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Soc. SQY4 .
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Deidelbergifäe
sahıdbüider:
2 iteratır
Vierter Jahrgang.
Erbe Hälfte
Zanunar bis Zunius.
5
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Heidelberg, on
bey Mohr und Zimmer
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|
|
3 Chriffiche Dogmatifen v. J. C. E. Schmidt m. Auguſti.
leicht, wenn ihm die Fromme Einfahhelt bes erfleren und bie
glänzende Vielfachheit des zweyten diefer neuen Sewährsmänner
fehie, fih. der Meinung erfreuen, daß felt der Einführung der
kritiſchen Philoſophie und feit den Dogmatikern, die fo tuͤchtig
in derfelben gearbeitet haben, wie Staͤudlin und Ammon, diefe
Wiſſenſchaft ihr hoͤchſtes erreicht habe, oder vielmehr keines
neuen Verſuchs weiter werth ſey. Ein ſolches conclamatum
est ſchreckt die echten Theofogen fo wenig davon zuruͤck Hand
anzufegen, als den wahren Kuͤnſtler der Zeitgeihmad, weicher
die Bilder in Damenkalendern lieber mag, als einen firengen
Albrecht Dürer. Willemmen find ung daher bie beyden vors
liegenden Lehrbücher, deren Verf. auch ihren äußeren Beruf
hierzu ſchon durch die Worte in den Vorreden beurkunden,
welche wir ſtatt alles weitern bierher (sen wollen. Sn deu
Schmidtiſchen heiße es: „von einem Zeitalter, wie das jeßige,
wird uͤbrigens ein Buch diefee Art manche nachtheilige Urtheile,
und zwar fehr entgegengefete, erfahren. Ein Theil der Seit
genoffen wird es jedoch nicht verfennen, daß dem Verf. die
fchwachen Seiten der bisherigen Dogmatik nit entgangen waren,
and daß er wenigftens den ernfllihen Worfag hatte, ihren
Beduͤrkniſſen adzuhelfen.“ In der Auguſtiſchen werden Leffinge
Worte angeführte, welche verdienen Immer noch wiederholt gm
werden: „ic möchte nicht behaupten, daß unfer altes Religions;
fuftem ein Flickwerk von Stuͤmpern und Halbphiloſophen fen.
Ah weiß kein Ding In der Welt, an weichen fih ber menſch⸗
Ihe Scharffinn mehr gezeigt und geübt hätte, als an ihm.
Flickwerk von Stämpern und Halbphiloſophen ift das Religions;
foftem, welches Einige jetzt an die Stelle des Altern feßen
wollen, und mit weit mehr Einfluß auf Vernunft und Philos
fophie feben wollen, als fih das alte anmaßt.“ Hierdurch gibt
ſich die neue fo gemeinſame wie verfchiedene Richtung diefer
Lehrbücher zu erkennen... Der Verf. des erfien gibt aus feines
veihen Schage mit fparfamer, faſt farger Hand, das mit Liebe
auswählend, worauf gr grade jetzt einen flärkern Nachdruck
legen gu muͤſſen glaubts alles beſtimmt und zur Einheit feflges
Eprifliche Dogmatiken v. J. C. E. Schmidt n. Auguſti. 3
haften durch die Lehre und die Treue der Fichte ſchen Philo⸗
ſophie. Der Werf. des gwenten Lehrbuchs legt einen Apparas
von theslogifchee Gelehrſamkeit wor, mit freugebiger Hand,
und gibt Anleitung, wie man das. Befle daraus mählen fol;
einer neueſten philoſophiſchen Schule fo wenig angehörig ale
einer ältern. Jener geht von der Tonfeguenz der Altern Theos
logen ans, er trägt fie in fih, und uͤbergibt dem Zuhörer ein
feftes Reſultat. Dieſer weiſet den Zuhörer, der von den
mannigfaltigen Zeitvorſtellnngen umſpielt iſt, zuruͤck auf die
kirchliche Conſequenz. Auguſti fuͤhrt mehr in den Geiſt der
aͤtern Theologen ein, und Schmidt laͤßt ihre Reſulte durch eine
are Einkleidung ſprechen.
Da wir keinen Plan der Dogmatik, der nur irgend bis⸗
ber eingeſchlagen worden, für kanoniſch ober für claſſiſch
halten, ſo wollen bir es auch nicht tadeln, daß, jedes dieſer
Compendien ſeinen eignen neuen erwaͤhlt hat. Daß auch diefe
Mingel haben, laßt ſich erwarten, weil die Dogmatik feine
reine Wiffenfchaft tft, Tondern vielmehr auf viele Puncte des
theologifhen Wiſſens fd bezogen werden muß, daß ihre Ans
ordnung immer etwas Relatives und nah Zweck und Zeit Zur
fälliges "Hefommt. Wir müflen une nun auf jedes diefer Toms
vendien einlaffen, fo viel es der Raum diefer Blätter geſtattet.
Das Sch midtiſche enthält nad) der alten Weiſe Prolego—
mena, welche einen beträchtlichen Theil des Buches ausmachen,
aber ih dadurch Hanz von dem’ bisherigen unterfcheiten, daß
fie zwar erſt den Begriff der Nelision aufftellen, aber nachher _
auf ähnliche Welle wie in des Verf. früheren Compendium
die Religion nach den Grundfägen der Fichte ſchen Sittenlehre
deduciren; noch mehr aber dadurch, daf er die Geſchichte der
wligisfen Meinungen in ihren Grundlinien aufftelll. Der
Anhalt iſt: =) Höhere Weſen; 2) Wirkungsart derſelben;
3) Cultus; 4) Vergeltung; 5) Urfprung, der Welt und des
Uebels in derſelben; 6) Leben nah dem Tode. Wir laſſen
uns hierauf weiter nicht ein, um etwa die vorzüglicheren Ber.
merkungen Hervorzuheben, wie z. B. daß der Monotheiſt oft
6 Eprifiliche Dogmatifen v. 3. C. E. Schmidt u. Auguſii.
nahe if. Doch der Verf. deutet auch darauf Hin, indem er
fagt, daß weder bey den Wundern, noch bey der Schöpfung
etwas zu verftiehen fey, umd beydes ind Gebiet des Glaubens
gehoͤre. Er ruͤgt es mit Recht, daß: die Theologen einen gros
fen Stein des Anfloßes an den Wundern fanden, da es -fie
doch hoͤchlich befremdete, als ihnen angemuthet wurde, ein vers
fändiges Wort Über die Schöpfung zu fagen; baß fie diefe
für ein Wunder mußten gelten laſſen, dabey die Erhaltung völlig
richtig ale eine forigehende Schöpfung anfahen, und doch in der
Megterung alles bloß natürlich annahmen; endlich: „daß die
den Glauben an Wunder überhaupt mit dem Glauben an bie
hiſtoriſche Wahrheit gewiſſer Facten vermifcht haben, die doch
nun einmal im Dunkel der Vorzeit lagen, fo daß es eitles
Beginnen iſt, fie jetzt noch ans Licht ziehen, und alles ſonnen⸗
Har machen zu wollen.“ Wohl hat er Recht, „daß man dieſe
Glauhensſache nicht mit fo leichter Hand, wie man es in unſern
Tagen gewohnt iſt, abthun darf.“ Die Ideen aus der Schel⸗
ling’fchen Speculation würden hier dem. Verf. zufagen, wenn
er fich Überhaupt auf die eigentlich fperufative Philoſophie
eingelaffen hätte, $. 30, 3ı Handelt von Engeln und Dis
monen. $. 52 ff. unter des Rubrik von Vergeltung, etwas
unbeguem, vorerft vom Begriff der Sünde, dann non $. 36 ff.
bis $. 45 von der Unsterblichkeit und dem Zuſtand nach dem Tode.
Hierauf. mit dem Anfang des dritten Eapitels-$. 46 ff. von
der Unfähigkeit und Untwürdigkeie des Menſchen überhaupt.
Mir vermiffen hier die Lehre von dem göttlichen Ebenbilde
ganz, dabey auch die bibliſche Lehre non dem emigen Leben,
und manche Hinmeifungen fonft quf das, was zum Kirchlichen
gehört; und da grade dieſer Artikel -fo wichtig iſt, fo muͤſſen
wir diefen Abſchnitt für den mangelhafteſten des Buches erken⸗
nen. Hierauf folgt der Abſchnitt von ‚deu relisidfen Beduͤrf⸗
niſſen des Menſchen insbefondere, und zwar zuerfi in der
Offenbarung, $. 56 ff. Hier mind fogleich fehr gut bemerkt,
daß die Bibel Leinen. ſchulgerechten Lnterfchied zwifchen dem
Natuͤrlichen und Uebernatorlichen beobachtet. Die Offenbarung
—— | —“ - J
Ehriſtliche Dogwratiken v. J. C. E. Schmidt u. Auguſti. 7.
wird nach der Leſſing'ſchen Idee ale Erziehung des Menſchon⸗
geſchlochts angeſehen, mwÄhe mit dem Anfang deſſelben begon⸗
nen. Dee VWerf. findet es ſehr nachtheilig, daß man dem
bifigrifchen Weg eingeichlagen habe, da man von dem Glauben
an Offenbarung felbft hätte ausgehen muͤſſen. Anderen die aus
Fichtes Maturrecht angeführte Stelle, welche allerdings verdient
den Theologen Bekannt zu bleiben, nimmt doch etwas Hiſtori⸗
(des in der Dffendarung ala das Erſte an; die Bemerkung
unſers Verf. ,„ daß der Stande an das Hiftorifche dad Herz gar
niht beruͤhre, iſt aus feiner Anmerkung zu $. 65 zu berichtigen,
w der Standpunct der Dienichen als verfchieden angenommen
wird. Daß die - fortfihreitende Offenbarung bey einer Nation
und die nachmalige des Chriftenthums als eine Erziehung des
ganzen Menſchengeſchlechts anzufehn ſey, erlaubt doch mod
einige Bedenklichkeiten, welchen ſelbſt die $. 66 angeführte
Meinung der Kirchenväter zuſtimmt. Weiter von $. 6B an
ſpricht der Verf. von dem Glauben an Sündenvergebung vor;
bereitend, Das Weligidfe in demſelben rein ausfcheidend, und -
zur chriftfichen Lehre hinweiſend. Mur können wir der Er—⸗
färung $. 69 nicht beptveten, nad) weicher die Möglichkeit der
Cindenvergebung gezeigt werden fol. Es wird nämlich gefagt,
bdaß die Allmacht auch das Gefchehene ungeſchehen machen könne,
tder viermehe der fündhafte Menfch wird zu dieſem Glauben
an Gott vorwieſen. Wie kann aber folher Glaube bey dem
denkenden Menſchen ſtatt finden? Oder koͤnnte etwa auch die
Almacht den Widerſpruch in ihm ſelbſt vernichten? Oder viel
mehr warum ging hier nicht der Verf. um einen Schritt weite
zu tieferen Vorſtellung ven ber göttlichen Gnade, und zu
den Sedanfen Auguſtinus über die Allmacht? — Indeſſen
hebt dieſe Nebenbemerkung die andern trefflichen Lehren des
Verf. die Suͤndenvergebung betreffend wicht auf. Diefes wird
bar, einen kleinen Abfchnitt von der Heiligung von $. 78 om, 2
wieder unterbrochen, worauf dann has vierte Kapitel folgt von
6.77 an, die Lehre von Jeſus Chriſtus. Hier iſt mit einen
gan, vorzug lichen Klacheit Die bibliſche Idee Aber bie Perfon
8 Epriftiche Dogmatifen v. J. €. ©. Schmidt u. Xugufl,
Jeſu in die Birchliche hinuͤbergefuͤhrt, und auch mach des Rec.
Ueberzeugung nach der wahrhaft ePriklichen Anſicht. Ueber⸗
haupt ift diefes ganze Kapitel dag gelungenfte und bad Werk
einer Meiſterhand. Es fehlt uunr die neueſte ſpeculative
Anſicht, die doch hiſtoriſch hätte beruͤhrt werden ſollen. Auch
wuͤnſchten wie noch mehr hiſtoriſche Anfährungen bey ‘der
Satisfartionsicehre, und beſonders die Hindeunng auf die
noͤthige Eonfequenz hierin im proteflantifchen Lehrbegriffe. Daß
aber weiterhin die Lehre von der Hechifertigung, diefer Haupt:
punct des Proteſtantismus, fo gut mie ganz fehle (deun der
fpätere kurze $. 125 vom Glauben und den guten Werten bes
ruͤhrt fie kaum), iſt um fo mehr Schade, da er fo ſchoͤn
vorbereitet ware Weiter folgt von 6. 97 am der Artikel von
dem heiligen Geiſt. Bey dee fchönen eregetifchen Erdrterung
befrembet os und, daß $. 100 von den Stellen Jah. 14, 16 ff.;
- 25, 25 fi; 16, 7 ff. behauptet wird, man koͤnne fie nicht ohne
Zwang als eine kühne Perfonification erklären ;- wie daͤchten,
es fey nicht einmal eine kühne, wenn man nur an die Alexan⸗
driniſch⸗Juͤdiſche Perfonification ber göttlichen Eigenfchaften,
namentlich der vopia benkt ; nicht einmal an die Stelle Joh. 7,
59 zu erinnern, Auch die Tanfformel entſcheidet nicht für die
Hypoſtaſe, und was . 109 ſehr gut für die Gottheit des heis
ligen Geiftes angeführt wird, beweiſet gerade die Einheit ders
ſelben mit der Heiligen Wirkſamkeit Gottes überhaupt. Auch
kann die Stelle Matth. 10, 19 nah $. 104 nicht als unbe⸗
gweifelte Beweisſtelle für die Siufpiration angefehen werden, da
man fie nach dem Sprachgebrauch und Zufammenhang fehr gut
von einer Begeiſterung für die Sache Gottes nur im Gegenſatzz
gegen eigne Zwecke und gegen ausfludiete ‚gerichtliche Reben
erlären lann. Ueberhaupt iſt die Meinung derer, weiche den
"Ausdru Heiliger Geift als gleichbedeutend mit dem religidſen
Princip anfehn, hier feineswegs widerlegt. her flimmen noch
die $. 115 ff. von der Heiligung des Menfchen jener Meinung
gu. Die Eirchliche Lehre von der heiligen Schrift und dem
Worte Gottes, fo wie auch die von der Freyheit des Menſchen
l
Chriſtliche Dogmatiken u. J. C. E. Schmidt u. Angufli. 9
und den Gnadenwirkungen iſt zu kurz berähre. Ein Anhang
ſtelt nun die kirchliche Trinitätsichre in einigen Paragraphen
auf, Worauf dann in dem fünften Capitel einige Paragraphen,
von dem Glauben und der moraliihen Befferung handeln, mil
der nie ganz richtig ausgedruckten Behauptung, daß der
Menſch ſich ſtufenweiſe zur Moralitdt und Neligiofltät, oder
jum Glauben erhebe, da es eigentlich heißen follte, im Glauben.
Bon der Kirche und den Sacramenten handeln die flekzehn
ksten kurzen Paragraphen, die aber fämmtlich fehr gehaltvoll
find. Gewuͤnſcht Hätten wir, daß der Verf. die höhere Anfiche
der duch Die Meformation fih umformenden Kirche und noch
mehr Hinweiſung auf die ſymboliſchen Gebräuche des Alters
thums nicht verſagt hätte, weil jenes insbefondere tiefer in den
Geiſt des proteftantifchen Lehrbegriffs eingeführt, beydes aber
ju wiffen zu den Beitbebärfniffen gehört.
Dee Berf. Hat in diefer Umarbeitung feines Lehrbuch
vieles buͤndiger zufammengefaßt, aber auch manches Treffliche:
| ans jenem, namentlich die meiften eregetifhen Erörterungen,
wveggelaſſen. Es erfheint eine gewiſſe Unverhaͤltnißmaͤßigkeit
imn der Ausſtattung nnd Zuruͤckſetzung einzelner Materien. In⸗
deſſen beſcheiden wir uns wohl, daß uns Hein allgemeines
Uetheil über ein zu Vorleſungen beſtimmtes Buch in diefer Hins
Ahr zuſteht, da nur der Verfaſſer willen kann, was für feinen
Zuhörer mehr im Kompendium und mehe mändlich gefagt wers
ven muß. Seine Sprache hat eine mufterhafte Klarheit.
Nicht bloß Für die Zuhörer, fondern für das ganze theologische
Publicums it dieſes Compendium ein gang vorzuͤgliches Lehrbuch.
Der reine Ernſt des Chriſtenglaubens in einer Dogmatik eines g
unferer erſten Theologen iſt in dieſer Zeit hoͤchſt erfreulich.
Das A uguftifhe Lehrbuch ſieht die Prolegomena als
ine Unvollfommendeit an, und hat vieles, was fonft in den»
ſilben vorkommt, in das Syſtem ſelbſt gebracht. Die erkien :
42 Paragraphen enthalten indeſſen eine ‚Einleitung, welde
) ſegleich den gelehrten Apparat aus der Altern Theologie der
dutheraner eröffnet. Mach 6. 5 wird die Unterſcheidung de@
10 Eprifffiche Dogmatifen v. J. C. ©. Schmidt #. Uugüfi.
theoretifchen und praktiſchen Thells ber NMeligton als die der
theoretifhen und praktiſchen Theologie angefehen , welches Rex.
nicht richtig findet, da die Theologie als gelehrte Behandlung
ber Religionslehre auch einen andern Einthellungegrund zuläßt,
ber fi) Hrauchbarer beweist. %. 13 ff. folte bey der Unter⸗
ſcheidung der Artic. fidei primar. und secundar. doc, bemerkt
feun, daß fie bey andern anders iſt, und daß fie wegen der
Streitigkeiten fehr wichtig war (j. B. Baier. prol. cap. I.
6. 30 ff.). Nah $. 26 wird der Peg, den bie fumbolifchen
Bücher vorzeichnen, zur Methode der Dogmatik vorgeſchlagen;
allein da nah des Verf. eigner Bemerkung biefelden keine
foftematifhe Anordnung Baden, fo ik doch nicht abzuſehen,
‚wie fie zu einem architektonifchen Plane dienen können. Hierauf
ſtellt der Verf. das „Dirertorinm eines Spftems ber chriftlichen
Glaubenslehre * auf. Wir haften diefes für verfehlt. Schon
‚die Verwechſelung ber Theologie mit der Meligionsiehre führe
hierbey irre, aber Hier iſt auch noch die letztere, die objective
Darftelung der Religionsbegriffe, mie der fubjectiven Religion
yerwechfelt, mit der Entftehung der Religion ſelbſt; und was
in der Dogmatik wiſſenſchaftlich ſeyn fol, müßte, bey vollkom⸗
mener Confequenz fih in eine Ascetit verwandeln. Wenn
daher ber Verf. die Theologie für eine medicina mentis
erklärt, fo kann er nicht mehr an ein Syſtem derſelben deuten,
denn ſelbſt die populäre Religionslehre iſt dieſes nicht, fondern
‚ fegt vielmehr fchon jenen Zuftand des Bemüthes voraus, wel⸗
eher hier erft durch ſcientifiſche Erkenumiß bewirkt werden fol.
Die Religion.mag wohl eineseheils durch Selbſterkenutniß und
Gefuͤhl der natürlichen Unſeligkeit entficehen, aber darum ents
ſteht doch nicht das Syſtem berfelden aus dem Gap: der
Menſch ift Sünder; denn ein anderes iſt das Princip eines
Seyns, ein anderes das Princip eines Betrachtens, oder einen
Reihenfolge von Gedanken, welche ans dem hoͤchſten Princip
dee Wiſſenſchaft herzuleiten find. Auch iſt es nit einmal
gauz richtig, daß die Religion nur duch Selbſterkenntniß
entſtehe (wodurch die. Pietiften einſeitig wurden), denn eben
‚
®
khriliche Dogmatifen v. J. C. E. Schmidt u. Auguſti. Ik
fo nothwendig gehört dazu bie Erfeunmiß Gottes, und in
einem findlichen Gemuͤthe it nicht erſt von Bewirkung einee
Bußtraurigßeit die Rede. Wenn alfo. doch einmal das Sub⸗
jative der Religion zum Princip dee objertiven Wiſſenſchaft
dienen fol, fo. hat der GSatz: «6 iſt ein Bart, wenigſtens
gleiches Nee am der Spige zu fichen, mie dee Sag, den
unfer Verf. als den erfien erflärt: der Menſch id Sünder.
Ir jener Sau hat auch In wiſſenſchaftlicher Hinſicht einen
Verzug, indem er cher ohne deu letztern, als der letztere ohne
den erſteren verſtanden werden kann. Wirklich hat dieſe, wie
uns ſcheint, verfehlte Richtung eine Unfoͤrmigkeit in der ganzen
Anordnung hervorgebracht. Der erfie Theil nom Stande ber
Eimde enshält nur 18 Paragraphen, und doch Ift vieles auf
km zweyten in ben erflen voraus genommen, und anderes iſt
unbegräntet geblieben; der zwente Theil vom Stande der
Gnade Hast Dagegen 108 Paragraphen, und enthält wiederum
vieles zum Verſtaͤndniß deg erfien. Die hiſtoriſchen Belegſtellen,
weiche der Verf. anführt, reden nur von der Wichtigkeit jener
&hre von dem Sündenelend, und die Stelle des Serharbus
ſpeicht gar nicht von eiuer Anordnung ber Dogmatik ſelbſt,
ſondern von einer Propaͤdeutik zu derſelben, wie er denn auch
ſelbſt zuerſt won der, heiligen Schrift, dann von Bett, und
hieenuf won Der Perſon Chriftt redet, und hierauf erſt zum
örtlichen Eben bilde, und weiter zur Erbſuͤnde kommt. Barum
nicht licher die Anordnung Melanchthons (loci-comm.) oder
hes Calbinus UInstit.), mo alſobald von Erkenntniß Gottes
geſprochen wird, nur mit der Bemerkung der menſchlichen
Suͤndhaftigkeit im Gegenſatze? Daß uͤbrigens dieſe Einleitung
einen trefflichen Ueberblick der Geſchichte der Dogmatik onthaͤlt
und ſo manche andere gelehrte Belehrungen, laͤßt ſich von
inem Auguſti erwarten. Die Dogmatik ſelbſt Hat drey Haupt⸗
theile. 1) Vom Stande ber Sünde, mit einer ausführlichen
und gelehrten Auseinanderfegung der dahin gehhrigen Begriffe,"
Bas die biblifche Lehre von der Erbfünde betrifft, fü wird
doch belanutlich nach manches dagegen eingewendet, und nament/
43 : Eprißtiche Dogmatiken v. J. C €. Schmidt u. Auguſti.
ih würden wir die pautinifche nicht fo unbedingt ertennen als
eine Annahme, „daß alle Wienichen“ (3. B. auch die Kinder %)
„um Adams willen als Sünder angefehen würden, auch
. wenn fie, im gefeßlihen Sinne, Feine Sünde begangen. *
Der zweyte Theil Handelt vom Stande der Gnade in folgender
Ordnung: 1) Meligion, 2) Offenbarung; 3) Theopneufkie,
oder goͤtiliche Eingebung der heiligen Schrift; 4) Gebrauch
der Vernunft in Religionsſachen, oder Verhaͤltniß zwiſchen
Vernunft und heiliger Schrift; 5) Lehre von Bott; 6) Eins
beit und Dreyeinigkeit im göttlichen Wefen ; 7) Schöpfung der
Belt; 8) Borfehung; 9) Engel und Dämonen; 10) Anthrer
pologie; 11) Chriſtologie oder Soteriologie; 12) Efchatologie. —
6. 59 werden bie beyden Principe des Menſchen unter dem
Bilde der Repulfivs und Attractiofraft vorgeftellt, was allenfalls
gehen mag, aber die Unſchicklichkeit hätte vermieden werden
möüffen, die Gottheit als den Indifferenzpunct anzufehen, da
diefer vielmehr an der Freyheit des Moenſchen liegen müßte; denn
wie kann, ohne den ärgften. Prädeflinstionismus, der Abfall als eine
von Gott ausgehende Repulſivkraft angefehen werden ? 6.79 und
do werden die Geheimniſſe als das Wefentliche der Offenbarung ans
gefehen, wodurd die nöthige Beflimmung der Form, in wiefern fie
mit zum Wefen der Offenbarung gehört, zuruͤckbleibt. Hier⸗
durch aber wird der Gegenſatz und wiederum die Vereinigung
von Vernunft und Offenbarung nicht tief genug gefaßt, obgleich
die Religion ſelbſt als Offenbarung angefehen wird. Ueberhaupe
tonnte dieſes Capitel noch mehr Gebrauch von den neueften
Ideen über diefen Gegenſtand machen. So iſt auch der tiefere
. Zufammenhang ber Religion mit den Künften und Willens .
fhaften überhaupt micht berührt worden. Uebrigens liegt auch
bier die Leffingifche Anfihe zum runde Die Hinweiſung
auf Auguftinus Bemerkung, daß das Ehriftenthum von Anfang
in der Welt war, verdient wegen manchen jegigen Anſichten
"vorzüglihen Danf, Der Unterſchied gwifchen allgemeiner und
beſonderer Offenbavung, fo wie ihn ber Verf. macht, heine
fehr fruchtbar zu ſeyn. Ueber den $. 85 angegebenen Unters
Chriſtliche Dogmatiken v. J. c. F. Schmidt u, Auguſti. 13
ſchied zwiſchen revelatio und inspiratio wollen wir gerade
night rechten, Daß aber $. 87 auch die Juſpiration der Worte
als nothwendig angenommen wird, mußte uns befcemden, da
weder die angeführte Stelle aus Neinhard’s Dogmatik die
Sache beweiſet, noch alles das, was dem Verf, darüber bekannt
it, ihm zuſtimmen fann. Wie er aber die Individualität der
Schriftſteller Damit vereinigen will, wenn man fie auch für
nichts ald amanuenses Sp, S. halten follte, bleibt uns wenigs
fens unbegreiflich. Daß nad $. 88 die Fundamentalartikel nue
die befonders theopneuſten ſeyn follen, verwickelt bie ſchwierige
Sache mit der fchwierigen Frage, welche dieſe ſehen, in einen
hernmlaufenden Zirkel. Man weiß ja wohl, mie wenig fich
ſelbſt Luther Hierin gleih blieb. In dem 5. Eap. $. 100 ff.
fihlt in der Lehre von den Beweiſen für das Daſeyn Gottes
bt ex idea innata, mie bey Schmidt, und bey dem ethiko⸗
theologiſchen Beweis fehlt die Hiftoriihe Nachweifung über
Sant hinaus. SG. 210 ff. wird mit dem lobenswärbigßen Nach⸗
drud an die Anthropomorphismen den dem Pape Eigen .
fhaften erinners. Die Paragraphen 118 u. f. enthalten bie
Trinitaͤtslehre, mit reicher sheologifher Gelehrſamkeit ausger
ſteuert. Eben fo weiterhin die Schre von der Schöpfung u. f. m.
Bey der Berrachtung über das Uebel in der Welt 6. 148 ff.
hätte noch Die Höhere Anſicht angeführt werden mögen, weiche
auf den bloßen Glauben hinfuͤhrt Hey dem. Bewußtſeyn, daß
man hier nichts begreifen koͤnne, als die Lnbegreiflichkeit.
Auh vermiffen wir die Angabe bee Vorſtellung, welche den
Teufel als Urheber des Uebels anfah, wie auch die Vorftels
‚lungen des Pantheismus. In der Lehre von den Engeln, $. 250 ff.
Bären vornehmlich des Pseudodionys. Areop. hierarch.
coel. und die Zoroaſtriſche Lehre als Quellen angefuͤhrt werden
hen. Vorzuͤglich Benfallswerch finden wir es, daß $- 168
auch von einer Praͤexiſtenz des menfchlihen Bell es geſprochen
wird. Die Lehre von dem göttlichen Ebenbilde hat, fo vie
Schoͤnes der Verf. and darüber beybringt (wobey indeſſen
dech eine Höhere Anſicht vermißt wird) , dadurch viel verlosen,
\
%
ah Ehrififiche Dogmatifen v. 3. C. E. Schmidt u. Auguſti.
daß fie zu weit von der Lehre über die Sünde getrennt iſt.
Gleiches Uebel, das aus ſolcher trennenden Anordnung entſtan⸗
den il, drück das 11. Kap. von der Chrifkologie, weiche
durch) das ı2. Cap. über die Eichatologie von der Lehre Über
die Perfon Ehrifti entferne worden; welches wir um fo mehr
bedauern, da diefe Lehre hier fo treffüich in tärer altteſtam ent⸗
Then Begründung aufgeſtellt wird. Bey der Lehre von ber
Accomodation und den Typen 8. 171 ff.‘ fegeint der Verf. die
altreligiöfe Anfiht ber beyden auf einander ſich beziehenden
Weltalter Überfehn zu Haben, denn ſonſt würde er dieſe Lehren
nicht für fo unerheblich erfiären. Sin dem dritten Theil, dev
von den Tharfachen des Chriſtenthums und dem Inſtitut der
ehriſtlichen Kirche handelt, wird das Poſitive des Chriſtenthums
mit Recht feſt gehalten, und mit der zweckmaͤßigſten Ausfuͤhr⸗
lichkeit ſtellt auch Hierin der Verf. dae Kirchliche auf: wir
haͤtten nur noch erwartet, daß er die Eonfequenz unferer Kirche
4. B. im Gegenſatz gegen ben Socinianismus auch in Bezie⸗
hung auf die Lehre von Gott gezeigt, die Höhere Anfiht der
. Berföhnungsiehte angeführt, und mehrere andere Vorſtellungs⸗
arten nicht weggelaffen Hätte. Dagegen aber entfhädigt er
ung wieder reichlich durch die Mündliche Ausführung der Lchre
von der. Rechtfertigung. Der Bagriff der Gnade hätte etwas
tiefer und dadurch mehr bibliſch gefaßt werden können, ale
durch den allgemeinen: Verhaͤltniß des Höheren zum Niederen.
Bey den Begriffen der Vocatio, MIluminatio :. fonnte daran
erinnert werden, daß die Theologen hierin ſehr variiren. — Doch
wie mäffen mit Gewalt abbrechen in dee Aufzählung deſſen, was wir
gerade darum wänfchen, weil diefes reichhaltige Werk ung jo unges
woͤhnlich viel gibt. Dass. Cap. diefes legten Theil Handelt eben
fo delehrend von der Kirche. Gewiß verdient es Beyfall, daß der
Verf. auch hier dem Beyſpiel der aͤlteren Dogmatiker folgt, und
ainen Artikel von der weltlichen Obrigkelt und dem Hausſtande
‚anfügt, welches zu der unter andern von einem Erneſti ges
wuͤnſchten Wiedervereinigung der Dogmatit und Erhit mit
Binführen kann. Das 4. Cap. Handels von den Gnadenmitteiln,
Eprikfiche Dogmatiken v. J. C. E. Schmidt, m. Augufit. 15
Borte Gottes und Sarramenten. Die Iutherifche Anficht des
AWendmahls iſt mit einer gewiffen Modificattion behaupter.
Unfer Verf. nimme no ein deittes Sacrament an, und zwar
nah dee Apologie der Augsburger Confeffion die Buſſe, oden
Abſolution, wobey er aber feldft bemerkt, daß fie Lucher im
großen Katechismus in das Sacrament der Taufe habe eingehen
laſſen. Er ſucht es finnreich zu begründen, daß der Abfolution
kin Merkmal eines Sacraments fehle, Indem ja das Auflegen
der Hände, das fo oft im N. T. verordnet worden, für das
inferliche fichtbare Zeichen gelten inne. Es braucht kaum
itianert zu werden, daß bdiefes Argument viel zu viel bemeist,
denn fonft müßten wie wenigſtens auch die Priefterweihe als
Sarrament annehmen, indem wir faft wörtlich das Argument
des Verf. Hierauf anwenden: „Chriftus ertheilt feinen Sängern
und Apofteln auf eine feverliche Weife die Macht zu lehren.
Daß aber mit dieſer Neligionshandlung die Verheißung und
Mittheilung der goͤttlichen Gnade verbunden fey , ift feinem
Zweifel unterworfen. Das im N. T. fo. oft empfohlene und
noch Öfter* (namentlich für dieſen Fall) „in Ausübung ger
brachte Auflegen der Hände kann mit Recht für das aͤußerliche
fötbare Zeichen gehalten werden.“ Dee Verf. wollte die
heilige Trias Hier geltend machen, allein wir bächten, fis
fıhe ſchon da, indem die Taufe der vocatio, das heilige
Abendmahl der illuminatio, und das Wort Gottes der sancti-
ſicatio entfprechen mag. Genug, echt proteſtantiſch muͤſſen
wir gegen die Einfuͤhrung eines dritten Sacramentes proteſti⸗
ten, im Damen des Geiſtes ſelbſt, in welchen des Verf gelehrte
Dogmarif einführt. . |
Gerade das iſt ber Charakter diefes Lehrbuhs. Es ſetzt
den Studirenden in den Stand, fi aller der dahin gehörigen
hiſtoriſchen Kenntniſſe bemächtigend,, unfern kirchlichen Lehrbes
griff in feiner Hohen Einfachheit einzufehen. Wäre die höhere
dee, welche hin und. wieder nahe daran war, hervorzutreten,
.B. in der Lehre von den Kirchen und von den Sacramenten,
beſtimmt hervorgetreten, fo würde die Einheit des Ganzen
Q\
A
!
16 Chriſtliche Dogmatiken v. J. C. ©. Schmidt u. Auguſi.
entſchiedener ſeyn. Das ganze theologiſche Publicum findet
in dieſem Compendium Belehrungen, an welche es kaum noch
gewoͤhnt iſt, und welche zur inneren Feſtigkeit der proteſtanti⸗
ſchen Kirche beytragen muͤſſen. Wir vernehmen darin einen
ihrer vorzuͤglichſten Gelehrten. Gediegene Worte ſprechen fuͤr
den evangeliſchen Geiſt unſerer kirchlichen Lehre,
| Beyde Lehrbücher mögen einander ergänzen, und dieſes
theils dur den Stoff, worin das Auguftifche das reich
haltigſte iſt, theils durch ihre Form, worin das Schmidtis
ſche als das einfachere daſteht. Das Auguftifche hat fein
beſtimmt philofophifches Syſtem zur leitenden Idee genommen,
und neigt ſich deshalb doch zu jener „ſynkretiſtiſchen Vielſeitig⸗
keit*, welche es nach der Vorrede verwirf, Das Schmid;
tifhe wird durchaus durch die frühere Fichtiſche Philoſophie
‚geleitet, und meigt fi daher mehr zu jener „ſyſtematiſchen
Einfeitigfeit =“, welche jene Vorrede vorzieht, Mir fagen, fie
neigen fih nah. diefen verfchiedenen Polen, wie ein jedtr
Charakter feine Vorneigung haben muß. Daß durch bende
die Dogmatik weiter gebracht ift, als durch Henke und Eder
mann, als dur Store und Reinhard und jene oben genann
ten andere vorzuͤgliche Dogmatiker, ergibt ſich Leicht bey der
Vergleichung. Sie enthalten beyde ein folides Studium diefer
Wiſſenſchaft, und tragen viel dazu bey, um die Worte Aus
guftts zu gebrauchen, „daB die Theologie im Eefühle ihrer
wiedererlangten Grepheit fih zu ihrer vorigen Wärde als Koͤni⸗
gin der Wiſſenſchaften erhebe.“ Kierzu aber wird bey dem
Gebrauche diefer Lehrbücher allerdings noch das Eingehen auf die
neueften ſpekulativen Anfichten erforderg, Denn das Ideal einer
Dogmatik bleibt doch immer ein aus feinem eigenen Princip
architektoniſch geordnetes Syſtem, welches aber nichts Hiſtoriſches
and Poſitives zuruͤcklaͤßt.
— ie
No. 2. | Seidelbergiſqche 1811.
Jahrbuͤ uͤcher der Literatur.
EEEEEEEEEXEEEEEXXXXEXXEEXXEEXIXEEE
Reber die Sprache und Weisheit der Indier. Ein Beytrag zur Be⸗
gründung der Altertbumstunde von Friedrih Schlegel.
Rebſt merrifchen Ueberfebungen indifcher Gedichte. Heidelberg
bey Mohr und Zimmer 1805. XVI S. Vorrede und Anhalt .
anzeige. 324 ©. Mi. 8. (2 fl. 30 fr.)
De Persidis Lingua et Genio. Conımentatigges Phaosophico-»
Persicäe Auctore Othm. Frank, Prof, Phil. Bamberg.’
Norimbergae in Bibliop. Steinio. 1809, 3236, gr. Gl >
D.a einen Zufall haben ſich unſete Jahrbuͤcher mit der
| Inpige der erfteren wichtigen Schrift verfpätet, welche indeß
ine neue Degfamkeit unter ben deutſchen Gelehrten erweckt,
und ein lebhaftes Streben nach einem Ziel hervorgebracht hat,’
beffen Erreichung gewiß jede Mühe befriedigend lohnt. Der
Berf, wird bey dieſer Wirkung feiner Schrift gern die Geringe
ſchaͤzung ertragen, mit welcher Beſchraͤnktheit, oder Selbſtſucht
fine Verdienſte hie und ba herabzuwuͤrdigen geſucht hat.
Denn feine prä war, wie fein Buch ſelbſt beweist, und
die Vorrede S. IV bezeugt, keinesweges, das Ganze der
Anterfahung Über das indifhe Alterthum in feinem vollſtaͤn⸗
digen Iimfange*barzuftellen, als vielmehr durch einzelne Reſui⸗
tate feiner‘ Unterſuchungen die Aufmerkſamkeit des gebildeten
HYublicums ſowohl, als der eigentlichen Gelehrten nach dem
Utlande unſerer Cultur zu lenken, und die Beruͤhrungen ahns
den zu laſſen, welche zwiſchen den Voͤlkern des Abendlandes
und des fernften Morgenlandes in ihrer Kindheit am heiligen
Ganges ſtatt gefunden. Ein gelehrter " Apparat (ohne
Biden in Deutfchland freylih Fein Buh aligemein als
gruͤndlich geachtet wird) konnte demnach diefem Zwecke nur
hinderlich ſeyn, und die weiſe Sparſamkeit, mit welcher gegeben
wurde, wo gewiß reichlich gegeben werden konnte, kann
Ra
48 Sr. Schlegel ueber die Sorache und Weitheit der Jadler.
ficherlich ihrer Abfiht, den Lefer zu erwecken, nicht verfehlen.
Daher war ein dumpfes Veruhenlaffen, ein träges Acquiefciren
bey den gegebenen Anfihten nicht lohnend für den Berf.; nur
reges Nachforſchen und lebhafter Widerſpruch konnte ihn mit
der erfreulichen Ueberzeugung lohnen, daß ſein Samen nicht
auf unfruchtbares Land gefallen ſey. Wir ſtellen daher mit
Schlegels Schrift die Schrift des Hrn. Frank zufammen,
deifen Plan ganz umverholen darauf gerichter iſt, niht nur
die Behauptungen des erftern als unhaltbar darzuftellen, fons
dern überhaupt Indien von dem Range als Urland unferer
Cultur zu verdräfßen, und entweder Farſiſtan, oder Medien
zu diefem Range zu erheben.
Möge nun das Reſultat biefes Streits fenn, welches es
wolle, ſo zeigt ſich ſowohl durch dieſen Streit ſelbſt als durch die
Bemuͤhungen anderer Gelehrten in dem letzten Jahrzehend,
wie duͤrftig unſere bisherige Univerſalhiſtorie war, und wie
wenig Aufſchluß uͤber den Gang der menſchlichen Caltur das
"bloße Zuſammenreihen von jüdifchen, griechiſchen und roͤmiſchen
Nachrichten Über die Staaten der alten Weit gibt. „Die
Sprachen, fagt Schlegel (S. 157) ſehr fhön, find eine
Urkunde der Dienfchengefchichte, Ichrreicher und zuverläfliger,
als alle Denkmale in Stein, deren halbverfalleggg Riefengröße
bie fpäte Nachwelt zu PDerfepolis, Sloure, oder an dem
ägyptifchen Thebae mit Erflaunen betrachtet.“ Es kann daher
nichts erfreulicher feyn, als der große Eifery mie weichem
mehrere Gelehrte die Sprachen unter ſich vergleichen, und es
wäre hierbey nur zu wünfchen, daß man es vermiede, Nefultate
„iu sieben, bevor bie Materiatien reichlih genug angehäuft
und gefichtet find. Es iſt fehr leicht in verfchiedenen Sprachen
ähnliche Leute und ähnliche Wörter zu finden; aber eben des⸗
wegen nur defto fehwerer, das Wefentliche von dem Zufälligen,
das Eingemifchte und fpäter erfi Gebildete von dem urſpruͤng⸗
lich Gemeinſchaftlichen, das an fi Achnlihe von dem durch
Umbildung, oder Verbildung zu ähnlichem Tone Geformten zu
unterſcheiden. Es muß daher nothwendig, falls man zu ſichern
+
/
Ge. Schlegel Ueber die Sprache und Beisheit der Indier. 19
Reſultaten gelangen will, bie Gefchichte jedes einzelnen Wortes,
das ih mit gleichem Laute und mit aͤhnlicher Bedeutung in
mehreren Sprachen findet, ergränbet ‚werden. Schon dazu
(ud noch aus andern Gruͤnden) iſt vor allem erforderlich,
daß die Unterſuchung fi nicht auf Einen Dialekt der Sprache
beſchraͤnke, am allerwenigften auf den durch unendliche Umbil⸗
dungen verfeinerten und bereicherten Dialekt der gebildeten
Eonverfation , oder der Schriftſteller, fonders daß die Ders
seihung , fo weit als es. möglich, alle Dialekte einer Sprache,
und am allermeiften die ungebildetften Dialekte umfaſſe. Indeß
ik für die Höheren Refultate, weiche befonders die Gefchichte des
menfchlichen Geſchlechts aus der Wergleihung der Sprachen zu
hoffen Hat, noch bey weitem nicht alles mit dem Aufiammeln
und dem Aufraffen von gleichen und ähnlichen Wörtern gethan;
eine viel merkwuͤrdigere Zufammenflimmung der Sprachen liege
ſchon in der grammatifhen Structur, aber noch mehr, wohin
die grammatifhe Structue nur zum Theil führt, in tiefem .
Anfichten von der Welt und dem menfchlihen Leben, in eins
dringenderen Philoſophemen, in urfprüngfihen Richtungen
des menſchlichen Geiſtes, welche in der Genealogie der Bedew -
tungen von Wörtern, in ſymboliſchen und bildlichen Bezeich⸗
nungen der Sprachen von den Gegenfländen der finnfichen
und ber geifligen Welt fih abipiegeln. Um dieſe Zuſammen⸗
flimmung, der Sprachen zu erforſchen, dazu genägt nicht fluͤch⸗
tiges Durchirren einiger Woͤrterbuͤcher, oder Sprachlehren, nicht
ein blendender ethmologiſcher Witz, nicht ein geiſtreiches Zus.
ſammenſtellen von Aehnlichkeiten, ſondern es erfordert eine
unbefangene, mit weiſem Sinn andeſtellte Betrachtung des
innerſten Heiligthums der Sprachen. Dieſe wird ung die
Bälferverbindungen, die religioͤſen und philoſophiſchen Mittheiluns
gen unter den Völkern in der grauen Urzeit, ehe Schrift und
Stein für das Andenken ihrer Thaten in Krieg und Zrieden
forgen fonnten, wenn gleih nicht mit Gewißheit erkennen,
doch mit Hoher Wahrſcheinlichkeit ahnden laſſen. Darum mar
es auch ein glüdlicher Gedanke Schlegels mit der Betrach⸗
J
20 Fr. Schlegel Ueber die Sprache Ind Weisheit der Indier.
tung der indiſchen Sprache die Unterfuchung über -bie Philor
fophie der Indier zu verbinden.
Wenn au die Schlegetfihe Schrift fein anderes Vers
dienſt hätte, als diefen Weg der Sprachforfehung, meicher fs
eben von uns ift bezeichnet worden, zum Theil beſtimmter, ale
Bisher geſchehen, angedeutet zu Haben, fo würde fie ſchon dadurch
eine der wichtigſten Erfcheinungen in der Literatur des lebten
Derenntums ſeyn. Mit einer mufterhaften Zuruͤckhaltung gibt
der Verf. die fcharffinnigften Beobachtungen, ohne vorlaut
fogleih Reſultate zu ziehen, wie es bey dem jebigen Stand:
pımfte dieſer Unterfuchungen noch gefchehen muß. Wir mins
ſchen, der Verf. möge einfl die Fortbildung indiſcher Philos
fophie auch zugleich in der indiſchen Sprache nachweiſen, und
das begründen, was &. 58 von dem tiefen philofophifchen
und refigtöfen Gepräge der indifhen Sprache angedeutet wird.
Die Schlegelſche Schrift zerfällt in drey Bücher:
3) von der Sprache; a) von der Philoſophie; 3) hiſtoriſche
Ideen. Ein vollftändiger Auszug der hier mitgetheilten Ber
merfungen würde nunmehr zu fpät nachkommen, indem wir
überzeugt find, daß alle wiſſenſchaftlich gebildere Männer mit
dem Inhalte diefes Werkes bereits befannt find, oder fich
damit bekannt machen werden.
In den erfieh dreh Kapiteln wird bie Verwandtſchaft des
Andiſchen Samſkrito, oder Gronthon mit der Nömfichen und
Griechiſchen, fo wie auch mit der Sermanifchen und Perſiſchen
Sprache zuerfi in den Wurzeln, dann auch in der grammati-
Shen Structur nachgewiefen. Es laͤßt fi him Einzelnen Manches
gegen die hier gemachten Bemerkungen erinnern, und tft auch
zum Theil von Frank erinnert. worden, z. ® daß S. 7
mehrere Indiſche Wörter aufgeführte werden, welche der Gers
manifchen Sprache eigenthuͤmlich ſeyn ſollen, weiche ſich aber
auch im Meuperfihen finden, wie Bhruvo, Augenbrauen,
im Neup. boru; fEhiro unbeweglich, flier, im Neup. esthüs
Bar, ſchvo pno, Zeländ. [weffe der Schlaf, imMeum chas
9
gr. Schlegel Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. A
hen Auch: zweifeln wir, daß die ©. 17 gewagte Ableitung
des Namens Nom aus dem Indiſchen allgemeinen Beyfall
finden werde. Was wir aber am meiften, befonders im zweyten
Capitsl, vermiſſen, iſt die Vergleichung der Zend und Pehlvis
fprehe , welche dem Indiſchen noch mehr verwandt find, als
bas Neuperfiiche,, und deffen Mergleichung daher hoͤchſt lehrreich
gewefen feun würde Die Wöärterbücher in Kleufer’s Zend⸗
aveſta Th. 3 waren hier eine nit ganz verwerfliche Quelle. Wir
führen nur einige Beyſpiele au von Indiſchen Wörtern, welche
ſich bey Schlegel finden, und weihe auch in Zend und
Dehlvi angetroffen werden. ©. 8. Sind. vetſi, vetti, bu
mißt, er weiß, im Zend und Pehlvi vedeſch, wiſſend,
Heedem verſtaͤndlich, Eug, vedevue, der alles weiß. ©. 13.
Arch das Waſſer, Neup. ad, Zend apem; Ind. kamoh
Begierde, Neup. kam, Pehloi kameh; Sind. podo oder
padoh der Fuß, Neup. pa, Zend pade; Ind. janu das
Knie, Griech. Forv, Lat. genu, Pehlvi Dſchanuh, Zend
jume; Ind. tvon ihr, Neup. ſchuma, Zend thvanm;
Ind. eſchoh, eſcha, etot, der, die, das, Lat. is, ea, id,
im Zend und Pehloi oſch, er, Wovon fih im Neuperſiſchen
pur das Sh, welches als pronomen possessivum der dritten
Herſon gebraucht wird, und das daraus entftandene X suf-
iixum erhalten Kat, welches fehr oft die Stelle des Pronomens
vertritt. Much iſt die Aehnlichkeit des Deutſchen, ſelbſt des
Lateiniſchen mit dem Zend faſt noch auffallender, als mit dem _
Neuperſiſchen, wie folgende Bepſpiele beweifen: Zend Jare
das Jahr, (weiches Wort gelegentlich S. 75. angeführt wird)
Rep. fal; Zend nafo.der Nabel, Neup. und. Pehlvi naf;
gend Dentano Zahn, Lat. dena, Neup. und Pehlvi Dans
dan oder Dendan; Zend Fedre der Vater, Pehlvi Abi—
der, Meup. Fader; Zend Dogde bie Tochter, Neu
Dochther, Pehloi bonteman; Zend ffaranm (Plur.)
die Sterne, Engl. star, Neup. estharan, Pehloi fetaranz
Zend mad (Präpofition) mit, Neup. beh Pehloi rotemans
Ind mate die Mutter, Neun. mader, Pehlvi amider;
Zend Do ue zwey, Neup. und Pehlvi du; Zend thee drey,
x
“u
22 Fr. Schlegel Leber die Sorache und Weisheit. ber. Judier.
Neup. und Pehloi ſeh; Zend Gueone Kuh, Meup. und
Pehlvi Bao. So der ganze Satz, welcher im Zendaveſta ange⸗
fährt wird (Kleukerſche Ueberſ. An. B. II. Th. 2) S. 17. Esmo
Khenueto efheono freveſchim jezmede, buchſtäblich:
Nominis puri pulchris vigoribus laudes ago⸗ wo bie Achns-
lichkeit von eſcheono ſchoͤn und freveſchim friſch ohne
Hinweifung auffällt, und Esmo an das hebraͤiſche DI erins
net. In der Structur if, fo viel wie urtheilen können,
das Zend dem Indiſchen wenigſtens eden fo verwandt, als Das
Neuperſiſche. Es läßt fih daher bie Einmifchung jener Geis
manifchen Wörter in die Zendſprache eben fo wenig aus dem
Durchzuge und Aufenthalte der Sermaniſchen Stämme in dens
fenigen Streichen Nord⸗ und Weſtaſiens, welche von jeher_ber
Sammelplag der Völker und die Bühne ihrer Wanderungen
waren, erffären, wie der Verf, S. 76 will, inden er nur
Bas einzige Wort Jare anführt, ats fih die Berwandt⸗
ſchaft des Neuperfifchen und Indiſchen mit dem Germants
ſchen daraus erklaͤrt. Nur eine nähere Unterfuchung des Zend
konnte auch wohl den, vom Verf. ©. 31 gemwänfhten Aufs
ſchluß über die ehemalige VBefchaffenheit der Perfiihen Gram⸗
matik geben, und ansmachen, ob die Perfliche Grammatik fich
vielleicht in einigen Stuͤcken geändert has, und einft der Indi⸗
fhen und Griechiſchen noch ähnlicher war, als fie es jegt.ift. Denn
es iſt bekanntlich kein Werk in der Neuperſtſchen Sprache vorhanden,
Bas vor dem zehnten Jahrhunderte der chriftlichen Zeitrechnung, wo
durch die Samaniden, und nach ihnen durch die Dynaſtie von Gazna
erft eine Neuperſiſche Literatur erweckt wurde, verfaßt wäre.
Aber fchon das Abgefchliffene und Abgerundete des Menperfls
Ihen gibt es mehr als deutlich zu erkennen, daß dieß:eine
Sprache if, welche ‚bereits viele Veränderungen erfahren, und
ſelbſt die Vergleichung der wenigen oben mitgetheilten Zend⸗
wörter beweist, wie viel das Neuperſiſche in der Politur dem
‚Zend voransgeeilt iſt, fo daB wir faſt geneigt wären, das
Verhaͤltniß des Zend zum Neuperſiſchen anzunehmen, nis das
Verhaͤltniß des Deutſchen in den Minnefangern au anferer
jeßigen Schriftſprache.
gr. Schlegel Ueber die Sprache und Weisheit der Yadier. 23
Eine ſehr fruchtbare Unterſcheidung der Sprachen in zwey
Sunptgartungen wird Im vierten Capitel aufgeflellt, nämlich
1) folge‘ Sprachen, welche die Nebenbeſtimmung der Bedeu⸗
tmg durch Innere Veränderung des Wurzellauts, ober duch
Flexion anzeigen, ımd 2) ſolche, welche durch ein eigenes bins
zugefuͤgtes Wort, mag biefes einzeln fichen, oder mit dem
Vorte als Praͤfixum, oder Ouffixum vereinigte, oder endlich
fe den orten ſelbſt eingeflochten ſeyn, ‚die Verhaͤlt⸗
aißbegriffe bezeichnen. Wir möchten aber dennoch nicht
diefen Unterſchie urſpruͤnglich annehmen, föndern - in
den Sterionen N nen böhern Grad der Ausbildung, oder
vielmehr der Verſchmelzung bezeichnet finden. Denn es wird
fh doch nicht ‚leicht eine Sprache mit Flexionen Aanfähren
laſſen, welche nicht noch mehrere Mebenbefimmungen dur
einzeine Woͤrter autdrädte, und in mehreren Sprachen laͤßt
fh auch, ohns daß man zu etyhmologiſchen Gauckeleyen, weiche
der Verf. mit Recht verwirft, feine Zuflucht nimmt, die Flexion
in das einzelne Wort, woraus fie entflanden if, auflöfen.
Wir wollen nur an die Flexion des Perſiſchen Verbums erins
un, das offenbar buch Anhaͤngang des verbi substantivi
entkanden if: em, ih bin, i, est, ihm, id, end, 3. B.
kuschthem (as ber Wurzel kuschth tödten) ich töbtete, für
kuschtheh em, kuschthi, kuschth, kuschth im, kuschthid,
kuschthen d; und fo ließe ſich auch ohne Zwang das Griechiſche
und Römische Verbum größtentheils auflöfen; und die Aehn⸗
lichteit der Indiſchen Flexion des Verbums mit der Perfifchen
laͤßt auf einen gleichen Urſprung der erſtern ſchließen. Gelb
in deu femirifchen Sprachen iſt, wie die Flexion des Futurums
beweist, ſchon ungeachtet ihres Hangs zu Präfisen und Affixen,
der Uebergang zu Blerionen ganz unverkennbar. Daß die Auf
fung von vielen Flezionsfermen uns unmägiih iſt, kann
wohl nur ‚dem Alterthume der Sprache zugefchrieben werben.
Schoͤne Andeutungen enthält das fünfte Kapitel: vom
Urfprange det Sprachen. je mehr man das wunderbare Ger
be ‚der menſchlichen Sprache betrachtet, deſto mehr wird man
24 Br Schlegel ueber die Sprache und Weiehen der Judier.
wohl ſich Aberzengen, daß niemals eine Abademie durch die
hoͤchſten Preiße ſich eine vollſtaͤndige Erklaͤrung von ihrer Ent
ſtehung verſchaffen wird. Der Verf. leugnet nicht einen natärs
den Urfprung der Sprache; Ihre Entſtehung ſcheint ihm ſchon
bedingt dur den Zuſtand klarer und lichter Befonnenheit,
‚mit weicher der Menſch won Sort in Die Welt geſetzt wurde. - Die
‚indische Sipracge Hält er für diejenige, welche entweder dem Urquell
‚aller Sprachen, oder doch dem Urquell ihrer Zamilie am nächfien
kommt. In weichen Verhaͤltniß fie zu derſelben ſtehe, werde ſich aus⸗
‚maphenlafien, „wenn mir die Veda's in Adyyay Geſtalt ſammt den
alten Wörterbüchern vor uns Haben, welde Vie beträchtliche Ver⸗
‚fhiedenheit der Sprache in den Veda's ſelbſt vom Samſkrit
fhon in frühsen Zeiten norhmendig machte.“ Auch laffe-Die
Sage von Ramo als Eroberer. über wilde Stämme. im Suͤden
‚nnd die Anwefenheit der. Cingaleſen, eines fremden Stammes
‚auf Ceylon, ber fih fruͤherhin vielleicht nach weiter erſtreckte,
einige, wenn auch nicht gewaltſame Einmiſchung in die Indiſche
Sprache nicht ohne Wahrſcheinlichkeit vermuthen. Wenn die
onomatopoetiſchen Woͤrter sinen unedleren Urſprung der Sprache
verrathen (wie S. 61 angedeutet wird), fo muͤrden die klangnach⸗
ahmenden Wörter, welche nach dem, von dem P. Paullinns a. ©.
Bartholomaeo herausgegebenen Woͤrterbuch (Amazasingha, sectio
prima de coelo etc. Rom. 1798..4.) in der Indiſchen Sprache Ad)
finden, (wasauh K. Sprengel in feinem Programm de loquela
humana, Hal, 18098, bemerkt hat) z3. B.Krfhra, das Geſchrey,
Kukada die Henne m, a. auch einer ſolchen Einmiſchung zu⸗
zuſchreiben ſeyn. Darnach wuͤrde jedoch des Verf. Behaup⸗
sung (S. 62), daß im Indiſchen die ſchallnachahmenden Wörter
ganz verſchwunden, zu beſchraͤnken ſeyn. Die klangrachah⸗
menden Wörter im Deutſchen und Perfiſchen iſt der Verf.
nicht abgensiat, aus der Einmiſchung tatariſcher, ſlaviſcher
und anderer nordiſchen Sprachen zu erklaͤren. Aber warum ſollen
wir den Isbendigften Theil Der Sprache, dieſe oft fo. glüds
lihen,, der Poefie fo günfligen Bezeichnungen ber Natur zu
einem unedleren Urſprunge ‚binmweifen? Umriſſe von Meiſter⸗
St. Schlegel Neber die Sprache und Weisheit der Indien, 25
hand, einſtens durch genauere Forſchungen auszufüllen, gibt
das fehle Kapitel: von der Verſchiedenheit der verwandten
and von einigen merkwuͤrdigen Mittelſprachen.
Sm zweyten BDuch, welches von der Indiſchen Philoſophie
handelt, verläßt Der Verf. deu rergleichenden Weg, um eine Days
fellung der orientaliſchen Denkart nach ihren wichtigfien Stufen
und Verſchiedenhetten zu geben, ale die Grundlage zu einer künftis
gen vergleichenden Analyfe der Mythologieen, wozu es noch zu
früh fey. - Wir wollen zwar nicht in Abrede ftellen, daß wir niche
uͤber die Indiſche Neligion und Mutholegie mit Beſtimmtheit
artheilen kſsanen, bevor wir nicht in ben Beſitz ber echten
Veda's gekammen ind (dena auch den Oupnekhat möchten wie
wicht ſo baſtimmt, als 6 von Goͤrres in feiner gehaltvollen
und geiftveichen Mythengeſchichte geſchehen, mit dem Charakter
einer authentiſchen Quelle Indiſcher Religion und Weisheit
ſtempeln), aber ahne durch täufchende Aehulichteiten irre ge⸗
führt zu werden, wie es der Colcuttijchen Geſellſchaft allerdings
häufig begegnet iſt, haͤtte doch auch Hier in der Religion und
dem, wad damit zuſammen hänge (3. B. in den Gottesurthei⸗
kn), "die Uehereinſtimmung des Indiſchen und Germaniſchen
nahgemiefen werden Binnen. Der Berf, nimmt vier Stufen
ber oriensalifchene Denkart und Philoſophie an; das Emana⸗
tonsfpfes, Dem aftrologiſchen Aberglauben und wilden Natur⸗
dimft, den Dualismas und den Pantheismus. Als das ältefie
Syſtem und als zuverlaͤſũg Indiſchen Urſprungs betrachtet bee
Baf, des. Suften der Emanation und Seelenwanderung, weis
ches im erſten Buche der Geſetze Monu's vorgeiragen wird, ganz
verſchladen von Dem ſpaͤtern Emanationsſyſtem bey den Chaldaͤern
und Griechen. Vom Pantheiemus fen dieſes Soſtem weſentlich
dadurch verſchieden, daß es die Individualität nicht vernichte,
daß die Ewigbeit der Hoͤllenſtraſen nicht nur damit keinesweges
| unerpinbar ſey, fanden vielmehr einen meisntlichen Beſtand⸗
theil deſſelben ausmache, daß es nicht durch die reelle Aufhe⸗
bung des Unterſchieds zwiſchen Guten und Beſen einem fo. zer⸗
Keen Einfluß auf has wenſchliche Leben wie iener habe.
/
25 Fr. Schlegel ueber die Sprache und Weisheit der Judier.
"Die Grundlage dieſes Syſtems ſey die Ueberzengung von der
Unſeligkeit alles Dafeyns, und der Verderbtheit der Welt, die
Weberzeugung , daß alles nichts fey, als ein teauriges Herab⸗
finten von der volllommnen Seligkeit des göttlichen Veſens.
Daher denn auch in den Emanationen, deren erſte Brohma,
der große Vorvater aller Geiſter ſelbſt it, von Stufe zu Stufe
die Verſchlimmerung ſteigt. Dabey herrſcht nicht nur in dieſem
GSyſtem die Erkenntniß des wahren Gottes; ſondern bie leben⸗
dige Ueberzeugung von der Unſterblichkeit der Seele; die klare
Gewißheit von einem andern Leben, deſſen Vorbereitung Das
irdiſche Leben if, macht ſelbſt die Grundlage und das Ziel
aller Geſetze und. jedes einzelnen in den Geſetzen Monu’s
befohlnen Gebrauche ans. Als natürliche Entwidlung ber
Vernunft, ſchließt der Verf., iſt das Indiſche Soſtem der
Emanation durchaus unerklaͤrlich, als mißverſtandene Offenba⸗
rung iſt alles darin ganz begreiflich.“ Mit einer herzerheben⸗
den Begeiſterung zeigt er die ſchoͤnen fruchtbaren Keime; welche
dieſe Weltanſicht in ihrer Reinheit umſchließt, und wie Re den
Menſchen erinnert an die Mädkehr zu Gott, und ihn mahnt,
fi) die Wiedervereinigung mit der Gottheit als einzigen Zweck
aller feiner Handlungen und Beftvebungen zu feßen. Aus der,
in dern Emanationsſyſtem herrichenden Meinung von ber mas
raliſchen Verderbniß und Unſeligkeit aller Wefen und nothwen⸗
digen Beinigung und Räckkehr aller Weſen zu Gott fliehe
von ſelbſt die Meinung der Seelenwanderung. Daß wir. ganz
unter denfelden Bedingungen in ber Lehre des Pythagoras
biefe Meinung wiederfinden, diene zum fihern Beweiſe, daß
fie keine Heflenifche Erfindung war, obgleich bald hernach mit
Helleniſchem Geiſt und Scharffinn angerignet und umgebildet.
Zuletzt noch kurze Andeutung anderer Völker, bey denen bie
"Meinung von der Geelenwenderung fih gefunden.
Aus dem Fatalismus , ber fih dem Emanationsfuflem ſchon
in feiner älteften Zeit beymiſchte, dem Kreislauf ber Dinge
ſelbſt, wie dem Wechfel zwiſchen Schlafen und Baden des
hoͤchſten Weſens, ven auch Monn lehrt, entwickelte fi die
Ge. Gchbegel Lieber bie Sprache und Weisheit der Indier. 27
Aſtrologie ſanmt aller ihrer Begleitung von Vorbedeutungen,
Augurion, unglüdlihen Tagen, Beſchwbrungen und dunkeln
magifhen Känften und die materielle Ans der Natur, -
auf weiche fich der Naturdienſt gründet, der auch bey den
Sndiern in dem Dimft des Sivo und der furchtbaren Durga,
bey den Sprifchen und Punifchen Volkern in dem Baal und
Moloch u. ſ. w., ſelbſt Hey den Griechen und Römern, obs
gleich darch ſtrengere Sittlichkeit gegügelt, erſcheint.
As die höochſte Stufe dee Orientaliſchen Denkungsart als
„die Wisderherfiellung des urſpruͤnglichen, erſt ſpaͤter verloren
gegangenen Lichtes goͤttlicher Wahrheit“ Hezeichnet der Verf.
den Dnaltomus, oder die Lehte von zwey Principien (die
Wilsfophifehen Schwierigkeiten derſelben nicht verkennend), welche
in den Purana's herrſcht, und deren Charakter durchaus Ideas
liſtiſch (d, welche „Thätigfeit, Leben und Freyheit allein als
wahrhaft wirkliche anerkennt, tobte Ruhe aber und unbeweg⸗
liche Beharrlichkeit als nichtig und leer verwirft“, „in der Natur
|
nicht das Wilde, Zerſtoͤrende, nicht Wolluft und Tod, fondern
dee Reine und Wohlchaͤtigſte, Feuer und Licht, überhaupt das
fiege Leben und- den inneren Geiſt (daher nicht bloß die Ele⸗
mente, fondeen auch bie Helden) verehrt“; „we die blutigen
Iper verfchwinden, und die Weihung und Genießung bes
reinen Hom und Detesd durch den Prieſter am Altare die innige
Gemeinſchaft mit Gett durch die edeifte Frucht: und Kraft der
biuhenden Gewoaͤchſe bedeutet.“ Zoroafter war nur der Wieder⸗
herſteller dieſer Lehre, und auch als folcher nicht der erſte. Ein
großer und. zwar der ſchoͤnſte und lieblichſte Theil der indiſchen
Mithologie gehoͤrt dieſer Denkart an, Viſchnu mit ferner
Orgleitung , dem Kamoh (Sott der Liebe) und Indroh
(Vonnengost, Freund der Menfchen, wie Mithras im Zendas
va), auf der Einen, Siva und die fruchtbare Kali auf
der andern Seite. Schon im Zendaveſta zeigt ich diefe Deuts
art in ihrer Entartung durch die Heiligung der Elemente ſelbſt
(p B. in dem Verbot des Begrabens in der Erde), noch mehr
aber zeige ſich dieſe Verderbtheit in dam aſtrologiſchen Glauben,
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N
23 Gr. Schlegel Ueher die Sprache und Weisheit der Yndia
der fih dem Dualismus anſchloß, und in dem Mißbrauch d+
Myſterien.
In eine Nehr ſcharfen Contraſt ſetzt der Verf. gegen die vorig
Weltanſicht den Pantheismus, die jängfte unter allen orien
salifhen Philoſophieen, welcher am frühften in China entſtanden
and aus dem Dualismus entwicelt, ſich in der Lehre der Buddhi
fien und iv dem Bhogvotgita, fo wie auch in der Sankhyolehre, ode
der Zahlenphiloſophie des Kopilo, aufs deutlichſte zeigt. Den
Pantheismus fey alles Boͤſe nur leere Taͤuſchung, fo wie leicht un!
natürlich aus der Lehre, daß Alles Eins fey, die Meinung ber
vorgehe, daß Alles Nichts fen.“ Alle andre Orientaliſche Lehr
Begriffe gründen und berufen ſich auf göttlihe Offenbarung, ft
sutfteflt auch alles durch Zabel und Jerthum ſeyn mag. Dei
Pautheismus iſt das Syſtem der reinen Vernuuft, und üı
fofern made er den Uebergang von der Drientakfhen Dhile
ſophie zur Europälfhen, Er fchmeichelt dew Eigendankel dei
Menſchen fo fehr als feiner Traͤgheit.“ Aus dem Pantheis
mus entfiehen bey kraftvollen lebendigen Naturen die fchredi
lichften frepwilligen Selbſtkaſteyungen und Martern (find abeı
diefe niche eben fo fehr nothwendig mit dem Dualismus ver:
bunden?) , bey gefchwächten und kalten ein falſcher Schein von
Seiterfeit und innerer Zufriodenheit. Der Verf. nimmt den
Dantheismus offenbar in feiner aͤußerſten Entartung und Den
derbrheit; denn es laͤßt fih nicht nur ein edler erhabener Danı
theismus denken, der weder zu ſtarrer Traͤgheit, noch zu wilder
Wernichtung des irdiſchen Lebens führt, und in der Idee darf
doch ein Soflem nicht non feiner nachtheiligften Seite ergriffen
werden; auch muß das Emanationsfuflem ſelbſt am Ende doch
wohl zum: Pantheismus als feiner urfpränglidden Grundlage
führen. In mwiefern aber hiſtoriſch dieſe Scheidung der Indiſchen
Denkungsarten: gegruͤndet, und ob in dem Pantheiemus, weh
hen der Verf. fchildert, die ſpaͤteſte Verſunbenheit des alte
Indiſchen Geiſtes ſich dargeſtellt, ob nicht auch bey den Indiern
ber Dantheismus ſich einſt in edlerer Geſtalt gezeigt habe,
wagen wir nicht zu entſcheiden. Denn die Stelle, welche das
Fr. Schlegel Weber die Sprache und Weisheit der Indier. 28
Owuck hat aus dem Atrvan Bedam gibt, und mit welchen
Sirres (Mytheng. Th. J. ©. 74) das Alterthun des Pan⸗
Cheismus beweiſen will, möchte Rec. nicht als völlig die Schle⸗
gelfhe Meinung miderlegend annehmen.
Einen großen Reichthum von den herrlichfien und feuchte
Barſten Andeutungen gibt das dritte Buch: hiſtoriſche Ideen.
Im erſten Tapitel, von dem Urſprunge der Poeſie, wie ſich
aus dem natuͤrlichen Gefuͤhl ſowohl (vergl. unter den Leber
fegnngen Indiſcher Gedichte &. 266) als aus mythiſchem Stoff
bie Poefle und ihre gleichartig die plaſtiſche Kunft bildete. Das
zweyte Kapitel: von den älteflen Wanderungen ber Voͤlker entı
halt wahrhaft goldene Worte, Die bey künftigen Unterfuhungen.
der aͤlteſten Voͤlkergeſchichten nicht zu uͤberſehen find. Mehrere
allgemeine Betrachtungen über Entfiehung von Colonieen finden
fih auch im dritten Capitel: von den Indiſthen Colonieen und
der Indiſchen Verfaſſung. Eine fhöne Stelle iſt &. 180 und
ıdı. Die Spuren von wichtigen Revolutionen in Indien werden
in der Verfaffung ſowohl dis in einzelnen Sagen nachgewieſen,
md niemand wird ‚ohne Vegeifterung den geninien Blicken
auf den Weg folgen, auf weichem die Indiſche Cultur nach
dem Abendlande gelangen konnte. Reich an fchönen Betrach⸗
tungen iſt auch das vierte Capitel: : vom Orientaliſchen und
Indiſchen Studium überhaupt: und deſſen Werth und Zwei,
wenn auch beſonders gegen das, was der Verf. Aber den Einfluß
dis Orientaliſchen Studiums auf die Behandlung der Ars
kunden des Chriſtenthums ſagt, die gewöhnliche Anficht des
A. und N. T. manches einzuwenden haben follte. „Der Ges
genfag des Irrthums, heiße es S. 196, zeige uns die Wahr⸗
heit in einem neuen noch hefleren Lichte, und überhaupt iſt die
Geſchichte Der Älteften PhHofophie, d. h. der Orientaliſchen
Imtungsart, der ſchoͤnſte und lehrreichſte äußere Commentar
für die Heil. Schrift. So wird es z. B. denjenigen , der bie,
Religionsſyſteme der älteften Völker Afiens kennt, nicht befrems
den, daß Die Lehre von der Dreyeinigkeit, befonders aber von
der Unſterblichkeit der Seele im A, T. mehr angedeutet und
0. Frank De Persidis Lmgua et Genio.
nur beruͤhrt, als ausfuͤhrlich und ausbrüdtich entwickelt, un
als Grundſaͤulen der Lehre aufgefellt werden, indem Mofei
nicht mit diefen in Afien allgemein verbreiteten Lehren unbe,
kannt feyn konnte. Auch für die typiſche Erklärung des A. T
redet der Verf. S. 205 sin kräftiges Wort. Wenn überhaup|
ber Weg verfolgt wird, welchen der Verf. für das Orientaliſch
Studium fo fhön und fo eindringend bezeichnet (md wii
wiſſen, daß viele find, welche feine Worte verfichen und be
herzigen), fo koͤnnen die Früchte nicht lange ausbleiben, un!
das Orientaliſche Studium wird ſicher auch die Aufere Beguͤn
ſtigung finden, deren es bedarf, um den Rang einzunehmen
welchen ihm der Verf. mit unmiderfiehlichen Gründen vindicirt
Möge er doch auch den Plan (Vorr. S. VII), durch eine Grammati
und eine durch ein Gloſſarium erläuterte Indiſche Chreſtoma
thie das Studium ®%ber Indiſchen Sprache zu ‚befördern, nid
aufgeben. An deſſen Ausführbarkeit zweifeln wir im gegen
wärtiger Zeit, wo die Aufmerkſamkeit fo vieler auf India
gerichtet iſt, keinesweges. |
Die angehängten Weberfegungen Indiſcher Gedichte ſin
nicht bloß als die erſten Verſuche, Indiſche Gedichte moͤglich
treu und unmittelbar in unſere Sprache zu Übertragen, mer
würdig und lehrreich, fondern auch als Erläuterung mehrere
Behauptungen des Werkes felbft, des ernften Studiums werth
Sin dem, aus dem Geſetzbuche Monu’s überſetzten Städte finde
ſich beträchtliche Abweichungen von der Jones ſchen Uebe
ſetzung. (Institutes of Hindu LawN or, the ordinance
of Menu u. f. w. London 1796. 8.) Wir möchten hierau
ſchließen, daß der Kritik noch ein meites Feld auch bier geöffn
ſey, um fpätere Zufäge und fpäter hineingebrachte Aenderunge
und Umſtellungen von dem Urfprünglichen zu fcheiden.
Hr. Frank dar fh mit Waffen aus der Ruͤſtkamm
Schelling'ſcher Philofophie verfehen, und diefe in der Werkhtat
feiner Phaoſophie neu polirt, um Fr. Schlegel zu beſtreiten
Wir geftichen dem Verf. gern eine nicht gewöhnliche Kenntnl
der. Perfiihen Sprache und einen nicht überall ungluͤckliche
>
Frank De Persidis Lingua et Genio. a
«nmologifhen Scharffinn gu, aber, um mit einem ſolchen
Gegner in die Schranken gu treten, dazu war nod mehr ers
forderih. Die Schrift enthält vier Abhandlungen. In der
erten wird von den Spuren ber Phaofophie des Werf. (weiche
er in feinem Licht des Orients kund gethan) in der Perſiſchen
Sprahe gehandelt. Schon bier wird der Sag aufgeftellt, das
Neuperſiſche ſey die aͤlteſte Sprahe, und Zend und Pehlvi
deren Töchter, wovon wir weiter unten reden werden. Die
allerdings Haren und unverfenndaren Spuren ber Philofopheme
des Zerduſcht in der PDerfiihen Sprache, auch ſelbſt in der
eigenthämlichen Myſtik der neuern Perfiihen Dichter (4. B.
dee Hafiz) deutet der Verf. alle nach feinem Syſtem; auch
gegen einzelne Erläuterungen laͤßt fih manches einwenden. Daß
M, weiches ſich in allen femitifhen Dialekten findet, von
Perſiſchem Stamme entſproſſen fey, iſt wohl nicht fo ausges -
macht, als der Verf. es nimmt. Eine merkwuͤrdige Erläutes
rung giße der Werf. von dem Epitheton des Weins bey
den Perſiſchen Dichten 5 (za5f, naſſes Feuer, denn auch
hierin offenbart fi ihm die „unio ignis et aquae a luce
uniente orta.“ Darnach laͤßt fih nunmehr (was mander
ziht recht verſtanden), fhön und natuͤrlich in Schillers
Punſchlied der faftige Stern der Eitrone, die brems
nende Kraft des Arrak, und der fprudelnde Shwalk .
des Waſſers erklären? Ueberhaupt ift dieſe Abhandlung ein
merfwürdiger Beweis, wie leicht der menſchliche Geiſt alles
der Herefchaft eines Syftems zu unterwerfen vermag, wenn er
die Schwierigkeiten umgehen will, welche ſich erheben. Wer
mie glaͤubigem Sinne dieſe Abhandlung liest, wird am Ende
die Ueberzengung davon tragen, daß In der jegigen Perfiihen
Sprahe und befonders in den Perſiſchen Dichtern, des Verf.
Phaoſophie mit dem Selbftbeleuchtenden, dem Selbftbeleuchteten
und der Selbftbeleuchtung und allem übrigen Formeinweſen ausges
bilder ſich darftelle. Einen Anhang zu der Abhandlung bilden:
Ideae quaedam phaosophicae-historicae. Die erfie Idee, weiche
hier durchgeführt wird, gibt der Verf. ©. 59 alfo-an: Emim-
, -.
32 Frank De Persidis Lingua et Genio. . »
sero in Phaosopbia Orientis non differt naturae divinae
Pantheismus ab emanatione ipse divina, neque ab unitate
in dualitate, neque a dualitate in unitate, atque ideae
istae intime conjunguntur Cum haturae purae cultu net
non Sabeismi vetustissimi fonte. So wären alfo alle vier
Denkungsarten, welhe Er. Schlegel annimmt, in dem
Einen Pantheitmus zufammen gefhmelgen Daß nun über
Schlegel’s Anfchuldigungen des Pantheismus ohne Schoi
Hung die Geißel gefhmwungen wird, dürfen wie nicht erſt eri
Innern, Sr. Frank erMläre fih hierauf, nachdem er über Dicht
Einheit der Syſteme wmehreres bemerkt, ſehr nachdruͤcklich
(was wir ihm nicht veraraen wollen) gegen Schlegel's Anı
nahme einer urfpränglichen Offenbarung, von welcher alle nadıı
herige Denfungsarten nur Entartungen ſeyn; er nimmt aber
dafür eine efoteriihe Anfiht von der Phaoſophie bey Den
Brahmanen und Magiern und eine eroterifche Anficht beym
Volle an, aus welcher alle DVerfchiedenheit der Serten, insbe:
fondere auch der eigentliche, Dualismus, nicht minder der Un:
terfchied zwiſchen Katholiten und Proteflanten in Europa
(©. 117) entfprungen ſey. Hierauf wird der Hiſtoriker,
„etiam oculos animumque ad omnia naturae. phaeno-
Mena excoecans“, ermahnt eingedenf zu feyn ber ehemale
geſchehenen Neigung der Erdachfe. Die Wichtigkeit dieſes
Sreigniffes wird alfo befchrieben: „Si autem cum terra est
versa et inclinata natura ipsa humana, aliam quoque
faciem; magis (?) astronomicumy antiquitatis inprimis
historia vetustissimae ut induerit necesse est. , In axis
terrae elusque magnetismi directione mutäta necessaric
quoque variata est ea, quam habet diagonalis accubus
terrae inscriptus; atque etiam puncta in superficie
terrae inde dependentia eorumque sıtus, vis et ratiac
aliaque momenta multa commutata sunt, et quidem
lucis id fieri debuit et solis legibus juxta mathesin
naturae vivam. Sine hisce autem quomodo vere con-
cipi possumt vetustatis monumenta in terra et codici-
bus? Der Verf. bat von der Neigung der Erdachfe die deut
lichſten Spuren in Zendavefta und im Dabiſtan gefunden. Ei
führt auch manches an, mit alleriey Philoſophemen vermiſcht
aber nichts davon Überzeugt uns von ber Neigung der Erdachſe
Dergleichen und vieles andere-zu behaupten ift zwar leicht; dei
Hiſtoriker aber will Belege und Beweiſe und kein leihtgläubi,
ger Philofoph wird ohne dieſe den Stral feiner Erleuhtun
in die Augen und ih den Sinn des Hiſtorikers zu bringen
vermögen. !
2 ¶ Der Berchluß folgt. )
— — EEE ©
No. 3. Heidelbergiſche 1811.
Jahrbuüͤcher der Literatur.
M AM
i) Cours de droit Frangais. Par Mr. Proudhon, anden
Docteur en droit, Professeur de premiere chaire du
Code Napoleon, Doyen de la Faculté de Droit de Dijon
ete, Dijon chez Bernard - Dafay. T. I, 1809. 361 ©.
T. 1I. 1810. 3766. 8.
VErnk Spangenbergs, D. d. %., Gteffier und Privatlchrer
m Göttingen , Commentar über den Coder Napoleon. Göttin⸗
gen bey Nöwer. 1810. Erfler und Zweyter Band. 404 und
ess S. 4 (4 Rthlr.)
3) Ausführlicher theoretiſch practifcher Sommentne über dem Code
Napoleon von Dr. C. C. Dabelow, nebſt einem Anbange,
die Ahmeichungen des Weflphälifchen Rechts betreffend von '
Sribunaleichter Dryander in Halle Leipzig bey Schwickert.
1810, Zwey Binde 374 u. 700 S. 4 (3 NH)
A) Ausführliches Handbuch über den Code Napoleon. Zum Gebrauch
wiffenfchaftlich gebildeter deutſcher Geſchäftsmänner entworfen
vom Oberappellationsgerichtsrath Dr. Grolman. Erſter
Band. Sießen und Darmſtadt, bey Heyer. 1810. LII und
3 ©. & (5 ſ. 6 kr.)
M, verbinden hier biefe vier, im fehe verſchiedenem Geiſte
gearbeiteten Commentare Ader den Code Napoleon um fo lieber
mit einander, da fie faft gleichzeitig find, wenigſtens keiner der
Verfaffee den andern benugt hat, und da der ausgezeichnete,
durchaus uͤberwiegende Werth des letzten Werks uns das Necht
gibt, die Beurtheilung der übrigen, minder bedeutenden Schrifs
ten deſto kuͤrzer zu fallen.
Die, mit Dr. 2 Hezeichnete Franzoͤſiſche Schrift ift im
Weſentlichen "ein Tommentar Aber den €. N., doch find
darin manche Beſtimmungen der Eonflitution, des C. de Pr,
und anderen. ſpaͤteren Geſetze nebenbey mit berührt. Bepde
3
a — ——
x
34 Commentare über den Code Napoleon.
Bände gehen bis zu Art. 515, und fo wird denn das Ganze
erſt in 5—65 Bänden vollend.t werden koͤnnen. Zur Cha;
rakteriſtik des Werks bemerken wir dieß. Der Berf. hat unges
führe eben die Methode befolgt, welde man in Delvins
court's Inſtitutionen findet. Er legt nämlich in den Haupt⸗
theiten beynahe durchaus die Ordnung des Gefegbuhs zum
Grunde, und referirt dann den inhalt der, nah eignem Plan
geordneten Artikel faſt nur wörtlich. Eine hiſtoriſche Einleitung
fehlt. So auch alle Literatur, ein Paar Fälle abgerechnet, Da,
tie es fcheint, nur aus Verfehen, einige Eitate in die Noten
gefommen find 15. ©. I. ©. 99, not. a.). Eben fo Wenig
ift der Geiſt des Geſetzbuchs gründlih aus den Discuffionen
entwickelt; auch mangelt der Schrift gänzlich Die Prärifion und
Vollſtaͤndigkeit, welche beſſerk Deutſche Schriftſteller ſich immer.
zur Pflicht machten. Auf eine Kritik der commentirten Vor⸗
ſchriften hat der Verf. ſich nirgend eingelaſſen; und eben fo
wenig auf die Bildung eines Pars generalis aus den gelegents |
(ichen Aeußerungen ‚des. Geſetzbuchs. Bloß eimige der triwialften
Einteitungsbegriffe find vorangefchickt. Daß auch nicht eine
einzige Idee irgend eines ausländifchen Juriſten benutzt iſt, |
verſteht füh gang von ſelbſt. Die Sprache if, wie man fie in.
der Negel immer bey gebildeten Zrangofen findet, vein und
elegant, dabey aber auch fo wortreich, daß ein gewandter
Dentſcher Juriſt den Inhalt der ganzen Schrift ohne Muͤhe
auf die Hälfte reduciren koͤnnte. |
Was das Materielle des Werks Betrifft, fo ſteht daſſeibe
weit Über Delvincourt's Inſtitutionen. Denn wenn auch
unfer Verf. im Ganzen nur das Geſetzbuch mweitläuftig wieder⸗
holt, fo dringt er doch auch nicht felten tief in einzelne ſchwie⸗
rige Rechtsfragen ein, und zeigt hiebey viel Gewandtheit und
Scharfſinn. Aber oft fehlen auch grade da die Erbrterungen,
wo man fie vorzüglich gern geſehen Hätte. Während z. ©.
I. ©. 84—88 weitläuftig deducirt iſt, was ſich durch Zwanzig.
Worte hätte beweifen laffen, nämlich, daß ein Fremder einem
Franzoſen etwas ſchenken koͤnne, wird. ©. 69. 70, 78— de
|
⸗
Commentare über den Code Napolcon. 35.
ben der Trage, was droits civils find? auch nicht ein einztges
von vielen Problemen gelöst, und eben fo in Beziehung auf
die Acten des Kivilfiandes Feine der Schwierigkeiten berührt,
deren es in diefer Lehre eine Menge gibt. Ein gleiches Bey⸗
fpiel geben die Erdrterungen biefes Handbuchs über die aufs
ſchiebenden und vernihtenden Ehehinderniffe (I. 240 ff.). Nice -
einmal die Hauptfrage: ob es zur Nichtigkeit einer befonderen
Andeodung derfelden bedürfe ? iſt mit einiger Gruͤndlichkeit
erörtert, und gegen das eigne vom Verf. "angenommene Prins
dp werden mehrere ber, im Geſectzbuch unbeſtimmt gebliebenen
Zäle unter die vernichtenden Hinderniſſe geftelle, ohne daß
entfernt anf die, dem Princip des Verf. fo vortheilhaften
Discuſſionen einige Rüdkfiht genommen iſt. Dabey ift denn auch
vieles in den Anſichten des Verf. faſt unbegreiflich willkuͤhrlich,
wie z. B. die Ausführung I. 94 — 99, 194, 195, 275, 276,
daße der, Fremde, welcher fih ohne Erlaubniß des Kaifers in
Frankreich niederlaffe, im Ganzen alle droits civils genieße;
daß Kinder eines Abweienden als ſolche anderen Verwandten
wiht fuccediren koͤnnen: daß, wenn hundert Jahre vom Augens
blick der Geburt des Abwefenden verfloffen waren , diefer ale
wirklich geftorben behandelt werde; und daß -der Schenker
dr, der Ehefrau ohne Austorifation des Mannes gemachtes
Geſchenk zurückfordern könne. Indeß follen alle jene Bemers
fungen nicht dazu dienen, das Publicum gegen diefe Schrift
einzunehmen; denn ſie enchält, wie gefagt, manches Schaͤtz⸗
bare, und außerordentlich viel Nationales, welches Thon feiner
ſelbſt wegen intereflant iſt, wenn es darauf anfommt, fl
überhaupt in fremden Eigenthümlichkeiten zu orientiven, und
ihren Geift zu durchdringen —
Die zweyte Schrift, welche jetzt erſt Bis Art. 1100 geht,
hat einen ganz andern Charakter: Der Mrf. hat, befcheiden,
fot aller Individualität entfagt, und in der Regel nur die
Meinungen Andrer (auch mit Ruͤckſicht auf die Weftphälifche
Geſetzgebung) prüfend benust, und zufammengefielle, ungefähre _
in der Form und Manier des Inflitationen Eommentars von
“ ur
N
3 Gommentare über den Tode Napoleon.
Höpfner. Zwar folgt er auch, wie die mehreſten Andern,
der Ordnung des Geſetzbuchs, aber nirgend dem Buchſtaben
deſſelben, indem vielmehr daranus flets mit andern Worten und
Wendungen die Refultate abfteahirt find. Ueberall wird man
vielen Fleiß in Benutzung ber bisherigen Literatur, und nicht wenig
feinere Erörterungen finden (aber freyfih immer nur über die
Duncte, worüber fih Andre ſchon erklärt Baben, und Häufig
bloß referirend),, fo wie in der Pegel ein fefles und wichtige
Urtheil bey der Prüfung verſchtedener Meinungen, obgleich
freylich auch da und dort‘ manches vorkommt, was den Ken
her nicht befriedigen wird, und nicht ſtets Vollſtaͤndigkeit vom
Verf. erreicht if. Dieß alles aufsnzähfen, iſt aber unmöglich
und unndthig, da das vorliegende Werk gewiß dem Verf. felbfl
‚bald als unvolllommen erfcheinen wird, befonders in Anfehung
der vorläufigen Begriffe, in Ruͤckſicht deren alles, was zu einem
der wiſſenſchaftlichen Darftelung des €. N. fo nöthigen Alge
meinen Theile gehört, fo gut wie gang und gar umgangen If.
Miche einmal die naͤchſten Quellen der Erffärung des neuen
Geſetzbuchs hat der Verf. gehörig beſchrieben, und fo aud) über
die Literatur ſehr ungenügende Data geliefert. Was wir abet
der Schrift auf allen Fall zum Vorwurf machen müffen, ift da
gänzlihe Mangel eines beiebenden Geiſtes. Gräde das, wat
dem Dentihen Juriſten jebt das hoͤchſte Beduͤrfniß iſt, di
geſchichtliche Darſtellung, die Entwicklung des Seiftes des E. N.
aus den Discuffionen, bie pragmatifche Zuſammenſtellung dei
Mannigfaltigen unter herrſchende Grundbegriffe: das alles fehl
ben Werke faſt durchaus; und fo koͤnnen mir daſſelbe nic
fowohl dem Nichtkenner zum Selbſtunterricht, als vielmeht
bloß dem Kenner zum Nachſchlagen umd Vergleichen empfehle®
Die Anzeige des, unter Mr. 5 erwähnten, jetzt ſchon san
vollendeten Commdtars ſetzt uns in eine faſt peinliche Verle
genheit. Es iſt Höchft unangenehm, über denſelben Schrift
fieller in berfelben Zeitfchrife immer mit Mißbehagen und Un
äufriedenheit zu reden; aber der Simmel ift unfer Zeuge, dal
wir and bey dieſer Gelegenheit den Ton zu ändern auße
Kommentare über den Bode Napoleon, 37
Etande Find. Wir können dem ganzen Werke nichts als den
Namen einer Hichtſinnigen Arbeit geben. Schon dadurch hat
ih der Verf. die Sache Leicht gemacht, daß er mehrentheils
sanz und gar der Ordnung des Geſetzbuchs folgt, faft niemals
das Material nad feften Gefihtspumeten ordnet, und dan
les fo auf einander folgen läßt, wie es bie fluͤchtige Feder
hergeben wollte. Er ſelbſt Hat die Gebrechen biefer Methode
recht wohl gefühlt, ohne fi) gegen das tendimus in vetitum
retten gu Bönnen. So bemerkt er z. ©. I. 137 woͤrtlich:
„Ueberall iſt in der Lehre von der Ehe kein richtiger Plan bey
dee Abfaffung, des Code Kefolgt worden, und verbienen daher
die Schriftfieller alles Lob, melde die gerfiventen Stellen zu
ſammeln und zu ordnen bemüht geweien find“; auch tadelt er
&. 175 fehr, daß man die Formalien ber Ehe gerriffen in
ſwey Titeln vorteug. — Aber nirgend bemüht fi der Verf.
die, von ihm feld gerügten Maͤngel zu beffeen , oder einen
Grund "anzugeben, warum denn biefer Commentar den Predis
gen gleichen mußte, von denen Logan fagt: fie [ehren durch
Worte was man thun, und durch Thaten was man meiden
fill. — Auch in den einzelnen Sägen bes Werks findet man
nirgend Präckfion und Vollſtaͤndigkeit, und an eine fleißige
Venusung der. ganzen vorhandenen Literatur ift gar nicht zu
denken. Nicht einmal die Einleitung, woran fi doch bie
ftiihe Kraft am erften auszuzeichnen pflegt, tft mie Fleiß ger
arbeitet, und ſelbſt über die Literatur fo oberflaͤchlich geiprochen,
daß ganze Hauptwerke vergeffen find, Der Individualitaͤten
des Verf. finden fi, freylich genug, und dabey mitunter auch
wohl erträgfiche Bemerkungen; aber oft ift auch alles fo feiht,
ae willkuͤhrlich, und an das Gemeine grängend, daB eine bes
teiſche Geduld dazu gehört, dem Verf. mit Aufmerkſamkeit zu
flgen. . Nur das, was der Gedanke des Augenblicke gibt,
erhaͤt man. in der Regel; und fo iſt denn der Verf. gang ung
belümmert um Beweiſe, wo Dritte deren. bedürfen, fo mie er
es ſich nicht Übel nimmt, auch wohl bey einer andern Belegen:
jet giade das Gegentheil von dem zu fagen, was er zuvor
38 Gommentare uͤber den Tode Napoléon.
recht ernſtlich vertheidigt Hatte. Go war 3. ©, ben Verf.
gegen feine früheren Ideen Über das: EtrE traduit in Art. 14
von einem erfahrenen Franzoͤſiſchen Juriſten ein bedeutender
Einwand gemadt. Allein Here D. achtet das nicht, und vers
fihert in $. 56: daß nach dem Stile de Barreau das traduit
auf ungewöhnliche Zwangsmittel deute, ohne auch nur
entferne anzugeben, von wem er berfh biefe Geſchaͤftsſprache
gelernt habe. - Die Frage, ob der Art. 299 auf alle Schens
Zungen gehe? wird in eben diefem Geifte, ohne alle Beweiſe
wörtlich fo beantwortet: „das Geſetz redet freylich in fehr alls
gemeinen Ausdrüden ; indeß fcheint es mir doch, daß die Ver⸗
fügungen deffelben fi nicht auf dergleichen Zuwendungen (Ges
ſchenke aus Liebe) erſtrecken follen. Sich glaube vielmehr, es
war Abſicht des Geſetzgebers, dem fchuldigen Ehegatten nur
fotche Zuwendungen zu entziehen, Die Btipulattonen, welche
"man In Eheconteacten anzutreffen pflege, gleichgefegt werden
Zönnen“ (I. 24%, 248.). Gleih darauf (247) bemerkt ber
Verf. über den Art. 508; ;icdh glaube, die Kinder der vorigen
Ehe participiren bier ‚mit ben Kinderri der Ehe, die jegt ger
trennt if, an der, auf bie Kinder fallenden Vermögenshälfte.
Zwar ſcheint biefer Behauptung der därre Buchftabe des Ges
fetses entgegenzuſtehen, allein bie Sefengeber dachten gar nicht
an den Kall, den fie vernuͤnftigerweiſe, wenn ſie daran gedacht
hätten, gar nicht anders als fo entſcheiden konntens!! Won
combinirten Widerfprücen geben $. &ı und 45 ein Beyſpiel.
Sin jenes werden die, nad) dee Erpatriation im Auslande von
einem Srangofen erzeugten. Kinder von dem Art. 10 ausges
nommen, und im $. 45 iſt grade das Umgekehrte aus Locre
excerpirt. Wir müßten einen ganzen Quartanten [reiben
um das krauſe und bunte Gemiſch diefes Commentars gehörig
zu würdigen, und dazu fehlt es ung leiderl an Laune, wie
uns ®agu Gottlob I diefe Zeitfchrift den Platz verſagt. Wer es
fih fer zum Grundfag gemacht hat, alles zu prüfen, und Das
Gute gu behalten, der ſtudire auch diefen Sommentar; aber
Commentare über den Eode Napoleon. 39
ee verlange nicht von uns, biefem ſchweren Geſchaͤft durch eine
vollſtaͤndige Melation vorzuarbeiten.
Hoͤchſt ungern ſprechen wir diefe Troftlofigfeiten aus. Denn
nichts iſt uns erfreulicher, als den Arbeiten Andrer äffentlich
ihre volle Ehre widerfahren gu laffen, wie wir glei zeigen
werden, indem wir auf die Beurtheilung bes Grolmans
(den Commentars übergeben. In der That! das ift ein Werk,
welhes, des Namens feines Verf. würdig, unferer Nation in
vieler Hinficht die größte Ehre macht! Keiner der, bisher in
Stanfieich und Deutihland erfcdienenen Commentare über den
GW N. kann fich mit diefem intereffanten Werk entfernt vers
gichen , und feldft frangöfifche Suriften werden demſelben ihren
Beyfall nicht verfagen koͤnnen. Zu den geringften Derdienften
dieſes Werks gehört eine herrliche, claffifche Sprache, und eine
nur felten von Deutfhen Schriftftelleen erreihte Ruhe und
Vürde bey Prüfung fireitiger Meinungen. Der innere Gehalt
der Ideen des Verf. übertrifft noch, wenn es möglich iſt, die aͤußere
äorm. Ueherall die hoͤchſte Klarheit und Conjequenz des Sedans
kenganges; ein tief eindringender Scharflinn; große Vollftändige
kit; nnd. dabey ein feltenes Talent, die ideen der Legislation gang
ju vergegenwärtigen, ihre Gründe zu entwickeln, und den Zuſam⸗
menbang des Ganzen bis in jeden kleinſten Theil zu verfolgen. Nir⸗
gend eine Spur von Flüchtigkeit und Lebereilung! Der Verf,
gibt gereifte, von allen Seiten durchdachte Grundfäge, und fein
Belreben, die Theorie mit der interpretation der Franzoͤſiſchen
Praxis zu verflechten, werdient mufterhaft genannt zu werden.
Seit zwanzig Jahren haben wir nicht zehn neuere juriftifche
Werke mit folcher Befriedigung aus der Hand gelegt, wie diefe
vortrefflihe Schrift, deren baldige Zortfegung und Vollendung
Dir lebhaft wuͤnſchen; und daher halten wir es denn für unfre
erſte Pflicht, ihren Inhalt kurz zu befchreiben, und genan alles
anjugehen , was eine detaillirte Kriti erfordert,
Der Plan ber Verf. Hey diefem Commentar ging dahin:
bie Gründe und Zwecke der geuen Legislation volfändig zu
40 Eopmmentare- über den Code Snpefesn. |
entwickeln, daraus ihren Geiſt abzuleiten, und hienach wieder
den Umfang ihrer Anwendbarkeit zu beflimmen. Das Ganze
fol demnad im Wefentlihen nur commentirend feyn, und
Daher har fih denn der Verf. Über die Puncte, weiche das
neue Geſetzbuch der Wiffenfchaft Aberläßt, wicht raifonnirend
verbreitet; doch referirt er bey folchen Gelegenheiten wohl Die
Entfheidungen Franzoͤſiſcher Gerichte. Im Ganzen ſcheint die
Titelfolge des Geſetzbuchs beybehalten werden zu ſollen; wenig⸗
ſtens iſt es in dieſem erſten Bande, welcher mit der Lehre von
den Abweſenden ſchließt, Bis auf eine einzige Ausnahme ges
ſchehen. Allein die einzelnen Artikel find durchaus in einen feeyen,
hoͤchſt lichtvollen foftematifhen Vortrag gebracht, und dann
hiſtoriſch, kritifch und mit Beziehung auf ihre. Anwendbarkeit,
und ducch die neuere Franzöflihe Praxis vortrefflich erläutert.
Am Einzelnen ‚geht die Erörterung überall in das feinfte Detail,
und entwickelt die fchwierigfien Probleme mit mufterbafter
Schärfe und Klarheit. Außer einer kurzen, fehr zweckmaͤßigen
Darftellung der Franzoͤſiſchen Gerichtsverfaffung, hat der Verf.
feine weitere allgemeine Einleitung gegeben, fondern in dieſer
Hinſicht bloß auf Seidenſtickers Einleitung verwiefen. — Ju
6— 8 Bänden fol das Ganze vollendet werden, aber gewiß
werden doppelt foviel Bände nothig ſeyn, wenn die Fortfegung
dieſem Anfange durch Gruͤndlichkeit und Ausführlichkeit gleich
ift, befonders da die Literatur in diefem Bach glich fo ſehr
anwaͤchſt.
Nach dieſer kurzen Beſchreibung des vorllegenden Werks
erlauben wir uns jetzt folgende kritiſche Bemerkungen.
Sehr gluͤcklich hat Hr. G. den Gedanken aufgefaßt, daß
die vollſtaͤndige Darſtellung des Geiſtes und der, danach sun
beftimmenden Anwendbarkeit des neuen Geſetzbuchs das njige >
Mittel ift, wie man Deutihe Sefhäftsmänner mit dem Inhalt
des C, N. anf eine zweckmaͤßige Art befannt machen Tann.
Allein fehr aufgefallen ift es uns, wie der Verf. fih gu einer
bloßen Exegeſe entfchließen, und alles, was der C. N. ber
Wiſſenſchaft übertäßt, ſo ganz und gar von feinen Eroͤrterungen
\
"Gommsentare über den Code Napoléon. 4
intfenen konnte. Die Winnfchaft und das Poſitive fließen
bey jeder Legislation mannichfaltig mit einander zufammen, und
mäffen ſich durchaus wechſelſeitig unterflägen. Denn im Pos
ftiven wird es immer eine Läden geben, welche das freye
Raiſonnement ausfuͤllen muß; und umgekehrt wirb da, mo das
Sees im Ganzen ſchweigt, dennoch die Rechtsphiloſophie uͤberall
wieder durch Analogieen des Pofltiven gebunden werden. Wels
4 Zuſtand würde da erfolgen, wenn unfere Deutfchen Juri⸗
kın am Ende aus zweyeriey Arten von Werken ihren Unter
sihe fchöpfen müßten, — aus rein pofitiven, und rein Philos
ſophiſchen ? Außerdem gibt es noch befondere Sründe, wegen
denen der Verf. in dieſem, der Wiſſenſchaft gewidmeten Werke
die Wiffenfchaft gang hätte umfaſſen follın. Denn es ik vor
lem mit dazu beſtimmt, den Deutſchen Juriſten zu orienticen,
und richtige Auſichten Über die neue Legislation gu verbreiten.
Dieſer bedürfen wir aber ganz befonders in Betracht deſſen,
was der C. N. der Wiffenfchaft Akerlich. Während nämlich
In den festen Fahren Deutſche Juriſten öffentlich immer mit
den größten Lobpreifungen davon geredet haben, wie ein vber
ngliches Verdienſt bes ©. N. darin beſtehe, daß er fo herrlich
die Wiffenfchaft von dem Geſetz ſcheide, gibt es doch notoriſch
anf der andern Seite viele recht achtbare Männer ; welche grade
ber fogenannten Wiſſenſchaft durchaus nicht trauen, und in
dem ſteten Verweiſen auf die Wiſſenſchaft nichts als bie Quelle
einer völligen Rechtsungewißheit finden wollen. Dieſer Partey
begegnet man wahrlich nicht durch die bisherige Methode. Es
muß ihr in der Anwendung durch beſondere Beweiſe dargethan
werden, wozu die Wiſſenſchaft gut iſt, und was ſie alles ver⸗
gs; und dazu wäre num recht der Platz in einem Werke ger
wein, deſſen Verfaſſer als Rechtsphiloſoph fo vortheifhaft bes
lannt iſt, und welcher jegt auch durch feine Eregefe gezeigt hat,
daf er wor vielen Andern fähig wäre, die Wiſſenſchaft mit dem
Pofitiven zu verbinden, fofern fi uͤberhaupt etwas durch
Philoſophie leiſten läßt, mo man Hey unbeſtimmten, faf nur .
42 Commentare über den Code Napolden,
politiſchen Prämiffen, beynah an aller. juriſtiſchen Sewißheit
verzweifeln moͤchte.
Einen ferneren Zweifel haben wir Dagegen, daß Kr. ©
keine bifkorifch » literärifche Einleitung und feinen allgemeinen
dogmatiſchen Theil gegeben hat, fondern von der kurzen Ans
- deutung der Franzgöfiichen Serichtswerfaffung fogleich auf die
Eregefe des Art. 1 übergeht. Die Verweifung auf Seiden⸗
Riders Einleitung kann Hier nicht genägen. Wir verkennen
nicht die guten Betten diefes Werks, befonders in Beziehung
auf. den Zeitpunct, da es erſchien; allein völlig ungenägend if
es dach als Einleitung zu dem vorliegenden Commentar, da fi
in demfelben feine grügdliche äußere Gefchichte des Franzoͤſiſchen
Rechts, und eben fo menig eine gehörige Beſchreibung ber
Literatur finder, auch fpäter manches befannt geworben iſt,
"worauf Seidenſticker feine Ruͤckſicht nehmen konnte. Ohnehin
ik ja deffen gedachte Schrift ihrem Zweck zufolge eine bloß
hiſtoriſch⸗ literaͤriſche Einleitung , keineswegs aber ein dog ma⸗
sifcher allgemeiner Theil des Geſetzbuchs. Einen ſolchen
hätte aber Hr, G. nach unſrer Einſicht durchaus liefern muͤſt
ſen. Denn er will unſre Geſchaͤftsmaͤnner zu dem Studio des
neuen Geſetzbuchs auf Die zweckmaͤßigſte Art anführen. Bey
dieſem Vorhaben war es vor allen Dingen Pflicht, die Erdrs
terung an die herrfchenden Begriffe anzufnüpfen, und ben
Deutſchen Juriſten, welche von jeher an einem pars genera-
lis gewöhnt find, nachzuweiſen, wo fie im C. N. das. Allges
meine zerfireut finden, mas man davon ber Wiſſenſchaft übers
laffen hat, und wie fich diefe benehmen muß, wenn das Ser
ſetzbuch ale bisherigen pofitiven Rechte caffirt. Außerdem
mußte nun aber auch der Verf. wegen der Wiflenfchaft an ſich
einen ſolchen allgemeinen Theil vorangehen laſſen. Denn weit⸗
umfaſſende Grundſaͤtze gelegentlich bey einem einzelnen Artikel
mitzunehmen, wie z. B. die unendlich wichtige Theorie uͤber
Vindicationen bey Gelegenheit der paar Artikel, welche etwas
von der Eigenthumsklage im Vorbeygehen ſagen, das iſt gegen
alle Sefege der ‚Drönung, auch bedurfte der Verf. für viele
Eommentare über den Code Napoleon, 43
einzelne Puncte allgemeiner Praͤmiſſen,“ um ſich einen feſten
Hoden. zu verfehaffen, 3. B. über Gewohnheitsrecht; die logi⸗
ſche Auslegung; die Benutzung der Discuſſionen bey Auslegung
des Geſetzbuchs: Über den ſogenannten status naturalis; Aber
culpa, und tanfend andre Dinge. Freylich geben wir es gern
u, daß die Bildung eines foldhen allgemeinen Theile große
Schwierigfeiten hat, befonders wenn man faft überall der Vers
nunft, oder ſchwachen Analogieen ſich anvertrauen muß: allein
de Sache ift einmal juriftifch nothwendig, und da muß man
ales verfuchen „ was fid irgend verfuchen läßt, follte es auch
nur fenn, um bemeiten zu fönnen, daß der Juriſt ohne höheze
hülfe hier wenig oder nichts vermag.
Was die Vollſtaͤndigkeit des Werks im Einzelnen betrifft,
fe haben wir darüber fchon oben dem Verf. das gebührende
E06 wiederfahren lafien. Indeß darf dieſes Lob nicht abfolut
verflanden werden. Denn mande Erdrterung haben wir uns
gem vermißt. Dahin gehören namentlich folgende Fragen:
wie verhält es ſich, wenn statuta personalia des Franzofen
und Ausländers collidiren? wie, wenn von einem gewefenen
sranzofen in "Frankreich Kinder erzeugt werben ? wer ift Frans
101e? wie wird es im Allgemeinen mit dem Indigenat unehelis
ber Kinder gehalten? wie, wenn bie Eltern der Kinder ganz
unbekannt, oder bürgerlich todt find? in wiefern fann man
ten bürgerlich Todten Injurienklagen geflatten? wie verhält es
fh im Fall des Art. 32, wenn dem Civilſtandsbeamten ers
weistich Kein Verſehen zur Laſt fälle, und wie mit Art. 56,
wenn nur die -unchelihe Mutter allein bey der Geburt gegens
waͤrtig war? in wiefern ift der malae fidei possessor von
Art. 127 anzunehmen? wie fell man es bey, Art. 129 halten,
wenn em Hundertjaͤhriger verfchwinder? und in mwiefern haften
die, proviſoriſch, oder definitiv in die Güter der Abwefenden
Immittirten felbſt mit Ihrem eignen Vermögen wegen ber
Schulden? — So ließen fih an noch manche Meine Erinne⸗
kungen daruͤber andringen, daß der Verf., obgteich er die befs
kun Werbe benntzte, dennoch fo manche andre Schrift gar
u Frank De Persidis Lingua et Genio.
nicht erwähnt hat, beſonders nicht manche Deutſche Schriften,
wie z. ©. Dabelow's Archiv, und faſt alle Lehrbucher Deuts
ſcher Zuriſten. Allein wir finden es doch auch ſehr natürlich,
daß man in dieſer, noch zur Zeit ſehr waͤßrigen Ateratur leichter,
wie ſonſt irgendwo, durch Ueberdruß uͤberwaͤltigt wird, und
teswegen wollen wie denn dieſe Erinnerung nur als hiſtoriſche
Mebenbemerkung, und nicht als Tadel ausſprechen.
( Die Gortiegung folgt. )
De Persidis Lingua et Genio. Commentationes Phaosophico-
Persicae Auctore Othm. Frank, Prof. Phil. Bam»
berg.
{ Veſchluß der in No. 2. abgehrochenen Recenfion. )
In dee zweyten Abhandlung handelt der. Verf. de, cha-
zactere linguae Persicae sensum naturae referente. Nach—⸗
dem er ſich gegen die Schlegel’fche Eintheilung der Spra⸗
‚en in folche, welche durch Flexionen, und folche, meldhe durch eins
zeine Wörter die Nebenbegriffe ausdrüden, Bloß aus dem Grunde
erklärt, weil in einer Sprache eines ber beyden Principe allein
herrſchend fey , fo fest er den Charakter der Perfiihen Sprache
barin, daß (weil im Orientaliſchen Alterthum der innere Sinn
fh von dem äußern nicht fo ſehr fcheide, als in fpäterer Zeit,
befonders in Europa) fie den abſtracten Begriff der Dinge ver,
nachläffigeud, die in die Sinne fallende Einheit, oft in lebendi⸗
gem Bilde, barflelle, oder unter Einer Eigenſchaft das ganze
Weſen des Dinges begreife (imitando indolem rerum divi«
mitus individuarum). Der Berf. führt aber nur Beyſpiele
aus Dichtern an (wie Schirdell Lowenherz, Gulroch
Kofenwange u. ſ. w.), bey welchen jede Sprache, wenn fie
ur der Poeſie fähig ifl, mehr oder minder diefen Charakter
traͤgt. Denn der Perfer Hat ja auch Bezeichnungen von Abs
Bracten wie Sepahi ein Krieger und Kenize ein
Mögdchen, die er in der Profa gebraucht. Daran fchließen
Gh einige wenige keinesweges erſchoͤpſende, bloß aus des Verf
‘
frank De Persidis Lingua et Genio, 4
Phaoſophie Hergeleitete Bemerkungen über Die Myſtik des Haſtz
an, welche allerdings einer forgfältigern Erläuterung beduͤrfte,
wozu fih die erforberlihen Quellen wohl am vollſtaͤndigſten
jest in Paris finden.
In dem erſten Eapitel der dritten Abhandlung fuche He.
Fran? zu erweiſen, daß nicht bie Samſcritſprache die Urſprache
ſeyn könne, fondern die PDerfiihe, und zwar die Neupers
fifde Sprache, und daß daher nicht diefe aus jener, ſondern
die Samferitfprache aus der Neuperſiſchen entftanden ſeyn muͤſſe.
den Sreundfag, welchen er bier aufftellt, daß die Sprache,
neihe längere Wörter habe, aus berienigen entiprungen ſeyn
muͤſſe, welche ihe versandt, kürzere Wörter enthalte, oder wie
er fih ausdrückt: composita ex simplicibus, non vero ex
compositis simplicia oriri ac comprehendi, vwerwerfen wie
durhaus in der Allgemeinheit, wie er hier aufgeftellt und durchs
geführt wird. Dem Benfpiele des Verf., daß man, um einen
Baum zu erforfchen „nicht von ben Blättern und Zweigen zur Wur⸗
jel, fondern von diefer zu jenem fortfchreiten muͤſſe, ſetzen wir das
paſſendere Beyſpiel entgegen, daß wer die natürliche Beſchaf⸗
fenheit des Baums erkennen will, ihn in feiner wilden natuͤr⸗
lichen Ueppigkeit betrachten muß, nicht dann erft, nachdem ihn
die Scheere des Kunſtgaͤrtners zu zierlicher Form gezwungen
da. Wer das Ranhe, Voltdnige des Samfkrit aus dem aba
geſchliffenen Neuperſiſchen durch Erweiterung abzuleiten wagen.
konn, wer zu glauben vermag, daß Tuwara und Twari
Im Indiſchen aus dem Neuperſiſchen Die die Thür, Kſchira
aus Schir die Mich, aſchdaman aus heſchth abe
n. fe w. entflanden ſey, der mag auch glauben, daß
Chchlodmwig aus Louis, Ambaht aus Amt, viginti
aus vingt und venti, entflanden ſey. Weberhaupt ift bie
Unterfuhung über das relative Alterchum fehe altes vers
wandter Spraden in ben meiften Fällen ein leeres, eitles, ja
kindiſches Unternehmen; denn es kann bey Sprachen, deren
Urfprung fich fo in das Dunkel der Vorwelt verliert, wie der
Urfprung der Indiſchen und Perfifhen Sprache, welche durch
[4
4 - Frank De Persidis Lingua et Genio.
gJahrtauſende fo unabhängig von einander unter verfchtebenen
klimatiſchen, politiſchen, geographifchen Bedingungen fi forts
bildeten, hoͤchſtens nur die Frage feyn, in wiefern die Eine
oder die Andere von dem etwaigen Urquell in ihrer weitern
Ausbildung fih am wenigften entfernt babe. Denn wenn auch
‚die Eine Sprache durch Colonieen und Auswanderungen in andre
Gegenden gebracht, fih in diefem als Tochterfpradye geflaltete,
fo ſchritt doch eben fo gut als diefe die Mutterſprache in ihrer
Ausbildung, Oder Verbildung fort, und entfernte id) dadurch
eben fowohl von dem Urtypus. So gänzlid mißlungen wir
das Hauptbeſtreben des Verf. halten, fo fehr ehren wir Bier
Seinen Fleiß und feinen Scharflinn in der Zufammenflellung
von Achnlichkeiten des Perfifchen und Indiſchen, weiche diefes
Eapitel enthält. Das zweyte Tapitel diefer Abhandlung enthält: |
notas quasdam necessarıas ad prima capita libri primi
operis germanici, über die Sprache und Weisheit der Indier,
von Fr. ©. Die Zufäge a Schlegel's Vergleihung des
Indiſchen mit dem Deutſchen, in welchen Hr. Frank das
erſiſche in ſeine Rechte einſetzt, ſind des Dankes werth;
brigens kaͤmpft er in dieſem Capitel fuͤr das Alterthum des
Neuperſiſchen in feiner jetzigen Geſtalt nicht gluͤckticher, als im
—8 obwohl auch die Phaoſophie ſelbſt als Bundesgenoſſin
auftritt.
Der beſte Theil des Buchs iſt die vierte Commentatio,
in welcher der Verfaſſer die Verwandtſchaft der Perſiſchen
und Deutſchen Sprache genauer, als bisher geſchehen, bes
weist. Nicht nur iſt eine fo große Anzahl von gemeinichafts
lichen Wörtern der Perfiihen und Germanifchen Sprache noch
von niemanden aufgeftellt worden, und der Verf. verfpricht
noch Pünftig eine doppelt fo große Zahl zu liefern, fondern
auch die Formen und die Structur iſt viel forgfältiger und
fcharffinniger als bieher verglihen. Zwar laſſen ſich gegen
manche verglichene Wörter Einwendungen machen, welche unfere
Bemerkungen in der Einleitung zu diefer Beurtheilung beftäris
gen. . Denn Acker ift doch wohl zunaͤchſt aus dem Lateiniſchen
ager entftanden,, wenn aud zwifchen diefem und dem Perfiihen
far eine Verwandtfchaft angenommen werden mag. Die Abs
leitung von Baier aus. dem Perfühen pajah mathig, mag
wohl nur in Oppofltion von Mannerts Bojoarien gemacht
fepn. Das Wort sv AsL5 ©. 196 iſt Arabiih, ebenſo
S | DIE: | B) ©2435, > S ©. 247. Die Ableitung von
Bordell aus dem Perſiſchen perdah würde der Verf. beſſer
begründet haben, wenn er die Artikel borda und bordellum,
welches von dem erfiern (einerley mis Borte) das Diminitiv
Geßner Der Chriſt in der Banerbite.‘ Ar
RK, in Dufresnes oder Adelungs Gloſſar verglichen
haͤte. Brazze (©. 204) ift gewiß zunaͤchſt von dem Latets
nifden bracchium, nicht vom Perfiiden Bazu abzuleiten,
u. . w. Auch die Idee, welche feinen Beſtrebungen zum
Grunde liege, den edeln und alten Urſprung des Germaniſchen
Volks aufzuklären, und dadurch Die Achtung vor dem Germa—
nifhen wiederberzuftellen, welche die Hellenomanie bisher unters
druͤckt, wollen wir aufrichtig (oben ; aber wir befennen, daß
dennoch die wunderlihen Worte, welcher bey Diefer Gelegenheit
(8. 286) vorkommen, wo ber Verf. diefen Nugen des Pers
fihen Studiums der Nahlommen willen preißt, uns übers
tfhten: „Hoc certe modo idea confoederationia
Germanicae unione roboratur interna.“ Ein Ten-
tamen etymologiae Persich- Germanicae, welches eine fehe
Iharffinnıge Eromologie des Namens German auffielle, bes
ſchließt dieſes Werl. Was die Latinitär betriffe, fo laͤßt ſich
deren Charakter aus den, in diefer Anzeige ausgehobenen Stels
kn, welche nicht zu den: fchledhtern gehören, Hinlanglich beur⸗
theilen; wozu aber ſchrieb der Verf. mit lateiniſchen Woͤrtern?
Moͤge ſein Evangelium vors erſte ſich nur noch auf die Voͤlker
Deutſcher Zunge beſchraͤnken! Hr. Frank wird wohlthun,
wenn er ſich beſtrebt, in der Klarheit der Gedanken und in der
Schoͤnheit des Ausdrucks ſeinen Gegner, wenn auch nicht
iu übertreffen, doc ihm nachzukommen.
Der Ehrift in der Bauerhütte. Ein Büchlein für das Liebe Landvolk
und ſonſt alle ehriſtlich denkende Keute, von Georg Geßner.
Zweyte, verbefierte und vermehrte Auflage. Winterthur, in dee
Steinerfhen Buchhandlung. 1810. 92 &. 8. (30 fr.)
Seorg Geßner mag den Ton getroffen haben, der ben
Lkandleuten, beſonders dem alten treubergigen Molke, wie es im
der Schweiz nod zu finden ift, gefällt. Seine Abficht geht
hauptſaͤchlich dahin, anf das religiöfe Sefühl der Landbewohner
zu wirfen , und an die gemeinen. Begriffe beffere Borftelluugens
und Sefinnungen anzufnüpfen, als. man gewöhnlich ben dem
andleuten findet. Das gelinge ihm. Er Hält fihb an die
Bitte und Lebensweiie guter, vechtichaffener unsafrommer Dorfs
leute. Ein braves Eiternpaar und ein vernünftiger Pfarrherr
werden redend und handelnd aufgeführt, und den Stoff zur
Rede nehmen file von den merkwuͤrdigſten Vorfällen, die auf
dem Lande fich ereianen koͤnnen. — Fefttage, Naturverändes
tungen, Geſundheitszuſtand, Lebenss und Sterbensfälle. Alle
dieſe Vorfälle werden fo benußt, wie der gemeine Mann es
48 Bertuch Bemerk. a. e. Reiſe a. Thüringen m. Wien.
wünfhen muß, daß ein verfländiger und frommer Mann mit
ihm Darüber ſprechen möge. Das gibt mande guse Lehre,
mande Aufklaͤrung dunkler Begriffe und Gefühle, manche Aufs
munterung zum Fleiß, zur flillen Ordnung und Zufriedenheit.
Weiter geht es nun aber auch nit, und fo wie der Geſchmack
em Alten dur die jüngere Zeit immer mehr verdrängt wird,
fo wird auch diefe Schrift in der Schweiz fo wie an andern
Drten, nad Verlauf von wenigen jahren in die Behälter ab⸗
genuster Sachen geworfen werden.
vo . ante em PEN aan -
Bemerkungen auf einer Reife aus Thüringen nach Wien im Winter
1805 bis 1806, von Carl Bertuch. Zweyter Heft. Weimar
1310, (1 Rthlr.)
Känftler und Kunſtfreunde werben wuͤnſchen, diefen Heft,
: am der fhäßbaren Nachrichten willen, von dermaligen Stande
der Kunft in einer Stadt, die hierin dem größten Vollgenuß
gewann befonders befigen und gebrauchen zu fünnen Das
inmafige Durchlefen gibt ihnen zwar eime Weberficht Aber die
vielen mannigfaltigen, zum Theil ganz vortrefflihen KRunftans
ftatten, Schulen ſowohl als Mufeen und Sammlungen , fo wie
von-dem dazu gehörigen Perfonal, woräber weder Menfel, noch
Huber befriedigende Auskunft geben; allein mer mit der Kunfl
felö vertraue werden will, dee muß das Verzeichniß der
Maler, Bildhauer, Architekten, Decorateurs, Kupferfieher,
Moſaikarbeiter und ihrer vorzüglichen Lieferungen, die hier mit
einigen biographiſchen Notizen verfehen ausgeftellt worden find,
öfters nachgefchlagen, und die weitern Zortichritte der Kunft in
Wien mit; dem, was bisher ſchon geleiſtet worden ift, vers
. gleichen koͤnnen.
Nicht minder Intereffant werden dem Naturforſcher die
Nachrichten von Schönbrunn und dem an ios
rifhen Kabinett feyn, weiches am Joſephsplatze in dem, an
die Hofbibliothek ſtoßenden Seitenflägel in drey Etagen aufges
ftells it. Daß alle diefe Anftalten durch die leuten kriegeriſchen
Auftritte weniger als ähnliche Anftatten an andern Orten ges
litten haben, tft ein Gluͤck für die Kaiferfiadt, die duch ihr
unermüderes Wiſtreben für alles, was Kunft und Wiſſenſch aft
befriedigen kann, von ihrer Innern oft verfannten Geiſteskraft
die unzweydeutigſten Beweiſe liefert. |
— Ç enenn
No. 4. Heidelbergiſche 1811.
Jahrbuͤcher der Literatur.
——————————x—x—xx—x—x—xxxxXxXRXREIEEEE u
Dun N nn <
Sul Ernie — Memorie anatomico “ chirargiche di Antonio
Scarpa'‘, Chirurgo consulente di sua maesta imperiale
e reale, Cavaliere del real ordine della corona di Ferro
et della legione d’Onore. Membro de P’Instituto nazio -
nale Italiano et Professore di Clinica chirurgica nella
R. Universita di Pavia. Fascicolo I, et II. Milano dalla
reale Stamperia, 1809, ‘fol. max.
N, ſchaͤtzbare Verf. diefes Werkes, ein Dann von eben fo
umfaffenden Kenntniſſen in ‚der Zergliederungstunft und Phys '
fiologie als in der Heilkunde und Chirurgie, überliefert dem
äntlihen Publicum hier ein Werk, welches als. das erfte bie
hierher im dem Bade der pathologiichen Anatomie genanne
erden muß, indem es felöft die, bisher als Meifterwerke ans
geſtaunten Zeichnungen eines Baillie, Cooper und Camper weit
hinter ſich zuruͤcklaͤßt.
Was den vorzuͤglichen Werth diefes Werkes ausmacht,
find die richtigen Beichreibungen und Darfielungen ‚ser krank⸗
haften Veränderungen und Metamorphofen, welche in den, mit
drücken behafteten Theilen vor fi gehen. Der Verf. beſchraͤnkt
ſich bloß auf die wichtigften diefer organiihen Krankheiten, jene
nmlih, weiche am Unterleibe flatt Haben, und zwar unter dies
fen handelt er Befonders von den Leiftens, Schenkel, und Darm⸗
bruͤchen, dann von den angebornen Bruͤchen. &elbft das fonft
gewiß nicht kleine Hofpital in Pavia, fagt der Verf., habe
dm noch nicht Gelegenheit genug verfchafft, auch die feltneren
Brühe am Mittelfleiſch, durchs ovale Loch, oder ruͤckwaͤrt
duch die tichiadtichen Spalten gu bemerfen. Mit Necht ſagt
er in der Vorrede: nichts fey dem Chirurgus, befonders
dem operirenden, wichtiger, als die genaue Kenntniß des Organs,
auf welchem er operirt; allein felten ſey eine bloße anasomifche
Tg
2
so "Scarpa’ Sull’ ernie.
Kenntniß des gefunden Baues des Drgans hinreichend; man
rußffe auch die Form des, dutch die Krankheit ſelbſt mißgeflalteten
Organs kennen, welche oft von der natürlichen Geſtalt Himmels
weit verfchieden ſey. Wer follte ſich einfallen lafien, daß der
Grimmdarm fammt der Urinblafe ohne Zerreißung eines Theile
bis an den Hodenſack herabſinken könnte, daß der rechte Srimms
darm durch den linken Bauchring, und der linke durch den
rechten Bauchring austreten könne, dab In einem Nabelbruch
Zugleich Leder, Milz und die Eyerſtoͤcke ſammt dem Nee und
dem Dünndarm enthalten feyen?
Die fchlechten Kenntniffe, nicht der Häute, der Därme
und bes Teftitels, fondern der; pathologifchen Werwandlungen
dieſer Häute war die Urfache, weswegen die Art, die Brüche
zu behandeln, bey den alten Wundaͤrzten fo verworren und
zum Theil fo grauſam Audfiel, daß man an Bruͤchen, bie im
Augenblick nicht gefährlih waren, mit metallenen Fäden nähte,
brannte, caftrirte, daß man jene umkommen ließ, welche an
einem 'eingeflemmten Bruce Htten. Heut zu Tage iſt diefer
Theil der Chirurgie durch die häufigen Beobachtungen an Leichs
namen fo fehr aufgehelle, daß man als allgemeine Negel fefts
ſetzt, jeden Bruch durch ein zweckmaͤßiges Band zurüdguhalten,
und die Operation nur für jene auferordentlichen Faͤlle aufhebt,
wo die, daurch einen unglüdlichen Zufall bewirkte Einklemmung
das Zuräcddringen des Bruches auf andere Weile unmöglich
macht.
Bey allem diefem aber, fährt der Verf. fort, daß wir in
der Hauptſache befehrt genug find, find doch noch viele Feine
‚ Mmflände, z. ©. bey den Leiftenbrüchen, nicht gehörig erörtert,
und von diefer Dunkelheit bangen oft wichtige Refultate der
Behandlung ab. Die berähmteften Autoren über Brüdye übers
gehen mir Stillſchweigen die] verſchiedenen Schichten, unter
weichen die Eingeweide am Leiten, oder Im Hodenſacke liegen,
wo der Samenflrang ſich Befinde und jedesmal fih befinden
muſſe, wie die arteria epigastrica, und an weicher Seite des
Bruchſackes fie jedesmal laufe
Scarpa Sul! ernie. Si
Diefe Umftände haben den berühmten Zergliederer in neuen
Unlerſuchungen angetrieben, und da er nun zu gleicher Zeit
wohl eingeſehen, daß es uns völlig an einer richtigen Darſtel⸗
lung der Bräche und ihrer Complicationen fehle, fo habe er
die Zeichens und Kupferfteiherfunft, welde in anfern Tagen
das Feld der Naturgeſchichte, beſonders der Botanik und Zoo⸗
logie fo [ehr erletuchte, in Anfpruch genommen, andy den patho
logiſchen Theil der Veränderungen unſers Körpers zu verzieren,
davon diefer ErkeMiniß fo oft das Beben des Menſchen abhängt:
Die Tafeln follen alle mie dem einfachen Bruche beginnend,
bie merfwärdigfien Complicationen darſtellen. Der Berf. ſagt
ganz wahr, jeder. junge Wundarzt follte diefe voraus kennen,
dan zu fpät iſt es, wen er es während der Operation erlers
nen fl. Was kann er auch da, feldft went ein erfahrener
aͤterer Wundarzt ihm aſſiſtirt, in dem Blute und zwiſchen den
Fingern deutlich ſehen?
Sehr neu und wunderbar kam es dem Rec. vor, die
Rußerung zu hoͤren, daß Schenkelbruͤche am weiblichen Ge
ſhlechte weit weniger gefaͤhrlich ſeyen, als an dem maͤnnlichen,
und das nicht wegen irgend einer Gefahr der Verletzung der
arteria epigastrica, ſondern wegen der arteria spermatica,
wilde ih vom Bruchfac nicht leicht trennen läßt. Der Verf.
bat darüber eine fehr Inftructive Zeithnung gegeben.
eher den Nabelbruch, feinen Unterſchied von jenem der
weißen Linie, ferner Über den angebornen und nachher entftans
denen Nabelbruch wird der Verf. fehr Lehrreiche Abhandlungen
lieſern.
Dann hat der Verf. in Leichnamen, welche nad Zuruͤck⸗
laſang eines kuͤnſtlichen Afters, vder auch einer Kothfiſtel
tatirt worden waren ohne Zuthun des Wundarztes, die Art
m Weife diefer wunderbaren Erſcheinung bemerkt, nach wel
hr oft, nach vorhergegangenem Brand, große Stuͤrke des
Darmcandis eingebüßt wurden, bas ganze fi auf eine Tells
ſame Art Hey Erhaltung des Individuums jur Korhfiftel um⸗
bildete.
53 Scarpa Sull’ ‚erhie.
Zuletzt hat det Verf. über dad Bruchband alles vorgetras
sen, was anatomifche und mechanifche Kenntniffe zur Verbeſſe⸗
tung beffelden vereint beptragen konnten.
Die erfie Abhandlung (Mermoria prima) handelt vom
Leiſten/ und Hodenſackbruch.
Der Verf. wiederholt hier die Klage, daß wir uͤber die
Veraͤnderungen, welche die organiſchen Theile, die mit in einen
Bruch hineingezogen werden, erleiden, noch keinen genauen Begriff
und feine richtigen Zeichnungen beſitzen. Selig die von Camper
"find fehr fehlerhaft, und es fehlen beſonders die wichtigen
Complicationen, an welchen dem jungen Wundarite alles gelegen
ſeyn muß.
| Eben fo unvollftändig find auch die Veſchteibungen der
Bruͤche. Richter in ſeinem Capitel, das er ſelbſt uͤberſchreibt:
genaue Beſchreibung des Leiſtenbruchs, ſagt: „der Bruchſack
ſteigt, ſo wie der Leiſtenbruch an Umfang zunimmt, in den
Hodenſack und in das Zellengewebe des Samenſtrangs, welches
wir defien Scheidenhaue nennen. Die ganze Geſchwulſt, die
wir den Bruch heißen, wird gebildet von dee Haut des Scros
tums, von Zellgeweben und dem Bruchſack. Der Samenflrang
und Hoden liegen allegeit außerhalb dem Sack; jener hinter dem
Sack, diefer am hintern und untern Theil deſſelben.“ Richter mei⸗
det nicht, daß der Bruchſack auc) in dem musculus cremaster und
in dem, von ihm gebildeten fehnigten Gewebe liege, weiches ein
ſehr merkwuͤrdiger Umſtand if. So findet man bey Richtern
‚Leine Erläuterungen, ob der Bruchſack allein, oder mit Zellge⸗
webe ſchon beBleidet vordringe;, dann ob nur das, vor dem
Baudring liegende Peritoneum den Bruchſack ausmache, oder
and) noch die nebenliegenden Theile des Bauchfells ausgedehnt
mit zum Bruchſack "hervortreten, ob bie Eingeweide allegeit
fhief in den Bruchſack fi, ſenken, oder mannichmal auch grade
in. denfelben nach der Richtung der Are des kleinen Beckens
eindringen? Ob bey alten und großen Brüden ſich wirklich im
Bruchſack die Schichten vermehren, oder ob die Verdickung des
Bruchſackes von dem Dichterwerden des Bauchfells, oder von
Scarpa $ull’ ernie, 63
einer andern Urſache Herräßre, db der Samenftrang allegeit
dinter dem Bruchſack liege, ob derſelbe nicht auch zumellen
an der äußeren ober inneren Seite, ja ſelbſt auf der vorderen
Fläche des Bruchſacks vorkomme, von allem dieſen ſpricht Richter
nichts, auch micht alle Biejenigen , die nach ihm fchrieben.
Der Verf. gibs num in den folgenden Paragraphen diefer
Abhandlung eine ſehr genaue Wefchreibung der Beſchaffenheit
der äußeren Theile des Bauchs, vorzüglich dex Bauchringes,
des Entfiehend des musculi cremasteris, des Einwickelns bes
Samenſtrangs in diefen u. f. w. Das merfwärdigfie und
anffallendſte waren dem See. bie, von dem Verf. angegebenen
Sertfäge dee fascia latn, weiche fi fowohl an das vorgelegte
Band, als auch ran dem untern Schenkel des Bauchringes ans .
kst, und allem Eindringen nach innen widerſteht. Sehr wahr
betrachtet der Verf. den Bauchring nicht mehr, als eine fimpfe
Deffnung , welche durch die Sehnen des Außern fchiefen Bauch⸗
mustels gebt, fondern er iſt aentlich ein drey Zoll langer,
von-den Seiten gegen die Mitte der Schambeine gerichteter
Eanal, der ruͤckwaͤrts an den Lenden unter dem Muskelfleiſch
des transversi abdominis beginnt, dann Einen Zeil vorwärts
luft bis zu den unterm Muskelfaſern des inneren fchiefen
Bauchmuckels, wovon bie davon abgefchiedenen Fafern den durch⸗
gehenden Samenſtrang als muscul. cremaster folgen, und dann
ht nah vorn nnd unten nich Ein Zoll weiter endlich diefer
Canal bis gur äußern Deffuung am äußern ſchiefen Bauch⸗
mudtel durch. Es iſt alſo gerade ruͤckwärts die Sehne des
transversi und obliqui externi, vorwärts. die aͤußere Aponen⸗
vie des Bauchs, die den durchgehenden Samonſtrang an den
Reiten‘ bedecken.
Der Verf. gibt nun eine fehr ſchoͤne Beſchreibung dee
Deritoneums. „ES ſcheint, fagt er, ale ſey diefe Haut blut⸗
ter und leblos, allein, wie wir durch wohlgerathene Fünftliche
Einſpritzungen wiſſen, fe iſt biefe Haut ein feines Gewebe der
zahlreichſten Arterien, Nerven und Inmphatifchen Gefäße; He
befkt daher de Defandere Eigenfhaft, daß fie ſich auf einem
& .Bcoarpa Sullꝰ ernie,
angebrachten Mei leicht entzuͤndet, daß biefelße "eine Menge
plaſtiſchen Schleimes durchſchwitzen läßt, welcher, wo er
hinkommt, die Theile, die mit dem Peritoneum überzogen find,
mit fih verbindet, und zuſammenleimt. Diefer wunderbaren
Eigenſchaft des Bauchfelle Hat man es zu verdanfen, daß
bey Stihen duch den Bauch, bey Schußwunden mit us
gein, ja bey hramdigen Bruͤchen, wo ganze große Stücke
‚ bes Darımsanals zerfiört werden, dennoch nicht Tod, fondern
Wieberherfiellung erfolge, welches in jeden andern Nicht fo
. grganifisten Theile nicht wohl flats finden könnte. Im gefuns
den Zuftande erhält daher auch der Bauchfellſack einen großen
. Grad von Elaſticitaͤt, wodurch die, in demfelben enthaltenen
Eingemeide mehr nach als durch die Mustelihichten der Außes-
ven Bauchdecken eingefhränft werden. Diefes Peritoneum ift
nicht Aberali gleih Hark, am flärkften ifl es an den enden,
und oberhalb dem Nabel, wo es durch die Innere Scheide, an
‚ welcher. der musculus rectug abdominis liegt, und weiche von
‚ber Verwebung der fehnigten Faden des inneren fhiefen und
queren Bauchmuskels entſteht, verſtaͤrkt wird; unterhalb dem
Nabel fehle dieſe Scheide, und der gerade Bauchmuskel liegt
‚unmittelbar auf dem Peritoneum. — Am wenigſten wird. aber
von äußern Muskelfleiſch das Bauchfell bedeckt unter dem Trans-
vers, und oblig, internus abdominis am Bauchringe.
Dans fpriht der, Verf. von der außerordentlichen us;
dehnbarkeit dieſes Bauchfells, und führt als Bepfpiel den De-
scensus testiculi in foetu an, mo das Zellgewehe bes. Peris
toneums von der Lendengegend herab bis in den Hodenſack ſich
- siehe, um bie Scheidenhaut des Hodens zu bilden. Rec. ges
ſteht Hier zum erftenmal, daß er mit dem Verf. anderer Mei⸗
nung if. Es gibt nach ihm eine Verlängerung der Peritoneal⸗
Fortſaͤtze, welche von der Lehensenergie und der Producsion
des Gefaͤßſyſtems abhängt, dahin gehören die omenta mesan-
teria, fun, apermaticus etc. Eine andere if die, welche von
Erihlaffung, Erweiterung der Zeilen des Peritonenms abhängt,
Diefe fiehe man bey Bruchvorfaͤlen ir Mer Bat baräben, ein
Ä Scarpa Sull’ emie Rs
kleines Programm gefchrießen, de sacci peritonei proces-
sibus eorundemque anamorphosi. Heidelberg. 18080. Sins
deſſen geſteht der Verfaſſer felbft, daß bloß durch Verlaͤn⸗
gerung der Maſchen dieſer Membrane dieſelbe vom Huͤftbein
bis ans Secrotum mit den, in ihm enthaltenen Eingeweiden
hetabſinke, ohne Zerreißung zu erleiden. — Weitläuftig be⸗
(hreist der Verf. dann das Zeigemebe, welches die vasa sper-
matica begleites, befonders bie häufigen und geoßen Zellen des
Samenſtrangs (diefe find aber aus der, im loſen Zellgewebe
aufgelösten Peritoneathaus des Samenſtrangs entſtanden, und
beißen daher no Tun, vaginalis funiculi spermatici ),
die in die Scheide der, vom cremaster herfommenden aponens
rotiſchen Haut aufgenommen worden find.
Zulegt redet der Verf. von dem Verlauf der arteria epir
gastrica.. An der äußern Seite des Bauchrings läuft fie anfı
waͤrts, und vorzüglich merkwuͤrdig iſt der Zweig, den fie unter .
der Bedeckung bes cremasier an den Samenſtrang gibt, und
der in feinem Zweige mit der arteria spermatica anaftomaflet.
Der Verf. geht von dieſer Befchreibung der. Theile des
Bauches im natürlichen Zuftande nun zu den krankhaften Abs
Änderungen Derfefben über, 6. XIV. Die erfien Wundaͤrzte
nnferer Zeit glauben mit Warton, Benevoli, Brendel, Mow
gagni, Wwil’riete vorzuͤglichſte Urſache der Brüche in einem vers
längerten Gekroͤſe zu fuchen ſey, weiches fi herabſenke, gegen
die Bauchringe falle, diefe ermeitere, und fo. nah außen eine
Geſchwulſt vortreibe. Diefes iſt aber nach des Verf richtiger .
Memung wohl ein Effect der brucherzeugenden ueſece keines⸗
wegs aber diefe ſelbſt.
Der Berf. ſucht nun zu beweiſen, daß ein gewigte Gleich⸗
gewicht der Kraͤfte der, in dem Bauchfellſack enthaltenen Eins
geweide und der dußeren Wand des Bauches dazu gehöre, um
ſeden Bruch gu verhäten, weicher augenblicklich entftshen muͤſſe,
ſo bald jenes Gleichgewicht der Kräfte verloren gehe.
(Rec. kann Hier nicht des Verf. Meinung grade zu unters .
ſhreiben, denn nit bie Eingemeide des Unterleiba reagiren
8 Scvarpa Sull’ ernis.
gegen die Bauchwand, ſondern die, im Antagoniemus wirken:
den Muskeln des Eins und Ausathmungsgeſchaͤftes: wenn
nämlih im erfien Moment der Einathmung die Bauchwand
hervorgedruͤckt wird durch das ſich ſenkende Zwergfell, fo wird
im zweyten Dioment die Bauchwand angepreft, und bas
Zwergfell in die Bruſthoͤhle hineingedruͤckt. Die. zwey einander
entgegenftehenden Kräfte find alfo nicht die Eingeweide und bie
Bauchmuskeln. Die wahre Urfache der Bruͤche liegt aber nicht
in einem Mißverhaͤltniß dieſer Muskelkraͤfte, fondern an einer
Schwäche der Verbauungsorgane, weiche fih dem Peritoneum
- and allen feinen Fortfägen mittheilt, welche burch den beftäns
digen Drud an denjenigen Stellen des Bauch, welche am
wenigften mit Muskel⸗ und Sehnenfafern. beiegt ſind, alsdann
am erſten hervorkommen.)
Bas nun das Entſtehen ber Leiſtenbruͤche insbeſondere
angeht, fo bemerkt der Verf. ganz richtig, daß. diefelben nach
außen drey Zoll vom Baucheing eine lange Geſchwulſt Bilden,
da nämlih, wo unter dem fleiichigen Rand bes. Quermuskels
des Bauches der Darm das, nur mit ſchwachen Sehnenfaſern
bedeckte Peritoneum hervortreibt bis zur aͤnßern Oeffnung des
Bauchrings, welche Geſchwuiſt laͤnglich chlinderformig iſt, und
beym Schneuzen, Huſten u. ſ. mw. ſich erhebt. »
Grade unter dem Fleiſchrand des queren Bahanskels iſt
es auch, wo der Samenſtrang ſich mit dem Bruchſack verbin⸗
det, weiche Verbindung bis. in den Boden des Hodenſacks
bleibt, indem die Zellen der äußeren Wand des Bruchſacks ſich
verlängern bis dahin, mo bie Samengefäße in dem Teftikel
eintreten. Der Samenftrang liegt daher meiftens auch an ber
inneren und hinteren Seite des Bruchfads, einige Fälle auss
genommen. Ä
Die Mustelfafern des Cremaſters erleiben bey großen
und alten Brüchen eine große Veränderung , fie werden wohl
noch fehsmal fo dick als im natürlichen Zufland , ‚Härtlich und
von geldlicher Farbe, fie hängen feſt an dem Halſe dee Bruch⸗
ſackes, manchmal noch an den Seiten des. Bauchtings, ober
Scarpa Sull’ ernie.
der Schenkelbanbdesſehne, die ich gegen die Leiken, umd von-
da ans Scrotum ſchlaͤgt. Die ‚älteren Chirurgen’, Sharp,
Monro der äftere, Guͤnz mußten wohl, daß fowohl die Hoden
als der. Bruchſack in einem andern fleifchigen Sad aufgenom’
men fegen, weiche won dem Eremaſter gebildet werde; allein die
neueren, Richter, Walter u. ſ. w. vergaßen dieſes ganz; letzte⸗
rer meint ſogar, daß die ſehnigen Fäden, welche über den
Bruchſack liefen, vom äußeren fchiefen Bauchmuskel herkaͤmen.
Die fehnigen Querfäden des Bauchrings find bey Kleinen
Leiſtenbr uͤchen dünn und aus einander gejogen, bey größeren
Druͤchen ſchieben fi diefelben übereinander, und werden dichter
und härter, Dadurch wird der fihiefe Canal, der vom Darm⸗
bein gegen dad Schambein geht, kürzer, und immer kürzer, je
siößer der Bruch wird, fo daß diefer Canal in Hodenſackbruͤchen
von großem Timfang emdlicd, ganz verſchwindet, und nun der,
Bruch in gerader Nihtung vom Kreuzbein gegen das Scham⸗
bein herunter zu kommen ſcheint.
Der Berf. widerfprict der gemeinen Meinung, daß bey
alten Bruͤchen ber Bruchſack Bart, dick und ſchwielig werde.
Dieſes, ſagt er, fey wohlsder Fall von den andern Decken bes
Bruchs, beſonders den Fafern des Cremaſters, auch verdicke
fd das Zellgewebe zwiſchen diefem und dem Bruchſacke, aber
die Haut a peritoneo bleibe dann fell und halb durchſichtig
wie das Peritoneum. Mur in dem Galle werde eine innere
Shcwiele beobachtet, wenn andere Thelle z. ©. das Netz mie
dem Bruchſack, zuſammenwachſen.
Der Verf. behauptet gegen Louis und andre die PP
bekannte Thatſache, ug der Bruch fammt dem Bruchſack for
wohl duch Die Matur als durch die Kunſt zuraͤckzubringen fep,
05 er gleich das Zuruͤckbeingen des Bruchſacks bey friſch ent⸗
Randenen Bruüchen nicht anräth. Anfangs, bemerkt der Verf.,
behalte bey Meinen Bruͤchen der Samenſtrang und das, dem
ſelben einwickelnde Zellgewebe feine natürliche Beſchaffenheit
ind Lage Hinser dem Bruchſack, wenn aber der Bruch groß und
breit wird, fe wird das, den Samenſtrang einwideinde Zell⸗
ss $carpa SulP ernie.
gewebe auseinander gezogen, und ſo auch die SGefiße, welche
in dieſem Zellgewebe aufgenommen find. Dieſe nehmen oft die
ganze hintere Wand ein, die arteria 'spermatica (legt gewöähres
ih dem Ductus deferens an der innern Seite, die Venen
an der äußern Seite. Dft laufen die Gefäße fogar gegen Die
vordere Seite hervor , befonders nach unten, wo der Bruchſack
ſich giekhfam in einen Kranz von Gefäßen hineinfekt, welches
bey der Dperation das gänzliche Ansfchneiden bes Sruhfads
hindert.
Merkwuͤrdig für den operirenden Wundarzt il, was der
Verf. $. XXV über die Weränderungen des Laufe der arteria
epigastrica in Bruchen ſagt. — Im natärlihen Zuftende
läuft dieſe Arterle ungefähr zehn Linien vom außern Rande
des Bauchringes nah oben; aber, was wohl zu merken, der
Samenſtrang läuft über fie weg. Da nun der Bruchſack in der
Scheide des Eremafters enthalten, fo muß er auch Darüber wegs
laufen, und alfo notwendig die Arterie an die innere Seite des
Bruchringes hineindruͤcken; fo verhält fih die Sache in den
allermeiften Fällen. Es gibt indeffen einen gewiffen Falk,
welhen Bruch der Verf. lieber hernia ventrali inguinalis
Rennen möchte, wo die Geſchwulſt feläft die ſchwache Sehne
"des Transversus hinter den Annulus worfchiebt, und Daher der
Bruch in gerader , mit der conjugata des obern Beckens paral⸗
leler Direstion hervorgeht, wo dann nothwendig die arteria
epigastrica.. an der innern Seite des Bauchringes verbleiben
muß. Unferm fleißigen und- gefchicften D. Heſſelbach laͤßt der
Verf. Gerechtigkeit wiederfahren, Indem er feine Eintheilung
lobt; nur meint er, man koͤnne beul großen und alten Brächen
nicht mehr den äußern Bruch von dem inneren unterfcheiden,
alfo auch nicht mehr den Lauf der Arteria epigastsica errathen.
Nachdem der Verf. nun diefe- Veränderungen auch auf die ans
gebornen Brüche angewendet‘, fpricht er auch von den Doppek
bruͤchen, auf der. nämlihen Seite. Ob er nun gleich nicht
Jeugnet, daß es möglich iſt, daß neben einem Bruche durch den
orweiterten Leiſtencanal auch ein anderer, wie Petit und Jouitlle
Scarpa Sull’ ernie. 39
. ‘
bemerkt Haben wollen, durch die auseinander gedehnten Pibern
der Bauchringaponenrofe durchgehen könne, fo meint er doch,
daß die meiften Doppelbrähe aus einem angebornen Bruce
und eine Leiſtenbruche beſtehen, der neben dem vorigen, in
einem eigenen Sacke des Peritoneums aber, durd den inwens
digen Canal hervordringt. Die Veränderungen, welche bey
einem Bruche die Eingeweide erleiden, gibt der Verf. folgens
bermaßen ans fält ein dünner Darm in den Bruch, fo biegt
er ſich gewohnlich wie die Ziffer 8, fo daß man nicht weiß,
weiches das vordere, und welches das hintere Stuͤck iſt. In der
Bauchhoͤhle felbfk,ifk nichts veränhert, außer daß derjenige Theil
des Gekroͤſes, an dem das oben genannte Stuͤck daran hängt,
ſehr angezogen iſt, Hart, feft wird, feine Gefäße ſehr erweitert, und
daß fih an Diefen Strich, andy bey dem magerfien Menſchen, viel
Fett aniegt, welches der Verf. als die wahrfcheinliche Urſache
der nachher erfolgenden Ginklemmung angibt, - Iſt auf dee
rechten Seite das Ileum is den Bruch gezogen, fo folgt bald
de Coscum mit feinem Appendix vermiformis nah, dadurch
wird das Colon transversum an dem Magen aus feiner Lage
gezogen. Das nämlihe finder nicht auf der Einen Seite flatt,
weit der Flexus iliacus coli hier mehr nachgebe Monn. Faͤlft
das Netz zu gleicher Zeit mit in den Bruch, fo bildet es ein
Dreyeck im Bauch. Die Baſis am Colon und Magen, die
Spige am Bauchringe u. f. w., Heine Netzbruͤche find. von
der waſſer ſuͤchtigen Scheidehaus des Samenfirangs ſchwer zu
unterfcheiden.
Zulegt Handelt der Verf. noch von der Behandlung der
keiſtenbruͤche. Bor einem Jahrhundert fehnitt man alle Brüche,
auch diejenigen, welche nicht eingeklemmt waren, caflrirte die
hesniofen und unterband den Bruchſack. Viele ftarben an diefer
gefährlichen Operation, welche angeftellt murde, ohne daß irgend
eine Gefahr für. das Leben de& mit einem Bruche Behafteten
da war. Heut zu Tage iſt man menfchliher, man flellt die
gefährliche Operation des Bruchſchnitts nur bey eingellemmten
Brögen an, wo die dringende Lebensgefahr es heiſcht, Key
| 60 D. Sroliman’s Handbuch über den Code Napoleon.
jedem andern Bruce fucht man ben Kranken dur Bandagen
zu unterflügen, denfelben vor den gefährlichen Folgen der Brüche
dadurch zu fihern, ja oft völlig zu heilen. Der Verf. vers
gleiht nun hier mit vieler Sachkenntniß, indem die Lehre
des Hebeld auf die Bruchbaͤnder anwendet, Die gewöhnliche
Haldzirkelförmige Bandage mit jener des Camper, welche bis
auf die entgegengeſetzte KHüftbeinipige, wo der Wiuskel der
Schenkelbinde herabkommt, verlängert iſt, und alſo im Umkreis
1042 des Sanzen einnimmt. — Der Verf. beweist, bag zwar
die erſtere Bandage demjenigen genägen könne, welcher nur
mit einem ‚anfangenden Leiftendruche behaftet. fey; aber nicht
bey größeren Bruͤchen, bey welchen, wenn aud dep feften
Zuziehen des Riemens der Bruch Halte, diefes doch oft, und
bey Netz⸗ oder Netzſchenkelbruͤchen gar nicht geſchehe. Freylich
auch dann wuͤrde eine ſolche Bandage halten, wenn der Bruch⸗
kranke ſtill ſtehe, ſobald er aber den Schenkel hebt, weicht
die auf dem Bauchring angelegte Pelotte nach außen, unb
fo tritt der Bruch dennoch wieber hevvor. Diefer Fehler, fagt
der Verf., iſt in der Camper'ſchen Bandage verbeffet; denn
das Stuͤck der Feder, welches von der Lendens und Kreugbeins
ſaͤnle fich en das entgegengefete Darmbein fartfeßt, hindert
das Abweſchen von dem Bauchringe am Fräftigfien. Noch viel
Schönes und richtiges fagt der Verf. Über die Conſtruction der
Delotte, ihre Form, Anlage auf dem Schambein nach der
ſchiefen Richtung der Außen Bauchwand, Dru nach außen
beym entfichenden, nad oben beym alten Bruche.n. dgl. mehr.
Die Sorsiegung folat. )
Yusführliches Handbuch über den Code Napoleon. Zum Gebrauch
wiſſenſchaftlich gebildeter deutfcher Gefchäftsmänner entworfen
von Dberappellationsgerichtsratb‘ Dr. Grolman. Erfier
Band. Gießen und Darmfladt, bey Heyer. 1810.
(Becchluß der in No. 3. abgebrochenen Kecenfion.) ) -
Daß der Berf. in der Negel die befferen Anfichten zu den
einigen gemacht hat, braucht kaum bemerft gu werden. Indeß
werden nicht Alle bey jeder Gelegenheit durch die Brände Des
-
=
D. Broftman’s Handbuch über den Code Napoleon. 61
vorliegenden Werks uͤberzeugt fenn, und fo iſt es auch bey ung deu
Gall geweſen. Es würde aber Unbeſcheidenheit verrachen, wenn
wir hier, wo enge’ Srängen ein weitläuftiges Raiſonnement
nmöglih machen, die Puncte ausheben wollten, bey denen
fh viel für und wider fagen laͤßt, wie 5. ©. die Erdrterungen
©. 265 — 275, 279, 285. Wir befchränten uns alfo bloß auf
die Puncte, ben denen wir hoffen koͤnnen, durch eine kurze
Erinnerung den Verf. zu Überzeugen, und dahin gehören ber
ſonders folgende. ı) in Beziehung auf die Frage: melde
Kıhte bürgerliche find, und was man daher Im Zweifel dem
Fremden absprechen mäfle? antwortet Hr. G. fo: bie iura
status länden ihnen nah Maßgabe ihrer vaterländifchen Ger
feße zus was aber vom Sachens und- Obligationenrecht bärgers
ih fen, wie Erbrecht und Schenkungen, darüber enthalte dag
Franzoͤſiſche Hecht befondere Verfügungen. — Nimmt man die
Franzoͤſiſche Praxis mir Hinzu, (denn dem Art. 3 wird faft
Sewalt angetdan, wenn man Grundfäße über den status der
fremden daraus abfeitet), fo geben wir im Ganzen die Rich—
Hakeit diefer Anfihe zu. Aber. Doch hebt fie keineswegs alle
Schwierigkeiten. Es kann nämlich Fremde ohne Vaterland
geben, wie die, welche demfelben entfagten,, ober baffelbe nicht
anzugeben wiffen. Auf welche Weife fol es nun da mit Rechten
der Status gehalten werden? und wie weit geht.hier das nas
türlihe Necht 3. B. in Betracht des status aetatis, und der
väterlichen Gewalt? Dabey hätte auch der Verf. die fchwierige
Frage loͤſen muͤſſen: wie die Rechte des Fremden aus feinen
statutis personalibus gu behandeln find, wenn man in feinem
Baterlande eben diefe Rechte dem Franzoſen nicht einräumt? —
So können wir ferner in Beziehung auf diefe Erdrterungen
die Behauptung des Verf. nicht billigen, daß die ganze Vers
jaͤhrung, ſelbſt die erwerbende Verjährung des C. N., niche
zu den bürgerlichen Spnftituten gehöre, weil fie nicht fo ſtreng
ſey, wie die Mömifche usucapio, das Beſte ber Landwirthſchaft
befördern folle, und die Geſetzgebung dabey durchaus nicht an
einen Vorzug des Inlaͤnders gedacht habe. Der erfie Grund
iR offenbar nicht entfcheidend, und aus dem zweyten Fünnte
man eben fo gut herleiten, daß die ganze Erbfolge gleichfalls
niht gu den bürgerlichen Inſtituten gehöre, weil nichts fo fehr
Intereffe für Cultur des Eigenthums weckt, und Treue und
Hauben befördert. Mit dem lebten Grunde verhält es fih
aber gewiß fo: einmal, im Anfange der Discuffionen, ward
jweifelnd berührt, was man von der Verjährung zu halten
date? Es erfolgte aber fein Befhluß, und nachher fam die
Sahe nicht. wieder in Frage. Die herrfchende Anfichr der
Franzoſen iſt Hier gewiß ‚gegen die Ider des Verf., welcher
—
64 D. Grollman's Handbuch über den Eode Napoleon.
‚ven Zurifien beſtehenden Staatsrathe unvermeidlich war.“
Allein was wird der Verf. antworten, wenn ihm die Fragen
vorgelegte werden: warum faßte man benn das Geſetz nicht
beſſer? Warum bat auch nicht ein einziger der jweiflifchen
Stoatsraͤthe ein Wort fallen laſſen, um den fchwierigen Bes
geiff gehörig zu beſtimmen, und die Irrthuͤmer des Nichts Sins
riften zu widerlegen? Und warum findet fich felöft in Zreit
Hards Rede keine Sylbe, wodurch man auf die richtige Anſicht
geführt werden bunte? Noch auffallender ift es uns gewefen,
daß der Verf. wahre Lüden des C. N. gänzlich leugnet, mit
dem Zuſatz: „wie ließe fih auch eine ſolche Unvollſtaͤndigkeit in
Anfehung ganzer, der Vernichtung nicht geweihter Lehren won
einem Geſetzbuche erwarten, welches beſtimmt war, das" einzige
Civilgeſetz Frankreichs su ſeyn, und weldes von den berähms
teten Juriſten Frankreichs redigirt, von allen oberen Gerichts—
höfen kritiſirt, und von den erfien Maͤnnern der Nation diss
entire worden ifl“? Schon das lebte Argument muß Miß⸗
trauen erregen, wenn man erwägt, daß es mit der fpäteren
Franzoͤſiſchen Jurisprudenz eben -nicht viel fagen wollte, am
wenigften nach den Aberflandenen Stürmen einer langen furdhts
Baren Revolution, und Daß die Dbfervatlonen der Tribunale
oft ganz und gar nicht von kritiſchem Fleiß und gediegener
Rechtskunde zeugen. Allein was werden die, deren Vorur—
shellen der Verf. entgegen arbeiten wollte und mußte, nun gar
denfen, wenn. fie ſehen, daß 3. B. neben der Definition zwey⸗
feltiger Verträge (Art. 1102) und neben dem Sag, daß man
alles kaufen fann, was Segenftand des Handels ift (Art. 1598),
eine ganze Reihe der wichtigften, unentbehrlichfien,, in Anſehung
ihrer Srundfäge hoͤchſt fchwierigen Verträge gar nicht berührt
ift, wie das Constitutum, der Trödelcontract, der Vorbehalt
des Eigenthums, die addictio in diem u. f. mw. ?
Wir Haben diefe Erinnerung um fo lieber gemacht, Da
der Mame. des würdigen Berfaffers und der edle Ton, welcher
durch dieſes ganze Werk herrſcht, jede Idee einer abfichtlichen
Einfeitigkeie entferne, von unferer Seite aljo die Hoffnung
fiatt finden kann, daß Hr. &. unfere Bemerkungen mir voller
Unparteplichleit erwägen werde.
nn]
. Auf den 3. Bogen d. J. 1811 S. 48 iſt 2. 23 zu lefen: Dermaligem
ſt. dermaligen, 3 4: den fl. dem, u 313 f nach se⸗
ſchlagen l.nachſchlagen.
—
⸗
No. 5. SHeidelbergiſche 1811.
Jahr buͤcher deu Literatur.
Hebräisch - Deutsches Handwörterbuch über die Schriften des
Alten Testaments mit Einschlufs der geographischen .
Nahbmen wnd der chakdäischen Wörter beym Daniel und
Esra. Ausgearbeitet von D. Wilh, Gesenius, aufserord,
Prof. der Theol, zu Halle. Erster Theil, X— 3. Leip»
zig, 1810. ÄXXI u. 5098. gr. 6. (2 Rthir. 12 gr.)
Na« nie ſah Rec. einem Werke mit fo geſpannter Erwar
tung entgegen, und noch nie wurde ſeine Erwartung fo anger-
nehm erfüllt, ja übertroffen,. ald es bey diefem Hebräifhen
Lexikon der Fall war. Wir können der Hebräifchen Philologie
und det deutſchen Literatur Überhaupt mit Aufrichrigfeit Gluͤc
zu foldy einem Werke wünfchen, das von den Fortichritten dei
bebrätfhen Studiums und dem noch nicht unterdräckten For⸗
ſchungsgeiſt in Deutſchland ein erfreuliches Zeugniß gibt. Die⸗
ſes Lexicon bezeichnet übrigens die Vollendung einer Revolution
im Gebiet der hebraͤiſchen Philologie, welche ohne alles Geraͤuſch
im Stillen begonnen und ſich entwickelt, aber nur um fo kraͤf⸗
tiger eine wohlthaͤtige Umwandlung der Grundſaͤtze des Ger
ſchmacks und der Verfahrungeart bewirkt bat. Rec. meint die Ruͤck—
kehr von der Schultens⸗Michaelis' ſchen Wortforſchungs⸗
und Interpretationsmethode. Indem wir die Grundſaͤtze, die
der Verf. bey ſeiner Arbeit befolgt hat, und von denen er in
der Vorrede Rechenſchaft abgelegt, prüfen, wollen wir und
näher daräber erklären. Ä
1) Bor allem war es dag erfie und vorzuͤglichſte Beftreben -
des Verf. bey feiner lexikographiſchen Arbeit, den Sprachge—
brauch des hebraͤiſchen Dialekts als ſolchen in feiner GSelbſtt
Rändigeiit aufzuſaſſen, und in ein richtiges Verhaͤltniß gegen den
Sprachgebrauch der verwandten ſemitiſchen Dialekte gu ſetzen,
ein Beſtreben, weiches, fo einfach, neturlich und mit der Abſicht
®
L x
66 Beſenins Hebräifch- Dentfches Handwoͤrterbuch.
jeder Lexikographie coincidirend es if, dennoch nicht allen feinen
Vorgängern zur Leitung Kdient zu haben ſchelnt. Daß die
genauefte Kenntniß und Wergleihung der verwandten Dialekte
eine der erften und unentbehrlichſten Bedingungen zur Erforfchung
der hebraͤiſchen Wortbedentungen fey, verkennt unfer Verf. nicht.
Dagegen want er mit Recht vor dem vagen und geſetzloſen
Mißbrauche jener Vergleihung, der von Holland aus auch in
mehreren Schulen Deutſchlands feinen Einfluß gezeigt hat, und
ſuchte fi bey feiner Arbeit davon rein zu erhalten. Der Verf.
verfpriche in der Vorrede des 2. Bandes ſich Über die Dialekts
: yergleihung ausführlich zu erflären, worauf wir fehe begierig
find; dort will er auch die Srundfäge, welche Ihn bey der Bu
handlung und Deutung der feltenern hebräifhen Wörter, bey
dem Gebrauch der Verſionen und hHebräifhen Ausleger und
bey andern verwandten Wortforfhungen leiteten ,„ darlegen.
Einſtweilen wollen wir die allgemeinen ſchaͤtzbaren Bemerfungen
des Verf. hierüber beherzigen. „Schon aus dem Begriff einer
einzelnen Mundart eines audgebreiteten Sprahflamms geht es
hervor, daß eim jeder dieſer Diatefte feinen feftfiehenden, felbft
fländigen Sprachgebrauh Haben muͤſſe, der, bey allee Der
mwandefhaft mie dem der uͤbrigen Dialekte bald nur in der
Form, bald in der Bedeutung, Bald in beyden, doch nur in
Eingefnem, mit demfelben völlig coincidire. Der Lexikograph
eines einzelnen Dialekts geräth auf Irrwege, fobald er will
Führtih und ohne Beweis den Sprachgebrauch als einen Dias
left den. andern aufdringt: den individuellen Sprachgebrauch ſei⸗
nes Dialekts zu erforſchen, und den verwandteh der Übrigen zu
dergleichen, dieß liegt ihm einzig 06. Im Hebräiichen aber,
wo der ganze uns erhaltene Sprachſchatz nur in einer Heinen
Anzahl von Buͤchcen erhalten if, über die es vollfländige Con
sordanzen gibt, iſt diefe Erforfhung (zumal bey häufig vor
fommenden Wörtern) verhaͤltnißmaͤßig noch fehr erleichtert; ja
- ber Umffand, daß man nach dem forgfältigen Gebrauche dieſer
Dufsmittel gewiß feyn kann, jede Stelle, in der ung das Wort
Arerhanpt erhalten iſt, zu kennen, gibt der Hebräifchen Lexikographie
‘
—E 2
Oeteniun Hebraͤiſch⸗Deutfches Handmoͤrterbuch. 67
eine gewiſſe Volllommenheit, der Mich nicht leicht die einer ans
dern Sprache rühmen kann.“ Diefer Berfahrungsart zufolge
it laut der Verſicherung des Verf. ein jeder Artikel dieſes
Voͤrterbuchs Das Reſultat deſſen, was eine zweymalige ſorge⸗
faͤltige Vergleichung aller in der Concordanz enthaltenen Stellen
Über den Gebrauch eines Wortes ausſagte. Ter Verf. bat fi
babey zuerſt der Concordanz des Marius Eatofius ‚bedient, die
durch Die beugeichte (freulid zu Ührtiiche und daher oft finns
lofe) lateiniſche Ueberſetzung und den großen Dtuck die Ueber
fiht anfangs fehr erleichtert; bey jedem Artikel iſt aber. auch
die Buptorfifche verglichen worden, deren Anordnung nach den
einzelnen Werrietäten und Formen wieder andere eigenthuͤmliche
Bequemlichkeiten darbietet. (Dec. hat fih den feinen Wortfor⸗
(dungen ebenfalls diefer beyden Hülfsmittel bedient, und fantıte
ihren Nutzen, fo wie die Meühfeligkeit einer folchen NVergleis
Yung; und es hat ihn Äberrafche, mit dem ihm bisher ganz
unbekannten Verf. nicht nur in den Srundfägen, fondern aud)
in der mechanifihen Verfahrungsart bey der hebräifchen Wort⸗
forſchung fo ſehr zuſammen zu treffen.) Diefe Unterfuhungen
haben nun den Verf. (wie den Rec.) oft darauf geführt, daß
unter den fogenannten neuen Entdeckungen und Erfindungen
eins A. Schultens und 3. D. Micharlis fo manche unhalts -
bare Hypotheſen find, die leider von ihren zahlreichen Anhaͤn⸗
gern und Nachbetern nachher fuͤr baare Wahrheiten verkauft
worden find, von denen der Verf. aber nach reiflicher Pruͤfung
zuruͤckgekehrt if. 3. ©. DEN nah Michaelis eigentlich
PIBN, von 72) ſe v. a. XX, Duelle, wie der Verf. aber
zeigt: 2) Thal, 2) Bach, 3) Flußbette, vgl. vieleicht
G II, Rinne, Vertiefung machen. MEUN nah Mir
. 4 % „ce
chaelis Dreyfuß der Beduinen, we. u Sfr
er 5
nach den Verſſ. Miſt, nad: dem Verf. wahrſcheinlich Koh
ider Staub. — nach Michaelis Unterwelt, nach dem
Bf. (Roſenmaͤller m. a) Sqlechtigkeit, Verderben.
4
68 Geſenius Hebraͤiſch⸗Deutſches Handwoͤrterbuch.
— nah Mid. eigentl. Sonne und Mond verfins
Bern, nah dem Verf. eig. Zauberformeln fpreden,
wie im Sprifchen beten, dader zaubern. So ſthon Schinds
er und Sqhaaf. Por nah M. auheben zum Militär,
nah dem Verf. räften (viell. von von Lende, fih die. Lens
‚den umgurten). NOT), mad Mich. Sonnenſaͤulen von
| art Sonne, nad dem serf. Goͤtzenſtatuen, von unbefannter
Etymologie. Br nah A. Schultens eigens. das Ange
zudräden, daher fhonen, nah dem Verf. eigentl. Mits
teid haben, vergl. das aramaͤiſche om und‘ June Su
neigung, Mitleid Fühlen, dann fhonen, gerade wie Yon .
TYP vom Auge, p D- Klagl. 3, 4B, wie das Arabifche
.;, >,
u r nah Schultens eigentl. oculus aquatum descendit im
Betum , nad dem Verf; das Auge irdömtvon Thräs
nen. Denn das Wort hat offenbar die Bedeutung fließen,
einnen Auch in der Erklaͤrung bes D’JD ron gehe der
Verf. von Schultens mit Gluͤck ab, Manche gewoͤhnlich ger
wordenen Dialektsverg leichungen übergeht er gang mit Still
fhweigen, und verwirft fie alfo wahrfcheintih., Z. B. DON
wird einfach erklaͤrt durch Schub ſuchen, was es auch nur
im SHebräifchen Heißt, ohne das, was A. Schultens 2.
Harirt VI. ©. 182 m. 17., Rofenmäller . Pf. a, ı2
und Frähn z. Nahum ı, 6 zur Vergleichung’des Arabifchen
3 * 2 LI beygebracht Haben, zu beachten. Dagegen vernachläffigt
>
der Verf. die Dialektsvergleihung Peineswegs, und macht oft fehr
paffende und erläuternde Kombinationen, wie die Beyſpiele
PIDN, 582 und D' lehren, dergleichen ſich uͤberall darbie⸗
ten. Visweilen moͤchten wir mit ihm rechten über die under
Yingte. Annahme arabifcher Bedentungen, 4. B. an nach
wu
Geſenius Hebtdiſch⸗ Deutfihes Handwoͤrterbuch. 79
Bchaurrer: He DE 17, 10. a Pf. 18, 46 hervor⸗
gehen, wo andere Erklaͤrungen wenigſtens hätten angeführt
werden follen.
2. Abweichend von der Einrichtung der bisherigen Hebraͤi⸗
ſchen Wörterbücher hat der Verf. zum erflenmale die gang
alphaberifhe Anordnung der etymologifchen vorgezogen. Diefg
Einrihtung, obſchon fie oft und laut gewuͤnſcht worden, vers
theidigt dee Werf. gegen diejenigen, welche bie mehr etymolos
giſche Befchaffenheit der Hebrätihen Sprache als einen Grund
für die Nothwendigkeit der Altern Einrichtung anführen. Er—
ſtens: es llegt der Ueberzeugung von der Nothwendigkeit der
etymologiſchen Anordnung meiſtens die völlige unrichtige Ans
nahme zum runde, daß im KHebräifchen alle Wörter (etwa
die praepositiones praefixae ansgenommeh) von Verbis, oder
radicibus, triliteris abzuleiten feyen. Daß aber außer dem
änfpligen Eonjunctionen und Partikeln, . ®& EI,
N, ER und ben Pronominen, auch eine Menge von Subs
ſtantiven, vielleicht die Mehrzahl derſelben (?), namentlich alle,
welche die Glieder des thlerifchen Körpers, Thiere, Metalle ꝛtc.
bezichnen, primitiva find, follte doch wohl anerkannt ſeys.
Ohne alle Ausnahme rechner der Verf. hierhin die einfplbigen
Subſtantiven, wie D7 , M Pu am Werden nun
diefe als primitiva anerkannt, fo fälle der einzige triftige
Grund für jene Anordnung weg, denn rechnet man jene mit
Unrecht derivirten Wörter ab, fo möchte fich überhaupt nihe
behaupten laſſen, daß die hehraͤiſche Sprache in dieſer Hinficht
fi) von andern, bedeutend unterfcheide. Segen die alphabetiſche
Anordnung ſelbſt wird yiemand etwas einzuwenden haben, doch
wird der Verf. ſelbſt den etymologiſchen Zuſammenhang vieler
Hebraͤiſchen einfachen Subſtantiven und ſelbſt Partikeln mi
Verben nicht ganz leugnen, nur moͤgen oft auch die Verba
abgeleitet feyn, . Sollte nicht 77 Sohn mit 12 bauen
zuſammenhaͤngen, da dieſes von der Fruchtbarkeit des Weib es
hebraucht wird, As auf zeugen, geb ären heißt? @e
70 Geſenins Deutſch⸗ Hebräifches Handwoͤrterbuch.
das gleichbedeutende a" mit 12 = x ia bilden, ſch afr
fen. Daß Wortchen, wie vby auf, von einer Wurjel abget
leitet werden koͤnnen, läßt fih wohl nicht leugnen, da 59
auffteigen zu nahe liegt. nebrigens wird ſich freylich auch
etwas Aehnliches in andern Sprachen zeigen.) Zweytens:
Bey einer andern nicht minder großen Anzahl von Woͤrtern iſt
die Etymologie voͤllig ſtreitig. Der eine Lexikograph hat es
hier, der andere dorthin geordnet, fo daß ſelbſt der Gelehrte
oft vergeblich fucht: bey manchem andern iff das Stammwort
wenigftens für den Anfänger fer zu errathen. Hierdurch
wird viele Mühe unnuͤtz verloren, Ja diefer erfchwerte Ges
brauch Hat den Anfänger den Gebraud der Wörterbüher vers
leidet, und den fo verderblichen clavibus Eingang verfchafft.
Da es aber Drittens allerdings oft nothwendig ift, bey einem
Worte auch alle Übrige Derivata diefes Stammes zu Überfehen
und zu vergleihen, fo find bier die Vortheile beyder Einrichs
tungen moͤglichſt vereinigt, und nicht allein ift bey jedem Deris
vatum auf fein gebränchliches, oder ungebraͤuchliches Stamm wort
hingewiefen, fondern auch bey Ben Gtammmörtern find am
Ende der Artikel diejenigen Derivata, welche nicht ohnehin zus
naͤchſt folgen, ‚angezeigt werden, und koͤnnen fogleih nachge ſehn
werden.
3 Daß eine der. erften Pflichten des Leritographen darin
beſtehe, die Bedeutungen ‚eines jeden Worte in möglihft nas
türlicher Ordnung, wie fle fih aus einander entwidelt haben
mögen, nach einander auffuzählen, mit paffenden Beyſpielen
zu belegen, daß diefes im KHebräifchen auch bey den einzelnen
Eonfugationen gefchehen mußte m. f. w., bat der Verf. bey
feiner Arbeit nicht aus den Augen verloren, wie beynahe jeder
Artikel zeige. Liebhaber der Etymologie werden zwar mit Dem
Berf. in manden Fällen unzufrieden ſeyn, wo er nicht von
.hypothetiſchen Grunds und Zwiſchenbedeutungen, wie die meis
fien bisherigen Wörterbächer, Gebrauch macht, fondern nur
die gebraͤuchlichen Bedeutungen anfährt und ordnet. Allein
Feſenius Hebrätfch- Deutſches Handwoͤrterbuch. 71
wir wuͤſſen dieß eher Toben, als tadein. Unverbuͤrgte Hypothe⸗
ſen entbehren wir zum Nutzen der Wiſſenſchaft. Sehr zu loben
iſſt es, daB er gewiſſe doppelte Wurzeln ganz auseinander
gefondest Hat, als DAT, yan IE u 4. Hier wird
dem Anfänger gleich durch das Auge,die Verſchiedenheit diefer
in Kebräifchen in Eine orthograpfıfhe Form zuſaͤmmenge⸗
floffienen Wörter eindruͤcklich gemacht. Auch dadurch, daß
die verſchiedenen Conſjugationen in eigenen Abiheilungen bes
handelt werden, entficht eine große Bequemlichkeit. Auch
rühmen wir vom Verf., daß er den Wörtern nicht zu viele
Bedeutungen beylegt, ein Fehler, deffen fich treffiiche Lexiko—
graphen ſchuldig gemacht haben. Beſonders war es dem Rer.
erfreulich, die Partikeln mit ber, dem Genius der Hebräifchen
Sprahe angemeflenen Freyheit behandelt zu fehen, da fie bisher,
befonders von. Noldius, fo fehr gemißhandelt worden find.
Einige Bepfpiele. u und on, Grundbedeutung: dres
ben, fi drehen, vergleich IL, wovon pe
tingeum , daher: Schmerz empfinden, vergleiche bar,
239, torquere, woher tormentum; 2) gebären, vergl.
bar (vielleicht auh kreiſen?); 5) zirtern, fih fürds
ten, vielleicht durch den Nebendegriff ſchwindeln vor Furcht,
vergleiche 5933; 4) tanzen (im Kreiſe herumgehen); 5) wars
ten, entlehnt von SIT; 6) fih herabſſchleudern, Rürs
jen, über etwas tommen, wie im Ehaldäifchen; 7) ſtark
feyn, woher Di. — 122 2) Ehre, Ruhm,
9) Herrlichkeit, Pracht; 3) Ueberfluß, Reich—
tum; 4) das Edelfie des Menſchen, poetiih für
Bere, Herz. Hier würden wir auf die im Verbum. erhaltene
Grundbedeutung Schwere hirfgebeutet zu fehen woͤnſchen,
aus ber ich die andern alle entwickeln. 12 in Kat zweifelhaft,
wahrſcheinlich wird im Arabiſchen „> f eyn, nicht trans.
N
72 Geſenius Hebrälfch- Deutfches Handwoͤrterbuch.
itive fhaffen, bilden (allein wenigſtens müßte die Grund⸗
bedeutung, ſtehen, aufrecht ſeyn, gewefen ſeyn, woher
im Arabiſchen ſeyn, existere und im Hebrtaͤiſchen 2 = =
DiP2 Drt, wo etwas ſteht, oder iſt; denn fonft wüßte Nec.
nicht das Subſtantiv und Adjectiv 12 abzuleiten; übrigens And
urfpränglich die Verben ttanſitiv und intranfitiv zugleich) Niph.
2). bereiiet, bereit ſeyn; 2) ſchicklich feyn; 5) ges
gründet, keſtgeſtellt ſeyn; 4) feſt, gewiß feyn.
Poel.: ı) bereiten; 2) gründen; 3) feſtſtellen;
9 richten, und ſo auch im Hiphil. Hier wuͤrden wir die
Bedeutungen No. 3, 4 für die der Urbedeutung am naͤchſten hal;
ten. Dem Wort yY kennen geben Manche die Bedeutung
: Lieben: diefe kennt der Verf. nicht; in den Fällen, wo fie
Rast finden könnte, nimmt er nur dje naheliegende: fih um
etwas hekuͤmmern, wiſſen wollen, an. Mit dem
Artikel MIN Bruder iſt Dec. nicht gang zufrieden. Dieß
Wort hat ı nur Eine Bedeutung, Bruder, allein der Hebräer
braucht es fehr Häufig, und haͤufiger als wir, tropifch für
Derter, Landsmann ıc. fo wie ſich bey uns Cameraden, Eolies
gen 20. Brüder nennen. Indeſſen hat der Verf. die Bedeu⸗
sungen noch immer ſehr ſimplificirt. ” ı) denn, weit;
2) daß; 3) wenn, 4) wenn gleid; 5) denuad;
6) foubern; 7) ale Anfährungspartitel der Rede jemandes,
wie örı; 8) im Anfang des Nachſatzes, fo; 9) vielleicht
prön. relativum, und wäre dieſt Bedeutung erwieſen, ſo waͤre
ſie wahrſcheinlich die erſte. Hier vermiſſen wir nur die Be—
merkung, daB es ſehr häufig Überfläfflg, wenigſtens nicht zu
Aberfegen, oft auch Verſicherungspartikel: ja, if. (Man vers
gleiche Hier Noldius!) — } und, „von einem bey weitem
qusgebreiteteren Gebrauche, als ihn diefe Conjunction im Deuts
(hen Hat, indem fie beunahe jede Art der Verbindung anzeigt.
Unkundig der mannigfaltigen Naͤancen der Rede, welche dunch
genau beſtimmende Partikeln in andern Sprachen hervorge⸗
bee werden, fühlte der rohe Sprachbildner bloß, daß eine
Geſenius Hebraͤiſch⸗Deutſches Handwoͤrterbuch. 73
Verbindung zwiſchen mehreren Sub jecten und Saͤtzen ſtatt
faͤnde, aber nicht deutlich, ob dieſe Verbindung cauſal, advers
fatin, disſunctiv u. f. w. fen, und drückte fie alle dur 1 aus:
aber auch fpäterhin, als für alle diefe individuellen Verhaͤltniſſe
befondere Partikeln ausgeprägte waren, hielt man ſich mie
Uebergehung derſelhen noch häufig an das unbeffimmtere I,
Wi mt —
Vorzugliche Aufmertſamteit wandte der Verf. bey de
Verben anf die werfchiedenen Verbindungen und Conſtructionen,
in denen fie vorkommen, Insbefanderg auf die Partikeln, durch
welhe fie mit Perſon und Sache verbunden werden. Ein
Anfong war dazu in. mehreren Wörterbüchern gemacht, aber
duchgeführe war es nirgend, und doc, bemerkt der Verf.
if die genaueſte Kenntniß dieler Verbindungsweiſen vieleicht in
kiner Sprache ſo unumgaͤnglich nothwendig, alsin den ſemitiſchen
Dialekten, mo Diejenigen Modificationen, die im Griechiſchen,
Lateiniſchen und Deutfchen durch) verba composita bezeichnet
werden, größtentheils Durch dieſe Eonftructionsmeife mie Parse
tikeln ausgedruͤckt werden. Um aber dieſe Verbindungsweiſen
moͤglichtt zu verdeutlichen, reichte es nicht hin zu citiren, ſon⸗
dern es war nothwendig, fuͤr eine jede derſelben wenigſtens
Eine claſſiſche Stelle auszuſchreiben, und mit einer genauen
Ueberſetzung zu begleiten. Dieß hat denn der Verf. gethan.
Dadurch nun, daß alle verwandte und parallele Stellen zum
Theil ausgefchrieben, im Wörterhuche meben einander zw übers
ſehen fi ind, erfheint erſt jede einzelne derfelben in einem ſo
Karen Lichte, ale ihr nichts anders gewähren kann; und der
Artikel des Woͤrterbuchs iſt meiftens der beſte gemeinſchaftliche
Commentar für alle diefe Stellen. Schon Coccejus fah dieſes
en, und fein Wörterbuch behielt dadurch einen bedeutenden
Vorzug vor den meiftey übrigen , nur vermißt man noch paflende
Anordnung, Die Auswahl der Stellen iſt, foweit die Prüfung
des Rec. reicht, trefflih, und. die, Ueberſetzung ift geſchmackvoll⸗
wortlich, und zwar ſind immer die den Hebraͤiſchen Wörtern
genau entfprechenden Deutſchen Ausdrucke gewaͤhlt, und ſovtel |
x
74 Geſenius Hehrälfch - Deutfches Handwoͤrtetbach
als moͤglich durchaus beybehalten. So iſt 2 merten,
bemerten (von Mark: Gränge, Unterſchied, wie 793
eigentlich unterfcpeiden IR) TI traten, Tal sehen,
"ON fagen, 1237 reden.
4 Ein anderer Mangel, der unſere Woͤrterbuͤcher bisher
druͤckte, und die meiſten in die Reihe wahrer Vocabularien
herabſetzte, war die fehlende Sammlung und Claſſificirung der,
mit einem Worte gebildeten Phrafen und Redeformeln : da
diefe legten doch nicht minder, als die einzelnen Wörter, zu
dem Formellen der Sprache gehören, und mithin ein Object der
Leritographie ausmachen. Schon die Bearbeitung des Sir
monis dur Eichhorn Tieferte Hierzu in den erſten Buchſtaben
einige gute Beytraͤge; aber das Meifte Blieb den Commentacien,
oder eigener Beobachtung Aberlaffen. Der Verf. Hat Hierin
etwas fehr vollftändiges geliefert. 8. B. unter mb iſt nicht
bloß die mit TEN gebildete Phraſe angeführe, ſondern auch
Die mit ıuy ‚DPD , abe , D’I’Y u. ſ. w. Dan ver
gleiche noch die Artikel un „Pe, Ide u. a. Hier richtete
mit Recht der Verf. ſeine Aufmerkſamkeit auf die Formeln, die
einer Erlaͤuterung bedurften, ſondern er nahm alles auf, was
durch fein häufiges Vorkommen als etwas Stehendes in dir
Sprache erfcheint, und als folches zum Formellen der Sprade
. gehört. Hieraus entwickeln und erklären ſich bisweilen andere
Redensarten. So erflärt der Verf. ſchon allein durch die
‚Stellung unter andere Bedeutungen bie fchwierige Stelle X
DO 4. Moſ. 11, 25; doch möchten wir dieſer Erklaͤrung nicht
Evidenz zuſchreiben.
5. Im Ganzen gibt der Verf. nur die Reſultate der Wort
forſchungen, bisweilen aber hat er, und mit Hecht, die Unter
ſuchungen felbft vor den Augen der Lefer angeftellt, was be
‚fonders den angehenden biblifhen Philologen nuͤtzlich ſeyn wird,
‚um daran zweifeln und forſchen zu lernen. In ſolchen Unten
Gefenins Hebrůifch · Oeutſches Handwörterhuch. 75
fahungen entwickelt. der. Verf. viel Bamfian Kritik und
Dräciien.
6. Das In der Bibel vorfammende Ehabbuſc⸗ mußte in
das Hebraͤiſche WVoͤrterbuch aufgenommen werden, weil es fein
einzeln Habhaftes lexikographiſches Huͤlfemittel füc die Chaldaͤi⸗
ſchen Abſchnitte der Bibel gibt. Der Verf. verſagte ihm aber
mit Recht den Namen Hebraͤiſches und Chaldaͤiſches
WVoͤrter buch.
7. Dem Verf. war es befonders um eine genaue Agrar
jung des Gebiets der Lerikographte Im Verhaͤltniß zu den ber
nahbarten der Grammatik, Kritik und Exegeſe zu thun.
8. Was die Grammatik betrifft, fo befolgte der Verf. dem
richtigen Grundſatz, daß die Augabe aller nicht aus dem eins
fahften Paradigma folgenden Bormen, aber auch der regels
mäßigen, ſabald fich irgend eine doppelte Form für die Eonjus
getion , ein Tempus, .einen numerus N. dal. denken läßt, dem.
Woͤrterbuche gehöre. Hiernach mußte ſchon im regulaͤren Verbo
bemerkt werden, ob das Futurum mit Ch.:lem oder Patach,
das Piel mit Zere, oder Patach geſprochen werde; noch mehr -
Aufmerkſamkeit war aber im irregulären Verbo und -in ber
Flexion des Momen noͤthig; es mußte. darauf aufmerkſam ges
macht werden, welche Formen und tempora von einem Worte
ausſchließlich, oder vorzuͤglich im Gebrauch ſeyn. Hierbey hebt
bee Verf. eine Erſcheinung in der Hebraͤiſchen Sprache hervor,
die auch in andern Spraden vorkommt, daß von gemiffen
Verben nur einige Formen im Gebrauch find, und die fehlens
den aus verwandten Wurzeln erfegt werden. Merkwuͤrdig find
in dieſer Hinſicht die Verba X ‚IE und W ‚ bie von einan⸗
der gegenfeitig die Formen entlehnen. Wefonders iſt der Verf.
daranf aufmerkfam geweſen, daß gewiſſe neben einander beftes
hende Formen burch den Gebrauch beſtimmt unterfhieden find,
wie DT? fabricatus est, und vum tacuit u. 0. Dagegen
brauchten "allerdings die regulären Formen nicht mit einem
Heere won Citaten Gelege zu werden, wie by Simonis; ’
-
76 Gefenius Hebräifih - Deutfihes Handwoͤrterbuch. |
noch weniger durfte Die eitirten Skellen darnach geschne
werden, wie bey Stod u. a. Einige treffliche Beytraͤge zur
Bervolſkommnung der Grammatik, die eigentlich wicht in das
„Wörterönd gehövten, hat ber Verf. aufgenemmen, da er fie
nicht vorausſetzen konnte, z. ©. über den Plural NITDNR
vn MEN die Magd, der nicht, wie gern sefchehen, von
einer Form IMIEN abzuleiten, fondern aus dem Syriſchen zu
erläutern if; "über die Form oa, J von 302, wozu viele
Analogien gefammelt find. Ueber die Form und den Gebrauch
des infinit, vor dem verb. fin. enthält die Vorrede eine ſchaͤtz⸗
boare Abſchweſfung, , die in die zukünftige verbefferte Baterſche
Grammatik aufzunehmen iſt. |
9. Die Gränzen zwifhen dem Woͤrterbuche und ben Fr
Mirenden Commentarien, die der Verf. richtig angibt und
beobachtet, find Bisher weniger von den Lerilographen, als von
den Commentatoven (2 ©, Rofenmüller), aber zum Hal
der Wiffenfhaft, überfcheitten worden. Nach diefem Wörter
buch werden die Commentatoren nie mehr, oder doch nur
felten das Amt deu Lerilographen übernehmen muͤſſen. In
einigen Fällen, wo über nen anzunchmende Wörter, oder Bu
Beutingen die Frage if, mußte fich natürlich der Verf. in ki
tifche Erörterungen einlaffen, die aber weggelaſſen werden muß;
‚sen, damit nicht die Graͤnzen eines. Handwoͤrterbuchs überfchric
sen würden. . Ä |
10. Die Wortkritik greift nach dem Srundfage des Verf.
dann erſt in das Gebiet der Lexikographie ein, wenn die Gewißheit
der Exiſtenz eines Wortes, einer Form, einer Bedeutung von
der Richtigkeit und Annehmlichkeit der Lesart in einer Stelle
abhaͤngt. Dem Lexikographen liegt es z. B. ob, zu unterſuchen,
ob 32 Moſ. 10, 4 —A ‚oder D7371 gelefen werden muß,
aber nicht, ob Ser. 9, 2o TAN oder MAYR zu leſen fen.
Eonjecturen ſchloß den Verf. mit Het aus. "Hierbey eine be
herzigende Anmerkung uͤber Conjecturalkritik, mit der nach des
Betſ. (und unfeter) Ueberzeugung ſoviel Unfug getiteben wor⸗
\
Gefenius Sebräifch- Dentfihet Handwoͤrterbuch 77
den iR. Beine Arbeit wird auch hier den Sieg des Beffern
befördern. Nur wo ihm ber maſoretiſche Tert offenbare Schreibe
fehler zu enthalten fcheint, hat er unter den fehlerhaften Woör⸗
tern die Tonjecturen aufgeführt. Auch blieben ausgeſchloſſen
die, durch neu angegebene unhaltbare Ableitungen ſonſt vorkom⸗
mender Formen geſchaffenen Woͤrter, ferner die Hebraͤiſchen
Woͤrter in den Apotgggpen und die Varianten bis auf das Keri
und Ehetib.
11. Auf die Eigenthumlichkeiten gewiſſer Gchrififtellerz
eloffen glaubte der Verf. mehr ,. ale Bisher geſchehen, aufmerk⸗
ſan ſeyn zu muͤſſen, beſonders auf die Dichterſprache.
€ folgt ein Heiner Catalog bloß poetifcher Wörter, und dabey
ie treffende Bemerkung, daß der poetiſche Sprachgebrauch der
Hebraͤer insbeſondere auch des Buches Hiob ſich zunächft an dem
tamälfchen anſchließe, und die Ankündigungen einer kritiſchen
Schrift über den Hiob: de aetate Jobi-, potissimum ex usu
loquendi in hoc libro regnarite definienda, welcher Rer.
mit Verlangen entgegen fiehe, da ihm ebenfalls Über das any
gelih Hohe Alter und den Arabifchen Urſprung des Buche
Iweifel aus der Sprache aufgeftiegen find. Wir bitten hierbey
den Verf., den Unterfchied der Diction zwiſchen dem eigent⸗
lichen Buch Hiob und den Reden Elihus nochmals zu revidiren
zut endlichen Entſcheidung der Frage Über die Echtheit dieſer
Abſchnitte. |
ı2. Allen benjenigen Artikeln des Woͤrterbuchs, melde
fh auf Sachkenntniſſe des morgenlänbifchen Alterthums bezie⸗
hen, als eigentliche Alterthumskunde, Naturgeſchichte, Techno⸗
logie, Architektur u. dgl. iſt beſondere Auſmerkſamkeit gewidmet,
und ſoviel Ausfuͤhrlichkeit gegeben, als der beſchraͤnkte Raum
etlaubte. Hier ſind ſehr trefflich gearbeitete Artikel zum Theil
auch nach eigenen Unterſuchungen. u
13. Die gengraphifchen Namen Hat der Verf. mit Rebe
alle aufgenommen; nur hat er fich eines Hülfsmittels bedient,
deſſen Unvollſtaͤndigkeit er erſt nach dem Abdruck der erſten
Vogen einſah, und ſich daher genoͤthigt geſehen, zum erſten
78 Gefenins Sehräifeh -Deutfchei Handwoͤrterbuch.
Theil einen Anhang zu Hefern. Der Verf. fährt‘ zuerſt bie
von Boß und Bredow in der Welikunde der Griechen und
ömer. geltend gemachte mythiſche Anſicht in die bibliſche
eographie ein, wofür mir ihm den beften Dank fagen müffen.
Nur fo wird fih in diefen hoͤchſt mißlichen und verwickelten
YUnterfuchungen irgend ein wahricheinliches Neſultat finden laſſen.
Auch find die nomina propria der Perfonen, die der Verf.
anfangs (mit Unrecht) ausſchließen wolle, aufgenommen.
14 Daß der Berf. alle En. Vorarbeiten benutzt
habe, wird man, aud ohne feine Verſſcherung, nicht leugnen,
ungeachtet er fh den Raum nicht verfperet mit prunkenden
Citaten. Unter den neueren Eregeten rühmt er mit Recht
befondere Rofenmäller, deffen Scholien unendlich mir zur
Seförderung und Verbefferung des hebraͤiſchen Sprachſtudiums
beygetragen haben. |
15. Am Ende bes zweyten Theils fol als Anhang noch
ein analytifcher Theil, oder ein alphabetiikes Verzeichnis folder
Mortformen geliefert werden, welche durch irgend eine feltenere
Aubvomalie fo verfieht find, daB der Anfänger wegen ihrer Abs
feitung zweifelhaft bleiben könnte. |
So fehr diefe Grundfäge die Zuftinimung aller gründlichen .
und bedaͤchtlichen bibliſchen Philologen erhalten werden, fo;
wacer, confequent und fleißig iſt auch darnach gearbeitet worden.
Es ift ein Werk des reifen Alters werth. | |
Noch wollen wir Einiges, was wir in der Furzen Zeit,
da wir das Werk in Händen haben, bemerkt ift, ansheben. —
Die Stelle Hiob 40, 2 (39, 32) Überjeßt der Verf: will:
der Tadler (Gottes) nun mit dem Allmäctigen
sehten? iD? nach der Analpgie von ZA , 120.
active als Tadier, und I” ale infin, flatt des verb. infn.
genommen; vwortrefflich! TUN ‚wid der Verf. nicht von UN
ableiten ; feine Brände aber überzeugen uns nicht ganz; denn
wenn es von einem nicht verbrannten Opfer ſteht, ſo if es
wohl tropiſch gebraucht. TION iſt dem Verf. durchgängig |
der Name der Aflarte, und was fi den Auslegern hie und
da aufgedrungen hat, mödte im Ganzen wohl fchmwerlid zu
Teugnen ſeyn. DI wenn es von Gögenopfern gebraucht wird, |
in ihm Sößenaltar, niht Höhe, vielleicht auch Sacel- |
Ium, Tempelhen, zwar heiße es urfpränglih Höhe, allein |
der Urbegriff habe fih nachher ganz verloren. Uns ſcheint
dee Gebrauch, nad welhem das Wort nicht die Hoͤhen ſelbſt,
fondern die darauf fidy befindenden Altäre und Heiligthuͤmer
Dezeichnet, nur tropiſch zu feyn, und wie möchen daher die
Geſenius Hebräifch- Deutiches Handwoͤrterbuch. *79
Ueberſetzung Köhe noch vertheißigen. immer, oder doch In
der Regel bezeichnet 122 einen Altar oder Heiligthum auf
einem Hügel und unter Bäumen, und ift mit dem Neben⸗
begriff Hoͤhe verbunden. — iſt dem Verf. nichts als der
Syriſche Name der Prieſter, der im Hebräifchen vorgugsweile -
den Sößenprieflern beygelegt wurde, meil der Goͤtzendienſt
hauptſaͤchlich von den Syrern herfam. Weber BUN wird die
Stelle 5 Moſ. 4, za 23 fo Überfegt: 20. Wenn ein Farft
ſündigt u. ſ. w. fo bat er eine Schuld auf ſichz
235. Wenn aber u. f. w. Der Verf. fpricht in diefer Stelle
dem Wort mis Recht die Bedeutung: fih verfhulder
fühlen, ab, nur möchten wir fie Zach. 11, 5 vertheidigen.
Der Ueberſetzung de Wette's febt er entgegen, daß IM
nicht und heißen fönne, doc, läßt fih dieß versheidigen aus
Hiod 22, 11 an nad des Verf. Weberzeugung nur aus
dem Zuſammenhange u deuten durch Getümmel. TINA
1197 vielleicht das Jordansthal, von N”) Thal; allein in
dee Stelle Zah. 11, 3 fcheint der Parallelismus für die Bea
deutung Schmuck zu fprechen. D’NEN in der Bedeutung -
die treuen, zuverläffigen hätt dee Verf. richtig für
das part. Paul von TON, niche wie gemöhnlih für das
Substant. plur., als abſtr. pro concreto. TON nah Caflels
us, das Srän, das Laub, vergleiche das Aramätfche
NY’OY „, nicht Aſt, oder Sipfel. — in der ſchwierigen
Stelle Hiob 28, 4, vielleicht verfioßen ſeyn, nad der
Analogie von YO ſchwach, fehlaff, verlaffen, verftoßen
ſeyn. rn Joel 4, 14 Bericht, nicht Dreſchwerkzeug. —
gibt der Verf. mit Recht die Bedeutung Jahr, die ihm Bas
ter fireitig gemacht. ET befhneiden ‚ und NAT fingen,
find ganz getrennt. 477 denominat. von men ‚fo wie
wa von on (7, —*88 wahrſcheinlich etwas ſchuppen⸗
artiges , abgefchupptes, vergleiche 071 abblättern,, in
NOT trocknen , ſich abſchuppende Kraͤtze, Arabiſch 5 —
Sqheebe, Schuppe, unſtreitig dem Michae lis' ſchen: fihness
Hımig vorzujiehen. . |
- vor für die Anzeige des zweyten Theileg.
9 Reufs Rep. Comm. & societ. litt. editt. .
.Eine längere Lectäre wird Rec. -in Stand ſetzen, ein
Mehreres im Linzelnen zu bemerken, und et behält es fich
——
Repertorium Commentationum a Socittatibus literariis &ditarım,
Secundum disciplinarum ordinem digessit J. D. Reufsi
Tom. VIII. Historia etc. Gottingae apad Henr: Diete-
rich. 946. 4 (4 Rthle. 16 gr.)
Wenn wir «ine Buͤrgerkrone zu vertheilen hätten, mir
würden fie dem hochverdienten Verf. diefes Nepertoriums dars
reichen, der feine, für die Ausarbeitung von Werken dieſer Art
guͤnſtige, oder vielmehr einzige Lage. fo patriotifh zum Heil
der Wiſſenſchaften und der Gelehrten benutzt, mit Aufopferung
angenehmerter und weniger mühfanter Befchäftigung, und ganz
dem Geiſte unfrer Zeit entgegen, der nur ärnten, nimmer fden
und pflangen will. . Troß mancher verdienten Vorwürfe , welche
en die gelehrten Geſellſchaften, befonders in der neueften
eit fo oft wiederholte worden, find ihre Commentarien reich
an einzelnen Erdrternngen, reich an Materialien für einzelne
Segenftände der Wiſſenſchaſten und Kenntniffe, und deswegen
konnte wohl auf keine Weile dem Gelehrten ein größerer, mehr
Zeit und Koftenanfwand eriparender Dienſt gefchehen, als durch
ein Mepertorium, welches die Abhandlungen der gelehrtien Ga
ſellſchaften nad den verfchiedenen Wiffenfchaften und deren
: Berzweigungen claſſificirte. Dre Abtheilung diefes Repertoriums,
welche wir anzeigen, enthält außer der eigentlichen Geſchichte,
fowohl der fogenannten Profan- als Kirchengeſchichte, auch
noch die Hiftorifhen Huͤlfswiſſenſchaften, die Mythologie und
Literaͤrgeſchichte. Die Llaffification iſt ungemein zweckmaͤßig.
Daß fih aber nicht hie und da gegen die Stellung tingelner
Abhandlungen etwas erinnern ließe, kann nicht fehlen, und
mie wollen nur einige Beyſpiele anführen. Die bekannte Abs
bandlung von de Guignes Über den levautiihen Handel
während ber Kreuzzuͤge würden wir nicht bey der Geſchichte
yon Africa aüfgeführe Haben, obwohl fie fih auch auf den
Aegyptiſchen Handel bezieht, und aub Münters Schrift,
über die Müngen der Franken in Orient, ann nicht Allein bey
Allen ihre Stelle finden, da fie auch auf die Münzen der
Franzoͤſiſchen Kaifer von ‚Son ftantinopel fh erſtreckt. Die
neueften Bände der Memoires de l’academie des Inscriptions
And noch nicht denugt. Die Notices et Extraite des Mla-
auscrits de la bibliotheque du Roy, deren vor der Revo—
dution erfchienene Bände bekannilich von einer Commiſſtion der
Alademie der Sinfchriften verfaßt wurden, hat der Verf. nicht
in feinen Plan aufgenommen: * |
j —— ELLI
No. 6; Seidelsersifße 1811:
FJahrbuͤcher der Literatur,
Voyage d’A1. de Humboldtet Aim& Bonpland. Pres
mitre Partie. Premier Volume. Essai sur Ta Geogra-
phie des Plantes accompaghe d’un tableau physique des
regions &quinoxiales. Redigd par A. de Humboldt
A Paris chez Frederic Schoell. 1807. 15 &. gr. 4.
Sin werben ſich Fleiß und Treue des Beobachters mit
Seit und Scharffinn des echten Naturphilofophen vereinigt
finden, wie in dieſer trefflichen Darftellung des Lebens an der
Erdoberfläche, welche als das Reſultat aller feiner wiſſenſchaftt
lichen Beobachtungen une Hr. von Humboldt unter allee
Ausbeute feiner großen Unternehmung zuerſt bekannt machte.
Die Abhandlung Aber die Geographie Ser Pflanzen weiſt
uns in Andeutungen und Aufgaben, gu beren Aufloͤſung fle
Mäterlalien fammelt, auf die großen Ueberſichten der Erſchei⸗
nung aller lebendigen Schönheiten der Pflanzenwelt Hin, die
in dem gewöhnlichen Studium der Naturgeſchichte fü ofe Über
den mühfamen Unterſuchungen des Einzeinen überfehen "werben:
Das Gebiet der Vegetation verbreiter ſich von den Graͤnzen
des ewigen Schnees bis auf den Grund bed Oceans und in
die Tiefe der Erde in jene Höhlen, wo noch Kryptogamiſten
wachſen, die bisher üben fü wenig bekannt find, als die Ins
fecten, denen fie zur Nahrung dienen. Die Graͤnze der Ve⸗
getation in der Höhe ändert ſich nach der Entfernung der Länder
vom Pol; eine Gränze in ber Tiefe ift noch nice bekannt.
