moriuntur«. 

Do de koning dat hör de , he vruchte sie sere unde sprak: 
TtDat is Godes wrake; de wil, dat wy to cristenen leven komen^. 



* Ka: barbarorum. 



— 295 — 

K a A. Quod cum rex KD. Quod auuit rex valde 

audiret, abstupuit et ait: »Vo- territus dixit : »Deus Christian o- 
luntas Dei est, ut christiani rum se vindicat in nos et vult 
efficiamur. Ex vindicta nara- procul dubio nos christianos 
que ejus procedit hec calamitas«. fieri«. 

Unde sende na sinen hoghesten unde na sinen raatgheveren, 
unde seghede en^ dat he cristen werden wolde. 

KaA. Unde statim mittens KD. Et statim missis nun- 

pro nobilibus suis et consiliariis, ciis jussit ad se convenire con- 
quesivit ab eis. Quibus stanti- siliarios suos. Quibus ait: 
bus et hesitantibus, quäle domino »Disponatis vos omnes, ut una 
suo dent consilium, mecum sacrum baptisma reci- 

piatis. Hec enim pestis ingruit 
demeritis nostris, quia christia- 
nos persecuti sumus et eorum 
fidem recipere dedignamur«, 
Quibus in consilio sie occupatis, 

Under des quam en schip unde seghede ^ dat de cristenen ok 
storven, Do dat de koning hör de ^ do wolde he nicht cristen werden. 

KaA 507. ecce navis de D 749. ecce navis per- 

partibus Francie veniens indicat, transiens cum mercatoribus inti- 

mortalitatem maximam esse inter mavit regi, quod christianorum 

christianos. Quod audiens rex partes mortalitas maxima quasi 

mutatur in proposito, dicens se desolatas redderet. Quod ut 

non velle baptizari , ex quo rex audivit, alterius mentis efFec- 

christiani pre aliis gentilus in tus in paganismo perduravit. 
hoc non essent privilegiati. 

In a, A bringt also Körner die Abschnitte i, 2, 5 (§ 506) 
und 6 (§ 507); in B wiederholt er aus A i, 2, 5 (§ 774); läfst 
6 aus und giebt 2 nochmals in anderer Fassung (§ 748); in D 
will er (§ 774) I, 2, 5 aus B wiederholen, kommt aber ver- 
sehentlich aus 2 in 5 hinein, giebt (§ 748) i, 2 nochmals in 
anderer Fassung, fügt einen Auszug aus 3 hinzu und bringt 6 
(§ 779) ebenfalls in neuer, von a, A abweichender Fassung. 
Folglich ist der vierte Abschnitt, der, wie Franz von Prag be- 
zeugt, aus der gleichen Quelle stammt, wie alle übrigen, in allen 
Recensionen ausgelassen worden und der dritte hat nur in D, 



— 296 — 

der sechste nur in a, A und D Berücksichtigung gefunden, 
während die Abschnitte i und 6 zwei, Abschnitt 2 sogar drei 
verschiedene Fassungen erhalten haben. — Was die Chronologie 
anlangt, so setzt Korner die in seiner Vorlage zu 1346 mit- 
geteilten Nachrichten in a, A in das Jahr 1348, während er in 
B, D die früheren Excerpte unter 1351, die neuen unter 1348 
einordnet. — Von den Ortsangaben wird das ^over mery dar de 
peper unde enghever wesH seiner Vorlage, als quellen mäfsig be- 
glaubigt durch die Neuenburger Annalen (in partibus , ubi zin- 
ziber nascitur), in a, A, B ausgelassen und erscheint erst in D: 
Ultra mare in terris, ubi piper et zinziber crescit; das: In 
Daihagio der Vorlage, bei Franz von Prag: »in Cathaim«, 
erhält in a, A den Zusatz: »civitate Persarum«, in B: »urbe 
Persarumc •, die Angabe der Vorlage: in Imperio middes tusschen 
Kathagium unde Persiam , zu berichtigen nach Franzens von 
Prag: »in terra, que est inter Cathaim et Persidem«, wird in a, 
A, B, D verbessert in: »Intra (inter) Carthagium et Persyam 
(Persidem) €, in B.'s zweiter Bearbeitung aber durch: »in Terra 
Sancta« wiedergegeben und in D.'s zweiter Bearbeitung völlig 
ausgelassen. — Albessessu, nach der Vorlage: koning van 
Vellemare j heifst in a: »rex barbarorum c, in A: »rex Tarta- 
rorum«, in D: »rex Tartharorum de Vellemare«. 