Kchnlihe Moos: und beſonbers Lihenarten find die Bekieidung
der hoͤchſten Felſenſpitzen in der Raͤhe des eigen Schnees und
die Vegetation unterirdifcher Höhlen: — Einen Hauptunter⸗
(hied in der Delonomie der Pflanzen finden wir barih, daß
einige wie Bienen und Amelfen gefellig leben, ganze Erdflriche
mit einer, oder wenigen Arten bedecken, i B. die Erdbeeren,
83 Voyage d’Al. de Humboldt et Bonpland.
Heidelbeeren, Heide, Kiefern und Fichten, andere hingegeen
wachen nur eingeln und gerfivent, z. ©. golanum dulcamara,
lichnis dioica, anthericum liliago, cratsegus aria. Die
geſelligen Pflanzen find haͤuſtger In den "gemäßigten Zonen, in
° den tropifhen Rändern Hingegen feltner, was dort der reichen
. Begetation ein weniger einförmiges, mehr malerifches Anſehen
Hißt. Vom Orenoro bis zum Amazonenfluß und zum Ucayale, tır
einer Ausdehnung von mehr ala 50 Lieues, if der Boden mit
To dichten Wäldern bedeckt, daß, wenn fie nicht von dem
Strömen unterbrochen würden, die Affen, faft die einzigen
Bewohner diefee Einoͤden, von Zweig zu Zweig aus der noͤrd⸗
lihen Halbkugel nah der ſuͤdlichen wandern konnten. Aber
diefe unermeßlichen Wälder zeigen nicht den einförmigen Anblick
Hefelliger Pflanzen, fondern bie verfchiedenartigfien Partieen,
Biere von Mimofen, Pfvchotrien und Melaflomen, dort von
Lörbeern, Zeigen, ben Arten der carolinea und hevea, wech—
fein mit einander ab; keine Art bat die Uetermacht über die
andere. Im nördfichen Mexiko iſt dieß anders, die ganze hohe
Ebene von Anahuac iſt mit Eichens und Tannenmwäldern bes
deckt, weil diefe hohe Ebene ſich gegen Norden abfenkt, und das
feſte Land von Amerika fich fo Hoch nach Norden ansbreitet,
weiches das Klima verhältnigmäßig fehr kalt macht. So find
dort diefelben Eichen, Tannenarten u. f. w. won Sanada bie
nah Mexiko verbreitet, während in Europa das mitteländifche
Meier den Pflanzen von Nordafrika alle Verbreitung nah
Europa wehrt. Die auffallendften Beyſpiele der Herrſchaft
einzelner gefelliger Pflanzen über große Landftriche find die, nur
mit erica vulgaris und erica tetralix, lichen icmadophila
und haematomma bedeckten Heiden in Norddeutfchland, fo wie
die heuern ‘von sphaguum palustre gebildeten Torfmoore. —
Reime kryptogamiſcher Gewaͤchſe find die einzigen, welche fi
in allen Klimaren frey entwideln können. Diefelben Moos
Arten finden fi in Europa und unter dem Aequator, find von
. Morwegen bis Peru verbreitet. Phanerogamifche . Pflanzen
Fand He v. H. von keiner Art in Europa und Amerika zugleich
J
'
Voyage d’Al.. de Humboldt ‘et Bonpland. 83
wid wachſend. Uebtr Die reitung der Pflanzenarten zeigen
fh uns Thatſachen ur ſchichte in den verfchtteten
Trümmern. einer fruͤhern Pflanzenwelt in ben DVerfleinerungen,
Steintkohlenlagern uud fofſilen Pflanzen. Der Verf. geht naͤher
auf die Frage nad den Urſachen jener merkwürdigen Erfchels
nung ein, daß fo Hoch ins Norden Pflanzen und Thierarten
ehemals lobten, denen nahe verwandte jetzt nur dem heißen
Klima gehören. Er verwirft ſehr richtig Die Verruͤckung der
Erdachſe and die Erhöhung der . Tempera bey der ergen
Keyſtalliſatrtion Der Gebirgsmaſſen. Er nennt dann noch Ders
änderungen der Sutenfität des Gonnenlichtes. Dadurch ließe
fh freylich alles erflären, aber wir wiffen nichts davon. Dem
Rec. ſcheinen die feinen Veraͤnderungen, welche auf das Leben
der Erboberfläcdhe den entſcheidenſten Einfluß haben, die Vers
änderungen in dir Natur der Atmofphäre. Wie feine Nuancen
unterſcheiden Hier das verheerende Miaſsma der Epidemieen
von der gefundeften Luft. Aber noch haben wir feinen Anfang
jur Befchichte der Atmofphäre. Unter den großen aftronomis
ſchen Vethaltniſſen ſcheint une das einzige für geologifche Hy⸗
potheſen brauchbare, Die Periode des laͤngern Sommers der
einen Halbkugel, welche von der Stellung der Apſidenlinie der
Erdbahn gegen die Rachtgleichen abhaͤngt, deren Einfluß vor
Jahrtauſenden gewiß ſtaͤrker war, als jetzt, weil die Eccentricitaͤt
dee Erdbahn und die Neigung der Are gegen die Ekliptik beyde
abnehmen. — Pflanzen find an den Boden gefeffelt, In dem
fe wurzeln, fie wandern nur im Samen, dann über hicht
une duch Winde, Ströme und Wögel, fondern vor allem
duch den Menſchen. — Einige Gartens gb Beldfrächte folgen
den Menfchen durch weite Lanbſtriche. So folgte den Griechen
der Wein, den Römern der Weizen, den Arabern die Baunts
wolle, in Amerika den Tultelen der Mais, ben alten Eins
wohnen won Condinamarca' die Pataten und Quinoa. Hier
Innen wir die Wanderung der Pflanzen, äber das Rand, we
fie einheimiſch find, IN uns unbekannt. Das ganze Land Im
Gaden und Meilen des Cacpiſchen Meeres iſt mit, Citronem
di
*
x
3 Voyage d’Al: de Humboldt et Bonpland.
Graͤnataͤpfeln, Kirſchen und all uchtbaͤumen umferer Gärten
bedeckt — uber find fle dort ei ſch, oder nur dur uralte
Cultur? Europa empfing aus jenen Ländern zwiſchen dem
Indus und Euphrat, dem Cadpiſchen Meere, dem Schwarzen
Meere und Perfifhen Meerbufen alle diefe Löftlichen Gaben.
Derfin gab uns Nußbaͤume und Pfirfihe, Armenien Aprb
Polen, Kleinaſten Kirfchen und Kaſtanien, Gorien Reigen,
Birnen, Granaräpfel, Del, Pflaumen und Maulbeeren. Zu
Egyo's Zeit Fannten die Römer weder Kirſchen, noch Maul⸗
beeren. (Die NRebenarten,, nad) deren die Mormänner Nords
vmerika das Weinland nannten, find gan, von unſrer vitis
vinifera unterfhieden.) Luenllus brachte den erfien Kirfchbaum
nah Rom, hundert Jahre nachher wir er ſchon in Deutſch⸗
fand, Frankteich und England verbreitet. Die Tolonien der
Europäer maͤchten ſich den Arabifchen Kaffee, den Ehinefifchen
Zucker‘, den Afrikaniſchen Indigo u. f. w. zu eigen. — Bon
feiner der nuͤtzlichſten Pflanzenarten kennen wir’ das eigentliche
Vaterland, nicht von ımfern Getraidearten und auch nicht von
Kartoffeln, Mais, Bananaz', carica papaya und jathropha
wianihoc der Amerifaner. — Die Arten der Organifationen
fcheinen fi) in der Erde in ihren immerflen Anlagen nicht zu
verwandeln, die Kartoffel blüht auf den Gebirgen von Chili
wie in den Ebeñnen von Siberien; der Ibis aus ben Katäs
komben ift derſelbe Vogel, der jeßt noch am Nil lebt. Zuletzt
kommt der Verf. noch auf die natärlihen Familien der Pflans
‚ gen und die Äfthetifche Bedeutung ihrer Formen zu fprechen.
Den gemäßigten‘ Zonen fehlen einige der. fhönften Formen, die
der musay dee Pgfmen, des Bambus, andre z. B. die der
gefiederten‘ Blaͤtter find feltner und weniger fhönz die Baums
arten überhaupt Tind kleiner, nicht mit den ſchoͤnen Bluͤthen
geſchmuͤtkt, und es gibt ihrer weit wenigere. Die Formen der
Vegetation in den tropifhen Ländern find Überhaupt majeſtaͤti⸗
ſcher, impofanter, die Pflanzen find faftreicher,, der Firniß ihrer
Blätter tft glängender, die hoͤchſten Bäume tragen bie: größten,
Ichoͤnſten, mohlriehendften Bluͤchen — aber das tiehliche Gruͤn
d
—
Voyage d’Al. de Humboldt et Bonpland. &5
unferer Wüiefengrände und das neun Erwachen der Veguation
im Seäbling fehlt jenen Gegenden.
Das tableau pbysique des regions &quatorialas (ent⸗
worfen nach Meſſungen und Beobachtungen an Ort und Stelle
zwiſchen dem zehnten Grad noͤrdlicher und dem zehnten Grad
ſuͤdlicher Wreite in den Jahren. 1789 — 1803) enthält die Bar
ſchreibung und Erläuterumg einer fehr ingenioͤs erfunbenen Zeichs
nung, welche und die Spitze des Chimboraffu (338 Toifen Hoch)
und des Vulkan Cotopaxi (2958 Toiſen hoch) nebſt dem Abfall
des Terraind nach Weſten gegen das Sudmeer und nach Oſten
gegen die Ebene des Amazonenflufies zeigt. Die anfchauliche
Darfieflang von ber Formation des Bodens iſt hier freylich
nie fo guueisht, mie bey ben Durchſchnitten des Mexikanifcheg
Terrains, denn bier flieht man nur Die Hoͤhenverhaͤltniſſe, gegen
welche die horizontalen Dimenfionen ganz verfhwinden. Das
gegen vereinigt das Blatt einen großen Reichthum geologiſcher
Andentsungen. Der Hauptzweck ber Zeichnung gehört. der en
graphie der Pflanzen, indem auf. dem Durchſchnitt des Gebir⸗
ges von hen Tiefen des Meergraſes und den, unterirdifchen
Schwaͤmmen bis zu den Mooſen an den Graͤnzen des ewigen
Schnees ſtufenweis die Hauptpflanzen jeder Höhe des Terraing
unter dem Aequator angegeben find, Aber neben diefem zeigt
uns das Blatt nad gar mancherley anderes, Die Refraction
für 45° Höhe, die Weite, aus der man eine Höhe auf dem
Meere noch fehen kann, ohne Ruͤckſicht auf Refraction, die
Höhen ‚einiger Berge, dann die Stufen der elektriſchen Span
nung der Atmoſphaͤre nach Der Höhe, die Stufen der Eultun _
des Bodens, die Stufen der Himmelsblaͤue und de& Druds
dee Atmoſphaͤre, ferner die Abnahme der Schwere, der Feuch⸗
tigkeit, des Lichtes, die hoͤchſten und niedrigſten IThermometeys
grade isder Höhe, die chemifche Befchaffenheit der, Atmofphärg,
die Höhe der Schneegraͤnze unser verfihiebenen Breiten, den
Waͤrmegrad den kochenden Waſſers, die Thiere jeder Hoͤhe und
endlich eine allgemaine Anſicht der Structur der Gebirge,
36 Voyage d’Al. de Humboldt et Bonpland.
Die Formationen der Gebirge ind in der Andes ganz
dieſelben, wie in Europa, dieſelben Lirgeblegsarten und biefelben
fecundären Formationen; wenn ſchon die Aequatsrialgegenden
die hoͤchſten Gebirgsſpitzen haben, fo iſt doch die Hohe des
Terrains ihnen nicht ausſchließlich eigen, im nordweſtlichen
Amerika iſt der Eliasberg unter dem 60° aı! R. ©. Bag T.
und der pic du beautemps unter 0° 9. B. 9534 Tolfen
Hoch, Aber die Art der Abſtufung des Lebens im Pflanzgens
und Thierreich zeige fih hier ganz anders und viel größer als
unter höheren Breiten, weil bie Mesresfläche und die Schnee⸗
gränze hier viel weiter aus einander ruͤcken; die Schneegraͤnze,
die bey une nur 2500 Toifen Aber der Meeregflaͤche liegt,
erhebt fih unter dem Aequator auf 2460 Toiſen; ferner unter
dem Aequator hat jede Zone einer beſtimmten Erhebung über
Bas Meer ihre fa unveraͤnderliche Wärme, fafl unveränderten
Druck der Atmofphäre, Feuchtigkeit der Lu und elektriſche
Spannung derſelben. So läßt ſich dort. das Land in Zonen
von einigen Hunderte Toifen ſenkrechter Höhe theilen, deren
jede ihren eigenthuͤmlichen Charakter der Megetatien von den
Bäumen bis zu den Arten der Graͤſer und Moofe, und thr
eigenthuͤmliches thierifches Leben Bis zu der Inſecten herab
zeigt. Zu unterft liege das Gebiet der anterirdifchen Pflanzen,
deren Arten von Schwaͤmmen und Moofen, von einigen Devs
meflesarten belebt, in den Mexikaniſchen und Peruaniſchen
Bergwerken biefelben find, wie in den Europaͤiſchen. Dann
folgt von der Meeresfläche bis auf eine Höhe von 513 Toiſen
das Gebiet der Scitamineen (musa, heliconia etc.) und der
Palmen, dent viele Affenarten, ber Jaguar, fehwarze Tiger,
felis concolor, die Fauftbiere, Amötfenfreffer , cervus mexi-
canus, die Boafchlange, Krokodille u. T. w. eigenthuͤmlich find.
Weber biefen von 200 bis Boa Telfen Höhe die baumartigen
Barrenkräuter und mit diefen das Geſchlecht der cinchona (deren
Rinde die China gibt), welches ſich aber bis auf 1600 Tolfen
erhebt. Zwiſchen 500 und 1000 Toffen Beine Boa und Feine
Krokodille mehr, aber neue Affenarten, Tapire, Sus tayassa,
V oyage d’Al. de ‚Humboldt et Boypland. 8
felis perdalis, coluber coccinaus. Die Lichen (quercus
granatensis) fangen unter dem Aequator erft in einer Hoͤhe
von d72 Toiſen an, in Mexiko fhon bey Aıo Toifen. Eine
merkwuͤrdige Erſcheinung if Hier die Wachspalme (oeroxylon
andicola,) weiche H. in den Andes von Quindiu und Tolim
in einer Höhe von 950 bis 1470 Toifen entdeckt hat, während
kine andere Palme auf 600 Toiſen Hoͤhe ſteigt. Große Bäume,
deren Höhe 10 bis 16 Toifen uͤberſteigt, finden ih nur bis
etwa 2400 Toifen Hoͤhe, und bey 1800 Toifen hört alle
baumarkige Degetation auf, aber die Geſtraͤuche werden uuı fo
mannigfalsiger. Don 1000 bis 2000 Toiſen if das Gebiet
der Alpenpflangen, in dem große Hirſche, felis, tigrina, viche
Enten und Taucher, und höher oben Heerden wilder ‚Lamas,
kleine Bären wit weißer Stirn und einige Kolibri leben.
Ueber 200o Toiſen Höhe big 2360 Toifen finden. fih nur noch
Sräfer, die Arten der jaraya und stipa, und viele neue Arten
von panicum, agrostis, aveng, dactylis, melche den wilden
Heerden ber Vigognes, Guanacos und Alpacas zur Weide
dienen. Endlich noch Höher finden fich nur nad Mooſe, unter
denen die umbilicaria-pustulata und verrucaria geographica
ſelbſt zwiſchen dem ewigen Schnee bie 9830 Toiſen Hoͤhe fleigen.
Im Thierreich erheben ſich uͤber 2600 Toiſen nur noch der
Kondor neb einigen Fliegen und Sphinxarten, welche nur durch,
Luftſtroͤme Hinanfgeführe werden, Der Wer, fügt meiter dies
Im Gemälde einige einzelne Angaben, uͤber his Alpen und .
Pyrenaͤen ben; für die Pprenden iſt nach Ramond eine Tabelle
der Höhe von Fundorten der einzelnen Arten aus ben Ger
ſchlechtetn gentiana, daphne, primula, ranunculus, saxi»
fraga, erica angegeben. Es folgt die Scale der Wärmegrabe
und dann die der Barometerhoͤhen. Bey ber letztern vorzüglich
eigne Verſuche uͤber die regelmäßigen täglichen Dscillationen
des Barometers unter ber Linie. H. fand das Morimum
gUhe Morgens, geringe Abnahme bis Mittgg, ſtaͤrker big
4 oder 43 Steigen bis 12 Uhr Abende, wo ek nur wenig
piedriger ſteht ats q Uhr Morgeng; dann füllt es wieder bis
e
.
85 Voyage d’Al. de Humboldt et Bonpland.
4 oder 41% Uhr Morgens, und fleigt bis g Uhr. Diefe Ber
megungen bleiben fich gleich in der Höhe und Tiefe, bey aflen
Temperaturveranderungen, und find an ber Suͤdſee dieſelben
wie am Amazonenſtrom. Nichts ſcheint auf dieſe Vewegung
Einfluß zu haben als der Stand der Sonne. — Ferner die
Scale des Hygrometers. Die völlig heitere, wolkenloſe Luft
einer oft fuͤnf Monate anhaltenden trocknen Jahreszeit enthält |
In den tiefen Ebenen viel Waſſer, daher bie friſche Vegetation
ohne Negen, Nebel und Thau. — Die Region ber gewoͤhn⸗
lichen Wolken iſt zwiſchen oo und 1800 Toiſen, aber die hohen
feinen Wolken (gemein in Schafchen genannt) finden ſich in
einer Höhe von 89900 Toifen über den Spitzen aller Berge
Unter der Linie fälle jährlich 70 Zol Regen, während man in
Europa nur 28 Zoll rechnet. Die elektrifche Spannung der
Atmofphäre wäh mit -der Ssöhe. Unter 1000 Toiſen if fie
fehr gering, nach 10 uhr Morgens kaum wahrnehmbar. Sie
ſcheint fi) nur in den Bolten anzuhaͤnfen, daher die heftigen
periodiſchen Exploſlonen zur Zeit der größten Hitze 2 Stunden
nach Mittag, an großen Stroͤmen aber um Mitternacht. Zwi⸗
ſchen 900 und 1000 Toiſen Höhe find die Gewitter in den
Andes am heſtigſten. Hoͤher ſind ſie ſeltner und nicht ſo regel⸗
mäßig, aber da bilder fich mehr Hagel, befondere in der Höhe
son 1500 Toiſen, in welcher die Luft oft negativ elektriſch
wird. Endlich in der Hoͤhe der Spitzen der Gebirge hat
die trockne kuft immer eine Spannung von 4 bie I Grad
bes ſauſſuriſchen Eleftrometerg. — In den allgemeinen geolo⸗
giſchen Anfichten behauptet der Ber. nicht mehr, daß die
Schichten der Urgebirgsarten uͤberall ein gleiches Streichen und
Fallen hätten ; er bemerfe, daß alte Hoͤhen beſtimmungen in den
Ablagerungen der Gebirgsarten nur naͤch kleinern Localitaͤten
angegeben werden koͤnnen. Amerika hat neben einander die
hoͤchſten Gebirge und die weiteſten Ebenen. Die Gebirgetett⸗
der Andes naͤhert ſich beyden Polen bis auf 30 Grad. Die
Höhe der Andes iſt weit mehr unterbrochen, als man meiſt ans
pimmt. Sie zeigen vier Hauptmaſſen, eine unter dem 178. ®.
s
Scarpa Sull® ernie. 89
in Peru, bann unter der Sinie bey Quito, Bann in Mexiko
9 N. B. (zwiſchen dem die Berge in ber Landenge von
Manama Bis auf Huͤgel von 100 Loiſen herabſinken) und viers
tens Aflen gegenäber im 60° N. ©. Am meiften zeichnen
fh die Undes durch ihre Maffe aus, ihre mittlere Höhe iſt
2000 bis 2300 Toiſen, während die dee Alpen nur 1300 bis
1400 Toiſen beträgt, und dabey die Breite in Quito zo kienes,
in Peru' und Mexiko 40 bis 6e Lieues, in den Alpen nur
10 bis 12 Lieues. Die Gehirgsarten und ihre Folgen find
dieſelben wie überall, aber durch bie Maͤchtigkeit der Lagen und
die Höhe, weiche die ferundären Formation erreichen , untet⸗
[heiten fie fich. Sen Huanuco in Peru kommen Steinfohlen
8300 Toifen hoch vor; bey Zypaquira. Oteinfal; 1409 Voiſen
hoch, und verfleinerte Muſcheln bey Micuipampa 6° 45 38"
©. %. in einer Höhe von 2000 Torten ‚ bey Huancavelica fogen
2007 Toifen. -
EN ——
a ” ee Fr Du v—
bull “Ernie — Memorie anatomico -chirurgiche di Antonie
Scarpa etc. Fasc. I. Il.
( Beſchlus der. in Na 4. abgebrochenen Recenfion. )
Zweyte Abhandiung, Über die Cowplicationen der Leiſten⸗
und Hodenſackbruͤche.
Der Verf. liefert Bier bie Gertfekung der vorigen Abhands
lang, und, ſpricht nun, von ber Dperation deg eingellemmten
Leiſtenbruchs, doch ohne fih in das Detail dieſer in allen
Lehrbuͤchern der Chirurgie beſchriebenen Operationsart einzulaſ⸗
fen, bloß von den Umſtaͤnden und Vorfaͤllen, welche waͤhrend
der Operation den jungen Anfänger verlegen wachen koͤnnen.
Bey kleinen Bruͤchen kommt es nicht fo ſehr darauf an,
vw man deu Schnitt durch Haut und Bruchfad made, aber
bey großen Skrotalbrauͤchen ſollte dieſer Schnitt genau in der
Laͤngenachſe der Geſchwulſt ſeyn aus oben angeführten Gruͤn⸗
den, weil wir dann am wenigſten Gefahr laufen, die, von dem
ausgedehnten Samenſtrang aus manchmal bis auf die obere
dlaͤche deg Vrychlagẽs ſich verlaufenden Samenſchlagadern zu
verletzen.
go Searpa Sul’ ernie,
VBeym Deffgen des Bruchfads fol man nicht zu verwegen,
wie Eouls väth, denſelben mis Einem Meſſerzug aufſchneiden,
fondesn die Häute nach und nad zerſchneiden. Erſtens die
Haut, dann bis Sehnenhaut ber fascia lata, dann bie Apneu⸗
roſe des Cremaſtere, daun das Außere Zellgewehe bes Perito⸗
neums, und enblih den Bruchſack ſelbſt. — Die äußern Hoaͤute
können in alten Brücken verändert ſeyn; das Bauchfell aber,
weiches den Bruchſack bilder, behält feine natuͤrliche Dichte und
Halbdurchſichtigkeit.
Was nun den Einſchnitt u Bauchrings und des Beuch⸗
ſackhalſes angeht, ſo raͤth der Verf. nach der bereits vorgetras
genen Theorie, weil bie arteria epigastrica bald auf der im;
neren, bald auf der Außern Seite des Bauchrings verläuft,
ba. man das Entſtehen des Bruchs oft nicht mehr wiſſen kann,
den Schnitt weber nach außen, mod nad innen zu richten,
fondern gerade in der Mitte der Geſchwulſt nad oben durch
eine Linie, welche auf bem Serigontalaft. bes Schambeins
— ſteht zu fuͤhren.
Die Urſache der Einſchnurung dee Daͤrme ſetzt der. Kerf.
im Ganzen weniger in eine krampfhafte Eontraction des
Bauhringe, als in eine Veraͤnderung des Bruchſacks, beſon⸗
ders bey alten Brühen. Der Verf. hat mehrere abgebilder,
wo die Verdickung der Faͤden des Tremafters den Bruchſack⸗
hals zufammengefehnärt. Haben, andere, wo der Bruchfack ſelbſt
an feinem Halſe fig verdichtet und sufammengezogen bat. —
Bey dem angebornen Bruche liegt gewiß, wegen ber großen
Spannkaft diefes natuͤrlichen Sacks, die Urſache der Einklem⸗
mung mehr in bem Halſe ber tumica vaginalis, ale im Bauch⸗
ringe, wie dieſes der Verf, durch mehrere Beobaditungen er,
fahren Bat. — Der Verf. zeigt auch in einen ſchoͤnen Zeichnung
den Ball, wo die Einfhnkrung nicht am Bruchſackhalſe ſon⸗
dern in ber Mitte des Bruchſacks war.. In diefem Fall wii
ber Verf., daß man nicht lange auf Repoſitionsverſuchen befkes
den ſoll, fondern glei zuc Operation fchveiten müfe. Ag
Urſachen der Einklemmung führe dann der Verf. auch an das
/
Scarpa Sulł ernie, 9
Imbreßen der Sebaͤrme und das Einſchnuͤren ber Dürme durch
das Netz; Der Darm wendet ſich dann balb wie eine 8, un»
es ifE ſchwer zu errathen, welches die obere, und welches die
untere Portion fen; auch die Wendungen des Netzes um deu
Darm , wenn auf: diefe Art Einklemmung hetvorgebracht wird,
Der Verf. hat ſelbſt folgende Zälle bemerkt. ı) Das Neg
füllt mit feiner ſchmalſten Thell durch den Bauchring, bilder
ih wie ine Schnur, fett ih ungen im Bruchſack fe, läufd
queer Über Die Gedärme, und umgibt fie einigermaßen, dann
verwächft es aben wieder mit dem Bruchſack, das Nee nimmp
bier eine dichte ſibroͤſe Beſchaffenhoit an, und druͤckt den Darm,
der, wenn er Luft, Koth u. f. w. enthält, eingeklemmt wird
9), Das MG fälls herunter in ben Boden, verwaͤchſt mit dem
Bruchſack, der Darm fühle in die Qucere auf das Meg, und
biefes gehe gerade über ihn weg, um noch einmal mil dem
Bruchfackhals zu verwachſen. Hier iſt aller Verſuch zue
Repoſition des Druches vergebens, deun man druͤckt immer
wider das amgefpannte eh, wenn man -gegen den Bauchring
hinaufdruͤckt; hier iſt nur nach gebffnetem Bruchſack bie Durchs
ſchneidung bes Metzes queer über den Darm die einzige Huͤlfe.
Don der felteuen, und auch von Richten beſchriebenen
At, wo das Meg -gerriffen, und in der Spalte bie Därme
eingeſchnuͤrt waren, führt der Verf. einen ſelbſt beobachteten
Zell any — auch redet derſelbe won einer Einklemmung dee
Ileums durch den, mis dem Belrdie werwachfenen processum
vermiformis des Ylinddarms , melden der Verf, gleichfalls an
einem Leichname, ber neh einer heſtigen Kolik verſtorben,
ſelbſt geſehen hat.
Die Einkiemmung ber Daͤrme in dem zerriſſenen Druchſae
hat der Verf. niemals ſelbſt beobachtet, aber zwey merkwuͤrdige
Veyſpiels and: Petit una: Nemond angeführt.
Der Berf. beftseitet und widerlegt ganz Richters Mei⸗
nung, Daß es auch Einklemmungen gäbe von dem krampfhaft
juſammengezogenen Bauchring, weil die Schneufüden auf keine
Reife Theil nehmen innen an dem Krampf der Bauchmuskeln,
93 Scarpa Sull' ernie. | |
So wird bie Vera cava niemals eingeklemmt durch das Pr
trum tendineum des Zwergfells, obgleich dieſelbe durchläuft;
auch die arteriae perforantes femoris niemals in die Flechſe
des adductoris magri u. f. w. Es ſcheint daher, daß Rich⸗
ter die ſpasmodiſchen Koliken, welche zuweilen bey Bruͤchen
ſich einfinden, für eine ſolche Ginklemmung gehalten hat.
Eine andere Complication bey Bruͤchen iſt das Anwachſen
der vorgefallenen Darm⸗ oder Netzſtuͤcke. Der Verf. erkennt
davon drey Arten, nachdem das Verwachſen entweder durch
eine gallertartige Maſſe, oder durch ein haͤutiges, oder faden
artiges Gewebe, oder durch einen dichten fleiſchaͤhnlichen Zwi⸗
ſchenkoͤrper ſtätt hat. Alle dieſe Verwachſungen find Folgen
son vorhergegangenen Entzändungen. Bey der erſten iſt die
Entzuͤndung noch nicht lange vor der Durchſchwitzung gefolgt,
bey den beyden andern Verwachſungen aber iſt die Entzündung
fon lange Zeit vorher geſchehen, und die Haut, ober falle
Bänder haben fih nah und mach verbichtet, und organifiet.
Der Berf. räth in allen diefen Faͤlen von Verwachſungen der
Därme unter fih, oder mit dem Bruchſack, oder mit den
Netz bey der Dperation des eingeflemmten Bruches die Falfchen
Bänder zu gerflören und durchzuſchneiden, um die vorgefalle⸗
nen Theile in den Unterleib zurückbringen zu können. — Nur
einen einzigen Fall nimms es davon aus, wenn nämlich, wie
diefes meiftens geſchieht, die Eingeweide oben nahe und unter
dem Bauchringe an der innern Seite des Bruchſackhalſes feſt
gewachfen Mind burch eine fleifhartige Coneretion. Der Berk
wii, daß hier nur der Bauchring und Bruchſackhals erimeitert,
und, fo viel es feyn kann, in den Unterleib eingeführt werben.
Dann fol man den Kranken in ber Rauͤckenlage laſſen, die
Stuͤcke des Bruchſacks Aber die Geſchwulſt wegiegen, und Stuͤche
von Leinwand, in ein lauliches Malvendecoct getaucht DBaräbsr
weglegen. Der Verf. Hat beobachtet, daß durch dieſe Behand⸗
lungsart das Band am Bruchſackhals erſchlaffe, und die Därme
allmaͤlig von ſeibſt in den Unterleib ſich zuruckzieherl; es wach⸗
Scarpa Sull’ ernie. 93
Ten dann vom Darm aus Fleiſchwaͤrzgen, und das ganze ſchließt
fi, ohne daß eine Geſchwulſt zuruͤckbleibe.
Außer diefen wivdernatürlichen Adhaͤſionen ſpricht der Verf:
noch von andern, welche er natärlidhe nenne, weil dieſe die .
VShnder ſelbſt find, welche im gefunden Zuftande auch die Darm⸗
flüe an den großen Sad des Peritoneums feſtgeheftet Halten,
und die nun, da ein Stuͤck des großen Peritonealſacks ſelbſt
von der Stelle weicht, und durch den Bauchring geht, bier an
Diefes als an ihren Bruchſack durch ihre natürlichen Bänder
befeftige: find. Dee Verf. rechnet dahin vorzüglich auf der
tehten Seite den Blind⸗ und das Ende bes Brimmdarıns,
fommt dem wurmförmigen Anhang ımd dem Ende des Dürns
darms, auf der linken Seite aber ben flexus iliacus coliy
md das Meſoecolon, welches Diefen Darm auf ber linken Hüfte
an den großen Sack des Peritoneums durch die Verdoppelung
feiner Haut anheftet. Diefe Bruͤche geben unter der Operation -
bie meiften Beſchwerniſſe, und gehören unter die Elaffen ders
jenigen, welche nicht zuruͤckzubringen find, und mo ſich ber
Vundarzt begnügen muß, nach aufgehobener Strictur der
Banhringe, oder des Bruchſackhalſes die oben angezeigte Vers
(ührungsart ‚anzuwenden. Wenn man aber durch Zeichen,
meihe der Verf. Schr richtig angibt, gewiß if, daß die Eins
ſhnuͤrung bloß vom Bauchıing fommt, und in einem alten
volumindfen Bruce den Blinddarm fammt dem Ende des
Dünndarms vermuthet, fo iſt es rathſamer, den Bauchring
außerhalß des Bruckſacks aufzufchneiden, und den Bruchſack
gar nie zu Öffnen. Merkwärdig iſt auch die Beobachtung,
daß auf der rechten Seite zuweilen ein brandiger Inguinak
bruh entſteht, wobey gar keine Stuhlverhaltung zugegen iſt.
Ein fonher Bruch heilt zuweilen, Indem ſich das Brandige des
Darmcanals abſtoͤßt, und der Bang der Nahrungsmittel bleibe
ununterbrochen. Die Urfache ift, weil bloß der blinde Sad,
ſammt dem wurmförmigen Anhang, in die Einklemmung ges
kommen iſt, uber demſelben aber der Weg aus den Grimm⸗
Mm ins Ileum noch offen bleibe. Als Complication des
94 Scarpa Sull’ ernie.
Druchs meldet der Berf. nur no das Vorfallen des Detzes,
welches nicht mehr- gurädhubeingen if. — Das Abfchneiden
defielben bringe Verblutung, das Lnterbinden heftige Zufälle
der Einklemmung hervor. Der Verf. raͤth ass Erfahrung der
Mittelweg einzuſchlagen, naͤmlich um das vorgefallene Netzſtuͤck
zuerſt ein. pännes, mit dem ungt. cereo beſtrichenes Stuͤck
Leinwand zu legen, damit daffelbe nicht an andere Theile ans
wachſen kann, und dann einen Faden darum zu legen, vielen
aber nur loſe anzuzichen, alle Lage aber. feſter zuzuſchnuͤren,
bis man flieht, daß die entzuͤndete rorhliche Netzmaſſe blau und
ſchwaͤrzlich if, worauf fie dann nad kurzer Zeit von ſelbſt
abfaͤllt. — Zuletzt foricht der Verf. noch von jenen. Compficas
: tionen ber Brüche mit Waſſeranſammlungen in der Schetden⸗
Haut, am Bruchſacke, oder in eigenen Balggeſchwaͤlſten. |
Es iſt Biefes Werk eines der erfien und widtigften, wel⸗
Ges bis jetzt erfchienen IR, und zwar in doppelter: 2) in wißı
ſenſchaftlicher, 2) in arriflifher Hinſicht. Ä
Was den erfien, Vorzug betrifft, fo hat ber vortrefflicht
Verf. Hier ſehr viele Puncte erörtert, und durch feinen fichts
vollen Vortrag und die. Entwicklung feinse praͤciſen Ideen auf
dns reine gebracht, wie die Lefer aus dem Auszuge werden
entnommen haben, welches - Bisher in der fo wichtigen Lehre
von dem erſten und vorzäglichflen Wundaͤrzten, Arnaudl,
Richter und anderen, als zweifelhaft und uneroͤrtert gurücı
gefaffen wurde. Selbſt den Uefprung der Leiftenbräche, den
fhiefen Tanal, indem die dislocirten Därme Bis zum Bauchring
verlaufen, bie Art und Welfe, wie das Peritoneum zum Bruch
ſack wird, die Vielheit der Hüllen, welche den Brady uͤberzie⸗
hen, und jeber Hülle eigne Beſchaffeuheit kannte man bis hieher
nicht, und wenn man auch -in den chirurgifchen Handbüuͤchern
von den Complicationen ſprach, fo waren diefe doch nicht Aberall
fo deutlih und befimmt ausgeſprochen und erörtert. |
Unnergfeichlich aber und über alles Lob erhaben find .die,
diefen beyden Heften Bengefügten Rupfertafein von der Meis
ſterhand des Ränftlers Ande 5 In ni, was Beſtimmtheit und Er
|
Keßler Briefe auf einer Reiſe Durch Euddentfchland ꝛe. 95
nanigfeit dee Zeichnung ſowohl, ats Zartheit bed Stiches ans
geht. Jedes organifche Gebilde, Ja jede Haut und Page des
Belftoffe wird durch feine eigene Schraffirungen deutlich unters
ſchieden.
De erſte Tafel enthält einen entſtehenden Leiſtenbruch.
Man fieht anf ihr den geſchwollenen Canal, die Erweiterung
bes Ringes in der vorfaßenden Darmichlinge. Die zweyte
Tafel zeigt die Hüllen, welche die vworgefallenen Haͤute umge
ben: 2) die äußere Haut des Hodenſacks; 2) die fchnige Haut
des Cremaſters; 5) ein florkiges Zellgewebe; 4) der Bruchſack.
Die dritte Tafel enthält den Samenſtrang, der über die art.
epigastrica hinweg geht, und ſie von der Äußeren gegen bie
innere Seite drädt, wenn An ihm fich eine Bruchgefchwulſt
bilde. Man flieht Hier den Samenſtrang hinaufgelest, die
enseinandergezerrten Samengefäße an der Hintern Wand, und
zwar nach außen die Venen, nach Innen -aber die arter. sper-
matica und den ductus defereris. Die vierte Tafel zeigt die
Einfhnärung des Bruchſackhalſes und des Darms. Die fünfte
fiillt mehrere Einfhnärungen der Därme unter fi dur das
Netz und den Bruchſachals vor, Die ſechſte Tafel endlich
jeige die verſchiedenen Arten der Ashäflonen auf das allerdeut⸗
lichſte.
N PER
Briefe auf einer Reiſe durch Suͤddeutſchland, die Echmweis und ben
italien, im &ommer 1808 von G. W. Keßler. Keipjig, ben
Salfeld. 1810. 2841 ©. 3. (1 Kehle. 12.9.)
Die Reiſe geht von Meiningen aus Aber Heidelberg, nad
WBaſel und fo weiter durch den befuchteften Theil der Schweiz
über den Gotthard Bis nad) Mailand und‘ Genua, dann über
den Simplon zuruͤck durchs Walliſerland, Genf, Straßburg,
Mannheim, Würzburg 9
Man ſieht auf den erſten Blick, daß’ der Reiſende zu
wählen verſtand, und fidy die Reiſe fo genußreich machte, wie
jeder fie zu machen wänfchen würde, der nicht weiter ale bie
—
96 Keßler Briefe auf einer Reiſe durch Suͤddentſchland ze.
Mailand gehen wollte. Allein eben darum konnte der Verf.
dieſer Briefe fo leicht nicht einen Punct berühren ,. der nicht
ſchon beſchrieben worden wäre Dadurch verliert die Reife
beſchreibung fehr viel für den, der darin neue Ausbeute fucht.
Dieb kann aber ihrem eigenthünilihen Werthe keinen Abbruch
thun. Wer felbft die Schweiz bereifen, oder, weil er das
niche Kann, ſich gern einen vollfländigen Begriff von einer
inhaltsreichen Schweizerreife machen will, der hat, wenn er
dieſe Briefe anfihtig wird, nicht zu fragen, die wie vielfie
Meiſebeſchreibung iR das, fondern er hat, wenn ihm mehrere
dargeboten werden, nur zu fragen: welches iſt die befle ? Und
diefe Frage braucht der Herauégeber Biefer Briefe niche zu
ſcheuen. W |
Et veiſet zwar nur zu feinem eignen Wergnägen , er fchreibt
feine Briefe nur zunaͤchſt für feine Freunde, er ſchreibt fie auf
der Stelle ohne Vorbereitung, ohne Nachſorge. Aber alle dieſe
Umſtaͤnde gaben feiner Beſchreibung eine Friſchheit, die unges
woͤhnlich anzieht. Seine Gemälde find alle nad ber Natur
. gezeichnet, alle in den Augendliden der Begeiſterung ſkizzirt,
alle in die Farbe des Vertrauens zu ber lebendigfien Theil⸗
nahme eingefleidet. Der Reifende beobachtet fih feld auf
jedem feiner Schritte, er gibt Nechenfchaft von allen Eindräß
ten, die er empfängt, und läßt auf feinem langen Wege auch
nicht das geringfie unbemerkt, was jeder, der ihm nächreifen
wolke, on Ort und Stelle bemerkenswerth finden würde,
Dadurch erringt feine Anfpruchsiofgkeit die Palme der moͤg⸗
lichften Treue und Wahrheit, verbunden mit einer Vollſtaͤndig⸗
Zeit, wie man fie in wenigen Reifebefchreibungen finden wird,
Die uns durch die genannten, in gang Europa vielleicht amd
meiften befuchten und befuchenswürbdigen Gegenden führen,
.
®
-.
\..
No.7-:- Seidelbersifhe : 1811.
Jahrbuͤcher der Literatur.
XXCEXAXXXR
ü— — ——
Lehrbuch der Geſchichte des Römiſchen Nechts vom Vrofeſſor Ritter
Hugo in Göttingen. Vierte, verbefferte Auflage. Berlin,
8 Mylius. 1810, VIII 0.5533 S. 8. -(1 Ahle. 16 gr)
au Bann ooransfehen,, daß die fraheren Auflagen die⸗
ſes Werkes, welches ſich durch freyen Ueberblick, geiſtvolle Bes
arbeitung und wichtige Berichtigungen der bisherigen Aufichten
fo fehr auszeichnet, allen denen bekannt find , welche fich für Die
Geſchichte des Römiihen Rechts intereſſiren. Aus dieſem
Grunde iſt es nicht nothwendig, hier von der Einrichtung und
den Eigenthämlichkeiten Des Buches zu ſprechen; der Rec. wird
daher une Die Eigenheiten dee vorliegenden Ausgabe angeben;
und einige Bemerkungen über einzelne Säge Hinzufügen.
Diefe letztere follen ſich jedoch nicht auf das, jet neu Hinzuge⸗
fommene, oder Weränderte beſchraͤnken. Dieſe Jeregularitaͤt
möge. die. Wichtigkeit des Werts und der Umſtand entfchuldigen,
daß die frühern Ausgaben fo wenig beurtheilt worden find.
Die gegenmärtige Ausgabe charakterifirt der Verf. voll
kommen, wenn er fie in Der Worrede eine vermehrte und vers
befferte mennt. Plan und Methode find ganz biefelden, wie
fie ſchon in den vorhergehenden waren. Neuere Erinnerungen
find hier nicht beachtet worden, aus Gruͤnden, welche der
Verf. F. 15 Not. 2, $. 16 Not. ı angibt. Der Rec. hat am.
- dem Streite über die Methode öffentlich Theil genommen; er
enthaͤlt ſich daher hier alles Urtheils, ba er uͤber den bedeu⸗
dentſten Punct ohne Unbeſcheidenheit nicht urtheilen kann.
Auch die Seellung der einzelnen Lehren if im Weſentlichen
unverändert, fo, daß es vielleicht eine der bedeutendſten Neue⸗
rungen iſt, Daß die Gentilitaͤt nicht mehr in Verbindung mit
der Inteſtat⸗Succeſſion, ſondern bey dem Patronate abgehan⸗
delt wird. Selbſt die Zahl und Ardnung der einzelnen Paro⸗
| 7
*
Ss Hugs Lehrbuch der Geſchichte des Roͤniſchen Nechts.
graphen ſtimmt mit der vorigen Ausgabe vollkommen-überein:
einige baven find. jedoch ganz, mehrere groͤßtentheils unge
arbeitet.
Die Vorzüge dieſer Auflage vor ben fruͤhern beſtehen
gerade in biefen Umarbeitungen, in Zufägen, die zum Theile
für die Wiſſenſchaft, oder doch für diefes Werk von großer
Wichtigkeit And, und in Verbefferungen. Vorzuͤglich intereſſant
find diejenigen Stellen, wo der Derf. feine Ueberzeugung gegen
hm gemachte Einwärfe vertheidigt, (z. B. $. ı5 Rot. 1;
6. 54, 57 Not. 3; $. 66 Not. 45 $. 71, 9, 161 Dot. ı;
6. 168 Not. 5); felbft ba, wo man and jetzt noch wicht mit
ihm üdereinfiimmt, wird man feine Rechtfertigung mit Ders
gunuuͤgen tefen. Su bedauern iſt es nur, daß er fich nicht auf
alle ihm gemachten Einwendungen eingelaffen hat.
Soviel zar Charakteriſirung dieſer Ausgabe. Es bleibt
feßt nue noch Äbrig, einzelne Säge des Werkes, fü wie es uns
hier gegeben if, herauszuheben, und zu beurtheilen. Ben der
Wahl diefer Saͤtze Hat der Rec. aus ſchon oben angegebenen
Gründen keine Ruͤckſicht darauf genommen, ob fle Zeeignet find,
das Berk zu charakterifiren, oder nicht. Eben fo wenig har er
befonders gelungene Darfielungen ausgezeichnet: denn wer wird
wohl bey einem bekannten und anerkannt vortrefflihen Buche
noch einzelne Säge herausheben, um dieſe beſonders zu foben ?
Seine Bemerkungen betreffen vielmehr vorzuͤglich ſolche Stets
fen, wo er anderer Meinung iſt, als der Verf., oder me
er Mangel in der Darfiellung zu finden glaubt. Dienen fie
daza, den Verf. bey einer neuen Ausgabe zu neuen Eroͤrterun⸗
gen zu veranlaffen,, und wenigſtens fo die Aufklaͤrung mancher
Puncte herbeyfuͤhren, fo haben le ihren Zweck vollffändig
erreicht. , Ä |
Erfte Periode. Schon in den fräfern Ausgaben hatt
der Verf. mit fehr vielem Scharfſinne wine neue Theorie dei
Bentttitkt aufgeſtellt. Dieſe vertheibigt er nun ($. 54) gegen
wenere Einwuͤrfe mit überwiegenden Gründen , jedoch jebt mi
einem Zulage, der wohl fehwerlich gerechtfertige werben kann
Hugo Lehrbuch der Gefchichte des Roͤmiſchen Rechts... 99
md dem er aud in der Zoige ($. 4B Pot. 2) ſelbſt zu miß⸗
trauen fcheint. Der Patron und feine Defcendenten follen als
Sentilen zur Vormudſchaft und zur Succeſſion in das Ders
mögen ihrer Freygelaſſenen gerufen morden fern. Dieß iſt
(den au ſich unwahrſcheinlich, da wohl bey fehr vielen Patro⸗
wen die DBedingungen der Gensilität (Cic. Top. c. 6)
singeszeten fenn mögen, und wird auf Durch die Brände Les
Verf. nicht erwieſen. Sein vorzüglichftes Argument wird darnus
abgeleitet, daß in keiner Gitelle der zwölf Tafeln dem Patroms
diefe Rechte namentlich zugeſprochen wärden. Diele Voraus⸗
ſetzung iſt aber in Hinſicht auf das Erbrecht uncichtig, Ul-
pian og. $. ,4, 6; Toll. 16. $. ult.; Pr. J. 8, 4 (8):
fr. 12. D. 37. 14.3 fr. 199. D. Se. 16.; Theoph. I. 27.
und für die Tutel une gewiſſermaßen wahr: fr. 2. p. fr: 5. m
D. 26, 4. Inst, I. 17: Ob etwas Aber Die Enratel ber Das
Ikone verorduet geweien, wiſſen wir. nit. Und ſo ſcheint
denn dieſe Meinung norhmendig verworfen werden zu muͤſſen.
— Das die Frau bey ber Coomtio ihren Mann nicht gefauft
habe, dafür ſpricht fraglich der Geiſt bes. Inſtituts ($..65):.fe
gang ſchwach find jedoch die Argumente der Gegner nicht, da
fie außer. den Stellen won. Cacero (de Orat. I. 56.; pro
Muraen. ©, 392) das. ausdruͤckliche Zeugniß mehrerer Schrift⸗
Geller für ſich haben. Servius ad Georg, I. 51; al Aen,
IV. 1045; Nom, XI, 50; Isidonm XIV. Orig. 24. No. 80.
fagen. gan beſtimmt: maritus et uxor se invicem. emebant,
— Der Entſtehungéeamen ber. Tutel gibt es wahrſcheinlich nach
nicht fo viele, als der Barf. ($. Ga) annimmt. Die, won den
Neuern ſo genannte tutela dativa findet wohl. jet nach nicht
Ratt, und bie tutela testam. mag bey Frauenzimmern wohl
noch nicht vorgekommen fern. Wenigſtens ſcheint bie der
einzige Zweck dieſer Tutel, die Erhaltung des Werkögens Mm
ber Familie, zu erfordern. Anch finden wir in der Folge die
tutoxis oprio, welche eine währe, wiewohl ganz eigene tutela
testamentaria il, als etwas Neues, das ſogar nur. bey ber
ſtrengen Ehe vorgekammen zu ſeyn ſcheint, wis aus ame em
"200 Hugo Lehrbuch ber Geſchichte des Romiſchen Rechts.
gleichung von Liv. 59, 19 mit Cic. Top. c. 4. wahrſchein⸗
(ih wird.
Dem Grundfage nah war nur ein Röimifger Bürger des
Moͤmiſchen Eigenthums fähig. Hiervon nimmt der Verf. eine
Ausnahme an, wenn einem Peregrinen das Commerchum ges
geben worden ($. 67). Rec. häls diefe Ausnahme für unge⸗
gründer. Living, Ulptan und Theophiluec fagen nur,
daß in biefem Falle der Nichtroͤmer das Recht erhatten Habe,
in Nom zu kaufen und zu vorfaufen, und hierauf ſcheint auch
diefes Recht beſchraͤnkt werden zu muͤſſen. Daß ein Römer,
wenn ee von fo einem Fremden auf die gehörige Weile kaufte,
Mömifcher Eigenthuͤmer wurde , iſt hiegegen Beine Inſtanz, da
wir bey dem Connubium, einem ganz ähnlichen Verhaͤltniſſe,
daſſolbe finden. : Wo dieſes ſtatt fand, konnten ih Römer und
Meregrinen zwar giltig heurathen: ‚eine Roͤmiſche Ehe aber
tonntse dann doch nur der Römer mit der Peregrinen, wicht
‚aber der Peregrine mit einer Romerin abfchließen. — Bach
dem einſtimmigen Zengniſſe der Alten erbten die Weiber jetzt
‚gerade .ebenfo ab. intestato, wie die Maͤnner. Diefe Abwei⸗
chung von den, bey andern alten Völkern geltenden Srundfäsen
ik doppelt auffallend, wenn man bie Eigenheiten des Römis
ſchen Staats beruͤckſichtigt. Hierauf macht der Berf. ($. 84
Tot. 3) aufmerkfam, ohne jedod die Schwierigkeit zu (öfen.
Der Erund hiervon ſcheint einzig in der tutela sexus zu fliegen,
‚durch welche die Römer alles das erreichten, was andere Bolker
darch Berfagung des Erbrechts bewirken wollten. Hieraus er⸗
klart es fih auch, wie Weränderungen bey der Tuteleinſchrän—⸗
ung die Erbfähigkeit der: Frauenzimmer zur Folge haben konn⸗
ten ; woonn in der Folge. — Die Anmerkung, daß neben dem
»exum jeßt noch feine Realcontracte, feine Stipulationen vor;
:getommen feyen ($. go Det. 4), ſtimmt fehr wohl mit dem
Geriſte des jegt geltenden Rechts Absrein, und wird durch gar
Manches untesflügt: hierzu feheint «6 aber nicht ganz gu paffen,
wenn ſchon im Diefer. Periode die Srundzaͤge der Theorie beyder
Arten von Vertraͤgen vorgeitagen werben. Neben dem nexum
Hugo Lehrbuch der Geſchichte des Roͤmiſchen Nechtt. 104
exiſtirt ohne Zweifel ſchon jegt der contractus nominum dur
rationes domesticae, den der Verf. weder hier, noch fonfk
angibt. — Wen der Erärterung, -mer unter den Decemvirn in
der L. Horatia verfianden werde (S. 159), hätte noch ers
wähnt werben können, daß biefer Ausdruck in mehreren Dias
nafceripten des Living fehlt: ſollte er echt feyn, fo bleibt «6
doch immer noch zweifelhaft, ob diefe decemviri für die Juftig
von Bedeutung waren. Daß es die decemviri stlitibus ju-
dicandis gemefen feyen, flieht wenigſtens mit fr. 2 6. 29
D. 1, 2 in Widerſpruch.
Zweyte Deriode, Eine merkwürdige Srfcheinung if
in diefer Periode die L. Voconia, über deren Inhalt, Gruͤnde
und Verhaͤltniß zur frühern Legislation unſere Schrififteller ſich
bis jegt noch nicht Haben vereinigen können. Auch das, vons
Berf. ($. 1357) Geſagte fcheint unbefriedigend, und fo find denn
einige Erörterungen über diefen Gegenſtand wohl bier nicht am
anrechten Orte. Von dieſer Lex find drey Capitel auf uns
gefommen. 1) Kein Römer foll ein Zrauenzimmer .in feinen
Tetamente zum Erben einfegen dürfen. Cic. in Verr. I. 42.
— Dem Verf. Scheint es zweifelhaft, ob die Worte bes Cicero:
„qui post Postbumium et Fulvium censores census esset“
den hier angegebenen Sinn haben könnten, da Afconius
fagt, diefe Lex fed nur auf Reiche, in der erſten Claſſe Cen⸗
firte, d. i. folche gegangen, die wenigfiens 100,000 H. S. im.
Vermögen Hatten. Diefe Nachricht des Aſconius if fiher
untihtig, da gewiß weder in den Zeiten, ma bie Lex Vo-
conia gegeben worben.ift, noch in denen des Cicero a00,aocHH, S.
den hoͤchſten Cenſus ausgemacht haben, da Eicerg felöft in
diefer Mede unter Census denjenigen verfieht, ber in die
Mufterrolfe eingetragen war (was in den Zeiten der L. Voc.
nicht aber im denen des Cicero noch bey jedem Römer varı
tum), und von einem Senator, d. i. einem Manne, der we
nigſtens Boo,o0o H. S. befigen mußte, und. einer reichen Sram
fügt, fie feyen im Sinne der L. Voconia nicht censı gewefen,
Seht man Hiervon aus, fo bleibt nur die hier gegebene, mit
403 Hugo Lehrbuch der Gefchichte des Nömifchen Rechts.
dem Sprachgebrauche vollfländig Äbereinftimmende, auch von
Afconins angeführte Erklärung Abrig. @) Keinem Beide
fol mehr fegirt werben därfen, wie 100,000 H.$. — Diefes
Eapitel, welches Dio Caſſius ausdruͤcklich angibt, dient ſehr
die, bey dem Nichtjuriſten Aſeosnins herrſchende Verwirrung
zu erflären. — 5) Keinem Legatar foll mehr Binterfaffen werden
Binnen, als dem Erben. — Die Gründe diefer fo außers
ordentlichen Legistation fcheinen zu ſeyn a) Veränderungen in
der Lehre von der Tutel. Schon feit einiger Zeit war bie
. tutoris optio entflanden. ine nothwendige Folge Hiervon
war es, daß die Tutel gerade In dem Falle, wo am erfien
Mißbrauch zu befärdten war, nicht mehr hinreichte die Erhal⸗
tung des Vermögens in der Familie zu bewirken. Wollte man
den, auch jet noch fo bedeutenden Grundſatz, man müfle das
Vermögen der Familie zu erhalten fuchen, nicht aufgeben, fo
mußte jetzt nothwendig die Erbfähtgkeit der Franenzimmer eins
gefchräntt werden. b) Der zunehmende Lupus, dem nad Aufs
hebung der Lex Oppia jeßt, wenigſtens bey Frauensimmern,
‚Bein bedeutender Damm mehr entgegenftand. c) Das Häufls
gerwerden der laxen Ehe. Gell. XVII. 6. — Was den Ins
Halt diefee Lex betrifft, fo Hat fie wohl an dem Snteftats
Erbrechte der Frauenzimmer, das jest noch wie zu den Zeiten
der zwölf Tafeln befand, nichts geändert. Wenigſtens ſchwei⸗
.. gen hiervon alle Nachrichten, und auch ber Zweck der Lex,
Abwendung der, den Agnaten durch die tutoris optio drohen⸗
den Gefahr, fcheine dieſe Vermuthung zu beflätigen. Erſt
fpäter,, da die Weiber Hey der Veräußerung der res nec man-
cipi, nicht mehr an die auctoritas ihrer Tutoren gebunden
waren, als die Erfahrung gezeigt hatte, daß das Erbrecht
eines Frauenzimmers, das die tutoris optio ſchon hatte, doch
immer gefährlich werden könne, ward auch die Snteflats Sucs
eeffion jure civili, Voconiana ratione befhräntt. Paul. IV,
8. $. ae. Ebenſo wenig find wir gepwungen, noch fonftige
bedeutende Verfügungen anzunehmen, welche nicht auf uns
gefommen wären; da die befannten einen vollffändigen Cyklus
. >
Huge Lehrbuch der Gefchichte des Mömifchen Rechts. 103
bilden, and durch ihre Zuſammenwirken alles das erreicht wers
den fan, was durch dieſe bewirkt werden ſollte. j
Zu dem Roͤmiſchen Eigenthume gehören zwey Fälle, das
in hᷣonis esse umd bag b. f. possidere., Damit in beyden
gillen Römifches Eigenthum entfiehe , mar bie Uſucapion eins
geführt. Bey den praediis provincialibus war dieſe unmägs
ih. Um dem b. f. possessor ſolche Grundſtuͤcke ſodiel mögs
ih zu ſichern, entfland die long. temp. possessio, Welche ia
der Folge auch in andern Fällen und bey Rechten angewandt
wurde. Sie fehte eben fo gut natärlihes Eigentum voraus,
wir die usucapio, und bewirkte theils Exceptionen gegen jeden,
theils daß die actio Publiciana ſelbſt gegen einen b. f. pos-
sessor als weniger Berechtigten angeftellt werden konnte. Hier⸗
aus läßt ſich die Frage des Verf. (S. 955) beantworten, 06
die longi temporis possessio eine adquisitio naturalis gewes
m fen? Uebrigens fcheint es zu früh, wenn jetzt ſchon von
dem Termine von gehen und zwanzig Jahren geſprochen wird.
fr. 76. 9. 2: D. 18. 1. — Auch die operae serworum ſchei⸗
nen als eigene Servitut noch nicht Hierher zu gehören, da
Juriſten der Folgenden Periode fie noch theils zum Uſuefeuctut,
f. 3. 4. D. 7. 7., theilß zum 'usus fr. 5. D. ood. rechnen.
— Die dos kommt nicht allein jetzt, fondern auch [on in ber
vorigen Periode vor. Dief beweist zwar nicht die $. 166
N. 2, angeführte Stelle, wohl aber Cic. Top. c. 4 „Cum
mulier viro in manum convenit, omnia, quae mulieris
fuerunt, viri Aunt dotis nomine,* Ob man damals das,
durch dieſe successio universalis erworbene Vermögen ſchon
dos genannt babe, 06 bey der Taxen Ehe fchon in der vorigen
Periode eine dos vorgelommen tft, das iſt eine andere Frage.
— Die bona receptitia gehören der Frau eigenthämlih : bey
der Arengen Ehe fommen fie daher fiher nicht vor.
Die B. P. iſt befanutlich von den Verf. vortrefflich ba
geftelle worden. Ihm allein verdanken mie eine vichtigere Ans
fiht diefes Sinfiruts. Gerade aus diefem Grunde haͤlt es deu
Rec. für nothwendig, hier einige Punct⸗ zur Sprache zu briu—⸗
’
s
-
N
104 Hugo Lehrbuch der Gefchichte des Römifchen Rechts.
‚gen, wo der Verf. nach feiner Meinung geirrt hat. Zu Biefen
- gehören vorgäglih: 1) die Entfiehung bee B. P. — Hier
nimmt der Derf. an, daß das Beſtreben Concurfe zu verhin⸗
dern, den erſten rund diefes Inſtitutes enthalten habe. Dieſe
Anſicht erklärt die Sache nicht. Wenn man auch zugibt, daß
der Praͤtor bey völligem Mangel an Civilerben das Vermögen
andern Perfonen habe anbieten können, um die gehafte mis-
sio in bona zu verhindern, fo bleibt es doch unerflärt, wie
gerade die. Form der B. P. entfianden, wie ſolche, die nicht
Erben waren, den Erben vorgezogen werben konnten. Voͤllig
undegreiflich fcheint bey dieſer Vorausſetzung die eingeſchraͤnkte
Succeſſion der Cognaten. Auch die angeführten Beweiſe find
fo bedeutend nicht, daß fie diefe Meinung begründen konnen.
Cic. ad. Att. VI. 1. geigt nur, daß die B. P., welche unter
der Form det missio ex secundo decreto vprfam, im Edicte
unter die Miſſionen geftellt war. Der 6. 4 J. 3, 9 (10)
aber und das ganz aͤhnliche fr. 1. pr. D. 38. 9 enthalten
nichts wie den Bag: ber Prätor habe kurze Friſten vorge
ſchrieben, damit die Ereditoren bald .wüßten, ob es zu einem
Concurſe komme, oder nicht. Dem Rec. fheint es viel natuͤr⸗
Ticher, wenn man annimmt, bee Prätor habe bey Einführung
der B. P. am gar! nichts Neues gedacht, fondern nur, dem
heres verfprochen, er wolle ihn fehleunig in den Befitz feßen, '
wenn er gehörig darum nachſuche, d. i. B. P. agnoſcire. Syn
der Folge ward biefer Befig in zwoy Fällen auch Nichterben
‚gegeben, a) wenn gar keine Erben da waren, und b) wenn
nad) der Lage der Sache und der jegigen flatt findenden Bitten
einem ‚andern ale dem heres das Vermögen gebührte. In
dem letztern Falle reichte jedoch Die bloße agnitio niche hin,
fondern es bedurfte einer causae cognitio pro tribunali und
eines Decrets. Erſt nachdem fih auf diefe Weiſe ein Gewohn⸗
heitsrecht gebildet hatte, kam biefe B. P. in das Edict. Diefe
Anſicht flimme’ fehr wohl mit der ganzen Entflehungsart des
prätorifchen Rechts überein, und wird durd) das, was wir von
ber B. P. . deerstalis . wiffen, nicht unbeutlicdh. -unterfläßt.
es
Hugo Lehrbuch der Geſchichte des Roͤmiſchen Rechts. ſos
8) Das zweyte, worin der Dec. nicht mit dem Verf. übers
einftimmen Tann, find- die Wirkungen der B. P. Viele anger
ſehene Zuriften, von denen.etwa hier Cujacius, (XXI,-56),
Salvanus (de usufr. c. 25 No. 11), Greve (exercit
ad x. loca diff. XXI. 05. c), Cofla, Vinnius nnd
Otto (ad $. 2 J. 5.9. (10)) genannt zu werden verdienen,
hatten den Srundfag aufgeftellt, der bomorum possessor, der
nicht nach Civilrecht berufen, fen nicht Erbe, d. i. nicht wir,
licher Repräfentant des Verfiorbenen, fondern der Prätor ber
handle ihn nur als folchen, indem er Ihn ex secundo decreto
in possessionem bonorum wie den Erben insmittire. Aus
dieiem Grunde erhalte er denn auch nur natürliches, nicht
Römifches Eigenthum, bie actiones (im eigentlihen Sinne),
die von Der Perſon der Strenge nach nicht getrennt werden
Kinnen, und daher nur auf den wahren successor universalis
übergehen (fr. 25. $. 2. D. 7. 3. und eine Menge Anwens
dungen) , gingen’ weder active, nod) passive auf ihn über; fie -
fonnten daher auch nur utiliter von ihm und gegen ihn ans
gefellt werden. Diefem Satze widerſprach nun der‘ Verf. im
den vorigen Ausgaben ausdrädlih, und -fucht feine Meinung
auch jet noch gegen neuere Einwuͤrfe zu vertheidigen. Auch
dem Rec. ſcheint die entgegenfiehende Meinung den Vorzug zu
verdienen. Für dieſe fpriche nämlich a) die gange Analogie,
indem das Ediet des Prätors Beine civilrechtlichen Wirkungen
begründen konnte; b) die Terminologie, da die Ausprüde
possessio, bonorum possessio, hereditatis possessio, melde.
zur Bezeichnung dieſes Inſtitutes gebraucht werben, unbedingt
auf ein ſolches Verhaͤltniß hinweiſen; c) Yte Form, unter welcher
das prätorifche Erbrecht gegeben wird. Diefe ift die Missio
ex secundo decreto, welche befanntfich nur pratorifcheg Eigens
tum begrändet. fr. 5. pr. fr. 12. 15. $. 16. fr. 28. 6. 15.
fr. 44 $. ı. D. 39. 2. fr. 5 $. ult. D. 41. 2. d) Die
Definition der B. P. in fr. 3. $. 2. D. 57. 1. e) Das aus⸗
druͤckliche Zeugniß Ulptans (XXIX. 12), der Inſtitutio⸗
nen ($. 0. J. 5. 9 (10) und des Theophilus. (Dev
106 Hugo Lehrbuch der Geſchichte des Roͤuſchen Rechts,
Verf. ſucht Diefe Stellen durch die Bemerkung gu entfernen,
eine vindicatio utilis fey doch etwas ganz anders, als gar
Leine. Allein cheils IM hier nur von eigentlichen Actionen bie
Rede, theils iſt es noch eine ſehr große Frage, ob nicht auch
dem natürlichen Eigenthämer eine vindicatio utilis nach den
Umfänden gegeben werben ſey, gerade fo wie dem Emphyteuta,
dem Superficiar, dem Pfandglaͤubiger u. m. a.) f) Endlich die
Stelle von Varro (deR.B.II.10), weiche niet fo ganz unbes
dentend ift, wenn man bedenkt, daß Varro bier genauer und mebr
juriftifch ſprechen will, wie in den frübern Stellen, wie dieß der
Zufammenhang gibt. Gegen biefe Gründe koͤnnen au nicht ans
geführt werden fr. 1.D. 57. 2., fr. 1. pr. D.38.9., fr. 70.$. ı.
D. 50. ı6, da aud) vom missus ex secundo decreto häufig ges
fügt wird, er fey dominus. fr. 7.6. 1.D.7.1.,f.5. D. 10.
3., fr. 2. pr. D. s3. 5., fr. 15. $. 17. fr. 58. D. 39. a. —
Die Eintheilung der B. P. in ordinaria und extraordinaria
wird nirgends angegeben, was doch bey den mancherley Hier
Berrfchenden Mißverkändniffen wohl. doppelt nothwendig gewes
. en wäre Dabey ſcheint es fa, als wenn, der Verfaſſer
die B. P. quibus ex legibus faft gleichbedeutend mit der ex-
traordingria betrachtete. Iſt dieß, fo fcheint dieſer Begriff
theile zu eng, theils zu weit. Können Sprachgebrauch und
Analogie nur irgend unfere Faͤhrer ſeyn, fo muß unter ber
f 9. B. P. extraordinaria (der Ausdrud felbf finder ſich bey
Ben Römern ‚nirgends, wohl. aber der Gegenſatz: B. P. ordi-
naria) eine ſolche B. P. verfianden werden, welcher keine beſtimmte
Stelle durch das Edict angewielen iſt, melde vielmehr neben
werfchiedenen B. P. ordinariae vorlommen fann. Diefes findet
aber nicht bey jeder B. P. quibus ex legihus flatt, fr. a.
6. 4, fr. 3. D. 38. 7. Der Begriff if alfo zu weit. Um⸗
gekehrt treten dieſe Eigenthuͤmlichkeiten nicht allein bey Ber B. P,
ein, die durch ein Privilegium einem Nichterben. gegeben wird
(fr. x. $. 1. D. 38. 14); fondern auch bp der B. P. ex
Edicto Carboniano, welder fogar die B.P. unde liberi als
ordinaria entgegengefegt. wird, fr. 5. $. 3. D. 37. &., fr. 3,
%
Hngo Lehtbuch der Geſchichte des Mömifhen Rechts 107
. 15. 16. D. 37. 10), und bey der B.P. contra tabulas und
contra suum Des Patrons. Der Begriff IR alfo auf der am
dern Brite zu eng. — Diefe B. P. des Patrons ſteilt der Werf.
fo dar, als wenn fie unbedingt flatt gefunden hätte, ſobald ber
libertus ohne leibliche Defcendenten mit Hinterlaſſung eines
Teftamentes , oder von suis verſtorben. Auch dieſes fcheint
nah fr. 2o. D. 37. 14, C. J., C. Th.4. 4 C. 2. C. 6. ı3.
unrichtig. — Zu den Stellen, wo fih Spuren von ber Eins
fhellung der B. P. in B. P. cum re und sine re finden,
hätten woßt and no fr. 12. D. 28. 8., fr. 8.D. 8.6
jugefege werden koͤnnen.
Deiste Pertode Vielleicht Hat der Dec. ſchon jetzt
bie Srängen einer Anzeige üserfchritten:: baher im dieſer und.
der folgenden Periode nur einige Bemerkungen üder die Ger
ſchichte der Legislation. Es If gewiß fehr richtig und fehe
folgereich , wenn der Verf. darauf aufmerkſam made, daß jetzt
noch keine Art Baiferlicher Conflitntionen als Verordnungen von
obenherab zu betrachten ſeyen, fondern nur wie ähnliche Ver⸗
fügungen eine® magistratus, von denen fie ſich allein durch das
Anfehen und bie länger dauernde Herrſchaft bes Erlaſſenden
auszeichnen. Biere Bemerkung folgt aus einem richtigen. Be⸗
griffe der Oberherrſchaft des Auguſts (welche durch Vereinigung
der bedeutendften obrigkeitlichen Stellen und duch ihre Extheis
lung auf Lebenszeit begründet war), und wird durch die Ges
ſchichte der Legislation unmwiderfprechlich erwiefen. Demungeachtet
bleibt es Für die Rechtsgeſchichte doch Immer von Wichtigkeit,
nicht affein die Edicte, fondern auch die übrigen Conſtitutionen
zu kennen, welche Gelegenheit zu einem Gewohnheitsrechte
gegeben haben. Diefe flellt nun der Verf. mit den einzeinen
Leges und Scta nad den Kaiſern zufammen, weburd bie
Ueberſicht ſehr gewonnen Hat. Dieſe würde noch mehr erleichs
tert worden fern, wenn er hier, wie in der folgenden Periode,
die einzelnen Beſtimmungen ſyſtematiſch geordnet hätte.
Ganz vellftändig iR diefe Zufammenftellung nicht; und fo
ſcheint ein Heiner, wenn gleich mangelhafter Nachtrag hier
108 Suge Lehrbuch der Geſchichte des Minifchen Rechte.
nicht Äberfiüffig. Uebergangen find — unter Anguf: Ulpian.
XX. 10. 61.3. 2. 0. — fr. 21. D. 40. 2. — unte Claus
dins: Sueton. c. 18. 19- 25 — Ulpian II. $. 1.6. —
fr. 2. D. 16. 1. — Sr. 6. pr. D. 57. 14. — fr. 4. $. ı.
D. 40. 16. — fr. 3. 6.8. D. 47.9. — C. 3. C. 5.30. —
C..1.C. 7. 19.5 — unter Veſpaſian: fr. 7. pr. D.37, 14.;
unter Tttns: Sueton. Tit. c. 8. — fr. 1.9.3. D. 49- 14.5
— unter Domitian: Sueton. Dom. c. 8.; — unter
Nerva: Ulpian. XXIV. 98. — fr. 4. pr. D. 40. ı5.;
— unter Trajan fehlen das Sctum Rubricanum, Dasu-
mianrum, Articulejanum und Apronianum, das Edictum
qui se ipsos deferunt und die in fr: a. D. 28. 5. fr. 5.
D. 357. ı2. und fr. 14. D. 50. ı2. enthaltene Verfügungen ;
— unter Hadrian: fr. 9. D. ı. 6. — Spartian. Hadr.
ce. 18. — fr. 8.9.5. D. a8. 5. fr. 18. pr. D. 26.5. —
fr. 5. D. 40. 5. — fr. 425. $. 1. D. 37. 14. C. 2. C. 7. 4
— fr. 24. $ 21. D. 40. 5. — fr. 20. $. 4. D. 40. J. —
C. uk. C.-7. EM 1. 6.2. D. 40. 15. — Ulpian IIJ. 3.
— f.3.62.D958— fr. 1. 9. 8. 9. D.27.B —
$. 0. 1 Mn ie Dep 57 14 fr. 8. £. 8. fr. Q2.
D. 36. 9. fr. 19. D. 49. 14. fr. 16. p- fr. w. $. 3.D. 49
gm u using
rn 1.6. 2. D. 2g. ı. — Ulpian. XXIV. 08.
fr. 14. $. ı ———
7
6. 2. — — —4 er
5.5. D. 4.00. — α
5. 10. fr. 15. 9. 2. 3. D.9 4 — fra. 1 eod. —
fi. 7. $. 4 D. 38. hr. 9. 5. 4. D. 14.6. — fr. 7
6.1. D. 42.4 — fr. 1.9.2, D. 49. 8. — fr. 7. p. D.
49: 5. — Unter ihm finden fig endlich die erften Spuren davon,
daß die Tutel als ein Munus publicum betrachtet werden fey,
was. unter den folgenden Kaifern immer mehr hervorgehoben
wird. — Bey Pius find uͤbergangen viele Beguͤnſtigungen
der. Freyheit, fodann fr. 12. $..1..2. D. 26. 5. fr. ı. §. ı.
D. 27.10. — fr. 13. % 1. D. 1. 18. — fr. 6. D. 27. 8.
N
Hugo Lehrbuch der Geſchichte des Roͤmiſchen Rechts. 109
5. 9. J. 2. 6. fr. 3. 6. 8. 15. D. og — fr 3:
p. $. 1. D. 74: 8. fr. ı2. D. 49. 14. — 6. 4. J. 2. 20. — |
fi. 77. D. 30. fr. 8%. $. 5. D. 50. — fr. 17. $. 2. D. oa. ı.
fr. 59. 6. ı. D. 35. =. fr. 3. 574. D. 49. 14. — fr. ı.
6.6. D. 42. 6. fr. 11. $. 2. fr. 14. $. 2. D. 56. 1. — fr.
ı. p- D. 37. 7. — fr. 30. D. 39. 1. $. 4 D. 357. 18.
— fr. 7. 23. D. 37. 5. fr. 7. D. 37.8. — fr. 1. $. 15.
fr. 6— 7. D: 25.35. — fr.3.9.4.D. 53. 6. fr. ı. pr. fr.
9. pr. D. 26. B. — Ferner manches über das forum, . da®
beneficium competentiae, die Erecution. — C. ı. C. 7. 43.
Aus den Regierungen von Marcus und Commodus, Die
nit wohl getrennt werden koͤnnen, hätten vielleicht .. eine
Erwähnung verdient: fr. 3. $. 3. D, 38, 16. C. 2. 3. C. 4.
5. — fr. 4 pr. fr. 5. p. D. 40. 1. Das Scrum Jam
ecianum. — fr. 1: D. 40.9. — fr. 1. $. 3. D. 40. 15. —
ft. 2: D. 40. 16. — Capitolin, Marc. c. g. ı0. C. 3. C.
7. 11. — fr. 1.p. D. 25.4 — fr... g. 14. D. 25.5.
— C. 25. C.5. 4. — C. 6. 12. C. 5. 17. — Das Sctum,
wodurch fo ſehr viel Aber Tutel beftimme worden — fr: 3.
6. 10. D- 46. 14. — fs. 62. $. 10. D. 17. 2. — fr. ı. D.
20. 2. — fr. 3.$. 2. D. 28. 3,
fr. 4. p- D. sß. 6. — fr. 20. D.
4 — 9 D. — Cm 0.6.56. —
fr. 38.6. 3. D. 36. — ie. ı. $. a. D. 55. 2. —
fr. 197. p. D. 97. 14. ke 16, $. 1. .D. 38. 2. — fr. 4. D.
37.8. — fr. 24. $. ı. D. 48.5. — fr. 8. 10. pr. D. 2. 14.
— fr. 56. D. 42. ı. fr. 6.9.2. D. 48. 2. — C. 2.C.o. 13.
fr. ı. D. 49.9. — fr. 1.2.97. D. 2. 18. Unter Pertis
nar finden wir ein mertwürdiges Senatusconfalt: $. 7. f. 2.
17., unter ‘den Megierungen des Septimius Severus und Tas -
raralia noch gar manche Bekimmungen, von denen etwa
die folgenden Hier angegeben werden können: C. 16. pr. C.
7.9. — Pr J. 2. 14. — fr. 9. 25. D. 4g. 15. — mancher⸗
led Beſtimmungen über Tutel, namentlih auch fr. 2. $. 9.
D. 36.6. — fr. 49. D. 19-0. — fr. 19. D. 2.2. — Cod.
—
"#10 . Hugo Echrbuch der Geſchichte des Roͤmiſcher / Nehtt.
Greg. lib._8. tit. 2. c. 1. — fr.11. $.6. D. 13.6. — 6.12. J.
8.6. — fr. 9. D. 44 3. — C. 6. C.7. 8. fr. 5.9 D. 27.4, —
fr. 3. p. D. 35. 1. — fr. 1. fr. 2. 9. 1. D. 34 9 fr 61.5.2
D. 31. C. 4. C.6. 49. — fr. 61. D. 29. 0. — $. 5. 15.00.
J. 2 20. — 6. 3. J.2. 15. — 2). 2. 17. —C,5C
6. 50. — C. 6. C. 6. 54 — fr. 26. $.1.D.6.5.-
fr. 2, $. 6. fr. ıB. $. 8. fr. 85. D. ag. 14. — fr. 46. D,
38. 1. — fr. 15. D. 39. 5. — C. 8. C. 9. 3. — GCi. c.
8. 36. — Sodann hatten bey den, der Zeit nach ungewiſſen
Scten die Senatusconfulte, welche Ulpiau (XI. $. 0— 23)
aufgezaͤhlt, wohl allerdings eine Stelle verdient. — Mic din
Zufägen muͤſſen noc einige Erinnerungen über das Gegeben
verbunden werden. — Die Lex Cornelia de injurüs
(9. 217), welche entweder eine eigene Lex, ober ein Theil der
L. Cor». majestatis iſt (Cic. ad divers, III. 11.) ſcheiut
nicht hierher zu gehören, da fie rein ciminaliſtiſch if. — O5 |
durch die Lex Julia repetundarum bie Mſucapion nnterſagt
worden, ſcheint zweifelhaft. — Ebenſo, daß nach ber L. Aeli
Sentia der libersus ingratus wieder Sclave geworden. Kim
gegen ſcheint wenigſtens zu fprechen, daß man in den Zeiten
yon Claudius dieſen Sag nach nicht als entſchleden bettan:
tete. — Dur die L. JIunia Velleja if das adcrescers
scriptis heredibus wohl nicht eingeführt worden ($. ası) |
Ale Stellen, welche von diefer Lex ſprechen, beobachten hi
Über ein gänzliches Stilfchweigen: und ſelbß durch Analogie
wird diefe Vermuthung nicht unterftuͤtzt; indem die flarfe Treu
nuug des Sohnes von andern Defcendenten. vielmehr zu dem
Geiſte des Rechts, wie es bald nad den zwoͤlf Tafeln ſtatt
fand, als in die jegigen Zeiten paßt. Auch der Umſtand, dab
die B. P. contra tab. fi nad andern Grundſaͤtzen richtett,
Scheint hiegegen zu ſprechen, und auf einen Zeitpunct hinzu⸗
weiſen, der Alter iſt, wie die B. P. — Unter abeignatio
libertorum ($. 224) ſcheint nicht ſowohl eime Freylaſſung Im
Mamen des Kindes; als eine Lebertragung der Patronatrechle
Aber einen Freygelaſſenen auf eins von mehreren SKiabern ver
⁊ 3
Hugo Lehrbuch der Geſchichte Des Römtfchen Rechis. 111
Randen werten zu mürfen. ft. 3. p. D. 38. 4. — Das
Sctum Tertullianum ($. 228) gehört wohl unter Hadriam.
$, 2. J. 5. 3. Der Umfland, daß unter dieſem Kaiſer fein
Conſul Tertufiius in den fastis vorkommt, rechtfertigt Diefe Werfen
jung wohl nicht, da diefes Sct, fehr wohl unter einem Consud
suffectus gemacht worden ſeyn kann. — Daß Bajıs nie
eitire ($. 25x), iſt wenigſtens ungegruͤndet. fr. 3 D. 38. ı7.
fr. 73. $. ı. D. 30. fr. ge. D. 55. ı. fr. 56. D. 3ı. fr.
11.:-D. Q. h fr. 85. D. 4. 8. fr. 46. D. 25, 2. U. de de
Stellen. .,
Vierte Periode. An der jeßigen Periode find die
Conſtitutionen der Kaifer die einzigen Quellen des gefchriebenen
Rechts. Bis auf Conſtantin find jedoch die Edicte, bie
wohl ſchon vor ihm wahre Verordnungen geworden find, ſehr
felten: mir ihm dagegen werben fie haͤufig, befonders während
feiner Regierung und unter denen non Theodoe II. und
Suftinian. Dieß muß man jedoch nicht fo verfiehen, als
wenn alte Conflitmtionen von dieſem Zeitpuncte an Edicte ges
weien , oder als wenn man nachher in die beyden Codices von
dieien Kaiſern nur Edicte aufgenommen habe, wie dieß ber
Verf. zu nehmen fcheint; viele find nur Mandate, Decrete
oder Reſcripte, nur daß auch diefe nach der veränderten Vers
faffung in der Regel an obrigkeitlihe Perfonen addreffirt find
(Gothofred. prolegomena ad Cod. Theod. c. 2.); und fo
it denn auch die Sache nicht ganz fo arg, wie fie der Verf.
darftellt. Eine Zufammenftellung diefer Eonftitutionen ift vorzägs
fih wichtig für das Studium des neueften Römtichen Rechte,
weiches gerade durch fie feine eigenchämliche Geſtalt erhalten
hat. Demungeachtet bat man in den Werken über Rechts⸗
gefchichee fehr wenig Ruͤckſicht auf diefeiben genommen; ein
Umftand,, der‘ es vielleicht zum Theil erklaͤrt, warum fo viele
die Kenntniß des alten Rechtes als unbedeutend für dag Stu—
dium Des neuern betrachten. Der Verf. iſt der erſte, der
hieranf befonders aufmerffam gemacht, und eine Zufammenfiels
fung verfuht Hat. Bey diefer Lage der Sachen läßt es fi
nun wohß.weder verlangen , noch erwarten, daß er hier etwas
Bollftändiges oder Vollendetes gelieferte Habe. Dieles iſt au
nit der Fall; wie freplih Hier wegen Mangel an Raum nicht
erwiefen werden kann, wie es aber der Verf. ſelbſt zugibt.
Nichts defto weniger verdient er auch in dieſer Ruͤckſicht uniern
vollen Dank; fo wie wegen des ganzen Buchs, das ſchon
fange dem, freylich im Allgemeinen leider fehr vernachläfligten
Studium der Nechtsgefchichte eine andere und beffere Richtung
gegeben har; wie dieß auch Diejenigen zugeben, die in Hinſicht
auf Methods anders denten, als der Verff.
\
442 VProteſtant. Geſangbuch f. das Oroßherzogih. Würzburg,
Zum Schluſſe nun-noch eine aßgemeine Bemerkung. Ss
dieſer, fo wie in den bisherigen Auflagen find, um Raum zu
fparen. lange niche für alle Säge die noͤthigen Beweisſtellen
angegeben worden. Auch dem Kenner iſt es intereſſant, wenn
er die Brände des Verf. vollſtaͤudig Überfieht. Dem Anfänger,
für welchen denn doch dieſes Buch ganz vorzüglich beſtimmt if,
find ſolche Augaden unentbehrlich, wenn er gründlich fEudiren
- will... Gewiß wärbe fih der Verf. neuerdings ſehr um uns
verdient machen, wenn. .er .fich entfchließen wußte, bey einer
neuen Ausgabe auch diefem Mangel abzuhelfen.
Gefangbuch zur kirchlichen und häuslichen Gottesverehrung für die
proteflantifchen Gemeinden im Großberzogthum Würzburg, nebſt
einer Sammlung von Gebeten. Mit allergnäbigften Brivilegie.
Bamberg und Würzburg , bey Guchhardt. 1810. 640 ©. 8.
Ein neues Geſangbuch für Proteflanten im Jahre ıdıo,
für lein ganzes Großherzogthum, mit einem Privilegium auf
zwanzig Jahre, das follte fürwahr beffer ſeyn, ‘als «6 if.
. Es iſt die gemeinfte Liederfammlung , wie man fie aus neuen
Geſangbuͤchern ohne alle Auswahl nehmen kann. Es ifk dafür
|
geſorgt, daß kein Andächtiger in poeriihen Schwindel gerarhe
Die erhabenften Lieder unferer vorzuͤglichen Dichter Haben hie
feine Aufnahme gefunden. Gemeine Gedanken, daß der liebe
Sorte nah Willlähr die Geſetze der Natur aufhebe (16) —
jeder Tag dar feine Plage — du bift morgen dach vielleicht
ſchon erbleihe, warum willſt du forgen? — die Seelen find
ihm gugezähle, dem Lehrer (512) — bleibe bey uns, lieder
®ott (526), auh mich ſprachſt du von meinen Sünden und
ihren Strafen völlig freu (200) — und eben fo gemeint
Ausdrud: Fleiſch und Gnade und Steafgerechtigkeit, Kreuzes
Mein, 1. find in dieſem Buche vorherrihend, und fichen oft
mit dem Beſſern im feltfamen Contraſt, z. ®, (371) Sott
erleuhte mid, damit ich mir micht eine Höfe That verzeibe
Tod gemeiner und des neuen Jahrhunderts völlig unwerth
find die angehängten Gebete. Man verbeflert ja die Kalender
in unferh Tagen, wird man nicht auch Gebetbuͤcher verbeſſern
lernen ?
No. 8. Heidelbergifäe 1811.
Jahrbuͤcher der Literatur
ATELIER TE ET
1) Shafveards won Schlegel noch unfiberfebte deamatiſche
Werke , überfeht von mehreren Verfaſſern. Erſter Theil
(Eymbelin und Ende gut, alles gut beyde von ©.
W. Keßler). Berlin, bey Hizig. 1810. — Zweyter The
Biel Lärmend um Nichts von Keßler; Winter:
mahrchen von 8. Kraufe) 1510. — Dritten The erſte
Hälfte die luſtigen Weiber von Windfor von H.
K.Dippold). 1810 8. (4 Rthk.)
2) Machetb , ein Trauerſpiel von Shakſpeare, überſetzt von 8. 8.
W. Möller Hannover, in Commiſſion bey den Gebrüdern
Hahn. 1810, 8. (8 gr.)
3) Schaufpielt vn William Shakfpgare, aberfett wn Heinrich
Voß und Abraham Voß. Erſter Theil (Macbeth von H.
V. Cymibelin von A. V.) Tübingen bey Cotta. 1810. gr. 8.
@ A. As te) |
ie Sammhing Nr. 1 "wurde vor yurfwehr zwey Sahren
von Ira. Kepler eröffnet, der Cymbelin und Ende gut
alles gut in zwey befonderen Bänden herausgab, ohne .
ih geradezu als Fortfeger des unterbrochenen Schlegel‘ (gen
Shaffpegse amzufündigen; allein die Abſicht lag ſchon in dem
innen Format und Drucke vor Augen. Zu ihm Haben
fih bis ip: zwey andere gefellt,, und wahrſcheinlich merden ung
die folg ben "Bände noch mehrere Theilnehmer nennen. Ob
A das Recht Hatten, einen Titel gu waͤhlen, der
ct erklärt, Schlegel habe feine Hand vom
"aeg; dieß laſſen wir als etwas den. Werth
hg nichts angehendes ununterſucht. Die Bemüs
hungen der drey Verfaſſer, die mit Kraft ausgeruͤſeet an ihr
Berk gingen, „Rd des waͤrmſten Dankes werth. — Ob Hr.
Möller feine Machethüberſetzung mit innerem Beruf unters
nahm, iſt wicht recht Hat, — Die Gebibder Voß glauben ſich
8
314 Neberſetzungen von Sbalpeare's dramat. Werken.
hier das Zeugniß geben. zu "dürfen, vs fle mit großer tiede
gearbeitet Haben.
Vor allem wird vom poetifchen Ueberſeher gefabert, daß
er ein kritiſcher Kenner der Urſchrift ſey; denn ohne das iſt
das Eindringen in’ den Gerias des Dichters nicht möglich.
Bon dieſer Seite leiſtet uns Hr. Keßler vollklommen Senuge.
Der Sinn iſt faſt durchgehends getroffen, auch an ſolchen
ſchwierigen Stellen, wo die Englifhen Commentatoren ſtill⸗
ſchweigen und Eſchenburg nicht befriediget. Einzelne Fehler
der Uebereilung in Cymbelin und Ende gut alles gut
hat ein ſprachkundiger Rec. der Sen. Literaturz. (1809 Nr. 216)
gerägt, mir fügen auß: Biel Lärmens um nichts, fol
gendes hinzu. & 27: „Ich wundere mid, dab du — —
umhergehſt, und ein moralifches Mittel gegen ein zödtliches
Anheil anwenden willſt. “Dieß ſollte heißen: daß du Damit
umgehſt (gaest about to apply) eine morallſche Arzney |
u. ſ. w. — ©. 39: „der Küfter Hat geantwortet“ fagt |
etwas anderes als; der Küfter Hat feine Antwort, und
nur dieß paßt zu: the clerk is answer’d. — ©. 47: „fie
hätte Herkules dazu: gebracht, den Braten zu wenden; ja und
feine Keule zu fpalten um Beuer Darunter zu machen.“
She would have made Hercules have turn’d spit; yea and
have cleft his elub to make the fire too — dieß Heißt,
meinen wir: ja, fie Hätte ihm noch die Keule ges
fpalten, um Feuer damit zu maden. _ & 255 |
ſteht: „Antiäger“ flatt Verbrecher, offenders, und
S. 1957: „baare Meineidigkeie“ ſtatt: baarer Ein; |
bruc, flat burglary. . *
Ein gleiches Lob muͤſſen wie Hrn. Dippold und Hrn.
Möller zugeſtehn. In den luſtigen Weibern iſt uns
nur folgendes aufgeſtoßen. & 46: „erbarme dich“ ſtatt
bedaure mid. S. 37: „Welches unachtfame Benehmen |
hat dioſer aufgelefene flämifhe Saufaus (in's Teufeis Namen)
aus meinem- Gefpräch herausgepickt.“ Wir vermuthen hier
eine Eorrsgorfändes da. die Ueberſezung von rbat an un-
|
|
Webesfegunggn von Shalſpeare v dramat: Werken. 115
weigh’d hehaviour "has this Fleamisk drunkard' pick’4
(with the devil’ s näme) out of my 'eohversation, nicht
die mindeſte Schwierigkeit hat. Was für ein unuͤberlegtes
Betragen Bat diefer flaͤmtſche Saufaus Ein’s Teufels Namen)
ans meinem Sefpräge‘ herausgepickt Caufgelefen). — Gleich
darauf moͤchte: „ſo gewiß als fein Einu eide aus Darmen
beſteht ſchweriiq ju as sure as his guts Are made of
puddings flinmen, Wir ſchlagen Würfe von — Im
Möller ſchen Maächerh fanden wir gar keine Verflöße. Act. 1
Sc. 4: the rest i$ labour, which is not us’d for you
üderfegt Kr. M.: „das übrige iſt Arbeit, die für euch nicht
taugt“, womit auch unſere Ueterſetzung übereinftimmt: „Was
jeßt- hun iſt, ſchickt ſich nicht für euch.“ Dem freundliche ‘
gefinnten Rec. im Morgenblatt, der die Efchenburgifche Uebers
fegung : „die Ruhe ift Arbeit, welche nicht für euch gebraucht
wird“ zu vertheidigen fucht, Heben wir zu bedenken, ob ſich
dieß mit dem Artikel vertragen inte. Aufmerkſamkeit verdies
nen noch Hru. Möller's Erklaͤrungen von Act. 2 Sc. 5:
as from your graves rise up, and walk like sprights >
to tountenance this horror.
„Die Graufen zu vollenden“
und von Act, 4 Sc, 55
there ran a rumour
snäny worthy fellows that were but P
* viele Wackre in den Waffen ſtünden.
die allerdings beſſer paſſen, als die unſrigen: „um anzuſchaun
den edel“ "und „viel wackre Leute fein beyſeit gefhafft“ —
—34 ſich nur erweiſen ließe.
kauſe ſteht an Kenntniß der Shakpeariſchen
— n Mitherausgebern etwas nach. Zwar fanden wir
manche Bonn: er zuerft Licht gebradht, 'wie Act. © Sc. 2;
here is such‘, ado,. to make no stain a stain, As passes
colouring: ADdier quift man ſich, um weißes ſchwarz zu Für
ben , wie fela ein Färder nicht.“ "Act. 4 am Schluffe! to
him will I present them, there may he matter in tt
416 Ycherfehnngen von Ehiencı dramat. Beten.
Ihin will ih. fie. vorfiellen, dag Tann fein Gutes haben u. a. m.
Doch ift die Zahl ber mißverſtandenen Stellen viel bedeutender,
als uns lieb war. S. 6: „ich ſpreche es in ber Freymuͤthig⸗
keit unferer Bekannefhaft; I speak it in the freedom
of my knowledge heißt: Ich fage es mit ber Freymuͤthigkeit
meiner Webergeuging. — ©. ıı:
gch liebe feinen Glockenſchlag dich lan ger}
Wie eine Frau den Mann.
Bas heißt das? — Shaffpear’s:
I love thee not a jar 0’ the clock behind
What lady she her lord
ſteht ſpruͤchwoͤrtlich, und verfarfgt durch ein ähnliches ws
wort erſetzt zu werden. Bielleicht: -
ch liche dich kein Haarbreit weniger.
— ©, 19: „Wir fprähen zum Himmel: Nicht ſchulbig! bes
freiten von der Buͤrd uns, die unfer Erbtheil iſt.“ Dieß
‘fagt, fo viel wir fehen, grade das Gegentheil von: the im-
position clear d, hereditary oürs: die Erbfünde ausge;
nommen. — ©. 14: „geht nur“ untichtig flat: fahrt
fort, go on. — S. 17: „Wie nun, du Hurenkalbe!
Shakſpeate fagt angemeffener: Wie ſteht's, mein luſtig
Kalb, wanton calf. — Ebendafelöft: „Weiber ſagen's; das
heißt ſchon was.“ Das Enslifche lauter: Weiber ſagen's, die
fagen alles, women say.so, that will say any Ming.
— Gleich darauf: „wie Äbertändte Mähren“ iſt wohl ein
Druckfehler. — ©. 195 „Willſt Eyer kaufen gehn? Mam.
Nein Here, will fehten.“ Darin liegt ſchweriich nur a er
trägliher Sinn. Shakſpeare's Worte; will you "take egg's
for money: Mam. No, my lord, Tl fight — ſich einzig
richtig von Smith und Steevens erlaͤutert worden. —
S. 20: „an Stirn und Ohr ſchon Hoͤrner gibt ein vers
wuͤnſcht poſſierliches Bild. O’er head and.ears a fork’d one
ſagt wohl nichts weiter als: über Halt una For ge⸗
hoͤrnt? — ©. Ar.
. : /
Ueberſetzungen von Shalſpeare's dramat. Werlen. 447.
„doch es wohnt ·
Hierin der ebrenreiche Schmerz, der wehr I
Als Thränen brennt.“
das Original redet vom Schmerz der wilder brennt, als.
daf ihn Shränen Id ſchten, which buxns worse than
tears drown. — ©, 54: für „[hußfrey“, welches gar
nit, paßt, leſe man ſchußfeſt, plot- - proof — ©, 55:
„der vochte Geiſt der Wade, dringt heram auf diefem
Beıg“ Das’ Engliſche: the very thougth of my revenges
that way recoil upon me, wuͤrden wir ſo geben: Schon
der Gedank' ay Rache prallt dieſes Wegs auf
mich zur uͤck. — ©. 57: „dir geb’ ichs auf, fie nicht zu
mir zu Sagen; ih weiß fe will’s.“ Beſſer: Ich
band dir ein — ih dacht's vorher, I charg’d
thee — I knew she would. — S. 68: „Entfiegelt
von Apoſlo's Prieſter“; ta seal up if verfiegeln. — ©. 73:
fatt; „denn, euer Thun bezeugt es“ fagt das Original: those
of your fact are so, mie alle deines Schlags, und
gleich, darauf ftatt: „für ſich allein“, like to itself, das Kind,
das ſich nur gleicht. — ©. 79:
whereof I reckon.
the easting forth to crowg thy baby. daughter .
to be or none or little; though a devil
would have shed water out of fire, ere-dont ;
die Uebsrfegungi
„wohin ich vechne, . J
Daß Preis den Kraͤhn dein Töchterlein du gabſt
Zu Tode oder Schmach; obgleich ein Teufek
&h feurig Daffer weint" ch” ev’& getban® - :
ft ungewöhnlich dunkel. Wir ſchlagen vor: .”
worunter ic, "
Daß du den Kraͤhn preisgabſt dein zartes Kind
Nicht rechne, oder kaum— obgleich ein Teufet
Eb Thraͤuen aud der dollenglut gemeine on
Als dieß /gethan. | » u: N: ne
ER
— S. 218: „Liebeslied n.. mit einer sole. —Se
. | \
118 Ueberſetzungen. von Shalpeare⸗ dramat. Werfen.
Laſt von Herzen und Scherzen.“ Burden iſt hier Shhlußz⸗
vers, wie im Sturm: and, sweet sprites, the burden
bear. — S. 116: „Er hat Bänder von allen Farben des
Regenbogens, handelt mit Zeugen mehr als womit alle Rechts⸗
gelehrten von Böhmen gelehrt verhandeln koͤnnen, odgtei
er fie im Großen befdmmt.“ Wenn nicht alles trägt,
fo fagt das Driginal etwas viel paffenderes: points, more
than all the lawyers in Bohemia can learnedly handle,
though they come to him by the grols, Spißen, mehr
als atle Advocaten in Böhmen zu ihrem Kram
verbrauchen fönnen, wenn fie gleih zu ihm Täs
men in hellem Haufen. — Ebendaſ. „NRupel: Ihr Habe
ſolche Kraͤmer, die ihrer mehr (naͤmlich gottloſer Reden) fuͤh⸗
ren, als ihr‘ glaubt, Schwerter. Perdita. Ey, guter Bru⸗
der, geh und befinne dich.“ "Hier ift der Sinn durchaus vers
fehlt, wenn wir nicht etwa annehmen, Kr. Kr. habe fein
Original abſichtlich verlaffen. Clown. You have of these
pedlers, that have more in ’em than you'd think, sister.
Perd. Ay, good brother, or go about to think, Mi:
pel. Es gibt unter dieſen Krämern, die mehr Hinter den
Ohren haben, als du glaubſt, Schweſter. Perd. Oder als ich
je Luft haben werde zu glauben, mein guter Bruder. —
©. ı22: „Laßt den Gefang nur gleich von ſelbſt aufhören.“
‚Richtiger: Wir wollen das Lied gleih unter ugs zu
Ende fingen, well have this ‚song out anon by our-
selves. — S. 123: „die nichts weiter Können ald Kegeln,
bowling fags Shakſpeare, und bowling bezeichnet hier den
ehrbaren Menuertenfhritt. — S. 198: „Vernunft,
mein Sohn, ermählt ſich feläft ein Weib, doch als Mernunft
muß doch der Water — — — ein. Wort mitfprehen.“ —
Ser unverſtaͤndlich! Reason’ bedeutet in unſerer Stelle: eg
i ſt recht; und as good reason, eben fo Let. —
©. 137: „Welch ein Panier TOR ich Far den VBeſach aufs
fielen ihm.“ Das Driginal ſagt gang eitifadhi” mit wel⸗
he Vobwande ſoll ich meinen Beſuch bemänteln:* Wit ahn⸗
Veberſetzungen von Shalfpeare’s dramat. Werfen, 119
ben ungefaͤhr was Hr. Kr. gewollt hats aber er verdanft die
ganze koſtbare Medensart bloß einer Verwechſelung von colour
und colours.
Diefe Bepſpiele werden hinreichen, um unfern Ausſpruch
ju rechtfertigen. Da wir ſelbſt dießmal die Rolle von Verfaffer
und Recenſent in Einer Perfon vereinigen, ‚fo mag das Bors
ſtehende zugleich als Maßſtab gelten, wie viel, uder wie wenig
der kundige Leſer von unferer eigenen Kenntniß der Shakſpea⸗
riſchen Sprache zu erwarten habe. '
Gegmärhtit in der Mutterſprache ift das zweyte Erfors
derniß des poetifchen Ueberſetzers, und ein fo nothwendiges,
daß wir nicht anſtehn zu behaupten, der Grad unferes poeti⸗
(den Auͤffa ſſangsvermoͤgens richte ſich nach dem Grade unferer
dFortſchritte Im jener. Unter Sprache aber verfichen mie nicht
eben jene todte, maſſenweis sufammengefchleppte un thurmhoch
aufgeſchichtete, womit ſich mancher bruͤſtet, dem Soͤtt eine
derbe Sitzkraft verliehn Hat, fondern jene lebendige Seelen⸗
ſprache, des das fihtbare und horbare Wort nur zem Symbole
dient. Mit Diefer inneren Sprache, der auf den feileften Bhf
das bezeichnende Wort zu Gebote flieht, muß der Ueberſetzer
begabt ſeyn; nur dieſe kann ihn in die Feinheiten der Urſchrift hins
einführen, und des Dichters Genius auf ihn herabrufen, ohne
deſſen Beyſtand keine Nachbildung eines Kunſtwerkes moͤglich
Den wahre Ueberſetzer gleicht dem begeiſterten Topiſten
einer Rafaet fen Madonna, der wie fein Meifter die Him⸗
melekdaigin im threr Glorie gefehen, mährend der üngeneihte
Verdeutſcher, der bloß bie äußere Erfcheinung mähfam nach⸗
pinſelt, die Kunft dom Handwerke erniedriget.
die drey Herausgeber der Berlin ſchen
dortſ
einer IA der andere weniger, ein hohrs Idedl
vor Außer gehabt Haben, Shrre Aufgabe war, den Shakſpeare
mit der Geblegenheit und der Anmuth zu übertragen, die wie
m Schlegel ſchen Shakſpeare beioumdeen, Alle dreh Haben
Iren Vorgaͤntzer gruͤndlich ſtudirt, und ihm viele Vortheike
abgelernt, Die er vor nunmehr dreyzehn ve dis erſtet
420 Ueberſetzungen von Spakipeanet dramat. Werkz⸗
Schoͤpfer der Shakſpear'ſchen Gprade, aus Nichte aufbringen
mußte. ‚Erreicht bat ihn indeß keiner, und mo wir auch
Schlegel'ſche Tüchtigkeit finden, fheint es do an der aumm
thigen Leichtigkeit zu fehlen, die immer wit jener ſchweſterlich
vereint gehn follte. Der gebiegenfle vor den dreyen iſt unſeres
Meinens Keßler; ee weiß fo recht den paſſenden Ausdruck
zu finden, und, wie man fagt, ben Magel auf den Kopf zu
treffen, z. B. ©. 72: „Wenn er ſich hierauf nicht in ſie vers
ſchießt, fo will ich niemals meine Grwartung trauen.“ Aber
‚Häufig kann er die Perlen, die er herbeyfuͤhrt, nicht gut ord⸗
sen, die lebendigſte Wortſtellung nicht finden. Dazu Sommt,
daß er noch mit dem Rhythmus vingt, der ihm anfangs, wie
der Cymbelin beweist, trotzigen Widerſtand geßoten Bat.
Obgleich die Werte in Btel Lärmen um Mirchte um vieles
Beffer find, wie die im Eymbelin, ſo ik das Ziel dab immer
noch unerreicht. 8. B. S. 1925: |
„Das Schickſal fo meine Mittel geplündert.“
Auch Hat der Rhythmus mitunter einen dunkein Ausorud her⸗
bepgefuͤhrt, wie:
„Dein iſt ja meines Liebe; lehr fie wie, “=
Oder eine Wortverfegung; wie S. 117:
Schuld ihr Erröthen ik, nicht Sittſamkeit.“
die wir wohl taͤndelnden Liederchen, nicht aber dem dramati⸗
fihen Dialoge geſtatten. Am meifien befriedigen ung die pro⸗
‘‚faifchen Scenen, benen wir nur hin und wieber-etwad: mehr
dramatifche Lebendigkeit wünfhen. So much ade ab, noth.
‚ Act: 2 gegen das Ende: that's the scene that I would see,
which will be meerly a dumh. show. Keßler Überfegt:
„diefe Scene, welche bloß ſtummes Spiel, ſeyn wird, moͤchte
ich fo gerne mit anſehn.“ Viel lebendiger hat Eſchenburg: |
„die Scene möchte ic ſehn, es wird eine wahre Pantomime
fen." — So duͤnkt uns auch fleif.und ſchleppend ©. 140:
„O daß es mir niedergefchrieben worden waͤre — ein Efel“ !
© that-I had been wrir down — an 295,.D, wenn’s dod)
nur protokoſlirt wäre — ein Ejell Die Seenen, we Kart:
Iicherfegungen von Shalieare’s dramat. Werfen. 421
viegeb und‘ Holzapfel — trefiih Aberſeahte Namen —
ihr Weſen treiben, find mit vieler Laune Übertragen, 5. B.
©. ı34: Is our whole dissembly-appear’d — „ift unfee
ganzer] Kovent erfhienen“? Vielleicht aber iſt Here Keßler
in den geradhrechten Worten ein Haarbeit Äher die Linie ge’
teten. ©. 188 wenigſtens muß Kondemmiſatſchon
wit Redemption vertauſcht werben,
Im Teeffen. des richtigen Ausdruckes ſtehen Si pypolb
md Kreauſe; beſonders der fchtere, ihrem Freunde nach.
Ben Dippold ſinden wie S. 58: „o er iſt ein kurriger
Ritter“, iv -is.a merry knigkt, mo viefkit Furrig. und
fnucrig verwechfels And. — S. 54: „Elendsritters, gewiß
eine unfſchickliche Wortverknüpfung für palıry knight. — &. 99
ud andersbo: „Laugekorb“ fat Waſchkoörb. — ©.
201: „ungefhlahtes Maß“ für ungefunde Feuch⸗
tigfeis, unwholesome humidity. — ©. 43: „es gibt noch
fo eine Blanno“ ſtatt: es iſt eine Blitzbirne dieß Annchen,
good faish, is is such another Nan. — ©. 106: „verwirrt“
Rat Gekürgt, oder verduzt. — ©. 128: „Gelichter
von Bedienten“ für Paar. — ©. 143: „erfehen“
Rtt ausfiedn u. f. w. — Auch möchte der „gehörnte
Siaygfriad“ ©. 1926 als Gezeichnung eines Hoͤrnertraͤgers
(nit Keßlere Telle für Schuͤze B. zo viel Lärm. iſt
der Jall anders) ganz unpafiend- feyn. Doch von diefem abs
chen, Ton und Zarbe der licherfekung "find kraͤftig und
frifch , aud oft wird fle Bis zum Muthwillen üppig, wie immer
wenn Hr. Ehen Hugo Mus anfteitt, dem Hr. D. eine
gu reiuich Portion von Schwaͤbiſchen und ſelbſtgemachten
Prov en in den. Mund legt, Auch. in den Jamben
verdiene: Hr. Dippold Lob, wobey wir jedoch bemerken muͤſſen,
daß geade in ben luſtigen Weibern die Zambiſchen Partieen
licht zu bezwingen waren, Bier alfo zwifhen Dippold und
Keßler Beine eigentliche Vergleichung kann angeflellt werden,
de dieſer ganz andere Schwierigkeiten zu belämpfen hatte. —
422 nberſetzuugen von Shathbeares dramut Berten.
Bir theilen ans ben Infiigen Beübern folgende paar
Bellen mit. &. 159:
8 geh’ zum Doctor; denn ibm will ich wohl,
Für feinen andern it mein Jenchen ba.
Der Spärlich if ein Pinfel, reich an Landerei'n,
Und bat vor allem meines Mannes Bunfl. .
Doc Geld auch hat der Doctor, und am Sof
Gar mächt'ge Freunde; "Ber allein nur kriegt ſie,
nd wählten saufend andre um Bericht ſie.
Ein feiſches Colorit muͤſſen wir auch Hın. Kaufe zu
‚gefichen, : zumal in den prajalfgen Scenen. Den luſtigen
Hauſirer Auteiycus Hat er gar trefflich aufgefaßt, ſo auch in
der Schlußſcene des dritten Astes. Sie -beyäen Rupel, Kater
‚und, Sohn, die er, ohne zu übertreiben, in ifter. ganzen
Muͤpelhaftigkeit zeihmer. Bisweilen nimmt er, „mas Qeßler
und. Dipposd verfehmähen, und auch wir micht billigen, zu
aͤußeren Mitteln feine. Zuflucht, um Leben in dan Dielog zu
bringen. Dahin rechnen wir bie häufigen Oimimetine, wie
S. 89: „Schau ein Tauf deckchen für ein Urofralind.- —
.S. 101: „den ich ſonſt Habe herumlaufen fehn ud Miem—
hen fliehen“ (wo, beyläufig gefagt, der Sinn richtig getroffen
iſt) ©. 117: „Ligen nd Shlößhen“ m. f. m. aud
‚Redensarten, wie ©. 88: „um Sotteswillen, Junge, Wweunchr
war dag“, die an fich recht. gut find, gu denen aber das Ori⸗
ginal keine Veranlaſſung gab. — ©. 108: „in. dem Muncte
A mein Ger) foofh“, I am false at heast that way,
‚möchte aud wohl anderen anftößig fyn. Warm wicht: „Syn
dem Punete flieht es ſchlecht mit mir“, was im Zuſammenhange
das engliſche ganz ausdruͤckt. Sonſt möchten wir den Hru.
Krauſe (viel ſeltener Hen. Kepler) u ab iſchen
Anhaͤnglichkeit an den Formen des Originals beſchuldigen.
Gewiß iſt es (um und gang in feine Anſichten hineinzuverſetzen)
ein hoͤchſt falſcher Grundſatz, daß ein fremdes Kunſtwerk ſich
in der Ueberſetzung ganz in ein einheimiſches verwandeln muͤſſe.
Das hieße. Shakfpeare'n zu einem echten Deutſchen machen.
und dann müßte man vor allem das. nationale Gepräge dieſes
. Ueberfegungen von peffpesrc's dramat. Werten 128
einzigen Manns verwifchen. Mein grade das national Yubink
duelle eines ausländifchen Dichters ſoll mie Überfet werden,
und um dieß möglich zu machen, muß unfere Sprache, je
nachdem wir balb einen Griechen, bald einen Engländer vor
ung haben , Bald -rine Grtechifche bald eine Engliſche Biegung
amehmen. Und Preiß unferer biegfamen Sprade, die ohne
ihre Selbſtaͤrcdigkeit hinzuzeben, zu den Karben und Schatti⸗
tungen eines jeden Himmelsftriches ſich bequemt. Aber hier
grade muß eine beſtimmte Sraͤnzlinie gezogen werden; denn die
erſte Pflihe eines Ueberſetzers Bleibt immer , daß es inner halb
dem Bezirke der Deutſchen Sprache bleibe, und alles zuruͤck⸗
weile, was feiner inneren Natur mad nie Deutſch werden
kann. Hr. Krauſe haftet nicht felten gar peinlich an Neben⸗
Dingen, wo er denn wohl aus Beforgniß nichts aufzuopfern,
alles aufopfett; wie das zum Theil ſchon aus ben obigen Bey⸗
ſpielen lerhellen wird, zu denen wir noch folgende hinzufügen.
©. 106:
„Nach meines Sinne Model‘ ſchneid ich die Reinheit
Des ſeinen aus.“
Dieß iſt freylich getren nad dem Engltſchen: en
by the pattern of mine own thaugts Icuout °
The. yarity of bis, J
Aber wie fragen, wird wohl je unfse Syroqhe zu einer hia--
Redeferm ſNch Meen? Hier war es am Orts, cine Metapher
wit eider audern zu vertaufchen; und wenn wis uͤberſetzen:
Der Sypiegel meines Verzens keigtt ne —
Die: Lauterkeit des Seinen.
& ra: Shakiorans Sinn weit genaues
m ba 137: .
F Daß fell er täime
nres Vaters Buſen dort /
Und forächt ganz feinen Siun.“ .
Klingt poſſierlich bey aller buchſtablichen Treue —
that you, shall not perceivg,
but that you have your father’s bosom 2 there,
And peak his very heart, . I,
128 Ueberfebungen von: Shulifpeare” 4 dramat, Werken,
Schon eher ange:
Als brächtet ihr des Waters Liebe wit,
Und fpeächs fein ganges ver " .
©. 169 heißt si. ur
Pa it fo ihrer Bildung vorgeht, als fe
Im Nachtrab dex Geburt.“
Se darf Ohafiprare dm -Deutkhen nit. oben ,: Des Orb
ginak:
’ She is as forward of her breeding, z=£
She is ithe rear of birth. ,
‘ konnte gang einfach fo gegehen werben: nn
Sie iſt fo weit voraus an Bildung, wie
Zurück an Abfunft.
Ber kann für; ren
I hayetremor cardis on, mei my heart. dances;
welches bamals wohl ernſthaft gefagt werden burie, feigende
Ueberſetzung dulden ?
„ðch fühle tremor cordis, mein Her; büpft.“
da das beſſere fo nahe liegt:
Sch fühle Seelenangſt, mir hüpft das ben.
und wer wird bey: „I muß nur meinen Hauſfirer⸗Un-⸗
flach (!) einpaden“ &. 147, auf den Gedanken kommen,
daß Hier: der falfhe Haufiresdbart gemeint ſep? Wenn
pedier's exerement noch durch Hauſirerra Us wuchs üben
ſetzt mare! HOe. Krauſe geht in der buchſtäblichen Treue fo
weit, daß er Act. a ae. 12 I will tell it softw; yon
crickets shall not hear it uͤberſedt: „daß jene Heimchen es
niche Hören“, und bald darauf bie Hermione ihr neugebornes
Kind: „armer Gefangener , ich bin ſchulblos, wie ihr“, Iam
Innocent as you anreben laͤßß — Hr. Dippold Hat mit
dem du und ihr beſtaͤndig vichtig gewechſelt, nur S. 51 in
der Rede Piſtols muß geaͤndert werden:
Sir Hohn ſtellt de in em Weibe nach.
Daß Hr. Möller ein” beftimmtes Ideat · vor Augen ge
habt Habe, glauben wir wicht... Der erſte Ausdruck iR ihm der
“ J
\
Wicherfegungen von Shakfyenre’s dramat. Werlen. 125
bee, und Shakſpeare muß fi gewöhnlich zu dem niedrigfen
Sprechton hinabbemähen. Leichtigkeit und gemeinfaßliche Vers
ſtaͤndlichkeit ſcheinen fein Augenmerk geweſen zu ſeyn; und doch ift es
ihm damit nicht „gelungen ; vielmehr lege er faft auf jeder Seite
ein fprechendes Zeugniß ab, daß die Leichtigkeit, eine gar
fdwere Kunſt fy. Mit dem MAhythmus will es auch nicht
vorwaͤrts, und am wenigften mie den Reimen. ©. 104,
nachdem er muͤhſam noch ein paar erwifcht hat, gehen fie am
Ende ganz aus. Die Hexenſcenen find (wenn anders ein Mit⸗
werber Glauben verdient) durchgängig matt und hölgern, und’
auf das entferntefte nicht mit dem was Eſchenburg, Buͤrger
und Schiller geleiftet Haben, zu vergleihen. Daß ſich Abrigens
Bin und ‚wieder mancher gute Ausdruck eingefunden, foll hier⸗
mit nicht geleugnet werden. S. 5ı iſt: come in taylor; ,
here you may roast your goose gut gegeben durch. „komm
herein, wenn du gleih ein Schneider biſt, Hier ſollſt du nicht
frieren“; und ©. 148 leſen wir:
Saym, läutet Sturm! Blaſt, Winde! komm Verderben!
Sm Harniſch doch, und fechtend wii ich flerben.
velchem wir vor unferer eberfeßung :
Schlagt Sturm! will uns des Schickſals Hand zetdrücken,
So ſterhen wir den Harniſch auf dem Rüden.
mit Freuden den Vorzug geben.
Bow unſerer eigenen Heberfehung ziemt ung nicht zu reden. *
Bohin wir geſtrebt haben, erhellt aus.bem Sefagten. Ob es
und gelungen ifi, gu meiden, was wir an andern getadelt,
und dem gleichzukommen, was wir gelobt haben, darüber
mögen Kenner und die: alles richtende Zeit entfcheiden.
Ueber ME Behandlung des Jambus konnten wir, durch
ben Raum beſchraͤnkt, nur beyläufig reden; wir Behalten ung
vor, zu anderer Zeit darzuthun, wie Shakfpesre Mannigfal⸗
tigkeit in diefe ziemlich beſchraͤnkte Wersart zu bringen gewußt
bat, und wie verfchieden feine Jamben find, je nachdem ein
Heißſporn, ein Macbeth, eine Julia, ein Piſtol,
nie Caliban fih in ihnen bewegt. — Von den vorliegenden
126 Ueberfehungen von Ghakfpeare's Dramas. Merken,
Ueberſetzern befriedigt am meiſten Dippobod, nachſt ihm
Kraufe, dann Keßler, gar nicht Möller. Ob Krauſe
und Keßler die eigentliche Einrichtung der Shakfpear’ihen
Verſe nicht gehörig unterfucht haben, oder ob nur die Schwie⸗
rigfeit der Nachbildung ihren Leiftungen Eintrag that, willen
wir nit. Den Trochäns im erfien Fuße, dee manchmal eine
ſchoͤne Wirkung hervorbringt, wie in Schillers; Raſet ihr
Stärme“, den Choriambus im der zweyten und dritten Re:
gion laſſen fie dann und wann zus Doc fcheinen uns dieſe
und ähnliche Wergänfiigungen mehr durch Zufall. und Noth
als mit kuͤnſtleriſcher Abſichtlichkeit herbeygefuhet. Segen
Verſe, wie: |
„Laßt michs nicht denken! — Schwachheit dein Wa’ iſt Weib.“
Die an ihrer Stelle, 3. B. in paufenvollen Monologen eine
herrliche Wirkung thun, haben beyde eine ungerechte Abneigung.
Den fchönen moloffifchen, oder palimbacchtiihen Ausgang,
den Bürger fogar in den vierfüßigen Jambus aufnahm („Sie
Fade mie Gottes Borfehung”), fanden wir einige
mal mit Gluͤck gebraudt.
Die Lieder find von den Hrn. Dippold, Keßler und
Kraufe im Ganzen recht gut uͤberſetzt. Wie heilen folgentes
Terzet aus dem Wintermährden mit, das unter die ſchwierig⸗
ſten Aufgaben gehört : ‚
Lied des Autolheus, der Mopfa und det Dorcas.
Aut. Packt euch nur, denn ich muß gehn: '
Wo, das braucht ihr nicht zu fehn. |
Dorc. Woils? Mop. D mo if’s? Dore. Wo iſt es?
Moy. Wohl geziemt es deinem Eid, |
Daß du gäbe mir Beſcheid.
Dore. Mir auch, weißt wie gern ich wüht ed.
‚Mop Wird zum Hof, zur Mühle ſeyn;
Dorc. Wärs, das wäre gar nicht fein.
Aut. So iſt's. Dore. Wie fo iſt's? Aut So iſt es.
Dorc. Schworſt zu meinem Liebſten dich!
Mop. Höher ſchworſt du es für mich;
Drum füge mo iſt's? Sag mir wu if es?
Heberfegungen von Ghalſpeares dramat. Wierten, 127.
Das Original lautet:
A. :Get you hence, for I must go;
Where , it fits nat you to know.
D: Whither? M, Q, whither? D.. Whither?
M. It becomes thy oath full well,
Thou to me thy secrets tell:
D. Me too, let me go thither.
M. Or thou go’st to the grange, or mill:
D. If to either, thou dost ill.
A. Neither. D. What, neither? A, Neither.
D. Thou hast sworn my love to be;
M. Thou hast sworn it more to me:
Then , whither go’st? say whither?
Ar. Krauſe Hat richtig gefehen, daB in der erſten OStrophe die
ganze Naivetaͤt der dritten Zeile auf dem doppelten whither
der Domas. beruht; ob aber wo bier ein wohin vertreten
dürfe, bezweifeln wir. Ein Wohin muß ſchlechterdings in
die dritte Zeile, und lieber laſſe fih die legte einen Fleinen Zus
(6 gefallen. Das neitber in der zweyten Strophe hat-
Herr Krauſe mißverftanden. Wir Haben folgende Ueberfegung
verſucht ·
Aut. Pakt euch fort! Sch muß nun gehn;
Doch wobin dürft ihr nicht ſehn.
Dove. Wohin? Mon. Wohin? ſage! Dorc. Wohin?
Mop. Soll auf deinen Schwur ich baun, |
Mußt du mic dein Herz vertraun.
Dorc. Und auch mir — ich eile froh bin.”
Mop. Geht's zur Scheune, geht's zur Mühl’ ?
Dorc. Nun das gäh' ein faubres Spiel.
Hut. Nicht doch! Dorc. Nicht doch, fagf du? Aut. Nicht doch!
Darc. Treue ſchwurſt du mir ſo febr.
Mop. Treue ſchwurſt du mir noch mehr ;
Nun, wohin denn geht du? ſprich doch
Es iſt eineer freuliche Erſcheinung, daß jetzt ſo viele Kräfte
in Bewegung find, den ganzen Shaffpeave; in feiner wahren,
Geſtalt unter uns einzuführen. Auch Schlegel. hat endlich das
Verſprechen gegeben, er wolle fein faſt zu lange unterbrochenes
128 Niſchylos Tranerfpiele .Aberf. bon Faͤhſe.
Werk fortſetzen. Dieß möge aber die Hm. Dippekb, Leßler
und SKraufe nicht abhalten von ihrem rühmlichen Streben;
denn des Guten iſt viel zu Schaffen, wo es Shakſpeare's Ruhm
und Verherrlihung gilt, und des eirhelnen Menfchen Blich,
fen er auch der ſchaͤrfſte, reiche niche Hin, mm Die ganze
Shakſpear ſche Schöpfung In allen Theilen zu überfehen. Ken,
Möller fordern wir nicht auf zum Weiterüberfegen : vielleicht
thut er’s felber, was wir denn als ein Zeichen feines eintre⸗
senden Berufs anfehn wollen. — Zum Scluſſe verfprechen die
Brüder Voß, daß auch fie mit rafchem Eifer in der Nachbil⸗
dung ihres Lieblingsdichters fortfahren werden , wovon nod im
Laufe diefes Jahrs ein neuer Band, der fihon zum Drude
fertig liegt, das beſte Zeugniß geben wird. A. E.
Aeſchylos Trauerſpiele überfetzt von M. GSottfried Faͤhſe. Leipzig
b. Reclam. 1809. (2 Rthle.)
Dem alten Aeſchylos if ein moderner Rock umgehängt,
in weldyem er fich gar poffierlih geberdei. Ein ganz ſeitſames
Gemiſch von Poefie, Plattheit, Treuberzigkeit, Naivetaͤt, Kraft
und Ohnmacht! Man höre nur: S. 802: Prahle dreiſt
gteich einem Hahne, bey dem lieben Hennechen!
S. 277 ſagt Kaſſandra: Und Abergeug ih nicht, je nn,
die Zukunft lehrt's. — ©. Bo: Wie ihr noch klein
auf ihrem milden Shooß rumkrocht. — ©. 436
ſagt Apollon zum Oreſtes:
Den Muth nur nicht verloren, Weltdurchirrender.
wobey er ihm treuherzig die Hand zu ſchuͤtteln ſcheint. —
. 347:
7 Vermag denn wohl ein Windelkind
Zu ſagen: wenn es hungert, durſtet, piſſen will?
wobey wir ausrufen moͤchten: „Liebe Natur, du biſt doch gar
zu natürlich“ ! |
Bom Rhythmus verfieht Br. F. gar nichts. Wer folgen
des liest: „Aber ich finde doc wahrlid fo unwärdig nicht fein
Todesloos! Brachte er denn micht die liftige Ate ins Haus.“
wer wird glauben, daß er Anapäfte geleien habe? Kr. F.
weiß, fo wenig wie Molieres Madame Jourdain, daß. er fein
Lebelang nichts als Profa gefchrieden-
Aber wodurch Hr. F. alles wieder vergütet, iſt feine Ber |
lehrſamkeit. Diefe wollen wir auf das waͤrmſte zu jeder Zeit
anerkennen. Unter feinen Emendarionen find einige wicht um
Bedeutende. D, A. E,
— —
|
n |
No. 9. 8eidelbergiſche 1811.
Jahrbuͤcher der Literatur.
Die Wiſſenſ qafuiedre in ihrem allgemeinen umriſſe, dargeſtellt von
8.6. Fichte. Berlin, bey Hibig. 1810. 8. 46,6. (8 gr.)
Mar Heine Schrift ift für die Geſchichte unſerer Philoſo⸗
phie doppelt wichtig, ſchon durch ihren berühmten Verf., und
dann vorzüglich darin, daß er Hier wieder auf fein verwandel⸗
tes erfies Thema zuruͤckkommt. Det Inhalt iſt folgender.
„Die Wiffenfhaftsichre kann fich nicht verbergen, daß nur
Eines ſchlechthin durch ſich feld iſt — Gott — daB lautere
Leben, welches ſich nicht veraͤndern und beſtimmen kann, in
und außer weichem: kein neues Seyn entſtehen kann. — Das
Bien kann daher nur Gottes Seyn gußer feinem Seyn —
ein Bild, An Schema Gottes feym Ein ſolches Schema
if ſchlechthin dadurch, daß Gott iſt, und es fan, fo gewiß ee
iſt, nicht nicht ſeyn. — Wiederum kann anfer Eytt ſchlechthin
nichts ſeyn als fein Schema. — Das wirkliche Wiſſen erfcheine
aber nicht als Eins, ſondern als ein Mannigfaltiges. Davon
muß als Grund das Weſen des Wiſſens dargelegt werden: —
Nimlih das Seyn des Schema ift Leben, ein bloßes reines
Vermögen gur Verwirklichung nur defien, was in ihm liegt,
ins Schema, — Ba einem wirklichen Seyn außer Gore kommt
es alfo nur duch das abſolut freye Vermoͤgen als Wiſſen
dieſes Vermoͤgens und in feinem Wiſſen. — Zu emem wirk⸗
lichen Wiſſen aber gehört, daß durch das Vermoͤgen Schlechte
weg ein Schema vollzogen, und dieſes als Schema ‚ats unfeldftz
Rändig, zu ‚feinem Daſehn eines Seyns außer ſich beduͤrf
tig erkannt werde. —
Dem wirklichen Biffen kom men aber das
Schema und Bas Vermögen als das Erfchaffende
deffelgen nicht zum Bewußtſeyn, daher wird in
. — 9
130 Fichte Die Bifieufchopstepre in ihrem Umeife.
demfelben ein objectio unabhängig vom Wiſſen ſeyn Sollendes
erkannt. — Es bleibt dieſem zufolge im wirklichen Wiſſen
|
manches unſichtbar; fol nun dieß Linfichtbare auch in das
Wiſſen eingeführt werden, fo kann dieß nur in einem andern
Wiſſen geſchehen — und das geſammte Wiſſen wuͤrde in ver—
ſchiedene Städe nothwendig zerfallen. — Ferner
iſt innerhalb dieſes feines formalen Seyns das Vermoͤgen be
ſtimmt durch ein un bedingtes Soll, es ſoll ſich ſehen als
Schema des goͤttlichen Lebens durch Vollziehung des Vermoͤgens.
— Soll es ſich ſehen, als ſollend, ſo muß es vor dieſem bu
flimmten Erfehen feiner als Princip voraus ſchon überhaupt
fehen — es fallen alfo Hier zwey Arten des Willens aus ein
ander, das Wiſſen durch das unmittelbar unfihtbare Princip,
die Anfhauung, und das Wilfen, buch welches das Boll
ihm fihtbar wird, das reine Denfen, das Sntelligiren.
— Das Anfhauen ift ein unbeſtimmtes, ungebundenes, jedoch
abfolutes, unendlihes Vermögen, welches ſich fchematifirt hin
ſchauend ein unendlihes in einem Blide (den Raum), dem
nach als in derſelben ungetheilte Anfchauung fi zuſammenzie⸗
. hend auf eig in der erflen Unendlichkeit begraͤnztes — bie
Materie — bie undegrängte materielle Welt im Raum. —
Berner, am fid) als abſolut anfangendes Princip zu fehemati
ſiren für die Anihauung, muß es, vor feiner Wirkſamkeit
voraus, ein mögliches Wirken erblicken, das es vollziehen
tönnte, oder auch nicht — es muß fi fchematificen als Trieb.
— Durd den Trieb wird eine Wirkſamkeit gefordert, welche
nur eine Wirkſamkeit auf bie Körperwelt feyn kann.
— Sn der Wirkſamkeit iſt das Vermögen fih nur gegeben als
das Eine und felbige in der Selbſtbeſtimmung, aber Durch fein
|
Hirten zu erfehöpfen, und fo Wermögen bleibend ins Lnends
tihe — fo entficht die Anſchauung umendlicher auf einander
folgender Glieder feines Wirkens, die Zeit. — &8 liegt im
Vermögen ferner die Beftimmung ſich zu erheben zum Erſehen
des Soll. Wie aber wird diefe Erhebung geſchehen? Die
Wurzel der Anfchanung If eigentlich der Trieb. Der eigentlihe
Fichte Die Wilfenfchafssichre in ihrem nurife 131
At bes num vollziehbaren Vermögens wären alſo Vernichtung
des Diebes, als unſichtbaren Triebes des Schematiſtrens, ſomit
Vernichtung des Gehaltenſeyns in der Anſchauung. Das Wiſſen
Rinde alfe nun da, als Eins, fo wie die Wiſſenſchaftslehre
bey ihrem Beginnen es erblickt; es würde im reinen Denken
eingefehen in feiner Weſens⸗Einheit als unſelbſtſtaͤndig und
beärftig eines Trägers, des Einen, das da iſt ſchlechtweg
duch ſich. — Das Vermögen ift durch die Selöftanfhanuung
im Ich geworben; indem nun das Denken hinzukommt,
findet es ſich nicht als Ein Ich, ſondern es zerfaͤllt in eine
Belt vom Ichen, es finder ſich als Einzelnes tn einer Welt
ihm gleicher Individuen, welche leßtere es als ſolche nur durch
einen Schluß aus ihrer Wirkungsweiſe auf die Sinnenwelt
etlennen koͤnnte. — Am. Denken habe ich das Wiſſen nicht
anmittelbar, ſondern nur in einem Schema; noch weniger uns
mitielbar das goͤttliche Leben, Tondern dieſes nur in einem
Schema des Schema, in einem doppelt ertädteten Ber
griff Aber durch das Denken befinne ich mich, daß ich
Sl. — Im Denken denke ich bloß das Wiſſen als Schema
bes göttlichen Lebens feyn koͤnnend und follend ; keineswegs aber
bin ih es. Es wirklich zu ſeyn, kann Beine Gewalt mi
mithigen. — Wenn ih nun fallen laſſend das nichtige Ans
hauen und leere Intelligiren mit abſoluter Freyheit mein
Vermögen voßgiehe, was wird erfolgen? Ein Schema; ein
Viſſen als das Schema Gottes, ein Wiſſen, was ich fchlechts
weg fol, das da iſt durch ich ſelbſt fchlechtweg, mie es ifk,
fo wie das göttliche. Leben. — Nun weiß ih, mas ich foll,
aber dad Seyn iſt noch nicht vollzögen. Sch fol ſeyn? Wer
iſt diefee Ih? Offenbar der feyende, der in der Anſchauung
gesehene Ich, das Individuum. Diefer fol fern. Was ber
denter fein Geyn? Der Slinde Trieb iſt zwar vernichtet, und-
Hart deſſen ſteht nun da, das Hell erfchene Soll. Aber die
Kraft, Die erſt den Teich. in Bewegung febte, bleibt, daß
nun das Sell fie in Bewegung feße. — Der abfolut eins
fahe Wille iſt es, der das eben fo einfache Sol zum tıeis
132 Fichte Die Wilfenfchaftsichee in ihrem timeife,
benden Princip dee Kraft erhebt. So If denn ber Wille der
jenige Punct, in weichem Intelligiren und Anfchauen fi thnig
durchdringen.“ - "
|
So finden wir alfo ben. Verf. noch nahe am berfelden |
Stelle, wis ehedem. Das alte Bormelfpiel ift verlaffen, aber
nur ein zwar leichter zu handhabendes, ſonſt ganz aͤhnliches an
deffen Stelle geſetzt. Dabey noch immer dieſelbe poſtalirende
Methode, welche nen einer erfien Hypotheſe fi nur durch
immer neue, abgebrochene Huͤlfehypotheſen muͤhſam weiter hilft.
Merkwuͤrdig iſt es, daß vor dem Scharffinn des Verf. eine
einfacher Irrthum immer fort fiehen bleiben kann, beſonders
da man uns in der Philofophie jetzt fo haufig an Vergleichnn⸗
gen aus ihrer Gefchichte erinnert, und eben. wor dieſen die,
Lehre des Verf. gar nicht beſtehen kann. Die ganze Philoſe⸗
pbie iſt nach diefer neuen Darkellung des Verf. reine Lehre
von dem Urfprung der Welt aus dem görtlihen Weſen, alie
nur eine Art der Emanations lehre, und zwar eine aͤrmliche
nur anf menfchlihe Pſychologie beſchraͤnkte. Wie weit vorn,
"nehmer nimmt fih da die alte Kabbala aus. Wo iſt Bier der,
Adam Kadmon, der erfigeborne des Alten ber Alten? Wo find,
die reinen Lichtſtrͤme der Welten Aziluch, Jezirah und Brief
mit ihren Ihronen und Engeln? Pur von der Rindenwelt
Aſiah, der concrescirteften Verdunfelung der Sephiroth, if hier
die Rede. Oder meint der Verf., daß das der Welten zu vick
“ feyen? Wir meinen immer noch eher zu wenige. Wer mil
dem Verf. das Geheimniß der Erfchaffung, oder Schematii
zung der Welt aus dem göttlichen Weſen zu: durchdringen ver
mag, ber muß fehr viel wiffen. Aber. dee Verf. macht ſchon
den Menfhen zur Krone des geiftigen Weltall. Wer wird
bas wohl glauben? Oder wenigſtens, welche Beſchraͤnkung
der Phantaſie liegt darin! Sollen denn au die Seraphim
am Throne Jehovah's, die Amfchafpands am Lichtthron. des
großen Könige nur in räumlichen SZerfplitterungen das Gil
der Sottheit denken und fchauen? Doc wenn dieſe Verglei
Hungen dem Verf. zu bunt ſcheinen, fo fehe er naͤher nut
Sichte Die Willenfchaftsiehre in ihrem Umriſſe. 433
nad Leibaitzens Monadologie. Die iM fchon eine vollendetere
Lehre von der Schematiſtrung ber Gottheit in der Welt, als
die feinige. Bey Leibnig iſt doch noch Die ganze unendliche
Gtufenleiter für veinere geiftigere Weſen Aber dem Menſchen in
der erfhaffenen Welt offen getaffen. Nach dem Syſtem des
Verf, hingegen foll ja die Gottheit fih einzig und allein durch
Bilder ihrer ſelbſt Uußern koͤnnen, und biefe muͤſſen mit
ſtrenger Nothwendigkeit eben im Wiſſen befichen, das koͤn⸗
nen fie aber nur thells durch Anfhauen, und zwar unter
ben Formen von-Maum. und Beit mit Wirken in die Körs
perwelt, theils durch Denken, deren Bereinigung denn
endlich zum Wollen fährt, als dem alleinigen vollſtaͤndigen
Bild der Gottheit. Das Heißt: gerade nur die individuellen
Elemente meines geifligen Dafeyns werben zu den nothwen⸗
digen, einzig möglichen Seſetzen des göttlichen Weſens erhoben.
Vahrlich Maan Hätte nicht erwarten follen, einen fo beſchraͤnk⸗
ten Anthropomorphismus unferer Zeit noch für ein wahres
Gyſtem der Philoſophie von einer unferer erſten Meiſter ausges
geben zu ſehen. Welche Thorheit, das göttliche Weſen an biefe
Nothwendigkeiten und Schickſale zu binden! Menſchliche Phans
tafle langt ja fchon über die Möglichkeit dieſes Weltalls Hinaus;
ſchon des. Menſchen Geiſt ifk, mie der Engel im Koran, größer,
als diefe ganze erfchaffene Welt, Mer. will weiter nur noch
auf die große Unbeholfenheit der Methode aufmerkfam machen.
Der Verf, geht von der Hypotheſe aus: Gott ift dad Eine
Geyn, außer dem nichts iſt, das Wiſſen muß alfo ein Seyn
Gottes außer feinem Seyn ſeyn. Was daraus folgt, wußte
Zenophanes fchon weit beſſer, als unfer Verf. Außer Gott ift
nichts, das Wiſſen müßte außer Gott ſeyn, alfo iſt das Wiffen
anmoͤglich, es gibt Beine Wiſſenſchaftslehre, der Menſch muß
Rd mit eräglichem Wahn begnügen — fo wären wir am Ende,
che wir nach angefangen haben. Dech der Verf. vimmt dag?
„Außer Gott iſt nichts“, nicht fo genau, ein Bild Gottes
vird noch zugegeben, ohne nach einem Spiegel zu fengen, der
# aufjugehmen "vermag, Wir sehen meiter: das Bild iſt
434 | Plank Die Lehre vom Beſitze.
‚außer Gott, alfo Sott au außer dem Bllde, folglich gibt eu
für das Bild ein Senn außer ibm. Das wire nm
eigentlich das reine goͤttliche Seyn, aber fo kaͤmen wir mich
weiter,. es wird alfe ‚grobe entgegengefebt zum Seyn Ber
Dbjeste gemacht. Hier wären wir nohmals am Eade, da
Hilfe die neue Hypotheſe von der Unſichtbarkeit eines
Theils im Wiffen, zu dem noch bad Anbedingte Sotlen
“ ebenfalls ohne Zuſammenhang mit dem Fraͤheren himugenommen
wird, und fo fowt bis man himlaͤnglich viele Begriffe ans
. empirifher Pſycheo logie herbeygezogen Hat, um fich mit
ihnen weiter beifen zu koöͤnnen. — Vielleicht hilft grade dieſe
einfache Darftellung der philoſophiſchen Geundichre unfers Verf.
den erfien Fehler feines Philoſophems — Verwechſelung der
empirischen Pſychologie mit mn Idreniehre — allgemei⸗
ner klar a“ machen.
— 0
Die Lehre vom Besitze, naqh den Grundsätzen des französi-
schen Civilrechts dargestellt von D. W. Plank, Bey-
sitzer des k. Distriots- Tribunals und der Juristen - Fa-
ouliat zu Göttingen. Göttingen, bey Dietrich. 4811.
18068. 6.
Der gelehrte und fcharffinnige Verf. dieſer intereffanten
Abhandlung, dem wir eine ähnliche Abhandlung Über die neu
Franzdſiſche Verjährung verdanken, deren In diefen Jahrbüchern
bereits mit dem gebührenden Lobe gedacht iſt, hat ſich Hier an
eine Lehre gewagt, welche unter die ſchwierigſten des C. N.
gezählt werden muß, da in dem Geſetzbuch Überall nur gele
gentlih Einiges vom Beſitz vorkommt, die Discuffionen und
Meben faft nichts erflären, und unter dem -Alterer beliebten
Breanzöffchen Civiliſten, 3. ©. bey Domat, fa unglaubliche
Irrthamer über den Beſttz am der Tagesordnung waren. Sr.
DI. gefteht es ſelbſt, daß „der Stoff ſelber im Geſetzbuch ji
dürftig behandelt, und der Wiſſenſchaft zuviel auszufüllen über
Aaſſen fey“, eine Klage, worin auch Franzoͤſiſche Jesriften öffent
Uch vorangegangen -ind»- Er hat fi daher moͤglichſt bemuͤhet,
Blanf Die Kebre vom Beñihe. 135
Wells ans den Diecuſſtenen und Reben, theils aus ben älteren
Geſchen und civiliſtiſchen Schriften die Luͤcken zu ergänzen,
und fo zum einer vollflänbigen Theorie gu gelangen, wobey benz
der Verf. ich wiederum durch Scharfſinn, Fleiß und Gelehr⸗
ſamkeit ſehr vortheilhaft ausgezeichnet hat. In Beziehung auf
das Roͤmiſche Recht find faſt durchaus Savigny's Anſichten
zum Grunde gelegt. So handelt denn auch der Verf., nach⸗
dem er erſt die Natur, dann die Entſtehung, und dann bie
Zoetſetzung und ben Werluft des Befiges entwidelt bat, im
käten Abſchnitt von deu Wirkungen des Beſitzes, bloß in Be⸗
schung auf Verjährung und pofiekerifche Klagen, und übers
geht alles Lebrige, was fonft wohl dahin gezählt ward, wie.
die Begänftigung des Beſithers im zweifelhaften Zell, und dag
Retentionsrecht. Die Dosen find zwar nicht fo überfüllt, wie
In dee Schrift Über Verjaͤhrnch, aber Doch zu lang, als daß
man nicht vieles davon in ben Text verwebt gu fehen wünfchen
muͤßte.
Mit Vergnügen erklaͤren wir, daß auch das Studium ber
vorliegenden Schrift eben fo beichrend als intereſſant für uns
Bar, um fo mehr, da der Berf- noch zur Zeit faft der Einzige
iR, welcher das neue Franzbſiſche Recht durch gediegene hiſto⸗
the Auſichten zu erlaͤutern ſucht. Allein Zweifel find uns
doch wicht wenig aufgefioßen, und gar manches Lönnen wie
nach unfrer . Webergengung nicht billigen, wie wir auch manche
wichtige Erörterung ungern ganz vwermißt haben. Der Haupt⸗
vorwurf, den wir dieſer Abhandlung machen mäflen, iſt fols
gender: der Verf. verführt zu Hifterifch; er ‚trägt aus dem
Üben Recht, den Discnfkonen und Reben zu viel in das
Geſetzbuch hinein, und bemüht ſich zu wenig, durch firenge
Interpretation bie Reſultate zu bilden, und das, was fehlt,
duch Philofophie und freyes Raiſonnement gu ergänzen, oder
I zeigen, daß die Rechtsphiloſophie da und dort nichts ent;
Keiden inne. . Das Neuframoͤſiſche Recht caſſirt nun einmal alle
Äheren Rechte, und verweist allein auf Vernunft und Inter⸗
preiation. Bey der leuten koͤnnen aber die Discuſſionen und
436 Vrlant Die Lehre vom Beſihe.
Reden gegen das Geſetzbuch nichts entſcheiden, weil Me nicht
als Geſetze puͤblicirt find. Ohnehin iſt die wichtigfte unter
alien Reden, welche bdiefe Materie Betreffen (von: Bigot⸗
Dreamenen- Aber Praͤſcription), hoͤchſt flüchtig gearbeitet, und
‚nicht‘ frey von offenbaren Mißgriffen, wie 3. ©. in Bu
giehung ‘auf Art, 2089, deſſen Inhalt der Redner grade
umgekehrt geſtelt Hat. Wenn man es nun auch für den
zweifelhaften Ball, befonders wo von Worterfiärungen bie
Rede iſt, zugeben kann und muß, daß ber geichrte Apparat,
deſſen ſich Here Pl. zur. Aushälfe bedient hat, nicht vernach⸗
Käfige werden darf, fo iſt dom -zunächkt nur auf das Seſetz
ſeibſt und die Bernunft gu fehen, und gegen das, was beyde
an fich ergeben, durchaus nichts von außen hinein zu tragen.
Solcher wiltührkichen "Ergänzungen finden fi aber in der
vorliegenden Abhandlung eine Ganze Reihe. Wir wollen nur
folgende, als die bedeutenden anführen: ı) nad) S. 99—ı02
fol Pustichtät und Aufhören der Gewaltſamkeit des Beſitzes
zu den allgemeinen Erforderniſſen des Beſitzes gehören. Aber
ein Geſetz ſagt dieß weiter, als in Beziehung auf Die Ber
jährung ‚und davon läßt ſich durdans kein allgemeiner Schluß
"auf die poffefforifchen Klagen mahen. Denn ber proviforifhe
Schuß täße ſich, der Ordnung wegen, als chthlicdh denken, wo
die definitive Erwerbung ungerecht fenn würde. a) Eben fo fommen
dem Verf. die Reſultate nur von außen, wenn er &. 15, 21,50,
61 — 65 bey beweglichen Baden einen befonder Beſitz und
poffeffurifche Nechtsmittel verwirft, und dieſe daher auch für
das Fauſtpfand, -und im Fall einer Beſitzuͤbertragung für das |
Depösitum Teugnet. Den Grund: nach Art. 2079 coincidire
ja bey beweglichen Sachen Beſitz und Eigenthum, können wir
gar nicht gelten kaffen. Denn der Hauptſatz iſt ausgemacht
nicht abſolut, und gewiß wäre es dem Beſitzer folder Sachen
hoͤchſt wichtig, als bloßer Beſttzer proviſoriſch ſchnelle Schäg
zungsmittel zu haben. Ohnehin geht ja der Act. narg nur auf
. den, Eigenthumsbefiß, paßt alfo gar nit, wo 5. B. nur ein
Pfandbeſitz behauptet wird. Mad Art. sazd bezieht ſich aber
- Plank Die Lebre vom Beſttze. 437
der Beſitz nicht bloß auf das Eigenthum. 3) Auf gleiche Art
fann nach unfrer Ueberzengung aus dem Geſetzbuche nicht bes
wiefen werden, was S. ı4, 15 behauptet if, nämlich daß an
den, nach Art. 557, 540, 714 des Privateigenchums unfählger
Sagen fein Bes ſtatt finden Einne. Denn abfolut find dieſe
Sachen des Eigenthums nicht unfaͤhig, ſondern groͤßtentheils
nur bis dahin, daß ſie der. Staat nicht veräußert hat. We
nun dieſe Beräußerung denkbar if, da enthält auch der provis
foeifhe Schutz des Beſitzers Leinen Widerſpruch. 4) Selbſt
darin. tönen wir dem Verf. nicht beyflimmen, daß die nad
Art. 6gı unverjährbaren Realſervituten auch in Anfehung dee -
pofiefforifhen Mechtsmitiel des Beſitzes unfähig fenn ſollen.
Der -Schtuß von der ‚Verjährung auf den Beſit Überhaupt
paßt, wie gefagt, gar nicht; wohl aber geht bie Definition des
At. 22028 auch auf Servituten jener Art, zumal da ſelbſt ins
Eigenthumsbeſitz michts liegt, was fihtbar, oder ununters
brechen iſt. Aenßere Gründe hat der Verf. freplich für feine
Theorie, aber nirgend"’wird -fle durch Gefege der Interpretation
wuterägt. .5) Ehen fo möflen wie die Behauptung (©. 5ı
—54, 61-68) leugnen, daß die Antichrefe keinen Beſitz übers
tage, umd daß diefe Beflgäbertragung Überhaupt ohne Geſetz
nicht. gelte, Freylich paßt dieß gu den Vegriffen über bas
Roͤmiſche Recht, welche Hr. DE adoptirt hat. Allein wo liege
dafie der Grund im C. N.? Die gefeglihe Definition des
Beſitzes, weiche in Betreff der Atttichrefe nirgend beſchraͤnkt if,
ſtreitet dawider, und eben ſo die, für den Beſitz nirgend aufs
schobene Regel, daß Jeder das Seinige ganz, ober zum
Theil andre übertragen kann. 6) In Anfehung der Frage,
welche Perſonen den Beſitz erwerben koͤnnen, wird S. 35 uns
beſtimmt auf das Roͤmiſche Nacht verwieien. Dieß kann fi die
Arenge Auslegung nun gar nicht gefallen laſſen. Es fcheine
uns, daß. hier drey Zälle gu umterfcheider find ,. nämlich den
Uebergang des Wefiges nach den neuen Peincipien der Suität;
die Erwerbung deſſelben durch bloßen Vertrag; umd endlich deu
hall, da der Beſitz wirklich animo et corpore erworben wer⸗
2
438 Vlank Die Lehre vom Beige,
den muß. Im enften Ball genägt die Guccefflonsfähigkeit : im
zweyten muß der Erwerber zu: Verträgen fähig ſeyn, wie es
bey moraliſchen Perſonen, aber nicht bey Minderjaͤhrigen der
Hall if; im legen Fall hingegen kommen bie bisherigen, aus
dem urſpraͤnglichen Begriff bes Beſitzes folgenden Brundfäße
zue Anwendung, Dabey gibt es benn freylich für den €. N.
große Schwierigkeiten, da dieſer über die Groaͤnzen bee durch⸗
gängigen Willenloſigkeit Unmundiger nichts beſtimmt. 7) Auf
gleiche Art fcheint uns der Werf. nur duch Anhaͤnglichkeit an
herrſchende Begriffe gefeitet gu ſeyn, wenn er ©. B bie bloße
. Dereliction des Repräfentanten als Aufhebung bed Beſitzes
gelten läßt, indem er die bloße Entfernung des: Principals
von der Sache noch niet dahin rechnet (©. 67, 68). Denn
diefes bloße Verlaſſen iR eine auftragewidrige Handlung, und
Bann in fofern nur als reine Diichtigkeit behandelt werden, went
man allgemeine Sirundfäge anwendet. Hietgu muͤſſen wir noch
8) die Bemerkung hinzufügen, dag uns wiederum um Geſetzz⸗
buch kein Grund für die Behauptung (B. 66, 67) zu exiſtiren
fheint, daB die fingulären Vorſchriften bes Art. ans3 auch
auf den Fall anzuwenden find, da der Beſitz bloß ducch phys
fiſche Unmoͤglichkeit aufgehoben wird. Nach dem Begriff des
Beſitzes iſt diefer dann fofort aufgehoben, und ſelbſt die, von
ben Rednern angegebenen Gruͤnde bes Art. 224,3 paflen gar
nicht auf jenen Fall. Denn weber der präfnmirte Irrthum,
noch die gefuͤrchtete Unordnung kann hier in Frage kommen.
Eben jene Anhänglichleit. an das Herkommliche, und jene
Vernachlaͤfſigung einer feften und freyen Ableitung der einzelnen
Saͤtze Hat denn aud dem Verf. Gelegenheit gegchelßbnerichier
dene fehr wichtige. Puncte ganz und gar, oder fo gut wie ganz
auf fih beruhen zu laſſen. Namentlich gehört dahin bie Lehre
vom Mitbeſitz (S. 21 — 23); der Erwerb des Beflges durch
Mittelsperfonen , in Anfehung befien nur unbeflimmt auf die
Srundfäge vom Mandat verwiefen iſt (S. 63, 64), . fo fehr
auch die Frage einer Eröiserung bedurft hätte, wie es werden
foll, wenn der animus des Bevollmächtigten" widerrechtlich iſt:
mn
Loͤhr Kleine Weltgefchichte, 139
und endlich die Lehre von dem abzeſonderken Beſt aceeſſoriſcher
Sachen, und ben Verluſt deſſelben buch Gpecifkcanlon.
Wir bemerken dieß alies um fo Meber unverhohlen , da der
KBerf. des Lobes fo viel verdient, daß einzelne tadelnde Bemer⸗
tungen ihn nie kraͤnken innen, und da feinen Anſichten
immer dieß zur Seite ſteht, daß die Richtung der neueren us
risprudenz fart unvermeidlich dahin führen wird, den C. N.
grade Im Werft dieſer Abhandlung zu bearbeiten. Allein dieß
alles kann und nit hindern, der Wahrheit frey zu huldigen,
und offenhersg die Geſtaͤndniß abzulegen: das nene Geſetz⸗
buch bedarf in der Lehre vom Beſitz einer gaͤnzlichen Revifion.
Denn die wörtlihe Auslegung führt gu Nefultmten, welche nur
das Gedaͤchtniß interefiren, und die Philoſophie tft außer
Stande Bier irgend einen Fehler zu Heilen, da die Lehre vom
Berk, wie fie feyn muß, fat durchaus auf Politik und Gil
lügkeit beruht, denen durch wahre juriflifche Beweiſe gar Peine
Graͤnze gefeht werben Tann.
| i
Kleine Weltgefchichte für den erfien Anfang beym Lernen und Schul»
unterricht, von 3.9. C. Löhr. (Auch mir dem Zitel: der
erſte Lehrmeiſter u. f. mw. dritter Theil.) Leipzig, bey G.
Zleifcher dem Büng. 1811. XXXVIw 246. 8 (8 9)
Wenn jebt bey dem großen. Ueberfluß Hiftorifcher Lehrs
bädher für die Jugend ein neues erſcheint, fo iſt man berechtigt,
von diefem etwas auggezeichnetes zu erwarten. - Das Gegen⸗;
theil verdient ſtrengen Tadel, nicht bloß als vergebliches, ſon⸗
dern auch ſchaͤdliches Unternehmen, indem dadurch dem Beſſern
der Eingang erſchwert wird. Der Verf. des vorliegenden
Buchs Hat diefes auch gefühlt, wie Die Worrede ausweiſet, die,
ohne anzugeben, wodurch fich diefes vor fo vielen andern auss
zeichnen folle, jeden Tadel zum voraus abzuwenden ſucht. Wer
wollte auch wicht gern eingeflehen, daß nicht nach etwas Beſſe⸗
tes gegeben werben koͤnne, als uns bisher in diefer Art ges
reiht warde? — Aber dem NWerfuch des Verf. ſtoͤnnen wie
diefes Lob nicht ertheilen. — Bey einem ſolchen esften Lehr⸗
. 440 Loͤhr Kleine Weitgeſchichte.
buch, weiches nach des Verf. Ausſage für den haͤustichen Li -
terricht in der Gefchichte und für bie fogenannten Deutfchen
und Lateinifhen Schulen beſtimmt feun ſoll, if bie Auswahl,
Anorhnung und Darkellung ber Materialien die Hauptſache.
Auch ein eines Lehrbuch kann und fol ein „Bud, voll- Leben
und Zarbe“ feyn, und es bedarf dazu nit, wie dee Verf.
meint, fo vieler Bände als biefes Buch Bogen enthält. Auch
die kleinſte Pflanze ſteht in zweckmaͤßiger Organtfation der größs
ten Eiche nicht nad, und nur der Geiſt macht lebendig. Der
Anfänger in der Geſchichte bedarf niche der Menge der Bege⸗
benheiten (daran gebricht es biefem Buche nie): vielinehe
kann dieſes leicht den Geiſt erbrüden, vder zerficeun. Ein
erſtes Lehrbuch der Geſchichte ſollto nach unferer Meinung eine
Anleitung ſeyn zu einem lebendigen Anfchauen und Umfaſſen
Des, mit weifee Sparſamkeit auserlsfenen Einzelnen, damit
baraus ein geiftiges, wohlgefügtes Gebaͤn des Ganzen hervor⸗
sche. Auf diefe Weile kann auch allein nur ber Jugend ein
bleibendes Intereſſe für die Hiſtorie erweckt werden. Durch
bloßes Aufzählen von Ereigniſſen wird es nicht bewirkt, viel»
miehr verhindert. Und weiter enthält doch diefes Buch nichts.
Sibt z. DB. das, was von Aegypten erzählt wird, wohl einis
germaßen eine anſchauliche Vorſtellung von biefem Lande. und
Wollte? Es find nur disjecta membra, bie wohl einen Aus
genblick die Neugierde reizen, aber denen das höhere Hiftorifche
Intereſſe fehlt. Eben fo verhält es fih mit den Griechen und
Roͤmern. Dieſer Mangel an hiſtoriſcher Kunft, bie, nad
unferm Dafürhalten, au dem erſten Lehrbuche vor allem nicht
abgehen follte, ‚offenbart ſich überall, und das Buch charakteris
Pre ſich dadurch, daß es die Begebenheiten wie Rechenerempei
numeritt, wovon wie nicht den mindeſten Nutzen abfehen.
So wie das Ganze, fo fcheint auch das Einzelne größtencheils
mißrachen, und mit Fluͤchtigkeit bearbeitet zu fenn. Wie dürftig
iſt die Beſchreibung der Geſetzgebung des Lykurg (S. Qı),
und wie wenig geeignet, der Jugend einen wuͤrdigen Begriff
von der Idee und Kraft des großen Mannes beyzubringen?
—
Loͤbr Reine Weltgeſchichte. 1
Diogenes if weiter nichts, als „ein Sonderling, der aufer
Efien und Trinken alles entbehrlich fand.“ — Die Griechen,
fo Heißt es ©. 30, „waren ein Appiges, neugieriges, ſchau⸗
derhaftes (vielleicht pianderhaftes?) Weit, das Luft und Uns
terhaltung ſuchte. Man badete, faldte, bekraͤnzte fih; hielt
fh Pfauen, Affen, Hunde, Pferde, Teppiche, Gemälde und
viele Selaven, und liebte Mahlzeiten und Tänze; hörte Fibte
und Leyer fehr gern. Die Schaubfhne zu befuchen war ein
Hauptvergnuͤgen.“ — Alerander von Macedonien wird bloß
als ein wilder," halbwahnfinniger Wuͤthrich und Schweiger
dargeſtelt. Regulus (©. 48) Heißt nur der Hohmäthige.
— Bey dem erfien Geſchichtsbuche, das der jugend in bie
Hand gegeben wird, kommt es jeher darauf an, daß großen
und ausgezeichneten Männern ſolche Epitheta beygelegt werben,
die ihnen gebuͤhren. Denn diele bleiben für bie Zukunft, und
das Gegentheil kann zum kecken Abfprechen verleiten. — Auf
den Stil iſt andy ‚nicht die gehörige Sorgfalt verwendet wors
den. Ganz gegen die Biftorifche Schreibart und Würde iſt die
oftmalige, durch das ganze Buch fortlaufende, Tangweilende
Verwehfelung der "gegenwärtigen Zeit mit der vergangenen.
Es it zuweilen, als. ob man die Capiteluͤberſchriften eines alte,
Romans läfe, z. ©. ©.5g: „Eäfar landet in Aegypten, mache
die Eleopatra zur Königin, wird noch einigemal durch die
Begenpartey ins Gedränge gebracht, gewinnt noch eine Haupt⸗
ſchlacht 20. wobey in fünf Zeilen das Wort noch dreymal
vorkommt. — Unedel iſt der Ausdrud, daß Themiftofles die
Stichen durch „die finnreichften Finten“* gerettet habe. —
®. 174 heißt es von ben Zürften nah dem Bauernkriege:
„fie ließen gleichſam zum Vergnügen noch nachkoͤpfen.“ Bons
derbar Hinge es, wenn ©. 166 die Erzählung von Heinrichs IV.
Thaten mie den Worten beſchloſſen wird: Ruhen wollte ee
nicht, fagte er, bevor micht jeder feiner Unterthanen Sonntage
fin Huhn im Topfe Habe.“ Quid tanto dignum feret hie
promissor hiatu! möchte man bey diefer Schluß s Inverfion
ausrufen. — Unrichtigkeit find une nicht aufgeftoßen. Undes
“
442 Reinhold Der Gelflliche alt Beamter des Civilſtandes.
dachtſam Bänke es uns, wenn über die Orakel der riechen
dahin abgeurtheilt wird, daß fie in der Schlauheit der Priefter
ihren Grund gehabt hätten, oder wenn der Trojanifche Krieg
mit den Balgerenen der Wilden verglichen wird, oder wenn
Darius Hoſtaſpis dadurch König wird, baß fein Hengſt eines
Morgens auf einem Spazierritt wiehert. Daß das alte Gallien
immer Frankreich genannt wird, iſt auch nicht hiſtoriſch. Aken
(&. 74) ſtatt Aachen wird woßt ein Drudfehler feyn. —
Ein Anhang (&. 207 — 224) enthält die Geſchichte der chrifts
lichen Kirche, oder vielmehr eine Aufzählung der auffallendften
Streitigkeiten in derſelben ſammt Entſtehung der fpätern Dos
gmen und Lehrmeinungen, Drden, Kiechengebräucdhe ıc. und
fliegt mit dem Efelsfefte. So wahr alle diefe Dinge fen
mögen, fo fönnen fie do, wenn fie, wie hier, in einem grellen
Lichte zufammengedrängt, und ohne Kenntniß bes Zeitafters
dargeſtellt und aufgefaßt werden, leicht der Jugend eine dem
Ehriftenehum und der Wahrheit ſelbſt ſehr unguͤnſtige Stim⸗
mung und Anfiche erzeugen. Das puero maxima debetur
reverentia — gilt nicht minder von Schrifien als Hands
fungen.
un}
Her Beifiliche als Beamter des Civilſandes. Bon G. F. Reinhold,
Superintendenten u. erſtem Schlofipechiger zu Oflerrode. Hans
nover, bey den Gebrüdern Hahn. 1810. 31 ©. 8. (8 gr.)
3 Zn dem Königreich Weftphalen iſt den Pfarrern das Ges
ſchaͤft des Beamten des Civilſtandes vorläufig Abergeben, und
in dieſer Qualität find fie mit Abfafung und Eintragung ber
Geburts; Heuraths⸗ und Sterbenrkunden beauftragt. Diefe
Meine Schrift zeigt die Vortheile und Nachtheile diefer Eins
richtung. Vortheite: viele Maires, vorgäglih auf dem
Sande, würden nicht im Stande feyn, jene Megifter mit der,
vom Geſetz vorgefchriebenen Ordnung zu führen. — Diejenigen
Derfonen, welche eine Urkunde aufjunehmen haben, werden
von dem Pfarrer cher Richtigkeit und Sicherheit erwarten,
als von den Maires auf dem Lande, denen fie gemöhnlich nicht
mehr Geſchicklichkeit zutrauen, als ſich ſelbſt. — Auch die alte
Gewohnheit macht, daß die Landbewohner ſich lieber an ihre
Geiftlihen wenden, als an Jemand anders. Ferner ſey in
dieſem Fall weniger zu befürchten, daß Leichtſinnige, zum gras
Ben Nachtheil der Moralität, die bürgerliche Trauung für Hins
reichend halten, und um ihre Pflichten als chriftliche Eher
teure ſich nicht befümmern werden, wodurch die Anzahl der
ungläctichen Ehen vermehrt werden würde. In fofern ſey es
.
Mage on Ei. nögivet of Rahbek 143
für den Seiſtlichen wichtig, daß er zugleich Civilbeamter if.
Auch fein Anſehen ale moralifher Lehrer gewinne dadurch,
und ir die Bildung des Geiſtlichen ſeibſt könne die Abfaflung
der Urkunden nüäßtih werden, indem fie an Ordnung und
Praͤciſion gewoͤhne. — Nachtheile: das neue Clivilamt if
der wiſſenſchaftlichen Fortbildung des Geiſtlichen nicht zutraͤglich,
indem es ihm Zeit und Heiterkeit raubt, woraus nachtheilige
Folgen für ihn ſelbſt und für feinen Wirkungskreis entſpringen.
Vor allen wird dieß der Kal feyn bey folchen Geiftlihen,
deren Zeit burch vielfeitige Arbeiten, Beſuche, Oekonomie, Er⸗
jiebung der Kinder ıc. fchon vorher beſchraͤnkt war. Wie viel
Zeit raubt nicht sine einzige Todtenbeſchauung in einem Außen⸗
dorfe 26. Der Verf. ſagt, ee kenne Geiſtliche, die jährlich
wohl tauſend Urkunden aufzunehmen haͤtten. Vor allem muß
es den Greiſen beſchwerlich fallen. Emolumente find fo gut
wie gar Feine mit diefem läftigen Giefchäfte verbunden. Seibſt
dafür, wenn er fih 5. B. zu einer Tobtenbefichrigung oft in
ſchlechtem Wetter nach entlegenen Orten verfügen muß, wird
nichts gut gethan. Außerdem berührt der Verf. noch einige
andere mit Diefem Gefchäft verbundene Nachtheile und Unbe⸗
quemlichkeiten, jedoch ohne ſich eine Entſcheidung Aber das pro
und contra anzumaßen. Uns duͤnken die Nachtheile, die aus
diefee Vermiſchung des Geiftlihen mit dem Weltlichen entiprins
gen, größer, als die Vortheile, und dag dem Maire gegeben
werden mäe, was des Maire if. Gibt diefem der Himmel
das Amt, fo wird er ihm and Verſtand geben; kurz wie
halten es in diefem Puncte mit dem alten Moſaiſchen Geſetze,
daß nicht die e mit dem Leinen gemifcht werde. Hätten
die Geiſtlichen fi aud hieran gehalten, fo würde ihnen eine
weife und gerechte Regierung ſolche fremde Beſchaͤftigung nicht
zugemuthet haben. Aber wir Pfarrer Haben das feit alter Zeit
fo an uns, daß wir, während die eine Hand nach einem
höhern Departement hinweiſet, gern mit der andern in das
weltliche greifen. |
— 4 u
Ange og Elfe, en gammel Ballade, udgivet af Profefior og Nidder
af Dannebsog 8.2. Rahbek; fom Pröve No. 2 paa den
au Skitkelſe, hvori Abrabamfon, Nyemp, 09 Nabbek agte
as ndgive den fan Faldte Kiempeviſebog. Kiöbenhavn. 1810.
se 8 |
Diefe Probefchrift enthält ein kurzes Lied von breugehn
Strophen, welches Sandvig in einer Papierhandfchrift des
ſechzehnten Jahrhundekts in der Suhmiſchen Bibliothek fand,
444 Aage og Elfe udgivet af Rabbek.
und in feinen Leuninger af Middelalderens Digtekunſt, forſte Haͤfte
a-Bo bekannt machte. Dehlenfhläger benußte es neuerbings in
den Trauerfpiel Axel und Waldborg, und Biefer Umſtand ver
anlafte den Herausgeber, nachdem fchon in ber erfien Probe⸗
ſchrift Ruͤckſicht auf dieſe Dichtung genommen war, es als
zweyte Ankündigung der neuen Ausgabe der Kämpeväfer nah
Sandvigs NRerenfion abdrucken Fi laffen, mit den Varianten
von Dehlenfchläger , der einer mündlichen Veberlieferung gefolgt
gu fern fcheint. Das Lied weicht In etwas von der Manier
der Kaͤmpevuͤſer ab, indem es runder und fließender iſt; es
drückt eigenthämlich fchön. jene Sage aus, daß der Bräutigam
im Grab die Ringe feiner Braut gehört, aufgeflanden in der
Nacht, zu ihr gefommen, und fie mit fich gegogen; tief und
wunderbar iſt der Zug, daß er fagt, er fühle ihre Sedanken:
wann fie ſich freue, fen fein Sarg mit Rofendlättern angefült,
wann fie traute, aber ganz mit geronnenem Blut. Auch bier
endigt, wie immer in nordifhen Sagen, der nenfchrey das
Geiſterreich. Auf die Aehnlichkeit mit Bürgers Zenore wird in
der Einleitung aufmerkſam gemacht, auch daß diefem einzelne
Laute eines Deutſchen Volkslied vorgeſchwebt; wir fügen hinzu,
daß das ganze in dem Wunderhorn II. 19 mitgetheilt worden.
Es if gleichfalls bemerkt, daß bie Engländer ähnliche Volks
lieder hätten, wovon eins bey Percy fiebe (III. 126. Herder
208), eines andern im Monthly Magazine 1796. Sept. ges
dacht werde. Ganz richtig. wird. der Schluß abgewehrt, bag
‚eins von diefen Liedern Driginal, bie andern von diefem ents
lehnt feyen: allen drey Voͤlkern gehört diefe Sog. zu, als ein
Zeugniß ihrer Verwandſchaft, jedes hat fie Rgenthuͤmlich bes
handelt, und ſchon biefes würde eine ſolche Behauptung abs
weifen. Don einem. andern Dänifchen Liede werben drey Zeilen
aus Oehlenſchlaͤgers Palnatoke angeführt:
NMond ſcheinet/,
todte Mann greinet:
wird die nicht Angſt?
Mir erinnern uns einiger Zellen aus einem Dentfchen Liede,
die Ahnlih damit lauteten. Daß eine Melodie von Dehlens
ſchlaͤger mitgethetlt worden, fehen wir als eine Artigkeit gegen
diefen an; ben allem Werth, den fie haben kann, gehbrt fie
nicht in eine Sammlung alter Volksmelodieen, und wir zweis
feln nicht, daß Fünftig nur auf diefe wird Näcfihe genommen
werden. on ber Herausgabe ber Kaͤmpevuͤſer theilt dieie
Schrift die angenehme Nachricht mit, daß fie nicht länger auf
gehoben, fondern begonnen werden fol, |
n % ’
No.10. Heidelbersifhe A811.
Jahrbuͤcher der Literatur,
Nuſeum fuͤr altdeutſche Literatur und Kunſt. Herausgegeben von D.
F. H. v. d. Hagen, 8.8. Doeen und D. 8. ©. Büſching.
Erſter Band. Berlin bey Nuger. 1609 (und 1810). 648 ©. 8.
syn neue Journal darf nicht. mit der unfeligen Menge
anderer unnüser und Zeistödtender Sjournale vermifcht werden.
Das Publicum fol Burch daffelbe ganz neue Reſultate erfahren,
die aus der Literatur des Mittelalters zu fchöpfen find, vor
allem fellen die vieleriey Meinen und großen Quellen, aus einer
unglaublichen Zerfplitterung und Vernachlaͤſſigung gefunden, ers
gaͤnzt, geſichert und beſprochen werden. Keiner diefer Zwecke,
befonders der fette kann ohne Außerliche Mitwirkung gleiches
finnter Arbeiter bewirkt werden. Ans diefem Stunde wünfchten
wir, daB fi die Vorrede beſtimmt erflärt hätte, wie, und
unter welcher Bedingung anderen kurzen Anfragen und Aufs
fügen der Eingang nerflatter ſey. Der mehrmals verfuchte,
aber fchiecht. unterſtuͤtzte Iiterarifche Anzeiger, der für das alts
deutſche Zach eine Vorneigung gezeigt, hatte freyern und all
gemeinern Zutritt, gewährte aber bey vielem Fremdartigen einen
ju befchränften Raum. &6 wäre wohl auszuführen, dab alles,
was über die altdeutſche Wiflenfchaft zu fragen und zu vers
handeln wäre, in einem ſolchen Wedazin geſammelt würde,
Wir wollen indeß unfer Urtheil über den vorliegenden erſten
Band freymuͤthig und aufmerkſam in diefen Blaͤttern niederlegen.
1. weder Wolfram von Eſchenbach, fein Leben und
feine Werte. Von Buͤſching. Wegen den Zwei und
vornehmlich gegen die Ausführung diefer Abhandlung hegen wir
manchen Zweifel. Die Nede ift von einem der größten Dichter
unferes Alterthums, von deſſen Lehen wir eigentlich nichts
wien, von deſſen herrlichen Gedichten zum Gluͤck viele
19
Fe v
146 . Muſenm f. Audeutſche Literatur u. Run
wahrt worden find. Nun Hat Hr. B. gu feiner Arbeit durds
aus kein neues Kälfsmittel gefunden, - fondern, was Tadel
“verdient, nicht einmal alle zugängliche genutzt, wie Necenfent
nachher beweifen wird, in der erften Abhandlung aber dis
beginnenden Buchs ließ fi) etwas volllommmeres erwarten.
Saft alles, was hier über das Privatleben des Dichters vers
fuche wird, ift aus feinen Gedichten zu fchöpfen, weder Ge
burts noch Sterbejahr kann ausgemittelt werden, ein alter Ber
ehrer Wolframs, Püterih yon Neicherzhaufen nenne uns nut
den Ort des Begraͤbniſſes. S. a7 meint Hr. B. nad) 1907
oder ı20B haͤtte er gewiß noch gelebt. Daran mirb gern jeder
landen, zumal da ans dem Tpturel hoͤchſt wahrſcheinlich if,
daß er Landgraf⸗Herrmann (7 1216) überlebt. Die weitläuf
tige Unterſuchung (2 — 15) über die fchweizerifche, ober baicı
fche Familie ift überfläffig, weil des Dichters eigene Angabe
längf und beflimmt enticheider, und Johannes Mällers Met
nung (die aber hier doch nach der erſten Ausgabe ber Schwei
gergefchichte ausgeführt wird, ungeachtet er fie feitdem geände)
verdiente deshalb keine Widerlegung. Weber die Namen des
Dichters wird in der erflen Note vielerley beygebracht, 1
hätte aber noch bemerkt werden follen, daß er häufig unter
dem erfien, ohne beygefuͤgtes Geſchlecht, vorkomme, wie er im
Tyturel ſelber damit fpielt:
mein Freund Hear RNam der Wolf e
ihr ſolt mein nit ſo ramen
zum Beweis, daß die alten Wortfpiele gern von den Eigen!
namen abgenommen wkrden. Im Tpeurel kommt j. ©. noch
vor:
den von Anſchauen (anjou) anzuſchauen.
Barum „Wolfram von Eſchenbach und Plelenfelden“ di
allein vichtige Orthographie feyn fol, flieht niemand ein, da
es damals mit der Schreibart felbft in Diplomen nicht ge
au gehalten wurde. Hätte es Hr. Buͤſching in einem aW
dern Sinne etwas genauer damit genommen, fo würde et
+ ©. die bepden erſten Saͤtze feiner Abhandlung in ein Pre
Muſenm f. Altdeutſche Literatur u. Kunſt. 4147
Borte zufamniengegogen haben. Wie geſagt, Aber das viel
feige einfache Leben und Schickſal des Dichters bleiben wir im
Dunkel, ein Paar trockene Länders und Städtenamen könnten
uns zu kritiſchen Puncten dienen, wenn wir eine unkritiſche
Geſchichte Wolframs aufgefunden und zu mürbdigen hätten.
Dennoch Siege in fo Wenigem und Seringem, was wir erfahren,
dießmal ein eigener Reitz, von vielen andern feiner Zeit Hätten
wie daran nur eingefchränftes, Hifkorifches Intereſſe; Hier iſt
es uns um feinetwillen befonders lieb zu hören, welche Städte,
Linder und Wälder er alle betreten, daß er einen Bruder,
mit dem er nur eine Seele gewefen, eine Frau und nur ei
Kind zehabt, und me zuletzt feine Gebeine begraben liegen.
Die dürren Namen tragen hier eine Art von Ruͤhrung mit ſich⸗
Benn sin Anderer der alten Sänger fingt oe
ich ſas uf einem fleine
do dahte (deckte, verſchraͤnkte) ich Dein mit beine
daruf falle ich min ellenbogen
ich hete in mine bant gefmogen (gefchmiegt)
das Finne und ein min Wange
do dehte ich mir vil ange (aängſtlich)
wie man zer werlte folte. leben.
(6 vernehmen wie zwar nichts, mas in feine hiſtoriſche tor
graphie taugte, aber es tft ein beftimmter, Höchft treuer Zug
aus feinen Leben, ein rührendes Bild; er hat einmal fo ges
feffen und geforgt, nun lleger fein Sinnen und Trachten iind
feine Ang um den Weltlauf in diefem ſchon fechshundert
Jahre begraben. Mehr Nachrichten hätte Hr. ©. ohne Zweifel
auch in dem gedruckten Wilhelm Oranſe des Dichters, ſo wie
etwa in dem nicht unzugaͤnglichen, wenn ſchon zweifelhaften
Trojaniſchen Krieg finden koͤnnen, allein er hat ſich nur mit
dem Parcifal und Tyturel begnuͤgt. Nee. muß fi in nach⸗
ſtehenden Zufaͤtzen auf den Oranſe beſchraͤnken. Dir Sram
&. 27 Note 36 fälle weg, indem der Dichter‘ (Stanfe & .162)
ſeines Toͤchterleins gedenkt, welches Damals noch mit der Puppe
geſpielt, zur Zeit des Dyturel aber gebßer gewachſen war, Da⸗
el CS 86 a) erwaͤhnt erh ffines Metfters Veidect
148 Muſenm f. Wiedentfche Literatur u. Rank
(Büfäinggn. 41); eine Intereffante Stelle Aber feine Frangöftice
GSprachkenntniß ©. 12078. Daß Eſchenbach den Plate, we
nigſtens namentlich, vijellelcht genauer durch die Kirchenvaͤter
gekannt habe, 4 Seweist doch Dranfe ©. 95h uud fogar Parcifal
B. 1589457 än beyden Orten wird er mit der‘ Gpbilla zuſam⸗
wmengeſtellt, was ſich aus den Kirchenvaͤtern erläutert, die haupt⸗
ſachlich in den Spbilliniſchen Orakein und bey Piato das Chri⸗
ſtenthum vorher fanden. Andere entſtellte Namen wärdn
Abrigens fo wenig gegen des Dichters Gelehrſamkeit beweiſen,
als richtige dafuͤr; folgende aber, die der Verf. nor. 55, 9
nicht zu erklären weiß, laſſen ſich erläutern. Maſſer naͤmlich
iſt ohne Zweifel der Juͤdiſche Arzt Maſer Jawaichus, von Su
hurt ein Syrer, der am Ende des ſiebenten Jahrhunderts lebte,
und Aarons Pandecten aus dem Syriſchen ins Arabiſche über
trug. Der Herkules ſollte freylich im Lateiniſchen Idiom
eigentlich herculitus heißen, und iſt Heraklit von Sichon, der |
zwey (verlorene) Bücher von den Steinen gefchriehen hat, fo dab
Plutarch's Zeugniß durch unfere Altdeutfchen Dichter wiederholt,
oder beftätige wird. — Leber das ſchwierige Verhaͤltniß Wolframs
zu einem audern Meiſterſaͤnger, von dem alles untergegangen iR,
der Ruhm ausgenommen, zu Klinſor hätte billig geredet wer
den follen. Im Dranfe ©. 1874 Pr ber Dichter des
Landgrafen Hermann von Thüringen, ©. ı6ga bes Bodens |
ſees, 1784 eines Turniers zu Kigingen, worüber Rec. gerade
nichts nachichlagen kann, ©. 171 a des Streites der Welfen
in Thüringen (woraus ſich bey dem damaligen Schwanken der
Parteyen und befonderd des Landgrafen kein ſicherer Schluß
machen läßt) und 176b des Kalfers Otto, dem der Dichter
zu feiner Weihe dis Folge gegeben. Dieb war Otto IV., der
»on 1297 bis 1018 als Kaiſer auftritt, es iſt daher nicht ganz
sichtig, wenn Hr. B. zu einer Parallelſtelle aus Tyturel be⸗
hauptet (S. 2a n. 28 coll. &,27), daß diefer Otto ınod zur
Megierung gelangt» da er zu Aachen gewiß früher geweiht worı
‘den, obgleich zu Rem er 1000. Eintgemal gibt fih Kr. ©.
dergebliche Muͤhe aus manchen Aeußernugen Woiftams in
%
Muſeum f. Altdentſche Literatur m. Kunſt. 4149
fein Leben hineinzuſchauen, und wir halten bes Dichters Un⸗
läd in Liebeshaͤndeln für eben fo wenig ausgemacht, als (mas
&. 3 ſteht) daß er durch eine eigene Durdforfhung der
Bibel und Kirchenväter den religiöfen myſtiſchen Sinn erlangt.
Dieſe Myſtik und Religion war bazumal echt vollsmäßig,, die
Disputation zwiſchen Noland und Feragut iſt eben fo tief und
herrlich, als was in Reinbots &. Georg ficht, und was diefer
wiederum nicht alles ans ſich felber hat. Und wie will Hr. ©. -
bweifen, daß die phufllalifchen Kabeln duch die Krenzfahrer
ans dem Drient gelommen (©. 34)? Bon den Schriften des
Dihters wird erft in der Fortſetzung der Abhandlung geredet
werden. Dec. ift alsdann auf bie Löfung vieler Schwierigkei⸗
ten begierig, namentlich der fonderbaren, dab, da Wolfram
den Parcifat früher als den Dranfe, und benbe vor dem Wart⸗
burger Krieg gedichtet zu haben fcheint, im Parcifal dennod,
fo wie im Tyturel die befannten Anfpielungen auf Klinfor
vorfommen. Entweder mäßte der Sänger feindfeliges Zuein⸗
anderfichen früher da geweſen, oder die Stellen müßten fpäter
hingugefäge ſeyn, denn überhaupt gefällt fich der veiche Dichter In
Lieblingswendungen und Steichniffen, die man im Parcifal,
Oranfe und Zyturel immer wiederfindet. Der Abdruck des
Echmgrin und mehr Aufklaͤrung über den Wartburger Krieg
möhre wor allem wohl abzuwarten ſeyn. II. Galerie *)
Altdeut ſcher Dichter von Docen. Hr. D. macht ben
Verſuch, in einer Reihe von Bildern die Eigenheiten der vor⸗
züalichſten Aitdeutfchen Dichter, fo wie flo ſich aus ihren Werken
fish darchun, aufzufaſſen, und fängt. hier mit dreven am,
wobey er gugleich eine gewiſſe Stufenfolge von unten gu dem
höheren auffteigend, beabfichtigt zu haben ſcheint. Nichts ift
Aioagter, als von außen her in die innere, Werfätte der
nn
) Mir glauben beffimmt zu wiffen, warum uns folche Lieblings:
ausdrůcke des Verf. der Mifcellaneen, wie: Galerie , Verſo⸗
nalin, Marginalien, Gpicilegien, Nhodonia zc. in des akt
deniſchen Poeße ober als ſoni zumider And.
t
150 Muſtum f. Altdeutſche Literatur u. Kunſt.
Dichter hineinzudringen; ein allgemeines Urthell iſt balb fertig,
ein Verftändiger wird fo nicht darin fehlen. Aber num die
einzelnen Gaben, bie einem mehr, andern weniger zu Theil
geworden, in Worte zu Faffen, und wieder aus einem Punct |
ausgehen zu laffen, das muß in der alten Zeit noch hundertmal
ſchwerer feyn. Damals war das Unglück der falfchen Poche
noch wenig oder nicht in die Welt gekommen, es gab faſt keinen
Dichter, der nicht aus dem Trieb feines‘ Herzens gefungen
Hätte. Daraus erklärt ſich zweyerley: die Eintbnigkeit und
Menge der Miinnelieder. Alfo kann man wohl fagen, Gott:
feied und Wolftam ſeyen poetifch begabter gewefen, als viele
andere, und feldft den Unterſchied fühlen, der zwiſchen der
Manier beyder if, allein man wuͤrde fehr Unrecht thun, wenn
man die Lieder eines Wenzel von öhmen, eines Heinrichs
von Breslau im geringſten unter die jener Meifter ſetzte. Wir
"begreifen kaum, wie man einzelne darunter mehr lieben koͤnne,
als chen das, was ihnen allen gemein if. Auf erzaͤhlende
längere Gedichte hat der Stoff einen bedeutenden Einfluß, was
ift Eſchenbachs Dranfe neben feinem Parcifal! Niemand wird
es Hrn. D. verleiden wollen, daß er bie drey hier ausgezeich⸗
neten verfchiedentlih mit beſonderer Morliebe genannt Hat.
Allein wir fiehen nicht an, die Charakteriſtiken Conrads und
Rudolfs für mißlungen und untreffend zu erklären, Was hat
Frühling, Sommer und Herbſt Hier zu thun, und wer geist
das, daß die Geſchichte der Kunft nur drey Jahrszeiten, nam
lich keinen Winter habe? Zu geigen wäre vielmehr, daß die
Matur. ein Iebendiges Volk au flets mit neuer Poefle befruch⸗
tet; die Formen werden mißbraucht und entftellt, aber zur Zeit
des erflarrenden Meiftergefangs lebte eine Fülle herrlicher Volks⸗
lieder und eine Menge Geſchichten in Deutſchland auf. Rus
dolfs Wilhelm von Orleans ſteht doch weit unter der Verglei⸗
Hung mit dem Triftan, in der Sage iſt ſchon das Gezierte und
Höfliche, welches ben fpäteren Roman von Galmy fo ausneh⸗
mend langweilig macht. Was Gottfried von Strasburg an
geht, fo hat Hr. D. die. Schönheit feines Gedichts herjlich gw
-
Ruf f. Wirdegtfche Literatur m. Kunt. 151
fühlt, und sreffend daruͤber gefprohen; aber Wolfram von
Eſchenbach würde fih durdy eine Hier auf ihn anzuwendende
Stelle des erfiern fo wenig betroffen fehen, als bie proteflans
tiſche Landpfarrer den auf fie geworfenen Seitenblick lefen wer⸗
den. Daß das hier (S. 54) für unbekannt gegebene Englifche
Driginal des Thomas von Brittannien noch jeßo exiſtirt, if
nicht nur aus den Aufichläffen darüber, welhe Ellis und
ver Herausgeber der Schottiihen Volkslieder ( Edinb. 1803 )
gegeben ,„ bekannt, fondern es ift von Score wirklich edirt,
und ſchon einigemal aufgelegt worden. Mit dem fpäteren
Thomas Malore, wofür ihn einmal Nyerup gehalten, iſt unfer
Thomas von Ereildenn nicht zu verwechfeln. Bon dem Triſtran
des Segehart nachher neh einige Worte. Noch müflen wir
eine gezwungene Bemerkung, womit die Galerie anhebt, ruͤgen;
nach welcher man es fuͤr ein Gluͤck fuͤr die Geſchichte unſerer
Poeſie Halten ſollte, daß wir fo keine moͤnchiſche (?) Lebens:
befhreibung von unfern alten Dichtern Hätten, wie bie Pros
vergafen von Noftradam. As wenn dergleichen unfchägbare
Nachricht das Studium ber Gedichte felöft verhindern kännte,
wo nur die Gefchichte der Poeſie ernfihafter getrieben wird, -
als bey Franzoſen. Wird diefe Galerie fortgefegt, fo wuͤnſchen
wir, daß ihr Verf. lieber einzelne Spuren von Leben, Seyn
und Kunſt der Dichter, weiche ihm feigg Belefenheit an die
Hand gibt, einfach zufammenftelle, ſtatt ſie in entfcheidinde und -
unterfcheidende- Urtheile nicht ohne Zwang zu verbinden.
IT, Sin Gedicht von Eonrad von Wirzburg. Wohl
gemacht, Bie herbfilihen Nebelgedanken zu gerfireuen, die Hr. D.
über diefen Meifter verhängt hat. IV und VIII. Ueber den
Unterſchied der Minne und Meifterfänger, von
Docen. Ueber diefen Aufſatz mag ſich Hier Rec. nicht aͤußern,
da er gegen ihm ſelbſt gerichter iſt, und ihn bewegen wird,
nächftens darauf ausführlich zu antworsen. Nur fo viel, daß
Hr. D. die alten Meifterfänger alsdann für keine hält, wenn
fit — Minnelieder gemacht Haben. Am Schluß des im erflen
Heft abgebrochenen Aufſatzes wird den Leſern ganz unverhoft .
⸗
[4
452 Muſeum f. Alidentſche iteratur u. Kunf.
ein Minnelied aus dem ſechszehnten Jahrhundert, jedoch als
ein: erotiſches Gedicht, zum Beſten gegeben. V. Alpbabes
tiſches Verzeichniß Altdeutſcher Dichter, vom
Anfang bis ins ſechezehnte Jahrhundert, von
Docen. Unftreitig der fleißigfte Auffag des ganzen erſten
Bandes, und eine. mühjame Arbeit, welcher inskuͤnftige eine
zweyte, bie anonymen Gedichte umfaſſende Abtheilung nad
fölgen fol. Auch foll das Ganze Überhaupt nur Vorarbeit gu
einer Handbibliothek unferer altpoetifchen Literatur fern. Im
Allgemeinen ift folgendes auszuſetzen. Der Verf. Bat außer |
dem eigentlichen Verzeichniß hinten noch eine Tabelle hinzuge⸗
fügt, worin die Dichter mis zufammengefeßten Namen in ent
gegengefeßter Ordnung eingetragen find. Allein er hätte cons
fequene in das Hauptverzeichniß nun auch alle folhe Dichter,
entweder bloß nach den Vornamen, oder nach den Zunamen
bringen follen. Jetzt if es eine Unbequemlichkeit, daß man
nicht immer weiß, unter welchem man zu fuchen hat, Billman
aber annehmen, daß Dichter aus höheren Ständen unter ben
Vornamen, desgleihen Buͤrgerliche unter den Bornamen, ohne |
angehängten Stadtnamen, und bloß die Adelichen unter dem
der Stämme zu alphabetifiven ſeyen, fo iſt diefe Unterfcheis
dungsart vorerſt gweifelfaft anzuwenden (3. ©. bey Gottfried
von Hohenlohe), gg daun bey einem für bloße Bequemlich⸗
keit eingereichten Inder unerforderiih. Auf jeden Fall hat
Hr. D. felbft dann nicht immer confequent verfahren, fon
bürften Albrecht von Kemenat und Scharfenberg nicht umter I.
und Bligge von Steinach nicht unter dem B. fiehen u. f. w.
Sodann. hat er ſich beſtrebt, ben den meiften Minnefängern
die Zahl ihrer eingelnen Gedichte anzuführen. Dieß iſt nicht
fo leicht, weil die Bodmeriſche Ausgabe alles verwirft, aber
auch nicht fo fchwer, weil das Versmaß die nöchigen Abtheiluns
gen an die Hand gibt, nur alsdann wäre es zweifelhaft, wenn
mehrere Lieder ‚in demielden Maß unmittelbar auf einander
folgten, wie einigemal. Nicht felten hat fih Hr. D., deſſen
Muͤhe wir. fonft nicht verkennen, damit geholfen, fo bald ihm |
Muſcum f. Altdetzeſche Literatur u. Km: 453-
die Sache zweifelhaft ſchien, daß er nicht die Lieder zaͤhlt,
fondern geradezu die Strophen; es mag aber mit feiner Ans
fht von Meiſterſaͤngerey zuſammenzuhaͤngen, baf er einzelne
Strophen, ja fogar zwey Strophen miche für Lieder gelten
laſſen will, fondern eher Fragmente voransfeht. Beym Burg⸗
graf Rietenburg if bemerkt: drey unvollſtaͤndige Strophen und
ein Minnelied. Warum ſollen doch die erſtern keines ſeyn? Das
Ganze find zwey oder drey Minnelieder, je nachdem man bie vier
erſten in zwey theilt, oder in eines vereinigt. Denn bie zwey letzten
des eigenen Maßes wegen bilden ein eigenes Lieb. Bey mehr
seen, 3. B. Dietmar von Aſt, Bligge von Steinah u. a, iſt
weder die Steophen:, noch Liedergahl angegeben. Munegtur has
offenbar drey Lieder, nicht zwey. Bon Rumelant wird gejagt:
daß er drey Lieder, acht Strophen, einen Traum und ein
Gedicht auf Maria enthalte! Die Nachweiſungen ber Stellen,
wo fih manche Minnelleder ganz, oder in einzelnen Strophen
wieder gedruckt finden, find keineswegs vollſtaͤndig, wie ch das
von ſelbſt verſteht. Ninius Lied o. 118 ſteht ſchon ı. 35
bey Rudolf von Rotenburg. Sieben Strophen, melde im
dritten Band der Mull. Sammlung S. XLVIII unter Reimars
Namen befinblih, enthält die Maneßiſche unter Dietmar vom
At und Walter von. Mezze. Ebenſo gehören Friedrich von
Hufen fieben Strophen ebendaf. S. XLVII bey Maneße dem
Honberg 1. u7. Milons von Gevelingen letztes Lied findet
ſich ſchon Früher unter. Reimars. Desgl. Wachemuths von
Kinzingen Lied: we warum ꝛc. bey Cunz von Roſenheim u. ſ. w.
Zu dem Verzeichniß ſelbſt folgende Erinnerungen. Der Verf.
hat etwa zwanzig aus Vogts und andern Fiften befannte Dichs
ternamen ausgelaflen, Dagegen einige daraus eingeräckt, 4. ©.
Maienihein, «Zorn. Dieb wäre allenfalls inconfequent, und
die Abrigen mögen noch fo verderbt ſeyn, wie fie wollen, fo
hätten fie billig gu Erleichterung künftiger Conjecturen in einem
Anhang nachgeholt werden können, beſonders feitdem bie Er⸗
fahrung manche davon gerechtfertigt hat, wie den Bquͤheler.
Hinzuzufuͤgen wären noch: Herzog Leopold von Defiers
4154 Mufenm f. Atbentfche Literatur u. Kunfl
sei, aus dem funfjehnten Jahrhundert; Niclas von Wyle
Bat in der Vorrede zur zwölften Ueberſetzung Stellen aus defien
Liedern. Dee Waineßhafft von Kingftein (Konigſtein)
Berfaffer einer alten Allegorie über die Liebe. Dagegen find
andere Namen anszuftreihen. Geradezu folgende beyde: Ri—
hart, welches eine falfhe Lesart für Nithart, mie Ar. D,
feitdem felber irgendwo auf Tiels Berfiherung berichtigt hat,
fodann der von Yfunde, ein unerhörter Name Es heißt
bey Sonnenburg:
das riet mir der von Dfunde ander gute Meifter nicht,
man lefe: d. e.m. der von Nyf unde anderg.m.n. Auch
der, durch v. d. Hagen Hinzugefügte Würgendräßel if
kein Dichter, fondern der Name eines Tons von Frauenlob.
Zu unterfuchen bleibt, ob die angeführten vier Reim ar (der
alte, der junge, der von Zweter und der Ziedeler) oder die
dir Meifner. (der Markgraf, der alte und junge, und
Meifter Heinrich von Meifen genannt Frauenlob) nicht vielleicht
in einigen Gliedern zufammenfallen. Fehlerhaft erfcheinen etwa
Bier zwey Rumelant, und daß der Meifterfänger Robin
gewiß von dem Minneſaͤnger Rubin verfchieden ſeyn fol, Liegt
wieder an Hrn. D. Meinung vom Meiftergefang. Ein und
biefelde Perſon find fiher Segehart von Babenberg
and Eilhart von Hobergen, denn die zwey Bearbeituns
sen des Triſtan, die unter Ihren Namen zu Rom und Dress
den liegen, find Ein Werk. Nach der Anmerkung des unge
nannten Verfaſſers unferes profaifchen Romans, die nicht in
der von Hagen abgebruften- Ausgabe von 1587, wohl aber in
dem ihm gänzlich unbekannt gebliebenen Wormſer Druck von
549 in Quart, und vermuthlih auch in dem Augsburger von
2498 fleht, wird der genaue Zufammenhang des Dresdner und
Roͤmiſchen Triftans mit der Proſa ganz offenbar. „Von bifer
Hiftori Hat von erſte geſchriben der Meilter von Brittannie
and nahmals einem fein Buch geliehen mie Namen Filhart
von Oberrt, der bat es darnach in. Heimen gefchriehen.
Aber von der Leut wegen, bie ſolcher gereimter Bücher nicht
Muſeum f. Altdentſche Literatur u. Sunf. 158
hoch achten, auch eilich fo die Reimen nit eigentlich verſtehen
kunden, habe ich Ungenant (7 Ungenannte) dieſe Hiſtori in
die Form gebracht.“ Daß alſo die Proſa aus Segeharts oder
Filharts Reimen gemacht worden, iſt gewiß aber eine neue
Dunkelheit: wie dieſe Recenſion auch von Thomas von Br.
zuerſt ausgegangen feyn will, da fie doc von Gottfrieds Ges
dihe fo ſehr abweicht? Das Altenglifche Gedicht wird bald
darüber Aufichluß geben. Bey Hans Raininger und einigem
andern bätte die Quelle der Nachricht angegeben werben follen,
sermuchlich kommt fie ans einem Weimarer Coder, wo aber .
Ramiger (an: Regimar ?) ſtehet. Das if fehr gefucht,
daß das Wort Sänger by Dietrih von Baſel eim
Eigenname ſeyn fol. Graf Werner von Honbreg wird
in dem Gedicht von den ſechs Farben, Maͤller ſche Sammi. III.
geruͤhmt. Der Römer von Zwidau iſt nicht gerade Reins
mar nom Zweier, vielmehr gab es in Zwickau ein Geſchlecht
Namens Nömer, in Schmids Zwidauifher Chronik &. 66,
67 wird ein Martin R., welland Stadthaupmann, erwähnt.
Der Ehrenbor, Ernpot vom Rhein könnte wohl Reinmann
von Zweter feyn, oder etwa der Erkenbold, der den Ritter
von Staufenberg gedichtet, und in diefem Verzeichniß gan
fehlt. _ An den Reinbot von Doren hier zu denken, wärs
etwas gewagt, ungeachtet Hrn. v. d. Hagens Meinung, daß unter
Doren nicht Thüringen, mit Recht bezweifelt werden könnte,
Bey dem Ernball Spiegel liegt wohl eine ſchlechte Lesart
zum Grand, es iſt der-Ehrender, deffen Spiegelton Efters
vorkommt: Sollte das Wert: Appet in Jacob Appet auf
einen Abt vermuthen laſſen? Muſcabluͤts Gedichte fichen
noch vollſtaͤndiger angeführt in Mylii Luftgarten, uͤberſetzt von
Lycoſthenes Diellionorus, Strasburg 1601. 8. (cap. 17 vom
Mufestbaum). Bon Mügelins Gedichten bemahrt viele eine
Handſchrift in Bättingen, Den Roſenbluͤt nennt Wagens
ftil de Civ. Norib. lib. ı. c. ı. einen prior coenobii daminica»
zorum. Leber Dtto den Bogner könnte eine Urkunde eints
gen Auffchkuß geben, die Rec. irgendwo excerpirt, aber das nähere
\ /
*
456 Mufenm f. Altdeutfche Literatur u. Kunſt.
Eitat vergefien bat, worin vorkommt, daß ein Graf Gottfrieb
von Hohenloh den Otto Pognern zu Aügsburg mit einem Stuͤck
Land, genannt das Leutfriedgefäß belehnte, gegen jährliche
Entrihrung eines Paares Hofen. — Zum Schluß eine Beſtaͤt
tigung der Docenifhen Meinung, daß Ulrich von Tär—
beim und Ulrih von dem Turlin gwen verfchiedene
Dichter find. Wir Hatten das bezweifelt, weil zu der merk
würdigen Webereinflimmung ber Vor⸗ und Zuname biefer
Dichter hinzutritt, daß Sende an demſelben Werk gedichtee has
ben, wie man ed doch betrachten kann, und von jeher be
trachtet hat, außerbem aber, daß fhon Püteri das erfte und
dritte Buch des h. Wilhelm nur einem und demielben eis
fer zuſchreibt, mämlich dem Tuͤrheim. Und diefes Tuͤrheim
ſchien der gemähnliche richtigere Name zu fen, indem Wirk
von dem Turlin nur Einmal vorfommt, obgleich ohne Schreibe
fehler als Reims welchem gu Sefallen er aber au gerade ges
ändert ſeyn konnte. Allein man leſe die etwa 36.008 Reime
des ſtarken Rennewarts durch. In diefem unbefchreibftch Tangs
weiligen Gedicht nun erwähnt Ulrich von Tärheim, obwohl er
öfters von fih und feinem Dichten ſpricht, nirgends feiner
früheren Erweiterung des Wotframifchen Werks; und daß er fir .
früher hätte ſchreiben möäflen, fieht man Thon daraus, Daß
er beſtimmt erfiärt, das Werk, nämlich unfer dritter Theil
ſolle fein letztes ſeyn, er wolle nun mit Gemach leben, „benn
das Dichten großer Mähre thue weh.“ Berner, fo finder ſich
im erften Theil eine befondere Form; nad) dreyßig gewöhnlichen
Reimzeilen fallen drey Schlußreime aufeinander, bergleichen
Kanſtlichkeit im Rennewart fehlt, und was mehr, als alles
bieſes, der beyden Dichter Art ik durchaus verfchleden. Ohne
daß wir erſt eines befferen”Tertes bedärften, muß ſogleich ers
kannt werden, daß Tuͤrheim ein trockenes, geſchwaͤtziges Gedicht
liefert, das keinen Abdruck verdient, und nur In den Kloſter⸗
ſcenen ertraͤglich iſt, welche man aber ſchon wieder beſſer in
den proſaiſchen Lateiniſchen Legenden findet. Wogegen Turks
weis ergoͤtzlicheren Stoff, zwar weitſchweiſig, doch anmuthig
>
x
Biofeum f. Miidentfhe Literatur u. Auut. 157
verarbeitet. Zu allem Uberſluß iſt Hier noch ein directer Beweis:
Als Kyburg ihr Leben in dee Klauſe zu ſchließen wuͤnſcht, ſa
betruͤbt ſich Wilhelm, und hält ihr vor, was er alles um ihrent⸗
willen ausgeftanden, wie fie ihm erſt nebſt einem Sperber
heimtiche Botſchaft gefandt, daß fie gern chriflih werden
wollte, und er fih doch möchte mis Fleiß von Tybald gefangen
nehmen laffen, damit er fie aus der Heidenſchaft entführen
Einnte, und mis folches alles gefährlich ausgerichtet worden.
Das widerfpriht der Turlinifhen Erzählung offenbar, erſt
durh das Sehachſpiel mit dem Gefangenen entſteht in Arabele
der Sedante zum Chriſtenthum, die Sefangenfchaft iſt durchs
aus nicht angelegt, und Wilhelm Hält fie anfangs für ein
großes Ungluͤck. Was übrigens diefe Abweihung der Ger
ſchichte angeht, fo berußt fie auf den welſchen Quellen und
VWolfram; alleg in die einzige Zeile:
„Arabeln Willehbalm erwarb*
faſſend esstfcheidet für keinen von bepden. Aelter und einfacher
if des, Tärheimers Erklaͤrung, feiner die des fpätern Dichters,
denn ohne Zweifel har Turlin nachher erft gelebt und gedichtet.
VIJ. Beptraͤge gu Sörres Schrift, Aber die Volkes
bäder, von v.d. Hagen. An fih mag man über bieles auss
gezeichnete Werk, immer urcheilen, daß es zu früh conſtruiren,
und aus ungleiher Grundlage mit gleicher Sicherheit folgen
wolle, weiches vielen eine ängftlicye und manchmal unangenehme
Empfindung verurfachhen kann. Mar urtheile man fo aus einem
ganz andern Grunde, als hier Hr. v. d. H. shut. Es frage
fh, ob es ibm zugeflanden, die reiche Gabe diefes Schrifts
Aellers mit der „Familienaͤhnlichkeit eines unerfreulichen Stems
pels der Zeit“ abyufertigen, und mit dem bioßen Tadel einer
uͤberſchwenglichen Schreibart anzuftoßen. Das if vielmehr das
Verkehrteſte mit in der Zeit, daß fie das Treffliche nicht rein
ehren kann, fondern ihren Tadel daran für weit höher
bat. Ohne voliftändige Hiftoeifhe Ergründung, die ihm in
der karzen⸗ Zeit, ohne alle Vorarbeiten nicht möglich war,
iſt Goͤrres In die Wahrheit alter Poefle hineingedrungen.
458 Der-Randpfarrer in Hinſicht a. d. Untervicht d. Jugend.
Andere haͤtten vermuthlich durch eine Menge von Citaten
And Noten noch nicht fo hell auf dem Grund geſehen. Görres
Hat ſelbſt manche merkwürdige literarifche Aufichläffe. gefunden,
ob wir gleich gewuͤnſcht, daß er feine gelehrten Unterfachungen
zu diefem Merk noch verborgen gehalten hätte, weil fie and
im Lefen ftören. Zu literarifhen Berichtigungen und Zufäken
fheint und das Buch gar nit gemacht, obgleich fein Verf.
felö darauf angetragen,, dazu gehört ein äußerer feſter Plan,
welcher die ſchwaͤchſte Seite des Werks if. Das -beflätigen
die Hier gelieferten Notizen, die ſich hHauptfählich über die |
Neifefagen im Montevilla, Kortunat und Ernſt verbreiten.
Daß fie umfaffend angelegt worden, wäre zu oben, aber
wie ſehr ſteht die Ausführung dahinten! Wir mahen uns
anheifhig, eben fo viel andere fleifige Anmerkungen dazu
zu liefern, oder anzufnäpfen, welches dann wieder Seren
H. oder: andern Deranlaffung zu einem neuen Supplement
geben würde. Hier kann nur eine aus dem Alfgemeinen feſt⸗
geſetzte Arbeit nuͤtzen, nicht ein zufälliges Anerbieten. Die
Hauptarbeit Über die alte Geographie gehört aber nicht in dies
es Sournal, worin nur Eroͤrterungen ein zelner ſchwerer Puncte
an ihrer Stelle find, und keine Auszüge aus bekannten Büchern,
die jeder ſelbſt beſitzt. Auch können wir e& nicht billigen, daß die
Maufpiele des Hans Sachs auf ganzen Blättern ausgezogen wer⸗
den, ohne zu Überlegen, aus welchen Quellen diefer Dichter ges
fchöpft? wo fi) dann zeigen würde, daß wir folhenod eben fo gut
felber benugen fönnen. Nyerup hat vor Jahren ſechs brauch⸗
bare gelehrte Nachrichten über Volksbuͤcher in einer Dämifchen
Zeitfchreift geliefert, wir Hoffen aber nicht, fie im Fortgang
diefer Beyträge auf die von Goͤrres angewendet, und uͤberſetzt
zu ſehen. Dafür gebe uns von der Hagen mehr eigene Arbeiten,
woju es ihm weder an Stoff, noch an Gelehrſamkeit mangelt.
¶ Der Beſchluß folgt. ) -
Das kann der Landpfarrer dem Staats und der Neligion in Hinſicht
auf bürgerlichen, ſittlichen und religiöſen Unterricht der Jugend
leiſten, und wie koͤnnte er es dabey anfangen? — Eine Erzaͤh⸗
Der Landpfarrer in Hinficht n. d. Unterricht d. Iygend. 459
ans ber Febder eines geweſenen Ranbpfarcers, feinen Amts
en zur Vrüfung und al en en vorgelegt,
aaa *. Ki Seidelfchen Buchhandlung. 1810. VII m.
Wir Haben diefe eine Schrift mit Vergnügen gelefen.
Sie euthält die einfache Erzählung eines katholiſchen Landpfars
ers von feinen Bemühungen um eine durchaus vernachläffigte
"Dorfichule, deren er ſich väterlih annimmt, und wo er der
jugend den auf dem Titel benannten Unterricht ertheilt. Wer
den Zuftand des fo oft verfäumten Landvolls aus Erfahrung
kennt, und Zeuge davon gewefen iſt, wie ein einfacher, väters
lich ernfter und freundlicher Iinterricht auf die Seelen der Lands
jugend zu wirken vermag, den muß es erbarmen, fie an mans
hen Drten der Ehriftenheit noch eben fo vernachläffige zu fehn,
wie wir im Anfange diefes Buchs lefen; aber um fo erfreulis
her ift auch der Anblick eines folhen Mannes und Strebens,
mie unſer Büchlein zeige. Es enthält drey Abfchnitte. Der
erſte: büärgerliher Unterricht, zeige, wie der Pfarrer
die Kinder zum Leſen, Schreiben, Rechnen anführte, wie er
dem Aberglauben entgegenarbeitete, wie er der Jugend alleriey
gemeinnäßige Kenntniffe beybrachte, und fie zu einem verftäns
digen Landbau, zur Obſtbaumzucht, zur Anlegung ‚lebendiger
Hecken 20. anleitete, und mie dadurch „die dortige oͤde, im
hoͤchſten Grade unfreundlihe Gegend, wie in ein Paradies
verwandelt worden fey.“ Daß lekteres nicht übertrieben fen, -
könnte Rec. durch das Benfpiel eines würdigen proteftantifchen
Landpfarrers de einer der Ödeflen Gegenden Weftphalens bewei⸗
fen. — Der pte Abſchnitt: firtlicher Unterricht, zeigt,
wie der Verf. auf eine einfache Weife — und bdiefe ift immer -
die beſte — in den Herzen der Landjugend die möralifchen
Gefühle und Begriffe entwickelte, und fie lehrte, gerecht und
götig Handeln“ Sp einer Anmerkung erzählt der Verf., wie
er unter feinen Bauern eine Art Friedensgericht fliftete, welches
den Zweck, Proceffe gu verhüten, auf das ſchoͤnſte erreichte. -
Der dritte Abſchnitt: veligidfer Unterricht, zeigt, auf
welche Weile er den Kindern die fünf Hauptſtuͤcke des katholi⸗
hen Katehismus und andere religiöfe Begriffe beybrachte.
Hier wünfchten wir, daß der Verf. erwas umftändlicher gezeigte
haben möchte, wie er die Dogmen- feiner Kirche den Kindern
praktiſch entwickelt, und Mißbraͤuche verhätet Habe. So hätte
der Satz: „wenn der farholifhe Ehrift alle feine ſchweren
Sünden beichter, diefelbe bereuet und ernftlihe Beſſerung vers
fpricht, fo werden fie ihm aud) nadhgelaflen“, wohl einer nähes
ten Erläuterung "bedurft. So vermiflen wir, was denn ein
wuͤrdiger Genuß des heiligen Abendmahls fen. Gewiß haͤtte
der Verf., der Bein Freund eines todten Mechanismus ift, hier
360 Lewezow Leben u. Kunſt d. Frau M. 2. Schick.
mehr geben koͤnnen, und vor allen Dingen geben ſollen. —
Möchte dieſes einfache Buͤchlein in Die Haͤnde recht vieler Bas
tholifher Landpfarrer und Volkelehrer kommen, und die Frucht
bringen , die der Verf. beabfiihtige, und wozu er fie am Ende
mit Herzlichkeit auffordert. Auch um ihrer eigenen Selbf:
bildung willen wäre ben katholiſchen Landpfarrern eine folche
vaͤterliche DBeichäftigung mit Kindern anzurathen, damit nicht
die Natur, die dem Mann den Hohen Berufgab, Vater und Erzieher
der Nachkommenſchaft zu feyn, wozu vor allen der Landpfarrer fo
viele Selegenheis bat, ſich nicht an ihnen raͤche, wie an dem
Vorfahren unfers Verfaſſers — „weicher, wie Vorrede S. VIL
erzähle wird, alles ‚Zeitliche feiner Ausfage nah für Koth
achtete, nur das Geld ausgenommen, das er alle Sonntage
nah Mittag aus drep wit frischem Waller gefuͤllten Schüffeln
gu feiner Unterhaltung ‚forgfältig wufch und reinigte.“
Leben und Kunfl der Frau Margarete Luife Schick, gebornen Hamel,
K. Br. Kammerfängerin und Mitgliedes des Nationaltheaters
gu Berlin; von Kont. Levezow. Mit dem Bildniſſe der Künk-
lerin nach ber Bütte von F. Wichmann. Berlin, bey Bunter
und Humblot. 1809. 75 ©. 8, (16 ge.)
Ausgezeichnete Menfchen verdienen einen. ausgezeichneten
Denkſtein am Ende ihrer fichtbaren Laufbahn. Es. intereffixt
den Menfchen im edlern Wortfinn, den Freund der Wiſſen—
ſchaften (namentlich der Enfturgefhichte, von der zu wuͤnſchen
wäre, daß fie bald zum Range der Erdgefchichte ſich erheben
möchte), und den Freund der Kunſt, fo wie ag Pipgolooen,
den Erzieher, den Beobachter der Welt und Menſchen, von
ſolchen Perfonen , deren Namen: Ehrerbietung fi erworben
Haben, fo etwas zu leſen, wie man ‚hier von der allgemein
bedauerten Schick gu leſen findet. Der Schriftſteller ift mie
Geiſte zu Werke gegangen; er ſelbſt verraͤth allenthalben einen
‚feinen und geübten Kunftfinn, und ſagt von feiner Heldin: bey
aller Wärme, die er für das ausgezeichnese Talent empfand,
niche mehr und. nicht weniger, als er mit Grunde der Wahıs
heit fagen konnte. Ohne den weitern Nachforſchungen über die
Ausbildung fhöner Anlagen sprängreifen, erzählt er uns von
‚ihrem Leben fo viel, als nöthig war, um die Erfcheinung in
‚ihrem Glanze zu begreifen, und von der Kunſt der Kuͤnſtlerin
fo viel, als man verlange, um fi) einen angemeßnen Begriff
davon zu erwerben. Mozarts Worte bey der Kaiferfrönung
in Frankſurt: „nun will ich nicht weiter fingen hören“, und der
Erfolg der erfien Productisnen von Glucks Meiſterwerken auf
der Dentichen Bühne find ensicheidend. für ben Ruhm der Ders
fiorbenen, welcher das bleibende Denkmal der seinen Liebelund
Verechrung gebührt.
No. 11. Seidelbergiſche 1811:
Jahrbücher der. Literatur,
4
Muſeum für altdeutſche Literatur und Kunſi. Yerauggegeben bon D,
3. 9. v. d. Hagen, 8. 8. Docen und D. 3. ©. Büfching.
GBeſchluß der im No. 10 abgebrochenen Receufion, ) .
VII. Beriqtigungen und Nachtraͤge gu Bod⸗
mers Ausgabe der Maneßiſchen Sammlung von
Minneſingern nah der Urſchrift in der kaiſer⸗
lien Bibliothek zu Paris. ec. bezieht fich auf eine
ſchon früher gelieferte Anzeige der Benedefhen Schrift, welche
mit viel weniger Mühe -faft diejelde Ausbeute gibt, die und
hier ein wenig feyerlich geboten und bereitet mird. Huf den.
Vorwurf der Trübheit, welchen Hr. von der Hagen der Bremis
en Quelle made, Haben die Soͤttingiſchen Anzeigen recht
gut geantwortet, und noch mehr, fie haben bewirfen, daß
Beneckens Text ſehr oft correcter ift, als der Gewinn aus -der
Parifer Handſch.; befonders auffallend iſt (S. 360) eine -ganze
Zeile, die Raßmann darin Überfehen. Daß. auch hier die ins
nern lieder der Strophen, und befonders der Leiche nicht
äußerlich adgefeht und hervorgehoben find, haben wir ſchon bey
Benecke getadelt. Die Malerey der Anfangsbuchſtaben hätte
jwar immer als behuͤlflich zur beffern. Abcheilung kurz bemerkt
werden koͤnnen, aber nicht als fo wichtig bemerkt werden follen,
Das Sylbenmaß entjcheidet viel fiherer. Niemand wird hiers
nah die Strophen 12 — 18 des Veldeck für ein Lied halten
dürfen, wenn fchon die Anfangsbuchſtaben alle blau find, und
een fo wenig Binnen 39 — 45 bey dem wechfelnden Sylbens
maß ein einziges Lied bilden. Mithin gerade in den Falen,
v uns das Mittel Auskunft geven fol, ericheint es ſelbſt
zweydeutig, in dem andern leih:en haben wir feiner gar nicht
nothig. Ob unigte Vermuthung, daß mit den Venece ſchen
12
S\
f
162 Muſeum.f. Altdentſche Literatur u. Kunſt.
Supplementen das Beſte in der Sache gethan ſey, gegruͤndet
iſt, muß Hr, Raßmann am erſten wiſſen, ber für. die Neu⸗
gierde ſeiner Leſer nicht beſorgt iſt. Dieſe haͤtten gar gern ge⸗
wußt, ob der neue Name Creiger auch neue Lieder mit ſich
führe. Sonſt if die Pariſer Handſchrift mis unerſaͤttlicher
Luft beſchrieben, bis auf das „hin und wieder, durch den Ser
brauch etwas beſchmuzte Pergament“ und die „oft fehe ſchwarze,
oft dis zur Unleſerlichkeit verblichene“, oder „abgefchelfern“
Dinte, wobey ſchwer auszumachen fern wird, ob Bodmer,
oder Goldaſt, oder gar der alte Maneße ſelbſt dem Manuſcript
nicht die gehörige Schonung bewiefen haben. Hoffentlich wer⸗
den die Herausgeber den gerechten Vorwurf, daß fle fich gar
nicht mit Benecke befprochen, zukünftig nicht dadurd) wieder en
wecken, daß fie Basjenige abdrucken, was leßterer ſchon woraus ges
fiefert hat, indem fie die Varianten, wie zu dem Übrigen Tert, im⸗
merdar befonders liefern Binnen. IX. Der heilige Gral
und feine Häter, von Bäfhing. Man fuche Hier keine
Aufklärung über eins der tiefften Myſterien und Symbole ältı
ver Zeit, das aus einer einfachen Wein s und Blutſchale fprie
ßend ſich in ein flolges Tempelgebäu ausbreitete‘, und. im Wapı
pen die reine Heilige Taube hegte, wie auf den älteften chriſt
lichen Grabſteinen Reben aus dem Leib gewachſen ſind, und
oben Tauben ſitzen. Wir enthalten uns hier, unſere Meinung
darüber zu verſuchen, da Here B. faſt alle gelehrten Huͤlfs⸗
mittel entbehrt hat, ohne welche nicht einmal eine Zufammen
ftelung der verſchiedenen Sagen moͤglich, gefchweige eine Hilo
riſche Unterſuchung anzufangen war. Außer einigen andern
aͤltern Abhandlungen Über das santo catimo wäre auch die
neufte von Millin zu befragen geweien. Er hat eigentlich nichts |
gekannt, als unfern Eſchenbachiſchen Tyrurel, woraus alles in
Bezug auf den Stat fehr fleißig, jedoch, wie zu vermuthen, im
einzelnen ungenÄgend ausgezogen wird. Der gedrudte Al
frangöfifhe roman du S. Greal von Robert de Bouron if
nicht genußt, fondern bloß ein unbefriedigender extrait deſſelben |
aus der bibl. de romans Äherfegt, der ihn ng dazu verleitet,
Muſeum f. Altdeutſche Literatur u. Kunfl. 4163
das Buch ganz irrig dem Chretien de Troyes benzulegen.
Diefes Franzöfifche Werk, wovon Rec. den zweyten Drud Pas
ris 1503 beſiht, iſt ein wunderlich verwirrtes Buch, voll, zum
Theil gewiß fehr after, Epifoden und Einfhiebungen, und bes
fonders im zwenten Theil ohne das Mare Band einer durchge
denden Geſchichte. Die Ritter von Sotteshand zu ihrer Bes ..
fimmung: geletter, thun harte, heilige Arbeit, die Gräber find
ihnen ſchon vorher gemacht, zwiſchen dem Lanzenftoßen, Sehe
ten und. Knarren der Saͤrge fallen bedeutende Träume und
Bunder ein, von denen manche fammt der Auslegung reizend
und lebendig; gleich die Einleitung des Sarnen ift Dantifch zu
nennen, gegen das Ende merkt man, wie ſchwaͤcher immer das
Buh wird. In der Beſchreibung des Grals berührt er ſich
einigemal mit unferm Deutfchen, in der eingewebten Helden⸗
geihichte beynahe gar nicht, oder hoͤchſt leife, etwa in dem
König Fifeher und dem Perceval, dem aber noch ein anderer
verſchiedener Perlesvaur zur Seite ſteht. Im übrigen, fo wie
hler die befannteren Altbrittifhen Sagen von Lancelot, Saus
voin, Artus eingegangen find, fo liegen wahrfcheinlih dem
Tyturel Cataloniſche und Südfranzöfifche zum Grund, freylich
mit Beymiſchung der andern von Artus. Joſeph wird nur
zuletzt und zufaͤllig als erſter Bewahrer des Grals genannt;
aber im rom. du Gral ſteht ausfuͤhrlich ſeine Geſchichte und
die feiner Nachkommen Naſcien, Celidonins (Himmelgeweihter)
Galaad u. ſ. w., dagegen nichts und Beine Spur von Tpturel
und feinem großen Stamm, von Priefler Johann. Bor allem - -
nihts von Sigune und Sigunatulander ,. und mit. ihnen fehlt
alles wahre menſchliche, irdiſche, die ganze Löftliche Poeſie,
die im Totueel gelegen ift. Wir verfiehen gar nicht, was Hr.
®. ©. 501 mit dem Thomas von Brittania will, Deffen Werk
über den Gral er nur aus wenigen Bruchſtuͤcken kenne, welches
ober, wie fhon daraus erhelle, die verfchiedenen Mythen abs.
ſichtlich vermiſche. Wenn Hier nicht zweumal Thomas für.
Chriſtian von Troyes verdruckt if, fo hätte billig ein Citat für
die Behauptung zbaften folen. Unbegreiflich bleibt es ferner,
N Muſeum f. Altdeutſche Lucratur u. Kung.
wie auf die hochſtunwahe cheisliche Comfertur,. in tem Sei‘
figen Mann Naſcien ſtecke der Wartburger Teufel Naſyon,
gweymal (S. 499 und 505) Gewicht gelrgt werden kaum.
Dagegen ſtimmen wir dem, ©. 507 vermutheten Bufammenhang
Ger Ternpeleifen mit den Tempelherrn bey, worauf auch der im
roman du Gral mehrmals vortommende Ausdend haut maistre
hindentet, durch die Geſchichte der aͤlteſten Orden dürfte ber
Gral viel Erläuterung erhalten. Herr B—e Hätte diefe Abhand⸗
tung von dem Gral noch einige Zeit dem Publicum vorenthal⸗
ten ſollen, und "braucht ihm, wenn er mehr daväber weiß,
‚nicht einmal zu verſichern: (©: 492) „daß er nur gebe, was
er näch beſtem Wiffen und Vermögen im Stande fey“; welche
ganz Aberfläffige Aeußerring ſich auch zu Anfang des Aufſatzes
Aber Wolfram befindet. Ueberhaupt tft auffallend, wie er von
den Auszügen mit befonderm Nachdruck ſpricht, die er und
- Hagen von Eſchenbachs Werken geben wollen, und wie fie fih
beyde in die einzelnen Stuͤcke getheilt haben, was num vorweg
genommen und was mod, nachfolgen ſolle. Das iſt ziemlich |
gleichguͤltig; ſolche Auszäge haben für eigene Studien großen
Wortheil, allein man follte fie nicht für andere druden laſſen,
da fie ſich jeder nach Bequemlichkeit fetbft machen kann. X. Alt⸗
deutſche Handſchriften im Wien. Recht intereffante
einzelne Nachrichten, aber immer noch ein ungenägenber Catalog
von den Altdeutſchen Schägen in Wien. Zu den zerſtreuten gu
druckten Narhweifungen von Lambek, Kollar, Denis, Pez und
den handfihriftlichen von Gentilotti treten hier neue von Joh.
Müller, einem Herrn Brun, der fie für Oberlin niederichrieb,
md endlich von Seckendorf. Won der Hagen hätte mit einiger
Mähe mehr Ordnung in die hier der Reihe nach abgedrudien
Aufjäge ‚dringen, ſomit das unnoͤthig Wiederhotte vermeiden,
das Abgethane wegſchneiden, und das Merkwuͤrdige hervorheben
konnen. Freylich eine undankbare Arbeit; ein ganz neuer, vor
einem Verſtaͤndigen angelegrer Catalog thur und Noth. Am
- angenehmften waren uns bie mitgetheilten Steflen aus dem al’en
Heldenbuch und dem Wartburger Krivg. Dawuͤtterers giched
Muſeum f. Altdeurfche Literatur m. Kun, 165
Bert von der Tafelrunde ſchwerlich ſobald gedruckt wird, ſo
wäre hier einmal ein umſtaͤndlicher Auszug an Ort und Stelle;
denn für die Abweihung der Gage maß es ſchon nach dem
penigen Hier Abgedruckten aͤußerſt wichtig ſeyn. Weil es aber
aus fpäterer Zeit, in rauher Mundart und ungefüger Poefle
it, fo wird es vernachlaͤfſigt; eine ähnliche Meinung hatte
bekanntlich auch Adelung, der das befte Gedicht geringſchaͤtzte,
ſobald es ig einer Handſchrift des funfzehnten Jahrhunderts
aufbehalten war. Denn nun gab es keine gewiſſe Ausbeute
für die Sprache des dreyzehnten Jahrhunderts, ungeachtet die
Vorte nur in eine andere Mundart umgefchrieben, und bie
poeiihen Wendungen meiftentheils felöft geblieben waren. Allein
für die wahre Geſchichte der Poefle iſt das Heldenbuch z. B.
in feiner verderbten, entſtellten Sprache taͤuſendmal Höher zu
ahten, ald die fprachteinften Handſchriften eines Trojanifchen _
Kriegs, oder einer Aeneis von Veldeck. Daß Ulrichs von
Gaͤbenhofen Lanzilot. endlich einmal gedruckt werden fol, wird
item Freund Altdeutſcher Literatur erwänfche feyn. Dec. hofft,
daß ein gleiches dem Cod, 42 von Carls Geburt bafd widers
fahren möge, der, nach allem zu urtheilen, ein altes Lied aufs
bewahrt, Sedendorf, wie man bier feheg kann, bat auch
etwas auf eine gute Manuſcriptenbeſchreibung gehalten, und
die hier aufgeſtellten Muſter werden denen, welche dergleichen
iu ſchaͤtzen verſtehen, nicht geringer duͤnken, als das obige
Raßmanniſche. Wir theilen ihnen noch die freudige Nachricht
nit, daß die nah ©. 617 abhanden gefommene meffingene
Klammer feit dem Abdruck glücklich wieder gefunden worden,
und alio eine nähere Beſchreibung derfelben allerdings zu. hoffen
ft. Auch foll man in dem genannten Loder CCÄCIX (ms.
ambras, 438) bey Nachtesgeit, „gegen das“ Ohr „gehalten“
einen Altdeutſchen Wurm vermerken, der ſchon eilf Löcher im
Ne Holzdecke gebohrt hat, mit.dem folgenden; als dem zwölften,
aber fein Werk zu befchließen gefonnen if; hierdurch und hierig _
Mm die zwoͤlf Dienfimannen Wolfdieterichs, die zwölf Streiter
im Bofengarten, der Willinafaga und mehreres andere, freplig
8
“
166 Ideler Unterfachungen üb. d. Arabiſch. Sternnamen.
auch die Zwölfboten erinnernd. Der Drud diefes Muſenms
ift fehr correct, wie man von der Eorofalt Altd eutccher Her⸗
ausaeber vorausfieht: Aber das Papier war im gwenten Heft
ſchlechter. Einige Druckfehler find doch fiehen geblieben, wie
662 guerriero anftatt guerino. S. 571 Zeile 17 gehört das
Wort „fürmar“ zu der folgenden achtzehnten. Die beoten
Kupfer wären mehr werth, wenn fie nicht in Hegis mobernis
firender Manier wären, fo wagt man es kaum, das merk
‚würdige Bild vom Wartburger Krieg zu eiflären.
Jacob Grimm.
Untersuchungen tiber den Ursprung und die Bedeutung der
Sternnamen. Ein .Beytrag zur Geschichte des gestirnten
Himmels, von Ludwig ldeler , Astronomen der König-
lich Preufsischen Akademie der Wissenschaften und
Correspondenten der Göttinger Societät. Berlin, bey
Johann Friedrich Weifs. 1809. LAXIL u. 45268. 8
(2 Rthlr. 16 gr.)
Ben dem Hänfigen Gebrauch der Arabiſchen Sternnamen
in der Aſtronomie muß eine genaue, mit Sad) s und Sprach⸗
fennmiß angeftellte Unterfuhung über ihren Urſprung -und
Bedeutung dem gelchrten. Publicum fehr milltommen ſeyn.
Die Quellen, aus welchen man bisher fchöpfte, waren weder
rein, noch vollftändig. und Lach (Anleitung zur Kenntniß der
. ©ternnamen, Leipzig 17796. ) Übertraf zwar manche feiner Vor⸗
Hänger, ließ aber doc, bedeutende Fücen und Dunkelheiten
zuruͤck. Diefen Mängeln und den Wünfhen des aflronomis
fchen Publicums hilft Kr. Ideler durch dag gegenwärtige gruͤnd⸗
liche und muͤhſame Werk ab. Schon früher har der Verf. ſich
als ein denkender und geſchickter Aſtronom gezeigt, hier tritt er
als ein tiefer Kenner der Orientaliſchen Sprachen mit vieler
Beleſenheit auf. Hr. Canzleyrath Tychſen in Roſtock und
Hr. Legationsrath Beigel in Dresden, zwey Männer von den
gruͤndlichſten Einfihten in dieſem Fache, unterftüßten dee Verf.
Bemuͤhung mit ſeltner Bexeitwilligkeit. Möchte diefes rühm
liche Beyſpiel doch aufs in der gelehrten Welt it nachgehn
werden.
Ideler Unterſuchungen üb. d. Arabiſch. Sternnamen. 167
Einen Auszug aus ber gegenwärtigen Schrift zu liefern,
die fich faſt' ganz mir Sprachforfchungen und kritiſchen Unter⸗
fuhungen befchäftigt, ift unmöglih. Man muß fle feldft lefen,
und fludiren, um das große Verdienſt des Verf. gehörig zu
würdigen. Wie viele entflellte und verflämmelte Namen wers
den nicht theils durch glüclihe Vermuthungen, theils durch
tieferes Eindringen in den Geiſt der Sprache hergeſtellt! Wie
manche Bedeutungen durch feine Bemerkungen entwickelt! Für
den Aftrognoften iſt diefes Wert unentbehrlich , ohne daſſelbe
irrt er als ein unfundiger Wanderer am geflirnten Himmel
umher, an der Hand des Verf. öffnen fih ihm alle neue Ans
ſichten, die Dunkelheit verfchwindet, und man erblickt bie
Bilder der Sphäre im fchönften Zufammenhang. — Sollte es
einige geben, die ſolche Unterſuchungen fuͤr Mikrologie halten,
denen wiſſen wir nichts Beſſeres, als die eignen Worte des
Verf. am Schluß der Vorrede (S. X) entgegen zu ſetzen. —
„Unterſuchungen — ſagt er — uͤber die Sternnamen ſind ihrer
Natur nach zugleich Unterſuchungen uͤber die Sternbilder, und
es iſt doch wohl der Mühe werth, ſich aus Der Geſchichte ber
fehren zu laffen, wie durch alle. Zeiten der menfchliche Geiſt
fi) über einen Segenfland ausgefprochen Bat, ber von jeher
für ihn das hoͤchſte Intereſſe hatte — über ben geſtirnten
Himmel.“
In der Einleitung gibt ber Verf. ſehr ſchaͤtzbare Nach⸗
richten uͤber die aͤltern aſtrognoſtiſchen Schriften. — Die aͤlte⸗
ſten Dichter Griechenlands, Homer und Heſiodus, nennen ſchon
verſchiedene Sterngruppen und einzelne Sterne. Daraus,
daß ſie weiter keine anfuͤhren, folgt gerade nicht, daß ſie auch
weiter keine kannten (S. XI). Manche Sternbilder find ins
deſſen nach dem Zeugniß der Schriftſteller erſt ſpaͤter einge⸗
fuͤhrt worden (S. XII). Der erſte Schriftſteller, dem wir
ſichere Nachrichten vom Zuſtande des griechiſchen Himmels vers
danken, iſt Eudoxus aus Enidus, der 370 Jahre vor Chriſti
Geburt lebte. — Zwar find feine Werke bis auf einige Frags
mente verloren gegangen, aber wir kennen ihren Inhalt aus
—
ce)
468 Ideler Unterſuchungen uͤb. d. Arabiſch. Sternnamen.
Arotus aſtronomiſchem Gedichte, welches nah Hipparch's Ver⸗
ſicherung eine trene, in Verſe gebrachte Ueberſetzung einer Ga
ſtirnbeſchreibung des Endoxus iſt (S. XII, XIII). — Einen
gedraͤngten Auszug aus dieſem, von den Römern ſehr ges '
fhägten Werke liefert der Berf. von S. XV—XXVII, und
erteilt eine Nachricht von Eratoſthenes Katafteriemen (8.
XXVIII f.). Timocharis und Ariftilus verfuchten zuerfi die
Lage der Sterne gegen den Aequator und die Efliptit gu bes
ſtimmen (300 Zahr vor €. ©.), 150 Jahr fpäter geſchah
Diefes mie glüdliherm Erfolge durch Hipparch, den man ale
den eigentlichen Gründer der wilfenfchaftlihen Aftronomie ber
trachten kann. Seine beſten Schriften find aber verloren ge
gangen, nur feine Firfterntafel Hat ung gluͤcklicherweiſe Proles
mäus in dem Almagefk erhalten (S. XXXI, XXXII) denn
daß diefelbe eigentlich dem Hipparch gehört, und Ptolemaͤus
nur bie Arbeit feines Vorgängers vielleicht hie und da verbeft
fort, zeigt der Verf. mit einleuchtenden Gruͤnden (S. XXXII,
AXXIV). |
Unter den Femern zeichnet ſich vorzüglich des Manilius
aſtronomiſches Lehrgedicht aus, obwohl es bis auf das” erfte,
den vier Adrigen zur Einleitung dienenden Bud mehr aflro
kogiſchen, als aſtronomiſchen Sinhalts iſt (S. XXXLX). —
ſaiſchen Roͤmiſchen Schriftſtellern gibt der Verf. kurze beleh⸗
rende Nottzen. Auf Ptolemaͤus folgt ein langer Zeittaum,
. worin für die Erweiterung der Aftronomie faft gar nichts ges
fchehen iſt. Mit den Arabern besinnt für fie eine neue Per
tiode. Unter den Ehalifen Abu-Dſchafar Eis Manfur und
feinen Nachfolgern überfegte man die Griechifchen Schriftſteller,
und die hohen Schulen in den vornehmſten Staͤdten des Reichs
verarbeiteten. die aus fremden Auchen gefhöpften Kenutniffe.
— Die meiften Verdienfte um die Wiſſenſchaften erwarb ſich
der Ehalife Abdallah El Mamun, welher von bis bis 833
eegierte. Er ließ neue und ungleich vollkommnere Inſtrumente
als die bisherigen verfertigen, und damit Beobachtungen ans
- Bon den übrigen aftrognoflifchen, theils poetifchen, theils pro: |
X
J
Ideler Unterſuchungen Ab. d. Arabiſch. Sternnamen. 169
ſtellen, weiche die Grundlage neuer aſtronomiſcher Tafeln wur⸗
den, die men nach feinem Namen ©: Mamuni, auch Eis
mumtahan, die gepräften, nannte. Seine Beſtimmung ber
Schiefe der Ekliptik zu 23° 35°, und die von ihm in der Wüfle
Sandſchar, zwiſchen Palmyra und Racca angeftellte' Grads
meffung find eben fo bekannt als merkwürdig (&. XLIV,
XLV). Obwohl aber die Araber durch Beobachtungen die
Sterntunde erweiterten, fo ließen fie es doch in der Theorie
srößtenrheils bey dem bewenden, was fie in dem aftıpnomis
fhen Lehrgebäude des Peolemäus fanden. Dieſes Werk, dem
fie den Namen Almageft, eigentlih Ei-medſchiſti, beulegten,
wurde mehrmals in das Arabifche uͤberfetzt; zuerſt unter Has
run EL: Raſchid, und volllommner in der legten Hälfte ded
neunten Jahrhunderts von Iſhak Ebn Honain', und Thabet
Ebn Korrah (unter dem Namen Thebit als Aftronom bekannt).
Mit den Werken des Protemäus nahmen die Araber die ges
ſammte Sternfunde, alfo auch die Sternbilder der Griechen
bey fih auf. An den feßtern änderten fie weiter nichts, ald
höchftens einige Namen. Da fie nämlich die Griechiſchen Dichs
ter nicht uͤberſetzten, fo blieb ihnen auch die Mythologie ders
felßen fremd , für die fie ohnebdieß feinen Sinn gehabt haben
würden. Natuͤrlich festen fie dafür an die Stelle der Eigen⸗
namen: Andromeda, Caſſiopeia, Perſeus und Orion, bey denen
fie nichts denken konnten, die Appellativen: die Gefeſſelte,
die Sitzende, Träger des Teufelkopfs und der
Nieſe. — Die Sterne bezeichneten fie wie die Griechen nad
den Dertern in den Bildern. Dadurch erhickten fie eine Menge
Sternnamen, mit denen fie die durch Tradition und National⸗
gefänge fFortgepflangte uralte aftrognoftiihe Terminologie der
Arasifchen Nomaden verbanden (S. XLV, XLVI).
Unter den Arabiſchen Aftronomen und Aftrognoften vers
dient zuerft EI Fergani (Alfraganus) genannt gu werden, der
in feiner Einleitung in die Sternkunde, den Inhalt des Almas
gets nach einer faßlichen Methode vorträge (S. XLVIL) —
Muhamed Ebn Dſchaber Ebn Senan Abu Abdallah El Ha⸗
x
470 Ideler Unterſuchungen ab. d. Arabiſch. Sternnamen.
runi, mit dem Beynamen El Vatani (Albategnius) machte
ſich durch die Entdeckung ber Beweglichkeit des Apoqaͤt der
Sondge, durch verſchiedene Verbeſſerung der Theorie der Sonne,
des Mondes und der Planeten und durch mehrere am Schluß
des neunten und im Anfange des zehnten Jahrhunderts zu
Racca (Aracte) am Euphrat angeſtellte Beobachtungen beruͤhmt
(S. XLVI). Eon Junis Aſtroneom Hakems iſt durch feine
Obſervationen, und neue nach Hakem benannte aſtronomiſche
Tafeln bekannt. (Conjunctionen der Planeten von ihm beobs
achtet, finden fih in den Allg. Ephem. B. IT. S. 98 fe
B. IV. &. 458). Etwas fräher als er, lebte Abdelrahman
El Sufi, wie ihn Ulug Beigh abgekärze nennt. — Leider!
kennt man von feinem Werke, aus welchem die Morgenläander
noch jest ihre-aftrognoftifchen Kenntniſſe ſchoͤpfen, weiter nichts,
als einige von Hyde in feinen Noten zu Ulug Beigh gelieferte
Auszüge. — Ins kurze if diefes Werk von einem andern
Derfer, Kazwint in Arabifher Sprache ins kurze zufammen
gezogen. — Diefe Schrift iſt es, die Hr. J. ſowohl in der
Ueberfegung als in der Urfchrift aus einem Coder der Bönigls
hen Bibllothek zu Berlin Tiefer. Wie verfparen dafür bis
zur Anzeige des Werkes. felöft einige Notizen über ihren In⸗
halt und über den Verfaſſer.
Der unter dem Namen Naſir Eddin bekannte Arabifche
Schriftſteller (geb. ı200 gefl. 2275) war der Verf. mehrerer
Werke, die aber faſt ſaͤmmtlich in Europa unhekannt find. —
In das Jahrhundert des Kazwini und Naſir Eddin fällt bie
Verfertigung zweyer merkwuͤrdiger Arabifcher Himmelskugeln,
wovon die eine in der Sammlung des Kardinals Borgia, die
andere in dem koͤniglich mathematiſchen Salon zu Dresden
eh befindet. Die erſte, von Aſſemani erläuterte Himmels:
kugel von Metall Hält 8 Franzoͤſiſche Zol und 1 Linie im
Durchmeſſer, und iſt im Sjahre Goa der Hegira, oder zacd
nach unferer Zeitrechnung in Aegypten verfertigt. Die andere
gu. Dresden iſt im I. 1889 ebenfalls ans Metall verfertigt,
und hält 5 Franzoͤſiſche Zoll 4 Linien im Durchmeſſer. Hert
Ideler Unterſuchungen uͤb. d. Arabifch. Sterunamen. 171
Leg. Rath Beigel har fie im del. Aſtron. Jahrb. für 1807
S. 97 f. beſchrieben.
Einer der verdienſtvolleſten Afronomen des Morgenlandes,
und zugleich der letzte aus der glaͤnzenden Periode der Araber
it der unter dem Namen Ulng Beigh, d- I. Magnus Prin-
ceps, befannte mogolifche Fuͤrſt. — Sein großes aſtronomiſches
Werk ift unter dem Namen Zidfh Sultani, d. i. die Föniglichen
Tafeln, im Drient fehr berühmt. Ein ſchoͤnes Exemplar diefer
Tafeln brachte Beauchamp aus Aſien nach Paris (A. G. Ephem.
B. IH. ©. 179 f.). Sein Sternverzeichniß, welches einen
Theil dieſer Tafeln ausmacht, dat Hyde Perſiſch und Lateiniſch
herausgegeben. Wir uͤbergehen, um nicht zu weitlaͤuftig zu
werden, mehrere Nottzen des Verf. über: Arabiſche Schrift⸗
ſteller.
In unſere heutige Aſtronomie find. Arabiſche Nemen von
Sternen und Kunſtoͤrter vorzuͤglich dadurch gekommen, daß
theils des Ptolemaͤus Almageſt (Liber quadripartitus) aus
dem Arabifhen mit Bepbehaltung der Kunſtausdruͤcke übers
fest wurde, theils die Alpbonfinifchen Tafeln diefelben ebenfalls
brauchten.
Bon Ptolemäus Almageft gibt es außer Georg's von Trapes
zunt Ueberſehzung aus dem Driginal noch eine frühere aus dem
Arabifhen , die auf Kaifer Friedrichs IT. Befehl um das Jahr
10230 . verfertigt worden. — Mer. wird es erlaubt ſeyn, biefe
Veranlaffung zur Mittheilung einer wenig Sefannten literarifchen
Bemerkung zu benugen. Auf der Bibliothek zu Wolfenbüttel
befand fi) ehemals unter Gudius Handfchriften ein Coder auf
Pergament in Quart, Prolemaei Almagestum. .— Im Car
talog war bie Anzeige mit ber Bemerkung begleitet: Codex
antiquus ad tempus Friderici JI, referendus. — Wirklich
überzeugte fih Rec. durch Autopfle, daß bie Schriftzäge denen
des dreyzehnten Jahrhunderts glei, waren. Gudius hat eigens
haͤndig die Nachricht vorgefeßt: Diversa est ‚ab. hac veteri
versione illa Georgü Trapezuntii. Die Vorrede erzählt,
mit welchen Schwierigkeiten man kämpfen mußte, um einen
v
472 Ideler :interfuchungen uͤh. % Arabifch, Sternnamen.
Ueberſetzer zu finden, und nennt. ihn mie den Worten : inve-
nimus — expositorem — Eugenium virum, tam graecae,
quam arabicae linguae peritissimum, — &s ſcheint alfo,
daß die Ueberfegung zwar ans dem Arabiſchen, aber mit Zus
ziehung von Griechiſchen Handfchriften verfertige worden. O5 |
num dieſe Ueberſetzung, die 1515 gu Venedig im Druck erſchie⸗
hen, oder, welches man aus der Sauberkeit des Codex faſt
„vermuten möchte, nicht vielleicht gar das Original der auf |
Befehl des Kaiſers Friedrich II. verfertigten ift, läßt fi) ohne |
genauere Wergleichung und Unterfuhung fchwerlich ausmittein.
— Her. glaubte indeffen, auf diefen- merkwürdigen, bis jetzt
in allen Beſchreibungen ber .Wotfenbüstel’fchen Bibliothek nicht
erwaͤhnten, alten Cover aufmerkfam machen zu müffen, dee den
Aftronomen wichtig, und einem künftigen Herausgeber des
Almageſts ganz unentbehrlich feyn muß. Einige Bemerkungen
über Scaliger's, Hugo Grotius und Bajers Bemühungen um
bie Aftrognofle machen den Beſchluß der Einleitung.
Das Werk ſelbſt beficht, wie wir ſchon oben erwähnten,
aus Kazwini Geſtirnbeſchreibung, mit erläuternden Anmerkun
gen. begleitet. Der vollftändige Name dieſes Schriftftellers iſt:
Omadeddin Abu Jahja Zakaria Ebn Mahmud Anfari El Kaz⸗
wini. Er ſtarb am 6. April 1283 nad unſerer Zeitrechnung.
— Auf der koͤniglichen Bibliothek zu Berlin findet ſich ein
Eoder in Quart, der aus 224 correct und leſerlich gefchrichenen
Blättern: defteßt, und etwa ein Alter von 3oo Jahren Bat,
In der Bibliochet des Eskurials, zu Paris und zu Dresden
befinden fich ebenfans Handſchriften. Die letztere Hat der Verf. .
zu vergleichen Gelegenheit gehabt, und fie nachläffig gefchrieben
befunden. Der Verf. gebt eine fleißig gearbeitete Weberfeßung
des Arabifchen Tertes, und fügt feine Anmerkungen hinzu, die
einen Schag von Gelehrſamkeit und fcharffinniger Sprachfors
fhung enthalten (S. 2 — 289). In Hinſicht der Ueberſetzung
machen wir auf die Erinnerungen des gelehrten Rec. diefer Schrift
"in den Goͤtting. gel. Anzeigen auſmerkſam. Hierauf folgerr Mich⸗
träge (©. 290—540) und in einem: Anhange (B,84:— 372)
Rec. de Memoir. sur diff. Manusc. Grèes p. Hase. 173
Nachrichten Aber‘ die Nomenclatur der neuen Gternbilder.
Ein Abdruck des Arabiſchen Grundtertes nach der Verlinen
Handfchrift, mit Benfügung der Varianten und einiger Era
gänzuingen des Dresdner Codex, füllt &. 5735 — 406 aus, und
endlich macht eine Abhandlung über die Seflirne der Araber
(8. 407 —438) den Beſchluß dieſer gehaltwollen Schrift,
die jeder Aſtrenom mit Vergnuͤgen und nicht ohne Belehrung
lefen wird. -
4
— ——— e —
Recueil de Memoires sur Siſférents Manüscrits Gröcs de ia
‚bibliotheque imperiale de France par.C. B. Hase, Pre
miere paitiee A Paris de Pimprimerie imperiale. 1810. 4.
Diefe Sammlung enthält mit befondern Seitenzahlen
folgende 3. Abhandlungen. Notice d’un Manuscrit de la
biblioth®que imperisle,; contenant Touvrage de Dracon
de Stratonicde sur les differentes sortes de vers (Hlepk
Meroow) (Extrait du Tome VIII. seconde Partie des No»
tices et Extraits des Manuscrits de la biblioth®que- im«
periale) 45. S. Notice de I’histoire composee par Léon
Diacre et contenue dans le Manuscrit Grec de la biblio-
theque imperiale cotee ı712. Text et 'Traduction latine
du VL livre de cette histoire. S. 43. Notice d’un Ou-
vrage de l’Empereur Manuel Pal&ologue intitulé: Entres
tiens avec un Professeur Mahometan 74. ©. Hr. Haſe,
ein geborner Deutſcher, angeftellt au depöt des Manuscrits
bey der K. K. Bibliothek zu Paris, vielfach verdient ums
griechiſche Literatur, wie überhaupt, fo befonders auch durch
die unermäderfie und zyvorkommenſte Gefälligkeit, mit der en
feine Stelle benuzt, um inlaͤndiſchen und fremden Gelehrten
den Gebrauch der Schaͤtze, an deren Verwaltung er Antheik
hat, zu evleichtern und nügfich zu machen, Hat durch Bekannte
mahung vorliegender Sammlung -einen neuen Anforuch auf
den Dank der gelehrten Welt fih erworben, um jo mehr, ale
der Zweig der Literatur, auf den fie dem größeren Tiyeil nad
ſich beheht, in sieneren Zeiten faſt ganz iſt vernachlaͤſſigt worden.
J
J
474 Rec. de Memboir. sur dıff. Manusc. Grecs p. Hase.
Ungeachtet die erſte Abhandlung aus den Notices et Ex-'
traits etc. ſchon bekannt iſt, glauben wir doch nichts Lebers
flüffiges zu thun, wenn wir den Inhalt kurz angeben. Nach
Burger Nachricht von dem Coder, in welchem Dracons Schrift
enthalten iſt, theilt Hr. H. Wermuthungen mit Aber das AL.
ser Dracons; denn Suidas und Eudocia, die ihn anführen,
geben nur Nachricht von feinen Schriften. Da ber jüngfie
Schriftſteller, welchen der Tractat de metris erwähnt, He⸗
rodianus aus Alepandrien iſt, welcher unter „Marc Aurel
lebte, da keine Spur von Chriſtianismus in der Schrift ſelbſt
vorfommt, und felbft der Name Peftdonins, an weichen die
Schrift gerichtet iſt, auf einen Beidnifchen Verfaſſer hinweiſet,
da 'endlih Kleinaſien, weldes’ wahrſcheinlich die Heimath
des Verf. war, ſpaͤter von Saracenen uͤberſchwemmt, griechi⸗
ſche Bildung verlieren mußte, ſo kann das Zeitalter Dracons
fuͤglich in die Zeit zwiſchen dem zweyten und achten, oder
wohl eher noch, wegen ber zweyten Ruͤckſicht, in die Zeit
gwifchen dem zweyten und fünften Seculo gefegt werden.
Aber dieß, daß er Älter if, als viele von den griechiſchen
Grammatitern, die fih bis auf unfere Zeit erhalten haben, in
Verbindung mit einigen Fragmenten und Namen verlohrener
Schriftfteller, die er aufbewahrt hat, macht aud feinen größs
ten Werth aus, da er fonft weder duch Neuheit feiner Bes
merkungen, noch dur planmäßige Ordnung fih vortheilhaft
auszeichnet. Was Hr. Haſe hat abdrucken laſſen, beſteht in |
der Einleitung, die allgemeine Regeln enchält, über urfprängs
liche und durch die Stelle einer jeden Sylbe beſtimmte Quan⸗
tität, und in dem Anfange und dem Ende des erſten Abſchnit⸗
tes, der die Aufichrift Hat: zuepi xpovw» xara aroıyeiov. Gs
iſt in dieſem Abfehnitt Die Quantität verfchiedener Wörter alpha⸗
betiſch mit gelegentlich eingeftreuten allgemeinen Bemerkungen
“ angegeben. Won dem. Webrigen iſt der Inhalt nur kurz
angegeben, und am Ende ein Verzeichniß angehängt von den
Schriftftelleen , die bey Dracon citirt ſaid. Den abgedruckten
Zert har Hr. Haſe mit Anmerkungen begleitet, welche theils
|
|
|
Rec. de Memoir. sur diff. Manusc. Grècs p. Hase. 175
die citirten Stellen, theils auch andere Gtellen geicchifäer
Scriftfteller erkäutern und berichtigen.
Das Manufeript, in weichem: Die Geſchichte von Leo
Diaconus enthalten iſt, ſetzt Hr. Haſe in den Anfang des
zwoͤlften, oder gegen das Ende des eilften Seculums. Es
enthält die Chronik des Simeon Logothetes bis Fol. 272,
darauf. Bis Fol. 3gı die Sefchichte Leone, und endlich bie
Fol. 422,, die Chronographie des Pfellus. Leos Gefchichte
hat den Titel: Adovrog Araxovov ioropia Apxouevg And
tũcç TEAEVTÄS TOD. abToxpaTopoG Kovoravrivov pexpı «ns
zilevräs Inavyvov Too abToxp4TOpOG, tod Emıheyoutvon
Taıpioxi. Kr. Hafe, der ſchon länger her im Sina hatte,
diefe Gefchichte zu Warbeiten, und bereits ziemlich vorgeruͤckt
war in den Vorarbeiten, wurde durch andere Geſchaͤfte ges
hindert, dem Werke die legte Hand anzulegen, und gibt num '
hier vorläufig eine Probe von dem Werke. In der Einleis
tung S. 1 —2ı, iſt Die Rede von Leos Leben, fehriftftelleris
fhen Talenten und dem Inhalt und Umfang feiner Gefchichte,
eo, geboren zu Caloe, einem Dorfe in Sonien, kam fehe
frühe nach Eonftantinopel, er war, wie er felbft fagt, meıpa-
2109 5» zugegen bey der Empörung gegen Nicephorus Phocas
(a. 966.) woraus Ar. Haſe fhlieft, er ‚möchte um 090 ges
bohren feyn. Als Diachn folgte er dem Kaifer Bafllius I.
ins Feld gegen die Bulgaren. Alm diefe Zeit verfaßte er wohl
eine Rede an eben diefen Kaifer, die Save erwähnt. Weitere
Notizen über fein Leben fehlen, vielleicht find weiche zu finden
in der oben ‚erwähnten Rede, die auf der Bodlejanifhen Bis
bliothek iſt. Bey dem beften Willen fehle es ihm doch an
Talent zu einem Hiſtoriker. Trog feiner vielen Beleſenheit ift
feine Sprache doch nicht rein, einige gelungene Stellen abges
rechnet, fein Stil bune und gegwungen. Er fpricht viel von
Liebe zur Wahrheit, aber je mehr ſich die Geſchichte von Eon?
fantinopel entferne, defto weniger ift ihm zu trauen, mit auss -
laͤndiſcher Geſchichte ift* er ganz unbefannt. Dieß ift es uns
geſahr was Dr. Haſe ganz unparteyiſch über ihn urtheilt.
.
476 Rec. de Memoir. sur diff, Manusc. Gr&cs p. Hase.
Indeſſen entichädigt die Wichtigkeit der erzählten Begebenheit
für die Fehler des Schriftſtellers. Die Geſchichte umfaßt die
Jahre 959--979, alfo die Kaifer Nomanus II., Vticephorus
Phocas, und Sohannes Zimiſces. Sie erzählt des Niu
yhorus Feldgüge gegen Kreta und in Kleinafien, ſowohl die,
weiche er als Feloherr unter Romanus II., als die, welche er
als Selbſtherrſcher gemacht, und gibt eine mir Mäßigung und
serfländiger Einfiht verfaßte Entwicklung der Urſachen, wel
‚de die Empörung, durch die Micephorus geflürge wurde, bew
beugefähre haben. Sie erzähle der Ruffen Einfälle in Buls
garien und Vorräden gegen Thracien, fo wie den Krieg,
weichen Zimisces mit ihnen giüdtich führte, und’ des Zimies |
ees gluͤckliche Expeditionen in Mefopotamien und Syrien:
Epifodifch gibt fie Beyträge, nicht nur zur Keuntniß des dus
maligen Zuftandes des griechifhen Neiches, ſondern aud zur
Kenntniß früherer Begebenheiten, & B. der Nevolution., wel
de 929 die Vormundſchaft über Confladga VIL, dem Ro
manus-Lerapenus verfchaffte.
Leos Geſchichte har Cedrenus wahrfheinfih, gewiß Zo—
naras benutzt. Inter den Neueren hatte fle zu bearbeiten im
Sinn der P. Combéfis, die Ueberfegung war vollendet, an
det Ausgabe felbft_ Hinderten ihn Krieg. und Tod. Jene kam
in die Hände Pagts, der mehreres aus Ihr in feinen berich⸗
tigten Baronius einſchaltete. Won daher hat Hr. Haſe einen
großen Theil der Lateinischen Ueberſetzung genommen, mit
welcher ex das fechfte Bud) begleitet; wo Lücken waren, und
es find deren mehrere, bat er ergänzt; geändert, nur in den
Namen; wo der. Grieche nach Landesweiſe kuͤnſtelte, bat er in
der Ueberfegung der Völker wahre Namen hingeſtellt. Das
als Probe gegebene fehfte Buch entf, was nad) dem Tode
des Nicephorus gefchehen ift, und unmittelbar nad des Jo—⸗
bannes Zimiſces Thronbeſteigung, nämlıh in den Jahren
069 und 970, wie die ‚Anhänger des geftärzten Kaifers uns
(hädlih gemacht, die des neuen belohnt morden find, unter
welchen Bedingungen der Patriarch dem Kaifer die Krone ev
theilt, wie diefer zur Bezeichnung feines Regierungsantritts
Spitäler gebaut und erweitert habe, die Ernennung von ein
paar Patriarchen, und den Anfana der Kriege mit Sephen:
doslab, dem Fürften der Ruſſen. Wir haben in biefem Bruch⸗
ftücde Beſtaͤtigung gefunden von dem Urtheile, welches, wis
‚wir oben angegeben, Hr. Haſe feldft über feinen Schrififteller
ausgefprochen hat. Möge Hr. Hafe nur bald Muße finden,
fein Verſprechen, den ganzen Leo herausjugehen, zu erfuͤllen.
Der Beſchluß folst, J
— —
No. 12. Heidelberäifge 4811.
Jahrbüͤcher der Literatur.
Recueil de Memoires sur differents Manuscrits Grècs de la
bibliothäque imperiale de France par C. B. Hase.
€ Beſchluß der im Ne. 11 abgebrochenen Recenfion. )
J. den beygefuͤgten Anmerkungen hat Hr. H. Nachricht
gegeben von ein paar andern noch unbenutzten Manuſcripten,
namentlich von einem Fragment des Johannes Epiphanius,
den Fabricius faͤlſchlich Antiochenus nennt, er war Zeitgenoffe
und Verwandter des Geſchichtſchreibers Evagrius. Es hat den
Titel: Iodvvov oyoAacrınod xal And indpyev, Erupa-
vioß, sel Ti Tod vEov Xoopdov TPOXREKORaS TIPOX
Mavpixıov, TbV Pauaiav abroxparopa, 'Ioropıöv Tonog
ro@rog. Uebrigens vermuthet Hr. H., daß Theophylactus
Simocatta im vierten und fünften Buch feiner Geſchichte vier
fes Wert des Johannes copirt habe. Auch Anna Comnena
ſcheint Kenntniß von dem Fragment, ober vielleicht vom ganzen
Wert gehabt zu haben. Ferner findet ſich S. 19 Machricht
von einem Manuſcript von des: Geſchichte des Inlins Pollug,
in weichem dieſe, die fonft mir dem Kaifer. Valens aufhöre,
fortgefege tft, bie auf den Tod Romanus II., wodurd eine
bedeutende Luͤcke in dem Fortſetzer des Eonflantinus Porphy⸗
vogenetus ergänzt wird. Kerner finder fih Nachricht von einem
Gedicht auf Micephorus Phokas in einem der aus dem Vatican
gelommenen Manufcripte; von unedirten Scholien der Aleriade,
von einem unedirten fasirifchen Dialog wahrfcheinlih aus der
Periode der Comnenen, und einem Manufeipt des # Soannet
Lydus epl Apxär nolırızar.
Die deitte Schrift, mit welcher Sr H. und bekannt
macht, hat den Titel: voö "Evoeßeozarov za Hihoypiarov
Baoıldws Mayovi% Tos IlaAaıoloyov Tgög TOP TREPLIER“
19
\
473 Rec. de Memoir. sur diff. Manuse. Grecs p. Hase.
Inrov adroö AdeApbV TAVEUTDXIOTATOY deonornv» Hoo-
probrivvnto > Ocödogor +09 Iladmioloyom, -AraAoyos.
öv Enoıroaro era wıvog Ilepoov, vuv abiay MoBrepiin,
iv "Aynpa wüs Tadarias.
Die Einleitung S. 1 — 20 gibt Nachrigt von den drey
Manufsripten, in welchen bdiefes Geſpraͤch enthalten il. Zwey
derfelden waren. fhon zuvor auf der Laiferlihen Bibkiothek,
das dritte und. jängfle gehört zu den neueren Acquifltionen.
Außer diefen drey Manuferipten ift Hrn. H. nur noch Ein
Manuſcript von diefen Geſpraͤchen bekannt, weldhes in Mais
land ift, aber nur fehs von den ſechsundzwanzig Geſpraͤchen ents
hätt. Weitere Nachrichten von Manuel find in feinen Schriften.
Manuel, geboren 1348, geftorben 1425, lebte in den letzten
drangvollen Zeiten des Dftrömifchen Neihs. Dem ungeachtet
befchäftigte er ſich nah dem Beyſpiele mehrerer feiner edeln
Vorfahren mie Literatur, fammelte Gelehrte um fih (von einem
derfelben, Demetrius Eydonius, wird aus einer Handſchrift
ein rief mitgetheilt,) und ſchrieb ſelbſt. Man zähle acht und
zwanzig verſchiedene Schriften’ von: ihm, funfzehn hat Leuns
dtavius herausgegeben, die andern find Im Vatican, zwey, die
in der Eaiferlihen Bibliothek zu Paris ud, haͤlt Hr. H. für
unecht; befkimmt iſt das, was Harles Biblioth. gr. vol. XI
S. 620 mit dem Titel: Adlocutiones etc. aufführt, unecht;
dehn dieſt Adldcutiones'. find von einem atidern Manuel, Herrn
von Achaja⸗ Tin. tt
Zu voͤrllegender Schrift; welche an Theodorus, Manuels
Bruder und'Heren zu Lacedaͤmon, gerichtet iſt, und Daher
nicht nad 1407, ih weichem Jahr diefer Prinz ſtarb, gefchries
ben feyn ann, gab Veranlaſſung der Aufenthalt Manuels an
dem KHoflager Bajazeths. Auch Ducas erzählt, daß Johannes
Palaͤologus In den letzten Jahren ſeiner Negierung feinen äftes
fen Sohn mit hundert Mann an den Hof Bajazeths Habe
ſchicken müffen. Während nun Manuel den Winter an dem
Höfe zu Antyra zubrachte, machte er Bekanntſchaft mit feinem
Wirhe, einem muhammedaniſchen Profeſſor, welcher ihn über
Rec. de Memoir. ‚sur. dif. Manusc. Grèes p. Hase. 179
die chrifiihe Religion befragte, woraus fih In den langen
BWinternächten oft tief in Die Nacht Binein in Gegenwart der
Böhne des; Profeffors, welche Richter warn, und anderer
geachteten Perfonen der Stadt die erwähnten Geſpraͤche ents
fpannen. - Die Unterhaltung ging durch einen. Dollmetfcher, wo⸗
durch oft gerade in ben wicheigſten Gegenſtaͤnden die Unterhal⸗
tung ſehr erſchwert wurde, -
Was nun ben Inhalt des Geſpraͤchs betrifft, o gibt es
zwar keine nene Anſichten Aber chziftliche und muhammedaniſche
Religion, aber manchs unterrichtende Nachricht über den Hof⸗
halt der Sultane uyd den. Verfall des Griechiſchen Reichs.
Der Seil iR lebhaft, die Sprache ven, beyde verrathen große.
Bekanntſchaft mit Profanſchriftſtellern eben ſowohl als mit
heiligen, inſonderheit auch mit Plato, nichts deſto weniger
finden ſich auch Spuren von Kuͤnſteley und Spitzndigkeit.
Das Ganze ſcheint Hrn. H. nicht vollendet, beſonders da
das ſechsundzwanzigſte Geſpraͤch etwas raſch abgebrochen ſcheint.
Nah der von Hrn. H. gegebenen Ueberſicht des Ganzen find
die eitf erſten Gefpräche mehr polemiſch apologetiſch, die legten
funfzehn mehr apologetiſch⸗dogmatiſch. Die zwey erſten Ges
ſpraͤche, welche zur Probe mitgetheilt, und mit einer ſehr ge⸗
lungenen Lateiniſchen Ueberſetzung begleitet ſind, handeln, nadıs
dem in der Dedication und Vorrede geſprochen iſt von der
Veranlaſſung des Ganzen, und von der Polemik gegen’ die
Mufammedaner und ihrer Fruchtlofigkeit, von den heiligen
Schriften der Chriſten und ihrer verfihiedenen Behandlung in
Ruͤckſicht auf die Erklaͤrung bey Chriſten und Muhammedancon⸗
was den Grund gibt, mehr anf Vernunft die Unterhaltung zü
begründen, als’ auf Schrift, fodann von den Eingeln und’ nes
mentlich ihrer Unfterblichkeit, welche der muhammedantiche Pros
feffor, nachdem die Begriffe von Sterbicchheit and Unſterblich⸗
keit gehörig beſtimmt find, endlich zugibt. Im zwenten Seas
fprädy wird erft berichtet, wie Manuel, was von der Schöpfung
und der erftien Geſchichte der Menſchheit bey Moſes vorkommt,
erzählt, und Darüber Beyfall gefunden habe. Dann wird auf
480° Neinhard's Geſtaͤndniſſe.
Veranlaſſung der Dichtung Muhammeds ,; daß Enoch und Elias
fortieben,, um Kleider ya machen für die Gläubigen im Para⸗
dies, welche widerlegt, und vom den. Anweienden als widerlegt
anerkannt wird, ein Uebergang gemacht gu der Lehre Muham⸗
meds vom Parabies, weiche der mihammedaniſche Profeſſor erft
darlegt, und dann Manuel namentlich aus der Idee der gätt
„lien Gerechtigkeit widerlegt. Go weit Bas zweyte Geſpräch,
im dritten wird die Materie fortgefeht. |
Wir Haben in Nüdfihe auf Sprache und Darfiellung
Ken. D. Urtheil beffätige gefunden. - Möge Ar. H. Muſe
finden, feine Forſchungen, zu welchem die Schäge der Parifer
Bibliothek fo vielen Stoff darbieten, zum Brommen. der Elite:
ratür fortzuſeten.
Geſtaͤndniſſe, ſeine Predigten und feine Bildung sum Prediger bes
treffend , in Briefen an einen Freund, von D. Franz Volf-
mar Reinhard. Gulsbach, im Verlage der Kommerzienrath
Seidelſchen Kunſt⸗ und Buchbandlung. 183 S. 8. (1 fi. 15 kr.)
Mit daakbarer Freude berichten wir unſern Leſern den
"halt diefee Geſtaͤndniſſe des ehrwuͤrdigen Reinhard. Tie
Nachricht eines ſolchen Mannes von allen Verhaͤltniſſen, Su
eigaiffen und Studien, die auf-feine Beftimmung und Bil« |
dung zum Prediger entiheidenden Einfluß gehabt Haben, muß
wirklich „eine gemetifche Definition feineg Predigten“ enthalten;
und es feuchter für fih ein, wie Intereffant, lehrreich und bil
dend dieſelbe für alle ſeyn koͤnne, weiche die göttliche Gabe der
Rede mit theilnehmender Aufmerkſamkeit betrahten, oder bes
Tonders verpflichter find, in ihrem Wirtangetreiſe fie zu üben
und anzuwenden.
Reinhard wurde bis in fein ſechezehntes Jehe von ſeinem
vortrefflichen Vater, dem Pfarrer zu Hohenſtrauß im Herzog |
thum Sulzbach, Joh. Stephan Mathias Reinhard, unter
richtet und geleitet. Aus eignee Bewegung fchrieb er, ſchon
vom eilften Jahre an, des Waters fireng geordnete und Daher
4
Reinhard's Geftänduiife. 181
leicht zu behaltende Prebigten nach: aber den Boben, in welchem
fo fruͤhe die Neigung zum Predigen wurgelte, bearbeiteten des
Vaters gründlicher Unterricht in der Lateinifhen und Griechi⸗
(hen Sprache, gelegentliche Unterredung über das Treffende
und Schöne mander der erflärten Stellen, des Birgilius und
Horatius Infonderheit; und, von dem drepgehnten Sabre an,
vertraute Belanntfhaft mit den Gedichten Haller"s, „des
gedankenreichen, ſinnvollen, jedes Wort forgfältig abwaͤgenden
Dichters.“ Vielſeitiger, tiefer eindringend geſchah diefes vom
ſechszehnten Jahre an, während fünftehalb Jahre in Regens⸗
burg, wo bie gelehrten Schutmänner Töpfer und Martini
zu des bekannteſten Lateinifchen und Griechiſchen Claſſikern uns
mittelbare Anleitung, oder doch Ermunterung gaben. „Hier
offendarte auch Klop ſt ock s Meſſias dem aufſtrebenden Juͤng⸗
linge einen Reichthum, eine Kraft und Herrlichkeit ber Deut⸗
ſchen Sprache, von welcher er nod feine Ahnung gehabt harte.
Diefer und Wieland. nebſt Ramler, ſpaͤterhin auh Fe⸗
nelon, Torneille, Boſſuet, und andere, gaben Voran⸗
laſſung gu lehrreichen Vergleichungen mit den geleſenen ©telien
der Alten. Hiedurch, und durch poetiſche Merfuche in Lateinis
fer und Deutfher Sprache, wurde auch der Stil gebildet.
Aufterdem wird die in früher Jugend mit Liebe begonnene
Lectuͤre der Bibel zur Erweckung und Velebung des religioͤſen
Sinnes fortgefegt. Wiewohl es andy bier nihe an Spuren
eines inneren Berufes zum Predigtamt feblte: fo waren. doch
alle dieje Uebungen nicht eigentlich auf. daſſelbe gerichtet; „daß
ich aber, fagt der Verf. S. 33, durch das Lefen der beſten
Schriftſteller des Alterthums, welches mid damals fo ganz
beichäftigee, für meine. Oklbung zum. Prediger gerade das
Meile gewinnen miärbde, begriff ich damals ſelbſt nie; erft in
der Folge lernte ich einfeben, daß ich meine Zeit, ohne «6 vn
wiffen, recht zweckmaͤßig angewenbet hatte.“
Nachdem R. die Univerſitaͤt Wittenberg. bezogen hatte,
entſchied ein gelungener Verſuch im. Predigem; für den Beruf‘
zum Predigtamt, aber auch für die Ausführung des Motfahes,
462 Reinhard's Geſtaͤndniſſe.
jeden Augenblick den Wiſſenſchaften zu widmen, mit welchen
der Prediger vertraut ſeyn muß, wenn er feinem Berufe Su
nuͤge leiſten will. Eine Homiletit- konnte er jedoch nicht hören,
und auch nicht Theil nehmen an hömitetifchen Uebungen. Die
fen Mangel mußte er durch fleißiges .Leien der alten Rhes
toren und Redner und duch fleifiges Studium der
Philoſophie erfeken. Mas hierüber von ©. 52 ff. gefagt
wird, iſt fo Ichrreich als angiehend. Mit Erfiaunen bemerkte
er 3. ®. im Demoſthenes, daß dieſer zunächft und hauptfaͤchlich
bemunderungswärdig ſey durch die Klarheit und Stärke feiner
‚Gründe, die Correctheit der- Dictton und die Hasmanie feiner
Merioden. Es verfieht ſich, daß man diefe weſentlichen Vor—
zuͤge des Redners ohne philoſophiſche Bildung nie erringen
koönne: aber es iſt wohlgethan, daß ein R. ausdruͤcktich bezeu⸗
get, daß man auch nicht einmal faßlich, leicht und populär
Her veitgibfe Wahrheiten fprechen koͤnne, wenn. man nicht eine
echt philoſorhiſche Kenntniß von ihr habe, und aller dahin
gehbrigen Degriffe völlig mächtig geworden fey. Diefer_philos
fophifchen "Kenmenig des Lehrbegeiffis der evangelifchen Kirche
bemächtigte er ſich nicht nur, fondern er bekennt auch, ©. 102,
Idas eigentlich Ausgemachte und Entfchiedene in meiner Er:
Tenntniß find die Grundwahrheiten des Evangeliums.“ Daher
kommt 28, daB: die gelungenſten Predigten Neinhard’s auch die
chriſtlichten genannt werden können. In denfelben gefchieht
die Würdigung menſchlicher Sefinnungen und Handlungen, ber
-Ereigniffe und Werhältniffe, welche im allgemeinen oder ſpeciell,
auf die Höhere Wohlfahrr feiner Zuhoͤrer Einfluß Haben können,
lediglich nach dem Inhalte und Geiſte des Chriſtenthums. Nur
durch diefe genaue Kenntniß deſſelben, dieſe verteante Ge
meinfchaft mit demfelben gelinzt es'ihm, eine folche Dede. vor
zutragen,“ welche durch Ihre unleugbare Beziehung und Be
grändung auf und durch das Chriſtenthum, für chriſtliche
Buhdrer .ein. lichtgebendes, ein eroſtgewaͤhrendes Wort darreis
chen kann... Dem’ die goͤttliche Krafe:des Evangeliind will
durch die lebendigere und tiefere Ettenntniß des Predtyers ſich
Hate Grundriß e. Geſch. d. Deutſch. peinl. Rechts. 183
offenbaren und bewaͤhren. Daher liegt es ihm auch vor allen
Dingen ob, durch anhaliendes Studium und durch gewiſſen⸗
haſte Beobachtung ſeines Innern in Beziehung auf das, durch
das Chriſtenthums geoffenbarte Verhätinig des Menſchen zu
Gott, die Einwirkung dieſer Kraft Sottes auf ſich ſelbſt zu
befördern nnd zu erfahren, damit, fo viel: an ihm iſt, „durch
ihn entſtehe die Erleuchtung von der Erkenntniß der. Klarheit
Gottes in dem Angeſichte Jeſu Chriſti.“ = Eor. 4,6. — Der
Prediger muß bey derjenigen Bildungsmethode bleiben, von
weicher, meinen wie, auch Eicero, de Orat. III. 57." ein: tes
tereffante® Wort fpricht: Vetus quidem 'illa doctrina, eldem
videtur 'et..recte faciendi et bene dicendi magistra‘y nequè
disjuneti doctores, sed iidem erant wivendi präeceptores
atque dicendi. — Won &. 115 beginnt bie lehrreicheMit⸗
theilung Über die Einrichtung und Form ſeiner Prebigten.
Wie R. es mit der Auffindung und Wahl der Aaupti
füge zu halten pflege; wie er hiſtoriſche und didacti—
ſche Terte behandle; nach welcher Methode er die Anlage
zu feinen Predigten made, und fie disponire (naͤmlich dem
Beufpiele Des Demoſthenes und Cicero gemäß, genau, mit
immmerwährender Hinſicht auf den jedesmaltgen
Zwedıder Rede); was er endlich über Kusführung,
oder die Llocution mie eimbringender ſcharfer Kritik von
Stellen aus feinen eignen Predigten wittheilet, — empfehlen
wir (edielih zum forofäftigken Studium; koͤnnen uns aber
nit enthalten, eine Stelle aus: Cicero: de Otat. II,'151, "mit
Anmenbung auf diefe. vortreffliche Belphrungen Reinhard's and
deffem Predigten Herzufegen: Sed — ei:demunm.— prodesso
possient, qui est versatus in rebus, vel“usu, quemvastad
deriquer.affert, vel auditione et cogitatione, ‚qua studio
et diligentia praxurrit aetatem. Kr
un I. ° “.. ’ ° ‘ ) -
— —
Brundriß einer Geſchichte des deutſchen veinlichen Nechts und der
peinlichen Rechtsmiſſenſchaft. Ein Verſuch von Eduard Hentr,
e
2
- 4854 Henke Grundriß'e. Geſch. d. Deutfch. peinl. Rechts.
b. N. D.:u. Pewatdocent auf d. Univ. Landsbut. Sutzbach,
b. Seidel. 1809. I. Th. XXXII u. 326 €. (2. 30 fe)
1. 2.110.492 ©. 8 Sf.)
' .Der- Kerf, hat in ‚dem vorliegenden Werke einen ruͤhm⸗
fihen Beweis feines beharrlichen Fleißes nicht nur, fondern
aud) feiner . genauen Bekanntſchaft mit der Wiſſenſchaft des
gemcinen Deutfhen peinlihen Rechts dargelegt, und zugleich
manchem angehenden Schriftfieller ein Muſter der Beſcheiden⸗
heit gegeben. Seine Abficht war, hier bie erſten Grundzüge
einer inneren Geſchichte des Deutichen peinfihen Rechts und
defien„mwiffenichaftlicher Ausbildung zu ‚liefern; Ausführlickeit
und eine auch mur- relative Vollſtaͤndigkeit lagen gänzlich, wie
er fast, außer feinem Plane. Nur Umriffe, welche bey den
Borlefungen uͤber die Geſchichte des peinlichen Rechts nuͤtzlich
fon koͤnnten, fol man erwarten. Das ganze Werk ift nun,
nad). einer kurzen ‚Einleitung, in fünf (durch diefe Einleitung
angeheutete) Perioden abgetheilt; in einer jeden derfelben aber |
ifk der Zußand und die Veränderung der Eriminalgefeßgebung,
fo wie der Criminalrechtswiſſenſchaft in Deutfchland durchge⸗
gangen worden. Die Perioden ſelbſt find folgendes. 5) von
den älteften Zeiten bis auf die große. Völkerwanderung; 2) von
diefer His auf des Eılöfchen der Carolinger; 3) Todann bis auf
die Eyrichtung der peinlichen Gerichtsordnung (Th. 1.); 4) von
deren Abfaffung.. Me: auf das achtzehnte Jahrhundert, und
endlich 5) .neuele Seit. — Da es nun unfere Abſicht wicht fern
dann, dem Verſ. in das. Einzelne gu folgen, und dieſe, ode
jene Behauptung zu prüfen, fo mögen einige allgemeine De
mertungen das Publicum in den Stand fegen, richtig zu bei
flimmen,, was es hier eigentlich finden werde. Der Vorf. dat
offenbar mehr geleifket, als er ſelbſt angibt, und man: lönnte
feinem Werke ehe den Namen eines Handbuchs, als einer
Skizze, oder eines Grunbriffes geben. Er tft ziemlich aus
führtiy in die mehreften einzelnen Gegenftände einer Ge—
fchichte des Criminalrechts eingegangen, und wir haben in
dieſer Ruͤckſicht nur einen Wunſch unbefriedigt ‚gefunden, deſſen
Maͤnter Bon den Servituten. 485
Gewaͤhrung freylih mannigfaltige Schwierigkeiten gu überſtei⸗
gen Haben würde, deſſen Wichtigkeit für die Aufklärung der
yeinlihen Hechtsgefchichte aber dennoch ihn ſelbſt rechtfertiget.
Wir Hätten nämlih mehr Ruchicht auf die Territorials
Sefeggebung in peinlichen Sachen Hier zu finden gewuͤnſcht;
als bey ber eigentlich nur angeftellsen Betrachtung der Reichs⸗
legislation von dem Verf. erwartet werden kann, weicher ſelbſt
das lUingenügende des wenigen, was er von einzelnen Deus
hen Territorien gefagt har, nicht verfennen wird. Ya Ree.
muß behaupten ‚ daß die Geſchichte der Eriminalrehss Wifs
ſenſchaft nicht anders vollftändig geliefert werden kann, ale
wenn auf den Zufland des Criminalweſens in anderen Europäts
(den Staaten jederzeit ebenfalls Nädfiht genommen wird,
woran es Bier doch gänzlich fehlt.
Sodann aber mißfält uns die Anordnung der gelieferten
Materialien durchaus, indem der Verf. leichte Leberficht des
Ganzen fo wenig vorbereitet, als ſelbſt allgemeinere Anſichten
in den einzelnen Perioden aufgeftellt Hat, fondern ſich in ein
ermüdendes Detail nicht felten verliert. Selbſt die Erleichte⸗
rung, welche dem Lefer durch eine zweckmaͤßige Abcheilung des
Werkes in Paragraphen, ober eine tabellariſche Angabe des
Inhalts, ſpeciellere Eolummentitel und ein Regiſter gewährt
werden koͤnnte, vermißt man ganz, und Dec. rugt das. um fo
mehr, je haͤufiger jetzo diefe Nachläffigkeit bey jungen Schrift
ſtellern einzutreten feheint, weiche doch die zweckmaͤßige Form,
worin fie vor dem Publicum auftreten, am wenisfen fo san
vernachläffigen follten.
Benutzt ber Werf. biefe. unfee Winfe, fo wird er bey einer
neuen Ausgabe dieſes Werkes nicht bloß gute Materialien, wie
jet, ſondern etwas Weiftändiges und Lehrreiches An angewehmem
Sewande lleſcen.
—
Bon den Servituten nach dein reinen Sinne der Römifchen und Na-
poleonifchen Gefehgebung , ohne Kückblick auf Boctoral: Mei
nıngen. Ben 8. C. E. Münter, Doctor und Privat⸗Docent
1866 Muͤnter Don den Servituten
in Göttingen. Zweyter Theil. Hannnover, b.den Gebruͤdern
Hahn. 1810. 356. kl. 8. (1 fl. 30. Fk.)
Der erſte Theil diefes Werks, ein Büchlein von.fichen
Bogen, erihien im 3. 1806, und enthielt die Realferoituten,
bey denen er fi nach der damaligen Lage ber Geſetzgebung
bloß auf das Roͤmiſche Recht beſchraͤnkte. In dieſem zweyten,
fuͤr die Perſonalſervituten beſtimmten Theile ſchien es dem
Verf. nothwendig, auch das Franzöfifche Recht mitzunehmen,
und dabey dann auch deſſen Srundfäge über die Realſervituten
nachzutragen. Daher zerfällt diefer zweyte Theil, außer einer
kurzen Vorerinnerung, worin bie Vorzuͤge der neuen Legisla
sion angepriefen werden, in. drey Abfchnitte. Der erfie (©. |
g9—58) handelt die. Realſewituten nach Franzoͤſiſchem Rede
at; der zweyte (S. 59— 288) enthält die Perſonalſervituten
wach Römifchem Rechte, und der dritte (&..2dg — 334) eben
dieselben nach Franzoͤſiſchem Nechte. Der Verf. hat feine Theorie
durchgehende aus den Seſetzen ſelbſt zu entwickeln gefucht, und
andere Scheiftfieller werden nur ein paarmel bezunn⸗ ange⸗
fuͤhrt. |
Ber. aus den frübern Schriften bes Berk weiß, wie viel, |
aber vielmehr wie wenig man von Ihm erwarten dürfe, der
Wird auch die gegenwärtige richtig beurtheilen, welche wenig
Kens um nichts beifer iſt, und fi weder. Dunch, Praͤciſion und
Klarheit, noch durch ſcharfſinnige Ideen und meuz Aufſchluͤſſe
empfehle Nicht nar. fehlt es dem Verf. an gründlichen Kennt
niffen,, fondern er hat auch nicht den mindeſten Fleiß auf feine
Arbeit verwendet, und fo ift denn die game Ahhandlung ſchief,
verworren, unvollländig und veller.Behler aupgeſallen. — Bir
begnügen uns einige Beyſpiele der legten amszubsben,, die ih
leicht noch mit einigen Dugenden vermehren beßen. - ©. Bı
meint der Verf., daß die Nömifche Missio in bona dem
Glaͤubiger einen Nießbrauch an den Gütern des Schuldners
verſchaffe. S. &o ſaͤſit er fih durch die befennte L. 19. D.
de. usu et usufrugtu leg. zu.der. Behauptung verleiten, daß
fo oft einem Legatar der Mießbrauch eines Werundſtuͤckes ohne
Muͤnter Bon den Servituten. 4897
nähere Beſtimmung vermacht werde, er denſelben mit dem
Erben theilen muͤſſe, und wunder: fih ©. 115, daß L.'4g.
D. de usufructu diefer Regel zu widerfprechen fcheine. Aber
L. 29. redet ja nur von dem Zalle, wenn einem Legatar der
Nießbrauch des Grundſtuͤcke, und einem audern das Grundſtuͤck
ſelbſt vermacht If. Nah S. ade follen L. Sıs D. quibus
modis ususfructus und L. 22. D. de legat. I. ſich über die
Erage ‚widerfprechen, ob der ususfructus von eimer Heerde
noch fortdaure, wenn nur noch ein, oder ein paar Städe
davon übrig find. Allein Die eine veder vom Legat des Nieße
brauche, und die andere vom Legat des Eigenthums, und diefe
beyden Rechte werden hier ganz confequent nad) verichiebenen
Grundſaͤtzen beurtheilt, da das Eigenthum auch an den Reften
einer zerſtoͤrten Sache noch fortbauert, nicht aber der Nieß⸗
brauch. S. 277 will der Verf. den Srundfag, daß eine ha-
bitatio durch non usus nicht verloren gehe, nicht-gelten laffen,
weil L. 10. D, de capite minutis nichts bavon enthalte.
L. ı0. pr. De usu et habitat. enthält ihn jedoch mit duͤrren
Worten. ©. 85 ff. mill der Verf nicht zugeben, daß zwi⸗
fhen dem usufrnctuarius und dem bonae fidei possessor ty
Anfehung des Fruchterwerbes ein Unterſchied flatt finde, und
frage dabey ganz naiv, ob denn ein Nießbraͤucher nicht auch
honae Adei possessor ſey? Aber die enefcheldende Stelle ig
L. 425. 6. ı. D. de usuris hat er ganz überfehen. — Die
ganz leichte, L. 76. $. a. D. de legat.-II. interpungirt der
Derf. ſo: Dominus, herede.. fructyario scripto, fundum
sub conditione legavit; voluntatis ratio non patitur, ut
haeres, ex «ausa fructus, emolumentum retineat diver
sum in caetgris ‚praediorum servitutibus. Responsum est:
quoniam. frugtusa. portionis instar ‚obtinet, und erklärt fie
nun fa: der Teſtirer habe feinem Erben an einem Grundſtuͤcke,
worauf dieſem bishes eine Realſervitut zugeſtanden, den Nieße
btauch reſervirt die Proprietaͤt aber einem andern sub con-
ditionelegirt: in dieſem Falle ſolle, wenn die. Bedingung
eintritt, der Erbe nach dem: muthmaßlichen Willen des Teſtirers,
188 Münter Bon den Serpituten.
nungeachtet des ihm Ausgelehten Nießbtauches, doch die bie
herige Realſervitut in eben der Maße beybehalten, mie fle ihm
bey Lebzeiten des Teſtirers zuſtand. — Vorzuͤglich aber haben
wie über ©. 126 u. 2553 lachen mäffen, wo ber Verf: «in
paar Stellen aus dem Pomiponius ad Sabinum anfährt , und
dabey bemerkt, daß fie aus dem Schreiben des Pomponius an
den Sabinus entlehnt feyn.
Nicht beſſer iſt das Frangäfliche Recht behandelt. Buy
den Realfervituten bat der Verf. die drey Claſſen derfelben,
welche der C. N. fo forgfältig ſcheidet, die natürlichen, geſetz⸗
then und gewillkuͤhrten, völlig dur) einander geworfen, und
zugleich auch fchon Die einzelnen Fälle bes geſetzlichen Nieß—
Brauch mitgenommen, weil, wie er ©. 14 meint, bey diefem
Punct die PDerfonals und RKealſervituten fih nicht wohl tren⸗
nen ließen. Gleichwohl kommen ©. 29% aße dieſe Fälle ein
gwentesmal vor, und zwar unter den Mechten der Nießbränder.
— Nah ©. 15 follen die servitudes continues et apparen-
tes nur durch Urkunden, und niht durch Verjährung erwerben
werden können. Wir würden dieß für einen bloßen Druckfehler
sehalten Haben, wenn es nit S. 45 ein gweptesmal mit
beflimmter Anwendung auf die S. sfillicidii recipiendi von
kaͤme. — ©. 26 mird bemerkt, daß der värerlihe Nießbrauch
am Vermögen der Kinder bey Adoptivfindern arg. art. 86.
570. nicht eintretet Freylich nicht, denn der vaͤterliche Mich,
brauch endigt fich mit dem achizehnten Jahre, und die Adoption
fupponirt nothwendig Broßjährigkeit des Adoptivklindes. Art.
‚965 u. 370 reden aber von der tutelle officieuse. — ©. 55
u. 39 erflärt der Verf. den Art. 652 von Bauern, die im
alleinigen Eigenthum Eines Nachbarn flehen: allein er redet
ja ausdrüdfich von einem mur mitoyen, und die Bedeu⸗
tung diefes Ausdrucks kann nach Art. 653, 660, 66: durchaus
feinen Zweifet haben. — S. 45 u. 46 will der Werfı gar den
Mömifhen Unterſchied gwifhen der S. lumihum und" pro
'spectus im Art. 677 und 678 wieder finden: denn L. 16.
D. de S.P.U. ſage: interest inter lumen et prospectum:
Leonhard Taſcheubuch f. d. gef. Mineraiggie. 459
pam prospectus etiam ex inferioribus locis est, lumen ex
inferiore Ioco esse non potest, und eben biefen Unterſchied
machten auch beyde Artikel des C. N. — ©. 56 verwechſelt
der Verf. den acte contraire im Art. 707, womit der Verluſt
einer Servitut durch Nichtgebrauch anfängt, mit ber inter-
ruption bey dee: Verjährung, und lehrt daher: der Nichtge⸗
brauch fange bey 8. continuis vom Augenblick einer eingetres
tenen Uſurpation am, biefe gefchehe aber naturaliter oder civi-
liter; das erfle dann, wenn der Beſitzer äber Ein Jahr lang
feines Genmuſſes beraubt worben; das lebie durch eine Eisation,
einen. Arveſt us f. w. '
Doch genug und übergenug, um Iöermann vor dieſen
llenden Noorvet zu warnen.
he
a 2 wo j
Taschenbuch für die gesammte Mineralogie, mit Hinsicht auf
die ‘neusten Entdeckungen, herausgegeben von Carl:
Cäsar Leonhard, Assessor bey der Rentkammer
et — Dritter Jahrgang. Mit Hauy’s Bildnifs und vier '
Kupfern. Frankfurt a. M. 1809. 408 ©. 8. (2fl. 45 hi
Dasselbe ,„ ‚herausgegeben von C. C. Leonhard, Kammer-
rath ctc. Vierter Jahrgang. Mit Blumenbachs Bildnifßs
u. drey Kupfern. Ebendas. 1810. 415 ©. 8,
Der dritte Jahrgang biefes ſchaͤtzbaren Taſchenbuches,
welches ung jährlich mis den neueſten Entdeckungen und Beobs
ahtungen in dem, einer größeren Bolltommenheit immer mehr
entgegenfchreitenden Fache der Mineralogie bekannt macht, ents
hätt folgende - Originalabhandiungen.. 1) Einen Aufſatz des
Herrn Geheimenraths von Goͤthe über den befannten Kammers
berg ben Eger In Böhmen. Mit vielem Scharffinn ſucht zwar
dee beruͤhmte Herr Verf. feine Anſicht zu rechtfertigen, nad
welcher er jenen Berg für einen, zur Zeit der Waſſerbedeckung
des Egerthales unter dem Waſſer entſtandenen, und unter dem
Waſſer thaͤtig geweſenen Vulkan (soumarin), deſſen Krater
ſpaͤterhin im ſich ſelbſt zuſammengeſtuͤrzt ſey, zu halten geneigt
iſt. Allein, wenigſtens Nec. hat ſich nicht uͤberzeugen koͤnnen,
|
490 Leonhard Taſchenbuch f. d. gef. Mineralogie.
daß die hier aufgeſtellten Vermuthungen hinreichend waͤren, die
von dem verdienſtvollen Bergrath D. Reuß im bergmaͤnniſchen
Journale 1790 S. 303 f. für dns Gegentheil angeführten
Graͤnde, auf welche der Hr. ER. v. ©; gar keine Ruͤckſicht
genommen, zu widerlegen. Unter andern ſpricht fuͤr die Hy⸗
potheſe des Hrn. ER. Neuß, welcher die Erſcheinungen an
Kammerberge einem, durch entzündere Braͤunkohlenlager ent
fandenen Erdbrande zuſchreibt, auch die Geſſalt der dortigen
vermeinten Laven. Rec. hat eine vollſtaͤndige Suite davon
vor ſich liegen, und finder an keiner derſelben Ben echten Cha⸗
rakter der Vulkanitaͤt, nämlich das Gefloſſenſeyn, die Ausdeh⸗
hung der Poren nah Einer Richtung. Alle gieichen mehr
oder weniger den in der Nähe des Mittelgebirges in Bohmen
fo Häufig vorkommenden. Erdfhladen. So wenig dieſe durch
Feuer veränderten Steine alio dem echten Laven aͤhnlich find,
eben ſo wenig kann man ſie fuͤr Auswuͤrflinge (Rapilli) eines
Bulkans halten, da fie zum Theil ats feſtes Geſtein in Floͤtz⸗
lagen fi finden. — 2) Beſchluß der in den früheren Jahr⸗
gaͤngen angefangenen Abhandlung des Hr. D. Schneider in
Hof Aber die Diineralienfammlungen in Paris, nämlich über
die Sammlungen von Delametherie, Brochant, Brogniart,
Beſſon, Vata und Tondi, mit allgemeinen Bemerkungen und
einer Vefchreibung der vorzüglichften Mineraͤlienhandlungen
von Forſter, Launby, Lambotin ıc. — 5) Ueber die Indivk
duen im Mineralreihe, vom Prof. VBernharbl, — 4) Der
Amtmann Weppen zu Wikkertshauſen beſchreibt noch einige
merkwuͤrdige Nerfteinerungen ‚feines Sabinets, welche aus der
Trebra’fchen Sammlung herrühren, und aus dem räfonnirenden
Verzeichniffe der letztern größtentheils bekannt find. — 5) Berns
hardi's kryſtallometriſche Beſtimmung ber Kryſtalle des Zinn:
ſteins, Grauſpießglanzerzes und Uranglimmers ‚ nad feine
Methode. — 6) Der Bergrath Hacquet befhreibt: 1) eine
feltene Verfeinerung, eine der Venus ponderosa, oder gigan-
tea verwandten Bivalve , und 2) einige noch wenig bekannte
Steinarten, einen mit Menfcenblätterähnlichen Stecken befäcten
Hornſtein und einen Kieſelſchiefer von aͤhnlicher Zeichnung,
Leonard Tatchenbuch f. d. gef. Mineralogie. 491
teren erfter in dem Fuffe Molveznaja in der Nogaifchen Steppe,
der andere am Berge Iſchaterdagk in der Krimm gefunden worden.
Der vierte Jahrgang liefert an eigenthämlichen Abhands
lungen: 1) die Beſchreibung einer feltenen Tribolitenart vom
Kammerpräf. von Schlottheim zu Gotha. — 2) einen, dem
Mineralogen hoͤchſt ſchaͤtzbaren Aufias des Hrn. Generalins
ſpectors D. Hausmann in Eaffel, über die Unterfüchung des
Berhaltens der Folien vor dem Löthrohre, mir Beyſpielen
belegt. — 3) Mineralooifche Notizen vom Hrn. Oberbergmeiftee
Selb zu Wolfach. Diefe Notizen find aus dem raifonnirenden Tas
talog feiner Mineralienfammlung entlehnt, und betreffen vornehms
lih den Schorl, die kubiſchen Afterkryſtalle des Duarzes (nicht alle
Quarzwürfel Pbrine man geradezu für Afterfruftalle halten. 3. ©.
werden einige fchöne Amethyſtwuͤrfel von Schapbad angeführt,
deren Beſchreibung jedoch gerade dad Gegentheil beweifen duͤrfte,
da die, den Seltenflähen des Würfels parallelen Abfonderungen,
und die im hohlen Mittelpuncte des Würfels anfigenden Krys
fallen eine ſecundaͤre Bildung durch allmälige Ausfällung des
praͤexiſtſren den :wütfelförigen leeren Raumes nur zu deutlich
beurfunden) ; — ferner den Arragonit vom Kaiferfluhl in Breis⸗
gau, eine beföndere Art Braunſpath und das auf der Grube
Hans Baden bey Badenweiler vorkommende honigs und
citeongelde, auch fleifhs und: morgenrorhe Dieyerz. Ferner.
theilt 4) Kr. D. Schneider in Hof oryktognoſtiſche und geos
guoftifche Beobachtungen über den Bayreuthifchen Zoiſit, (der
in eine et Granit eingewachſen nefleriweife in Hornblendegeſtein
vorkommt) und über den Ehalcedon und Amethyſtquarz auf
dichtem und: fafrigem -Brauneifenfteine aus dem Sayrentäfchen
mit. — 5) Etwas üSer das Vorkommen des Altern Floͤtzkalk⸗
feins an’ dem nördlichen Fuße -des Thüringer Waldgebirges,
vom Hrn. ER. von Hoff zu Gotha, mit einem geognoftiichen
Chärthen der Gegend von Waltershaufeh. — Sur le blätt-
riger Augit des MM. Werner et Karsten, — sur
l’Arsenie sulfure (Rauſchgelb) — sur le Cuivre phosphate
— drey Abhandlungen des verbienftüollen Hauy, von deren
erfter der Verf. einen beſondern, weit vollffändigeren Abdruck,
groß Auart in-Parid veranftatter hat. Der Zweck diefer drey
Abhandlungen iſt, zu zeigen, daß der blättrige Augit zur Horns
biende (Amphibole) gehöre, das rothe Rauſchgelb ein Rhom—
boidalprisma zur Grundgeftalt, und einen doppelten, den Dias
gonalen der Grundfläche dieſer Säule aleichlaufenden Durchs
gang der Blaͤtter Habe, und die Srundgeftalt des phosphor—
fauren Kupfers eine Ahnliche Sänle, deren Seitenflähen unter
Winkeln. von ungefähr ı21° und 69° zuiammenftoßen. —
7) Wederfiht der im Herzogthum Anhalt: Bernburg vorkom—
menden Soffilien, vom Bergſecretaͤr Paͤßler zu Harzgeroda.
192 Leonbard Taſchenbuch f. d. gef. Mineralogie,
Dielen Abhandlungen folgen in beyden ZYalwgängen des
Taſchenbuches zwey Leberfihten der neuen Entdeckungen und
DVeränderungen in der Mineralogie, und zwar: a) im Fade
der Oryktognoſie, Beſchreibungen neuer, oder auch bereits frü«
ber befannter, nah Selb, Hausmann, Stift, Karfien, Wer⸗
ner und andern. Um nicht gu weitläuftig zu werden, erlaubt
fih Rec. hierbey eine einzige Bemer „, daß nämlich Karſtens
Eiäslith und Werners Zeuflein (IV. Jahrg: ©, 186 u, 189)
ein und daſſelbe Foſſil fey, was fräßer zum Arctizit ober Wer⸗
nerit gerechnet, nah ben neuerlih vom Mineralienhändler
Mepperfhmidt aus Kopenhagen. nach Verlin und Frepberg 46
brachten Eremplarien aber fowohl von Klaproth und Karfien
als von Werner für eine befondere Gattung anerkannt, und
feines ausgezeichneten Fettglanzes halber von jenen Oelſtein
(Elaͤolith), von diefem Fettſtein benannt worden iſt. Auch laſſen
fid) die a. a. O. angegebenen Äußeren Kennzeichen, beſonders
wenn man fie mit dem Foſſil felb vergleicht, fuͤglich mie eins
ander vereinigen. — Bey dem Verzeichniß der neuen Beſtim
mungen ber Eigenſchwere verſchiedener Foſſtlien ik ©. 230 des
IV. Jahrgangs ein Drudfehler eingeſchlichen, der nirgends
verbeffert il. Die fpecififhe Schwere des Allochroits iſt naͤm⸗
ih zu 5,6550 angegeben, kann aber. nur 3,6550 beteagen.
- Wenigftens fand ihn Rec. bey 15° Neaum. — 8,6576, fo wie
d’Andrada — 3,575 und Schumacher — 3,731. 8) Im
Fache der Geognoſie werden ſehr ſchaͤtzbare Nachrichten geliefert,
bey welchen jedoch Dec. wegen des beſchraͤnkten Raums gegen:
wärtiger Anzeige fi nicht verweilen kann. Dielem Abfchnitts
folgen 3) die neuſten Analyſen mineralifcher Körper, 4) Mike
cellen, die vieles Intereſſante enthalten; 5) eine Darftellung
der neueften Mineralfpfieme, und zwar im 3. Jahrgange die
neueften Spfteme von Hauy (mach deſſen Handſchrift) und
Werner, (mas ſeitdem wieder manche weientliche Veränderung
erlitten hat), und im IV. Jahrgang Karftens Syſtem der
mineralogiſchen einfachen Foſſilien (follte wohl eigentlich heißen:
der orpktognoſtiſchen einf. Foſſ.) nach deſſen Tabellen a. Aufı
lage und Hausmanns Syſtem der unorganifirten Naturkoͤrper,
auf welches letztere wir zu einer andern Zeit zuruͤckkommen
werden; 6). Beförderungen, Ehrenbegeugungen 26.; 7) Nekro
log; 8) MWeberfiht der neuſten Literatur; 9) Eorrefpondeny
Nachrichten, die gleichfalls viele nene, zum Theil wichtige
Anfihten und Winke enthalten. Dec. fchließt dieſe kurze -Auı
geige mit dem Wunfche, daß dem Herausgeber es nie an Muſe,
und dem Verleger nie an Abfab dieſes Taſchenbuchs fehlen
möge, damit das mineralifhe Publicum fiher auf deffen Fort
fegung rechnen könne.
— —
N0.13.° S9eidelbergiſche A811.
Jahrbücher der Literatur.
RAUF TUT
Bier und zwanzig Bücher Allgemeiner Gefchichten befonders ber Euro⸗
päifchen Menfchbeit. Durc FJoh an nes von Mül ler. Starsua
cuique dies. Virgil. 1797. Herqusgegeben nach des Verfaßers
Tode durch deſſen Bruder, Fohann Georg Müller. Tür
bingen, in der J. G. Cotta'ſchen Buchhandlung. 1810. Erſter
Band (ohne das Süubſcribentenverzeichniß) XXX u. 540 ©.
Zweyter Band. VIII nnd 552.©. Dritter Band. VIIL und
5326. 8”) ’ ,
Die Anfgabe eines gangen Geſchichtlebens gedraͤngte Re⸗
ſultate aus mehr als achtzehnhundert alten und neuen Schrifts
ftellern, unter originellen Anfihten vereinigt, durchaus mit ben
echabenften und ſchoͤnſten Gedanken begleitet, liegen in biefen
drey Händen ‚vor und. Des Gefchichtfchreibers der Schweiz _
„jüngere, größere. Tochter, die Gefchichte des menfhlichen Ge⸗
ſchlechts⸗“ (Wergk.; Thl. V. der fämmtlihen Werte S. 358.).
Zufäfligkeiten, welche nicht mehr in des Verf. Gewalt find,
mahen nöthig, erſt von der Form und Art, wie das Bud
nun ericheint, gu reden, ehe dem Inhalt die Selbfianfändigung
uͤberlaſſer werde... Daß des Verf. Abſicht nie geweien, das
Merk in dieſer Geſtalt in des Publicums Hände zu geben, ift,
wenn «8 nicht ſchon hinreichend .befaunt, und durch die Vorre⸗
den dersumentirt wäre, aus den Grundzuͤgen, ſelbſt näher zu
erfehen. Es gehörte unter die hoͤchſten Wünfche:des Verf. ,
ob er gleich Bas Werk einigemal umgearbeitet, und fortwährend
R 1
*) Wir, hoffen, über dieſes wichtige Bart künftig noch eine andre
Bautgei ilung unſern Leſern vorlegen zu fönnen, um auch unfere®
* dazu beyzutragen, daß die Stimmen der geachteſten Hiſto⸗
riker unſrer Nation das Publieum zu dem richtigen Urtheile über
den Ba Diefes Nachlafies von Koh. v. Müller lenken mögen,
’ ‘ ur wur wo. ., me
| 15353
v
194 Qop.n. Möller Bier und yoanjig Mächer allg. Gefhice
verbeffert Hatte, noch eine lebte Hand daran zu legen, eben
‚tene hoͤhern Anſichten wa gereiften Erfahrungen in Ein
Ganzes zu vereinigen“: voll der Gegenwart beffen, ber die
Steger bey Zama, Leuktren und Murten, und jenen Eifer
und Trajan und Tacitus begeiſterte, jedem feine Stelle an
weifen, und den Finger und Die Wege Gottes anzujeigen
(Bore. XVI f. vergl. TH. V 109, 346). — Dies ward ihm
nicht mehr vergönnt. So fehlt dann auch das zweyte, ohne
das das Werk für viele nur eine anzuſtaunende Hieroglyphe
ſeyn mag, die ſammtlichen Belege, welche, ebenfalis nach den
Plane des Berf., als. Anhang, oder auch als befonderes But
(h iſtoriſche Bibliothek), ſowohl zur Erklärung einzelner
Siellon, als zu mannigfaltiger Aufhellung der Geſchichte aberhaudi
folgen ſollie. Bey allen dieſen Unvollkommenheiten, woruͤber hät
die merbittliche Parce anzuklagen iſt, bleibt dad Werk immerhin,
‚zugleich mit der Schweiergeſchichte, ein unvergaͤngliches Deut
mal des Verf., deſſen Geiſt, je größer die zu belebende Maſſe
war, zu nur um fo hoͤhern und umfafiendern Ideen fh aufı
zuſchwingen vermochte; umd öffentlichen Dank gebährt den
würdigen Bruder deffeiben, daß er dieſe, „aus dem Ghifi
bruch feiner Sachen *gerettete Reliquie, zuerſt unter da
posthumis, mit aller ihm möglichen Sorgfalt miisgetheilt hat.
Die verſchiedenen Auſichten und Erwartungen eines mät
immer billigen Zeitalters muachen zur Pflicht, bey der Anjeige
eines foichen Werks zuerſt den Geſichtspunct zu beſtimmen,
._. ans dem er nach feiner wahren Geſtalt und Werth näher 8
beurtheilen iſt. Diefer lege in der Entflehung und dem 77
fondeen Zweck des Werks. Es if nice die Rebe etwa von
einem bloßen Ideal der fogenannten Univerfalgefchichte; miät
von allen jenen Fragen, Aber die bald Philoſophen, bald fimple
Hiſtoriker, jeder Theil gewöhnlich nur einſeitig, abſprechen:
ſondern von der Sache; von der eigentlichen Tendenz bey dem
Vortrage allgemeiner Gefchichten für unſer jetziges, Europhiſches
(befonders Deutſches) Zeitalter; um vorzuͤglich Juͤnglinge auf
das Weſen des Geſchichtſtudiums, Männer auf die Zwech
t
Job. v. Noͤler Vier und zwansig Bücher allg: Gelchichten. 195
heſſelben hinzuleiten. Daher if gleich in der Einleitung keine
kere Definition von Univerſalgeſchichte, fondern vielmehr eine
deduction ihres Gegenſtandes ſelbſt und der Srundfäge, von
weichen alle, Gaſchichte ausgeht, und auf die fie wieder zurüdk
kmmt; für die Beurtheilung ihrer Zwecke find ferner .alle
formen ber bürgerlichen Geſellſchaft, nicht bloß, wie fie au
k4 find, der Theorie nach, rein und ungemiſcht, fondern wis
he bewoͤhnlich in der Erfahrung erſcheinen, ohne Vorliebe für
hieſes, oder jenes Syſtem vorausgeſtellt. Kurz, nicht allein
Bag und Wie allgemeine Geſchichte ſeyn foll, fondery
Bozu? Die Beziehung auf die wichtigften Intereſſen des ges
häihaftligen Zuſtandes, und auf unfere gegenwärtige Page
laicht ſowohl pragmatiſch, ale wahrhaft praktiſch), das iſt Die
Hanptaufgabe; oder, um des Verf. eigene Worte zu gebrauchen,
„wie den Thatſachen nach aus den zuverlaͤſſtgſten Quellen, fo ſollte
dieſe Geſchichte dem Seiſte nach aus dem tiefften Gefühle der. Be⸗
birfniffe- unſers Zeitalters geſchrieben ſeyn, und eingedenk Der
Vachwelt* (Vergl. Th. IV. ©. 285, 287, V. ©. 314)
Nah dieſem Geſichtspunct wird das Werk auch auf ‚Nichts
hiſtoriker den Eindruck machen, der großen Auſichten nie fehl
Für das Forum der —** iR, neben dieſer Auszeichnung,
nech beſanders wichtig, zu erfahren, wie der Verf. in Erfor⸗
Mung Der Tharfachen feine von wenigen erreichte Selehriams
bit genußt, ‚umb wie er bey der Anordnung der ‚grängenlofen
Dafe gu Werk gegangen. Wenn auch gu jenem, wie wir
bereits bewerte haben, der Schläffel größtentheils fehle, fo liegt
berin defte mehr Aufforderung, denſelben felb zu. finden
(wo aur Imser die ‚Außern Umſtaͤnde es begünfigen;) was
aber Die Verhindung und den Plan des Ganzen betrifft, fo
llgt dieſer, ungeachtet das Wangerüfle abgebrochen ift, offen
genug da; gerade dasjenige, mas. die Univerſalhiſtoriker ſchon
kit geraumer Zeit vorzuͤglich heſchaͤftigt. Wir heffen daher, es
wide nicht garz ohne Verdienſt fegn, wenn wir nach Maßs
gabe dieſer Welärter vorzüglich auf das Leitere hier Ruͤckſicht
uhmen „werden: . Indem wir aher. Lem Gange des Verf.
196 Koh, v. Müller Vier und zwanzig Bücher allg. Gefchichten,
folgen, wird fih von ſelbſt Selegenheit geben, auch auf die
Kritik wenigftens hinzuweiſen, und überall auf den Geiſt, als
das Unftecblihe des Werks.
Der Zufap des Titels Europaͤiſche Menſchheiter Hat ſchon
dem J. Buch eime von der bisherigen Darfiellung der Allee
meinen Geſchichte abweichende Form gegeben. Alles, was fonf
unter der Geſchichte der alten großen: Monarchieen vorfommt,
iſt Hier nur in jener Beziehung nach den wichtigſten Mom
ten zufammengefaßt, vom Urfprung des menſchlichen
Geſchlechte bis auf den Trojanifhen Krieg, al
der erfien, nach dem Pan des Verf. anzmehmenden - Periode
in den Verhäftniffen zwiſchen Afien und Europa, fo wie bereitt
die allgemeine Periodirang vorne in der Einleitung mit wenigen
Sügen, auf die neueften Revolutionen Europa’s hinweißt.
Freylich ſchließen auch ſchon die erften Capitel von der Hs
kunft unferes Geſchlechts ganze Commentare in fih, besgleichen
die dem Verf. eigenthümliche Zeitrechnung, worüber wirklich
im VII. Theil der fämmtlichen Werke eine nähere Abhand⸗
lung erfchienen iſt. — Perſien, ein Land von uralter, hohe
Cultur (das afiatifhe Sermanten ?), dann Aſſyrien, die Gefſilde
des Weberfluffes, find zwar an den Anfang. der Geſchichte ger
ſtellt, Cap. 4. 5. Bon: ihnen fällt aber dee Blick ſofort auf
die Kuͤſte, von welchen alle Kenntniffe des Innern Aflens nah
Europa kamen. Dazwiſchen ein Seitenblick auf Kolchis und
Scythien; von den Arabern und Inden einſtweilen nur ihre
Eriftenz, Cap. 6-8, Bis fie wirklich in der Geſchichte auftreten.
An den Phöntciern iſt zuerft gezeigt, „daß die größten Ding
durch die kleinſten Völker geſchehen, weil diefe der Anſtrengung
bedürfen“, &. 35 Aegypten und Kleinaſien, Cap. 9, 20, geben
den Uebergang auf Griechenland; deffen erſte Wenölferung,
Cap. 11; Kreta, Cap. 12; den Zrojanifchen Krieg, Cap. 13;
und auf die Altefte Gefchichte Italiens, Cap. 14. Wir fehen
alfo, wie von Anfang an vorzuͤglich diejenigen Voiker ausge:
hoben werden, welche auf Enropa Einfluß Hatten, fo mie der
gegebene Impuls fortwirkte Das erſte Buch kann als Eim
Joh. v. Müller Bier und zwanzig Bücher allg. Befchichten, 497
leitung zur Geſchichte ber alten Freyſtaaten, dem Segenfland
der ſieben folgenden Bücher (des erſten Bandes), betrachtet wers
dem, Ueber einzelne Stellen bemerken wir, daß die Sage vom
alten Lektonien auch von dem Verf. als wahrſcheinlich ange⸗
nommen wird (vergl. ſaͤmmti. Werke Th. V, 152). Es
moͤchte alſo auch die Hypotheſe von De Lus (in den Briefen
on de la Metherie) hieher gehören, fo lächerlich Heinſe
bie Voeſtellung auch gefunden bat (Gleims Nachlaß 3. Bd.
®. 2ı). Hoͤher Hat vor. einigen Jahren Schelling die
See aufgefaßt. — Was für univerſalhiſtoriſche, bisher von
wenigen beachtete Folgen Joſua's Waffen Hatten, ift von
dem Verf. ©. 40 angedeuter, und mit den näheren: Gränden
in den Briefen. Th. V S. 79 ausgeführt. — Ob Reſan,
ein Vorfieher der Rhaͤtier, ©. Sı nicht eine eben fo fabelhafte
Perſon fey, wie andere angebliche Volksſtifter, Shaut (Diet
wird noch im dreyzehnten Jahrhundert für Volk gebraucht),
oder auch der Phöniciihe Thor, Thayıb, ©. 30, laffen wir
dahin geftellt. — Der Name Tusken ſcheint uns eher deu
Keltiſchen, als der Griechiſchen Sprache anzugehören, ©. 51.
— eher die Kenntniffe der alten Völker Staliens verdienen
befonders. die Stellen des Livius I. od. 80. 31. näher ver⸗
slihen zu werden. ’
Das. II. Buch umfaßt die wenigen fabelhaften, aber doch
nicht ſehr befannten. fechs Jahrhunderte von Troja's Zerftörung
bis auf Solon, oder die Zeiten des Urſprungs freyer
Berfaffungen. Der Verfall des alten Aſſyriſchen Reichs,
die Entſehung neuer Staaten Ms bemfelben, die politiiche
Abnahme Aeghptens, werben in den zwey erfien Eapiteln nur
nah dem Wefentlihften, und fogleich die Entfiehung und Bil⸗
dung von jenen, Eap. 3.ff., gezeigt. Die Erhebung Laccedaͤ⸗
mons; Lykurg's Geiſt, befien Wert 706 jahre lang fland, und
wovon noch jet in den Mainotten Spuren find; gegenüber
Athen unter feinen Geſetzgebern; „Solon liebte feine Mits
menſchen, und hätte fie über die Lebensmühe tröften mögen‘;
©. 74. Die Rergleihung der Heyden Zrenftaaten (wie Zürich
193 Joh. v. Müller Bier und swanzig Bücher allg. Geſchichten
und Bern) fält Hier zum Vortheil des erfiern aus; „dh
fommt es auf die Idee an, bie man vom Zweck der Menſch
beit hat.“ Im 6. Cap. find bie übrigen Lienen Republiken
in Griechenland und Kieinaflen aufgegähle, und durch ihre
Eolonieen den Uebergang gemacht auf zwey noch in größerm
Eontrafte ſtehende Republiten. Rom (wie es von ben Griv
hen unbemerkt den Srund feiner künftigen Größe gelegt (Las
tium!); doch gab es auch Römer, welche fi im der Ablei
tung von Griechen gefielen); Erſte Verfaſſung ber tat,
Cap. 8. Karthago, unter den Puniſchen ColonteenSemporfts
bend, aber mit Afrikaniſchen Sitten, Eap. 9. (Wie weit ihr
©eefahrer gelommen find, kann noch weniger entfchieden wer
den, als bey den Phoͤniciern ſelbſt. Die durch Plato aufbe
haltene Aegyptifche Gage von einem Im Weltmeer verſunkenen
Land (©. 107) gehöre auch noch zu dem, was oben von
Lektonien vorgefommen If. !
Ehe die Geſchichte der Griechiſchen und Römifhen Frai
| Heit weiter verfolgt wird, find in zwey befondern Bädern,
IH. und V., die Quellen ihrer Geſchichte aufgeſtellt. Drandıs
haͤtte ſich freylich auch ſchon im Zufammenhang anbringen laſſen,
wie es zuvor bey den Homeriſchen Geſaͤngen geſchah, ©. 47,
und beym Siciliſchen Krieg über Thnchdides, S. 247, Allen
es iſt dem Verf. die claſſiſche Literatur auch eine Welt, bie in
der Geſchichte ihre eigene Stelle einnimmt, oder vielmehr uͤder |
ihr ſtralt. Daher dieſe zwey befondern Abſchnitte zwiſchen
den übrigen Buͤchern. Wir finden hier auch die erſten Ein
driuͤcke von dem Studium DÄP Alten wieder, welche ser Verſ.
in feinen Briefen mit fo wahren und friſchen Farben gegeben
hat, nur durch fpätere Prüfung theils beſtaͤtigt, theils berich
‚ tigt. Der Raum verbietet uns aber, hier weiter darauf ein
zugehen.
Nah einer ſehr einfachen Periodfrung ber Griechiſten
und Noͤmiſchen Geſchichte (Anf. des III. Buchs) folgen die
Nevolntionen Griechenlands von Sotons Zeit
Bis auf die Romiſchen Eroderungen. IV. O4
Joh. v. Muͤller Vier und zwanzig Bücher allg. Gefchichten. 199
Don dem Athenienſiſchen Begebenheiten unter Pifiratns, Cap. 2, .
eht Die Geſchichte zuruͤck auf die Perſer, Cap. 2, da der
Zufammenhang «6 nöthig macht, wie bey Herodot, der hier
Driginalquelle und. Mufter zugleich if. Bey dem Perſiſchen
Kriege, Cap. 3, „wo die Kraft eines freven Volks für das,
was ihm das Theuerfte ift, ſich gezeigt“, gebt die Darſtellung
der That des Leonidas, wie fih erwarten läßt, über alles,
An der Oberherrſchaft Athens werden zwey dunkle Seiten aus⸗
geſtellt, ihr eben fo Harter Druck, als der Perfifhe, „ein auf
Freyheit eiferſuͤchtiges Volk gönnt le ſelbſt feinen Angehörigen
nihe“ (mie die Schweizer ihren Unterthanen); denn der
Undant einer aus Handwerkern und Meatrofen beſtehenden
Gemeinde gegen eine Reihe der verdienteſten Männer, neun
große Beyſpiele bis auf den Mater des Geſchichtſchreibers Laos
nitus Chalkondylas. „Die leute eigene That; vor der gaͤnz⸗
lihen Unserjohung durch die Türken war Undant.“ Cap. 4
"OMiurrog Ispixdäs, Cap. 5, und fein Werk, der Pelopons
nefifche Krieg, Cap. 6. . Der Bicilianifhe, von Alcibiahes
angeathen, Cap. 7. „In diefem hätte Athen ein Rom wers
ben können, wenn es nicht ſelbſt feinen Untergang befördert
hätte, Schonung der Lacsdämonier gegen die Stadt, welche
Griechenland von den Perfern befreyt hatte, Cap. 8, und wie:
erſt nach dem Verluſt der Oberberrichaft in den Gärten bes
Lyceums und.der Akademie ein fchöneres Reich bluͤhte. Obers
hertſchaft und Ausartung der Lacedaͤmonier, Cap. 9. Epas
minondes. fliegt vermitteiſt ber fchiefen Drbnung, deren Ges
Heimniß die größten Helden mach ihm Bis auf Friedrich IL,
benutzt, Cap. 10. Bein Fall, Griechenlands lingläd, Cap. 11.
Soldaten, Zeroi, ſchon im Peloponeſiſchen Krieg entſtanden
(8. 153), mehren fih, S. 156. Diefe, nur dem Krieg
lebenden Menſchen veränderten die Lage ber Welt, Griechiſche
Miethſoldaten erhalten zuletzt noch das Perſiſche Reich ( wis
Germanen das Römiihe). — Philippns, ein Schaͤler des
Epaminondas; die Phalanx, Tap. 10. Alexander, nach. der
Zerſtoͤrung des rebelirenden Theben,. „ang aus won Pelle, und
200 ob. v. Müller Bier und’ zwanzig Bücher allg. Gefdhichten,
übertvand Allen His an den Ganges.“ Wende Welttheile dürch
Vermifhung der Gefchlechter und Bitten zu Einem Bolt zu
verbinden, dazu war wohl ber Schuͤler bes generalifirenden
Ariftoteled am meiſten aufgelegt, Cap. 13. Nah ihm aber
erfcheinen „bloß kriegeriſche Talente, wodurch ‘gemeine Schu
ten, vermittelt Bravheit und Verſchwendungen, Herren der
Völker wurden, welche bie Unkoſten tragen mußten. — Dee
Menſch kommt nicht mehr vor, nur Truppen, um fo fteahafter,
je mehe fie Maſchine find.“ S. 161. Die aus der Maredos
niſchen Monarchie entflandenen Neiche find nach den Haupt
ſchickſalen der Fuͤrſtenhaͤuſer (deren Geſchichte an ſich nicht
wichtiger iſt, als die der Theikingen nach Earl dem Großen;
ihre Vergleichung zeigt nur, „daß es für den Menſchen ein
Ungluͤck ir, allen feinen Willen thun zu koͤnnen“, ©. ıqı)
in gedrängter Kuͤrze dargeſtellt; und es iſt dein Verf. auch die
Macedoniſche Weltherrfchaft, wie die ältern Monarhieen. nidt
fowohl Zweck, als vielmehr Mittel und Vorbereitung zu der
. daraus hervorgehenden Geſchichte. |
Die Republik Rom, im VI. Bud, iſt nad der Grin
viſchen Geſchichte wohl mie der meiſten Liebe behandelt. Der |
WVerf. geht zurüd auf die anfänglich geringe Macht unter den
Königen, Cap. ı, „kein Dann, kein Staat, welcher Beharr⸗
lichkeit hat, laſſe ſich durch anfängliche Mittelmaͤßigkeit ſchrecken“,
S. 206. Die innern Veraͤnderungen und die Kriege ſind
‚ parallel miteinander fortgeführt. Vom Volkstribunat heißt es,
Cap 3, ihm ſey zu danken, daß bey allen Gährungen und
Ausbruchen in diefer milltatriſchen "Stade His in ihr Gas. Jahr
fein blutiger Auftritt geweien. Voraus if bemerkt, S. 208,
„der mehrhunvertjährigen Freyheit und der noch längern Welt
herrſchaft fen Rom dadurch am würdigfien geweſen, weil nicht
. det ein Semeinweien mit gleicher - Standhafrigkeit ‚fo wie
Gelehrigkeit für Maßregeln, die ‚feinen liebſten Sitten Abbruch
zu thun ‚dienen , und für ‚die Amalgamirung befferer Einrich⸗
tungen mit einheimifer Yet und Kunſt verband.“ — Wie die
Guallier hereingekommen (mas auch. ſchon bey der. Maced. Cu
Joh. v. Muͤller Vier und zwanzig Guͤcher allg. Gefchichten. 201
fhichte, IV. ©. 15. Cap., berührt worden,) und die Übrigen
Kriege diefer Periode erzählt das 4. Eap., hin und wieder
auch die Gleichzeitigkeit mie Griechiſchen Geſchichten berührend ;
namentlich wird bemerkt, was wohl gefchehen feun würde,
wenn Ateranders Phalanx gegen den Befleger Samniums fi
verfucht Hätte, S. Sıı, und wie Pyrrhus mit wenig Gluͤck
an jenes Stelle trat, Eap. 5. Nach der Bezwingung Staliens
zeigt das 6. Cap. die innere Verfaffung der Stadt, Geſchichte
dee XII Tafeln, und das 7. Cap. Roms Verfaſſung übers
haupt. Ihre Vorzüge: genaue Abwägung und Verhältniß der
Sewalten. Im Conſulat die Würde und Kraft ber Monarchie;
die Ariſtokratie im Senat, in der Gemeinde die Demofratie;
400 Jahre nicht mißbraucht bis zum Aflatifhen Sietenverderbs
nid. Senat und Volk, wie Vater und Kinder. Jenes allein
das bleibende Collegium, alle andere Staatsſtellen vorüberges
bend. In der Noch immer am größten, zeigten die Römer
alle Kraft eines Volks und die Behendigkeit einer concens
trirten Gewalt. — Noch ein ausführliches Tapitek If dem
Mikttairweien gewidmet, für Nom fo charakteriſtiſch, wie für
England das Seeweſen. Einrichtung der Heere: WBergleihung
ber Legion: mit der Phalanr, die Taktik. In Betreff des
cuneus wird Kaiſer Leo’s VI. Beſchreibung berichtige. (Es
durfte bengefügt werden, daß dieſe Art Schlachtordnung im
ganzen Norden gefunden wird.) Es find auch Eap. 9 noch
be ontes-die fpätern Schriftſteller vom Roͤmiſchen Kriegsweſen
bis auf Q. Icilius und Algarotti, Friedrich's II. Freunde, |
aufgezählt: Kein Volk Hat Rom fe nachgeahmt, oder erreicht;
ed gehörten dazu, Roͤmiſche Sitten, Cap. 10. Die Darftellung
von dieſen if :mehr als irgend eine aus der Fülle der Alten,
und eben Daher keines Auszugs fähig. - Vom 11. Eap. an die
answärtigen Kriege, welche die Weltherrſchaft begründet. Karı
thago, fchon im Verfall der Sitten, Miethtruppen bedürfend,
batte doch Hamilkar, Hasdrubal, Hannibal. Der Anlaß, aus
denen die. Römer das Cisalpiniſche Sallien erobern, ©. 249,
MR nicht gefagt. - Nach dem zweyten Puniſchen „Kriege der
/
202 Job. o. Dlüßer Vier nad mwannig Bücher allg. Geſchichten.
©taatsfehler des Maceboniichen Königs, daß er Karthago. nicht
bengeſtanden, Cap. 15. Wach aber wollte Rom lieber Königs
veiche geben, als beherrfchen, zur Zeit des Siegs über Antio⸗
Aus und Perfeus, Cap. 15. Dazwiichen der Ausgang Sci⸗
pio's und Hannibal's, Cap. 14. Beym dritten Punifchen
Krieg, Cap. 16, der alte Cato; Karthago’s Ball in wenigen
Zügen ſchauderhaft; ; der gleichzeitige von Korinth, Cap. 17.
Mad dem Achälfchen die Spanischen Kriege, Tap. 18, welche
wehr als irgend ein Land, in kriegerischen Anſtrengungen übten.
Die Srachen, Eap. 19. Seit dem. Heimfall von Kieinaflen
Anfang der Innern Verderbniffe. „Die Weltherrſcherin Rom, vom
Blut der Nationen trunken, fing an, in ihre Eingeweide zu
wuͤthen.“ — Nordiſche Kriege; die Cimbern, Cap. 20. Mi
thridates großer Plan, Cap. 22. Im aa. Eap. die gleichzeitis
gen Innern Unruhen. Beym Aufſtand aller Italieniſchen Städte
gegen Rom zugleich Die Nachricht der Ermordung. von Bo,000
Römern in Kieinafien, und der Bewegung des Pontiſchen
Königs und des ganzen Norden. Schwer ift, auch nur die
größten, Zäge in den folgenden Eapiteln (aa —30) auszuzeich⸗
nen. Marius, im Kerker von Minturnum, zu dem bewaffue
ten Eimber, der ihn toͤdten follte: „Wer bil du, o Menſche!
©. 281. Dann feine und des Oulla Schreckensſcenen, nad
welchen der Ichtere den Zunamen des Gluͤcklichen nahm. —
- Dompejus mir Caͤſar verglichen, erinnert an bes Werfaflers
fräbere Aeußerung (Briefe an Bonſtetten:), „ich fühle, daß
Caͤſar noch Helvetien überwinden“; doch ift auch, des erſtern
Größe im Ungluͤck fo beſchrieben, daß man glaubt, wie Caͤſar
benm Aublick feines: Hauptes weinen Eonnte*, S. 3:3. —
„Wenn Cicero nah der Befreyung Noms von Catilina den
Muſen gelebt hätte mit feinem Atticns, fo muͤrde mancher ſchwache
Bug feiner ſchoͤnen Seele nicht erichimen fun‘; &. eo. —
„Mit mehr Nachgiebigfeit wärde Ca to vieleicht. feinem Va—
serlande müslicher geweien ſeyn, wenn er Caͤſar uͤberlebt hätte;
ober ein Cato warde der Seſchichte der Menſchheit fehlen.“
©. 997, 316. (Dan muß die lezte Osite ganp lefen.) —
>
Joh. v. Muͤller Bier und zwanzig Bücher allg. Gefchichten. 203
„Wenn Caͤſars große Seele alles ſehen konnte, was nad ihm
geſchah, ob er fi felbft anflagen mäßte“? &. 320. — Diefes
VI Bud, ſchließt mie der Bereinigung aller Macht in Einem,
„der die Roͤmer funfjig Jahre um ihre Republik betrog“,
©. 327.
Die Aufichrift des VII. Bus: das Romiſche Reich unter
Kaifern , fo lang die Formen der Republik blieben, wisd durch
die Bemerkung ©. 335 gerechtfertigt, daß die neue Monarchie
bie Srundfäge der Monarchie nie eigentlich aufnahm , wie denn
‚ou; beym völigen Verfall des Geiles und der Sitten der
Republik nichts war, was das planlofe Wert vom Zufams
menfturg abhielt. Erſt unter Diocletian, heißt es ©. 362,
wurde die Form der Verwaltung wefentlich geändert, daher
mit dieſem das VII. Buch endigt. (Sollte aber nicht ſchon
die Abſchaffung der Tomitien unter Tiberins, unter welchem
die Romiſche Geſchichte bereits „traurig" zu. werden anfängt,
als der erſte Schritt zu jenen Veraͤnderungen zu betrachten
ſeyn?) Diefes Buch beſchaͤftigt fih hauptſaͤchlich mit der
Charafteriftit der Kaifer (da auch die Staatsverwaltung größs
tencheils mit ihren individuellen Cigenfchaften zufammentrifft)
Dreyerley Perioden , alte Kraft in auswärtigen Kriegen, innere
Darteyungen in offenem Ausbrud , und hinterliftige Grauſam⸗
keiten fehen wir wechfelsweife ih wiederholen, nad der Ber
ſchaffenheit des an dee Spige fichenden. Nah Nero bes
reits Buͤrgerkriege. Unter den Flaviern beffere Zeiten, ale je;
Uebergang des Stoicismus in das Öffentliche Leben ( jedoch
nicht ganz ohne nachtheiligen Einfluß, versl. S. 351). Da
fhienen die Kaifer nur ‚die beflen und. weileflen Bürger zu
feyn. Nah ihnen Verwirrung, befchleunigt, umter eben fo .
ſchnell wechſelnden Kaiſern.
Zu dieſer Charakteriſtik (wovon wir einige Züge (don im
T. Theil der Schweizergefchichte lafen) gibt das VIII. Bud
eine "Schilderung des alten Röimifhen Reis,
bes Anfangs der Völkerwanderung and verfhies
denen Innern Veränderungen. In Ruͤckſicht des er⸗
/
N
204 ob. v. Müller Bier und zwanzig Bücher allg. Geſchichten.
fern braucht der Verf., wie überall, mo etwas Beftehendes zu
üderfehen iſt, die Methode einer in die Runde gehenden Bu
ſchreibung; fängt hier an bey Afrika und den Veraͤnderungen
dieſes Welttheils unter den Roͤmern; geht herauf nach Syrien
und SKleinafien, vdeffen großen und herrlichen Städten, und
tommt, nah allgemeiner Vergleihung des Süden und des
Drients (Tap. 4), auf das NRömifche Europa vor dem Zerfall,
Eap. 5. „Ein herrlicheres Neich hatte nie geblüht, — es war ein
Harter Schlag für die Menfchheit, als es fiel, ja wohl, da es
errichtet, und über fo viele Millionen die. hoͤchſte Gewalt Einem
Sterblichen anvertraut wurdes! &. 384. „Stalien, fagt w
vorher bey der Durhmwanderung der einzelnen Staaten, „dei
Sieg des Weltreihs nach Virgil und Plinins zu loben, wäre
eine unndthige Kühnhelt“, (&. 577). „Wie groß und ſchoͤn
war alles unter Trajan“! — Nun von den barbarifchen Läns
dern im Morben überhaupt, Cap. 6, und von Deutfchland
Befonders, Cap. 7, nicht allein nach den Nömifhen Quellen,
über die hier noch eine nähere Kritik vorausgeht (als oben im
V. Bud), fondern nad der vertrauteften Bekanntſchaft, auch
mit den fpätern Belegen aus dem Innern der Nation. Oben
in der Geſchichte Edfars möchte man. vermiffen, daB beym
Sallifhen Krieg zu wenig von den Germanen gemeldes wird,
und bey der Pharfaliihen Schlacht, mo bekanntlich folche
Soͤldner entfhieden, nichts, wie dieſe in Eäfarg Heer gekom⸗
men? Hier iſt num alles in feinem Zufammenhange. Wehr
reres aus der Deutihen Kriegsgefchichte, Cap. 8, Tann zur
Erläuterung des VII. Buchs dienen. Gteich tiefe Aufichläffe,
wie das 7. Cap. von den Deutfhen, gibt das g. von ber
Herkunft der Gothen bis gu iheer Erfcheinung an der Roͤmi⸗
fhen Graͤnze. „Diefe Voͤlker find es, die in wenigen Jahr
Hunderten der halben Welt eine andere Beftatt gaben“. &. 384.
Die bereits beruͤhrten Veränderungen in der Roͤmiſchen Ber
"faffung haben ihren Grund in ber von biefer Seite entflande.
nen Gefahr. Mitregenten, Cäfarn, gerheitte Gewalt follten die
Behauptung erleichtern; verurſachen aber bald noch groͤßere
‘
Job. v. Muͤller Vier und zwanzig Bücher allg. Gefthichten. 205
Verwirrungen. Eonftantin’s Uebergang zum Chriſtenthum gibt
Anlaß, die Religionsgefhichte, im IX, Buch (als
Epifode) zu geben. Ungeachtet dieſes Städ, nad) der Wors
rede, zuerf eine neue Umarbeitung erhalten follte (der Ent⸗
wurf dazu ſey verloren gegangen), fo geficht doch Diec., daß
fhon die Hier. vorgelegten Anſichten, nebft der Darfiellung, in
ihrer Art ihn befonders angegogen haben. ‘ Leber Moſes 3. ©.
hat er nie etwas Schöneres gelefen: aber der Kaum gebietet
immer mehr Verkürzung diefer Anzeige. Wir bemerken nur,
daß ber Verf. für eine genffenbarte Urreligten ik, oder füs
„dem Alteften Menſchengeſchlechte vom Schöpfer eingegebene
Wahrheiten“, die, nach vielfältiger Entßellung, von Moſes
und Jeſus besichtigt wurden. Ferner, daß er die Bücher
Mofis nah ihrem Inhalt, wenn auch nicht nach ihrer Form,
für echt hielt, und eben fo die ewangelifhe Geſchichte, wenige
fiens nach ihren wefentlichen Theilen, für. hiſtoriſch wahr, auch
die Himmelfahrt, wiewehl er ſich nicht weiter darauf einläßt.
Zu ben vortrefflichfien Stellen gehört das Bild, . in welchem
Jeſu's Ankunft befchriehen if, S. 457 fe Das chriſtliche Re⸗
ligionsſyſtem möchte wohl einigen zu einfach fcheinen; im Grund
kann aber nicht mehr gefagt werden, als S. 460. Eublid
leitet der Verf. die erfien Veranſtaltungen des Chriſtenthums
ans einem hödft felten auf unſern Welttheil einwirkenden Lande,
aus dem Außerfien Aflen her; Gnoſticismus, ©. 463. |
Das X. Buch nimmt den Faden des VIII. wieder auf,
fhlldere in den vier erfien Kapiteln die weitern Kaifer bis
Valens, im fünften den Verfall des Reichs. Nahdem der
Conſtantinopolitaniſche Hof angefangen, ſich zu orientalifiren,
entihtwand auch dem Heer der militairifche Geiſt; das größte
Uebel aber war die Öffentliche Immoralitaͤt und Bedruͤckung.
Unter dee Auffchrift: die Hunnen, Cap. G, ift gezeigt, wie .
ein in Eina ſchon zur Zeit der erften Caſcen gefoͤhrter Krieg
Veraulaffung zum Untergang des abendländifchen Reichs wurde;
zugleich find bie Reſultate Aller Unterſuchungen über die Hun⸗
niſche Geſchichte Hier zufammengebränge. Als erſte Folge des
206 Joh. v. Waller Vier uud zwanuig Bücher alle. Gefehichten,
Hunniſchen Stoßes die Gothen im Nömifchen Reich, Cap. 7.
Sin den zwey folgenden Capiteln Hält fih der Verf. noch an
die Kaiſernamen von Theodoflus bis Walentistan IEL, um in
dem von allen Selten gegen Rom und feine Provinzen herein:
brechenden Gewuͤhl einen Leitfaden zu haben, wiewohl auch
ein Capitel die Auffchrift Attila verdient hätte. Zu den ex
habenften Darkellungen gehört namentlich die Schlacht bey
Chalons, Anita’s Anrede, und am Schluß des 9. Edp. fein
Ende, und feib feine geheime Beſtattung; „alle Arbeiter am
Grabe Cin der Nacht) wurden nusgebracht, auf daß kein Sterb⸗
licher verrathe, wo ber Hunnenheld ruhe.“ (Der Weſtgothe
Alarich wurde unter einem zupor abgegrabenen Fluß bey⸗
gefeßt, „auf Daß nicht Romiſcher Betz ihn Abeee, ©. Sao).
Das legte Capitel beſchreibt den Untergang bes. abenbihnbifien
Kaiſerthums. Im Uchergang auf die folgende Periohe fast
bie Schlußbemerkung: „das Geſchaͤft der: Berhichtfchreibung
wird traurig nah dem Untergang dee Freyheit Roms: Eabis
nete verbergen die Triebfedern der Geſchaͤſte; Aber Prinatvori
theil vergeffen die Schriftfichier das gemeine Weſen, usb. über
haupt if} bey wenigen Voͤlkern und Regierungen. Man bemerk
ih, Hauptgegenſtand bleibt bie Verhaltniß der Mat
verfhiedener Staaten, und das, worauf dieſelbe bes
ruht, darunter auch ber Charakter ber Nationen (wo einer
esiftire).“
Sm XI Bud (Anfang des 2. Bandes) dient wa vr
alte Umfang des Nömifchen Neichs zur Grundlage wenigſtens
negativer Einheit. Was andere das Germauiſche Zeitalter
nennen, oder auch das Ende der Voͤlkerwanderung, heiße Hier:
allmälige Einrichtung der barbarifchen Voͤller Aber bes Truͤm⸗
mern des abendländifhen Kaiferthums. Es werben demnach
aufgezaͤhtt die Oſtgothen und Langobarden in Italien, das
Neich Burgundien, die Alemannen, das Reich ber Franken,
die Weſtgothen in Spanien, die Angellachfen in Grisanuie,
in eben fo vielen Capiteln, jedoch fo, daß bey dieſer, wie dep
den folgenden ethnographiſchen Darſtellungen immer die allge⸗
\
ob. v. Muͤller Bier und zwantig Buͤcher allg Geſchichten. 267
meinen, oder mehrern zugleich betreffenden Verhaͤltniſſe im
Ange behalten werden‘ Hier iſt noch befonders gezeigt, wie bie
Altgermaniiche Verfaſſung, bey jedem diefer Völker unter eiges
nen Deodiftcationen, geblieben. (Nur ſcheint uns Allodium
nit von Loos herzutommen, IL. ©. 19, fondern von dem
olten Wort Odel, freyes Erbgut, woher auch die Adelihen
(nicht von bloß perſoͤnlichen Vorzuͤgen, vergl. I. ©. 390) ihre
Benennung haben. Vom übrigen mitternädtlihen Lande ift
gut geſagt, &. 40, „es leuchte nur einige Helle nach und nach
hervor, nicht wie von Gonnenlicht, Tondern wie Nordſchein.“
Zulegt Sommt der Verf. auf Eonftantinopel, Cap. B, oder die
Ueberreſte des Nomiſchen Reichs. Diefe Ordnung iſt im Gan⸗
zen auch in ben naͤchſtfolgenden Baͤchern befolgt. Hingegen
fielle ſich noch ein neuer, ſelbſtſtaͤndiger Theil der allgemeinen
Geſchichte der Germanifhen Völker gegenüber, dr Mus
bammedanismus und das Chalifat. Den Urfprung
von jenem, die Errichtung von diefem, und wie die dadurch
bewirkte Revolution die größere Hälfte der alten Weit umfaßte,
zu zeigen, gehe die Geſchichte im Anfange des XII. Buchs
abermals nad Aſien zurüd, Wenn der Verf. Arabien bes
ſchreibt, Cap. ı , fühlen wie uns eben fo umter jenen Simmel
verfeßt, wie zuvor unter den Sriechifchen und Italieniſchen,
oder ſelbſt auch bey den Hiognu unter den ihrigen. — Der
Islam, nicht eine neue Lehre, nur eine der Vorftelungen und .
Deigungen der Morgenlaͤnder angemefiene Ausmalung der
Lehre, die fo alt iſt, als die Welt, Cap. 2, und doch iſt niche
einmal ausgemacht, ob der große Prophet lefen und fehreiben
konnte, vergl. S. 67. — ‚Chalid ſchonte auch die Chriften,
nur nicht die Mönche" „das gefcherne Satansgeſchlechte“; &.60,
Bey der Ausbreitung des Arabifchen Reihe, Cap. 3—7,
werden etwas unbequem die Araber in Hinduſtan, Cap. 6,
zwiſchen die in Spanien umd Frankreich, Cap. 5, 7. vergl. 11,
gefeht. Hingegen vor dem Zufammentreffen von Abdorrahman
und Earl Marteli bey Poitiers wird mit Bleche erft die Lage
und Verfaſſung ber germaniſchen Volker nach ber bereit) be⸗
205 Joh. v. Müller Vier und zwanzig Bücher allg. Seſchichten.
merkten Ordnung beſchrieben. „Das Chriſtenihum und ber
Islam wurden zur ſelbigen Zeit durch die gleichen Mittel anti |
gebreitet.“ ©. „3.
Bon felbkt "ergibt fi nun, im XIII. Sud, daß die Se
fhichte, wie die Welt, getheilt ift unter Carl dem Großen
und Harun al Rafhid. (Oder Norden und Süden, wie
zuvor das Abends und Morgenländifhe Reich.) Die feht
erften Capitel zeigen, umgekehrt gegen das vorhergehende Bud,
zuerſt die Ansbreitung des Fränkifchen Reichs in Beziehung
‘auf Iralien, wo unter vortrefflichen Paͤpſten ein neuer, frever
Mittelpunct anfing, und die Herſtellung der Kaiſerwuͤrde, nebſt
der Verfaſſuug des Reiche. Auf die naͤmliche Are folgt vom
7. Cap. die Ausbreitung der Araber im Mittelmeer und im
Oſten, wo der Türkenname nun bekannt wird; -und nad
der Schilderung des Arabifhen Reichs, der Wiſſenſchaften uud
Kuͤnſte unter Haruns Enkeln, yugleich eine hoͤchſt ſcharffinnige
Vergleichung der Arabiſchen und Fraͤnkiſch⸗Deutſchen Kultur.
(700 Jahre vor den Franzoſen hatten die Araber ſchon Poſter.)
- England, unter Egbert, Carls Schuͤler, vereinigt, in den Wiffen
fhafzen noch über Frankreich, fleht polarifch dem erfchlafften Con
ftantinopel am Schluffe des Buchs gegenäser. Um fo ſchwieriger
wird aber die Darſtellung der allgemeinen Geſchichte nach dem Zer
fall der großen Reiche, nach dem eigenen Geſtaͤndniſſe des Verf.,
©: 124.. Das XII. Buch kann ſich jedoch noch einigermaßen
an die alte Form halten, indem (mie zuvor bey der. Romiſchen
Geſchichte), die in dem Umfang der alten Reiche entflandenen
fleine Staaten aufgezählt werden. Zuerft die. verſchiedenen
Stämme und Häufer, in welche das Arabifhe Reich ſich aufı
‚ gelöst, nachdem voraus die allgemeinen Urfachen davon. (ſchwache
Regenten und befonders Die Statthalterſchaften), genannt ſind,
Cap. 1 — 10. Die Bemerkung dringt ſich auf, daß, wie im
Roͤmiſchen Reich fremde Milizen, Germanen, fo hier Tuͤrken
zum letzten Stuͤtzpunct dienen; und die Bergleichund mit der
Fraͤnkiſchen Dynaſtie zeigt das nach härtere Joch der Taͤrkiſchen
Minifter und Oberften der keibwaqhe, als das der Fraͤnkiſchen
Großhofmeiſter, S. 128.
tDie Fortſetimg folgt.)
v ‚ . «.
«tt
- N ⸗-
%
No. 14. Heidelbergifäe 1811:
Jahrbuͤcher der Literatur
mare rar terra garrat —e
t v
Bier und zwanzig Bücher Allgemeiner Gefchichten befonders ber Euro⸗
päiſchen Menſchheit. Durch Fohannes vonMüller. Statsua
cuique dies, Virgil. 1797. Herausgegeben nach des Verfaffers
Tode durch deſſen Bruder, Johann Georg Müller. ri
( veriſerude der in No. 13. abgebrochenen Recenſivn. >
yon Periode geht, da bie entfernten Staaten zuerft abfal⸗
len, Bis auf die Entſtehung wener chriſftlicher Reiche und Hel⸗
der in Spauien, und bie. grauſame Einnahme von Syrakus
durch die Araber. Vom :ı3. Cap. an, bie Theilungen im
—— Reich und die neu aufgekommenen Maͤchte. Den
Berän (der gewöhnlih, aber unrichtig,. nis Ans
* des Deutichen Reichs angeſehen wird) betrachtet der
Verf., Wegen des dadurch entflandenen Lotharingifchen Reiches,
als den. Schläffel eines großen Theilg der Geſchichte einer bis
jest (1783) noch unentſchiedenen Folge von Kriegen zwiſchen
den Deutſchen und Franzoſen, S 142. — Bey der Erihäß
terung der Fraͤnkiſchen Reiche find. die Hungarn (ein feems,
des Voß, Ausländer), die Normanngen und Wenden:
Siangn, was die Araber im. Süden waren. Bas find
die zeisch Heinrichs J., der Karls des Soßen für wilde Völker -
einig tanglihen Plan -erneustte, Cap. 17 ff Die Macht war.
(den da, als Otto die Baiferliche Krone dem Throne der Deutr .
{hen ausſchlleßtich erwarb, Cap. 20. In Frankreich Erbmo⸗
narchie, Urbergang der alten Nationalherrſchaft in Territorial⸗
herrlichkeit, doch auch nicht nach einem feſten Plang „denn,
fo demuͤchigend iſt für die Politik alle Geſchichte, das Großte
führen die Umſtaͤnde herbey?, ©. 166. — Nachdem Carls
des Großen Geſchlecht, wie das Haus Ehlodwigs, ohne Nies
solution ‚"unbanwskt, nicht durch Bytanny, „[oRdeH Dusch
⸗ 14
210. Joh. v. Muͤller Vier und zwangzig Bücher allg. Seſchichten.
Schwaͤche untergegangen, ziehen die großen Vaſallen in Deutſch⸗
wäre ); bey" Rußland erſcheint Wladimir, der Cyar
ſqhrei⸗er⸗ Cap. ‚29 Conſtantinopel, in feiner: *
= . * &0, Griechiſche Peingeffinnen auf dan —* el
Auffiſchen Thron. Ungeachtet am Schluffe dieſes V
* der Schirmvogtey üser. Nom, ausgtzeichnet wird, mb Deuiſche
land and im folgegpen geiiffemafn ‚tee. -Mittcipunet . dei
‚ liche vermeidend), fondern er ſtellt das potuuſat aber
land und. Frankreich die Aufmerkſamktit auf Ach“; — „man
fleht, wie bey aufgehender. Mprgenräthe von einer Alpenfpige
zuerſt das niedrigere Gebirg, dann Gen, Burgen, Dtaͤdte,
Huͤgel und Ebenen, ſo im ei Yen Jahrhundert erſtẽ hroße Re
gentengeſchlechter, bald, einzelne Herten und Ritzer, . endlich
den aus der leibeigenen Menge ſich erhebenden Barger ®.
168, — Von den Niederlanden und Engiand ſchreitet die Be⸗
| trachtung fort auf den Norden; bemerkt bey Island, Eap. 3,
- die Eutſtehung der Edda (mir Härten gewuͤnſcht, daß in
dieſer, oder der folgenden Periobe, -Sep- den Hohenfapfen,
au etwas vom Nibelungenlied, dbefſen gegenwaͤrtige
Wiedererweckung hauptſaͤchlich dem Verf. gu: danken an AL
zehnten Jahrhunderts (es fühlief umter fee
Bannte.nur hölzerne Geraͤthe), und Neſtor, der
a |
Deutſche Meich. als der größte der chriſtlichen Staaken, —
Europaͤiſchen Geſchichte. au bey dem Verf. Hehe, Sm feige
doch währt dieſer, als Hauptidee (alles Weltmonarch
m
gewicht der Paͤpſte an die Spitze, und bag.Im
ald Gegengewicht, in. den Hintergrund. Das XV.
öffnen daher die Scene mit den Normannen in Staften.,. u
der unabhängig gewordenen Papſtwahl, ‚Kap: ,% rege
großer Mlan und Heinrich IV. ‚Aber Urban IT, dach
nicht, „daß eben das Wättel, daß feine Macht Aber Zion au
breiten folte, fie zu Rom -erniedeigen: würde“ (Die Lım
zuͤge ſelbſt kommen ſedach erſt ‚weiter unten vorz) „Zu de
owen Vewegungen umser. am Hehenheuſen um, Bela;
Joh. v. Müller. Vier und zwanzig Bücher allg. Geſchichten. | 244
Gap. 3, folgt im vierten die Verfafung des Deutſchen Neichd,
wie zuvor die der päpfitichen Macht, Ueber dem 5. Eap. fichte
dee Näme Friedrich Barbaroffa:; „ſeit Heinrich I. der größte
Kaifer: res war Aber die. Forinen, aber er ehrte Me“, ©.
20B. EHE feine Regterung” ganz -gefdilbert werden tank,
wird eine. Aeberſicht der. Abrigen Roeiche und Staaten gegeben.
In Frankreich Abt Suger; neuer Grund- zur Entwicdlung der
Natlon und Befeſtigung der koniglichen Macht, Cap. 6. In
England Veraͤnderung der alten Verfaſſung durch Normanniſche
Lehengeſetze und Sotdaten, Brabanzonen und Nottierer (ſie
verhielten ſich, wie Sulla's Soldaten zu den alten Republika⸗
ven, © 214). Die nordiſchen Voͤller, mehr durch ihre Er
ebertzugen beruhmt, als in fi ſelbſt, Cap. 8. Wodans Ge⸗
02 72 die - Schwediſchen Herakliden, erloſchen; Moskau's
Entſtihc Vergleichung der Byzantinermit den Abendläns
ie Ebroftßellern, Cap. 9. Otto, Biſchoff von Freyſingen,
Sieht vor, ©; ↄ201 u. 500. Nah dem Ueberblick
Srruggäge bis auf Friedrich I., Cap. 11. (Haͤtte aber nicht
dafe Sefammeunternehiunng der Euiropker,, bie einzige in diefer -
Heriode, als eigentliche Reaction des chriſtlichen Weſtens gegen
den Orlent als eigene Epoche ausgezeichnet zu werden verdient,
und als Begeuſtuͤck u Per meſticch en Amſbreitung der Araber?
— Hier iſt ſte nunmit der Geſchichte des leidenden Theilsin
Zuſammenhang gebracht; worauf. auch Die. Beſchretbung der
uͤbrigen Mahammedaniſchen Staaten in Afrika, Spanien,“
Portugau fortgeſetzt wird, jedoch ſo, daß das Endreſultat, „die
alternbe Macht der Chalifen der Aufloͤſung nahe; der Papſt
voſlſer Kraft neuer Gewalt“, die Hauptidee auch für das
XVE Buch wieder voranſtellt. Es folgen nun die Veraͤnde⸗
tungen in Deuntſchland, welche Heinrichs des Löwen, Ar;
unter Friedrich I. nad ſich zog, Ev. 1 — 6. Deutſche Erb⸗
fuͤrſtenthuͤmer "(aus den alten. Nationalherzogthuͤmern hervor—
gegangen). neb den Hauptmomenten jedes Hauſes. Wien -
And Bett, w gleicher a gegruͤndet, © 239. — Wie au
— medaniſchen Reiche, Cap. 10, folgen die erſten “
a
U
&
212 ob. v. Müller Bier nnd zwanzig Bücher allg. Geſchichten.
Fun al Rafchid und Eärl der Große, fo ſtehen Hier Salaheddin
‘und Friedrich I. einander gegenüber. Kreuzzug, Cap. 7. Den:
pel und Sicillen zum Kohenftaufifchen Haus, Cap. 8. Papfl |
Innocentius III., feine Vekdienſte, beſonders mm den jungen
Frtedrich II., Gap. 9. Conſtantinopel von den Kreuzfahrern
erobert, Cap. 10. Kaiſer Friedrich II., „an Heldenſinn den |
alten Caͤſarn gleich, an Aufklaͤrung den meiſten überlegen“, |
Cap. zı. Gregor IX., im fünfundachtziaften Jahre Papſt,
bekämpft ihn vierzehn Jahre lang. Interregnum, Cap. ı2.
(Es iſt gu wundern, daß der Verf. beym Rheiniſchen Städte
bund nicht der gleichzeitigen erften Verbindung Schweizeriſcher
Dete gedenft.) Bon der Erhebung Böhelme unter Przemysi
Ottokar Handelt das 13. Cap., ehe der Untergang ber Hohen
j Kaufen befchrieben wird, Cap. 14. „Ob nicht Ber Slthatten
ber von Heinrich VI. hingerichteten Normannen eine ſolche
Mache fodertes7 Der weitere Theil dieſes Buchs umfaßt bie
übrigen Völker derſelben Periode. Der Hungarne Civitiſation,
Kap. 15. Die Tataren oder Mungalen von ihrer Enkſtehung
bis zur Erfcheinung an der Gränze der Chriſtenheit, Eap. 16
(gleichzeitig mit Kaiſer Friedrichs großem Kampf in Italien.)
Nah dem Sturz des Ehalifats zu Bagdad ſchrecken fie noch
einmal die Chriftenheit am Mittelländifhen Meer. Durch
Ludwigs IX. Kreuzzug kommt das 18. Cap. auf die Mams
Inden, auch von den Drufen eine kurze Epifode; dann auf die
LZranzöffhe Monarchie und den Charakter diefes Königs, „in
feiner Sitteneinfalt fo liebenswärdig, wenn er nad) der Meſſe
auf dem Raſen unter- einer Eiche des Waldes bey Wihcennes
jedem Franjofen Gehör und Gericht gab; — diefer, durch feine
Gottſeligkeit fo verehrungswärdige König, deſſen gerechtem Ur⸗
theil auswaͤrtige Fuͤrſten unverduͤchtig ihre Haͤndel unterwarfen,
de in feinem Rath Sprüche der Weisheit redete, und unter
feinem Rolf“ wie Vater und Hirte erfihlen, gab Geſetze
(Etablissemens ), deren Webertretung eine Sunde fcyten“, !
Cap. 20. — Die Kreuzzuͤge gegen Tunis, ap. @ı, zugleich |
gie Lage von Benefit („diefe- woreer hatten anoaenulver
Joh. v. Müller Bier und zwanzig Buͤcher allg. Geſchichten. 213
lang vor une“, ©. 285). Die Verfaſſung in Spanien, Por⸗
tugall und Caflilien nad Befiegung der Araber, Cap. oa, 25,
Die „Fortfchritte der Franzoͤſiſchen Monarchie" (von Philipp
Auguf an), im 24. Cap., könnten auch Kinleitung zum 2o.
Cap. ſeyn, fliehen aber Hier als Gegenjas von der Engliſchen
Sreyheit, Cap. 25. Vom 26. Cap. folgt der Staatenuͤberblick
dee nördlichen Küfte bis Rußland, und fließt wieder mit Con⸗
ſtantinopel und. allgemeinen -Wetrachtungen Aber die Literatur.
XVII. Bud. Uebergang vom Mittelalter; fährt
fort bey Deutſchland mit den im vorigen Bud, über das In—⸗
terregnum, Cap. 12, gemachten Bemerkungen; „principes
nihil de republica agebant, sed sua quisque stabiliebat”,
Annal, "Hildesheim. ad a. 1265. — Rudolfs I. Verdienfte
um das Reich und fein Haus, Cap. 2, Rec. ſtimmt ganz
damit Äberein, nur ift zu bemerken, daß die Kaſtvogtey Ges
fingen nicht unter Rudolf, S. 510, fondern unter Kaifer
Albregt J. erworben wurde (Tſchudi Eidg. Geſch. S. 225),
— Da Heinrich VII., der erſte nach den Hohenſtaufen, wieder-
in Stalien erfcheint (für Habsburg war fein Haus, was ſpaͤter
Preußen) ; fo wird die Lage der Ztalienifhen Staaten feit dem |
Untergange der Hohenſtaufen vorausgefchieft, von Neapel aufs
wärs bis Savoyen, Cap. 5—ı1. Als Heinrich bey Saje
aus dem Gebirge Fam, und das herrliche Land fah, entfielen
ihm Thränen bey dem Gedanken fein Parteyungen, &. 352, -
Ueber feine Todesart wird nicht näher entſchieden. Bom
12. Cop. an Fortſetzung der Kaifergeiichichte bis zur Wieder⸗
aufnahme des Defterreihifchen Haufes. Von Wenceslaf mird
Cap. 14 gefagt, er feye unter ſehr [hlehtem Vorwand
de6 Reihe entſetzt worden, ©. 535. Der ganze Charakter
ſcheint uns gu guͤnſtig geſchildert. Das 47. Cap. führt wieder
nach alien, in derſelben Ordnung, nme noch ausführlicher, alg
In der vorhergehenden Periode. Die Däpfe, Cap. 18, (nicht
mehr der Papſt) und die Eoncilien, Cap. 19, Bey Zloreng,
ben Krvohyrionen unter den Medicis, fand die Literatur des
Belalsse' einen lalenas⸗ Plat, dabey auch die Anfänge der
»
214 Koh. v. Müller Vier und zwanzig Bücher allg. Befchichten.
Buch druckerkunſt in Deutſchland, Cap. 20 — da. Venedigs
Fünfttiches Staatsgebaͤnde, obgleich nicht auf einmal entſtanden,
wird hier vortrefflich bis ins Kleinſte gezeichnet, weil größere
Europäiihe Staatsintereſſen noch nicht hindern, von der innern
Adierung einer ejnigen Republik zu reden, ©. 371 — 382.
So auch nad Genua die Einrichtung von Raguſa, Cap. 25.
Kon Savoyen uebergang auf die Schweiz: „Tell und die drey
Maͤnner in Ruͤtit, nicht der Anfang der Freyheit, nur ein
nv Factum zur Behauptung viel aͤlterer Rechte.“ Die angräns
gende‘ Geſchichte des. Kraufes Defterreich (das Zufammentreffen
„feiner Linien), Cap. 29. führt weiter auf Eheim, wo Carls IV.
fhon im 13. Cap. berührten Verdienfte ausführlicher wiederhott
"werden; unter Sigmund Huſſens Tod (deffen aud Gen der
Geſchichte der Concilien, Cap. ı9, hätte gedacht werden koͤn⸗—
nen); bier aber im Zufammenhang mit den übrigen durd
Sigmunds „niedriges Macdigeben“ entfianderfen Unfällen, Cap.
30, endlich die uͤbrigen Deutfchen Fürftenhäufer, Cap. a—-34,
mit der Schlußbemerkung, daß Aberali große Vafallen das
Uebergewicht erhielten, ale Mittelmacht. Hierauf die Wander
tung durch Europa, von Spanien angefangen, nach den vors
gekommenen Veränderungen am Schluſſe des Mittelalters; bes
fonders ausführlich iſt die Franzöfifhe und Englifhe Conſtitu⸗
tion, Cap. 37, 39, fortgefegt, und gezeigt, wie Parteyenwurh
zuerft dort, dann hier , das Öffentliche Wohl gebrochen; bey
jenem Land Burgund als bedeutender Zwifchenftaat, Cap. 18,
bey diefem treten Scotlands Helden aus dem Nebel hervor,
Eap. 40. In Scandinavien Ehrifttan, König der Dänen,
aus dem Haufe Oldenburg, „das für eine Haupteroberung
hielt, an feinen heimatlihen Ufern den Wellen ein Stück Lanı |
des abzugewinnen, und nun (17835) von den Kolländifchen
bis an die Sineflfhe Graͤnze herrfcht“, S. 455. — Ausſterben
der Piaften (tin Polen) und der Arpads (in Ungarn), Cap.
42, 435. Der Türken Herkunft und ihr Vorbringen in Europa,
bis nach der, duch Wetteifer der Ftanzoſen unglücklichen
Schlacht bey Nicopolis, Europa - der Osmaniſchen Macht nichts
Ä
|
j
ob, u. Müller Bier und zwanzig Bücher allg. Geſchichten. 215
mehr .entgegenzufegen hat, Cap. 44. Dagegen die Mogolen
untee Timur, . der zuerſt in Aſien die Areifferie brauchte, den
Griechtſchen Kaiſer gegen Bajeffid vetten, durch Sprengung
der goldenen Horde dem Czar Iwan zu Herſtellung der Ruſ⸗
ſiſchen Unabhangigkeit Gelegenheit ‘geben, .die Mamlucken. in
Aeghpten ſchlagen, und ein Herr nach Sind ſchicken, Cap. a5.
Eingeſchaltet find bie Zortfchritte der Türken bis zum Fall Cons-
ſtantinopels, J. 1453, Cap. 46. Der Berhtuß: aber made
die durch Timur (T 1406) angefangene Eroberung von Dis u
dien, als Gegenſtuͤck zur Landung der Portugiefen, einer vor TUR
denjemigen een, welche Die. neuere
Drönung der
genfland des XVIII. Buche, | Br
Die beyden erften Capitel, Ludwig XI. und Mapimitln 1.
inge befonders seranlaßten; Gr ce
überfchrieben, weiſen ſchon auf die von dem. Durgundifchen ER
Erbe ansgegangene fange und blutige Eiferfucht hin. Der. '
Schauplatz, anf welhen Frankreid in funfzigjährigem Krieg u 2.
fh erichöpft, Italien, Cap. 5— 7 ,.zuerft bis zur Einnahme u
Neapeis. (Beyloͤufig Gründe, daß das mal de Naples, wie
die Kinderblattern, hoͤchſtwahrſcheinlich aus den heißen Gegen;
den Afrikas herkam.) Bon dem Frangöfiihen Verſuch auf
Matland, Cap. «o, .wie die Machtverhaͤltniſſe zum Vortheil
Oeſterreichs fich änderten. Die Erbin von Ferdinand und
Iſabella, Cap. B, ihre Reiche und Länder. Die Entdeckung
von Amerika, Cap. 9. Mac diefer Weberficht, und. nach dem
Verhälmiffen von. Mailand und der Schweiz, und Maximi—
lians Schweizerkrieg: die Stalienifchen Kriege, Cap.ırn. Ges,
genuͤber von Fran I. bis Karl V., Nachfolger ſeines Groß,
vaters im Kaiſerthum, Erbe der Defterreichifchen und Burs
gundiſchen Srblanhe und aller Macht Ferdinands in Spanien,
Italien und Amerika. Sein Bruder, Rönig in Hungarn und
Böden, So Hoch flieg Die Macht von Oeſterreich einige
dreyßig Jahre nad. dem Tode Friedrichſs III., welcher außer
Stand geweſen war, Wien zu behaupten.“ Zur völligen By
lachtung der Neclode Carle werden nun ſaczmiſicen Europ
2416 Joh. v. Müller Bier und swansig Vaͤcher allg. Geſchichten
ſchen Staaten aufgezählt; angefangen, wie gewoͤhnlich, von
Portugall, deſſen Emdeckungsreiſen, feinem ianern Zuſtand;
beſonders ausführlich die Verfaſſung von Fraukreich, Cap. 14
und der Schweiz, Cap. ıd, bis zur Niefenfchlacht bey Mur
rignand , dem letzten Tag, an weichen die Eidgenoſſenſchaft in
kriegeriſcher Wirkſamkeit gegen ausiändifche Heere erichien (bi
1798). Die weitere Weberfiht geht dießmal nicht noͤrdlich,
ſondern von den Italieniſchen Bagebenheiten auf Griechenland
und die Tuͤrkiſchen Siege, dann auf Rußland unter Swan
Waſiliewitſch, der den LXXII Städten (der Hanſe) Freyheiten
gab: Hierauf durch Polen und Scandinavien zuruͤck nad Eny
fand, welches aber wegen ber erſt beendigten Forgerlichen Kriege
noch wenig Gewicht in den Europäifchen Angelegenheiten hatt,
Zuletzt das Deutfche Reich (immer noch als Mittelpunct, be
fonders vor der Reformationséperiode) nebft den Grundzuaͤgen
der Verfoffung, hauptſaͤchlich in Ruͤckſicht auf Kaifergewalt und
Kurfürflen, aus Beranlafıng der Wahl Karls V.
Die fünf legten Bäder, weiche ben dritten Band. auf
machen , haben fchon durch die Natur der Sache eine einfacher:
Anlage, als die des zwepten Bandes. Die Namen Earls V.
und Philipps IT. find hinreichend, die Verhaͤltniſſe des XI.
und XX. Buchs bemerklich zu machen. Won jenen fagt dei
Verf. Eap. 1: „ein König und ein Privatman flörten fein
Plane, und vetteten die Europaͤiſche Freyheit.“ Luther, di
Verf: Held von Kindheit auf (f. ſammtl. Werke IH. V. 285.)
ſcheint uns hier in der erſtew Stelle, S. 4, weniger vortheil
. haft gehalten zu ſeyn, als im 2. Cap. ©. 22. Die Eisfhictt
der Reformation in diefem Capitel, nach kirchlichen und pol
tifhen Verhältuiffen, finden wir vorzüglich befriedigend, mM
über Kurfuͤrſt Moriz's wahren Plan wird (weil es wohl nidt
möglich it) die nähere Entſcheidung nicht gegeben. Im 5. Cap.
folgt dann. glei Carls Ausgang, und die gluͤckliche Tramanıs
feines Baufes, - „weil — Welereiche der Diemfchheit vicht
vortheilhaft ſcheinen*“ S. zı,. Unter den Religtomduerhäbt
wifen Cap. 4, wird dor Charakter. der proteſtameiſchen Parvx⸗
gap. 0 Cäller Bicr md zwansig Bäcker alg- Ge(chichten. 217
und der Jeſuitiamus (nach feinem Ideal), zuletzt, Cap. 5,
der Zuftand der von Earl V. hinterlaſſenen Länder gezeichnet,
Vom 6. Cop, an bie Lage des übrigen Europa’s, fo daß
uͤberall die Einflüffe der Reformation und des Verhaͤltniſſes zwis
fhen. Sark und Franz ducchgeführt werden. Daß zwilchen
Frankceichs, Cap. 6, und. Portugals, Eap. 8, innerer Ges
ſchichte das 7. Cap. vom Papſt in der Mitte ſteht, und erſt
nach Portugall die Italieniſchen Staaten folgen, bat zur Ab⸗
fiht, zuerſt die nothwendigo Politit des Papſtes gegen diefe
Höfe („fie kuͤßten ihm die Füße, während fie ihm die Hände
Banden“), während. der Gründung des weltlichen Kirchenſtaats
duch Waffen und Unterhandlungen, zu zeigen. Das übrige
Stalien won der Spaniſchen Macht ums oder verfchlungen,
Cap. 9. Genua's Freyheit; in den Revolutionen der Floren⸗
tiner Verluſt der republikaniſchen Form, Gap. 10. Savoyen,
2556 von Franz J. erobert, die Wadt von deu Bernern; Genf
frey; Savoyen dem „eifernen Kopf“ Philibert wieder zuruͤck⸗
gegeben, S. 61. Einfluß der Reformation in der Schweiz:
popularere Regierungen, Wirshichaftlichleit, aber Verminderung
der alten Kraft und’ Lebensfreudigkeit, In England die koͤnig⸗
lihe Wallkohr auch in den größten. Gewiſſensfragen hoͤchſt ges
bieteriſch, Cap. 13. Erwahung der Gelehrſamkeit in den gas
ringſten Ständen (ejneu, fludirte am Fluß, um des beraks
ſchwimmende Holz für den Winter, aufjufangen). Im Norbeg
seht, Guſtav Waſa aus von den Thälern Hedemora, be Ber.
fieper der Schweden, Eap. 14. In gang Scandinavien bie
Glaubtusreform Luthers. Preußen und Curland ſaͤeulariſirt,
Cap. 16. Iwan, fo groß, aber roher, als Peter, haͤlt eine
som Kaͤnig von Daͤnemark gefchenfie Wanduhr für ein „Zar
berwark, das ſich nicht ſchicke für einen chriklichen Czar, wel⸗
cher einen Gott glaube, und mit den Planeten nichts zu ſchaffen
habta wolle, ©. 67. Dennoch herrſchie bey feinen Erobe⸗
rungen Toleranz, maͤhresd ‚der Religianskriege in Europa,
Solejman, der Großmaͤchtige, wie Iman, fein Volk erhebend,
bung. deezathn Sqlochten der Scheecen Deuſchlande. Die
\
4
»
318 Koh v. Müller Vier und zwanzig Bücher allg. Geſchichten.
Aufftreßende Macht von Algier, Cap. 17 („hilft-dem. aler⸗
ehriftlihften König die. Küften bes katholiſchen plündern“):;
Hierdurch kommt das XIX. Bud am Ende wieder auf deu
Hauptnamen zurücd, gebft den Refultaten, Cap. ıB.
Das Einleitungscapitel von Philipp IL im XX. Bud
enthält, wie gewoͤhnlich, die Hauptzuͤge des Ganzen; die
Spanifche Macht auf ihrer hochſten Stufe, aber ach ſchon
mit dem Keime ihres Verfalls, vorzüglich in Philipps (treff⸗
lichſt entwickeltem) Charakter. Mit Hecht geht die Nieberlaͤn⸗
diſche Geſchichte, Cap. @, voraus; dann die Plane auf das
muthloſe und erfchöpfte Frankreich bis zu deffen Wiederherftels
fung unter Heinrich IV. und Suͤlly. Jener mit Morig von
Dranien verglihen, S. 90. Was diefe beyde zu Fand, war
den Spaniern England zur See, S. gı. Alle diefe Mächte
im Steigen; nur. der mädhtigfte Staat (Spanien) zerfiel, weil
fein König lieber die Welt verwirren,, ats durch edle Grund»
- füge die Nation gläcdlih machen wollte“, S. 95. Portugals
Einnahme, nachdem es durch den Afrikaniſchen Krieg geſchwaͤcht
war, Eap. 3. 867 Jahre nad dem Untergange der Weſtgo⸗
thiſchen Monarchie wird die gange Halbinſel wieder unter
"Einem Kaupte vereinigt. — Gegen bie Türken, Cap. 6, Don
Juan's d'Auſtria Eühne Jugend; nachher durch Philippe
Mißgunſt ungluͤcklich, wie der Herzog won Parma und “Don
Carlos, feine Genoffen. — Der Zuftand Ztaliens, Eap. 7,
beſchruͤnkt Hauptfächlich die dem Spanier nit unterworfenen
Staaten. Die Schweiz, Cap. 8, wie fie unter Spaniſchem
und Franzoͤſtſchem Einfluß, und dur Religionseifer getrennt,
Anfehen und innern Gehalt zu verlieren anfing. - Nun folgen
Die dem Antereffe Spaniens entiegenen Staaten. Selbſt Sep
ber Deutfchen Linie Habsburgs war fechzigjäßriges Mißtrauen,
Cap. 9. Am Deutſchen Reich iſt zunehmende Cultur ſichtbar;
doch gewann der Reichsverband nicht; and nicht durch die
„übelgenannte Eoncordienformel“, &. 110. In Polen nad
"Sem Aöfterben der Jagellonen fremde Könige, Heinrich von
WBalois und Sigmund Waſa, Cap. 20. Die -fährt-auf die
-
„“
ob. u. Miller Bier und zwanzig Bücher alle. Geſchichten. 219
Schwediſche und Dänifhe Sefchichte, in Härze, mit dev
Schlußbemerkung, daß es überall auf Eoncentrirung der höch⸗
fien Gewalt ging, ſelbſt in den Republiken wenigſtens auf
Ariftofratie; alles nah Philipps IT. gyadominirendem Mofe,
ber jedoch zugleich das erfte Beyſpiel einer Bankerute gab, der
Herr der Goldgruben!
Die Zeiten des brepßisgfährigen Kriege,
XXI. Sud, eröffnet (als Refultar der benden vorhergehenden)
eine vollfländige Ueberſicht der Lage des Habsburgiichen Hanfes, .
mit Inbegriff der weitern beſonders Niederländifchen. Geſchichten,
bis zur anerkannten Selbſtſtaͤndigkeit Hollande und zum Aus—⸗
bruch des Juͤlich'ſchen Erbfolgekriegt. Es wird auch noch Enge
lands Bereinigung unter James Stuart, Cap. 3, vorausges
hit, und duch des Koͤnigs Eidam, Pfalzgraf Friedrich, der
Uebergang gemacht auf den Anfang des drehfigjährigen Kriege,
Eap. 4, ehe die Übrigen Mächte eirigreifen. — Ausbruch zwis
(hen Spanien und Frankreich über Mantua und Valtellin,
Cap. 5. Der Eardinat Richelien, Cap. 6, nimmt Heinrichs IV.
Man (zur Erniedrigung der Habsburgiſchen Macht) wieder
auf, während Ferdinand fein Glück mißbraucht. Guſtav Adolph,
Cap. 7. Die Fortfesung des Kriegs nach der Mörhlinger
Schlacht Hat wieder zur Aufſchrift: Nichelieu, Cap: 8. Beym
Weſtphaͤliſchen Frieden werden neben feinem wefentlichen In⸗
halt zugleich verfhiedene Theile der Deutfchen Reichsverfaſſung
näher beſchrieben. — Der nur noch ſchwache Krieg zwiſchen
Spanien und Frankreich, waͤhrend deſſen das Haus Braganza
ſich losreißt, Cap. 11. — Englands Verfall in Buͤtgerkriegen,
bis des Königs Haupt fiel, ein Entſetzen für ganz Europa:
auh der Czar Alexej Michailowitſch, Peters Water, deſſen
Meich nur langſam, aus einer der Portugiefifhen und Englis
fhen ganz unähnlichen Mevointion fih erhob, nahm den Enge
ländern ihre Handelsfreyheiten, Eap. 13. — Ob Frankreich
und Schweden Beyſtand an der Deutfchen Oppofition hatten,
©. 173, oder nicht, vlelmeht dieſe an ku, berüber wollen
wir wicht rechten.
Grrleichterung des Ueberblicke, daß ber Leſer innerh
2.
220 Zah. v. Muͤller Vier und zwanzig Vuͤcher allg. Geſchichten.
Das XXI. Buch begreift den faſt hundertjaͤhrigen Zeit⸗
raum vom Weſtphaͤliſchen Frieden bis 1740, während deſſen
Die Konige von Frankreich in den Europaiſchen
Befhäften Bas Uebergewicht zu haben. ſchienen.
Offenbar eine der verwickeltſten Perioden in Ruͤckſicht auf die
Anordnung, auch bey jener leitenden Side. Wir bemerken zur
dieſes
Beitraums dreymal die Wanderung durch die Stain Euros
pens zu machen hat, um theils die Vorbereitungen, theils dis
Wirkungen Ber dazwifchen einfallenden allgemeinern Ereignifie,
die Vor⸗- und Ruͤckſchritte eines jeden und bie Verhältniffe zur
einander, zu fehen. Sin den neun erfien Capiteln: . Ludwigs
des Großen Charakter, Zeldheren, Miniſter: die Herrſchaft dee
Franzoͤſiſchen Sprache (ungeachtes die tieffinnigften Schriftſteller
: des Zeitalters Ludwigs Feinde waren; aber die beredteſten wers
den am meiften gelefen, &. 180). Spaniens Entvölferung
und lächerlich bigotte Regierung, die wicht einmal die Unord⸗
nungen in Portugall zu benutzen wußte In Deutſchland unter
dem Titel: Germaniſche Freyheit, eine die Katfermacht wie die
Bolksfrepheit untergrabende Ariſtokratie. (Diefem Capitel wird
doch Here von Woltmann in Berlin — wegen Zuſammen
ſtimmung mis feinen Anfihten — einige Gerechtigkeit wider
fahren laſſen?) — Auf dem Thron der Chriftina Carl Guſtav,
Pfalzgraf zn Zweybruͤcken⸗Kleeburg, deffen väterlihes Erbe ig
zwey Schlöffeen, Einem Flecken, zehenthalb Dörfern beftand, und
ber den Norden erfchätterte, ©. 194. Kiuperli, Muhanı
mieds IV. Großvezier, bey St. Gotthard durch den Wetteifer
bee Deutſchen und Brangofen befiegt (ein Gegenſtuͤck zu der
Schlacht bey Nicopolis). — Durchaus entweher Alliirte Lud⸗
wigs XIV., oder geſchwaͤchte und getheilte Gegner. Zu den
erſten gehören auch die Schweizer; dis Holländer werben eben⸗
falls hier aufgezaͤhlt, in fo fern fie nach dem Frigpen immer
mehr der Schweizerifchen Verfaſſung ſich nähesten. (Sohann d4
Wprt (Spinoga’s Freund), Großpenfienär von Holland, ‚Hatte
nur Einen Bebienten, und Mupter, na dep Truumpb, trug
5 |
{
” \ U
&
God. v. Müller Vier und zwantig Bücher allg. Geſchichten. 221
feinen Mantelſack ſelbſt ans dem Shift, S. 198.) Endlich
Englands Kraft: unter Cromwell; die Wiederbefeſtigung des
Throns und der Verfaſſung- 11. — 18. Cap. die Kriege von
1667 bis 1714. Die beyden erſtern durch Franzbſtſchen Webers
fall der Niederlande eröffnet, und ebendaſelbſt beendigt; Aach⸗
ner und Nimweger Friede. Nach diefen neun Zwiſchenjahren,
welche dir Nothwendigkeit einer allgemeinen Vereinigung gegen
Ludwigs XIV. Schritte zeigten, und die Engliſche Redolution,
welche nur zwey Monate vor dem Kriege der Alliirten aus⸗
brach, und Wilhelm von Oranien auf den Thron hob. In
wenigen, aber ſchrecklichen Zügen iſt die Verbrennung der Pfalz
geſchildert, aber bie Schuld nicht auf Louvois gelegt, ©. 219
vergl. S. 17B f. Die wenigen Jahre vom Ryswicker Frieden.
die zum Ende des Jahrhunderts find befonders abgehandelt; -
dann der Spaniſche und Nordiſche Krieg, jener zwölf, diefer -
zwanzigfaͤhrig, gleichzeitig. Vom 19. Cap, at’ folgt, was
während biefer Kriegsperiode im Innern der Staaten geſchah.
Ein Spanien blieb auch die neue Regierung dem Seifte der
eiten tren, Cap. 20. Vorzuͤglich herausgehoben iſt die Feſtig⸗
beit Papſt Clemens XT.; bey der Lage des uͤbrigen Italien iſt
duch der Zuwachs der Corſiſchen Bevoͤlkerung durch tanſend
Mainotten nicht berſehen, Cap. 25. — Von Saboyen leuche
bet das Anſehen Victor Amadeus 1. hervor; in der Schweij
junehmende Neligionsparteyung. In Deutfchland mehtere Fuͤr⸗
ſtenhaͤuſer (drey erhaltet Kronen); in Schweden Carl XII., |
‚„als Menſch hoͤchſt intereſſant, nicht gu entſchuldigen, wind.
man ihn als König betrachtet“, S. 255. (Sein Tod wird
einem feiner Leute beygelegt.) Czar Peters Geiſt und Kraft,
Tap. 2B, auch das Verdienſt von Lefort. Eingeſchaltei iſt die
Sefchichte der Türken und Perſer, Cap. 29. Dann Peters
Tod, das Mädchen von Mailenburg, umd Für Menczitoff,
ein geweſcner Bäcerjunge, Cap. 50. (Meter. der Größe fo
ehr wälluſtih geweſen ſeyn, ©. 270.) — Am Schluß feiner
Regierung iſt geſagt: : „bie meiſten andern, zus feiner Zeit und
vor ihin · geoh genannten Kürten verd denen kaum mit Ihm dere
we g
®
220 Ich. u Maͤller Vier uud zwanpig Böker ads, Befchichten.
glichen zu werden.“ (Ein noͤrdlicherer Gefchichtfchreißer dürfte
eben ſowohl das Jahrhundert nah ihm nennen, als andere
nad) Ludwig XIV.) Mach der Erhebung des Hauſes Brauns
fhweig und Hollands Friedenszuſtand fieht ein allgemeines
Eapitel (32) von der Lage der Geſchaͤfte (dev Europaͤiſchen
Angelegenheiten) nad dem Uerechter Frieden. Alle Maͤchte,
beſonders Frankceich, flärkten ih, um ben Frie zu be
Baupten. Died führe auf Carls VI. pragmatiſche Manction,
Eap. 54. Noch befonders wird das Ende Könige Victors ges
geist, Cap. 35. Dann der Krieg von 1755 und der Zufland
der Mächte, als Earl VI. farb. Hier wären wir bereits am
Schluß diefer Periode (des XXI. Buchs); aber noch find
bie Mordifchen und Drientalifhen Staaten guräd. Geſchichte
des Ruſſiſch⸗Tuͤrkiſchen Kriegs, 1936. Der Kaiferin Anna
Tod, Cap. 42. Schah Nadir, Cap. 41, 45, „Im Orient, was
Ludwig XIV. in Wefteuropa, Peter in Norden war”; nur
ſchrecklicher. Bey der Einnahme, von Dehli wurden hundert
taufend Menſchen auf Einen Tag umgebraht: „ein Gott bin
ich nicht, daß Ich vergeben, noch Prophet, daß ich lehren follte,
und euer König bin ich nicht; der, den Gott fendet, in ſeinem
Stimm zu frafen die Nationen der Erde, der bin ih“! —
Ueber Rom, Stalin, Schweiz, Hollgnd, England, Scandu
navien kehrt der Ueberblick zuruͤck auf den Schauplag, den
Eari VI. verlieh. W |
XXI Bud. Thereſia, Friedrich und Norbds
amerika. Broße Namen und allgemeine Begebenheiten
machen die, in den fpätern Zeiten öfters vorgekommene, bloß
ethnographifche Darflelung uͤberfluͤſſig (dieſe wird nur noch im
XXIV. Bud, als zur Schlußüderfiht vorzüglich paſſend, ges
Braucht.) jene wechleln mit einander. Zwiſchen ben zwey
Schiefiihen Kriegen ſteht Earl VII. und nach dem Aachner
Frieden Elifaberh, Ruſſiſche Kaiferin. (Leſtocq gginnert an
Peters Lefort.) Genua’s Wiederbefreyung und ber. Jungling
Paoli geben eine kurze Epifode von fpecieller Geſchichte, Cap. 6:
Nun der Urſprung des fichenjäprigen, Kriege und dig Gans
“
!
Ze
30% m Mauer Bier und zwanzig Bücher allg, Geſchichten. 223
des Kri⸗egs ſelbſt, in 2. Cap, S. 246 - a67, fo umfaffend
und geifteoll , als es von dem Bewunderer Friedrichs und Pitts,
und Verehrer der Maria Therefia zu erwarten war. Mie
Mühe enthalten wir uns, ins einzelne zu gehen, um diefe
Anzeige nicht allzuweit auszudehnen. Ben den Refultaten bez
merkt der Verf. S. 367, daß der Krieg den König ſieben
Jahre Anes thätigen Leben gekoftet , dieß fey der Hanptveriuft
geweſei' Diefem großen, verderblichen Krieg, der, merkwürdig
genug! im Ganzen nichts änderte, wird an die Seite geſtellt
die mit dem Sturz der Sefuiten begonnene große. Veränderung
in den. Sefinnungen der ganzen katholiſchen Welt nad) dem
eben ſo furch tioſen, als nergeblichen Widerfiand Elemens XIIE,
(„Wie grreing meine Mache ift, weiß ich — aber ich will lieber.
mein Lehen im Elend beſchließen, als am Rande des Grabes
meine. ‚grauen Haare ſchaͤnden durch Verraͤtherey an meiner
Pflicht?, S. 576. — Folgen: die Fuͤrſten bekamen größere
Macht uͤber die Geiſtlichkeit, doch für die Voͤlker war der Ges
winn nicht ſo ara, als er, haͤtte ſeyn können; vorher war dee
fuͤnfunddreyßigſte Menſch in der katholiſchen Welt geiftlich, nun
ſah man die Caſernen in gleichem Maße zunehmen, wie die
Kloͤſter eingehen, und es ſchien mit den Jeſuiten ſelbſt eine
gemeinichaftlihe Vormauer aller Autoritäten gefallen zu feyn‘,
©. 370 ff. Der Name Eatharina II» mit Inbegriff ver Bar
ſchichte des ungluͤcklichen Iwan, Cap. 10, eröffnet die Scene
der Unfälle Polens, Cap. 11, „Gott wollte damals die Mo—
talität der Großen zeigen“, S. 403. Der Taͤrkenkrieg, 1768,
die Ueberlegenheit disciplinirter Heere zeigend, die Schwebiſche
Menolutton 1772, und bie Baieriſche Succeſſionsſtreitigkeit,
ein Beweis, daß für kleinere Staaten alles davon abhängt,
ob die größern ſich vereinigen koͤnnen, — folgen chronologiſch
aufeinander. Endlich Nordamerikas Freyheit, vom Urfprung
dieier neuen Republiken, bis zum Ende des Kriegs 1709. —
Mir welchem Recht mancher fehnfuchtsvolle Bl anf die andere
Hemifphäre gerichtet war, fol das folgende zeigen.
XXIV, Buch. Zuſtand von Europa im J. 1783,
Die Einleitung claffifisive die prädaminirenden See s und
294 Joh. v. Müller Bier und simansig Biicher alle, Geſchichten
Landmaͤchte und die kleinen Staaten nach dem Verhaͤltmiß zum
Glieichgewicht. Hierauf die Schilderung der einzelnen Staaten.
Zuerſt Frankreich, Cap. 2 — „es koͤnnte allein den Maͤchten
Gzeſetze geben, und die Nationen vereinigt. halten, wenn ein
vernünftiges und confequentes Syſtem die unermeßlichen Machts
quellen in wohlthaͤtiger Wirkſamkeit Hiölte.“ Die Verfaſſung
ansfährlih, dazu gedrängee ſtatiſtiſche Nachrichten, wie dich
auch bey den meiften übrigen Staaten. geihieht. — Dann
Spanien durch die Pollitik der Ferdinande und Phllipp ge
ähmt, und Neapel, noch In etwas Befferm Zuftande, Er. 3, 4.
Auf die Bourbonifhen. Stenten folgen die Schweizer, ale
ältefke Freunde des Haufes, Cap. 3, und die Holländer, nun
benfalls der Franzoͤſiſchen Politik gegen England fih nähernd,
Gar. 6. Die Sährung nah der Schlacht bey Doggersbant
zeigte, mas noch nicht erſtorben war, Daß ber edelſte Theil der
Nation fähle wäre, dem Beyſpiel der Phocaͤenſer zu folgen“,
©. 494. Das Gegentheil Portugall, Cap. 7. Der Turiner
Sof durch Frankreich und Oeſterreich unthätig, Tap. 8. Nun
Großbritanntens Macht, zur See dem Haufe Bourbon das
Sieichgewicht haltend, Cap: 9. Die zwey Capitel vor Dion
tesquien,, der Geiſt feines Geiſtes der Geſetze, geben den
Schläffel zu allem. Was würde diefe Nation ſeyn, Die beym
Adfall ihrer Colonteen, Innern @ährungen, 'untrineßfichen
Schulden, allein da ſtand, wenn unter den Schaͤtzen des ge
plünderten Hinduſtans Mäßigung und Gerechtigkeit die Grund
feiter ihres Suftems würden“! &. 505. Nach den (er
höpften) &temächten, bey’ welchen Freyheit, wo nicht gu
Handeln, doch zu reden, wenigſtens die Meinung von Freyheit
it, geht die Betrachtung auf die drey großen Landumächte,
weichen Landbau und Volksmenge das wichtigſte feyn muß,
„wiervohl nicht die Maffe Kraft gibt.“ „Sehe vereinigt,
fürdten niemand; im Kriege nur ſich ſelbſt.“ — „Auf die
großen Höfe hat auch die Öffentliche Meinung feine. Sewalt,
weil die meiften Schriftfteller in dem Lichte darſtellen, das man
wänfht“, ©. 510. Endlic diejenigen Staaten, welche von
den gedßern alles fürchten. Im Körper des alten Deutfchen
Reichs Länder und Städte, herrlicher Früchte der Aufklärung
und Induſtrie genießend. „Wenn fle alle — mas auswärtigen
Einfluß durd die größten Anftrengungen verhinderte — auf
Finerley Zweck vereinigt wären, welch ein Reich und MWoft
„wäre dad Deusihe“! ©&. 520. — Scandinavien einigten Pole
gZJerſchwunden, die Türken ohne Die Kunft, ide Geld und Voll
zu gebrauchen. Zulegt ein Ueberblid auf Aſien und Afrika,
20 C Der Beſchluß folgt. ) j
®
No. 15. Seidelbergiſche 1811.
Jahrbuͤcher der Literatur.
F .
ùV
ö—XXXCIXLObGRXEXEXEXIXR
Vier und zwanzig Bücher Allgemeiner Geſchichten befonders der Euro⸗
Menſchheit. Durch Jobannes von Müller. Stat sua
e dies. Virgil. 1797. Herausgegeben nach des Verfaſſers
Tode durch deflen Bruder, Johann Georg Müller.
”
C Beichluß der In No. 14. abgebrochenen Recenſion.)
.genwärtige ſoviel möglich gedrängse Darfiellung von dert
Sange des Verf., der Art des Vortrags, der ‚Anordnung und
Verbindung des Ganzen, fo wie von dem darin wohnenden Seifte,
hat keinen andern Zweck, als anfchaulich zu machen, daß erſt
bey näherem Studium ein volftändiges Urtheil ber Joh. v. .
Müller nachgelaffenes Werk ſich bilden koͤnne. Wir haben, um '
den Ruͤckblick beym kleinſten anzufangen, Beyſpiele gegeben,
dag fein Ausdruck umfonft dafteht, daB oft eine einzige Wens
dung dem Verftändigen für eine fange kritiſche Anmerkung gilt.
Ehen fo iſt die Sprade, um auch dieß noch zu bemerken,
keineswegs, wie fie noch bey einigen von den eriten Theilen
der Schweigergefchichte im Ruf ſteht, hart und affectire: im
Gegentheil fehr viele Stellen des Werks find echt claſſiſch, und
das meiſte iſt fo fließend, daB neben der Vorliebe zu den Alten
auch der Geſchmack an der Franzäfifchen Literatur nicht vera
tannt werden kann, jedoch unbeſchadet der Driginalisät.
In der Anordnung (dem haupfächlichen Gegenftand unfres
Relation) mag hin und wieder etwas willführliches fenn; wes
nig liege daran, iR welche und wie viele Capitel eine Periode
getheilt, und welche Weberfchrifien gewählt find; aber darau
liegt alles, daß die eigentlich univerfalhiftorifhen Facta nicht
nur, fondern auch die zum Grund liegenden Anſichten vichtig
gefaßt, und durch das Gewirr der Wegebenheiten mit feſten
Blick und in ihrem wahren Sinn hindurg geführt find. Wie
4
“. f}
226 Ih. v. Müller Bier und zwanig Bücher allg. Geſchichten.
haben es zu bewundern gehabt, wie der Verf. in den verwik⸗
keltſten Perioden, befonders des Mittelalters, wo der Charakter
der Geſchichte felbft in Trennung und Theilung beſteht, jedes
mal am Schiuffe Die gerfirouten Fäden zu verrinigen wußte. Es
muß auch noch einmal geſagt werden , daß der Verf. nicht die
allgemeine Gefchichte Überhaupt, fonbern nur allgemeine Ge⸗—
fehichten, eine Darflellung der auserlefenflen, zu jenem Ideal
etft zuſammen zuftellenden, beabfihtigt hat; und, foviel wir
dabey verloren haben, fo. iſt es vielleicht in anderer Hinſicht
wieder als nuͤtzlich zu betrachten, daß auch diefer Entwurf,
durch aͤußere Umflände verhindert, Bein vollendetes Ganzes
wurde, das durch feine Autorität leicht beſchraͤnkend ſeyn Lonnte,
in einem Gebiet, wo doch alles nur Verſuch bleibt. Eigen
bleibt dem Verf., daß er, wie im Einzelnen feine Hiſtoriogra⸗
phie, nach einigen nur zu aͤngſtlich, den Ercerpten folgt (um
‚keinen bezeichnenden Ausdruck verloren gehn zu laffen) , eben |
- fo im ganzen Plan diefer Geſchichte durchaus das Ethnogra⸗
phiſche und das fogenannte Specialhiftorifche mit dem Univers
ſalen gewiffermaßen zu verweben, oder vielmehr die gegenfeitige
Durhdringung des Allgemeinen und Beſondern überall zu
zeigen bemüht geweſen if. Allein eben jenes firenge Feſthalten
am Realen des Buchſtaben, bey den überall durchbrechenden
Ideen, gibt feiner Darftellung ein Gepraͤge von Wahrheit und
Größe, und eine Fülle von Lebendigkeit, zu ber ähnliche Werke
nur ſelten fh erheben. Was einige verdrießen mag, daß der
Verf. überall feine a prioriihen Beflimmungen, oder gewiffe
abftracte Begriffe ausgeftecdt hat, in welche, als in des Pros
J kruſtes Bett alle ſchoͤnen Geſtalten eingezwaͤngt werden ſollten
(fo daß er nicht einmal die in den Essais historiques, Th.
VIII gebrauchte allgemeinere Periodirung anwenden wollte),
daß er alles mit dem eigenen Namen genannt hat, und daß
Aberhaupt, trotz der befonderen Zwecke, kein wirkliches Syſtem
hineingelegt iſt; gerade das wird fein Werk alle gemachten
Syſteme uͤberleben laſſen. Es kann Überhaupt nicht wohl einer
der neuern univerſalhiſtoriſchen Verſuche mit demſelben ver
Salats praftifche Philoſophie. 907
glihen werden (fo wie ohnehin der nicht leicht erfcheinen wird,
der fo, wie Joh. v. Müller, dieſem Berufe fi widmen kann
und wis). Am meiften möchte der Werf., dem Geifte nad),
einigen Alten nahe fenn, jenen, welche zuerft, nicht nach dem
äußern Umfange, fondern nach dem Verhäftniß zur Humanitaͤt
und Frepheit die Geſchichte gemeſſen haben; "welche auch im
kleinſten Die ewigen Gelege fanden, wie die Seraclitifhen
Orakel, in welchen nah Müllers Ueberzeugnng, was von
Afur und Elam gefage iſt, nicht Bloß accomodationsweife,
fondern ipsissimis verbis aud uns gilt; vergl. Th. V. ©.
485, BA 0 J I
Einſender dieſes fühle ſich erhoben durch den Gedanken,
daß dieſes Werk, gegenwaͤrtig in den Haͤnden ſo vieler Freunde
des Verf., unvertilgbare Eindruͤcke, auch bey der aufſtrebenden
Generation hinterlaſſen wird; und daß von den Prinzen im
SGubſcribenkenverzeichniß bis zum einſamen Landprediger jeder
Stärkung für feinen Beruf finden wird in der Schlußlehre
diefes Johannes: „Erfülle treffüch die vom Schickſal bie.
angewiefene Stelle; hierin ſcheine dir nichts zu hoch, daß
du es nicht erreichen koͤnnteſt, nichts fo gering, daß du es
vernahläffigen dürfte. Dadurch werden Könige groß, das
durch erwirbt der Mann von Geiſt ewige Lorbeeren; dadurch
erhebt der Hausvater feine Familie über Armuth und Pier
drigkeits; die größte Lehre aber in dem Gebot der Weisheit,
das au Iautefien die beſchwornen Schatten der Voͤlkertreiber
verfünden: „Mäßigung und Ordnung! Wer es Überhärt, der
ifk gerichtet. Menſchen von Erde und Staub, Kürften von
Erde und Staub, wie fehrerflich dieſes geſchehe, das zeigt die
Geſchichte.“
pr
ac. N 7 CHE ERDE GL HEER.S ERREGER
% . | B
Die Moralphilösophie. Dargestellt von Dr. J. Salat, geistl,
4 Rath und ordentl. Prof. der Phil. zu Landshut. Lands-
hut bey J. Thoman. 1810. VHL u. 398 ©. 8. (1fl. 30 fr.)
Die Religionsphilosophie, Von Demselben. Landshut bey J
Thoman. 1811. 68 XIV n. 416 G. 8 Gf.30f) |
228° Galms prokuſche Whilofophie
Bon den Urfachen eines neuern Kaltſinns aegen die Boilofopbie auf
deutichem Boden. Bon Brof. Salat. Kandeput bey Thomas.
1810. 516. 5 (24 fr.) | W
Betrachten wir, wie billig, das Spiel mit phoſikaliſchen
Bildern, vermengt mit fragmentariſchen Ruͤckerinnerungen an
‚alte Theoſophie und Mythologie, welches einige umter ung für
Ppitofophie Halten, als eime kindiſche Verirrung durch Mangel
an Disciplin im wiffenfchaftlichen Denten veranlagt, fo wird
fih finden, daß die neue Deutſche Philoſophie, unggagitet
alles Streites üm. Sprache und Merhode, über die Haupt.
sbahrheiten der’ Philoſophie doch weit einiger iſt, als die
moderne Porter hie in irgend einer ihrer frühern Epodin. -
Als NReſulrat der Kantiſchen ind Jakobiſchen Unterſuchungen
erkennen wie alfe auf gleiche Weiſe das Recht der fittlichen und
religidfen Vebergeugungen einer philoſophiſchen Wiſſenſchaſt,
dabey die Nothwendigkeit der Scheidung von Wiſſen und Stau:
ben, Begriff mund dee, Verſtand und Vernunft an. Diefe
Unterſcheidung aber ift doppelfinnig. Wir fegen den Verſtund
der Vernunft entgegen, ‚um die Reflexion, das Auffaſſcn uk
ferer Webergeugungen vor dem Bewußtſeyn, von der’ unmittel⸗
baren, lebendigen Ueberzeugung ſelbſt zu unterſcheiden; wie
fegen aber den Verſtandsbegriff dem Wernunftbegriff entgegen,
um die Erfcheinung der Dinge. für. ‘den —— dem
wahren Weſen der Dinge zu unterſcheiden. Ueber das erſte
hat uns Jakobi, uͤber das andere Kant‘ beſtimmter belehrt,
allein unfer öffentliches Urtheil Hat ſich über diefen Doppelfinn
noch nicht Hinlänglich verfländige. Die Unterſcheidung zwiſchen
Reflexion und unmittelbarer Vernunft iſt zwar jedem kiar, aber
welche Anfprähe nun beyde an einander zu machen haben, if |
. flreitig‘, und wird meift zu unbeſtimmt gedacht; fo daß darüber
‚Kante wichtigfte Entdeckung, welche der ganzer Geſchichte der
Philoſophie die veränderte Richtung fihern follte, naͤmlich die
Entdeckung der einzig richtigen Methode des Philoſophirens,
wieder von den meiften vergeffen worden iſt. Was aber das
zweyte besriffe, fo wird poleiniſch gegen die fiühere Vernaqh⸗
Statt praftifche Pbhiloſordie. 229
Uflisung des vefgiöfen Sefahls unſrer Zeit dieſem MB: ein
zu großer Anſpruch an Die Wiſſenſchaft gefodert. \
Diafe allgemeine Schilderung bezeichnet uns auch Teiche
den Staändpunct der Philsfophie unfers Verf. Er Hat fih
unfre neuere Einfiht in das Verhaͤltniß der religloͤſen, firtlichen
and natürlichen Weltanſicht des Menſchen zu eigen gemacht;
mis ruͤhmlichem Nachdtuck macht er überall auf den Unterſchied
von Verftand und Vernunft aufmerkſam, befonders begegnet
ans oft willkommen die feinere Anwendung der Wahrheit, daß
‚eine hoͤhere Bildung des Geiſtes ſchon vorausgefeht wird, wenn
man ſich jemand Über die wahre Philoſophie mittheilen wolle.
Aber das richtige Verhaͤltniß des Verkandes gg Vernunft, und
daß die genannte höhere Bildung des. Geiſtes Ja· haut nur
Werk der Reflexion ſey, ift ihhm nicht hinlaͤnglich deutlich. Auch
dent falſchen Verhaͤltniß des ‚religtöfen Gefuͤhls zur Wiſſenſchaft
dient die Unbeſtimmtheit feiner Ausdrucke. Mit dieſen Mäns
geln, don denen feiner unter und ganz frey fegn wird, koͤnnte
unfer Verf. feiner Zeit immer eine fehr fördernde Bearbeitung _
der ptektiſchen Philoſophie gegeben haben (beſonders da er jene
dehler gar nicht uͤbertreibt, da ihm Rec. gern zugibt, daß er
nach ſeinen Ausdruͤcken zwifchen Sophiſtit und Myſtik meiſt
nahe gu der Mitte bleibt, und gegen ältere und neuere Ein⸗
ſeitigkeiten, viele treffende Bemerkungen gefammelt hat), wine
KM. fd) nicht, na der Meinung des Rec. in der Manier der
Darfkelung einen durchgreifenden, fehr großen Fehler zu Schul⸗
den kommen ließe. Die Hauptgedanken der Wiſſenſchaft wers
den far durchgaͤngig nur als etwas ſchon befanntes angedeutet,
und nicht erörtert, die Darflellung verliert fi, in Bemerkungen,
und Bemerkungen zu Bemerkungen. Daher theilt fih der
Berf. dem Lefer nur aͤußerſt unvolllommen mit, es fehl: allzu⸗
oft an einem feſten, fortlaufenden. Gedankengang. Dazu kommt
nun noch, daß, fo gern er fih bey Wortbeflimmungen aufs
haͤtt, doch Die feinigen ganz gegen die Regeln philafophifher
Sprachbildung entworfen find. Oft erlaubt er fich einen Sprach⸗
deöpotismus, indem er Worten nur eime Vedeutung als die.
3
230. Salate praftifche Philoſophie.
beſte M. laſſen will, wiewohl fie in der Sprache mehrer
haben (3. B. bey Offenbarung, Glaube u. a.), uneingebenk,
daß der Einzelne in der Phtlofophie fo viel Gewalt gar niht |
über die Sprache hat. In andern Fällen macht er ſich him
gegen ' die Wortbeflimmungen viel zu fchwer, und hebe durch
noch fo ausführliche Eroͤrterungen die Linklarheit nicht, weile
außer Acht läßt, daB die Worte ja nicht unmittelbar die Sachen
ſelbſt, fondern nur unfere Vorftellungen von demſelben, nur
die Degriffe des Werftandes bezeichnen.
Die Moratphilofophie zeigt ſchon in der Einfeitung die
fhlimme Wirkung. dieſes tumultuarifhen Verfahrens. De
Verf. ftelt die wahre Philoſophie zwiſchen die Philoſopheme
der Sophiſtik“, welche nur aus einſeitiger Bildung des Ver
ſtandes entſpringt, und: ber „Wepftit“, welche die idealiſche
Ueberzeugung der Vernunft nut mit mangelbafter Bildung des
Verſtandes anertennt, Darauf folgen Andeutungen des Ben
haltniſſes zwiſchen Begriff und Idee ſehr unklar, wie Yo wich |
u andere Auseinanderfeßungen des Verf. durch jenen fogifchen
-,rZehler in der Wortbeflimmung, ‘den er, wie fo mancher andere,
aus. den Gleichfegungen der Wiſſenſchaftslehre mit heruͤber gu
aommen hat. Dadurch bekommen wir oft auf die Hauptfragen
fo gut wie gar Leine Antwort. Hier gleich wird auf die Frage
nad dem Verhältniß zwiſchen oral und Religion nur geant
wortet: fie find ur ſprunglich, aber nicht ſchlecht hin eine.
Was foll uns das frommen? Worin unterfcheiden fie fih?
— das ift allein die wichtige Frage, welche der’ Verf. über
feinen leeren Formeln hier gang vernachläffigt hat. Diefer Fehler
kehrt nur allzuoft wieder. Die Moralphiloſophie erklärt der
Verf. als befonderes Hervorheben des Abfoluten in der Form .
"des Guten — das verfteht niemand, der "wicht ohnehin fon
weiß, was der Verf. will. — Die Moralphiloſophie feldſt theilt
der. Verf. in die reine, welche von den Innern moralifdyen Ber
Bältniffen, und in die empiriſche, welche von den aͤußern Mer
. Hältniffen zur That handelt. Der reine Theil ſpricht dann nad
einander von der moralifchen Anlage, dem moralißhen Seſeh,
Galats praktiſche Philoſophie. 231
ber moralaſchen Triebfeder und dem Verhaͤltniß der Moralitaͤt
zur Sluckſeligkeit. Wie wollen mit dem Verf. nit über die
Damen, fireiten, und geben ihm dann die Brauchharkeit feiner
allgemeinſten Eintheilung zu. Allein dem gemaͤß iſt die Baſis
der Unterſuchungen feines reinen Theils durchaus pſychologiſch.
Nur unter Vorausſetzung einer genauen Kenntniß des menſch⸗
lichen Willens kann man über moraliſche Anlage und Trieh⸗
ſeder, mus unter Vorausſetzung einer Kenntniß aller unſrer
ſpeculativen und praktiſchen philoſophiſchen Anlagen kann man
über Das moraliſche Geſetz wiſſenſchaftlich beſtimmt urtheilen,
Dieſe Baſis ſehlt nun aber hier, alle dieſe Unterſuchungen ſi nd
daher hoͤchſt unbefriedigend, oder oberflächlich ausgefallen. Wir.
erfahren hier won der maraliſchen Anlage nichts näher, als daß
ſie auf irgend eine Weiſe von „der phyſiſchen verfchieden fey,
und auf irgend eine Welle Vernunft: and Zreyheit ‚su Veſtand⸗
sheiten habe. Ruͤckſichtlich des moraliſchen Geſetzes ſdigt nach
einigen Vorbegriffen, bey denen man aber auf das Weſen des
Willens und ſeiner Thaͤtigkeit nach Zwecken gar nicht naͤher
eingeht, eine Kritik der gewoͤhnlichern Formeln, unter denen
das Sittengeſetz ausgeſprochen worden iſt. Sehr oberfiͤchlich
werden die ſechs Formeln: handle vernünftig, folge dem Seas
wiſſen, die beyden Kantifchen, che naturgemäß, und huldige
dem abſolut hoͤheren, neben einander gelobt; nachher aber etwas
ſchaͤrfer die Principien der Organiſation, Gluͤckſeligkeit, Voll—
konnnenheit, des ſittlichen Geſuͤhls, des ſittlichen Geſchmacks
und der Befolgung des Willens Gottes beurtheilt. Im dritten
Abſchnitt wird durch einen aͤußerſt verworrenen Gedankengang
angedeutet, daß die moraliſche Triebfeder ans Achtung in Liebe
übergehen folle. Im vierten Abſchnitt werden wir. ganz abges
brochen auf die Zunge nach dem Verhältniß zwiſchen Moralitie '
und Gluͤckſeligkeit geführt, wobey einige allgemeine Begriffe
nad Kantiſchem Sprachgebrauch, gut und boͤs, im Gegenfag
mit wohl und übel; Würde und Preiß; Verdienſt, Schuld,
Zurechnung u. fe w. erörtert werden; der eigne Gedankengang
des Verf. aber fo unklar bleibe, daß wir ſelbſt nicht willen .