Das genügt, wie mir scheint, um Korners Verfahren zu 
kennzeichnen. Er begnügt sich, wie schon gesagt, anfangs mit 
willkürlich gemachten Auszügen und ist später mehr und mehr 
dieselben zu erweitern und zu vermehren bemüht, ohne doch 
eine vollständige Ausnutzung seiner Vorlagen zu erreichen oder 
nur zu beabsichtigen. Launenhaft entnimmt er denselben auch 
jetzt noch bald diese, bald jene Nachricht; willkürlich geht er 
um mit Namen, Quellenangaben und Zeitbestimmungen; infolge 
seiner Mifsachtung der Chronologie verliert er die Herrschaft 
über sein eigenes Material, und übersieht die Auszüge, die er 
der gleichen Quelle über denselben Gegenstand schon an anderer 
Stelle entnommen hat. Launen und Willkür gegenüber kann 
man aber nicht nach Gründen fragen oder aus ihrem Thun 
oder Lassen Schlüsse ziehen wollen, und nur die Hitze des Ge- 
fechts , das sehr erklärliche dringende Verlangen nach der 
Erringung eines festen Standpunktes, von dem aus er der fast 



— 297 — 

unüberwindlich scheinenden Schwierigkeiten seines Gegenstandes 
Herr zu werden vermöge, kann dazu einen Herausgeber wie 
Schwalm verleitet haben. Im Übrigen verdient aber gerade sein 
sonst so reiflich durchdachter Schlachtplan in der Komer-Det- 
mar-Frage die vollste Anerkennung, und mit der von ihm ver- 
fochtenen Ansicht der Unabhängigkeit der ersten Korner-Recen- 
sion von den genannten beiden Detmararbeiten behauptet er 
ebenso siegreich das Feld, wie seine Nachweise der Abhängigkeit 
einesteils der späteren Komer - Recensionen von einer Detmar- 
arbeit, andemteils der sogenannten Rufus-Chronik von 1395 bis 
1430 von der verlorenen Korner -Recension C vollgültig be- 
stehen bleiben werden. 



NACHRICHTEN 

VOM 



HANSISCHEN GESCHICHTSVEREIN, 

Siebenundzwanzigstes Stück. 



Versammlung zu Soest. — 1897 Juni 8 und 9. 



I. 

SECHSUNDZWANZIGSTER JAHRESBERICHT. 

ERSTATTET 

VOM VORSTANDE. 



Bereits im Jahre 1889 hat Seine Majestät Kaiser Wilhelm IL, 
als wir ihm nach seiner Thronbesteigung ein Exemplar sämt- 
licher bis dahin erschienenen Hefte der Hansischen Geschichtsblätter 
für seine Bibliothek überreichten, uns eine einmalige Unter- 
stützung huldvollst zugewandt. Im vorigen Jahre wurden wir 
durch die Mitteilung hoch geehrt und erfreut, dafs Seine Majestät 
geruht haben, unserem Vereine zur Förderung seiner Arbeiten 
für die Folgezeit einen Jahresbeitrag von Mk. 100 zu gewähren. 
Uns dieser hohen Anerkennung, für welche Seiner Majestät der 
ehrfurchtsvollste Dank seitens des Vorstandes ausgesprochen 
worden ist, würdig zu erweisen, wird auch fernerhin unser ernst- 
lichstes Bestreben sein. 