5
,
4.
.
⸗
232 Salats praktiſche Philo ſophie.
ob mir ihm nicht unrecht thun, wenn wir Ihm, wie es uns
ſcheint, Schuld geben, die ethifche Frage nad der Nebenord⸗
nung von Meigung und Pflicht in der Handelsweile des Mens
ſchen mit der religiäfen nach der Vertheilung der Gluͤckſeligkeit
nach Wuͤrdigkeit durch den Weltlauf verwechſelt zu Haben. In
Ruͤckſicht der letztern folgt er ganz der Kantiſchen Anſicht. —
Die Unterſuchung der aͤußern Verhaͤltniſſe (in feinem empiru
ſchen Theil der Moralphiloſophie) eroͤffnet ſehr zweckmaͤßig das
Verhaͤltniß zwiſchen Moralitaͤt und Legalitaͤt als Uebergange—
ſtufe von dem nur Innerlichen zur That. Anfangs werden
einige Nachweiſungen über die Willkuͤhr nachgeholt, um den
Unterſchied zwiſchen Geſinnung und äußerer That klar gu machen,
dann wird die Frage, ob der Menſch gut, oder boͤſe ſey, aus
führlicher erörtert. Ungeachtet mancher einzenen guten Bemen
tung gibt uns der Verf. auf die Frage ſelbſt nur die Antwort:
die Freyheit ift der abfolnte Erklaͤrungsgrund fo wohl des Guten
ale des Boͤſen. Das wird niemand leugnen, Aber das ent
ſcheidet ja nicht, ob der Menſch gut oder böfe ſey, und gibt
ung weber eine moraliſch noch religiös befrichigende Lehre. Nach
unſrer Meinung gehoͤrte die ganze Unterſuchung nicht hierher,
ſondern in die Religionslehre, aber Mangel an Unterſcheidung
des ethiſchen und religioͤſen Geſichtspunctes führe den Verf.
endlich gar zu dem Ausſpruch: Gutes und Boͤſes könne in
einem Menfchenherzen wie wahres und. falfches in einem Men
ſchenkopf yzufammenwohnen, welches, veligiös verſtanden, die
‚reine Idee des Guten ganz vernichten würde. Beylaͤufig wird
gegen Kant geſagt: zugegeben, daß die Untericheidung eines
thieriſchen, menſchlichen und perfänlichen Triebes für den nie
drigern Standpunst der Reflexion, Beobachtung, Paͤdagogik
u. ſ. m. einigen Werth haben möge, fo ſcheint fie’ doc aus
dem Sefihtspuncte der Philofophie ganz verwerflich.“ Aler⸗
dings find diefe Triebe nur verfchtedene Aeußerungsarten eine
Grundtriebes, aber ohne auf diefe "Unterfhiede der Aeußerung
unfrer willkuͤhrlichen Thaͤtigkeit Ruͤckſicht zu nehmen, wWird ſich
nie eine verſtaͤndliche Moralphiloſophie darſtellen laſſen. Dr
“
Galats pratsifche Philoſophie. 233
Verf. fett ihn ja. von Anfang an im Gegenſatz von Moralitäe
und Sluͤckſellgkeit voraus. — Berner Sitilichkeit im Verhaͤlt⸗
niß gegen Auſtand, "Sitte, Grazie, Odoͤnheit, Adel, Groͤße
der Seele — eine reichhaltige Zuſammenſtellung. Endlich
Moralitaͤt, Legalitaͤt, Rechtlichkeit. Sehr unzulaͤnglich werden
hier Rechtslehre und Moral nur durch den Gegenſatz von
Legalitaͤt und Moralitaͤt unterſchieden. — Die Abhandlung dee
empiriſchen Moral ſelbſt theilt er in Pflichteniehre, ZTugende
lehre und. Weisheitslehre. Ein Eintheilungsgrund if dafuͤr
nicht angegeben; die Theilung ſcheint für den Verf. ein ent⸗
lehnter Gedanke, indem faſt alles Material in die Pflichten
lehre fälle. Diefe euthaͤlt manche gut gelungene Ausfährung,
fie folge mit wenigen Abweichungen der Kantifhen Tugends
iehre, nur daß die Lichter gelegentlich durch den unbeſtimmten
Lieblingsausdruck des Verf.: „Vli auf das Höhere“, veligide
aufgehoͤht werden, und die Kantifchen Pflichten des Zufande®
im eingelnen für Staat, Kirche und Haus ausgeführt find.
Die Lehre von der Tugend hat Hier gar Bein eigenchämliches
Thema, Die einzelnen Bemerkungen beziehen ich alle auf Mo—⸗
mente, die in der Pflichtenlehre fehon da waren. Weisheis
nimme der Verf, ungefähr im Kantifchen Sinne, als Verbin
dung von Klugheit und Sittlichkeit. Uns fdyeint es nicht recht
paſſend, daß er fie über die Tugend erheben will. Tugend
gehört der Handlung, Weisheis der Erkenntniß; eine foldhe
quantitative Vergleichung findet alfo zwiſchen beyben nicht ſtatt.
Was er unter dem Titel: Weisheitslehre, gegeben hat, ift nur
Erörterung ihres Begriffs, ohne auf bie Klugheitslehre Teil
einzugeben.
In der Einteltung zur Religlonsbhilo ſophie ſcheint uns der
Verf. den: Einfluß der Wiſſenſchaft auf die religidfe Ueberzeut
gung zu gering anzufeßen. Allerbings vermag die Phtlofophie
nicht zu fchaffen, fondern nur zu entwiedeln. Aber dem roheften,
wie dem verfildetfien Irreligibſen fehlt es ja nur am Lebendige
werden der in ihm liegenden rellgiäfen Ueberzeugung, es fehle
ihm nur au ber Entwicklung, feines eigenen Glaubens, une
f}
)
234 Salats praftifche Philoſephie.
Diefe wird fich bey dem Verbildeten allerdings auch durch wih
fenfchaftliche Deutlichkeit der Begriffe einleiten laſſen. Daß de
Verf. die Religionsphitofophie als Metaphyfik der Nekigion der
Metaphyſik der Sitten an die Seite fegt, finden wir paflend;
feiner allgemeinen Unterſcheidung von Metaphyſik als Lehre
von ben ideen des Weberfinnlihen, Phyſik als Lehre vom
Sinnlichen, und Logik als Verſtandeslehre koͤnnen wir nit
beypflichten, indem fo bie Naturphiloſophie gang Übergangen,
voder faͤlſchlich von der Philoſophie ausgeſchloſſen wird. Sehr
aut bemerkt der Werf. ©. oo m. a. a. O., daß die Idee der
Ethik wiſſenſchaftlich der Neligiondiehre nothwendig vorausgehen
muͤſſen, aber die religidfe Idee ſelbſt ſcheint er uns in de
ganzen Schrift zu eng beichräntt zu baden, indem er die Jia
Ber Gottheit zum alleinigen Thema der Religionsiehre macht.
Gibt es denn nicht auch neben der ethifchen eine religioͤfe Idee
von der Beſtimmung des Menfchen, und vom Guten und
Bbſen? Und von einer andern Seite behält feine Nede uͤberal,
fo richtig fein Gedanke auch feyn mag, etwas ſchwankendes,
untlares, dadurch, daß feine Sprache bie religidſe Ueberzeu
sung (als Wiſſenſchaft, sber bloß als religioͤſes Gefuͤhh von
Ser Religisfiät ale Tugend nicht gehörtg ſcheidet, wiewohl er
der letztern eine eigene Unterſuchung gewidmet hat. Die Ru
Ugionslehre felbft wird in einen reinen Theil, weicher ‚die rei
giöfe Idee felbfk zum Gegenſtand bat, und in einen empiriſchen
Zeil getheilt, welcher ihre äußeren Verhaͤltniffe zur Erfehels
wung betrachtet. Der erfie Abſchnitt des erſten Theis Handelt
von der religidfen Anlage. Worzuͤglich wird ihr Verhaͤltniß zur
moralifhen Anlage näher erörtert, und ſehr gut gegeigt, wit
Sende aus ber gleihen Quelle unfers geiſtigen Lebens fliehen,
und nur in der Entwicklung aus einander weten. Allein auf
Bier ſchadet dem Verf. feine Manier der Wortbeſtimmungen.
Das Wort Religion bleibt fo vieldeutig, daß- dadurch haͤufig
Die Beſtimmtheit der Gedankens verloren geht," z. ©. in ber
yanıım Nachweiſung, baß bie ‚religidfe Anlage fi durch ein
Gefonderes Verhaͤltniß su Gefühl und Phautaſie von bi
‘
Galats praktiſche Sollofopbin — 2386
moraliſchen Unterſchlede. Oder wenn er ſagt: „jeder moraliiche
ſey religiöss, jeder veligiöfe moraliſch.“ Freylich der Anlage
nach. Aber in der Entwidiang unfrer Geiſtesbildung iſt Im⸗
moralitaͤt ſedesmal Schler des Eharakters, Irreligioſitaͤt kann
oft nur Fehler des Urtheils, Irrthum ſeyn, und in ſofern ſind,
des Verf. Behauptungen unrichtig. Offenbarung und Vernunfi⸗
religion werden einander gleich geſetzt durch das bekannte Wort⸗
ſpiel, indem man Offenbarung. nicht in der eigenthämlichen
Bedeutung ber. Religionslehre, fondern in dir allgemeinen
philsfophifchen nimmt, wo das Wort eine unmittelbare Webers
jengung dee menſchlichen Vernunft bedeutet. So fagt der Sup
das Begeutheil von dem, was er zu fagen fcheint. "Durch die
dabey erwähnte Idee der Erziehung des Menſchengeſchlechts
dur) die Vorſehung wird Hier auch nichts gewonnen. JR
denn die allmaͤlige Ausbildung des menſchlichen Geiſtes in det
Zeit nicht eben fo gut eine Raturerfheinung, wie jede pſycho⸗
logiſche? Auch den Ausdruck natuͤrliche Religionslehre lehnt
der Verf. aus unzulaͤnglichen Gruͤnden ab. Denn er fest fie
nicht wie der allgemeine Sprachgebrauch als eine durch eigne
Einſicht zu erhaltenpe Lehre der pofitiven-auf fremde Autoricät
Stgrändeten entgegen, fondern bemerkt nur, daß der Gegent
Rand der Neliyionsichre das uͤbernatuͤrliche ſey, was hier nichts
entfcheidbet. Der zweyte Abfıhnitt Handelt won der unmittelbes
ren Ueberzeugung, daß ein hoͤchſtes Weſen ſey. Vorzuͤglich
wird weitlaͤuftiger erörtert, von welcher Art unfre religiäfe
Ueberzengung fen. Der Verf. nennt fie’ eine Vereinigung von
Stauben und Wiſſen, fcheint uns aber darin dem Sprachges
brauch mehr Gewalt anzuthun, als dem einzelnen Philoſophen
erlaubt if. Er will nur eine Bedeutung des Wertes Glaube,
naͤmlich Ueberzengung der Vernunft gulaffen, dagegen das Wiſſen
die Ueberzeugung des Verftandes fen. Hierbey iſt die gewoͤhn
liche ſogiſche Bedeutung des Worte Glaube ganz vernachläffige,
und die Erklärung des Willens als Ueberzeugung des Berflans
des, können wir ihm gar nicht gelten laffen. Eigene Ueberzen⸗
gung des Verſtaudes iſt ja nur Die in den leeren Denkgeſetzen
236 BGaalats prattiſche Philoſerbie.
ber. Logik, oder wenn er es fo nicht. nehmen milk, nur die
Deutlichkeit deg Erkenntnis im Gegenſatz der dunkeln Worfich
fung, womit bier gar nichts gewonnen wird, und zwiſchen
welchem der Verf feine Gedanken unbeſtimmt gelaffen bat.
Bey der Kritik der gewöhnlichen Beweiſe früherer Schuien für
das Dafeyn Gottes herefcht eine Machgiebigkeit gegen unbe
holfne Ausdruͤcke und ein Nichtachten der logiſchen Otrenge
deſſelben, welche man. der Wiſſenſchaft nie geſtatten ſollte. Dear
dritte. Abſchnitt fpeicht von den Eigenfchaften Gottes. Dear
Werf. fagt: man muͤſſe Heiligkeit, Sütigkeit, Gerechtigkeu
als primäre, Alwiffenheit und Allmacht als ſecundaͤre anfehen;
Folgen diefer ‚find Weisheit, Worfehung, Seligkeit. Endlich
Gott ale abſolute Vernunft, Perſoͤnlichkeit, Geiſt. Vierter
Abſchnitt. Verhaͤltniß Gottes zur Welt. Der Gottheit als
Uebild wird der Menſch als Nachbild, die aͤußere Natur als
Sinnbild an die Seite geſetzt. — Verhaͤliniß dee Schöpfere
zum Gefchöpf, dabey die Linfterblichkeit des Deenfchen, dann
Vorſehung, Weltregierung, Sieg des Guten, religidfe Tugend,
Froͤmmigkeit, Demuth, Geduld, Hoher und ſtarker Murh —
Glaube, Hoffnung, Liebe — Belehrung, Neue, Wergebung,
Verſoͤhnung, Stenfe, Genugthuung — Andacht, Gehe, Wun⸗
der und Geheimniß. So viel gute Bemerkungen gegen neuste
moſtiſche Borfiellungsarten in Deutſcher Philofophie. hier vor
Sommen, fo fcheint uns doch der Verf. in. feiner unklaren
‚Sprache den herfömmlichen Werftellungsärten zu viel nachzuge⸗
ben. Seine Lehre von Unſterblichkeit und Weltregierung en
hebt fich nicht Über Raum und Zeit, und ‚das beſchraͤnkt Bild⸗
liche der Vorſtellungen von Verſoͤhnung und Strafe tft nicht
Tenntlich gemacht. — Der. zweyte heil betrachtet die Religion
im Gebiet der Erſcheinungen. Weſen und Form im Abſicht
auf das Religioͤſe. „Ext da kann Religian erſcheinen, wo ſich
die Cultur bis zum Gewiſſen, zum Bewußtſeyn des Sittlichen
erhoben hat.“ — Monotgeismus und Polytheismus,. Chriftens
tum und Heidenthum — Pofition in Abficht bes veligidien,
Dogma, Dogmatisuns, Aberglande. — Negation. in Abfidt
Galats praftifche Philoſophie. 237
des Religioͤſen, Religionsfreyheit, Skepticismus, Unglaube. —
Kirche, Katholicismus und Proteſtantiemus, Staat und Kirche.
Die dritte Meine Schrift enchält nur einige Andeutungen
über ihe Thema. „Einfeitigkeit des Werfiandes und Mißbrauch
feiner Formen mußte verderblih auf die praftifhe Phitofophie
wirken, und die. Oftentation mit leeren Formen mußte bald
ermuͤden.“ Der Verf. thut unrecht, dieſen Fehler eben dee .
kritiſchen Philoſophie zur Laft zu legen. Er ift weis Alteg, die
fritifche Philoſophie hat uns gerade darüber zum Selbſtver⸗
ſtaͤndniß gebracht. „Als man biefen Fehler kennen lernte, griff
man nach dem andern Extrem, indem man das Leben mit der
Schult verwechielte, Naturlehre und Religion, Philoſophie
und Dichtung mit einander verwirrte. Auch dieß vernichtete
die praktiſche Philoſophie und ſchreckte in ſeinen Uebertreibun⸗
gen von aller Philoſophie, ab.“ Aus dieſen nennt dann bet
Verf. als Gruͤnde des gefunfenen Intereſſes an der Philoſophie
die drey: Wechfel der Mode, beleidigtes Gefühl fo manches
beſſeren, den die Ausfläfe der Einfeitigkeit zuruͤckſtießen, und
betrogene Hoffnung bey dem befländigen Wechfel der Oyſteme.
Wir würden neben dieſem zweyerley für das enticheidentfte hal⸗
gen, zum guten, den für Die Schule wiedergefundenen Glauben,
zum ſchlimmen, die verlorne Sprache. Nach des Rec. Mei⸗
nung koͤnnen naͤmlich philoſophiſche Unterſuchungen erſtens nur
dann ein lebendiges, oͤffentliches Intereſſe behalten, wenn dag
Öffentliche Urtheil eines Volks philoſophiſche Fragen aufgibt,
ohne die Antwort gleich Hinzu zu finden, Denn Fragen beantr-
worten, die niemand aufgegeben hat, erregt feine Theilnahme,
und Antworten geben, die jedermann kennt, eben fo wenig;
zweytens, ‚bey uns kann fih die Schule mit philoſophiſchen
Unterfuchungen nur geltend machen, wenn fie im Beſitz einer:
unter firenger logifcher Discipfin gehaltenen Sprache if, denn
nur dadurch kann flejüber philoſophiſche Gegenftände mehr und
beſtimmteres wilfen, als was durch bie allgemeine Ausbildung
unfrer Sprache ſchon im gemeinen Leben in die Bemalt eines
jeden: omint. Wergleichen wir damit den jetzigen Zuſtand der
238 Galats praktiſche Bhilefophie.
Philofophie in Deutſchland. Die philoſophiſchen Fragen, welche
allein ein oͤffentlich lebendiges Intereſſe erregen, ſind die Grund⸗
fragen unfeer religioͤſen Ueberzengung, die Fragen nach dem
ewigen Leben und nach dem Daſeyn Gottes. Dieſe fachten
auch das neuere Leben in Deutſcher Philoſophie an; indem die
kritiſche Philoſophie dem darüber ſeit lange desorientirten
oͤffentlichen Urtheil verſprach, zur Ruhe und erwuͤnſchten Ge
wißheit zu verhelfen. Sie hat auch Wort gehalten; aber nicht
mit geometriſchen Demonſtrationen, ſondern dadurch, daß ſie
den Glauben wieder in die Schule einfuͤhrte. Allein eben du
‚durch iſt nun die Schule um nichts Mäger geworden, als ſich
ein jeder ohne fie auch dunkt, natürlich mußten alfo ihte lin
terfuchungen mit der Entfcheidtung der Sache ihr populäres
Intereſſe verlieren. Dazu kommt nun noch eine Rächwirkung
vom Verderben der Sprache. Durch diefes wird es niemand
Mar, wozu die Philoſophie den gelehrten Befchäften eigentlich
dienen folle, und damit mache fich jest das ‘öffentliche Urtheil,
fie nuͤtze uͤberall dem Leben nichts, philoſophiſche Religionslehre
»tauge dem Theologen fo wenig als Naturrecht dem Suriften,
und Naturphilofophie dem angäbenden Arzte. Das der'®gale
gefährtiche an der Sache ift denn eigentlich der, im ber ger
wiſſermaßen herrſchenden Schule vorhandene Ruin der Schul⸗
ſprache, durch die Zerbrechung aller Feſſeln der Logik. Dieſes
Verderben geht von den Formeln des ſetzenden und entgegen
fegenden Ich in Fichte's Wiſſenſchaftslehre aus, erhält fih
durch alle Abänderungen der Formelſprachen in der fogenannten
Naturphilofophie, und fpriche fh am naivſten bey denen aus,
die den Sag vom Widerſpruch in das Gedankenſyſtem der
Spießbürger verweiien, um ben Genius der Philoſophie feiner
Herrſchaft zu entziehen. Seitdem fo die philoſophiſche Schul⸗
- fprache alle feſte Regel verloren hatte, mußten die meiſten
Schüler unter dem Philofophiren wicht mehr. die Kunſt tie
Wahrheit deutlich darzuſtellen, fondern die Geſchicklichkeit ven
ſtehen, gewöhnliche Gedanken fo auszuſprechen, daß fie nad
Wunder was Klingen. Beſonders geht da den Bchälen die
Galats praltiſche Philoſophie. 239
Kenntniß deſſen verloren, was philofsphifche Ableitung der
Wahrheit feyn fol, daher fehen wir fo manchen Anfänger in
der Meinung, er Habe auch. fein Syſtem der Philoſophie, ine
dem er fich die Begriffe aus dem Regiſter philoiophifcher, oden
phufitalifcher Werke nach Dupficitäten geordnet hat, ohne irgend
eine wahre Abfolge der Gedanken. Eben in ber norhiwendigen
fitengen logiſchen Disciplin der Sprache liegen die Schwierige
keiten eines feſten Fortſchrittes in der philofophifchen Ausbile
dung. Sn einer Sprache mit ſchwankenden Wortbedeutungen,
in einer Sprache, in der die Bilder mit ber Sache ſelbſt vers
wahren find, laͤßt ih nur philofophiih träumen, aber nicht
philofgphiren. So if aber die energifchte die aus Fichtes
Spradhverwirrungen hervorgegangene Kunſtſprache beichaffen.
Da ſpricht man phllofophiih von einer Geburt Gottes, oden
nennt die Gottheit einen ewigen Abgrund, aus dem die Dinge
geboren werben, und. bedient fh, wie Schelling in feiner
neueften Abhandlung über die Freyheit, jenes alten Kunſtgriffa
der Myſtiker, daß man den Gedanken zwifchen die Segenfäße
eines Widerſpruchs einflemmt, und fi einbildet, fo das uns?
ausiprechliche ausgefpeodhen zu haben. 3. ©, das Böfe iſt im
der Welt nicht eine Bedingung des Guten, fondern damit das
Sure ſich zeigen koͤnne; Gott iſt der Urgrund, oder eigentlich
der Ungrund aller Dinge, ein Nichtſeyn ohne Nichts zu ſeynʒ
die Liebe verbinder folhe, deren jedes für ſich ſeyn eönnte,
und ‘doch nicht iſt und feyn kann ohne dag andere. So mache
man leicht lange tönende Neden, deren ganzer einfacher Sinn
deutlich ausgeſprochen lautet: lieber Freund, das verfiehe- ich
fo wenig als du. Solches rhetorifhes Spielzeug kann eine
Zeit lang unterhalten; wird nachher aber feine Leerheit gefühlt,
ſo erſcheint es abgeſchmackt und wird dann leicht der naͤchſt
folgenden Zeit das Intereſſe an philoſophiſchen Unterſuchungen
gberhaupt verleiden. |
« %
. ©
[ \
240 Arndt Briefe an Freunde.
Briefe an Freunde, von E. M. Arendt. Altena, bey SH. F. dam
merich. 1810. 308. (1 Rthlr. 4 gr.)
Zwey Sammlungen von Briefen voller Feuer and Flamme,
geihrieben in den Jahren 1805 und 1807 an zwey gleichführ
lende liebe Ereunde, über Gegenflände des Lebens und das
Leben ſelbſt, Briefe, die aus dem Herzen kamen, und auch
wieder zu Herzen gehen, jedem zu wuͤnſchen, und zu empfeh⸗
In, dem Individualität etwas if. Wir fagen: Indi⸗
vidualitaͤt, weil heut zu Tage man nur nad Allgemeinheit,
um nicht gar zu fagen: &emeinheit, fireben foll. Hier erblickt
Man einmal wieder einen Mann, den Schulweisheit nicht bu
thoͤrt, dem Zrauenempfindelen den Sinn nicht verkehrt, ben
Weltklugheit nicht ab geichliffen, ben Ereigniffe und Begeben⸗
heiten nicht gebeugt haben ; immer den alten, feflen, troßigen
‚und weihen Mann, der dem Leben kühn entgegentritt, und
es handhabt, der aber auch weiß, wie TÜR und Schön Das Leben
iſt. Viel iſt in diefen Briefen niedergelegt‘, das jeden, bädte
er bierüber auch von dem Verf. noch fo verfchieden, im San
zen dennoch anziehen muß; viel wird der finden, der einmal
on der Welt RG uͤberlaſſen, und ähnliches erfahr
ven Hat. .
Sollen wir den Inhalt beyder Sammlungen angeben,
fo fagen wir: die erfte fey eine Warnung über, vor und bey
"allem Gehen und Hören und Sprehen das Denten, und bey
and über diefem das Leben niche zu vergefien , was leided.nur zu
vielen begegnet. Die zweyte ift eine Apologie der Kennen
ohne daß ihre ‚minder vortheilhaften Seiten weiter in Schuß
genommen mürden. Nebenbey find aber, wie fich erwarten
aß, noch viele fhöne Bemerkungen über deal, Schoͤnheit,
Studententhum, Nachrichten über die Jugend des Verf., und
ſcharfe, doch gerechte Urtheile Über Deutſche Schriftfteller, als
Goͤthe, Sciler, Jean Paul mitgetheilt. Won der Behandlung
and Darftellung fprehen wir kein Wort, da fle ja eben im
Aeußern die Individualität.ung fund thun. Und wer follte au
Arndt nicht iennen? Auszuͤge können wir auch nicht geben,
weil ein ſolches Unternehmen ein verfehrtes feyn wärde Wir
fodern nur alle auf, die dieß Werk nicht kennen folten, es
fogleih gur Hand -zu nehmen, und zu lefen, und find uͤber⸗
zeugt, daß fie es nicht eher weglegen werden, ale big es In
ihnen Zleifh und Blut geworden iſt. Und iſt dieß der Sal,
dann freuen wir uns für unfern Anıheil, etwas zur allgemeß
nen Bekanntmachung dieſes Buchs beygetragen zu haben.
— —
No. 16. Heidelbergifche 1811.
Jahrbuͤcher der Literatur.
Rechtsfälle, zur Erläuterung der Gerichtsverfaffung und Proceßord⸗
nungen Weſtphalens. Herausgegeben von D. B. W. Pfeiffer,
Eubilitut des königlichen Generale Brocureurs am Appellaions⸗
hofe des Königreichs Weſtphalen. Erſter Band, Erſtes Stück.
1410 ©. Zwevytes Stück. 141 — 200 S. Anbapg 52 ©,
Hannover, bey den Gebrüdern Hahn. 1810. 8. .
Sean ganz mit neuen Rechtsformen verfehenen Staate,
und ben der Einführung einer fich über die mehrften Rechtsge⸗
genſtaͤnde erſtreckenden, zum Theil ganz neuen und eigenthuͤm⸗
lihen ®egislation, muß alles, was zur genaueren Kenntnig und
zur richtigeren Anficht diefes neuen Nechtszuftandes in. feinen |
mannigfaltigen Beziehungen beyträgt, und wodurch eine vers
beſſerte Einficht deffelben verbreitet wird, mit Dank aufgenoms
men werden. Solche Bemuͤhungen erhalten gerade durch den
Zeitpunct, in den fie fallen, noch einen eigenthüämlichen Werth
und eine befondere Wichtigfeit; einmal wegen des großen Eins
fluffeg, den fie auf die weitere Ausbildung der neuen Formen,
und auf die Nichtung, welche die angehende Praris nehmen
wird, zu haben pflegen, und der ihnen bey der, durch Die
Ungewohnheit der neuen Verhaͤltniſſe erhöheten Empfaͤnglichkeit
und Bildſamkeit nie ſehr ſchwer fallen kann; fodann aber aud) .:
deswegen, Weil nicht leicht zu irgend einer andern Zeit dag
Beduͤrfniß nah ihnen fo dringend iſt, wie gerade in diefem
Augenblide, wo das dur fo verſchieden., zum Theil in der
Natur der Sache liegende Umftände begänftigte Auftreten fo
vieler unbderufener Lehrer und Meifter, die bey dem Drange
des augenblicklichen Bedärfniffes flets ihr Publicum firden,
einer im echten Geifte der neuen Ordnung der Dinge zu beförs
dernden weiteren Ausbildung derfelben fo schädlich und gefährlich
u ı6 .
u |
242 Pfeiffer Rechtsfaͤlle.
gu werden drohet. Rec. hält daher die vorliegende, zur Erı
läuterung ber. Serichtsverfaffung und der Procefordnungen
Weſtphalens beſtimmte Sammlung von Nechtöfällen. fr ein in
jedee Hinſicht fehr verdienfieolles Unternehmen. Zwar wird
fih einem unbefangnen Beobachter des Ganges der neueſten
juriftifchen Literarur über die neuen Franzöfifchen Sefeßgebungen
leicht die Beforgniß aufdrängen, ob nicht durch eine zu große
. Aufiperffamteit und zu ängftlihe Anhänglichkeit an den jebes
maligen Gang und die jedesmalige Richtung der Praxis der
. Gang der · freyen Unterſuchung gehemmt, und das ſelbſtſtaͤndige
Studium unterdruͤckt, und fo durch Arbeiten, wie die vor
liegende, mehr gefchadet, als genußt werden dürfte, — eine
\ Beſorgniß, die nicht nur in vielen Hinſichten durch unſere
‚Bisherige Schriftſiellerey in dem Felde dieſer neuen Geſetzge
bung, fondern auch durch die ganze Beſchaffenheit unfger jur
ſtiſchen Lectuͤre, und eime fchwerlich richtige Beurtheilung und
Schaͤtzung des Werthes und Anfehens der Entfcheidungen
unfrer Ueberrheinifhen Nachbarn gerechtfertigt ſcheint. Allein
dem Verdienfte des Verf. kann dieß um fo weniger. Eintrag
thum, als die ganze Einrichtung des vgrliegenden Werkes deut
lich zeige, daß die fammtlichen in demfelben mitgetheilten Env
fheidungen, wenn nicht gleich anfangs in Folge des vom Lerf.
befleideten Amtes unmittelbar aus feinen eignen Unterfuchungen
hervorgegangen , do in jedem Falle nachher durch. diefelben
gewiſſermaßen fein Eigenthum geworden find. Meiftens geht
namlich einem jeden Rechtsfalle eine wiſſenſchaftliche Unterſu—
chung über den in Stage ſtehenden Rechtsfall vorher, fo daß
durch die nachher folgende richterliche Entſcheidung nicht fomohl
die Nichtigkeit des vorher ausgeführten Satzes beweifen, als
vielmehr derfelbe nur deutlicher, und die ihm zum Grunde lie
genden factifhen Verhaͤltniſſe anſchaulicher gemacht werden
folen. Nur fehr wenige Stellen haben beym Nec. den Wunſch
erregt, daß der Verf. die oben berährten Ruͤckſichten lebhafter
wor Augen gehabt haben möchte, wie eine detaillirte Anzeige
Pfeiffer Nechtsfaͤlle. 243
des Inhalts, zu welcher Mer. nun absrgeft, noch naͤher zeigen
wird.
Heft I. At handl. 1. Bey Beſtimmung der Ap—
ptllationsſumme werden auch Zinſen, in ſofern
fie [bon Gegenſtand der Klage waren, mitge—
tehnet. Die. Nichtigkeit dieſes Sabes für die Franzoͤſi ſche
Prozeßordnung it feinem Zweifel unterworfen, weil ihr zu—
folge die Beurtheilung der Frage, ob eine Sache zur Appellar
tionsinftang -erwachfen fen, Tediglich nah dem Betrage. des
Prozeßgegenſtan des ohne Ruͤckſicht auf den der Beſchwerde, DEE
benscheite wird. - Der Verf. fucht dieſen Satz auf) in Anſe⸗ |
hung der Weftphälifchen Proceßordnung zu vertheidigen, öbr
wohl der Art. 353 ausdrücklich die Wefchwerdenfumme als
Maßſtab der Devsiution aufftellt. Doc) vermißt man pofitive -
Gruͤnbe, und die in dem, im koͤnigl. Decrete vom 27. San.
1808 Tit. III. Art. 4. vorkommenden Ausdrude: Haupt⸗
fumme, enthaltenen Einwuͤrfe werden vorzuͤglich mit der Be⸗
merkung beſeitigt, daß hier ein Mangel an Genauigkeit im
Ausdrucke zum Grunde liege, und es ſtatt Hauptſumme,
Hauprgegenſtand heißen muͤſſe. Allen in ber neuen,
vorzäglih in Anfehung der Deutſchen Ueberſetzung ſehr ſorg⸗
faͤltig revidirten Ausgabe der Geſetzbulletins iſt dieſer Aus⸗
druck, wie es ſcheint, nicht ohne Abſicht beybehalten, und in
einem Schreiben des Juſtizminiſters vom 2. Maͤrz 1810 wird
ausdruͤcklich erklaͤrt, daß die Zinſen, als bloße Nebenſache, bey
der Beſtimmung bee Competenz nicht mit in Berechnung Toms
men koͤnnten. Der Verf. hat daher auch felbft Heft II. No.
XV. feine Meinung zurückgenommen. — H. Die Infinuas
tion der Appellationsangeige an den In erfier
Inſtanz beftellten Anwald ift nichtig, und die
Appellation ſeübſt wird in diefem Kalle mit dem
Ablaufe der gefeßlihen Frift deſertz S. 9—23,
vorzüglich aus dem Grunde, weil die auf die erite Inſtanz
beſchraͤnkte Anwaldsbeftellung mit erfolgte Urtheil aufhört,
244 Pfeiffer Rechtsofaͤlle.
und mit ihr auch die Vermuthung des bey dieſem Anwalbe
gewaͤhlten Wohnſitzes wegfaͤllt, die Appellationsanzeige aber
ſchon die erſte Handlung der zwepten Inſtanz iſt, durch zwey
Rechtsfaͤlle belegt, wovon der letztere noch die Frage mit be
ruͤhrt, in wiefern der Appelat noch während des Lanfes der
Appellationsfrift eine Audienz auswirken koͤnne, um Die gu
fhehene Appellationsanzeige für nichtig erfiären zu laffen. Dre
App:lationshof entfchied verneinend, wogegen jedoch der Verf,
wie Rec. glaubt, gegründete Zweifel erregt. III. Kann bey
Berechnung der Appellattionsfrift der Tag bet
Sinfinuation des Urtheils und der Des Ablaufs
der Friſt mitgezählt, auch dabey auf die Entfers
nung der Wohnfige Ruͤckſicht genommen werden.
Der Verf. äußert nicht beſtimmt, wie wir gewuͤnſcht Bätten,
feine Meinung über diefe fehr beftrittene Frage, ſondern theilt
nur ein Erkenntniß des’ Appellationshofes zu Bourdeaux vom
16. Zebr. 1808, und. ein anderes des Appellatienshofes zu
Beſançon „vom 27. Dec, 1807 mit, welche beyde die aufge
ſtellte Frage verneinen, es kam jedoch beym zweyten Fol,
welcher die bey dem Verfahren über die Arreſtanlegung aufm
mobilien vorgejchriebene beſondere Appellationsfrift betraf, noch
der Umſtand Hinzu, daß, wenn man auch den Tag der Ins
nuation wegnehmen wollte, dennoch die Appellation nicht bin
nen der gefeßlichen Frift interponirt war. IV. Summari—
ſche Sadhen werden in der Appellationsinftanz,
ohne vorgängige Snfinuation einer Beſchwer—
denfchrift, zur Audienz gebracht, und bloß mündı
lich verhandelt. ©. 35—5g, denn die bloße Appellationes
anzeige leifter bier das nämliche, was die fummarifche Klage
In der erften Inſtanz leiſte. V. In wiefern if eine
Vorladung gültig, welche nicht dem Vorzuladens
den in Perfon infinuire worden if. S. 59—50
Diefe Abhandlung betrifft den Art. 18 der Proceßordnung, we
bioß Verwandte und Dienftbothen als diejenigen genannt find,
}
Pfeiffer Rechtsfaͤlle. 245
an welche in Abweſenheit des Vorzuladenden die Inſinuation
rechtsbeſtaͤn dig geſchehen kann; der Art. 68 des C. de pr. fügt
ihnen noch die Nachbarn hinzu. Der Berf. ſucht den Geiſt
dieier Beftimmungen duch Mittheilung mehrerer Urtheile Frans
zoͤſiſcher Appellationshöfe' zu entwickeln. Ihnen gufolge ges
fhieht die Snfinnation nicht gültig an einen mit dem Vorzu—
ladenden in dem nämlichen Haufe wohnenden Miether, fo wie
an den Bruder des Vorzuladenden, wenn er einen von dem—
felgen verſchiedenen abgefonderten Wohnort hat, gültig aber
an den Dienftbotyen eines mit dem Vorzuladenden zufammens
wohnenden Bruders. Mit dem vom Verf. hier angegebenen
Srunde diefer Deutung, daß nämlich der Gefesgeber bey Be—
fimmung ber Perjonen, an welche eine Sjnfinuation an der
Stelle des Vorzuladenden ‚bewirtt werden koͤnne, vorzüglich
darauf gefehen habe, ob diefelßen mit diefem sufammenwehnten,
und daß die wirklich genannten nur beyſpielsweiſe als ſolche,
bey denen dieſe Vorausſetzung gewöhnlich eintrete, angegeben
ſeyen, kann Rec. nicht einverſtanden fern, ſonſt müßte ja die
Vortadung auch an die Miether deſſelben Hauſes guͤltig ger
ſchehen koͤnnen. Außer dem Factum des Zuſammenwohnens
ſcheinen noch andere Verhaͤltniſſe mit dem Vorzuladenden be⸗
ruͤckſichtigt zu ſeyn, wodurch es wahrſcheinlich wird, daß dem
Vorzuladenden die Inſinuation auch wirklich zugekommen ſey.
Ueberhaupt ſieht Rec. nicht ein, warum die an den Miether ger
ſchehene Infinuation nicht aus dem Geſichtspuncte einer an einen
Nachbar geſchehenen Inſinuation aufrecht erhalten werden kannte.
VI. Der Mangel einer genauen Bezeichnung der
Derfon, welder eine Borladung zugefteltt
wurde, macht die Sinfinuation nichtig. Durch diefe
Bezeichnung foll das Inſinuationsdocument zugleich den Beweis
enthalten, daß die Worladung einer ſolchen Perfon zugeftelle
worden, welcher fie gültig. gugeftelle werden konnte. Wie diefe
Bezeichnung gefhehen muͤſſe, fchreibt der Art. Gı der Franyds
ſiſchen Proceßordnung nicht vor, daher der Verf. aus mehreren
a
N
246 Pfeiffer Rechtsfaͤlle.
ErfenntniffenSeangöfifher Gerichtshöfe einige Regeln hierüͤber
zu abftrahiren bemüht if, denen zufolge diefe Bezeichnung
nicht nothiwendtg durch die Angabe des Namens zu gefchehen
braucht, fondern auch gültig durch eine Befchreibung der Per
fon, nah ihrer Eigenfhaft und ihrem Verhältniß zu dem Bor
"geladenen, ‚gefchehen kann. Der Art. 7 der Weſtphaͤliſchen
Prozeßordnung fordert aber beſtimmt die Angabe des Na—
mens der Perfon, welcher die Vorladung zugeſtellt wonrde,
und Rec. glaubt daher nicht, daß in deren Ermangelung eine
der vorher erwähnten Arten der Bezeichnung die Inſinuation
als gültig aufrechte erhalten könne. VII. Unter den von
einer Behörde der öffentlihen Verwaltung eins
gegangenen Verträgen find nur diejenigen der
gewöhnlihen Berichtsbarkeit entzogen, welde
auf den Öffentliher Dienft unmittelbar Bezug
haben, und ihrer Natur nah von dergleichen
Behörden abgefhloffen werden fönnen. ©. 87-69.
Durch ein Erkenntniß des Weftphälifchen Appellationg » und
Eaffationshofes beſtaͤtigt. Nach dem königlichen Decrete vom
24. Des, 1807 Art. 25 muͤſſen fih We, Parteyen, die in
foihen Fällen durch die Operation der Regierung beeinträchtigt
zu ſeyn behaupten, mittelft Bittſchriften an den Staatsrath
wenden, und das Verfahren vor demfelben iſt eigentlich nur
eine Entſchaͤdigungsklage. VIEL Kein Staasbeamter
fann wegen Dienfiverlegungen, oder Vergehen,
fo geringfügig - und “ohne Einfluß auf feine
Amtsverrihtungen bdiefelben auch feyn mögen,
vor Gericht geſtellt werden, ohne vorgängige
Entfheidung des Staatsrarhs. Durch zwey Erkennt
niſſe des Weſtphaͤliſchen Kaffationshofes beftätige. Rec. Meis
nung nad) hätte der Verf. diefen Sag noch genauer beſtimmen
müffen, als es S. 7ı gefchehen iſt; er will nur an die Um
tegelmäßigkeiten der Huiſſiers bey ihren Amtsverrichtungen, der
Notarien, ja auch an die Weberfchreitung der Sporteltare voR
Pfeiffer Nechtofäne. 207
Seiten der Friedensgerichte erinnern. IX. Die, bey Eins
führung der neuen Gerichtsverfaſſung, in ihrem
vorherigen Geſchaäftskreiſe vorläufig beybehals
tenen Handelsgerichte find an die allgemeinen
Borfhriften Über das gerihtlihe Verfahren
gebunden, Facultatsurtheile, welche nach Eins
führung der neuen Gerichtsverfaſſung publicirt
wurden, find nihrig, wenn gleich foldes im Nas
men Des jeßt competenten Tribunals gefhah.
S. 77-—-8. Mit einem Erfenntniffe des Caſſatio*hofes
belegte, welcher ein Erkenntniß der Göttinger Suriftenfacultät
aufhob, welches nad dem, die Serichtsverfaffung anordnenden
Eönigl. Decrete vom 27. Jan. 1808 publichrt worden mar.
Das Rechtsmittel der. Revifion, worüber die Goͤttinger Suriftens
facuftär fprach , war aber bereit am 26. Sept. 1806 eingelegt,
dee Actenſchluß und deren Verſendung vor Einführung der
neuen Serichtsverfoffung erkannt und nachgeſucht, und die Acten
vor derſelben bey der Facultaͤt eingelangt. A. Dem Appel—
lanten ſteht es frey, die Fehler einer nichtigen
Appellationsanzeige durch deren Wiederholung
binnen geſetzlicher Friſt zu verbeſſern, wenn
gieich über jene Nichtigkeit von dem Gerichte
nicht zuvor erkannt worden if. S. 85—9ı. Der
Gegner berief fih vorzuͤglich auf die, durch die‘ frühere Appels
lationsangeige begründete Litispendenz, die auch durch eine Ents
fagung jener nicht gehoben werden könne, weil ber Abſtand
von einem rechtshaͤngigen Proceſſe nur mit beyderſeitiger Ein
willigung sgefchehen könne. Der Appellationshof nahm indeffen
ganz richtig an, daß die Nichtigkeit der früheren Appellationss
anzeige der Begräudung einer Litispentdenz obftire, und folglich,
da von einem Abflande vom Proceſſe nicht die Rede feyn koͤnne⸗
eine einſeitige Entſagung allerdings zulaͤſſig ſey. XI. An wie
fern kann in peinliden Sachen die Behauptung,
daß der Richter die Eriftenz, eder Michterifteng
ww
N
218 Pfeiffer Rechtsfaͤlle.
eines Verbrechens ohne hinreichenden Srunb
angenommen habe, zur Begründung eines Eafs
fationsgefuches gebraudt werden. ©. ge — 111.
Die Frage hätte wohl etwas genauer befiimmt werden können,
denn jo, wie fie geftelle iſt, follte man glauben, es fey Bier
. bloß von der Conftatirung eines Corpus delicti im allgemeinen
die Rede, da es doch vorgüglic auf die Frage, ob und wie
weit ein Verbrechen einem beftimmten Individuum imputirt
„werden koͤnne, ankommt. Der Verf. gefleht felder, daß das
die peinliche Gerichtsordnung enthaltende Gefeg vom 19. Aug.
1808 über die aufgeftelte Frage feine beſtimmte Vorfchrift ents
Halte; nichts defto weniger deducirt er aus zwey mitgetheilten
Erkenntniſſen des Caſſationshofes eine ‚Theorie, von deren
Richtigkeit fih Res. keineswegs überzeugen kann. Es foll
nämlich darauf anfommen, ob die Entſcheidung über die Epifteng
oder Nichteriftenz eines Verbrechens die Eröffnung einer peins
lichen Anklage gegen den Angefchuldigten, oder deffen endliche
Verurtheilung oder Losfprehung zum Zweck habe. Sin diefem
Falle fol keine Caſſation ſtatt finden, wohl aber in jenem, weit
hier in. dem gefeßlichen Gange bes Verfahrens gefehle fey, und
zwar. in Bolge des Art. 17, des Gefeßes vom ıg. Aug. 1808,
worin es heißt, daß das peinlihe Bericht, wenn es hinlaͤng⸗
lie Verdachtsgründe, um auf die Einleitung des peinlichen
- Verfahrens zu erkennen, wahrnehme, die Verfügung über Die
Aufſetzung der Anklageurfunde erlaffen folle. Im Geſetz
ſelber iſt dieſe Diſtinction nicht begründet, denn das Fönigliche
Decret vom 24. Decbr. 1807, Art. a8, laͤßt nur in dem Falle,
wenn offenbar dem Geſetz zuwider erfannt, oder erweislich
gegen die Kormalitäten gefehlt worden, Cafation zu. Die
unter dieſem allgemeinen Grundſatze enthaltenen einzelnen Fälle
find zwar in dem Gef. vom 19. Aug. ı808, Art. 119, 113,
und in dem fönigl. Derrste vom 2o. May 1809, Art. ı8,
ſpeciell aufgeführt, allein “der Verf. gibt zu, daß der hier in
Frage fiehende Fall unser keinen derfelben gebracht werden könne.
Pfeiffer Rechtsfaͤlle. 249.
Sie der Verf. nun bloß durch die Worte des Art. 17 db
Sefeges vom 19. Atıg. 12808 feine Diftinction rechtfertigen
will, ſieht Rec. nicht ein, denn fo wie ohne hinlängliche Des.
weismittel kein condemnatorifhes Urtheil abgegeben werden
darf, eben fo wenig darf ohne. hinlängliche Werdachtegrände
die Aufjeßung der. Anklageurkunde verfügt werden, wie daraus
aber ein Schluß auf die Starthaftigkeit des Caſſationsgeſuches
in dem letztern Falle, und auf die Unftatshaftigkeit deſſelben
in dem erſtern Falle gemacht werben koͤnne, iſt ſchwer zu bes
greifen. Auch in der Befchaffenheit beyder Fälle felber. finder
Rec. nichts eigenthümliches, welches in Anfehung des in Frage
fiehenden Punctes bey beyden eine befondere Beſtimmung nöthig
machen koͤnnte; denn in beyden Fällen kommt es auf die bloße
Beurcheilung von Thatſachen an, und in bepden Fallen wirkt
die bloße fubjective Uebergengung,, die nach dem einmal anges
nommenen- Srundfage in diefer Lage. der Sache feiner höheren
Beurtheilung unterworfen if. Dec. hält den im angeführten
zweyten Rechtsfalle vom Lafiationshofe aufgefellten Satz für
die buͤndigſte Widerlegung feiner anmaflihen Competenz in
dem erſtern Falle. XII. Ueber die Anwendung der
dbie Mitwirkung der Sefhwornen zur Entſchei—
dung peinlidher Fälle betreffenden geſetzlichen
Borfhriften ©. 112 — 140. Der Berf. gibt hier zuerſt
eine beichrende Anweifung über die Ausuͤbung des Amtes dee
Geſchwornen aus dem Circufarfchreiden des Suftigminifters vom
09, Decbr. 1808, und theilt dann drey Rechtsfaͤlle mit, in
welchen allen die nachgefuchte Saffation verworfen wurde, und
zwar in den beyden erften Zällen um deswillen, weil, wenn
gleih in der Sorm gefehlt war, Das Geſetz doch dieſe Ueber—
tretungen nicht mit Nichtigkeit bedroht hatte, in dem drit⸗
ten Falle aber aus dem Grunde, weil der Generalprocus
reur bier in mehreren Puncten Werlegungen der Form zu
erbliden glaubte, die es an und für fih nicht waren.
X Im Eontumacialverfahren trifft den auss
250- Pfeiffer Rechtsfaͤlle.
bteidenden, Beklagten nicht der Nachtheil des
Siwgeftändnifles, fondern nur der der negativen
Litisconteftation. ©. 141 — 161. Die Art. 105, 104
der bärgerlihen Prozeßordnung fchreiben vor, daß im Falle
des Ausbleibens des Beklagten dem Anträgen des Klägers dann
gemäß erkannt werden folle, wenn dieſelben in den Rechten
gegründet, und bewiefen (prouvées) erachtet würden. Statt
diefes letztern Ausdruckes heißt es im Art. 148, 149 bdes
. C. de pr. verifides. Der Verf. zeigt nun den Unterfchied
zwiichen beyden Ausdrüden; daß nämlich der letztere keinen
förmlihen Beweis der, der Klage zum Grunde liegenden That
ſachen, fondern nur eine allgemeine Prüfung der Rechtlichkeit
des Klagantrages bezeichne, und folglich durch die in ber Well
phaͤliſchen Proceforinung vorgenommene Abänderung ein fürms
licher Beweis nöthig gemacht ſey, und an ein Eingefländniß
als Strafe des Ungehorfamd gar niche mehr gedacht werden
dürfe. Hierauf werden einige in einer kleinen Schrift (von
Den. Vezin) Über das Eontumacialverfahren im Koͤnigreich
Weſtphalen hiegegen vorgebrachte Einwuͤrfe fehr gründlich wis
derlegt, und endlih wird Die vorgetragene Meinung durch ein
Erfenntniß des Appeflationshofes beſtaͤtigt. Da die in der
‚erwähnten Schrift ausgeführten Einwuͤrfe feitbem noch im einer
befondern Abhandlung des Ober s Appellationspräfidenten von
- Meyerfeld, m dem Defterieyfhen Magazine
Bd. III Hſt. I ©. 861 — 281, widerlegt find, fo fan
man nun wohl die Acten über dieſen Punce für gefchloffen ans
nehmen. XIV. Ueber die Grängen der Anwendung
des königlichen Decrets vom 24. Febr. 180g, die
Eorderungen an die faiferlihen Domainen be;
treffend. ©. 161 — 189. Das Refultat diefer Abhandlung
befteht darin, daß die Werbindlichkeiten, welche den Domai—⸗
neninhabern abgeleugnet und verweigert werden, nicht Gegen
ftand des amgezogenen königlichen Derretes find, die Gerichte
alſo darüber erkennen können, daß es ferner denfelden gleich⸗
Tr |
Pfeiffer Rechtsfaͤlle. 251
falls nicht unterſagt iſt, Aber Forderungen und Rechte an bie
taiferlichen Domainen überhaupt zu erkennen, fondern nur in
ſofern, als fle gegen die dermaligen Inhaber jener Domainen
gerichtet find, und daß feld in dieſem letztern Kalle das ers“
gangene Verbot an die Gerichte fi nur auf diejenigen Aus
fprähe und Forderungen befchränft, durch deren Befriedigung
von Seiten der Inhaber der aiferlihen Domainen bie reine
Ertragsfumme, worauf biefelben bey der Abtretung geſchaͤtzt
worden, vermindertwerden würde. XV. Zur Berehnung
der Appellarionsfumme in Räckſicht verpadtes
ter Immobilien kommt nur der Detrag des
Pachtzinſes, nicht auh der für den Padter
von Den Nußungen bleibende Vortheil, im
Betradt. ©. 190 — 200. RNecenſent Tann fih von der
Richtigkeit diefer Entfheidung nicht Überzeugen. Daß zuvoͤr⸗
der die Beſtimmungsart ber Appellationsfumme bev unbeweg⸗
lichen Sachen nicht in dem Falle gur Anwendung kommen
tönne, wenn der Pachter der Appellant ift, iſt vom Verf. fehe
gut ausgeführt worden. Für den Fall aber, wenn der Eigens
thümer fih duch ein ihm nachtheiliges Erkenntniß erfiee In⸗
fang beſchwert glaubt, führt der Verf. den einzigen Grund
an, daß es hier nur auf den reinen Ertrag ankomme, folglid)
von dem natärlihen Ertrage die Koften der Veftellung und
der Erndte abgesogen werden mäßten, nud der von ben Ruz⸗
jungen für den Pachter übrig bleibende Wortheil als Acquivas
lent diefer Koften gu betrachten fey. Daß aber derſelbe mehr als
ein bloßes Aequivalent dieſer Kofen fey, ift ausgemacht; dee
Verf. hätte alfo Brände anführen muͤſſen, warum er rechtlich
bloß als ein folhes Arquivalent zu betrachten fer. Nach bes
Verf. Meinung koͤnnte es geſchehen, daß der Ertrag des näms
lihen Grundſtuͤckes, wenn er durch Echägung von Saqyper⸗
fländigen erwirt würde, die .Appellationsfumme begründete, das
gegen aber, wenn er durch Pachtcontracte beftimmt-wärt, dies
ſelbe wiche erreichen würde, u
252 Zeppenfeld Syſtem. Darſtell.d. Weſtph. Eoncursverfahrens,
Der Anhang S. 1 — 8 enthält die am 12. März 1810
in der Verfammlung der Stände gehaltene Rede des Staates
raths von Bar über den Entwurf zum zweyten Theil ber duͤr⸗
gerlichen Progeßordnung, Aber welde Rec. an einem andern
Orte ſich zu aͤußern Gelegenheit Haben wird. Die beugefägten
Anmerkungen find. theils aus ber noch ungedrudten Mede des
Praͤſidenten der Juſtizſection ber Neichsflände, von‘ Porbed,
theil® aus der Jurisprudence sur la procedure eivile von
Bavoux und Lolfean genommen, und bezwecken die Erleichte⸗
sung der. Auslegung einzelner Stellen der Progegordnung.
Eyſtematiſche Darſtellung des Weſtphäliſchen Concursverfahrens. Von
Maximilian Zeppenfeld, Tribunalrichter in Hildesheim. Ham
Ft nover, bey det Gebrüdern Hahn. 1810. X m. 117 ©. 8.
Obwohl die Lehre von dem Concursverfahren, wie es im
den Beflimmungen der Franzoͤſiſchen und Wefphälifchen Pror
zeßordnung enthalten ift, in mehreren Hinſichten vorzugsmeife
vor andern Materten eine befondere Bearbeitung verdient, fo
kann Rec. doch nicht fagen, daß diefelbe durch das vorliegende
. Wert befonders gefördert worden ſey. Man kann dem Verf.
freylich nicht das Verdienſt abſprechen, daß er die fämmtlichen
hierher gehörenden Beflimmungen der Prozeßordnung gehörig
von einander getrennt, und nach einem im Ganzen ſehr deut
lichen umd faßlichen Syſteme neben einander geftellt hat; allein
mehr als eine ſolche Nebeneinanderſtelluug darf man Hier nicht
erwarten. Man vermißt nicht nur gänzlich eine wiſſentſchaft⸗
liche Entwickelung der einzelnen gefeglichen Beflimmungen, und
bleibt alfo mit ihrem Geiſte und innerm Zufammenhange völig
unbekannt, fondern man flieht aud an gar manchen Stellen,
daß dem Verf. ſelber nicht felten der Sinn und die Bedeutung
feines Stoffes unbekannt geblieben iſt, welches dann natürlich
auf die Nichtigkeit des Syſtemes, welches er feiner Dar
ftellung zum Grunde legte, ‚wieder zurücdwirken mußte. Die
ganze Abhandlung zgerfälle in zwep Abtheilungen, von denen
Zeppenfeld Syſtem. Darftell.d. Weſtph. Concursverfahrens. 253
die erſte das aus dem Arreſte hervorgehende Concursverfahren
in drey Abſchnitten abhandelt. Im erſten Abſchnitt wird die
Wirkung des angelegten Arreſtes auf das Concursverfahren in
Anſehung des Gerichtsſtandes, der Glaͤubiger und der Vermös
gensmaffen aus einander geſetzt; dee zweyte Abſchnitt beſchaͤftigt
fih hierauf in drey Hanptftäcen mit den Bekanntmachungen
des auf bewegliche und unbewegliche Sachen gelegten Arreſtes,
mit den Anfprüchen an die, dem Arrefte 'unterliegenden Vers
mögensmaffen, und dem Verkaufe derfelden; in dem dritten
Abſchnitte folgt nun das eigentliche Concursverfahren, und
zwar zuerſt die Lehre von der nähern Beſtimmung der Vers
mögensmaffen durch das Abfonderungsreht, Abzug der Koſten
und Siftirung des Zinfens- oder Rentenlaufes; ſodann des
Erſtigkeits verfahren über bloß bewegliche Wermögen, über ut
bewegliches Vermögen für fih allein und in Verbindung mic
dem beweglichen ; endlich die Lehre von der Rangordnung ſelber.
Die zweyte Abtheilung handelt wieder in drey Abſchnitten nad).
der nämlichen Ordnung von dem durd die Rechtswohlthaten
dee Guͤterabtretung und des Inventars entſtehenden Concurs⸗
verfahren. — Was nun die Ausführung betrifft, fo muͤſſn
wie es hier zuerſt als einen Hauptmangel bemerflich machen,
daß diefem Werke durchgängig noch bie Ältere Redaction der
legten Hälfte der Proceßorönung nach den koͤnigl. Decreten
vom 29. Jan. , 16. Febr., 8. April und 15. July 1809 zum
Grunde liegt, alfo die in der fpätern Redaction vom ı2. Märg
3810 enthaltenen Verbefferungen, Zufäge” und Weglaffungen
Überall nicht benußt worden find. In wiefern dieß dem Verf.
zum Vorwurfe gereicht, Lönnen wir freplich nicht fagen, da
aus dem Werke ſelbſt der Zeitpunct feiner Vollendung nicht zu
erfehen tft; allein daß dadurch feine Brauchbarkeit beträchtlich
verringert wird, brauchen wir wohl nicht erft zu erinnern, “ So
3. ©. fallen &. 15, 16, $. 14, die Beflimmungen sub lit. bh
nad der neuen Nedaction zugleich mit dem Art. 608 weg;
ebenſo fehlt S. 69 mot. die genauere Beſtimmung, die dee
J
254 Zeppenfeld Syſtem. Darſtell. d. Weſtph. Concurönerfahrend.
Art. 604 durch die neue Redaction erhalten hat, nach welcher
der Vermiether, auch wenn der Verkaufspreiß den Miethzins
uͤberſchreitet, und nun nicht ganz mehr zur Deckung der Koſten
des Verkaufs und der Beſchlaganlegung hinreicht, ſich deren
Abzug gefallen laſſen muß; S. 68. $..94 weiß der Verf. noch
nichts von der Nothwendigkeit der ‚Eintragung der imterponiv
ten Anpellation in das im Art. 115 verordnete Negifter, und
©. 69 $. 95 erfährt man nicht, wie denn die unterblichene
Appellationseinwendung , oder die Inſinnation des Appell
tionserfenntniffes zur Kenntniß des committirten Richters ge
langt; S. 72 $. 98, 99 vermißt man die in der neuen Re—
‚ daction des Art. 682 dem Anwalde, der‘ die Sache betreibt,
gewordene Auflage. Solcher Beyſpiele würden wir noch ‘mehrere
aufführen können; wir benugen aber den uns nody übrigen
Raum zu einigen andern die Ausführung unmittelbar betreffen
den Bemerkungen ; nur erinnern wir noch, daß S. 85 $. 112
auch des im Gefege vom 15. Febr. 1810 angeordneten privi-
legii des Fiscus mit keinem Worte Erwähnung gefchieht. Am
meiften haben wir gegen das ©. 55 den im Art. 2102 C.N.
fpectell privilegieten Glaͤubigern eingeräumte Abſonderungsrecht,
vermöge deſſen nur das, was nach ihrer Befriedigung übrig
bleibt , den darauf angelegten Arreſten zum beften ‚der uͤbrigen
Gläubiger" unterworfen feyn fol, zu erinnern. Der Verf.
fheint hier gänzlich Äberfehen zu Haben, daß die im Art. aıoı
genannten Ereditoren ein allgemeines Privilegium auf alle be
weglihe Sachen haben, folglich diefes ſich auch auf Diejenigen
Sachen e:firedt, die nah Art. 2100 in Anfehung afderer
Glaͤubiger wieder Gegenftand eines fpecielen Privileginms find.
Es hätte alio hier vor allen Dingen die Frage von dem, zwb
(hen den allgemein privilegirten und fpectell privilegirten Slaͤu⸗
bigern ſtatt findenden Rangverhältniß berührt werden muͤſſen,
eine Frage, die wenigſtens von den Franzoͤſiſchen Juriſten bey⸗
nahe allgemein wider den Berf. entfchieden wird; nur dem
Vermiether und Fauſtpfandglaͤubiger wird hin und wieder in
Zeppenfeld Soſtem. Darſtell. d. Weſtph. Coneursberfahrens. 255
fofern ein befonderer Vorzug eingeräumt, .als er gleich zwiſchen
die Leichenkoſten, oder die Koften der leuten Krankheit und die
übrigen allgemein privilegirten Gläubiger einrangirt wird, wo⸗
von wir aber gleichfalls keinen Grund einfcehen, da das Preis
vilegium des Fauſtpfandglaͤubigers und des, Vermiethers erſt
duch den Beſitz begründet wird, alfo durch denfelben keinen
befondern Vorzug erhalten kann, vielmehr die Gründe, wegen
welcher die allgemein privilegieten Gläubiger den fpeciell privi⸗
legirten überhaupt in der Wefriedigung vorgehen, bier eben
fo gut ihre Anwendung finden muͤſſen. — Die Frage, nad
welchem Verhältniß denn nun die, zur Befriedigung der allges
mein privilegirten Glaͤubiger näthige Summe auf diejenigen
Saden, die. nur Gegenftagd eines allgemeinen Privilegiums
find, und auf: diejenigen, auf. denen außerdem noch ein [per
cielles Privilegium haftet, repartire werden muß, damit weder
die ſpeciell privilegirten, noch auch die chirographifchen Credi⸗
toren dabey zu kurz kommen, darf man nad) allem bisher Ger
fagten Hier gar nicht berührt erwarten, Nach des Verf. Mas
nier würde er den, im Art. 2103 genannten Glaͤubigern mit
dem nämlichen Rechte ein Abfonderungsreht haben zugefichen
Innen. Das S. 56 Mot. nur berährte Abfonderungsrecht
der Glaͤubiger des Erblaffers würde wohl dagegen eine etwas
ausführlichere Erwähnung verdient baden; das nänliche gilt
&. 60 $. 8ı von dem, dem Verpachter für den Fall, wenn
der Pachtcontract unter Privarunterfährift und ohne ein ges
wiſſes Datum errichtet iſt, eingeräumten Privilegio, da hier
bekanntlich die Erklärung des Art. zıo2 des C. N. großen
Schwierigkeiten unterworfen iſt, und namentlich die Weſtphaͤ⸗
lifche Weberfegung hier eine Abänderung des Driginaltertes zu
enthalten ſcheint. Der Verf. fcheint aber dieſe Schwierigkeiten
9% nicht zu ahnden. Eben fo wenig erfährt man ©. 58
6,78 worauf ſich denn das, dem Vermiether eingeräumte Pris
vilegium eigentlich beziehe, ob auf alle ins Haus inferirte Ges
genflände ohne Unterſchied, oder nur auf diejenigen, die die
356 Theorie de l’interpr. logique p. Thibaut.
eigentliche Garnirung deffelden bezwecken; ©. 85, 86, $. 112
Hätte gehörig angegeben werden follen, mas unten ben Koſten
der letzten Krankheit, und was unter den, dem Schuldner
‘und feiner Familie gereichten Lebensbedärfniffen, in Anfehung
welcher die Foderungen der Gläubiger privilegirt ſind, zu vers
fieden fer. ©. 93 $. 116 ift der Fall ganz Überfehen, wenn
nicht infcrisirte Hypotheken vorhanden find, ob fie dann mit
den chtrographifchen Glaͤubigern gleich gehen, oder vor ihnen
den Vorzug haben, wovon das legtere um deswillen wohl ber
hauptet werden muß, weil die Hypothek an und fuͤr ſich um
abhängig von jeder Inſcription exiſtirt; jedoch bewirkt der
Mangel derfelden, daß fie geſetzlich kein verfchiedenes Alter
Haben, und folglich pro rata befsiebigt werben.
Wir wänfhen, daß der Verfaſſer, bey einer etwaigen
neuen Bearbeitung diefer Waterie, diefe Bemerkungen benup
zen möge.
Theorie de l’interpretation logique des lois en general, et des
loix Romaines en particulier. Par A. F. J. Thibaut,
c. a. et Professeur de droit à l’universite de Heidelberg
etc., traduit de l’allemand par G. de Sandt, Docteur
allemand, et A. Mailher de Chassat, avocat au
barreau de Paris. Paris aux archives du droit Frangais
chez Clement freres. 1811, XVI u. 196 S. 8.
Daß diefe Ueberfegung im Genius der Franzoͤſiſchen Sprache
gearbeitet fey, ift fhon in der Bihliotheque du Barreau an
erfannt. Die Richtigkeit und Präcifion derfelden koͤnnen mir
gleichfalls bezeugen. Außer ein Paar Nachweifungen auf
neuere Frangöfifhe Werke (&. 61, 76, 79) find feine Zufäge
Hinzugefügt, und fo find denn auc, die Regeln der logiſchen
Auslegung des Code Napol&on von den. Weberfegern nicht
berührt, indem fie mit Recht bemerken (S. 31), daß bike
fo fchwierige Punct eine eigne Abhandlung erfordre; doc if
in der Vorrede die Wichtigkeit der logiſchen Auslegung im
Ruͤckſicht des neneften Rechts kurz auseinander geſetzt.
N
| —
D
No.17. 8Seidelbergiſche 1811.
Jahrbüder der Literatur.
mem ana aan
Ä /
1) Theocriti decem raynia cum notis edidit, ejusdemque Ado-
niazusas uberioribus adnotationibus instruxit L. C. Val-
ckenaer. Editio altera. Lugd. Batavor. ap. A. et I.
Honkoop, 1810, 8. (2 Rebe.)
2) Theoeriti, Bionis et Moschi carmina graece cum com-
‚mientariis integris Valckenarii, Brunckii et Tou-
pii Vol. 1 et 2. Berol. e libraria scholae Realis. 1810,
8. (4 Rtblr.)
8) Theocriti Idyllia ex recensione Valckenarii cum scho-
lıis selectis scholarınn in usum edita. Editio tertia emen« |
datior. Gothae. 1808. 8. (16 gr.)
9 Theocritus, Bion et Moschus ad optimorum librorum
fidem emendati; cum brevi notatione emendationum ; ci
ravit G. H. Schaefer. Lips. Typis Car. Tauchnitzii.
1809. 12. (16 gr.)
J. Jahre 173 gab Valaenaet, zum Behufe ſeiner Vor⸗
leſungen, zehn Theokritiſche Idyllen heraus, mit kritiſchen Ans
merkungen, zur Seite die meteifchen Verfionen von Wetts
kein, Beinfe und Grotius. Als Anhang wurde, aufer
dem Anakreontifchen Gedichte, auf den Tod des Adonis, die
funfjebnte Idylle hinzugefuͤgt, begleitet von der Ueberſetzung
des Eobanus Heſſus, und fenem reichhaltigen Commens
tare, den: man wohl den Gipfel von V. Genie und Gelehr⸗
famkeit nennen darf, Schon damals gedachte V. des Bion
und Moſchos, die aber erſt ſechs Jahre darauf in. der voll⸗
fländigen Ausgabe . des Tpeokritos erichtenen, weiche V.
nicht lange uͤberlebte. In dieſer ſind die einzelnen Gedichte
ebenfalls mit kritiſchen Anmerkungen begleitet, aber kuͤrzeren;
die Anmerkungen der fruͤher bearbeiteten zehn, Idyllen ſind
haͤufig zuſammengezogen, manchmal mit Zuſaͤtzen vermehrt;
17
m
[N
„a ,
258 Neue Ausgaben. des Theokritos.
viele fehlen ganz. Auf Bitten der Buchhaͤndler ließ V., gegen
feine Neigung, noh bie Terflonen von Eob. Heffus wi
anderer mit abbrucken.
No. ı tft ein ziemlich Incorrecter Abdrud der Anusgab⸗
von 1775, mit ber fie bis S. 187 in der Seitenzahl zufanı
menftimmt., von bier an aber bis ©. 414 burch engeren Drut
allmälig zwey Seiten gewinnt. Der Herausgeber nennt fih
niht. Am Schluffe, nad der reihen, doch unvollſtaͤndigen
Druckfehlerliſte, findet ſich eine wunderlihe, -mit EE unter
zeichnete Bemerkung, aus der wir folgendes mittheilen: — —
„Lector benevolus; quem insuper ignorare nolui, ad pa
ginam usque 113 a viro Cl. Io, Luzacio ex ipsius Val-
‚ ckenarii, nisi fallor, annotationibus (wer iſt der, der dies
bedentliche nisi fallor ausfpriht?) quaedam additamenta
Notis inserta esse, quae Luzacio die ı2 Jan. ı807, fa
„tali. ista clade, quae praeter tot homines libros etian
"deınno literarum extincto, continuari non potuere: peti-
. glauben den Vefigern der Berliniſchen Ausgabe, in der die
‚neue Leidener noch nicht benutzt werben konnte, die Mitthei
lung unſeres Fundes ſchuldig zu ſeyn. |
3.6. Zwiſchen scribebant und ut victores? „Eodem Eid. Y,
‚44 scribendum BoxoAua&j.“ — S. 25 3.20. u. nach VIII,
thol. L. VII. P. 616. ibique Brodaeus.“ — ©. o6 3.8
cum impressos tum MSS. absumsit, magno Graecarım
titis (dur wen 9» quidem et promissis (von wem?), sed ad
usum non concessis, fortasse vel i ipsa eadem clade desi- |
deratis scedis.“ Hierauf werden einige Seiten (nicht ale),
auf denen Zufäse gu fuchen feyn, mit Zahlen angegeben. Bir
haben beyde Ausgaben bis &. 113 forgfältig verglichen, und |
Berl. Ausgabe S. 17 3. 13 der Anmerk. Nach dehu|
'entis folgt: „Virg. Ecl. V, 81. Quae tibi, quae reddam
pro carmine dona? Nam neque me tantum — juvant,
— quae saxosas inter decurrunt flumina valles.“ — ©. ıd
634: „formam Doricam iSeipaodovreg hic etiam valgataes
praeferrem.“ — ©. 24 lebte Zꝛ nad ©. 192; „conf. Au
Neue Aubgaben des Theokritos. 259
nad) conjecturam: „quam tueri conatur Emend.'in Suid.
IV p. 106,* — ©. 08 3. 16 v. u. nad) suppressa: „(conf.
Athen. XIV p. 644 B.)“ — ©. 30: am Schl. d. Anm.
u ©. 92: „quem locum Marklandus et Wassen-
bergius sic constituunt: Daphni, tuum Poenos
enim ingemuisse Leones, Interitum, montes-
que, feras, sylvasque loquuntur.*— S. 39.3.6
v. u. nad) Florentina: „ra Inpia navre dıhxev est Eid,
V. 107% (aus der Ausg. 1779). — ©. 50 3, 7. Am Ende
dee Anm.: „Sn vs. ser. 15, Kioxas scribendum® (aus der
Ausg. 1779). — ©. 55 leßte 3. nad} flectendumque: „Apud
Martialem est Vil, gg. Pontice, voce tua pösses .
adamanta movere.* — S. 60 23. 9. Nach quatuor “
minimum Cod.: „et Reg. Parisin.« — S. 65. 3. 10 v. u. --
am Schl. der Anm.: :„Cod. Reg. Gloss. interlin. hanc Br
habent explicationem, TS &rtsıxoviouarı vis "Agbodirngn.
To eidargd.“ — ©. 104 3. 7 v. u. flatt Codicibus Flor.
et Kom, : „Codicibus Flor. Paris. et Rom.“ — ©. 5
zu V. 16 die Anm.: „adixa Gesrrei.] Codex Paris. Boö- ·
yeu Glossae interl. Enpaiver, Pays.“ — Ebendaf. 3.7
nad aliquot MSS: „etiam Paris.“ — ©: 113 3. 10. Nach
lacerta sedet: „(Anthol. Burm: I. p. 716).*
Dieb ift alles, wodurch ſich diefe editio altera von ber
erften unteefcheidet, ans der vollſtaͤndigen Ausgabe von 1779
iſt fie, jene zwey Stellen abgerechnet, nirgends ergänzt worden.
No. 2. Biel willlommener wird den Gelehrten die von
Heind orf beſorgte Berliniſche Ansgabe feyn. Ihre Einrich⸗
tung iſt dieſe: Voran im erſten Bande eine mit des Heraus⸗
gebers Namen unterzeichnete Vorrede bis S. VII; zunaͤchſt die
Vorreden der beyden Valck. Ausgaben ſammt der Dedication
an den Fuͤrſten Youſſoupoff — XX; dann die Argumenta ver.
carminum Theocr. etc. aus der Ausgabe 1779 ©, ‚ı-ı;5
hierauf der Text des Theofeitos, Bion und Moſchos, mit
den Anm. von Bald. und Brunck — 584. Den zweyten
Th. füllen: 2) die adnot. in Adoniaz, von V. ©, 1— 264;
260 Reue Ausgaben des Theokritos.
a) Valck. Epist. ad M. Röverum — 399; 3) In Moschi
. Epitaph. Bionis Valck. commentarius etc. —336; 4) J.
Toupii de Syracusiis ad Th. Warton. epistola — Se;
5) J. Toupii addenda in Theocr: — 428; 6) J. Toupii
Curae posteriores etc. 489; 7) J. Toupii Animadversiones
in schol. Theocr. —520; 8) ein doppelter Index (graec
et lat.) — 564.
Den Tert bat Heindorf ganz nad Bald. größerer
Ausgabe, jedoeh nicht felavifih (wie Pau w den Stan.
des Aeſchylos) abdrucken laſſen. Drudfehler und. offenbar
Verkehrtheiten werden flillicgmeigend verbeffert. 3. B. 1,9
das verszerftörende ölıda in olida (22, 49 öAooirpoxor bleibt
ſtehen); ı6, 3: iep@v in iepnr; 2a, 66: Punctum in Frage
zeichen; 24, 76: xds in viös; 25, 118: Appnxror ep iR
Appnersv ep; ©. 349. Anm. vorl. 3. pi zo in pi vd
2. ſ. w. Manchmal ift die Accentuation verbefjert, wie
9,41: da3 falihe IE nor in dd nor; 151: 709 nor in
cov nor ; 16, 4B: notre iu note, oder verändert, wie
20, 18: ÖTrı:.ue aus Örri we; Qı, 34: Exoı is aus iyoi
vis; 20, 59: wis ans Je iv aus Tas a Yen |
worüber noch geflritten werden kann, wie über die Veraͤnde
rung von 16, 3: Seas Evrı aus Seal Evri. — Haͤufig faw
den wir eine beffere Interpunction 4. ®. 16, 70; 17, 36, 7%
— Vor tem Beginn einer Mede brauche V. das Komma,
H. beſſer das Colon; doch einigemal behält er gegen feinen
Srundfag das Comma bey: 24 6. 47. Ein Fehler iſt es auf,
wenn 16, 58: gowcdv und 69: Moicasz gefchrieben wirt.
Senug von diefen Kleinigkeiten.
Die Anordnung der Anmerkungen iſt meifterhaft. In der
11 von DB. befohders commentirten Idyllen find die Anmer
kungen bdiefer früheren Ausgabe, als die umfländlichern zu
Grunde gelegt, und aus der zweyten Ausgabe verwollftändigt.
Wahrlich, ein nicht leichtes Geſchaͤft! da V. hier häufig daf;
felbige mit andern Worten. fagt, und dann nur bin und wieder
einen charakterifiihen Nebenzug, oder eine Notiz hinzufuͤgt.
Neue Ausgaben des Theofritoß, 261
Der Herausgeber hat nichts, das von einigem Belange war,
verloren gehn laſſen, und jedeermal das herubergendmmene
duch Klammern gefondert. Er ſelbſt tritt faſt nirgends zum
Borfhein. Id. 28, 4 in der Note wird M. durch drey Worte
berichtigt. — ©. Bı erhält Enada die Erläuterung: „formae
enasa auctoritas“; und S. 109 „vir Doctiss.“ den Beyſatz
Reiskius; (nidt fo S. 115 3. 2 der Anm). S. 24 legte
3. v. unten hätte flatt: „(169)“ gedruckt werden muͤſſen:
[169]; fo auch S. 63 3. 7 v. u.: [p- 165] und S. 83 am
Ende der Anm. zu 43: [p. 86), da dieß Zufäße des Herausg.
find. — Unter die V. Anmerk. find die fämmtlichen von
Brunck gemifhe, weldhe, da V. immer genau die Abweis .
chungen des Brundifhen Tertes anführt, Bruncks Ausgabe -
entbehrlich machen. — Die poerifhen Verſionen find mit Recht .
ausgelaffen. — Won dem Ankaufe der werten Lendener Aus
gabe darf nad dem gefagten nicht mehr die Rede feyn. —
Die Correctheit des Druckes iſt noch vorzuͤglich zu preiſen.
Außer den angezeigten Druckfehlern fanden wir nur folgendes
©. 16 1. 3. I. ausdäns; & 593. 17 v. m 1. A. |
No. 5 und 4 find von zwey trefflichen Gelehrten beforgt,
Jakobs und Schäfer, die im Ganzen V. folgen, im Eins-
jeinen ſtark von ihm abweichen. Die Gefchichte des Entſtehens,
und die Einrihtung der Sorhaifhhen Ausgabe dürfen wir als
befannt vorausfegen. Sie ift bloß auf Schulen berechnet, und
aus diefem Geſichtspuncte muß die Auswahl der Scholien bes
trachtet werden, und die kurzen Bemerkungen, die oft nur des*
Herausgebers Gefühl ausiprehen. Die Leipziger Ausgabe vers
danke Hrn. Tauchnitz ihr Dafeyn, der mit Schäfers
Beyſtand feine gierlichen Lertern in Duodez⸗Prachtausgaben
der gefammten Sriechiſchen Dichter zu verewigen gedenkt, won
denen feither fchon wieder Sophokles, Pindar und die
Ilias erfchienen And. Wir kännen dieß Unternehmen nicht
billigen, ſowohl megen der Eitfertigkeit, womit man zu Werke
geht, als auch befonders des feinen, fpisigen, in die Augen
bohrenden Drusts wegen, ber allem Hohn ſpricht, was Licht
262 Nene Ausgaben ded Theokritos.
tenberg über die Pflichten der Gelehrten negen ihre Augen,
fo warm und Eräftig geäußert hat. Rec., der nie von Angens
befchwerden wußte, lernte fie beym Gebrauch diefer Ausgabe
kennen; und wie fol es erft den Schwachaugigen ergehn ? —
Davon abgefehen, zeichnet fih die Ausgabe aus durch correcten
Drad, Pünctlichleit in der Accentuation und Sjnterpunction,
und durch veränderte Schreibart einzelner Worte, 3. B. 16,
"38. „ge: au nedlor — 17, 62: xu0° d° dpa — 22, 39:
a vanog — 22, 20: au widayog. u. ſ. w. Die Emendatio⸗
nen’ ſtehn, wie in der Goth. Ausg. meiſt in den Anmerkungen;
auch das. Haben beyde Ausgaben gemein, daß nicht jede ſchwie⸗
| ‚tige Stelle beleuchtet iſt, ſondern nur ſolche, wohin Vorliebe
u oder Zufall hinfuͤhrten, fo daß fie neue Necenflonen gu heilen
hiche Anfprüche machen. Aber von folhen Männern tft jeder
Beytrag willlommen ; und erft vieles, von allen Seiten her
geprüftes Eingelnes, "dergleihen wir ſchon von Ahlmwardt,
Huſchke, Dahl und anderen befisen, kann zu einer neuen
Pritifchen Necenfion des Textes führen, wie fie ung Eich ftädt,
der vieljährige, vertraute Sreund bet Butoliker, und Ser
mann verheißen.
Wir gehen jekt an bie Beurtheilung deſſen, worin bende
von V., oder unter- fih abweichen, bey welcher Gelegenheit
wir “einige von Voß empfangene Emenbdationen „\ die zum
Theil der Deutfchen Ueberſetzung zu Grunde liegen, mittheilen
wollen.
u Theoer. I, ı:
ad dı ro LıSdpıoua (sc, dori) xal & rirvs, ab
Ä TOAE, TNVYO,
& nor) rais nayaicı uedioderar- '
Sch. liest, wie vor iim Heinfe, Br. und Wart. & xor),
wodurch Adv Tı T. %. zum Accufativ wird. Mir Unrecht
glauben wir, auch wenn man ung Epigr. 5, ı anführen mol,
wo die Wortftellung anders if. ©. 8, 81: ads vı 76 orö-
pa vor *. ©. % u. 11, 4. — V. 7. Die Verbindung If:
adv, G noıuar, vo TEedv uedog sc, xaraleißeras, TO
”
‚Neue Ausgaben des Theokritos. 263
xar. Hönp zarareid. Die von Jak. vorgefchlagene bünkt
uns am fo profaifher, da Bilder einer wie Honig träufelnden
Rede bey den Dichtern ſehr gewöhnlich find. — V. 15. Sch.
hat nah V. ös zd — zeblopov, ai re (vulg. @ ze) ur-
gixaı.. Dann mäßte os die Bedeutung von ubi haben, die
(Sat. V, 103 gehöre nicht Hieher) unerweistih iſt; as zo
yeoı. heißt, wie in as "Aßudor, ad tumulum. — V. 17, |
Sch. ivri dt —. DB. 29 Sch. Ti — V. 36. Sch. dad —..
B. 59: Fois db uora wird richtig von Sch. duch praeter .. -
hos ertlärt. — V. dı:.TO ru. dioy - 08 zeiv vio eiv
gari, mov 7 axpdrıaroy im) Engoicn nadikn.
if unverborben. Warum Ahlw. und Dahl axparıorov in
der Bedeutung. von. z0v undevös &yxpati unpaflend finden, .
iſt ſchwer einzuſehn: bevor er den Knaben, als einen
Frühſtückloſen, aufs Trodnegefegt. Die Wirkung
der Handlung, welche das Verbum ausdiädt, wird in dxpd-
zıozov anticipir. S. Lob. 3. Soph. Aj. 517, Soilg.
zur Antig. 785%. ©o Kor. Od. 3, 16, 19. Tibull. g,
3, 73. — Wenn J. v. 52 dxpıdodnpav mit axeıdodnxay
vertauſcht wuͤnſchet, fo ward, fuͤrchten wir, dxpis, locusta,
mit verrs&, cicada, verwechſelt. Dieſe, nicht jene wurden
in Räfichten ‚aufbewahrt. — DB. 68. Sch. moraus -
2.85. Mit Recht haben Jak. und Sch. die Lesart den dands
foriften Sgarsöoa dem Hemſterh. SaAoioa vorgejogen. —
V. 108, Die B. Lesart, der J. und Sch, folgen, gibt einen
Unherameter. Ohne uns in die Widerlegung der vielen Emens
dationen einzulaſſen, zu denen diefer Vers Anlaß "gegeben hat,
beennen wir und zu der Steph. Lesart: Zn yap pododp,
nayd Aov dyumı Isdoxeıv; die ganz unfer Sprichwort
ausdruͤckt: es iſt noch nicht aller Tage Abend. —
V. 109:
—XRX x "Oovıs, Imel al IV yaneveı.
Die Lesart der Handſchriften paßt am beften zum Spotte des
Daphnis: „Adonis ſey wegen feiner Zartheit ein recht bequemer
Liebhaber für die Kypris, da er auch Schafe zur Weide führe.“
261 Nene Ausgaben des Theokritos.
Die Schafhieten waren den Rinderhirten als eine ſchwaͤchlichere
Gattung nntergeordnet, und flanden zwiſchen dieſen und ben
Siegendirten. S. V. Bo, wo alle drey Hirten in ihrer Rang
ordnung auftreten, und ®. 86. — Eichflädrs dr’ dxrs,
welches fih auf Virg. Ecl. X, ıB ſtuͤtzt, ſcheint fih nicht mit
der Einrichtung des Bukoliſchen Verſes zn vertragen. Den
ungetbeilten Spondeus im vierten Tacte mit nachfolgen⸗
dem Einfchnitte meiden unter den echt Bukoliſchen Sönllen
Sp. ı (denn dar V. 150 ift eine fchlechte Lesart fl. "Aidoc)
2: 3. 4 5 (2. 7ı iſt Mopow» Yihe das richtige) 6. 7. 20,
2ı. — Sp. 8, 13; 9, ı; 10, 38. 58 haben den Spondeus
nur im einleitenden Sefpräche, im. Zwifchengefprädhe und im
Schlußgeſpraͤche. Id. 11 hat ihn V. 1. 4. 10. Ar. 40. 54
62. 32. ı2 im 24. Verſe. Die übrigen Idyllen, ale nicht Bus
koliſche, übergehen wir. Der ſchwere Spondeus, ganz das
Gegenipiel des Beiteren Bukoliſchen Dactylus, ift fo felten wie
möglih, vom Dichter zugelaffen worden. — V. 105: "EAixas
Ö: Rine Piov, aind ve gaya: Verlaß bein Borges
birge Rhion bey der Stade Helike paßt auf keine
Weiſe, da Pan nicht auf der Nordkuͤſte des Peloponnes, fon
dern in Arkadien hauſte, und wenn er von hier nah Si
eilien wandern wollte, nicht über Helike gehn, fondern die
entgegengefeßte ſuͤdliche Richtung nehmen mußte. Drum ſcheint
uns einzig wahr die Lesart des &. Bos: EAixa SL Am’ Hpiov:
Verlaß das Grabmal des Helikas (in Arkadien nämlid).
'S. Ball. in Heind. Ausg. Auch Sat. fcheint dieſe Lesart zu
billigen. — 8. ıd0. Sch. Dodv ninivodai vıy Evi
(fl. mi) xparacı doxaoeiz iſt gewiß falſch. S. 11, 4:
xoöpor ÖE ri — — — yivad En e drBgaman, | wo Hemſterh.
nicht gut E9 fefen-will.
- D, 7: oxer Ex iſt gegen Heinſ. ayav gut von Sal.
vertbeidigt. ©. 4, 10. — V. 19 folgt Sch. der trefflihen
Interpunction Lüzac'e: Ar ininacos, Olarviı: — B. 56:
xt ©, "Apreuı, xob 709 £9 da
‚ zıyhoasg x Adduayra, nal sl zu wep —XRX dado
Neue Ausgaben des Theofrites. 2653
&o ſcheint geleſen werden zu muͤſſen, wiewohl ber Optativ ohne
dv ans B, 2o und 9, 5a ſich vertheidigen läßt. "Adauas bes
zeichnet den feit. Heftodos bekannten mythiſchen Sötterfiahl,
aus welchem wegen feiner unbändigen Härte alle geviegenen
Söttergeräthe verfertiger waren, z. B. die Sichel des Kronos
(Hes. Theog. 161), der Helm des Herokles (Scut. 197),
dere Pflug des Aeetes ( Pind. Pyth. 4, 398)., die Feſſel
des Promerheus (Aesch. Pr. 6) u. ſ. w. Auch dachte man
ſich in der Unterwelt alles fehle uno gewaltige aus Adamas ges
bitder: die Webſchiffe der Pargen (Soph. ed. Br. T. 4 p. 663)
die Schieffalstafeln der Parzen (Ov. Met. XV, 613), die
Zeffeln des Eerberus (Sen. Herc. 808); vor .allens aber war,
was Lucian häufig erwähnt, die Pforte zum Hades aus bier
fem Goͤtterdemant (Prop. IV, 11, 4), und die Pforte zum. .
Schlunde der Berdammnis (Ovid. Met. 4. 452. Virg. Aen..
6, 551). Diefen feſten Demant im Hades, dem jede irdifche
Macht weihen muß, kann Hekate zwingen. — V. 54: d
ya vöy TiAN00a xas Aypie Ev ups BarMım. Hemſterhuy⸗
fens: ayoio, wie es auch locke, ift-gewiß falih. Der Grieche
fagt: &uB@AAsıy nupi, Ev mopL BaAdeıv, und-nanchmal wird;
um den Begriff hinab auszudräden, noch xaca hinzugefügt.
1. IX, 206: xaßßader Ev nvpös adyü. Il, XU, 206: -
wioo 0° Evi xaßßar öpiim: dyosos iſt nicht epith. perpet.,
fondern bezeichnet die durch Mitwirkung der Hekate erregte,
mehr als heftige Glut des Feuers, — 2. 62 mußte ohne Ber
denken Ahlwardi's uacoa ,-weldes Sch. nicht einmal zu ken
nen ſcheint, in den Tept gerückt werden. — V. 67 gibt Sch.
Caſaub. ſchoͤnes Toxa für das finnlofe noxa — und V. 100,
nad) einem Cod. uadns, wo Aal. den mit ämel dv unvers
träglihen Optativ beybehält. — V. 101 accentuirt Sch. Up’
fl. x, wir meinen mit Recht. — V. 126: euidor I’ x. T. 1.
ſcheint echt. Man braucht nur xc Einov Av zu ergaͤnzen,
und dieß will auch die Berfion: contentus essem. — V. 150.
Toup's drparov beftätigt auch der Scholiaſt. Das die betzte
Sylbe lang werden koͤnne, lehrt XV, 125. — Der 264. Ders;
266 Neue Aubgaben des Theokritos.
Iya 9° oloa vor kube ndvor, dcwep Inioran: fagt: id
wid, wenn gar nichts hilfe, mein Leid tragen, wie ich es mit
PLeichtfinn übernommen habe, und kann der Jak. ſonſt ſcharſ⸗
finnigen Emend. avvan entbehren. .
III, 26. Der Jak. Kritik, diefer Vers flöre die Gleichheit
der Strophen, glauben wir durch die Bemerkung begegnen zu |
Finnen, daß in diefem Gefange zweyzeilige, dreyzetlige und
viergeilige Strophen unter. einander gemiicht find. Auch iſt des
Thunfiſchfaͤnger, mit dem fi die alten Mimen befonders bes
ſchaͤftigten (Athen. VII, ı5), zu charakteriftiih, als daß man
ihn, allen Handfchriften zum Trog, verftoßen dürfte. — 8.
35: v9 og Eyxeınaru Sch. und Jak. entſcheiden fich für
Brund’s Ayxeınar, wir halten uns an Eyaeınaı. Go Eur,
Ande. gi: Aueis Soismep Eyxeiuceod' hei Iorvomwi. "Eyxe
oa: if: morauf erpicht feyn, einem nachhangen, incumbere,
— V. 41: add Evi xepaiv EA» (wofir Sch. Ex09 leſen
win) ift fo echt, wie Eur. Alc. ‚988; xai ν dpuxronor
Xsp0V eL‘e Dei deowoic.
IV, 3. Sch. liest nad) Hoſchr. duidyes — und B. 7:
Sonev — 8. 11. Die Lesart: weicaı vor Miilar xas
306 Nixos adrixa Avacav iſt, was auch die Wertheidigee
fagen mögen, unſinnig. Nimmt man Grcaliger’s davida
wogegen Jak. nur ben ſchwachen Einwurf erhebt, daß ar-
sixa häufig den fünften Versfuß erfülle), fo bleibt gar Feine
Schwierigkeit; denn Tas kann unbedenklich mit Voß, dem
and Ahlwardt beyſtimmt, als Dor. Form für oc; genommen
werden. ine aͤhnliche Stellung gibt 5, 131 nach der richtigen
Lesart.
V, a. Jak. bekennt ſich mit Vaik. und Dahl zur Car
ſaub. Emendation: #09 noıueva by Zvßapiza, wegen V. 5
und 74, wo die von Lakon geweidste Heerde eine woiuna
Zvßapre genannt wird. Vor allem muͤſſen wir bemerken,
worauf feiner ſah, daß der Dichter den Herrn bes Lakon
durchgängig Zußdoras (nit Zußapisas) nennt V. 5. 7%
"4, und diefen Sybartas einen Thurier. Lakon dagegen führt
—
Neue Ausgaben des Weokritos. 207
den Beynamen Zvßapiras V. ı (wie Eumaras V. 75) den
Sybarite, niht Zvßapras. Wenn nun wirklich diefer Lakon
in Sybaris wohnhaft war, sund fein Kerr im benachbarten
Thurium, „fo läße ih“, wie Graf Finkenſtein meint,
„diejer anfcheinende Widerfpruch dadurch heben, daß man am
nimmt, Spbartas habe eine Heerde in Sybaris gehadt, weicher
Lakon vorgeftanden.“ Gut‘, aber warum foll Sybartas grabe
gelebt haben in Thurinm , wenn er dort geboren war? auch
kLakon mag, trotz feinem Namen, den er vielleicht von feinem
Vater erbte, aus Sybaris flammen. Wenigſtens liegt den
Anhängern der Caſaub. Emend. der Beweis ob, daß Zußag-
Tas und Zvßapivas in diefem Gedichte gieichbedentend feyn,
ein Beweis, den zu führen unmöglich if. — 3.6 Sc. liest
gut: Ti I odrerı — V. 14 lefen beyde mit Valck.: od uar,
od ro» Iläye Tb» axrıov (fo au) Sch. Id. 27, 36) und
8. 17:06 Tadrag, was auch uns nothwendig dünft. Weber
den Uferpan vergl. Soph. Aj. 695 und Aeſch. Perf. 422 —
V. 25: war mas, Ö xivad', ed rdds y° Loceraı LE icon
dupım; — sd, vom Schol. richtig durch ars erklärt, ſteht
wie unfer huͤbſcch: fo werden wir Hübich gleich mit einander
Reben? In Sal. S xivad’, eine, vad’ x. vr. 1. feheint sim
ganz ohne Kraft zu feyn. — V. 30. Die von Sal. verfloßene
Lesart: To (id ö Tedyos 1) odrog lotode! Du (da iſt dee
Bock!) wohlauf kaͤmpfe mit mir, iſt viel lebendiger, als ob
òô Tpayog obrog‘ kprode: auch Sch. if ihr treu geblieben.‘
— 8. 45. Sch. ToYrB — B. 47: va (dort) 6° ini dän
don» Öeviyss raraysönzı Äft unverdorben. Odyſſ. 32, 3: 06
d: Ida oxdmeroı. Theocr. 6, g: TaAıv &d', ide, Ay nova
BaAdeı, ecce illic (nit illa) iterum canem petit. 12%
12: dom Ön Tıve — (Od. 4 ab: Selvo dnm viva vade).
wo nichts geändert werden darf. Unndthig emend, Sch.
.. ent devdoov. Meiske’s ei —R haͤlt ſich durch 16,
85, (mo Valck. und Jak. nicht gut den Dativ. haben), 15, 121
u. Arist, av. 40. — 8.98: eia Ay, ei ri Abyeıziflt cane si
quid canendum habes. Aeſch. Ag. 1057; Berge dv, einer
368 Neue Angaben des Theokritos.
Bor ansıdoing d’ long u. 14003 xaipoız’ av, si yalposı’ —
Atysıy, wie Aadeiv 20, ag ift hier fingen. Sion. 1,98. — V.
209. Das Fragez. hat Sch. gut nach xuvaida geftellt. — V. 131,
Sal. und Sch. behalten: xct os podöxıoao; EnavBei bey;
Doch gibt Sal. der Lesart. Hoda xıooös den Vorzug. Einen
Roſenepheu kennt die Botanik fo wenig, wie einen Epheu, der
gleich ofen blüht: Grund genug, um das von Schreber
vertheidigte pada xioros für das einzig wahre zu halten.
VI, 10: & 85 Batodeı | Zu |
eis AA depxouiva* Ta BE nıy zard wöuara Baiveı,
Govya xaykädovra En’ aiyıakoio Feoıcav u
Sol. und Sch. lefen mie Toup, Bald. und Br. nad der |
Flerent. Ausgabe xaxiadorros, was fih grammatifh nur |
dann vertheidigen läßt, wenn man fid die Galateia, oder den
Hund auf oder längs dem Geſtade laufend, denkt, vi» Seoıo.
Er aiyıakoio. Allein eins ift fo unpaffend wie das andere, _
Unmögliih kann Galateia jest ſchon auf dem Geſtade laufen,
da le erſt zwey Verſe weiter aus dem Meere fleigt (ES arös |
Epxoutvas), und gefebt auch, fie fey fchon Heraus, wie paßt
dann: ra de yıy xaAa xönaza Baiver? Soll aber vır auf
xöva gehn, und wie Jak. glaubt, der Hund fich feldft im
Walter anbellen, während er längs dem Geftade Hin und, her
Läuft, in welcher Beziehung flehr dieſes Bild zur Galateia?
und wie iſt es nur möglich, daß der Hund fein Bild im Meere
fehn kann, da wir ans Ufer plärfhernde Wellen
Haben? 8. 35 fehen wir den Polyphemos fih im Meere
fpiegein, und weisfich fügt bee Dichter Hinzu: 35 de yadava.
So Virg. El. 2, 25: nuper me in litore vidi, quum
placidum ventis staret mare. Hier hat offenbar .
Zoupe durchaus unpaffende Paralleiftele aus dem Paul. Sir
‚ Int. irre geführt. Kardagovea iſt die einzig richtige Lesart,
und vı9 bezeichnet die Galateia. Diefe, die in der Meeerestiefe
wohnt (vergl. Id. 11, 54. 62) erfcheint auf der Flaͤche, und
wirft ehe fie ans Land kommt, die Heerde des Kyklopen (gleich
als wenn fie gefühliger wäre, wie der Herr) mit Aepfeln; der
“
Reue Ausgaben des. Theofritos. Ä 269
Hund belt auf die Galateia; denn das auf dem Seftabe plaͤt⸗
fhernde Meer zeigt fie ( Huiveı vır, nicht wie in einem
Spiegel, fondern läßt fie fehen, gewährt ihren Anblic ,) SEoı-
vav sc. dv& xvuara, wie fie zwiſchen den Wellen einhers
läuft; und eben weil jegt ſchon der Hund fie anbelle, fürchtet
dee Hirt, er werde fie anpaden, wenn fie aus dem Meere
feigt.. Daß vıv auf: Oalatela geht, beweifet der 29. Vers,
wo mit Ruhnken itn emendire werden muß. — V. 22 liest
Sat. richtig rodopsur. Man könnte au mod’ öpöuı vers
murhen. — 9. 25: ‚aörap ö uarrıs 6 Tikeuog 8x9’
Gyopevav, ExIpa YWepoıro nos olxov, Onas Tixdcooe
Hvradn. Der Sinn iſt: für- die ſchlimme Prophegeihung
möge er alles fchlimme mit fih nah Haufe tragen, als ein
zeıundıov für fih und feine Nachkommen. Vom Ziele abs
führen mächte die Patallelftelle Odyſſ 2, a: ı BawFEBEo coics
TEREOOL . T. A. N
VII, 25. Sch. liest vıicoouivon — und B. 54: Toyr
ſt. ioycı — 8. 70:
.abraicıy xuhixeooı za) dc TooYa Eidos ioeldor
mich fo recht an den Becher fohmiegend bis zum Hefen hinab,
mid gang in den Becher hineintrintend. Ach. Pr. 361:
pptvas eig adrüs Tunsis Sch. adacıy (i. e, dgre' ab:
aiveoDaı obras) iſt ingenios und fprahgemäß, aber unndrs
thig. — V. 75. Statt Eevias muß Beviag gelefen werden.
— 1, 106. Sch, ziv ul Taöd’ ipönc. — V. ıa2. Statt:
pnxerı ToL GBpovptmuess Ent mpoIbporoıv ſchlaägt Jak. vor:
enreri 05 %.7.%. Allein os feheint ung Äberflüffig, während |
vos als Betheurungspartikel einen befondern Nachdruck auf die
Rede legt. — V. 124: vapxassı avınpfoı nimmt Jak., nach
den beygebrachten Parallelſtellen zu urtheilen, mit Toup fuͤr
Morgenfroſt; beſſer verſteht man's von der laͤſtigen Dumpfheit
bes Geiſtes, nach der peinlich durchwachten Nacht. Sonſt kraͤht
ber Hahn, den der. fchläft, munter, Hier den Wachenden in
Rarre Betäubung — V. 150: 80 dpscı Adas EBaAAs, qui
in montibus saxa torquebat iſt nicht als finnlos zu ver—
272 .. Neue Ausgaben des Theotritos.
weniger marfiet: nad dem ihre Stiere den Rüben un:
termiſcht Habe, nämlich in der Abſicht, die Kühe zu br
feuchten. — V. 30. Der Voſſiſchen Lesart: unxer’ dm) yAoc-
cas dxpas bAopuydova Puon, die Jak. anführt, folge auch
Gr. Finkenſtein. Ob aber ginxerı, wie doch nöthig wäre, die
"Bedeutung von ne posthac annehmen inne, bezweifeln wir;
und möchten daher gun gor x. T. 2. vorſchlagen.
X, 6: oͤc vor vüs wblaxog oox.dmorpayes. © 1),
65 : nordy 3 eneraußave (taffte er im rafhen Durchwandern
an fih) xöeor. Catull. 35, 7: viam vorabit. Soph. Eier.
686. Hiob 39, 24. — V. 11. Jak. Erklärung genügt nid.
"Der Sinn fcheint: die Liebe iſt für uns fo mißlih, wie, wenn
"man dem Hunde Leder zu often gibt. Wie diefer unerfättlid
einer ſolchen Speife feyn wird, fo werden auch wir ganz In
den Abgrund der Liebe finten, wenn wir fie einmal gefoftet
Haben. — V. 13: dx wide drräeis Sidov- ya Fixed
arıs ÖEoc. Die Berwandlung des Iidov in undov iſt ſo
nichtig wie Toups Vermuthung 3nAd» könne Sich. Form ſeyn
für Annöäν. Der Bein verſteht ſich von ſelbſt in dieſer ſprich⸗
woͤrtlichen Rebensart, ſchon durch den Gegenſatz vom Eſſig;
das ironiſche Iido» kann auf keine Weiſe entbehrt werden.
„Freylich, ſagt Milon zum diebefranten, abgehagerten Battos,
man ficht dir6 an, wie du aus dem Wollen fchmeideft; ich ſthe
fo warm nicht, daß ich der Liebe Eingang verftatten dürfte“
— 8. 19: supßAös wird von Sch. und Porfon gut gegen
7TvꝙNèv, die Lesart‘der ed. princ. vertheidigt. So Arist.
Plut. 003: Jeirörarog Fo 6 nAoötog, wo ebenfalls einige
Seursrarov lefen. — 2. 25. Sch. alnade — V. 35: oyi-
‚pa, wie unfer Staat, bezeichnet hier ein Staatsgewand;
der Tangfhritt haͤtte ſich ſchwerlich in Golde nachbilden
laſſen.
{ Die Fortſehung folgt.)
No.48. Heideldersifhe 1811.
Jahrbuͤcher der Literatur,
4 rum taaaenann rn aan
h Theocriti decem: Idylia cum notis edidit, ejusdemque Ado-
miazusas uberioribus adnotationibus instruxit L.c c.V al-
ckenaer, ZEditio altera.
2%) Theocritus , Bion et Moschus cum comnıentaris integrig
Valckenarii, Brunckii et Toupii. -
3) Theoeriti Idylia cum schol. ‚selectis scholar. in usum edita,
9) Theocritus; Bien et Moschus; curavit G. H, Schaefer,
€ Gortfagnng der in Me. IT, abgebrochenen Kecenfion. )
X, 1. Sam liest epvxen, warum bezteifen wie nicht ?
- 1. 4: edoäv 3’ oo padıon iurl- weil man nur durch des
Genius Huͤlſe dieß Mittel findet, fo wie man mar anf geflüs
gelten Sohlen. des Perſens ins ſelige Land der Hoperboreer
gelangt. Vergl. Pind. Ppth. 20, 46. — V. 10:
gocero 8’ od vı Hödgız, ob udAoıc, oddt zırly vor.
Heinſes Em. aredivoıs, die von vielen gelobt und bewandert
wird, fcheint uns hoͤchſt verunglädt, Der ernſte Eppich, dem:
man bey Zodtenfeyern gebrauchte, und die Lilte, ein Bild des
kurzen Menſchenlebens (breve lilium Hor.) werden bey Gaſt⸗
mahlen Häufig der fröhlichen Hofe beygeſellt (&, Hor. Od: 1,
%, 15 f.), um durch ſolche Erinnerungen, wie bey Aegypti⸗
hen Gaſtmahlen durch das Herumtragen der Mumie, die
Freude ernſter und heiliger zu machen, und vor Uebermaß zu
bewahren: aber wie paßt der Eppich als Liebesgeſchenk? Hier,
wo dag Leben erſt recht beginnt, wäre die Erinnerung an deu
Tod hoͤchſt unſchicklich geweſen. — V. 33: eis PopSurudg
sreorı (iſt anf ber Stien); der Emendatton Insorı (if
unter den Brauen) koͤnnen wir leicht entbehren. — W. 89.
Dec. folge Voſſens Lesart; Tin — mu m Fi xüuaves Ahle
21 |
24 Neue Ausgaben des Theolritos.
dar, tibi = — — simul et mihi canens. — V. Ar:
du vopdon; paßt nicht zu veßons, ja ge Sifgtätber;
eben fo wenig uaAdopdpws, denn wer bat je von einem wol
ligen, oder vließigen Hirſchkalbe gehört? Segen bie in Hands
ſchriften und Editionen befindliche Lesart karvopögas laͤßt ſich
nichts erhebliches einwenden. Eldicks: oxXbduvas TEOOUpaS
doxro iſt offenbar aus Ov. Met. 18, 854 entlehnt, wo der
Singular (geminos catulos ursae) eigentlich ſteht. Bey
Theokrits vier Jungen, muͤſſen (dom mehrere Baͤrenmutter
gedacht werden. Doch glauben wir, daß orro ſich poetiſch
eehefertigen ße — DB. 60:
"ol ee — — — vör abrödı veiv ye uadsdua:,
.aled vız ody yal ndtev.Eivos 60° dyinyran.
. yöy adroDı (wofür vielleicht vor adrina zu leſen) geht nidt
auf den Moment, wo gefprochen, ſondern auf ben, wo die
Bedingung erfhllt wird. Bo 5, 96: xnyö uin duo rd
RagDivn avrıza haccer, da wis Apneide zaßeAnn:»
fogleih, wenn ih genommen habe. Höchſt verkehrt
fast Dahl: past yadsöuas Polyphemus paulisper. medita-
bundus quiescere videtur; mox, quum nimis longum. pu«
tet, artem natandi addiscere, ope navis peregrinae pon-
tpaı ac Galateae sedem intrare cupit. Auf einem Schiffe
wäre er niemals in die Behaufung der Balateia am Meer
resgrunde gelause Schwimmen lernen will der Kyklop
von einem Iandenden Fremdlinge, und das nit aleit, auch
untertauchen,, um feine Perle zu erfifchen. — 3. 78: en
w auraiz vroxoiaa iſt gut von Sch. gegen ſeinen eigenen
Angriff vertheidigt. — V. 79: dr- a za scheint nicht auf
das Land im Gegenſatz vom Meere zu gehn; fondern. der Dinu
it wohl: Offenbar gelte ih noch was in meinem
Boterlande; und das fließt der Kyklop ans dem Bey
fallsgeficher der Mädchen.
XII, 15. Das versgerfiörende » darf auf feine Weiſe
im Tert geduldet werden — V. 15. Gtatt vor Ö’ Erepor
würlıy dc wen liest Ja, Ingeniös: Tor d’ dparöy masdıoaor,
Neue Ausgaben des Theotriwo. 275
and Voß ſcheint ihm gefolgt gu ſeyn. — B. 24: dparüg.
oͤyoͤc gewährt keinen ertraͤglichen Sinn. Koͤhlers von Dahl
aufgenommene Lesart arexelu⸗ wird dinlanglich durch 9, 50 gea
ſchuͤzt. — B. 37:
Avdin Toov Eyeıy neren —XX xovod⸗ öroi
webdorTai s ur aöhov, Erituuov Kpyvpauoıßol.
Riste's ur danroı non imperiti {fl verwerflih, weil die
Kunft zu probieren fo leicht iſt, daß wohl in ihr *8 Wechsler
ſtuͤmperhaft ſeyn kann; auch bekaͤme das Beywort, vorange⸗
ſtellt, zu viel Nachdruck. Obgleich die Vulg. feiner Aenderung
bedarf‘ (S. Toup), fo verdient doch Schäfers Emendation:
un daödos (ur, ab, wie Soph. Phil. 30) eine ehrenvolle
Erwaͤhnung.
XIU, 11. Sch. dvarpiyon Heinſe's dr Audz verträgt
fih niche mit der geographifch » mythifhen Vorſtellung vom
Laufe der Actros Ads, Göttin der Tagechelle. Vergl.
GSoph. Aj. 675. — V. 1% 15:
bg adrTg xarı Iouoy 6 Teais merovausvag ein,
aöro d' ed Eixmy ds AAadıyor dvdg' droßaig
Das zweyte adra nimmt. Tonp für ody adrg, mit ihm
gemeinfhaftlih ziehend, welches durchaus nicht ‚paßt,
da hier nicht das Verhaͤltniß von Freund and Freund (mie
Ach. Ag. 851 ed, Sch. maj.), fondern von Lehrer und
Schüler, Water und Sohn Matt findet; aürn muß mit aro-
Bain verbunden werden. Die Metapher if vom pflügenden:
Stiere hergenommen, der grade im der Furche zieht, und es
idxeıy iſt das Gegentheil vom Roͤm. delirare In der urfprängs
lihen. Bedeutung. Die von Jak. gepriefene Lesart: ara E&
EArav fcheint gegen jene matt, und wird unffar, indem eim
vo ZDos zu ergänzen if. Auch entipriht ur als Dativ
beffer dam Dativ der vorigen Zeile; weshalb wie auch des
Scholiaſten adrs fl. adrch. verwirfen. — 3. 24:
„Anne Nrskdike, Baydrv Teigcdgape Pdaıs,
ailerög Ss ueya Maison.
»
2
276 Neue Ausgaben des Theokritos.
Mitten: in die umvollendete ‚Periode wird lebhaft ein ganze
ap hineingeworfen, den die Profa im Particip gefodert hätte.
Jak., bee hier Anſtoß findet, wird feine Zweifel in Lobrds
Anm. 3. U. 475 befriedigend geldst finden. — V. 38: ol
piav aupo Fraipoı dei daivuyro Tpanedar. Hemſterh.
von Dahl und Jak. gebilligtes ak würde für viele beſſer
paſſen, wie für zwey. "Augen neben dem contraſtirenden
piav (EB. 33: moAdol 5 wiav) iſt ſchoͤner. Die Aus
laſſung des Aut und anderer Praͤpoſit. beym Accuſativ if
nicht felten. ©. Antig. 2ı2 und daf. Erf. vergl. Id. 1%
38; 15, 98 (wo Ahlw. nicht gut emendirt), Bion IX, ı und
dat. Ohäfer. — 8. 56: Masarıor) if et. ©. Acfk. |
Prom. 417. 715. — 8. 68. Wenn wir nah) uerapora cin
Komma, nah napeöovroy ein Rolon fegen, fo darf nichts ge
Andert werden; Try mapesvror ift illis praesentibus, indew Ä
die Mannfchaft beym Sqhiffe gegenwaͤrtig, oder drin verſam
melt war.
XIV, 4: „Unice probandum, fagt Sqh. Wartonianum
aberuNtor, dummodo cum Aug. F. Naekio nevraovANa-
Bo» facias. Odyss. XIX, 927: el xev dücradllos.“ — B.
a0: donyogs 6Bus iſt won beyden mie Hecht beybehalten. —
8. 13. Sch. ruft "Amis ſt. Aæacç zuruck. — 8. oo:
od HIeyküi; Adxov eldı;, Inaube vis, ag 0oBdg einen,
j xip>a* eduapta; xy An’ abräs xal Abxvor Aa.
Sat. Auslegung duͤnkt ‚uns zu Pünftlih, Sch. Abæocç eide o’
unpaftend. Der Sinn ift einfach der: du fprihft nicht?
„Haft du den Wolf gefehn, wie jener Weife ſagte?
fing einer gu [herzen au; da wurde fie feuerrord.
Einen Wolf erbliden, Heißt plöglih verflummen; ös opt;
siner, ſteht wie das Sophokleiſche: vopia ydp Ex zov xAer
: yd» Imos nipaveaı Ant. 620. . Der legte komiſche Zufag
erinnert an Bardolph's unſterbliche Naſe. — V. 27. Sch
dovyov oöras (Jaf. nidt gut vöres) fo ganz ingeheim.
Odyſf. IV, 776: oıyü Foloy und VD, 30. - B. * ©
For ſt. FO — V. 41:
—
Neue Antaaben des LTheokritos. 27T
8 Aapıooatoz vöy Euöv: Abxov ddsv an’ doxäs, |
Stocadındr Tı uihouea, xural Ppeves“ .
Bagt nichts weiter als: der Lartfäkr fang mir das Srüd von
neinem Lokos noch einmal vom Anfang an vor, ein echt Thefr
alifhes Stuͤckchen, der Abſcheulige. S. Moſch. ı,'B: dder
md peltoum fprihwöniih, an eine cantilena, amores
moribus Lyci et Cyniscae similes eelebrans, tie af. fi
nusdruͤckt, iſt ſchwerlich zu denke; und unerweislich ff, daß
xaxal oeve; Anfangsworte eines kiedes ſeyn. — 8. 54 leſen
wir mie Meiste und Voß:
z&uog Eyay, vbV long 2; ®@varıye, md$ im) xöppas
Na0a; adilay aödıs. Aysıpbcaoa vd nindas
En dweiyeo D&00or.
Maoa, zdikay wörı; iſt verbunden, wie Aeſch. Ag. 1395:
nal BE vr ds — — Hal TENTRAÖT Tpienv Imevöi-
Sour. Reiske's Emend. möchte wegen B. Ar, wo Kyniska
erſt weglaͤuft, möthig feun. — V. 47. Sch. ol fl. ol.
XV, 1. Die Worte: Tloeya pin, ds zpdra; drdor
mußten der Eunoa gegeben. werden, da fie im Munbde ber
Praxinoa weder zur Frage pafın, mod überhaupt eine
fhltliche Auslegung geflatten. — WB. 10 muß Interpungirt
werden;
70% Epır, Pdovapbv xandv , allv Snow: m
wofür einige ſehr matt: mit» dueio: tiefen: wor Epın sc. äuod
heiße, mir zum Torte. Nach der ſtarken Paufe des Bus
koliſchen Einſchuittes (vergl. XIV, Br: xaxai Gptva; udb 36:
iuby xaxdy), der einen gefchlofienen Sinn der vorigen Worte
andeutet, kann unmöglich ein «it» Zueio nachgehinkt kommen.
Mein, der Dichter fügt noch ein kraͤftiges alt» öuoros! Hinzu:
ein Kerl, der doch nie aufhört, er ſelbſt gu feyuf
— V. 22 iſſt richtig in Dahl's Ausgabe abgedrückt:
ui Adye For vehv dvdog, Gira Aıava , ToLwöre.
koradre iſt odeas und weifet auf HDor. xax. zurüd. Id.
6, Sy:eig us Akyorrı. — V. 18. Pdboo; Ayvpio, pernie.
cies barathrumque macelli Hor. — B. 25: |
278 Neue Ansgahen des Theekritos.
dv ıide;, ν eima;, idolea vb za uk Ideen.
„Diefe Lesart ber Handſchriſten gewährt gar keinen Sinn; beum
au Bas unerhörte angenommen, daß, wie der Scholiaſt
will, ein dinyicaıo zu ergänzen ſey, wie fan de sinus
nur auf eine ertraͤgliche Weiſe erklaͤrt werden? Die uns nie
getheilte Voſſiſche Emendatien:
por einaus x, ev slde;, idoloa > =B ers
laͤßt uns eine Wuͤnſche Abrig; deun ur wie num wirb aud
in Fragen gebraucht, bie zur Autwert ein Jal erwarten:
">. Erzäpifk du mir micht — — Die Umſtellung von sizass
and eides, die auf dem erſten Anblick befremden möchte ; findet
ſich ſchon beym Scholiaſten. Gorgo antwortet: freylich wäre
es eine ſchoͤne Sache, wenn wie bier noch ein wenig plaudern
kdunten, allein es möchte wohl Zeit feyn, zu chen: Kein Vers
iß gewiß nicht verloren gegangen. — Der-Sinn von V. 27.
SB iſt richtig in der Voſſ. Ueberſetzung ausgebrädt. Daf vanc
dm Theokrit immer Wa ffer. heiße, kann au die geichrrefe
Gelehrſamkeit nit beweifen. — WB: 38: wu nox’ EAzımes iſt
: Aue matte Ewendatien von Eldick, die Maͤnner wie Jak. und
Sech. nicht Härten aufuchmen sollen. Richtig behält Dahl:
var: zahor sinus bey, was wir feeplich nicht mit Reiske über:
fegen möchten: „Sie Haben Recht, Madame, Bas
Städif allerdings unvergleihiih [hin geras
then“, fondern lieber mie dem Gr. Finkenſtein: Wie du
da fhmeiheif. — V. 50: dpssoi — Vielleicht iffe die
Boſſiſche Lesart zum Ziel: Zieroi. Nach Heſych. iſt Aeedc
ein eido; Idpaxog, ein Naubvogel. — 8. 5ı. Hermann«
Losart: Ti yayhaeDa (vulg. yeroig.) geben wir unfern wollen
Beyfall. eich. Theb. Ion: wi zerancı ; — 8.60. Offenbar
gibt: iyay, zixva. I. sirva naperdiv einen beſſeren Merz,
als die Vulg. — 8. 70. Die von Vai. und Dahl angepriv
fene’Br. Lesart: ai vb ydroıo gibt eine zu zerſtuͤckelte Periode,
> weswegen wir die Vulg. vorziehen. — V. Bo: Zordos. Jak.
gibt das Scholion: iorovpyoi, AHyowv dpiotpyoi. "Woche
diefes? EpıSor ind Hier die Tempelarbeiterinnen, die für
Rene: Ansaaben bes Theokritos. 979
Geld in Tempeln Riten und webten. — V. 87. Der Gpott
des Frembdfinges triffe wohl auch die Dorifhe Mundart der
Weiber, mehr aber Ihre breite Geſchwaͤtzigkeit, mit der fle das
heilige Gefuͤhl der Kunſt entweihen ; daher wohl unndthig fen
möchte: (was Bothe im zmwerten“ Theil feines Sophokles
S. 394 vorfchlaͤgt) diefen und ben folgenden Vers in den
Attiſchen Dialeet umzuſetzen. Auch kaͤme dadurch eine wider⸗
liche Ungleichfoͤrmigkeit in den Text. — B. 110: Bepevixeic
it von Sch. gut vertheidigt. — V. 123. Die Nichtigkeit der
Lesart: d IBevos, E xpvods, © Ex Aevxd Eheibavros ffk -
gegen die Übellautende Emendation unumftöfifich bewieſen wor⸗
den von Lob. zu A. 999: alerõo flatt wierb iſt nothwendig.
— V. 145. Beyfallswuͤrdig ſcheint die Voſſi iſche Lesart: wi
zu opareoor! a Yıilsia Miet —
XVT, 4: &eidovrı wird von benden anerfannt. — ®. 24:
IK vd uiy Yozd, Fb A xal zıvı Boövaı door.
er. quae dederis genio. Warum Jak. aboedchy mit dem
ziemlich unve: ſtaͤndlichen ddAav vertauſchen will, begreifen
wir nicht. Nichts kann ſchoͤner in den Zuſammenhang paſſen,
als: „Verſtaͤndige brauchen ihren Reichthum ſo, daß ſie ſich
ſelbſt guͤtlich thun, aber auch den Sänger ihrer Tha—
ten beſchenken“s, zu welchem Gedanken der Dichter V. 29
zuruͤckkehrt. — ®. 69 iſt das von Ahlw. vertheidigte xadezı
y&o 680l reAdsdoyrı Koıdäv das wahre. Pind. DI. VI,
g2: tyeroe Emeay oluov Av. Goph. Oed. Tyr. 3113:
kayrıwng 6d0v. Aeſch. Ag. 2165: moFer Öpovg ixeıc Se-
onsolus 5306 zaxoppiuovas; vergl. zu Id. 22,4% — B. 99.
Beyde oxvınaior, langſamwandelnd. Shakſp. Macbeth;
now spurs the Iated traveller apace, to gain the ti=
,ı 4
mely inn,
XVII, 2. Statt ddauer Wil Sch. »Aslauev leſen; uns
noͤthig, denn deidew iſt hier, wie fo Häufig Yumwis deidev,
— V. 05, Heinſe's: tot venodes tft anlachend, Auch deshalb,
weil man Baden: nicht nothig hat, die Sylbe va in aadeür-
Tas erft kurz zu zauken Ueber vErodss vergl. Elark. zu Odyſſ.
t
980 Slewe Ausgaben des Throfriset,
4 404. — 8. 41 Sch. imırognon. Hal. behait das mw
grammatifehe Zmrımrarnsı bey. — B. 84. Die von Sch. auf⸗
‚genommene Lesart des Flor. ‚Tod. iſt durchans richtig. Bey
‚der gewöhnlichen erdexadez vpsiz fommt die Zahl 33,355 nicht
heraus. — V. 109: aity agaox. iſt mohlnide, der immer
| Erſtlinge zollt, ſonderg wergl, Soph. Phil. 151) jedes;
mal, wenn er Erfklinge gollt. — B. ı20. Ic if
vorzägliher als narra. In dem irgendwo, das jede Ditss
beſtimmung ausſchließt, liegt etwas‘ unheimliches, graufiges,
das gar herrlich zum übrigen flimmt. — Der Sinn von 8. 121
iſt: Er, Ptolemaͤos, allein prägt die ſchon erlofchenen Zub
flapfen der Altväter, indem. er darüber wandelt, von neuem
in den Staub, als noch ganz warme oder frifche. — (Er friſcht
fie wieder auf). — Ohne Bild: Er nur ift no ein Mann
nach der alten heroiſchen Zeit; er tritt, wie unmittelbar, in
>
die Spuren der ältefien Ahnen, indeß wir andern andere Wege
wandeln. — V. 135: J
xrip, d "va& Urodsunie oe d ᷑ Ica zal
Ä | 777 —
u»dooun auıdsov* Boxen d’,Ewos α AndßArcoy
pDeyboua Eavouivors‘ Apesav 78 ev dx Auös
ailTeo.
Die legten Worte haben den Auslegern unndthige Schwierig
keit gemacht. „Einen nit verwerflihen Sefang“,
fagt dee Dichter mit einigem Selbfigefühle, „habe ich der
Nachwelt gedichter“, „aber“, füge er mit Beſcheidenheit
hinzu, „die Vortrefflichleit gewährt Zeus ben
Menſchen.“ Dieß lebte iſt als allgemeine Sentenz aus⸗
gedruͤckt: „Vortrefflichkeit, wenn du fie gleid
mie haben will, mußt du die von Zeug erfle—
“ ben.“ Secuuda persona (fagt Grund zu Soph. Trad. 2:
pro tertia incerta et non definita eleganter ponitur in
sententiis generalibus, Der Lesart E&ass, mit der das letzte
auf den Ptolemaͤes gehn wärde, künnen wir fo gus entrathen,
\
Reue Ausgaben des Theokritos. 981
wie ‚der Smendartonen adsed und &xeıs. ‚Die. Parallelſtelle
aus Callimachus (in Jov. 94) gehört nicht hicher.
XVII, 8. Jat᷑. behâlt neooi epındlexrorg ben, welches
Dahl gut. durch perplexis pedibus erklärt, auf das Horagijche:
alterao terram quatiunt pede hinweifend.. — 3. 26;
dos drrildeoa xaldv dıepuıve RO06C0TNoV, |
sorrım NE, dee, Acvaödy Eap xeruovo⸗ę —R
Gòde zul & xpvoca Eieya Öuspaiver' ir duiv.
Wir müßten ein Buch fihreiben, wenn wir der die zahllofen
Verſuche, Licht in diefe verdorbene Stelle gu bringen, ein volls
fländiges Urtheil ausfprehen wollten. Durchaus wahr halte
wir Eihfädi’s Bemerkung, daß kein Dichter den Mond je
duch VE oder nox ‚bezeichnet habe; und 'ſelbſt was Huſchke
(comment. d. Orph. Arg. p. 32) fie zu entkraͤften bepbringt,
ift für uns Beſtaͤtigung. Eben fo ausgemacht: iſt und, Daß
nosvıa Nöb, als Anrede an bie Naht flehn bleiben muß.
Bey der Goͤttin Nacht, bie den Sungfrauen als Dbwalterin
der Myfterien der Liebe gegenwärtig duͤnkt, in der Stunde,
wo fie die nächtliche Hochzeitfeyer begehn, betheuern fir, Mes
lena ſey bie fchönfte ihres Geſchlechtes, fo.wie Id. ı5, Bo
Praxinoa bey der norvın Adıwara bie Goͤttlichkeit des
Teppichs betheuert. Huſchke's Emendation: .
& 6; Arreidiasoa xalor dıöpave zedggmor
. noryıa NVE, x. 7. A.
bie er verfianden haben will, wie fie keiner verſtanden hat:
as & ww, N, Öusgasve, tragen wir fein Bedenken, Ungrie—
hifch zu nennen, da jedes a oc fich durch die nachdrucksvolle
Doranftellung des aͤ in ein d as verwandelt, welches hier
gegen allen Sinn und Zufammenhang auf Helena gehn würde,
Bon den übrigen Emendationen befriedigt: uns keine wie die
Koͤhler'ſche, welche die beyden erften Verſe umſtellt, und das -
duch einen fehr poetiſchen Sinn hervorbringt. Die Borans
fiellung des nowvın NoE darf nicht mehr auffallen, wie in
Sb. 15, do. Nur adv dıepaıwve hätte K. nicht in xardn
z0 Epaves verwandeln folen. Arapaiven iſt durchſche⸗
*
233 NRexne Ausgaben des Sheokeitoi,.
nen faffen, vorglängen laffen; Iıapaiveoda:, burde
ſchimmern, vorglängen: auch oßne Beſtimmung wodurch, wos
vor; Ap. Rhod. 2, 1248. — B. 29 iſt dynos' das wahre. —
"= XIX, 5. Mötıooo ſteht collectinifh. Mehrere Bienen
zerfiachen ihm alle Finger; daher xeıpar und rpaduara. ©
20,.55: moprıw. 21, 6: Iydös. — B. 8. Sch. liest fehr
ſcheinbar: bs Tourdös ur Ins, va 3 zodbuara Akixa
wodeis, mit der Bemerkung, daß Ens, wie 5, 79: Anacı.
29, 40. Bion 19, 4, vim praesentis habe.
XX, 19: owvexts leſen beyde fl. owvexès, richtig.
Aebrigens vergl. Arist. Plut. GGo.
X, .
xav 5Alyov vorwös wis Imuyaboyen by Onvor,
aipvidıov Iopvßeönır Ibsoräusvaı uehedivaı.
Die von Bald. eingeführte Reick. Interpunction (ErıVadoneı,
xbv önvor alv.), der Jak. und Sch. folgen , zerſtoͤrt (nad
Ahlwardt's gegrändeter Bemerkung) die Harmonie des Werfes,
and gibt einen ſchiefen, fpielenden Sinn: dAlyos Exvos darf
hicht mehr befremben, als Aeſch. Theb. 491: hoc ori,
die weite Tenne; Perf. 248: ohds mAodrov Auııo , mofle
Eur. Dr. 1074 ſagt: ueyas mAodron Auunv. Theokr. Epigr.
8, 3: noldds.narpidos, wo uns die Voſſ. Emend. BuAis
entbehrlih Mint: Odyff. zo, 259: Ödlyn rodneda. Die
QAuserlefenheit diefes Homeriſchen Ausdrudes zeigt Arifkoteles
Poet. cap. 22. — V. 10: Aida Bumıderno find ohne Zweifel
vestimenta fuco tincta; fo xdoxdeıg. Bey Ahlwardt's Er
klaͤrung fodern wir den Beweis, daß man Ledonharz zum Koͤ⸗
bern der Fiſche gebraucht habe. — MW; 14 fr wövos ſchlaͤgt
Sch. möpos vor (wie lange vor ihm Köhter and Br.) abet
die Vulg. if durch Harl. Ahlw. und Dahl hinlaͤngtich ver⸗
theidigt. — V. 15 Sal. und Sch. leſen nah Auratus: ov-
deis 8° od xbroav eiy', ob zöva, welches Sr. mit gutem
Grunde eine emendatio pessima nennt. Die richtige Lesart
findet fich bey Dahl, oöx Tva, und iſt von Ahlw. trefflich vers
theidigt. Die übrigen. Emendationen ( Graliger's 09x06
—
v N
Meute Ausgaben des Theokritos. 233
ansgeuochmen) wingen um den Preis der Erbärmiichfeit, den
unferes Meinens der „doctissimus Lenz“ davon trägt. Danu
muß mit Ahlw. gelefen werden: ndysa mepood, Ilase
Idöxeı whvors dyow- ch. Fragm. Berenic. — V. cı. Statt
ar l. Voß: wid. — B. 56. 37 bleiben 3. und Sch.
bey der gewoͤhnl. Lesart, die auch uns die richtige, und vom
Stroth gut erlllaͤrt Anke. Nach Aydxvıo» müßte ein Gedanı
kenſtrich ſtehen. — B. 4ı: eldoy duavrov 89 merpa er
naöre. &o 1, 40: EP’ & (sc. werpa) areidur, ämfig
befchäftiget. Steph. BeBauira taugt nichts. — V. 58: meı-
ornoos ift nicht zu dulden, auch wenn defien Identität mit
kiouaoı Mönnte erwieſen werden; denn ſchon zwey Verſe
vorher iñ der Fiſch vom Haken abgelöst. Sehr wahrſcheinlich
iſt die Voſſiſche, zum Theil aus der Reiskiſchen gebildeten Less
art: wu Tor ulv miozaoa, xaldv ye dr Antıchrer, und
ih ließ ihn huldigen, als einen guten Landbewonner, d. 5.
ich nahm Ihn in Empfang. V. 65. bie dren legten, nach aller
Kenner Urtheil Anntofen Verſe emendirt Jak. fo:
'si d Önap ad xvucowy zb T& yapia Tatra ua-
TeborıG,
" Dinic Toy vnvav darel voV ouyxuoy ——8
xar xe IAvois Auum. Ä
„quod si vero nunc:experrectus .somniculosis oculis heee
litora perquirere volueris, spes capiendi piscem illuma
aureum per quietem visum efficiet, ut veros pisces desi«
deres, et fieri possit, ut una cum aureis tuis somniis
fame pereas. " Zyreiv ut quaerere ap, latinos pro ca-
rere dici posse videtur.“ nftreitig fehr gegwungen. Das
Befte, was. wir mitzutheilen wiflen, iſt die aus der Emend.
von Reiste, Warton und Eld. Zufammengefegte Voſſiſche.
ei ut» yüp Vhoqov Tb T& xaple raöra narebasız,
EIris wiv Invav. Zarsı oV oapeıyorv iydor, x. Tr
Nachtgeſichte find den Lügen gleich." Denn menn du nur img
Schlafe diefe Gegend burchfuchen wirft, fo wird bie Hoffnung
dee Träume ſeyn, di 6. fo wirſt du wur nichtiger Erfcheinuns.
J
284 Reue Ausgaben des Sheokriwo
gen gewaͤrtig ſeyn. Suche den fleiſchernen Fiſch, damit du
dicht ——
XXI, 17: vueic ye Sch. — V. 49. Sch. mit Valck.
höre nerpos Öhoirpoxgoı. — V. 109. XEpot mpodsımmüs ch |
Soph. Ded. T. 456. — 8. 161. Och. Beinre — V. 168.
4. will Gxero — leſen. Allein d. Vulg. Exoro” hält
(ih an 4, 10, wo gxer' Ädyav nicht einmal paſſend wäre, da
‚ gxaravay das Verb. Pepav und -eixarı nähe ein dyan |
federn würde, alfo ein allgemeineres Verb. recht an der Stelle if.
S. zu 3. 2, 7. Sch. und Jak. leſen mit Nele: dw inch
yarcı flatt: Evi deivoioı, gut, aber unndhig. - |
XXI, 24 Die. von Jak. gebilligte Lesart Teup's:
rageν Euyar, oisı Ö' kom ſollte von allen Herausge⸗
bern des Th. in den Text gerüdt werben. — 2. 502 |
Aeuxöv FO xpivoy karl, nagalvarau Avixa Timer |
& ds xıov Asuxa, wa) raxsraı dvine ray Bj. |
- Die Lilie iſt ſchon in ihrem friſchen, faftigen Glanze; fie wird |
fahl und welt, wenn fie im Abfallen begriffen ik (wire); |
der Schgee ſchmilzt, wenn er vom Thauwinde geballt worden
ft (waxI5). Den erfien Vers können wir fo wenig mit Jak.
für unelegant erklären, ald Schaͤfers Vorſchlage Gehör geben,
und das längft von Wald, und Reiske verfioßene nimzn wie
ber. einfegen. — V. 46. Das unmetrifhe: 7 001 orixoıcı
xapabo verändsrt Sc. in TO vol; Toixoyos xapdba. Unter
ben Voſſiſchen Emendationen finden wir: Tocoız arıydscc: |
xupdEas,. die uns mehr befriedigt; nur muß xapdkas, meis
wven wir, mit xaedooaz vertaufcht werden. — V. 50. In ax
eoriy, welhes Binden. in UnspIev verwandeln möchte,
fheint das richtige dvaSev zu fleden. Aeſch. Ag. 884: mom
Nas dvmBdev dpraras m. 7. I — V. 61. Ruhnk. vauc
ö’ Ipowign halten wir. mit Sch. fuͤr A; ; Bat, liest: ai
paTı Bowix®n.
XXIV, æ8: or wird von I. mit Recht in Squt ge⸗
nommen⸗ Der folgende Vers iM mit linveche verdammt. ©.
Ah. Eum. g6. 286. — V. 43. ©. kehet zu dem beſſeren
Dee Ausgaben. dis Theokritot ast
xedolyo zuräd. — V. 56; Sch. Beixavdaoner. -VB. 59.
Sch. Aaße. Die Vulg. Bade, legte mit Ungekäm paßt
beffer für. die.innig liebende, fe «ben aus der Angſt befreyte .
Mutter. — V. 64. Sch. 820 fl. wöra, unnöthig. — V. 67
nimmt Sch. das von Valck. mit Unrecht verbrängte 'vocLorris
zurück; im . folgenden Verſe liest: ee trefflih: Ti 5 .oc; und
fept nähern V. 70 ein Fragezeichen. — ®. 95 Sb::
Ömepoögıov nad) Meiste. — V. 90. Start —XRX —
vum iotesnuiror ABiußis Bing fhlägt Sch. rreuuere
por. Die GSththeit der Vulg. beweiſst Sid. 2,2. Das Vaſſer
der Suͤhnung if natuͤrlich im Gefaͤßſhe. *
XXV, 1. Die von Sch. aufgenommene Lesart? Bora»
ixlovpos iporpsds baſtütige ſich aus V. 242.
27. Sch. oveov⸗ ſt. obs. ie Wi. 81. Sch. dporpebs:
B. An, Sch. oi, welches auch Jak. biligt. — B. do. Si Fr
eicıv —* eioiv. — V. 922 ylian* iovcov MM —8
und hat die Anıherität des. Vatit. oder für fih. — V. 1423
orddas Sch. u. Sal. nah: Taup, — V. oo "Seh empfiehte
Zonp’s ſehr paſſendes ivre. 3.7... me
"EV, 97: 4, 0 W
gir.ahtyar um a imo Bhäitei Aunioig
.pgoreigon 3 und: ei gaktıihrepe Tr. iudynaen,
sin S kvvacını, 4 al erden Enıßasvor.: '
Der erſte Vers, der fi nur gezwungen erklaͤren täßt, ſcheint
der Anderung : Ada av Eyav (sc. Bporrigoıni) eißtidhkog
(f. Reisk. und Br.) zu Hedäufen. Der Sinn des Ganzen iſt
dieſer: Keinen laſſe ſich einfallen, dreb mit Dionyſos zu rechten,
auch wenn er in aͤhnlichem Falle vom Gotte noch Härter
als Pentheus beſtraft wäre, .felbft wenn er als zehnjähriger
Knabe in argloſer Unſchuld nur zufaͤllig in jene Geheimniſſe
geblickt haͤtte, worin der Mann. Pentheus mit unfrommem
Vorſatze hineinſchaute. Hier liegt die in der Griechiſchen Re—
ligion einheimiſche des zum Stunde, daß die Götter auch den
Beſtraften, der, . ohne es zu willen, ihnen zu nahe getreten
war. Jak. findet, die Stelle dunkel, worin wie nabärlich: nicht
286 Keue Ausgaben des Werkrite
sinftimmen. Binden. und Dahl deuten fi auf eine unerhörte
Weiſe, bey iuoynosv des Subject Pentheus. Scaliger träumt
von einer zehn Sabre lang aufgeſchobenen Strafe des Gottes,
wndere auders. Beund.und Musgr. geben abentheusrliche Eon
fecturen; die Abrigem fchweigen.. Bist. einzige Harles äußert
fd: vel puer ne audear. cum Däionyso hoc modo certare
yr Commissa, enim simili panna.luet, worin eier auf
das Wahre Hingedentet if. -
XXVL, 9. Wir pflichten Jak. ben, wenn er V. ı und
5 dem Maͤdchen, 8. 2 dem Daphris zuerkennt; fein Tadd
des 9. Verſes, den Dahl richtig erklärt, iſt ungerecht. — V.
.36 befennen wir uns für dadızov. — Bor. V. 18, ‚weiche
dem Mädchen gehört, muß mit Dahi der Vers des Days
wis! ur wenßains Far xeiaa, zul sivere Xellos Auisu
hergeſtella werben. — 3. 2o vergl. Eur. Med. 24a. — Bi 20,
Sch. liest nie unwahrſcheinlich: do 3° iuc — WB. 84. Ch.
und J. ansvdiv, welches ſchon Wart. und Br. vorſchlagen.
— 8.42. Fur Das verdorbene obd’ dxea ıufsoee tann
wohl feine leichtere Emend. erſonnen werben, als bie von Di.
sufgenommene Reiskiſche: oüd’ dp’ Arıuncoaa. -—. Die dem
Gubſerntiv ohne Ariel nagefieiten Adj. und Pron. 8. 57
und 58 nimm Sch. in Anſpruch (warum nicht auch B. 52:
siuara xar&?), und verbinde im erſten Verſe war vo-
peio; gorrigiet im legten ᷣudo im Euod. Die Sache veorbient
nor. sine eigene linterfulhung. J
XXVIII. In dem vorangeſtellten schema metri muß bis
Jamb. Baßs wegfallen, bie nicht in den Choriamben der Ly⸗
siter, fondern nur im Drama vorkömmt — %.n. Wenn od
in oeö vermandelt wird, fo verdient »dos dem ndvos, aß
ausdrucksvoller vorgezogen zu werden: dem hauswirthlis
Gen Weide tft der Sinn auf dich gerghter. — ®.
4: Kimpev SE" award » das dem Sinn nach fo gefund
iſt, mag echt ſeyn, da. men xaLoc und aroc hat. Soll aber
emendirt werben, fo möchte wohl Wartons: - öwal xudp vi
dem Jak. suarrio den Sieg davon tragen. — V. 0 Zum
Neue Ausgaben des Theokritss. 287
erh. Zxreitasıy iſt zu AngRlih grammatiſch. — 2. 153
:BoAAdumr billigen wir mit Sal. ; nur hätte das mäßige, vie
m fpät nachfolgende utv, Reiske's nothiwendigem xcv weichen
joßen. — 8. 25 für coei To liest Voß: Ep rd.
XXIX. Dieß Stür hat Thierſch (apecim. edit. symp,
Platonis p. 25— 35. 1808. mit vielem Scarffinne dem Al
kaͤss zugeſprochen; und gewiß wird jeder Kenner ihm beuftims
men, daß es ganz des aͤoliſchen Dängers würdig ſey. Schade,
daß ſein hißeriſches Argument. fo wenig genugt, da das naͤm⸗
liche Scholion eben fo gut beweist, jeder andere Dichter fey
her Verfaſſer als Altos. Wenn der Scholiaſt ſagt: oivog
rar EAnDEıe, Em TV Er udn FIT dANDua» Acyövran.
Eorı Ö2. demmrog Akxaiov. apgh- olvog d Yiks was
al AAnDsıa, fd fagt er, meinen wir, Alk aͤos fey Verf.
diefes nachher fprichwörtlid gewordenen Ausdruckes, nicht was .
TH. ſtillſchweigend anninnat, Alk. Habe ein älteres Sprich⸗
wort am den Eingang des Liedes geſtellt. Unſer Lied beginnt:
olvas, & Pils wai, Adysras, nal AldDsa.
wo das Atyscar offenbar auf einen Vorgaͤnger hinweiſet. Bis
man uns alio aus anderen Scholien den Beweis bringt , dieß
fehr entfcheidende Acyerar fey and) des Alkaos, oder auch nur,
vor thm fihon ſey das Sprichwort da geweien, mälfen wir
Jakobs (der Thierſch Abhandinng noch nicht kennen konnte)
beytreten ; ex Alcaeo haec petita esse apparet ex schol. in
Plat. Conviv. p. 54. ed. Siebenkees. Sa. nimmt auf Th.
gar keine Raͤckſicht. — V. 8 liest Sch. öxu I odr KBEAngE '
in bee Vulg., der Jak. folge, iſt das Metrum zerruͤttet. —
V. ı1. ed. 5 xev, welches auch Jak. billige. — V. ı
bie von Sch. angegogene Parallelſtelle der Sapphe iſt für das
Beitalter des Gedichtes nicht Zu uͤberſehn. — V. 20. Sch.
zonç — B. 25. Jak. nach Val: AAN dupis, ohne Zweifel
echt; denn die dactyl. Baſis möchte nicht gut zu rechtfertigen
feun; noch weniger die Pyrrhichifche, weshalb wir die beyben
festen Verſe für verdorben halten. V. 39 iſt Torx jä töfen,
und V. 40 vermuthet SYE woostwäror:. [et
XXX, 52. Sal, xai ev aivage xpavına. — V. 43
folgen beyde der Vulg, _ | ——
2oœl TS WUpl WIOGEADRZ.
‚Inass obs Epwras. % 2 F
über deren Sinn viel geſtritten wird. Wir meinen: dem
Beuer genaht, verdbrannte er feine Lishe; in dee
Mäpe Der Aphrodite überwälsigte ihn ſo ide
Einfluß, daß feine vorige Slur, feine Schnfudt
nah Adonis, tn feinen jehigen Entzuͤkkungen
8 y 0 |
285 Neue Ausgaben des Theokritos. *
fich verlors feine Liebe gu Adonis ging unter in
der Wonne, womit thn Aphrodite —
Edigr. 2, 3. Die Salmaſ. Anderung: Tonros, ber
beyde folgen, iſt verwegen, Terwoors iſt echt. ©. Voß z.
Virg. Ei. ©. m. — Epigr. 3,-.6: GwVov "öum® xaTaypo-
pevor , ziehen aud) wir vor, und verfichn soporem congre-
gutum. densum, altum. — Ep. & 1. Sch. I. vi Tor wÄcor
(vulg. ri cd) nad) einem Co). Die Vulg. ſcheint echt, vergl
Sp. 1,205 8, 17. — 8. 6 iſt dordor einzig et. —
‚2. Sch. Govoaöusvos, wovon guveca. die Stofe. — Ep.
3 2. Sch. ins fl. loi6: „est haec ‚Sperun, non ed. Wie
aber, wenn es ein Mittelding von beyden wäre? — Epiar.
11, 6. Sch. Axıxvg für deux, „quod graecum non est.“
— Eptgr. 17, 9. Sch. Sbar. |
Bion I, 14: 6 uw Byaoxovr Epiiaoen erflär
Sch. (den wir von nun allein haben) uͤberzeugend durch quod
fpsum mortuum osculata est. Hom. veroen RırTovTev.
— B..36 iſt Wakef. Emend. da mar vanmos aufgenommen,
ger wir bier die Woffiihe: dvi zrduns Ts zul Kumedor,
welche jedoch nicht in der Weberfegung ausgedrüct iſt, gegen
Aberſtelien. Wir halten die Vulg. xal ara zroAıv für echt.
Shpeofr. ao, 44: undt od, Koönpi, Tov alla unzs ar
dorv, unr. dv Öpeı pihkors. Goph. Aj. B5ı: Kaeı ni-
yay xuxveoy. iv naon nos. Auch Se. Finkenſtein behält
avi rohr. — V. 61. Statt Zunvas wird Brunds Zur-
yao. gebilligt, das wir. fchon des dackyl. Rhythmus wegen vors
siehn ; Eueivos if fehr matt. — 8. 75 As wird für woiz vor
gefchlagen; unnöthig. Ueber vera ocd Ava vorsa Tor
iepov Dayoy &udx>n geht Sch. fillihweigend weg. Graf
Finkenſteins: er erwarb fih Sötterfhlummer in deis
nen Armen, iſt wenigſtens edel und. wärdevol. Wir fuͤrch⸗
gen, die Textesworte find weniger belicage und fihlagen mit
Woß vor: Zuixdn. — RB. 77. Ruhnten 8: ompiosoıy akti-
aor beftätige ſich durch Aeſch. Ag. 15253 aipıov &ykatoua.
ch. bleibt bey uhoroicıv, das ſchon wegen. des nacyfolgenden
vᷣboior verdächtig if. — V. 86. Hier vermiffen wir fo un
gern Lennep's al ai ale V. go die richtige Lesart der Hand⸗
fhriften 7 “Tnerasov. Der arme Hymendos. wird be
dauert, daß er die beyden zärtlich Liebenden nicht verbinden fol;
aber mehr noch Adonis. Wie fhön, daß der Dichter immer
auf den Adonis zuruͤckkommt. Unleidlich malt ift die Wald.
Lesart. — 3: 94 liest Voß: dvaxdaioıcaı ,"Adupı, —RX
ireeidovo. Hns ſcheint die Vulg. unverdorben, ud den
©ian zu geben, den Gr. Finkenſtein ausdruͤckt.
— ¶ Der Beſchluß folgt. )
———err
No. 19. Hetderseraifae | 1811.
Jabeabucher der Literatur.
4) Theveriti decem Idynia cum notis edidit, _gintemine Ado-
maæzuses ubenoribus adnotationibus instruxit L. C. Val-
ekenaer Edito - altera,
2) Theocritus, Bion et Moschus eum comnıehtarüs Integris
. Nalckenarii, Brunckii et To upli,
3) Theocriti Idyllia cum schol. selectis scholar. in usum edita.
4) Theocritus, Bion et Moschus; curavit 6 H. Schaef et.
t Veſchluß der in No. 18. absebrochenen Recenfion.
II, 1. N. Herel's Emendation 28’ Hbdarrı, bie ein. ganz⸗
Ucheg Misverſtehn dieſes Meblichen Traumfluͤckchens vorräch,
befümmgert Ab Sch. gar nicht. Soll es dem Hirten erfl, nach⸗
dem er alt geworden, einfalleh gu erzählen, daß Ihm Kythere
in ſeiner Jugend einmal erfihtenen ſey ?. Warum befaug er nicht
gleich dieſe Begebenheitd Oder ruͤhrte fie ihn damals ſo wenig,
daß er fie vergaß, Bis fie ihm als eine alte Erinnerung wies
der in de, Sinn kam? ER" Smsorti, ale ich a och lieh,
deutet guf den Morgenſchlummer. Der Traum währt bis zum
ri. Werfe; die beyden ‚legten enthalten ſeine merfmärdige Wire
fung, die au tim Wachen noch fortdauert. „Beil hier Erfcheis
mung und Wirklichkeit in Eins yufaııimenfließen, hat der Dichter
den Monent des Erwachens nicht angegeben, und fo wird der
efer auf die anmuthigſte Weife aus Dem vermeintlichen Tranme
wirkliche Leben Dinzingefüher.
IV, 10: xai zuxa, das in ſoſcher Verbindung auf dere u
telle-dedeutet, wird gut gegen Ruhnkens ebriek geſchuͤtzt
urch Su. 9, 474. Virg. Ldb. 1, 202. Wir fügen hinzu
heokr. 4, 60, und beſonders Run m em: „Dre ”
ul, 151. .3 J
9.
a 4
nu doae Bas.. . ' t»
290. Neue Ausgaben des Theokritos.
V, 1. Der erfle Vers, der mit dem Gedichte nichts u
ſchaffen Hut, nrußte mit Br. ung did Fragmente geſetzt werden.
VIH, 6. In der Lesart: |
Av pnärap Auaxidas Erdpm Shavros "Axıuldans'
ÖNBıos dv Iydoxar, örı oi uöpor aivıy dumm.
vermifien wir den erwarteten Gegenſatz, und bey uxap ein
dam» hinzuzudenken, iſt Bart. Barum auch Batte Achilens
nur in der Todesflunde das ſelige Gefaͤhl, die Ehre des Pu
troklios gerettet zu haben, und micht überhaupt in feiner feste
Lebensgelt? Da shovrog auf den. Patroklos geht, fo kann
wohl nichts finnreicheres als Svyaoxovros, bie Cm. von Su
Grotius, gedacht werden, der ein 5°, oi nadhfolgen mul.
- Bergl. Il. 18; im ,
2: Yıßnpiodaop — XI, 1: ine — -, |
X, ı:. — (To ſchon in Schier's Ausgabe). — 5,
xV, 9 id's Lecaet weiche gar zu fehr von den
Zügen der Handſchriften ab; Einfacher und ſchoöner iſt Toms:
sd na Änvoror, doch Aupkyaruzor ſchenten wir ihm.
— V. 14 liest Voß: ploamı 3° Inter aiubr denn.
- XVI, 4 Unter æcãuoc iſt Bier ein: Neigen verſtanden,
wie aus dyer- und aus ©. 7 Birdorgeft. _ Wi B; om
. XVIL ı fiest 26 78 ſtatt A — 8. 5: we t
” duatns. Brunck's Lesart, dankt und kraſtiger als bie mi
genommene von Scaliger; übrigens. muß das Kinn na
Tarınov geſetzt werden.
Moſchos. J. 1. Sch. ſtellt die eichtige Intiepunehn
ber, und ergänzt nah EBhorosı ein Alyovoa: zdde. — P
22: 8° dv ara noch einem Cod. — V. 23: Adıor haben
Manfo und Voß in "Adıov verwandelt. Hier darf Paſſon ·
Bemerkung nicht Aberſehn werden: „die Dichter zeigen die
Gewalt der Liebe gern an allgemeinen Begriffen, wie. Se
in der Antigone; auch, ginge -Auf dieſe Weiſe ein fihänd
‚Spiel yerloren, da man ben Sonnengott nicht felber örkanın)
‚banken kann.“ — B. 29 iſt pärs' wieder eingefeßt. -
Nene Ausgaben des Speofritos, .- . ,„ 291
I, 14. .Sär-civas ,.dge day dem. folgenden Auzraı um
nöthin iſt, liest Voß wir; — —.2. 31 dar Sch. Avatoo,
woſur wir die Lesart ber Flor. Handſchr.: avasgar nicht
Aravooyv) wuͤnſchten. — V. 82; — was, uns nicht
Überzemgt. — 1% 47. varı, nad Shi — V. 50.-Den
cifuriofeh, Vers: 1
ev & gp Zeug imaphpenog Zeige, Xsup Seel,
lift Sch. npangefocheen — folgende Hinftefirng ſqeinte nc
wendig:
WE de Zeig Sein inadhushöt doku zeuaki.
V. %: 23 Dev. olog (sc. 8okt)i Oeris (deine ums wie os.
echt.“ BS. 863 Önsslane Tore; che umwahrſcheinlich? Wi
125 otpoıcı für dusını, unnsthig“ — V. 159: dvbine — I Ru
V. 160 :° iorgp, welches wir nicht -für einen! Srumhii we. 9.
erllaͤren ehe me nm en 2
u 19. ut
abe, eröpärieni ueklofere ibiuo-
| 3 2. —E
‚Ray Sugreporg aere geld gas row Geyder.
Die Steh iſt geſund, wie die Sefanppa ſelbſt. Voß aberſebtz
IR »ı:ı 3.
Dr Seginfaß (oron. und yeik).n und die mangelnde Prapoſ
ſcheinen die andere Ausleguns, vestris lahris cechuit, zu bes
gunſtigen, die and) ® Paſſew anerkennt: Lippen, die euerm
es an Süße gleichkamen. — V. ig. Örepnreus
— 3.60 ſteut Sch. weis her, und nimmt. Ögv«des für.
Hühner, Ddie⸗doch nicht recht paſſen wollen. — Re 70: 76
nodar wird gegen die Efh. <5 mp. gut vertheidigt. — V. 75:
näoay, di ‚wAraas (vulg.. ® ‚endngas) Pavds de. Der
Infin. Bimme gut zu utosodgu, doch halten wir die Vulg.
für echt. Aeſche Prom. 100, wo man MNocucu nicht in On-
ocioac verändern muß. Agam. 1299, wo dmaddkdscoveıp
ebenfalls echt iſt. — BV. ga: wävets, dooıs — — Buxo,
—RR Ex M. - V. 116% Hipuaxoy clausc. Die Vulg.
5
292 Eginhard and Emma von de la Motte Fouque.
Noec, haſt dr erlebt, daͤnkt und beffer. — V. 128:
—XX——
IV, 1. Voß emendirt: iamın vergl. ©. 39. — V. 20.
Och: 10x09 , prolem, — ®. 65: "H oöy — B. 99: Eodı-
L ©&. ſchlaͤgt Imida xpareghr vor, dem Jat. beyfällt;
Voß: mpörspo» wohuoio yweiov, dudum canae barbae.
v7: liest Sch.: x & ao ‚mit dee Bemerkung:
eörtam emendatiouem; :si satis commemjn.ty, ante
multos annos praestantissimus Reizius in scholis publicis
prodidit. Hier hat Sch. fein Gedaͤchtniß geirrt. Die Emens
daubon if von: Meß, und ſteht im Deutfh. Muf. 1775488.
21 On non: In der Folge hat. Be fih ein gewiſſer Teriher
gugesignet, — V. 10: Igpes auf IxDös,. aber fo bat ſchon
pie Ange Von Shit. ı ui... ‚D- A. E.
PR 4 FE
U ne
rich Baron de Ta Motte Fougue. Aurnderg, 1
Kobann Leonhard Schrag. 1811.
Die Anzeige, dieſer des edeln Dichters würdigen Dichtung
Kann die Karze der tegfern nachahmen. Das: Octavb Andchen,
worin ſich die bekannte Geſchichte der Verliebung und Verbin
dung der Tochter Carls des Großen abſpielt, iſt ein tragbares
‚Other Altdeutſchlands, und. man iſt, obwohl im der Fremde
ver Jahrhunderte, dad da wie zu Hauſe denn man wird vom
einen Herzen beherbergt. Es if eine mährend s erquickende
Erſcheinung, daß gerade jetzt To viele geiſt⸗ und kenntnißreiche
Maͤnnck — Hagen, Buͤſching, Sortat, Breutago, Arnim*) x.
Eoinbard und Emma. Ein Schauſpiel in been Auͤfrügen, von Frie⸗
— ——
GREEN
*) Hm. v. Arnims „Halle und Serufalem, Studenten:
- spiel and Bilgeraben tbeuer“, verdient, ſo wie feine
Gedichte „der Grafin Dolores“ buch die Kraft de
Komifchen, dep Romantifchen ‚. Des Chargkteriſtiſchen und dei
Aitdeutſchen weit mebt Lob ald ihm vermöbnte, obwohl von
> 4 einigen Eden mit Recht verwundete Kunſtrichter, welche der
Bemantfchneide die Verleurinde vortiehen, werden geben wollen.
‚Eginhard und Smma von.de fa Motte Fongue. :393 z
— uns durch Das Ausgraben und Abformen« Altdentſcher Bäts
terflatuen..und Ahnenbilder (mie die Roͤmer ihre aus dem alt⸗
claſſiſchen Boden Holen) zu tröften, zu erheben, ja gu reinigen
fühen. Wir können dergfeihen gebrauchen, weil wie jetzt den
Geiſtern Dante's aͤhnlichen, welche (nad deſſen Hölle) erſtlich
durchſichtig ſind, und zweytens nichts bewegen koͤnnen, nur
daß uns die dritte Aehnlichkeit derſelben fehlt, wicht Athem zu
holen; denn dieſen haben wir ſchan zum. Seufzer nuthig. Eben
weil unſer Verluſt, oder unfere Geiſteraͤhnlichkait nicht etwa —
was ſich von außen heilen Tiefe — ein paar Jahrzehnde, ſon⸗
dern ein Jahrhundert alt iR, müfen wir uns von innen beis
len; ja die äußere Belofherem ſteht eben der tan Afrach⸗
kunde bey.
Am ſchoͤnſten und tiefſten greift eine Var⸗ und ma odia/
tung Altdeutſhlands in unſee Herz, wenn ſie zugleich eine ge‘
ſchichtliche if. Jede Vergangenheit ik ſchon Dichrlugft; ein⸗
abgelaufenes Jahrhundert agonifiet, wie in Nom, zum Kris
gen, und Zeitferne hebt wie NRaumferne den dunkeln Erd⸗
koͤrper emper; ja in der Geſchichte beſſert, ungleich der Segens
wart, jedes Beyſpiel, fowohl daͤs glängende, weil es ohne die
Truͤhungen der? Einzelnheiten erſcheint, als das ſchwarze weil
es aus Mangel der Streiflichter, und. ben dem. fortgehenden
Verſchatten durch Geſchichtſchreiber immer tiefer nachdunfelt,
Dis GSeſchichte beffert Daher Die Geſchichte, und iſt die gewal⸗
tigſte, fo wie anmuthigſte efegpredigerin des irren Menfihens
volks. Geſellt ſich nun gar zur Dichtung der Zeit die Dis
tung der Kunſt; fo befommen mir den dichterifchen Doppel⸗
glanz, nee faft, wenn diefs Vergleichung der Profg. ans
fieht, einem andern in fchönen Fruͤhlingsabenden ähnlich if,
wenn bie Wolken in Weſten der untergegangenen Gonne nach⸗
gluͤhen, und die in often dein aufgehenden Monde vorſchime
mern.
Der Ruf des actzujzeigenden Werks Sat und side nijn
dieſen zweyfachen Bortheil der Geſchichte und der Dichtung,
GSo ‚mie. ihm hiaher uͤberhaupt ‚Die Derſellunen der Liehe,
e \
«291 Eginbard und Emmi’ von’ de la Mötre Fouque.
ungeachtet aller fo alt wieberholten Wiederholungen folder
"Gemälde geglaͤckt: fo gelang ihm auch hiet die Datfiiiung von
Em nia’s Aebé, einer Deutſchen, fchamkafen und doch küh⸗
nen, warmen und reinen Liebe, gleich ver Liebe einer geifig
geadelten Ehefrau, welche ungeachtet aller zuchtigen Kebeswaͤrme
eben Ihrer jimgfraͤulichen Tochter gleichbleibt, und (Wwenn das
Bild nicht zu Mark if), wiewohl Mutter, doch als heilige Jungs
frau gen Himmel geht. Eine einzige Bekanntſchaft dieſer Art,
erklaͤrt und rechtfertigt taufend verführte Frauenherzen, weldie
ein 'verführender Waͤſtling nidye kennt und anerkeüunt. Ohne
"Verlegung der Weibfichkeit und der Männlichkeit durfte der
"Verf." einer Kaiferstodhter -einen tühnern Ausdruck der Liebe
leihen , als dem bärgerlihen Schreiber. Eginhard ats Lieder
fammter Carls des Großen fängt’ tm Schauſpiele mit einem
abgebrochnen Städe des Nibelungenliedes an, und fchlieft «6
ab mir der erhaltenen Fortfekung einige Schritte vom Trau⸗
altar; fo ſchlingen ih anmuthig die dichterifchen Blumen zum
Myrthens und Hochzeitkranz. — Am ſtaͤrkſten ergreift der cits
terlich Hohe Vater und bie geftrenge Deutfdimannhafte Seriäts:
figung über das liebende Paar, weiche immer mildere Straſe
durch die Weltlihen, and zuletzt den reichſten Lohn durch den
Erzbiſchoff ausſpricht. Raͤhrend-verbunden und verklaͤrt wird
die Liebe und die Entdeckung derfelben durch das Grab der
gefeyerten und getraͤumten Mutter. Nur wird zuwellen der
Kraft-⸗Carl, dieſes lange zum Glaͤnzen und Verwunden und
zum Verblenden ſcharf geſchliffne Zeitenſchwert, das oft Voͤlker
zu politiſchen Drefhgatben zuſammen maͤhte, im Tranms md
ſpaͤter im Verzeihungsauftritte vom naffen Hauge in arme
Weichmuͤthigkeit etwas getruͤbt.
Uebrigens iſt man im ganzen Schauſpiel in veſter Sf
ſchaft, naͤmlich in guter, oder moraliſcher, und zwht ohne
Nachtheil der Theilnahme. Ueberhaupt ſind unmoraliſche Cha⸗
raktere, oder Teufel nur ein Nothbcheif und Dartogar ſqhlecht
dargeſtellter Engel; der Armſte Dichter: bedarf der meiſtn Teufel,
“und verſchreibt ſich ihnen und fie RG. Baher und al“ andern
. Eglubgrd und: Emma von de la ice Zonaae.- 295
Gehrden kann dieſes Bebicht in Wergleich mie: feähern Nord⸗
nahlildumgen unſers Verf. wo immer die Wärgengel bie
blotrothen Flagel / aufchun, . mattfarhiges erſcheinen, indeß cu
doch ehenn.meit dieſer innern Einfachheit des Dichtungsſtil gleich⸗
ſam jene äußere Linfachheit des Lebens nachſpiegelt, nach wel⸗ |
her Carb der Große, defien Mannsſchneiderin die Kaiferig
war, feinen Hofmeyern tiber den Eyerverkauf *) eben fo Vor⸗
(driften gab, als Friedrich der zwepse den Finanzrechnern von
Neufchatel Verweife :über. einen Verſtoß von einigen Bonus.
Um (6 weniger fügt ſich im dieſe aͤtheriſche Einfachheit eine
Stlie S. 62 ein, mer Carolus fagt:
- Meine Taiferliche Krone⸗
Das Schwerdt, daran die Edelſteine funkbeln,
Den Mantel goldgefdumt, mit goldnen Spaugen;
Anſtatt daß er hätte ſagen koͤnnen; meine Kaiſerkrone, und bag
Schwerdt mit Edelſteinen, und den Mantel mi den gelönen
Spangen.
Einiges möchte weniger auszuſetzen, als zu vermiſſen in
dem ‚Auftritt feyn, von welchem man, nachdem der Biſchoff
und der Water das Liebespaar auf einmal in ein Brautpaar,
wie das Blusgendfte in ein Ehtbett, vermandelt Daben, ſich
nah. der vorigen &täcte der Auftritte. eine feurigere Au -
malung | des Staunens und Dankens, und weniger Kürze. vor
ſprechen konnte, als man findet. Der Solus, oder die "In
mähtung it auch kurz, aber nicht zu kurz.
Es iſt feltfam und ſchoͤn, daß gerade zwey Ausländer, ein
de la Motte Fougue und ein Willers, dem Neudeutſchen den
Altdeutſchen vorſtellen. Es waͤre nur zu wuͤnſchen, daß
noch entleruter⸗ Ausländer , Dritten, Türken, Araber, Amy
titaner hinter und recht viel ſuchten, und uns uns ſelber vos
sommandirten: ſo wuͤrden mir mehr aus uns machen ale big;
her, nämlich viel, nit sus Bicemager, ſondern ein Volk.
*1 xert ug —2* yo 7 7 . 4 — y
” te ih ntenzie era aemein SGeſchichten von Ss. '
„Mer RG. 10 un when
‘
»
'
2% Traite de la prononc. des cops. än. p. Dubroca.
So fahre.benn ber wöärbige Mes. fort, und laffe- jet die
alten Todten -auferfichen und wandeln, . wie folches. umter bey
Leiden uph Stechen ein im eigenelichen Sinne geſchehen.
Enter,
—
Traite de la prononciation des consonnes finales des mots fran-
cais, dans leur rapport avec les consönnes ou les vo-
yelles initiales des mots sulvans, ‘en forme de Diction-
nairs, par Dubroca, ‚auteur des Principes raisonnes
de Part de lire A haute voix. Barid bey Dübreca. AXXI
n.281&. Anhang 64 ©. kl. 8.
Saft alle Ftanjoͤſiſchen Spuachiehren beginnen mit der Lehre
‚von der Ausfprache,.in weicher aber das aurium superbissi-
mum judicium der Grammatiker ſich gewöhnlich gar ſchlecht
bewährt; und «6 ift in der That eine ſpashafte Befchäftigung,
die quälende Mühe zu betrachten, welche die Herren ſich ge
ben, alle Töne wie alle Zufammenfeßungen der Tine durd
Burchſtaben anszuprägen. Die Fluͤchtigkeit des Manges in der
Franzoͤſiſchen Sprache, ‚gebildet durch das Ineinanderfließen der
Sylben und der Worte; die zarte Zuſammenſtellung, wodurch
das Mklingende gemildert, und der Ausſpratche fo viele Fein
heit ertheilt wird: mit einem Worte die vieladrigen Quellen,
wenn aud wicht immer des Wohlklanges, doch der anmuthi
gen Wortbewegungen, welche die Sprache durchſtroͤmen, we
kann fi auch nur einbilden, die alles mittelft abgebrochen
Deutſcher Sylben erichöpfen zu wollen 7 — Wie überall, fo and
hier verfehlt derjenige feinen Zweck, der zu viel gu leiſten
unternimmt. Ein Theil, und zwar ein ſehr wefentlicher Theil
der guten Ausfprache kann durch Buchſtaben ausgedrüct, in
NRegeln gefaßt, und gelchet werden, während das Gange.nur
durch aufmerffames Hinhorchen auf den Meanismus in den
. Tonäußerungen und in den Tonverwechſelungen beym wmuͤndli⸗
den Vortrage, wie durch fleißige Ugkpns-im Nachahenen mehr
ober weniger zu erlernen iſt. Wer auf dieſe Weiſe Die richtige
Autſprache eines jeden Wortes einzeln genommen, ‚ig ang!
1
er;
Traitd de 1a penonc. des cum. Bn. p. Dubroea 297
Bilder has, dem iſt vom Yen. Däbroca ein · fehr woſentlicher
Dienft geleiſtot durch diefe:in der Form eines Dietionnakrs ads
gefaßte Darſtelung der. Lehre von dem Bufammanioßen. der
Woͤrter.
Die Sprache der Franzoſen in ben frühern Jahrhunder⸗
ten war rauh und. hart; allein der unſern Nachbaren einge
borne Sinn für das Anmathige und Schickliche hat ſich auch
in ber Gpradwerfeinerung. bewährt. ‚So ward, um une
einige Beyſpiele anzufähren, das fo oft wiederkehrende 01;
was ſchon Aullan wit dem Gekraͤchze der Raben verglich, and
vielen Worten: aumggmerst, und an deſſen Stelle das beſſer⸗
tönewbe wui oder wi geieht; argail-ward orgueil, aus accoil,
accueil, aus sommoil,; sammeil, u. w. Eben fo verwans
deite man das baufie ou in: ext; aus. doulour ward douleur,
aus doucotr, douteur, u. d. m.
Der Berfinerung ber Ausſprache wurden manche O
gebracht, ſelbſt die charakteriſtiſchſten Zeigen in den Worta
wurden aufgcheben, der geſunde Menſchenverſtand ſogar ward
wicht geſchont, conn: es etun galt, einer Kakophonie auszu⸗
weichen. „Une Cacophonies, fagte Ber Abbe d'Olivet,
„a toujours êté jugde chez’'los frangais pire qu’wie irrẽ-
gularitei*. Zu Henricus Gesphauus Zeiten Ward bee
erfien Perſon des Verbe siagulier tin s ungehängtz Di ’s
war das ansſchließend charakterikifche Zeichen der’ yuaptin Dew -
fon, fo*wie t noch. immer dasjenige‘ der dritten Perſon ug -
man ſagte und man. fchrieb je di, je li, j’averti, ‚je voi etc.
Unftreitig war die Eonjugation ber Verbes überfaupr dadurch
leichtteui nub beatenter. Denuech aber haben did neuern
Franzo ſen keinen: Anſtaub generamen, ber erſten Perſon das
verwirrente s himzuzufuͤgen, uni Den Iftern Duſammentoß ei
der. Solbſtlauter, um: den biatus, :gii bleuorihtan
ment :loreille, auguweirhen, wie 3. ®. in:je le di & mm
pere, je li un live. — Die Dichter haben ſich s zuerſt
erlaubt, dem Wohttqutr RR grammatiſche Nchrigkeit aufn
ayfep, bie. Prejeinge :gptgtey -Uigan Deyſpielt, uch den ralges
Ausſprache: o-na dit,. - O-nentze, — O-nins
A
298 Traip6 de ia pronanss deb cons.äe p. Dubroca |
meine Gobrauch „hat: die: ingWFlefigkeit: —R Seßenapıls,
dem. entgegen zu: handeln, ſeitſam genugl nur ben Dids
tern ‚allein. meiden hop dos vegelmibzige ‚Giriap fein Daſeyn
dankt, als eine poetifchen Freyheit erlaffen wird. So rim
Macine, je vous avertimit, partji;.ie recoi, je
croi, is vois mitiemplos, moi, ft. ſiew. — Bu ten
Eosutisuen wie aime -t- on, vVa-t-eny spprouve-t-il,
ſtehet das überüffige, weber den Verbeg, noch den Prouomg
angehoͤrige t DE, und muß auggeipenchen werben, bloß um
dan unausſtehlichen histus. bep Seite gu ſchaffen. Inden
Morten: ton amitid, man esperanee wep.: ned Den erſten
Regels der Syntas Hohn geſpuochen, ‚einzig und allein zu
Guouuſten der Euphonier Beſſer Unſtun ale Mißlaut
— ſceint Aundamentalgeſetz in der Sprache zu feyn. — Zahl
los faſt find die Verſuche und die aus ihnen herzvurgegaugenen
rwen, ‚melde in dam verſchicdenen Epochen, der. Sptachbil⸗
bis zu ihrer Fixeung den Worten "aufgehängt wurden.
Noch zur Zeit des. an. seine. Landacſprache ſo. harpmenbienten
Ba uses, «wa bie Oprochverfeinerung Hofton war, ſagke
man nicht on a, fait, ſondern on-na-f.aisz.khen .fo.on«
za dit, on-zecoute, man fand” ein horreur ſelbſt in dem
bietus des unreinen, "due Ban Mafenton gebildeten Selbſt⸗
Innters mit dem. an ihn ſtoßenden seinen Selhfkfauter. Erſt ſpaͤter
ward bewerkt, des man: fi ofme Zuſatz eines Abeufiäifigen
Duchſteben helfen koͤnne darch das Inmäberichleifen, tzurch die
Arutlt,ein .
" \ Dife fluͤchtigen Bewerkangen en au bde g il⸗
bang der Dranzoͤſiſchen Spencer beweiſen, mit
aß: Bir: Frauzoſen von jeher bomuhet waren, ihre Auoſ
| go verfeinen, ‚singedent: der Worte Quinctilianoa Dihil potest
“ imtsare in affeotum, quod in. aure vet uodie westibuls
Stakim. afßendit. -. . Hi
Das Siahberfleifen uns ———— „er Saale
samen Vortes ‚mit ‚ber Acengeviſee ep :feisannen „hat dm
B \ “
Traite de.la pronome: des com. fin. p. Dubreca, 29
Zreangöfiidgen: Bpendie chee wie umd fo zu Magen, -meilenfäts
mige Wersesung gegeben; und Als nothwendiger/ Ausdruck
der raſchen Beweglichkeit des Franzöſtſchen Nationquſinnes bes
trachtet, erklart Ah fowehl:das fo aligemein ‚gefühlte Bebaͤrf⸗
niß, wie DE bedaͤchtige Sorgfalt, womit man für feine Bes
friedigung bedacht war. Yan Kleinen wie im Großen, im
Handein wie im Denken und deſſen Ausdrucke, im Oprechen,
if dem Franzoſen alles ein. Greuel, was feinen Lauf aufs
hätr. Mattes Einperfchleichen iſt der innerſten Eigenheit feines
Wefens fo fehr zuwider, daß ſelbſt das Vernunftgemaͤßeſte,
wenn-eh feinen Ang hemmen möchte, weichen muß. Micht
werrigee if in dem Frauzeſen, wenn gleich nicht der Höhere
Sinn für geiſtige Schönheit, doch das Streben nad) Bierlichkeit
und gefaͤlligem Aeußern fo lebendig wirkiam, daß es, wenn er
nicht anders Pan, gewaltſam fogar die Formen vernichten, die
in ihren Elementen einander zuruͤckſtoßen, und die ih alfa”
nicht: as einem yefälligen Ganzen vereinigen Iaffen. .:&o bes
währt. fig auch hier In der Außer Geſtalrung des Innern des
Geiſtes mitteiſt der Spracheeine nothwendige Conſequenz,
obgleich Die vbloße Erſcheinaug an ſich betrachtet, das Segen:
theil ſichtbar werden DT. ee
Die Vinlauter zerfällen in Dumpfiähende ad ansılnendt;
die eſtern begianen ihre Arslcularten init Areas’ Seluflamede,
die leßtern enden mit-Demfelben. Eben fo If die Schlußſolde
des Word entweder dumpftoͤnrud, aber austinend, je nachdem
fie mit einem Mitlauter, oder mie einem Selhfliauter ſchließt.
Da nun Vie Franzdfiihe Sprache im Ganzen eben nicht aus
wohlklin genden Elementen zuſammengeſetzt iſt, fo bat man
weongſtens das Geſtoßene, Gobrochene, was nothwendige Finde
vehi einue Sprache volhorvſchenden feſten, beſtiannen ‚Tone
iſt, gu eutfernen geſucht, und 'ıa deſſen Stelle dem leichten,
fluͤchtig· hinſchwebenden,⸗ anıhutherkten Klang: gefagt , -- weite
die Aueſpraͤchs dharattenfet. "Das Hanpaamiees, un: Matiang
der, · Elem⸗ute ber Styacht zu wilden, beſtaud, nah dir
Bermieſdecang dev ſigon · Me wie DL u⸗ RWORT
—
300 Traite de la pronone. des cems. fin. p. Bubroca.
An der gaͤnzlichen Unterdeſckange Der Emdmitlanter in den
Worten, wenn das darauf folgende Mort wieberum mit einem
Mitlauter beginnt, — oder in ber Bindberichleifung des Schluß:
mitlauters in bad folgende Mort, wenw Diefes mit einem Gelifl,
Sauter anfängt, — oder endlich, daß. man den Eadmitlauteen
eine. Artitnlation gab, ald wens ihnen ein ſtummes e ange
‚bängt wäre. Dieſes fo haͤußg hörbar werdende ſtumme e hat
freylich der Sprache, beſonders im Vergleich mis der unſrigen,
‚eine faſt gänzääiche Tonloſigkeit gegeben, indem er Beinen fcarfı
‚artitulirten Ton, fondern nur eine bloße Nachtoͤnung bilde;
aber es mildert eben dadurch das ſchatſe. Hervortreten andere
an ih mißlausender Elemente, welche dem feinen Sinn du
Sprechenden nicht entgangen waren. Dieſe drey Mittel zu
. Entfernung ber Härten und dee Mißtaͤne ‚haben aber in der
. Anwendung ganz eigene Schwierigkeiten. Dun das Hinuͤber
ſchleichen verändern die Milauter, wenige ausgenammen, den
‚ihnen. urfpränglid eigenthuͤmlichen Ton: d wind wie 1, f wird
wie v u. ſ. w. ausgeſprochen. Der Verf. hat über die Ab⸗
‚fufungen ‚und Wandelungen in dem Mechaniomas des’ Ku
überfchleifens. treffliche Bemerlungen gemacht, wand nabſt dieſern
die Bedingungen, unter welchen alltis entweder die Unterdruͤl
Sung, oder Die Biriterfhldfung, ‚oder die Anhängtng dei
‚Aummen o fistt anden darf, methodiſch und lichtyoll entwil
kelt: und wir empfehlen ſein Woͤrterbuch der Ausſprache, a
das vollkändigfte und am fongfältigften bearbeitete . das und
‚Aber diefen Gegenſtand befannt worden iſt.
Unbemerkt dürfen wir indeſſen nicht laffen, daß auch die
Schrift der Nachhuͤlfe des muͤndlichen Unterrichtes eines kun
digen Lehrers nicht Aberfäfg macht. Denn obrtich den Het
‚wie aus dem Anhang zu erſehen, ſich ansihliciged mit den
DStundium der Ansſprache zu heſchaͤftigen ſcheint, fo Gab ihn
dennoch manche Fehler entwiſcht. Seine faſt mit kowiſchem
NPacthot vargetragene Meinung von ver hohen Wuͤrdigkeit di
ſee Setndinms, weiche Ach maten anhern ud, darquf Bäss, dei
„uud chn bie grhßbgn: Redect des iakfiiten Auerihuras bieh
ET \
Traite de.Ta prondnei' de} vone. An. b. Dubrocæ. 308
der Prononciation- ihre “ Eag eereu⸗ gu danden; gohabt; - ae
ihn gegen Irrthuͤmer nie geſchatzt, J. V..& ı1p8: Aruetz
pronumcez gu®& avec'un’& moy: on ne lie: peing let. —
Le.gud}ere pass — Un gu Himpraticable.:
Hier vermengt der Verf. ‚offenbar die dem. Sinne nach ˖ gan
verſchiedenen Worte gues: und gus. — ©. 177. In L'n dans
cette. kerminaison nasald, · ne se lje jamais. On dit tou-
jours."m. Un assassia hbinfäme. era — Le-die
vin | amour. — Wir; erintern uns aber beſimmt . um
Theatre francais, alfo::in: der Bchule der guten Ausfprader
divi“namoter' kusfprechen gehört: "haben, was Übrigens auch
en proac#ffhen Srundfäktü des Abbe dB’ O-fiver Aber die
Nafensöne entſpricht, welche der Verf. ſelbſt in. der Einfetusg
©. IX euführe: Dech IK der Verf. mit der gemeinen -Ause
ſprache / im Wolke: hier nicht im Widerſpruch, wasaber in einem
Lehrbuche "nicht: unbemerkt biriben darf. — Seeage bey dem
Borte ehacun iſt der gunge Artikel durchaus ig. =. Si 275
bey dem Worte quelgu’iın findet ſich unter den Beyſpielen
yuelgwa’ui -nassure, Balfch.: an. fpricht queig un‘ asauro
— ©. 2% Prabun. — Up‘ teabu » nodieum,
ar trfbu- nempressed
Vvient vous entretenir de. ce -qui.s’est passe.
aus dem . Tranerfpitk Manlius. Diefe Ausſprache iA abemmals
fach, mie m. d. Es iſt gu: Hoffen, daß der Verf. ſolche
Fehler Key einer neuen Auflage verbeſſern wird.
Was fi außer dem Hauptgegenſtande des Werkes, In
Nackficht der Musiprache hat beybringen laſſen, iſt von dem
Verf.nicht ‚unbetrachtet "geblieben: wie z. B. die Anzeige der
Langen und der Kurzen'in den Sylben. Dieſer ſchwache Bey⸗
trag: ne Mearbeitung Der, im Dunkel gehuͤllten; Geſetze Der
Srangöflichen. Prpnonie ift einſtweilen immer des Dankes werth,
bis entweder ‚Der Deutſche Meiſter ſelbſt (der treffiiche Zeich⸗
nee undo Kupferkecher Kolba H- Diffan) den Gegenſtand
merh6ßiicher: und vollſaͤndiger enfwickeln, als es in ſeinem :fp
teichen als feige. und" ſcherfſumigen Merke: Ueber ben
en 3
52 ——
302: up) Dar Bebeimnis des Sieiadeudn.
WMorereicht ham“ der Dent ſchöneuad Frawpöfifiien
Soprache geſchehen iß, oder bis ein anderer im ſeinen Foß⸗
ſtapfen wandeind, von den graͤndlichen Bemerkungen, welche
Die tiefe Sprachſorſchung unſeres Deutſchen kandumaam⸗ audi
seien: Bat, Gebrauch machen wit. - °
In Peiner - Sprache muß dee. Görende «denk: Gpechensen
mehr zu Huͤlfe fommen, wie m ber. Grangäflichen: : Um Io
wichtiger ift alſo das Studium ‘ber: Ausſprache.“ Zwar wird
dieſe von einem Nichtfranzoſen, Falk et nicht von: der frauͤht
Ren Kindheit an geübt werben, nie fo. vollſtaͤndig zu erlaugen
ſeyn, daß der feinhörende Funzole nicht ben Anclaͤnder bemerken
follte; boch kann angefltengeer Fleiß und auſmerkſame Sorg
ſalt jeden dahin. bringen, nicht bloß ſianentſtelſende Fehlet je
vermeiden, ſondern auch eine gewiſſe, obgleich untesgebrdnei⸗
Stafe des eleganten Auodruckes id) anzneignen, ums in
den Verhaͤltniſſen, worin wir dermalen zu⸗den Frangoſen ſtehen,
gewiß ‚night mio: unwichtig zu betrechton tft. Deshalb ;: und
and um gegen "dan in: ber Legiom Franzoͤſiſcher Eprachlehren
ſich Sefindendgg'Unfinn, womit fie. ben verworreuen Untetricht
beginnen, Antidot gu empfehlen hatzen wir die Aufmerk⸗
ſamkeit unſerer Leſer anf dieſes beſſere Werk zu leiten für Pflicht
gehalten. Det’ Bemerkungen, zu welchen es uns Veranlaſſung
soeben] wo wir bie Pröfung der Kennen: 5
— — — Far ar = nn
Das Beheimnid des Steindrucks in feinem ganzen umfange, praktiſch
: mb ohne Wüdpalt nach eignen Erfahrungen beführichen uch
einem Liebhaber. Tübingen bey Catta. "1810, * (ak
@teinabbrüden 5 fl. 6 fr. ahne St. 8. — nz, —*
Dieſe intereſſante Schrift macht une mit —E—
eraut, welche ſo viele Vorcheile verſpricht, "and Tr den rienefieh
Beiten ihrer Vollendung auch immer näher rät. Die Schrift
leiſtet im ganzen Sinn, as Ale verſpricht, indem. fie‘ ger fein
Geheimniß mehr" in der Sache Abrteitiiße, und- ihre für Theorie
und Partie gegebenen Anteitungen fo- deutlich ausſpricht, daß
‘
ns) us Sehe mes Eteichencn 8
fie einem jeden, den wit · Ahnuchen Geſchafeen bekannen iſt;, eine
Verfuche moͤglich macht. Der :unf dem Titel nicht genannte
Verf. tft nach, Hrn. Tomas Erkiärung' in der Vorrede der
Rınfmärnn: Heinbich Baby in Stunigarr, dem dieſe Kant bie
fdönften eigwen, Exfindungen werbante
Bekanntlich war Aldys Bennfelder aus Prag de
Erfinder des Steindrucke, Der "König von Batern: ertheitie
ihm ins Jahr aBor ein Priviiegiem auf —2 — fahre, welches
er aber bold an ſeinen Bruder abtrat. Einige KR nachher
verkaufte er fein: Geheimniß an. Die: Andrea'ſche Officii
nach Offenbaͤch, und von dort kam es nach London und Paris.
Er Tetbfir mar nad Wioen gegangen, und hatte an dieſen Orie
ſeine Kunſt tbenfalls in ned bımg? gebracht. m J⸗ 1807
tom .eim Emeikönudier aus. München nach Stuitgart. Auf
Verwendung Duo Sole IM —— folltö Te ein Stein⸗
denckinftitut: gründen. MR gab Ihm viel Geld! für fein Ger
heimniß; ar’ braͤchte aber mir: — mittelmaßige Äbdrucke zum
Vorſchein Dr: weinen Nachventen, wozu dr freylich Vet
anlaffung gegeben hatte, zelangta han u allerley wichtigen
Derbefferumgen und' neuen
Basen lan ef RU mis etwas de
en ) was ver⸗
däantem. Scheisemaſſer/ Er he —— und
vervielfaͤlt iate dann die Zrichnung mer Sqrift, ſo oft als man
wollte. Prof Misrrter in Manchen trug Mit trocknen
Tuſchen freye a gennkfiden nich! ganz glatten keit,
und Bad Aria! gidichförmigen Abdrüd.-- DaE
Inſtitut ya Münden rate es feht weit in diefer fogenainten
Kr —— reUnſte Wetfeaber fing auch an,” vertiefte
Züge mit Grabſtichel und Radiernadel ˖in den „ori Mein;
der, den dE vncher mit einenr Bummigrund NE atte.
Daun trug ;ee durch feine Pitiſel ein —* ODeltz. B.e Ind)
uf. : Diefs . 6rang, ſogleich In. alle offene Stellen: ein: ie
ode 5 Casauf: mis feinon Läichyapier minder ab- i
"fenchtete AR an, ELIUTE the
ein, umdueniäte. Hy ab. . de
Div: Giufdgedanke ber ‚Theorie des Steindruce⸗ wird
G. 10. Sehr; dann angegeben. „Mar erklaͤrt ſich Steindruck
ierig, wirdhr nie ihn ans der on -lange bifannten Methode,
Raltksinnandyidgem,, ‚ um ‚am: eihabene Bthrift darauf min wenig
Mühe gu maden, herleitet. E86 werden hier zwar aud) bie
Züge, welche erhaben bleiben follen, mit Fett belegt, und dann
wird der unverwahrte Grund mir Stheide woſſer fo tief aufges
list, als man ew haben will; nachher. fichen dieſe Züge frey
hervor, Das hätte ‚zur Erfindung ſteinerner Tppen fuͤhren
‘
Feng.
klirden u en manwit · einer eignen
20h. Mupp) Das’ Chchkimmik des heiten,
Zännen‘, aber nicht jun ESteindruck, wie.er jene it. Hier ik
Sie Frage, wie man die moeründerte Flaͤche des Steins zu
Den beabfichtigten Zwecke benutzen muͤſſe. Die wird dadurch
Ardalich, daß der Stein da, wa er fertig. gesunden iſt, kein
Waſſer annimmt, und umgelchrt, daß er da, wo er Waſſer
«ingefogen "hat, Nein Bett -einfäßt. Kommt man alfo mit eine
dertigen Farbe über die Steinplatte, fo .nämmt- fie- folche nur de
an, wo ſchon Fett aufgetragen war, und alle Linsen und dor
men, die mit Fett. auf deu. Stein gezeichnet ind, erde mit
Der Farbe überzogen, und laſſen ch abirnlen
Altes beſchreibt der Verf. deutlich und moͤglichſte ausführlid;
Dann handelt er auch in. einem eignen Abfchnitte von den
Steinen (Kalkſtein⸗ oder Marmorſchiefer, die ein feines
‚gleiches Korn haben, und bie. Ferchtigkeden leicht einſangen
möfen); von dem Schleifen der Steiner von be
Bereitung der chemifden Tuſche 64: DB. aus
a Theiten Talgſeiſe, 5 Theiken-meißen-Moht, 14 auseelafe
nen Tale und ı Theil abgeriehemen wweduen Kienrußd; von
dem Auftragen der fläffigen Tufſche; von dem
Uebertragen einer auf Dapier geſchriebenen
Schrift aufbden Gteiny von Dem Beinen mit
der. fogenaunten.chemifhen -Kzuldes; von bed
Steinfiehen (auch in Holzſchuittmanier); von der Ber:
fertigung eines ſchönen dunkeln Srundes (mb
Shlfe ‚eines fetten Del); von dem Abbrucken der
Steinplatten und den zum Druckerforderlichen
Maihinen und Galfemitteln. Die Puyſſe iſt mit
einem Reiber verfehen, sie bey den Giättmaichinen. Sa
fchickte vorfihtige Drucker muß man dabey anſtellen, damit die
Platten nicht fpringen. . EEE
. Mehrere fehr wohl gelungene Verſuche Aefchueibe ber Verß
Er bemerkt auch mit Recht, daß der Stein gu vielem Arbeiten
anugemeſſener ſey, als Kupfer, 5. B. zu Fleiſch, weichen Ge
wändern, Fellen, Gras, Kraͤuteen, Öäumen, Burg zu allem,
was. in der Natur zart nd geichmeidig. iR... Die Steinßecherth
und Druckerey erfordert viel weniger Aufwand ‚ls das Kapfer
ſtechen und Rupferdruden. Agch vielfarbige Steindruͤckt.ließen
fi machen, fo wie man .längft vielfarbige Supfecfide
macht hat. Miele Uebung; gehhoͤrt allerdings noch gar der nANS
Kunſt, ehe fie ſich in Den meiſten uͤbrigen Ofuͤcken wit d6
Kupferſtecherkunſt meſſen kann.
3 he
« .
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. . " “ ⸗
“ .
2‘
J
No. 20. veidelbergifſche 1811.
Jahrbuͤcher der Literatur.
>...“
VM
Ddandbuch der Perſpektive. Aufgeſetzt von Johann Albert Eytel⸗
mein. Erſter oder praktiſcher Theil, welcher die Negeln zum
Auftragen perfpektivifcher Zeichnungen enthält. Mit ſechszehn
Kupfertafeln. X u. 128 &. Zweyter oder theoretifcher Theil,
welcher die Beweiſe für die Regeln des erfien Theils enthält.
Mir zwey Kupfertafeln. 395. Berlin, in der Nealſchulbuch⸗
handlung. 1810, 4
N. Nothwendigkeit perfpectivifcher Studien für den Zeichr
ner, Waler und Architeften wurde um fo fühlbarer,, je weiter
die Ulnterfuchungen denkender Köpfe in das Feld der Perfpective
eindrangen. Ungeachtet aber dieje Wiffenihaft durch die Bes .
mähungen großer Künftier und Selchrten fhon lange in einem
bedeutenden Umfange vor uns liegt; fo fehen wir doch die
Kuͤnſtler in ihren Werken. Häufig Hinter biefen Fortfchritten _
zucückbleiben. Der oft mit Gelehrſamkeit zu fehr verwebte,
von der Natur entfernte Vortrag fcheinet die Haupturſache zu
ſeyn, welde den lebendigwirkinden Geift des Künftiers vom
kalten Studium der Perfpective abgehalten hat. Es iſt darum
tine verfländige Anordnung des Verf. vorliegender Schrift, die
Deweife der gegebenen Regein in einer -befondern Abtheilung
jetrenne und zuletzt vorzutragen. Doc kommt es ſelbſt ſchon
dem Acchitelten, noch mehr aber dem Hiſtorien und Lands
Wafesmiater für die Wahrheit ihrer Zeichnungen und Gemälde
ucht ſowohl an auf den Gebrauch der gefammelten Aufgaben,
wf das wirkliche, nah den Regeln der Perfpertive geordnete
(hlagen des Lineals und des Maßſtabes; als vielmehr auf
e freye Anwendung von vollendeten Einfihten in das Weſen
d in die Eigenheiten der Perſpective, weiche den Kunfiwers
jene Vollkommenheiten gibt. . Wir wänfchten deswegen, der
Berf. hätte in Allgemeinen die Natur ſelbſt darfiellenden Ane-
20
|
|
306 Eytelwein Handbuch der Perfpertive,
fihten das Weſen der Perfpective entwickelt, und biefe Dar
fiellungen in einer bedeutungsvollen Sprache den Sägen und
Aufgaben vorangehen laffen. Wir hätten gern gefehen, daß
diefer Geift feinen ganzen Vortrag durchdraͤnge, umd jenes
Leben in der Darftellung erzeuge, das auch ohne Figur fon
im. Stände if, ein Bild in der Seele hervorzubringen, und
zur Selbſtthaͤtigkeit aufzuwecken. So wärde es dem Verf.
ſicherer gelungen ſeyn, den in der Vorrede berührten Zweck zu
erreichen: „dem Wortrage der Perſpective mehr Eingang dry
dem Kuͤnſtler zu verſchaffen.“ Er hätte noch uͤberdieß feinen
Zweck in einer größeren Ausdehnung erreicht, und dem her:
fchenden Fehler entgegengewirkt, der fih in handwerksmaͤßigem
Thun dahinſchafft. Er Hätte den Künftler zur Selbſtthaͤtigkeit
des. Geiſtes angeregt, der jeßt allguoft gewohnt iſt, im beden
tungslofen Anftrengungen von feinen KHülfsftudien nur Hand—
geiffe zur techniichen Vollendung feiner Werke zu verlangen.
Der verdienftvolle Verf. wird mit ung erfennen, daß diefe
Beftrebungen dahin geführt hätten, den Eingang feines Vor⸗
trages bey dem Künftler dauernder zu begränden, und ihn vor
dem Kunſtgeiſte gu rechtfertigen.
Abgefehen von der Tendenz des Werkes, „durch den Vortrag
auf den Künftler hinzuwirken“, können wir das Erfhöpfende und
Genaue in den gegebenen. Regeln, das Ordnungsvolle und
Beſtimmte in der Darftellungsart des Werfaffer nicht genis
anrühmen, und fühlen uns verpflichtet, das Lefen dieſer
ihrem Gehalte nach vortrefflihen Schrift den, nach erleihtenr
ter Anwendung ihrer fchon gegründeten perfpectivifchen Kennt
niffe firedenden Kuͤnſtlern zu empfehlen. Es ift Freunden die
fes Studiums ein vorgäglich erfreulicher Anblick, einen ſo
einfichtsvollen, in feinen Unterfuchungen fo' genamen Gelehrten
zur Bearbeitung dlefer Wiſſenſchaft fih wenden zu fehen, die neh
fo mancher näheren Berichtigung und vieler beftimmteren Aus
führungen bedarf. Wie weit der Verf. diefe vollendenden Zuͤge
geführer hat, wird aus der umftändlichen kritiſchen Anzeige dei
Inhalis hervorgehen.
Eytelwein Handbuch der Perſpective. 307
Die Einleitung entwidelt nad der gewöhnlichen Vorſtel⸗
lungsart perſpectiviſcher Zeichnung mie Vollſtaͤndigkeit und Klar⸗
heit den Begriff dieſer Wiſſenſchaft in ſich ſelbſt und in ihrem
Gegenſatze mit der Geometrie. Allein die Linien und Puncte,
durch welche die Entwuͤrfe beyder Zeichnungsarten entſtehen, ſucht
fie bloß durch Conſtructionen zu eroͤrtern, ohne durch irgend
eine optifche Betrachtung uͤhgr die Natur des Sehens und bie
Art des Anſchauens die allgemeinere Beziehung diefer Lehre zu
enthällen, und eben dadurch den Geiſt des Künftlers Über feine
Huͤtfswiſſenſchaft aufzuklären und zur Selbſtthaͤtigkeit zu ers
weden. Der Verf. befchränkt ſich nur auf den gewöhnlichften .
Fall der Zeihnung auf ebenen Tafeln, behandelt diefe aber mit
hinlaͤnglicher Vollftändigkeit und Ausfuͤhrlichkeit. Die aus dem
angegebenen Grunde zu lobende Oekonomie des Werkes läßt im
erſten praftifhen Theile die Regeln der perfpectivifchen Zeichz
nung vorausgehen , doc) mit genauer Hinweifung auf die Pas
ragräphen des zwenten theoretifchen Theils, welcher mit muſterꝛ
hafter Gruͤndlichkeit und Klarheit die Beweiſe nachbringt. Eine
nähere Angabe vom Inhalt des praftifchen Theils wird den.
Umfang des Werks am beften fenntli machen.
Derpragtifhe Theft lehrer in vier Abſchnitten das
Zeichnen der perfpectivifchen Bilder, — das Zeichnen der pers
fpectivifhen Schatten, — die Bildung der Abfpiegelungen —
und zuteßt die Entwerfung orthographifiher Darftellungen. Es
ift ein befonderer Vorzug diefer Schrift, das Auftragen der
perfpertivifhen Zeichnengen fo wenig als möglih von einem.
Befondern Werkzeuge abhängen zu faffen, das dem Künftlee
nicht jederzeit zur Hand liegt. Man hat daher Hey den darin
enthaltenen Anweifungen vorzüglich darauf gefehen, das Ents
werfen der perfneitivifchen Bilder ohne Proportionafzirkel, oder
irgend einen verkehrt unter die Tafel gelegten Grundriß möglich
zu machen, und ledigliih mit Hülfe des Maßſtaͤbes und des
Winkelmeſſers auszuführen. Da es indeffen Fälle geben fann,
mo es nuͤtzlich iſt, mit dem Auftragen aus dem Grundriffe
und mit dem Gebrauche des Proportionalzirkels bekannt zu
N‘.
308 Eytelwein Handbuch der Perſpective.
feun; fo hat man auch geforgt, daß das Moͤthige Hiervon bey
gebracht werde, und noch uͤberdieß eine Anweiſung zur ers
fertigung und zum Gebrauche des perfpectivifchen Proportional
zirkels beygefuͤgt.
Sn dem I Abſchnitte, welcher vom Zeichnen per—
ſpectiviſcher Bilder handelt, wird im ı. Cap. der An
fang mit Abbildung wagenghtPfr Figuren gemadı.
Der Verf. zeige nur kurz, wie aus dem verkehrt unter die
Grundlinie der Tafel gelegten geometrifhen Entwurfe bes Ge
genftandes fein Bild perfpectivifh aufgetragen wird. Die
Gegenſtaͤnde, welche ihm zur Erläuterung diefer Methode die
nen, find: das Bild einer Linie zu finden, welche winkelrecht
auf der Grundlinie des Grundriſſes fieht, welche an bie
Grundlinie treffend gegen Diefelbe eine geneigte Lage hat, welche
ihrer Lage nach gegen die Grundlinie auf dem Grundriſſe ge
geben if. — Die Bilder ihrem Maße nad) gegebener Winkel
zu zeichnen. Ausführlich lehret er die Methode, durch Huͤlfe
einer befonders vorbereiteten, mit perfpectiviihem Winkel⸗
Tiefens und geometriihem Längenmaße verfehenen Tafel die
magerechten Bilder ohne irgend einen geometrifchen Entwurf
zu beflimmen, wenn nur von ®er Geſtalt ug von den Abdı
meffungen des Gegenflandes eine deutliche Vorſtellung vorhans
den iſt. Die allgemeinen Säge, welche die Refultate der wii
feufchaftlihen Unterfuhungen für alle perfpectivifche Entwerfung
der Bilder im kurzen und hellen Ausdräden ‚enthalten, werden
in diefem Capitel vorgetragen , und in pielſeitig erfchöpfender
Vollſtaͤndigkeit von den Regeln begleitet, die in folgenden Anı
leitungen gegeben find: Worbereitung der Tafel — mit Huͤlfe
des perfpestivifchen Winkelmeffers ein Dreyeck abzubilden —
ein Duadrat — ein regelmäßiges Sechseck — ein regelmäßiges
oder .unregelmäßiges Vieleck — über dem Bilde eines Durch⸗
meffers_einen Kreis — Über dem Bilde einer Sehne einen
Kreisbogen — das Maß perfpectivifcher Linien zu finden —
Linien perfpectivifch einzucheilen — das Bild eines jeden feiner
Lage nach gegebenen Punctes — das Bild der wagerechten
|
. .
Eytelwein Handbuch der Perſpeetive. 309
Linie unter fuͤnferley verfchiedeuen Angaben ihrer Lage zu ziehen —
das Bild eines jeden Kreifes gu beichreiben — den Theilungss
punct einer Linie zu finden, ohne ihren Vertiefungspunct zů
gebrauchen — perſpectiviſche Parallelen ohne Vertiefungspunct
zu ziehen — fehr Beine Winkel, die auf dem perfpectivifchen
Winkelmeſſer nicht abgetragen werden können, auf der Tafel
abzubilden — das Maß folder Winkel zu finden, Gap. 9.
Vom Zeichnen der Bilder, deren Begenftände fi
über Der Örundedene befinden. Das Bild einer ges
gebenen Höhe (Berticallinie) zu zeichnen — den Hoͤhenmaß⸗
ſtab zu verfertigen — vermirtelfi des Höhenmaßftabes zur Ads
bildung und Ausmeſſung der Verticallinien zu gelangen — Bild
eines Rechtecks und Kreijes, welches auf der Grundebene fen
recht ſteht —- Bilder in Ebenen, bie mit der Grundebene
parallel ſind — Bild einer gegen die Grundebene geneigten
kirie — Bilder auf dem Bilde jeder Verticalebene — das
Bild eines Würfel — eines Eylinders — einer geraden Pys
ramide — einer abgekuͤrzten Pyramide — eines fchiefliegenden
Kegels — einer Treppe unter drey verfchledenen Annahmen
ihree Stufentage — Bilder gegeneinander aufliegender großer
und Meiner Parallelepiden unge verfchiedener Annahme ihrer
Lage gegen die Brundlinien — Dächer: Deutihes Dach, Mans
ſarddach mit geradem Giebel, ein Manfarddah mit Walmen
— Arhiteftonifhe Stieder für Geſimſe und Gebaͤlke an einem
vieredligen Poftamente und an einem Dorifhen Gebaͤlke —
Bild eines Gebäudes, zur Uebung der bis hieher vorgetragenen
Regeln — Kreuzgewoͤlbe unter zwer verfhiedenen Lagen. des
Augenpuncts ober s und unterhalb des Gewölbes — Bogens
ftellungen — die Linien von den aͤußerſten Grängen im Um⸗
fange eines, Eylinders auf. dem Bilde zu finden — runde
Poſtamente — Säulen — Saͤulenſtellungen — das Bild
einer Kugel zu entwerfen — allgemeine Negel für die Ads
bildung der Gegenflände, die man von einer gewiſſen Höhe
herab überfieht. In den allgemeinen Bemerlungen
über die perſpectiviſche Entwerfung der Bilder,
3. Eap., werden die Beflimmungen für die größte Ausdehnung
x
310 Eytelmein Handbuch der Berfpective,.
der Tafel, für den Augenabfiand und für die übrigen Puncte
und Linien zur Ausführung dee Bilder feflgefegt, ihre gegen
feitigen Beziehungen mit Klarheit entwidelt, und die Anordi
nung der Tafel ſelbſt in Behſpielen erläutert. Es fchien dem
Verf. faßlicher, dieſe allgemeine, praktifche Anleitung erſt nad
dem Vortrage der Regeln zu geben, nach denen einzelne Zeich⸗
. nungen mit Hülfe der als ſchon bekannt angenommenen Ein
rihtung der Tafel auszuführen find. Zur Vollſtaͤndigkeit
der hier abgehandelten Lehre wird nod das Nothwendigſte
über die Natur und die Anbringung des Wordergrundes benge
bracht, und ſchließlich Anleitung zur Beurtheilung des perſpe
etivifhen Werthes eines Bildes gegeben, Wir müffen bier zu
den erfien Behauptungen in $. 74 eine ausführlichere Bemer—
fung machen. Der Verf. flellt da das Geſetz auf, daß der
größte Scheminfel eines ebenen Gemaͤldes nicht Über einen
rechten betragen darf. Er gründet diefe Behauptung aber auf
den gewöhnlichen undentlichen Ausdruck: „auf der Tafel dürfen
nicht mehr Segenftände abgebilder werden, als man aus de
angenommenen Stelle, wo fih das Auge befindet, oder and
einem Geſichtspunet deutlich übderfehen kann. . Zieht man von
den am. weiteflen von einandes entfernten Puncten eines Ge
genftandes, fo weit man ſolchen Überfehen kann, grade Linien
nach dem Auge, fo bilden folche einen Sehewinkel, deſſen
Sbpitze In das Auge fält,.und man bemerkt leicht, daß fid die
entfernten Gegenſtaͤnde nur dann mit Anftrengung noch deut
. Sid überfehen laſſen, wenn diefer Winkel nicht größer als ein
rechter if.“ Wir bemerken biegegen erſtens: wäre dieſer Grund
des Geſetzes der richtige, fo müßte das genannte Geſetz fit
alle aus einem Gefichtspunste entworfene Gemälde, auch fir
das Panorama und ein Gemälde auf einer hohlen Kugel gelten,
in deren Mittelpunet das "Auge ſteht, es gilt aber nur für
" ebene Gemälde, unter der gewöhnliden Varaus—
fegung, wie fie anzufehen find (der wagerechte
Geſichtswinkel des’ Panoramas kann ja den vollen Kreis bu
fragen). Zweytens wollten wir die Age des Auges unbeweglich
-
” &ytelwein Handbuch der Berfpective. 311
anf den Angenpunct des Bemäldes firiren, wie es nach der
Anfiht des Werf. fcheint, fo würden wir nicht einmal die
g0 Grade recht deutlich Überfehen; aber die Grundregel ber
fireng mathematischen Perſpective If nur, daß das Auge fich
niht aus der Stelle bemegen darf, hingegen im Kreife darf es
fih vollftändig umdrehen, und alfo die Sehaxe auf jeden
Punct des Gemäldes richten. Iſt dieß wahr, wie es nicht
geleugnet werden fann, fo liegt in dem angegebenen gar fein
Grund zue nothwendigen Befchränfung des Sefichtafeldes für
ein Gemälde. Das genannte Geſetz ift aber doch für gewoͤhn⸗
lihe Gemälde auf ebenen Tafeln volllommen richtig, es muß
alfo einen andern Grund haben. Diefer andere Grund liegt
einzig darin, daß die auf die Tafel projicirten Bilder der Ges
genſtaͤnde zu verzogen ausfallen, wenn fie fih unter einem
Geſichtswinkel von mehr als 43 Sraden vom Augenpunst ents
fernen, weil fie nach des Verf. Ausdruck dann unnatuͤrlich
eriheinen wärden. Aber warum erſcheinen fie denn unnatuͤrlich,
wenn fie doch perfpestivifch richtig gezeichnet find? Um dieß
zu erflären, muͤſſen wir zu einer ganz allgemeinen Anfiche gus
ruͤckgehen.
Der gluͤckliche Grundgedanke der mathematiſchen Per⸗
ſpective iſt: „auf einer zwiſchen dem Auge und den Gegens
ftänden - aufgeftellten Tafel die Gegenftände fo zu zeichnen, als .
hätten die von denfelben durch die Tafel nach dem Auge: ges
henden Lichtſtralen allenthalben Spuren - auf der Fläche der
Tafel zuruͤckgelaſſen, und dadurch die Formen der Zeichnung
beftimmt.“ Hier laͤßt fih alles durch firenge Anwendung der
Geometrie ausführen, denn wir gehen von den wahren Ges
ftatten, Lagen und Entfernungen: der Gegenflände unter eins
ander aus, mm ihre Projectionen an der Tafel zu beflimmen,
wir brauchen uns dabey auf keine ſchwankende Beflimmungen
defjen sinzulaffen, wie die Geſtalt, Größe und Entfernung vor
der Vorftellung des Anfchauenden ſich bilde, fondern dad Ges
mälde muß für das Auge im Gefihtspunct nothwendig denfelden .
Effest machen, wie der Anblick des wirklichen Gegenſtaͤnde,
312 Eytelwein Handbuch der Perſpective.
wenn die Grundforderung erreicht ik: „dab die Lichtſtralen
vom Gemälde völlig auf diefelbe Weiſe in dem Gefichtspunt
sufammentreffen, wie die Lichtfirnien von den Gegenſtaͤnden
gelb.“ Darin zeigen fih denn leicht die Beſchraͤnkungen ber
mathematifchen Peripective. Sie laͤßt uns befanntlih mit
voller Strenge die auf die Tafel projicieten Bilder ber Com
touren aller Segenftände zeichnen, vorausgefeht, daB das Ge
mälde unverrädt aus feinem Sefichtspunct betrachtet wird; ſie
weiß aber gar nichts von der zweyten Bedingung, daß Farben
gebung, Schattirung und Nuancen der Erleuchtung ebenfalls
auf dem Semälde grade fo wieder gegeben werden müflen, wie
die Gegenſtaͤnde ſelbſt fie zeigen — dieß üuͤberlaͤßt fie der Luft:
perfpective. Durch die Unverruͤckbarkeit des Geſichtspunctes
und durch die Schwierigkeiten dieſer zweyten Bedingung nad:
zukommen, wird aber unfer Geſetz der Beſchraͤnkung des Ge
fichtsfeldes und zugleich aller Etreit der ausuͤbenden Kuͤnſtler
mit der mathematischen Perſpective hervorgebradit.
Man unterſcheidet wohl in der Pfochologie, aber nicht leiht
in der Perfpective und Optik die zwey Fälle, eb die Einbildung
ducch ein Gemälde betrogen, oder nur getäufcht wird. Das erfie
findet ſtatt, wenn fie das Bild als wirklichen Gegenſtand au
fhaut, das andere, wenn fie wohl ficht, daß das Bild nur
eine bunt angelegte Flaͤche ift, aber mit dichtender Einbildung
doch die Bedeutung in das Gemälde hineintraͤgt. Man dene
fih z. B. den Anblick einer. Gegend im Spiegel von einem
firirten Gefidtspuncte aus, und neben dem Spiegel ein Ges
mälde derfelben Gegend aus demfelben Sefihtepuncte. Hier if
der - Effect des Spiegels von der erften Art. Der Werſtand
weiß zwar, daß das Licht nur an der Oberfläche des Spiegels
ein Bild der Gegend entwirft, welches das Auge betrachtet,
aber die Stralen vom Bilde treffen das Auge ganz eben fo,
als 05 fie von den Gegenfländen kämen; unwillkuͤhrlich ſchaut
daher hier Die Einbildung die Bilder am Spiegel wie wirkliche
GSegenflände hinter dem Spiegel an. Einen ähnlichen. Effert
Bann man auch durch künftliche Erleuchtung und anpere optiſche
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Eytelwein Handbuch der Perſpective. 313
Haifemittel bey manchen Gemälden, z. B. in Operndecora⸗
tionen erzwingen. Hingegen das Gemaͤlde neben dem Spiegel
wird einen viel matteren Effect machen, die Einbildung ſieht
bier nicht nur die Bedeutung bes Gemaͤldes, fondern zunaͤchſt
das Bild ſelbſt, und trägt erſt dichtend bie Bedeutung hinein,
Hier gibt es nun für Gemälde der erfien Art, weiche den
Effect des Spiegels aus einem Gefichtspunct zu erreichen vers
mögen „. Beine Beſchraͤnkung des Gefichtsfeldes und feine vers
zogenen Bilder, die unnatärlich erſchienen. Bey einem guten
Sptegel kann man den Geſichtspunct fo fehr feltwärts nehmen,
daß fich der Geſichtswinkel an einer Seite des Augenpunctes
fat auf einen ‚reiten Winkel erweitert, und fo verjogen nun
auch Die Zeichnung der Bilder auf feiner Oberfläche liegt,
macht fie doch den natürlichen Effect; denn die verzogene Zeichs
nung, in der Verkuͤrzung angefehen, macht denfelben ef
als das wirkliche Bild ohne Nerkärzung.
Der Grund der unnatärlichen Erfcheinung verzogener
Bilder, und dadurch der Beſchraͤnkung des größten Geſichts⸗
wintels auf einen rechten liegt daher nur in der unvelllomme
nen Nachahmung in Haltung, Barbengebung, Erleuchtung und
darin, daß der Standpunct des Auges nicht volllommen fine
iſt. Wir folgen diefem noch etwas weiter.
Es gibt eine perfpectivifche, oder wenigſtens zwifchen Optie
und Perfpective liegende Unterſuchung, noch abgefehen von
aller Zeichnung der Gemälde, in der man unterſucht, wie bie
Gegenftände unmittelbar dem Auge erſcheinen. Wir fehen die
Gegenſtaͤnde nicht nach ihren geemetrifchen Geſtalten, ſondern
bey fchräger Stellung gegen das Auge verkürzte, in der Ent
fernung verkleinert, Beydes ungefähr im Verhaäͤltniß des
abnehmenden Sehewinkels. Wir mäfen alfo die wahre Seſtalt
des Gegenſtandes erftlih von dem Bild, welches er dem Aus
ſchauenden aus einem beſtimmten Geſichtspunet macht, nuter⸗
ſcheiden; dazu kommt dann aber zweytens noch die Abaͤnderung
des Bildes wegen der Projectlon auf die Tafel des Gemaͤldes
hinzu. Wir nennen ein gemaltes Bild nicht deswegen ver⸗
314 Eyielwein Handbuch der Perfpectise.
zogen, weil es flarfe Verfürgungen der Geitenflächen feines
Gegenſtandes, bedeutende Berkleinerungen wegen der Entfer⸗
nung enthält, fonderu grade nur, wiefern es der Projectien
‚wegen von diefen Verhältnifien der Sehewinkel abweicht. Reh
men wir 3. B. den Streit der mathematiſchen Zeichner mit
‚ausübenden Künfllern über das Bild der Kugel. Die Kugel
erſcheint kreisrund, aus weichem Sefichtspunct man fie auch aus
fehen mag, denn die Consouren ihres Bildes werden durch
Zangenten beſtimmt, die von Geſichtspunct aus ass die Kugıl
laufen, und dieſe alle in der Peripherie defielben Kreiſes ber
rühren. Alſo jedes Bild der Kugel für das Auge iſt ein Kreie,
aber eben deswegen kann das projiciete Wild derſelben
außer dem Augenpunct bes ebenen Gemaͤldes nie ein Kreis
ſeyn. Denn jeden Theil der Tafel neben dem Augenpunkt
Sicht das Auge in der Verkürzung, ber gezeichnete Kreis würde
in diefer DVerfürgung alio dem Auge elliptiſch erfcheinen; um
Daher für das Auge ein Ereisrundes Bild zu erhalten ,„ muß ih
grade eine in die Länge gezogene Ellipſe zeichnen. Hiermit
konnen wir das Wort des Rächfels nennen. Bey gewöhnlichen,
nicht perſpectiviſch erkünftelten Gemälden, das heißt bey folchen,
die nicht optifchen Betrug, fondbern nur optifche Täufchung ge—
währen, dürfen keine verzogene oder verzerrte projicirte Bilder
der Segenflände, z. B. Kugeln. nicht elliptifch gegeichner wers
Den, aus zwey Gründen: erfiens, weil die Einbildung hie
unwillkuͤhrlich das gezeichnete Bild für das Bild des Gegemn
flandes ſelbſt, und nicht für eine Projestion deſſelben nimmt,
und zweytens, weil das betrachtende Auge nicht in einen Ge
ſichtspunct firirt feyn will, fondern einige Freyheit der har
zontalen Bewegung verlangt, um alle Segeuflände des Vor
dergrundes ungefähr grade von vorn betrachten zu dürfen.
Dieſes Verlangen, daß die wirklichen und nicht die projicirtm
Bilder der Gegenſtaͤnde gemalt werden follen, macht wun bie
ſtrenge Anwendung der mathematifchen Perfpective unmoͤglich,
nur bie optifchen Geſetze der veränderten Sehewinkel gelten
auch hier, die eigenshämlichen. Geſetze der Projertion abe
Eytelwein Handbuch der Perſpective. 315-
ſollen vermieden werden. Dieß iſt mathematiſch wider bie
Pegel, die Dichtung des Kunſtlers muß ſich ſelbſt helfen, dieß
kann fie aber nur, jo lang die Abweichungen der Projection
vom wirflihen Bild nur Mein bleiben, daher die Beſchraͤnkung
des groͤßten Schewinkels auf einen rechten. So ſehen wie
dern auch Kuͤnſtler, welche fehlerhaft in fehr breiten. Gemälden
über die Sränze des Sehewinkels hinaus greifen, fich nicht
damit Helfen, daß fie gm Rande verzgogene Bilder zeichnen,
fondern mur.. damit, daß. fie nach einem Mittelding von ges
wöhnlicher und Wogelperfpertive zeichnen, wobey man jedesmal
nur die grade vor dem Auge liegende Partie betrachten darf, die
Einheit des ganzen Gemäldes aber verloren gehen Iäft.
Sap. 4. Vom Zeihnen folder Bilder, deren
Gegenftände fihb auf geneigten Ebenen befins
den.. Vorbereitung der Tafel — Abbildung eines Quadrates
— eines Kreiſes — Errichtung einer winkelrechten Linie auf
der fchiefen Ebene, und eben dadurh — entwickelte Zeichnung
der Körper — Entwerfung des Kugelbildes. Endlich wird noch
das Zeihnen der Bilder auf geneigten Tafeln
im 5. Cap. in folgenden Regeln erläutert: Vorbereitung der
Zafel — Zeichnung eines Würfel. - Zum Schluffe dieſes Abs
fehnittes in Cap. 6 das Nötdige vom perfpectivifhen
Proportionalzirkel. Die Verfertigung der arithmetiſchen,
perſpectiviſchen, Tangenten » und elliptiſchen Linie des Propor—⸗
tionalzirkels und ihr Gebrauch in zweckmaͤßigen perſpectiviſchen
Aufgaben.
II. Abſchnitt. Vom Zeichnen der perſpeectivi—
ſchen Schatten. Eine vorausgeſchickte Einleitung ſucht das
Allgemeine von der Natur und. den verſchiedenen Arten des
Schattens, die ruͤckſichtlich des Zeichnens noͤthigen Erklaͤrungen,
fo wie auch das Unumgaͤngliche von der Schattirung beyzu⸗
bringen. Die dreyerlen Arten ber. Erleuchtung. geben zu drey
-befondern Capiteln Anlaß. ı. Cap. Vom Schatten, weils
hen Leudhtende PDuncte verurfahen. A. Das
Licht befinder ſich hinter der. Tafel. Schatten von
. 316 Eytelwein Handbuch der Perfpestine. -
einem jeden Puncte auf einer wagerechten Ebene — auf eine
DVerticalebene — anf einer fchiefen Ebene — chatten von
einer jeten Merticallinie unter viererley Lage, a) anf dem
wagerechten ‚Boden, b) auf einer verkicalen Wand, c) auf
“einer wagerechten Dede, d) auf einer fchiefen Flaͤche — Schat
ten von jeder mwagerechten Linte auf eine verticale Want —
auf mehrere verticale Wände. — auf verticale umd wagerechte
Wände — von jeder ſchiefen Linie gegen mehrere Wände — dad
an mehrere Zimmerwände geworfene Schattenbild von dem Ge—
rippe eines Darallelepipedon — Schatten von dem Bilde eines
Prisma — Kerns und Halbfchatten von dem Bilde eines Körpers,
ben mehrere Lichter beleuchten. B. Das Lichte beftndet fid
in der Ebene der Tafel, oder in der Erweiterung
derfelben. Die Regeln zur Entwerfung des Schattens
bleiben die nämlihen. C. Das Licht befinder Sich zwi
Shen der Tafel und dem Gefichtspuncte. Das
Bild des Lichtes und feines Fußpunctes auf der Tafel — Bil
des Schattens einer jeden verticalen Stange. Sobald die
Bilder vom Lichte und von feinem Fußpuncte gefunden find,
fo ift das Verfahren zum Zeichnen des Schattens ebendaſſelbe,
als wenn das Licht Hinter der Tafel befindlich wäre. D. Das
Licht befindet fih Hinter dem Geſichtspuncte.
Bertiefungss und Graͤnzpunct des Schattens — Bild di
Schattens einer jeden verticalen Stange. Das 2, Cap. von
dem Schatten der Sonne fendet eine einfache und fahr‘
Tiche Art voran, die Lage der Sonne gegen die Tafel zu bu
flimmen. Ihr folgen die Regeln von ber Zeichnung des Son
nenfchattens nach den drey verfchtedenen Hauptlagen der Sontt
geordnet. A. Die Sonne fleht hinter der Tafel
Vertiefungspunct und Gränzpunct des Schattens — on
fpatten von dem Bilde einer verticalen Stange — eines gru
den Eplindere. B. Die Sonne ſteht in der erweiter
ten Ebene der Tafel. Schatten von dem Bilde ein
verticalen Stange — von dem Bilde einer Mauer, in welcher
ſich eine Thuͤroͤffnung beſindet — einer Leiter, welche gegen
Eytelwein Handbuch der Verfpeetive. 317
eine Dauer gelehne ift — Schatten, den das. Bild einer gleich
fiehenden Stange auf eine Treppe wirft — Schatten von dem
Bilde einer verticalfichenden Kreisfläche auf ein Parallelepipes
don — einer Wersicalfläche auf einen aufrechtfiehenden Cylinder.
G. Die Sonne flieht vor der Tafel. Vertiefungspunct
und Srängpunct des Schattens — Schatten von dem Wilde
einer jeden -Verticallinie — Schatten von dem Bilde einer
Verricallähe auf einen wagerechten Boden und eine vertis
cole Wand — von dem Bilde einer wagerechten Fläche auf
eine verticale Wand — einer wagerechten Flaͤche auf zwey
verticale Wände — einer. wagerehten Fläche auf ben mager
rechten Boden und eine verticale Wand — über einem Par
rallelepipedon befinden ſich ein vierediger Deckel, man fol das
Bild feines Schattens auf das Parallelepipedon finden — über
einem Enlinder befindet ſich ein vierediger Deckel, das Bild
feines Schattens auf den Eylinder zu beſtimmen — Schatten
einer Verticalflähe auf einen Kegel. Das 3. Cap., vom
Schatten, welher durch große Flammen, oder
von demjenigen Lichte entflieht, welches durch
große Deffnungen einfällt, umfaßt folgenden Inhalt.
Sroße Flammen — verfciedene Arten des Lichts, das durch
große Deffnungen einfällt — das Tageslicht fällt durch eine
vierecfige Deffnung — wagerechtes Schattenbild einer Mertis
calflaͤche — algemeine Regel für mehrere Definungen — dag
Tageslicht fällt durch eine rechtwinkliche Deffnung — wage⸗
rechtes Schattenbild eines graden Pfeilers — von dem Rande
einer Fenſterofnung das Schattenbild an den Wänden eines
Zimmers zu zeihnen — das Tageslicht fält durch eine Fenſter⸗
Öffnung — Schattenbild. eines graden Prisma, mit Rackſcht
auf die Dicke der Fenſteroͤffnung.
Im III. Abſchnitte, v om Wiederſcheine im Bafı
fer und der Abfpiegelung gibt das ı. Eap., vom
Wiederfheine im Waffer, die nöthigen Negeln an,
Verticate Stange, die Über einem flillficehenden Wafler hervors
vagend vom Wafferfpiegel gefchnitten wird — ſchraͤg flehende
. 318 Eytelwein Handbuch der Perſpeetive.
grade Stange — grader Pfeiler — jeder über dem Waffe
befindliche Körper — Wiederſchein eines Körpers, der ſich
auf einem erhöhten 1lfer ferne vom Waſſer im Bilde befindet,
Das a. Cap. von der Abfpiegelung. Die Bilder, welhe
ſich in einem fenkrecht aufgeflellten Spiegel zeigen, zu befim
men — den Raum zu beflimmen, weicher in einem folden
Spiegel von dem angenommenen Puncte aus geſehen werden
Bann — den Geſichtspunct In dem Bilde eines Spiegels für
jede gegebene Lage des Ichteren aufzufinden — die Aöfpiegelung
- eines jeden von dem Spiegel gegebenen Punctes unter alın
Lagen des Spiegels gu zeichnen.
Sm IV. Abſchnitte, von der orthographiſchen
Projection, ſucht eine Einleitung zuvor die möthigen
Erklärungen Über diefe Projertionslehre, die Vogels oder mil
täriiche Perſpective und den befondern Fall der Cavalierpet:
fpective, fo wie das Allgemeine von Entwerfung ihrer Bilde
anzudeuten. A. Die Bogelperfpective,, Dorbereitung
der Tafel — Auffindung des Maßes von dem Bilde eines jeden
Winkels unter drey verfchiedenen Lagen der Schenkel — Auf⸗
tragung eines jeden gegebenen Winkels — Auffindung des
Maßes einer jeden wanerechten Linie — Vefchreibung eine
Kreifes zum gegebenen Duschmeffee — eines Schseds — ein
Würfels — orthographifcher Entwurf des Schattens. B. Bon
Ber Eavalierperfpective. Morbereitung der Tafel —
Regeln zum Zeichnen der Entwürfe — orthographifche Beſchtei
bung eines Quadrates. Die hier G. 170 vorkommende Std:
„fee man die Abweichung des Auges — o, fo fallen die Gr
fihtsftraten in Verticalebenen , welche auf der Tafel wintelcht
ſtehen, und wenn man alsdann die Augenhöhe — o ot
— 90° feßt, ſo wird das Bild entweder ein gedmetrildt
Aufriß, oder Srundriß werden“, enthält eine Unrichtigkeit. Der
Verf. betrachtet die. Wogelperfpective nur fo, daß die Tafel auf
der horizontalen Ebene ſenkrecht ſteht, die Richtung der parıl
lelen Sefichtsftralen aber veränderlih angenommen wird. Dam
tft allerdings der geometrifche Aufriß der erklärte Fall, auf din
geometrifhen Grundriß kann er aber fo gar nicht kommen, dem
Diefer fordere ja eine veränderte Lage der Tafel. Wenn ma,
wie in Käftners ‚Anfangsgründen u. a. hier die Gefichteftraln
fenfrecht auf die Tafel annimmt, aber die Neigung der Tıfl
gegen den Horizont veränderlich, fo entſteht, wenn dieſe Ni
gung — 90°, ein Aufriß, wenn fie — o oder die Tafel dım
Horizont parallel, ein Grundriß.
Den Stich der Figuren finden wir rein und für die grh
tentheils etwas kleine Ausführung befonders deutlich wollen
Hier gefällt ung der Sinn des Verfaffers, durch eine Lehm
%
Naffers Satirifche Anthologie. 319
Ausſtellung Im IX. Blatte ein Reſultat der angewandten Regeln,
gieichſam in der Natur ſelbſt vorzugeigen, und eben dadurch
zum Studium der Perfpective einzuladen. — Es wäre der von
und gefahren Idee eines für den Känftier beſtimmten perfpectiz:
viihen Werkes entfprechend , mehrere ſolche Ausführungen von
mannigfaltigen Gegenftänden aus dem Gebiete einer jeden Kunſt,
weiches die Perfpective ale Huͤlfswiſſenſchaft umfaßt, immer
verwickelter auf einander folgen zu laſſen, eine lebendige Dar⸗
fellung damit zu verbinden, welche dem Architekten, dem
Hiftorien: und Kandfchaftsmaler die Anwendung der gegebenen
Kegeln und das Dafeyn der Gefege gleihfam in der Natur
ſelbſt aufweiſet. Nur müßten dann dieje Bilder mehr Wahrs
heit der Haltung haben, d. i. in Nücficht der Vertheilung
von Schatten und Licht beffer gelungen ſeyn, ale das hier vor
ung liegende IX. Blatt if. — Um aber dem allgemeinen Ges
febe, das ben Beurtheilung eines für den Künftler beſtimmten
peripectivifchen Werkes uns leitete, vollkommen zu entſprechen,
müßten diefen eigentlich praktiſchen Darftellungen die Regeln
feloft mir einfacheren Benfpielen begleitet, in eben der fchönen
Vollſtaͤndigkeit und Richtigkeit, wie fie uns die vorliegende
Schrift geordnet hat, vorangehen. j
Gatiriſche Anthologie aus Römifchen Dichtern, überſetzt von Johann
Adolph Naſſer. Erſter Band. Kiel, ın der akademiſchen
Buchhandlung. 1810. kl. 8.
Yoricks Eintheilung der Reiſenden in ſimple, muͤßige,
neugierige, luͤgenhafte, aufgeblaſene, eitele, milzſuͤchtige und
empfindfame Reiſende hat unlaͤngſt eine aͤhnliche der Webers
ſetzer in liederliche, treue und geniale veranlaßt, die uns ſehr
gluͤcklich duͤnkt. Ueberſetzungen, die, wie Shakſpeare bemerkt,
„aus Hunger nah Brod“ gefertigt werden, in denen oft der
Einn neben den Worten läuft, oder ihnen nachhinkt, oder auf
halbem Wege liegen bleibt, heißen liederliche Weberfegungen.
Shnen gegenüber flehn die treuen Ueberſetzungen, die Geifk
und Form der Urſchrift in untrennbarer Einheit entweder wirk—⸗
li darftellen, oder darguftellen ringen. Den Uebergang vom
liederlichen Weberfeßer zum treuen maht der geniale Der
geniale Weberjeker, der niemals nad) Brode geht, fondern immer
nah Ehre, will den eignen Genius nicht unters Joch beugen,
fondern miſcht ihn zu dem des überfeßten Dichters. Dielen
ſchmuͤckt er aus mit der glänzendften Fülle feiner Phantafies
auch dem Rhythmus, dem Wohlklange, der Wortſtellung, kurz
allem, was nahzubilden der treue Ueberſetzer für unerläßliche.
- 320 Raßers Satiriſche Anthologie.
Richt Hält, werten Spuren ber Genialitär eineepräst. Der
treue Ucberfeger finnt ofı lange, bis er das Wort, die Ben
Bung findet, die das Original gang ausdrüdt; der geniale
fkrömt Bin, was ihm bey den Beniuswerten feines Vorgängers
fo durh den Sinn fährt.
Dan flreitet- ih, ob die getreuen Ueberſetzungen unſterb⸗
fi feyen, oder die genialen. Die das erfie behaupten, berufen
ſich auf Luchers Bibel, melde als treue Dolmeifcherin dis
heiligen Wortes in ewiger jugend daſtehe, während die Legion
von Nachdolmetſchungen ſaͤmmtlich dahinſterben. Fuͤr die zweyte
Behauptung führt man an, die Gabe des Genius müfle un
ſterblich ſeyn, wie der Genius ſelber. Wir maßen uns nicht
an, einen fo großen Streit zu ſchlichten; können aber doch
nie umbin, unfere Meinnng mitzucheilen, daß die Borankı
ſetzung, jeder Genius fey unſterblich, falſch zu ſeyn ſcheine.
Sa der Tauſend und Einen Nacht wird ein junger Genius
mit_einer Dattelſchale todt geworfen; Theokrits genialer Kyklop,
der Sohn einer unfterblihen Mutter, ift, wie er felbft du
kennt, ſterblich; und Nec. kann eidlich betheuren, daß er fen
mehreren genialen Weberfegungen den Hals gebrochen.
Borliegende, des Herrn Naffer if der Form nad ziem
lich teen; Abrigens fo genial, daß fie an einigen Stellen fül
ans Liederliche ſtreift. Sie enthält 4 Satiren des Horaj, 5
von Juvenal, und a von Perfius, außerdem nody 6o figine |
Gedichte ans Martial. Wir theilen folgende, gewiß rehht
ordentliche Stelle aus dem Horaz mit:
Woher kommt es, Mäcen, daß der Menſch, fo wie ihm fein Kom
theils
Eigene Wahl auskohr, wie theils das Geſchick es ihm zumarf,
Nie zufrieden mit dem, nug anderer Beben beglädt nennt?
O wie beneid’ ich ihn, den Kaufmann, fagt ein beiahrter
Krieger, der ſtumpf fchon ward vom langen befchwerlichen Kriegsdienfl.
Sener, der Kaufmann, fpricht, wenn ber Süd fein Schiff ihm
umbertreibt :
Mein, ich Iobe den Krieg! Was heißt es? Man eilet ins Treffen;
Und ob man fällt, ob man fiegt, ein Moment fchon Hat es en
fchieden.
Son den Aderer yreißt, wer Recht und Geſetze verdollmeticht,
Wenn heym Hahnengeſang, Rath ſugen ihm einer ans Haut
“ pocht.
‚DAE
No. 24, Beidersersifäe 1811,
Jahrbaher dewgiterafun,
——
—RXXXXXXX
Specimen observatignum. eritico - exegeticarum de vocabulik
dxas Aeyouevoıs et rarioribus dicendi formulis, in pri=
ma ad Timatheumm epistola Pawina hviis authentiae
ejus »ihil detrahentibus, quod praeside Luca Suringae
Th. D. ejusdemque et hist. ecol. P. Pr. ad publicam,
disceptationem pröponit Joachimus Fridericug
Beckhaus, Lingensis, Rev. Min. Candidatus. In diem
2 May MDCCCX. Liängae ap. J. A. Jülicher , 4810.
686. gr. 8,
I, feßen bey Anzeige dieſer mit großem Fleiße ausgears
beiteten Probeſchrift eine Bekanntſchaft mit dem Streitpunste,
Worauf es Hier ankommt (vergl. Heidelbergifche Jahrb. Jahrg.
1808, H. 15 (Abth. I. H. 5) ©. 337 fi), und mit dem
Plankiſchen Bemerkungen gegen" Schleiermacher, wie mit den
ähnlichen, Bedenklichkeiten, welche in mehren Zeitichriften ges
gen die Schletermacherſche Hypotheſe erhoben find, bp uns
fern Lefeen voraus‘, und bemerken bloß, was durch die vor
liegende Schrift geleifter, und inwiefern dadurch die ſtrei⸗
tige Frage ihrer Eutſcheidung näher gebracht iſt.
Vorangeſchickt ſind ein Paar Bemerkungen über die ſoge⸗
vannte Höhere Kritik, ihren Zweck und ihre Anwendbars
keit auf das N. T., wennfiesurnichttemere, fordern modestg
et prudenter geübt werde. Darsuf kommt der Verf. $. III.
gleich zur Hauptſache, naͤmlich zu der Schleiermacherfchen Bes:
ſtreitung der Authentie des erſten Pauliniſchen Briefes an den
Timotheus, vorzüglich nach Gruͤnden der hoͤhern Kritik. Hier
wird gleich vorläufig &. 6 gegen Schl. die Inſinuation, daß
der, fonft durch fo viele Zengniſſe des Alterchums begänftigte
Brief, ‚gleich dem zweyten Briefe an Tim. und dem Briefe
an Titus, in dem Kanon des Marcion fehle, erinnert;
daß nach Wahrſheinlichteit bie deep Briefe im derjenigen
8, -
322 Beckhaus Spec. obs. in Paul. pr. ep- ad Tim,
Gegend, worin Marcion lebte, und jenen anooroAos fans
meise, oder gefamggelt vyrfand, Inicht belgnne gewefen, und
es wird zugleih &. 7 bemerff, wie ungegruͤndet Schl. Aus;
fpruch fey, daß außer dem Polycarp keiner von den apoſtoli⸗
ſchen Vaͤtern etwas and. dieſem Briefe entſehnt habe, da doch
allein aus den, Heb Lardner geſammelten Stchep, die ſich noch
vermehren ließen, Diele Behauptung widerlegt werden Eönnte;
‚wenn gleich aus ſehr begreiflihen Gründen die Briefe an Ti⸗
motheus und Titus nicht fo oft, wie die uͤhrigen Dauliniihen
Briefe, bey den Alten citirt werden. Hiernaͤchſt wird noch
§. V. als ein änferes‘ Argumyn füe. die Echtheit unferes
Ortefes in Eringetung gebracht: die große Aehnlichkeit in
eingefnen &sdanfen umd Ausdruͤcken zwiſchen dem erſten
Briefe Petri und dem erſten Briefe afi den Timotheus,
“ woraus binfängtich hervorzugehen ſcheint, daß Petrus, che er
feinen Brief ſchrieb, diefen nicht bloß gelefen, fonsern daß em
auch dey Abfaſſung feines Briefos unbedenklich auf ihn als
Einen Paulmifhen Briecf eimige Ruͤckſicht gengmmen habe.
Doch wir Abergehen die ſe vorlaͤufigen , einet nahern uͤfung
nicht unmürdigen Argumentationen unſers Verf., un men
zur Hauptſache. Die einzelnen, vorzglich negariven Argus |
mente, womit Schl. die Echtheit unſers Briefes beſtriit, und
denſelben einem nicht apoſtoliſchen, Tpätern Verfaſſer vindicirt,
werden aufgefuͤhrt, die Nothwendigkeit einer ernſten Pruͤfung
derfelben wird in Anregung gebracht, und es wird bey der
Menge von Obſervationen, die ſich dem Verf. alltin Aber den
erſten Punct, über die anad Aejdusra'uhd andere angeb—
lich ben Paulus nicht gewöhnliche Ausdruͤcke des Briefes dar
geboten haben, um fo mehr den dieſem Purcte werwelte, da
mehrere ändere Puncte des Sch. Sendſchreibens nicht allein
in den Plankiſchen Bemerkungen n. fi w., fonderk- aud) in
mehrern hier angeführten kritiſchen Blaͤttern, won noch die
Goͤttinger Gel. Anz. 1808. St. 126. Binzugefägt” werden koͤn⸗
naen, in Anfprud genommen find, wlewohl freylich auch die⸗
fer Punct, die Oprache amnſers Briefes betreffend, aur nicht
Beckhaus Spec. obs. in Paul pr. ep. ad Tim. 323
in dieſer Ausfüprlichkeit, ſchon von andern näßer betrachtet
ift, welche Ar. B. dankbar benußte.
Zuodrderſt wird hier $. VIII. fehe -gut bemerke, wie
fhwierig das Argument an fih fen, weldes hier beleuchtet
werden foll, indem es eine große Anmaſſung verrathe, eis
nes alten Scriftftellers, Wovon man nur wenige Mefte übrig
bar, Ars zu denten und fid) auszudrüten fo genau kennen zu
wollen, daß man Überall genau beſtimmen moͤge, was und
in welcher Ordnuͤng der Schrfftſteller an einen gewiſſen Ort
habe ſchreiben, und was für eine Are des Vortrags ihm habe
eigen feyn müffen. Diefe Bemerkung leide vorziigiich eine Ans
wendung bey ſolchen Schriften, deren Verfaſſer ſich eines po⸗
pulaͤren, oder nachlaͤſſigen Vortrags bedient haben, oder der
duch mancherieg Geſchaͤfte bifteahieg nur unter manchen Uns
terbrgchungen "einge noch. ſo Fleine Schrift ausarbeiten fonite,
‚wie dieß beſonders bey Paulus ber Ball geweſen⸗ Dazu kom;
me, daß dieſer. Apoftel feine Briefe bekanntlich ‚zu dictirag
pflegte, wobey € vergl. Qainetil, J. O. X. 5) leicht undes
queme, aneigentliche und ganz zuhq lige Wörter mitunter lau⸗
fen, eben weit die Geele allein um den Zuſammenhaug der
Rede, wicht fo fehe sun Die Auswahl der. Wörter befümmene
ft. Mean Abme daher. aus gewifen das Asyonsvor und.
feltenen Npdensarten, wenn: fie auch in noch größerer Anzahl
in anſerm Vitjefe vorkaͤmen, keinesweges fchliehen, dab er
dan - Apoflel Paulus muͤſſe abgeiprochen werden. . Daß aber
auch die · Zahl ſoicher Morter oder Nedensarten, die dem Paus
liniſchen · Sprachgebrauch gar gicht gemäß wären, in der That
in unferm: Bridfe nicht. fo groß ſey, daß man deswegen Die
Auchentir deffetben fehlechthin beyweifeln därfe, werde pinlängs
Aich erhellen, wenn man die Sgenrlihen Angs Asyöuera für
wohl In demjenigen: Wörtern, welche ‚ig: dieſem Wriefe zwey
Mal oder öfter vorkommen, als von denen, weihe auch fünf,
obgleich in anderer Bedentung, angetroffen werden, unter⸗
ſcheide. Mai dieſer Unterſchelvung zerfälls die weitere Ab⸗
handlung des Drau. D. in drey Eapitel 1) de votabalk
»
324 Beckbaus Spec. obs. in Paul. pr. ep. ad Tim.
era Aeyoutvors in hac epistola obviis, 2) de vocabulis
non, nisi im hac epistola bis vel saepius, obvüs (wir
würden lieber interpungiren: de vocabulis ‚„ non nisi in hac
epistola, bis vel saepius obviis); 3) de vocabulis et lo-
quendi fermis, alio®in hac epistola, quam in reliquis
‚Paulinis, sensu usurpatis. Zum erften Capitel wird bemerkt,
daß dnab Asyöuera in jedem nenteſtamentlichen Bude von
kemmen, daß alfo ihre Wahrnehmung‘ in unferm Briefe jo
wenig einen Grund abgeben koͤnne, feine Authentie in Zwei:
fel zu ziehen, daß es vielmehr zu verwundern und verdaͤchtig
feyn würde, wenn. gar feine ſolchen Wörter Hier follten ange
troffen werden. Aber auch die hierher, gehörigen Wörter ſelbſt,
auf welche Ti Schl. beruft, feyen gar nicht von der Art, daf
"fe nicht härten von Paulus, der in andern Briefen ſolqe
'dnab ‚Aeyöneva vielfältig braucht haͤtten herruͤhren koͤnnen.
Mac diefer- Bemerkung werden Woͤrter, wie NaTpoADia,
pintpoAoiag Ihren, ayrilvrgor, xaTaoToAN, abderrän
REöprTos, xavınpiabeodat, u. 4, die nur ein eiiziges Malin
unſerm Briefe vorkommen, naͤher beleuchtet. Das mehr ode
weniger Analoge derſelben Aderhaupt, und das mehr ader we⸗
uiger Angemeſſene berfelben zu dem fanflisen Pauliniſchen
Sprachgebraud oder zu dem Sprachgebrauch anbarer neuteflas
mentl. Schriftfteller, der LXX., der Apokryphen u. ſ. w.,
wird mit. Fleiß und Beleſenheit wörgert, und es wird. darand
das Rejultat gezogen: daß Biefe Woͤrter zuſammengenomwen
gar nicht von. der Beſchaffenheit fepen,, DAB ‚auch ihre Zahl
im Verhältmiß zu ähnlichen Wörtern in andern Propliniiher
Briefen. in unferm Briefe gar nicht ‚groß fey, daß man sich
mehr, wenn, man dem Apogel nicht auf ankere Brief, worin
viel dmab Aeyoueva vorkommen, abfpgechen wolle, aunchus
müffe, der Gebrau ſolcher fremdartigen oder- ſelbſtgebinmenn
Mister ſen Ihm eigenthaͤmlich geweſen.
Zum zweyten Capitel erinnert der: Verf., daß ammedinſe
manche Woͤrten ganz allein in anſerm Briefe zen Mai oder
ofter. vorkommen, die in keinem audeen Pauliniſchen Briefe
Beckhaus Spec. obs. in Paul, pr. ep. ad Tim. 325
1
gu finden find; daß es aber bie Natur der Sache mit ſich
braͤchte, daß Paulus in einem Briefe an einen Freund, mwors
in ganz andere Dinge einzufhärfen waren, als in den Brie⸗
fen an die Römer, Galater u. ſ. w., ſich auch ganz anderer
Ausdruͤcke bedienen mußte, als in Briefen an eine ganz andere
Elaffe von Lefern oder an einge gange Gemeine. Jeddch fey
es auch in andern Briefen dem Apoftel eigen, ſich deffelben
Ausdrucks wiedecholt-gs bedienen... Mach diefer Worausfehung
werden wiederum die einzien Wörter, die in diefe Kategorie
gehören, als irepodıdaoxadkeiv, lvrevbis. GHERENANTOS Tpb-
Indog, mopıswos u. ſ. w. näher betrachtee, und durch Wers
gleichung aͤhnlich gebildeter Wörter, vorzüglich bey Paulus
ſelbſt, mie Sorgfalt gerechtfertiger. - — Endlich zum drittan
Capitel gibt Hr. B. zu, daß der Apoftel fieyfich in diefem -
Briefe manche Woͤrter und Redensarten in ehem ganz ges
nen und in einem andern Sinn als fonft gebraucht habe;
bemerft aber zugleich, daß dieß öfter, im den ' Pauliniſchen
Briefen geſchehe, und daß durch ſolche Abweichungen vom“ :
gewöhnlichen ESyrachgebrauche die Authentie unſers Briefes
um ſo vtel weniger verdächtig werden koͤnne, da ein Nachah⸗
mer des Apoſtels ſich vielmehr bemüht Haben würde, den
Sprachgebrauch deffelden tn einzelnen Ausorüden, wie in dem
Sinn derſelben getren zu Hfeiben. Darauf werden auch hier
die einzeftten Wörter, die hierher gehören; wie vouodiddera-.
%og, Aneidricdkı, voavayeiv, neotens u. a. gemuſtert, um:
auch bey ihnen darzuthun, dab fie von Paulus hier in einem’
ganz eignen Sinne gebraucht, gar nicht ſo ſehr befremden
innen, WE Sch.” glaubt. *
Das Rifultat von dieſer ganzen Eebrterung iR nun ©. 66
folgendeg 3: alle bicſe dmu& Acydusvo, feltne Redensarten, oder
Wörter in einem ſeltnen Sinn gebraucht, machen die Authen⸗
tie unſers Bebefes auf keine Weiſe verdaͤcheig, vielmehr wird
in der ganzen Schreibart deſſelben nichts angetroffen, das uns
noͤthigen, oder überreden Annte, diefe Schrift dem Apoſtel
Pantus :abzufpregen: Siehe Füh. nun auch gegen die Tine oder
326° Beſendecks Lazarus.
andere philologiſche EArterung unfers Verf. und gegen die
Beſtimmung des wahrfcheinlichern Sinnes einzelner Paulini⸗
ſcher Auedruͤcke einiges vordringen, fo ſtimmt doch Rec. ihm in
der Hauptfache bey, und" geſteht ma fo Lieber, daß durch Biefe
ausführliche Ezörterung die Schwaͤche des Schl. Arguments,
von den feltenen und ungewöhnlichen Redensarten des befrits
tenen Briefes heraenommen , ins heüfte Licht geſetzt, und auch
von dieſer Seite die Ausbensie deffelben- befriedigend gerettet
iſt, da..er felbf an einem andern Ort bald nad Erſcheinung
der Schi. Schrift fih unter andern auch gegen biefes Araw
ment erklärte. — Noch möfen wir bemerken, "da uns im der
Accentuation : der hier vorkommenden griechiſchen Wörter nicht
wepige- Druckſehler aufgefallen find.
*
dazarus, oder über das Unfiatthafte der natürlichen Erklaͤrungen der
Wundergeſchichten im Neuen Teſtament, ion M. Kaſpar
Zacob Beſenbeck, Recter am Gymnaſium zu Erlangen.
langen, bey Fohann Zacob Palm. IV.u. i26 G. 8. GAs ir.)
Seitdem ſich die exegetiſche Theologie ber Proteſtanten von
den Feſſeln,losmand, welche ihr das herxſchende Kirchenſyſtem
angelegt hatte, machte fie nach und nad, einen immer. kuͤhnern
Gebrauch won der einmal errungenen Freyheit, ww: ging ſelbſt
. „weiter, als wohl diejenigen, welche Re ihr hatten erringen hel⸗
' fen, erwartet oder gwliufche haben mochten. WBeſenders war
dieß der Zal mit den neuteſtamentlichen Wandern. Ds bie
Philoſophie des Tages den Glauben ay Wutzder chon fo ah
hold war, als fie zu andern Zeiten benfelden Miginkigse, und
da mehtere, im Geiſte dieſer Philofgphie, am deu Wunden
des NT. einen. Anſtaß nehmen, und ug. ihrentutgen die
Wahrheit und Goͤttlichkeit des Cheiſtenthume herherupt in
Zweifel zogen; da-andege, ‚was noch ſchlimmet war, dat
Thriſtenthum ſogar aus: dem namtichen Grunde. gu Segen⸗
ſtande eines frivolen Witzes machtzn, und. ſuh nicht ſcheueten,
mit frecher Htirne des Heiligſtan gu. fpotten, AD Ha es Ach
velanhene Lazarus. | 327
Bey ſolchen Leuten mit · denjenigen Belibeiſen für die Wahrheit
und Gbtriichkeit der Wunder; welche die Dogmatik aufſtellte,
nicht auskommen ließ, fo ſchlug man verſchledene Wege ein,
dieſen Anſtoß zu heben, und Die Ehre· des Chriftenchums ges
gen Zweifler und Veraͤchter deffelben zu vetten., Mas dieß für
Wege feyen, ift bekannt. Mährend ein hei der Eregeten
die Wunderbegebenheiten des N. T. aus einem mythologiſchen
Geſichtspuncte faßte, und fie für urfprünglich einfache und nas
tuͤrliche Facta erflärte, die nach und nach durch die Tradition
zu Bundern ausgeſchmuͤckt warden. feyen, fischten andere fie
duch, philefogighe Künfteleyen ober pſychologiſche Erklarnugen
in natürliche Begebenheiten umjugeftalten ,. und fo lange gn
ihnen zu deuten, bis aus ihnen gang! gewahnliche Alltagser⸗
eigniſſe geworden waren. Beyde Claſſen von Interpreten fan⸗
den, wie es zu gehen pflegt, ihre Anfänger hund MNachchmer,
die ihre Meiſter noch zw aͤbertreſſen ſuchten, und die Sache
bie zum Abentheuerjihen Abertrieden. „Diefe waren es hanpts
fächlich , durch welche wir —*— wie die Gesichts
des Urchrifenshums in feiner ‚natöslihen Se
ftalt u. a. dergl. erhielten , unter deren Sünden Sie Urge⸗
ſchichte des Chriftenchums: zu einem wahren: Roman wurde,
und von deren Arbeiton man nicht:einmal immer fagen konnte:
se non & vero, & bene trovato. Wer. hat fih ſqipn · an
mehrer Drten dieſer Jahrbücher Aber die letztere Art, bie ‚nem.
teſtamentlichen Wunber gu erllaren, gekehert, and frenet fi,
in der vor ihm liegenden Schrift eine. Stimme mehr. für ſich
vernommen u. haben.” Die naͤſchſte Veranlaſſung zu derſelben
gab thum Vorfaſfer, Aut. Reckor B., die Abhandlung des
Hrn. Div Gabler zu Jena über Die Erwerckungdes Laza⸗
rus Zeh -XI., ia deſſen Journal für auserteſene theologiſche
Literatur, "Band TI.*GSit. 2. G. n23— 266. Daher: auch
der Ttol dr Schriſt: Lazarus, wel dee Prüfung der Gable⸗
rischen Erklärung jener Geſchichte die Schrift hauptſaͤchlich ges
widnset Pr Aber dieſe Hreſang eonnte win auteeRenngen
328 VBelenhecks Kajarub,
werben, odne yon der Wemühung, die neuteſtamentlichen Wun
der überhaupt natürlich zu erflären, zu fprehen. Der Verf.
konnte alfo mit Recht noch zu dem Worte Lazarus auf deu
Titel die Worte Hinzufügen: oder über das Unſtatthafte
der natärlihen Erklärungen deu Wundergeſchich—
ten im N. E., denn die Gruͤnde, welche gegen .eine folde
Erklärung eines einzigen neuteſtamentlichen Wunders fireiten,
treffen zugleich auch dergleichen Erklärungen aller übrigen Bun
der Im. N. T. Was die. Schrift des Hrn Beſenbecks von
züglich empfiehlt, ifl der ruhige und gründliche Gang, den er
in derſelben jimmt, und die Achtung, die etz uͤberall in ber:
ſelben, Perſon und Sache, wis dieß immer ſeyn ſollte, wohl
von einander ſcheidend, Ber Gelehrſamkeit und dem anderwei⸗
tigen Verdienſten des Hrn. Dr. Gablers mit unbefangene
Bergitwilligkeit Jollet, und wir ſind gewiß, daß Niemand in
dieſer Hinſicht Hrn. Beſenb eck dem gebuͤhrenden Beyfall vers
fagen werde, wenn auch der fireng hogmatifchen Anſicht,
Heide der Hr. Rector B. von den neuteftamentlihen Bars
derg hat, nice ganz beitreten folſte. Rec. erinnert: fi nicht,
eine Schrift gelefen zu haben, in welcher mit gleicher Maͤßi
gung, und Gruͤwlichkezt das Unſtatthafte der Werfache, die
under des N. T. natürlich zu erklären, up der vielen Kuͤn⸗
Beleyen und unerwieſenen, oft gegwungenen Vorausſetzungen,
bie man ſich dabey zu erlauben pflegt, dargethan wäre. Das
Einzige, was vielleicht an derſelben mißfalles koͤnnte, iſt eine
gewiſſe Weitlauftigkeit und "Breite, und mande Wiederhblun⸗
gen, welche, ohne der Sache ſelbſt zu Tchaden ‚Hätten wermier
den werden koͤnnen. Die Kraft der Wahrheit beſteht nicht
in-viehen Worten; je karzer und buͤndeger Die Bewriſe, deſto
heſſer und dem Zwecke gemaͤßet. Herr B. faͤhlte dr ſelbſt,
und glaubte ſich deswegen entfchuldigen zu mäffen. Allein
wer wird "ihr nicht · gern verzeihen, wenn ihn felh Eifer für
eine Bade, die ihm am Herzen lag, in diefer Hinſicht auf
Amwas Über die Brenzen joe hiuauczeſthet Bon? Da Hr.
Beſcabets dezarus. 329
&. Ken. Dr. Sabten in feine Crkiäiumg der Anferweckungs⸗
geſchichte des Lazarus Schritt wor Schritt folgt," ſo konnte «8
ihm leicht begegnen, daß er an verſchiedenen Orten Veranu—
lafjung fand, das Naͤmliche zu ſagen. Wir enthalten uns,
um nicht ſelbſt in den Fehler der Weitlaͤuftigkett zu verfallen,
unfern Lefern- Yuspüge aus dug Beſenbeckiſchen Schrift zu ge⸗
ben, welhe ganz gelefen zu werden verdient. Dur. einige
Stellen, fey uns vergönnt, «aus derſelben herzuſetzen, welche
uns einer befondern Beherzigmig werth zu feyn fcheinen, und.
als Belege zu dem Lrtheile dienen mögen, welches wir Aber
Hrn. B's. Schrift gefällt Haben. Gehe währ Heißt «8-©. 1
und II der Worrede: „Man tft nicht in Abrede, daß Jefus
der ausgezeichneteſte Menſch war, der je lebte, und daß die
Gottheit ſelbſt buch das, was er that, feine Abfichten unters
fügte. Keiner wagt «6, ſelbſt in anfern ZFiren nicht, "weit
er zu ſehr fühle, daß er fih in die Claſſe der Unfinnigen vers‘
fegen würde, fih Jeſu gleichzuſtellen, Aber wie will man
damit vereinigen, daß diefer Eirmige Menſch gleichwohl Aber
fih erhalten konnte, ein munderfüchtiges Wolf durch Rankt
aller Art hinzuhalten, und ihnen Thaten vorzufpiegein, die
ganz was anderes waren, als. wofuͤr 5 fie tsgab?* S. 68
dee Schrift felbft- fagt Hr. ©. mit naͤherer Vaziehung auf die
Gableriſche Erklaͤrung der Auferwerfungsgefdjichte des Lezarus:
„Nach der neuen Erkiärung, die man uns von dem. Wieder
erwachen des Lazarus geben will, ewfcheint Jefus nice nur
als ein ſchwacher, kleinlicher, unbefonpener, Menſch; er er
fheint auch als Betrüger und Heuchler, und nun folge Die
Motivirung diefer ziwar hart fcheinenden, aber nicht ungaredhe
ten Behauptung. ©. 418 endlich wid Die Wunderſchen uns
feree Tage der Wunderſucht der frühgen Zeiten auf folgende
Art entgegengefegt : „Die. Wunderſucht, die. fie (die alten
Theoisgen) bier (bey ber Wiederbelebungsgeichihte des · Laza⸗
rus) zeigten — taugt nun freylich nichts: aber. die. Wunder⸗
ſcheu unſerer Zeiten taugt tzoch Weniger, Den: fie verfähre
in dem Bahn, daß man den evangelilchen Geſchichtſchreibern
330 Werth ueber die (euren Fürfienth. Lippe,
Bald Kia bald da nachhelfen ıuhffe:* 845 Re in den Seven Ye
fa manches falſch verſtanden hästen ; hindert hen wahren Sinn
ihrer Worte aufzufaſſen; verleitet zu eimer Erfiätungsmeife,
Die man im Anfange bes neungehuten Jahrhundertes nicht
mehr ermarten follte; verwickelt in Schwierigkeiten Aber Schwie⸗
vigfeiten,, und noͤchigt endlich ga Dee Aeußerung: „„ed komme
alles auf die Umſtande an, die wir nidit genau fennen. Hier
fey aber wur von Möglichkeit einer Ableitung der aller
‚dings. wunderbaren Begebenheiten ans natürlichen Urſachen die
Rede, und biefe wärde auch bey noch groͤßern Gchwiertgfeis
ven befichen.““ Aus dieſen Gtellen erhellt jur Genüge der
Geſichtenunct, von welchem Hr. B. bey feiner Widerfegung
der Gableriſchen umd aͤhnlicher Erklaͤrungen der Auferweckungs
geſchichte des Lazarus ausgeht, und in Anſehung deſſen wir
im Weſentlichen· volkommen mit ihm einverſtanden And.
eier die Elementarfänten im Zürkentbum Livve. in biſtoriſca
. Bericht, von Ferdinand Wertb, Generalſuperintendenten
in Detmold. Duisburg und Sfien, bey Bädefer 1810. (54 fe)
Nceenſent font fir. immer, wenn er in dem Fache ber
ejugenbbilbung . etwas Kest, was nicht gefheben Fönnte,
folge, fonden was geſchehen iſt. Micht Plane, Ideale,
‚ die Mh von Buͤcherpaͤdagogen leicht aus zehen gebruckten zus
femmerfogen md‘ zn Payjer bringen laſſen, bie .aber mei
nur ben einzigen Fehler haben, daß fie mirgends ausın
führen ſind; fonbern Geſchichten, was in einem Geftimanten,
genqunten Bande -geichehen, auf welche Hinderniſſe man ge
ſtoßen if, wie man fit beſeitigt, wierman nad) md nach die
Bildung verdeffert und erweitert, Befonder aber, "woran es
ſich in unferer Zeit hauptſaͤchlich ftößt, woher man die noͤthi⸗
gen Konde gewonnen hat. Der praftiihe Paͤdagod lernt batı
aus mehr, als ae allen idealiſchen Plänen, :und ber Ge
ſchaͤftemann überzeugt fi dadurch auf die‘ befte Att, daß das
Werth Leber die —C Ehren. Bippe, 338
möglich ſeyn mußte, amt irgend wo etc lid war.” Erwas
Aehnliches hat dar Verf. in dieſem hiſtoriſchen Berichte gelier
fert; doch hätte-er den Zußand dee Schulen, che man ihre
Verbeſſerung anfieng, und die Hinderwiſſe derſelben genauer
beſchreiben ſollen, was ihm nach dem Aeten Leicht moͤglich gewe⸗
fen wäre, und was feine Sehriſt für den Geſchäftspaͤdagogen
erſt vecht näglich gemacht Haben würde. Rec. kann indeß
Manches nachholen, weil er mit' der Berfaflung "nad den
Schulen des Fuͤrſtenthums Lippe fahr bekannt iſt.
Die Schulen waren in. dem tiefften Verfall, als Ewalt,
damals Prediger in Offenbach, als Seneralfuperintendent nad)
Detmold, herufen wurde. Schlechter Gehalt der Schullehrer,
daraus entfichende Norhwendigkeit, auf andere Art ihren Brod⸗
erwerb zu fuhen, Mangel aller Bildung ‚ todter und toͤdtender
Mechanismus in den Schulen, Mangel aller Methode ben
den Lefes und Schreibeuͤbungen, Mangel an zweckmaͤßiger Auf⸗
ſicht und Aufmunterung, zahlloſer Verdruß uͤber nicht bezahltes,
vergebens eingefordertes Schulgeld, eingeriſſene Voͤllerey unter
den beſſer beſoldeten Schullehrern, das Alles hatte die Schulen
auf eine unglaubliche Art herunter; gebracht. Indeß hatte mau
ſchon vor feiner Ankunft an Verbeſſtrung berfaiben gedacht,
Ein Schuflehrerfeminar follte errichtet werden; ſchon War ein
Plan dazu gemacht. Der damals. regiorende Graf Simon Aus
guft hasse , aufden Vorſchlag des für alles gute fo warm⸗ thäs
tigen Präfidentn von Hofmann, Die dazu erforderliche Sum⸗
me bewilligt; und «es konnte wirklich ſchon im Anfang Novem⸗
bers eingeweiht werden, da. Ewald im October angekommen
‚war. Jetzt wurde aber · auch «ein Plan zu Verbeſſerugs der
Landſchulen ‚von dieſer entworfen ‚ übergehen und genehimige.
Darin war eine beſſere Unterrichtamengode vorgeſchrieben, und
zu dem Ende eine populäre Anmpifaug für den Schullehrer ig
den Druck gegeben ; und an alle Schullehrer verſendet. Die
Beſoldungen der Schullehrer wurden nach und nach erhoͤhet;
auf Gebrauch der Bibelgeſchichten wurde gelungen, und⸗ zu
RF * Tg
F
i
" ” d . D - ... « v vr. » . — 2
J
832 Werth U⸗ber die Flementarſchtgen im Fuͤrſtenth. Lippe,
den Ende ein nur zu weitläukiges Liſebach von Ewald hert
ausgegeben. Um das zeitraubende Vorſchreihen umd Schicht
ſchreiben der Schullehrer zu verhindern, wurden geftochene Vor⸗
ſchriften eingefüßer, und was noch jetzt uͤberall noͤthig wäre,
an jedem Orte die Bauefrichter zur Beytreibung des Schuigel
des beflimmt, "das in eine Seneratfhitgeldfaffe, und aus ihr den
Schullehrern ansbezahlt wurde, die dann feinen Verdruß mehe
darüber und feine Reſte gu befürchten hatten, weil durch milde,
hohe Unterftägungen die Reſte gedeckt waren. Das letztere fand
große Schwierigkeiten bey Beamten, Reskbeamten und Bauer
richtern ; fie. wurden aber durch die Feftigkeit des Gonverne⸗
ments befeitigt. Ein Jahr nach Einführung diefer neuen Ord⸗
sung befuchte Ewald alle Schulen des Landes, und prüfte alle
Kinder ſelbſt. Hier fand fich erſt der tiefe Verfall von vielen
bieſer Schulen, und wie wenig alle Verordnungen geholfen has
. ben würden, wenn nicht ernfllihe Unterfuchungen angeftellt
. worden wären. — Eine Reformation auf dem Papier Gefchräntt
fi) auf das Papier! — Auch diefe allgemeine Schulviſitation
fand Schwierigkeiten, weil fie etwas Neues war. Manche Bes
zirksvorſteher fanden ſich dadurch beleidigt, fie waren aber bald
verſoͤhnt, abe ihren Ewald anbot, auf in feinem befonderen
Bezirk zu »ifitiren. Es wurde ernfllich gegen den allgemein
eingerifienen Mechanismus gearbeitet, und Rec. war ſelbſt Zenge
kan, als einem Schullehrer das, was er fi im Seminar
hatte abfchreiden und auswendig Ternen laſſe, wodurch atfe
dem aften Mechanismus ein neuer untergeihoben werden follte,
ins Ferner gemorfen wurde. Die Viſitationen, bey denen ſich
viele Prediger, Schullehrer, mehrere Candidaten und benad«
Harte" Honoratioren einfanden, bie Prüfungen, die öͤffentlich
in den Kiechen gehalten wurden, die dabey gehaltenen Neben,
Die vertheilten Prämien, Alles das weckte und belebte das
Jutereſſe für Schulen und Jugendbildung, das gänzlich geflams
en war‘; auch wurde dadurch der fehr in Verachtung sefommer
ne Stand der Schullehrer wieder gehoben. Her. erinnert ſich
wöch mit Wergnägen, welche Wirkung es that, ale ein braven,
PB Atber die eiepanasfände im Bora. Rippe, 333
alter. Schullehrer von dem Btneratfuperimtendepten oͤffentlich
umarmt, 'nb fein treue Diitarbefter genannt wurde. Auch
ein Omgeihe wurde im der Folge errichtet,” als“ Einsr der
Erften Semingkiſten, der Brave Cantor Puſtbuchen, eine Zeit
lang in der Fremde auf Staatskoſten, in’ die Geheimniſſe dee
Toͤnkunſt war eingeweiht worden. Er war zuletzt im Stande,
große muſikaliſche Stuͤcke in’ der Kirche aufzgfuͤhren, und ver⸗
beſſerte den Kirchengeſang in Detmold durch Vorſingen der
Melodieen betraͤchtlich. Indeß konnte allerdings dieſet Ans
fang der Schulverbeſſcrungen noch nicht fo weit kommen, als
er in der Folge kam, und jetzt il. Man muß fh nur wun⸗
dern, daB fi auch die erfien Seminariſten weit genug forts
bildeten, um duch Beautwortung einer aufgegebegen Frage
den erfien Preiß unter fo vielen Concurrenten erhalten zu
koͤnnen, den wirklich Einer derſelben erhielt. Nach Ewald⸗
Wegberufung wurde das gute Werk von dem feel. von Chin
in gleichem Geiſt und mit gleichem Eifer forigefeht: Es wuͤr⸗
den einige Verbeſſerungen oder Erweiterungen vorgenommen,
und er wurde darin von der trefflichen Fuͤrſtin Panline eben
fo weiſe als kraͤftig unterſtuͤtzt. Gu wurde eine Leſegeſellſchaft
zur Fortbildung der Schullehrer errichtet, und Coͤlln ſchrieb
sinen Catechismus, der anſtatt des für feineZeit paffenden,
auch jegt noch theilweiſe trefflich, aber von manchen Seiten
ontiquirsen und allzu polemifchen Heidelberger gebracht werden
follte, der auch im Weſentlichen brauchbar iſt, mwewigftend,
worauf Alles ankommt, eine pofitio s chriſtliche Tendenz hat.
Aber. das Wohlthaͤtigſte, was zu Coͤllns Zeiten für Jugendbil⸗
dung in der. Refidenz umd im Lande geſchah, war die Errichs
tung einer Pflegeanftalß in Detmold, in der ſich ein Kranken⸗
haus, Arbeitszimmer für Perfonen beyberleh Geſchlechts, eine
Suppenanſtalt (vermuthlich nach Rumford), zeine Aufbewahs
rungsanſtalt für Heine Kinder (die man in allen kleineren und
größeren Städten haben follte) und eine Freyſchule findet, bie,
zugleich Induſtrieſchnſe iſt, die. 120 Kinder zaͤhlt, welche ung
"or Unterricht: und. Older befommen., : MR ihnen was
33H Werch ucher die ementarigulee hin Fuͤrkench Syhe
von oder find jepe-wenieftens auch Induſtrieſchalen im san
Lande verbunden, ' deren ſJich jegt 6 finden, in denen, mf
einem genauen Verzeichniß, im Jahre 1808 bie 180g 12,500
dinfache Binden Wollgarn gefpounen , 8,oga Paar neus Strim:
pfe und B6ı Paar Handſchuhe gefickt, 4,586 Faar Erin:
fe angeſtrickt, vieles genähet, mad Damit 2,540 Thaleg ver
dient worden find. Es verſteht ſich, daß dieß der geringfe
Wortheit, der größere aber, die Gewoͤhnung an Fletß und gute,
vrdentliches Arbeiten iſt. (Rec. wundert ſich, daß ben diefen,
wie bey fo vielen Zndufriefäuien, daB’ Flicken gper Stopfen
nicht gehbe, „winigens nichts davon erwähnt wird, was doh
in allen Hauchaltungen fo vortheithaft und nöthig zſt. Anh
Hätte er gywünfct, beſtimmt zu wien, ob auch Knaben jr
Uebung im OStricken angehalten werden, welches in jeder Hin:
ſicht vortheibaft für die vielen Rabe wäre, die fihim Lip
piſchen at Wich huͤten befhäftigen müffen.) Unter dem jegi
gen.würdigen und für Landjugendhildung ebenfalls ſehr chätigm
Generalſuperintendenten Werth wurde, und wird Alles, mat
dazu gehört, mir Weisheit und Eifer fortgeſetzt, was freylich
unter einer ſolch en Fuͤrſtin leichter, als anderswo if. &
find Schullehrer⸗ Eonferengen eingeführt, den Schullehrern wei:
den, Preißaufgaben gegeben, und die beften Beantinortungen
erhalten Prämien von 6, 5, 2 Louigd’or. (Rec. würde liche
Medailles vorgeſthlagen haben, Die dem Belohnten Kleber
und gloichſam eine ganze Familie adeln.) Es find feit sı
Jahren 24 neue Schulhaͤuſer gebaut, und faft alle veparitt
worden. Schon jetzt iſt der geringfte Schuldienſt auf 60 The
fer (108 fl.) geſetzt, und es ift Plan der edfen Fuͤrſtin, dab
Bein Schullehrer weniger: als 120 Thaler (816 fl.) Einnahmt
Haben ſolle. Um ficher zu ſeyn, daß Alles fleißig nad der
eingeführten. Methode behandelt werde, vifitiet der General
‚ aperintendent alls drey Jahre, alle Schulen des dandes.
WMaächtr es doch in allen ‚größeren Ländern fo gut um dit
Augendbtldung des: Landvolks fliehen, wis in dieſem kleineren!
Möchten dog alle Regenten und WMiniſter, fo viele chärig
Wenh Ueber die Elementarſchulen tm Büren). Lippe. 335
Theilnahme an dieſer wichtigen Staatsangelegenheit nehmen,
wie die edle Fuͤrſtin Pauline daran nimmt!
Es, iſt wenig, was der- Rec. bey den neuen Eimichtun⸗
gen anders wuͤnſchte. Das wäre nur ai) Fine wene Auflage
des Ewaldiſchen Leſebuchs, über Bibelgeſchichte, in welcher
nur DR, yat“ Weclung echter Religioſitaͤt unmittelbar dienen⸗
den Geſchichten wit dem nöhigen Detail ergähtt, die Abrigen
aber nur. um des Zufammenhangs willen kurz berührt. wers
den. 2) Daß der dritte Theil diefes Leſebuchs nice cher zu⸗
rüdgelege” worden we, bis ein anderes, beffereg, etwa
das Jankerſche, oder das, durch Paulus. und Mans
nent besrächtlich verbeſſerte Seilerfche, mis Weglaſſung des
vielen Sitteniehren wäre eingeführt worden. Min muß nilhts
nehmen, ehe man etwas befjeres dafür gegchen hat. Wenig⸗
ſtens koñnte es ſo, lange Handbuch für die Schullehrer fm, -
3) Daß man die, ohne ſchon gehbten mathematiſchen Scharf⸗
fan, immer nur mechaniſch zu treibende Algebra, aus den
Lectionen der Schullehrer weglaffen, wenigkens gur- die-popus
läre Behandlung derfelben von dem Prof. Lado mug eins
führen, oder flatt derfelben mehr Stoff gebengnöge, der dem
Schullehrer in der Zukunft nörhig iſt, und dem: er in bee
Folge nicht fo leicht und fo wichtig fammien kann. 4) Daß
man wenigſtens die fenglihen, von dem Generalfuperintens
denten zu haftenden Schulviſitationen noch immer in den Kirs
dien des Kirchipiels halten möge... Der ganze Act kaun durdh
Gefang mit der Orgel Begleitet, feyerlicher und dadurch
die ganze fo wichtige Sache der Jugendbiidung auch der Ges
meinde wichtiger gemacht werden. Die Eltern können die
Fortschritte ihrer Kinder Hören; den Kindern wird die ganze
Sache, des Schulunterrichts Heiliger, ‚und dem. Viſitator Geles
genheit, der Verfammlung Manches m fagen:, was eben wes
gen der Feierlichkeit oft unvergeßlich Ft. Sollte fih das Weg
daran floßen, daß profane Sachen in. der bloß fÜr das Res
ligioſe beſtimmten Kieche vorgenommen werden, was doch Rec.
nirgends bemerkt hat, fo koͤnnte Buchſtabenkenntniß, Buchſta
136 von Kolb Der Geiſt des Gebehes.
bieren, Rechnen, Geographie, Naturgeſchichte 2c. in der Schul⸗
ſtube geprüft, das Uebrige mie dem Erwachfenen abet
ßens in der Kirche vorgenommen werden; ob er gleich feinen
Nachtheil davon fehe, wenn das Volk Huch Gewohnheit fos
weit gebracht würde, Alles für Heilig. anzufehen,, + was die
Bildang ihrer Kinder betriſft, wozu geräde Vie Prüfang in
den Kirchen, als "einem heiligen Dxte, wenn Man, vous ges
wöhnt wäre, mitwirken könnte. 7
Der Geil des Gebethes zur Helligung des Soun⸗ und Feyertaäglichen
Sottesdienſtes. Ein Tarholifches Gebethbuch zum allgemeinen
GSarauche. Bon Cajetan Maria Fibebis von Kolb,
Marren a Augeburg 1506, bey Kransfelder. M16 ©.
3. (a0 fe)” ..
Der Bert. dieſes Gebetbuchs handelt zuerſt fehr weitläufig
®&. 1 —5ı von dem Geiſte oder der Gabe des Ge—
Hets, und gehet dabey von Srundfägen aus, wieiman fie
in den Asceten des Mittelalters findet. Dann liefert er Se
bete jeder Art nad dem Beduͤrfniſſe feiner Dorfgemeine, für
weiche fein Buch zunaͤchſt beſtimmt if. Den darin herrſchen⸗
ben Geiſt glaube Rec. durch den Anfang des Gebets, das
©. age an den Sonntagen in der Pfarrkirche zu Boos nad
ber Veſper ‚gefprodhen wird, am beften zu fdhildern: „Ewiger,
dreyeiniger Bots! welchen wir im wunderbarlihen Sakramente
wahrhaft zugegen mit feftem Glauben befennen, wir beten
dih am in Kleffter Ehrfurcht; wir beten dich an, allerheiligſte
Megihheit Jeſu Chrifti unfers Erloͤſers! vornehmlich beten
wie di an, göttlihes, im uns Megichen unſaͤglich verficbtes
Herz! wir banken dir unendlich für deine unermeffene Liebe,
mit welcher du in dieſem unſchaͤtzbaren Geheimniſſe bis an
Das Ende der Welt bey uns wohnen umd bleiben willſt, we
du uns fortwierig mit unzählbaren Gnaden und Wohlthaten
üderhäufeft; je dich felbft zur Epeife und Nahrung uns dars
gibſt. Indeſſen erinnern wir uns der fo Hielfältigen Schwa⸗
Gen, Unbilden und Entunehrungen, denen du in diefem zarı
ten Liebesgeheimnifig ſtets ausgeſetzet bift, weiche die die .Ums
glänbigen und Ketzer, die gottlofen und verruchten Drenien,
ja auch ſelbſt die Mahraläubigen und Chriften von zu
Zeit authun. Wir machen dir dafür mit ganz“ beträbten Ser⸗
n die demüthigfte Abbitte.“ Man ſieht daraus, wie übers
aupt aus dem ganzen Bude, tie. weit der Werfüffer,, in
Ruͤckſicht auf Sprache und Begriffe, hinter den beſſeren afces
ſchen Schriftſtellern der katholiſchen Kirche zuruͤckzeblieben fey.
[3
1) 2
L
No, 22. Seidelbergiſchen 1811.
Jahrbücher der Literatur.
5 1
rn
Hardin gs Himmels - Atlas. Erste Lieferung, Hamburg bey
Friedrich. Berthes. 1509. (3 Rthlr.)
Wan diefer Adſſchrift — denn das eigentliße in Kupfer 98.
ſtochene Sitelblatt wird erſt mir der legten @ieferung ausge⸗
geben werden — erhalten wir die erſte aus vier Blaͤttern be⸗
ſtehende Lieferung der von dem Prof. Harding zu Gottingen
verfertigten neuen Himmelscharten.“
Der rühmlih bekannte Verf. hat in mehrere gelehrte
Blaͤtter, unter andern in die Monatliche "Eorrefponden B.
XVII ©. 474 f. eine eigne Ankuͤndigung über ben we und
‚die Einrichtung diefes neuen Himmels: Atlaffes eingücen laffen!
‚Wir glauben-darauf im Allgemeinen verweilen, and für fol
: gendes bemerken zu dürfen.
| Wer die Duͤrftigkeit unfrer, felbſt der neuften Himmels⸗
charten kennt, wird ohne weitere Erinnerung das Verdienſtliche
des Unternehmens unfers Verf. einfehen. Bey der Mothwens -
digkeit, die nenen, den Heinen Sternen an Licht, Farhe und.
Größe ganz Ähnlichen Planeten bey ihrer Wiedererſcheinung
von denſelben ſogleich zu-unterfcheiden und zu beobachten, bey
‚dee Währſcheinlichkeit vieleicht noch mehrere folche bisher
unbekannte Himmelskoͤrper aufzufinden ‚' endlich zur Beobachtung
und Vorherbeſtimmung der Bedeckungen der kleinern Fixſterne
vom Monde und den Übrigen Planeten, leiſteten die bisheri⸗
gen Charten wenig Huͤlfe, denn ein großer Theil der kleinern
Sterne fehlt darin gaͤnzlich, und: eine „große Menge derfelben
‚it, durch unvollkommnere Beobachtungen geleitet, irrig einges
Wagen. Wir find weis entferne, dieſe Maͤngel den Verf. der
bisherigen Sfmmelscharten zum Vorwurf zu machen: fie gaben,
das fie Hasteırz aber ber Sorrath an Bmeiatien war gu därftigs-
\
%
[X
338 Hardinge Hilsmelsellat.
Der Verf. Bat es fih gar Pflicht gemacht, allein ben Wesgeinifiee
won Mayer, Piazzi, Bode und von Zah, fo wis in der Histoire
" celeste frangaise Tom. I. vortommende ®terne in feine Himmel⸗⸗ |
charten aufguhehmen. Zwar bieten fich dem zumal bewaffneten
Auge noch fehr 'wiele kenntliche Sterne bar „aber der Verf
‚tung, wie wir glauben, billig Bedenken, de ehe fat ven
Jzeichnen, und ſchraͤnkte ſich bloß auf diejenigen a \ deren
Pofltion qutweder fhon ganz zuverläffig befannt N der dech
nach Maßgabe der Verzeichniſſe, aus meiden ſi —2
wurden, näher ausgemittelt werden kann. Mehrtere Stern
6. bis 8. Größe beobachtete der Verf. ſelbſt Mrd Gftiingt
„Monerguabtanten. Er Hat Fe mis einem kleinen Sirich We
eihuet, um anzubenten - daß fie in den ‚bisherigen. Werft
* „ niſſen fehlen, um dadurd) den Aftronomen die unnüge Mil:
. des Auffuchens zu erſparen. Jedes Blatt hat in FVr Laͤnge
* 24 Zell und in ber Hoͤhe 19%, Zoll. Es umfaßt einen Raum Ä
yon 40° In grader Auffteigung, und 34° in der Abweichung,
RR Wichir 1560 Quadratgrade, von welden jeder einzelne etwa
9 Linien im Quadrot groß iſt. |
n Wir baden jetzt die vier erſten Blaͤtter diefer nenen Kim
. „melseharten vor uns; mad) der Ordnung des Atlaſſes find ſie
‚Mr. 1, 2,9, 9 — Wir willen zuvorderſt ihren Inhalt am
‚geben.
Das erfle Blatt umfaßt den Himmelsraum von 0’ I
‚4ı°-in graber Auffleigung, umd von 15° nörbläher „Sie —*
faͤdlicher Abweichung. Es finden fi auf dieſem Watte ei
Theil der Sternbilder des Widders, der Fiſche, des Wallfiſchtt,
und des Eridanus. — Auf dem 2. Blatte, von Jo° big 51° 9 8
und 28° noͤrdlicher Bis 6° füdlicher Abweichung, find Theil
® der Sternbilder des Wallſiſdes, des Stiers, des Widdet,
bder George Harfe, des Eridanus unp dee Oribns vcrzcns.
— Das 3. Blatt geht von 27° nördlicher bis zum 7° Tao Ib
weichung, und in ber graden Aufſteigung von 285° bis zum 201"
Es befinden Ach Auf demfelben Theile folgender Sternbilde:
—W Jungfran Haupthaar der erenise "und Vecher. —
| Hebtage Oimmelsauu. 339
Das g Blatt endlich Tiefert Stuͤcke der Sternbilder der Fiſche,
des Pegaſus, des: Waſſermanns , des Wallſtſches, des Stein ‚
bocks, das Luftballöns, der Bildhauer⸗ Werfflätte und des Tüds
lichen Feches. Es umfaßt die Himmelszonen von 3° nbrdlicher
bis 29°. ſuͤdlicher Abweichung, und von 3190 bis 0° in der
graben Aufee ng. — Dee Stich diefer Eharten tft deutlich
und gta nur Haͤnen wir gewünfcht, daß das Papier etwas
weißer guägsfollen wäre — Go viel vom der Außen Einrich⸗
tung. Witf wendeen uns nun zu dem Inhalt ſelbſt, und hier
muͤſſen wir Fteiße und der Sorgfalt des Verf. die größte
Gerechtigkeit Widerfahren laſſen. Wir Haben es ung zur ſtren—
gen HPflicht gemacht, anf jedem Blatte mehrere Zonen von
zwey bie’ drey Grad in der Abweichung der ſchaͤrftten Prüfung
und Vergpihung mit den bekannten Werzeichniffen ju users '
werfen. Wir können daher unfer günfliges Urtheil und vers
diemtes Lob nicht anf bloße Anfche,- fondern auf mähfame
Unterfuchung geünden, ‚weiche ganz zur Ehre des Mer. ausk
fiel. Daß man auch in diefen ſchoͤnen Charten noch duf ‘bes
teächtfiche leere Räume von mehreren Quadratgraden ſtoͤßt, in
denen wahrfcheintich, und wie uns eigne Beobachgung zum Theil
gezeigt hat, ſich mehrere kenntliche Sterne finden, gereicht dem»
Verf. beineswegs zum Vorwurf. Denn theils iſt bey einem
Unternehmen: diefer Art, und bey der fat unermeßfichen, Zahl
Sserne die hoͤchſte Vollſtaͤndigkeit ſchlechterdings unetreichbar,
theils dte die Poſition einer großen ‚Menge diefer Sterne
noch nicht hinlan dlich beſtimmt ſeyn, um ſie in die Himmelss
charten aufzunehmen. Wir wiſſen es Daher'viefmehr dem Verf.
Dank, daß er diefe Räume nmicht mis zweifelhaften Geſtirnen
beoötßerte, fondern fie leer ließ. Ein jeder Aſtronom kann run,
pen er vitien dieſer Sterne beftimmt , "ihn an dem gehörigen
Ort Haren, und 'eine vermehrte Auflage dirſer ſchaͤtzbaren
Charten durch eignen Fleiß ſich verſchaffen. Ueberhaupt konnen
wir es uincht genug allen Aſtronomen empfehlen, ihre Eremr
plare "von Himmelscharten, ſo wie ihnen Verbeſſer ungen und
neuere Beſtimmungmn bekannt werden, auf der Stelle zu com
» ®e
340 Kl über Im Kometen von 4807:
rigiren. Dieſe Mühe if leicht, fie wird aber ſehr dehdınd,
wenn man die Verbeſſerungen ſich anhaͤufen laͤßt.
Nur zwey Bemerkungen erlauben wie uns noch.
Erſtlich Haben wie "ungern bie Herſchelſchen und andır
Nebelfleche, wenigſtens die Eenntlichften, auf den Charten vn
mißt, indem bey der Entdeckung won Hometen vs ehe wichtig
iſt, gu wiffen, ob ſich ein kenntlicher NebalfleE in jer Dihe
befindet, und man Nicht Gefahr laͤuft, dieſen enge ſur einen
vermeinten Kometen zu halten. } Pr. |
Zweytens find wie zwar darin mit dem "Verf. und
einigen Recenſenten einverſtanden, daß die Figukch der Stern
bilder, fo. wie fie die meiſten Charten auabrüden, mehr She |
den als Mugen bringen.” Aber gen ‚hätten wir: dod ge
wönfcht, die Umriſſe des, Bilder nur mit einer zarten Ein
ig einer Okizze angedeutet gu fehen. Die Altern Aftronemer
vor Bayer, und ſelbſt mapde nad) ihm, bedienten ſich zur
Deyihnupg.- der Sterne weder der Buchſtaben, noch dt
Ziffgen, ſondern deuteten fie durch den Ping an, ben fie im
Sternbilde einnahmen, z. ©. im rechten Korn bes Gries
u. ſ. w. Will man eine foldhe ältere Poſition mit den Thon
Ta des Werf. vergleichen, fo macht das Aufinchen Mache, un
man muß einen andern Atlas zur Hand nehmen, um dab
Verlaugte zu finden. Vielleicht evfühle der Verf. dieſe unſte
Wanſche bey den folgenden Lieferungen, deren Erfgeimung ws
mit Ungeduld entgegen fehen. DE u Zu
|
v
— — — mM
Untersuchungen über ‘die 'scheinbare und wahre Bahn des in
Jahre 4807 erschienenen grofsen Kometen, van F. W.
Besselt, Professor des. Astronsmie in. ‚Königshert-
\ Königsberg , * bey Friedrich Nicolovius. ‚VI u. 526. *
(a Rthlr.) x
Se feltener ſich feit einer langen Reihe, von Safren 90
meten zeigten, Die entweder durch ihre. Griße, obem bush die
gange Dauer ihrer Sichtbarkeit merkwardig weichen, um it
mehr mußte-ber.im J. ‚1807 arſchienene, und noch im Elli)
Beffel über den Kometen von 1807. 341
1808 beebachtete Komet die "Aifmatfamleit der Aſtronomen
regen, zumal da er, wie der Verf. (S. V. Vorr.) richtig ee. ,
innert, "zu den idensgen gehört, Deren elliptiſche Wahnen fi
mit Sicherheit beflimmen taffen. — Die Belanntmarhung ber
von dem Verf. zu Lilienshal und an andern Orten angefellten
Seobadfftungen, verbunden Mit einen-Entwicehmmg der Elemente.
feiner ſcheinbaren und wahres Bahn, verdient daher den waͤrm⸗
fen Dank allet Afteonomen,, die wirkliche Wahrnehmungen -
und grundliche Theorie den leeren Traͤumen und Hppothefn
vorziehen, takt „weflhen- mar’ leider gegenwärtig fo vielen Unfug
treibt: Bao aus der Wiſſenſchaft werden, wenn letztere
die Oberhand behalten ? Die größten Gentes, Kepler, New⸗
ton und’ Ba Place haben den erften Weg zum offenbaren Bes
winn. füg,die -Stermbunde betreten. Ss gereicht uns daher zue
beſo Frende, daß der Verf. ſich von der Ochule des Tages
trennt, und ſich ſtreng an wirktiche Beobachtungen und mathe—
matiſche Analyſe Hält.
Der Komet wurde zuerſt am 9. September 187 ven
einem Auguſtinermoͤnch zu Caſtro SGiovanni In Sictlien goſe⸗
ben, am 20. September beobachtete man ihn zu Palermo, und
am a1. auf der Sternwarte za Marſeille. Am tängften vet »"
folgte man: ihn zu Petersburg, und zwar bis zum 27. März ®
808. Die Sichtbarkeit des Kometen ‚dauerte alſo 196 Tage, ,
und ſeine⸗ Veobochtungen myſaßtea einen ittranm von 194
Tagen. *
Er due chwanderte in dicher Zeit die Seernbilder der Jung⸗
frau, dee Mag, der Schlange, des Herkules, der Leyer, dep
Schwans, der Friedrichsehre und der Kaſſopeie, wid verſchwand.
in der Andromeda.
Der’ Verf. entdeckta den . Kometen: zu rillenthat m.“
October oꝝ sy gleich darauf nahm ihn auch ber Juſtizrath |
Schrote wahr. Beyde Beobachter theilten ſich nunin Die
Geſchaͤteſo daß: Schröter die phyſtfchen Wahmehmungen,
dem Verf. die Ortabeſtimmungen des Weltkoͤrpers zufielen. J
Nur die· letztern heilt Prof. ©. in der gegenwärtigen Scwift
»
342 Beſſel Über den Ameten von "1507.
mit, indem der Juftgrath Gahter bie feinigen Im nen gem |
Werke befannt machen wird. Ä
Der Berf. bediente Ab zur Beſtimmung der. Dexter dei
Kometen eine in dem Brennpunct eines ficbenfüßigen dar
fchelihen Teleſcope angebrachten Ereisförmigen Blendung, ode
eines fogenannten Kreismileomereit. ehr ſchoͤn und vraktiſch
ind die Bemerkungen uͤder die Berichtigung dieſes Mikene
ters. Sie verbienen um ſo mehr Empfehlung, je de
mande Aſtronomen, wie wir aus Erfahrung wien, - hierbey
die noͤthige Vorſicht vernachlaͤſſigen. So z. B. ig es vor alen
Dingen nöthig, daß man ſich nicht nur davon verſichert, dei
die, Blendung wirklich ein Kreis IR, ſondern daß man auf
anf die Lage des großen Gpiegels und die unyerrückte Oh
lung des Denlars Ruckſicht nimmt. Eine Verſchichung des
letztern um eine Linie vermindert den Durchmeſſer das Geh:
felds um 2’',e, und de detſelbe bey allen Beſim mungen zum
Grande liegt, und Die Vafis der gaggen Rechnung ansmaht,
$o aſt· der letztere Umſtand -aufererdentiih wichtig. — Bir
glauben einer’ Nachlaͤſſigkeit hierbey manche auffellende Ancma
lien der, mit dem Kreismikrometer angefteliten Beobachtungen
zuſchreiben zu muͤſſen; zum mindoſten haben. mie ſelbſt bey
Beſtimmung des Sehfelbs noch größere Unterſchiede ‚gefunden,
wenn mar das Ocular, wis es oft bey der ungleichen Beats
kraft des Beobachters zu geſchehen pflegt, verſche
. „Die, von dem Betf. 5 8 gegebnen X Beſtim⸗
mung des Durchmeſſers der Freigförmigen Wendung fhıd chen
fo elegant, als genau. Wir Haben und derſelben, oder aͤhnlicher
mit großem Mugen’ bedient, Den Durchmeſſer feines Sehſens
fand der Verf. 366 53''8, *
Beherzigt zu werden verdientn was der Verf. Ali die
Unficherheit. fügt, Die thetis ‚von-den "Eins ad Accdetritt bei
Kerns des Kometen ($. 15), theils von’ ber. wurichtägen Br
: M!mmung der kleinern Sterne, die mag zudr Wergieihun
braucht ($. 13), emtfiehen kann. De der Koritnidge, allemal
ſcharf besramt erſcheint, mithin der Augenblick feinen: Eintriu
Beſſel uͤber den Kometen ven 1Sch. s43
und Anderuto etwas pweifelhaft Heift, Bingegen bie Eterne
in demſelben Moment erfcheinen‘, umd wieder verfchwinden, fo ..
kann das ‚einen Fehler erzeugen, weichen der Verf. in der Regel
auf 10”, ey ungänfigen Beobachtungen auf 15”, und bey
den ſchlechteſten auf 20’ ſchaͤtzt. Wenn man füdlihe und
noͤrdliche Sterne mit dem Someten vergleicht, und zwar felde,
die ihm kurz vorher gehen, und nicht zu ſchr in der Abwehr
chung msihisden find, fo tät ſich jener Jerthum in ziemlich
enge Grängen einſchließen. Was hingegen bie kleinern, vors
zuͤglich in der Hästeire cdieste francaise enthaltsen Sterne
betrifft, fo iR Die Bemerkung des Wasf. leider wahr, daß man
ſich auf fie nie mie Sicherheit verlaffen darf. Es feinen
bey manchen, Seobachtungss und Mebustionsfehler ſich einge⸗
ſchlichen zu Haben, weiche den Werth diefer fon ſchaͤtzbaren
Somminng vermindern. Wenn ‚aber nad dem Bepfpiel ber
Ber. alle Afronomen: genau bie verglichenen Sterne anzeigen,
fo wird das Gelegenhen und Beranlaffung geben, auf großen
Oternwarten Me Richtigkeit der Doftionen zn prüfen, up (pie
ju verbeſſern. — Mi diefen genaueren Beſtimmungen laffen
fh dann auch Die, aus dem fehlerhaften Sternen abgeleiteten
Oster der Kometen leicht corrigiren.
Im 6: 14 von ©. 10-56 theilt der Verf. feine ju
Lilienthal angeſtellten Beobachtungen umſtaͤndlich mit, und laͤßt
auf fe Die des D. Olbers zu Bremen ($- 25) and bie won
Thulis zu‘ Warſeille mit einem xonbridalnebe bemehien
Obſervationin⸗ F. 17) folgeg.
Die Gehgröftaft des Petersburger er nemen v. Wire⸗
niewaßy (heint“außerordeutikif zu ſeyn, denn .der Verf. eonnte
mit feinen guten Augen und lichtſtarken Werkjeugen den
Kometen am 16. 16. 17. März 1bo8, wo man ihn in Peters⸗
burg baohacheee, nicht erblicken. Gegen Orlanis mit einem
Aequatorialſector zu Mailand angeftelite Beobachtungen (5. 19)
macht des Werf. Erinnerungen, indem ſich Spruͤnge und Un⸗
terſchiede von. mehr als einer Minute yon einem dage vum
andern zeigen ..
—3
® .
4
.
.
.
zit Suhl. über den Karmeten-son 1607.
- Uns den frühen Beobacktungen entwickelt ann ber Verf.
feine erften paraboliſchen Elemente ($. 21), und verbeſſert fie
durch fpätere Obfervationen ($. 22), fo daß die IV. Elemente
($. 25) gut mit denſelben, und dem. Himmel ſtimmen. „Als
fein es iſt Mar, fagt der Verf. ($. 48), daß man. Fehler de
geht, wenn 'man ‘die Bahn eines Konfeten in der Mgrausı
fegung, ſie fey ein Kegetfchwitt, berechnet. Die Atzracionen
der Planeten. ändern "feine elliptifhe Bewegung unguf hoͤrlich,
und es leuchtet ein, daß die. Vahn am Anfange Bir Erjſhei⸗
nung andere Elemente hat, als am Ende, durch die augenen⸗
mene Beſtaͤndigkeit der Elemente der Bahn uwingt man alſe
die Beobachtungen des Kometen einer offenbar falſchen Hy
potheſe zu entſprechen, ohne die Groͤße der darays erwachſen⸗
den Fehler atzgeben zu koͤnnen, und ohne ein Mittel zuhaben,
ihrem Einfluſſe auszuweichen. So wind z. E. die Abwelchung
der Bahn von einer Parabel, durch die Störungen ber Pla⸗
netten upı_eimen freylich kleinen, allein, wenn ſie wie gewoͤhm
lich ſelhſt ſehr klein iſt, mit ihr verglichen, betsachtlich en Teil
geaͤndert, und dadurch die Umlaufgjeit am Anfange ber Ex
fcheinung von ber am Ende derfeiben ſehr verſchieben gemacht
| "werben können.“ ?
Diefe Betrachtung sewanfaßt. den Verf. ſich in der 2.
Abtheilung S. 46 f. mit einer Entwicklung einertallgemeinen
Meahsde, welche die Sthsumgen des Kometen beſimme, 0
beichäftigen, und fo wenig dieſcibe eines Auspugs ik, fo
baden wir. doch mit Vergnügen wpahrgenomnlin, mit eier
Gruͤndlichkeit und mit melden. Schatffink Werf. dabey
gu Werte gehe F
s Mit Beruͤckſichtigung dieſer Störungen —* ſich um
ber Verf. in der 3. Abtheilung, &, 65 fe, bie: wahre apa
bes Kometen zu berechnen, und er findet finneigpe- ©. Gy)
NI Elemente, die mir hierher ſetzen: 3
Durchgangezeit durch Das Nerihelinm sd Septe 183745566
‚, Ränge des anffieigenden Knoten .. REG”: 477 ua’, M
Neigung der Bahn 635° 10’ a’, 10
Connaissance des tems' an 4841.- 345
Asftind des a v. euſpeis. Knoten 2 HB, 49
- Kine Abſtond OMqGa 302
Lag. deſſelben - 9,%031595
Excentrieitaͤt = ı — & oz 0,99 Ba
Salbe große Une J 143,209
Undtanfogstt BE DE 1718, 6 Jahte.
Es ſcheint alſo aus.alen von den Verf. geführten Unter⸗
ſuchungen gu erhellen, daß bdie Bahn bes Kometen keine Pas
rabel, ſondern eine Ellipſe iR, und wir alſo deſſen Wieder⸗
tunſt ebta -fo wie Die: dad Hullehſchen erwarsen därfen. —
Aein- nach ˖ unſrer Anſicht müßten wir die Darurbeihaffehs
heit Der: Komelen genauer krunen, um ihte Wiederkehr wit
Zuverhäffigegit zu hoffen. Hier liczt noch fo viel im Dums
keln, daß, wenn. uns nicht ein Zufall auf ie Spur hilf,
vielleicht eine lange Reise von Jahren erfordert wir; u um und
zu him eſhoil in ver
on vu
va ..
. in
277 .t ,_
Connäissance des tems ou des möuvemens-celestes A Tüsige
des. Astwonomes gt de Navigateurs pour l'an 1614.
Publice par le Bureau des Langitudes, A Paris de ! im,
‚primerie Imperiale Juillet 1809. 503 S. 8.
Der Werth diefer vartrefflichen, den Airgnenen · ſdlea⸗
terdings: anenthehrlichen Eppemwiie,, hat ſich auch in berw ge⸗
gensohggigen Zahrgange Teinedweges oprımindert, vieimabr ſcheint
derfeiße: tunter jnehr · ju gewinen. — Die neufen vom Laͤngen⸗
Bureau haransgehebenen Tafeln de Sonne ed a Monds
von 'de. Leiubre und Buͤrg fir bey den vollſtaͤndigen Oertern
‚diefen Vayden Himmeſctoͤrper allenthalben zum Gruude ·˖ gelege,
und die Finſterniſſe der Jupiterstrabanten nach de Lamdre's
Tafeln VBereciinat, welche ſich in-:ber 3. Augabe von de la
Lande Astrbnomie befinden; — Wahrfcheinftch haben auch eben
diefſe. Tafein zur Neſtimmung dag Deutz ber ‚Altern Planeten
gedientt — Man hat alio ullenfhalben. die beßen Haͤlfsmittel
gebtaucht/ um die Nechunngen ſo ſcharf als möglich zu führen
346 , Connatssance des tems an #811.
Die Einrichtung des eigentlichen Jahhrbuche oillie wlı
die des vorigen Jahrgaugs, und ſolglich umweräutset. Dan
ſucht alfe- vergebens die Ephemeriden der neuen Plancten, und
dieſer Mangel ſche i nt dem gegenwaͤrtigen Jahrbach deu Bor
zug der moͤglichſten Vollſtaͤndigkeit zu rauben. — ‚Wir ſagen,
es ſcheint, weil wir und. Äbergengen,. daß in’ der Tat dir
halb fein Vorwurf flatf findet. — Es fragt ri oki: ob
dieſer von allen Aſtronomen Igphaft gefuͤhlte, um "zmehrern
.taut geänßerte Wunſch, die vollländigen —* er aeuer
Planeten in Händen zu Haben, bey dem jegigen: Zukand ie
Sternkunde mit Sicherheit richt werden Bann). — U
dieſe Sache feit kurzem öfters zur Sprache gekymwen if, b
wied es und erlaubt ſeyn, daruͤber wi⸗ ftreymghie veno⸗
kungen zu äußern. -
‚Die Altern Planeten "unterfhcibe ſich durch Glanj und
Größe ſelbſt in maͤßigen Sumähsen fo ſchr vom allen Fir
ſternen, daß ſelbſt der mngehbtefte Meobachter nicht Gefehe
laufen wird, ſie mit jenen zu verwecheln. Ganz anders ven
halt es ſich mitzden neuen "Planeten. Ceres, Wera, Prüs,
Kuno ſind an Größe and Slanz den kleinern Fiexſternen ſe
aͤhnlich, daß nur eine ſehr genaue Kenntniß ihrer Stellung den
Beobachter gegen den Irrthum einer Verwechſelung ſchutzt. —
Selen” alfo Ephemeriden diefer Himmelsterper Hisezu Bienen,
ſo Mes noffwentig, daß fle Awberft genau, wir nıbdhtem ſagen,
haarfſcharf berechnet ndr Mer Fragt 76 9 num wor alle
-Dingen, ob wir jur Berechnung Becher genauen Beſtiumungen
bereits hinlaͤngliche Data ‚Hefigen, und dieſek giamben wir grade
gu verneinen ga muſſen. — So unendlich vie ubte: in ·dieſen
Puntte dem verehrungswärbigen Prof: Ga yorkanten, f
‚ Mind doch’ bey feinen Ejementen die. Storungen nice beroͤcka⸗
tige, welche die Genachbarten: umd «felöft engfertftgen Planeten
auf die Ceres, Dallas, Veſta und Juno Außen, Gay der
geringen Sröße und Weaffe diefer Simmelsäötper maß bie Per
turbation ihrer Bahn betruͤchtlich ſeyn, wenn fie ſich in dw
Naͤhe des graͤßten Planeten unſers Syoſtems, dei. Jupitert,
*
Comnaissance des tems an 181}. 347
befinden, Wie das z. B. noch im vorigen Jahre bey dir Pallas
der Fall nr. — Diefe Biörungen muͤſſen nach den Geſetzen
der Schwere nicht bloß die einzeinen Derter ber. neuen Plas
neten. 'afficiegt, ſondern ſogar ihre Elemente ſelbſt botraͤchelich
verändern. Eine naͤch den Elementen berrchnete Ephemetide
wird Sucher. betrachtlich, und um fo betrůch lither vom Natel
abweichen, je größer die Weörung war, und ji mehr fie auf
die Eiemente felbſt wiſkte. "Che wir daher nicht mit den Pen.
turbaͤtisnen ſelbſt, es fen burch empiriſche Beobachtungen, oder
durch Wedei⸗ vertraute Bekanntſchat⸗ erworden baten, fü lange
ung noch. ältere :Obfervariorrem: fehlen, welche ums Epochen and
| Stebtungen. geben, fo fange dürfen wir nicht auf genaues Tas
fein Hör newen Planeten rechnen, und dieſe beduͤrfen wir noch⸗
wendig, um zuvertäffien Gphemeriben derſelben zu liefen. —
Diefe Betrachtungen zeigen, wenn: twis nicht irren, bie Un⸗
möglicleit, daß ſelche Jahrbacher, mie die -Oonimissance des
tema und der Nauticul Ahnande, fie enthalten koͤnnan. Diefe
Ephema diden meiden nicht allein Me (Guropa, fordern, auch für
enlegenere Welnhele und Gipfagter. Herausagaeben. Sie můſ⸗
fen deher fo frhtenig, nah: mahnsee. Jahre vorher ericheinen,
daß -W@utere. fie mitnehmen koͤnnen, und in jenen Fe vor die
Epoche ihrea Sebrauchs anlangen. Ob eg. num mönlich iM,
meheere ZJahre vorher die vollßandigen Serter der penen Pla⸗
neten bt ſolcher Schaͤrfz zu berechnen, daſy ſte nicht. bewädhtiuch
‚vom: Himmel abweichen, Lenchtet won: ſeibſt ein, und mit eitzer
Ephemeride, welche dieſer Forderung nicht entſpricht⸗ moͤcht⸗
ſelbſt dem Aſtageen auf: den: feſten Lande und in Europa
wenig gebient ſeyn. Aſtronomiſche Zeitſchriften, 4. ©. bie
Monatliche Conreivondeng des Freyheren von Zach ergänzen den
Mangel, und ſetzen ihn im’ den Stand, auf dioſe nenen Ans
HmmlingeYagb zu mechen. Die Hülfstagefo ſind. ebenfalls
unngsämbertigeblieben,, und haben nur hier und da Weubefferums
gen schaften. Dam Verzeichniſſe geographiſcher Ortsbeſtimmung
©. „176 fi möchte man sime Weitere Angdehnung ,: und: hiee
nud da Denugung asuengs Hülfsquellen münjhen,
DZ
#6 Conmnaiasanoe des kems an kl.
YUnper den Abhandiungen, oder Addigions uchmen juerſt
die von Bouvard auf der kaiſegichen. Sternmarte-amgeficlten
Veobachtungen einen betcädtliichen Raum ein (S. 239428).
Sie find ſewohl am Mittageferneche, als am Wauerquadran⸗
“en gemacht, und gehen vom 1. Januar ıBo7 bi'3ı,. Der
wember ıdoß, begreifen mithin der Zeitraum von guest uolen
jahren. — Unter ihnen heſtaden. ſich jedoch nur vier Stern⸗
bedeckuagen, und dieſe Seltetgheit wirb, wie wir ‚de
Aronomen Son der Nothwendigkeit Aberzeugen, ihrẽ fach
asufeit auch .auf kleinere Sterme zu heften, um :dieſe Tür die
geographiſchen Ortsbeſtimmungen allein. ſichern Phägamene zu
sernielfältigen. Von dem neuern lasisten wurde nur dllein
He Weſta vom 29. Min ado7 an ig grader Auffipigund, und
vollſtaͤndig vow:1.— so. Juͤnins Boy besändtet:.:: Die Berb⸗
tungen des großen Kometen (S. 402, 408) nehmen: vom
Ba Sept. 1807 an Ihren Anfang. Wen ©. 429-450 ſtellt
der Graf La Place Umcgſuchuugen Über die Abnahme der
Schiefe ‚der Ekliptik an, u ſie aus aͤltern Beobachtungen er⸗
hellet. Der Werſ. beſchaͤſfttht im Nawefk mie den Chimeſtſche
VDeobacheungen, und befonbers:ded:won. Tcheeukong einda 1100
Jahre vor Chriſti Geburt gemachte Gaubil md once
And die Quellen, aus weiden:er die Echtheit / und die Aufern
Data der Obſervation gu entwickeln ſucht, die mit ine mes
a von acht Fuß augeſtellt wurde: Freret hat darüber meh⸗
zere. Unterſuchungen und Berechnungen "geliefert. Der Verſ.
wendet darauf. feine in ber Mecanigue celeste. gegebenen For,
meln an, und’ vergleicht Ge nod mit einendipepten :ver Are
women Lieourbpang ‚uud Lorigiashong, „weiche in das Jahe
104 vor Chriſti Geburt fäl. -Der Unterfhied- uifihen ber
Serehmten und beobachteten Schiefe der Ekliptit beträgt nur
9’ 4',ı, und diefer ift unbetraͤchtiich, wenn man in’ Erwägung
sieht, daß hier ale Elemente, z. ©. Polhöhe, Bcattenläng:
and felbft Die genaue Epoche mehr fih auf Vermuthungen,
als apodiktiſche Gewißheit gränden.
Comsaissaneo> des tems an 1841: 348
Die 'yu Marſcille von’ Pytheas angeflellte Beobachtung
folgt Hieramf. Ste gibt die Schiefe der Ekliptik — 25° 4g’
20°’, um aMfo 3’ 15% größer, als fie nach den neuften Tafeln ſeyn
ſollte. Die, Ungewißheit dee Beobachtung ſelbſt entſchuldigt die
fen Irrthum. Die, von Eratoſthenes etwa a5o Jahre vor
Chriſti eburt angeftellte Beobachtung entfernt fih Hingegen nur
um 22’’ von der Berechnung, eine, wie der DBerfaffer auch
bemerkt, fehr merkwuͤrdige Uebereinſtimmung.
Unter den Beobachtungen nach dem Anfang unfrer Zeit⸗
rechnung kommt zuerſt 175 Jahre nad C. ©. eine Chineſu
fche vor, „weiche der Verf.’ meitläuftig, unter Anwendung der
ſchaͤrfſten Hälfsmittel berechnet, und ihre Abweichung vom der
Theorie nur um 44,1 größer finder. — Zwey andre Ehinefs
She, des: Tſouchong vom J. 461 und des Atchoufong vom
% 629 bieten dagegen größere Unterſchiede von — ı/ 0'',5
and? + ı’ 47° dar. — El Barni beobachtete um 880 die:
Schiefe der Ekliptik nur um 28’ größer, als die Theorie fie
gibt, und Ebn Sounis im 3. 1000 um 24’ kleiner. — Noch
weniger entfergt ſich Eocheons King von der Rechnung. Beine
um 1279 beobachtete Schiefe iſt nur 20’ Peiner als die bei
rechnete. — Endlich fand.fie iiiugh Bey im J. 1457 um 48°
größer, als ‘die Tafeln fie geben. — Aus allen dieſen Dbfers
Bationen folgt: unmwideriprechlich die Abnahme der Sciefe der
Ekliptik, und.ihre Uebereineinſtimmung mit denen “in ben
Mecanique celeste gegebenen Formeln zeigt, daß fie allein
aus der wechlelfeitigen Anziehung der' Planeten und der Sonne
herruͤhret. Wie glaußen den Lefern einen Gefallen zu erzejigen,
wenn wir hier die beobachteten und berechnefen Schiefen den
Ekliptik, ſo wie fie der Verf. ©. 460 anfaunmengetit, hern
Ian *
350 _ Connaissance des terms an..i6tl!
Ver C. G. Beryobachtete Berechnete Uutetſchied.
Schiefe d. Ekl. Schicfe d. Ekl.
1100 Cheou Kong 23054 Do 23 — a
350 Pytheas 3 BT —55
250 Etatoſthenes su 7 BFH + az
So Lieou hiang EHE” BF — 1,346
Nach €. ©.
373 Chinefen 234133 BT" Oo
— 461 Tons chung 23° 38 52,8 03° 39 af" +1’ 07
629 Lichonfong 340 Gr 235° — an
880 Albategnius 235 By" FE — Wo
1000 Ebn Jounis 25’34 026" 25°34 50 —— 84,0
107779 Coheou King 23°3g4 2", 3’ 3eaa5 + 80”,
. 21437 Ulugh Veigh E31" - nF — 0
Ein ſehr merkwuͤrdiger Aufſatz bes nämlichen Verf., des
Grafen La Place (©. 450 f.), hat den Ring des Saturns
zum Gegenflande. — Bekanntlich har der Juſtizrath Schröter
aus feinen Beobachtungen gewiſſer leuchtender Puncte bes
Dinges gefolgert, daß derſelbe ein feſtes Himmelsgemölbe um
den Hauptplaneten bilde, und feine Rotation habe. Da die
Annahme den Geſetzen der Schwere zu wiberfpreggen fcheint, fo |
ſucht der Verf. die von Schröter wahrgenommenen Erſcheinun⸗
yen auf eine fehr finnteiche Weife zu erflären, und fie mit der
Jeorie zu vereinigen, indem er vermuchet, Daß jeder der deys
den Saturnsringe aus mehreren consentrifchen Ringen beftehe,
und, wenn ihre leuchtenden Stellen verrittelfi der Notation
einander fchnell folgen, in dem Auge des Beobachters den
Eindruck Hinterlaffen,, als 06 der nämlihe Punct unverrhdt
geblieben fey. De Lambre's Abhandlung (S. 453), Über das
roblem: die Polhöhe und Zeis der Beobachtung aus den
oͤhen zweyer bekannten Sterne zu finden — ift durch dad
befamnte Programm des Prof. Sanf über chen dieſen Ge
uftand, veranlaßt worden. — Der fharffinnige Franzdſiſche
eometer bemüht fih, zu zeigen, daß Ge Auflöfung dieſes
ne ebenfalls durch die gewöhnlichen trigonometriſchen
ormeln, ohne Beyhuͤlfe der Analyfe, erreicht werden Finue,
und er hat feine Behauptung mit der ihm eignen Eleganz und |
Gruͤndlichkeit unumftößlich bewieſen. — Wlan flieht Teicht ein
daß dieſer Aufſatz feines Anszugs fähig if, um fo dringender
muͤſſen wir ihn aber den Lefern zum eifrigen Studtum empfehs
ten, um die in unfern Zeiten bin und wieder verfannten- Von
zuͤge der Syntheſe nicht’ zu ſehr herab zu würdigen. NBis
?
’
"Pormponius Melä de situ orbis. 351
glaudem uns zu dieſer Aeußernng um fo mehe berechtigt, da
wir ſelbſt im Ganzen die Analyſe vorziehen, und es un im.
den meiſtea Zälen Mühe macht, funshetifche Beweiſe beym
erften Anblick mie Mlärheit gu durchſchauen. |
Ein jeder Mashemasiker wird Bergnägen die Entwik⸗
kelung des Verf. leſen, die er am chluſſe (©. 475 f.) au
auf die vom Prof. van Beck Calkoen gegebenen Formein ans
. wende® .
Prof. van Beck Calkoen liefert (8. 478 f.J die Berech⸗
nung der Sonnenfinfterniß von 16. Junius 1806, weiche zu
Utrecht, Mailand, Münden und Lilienthal beobachtet wurde,
und leitet daraus den oͤſtlichen Mittaggunterfhien von Utrecht
und Paris — 17’ 6,2 im Mittel Her. — Burckhardt theile
(8. 480) einige hiſtoriſche Notizen über die Art und Weiſe
mit, wie die frühern Aſtronomen die Sonne beobachteten, und.
unterfüht (©: 482) die Beobatchtungen und Bahn.des Kos
meten von 1701, ſo wie (&. 486) des von 17702. Der
naͤmliche Verf. llefert (S. 487) einige Bemerkungen über. den
aus Zink zufammengefegten Compenfationspendul, . und. S.
4885 f. wird ein kurzer Auszug aus Densreoafteang Reiſe ges
liefert.
Endlich macht ein Reſultat der. auf der kaiſerlichen Sterns
warte zu Paris im J. 1807 angeftellten meteorologifchen Bes
obachtungen, und ein Verzeichniß der Mitglieder der Laͤngent
xcommiſſion den Beſchluß.
Pomponi Melae de situ orhis libri tres ad optimas egitiones
collati. Praemittitur notitia literaria. Accedit index. Rufi
Festi Avieni descriptio orbis terrae et ora maritima.
Prisciani Periegesis, e Dionysio. Claudü Rutili Numa-
tiani Itinerarium. Vibius Sequester de Auminibus , fon=-
tibus, lacubus, nemoribus, paludibus, montibus , gen-
Gbus, quorum apud poetas mentio fit. 'Argentorati ex
typographia sacietatis Bipontinae. 189. LXXIV una
825 ©. gr. 3. 5 | " | j
Ein ganzes Corpus alter Sateinifcher Geograpffen, unter
benen wir jedoch hoͤchſt ungern das ohnehin feltne Antonink
itinerarium vermiffen. Vielleicht gefällt, es der Geſell⸗
ſchaft nody ein zweytes ähnliches Corpus nachfolgen zu laffen,
und in -daffelbe jenes Itinerarium , den Ravennas Geagra+
phus; Honprii excerpta cosmoOgrapbisae, Aethici Gosmo-
rapbia, Sexti Ruſi brevierium sive libellus provinciarum;,
Bl lius Victor de tegionibns urbis Ramae, den von Vak
32 Pomponius Mela de situ axbis.
«enter zuerft herausgegebenen Dicuil, und was ſonſt noch von
der Art Latemiſch fih vorfindet, einzuwerleiben.
>... Der Inhalt diefes Buches iſt: S. V— LIIE Notitia
literaria de Pomponio Mela ex Car. Henr. Trschuckii
dissertatione de Papp@@u Mela eiusq. libro. &. LIV
— LXII. Notitia literaria de carminibus Avieni geogra-
phicis ex. J. Chr. Wernsdorfii Poetis latinis nie orihns
&. LXIE De Prisciani Periegesi ex W-ernsdorf# ‚Poet.
Jat. min. &, LXVIII. De Claudio Rutilio Numariano
and ©. LXXILU. De Vibio Sequestre. Hierauf folgen die
Torte jener Geographhen S. 1 — 2356. Ein Index in Pom-
ponium Melam ſchließt das Werk, er
Ans diefer Juhaltsamzeige erfiche man, baß bey biefer
Ausgabe nicht einmal die literaͤriſchen Notizen feluß erworbenes
Eigenthum And, fondern lauter fremdes Gut, worüber hier zu
urtheilen, ganz unflatthaft feyn würde. Diefe Ausgabe kann
man daher nur denen empfehlen, welche in einem Corpus Dit
vorzuͤglichern aften Tateinifchen Geographen bepfammen- haben
wollen. Ueberdieß Hat fie" alle die bekannten ſchoͤnen Eigen
ſchaften der Ausgaben dieſer Officin.- en
Woher die Terte genommen find, fagt uns keine Vorrede:
jedoch lehrt die Vergleihung, daß fie alle aus den beiten Ausı
gaben von Tzihude, Wernsdorf und Oberlin genommen find.
Eigenmaͤchtige Veränderungen im Terte haben wir im Ganzen
nicht wahrgenommen; nur hin und wieder find wir auf orthhr
graphifche Abänderungen gefloßen, unter denen manche find,
die wir nicht gut beißen können. Da die Herausgeber uns‘
nur die Teste gegeben haben, {6 Hätten fie yar allen Dingen
dafür forgen muͤſſen, daß nicht alte Druckfehler von neuem ob
edruckt würden. So iſt aus der Wernsdorfiihen Ausgabe Rutil.
tiner. 259. mentitus für mentibus fiehen geblieben. Am
meiften vermiffen wir bey dieſer Ausgabe ein allgemeines geo—
graphifches Negifter Über alle in diefem Bande fi befindenden
Seographen, und wir begreifen nicht, warum diefe Ehre nur
dem einzigen, Pomponius Mela wiederfahren if. Wie erleich
ternd dieß bey gelehrten Arbeiten fep, brausht. nicht erwähnt ju
werden. “
So wie ſchon durch dieſen⸗ angehängten Index dem Pom⸗
ponius Mela mehr Fleiß gewidmet iſt, ſo auch durch Die vor
angeſtellte Notitia, die ungleich mehr Notizen Über diene
Schriftſteller enıhält, als die übrigen Notitiae der andern
Seographen, Die ſehr kurz abgefertige find, obgleich Wernsdef
auch .über fie in feinen Poetis latinis minoribus faft alles zu
fammengetragen hat. te
\
No. 23. Heidelßersifäe 1811.
Jahrbuͤcher der Literatur.
—EE
—E
Darſtellimg des Executions⸗Verfahrens nach der Weſtyhäliſchen und
Franzbſiſchen Proceeßordnung/ von E. 8. Culenkamp, Tri⸗
bunalrichter zu Hersfeld. Erſter Band. Göttingen, bey Hein⸗
rich Dietrich. 1811. XVIu. 288 S. 8 (2 Rthlr. 12 gr.)
’ . ‚ , ’
k . : >
Mas Executionsverfahren, fo wie man es in der Frangjoͤſte
(hen und Weſtphaͤliſchen Procefinsänung - vorgefchrieben finder,
verdiente. wegen feiner Eigenthuͤmlichkeit, und da es von dem
hisher in Deutſchland in Anfehung diefes Punctes beobachteten
Verfahren. fo gaͤnzlich abweicht, und beynahe gar keine Ver⸗
Heichungspunste darbietet, vorzugsweiſe vor manchen anderm:
Materien. zum Gegenſtand einer vollfländigen und. gründlichen
Interfuhung gemaht zu werden. Man mußte bie um fo.
nehr wänfchen, ala grade in dieſer Ruͤckſicht die Beduͤrfaiffe
er Prazis am bringendflen waren, und noch find, Indem-es
ins leider beynahe noch gänzlich an demjenigen Perſonale fehlt,
em die Proceßoddnung in dieſem Verfahren die Hauptrolle
ugetheilt Hat, ‚und ‚weiches nur langſam zu Diefem neuen Ger
häftstreife wird ausgebildet werden koͤnnen. Diefen Wunfh
aben wir Hoffnung durch ‚das vorliegende Wert erfüllt gu
hen. Die Abſicht des Verf. iſt es naͤmlich, sine, die Weſt⸗
haͤliſche Proceßordnung mit der Franzoͤſiſchen und mit den
Neinungen . der vorzuͤglichſten Proceſſualiſten Frankreichs ver⸗
leichende Darſtellung des ganzen Executionsverfahrens zu liee
ern. Diefer erſte Band enthaͤlt den allgemeinen That der
Raterie und die Lehre von den Mobiliarerecnsionen; in bem
ereits ger der. Prefle ſeyn ſollenden zweyten Theile fol die
ebre yon der Immobillarexecution und von der. periönlichen
Zerhaſtung, und falls er nicht mehr dazu ausreicht, in einem _
ritten ‚Theile die Lehre yon bes. Varth· lens der Mobiliar⸗
X
354 Kulenkamp Darkellang des Srecutionswerfahren.
unt Smmobiltarmaffe unter die Glaͤubiger, oder von dem
Eontursverfaßren vorgetragen werden. Der vorliegende erſte
Band enthält "außer der Einleitung, im weicher vom Gegrife
und von den Erforderniffen bes Executionsverfahrens, fo wi
von den Quellen und KHülfsmitteln zu diefer Materle die Rd
iſt, zwey Abſchnitte; in dem erflen wird von ben, das Eram
tionswerfahren vorbereitenden Handlungen geſprochen, und jmar
in füuf Capureln, von der Buͤrgſchaftsleiſtung, von der Figur
dation der Entſchaͤdigungen, von der Erſtattung der Fruͤchte,
von Rechnungsablagen, und vor der Liquidation der Koflen.
In dem zweyten Abſchnitt gehe der Verf. zu dein Erecntiond
> verfahren felber Aber; nachdem er nämlich im erſten Titel einige
allgemeine Grunbfäße und Regeln entwickelt hat, namentlid
“ Über Öffentliche Urkunden, Aber die erecntorifhe Form und Kraft
der im Königreich aufgenommenen Urkunden und gefähten Ur
thelle auswärtiger Gerichte und bie Urkunden ausroärtiger Be
amten, über die Suſpenſion dur Rechtsmittel m. f. w., ſo
folgt in dem zweyten Titel dis ganze Lehre von der Beſchlog
nehmung des beweglichen Vermögens bes Schuldners, ober
von der Mobtliauerecution,, die in ſteben Eapitein abgehandelt
wird, nämlich) a) von der Befchlagnehmung beweglicher Gachen
des Schuldners, welche fi in dem Haͤnden eines dritten ft:
finden, b) von der Auspfändung, e) von den Beſchlagach:
mung der noch nit vom Boden abgefonderten Fruͤchte, d) von
der Beſchlagnehmung der Renten und Grundjinfen, o) von
der Beſchlaznchmung ber Sachen der Pächter und Miecher
wegen Pacht oder Miethzinſes, £) voͤn dem Arreſt gegen uud
wärtige Schuldner, und g) von dem Arreſt wegen Eigenthume⸗
Anfpräche,, oder von der Windication.
An Anſchung der Ausführung muß Rec. dieß Werk fuͤr eine
fehr gelungene und verdienſtvolle Arbeit erffären. Man ſudet
Aberall cin ſehhr gruͤndliches und forgfäftiges Studium, und Dt
Werf. hat nicht nur den Geiſt der ganzen. Lehre, ſondern auch ns
Eigenthamliche eines jeden einzgelnen Abſchuittes detſelben It
niaduich ſich gu eigen zu machen gewußt. Daher ßadet MM!
⸗
Kulenkamp Darſtellung bes Erecntionsverfahrens. 355
auch uͤberall klare und. zuſammenhaͤngende Ideen, dis in einem
eben fo deutlichen Portrage entwickelt find. Auch tm Anſehung
der Vollſtandigkeit verdiens des Werf, Werk allen Beyfall. Er
hat nicht nur nichts zur Sache gehöriges von feiner Arbeit
ausgeſchloſſen, fondern auch bey der Bearbeitung felber wird
man nicht leicht, beſonders bey wichtigern Puncten, einen
Geſichtspunct, der mehr Licht über die Sache hätte verhreiten
innen, übergangen finden. Mit MWergnägen bat Rec. auf
diefe Weiſe mehrere ſchwierige Fragen von allen Seiten erörtert
gefunden, z. E S. 2185 — 119 bie Frage, ob die Verfuͤgun⸗
gen des fünften Buches der Proceßordnung auf die Friedens⸗
gerichte anwendbar feyen? welches ber Verf. mit einigen Dos
dificationen bejaht, und ©. 64 — 68 die Frage, ob die vor
Einführung des nenen Executionsverfahrens gefällten, oder im
Sachen, die vor dem 1. März ıBog anhängig geworden, noch
gefällt werdenden Urtheile nach den Vorſchriften der alten, oder
der neuen Proceßordnung zu vollſtrecken ſeyen, wo der. Verf,
Äh für die letztere Meinung entſcheidet, die -feitdem auch dur
sin in den Zufägen machgetragenes Schreiben des Juſtigmi⸗
nifers vom B. Febr. 1810 gewiſſermaßen beſtaͤtigt tft: indeſſen
iſt es gut, daß man einmal hier die Gruͤnde fuͤr dieſe Meinung
vollſtaͤndig zuſammengeſtellt findet, da man ſich an vielen Orten
das gedachte Miniſterialſchreiben nicht zu erklaͤren wußte. Nur
an. wenigen Orten haͤtte Rec. eine groͤſſere Ausführlichkeit ges
wunſcht, wodurch dem Gegenſtande mehr Beſtimmtheit hätte
geben, oder auch mohl ein etwa noch möglicher Zweifel gaͤnze
Uch haͤtte gehoben werden koͤnnen. So z. €. wuͤrde das ©.
4 beſchriebene Verfahren gegen den Rechnungspflichtigen, wenn
er die ihm geſetzte Friſt nicht einhäfe, durch die Bemerkung
deutlicher geworden feyn, daß es feine definitive .Befiumung
enthalte, fondern nur ein Nöthigungsmittel zur Rechnungs
ablage ſeh, durch welche der Rechnungspflichtige deſſen Aufhes
bung bewirken koͤnne; ebenſo haste &. 55 der Begriff der
Mmmarifhen Sachen etwas genauer angegeben werden müflen,
aa bekauntlich diejenigen. Sachen, in Anſehuog deren die Ge⸗
356 Kulenkamp Daritellung des Executionsverfahrens.
feße nur verfügen ‚ daß fie zwar fummarifh d. 5. eilig, aber
Goch im yewähnlichen Gange des Verfahrens entſchieden werden
ſollen, bey der Koftenbefiimmung nicht als ſummariſch ange
fehen werden, wenn nicht etwa befonders bengefügte Ausdruͤcke
die Eigenſchaft einer im wirklichen ſummariſchen Proceſſe zu
verhandeinden Sache andenten, wie dieß z. €. im Art. 247
256, 616, 740 der Fall it. — S. 123 hätte es wohl beſon⸗
ders hervorgehoben werden müffen, daß’es bey der Beſchlag
nehmung der beweglichen Sachen des Schuldners in den Haͤn⸗
den eines dritten feines vorgängigen Zahlungsbefchles beduͤrfe,
da doch ein ſolcher nach Art. 550, 576, 584, 600 ben allen
Abrigen Arreſtanlegungen erfordert wird. : Den ©. 145, 1/6
aufgeftellten Satz hätte Rec. tieber durch gehörige Gruͤnde, ald
durch die bloße Beziehung auf das Urtheil des Appelfhtiond
Hofes zu Turin gerechtfertigt geſehen, To mie Rec. es auf bet
andern Seite billige, wenn der Verf. ©. 137 ohne Nüdfidt
auf das miniftertelle Schreiben vom So. Sept. 1808 zur Statd
haftigkeit eines Arreſtes auf Beſoldungen feine executoriſche
Urkunde erfordert. Noch einige andre Pancte, wie z. €. dai
vom Verf. S. 83 bey der nachgefüchten Erflärung der execu⸗
tortfchen Eigenfhaft eines von fremden Gerichten geſprochenen
Urtheils vorgefchlagene Verfahren, welches viele Bedenflihkei
sen zu haben fcheint, muß Rec., um nicht den ihm verftatteten
Raum zu Überfchreiten, übergehen. Er bemerkt nur noch, da
dem ganzen Werke durchgaͤngig eine fehr forsfältige Nebenein⸗
anderfiellung der früheren Nedartion des Hier in Trage kom
menden Thelles der Proceßordnung vom ad. Febr. 1809, ud
der fpäteren vom 12. März ıBıo zum Grunde liegt. Ar.
verweist nur auf S. 29 not. f, 54. n. a, 75n. k, Bm
n, p 151 nm o, ı52 n. h, 294 n. 2, 397 m. Pı
200 n. 2, 251 n. b, m few. Daher ift es freylich auffallend,
wenn man' S. 40 bey der Materie von der Rechnungsablage
noch ganz das ältere in der Medaction vorgefchriebene Verſah⸗
sen, von dem die fpätere Medastion fo’ fehe abweicht, beſchrie
ben findet. Dieſes Verſechen iſt um fo unangenehmer, als
- Zroß Anleitung zu den Verrichtungen der Huifiicre. 357
man durch bie. früher und ſpaͤter vorkommenden Beziehungen
auf die fpätere Medaction, bie fogar in Diefem nämlichen Eas
pitel ©. 45 not. c angeführt wird, ganz fider gemacht iſt.
Uebrigens find dis in den einzelnen königlichen Decreten ents
haltenen Modificationen und genaueren Bellimmungen einzelner
Puncte fehr vollfländig an den gehörigen Orten angeführt, und
auch da, wo die minifteriellen Schreiben bie und da Über einen
Punct Aufklärung geben konnten, find dieſe forgfaltig benutzt
worden. Zu bedauern ift es aber, daß ber Verf. nicht dee
Staat waths von Bar Rede, uͤber den Entwurf deu zweyten
Theils des bärgerlihen Proceßordnung, benußen konnte, de
biefelbe erſt feitdem als Anhang zum zwenten Stuͤck des erſten
Bandes von Pfeiffers Nechtsfällen, zur Erläuterung ber Ges
tihtsuerfaffung und Procefordunngen Wefiphalens, im Drug
erihienen iſt. Ueberhaupt wäre es zu wünfchen geweſen, daß
der Verf., der, wie der Titel. befagt, feine Arbeit auch, auf
die Franzoͤſiſche Proceferdnung ausgedehnt hat, mehr die hiers
ber gehörigen Quellen und Huͤlfsmittel hätte benugen können,
auch adgefehen von dem Mugen, den dieß für die Erklärung
der vaterfändifchen Proceßordnung hätte haben Finnen; denn
weder die Ordonnance von 1667, noch einer der gepriefenen
Commentare barüher von Jouſſe oder Serpilion, haben dem
Verf. daruͤber zu Gebote geftanden. Indeſſen muß man dieß
ſeiner Page zu gute halten. — Wir fehen mit Erwartung der
Ericheinung der folgenden Baͤnde entgegen.
V N 0. —
Anleitung zu den Verrichtungen der Huiſſiers in Cibilſachen, nach
den Vorſchriften der Franzöſiſchen und Weſtfäliſchen Berichtes.
ordnungen von Adolph Tryſt. Erſte Abtheilung. Düſſeldorf,
in der Hofbuchhandlung. 1810. XVI u. 220 S, kl. 8.
Zafchenbuch für die Gerichtsbothen im Königreich Veſtppalen. Von
8. 9. 8. Willigerod, Friedensrichter des Cantons Münden,
Hiſtricts Caſſel, Devartements der Fulda. Wit Köntgl. Weil-
phal. Privikegio. Halle und Berka, mit Genchmisung Des .
Verfaſſers gedruckt und im Werlage der Buchhandlungen dc$
SHalifeben Waiſenbauſes. 1810. XVI u. 2848, 8,
[4
358 Tryſt Anleitung zu den Nerrichtungen der Gniffert,
So fehr wir mit dem Verf. von Nr. ı darin äbereinfim
men, daß unter den gegenwärtigen Zeitumſtaͤnden Werke wie das
vorliegende in Anfehung ihrer Hedausgabe keiner beſonderen Recht
fertigung bedürfen, fo wenig können wir ums doc, davon Üben
zeugen, daß das vorliegende den Nutzen ſtiften werde, den der
Verf. davon ju erwarten ſcheint. ine kutze Angabe des In—
halts und einige Bemerkungen über bie Ausführung ſelbſt mer:
‚den dieß Urtheil zur Genuͤge rechtfertigen. Es enthaͤlt diefe
Liſte Abtheilung bloß die Theorie der Geſchaͤftsfuͤhrung dt
Huiſſi ers; die Modelle zu den einzelnen Acten ſollen in der
zweyten Abtheilung nachfolgen; eine Trennung, welche wir,
da ſie augenſcheinlich den Gebrauch des Werks hoͤchſt unbequen
macht, keineswegs billigen koͤnnen. In zwoͤlf Capiteln wwerden
Die ſaͤmmtlichen Geſchafte der Huifflers, fo weit fie dem Verf
‚zu dem Umfange feines Werkes zu gehören feinen, abgehan⸗
delt: 1) von den Vorladungen, und zwar in doppelter Hinſicht:
einmal in Hinfiht auf die Einleltung der Hauptklage, wo von
den Vorladungen zu nicht weniger denn zwanzig Kanptkagen
die Rede iſt; ſodann in Hinſicht auf die Inſtruction des Pre:
ceffes, wo z. ©. von der Vor -fadung der Zeugen beym Zeugen
beweis, der ‚Sadverfländigen zur Beſichtigung ıc. die Rede if;
2) von ben Sinfinnationen; 3) von den Aufforderungen;
4) von den Mitteln, dem Proceffe vorzubeugen, oder ihn nie
dergufchlagen ; 5) von den Mitteln gegen die Wöllziehung dt
Urtheile und Notariatsacte; 7) von dem Acten zur Gicherfil
fung des Eigenthumsrechtes und anderer erworbenen Redt;
8) von deu Aeten, die auf das Gerichtsperſonal Bezug haben
9) von dem Uebertrag unlörperlicher Rechte; 10) von der
Güterabtretung; 11) von den Einſpruͤchen bey ber, Ei
12) von einigen aufergerichtlichen Acten. Was fi gegen | dieſt
Ordnung erinnern taͤßt, ergibt fi gleich beym erften Anbiic;
denn, wenn nach der Aufſchrift des letzten Capitels zu fliehen,
‚in den vorhergehenden bioß vom ſoichen Dienfiverrichtungen der
Huiſſi ers, die ſich anf den Cioilproceß bejiehen, die Rede ſeyn
ſoll, fo iſt es Mar’, daß Cap. 9 und’a2 ganz am uincecgin
Aral Splchann zu den Werricsungep der Hnilierh. 359
Orte ſtehen. Ehen fo auffallend: find bie Lüder, die man bey
bepden Claſſen der Dienfiverrihtungen der AZuifflers, den ges
zichtlichen aud anßergerichtlien, antrifft: in Anfehung ber er⸗
ſteren if nirgends von der Inſinuation der Ungehorfamserkenngs
niffe, von den Sefhäften der Serichtsboten bey der zu leiftens
den vollſtaͤndigen Schadloshaltung, bey den fchleunigen Vers
Handfungen, bey dem Lichergebote und der freywilligen Vers
äußerung, die Nede, und gleicher Geſtalt find alle Dienftiven
richtungen derfelben bey dem, ‚bey Eröffnung ber Erbichaften
eintwetenten Verfahren gänzlich Übergangen. Bey ben außer
gerichtlichen Geſchaͤften der Huiſſiers vermiße man aber alle
diejenigen, die ih auf Vermiethungen und Verpachtungen, ſo
wie auf bie Aufhebung der Gefellichaftscontracte beziehen. Eben
fo viel ließe ſich gegen die Ausführung feld erinnern; denn
das, was man bier eigentlich ſucht, und der Morrste nach
‚ erwarten kann, wämlich eine thegretiiche Anleitung zu den Vers
rihtungen der Gerichtsboten, findet man gar nicht, Der Verf.
gibt nur eine ganz rohe und umbearbeitete Mebeneinanders
RKellung der hierher gehörenden Artikel der Frangöfifchen Pros
cefvo Danny; In den Noten find dann bie wörtliheu Abweis
chungen der Weftphälifchen Proceßordnung angeführt worden.
An eine gehörige Entwidelung und Auseinanderfegung der ger
ſetzlichen Beſtimmungen bat des Verf. gar nicht gedacht, und
eben ‚fo wenig find von ihm Die in vielen andern Geſetzen
außer Der: Gerichtsordnung enthaltenen, die Dienftogrrichtungen
der Gerichtaboten betreffenden Beflimmungen beruͤckſichtigt wors
den. Zur Beſtaͤtigung diefes Urtheils erlauben wir uns nur
noch ppenige Bemerkungen. ©. 109, 104 wird als einzige
Bedingung her Volſtreckbarkeit der Urtheile und Urkunden
angefuͤhrt, daß fie mit der executoriſchen Form verfehen ſeyn
wuͤßten; uͤher die Beſchaffenheit der Gegenſtaͤnde, morüber die
Notarien ſolche ſchriftliche Auſſaͤe aufzunehmen befugt ſind, iſt
kein Wort geſagt, und eben fe wenig iſt der Umſtand, daß alle
folge Urtheile und Urkunden klare, gewiffe und fällige Forde⸗
Zungen zum Gegenſtand Heben .näflen, mis. ein Worte bes
360 Tryſt Anleitung gu den Verrichtungen der Huiſſrers.
rührt. Zn Anſehung bee Bellrediung der Urcheble anemar
tiger Berichte, fo wie im Anfehung der wider Erben vorzunch⸗
. menden Bollkredung und der Gtreitigleiten, - Die uͤber die
Vollſtreckung eines Urtheils entfiehen koͤnnen, fucht man gleich
falls vergebens einigen Aufſchluß. Nah S. 106, 107 foll
bey der Arteflanlegung nur.im dem Falle, wenn der SGlaͤubiget
gar keine Urkunden befßt, einer richterlichen Erlausnig bedar
fen, obgleid nah Art. 5u2 der Weſtphaͤliſchen Proceßordnung
eine ſolche auch ſtets bey bloßen Privaturkunden erforderlich ik.
©. 115 vermißt man gaͤnzlich einen genauen Begriff von de
- Pfändung, fo wie sine beftinnmte Angabe, worin ſich dieſelbe
von dem vorbergehenden Vollſtreckungsacte, der Arreſtaniegung,
. anterfcheide; wie der Zahlungsbefehl beſchaffen ſeyn müge, der
ihr vorhergehen fol, davon erfährt man nidts, und de ©.
129, 150 Befindlihe Darfiellung der Rechte und Pflichten des
beftellten Aufiehere iſt Höchf mangelhaft. Um ſchließlich zu
zeigen, was man in Anfehung der Weſtphaͤliſchen Proceſſe in
diefem Werke zu fuchen habe, fo bemerken wir. nur noch, daß
der Verf. davon, daß der Huiſſier nach diefer Berichtsorbnung
einen befchränfteren Geſchaͤftskreis bat, wie ns der Bean?
fen , gar feine Ahndung Bat.
Mit deſto mehr Recht glauben wir, das unter Mr. <
angezeigte Wert empfehlen zu koͤnnen; nicht nur, weil man
Hier neben der. theoretifchen Anleitung zugleich die Formulare
felber findet, und weil es, wie fühen der allgemeine Titel am
‚zeigt, einen größeren Umfang bat, indem es auch von den
Municipal s Policey » Corrections und peinlichen Gerichten Ban
beit, fondern vorzüglih wegen der Art und Bei, wie ber
Berfsfeinen Stoff behandelt hat. GSelehete Ausfühtungen mad
Unterſuchungen darf man bier freylich nicht erwarten , alles
. das, was der Zweck des Werkes erforderte, iſt in eier ange
- meffenen Ordnung ſehr lichteoll und deutlich auseinandergefeht.
Das ganze Werk: zerfälle in drey Abtheilungen. : Die erfle
Handelt von den Gerichtsboten, ihrer Ernennung, ihren Dienſt
verrichtungen, Rochten und Pllichten im Algemeinen; die
*
Billigered Daſchenb. ſed. Gerichkeboten im Zonigt. Weisb. 361
zweyte: hat es mit den gewchnlichen Gerichtsboten zu than,
“and umfaßt wieder drey Abſchnitte, von denen der erſtere in
zwanzig Capitein, von demen mehrere wieder. verfchiedene Un⸗
terabtheitunigen Haben, die Dienflverridstungen derſelben, weiche
fih anf den Civilproceß bezlehen, groͤßtentheils nach dem bei
Proceßorbnung zam Grunde Hegenden Syſteme, abhandelt. Der
pweyde Asbſchnitt befchäftige ſich mit denjenigen "Dienftvetrichs
tungen, die ih nicht anf den Civilproceß beziehen, und im
dem beiten iſt von den Geſchaͤften der Gerichtsboten beh dem
Berfahren vor den Municipal» Pottcey s Correctionss und pein⸗
lien Gerichten die Rede. Die:dritte Abtheilang endikh han⸗
deit won ben verſchiedenen Audtkenzgerichtsboten, theils tm All⸗
gemeinen, theils im befondern von den Aubdienzgerichtsboten
bey dem Staarathe oder Caſſationsgerichtshofe, bey dem
Appellationsgeripschofe, bey den’ Eriminalgerichtshoͤfen, bey
den Zridunäten erfier Inſtanz und bey den Friedensgerichten.
Ein Nachtrag enthaͤlt die Gpottsitare für die Serichtaboten
der Friedensgerichte, einen Auszug aus dem Stempeltarif des
koͤnigl. Decretes vom 7. Juntus ıdao, ſo wie aus dem konigl.
Decrete vom 7. Sept. 1810, das: Coſtume der Gerichtsboten
betreffend, nnd Bemerkungen über das Sinfinuatlonss und
Erecutionsregifier‘, und die Negiſtratur der Gerichtsboten.
' Segen die Vollſtaͤndigheit des behandelten Stoffes im All⸗
gemeinen: finden wir nichts zu erinnern, außer daß die Ger
fhäfte ‚der Gerichtsboten bey bir Beſtimmung der Nangord⸗
nung unter ben Glaͤnbigern ganz Übersangen find. Mas das
Beſondere anberrift, ſo hästen doch ©. B5 die -kapben {che
wichtigen Fragen, ob man. unter. dam Vorwande; Glaͤubiger
des Staats zu feyn, Staatseinkuͤnfte in den Händen ber Stabta⸗
ſchuldner mit Arreſt belegen koönno, und eben fo, ch Slaͤubiger
von Genreinheiten die Einkünfte berfelden m :deu Haͤndan ıdee
Gemeinheitoſchuldner mit Artreſt belegen kͤnnen, wen au
nur kurz, beruͤhet werben ſollen; "ferner hätten ©: 177 boy den
‚Einwendungen wider die Auspfindung die verfchiebenen, Mars’
Bältniffe, in denen ſich die Ehefrau. in Hinſicht des zu pfaͤn⸗
v
—
562 Wiligerod Taſchenb.f: d. Areichtähetenin Bingian, Weirh.
denden Mobiliarvermoͤgens böfuben kann, eine befanden
Beruͤckſichtigung verdient, da bie meiſten Proteſtationen gegen
die Ancpfaͤndung von den Ehefrauen herzutuͤhren pflegen. Se
Anſehung der Formulare mhffen wir ©. Ba den Mangel eine⸗
Gormutars von einem Einfesu gegen die Ausgchlumg bei
Verkaufpreiſes rägen: die Sonden Formnlare S. 83, fo wie
das Formular S. 152 Ne. 5 hätten dagegen fügkich gang weg
bleiben koͤnnen, zumal ba fie nicht Dieuſtockrichtungen dee
Gerichtsboten felher , ſondern dritter Perſonen zum Gegenſtande
haben. Was bie Ausführung anlangt, fe muͤſſen wir hier ver
allen Dingen den Mangel viner genauen Beſtimmung deſſen,
‚was zum Geſchaͤftekreiſe des Berichtsbenn unb des Anwaldıs
gehört, tadeln, daher die Ungewiſheit und dis Zweifel S. 58
not. a, ©. dı not. a, ©: 114 not. a, namentlich glauben |
wir, daß ©. 84 not. a bie Bekanntmachung ber Plage anf
Buͤltigkeitserklaͤrung des Arreſtes dem Huiſſier mie Unrecht ents
yogen tft, dahier weder allgemeine Principien, noch ſpecielle
Beſtimmungen einen vom exploit des Huiſſiers getrennten Aufı
ſat des Auwaldes verlangen; gegen den Verf. ſtreitet aber auch
noch der Umſtand, daß er in einem andern Galle gonz das
nämliche Geſchaͤſt, nämlih ©. 149 bey der Beſchlagenlegung
auf unbeweglihe Dachen, Die beru Schuldner dauon zu machende
-Anzetge-, Iebiglich dem Serichtsboten Überläßt. — S. 86 hätte
noch angegeben werden muͤſſen, wie :die zwey Tage, welt
dee Zahlungebefehl der Auspfäntmag vorhergehen muß, zu Se
rechnen Tind. — Den ©. gB.not. b, über den im Art. 554
wertommgiden. Ausdruck exdlusivement geäuferten Zweifel
Yaltın wir chen durch bie im Aut. 545 verlummaube Wieder⸗
helang deſſaben für gechoben, und chinfo wäre ber Vaf.
: & 5a die Bemerkung, was unter dem huissier. ordinaire
206 Art. Dgg pi werfichen fen, Haben erſparen KNanen, wen
de die ame ‚Ausgabe der Prodeßordnung vor ſich gehabe häkı
"du wöolcher˖ dieſer Ausbruch ganz. weggelsften werden. if. Di
- Seinutare , die ‚Immer am Embe jedes Paragraphen bepgefänt
any ‚Anden wir im Ganzen ehr. zweckmaͤßig und gut, anfye
Pfeiffer Bokänd. Unterweiſung d. Beamten d. Civilſtandes. 363
fallen iſt es uns aber, daß der Zahlungsbeſehl ©: 88’ ganz im
praeterito abgefaßt iſt, da er doch darchganqig de piaesenti
lauten, au mit der Erwähnung bes Königs und des Geſetzes
anfangen follte; das nämfihe gilt von den Zahlungsbefehlen
S. 144 und 1602. Ebenſo hätten wir es gern weichen, daß
der Verf. für die Uncerſchrift des Huiſſters unter das ©. 155,
156 befindlihe proclama gehörige Gründe angeführt haͤttez
wir ſehen nit ein, warum baffelbe nicht ganz ohne Unter⸗
Ihrife bleiben kann ; wenigſtens wird man im feinem Franzöfls
Then Formularwerke diefe Untergeichnung finden.
Durch das angehängtel, fehr vollfländige atphabetifche Res
biftee wird der Gebrauch dieſes empfe hlungswerthen Wertes
ausnehinend‘ erleihtrt.
GE 7 u T
Vollſtandige unterweiſung der Beamten des Civilſtandes in ihren
fü
lichen Berrichtungen , von Fr. B. W. Bfeiffer.
. Büßfte verbefferte und vermehrte menaik. Saunaper, bey den
Gebrüdern Hahn. 1810. 124 ©. 8
Arber die Zweckmaͤßigkeit und den ptatiſhen Be ı des
Yorliegenden Werkchens Haben gewifſermaßen ſchon die vielen
Auflagen entſchieden, die es innerhalb etnes ſehr kurzen Zeie⸗
raumes erlebt bar, und von denen namentlich die vierte and
fünfte durch die Vereinigung der Zanndverſchen Provinzen mit
dem Konigreiche Weſtphalen ſoſchnell and dringend auf einan⸗
‘der folgten, daß dem zwar ſchon vorher bekannten, aber hi
fih zuerft auf dem Titel nennehden Verf. Eine Umarbeitung ih
ver Art, wie er fie wuͤnſchte, gänzlich unmöglih mar. Dens
noch erfcheint dieſe neueſte Ausgade'na feiner Verſicherung in
mehr als einer Hinſicht verbeffert und vermehrt, und wenn
gleich Rec. die zunaͤchſt vorhergehenden Auflagen nicht ſofdue
bey ver Ha hat, um eine unmittelbare Vergleichnng auſteen
sn koͤnnen; To ſchueht er doch aus den nicht ſeltenen Hinwel⸗
fungen auf Vie neneſte Etretatur, ſo wie Aue ber Hinzufugung
einiger der neueſten Eelutera egeſchuelen dee Hertn Juſtij⸗
364 Pfeiffer Bollſtaͤnd. Unterwriſung d. Beamten d. Ciayiastt,
miniſters, daß der Verf. alles, was ibm die Kaͤrge der Zeit
zur irgend erlaubte, geleifet Bat. Das Werkchen empfiehlt
ſich Im Ganzen durch eine burdgängige, firenge Sepichuag uf
" den Wirkungslreis derjenigen Geſchaͤftemaͤnner, für die es ie
Kimmt ift, und wenn man baber gleich bier keine mirfeuihaf
lie Unterſuchungen und theorstiiche Eroͤrterungen ſuchen bar,
fo if es doch unverkennbar, daß die vorliegende. Anleitun
Überall auf einem fehr forgfältigen theoretiſchen Stadium ku
ruht, und aus bemfelßen bervorgegangen iſt. Bey Schriſten
der Art, wie bie vorliegende iſt, Hält Rec. es noch Immer für
300 wedmäßisfte, nur bie Mefaltate der thesretiſchen Unter
ſuchungen mitzutbeilen und auszuführen , oder doch von dieſen
legteren nur foviel zu geben, als zur Verbindung und zum Zu
fammenhange jener erforderlich iſt; denn Erfahrung zeigt nur
zu oft, daß Die Hergebung des ganzen Apparates, wittlf
deſſen ‚der Schrififießer zu feinen Refultaten gelangt ift, Ge
ſchaͤftemaͤnner dieſer Art, die nicht juriſtiſche Kenugiß genug
beiten und zu beſitzen brauchen, um benfelben -geifärig deut!
theiten zu tönnen, in der Regel mehr ‚verwirrt als- anfklärt,
und anſtatt deutliche und ˖beſtimmte Begriffe zu euzeugen, de
Ungewißheit und ber Zweifelluht Platz macht. Außer diefen
negatinen Worzuge zeichnet ſich dieß Werkchen auch durch eine
gedrängte, wiewohl deutliche Schreibart aus, die einzige Sul
&. 927 vielleiht ausgenoumen , wo, nachdem angegeben Wer
den, worauf fi die Gutergemeinſchaft beziehe, bie. Ausnah⸗
‚men davon als eine ans dem vorhergehenden Gage von felif
Mließende Belgerung erwähnt werden, welches jedoch in Anis
Yung der, wäßrend der Ehe durch Schenkungen oder Erbreqht
erworbenen Grundſtuͤcke nicht behauptet werden kann. Dis
‚gange Merkchen zerfällt in zwey Gapitel, wovon das erſte in
gwey Abſchnitten won den WWerrichtungen bes Beamten de⸗
Aebilſtandes Gap ber Abfchliefung und Trennung der Ehe, di
4weyte aber, in der erſten Abtheilung allgemeine Regeln übt
Die Regiſter des Einils oder Perfanenfamdes aufpelit, and I
der zweyten dans in drey Abſchnitten von ber Aufzeichnung
7
Bfeifier Boand. Anterwelfungd. Beamten d. Civilſtandes. 365
der einzelnen Urkunden des Civiiſtandes handelt. — Lieber die
Ausfäifeung will Nec. jet nur noch wenige Bemerkungen hins
zufuͤgen. Gewuͤnſcht hätte er, wenn S. 9 über die eigenttiche.
Form bes Familienrathes und der von demielben anszufellens
den Einwilligungsarte etwas beſtimmteres gefagt wäre, da Rec.
ſchon mehrere Fälle vorgefommen, wo ber Prediger, wenn ev
nur die Einwilligung der einzelnen Mitglieder des Samiltens
rathes erhielt, oder wohl von diefen gufammen eine Aber ihre
Einwilligung aufgenommene Notariatemfunde bekam, den ‚ges
ſetzlichen Vorſchriften eine Genüge geleiftet zu haben glaubte.
— ©, is hätte der Fall nit Äbergangen werden dürfen, we
die Todesfcheime deshalb, weil keine Kirchenbücher geführt wor⸗
den, wie dieß bey den Juden immer ber Fall ik, nicht bey⸗
gebracht werden können: weder in dem Art. ı55, noch in dem
angezögenen Gutachten des Staatorathes vom 25. Jul; 1805,
noch in einem früheren Circulare des Großrichters Juſtizmini⸗
fters vom 50. Aug. 1804 tft diefer Fall beruͤhrt; es fragt
alſo, ob hier der Art. 46 jur Anwendung kommen fol, oder
die Analogie des Art. 70, oder das noch, einfachere Verfahten
des angezogenen Gutachtens? und Will man bier einen Nots⸗
rietaͤtsact für zulaͤfſig halten „- fo fragt fich wieder, in wiefern
die Geburts, und Todesurkunde, wie es Rec. schon einigemaf -.
vorgetommen , in einem einzigen Acte durch die Notorienätsz
urkunde erſetzt werden können oder nicht. — Den ©. an not. -ı@
aufgeſtellten Satz kann Rec. durch den daſelbſt aufgeſtellten
Grund nicht fuͤr gerechtfertigt halten, und eben ſo wenig kann
er es unterſchreilben, wenn nach ©. 28 not. z die Einſpruͤche
gegen wine abzufchließende Ehe an die im legten Theil de
Art. 64 vorgefchriebene Friſt gebunden fepn follen; ſie find
frenlih daran in fo fern gebunden, als-die Verlobten bereite
am dritten Tage nach dem zwenten Aufgebot -die Ehe rechtshes ..
ftändig vollziehen können; allein. wenn fie won diefer Befugniß
Seinen Gebrauch machen, ſo fieht Rec. nicht ein, warum em,
nıach dem dritten Tage aber nod) vor Eingehung der. Ehe -eins-
gelegter Diederſpruch nicht zulaͤſſig ſeyn ſollte; der Zweck dee
366 Bieifer Botkiänd. Unterweilung d-Roempenrt-Eanlkandet,
Art. 64 geht nur dahin, die Vertitelung ber etwa vorhandenen
Einſpruͤche durch eine zu frähe Abſchließung der Ehe ya ver
hindern. Die Bemerkung ©. 25 not. d Äber bie ODeffentlich
keit der bürgerlichen Abſchließung der Ehe, fo wie die ©. 5
über das Halten eines einzigen Regiſters für alle Arten von
Urkunden, die Aufgebotsurfunden allein ausgenommen, hätt
Dec. etwas mehr hervorgehoben gewuͤnſcht, da er im feine
Gefahrung beynahe allgemein auf bie Meinung geflogen If, a
feven diefe Puncte lediglich der Willkuͤhr des Civikkanhaksum
ton überlaffen. Auffallend bleibt es. immer,. wenn ©. 4
got. 1 die im Art, 57 vorgeſchriebene Anmerkung der Gehurk
Aunde durch die bey Zwillingen auf die Erſtgeburt zu nehmendi
Bädficht gerechtfertigt wird, da zu der Zeit, wo biefer Artikl
decretirt ward, dieſer Umſtand von gar einem Intereſſe fps
konnte; cher hätte man dabey an die Volliahhrigkeit denlen
können: indeſſen bat der Verf. freylich die Diccuſſtonen für
Uch. Wenn gleich Rec. mis noch mancher andern hier und ds
vorkommenden Bemerkung, wie z. E. mit der ©. So.noup
nicht abereinſtimmen kann, fo kann dieß doch, weil fie mi
Dem eigentlichen Zweck des Werkchens in keiner unmittelbaren
Beziehnug fichen, dem Werthe deſſelben nicht im gerinsfes
Eintrag thun. — Der Anhang enthaͤlt das koͤnigliche Decre
vom ao. Jan. 1808, fo wie einen Auszug besjenigen vom
31. März 2808; ferner vom erſten Buch des C, N. m
8. Titel, fo wie vom 5. Titel das 6. Eapitel, warauf ein
Sufammenflelung der übrigen aus dem Geſetzbuch in der A
handiung angezogenen Artikel ‚folgt, alles mach. der officiellez
Weftphälifchen Ueberſetzung; dann folgt ein Auszug des Go
feges vom zı. Aug. 1808, und bie kaͤniglichen Decrete vom
37. Desbr. 1808 und vom 14. Jun, ıBog; . hierauf ein Cit
cularſchreiben des Juſtizminiſters an die Psäfldenten ber I
hunale, und ein anderes an die königlichen Procuratoren, (0
mie von zwey andern Auszüge. Den Schluß machen achtzeha
heſe zweckmaͤhige Bormulare, wovon jedoch gleich bey dem erſten
Die Unterſchriften duch, einen Druckfehler entfiellt find.
Eahlant Die Otwißheit anfrer ewigen Forbaucr. 367
Die Gewißbeit unferer ewigen Fortdaner. Ein Vertrag jur Beſtegun
des Zweifels; mit befonderer Rückſicht nuf Eltern, die üb
den frühen Tod ihrer Lieblinge trauern. Bon Chriftoph Jo⸗
bann Rudolph Ehrifiani, Königl. Hofprediger in Ro
penbagen. Kopenhagen und Lewpzig bey Schubothe. 1809,
xii u. 212 S. 8. (20 gr.)
Dev Verf. wurde durch den Tod ſeines Kindes und durch
den Wunſch der bekuͤmmerten Mutter, daß auch er ihr feine
Sründe für die Gewißheit einer ewigen Sortdauer ded Meng
fhen im Sufammenhange mittheilen möchte, zu dieſer Scärife
seranlaßt.. Diefe Entſtehung der Schrift beſtimdt das Publi⸗
tum derfelben. Sie iſt für folche geſchrieben, welche zwar an
sine ewige Zortdauer glauben, aber zugleich auch das Bedärfs
siß fühlen, fids von diefem Glauben und deſſen Gründen bes
Rimmte Rechenſchaft zu geben, umd denſelben gegen Zweifel
and Einwendungen zu befefigen. — Man darf demnach in
dieſem Buche Leine neue, oder phileſophiſch ſcharf beſtimmte
Beweiſe ſuchen. Der Verf. gibt vielmehr aus ſeinem Gemuͤthe
das, was ſeinen Glauben zur Gewißheit erhebt. Er verſteht |
unter Zortdauer die Verſetzung des geiſtigen Menſchen durch
din Tod in ein anderes Leben, wo eine neue Fortichreitende
Entwickelung des auf Erden begonnenen geifligen Lebens er
folgen werde. Hier werde der Geiſt mit einem neuen Körper,
von welcher Art willen wie nicht, vereint werden. Alle zut
Natur des geiftigen Menſchen gehörigen Eigenfaften,, fo wie
die Erinnerung des auf Erden geführten Lebens, und die mit
unferer Höheren Beſtimmung in MWerbindung fishenden- Einſich⸗
ten, Sefinnungen und Zertigfelten dauern fort, und werben
in fofern fle der Anfang ‚wahrer Weisheit waren, die Grutdg
Inge höherer Vollkommenheit; in fefern fie aber zur Sinnlichs
deit mißbraucht wurden, - wird bie: Erfennmiß dieſes Miß
hrauchs und das Gefähl des dadurch bewirkten Elends für ihn
die dringendfle Aufforderung, feine vorige Denkungsart zu
ändern. Weiche von den unzählbaren Weltkörpern in dem
Raͤumen des Weltalls zu unferm künftigen Wohnort erkohren
3658 Ehriftiani Die Gewißbeit unfrer ewigen Kortbanr
werden mögen, müflen wir nicht beſtimmen wollen, bürfen
aber nicht zweifeln, daß jeder derfelben den Bedürfniffen feine
Bewohner volllommen angemeffen ſeyn wird. Wahrſcheinlich
wird des Geiſt des Menſchen, fo wie er zu höherer Bolton
menheit gelangt, aud zu höheren Welten ſich erheben, un
hiernach den Grad feiner Seligkeit ſich beſtimmen. Auch dert
werden wir ſinnlicher Freuden, aber nur als Zugabe einer
Höheren geifligen Gluͤckſeligkeit empfänglich fenn. Eine vorig
liche Quelle der aus unferer Außern Lage entſpringenden
Sreuden wird ber Umgang mit den Weifen und Guten, vie
vor oder mit uns lebten, gewähren. — Dan flieht hieraus,
daß der Verf. fein Gemuͤth und feine Phantafie frey reden
laͤßt; und wer wollte ihm das verargen? — Darauf führt de
Verf. den Puweis für bie Gewißheit der Fortdauer aus den
Anlagen des menfhlihen Geiſtes und aus dem Dafenn Gore
‚und bdeffen Eigenfchaften. Dem 'erfteren Beweiſe ſucht er vor
züglich dadurch Leben zu geben, daß er in der menſchlichen
Matur ein dreyfaches Weſen, nämbich „außer dem Körper un
dee Seele, woran der Menſch jenen mit der Pflange, die
mit den Thieren gemein habe, einen über Körper und Geele
erhabenen Beift unterſcheidet (wobey er’ ſich auf die Auforhät
des Apoft. Paulus a. Corinth. 5, 5., 1. The 5, ad. sent).
— Die Entwickelung dieſer Idee, wodurch die Bewmeisführung
an Popularität gewinnet, gehört zu den befiern Thellen dieſe
Särift. Qui bene distinguit, Bene docet — Dir Vewei⸗
ans dem Daſeyn ‚und ‚den Eigenfcaften Gottes enthaͤlt zu oil
- Wiederholungen aus dem vorigen, und if dadurch weisichweiig
eworden. Am Schluß werden einige Zweifel und Einwen
dungen gut und faßlich beantiworte. — Die Sprache diefet
populären Schrift if rein, der Vortrag klar amd.faßfkh, nn
zuweilen cin wenig gedehnt und zu bidaktifch,. wgnueh bi
. und ba eine ermüdende Eintönigkeit entſteht. Uehrigene tift
man Überall die Spuren eines religiſen Gemürhs und ent
. ruhigen, der Wichtigkeit des Gegenſtaͤndes angemeffenen Wirt
umd Ueberzeugung. Wir wuͤnſchen diefer Schrift viele Lfet,
vorzuͤglich in dieſen Tagen, mo theils die philoſophiſchen Spflemt
and ihre Wandelbarkeit auch die Menichen wandelbar und mx
glaͤubig machen, theils die ſinnliche Eultur, der Beine geiſtize
bas Gleichgewicht haͤlt, die Menſchen gerfireus, und das Ge
muͤth fomme dem Bernhaften Glauben der Vaͤter immer mil
verfläctige. | a ,
. a . , . .
! . ° .
. . . 2.
‘
——
No. 24. beiseiseraifae 1811.
Jah vucher der Biterata 1
nn
‚8 rt
Axel Thordſen og SAön Valdorg, en nor Ballade⸗ med Anamaen
ninger af N. Ryygen:n; ſom Beine van den ny Sliklelfe⸗
haon Abrahamſon, Nabbek, og Nocrup. age © at ae den für
kaldte Kiempe Viſebog. Kiöhenhavn 1509, 536. 8.
}
erg |
Dan Bine: Sri w den Zus, eine neue Anedabe m
fogenannten Kijempevifebogs (Kämpferliederbuhs) anzu⸗
kündigen. Drey bekannte Daͤniſche -Seichree haben ſich dazu
vereinigt! fie Wollen zinen berichtigten Text ltefern, eine andere
hochſt feine Sammlung, unter dem Til Eiſkoys VBiſer
(Ltebeslieder) oder Tragisa:gelannt, aber nur noch in einem
einzigen -.‚gedrudten Epemplas vorhanden, Hinzufßgen., endlich
Sorge wagen, die noch unten dem: Volk gangbaren Melodieen
aufzufaſſen, um auch in dieſer Hinſicht die Wuͤnſche zu heſuich
digen. Wir haben, wie ſich ergeben wird, Urſache ung ſar
dieſe Unternehmung des Ausiandes- zu intereffigen, die auch mit
unfeer Literatur in einem äuferlicdyen Zuſanmenhang zu ſtehen
(deine, wenn wir uns nicht, darin kaͤuſchen, daß die eben bey
uns begonnenen Unterfuhungen uͤher Audeutſche Poeſie audy
den Norden wieder angeregt, und auf ſeine Schaͤtze aufmierfr
ſam gewacht haben. Um ſo eher aber. dürfen wir das vermus
then, .da -Siner -von jemen Gelehrten, dem mir vielleicht den
Entſchluß zu verdanken haben, und von welchem diefe Proben
ſchriſt herruͤhrt, Herr Profeſſor Nyeeup, als Renner und
Würdiger der Altdentichen Literatur bekaunt iſt; fa der ſelbſt
durch die Herausgabe der Symbolae ad literaturam Tesitonie
sam einen nicht unbedeutenden -Beytrag. dazu geliefert hat:
Die Daͤniſche Literatur mir-ihrem eigenen Charakter kann
faum einen wirhtigern Gegenſtand jur Bearbeitung darbietem,
In der frühern Zeit darf fie als ein Theil der einen nordiihen -
- _ 24
J
nn ..
370 Apel Thordſen og Stjoͤn Walberg säg. af. Aderup.
betrachtet werden, die allen dreyen Reichen gemeinſchaftlich war,
und Dig. wie reich gennen muͤſſen, da in mmanwigfältigen Lie—
dern, Sagen, ſelbſt in einemi großen Geſchi dm in de
Heimstringlaꝰ (gegen ‚meiche. wir. Deutſche wärkanfumsikn
haben) das Leben des ganzen Volks fh tief, wahr goft heit
, Hd ausgeſprochen:: ſpaͤterhin, etwa mit. dem Ende des funfi
gehnten Jahrhunderts, mo auch wir gfre neue Zeit. anfangen,
zeigt fich die Trengpng auch in ihr, und es erſcheint gogeſon
dert eine eigene Dänifche. Literatur, aber in einer unbe
fehreiblichen Leere und Unfruchtbarkeit. Ein Zeitzaum ‚von
beynahe vierhandert Jahren, ber. alio noch gar möcht Fang gu
endigt bat, weiß, faft unglaublich, keinen. einzigen Dichter von
Belang zu nennen, Der erfle. nambafte Poet iſt Detet
Laale, der in der zweyten Kälfte bes funfzehnten Jahrhaw
derts lebte, von⸗dem eine Sammlung Spruͤchwoͤrter iin,
bie ihr Verdienſt Haben, das ihm. aber nicht zugehärt; de
folgende HE: Bruder Niels vom. Bordn, im
ine" Reimchronit geſchrieben: von dieſer ‚Art ‚find Bie mei
ea folgenden Dichtungen, zuwellen Ueberſetzungen auf dım
Deutſchen, nirgende aber iſt darin. ein lebendiges Megen. Jede
kiteratur hat eige ſolche Periode des Stillſtandes nach ihrem
erſten lebendigſten Aufbluͤhen, eine Ermuͤdung nad) einer gro⸗
ben That, welde, die erſte unbewußte Jugendkraft vollbracht
hat: wo ſie gleichſam ruht, um nadzufinnen, worauf fie bauen
‚Dönfe, wie fie mit Bewußtſeyn ſortlebe und fich feſtſtolle. Mau
das au fagen, es ſey das Erkennen ber- Sünde, der Leere,
Ba die Unſchuld der erfien Dichtung die ganze Wein entzoͤndet
ylaude, und von’ Seiner. Inpoefie-weiß. In Deutſchland bat
diefe Zeit auchnicht gefehlt, allein an den Stügen, die ein
allfeitiges Streben, die Bekanntſchaft mit den ‚Alten; namentlid,
die fih in Hans Sachs fo trefflich wirkend zeigt, darbot, hat
fie ſich flets wieder anfgerichtet : in ſo manchem fchönen Lied der
Sehleſiſchen Periode 3. ©. hat die Kenntniß der Italieniſchen
und Epanifihen Dichtung (mie. wir fis bey Opitz und Hark
dborfer finden). Früchte getragen. Eben dieſem aufeinander fd
S
Axel bordſen og Etzoͤn Walborg udg. af Nyerup. 374
folgenden Ertennen des Einzelnen. das ſich immer zwar als etwa⸗
lebendiges, vaber wide als zureihend augwies., haben wir eß
zu verdanken, daß wir immer mehr zu dem Ganzen hingelenft
wurden, Wie eg nun in unſern Meiſtern leuchtet, nachdem
einzelne Otralen erſt über die Erde Hinftreiften. In Daͤne⸗
mark verhigderte eine ſolche Aufbauuns unde Bildung Die -
Abgefchloffenheit der Wigtiow; die durch zin immer weiteres
Bersenlen in fih, die Scheidewand immer höher aufıvarfz
die: Ungensigtheit derſelben gegen. Deutſchland (bie, wie man
richtig bemerkte hat, jedes ſchwaͤchere VWolk gegen das maͤchtigere
empfindet, und die darum. nicht gegenſeitig JE), and die daralıs
entſpringende Beringichägung der Deutschen. Literagur, ohne
fe zu kennen, die ang: jegt noch bey deu unwiſſenden herrt
(hen ſoll.
In Aleſer fangen aunbeweglichen Zeit ei; in welcher fein |
Dichter gelebt hat, und Ayine pottiſche Kunſt geabt wurde, iſt
eine Ader von Gold, au der Mitte der alten ZER entfprungen,
burch das Volk durchgelaufen: ‚mean es feinen. Poeten gab, ſo
dat er doc Pocfis: gegesen,- und-bas Leben hat ſich ausgedrückt,
bey wem es.:gewafen.: Außer den Wolksbäcers mämlih, die "
aus dem. Deutſchen fat ſaͤmmtlich -überfeg werden, baf
es eine Mepse twefilicher Piederngehabt, zum THelt aus, dem
Alterch un erhalten, zum hail ſpaͤter entſtanden, und dieſe
find eſ: welche wir in dem Kzempe Viſebog ſinden. Wir
holten ‚Male ſchon im zſechczehyten; Jahrhundert durch einen
gluͤcklichen Zuſaz ⸗ntſtaudene Sammlung für einen der reichſten
Schaͤte dar Pur Die Spanischen Lieder von Eid, die wir
ehr Hoch achten, werden nun dieſen an Tiefe und Bedeutſamkeit
uͤbertroffen; den sche Dautipen , vor allen den Engliichen, find
fie im Siehe verwondt, war vollſtaͤndiger, als das, was dort
gefgmmekt worden and zu uns gelangt, auch, da fie früher aufs
bewahre wurden, reiner und gediegener. Die Darftelung darin
iſt vortrefflich, weil ellgeit -die innere Nathwendigkeit ſpricht,
nicht ein Aufieres Geſch; eine Hinneigung zute Dramatiſchen,
wie in alen woltclieders, erſcheint darin ſehr kenutlich und es
x
372 rel Thordſen og Skjoͤn Walborg udg. af NAyerap.
AR wenig "Gorge: an eine runde am, einander ſich ſchließende
Srzaͤhlung gewendet, vielmehr wird’ alles ſtkeng neben einander
Unfgeftelle, nur angedentet, aber öft liegt im dieſen wenigen
orten: eine große Sewalt: Denn das ik däs Eiugäntid:
der Peeſſe, daß fie mehr als andere Kuͤnſte der’ Mittel ent
vehren kann? "and "eine große Empfindung in-unbehelfenen
Worten ſich Wißrender und maͤchrigetdausfſpricht, als die fr
redtefte Kunſt. Wen ans den-frähften Zeiten, die nk die
Sealden beſangen, und die als groͤßere Gedichte we ans in
Handſchriften bekannt find, leben Hier in einzelnen Liedern fort,
in denen die erhabene Wildheit jener Jahrhunderte noch kennt
lich iſt, und deren Ehitflehung weit in die heidnkſche Zeit zu
ruͤckgefuͤhrt werden darf. Dieſe Heldienlieder machen einen
Theil der Sammlung ans; den andern und größern: Bal—
taden wnd: Mätdhen, die fpäter und in betr chrifllichen
BZeit entftanden find. Es if -verounderungemärdig, wie fü.
affe, auch die Leimlichſten Meigungen ud Michrungen des Lebend,
Aller Schmierg-und- alle Freude, die es finmal berührt, darin
offenbart; haben, und wie: wir uns davon beiroffht und gerührt
fühlen, wer esdie innere Luft war, die ſich aufthat, 'bift
eigentliche Mordenfonne der: Poeſie, vor der ihre Stächen fd
Bine. " Waͤhrend fie alle “ir einer gewiſſen Rattonalapatichkit
wachfen ſind, ſo zeigt fi wiederum dle größte Muuntgfeltig
keit in ihnen. Die tieffte Trauer, das hochſte Leiden, wie du⸗
Städt der Liebe, des Muthes, der Hummor bis Jum lelchtſeti
gen Scherz iß darin beſungen? Wie rihrend tft tw vielen Lie
dern das Unglaͤck der Liebe erzaͤhlt. Wie der Heid hingeht, i⸗
flldernem Schuh Waſſer zu holen fuͤr feine Seliebte, and ihn
die Nachtigallen am Brunnen wahrfägen‘, er werde! ſie todt
finden mit zwey Kindern in ihrem Schoos, und: wie er, noch
dem eralle drey begraben, glaubt, die Kinder‘ unter der Erde
—
Axel Thordſen og Eifiön Walborg udg.-af Ryerup. 373
weinen zu hören, und ſich das Schwert ins Hen flicht; ober
wie er den. Tod aus der Liebſten Mund empfangen muß, da
fie feinen Namen nennt im Kampf und ihm ruft ihres jüngften
Bruders ga Ichaden;, denn alsbald wird er todtwand geichlagen,
Auch van der Gewalt naͤchtlich tanzender Eifen wird. erzäßlt,
die. den halb traͤumenden Ssängling in ihre Mein locken wol
jen, oder den. widgrfireßenden and Herz fchlagen , daß ihn am
Morgen feine. Braut todt umerm Scharlagg: findet. Anmuthig
find die Kindermärchen von der. Pringeffin, welche ‚der Waſſer⸗
man geſtohlen, und die ihr Bruder aus dem unterichifchem
Haus befreyt; und von dem Nachtraben, an den.die Koͤnigin
ihr Kind verkauft hat. Doch wir duͤrfen nicht weiter vom
einzelnen reden, weil das zu weit führen woͤrde.
. Bu dieſem Intereſſe eines poetischen Buchs kommt: 106
ein. anderes, das und bie Klempeviſer, merfwärdig macht,
Nämlich der aͤlteſte Thejl deſſelben, die Heldenlieder, - greifen
in die Babel. und den Cyklus nes Nibelungenlieds und Helden⸗
buchs ein. Jeder, den die Sefchichte diefes ‚großen Epos und
der Altdentichen Poeße überhaupt intereffirt,, - wird ihre Wich⸗
tigkeit and dieſer bloßen Bemerkung ſchon anerkennen; noch
mehr aber, wenn wir hinzufügen, daß fir.vgn Der, dem Nor⸗
den eigenthämlichen Geſtalt der Sage verſchieden, fi zům Theil
der Deufſchen nähern, ohne daß man beſtimmt behaupten fänne,
fie ſeyen aus diefer entflanden , oder etwa gar uͤberſetzt. Eine
eigene Ausführung Des Geſagten müßte ihr Spntexeffe haben,
gebört : aber nicht hierher, und Rec. wird an einem andern
Ort Goelegenhelt haben ſie zu liefern.
‚Die Glſkovsviſer (von denen Rec. eine Xorg 6%
fit) find eine Heine Sammlung von dreyßig Liedern, die alte
einen tragtichen Ausgang haben. (daher der andere Name: -Tras
gica), wovon’ die . meiften an Werth den Kiempevifer. nick
nachſtehn. Ausgezeichnet darin iſt das.Kind von Hafbur und
Signild, eine alte. Sage, worauf jhon die Edda hindeutet,
and welche au Says. Srammatigus erzaͤhlt: Hafbur ale
Jungfrau verkleidet, genießt die. Gunſt feiner Geliebten, mird
v
N
374 Axel Thordſen og Stiön Walborg udg. af Nyerup.
verrathen und Aberwältige: alle Stricke reißt er entzwey, bi
fie ihn mit zwey Haaren von Bignilde binden, die er nicht
gerreiße, aus großer Liebe, ſelbſt als fie ihn darum bittet; fle
Hat ihm verfprochen,, fi zu verbtennen, wenn ſie Iht aufge
Hänge fehe, er weiß fie einige Augendfisde früher zu täufden,
indem, er erfifeinen Mantel Hat hinaufziehen laſſen, und nın
flirbe er mit der Luft, ihre‘ Kammer in Klammer flehen ja
ſehn. Ein merkwuͤrdiges Lied enthält Sigurds mordlichen Tod,
von dern Nibelungen Lied, auch von "der Wolfunga Sage
wieder abweichend, mit eignen aber’ herifihen Motiven.
Bey fo mannigfahem Intereſſe verdient eine neue Anh "
habe dieſer beyden Sammlungen unſre ganjge Aufm erkſamkeit.
Sie konnte in keine beſſern Haͤnde fallen: die Gelehrten, die
ſich dieſer Arbeit unterziehen wollen, ſind ſaͤmmtlich durch ihre |
‚Bemühungen für ihre vaterländifche Literatur bekannt, ind
wir find berechtigt, etwas Worgügliches und forgfältig veanu,
tetes zu erwarten. An Zeit dazu wird es auch nicht fehlen,
da die Erſcheinung des Buchs von demi Frieden abhängen fell.
Hr. Prof. Nyerup hät als Probe das Lied von Axel m
Waldborg geliefert. Es ift das größte der ganzen Samm |
‚lung (in den Kjempeviſer enthält‘ es gerade 200 wie |
— —
und gehört unſerm Urtheil nach nicht zu den erſten, wiewehl
es immer vorzuͤglich bleibe, und ſehr ſchoͤne Stellen‘ hat. Es
neigt ſich in der Darſtellung zu der frätern Manier, die auf |
führlicher ift, und hat etwas von dem Charakter mehr hiſtorb
fcher Meldung, wie es auch durch fein verfchlungenee Sylben
maß von den andern abweicht, und faſt das einzige ifl. Ver—
änlaffung diefes auszuwählen, war dem Verf. das neue Dehlen
ſchlaͤgeriſche Drama, welches auf diefes Lied gebant iſt; vie
leicht auch die Möglichkeit, fo viele intereſſante Volksſagen uͤber
das ſogenannte hiſtoriſche der Erzaͤhlung zu ſammeln, welches
"bey andern ſchwerer fallen dürfte. Die Wolksmelodie iſt hin
zugegeben, auch Wort und Sacherklarung. Durch die Bu
trahtung dieſer Probearbtit find wir zu folgenden Wuͤnſchen
veranlaßt worden. Ba W
Axel. ordſen og Stzon Walborg udg. af Nyerup, 375
Erſtlich: das Lied hat im den Kjempeviſer 2oo Verſe, hier
find nur 175 mitgerheilt, alfo grade a5 ausgelaffen. Der Verf.
fagt deshalb, ‚es fey doch lang genug: das ift wahr,. es if
lang, allein. bey der Poeſie erkennen wir keinen Weberdruß, der
aus dem Allzulaggen entſteht, und außerdem, wer ihn bey 200
Strophen empfindet, wird damit nicht bis zur 176. warten,
alſo wäre für einen ſolchen nichts gewonnen; andre aber, die .
von dems Meberdruß nichts willen, haͤtten verbren. Belrachten*
wir die fehlenden Strophen, fo müffen wir es zwar ben mehs -
reren, weil fie unndchige Wiederholungen enthielten, recht feyn
offen, daß ſie Übergangen find. Wir bemerken aber gleich,
daß wir nur bey diefem einzigen Lied, weil es ſich wie ſchon
erwähnt, durch feine breitere Manier beſtimmt von. den andern
unterfcheidet., dieß Recht gelten läffen, nicht aber bey irgend
einem andern der Sammlung. Andere. Strophen. hätten wir
lieber ſtehen gelaffen, ‚und andere dafür. gegeben, die ung ein
matter fgäter- Zufag fcheinen, wie die drey letzten (hier 173 _
— 175). Doch darüber wollen wir fo ſtreng nicht richten; was
wir aber beſtimmt tadeln müffen, das iſt die Auslaſſung fols
gender ſchoͤnen Verſe, und die idee, welche wir als Grund
davon einzufehen glauben. Erſtlich des achtzehnten, we erzählt
wird, Arel habe geträumt, wie er feine Liebfte in Sammt
gekleidet. gefehen, und Haagen der Königejohn neben ihr ger
feffen. und le begehrt; dann des 162,, wo Axels Echild. ber
fhrieben wird: weiß und. blau, und zwey tothe Herzem darin. 3
endii aber des 140. Wir wollen, um diefen Vers im Zu
fammenhang. Iefen zu Sinnen, die dabey flehenden mit über
fegen: man wird zugleich. eiie Probe von dem rührenden Ges
dicht haben, deffen beſte Stelle dieſe grade nicht iſt. Arel und
Waldborg, nachdem fie in der Kirche geichieben worden, ſitzen
bey dem Feſt des Koͤnigsſohns zuſammen, und reden uͤber ihr
unguc:
Sagt mie, Waldborg berzliebfle mein, /
dieweil allein wir beyde:
welcher Rath mag uns der befle feyn,
daß ſchwinden unſre Leiden? ‘$ s
⸗
— — —
376 Axel hordſen og Erin Walborg udg. Ma
„Fab' ich den König; wenn das er
ils gegen meinen Willen;
und lebt' ich taufend Yabre bier?
eg kaͤm mir nicht ous den Sinnen?
. „Ich will fiben in dem Saale weit ”
' nnd mirfen Das Gold in die Haube, *
foforglich leben meine Zeit y ⸗
recht wie die Turteltaube.“
ur 440. „Ruht nimmer auf grünen Aalen, a
als wenn ihre Bein’ find müde:
. trinke, nimmermebr das Waffer fo rein,
fle rührts erſt mit-ibren Füßen.“
„Mein Herr, Ibhr reitet fo luſtiglich
zu Jagen die wilden Sehe: - - : ;
‚und alle Gedanken, die fommen um mich,
2 . „die laſſet geſchwind fertgehen.“ 8RXP
„Dein Han, Ihr reitet fo luftiglich,
zu jagen die Haſen wilde:
uuntd alle Gedanken, "bie kommen um mich,
dielaſſet fortgehn geſchwinde“
Und wenn ich-auch in den Noſenwald re,
die wilden Thiere zu jagen: “
was foll ich Nachtens thun, zu ber il;
‚wenn. Ich Tann gar nicht ſchlafen 2?
ir hätten dieß ſchoͤne Bild der Taube, die von Ssum ge
trieben nicht ruht, bis fie vor Muͤdigkeit nicht mehr fliegen
kann, und die das Waſſer unruͤhrt, wenn ſie trinkt, Bomit fe
ihr Bild nicht. fehe, unmöglich auslaſſen innen. Schlegel
(Vorkef. über dramat. Kunſt II. 148) nennt sehr treffend die
Bucht vor dem Lähherlihen das Gewiffen der. Fratzoͤſiſchen
Schriftſteller, Die ihre. Fluͤgel bejchnissen, und ihren Schwung
gelaͤhmt: wir wuͤnſchen, daß die Keraufgeber dieſe Furcht nid!
in dieſe £ieder hineintragen, die fie nicht kennen, und bie ihrer
Matur ganz und ‚gar zuwider iſt. Man darf ihrer Wahrheit
immer vertrauen, und nicht befprgen ,. Daß eine Volksdichtunz
lächerlich. ſeyn Kane, das iſt nur das Leere und Taube;
hegen wir doch vor allem im Leben Adtung, was aus innert!
Ueberzeugung geſagt, oder gethan wird, ſelbſt bey offenbaren
-
eo
Arel Zerdlen og Stiön Walborg udg. af Nyerup. 377
Irrthum. Mir bieten daher, keinem andern Lied, das aufge⸗
nommen wird, etwas ‚ähnliches zu ensziehen, überhaupt nichts,
und nat ein Vers könnte Ausnahme machen, der zweymal etwa
ganz unſinnig angehängt iſt, und die Nachricht von einer Vers
heyrathung „enthaltend, einen Schluß machen foll: bey dem
Lied von dem Held Vonved (S. go) und von Marſtk Brise
Töchtern (S. 240).
Sind wir fo fireng für Lieder, die aufgenommen worden,
fo wollen wir recht viel nachgeben, wenn andere follen ganz
ausgelaffen werden: ja die Herausgeber werden dadurch unſern
zweyten Wunſch erfüllen. Es finder fih in den Kjempevifer
eine Anzahl fogenannter hiſtoriſcher Lieder (hauptſaͤchlich S.
oBı ff.) d. h. ſolche, Die nah Art gereimter Chroniken
Begebenheiten erjaͤhlen, ohne ſie poetiſch aufgefaßt zu haben,
die wohl einen hiſtoriſchen Werth haben, und deshalb eins-
eigene Sammlung verdienen, die aber hier nicht beruͤckſichtigt
werden dürfen. Sie gleichen. den biftorifchen Liedern in uns
fern Chroniken, und verdienen keinen Platz neben den ans
dern. Zu übergehen wären auch poetifch unbedeutende Lieder,
deren Motive Nhon einmal und beffee da geweſen find, over.
die zweyte, oder gar dritte Necenfion deffelben Lieds, in fofeen
fie wenig abweicht; es wird hinlaͤnglich ſeyn, was etwa davon
intexeffiren könnte, An der Note anzumerken, Beyſpiele find
gleich „das 25. und 39. Lied in der erfien Abtheilung, das dritte
Lied von dem Meermann (S. 157), das Lied von Kragclitd,
das ©. 400 und 601 wenig verändert wieder vorkommt u. a. m.
Ungehörig find fernes Die Moderniſicungen alter Scaldenlieder,
die zu Anfang Des vierten Theils eingerücdt worden, wie
Diallemagl hin gamle, Ragnar Lodbrocks Lied, auch einige
Lieder, die. feine echten Volkslieder find , wie > D. das lebte.
Drittens: wünfhen wir, dab die Herausgeber [parfamer
mit den Dloten umgehen möchten, als es hier. bey Dieger Proße.
gefchehen. - So fehr wir «8 billigen , daß fie Anmerkungen
liefern wollen,. auch, was zum Verfiändniß beym Lefen erfor '
derlich, gleich anf der Stelle in Noten mittheilen, und es nicht,
/·
378 Axel Thordſen og Stiön Walberg wdg. af Ryerup.
einer undequemen modernen Elegang zu gefallen ‚” in einen As
hang verweifen, mo es niemand, der mis Luſt Lest, "nacficht,
weit er. fih unterbrechen muß, fo wuͤnſcher wir doch guch nicht,
daß ſie uͤber andere Dinge ſich ausbreiten möchten, wie eiwa
©. B, 42, 49, 30, 60 geſchehen. Es RE nichts Afiger, als
Noten, dle ſich niet fireng an die Sache halten aund bie die
Gedanken ableiten, oder etwas mittheilen, das weiter von
feinem Belang iſt: wenn in einigen von den citirten Stellen ges
ſagt wird, dieſer Zug ſey recht ſchoͤn, oder dieſe Ceremonien
paſſend, ſo iſt base wahr, allein es bleibt beſſer der eigenen
Betrachtung des Leſers ſelber uͤberlaſſen, dieß zu bemerken.
Sn der Einleitung zu dieſer Ballade find mehrere Volke⸗
fagen von dem Ort, wo die Seſchichte fich fol zugetragen Haben,
zufammengeflellt, welde in Norwegen von Reiſenden find gu
hört worden. Jede Gegend gibt einen andern Ort an, und
es ift intereffant zu fehen, wie ſich die Sage an fo manches an
getnäpft hat; an einem mit Steinen umlreisten Platz, we
bie, Schlacht ſoll worgefallen fepn, in welcher Haagen und Arel
fielen; an große Bautaſteine ( voramidenförgig aufgerichtete
Gebdaͤchtnißſteine), worunter bie Helden liegen follen; an ein
weißes Marmorgrab, in welchem fie Waldborg ruhen läßt.
Diefes iſt die Natur der Sage, die Überall, wo fie lebt, auf’
ihr Haus bat, und daheim if. Es ift daher recht ſchaͤtzbar
und verdienflich, wenn die Herausgeber folche Volksſagen ſam⸗
mein, nur wuͤnſchen wir nicht, daß fle grade kritiſch befkimmen
wollten, und auffuchen,, welche die echte fen, um die andern
|
ale Unwahrheit abweiſen zu koͤnnen. Dean wird mit biefer
Auſicht, da fie ſich faſt ale widerfprehen, und eine an fi fh
viel Glauben verdient, wie die andere, ſchwerlich zu einm
‘andern Refultat gelangen, als daß keiner zu trauen umd nichts
auszjumachen ſey, welches auch hier angegeben worden. &#
wird genug ſeyn, dieſe mannigfaltigen Sagen zuſammenzuſtel⸗
In, um die. Wahrheit, die im allen erfcheint, zu ‚finden : wie
alles in der Rasur von derfelden Art, neben einer ftetigen im
dividuellen Verſchiedenheit, Immer‘ auch denſelben Grundtyput
Axel Lhordfen og Skin Walborg ude. af Nyerup. 379
in fi teaͤgt⸗ Auch die Recherchen Über die Verfaſſer der Ries
der rathen wie aufzugeben, teil fie doch keinen Erfolg haben
Tonnen; das Volkolied dichtet Rd) ſelbſt, und ſpringt als Bluͤthe
aus der That: hervor,
Endlich hoffen wie, die ‚Herausgeber werden nicht bloß
die Beyden Bedrucken Sammlungen benugen, ind eiwa no
vorhandene Manuſcripte, fonbern auch eine drittd' Quelle, welche
für das Wunderhorn fehr reichlich gefloſſen: wir meinen die
fliegenden Wtärter, und das Auffaffen aus dem Munde des
Volks fett. Da fle Hefonnen, die Melodieen, als eine fehre
willkommene Zugabe auf die letztere Weife zu fammeln, fo
erden ſte Gelegenheit haben, manches geue Lied zu hoͤren,
und ohne Zweifel ſichern und aufzeichnen.
Dieß find unſre Wuͤnſche für die neue Ausgabe der Kjompe—⸗
viſer, die wir geäußert, um unſer Intereſſe für dieſe Unter⸗
nehmung darzuthun. Erfreulich wird es ſeyn, wenn es ſich
beſtaͤigt, was wir gehört, daß auch in Schweden jetzt eine
Sammlung von Volksliedern veranſtaltet werde. Moͤchten ſich
dort auch Maͤnner, wie hier, dazu vereinigen, und nicht uns
geſchickte Hände darüber geraihen! Vieles intereffante mäßte
aus der Vergleihung der Lieder beyder Natiorten hervorgehn,
wahrfcheintih auch Aufklaͤrungen, gegenfeitige Ergänzungen,
und Webereinftimmungen, die es darthun würden, was wir
glauben, daß es eine Zeit gegeben, mo die Volkspoeſie beyder
Ränder nicht getheilt, ſondern ein Gemeingut war.
Wit koͤnnen dieſe Anzeige nicht beſchließen, ohne Gelegen⸗
heit zu nehmen, noch eine Mrerarifche Bitte an die Daͤniſchen
Gelehrten zu thun. Ste betrifft die Baldige Herausgabe deb
zwehten Theils der Samund iniſchen Edda. Wir erfiäs
ten, daß wir unter allen noch vorhandenen Mannufcripten dies
ft8 unbedingt faͤr das wichtigfte halten, und es iſt undegreiftich,
wie man einen folden Schatz fo lange unbenutzt liegen laͤßt.
Das Magnätfie Inſtitut, das fih In den Jahren 1773—1787
eifrig für die Deransgabe der Islaͤndiſchen Manuferipte. zeigte,
hat in mehr als zwanzig Jahren nichts edirt als eine Webers
350 Areb Thordſen og Stjoͤn Walborg ade. af Ryerup.
fegung der Nialsſaga, welche eben egflemen „und wavor
der Originaltert ſchon 1787 gedrudt war. “WEBie wiſſen nicht,
06 Hinderniſſe entgegen flanden, aber wir glauben‘, daß felche
sicht ſchwer zu beſiegen waren, wenn man exnſtlich wolle.
Es beflaͤtigt ſich auch bier, was man bey giichreen Akade—
mieen erführen, ‚daß nichts literariſchen Arbeiten anachtheiliger,
‘als wenn man fie allzubequem gemacht. Würden nicht zwey
gelehrte Islaͤnder zur Bearbeitung der Manuferipte -jährlih -
von dem Legat beſoldet und gehalten, fo würde 26 dem Kifer
eimes Einzelnen ſchon gelungen ſeyn, zu bieferreihen Samm⸗
Iung au gelangen, und er würbe ohne fohhe Unterſtuͤgung mehr
bewirkt: Haben. Wir dürfen als Beyſpiel die Schweden Per
ringſkidid und Videner nennen, ja die Sammlung Altdeutſcher
Gedichte, fowohl die Müller veranflaltete, als die jetzt er
(heint, gewiß. nicht . in. gänfligen Zeiten.” Dee Enthuſtasmus
für eine Sache thut doch flets am meiften, und es ſtaͤnde noch
zu fragen, was ohne Suhm durch das Masuäifhe Inſtitut
‚ gefchehen wäre. Auch das Princip, wornad man den NBorzuz
‚ber zu edirenden Codd. beſtimmt, können wir nicht billigen.
Man gibt den Sagen, die mehr hiftorifch ſcheinen, oder mit
andern Worten, den unpeetifchen (darum, wie wir glauben,
jöngern): den Vorzug. So iſt es gefommen, daß man um
“einige Hiftorifche Data, deren Werth wir übrigens. anerkennen,
zu erhalten, die alten Gedichte hintangefegt hat, in denen fid
der Geil der. Altnordifchen Dichtung am größten ausſpricht,
und die nicht weniger eine hiſtoriſche Wahrheit, nur eine noch
höhere und wichtigere haben. Es if keinem Zweifel mehr tun '
serworfen, daß die Sage der Nibelungen, und bBisfe ift in den
meiften noch ungedrudten Liedern der Edda Saͤmundar (wie
in der Blomſturwalla⸗ und mwahrfcheinfih auch in der Jarl
Magnus Saga) enthatten, gefchichtlich begruͤndet ſey, und wir
wollen verfühern, daß, wenn ſich der Norden nicht. für dieſe
herrlichen Gefänge (wovon wir eins ‚ganz, ‚andre nur ans
Bruchſtuͤcken bey Bartholin und Torfäns Tonnen), intereſſet,
.. Posidonü-BReliquiae :doctrinae. ed. J. Bake. :381
fi? von ——— mit Dantbarkeit und Breme jeden auß
genommen werdiu.
e J
—
2
Lg [4
Posidonii Rhadii Reliquiae Doctrirtae. Collegit atque'i "illtstravit
: JanustBake. .Accedit D. Wyttenbachii annotatio.
Lugd. Batavorum, : apud .Hagk et Socios. MDCCCK,
303 e& Wottenbad 8 Anmerkungen 27 ©.) a fl. 30 fr.)
Wenn es wahr iſt, daß nut durch gute Spceialgeſchichten
am beſten der allgemeinen Geſchichte vorgearbeitet werden kaun;
ſo gilt dieß beſonders auch, von der. Geſchichte der Philoſophie.
Schon find’ und’ ans MWytten bachs Schule mehrere ſchaͤtzbare
Beytraͤge Biefer Art zu. Theil geworden: wir haben -Mahne sd
Meuographie “über den Ariftorenus, von Lynden's über den
Panktins, Nieuwland's über den Muſonius; aber. Diefe Sqhrift
des Den. Bake ſcheint uns alle zu übertreffen, obgleich jede
für ſich betrachtet, den beſten akademiſchen Schriften an bie
Seite geſtellt werden kann. Hr. ©. gibt une bie erfie Feucht
feines. akademiſchen Fleißes, am her er fgit: drey Jahren arbei⸗
tete; aber ar gibt ſie uns in einer Geſtalt, die ſchon Die Hand
eines Meiſters verraͤth. Die Sprache iſt von fleckenloſer Reims
heit, Einfachheit, Gediegenheit und: Eleganz; die Anordnung
beſonnen und zweckmaͤßig, dieSommlung der Fragmente: voll⸗
ſtaͤndig, der: Son beſcheiden, dis Kritik gruͤndlich und. auf rich⸗
tige Grundſaͤtze gebaut: Bein appiger Auswuchs, keine magere
Dune entkellendga: fehöne Ganze, und- es, kann für in Muſter
Lehantkung eines ſolchen Stoffes. gelten; und wir freuen '
uns Daher auf die Bearbeitung des Mathematikers Cleomedes,
die Hr. Be nun. beginnen: will, — Die. Anordnung dei Wer⸗
kes iſt Folgende: woran geht das. Leben des Pofidenius: und
Nachrichten vom feinem Lehrer (Panaͤtius) und feinen Schu⸗
lern, worunter Eicero war, von 4-98. Dann folgt ſeine
Philsſophie: Einleituns ©. 94 - 40. Phnfit: ©: 41 - 284
:(nach dem weiten GBegriffe der Stoiker). Ethik S. 185 - 455.
Diaiektik ©. 231 - 424. Seine Schriften S. 235 - aß.
Von Andern, die bey den Alten unter dem Namen Pofidgs
\ J
[4
\
‚382 Posidonii Reliquiae-doctrinae' ed. J. Baka..
nins vorkommen. Dann folgen: Woktenbach e Aumerkungen
und ein Regiſter. Wyttenbach machte die Amrierfungen wäh,
rend des Druckes. der Schrift. Sie betreffen den Sprachge
Brauch ,. die Stoiſche Phyſik, weifen einige übergangene Stellen
nad, emendiren andere u. |. w. * ſagt von fh nen ©. 261.
Et quod nunc adscribo, magis illyd a s quam
necessarium , non tam ad operae tuae supplementum,
quam ad bibliopolae emolumentum ;pertinet. — — —
| Sed hoc cujcuimodi sit, .habes hoc mei de te judicii testi-
‘ monium, quo tuus se nanc in publicam lucem prodiens
Jibellus tueatur. Nam semel quidem - cagnitus 'ipse se
tuebitur. Und fo finden wir es auch. Aber gut war es, daß
W. fein. Urteil beyſetzte, um Käufer und Lefer aufmerkfam pu
machen. Eine Probe von Hrn. B. Stil mag folgende Sielle
mis der Vorrede ſeyn: Verumtamen illud ab omrlibus jure
postulari ‘videtur, qui quidem scriptis 'edendis aliquam
doctrinae partem disaiplinamve profitentar,; ut his ipsis
scriptionibus vel novas res prodant, vel res eas, de qui-
bus agant, illustrent, vel easdem ita. disponant, ut me
lius"inde ratio earum ad caeteras ejusdem disciplinge par
tes intelligatur.. Quod postremum genus me secutum esse,
nihil reperio, cur reticeam. Sperabam ehim, fore, ut mes
opera et labore ad. Posidonjanae doctrinae inteBBigentiam
ita proficeretur „ ut hujus .ipsius- doctrinae vi ac praestam
tia cognita atque explicata, latius antigdarum literarum
fines proferrentur. Cujus propositi, si’wel exiguam vr
tem perfecero, quodque sudcepimus munusy: ällud st
ac diligertia quodammodo expievero; habebe sane , quod
consilii me laborisque mei haud poeniteat.' Potgehte Ve
merkungen mögen dem Verf. beweifen, daß wie ihm Die Aufı
merkfambeht gefchentt haben, deren fein Buch fo würdig if.
Finder er fie der Aufmerkſamkeit werth, oder "bringen fle ihn
auf neue Gedanken, fo genügt dieß uns: denn nach AB. An
merkungen no etwas fehr bedeutendes zu fagen, maßen wi
uns nicht an. ©. u magten wir in der Stelle des Seobau—
/ " ’
Batz Moral. Berachtungen uͤb. d. wahren lerifalifch. Geiſt. 383
Batt aa TO, werE zoo xaovov, leſen: xura To nore
7. x. Dagegeg witden wis ©. 61 das nos zweymal zur
dictio enclitica mahen: OTı xat zıvoyusrng mag TRs YA
Tod I A009 uEvoyrog og, dbvaraı 7 — — Avo-
uahg amdscdas (Simplicius in Phys. Atistot. p. 64. ed.
Ald.). ©. 134 ſcheint ih der Stelle des Poſ. bey Strabo
p- 250 A. fut olg eige beſſer Öc Eixe gelefen gu wers
den. ©. 176 iſt aus em Verſe: Envaxe TV vnarav
ev Agqi gQvAädas vielleicht aus Verſehen dpxdv ausges
fallen... &. .zoe möchten wir für weuyero anftatt neu-
Vera lieber ueuyoaıro emendiren wegen des dv. ©. aso
will Hr. B. flatt Toos HL Svuixwripovg xal navınzdre-
e09 Ärrorzss, (fen uavızarspovs: wir mödten in
demſelben Sinne cher narvızaraspuv Exovress.: ©. 229.
Sn dem Verſe des Kleanthes: BaaıdAızöv Ye. AMᷣν Öung
eirrov arm Hätten wir Scaligers Verbefferung Ba oı Aı-
20V. Edye| aufgenommen, die der Sinn zuläßt, und das
Metrum fordart. S. 97 moͤchten wir von Achilles Tarius
nicht ſagen, daß er irre. Er dachte wohl bey den 6. Zonen
daſſelbe, was Strabo bey den ſieben. ©. Ba iſt bey Seneca
Nat. Qu. II. a6. für rupesque partim illaesae vielleicht
.
illisao zu leſen. — Die Äufere Geſtalt des Buches ift dee
Innern würdig.
1
Moralifche Betrachtungen über den wahren Flerifalifchen Geil. Hebfi
einer Rede über den Einfluß der Wiffenichaften auf Sumanität,
.von Bob. Friede. Ba, ehemals Subregens des hichöffl.
Seminars zu Bamberg. Nach deflen Tode herausgegeben von
D. 805. Joſepb Batz, Prof. d. Theologie. Bamberg ber
Dederjich. 1809. 102 ©, et. 5.
Diefe Betrachtungen wurden im Jahre 1797 den jungen
Theologen vorgelefen, welche im Seminarium gu Bamberg
zu den hoͤheren Weihungen und zum Pfarramte ſich vworbes.
reiteten. Ihr Vorſteher delt. mir ibmen Die gewöhnlichen.
geifilichen Webungen, und fuchte fie mit den Pflichten ihres
Standes und mit den Mitteln, fie zu erfüllen, bekannt
u machen. Das warme, lebhafte Gefuͤhl von der Wichtige .
eit. des Pfarrgmtes und von den ihm entfprechenden Pfliche
ten nennt er. Tieritalifhen Geiſt. Wer diefen Geiſt
hat, ‚der mäffe ſich für einen Mann haften, deffen Erbtheit
Sort ift, und keine andere Freude kennen, ale die, feine Miıe
menfhen hinzuführen zue Erreihung ihrer hohen Beſtimmung.
und fie zu guten, der Meuſchheit und Gottes würdigen es
\
—
— — —2—
354 Baztz Moral. Betrachtungen üb: d. wahren kleril aliſch Geiß.
(höpfen zu bilden. Der wahre Kleriker habe von feinem Br
rufe die erhabenften Begriffe; er Tenne die Größe feiner Be—
Ainmung, und adte fie; wenn auch die Welt Bas Amt des
eifilichen verachtet, fo laffe er ſich Doc in der Achtung feines
erufs nicht Hören. Da er andere Menſchen zu ihrer Be⸗
ſtimmung führen fol, fo gehe er ſelbſt voraus, und fuche, das
hochſte Gut des Menihen, d. 5. die hoͤchſte moraliſche Bol
Eommenbeit, immer mehr in ſich zu lien; fo daß die Leute
nur auf fein DBenfpiel fehen dürfen, wenn fie willen. wollen,
wie fie ſich verhalten follen. Da er der Echter feiner Gemeinde.
if, fo fuche er feinen Verfland mit nüglihen Keuntniſſen aus
zurüften, arbeite nnabläffig an eigner Bildung, fehreite mit
der Aufllärung feines Zeitalters immer fort, umd made von
derfelben den wohlthaͤtigſten Gebrauch für feinen Beruf. Sein
Derz zu veredein, und. alle Neigungen deffelben in Drbaung
zn erhalten, nehme er feine Zuflucht zum Gebete, und file
äfters, in ernſter Betrachtung Die. Frage an fih: was bin id,
und mas follte ic feyn? In allen feinen Amtsverrichtun—
gen fey er voll Eifer und Würde m. f. w. Dieß iſt das Bild
des Seelſorgers, welcher den kleikaliſchen Geift Hat. Aber
manche Geiftliche leben, als wenn fie bloß zum Vegetiren und
Genießen da wären. - Ihr Yanzes Geſchaͤft ik Manipulation,
die wie ein Uhrwerk ohne Gefühl und Bewußtſeyn fortgehet.
Würden Meffelefen, Brevierbeten, Segnen und Salben nid
mebe feon, jo würde mander Seelforger fh und fein Amt
für entbehrlich Haken, weil er Beine andre Pflichten kennt, ald
jene äußern Manoͤvers. Iſt er damir.fertig, fo legt er, fol;
auf ſein opus operatumy fid wieder auf den Dolfter geiftliher
Trägheit und Gemaͤchlichkeit. So handelt der Seelſorger ohne
Herldalifchen Geiſt. Wie nun⸗ der angehende Seelſorger dieien
elerikaliſchen Geift erwerben könne, wird in den gegenwär
tigen Betrachtungen gezeigt. Der Herausgeber hätte der Sprache
Bier und da’ nachhelfen, und wicht fiehen laſſen follen ©. 12
entbrenne für erwärme, ©. 17 Menfhlichkett für
menfchlihe Schwachheit, &. 19 und 55 auffidtig für aufs
mertiam, S. 74 in Staube der Demuth u. ſ. w.