Die von dem Vereine herausgegebenen litterarischen Arbeiten 
sind im vergangenen Jahre eifrig gefördert worden. 

Das Hansische Urkundenbuch, bearbeitet von den 
Herren Dr. Karl Kunze und Dr. Walther Stein unter Leitung 
von Herrn Professor Dr. Höhlbaum, hat weitere Fortschritte ge- 
macht. Der erste von Herrn Dr. Kunze abgeschlossene Band» 
der vierte der ganzen Reihe, ist zu Pfingsten vorigen Jahres 
erschienen. Das Manuskript für den fünften hat der Verfasser 
sogleich darnach zu bearbeiten begonnen und bis zum Jahre 
1400 nahezu vollendet, bevor seine Übersiedelung nach Greifs- 



— IV — 

wald, wo er am i. April d. J. in den preufsischen Bibliotheks- 
dienst eintrat, erfolgte. Auch unter den veränderten Verhältnissen 
wird er sich der Arbeit am Urkundenbuche weiter widmen ; der 
Abschlufs des fünften Bandes im Manuskript ist für das Ende 
dieses Jahres gesichert. Bis zum Jahre 1414 , vielleicht sogar 
bis 141 8 soll dieser Band herabgefiihrt werden, so dafs der Rest 
der Aufgabe, die Bearbeitung des Urkundenbuchs bis 1450, unter 
Einschlufs aller Nachträge, in zwei weiteren Bänden bewältigt 
werden kann. Auch in diesem Jahre ist der Arbeit reiche Hülfe 
seitens der Archivverwaltungen zu teil geworden ; auch jetzt wurde 
die Benutzung der Urkunden und' Akten in der Giefsener Uni- 
versitätsbibliothek allerseits zugelassen, besonders von den Staats- 
archiven zu Lübeck und Königsberg. An beiden Orten, des- 
gleichen in Danzig wird noch immer Nachlese zu halten sein, 
die in Lübeck während dieses Sommers, in Königsberg und 
Danzig dagegen erst im nächsten oder übernächsten Jahre vor- 
genommen zu werden braucht. Auch die spätere Abteilung des 
Urkundenbuchs, welche die Jahre 1451 — 1500 umfafst, von Herrn 
Dr. Stein in Giefsen bearbeitet, ist erheblich gefördert worden. 
Während des Winters hat er die noch rückständigen Archivalien 
von Danzig, Lübeck, Wismar, Stralsund, Reval u. s. w. auf- 
arbeiten können , dank dem Entgegenkommen seitens der Archiv- 
vorstände. In grofser Menge sind ihm die einschlägigen Mate- 
rialien zur Benutzung an seinem Wohnorte übersandt worden, 
wobei sich Herr Staatsarchivar Dr. Hasse in Lübeck besondere 
Verdienste um das Werk erworben hat. Unmittelbar vor Pfingsten 
hat Herr Dr. Stein in Lübeck selbst noch zahlreiche wertvolle 
Nachträge zusammengebracht und in der Königlichen Bibliothek 
in Berlin die ihm sonst unerreichbaren litterarischen Hülfsmittel 
benutzt. Die Sammlung des Stoffs aus den drei Hauptarchiven 
Danzig, Lübek und Köln ist nunmehr bis zum Jahre 1476, die 
aus den übrigen Archiven, mit sehr geringen Ausnahmen, bis zum 
Endjahre 1500 abgeschlossen. Die Bearbeitung des Stoffs für 
die Edition ist ebenfalls in Angriff genommen und so weit ge- 
diehen, dafs Herr Dr. Stein das Manuskript für seinen ersten 
Band 145 1 bis Mitte I463, bestimmt bis zum Winter d. Js. 
fertig vorlegen zu können hofft. Beide Herren" und der Vereins- 
vorstand fühlen sich wiederum Herrn Oberbibliothekar Dr. 



Haupt in Giefsen für die freundliche Unterstützung der Arbeiten 
zu Dank verpflichtet. 