Die mit ©. 74 beginnende. Gewiſſensforſchung
iſt überaus lehrreich, und wuͤrde noch brauchbarer feyn, went
die Terminologie der Kantifchen Schule wäre vermieden won
Sen. -Die Rede Aber den Einfluß der Biffenfdaf
ten auf Sumanität, ©. 87— ı02, muß den Schuͤlern
des Sumnallums. von Bamberg, vor denen: fie gehasten wurde,
"am eben. diefer Terminologie willen zum Theile unverftändlig
geweien feyn. | |
. EEE .
Yo. 25, Heidelbergifäe | 1811,
yabınänen der Literatur.
DUTEIIIE
ea N N N N x
jefanabildungsichre nach Peſtalozziſchen Grundfähen paͤdagogiſch bes
gründer von Mich. Traugott Pfeiffer, metbodifch bear»
‚beitet vor Dans Beorg Naͤgeli. Erſte Hauptabtheilung.
Zürich bey Nägeli und in Commiſſion der Waiſenhausbuchhand⸗
dung in Etuttgart, bey Gail und’ Hedler in Frankfurt und
Lleiſcher in Leipjig 1810, 250 ©. tm größten 4. (A Rthlr.)
5, wnfaffend, ‚wie ber Titel, Der das vorllegende Werk
on einer gewöhnlichen Singſchule oder Geſanglehre unters
heiten fol, iſt das ganze Unternehmen des wackern Naͤgeli:
ie Bildungsichre: der Jugend durch Befang nach Peſtalozzi⸗
hen Grwdfägen, wie fie Pfeiffer im eine reinpädagogifche
Anſicht genommen hatte, brauchbarzum Unterrichte fuͤr alle
a machen, dis nur einigermaßen für Muft empfängfich find.
Der Plan iſt groß, und wilde abſchreckend ſeyn, ivenn bie
Herausgeber ſich nicht vorgenommen Hätten, aus diefem voll
tändfgew Elerentarwerke einen wohlfeilen Auszug für Lehret
nd Volleſchulen zu veranſtalten, die (wie es bier heißt) bes
Grähtee Welser und Zwecke Haben — umd wir möchten hin⸗
ufeen, DW Selegenheit finden wollen, fich mit der vollftändigen
Idee Bor vorgeſchriebenen Bildungsweiſe bekannt zu machen,
hne Darm mehr, als die zur Ausführung mnmgaͤnglich nothe
vendigen Huͤlfsmittel zu begehren.
Zu leutnen aber iſt es nicht, daß der große Umfang des
Internehmens ſchon an ſich betrachtet ein ehrfurchtgebietendes
inſehen ninme, welches nicht anders als heilbringend auf
Is Zeitälter wirden, und fuͤr die Erweckung des Geſanges
Ion großer - Macht fern kann. Es find nämlich die Herz
geber, deren Namen bein Werke vorgeſetzt find, innigſt
rchdrungen von der Weberzeugung, daß die Muſik Sinn
Bd Seele, Leben und Liebe dem —— ſeyn folle, und auch
386. Peifers-Gefangbildungsichre von Mägei
feun werde, ſobald man fie von diefer edein Seite zu betradı
ten durch die Verſuche, fie recht ins Leben zu bringen, fih
gendthigt finden werde. Mit Hecht fagt Nägeli: durch kein
anderes menfchliches Wiſſen und Können wirb Das Kind von
feiner finnlichen und feiner geifigen Seite fo tief umd lebhaft
ergriffen, und fo mannigfaltig beſchaͤftiget, daß Gemuͤth un
Körper in gleichem Wachsthume fortlaufe; und durch kein an
beres harmoniſches Zuſammenwirken lernt die Menſchenkraft
ihre Hohe Beſtimmung, Berein der individuellen Anlagen ni
‚einem gemeinfamen Zwecke, fo frühzeitig erkennen, und fo vol
tommen lieb gewinnen, als durh die Harmonie der Tim
Das mußten die Alten wohl, die in dem Begriffe der hau
monie das gange Weltall umfaßten.
Es war eine fchwere Aufgabe, Die Geſanglehre ſyſtema
tiſch abzufagen, und doc zugleich brauchbar für dem ſucceſſivu
practiihen Unterricht zu machen. Dem vorgefehren ‘Piane ja
Folge follen auf dieſe erſte Hauptabtheilung ber Geſangbib
dungslehren noch drey andere folgen. Dieſer erſte Theil ham
delt nach einigen das Ganze betrefſenden Erinnerungen die
allgemeine und die beſondere Tonlehre ab. jene befaßt die
Elementarlehre der Rhythmik, der Melodit und Dynamik, di
methodifche Werbindung der Ionslemente und Die Notirunze
Zunft; dieſe lehrt den Geſangton mit dem Worticut und du
Tongewicht mis dem Wortgewicht methodiſch zu voneinen, zeig
die elementarifche Verbindung der Toy s und Dichtkunſt, m
gibt Elementaranleitung zur Ausführung. muftalifchee Kun
werte. Was in diefen Hauptabtheilungen nicht, bequem abge
‚Handelt werden kounte, wird in einigen enauao⸗⸗ nachge⸗
holt.
Der Bemerkung zu Folge, * der Menſch bes Rhpthuu
fruͤher, als des Tongefoͤhls empfaͤnglich ſey, wird das Kap
tel von der Rhythmik der Melodik voransgeſchickt. Bloß die
fer fpftematifhen Folgerung bat man es zuzuſchreiben, du
die Sefangbildungsichre wicht mit der Lehre von der. Stimm
prüfung ihren Anfang nahm, die aller Natur nach jeder au
Vfeifers Gelangbildimgslehre von Mägat. 387
ern Unterweifung zum Geſange; zu welchem nothwenbig eine
Stimme: erfordert wird, praßsifch :oorkwögehen ſeUte. Hier
yäre zuſorderſt die wichtige Frage wo nicht: zu entfcheiden,
och der Entſcheidung näher zu Bringen: ob das gewöhnliche.
Irtbeil, diefer-umd jene Haben Ssine Stimme, Lie
rwachſenen berechtigen daͤrſe, Kinder von der Geſtmgbil⸗
ungslehre auszüfchlteßen. Gel dee Geſang kunſtmaͤßlg ges
sieben werden, fo find alle von dem Unterrichte auczuſchliet
en, die, wie man ſagt, keine Bfimme, oder, wie man eigent⸗
ih fagen Sollte, ine-fo ſchlechte Stimme Haben, daß es dee
Mühe fich nicht werlohnen werde, fir durch Gefang zu bilden.
dell das Bingen aber als eine dem Menſchen beilfame Bes
sesung , nis ein: willkommnes Mietel, ſch auszulaſſen, als
In Beduͤrfniß des Semuͤths, als ein menſchlicher Werzug
berhanpk Betrachtet werden, fo wird man äußerfi Sehutfem
mn mäffen, Menſchen von, geringer, und befonders von
heimbar geringer Anlage zum Singen biefes wenfchlichen
dorzugs : baburch zu. beauben, daß man erktaͤrt, fie tangen
in für allemal ‚nice gum Singen. Es gibt weber einen che
er von Natur, der nicht: verbeſſert, nach: eine Schwachheit,
ie nicht in Kraft verwandelt werben Mnmte,. wo. micht völliger
Mangel der Organe das, was durch Tie:: verrichtet werden fol,
mmoͤglich macht. Freyheit alle muͤſſen die Menfshen behal⸗
en, an fi” zu verſuchen, was fie nur wollen, und die Mit⸗
el darf man. ihnen nicht entziehen ,.. ohne weiche fie den Verr
uch niche machen können ie mögen zuhören, fie mögen
achfingen ,. fo lange fle andern mus wit. binderiih find, fie
nögen alles thun, entweder uͤber ihre ſchwache Vatur *
eich zu ſiegen, —** überzeugen, daß es vergebens ſey, ge⸗
en die Natur zu kaͤmpfen. Warum foren Kinder zi B., die
inen Fehler in der Ausſprache haben (©. 8), vom Geſange ausges
chloſſen fepn? Muͤſſen denn Worte gefungen- werden ? Voraus⸗
efeßt, daß fich die Ausiprache nicht verbeifern ließe, und wars
im ſollte das Anſtoßen am MR Hier eine Ausnahme. machen ?.
kiwa wert dieſer Fehler ſo gewoöhnlich ET ? Warum ſollen Kins
er mie auffallend: kurzem Athem von der Geſangbildung aus
335 Meilfers Selanshildungsschre von Noaͤncli
serien fepn? Hätten fie pur Eu zu fingen, das Binz
felb, Gefmuders wenn ein Meriändiger es ihnen ſo Lehrte,
wie fie es gerade brauchen, würds ihres Athemzug bald vır
längeren. Der einfihtsvolifie Arzt könnte Fein beſſeres Hal
wittel zur Staͤrkung ihrer ſchwachen Bruſt in Werſchlag brin⸗
gen, als Uebung im: Singen. Lieber ſollte man ſolchen Krau
kon verbiaten, zu ſprechen. Bingen iſt der Orgetziſation weit
angemeſſener, als ſprechen.
Ein weſentlicher Gewinn für die Sefangbildung iR die
beſcheidene Anfrage biefer Bildupgselehre bey der Stimmpruͤ
fang : ga bh 5 oa g duo beſſer vielleicht
SET) Web. dam Maufe wird mehr vetſche
777
m - ne
ce d *, bis man zum Hoͤchſten und zum
— der Stimme gelangt. Eben ſo einfach if num auf
die Bildung der Dre ſelbſt und die Bezeihnung der Tone,
ach Mon. — — az . Bir thut do en
Auge ‘und dem — gleich wohl, den Tetrachord in din
fer reinen Anfchanumg 'zu. ſehen. j
: . Beidhe Hätte der Goſanglehter bey biefer einfuchen, bisher
noch in Peiner Geſangſchule ſichtbaren Vorſtellang bemerta
konnen, daß gerade über und unter diefen awey Linien dir
®
eittöne iegn, — Ze eu; die nur um einen fo
Kannten' arten Ton: von den armenifeen Tönen enefernt lv
gen, worein fe eben deswegen bie Melodie an Öfteren zu
ruͤckfuͤhren — Melodie fol Fortfepreikung de
| Töne lehren. Bey biete, wenn fie nicht immer aufminl
fieigen will, darf wohl bie Geptime unter dem Haupttone,
Die bey Der leiſeſten Bewegunz Ri hären läge "PM.
niche and der Acht gelaffen werden. Nagell ſah, daß .n
Pfeiffers Geſangbiſdungslehre von Nigel 389
Narfiefiemg der Tonfofgen auf die Zahl der Linien’ nicht an
am, darum brauchte er bald ©, bald 4, 5, 6 Linien (S. 56
7). Aber warum nicht auch 3 Linien? — Watrum ließ ber
erſtaͤndige Meifter das, in den, von Zumſteg fo warki und
erzlich ergriffenen Kinderliedern (bey Breitkopf und Haͤrtel)
uerſt der muſikaliſchen Welt vorgelegte Linienſhſtem, das
nmerwährende Erinnerungsſymbol des reinen Dreyklangs beh
er Gefangebildungsiehre der Natur und Einfalt, auch nicht
ı einer einzigen Anfchauung auftreten ? Alle Sntervallen was
m erfchöpft, wenn ‚der Singer den vein molodiſchen Yang
e — —— ei |
'nnen lernte Gr * —— Welche, Vortheile
ber weiter darans erfolge wären, ae wörde der Tonforſcher
ad von ſelbſt gefunden Haben. Mägelt hielt ſich einzig an
le Stufenbildung duch Tetrachorde. Er ging vor Seifen
nen aus, ohne weiteres Vordringen, woher die Mitteltäne ung
tommen find, und mie es zugehe, daß der zweyte Ton vonk
fin und dritten gleichweit abſtehe, der vierte aber dem drit⸗
n näher liege, als der fünfte. Dadurd wurde die Annahme
beyer Tetrachorde von 1.— 4. und 5. — 8. Tone willküͤhrlich.
aͤtte er die Fortführung der Toͤne vom letzten des erſten Ta
achords Begonnen, ſo waͤre er zur kleinen Septime gelangt,
id mit dieſer zur nothwendigen Ausweichung, die freylich
acht, daß der Saͤnger (S. 57) lieber b als hingen wird,
d woraus ſich alle es und iä > 61, 6a, 8) nardelich
htfertigen laſſen.
Ueberhaupt koͤnnen Die Erhoͤhungen und Erniedrigungen der
ine, die durch ein Kreuz und b angezeigt werden, dem jungen-
änger wohl nicht leicht begreiflicher gemacht werden, als duch .
e meine Corfieltung ® ar ten
u ern, Sollte aber für
[oc Lu rg
390 Pſciffers Geſangbildaugelehre won Mägeli
melodiſche Bildung wohl etwas gewonnen werben, wenn die
Saͤnger (doch wohl bloß, um ſich im Treffen zu uͤben) die
Tonfolgen g. ais h g und aͤhnliche (wie S. 66) ihrem Ohre
einpraͤgen. Sollte nicht vielmehr das’ Ohr für Melodie du
durch verflimmt werben. Der Meier wenigftens, der rim
Tonfolge, wie b as g h (©. 66) zur melodiichen Schöahet
in feinem Stuͤcke erheben könnte, müßte ein wahrer Kr
* —5
meiſter ſeyn. Setzt man as
fo gehörte das as nicht mehr zum h. Welche, Begriffe mn
fhöner Melodie — und Melodie fol doch fchän ſeyn — tm
es erwecken, wenn man eine.gange Schule fingen hört (©. m (8. 7)
ghdeffsg. ghdeffsggm. ghde Fin gg
Ber das ertragen kann, an deffen. Ohre mird nichts mehr jı
verderben feyn. Auch der gefbtefte Sänger würde die fein
Intervallen nicht zu treffen wiffen, und nie zu treffen gelernt
haben, wenn er fie nicht alle harmoniſch ſich erklaͤren kr
MProbire einer mur f gis fis rein zu fingen,. ohne dadıy ı
„des dur zu denken.
Dem gangen Capitel von Melopit geht; mie oben fr
erwähnt wurde, das Eapitel von Rhythmik vorand. Kir f
bie -Bereinfachung ber Methode gleich. anfänglich ſichtbar in dt
Hauptabtheilung der Zeitlängen bey ber Tonangebung in lan
ſame, gefchwinde und mittelzeitige Töne. Nur die Bezeihnun
Hätte ‚noch einfacher und begreiflicher ſeyn Loͤnnen, wenn di
murtetzeitigen Töne (das metre, Mittelmaß ) auf biefe At
11
-.3-6-4- Ei, die verſchnelie ode
J11
Knnoppann Bewegung ſo — ‚und ik
2 ii 4
BR Da
"pr
langſamere 4 dem Auge wie dem Geſihe
BE 75 ' ur H \ .
. ann
N fchferb Geſangbildungblehre von Nägel. 391
vorgemalt worden wäre. Pflegen wie doch beym Audhalten
eines langen Tactes I wohl zu fagen: ı 2 5 4, und
wolte man das Tonhaten oder Forttönen augenfceinlicher
bezeichnen, fo war das Vindungszeichen dazu ben der Hand
44 j niebrigens iſt dieſes ganze Capitel in feinen.
—
Elementartheilen erſchͤpfend. Aue einige Irrung moͤchte es
veranlaſſen, wenn. ber Schuͤler lernen ſollte R eine Zeit,
N 2 |
d eine Halbe Zeit, A eine Viertelzeit zu nennen, weil er
doch in der Folge das erſte als ein Viertel, das anpre als ein
Achtel, das dritte als ein Sechszehntheil auzuſehen fich gewoͤh⸗
nen ſoll. Den Notenzeiten werden die Pauſenzeiten mit ihrer
Bezeichnung an Die Seite geſtellt, wobey die guten Lehren von
Athemholen zum Beweiſe dienen, daß ein gutes ſyſtematiſches
Lehrbuch unmäglich zu gleicher Zeit ein gut methodiſches ſeyn
kann. Im Syſteme ſoll jedes Capitel unvermiſcht mit den
andern vollſtaͤndig abgehandelt werben, in der ptaktiſchen Un⸗
terweifung aber muß nothwendig eins ins andre greifen. Es
läßt ſich kein Ton angeben, noch weniger eine Reihe von Ts
nen, ohne daß der Lehrmeiſter alles, was zur Anftellung beym
Gefange, zur Intonation ſelbſt, zur Führung der reinen “Dies
Iodie, zum Treffen bee Sintervallen, zum Aushalten in der Zeit ic.
gehört, ungzetheilt im Auge behalte.
Auf die. beyden erfien Capitel folgt das dritte von ber
Dynamit. Vielleicht wäre. es rathſamer geweſen, dem erſten
Capitel die befammte Ueberſchrift zn gebens Zeitmaß oder Tact,
dem audern: Melodie, dem dritten: Stärke und Schwäde des
Tone, ober wenn man es. gemefiener nchmen wollte: Tonzeit,
Tonfolge, Tonftärke. ‚Ohne Puriſt ſeyn zu wollen im eigent⸗
ſinnigen: Verſtaude, wird man gern dis ſchwerfaͤlligen Undeut⸗
ſchen Namen da vermeiden, wo allbes auf Dentlichkeit und Eins
falt angelegt wurde. Was in den vorigen Capiteln nur theil⸗
weile Gewinn mar, bag iſt es in dieſem gang. “Denn nir⸗
392 Pfeiffers Gefangbilbungsichse von Nageli.
gends war bisher das Starke und Schwache. und die Birkum
von beyden mit allen, -Wobificationen des Tonſchwellens, dis
Tonhaltens und des Tonverſchmelzens jo beachtet werden. Hätte
nur das Tonanſetzen und abflerben, das Verſchlucken und Ah
flogen, und alle Bewegungen, bie unmittelbar dem Athen
GSeele und Empfindung geben, und dem Tone Ausdrnd und
Charakter einhauhen, anhauchen und abhanden, nicht Abe
gangen werden dürfen. „Oder in welches andre Capitel von
Tonelement wollte man das smorzando, stoccato, skorzando
und das ins zweyte Eapitel Hinüberfpielende rallentando etc.
das Werfchleifen, Dehnen und Lebertragen der Täne, felit
das in der Folge erſt bemerkte Tongewicht fielen?
Nah diefen Abhandlungen folgt die fehr wichtige Echn
von methodifcher Verbindung ber rhythmiſchen, melodiſchen und
dynamiſchen Tonelemente. Erſt wird. gute ‚und fchlechte Zei
des Tactes erklärt, was allerdings (wie 6. & gefühls wir)
zur Dynamik gehört. Gute und fchlechte Zeit find Ausdrädt,
Die wohl nicht ſchlechter gewähls werden können, und es if
verdienſilich, ſie durch beſſere und verſtaͤndlichere zu werbrängen.
Aber in der Wahl neuer Kunkkausdräde kann man micht vor
figtig genug fenn. Die beyden Worte Drudton und Hallen
haben in der Ausiprache ſchon etwas druͤckendes, aber uk
unbeqnemer fcheinen fie zum Gebrauch. Ein guter Tacttheil
fol nicht drücken, er ſall lebhafter anfprechen , alter Barum nidt
weniger Hallen, wie der Halten. Hier kommen nun auch di
Verlängerungen ber Töne Über das angenommene Zeitmaf. vor,
bie gewöhnlich durch einen Puntt nach der Note und durch Ben
kuͤrzung der folgenden um die. Haͤlfte angedeutet werben, ein
Erfcheinung,, die ſich über Vengeffenheit im ı. und 5. Capitd
Befchweren könnte. Sin. der Motemiehre hat dieſe Zeichmungtart
weit dam Puncte einen: doppelte Sinn. Sie drücke entweder
ein. (ohggliggen . Verweilen bey Der More ans, oe man zuge
verläßt, a ⸗— a, oder man wid den fol
genben Zen er einen: Vorſtoß vorſtaͤrken, und dem Geſange
BIEHois Geſaugbilduughlehre von Misc 393
ven Charaki vs Heſtigen und F Eindringlichen geben
Bi u An . I Ih ih: vade⸗
gehoͤrt ſchon zum kunſtreichen Vortrage. Aber gleſch Hey u
Verſuchen gefäliger Tonverbindangen (dem: ungefälige un
gefangwidrige (wie ©. ög Tr = I
wollen wir gern Äbergehen) hätte nur der Grund gezeigt wer
den können, warum einige Noten fürzer, als andre gezeichnet
werben wollen. Das erſte Beyſpiel gab dazu die willlemamenfie
Gelegenheit. erben Der
zweyte Ten iſt kurz, weil er ben Uebergang zum dritten aus
made, der 1. 3. 4. aber bleiben lang, weit es reine Conſo⸗
nangen find, auf welchen die Melodie perweilen muß, weil fie
verſtaͤndlich bleiben fol. Angenommen nämlich, daß einzig nur
die reine Conſonanz dei Grundbeſtand der Melodieen ausmacht,
Diefe Wahrnehmung, daß in der Melodie alle Intervallen zwi⸗
ſchen ı 35, 1 6 3) nur als Uebesgänge gu betrach⸗
ten ſind, haͤtte auch Tongewicht ſchon ihre Stelle gefun⸗
den. Denn eben darin liege der Grund, warum fi (5. 20)
eine melodifhe Tonreibe ohne Tact nit gut auffaflen läßt.
Vortrefliche Blicke ins Neih der Time (oder eigentlicher zu
seven, ins Gebiet der Kunſt) findet man zuweilen. "Won Dies
fee Art IR der Gebanke (S. 94) „jede Uebungsſohaͤre ſoll, fuͤr
Ach betrachtet, ſchon allein der Kehle wegen, ein kleines in fih
geſchloſſenes rhythmifch melodiſches Kunſtſtuͤck ſeyn. Nur mit
einer geringen Abänderung ber Worte gibt dieſer Ausſoruch
den ſchoͤnen Grundſatz: jede Uebungsphraſe fol, ſchon allein
des Geſchmaͤcks wegen, ein ſchoͤnes rein melodiſch rhythmiſches
Runftgebilde ſeyn. Hierauf ſcheinen bie kurz vorhetgegangenen
dreyßig Beyſpiele zur Eindbung nicht viele Ruͤckſicht genommen
304 Melfers Gefongiiunukichre von Nicell.
gı haben. Weit mehr Kolgfamleit.verrarhen die nädıftem deenfig
Nummern, mit Ausnahme von m. AXIT, wo die geflifientliche
Verlengnung: der großen Septime beym Schluß des erſten
Ganges in den beyben Tetrachorden, recht auffallend: ſtrafbar
"ms Oder füle Etwas Hätte der Componiſt ben Borfuͤhren
ber Viebungsphrafen: auch vom Ban melodifher Saͤtze, von
Gliedern, Eintheilungen und Abfchnitten dem Sänger begreifs
lich machen foßen, was beym Athemholen ihm fo wichtig fern
muß. Gelegenheit dazu bot ſich in Menge dar, wie z. €. der
Satz ©. 99:
J
Unter allen Beyſpielen aber find die nun folgenden dreyßig
Uebungsphrafen in der Tonftärke bey weiten die beften. Bann
folgen verpöin rhythmiſche Veraͤnderungen auf dns Thema
Warum aber fol die harmoniſche —— grade die gefchärfte
heißen ($. 40), wenn die biatonifche hie flache, und die chros
matifdye bie gedrängte genannt wird. Es ift Die anmuthigſte,
gefälligfte und fließendfte Tonfelge, bie wahre melodifche Tons
leiter. Jene andern ſind nur ihre Melismatik. Sie iſt bele⸗
bend (weder faſelnd, noch ſchleppend), aler auch zugleich lieblich
und geſchmeidig, ſie ſchaͤrft und iſt nicht geſchaͤrft. Eben fo
ſchielend erſcheint auch das Kunſtwort: flach. Was am Schluſſe
dieſes Capitels vom Portamento geſagt wird, das war für den
Zweck diefes Lehrbuchs aͤußerſt ſchwer zu beruͤhren. Man ſieht
es auch am den Gchreibs oder Druckfehlern messa voce etc.
baß hier.der Gingmeifter, der ‚nicht von Grund aus. mehr- ver
fände „. fi auf ein unſicheres Feld wagen würde. Und dech
iſt dieſes grade die Seele des Gefangse. Aber da erfennt man
wieder, das nicht alles Schoͤne ſoſtematiſch und methodiſch ſich
Men. ehe
Bfeiters Gefanghildungsizhee von Migei. 306
Das au folgende Capitel, von der Motirungstunf, if «in
eben fo .erfreuliches Zeichen, daß man die Wichtigkeit diefer
Kunſt und ihren Einfluß auf das Vermögen, fih der Muſik
zu bemächtigen, anerkennt, als es ein tranriger. Beweis von
der Mangelhaftigkeit unfers bisherigen gewöhnlichen Unterrichts
fen wird, der einer eignen Anweifung zum Schreiben bedurfte,
ohne welches keiner leſen lernen follte. Nichts in ber Welt
folten die Augen fehen, was die Hände nicht eben fo millig
nachgubilden fich verſucht fühlten. Erſt das umd. nicht eher,
dürfen wir fagen, daß wir etwas begriffen haben, als bis wie
es fo lebendig uns vorflellen, daß wir jeden Augenblick, wo es
verlangt wuͤrde, wieder darſtellen koͤnnten.
| Bielleicht werden manche dieſen Unterricht, ndtiren gu
lernen, zu weitlaͤuftig abgefaßt ſinden. Das, worauf es beym
Notenſchreiben mechaniſch ankommt, haͤtte kurz zuſammenge⸗
nommen werden, und die praktiſchen Uebungen im Schreiben
billiger Weiſe gleich mit den erſten Tönen ihren Anfang neh⸗
men follen. So fcheint 3* auch, daß die im zweyten Capitel
ſchon vorkommende jetzige Benennung der Noten in Deuts
fand (wontit man den Sänger, ber nie durchaus hiſtori⸗
fher Kenner der Tonkunſt feyn will, fehe bequem verfchenen
tönnte), desgleichen die von unſrer dermaligen Temperatur abs
hängigen: Tonweifen mehr in bas allgemeine Capitel van For
tenkunde, als in das befonbere von Notenſchreiben geftelle wers
den müßten. Dafielbe gilt, ‚nur noch meit mehr, von dee
Kenntniß der Namen unfrer Intervallen , Prime, Secunde,
Terz ꝛc. Fuͤr diefe haben wir ja gar feine Noten, bloß Ziffern.
Da aber einmal alles, was bey gefchriebenen Noten vorkommt,
Hier nachgeholt wurde, jo wurden auch nun die Octavenunter⸗
ſchiede unter dem Namen Toͤnfaͤcher, die Italieniſchen Kunſt⸗
worte zut naͤhern Bezeichnung des Zeitmaßes und des Vortrags,
und endlich die muſikaliſchen Figuren des zierlichen Geſanges,
Triller, Doppelſchlage ı.. dem. Notenſchroiber zugeſchoben.
So weit geht die allgemeine Tonlehre. Es folgt nun die
beſondere. Dorunter wird, wa⸗ mancher nicht errathen wuͤrde,
ac 8
396 Pfeiffers Befangdilbungsichre- von Ragell
bie Verbinduug des Gefanges mit der Wprache HAfkanden.
Sehr ausfuͤhrlich wird pafoͤrderſt von der reinen Aubſprache
gehandelt. Bey den Vocalen und fogenanmten Toppelläuten;
beiten auch noch Die Umlante voraingehen, wird angefangen.
Dann wird gefungen bu ha ha he hi hö hä hi hau heu
hei, alsdann ha da ga ba, ta da pa ha, dann fülgen alı
Confonanten qua za scha cha. In dieſen allen hätte die Ge
ſanglehre nur anf Olivier verweiſen follen. Es war zwickmaͤ
Big, wenn‘ der Seſanglehrer nach allgemeinen Erinnerungen
und Bemerkungen über die Neinigkeit der Ausſprache nur aud
Sorhandenen Tonſtuͤcken (worin. qua und cha im Deutſchen
wohl felten vorfommt) Beyſpiele des mit dem Wortlaute ver⸗
bundenen Tonlaute vorfüßese, wie S. 187: 186 Hör
ang
IE — viele andere Be
: Ge. - sang. : es er-frent .
aber, wäre es auch mir, um dae scharhane seht auffaͤllig zu
machen, wie z. €.
| 4 E
"Fest -lied Fest - lied re
müßte das. reingehaltene Ohr nie gun hören Sefommen.
Mißlich war es darum auch, eine Sammlung viel
Strophen, oder Verſe auf eine Melodie (mie &. 154) jum
Beyſpiele anzuführen. Man vergleiche nur den nailtlichr
Vortrag ber Bee z2ıdı — mit dem
:Waldströme' rau -schen
mamlichen Geſange ber Worte: Seht: Blitze leuchten.
Der melismatiiche Gefang wird Im Gegenſatze des ſyllabiſchen
umtet eine beſondere Abtheilumg gefegr, Die hlet niis elementa—
Wiethers Gefengkilbungäichre von Rägeit. 387
ziiche Berbinbung der Tenkunft und Dichtkunſt erſcheint. Die
Verbindung. aber des Tonlauts mit dem Wortlaute kann fo
gut als wie das Spibenfingen (im Grunde if ja. ein jeder
Wortgeſang in Splbengefang) auf das. Bingen eines DBocalg
in mehrere oten bezogen werden. Außerdem tft beym melis⸗
matifchen Geſange, worunter ber Tonkundige an etwas ganz
anderes zu behfen gewohnt IR, von Seiner zigcheh Dichtung
bie Mebe. Die gewöhnliche Smufenleiter mit dem Terte: unfee
Töne fletgen aufwärts — unfre Töne fleigen abwaäͤrts, erin⸗
nert zu lebhaft an die Gpiefereven, wis man fie in den Sing⸗
faulen : von’ Cantor Weimar. ıc. findet, oder der Huud canis
friße den paris. "Als Probe richtiger muſtkatiſcher Declamation
darf es auf *3 wre angefehen erben. F
. e.-ausführfih werben die Vorbereitungen zur ins
bung italian Stüde — 2 Ob ale —28* dieſer
Anleitung folgen werden, muß dahin geſtellt bleiben. Zu leugs
nen tft es nicht , daß hier ſowohl als bey der Organiſation der
Schule zum Kunfinftitute ungemein viel Vortreffliches und
prakriſch Brauchbares gefagt wird. Allgemeine und befondere
Neflerlonen, worin unter andern auch Zormbildung und Ger
müchsbildung eine Beſchulung und Befruchtung genannt wird
— 'ein Heiner Druckfehler Hätte hier einen argen Mißton erres
gen konnen — machen den Beſchiuß von einem Werke, welches.
(hop in dieſer Form als ein Ganzes betrachtet werden kann,
und fo reich an Erweckungen neues Ideen, und an ernftlicher
Erwägung iner —F Duden ift, daß * —* mh
würde, wenn auch das Verſprechen ber na enden Theile
Fl ——* über eine Bi Arbeit nicht Aufs äußerfie
parilt. en 0
m
ni — — —— —
Epigraminatische Anthologie aus griechischen und römischen
"'Dichtern. 2 Bändch.: Frankfurt a. M. bey Varrentrapp
v
- e
. ü, Wenner. 1808. 8. (1 fl. 30 tr.) |
Das er ſte führt auch nach den befondern Titel;
Epigrammenlese aus der griechischen Antholagie für die oberp
» ’
"Klassen gelehrter Schulen. 131 ©. |
: Und das zweyte folgenden Titel:
Epigrammenlese aus Martial für die obern Klassen gelehriex
Schulen. 436 S. 8, . ._ , R ?
| Der Verf. diefer neuen Antholsgie and Griechen und Rös
mern puserihribs ſich unser Des Dedication gu. ben, Herrn
f
. x
398 (Hinimermanns) Epigrammatiſche Anthologie, |
Hofr. Jakobs mit den Buchſtaben E- Z., nd: darin verme
then wir den neuften Heransgeber des Euripides, Hrn. Ernf
Zimmermann, zu finden. Sey es, wer es wolle, er hat
aa Seaetroffene Auswahl Eleiner Gedichte file junge Leute
geliefert. — ne
Das erfie Bändchen enthält 200 Gedichte auß der hen
Anthologie. Der Text iſt and der Jakobs ſchen Ausgabe, jedoch
nicht ſclaviſch, abgedrjckt. Der Berf. bat noaͤmlich, eheile ſelbſt
eigne Conjecturen in feinen Text ethoben, theils ans Zalbob⸗
Commentare ſoiche, die ihm wahr gu ſeyn dunkten der :gemeb
nen Lesart vorgegogen, ohne jedoch dieſe gemachten Aenderun
gen irgendwo anzugeben. . EEE
Die erfle Veränderung fand Rec. ©. 43. ı zur für. zur;
und dieſer Schreibart bleibt der Verf. fih auch fernerfin is
diefen und ähnlihen Wörtern treu 5. B. xav nicht z&v; xar
Sads nicht zavdade. Wichtig; denn nad den Geſetzen der
Griechiſchen Sprache wird bey ber Zufammenziehung des xal
mit dem folgenden Worte auf jenes « in.xai durchaus Feine
Rüdfiht genommen; und es kann nur dann ein Jota unters
geichrieben werden, wenn Die folgende Anfangsiyihe in Jota
ben fih bat. Daher I. B. xal Lày in xav; zar Erterge iR
adnerta; aber xal eira in xAara; xal eine in xüsre; zal
ira In xgue; xal eig in xds, oder was Valcken. ad. Eur.
boen. 377 S. 217 vorzieht xeis. "Eben daher. Tail on xö,
nicht x. Zu verwundern iſt, daß die andere Schreibart ih
nnoch in einigen trefflichen. Ausgaben. findet. Schi
3 Dionyſius. Wäre die andere Schre *5 ſo
müßte oi dAAoı in @AAoı verändert werden, ‘weiches nicht
geſchieht; und wie follte wa odx zufammengezogen werden,
‚und das SZota in fi enthalten? &. Hermann. de emend.
zat. gr. gr. &, . — ©. 4.4, 1 flieht Accınne yEoay fl. A:
yEoov. Dieler Sehler finder ſich auch bey Jakobs. — ©. 5
2 1 ſteht irel neivor; dagegen bey Jakobs ohne den einge
ſchobenen Apeſtrohh. Warum than Kr. 3. bier und ander
wärts und bey mehrern andern Wörtern eingeführt habe, daruͤbe
müäffen wir in dem’ verfprochenen Commentare nähere Auskar
erwarten. ec. kennt dafür keinen hinreichenden Grund, zumal
da fchon allgemein. bekannt if, daß. man feit Homer ftatt Excr-
yog auch xEivos fagte, und daß ſeibſt die fpäteften Dichter diefe
uralte Redeweiſe beybehalten haben. So fest auch ıe hier
mit vorgefeßtem Apoſtrohh 5. ©. ©. 47, Bı, 1. Murs us.
Dankte Hier Hrn. 3. diefes Eud und nicht dag enklitiſche kr
nothwendig, welches es hier doch nicht ift, fo Hätte er wohl
<heffee das 6 von ihre abgeſchnitten, und es dem pe gegeben.
(Aimmeesianns) Epigtammutikhe Authelogie. 399
— ©: 7, 8, 1 ſteht @ mödı, bey Jakobs 4 nrdki, welches
Brunck aus der Vatican. Handſchr. aufgenommen hatte. Ja—
kobs Abſchr. von dieſem Eodep Hest wicht erdiı, fondern ddr...
Indeß wird er aroAs nicht Für ganz verwerflich erflären, um
fo mehr, da er felbft diefe Atpoetiſche Form an einer andern
Stelle ©. 64, 117, ı beybehalten hat. Da dort, wie hier,
von der heiligen Stadt Tropa Die Mebe Hi, To würde Rec.
die Ältere und daher fenerlichere Form zröiı der "andern
nöd vorziehen. — ©. 8, zo, 5 iſt Wakeſields Tonfectur xix
Meigns verſtaͤndig ſtatt al M. aunfgenommen, welche au
Jakobs nicht verwirft, und allerdings «ine ſehr natürliche Ver⸗
bindungsart iſt. Dagegen Bas In -3.: chen fo verfländig das
Boswopinv (fo hätte er das Wort follen druden laſſen, da er
doc einmal DIE neuere Schreibart befolgt) umgeändert gelaflen,
und. ihm weder das Wakeſteld ſche Boswopins, noch das as
kobs ſche Boczepiar, eine Form, die hier nicht hergehoͤrt,
vorgezogen. — S. 9, 19,2. iſt die Jakobſiſche Eomjertne
zoodumse eörpzens Dehybusros Sovasay fur xeoüna Si
süronTem HIeryönevos dopdaee aufgenommen, weldies wie
fo raſch nicht gethan hätten. . Denn man tönnte hier wohl
fragen, ob je. IeAysadnı zpaduarı in der Bedeutung, ſich an
dem Galle, Tone ergögen, vorkomme, fo wie Hr. J. bey
der alten Lesart fragt, was HPiyyeodaı neoßun du. dovd-
zu» heiße, und. ob dieſes von den Alten je gelagt worden fey-
Der Bor. hält es für Griechtſch, und meint, es heiße, einen
Schall oder Ton durch Die ſchoͤn ducchbahrten Röhre Hemors
bringen, sonos edere per bene terebratos arundines. Was
if —— * Darin? ‚Wie ſollte dieſes Lateiniſche, wenn
jenes Ungriechiſch wäre, Griechiſch ausgedruͤckt werden ? Hatte
nicht Marſhas ‚die von der Palas durchbohrten Roͤhre gefun⸗
den und verfucht, Töne aus ihnen zu locken? Heiße es nice auf
eine ganz aͤhnliche Weiſe :bey Ovid. Fast. VI, 697, wo’ diefe
Geſchichte erzählt wird, . W RR
Prima terebrato per rara foramina buxo
VUt daret effeci tibia longa sonos. ? _
,
And wie fommts, daß Hr. J. in Tempe Th.2 &. 33 mer
das alte überfebt, wiewohl er audi etwas von feinem neuen
zepnöusvog , oder Deiyousvas hinzuſetzt; denn dort ger
„Nike mehr wirkt du dich aus durchboöhrtem Bes
röhe Töne gu boden erfreun.“ Iſt jenes erfte nicht
unfer xpoöua Pyyerdaı di söreirav dovaxav? Daß
Diefe Redensart wicht anderwärts vorkommt, beweist nichts
gegen. fie; denn. we HDdyysoda: fonft: gebraucht wird „ find
auch die Umſtaͤnde nicht fo, wie hier bey Marſpas, der da ver
‚an demfelben etwas warqͤndert,«
R. R.
2
400° Gannmatas) Euictammatitcte aaltogia
"fügt 5 bung. die ne — Roͤhre Tine hervorzulocken.
10, . mit Recht nach Bruns und
Jakobe Vorſchlage Die Lesart her Vatleen. Abfhr.- Kir gib
7 zul öyTog für die alte nal yda xIdv zal we. in des
Text aufgenommen :. fie. iſt durch das vorſtehende Dr Erafı
voller, und die Gegenfäge find darch ir und 2 auffaflender.
Ebenſo ift S. ag, 18,4 weit vollem Rechte Jakobs treffliche Bers
Anderung aiigros, odpawiny fir aidEpos, 73° -alvıny aufs.
genommen. Die bryden Idkteem Worter ber alten - Sesart
waven ohnehin nur ein megiärklicher Einfall Beujumces, wehie
ſchon Die Vatican. Hdſchr. und Pianudes das richtige odeo-
rio⸗ — Jakobs verdemen Mir das einzige richtige und
poetiſche aiapag, . |
. „sur Hülfe für den Schäfer Hat Ber Hr. Verf! nichts bey
gefuͤgt. weder ein erklaͤrendes Negiflet, noch Anmerkungen. Beyı
des hat, allerbings feine Wortheile. Da aber das Schneider ſche
Worlerbuch ‚zur Erkiarung der Authologie no mastche Linke
has, ſo hätte für dieſe Bälle, Die nige. felten ſind, ein ſoicher
Index graecitatis vielleicht dieſen Mangel. abhelfen -töunen. -
: Das gmeyte Bändchen enthält ebenfalls 250 Stacke aus
dem Dauial.' Welcher, Text ' zum Grunde gelegt, und od
was nerambetk, — ader auf fremde
Aucteritaͤt, baräber laͤßt uns die Vorrede unbeftiedigt. "Dex.
faud die gewoͤhnliche Recenſton des Textes. &.46.3. 12 ſieht
eis. Druckfehler habeos für habeas,: und in’ ches’ 'dtefeih Bes
dichte (bey Martial EV, Sg). iſt :der vierte Bres Sedus' Phil-
diaci toreuma caeli hier ‚ausgelaffen, . Warum, weiter
Ser. niet: ihm —* ——— . Auch ſteht hernach
Grantipvs für Oratiana ; denn fo nenut dieſe Arbeices Pin,
H. N. AXXIHU,. ’ ı 7 Auf der nänlichen Beite Br 36: mis
IV, ‚44: iſt big alte. peogadifch unrichtige Lesart bes audern Ausı
gehen Versus auch Hier zu finden: u vor mens‘: iR je
ber Regel nad) lang. Es muß heißen Vesciun, wis Die Niten
abgehärg für Vesurius fagten: . Do kommt es bey Colum.
„133, dep Sil. Ital. VIII, 654 u, a. vor, wiewohi
in einigen Handſchr. dieſer beyden Schriftſteller die mehr fpäsere
Schreib⸗ und Sprechart Vesbius flieht, und von einigen
Belehrten begünkige wird. &. 4 3::5 fleht. nad aguis ein
Dune: Ratt ‚einge Comma, und ©. Br dilehilis für. delebilis.
nmerkungen uͤber dieſes zweyte Bandchen veripricht Kr. 2,
nicht, oh fie gleich wuͤnſchensworth wären, da Dieter gelehrte
Dichten ohnehin: fo arm an gufen-nenen Commensaren ifk, und
Bäpiger mit feinem: verfprochenen Kommengarg: bie
tige —8
mit jeder, Meſſe taͤuſcht. Wir wuͤnſchen dieſemn Buche recht
niele junge Lei. n 2
—......
No. 26. Beidelbergiſche 181.
Jahrbuͤcher der Literatur.
rar aaa ALLAN URALTEN EA TEA ET
Systematische Anleitung zur 'T'heorie und Praxis der Mnemo-
nik, nebst den Grundlinien zur Geschichte und Kritik
dieser Wissenschaft, von J. Chr. Freyberrn von
Aretin. Sulzbach in der Kommerzienrath Seidelschen
Kunst- und Buchhandlung, 1810. Mit drey Kupfertafeln.
XVI G. Vorrede. ©, 24 Theorie der Mnemonik. S. 136
Bragis der Mnemonik. S. 484 Geſchichte der Macmenit und
©. 24 Kritik der Mnemonik. 8
N.adem der, der Sharkatanerte fo verbächtige Lärm und Die
Geheimnißkraͤmerey, mit denen der Verf. vor Jahren feine
Arbeiten in dieſem Zach ankuͤndigte, faft vergeſſen find, erhal⸗
ten wir hier doch endlich einen vollſtaͤndigen Auszug aus feinem
verfprachnen gräßern Werl Das vorliegende Duch ift ſeit
1805 in feinen. Aörheilungen nah und nad erichienen Cs
enthält allerdings mehr, als die verdächtigen erſten Ankuͤndi⸗
gungen. erwarten lichen. So wenig nämlich die Theorie ber
deutet, und wenn gleich in der Praxis nicht von neuen Ers
findungen die Rede ſeyn Tann, fo ift doch der größte Theil
der Schrift, die Geſchlchte der Wiſſenſchaft, eine verdlenſliiche, |
fleißige Sammlung.
Das erſte Buch, Die Theorie der Minemoni in Form eines
Compendiums, enthaͤlt nicht einmal ſo viel, als man uͤber Ge⸗
daͤchtniß und Erinnerung in jedem guten Lehrbuch der Pſycho⸗
logie finde. Das a. Cap. enthält nur die Erklärung, Mue⸗
monik ſey die Wiſſenſchaft vom Erinmerungsvermögen. Cap. a
fährt einige Säge Aber den Zuſammenhang des Gedaͤchtniſſes
nie den. Zufländen des Gehirns an. 6. 9 begnuͤgt [Ih ter
Verf. das Gedaͤchtiß in. Sach; nnd Wortgedaͤchtniß einzuthei⸗
en. Treffend iſt feine! Bemerkung, daß das ſcholaſtiſche
Irtsgedaͤchtniß nur durch eine falſche Ueberſetzung der momo⸗
26
4023: u} rein Muemonit.
ria jocalis der Alten, welches fo viel als Fünftliches Beväde
piß bedeutet, entflanden fey. ‚Kap. 3 die logiſchen Geſetze des
Gedaͤchtniſſes und Erinnerungsvermoͤgens, haͤtte eigentlich die
pſychdlogiſchen Geſetze heißen ſollen. Dieß iſt ſehr mager aus
gefallen, indem es nichts weiter, als die bepden Bemerkungen
enthält, das Gedaͤchtniß geminne dur die Klarheit der Bor
fteflungen und der Erinnerung fiege bie Speenaffortation in
Stunde. Cap. 4. Lehrgebaͤude der Minemonik. Unter diefer
Ueberſchrift werden bie Bekannten zwey Külfsmittel der Diner
monik, die imagines (melde der Verf. Stoffbilder nenne) für
die mnemonifche Symbolik oder Glyphographie, med Bie loci
(welche er Orbnungsbilder nennt) für die mnemonifhe Topo⸗
fogie angeführt. Die Kunſt der Muemonik beſteht darin „ Diele
beyden Huͤlfsmittel geſchickt mit einander zu verbinden: Eap.5 -
endlich wird die Vergeſſungswiſſenſchaft Amneſtonik genannt.
Die Angabe Ihrer Regeln iſt hoͤchſt unbedeutend , der Verf.
wverſpricht zwar mehr darüber im praftifchen Theil za fagen,
Rec. Hat aber nicht gefunden, daß er Wort gehalten Hätte:
Das zwente Buch, die Prazis der Mnemonik, TR nur in
einzelnen Ausführungen originell. ' Cap. ı handelt von ben
Stoffbildern; Cap. 2 von den Ordnungsbildetrn; Cap. 3 von
der Verbindung beyder; Cap. 4 vom Unterricht; Cap. 5 von
der Anwendung der Mnemonik. Das Ganze iſt durch die
Sqriſten des Prediger Kaͤſtner, die oft reichhaltiger; als die
vorliegende ſind, ſchon bekannt, nur har unſer Verf. Ubi ein:
zelnen Methoden ansfährlicher behandelt. : Gegen den Sebrauch
‚der Stoffbilder iſt Kant's Urtheil bekannt, weicher die Methode
derſelben das ingenioͤſe Memoriren nennt. Kant behauptet irrig,
‚was Cicero ſchon widerlegt hat, daß man das Gedaͤchtniß duch
dieſen, ‚den zu merkenden Vorſtellungen beygegebenen Gilt
kram nur noch mehr beſchwere, und fi’ alje damit eher ſchade.
Die Maſſe der Vorſtellungen iſt es ‚nicht, was: Die Erianerureg
erſchwert, ſondern Ihr Mangel an Lebhaftigkeit. Ss Beradt
denn auch wirklich ‘der ganze innere Gebrauch der Sprache für
den Verſtand auf dieſer maemoniſchen Symbolik. Wie würde
‚ 9% Aretin Myemonik, 403
der Verſtand mit feinen abflracten Begriffen Im Denken zurecht
tommen, wenn ihm nicht die hörbaren und ſichtbaren Zeichen
der Sprache dienten? Allein eben weil das Memoriren durch
dieſe Huͤlfsmittel mefontlich erleichtert; mich, ſo iſt es um fo
wichtiger darauf zu achten, ob nicht anderswy mehr gefchades
wird, als wmas..die Erinnerung gewinnt, Kein mnemonifheg
Huͤlfsmittel, außer der bloßen Uebung ‚ gewährt eine gefunde
Stärkung, des Gedaͤchtniſſes, fie beſchraͤnken ich vielmehr..alle
auf Nachhülfe ‚für die Erinnerung. Da fcheinen nun dem Rer,
die toppiggiihen KHülfsmittel weſentlich vortheilhaft und. ohne
allen Nachtheil, jede beſondere erfünßelse mnemonifhe Sum—
bolie wird, hingegen von den Vorwürfen, -die Kant ihr mache,
ſtark getroffen, - worauf man vorzüglich Bey. ihrer Anwendung
in der Pädagogik achten mag. Ein weitläuftiges Spiel mis
diefem- geſchmackloſen Bilderkram bringe den Schuͤler zur Bes
Khäftigung mit albernen Vergleichungen, und führt ſo feing
Urtheilskraft irre. — Des Werf. Bemerkung, daß «6, um fi
einzelne, ſchwere Warte n merken, ein ſehr unſicheres Mittel
fen, dieſe mit ähnlichklingenden zu Affoctiren, findet Rec. ges
gründet. Die eigenthämliche Grundlage von A. Methode ber
ſteht im. folgendem. 1) Zu Drdnungsbildern wählt er die
Bahlenreihe. 2) Die Zahlen. werden durch Buchſtaben bezeich⸗
net. Hierin verfoͤhrt er nach einer regelmaͤßigern Combination,
als andere. Mnemoniker. 5) Zu den Buchladen werden Worte
gefucht, deren bekannte Bedeutung ein lebhaftes beſtimmtes
Bild gibt. 4). Mit djefen Bildern ſuche man die zu merken⸗
den. Gegenſtaͤnde der Reihe nach zu aſſociiren. Wir finden
hier in der Ausführung mangelhaft, ‚daß er über die vortheil—
hafte geometriſche Dislocation der Wilder, wozu andere die
von ihm verworfenen Käufer. brauchen, gar keine Regeln gibt,
und ferner, daß Keine beflimmteren Anleitungen gegeben find,
wie nun, nach Werfchledenheit des auswendig zu lernenden dieſe
topologifche Grundlage angemendes werden ‚fol, Wegen des
letztern Mangels bleibt feine Lehre fehr mager. Was aber dem
Werth dex Methode ſelbſt betrifft, fo werden. ſich -Freplich Ord⸗
208 d. Aretin Muemonif.
nungebild, Work md Zahl ſehr ſicher affociiren )' dein Für den
Gebrauch iſt damit noch nichts getwonnen, da kommt alles auf
den verhaßten Bilderkram zuräd, durch den "man die Ord⸗
hungsbilder nach Aehnlichkeit mit dem zu fernenden -oerkriäpft.
Will man das aber nicht, und behält man dann immer dieſel
den Ordnungsbilder, fo verlieren fie die Lebhaftigktit; 'Fede gute
Tabelle wird alfo eben ſoviel wirken, als fle, ändere hian fie
über oft, fo werden fie niche fiher genug mit dem Zahlen aſſo—
eiirt feyn. Daraus’ fofgert Rec. , daß dieſe Methode fich wohl
zu Kunſtſtuͤckchen, aber. nicht befonders zum eruͤſten Geſchift
empfiehlt. Fuͤr den letztern Zweck fcheint dem Rec. eimergenau
Bearbeitung der nur topologiſchen Külfsmirtel nach den -befün
bern Segenftänden der Anwendung das wichtige; und dafuͤt M
hier nichts geſchehen. -Unter den einzelnen Hier genannten An
wendungen kommt auch die glyphographiſche Benutzung einer
Empfehlungscharte zur geheimen Befchreibung der: ennpfohinen
— vor. Dieſe iſt aber gar nicht muemonifcher Art, fon
rn gehört in äne wett groͤßere Sphare des Bebrauche com
dinatörifcher Kunſtgriffe.
Diefer Praris der Mnemonik Ift eine A6handfing: init der
Ueberſchrift: Darſtellung der Vortheile und beſondern Eigen:
ſchaften des enneadiſchen Progreffionsiykkems, m
gehängt. Sie ſcheint dem Nec. ſehr unbedeutend. Der Baf.
verſteht gegen den mathematiſchen Sprachgebrauch umnter eunca⸗
oͤtſchem Progreſſionsſyſtem die regelmaͤßige VBejeichnung der
Zahlen nach dem Decimalſyſtem, weil: man darin har Neon
einfache Ziffern, und bey einer Bejeichnungtart oh: Nil,
bhne leeres Stellenzeichen für jede höhere Ordnung mtun’ikee
Beihen braucht. Die Abhandlung ſelbſt enthält nur leichte
Golgerungen aus dem befunnten Sat, daß die Zifferſammi
jedes nach dem Decimalfäften geſchriebenen Vielfachen der 9
ein Neunfaches fey. Beweiſe find nicht einmal gegeben. Die
Erwartung einer geheimen Zahlenwiſſenſchaft (&. 134), ia dem
Beſitz Ppthagoras vieleicht geweſen ſeyn fol, zeige, daß der
Verf. in dieſer Gegend kein eignes unthen dat. S. 436 ei
v. Aretin Mnemonil. A405
die ganz grundloſe Hoffnung, daß ſich die harmoniſchen Verhäftniffe
uch dem oktadiſchan Zahlenſyſtem richtiger, alg nach dem det⸗⸗
diſchen ſollan berechnen laſſen. Alle Zahlenſyſteme enthaften, fa
hiefelben Zahlen, nur anders eingesheilt und anders bezeichnet,
fo daß der Unterſchied wohl auf Leichtigkeit, aber nicht auf
Richtigkeit per Rechnung Einfluß hahen kanv. .
Die Geſchichte der Mnemonik Fänge: der Verf. im, ud
Capitel mit Kollestanseg; über Bilderſchrift und Sprache ohne
Wort zund VBuchſtahen beſanders bey Amerikaniſchen Voͤlkern
an, Auffallend zeigt ſich darin, daß die rein mnemoniſchen
Hülfswiptel, welche nur die Erinnerung been, Knotenſchyuͤre |
und Kerkhhljer,, yur\spnnkegifher und nicht Iumbolifcher. Art
ſind. Cap. 2. Man. karm ‚den. Griechen. nicht die Frſindung
der Mosmonit sufchreiben — Sammlung, yon; Stellen. über
den Simonides. Cap. 5. Daß Pythagoras ſchon die Uehuggen
der Mnemonik fuͤr ſehr wichtig hielt. Cap. ,. Fernere Schick⸗
ſale der Muemonik beynden Griechen. Sokrates, Hippiagt,
Renorhon, Platon,, Ariſtoteles, Ihrodefteg, Metrodorug
Charmadas, Apollonius, Plutarch, Phiſoſtratus, Alerander
Aphrodiſiacus, Simplicius. Cap. 5,, Munemwonik der Römern
Ueberſetzung der Stellen, von Cicero de. prataxe und. der, librpe
sum ad Herennium lib. .3 ‚cap. 260 : Dans: M. Ay
näus Seneca, Quintilian, Salinus, Curtus Zortunatianus.
Eap- 6, Die Munemonit im vier und fuͤnften Sahubanderf,
Hier finder. ſich nur die Lehre des Martianus Kapelle. Cap. 7.
Im Mittelalter zeigt der heilige Thamas einige Kenntniß der
Sache, Roger Baco ſchraeb darüber, und die ars magna des
Lullus machte großes Aufſehen. Die Kunſt des Lullus iſt Topik,
aber die Mnemonik der Alten ſcheint er nicht gekannt zu haben.
Say. 8, Aus dem vierzehnten Jahrhundert. if der Dominikas
ner Bartholomaeo di. San Concordio genannt. - Cap. 9. Aus
dem funfjehnten Zahnhundert werden einige Handſchriften und
alte Drucke beſchrieben. Zu Ende diefes Jahrhunderts machte
Petrus Ravennas, auch Petrus a memoria genannt, ſehr vie
Aufſehen mit feiner Kun. „Seine Schrift Toenix Dui Per,
406 4 · Aretin Micmenif.
Ravennatis memoriae magistri iſt hier näher beſchrieben, fü
wie die Schriften von Mattheolus Peruſinus, Conrad Eeltes,
DPhryſfius und Georg Reiſch. Cap. 19. Enthaͤlt bie Auszige
de mnemonifchen Schriften des fehdzehnten Jahrhunderts. —
Sibutus, Jacob Philipp de PYfabellis, Criſtammo Uunhäufe,
Guilielmus Leporens; Jacobus Kolinens, Johann Romberch,
Siulio Camillo. Au Zordan-: Bruno, dieſer enthuflaſtiſche
Verehrer der Lulliſchen Kunſt, ſchrieb viel Verworrenes über
Mnemonik, wovon der. Verf. weitlaͤuftige Auszuͤge liefert. Di
größte Rolle ſpielte aber Lambert ‚Thomas Schenkel, geberen
Sir zu Herzogebuſch der drepfig- Jahre lang als
ſcher Knſtler und Lehrer reifte, mad! nach einem bier geliefer
ten Verzeichniß In-86 Brädten in Deuͤtſchland und Frankreich
Unkerriche erthetlte. Sein Compenbium der Mnemonik fat
Niüber 1804 ‚im einer: Ueberſetzung witdor bekannt gemalt.
Er fiiftete eine, eigne Schule ber- Moemöniker, aus der bier
Martini Sommer, Joh. von Pacpp;’ Eofelfrancus ung Fran;
Martin Ravellin genannt werden, " Cap. ır. und. Fa if aus |
den ſiebzehnten und achizehnten Jahrhundert eine bedeutend:
Neihe Schriften über die Mnemonik angeführt, es zeichnet ſich
abee'Intemand beſonders darin aus, Der Verf. gibt vorzaͤglich
Ninen”inettläuftigen@2fadgng "aus Mi Jo." Doebelii‘ collegium
Atiiemenicum, Hainb. „1707. -Die vielen Misbrände, die
man "Fu Ende dep. ſiebzehnten Jahrhunderts mit dieſer Kunſt
‚getrieben hatte, brachten ſſe in ſo uͤbeln Ruf, daß ſich während
des achtzehnten Jahrhunderts kein „einziges"guter "Ropf damit
beſchaͤftigte. Erſt im Anfang des neungeßnten Sährhamderts
fand Re wieder beffere Vertheidiger. Zuerſt machte fder bir
Paſtor Gräfe in Göttingen wieder auf den. pädagogifhhm
Werth der Muemonik aufmerkſam, dann folgte ‚„Bo4 die
Schrift des Prediger Kaͤſtner, die erſte Ankuͤndigung ˖ Bed Hm.
von Aretin, die Schriſt des Hrn. v. Feinaigle, Kluͤbers
Ueberſetzung des Schenkel und 1d05 weiter das enthällte Ge
helmniß der Mnemonik, Brunners Mnemonit, Morgenfern
de arte veterum .mmnemonica ,- -die - Programme des gu
4
Bassirilievi di Roma da Zoëga. 407
heimen Ru, wolf, und ‚Riäbere Sarift Über Samt und
Serum.‘ 1
FE .. Ra FRE rn . . SS on *
. ” r Ba! y Ku SC nun
Lifikeceri di Roma, incisi da Tommaso FiroH! colle iMustra-
sionird5 Giorgio Zotga mublicati in. Roma Fi Pietro Pi-
;, ranesi, ABlistrib. * AVL XVII. 1808. kl. fal. Sar
- un Er 2 R) u, En
. C Verst. Heidelberg. aa. 110, 5. 9 ms, 99 * 10.)
DOie jehet noch anzuzeigenden Hefte enithalton golgendes.
Taf. 83, unedirt, und B4 Chöre von Maͤnaden.
Die Halfte der Figuren auf der Jetzten Tafel iſt gar nicht
Mänadishu; wie die: andre Haͤlfte, ſondern in der gehatenen
und gemädigten Bemegung, woran Zoega Taf. 19 Tängerinien
der : Tragödie; erkannte. Dod laͤßt der Thyrfus in der Hand
der einen und bie Umgebung (es wechfele immer: eine von
Diengfos: ergriffene mit. einer fanfter geflimmten ab) mict
gmeäfeln; Daß auch jene Maͤnaden fenen. Der Kuͤnſtler ſcheint
Die. Abſuht· gehabt zu haben, eine Art von Cyclus des
Tanzes darzuſtellen, die Bewegungen der Barchusdienerinnen
in dem Centtoſt darzuſtellen den fie in. ſpaͤtern, und gemilder⸗
ten Zeiten der Dienyſiſchen Feyer, vielleicht auch ig der Wirk⸗
01027 qusdräktten, als niche oe mehr der Tradition ſtreng
anhingen.:. Taf. 85. 86. Unedirt. Thiaſoten des Dios
ny[d8, ſechs Fauren von ‚way. Candelabern geſchnitten. Auf
dem einen ein Pau und Satyr mit Fackeln, nach den Floͤten
eines andern Satyrs ſchraitend; auf dem andern ein,.orgifcher
Tanz von, iner, Maͤnas und zmey Satyrn. Der-Sehraich der,
Candeloher IR dabey eruirt. Taf. 87. Unehirt. Spielende
Satyeon⸗Dreffend erflärt aus einem bay. Nem vprlommenz
den: Volketanz, wo zwer einen Reif faffend.;.fih auf. derſelben
Stelle: anf; kleinen Steiuchen herumſchwingen. Dazu muſicirt
ein Satyr, und ein antter trägt einen Koch voll Fruͤchte als
Preiß⸗ Taf. Bi: Sarprester Amorin. Wind. Mon,
N. 7. Nach Zoega nur ein grotsstes oder phantaſtiſches Ver⸗
sierungegäd, Visconit hatte Mus. Biol. Via
/
383 Bassirllievi di Roma da Zoëga.
merkt, dab, was wir Genien nennen, bey den Alten Sefkäntis
Amorinen heißt, und daß jene ih nie als Kinder finben, zu
gleich aber unfern Sprachgebrauch zu rechtfertigen gefucht. Zoega
ſetzt hinzu, daß nirgend ein Gening mit Fluͤgeln weorkomm;
die nebſt dem Kindesalter das Charakteriſtiſche der Amorinen
ausmachen: Er beſtimmt darauf genau, als KReſaltat vieler
Forſchungen, das Verhaͤltniß der Bedeutung von Exoten, Su
nien, Dämonen, und flellt Platons Phantafleen von gottlichen
Weſen gufaimmen, mit einem ſathriſchen Behtehblick' auf die
* Siehpfärsnilee, welche fie ohne meiteris für Dogmen- mahınen,
und in in’ Opflem--ausbildeten. - Dis Recht haͤlt? vr es fir
höchig, um die Monumente im Sinnahrer Zein aucknerfiche;
und mit ben: Worten der Alten in Uebereinſtimmung gu bein
gen, ihres elanien Ausdräde; ſobiet ale möglich‘, zu gaͤhrauüchtn,
und Die ‚ woraus Zweydeutigkeit und Verwirrung bes Vovftellung
entſtehn koͤnſte, zu meiden; wtfe: uch den falſchenne Mamen
Wenins aufzugeben. Taf. 89. Unebirt. Am oriwund un
Satkyretten, von einem Puteal im ſymmetetthen Geſchmad
von Briefen. Zwiſchen Kraiern and: Thymiaterlen Amorinen
vreitend auf einem Pancher, Bock and Otier, welche von Sa
tyrn ans den Kratern getränkt werden. Kaf. do. Bfielt
von Ahöriner, edirt Galk Giuta 9, 10h, und ahalich
dem Relief "Mon. Matth. 3, 44, und in einigen - dein Ge
mälde- ser Philoſte. I, 6. Scharffinnige Auslegung aller. feinen
Beziehungen, "in: dem libenssufien ‚I nammigfaftght?inatven
Bilde, nt eitigen: gelebrten Erbrcevungen über athletiſche Dik
‚ten. "Taf. Hi. Unedirt. Apollinifhe Amsrtinem, Eike
ſplelt Raute, und hat Apsflons-Naben neben ſich ir-landrıe
rrankt den Greif. deſſelben. Die Cuptoes bedeuten 'atnßdn det
herrſchendſten und ſAßeſten abler: Leidenſchaften, der Aebe, nad
Philoſtratus auch oe andernz vallein ofe bleibt! undeſtiinmt,
wenn naͤmlich Kinderſiguren in: deu: Geſtalt Ye‘ den Meetvuren
von Göttern vorkommen ; 06° bis: im ihnen herrſchende Idee die
Wortheit der Liebe iſt, alegorifchvorgekelle als Jager, Kriw
ger und dergleichen, obder; aber :Hte Leidenfchaft, Melhe-di
N
Bassirilieyi di Roma'da Zoiga. 408
Attribute bgeichnen, zur Jagd, zum Krieg, aber endlich, oh
es nur ein capriccio des Kauͤnſtlers iſt, ſich eines Sinderfigug
‚zu hedienen, um an Diana, Mars, oder eine ande Gotthelt
gu erinnern, wie man wmygthiſche Suͤjets durch fie, porgeſtellt
hat. Denn: die zwey Epigramma der. Anthologiedie auf dig
Macht des Eros gus dieſen Kindern mit den Atzributen bee
Goͤtter ſchließen, ſcheinen wehr witzig, als wahr. Auf zuniver
Tafel IE Des, letzte. Kinderfigaren gehören uͤbrigens auch zu
den bloßen Dunementen. , Oft gab. man Diefen deny aus Liebes
gum Mdeutenden und. Bezichungéreichen auch. in Mebendingen,
paſſende Symhole von Goͤttern, aa) Handwarkskuͤnſtler zoger
ſolche auch nf. Dinge: uͤher, — fie nichts zu thun Hatten;
fo daß. bie: meiſten der nisien; Goͤttergenien aus, dem Verzie⸗
xungageſchmack wisiprungsm Tone Aürflen., - Nech des Ren
Meinang ſird noch einige andre Motive des Wohlgefallens au
diefen Vorſtelungen 3u beuiäfichtigen. ‚Taf g2. Unedirt,
Komogs, Batt des Schmaunſeß, und ber. Selage, nah Phi
dofte.. I, a ‚fahr wohrſcheinlich erklaͤrt, obgleich dur folgenden
Abschnitt &:-236: vorminhen med; daß Philoſtratua in-dep
Erklaͤrung dieſes Bildes geiers: Haben. möge, Ang ſchicklicher den
Schlaf, wie nächtliche Muhe des. Brautpanıs „um deſſen Thor
lamas her · noch geſchwaͤrmt wurde, vorfellte, : Denn warum
ſollte Her. Gott des. Schmaufes ſchlaſen, während der Ochmaus
nohrin, voller Regſamkeit iſt. Die irrige Erllaͤrung des Phi⸗
Aoſtrauus Bonnie. wenigſtens zur richtigea das vprliegenden Mas
sumenss feiten.. Meyer:.de diis gt-diabus Auntouxem hat Die
‚Sigar Mont& antiqu.. Th, Term Taf. ach tbenfells wach, dem
Phaltaſtratus für den Roms enlfit. Taf. 99. Unedirt. Hy⸗
puos ©: 200 —2 . Maine Perſon des Zabel aſt vielleicht
fe wmenmdgfaftig gehildet wornden, als der Salt, nach feinen
Amabmenfdjiehsuheiten. und: sach: her verſchiedenen Natur des
imagit aͤren - Möshene: deſſelben. Dieſer war nach;den. aͤlteſten
Dichtern wit ie wie der Thenew nicht todt; wurde
aber beld ala Aaffiner Schlaf anter manchteley Geſtalten gs⸗
dacht und vorgeſtelt. Dabey por noch eia ſchlafender os,
”- — — N
410 Bassirilievi-di Roma-da Zoäga.
der zugleich dach Schlaf und Träume gab, und inbem er er⸗
wachte, dieß zu thun, feinem eigen Weſen, dem Säit,
widerſprach. Unfer Hupues iſt ein Schläfergstt, und zwar ſo
vorgeſtellt, wie dieſer ſonſt nicht vöorkommt, ein Alter mit dicken
Rruppigen Locken, ſtehend, mit Abergeſchlagenen Beinen, den
Kopf auf:die Hände gelegt, die einen langen Stab haften,
mit großen Plügeln an den Schulſern, und Slägtidien om
Kopf, im tiefen Schlaf Die Figur wird erläatert Dur Doib.
Metam. :II, 585 $. Der Bei. führt uns die Bitder des
Gott Schlaͤfert und des Einſchlofers, ‚ ober Ruhegebers, und
die, - wo beyde vereinigt find, vor, und endlich auch "Sie von
einer Hühe; bie auf Anſtrenguug, oder Senuß folgt, mad nicht
Schlaf if, noh Tod, fondern das, worin fienbeyde Bruͤder
find, in’wäher Bedeutung der Somnus Taf. 15 ya dehmn
x
iſt, friedliche Ruhe, wie nach vollbrachtem Wet, oder ach
einer ſchoͤnen Drahizeit des: Tage) sder des Lebens. Den
fein alter‘ Autor, ‚obgleich fo tele ausfäßrlich: vom Schlaf reden,
erwähnt Fach und Krone von ihm, und Thanatos kann die
Damit imenee gleich bezeichnete Figur eben fo wenig ſehn. Zof.
4, 9, 96. Muedirt. Horen S. o18 - 205 . Allgeineine
Bemerkunzen gehn voraus, die ganze Materie aufzuhellen, und
die Verwechfelung von Horen und Jahrszeiten Afzuheben, die
in den antiquariſchen Schriftſtellern und im artiſtiſchen Sprach⸗
gebrauch hertſcht. Denn jene älteren Toͤchter der Ihemis wur
sen ais Ördneriänen der Kreiſe, woria alle Dinge’gehm, in
Berug auf. die Zeit, was die Mören, aud Töchter der The
Anis, :daschheäften Geſetzes, und! des Zeug, in Bezug anf den
Raum, and tieffinniger von Bedeutung, -als die ſpaͤteten Kores,
Toͤchter des Eykabas, nach bloßer flänlicher Abfraction. Dans
Über: Zahl, Nanien und Eoflüm der Horen. Auf Taf. 94 m
feinen die: Horn. der erſten Claſſe, glei den Muſen und
Grazien „idtey, die Wiederbringerinnen ber Feſte, nach den
Dichtern, und fuͤhren Demeter, die nur gu errathen iſt aus
den Vortrath; ‚den fie bey der. Wiederkehr aus der Erde im
Gewand. tehgt, und Telete (Panfen.g, 30) mis Fackeln. Die
Bassirilievi di Roma da Zoöga. - 4
gibt der Verf. nur als die Ihm wahrſcheinlichſte Vermuthung
über dieß Monument. Taf. 95. Zwey Horen. Taf. 96. Eine
Ara, woran wohloerhällt die drey Horen, eine die andre am -
Zipfel des Gewandes faſſend, hinter einander her ſchreiten,
und Demeter und Kore, oder Nyſa, des Dionyſos Amme,
und Ariadne nebſt Jakchos, der Paredros der Demtter-,; ale u
Dionyfos, mit dem ihn We Autoren fländig iventificiren‘, oder
diefer ſelbſt. Auch hier iſt die Erflärung nur nah Wahrfcheins
tichfeit, aber ‘gewiß fehr fein und bedaͤchtig, beſinimt. Wielr
leicht fpielen die drey Horen auf das Feſt des trietetifchen Dior
nyſos an, . on
So weit geht Zoegas Arbeit. Die drey folgenden Num⸗
mern enthalten noch aus feinen hinterlaſſenen Papisren die -
hoͤchſt genaue Beſchreibung, die er von ben Origiualen aufge⸗
ſetzt hatte, um ſie bey der Ausarbeitung zu benutzen. Dieſen
har Filippo Visconti, Bruder des beruͤhmten Archaͤologen, in
der Eile einiges hinzuſetzt, das mis der Ausführung, die Zoega
jedem Artikel. zu geben pflegte, nicht Anfpruch machr;' verglichen
zu werben. Taf. 97. Raub der Proferpina, eins der
intereffangeften Basrelieſe diefes Inhalte, mit dem das in der
Spaniſchen Reife von Laborde Th. I. Taf. zı auf ungewöhn⸗
liche Welfe übereinftinmt. Taf gB: Apollo an einer vie
feitigen Ara, vor einem Tempelchen chend. "An-den anderh
Seiten ber Drepfuß, der Greif and’ Opfergefchire . Taf. 99.
Der Delphiſche Tempel, das beſte der. vier Exemplare,
„bie, Diefen Segenftand' enthalten; ber: durch Böttiger’Anagl- in .
Mus. Napol. ‚(f. Heidelbergiſcher Jahrb. Yahrgs 1810, H. 36,
(Abth. V N. 11). S. 184) neuerlich hervorgezogen worden If -
Die drey jetzt in Paris befindlichen Seitenflüdde Mus. Napol,
Th. 4 Taf. gr— 10 find hier ebenfalls forgfätttg beſchrieben. Ä
Ohne allem Text ind dann. noch -bengegeben Taf. 100, das in
MWinckelmanns Wetten Th. 3 G. 398 von den neuften Heraus⸗
gebern. erivähnte Wert mit Merkur, ‚Minerva, Apolle und .
Diana, im Kirchenſtyl. Taf. 102. Die alten Goͤtter, die .
Mon, ined, ‚Taf. 6 vorkommen; und endlich Taf. ꝛ02. Zwey
413 Breiger ieb.d. Einf, trau. Seitumfl. a. d. Fuͤhr. d. Predigta.
Mymphen und eine Karrikatur, nämlich ein zwergartiger Silen
ber. Flöten blaͤſt. Da ſeit fo langer Zeit nichts mehr erſchienet
IR, fo ſcheint das’ Werk hiermit beendigt zu ſeyn.
> r D
yo en . . . P
{ 8F *. 4
Haber..en. Einfluß trocriger Beitumflände auf De Zübrung des Tue
. digtgmis. Bon G. E. Breiger Brediger ya Rcheurg. Has
nover/ bey Habn. 1510, 252 & 5
Traurige Zeitumfänhe koͤnnen anf die Zhöruug de⸗ Den
—— merklichen Kinfluß haben. Das Amt kann untıt
ſolchen Umſtaͤnden bald beſſer, bald ſchlechter verwaltet werden
Wis pᷣqe ſcttere erfelge," will der Verf. nicht erörtern. Er will
nur non.bepn erfiern reden, und zwar mum helebrender und ven
mahnender Beiſe. Die Ueberſchrift ſagt alſo nicht genau, was
mon in dieſem Buche gu erwarten babe. Es find Winke für
Prediger, wie fie die, noch dem allgemeinen Urtheile für traurig
angeſehenen Zeitumflände im der Amtsfuͤhrung auf eine vom
Händige-- und erbauliche Weiſe zu benntzen haben. Dir Ber.
bewaͤhrt ſich in dieſer Schrift als einen fein und fcharfden
Senden Manu, er ſagt auf. Veranlaſſung des: vorgehaltenen
Zwecks fo viel ‚allgemein belehrendes, daß man waänſchen
mödte, feine heilen Begtiffe, feine: Haren Vorftellungen, bu
Sonder von dem. verderblichen. Einfluffe des Drüdenden: und
Quaͤlenden, was der Zeitgeiſt uns berbepgefühne Hat, boͤnnten
in ein weiteres Publicum geführt werden, als die. Beſchraͤnkung
der Schtift auf. den Stand, des Predigers- wehrfcheintich ihm
Heben ‚wird. Mirgends wird. dem Vorurtheile, als wenn bu
. krübte: Zeitumſtaͤnde, :fo wie überhaupt die Unfälle. des Lebens
ain unfehlbares Mittel, bie Menihen- au verbeffern und ja
veredeln wären, Lräftiger entgegengearbeitet, als in dem Au
fange, diefer Schrift: Es verdient: dieſer Aheil vom allem ga
‚kefen und beherzige zu werden, denen währt Menſchenwohl
am Kerzen legt: Dem, Prediger ziemt es vor vielen andern
‚hierüber im Klaren zu ſeyn, und nicht den religiöfen Irrthun
zu .begünftigen, daß die Kinder, die der Water allerhinge lieb
’ +
Breiger ichs: Einf. aur. Zeitumf.a.d. Fuͤtr. d. Fredigta. &13
hat, wenn er Me jüchtiget, grade feine beſten Kinder wären
und wärden. Sie werden ſchlecht Die Menſchen, je meh
fie gedrätft und gepeinigt werden, das bleibt eine Wahrheit,
und wenn wir uns au noch fo viele Muͤhe geben, uns diel
ſelbe zu verbergen. Alles, was der gute Menſch in ſolchen
Fällen thun kann, iſt, daß er die Leidenden troͤſtet, den Be
drückten ihre Burde, wo nicht abnimmt, doch erleichtert, und;
wenns möglich I, fie von der Pein befeeyt, die öfters noch
als. ungebetene "Zugabe gu dem Drucke angefehen werben mag.
Dieß kann unter tauſenden nicht-efner To leicht, als her Pre
diger, und es hätte diefer Umſtand wohl verdient, als Gele)
genheit benutzt zu werden, die Wichtigkejt des Predigtamts in
unfern Tagen darüber in ein neues Licht zu ſehen, und darzu⸗
thin, daß dent Menſchen, and wenn. er Allied ‚fu verfieren
(heint, doch nichts verloren gehe, fo: fange’er noch das Heso
tigfte der Menſchheit in Sicherheit gebracht ficht. Welches
Stü Für unſre Zeiten! Eine vernuͤnftige Sottesverehrung fliegt
über- die Finfterniffe des Verſtandes und über die Verirrungen
des Herzens. Das Geſetzmaͤßige wird bey aller anfcheinenden
Gewalschätigkeit in Schutz genommen. Der blinden Willtahe
wird ſelbſt von denen, die nur der Willkähr zu gehorchen
ſcheinen, alle Kraft entzogen, ſchon dadurch entzogen, daß man
die Wilteũhr immer tiefer zu verachten ſich gedrungen fuͤhlt:
Es vricht ein neues Leben für uns an, und dieſes neue Leben
verſpricht uns in jedem Athemzuge eine ſchoͤnere Ordnung, ein
freyeres "Wirken des‘ Geiſtes, ein allgemeineres Intereſfe an
den bisher verkannten Befoͤrderungsmitteln des gemeinen Ber
Ken. Es runden fih) Staaten wie Begriffe. Alles Ungufammens.
Hängende ſtrebt nad; Eintgung,.und nad) Zufammenhang. Alles.
Verdorbene wird ausgeworfen, alles Bewegungsloſe wird aufs
‚gerättelt und geweckt, alles Zögernde wird beſchleunigt, alles Zum
rũckbleibende unaufhaltſam fortgeriffen. Das find erfreufiche
Erfcheinungen, die nur der am Boden haftende Blick berrüßte
Beitumftände nennen barf. Eine ſolche Wiedergeburt aber erk
fordert Kampf. And unter diefen Kämpfen erliegt der Menſch,
—
. 6
th VSreigerʒleb.d. Enſ. traut. Zeitumſt. 4.d. Führe. d, Vredigia
der ſich nicht Bis zu ber Ueberzaugung durcharbeiten kanr ‚Mi |
das Himmelreich ſehr nahe berben gekommen ſey, wenn als
die. Zeichen geſchehen, die die Menſchen mit Zucht und Wär
‚ten der Dinge, bie da fommen follen, erfüllen. Dem-gu Belg
"würde ,:wenn von Zeitumfänden die Rede feyn ſollte, ein um
derer Geſichtspunct aufzufafien fen. . Das Präbicat traurig
muͤßte gleih:im Anfange wegfallen, denn a6, beſtimmt im
voraus den Eindruck, dem die ernfihafteren Ostgachtungen üter |
unfre Zeitverhaͤltniſſe hervorbringen Lönnen, und .Beiner mil
doch, daß dieſer Eindruck der bleibende fern fol. Denis und |
. verfege ſich Doch jeder denkende Geiſt an die Stflie eines Vaterc,
ber. das Schickſal feiner Kinder lenkt. Als einen ſolchen deu
: fen ſich doc ale Freunde der. Religion den Weltbeherrſcher.
Marpe «6 einem ſolchen Water ‚gefallen, wenn die Kinder von
ihm ausiagten: er halte fie zu hart? Er wird wohl wife, |
"was er thut, der verfländige Vater. Das nennt ihe hatt, |
das nennt ihr traurig, aber dafür kann der. Vater wahrlich
nicht. Er zwingt ‚euch, euer Brod mis denen zu eheilem, die -
Bungrig find. Run fo gebt «8 ihnen dad. Es wurde euch je
auch ‚gegeben. Wer hat es mit euch ausgemacht, als ihr ge
boren wurdet, daß. ihr fo und fo viel Guͤter ohne Abzug be |
ſitzen und genießen folltet. Andre Haben keine Güter, muͤſſen
"Leib und Leben unter befhwerlihem Dienfie, mit Aufopferung
aller Freuden der Haͤuslichkeit dem möglichen: Verſuſte alle Zuge‘!
Preiß geben, und ihr wolltet ihnen entgegengrinfen , wenn fe
Bungrig, ermuͤdet, bis zum Ermatten erihöpft euer Obdach
ſuchen, was ihr nicht gebaut habt, einen. üherfläffigen Lums
pen nehmen, um ihre fihmerzlihe Wünden zu decken, einen
Biſſen zur Stärkung und. einen Trunk zur Laburig verlangen,
den fie.gern bezahlen würden, wenn fie Geld im WUeberfluffe
hätten. She zuͤrnt, wenn folhe Menſchen Jahre lang as
einem Drte liegen. Denkt doch nur, es wären eure Kinder,
es wären eure Brüder, fie find es ja, denn fie, find Dienfchen,
ihre. Schuld iſt es nicht, daß fie euch läflig werden. D es
tzibt fein drüdenderes Gefahl, als andern laͤſtig werben zu
t
‚
Breiger Ueb. d, Einf traur. Beitumft. a.d: Fuͤhr. de Predigta, 415
müfen? Das erfennen Re, auch wenn fle. es end nicht immer
merken laſſen, denn Das: mürde zu nichts führen, ale dag ihr
ihnen’ noch meniger gaͤbet. ‚Ste ind alſo die Gedruͤckten, nicht
ihr. Wiil Sas Ungluͤck, daß im Kriege (von deſſen Orenelg
Ihe viellelca noch keine Vorſtellung habt) eure Hütten in Rauch
aufgehen , eure Wohnungen geplündert werden. Guter Gott,
mie mande wären: froh, wenn fie nur fo lange, als ihr, eine
fo bequeme. Wohnung, einen folchen Ueberfluß Im Haufe ges
noffen Hätten, ſie, die Jahre lang ohne Dad, ohne Kleidung
und Bedeckung˖ ſeyn, und Hunger, Froft und Bloͤße tragen
mußten. ° hr verdet beßre Wohnungen wieder erhalten, das
lehrt die Erfahrung der unbegraͤnzten Mildthaͤtigkeit unfree
Zeitgenoſſen, ihr habt noch einen Boden, der euch Korn und
Fruͤchte traͤgt, ihr habt Nachbarn Freunde und Verwandten,
ihr habt (was ihr viel zu wenig tn Anfchlag bringt) eine ges
ſetzmaͤßige Verfaſſung, » ihr ſeyd noch lange nicht mit den
Menſchen zu vergleichen, bie aller dieſer Guͤter entbehren, und
doch fo froh und fo vergnägt dad Leben genießen wie. der Vogel
in den Lüften, . der nad dem Gewitterhagel Ah wieder auf den
Aeſten ſonnt, wie das Kind, das ans der finſtern Kammer,
woͤrein man es geſperrt hatte, wieder in das freundliche aim
mer feiner Aeltern und Geſchwiſter geführt wird.
Sole. Borftellungen find es, die doch ein wenig mebe
beachtet zu werden verdienten, ‚wenn man den guten Vorſatz
hat, die Menſchen Aber manche auffollende Begebenheiten ums
guͤnſtiger Zeiten zu beruhigen. Und grade diefe Vorftellungen
find doch die einzig haltbaren, und. es ift wahrlich. nicht Liebe
loſigkeit, weñn der Menfchendenner dem Gedrüdten und Aech—⸗
genden zuruft: Feiger, du! mas fehle dir denn? worüber haft
du zu Magen? Sich um dich! werde mit der Welt bekannt.
Sieh ‚fo iſt es einmal, das Menſchenleben! Solchen Wand⸗
lungen, ſolchen Zufaͤllen iR es ausgeſetzt. Meinſt du, das wäre
(hlimm?, Bau die nur eine beßre Welt, ſieh zu, ob du eg
anders wuͤrdeſt einrichten koͤnnen, wenn du die Ordnung des
Dinge zw schalten haͤtteſt. Sm Sätzen ader find solche Fein
—
N
416 ° Virgils Aeneis von Spitzenberger.
umſtaͤnde boch immer nur voräßergehende Gewitter. Es find
ein ‘Paar Regentage gegen viele Sonnentage. Der bekannte
Troſtſpruch: es wird nicht immer fo ſeyn, iſt kein keerer Ge
danke da, wo es wirklich einmal ſchlimm sugefl. Daß aber
vielen die nach dem Gewitter veränderte Luft nicht gefaͤllt, daß
fie es nun zu kuhl und ſchaurig finden, das muß man denen
zu gut halten, die immer warme Tage gewohnt geweſen find.
Es gibt andre, denen die gereinigte Atmofphäre wohlthur,
andre, die eine mäßige Teniperatur jeder andern vorziehen
würden, wenn es die Natur nicht fo eingerichter Hätte, daf
had) einigen heitern Tagen Immer ſich von neuen Wolken jw
fammenziehen , ohne welde, wenn fie nie In Regen ſich ergie
ben follten , unſre trockne Erde bald verſchmachten wärde.
.
BERG 2 ——— * PORN
«
Virgils Aeneis, deutfch und Inteinifch, in drey Bänden herausgegeben
von Foſeph Spitzenbergere Erſter Band. Zweyte gar
verbeſſerte Ausgabe. Straubing, bey Ign. Oeigl und Comp.
N u. 218 ©. Zweyter Band 245 &. Dritter Band
260 € u
„Der Verf. ſagt in der Worrede, daß er nach Erſcheinen
der erfien” Auflage von neuem acht Jahr .an der durchaus
verbefierten Ueberſetzung gearbeitet, daß er das Original fchär
fer, ale das erftemal, ins Auge gefaßt, den Sinn des großen
Virgils nah Möglichkeit im Deutſchen zu erreidyen fidy be
fitebt, und daß er bie und da (warum nicht durdans?)
alle ihm bekannte Deutſche Weberfegungen (?) benugt Babe.
Denis hatte früher feine Atbeit nicht gemißbdilligt. Hr. Epb
- genberger hat den grammmtifchen Sinn wohl ne das
Poetiſche aber "hin und wieder verfehlte. Wos Nas Metriſche
betrifft, fo find Rec. zwar keine groben Werköße aufgefallen;
doch hätten die Verſe im Ganzen beſſer gebaut, feyn tünnen,
zumal da der Kr. Ueberſetzer die feit zehn Jahren ſchon er;
ſchienene, trefflihe Voſſiſche Ueberfehung bemußen konnte, und
wenn man fireng ſeyn wollte, als fpärerer Dollmetſcher aud
benugen mußte. Das Original hätte füglich wegbleiben koͤn⸗
nen. In ihrem Kreife dürfte fie vielleicht einigen Nutzen bringen.
'
No. 27. Seidelbergiſche 1811.
Jahrbuͤcher der Literatur.
— — ü ee Tv ven
Annalen der Physik. Neue Folge. Herausgegeben von Lud w.
Wilhl Gilbert, Dr. der Ph. u, Med. ord. Prof, der
Physik u. Chemie zu Halle etc. Leipzig b. Joh. Ambros.
‘“ Barth. 1809. Erſter Band 452 S. nebſt 7 Kupfert. Zweytet
Band 489 ©. n. 4 Kupfer. Dekret Band 455 & m 4
Kupfert.
NM dem Wünfdye, dab dieſe Annalen in der neuen Folge
derfelben, welche der Herausgeber mit dem Jahrgang 1809,
doch ohne Abänderung feines bisherigen Plans, eröffnet, fi
einer recht fangen ungehinderten Fortdauer erfreuen mögen,
eröffnet Recenſent diefe etwas verfpätete Anzeige der vorlies
genden drey Bände des gedachten Jahrgangs, der an Gehalt
den vorigen feinesweges nachſteht. Dieſesmal find es die mit
der Mathematik näher verwandten Zweige der Phyſik, melde,
die wichtigften Bereicherungen erhalten. Zuerfi genannt zu
werden verdienen bier unftreitig die durch alle vier Hefte des.
dritten Bandes fortlaufenden Abhandlungen Äber die Theorie
der Kraft, welche in den Haarröhren und bey
ähnbihen Erfheinungen wirft, von P. S. La
Places; die eine der wichtigften Entdedlungen im Gebiete dee
mathemarifhen Phyſik betreffen. Unftreitig verdiente dieſe
Theorie um fo mehr vollftändig in diefen Annalen aufbehalten
zu werden, da fie fonft in Deutfchland leicht wenig bekannt
werden würde; und auch-folche Lefer, weiche in die Tiefe der
mathematifchen Unterfuchungen der Theorie nicht ganz eingur
dringen vermögen, werden, dem. Herausgeber deren ungetheilte
Aufnahme nicht verübeln. Wie jede aus mathematifchen Prinz
cipien Hergeleitete Erklärung eines bekannten phyſiſchen Phäs
nomens ſchon an fih für den Phyſiker eine fehr willlommene
Erſcheinung iſt, fo wird dieſes doppels der Gall feyn, wenn fo,
27
418 Gilbert Annalen der. Ponff.
wie es hier gefchehn iſt, eine zahlreiche Folge von Erfcheinun
gen zuräcdgefährt wird auf.eine einzige Urſache in der Narr,
deren Wirklichkeit fi nicht bezweifeln läßt, und durch einen
ſtrengen Kalkul bis ins kleinſte Detail wieder aus ihr abgeleitet.“
Wir fehen Hier die mannisfaltigfien Erfcheinungen einer in
unmerfiicher Entfernung, d. 5. in der Berührung, wirkenden
Anziehungskraft aus Einem Principe eben- fo vollftändig und
befriedigend erklärt, als die Bewegungen ber Körper unfes
Sonnenfuftems aus dem Newton'ſchen Gravitationsgeſetz. Ve—
fonders wichtig wird diefe Theorie der Tapillarität noch dei
wegen, weil fle einen Theil der Phyſik betrifft, dm welchem
diefe und die Chemie fi am innigften berühren; und dadurd
- wenigftiens über die Quelle aller chemifchen Erfcheinungen ein
neues Licht verbreitet, wenn wir auch zu ber Hoffnung uns hier
jest wohl noch nicht berechtiget halten därfen, einft alle chemis
fhen Erſcheinungen dem mathemarifchhen Kalkul eben fo unten
worfen zu fehen, als es hier mit den Phänomenen der Capil⸗
laritat auf eine fo durchaus: genügende und durch Verſuche
Beftätigte Weife geichieht.
So wie der dritte Band diefes Zahrgangs durch die eben
angeführten Abhandlungen, weiche zufammen ein in jeder Hin
ſicht vollendetes Ganze bilden, fo geichnet der erfte fich ans
buch eine andere Folge ebenfalls Höchft lehrreicher und die
Wiſſenſchaft erweiternder Aufiäge: über das Verhalten
der Körper zum Lichte, (I. 2c5— 206) „welche uns nens
Cigenfchaften diefes wundervollen Weſens aufſchließen, und den
Phyſiker in ben Beſitz verfeinerter Methoden feßen, die Natur
des Lichts in Beziehung auf die verfchiedenen Körper gu erfor
fehen.“ Vermittelſt eines äußerſt finnreihen von Wollafton
zuerft in Anwendung gebrachten, von Malus in den barans
hergeleiteten Formeln berichtigten Verfahrens lernen wir, wie
das Brehungsvermögen undurdhfihtiger Körper
mit einander verglichen und einer genauen Meffung unterwors
fen werden könne Zugleih Hat Kr. Malus die Reſnltate
feiner mathematifchen Analpſe durch die Prüfung an einem,
——
Gilbert Annalen ber Phyſa. 419
nah Belieben durchſichtig und unbdurchſichtig zu machenden
Köıper (dem Dienenwachfe) bewaͤhrt; Wollaſton Bat an eiit
paar Beyſpielen gezeigt, wie die Erforſchung der brechenden
Kraͤfte dienen koͤnne; fi von Identität; oder Verſchiedenheit
zweyer: Materien zu verſichern. Dee Abhandtung Wollaſtons
bat dee Deutfhe Bearbeuer, Ar. Mollweide, ſchaͤtzbare
Tafele der brehenden: Kräfte beygefuͤgt. In At. Malus Auf,
ſatze fcheine &. 23a der: Text unrichtig, und mäßte wohl heißen?
;b der Winkel, den der Geſichtsſtral mie dem Cinfallziorhe
auf die Horizontale Ebene mat: und 3.7 ls U = —
cos. a sin. (a—b) + etc. Auch &. 259.3. 6. v. u. CB
Rat DB; ©. sög 3. ı BC fi. BD. Wollaſton hat auf
aͤhnliche Weiſe auch die gerfireuenden Kräfte verfchieder
ner durchſichtiger Mittel durch die Neflerton im Innern des
Prisma finden gelehrt: wobey jedoh, nah Hrn. Mollweides
Venerkung, nicht Rüdfihe genommen iſt auf die mögliche
Verschiedenheit in der Zerſtreuung der verſchiedenen Farben.
Mit dieſen Aufſaͤtzen verbindet der Herausgeber ein paar
andere, von den naͤmlichen Verfaſſern herruͤhrende, weiche
Unterſuchungen Aber die doppelte Stralenbre—
Hunginmehreren durchſichtigen Kryſtal len ent
halten. In dieſen wird zuerſt die voͤllige Uebereinſtimmung
des von Huyghens entdeckten Brechungsgeſetzes mit den Beob⸗
achtungen gezeigt, ſowohl von Wollaſton, als von Malus und
La Place (II. 446). Letzterer bemerkt, daß man dieß Geſetz
mir Huyghens Theorie zugleich verworfen habe, von der es
doch. unabhängig ſey, indem es ſich aus anziehenden und ads
floßenden Kräften auf ähnliche Weife ableiten laſſe, wie es von
Newton für das gewöhnliche Brechungsgeſetz geſchehen iſt.
Daſſelbe zeigt er auch für die Reflexionsgeſetze bey dem unges
wöhnlid gebrochenen Straf, Das Unbefriedigende vor Huvghens
Theorie zeigt beſonders die auffallende Erſcheinung, welche man
wahrnimmt, wenn zwey verdoppelnde Kryſtalle uͤber einander
geſetzt werden, einmal mir parallelen, und dann mit ſenkrecht
auf einander gerichteten Lagen der Hauptſchnitte, Aus welcher
*
t
420 Gilbert Annalen der Phyfik.
Erfcheinung . unwiberfprechlih folgt, daß die Wobificationen,
welche den gewöhnlidden Stral von dem ungewöhnlichen unten
ſcheiden, ſich lediglich anf die Lage des Strals gegen die Ay
des Kryſtalls beziehen. Wölig analog dem merfwürdigen Un
terſchiede, welcher ſich ben der doppelten Stralenbrechung finde,
zwiſchen dem urfpränglichen und dem Kereitd einmal im Kryſtal
gebrochenen Lichte, zeigt fih auch, nach Hrn. Malus interh
fanter Entdeckung, die Eigenthämlichkeit- des von der Hinter
fläche eines durchſichtigen Körpers ımter einem beſtimmten
Winkel zurüdgeworfenen Lichtes, daß es alle Charaktere eins
der beyden, tm Kalkſpath entfiehenden Stralenbündel an
nimmt (8. 2923.7u.dv.n. lies: „man fielle den Haupt
fehnitt eines Kryſtalls der Neflerionsebene Harallel“ und &. 295
3. 14 u. 15 „der Zurüdtwerfungsebene parallel.) Mon Hm.
Malus findet fih (IL 465) die Entdeckung noch einer andern
merkwürdigen Eigenihaft des Lichtes: daß nämlich unter ge
wiſſen Umftänden das ſchon einmal zurädgeworfene Licht nit
wieder gurückgeworfen,, fondern von durchfichtigen Körpern ganı
durchgelaſſen, von undurdfidhtigen polirten Körpern ganz ven
ſchluckt wird. Die Erfcheinung ſelbſt und die Geſetze werben
von Maus näher beflimmt. (Der Hier mitgetheilte Auszug
feiner Abhandlung von Poifion ſcheint oft zu kurz gerathen, und
mar Rec. nicht durchaus verfländlih). Er finder in ihnen eine
peue Beflätigung der Newton'ſchen Hypotheſe über das Lit,
und ſchließt daraus, daß nicht nur das Licht der Herrſchaft ber
anziehenden Kraͤfte gehorche, ſondern daß auch die Geſtalt und
Lage der kleinſten Theilchen des Lichts großen. Einfluß auf die
Zichterfcheinungen habe.
Ueber das Höhenmeffen mit dem Barometer
- finden fich verfchiedene Aufiäge. Won Soldner (II. 204)
intereffante Unterfuchungen über den Einfluß der Fench—
tigkeit auf das Höhenmeffen mit dem Barometer;
wobey er wahrfcheinlich macht, daß fid) die Erpanfiokraft überall
wie die Dichte der Luft, wenn diefe im Gleichgewicht iſt, vers
halte. Auszeichnenswerth ſcheint Rec. die treffende Bemerkung
_
Gilbert Aunalen der Boufl: 421
über die Unſicherheit aller bieherigen Hygrometrie und des Verf.
Vorſchlag zu einem Hygremeter. Namond erklaͤrt (II. aan)
die Verſchiedenheiten, welche fi bey Meſſungen ein und dew
ſelben Höhe zeigen, aus. dem .Einuffe der Winde: indern
allemal nördlihe Winde zu große, ſuͤdliche zu kleine Höhen
gehen. Won Hın. v. Linbenau barometriſchen Tas
fein eine ausführliche, mit Anmerkungen begleitete Inhalts⸗
anzeige vom Herausgeber (IE. 236), Ein Aufiag über aftror
nomifhe Stralensrehung in der beißen Zone
(1. 337), von Ale v. Humboldt, liefert Data zu Bu
entwortung der Frage, ob die aſtronomiſche Stralenbrechung
unterm Aequator einerlen fey mit der in der gemäßigten Zong
beobachteten. Der Verf. zeigt zuerſt, daß chemifche Eigen
fchaften der Luft und Feuchtigkeit auf eine Verſchiedenheit zwi⸗
fen beyden Beinen Einfluß haben könne, und unterfücht dann
das Geſetz der Waͤrmeabnahme, welche auf horizontale Stras
lenbrechung dem größten Einfluß äußere. Das Refultar ift, daß
während des Sommers das Geſetz der Wärmeabnahme und
die Horizontalrefraction in der beißen Bone dieſelben als in der
gemaͤßigten ſind.
Bios Verſuche über bie Shastverkreitung
in Dämpfen (IH. 237.) thun dar, daß bey der durch
Schallfortpflanzung erregten Minen Verdichtung des elaftifchen
Mittels Temperaturerhöhung erfolgt. — Wright's Vor—
flag zu einer Cfehe einfachen) Luft pum pe ſcheint Auf
merkſamkeit und nähere Prüfung zu verdienen (I, 187). Cie
Hygrometer für Gasarten beſchreibt Buyton:Mors
veau (1.417); die hygroſkopiſche Subſtanz iſt ſalzſaurer Ralf,
der in die zu präfende Gasmenge gebracht wird, nachdem ſolche
zuvor, genau verſchloſſen, unter den Quechſilberapparat gebracht
worden. Ron demfelben finder fih (TI.52.) ein Bericht von
siner angeblichen im duftleeren Raume gelungenen Calcination
des Goldes durch Elektricitaͤt.
Le Bobuvier Desmortierg neue Unterfuguns
gen über die Wirlungey deg pneumatifhen Fewek⸗
y
422 Gilbert Annalen der Vbyſt
zeugs (III. 228.) find wenig befriedigend, und die Verſuche
durchaus nicht wiſſenſchaftlich angeftele. Won mehrerem Werth
iſt, was fi (ebend. 212) findet,. von Theod. v. Grott«
Hus, über Syntheſis des Waſſers und das Wind;
büchſenlicht. Er glaubte aus feinen Berfuhen folgern zu
tönnen, daß die der Expanſion fi entgegenfiemmenden. Hin⸗
berniffe durch den Widerkand der umgebenden Luft eine notbs
wendige Bedingung find zu der Verbrennung durch die Com
preſſionsmaſchine. Ohne den Druck der Atmoiphäre „würden
wir die flammende Verbrennung gar nicht keinen.“ .
Ueber Schen der Gegenflände in Bezug auf
Rereograpbifhe Projection, v. Simon (II. 5),
iſt ein lehrreicher Auffag.
. Was bisher gefchehen ifk zu Beantwortung der. zur Zeit
Immer noch nicht Gefriedigend gelösten Trage, woher das
zu fo vielen Prooceffen verwendete Sauerfkoff;
gas immer wieder erſetzt werde? wird in einer Bon
fung v. Munfe (III. 428) in bequemer Ueberſicht zuſam⸗
mengeſtellt.
Aus dem Gebiet der phyfikaliſchen. Geographie
enthaͤlt dieſer Jahrgang einige Aufſaͤtze. Linuſſie in „Der
merkungen übrr.die Abnahme des Meeres (I. 308)
ſucht die (06 wirklich volltontien ausgemachte?) Thatſache,
daß das Meer immerfort an Umfang abnehme, durch dir
Hypotheſe zu erfiäcen, daß fehr viel Waſſer nit nur gu. den
Proceffen der Vegetation u. |. w. immerfort verbrauchte werde,
fondern auch durch den Einfluß: der Himmelskoͤrper vom Meere
erhoben, ih näc und nad) ganz von der Erde entferne: und
folgert darauses werde eine: Zeit kommen, da die Erde gan
trocken ſehn, und eine neue Ordnung: son Geſchoͤpfen anf ihr
entfichen werde. — Ueber Winde, Wellen u. ſ. w. finden
fh von Nicholſon und Horsbyrgh * 597) Beobach⸗
tungen und Erklaͤrungen.
Wichtiger iſt Gerſtners ſehr gruͤndlich durchgeführte
Theorie der Wellen (LU. 410). Sinnreich iſt bie, uw
Sabert Annalen der Pbyft. 423
ſtreitig Die wahre Urſache weifende Erklärung Robene ®
einer von Frankfiin beobachteten Hydroftatifhen
Erfheinung (I. 78). — Die Seiches des Genfer—
fees verſucht Vaucher (II. 339) zu erklären, welches aber
weder ihm, noch Micholfon recht gelungen zu ſeyn fcheint.. Bes
friedigender if Lagrave. Sorbies Erklärung des
Mascaxen in dem Dorbognefluß (III. 407). Ueber Mees
restiefemeſſung, ein Aufſatz von A. van Stipriaan
Luiscius (III. 417). — Ueber den Regen und bie
verfhiedene Menge deffelden nah Verſchieden—
heis der Höhen (1. 87). Ob die Menge des fallenden
Regens in der Höhe geringer fep, als an der Erde, und unter
welchen Ymftänden dieß der Fall ſey? |
| Zur Geſchichte und Unterſuchung der Meteorſteine
| finden ſich and) bießmal nicht wenig Beytraͤge. Befonders ers
. halten die im S., 1808 zu Stannern in Mähren gefal—
lenen Aerolithen von Scherer (I. 2) und v. Schreis
bers (I. 33) eine ausführliche Beſchreibung, vornämlic in
Hinßcht auf ihre Incruſtirung, aus deren Beſchaffenheit erfles
ver die Folgerung sieht, daß „eine elektrifhe Potenz auf das
Ganze der Meteorfieine mit Blitzesſchnelligkeit, ader nicht mit
gleicher Intenſitaͤt auf. alle, gewirkt Habe.“. Eben diefe Acras
lichen zeichnen ſich nah Vauquelin's chemiſcher Präfung
(UI. 202) durch ihren bedeutenden Ihonerdegehalt aus.
Nachrichten von Ruſſiſchen Luftkeinen (l. 305) und
von merkwuͤrdigen Meteoren aus dem Anfang des achtzehnten
Sahrbunderts (TI. 3a) In letzterem Aufiag fiel Rec. die
außerordentlich große Anzahl von Mebenfonnen „und andern
merkwürdigen Weteoren auf, welche man zwiſchen 1727 und
1730 in Löbau beobachtet Haben will. Abdruck einer merkwuͤr⸗
digen Fleinen, durch einen Meteorſtein, veranlaßten Flugfchrift
vom. J. 1671 (UI 183). Patrin über den Ur—
fprüung der Meteorfieine (III. 289) haͤlt fie, gleich
vnikaniſchen Producten, für eine chemiiche Verbindung ver⸗
ſchiedener ‚Iufsförmiger Fluͤſſigkeiten.
4 Bilbert Annalen Der EHE.
Uber Davy's große Entdeckung von der Zerſetzanz
der Kalten enthält dieſer Jahrgang, nachdem dee vorher
gehende bloß eine vorläufige Notiz von feiner eigenen Abhand⸗
ung mitgetheilt Hatte, dieſen Aufiag ſeibſt (1. 1135), werm ber
Verf. feine Epoche machende Entdeckung und beren Geſchicte
mufterhaft und hoͤchſt lehrreich ſchilbert; immer noch eime ſehe
intereffante Lectuͤre, wenn gleich die Hauptreſultate Bereits auf
anderm Wege bekannt und von vielen Seiten beftätiget worden
waren. Damals vermuthete. Davy noch bloß, daß es. mit dem
Ammoniak ähnlihe Bewandtniß Haben möge, wie mit dem Kali
und Natron. In einem fpäteren Auffape: „Bildung,
Natur und Eigenfhaften eines mit Ammoniak
erhaltenen Amalgams“ (IF. 245), wird er durch bie
Verſuche mit diefem Amalgam (42000 von der Baſis des
Ammoniak dem Queckſilber beygemiſcht, macht es zum feften,
viermal leichteren Körper, ohne ihm fein metalliſches Anfehen x.
zu nehmen) für den Ausſpruch entfchieden, dab das Ammontal
ebenfalls aus einer Baſis von metallifher Natur und dem
Gauerfloff zufammengefeßr fey. Aber, fragt er, welches von
diefen dreyen if der Fall? And Waflerfioff und Stiäckſtoff
Metalle in Gasgeftale? Oder find fie in ihrer gewöhnlichen
Geſtalt Oxyde? Oder find fie einfache, wunmetalliiche Körper,
die in ihrer Verbindung entweder ein Alkali, oder ein Metall
Biden, je nachdem fie ogygenirt find, oder nicht? Darauf läft
er eine Neihe intereffanser Fragen, Wermuthungen 2. felgen.
Wie, wenn der Waſſerſtoff als das Phlogiften der alten Schule
mit Metallen und allen brennbaren Körpern verbunden , die
Oxryde, Alkalien und Säuren aber Zufammenfogungen jener
Baſen und des Waſſers wären? Merkwuͤrdige Grufenfolge
der Metalle vom Platin bis zum Kalium ıc. Wie, wenn im
Innern der Erde die Erden in metalliſcher Geſtalt epifkirten,
und daher unterirdiſche Fener, Laven ꝛc. entfländen? Die ge
‚wöhnlihden Metaloppde find fpecifif leiter als ihre Baſen,
Bali und Natron fperifiih ſchwerer, weil fie den Sauerſtoff
yiel feſter gebunden enthalten. Zuletzt widerlegt. D. Die vos
GSilbert Aunalen der Phyſtk 425
Says Zaffac und Ihenarb aus ihren MWerfuchen hergeleitete
Folgerung, als fen das Kalimetall ein Kalihydrure. „Er ſey,
heißt es zum Schluſſe, auf die erſtaunende Folgerung gefuͤhrt
worden, ˖ daß Ammonlat und Waſſer aus einerley ponderabler
Materie beſtehen.“ Doch eine dritte reichhaltige Abhandlung
von Davy enthaͤlt deſſen Unterſachungen über die ers
fegung der Erden (II. 365), von weichen: die fogenannten
altatifchen mit Queckſtiber in ber Batterie behandelt, ſaͤmmtlich
ein Amalgam bildeten, aus welchem fih, obwohl fchwierig,
das Metall (Barium Calcium Strontiim Magnium nam
Hr. D. diefe Metalle) darftellen ließ. Dicht fo genfgende
Reſuitate gaben die Werfuche mit den übrigen Erden: doch
hinreichend, um die gegruͤndete Wermuthung zu erweden, daß
auch fie eine Bafis von metallifher Natur Haben mögen.
In Sb. II, ©. 16 und 23 finden fi Notizen von ben
Unterfuhungen von Say-Luffac und Thenard, bes
fonders über ihre merkwürdigen Verſuche, das Verhalten des
Kalimetalls zu verſchiebenen Körpern betreffend. |
Die von Erman II. 061 ausführlich gefchilderten Wahrs
nehmungen über das gleichzeitige Entfiehen von
mehbanifher Codärenz und chemifher Berwands
ſchaft bereichern die Wiſſenſchaft von einer andern Seite her.
Der Verf. gibt zuerſt die merkwuͤrdigen Reſultate aus ſeinen
Beobachtungen, und dann eine Beſchreibung der Verſuche ſeibſt.
Sehr intereſſant iſt es, den vermutheten Zuſammenhang zwi—⸗
ſchen Abdhaͤſion und chemiſcher Verwandiſhaft hier von einen
ganz neuen Seite her: betätigt zu feheh.-- -
Eine nicht unmicdtige Erweiterung anfer chemifden
Kenntniſſe (dergleichen wie der Entdeckung Davy's bereits fo
tele, mittelbar ober immittelbar, verbanden) enthalten: bie
Anterfuhungen Aber die Flußfäure, von den Arn.
Say s Luffac und Thenard (II. 1). Rec. -hebt nur einige
merfwärdige von ihnen gemachte Beobachtungen aus, 3. ©.
daß das flnßſaure Gas ben fehr großer Merwandefhaft zum
Waſſer keines gebunden oder hygrometriſch enthalten kann;
n
438 Berner Sriechiſches Leſebuch.
zum Verbrennen nöthige Theil Sauerſtoff enthalten iſt. Hei⸗
zung von Zimmern und Manufacturgebaͤuden durch Waſ—
ferdampf von Snod⸗Graß (TIT. 395). Der Dampf
wird in Röhren vun € eine beliebige Menge zu heizender Zum
mer geleitet. '
“a we ww v ur
Gricchifches Lefebuch für Anfänger in einer grammatiſchen Ordnung
nebſt einem Anbange Yon vermiſchten Satzen und einem vol⸗
ſtaͤndigen Wortregiſter von G. A. Werner. Stuttgart be
dem Verf. und Tübingen in Commiſſion der I. ©. Cotta ſchen
Buchhandlung. 1808. VIII u. 211 G. 8.
Der durch feine Deutſche Beyſpielſammlung über Bröderd
Lateiniſche Grammatik und nachher auch durch eine ahnliche
Sammlung zum Behuf des Griechiſchſchreibens bekannt und
Fehr näßlich gewordene Verfaſſer hat uns hier sin Seitenkäd
zum letztern gegeben. Dean täufche ſich nicht Durch bie
Titel, als 06 man ein von den erfien Elementen ſtufenweiſe
aufwärts gehendes Griechiſches Leſebuch hier. für die Anfänger
erhielte. Meint der Verf. ſetzt ſchon ein fertiges Declinirm
und Eonjugiven voraus, und was wir hier.vor uns haben, if,
den Anfang und das Ende des Griechiſchen Tertes abgerech⸗
net, nur ein Exempelbuch Über die Hauptregeln der Griechiſchen
Grammatik vom Gebrauch "des Artikels an bis auf die Den
‚bindung und den Gebrauch einiger Conjunctionen. Da dieſes
des Buches Hauptabſicht iſt, und wegen der dazu gehörigen Res
geln, die hier durch Beyſpiele bewieſen werden, auf Das Deutfche
Buch, defien vorhin gedacht iſt, verwieſen wird, fo kann Der Ner.
nach feiner Einfiche nicht amders, als Die erſten acht Selten, welche
leichte Säge für den Anfänger enthalten, für Aberfläffig erflär
sen, zumal da fie ohne eine beſtimmte Ordnung und ohne einen
gewiſſen Stufengang an einander gereiht find. Eben daſſelbe
Prädicat des Ueberfläffigen möchte auch wohl der Anhang vers
dienen. Denn da er nach des Verf. Abficht.dayn dienen fol,
die Scächmen noch weiten. Daraus keunen zu lernen, warum
Werner Griechiſches Lefbuh. 49
rate dazu micht jedes andre Griechiſche Buch tauglich ſeyn, de
tiefe aus Kenophon und Plato gewählten Stuͤcke nicht mehr
Sräcismen 'enthatten, als jeder Attiſche Schriftfiefler.
Aber Hr. W. beſtimmt and dieſes Buch zum wirklich,
schen Elementarbuche, und dadurch weicht feine Anfiht von,
ber erſten Lectäre der Anfänger fehr ab von, der Anſicht andree
Schulmänner , welche anfangs noch nicht die Syntax ex pro-
fesso mit ihren Gchälsen durchnehmen, fondern nur &v na-
eod@, dagegen durch paſſende Lefebücher, in denen immer,
mehr das Schwerede dem Leichtern die Hand gibt, ihre Schüler.
in dee Formenlehre vorzüglich zu befefigen fuchen, jeboch dabey
die Grammatik nicht gang aus der Acht fchlagen. Auf dieſer
Seite iſt auch der Rec. Will man die Grammatik d. h. Bier.
die Syntax gleich zuerſt nehmen, und fie durch Beyſpiele eins.
prägen,, fo iſt das. erfte. Poſtulat, melches überhaupt von jedem
Schulbuche gefordert werden muß: „Miſche nichts früher
ein, was der Schäler erfl [päter durch eine Res
gel lernt.“ Sollte alfo gegenwärtiges Grempelbuch für bie:
Anfänger ſeyn, fo war hierauf die ſtreugſte Sorge gu vers
wenden ; aber dann war die Wahl und Sammlung drenfach fo.
muͤhſam und ſchwer. Diefes Poftulat Hat der Verf. nicht err
fuͤllt. Da jedoch ohne Beweis kein Vorwurf Kraft bat, fo
wollen. wir gleih auf: den erften Abfchnitt vom Artikel. einen
Blick werfen, ob nicht da ſchon etwas von Negeln eingemifcht.
iſt, die erſt ſpaͤtr vortommen. Da heißt es 5. ©. im dritten.
Abfage "Eredeien 5 ’Iooxparns Ödiyars Aukpaıs Üarepor
vüs &v Xaspaveig nayns Wird fi der Anfänger, der bis⸗
ber nur vom Artikel etwas hörte, den Dativ und den folgens.
den Senitiv erklären Bönnen? Im folgenden Stücke wird en
beym Dativ 75 mode, und, ift er mit der Eonftruction des
Lareinifchen dignus befannt, aud wohl bey AELos Iardron.
anftoßen. So kommen in den naͤchſten Stüden Conjunctiven
und Optativen bey Conjunctionen vor, von denen doch erſt.
der. letzte Abſchnitt Handelt, eben fo asdersodas mit zwen
418 Gilbert Annalen der Ronff.
mie es hier geſchehn if, eine zahlreiche Folge von Erſcheinun⸗
gen zuräcdgefährt wich auf eine einzige Urſache in ber Natut,
deren Wirklichkeit fih nicht bezweifeln läßt, und durch einen
ſtrengen Kalkul bis ins kleinſte Detail wieder aus ihr abgeleitet.“
Wir ſehen hier die mannigfaltigften Erfcheinungen einer in
unmerklicher Entfernung, d. 5. in der Berührung, wirkenden
Anziehungskraft aus Einem Principe eden-fo vollfiändig und
befriedigend erklärt, als die Bewegungen der Körper unfers
Sonnenſoſtems aus dem Newton'ſchen Gravitationsgeſetz. Be—
ſonders wichtig wird dieſe Theorie der Capillaritaͤt noch des
wegen, weil fie einen Theil der Phyſik betrifft, im welchem
diefe und die Chemie fih am innigften berühren; und dadurch
wenigſtens über die Quelle aller chemifchen Erfcheinungen ein
neues Licht verbreitet, wenn wir auch zu der Hoffnung ung hier
jeßt wohl noch nicht berechtiget Halten dürfen, einft alle chemis
fchen Erſcheinungen dem mathematiſchen Kalkul eben fo unters
worfen zu fehen, als es hier mir den Phänomenen der Capil⸗
larität auf eine fo durchaus: genuͤgende und durch Verſuche
beſtaͤtigte Weiſe geſchiceht.
So wie der dritte Band dieſes Jahrgangs durch die eben
angeführten Abhandlungen, welche zufammen ein in jeder Pins |
fihe vollendetes Ganze bilden, fo zeichnet der erfte fich ans
durch eine andere Folge ebenfalls Höchft lehrreicher und die
Wiſſenſchaft erweiternder Aufiäge: über das Verhalten
der Körper zum Lichte, (I. 2:5 — 296) „welche uns neue
Eigenfchaften diefes wundervollen Weſens aufichließen,, und den
Phyſiker in ken Beſitz verfeinerter Methoden feßen, die Name
des Lichts in Beziehung auf die verichiedenen Körper zu erfor
hen.“ Dermittelft eines äͤußerſt finnreihen von Wollafton
querft in Anwendung gebraten, von Malus in den darans
bergeleiteten Formeln berichtigten Verfahrens lernen wir, wis
das Brehungsvermögen undurdhfihtiger Körpe
mit einander verglichen und einer genauen Meffung unterwor
fen werden inne Zugleih hat Kr. Malus‘ die Neinitate
feiner mathematifchen Analpſe durch die Prüfung an einem,
Gilbert Annalen ber Phyſte. 419
nah Belieben durchſichtig und undurchſichtig gu machenden
Körper (dem Dienenwuchfe) bewaͤhrt; Wollaſton Nat an ein
Haar Beyſpielen gezeigt, wie die Erforſchung der brechenden
Ktäfre dienen könne; ſich von Identitaͤt; oder Berfchiedenheit
zweyer Materien zu verfihern. Der Abhandlung Wollaſtons
bat der Deutſche Bearbeuer, Ar. Mollweide, ſqhaͤtzbare
Tafeler Ber brechenden; Kräfte beygefuͤgt. In Hr. Malus Auf,
ſatze ſcheint ©. 230 der Text unrichtig, und mäßte wohl heißen:
„b der Winkel, den der Geſichtsſtral mie dem Einfallslothe
anf die Horizontale bene macht: und 3.7 1 sin O = —
cos. a sin. (a—b) + etc. Auch S. 239:3. 6 v. u. CB
Rat DB; ©. 239 3. ı BC fi. BD. Wollaſton hat auf
ähnliche Weife auch die gerfireuenden Kräfte verfchieder
ner durchſichtiger Mittel durch die Neflerton im Innern des
Prisma finden gelehrt. wobey jedoh, nah Hrn. Mollweides
Vemerkang, nice Ruͤckſicht genommen iſt auf bie mögliche
Berfchtedendeit in der Zerſtreuung der verfchiedenen Farben. |
Mit dieſen Auffägen verbindet der Herausgeber ein paar
andere, von den naͤmlichen Verfaſſern herrührende, weiche
Unterfuhungen über die Doppelte Stralenbre—
Hung inmehreren dburhfichtigen Kryfalfen ents
halten. Sn diefen wird zuerſt Die völlige Webereinftimmung
des von Huyghens entdeckten Brechungsgefeges mit den Beob⸗
achtungen gezeigt, ſowohl won Wollafton,, ale von Malus und
La Place (II. 446). Letzterer bemerkt, daß man dieß Geſetz
mir Huyghens Theorie zugleich verworfen habe, von der es
doch. unabhängig fey, indem es fih aus anziehenden und abs
ſtoßenden Kräften auf ähnliche Weife ableiten laffe, wie es von
Newton für das gemähnlihe Brechungsgefeß geſchehen if.
Dafſelbe zeigt er auch für die Reflexionsgeſetze bey dem unges
woͤhnlich gebrochenen Strai. Das Unbefrtedigende von Bunghens
Zheorie zeigt befondere die auffallende Eriheinung , welche man
wahrnimmt, wenn zwey verdoppelnde Kryſtalle Aber einander
gefest werden, einmal mir parallelen, und dann mit ſenkrecht
auf einander gerichteten Lagen der Hauptſchnitte, dus welcher
—
J
t
40 Glilbert Annalen der Phyſt.
Erſcheinung unwiderfprecdhlich folgt, daß die Modiſicationen,
welche den gewöhnlichen Stral von dem ungewöhnlichen unten
ſcheiden, ſich lediglich auf die Lage des Strals gegen die Ar
des Kryſtalls beziehen. Voͤllig analog dem merkwuͤrdigen Um
terſchiede, welcher ſich bey der doppelten Stralenbrechung finde,
zwiſchen dem urſpruͤnglichen and dem bereits einmal im Kryſtal
gebrochenen Lichte, zeigt fih auch, nach Hrn. Malus iuterefs
fanter Entdeckung, Die Eigenthuͤmlichkeit des von der Hinten
fläche eines durchſichtigen Körpers unter einem Befkimumten
Winkel zuruͤckgeworfenen Lichtes, daß es alle Charaktere eines
der beyden, tm Kalkſpath entfichenden Stralenbuͤndel ans
nimmt. (8. 2923.70. 8 v. u. lies: „man flelle den Haupt
Schnitt eines Kryſtalls der Reflerionsebene yarallel“ und S. 295
8. 14 u. 15. „der Zurücdhwerfungsebene parallel.) Ron Hr.
Malus findet fih (IL 465) die Entdeckung noch einer andern
merkwürdigen Eigenjchaft des Lichtes: daß nämlich unter ge
wiſſen Umftänden das ſchon einmal zuruͤckgeworfene Licht nicht
wieder gurückgeworfen, fondern von durchfichtigen Körpern ganz
Burchgelaffen, von. undurdfichtigen policten Körpern ganz ver
fohludt wird, Die Erfcheinung felöft und die Geſetze werben
von Malus näher beſtimmt. (Dev Bier mitgetheilte Auszug
feiner Abhandlung von Poiſſon ſcheint oft zu kurz geraten, und
war Rec. nicht durchaus verfländlih). Er finder in ihnen eine
peue Beflätigung der Newton'ſchen Hypotheſe über das Licht,
und fchließt daraus, daß nit nur das Licht der Herrſchaft ber
anziehenden Kräfte gehorche, fondern daB auch die Seftalt und
Lage der Bleinften Theilchen des Lichts großen. Einfluß auf die
Lichterſcheinungen habe.
Ueber das Hoͤhenmeſſen mit dem Barometer
finden fih verfchiedene Aufſaͤtze. Non Soldner (TI. 204)
intereffante Unterfuhungen Über den Einfluß der Feuch—
tigkeit auf Das Höhenmeſſen mit dem Barometer;
wobey er wahrfcheinlich macht, daß ſich die Erpanfivkraft überall
wie die Dichte der Luft, wenn diefe im Gleichgewicht iſt, ver
halte. Auszeichnenswerth ſcheint Rec. die trefiende Bemerkung,
Gilbert Aunaben der Yan; 421
über die Unſicherheit aller bisherigen Hogrometrie und des Verf.
Vorſchlag zu einem Hygrometer. Namond erklaͤrt (II. 220)
die MWerfchiedenheiten, welche fi) ben Meſſungen ein und dew
felben Höhe zeigen, ‚aus dem .Einfluffe der Winde: indem
allemal nördlihe Winde zu große, ſuͤdliche zu Eleine Höhen
geben. Won Hrn. v. Lindenan barometrifden Tas
feln eine ausführlihde, mit Anmerkungen begleitete Inhalts⸗
anzeige vom Herausgeber (IE. 26). Ein Aufiag über aftros
nomifhe Stralensrehung in der heißen Zone
(I. 557), von Aler v Humboldt, liefert Data zu Bu
antwortung der Frage, ob die aſtronomiſche Stralenbrechung
unterm Aequator einerlen fen mit der in der gemäßigten Zong
beobachteten. Der Verf. zeigt zuerſt, daß chemifche Eigene
fhaften der Luft und Feuchtigkeit auf eine Verſchiedenheit zwis
fhen beyden einen Einfluß haben könne, und unterfücht dann
das Geſetz der Waͤrmeabnahme, welche auf horizontale Stras
lenbrechung den größten Einfluß äußere. Das Reſultat ift, Haß
während des Sommers das Geſet der Wärmeabnahme und
die Horizontalrefraction in der beißen Bone biefelben als in der
gemaͤßigten ſind.
Bioers Verſuche über die Schablverkreitung
in Dampfen (EI. air.) thun dar, daß bey der durch
Schallfortpflanzung erregten Minen Verdichtung des elaſtiſchen
Mittels Temperaturerhoͤhung erfolgt. — Wright's Vor—
Schlag zu einer (ſehr einfachen) Luft pumpe ſcheint Auf⸗
merkſamkeit und nähere Prüfung zu verdienen (I. 187). Cie
Aygrometer für Basarten beſchreibt Suyton:Mors
vean (I. 417); die hygroſkopiſche Subſtanz if ſalzſaurer Kalk,
der in bie zu prüfende Gasmenge gebracht wird, nachdem ſolche
zuvor, genau verſchloſſen, unter den Quechſilberapparat gebracht
worden. Bon demfelben finder fib (TI.52.) ein Bericht von
ainer angeblichen im Tuftseren Raume gelungenen Ealsination
des Goldes durch Elektricitaͤt.
Le Bounier Desmortierg neue Unterfagun ns
gen über die Wirkungen bes pneumatiſchen Kewess
8
422 iiber Annalen her BoHf.
zengs (III. 028.) find wenig befriehigend, und die Verſuche
. Burhaus. nicht wiſſenſchaftlich angeftellt. Don mehrerem Werth
iſt, mas fi (ebend. 2ı2) findet,. von Theo. v. Grptts
Hus, über Synthefis des Waſſers und das Winds
Büädhfentiht. Er glaubte ans feinen Verſuchen folgern zu
tönnen, baß die der Erpanfion fi entgegenſtemmenden. Hin⸗
berniffe durch den Widerkand der umgebenden Luft eine noth:
wendige Bedingung find zu der Verbrennung durch die Eoms
preffionsmafchine. :Dhme den Druck der Atmoiphäre „würden
wir die flammende Verbrennung gar micht kennen.“
Ueber Sehen der Segenflände.in Bezug auf |
ſteresgraphiſche Projection, v. Simon (II. 5),
iſt ein lehrreicher Auffag. j
Was bisher gefchehen ifk zu Beanmwortung ber. zur Zeit
Immer noch nicht Gefrisbigend gelösten Frage, woher das
zu fo vielen Proceffen verwendete Sauerfloff;
gasimmer wieder erfent werde? wird in einer Bor
fung v. Munfe (III. 428) in bequemer Ueberſicht zuſam⸗
mengeſtellt.
Aus dem Gebiet der phyfikaliſchen. Geographie
enthält dieſer Jahrgang einige Aufſaͤtze. Linuſſio in „Der
merkungen überdie Abſnahme des Meeres (I..393)
ſucht Die (ob wirklich vollkomſnen ausgemachte?) Thatſache,
daß das Meer immerfort an Umfang abnehme, Durch die
Hypotheſe zu erflären, daß fehr viel Waffer nicht nur gu. den
Proceſſen der Vegetation u. ſ. w. immerfort verbraucht werde,
fondern auch durch den Einfluß: der Himmelskoͤrper vom Meere
erhoben, ih nach und nad) ganz von der Erde entferne; und
folgert daraus, es werde eine Zeit kommen, da bie Erbe ganz
trocken feyn, ımd eine neue DOrbuung,son Geſchoͤpfen auf ihre
entfiehen werde. — Ueber Winde, Wellen w. f. m. finden
fh von Nicholſon und Horsbresh * 397) Veobeqh⸗
tungen und Erklaͤrungen.
Wichtiger iſt Berſtners ſehr arundlich durchgeführte
Theorie der Wellen (I. 410). Sinnreich if bie, uw
Gilbert Annalen der Phyſu. 423
ſtreitig Die wahre Uerſache reffende Erklärung Robrnet's
einer von Franklin beobachteten hydroſtatiſchen
Erfheinung (I. 78). — Die Seiches des Genfer—⸗
fees verſucht Vaucher (III. 339) zu erlären, welches aber
weder ihm, noch Nicholſon recht gelungen zu fenn ſcheint. Bes
friedigender iſt Lagrave. GSorbtds Erklärung des
Mascaxet in dem Dordognefluß (III. 407). Ueber Mees
testiefomeffung, ein Auflag von A. van Stipriaan
Luiscius (IL. AT). — Ueber den Regen und bite
verfhiedene Menge deffeldben nah Verſchieden—
heit der Höhen (I. 87). Ob die Menge des fallenden
Regens in der Höhe geringer ſeh, als an der Erde, und unter
weihen Umſtaͤnden dieß der Fall fey?.
Zur Geſchichte und Unterſuchung der Meteorfeine
finden fih auch dießmal nicht wenig Beytraͤge. Belonders ers
halten die im Z..2B08 zu Stannern in Mähren gefak
lenen Aerofichen von Scherer (I. ı) und v. Schreis
bers (I. 23) eine ausführlihe Beſchreibung, vornämlich in
Hinſicht auf ihre Incruſtirung, aus deren Beſchaffenheit erſte⸗
ver die Folgerung sieht, daß „eine elektriſche Potenz auf das
Gange der Meteorfleine mit Blitzesſchnelligkeit, ader nicht mit
gleicher Intenſitaͤt auf, alle, gewirkt Habe.“. Eben diefe Aeras
lichen zeichnen ſich nah Vauquelin's chemifcher Pruͤfung
(III. 202) buch ihren. bedeutenden Thonerdegehalt ans.
Nachrichten von Ruſſiſchen Luftlieinen (1. 305) und
von merkwürdigen Meteoren aus dem Anfang des achtzehnten
Jahrhunderts (TI. 3) In letzterem Aufſatz fiel Rec. die
außerordentlich große Anzahl von Nebenfonnen „und andern
merkwürdigen. ieteoren auf, welche man zwiſchen 1727 und
1730 ia Loͤbau beobachtet Haben will. Abdruc einer merkwuͤr⸗
digen Fleinen, durch einen Meteorſtein, veranlaßten Flugſchrift
vom. J. 1672 (U 183). Datrin über den Akv:
fpeung der Meteorfieine (III. 189) hält fie, gleich
vnikaniſchen Producten, für eine chemifche Verbindung ver⸗
ſchiedener luſtformiger Fluͤſſigkeiten.
42 Bilbbert Annalen der Phyf.
Ueber Davy's große Entdeckung von der Zerfesand
der Kalien enthält dieſer Jahrgaug, nachdem der vorher⸗
gehende bloß eine vorlaͤuſige Notiz von feiner eigenen Abhand⸗
tung mitgetheilt Hatte, dieſen Aufiag ſeibſt (1. 113), worim ber
Verf. feine Epoche machende Entdeckung und deren Geſchtchte
muſterhaft und hoͤchſt lehrreich ſchilbert; immer noch eine ſehe
intereſſante Lectuͤre, wenn gleich die Hauptreſultate bereits auf
anderm Wege bekannt und von vielen Seiten beftätiget worden |
waren. Damals vermuthete. Davy noch bloß, daß es mit dem
Ammoniak ähnliche Bewandtniß Haben möge, wie mit dem Kali
und Natron. In einem fpäteren Auffape: Bildang,
Natur und Etigenfhaften eines mit Ammoniak
erhaltenen Amalgams“ (IF. 245), wird er. durch die
Verſuche mit diefem Amalgam (42000 von der Baſis des
Ammoniak dem Queckſilber beygemifcht, macht es zum feften,
viermal leichteren Körper , ohne ihm fein metallifches Anfehen x.
zu nehmen) für den Ausſpruch entfchleden, dab das Ammontaf
ebenfalls aus einer Baſis von metallifher Natur und dem
Sauerſtoff zuſammengeſetzt fey. Aber, fragt er, welches von
diefen dreyen if der Fall? Sind Waflsrfioff und Stickſtoff
Metalle in Gasgeſtalt? Oder find fie in ihrer gewöhulichen
Geſtalt Oxybde? Oder find fie einfache, wunmetallifche Körper,
-die in ihrer Verbindung entweder ein Alkali, oder ein Metal
bilden, je nachdem fie ogygenirt find, oder nicht? Darauf läßt
er eine Reihe intereffanter Fragen, Vermuthungen 2c. felgen.
Wie, wenn ber Waſſerſtoff als das Phlogiften der alten Säule
mit Metallen und allen brennbaren Körpern verbunden , bie
Orppde, Alfalien und Säuren aber Zufammenfegungen jener
Baſen und des Waffers wären? Merkwuͤrdige Srueferifolge
der Metalle vom Platin bis zum Kalium ıc. Wie, wenn im
mern der Erde die Erden in metalliſcher Geſtalt exiſtirten,
und daher unterirdifche Fener, Laven ꝛc. entfländen? Die ge
wöhnlihen Metalloxyde find ſpeciſiſch Leichter als ihre Baſen,
Kali und Natron fperifiih ſchwerer, weil fie deu Sauerſteff
viel feſter gebunden enthalten. Zuletzt widerlegt D. Die vos
Gilbert Aunalen der Phyft 425
Gays Zafac und Ihenarb aus ihren RWerfuchen hergeleitefe
Folgerung, als fen das Kalimetall ein Kalihydrure. „Er ſey,
heißt es zum Schluſſe, auf die erſtaunende Folgerung gefuͤhrt
worden, ˖ daß Ammonlak und Waſſer aus einerley ponderabler
Materie. beſtehen.“ Moch eine dritte reichhaliige Abhandlung
von Davy enthält deſſen Unterfahungen über bie Zer—⸗
fegung der Erden (II. 365), von weichen: die fogenannten
altalifchen mit Queckſiuͤber in ber Batterie behandelt, ſaͤmmtlich
ein Amalgam dilbeten, aus welchem fih, obwohl fchwierig,
das Metall (Barium Galcium Strontium Magnium nenme
Hr. D. diefe Metalle) darftellen ließ. Dicht fo genfgende
Roſultate gaben die Werfuche mit den übrigen Erden: doch
hinreichend, um bie gearfindete Vermuthung zu erwecken, daß
auch fie eine Bafis von metaflifcher Natur Haben mögen.
In Sp. IL, ©. 16 und 25 finden fih Notizen von ben
Unterfudungen von Say-Luffac und Thenard, ber
fonders Aber ihre merkwuͤrdigen Verſuche, das Verhalten des
Kalimetalls zu verſchiebenen Körpern betreffend.
Die von Erman II. 261 ausführlich gefhilderten Wahrs
nehmungen über Das gleichzeitige Entfichen von
mehanifher Cohaͤrenz und chemifher Berwands
ſchaft bereichern die Wiſſenſchaft von einer andern Seite her.
Der Verf. gibt zuerſt die merkwürdigen Neinltate aus feinen
Beobachtungen, und dann eine Befchreibung der Verſuche ſelbſt.
Sehr intereffant IR «8, den vermutheten Zufammenhang zwi—⸗
ſchen Adhaͤſion und chemifher Verwandtſchaft hier von einen
ganz neuen Seite: her: Bafkätigt zu fehen. -- -
Eine nicht unwichtige Erweiterung 'unfeer chemifhen
Kenntniſſe (dergleichen wie der Entdeckung Davy's bereits fo
spiele, mittelbar oder unmittelbar, verdanken) enthalten. die
Anterfuhungen Aber die Flußfänre, von den Hrn.
Say s Buffac und Thenard (II. 1). Rec. hebt nur einige
merkwürdige von ihnen gemachte Beobachtungen aus, 3. ©.
daß das finßfaure Gas ben fehr großer Verwandtſchaft zum
Waffſer keines gebunden oder hygrometriſch enthalten kann;
(
4% Bübent Annaben der Phrſt.
Daß RS dieß, duch reine verglafte Prraxſaͤure eutbunbene
Alußfaure Gas als eine her wichtigſtey, an..Kraft und Kauſti⸗
citaͤt ſelbſt der reinen. concentrirten Schwefifäure nicht nach⸗
ſtehende Säure beweist; die Vermuthung, daß Sauerſtaff und
Waſſerſtoff Beſtandtheile der. Salgfänre feyen u. a. m. Durch
Verbrennen des Kalimetall in kieſeligem Hußfansem Bas wurde
dieſes zerſetzt. Durch eben die Metall die Galgfäure zu zer⸗
ſetzen gelang ihnen nicht, Ueher eins audre Säure, die Eis
figfäure, finden ſich (AI. 156) Unterfuchungen von Ebene;
vis, durch welche wir unter andern eine aigenthuͤmliche bey Ben
fegung der effigfauren Metallſalze ſuh zeigendr Fluͤſſigkeit näher
fennen lernen , die merkwürdige Eigenfehaften beſitzt, von dem
Allohel, Aether, und den flüchtigen Oelen weſentlich verſchie⸗
den und doch mit allen verwandt I u. Daß in den nah
Berthollets Are durch Alkohol bereiteten und im
Rothgluͤhen geſchmelzten Alkalien Waſſer sesenmärtig fey, : it
d’Arcet der Sohn (II. 40).
Werthlos find eines ungenafinten Berm uchungen
über den Schwefel (T. 101). Wichtiger der Bericht von
Deye ux über Hrn. Turaudau Zerfehungen des Schwefel,
Kalis, Natrons, Phosphors ıc. (I. 178), worin der Yingrunb
von Curaudau's zuverfichtlicher Behauptung , als habe ce Phoe⸗
phor, Kalt und Eifen ergengt aus Schwefel, Kali und Hera
kohle, aufgedeckt wird, indem die von ihm gebrandhte Som
Kohle phosphorfanren. Kalt und Eiſen enthielt.
Ueber die Urfahe vom Schwarzwerden des Hera
ſil bers durch Licht. ſtellt Bucholz (.I. 208) eine von de
gewöhnlichen. abweichende Meinung anf. Kupfer wird nah
eben demfelben nicht unter allen Umſtaͤnden vom Zink mesalliih |
gefäht. Bemerkungen von Thenarb über das Seriunen |
Des Epweiſes (I. 106). Ueber Bexeicung von Desces:
tile Knallſilber dl. 169) und noͤthige weiſichtemabeesou
dabey.
Eine Pruͤfung von Winterls Audronie durch Dar
riſer Chemiker (III. 452) wieß aus, daß. die vermeintlich eins
Silbert Annalen dan Phoßl. 47
fache Subſtanz ein Gemeng ſey aus Kali, Kalk, Kieſelerde
und Eiſenoxyd.
Aus dem Felde der gemeinen Elektricität enthält
biefer Jahrgang einen einzigen kurzen Aufiag von Tremery
(II. 319), enthaltend die Erklärung einer. auffallenden elektri⸗
(hen Erſcheinung.
Ueber die Lehre vom Magnet Anden wir, außer der
Fortfegung der Im vorigen Sjahrgang eröffneten. Sammlung
von Beobadhtungen über Abweihung und Neis
gung der Magnetnadel (dießmal aus La Peroufe's Reife
(IL. 77)) nur einen einigen Aufiag, der gar feltfame Lehren
von der Magnetnadel, aus Spindlers allgemeiner
Mofologie amd Therapie ausgezogen, enthaͤlt (ILL; 471), vom
Herausgeber als zin Deukmal der Verirrungen des Zeitgeiſtes
in diefen Annalen aufbehalten; weldhe zum Gluͤck Beweiſe
genug liefen, daß 6 diefem verkehrten Geiſte noch nicht 9x
lungen if, echte Naturforfhung unter uns zu verdrängen. -
Endlich iſt uns noch. übrig, verſchiedene ins Gebiet ber
Technologie: einfchlagenden Aufiüge zu gedenken. Don
Degens Flugverſuchen wird (I. 192) eine fortgefchte
Nachricht ertheilt. Bericht von einer wichtigen und nutzbaren
&ntbedung (J. 330), daß der Zink fih gu einem völlig
dehnbaren Metall maden läßt: auch von falider Bew
goldung duch Zink. Mich olſons (etwas unvellftändige)
An weifuug zur Kunfl des Steindrucks (I. 439).
Ein Firniß, um Cifen gegen Roſt gu fihern (I. 44m).
Ebendaf. ein vorzuͤglicher Kitt zu ehemiſchen Proceſſen.
Ein verbeſſerter Wegemeſſer non Edworth (III. 485)
Ein wichtiger Aufſah von Chaptal über das Brannts
weinbrennen (II, 129) mit Beſchreibung neuer , ſehr wire
ſamer Deftilliuanflelten. Ben dewſelben über einige zu
Dompeji gefundene Farben (IL 316) Prony's
Bericht über eine rauhverzgehrende Vorrichtung
einer Parifer Damnmſnaſchine (II. 295) - Zum vollſtaͤndigen
MWerbsennen werde wiemrhr.Euft erſordact, ola mer grade der
a
428 Berner Grieigiiches Leiche.
gum Verbrennen nöthiee Dheil Sauerſtoff enthalten Ei Sei⸗
zung von Zimmern und Manufacturgebäuden dur Wafs
ferdampf von Snods®rag (TIT. 395). Der Daupf
wird in Roͤhren durch eine beliebige Menge zu heizender Zims
mer geleitet. '
a
or nn 7 En
Grichhifches Lefebuch für Anfänger in einer grammatifchen Drbnung
nebſt einem Anbange von vermifchten Eäben und einem vol-
Bändigen Wortregiſter von &. A. Werner. Gtuttgart bay
dem Verf. und Tübingen in Commiſſion der 3. ©. Cotta ſchen
Buchhandlung. 1808. VIlIu 216. 8.
Der durch feine Deutſche Beyſpielſammlung über Drödert
Lalteiniſche Grammatik und nachher auch durch eine Ahulide
Sammlung zum Behuf des Grirchiſchſchreibens Befannt nad
fehr näglid, gewordene Verfaſſer hat uns hier ein Seitenſtädk
zum letztern gegeben. Man täufhe fih nicht durch bie
Titel, als 06 man ein von den erfien Elementen finfenweiie
aufwärts gehendes Griechiſches Lefebuch hier für die Anfänge
erhielte. Nein! der Verf. ſetzt fchon ein fertiges Decliniren
und Tonjugiren voraus, uud was wir hier.vor uns haben, if,
den Anfang und das Ende des Griechiſchen Tertes abgereqh⸗
net, nur ein Exempelbuch Über die Hauptregeln der Griechiſchen
Grammatik vom Gehrauh des Artikels an bis auf die Ben
‚bindung und den Gebrauch einiger Conjunctionen. Da diefes
des Buches Hauptabſicht iſt, und wegen der dazu gehörigen Ru
geln, die hier durch Beyfpiele bewieſen werden, auf bas Deutfche
Buch, defien vorhin gedacht if, verwisfen wird, fo kann der Rec.
nad) feiner Einficht nicht anders, als die erſten acht Seiten, welche
leichte Säge für den Anfänger enthalten, für Aberfläffig erklis
‚sen, zumal da fie ohne eine beſtimmte Ordnung und ohme einen
gewiffen Stufengang an einander gereißt find. Eben daſſelbe
Pradicat des Ueberfiäffigen möchte auch wohl der Anhang vers
dienen. Denn da er wach des Verf. Abſicht dazu dienen fol,
die Graͤcſmen noch weiten daraus keunen zu lernen, warum
Werner Griechifches Leſebuch. 429
fehlte dazu nicht jedes andre Griechiſche Buch tauglich feyn, de
diefe aus Kenophon und Plato gewählten Städe nicht mehr
Graͤtismen enthalten, als jeder Attiſche Schriftfteller.
Aber Hr. W. beſtimmt and dieſes Bud zum mirküc,
een Elementarbuche, und dadurch weicht feine Anſicht von,
der erften Lectäre der Anfänger fehr ab von der Anſicht andree
Schulmaͤnner, welche anfangs noch nicht die Syntax ex pro=
fesso mit ihren Schäleen durchnehmen, fondern nur Ev na-
oo, dagegen durch paſſende Lefebücher, in denen immer
mehr das Schwerede dem Leichtern die Hand gibt, ihre Schüler.
in der Formenlehre vorzüglich zu befefigen ſuchen, jehoch dabey.
die Grammatik nicht ganz aus ber Acht ſchlagen. Auf diefer,
Seite iſt auch der Rec. Will man die Grammatik d. 5. Bier.
die Syntax gleich zuerſt nehmen, und fie durch Beyſpiele eins.
zraͤgen, fo {ft das. erſte Poftulat, weiches. überhaupt von jedem
Schulbuche gefordert werden muß: „Mifche nichts früher
ein, was. der Schäler erfi fpäter durch eine Res
gel lernt.“ Sollte alfo gegenwärtiges Srempelbuch für bie.
Anfänger feyn, fo war hierauf die firengfte Sorge zu vers
wenden ; aber dann war die Wahl und Sammlung drepfach fo.
muͤhſam und ſchwer. Diefes Poftulat bat der Verf. nicht ers
fuͤllt. Da jedoh ohne Beweis kein Vorwurf Kraft bat, fo
wollen. wir gleich auf: den erfien Abſchnitt vom Artikel einen
Blick werfen, ob micht da ſchon etwas von Regeln eingemifcht.
iR, die erſt fpäter vorkommen. Da heißt es 5. ©. im dritten.
Abfage Eredevan 6 ’Iooxparng Ödiyaıs Aukpaıs darepor
vüs &v Xoaspaveig uaxns. Wird fih der Anfänger, der bis⸗
ber nur vom Artikel etwas hörte, den Dativ und den folgens.
den Senitiv erklären Bönnen ? Sjin folgenden Städe wird en
beym Dativ zj wores, und, iſt er mit der Conſtruction des
Pateinifchen dignus befannt, auch wohl bey KELog Iararos.
anftoßen. So kommen in den naͤchſten Stuͤcken Conjunctiven
und Dptativen bey Eonjunctionen vor, von denen doch erfk,
der letzte Abſchnitt handelt, eben fo rasdevrerdas mit zweg.
430 Berner Griechifches Leſebuch.
Hecufativen, und fo findet fich weiter fort eine Menge Inter
erft vorfommender Berbindungsarten.
. Aus diefen Gründen kann der Hecenfent biefes Ba
nicht als erſtes Leſebuch empfehlen, aber von einer andern
Seite als Exempelbuch beym Unkterricht in der Syniax.
Als ſolches wird es den Lehrenden und Leenendennuͤtzliche
Dienſte leiſten, um ſo mehr, da unſre Grammatiken, außer
ber von Matthiaͤ, die ſyntactiſchen Regeln fo ſelten mie Bey⸗
fpielen zu belegen pflegen: Aber eins wäre hier ſehr gut ge
wefen, wenn der Verf. hinter jedem Beyſpiele die Stelle des
Schriftſtellers angemerkt hätte. Dem Lehrer, der nicht immer
soiffen und finden kann, woher etwas fey, kann es micht gleich⸗
gäftig ſeyn, weſſen Auctorität er eine Stelle verdanke: und
diefes iſt doch in grammatiſchen Sachen von Wichtigkeit. Nur
einmal fanden wir &. 69 Plat. Apol. I, 18 bepgefegt. So
wuͤnſchten wir es uͤberall.
Bey der Wahl der Regeln hat der Hr. Verf. ſehr weis⸗
Ach ſich nur auf die Hauptregeln eingeſchraͤnke. Rec. Hat das
Buch mit aller Sorgfale dBurchgefefen, und will, um feiner Seits
ducy etwas zu feiner künftigen Vetvollkommnung beyzutragen,
kürzlich einiges anführen, was ihm mangelhaft oder ſehler haſ
it ſeyn ſcheint.
Zuvoͤrderſt gefaͤllt ihm nicht die alte, ſeit dem berühm⸗
ten Reiz faſt nicht mehr gebraͤuchliche Orthographie, nach
weicher noch gebruckt ſteht: dorıs für d,rıc; mrpoasar-
se für wpograrreıv; Bomep für ösnep u.a. Dazu kommt
noch eine ſehr widerliche Unbeftändigkeit in der Stellung ber
Spiritus über einem Diphthonge, indem man ihn bald anf
dem erften, bald auf dem zweyten Vocal findet, und diefes oft
in ein und demſelben Worte und auf ein und derſelben Seite.
So ſteht S. 8 Avrös und adrös; Evroxias Und evruxies.
Zwentens wäre ein fehlerreiner Druck für ein Schulbu⸗
wünfhenswerch geweſen. Aber es ſteht z. B. S. 1 odinf,
dir. Sa nupiyer, TO οα, mo das-Comme weemuß.
©. 9 voposednooyres fe youodernooytes ®. 10 'Aya-
Werner Griechuſches Lelebuch pi
utuvava f. "Ayaptuvova. G. 15 yaxprdvnias f. uaxpo-
Buplas. &.16 nupaxarasırspedaf, naparaxwrıdbusdd.
©. 57 zäs Bopäs f. Tas dmptäs u.a m.
VDrittens, was bie Boeyſpiele ſelbſt angeht, fo gehören
unter den Abſchnitt vom Artikel mit ausgelaffenem Subſtantiv
©. ı2 durchaus die Bepfpiele nicht ‚ eis Iddaorarav, eig
ravdöxias, dv ddov, eis dv, weil da feine Spur
des ‚Artikels iſt. Dagegen fehlen Bier mehrere, wo ale:
Appofition zu Eigennamen oft ber: Artikel mit dem Genitiv
ſteht, und das zum Artikel gehörige Subſtantiv fehlt. Wie
rechnen dahin nicht bloß die allgebraͤuchliche und bekannte Aus⸗
laſſung des viög und Boyaenp, wovon ſelbſt dieſes Exempel⸗
Buch keines aufftellt, ſondern auch die etwas ſeltenen von t-
sig, fenene, didaenados, uadncıs, von denen Villoiſon
in dem Greurs zu Apollonias Lexicon Homeric. handelt. —
Beym Genitiv vermißte der Rec. unter den Verben auch ri-
u&» in feiner eigentlichen Bedeutung: fchäßen; wo fchon, um
des ähnlichen Lareinifhen Sprachgebrauches willen, : Nevenss
orten, wie HoANbd, whslovos, nAeiovov, Too Havrdc,
neigenag , Tod Ivo» und Ähnliche aufgeführe werden konnten.
— Beym Dativ fehlen Beyſpiele über die Gradsbeſtimmungen
des Comparativs, wie-dow, TocodTw, Tod, wixod, Bom-
zei xpovo u. d. gl. — Beym Aecufariv- fehlen die fo:' hans
figen Beyſpiele non vırdv, orepavonsder u. a. mit dem;
Accufasto des Spiels, oder der Spiele, worin jemand ger
fest Hat z. ©. Odsuma, "Iodwa, aradıor, Üiua,
dioxor , Öpöuov u. a. — Auch ift nichts zu finden vom:
negativen Sjmperatio, oder deſſen Gtelluertreter der zweyten
Perſon des Eonjunctivs mit un. Eben fo wenig auch, wie
theiftens der Modus in indirecten, oder obliquen Fragen fen, ob}
dem Lateinischen gleich, oder nicht. — Es’ find zwar einige
Beyfpiele von gun bey den Werben der Furcht und Angft, uns
geführt aber keine, wie folhe Verben verbunden werden, wenn
ein negativer Gedanke darauf folge. Man braucht bekanntlich
alsdann As od, oder un od. Recenſent verlangt hier ‘fo’
433 Ban Grichißtes Echtad.
wenig, wie anberwirts, daß Verfpisie Gier Sehen fellen von
der feitenern Berbindumngsert des os für pi mad cimem Werte
dieſer Art, das fen megeiiv mit px werbunden if, wären
einige VBeyipiele bey Schafer ad Dionys. zlalic. de compos.
verb. in Meletem. p. 113
Coufiructioen des Aczeodas mit dem Reminetiv uud Accaſetiv
wit dem Infinisie, weil ex es im Abſchait vom Gchramdhe des
Qufınitins ſachte. Enbtich fand er bern cin Paar gleich im
Anfang des Abfhuities vom Reminativ , wohin Fe mach Ret.
Einſicht ned nit achören. Ankh iR bie Lehre vom Acanfatio
durch neben einander fichende Berſpiele mie anfhanlich genns
gemacht, welches am Eefien durch Beyſpiele copulatiuer Werben
wie dras, yiyrıodas, doxeiy u. a. mit einem folgenden
Prädicat erreidgt werden wäre
Endlich ſiel es Aecenſenten als ein Zeichen eines ned
ſchwankendes Glaubens auf, daß manche fogenaunte Adverbien,
die mit einem Caſas verbunden werden, von dem Hen. Werf.
bald für Adverbien, bald für Präpefitionen angegeben: werden.
So if 5 B. perakd zufelge ber ©. do ein Adverbium, 06
es gleich einen Senisio bey ſich bat, aber zufolge der ©. 7o
eine Präpofition. Auch paßt auf biefer letztern Geiste das
zweypte Beyſpiel von pera5d ans Xenopb. Cyrop. VIII, 8
11. gar nie, weil es bier feinen Genitis bey ſich hat,
fondern mit dem Participium upsvoucson; in Berbindung
Behr.
Bey einer neuen Ausgabe diefes fo nuͤtzlichen Buches wird
gewiß der gelehrte shätige Verf. ganz darauf bedacht ſeyn, alles
gur künftigen Vollkommenheit deſſelben beyzutragen, da es vers
dient bey einem Curs über die Grammatik zur Seite zu lie⸗
gen. Darum äußert der Rec. auch nod den Wunſch, daß es
Hrn. W. künftig gefallen mödte, die Weberfihriften, welche
vorn die Zuhaltsanzeige des Buches enthält, lieber jedesmal
über den dazu gehörigen Tert der Beyſpiele zu ſetzen.
No. 28.“ HSeibelbersifäe | 1811.
Jahrbuͤcher der Literatur.
ö— —— mim
r
5.
Anacreontis nomine quae feruntur Carmina. Textum recensuit
et animadversienibus criticis !}ustravit Ern. Antonius
Moebius. Halae, e libraria Hemmerdeana. 1810.
N Zeit, in melchar Anakrein (eher, war die Bet ſtarker
Wefuͤhle and. Afferte. Zahlreichhe Wanderungen einzelner Vot⸗
berſchaften, Bildung derfeihen in kleinerr uud größere Corpo⸗
ratienen ddet Staaten, Einführung neuer Gebraͤuche, Weihen
und Feſtlichkeiten, vornehmlich aber politiſche Faetionen und
Unruhen hatten die voch friſche Kraft der lebensfrohen Helle⸗
nen vielfältig aufgeregt. Die lyriſche wie die gnomiſche Dich⸗
tung, einee Seits dazu berufen, den Oturm der Leibenfchaft
zu beſchwoͤren, und. dag Herz von der Angſt ſchwerer Wirk
lichkeit zu heſrayen, mußte doch nothwendig andrer Seits, da
die Sangzar quch Baͤrger waren. die Farbe nnd den Wiederr
ſchein ihrer Zeit belommen, und jemehr jene Poeſie ins Leben
eingreift, Deo weniger Tonnte es Fehlen, daB nicht Ihre Form
durchdraugen Mnede non Ihrem Eitoffe: Aphrodite. behielt, wie
bisweilen epigrammatiſchet Wis klagt, von dem. Element, aus
dem fie geboren ward. Selbſt der Lebensgenuß und die Biärhe
deſſelben, die Liebe, bekam demnad in den Liedern jener
Sänger einen heftigen und. leidenfhaftlichen Charakter, der
bieweilen an Schwermuth, ja an Verzweiflung gränze, immer
aber von einer gewiſſen Tieſe und Ernſthaftigkeit begleitet wird,
wie den aus derſelben Lyra die Tyranney des Eros und polis
tiſcher Machthaber, die Gefahren Des Meeres, des Krieges .
gud die Mühfekigkeisen unerführer Sehnſucht in verſchwiſterten
Tönen, ſrmtey. Auch, was Auakreon fang, war, wenn wie
Bad feinen. ——— echten grogmem— urteilen, vw von
dieſer Ark, dem ihn . * Bu
8
434 Anacreontis carmina ill. Moebius. . -
traf mit Getäubendem Beil
Eros, daß er gehoben wie vom lautabiiden Selen -
2 «Sicher ind wogende Meer taumelte licheberaufcht:
vergl. Fragen. Anacr. ei. Fisch. Eu. m.
Unbegreiflich bleibt es daher ſde⸗ um deswillen , wie man die
noch Abrigen fogeuannten Anafreontifchen Lieder, im denes nichts
als teichtfertige Luſtigkeit und Vollgenuß eines reichen, Appigen
und sen; unangefechtenen Lebens athmet, dem alten Anakteon
hat beylegen können; es wird unbegreifliher, wenn man, ab
gefehen von der. Sprache, dem Dialekt and andern Einzeinheiten
die vielfältigen Aufpielungen auf vollendete Kunſt und Wiſſen
Schaft, vornehmlich die ſich darchzichende Parodie ber epifden
und dramatifchen Poeſie erwägt, welches alles außer einem ge
ſicherten nnd biähenden äußern Wohlſtand durſhaus eher die
Zeit der finfenden, als ber fleigenden Cultur bezeichmet. Dee
fintenden, aber noch nicht gefuntenen; denn fehr voreilig
fheinen ung Diejenigen zu verfahren, die auf das Entgegen
‚gefegte verfallend von Kloͤſtern und Mönden träumen, denen
die Anafreontifge Gedichte ihr Entſtehen verdauken. Moͤnche
muͤſſen es wohi bleiben laſſen, fo zu dichten; jene füße An
muth, wie fie jeden Unbefangenen in dieſen Liedern anfpridt,
durch fröhlichen Leichtſinn, Durch burlecke Gelehrſamkeit, dur
‚ein komiſch⸗ reſolntes Weſen, durch ſcherzhafte Dialekrik, durch
Ironie, die mehr verbirgt, als enthuͤlt, durch Naiveraͤt der
Beziehungen und Erfindungen, biefe iR wahrhaftig micht in
dumpfen Kloſterhallen zu Hauſe. Auch was die Neugriechen
in dieſer Gattung haben, iſt, fewät ſich aus den Proben bey
Guy's, Dalaway, Barchaldn, Pouryursille x. urteilen läßt,
io unähnlich, dab man darin, was unser ben Dermaligen polis
tiihen und religioͤſen Einflüffen kanm ‚zu verwundern , cher bie
wiederkehrenden Züge Altanafreontiiher Schwere und. Tiefe,
jene yAvıia dvydyaa der Freude, wie Bacchylides fpriche, und
eines mächtig gereisten perfönlichen. Gefähls entdecken mächte.
Nah unferm. Dafürhalten find bie Anakreontiſchen ss
fänge Woitslieder, oder Rundgefänge von mehreren unbefan
Anacreontis:.carmina ill. Moebius, 435
en Verfaſſern aus guter Zeit. Es find geſellige Lieder; dafr
eugt außer der. nachtaͤſſtgen Sprache und den ungebundenen
Ahythmen ſchon Die breite Allgemelnheit der darinn enthaltenen
Anſichten und Empfindungen. Offenbart ſich darin irgend eine
Individualitaͤt, ſo iſt es aur die des gemeinſamen Helleniſchen
Bolkecharakters; darum, wer wur einigermaßen vertraut iſt mie
Seiechifher Art und Kunſt, leicht In disfe Weiſen einſtimmt.
Mehrere Werfaffer vermuthet man bey einer folhen Sammsı
lung [hen im Voraus, und die oft allzuwoͤrtliche Wiederholung
derfelben Idee verräch Nachgeſungenes und Nachgeahmtes.
Hierbey wird gar nicht geleugnet, daß manche gefaͤllige Bors
ſtellung dem alten Tejifhen Sänger abgeborgt, und hier, fo
zu fagen, populariſirt worden fey. Einen kecht deutlichen Beleg
gibt n. XX. dya 8° Ecomrpov einv x. ©.‘ (wozu man noch
Anth. III. 162. LVIII. ‘und Long. past. I. 6. in dem neu⸗
endeten, und in unfern Jahrbuͤchern ıBıo H. 33 (Abth. V.
Hr 10) S. 97 f. mitgetheilren Supplement: eide wöcod wd-
guyE Eyevdunn w. x. %. ziehen fann) verglithen mit dem Anas
kreontiſchen Fragment 5. Vorzuͤglich iſt es das Bild des
Anakreon ſelbſt, des jugendlichen Greiſes, das den froͤhlichen
Sängern als Repraͤfentant der ganzen Gattung vorſchwebte,
was fie als allgemein verſtaͤndtich und gefällig in mannigfalti⸗
sn Beziehungen ; mit Lunftlofer Anmuth ausſchmuͤcken. —
Wiewohl ſchon Anakredn mit ungewöhnlicher rhythmiſcher Freys
heit ſang (non elaboratum ad pedem), ſo wuͤrden wir in
unſern Liedern dennoch dieſe Nachlaͤſſigkelten in Sprache, Pros
odie und Merrik nicht finden, wenn die Alexandriner fle ihrer
kitifchen Muſterung werth geachter hätten. Diele wollen nun,
has die Ariftarche zu hun verfhmäßten, fest nachholen, und
ihweren: Tert umd Lefer mit Kritiken, Emendationen und
Wermuthungen, die - nun unfrer Einſicht nach alle, zu fpät
vmmen . Die Kritik muß, wenn irgend, hier nur auf diplo—
tiſchen Eund und Boden bauen, "und durch Geduld ſi ich
Frisur was zu andern freveipaft iſt.
4 ©.
436 Anacreontlis carmma ill: Moebiun
Zu diefen Sedanken veranlaßte "uns von Yisurin“ dig von
liegende Ausgabe der Anekreeutiihen Behihe , die vorachuih
die Kritik derfelben im meitshien Umfonge -Seabfichtiget. Di
befagt ſchon zum Theil Die Worrede, in welcher er sin Te
in singulis verbis quam diligentissime emendatus atque
correctus verſprochen, dann außer Beund und Fiſcher vor
nehmlich Bothe abgefertiger wirt. Bon dem letztern heißt «6:
metrorum rationem ignorare, quam Hermannum segui
maluit. Moebine bat fih gegen Hermann fo felgtems bewies
fen, daß er nicht nur „jeine Theorie des Anakreeutiſchen Verſes
in verfchiedenen, befonders in den von H. ſelbſt namıbeft 9x
machten Steßen anzumenden verſucht, fondern auch alle feine
in dem Werke de metris beygebrachten Coniecturen mit Aus
nahme einer einzigen ohne weiteres in den Test getteukmen hat.
— Jedoch er kennt „bie Natur bes bapnelen Rechtes“, wunb
au mit Voß es nicht verderbend, mißt er bisweilen wie mit
jenem nad dem ſinkenden, fo mit diefem nah dem ſteigenden
Joniker. Eigentlich aßer, wie ih ſchen dataus zur Senügt
ergibt, hat er fie wohl beyde micht recht verſtanden. Wie hatu
er ſonſt in Ruͤckſicht Hermanns ©. XV. hiſſetzen künnen, de
Logaoedicus ſtehe für den Ditrochaeus; wie mit ihm S. 101
behaupten, die Stellen mit der trochälichen Ansfrufls ſeyen von
dorden, da er Eine Seite zuvor bey ‚einem feiner Dpsinung
nad) echten Gedicht geäußert: „ob bief gleich falich ſey, mü
doch der Fehler des Dichters gedufdet werben“ ;. wie deu Dart
Ins mit dem Trodhäus flatt des Doppeltrochden, den or mit
ihm für unrichtig hält, an mehrern Stellen hinein: corrigiren,
3. B. V. 9. XXIV. 2. Und in Ruͤckſicht Voſſens, wie konnt:
er mit ihm XXIV. ı. der Schlußlaͤnge des Zonikerg eine mit
fortzureißende Kürze hinzufügen wollen, da er. feime Lecert
zrixOny gar nicht annimmt; wie S. 84 für Boffeus Sehaug
tung: „daß, weil der Ausgang mit dem nähen Anfapge wir:
der einen Drepvierteltgct gibt, die erſte und ——
Tactes auch eine Kuͤrze mitnehmen därfe“, ein Mſoict wie
sd T’öyeo anführen, we bie Schleifang der Karze nicht duch
Anaereontis-carmina il. Moehius, 437
ben art ſdubern durch den sus’ entſchuldiget wird, und mie
konnte er in jene Behhuptung einflünmen, und dennoch V. 124
XXVII. 10 gegen Voß ecorrigiren? Nicht zu gedenken, daß
er gar XVIII. 16. Boß die Arſis ſtatt des Auftacts vermin⸗
dern laäßt. Wie konnte er XXXVII. 15. S. gg mit ber
Auctoritᷣt ‚Herder Wetriker folgenden monſtroͤſen ſelbſtgemachten
Vers
xas | Axor —R 2UgR0r
rechtfertigen; and ſagen, daß derſelbe für einen Ditro chau⸗ gel⸗
ten. koͤnne? Muß. man nicht uoh feinen Eitaten ‚annehmen,
habe den Darapdon uvoner «Boa yehavass alſo ſcandirt:
— — — 0 — u, und ſey auf dieſem Wege in die
Verwirrung gerathen. — Dieſer Vers gibt'zugleich eine Probe
von der Keitik des Verf.; ex pede Herculem. Dehn jene
von ihm ganz unbefangen aufgeſtellte Conſectur wird fo übers
feet: Vitis coronatur pampinis, et palmitibus usum ad se‘
fioret attrahens. Anziehend; woher ben? So made er
XL. '4. nad) v09 ddneurov einen Punet, und verbindet Täs
xepds suppl. Evene mit Grddvde, dieß ſey wicht fo froſtig
wie die gewoͤniche GStellungẽee, bemerkt dabey gar nicht, daß
töy Schrworor’ auch die Sehe hriſen koͤnne, wundert ſich, wie
der Gensor Läpsiensis eine ſolche Conſectur Habe taͤdoln koͤn⸗
nen, jumal da Koray nenlich gelehrt, der elliptiſche Genitiv!
ſey Aberſchwenglich gebraucht worden bey den Griechen. Welch“
eine Krecitt Eben fo ſteht es mit ber ſogenannten hoͤhern!
Kritik. Da find Die angebtich unechten Gedichte mit einem
Sternchen bezeichnet, Die angeblich verdaͤchtigen mit einem Kreuz;
aber man erfähet of nicht, ‚wie ſio zu tern und Kreuz
gekommen ſend. Vergebens fei man fidh nach irgend einen
feſten Priccip um. Sellte es dio innere Vortrefflichkeit ſeyn?
So kefe man . B. ©. 88: hoc carmen etai spurium, ta-
men egrégie sententiem exprimis. Vergl. S. 117. Nihil
hilarteatiß'än hoc regnat odario (LIV), Ceterum non es,
quod hos versiculos .Aracreonti adjudicemus. Und gu LV, ‘
Carmen hec Hicet nullius: sit fere „pretii, tamen ab Ather
x
438 Anacreontis carmina ıll. Moebiug,
naeo tribuitur vati Tejo. ‚Itaque nen est, quod poetap ab-
judices, praesertim quum compotationi erigi-
nem debeat; bey XXVI. heißt es: „hog carmen nullius
fere pretii est, gleichwohl hat es kein Abzeichen erhalten.
Dder das Metrum? wie S. 76 bey XVIR,. ©. 108 bg
XLVIIT., fo widerfpricht er ih wieder. &, 99 bey XXXVIIL
Ober die Sprache und eingelue Auspräde? wie ©.
6. ivayaaı ©. 113 aepay zosiv, fo follte er ſich doch
nicht auderwärts in angebli echten Gedichten auf den Pſende⸗
orphens ©. 60, auf Himerius ©. 6ı, ‚und gar auf Moeris
und Ihomas Magifer S. 69 berufen. Oder ſollen Kriterien
in gewiffen Anfpielungen auf Zeitumflände oder Begebenheiten
in Betracht kommen, fo findet man dergleichen bey XV. LUI,
(tum nomen Parthorum Anacrepntis aetate nondyum
ita notum fuit) nach andern . erwähnt, Desgleichen bey
XXXVI., wo e6 heißt, das Anakreontiſche Zeitalter habe noch
keine Redner gehabt, aber durch die Maler; Bildhauer, Wachs⸗
boſſirer 2, läßt fig der Herausgeber weites niht kuͤmmern.
Ob Übrigene duch die. Anmerkungen uub durch dem weil
läuftigen, ‚mit ben gemeinſten, zum Theil ganz. unwidtigen
Dingen angefüllten Inder das. Verfläpdniß- diefer Lieder gu
wonuen, auch das. shüt- ums-Leid bezweifeln gu müßten. ben
Diefelbe ungenaus hesumitappende Weife, die sutblößt von Kennt
niß der Sprache nach Austesisäten ſchielend, ohne Eonfeguen
und Sicherheit auf, gut Glaͤck zuſaͤhrt. Wes aber. ig dieſen
wortreichen Erklaͤrungen Gutes enthalten ſoyn mag, if, wife
das Eigenthum das Verfaſſer XXVI. 7. AAi ya
aivo. Hier wird wieder die wunderliche ſprochwidrige Erkiä
rung von Daum vertheidiget; qoßtum est, ut mpedligen sup-
presso accusativo. patients, nam sybhaudiendum pronomen
reciprocum ; sensus est; Licet sequaris caztra, ago hibam,
Schen Il.. XI. 641 mußte onf das, Nechte führen. V, g. a
befindet ſich eine Anmerkung, Die gang bie troſt⸗ und heilloſe
Manier wie den Stil diefes Erflärere ins Licht ſetzen wird:
Conjectionem Lenpepianam temerariam iudicat Fischerun |
Anatreontis carmina Hl. Moebius. 438
geippe ohrervans v6 ortpeede: notionem simplicem cir-
eu & subjectam esse, ita ut oda ortperar
(Arrtors) dietum sit pro: —** oriprrur loidonc.
Similem orationis structuram ‚legere memini apud Aristoph.
Plut. v. 115., uhi dmarddker od vis bidaluiag haud
dubie elatum est pro: And 0od ruv Ötpdaiuidv, nam
proprie caecitas depellitur ab homine, man home a cae-
eitate, Itaque non est, quod quispiam de insolentia vul-
gatae, lestignis conqueratur, ice: Lennepii conjectüra usi«
tatior ait, aljisque wagis arrideat, praesertim in poest
leviores — ®o heißt alfo Ararrarriın verjagen,, und diefe
Redensarten find einander aͤhnlich! — Nehmeun wir nod einen
andern Ball, etwa XXXI. 5, das Aeuxozavs 'Opiorns, fo
ſoricht der Herausgeber alfo daruͤber: „diefe Stelle fey ohne
alten sehävigen Grund von den Kritikern angefochten werden;
die Lesnrt Aspxamewms ſey umwerberben, denn diefes Wort müfle
entweder uon walten Füßen verſtanden werden, weil wahn⸗
finnige - Deenfchen unbeſchuht einhergingen, oder wie es ihm
ſchiene, aan der Schönheit deg Drefied. Es ſey bekannt, daß
bey den alten Autoren’ viele folcho Epiihera von einzeinen Glie⸗
deen hergnemwen würden, die Schonheit anzeigten. Hierzu
komme, daß ſchoͤne Faͤße bey den Alten einen Werth gehabt:
haͤnen. Wed ſey sicht zu lengnen, daB Ihm Diefes Epitheton‘ -
ſehr froſtig varkomme, indeß ſey Durch Vermuthung nichts
beſſeres heraragekemmen.“ Sa dem Index iſt noch ein anderes
Vielleicht etwa weil hie Heroen nach Voß in ben mythologi⸗
ſchen Briefen barfuß einhergegangen.“ — Asvadzou; ſcheint
ung ein veoa nem Tragiker autlehntes Beywort. Daß es bey
einem: Manne nicht auf Weiße oder Schoͤnheit der Füße
gaben -Ikne,, hedarf Bann eines Beweiſes. Of. Philostrat;
Epp. 67. Schol, ad Bind.. Ol. VI. 138. Bôtiiger Aldobran⸗
dinifsge „Aychgsit- ©. 60. a Sejichen es daher. mit andern
auf Ye-Merliheis der a: haltn ‘es für gleichber
deutend - mit yuuzazonc. Tiaß in Aeuaög diefe. Bedeutung
enthalten ſey, ſcheint uns yonuchmih eine Stelle in Eufip:
440 Anioreonils carmina ill. Moebini.
Ion. 221. gu befräftigen,, we der Thor fragt, ob er das eb
ligthum betreten dürfe: Aev26 nodi Ye, Denn die
defie, oder das Unbeſchuhtſeyn galt bes den Alten ſy
wenn nicht als ein-. Zeichen der Gile (Acschyl. From. 15.
Artemid, IV. @&. Analecı, IIF, 213.), obes der. -Iyaur
(Bion. 1, sı. Suet. Aug. c. 100) vorzägli als ein
Merkmal veligidfer, auch wohl bis zum briligen Wohnflun ge⸗
fleigerter Verehrung, wie (don bey den Juden Exod. HI. 5
und andern Orieutaliſchen Ybllem., Die Stellen dayn bey
Stephani Morini dissertat, octo. Jen. 1685. p. &ı sg.
und Spanheim ad Gallimach, p. dı8. Nun möge man fih
den Oreſtes, der ſonſt wohl mis dee Myceniſchon apß6ra aufı
tritt, vergl. Eurip. Orest. 1470 Elsctr. 5324 unbeſchuht den
den, wicht grade beym Grabe des Vaters, wie Der denkante
Moriaus ans Aeschyl. Choeph. v. 206 sq. fliehen woſter, der
ſchon durch Eurin, Electra v. 532. widerfege wird, weht uber im
Delphiſchen Helligihume,, wie anf dem berüäwten Relief Mus.
- Pio-CGiem. T. V, tav. X, vergl. Aesch. Eum. 66, we nur
die Farien als Jaͤgerinnen in Jußbekleidung erfiheiuen.. Der
Index graecitatis enthaͤlt jedes Wort, ſelliſt jede Mnrriüygt, bie
in den. Anafreowetfchen Liedern vorkommt, mit Uptdewenpbifc—her
völlig zweckloſer Weitſchweiſigkeit. Sanderbir, daß grade Tas
Verbum Bacvoapan LV. G., das amſers Miſſens Sloß in dieſe
Stelle vorkommt, fehlt. Webrigens Amber man hier ögeeAos von
duo; und. Ros, nad wegen aldadz Ebd ni > aidkc,
eos aufgeführte u. ſ. w. Smetmäßig- and vrmgtan a der
zweyte Index nominum,
Mit den kleinern Fragmencen, wei „ui air klin
Werth Hätten, auch andrewaͤrts zu deien Teyen“, Bait ſich der
Herqusgeber nicht befaßen mögen; uw: Touch. Wie gaz ven
der hergebrachten Bitte abzuweichen; habe er ewige kleinere
Gedichte anderer Verfaſſrr und Die Oben der Sappho Sean
fügt, In dieſen iM cd uw überall: auch beim Heitebruchten
geblieben. - So finden wir; um nur- Eines -Senfpiels zu ge
denken, im ber erſten bekangt am Ode der Baypbe, 'y. 24 den
Anaereontis earmina ill. Moebius. it
Wechfetbalig x’ el xer &DERNoıs wieder, wie denn auch dab
unerhörte KIND im Inder flieht. Jene fo fehr gemißhans
delte Stelle kann fche Teiche und ſicher aus der Aldiniſchen
Lssarı: W at EilRos imendirt werden. Man lefe nur x
büx EIERoıoay, und der ſchoͤnſte Gegenſatz in der zierlichſten
echtgriechiſchen Wendung (cH 11, v1. 165. Anal. I. 569.
XLV.) mitdı.herobrtreten.
Die Manter des Herausgebers im Beſtreiten fremder
Meinungen mag ihm gefallen, uns gefällt fie nicht. Eine
» Befcheidenheit wie &. g2 sed sensum huius interpretationis
non assequor, Davus sum, oder S. 65: quae lectio ut
Degeniv doctior 'suaviorque videri poterat, eqaidem non
asseıfüör, qu:we quãdem mea "est ingenii mediocritas, wun⸗-
derlich aßflechind gegen S. 94, mo er von feinen Vorgängern
fast: proni sunt komines ad corrigenda ea, quae nom
inteBigunt. Eine ſo untbißige grobe Sefhlivenhste bat viel
Wadriges, meht noch aber, und zumal in einer für Schuͤler
beſtimmtte Audgabe eine ewige gemeine und unnuͤtzt Zaͤnkerey.
Iſt es Url, als wenn aus dieſen Ftagmenten wie aus Memnons
Aſche von’Zete zu Zeit Vogel hetvorkamen, die Ach zu Ehren
derſAben Ceihen mäßten. Diefer Baxter hut feinen Barnes
an F. H. Gülle gefunden, mit dem er unaufhoͤtlich zünkt
nnd Gisweilen ehe berb, wie S. 97: At poetam densibus
commiotuni? qui itaâ ihterpretatur, non satis scio, ah quem
Rgat dienus vid,wo er ſelbſe fo in ſelnen Sinnen bewegt
wotden iſt/ daB er gar aus der Grammatik hebausgefallen iſt.
MDie Seobrethen diefer Ausgabe werden noch Durch fchlechtes
Papidr anß eins zahllofe Berge don Deuckfehlernvekrhehrt.
Von letzter hat det: Herautgkber ſelbſt nach ber Sokrede Mon
eine größe Anzahl bemerkt, einige anch im einem öffentlkichen
Hatte nachgetragen, und doch ſtind noch ſeht viele wie S. a
Adsız ©. 70 Hheworis arip G. 187 hic tamen löcild otiam
intérpretandus eſae poſit, (wenn Si ander s’chh Dirham
jer m % «m: fehen geblieben. |
D ‘. n
—X . . —F — * c2242* . . .o JI Yan
gi —7 7 7 Fine)
42 Aristopbanis cnmoediae.ed. Beck.
APIETOPANOTZ KQMOIAIAT. Aristophanis Comosdre
auctoritate Libri praeclarissimi saeculi decimi emendatae
| a Phil. Invernizio Jurlscorisulto Romano. Accedent
b criticae animadversiones, scholia Graeca, 'Mdiees et viro-
‘ ‚rum doctorum .adnotationes. Volumen IJl. commmenta-
rios interpretum complexum. Curavit Christianus
.„ Daniel Beckius. Auch mit einen andern Lit: Com-
mentarii in Aristophanis Comoedias. Collegit, digessit,
auxit Christianus Daniel Beckius, Volatasn I. -Prolkgo-
mend. Comanentariüi in Platum: Cum takula wenea. Lip-
siae in libraria Weidmanni, 1809, XCII und 714. &
Gchrbp. 4 Rthlr. befles volland 7 Ri)
Die Werte des genialen. Lomiters blieben larg⸗ ohne die
kritiſche und exegetiſche Huͤlfe, welche ihm mehr als manchem
andern Claſſiker gebuͤhrte, bis L. Käfer ia J. 1710 zu
Amſterdam eine Ausgabe der aͤbriggebliebeneneUf Dchauſpiele,
kritiſch und exegetiſch bearbeitet veranſtalte. Er gab außer ben ſchon
Belannten, als den Schollen u. ſ. w., manches big dahin Un⸗
edirte von Jſaae Caſaubonus, Ezechiel Spanhtien una Nichard
Ventley, welches eben fo ſchaͤtzbar iſt, als was ae felhſt zur
Kritik und Erlaͤuterung beygetragen hat. ig viel aher dieſer
ſonſt wegen feiner genauen Kenntniß ber Gricchiſchen Sprache
und. Literatur mit Recht hochgeachtete Gelehrte noch zu wün⸗
Gen uͤbrig gelaſſen habe, lehrt jeden aufmerffamen Beurttriler
die eigne Anſicht feiner Ausgabe, und iſt won Tib. Hem⸗
ſferhuſius praefat. ad Plut. G. XX f. und: andern, welche
Herr Peck S. XLIX namhaft macht, deutlich genug ansger
ſprochen worden. Sorglo ſigkeit, Uebereilung, Eilfertigkeit and
Unsedaung find die Hauptfehler, bie man. ihm vorwerfen muß.
GA im 5.1760 erſchlen zu Leiden Stephan Beraierg
Yungafe. durch, Peter Burmann II. Huͤlfe, mie geyen Bey⸗
trägem. theils von. Berger. ſelbſt, theils von Ducker u. a. Ce
ſchaͤtzar auch dieſe Ausgabe iſt, fo: fehlt ihn Dad ſehr vieles,
we⸗ewegen man die große Kuͤſtorſche nicht entbehres kann; und
eben dieß gilt: auch. von der in Hinficht auf die Keitit viel
beffern Brunckiſchen. Diefen drey Sanptaudagben geſellte
fi, dreiſt ‚und unbeſonnen zugleich, im J. 1794 die Ins
\
Aristephanis Gemoedise od. Beck. 448
ver wissifhe-binge, von welcher zwey Baͤnda erſchteuen find,
die Bloß Die eilf Gtüde enthalten. Der Einfall des guten
Advocaten war ain wenig befiemdend , und lisß vermuthen (doc
er ſaſt ſelhß prasmiig. ofheinae Weidmaunienae emeitatus;
wie ein ehrlicher Abpocat!), daß der Band des alten. Coder im
der Bisttarhel ds Camaldulenſerkloſters La .Elaffe bey Ren.
venns (liber Havannas vos ihm getauft) die den Itallenern
ſchon, an id eigne Vegierke nad einem guten Btüde Geld
anfgerogt habe. Gäriger Himmel, wenn ale claffiſchen Mar
nuferipte, die etwas abweichendes baden, gleich gedruckt werde
feümn, welch ein unnuͤtzer Schwall von Ausgaben wuͤrde und
überfdawammen! Ab die Sammlung der‘ gutän Variantes
aus. dem Learlaſſiſchen und Borgianiſchen Coder haͤtie Ihn frage
lich nicht ein Viertel der Praͤmien einſaͤckein laſſen! Dieſer
Inneruinz, mit dem Gelde zuſrleden, bekuͤmmerte ich gar nicht,
weder um die Erforderniſſe einer guten Ausgabe des Ariſtoe
rbamas.,. nm um bie Konotniſſe, die ein. guter Herausgeber
deſſelben Wßgen muß. on der Metrik z. B. hat er ſehe
dacftige Einſchten, und feine Kritiken find oft unter allen
Erichk wraheid win. manſchan, daß ein. andeer Uhden feine
zway Cedices eben ſo genau noch einmal nachſehen, und ver! .
gloichan möchte, wie‘ es bey der Spalrttiſchen. Abſchrift dem
Griechiſchen Anthologia geſchah. Wahrſcheinlich find dieſe beyden
Invarnitziſchen Eodd. jetzt in Paris: Mie nbede Brunck ihm
ingentzt haben, wenn er es für chreuvoll gehalten hätte, den
on Amrexnini ihm zegemarfenen Fehrehaudſchuh · aufznehmen.
Doch Brunck ſchwieg vosechtead. ſtille. Jadefſen mie: aus etwas.
Gemeitiem oft etmas ſehr ſchoͤnes borvorgeht, fortraf es auch ai
Diesem Falle ein. Wien Jernte den Bewernissi: Bald kennen
und- die. hochverdiente Waibmanniſche Buchhandiung verſhuͤrte
bastı; daß fie ſich at ihen kuͤchtig geirrt hale. Imcrazzi hatte.
zwar die vermehrten Scholien nach Leinzig Zaſandt, aber ker
Thæsauæus: Aristophapicus, der die Quinteſſen; and allen
bieher ˖ über den Ariſtophanes erſchienenen Erlaͤntzrungen un
“=
ui Aristophartis Tombedias od. Beck,
Beinerfungen eehalten' fellte, ich Hay as, weit drin
Umſtaͤnde iha daran Hindertn. Zum Sluͤck bare He. Sof.
Bed in Leipzig dieß vorausgeſehen, und de et den Abdrud
der Inverniniſchen Ausgabe deſorge hatte, "fe üdernahm er)
Fahre Iang vortkefftich vorbereitet, Di Doleudung derſelben,
mil dee Ruͤckſicht, daß feine Arbeit and ME fr jebe andre
Ausgabe . eingerichtet; angeſchen werden: Ammte. So Wadts
benn einmäl in fchr guͤnſtiges Weit Mer den geiſtretchen
Ariſtophanes Gerade: Zr. Bet mar dir Dann, von wekchen
Die glaͤckliche Audfährmg Diefes: vieffeitigen Seſchaͤfie gu en
warte: Raub‘, da er, diner unfter beften Whiltlogen und’ Kri⸗
üßer,, unermädikhen Flaiß wit erproßter Krtheilſskraft verdindet,
mb durch feiste Arbeiten, bey din Acnagaben des. Euripibes,
Demsfihenes de Pace und vielen andern, ſelilen Beruf days
reaheavoll bewähree hat. Mit: reifer Uebrtlegung Fußes wum
dicſer wärdige Beichrer den Dim, in rip Bände Ben Eomi
mentar zu liefen, der alle Erklärungen: und Geläuterungen
aller nenern Kritiker. und Erklärer über den: Miſtophanec,
meh den Regiſtern begreifen ſollte: Ber vierte wird die Frag⸗
mente der verlsenen Komäpien ud ein Ariſtophautſ hes Las
kon enthalten? zubehe werden die Alten: Scholien, von den
neuer getreunt, aber virbeffent, vermehrt und else Mer
merhiigen der Cibiehrten , und einer gank: neuen Lickäufeltung
ber Rombdien. den Bihhtuß machen. Alle halbe Aue: wird
Gi Dans erſchrigen. Bollte ihn Indık der Tor, auir. mu
sl an Kräften Ahempafien, fo if, wie De. W.- verſichert,
altes ſo eingerichee, daß das Merk nicht Kuramiee letden fell.
Unſtrritig ein Tee ſchdaer Plan, und du Ariſtophanrsg we
von Anfaͤugern Im @elschifhen geleſen werden fol, Tondern
wen Sengliegen‘, die ſchon ziemlich vedeutende Berikheitee daria'
gemacht haben, oder won Eeleheten meh’ Phildſogen, ſo kaun
Euch au der Auſhhrlichteit aichte ausgefent werden. Dex eis
ia: Witch, ber ums dabey aufflieg, beſtand darin, daß auf
Mohl foil heit bilige Rackiche zenommen werben möge,
denn «6 laßt fi leicht berechnen, daß dag gange nach biefem
|
Aristophanis Comacdise ed. Beck. 445
Peane vollendete Bert wanigden⸗ fünf Bis: ſeche Piſtolen koßen
durfte: eine. Ausgabe, welche in dieſen unguüͤnſtigen Zeiten
für die meiſten Philologen, deren Tugend weder Raichthum,
noch Mahlkand zu ſeyn pflegt, um fo druͤckender ſeyn moͤchte,
je ſtaͤrker das, treffllche Werk fie an ſich locken wird. Denn
aus diefem serien . Theile, malcher ben Commentar Über ben
Dintus enthält, ſehen wir, daß dieß Werk für jeden Philo⸗
logen und. Freumd des Atertbums ein ganz unentbehrlinhes Buch
ſeyn merde, walchtes fo ‚eingerichtet iR, daß man den Käßen,
Hemſterhuis, Brunck u. ſ. m. dahey ungelefen laſſen darfı
Daß dieſer Band aber ſo Kark gewarden if, davon liegt dig
Schuld, wenn es eine iſt, an der Menge van Erlaͤuterungen
und Pemerkungen, welche aäͤher den Platus vorhanden find,
und won Ken. B., feinem Plone nad, ganz, oder doch once
pirt wiedergegeben , und mit pielen eignen fchr ſchaͤrbaren By
merkuugan und Urtheilen bereichert warden find. Es wich
anfın Leſacn nicht umengenehm fen, wann wie ihnen von
diefem Plans eine Beſchreibung verlegen, wie ihn bie Vorrede
angibt, und wis wir ihn aus den fergfältigen Soda de
Commentare zum Plume anfgrfaßt baten -
Da uämlih bie. Aüßerie, gar. nicht mangellofe Ausaası |
tofkhaz iR, und felten zu werden aufhmgt, ‚alle drey größeen
Ausgehen aber, bie man Biäber zufmumsen. wor fi liegen haben
mußte, wenn man den Dieser gruͤndlich verfichen weilte, be
fonders für deu Philolagen zu theuer finh, und in Ihrem Ge
braucha, ichom wagen der geiſtlaſen Aimosbnung, Bat und Zeit
tadten; fo werden diefe Ausgaben, mas. han darin enthaltenen
Commeantar betrifft, durch dieſe Veckiſcha Aebeit im aller Abſicht
ganz enthehrlich gemacht. Ale Anmerkungen, war allem aus
den duen gohßerr Aussehen, von Khfter, Beygler und Brunck,
ind bier, mit den, Warten. dep Merfager, johoch ur mas dns
Kafentlichz , vairblich "Lehrende ynd Mügliche engeht, een fe
mähfam, ols gewiſſenhaft und gründlich miedergegeben worhene
Der unduͤtza Wortſchwall alſo, der in vielen dieſer Anmardiugen
herreſcht, iſt win Behnunmirit und ſarfem darchail ve goeſchege⸗
.
416 Aristophanis Comoedise ed. Beck;
ten. Mes if, fo viel es geſchehen konnte, ſogar cheouotegtch
geſtellt, und zum leichtern Gedrauch in einer wirflich gefälfigen
Ordnung, wobedy die Gruͤndlichkeit ſelbſt gewinnt, aufgeführt:
Ohne weſentliche Auslaſſung und Verſtuͤmmelung find HR hun
KTäaſters, Spanheims, Bentley, Duckere,
Berglers, Bruncks, Hemſterhuié (Aber den Pintus),
and meiſtens Fiſchers Noten beygebracht worden: dagegen
finden ſich aus Balmers (Paumler's), Girard'e, Chris
ſtian Florens, Manters u. a. Noten nur Exterpte, mit
Beglaffung der geringfagigen und bloß auf unwiſſende Anfan
ger berechneten Anmerkungen. Zur Wermeidung von Wieder
holungen find mit Necht die Boten, bie bloß ausgeſchrieben
And‘, ganz weggelaſſen; fanden fi aber Hierin einige Erwei⸗
terungen, erbefferungen, oder Beytraͤge, die nicht in den
Urnoten vorfamm , fo find auch diefe. Höchft gewiſſenhaft mie
ben Worten der Werf. beybehalten, und, zur Schonung des
Baumes, unter dem Texte des Commentars mit Feiner Schrift
angeführt werden. Eben daher iſt ©. Fiſchers Weitſchwei⸗
figkeit oft ſtark beſchnitten, und aus den von allen Commens
tatoren Angefährten Griechiſchen Stellen, bie alle nachgeſchla⸗
gen, und hoͤchſt muhſam nach den Seiten, oder andern Abthel⸗
langen der Bücher, Capitel und Paragraphen der neuera Aus
gabe bezeichnet find, ME mie Auslaſſung der Lateinifchen Leber
gung nur das zur Sache Gehsrige beybehalten. Daß bie
Latinitaͤt Abderall berichtigt ſey, verfteht fih von ſelbſt, ale in
Gpanheims Boten. Das Gezierte, Gezwungne in Hemſterhuis
Noten iſt dagegen mit Recht ſtehen geblieben. Was in dieſen
NMoten zu den Scholien gehörte, iſt, wo moͤglich, ganz abge⸗
fondert und für dieſelben aufbewahrt, fo wie z. B. aus Hem⸗
fierhuis Doten zu den Scholien alles das exgcerpirt und bier
leygebracht iſt, was zum Eommentar Mir den Dichter gehört.
Es währde Beleidigung des eignen Urtheils der Leſer ſeyn,
wenn wir das äußert Mähfame und Verdriesiihe, was im dies
fer Arbeit liegt, weitläuftig anführen wollten. Das Verdienſt⸗
le. der Wendung ergibt fih von ſelbſt, da fie To offenbar
Aristophanis Comoediae ed. Beck. 447
mit "eben ſo vieler Ueberlegung und Beurtheilung , als mit
| Beſcheidenheit und Anſpruchsloſigkeit vereinigt iſt. Wie mancher
haͤtte ſich aus den, in groͤßter Stile hier vorgenommenen Ver⸗
beſſerungen offenbarer, nicht feiten ſtarker Schnitzer der vorigen
Commentatoren mit großem Geraͤuſche ein Verdienſt gemacht
Der Herausg. veibeffert ſtillſchweigend, und finder in dem
Bewußtſeyn, gtwas Gutes gethan zu Haben, feinen Lohn. So
handelt der echte Humaniſt! Es iſt ſreylich wahr, daß dem Leſer
bisweilen der Gedanke aufſtoßen kann, manches haͤtte wohl
wegbleiben, vieles verkuͤrzt gegeben werden ſollen. Allein dann
waͤre der ſchoͤne Pian des Herausg. nicht erfuͤllt worden, jene
drey größern Ausgaben ganz entbehrlich zu machen; es war
daher beſſer, lieber bie und. da ein wenig. zu wiel als zy
wenig zu geben, zumal da hier das gu viele doch gut iſt, und
immer relativ gut bleibt. Es laͤßt ſich hier cum grano salis ans
wenden, was Seneca Ep. CVII, sg ed. ‚Rubkopf. fagt x
In eodem präto bos herbam quaerit, canis leporem, ce
conia lacertum. Doch dabey blieb der Fleiß, bie Sorgfale
und Genauigkeit des Herausg. nicht ſtehen. Denn da ſeit den
letztern Zeiten cheiis in den tleinern libris criticis, theils in
den Ausgaben und andern Werfen mande Bemerkungen im
Beziehung auf den Ariftophanes vorgefommen find, von denen,
noch kein Gebrauch gemacht worden, und die eben wegen den
Bücher, worin fie vorgetragen ‚find, nur. wenigen in die Hände
kommen dürften; fo har Hr. B. ſich aud) die Muͤhe nicht vers
drießen laſſen, dieſe Bemerkungen neuerer Gelehrten mit der
ihm eignen Genauigkeit und Beleſenheit gewiſſenhaft aufzuſuchen,
nnd zum großen Vortheile der Leſer kurz beyzufuͤgen. Dahin
gehoͤren beſonders die Bemerkungen, die im Theatre des Grecs
won Beümop und in den, guten auch Deutfchen Ueberſetzun⸗
gen ſich finden, ſo wie die Bemerkungen von Reiske, Ho⸗
tibius (Daßleben), Eckhard, Toup, Wackefield,
Porſon, Dawes, Coray, Hoogeveen, Hermann
u. Wan darf aber nicht glauben, daß man hier bloß notas
variorum finde, in des veraͤchtlichen Sinne, in welchem
48 Aristophanis Comoediae ei: Beck,
dieſelben als sufammengewürfelt da ſLehan, und: wabey auf ben
Zuſammenhang und dag geſchmackvolle grandliche Verſtaͤndniß
‚des Auctors faſt gar keine Ruͤckſicht genommen iſt. Dieſer
Nehler iſt Hier gang vermieden worden, indem ber Herausg.
das Gehlechafte, mas in den-biäherigen Commensanger uber den
Ariftephanes vorherrſchte, dadurch völlig gehoben Bas, daß ee
eigne Noten oder Bemerkungen in nicht geringer Zafı hinzufägt,
welche den Zuſammenhang, das Dramaturgiihe m. dgl. eroͤr⸗
tern und benwerklich machen. Hieris herrſcht Klatheit und Kürze,
die jeden gewiß befriedigen wird. .
NMach der Vorrede folgt: 1) ©. XVIL— XXVII eine
dreffiche Abhandlung Aber die Codices, e quibus Aristopha-+
sis Comoediae editae et emendatäe suntt woraus Harleß
vebſt Fabric. B. G. To, Il p. 375— 378 hier und da Ber
ichtigung, oder beffere Ordnung erhält. 2) Matthaei Rapers
bhandlung Aber die Ausgaben des Ariſtophanes aud Thomas
VDargeß Museum Oxoniense, fascic. 11, Lond. 1797. 8. p:
20-- 97, mit Hru. Bed’a Zufäsen — LX., Ans den Maten
goen wir unter andern, daß Kr. Prof. Schäfer Hemflerhuis
usgabe des Piurus mit einem auctarıo zu Leipzig wieder
äbbrucken tafie. Dann folgte noch die Anzeige von Bruns
Ausgabe , mit deſſelben Worsepe :u. f. w. —LAVIIL: 5) De
editionibus et 'interpretat. Pluti —LXXIV. A) Praefa,
tiones ı edit. aldinae von Aldus Manutius Lateiniſch, von
Marcus Mufurus Griechiſch, von Bern. Junta Antoniad
Brearinus oder Francinuns Varchienſis Lateiniſch, and von Aemi⸗
Ya. Portus Sricchiſch und Lateiniſch — ACH, Ber Yen
brigen Bänden werden nod Abhandlungen kommen, von dem
SHerausg., de ingenio poetae, de fabulis eius, de oratione
Artica u. f. w. Hoffentlich wird aud eine eigne Abhandlung
Die hiſtoriſchen Punete, mit ben befanntn Genauigkrit unlı
Sorgfalt. des. Verf., zufammengeordnet. und in das rechte?
geftelt,, enthalten, auf welche Ariftophanes in feinen Stucken
befländig feinen Blick richtet. Es iſt bekannt, daß ohne dieſe
hifterifche Kennmiß die Lectüre des Dichters chen fo umgeniek
Bar bleibt, als wenn jemand Sam. Foote’s plays, die fo oft,
wit dieſen Ariſtophaniſchen verglihen worden find, ohne die
genaug Zeit; und Sittenkunde Englands leſen wollte. tens‘
beras Kuffäge, in welchen derfelbe, nah Sturz, uns fo ſchon
mit‘ dieſen Foote ſchen Stuͤcken bekannt machte, werfen eim List,
auf unfre Meinung,
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No. 29. Seidelbergiſhe A811.
Jahrbuͤcher der Literatur
I TAI TR TITEL RE ART Ta ann
Spfiematiihe Darſtellung der Rechtslehre von der Gemeinſchaft dee
Güter unter Eheleuten nach Anleitung des Napoleonifchen Ge⸗
feßbuches von R. F. Terlinden. Münker und Leipzig bey
Walde, 1810, 382 ©, 8. Ä
>
Mauser der Lehre von Privilegien und Hypotheken wisd ſchwer⸗
lich im ganzen Code Napoleon irgend eine andre Lehre dem
Deutſchen fo fremdartig und dunkel erſcheinen, als das neue
Syſſttein Aber die MWermögensrechte der Ehegatten. Denn das
Seſehbuch hat auch in diefer Hinſicht feine Befimmungen nicht
aus einfachen philoſophiſchen Grundſaͤtzen abgeleitet, ſondern
ih faſt lediglich dem Herkommen angepaßt, wobey denn,
eben des Herkommens wegen, bie zwey bisher in. Frankreich
geltend gewefenen Oyſteme mit einander verbunden find, und
nur das eine in Sweifel für das vorgeltende erfläct il. So
bleibt denn Frankreich ruhig bey feinen alten Bitten, und das
neue Geſetz kann dort nicht fremdartig erſcheinen. Allein gang
anders in Deutſchland! Gegen die herrſchenden Ideen der
‚@efehgeber,, welche ein Hanuptverdienſt darin fuchten, das Be—
ſtehenbe auf alle Art zu achten, wird für ins der C. N. ſchafs
fend und vernichtend, weil er überall auf Gebräuche ſtoͤßt,
‚welde zu gan, andern Beſtimmungen geleitet haben würden,
wenn das Geſetzbuch in Deutichland verfaßt wäre Hier find
denn die Schwierigkeiten bey der Annahme des neuen Rechte
fort mermeßlich. Eigne Sitten follen mit fremden vertaufchE
werden, und man fo verfichen und Anwenden, was man biss
Her nicht kannte, and als Product einer fremden Nationalitaͤt
rue mit groͤßtet Mühe ſich zu eigen machen wird! Bey einer
folgen Lage kann der‘gelchrte Juriſt doopelt ein Wohlthaͤter
feiner: Nation werden, wenn er fie in dem Neuen fo ſchnell
450 Zerlinden v. d. Gemeinſcaft d. Site unter Ehclenten
‘ts moͤglich ganz zu orientiren ſucht; und in ſofern werde
denn, gut gerathene Schriften über das Syſtem des G. N. In
Detreff der ehelichen Büterrechte den waͤrmſten Dank und dk
größte Aufmerkſamkeit verdienen.
-- Der Vaf. der vorliegenden Schrift verdient alerdingd
Dank dafür, daß er nach Heften Kräften bemüht gemein
it, den Deutſchen geläufig zu made, was fie von ihren bi
herigen Sitten abfuͤhren, und in eine ganz neue juriſiſche
Welt verſetzen ſoll. Allein die Yasführung fel&ft können wie
auf keine Weife für gelungen erflären, fo fehr wir es ud
gewünicht hätten, dem beſcheidenen und anſpruchsloſen Def.
recht viel Freundliches fagen zu tönnen. Denn wenn wir uf
eine gewiſſe froftige und hoͤlzerne Darſtelungsart und Di
mannigfaltigen Wiederholungen überfehen- wollten, ‚fa ‚finde
wir doch im Materiellen fo vieles an feine; Arbeit anepuſchu
daß zur Empfehlung derſelben uns. kaum wegen) ein Grup)
übrig bleibt. Wir wollen die, Urſachen dieſes Uxthgile eh
naͤher detailliren, und dieß, um fo ‚lieber, da die gemeint
Wendung, welche die neuer⸗ Juxisyrudem in Deutſchland j
nehmen droht, der Kritit ‚mehr, wis jemgls, die Pflicht auf
legt, mit Ernft und voller Gradheit das Mangelbafte zu tugen
Was wir zuerſt im, Ganzen an der Arbeit des Verf. taden
zu muͤſſen glauben, iſt die iſolirte Sehanplung eines einzeln
Gegenſtandes, welcher durchaus nicht aus feiner Verbindung
mit einem, andern, Gegenſtande hätte . ‚Setausgerüfen werden
ſollen. Hr. T. handelt namlich, in der ‚ganzen Schrift 1
von den Artikeln des C. N., weile, ‚unger. der Rubrik: du
Regime en communaute fieben. ‚Die Srundſaͤtze des Rep
‚me dotal find von ihm ganz abergangen. ‚Dafür-Eöunte Du
freylich der bloße Wille des Schriſtſtellers als Rechrfertigungd
grund angeführt werden, "Allein einen ſolchen Einwand kn
wir hier nicht gelten loſſen, am wenigften, da der. Waf. nich
nach neuen Theorien ſtrebte, fondern bio auf Verbreitung
deutlicher Begriffe bedacht war. Denn die, benden, Epfems
das Regime en Communaute und dag, Begime dotal, gie
Terliaden v. d. Gemrinſchaft d, Güter vnter Ebelenten. 41
fen mehrfach in einander, und Niemand wird: das Eine gang
begreifen, dem das Andre fremd geblieben iſt. Faͤr beyde gie
es gewiſſe allgemeine Geyndſaͤtze, „3:0: Aber die Gewalt des
Chemeamms, welche gar nicht Ale, Eigenthaͤmlichkeit einer ‚einge
nen Arc angeſchen werben: Ihanen:, . umd Sende dücfen unser
Beichränlangen mit eidander combinirt werden, deren nirgend
auf eine geiſtoolle Art; Erwähnung geſchehen kann, wenn nicht
beyde. Syfeme in ihren Eigenthuͤmlichleiten und: wechſelſeitigen
Beziehungen verkinigt dargeſtelt werden. Vorzuͤglich wird aber
durch die Grundſaͤtze des C. N. über die dos eine reine Schet
dung Bender Byſteme ganz unmöglich. Sowohl bey dem, einem,
als dein anbean Syfeme kann eine dos vorkommen, oder -Wicht:
SR jenes der Fall, fo hat der C. N. in Betreff der dos ‚für
das Rogime doral die Sache mit otefer Genauigkeit beſtimma
aber in Betreff der dos unter. dem. Regime en communautz
nur. wenige Puncte entfchieden,. wo denn die ˖großen Zweifel
bleiben, ob wicht vieles von dem, was über die‘ Roͤmiſche dos
Sefage..ifb,. analegiſch auch auf die: das der Länder des unger
ſchritebenen NRechts anzuwenden ſeyn moͤchte? Ohnehin fang
eine vereinigte Darſtellung beyder Syſteme, nur zu einer Kritik
des Ganzen führen, .unB dieſe haͤtten wir in einem ſo meine
läuftigen. Werke um .fb ‚mehr; unn dem Verf. fordern dürfen,
da einer der Hauptvorzuͤge des ‚neuen Geſetzbuchs grade dariz
beſteht, daß es durch offene Darlegung feiner Gründe mehr,
wie em anderes Geſetzbuch, der Beyrtheilung freyen Spiele
raum läßt, und be wihts bey dem Stutfio des pofitiven Rechts
ſelbſt dem Gedaͤchtniñ ſo ſehr zu Huͤlfe kommen kann, al eine
philoſophiſche Würdigung des Werths und der Conſequenz dee
einzetnen Beſtimmungen. Unſer Verf. ummyeht aber leider! dag
alles; ze bemüht ſich ſogar faſt nirgend... die referirten Einzeln⸗
heiten aus ihren Motiven gehoͤrig zu erklaaͤren. So wird man
denn aflenthalben zwifchen Definisionen, Ampliationen, Limt
tationem ; und Diſtinctionen verflemme, ohme, wir möchten
fagen, auch nur ein einziges. Mal die Freude gu empfinden,
D . . 3*
tr: ’ « veoryr er er
\
452 Terlinden u: d. Geineinſchaſt d. Gater witer Ebelenten
daß man auf eine befrledigende Weiſe in dem Gelſt des Sarjen,
oder einer einzelnen Voeſchrift hineingefuͤhrt ſey.
* Noch auffallender iſt uns die Daͤrftigkeit and Magerkeit
bes vorliegenden Werkt in ber Hinſicht gewofen, daß der Verf.
das, bisher in Fraukreich geltend geweſene aͤltere Recht Fo
nirgend charakteriſirt, und nicht einmal die gemeinſte Meratue
gehoͤrig benutzt hat. Nur Maleville und Potheier find
von ihm fleißig excerpirt; dann auch zuweilen einige Artikel
aus Merlins Repertorium. Allein weiter iſt nichts geſchehen.
Lebrun und Renuſſon (wenn auch‘ der letzte ds paarmal
nach Titaten Andrer allegire iſt) kannte der Werf. gewiß nidt,
fo wenig als die gangbaren neuern Branzöfigen Gchriften
von Bousquet, Delaporte u. a. — Selbſt daden finder Hd
seine Spur, daß bie befannteften Deutſchen Schriften vom
Verf. benugt wurden. Was aber diefe Armuth am usanger
nehmſten macht, iſt die leidige Abſchreiberey, welche ſich Hr. T.
zu Schulden kommen ließ. Wo nur Pothier ein Wort geſagt
hat, da wird dieß ſtets treulich uͤberſetzt, und ſollte es auch
das trivialſte Behſpiel ſeyn. Ja noch mehr! Kr. T. ſcheint
Jar nicht daran gedacht zu haben, daß ber. C. N. ſich durch eine
große Mengte Individualitaͤten auszeichnet, von denen Pothier
gar. nichts ahnen onnte, und daB es da aͤußerſt ſchlecht paßt,
aus Porhier alte Ideen als eine Exegeſe ber neuen Vorſchriften
zuſammenzutragen. Dieſes quid pro quo iſt aber dem Verf.
nur zu oft begegnet. So find z. ©. ©. 258, 239 zwey ganze
Seiten. aus Pothier Über die Frage, was eine Mobiliarſchuld
ſey, abgeſchrieben; und doch wäre hier zunaͤchſt allein auf bie
eigenthuͤmliche Vorſchrift des Art. 556, 508, welche fe’ viele
eregetifihe Schwierigkeiten hat, Ruckſicht zu nehmen geweſen.
Mod ärger verführt der Verf. S. zıa ff. Bekannntlich fet
der GC. N. ganz neue eigenthümliche Strafen ber verſchulderen
Scheidung, namentlich im Fan des Ehebruchts, womit dann von
felbit die, ehemals gegen die Ehebrecherin ſtatt gefundenen Prb
vationsſtrafen weofallen. Dennoch iſt wirtlih aus Porhier
der Sag ausgeſchrieben, die Frau fey von der Theilung auß
Terliaden v. d. Oemeinichaft d, Güter unter Eheleuten. 453
zuichließen, „wenn fie eines Ehebruchs Aberfäßre, und ihres,
Rechts an. der Gemeinſchaft verluſtig erflärt fey.“ — Eden fo,
befremdend iſt es, wann im 9. 147 aus Pothier abermals.
buchſtaͤblich abgefchrishen iſt, der Mann habe als Oberhaupt
der Gemeinſchaft, das Recht, ſaͤmmtliche zur Gemeinſchaft
gehörige gegenwärtige und kuͤnftige Grundſtuͤche zu verpfaͤnt
den, ein Sag, welcher, abſolut geſtelt, um den neuen Vor⸗
ſchriften des Art. 2199 9250. gay nicht mehr paßt, — Da.
der Merf. in diefem Geiſte arbeitete, fo mar es. denn ganz,
natuͤrlich, daß er, fo ſehr auch das Gegentheil zu wuͤnſchen
geweſen wäre, das Verhaͤltniß des bisherigen Deutſchen Rechts,
im Gegenſatz des C. N. gar nicht fchilderte, und ſich nirgend
auf die einheimifhen Deutſchen Verträge einließ, welche noch
ferner neben dem jest zu recipirenden Mocht beſtehen koͤnnen.
Daß has Werk ine Menge von Läden haben muß, vers.
fieht ſich hiernach auch von ſelbſt. Denn wie Bonnte, Polhier,
den tauſendfaͤltigen Zweifeln begegnen, welche erft Durch das
nene Geſetzbuch, und die Aufichten der Ausleger deſſelben ents
flanden And?. Wo man hinblickt, Röße-man daher auf Luͤcken.
Wir wollen nur felgende Fragen aucheben. 1) Wenn in die.
geſetzliche Gemeinſchaft ale Mobilien fallen, und daher auch
alle nah Eingehung der Ehe erworbenen, wie iſt dieß dann
mit den Worten der Art. 1401 no, ı zu vereinigen? 2) Iſt
Art. 1411 unbedingt, oder auf Art. 1496 gu beſchraͤnken?
Im ..64 wird das legte angenommen, ‚aber ohne Prüfung
der, Gegengruͤnde. 3) Warum wird der vermiſchte Hall deq
At. 2414 — 1413 mit Unterſcheidungen regulirt, welche ßch
aus der Combinetion der vorhergehenden reinen Faͤlle nicht
ergehen? A) Wie find die. Schwierigkeiten zu haben, welche
der Art, 2427 durch das: sea enfans mat? Gewiß nick
dadurch, daß der Darf, ©. 3661 fo Äberfept: gameinſchaft⸗
liche Kinder. 5) Wis wird. es, mit Ruͤckſicht auf Art. 1498
is Anſehing der Immeblllarklagen? 6) Wenn man bey Ar,
2499. daran denkt, daß es, außer der Vermiethung, auch andre
Verleihungen gehen. bann; wie lange iſt dang der Termin für
454 Tewunden v. d, Gemeinſchaft d. ter unter Cpekeaien.
dieſe anzanehmen ?:- 7) Warum Ab in Art. 2448 nur bie
gemeinfchaftlihen Kinder erwaͤhnt ? 8) Mas ii nach“: Art.
r484 — 1486 genau unter eiguen Schulden dts Mannes und
der Frau zu verfiehen? 9) Wie werhätt «6 Ach mie don Schul
den im Fall des Art. 1500, 1509, 25269. 10) Was iſt eigente
lich nah Art, 1566. eine beflimmre und eine unbeflimmte
Anmeublirung? Aus den Saͤtzen des Verf.-Röht: man gar niät,
wohin hier das generelle Verfprechen aller, oder einer gewifien
Sattung von Immobilien, ohne: Menntihg einee Summe,
gehören foll.: Belt Maleville hat ſchon aufmerffam darauf
gemacht, daß ‘der C. N. Hier Schwierigkeiten habe. 11) Der
Art. 1518 iſt beh dem Verf. 9. 177, 278. in Anfehung feine
wichtigften Puncte faſt ganz leer ausgegangen, z. ©. in Betreff:
der Frage, mie es fih wie der vertimgsmiäßigdn. Scheidung
und der bloßen Giterwennung-verhält, und ob das preeiput
von der ganzen Maſſe vorläufig vorabzunchmen iſt, oder nur
zur Hälfte, und wie, wenn man das letzte annimmt, der
Umſtand erklaͤrt werden: kann, daß die Frau gar nicht 'gue
Caution verpflichtet MT: Endlich erwähnen wir ı2) noch, um
das Dutzend voll zu machen, bie: Frage: in welchem Verhaͤlt⸗
niß ficht der Mann im Fall des Ark. 1da4, wenn bee · Frau
Ste Gemeinſchaft zufaͤllt, und hat die Frau auch Hier das Recht,
nur bis auf ihr Emolument gu zahlen? " - |
“ Seht angenehm würde es uns ſeyn, zu biefen Bemer⸗
Bingen wenigſtens die ˖ Verſſcherung ihzuffgen zu koͤnnen, def
bie vorliegende Schrift ven poſitiven Serthämern ſeey ſey.
Alein auch dieß Mbruhs unmöglich. Gern wollen wie freytich
feden Tadel in Anſchung der, uns "mißfellenden Meinangen
bes Verf. unterdruͤcken, wo man die Sache in irgehp: einer
Hinſicht zweifelgaftnennen, oder wo deb Verf. irgend einem
andern Schriftſteller als Gewaͤhrsmann anfähren kann. kein
gar manches ſcheint uns augenſchelnlich falſch, und darüber
EBnnen und dürfen wir nicht ſchweigen. Zuerſt maſn · mw e
‚ geradezu für derig erklaͤren, wenn dee · Veif. in 6. 53: on ber.
Gemeinſchaft alle Sachen ausninimchen weis den Eheim
N
Terlinden v. d. Gemeinſchaft d. Güter unter Eheleuten. 455°
gemeinſchaftlich, oder einzeln durch Erbrecht, oder durch
Schenkungen zufielen. Denn nah Art. 1495 gehören nur
die, jedem Ehegatten befonders, aljo keineswegs die, beyden
zufamnies geſchenkten Sachen, nicht in die Communion. —
Eben fo irrig heißt es &. 16%: die in Art. 1422 verbotenen.
Schenkungen fönnten an gemeinfchaftlihe Kinder gemacht
werden, und das gelte denn auch für alle vermuthlichen Erben
beyder Ehegatten, Die fette Einihräntung hat nichts, als
feere, unerwiefene Vorausfeßungen zum Grund, und ſelbſt in
Betreff gemeinſchaftlicher Kinder ift der Satz des Verf. nach
dem T. N. nicht zu erweiſen. Denn der Art. 1412 redet gas
nicht von Schenkungen überhaupt, fondern nur von Kyſten
einer Etablirung, wobey noch immer von dem Vorhandenſeyn
einer natuͤrlichen Schuld die Frage ſeyn kann. — on gleichem
Gehalt ſcheint uns die fernere Behaupfung des Verf. S. 247,
daß die Fran auch nach der Verzichtung eine Vergütung für
dasjenige ſchuldig fen, was fie zur Ausfteuer ihrer zugebrachten
Kinder mit Auctorifation des Ehemanns aus der Semeinfchaftss
maffe genommen babe, Denn kann der Mann nach Art. 1472
ſelbſt ben "angenommener Gemeinſchaft die Frau wegen feiner
Semeinschaftsforderungen nicht auf ihre eigenen Güter belans
gen; wie viel weniger iſt er dann dazu befugt, wenn fie entfagte ?
Der vom Verf. angeführte Art. 1469 veder nur von dem Fall der
angenommenen Bemeinfchaft. — Auf gleiche Weiſe Halten wir es,
theils in den Gründen, theils in den Mefultaten für irrig, wenn
Kr. T. &. 127 behauptet, die Ehegatten hafteten wegen der Ger
meinfchaftsichulden während der Semeinfchaft unbedingt, auch
Aber den Beftand der Maffe, und zwar der Mann ahne Einfchräns
tung als Familienhaupt, die Frau aber unter Vorbehalt der
Verzichtleiftung auf die Semeinfhaf. Was der Verf. vom
Marin fagt, hat freylich manche Auctoritäten für ſich, obgleich
der Beweis für feine Anfiht aus dem Geſetzbuch ſtreng ges
nommen ſchwer zu führen if, Aber im Betreff der Frau läßt
ſich nun ganz und gar nichts für jene Idee fagen, am wenig;
ften mit Beziehung auf ihr Roche des Verzichts. Denn währenn
456 Terliäden v. d. Gemeinſchaft d. Guter unter. ice
der ‚Ehe gibt ihr, kein Geſetz im Ganzen rige⸗ Vorrecht, und
nirgend wird man finden, daß bey den, der Fran nicht pers
ſoͤnlich zufallenden Schulden das Geſetz mehr fagt, als: hier
haftet die Gemeinschaft. — Manchmal begreift man dem Berf.
nicht einmal, z. B. wenn er im $. 150 der Fran fofort nad
Auflöfung der Gemeinſchaft eine Entſchaͤdigungsklage gefkattet,
um von den Schulden der Gemeinfchaft, wofür fie perſoͤn⸗
Lich hafte, ganz, oder bis auf ihr Emolument befreyt zu wer
den. er kann erwas davon in den, Dafür citirten Art.
1482, 2485 finden? Noch mnbegreiflicher iR $. 151 im der
fonderbaren Behauptung: „ber Mann hat feine Hypothek auf
das ‚Vermögen der Frau: denn er hat nah Aufläfung ber
Serinfchaft den Theil der gemeinfchaftlihen Schulden bezaplt,
den feine Frau, oder ihre Erben hätten beytragen muͤſſen. —
Was wie aber vor allen Dingen tadeln möüffen, iſt die , einen
großen Theil diefer Schrift unbrauchbar machende Vernachlaͤſ⸗
figung des Unterfhiedes zwiſchen zwey ganz heterogenen Fra
gen, nämlich: was gehört unmittelbar als Activum und Paf
firum dee Gemeinfhaft an? und: was kann als voraus, oder
Bergütung dep Theilung der Maſſe gefordert werben ?. Bey
des iſt durchaus nicht mit einander zu vermengen, oder als
etwas einander Ausichließendes zu behandeln. Denn bie erſte
Frage betrifft vorgäglih das Verhaͤltniß der Gläubiger gzur
Gemeinſchaftsmaſſe, die letzte aber das Verhältniß der Che,
gatten unter ih. Hecht wohl können nun gegenfeitige Pflid:
ten der legten gedacht werden, ohne daB dadurch an der Ger
meinſchaft ſelbſt etwas geändert wird... So fallen 5. B. Strafi,
gelder, welche durch ein Verbrechen des Mannes verwirkt wur
ben, der Gemeinſchaft zur Laſt, und dennoch iſt nach getrenns
ter Gemeinſchaft der Frau bafüe Vergütung zu leiften. Chen
fo können Activa, weil fie beweglich find, einfiweilen in die
Maffe fallen, jedoch unter Vorbehalt der Vergätung (,. B.
Art. 1405 im legten Satz), wie denn auch umgekehrt etwas,
unter Vorbehalt der, Vergütung, von der Gemeinſchaft ausges
fehloffen werden kann (. B. Art. 2408). Unſer Verf, hat
%
Manuel du Mineralogiste par Brard. 157
nun biefen fo feinen und bedentenben Punct im Allgemeinen
gar nicht beräßrt, nichts anf jene Unterſchidungen zuruͤckge⸗
führe, und durch gänzlige Unbeſtimmtheit feiner Begriffe ſich
verleiten laſſen, die eine Frage ſchlechthin mit Ber andern zu.
vermengen. Zum Beweiſe der Wahrheit diefes Vorwurfe
brauchen wie nur anguführen, daß in 6. 39, 4o von dem,
Activis der Gemeinſchaft ausgeſchloſſen werden «ale
über dem Fruchtgenuß von Immobilien gezogenen Dinge, und -
alles, was an Gelde für venbußerte Immobilien der Frau
erhoben ward, obgleih Art. 1403, 2470 in Hinſicht diefer.
Dinge nur von Vergütungspflichten reden; und daß der Berz
faffer naher (&. 125, 126, 157 — 1359) von den Paſſivis
der Gemeinſchaft wieder eine Menge von Schulden ausnimmt,
weiche derſelben, die Vergütung vorbehältlih, unmittelbar ganz
unftreitig zur Laſt fallen, wie 3. B. alles, was für eine uns
bewegliche, nicht in die Semeinichaft fallende Sache zu zahlen.
ift; alle nur eine perfönliche Angelegenheit der Mannes bes
treffenden Schulden, und alle Anfprüche Dritter aus widers
rechtlichen Deräußerungen des Mannes. Wir finden hiebey
das Verfahren des Merf. um fo umerklärbarer, da er ſelbſt
(5. 149) über den eclatanteften aller Fälle, nämlich die durch
den Mann verwirkten Geldſtrafen, ganz richtige Begriffe ‘hat,
welche ihn leicht zu den gehörigen Unterfcpeidungen in Betreff.
der übrigen Bälle Hätten führen können.
Manuel du Mineralogiste et du Geologue voyageur; par C. P.
Brard, attache au Museum d’histoire natyrelle. Paris .
chez F. Schoell , libraire, et & Berlin -chez Froelich,
1508. avec 1 pl. 470 Pag. 8.
Der Zweck eines mineralsgiichen Meifehandbuchs kann wohl.
im Grunde fein andrer feyn, als den Oryktognoſten und
Geognoſten in den Stand zu feßen, mit Huͤlfe deffelben die, ,
ihm anf feinen Wanderungen .aufitoßenden unbekannten Zoiks .
lien und Gebirgtarten leicht, bald und ohne große Vorbeseis:
K53. Manuel, du Mineralogiste par Brard.
tungen gu erkennen. Diefer Zweck kann, nad. unſrer Auſicht,
Dach feine Methode leichter erreiche werden, als durch die
Wernerſche, da die dußern Kennzeichen fofort in die Augen
fällen, und es Feines großen Apparate bedarf, um felbige an
jedem vorliegenden Foſſile aufzufinden. Daß eine oberflaͤchliche
Angabe der phafiihen und chemifhen Eigenſchaften eines Mis
nerals, foweit deren Erfennung feine weitläuftige Vorrichtung
erfordert, 3. B. des Verhaltens gegen Säuren und vor dem
Lothrohre, Hierbey mehr nuͤtzkech, als überfläffig ſey, wird
niemand in Zweifel ziehen. Dagegen wird man aber auch
darin mit uns übereinfimmen, "daß eine Methode, wie die
Hauyſche, fo unverkennbar aud deren Werth in andrer Hin⸗
fiche iſt, für jenen Zweck fi füglich nicht anwenden laffe, weil
fie, ſtreng genommen, nur einen Theil des Mineralreichs,
namlich die regelmäßigen Geftalten umfaßt, : die Bey weitem
größere Anzahl der unregelmäßigen Mineralkoͤrper aber gleicht
fam nur im Vorbengehen aufnimmt. Wenn wir daher fon
mit der Anlage des vorflegenden, nichts weiter ale einen uns
valllommenen Auszug ans Hauy's Traisd enthaltenden Hands
buchs nicht zufeteden fenn können, fo mögen wir noch weniger
der Ausführung Bedfall fchenfen. Denn der Auszug eines |
Syſtems der Kryſtallographie follte nah unferm Ermefien
doc, wenigſtens das Wefentliche diefes Syſtems enthalten. De
nämlih nah Hauy's Methode die Foſſiliengattungen (espkces)
Bloß nach ihren Srundgeftaften von einander unterfchieden
werden , biefe Srundgeftalten aber nad ihren einzelnen Dimens
fiowen bey verſchiedenen Boffilien wieder fa fehr von einander.
abweichen, fo follte dieſes fpecififche Kennzeichen nothwendig
bey jeder Gattung angegeben worden feyn. Dieß tft aber nicht
geihehen. Denn fo if 5. ©. beym kohlenſauren Kalt (Chaux
carbormatee) &. 26 und bey der Chabasle &, 174 bie
Grundgeſtalt bloß als Rhomhoide obtus und un peu obtus
angegeben, ungeachtet - diejenigen Flächen der Grundgeſtalt,
weiche beym Kalk unter 204° 28’ 40’ und 75° 51’ ac mw
ſammenſtoßen, bey der Chabasie: zwey Winkel von 95° 4
Manuel da Mineralogisi€ par Brard. 459
und 86° ve’ vbilben, ſolgtich beyde Arundgeſtalten, obſchon eine
wie die andre ein Nhomboid bilden, dennoch in kryſtallometrifcher
Sinfiht ſehr von einander abweichen — Ein ſolches Handbach
follte ferner wenigſtens die Anzahl und methodiſche Benennun
der von jedem Foſſile bis jetzt bekannt gewordenen Kepfalliiad
tionen 'nebft der Angabe enthalten ; ob die angenommene Srunds
geftalt im dar Natur anfgefumben, ‚ober. bloß durch Kunſt ent⸗
deckt worden fen: Won allem diefem finder:fih aber in vorlies
gendem Warte. des2 Hrn: Drard nirgends eine Spur, un.
wenn nicht bey denjenigen Bofflien, weiche In der Natur kry⸗
flaliiee vorfanmen, bie Grundgeſtalt jedoch, wie oben bemerkt
worden, ohne ‚alle nähere Bezeichnung angegeben: wäre: fe
wärde wiemand., der es nicht vorher ſchon wußte, ercarhen;
ob das Foſſil, von weichem die Rede iſt, z. ©. der Kalkſpach7
kryſtaliſirt vorkomme, oder nicht. Der Derf. geht naͤmlich/
wenn er bie phyſtſchen und chemiſchen Kennzeichen eines ME
nerals nad. Hauy's: Traite unvolllomnien genug (denn nie
felten vermißt man unten andern Bas-für «jeden reifenden RIEF
neralogen fo wichtige Verhalten ber Feffitter onr dent Büchtöhrey
angegeben, ımd eine chemiſche Anald ſe ¶nicht immer bie neuſte
und zuverlafſigſte) augehühre hat; ſegleich gu. den, von Hauy
fogenannten umbefiimmbaren Formen⸗(dae jedoch nad) Wernere
Methode ehr gut beſtiimmbar find) Aber ; "ohne der. wirbiiugent
Kryſtalliſatlonen auch ne: mit einem‘. Worte gu nen:
Anch Dir, in: ber Einleitung zum Gamzen nad Heun .aife
gefieiiten. Borhageiffe find oberflaͤchlich und unvollſtaͤndig. Sol
vergißt:. 5 Ex der VBerf. gleich auf. der erſten Seite, daß Me
Salze gleihfalls zu den Mineralien gerechnet werden, indem
er bloß Steine; Metallo un: Eoubngibilien. als folche namhaft
machte. Indiſſen gibt Der Berfrꝛauf der andern Seite reich⸗
lichen Erſatz für das, was er uns aufr einer Seite nit largen
Hand entzieht. Er beſchenktrunke admlid: ©... oä-mit ag!
Metallen, da mir "biphet nur sd gelenut Sabem Das neun
Metal HE unter Nummer »A wifchen Colusibiün: und Damiımı
eingefchjültet, amd ums: fich Piönen, es. kann wicht leugnen,
/
&
460 Manuel du Mineralogiste par Brard.
daß er beym Erblicken dieſer Erfheinung micht werig daruͤber
ſtutzte, daß dieſes Metall Hisher feiner Aufmerkſamkeit ſo gany
und gar entgangen ſey. Begierig ſchlug er nach Anleitung des
Negiſtere ©. 397 des. Manuel nad), wo die nähere Beſqrei⸗
Sung bes Pröne gu erwarten war, fand aber bier-michts weite,
als den Namen. Eben fo vergeblich war das Nachſuchen in
allen Altern und neuern Dentſchen mineralogikchen Werken and
ſelbſt in Mauy’s Traire. Doc leitete ihn eine Anmmertung
Karſtens im 2. Theile ber Ueberſetzung des Haun’fcgen Werkes
©. 130 auf die Spur, daß vielleicht das Metal damit gu
meint feyn kͤnne, was Descotils, Fourcroy nnd Vancquelin
zuerſt in dem Ruͤckſtande der Piatinsaufläfngen gefunden
Hatten, che noch die in bee Piatina enchaltenen vice nenn
Metalle aufgefunden waren. Dieſe Wermuthung warb auch |
Bey weiterem Nachſchlagen des Journal, des Mines und der |
Annales de Chimie beſtaͤtiget, und in ſeweit ſchien Der Verf.
Bee zu haben, das Pröne namhaft zu machen. Allein e
hatte 'aur 'niht ans ber Acht Laffen ſellen, daß dieſes nem
Metall wieder verſchwunden if, nachdem Omithſon Zennant
daſſelbe als ein Gemiſch z we per Metalle erkannt, und dieſe
Osmium und Iridium genannt hat, deren letzteres vorgästidh
diejenigen Eigenſchaften an ih hat, weiche jene Gerüßemten
Sranzöfichen Chemiker dem Pröne beylegten. "Aicnfaile Ebuuie
alſo diefe Benennung ald cin Sopnouym won Iridaam ange
het, aber als zwey verſchledene Metalle Annen Ixkdium uud
Pröne burdans niche aufgeſtelt werben, und Der Werf. wird
SG daher eine Ausmufterung feines Eqaumerau⸗ gefallen laſſen
miſſen.
In dem geoguoſtiſchen Asfgukte ©. 400 f. Description
des Roches Senannt, ſcheint der Werf. mehr feinen eigenen
Einſichten zu folgen, ob gleich die Ueberſchrift beſagt, daß =
hierbey die Methode des Heern Faujas beſolge. Won einer
Einthellung der Gebirge In Ur⸗ Uebergangs⸗ Fibtzzgebirge ꝛc.
iſt nirgends bie Rede, vielmehr macht der Werf. in feinem lim
terriche mit dem Trapp, als erſter Gattung feiner Mechode
Maiteel du Mineralogiste par Brard. Ak
den Anfang. Wade Gebirgearten unter biefer Geueuuustg
begriffen werden, vermag. Des. nicht zu beſtimmen, da Die
Beſchreibung der aͤußern Kennzeihen auf mancherlen Geſtein
paſſen, und als Fundarter bloß Norberg und Oberſtein geuange
werden. Indeſſon iſt dieſer Artikel immer IBterefant, weil der
Leſer darin belehet wird, daß die priematiſche Geſtalt des Traype
(wahrſcheinlich⸗ in hier von einem Porphyr die Rebe, wie ang
der Folge erhellen wird) nicht. von einer Bufammenzichung. hen
ruͤhre, Sondern von der Oxydation des Eifens, Die mit einer
gewiſſen DRugelmäßigfeis. exfolge (que sa forme 'prismatique -
n’est point due à un retrait, mais bien à loxydation det
‘fer, qui se: fait avec une Certaine regularitd), Kr. Fanjas
Sefige ein Stuck, was dieſe Behauptung ganz unwiderſprechlich
deweiſe. . Dieb: ſey eine dunkelgruͤne, gefchliffene und poliste
fehöfistge Säule, von drey Zoll Durchmeſſer, weiche auf ihrer
Oberfläche dunkelxoth, merklich parallele Faſern (Elers) zeige,
die von audem Faſern faſt unter einem vechten Winkel durch⸗
ſchnitten wuͤrden. Dieſe Opydation (1) durchdringe die ganp
Dicke der Saͤule, dergeßalt, daß man mit einem leichten
Schlage des Hammers mahrfheiulicd Beine Prismen von
ı und 235 Zoll Durchwmeſſer davon würde abſchlagen können
— Wenn De Lafer in diefer Deduction nit hinreichendes
Zufemmenbang ‚finden ſollten; ſo muß Mec. gegen ben Verdacht
einer unrichtigen Uebertragung der eigenthuͤmlichen Worte des
Verf. im voraus proteſtiren, und ſie auf letztere verweilen. =
Uebrigens wird an eben dieſem ſeltenen Stuͤcke noch dargethau
(S. 425)., daß der Trapp bisweilen die Grundmaſſe der Porz
phyre ausmache. Denn dieſe Trappſaͤule, die anfangs aus
ꝛiner homogenen Maſſe zu beſtehen ſchien, verwandelte ſich
rach dem Anſchleifen und Poliren in einen Porphyr mit kleinen
Feldſpathkryſtallen (cax ce trapp, que 'on croyoit homo-
Pne avant d'ôro poli, devint un, porphyre à petits cri-
taux de .Feld-spath, quand il le fut). — Wegen dieſer
nerfwärdigen Verwandlung nimmt nunmehr der. Verf. bey dex
weyten Gattung feine Spſtems, dem Porphyr, an, daß die
8
463 ‚Manuel du 'Mineralogiste par Braräl.
MBeuupmfie :ifis Deſteins darchaus ray fer: mıllie (fi
pato :d’'we roche yorphyritigue deit' être ihvarinhlemern
Ju trapp). Ob: ſeidige Geldfpaih s Kernblenbes oder andre
Nevpee ı rlihalte,, was'feh gleichviel, da dieſer Umſtand hieß
Ye: Bann der Dache: verändern Anne, und es werde dans
Jdetßeü, Borphyre:h:’urissuex .d’amphiböte te. Himter den,
gu dieſem Artikel gehörigen Remmrgqies finben wir: and die:
Hab: dur Porphye fd Hr dın Ganggebirgen finde
(bes perphyre se troutent dans les montagries & filons),
und- in..felgigen mehr des weriger badretende Maſſen bilde.
Hs. deitte Gattung treten die Mandeiſteine (Amygdaloides)
wuf, qui.-ont une päte comme les porphyres ,: mais. qui
&= diffrene en ce-que leur päte est: variable; er quasi
Heu de atistaux, ce sont: des globubes calcaires etc. mi
sont ‚ungages. dans 'cette.päte etc: — Die’ vterte Gadımg
bee Grauit, zerfällt, nachdem er mehr oder Weniger zuſam
mengeſetzt iſt, in verfühlsbene Arten. "Bo werden nad ci
oder aufgefährt 1) der fogmmanıe Schriftgranuit; a):dte ſeltent
@ehnart, wovon ein einziget Block von 24 Pf. Ochwere u
Corfin: gefunden Worden, die aus weißen Quarz mit con
teiſchen Ningen md Auyın“von grüwläher Hornblende beſteht;
5). ver oghptiſche: Grauit; und 4) derſenige Granit, welcher
außer Feldſpath, Quarz und Glimmer auch Schori unte
feine Gemengtheile aufgenommen hat. — Die fünfte geogn«
ſtiſche Gattung iſt Granit schisteux oder Greif, mit welcher
der Bert. (vermuthlich um die Zahl die Gebirgsarten nicht je
ſehr anzuhaufen) zugleich den Blimmerfchiefer vermengt hat
'si confondu dans cette espece }& schiste micaoé de
4uelques minedralogistes). Als fehle Gattung wird de
Sichie fer, Schiste, aufgeführt. Die Veſchreibung dieſer
Sebirgs art, unter welcher alle Arten des Schiefers ohne Un;
terſchied Hegriffen zu ſeyn fcheinen, if} gu merkwärdig, als daf
fie Rec. feinen Lefern vorenthalten ſolte, Diefes Beftein naͤmlich
Hast ſich mit einer eifernen Spitze rigen, Htuweiten' auch mit dem
Meſſer ſchneiden, gibt einen verſchiedenfarbigen Strich, nimmt
Manuel .du Mineralogiste par. Brard. 463
manchmal durch, Reiben mit ber Hand eine. Art: von Polite
an, gibt beym Anhauchen einen chehigen Geruch / verfiert Im
Waſſer nichts von feiner Dichtigkeit, ift von mehr ober weni⸗
ger blaͤttrigem Gefüge, und verändert im Jeuer die Jarbe. Unter
den Karben bdeffelben finder fi and die roſenrothe. Die Bas
rietäten des Schiefers, welche aufgeführt werden, find Schiste
en rhomboides , dont les en varient, et ne sont poirit
le resultat d une cristallisation, — en lames minces, — en
espetes ' d’echais'. rösseniblamnt” asser bien &: des Eclats de
bois, — en couches d’une Certains Epaisseur. — Schärfe
koͤnnen die Arten „des. Schiefers nicht unterſchieden wirdeni!
— Bey Erwähnung: das Zeichenfchiefege: geraͤth der Verf.
eine Art von Exſtaͤfe, indem er 8, "432 in die Worte au
bricht: ,„Au8, diefemfchtwargen,. unanfehnlichen Sciefer verfichen
die bersüßnaten. Kühle BWanſpenbdonk und Nedonte de
zärteften Blumen” mit unnachähtmticer Stazie und Wahrheit
zu erſchaffen, and wie, viele geſchickte Kuͤnſtler koͤnnte ich. "TY )
anführeg, die mit einer‘ Art von- Zauberſchlag aus dirvr
ſchwarzen Farbe Meiſterſtuͤcke verſchiedener "Art hervorgehen
heißen‘ ! — Den Befchluß macht als ſi ebente Gattung de
Serpentin, Dann, folgen S. 435: die vulkaniſchen Produete
nad. Faujus Methode,, und zwar zuerſt' Die Laven, Verne
©. 446'dle vulkaniſchen Ermaillen und Glaͤſer (Obſidian), und
©. 448 die vuikaniſchen .Sublimate, . Noch find einige-,; all
die phoſitaliſchen Eigenſchaften der Deineualten ſich begichendi
Tabellen, die aus Hauy's Traité enmsmmen find, ferner die
Beſchreibung des, auf einer Kupfertafel abgebudeyen Necess
saire du. ‚Mindralagjate angchängt, :Settit im: dieſer Wi
ſchreibumg finden ſich noch Unvollſtaͤndigkeiten, ‚ (indem z B
ber Dorax nicht als ein, wirkjamen Schthelzmittel, fondern bloß
um deswillen "aufgeführt wird, weil er dazu diene, à trowves
Ir caubfır qu'un mindral communique X son verre, As
Neagentien werden. bloß Salpeterfäure, Ammonigk und Diog
lenſyrup angegeben In: Dog wir hoffen, bie Unvoltommen⸗
heit dieſes Handbuchs hinreichend dargethan, und in unſern
”
6G6gqleiermachere) Monologen.
Leſern die Ueberzeungung bewirkt zu haben, daß es wenigſtens
in fofern, als es für reiſende Mineralogen ˖beſtimmt iſt, feinen
weck nicht erfuͤlle, und hoͤchſtens als ein Auszug ans Hanns
raité für diejenigen, welche dieſes Werk nicht ſelbſt beſitten,
rinigermaßen brauchbar ſey.
udn
Monslogen. Cine Neujabrsgabe. Zwevte Ausgabe. Verlin, in de
Fealſchulbuchhandlung. 1810. IV u. 126 G. (12 gr.)
Seit Janger Zeit iſt Rec. feine Echrift anfgeftoßen , welche
unter einem fo einfachen Titel. und von fo geringen: Llmfang
"fo vieles Wichtige enthielte, als dieſe Monologen bes Hrn.
D. Schletermacher. SJmmer bat er fie mit vieler Erbaunng
geleſen, und if Aberzengt, daB dieß auch bey vielen andern
der Fall geweſen ſeyn m Sie find im wahren Sinne ui
Worts Monologen: Selbſtgeſprache eines igdividuells gebildeten
Seiſtes, weichen erhifge Srfinnung mehr gilt, denn fopfift
Age: Gruudſatz, und. weider tet dern menſchlicher
Seife eben fo unwärdig findet, als Allgemeinheit. Geld
Neujahrsgaben find wahre Gaben, und mehr werth, als
alte Nenjahrsgefchente der modtichen Leſewelt, welche als
u kaum ben. erfien Tag des Jahres aberieben.
.Den Inhalt des Werts wollen wie Hier nicht weittäufis
angeben, da die Beflern damit ſchon bekannt feyn werden, und
Die Semeinen auch durch die Hefte Anzeige nicht beſtimmt wer
Den Häcfeen, ſich das Wefentliche daraus anzubliden, was
eigenthuͤmlich wieder Rellen ; zumal da uͤberdieß bey Diele
wenten Ausgabe nur Kleinigkeiten im Ausdruck geändert find
ee Menfh und feine durch die Vernunft ihm beſtimmten
Werhätniffe And der Gegenſtand der fünf Aufſaͤtze. Wic glas
ben Hier erwähnen zu mäflen, daß Diefe Schrift manches Licht
über die andern Werke des Verf., auch Aber die Grundlinien
einer Kritik der bisherigen Sittenlehre verbreiten werde, Frey
Uch wirb au fie das Dunkel, das über einzelnen Gegenfläw
Den ruhe, wicht ganz zerſtreuen, was bloß durch Die Bekannt
machung ber wiffenfhaftlihen und religiäien Sittenlehre anfert
Werf. gefhehen kann; Doch, wer der dialektiſchen Kun fd
bemoaͤchtigt hat, wird nad unſerm Dafärhalten den Kern wohl
Gerauofinden -
Zweyerley mißbilligt Rec. ,. erſtlich, daß der Verf. du
Vorrede mit einer Diſſonanz ſchließt, welche jetzt nicht mehe
an ber Zeit iR, und dann daß dieſe Ausgabe (far um di
De als ‚die erſte) jener, ruͤckſichtlich des aͤußer,
|)
No. 30. Heidelbergiſche 1811.
Jahrbücher der Literatun
RULULILZRARSRLALLULL ALL TU LT ———J
Anatomie und Naturgeschichte des Drachens. Von Dr
Fried, Tiedemann, Prof. der Anatomie und Zoo-
logie zu Landshut, Mit drey Kupfertafeln., Nürnberg,
bey J. L. Schrag, 1811, 4. 26€.
Nae allein die glten Dieter ſprechen viel Sonderbares
‚und Schreckliches von den Drachen, ſondern viele Altere Matur
hiſtoriker durch Künfteleyen tere geleitet, beſchreiben unter Dies
fen Namen Befchöpfe, welche nirgendwo erifticen. Der Verfi
hat ſich durch diefe Schrift daher ein wahres Verdienſt erwor⸗
‚ben, nicht allein dadurch, daß er in dem erfien Theile dichet
Monographie dein einzigen wirklichen und exiſtirenden Drachen
naturgefhichtlih und anatomiſch richtig beſchrieben, fondern
daB er and in ‚einem zweyten Theile den Drachen der Alten
‚mit wahren kritiſchen Scharffinn beleuchtet, und theils die
Thiergattungen genau bezeichnet hat, welche man zu Draden
gerhacht, theils die Irrthumer ruͤgt, in weiche eine Ichhafte
Phantafle bey Berfiämmelungen und Eintrocknen anderer Thien
geſtalten gerathen iſt.
Der Verf. faͤngt mit der Naturgeſchichte des Thieres arm
Das Geſchlecht if den Eidechſen verwandt. Linne beſchreibt 16%
edit. ı8 Gen. ı2i Corpus tetrapodum caudatum elatum
alis propriis, Es gibt uur eine bekannte Art: -»Draco viri»
dis, der grüne. Drache. Die Kennzeichen: find fülgende: die
Flügel ſetzen fih His zu den Oberichenkeln fort, mit weichen
fie verbunden find; 2) der Kehlſack iſt lang, und läuft ſpitz
zu; 3) die Oberſchenkel und Unterfchenkel ind nad): unten dur
eine gezackte Hautfalte verbunden, 4) hinter dent Scheitel läuft
auf dem Halſe eine feine gezackte Hautfalte, oder ein Kamm
herab; 5) die ſchuppige Haut des-Köryers if gruͤnlich, vie
Fluͤgel find Hräunlich, und Haben vier braune Auer. Inder. Dee
50
466 Tiedemann vom Drachen.
Drache hat einen rundlichen Kopf, welcher vorn in eine ſtumpfe
Ochnaüze uͤtergehht. In den Kiefern figen vier ſpitze Zähne,
Die Augen find groß, und mit einer rundlihen Wulf um
geben. Am Anfangs der Schnauze find bie Nafenöffnungen,
hinter und unter den Augen die mit dem Teommelfelle ven
ſchloſſenen Ohren. Der Kehlſack iſt lang, haͤngt vom ganz |
Halſe herab, und iſt trichterförmig. Vom Hinterhaupte geht
eine gezackte Hautfalte bis zwiſchen die Schultern, wo fie fh
verliert. Die Worderfüße find frey, Haben fünf, burc fin
Schwimmhaut verbundene Zehen. Die Winterfüge find- länge,
der- Platifuß groß, die Zehen länger, und alle mit fpigigm
etwas gekruͤmmten Nägeln verſehen. Die Fluͤgelhaut fängt
imter der kurzen Beruf an, und endet an bet änfern
Seite der Oberſchenkel; fie beſteht aus einer Duplicams
vw Maut, die fih vrm Ruͤcken und Bauch hier zuſemma—
legt, und die-fnhs fatichen Rippen, welche geſtreckt und na
wenig gebogen find‘, zwiſchen ſich aufnimmt... Der Schwan
äft ſehr lang 'und gegliedert, vierſeitig, ‚unten am. Baude I)
feinen Anfang. iſt die-Definung der Kloake. Das Maͤnnqhen
war: ſechs Parifer Zol 10% Linien lang, das Weibchen um
einen Zoll groͤßer nals das Maͤnuchen. Doch ‚meint dei Vafı
daß es auch größere Individuen gäbe, als die, melde et be
ſchrieben. Sie find in Afien und Afrika zwiſchen den Wendt⸗
Irsifen zu Laus, Halten ſich in Wäldern und auf Yin
auf, und feben von Inſecten. Sie flattern nur, um) ibn
Flügel tragen fie hoͤchſtens auf Zo Schritt, von eimem Pau
zum andern; auf der Erde kriechen fie nur langfam, ſchwim
wen können fie gar nicht. i
Der Verf. geht: num zur onatomifchen Unterſuchung bed
Drachens, und zuerft zu den Organen ‚der Empfindung. Das
Gehirn ift geößer wie bey den Amphibien, und kommt jenem
der Vögel nahe. Won oben erblickt man fehe Hügel: ı ım
2 die Hemifphären, 3 und 4 die Schhägel, 5 die Ziebelträit
und 6: das kleine Gehirn. Das Ruͤckenmark iſt rund, UM
zur Größe des Hirns betraͤchtlich. Die Augen ind. groß, mir
Tiedemann vom Drachen, | 467
onver, als bey den Übrigen Amphibien. Die Kryftaftinfe if
und und von vorne nach hinten platt gedruckt. Hinter und
inter den Augen iſt eine Gehoͤroͤffnung, ein Trommelfell, mit
velhem ein Gehoͤrbeinchen verbunden iſt. An der Spike der
Schnauze find die Naſenoͤffnungen, in jeber eine Muſchel.
der Riechnerve hat ein kleines Koͤlbchen.
I. Organe der Bewegung. Am Skelet des Drachens
ind vorzuͤglich die Rippen merkwuͤrdig, wovon die oberſten
echs mit einem Bruſtbein verbunden den Thorax bilden, die
Intern acht aber find mehr und weniger geſtreckt, und dienen,
wifhen der Flügelhane aufgenommen, diefe Haut Auszudehnen:
die find alfo verichieden von Flugorganen des fliegenden Eich⸗
‚drachen, indem fie von den Rippen unterfiükt wird, und von
enen der Fledermaͤuſe, in welchen die Ertremitäten, und vorz
üglih die verlängerten Zeheh die Flughaut entfälten. "Eigene
Nufteln, welche von der Ruͤckenwirbelſaͤule ſich dreyeckig in den
intern Theil der Rippen inferiven, heben’ die Flügel, und.
ndere zwiichen dein Rippen befindliche, den Interroſtalmuſkeln
naloge Fleiſchfaſern legen die Flügel zuſammen.
III. Organe der Ernährung. Der Oberkiefer hat ſechs
Schneidezähne, vier Eckzaͤhne, und ſechsundzwanzig Backen⸗
aͤhne. Der Unterkiefer vier Schneidezaͤhne, zwey Eckzaͤhne
‚nd ſechsundzwanzig Badenzähne, weiches den Drachen unter
ie Raubthiere fell. Die Zunge iſt fchmal und die, nad
orne abgerundet, ein gabelformiges Zungenbein nimmt den
tehlkopf anf, und Hinter demfelden liegt der Kehlſack, weicher
u8 det äußern Haut, der Muskelhaut und der inner Schleim:
aus befteht, und, indem er die NMährungsmirtel aufnimmt,
nd im erften Grade erweicht, ein mit dem Kropf der Voͤgel
naloges Organ därftellte Daß er Gift abfondert, iſt falich,-
a die Drachen ganz und gar keine giftigen Thiere find. Beym
{uge follen die Drachen den Kehlſack auch mit Luft ausdeh⸗
en. Es folgen nun der Schlund, Magen, Darin und Dis
arım, welcher vor dem After in die Kloake ſich erweitert, in
yelchen die Blafe, Karnleiter und zwey rundliche Erhabenheu
468 Tiedemann vom Drachen.
ten, welche der Verf. für die männlichen Ruthen Hält, ſich in
feriren. i
IV. Organe des Kreislaufs des Blutes. Im Draden if
ein Herz mit zwey DVenenfäden und einer Kammer. In dem
rechten Venenfa gehen die zwey Hohlvenen, in den linfn
die eine Lungenvene. Aus der Kammer entfleht die Aorta
und die Arter. pulmonalis. Der Verf. glaubt, das Ka
der Amphibien fey die Indifferenz zwifchen dem Herz der Fifhe,
weiches dem rechten Herzen ber Säugthiere, und dem Kt
der Schnecken, welches dem linfen Herz derfelben gleich od
‚analog fey, da das Herz der Amphibien beyde gleichfam in
der Indifferenz darſtelle. Diefe Hypotheſe ſcheint Rec. niht
genuͤgend, wie er bey der Anzeige der Monographie des Ir.
Aber das Fifchherz bemerken wird.
V. Keipirationsorgane. Die Lunge befteht aus ber ne
lichen Luftroͤhre, den Lungenzellen, und einigen Anhängen, wid!
fih in die Bauchhoͤhle längft des Magens erſtrecken.
VI, Zeugungsorgane. Die Meinen Hoden liegen un |
den Nieren. Aus denſelben dringen die Samengänge bi n
die Kloake, und endigen ſich in zwey Warzgen, welche dk
männliche Ruthe darzuſtellen ſcheinen. Im Weibchen fin
man traubenartige Eyerfiöcke, Eyerleiter, die füch im die Ks
endigen. Die Drachen legen ihre Eyer in die Löcher der Bär
gegen die Südfelte, wo der Foͤtus duch die Gonnenwi
entipidelt wird. |
Außer diefem eben beſchriebenen Drachen ſoll es noch ander
Arten geben. Seba befchreibt einen brachiis alae adıst
weldher in Amerika gefunden werden fol. Der Verf. bu
felt die Exiſtenz diefes Thieres, da es zum Kriechen ungefäl
wäre, aud bis jeßt fein Reiſender deffen erwähnt hat.
Daudin beſchreibt noch zwey andre Drachenarten, I
lich den geſtreiften und den braunen.
Sn dem zweyten Theil dieſer Monographie, welcheri
die Drachen der Alten kritiſche Bemerkungen ertheilt, be
der Verf.: 2) daß das meifle, was von den großen gefüf‘
Tiedemann Anatonie des Fiſchherzens. 469
Drachen erzählt worden, Webertreißungen find; 2) daß jedoch
in dem Alterchume und vorzüglih bey den Dichtern Apdxov
und ädıs für Ein Thier gehalten worden, und daß man ges
woͤhnlich die große Riefenfchlange (Boa constrictor L.) darun⸗
ter verflanden habe, welches auch ſchon die Etymologie der
beyden Wörter wahrfcheinlih maht, da dpaxa» von depxeıv
und gig von önreoDdar, welches beydes fehen bedeutet, her⸗
geleitet wird; 3) daß endlich aber aud) viele Naturforſcher durch
kuͤnſtliche und eingetrocknete Thiergebilde, welchen man die Form
gefluͤgelter Drachen gab, getaͤuſcht worden ſind, iſt nicht zu
bezweifeln.
u nm. m 0
Anatomie des Fischherzens ‚ von Dr. Friedrich Tiede-
mann, Prof. Zu Landshut, Mit vier Kupfertafeln.
Landshut 1809.
Diefe Monographie des Fiſchherzens ift aus Beobachtungen
entfianden, welche der fleißige Verf. auf feiner’ Reife nach Paris,
und vorzüglich durch Unterfuhungen an den Seen von Tyrol
und am Abdriatifhen Meere angeftellt hat. ,
Bey den Fiſchen, fagt der Verf., find die drey Höhlen
des Körpers nicht mehr; das Becken iſt verſchwunden, und die
Gruft ift mit dem Kopf in eine Höhle zufammen gefchmolgen.
Die Refpirationsorgane und das Herz find daher mit dem
Ropfe verbunden, und die Rippen umfaffen nur die Verdaus
ungss und Zeugungsorgane. Das Herz, welches in den mes.
fien Sifchen Hinter und unter den Reipirationsorganen liegt,
ift in einem dichten Herzbeutel eingefchloffen, welde von der -
Kiemenarterie herab bis zum Zwergfell geht. Das Gewicht des
Herzens zum Körper tft fehr gering, in den meiflen mie 2 gu
350 — 480; in dem Bartumber (Sciaena cirrhosa wie 1: 768.)
Ueberhaupt ift das Herz der fehr reisbaren und mit großen
Kiemen verfehenen Zifhen, als der Hayfiſche, des Hechts, des
Silberlachs, größer, als das Herz der trägen und mit Meinen .
Kiemen verfehenen Fifche, wie jenes des Meerals, der Quappe
470 Tiedemann Anatomie des Fiſchherzens.
u. w. Die Länge des Herzens verhält fih in den meiſten
Fiſchen zur Länge des Körpers wie ı : 15 — ı7, im Bartum
ber 27, im Meeraal 3a. Die Subflang des Herzens erhält
ihre Krangvenen aus der Aorta, und das zuräckgehende Blut
wird wieder in die zwey Hohlvenen aufgenommen. Die Ne
venziweige des Herzens entfiehen vom Sympathicus, der an
den Kiemen ein Geflecht bildet, woraus Faden für dieſe ſowohl
als für das Herz entfpringen. Die Herzkammer beftcht aus
einem dichten Gewebe von Muskelfaſern, welche nicht durd
Zellgewebe mit einander verbunden find, fondern ſich nad
mancherley Richtungen umfchlingen und kreuzen. Das Herz;
it in den Fifhen roth, weiche ſich in fließenden Strömen,
Bergwaſſern u. f. w. aufhalten, blaß aber und weißlich iſt das
Herzfleiſch bey denen, die in ber Tiefe des Meeres, ode
in ZTeihen leben. Der Verf. vergleiht nun in Hinſicht der
Ausbildung der Refpirationsorgane die Nöthe des Blutes der
Vögel, Sängethiere, Amphibien, Fifhe, und findet das by
letztern dieſelbe am geringften iſt. So verhält es ſich auch mit
den Muskeln und ihrer Bewegungsfähigkeiten. Die trägfen
rgiſche find. die, welche in ſtehenden, an Sauerftofffuft armen
Gewaͤſſern leben. Das Herz ber Zifche befleht aus einem Be
nenſack und einer Herzkammer. Der VWenenſack iſt bey de
Fiſchen ſehr verſchieden, liegt bald auf der Herzkammer, bald
hängt ee an der Seite derfelden, er iſt bald rund laͤnglich,
bald platt gedruͤckt, nach der Geſtalt, wie der Verf. beobachtet
haben will, des Typus des ganzen Körpers. Die Herzkammer
iſt weniger‘ geräumig als’ der Venenſack, aber mit fläckrn
Muskelfaſern umgeben, in diefe Das Blut aus den Venenſaͤcken
ſtroͤmt; mehrere Klappen verhindern das Ruͤckſtroͤmen. Die
meikwuͤrdigſte Einrichtung des Fifchhergeng ift Der cylindriſche
Anhang, welcher gegen bie aus der Herzkammer anffteigende
Arterie gekehrt iſt, in melden Anhang funfzehn Klappen fi
befinden, die in drenfacher Neihe über einander fiegen , und
durch Muskelfaſern und Sehnenfäden mit dem Fleiſche des
colindriſchen Anhangs verbunden find, auch ein Knöıd,
Tiledemann Angtomie des Fiſchherzend. 474
Nodulus Azant., mie bey Saͤugthieven haben. — Sin den
größten Fischen iſt Matt des cylindrifhen Anhang :bloß eine ins
wendig mit ‚Klappen verfehene Wulf. Das Fiſchherz aus dem
Leibe genommen, ſchlaͤgt länger, Als jenes der Voͤgel und Saͤug⸗
thiere, und zwar das Herz der Sumpffiſche Länger, als dag
der Flußfiſche. Hieraus zieht der Verf. den allgemeinen Schluß,
daß die. Stärke und die Dauer der Tontrastignen des Herzens
durch ale Thierklaſſen hindurch im umgekehrten Verhaͤltniſſe
fliehen.
Was Rec. bey der Durchleſung diefer Schrift befonders
aufgefallen, ift die Gehauptung des Verf., daß das Fiſchherz
als eine einfache Höhle mehr dem rechten Herzen der Bängs
thtere und der Vögel analog, und eigentlih nur zu dem Zwecke
da fen, das ans dem Körper nad dem vollendeten Ernährunges
proceſſe durch die Hohladern zurückkchrende Blut in die Kiemen
zu treiSen, um dort das Oxygen aus. dem Waſſer durch bie
Kiemen fih anzueignen. Daher nennt derſelbe auch die aus
dem Wulft, oder cylindrifhen Anhang des Fiſchherzens aufitek
gende Gefäße die Arteria branchialis,, und nicht die Arteria
aorta; allein es bleibt alsdann die Frage ;.ı wie entficht denn
die Arterie, die das Blut dem ganzen. Körper übergibt. Der
Verf. behauptet, dieſe Arterie werde aus den Lungenvenen zus
fammengefegt. SIE diefes, fa müßten ja die Bungenvenen
wieder an sinem dritten Orte zufammengehon, um ein neues
Herz zu bilden, welches mit dem linken Hetzventrikel uͤberem⸗
fäme, oder fie müßten, nachdem. fie aus den. feinften Venen⸗
zweigen ber Lungenvenen Bie Aorta gebildet haͤrren, nach Art
der Vena portarum ein arterielles ‚Gefäß die Aorta banftellen,
wozu doch hier ganz der noͤthige Apparat fehle. Es if alßo
wohl richtiger anzunehmen, die aus dem Fiſchherzen heraus⸗
ſteigende Arterie ſey wirklich die. Aorta, und die Nebenzweige
ſeyen die Arteria brachialis, der fortſchreitende Hauptſtamm
aber die Continuatio trunci aortici. — Es fiele damnach auch
ganz die Anſicht des Verf. weg, daß das Fiſchherz bloß ein
Herz für die Kiemen ſey, ſondern es müßte als ein Herz fuͤr
J
472 Bericht üben d. Veſtalozz. Ersichungtinfl. 3. Yocrden.
bie Riemen ſowohl, ats für den ganzen Rächer augenommen
werden; fo wie diefes aud bey Amphibien, ja bey allen un
gebornuen Embryonen der Saͤngthiere der Fall if, in welchen
nur eis einfacher Kreistauf art findet, der durch Die Lungen
zugleich, und durch dem ganzen Körper geſchieht.
Bericht über die Peſtalozziſche Erziebungs- Ankalt zu Yuerden, an
Seine Ere. den Heren Landamm. und die Hobe Tagſahung der
Schweizeriſchen Eydgenoſſenſchaft. Bedrudt auf Befehl der
Zasfabung. Bern, bey A. Halle. 1510. 218 ©.
Auf Peſtalozzis Sefu vom 20. Zun. 1809 beſchloß die
Tagſatzung (don am na., den Landamman zu erfuchen, def
ee. die Auſtalt und Methode „fowohl in Hinſicht anf die durch
Diefelbe bewirkte Entwickerang ber Geiftesfähigkeiten des Kin
Des, als auch unter dem Geſichtspuncte der ſittlichen und reli
giſſen Bildung deſſelben, durch einige einfihtsvolle Männer
on Drt und Stelle unterfuchen Laffe, deren Bericht feiner Zeit
den hohen Staͤnden mitgetheile werden folle.* Der Hr. Landı |
ammann d’Affry beauftragte hierzu am 18. Nov. ıBog bir
Herrn Merian, Rathsherrn von Bafel, Pater Sirart
von Freyburg, and Trechſſel, Profefor der Mathematik von
Bern. Ihre Inſtruction verlangte ı) eine klare Darſtellung
der Erziehungsanftalt ſelbſt; 2) der Methode; 3) eine Gens
Kheilung des Werths des Inſtituts; 4A) feiner Brauchbarkeit
insbefondere für Landfchulen, fuͤr Primaͤrſchulen in Städten,
für Eecundärfhuien, und für höhere Lehranftalten. Der Ber
richt wurde am oo. Sjun. ıBıo ber heben Tagſatzung vorge
legt, und davon 200 Er. in Deutſcher und 50 Er. in Grand
ſiſcher Sprache gedrudt, die den Städden zur eignen Wuͤrdi
gung und Suftructionsertheilung auf ıBır mitgetheilt werden
»follten. In einer Zufchrife au die Tagſatzung erklären ſich die
drey Commiſſarien mit Würde und Veſcheidenheit Aber die
Enfledigung ihres Auftrags.
Diefe Schrift iſt alſo eins ber wichtigfien Documente is
der Peßalozziſchen Pädagogik. Literaͤriſch betrachten, If es cin
Bericht über d. Peſtalozz. Erziehungsinſt. z. Yrerdon. 473
wuͤkdiges Geitenkäcdt zu ‚dem mit dem gerechteſten Lose ſchon
läugft ausgezeichneten Amtlihen Bericht des Hru. Dekan
Ith zu Bern, weiher dem Publicum die erfle Kunde von
dem Weſen der Peftaloggifhen Anflalt und Methode gab,
Hiſtoriſch betrachtet iſt es eine ſchoͤne Urkunde des Schweijzeri⸗
ſchen Patriotismus, den ſich dem großen Landsmanne nicht laͤnger
verſagen konnte. Ob nun dieſer Bericht auch die Aufgabe loͤſe,
und uͤber den Gegenſtand, welcher Obrigkeiten und Gelehrte
nun ſchon uͤber ein Jahrzehend mit ungemeinem Intereſſe be⸗
ſchaͤftigt, ein entſcheidendes Endurtheil fälle, daruͤber muͤſ⸗
fen wie unſern Leſern unſere Gedanken vorlegen. Wir bes
trachten die. Schrift nunmehr als unfrer Literamr angehörig,
und fomie als einen dem ganzen Deutfchen Publicum mitges
teilten Bericht. Es wird uns daher auch ein offenes Uxcheil
über denfelben zuſtehen. Weniger ziemt uns ein Urtheil über
die Inſtruction der hohen Tagfagung, ob wir gleid darin
Weisheit anerkennen würden. Um jene vierfache Aufgabe nach
ihrem patriotifch s weitbärgerlihen Sinne zu loͤſen, war bey
ber Beobachtung des Peſtalozziſchen Werks ein zweyfacher Otand⸗
punct nöthig, der hiſtoriſche und der pädagogifche (philofophis
Ihe), welches auch dis Verf. feinen erkannt zu haben, denn
fie mifhen in der erfien wie in der zweyten Hinſicht oft auss
führliche Reflexionen em. Dur haͤtte es entſcheidender gefches
den müffen.
Durch bie hiſtoriſche Anſicht mußte: der Peſtaloniſchen
Idee ihre Stelle unter den bereits vorgekommenen paͤdagogi⸗
ſchen Vorſchlaͤgen und Verſuchen angewieſen werben: denn wie
war anders eine gruͤndliche Wuͤrdigung ihres Werths und ihter
Brauchbarkeit möglih? Hierzu aber war das, was S. 209
über das Jahrhundert der Franke, der Baſedow, der Rochow
‚gefagt wird, noch lange nicht hinreichend, und wir möchten es
nicht mit den Ken. Verf. verantworten, daß file eben dieſes
achtzehnte Jahrhundert das pädagogifche genannt haben. Mas
‚der ehrwuͤrdige Franke gewollt, deffen iſt nicht einmal gedacht,
und grade das. haͤtte zu einer intereflansen Parallele geführt,
474 Bericht uͤb. d. Peſtalozz. Erziehungsinfſt. z. Yverdon.
in welche wir (ſo wie gewiß auch die Verff.) Peſtalozzi weniger
mit einem Baſedow fegen moͤchten; cher mit einem «bien
von Rochow, fofern es frommen Enthuflasmus für Volkebil⸗
dung betrifft, ‘da Übrigens Peſtalozgzi weit mehr originell if.
Bas von Nouffeau vorkommt, iſt noch lange nicht eine bier
fo nöthige Darftellung feiner Erziehungsidee. Aber nun if
vollends Locke ganz Abergangen. Und ſomit auch alles, was
den neuern Encyklopaͤdismus Betrifft, welcher Doch eins ber
Hauptuͤbel ift, dem fi Peſtalozzi's Idee entgegenfegt. Von
dem berühmten Salzmann'ſchen Inſtitut zu Schnepfenthal
verrathen die Commiſſarien gar keine Runde: gleichwohl konnte
ur durch eine Nrebeneinanderfiellung dieſer Erziehungsanftalt,
auf weiche genau und vielleicht noch mehr ein Lob paßt, web
ches ©. 121 der Peftaloggifchen ertheilt wird, das Urtheil zur
Würdigung des leßtern enticheidend werden. Wir wollen nidt
von der Unbekanntſchaft mit mehren Schriften unfrer Literatur
reden, welche manche Hier zu berädfichtigende Erziehungsmaxi⸗
men aufftellen; auch nicht davon, daß noch ‚manche ättere Exs
ziehungsweifen mit großem Nugen zu vergleichen waren. Wir
bedauern alle diefe Yinterlaffungen um fo mehr, da fo manche
paͤdagogiſche Stellen aus Platon (z. B. ©. 155) u. U. gluͤck
lich angeführt find. Welche reife Urtheile folcher hiſtoriſchen
Vergleichung die Verff. würden gefällt haben, beurkundet fih
unter mehreren aus der Rüge ©. 117 über das Unrichtige
einer Begriffefcheidung zwiſchen Humanismus und Philanthres
pinismus. | | .
Noch weniger finden wir in diefer Schrift den rechten
pädagsgifchen Standpunet, welchen der Beurtheiler der Peſta⸗
lozziſchen Anftalt und Methode fallen muß. Denn geht irgend
ein Erzieher von dem Mittelpunct aller Erziehung aus, fo ik
es Peſtalozzi: diefe drey Beurtheiler gehn aber nicht von Diefem
Mittelpunet aus, und darum, wir reden nach unferer Anſicht,
Haben fie ihn gar nicht verftanden. Zwar wird die Peftaloggis
ſche Methode für die einzige wahre Methode erflärt (&. 199 f.),
and es wird mit Lob erhoben, daß He den Weg der Natır.
Bericht über d. Peflalozs. Ersichungsinft z. VYverdon. 475
einſchlagen will. Aber das iſt viel zu allgemein; denn ruͤhme
ſich 4 en nicht jede Erziehungsweife? Was die Natur fey
und mys ih⸗ Weg, das wiſſen wir damit noch nicht. Hat
Nouffeau recht, det die Natur will, fo gemein wie fie nur
gerade ift? Oder batte Franke recht, der, überzeugt von der
Berdorbenheit der menſchlichen Natur, die Natur von oben
fuchte? Oder follen wir es aus Platons Lehren vermehren ?
Dder aus der modernen Seichtigkeit? Um aber den Sinn
eines Peſtalozzi rein aufzufaſſen, dazu iſt ein tiefes Eindringen
in das Weſen der Menſchheit nothwendig. Die Verff. berufen
ſich auf das Gute oder Schlechte, das man in vielen Bil—
dungsanſtalten finde, fie verlangen, daß nicht ſowohl Specus
Iation als Erfahrung den Erzieher leiten ſolle: alles recht gut,
nur nicht viel beffer, Als das Sprichwort medium tenuere
beati. Man kann gar viel Huͤbſches treiben und in Schulen
einführen, und in Schuleinrichtungen aufzeigen. Wenn das
Phſtalozziſche Inſtitut nichts gewollt hätte, - als ein neues
Mufter einer ſolchen Induſtrieanſtalt aufbringen , fo wäre es
in der That nicht des Nennens werth. Wir wollen uns
daher auch bier nicht auf die Darftellung des dortigen Lehrs
weſens, das ohnehin unfern Lefern genugſam bekannt ift, auch
nicht auf die unfter Meynung nach meift gerechte Vertheilung
von Lob und Tadel einlaffen. Es war noch weit mehr, was
wir fuchten, aber nicht gefunden haben. Der tiefere Zufams
menhang zwifchen Unterricht und Erziehung mußte aufgezeigt
werden, um dabey zu bemerken, wie ihn Peſtalozzi durch feine
Methode will ‚ und wie meit ihn das Inſtitut im Beyſpiele
aufſtellt. Was S. 137 f. uͤber den Schmidtiſchen Unterricht
in der Geometrie geſagt wird, beweiſet, daß das Eigene einer
völlig reinheuriſtiſchen Form nicht beachtet worden. Denn dieſe
iſt noch etwas ganz anders, als die Entwicklung eines vorge⸗
legten mathematiſchen Satzes, waͤre es auch durch die ganze
Geometrie ſo durchgefuͤhrt, wie das angefuͤhrte bekannte Bey⸗
ſpiel von Sokrates ſelbſt, in Platons Menon. Es iſt die
Entwicklung des Seittee, in der Anleitung zum frey ſuchenden
476 Bericht über d. Peſtaloz;. Ersiehungsin. 4. Vverdon.
"und alles aus fich ſelbſt findenden matbematifhen Denken.
Es mußte aus den tiefiten Gründen erklärt werden ‚9 warum
‚jener Erzieher mit einer Begeiſtrung, die ih zum Märtyrer
macht, das Kind dadurch aus fich feldft entwickeln will Lt: ee
daſſelbe dem Heiligthume des Gemuͤths, der Religion, und
dabey vornehmlich der bildenden Band der Mutter übergibt.
Und noch dergleihen mehr mußte erklärt werden, worin Peſta⸗
lozziſs kräftige Worte und TIhaten fih auszeichnen. Erft wenn
fo feine Erziehungsidee in ihrem inneren Weſen aufgefaft
worden, war ein Urtheil über ihren Gehalt und ihre Brauch—
barkeit möglich. Wäre diefes gefchehen, fo wäre z. ©. das
Urtheil über die Antwort, die dort auf die Frage wegen dis
Moralprincips gegeben worden, ganz anders ausgefallen, ja es
wäre gar nicht einmal zu diefer Syſtemfrage aus dem vorigen
Jahrzehend gelommen (S. 57 f.). Wahrſcheinlich verſtand
man ſich auch nicht uͤber dieſe Frage. Denn ein Moralprincih
zum Grund einer Lehre legen, iſt etwas anders, als «8 gm
runde des Lehrens legen. Das erfiere fcheint die Meinung
der Fragenden, das le&tere der Antwortenden geweſen gu feyn.
Schlimm war es dabey, daß fi) die letzteren nicht deutlich zu
machen wußten, weil nad allem, was Lehrer von Yverdon
darüber geichrieben Haben, fie die Religion als Grundlage
der Sittlichkeit und der fittlihen Bildung wohl fühlen, aber
nicht deutlich erfennen. Chen in diefem Mangel von theologis
fher Bildung der dortigen Lehrer liegt dere Grund, warum fie
die Merhode des Chriſtenthums mehr ahnen, als wiſſen, wäh:
rend fie in ihrem Unterricht nach dem Geiſte deffelden verfah
ren wollen. Vielleicht liegt auch hierin der Grund, warum
‚man dort Über den Religionsunterricht fo geheim iſt, worüber
©. 174 f. geflage wird (eine Klage auch andrer, ‚die dort
waren), oder vielmehr, warum bie Lehrer felbft damit wohl
noch nicht im Meinen find. Ein Beweis hiervon iſt auch bie
Erklärung der dortigen Lehrer (S. 61), „daß die Anſtalt bes
ſchaͤftigt fey, die veligidfe Entwicklung der menfhlihen Naturx,
in fofern die Geſchichte und die alte Schrifitunde fie beleuchte,
Bericht über d. Peſtalozz. Ersichungsinft, 4. Yverdom. 477
näher zu unterfuchen, und erſt nach diefer Vorarbeit ihrem religid⸗
fen Unterricht die leßte Vollendung zu geben.“ Es wundert ung,
daß die Commiſſaͤre nicht auf diefe fo naine und bedeutende Ers
klaͤrung ein Urtheil gründen. Denn jener Unterfuchungen konnte
die Anftalt völlig überhoben feyn, indem fie nichts Befieres
finden ann, als was die größten Geiſter aller Zeiten hierin
bereits gefunden haben. Auch wärden fie fich ein großes Wer
dienft erworben haben, wenn fie den Anfangspunct aller Bils
dung, den Peſtalozzi zu wollen fcheint, in der Selbſterkenntniß
gefunden, und. dabey gezeigt Hätten, inwiefern fih nun die
reinchriftliche Lehre von der Zuͤndhaftigkeit des Menſchen u. ſ. w.
zu dem Geifte der Peſtalozziſchen Methode und zur DVerfaft .
fung bes Inſtituts verhalte, wenn fie auch dabey Hiftorifche
Blicke auf frühere ascetifche Anftalten geworfen hätten. Aber
wir vermiffen fogar die Betrachtung über jenen Hauptgedanken
Meftalozgi's, nah welchen er das Erſte der Religion in den
Gefühlen des Kindes gegen die Drutter, und alfo die Quelle des
Nationalwohlſeyns und allgemeinen Heils in der wahren Muͤtter⸗
lichkeit findet. Wir ſind daher der Meinung, daß Peſtalozzs
Methode von den Verff. nicht in ihrem tiefſten Grunde iſt
aufgefaßt und gepruͤft worden. Wenn das Kunſtwerk eines
Mahlers ſoll gewuͤrdigt werden, ſo iſt es nicht genug, daß
man dieſen Pinſelſtrich tadelt, jene Farbengebung lobt; es
iſt auch nicht genug, daß man ſeinen Verſtand in der Anord⸗
nung des Werks oder ſeine Regelmaͤßigkeit pruͤft: um den
Genius zu erkennen, dazu wird ein tiefer Sid in das u⸗
nerſte des Ganzen erfodert.
Wenn aber das Peſtalozziſche Wert weder genugſam Hifter -
riſch, noch paͤdagogiſch aufgefaßt worden, fo iſt auch das Urtheil
über daffelde nicht genugfam begründet, und es kann unmöglich
dieſe patriotifhe Angelegenheit Hierdurch zu einer Entfcheidung .
gebracht ſeyn, welche vor der Geſchichte der Pädagogik beſteht.
Wirklich iſt auch das im Ganzen für Peſtalozzi's Angelegenheit
ungänflige Reſultat am Eng S. 189, weder erfreulich, noch
genügend. Das Inſtitut ſoll nämlich weder auf Primärs noch
/ -
[4
ATS Bericht über d. Peſtalozz. Erziehungtinſt. z. Voerdon.
auf Sedundaͤrſchulen, weder auf die Stadt, noch auf das Land,
meder auf niedere noch auf höhere Bildungsanftälten anwend⸗
bar fepn. Der ehrwürdige Stifter felbft wird, wie wir ven
nommen haben, auf diefen Bericht antworten. Moͤge er «
nur ganz mit feiner eignen Kraft thun, ohne irgend eine fremde
Hand! Denn was er fast, wird doch am Ende am beiten
verſtanden. |
. Die Prüfung des Inftituts, als Inſtitut betrachtet, nnd
des dort betriebenen Lehrweſens, fo wie es ſich wirklich finder,
if den. Commiſſarien weit beffer gelungen. Wir lefen hier einen
seht guten Schulviſitationsbericht. Einige Pleinlihe Dinge
ausgenommen, z. B. (&. 128) daß von den mathematiſchen
Gegenſtaͤnden grade die zarteften Organe des Schülers ange
griffen werden follen (! ), und ©&. 130, daß das Sitzen ber
jugend bey dem Unterricht doch eben nicht fo gut fey wie das
Stehen (1), mäffen wir, nach mehrmaliger genaner Beobach⸗
tung der Anftalt gu Yverdon, im UWebrigen uns zu gleicher
Uebergeugung bekennen, 3. B. daß der allzulangfame Gang
in dem Lernen gerüge wird (S. 108), und daß dennoch in
manchen Dingen dort das Bild eines Treibhaufes erfcheint,
‚wie auch (S. 185) daß den Zöglingen nicht genug Zeit zu
eigner freyer Anwendung ihrer Kräfte geſtattet fey; ferner bie
Bemerkung, daß die Anſtalt univerfell, eine Univerfität für
die Kindheit feyn wolle (S. 97), daß dort der Nacheifrungs
trieb gu unbedingt verworfen werde (S. 185 f.), daß aber
Übrigens die Difeiplin viel Wortrefflihes habe, u. dgl. m.
Hec. muß daher in diefem Werke fehr gute Beyträge zur Paͤ⸗
dagogik anerkennen: aber eine tiefer gehende Unterfuchung der
Peſtalozziſchen Idee in Abſicht ihree Anwendbarkeit zur Na
tionalbildung nach dem achtungswürdigen Willen ber hohen
Tagſatzung muß er noch wünfchen.
|
Tpelott Der Dom in Coͤlln. 479
dr Dom in Coͤlln. Dom Vrof. Thelott. Erfes Heft. Mit
Kupfen. Dortmand bey den Gebrüdern Mallinckrodt. 1810;
fol. (3.f.) |
Der. Verfaffer Hat nirgends angegeben, was er eigentlich
nit diefem Werke, wolle, und wie er es wolle. Diefes Heft
nıhält bloß den Grundriß des Doms und die Anficht der bey⸗
en Thärme, nad dem urfpränglicen Plane, wie fie auch
ruͤher fchon geflochen wurden, ohne Maßſtab, und mit duͤrf⸗
igen allgemeinen Bemerkungen. Da diefes. Gebäude, auch in
einem unvollendeten Zuftande, als eines der herrlichften Werke
Deutſcher Kunft betrashtet werden muß, fo wäre eine treue,
wusführliche Beſchreibung allerdings geeignet, bie noch ſchwan—
enden Begriffe von fogenannter Gothiſcher "Architektur zu bes
timmen,, und ihr die gebührende Stelle anzumeifen, von welcher
ie ein einfeitiger Geſchmack ſo lange: zu verdrängen fuchte.
Der Verf. bat jedoch nirgends bewieſen, daß er mit dem
Tcchnifchen der Deutſchen Baukunſt und mit ihrem Geift fo
vertraut ſey, wie es zu jener Abficht erforderlich wäre Bey
ven vielen hiſtoriſchen Linzichtigfeiten im. den von ihm _anges
ührten Daten wollen wir nit verweilen, indem fie dem Kunz
Yigen von ſelbſt auffallen, fondern uns zu feiner Anſicht von
er Sorhifhen Architektur wenden. Er haͤlt fie für Indiſchen
Irfpeungs ,„ weil ihr die Bedachung fehle. Sonderbar genug
jat hier der Verf. uͤberſehen, daß im Gothifhen Dom alle
vedacht ifE, jedes Säulchen und jede Spitze. Diefe Form findet
id auch in den Bildfiöden, welche ehemals in katholiſchen
'Yindern an allen Straßen ftanden; und die wahrfcheinlid ſchon
n früher Zeit, von Griehifhen und Roͤmiſchen Chriften, den
lten Hermen und Termen fubflituirt wurden. Auch die Heinen
Zeiligenbilder, wie fie das katholiſche Landvolk, befonders im
er Schweiz und in Defterreich noch häufig bey ſich trägt, und.
ie in einer Blende von Blech ſtecken, haben, ganz dieſelbe
Seftalt. Die architeftonifhen Formen deuten freylich oft auf |
in klimatiſches Bedürfnig Hin, jedoch wird dieß immer nur
a der Fall feyn, wo fie nicht unmittelbar aus einer dee
450 Thelott Der Dom im Couln.
Hirvorgingen. Die Deutihe Baukunſt trägt ganz den religib—
fen Sharafter, wie häste fie font auch im goldarmen Deutichs
Yand folche Werke hervorbringen können? Der Meifter ar—
heitete hier der Ehre Gottes wegen, und feine hoͤchſte Belohr
nung war, in dem Dom begraben zu werden, welchen er
baute. — Auch ˖ darin möchten wir nie, wie Einige gerhen,
das Unterfcheibende der Deutfchen Baukunſt von der. antiken
fuchen, daß diefe mehr nad) dem Vegetabiliſchen hinſtreben ſoll.
Die muß jede Architektur, wenn fie nicht ale todte Maſſe
erſcheinen will. Zum Leben muß fie Überall fi neigen, aber
Die Thier⸗ und Menſchengeſtalt find ihe verfagt, darum en
greift fie daſſelbe in einer niedrigern Form feinee Erfcheinung.
Mur Hat die antife Baukunſt, wie alle Kunft der Alten, mehr
das Gepraͤge der Sculptur, die Deutfehe bedient fich dee Sculptur
bloß zur Verzierung. Was aber Hauptfählih das Gothiſche
Meünfter von dem Helleniſchen Tempel ſcheidet, iſt genau die
felbe Linie, welche den Paganismus und ben Chriftianismus
trennt. Die heitre Griechiſche Religion reißt den Menſchen
keineswegs von dem Leben loß, wohl aber die chriftliche (fe
wie fie nämlich das Chriſtenthum im den Vorſtellungen de
Mittelalters gebildet Hatte), darum hat jene volles Licht, dieſe
ftilles Heldunkel. Der Menſch, der in einen alten Dom tritt,
ſcheidet gleihfam vom Wergänglihen, eine andre Welt umfängt
ihn, Schauer der Ewigkeit ergreifen fein Gemuͤth, und wie
der einfache Choral die einzige wahrhaft chriffliche Muſik ik,
fo muß auch die Kirche diefen Charakter der Simpficität und
Sröße tragen. Die Myſterien, melde hier gefeyert werden,
find keine Symbole des irdiſchen Lebens, fondern des Todes
und der Auferfiehung. Darin liegt es au, warum die Ss
thiſche Baukunſt weniger Schmuck hat, am reichten iſt das
Portal, aber Hier ift ale Verzierung chriſtliche Symbolik,
religiöfe Hieroglyphenſprache, und feläft die mannigfachen Aus
ſchmuͤckungen der Bäulenknäufe in dem Dom zu Chin mit
Blumen und Pflanzen aller. Art fcheinen von einer kirchlichen
Sitte entlehne, nach welcher an einigen Feſten Die Altäre
mit Blumen und Mayen verziert werden.
Bir haben uns,“ bey ber Unbebeutenheit des vorliegenden
Werts, ſchon zu lange dabey verweilt, und wollen bier nur
nod) den Wunſch ausiprehen, daB uns bald etwas Umfaſſen⸗
deres und Senügenderes über vaterländifche Architektur gegeben
werden moͤſgſge. Sh:
— —
No. 31. Heidelbergifhe 1811:
Jahrbuͤcher der Literatur.
— öö—————————————xxxx
4, Dictionnaire des beaux arts, par A.L. Millin. Cetouvrage .
fait partie de ceux adoptes par le gouvernement pour la
formation des Bibliothöques des Lycees. T. I. à Paris
chez Desray. 1%6. VIII u 859 & T. IL. 74 ©.
T. III. 826 &, 8.
2, Wörterbuch zum Bebuf der Aeſtbetik, ber fchönen Fünfte, deren
Theorie, Geſchichte und Archäologie. Von S. G. Gruber.
Eriten Tbeiles erfier Band. Mit Kupfern. Weimar im Ber
lage bes Ind. Eomptoirs. 1810, XIV u. 759 ©. 8. (4 Rthlr.)
3. Grundzüge aͤſthetiſcher Vorleſungen zum alademifchen Gebrauch
von Heinrich Zuden. Göttingen by 8. Zr. Dantwerts.
1808. XVI u. 144 G. 8. (2 Rthlrees8 gr.)
4. Geschmackslehre oder Aesthetik von Wilh. Traugott
Krug. Königsberg bey A. W. Unzer. 1810. XII und
585 S. 5.
5. Von der Idee der Schönheit. In Vorleſungen gehalten zu Dres⸗
den im Winter 18507 durch Adam Müller. Berlin, be
3. €. Hitzig. 2416, 8. (1 Rthlr. 12 gr.)
Desteid die Aeſthetik, eine Wiſſenſchaft, die von Deutfchen
rfunden, und bisher auch nur von Deutſchen ausſchließend
ultivire worden iſt, ſeit ihrem Urfprung an zwey Hauptgebres
hen leldet, von welchen ihr vor allen Dingen abgeholfen wers
en muͤßte (wir meinen Inhalt und Behandlung diefer Doctrin),
’ vermehrt demungeachtet jede Meſſe die Anzahl der Schriften
der diefe Wiſſenſchaft, ohme daß in der meuen Zeit irgend
ine Schrift jenen Zuftand einer Unterfuhung ‚unterworfen härte.
ig fcheint, als ob man es nicht der Muͤhe werth hielte, ſich
arauf einzulafien, diefen Mangel zu entfernen, wenn man
leih font bemüht geweien ift, nichts unverſucht zu laffen,
odurch fie ihre Vollſtaͤndigteit erlangen konnte. Glaubt man
ET
482 | Aeſthetiſche Schriften.
vielleicht, dieß ſey unter der Wuͤrde der Wiſſenſchaft? Die
wollen eine ſolche Vermuthung gar nicht hegen; fondern find
überzeugt, daß vielmehr im dem Mangel der hierzn nöthigen
Kenntniffe und in dem Wechfel der Syſteme der Phitofophit,
deren jedes ſich als das einzig wahre anfah, der Grund wu
ſuchen iſt, warum die Aeſthetik jene Schwächen nod nicht ber
feitige Hat. Man glaubte nämlich, und aud) jest noch, gmig
gethan zu haben, wenn man die Aeſthetik mit dem jedesmal
an der Tagesordnung feyenden Syſteme in Webereiuftimmung
braͤchte (ein Zeichen, daB Die Deutfhen mit der Philoſophie
doch nicht fo vertraut find, ats fie es meinen; denn fie nehmen
die Form flatt des Weſens), und ließ fich dadurch irre leiten,
ihre eigenes Element, wodurch fie eben einzig und alein al⸗
Wiſſenſchaft beſteht, zu verachten. Kein Wunder alſo, daß dit
Aeſthetik daher gegen alle dieſe ſchlechten Mittel und Inſtrument,
wodurch man ihr aufhelfen wollte, ganz gleichguͤltig bie.
Die mangelhafte Kenntniß der Gegenſtaͤnde, in welchen fd
das Schoͤne offenbart, und deren Kenntniß durchaus erfoderliq
iſt ein eben ſo bedeutender Grund. Die Aeſthetik hat di
Schoͤne, wie es ſich als ein Individuelles offenbart, in fein
verſchiedenen Geſtalten zu betrachten. Da fie eine philoſophe
ſche Wiſſenſchaft ift, 10 ftege ihr 06, Hiervon Kenntniß
Haben, gründliche, anſchauliche Kenntniß. Und wer mid
hier, da plaſtiſche, maferifche und architektoniſche Kunfurt
in unferm Waterlande fo felten find für die Beſchauung, di
die Philoſophen, welche die Aeſthetik eigentlich zu bearbeiten
haben, kaum mit einer der Kanſte in der Regel ſich nice le
fhäftigen (die Naturſchoͤnheit iſt nur Eine der vielen Gei
ten), ‚und die Zanſtler mit der wiſſenſchaftlichen Darfelin}
der Kunft, welche eine von dem Kunſtgenius werfchtedene HP
tigkeit erfordert, nicht vertraut find, wer möchte hier em
Sründliches teiften ? Durch Uebung lernt ber Kuͤnſtler de
Sqwierigkeiten beſiegen, welche ſich der Darſtellung Ir!
Gefuͤhls in der Außenwelt entgegenſtellen. Sollte nun
wiſſenſchafiliche Geiſt, ohne die Schoͤnheit in den Werlen M
Aelthetiſch⸗ Schriften. 483
Kunſt und in der Natur angeſchaut zu haben, fie a priori
zu deduciren und zu erklären im Stande feyn? Ohne Kunfts
werke gefehen zu haben, und dennoch von Schönheit fprechen zus
wollen, kommt uns vor, ale des Tauben. Enthuflasmus Über eine
ſchoͤne Muſik. Diefe zwey Puncte waren es nach unferm
Dafuͤrhalten, weshalb wir bis jetzt noch keine wiſſenſchaftliche
Aeſthetik erhalten haben. Was ſonſt noch hierbey erfodert
wird, uͤbergehen wir als nicht hierher gehoͤrig, und wenden
uns vielmehr zu den anzuzeigenden Werken ſelbſt, welche wir,
um nicht bey der Anzeige jeder einzelnen zu weitlaͤufti zu
werden, zuſammen gefaßt haben.
Vorliegende Schriften haben angeſehene und ehrenwerthe
Maͤnner zu Verfaſſern, welche ſich in der Wiſſenſchaft ſchon
mehr oder weniger ausgezeichnet haben. Es kann daher nichts
weniger, als intereſſant ſeyn, ihre Meinungen gegen einander
zu halten. Denn, wenn ſie auch nach Einem Ziele ſtreben, ſo
haben ſie doch nicht alle, wie man aus andern Umſtaͤnden zu
ſchließen berechtigt iſt, nur Einen Weg gewaͤhlt.
Jedoch um uns und unſere Leſer nicht zu verwirren, be⸗
merken wie gleich hier, worin unſere Verf. von einander abs
weichen. Hr. Millin und Hr. Gruber haben bloß lexikaliſche
Werte gegeben, die Hrn. Luden und Krug foftematifhe, Hr.
Müller eine Monographie. An jede diefer drey Arten muß
man andere Foderungen machen.
Fangen wir mit den beyden lexikaliſchen Schriften an.
Hr. Millins Wert beſteht aus drey Baͤnden, und zeichnet ſich
durch fein Aeußeres vor dem Deutſchen Werke des Hrn. Gru—
ber ſehr aus, von welchem bis jetzt nur des erſten Bandes erſte
Abtheilung erſchienen iſt, die die Buchſtaben A und B enthält.
Beyde Werke ſind nicht die erſten in ihrer Art, ſondern aͤhn⸗
liche von La Combe z. E., Watelet, Levesque, Pernetty,
Sulzer mit v. Blankenburg, ſind ihnen vorhergegangen. Beyde
Verf. haben dieſe Arbeiten ihrer Vorgaͤnger benutzt, und auch
die Bemerkungen anderer Gelehrten uͤber aͤſthetiſche Gegenſtaͤnde,
weiche ſich nicht in jenen Werken befanden, aufgenommen.
483 Aeſthetiſche C Hriften.
Eie haben ferker, wie zu erwarten war, eigene Erfahrm
gen und Bemerkungen da mitgetheilt, we die Befkrebungtn
anderer Gelehrten entweder unrichtige, unveliländig, oder min
ber beſfimmt waren. Beyde Werke zeichnen ih daher vor deu
ältern Schriften diefer Art aus. Den Zweck des M. Diction-
naire fpricht der Zufag anf dem Titelblatte aus: Cet ouvrage
fait partie de ceux adoptes par le Gouvernement pour la
formation des Bibliotheques des Lycodes. Hr. Grube
erflärt Ah S. X. Vorrede, daß er nicht auf Beollfländigkeit,
fondern nur auf größere Neichheltigkeit Anſpruch mache, ohne
jedoch anf fie großes Gewicht zu legen. Vielmehr, fährt er fart,
follte es fich dadurch auszeichnen, daß im jedem Der vorkom
menden Artikel die verfhiedenen Meinungen, Urtheile amd Au
ſichten, welche der Erwähnung werth waren, zufanımen gettes
gen wären, fo daß der Befiger die ſes Wörter buds
einer größern äfthetifhen Bibliothek Leichter
eutbehren könne ©. XI. Konnte id durch folch eine
Einrihtung meines Wörterbuhs (Sammlerfleiß mit Urtheil
gepaart) Hoffen, der Einſeitigkeit entgegen zu arbeiten, zu
Vergleichungen einzuladen, und Aberall Dem Geift des eignen
Zorfhens zu wecken (dieß Hat er wirklich geleiſtet), und
fhon hierdurch der Wiſſenſchaft nicht gänzfih unbedeutenden
Bortheil zu bringen, fo fehmeichle ih mir, durch andres auf
zue größern Berichtigung und Gicherfiellung derfeiben etwas
beygetragen zu haben.” — Bas den Inhalt betrifft, fo weichen
beyde Werke von einander in fo weit ab, als das Franzoͤſiſche
bloß für die beaux-arts beſtimmt iſt, das Deutſche Hingegen
außerdem noch Aeſthetik (eine den Frangofen unbekannte Doctrin) |
und Kunfigefhichte umfaßt, und fogar noch Hifkorifche und bis
graphifche Notigen mitcheilt. Der Verbindung der Künfte mit
Der Aeftherit und Kunftgefhichte in dieſem Galle wollen wir
Überhaupt unfern Beyfall nicht verfagen,, was aber jene Hifte:
riſchen und biographifchen Notizen "angeht, fo können wir es
nicht gut heißen, weil dadurch das Werk unndtbiger Weit
vergrößert wird, ohne daß fonf etwas vollſtaͤndiges gegeben
Aeſthetiſche Schriften. a486
verdben kann, ba wir uͤberdieß auch hiſtoriſche Woͤrterbuͤcher
chon beſitzen, wo der Kuͤnſtler und Kunſtrichter Verdienſte ers
vähnt find. Daß vieles hier zwepmal, wo nicht noch mehrmal
vorkommen muß, fieht jeder ein. Und follte nicht auch, in fa
ern als noch lebende Gelehrte z. E. Bed, Becker, Berns
)aedi, Böttiger 70. aufgenommen worden, der Fall eins
reten, daß aus Rüdfihten und Umfländen kein unbefangenes
Ictheil gegeben werden kann, daß mander im Stillen viel
virfende Übergangen werden muß, manches unrihtig ausfällt
ı. fe w.? Exempla sunt adiosa. Sn Ruͤckſicht der Behandı
ung der einzelnen Artikel muͤſſen wir Hrn. G. Woͤrterbuch
»oe dem M. Dictionnaire den Vorzug einräumen; es iſt
reichhaltiger, philoſophiſcher und enthaͤlt mehr Literaͤrnotizen,
Zum Beweis duͤrfen wir nur die Artikel: Aeſthetik; Archi-
tecture, Baukunſt; Allegorie; Angenehm, agréable, aufuͤhren,
Manches if in dem Franzoͤſiſchen Werke ohne allen Werth,
. E. beau, aesthetique, Mit diefem Ausfpruch will jedoch
Rec. Leinen wegwerfenden,, geringfchäßenden Tadel gegen M.
ausgefprochen haben, denn hier trägt er die Schuld feines
Volks; fondern nur die Ungulänglichkeie feiner Arbeit andeuten.
Die archäologifchen Artikel zeichnen ſich fonft fehr ju ihrem
Vortheil aus. Dann darf Rec,’ auch nicht verfchweigen, daß es
bloß für Franzoſen und für ſolche Deutſche berechnet iſt, welche
in Raͤckſicht der Kunſt und der Kunfturtheile fih an jene ans
fchließen. Bey den Franzoſen hat faft jedes noch die aus dem
Siecle de Louis XIV, anklebende Bedeutung, welche die
Natur des Gegenſtandes aus einigen unweſentlichen Merkmalen
beſtimmt. Poeſie z. B. iſt dort noch immer Part de faire
des ouvrages en vers; das Drama darf jener drey Einheiten
nicht entbehren. Diefes Ungureichende, Mangelhafte (für die
Franzoſen freylich nicht), weiches theils aus der Auctoritaͤt
einer verkehrten Anſicht von Ariſtoteles, theils in der Natias
nalitaͤt ſelbſt beruht, ſpricht, gegen das Gruberſche Lerikon
gehalten, ſich faft auf jedem Blatte aus. Demungeachtet aber
wird es nach unſerm Dafuͤrhalten in feinem Kreiſe das gang
456 Aeſthetiſche Schriften,
leiſten, was es elften ſoll; Ken. Grubers Wörterbuch hinge⸗
gen, aller feiner Vorzüge ungeachtet, bey uns ſich eines ſolchen
Beyfalls gewiß nicht Überall zu erfreuen haben. — Man wird
uns nun nicht vorwerfen, daß wir aus Vorliebe für unfere
Nation Hr. Gr. den Vorzug zuerkannt Haben; fein philoſophiſch
Talent, unermübdeter Fleiß, gute Auswahl find nicht zu ver:
kennen; übrigens erfchien auh das M. Werk früher, und
ftand Hrn. Sr. zu Gebote. Doch wollen wir hier nicht unen
wähnt laffen, daf auch das Deurfhe Wert manche Maͤngel
Bat. So ift es oft gu wortseih und gebehnt 5. E& Ange
nehm, Abfiht, Aufzug und In den mehrſten biograpfis
[chen Artikeln; Hingegen zu kurz und mangelhaft, 2. E. Ans
ſchauung, Aehnlichkeit, Alliteration; nicht gehörig
geſchieden, z. E. Artemis, Ares; bey aller Vollſtaͤndigkeit
manches Übergangen und nicht befriedigend, z. E. Aeſthetik,
Baukunſt. Vielleicht wird in den Artikeln, worauf hier
verwieſen iſt, das Fehlende ergaͤnzt ‚werben.
Ben dieſer Gelegenheit glauben wir die ſchon fruͤher auf⸗
> gemworfene Frage über den Werth und Nutzen folher Werke in
Bezug auf unfere anzuzeigenden in Anregung bringen zu dür
fen. Der Nutzen eines (z. E. äfthetifchen) Wörterbuchs kann
bloß darin Heftehen, daß es mit den Gegenfländen der Wiſſen
ſchaft, ſoweit fie von den Gelehrten bis jetzt discutirt find,
und mit den Eontroverfen feldft bekannt macht, ‚und zwar fo
viel, als möglih, mit den Worten der Verf. ſelbſt; ferner,
daß es das Geſchichtliche und bie Literatur vollländig auffuͤhrt.
Der Werth hängt alſo von der volltändigen Ausführung jener
Goderung ab. Doch bleibt der Nutzen, alles foviel als thunlich
beyfammen zu Haben, das Hauprfählihfte. Der Verf. eines
folhen Lexikons kann nım zwar für feinen Theil fehr viel ger
than, und feine Pflicht treulich erfüllt haben, demungeachtet
aber muß er feinem Werke die Nothwendigkeit der Wiffenſchaft
abgehen fehen. Ein gutes Lehrgebäude, philofophifch durchge
führt und mit den nöthigen Literärnotizen und Inder verfeben,
erfüllt die Vortheile eines Wörterbuchs eben fo gut, wo mict
&
Aeſthetiſche Schriften. : 487
soch beſſer, und Hat noch den ber wiſſenſchaftlichen Behandfung
voraus. Hr. Gr, führe zwar S. XIII Vorr. dagegen an, daß
cv das Bedeutendſte, was im Fache der Aeſthetik gefchrieben
var, gelefen habe, alle Spfteme und Lehrbücher kannte, ſelbſt
Borlejungen über Aeſthetik gehalten, und wirklich geglaubt habe,
Idee Manches fo gewiß zu feyn, daß er keinen Anſtoß daran
schmen würde, „Wie ganz anders, fährt er fort, als ich,
et nicht bloß auf Zufammenbang und Confes
juenz bedacht, jedes einzeln ausarbeitete. Auf wie manche
Bedenklichkeit, manche Ungewißheit, Unhaltbarkeit, Willkuͤhr
Meß ih.“ Heben wir das Subjective dieſes Bekenntniſſes auf,
0 bleibt doch das guräcd, daß, wenn in dem Spfteme nur auf
Zufammenhang und Conſequenz gefehen wird, und die Objecte
bloß mach diefer Äußeren Beziehung behandelt werden
(ähnlih den Weltgefegen der Narurphilofophen), dieß nicht
wiffenfhaftlih genannt werben kann. Wer den Geift der
Wiſſenſchaft fi zu eigen gemacht hat, kann Über die Bezie—⸗
hung, das Verhaͤltniß und die Beſtimmung diefes oder jenes
Dbjestes nie verlegen ſeyn. — Ein ſyſtematiſch- wiſſenſchaftliches
Wert kann von allen gebraucht werden; dagegen ein Woͤrter⸗
such dee Art nur von folhen, welche die Wiſſenſchaft ſchon
jegeiffen haben, und bie einzelnen flrittigen Puncte mit einem
Mate überfchen wollend, es als ein Nepertorium anfehen und
jebrauchen. Die Wiffeufchaft lernt man aus ihnen nicht fens
ven; ober fie liefen, wenn die einzelnen Artikel nach Art der
Monographieen gearbeiter find, gute Materialien. |
. Davon aber abgefehen, fo tritt für unfere Zeit noch ein
jefonderer Umſtand ein, welcher den Werth folcher lexikaliſchen
Werde herabſetzt. Unſere Zeit ift nämlich in Kunſt und Willens
haft eine Zeit der Gaͤhrung und der Metamorphofe. Man
etrachte nur einmal unfere Anfichten der Wiſſenſchaften und
er Kuͤnſte, die Hypotheſen zur Erflärung der Mythologie und
er alten Kunftwerke, nicht nur gegen die früher beſtandenen
Infihten, fandern auch gegen einander felbft, wie verfchieden ?
leber manches wiſſen wir gar nichts beſtimmtes, 3. E. über dig
Ass Aeſthetiſche Schriften.
Myfterien, und bie wahrfheinfih ans ihnen herzuleitenden
(ſ. 9. Hetruriſchen, eigentlich) Griechiſchen Vaſen. Man vers
gleiche die Meinungen darüber von Paſſeri, d' Hancarville,
Boͤttiger, Millin und die (bey uns bie jetzt noch unbekannte)
son dem Engländer Ehriftie. — Die Philofophie, ohne ſelbſt
noch einen ruhigen feften Punct gefunden zu haben, Hat die
Aeſthetik, Archäologie, Mythologie ganz anders geſtaltet. Man
fehe nue Baumgarten, Eberhard, Aſt; u. ſ. wm. Zwey Par
teyen fiehen jebt gegen einander, Palaͤologen und Neologen,
Drthodore - und Heterodoxe. Mit Anfuͤhrung der ſich ſtreiten
den Meinungen iſt noch nicht alles abgethan, und durch die Syn
theſis iſt dieſer Streit noch nicht gelöst, vielmehr muͤſſen rüdı
ſichtlich unferer Zeit no manche Entdeckungen gemacht werden,
che man zu den Anfang eines feften Punctes gelangt, von dem
aus die Unterſuchung ruhig fortfchreiten kann. Die abe
möchte bey uns ſobald noch nicht flatt finden. Etwas ander
tft es bey einer Nation, wie die Franzoͤſiſche iſt, wo alle
feine pofltive Bedeutung hat (dieß hatınakh unfrer Einfiht
auch nur ſolche Wörterbücher erzeugt) , und wo eine Revolution
In der Wiſſenſchaft, wie fie bey uns duch Kant verurfadk
wurde, faft gar nicht-einteeten fann. Etwas anderes iſt es auf,
wenn eine Nation, ohne nur die Sache gehörig verfichen zu
wollen, dennod von der Sache fpridit, und des Anſtandes
wegen fprechen muß. Für eine ſolche ift ein Dietionnaire des
beaux arts ein unumgänglicher Hausrath, um immer au fait
zu feyn.
In dieſer Hinſicht Hätte Hr. Gr. nad unſrer Meinung
beſſer gethan, wenn er für jetzt wenigſtens ein ſolches Werk,
wie ein Woͤrterbuch der Aeſthetik iſt, unterlaſſen, und feinen
Scharffinn, Fleiß und Gelehrſainkeit auf etwas ihm wuͤrdige⸗
tes verwendet haͤtte.
Was nun jene drey übrigen Schriften betrifft, fo wird
ein kurzer Auszug nicht Äberfläffig feyn, um den Lefer in den
Stand zu feßen, über die Werke fomohl, als Über unfere Be
merfungen darüber, fein Urtheil fich feldft Hilden zu können
Acfibetifche Schriften. 489
Die Aeftherit des Hrn. Luden, als die ältefte, made dei
Infang.
Hr. Prof. L., durch Hiftoriihe Acheiten nicht unt ähmlich
ekannt, hat ſeine Schrift fuͤr Vorleſungen beſtimmt, und
eehalb vieles mehr angedeutet, als ausgeführt, wogegen wie
ichts einwenden können, noch wollen. Einige haben in ihr
Ins und Nachklaͤnge der Schlegeffhen und Schellingſches
Schule bemerken wollen; es ſey, was wird wohl nicht alles
emerkt? Dec. weiß fo gut, wie Ar. 2. und wir alle wiſſen,
aß auf diefe Weile in den Werken aller Philoſophen und aller
roßen Geiſter ſich Anklänge aus früherer Zeit finden, und
aß, wenn diefes zum Maßſtab der Beurtheilung angenommen
verden follte, niemand mehr etwas eignes, als nur Adam,
er Urättervater, haben würde. Was früher Männer von
Seit ausfprahen, wird in der Folge Eigenthum der ganzen
zebildeten Welt, wird von ihr fo aufgenommen und behandelt,
‚aß keiner der früheren auf diefen, oder jenen Gedanken eine
BindicationsPlage erheben kann. Durch den Ernft der Arbeit
R der Gedanke des Fruͤhern der erbs und eigenıhümliche de®
Folgenden geworden. Die Wahrheit der Gefchichte, deren
Dienft Hr. L. Ad übergeben, wuͤrde überdieß ihm eine folche
Nachbeterey auch nicht erlauben. Wir beteachten daher feine
Schrift als fein eigenes Werk, wie jedes Blatt auch ſchon bes
veist, und wie man auch aus folgender Skizze noch beſſer
rfehen wird. |
Sn der Einleitung, s 16, wird die Idee dee
leſthetik und dieſer - Vorlefungen. auseinander geſetzt. Das
Schöne, als die ewige in fih felbft ruhende und feyende Side,
ſt in der Kunſt im ‚Werden; die Idee der Kunft fällt mit der
jdee des Schönen zufammen. Die Aeſthetik als Philoſophie
er Kunſt Hat zuerſt eine Lonftruction ber Idee des Schöneck
nd der allgemeinen Runft gu liefern, :um. in das Weſen bes
Schönen einzuführen, und zweytens eine Conſtruction diefee
jdee (aus dem Verhaͤltniſſe der Idee des Schönen zu den
erfchisdenen Meitteln der. Erſcheinung) in diefe einzelnen Kunfls
490 Aeſthetiſche Schriften.
formen. Hierzu fol noch ein drittes, eigentlich zur Aefiherit
nicht Gehoͤriges, hinzukommen, die aufgeftellten Srundfäge an
. wirklich vorhandenen Kunftwerken (in den Vorlefungen felöft)
gu erläutern. ©. 3. Ihre Graͤnzen find noch nicht gehörig
abgemarkt; die Pbilofophie, mit der Re durch ihe Peincip zw
fammenhängt, muß die Michtigkeit defielden beweifen. Der
Geſchichte der Kunft kann fie nicht entbehren. I. Abſchnitt.
Eonftruction der Idee des Schönen in der allgemeinen Form
der Kunft, $. 7 — 19. Das Streben des menſchlichen Geiſtes,
mit dem Univerſum eins zu werden, geichieht auf fünf Wegen,
durch die Philofophie, indem fie das Irdiſche vernichtet;
Such Religion, indem fie in allem Irdiſchen nur Ein Goͤn⸗
Uches findet; duch die Sittlichkeit, indem fie das Ob
jertive nah dem Subjestiven zu geftalten ſucht; durch bie
Wiſſenſchaften, indem der Gelehrte in ihrem Studium
ber Welt vergißt, und duch die Kunſt, welche daB Irdiſche
als Söttliches darſtellen lehrt, und damit den Gegenfag zwiſchen
Senn und Gedanken aufhebt. Das unmittelbare Erfcheinen
Des Söttlihen im Irdiſchen ift das Schöne; das abſolute Schöne
iſt nur in Sort, und erſcheint nicht. Das Goͤttliche if das
Kine, unvergänglich Iinendliche , das Srdifche ein Mannigfaltis
ges, Individuelles. Das Göttliche, welches im Irdiſchen er
ſcheint, iſt nur die Idee der individuellen Erfcheinungen , bie
aber als dee unendlich if. Alles Schöne iſt ein Ganzes,
das Unendlichkeit und Endlichkeit in abfoluter Einheit enthält.
Da:das Göttliche in den einzelnen Naturerſcheinungen nicht
erfcheint, ob es gleich. in der Natur ik, denn das Einzelne
Hat nur Einen Moment des Lebens, und die ganze Lebenskraft
gieht fih duch die Zeitlinie feiner Dauer aus einander, und
Et alfo in befiändigem Werden und Vergehen; fo gibt es aud
Sein. fogenanntes Naturſchoͤne. Nur in den Werken der Kun,
wo Idee und Geſtalt in abfolnter Einheit ik, wird das Schöne
gefunden. Das Schöne ift aber nur dur. Menfchen für
Menfhen. Die, welche es hervorbeingen, heißen Kuͤnſtler,
die, welche es betrachten, Kunſtfreunde; beyde, durd
Aefthetiſche Schriften. 491
—
kinbildungskraft verſchieden, ſetzen ſich gegenſeitig voraus. Der
Zuͤnſtler iſt nur ein ſolcher, als er Kunſtwerke ſchafft, daher
ſt es eins, ob vom Kuͤnſtlergeiſte, oder uͤber feine Werke ges
prochen wird. Seine Schöpferfraft (Genie) fpaltet ih, für
ie Reflexion, in das Vermögen für das Goͤttliche (Wermögen -
er Ideen) und in das für das Irdiſche (Phantafie). Ver⸗
nittelſt letzter indioidualifirt er die, durch das erfle Vermögen
jervorgedrachten been, ohne daß fie verlieren, viefmehr je
ndividueller die Idee als Kunſtwerk dargeſtellt iſt, deſto voll⸗
ommener. Da das Individuelle ſich aber als Charakter aus⸗ |
priche, fo muß auch das Schöne, welches ein Kunftwerk iſt,
Sharafter haben, um kein negatives zu werden. Das, durch
»as Genie (dad Talent vermag bieß nicht) erſchaffene Kunſt
verk erfcheint als von ſich ſelbſt und aus ſich ſelbſt frey ent
vickelt; es träge den Grund feines Seyn in fih, und ift aus
tichts anderm zu erklären, daher iſts auch vom Künftler uns
ıbhängig. Demungeachtet trägt aber jedes Kunftwerk als In⸗
ividuum, feiner Schönheit unbefchadet, der Ewigkeit und |
Inendlichleit der dee ungeachtet, Spuren der Zeit, des Volks
nd des Kuaͤnſtlers an ſich, wie die Werke Griechiſcher und
Romantiſcher Kunft zeigen. Das Schöne des Kunſtwerks liegt
iber nicht in dem Kunſtwerk allein, auc nicht in dem, der es
jetrachtet, fondern es liegt in der Mitte zwiſchen dem Kunſt⸗
reunde und dem Kunſtwerke. Um es zu empfinden, wirb
Bildungskraft von ihm verlangt. Die Empfaͤnglichkeit des
Runftliebhaders, iſt aber in ſich eben fo graduell verſchieden,
Us es Grade der Productionskraft im Kanſtler, und Grat?
ver Schönheit feldft gibt; das Vollkommne wäre der erſte Brad.
Ihm kommt bloß paffives Genie, paflives Talent zu, fo wie
sem Küänftier das Gegentheil eigen iſt. — Wenn im Kunſtwerk
yie Seftalt, dadurch, daß fie einen Theil der Idee anſchaulich
entſpricht, dieſe dee in ihrer Totalitaͤt auf eine fothe Art
in uns erreat, daß fie für alle Geſtaltung zu groß iſt, Se
nennen wir es erhaben. Dieß befteht aber nicht im der
Duantität, fondern iſt immer als Kraft und Leben zu denken.
492 Aehbetiiche Schriften.
SE Hingegen bie Idee fheinbar im Endlichen und Einzelnen
untergegangen , ſo daß Biefer nur um feiner ſelbſt willen ba zu
ſeyn ſcheint, fo wird das Kunſtwerk komiſſch.
Rec. erlaubt ſich hier einige Bemerkungen, ohne jeded
die Lehre vom Schönen ſelbſt zu beruͤhren, welches er weiter
unten bey der Mällerihen Monographie thun wird. Im $. 26
fagt Hr. 2.: „wenn Genie. (der hoͤchſte Grad kuͤnſtleriſcher
Kraft) die reine, klare, ſtille, unendliche Fläche des Meeres
iſt, das voll febendiger Naturen die blaue Woͤlbung des Him
mels rein aufnimmt, und zurädfiralt, fo if das Talent (ein
minder ‚höherer Grad) der vom Sturm aufgeregte Dcean, ber
gewaltig zum Simmel hinauf ſtrebt, deſſen verfhollen (2) Bild
er in ſich trägt, und immer umſonſt zurädfallend mie muͤde
wird, den Verſuch zu wiederholen.“ Dec. muß offen gefichen,
Haß diefe Worte ihm das Weſen des Genies und Talents nicht
verrathen haben. Wie es fcheint, nimmt der Hr. Verf. e⸗
als eine einzelne Ihäsigfeit im Menfchen an, fo wie Gedaͤcht
niß, Verſtand. Aber ſchon das Wort iſt ihm bier entzogen,
Genie ik die volfiändige Ausbildung aller geifligen Organs
des Menſchen für die Vernunft, und manifeflirt ſich im Leben,
wie in Kunſt und Wiſſenſchaft; Talent hingegen iſt nur ein
eminentes organifches Vermögen von ben vielen des menfchlicden
Geiftes in Beziehung auf Vernunft. Kr. Krug ſetzt S. 29
das Talent zu oberſt, und: fagt: es kann entweder Genie
feun, wenn es fi durch große und eigenthämliche Probuctivis
tät, oder guter Kopf, wenn es fih durch große Capacität
auszeichnet. Talent genus, “Genie species (alſo Talent if
etwas allgemeines, Genie ein Befonderes, Eigenthümliches, des
als begrängt mit der ihm eignen Stärke hervortreten muß.
Woher bey Heren Krug diefe Veltimmung?), daher Genis
Talent if, nicht umgekehrt. Einem jedem wird das Bil
kuͤhrliche dieſer Behauptung, fo wie die Eintbeilung in pra⸗
gmatiſches, erperimentirendes ꝛc. in die Augen fallen; doch if
fie nicht fo lächerlich, als Hrn, L. Eintheilung in active
und -paffive Genies und Talente. Dieb kommt Dec. von
Hefipetifche Schriften 493
wie kaltes Feuer und warmer Schnee. — Bey Erwähnung
der Begeifterung und Befonnenheit ($. 26 Anmerf.) erwartete
Rec. auch die Löfung (und wäre es auch nur Andeutung) der
Srage: 05 Vegeifterung, oder Befonnenheit den Kuͤnſtler leite ıc.
Eben fo wäre eine ausführkiche Darftellung, worin das Chas
rafteeiftifche und die individualität beſtehe, nothwendig, und
gewiß beſſer geweſen, als jene undeflimmten Worte Über Talent .
und Genie Da Hier das Ganze wiſſenſchaftlich behandelt
werben fol, fo geht Klarheit der Darftellung allem vor. In
dieſer Hinſicht kann Rec. auch mit der uncharakteriſtiſchen Chas
tafteriftiß des Chriſtenthums und Heidenthums durchaus niche
zufrieden feyn. Was ift eigentlich mit den Worten des 32. $.
gefagt: „Der Beweis, daß das 'immerfortfchreitende Bewußt⸗
feyn des Geiſtes in -der jugend des Gefchlechts das Göttliche
in der Natur and Eins mit der Natur, fpäterhin aber außer
der Natur und getrennte von der Natur ahnen, fühlen, _
denten- mußte.” 9 — er wird zwar nicht gegeben, fondern nur
Erfäuterungen aus dem, zwey Segenfäße bildenden Heidenthum
und Chriſtenthum in den folgenden Paragraphen. Der Charakter
des Heidenthums iſt nach Hrn. L. Qualitaͤt und objectio; Chas
tafter des Chriſtenthums Zdealität und fubjertiv. Dort Natur,
hiee Geiſt; ‘dort wurde das Wirkliche nur geläutert, um dag
Goͤttliche, welches in der Natur war, zu zeigen; bier mußte
das Göttliche, welches außer der Natur war, herabgezogen
werden zur Wirklichkeit. Im Heidenthum alles gut, Alles
Erfüllung, Alles freyer Genuß des Lebens; im Chrifienchum
Alles verderbt (fogar die Aeſthetiken), nichts als Opferung,
Duldung, Sehnſucht und Erwarten. Tore wurde die Zukunft
wegen ber Gegenwart vergeffen, hier die Gegenwart an. die
Zukunft verkauft, darum dort Leben, hier Glauben, dort Ger
wißheit, hier Hoffnung. Im Alterthum war das Princip der
Männlichkeit vorherrfchend, unter den chriftlihen Völkern das
Princip der Weiblichkeit. Dort das Weib unterdrädt, bier vers
herrlicht, vergoͤttert. Der lebte (vierte) Unterſchied beruht in
der Verſchiedenheit des. Nattonafgeiftes antiker und chriftlicher
494 Aenhetiſche Schriften,
Voiker. — Diefer Abſchnitt von dem Antifen und Nomantu
fchen iſt durch die neuern Philoſophen in die Aeſthetik gefom
men, und Aft war ber erfie, der fle als die beyden Kauph
formen, unter welchen ein Kunſtwerk exiſtirt, behandelte, und in
feiner Aeſthetik ſyſtematiſch vortrug. J. P. Br. Richter in
feiner Vorſchule der Aeſthetik handelte ebenfalls Das Antike und
Romantifche in zwey Kapiteln (die partie honteuse dieſes
geiftreihen Werks) ab, und hat gewiß zur weitern Verbreitung
dieſes unmiffenfchaftlichen Geſchwaͤtzes viel heygetragen. Ob die
Unterfuchung des Antiten und Romantiſchen nun in der Aeſthettik
notwendig fey, darüber läßt fih viel reden. Zum beſſern Ber
ſtaͤndniß der Sriechifchen und romantifhen Kunſtwerke moͤchte
es auf jeden Fall gut ſeyn, wenn man, da jedes Kunſtwerk
din der Eigenthuͤmlichkeit der Nation und des Zeitalter wurjelt,
eine Charakteriſtik jener Zeitalter und Wöller. erhielte. Allein
dann mäßte man auch, da kein Vol und keine Zeit für ſich
abgeſchloſſen daſteht, Die ganze Geſchichte und Alterthuͤmer
hineinziehen, und nicht bloß bey dem Allgemeinen ſtehen bleu
Sen; fondern auch in das Einzelne hinabſteigen. So find z. E.
die Producte eines Islaͤnders verfchieden von den eines Pr
venzalen, und diefe wieder von denen eines Caſtilianers; fo
wie die Poeſie der Fraͤnkiſchen Zeit (Loblied des H. Anno)
von der der romantifchen (Tyturell und die Pfleger des heil.
Graals von Albrecht von Halberſtadt), und im allgemeines
nennt man alle romantifh. Wollte man nun dieß, fo müßte
die Kunftgefchichte vor allem mit in die Aeſthetik gezogen wers
den, aber dieß bedarf die Aeſthetik als Wilfenfchaft, deren
Element das Nothwendige ift,. fo wenig als jenes, und ge
ſchehe es ja, fo müßte fie es als ein Disparates Früher ode
fpäter ausfcheiden. Wenn es ja aufgenommen werden foflte, fo
würde nur bey der Lehre vom Gefchmad eine fchicfliche Stebe
fih finden. — Man könnte zwar mit jenen noch einwenden,
daß in dem Antiken und NRomantifchen der Grundcharakter der
heidniſchen und chriftlihen Religion ſich darflelle, ‚und, weil
Religion der Grund, aller Kunſt fey, diefe Lehre der Punct
Aeſthetiſche Schriften. 495
ey, von dem alle Kunſtwiſſenſchaft ausgehe, ferner daß die
Poeſie ohne Mythologie (welches das ſeyn fol, was für die
Philoſophie die Ideen find) nicht beſtehen koͤnne. Allein
hierauf läßt fih antworten, daß Religion und Kunft, wenn fie
gleich Gende aus dem Gefühl entſpringen, ſich dennoch gang vers
rhieden manifefliren, und. legtere aus der erften nicht entficht,
obgleich beyde einander unterfiäßen und die Hände reichen.
Was Die Mythologie betrifft, „fo ift die romantische Woche ſchon
diefer Behauptung entgegen. Daß fle in der Griechiſchen Kunſt
eine fo ausgezeichnete Rolle fpielt, hat einen ganz andern Grund.
Ueberhaupt, wenn das Antile und Romantifche in die Aeſthetik
gesogen ‚wird, fo muß dann auch alles, was je nur in der Bes
ziehung ſteht, hierher gezogen werden.
Hierbey ift aber noch ein andrer Irrthum zu berichtis
gen, die Behauptung nämlih, als 06 mit dem Antilen und
Romantifchen die Kunftwelt geſchloſſen ſey. Die neuere Schule
fagt zwar von ihnen, daß fie das Objective und Subjective feyen,
in weiche das Abfolute fih fpalte, ' mithin muß, wenn beyde
das Abfolute ansmachen, in Ahnen das Abfolute feyn, und es
kann keine Kunftwelt mehr geben. Allein bis jegt muß Rec.
die noch bezweifeln, denn mit dieſen zwey Momenten dürfte,
ja ſelbſt nach ihnen, das Abfolute nicht ausgefchöpft feyn, wenn
es ſich wirklich ale das Abfolute beurkundet. Jene beyden
Zeitalter ſind, wie bekannt, nicht die einzigen, welche geweſen,
noch welche ſeyn werden. So gab es vor dem antiken ein
Aegyptiſches, Perſiſches Zeitalter, beyde nicht arm an Kunſt—⸗
darſtellungen. Dieſe, ſo wie auch unſre moderne Zeit (nach der
Behauptung jener Philoſophen weder kalt, noch warm, weder
antikiſch, noch romantiſch), haben, wie jedes Einzelne in ihnen,
ihren eigenthuͤmlichen Charakter. Sie haͤtten alſo, wenn es
an eine Theilung des Abſoluten ginge, auch ein Wort mit zu
reden, ſo gut wie jene beyden. Alle Zeitalter alſo, oder keines
iſt des Abſoluten theilhaftig. Wir leugnen daher jene Be—
hauptung, und zeihen die, welche dieſen Irrthum aufgeſtellt
haben, der Unkunde der Geſchichte und der Kunſt ſelbſt. Von
496 Aeſthetiſche Schriften.
eigentlichen Gegenſaͤtzen kann hier Feine Rede fon. Das
Chriftenchum iſt Scharf genommen nichts weiter als die Fort⸗
feßung des Heidenchums , das romantifche Zeitalter die Bluͤthe
des fruͤhern autiken. jenes würde nicht fen, wenn dieſes
nicht vorher, und zwar 10 wie es war, geweien wäre. — Die
Charakteriſtik jener Zeitalter will Rec. alfo Hrn. 2. überlaflen; ges
ſteht Übrigens, daß er nicht weiß, was er bey ihrem Anblick fagen
fol. &o weit alfo wäre denn bey uns die Philofophie gefoms
men, daß fie wähnen kann, mit folhen Antithefen alles ffir
fegen und beſtimmen zu können! Wie vermag man zu fagen,
Das Antike fey das Männliche, das Romantifche das Weibliche?
Kennt man denn fchon die phufiihe und die auf ihr ruhente
pſychiſche Natur der Gefchlechter fo volllommen, daB man ihre
Eigenthuͤmlichkeiten auf einen ihr fremden Gegenfland über
tragen darf? Und wenn es wäre, mas aber nicht ift, was
gewinnt die Wiffenfhaft? Wilder beweifen das nicht, warum
es bier zu thun iſt, und erläutern aud nicht, wenn man bie
Bade nicht kennt. — Wenn der Gab, daß dasjenige Gebiet
des Willens, welches zur Begeichnung feiner Objecte fremder
Fr bedarf, z. €. die Naturphilofophie mathematifcher Zeis
en, ſich ſelbſt noch gar. nicht kenne, fih noch nicht durchge⸗
Bildet habe, mithin auch auf Wiffenfchaftlichkeit eigentlich Leinen
Anfprudy machen könne, wenn ber Sag nur einigermaßen wahe
ift, fo kann man der neuern Philofophie und der aus ihr abs
flammenden Aeftherit den Ruhm der Wilfenfhaft nicht bew
kegen. Was fol das fagen: das Antike ift objectiv, das Nor
mantifche fubjectio, bier Geiſt, dort Natur ꝛc. Dieß find je
alles nur Dinge, bey denen die Sache fih gang ruhig vers
Hält, und bloß der unmwiffenfchaftliche Verſtand ſich abmuͤht.
Auf diefe Arc macht Rec. ſich verbindlich zu beweiſen, daß der
HKoman eine Menuett oder Quadrille, die Plaftit ein Epos,
die Architektur, und zmar die Griechiſche eine Theokritiſche
Idylle, die f. g. Sothifche eine’ Boscanifhe Erloge fey. So
laͤßt ſich eine Inendlichkeit anführen, und alle diefe Conſtructio⸗
nen dienen zuletzt doc zu nichts. Hier paffen trefflich Mephu
fiopheles Worte:
Da eben wo Begriffe fehlen,
Da ſtellt ein Wort zur vechten Beit ſich ein.
ec. bedauert es fehr, daß Hr. 2. Hier der Gefchichte untren,
von der ernften Bahn der Wiffenfchaft in den Sumpf der
poesifchen Profa gerathen if.
( Die Sortfegung folgt.)
.. “or u:
‘
No. 32. Seidelbergiſche 1811.
Jahrbuͤcher der Literatur.
III DEI TI U LI TEL NL N N vH
efhetiche Schriften von Millin, Bruder, | Kuden, Krug
und Müller.
( Fortſetzung der in No. 31. abgebrochenen Colleetiv⸗ Necenſion. >
D. zweyte Abſchnitt, Uuberſchrieben: Conſtruction der
idee des Schönen in den verſchiedenen Kuufts
attungen, beginnt mit dee Muſik. 6. 41. Da der Hr.
zerf. in der Note fehe naiv bekennt, daß er zwar fehr gern
Rufe Höre, aber von ihr fo gut wie nichts verfiche, fo will
tee» auch die Säge, welche „aus der ganzen aufgefleliten Ans
ht dee Kunſt Hervorgehen“ follen, übergehen. Au die Duft
hließt ih die Malerey am mit ihren Unterabtheilungen: Mas
rey und Plaſtik, zu der das Basrelief den Uebergang bildet;
e Sartentunk und Architektur werden in befondern Anhäns
a zu diefem Eapitel abgehandelt. $. 19 Die Poeſie
acht den Schluß. Sie zerfällt in epeit, wozu in beſon⸗
en Anhängen das Lehrgedicht, die Satire und Dantes götts
be Commedia gerechnet werden, in Epik mit der komiſchen
popee, ber Romanze und Ballade, dem Romane und der .
Rerifchen Kunſt, und endlich in Dramacie, weiche Tragoͤdie,
omödie und Oper if.
Da in diefem Abichnitte das Werk des Hrn. Verf. vor
‚dern bekannten nichts, vorans hat, und bloß In der Auord⸗
ng der Kunftarten abweicht, fo Haben wir einen vollkändis
en Auszug nicht geben wollen; Dagegen erlauben wir uns
tige Bemerkungen über Dinge, wo wir niche mit ihm äbers
ıftimmen koͤnnen. Seinem Grundſatze zu Liebe, daß es feine
aturfchöndeie gebe, wird das Portrait aus der Reihe der
anſtwerke verworfen. Wir künnen die um fo weniger be⸗
32
498 _ | NeRbetifche Schriften.
.ı
greifen, als es grabe das Charakteriſtiſche, das Individuell
darſrellt. Würde Hr.L. ſagen: es ſtelſt nur Einen Moment
des Lebens vor, 3. E. das männliche Alter, nicht aber die
Totalität des ganzen Lebens, fo hat er in fofern geirrt, als er
den Charakter bloß einfeitig aufnimmt, und ihn in der ganen
Lebensdauer, nicht aber In Einem Moment findet. Ges
Alter hat ein Charakteriſtiſches, zeigt ein in ſich Abgefhloffud.
Man betrachte nur einmal 3. E. das Raphaeliſche Portrait
des Grafen Caſtiglione; erfüllt es nicht alle Kunftfoderungn?
Das Abbild eines Kindes, welches keinen Charakter hat, ud
‚haben kann, ift von dein Portrait auszufchließen. — Inf.
end 77 wird von der Griechiſchen und. Gothiſchen Boutuf
ſoviel und fo mancherley ‚gefprohen, daß Rec, erflaunen mußt,
;dieß alles hier .zu, findeg, Lin Windelmann mürde hin
bedeutend ben Kopf ſchuͤtteln. Die Gartenkunſt wird, wien
‚erwarsen war, nermorfen, Aus ähnlichen Grunden iſt vielleiq
zauch die Orcheſtik Übergangen. — Die Poeſi⸗ iſt (. bo) u
texriſche Philoſophie, und Philoſophie eſpteriſche Poeſte. Bu
heißt dieß? Die Lyrik iſt (9. 89) die ſubjectivſte (?) Poeſie, mir |
wohl: fie hier opjectiv iſt (7). Dantes divina Commedi
wird zur Lyrik gerechnet, „weil der Dichter von fi und vn
Idem, was er gehärt.,. "gefehn ꝛc., redet. Es foll ein philefe |
phiſches (7) Gedicht ſeyn. Dem Ganzen. der gött. Comm, fit
- wegen der, abfoluten (warum abſolut 7) Vermiſchung aller sw
men die. beſtimmte Geſtalt (denn nach $. 80 iſt die Philbſeſe
‚foruuos) ; dafür - iſt fle aber. der ewigen. Sgoͤnheit, die dem
Univerfum eingebildet iſt, defto - näher, . . Allein, wie hut
‚etwas, ‘das formlos, alſo ohne Charakter, ohne Individueliil
Niſt, ſchoͤn feyn? Dieſem nach waͤre das Allgemeinſte du
Schoͤnſte, welches aber Ken. L. Grundjägen widerſoriht
Sie wird als der Urquell der ganzen neuern Poeſie geprict,
‚ ans welhem in der Folge die. einzelnen. Neſtandtheile des En
- fen, Dramatifchen, Lyriſchen, die ſich in ihm rein durchn
gen, in beſondere Baͤche geleitet find. Wir haben hieran 9
..Mibslungenliede, in Arigſts Roland, und im Shak ſpeart nid
.*%
|
Weßpetiiche Schriften, 499
verfpäiet, und erwarten daher hieruber von Her L. den hiſto⸗
ifhen Beweis. . Man kann auf dieſen Paragraph ſehr gut die
Dante'ſchen Worte anwenden:
Lasciati ogni speranza, 'voi quw’enträte (Inf. In 9),
Schellings Darftelung diefes Gedichts im philofophifchen Sour
al II. ©. 3. St. 35. ©. hätte Hr. 2. wohl benußen dürfen,
Nach 9. 106 follen Natjonalbegebenheiten, ‚die im Munde des
Volkes ſind, ſich am beſten für das Epos ſchicken. Warum
zerade im Munde des Volkes? Rec. iſt uͤberzeugt, daß dieß
jo wenig als das Gegentheil thunlich ſey. Keine Nation, in
ſofern ſie über einen geiviffen Kreis det Bildung hinaus, if,
kann fi. wiſlkuͤhrlich ein Epos ſchaffen, ſo wie es bey den Hel⸗
lenen die Ilias und Odyſſee war. Uebrigens verkennen wie
Neuere auch uns ſelbſt und unſre ganze Bildung, wenn wie
ag Hochſte was die Nation hervorbringen kann „ in den
Defig eines KHeldengedichts ſetzen. Das Epos iſt Ein eigen
Hämtiches Gewaͤchs ber Griechiſchen Poeſie, was von den
Roͤmern aus Jeidigem Stolz nachgebilder, und "deffen Form
ndlich auch von uns, in ſofern eine frühere verkehrte Anſi cht
jer Poeſie herrſchte, aufgenommen iſt. Wir haben Nationab
ieder z. ©. Nibelungenlied, Heldenbuch, ſo wie die Perfer
hren Shah s Nameh und die In dier ihre Mopabhator und
Bhogovorgita; allein diefe find von dem, was‘ than Epds Heißt,
anz verſchieden. Nennen wir ſolche Geſaͤnge epifche, fo tragen '
dir eine fremde Benennung für Product ehnlicher Art auf
ieſe faͤlſchlich uͤber, und mit ihr auch die Forin, und verwirs
en damit und ſelbſt. Das Griechiſche Epos kann als einzelnes
iche fo, wie es bey den Griechen ſich zeigte, ſeyn, es kann ſo nicht
siederfchren. Sim $. 108 heißt es: der Roman bilder feine eigne
Belt! liegt aber dem eigentlichen Leben näher, nämlich zwiſchen
doefte und Wirklichkeit. Wenn es alſo gm iſchen liegt, ſo
auß es doch wohl etwas Beſtimmtes ſeyn, freylich nichts Hand⸗
reifliches. Eben ſo ſollen nach $. 115 die Griechen keinen
Roman gekannt haben, weil ihnen die Wirklichkeit nicht ents
oͤttert war. ‚Wäre dieß wirtlich der Grund geweſen? Daß
500 Aeſthetiſche Schrifteit.
der Roman bey den Alten nicht bie große Rolle fpielte, wir
bey uns, hätte Kr. L. vieleicht eher aus dem Princip der
romantifchen .Poefe, der Liebe, oder dem bey den Griechen
nicht ethifch ausgebildeten Geſchlechtsverhaͤltniß darthun Pönnen.
Vebrigens hatten die Sriechen und Römer Romane. Was find
des Keliodor Aidronıxd, des Longus Acoßıaxd, bie frühern
Mileſiſchen Mährchen, des Apulejus asinus aureus? Doch
niht Epos? Der Roman muß in Profa gefchrieben fepn,
weil Vers und Spibenmaß feine Mittlerrolle zerſtdren würden.
Hier ficht der Verf. mie ch ſelbſt im Widerſpruch. Naq
6. 83 gehörte zu einem Kunftwerke der Vers im Einzelnen wie
Die Geſtalt in Ganzen. Dean müßte demnah dem Roman
das Mrädicat des Kunſtwerks abiprehen. Dee Don Quixote
und Wilh. Meiftee find aber dem entgegen. Kr. 8. dürfe
alfo einen andern Grund daffr auffuchen, nur feinen a priori,
weil er fonft wieder die fräßern Romane, 5. ©. den von &.
Artus, die urfpränglih in Werfen gebichtet waren, gegen ſich
baden würde, — Die Geſchichte gehört zur Rhetorik, nicht
zur Aefiperil. 0
Doch genug hiervon. Wir gehn zn Hrn. Krugs Arbeit über. |
In der Einleitung ©. 1 —24 wird von dem Namen,
Begriff, Zwei, Werth und Behandlungsweiſe Der Aeſthetit
‚gefprochen, und diefe Wiſſenſchaft in die reine und anger
wandte Aeſthetik eingerheilt. Aeſthetik if nah Ben. 8. die
Wiſſenſchaft von der urfprünglicden Geſetzmaͤßigkeit des menſch⸗
Jihen Geiſtes in Anfehung derjenigen Thaͤtigkeit, vermöge
weicher ein Gegenfland in feiner Beziehung auf das Gefäaͤhl
von Luſt oder Unluſt erkannt, und dem zufolge als Geſchmacks
object beurtheilt wird. Der erſte Theil enthält die reine Bes
ſchmackslehre, welche die trausſcendenten Bedingungen dei
Wohlgefallens und bie davon abhängigen Urtheile unterfuck,d
und zerfällt in die Lehre von ben Afthetiichen Jdeen und in dir |
von den aͤſthetiſchen Urtheilen. Jene, die Ideologie, zieht di
beyden Grundcharaktere der Dinge, Schönheit und Erhaben |
peit, in Erwägung, und gerfällt, da mis beyden eine Menge
Aeſthetiſche Schriften. 501
igenſchaften der Dinge in naher und ferner Beruͤhrung ſtehen,
E. Anmuthig, Naiv ıc. im drey Theile, in die Lehre vom
Schönen, Kalleologie, In die vom Erh abenen, Hypſeo⸗
gie, und in die Lehre, wo mit dem Schönen auch ein anr
es vermifcht if, Syagenelologie — 30. Das Schöne,
ı wie das von Ihm verfchiebene Angenehme, Nuͤtzliche ıc. ges
illt. Das Wohlgefallen des Schönen iſt aber von jenen eben
verfhieden, wie jene Dinge von einander verfchieden find ;
le Objecte des Wohlgefallens find um des. Wohigefallent
illen mit einem Intereſſe verknuͤpft, mithin iſt das Wohlger
den intereffirt. Das Sntereffe am Schönen if vom Intereſſe
m Näslichen, Wahren ıc. verſchieden; es iſt weder ein finns
bes, noch ein intellectuales, fondern ein Aftherifches Inter⸗
fe, welches ein an die Form gefuäpftes, «in formales ift.
schön muß daher um feiner bloßen Form willen gefallen, und
dieſer Ruͤckſicht in ihm eine gewiſſe Zweckmaͤßigkeit liegen
e das wahrnehmende Subject. Nur die dur die Form
(heinende Zweckmaͤßigkeit iſt es, welche gefällt. In wiefern
m bie Form eines Begenflandes duch feinen Zweck noch
mdig beſtimmt ift, fo iſt auch das Wohlgefalen des Schönen
in der Vorſtellung eines beflimmten Zwecks abhängig, und
e Schönheit wäre demnach eine abhängende, oder zufällige
choͤnheit, der die freye, felöfftändige, abfolute entgegens
nde. Was um feiner Form willen gefallen foll, muß wahes
hmbar feyn, innerlich oder äußerlich, michin auch das Schöne.
iter den Objecten des äußern Sinnes find nur die des Ger
)t6 und Gehoͤrs fhön, welche um der äußern Form willen
on gefallen ; die der andern Sinne gefallen bloß wegen des
iterialen Eindrucks. Was die Objecte des innern Sinnes
geht, fo Mind fie theils Vorſtellungen, theils gewiſſe daraus
svorgehende Gemuͤthszuſtaͤnde. ihre Form beſteht in dee
t und Weiſe ihrer Verknuͤpfung und Darflelung duch ger
ſſe Zeichen. Daraus entfieht die Eintheilung in ein inneres
d aͤußeres Schöne. Beyden kommt das Prädicat ſchoͤn zu,
wiefern fie ein Wohlgefallen im Gemuͤth hervorrufen. Das
503 Aeſthetiſche Schriften.‘
Afthetifche Wohlgefallen und Intereſſe iſt das verbindende Mit⸗
telglied zwiſchen dem Sinnlichen und dem Intellectualen, und |
das Schöne kann daher als finnlicher Typus des Wahren und
Schönen betrachtet werden. Als die volltommenfte Form, unter
weicher das Sinnliche Überhaupt erfheinen kann, vepräfentitt
das Schoͤne das Abſolute, oder Idealiſche, welches nie erſchei⸗ |
nen fann. Daher trägt bie Wahrnehmung des Schönen dad
Wemuͤth über die Sinnenwelt zur Ideenwelt. Das Schöne
laͤßt mittelft feiner Form das Unendliche im Endlichen ahnen,
daher es wohlgefaͤllt (2); es iſt das, was durch feine Form
Einbildungskraft und Verftand des Wahrnehmenden auf eine
leichte (?) und doch regelmäßige, mithin wohlgefällige Weiſe
beſchaͤftigt. Ein Marimum der Schönheit von der Vernunft
gedacht, kann bloß dadurch) anſchaulich werden, daß die Einbil
dung ein Bild von einem einzelnen Dinge, das jener Idee ans
gemeffen ift, und daher ein deal der Schönheit Heißt, ent
wirft, und die Darftellungsfraft dieſes Bild an irgend einem
äußern Stoffe realifiet. Die Geſtalt des Menſchen iſt gur
Darſtellung eines Ideals die tauglichſte.
Wir knuͤpfen hieran, was Hr. Adam Muͤller von de
Schönheit gefagt hat, ohne weiter den kuͤnſtleriſchen Charakter,
Iebenswerthe Aeußerungen , großartige Gedanken und Ausfäle
gegen das Ganze und’ gegen Einzelne‘ in feinem Werke zu beruͤh⸗
ven. Folgende Stelle gibt den Inhalt des Werks fo ziemlich an.
„Die Schönheit wohnt weder allein in dem fchönen Ge
aenftande, der unfer Wohlgefallen erweckt , noch wohne fie allein
in der Druft des Beobachters. — Sie ift weder bloß objectiv,
noch bloß ſubjectiv. Die Schoͤnheit iſt jene rhythmiſche Bu
wegung, Harmonfe, oder wie ich fie nennen fol, zwiſchen
zweyen, zwiſchen Menſch und Menſch, zwiſchen Geiſt und
Gefühl, zwiſchen Ruhe und Bewegung, die das Univerſum,
die Weltgeſchichte, das Leben, wenn wir es mit Stille und
Kraft, d. h. wieder mit Schoͤnheit betrachten, unſerm Gemuͤthe
mittheilt, und weiche in beſchraͤnktem Umkreiſe jedes Kunſtwerk
Larſtellte Des das Univerſum beſelenden Geiſtes iſt alles und
*
> Vefipetifche Schriften: | 503
edes theilhaftig, was ſich mit ſeinem Leben an das Leben des
Yanzen anfchließt, und die Empfänglichfeit für feine Offendas
ung muß jedee in füch beleben und erhöhen, wie er vermag,
Die einzelnen Schoͤnheiten dieſer Welt find die Kepräfentanten
iefed Geiſtes der‘ Schönheit, feine Statthalter auf Erden,
sehe bald deutlicher, volftändiger und Parer, bald wieder
unfler, enger und unverftändlicher das ewige Wort in endlichee
Sprache ausdrüden.“ In Ruͤckſicht, daß die Schoͤnheit bie
ielen und mannigfaleigen Naturen leicht und dauernd anſpricht,
der bie, welche die Welt für haͤßlich ausſchreit, weit fle erſt
ie Betrachter in den Rhythmus der Schönpeit hineinziehen
ruͤſſen, theilt Hr. M. die Schoͤnheit ein in bie geſellige
nd individnelte. Die Kennzeichen der "Schönheit find
le des Lebens. Das Leben aber if das, was in vielen einzelnen
eränderlichen Offenbarungen zugleich ein bleibendes eigenthüm—
ches Sefeg wahrnehmen laͤßt, wo Karmonle zwiſchen zwey
ntgegengefegten anerkennt wird, Dieſes nennen wir, die mit
enſchlichen geſelligen Bildern erfuͤllt ſind, Schoͤnheit, die
daturwiſſenſchaft in einem andern großen "Tempel erzogen
mnet’ed Leben. Die Schönheit und Bas eben ſcheint durch
e Llebe, dieſe aber iſt nicht bloß wahrzunehmen, ſondern int
m wie beyde in ihrer Verſchiedenheit und in ihrer Einheit
echſelnd erblicken, ohne daß beyde von ihrer Eigenthumlichkeit
Waßen. In der Liebe wie in allen andern zeigt ſich fein
eharren, fondern es muß Wechhſel der Geſtalten, uebergaͤnge
ben, weil eben hierin das Bleibende, Einfache fih zu zeigen
rmag. Contraſte und Spruͤnge uͤbel. Das Einzelne ſoll in
ner Fuͤlle beſtehen, aber dem Ganzen doch immer untergeords
t ſeyn. Wer den Kanſtler verſtehen will, muß den Gegen—
‚ feiner Kunſt fo’ gut wie das Dbfeet zu würdigen und zu
fteßen wiſſen. Durch die ganze Welt hindurch umipannt
e allgemeine Kunſt mehrere beſondere, ſo daß fich die allges
infte wieder in jeder‘ befondern offenbart, und in wiefern fid
e in rechtem Greiſt getrieben werden, jede,’ und’ die befchränk
te ſelbſt, wieder den ganzen Geift der Kunſt offenbart. "Die
⸗
vo⸗ Aeſthetiſche Schriften.
Einthellung in mechaniſche und ſchͤne Käufe wieb verworfen,
weil jede Kunſt vor Sort ausgeübt, und jeder Stoff nad einem
gemeinen Leiften betrieben werben kann, alſo im Stoffe die
Berdammmiß nicht liegt, und Dagegen eine andre vorgebracht,
nach ber fie entweder foldhe find, bie für das Beduͤtfniß des
ganzen Menſchen arbeiten, z. E. rebenbe, bildende, Steats
-Wiffenfchafte s Käufer (da fie das bilden‘, was viele um ſich
ber verfammelt, heißen Me gefellige Kuͤnſtler) oder ſolche, die
für ein einzeines GBedärfniß arbeiten, z. E. Schuſter, Schaue
der, Individuelle Kuͤnſtler. Die Lebenskunſt iſt Die Seele aler
Künfte (ſehr wahr). Keine Kuuſt gedeiht loßgeriſſen vom Leben,
oder daß fie ih in ein idealiſches eich fluͤchtet. — Zwey
entgegengefeßte, bildender Geil und gebildeter Stoff, muͤſſen is
gegenfeitige Verbindung treten, das Schoͤne zu erzeugen, «in
Kanſtler fowohl, als ein betrachtender Kunſtrichter. Diefer muß
den Weg jemes zurückgehen, und das Kunſtwerk wie jener in
feine Elemente aufldfen, um es wieder hervorzubringen. Wan
er das Schöne empfangen wi, muß ber Veträchter entgegen⸗
geſetztes und firäubende Naturen durch die Gewalt feines Her
zens verfühnen. Beyde follen auf bie Trage, wie das Kunſt⸗
werk hervorgebracht ift, und was es if, antworten, fo will
es bie Natur, und der verfländige Menſch keunt kein Was
ohne Wie, und kein Wie ohne Bas. Bildbender Geiſt und
gebildeter Stoff gaben durch ihre thätige Wereinigung Bas Kun
wert. Die neuere Kunft wird eine Appretur und Faconnitunz
gejhelten. Kurz Hr. M. ſindet überall das Schöne und Kunfı
werke; wir laffen deshalb Hier ben Faden des Auszugs fallen.
Ä Das erfie, was uns bey ‚Hrn. M. aufgefallen, if der
über alle Maßen weitfchweifige,, rhetoriſche Ton feiner Norte
fungen, ber nie ein Ende gewinnen kann, ſodann bis Unbe⸗
ſtimmtheit feiner Ideen. Hr. M. finder in allen Thun und
Verhättniffen des Menſchen, des Einzelnen wie des Banzen,
die Schönheit, will Re niche bloß auf die Natur und die Künfe
eingefchränft wiſſen. Daß wir hierbey feine Ahndung bes Hs
hern und Streben zum Beſſern verfennen walten, ſey ferse
/
Aeſthetiſche Schriften. | sog
von uns; nur muͤſſen wir offen geſtehen, daß ber Auäbeul
Schönheit uneigentlih, wenn er auf Staat ıc. übergetras
gen wird, genommen, und das Ganze damit nicht erfchöpft iſt,
und anf bdiefe Art aud aus dem Entgegengefehten fogar das
Schöne hergeleitet, und gefunden werden könne. Schoͤnheit if
ihm, wie ſchon gejagt, bie Vermählung zweyer Entgegengefehs
ten, bie rhythmiſche Bewegung zwiſchen zweyen. Die Kenur
geihen ber Schönheit ind die mämlichen bes Lebens. Mit
diefer Bereinigung zweyer Entgegenftchenden fcheint uns durch⸗
aus nichts geſagt zu ſeyn. Jedes Ding entfteht ja durch zwey
Entgegengefebte, es finden ſich In jedem was es auch ſey zwep
Entgegengefehte; jene Worte Eönnen daher für das Schoͤne
keinen Erflärungsgrund abgeben. Es nimmt uns dieß um fo
mehr Wunder, als Hr. M. ſelbſt beftimmt fagt, daß, je ins
dividueller etwas fey, je fchöner. Warum verfolgte ee denn
diefe Individualitaͤt nicht weiter, und unterfuchte ihe Weſen ?
Che er es anf andere Gegenſtaͤnde anwandte, fo wäre «6 für
feinen Entzweck rathſamer geweien, das Ligenthämliche ber
Schönheit jeder einzelnen Kunf darzulegen. Was von ber
plaftifden und muſikaliſchen Schoͤnheit geſagt if, if oberflaͤch⸗
lich. Beynahe möchten wir behaupten, daß Hr. Müller von
der Schönheit niche mehr gefagt habe, als Hr. Millin in feis
nem Worterbuche darüber vorbringt. Dort heißt ed: Le beau
se sent mieux quil ne se laisse dehnir; il nous interesse
par ses formes sans penser a sh matiöre ni a ses usages,
il resulte de l'ensemble et de l’ordonnance des parties.
Sans cet ensemble, sans cette ordonnance, sans le rap»
port parfait des parties au tout, il ne sauroit exister
rien d’entiörement beau dans la litterature et dans leg
arts; dans le cas contraire, quelquels details peuvent êtro
beau, mais l’ensemble ne merite jamais co nom. S. T. J.
art. beau, Mit diefen wenigen Worten hat Di. die ganze Lehre
bes Schönen abgethan. Freplich für ein dictionnaire des beaux
arts zu wenig. Wenn es eine Schönheit des Staats, der Ethit,
>06 Lebens x. gibt (Vils kennt and eine ſtrategiſche Schoͤnheit.
505 Aeſthetiſche Schriften.
fe. Echrf. des menern Kriegs. Berl. 1805 S. 551): fo muß fe
gewiß von der der Kunft hoͤchſt verſchieden ſeyn, in fofern ſchon
die Segenflände verfhieden find, auch mödte in ihre der Staat
u. d. nicht erfchöpft ſeyn, wie es in den Küänften der Fall if.
Das wenige, was in Bezug auf Kunſt und Aeſthetik von
femmt, iſt gu allgemein, Doch zeigt es von gebildetem Sinn
und Geiſt. — Im Ganzen genommen hatten wir von die
fee Monographie mehr erwartet, als wir gefunden haben.
Plotins zwey Bücher (das 6. B. der erſten Enneade, æcol
too zaror, und das B. der 5. Enneade, NEpL TOO vorrod
xz&ahhor:; freylich den meiſten Aeſthetikern unbekannt, ſcheinen
Rec. vor den Unterſuchungen der Neuern immer doch den
Votjug zu verdienen, wenn ſie gleich das Ganze nicht erſcho⸗
pfen. Ihr Grundgedanke iſt eigentlich Platoniſch.
.Auch bey Hr. Luden fragt man vergebens nad dem, was
Schoͤnheit fey, ob er fonft gleich, da es das Lehrbuch foderte,
fih die Mühe zu geben ſcheint, auf Einſicht des Dinges zu
dringen. Mit ſeiner Erſcheinung des Goͤttlichen im Irdiſchen
iſt nicht viel ausgerichtet; eben ſo wenig wie mit ſeiner
Ableitung and dem Urfdönen; wir kommen im’ Ganzen doch
damit nicht weiter. Wenn wie nämlich feine dee recht gefaßt
haben, fo verſteht er darunter den Grund, den Protorpp,
woraus alle Schönheit der Künfte Herfließt, dann aber wäre
es ein allgemeines: . Was hilft das Höhere, wenn wie das
Niedere nicht willen ? Was nüßt «6 dem Bettler mit Königen
verwandt zu feyn? Iſt es denn noͤthig, das Schöne im Ye
berfhwenglihen zu fuhen? Schon daß das Schöne, um zu
- erfcheinen (denn ohne Erfcheinung iſt es nichts), einer Seſtalt
bedarf, mithin begrängt gedacht werden muß, follte ihm Zweifel
gegen jenes Vorhaben erregt Haben. Iſt es aber ein Begränztes,
ſo iſt es auch ein in ſich abgeſchloſſenes, individuelles, ohne
weder ein Nothwendiges zu ſeyn, denn dann wärk es Bloß
Regelmaͤßigkeit, noch ein Zufaͤlliges. So wie ih der organi
fhen’ Welt das Leben nicht als Gattung oder Art, fondern nud
als Einzelnes eriftirt, fo auch das Schöne. Daß das Schöne
Aeſthetiſche Schriften. 507
nur, als Kunfifcönes, nicht aber als Naturſchones vorhanden
fen, verneinen wir. Hr. L. folgert es aus ſeinem Hauptfaße,
bat es aber durchauͤs nicht erwieſen. Das Wort Natur duͤrfte
hier einige Schwierigkeiten verurfächen, es Tann nämlich in -
einem mehrfachen Sinne genommen werden, allein man nehme
es in eirem Sinne, in welchem man will, fo wird dennoch ein
Naturichönes ſtatt finten. Gewöhnlich fagt man, das Naturs
ſchoͤne ſey bewußtlos, der Freyheit beraubt, aber, wenn dieß
wäre, fo müßte es ein Nochmwendiges feyn, das nad) einer
Hegel, Beleg hervorgebracht wäre; ein Regelmaͤßiges ift aber
noch fein Schönes. Ueber den Schluß des Beweiſes, Daß die
Natur nur in ihrer Unendlichkeit ſchoͤn fey, hat Schelling ſich
ſchon nachdruͤcklich geaͤußert (Philoſ. Schriften Th. I. ©. 5gı
Note 5). Es gibt ein Naturſchoͤnes, fo gut wie es ein Kunſt⸗
fhönes gibt. Hr. L. räume dieß auch fpäter ein, indem er fagt,
die Betrachtung des Naturſchönen koͤnne einen guten Menfchen
erfrenen. $. 25, Das wird ihm zwar jedermann zugeben, daß
die Natutſchonheit auf einen kleinen Kreis von Objecten, naͤm⸗
lich Menſchen und Thiergeſtalten und andre Naturgegenſtaͤnde,
eingeſchraͤnkt ſey, und keines aller dieſer Dinge feine Idee ers
fuͤlle, keines für die forfchende Erkenniniß ohne Fehl ſey. Dem⸗
ingeachtet aber darf es in der Aeſthetik nicht übergegangen und
ıusgefchloffen werden, weil die Aeſthetik nicht bloß Kunſtlehre
ſt, ſondern das ‚Schöne überhaupt zu feinem „Vorwurf hat,
ınd das Naturſchoͤne als Schoͤnes in der Seele des Betrach⸗
enden die naͤmliche Empfindung erregt als das Kunſtſchoͤne.
Sodann iſt es auch in Bezug auf die Lehre von der Kunſt als
ie unterſte Stufe des Bildungetr iedes anzufehen, von welchem
ie Runft die Fottſetzung ift, ohne daß ſ ſie weiter auf ein bloßes
ſdachahmen beſchraͤnkt, wird, da ſie vielmehr als ſolche eine
ceye Combination der Phantafie. Im Anfang des Lebens,
0 Nachahmung und Gefühl noch ungetrennt und animaliſch
nd, finden ſich auch die Anfaͤnge der Kunſt. Ihr erſtes Ele⸗
zent iſt Nachbilden. — Des Raumes wegen übergehen wir
> manches ande,
508 Aeghetiſche Scheif
De. Krug Bat im Ganzen die Kantiſche Auſicht mit wer
nigen Abweichnugen wiederholt. Das Schone ſtellt er alſo nicht
eigentlich dar, wie es an umd für ich ik, fondern mehr als
für ein anderes, d. h. er hat das Schöne bloß in Rackſicht
der Wirkung betrachtet, bie es anf das Gefühl von La ade
Unluſt made. Wie umgnreichend nun dieß fep, da es nur bie
Eine Geite iR, und zwar mod, obendrein die vermittelte‘, fällt
in die Augen. Sn fo fern ihm fein Syſtem hierzu beſtimmt
Hätte, bärfte er wohl Entfchuldigung finden, aber dan muß
Der. ah gegen fein Syſtem, das ſich Hierdurch als formal
und, man verzeihe den Ausdruck, ala unpoetiſch ankündigt,
gradezu erfiäcen. Da ihm die Bemuͤhungen alter und neue
Philoſophen nicht unbekannt waren, fo hätte er ſich wohl dieſes
Fehlers entfchlagen können. Doch es if eine eigne Erfcheinung dei
Beitalters, daß es die Beobachtungen der frühern durchaus nick
wid gelten laſſen, und daß es glaubt, durch Auffellung feiner
eignen Meinung made es jene früherm Gberfläffig. Rec. glaubt
das Gegentheil, und iſt überzeugt, daß bie frähern Linterfus
ungen in ber Wiſſenſchaft auch jetzt noch und immer ihren
Werth behalten; fie find Momente für die Wiffenfhafl-. Nun
iſt feine Meinung aber nicht, daß fie, fo wie fie ihrer Form
nad vorliegen, aufgenommen werben bärfen, fondern daß fie
wiffenfchaftlich betrachtet werden muͤſſen. Sie find das, was
in der Phyſik die Erperimente find. Die Bemühungen Baum
gartens und feiner Anhänger fowohl, als die der andern Phi
Iofophen z. E. Platners überdas Schöne muͤſſen Bier wien
ſchaftlich benugt werden, wenn man zum Zwecke gelangen will.
— Wenn Hr. Kr. meint, daß der Streit zwiſchen Kant und
Herder, 05 das Schöne intereſſire, oder nicht, auf einen Wort
ſtreit Hinauslaufe, und duch Etymologie ihn zu ſchlichten fucht,
eben fo daß er das Schöne als durch feine aͤſthetiſche Form
intereſſirend fegt, fo hat er doch manches uͤberſehen. Wenn
Bas Intereſſe, wie nicht geleugnet werben kann, auf der eines
Geite einen Mangel, ein Beduͤrfniß vorausſetzt, fo kann es
‚in fofern in des Seele des Betrachtenden nicht mehr reine
Kefipetifche Schriften, 509
Wohlgefallen erwecken, was «6 doch ſelbſi nach Hru. Nr. fol.
Es fält alfo nach dieſer Anficht ein Uebergewicht auf eine Geite,
und das Verhaͤltniß iſt getruͤbt. Die Beziehung (interest)
geſtehen wir ihm gern gu, weil ohne dieſe nichts wäre, nur
nicht eine folche Vermittlung, wie fe offenbar bey dem Spnters
eſſe ſtatt findet. Der Streit iſt übrigens, wie man leicht ficht,
aus der Annahme der gegenfändlichen Schönheit entflanden,
und kann in der Bolge, wenn man naͤmlich davon ausgeht,
daß es weder in dem Gegenſtande, noch in dem Betrachtenden
allein ruhe, nicht mehr, wenigſtens nicht mit der Breite, ge⸗
fuͤhrt werden. Haͤtte Hr. Krug die Erſcheinungen des Shi
nen in ber Matur und den Kuͤnſten ſelbſt erforfcht und gehörig
unterfucht, fo würde er gewiß einen andern Weg eingefchlagen
baden. Wir achten dieß für fo nothwendiger, da es eben ver
der bisherigen Einfeitigkeit bewahrt (man kannte Bloß das
Schöne der Dichtkunſt, und conftruirte hieraus das Geſetz),
und den Geift befonders geſchickt macht, das Schöne im den.
Künften zu bemerken. Ueberhaupt glauben wir uns gegen
Hrn. Krugs Meinung, daß nur eine oberflaͤchliche Kenntuiß
der Kunſtarten nöthig fey, hier nachdrucklich erflären gu muͤſſen.
&o gut Ar. Krug, um Aber einen Gegenftand zu philofophts
ren, genaue Renntniß fordert, fe gut dürfen mie auch das
nämliche für die Schönheit fordern. — Außer diefen beyben
Momenten dürfte aber noch Insbefondere in Anfchlag gebracht
werden die Unterſuchung, woher das Schoͤne entfpringe, nach
welchen Geſetzen es probucirt werde, ob bas Gefühl, ober
bie Phantafle es fehaffe ꝛc. Dieß erforderte ſchon bey Ken.
Krug die Benennung biefes Abſchnittes. In zweyten und drits
ten Abſchnitt hat er zwar mehreres hierher gehörige abgehandelt,
aber Dort gehört es zur Theorie der Kunſt. Hier dient es,
um die Quelle des Schönen, wie Hr. Gruber ich gut ausdrädt,
In dem menſchlichen Geiſt nachzuweiſen, und dadurch wird dieſe
Wiſſenſchaft ein weſentlicher nothwendiger Theil der Transs
cendentalphilofophie. Und dieß if es eben, was bie Aeſthetik
„or allen Dingen bedarf. So wie das Schöne in der Aeſthetil
510 Aeſtperiſche Schriften,
gewöhnlich. behandelt. wird, iſt es Bloß ein Allgemeines, ein
leerer Begriff, dem das innere Leben, fein eigner Beweis abı
geht. Grade umgekehrt, das Schöne als ein Individuelles
verlangt fuͤr jede Kunſtart ‚eine eigne Unterfuhung; ‚in, Rüds
fiht der Wirkung möchte ein ‚allgemeines ,. das Wohlgefallen
ſtatt "finden. Man betrachte ‚die architektoniſche Schoͤnheit |
% E.; diefe äußert {ih anders., als die der Plaſtik; jene. bes
ruht in der Linie und dem Cirkel; in der bildenden Kunſt
if. hie menſchliche Sefali und ihre Beziehungen der wahre
Vorwurf. Das, was der Weiſt beym Anſchauen von ſich gleich⸗
ſam hinzuthun muß, das Erfuͤllende, hier nicht au erwähnen.
Das Schöne einer Kunft aber hält fish nicht immer in den
Graͤnzen ſeiner Kunſt, ſondern ſchweift auch oft in nahver⸗
wandte über, Bildnerey in Malern, z. E. Canova's Statue der
WMadame Bonaparte. — Ein Stufengang der Schoͤnheit von
der realen zur idealen Seite iſt nicht zu verkennen. Sowohl
die Gerichte zeigt, daß die Pyramiden und Obelisken die rohe
Sorm wuerft waren, daß die Plaſtik in der Ghiechiſchen Zeit,
die Maferep unter Leo x. , und bie Mufit in unfern Tagen
vorzugsw iſ ausgebildet, ſich hervorthat, und jede dieſer Künfte
mit der Bildungskufe der Nationen genau uͤbereinſtimmt, als
Auch die Künfte. ſelbſt, daß die raͤumlichen in die zeitlichen und
dieſe zuietzt ſelbſt in, das Ideale uͤbergehen. "Softte die Beobach⸗
tung diefes Einzelnen nicht zu etwas führen? Freylich, fegen wir
sogleich. hinzu, nicht foweit, daß man die Schoͤnheit als etwas
handgreifliches gebrauchen koͤnne, welches der Natur der
Sache ſchon entgegenlaͤuft. Die Kuͤnſtler werden wohl für
immer nyr das Schöne darftellen können, obgleich wieder in
ihm nicht das Sich Selbſt Seyende der Philoſophie if. Eben
dieſe geist, daß es, ohne Ruhe in der Poeſie zu finden,
wohin es ſich retten will, zwiſchen dem ſelbſtiſchen Selbſtloſen
DEE. ‚Muft, und dem unbewegten Selbſt der Plaſtik ſchwankt.
Die Theilungen der Schoͤnheit in ein Natur und Kunſtſchoͤnes,
dh ein inneres und äußeres baden, nad Rec. Dafürhalten,
Der Unterfuchung viel geſchadet, in ſofern man das fuͤr die
Aeſthetiſche Schriften. ar
Reflexion nothwendig zu Trennende in der Erfcheinung ‚auch ale
getrennt anfah; am meiften aber die Trennung in das Erhäs
bene, Natve ıc. Das Schöne, in fofern es fchön ift, iſt auch
erhaben, nur das Erhabene Hier nicht befonders hervortrittz
eben fo wie das Erhabene fchön ift. Das Erhadene, Naive,
Angenehme ꝛc. find nur Momente des Schönen, dagegen dieſed
die Totalitaͤt iſt. Als Momente enthalten ſie ihre Negationen
in ſich, und der unterſuchende Geiſt wird deshalb zu dem
Puncte unwiderſtehlich hingetrieben, wo er die Erfülfung jener
Momente findet. — Die Geſchichte des Geſchmacks als der
dem Einzelnen inwohnenden Kraft, das Schöne zu empfinden
und mahrgunehmen,;' märde hier ber Wiſſenſchaft fo mande
Andeutung geben. Doch, follte nicht‘einninl jemand mie der
Behauptung vortreten,, daB dad, was mir Bis jegt fchön ges
nannt haben, nur ein nationales, locales fen? BE
Wir fahren nunmehro fort, die folgenden Abſchnitte der
Kr. Aeſthetik kurz mitzutheilen. Das zweyte Hauptſtuͤck des
erſten Abfchnitts iſt Aberichrieben Hypſeologie, nnd handelt von
em Erhabenen, $. 24 — 30. Erhaben neunt der Verf, die
Eigenſchaft eines durge welche im Wahrnehmenden durch
eine unuͤberſchwengliche Groͤße eine Anſchauung des unendlichen,
in Luſtgefuͤhl durch feine Größe erregt. Es tbundert uns, da
Ar. Krug die Größe in Anfıhlag bringt, da nach Jean Pr
Richters Bemerkung oft das nicht Große 'das’ Erhabene- eben
jewirkt: Im dritten Hauptſtuͤck, Symgeneiofogie (eine unpals
ende Benennung) betitelt, werden die übrigen’ ipenfähnfteh
ver Dinge, welche entweder durch Einftiminung, oder Entges
enſetzung in das Erhabene, oder Schöne treten, abgehandelf.
>. 31-48. ©. 142, alg das Huͤbſche, Reisende, Ayımyı
hige,“ Grazie, Niedliche, Tandelnde, Zterliche, Nette, Eins
ache, das Große, Koloſſale, Edle, die Wuͤrde, das Feyerliche,
Praͤchtige, Herrliche, Pathetiſche, Ruͤhrende, Empfindſame,
Romantifhe, Wunderbare, Furchtbare, Graͤßliche, Ungeheure,
Tragiſche, Haͤßliche, Niedrige, Eckelhafte, Laͤcherliche, Launige,
Bigige, Scharfſinnige, Naive, Schetzhafte und Poſſenhafte,
domiſche, Groteske, die Karrikatur, das Satiriſche und Tra—
ziſchkomiſche. Viele ſchoͤne Bemerkungen. Der zweyte Abs
chnitt, diezaͤſthetiſche Krimatologie begreift die 99. 49-57, Im
erfält in zwev Theile, Die reine und Angewandte Geſchinacks⸗
ehre. Der Anhalt des eriteh Theils, $ 4g—54, if folgen⸗
ver. ' Sn jedem aͤſthetiſchen Gegenſtande gibt fi unserm Gi⸗
nuͤthe 'rine gewiſſe ſfubjectlve Zweckmaͤßigkeit zu erkennen,,die
sach Gefühlen beurtheilt wird. Das Vermoͤgen dieſer Beuts
heilung heißt Geſchmack, das Urtheil über das Schöne. Ge⸗
cymadsurtheit Der Geſchmack iſt entweder transſcendental
der empiriſch. Jener iſt das urſpruͤngliche Beurcheilungsvets
%
N
— — — — — — — — — — —
512 Weßpetifche Gcheiften.
wubgen bes Shin web Grhebenen, Dirfes ed
faiedenen ecten Bezichung gegebene Dbjecte us
maennisfaltige Weiſe wirkſam zeigende Beurtheilungsvermign
Er bedarf der Caliur. Wenn er gleich als Bemeinfen be
"water werden Tann, fo gibt es doch feine
me aligemeinsäkige
abjoctroe Sefchmadsregel, wohl aber eine Kritf der Sefhmudis
sbierte. Die Urtheilski aſt ericheint bey Beurtheilung des Ohh
men als ein contemplatives, au» ned) den Principien der Ind
duch die Darfieiung ein foldes Object et Ele
voraus Darſtelungsvermogen, das auf Einbildungskraft beruf
Duction Ach im Zuflande der Begeifterung befinden. Die mal!
nehmbare Behandlungsweiſe des aͤſthetiſchen Stoffes in M
Darkelung bes Innern durchs Aeußere ik Ausdru, die Eu
Bee des Ausdruds EU, die duch Geil ſich ansfprehenk
ndividnalickt Manier. Jedes Kunſtwerk muß Ehdrakter had,
der dem Geſetz der Schoͤnheit unterworfen, theils durch Erhr
dung, theils dur Ausführung des äfthetifchen Stoffs, au
dem es hervorgeht, beſtimmt if. Einfachheit und MWanuigfi)
Sigfeit, Vollſtaͤndigkeit und Präckon, Proportion und Sdit
lichkeit, Deutlichkeit und Correctheit find weſentliche; Natis
lichkeit, Wahrheit, Sittlichkeit gewiffermaßen nur noihwendig
Eigenſchaften.
¶ Dee Becchluß foigt.)
— çV-
No. 33. Seidelbergiſche 1811.
Jahrbuͤcher der. Literatun.
öxxXXXXXXXXIXXXXIXXEIEEI
eſthetiſche Schriften von mitiia, Gruber, auden, Krug
un Müller.
CWBeſchluß der in Nu. 32, abgebrochenen Collectiv⸗ Retenſion. u
» Ah ſanit. Beſondere Kalleotechnik. F. 67 — ja. Schoͤne
unſt zerfaͤllt wegen ihrer verſchiedenen Darſtellungsmittel und
zeiſen in verſchiedene Gebiete, oder Claſſen, naͤmlich in toni⸗
ve, plaſtiſche und mimiſche (Syntheſis jener beyden), in denen
? Kunftwelt geſchloſſen iſt. Jedes Gebiet hat zwey Ordnuns
n von ſchoͤnen Kuͤnſten, abſolut ſchoͤne und relativ fhöne,
ne und angewandte (verfhhönernde). In jeder Ordnung gibt
zwey Gattungen, einfache und zufammengefehte. Die Gat⸗
ng der einfach fchönen Kunſt zerfällt in zwey Arten, die fi
Ruͤckſicht der Darftellungsmittel unterfcheiden, in fofern fie
Matur gibt, oder von des. Menſchen Wilkühr abhängen.
e zufammengefe&te Ordnung iſt unfruchtbar. Von $. 75-97
erden nunmehr die drey Elaffen mit ihren Ordnungen, Gat⸗
gen und Arten aufgeführt, Wir geben daher bloß die
men an. Das erfte Hauptſtuͤck, die tonifche Kalleotechnik,
hält die Tonkunft, Dichtkunſt, Sefangkunft, ſchoͤne Sprech⸗
ft, ſchoͤne Redekunſt, fhöne Rednerkunſt $. 75—80. Das
pie Hauptſtuͤck, die plaſtiſche Kalleotechnik, begreift unter
die Bildnerey, Malerey, Luſtgartenkunſt, fhöne Baukunſt,
ne Schrifttunft, ſchöͤne Manzkunſt $.8:—88. Die mimi⸗
Kalleotechnik, oder das dritte Hauptſtuͤck, enthält die Ger
enkunſt, Tanzkunſt, Scaufpiellunft, fchöne Kampfkunſt,
ne Neitkunſt, ſchoͤne Turnierkunſt $. 89— 96. Der letzte
:agraph wird mit einer tabellariſchen Ueberſicht aller ſchoͤnen
iſte geſchloſſen. . 55 “
51 Aeſthetiſche Schriften.
So weit der Auszug aus Hrn. Krug's Sägen. Die ihnen
bepgegebenen Anmerkungen erläutern das in dem Paragraphen
Vorgetragene, und enthalten viele feine und Icharffinnige Be
mertungen. Wir hätten flatt dieſes Werfahrens jedoch liche
gefehen, wenn der würdige Hr. Verf. eine freye wiſſenſchaft
liche Darfielung gegeben, welches ihm ein leichtes. geweſen
wäre. Die Geſchmackslehre, fo wie bie Theorie ber Kunf,
find im Allgemeinen gut bearbeitet. Die Namen Krimatologie
und Kalleotechnik können und wollen wir nicht billigen, ba jur
Bezeichnung folder Dbjecte unfre Sprade die nöthigen Worte
ebenfalls hergegeben haben würde. Was die einzelnen Kun
gattungen betrifft, fo können wir das von ihnen nicht rähmen,
was wir von der Geſchmackslehre insbefondere, gerühmt haben;
es ift mehr auf Eintheilungen und Definitionen geſehen, als
auf die Sache ſelbſt. Die Lehre‘ von dem Geſchmack und
Geſchmacksurtheile hat der Hr. Vetf. zwifchen bie Lehre von
Schönen und Erhabenen, und zwifhen die Philofophie der
Kunſt gefegt, weil der Geſchmack Kenntniß des Schönen, und
die Kunftdarftellung Geſchmack vorausfege. — Allein da das
Schöne nur (durch die Matur oder Kunfl) vermittelt erſcheint,
die Schönheit der einzelnen Künfte durch ihre Darfiellungs
mittels und Weifen von einander gang verfchieden ift, 3. E. die
Schönheit der Architektur von’ der ber Muſik, und daß man,
ehe man ein Kunſtwerk zu beurtheilen verfieht, Kenntniß der
Kunſt haben muß, fo follte die Geſchmackslehre vielmehr die
legte Stelle der Aeſthetik einnehmen. Freylich tritt im der Er⸗
fahrung wieder der Fall ein, daß bey der Darftellung der Kuͤnſtler
vorher urtheilen Muß, mas er anwenden darf, was zu entfirs
nen iſt, damit das Schoͤne in feinem Werke erſcheine; aber der
Künlier nimmt diefe Bildung ans ſchon beſtehenden Kunſt⸗
werten und aus der Cultur, nicht aus der Abſtraction dei
Schönen. Auch trägt das Schöne eines jeden Kunſtwerks, wie
Hr. Luden mit Recht bemerkt hat, die Spuren der Zeit um
des Volks an fih, und wir mödten behaupten, daß es ches
dadurch ein Schönes ſey. Jedes Wollt, jede Zeit Hat feine
Aeſthetiſche Schriften: sis
Schönheit, die fle in den einzelnen Kuͤnſten barfteft,, wie die
Griechiſche und Gothiſche Baufunfb, das Deutihe und Frans
öfifhe Theater Hinlänglich beweist. (Wegen des Franzöflihen
Theaters mäffen wir bier noch bemerken, daß wir Deutfcheh
:6 mehr entweder von unferm mationalen, ober gelehrten Siand⸗
zuncte aus beurtheilen, als aus dem eigentlichen Eulturguftande -
ener Station ſelbſt; daher auch jeßt noch die falfche Auffaflung.)
In diefer Ruͤckſicht wäre die Stellung nad der Theorie der
inzelnen Runftarten rathfamer, da der Lehre vom Geſchmack
nach fo manches fonft noch Beygegeben werden muß, was Ar.
Rrug übergangen bat. Wir führen bloß die Lehre vom Anttı
m nnd Romantifchen an, als Beyſpiel "des Geſchmacks am
Schönen: — Doch noch mäffen wir erwähnen, was uns bes
onders aufgefallen iſt, daß Kr. Krug, indem er Die Aeſthetik
icht als Kunftichre will betrachtet wiffen, feinem Grundſatze
adurh, daß er der Kunftdarftellung Kenntniß des Schoͤnen
nd des Geſchmacks vorausfhidt, untren wird, und wirklich
ine Kunſtlehre zu liefern fcheint. Des Naturſchoͤnen wird gegen
ie Kunſtſchoͤnheit faft gar nicht gedacht. — Was die Theorie
ee Kunſt betrifft, fo find wie mit Hrn. Krug darin vollloms
jen einverftanden, daß die Theorie jeber eingefnen Kunſt nicht
; die Aeſthetik gehöre, fondern ihre eigne Doctrin erfordere.
uch darin mäflen wir ihm beypflichten, daß keine Kunſt vor
r andern, 3. E. Poefle vor der Malerey, auf eine ausführs
Here Behandlung Anſpruch machen duͤrfe. Diefen Umſtand
nn man fih in den frühten Aeſthetiken bloß darans erklären,
ß die Poefle duch die Sprache, als Darfielungsmittel, allen
gänglicher, die tonifhen und plaſtiſchen Kuͤnſte aus Mangel
Uebung und Seltenheit folher Kunſtwerke unbekannt waren,
- Daß Hr. Krug auf eine wiſſenſchaftliche Behandlung der
inſttheorie, wie uͤberhaupt der ganzen Aeſthetik dringt, hat
ſern ganzen Benfall. Allein, was heißt hier wiſſenſchaftliche
ehandlung ? Auf jeden Fall, daß das Schöne und die Kunſt
der Vernunft nachgewiefen (mas nad) unferm Ermefien Hr.
im allgemeinen nicht geleiftee), nnd. dir Zufammenhang
548 Drüd’s geſamm elte Schriften.”
die Fehler feines Berts kurz damit zu bezeichnen, bag wie
ſagen, er babe die Aeſthetik einer Meinung zu gefallen fo zu⸗
geſchnitten, daß das. Wiffenfchaftliche Jarüber verloren gegangen.
Keines diefer Heyden Syſteme ift weder material, noch formal
ben Anfprüden sonform, welche man nad) dem. jetzigen Zuftand
der Wiſſenſchaften an fie machen ann.
Wie fchließen unfre Beurtheilung mit ber Frage: ob es
eine Wiſſenſchaft des Schönen geben könne, was Kant zufolge
feines Syſtems leugnet. Nah Rec. Dafürhalten if fie fo gut
möstih, als eine Wiſſenſchaft des. Wahren und Guten. So
wie in der eigentlich fpeculativen Philoſophie das Wahre aufs
tritt, und in der Ethik das Gute, fo iR in der (wir gebrauchen
ben gewöhnlichen Mamen.) Aeſthetik das Schöne Überhaupt der
Segenftand. Beyde, das Wahre und das Gute, werden nicht
in dem Grundſatze, und im Einzelnen erfchöpft, und feite es
das Schöne? Das Gute zeigt ſich, in der Erfheinung immer
zunehmend, obgleich bie Idee wicht erfüllend,, in ber Totalicät,
der Kicche und dem. Staate, fo wie in den fie bildenden eins
zelnen Inſtituten. Die Wiffenfhaft iſt hiervon das ideale
Bild. Das Schoͤne offenbart Ach in den Künften, im jeder
fielle es ſich auf eigne Weiſe dar. Die Kunſtlehre iſt das geb
ſtige Abbild, nicht eine Anweiſung. Sie beruht nicht auf einem
Prigch, ſondern auf der Auſchauuns des Schoͤnen und der Kunſt.
puoꝝ.
Friedrich Ferdinand Drücks, ehem. Prof. am königl.
ohern Gymnas, und .königl. Bibliothekars zu Stuttgardt
kleinere Schriften, gesammelt und herausgegeben von
Carl Philipp Conz, ordentl. Prof. der alten Lite-
ratur, Tübingen, gedruckt mit. Fues’schen Schriften.
Erster Band. 1810. VIII u. 354 ©. Zweyter Band. 1811.
346 &.. (3 fl.)
Im Fruhling des Jahrs 1807 ſtarb zu Stuttgarbe Frie
drich Ferdinand Druͤck, nachdem er die ganze Zeit feiner äffents
fühen Wirkſamkeit erſt Des ehemaligen Hohen⸗Carleſchule und
nach ihrer Aufidfung dem dortigen Gymnaſio gewitmer hatt,
3»
‚Drad’s gefammelte Schriften. 519
ellgemein ‚gefhägt und. hetrauert. Ein Hleibendes Denkmal
hatte er. fi) gegründet in den Herzen der vielen einheimifchen
und fremden Zoͤglinge, die in diefen beyden Anftalten feinen
Unterricht genoffen hatten, ‚und alle von Hochachtung gegen
feine Vorgäge ale Menſch und Lehrer durchdrungen waren.
Seine zuräcgelaffenen Freunde wollten ihm deßhalb ein Denf:
mal fegen, das feinen Geift und Charakter. auch denen kennz-
lich machte, Die ihm nicht perſoͤnlich kannten, und denen, die
ihn kannten, Erinnerung feyn follte an ihren Freund und
Behrer. Sie wählten dazu ganz zweckmaͤßig die Sammlung
feiner Schriften, Die theil6 einzeln bey Öffentlichen Veranlaſ⸗
jungen erfchtenen waren, und eben darum nicht Äber die nächte
Umgebung hinaus fid verbreitet Hatten, theils in feinem Hands
ſchrifilichen Nachlaß gefunden wurden. Die Beforgung diefer
Sammlung übernahm Hr. C. PH. Comp, Prof. der claſſiſchen
Biteratur zu Tübingen, „den vieljährige Freundſchaft dem Vers
torbenen enge verbunden ‚hatte. Wir halten es für heſondere
Ibliegenheit literariſcher Blätter das Andenken verdienten Ochul⸗
naͤnner, wenn fie auch nicht mis vielen Schriften vor dem
Qublico aufgetreten find, zu ehren und zu erhalten, und wir
serden in diefer Ruͤckſicht bey der. Anzeige. diefer Sammlung
was länger verweilen.
Die, vorliegende Sammlung beſteht theils aus Program⸗
en und Neben, welhe bey feverlihen Weranlaffungen ges
hrieben und gehalten worden find, theils aus Ueberſetzungen.
Hr Inhalt bezieht ſich dem groͤßern Theil nach auf Gegens
inde der humaniſtiſchen Wiſſenſchaften, das übrige auf Zeits
id Drtsgemäße hiſtoriſche Gegenſtaͤnde. Wir wollen, ohne
is an die Ordnung der Ausgabe zu halten, nach der Drb:
mg bee Gegenflände den Inhalt der Sammlung angeben,
mit um fo leichter erfannt werden möge, wie viel der Verf:
jedem der Zweige, welche den Gegenſtand feines Unterrichts
smachten, geleiftet habe. Zuerſt alſo von den philologiſchen
‚Handlungen. Die erfie und umfafiendfe derſelben ift eine
5. 1780 von der neunten Claſſe dev Militaͤr Akademie
520 Druͤck's geſammelte Schriften.
vertheibigte Dissertatio philologica de virtutibus vitiisque
Homeri et Virgilit ex saeculi ipsorum indole aestimands
(8. J. G. 1— 120). Schon der Titel beſagt zur Senke,
daß der Zweck diefer Abhandlung fey, den Einfluß zu gegen,
welchen der Charakter des Zeitalters auf die Bildung der He
merifhen und Virgiliſchen Poeſie gehabt Habe, umd wie dahe
manches erffärt werden müfle, was in unfeer Zeit als Fehler
erfcheinen koͤnnte. Borausgeſetzt if, was nach der Zeit, Inte
diefe Abhandlung gefchrieden worden, nicht anders erwarkt
werden kann, die ältere Anficht von dem Urſprunge der Su
merifchen Gedichte, und ihe gemäß angenommen, Homer mil
vor dem Einfall der Herakliden gefungen Haben, weil burd
diefen die Lage Kieinafiens fo verändert worden, daß en Ew
‘der wäre, wie dem Dichter nach diefer Zeit der vorige Zul
Kleinaflens fo lebhaft vorgeſchwebt feyn konnte. Nachden
daranf das Zeitalter Homers dem des Virgils gegenäber ia
allgemeinen charakterifire, und jenes dem Mittelalter, diefed it
neueren Zeit verglichen werden tft, wird in den folgenden Pe
"zagraphen durch eine nähere Charakterifirung der Komeriide |
Zeit gezeigt, wie eben eine ſolche Beit grade guͤnſtig war, 1m
die Aufftellung ſolcher Eharaktere, wie fie das Epos erheiſh
möglich zu machen, wie aber au Einiges, was nad un
"Begriffen weniger anzieht, 3. ©. die Genealogieen, die IE
ſtaͤndliche Redſeligkeit u. a. durch die Zeit Feibft bedingt am
herbeygefuͤhrt worden fey. Es genäge zu fagen, daß chen I
wie Die Eigenheiten jener Seiten getreu gegeichner, and N
Vorzüge der Homerifchen Gedichte. treffend aufgefaßt und m
wicelt werden. Mit Virgil befchäftigen ſich die 66. 10-5
Sie beginnen mit einer Träftigen Schilderung der Zeit, in M
Virgil auftrat, und des Bolkes, unter dem er dichtete. Vi
theilen als Probe den Schluß des vielleicht etwas zu Rark a
gedruͤckten, aber im Ganzen doch getreuen Gemaͤldes mit. E
ita quidem (heißt es &. 68) comparata fuisse aetatis ir
'gilianae indoles videtur. Habebat homines non mamue
factos; sed effeminatos, virtutes nullas, aut, si quae erh
Druͤcks gefammelte- Schriften. 54
simulatas, gravitatem primo turpiter tum serviliter occu-
patam, cives hinc ex superbia illince ex imvidia penitus
dissociatos, denique nihil proprium ac singulare, 'sed
omnia sua omnium- fere gentium-proprietatibus commibsa
atque temperata. Streng wird hierauf bewiefen, wie wenig
Birgit Genuͤge leifte im Charakter des Aeneas, aber auch mit
gleicher Gerechtigkeit. fein großes Verdienſt um den Charakter
der Dido entwideht, und gezeigt, wie gerade dieſe tief einges
hende Zeichnung des weiblihen Semüths durch die Zeit Virgils
begänftige worden ſey. Den Schluß mahen Bemerkungen
Aber den Charakter Tyeaus, DMegentius u. d. a., kurze Aus
gabe der Refultate und einiger andern Puncte, die noch neben
den bisherigen zu berückfichtigen wären. Wenn gleich in der
Zelt, feit diefe Differtation gefchrieben if, die Linterfuchungen
über Homer weiter geführt find, fo verdient file doch gewiß
auch jetzt noch fchon in NRädfiht auf das Über Homer Grfagte
mit Aufmerkſamkeit geleſen zu werden. Aber noch mehr beys
nahe verdient fie dieß in Ruͤckſicht auf die feinen und tröffens
ben Bemerkungen, die Über Dirgil mitgetheilt werden, und
fie darf in diefer Hinſicht gar wohl einer neueren in den Nach—
trägen zu Sulzers Theorie und Literatir‘ der ſchoͤnen Wiſſen⸗
fchaften , Th. 7 ©. 274 ff. , abgedruckten Eharakteriftit Virgils
an die Seite ſich flellen, zumal da fie fi auch, fo wie übers
haupt alle Drüdiiche Abhandlungen durch Sorgfalt und Bes
"Aligeeit der Darfichung auszeichnet. - Zu den philologiſchen
Nufläsen im firengern Sinn gehört ferner das Th. I. ©. 313
— 350 abgedrudte, im Jahr 1797 gefchriehene Programm :
Juamnam hotionem de Musarum numine ac vi veteres
ibi animo informaverint ad explicandum Horat, L. II,
IA. A Der Zwei der Abhandlung iſt, zu zeigen, wie der
mente Theil diefer Ode mit dem erfien jufammenhänge; eine
(ufgabe, welche gelöst wird durch Entwiclung der Bedeutung,
yelche die Griechen und Römer den Muſen gaben, daß fie
aͤm lich nicht bloß als Schägerinnen der Kuͤnſte, bie ihnen
ewoͤhnlich zugetheilt werden, fondern aͤberhaupt als Pflege
523 Druͤcks gefammelte Schriften.
sinnen milderer Tugend roher Kraft gegenüber, wie Gen Dis
sera fo auch bey Künftlern dargeſtellt werden, und alfo in der
srwähnten Ode der zweyte Theil, der die rohe Kraft der Sis
ganten fchildert, beygefügt feyn, um den im erſten Theil ent
Haltenen Gedanken durh den Gegenſatz in. ein helleres Licht
gu fegen, ohne daß nöthig ſey, eine nähere Beziehung auf
Augufis Gegner darin zu finden. Daran fchließe ich im zwey⸗
sen Theil, S. 1 —5ı, ein 1799 gefchriehenes Programm: in
locos aliquot ex Taciti vita Agricolae et Dielogo de or
soribus. Es würde zu weit führen, wenn wir die einzelnen
MBtellen anführen. wollten, die entweder ‚duch Emendatien,
oder Erklärung Licht gewinnen. Es fey alfo genug, zu bemers
ken, daß ſiebzehn Stellen aus dem Agricola, drey aus dem
Dialogus de oratoribus berichtigt und erläutert find. Bess
traute Bekanntſchaft mit dem Schriftfieller, der zu den Lieb⸗
dingsichrififtelleen des Verf. gehörte, Scharffinn und Combi
antionegabe bewähren fih auch Hier, fo .wie in der letzten
Abhandlung des zweyten Bandes, S. Zi2 — 346, über Then
pyhraſts fünfte Charakterfhilderung, die zum Zweck hat, zu
weigen, wie fi alle Züge dieſes Charakters zufammenfinden in
dem, den wir einen Gefallfühtigen nennen könnten, daß alfe
unnoͤthig ift, anzunehmen, es feyen zwey Fragmente verſchie⸗
dener Charaktere... Mit viel Saune und Gewandtheit if dieſe
Anfiht durchgeführt. Die angehängten Noten geben Sprach⸗
erläuterungen, auch eine Burg, aber. Bündige Polemik gegen
Schneiders Hypotheſe, in Ruͤckſicht auf den Urfprung Der woch
vorhandenen Charakterfchilderungen Theophraſts.
„. Wir kommen nun an eine zweyte Claſſe auf bie Huma
niſtik ſich beziehender Abhandlungen, welche einzelne Gegen
ſtaͤnde der Alterthumswiſſenſchaft behandeln. Wir erwähnen
zuerſt eine nicht ganz durchgeführte. Abhandlung: de artho-
‘ graphicis veterum Romanorum circa scribendam suam
Jinguam moliminibw (B. I. &, 141 — 154), Die damals
+ (die Abhandlung iſt 1784 gefchtieben) unter den Deutfchen wiel
boſprochene Frage, Über die Orthographie der Deutſchen Sprache,
BDrüd’s geſammelte Schrifteh. 523
weranlaßte zu dieſer Linterfinhung, die aber (rider nice Aber
die Vorfrage hinausgefuͤhrt iſt, welche Quellen über dieſen
Segenfland gu benußen feyen, und daher nur von den Schrifüs
ſtellern über Orthographie und einigen alten Denkmolen hans
delt. Eine Fortſetzung war zwar verfprochen, es hat fig aber
nichts auf Ddiefelbe ſich Beziehendes unter den Papieren des
Verflorbenen gefunden. Indeß ift auch diefes Fragment fchon
fehr angiehend und unterrichtend. In Verbindung wollen wie
drey, zwar nicht in gegenfeitiger Beziehung geichriebene, aber
doch verwandte Gegenfiände betueffende Abhandlungen anfühe
ven. Es gehört dahin ein 12799 geichriebenes Programm: de
otio veterum Romanorum cum dignitate post gestos ho-
nores (B. J. S. 215 — 244). Ferner eine 1796 gehaltene
Rede: quid ad mores civium formandos intersit inter hono-
res, qui viris.de patria meritis publice et olim habeban-.
tur et nostra aetate haberi solent (B. I. &. 552 — 35).
und eine 1799 gehaltene Rede: num ad privatam pıivato-
rum civium commoditatem prosperitstemque respublica
Romana constituta fuerit (®. II, G. 32 — 54). Die erfte
und dritte diefer Abhandlungen haben nur die Römer im Auge.
Wenn die erfte mit reger Wärme davon fpricht, wie in den
beffern Zeiten des Staats der um das Vaterland verdiente
Mann mit Ehren fih von Staatsgefchäften zuruͤckziehen konnte, .
ohne nußlos für den Staat gu werden, bis erft fpäter mit ber
Kenderung der Sitten und der Verfaffung auch das fich änderte,
md eine treffende Parallele zieht mit einigen der . größten
Deänner nenerer Zeit, Washington umd Frankiin, fo zeigt
‚agegen die letztere, daß tro& dem, was in unſern Tagen
Schönes: won der Römifchen Freyheit gefage worden iſt, zu
einer Zeit des Mömiihen Staats die Verfaffung das Privars
luͤck Geförderte, fondern vielmehr beſchraͤnkte. Wan kann fi
sohl kaum erwehren zu bemerken, daß in der letzten Abhands
ung: zu fehr nur die nachtheilige Seite hervorgehoben if, und
9a fich zur Vertheidigung und zur Ehre der Römifchen Vers
affung fagen lteße, und zum Theil in. der vorher erwähnten
ſoͤhandlung gefagt iſt, uͤbergangen ift. Die zweyte dieſer Abs
andlungen zeigt ſehr ſchoͤn und kräftig, welchen hohen Vorzug
as Öffentliche ‚Leben der alten Zeit hatte vor dem der neuen
urch die Publicitaͤt der Staatsgeihäfte und Stantsverhandy
ıngen eben ſomohl, ale durch die ‚allgemeine Theilnahme aller
n den Ehrenbegeugungen, die zuerkannt wurden; mährend in
egenwärtiger: Zeit die Gefchäfte in die Eaßineter eingefchloffen,
je Ehrendegeugungen nicht Sache der Nation, fondern. Bade
nes Einzigen find, und felbft durch Die Art und Weiſe, wie
? ertheilt werden, und das, worin fie. meißens beſtehen, au
5% Drüd’s geſammelte Schriften.
MWerth und Bedeutung’ verlieren, in Vergleichung mit ben
Shrendegehgungen der alten Zeit; daß die wenigen Anftalten x.,
Die mit alten verglichen werden können, die Weſtmuünſterhalle
gu London und das Pantheon zu Paris, doch ihrer Abſicht fo
wenig entfpreden. Dieß find die Abhandlungen, welche auf
ziaffifche. Literatur zunaͤchſt ſich beziehen. Aus allen ſpricht der
Sei des mit der Sprache und dem ‚Leben des Alterthums
wohlvertrauten Mannes ,\ der. gebildet durch das Studium der
edeiſten Werke der Vorzeit, fowohl Vergangenheit ale Gegen
wars mit richtigen Blick beurtheilt. Webergeganigen von den
Alten iſt auf den Verf. infonderheit auch der tiefe Ernſt und
die. ruhige Würde, ſo wie in der Form feines Vortrags, die,
ahne pretiös zu ſeyn, fehr abgerundet und abgemeſſen ift, vie
Les von der Darſtellungsweiſe des Tacitus.
- Bon den noch übrigen Abhandlungen iſt aus dem Gebiet
allgemeiner Gefchichte eine im J. 1786 gehaltene und auch
beſonders abgedruckte Rede: Über die Achnlichkeir dee Verir
sungen des menſchlichen Berfiandes in zwey verfchiedenen Zein
altern (B. I. S. 156— 212). Bie bezieht fih auf die
Mifhung von Aberglauden und Unglauben, wie fie in der
Zeit Diocletians fich zeigte, und auf Ähnliche Ast in dem acht⸗
gehnten Sjahrhundert, das fi) das aufgeklärte nannte, im ver
ſchiedenen Seflalten durch Eaglioftro, Mesmer, Nofenfeld u. a.
fi) wieder erneuert. Mir geben als Probe die Stelle, in der
die Hauptzuͤge des Diocletianifchen Zeitalters zuſammengeſtellt
werden: Aberglauben und Unglauben, heißt es ©. 107, Schwäus
merey und reine Vernunft, Zauberer und Entzauberer , Geh
fer s. und Geiſterbeſchwoͤrer, Goldmacher und Schatzgraͤber,
Wunderthaͤter, die ſich ſelbſt unfihtbar und andere durch un
bekannte Kräfte gefund machten, geheime Verbindungen und
uͤberall her aͤußerſtes Zudringen gu benfelbigen, Propheten,
welche Erdbeben und andre außerordentliche Naturerſcheinungen
. vorher verfändigten, Betrogene und Vetrüger, wie unite
Mofenfelde, die fih bald für Elias, bald für Johannes, bald
für Chriſtus ausgaben, und die alle einen beträchtlichen Muhang
. felöft unter Biſchoͤffen erhielten, ganze Länder voll Sclaven,
die auf gebogenen Knieen bie Befehle des Kalfers erwarteten,
und wieder Länder, .wo die Eine Hälfte der Einwohner die
zuͤgelloſeſten Sewaltthätigleiten begeht, weil fie einen Biſchoff,
Der rechtmäßig gewählt und Beftätige war, abs ihren Biſchoff
anerfennen follte.“ Diefe Züge. werden nun im Einzelnen nads
‚ gewieten, und mit Thatfachen aus der Geſchichte des Maximus,
Apollonius von Tyana, Alexander, Plotin, Porphyr, Droclus u. a.
belebt. Schön iſt die Wendung, mit der die Nede ſchließt, um auf
den Gegenſtand der Feyer (ed war.das Geburtsfeſt des Herzogs Carl)
Druͤck s geſammelte Schriften, 5268
Aberzugehen. Nachdem nämlich die Folgen dieſer Erſcheinungen
und dieſes Zeitgeiftes entwickelt worden find, wird die Frage
aufgeworfen, ‚ob bie ähnlichen Erfcheinungen der neuern Zeit
ähnliche Folgen befürchten laſſen. Diefe Frage wird mit Nein
beantwortet, und von den allgemeinen Gründen ber Uebergang
gemacht zu den beſondern, die für Wirtemberg ſich darbieten
in der hätigfeie feines Regenten für Bildung und Anfllärung
u. f. w. Einige Anmerkungen geben noch Erläuterung über
die Pythagoreer, die Myſterien, die Haupturfachen des tiefen
Verfalls der Menſchheit nah Diocletian. Seit 1786 hat fich
manches geändert im Geiſte der Zeit, aber diefe Rede wird
doch Intereſſe behalten, wenn auch nur als Beytrag gu dem
Bemälde diefer Periode, ob fle gleich auch in Ruͤckſicht auf‘
die neueſte Zeit werdient beberzige zu werden. Specieller und
wohl noch anziehender find zwey Abhandlungen, welche fich
jeziehen auf die Sefchichte der Hohen Carlsſchule zu Stuttgardt,
ines Inſtituts, für das ein fo feltenes Zufammenutreffen glück
icher Umſtaͤnde eintrat, daß es wohl einzig in feiner Art bleis
ven wird, das in der kurzen Zeit, da es daſtand, in voller
Rraft und Bluͤthe mehr bedeutende Männer bildete, aͤs mans
hes andre in einer langen Reihe von jahren, das dem Lande,
uf deffen Boden es blühte, die Schuld der Dankbarkeit mit
Bucher bezahlte, durch die Bildung von ausgezeichneten Ges
häftsmännern, Dfficiren, Gelehrten und Künftlern, und
uch den Ruhm, den es ihm in allen Gegenden des Auss
andes verfchaffte.e Die eine von den auf diejen Gegenftand
ih beziehenden Abhandlungen iſt ein Lateiniſches Programm,
efchrieden zur Feyer der Einweihung der Karls s Univerfität
-B2 (DB. 1.©. 129— 158), und beſchraͤnkt fi auf allgemeine
Imriffe der Gefchichte dieſes Inſtituts, ift aber zur Ergänzung
er umfländlicheren Geſchichte, die in der zwenten enthalten ift,
on Bedeutung. Diefe zweyte Abhandlung ift eine Deutſch
efchriebene Einladungsichrift, zu der, auf den Tod des Herzogs
'arls d. 22. Febr. 1794 abzuhaltenden Trauerrede (DB. I. ©,
69 — 310.) Mis tiefer Rührung wird erft_gefprochen von den
mpfindungen, welche bey dem Tode des Stifters diefer Ane.
ate alle Stieder derfelden durchdrungen haben, und dann von
er Anftalt ſelbſt, wie fie durd zufällige Umſtaͤnde gegründet,
sie ſteter Ruͤckſicht auf die Bedürfniffe der Zeit und des Landes
ch erweitert hat, bis fie zu diefem Umfang fl erhoben hatte.
Bir glauben unfern Lefern einen Dienft zu ergeigen, wenn
ir eine Mote, welche die Anzahl der in diefem Inſtitut ge
ildeten Zöglinge betrifft, ganz mittheilen (&. 290). In der
nftalt waren feit ihrer Stiftung im J. 1770 Zöglinge 1499.
Jarıınter Wirtgmberger 719; Mömpelgarter 63; ans dem Des.
528. Drke’s geſammelie Schriſten.
ſterreichiſchen 493 aͤus dem übrigen Deutſchland 469; Zranıor
ſen 56; Schweizer 24; Ruſſen 31; Polen 19; Engländer 15:
Italiener 9; Weſtindier 4; Hollaͤnder 3; Dänen 3; Oſtindier
3; Schweden 2. Ron der Stadt aus beſuchten die Vorleſun⸗
gen 462. Darunter Wirtemderger By: aus dem übrigen
Deutſchland 101; Franzoſen 34; Schweiger 14; Engländer 7;
Ruſſen 7; Oftindier 4; Griechen 2; Hollaͤnder 15 Polen 1, |
Schweden 1; Wellindier 1. Ron bdiefem widmeten ſich der
Rechtsgelehrſamkeit 357; der Arzneykunſt 182; dem Kameral⸗
Forſt und Handlungsweſen 448; dem Militär 400; der Mufit
und dem Theater 55; . Handwerken 70. Die Webrigen ver
ließen noch in den Vorbereitungsſahren das Inſtitut. Gefton
ben find in demſelben 50. Wir bemerken, daß in dieſem Ver⸗
zeichniß Bildhauer und Dealer nicht ermähnt find, deren fi
doch auch Mehrere in diefer Anſtalt gebilder Haben. Ebenfalls
in Beziehung auf die Geſchichte diefer Anftalt ſteht ein Pror
gramm mit der Aufihrift: Academia Carolina commendat
civibus suis memoriam viri vere venerabilis M. Ludovid
Benjamin Martini Schmid Professoris et Concionatoris
sacri 1795 (©. I. &. 247 — 266). Warme herzlidhe Freunds
fchaft, gerechte Anerkennung des edeln, fittlihen und refigidfen
Charakters des Verſtorbenen fpricht aus dieſer Gedaͤchtnißſchrift,
die auch in Ruͤckſicht auf Sprache und Darftellung mufterhaft
if, und einem ſchoͤnen Worbilde des Alterthums, dem Agricola
des ut, ohne Zwang und Affertation glüdlich nachgebil⸗
det iſt. |
Endlich iſt noch übrig, daß wie der Veberfegung aus den
Annalen des Tacitus Erwähnung tun. Sie umfaßt (B. II.
&. 55— 311) die zwey erfien Bücher ber Annalen ganz und
das dritte bis zum 37. Capitel. Se forgfältiger man die Leben
fegung mit der Lirfchrift vergleicht, defto mehr muß man be
dauern, daß nicht mehr von derfelben unter dem Nachlaffe des
Verſtorbenen gefunden worden ift, fo genau und richtig, fo
treu und fließend iſt fi. Nur auf wenige Stellen find wir
gefioßen, wo wir glauben, der Sinn möchte ein andrer fepn.
Wir fürchten nicht in den Verdacht zu kommen, daB es uns
darum. zu thun fey, an einem fonft treflihen Werke auch
Flecken aufmfuhen, wenn wir auf folhe Stellen hinweiſen;
©. 66 Annal. 2, 7 find die Worte: apud eos (consules)
Sejus Strabo et C. Turanius juraverunt in verba Tiberii
. Mberfeht: zunaͤchſt nach diefem Sejus Strabo m. f. f. Wir
bezweifeln, ob apud in der Bedeutung von: zunaͤchſt nach, vor
komme, follte es nicht eher ſeyn; in ihre Hände legten fie den
Eid der Treue gegen den Kaifer ab. ©. 67 Annal. ı, 7:
Dabat et famae ut vocatus electusque potius a republice
'
Druͤcks geſammelte Schriften, 87
vıderetur, quam per uxorium ambitum et senilem adoptio»
nem irrepsisse: etwas that er auch wegen des Ruhms, um
eher den Schein zu haben, er feye von dem Staate berufen
und erwählt, -ald durch weiblihe Bemuͤhung und aͤltliche
Adoption eingefchlihen ; die Worte ambitus und senilis fcheis
sin doch nicht treffend genug uͤberſezt zu fern. S. 68. ı, 8:
interrogatusque, num se mandante eam sententiam promsis-
set,.sponte dixisse, respondit. Die Worte sponte dixisse
find nicht Äberfeßt. ©. 72. ı, 10: simulatam Pompejana-
rum gratiam partium: Neigung für die Pompejaniſche Partie
fey gehruchelt worden, gratia iſt wohl eher hier Ausſohnung.
S. 73 ibid.: proscriptionem eivium, divisiones agrorunt
ne ipsis quidem qwi fecere, laudatas: bie Profcriptionen
u. fe fe baden nicht einmal den Beyfall derer gehabt, welche
Zelber Sefömmen haben. ©. 74 ibid.: gravior domui Cae-
sarum noverca eitie harte Stiefmutter, die Steigerung wird
vermißt. S. 141. Annal. ı, 693: onustum. militem darch
Gepaͤck und Waffen laͤſtigen Soldaten; wir zweifeln, ob laͤſtig
in dieſem Sinne gebraucht wird. S. 172. L. II, 8 die Worte:
transposuit militem in dextras iturum find nicht uͤberſetzt.
©&. 178 L. 11, 13: et nihil remissuut sensere nichts unters
faffen bemerkten, ftatt: nirgends forglofe Ruhe bemerkten. S.
205. L. 11, 37: non sponte sustuli habe ich nicht aus freyem
Willen gezeugt; der Hauptbegriff von tollere geht verloren.