Von den Inventaren der hansischen Archive des 1 6 . Jahr- 
hunderts ist der zweite Band des Kölner Inventars, mit dessen 
Veröflentlichung 1896 begonnen worden ist, im Manuskript 
weiter geführt. Insbesondere sind die Recesse der Hansetage 
von 1571 — 1592 in der Weise des ersten Bandes zum gröfseren 
Teil bereits bearbeitet. Durch Berufs- und Amtsgeschäfte stark 
in Anspruch genommen hat Herr Prof. D. Höhlbaum diesen 
Teil noch nicht abzuschliefsen und die neuen umfangreichen 
Nachforschungen im Kölner Archive, die vor der Schlufsredaktion 
des zweiten Bandes noch erforderlich sind, noch nicht vorzu- 
nehmen vermocht. Inzwischen hat er Hanseatica aus Venlo, die 
im Staatsarchiv zu Mastricht ermittelt worden sind, für seine 
Zwecke heranziehen können. Bezüglich der Veröffentlichung des 
Braunschweiger Inventars kann auf den vorigen Jahresbericht 
hingewiesen werden. 

Die Bearbeitung der dritten Abteilung der Hanserecesse 
ist von ihrem Herausgeber Herrn Professor Dr. Schäfer so 
weit gefördert worden, dafs das Manuskript zum sechsten Bande, 
der bis zum Jahre 1517 reichen wird, bereits dem Drucke hat 
übergeben werden können. 

Ein neues Heft der hansischen Geschichtsblätter wird 
schon in nächster Zeit den Mitgliedern eingehändigt werden 
können. Der Druck eines neuen Bandes der Geschichts- 
quellen, der eine von Herrn Handelskammer - Sekretär Dr. 
S i e w e r t in Halberstadt bearbeitete Geschichte des Lübeckischen 
Rigafahrer-Kollegiums enthalten wird, ist fast vollendet. 

Seit dem letzten Jahre sind durch den Tod aus unserem 
Vereine geschieden: in Berlin Geh. Rat Prof. Dr. Curtius, Geh. 
Rat Semper, in Hamburg Kaufmann L. E. Amsinck, Direktor 
Dr. Friedländer, Hauptpastor D. Röpe, in Köln Präsident Ren- 
nen, in Lübeck Polizeirat Dr. Hach, in Marburg Prof. Dr. A. 
Naudd, in Reval Kaufmann C. F. Höhlbaum, Baron Wrangell, 
in Rostock Bürgermeister Burchard, Major a. D, von Klein, in 
Stettin Stadtrat W. H. Meyer, in Wiesbaden Staatsrat Dr. 
v. Bunge. 

Dagegen sind dem Vereine beigetreten: in Bremen Rechts- 



— VI — 

anwalt Dr. Buchenau, Prof. Dr. Bulthaupt, Direktor Dr. Wie- 
gand, in Göttingen Professor Dr. Kehr, in Haag Archivrat Dr. 
Telting, in Leipzig Buchhändler B. Höhlbaum, in Lübeck 
Druckereibesitzer C. Rahtgens, in Reval Dr. H. Balg, in Scher- 
fede (Westfalen) Fabrikant G. Rofskam, in Stettin Direktor H. 
Petersen, Geh. Kommerzienrat Schlutow. 

Da 14 Mitglieder ihren Austritt angezeigt haben, so beträgt 
die Zahl der Mitglieder unseres Vereins zur Zeit 428. 

Herr Geheimer Justizrat Professor Dr. Frensdorff, der 
nach Ablauf seiner Amtsdauer aus dem Vorstande austreten 
mufste, ward wiederum zum Vorstandsmitgliede erwählt. 

Die Rechnung des vergangenen Jahres ist von den Herren 
Heinr. Behrens in Lübeck und Rendant Grufs in Soest einer 
Durchsicht unterzogen und richtig befunden. 



Schriften sind eingegangen 

a) von Städten, Akademien und historisohen Vereinen: 

Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins, Bd. 18. 

Baltische Studien, Jahrgang 46. 

Schriften des Geschieh ts Vereins zu Bergen in Norwegen, Heft 3, 

Mitteilungen des Vereins für Geschichte Berlins 1896 — 97. 

Schriften des Vereins für Geschichte Berlins, Heft 33. 

Forschungen zur Brandenburgischen und Preufsischen 
Geschichte, Bd. 9. 

Kämmereirechnungen der Stadt Deventer, 4. 

Verhandlungen der Gelehrten Estnischen Gesellschaft zu Dor- 
pat, Bd. 16, 4. 17. 18. 

Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte, Bd. 10,1. 

3/^eröffentlichungen des Vereins für Geschichte der Stadt Han- 
nover, 1896. 

Urkundenbuch der Stadt H i 1 d e s h e i m , Bd. 6. 

Von der Akademie zu Krakau: Anzeiger 1896 — 97. 
Monumenta medii aevi XV. 
Rosprawi Akademii II, 7. 

Jahresberichte des Museumsvereins zu Lüneburg, 1891 — 95^ 



— vn — 

Geschichtsfreund der fünf Orte Luzern etc., Bd. 51. 

Geschichtsblätter für Magdeburg, Jahrgang 31. 

Anzeiger und Mitteilungen des Germanischen Museums zu 
Nürnberg, 1896. 

Mitteilungen des Vereins für Geschichte Osnabrücks, Bd. 21. 

Monatsblätter der Gesellschaft für Pommersche Geschichte, 
1896. 

Beiträge zur Geschichte der Stadt Rostock, Bd. 2, 2. 

Jahrbuch für Schweizerische Geschichte, Bd. 21. 

Vom Verein für Thüringische Geschichte: Zeitschrift Bd. 9 
und 10. 
Regesta Diplomatica hist. Thuringiae, 2. Halbband. 

Von der Vereinigung zu Utrecht: Mitteilungen 3, 5. De Gil- 
den van Utrecht, 2. 

Zeitschrift für Geschichte Westfalens, Bd. 54. 

Vierteljahrshefte für Württembergische Landesgeschichte, 
N. F. 4 und 5. 

b) von den Verfassern: 

F. Bachmann, Die landeskundhche Litteratur über die Grofs- 
herzogtümer Mecklenburg, Güstrow 1889. 

W. V. Bippen, Geschichte der Stadt Bremen, Lief. 5. 

M. Goos, Hamburgs Politik um die Mitte des 14. Jahrhunderts, 
Hamburg 1896. 

A. Poelchau, Die livländische Geschichtslitteratur im Jahre 1895, 
Riga 1896. 

Th. Pyl, Die Greifswalder Sammlungen vaterländischer Alter- 
tümer, H. 2. 

Stieda und Mettig, Schrägen der Gilden und Ämter in Riga, 
Riga 1896. 



Hansische Geschichtsblätter. XXV. 20 



— VIII — 



KASSEN-ABSCHLUSS 

AM 26. MAI 1897. 



EINNAHME. 

Vermögensbestand Mk. 12 637,06 

Zinsen ■ 403,58 

Beitrag S. M. des Kaisers - 100, — 

Beiträge deutscher Städte - 9 5^1» — 

niederländischer Städte - 4i9»56 

von Vereinen - 160, — 

von MitgUedern ■ - 3 14I160 

Mk. 26 372,80 

AUSGABE. 

Urkundenbuch, Honorare. . . Mk. 4 575, — 

Reisen ... - i 654,79 
Druck . . . . - I 912,08 

Mk. 8 141,87 

Recesse (Reise) • i35»4o 

Geschichtsquellen * 143,25 

Geschichtsblätter - i 255,08 

Inventare - 3 123,05 

Reisekosten für Vorstandsmitglieder .... - 5^2,40 
Verwaltungskosten (einschliefsUch Honorar des 

Vereinssekretärs) " 876,45 

Bestand in Kasse » . • 12 135,30 

Mk. 26 372,80