5. 276; L. III, ı1 die Worte an promeret find nicht Abers
ſetzt. &. 806. III, 34: obsideri urbem bellis es feyen nicht
vie ehemals Städte im Belagerungszuftande; unter urbs iſt
ſier Rom verftanden, und obsideri bellis etwas anders ale
m VBelagerungszuftande feyn. Se vollendeter das Uebrige iſt,
efto mehr fallen diefe kleinen Flecken auf, die wohl der vers
torhene Druͤck felbft, wenn er die -Arbeit noch einmal übers
ehen hätte, getilgt Haben würde.
&o: viel über den Inhalt der Heyden vorliegenden Bände
Rruͤckiſcher Schriften. Em dritter Band, -von dem mir feiner
eie Meldung :ehun ‚werden, wird die Sammlung fhließen,
nd Weberfehungen enthalten von dem Agricola des Tacitug,
em Dialog über die Urfachen des Verfaus Roͤmiſcher Bered⸗
imkeit, Cicero's erftem Buch Über die Geſetze und den Ehas
ikteren des Theophraſt. Wir glauben durch das bisherige
inreichend bewährt gu haben, daß das Urtheil, welches der
ir. Herausgeber in feiner Ankündigung von diefen Schriften
fällt hat, nicht übertrieben war, wenn er von ihnen ſagt?
; feyen reine Ergeugniffe eines edein , durch das claffifche Als
rthum gebildeten und genährten GSeiftes und Semürhes zus
eih. Sa ich glaube behaupten zu können, ſetzt er treffend
Ba Drüd’s geſammelte Schriften.
: fo fäpber ihr gelcheter Werch iR, fo if biefer dech
N eringers, Hô8her iR der Werth des Menfchen, den fie
tragen; denn fie athmen durchaus den Charakter des beſcheide⸗
nen, ruhig betrachtenden, fir jedes Edle und Heilige ber Menſch⸗
mit lebendiger Wärme erfüllten Mannes.
Wir willen es daher auch dem Hru. Herausgeber wirken
Dank für diefes wärdige Dentmal, das er feinem Freunde mit -
uneigennägiger Liebe gefekt hat, denn den etwanigen Gewinn
der Unternehmung bat er einzig der würdigen Familie des
Verſtorbenen beſtimmt. Nur hätten mir gewuͤnſcht, Daß ber
Druck fehlerfreyer ſeyn möchte, denn außer den am. Ende des
en Bandes angegebenen Drudfehlern bat ſich noch eint
ziemlihe Nachleſe gefunden, die wir als Beweis unfers In⸗
terefiee für dieſe Unternehmung zum Frommen der Lefer und
Beſittzer diefer Schriften mitheilen. B. I. ©. 32: alia in-
tendunt mente alia simulant ift zu lefen: intendant - simu-
lent. ©. 61 nad simularentur flatt des Semicolons ein
Eomma zu fegen. S. 67 die Seitenzahl nurichtig 76 ſtatt
67; ©. 78 Virglilius R. Virgilius; &. 79 jum für jam;
©. 114 non amplios fl. amplıus; ©. 2ı6 communicamur
ſt. communicamus; S. 048 raeibit hic nostrae pietati
verba wohl f. praebebit; ©. 325 a nimiis venisque cupi-
ditatibus fl. vanisque; ©. 554 caeterarum fl. caeterorum;
©. 342 ad eam laudes fi. laudis; ©. 343 accedendasque
fi. accendendasque; &. 346 variis popularium tumoribus
@. rumoribus ; ©. 348 audimus quin ruminemur fl, quin
sdmiremur; ©. 349 ubi lapides nomina inscripti @. no-
mine; ©. 350 referrendum fl. referendum; S. 353 non
nisi faustis omnibus fl. ominibus. ®. IE &. 10 ulto ſt.
ultro; &. 30 plus pluris fl. puris; S. 59 je ſchneller fie der
Schmeicelen ſich fügte fl. Sclaverey; ©. 73 die Lollianifchen
und Barianifhen Niederlagen zu Rom, die Ermordung. Das
Comma muß nad Niederlagen fliehen nicht nah Rom; ©. 7B
Marcus Lepidus fl. Manius; &. 175 Principllaren ſt. Pro
mipllaren; S. 178 des Feindes Ehre fl. Ehe; ©. 181 wie
diefe des Fluſſes Ufer weichen. Das Wort: diefe, muß wegge⸗
ſtrichen werden; S. 255 Pamphylius f. Er Ki 3S. 308
zwey Jahre vorher die nehmliche fi. war Die nebmliche: S. 505
der unter den Rednern damaliger Zeit die Fülle befaß 1. die
größte Zülle; &, 334 in illo Codice illo Palatino, Eins
von den illo muß weggeflrihen werden: &. 336 xzal ra |
onöra fl. voadru; ©, 359 das philoſophiſche Stadium
ſt. philologiſche.
No. 34. Beidelbergifche 1811.
Jahrbuͤcher der Literatur.
Versuch über die imaltesische Sprache wu ‚Beurtheilung der
neulich wiederholten Behauptung, dafs sie ein Ueberrest
der altpunischen sey, und als Beytrag zur aßbbischen
Dialektologie, von D. Wilhelm Gesenius, Prof,
‘ am Gymn. zu Heiligenstadt (jetzt Prof. extraord, der
Theol. zu Halle). ine s bey Fr. Chr. W. Vogel,
1810.
GM die, von Hen. D. Sellermann in bem Oſteeprogramm: :
Phoeniciae linguae vestigiorum in Melitensi Spec. I. Be
rol. 180g,. nehtilich wieder anfgeftellte Meinung, daß in der
Bandesfpradye der heutigen Malteſer uns od ein Ueberreſt det
ilten Phönisifchen oder Karthagiſchen Sprache erhalten ſey,
nahe Kr. Prof. Geſenins die Ueberzeugung gäftig, daß fie
richte andere, als ein Dialekt der Arabiſchen Sorache fep, dem
vie jeder Dialekt, feine befondern Eigenthümlichkeiten habe:
zs kann micht fehlen, der. Lefer muß Hrn. G. beytreten, wel⸗
yer noch Überbieß die Yugtorität eines Silveftre de Sacy für
ch hat (vergl. deffen Arad. Gramm. Th. J. S. 42 $. 90), denn
8 gehört nur einige Kenntniß der Arabiichen Vulgaͤrſprache dazu,
m die Malteſiſche Sprache als einen Zweig derſelben, auch nur
ey einer oberflaͤchlichen Anſicht von einigen Malteſiſchen Perio⸗
en, zu erkennen. Verdienßlich iſt es von dem Verf., daß er eine,
s fih unbeftreitbare: WDatſache Auch für den weniger Untew
chteten bis zur Gewißheit einleuchtend macht, und die Mögs
hkeit eines eigenen Urtheils durch Zuſammenſtellung deſſen.
as er die Materie betreffend zur. Hand bekommen konnte,
ebepgeführe hat. Die Schrift felhft zerfällt in drey Abſchnitte.
er erfie enthält eine kurze Ueberſicht der Malteſi—
yen Sprachlehre, nach Agius und eigenen 308
mmenfellungen, mis durchgehender Verslei⸗
Ey
- 350 Cefenkud über die Mälteffiche Sprache.
Hung der Arabifhen Vulgärfprakhe. Unter da
6. 1 angegebenen Eigenthuͤmlichkeiten der Ausſprache iſt weh
bie Ausfprache des | durd ie bie. anffallendfle; das Ber
ſchlucken des’ Vokals im Anfangsbuchſtaben des Wortes fand
Rec. überhaupt bey Arabern aus verfchiedenen Gegenden, derm
Bekanntſchaft er marhte, gewöhnlih. Die weitern Eigenthuͤm⸗
lichkeiten beſtehen in eigenthuͤmlichen grammatifhen Formen,
eigeuchümlichen Worten, befchränkten Wortbedentungen und
Wortverſtuͤnmelungen, ſo tie in ber Aufnahme fremdes Worte,
unter welchen jedoch nach &. 7 nur dur) ein Mißverſtaͤndniß
auch Deutfche gefunden wurden. Bey der Bedeutung: ich muß,
die EAAE im, Molteſiſchen hat, hätte das Arab. \
verglichen werden tönnen, welches häufig in der. Bedeutung:
sh ſoll, vorkommt (. de Sacy Arad. Gramm. 1. &..363 f,
$., 835). Daß in $. 2, der die nicht ganz richtige Ueberfchrift:
vom Artikel, Hat, der Verf. bey [5 des. Arabiſchen 30 (acc.
5), das die Bedeutung possessor, deminus hat, Überhaupt
eher wohl, wie das Hebraͤtſche Ay die Perfon aber Sad,
bezeichnet, von welchem das darauf. folgende in irgend eines
Abhaͤngigkeit ſteht, ßo nicht erinnert, und licher vor Aus
dricken, wie 6 3) 3 fs Eine Efipfe annimmt,
if auffallend. Die einfahe Bezeichnung des Genitivs
durch ſôVleitet fih aus dieſer Bedeutung natürlih Her. O6
bey dem, nad ©. 6, den Maltefern eigenthämlichen, den Eu
perlatio, nach ©. 4, begeihnenden vesq (bey: Ciantar uusch) an
9 (man fast FR und FÜ ) — * werden darfe
frage Mer, nur ſchuͤchtern. Das Kächfel, die Formen ber Ge
nitive der perfönlichen Vorwoͤrter abzuleiten, iſt $. 5 ſehr Anm
seih durch Vorausſetzung des Gebrauchs des, auf verſchiedem
Weiſe verflümmelten, auch im Marsccaniſchen zu Diefem Zweck
üblichen LUX gelöst. Ob das hedan, hedina wide anf
eine analoge Art mit C/fAA und SEA (ver.
Michaelis Arab. Gr. Ausg. II. ©. sı2) dur Anhängung
m
Gefenins uͤber die Malteſiſche Sprache, 53£
des auff 53T zu Sa und A entfanden ſeyn
möchte? — Bey der Tonjugation iſt eine Sonderbarkeit, daß
faſt durdgängig die praef. ı. perf. sing. fut. ein vorherger
hendes n iR, und zum Unterſchiede dann der plur. die Endung
r bekommt; aber allerdings eine noch größere Sonderbarkeit,
| 3. Ar Bellermann dieſe beyden Erſcheinungen durch Bude
Rabenanslaſſungen und Verſetzungen der Analogie des Hebraͤi⸗
ſcen erklaͤrt.. Dis gegebenen. Paradigmen von Zeitwoͤrtern
A nd ein vorzäglich, anfchaulicher Beleg zu der Thatfache, daß
die Malteſiſche Sprache ein Arabiſcher Dialekt ſey. Auch die
Gexwohnheit, ſtatt des verdoppelten zweyten Vokals in den
verbis gem. & ein Jod zu fegen, findet man nicht nur in dee.
. Wulgärfprache, wie die Note ©. 24 fast, fondern auch in gutem
Schriftſtellern (vergl. de Sacy Arab. St. J. Th. ©. 159
Not. a). ©. 26 möchte, fo wie (fein) ſicher aus
we 3 entfianden iſt, vielleicht hein (fatt deſſen hem ges
druckt iſt), eben dieſes 9! (etwa mit dem vorgeſetzten 8,
‚oder 6?) ſeyn, und ghal hhin etwa au („s| „yo
ner Ik / — das ghal hhanna aber ans „Lo
' 293 entſtanden ſeyn. Der zweyte Abſchnitt gibt Proben
zuſammenhängender Rede im Malteſiſchen, nebſt
Entzifferung und Erklaärung. Dieſe Proben find
. Sefpräcgefsemeln aus Agius, drey MWaterunfer aus Adelunge
Mithridates und ein Fleiner Maltefiiher Aufſatz des bekannten
literariſchen Betruͤgers Wella, aus Eichhorn’ Bibl. der bibl.
Litt. Th. 9 S. 210 mit zum Theil abgeänderter Entzifferung.
Die Entzifferung diefer verfhiedenen Stuͤcke kann in der That
im. Allgemeinen nicht anders, als gelungen genannt werden.
Fur einige Vermuthungen erlaubt fih Rec. Aber etliche der
füe ſchwierig erklärten Worte zu geben. Scminneg, wie’ ift
dein Deſiaden? wird erflärt durch WC zisl und Ber
533 Seſenins uber die Malteßſche Sprache,
merkt, daß gu So keine Paraflele als yo ‚vis gefunden
werte. Sollte «6 nit bie praep. (ges mit dem suff. sen.
pers. ſeyn 7 Man fraͤgt: „Lust —8 — was
gibt es Neues? Und Überhaupt lieben die Araber im vernei
aenden und in Sragfägen flatt des nomin. die praep. (.o
zu gebrauden (vergl. de Sach Arab. Br. Th. I. S. 56
Mor. 5). Bey Zerlegung von OR! in — — aber
findet man noch natürlicher. Bey scin und scein in
pen Medensarten scin ghud barra und scein manaf ©. ag,
fo wie schen {wenn «6 ſtatt schein ſteht) S. 41 moͤchte man
lieber an „Lö, als an einen Plur. von Ai denken,
welcher nid vorkommt: wiewohl man ſich nicht verhehlen kann,
daß auch diefe Erklärung noch unbefriedigend fu. Wenn de
Verf. S. 30 Not. i) als Schwierigkeit, warum er nicht die
Erffärung des manuf (vielleicht maruf) durch (al Le
zu vermuchen wagen, den Grund anführt, daß er Bein Dep |
Vpiel kenne, wo die ı. pers. sing. mit ſ vorfomme: fo Hätt
se ein Beyſpiel davon ©. sd in —R ur finden Ä
fönnen. Die &. 50 zu Erklärung des sciaghmhe (fie Haben
gu thun) gegebene Vermuthung, es möchte | A
das fut. mit dem praef. fut. (m feyn, ſieht entgegen, |
‚daß -diefes nothwendig die Bedeutung . ber künftigen Zeit
‚in ſich ſchließt: gewiß ringen An ie
BaLın.s (e6 liegt ihnen etwas ob, daß fie chum follen).
Das öfters vorfommende hey moͤchte vielleicht durch Corruption
aus C4 entſtanden ſeyn; wenigſtens wird im Arabi |
ſchen diefes Wort Überall geſetzt, wo in dem Malieſſchen |
VBepfpiele hey fteht, daher Rec. es auch Ka und. nicht S
ſchreiben würde, . Wie dann auch nachher aus Callenbergẽ
VGeſpraͤchen KK.⸗ als dieſem hey entſprechend angefuhet
3. ©. Sichhorn Einleitung in das N. T. 533
wird. Das für unauflöstih erklärte issip ©. 40 wird wohl
durch ——e— 3. fut, IV. erklaͤrt, und überfegt: was dich
betrifft, der du lieſeſt, ſo wird (dir) zu DTheil wer—
den ꝛc. Der dritte Abſchnitt endlich gibt em Wortver⸗
zeichniß, nach Agius, vervollfändigtaug deffen
Stalienifh s Mattefifhem Theile, und den fonft
gerfireuten Angaben der Grammatik, mit beyges
ſetzter Entzifferung. Se mehr Verdienft diefem zuge—
flanden werden muß, um fo fchwerer iſt zu begreifen, wie in
Raudan, die Baften, nicht „La der Faftens Monat.
der Muhammedaner erkannt, fondern vielmehr auf quaranta-
: zu erfennen, daß in fut. apoc. oft C⸗ wird, Noch find zwey
nia, Quadragesima, cardme gerathen würde. In feq, wenn,
glaubt Rec. das corrumpirte —RE (es moͤchte ſeyn, daß)
Beylagen gegeben, bie erſte aus Ahelii Malta illustrata ed,
. Ciantar, Malta 1779. Fol. T. I. p. 684, mit Anmerkungen,
‚ und Die zweyte, enthaltend einige Zufäge aus Callenbergs Ara⸗
biſchen Geſpraͤchen (melde dem Hrnu. Verf. erſt ſpaͤter zur
Hand gekommen waren). Schade iſts, daß die Schrift ſo
ſehr durch Druckfehler entſtellt il. Se ſteht » DV. ©. 48
not, a ſtatt: J , Jh S. Ir ſtatt deffelden Wort⸗
weymal XV,„ öfters U» ſtatt Dre . ®d.68,:6 not,
ne für vol, ©. 36 („ih für — u. ſ. m —
Man legt die Schrift nicht aus der Hand, ohne dem Sm.
Verf. das Zeugniß zu gebamn. fe ſey wirklich ein Actenſtöck,
welches den Zwieſpalt Aber den Urſprung ber Malteſi ifchen
Sprache entfcheide, und zwar zu Gunſten fine Anſicht ent⸗
ſcheide. . ...
— — 2 me 2 — * Wr
Einleitung in das Neue Befoment, von geb. Bottfv. Eichhorn.
Erſter Band, Keinzig in der Weidmanniſchen Buchbandlung
1804. XVI und 659 S. ge. % Zweyter Bd. 1510,
230 G.
>.
534 J. ©. Eichhorn Einleitung in dat R. T.
Auch unter dem Titel: ?
8. ©. Eichborus Kritiſche Schriften. Fünfter und Scchfier Band.
Der erſte Band dieſes wichtigen Werks ik ſchon feit mehr
reren Sahren in jedermanns Bänden, und bedarf daher feiner
Anzeige mehr. Da aber über die darin enthaltenen Unterfus
dungen die Stimmen des Publicums noch getheilt feyn därf
ten: fo werden sinige Bemerkungen darüber nicht überfläffig
feyn.
Bekanntlich Hat der berühmte Verf. feine früher an einem
‚anbern Orte vorgstragene Hypotheſe von einem Aramalihen
Urevangelium Hier in einer mehr ausgebildeten Geſtalt von
neuem dargelegt. Herbert Marfh hat früher, aber, wie Ar.
Eihhorn verfihert, ohne auf diefe damals im Wefentliden
ſchon vollendete ziwente Bearbeitung Einfluß zu haben, einen
Verſuch gemacht, die Eichhorn ſche Hypotheſe gu vervolllomm
nen, und ber Loͤſung ber Aufgabe näher zu bringen. Wenn
‚gwey fo kritiſche Köpfe eine und dieſelbe Hypotheſe bearbeiten,
fo kann man etwas Vollendetes erwarten; eim Dritter miqhte
ide ſchwerlich eine beffere Geſtalt geben innen. Soll daher
dieſe Hypotheſe je fähig fenn, das Problem zu Idfen, fo muf
id es jetzt ſeyn in der einen, oder ber andern Geſtalt. Zwiſchen
beyden if zu wählen. Wem feine genug chun kann, dem fans
diefe Hypotheſe überhaupt nicht genug thun, fo bald er fiä
nichs mit einem unbeſtimmten Waͤhnen beanügt, fondern genau
‘in die zu erklaͤrende Erfcheinuisg eingeht. Wir verſuchen dahe
eine Vergleichung Bender Bearbeitungen ber Urevangellums
Hypotheſe, um die Wahl zwiſchen beyben vorzubereiten.
Beyde Bearbeiter hielten die Hypotheſe vor einein lin
evangelium im der Geflalt, in weicher fie Hr. Eichhorn zuerk
dargelegt hat, nicht für binreihend, nm die zu erfiärenden
Erfheinungen alle zu erklären. Namentlich tadelte Marfh mi
Recht, daß Die wörkiche Harmonie der Edangtliſten dadurh
nicht erfiärt werde. Diefe Unvollkommenheit ſuchten amn beyde
zu heben, und zwar dur Annahme noch mannigfaltigere
J. G. Eichborn Einleitung in da MT. 535
Bearbeitungen der Aeſchriſt, als die erfie Hypotheſe angenoms
men hate. . .
Marſh läßt. folgende. Schritte gefchehen in ber Vearbel
tung der Urſchrift bis zur Entſtehung unſrer drey erſten Evans
gelien. Zuvor bemerke man aber, daß er die verſchiedenen
Beſtandtheile der Evangelien mit folgenden Siglen bezeichnet.
Die allen dreyen gemeinfchaftlichen Abſchnitte heißen N; die
Zufäge gu N, die den Evangelien Matth. und Mark. eigen
find, a; bie. Zufäge zu N, die den Evangelien Dark, und
Lut. eigen find, B; die Zufäge zu N, die den Evangelien des -
Matth. und Luk. eigen find, y. Die ganzen Abſchnitte, welche
Matth. und Mark... mit einander. gemein haben, heißen A;
die, welche Mark und Luk. mit einander gemein haben, B;
bie, welche Matth. und Luk. mit einander gemein haben, L,
und zwar Ta, wenn fie in Einer Ordnung folgen, und Ta,
wenn in verfhledener. Von der Aramaͤiſchen Urſchrift, weiche
N enthaͤlt, ward, eing Griechiſche Ueberſetzung R verſertigt,
noch ehe ſie durch Zuſaͤtze bereichert wurde, Hierauf wurden
bereicherte Abſchriften davon gemacht, und zwar folgende;
1) N P. M;, a) N + P. Bʒ in einer dritten wurdeg
‚die Zufäge der beyden erſten vereinigt N.CABAMAAMAB.
und endlich wugden die erſten hepden Rum die Zuſaͤtze 7 + In
bertichert, fo dag alſo eine vierte zu rg + A + Fr
und .eine fünfte 8 +8 + 7.4 B + Tr. eueftamt. Auher
dieſen ſchriſtlichen Arbeiten gab. es noch eine Gnomologie 2,
welche Matth. und Luk. als Erzaͤnzungsſchrift brauchten z aus
dieſen flofien; die Abſchaitte Ta. Unſere Evangelien entſtanden
nun fo. Matthaͤus ſchrieb fein Eyangelium. Hebraͤiſch; er legte
Rmite 4. A + Tr bereichert zum runde, fehaltete
ans. bie Abſchnitte Ta ein, machte ‚sinige eigenchämliche Zus
ſatze, und orbngte das Ganze nach aigenem Plan. Qußas: her
‚diente ßch einer Abfchrift won de, Bereiches. mit 8 +. + B
+ Fa, and.shaltete 19 aus ein; da gs Airichiih rich,
‚mußte ar aus dem Aramäifchen, uͤperſetzen, mohen er die Ueber,
ſetzuug R als Huͤlfeſchriſft zu Rathe zog. Warkua brauchte M,
836 3. G Eichhorn Einleitung in das R. T.
bereichert mit a + B + A + B; und ſchrieb ebenfalls Grliechifch
mit Zugiehung von R. Hierauf wurde vom Hebraͤiſchen Evam
gelium Matth. eime Griechiſche Ueberſetzung verfersige, wobey
man in den Stellen, welche Markus mit Matthäus gemein
hat, Markus zu Rathe zog, in ben Stellen aber, in welchen
Markus mie Matthäus nichte gemeinſcheſtuch hat, zu Lukas
ſeine Zuflucht nahm.
Nah Eichhorn iſt bie Genealogie der drey erſten Evan
selten folgende. Es gab eine Aramätfhe kurze Lebensgeſchichte
Jeſu, enthaltend die allen dreyen gemeinfchäftlichen Abſchnitte.
Sie wurde früh ins Griechiſche überfegt. Später wurde fe
durch verſchiedene Haͤnde überarbeitet und vermehrt. Dark
foiche Veberarbeitung entfland ein Exemplar (A) der Urſchrift
mit einigen größern Bereichernngen , weiches die dem Meatıhäns
und Markus gemeinfhaftlihen Abſchnitte enthielt. Es ü
zn Ha+ß+A bp Marſh. Auch dieſes wurde ins
Griechiſche uͤberſetzt, mit Zuzjiehung der Griechiſchen Ueberſetzunz
der Urſchrift. Hierauf eniſtand ein zweytes Äberareiteres Erems
piar B mit- einigen andern größeen Bereicherungen, weiches die
dem Lukas und Markus gemeinſchaftlichen Abſchnitte enthielt.
Es iſt — de 464 B. Dieß wurde nicht ins Sriechiſche
Aberfetzt. Aus ber Vereinigung beyder entſtaub das Exempler
C, welches Srundiage unſers Markus geworden if. Es it
eN+arßr+A-+-B: Ein viertes Exemplar D mi
Erweiterungen enthielt die Abſchnitte, welche Matchäus und
Rulas mit einander gemein Gaben. Es wäre nad) der May
Ghifhen Bezeichnung M + 7 + T. Es wurde ins Griechiſche
aberſetzt, ebenfalls mit Buzlehung der Griechiſchen Weberfegung
der Urſchrift. Anſere Evangelien: ſelbſt entſtanden Falgenden
maßen. Matthaͤus ſetzte ſein Hebraͤſches Evangeliam gufam⸗
men aus A und D, mit eignen Zuſaͤtzen, und Verdlüderung
ber Ordnung. Au ſpaͤterhin von bieſem Hebraͤtſchen Text eine
GSriechiſche Ausgabe werfertigt werben ſollte, bediente ſich bw
Ueberſetzer der bereite von Aund D- vorhandenen Griechiſches
Ueberſehungen als zweyer Gäffefhriften. — Markus Hebrär
3. ©. Siborv Einleitung ad R. 537
ſcher Text iR das aus A und B-zufammengefchrichene Eremplau
C mit: wenigen Zuſaͤtzen. Bey feiner Ueberſetzung ins Grie⸗
Hifche wurde der Text der Urſchrifr und. der- im Matthäus
‚ befindlichen Bereicherungen mit Zuziehung bee bereits vorbana
- denen Griechifhen Ausgabe: des Exemplare’ A aufs neue ine
Griechiſche üderfegt. Diejenigen Vereicherungen hingegen, bie
aus dem Exemplar B in das Eremplar C aufgenommen waren,
‚ mußten erſt von Markns ſelbſt uͤberſetzt werben, weil von'ihnen
—
noch keine Griechiſche Ausgabe vorhanden war. — Lukas He⸗
bräaiſcher Text iſt aus B und D (bis auf des Evangeliſten eigene
Zuſaͤtze) zufammengefchrieden. Seine Griechiſche Ueberſetzung
war in allen Theilen, die aus D gefloſſen waren, folglich im
—
Urebangelium und in den Bereicherungen, bie es mit Matthaͤus
: gemein hatte, durch eine Bereits vorhandene Briechiihe Ueber⸗
ſetzung von D erleichtert. Bon denjeniaen Bereicherungen aber,
‚ die aus B grflsffen waren, war noch feine Sriechifche Ueber⸗
. fegung vorhanden; und fie. mußten erſt von Lukas Überfegt
-. -
werden. (Sn Annahme ber Griechiſchen Ueberſetzungen ſcheint
der Verf. nicht ganz conſequent und beſtimmt gu ſeyn. ©. 180
nimmt er drey Ueberſetzungen von drey Ueberarbeitungen der
Urſchrift an, die mit Zugiehnng der Gruiechtſchen Ueberſetzung
der letztern gemacht worden ſeyen. Die dritte dieſer Ueberſej⸗
zungen kann aber nicht Die von B-fepn , ‚weiches nicht Griechiſch
_ Überfegt worden fern ſollz es müßte die von C feun, wobey
aber der Verf. nicht die Ueberſetzung der Unſchrift zu Huͤlfe
nehmen läßt.) Der weſenttiche Unterſchied beyder Hopothe⸗
fen liegt darin, daß M. die. Wermeßrungen y + E andere
entfichen läßt, als E. Jener underſcheidet richtig Tı und Ta;
y 4 Tı läßt er gu den beiden Exemplaren M + a + A
und 8 + B + B’binufägen, welde die Grundlage -von
Mattb. und. kuk. wurden; Te aber läßt er die: Evangeliſten
ſelbſt einſchalten. E. hingegen ‚leitet und Ta und DTa ohne
Unterſchied aus D her, welches Matthaͤus und Lukac benupten..
Sn wleſern ſich beyde Hypotheſen in Abt auf Die Griechi⸗
ſchen Ueberſebungen vu... bebarf einer. Anofähinng.
sab 3.6. Eewem einleinme iu dus a. g,
Sehen wir nun, was beyde Hopotheſen leiten zur On
klaͤrung dee zu erklaͤrenden Erſcheinungen, wobey wir uu
natürlich auf die hauptſaͤchlichſten beſchraͤnken.
3) Bepde erklaͤren heynahe auf eineriey Weiſe, wie. neben
dem. allen drey Evangelifien Gemeinſchaftlichen Stellen uw
Abſchnitte vorkommen , welche zwey mit einander gemein ho
und welche einer eigen: hat.
9) Sie erflären gang auf einerlen umd zwar ungeigah
Weiſe die verſchiedene Ordnung der allen dreyen gemeinſchaßt
lichen Abſchnitte, nämlich durch die Umſtelung, melde Mas
thaͤus vorgenommen haben ſoll. Waͤre dieſe angenommen
Urſache richtig, ſo muͤßten Markus und Lukas, welche kin
Umſtellung vorgenommen haben ſollen, mit einander in ie
Drdmung uͤbereinſtimmen, was aber nicht durchgaͤngig der hel
iſt. Die zum Theil verfchiedene Ordnung des, dem Matihiu
mit Lukas Gemeinfchaftlihen erklärt M. beſſer durh ik
Einſchaltung aus der Sinomologie J, als €. durch beydetſeiti⸗
Benutzzung des Exemplars D.
5) Auf verſchiedene Weiſe erklären fie bie wörtlihe Jan
monie der drey Evangelien unter einander. Diele if ji
und kurz, und zwar na Marſh darum, weil fe nur du
‚das Zuſammenwirken dreyer Urſachen entſtehen konnte: nnd
Markus und Lukas mußten bepde in derſelben Stelle audi
und ber Ueberſetzer des Matthaäus aus Markus genommi
‚Haben. Nach Eichhorn. müßte in folgen Stellen die Heidi
unveraͤndert geplieben feun, und (mean wir die. Hypotheſe mil
werſtehen, denn Kr. Eichhorn hebt es nicht heraus) der ii
‚eher, von A um) der von D mußten bie Worte ber früh
Griechiſchen Uebanſetzung der Urſchaift heybehaluen, und de
Aleberſetzer dos Matthoͤns und Maxkus maßton die Ueberſehun
mm A, und ber des Lukas die Ueberſetzapg gon Deautgeſchee
‚ben daben. (Die Eichhorn ſche Hpperheie ni alſo fünf
ilommgnwichmnde Urſachen an.)
.O Rie fo: Häufige, ‚mörtliche Lrßtneinfimmeg wit
| —2* un Wantus: den allen dyeyon gemyeigſchetuige
. $. G. Eichhorn Einleitung in das R. T. 839
{bfchnitten erklärt Marſh duch bie Aunahme, daß der Uaher⸗
etzer des Matth. den Markus benutzte; Eichhorn dadurch, daß
He Ueberſetzung von A vom Ueberſetzer des Matth. und des
Markus gebraucht wurde. Daß beyde Eoangeliften in dem
Abſchnitten, weihe im Markus eine andre Stelle, als im
Matthaͤus einnehmen, miche wörtlich uͤbereinſtimmen, erkläre
Darth duch bie Annahme, dab der Lcherfeger des Matıbäuß -
den Markus benutzte; Eichhorn dadurch, daB die Ueberſetzung
von A vom Ueberſetzer des March. und des Markus gebraucht
wurde. Daß beyde Evangelien in den Abfchnitten, welde
Im Markus eine andre Stelle, als Im Matthaͤus amnchmen,
nicht woͤrtlich uͤbereinſtimmen, erklärt M. dadurch, daß der
Ueberſetzer det Matthäus nicht bemerkte, wo Markus mit. die⸗
ſem einerley Materie habe; Eichhorn findet dieſe Erſcheinung
nicht der Seklaͤrung werth. In der That ſcheint Rec. die
Marſhiſche Erklaͤrungsart nicht genugthuend, allein erklaͤrt follte
dieſe Erſcheinung doch werden, wenn man einmal: alles: erfid«
ven will. Daß. Hingegen in allen Abichnitten des Urevange⸗
liums Markus mit Matthaͤus Griechiſchem Text uͤbereinſtimmt,
wo Lukas mit demſelben uͤbereinſtunmt, komme nad M. daher,
daß der. Ueberſetzer des Matthaͤns von Lukas keinen Gebruuch
machte, we er aus Markus Huͤlfe ſchoͤpfen konnte, fo daß die
Sriechifhen. Terte des Matth. und Luk. in den, allem dreyen
gemeinfchaftlichen Abfchnitten nur durch das Medium bes Markus
Abereinimmen konnten; nach E. daher, be in diefen Stellen
das Urevangelium weder. in A (aus dem es Matth. und Mark.
haben), no in B oder D (aus weichen es Lukas hat) gehnbme _
wurden, und die Griechiſche Ueberſetzung deſſelben, ſowohl
nah A, als nah B, oder D, auf dieſe Stellen genau yaßt.
5) Markus und Lukas ſtimmen in dem allen dreyen ge⸗
meinfhaftlichen Abſchnitten Häufig uͤberein; doch find. die Stellen
wörtlicher Uebereinſtimmung zwiſchen Diefen beyden idt fo
zahlreich, noch fo Jang, als nah Markus und Matthäus, weil
nach M. die erflere nicht: ohne das Zufammenwirien zweyer
verfchiedenen Urſachen hervorgebracht werden Sunmse (naͤmlich
540. J. G. Eichhorn Einfeitung in das N. T.
Markus und Lukas mußten beyde aus N fhöpfeny, indeß pr
Iggtern nur das Wirken einer einzigen Urſache erforderlich war
(aämti der Ueberfetzer des Matthaͤus ſchoͤpfte aus Markus).
E. erklaͤkt dieß fo: der Coder A war die gemeinfchaftliche
Queclit I aus welcher: der Hebrälfhe Tert des Markus mb
Matthäus gefloſſen iſt; und nur in feltenen: Fällen wurde ber
Tert der Urſchrift für das Eyemplar, das den Markus gab,
aus dem: Cover B abgefchrieden, da ans ihm hauptſächlich bloß
die Abfchnitte genommen wurden, bie Markus mie Lukas allein
gemein Bat. Hr. ©. gibt auch noch eine andere Erklärung
I ©. 319. Schon dieß zeige, daß feine Hypotheſe nicht fü
Beftimmte Auskunft gibt, als die Marſhiſche. Noch mehr ade
orſcheint die Schwäche Berfelden darin, daß er ie zum Behuf
der Erklaͤrung diefer Erfcheinung näher beflimmen "und limis
ren muß. Alſo das Yrevangelium flo für Markus Haupt
ſachlich ans A, und auch Hauptfählich für Matthäus; für Luka
aber fol es wahrſcheinlich ans D gefloffen fern. Das tft ade
Hypotheſe zur Hypotheſe Hinzugefügt; es wäre eben fo gut
denkbar, daß das Urevangelium für Diatthäus aus D, fir
Markus. aus A und für Lukas aus B gefloffen wäre, odm
noch auf andre Weiſe. Marſh Hypotheſe if offenbar einfacher.
6) Daß, obgleich die Beyſpiele wörtliher Uebereinſtim
ung ih M zwiſchen Markus und Eufas- weniger zahlreich, als
die Beyſplele ihrer Verfchiedenheit find, Markus denne nk
werfehlt, In N wörtlich mit Lukas Äbereinzuftimmen, wo Trab
thaͤus Griechiſcher Text wörtlich Abereinfiimmt, kommt nah
M. daher, daß ber: Ueberſetzer des Hebraͤiſchen Matthaͤus in
N bloß aus Markus, und nicht aus Lukas nahm, folglich ale
Markus ſchon mit Lukas abereinſtimmen mußte, ehe ber Ueberſeter
des Matchaus mie Lukas zufammentreffen konnte. ©. erklaͤrt dieß
ſe: wo der Urtext unverändert geblieben il, mußten die ven
ſchleden Searbeitsten Handſchriften des Matthäus und Lukas,
und folglich auch Ihre Griechiſche, ans einer früheren Grieche
ſchen Ausgabe genommene Ueberſetzung uͤbereinſtiminen, und ds
Markus der Megel nach den Urtext mit Makthaͤus aus einerin
IJ. S. Bichpern Einleitung in das a. 2 544
xemplar, dem Coder A, nahm, ſo muß ſain Griechiſae Tore
rſelbe ſeyn.
‚MD Dog ie werſchiedenen Abſchnitten von N Morku⸗ in dee
nen Stel mie Matthäus, in der andern mit Lukas wörtlich
jereinftimmt,, ſo daB er ans beyden genommen ‚zu haben
heint, kommt nah Mi, daher, daß in der einen Stelle der
eberfeger des .Hebräiichen Matthäus aus Markus nahm, ‚im
tv. andern Markus und Lukas beyde aus N.nahmens nad
. baher, daß der Urtext in den Abfchriften für die, beyden
vangeliften Abänderungen erlitten babe, aber in dem einen
er, in dem andern dort, daß alſo bie gebrauchte .frähere
zriechiſche Neberſetzung das einemal paßte, das anderemal nicht,
nd Markus, der fe etwa nach Maßgabe feines chaldaͤiſchen
extes bepbehalten konnte, hier mit Matıhäus, dort mis Lukas
bereinflimmte. — Allein daß — ig einer und herſelben
Stelle ein Wort aus Matthäus und .ein anderes aus Lukas
at, wird dadurch nicht erklaͤrt. Man vergleiche Mark. 1,48
ie Matth. 8, 3. Luk. 5, 13. Mark. a, 44 mit Matth. 8, 4
uk. 5, 14 und a. Ot. m. Dicſe Erſcheinung erklaͤrt Sr. &
): bey dem Zufammenfchreiben aus A und B, woraus dep
ut des Markus erwachſen iſt, konnte ja der Sufammenfchteir
er aus den beyden Torten des Urevangeliums in A und B
ingelne Lesarten, in denen die Texte varlirten, mit ‚einander
erbinden. (Allein B war ja nicht Griechiſch Äberfegt, und
urde nicht in eine. Griechiſchen Ueherfegung von Markus und
ukas benußt: wie onute nun Markus. mit Lukas in —
den Worten bufanımaenspeffen 7) R BE
m im Ganzen nau⸗ ieiſten. ‚Die Marfhifche erklaͤrt man⸗
yes Einzelne leichter; beyde laſſen uns.in der Erklaͤrung des Vers
ältniffes des Markus ‚gu ben. benden andern. Evangelifien um
efriedigt. Dieß ‚u. aber ‚grade. der Punst, wo man: von jeder
Öppothefe über Die drey erfien Evangelien am begierigſten
lufſchluß erwartet, und wo ihn die Griesbachiſche Hypotheſt
bis Schwierigkeiten abgerechnet, am befriedigenäften gibt. . -
2. Eichhorn Einleitung in dad SH. €
ede Hypotheſe muß fich von zwey Weiten empfehlm:; f
muß 2) wahrſcheinlich feyn, und 2) das zu Erflärende erklaͤren⸗
Wie haben die beyden vorliegenden biäher Wbrr dm Seit ve
Erklarungefaͤhigkeit geprüft, und nicht gang zureichend gefunden:
ad iſt mm bie Frage, frid fie auch wahrſcheitilich y
Da es um Sypothefen, zumal in hiſtortſchen Unterſuchm
ein, immer eine mißliche Sache ik, indem man Facia fun |
niren muß, die ſonſt keine äußere Beglaubigumng haben, md
in der Geſchichte doch alles auf Beglaubigung ankommt: fit
gu rathen, daß man in Vervielfaͤltigung ber anzunehmende
Facta fo behutſam nnd fparfam als moͤglich ſey. Yun a
nehmen dieſe Hypotheſen, von Marſh und Eichhorn, mit mr
ein Urevangelium an, von weichem die Geſchichte nichts weih
fondern audy eine Menge Bearbeitungen und Weberfegung,
‚genug eine ganze: evangeltfſche Literatur vor ' der unſtige
Stimmten dieſe Annahmen zu dem Geiſt des chriſtlichen Alm
thums und der fonfl bekannten Fortpflanzungsart der chriflihe
Lehre: fo könnte man- noch die Menge der angenommen
Facta überfchen. ein wir willen, daß Die tleberlieferumg
des Chriſtenthums hauptſaͤchlich durch mundliche Lehre und &
yählung gefhah; wir willen, daß Evangeliſten nach Art de
Stiechiſchen Rhapſoden umherzogen, und die Rumbe vom Meſſu⸗
verbreiteten. Dieſe muͤndliche Zortpflanjungsart ſchloß zwar de
fihriftfiche nicht aus, mußte fie aber in ber erſten Zeit ſeht be
fihränten, und es if fonach unwahrſcheinlich, daß man für
fo feä die evangeliſche Geſchichte fo vielfach, ſowohl Aramäid
als Griechiſch, bearbeitet haben ſollte. Zwar redet Lufıd M
feiner Vorrede von mehreren evangelifchen Vorarbeiten; ala
&8 kommt darauf an, ob er fo viele, als man anjunch
men magt, und welche er im GBinn hatte. Geben .
Indeffen auch bie Wahrfcyeintichkeit jener Annahme zu, P
iſt doch das ganz gegen den Geiſt after; befonders ſuͤdiſchee
Schriftſtellerey (und die Evangelien gehören doch zu di
Gattung) , daß die Evangeliſten bey Abfaſſung ihrer Schrife
mehrer andre vor Augen gehabt, niche Bio nuſammengſtre
Zn ” |
J. G. Eichhorn Einleitung in das N. Mi
en, ſondern redigirt, gleichſam präfend von einer in bie andre
bergeblickt, und jedes Wort, das fie niederfchreiben wollten, E
us einer oder ber andern bedaͤchtig ausgewählt haben follen.
50 konnte ein neuerer Ochrififteller , oder vielmehr Eonipilator‘
erfahren ‚ aber nicht ein after chriſtlicher Erzähler‘, der von.
iner genauen Zufammenfellung und Bearbeitung geſchichelicher
achrichten gar keine Idee hatte. Man vergleiche die Genefist
Und Hier entdeckt ſich der Grundfehler dieſer und aller
hnlichen Hypotheſen, daß fie nämlich auf dem Grundfage bes
uhen, daß die Evangeliften mir Genauigkeit, Anſchauung und
Zorgfalt gearbeitet haben, und daß man von jeder Eigenthüm⸗
ichkeit, wodurch fie ſich von einander unterfcheiden, beflimmte
Bünde. angeben, mit Einem Worte, daß man’ jede: einzelne
eiheinung ‚erflären muͤſſe. Haben wir denn in der altteflas
ientlichen und apokryphiſchen Literatur nicht Belege genug far
ie planlofe willkaͤhrliche Art, mit weicher bie Hebraͤiſchen und
hriechtſch/ jũ diſchen Erzuihler mit den Quellen, die fie dearbeis
ten, umgingen? Kann man. Immer Gründe angeben, warum
le Relationen ‚der Chronik und des 2. ©. Samuels, und der*
Bücher der Könige von einander in orten und Sachen ar
seichen? " Kann man das Verfahren des Verf. des Stiechie
hen Esras in jeder Abweichung vom Original und den Urs
rung :der verfchiebenen Recenſisnen vom Buch Judich uns
tobi erflären? Pur: eine ſolche Hppotheſe ift dem Charakter
er Evangelien angemeſſen, welche zwar die Erſcheinung im
Banzen, aber nicht in jeder Eingeipeit an ertläten ſucht, und
em Zufull, der Nachlaͤſſigkeit und dee Willkuüͤhr einen Spiel⸗
aum übrig laͤßt. Dec. Eönnte leicht das Heer der Hopothe ſen
ber die drey erſten Epangelien mit einer (wenigſten⸗ zum
kheil) neuen. vermehren, wenn dem Publicum damit gedient
baͤre. Folgende Andeutung derſelben iſt genug fuͤr den Kenner,
m, falls fie Grund und Wahrſcheinlichkeit hat, ſie zu verſte⸗
un und auszubilden. Nachdem man die Runde vom Meſſias
ange mändfich, aber in gleihförmigen Vortrage, fortgepflangf
hatte, war Mashäng (d. h. der Verf. dis Evangeliums dieſes
Eh . ©. Fichborn Einleitung in daB 3. T.
Mamens) der erſte, der dieſes mündliche Evangelium nieberſchrieb.
Lukas ſchrieb nach ihm, legte jenes muͤndliche Evangelium zum
Grunde, benußte aber auch Matthaͤus, nur nicht ſchriftlich, und
mit Fehlers und Verwechslungen. Markus benubte auf der
.Waßls jones mündlichen Evangeliums beyde, aber ebenfalls niht
ſehriftlich, und ohne feſten Plan, mit zufälliger Auswahl Wie
man einen Gchriftftellee nicht ſchriſtlich benutzen könne, if fo
undentbar nicht, als man vieleiht glaubt. Man kann ide
geleſen, und im Sedoͤchtniß behalten haben (und die Alten hab
gen ein befieres als wir!); oder man hat ihn verliefen gehoͤrt,
und ihn ebenfalls mir dem Gedahmiß gefaßt. Dabey muß
man die Buchdruckerkunſt ein wenig vergefien, und an die
Schwierigkeit der Berbreitung einer Schrift denken: fe iR,
meine ich, alles natürlich und begreiflih. Welche Dienſte dick
— beſonders zur Erklaͤrung ber Eigenthuͤmlichkeiten di
arkus leiſte, und wie fie dem mothiſchen Charakter be
Evangelien zuſage, ließt auf der Hand. Mehr darüber vielleich
an einem andern Orte. '
ie Anſichten des Verf. von den einzelnen Evangelien für
Mh verdienen noch einige Bemerkungen. Intereſſant war und
fehen, wie dee Werf. der Einleitung ins A. Z. und der
st iger der Echtheit dos Pentatenchs bier feinen Sram
fägen ganz ungetreu geworben if. Er erkennt das Evangeliun
Des Matthaͤus in feiner. jebigen Seftalt für unecht d. h. nicht
Far das Wert des Matthaͤns, Bauptfächlih aus dem Grund,
weil es Mythen enthaͤlt. Wir⸗eſtud weit entfernt, dieſes iin
ctheil verwerfen, nur dringen wir darauf, daß es comfequent
überall, wo bie gleichen Gruͤnde eintreten, gefälle werde. SEK
weifeln nit, daß Kr. Eichhorn bey einer neuen Ansgabe
einer Einleitung Ins A. T. (die freylich nicht, wie bie biche
sigen, bloßer Abbruck ſeyn mäßte) den Pentateuch eben I
benetheilen werde. Daß er aber die Echtheit des Markus as)
Lukas, die doc and Mythen enthalten, ganz unmangefochten
Uurchgehen läßt, koͤnnen wir nicht billigen. Er mußte beq
wenisftene Zweifel gegen dieſelbe (aus ben angeführten Gräns
Jen)-aufnerfen ‚ bie er dann immerhin niederſchlagen founk.
enn ein Apoſtel und Augenzeuge nicht Mythen nieden
ſchreiben kann, was Hr. Eichhorn annimmt: fo muß auf
| it werden, 05 Zeitgenoffen und Freunde der Apoſtel «#
thun fonnten. Das fiherfie Denkmal apoftoliiher Dentart
Mnd die Panlinifhen Briefe; in dieſen kommt fdhlechterdings
Kits von Wunderſucht und Wunderglauben vor, innere Bun
Der, Offenbarungen, Efkafen ausgenommen: follen wir mm
wicht andere weniger fichere apoftolifche Schriften darnach deut
ade en ( Der Beſchluß folat.)
— —
No. 35. " Heidelbersifde 1811.
Jahrbuͤcher der Literatur
u 0 IV 7 7 7 7 7 © ERBLDERLLRL FTIR RER Ar a
a 7 N 7 7 7 €
. Einleitung in das Rene Teſtament, von Bob. Gottfr. Eichhorn.
Beſchluß ber im No. 34 abgebrochenen Necenfion. )
®
em Matthaͤus theilt Kr, Eichhorn eine Redaction des Urevan⸗
geliums zu, vielleige nur um den Damen des Evangeliums zu rechts
fertigen. Gründe findet Rec. nicht für eine folche Annahme. Die
Traditionen der Kiche Über die Evangelien können für den Verf.
wenig Auctofität mehr haben, da er einige davon, naͤmlich die
über die Theilnahme des Petrus und Paulus an Markus und
Lukas Evangelien, fehe ſcharfſinnig und grundlich widerlegt.
Freylich iſt er auch hier nicht conſequent, da er die Behaup⸗
tung der Alten, daß Matthäus Hebraͤiſch geſchrieben, als
glaubwürdig ſtehen läßt. Recenſent kann bey der Unkritib
and Nachſprecherey der Kirchenſchriftſteller auf dergleichen
Nachrichten nicht viel Gewicht legen. Eigentlich kann Mats
thäus Das Urevangelium eben fo wenig redigitt, als unfer
Evangelium Matthäi verfaßt haben; denn das Urevangelium ent
Hält auch Mythen, zwar noch nicht in dem Grade mythifch auss
gebildet , wie mehrere dem Evangelium Marthäi eigenthuͤmliche
ind, aber doch immer Mythen. Es ifk ein wefentlicher Chas
rakterunterſchied zwifchen einer mythifhen Erzählung und ber
ines Augenzeugen, oder aus Berichten von Augenzeugen ger
choͤpften, welcher nicht in dem Mehr oder Weniger des Wunder⸗
jaren liegt, fondern in der ganz andern Anſicht der Dinge,
Fin Augenzeuge kann bisweilen auch Wunder erzählen, aber
viche Mythen. "Die Erzählung des Augenzeugen wird immer
Data enthalten, welde dje eigne Anſchauung verratben, und
en Lefer in die Stellung des Augenzeugen zu den erzählten Dins
en verfeßen; fie wirbimmer ein Hart berimmts Sepräge tragen,
566 J. G. Eichhorn Einlctung a dad R. T.
während bie mychiſche eimer durch viele Hände gegangene
Bäünze gleicht, Deren Sepraͤge verwiſcht IE. And von dieſer
Art find die Erzählungen der Evangelien, nementlich anch die,
ans welchen man das lircvangelinm zufammenfeht: fie geben
eine undentliche, in einanderflichende, unzufemmenhängemde Aus
ſicht der Dinge. "
Bir wenden nus zur Anzeige bes zweyten Bandes. Der Baf.
Hat weniger gegeben, als eine fechsjährige Erwartung nach der Furt
feßung des Werts fordern därfte. Diefer Band, and) unverhilt
nißmäßig flein au Bogenzahl, enthält nur die Eimfeitungen is
bie Apofielgefhichte, das Evangelium und die Briefe Johan
mis; ſchicklicher würde die Einleitung in die Apofalypfe, ned
der wir fo begierig find, biefen and beichlofien haben; 24
wir muͤſſen zufrieden feyn, daß uns der Verfaſſer fo viel ge
geben hat.
Bon des Ynterfuchungen über bie Apoflelgefchächte heben
wir nur folgendes and. Was den Zwed dieſer Schrift au
langt, fo verwirft Hr. E. die Meiunng,, dag Lukas eine vol
efländige Geſchichte der Gründung und Ausbreitung des Chr
ſtenthums habe geben wollen; eben ja wenig könne es ihm ım
eine Darfiellang der Verdienſte der Apoſtel um das Chriſten
thum gu thum geweſen ſeyn; amd) feyen Petrus umd Paniıs
"nicht die Achſe, um die fih die Erzählung der Apoſtelgeſchicht
drehe. Der Zweck des Lukas ſcheint ihm eine allgemeine Ge
ſchichte der Miffionen zur Ausbreitung des Chriftenchums ge
wefen zu ſeyn. Allein gegen dieſen angeblichen Zweck ſpricht
terſelbe Grund ber Unvolſtaͤndigkeit, den der Verf. gegen den
erſten anfuͤhrt. Denn es find gewiß mehr Miſſionen, als die
Apoftelgefchichte enthält, für die Ausbreitung des Chriſtenthum⸗
unternommen worden; und warum, fünnen 'wir auch hie
mis dem Verfaſſer fragen, iſt die Meife des Apoſtels Paris
nach Arabien nicht erwähnte? Wir glauben mie mehren Aw
dern, daß im Prodmium des Evangeliums Luck andy der Jul
der Apofteigefchichte angedeutet fen, daß alfo Lukas eine Se
ſchichte der chriſtlichen Neligion in ben erſten Zeiten nad dem
J. ©. Eichhorn Einfeitung in das N. T. 547
Tode ihres Stifters habe geben wollen, daß er aber diefen
feinen Zweck nihe mit der Ausführlichkeit und Vollſtaͤndigkeit
behandelte, weiche wir nah unfern firengern Begriffen von
Schrififtellerey von ihm verlangen. Lukas erzählte, was er
wußte, und was er ohne große Nahforfhung erfahren konnte,
und was ihm befonders merkwürdig ſchien. Die Annahme
einer apologetifhen Tendenz der Apoftelgefchichte zu Gunſten
des Apoftels Paulus, die in neuern Zeiten Beyfall gefunden hat,
macht der Verf. mit Recht verdaͤchtig.
In Anſehung dee Quellen der Apoſtelgeſchichte verwirft
der Verf. eine neuerdings vorgetragene Meinung, daß Lukas
ſchriftſtelleriſche Quellen benutzt habe, mit zu großer Beſtimmt⸗
heit. Seine Gruͤnde ſind zwar ſehr ſtark und gut vorgetragen;
ſie liegen hauptſaͤchlich in der Gleichheit des Stils und der
Manier: aber boten ſich dem Verf. gar keine Spuren der
Verſchiedenheit ber Erzählung dar? Bey unbefangener Vers
gleihung der Stellen Cap. 9, 53 ff. mit Cap. aa, 6 ff. und
Cap. 9, 29 f. mit 28, ı7 ff. wird man nicht in Abrede feyn
koͤnnen, daß Lukas verfchiedene Quellen benutzte. — Die Reden,
welche Die Apoftelgefchichte den handelnden Perfonen in den
Mund legt, Hält der Verf. für Zictionen; und wenn man die
gleiche Anlage und Manier, nach welcher fie gearbeitet find, im
Erwägung zieht, wird man ihm gern Beytreten.
Die Einleitung in das Evangelium Johannis nimmt,. wie
Billig, den größten Theil des zwenten Bandes ein, und der
Verf. hat daran, wie es ſcheint, mit befonderer Liche gearbeitet.
Er ‚unterwirfe zuerit die Nachrichten von Johannis Leben einer
prüfenden und fihtenden Unterſuchung. Das Refultat geht dahin,
daß Johannis Aufenthalt in Kieinafien zwar überhaupt wahrfcheins
lih, daß aber für den Au fenthalt in Epheſus befonders weniger
Brände da find. Anfeiner Verbannung nad Ephefus wird gezweis
felt; die Erwähnung derfelden in der Apokalypſe ſey wahrſcheinlich
ber einzige Grund der Sage davon, gehöre aber vielleicht bloß gu
ben Dichterifchen Fictionen des Buchs. — Die Anlage des
Evangeliums: findet "der Verf. in einer Sachordnung. Sollte _
648 % 8. Eichhorn Einleitung in das R. T.
dieſe auch zu genau aufgefaßt feyn, denn Johannes ‚arbeit
wohl nicht nad einer Dispofition, fo ſtimmen wir doch de
Berwerfung der Hypotheſe bey, daß die Materialien nach den
Paſſahfeſten angeordnet ſeyen. — Biel Fleiß hat der Verf.
‚auf die Empfehlung der Hypotheſe verwandt, daß Johann
"Das Urevangelium vorausfege, und gelegentlich berichtige un
ergänze. Eine ähnlihe Meinung, daß nämlich Johannes di
drey erflen Evangelien vorausgefeßt und ergänzt Habe, war
fhon im Altertum bekannt, und auch Neuere haben fie a
"genommen. Kr. E. modificirt fie nun nach feiner Kppotfef
vom Urevangelium. Seine Gründe find hauptſaͤchlich folgend:
2) Johannes wolle Leine volftändige Lebensbefchreißung Zei
liefern, wie er ſelbſt erkläre, übergehe aucd vieles, umd fek
Manches als: befannt voraus: wenn man aber foldye Beobach
tungen bey einem Geſchichtſchreiber mache, fo laffe fih mu
gwifchen zwey MWorfiellungen wählen: entweder müfle man ihm
verwirrte und unordentlihe Gefchichtsdarftelung Schuld gebe,
oder ihn für Lefer ſchreiben laffen, bey denen er fchon Kennmij
derſelben Vegebenheit aus andern Quellen vorausfegen konnte;
der Anwendung der erfien Hypotheſe widerfpreche die Benaniz
keit der Anlage des Evangeliums Johannis und deren Aus
führung , die Vedächtigkeit bey feiner Auswahl der Mraterialin
und bey ihrer Darſtellung; es fey daher wahrfcheinticher , do
der Evangelift für Lefer ſchrieb, bey denen er Bekanntſchaft
mit dem Leben Jeſu vorausfegen konnte. Aus welcher Quebe
aber? Einer mündlichen oder ſchriftlichen? Aus einer münd
lichen darum nicht, weil ein Geſchichtſchreiber in feiner Dar
ftellung nie auf Ergänzungen der Tradition rechnen dürfe, chem
weit fih die Gefhichte durch die Aufzeichnung von der Tradi
tion loßreißen wolle. Wir geben zu, daß Johannes Maxches
als befanne vorausfeßt (nur würden wir das Beyſpiel Ep.
19, 16 nicht als Beleg gebraucht Haben, wo der Verf. in deu
Worten xal raüra dnoinoay aura eine Hindeutung auf iss
Holen des Efels findet, dag er als befannt aus dem lrwam
gelium- vorausfege ; dafür wuͤrde wir lieber die. Stelle Cap
=
J. G. Eichhorn Einleitung in das N. T. 549
, 24 gebraucht haben, die der Verf. nicht anführt): allein:
vie Seugnen die Eonfequenz. Wie, wenn nun Johannes nicht
Befchichefchreiber feyn wollte? Und das gibt ja Kr. Eichhorn
elbſt gu; wenn er nur die Tradition bloß dogmatiſch bearbeis
en, und nur Manches daraus zum Behuf feines dogmatiſchen
zwecks ausheben wollte? 2) Die VBergleihung der dem Jos
yannes mit den drey erſten Evangelien gemeinfchaftlihen Abs
hnitte laffe muthmaßen, daß er fie in der Abfiche, fie zu bes
ichtigen, aufgenommen habe. Bas er dort richtig gefunden,
Ibergehe er, daher fage er nichts vom Abendmahl, nichts von
ven Ereigniffen, von denen er mit Jakobus und Petrus Zenge
vor u. ſ. w.; was er aber nicht richtig gefunden, wiederhole
r, z. ©. bie Speljung der Joao, die er in ihrem wahren
zuſammenhange darfielle (er hebe nämlich die Schwierigkeit,
vie Jeſus Äber dem See feßend, ſchon das Wolf vor fi fins
et, das doch zu Fuß gefolgt war: nad Johannes war Jeſus
ruͤher ans Land geftiegen, und hatte ſich mit feinen Jungern
mf einen Berg zurückgezogen, von dem herab er das Volk um
en See herum kommen fah; zugleich widerfpreche er der
woyten ÖSpeifung); ferner die Salbung zu Bethanien, die
Johannes auch berichtige u, a. m. Daß Sohannes das Urs
vongellum voraus geſetzt, fen darum wahrſcheinlich, weil feine
Berichtigungen nur die allen dreyen gemeinfchaftlichen Abfchnitte
etreffen (doch nicht ohne Ausnahme). Diefe Berichtigung und.
Ergängung fey aber wicht Hauptſache, fondern. Nebenfache des
Evangeliften geweſen, beſonders im erfien Theil feines Evanges
iums, wo es ihm um den Beweis zu thun gewefen, daß Jeſus der:
‚erheißene Meſſias fey. Gegen dieſe Hypotheſe bemerken wie
olgendes: a) Sollte Johannes nit Cap. zo, 3n., wo er fast:
‚daß Jeſus viele andere Zeichen gethan, welche nicht gefchries
zen feyen in diefem Buche”, auf das Urevangelium namentlich
yermiefen haben, wenn er es vorausſetzte? b) Johannes ers
Ahle, was das angebliche Urevangelium enthält, zum Theil
ındeftimmter, z. B. Cap. ı9, 17 vgl. Matth. 27, 52: Mark.
15, 23, Luk. 28, 26 Anderes wiederholt er beynahe ganz,
550 J. 8. Eichhorn Einleitung in das R. T.
3. B. Joh. 18, 10. vol. Matt. 26, 5ı. Mark. 14, 47. Lak.
a2, 50. c) Den Widerſpruch zwifhen Matth. 26, 17. Mark.
34, ı2. Luk. c2, 7. und Joh. 18, ad. 19, 14. 31., daß naͤm⸗
lich nad) jenen Jeſus am Paſſahfeſt, nad diefem am Vortage
deffelden gekreuzigt worden, und daß er nach jenen das Paſſch⸗
mahl gehalten, nad bdiefem nicht, berührt Hr. Eichhorn ger
nicht. Vergeblich iſt wohl jeder Wereinigungsverfuch, wenn
man nicht mit halben Gründen zufrieden ſeyn will; aber anf
zugegeben, daß der. Widerfpruch nur ſcheinbar fey: wie kommt es,
daß Johannes, da er das Ilrevangelium ergänzen und berid
tigen wollte, diefen Scheinmwiderfpruch nicht vermied , der am
fo mehr auffallen mußte, da er nichts vom Abendmahl erzähl,
und zu denken veranlaßt, daß Jeſus gar kein Paſſahmahi ge
haften habe? d) Dieſe Hypotheſe ſteht und fälle mit der vom
Urevangelium; denn bie drey erſten Evangelien konnte Johan
nes nicht berichtigen wollen, ſonſt haͤtte er vor allen Dinge
ihre fo Hänfigen Differenzen heben nmäflen.
Dur eine genaue Analyfe des Inhalts des Evangeliums,
die wie mit Recht empfehlen können, befonders auch der Erin
terung der Begriffs vom Logos wegen (nur die Unrichtigkeit iſt
uns aufgefloßen,, daß Jeſus bey Ssohannes nie aus Wunden
feine Majeſtaͤt beweife, was er doch ap. 11 bey Layarıd
Auferweckung offenbar hut), fucht der Verf. die Enefcheidun
der Frage: über den Zweck des Evangeliums, vorzubereiten. :
Diefen findet ex in der Darſtellung des Begriffs vom Mefkai
.. in feiner vollen Reinheit, als einem Lehrer von wahrhaft goͤn
licher Weisheit und Macht, für aufgeflärte Helleniſtiſche Chri
fin. Die verfchiedenen Hypotheſen von einem polemiſchen
Zweck werben unterfucht, und mit Recht verwerfen. — Die
Echtheit des Anhangs wird zu unfrer Verwunderung verthei
digt; die VBeweisführung des Verf. Hat uns nicht überzeugt.
— Hierauf folgt die Unterfuchung über die Echtheit des ganzen
Evangeliums. Die neuerlich dagegen erhobenen Zweifel werben
widerlegt. Die von Horſt und Cludius vorgetragenen, di
em meiften Aufmerkſamkeit verdienen, hebt der Werf. durch dis |
3. G. Eichhorn Einleitung in daE.MT. 551
sregtfifche Vereinigung ‚der als widerſprechend dargefiellten Stel⸗
len von Jeſn höherer Würde und durch die Bemerkung, daß
der Stil aͤberall Mich ‘gleich bleibe. Uns ſcheint die Echtheit de⸗
Evaugeliums gewiß, aber nicht deſſen Integritaͤt. Spuren der
U berarbeitung haben ſich uns hie und da aufgedraͤngt, wir
verweiſen nur einftweilen auf bie Gefchichte der Auferweckung
des Lazarus, die nicht richtig gufammenhängt. — Ueber: die
Sprache des Evbangeliums fehr feine und treffende Bemerkun—
en. Daß aber Johannes Jeſu Reden fo treu als moͤglich
wiebergebe, iſt gewiß ‚nicht Hegel: Jeſus redet gewoͤhnlich, wie
Jo* aunnes ſchreibt, Johannes aber fchreibt fehr eigenthuͤntich;
die Rede Cap. 2, 19 vom Abbrechen des: Tempels, die aller⸗
dinge wörtlich treu wiedergegeben iſt, kann nicht Beweis feyn
für alle übrige.
Die Einleitung in den erfien Brief des Iehannes zeichnet
ſich beſonders vortheilhaft aus durch eine richtige Beſtimmung
der Irrlehrer, gegen welche darin geſprochen iſt. Sie ſind
dem. Verf. weder Gnoſtiker, noch Doketen, noch Cerinthianer,
noch Johannesjaͤnger, ſondern vom Chriſtenthum abgefallene
JInden. Die beſten Gruͤnde ſprechen noch: fuͤr die Doketen,
nämlich die Stellen Cap. 2, 1 und 4, 1 —3; aber die Erklaͤ⸗
tung, welche der Verf. davon gibt, und der wir beytreten,
hebt auch dieſe. In Anſehung der Form der Schrift laͤßt er
es zweifelhaft, ob fle ein Bricf, oder eine Abhandlung zu
nennen ſey; die Anrede der Lefer fey fein Zeichen eines Briefes,
da ja and im Evangelium die Lefer angeredet werden. Allein
das ſcheint uns doch auf eine Bubtilität hinauszugehen. Eine
Schrift, die fihb im Ganzen auf gewiſſe beſtimmte Lefer bes
sieht, und diefe auch Häufig anredet, iſt ein Brief; und von
biefer Art iſt dieſe Schriſt des Johannes; freylich Laffen ſich
Wieder mehrere Arten von Briefen denken, geſellige (freund⸗
ſchaftliche), Geſchaͤftsbriefe und Lehrbriefe; in der letztern Art
armen die individaellen Beziehungen am meiſten zuruͤcktreten,
und dieß iſt ˖der Fall in dieſem Briefe. Johannes bat. weniger
bie individuellen Nexrhaͤltniſſe feiner, Leſer im. Auge, "als ihren
552 u. Zach Dionatliche Correſpondenz.
religiöfen Zuſtand, daher diefer Mangel an perfönlichen Wein
Hungen. — Die Hupothefen, daß dieſer Brief eine Beylage,
ein Empfehlungsichreiben zum Evangelium, oder gar ber prat
ktiſch⸗ Theil deſſelben ſey, verwirft der Verf. mit Recht: der
Zweck beyder Schriften iſt zu verſchieden, als daß ſie zuſam⸗
mengehoͤren ſollten. Dabey mundert uns, daß ber VWerf. die
Inhaltsanzeige ©. aB5 etwas verwirrt angegeben bat.
Der zweyte Brief iſt nach dem Verf. an eine chriflide
Sram (fo erklaͤrt er Exdexen wupim) gerichter, deren Name
darum ausgelaflen worden, weil vielleicht ihre Kinder dem Brief
ſelbſt überbracht Haben mögen. Weil Johannes ſich fo rüfis
darſtelle, daB er gu einer Reife au den. Wohnore feiner Freuns
Pin noch Kraft genug habe, foll diefer Brief früher als der
erfte gefchrieden feyn, den er während feiner. Altersſchwaͤch
geſchrieben habe. Das letztere iſt gar nicht fo gewiß, und die
Zolgerung aus dem erſtern ſcheint es chen fo wenig zu fe.
Dabey behauptet der Verf., daß der zweyte Brief im Augdrndı
einen fräftigern Geiſt verratbe, als der fe, was wie eben
falis nicht. unterfcpreiden möchten. Daß der Verf. die Echtheit
beyder Briefe anerkenne, laͤßt " erwarten, und iſt volltom
men zu billigen, oo w.W.
—
Monatliche Correspondenz ‚zur Beförderung der Erd- und
Himmelskunde herausgegeben vom Freyherrn F. von
Zach, Herzoglich Sachsen - Gothaischen Oberhofmei-
ster. Zwanzigster Band. Gotka, im Verlage der Becker-
schen Buchhandlung. 1809. (Julius 18909 — Dezember
1809.)
(Berst. Heidelberg. Jahrb. 1810, 5. 51 (Abth. IV 9. 8) ©. 360.)
Auch ben dem gegenwärtigen zwanzigſten Bande findet ih
Mer. nicht bewogen, fein früher gefälltes gänfiges Urtheil Aber
bie Reichhaltigkeit des Inhalts zuruckzunehmen.
7 Begen. don Anffag No. J. S. 3: Weber die Mär:
lichkeit die Geſtalt der Erde aus Bradbmerffun:
gen zu beRimmen — finden mande Eiswärfe fast, deren
v. Zach: Monatliche Correſpondenz 553
Eutwickelung ſeboch - für -eine Zeitfchrife zu weitlänftig If. —
Dem Rec. feheint, daß der Verf. auf die von ihm angenoms
neue, noch nicht. nad aller Schärfe erwieſene ungleichartige
Dichtigfeit des Erdkoͤrpers zu viel Gewicht legt. — Bis jetzt
yefipen wir nur darüber zwey unmittelbare Beobachtungen, und
dee Reſultate find nicht ganz zweifelsfrey. — D. Seetzen theill
No. II. ©. 10 abermals mehrere von einem Eingebornen
herrührende Nachrichten: Lieber das Räftenland von Bauàken
und Massata auf der Weftfeite des Arabifchen Meerbuſens,
nebft Bemerkungen Über einige Nachbarländer — mit, von weis
chen das gilt, was. Rec. Aber einen Ähnlichen frähern Aufſatz
gefagt hat. — Merkwaͤrdig ift es, daß man auch daſelbſt
Ruinen mit Hieroglyphen antrifft. Entweder war alfo ihe
Gebrauch im Alterthum ausgebreiteter, als man glaubt, oder
Die Aegyptier flanden ehemals mit diefen Gegenden in naher
MWerbindung, und brachten ihre Bilderfchrift dahin. — Prof:
Littrow No. III. S. 23 beflimmt die Länge von Krakau oͤſtlich
von Seeberg: 1) aus 127 Finfterniffen der. Jupiterstrabanten
= 36’ 51,8: 0) aus drey Sonnenfinfterniffen == 36’ 51’’,os
3) aus acht Sternbedeungen — 36 51,3, im Mittel =
36' 51'7,4 mithin Zeitunterfchied mit Paris — ı ©t. 0’ 26,4
Sftlih. — Rec. vermißt ungern die.nähere Anzeige der einzel⸗
nen zum Grunde gelegten Beobachtungen. Bie kann allein.
Zuverſicht auf die Hergeleiteten Refultate einflößen. Die gegens
wärtige iſt für. ſolche Phänomene fo groß und fo felten, daß
fie jeden praftifchen Aftronomen in Verwunderung feßen muß,
— In No. IV. &. 06 werden die Effemeridi astronomiche
di Milano von ı8og mit verdienten Lobe angezeigt. KWorgägs
Sich verdient es Nachahmung, daß Die Logarithmen des Abs
flands der Sonne von der Erde für jeden Tag angegeben, und
Ephemeriden für die neuern Planeten angehängt find. — No. V.
S. 34 enthält die Recenſion: Du Zodiaque expliqué, ou
Recherches sur l’origine et la signification de la sphere
gröcque.: Traduit du Suedois de C. G. S. Paris ıBog.
und entwidelt ſehr buͤndig die Widerfprähe und. Ganderhars
854 p. Zach Monatliche Correſpondenz
Peiten der vorgetragenen Hypotheſe. — Daß dieſes elende Werk
nad dem Titelblatt ſchon die zweyte Auflage erlebt hat, war
für Rec. eine erfreuliche Erfheinung. No. VE ©. ‚51 zeigt
Meichards Charte der vereinigtem Staaten von Nordamerika,
Nuͤrnberg ıBog, an, und estheilt ihe das Lob, welchem Der.
mit voller Weberzeugung beypflichte. — Ein Schreiben dei
Stadtfchreibers Krebs zu Meiningen (No. VH, &. 64) ent⸗
Halt die Nachricht, daB auf einem alten, wahrſcheinlich am
Ende des fechssehnten, oder im Anfange des ſiebzehnten Jahr⸗
hunderts vom Habrecht verfertigten Erdglobus die durch Zeni
"Entdeedungsreifen befannt gewordene, unb von vielen bezweifelt
Inſel Friesland fehr deutlich und nicht viel kleiner als S;eland,
son biefem in Sadweſten zwiſchen 61° und 65° nörbiide
Breite, und ı° bis 4° oͤſtlicher Länge (den erſten Wieridian
durch die Azoriſchen Inſeln gezogen) verzeichnet iſt — daß aber
dadurch, wie Krebs glaubt, die wirkliche Exiſtenz dieſer Zufd,
and ihre feitdem erfolgter Untergang bewieſen wird, - mödt:
- Be ungehn behaupten. Bey einiger Bekanntſchaft mit deu
Altern Charten wird man mehr Länder und Inſeln im ihnen
antreffen, bie jest nicht vorhanden find, und wahrfeeiniid
nie eriffirten. — Sn No. VII. ©. 7 findet fi des Hol⸗
laͤndiſchen. See ı Lieutenants Hugo van dee Ende geographiſche
Beſtimmung der, nur durch einen Meinen Canal von Mangasali
getrennten Inſel Defima, Die fehr gut uͤbereiaſtimmenden Be
»bachtungen geben die Breite = 32°.44 50", und die ans
gemeffenen Mondabſtaͤnden hergeleitete Länge — 146° 40° 5",5
äftlich von Teneriffa. Mithin, wenn man nad der Connais
sance des tems den weftlihen Mittagsunterſchied des Pico von
Paris — ı St. 16’ 0’.feht, Defima-=— 4 &t. 30 40”,4 im Zeit
äftlih von Paris. — D. Seeger No. IX. ©. 72 theilt eim
kurze Beſchreibung feiner längft der Wüfe auf der Oſtſeite des
Zordans und bes todten Sees gemachten Reife nach Jeruſalen
mit; fie war befhwerlih. — Die Anzahl der Pitgrimme is
Sernfalem betrug nur 1ö00, und Seetzzen war Der einzie
Fraͤnkiſche Pilger. Sn No. X, ©. 78 gibt Prof. Gau
v. Zach Monatliche Correſpondenz. 655
Nachricht vor dee gelungenen Wiederauffmdung der Pallas,
Eeres und Veſta. — Der No. XI. &. Bo befindliche Auszug
aus einigen Schreiben des Inſpectors Beſſel hat den Vor—
fehlag mittelfi eines am Dbjectiv des Diauerquadranten befeftige
sen Objectivfpiegels den Collimationsfehler zu beflimmen — eine
Nachricht, über die von Beſſel berechneten. neuen Aberrations⸗
und Relationstafeln — Zweifel gegen ‚die DBeränderlichleit des
Sonnendurchmeflers u. f. w. zum Begenflande. — Die Bey
traͤge zur Hydrographie von Suͤdamerika No. XII. &. 89 vers
rathen einen kundigen Verfaſſer. Die: Stroͤme von Südamer
vita zeichnen ſich durch ihre Größe und Richtung aus, und
unterſcheiden fih dadurch‘ von den Fläffen des alten Eontinents,
und felbft Nordamerifas. Das mit Beleſenheit aufgefiellte
Detail muͤſſen wir übergehen; um nicht zu weitläuftig zu wer—
den. Hier wo alles in einander greift, wird ein Auszug uns
möglih. — Sn No. XII S. 103 gibt Dr. Mollweide eine -
Auflöfung. des Problems: die Polhöhe, Tulminationszeit, und
Abweichung eines Sterns aus drey außer dem Merddian
gemefienen Höhen defielden und den Zwifchenzeiten der Beobs
achtungen zu beflimmen. Mit diefer Aufgabe haben ſich viele
Aſtronomen, unter andern Euler und Kraft in den Alten
Metersburger Commentarien, und zulegt Prof. Hauff im viers
ten Supplementband zu dem aftronomifhen Jahrbuch S. 257
befchäftigt. — D. Mollweide's Auflöfung if einfacher und abs
gefürzter, als die vom Prof. Hauff gegebene. Er braucht nue
24, Hauff 35 Logarithmen. — Allein nach Rec. Einfiht wird
durch diefe Aufgabe das Gebiet -der praktiichen Aftronomie feine
fonderliche Erweiterung erhalten, und fhon Maupertuis nannte
fie mehr finnreih, als nuͤtzlich. Sind die Zwifchenzgeiten der
Beobachtungen nicht fehr Mein, und er ſelbſt nicht ſehr ſcharf,
fo if das Reſultat mit beträchtlichen Srrthämern behaftet. —
Immer wird man mittelft anderer Methoden bequemer und
fiherer die verlangten Dinge finden. — Man erhält eigentlich
weder Polhoͤhe, noch Abweichung direct, fondern nur zwey
Bogen aus ihrer Summe und Unterſchied. — Ob dee Meis
856° v. Zach Monatliche Correſpondenz.
nere oder größere der Wreite zugehört, gibt die Rechnung nicht
unmittelbar. Man muß alfo die Polhöhe ſchon ungefähr Lens
nen, um fie nicht mit ber Abweichung zu verwechfeln, und
wenn die leßtere von der erfien nur wenig verjchieden iſt, das
ift: wenn die Abweichung des Sterns der Breite nahe kommt,
Tann man felbft bey einer ungefähren. Schäkung der letzttern
beyde Größen verwechſeln, und die eine für die andre Halten.
— D. Meinede No. XIV. &. 129 teägt feine Ideen über
die Fläffe und Gebirge als natürliche Graͤnzen der Länder vor,
und zeigt. manche Schwierigkeiten,. wenn man jene dafür ans
nehmen will. — Sn No. XV. ©. 140 entwidelt W. T. Pabſt
die Methode aus gleihen Höhen zweyer Sterne die Zeit zu
finden. — No. XVI. ©, 147 enthält wine umfländliche Res
oenflon von Gauls Theoria motus corporum coelestium. —
Sehr ſchaͤtzbar if der No. XVIN. ©. 197 vorlommende Anfı
fag des Prof. Gauß: Summariſche Lieberfiht der zur Beſtim⸗
mung der Bahnen der beyden heuen Hauptplaneten angewand⸗
ten Methoden, weil man daraus den erfien, ſchon vor ſecht
Sjadren von dem Verfaſſer eingefchlagenen Weg kennen
lernt, den er hernach in feinem größern Werke größtentheils
. verlaffen, und merklich verbeffere hat. — Unterrichtend und
angenehm find Vergleichungen der früähern und ſpaͤtern Ideen
eines und deſſelben Erſinders. Dean fieht daraus, wie das
Genie fih ſtets feinen eignen Weg bahnt, und durch ange
firengtes Forſchen alle entgegenftehende Hinderniſſe aus dem
Wege räumt. — Sehr intereffant it No. XVIII. S. 205
Seetzens Fortſetzung der Machrichten von orientalifhen Reife
befcheeibungen , Topos und Geograpfien, Landcharten u. f. w.
— Der Inhalt von 26 bisher nicht gefannten Handfchriften
n. ſ. mw. findet fi in einem gedrängten Auszuge. — Da Stern
bedeckungen das ſicherſte Mittel richtiger Längenbeftimmungen
ind, fo leuchtet das Verdienſtliche des Auflages No. XIX,
©. 255, Sternbedeckungen durch den Mond für das J. 1810
berechnet, von den Florenzer Afttonomen Pr. Canovai, Del
Nico und Inghirami von felb hervor. — Die aftromomifchen
Kalender geben nur die Drcultationen größerer Sterne, und
4. B. die Connaisgance des tems überhaupt nur ı2, in dem
ganzen Lauf des 5. 1810 an. Man kann ohne Viebertreibung
annehmen, daß auf den meiften Sternwarten ungänftige Witte
sung die Haͤlfte derfelben, wenn nicht mehr, zu beobachten
yerdietet. Mur ſehr wenige bleiben alfo zu Längenbeftimmun
en übrig. — Bedeckungen Meineree Sterne werden felten,
äufig nur durch einen gänftigen Zufall beobachtet! Die Aſtro⸗
nomen find durch vorgängige Ankündigung nicht daranf von
Bersitet, und. his und wieder vermachläffigen fie einige abſichtlich,
v. Zach Monatliche Eorrefpondenz. 557
weit fie an correſpondirenden Beobachtungen verzweifeln —
Eine ſolche Anzeige aber iR dem fleißigen hoͤchſt willkommen,
und fpornt den Trägen, twenigftens einige zu machen. — Die
Ausbente für die noch zum Theil fehr dürftige geographifche
Ortobeſtimmung, worauf doch allein die Nichtigkeit aller unſrer
Eharten beruht, kann groß werden, wenn die Beobachter Beine
‚Mühe ſparen, jedes diefer Phänomene zu odferviren, wenig⸗
fiens es verfuchen, ohne fih duch Zweifel a priori abhalten
zu laſſen. Rec. kennt leider aus Erfahrung die Schwierigkeiten
genau, den Eintritt, oder Austritt Kleiner Sterne der 7. und
8. Groͤße, befonders nach dem erflen und vor dem lebten Monde:
viertel wahrzunehmen, und ſelbſt mit den vorzuͤglichſten Werks
‚zeugen iſt es ihm oft nicht gelungen, allein haͤuſig ift mehr
der Zuftand unfrer Atmofphäre, als irgend eine andere Urſache
daran Schuld. — Der Aftronom darf daher nicht ermüden, er
muß folhe Beobachtungen dem Himmel gleichfam abtrogen.
Möchte doch der Herausgeber bald uns mit einem ähnlichen Vers
zeichniſſe der 1812 bevorfichenden Sternbedeckungen beichenten!
Sein Nugen if fo groß und fo einleudhtend, daß die darauf
‚verwandte Mühe uͤberall nit in Betracht kommen kann. —
Sn No. XX. S. 266 wird die erfte in vier Blättern No. ı,
2, 5, 9 beftehende Lieferung von Prof. Hardings Himmelss
charten und No. XXI. S. 275 Stielers Charte von Weſtin⸗
dien 2c. Nuͤrnberg 1809. angezeigt und beuriheilt. — In No.
XXI. &. 287 trägt ein anonymer Verf. den Wunſch vor, die
Monatliche Eorrefpondenz, möge, wie ehemals die Acta Eru-
ditorum , die Aufgabe und ‚Aufißfung mathematifcher Probleme
aufnehmen. Er felbft macht mit einer folhen Aufgabe den
Anfang. — Die Idee kann nägßlidh werden, wenn die Pros
bleme ſelbſt intereſſant, nicht bloße analytiſche Spielereyen find.
— Der Vorfhlag No. XXIII. S. 295 zu einer neuen Art
bequemer Aberrations; und Ürutationstafeln verdient befondere
Aufmerffamteit, und der Anhang enthält ihre Berechnung für
34 Maskelyne'ſche Sterne, welche etwas mehr als vier Octav⸗
feiten einnehmen. — Die Einrichtung dieſer Tafeln iſt ganz
einfach; bekanntlich iſt die Sonnenlänge das Hauptargument '
der Aberration , und der Drt des auffieigenden Mondsknoten
das Hauptargument der Mutation. — Beyde, Aberration und
Mutation, werden alio bey einer gewiſſen Länge der Sonne und
des aufftleigenden Mondsknotens — o. Diele Größen liefern
bey jedem Stern vier beitändige Huͤlfswinkel, die in den Tafeln
-verzeichner find. — Ebenfalls laͤßt fih Das Marimum der Abs
-erration und Nutation finden, und dieje geben für jeven Stern
-vier beftändige Logarithmen, die bey der graden Auffteigung
ſowohl in-Zeitzheilen, als in Theilen des Bogens in den Tafeln
«
558 v. Zach Monatliche Correipondeng.
angegeben find. — Nennt man die Sonnenlänge fiir einen
gefuchten “ — ©), ben Dre des auffteigenden Mondskno⸗
tens — 3. — Die Derter, wo bey beyden die Ab
erration und Nutation als Null verfhwinden S P, und das
Marimum der feßtern Größen, oder den befländigen Logarith⸗
man—xX, fo geben die einfahen Sleihungen : — Log. sin,
CO + $ + log %) den Peoportionaltheil für die Aberration
eines gewiflen Tages, und eben fo für die Mutation „ Log.
sin. CD + 9) + log 4. Roͤrdliche und füdliche Au
weichung der Sterne maden hierbey fo wenig, ale mehrere
algebraifche, Zeichen eine Aenderung, wenn man nur nicht ven
gißt, daß die gefundenen Sinus in dem beyden erſtern Qua—
dranten des Kreifes poſitiv, in den beyden Ichtern negativ find.
— Bey diefer gefchmeidigen Geftalt laffen ih befondere Aber
rations s und Mutationdtafeln fehr vieler Sterne in wenig
Bogen zufammendeängen, und find daher befonders veifenden
Aftronomen zu empfehlen; denn diejenigen, die ſolche nach der
gewöhnlichen Form berechnete Tafeln zur Hand haben, möchten
Diefe doc) immer vorziehen, da fie die erforderlichen Größen
an& ihnen a vue nehmen fönnen, bey den abgefürzsten Tafeln
aber mit mehrern Zeitverluft zweymal die logarithmiſchen Tafeln
eufihlagen mäffen. — D- Geegen liefert No. XXIV. ©. 305
Beytraͤge zur Kenntniß von Arabien aus orientalifchen Reis
Hefehreibungen. — Meiftens kurze Notizen über einzelne Städt
oder Gegenden, nur ber Auszug aus der Reife eines. ungenanw
ten Araders nad Mekka und Medina im J. z221 der eds
ſchira (1706) it etwas weitläuftiger, und enthält einige inter
effante Nachrichten über die durchreisten Gegenden. — Sn
No. XXV. ©. 301 wird aus Prof. Gauß Theoria etc. die
Aufgabe: Wenn ihrer Größe und Lage nach zwey Radii vecto-
res und die verfloffene Zeit. gegeben find Die eliptifchen Ele⸗
mente einer Planerenbahn zu beffimmen — vorgettagen, und
‘mit einem numerifchen Beyſpiel erläutert. — Am Schluß wir
die ſehr bequeme indirecte Methode des Prof. Gauß zur Bu
flimmung der ercentrifchen Anomalie aus der mittlern ange
eigt, und ebenfalls durch ein numeriſches Beyſpiel erklärt. —
No. XXVI. ©. 337 enthält die Anzeige von den Memoireæ
de la Classe des Sciences mathematiques et physiques de
YInstitut national de la France 1, et II. Semestre 1807,
Paris 1807 und 1808. — Ein ziemlich ausführlicher Ansyuz
aus den Vaterlaͤndiſchen Blättern für den Defterreichifchen Kai⸗
ferſtaat, Wien 1808, füllt No. XXVU. ©. 350 au. —
Santini theilt No, XXVIH. &.373 feine 1808 am adıfäßs
gen Mauerquadranten zu Padua angeflellten Beobachtungen
der Eeres und Vefla mit, und berechnet daraus dem Gegen
v. Jach Monatliche Corteſpondenz 659
chein des letztern Planeten. Der mittlere Fehter der Tafeln in
yer graden- Auffteigung betrug — 6' 36,7 und in. der Abwels -
bung + 3 0,9: — Sie geben alfo jene zu Mein, Diefe zu
jeoß. — Das No. XXIX. &. 375 befindliche Verzeihniß von
Druch und Rechnungsfehlern in den neneften vom Bureau dea
„ongitudes herausgegebenen Sonnen s und. Mondstafeln ift
üe die Beſitzer derfelben ein angenehmes Geſchenk. Das
Schreiben von Jabbo Dltmanne No. XXX. ©. 390 enthält
nehrere Bemerkungen und afronomifhe Neuigkeiten. — No.
XXI. ©. 397 :i ein Auflab: Leber die Urſachen der vers
hiedenen Dichtigksiten der Welskörper vom Marſchall von Bias
erfein. — Su No. XXXII. ©; 411 wird aus der Biklio-
heque brittannique die aus genauen trigonometrifhen Opes
ationen hergeleitete geographiiche Lage von Genf angegeben. —
Nittelſt zwölf großer Dreyecke (deren genauere Anzeige Rec.
sit dem Redacteur dee Monatlichen Correſpondenz gewünfche .
ätte) verband. man bie Sternwarte zu Straßburg mit dem
5t. Petersthurme zu Senf, und fand defien Breite — 4
2’ 4,93, die Längendifferen,g mit Paris — 3° 48 .26”,56,
der — 15 13“,7 in Zeit, wenn man den oͤſtlichen Mittagss
nterfchied zwiſchen Straßburg und Paris nach der Connais+ .
ınce des tems == 5° 24 36”, oder aı’ 58” in Zeit feht. —
)a der Petersthurm noͤrdlicher als die Sternwarte zu Genf
egt, fo wurde deflen Entfernung durch ein gemeflenes Dreyeck
ftimmt, und fie betrug — 4,62 nördlih. Eben diefes
reyeck gab die Längendifferens des Thurms 9,84. Es if
fo die Breite dee Sternwarte, = 46. 10 0”,5 und der
Zittagsunterfchted mit Paris — 3° 48 36”, oder 15 14,4,
zeit. — Aus Malers Ältern Bepbachtungen folgt die Breite
> 12’ 5”, und wenn man die etwas zweifelhaften Beobache
ngen der Capella wegläßt == 46°. ı@ 0. — Spätere Bus
achtungen gaben == 46° 11’ 58”, — Die Länge wurde eben⸗
Is fräher — 15 14 in Zeit aus Verfinfterungen und Sterns
deckungen gefunden. — Bende Reſultate flimmen fehr gut
it den geodätiiben Beſtimmungen. — Wielleiht bedarf aber
: Xreite von Steaßburg ſelbſt noch einer genauern Beſtaͤti⸗
ng. : Aus Briefen ik Rec. bekannt, daß Henry’s neuſte
ſterſuchungen der Polhoͤhe von Straßburg nicht ganz befrie—⸗
ende Reſultate geliefert haben. — No. XXXIII. > 417
rden Bouvards neue Jupiters und Saturnstafeln umfänds
» angezeigt. — Verdienſtlich find die am Schluſſe gelieferten
rmeln ın Wertden der alten Eintheilung des Quadraten und
; Tages. ausgedrudt, da leider die vortrefflihen Bouvard’s
en Tafeln nadı der Decimaltintheilung des Quadranten und
: Tags berechnet, mithin für Deutſche Aftronomen zum Ges
mich wicht bequem finde Das ungehängte Merzeichniß der’
\
60 d. Zach Monatliche Corkeſpondent
Oruckfehler wird den Beflgern bes Werks nuͤtzlich ſeyn. Dee
Auszug No. XXXV. ©. 456 aus einem Schreiben von Ser
gen liefert manche fehr intereſſante Motigen, unter andern von
theits vollendeten, theils projectirten Weberfegungen Europäifget
matbematifher und aftronomifcher Werke in das Arabifche. —
No. XXXV. ©&. 46ı und No. XLIV. &. 525 wird dit
ansfährlige beurtheilende Anzeige von Humboldts Essay poli-
tique sur le Royaume de la nouvelle Espagne fortgefegt.
— u No. XXXVL ©. 466 vertheibigt der Oberpfarrer
Fritfch feine Aeußerung, über den Werth ded Mondfcheins bey
en gegen Jabbo Dltmanns. — No.
aftronomifchen Beobachtung
XXXVIL ©. 488 enthält ein Verzeichniß von Druds und
Fechnungefehlern der neuften Parifer Mondstafeln. — Sn
(wertee Beſſel heilt No. XXXVIII. ©. 495 feine Beobach⸗
gungen der Bedeckungen von 13 und 2d des Stiers am ad.
©eptember 1800, des Austritts von A der Zwillinge am
4° ©ept. von No. 26 der Zwillinge am ad. October und von
x des Krebfes am 31. Dctober mit. — In No. XXX.
©. 495 finden ſich topographiſche Notizen über Ungariſch Al
senbnrg, und in No. XL. ©. 497 mehrere an verfchiedenen
Drtien beobachtete Sternbedeckungen. — Ein Aufſatzz Eiccolinis
No. XLI. &. 501 unterfagt, ob ein dreyfacher Regenbogen
zugleich gefehen werben könne, und verneint es. — Ein Aus
ug No. XL. ©. 512 von Herſchels Abhandlung über bie
Maturberhaffenheit des großen Kometen von 18075 , liefert in
gebrängter Kürze deſſen Wa enehmungen und Hypotheſen. —
— Sa No. XL. ©. 515 unterſucht Marſchall von Bieber⸗
‚Kein die Erregung der Wärme duch das Licht auf deu Zelt
törpern,, nnd befonders anf der Erde. — Aus den Erzählum
gen eines Eingebornen gib Seegen No. XLV. ©. 511 eim
Hrachricht über das Land Jedschu in Habesch, die Gibberty
und ihre Sprache. — Die Einwohner find Mahommedaner,
und fheinen einen Hang zum Pietismus zu Haben. Sie wers
den von einem Sultan regiert, und leden im Beftändigen
Kriege mir dem Nuggüss (Beherrſcher) von Habeſch. ihr
Eultur fleht noch auf einer nisdern Stufe; Reis iſt nicht von
handen, und anflatt des Brods bedient man ſich einer Art
von Kuchen, bie man warm von dem Teller ißt, worin et
gebacken wurde. Zuckerrohr iſt zwar dort vorhanden, man
bereitet aber darans keinen Zucker, ſondern faugt den fäßen
Soft aus. Ein kleines Wörterbuch der Gibbertyſchen Sprade
macht den Beſchluß. — No. XLVI. ©. 564 enthält die Re
cenfion des zwehten Bandes der Oeſterreichiſchen vaterlaͤndiſchen
Blätter. Die im Auszug mitgerheilten Notizen find. beſon⸗
ders für den Statiſtiker wichtig.
EEE
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y
\o. 36. Heidelbergifche 1811.
Jahrbuͤcher der Literatur,
soffem und Grundfähe des königl. preußiſch⸗ churmärkifchen erſten
Oberforſtmeiſters Carl Philipp von Kropf, bey Verméſ⸗
fung, Eintheilung, Abſchatzung, Bewirthſchaftung und Enitue
‚ der Foren. Nebſt beyläufiger Berichtigung verfchiedener in den
Forfibandbüchern des Oberforſtmeiſter F. 9. 2. von Burgs»
Dorf enthaltenen Lehren. Zweyter Band. Berlin, gedruckt
bey Georg Decker, königl. geh. Oberbofbuchdruder. 1807.
De zweyte Band dieſer Schrift, worin die Capitel und
eitenzahlen des erſten fortlaufen, fängt an mit dem deeys
dnten Kapitel, weldhes von der Einrichtung der
orſt-Verbeſſerungsanſchlage im Preußiſchen
ndelt.
Der Berf. cheilt zuerſt Gas zu den Bosftoerbefferungen
rgefchriebene Formular zur Nachweifung der Anzahl, Groͤße
d Befchaffenheit der, in jedem Forft vorhandenen Schonungen
t. Die Sorftverbefferungsanfchläge in den Preußifhen Staas
; begreifen den Zeitraum vom ı. Juny des erften bis zum
Suny des zweyten Jahrs, und dieſer iſt in ſofern gut ge⸗
bie, indem in dieſer Zeit alle. Eufturen beendiget werden
nn.
In den Anſchlaͤgen felbft wird folgende Neiheordnung bes
ichtet: 1) Nachbeſſerungen im Laupholge; 2) Nachbefferungen
Nadelholze; 5) neue Anlagen im Laubholze; 4) neue- u
en im Nadelholje; 5) Pflanzungen ; 6) Saats und Pflangs °
ıpe; 7) Graben und Bewäßrungen; 8) Ertraordinarien.
Bey den Veranfchlagungen felb wird ad ı und a beoßs
et, daß feine Nachbeſſerungen aufzufchieben, und dieſen
nal der Vorzug vor den. neuen Antagen gegeben, folglich.
en leßtern nur dasjenige Geld und Diejenigen Sämereyen
56
2
562 v. Kropf Syſtem u: Grundſaͤtze der Forſtwiſſenſchaft.
verwendet werden, das nach Abzug ber Nachbefferungen ned
uͤhrig bleibt... Wen diefen Nachbeſſerungen muͤſſen die Ploͤtze
ihrer Lage nad genau angegeben, und die Urfachen, warum
der Aufwachs und Anflug ausgeblieben iſt, genau bemerkt
werden, um daraus entnehmen zu koͤnnen, wie die Nachbeſſe—
rungen einzurichten find. Line jede Nachbeſſerung wird erf
im dritten Jahre unternommen, um gewiß zu feyn, daß nidte
mehr durch die frühere Ausfaat erfolgen kann. Sie gefchehen dem
Lokale gemäß theils Durch Anfaaten, theils durch Pflangungen. Ad
3 und 4 it es Grundſatz, den im Laubholge erforderfichen nehen
Anlagen den Vorzug vor den neuen Anlagen im Nadelhofze zu ge
ben, folglich auf die feßtere nur dasjenige Geld zu verwenden, mas
nach Abzug der Koften zu den erſtern uͤbrig bleibe. Ad 5 ik
beobachten, daß keine Pflanzung ins Freye veranſtaltet werden
darf, ohne dabey zu bemerken die Anzahl, Höhe, Stärke und
das Alter der Pflanzſtaͤmme, wo fie gefchieht, wie der Be
den beſchaffen iſt, und ob in der Naͤhe des Platzzes Waſſer
vorhanden iſt, worauf alsdanp die Koſtenanſaͤtze ganz ſpeciel
für jedes Schock Pflanzen gemacht werden muͤſſen. Ad 6
wird die Anlegung, Befamung und Bepflanzung der Saat
und Pflanzkaͤmpe und alles dasjenige, was darin und an dt
Bezaͤumung zu verrichten nothwendig iſt, ſpeciell veranſchlagt.
Ad 7 wird die Anfertigung neuer und Ausbeſſerung ber alten
Zäune, der Schlagbäume, Schonungs⸗ Einfaffungs s und Ah
zugsgräßen, Schonungs- und Warnungstafeln, Conpirziun
zue Cultur der Sandfchollen 20. bemerft. Ad 8. Hier werden
ofle nicht unmittelbar zu den veranfihlagten Gegenfländen gu
hörigen, fonft etwa noch erfordeilihen Koften aufgeführt z. B.
die zu Unterhaltung der Inventarienſtuͤcke, als Forſtpfluͤge,
Pflanzungsgeraͤthſchaften.
Der Verf. gibt darauf eine Ueberſicht von den in ſeiner
Gegend uͤblichen Anſchlagsfaͤtzen, um dadurch anſchaulicher ze
machen, wie «in jeder Gegenſtand gruͤndlich beſchrieben, un
‚jede Arbeit gehdrig taxirt werben muß, damit nicht zu viel,
oder zu wenig angeſetzt wird.
J
v. Kropf Syſtem u. Orundfäge der Forſtwiſſenſchaft. 563
Bor dem 1. May mie die Forflverbefferungsanfchläge
usgefährt feyn, und die für das naͤchſte Jahr mäffen bey der
orjährigen Revifion fchon verabredet feyn, und vom ı. Dec.
nz bey den Forſtbedienten bereit feyn. Der. bis zum 1. May
wisgefährte Anſchlag muß mit Berechnungen und Bemerkungen,
vie er ansgefährt worben, nedft dem Entwurf für das naͤchſte
Jahr, vom 16. May an, bey den Forfibedienten zum Wehuf der
Forftverbefferungsrevifion ganz vollftändig bereic liegen. Diefe
vird in den Monaten Junius und Julius vorgenommen. Die
Bergleihung desjenigen, was im verfloffienen Jahr wirklich
zeſchehen und aufgewendet, und für das folgende Jahr in
Vorſchlag gebracht worden iſt, und die Pruͤfung beyder an
Irt und Stelle, gibt der Reviſion, die von. den Forſtoorgeſetz⸗
en vorgenommen wird, Belegenheit, noch manches abzuändern.
Nach gefchehener Reviſion mäffen die Forſtbedienten den auss
vefährten Anfchlag einfach, den Entwurf fuͤrs naͤchſte Jahr und
ie Nachweiſung der Schonungen, nach den gegebenen Formu⸗
‚aren, zweyfach an die Forſtvorgeſetzten einreichen, welche, nach⸗
em fie nochmals von ihnen revidirt und unterſchrieben worden,
m Juliusmonat zur Reviſion und Genehmigung der höchfieh
Behörde vorgelegt werden. Die genehmigten Anſchlaͤge gehen
uf diefelbe Art wieder gu den Forfibedienten zur Ausführung
ſuruͤck. Was unausgeführt geblieben ift, wird in dem nächiten
Anſchlag wieder aufgerriommen. Ueber die von ders Forftöes
Jiensen erhobenen und verwendeten Forſtculturgelder muͤſſen Ale
sach einer beſtimmten Vorſchrift eine Seldrehnung.mit Bela
ven und Auittungen anfertigen.
Diefe fo aͤußerſt zweckmaͤßige Einrichtung der Forſtverbeſ⸗
'etungss oder Forſtculturweſens und die Ordnung, womit die
Borftsufturen zur Ausführung gebracht, verdient um fo mehr
us Mufter aufgeſtellt zu werden, Da diefer fo wichtige Gegen⸗
tand der Forftwiffenfchaft, nur gar zu oft oberflächlich behan⸗
delt, die Ausführung derfelden dem untern Forftverfonafe über
laffen, und keine gehörige Controlle dabey aufgeftelt wird. : Aus
dieſer Lrfache werden daher oft große Summen anf Cultaen
564 v. Kropf Enten u. Srundlibe der Sorfmifenfcant
verwendet, welde man., auf bi gehörige Art: anzewendet, oft
mit der Haͤlfte zweckmaͤßiger ausfuͤhren koͤnnte.
Um bey den. Pflanzungen in gleich weitem Kreuzver:
bande ohne Berechnung immer ſogleich wiſſen zu koͤnnen, wie
weit die Pflanzreihen nad) beſtimmten Diſtanzen aus einandır
gemacht werden muͤſſen, und wie viel Pflanzen zu jeder Diſtam
uf einem Morgen erforderlich ſind, hat der Werf. eine Be⸗—
sechnungstabelle darüber angefügt. Außerdem gibt er auch noch
eine Ueberſicht über. die Anzahl der Pflanzen, welche ˖ſolche nad
den beſtimmten Diſtanzen in nicht gleich weitem. Kreuzverbande
geſetzt werden ſollen. Es wird ferner durch Berechnunge—
tabellen beſtimmt, wie groß die Laͤnge des Zauns zu einem
ein Viereck bildenden Saat/ oder Pflanzkamp von verſchiebener
Groͤße ſeyn muß, wie hoch fi die Planzungss, Bezäumungss,
Graben⸗, Anfertigungsı und ſonſtige Culturtoſten für jeden
Morgen, jeder Ruthe nach beſtimmten Sägen belaufen; endliqh
wie groß die Menge der Einſaat zu jedem Morgen iſt.
Divfe Ueberſichten und Berechnungen gewaͤhren bey der
Ausfuͤhrung der Culturgeſchaͤfte eine große Erleichterung...
Vierzehntes Capitel. Bon der Eulturbe
Sandſchollen. Die Sandſchollen entſtehen aus dreyerley
Art: 1) in den Forſten, wenn ein ſehr leichter Sandboden
auf Anhoͤhen zu kahl, oder leer gehanen, und nicht gleich
wieder mit Holz angebauet wird. 2) Wenn ein leichter Acka
gu oft beackert, und zu wenig oder gar. nicht mit Dünger
werfehen wird. 3) Wenn Meere, oder Seen und Fluͤſe
bey Ueberſchwemmungen, oder. flarfen Windfiärmen Sand
auswerfen, den Strand, oder das Ufer und weite Gtreden
Landes damit bedecken. Diefe letztere Art von Sandſchollen if
in der Kurmark feltener, die beyden erſtern Arten aber haus
‚ger, und nach der Angabe des Verf. find fie oft won einigen
hundert. bis zu einigen ‚taufend Morgen in einer Flaͤche von
handen. Die Cultur bderfelben wird alfo dort, und zwar mit
Met, als ein fehr. wichtiger Gegenſtand vom Werf. betrat,
weicher von allen Selten verdient erwogen gu werden, weil «4
v. Kropf Syſtem m. Grundfäge der Forfwiflenfchaft. 565 '
venige Segenflände in der Eultar gibt, welche mehr Kenntniß
iner "einzelnen Sache und mehr Um⸗ und Aufficht erfordern,
ls die Cültur der Sandſchollen, wenn nicht viel Geid übers
luͤſſig und unnäg darauf verwendet werden foll.
"Der Berf. bemerkt zuerft bie Methoden, weiche Gleditfſch
ind v. Burgsdorf zur Bindung der Sandſchollen angege⸗
zen haben, und indem er dieſelben in einigen Städen wider⸗
iegt, gibt er zugleich die, von ihm als zweckmaͤßig erachteten
Methoden an, und beweiſet durch die von ihm ſeit einigen
Jahren in Cultur gebrachten Sandſchollen von bedeutendem Flaͤ⸗
cheninhalt, daß ſeine Methoden praktiſch voͤllig anwendbar und
von’ Nutzen fied. Er geſteht demnach gu: 1) daß es noths
wendig tft, die Sandſchollen zu vermeflen, um die Lage und
Beſchaffenheit derſelben kennen zu fernen, und Weberfcdläge
über den Anbau machen zu konnen, wobey auf die Windfriche
von Südwerr nah NMoſt befonders zu den nöthigen Vorkeh⸗
rungen Ruͤckſicht zu nehmen iſt, ſobald nicht von den Wen⸗
dungen der Winde zwiſchen Bergen und Schluͤften die Rede
iſt. Ueberhaupt gibt die Norblinie auf der. Charte fchon das
Noͤthige deshalb an. 2) Daß zwar Koftenanfchläge über die
Cultur derſelben nothwendig find, daß folhe aber nicht für
große Strecken und auf: gehrere Jahre Hinaus gemacht werden
koͤnnen, weil die Sandſchollen fich verändern. Diefe Anfchläge
möffen auch zu einer ſehr trocknen Zeit, wo fie fih in ihrer
wahren Hefchaffenheit zeigen, gemacht iverden.. Die v. Burgss
Dorf angegebene Berechnung der Roften und die Anwendung
des Materials zur Bindung der Sandſcholleg werden vem
Werk. berichtiget. 5) Haͤngt es von der richtigen Beſtimmung,
wie die Coupirzaͤune ſtehen, und we das Deckreißig Hegen fölf,
vorzüglich ab, daß, die Bindung ohne Verfchwendung diefer
Materialien erfolgt. Es iſt nothwendig, daß hohe Sandberge
Bis "auf ‘den Feten Sandboden fo weit weggefchippt werden,
damit die Zaunpfähle im feflen Stand zu ſtehen kommen. Auf
Ebenen iſt dieß freylich nicht möglich, Hier muͤſſen die Zauns
vfähle aber deſto länger gemachte werden. Die Coupirzäune
566 ©. Kropf Syſtem 4. Grundfäge der Forſtwiſſenſchaft.
müffen fo gemacht werden, daß fie 5 — 6 Jahre dauern. Das
Ausbreiten des Deckreißigs zwiſchen den Zäunen muß von
dem Ende der Sandfcholle angefangen werden, woher die herr
fchendften Windflärme kommen, und die abgehauenen Enden
deffelben werden nad) den Zäunen bin fo gelege, daß fie unter
die ausgebreiteten Zweige und zunaͤchſt anf den Sand zu liegen |
kommen, damit der Wind Über das Reißig hinfkteichen, und es
nicht aufheben kann. Es ift zwar natärlih, daß eine Sand
ſcholle am ficherfien uud volllommenften in Ruͤheſtand verfekt
werden kann, ‚je mehr Coupirgäune angelegt, und in je kleinere
Entfernung fie auseinander gejegt werben, in welchem Fall die
. Bindung auch ohne Bededung mit Reißig bewirkt werden faun;
olfein fig kann auch Teiche fchädlich werden, wenn die Say
fchollen fogleich befamt werden follen, in welchem Fall es de
Pflanzen an hinlänglihem Luftzug zum guten Gedeihen fehlt.
Die eigentlihe Entfernung der Zäune Pl fih ſchwer im Ab
gemeinen befiimmen, indem fie auf. manchen Stellen nur gehn
Ruthen: von einander entfernt anzulegen find, an andern Steh
ion oft kaum alle Hundert Nuthen ein Ceupirzaun erforberlid
if. 4) Iſt es nothwendig und raͤthlich, bey dem Segen de
Zaͤune und Bedecken mit Reißig die Sandſchollen fogfeich mit
Holzfamen anzuſaͤen. Geſchieht es nicht, fo verfliehen mehrere
Jahre zum Holzanbau ungenugt, die Zäune und das Meifig
vermodern, und werden entwendet, und wenn der Boden dann
nicht gang benarbt il, fo iſt er der Gefahr aufs neue wieder
fluͤchtig zu werden ausgefcht. Der ausgefäete Same umd bie
‚aufgegangenen Pflamen erhalten auch von den Zaͤunen und
Reißig in den erfien Jahren den noͤthigen Schutz und Schat
ten, fo wie Hinreichende Feuchtigkeit, weldes alles ihnen ab⸗
gingen, wern der Holzſame erſt auf den zwar. benarbsen, aber
unbeſchuͤtzten Boden ausgeflreut würde. Diefe Bemerkungen
find Widerlegungen der u Burgsdorf angegebenen Methe
von. Der Verf. geht darauf gu denjenigen Methoden über,
desen er fih mit Erfolg gur Bindung und Cultur der Saud⸗
ſchollen bedient hat. Kleine Sandichollen von 10 — Io Mor
vx Kropf Syſtem u. Grumdſaͤtze der Sorſtwiflenſchaft 567
en werden bloß tief aufgepflügt, damit deu untere, feflere,
sahrungsreihere Boden zu Tage gebradit, und dann ber
Holzſamen darauf ausgefäct werde. Das Pfluͤgen darf aber nicht
Fahre an- Fahre, fondern nur eine breite Sabre um die andre,
ind nicht frauͤher, oder fpAter geſchehen, als man den Winter
yinderg bey offenem Baden, oder früh im Fruͤhjahr pflügen
ann, auch darf keine ‚größere Strecke als auf einmal anges
äet werden kann, vorgenommen, der Riefernfame nach bem
Pfluͤgen fogleich ausgeſaͤet, und der Soden mir Reißig bedeckt
werden. — Auf größern Flaͤchen von Saudſchollen find freylich
Eoupirgäune, oder Vorbane noͤthig, nachdem dieſe errichtet
worden, gefchieht das Pflügen, wenn der Voben naß und
feucht ig, worauf der Same ausgeſtrout, und der Boden (ogkeich
mit Meißig bedeckt wird. Lin drey Jahre alter Anflug vers
bindet and beichattet den Boden flärker, als die ſtaͤrkſte Bebes
Bung mit Reißig, und es iſt alfo, wo ein ſolcher Anflug balb
erfolgt, Me. Erhaltung Ber Zaͤune, die font 8-10 Jahre
nothwendig wäre, uͤberſtuͤſig. Auch gewinnt man dadurd) am
Koſten, welche. eine nachherige Beſamung, wenn der Boden
erft benarbt iſt, erfordert; Eine Hauptregel-ift es uͤbrigens,
daß man auf ber Flaͤche der auf einmal zu cultivirenden Sands
ſchollen frühe genug bey affenem Metter, den gangen Winter
hindurch, mit dem Gegen der Bäume anfangen muß, um
fräßer mie der Arbeit fertig. zu werden, e⸗ ber. Sand. gany
trocken und fliegend wird.
Das weitere Verfahren bey der Caltut der. Sanpihıken
wird von dem Werf., mit Ruͤckſtcht auf verfchiedenedsunte Fälle,
noch näher erläutert, und Auszuͤge aus mehrern Reſcripten, im
weichen: ſein Verfahren gebilligt und gelobt wird, zur Reche⸗
feeiigung deſſelben geliefert.
Fanfrehntes Capitel. Bon der phyfitatifge
botaniſchen BVerwandtſchaftder Holzartenunter
ſich, Behufs der Grundfätze bey Anlchriung der
fich dem Forſtweſen wibmenden Jünglänge, bes
fonders in Anwendung der Eultar uad höhern
eo —
568 © Kropf Sopen u. Gernbſite der Forſtwiſſenſchaft.
Benutzung der Jorſten; ingleichen von eintgen
wichtigeu Fehlern in Anlehrung unſrer jungen
Forſtleute. Der Verf. ruͤgt zuerſt die Fehler, welche bey
der Bildung junger Leute zu Forſtmaͤnnern begangen werden,
und tadelt beſonders diejenige Lehrart, die bloß thedrettſch if,
oder, wenn der Lehrer keine eigene Erfahrung beſitzt, wodurch
er. nur. allein bey feinem theorettſchen Vortrage dem Juͤnglinge
richtige Gruudſaͤtze beybringen tann. Die Art der Erlernung
dee Forſtweſens ſelbſt muß demnach darin beſtehen: daß ein
jeder Lehrling erſt drey Jahre. das. Praktiſche in zwey verſchie⸗
denen Gegenden, wo die. Dewirthſchaftung und. Cultur der
Laub s und DMadelhölzer im ganzen Umfange vorkommt, lernen,
ſodann aber zwey Jahre, in zwey verfehiedenen Forftiehrauflalten
zubringen muß, ‚um bier die Theorie zu lernen. Zur völligen
Ausbildung wuͤrde es alsdann noch befonders nuͤtzlich ſeyn,
wenn er in mehreren Staaten die Bewirkhfhaftung und Cultur
der Zorfien kennen lernte, und wenn we alsdaun in dem Staate,
wo er angeflelle werden follte, der Leitung eines erfahrenen
‚Korfivorgefeßten anvertraut würde. Nur auf diefe Ark glaubt
der Verf., daß ein guter Zorfimann angezogen. werden Pbnnte.
Rec. iſt im Ganzen zwar mit dieſer Art de Bildung einver⸗
fanden, und glaubt, daß demjenigen, der ſoviel daran zu wens
den vermag, eine folhe Laufbahn freylich näglich ſeyn würde,
Yarausgefeht, wenn er Beurthejlungekraft genug. beige, um
dasjenige, was er fo verſchieden ficht und Hört, gehörig mit
einander, zu vergleichen und anzuwenden, Go fehr Rec. aber
davon überzeugt If, daß einige allgemeine praktiſche Kenntnife
zum Grunde gelegt werben muͤſſen, ehe des Lehrling mit der Thes⸗
rie anfängt, fo glaubt er doch, daß Ein Jahr ald Vorbereitung‘
hierzu. Binreichend und es zweckmaͤßig feyn würde, die andern‘
zwey noch zum praftiihen Unterricht beoſtimmten Jahre erf
dann zu .Genußen, wenn er ia der Forſtiehranſtalt ſich Theorie
erwörben bat, wo er. alsdann befier: im Stande ſeyn wird,
manches richtiger zu. beurtheilen, als er gan, an alle Tom
im Stande. km würde. : .- . »
y, Kropf Syſtem 8. Grundſaͤtze der gorſtwiſfenchaft 569
Der Verf. zeigt‘ ferner, wie im Preußtfchen, durch Wer
Befferung ber gegenwärtigen Einrichtungen, auf 'eine ‚zmedlmäs
Gigere Art geſchicke Forſtbediente gebiidet werben können. Die
Anficht, welche er von der Sache Hat, iſt zwar gut und richtig) -
allein die Ausführung wird aud) dort, wie in fo mandıen ans
dern Staaten, nicht zu Stande kommen, fo lange man. no’
Leinen richtigen Begriff ſich davon machen kann und will,
was eigentlich ein gebildeter und tuͤchtiger ‚Sorfimann eve and
Leiften muß. .. !
De VWerf. kommt nunmehro auf vie phyftkalifch / Sbrantfce
Verwandiſchaft der Holzarten ˖zuroͤck, wormuter st die Art unn
Weiſe begreift, jedem :Yehrlirg Die Grundfähe, ſo weit die
Mänfit: und. Botanik darauf Einfluß Haben, durch eine genand
Kenntniß ſener Rerwandiſchan leichter und. faßlicher ſyſtemanſch
beyzubringen.
Er tadelt zunachſt, und nicht mie unredt, die v. Burgss
dorf gemachte Eimheilung der Holzarten, und bie Beſchean⸗
kung derſelben grape-anf.hımmdert Arten. Was die Einthellung in
Baus und Brennholz betrifft, ſo iſt ſvlche ſehr uabeſtimmt,
und erregt fo oft eine ſchiefe Beurthetlung, indeni jebes Bau⸗
holz, wenn es bloß auf feinen Schuft-anfomme, auch zu Grenns
holz angewendes werden kann. Sodann hat er mehtere Stau
den, denen zwar durch Die Kunſt' oft ein baumattiges Mufchen
zegeben werden kann, zu den Daͤumen gezaͤhlt, da fie. Bode
rigentlich nur zu: den. ganzen Stauden gehören, z. B. wer
Masholder, Eybendanum, bie Stechralme, der Wacholder ꝛc.
Im nicht die dngenommens Zuhl von haudert Arten’ zu Abers
reiten, find..fehr. viele noch nicht einheimiſche, der wenige
tens feit nicht.lainger Zeit in Deutſchland einheimtſch gewordend
Holzarten weggelaſſen worden, welches bey vielen die Ides
rege bat, : daß’ gerade nicht mehr als Hundert Dolgasten: in
Deutſchland eiũheimiſch find. Der Verf. bar dieſet Dahl noch
weyundsoteszig: hinzugefügt, die, wenn fie auch nicht alle ale
sid und einheimiſche zu betrachzen, und‘ unter dieſon auch viele
Beidenarten vorhanden find, doch zum Theil noch den harndert
570 WKwopf Sof m. Brinkige der Forſtwiſſenſchaft.
daotzgarten zugeſellt werben koͤnnen, wohln vorzüglich die zahme
Raftanie, die Roßkaſtanie, der Platanus, die weißblähende
Akazie, die Manlbeerhänme, die Earolinifche, Italieniſche und
Candbiſche Pappel, Die Krummholzkit fer und einige Weiden⸗
arten gezaͤhlt werden koͤnnen.
ev Dat Verf. gibt alſo win nach einem beſſern Onfım ge⸗
vednetes Verzeichniß ber Dentſchen und ber vormals fremden,
Set aber als einheimiſch zu betrachtenden Holzerten, und bringt
ſolche in folgende Unterabtheilungen: A. Laubholzwald baͤumt,
2) weiche zu den harten gerechnet werden; 2) welche zu den
weichen, gerechnet werden. Erſte Sorte: Hart; zweyte Sorte:
weichen (Pappeiöhume); britte Sorte: noch weicher (Weiden
bänme). B. Sartenbhurme: 1) hart; ©) weicher. C. Lanbı
des, zomje Standen: 1) fehr Hart; 2) weriget hort: 5) weit
hart. D. Laubholz, Halbe Stauden, oder Sträucher sd ) Hart:
29) weh. Ex Dornſttaucher, hart. F. Weidenſtraͤucher, feht
weiß. G. Ranken, weih. *H. Das. wilde Roſengeſchlecht.
J. Das Bromm s und Himbeerengeſchlecht. K. Erdhoͤlzer.
L. Nodelhozbäume: 1) hart; 2) meich. M. Bradeihelsfian
den, hart, inter diefe werfchlebanen Rubriken ind Hundert um
zweyusduiergig Arten gebeamht, denen man noch mehrere, ihrer
Matur, oder ihrer Eigemphaften gemäß, hinzufügen kann, ohm
der fyſtematiſchen Oedanng dadurch zu ſchaden. Rec. gefteht,
ab dicſe Ordnung weit. fahllicher iſt, und beſonders beym lim
teericht junger Lente viek Wwichter zum Zweck führt. - Der Verf.
laſßt Aleſer Ueberſicht noch eine weitere Erklarung Aber das
Baysıyum der Hotzarten folgen, worin beſenders der Einfiuf
des Bodens und: Staudorts, weiche auf bie Claſſiſication der
Oohzarten großen Eiufluß haben, bemerkt wird. Zur weiter
Mesfuͤhrang der Sache füpe er noch einige phyſikaliſch⸗ Gotankı
ſche: Bemerkungen Bin, weiche Die Erhasten, dis Wurzeln,
va6 Innere der Bäume, bie Zweige, bad: Wachssham der
Mäuse, bie-Diätter, die Ernaͤhrung der Game und Stein
dm, hie Ausspen,. bie Blathen, die mancherley Aeten der
Biäıhen ; Bid Veſcha ſſenhheit uns Nanien der Theile der. Btärhe
5, Kroyf Syſtem u; Grundſaͤtze der gForfwiſſen ſchaft. s571
nd die Mothwendigkeit der Befruchtung zum Gegenſtande
aben. Es ik hierüber das Wiſſenswuͤrdigſte in gebrängtee
uͤrze angefährt.
Der Verf. bemerkt endlich, daß er vielfaͤltig die Erfahrung
macht Habe, wie bey Angaben von Baus und Mushölgern
arichtige Berechnungen Über den Cubikinhalt derfelben, zum
br großen Nachtheil des Verkaͤufers, gemacht worden. nt
ı er ganz richtig bemerkt, daß knbiſche Rechnungstabellen
ıd Forſttaxen, wggen der großen Verfchiebenheit der Geſtalt
r Holzkoͤrper, unmoͤglich alle vorkommende Fälle enthalten,
id am wenigſten immer auf den vorliegenden Gegenftend zus -
sten. koͤnnen, fo läßt fih der wahre Enbilinhale mie. mit
Niger Zuvertäffigfeit anders ausmitteln, als durch wirklich⸗
uſmeſſung und Berechnung des jedesmal vorliegenden Stuhr
lzes. Er bat gu dem Ende für die Berechnung der Hoͤlzer
n allen Formen feichte und zweckmaͤßige Kermulare angegeben,
d ein jedes durch Beyſpiele erläutert. 3
Sechszehntes Capitel. Bon einigen gefetz
bon Vorerſchriften, Verfaſſangen und Einrich—
‚ngen im koͤnigl. Preußiſchen Forſt weſen. Dieſes
pitel iſt den ehemaligen und jetzigen Preußiſchen Verfaſſunge
Hiuſicht der Oberaufſicht und Direction des Forſtweſens
vidmet, und des Verf. zeigt den nachtheiligen Einfluß, dem
für das. Zorfiwefen hat, wenn. die Oberforſtmeiſter ‚nice
hörige Kenntniſſe beſitzen, ſondern ſolche erfk im Dienft lernen
llen und follen, und wenn die Direction van den Kammern
hänge, : welche. theils feine Forfitenninifie haben, theils bie
zmaͤnentevenuen. meifterts zum Dachtbeif. der Korfirevenum
veitern. Der Verf. ift alfo der Dieinung, worin. Res ihm
4, ebenfalls durch Erfahrungen von jenem großen Nachtheile
ehrt, volllommen beypflichtet, daß die obere Directian de@
rſtweſens in den Händen von Forfimännern, und unter einen
rection fern müfle, damit das Forſtweſen nach maͤglichſt
fürmigen Grundfägen geleitet werde, und daß den Kammern
hoͤchſtene im Rechtungẽsweſen Coucurvenz berw Gorfiupeien
572 ©. Kropf Sotem m. Brundfäge der ‚Forfmilienfchaft,
. gmoeflanden werden muͤſſe. Es werden mehrere Preußiſche
Reſeripte angeführt, wodurch der: zu größe Umgriff der Kam⸗
mern im Forſtweſen unterfagt, und die Oberforſtmeiſter gegen
Die Handlungen der Kammern zu einer Art von Controlle an
gewiefen Werden. : Die Oberforfimeifter find den Kammern
soordinirt, und die Kammern dürfen in Zorftfachen, tm fofern
le das Technifche betreffen, gegen die Meinung ber erfern
nichts entfcheiden,, fondern muͤſſen in diefem Fall’ cs zur Göhern
Entſcheidung kommen laffen. — Unter dem Namen Forfkamt,
Deren es viele in dem Departement eines Dberforftmeifters gibt,
wird im Preußifcehen der Domänendeamte und Oberförfter des
Bezirks verftanden.. Ale dem Forſtamt zukommenden Sefchäfte
darfen nie einfeltig. geſchehen, fondern beyde Beamte muͤſſen
Kenutniß davon erhalten, und "die Berichte der Zorftämte
muͤſſen jedesmal gemeinſchaftlich abgeſtattet werben.
Daß die Oberforſtmeiſter zugleich Mitglieder der Kammer
ſind, Hält der Verf. nicht für rathſam, weit ihnen dadurch za
viele Zeit für die Adminiſtration entzogen wird. Dieſelben fol
ten fich eben fo wenig gu klug und vornehm dünken, um die
Meinungen ihrer Untergabenen Aber örtliche Umfände zu hören.
Dieb iſt aber leider, und befonders bey folchen, die ſelbſt am
wenigſten verfichen,, felten der Fall, und daher entfliehen fo oft
Mißgriffe und Unzufriedenheit bey den Untergebenen , word
nur allein. das Ipntereffe und Wohl des Gtaats leidet.
Die Vorſchlaͤge, welche der Verf. wegen Beſtrafung ber
Forſtverbrechen madt, und die Siurichtungen, weldhe deshalb
im Preußifchen beſtehen, verdienen da, wo biefer wichtige
Gegenſtand noch verabjäumt wird, erwogen und angewendet
zu werden. 0.
Siebenzehentes Capitel. Bon der Befagniß
ber Borfieigenehämer gegen die Adtungsberedr
tigten. Die fo fehr zur Nothwendigkeilt und zum Ne
duͤrfniß gewordene Huth und Weide in den Forſten, die auf
der andern Seite eben fo nothwendige Erhaltung der WBaldanı
gen ur Hinreichenden Befriedigung eines der erflen mienfchlicer
s Kropf Syſtem u. Grundfäge der Forſtwiſſenſchaft. 573
Beduͤrfniſſe machen es nothwendig, daß naͤhere Beſtimmungen
wegen Schonung der Waldungen allenthalben eintreten. Der
Verf. Hält es für die Preußiſchen Staaten um ſe nothwendiger,
m beflimmen: den wie vielften Theil eines Forfles der Forſt⸗
eigenthuͤmer zur Beförderung ‚des Wiederanpuchſes des jungen '
Holzes einzufchonen befugt fen, und wie langt jeder Theil eins
gefihont . werden könne, weil die Forſten theils Durch fo piele
jufällige Umſtaͤnde :verwüflet worden, theils auch viele Wider⸗
prüche und Veichwerden deshalb ſtatt finden. Es fragt ſich
alſo: was erfordern die vorwaltenden Umſtaͤnde für, Maßre⸗
zeln, und was beſtimmen die Geſetze deshalb? Zur naͤhern
Beurtheilung deſſelben iheilt der Verf. einen Auszug aus dem
koͤnigl. Preußiſchen allgemeinen Landrechi, in Betreff dieſes
Begenflandes, und zwar aus dem J. Th. Tit. ce $. 63.186
mit. Das KHanptrefultat diefer ‚Verordnungen befteht darin?
daß das. Huͤtungsrecht nur fo ansgeäht werden darf, daß der
Eigenthämer dadurch an der Subſtanz der Sache keinen Schas
den leidet, und nach der Landesart an der gewöhnlichen Cultur
und Benugung des mit, der Huͤtung belafteten Grundſtuͤcks niche
zehindert wird. Berner darf darnach der Eigenthumer bie
Inngen Haue, oder abgeholsten Schläge fo lange,gegen alle
Behuͤtung einfchonen, bis für das Holz keine, veihänigung
von .dem:-Viehe mehr zu. beforgen if.
Diefes Sefeß iſt zwar in diefem Stuͤcke volllommen genär
zend, allein darin noch unvollfonimen : der wie vielſte Theil
einer Forſt eingefchont werden koͤnne, ohne daß die Huͤtungs⸗
herechtigten Widerſpruch ‚erregen koͤnnen. Sn der Kurs und
Neumark ift zwar zum rundſatz angenommen, daß in jeder
Forſt beftändig der fechste Theil in Kultur genommen und
eingeſchont werden koͤnne, ohne daß dahey ein Unterſchied zwis
hen Laub s.und Nadelholz gmacht worden if, Der Werf.
bemerkt daher ganz richtig, .. Daß eine generelle Beſtimmung
hierüber, nach der Matur.der Sache, wegen ber Verſchie den⸗
heit der Holzarten, ihrer Benutzung und Größe auf keine
Weiſe ſtatt finden kahn, und daß auf jeden Fall dabey zwiſchen
574 v. Kropf Syſtem u. Srundſaͤtze der Forftwißenfchaft,
dem Laubs und Nadelholze ein Unterſchied gemacht, und ja
“jedem «igene Srandfäge aufgeftellt werben muͤſſen. Er bewein
alfo nach. den verfchiebenen Umtriebsperioden, wornach fih
and bie. Schenungszeit eines Waldes rihten muß, daß von
Ben Kiefernwaldungen der fünfte Theil des Ganzen und ebene
won den Laubhohhhochwaidungen, die in demſelben Turnus wie
Die Kiefern umgetrieben werden, der fünfte Theil jederzeit in
Schonung fiegen kann und muß. , In ben Miederwaldungen,
worin ein kürzerer Umtrieb flate findet, kann aber dieſer Grund
ſatz nicht ale Norm gelten, fondern Hier muß nach Werhätnif
der Umtriebszeit, und Folglich nach. ber Zahl der Schläge, in
welcher der Niederwald abgetheilt iſt, bis 25 des Bann
in Schonung gehalten werden. In ſolchen Schlaghälzen,
welche keine Bloͤßen haben, und wo der Holzwuchs gut if,
koͤnnen die Schonungen Bis auf 14 des Ganzen vermindert
werden. Würde in den Niederwaldungen eine größere Fläche
der Weide angegeben, fo würden die Schläge entweder nr
fehe wenige Jahre gefchent, oder der Forſteigenthuͤmer wuͤrde
nicht. alle Jahr einen Schlag abholen duͤrfen, und alfo dw
durch an der Benugung feines Waldes verlieren. Dec. iſt in
Hinſicht dieſer Beflimmungen ganz der Meinung bes Verf.,
und hält mit demſelben auch dafür, daß die Huͤtungsberechtig⸗
ten fih dadurch um. fo weniger für benachtheiligt erachten kw
nen, da fie auf jeden Fall, verbunden find, den Forſteigenthuͤ⸗
mern bie Erfordsrniß zur Erhaltung der Subſtanz und eine
vollkommnen Benutzung der Forſten einzuräumen, . und diefer
dagegen feine Schonungen wieder zur Huͤtung aufgeben maß,
fobald fie den Beihädigungen vom ch entwachfen find.
Achtzehntes Tapitel. Unmaßgebliges GSut—
achten wegen Befreyung der Forſten von ben
Bervitutgerehtfamer inshefondere von ben
Behärungen. Der, Verf, weicher zu einem Gutachten in
bieſer Sache aufgefordert war, theilt zuerfi bis Gutachten
mehrerer Männer ‚über die Thellung der Gemeinheiten üben
haupt, worunter das des Yhflizcarhs. Jahen das vorzüglich
—
v. Kropf Soſtem m. Grundſaͤtze der Forſwwiſſenſchafe 575
ſt, mit. Dieſer geht won dem richtigen Grundſatz aus: „ehe
ede Gemeinheit iſt mit mannigfaltigen Nachtheilen fuͤr jeden
Staat verbunden. Sie hemmt die Landescultur, den Wahl
tand und ben Fleiß; Die Aufhebung derſelben iſt eine reichhal⸗
ige: Duelle für das Wohl des Staats. Sie befördert bie
Selbßfländigkeit und Feſtigkeit deffelben. Sie verdient daher
ie kraͤftigſte Unterfiügung und mögliche Beguͤnſtigung. Dis
Möglichkeit, einen andern für das, was er abtritt, eine Abs
indung nach Größe und Gute, und zwar in der. Regel, in
Hleichartigen Battungen zu: geben, das iſt der erſte Grundſatz
Mer Gemeinheitstheilungen, aus welchem alle übrigen ſpeciellen,
u dieſem großen Ziele führenden Vorſchriften gefolgert werden '
nöäffen.“ . |
Die hier vorzüglich in Betracht kommenden Theilungen
rer Gemeinheiten betreffen das Waldöchätunges und Behol⸗
ungsrecht. 6
Dieſe beyden ſo nachtheiligen Gerechtſamen konnten nur in
zenjenigen Zeiten ſtatt finden, wo man nice noͤthig hatte, auf
en Holzwuchs Ruͤckſicht zu nehmen, und als das Holz gar
einen Preiß hatte, fondern gern bingegeben wurde, um 18
ir wegzubringen. Der gegenwärtige ſchlechte Zufand folcher
'elafteten - Forſte ift eine fichere „Folge davon. Der Belaſtete
nuß zwar einen Theil feines Fenthums abtreten, allein dur
ie forftmäßige Benugung des übrigen uneingefchränften Theile
teige fein Gewinn in der Are, daß er diefen Werkuf reichlich
rſetzet. Ueberdieh fieht der -Nugen, den der Berechtigte von
en belaſteten Waldungen zieht, gegen den Verluſt, den der
elaftste Eigenthuͤmer leider, in keinem Verhaͤltniſſe. Diefe
ewig richtigen und durch fo manche Erfahrung bewährten
Srandfäge werden daher gewiß zu beyder Theile Zufriedenheit .
ne &eparation leicht zu Stande bringen, wenn nur mit
krnſt die Sache betrieben würde. Es laſſen fich freylich bie
Srundfüße, wornach die Separation von Gerechtigfeiten, dig
af Forſten haften, ausgeglichen werden können, nicht allges
nein feſtſetzen, indeſſen werden fih auch hieruͤber in fpestellgn
Ten —— —
576 ©. Kropf Syſtem u, Grundfäge der Foruwiſſen chaßn
Wällen Grundſaͤtze annehmen laſſen worüber Hr. Jahn ia
feinem Gutachten richtige Anſichten liefert.
Der Verf. iſt zwar im Algemeinen damit einverſtanden,
daß die Aufhebung von Servituten nicht nue für bende Theile,
fondern auch für den. Staat im Gangen eine nüßliche und
wünfhenswerthe Sache il. Er Hat nur einige Erörterung
zu dem erſtern Gutachten hinzugefügt, welche theils die Aus
nahmen von der Pegel, theils, den Unterſchied zwiſchn den
Eigenchämern und -Servitutberedhtigten durch die viel mehr
een und einträglichen Rechte des. Lritern gegen Die. viel gu
singern des Lebtern, und endlich den Maßſtab, welcher zu des
Abfindungen genommen werden will, betreffen. '
Diefe ganze Abhandlung iſt Übrigens fo wichtig, daß Ne.
Barauf ſelbſt verweilen muß, indem, wenn er einen weiteren
| Auszug mittheilte, ihn dieß zu weit führen würde.
e
unzehntes Tapitel. Wie Forfibereifungen,
oder Borfirevifionen vorgenommen Werden
mäffen, wenn felbige von Nutzen feyn follen.
Hier iſt bloß von den Nevifionen, welche die Oberforſtmeiſter
im Preußifchen ‚jährlich vornehmen gwällen, die Nede. Golde
Stevifionen, oder Vereifungen der Forſten tönnen nur al
dann von Nugen feyn, wenn fie von hinlaͤnglich erfahrenen
Zorfimännern geſchehen. Ungeübten Forſtmaͤnnern fallen die
Mängel in der Bewirthſchaftung und Cultur nicht Teiche auf,
fie beurtheilen uͤberdieß mande Sache fhief, und wenn man
dann ihren Bekichten unbedingten Glauben beymißt, und darauf
decifto verfügt; fo entfiehen Dadurch manche. Fehler und Miß
geiffe zum Machrheil der Forſten. Der Verf. führe Hieräber
mehrere Benfpiele an, und gi fodann die vorzuͤglichſten
Gegenſtaͤnde, worauf bey ein! fachverftändigen Forſtreviſion
befonders Nädfihe zu nehmen iſt. Diefe Anleitung diene nicht
bloß dem Preufifhen Zerfimännern zur Norm, fondern kann
auch für Korfimänner in andern Staaten ald Muſter gelten,
indem man leider allenthalben Oberforftbediente antrifft, melde
ihren Poſten nicht ausfüllen können, und folher Anleitungen
nöthig haben, damit wenigſtens nicht fo grobe Fehler vorfallen,
als es fo oft zum Nachtheil der Forſten der Fall if.
Rec. erwähnt bier noch, daß auch Forftrevifionen von
Seiten der Zorftdirection eine fehr zweckmaͤßige und nochwen:
dige Sache feyn würden, um nicht nur die Oberforſtbediente,
die es fo oft nöthig haben, zu controlliren, fondern auch um
bey der Direction ſelbſt Localkenntniſſe zu haben, die Äberhau,t
und in den meiften Fällen von fo weientlihem Nutzen find.
‘ (Der Beſchluß folst. )
° .
L
No. 37. Seidelbergifche 1811.
Jahrbuͤcher der Literatur
9 7 N N N 7 vv
V —öxXX
Syftem und Srundſabe 56 ¶ gertmeſene von dem —* —8* chur⸗
markiſchen erſten Oberforſimeiſter Carl Bhilipp v. Kropf.
Beſchluß der In Ne. 26. abgebrochenen Recenſion.)
Zaamighe— Capitel. Bon der Nothwendigkeit
:iner beſondern Forſtchartenregiſtratur. Ks wird.
yier zunaͤchſt die Einrichtung der Zorficharten nebft den dazu
ſehoͤrigen Regiſtern, fo wie folde im Preußifchen verfertige
verden, und weldhe fen aus mehreren Schriften und den
aruͤber erfchienenen Neglements bekannt iſt, befchrieben. Der.
Berf. Hält eine beſondere Forſtchartenregiſtratur, befonbers im
inem großen Staate deshalb nothwendig, damit alle Eharten
md Negifter nicht nur in eine Weberfihe und beyfammen Bleis
en, fondern daß auch alle fi ereignende Veränderungen in
en Forſten alsbald von den, bey der Regiftratur angeftellten
Iffictanten nachgetragen werden können, damit die Charten
ine beftändig genaue Ueberſicht von dem jedesmaligen Zuftand
er Forften geben. Die Chartenregiftratur s Officianten würden.
emnaͤchſt aud die eingelommenen Zorftverbefferungsvorfchläge
ı prüfen, und alle die zur Cultur in Vorſchlag zu bringenden
loͤßen herauszumeſſen, und den Forſtbedienten Coupons davon
8 Belege zu den Anſchlaͤgen zu liefern haben. Sie würden
ener die Charten und Regifter jeder neuen Forſtvermeſſung,
intheilung und Abſchaͤtzung und die Gebühren der Conducteues
für genau zu vevidiren haben. Endlich werden von ihnen,
enn es erforderlich iff, die Forficharien und Regiſter copirt,
er reducirt werden können. .
Die Zwerfmäßigkeit einer ſolchen Jorſchartentegiſtratur iR.
Ger allem Zweifel. Eine ſolche Eincichtung findet aber, fo
el Dec. weiß, wenigftens nicht in der Vollkommenheit, noch
5 |
578 v. Kropf Syſtem v. Grundſaͤtze der Forſtwiſſenſchaft.
in keinem andern Staate, als im Preußiſchen ſtatt, obgleich es
allerdings wuͤnſchenswerth wärs, ‚wenn. ‘An einem jeden andern
Staate eine gleiche Einrichtung in Hinfiht der Forfichartn |
getroffen wärde, indem man ſolche meifiens unter- ber Auficht
der Regiſtratoren, die größtentheils nicht im Stande find, eine
ſolche Charte zu beuttheilen, und gehörig aufzubewahren, findet,
Sie werden‘ von diefen meiftens als eine Mebenfache der Ku
giſtratur betrachtet, und. nicht in der wuͤnſchenswerthen Drdnung
erhalten.
Ein und zwanzigſtes Capitel. Erdrterungen,
bey welchen Umfiänden das Verkohlen des Hol
ges anrächlih, und daß es am vortheil hafteſten
- in eifernen Maſchinen gu betreiben iſt. Der Bef.
glaubt, daß der Forſteigenthuͤmer nur dann auf eigene Rech⸗
nung foll kohlen laffen, wenn er einen fihern und beſtimmten
Abfak der Kohlen und einen fo guten Preiß dafür erhalten
kann, daß er auf jeden Fall einen’ bedeutenden Gewinn davon
zieht. Iſt dieß nicht der Fall, fo fol er es an. Entrepreneur
Aüberlaſſen, jedoch nicht anf die Art, daß folhe nach der Aus
beute der Kohlen zahlen, fondern daß fie das Holz für einen
beftimmten Preiß äbernehmen, und auf eigene Gefahr um
Rechnung die Verfohlung unternehmen. Nach einer Berech
nung, welche er über die Selöftverfohlung in feiner Gegend
vorlegt, würde dabey nur acht Grofchen auf jede Klafter Heh
gewonnen werden, welcher Gewinn gu unbedeutend iſt, um
das Geſchaͤft felbft zu betreiben.
Lokale Fälle müffen Hierin immer entfcheiden, und es läft
fih daher fo wenig für die eine als andre Art mie Gewißheit
etwas beſtimmen, in jedem Fall muͤſſen aber immer Berech
‚nungen Aber Gewinn oder Verluft vorangeden. Starke Wind:
Brüche, Raupen und Wurmfraß find freylich immer Zufälle, die
eine Holzverkohlung unbedingt fordern, um das Holz auf ein
mal wegzubringen, und die Kohlen zu gänfigen Zeiten abzuſetzen
Da die Verlohlung des Holzes in Meilern immer ein
unvolllommene Verkohlungsart iſt, ſo ſchlaͤgt dtr Verf. vor,
Becker's Auguſeum. | 579
die von v. Zanthter im Kleinen verfuchte Methode, das
Holz in eifernen Maſchinen zu. verkohlen, anzuwenden, indem
Dadurch die Hälfte mehr an Kohlen erlangt, und außerdem
Theer und Pech erhalten werden kann, wobey die Kohlen audy
groͤßer bleiben, und überhaupt weniger Leute dabey nöchig find,
als bey einer Verkohlung in Meilern. Man hatte im Prem
Bifhen fhon Anftalten gemacht, Verſuche damit Im Großen
anzuftellen, weiche aber wegen ber eingetretenen Zritumſtaͤnde
unterblieben find. Der Verf. Hat während dem eine verbeifertt
Einrichtung der Maſchine ſowohl im Zufammenfegen derfelben,
318 der Einfeurung und Feuerleitung projectire, wovon er eine
ausführliche Befchreibung mit beygefügten Kupfern liefert. Nach
sem Koftenanfchlag einer ſolchen Maſchine würde fie nach den
n Berlin üblichen Preißen auf 5180 Th. 12 gr. 10 Pf: zu
then formen, die vielleicht in andern Gegenden wohlfeiler
richtet werden Lönnte. Es werden auch zugleich Berechnum
‚en Äber bie wenigern Koften der Maſchine gegen die Meilen
erkohlung angeſtellt, wodurch bey der erſtern ſehr viel gewons
en wird. .
Rec. müß die Lefer uͤbrigens auf die ausführliche Beſchrei⸗
ung verweiſen, weil es zu weit führen würde, folge auch
ur im Auszug mitzutheilen. '
Ueberhaupt verdient diefe fehr empfehlungswerthe Schrift,
veiche mit vieler Sachkenntniß und Erfahrung gefchrieben iſt,
on einem jeden Forfimann gelefen zu werden, indem er manche
srtreffliche Grundſaͤtze darin antreffen wird, deren Erörterung
ie Granzen einer Anzeige überfchreiten würde,
gufeam; Dresdens. antite Denkmäler enthaltend. Herausgegeben
vongWilbelm Gottlieb Beder. Zweyten Bandes drittes,
viertes und fünftes Heft. Dresden, auf Koſten des Verfaſſers
und Leipzig in Commiſſion ben Gleditſch. 1809, ©. 45 — 108,
(15 Rıhlr.)
ortſetzung der in H. 4 (Abth. V. H. 14) Jahrs. 1810 abgebrochenen Recenſion.)
Aus den hier in vortreffli hen Abbildungen bekannt ger
ichten Monumenten zeichnen wir zuvoͤrderſt wegen Eigen
550 Beckers Auguſteum.
amlichkeit und Seltenheit der. Vorſtellung die folgenden zum
Theil ſchwer gu erklaͤrenden vier: Darflellungen ans. Taf. 6x,
Eine: fonſt airgend, auch nur aͤhnlich vorkommende Gruppe von
einem alten Meiſter und aus dem Ganzen gearbeitet und echt,
die nach des Herausgebers Erklaͤrung „die Annäherung zu einer
von Amor veranflalteten Ausſoͤhnung ber Wenns mit der Pfade
vorfieht. :. Diefe Erklärung hat nad) des Nec. Dafuͤrhalten ſehe
vielas gegen ſich, wovon das Wichtige iſt, daß der. Ausdrud,
ber zum Behuf derfelben der Stellung und Bewegung he
Perſonen gelichen wird, fo wenig der natürliche und wahre if,
daß man am dee fleten Gewohnheit der antiken Künfkler, jem
Kandiung durch die zweckmaͤßigſte Eompofition einen beflimm
ten and fprechenden Ausdruck mitzutheilen,, irre werden müßte,
menn die vorliegende, bie doch von einem guten Kuͤnſtler hev
raͤhrt, die behauptete Bedeutung haben ſollte. Wenus fit
ſchraͤg auf einem. Felſen, oberhalb des Schvoßes garız nadı,
im Gefihe nicht Zorn, fondern Ernfihaftigkeit, vielleicht ange
nommene; mit ber vechten Sand, die ergaͤnzt iſt, auf bes
Felſen geftägt, wie es die ganze Haltung ihres Körpers noth
wendig macht, fo daß fie mit ihr niemals eine drohende Ge
berde gemacht. haben fann. An ihren linken Schenkel Ichm
fih ein Kinderpärchen, wovon bie Köpfe modern find. Die
angebliche Pfyche ift ein kleines, ziemlich dides Mädchen, gan,
Kind, und am Arm und Bruſt bloß, nad unten bekleidet.
Statt daß es auf ein Knie niedergelaffen um Verzeihung flchte,
oder mit der ausgeſtreckten Linken Ohrfeigen abwehrte, greift
es etwas ungeduldig nad) der Feucht, oder was ſonſt das Weib
in der linfen Hand Hält, und ihm fpielend zu entziehen ſcheint
(worauf der Verf. gar frine Ruͤckſicht genommen hat), und gleitet
darüber ein wenig aus; und der Knabe, ſtatt in ernſthafter
Angelegenheit das Maͤdchen zur Ermunierung anzupacken, die
bange Pſyche zu haiten, dag fie nicht von ihrem Witten falle,
greift der Kleinen unter. die Arme, entweder um fie im Okö
ten zu hemmen, »der aus Muthwillen, um fie in dem Au
genblick, wo fie mit etwas anderm ‚ganz beſchaͤftigt iſt, z
VBecker's Auguſteum 551
überrafchen. Eine offenbar ganz Eindifche Gruppe. Wir geben
zu, daß und die Fabel von’ Amor und Pſyche in ihrer urfprüngs
fihen Geſtalt nicht erhalten feyn möge, daß der Kuͤnſtler fie
frey behandeik, und nach feinen Abfichten zu einer gefälligen
Erfcheinung umgebildet, allein nicht, daß er Amor und Pſyche
als Peine Kinder vorgefiellt, und die Sefhichte des Apulejus
von ihnen, befonders von der Prüfung und dem Charakter
der Pſyche, die für:stu Rind unnatärli ik, in -diefen Kindern
gedacht Haben koͤnne. So ſinnvoll und wohlgefaͤllig es überhaupt
iſt, Die Liebe und. die verwandten Regungendes Nerlangene
unter dem Bilde kleiner Kinder vorzuſtellon, fo wenig begreift
man einen Liebenden als Fleines Buͤbchen. Wenn die Gruppe
mythifcher Aut if, wofür nichts andres fo fehr ſtimmt, als die
ideale Phyfiognamie der Venus, fo müßte man eher annehmen,
daß der Kanſtlet eine. ähnliche Verftellung gehabt habe, wie
gu Taf. 64 ©. 58 mit der Megorie von Eros und Anteros
verbunden wird. Eros nämlich wollte nicht wachſen, Themiß
rieth, ihm einen Geſpielen zu geben, und Venus gebar vom
Mars den Anteros, neben dem er nun ſchnell aufwuchs. Dieſen
Anteros hält der Werk. für die Gegenliebe, und beflreitet die,
„weder durch Autovem, noch duch Monumente unterflätite”
Meinung, daß er ein feindfellger und raͤchender Amor ſey, we,
nach ch auch die Gruppe bey. Pauſasias VI, 25, we Yureras
sem. Eros die Palme zu enteingen fucht, nit fo natürlich,
ses. nach feiner Anſicht, deute. (Man draucht den Antares
sicht für dem Räder der Bilde zu nehmen ,. wie er. allerdings mon
‚ern Paufanias I, So angegeben wurde, ſondern Darf! vermu
ben, daß das. Faetum, das er erzählt, mit der von Porphy⸗
tius und Themiſtjus erwähnten Allegorie entweder in gar keinem
Iufammenhang fiche, oder daß dabey von ihr eine freyere Ans
sendung gemacht Worden fey. Sie ſcheint urſpruͤnglich den
Binw zu haben, taf nei eine ‚troftofe Liebe band Eifa
acht zunkhne. ,
Fe |
"Pal ancor d’Amore Äl foco
Poqo 'splende ed arde: pocö ,.:: .
582 Becker's Augußeum.
Se non vien geloso sdegno ,
Le faville a palesar.
Anteros iM ein Eros, ber den andern. daburch unterhält, daß
er, um das Spiel gun ermuntern, gegen ihn winkt, aber grade
durch den Streit ihn ſelbſt kraͤftigt. Nach Pauſanias wurde dem
Anteros ein Altar gefeht,, als Meles, der kalt war, im Leber
muth feinen Liebhaber hieß, ſich von einem Felſen zw flürzen,
diefer folgte, umd num jener ben dem Anblick des Todten eben
falle liebte, und, wohl zu merken, nur aus diefem Motive, ſich
denſelben Felfen hinabmwarf. Dee wirkliche Verluſt trat Hier
an die Stelle des gedrohten, der die Eiferſucht aufregt, er
ſchuf eine piöglich machfende Liebe, die das Geliebtwerden nicht
erzeugen konnte. Der Entfhluß, zu ſterben, ſteht Hise dem,
fi einer ſtockenden Liebe zu entreißen , und mit freyer Wahl
einem andern Verhaͤltniß zu überlaffen, gleih, umd Meles if
durch nichts anders als eine Eiferfucht gerochen, die mit ber
Liebe verſchwiſtert IR.‘ Diefer Ihnen wohl thuenden Mache zum
Angedenfen errichteten: die Freunde bes unglücklichen Liebhabet
-den Altar des Anteros Alaſtor. Da es übrigens eben ſo wahr
iM, daß durch Gegenliebe die Liebe genäftt wird, fo wolle
wir es dem Porphyrius, wenn ee den elgentlihen Einn de
Alegorie, wie oft alte Schriftſteller noch Ältere Allegorieen,
wirktich wicht gefaßt hätte, nicht verargen, daß er bie Abftam
mung des Anteros von Mars Überfchend, Gegenliebe unter
dem Anteros gedacht hat, worin ihm außer bem Verf. au
Calcagninus und Manſo folgten. Nur ia der Stelle Philastr.
Icon. I, 6 hätte man doch nie ben Eros und Anteros wittern
ſollen, wo Diearius fie ganz unbtdenklich ausruft.) Diek
Gegenliebe, an deren Stelle im Verhaͤltniß zu Amor übrigens
die durch andre Motine zu 'erflärende Pfpche-Tchwerlich geradezu
getreten ſeyn duͤrſee, müßte denn ber Kuͤnſtler gu mehrere
Anſqhaulichkeit weiblich! gebildet, und dag Paͤrchen als ſpielende
Kinder mit der Mutter zuſammen geſtellt haben. Wenn nm
das Mädchen einer Geliebten des Amor, oder Überhaupt einem
Weſen der Phantafie etwas ähnlicher ſaͤhe! Lieber als in das
Sorgker's Angnßemm. ‚583
freye kuͤnſtleriſche Gebiet rins- Compofltion- zu ſtellen, die auch
ſo betrachtes ‚allzuviel unſchickliches Hat, wärden wir vermurhen,
daß der Künftler, durch die Imflände gebunden, den Aufırag
übernommen hatte, tegend eine Sterbliche ale Venus und
dabey ihre. beyden Kinder darguftelen , fo wenig auch zur Benus
mehr als ein: Amor. paßt, Wir verkennen das. Schwierige
auch digfer Vorausſetzung nice; und wuͤnſchen, daß das Werk
‚von denr Sonderbaren, das ihm auch nad ihr anhaftet, durch
eine gepägenbdere Erklärung befreyt werden möge. Wäre. es nichs,
daß an dem Knaben Spuren antiker Flügel ſichthar ſeyn follen,
fo würden wir vermuthen, es liege eine Idee zu Grunde, wie
in Sparta, wo nah Plutarch ein haͤßlicher Koͤnigsſohn von
feinee Amme oft. in don Tempel der Helena getragen wurde,
damit fie ihn verfchönte, Uralaer Spartiſcher Ammenaberglans
be: ud die Anwendung, die mande. Noͤmiſche Damen von
der Mythologie machten ‚ nuhchten öfters zufammentreffen. Zwey .
Kinder alio, der Venus empfohlen, oder ſchmeichelnd im Schutz
der Wenns gedacht, bie-fie, wie eine Mutter ihre. Kinder, zu
Gehandeln ſcheint. Auf Myſterien, die oft zum Nothbehelf
bey der Erklaͤrung dunkler Monumente citirt werden, rechnen
wir bey dieſer Gruppe und denen von Ampr und Pſyche nichts.
Die Weihe zum Künftler und «zum Menſchen ſchafft und ers
Hlärt ‚alle wahren Kunftwerfe, und, wenn fie fi auch auf
gleichem Wege mit einſt geheimsehaltenen Ideen. finden follten,
fo muͤfſen dieſe uns doch offenbar und in ihnen anſchaulich
ſeyn. Taf. 66. Eine Schöne, durchaus bekleidete weibliche Figur
mit übereinander geſchlagenen Weinen lehnt fich fatt eines Tronk
an eine kleine Statue des Priapus, der ebenfalls ganz beklei⸗
det, doch unter dem Gewand feine Natur nicht verbergen,
‚mis bizarr geämlicher Phyſiognomie auf einem Baſament ſteht,
und mit dem Zinger mac, dem Weihe hinaufdeutet, das den
einen Arm auf feinen Kopf herabhaͤngt. Der Herausgeber ers
Märt es auf Schr myſtiſche Weife für eine künftteriiche Auftöfung
und Reproduction der Cypriſchen Bartgoͤttin. In der Frau
fey Venus die weibliche, in Priap die männlihe Matur aus
54 Beckers Anguſteum.
gebrädkt, Im Bamgen eine Venus Genetrix, wobey Ptiay ch
‚amtergeorbnnetes , bloß erlaͤuterndes Attrebut der aus eigenthun
licher Kraft zengenden Sriechiſchen Benus zu betrachten in.
Mec. findet in dem Auſtand und der Haltung ber Haupt
aichts von einer Gottin, ſondern ganz beflimmı den Charafie
‚einer vornehmen Hömifihen Dame (der Kopf iſt aufge,
widerforicht aber auch diefem Charakter nicht) und das Menu
ment, ob gleich fein aͤhnliches vorhanden If, ganz Mar durd
‚bie Verehrung des Priaps, die fich fo Häufig abgebildet Fade,
und befoubers intereffant auf einem Basrelief, das vor einig
Sjahren in Rom nach Baiern verfauft wurde. Zwiſchen pm
Frauen von edler Figur, in fchönen Gewaͤndern, fleht ex
Priepsherme, die fe durch Tänien verehrten. Taf. Ba. Ey
'yarı , Die beſte vorhandene Statue dieſes Gottes, woran mi
der Kopf neu iR. Mie vorhandnen Bilder dieſes Bones fin
forgfältig beurcheilt; die capitoliniſche Sylvangherme if nik
erwähnt. ‚Taf. Ba. Basrelief. Masten von Dionnfes, ihe
gegenuͤber Ariadne und quer unter beyden liegend Gilen mi
fehr langen Obren. Diefe hält der Verf. für Theatermailet,
weiche Tragddie, Kombdie und Satyrſpiel Segeichneten. Du
letzte ift Boch zu wiltührlih; wegen des erſten vorweiſen mi
auf Zoega Bassiril. Tab. 17, wo bie Bedeutung fohhe
Masgken richtiger angegeben if. Man kann für ihre Gries
hung auf den Eultus noch das anfhhren, das auf der Ri
feite Hermes mit einem großen Phalıs und auf der Keheiit
des Sefehfhaftäräds in Musos Napolson ebenfalls Prim
und ein Trauben. opfernder Satyr vorkommt.
Die Übrigen Werke, die Durch Kunſtwerth zum Theil al
gezeichnet find, durch Ergänzumgen aber, wie die meiſten H
diefem Muſeum, viel gelitten haben, woſen wir des befhrlst
ten Raums wegen bier nur verzeihen. Taf. Go. Baslı
- oder ein aus dem Babe kommendes Weib. Taf. 61. Shit
Kopf der Venus und „der ſchonſte und :bebeutendfke Amorkorl
der bekannt iſt; er verwundet mit dem Augen wie der de
Praxiteles.“ Taf. 63. Amor. im Knabenalerr. Taf. 6 G
Beder’s Augufteum. 585
Amor nnd Pfade Mh umarmend. Taf. 67. Apollo mit der
Laute. Taf. 68: Sitzende Mufe. Taf. 69. Urania, nach tich⸗
tiger Ergänzung. Taf. 70. Kopf von Sokrates, ſehr gut,
und von Epiktet. Taf. 71. Silen. ‘Die Silenen theilt der
Berf. in drey Elaffen. Die erfte und aͤlteſte iſt die, weiche ohne
Yefpiste Ohren und ungefchwängt, unb Aberhaupt edel gebildee
find, wie der .Sorghefliche und allenfalls mod) Antich, d’Ercol.
8, 22. 16. — Der Beweis dafür tft die von Voß aufgeſtellte
Regel, dag die Menſchengeſtalt erſt fpäter in der Kunſt ent⸗
adeit worden ſey. Die zweyte auch ohne Spitzohren und
Schwanz, aber fonft ehierifcher iin Ausdruck, wohin mehrere
vorhanbne Werke und die Dresdner Statue gehören; und die
dritte endlich,‘ ſpitzoͤhrige und gefhwänzte, Die zahlreichſte. Silen
fey alſo nicht -geradezu ein alter Saryr zu nennen, fondern erſt
fpäter dazu erniedrigt worden. Taf. 79. Bacchus Als Knabe,
vom Ergänzen in ein’ Gefäß voll Tranben geſtellt; ein plumper
Gedanke. Taf. 73. Bacchus als Kind mit einem Fäden fpier
Iend. Taf. 74. Iniger Bacchus. Taf. 75. Bacchus, der dem
Panther eine Traube reicht. Dis umgehängte: Rehfellchen iſt
nur im Relief angedeutet. Taf. 76.” Bacchis, der dem Panther
Bein eingießt. Taf. 77. Kopf der Ariadne. Doppelherme
zwey gleicher junger Satyrn. Taf. 7B.' Satye mit: Flöten,
nach dem Vorbild des Prariteles. Taf. 79. Aelterer tanzender
Baun, das Krupezion, eine rt von metallnem Blaſebalg,
wetend. Taf. Bo. Zuſammengeſtückte Figur, der Kopf von einer
Batpra, mit Satyrohren. Taf. Bı. Pan von der bekannten
Bruppe, wo er den Olympus Springe lehrt; Bier, wie uns
duͤnkt, unecht, mit einem Mädchen gruppirt. Taf. 85. Ein
Pan als Marfyas ergänzt und gefeffelt, und diefem ein Apollon
zeygegeben, ber ſelbſt Hand anlegt. So grob ergängt, wie,
Taf. Bı, wo Pan das Mädchen in den Haaren faßt. Taf
B5. Ptolemaͤus Philabelphus und Apion, König von Cyrene.
Taf. 86. Venus nactkt. Taf. 87. 88. Athleten. Taf. 89.
Berkußs als Kinb die Schlangen: erdrücdend. Taf. 90. Herr
Inles in der Stelung dos Farneſtſchen, aber jugendlich, ak
<
586 Pries Probe e. nenen Comment, üb. Milton verl. Paradies.
noch - unausgearbeisetem Körper. Taf. gr. Herkules mit der
Lowenhaut über dem. Kopf, die mit den Beinen auf der Grufl
gebunden ifl. Taf. 99. Alceſtis von Herkules .aus ber Unten
welt.. geführt, Dieß und die folgenden Frescogemaͤlde aus
Antium. Taf. 99. Weihlihes Gewandſiguͤrchen auf einem
Ichmalen Piedeflal ſtehend, mit enggefhloffenen Beinen, dem
Mond auf dem Kopf, ‚vie Scheide (der Erde) im ber. einen,
die Laute (des Apollan ale Sonne) in der andern Hand, als
Mutter Natur, Cubele; was Unterjuchung verdient. Taf. g%
Zwey verzierte tragiſche Masten. — Die Beſchreibungen find,
wie in, den früheren Stuͤcken, mit Sorgfalt und feiner Kennt
nid ausgeführt. Nur ig zu. bedauern, daß man in einem fe
intereffanten Wert bier und da auf unbewachte, oder unkritiſche
Anſichten ftößt, wie zu Taf.. 65, Amor. Hätte wohl als ci
ſchoͤner, jugendliher Zwerg gebildet werden follen, -weil id
Die Gewalt und Eift..des Gottes nicht mit dam Kindes: um
‚Knabenalter nertrage; oder zu Taf. 66 der Einfall, dem Pri⸗
zus, oder Appodirog weibliche Bruͤſte zu geben, umd ihn fe
zur kypriſchen Zwittergdttin zu qualificiren, könne aus der Natur
genommen feyn, weil man Männer mit Brüflen antrefe:
‚oder die Muthmaßung &. 70, die. Abneigung der Achener gegen
den Bacchusdieuſt möge die Veranlaſſung geweſen feyn, dem
Gott fo rohes Sefindel ins Sefolge zu geben, und dadurch dis
Geyer ‚feiner. Feſte ins Laͤcherliche zu ziehn, worauf denn, nach
dem der Dienſt doc eingeführt worden, jene einmal vorhand
nen Mißgeftalten beybehalten worden feyn. — Uebrigens ver
Foricht der Werf. die regelmäßige Halbjährige Fortfepung dieſer
in Deutfchland einzigen und ſehr erfreulichen: Werks.
Brobe eines neuen Commentars über Miltons verlornes Baradic.
1 Drey Einleitungsfchriften mit fortgebenden Geitenzablen.)
Herausgegeben von J. F. Pries, jetzigem Rektor der Univer⸗⸗
tät (zu Roſtock.) Noftock, gedruckt bey Adlert Erben, in Kon⸗
miſſion hey Stiller. 1809, 144 &. gr. 8. (16 gr.)
J Bexeits im J. ıBo7: gab der Verf. dieſes Commentats
hen, erſten Geſang von Milton't verlarenem Paxadieſe ab—
Vries Probe e. neuen Comment. üb. Miltons verl. Raradies. 587
Probe einer neuen Ueberſetzung des’ ganzen Sedichts heraus.
Wenn gleich dieſe Ueberſetzung in Abſicht auf. Metrum und
Wohlklang im Einzelnen noch manches za wuͤnſchen übrig ließ,
und. in dieſer Hinſicht Die geihmadonlie Verdeutſchung von
©. G. Buͤrde (Berlin 1795) nicht gang erreichte, fo üben
traf fie jene Ueberſehuung doch unſtreitig an Treue und gewiſſen⸗
hafter Anfchmiegung an das Driginal. Sie war uͤberdieß ohne
Zuziehung ber Ufhrife- verſtaͤndlich, und gefiel als Kunſtwerk,
was leider gegenwärtig bey fo vielen Urherfegungen aus dem
Italieniſchen, Spaniſchen, Engliſchen, Lateinischen und Gries
chiſchen niht der Fol if. Wer bey einer Uoberſetzung etwas
mehr, als Wörtentzene und forgfältige Oulbengähleren, wer Geiſt,
Kraft, Harmonie und Verſtaͤndlichkeit verlangt, der findet fig
durch unfere neueſten -Weberfegerverfuche nur ſelten befriedigt,
Hr P. bat daher. um fo mehr Lob ‚verdient, Daß er feinen
Dichter nicht nur treu, fondern auch den: Genius. feiner Mut
terfprache ehrend, wiedergab. Dieß war um fo fchwieriger, da
er ſich nirgends Zufäge und Veränderungen erlaubte, feinem
fünffüßigen Jamben lauter männlihe Ausgänge gab, die Ges
diegenheit der Wrfchrift- auch in ber. Ueberſetzung ausdruͤckte,
und ſich nicht, wie Würde fo afı that, Weglaſſungen oder Eins
ſchiebſel erlaubte: Wir wünfchen daher aufrichtig, dag uns
Hr. P. recht Bald mit der ganzen Ueberſetzung des unferblichen
Milton ſchen Epos beſchenken möge. Kleine Flecken, * der
Sebraug zuſammengezogener Sylben als kurz (z. ©. suche
‚ieb’nd. und), der willkahrliche Gebrauch derſelben Sylben,
ald als. sang u und .batd. als kurz, hinter einander, wie z. ©.
em — — — — dreymal
„beginnt er; dr, e » mal brechen Zahren, wie —
re» ef, als Adjectiv gebraucht (ſrevter Arieg), Gärten t in der
Stellung der Worte, z. B. ı. Gef. V. ge. „Um fo viel ſtaͤrker
pies ſicher mit feinem Blitze; — wo Baͤrde zwar freyer,
ber ungleich poetiſcher fagt: — — Nur ſehr bewies ſein
EB rich Probe e aenen Eomment. 5b. Alens wert. Paradict.
Donner, wer ber Gtärf’re war”; Auspräde, wie: fein kähn
Beryann, ſt. fein kühner Gefährte; — Zamben, wie:
„Akharoıh und Baal hießfen: Miuner Bf“, m. ſ. w. —
Keine Flecken dieſer Art wird er vor dem Abbrude des Gau
a fo wie u aud menden eimzeinen
Green no mehr Kinsheit vn Belen zu geben ih 66
fſtreben wird.
Vollkommen einverſtanden weit dem, was der Berf. die
004 Gedhrfuib eines Commentars Aber Milton ſagt, "ml
wir ibm auch das Zeugniß geben , daß diefe Probe einen fehdnen
Beweis von graͤudlichem Studiam des Dichters, Beleſenheit
and Sachkentiniß darbiete, nnd wir bekennen, daß uns dick
Probe in mehr als einer Hinſicht intereifict habe. Aufer
mehreren Erläuterungen Englifcher Eonimentatoren, die Hr. P.
mit guter Auswahl Hier beybrachte, gebührt ihm ſelbſt ein
großer Theil eigner ſchaͤzbarer Erktärungen, die ee zur Unter
Scheidung mit P. gezeichnet Hat. Dem Commentar &6er die
. „einzelnen Theile des erfien Sefangs (denn nur über dieſen er
ftreckt fig Biefe Probe) Hat der Verf. Stundzuge des ganze
Bedidts“, und zwey gelungene Auffäge: „Milton Anflichten
des AN“, und deſſen „Engels und Dämonenichre“ voransge
Ichickt. Daß ſowohl Milton als Dante, dem ber erſtere in
Seinen. Geiſterſchoͤpfungen nicht felten "folgt, ihre Engels und
Dimenenichre öfters. auf mißverfiandene Bibeiſtellen gründeten,
das fiel uns unter andern dabey auf, daß die Stelle Hebr. 1,7
(welches man gewöhnlich Überfegte: „er macht feine Engel Gei⸗
fer und feine Diener Fenerflammen“) dem Sänger des verlor
nen Paradiefes wahrfcheinlich veranlaßte, feine Engel aus Fener⸗
Moff beſtehen zu laſſen. In der Hebraͤiſchen Urſchrift Pf. 104, 4
woraus. der Verf. des Briefs an die Hebraͤer die Stelle ent
lehnt hat, Liege bekanntlich ein ganz andrer, und zwar folgen
der Sinn: „zu feinen Boten wählt er Winde und zu feinen
Dienern Feuerflammen.“
Die auf bieſe Aufſaͤtze folgenden Annterfungen erfiredin
Ab dießmal bloß Aber den erfien Gefang; bey den Äbrigen
—
Sache’ Lehrbuch. d. Griech. u. Roͤm. Liceraturgeſchichte. aos
Sefängen wird es der Anmerkungen ungleich weniger geben,
als Bier, weil diefer erfle Belang die meiſten Schwierigkeiten
bat; man darf: alſo nicht beforgen, daß der Kommentar zu
voluminds werben wuͤrde. Unerlaͤutert iſt keine fchwierige Stelle
geblteben; cher Härte vielleicht mande Anmerkung. abgekürzt
werden, oder wegbieiben können. Schaͤtzbar find manche Ver
richtigungen Miteon’fcher Angaben, wobey die neuern Entdek⸗
tungen im Feld des WMiſſens gut beuupe worden find, z. B.
S. 71. Dagegen vermißt man doch noch hier und da eine
Hinweifung auf neuere beſſere Anſichten. So hätte . DB.
&. 85 bey ®. 401 f. das bemerkt merben können, was ein
befannser Schrifterflärer,, der ſel. Prof. L. 3%. 8. Zufti ie
feiner. Abhandlung: .„Aber Salomo's vorgeblichen Goͤtzendienſt
fehr fcharffinnig für die. Meinung gefagt. hat, „daß Salomo
ſelbſt niche Sößendiener geworden fen, . fondern, aus Gefälligs
keit für feine heidnifchen Weiber, nur Toleranz ausgehbt, und,
den Bau. ‚eines Goͤtzentempels bloß geftatter habe.“ Bey V.
779 f. find wir doch auch der Meinung, dab Milton fein
Pandämonium etwas größer und geräumiger hätte bauen koͤn⸗
nen, daß. die großen Teufel („die Gaͤa's Rieſenbrut an Groͤße
jungſt beflegten“) ſich nicht in Zwerggeflalt („gleich dem Volt
der Dogmäen“) hätten zufammen zu ziehen gebraucht. Daß
Klopfkod (Meſſiade XII. Gef.) einen ähnlichen Verftoß gegen
die Schicklichkeit beging, indem er alle Apoftel, Jünger, Wers
wandte Chriſti und Weiher mit den Schutzengeln diefer Mens
ſchen im das Hans des Johannes (das doch kein Palgſt feyn
fonnte) zufammenpreßte, gereicht Milton zu feiner Entſchul⸗
digung. — Sehr richtig macht Hr. PD. bey V. 795 auf des
Dichters fpöttelnde Anfpielung. auf das Nönsifche Conclav aufs
merkſam. — Wird der Verf. den Commentar über alle übrigen
Sefänge des verlornen Paradiefes mit gleicher Sorgfalt, wie
den über den erften Gefang, bearbeiten‘, fo darf er einer guͤn⸗
tigen. Aufnahme des Ganzen. verfihere feyn. Nur wuͤnſchen
wir, daß nicht nur die Verdeurfhung des ganzen Gedichts,
ondern auch der Commentar daruͤber in einem eleganten Aeußern,
vie es Werke des Geſchmacks verlangen, erfcheinen abge.
' | ae
ws
’ersuch eines Lehrbuches der griechischen und römischen
Literaturgeschichte und classischen Literatur zunächst für
Gymnasien, bearbeitet von D. Carl Sachse, Halle,
bey Hemmerde u. Schwetschke. 1810. (16 gr.)
Diefes Lehrbuch, auf defien Titel der Zuſatz „und claſſi⸗
hen Literatur ensweder überfläffig iſt, oder unrichtig, ſondert,
530 Sachſe Lehrbuch d. rich: m; Möm. Liceraturgeſchichte.
was auch fonft ſchon iſt vorgeſchlagen und ausgeführt worden,
en hiſtoriſchen Theil von dem literarifhen. Eine Methode,
33 der, was auf der einen Seite gewonnen wird, auf der
-andern wieder verloren. geht, da fie entweder zu nnaufhoͤrlichen
Zuruͤckweiſungen, oder zu vielen Wiederholungen. Anlaß gibt.
Der Hifksrifche Theil, welcher, was auf den Zuſtand der Lite
ratur und den Gang der Cultur Einfluß harte, darſtellt, ger
fällt in drey Hauptabſchnitte, Der erſte derſelben begreift. Griei
Wiihe bis zur Eroberung Athens, der zweyte Roͤmiſche bis anf
Oulla, der dritte die Geſchichte der Griechen und Roͤmer zu
fammen bis auf die Zeiten kurz nach Antoninns Philoſophus.
hier ſchließt Die Geſchichte, weil füch der Kr. Verf. mie Ruͤch
ht auf die Beſtimmung für Gymnaſien auf den eigentlich
elaſſiſchen Zeitraum beſchraͤnken wollte.
Für die Sriehifhe (S. 14—85) Geſchichte find vier Pu
rioden feftgeftelle: Die erfle von der Urzeit bis auf den Zrojas
aifhen Kıieg, 1800 — 1000 v. C.; die zwente von Homer bis |
auf die Pififtratiden, 1000— 560 v. €., die dritte von Pi
ſtratus bis Alerander und Ariftoteles, 60 — 335 v. E.: die
vierte von Alerander bis auf die Zerfiörung Athens, 355 —
86 v. C. Die Gefchichte der Nömer if in drey Perioden abı
gehandelt, die erfte umfaßt die Urzeit bis auf Noms Erbauung
Die zweyte die Zeit von da bis zum Ende des zweyten Puni
fhen Kriegs, die dritte die Zeit bis auf Sulla; der dritte Ab
ſchnitt behandelt unverhäftnigmäßig kurz auf zehn Seiten ©.
205— 115 die Geſchichte der Griechen und Römer zufammen.
Zur nähern Bezeichnung der Manier des Hrn. Verf. ſey einu
ges in Beziehung auf Griechiſche Geſchichte ausgehoben. Der Hr.
Verf. geht von der aͤlteſten Griechiſchen Sefchichte aus, Handelt von
den verfchiedenen Stämmen, und ſucht ihr Verhältniß zu einander
erläutern. Weber die Ars, wie er dieß gethan, wollen mir
hier nicht mit ihm flreiten,, aber das koͤnnen wir nicht umhin
zu rügen, daB er einige Momente der Culturgeſchichte, z. B.
Die Orakel nicht hervorgehoben hat, was weit zweckmaͤßiger
geweien wäre, als über einzelne Zweige der allgemeinen Ga
(hichte fo viel zu fagen. In deep Anmerkungen wird über die
Wohnſitze der Prlasger, deren Name plehenbe Wölfer“ be:
deuten fol, wie Vandalen, Sueven; 2) uͤber die Wanderung
det von Deukalion abzuleitenden Stämme und der Hellenen;
3) über die Einwanderung fremder Eofoniften in Griechenland
gehandelt. Auffallen muß, daß der Hr. Verf. diefen einen
bedeutenden Einfluß auf Eultur der herfömmlihen, und uns
duͤnkt, wohl begründeten Anfiht zuwider, gradezu abfprict.
Wir führen feine Gründe an, und überlaffen dem Werhell der
Refer, zu entfcheiden, ob fie gewichtig genug ſeyen, um bie
u
*
Sachſe Lehtbuch d. Gricch. u. Rom. Riteraturgefchichte, 591
hergebrachte Meinung umzuſtoßen. 1) Heißt es, die Coloniſten
fommen nicht mit der Abſicht und in der erforderlichen Anzahl)
am Eolonieen anzulegen; 2) ihre Ankunft fiel in die für wiſ⸗
ienfchaftlihe Mittheilungen ungänflige Periode der Wanderunr
ven; 3) die Griechen machten grade in den Theilen der Eultur,'
velhe durch diefe Fremdlinge befördert werden follen, Aftros
somie, Mathematik, die langſamſten Fortſchritte; 4) die Gries
hen als ein Driginalveit nahmen nicht leicht etwas von frems
en Voͤlkern an.
Am Ende ber erſten Periode iſt eine Tabelle der Hanpts
acten, auch der auf Cultur Einfluß habenden Namen, welche
jier vollſtaͤndiger angeführt And, als im der Geſchichte ſelbſt.
Unter den Gründen, welche angeführt werden, warum
te Griehifhe Sprache in der zweyten Periode fo frey und
afch ſich entwickeite, wird S. 54 auch der aufgeführt, daß
‚och feine Schrift im Gebrauche geweſen fen; durch welche die
Sprache ſchon zu frühzeitig firivt worden fey. Die allgemeine
rinführung der Schrift nämlih, fo wie die Ausbildung der
Srofa wird erſt an das Ende diefer Periode gefegt. Sollte
icht der oben angegebene Grund durch die Geſchichte ber
Jeutfhen Sprache widerlegt, oder doch modificirt werden ?
fuch das, was ©. 35 über die Bildung der Dialecte gefage
yird, daß file für umd durch gewiſſe Dichtangsarten gebildet
yorden feyen, laͤßt ſich in diefer Allgemeinheit in Anſpruch
(4 men. J J
b Angehaͤngt find auch bey der zweyten Periode einige. Anz
serkungen. Die erſte hat die Auffchrift: über HomersBkitalter,
andelt aber eigentlich von dem Charakter der Zeit, in die
omer gefeßt wird. Die zweyte über den Einfall der Heras
iden und Dorier, fo wie die folgende dritte Über das Gries
ifche Colonienweſen gehört in diefer Ausführlichkeit mehr in
je potitifhe, als in die Literatur: Gefchichte. Die vierte vers
:eitet ſich über das Epos und die Entwicklung einzelner Dich
ıngsarten mit demfelben, ſo wie über die, in dieje Periode
ende Ausbildung mander Dichtungsarten, und enthäl
anche treffende bepfallswärdige "Bemerkungen. In der Taf
‚le, die bey. der erfien Periode angehängt if, follte Tyrtäud
ht beym erſten Meffeniihen Krieg 742 v. E. fliehen, fons
rn um ein bedeutendes fpäter beym zweyten. 4
Treffend, ſchoͤn und Präftig ausgefprochen iſt die Charas
eriftid der dritten Periode. Don den Anmerkungen befchäftigt
e erfie fih mit der Einführung der Schreibkunſt. Es wiıd
sgenommen, die Schrift fey erft nach Homer nach Griechens
nd verpflanzt worden, und erft mit dem Anfang des fiebenten
zaͤcul. v. €. in allgemeinen Gebrauch gekommen. Die Lites
592 Sachſe Lehrbuch d. Griech. u. Röm. Eiteraturgefchichte,
zarır über diefe Materie iſt im Verhaͤltniß zu der Beſtimmung
des Buchs viel zu umſtaͤndlich, und doc von der andern Beite
wide volltändig genug, es fehlt d DB. Weber Gefchichte der
Schreibkunſt. Göttingen 1807. Eine audere Anmerkung vers
breitet fih über Zahl und Form der Buchladen, Accente ıc.
Eben fo treffend als die dritte Periode ik die vierte in
ihrem Verhaͤltniß zur Literamır und Eulsur charakterifirt. Die
Anmerlungen handeln von dem Canon ‚der Alerandrinifchen
Grammatiker, von einigen Accenten und Schriftzeichen , mit
Beziehung anf das vorhergehende, von einigen in den zwey
legten ioden entflandenen, oder doch beſtimmter ausgebilde
ten Dichtungsarıen, ober Formen (die meiften Dithyramben,
Paͤan, Skolien gehören fchon im die frühere Periode), und
—— Fi Alexandriniſchen Bibliothek, deren Geſchichte
kurz erzähle iſt.
Der zweyte und dritte Abſchnitt S. 86— 115 iſt verhätt
nißmäßig viel kürzer, ebenfalls reih an treffenden Bemerkungen
ſowohl über ganze Perioden, als über einzelne Gegenſtaͤnde;
aber, was ſchon der Umfang erwarten läßt, manche Lücken
find dem Lehrer auszufüllen überlaflen.
Der zweyte rein literariſche Theil zäh die Griechiſchen
und Roͤmiſchen Schrififteller auf nach Fächern geordnet. Ch
die Dichter mach den verfhiedenen Dichtarien, dann die Pros
ſaiker. Von jeder Gattung sehen allgemeine Bemerkungen
voran, wobey häufig auf das Vorhergehende verwiefen mir,
nd verwiefen werben mußte. Lieber die einzelnen Schriftſteller
And Kopie, Drotizen gegeben. Bon den Angaben wird erſt die
Editio princeps erwähnt, und dann vinige von den Neuern,
oder Häufig auch nur die Meuefle, außerdem werden noch am |
geführe die Ueberſetzungen. Weder über Ausgaben, noch übe
Veberfegungen if ein Urtheil gefällt.
Ein genau berechnetes Ebenmaß in Rüdfiht auf das Mehr,
oder Weniger läßt fih nur zu häufig vermiffen. Eben fo fehlen
Häufig die neuieften Ausgaben; andre Angaben find zu Ichwan |
nd und unbeflimmt. Auch wäre die Angabe der Preiße von den |
neuern Ausgaben für den Zweck des Hrn. Verf. ſeht gu wär |
fhen gewefen.
Es ergibt fÜH aus dem Bisherigen, daß diefes Bud, um
feiner Beſtimmung volllommen zu entfprehen, genauer berech⸗
net, und forsfältiger in mehrern Partieen bearbeiter ferk |
müßte, daß es aber doch um vieles Trefflichen willen allgemein
ſchaͤtzbar fey, und unter Leitung eines geüdten Lehrers für |
feine nähere Beſtimmung wohl brauchbar feyn Fünne.
.
No. 38. Heidetseraithe 1811.
Jahrbaͤcher der Literatur.
ü444
Specimen historiae Arabum; auctore Eduardo Pocockio,
Accessit"historia veterum Arabum ex Abu’lfeda: '&ura
. Astonii J. Sylvestre de Sacy. Edidit Josephus
White,S.T. P. etc. Oxoni, e-Typographeo Claren-
doniano. MDCCCVI. XV &. Buſchrift des Herausgebers
an Sir William. Gcott,.: Bortebe deßelben und Vorrede
Pocodæœ's. TS 1.4”):
—E
Varci Spncinen ie ein Bart von fo onerfannter Bi
tigkeit. und Maßlichkeit (hiber incomparabilis, ſagt Meiste
Progidagm. p. 22B, plenus litteraturae Arabicae et bonag
frugie). 7 babey Ichen ‚seit. vielen Jahren fo felten, daß ein
neue, Abdruck deſſelben einer Empfehlung nicht bedarf. Aller⸗
dings war es nöchig, bey einem folchen neuen Abdrud auf
auf die Auſpruche Ruͤckſicht zu nehmen, welche wir jetzt an
einen Gchrififiellee machen. ‚Roh zu Pococke's Zeit, ſo wie
fruͤherhin, wollte. man. die Bücher mehr lefen, als befigen,
ind may ſcheute ſich nicht, ihren Inhalt fi volkommen eigen
m machen. Unbequeme Einrichtung des Innern von einem
Buch, Mangel an Negiftern und den Wegweilern der Coluns
entitel ſchreckte niemanden ad. Für einen Salmaſius war
€ aper auch daher fehmwieniger , einige Zeilen mit Citaten zu
Allen, als für unfee,. mit Eitaten prunfenden Kleinmänner,
uf fanfig Schriftſteller, die auch etwas gemeint, zu verwei⸗
a. In unſerm Zeitalter bat ſich auch hierin der alte gute
Sinn geändert, und Herr Whise hat. feiner. Zeit, „wig
ohl mit Recht, naqhgegeben. Seine neue Ausgabe if ein
7 7
*) . Die Herren Treuttel und Wärz in Paris, welche einige
Gxewplare dieſes Werts vorrathig baben verkaufen das Sy
plar für 36 Frauten. og |
594 Focockii Spegimen histor. Arabym , ed: White,
ungemein fehöner Abdruck des Specimen , deffen erſte Ausgıh
em pohrphtſcher rſſicht A, auf keiche Weit aanmichlt. Di
Arabiſche größere und kleine Schrift if fo ſchoͤn als die dark
uifhe, Doc. das Popier iſt wenigfens in unferm Ersupr
nicht von gleicher Güte. Auch find nicht nur die, in der al
Ausgabe angezeigten Druckfehler verbeſſert, ſondern auch dat
nicht amgepeigte Verſehen berechtigt. 3. B. ©. 55 fehlen u
der often Ausgabe -am Ende der eeſten Arabiſchen Stell di
"Worte: —— | Las La
welche in der Lateiniſchen Leberfehung ausgedeuͤckt, und ne
in der neuen Ausgabe nachgetrugen find: "Die Mechtfchreitun
iſt verbeffert, 5. ©. ſtatt Mecchae ſteht in der neuen Aufl
Meecae, anch flütt der Yin und wieder votkonmenden ul
Abkarzungen find die Wörter vollſtaͤndig ansgedrackt. Die typogri
phiſche Einrichtung der alten Ausgabe iſt in der nerlin Musgeheht
darin nachgeahmt worden, daßdie Seiren in dleſer ganj wie in jr
mit Linien verſehen find, doch ſo, daß Nie aͤußetn Linien dep
'gegogen werben. “Als äußere Zietide ſund zwey ſchoͤne Kupfe
tafeln hinzugekommen, wovon bie Eine von Garbinet f
Kochen, als Titelkupfer, das Bildniß von Porvoeke nad vd
‚Gemäßde in der Bodlejaniſchen Bibllothek; dee andre (ak
S. VI der Vorr.) den Fligerfbaum darſtekke, welchen Pocch
aus den Orient mitbtachte, and welcher noch am 12. us
4806 im Garten des Profeffors der Hebraͤtſchen Cpradı 1
Oxford grünte, und Früchte trug. Fuͤr die RS irneritichteit i⸗
Sebrauchs verdankt diefe Ausgabe dem Ken. White vorylal
ein alphaberiſches Regifter (S. 377—4r7) üach ben vortmn®
den Ramen, wodurch allerdings der Gebrauch dieſes Werts M}
erleichtert wird; aber noch zweckmaͤßiger wäre dieß Regte
geworden, wenn noch mehr die erlaͤutetten Materien KÄME
genommen wäre. Die Eitate, mwehhe von Porocke opt eme
ungenau angegeben find, find richtiger beſtimmt, fo-oft ®
Herausgeber möglich war, bey fahr viefen- war es ihm anf
ld, die ungenauen Angaben zu berichtigen , wril Pochet ul
'T4 Altern Weife faſt niemals die Seitenzahlen ‘der HM
“2
|
Pacockii Specimen histor, Arabum, ed. White. 596
Stellen bemerkt. Hr. White ‚hoffte in dinfer Arbeit niele Gy⸗
eichterung von der aigenen Handſchrift Pococke's, welche ih
oh in deſſen literariſchen Nachlaſſe beſfindet. „Idcirco, ſagt
7 progibus egi cum Viro beato, qui thesaurum eum jam
ossidet, ut Codex ille evolvendus mihi permitteretur.
ed nescio qua mala mea fortuna preces iNae mibi minus
uccesserimt. Solche eigenfinnige Ungefaͤlligkeit tft Gottlob!
ur dem Engliſchen Spleen möglih. Dagegen erhielt Hr. W.
ns Erenmior, welches ehemals Georg Sale, der Ueberſetzer
es Toyags, beſeſſen, „um, welches einige beygeſchriebene Ans
verfungen des ehemaligen Peitzers enthaͤſt. In einer Eleinen
Schrift (commentarialug) „ vor Sale, welche fih unter den
Baanierichen ‚Papieren in der Badlejanifchen Bibliothek be;
ndet, Kehet, wie Hr. W. bemerkt ‚ bie Nachricht, daß *
nit einge nenen Ausgabe. dus Pocock ſchen Specimen ſich
Haͤftigte Aber aus dep Anmerkungen, welche aus jen
remplare in dieſer neuen Ausgabe mit der Öegeihinung S.
uitgetheilt worden, geht aufs deutlichſte hervor, ‚ daß Sale nicht
iel über: das Denken an eine folche neue Ausgabe heransges
Immer wer. - Wir wollen die Sale'ſchen Annierkungen, ta
zrer -fehe- wenige ſind, zum: Autzen der Safer, welche⸗die neue
ugliſche Ausgape aicy ſohaidezu Geſicht bekommen ſollten, „hier
uszishen-, S. hr, finden ſich zwey a4uhniale Anmerkungen.
. 20 merden am Ranbe De Hiprte SAH kin «pi. Aberſetzt:
i voluerkt Deus: $, Biiwid nad. insigniendum hinzuges
8: Ideoque nomen Tunfich efferendum. ©. 47 (der
ten Ausgabe) wirt. nach Anmat 3. 18 unter Bent Tert be⸗
ver@tt "Ex auctoris, wedbid'imale disposiniset- inserpunctis
idetur Anmär istum fäisae'« posteris Rahise, cum fuerit
usdem'-Rabise frator, er-.quartus Nazäri flius , qui nu-
ero :ulioquin. degrit. 8;:Bı 3.29. nach Attatt: In Alco-
no sesibitur Allat, sine.Teshdid; mihil tamen muto ;
uia hoc nomen cum duplici-y T nonnumqiam effetri
detur, ab illie altem, ai ejus etymon a’ , latta
"7 rad
"596 Pocockii $Specimen’histor. Arabum, ed.. White.
deducuut. Idolam certe quoddam sub nomine Al Latt
'colebatur; quod an idem fuerit ac Allat Alcorani,
non liquet. &. 95 8. 6 wird bie bekannte gern
get 3) 1, 36 überfegt‘ Sed Deus haec opti nr
Ebendaſ. — 11 wird die Zahl der Sura Noahs (Mm) hing
gefuͤgt. ©. 195 wird im der zweyten Pococke ſchen Kandın
merkung nad forsan. in Klammern Hinzugefügt: imo ce
©. 248.3. 17 wird fuͤt vetbeſſert: (ul).
Ebendaſelbſt 3. 2ı fir yes) f -vordefchlagen eis:
welche beyde Werbefferungen alıf der folgenden Seite auch ji
Ueberſetzung in Erinmerung gebracht werben.
Wie viele weſentlichere Verbeſſerungen hätten aus de
Schriften von Schultens, Reiske, de Sach und andem
mmelt werden koͤnnen! Selbſt in der Vorrede von Poch
hd die auffallenden Fehler anberitrfe‘geblieben, mo eim
(©. X) sa f But durch Doctor dis
ope. suffultus uͤberſetzt wird (was auch 2 nurger in fir
‚Biblioth. arab, Spec. I, ©. 24. ugrführe. hat), das an
uni. (S. X1). das Wort yischedh in der Uebeiſehen
- gar nicht! ausgedruͤckt wird, ion es venn - doch: jetzt ef
genug AM; daß Maphrian die zeichnung der hoqhe
. geiftiichen Warde nach dem Patriarchen bey dem: Zacobinſe
- .Ehriften iſt. Denen, welde nut. dig neue Angabe bil
. „wird es dubequen ſeyn, Daß nicht Die Geitenzahlen der un
Ausgabe am Rande. angesehen find. .: Indeß find Die. — 2
‚zahlen der beyden Ausgaben micht Gahr, meiſtenthals ns ®
Eine oder zwey GBeiten, abmeidenh. |
Ä Die ſchoͤnſte Zierde ber neuen Ausgabe (opuscylua &
gans, wie Hr. MWhite in feiner Zuſchrift an William ei
; und. unicum' Operis nOstri ‚ornamentum et accassi0 r
/ cherrima, wie er mit Recht in der Vorrede ſich auodridhhi
‚der, auch anf dem Hahhititel genanute Anhang vom gm
Sitvenre de Sach (©. 415-573) unter dem befmi®
Pocockii Specimen histor. Arabum, ed. White. 597
Titel; Appendix, sive Excerpta ex Ahulfeda de rebus.
Arabum. ante Mohammedem, E CGodicibus Mss. exscripsit,
latine vertit et notis illustravit, A. J. Sylvestre de Sacy,
Ling. Arab. Prof. Lutesiae Parisiorum etc. etc. etc. Nach
drey Handſchriften, ‚derjenigen, welche ehemals der Abtey
St. Germain des Pre's angehörte, und zum Theil von der
eignen Hand Abulfeda's gefchrieben iſt, jetzt aber der kaiſerlichen
Bibliothek augehoͤrt, dem Manuſcript des alten koͤniglichen
Fonds, und einer Vaticaniſchen Handſchrift, wellhe jetzt eben⸗
falls zu“ Paris In der kaiſerlichen Bibliothek ſich beſindet, gibt
Hr. de Sacy folgende Auszüge: 1) über die. Propheten Hud und
Saleh, aus dem erfien Capitel Abelfedas, worin von den Prophe⸗
en nnd Fürften der Hebraͤer gehandelt wird. 2) Aus dem vierten
Capitel von den Gefchichten der Araber wor dem Jsiem, über die
Könige der Araber in Jemen und die außerhalb Jemen. 3) Aus
ven fünften Capitel, welches Die Geſchichten verfchiedener Voͤlker
nthält, über die Berbers, Die Abiten und bie Amalekiten;
enn über Die Verſchiedenheit der. heidnifgen Araber in Hinſicht
mf den Cultus ihrer Götter, endlich über die ‚werichiedenen
Stämme der Araber. Die Stellen, wo: die Handſchrift von
Be. Germain die eigenen Handzuͤge Abulfeda's enthaͤlt, find
efonderd ausgezeichnet worden. Auch wird in. einer vorlaͤnſi⸗
en Vemerkung zu dieſen Auszügen, welche die nähere Bes
chreibung der drey gebrauchten Handſchriften enthält, das in
me Handſchriſt von J. B. Köhler bey feiner Anweſenheit
u Paris mm 6. Sept. 1765 eingefchriekene Zeugniß mitgetheilt,
ady melden die Stellen, in welchen fon Renaudot die
dandzage Des gelehrten Sultans yon Kama erkannt Hatte,
olltommen dem Autegraphon. von Abulfeda’s. geographiſchem
Serke zu Leiden gleichen- (Neque ovum potest, ovo simi-
118 esse, atque sunt hi codices, Lugdunensis geographi-
us, et. historicus. Parisinus.) Dem Arabiſchen Teste folgt
ne Lateiniſche Ueherſetzung, ebenfalls von Herrn. de Sacyh,
ad auf. (eihf Hier theilt er in.einigen Anmerkungen. (dägbare
, db ep. 'r
+ rt
\ ‘ ‘
598 Muswahl and J. Ph. Dftertag’S Meinen Schriften
Erläuterungen aus dem Reichthum feiner bewundernewürbign
Kenntniß der Arabifchen Literatur mit. .
Auswahl aus den kleinen Schriften der verstorbenen Professor
und Rectors am Gymnasium zu Regensburg, Johan
Filipp Ostertag, aus dessen Nachlass herausgegeben vo
einigen seiner Freunde. Zwey Sammlungen. Mit we
Kupfern, Keplers Monument in Regensburg darstellen.
Sulzbach , im Verlage der Kommerzientath %eidelschu
Kusst- und Bushhandlung. 1810. KXXII u. 58.6. |
Als Herausgeber hadten fich am Schluſſe der zu Negensim
im Aug. 1809 gefchriebenen Vorrede Boͤßner, Leopold Ir
v. Seckendorf und A. Kanfer unterzeichnet: Aus der, vonta
Zen. Conſiſtorialrathe M. Gampert zu Regensburg werfaften.
ut gefchriehenen Bipgraphie des feligen Oſtertag geben m
folgende Notizen: OD. war am Bo. May 1934 zu Idſtein, a
Naſſauiſchen, geboren. Seine wiſſenſchaftliche Bildang erfil
er zuerſt in feiner Vaterſtadt, ſodann zu Jena und Gin.
1755 kam er als Conrector nach Meildurg, mo er in der äh
Meorector und 1763 Rector wurde, umd zur Aufnahme W
Spmnafiims fehr viel beytrug. 1774 Tollte er Prebige⸗
Haag werden; doch ploͤtzlich gab er dieſen Plan wieder ef
Der berühmte KHeffendarmftädtifche Miniſter, Schr. von Dei
wollte ihm entweder als Onperinteridenten nach Darmfrt
oder als Profeſſor nach Gießen Bringen; er lehnte es ar
Auf den Vorſchlag feines Freundes, des Hru. Prof. det
ſtraͤſer in Hanau, fam er 1776 als Prof. und Necket md
Negensburg. Hier ſtarb tr am 21. Der. dor: Ad Der
als Gelehrter und als Lehrer hatte OD. ſich allgemeifit Ahım
erworben. Wteihwohl nahm das Publicum die Ankindigm
einer Auswahl feiner Meinen Schriften ſo kaltſlantg auf, 5
die neue Ausgabe (deren Ertrag fr O. nunnichr and veni®
bene Witwe befiimiht war), beynahe Hirkknmeerbieiten mil
wenn nicht der edle Zürft Primas aufüreniid Sremptiht untetzi
net und die Seidel'ſche Buchhandlung in Sulzbach ſich entſchoſt
Antwahl ans 3.:9% Oftertag’s Fisinen Schriſten. 699
biste, gegen Ubemahme des Subſeriptisnsgelder, das Must
ya verlegen, und ber Oſtertag chen Witte gewiffe Vorcheile
zusügeftehen. Das dieſer SGammlung bengefäste Verzeichniß
enthaͤlt nichts weiter, als ga Gubfetibenten; aus Regeneburg
69, von Ausiohttisen 25. Auf die'Oubpribententifte folgt dad
Ttelverzeichniß· ſammtlicher, theils im Druche zefdienenen;
theils im Manuſerixce vorhandenent Echtiſten Oſtertuge. Wen
den, vorher einpein herausgekommenen Abhandlungen ind nur
in ber vorliegenden Sammlung mehrere, und yager nad Bes
Auswahl des, rhen. v. Sedientorf, "wieder: abgedrucke Es
find folgende :- I. De vera studiorum scholasticorhm ratione!
1762... Eine kurze Geſchichte der Schalen, von der. Eickah⸗
rung des Cheiſteuthums an bie auf: bie neuern Zeiten, wich
vorausgefchiedd; dann geht ber Verf. auf den dreyfachen Zwech
der Schulen, meraliſche Bildung der Jagend, Wordereitung
derſelben auf die Akadembe und Ausbildung der wicht für den
Gelehrtenſtand beſtimmten Juͤnglinge Aber, und handelt von
deu Hutfoenuttein zur Erreichung dieſer Zwecke. Was er hier
ſagt, iſt nicht wen, aber in echt Roͤmiſcher Sprache vorgetragen,
LI. Scholae puhlicas cantra invidiosas quasdam vitupers-
tiones defenduntur.. 2777. Der, dew oͤffeutlichen Schulen ge⸗
machte Vorwurf, daß von dem Beyſammenſeyn und dem Ya
gange ſolch er Kinder, die kaum den Schsoß ber Murder verlaſ⸗
fen Gaben, weit. mehrern andern, den Geiſteskraͤften, der monas
chen Beſchaſſenheit und dem Alter. nach Köck verſchindenen
Juͤnglingen, deren Bitten nicht immer. bie beflen And, eine
Befahr für Moralitat und Anftand zu Sefärdgten ſey, Die bey
ber Hängligen Erziehung wegfalle, wird durch folgende. Bomer⸗
tungen widerlegt: x) auch bey ber häuslichen Erziehung kann
ber Umgang mit andern, theils boͤsareigen Knaben, oder Er⸗
wachſenen nmicht gänzlich vermichen werden, un) es waͤre nicht
einmal gut, wenn. bie Kinder wie: Einſiedler erzogen waͤrden.
2) Ein feine Schuͤler liebender Lehrer har genug Gubegeichei⸗
tm, Fehler gegen den Anand zu verbeffern, und heflſani⸗
allgemeine Vorſchriften daruͤber zu. geben. 5) MWiele lernen
coQ Auccchl aus J. Vb. Dfkertag't. Frines Cicheiften.
Warngenden ſchon im elterlichen Kaufe, che ſie in die Schule
fonmen, A) Wenn Unterricht im der Religion und werbung
Beligidfer Gefühle, zwar Hauptgegeuſtande ber . öffentlichen
Schulen, nicht is Gchähmiäwerk, ſondern als Sache des
VDerſtandes und Herzens behandelt werden, ſo hat auch him:
darch: der. Öffentliche Unterricht einen Vorgug var dem haͤnslichen.
(über keanndenn nicht auch bey der haͤnclichen Erziehung dir
Steligien zur Dache des Werfiandes und Herzens gemacht wer
den ?) Aul, den. Vorwurf, daß ein Lehrer an einer zahhlreichen
Schule feinen Odhktem: nid. fo viele Renntmifie. Geydringen
kane, als der, weicher ſich einen Einzelnen widmet, wird gu
antwortet: 1) es kowmt Bier fehr viel auf das Talent ,. den
Zeit und bie Methode des Lehrere an. 2) Die Lehrer unem
richten mit mehr Luft und Bewer, wen fie mehrere, als wenn
le nur Einen Schaͤler vor fih fehen. 3) Der Jungling lernt
eifriger, wenn er Kameraden hat, als wenn er allein iſt. NG
werden als Vortheile bes oͤffentlichen Unterriches angeführt die
Macht der Macheiferung, bie, auf Schulen oft. fr bie gan
nachfolgende Lehensjeit geichlofenen Breundichafuswerhiubunge,
die Vorbereitung für den Eintritt in die bürgerliche Gefellifihah.
III. Einige Bemerkungen Ober bie priwats. und oͤffentliche lm
termeiſung der Zugend im Regensburg: dos. "Diefe:Btede, is
welcher haurtſuͤchlich bau, in Diegensbuug herrſchende Merurtheil
gagen die Öffentliche Erziehung und das dort gewöhnliche uw
gewöhgliche, umyeltige Werigffen der Schulen gerägt iverden,
verdiente wohl kan, da ſte bleß locales Intereffe Has, vie
Aufnahme in eine Gemmiung, wilde nur eime Auswahl dei
Geſten geben will. IV. Commentstio philologice - physicı
de Jova Elicia. 1795... In dieſem für Die Phyſtk und für die
Geſchichte der Entdeckungen gleich wichtigen Programm ſuch
her Verf. den Sewels zw führen, daß die Alten ſchon die
Kunſt, das Gewitter abzuleiten, verſtanden haben, umd di
Senemung bet Supiter Elicius ſich darauf beziehe. Mech
Lie, a, ı9 fcheint Blume im Befige jenes Geheimniſſes geweſen
wu, ſeun, non welchem auch Plinius H. N. In 55. XX VI, 2
Ancwahl ans. 3. M. Oftertag’s Kleinen: Schriften... 608:
redet. (WDas Hr. D. Diauge im. 25 (Abth. V.O.9) S. Abo b.
Heid. Jahrb. 1020 bemerkt, vaß ſchon Moger: Baco im dreygehnten
Jahrhundert nicht nur Die Wielung des: Schteßpaloers, ſondern
auch feine Beftandihaike und daten Zufemmmfelsmg gekaunt habe,
wird auch von unſern Berfı :B. Ao behamptet, umd ber won Dre.
D. Dümge' nur aus andern Schraͤfiſte llern :gefühnte Beweis Aber
darch Bacens eigne Werk: in feinem Briefe de smcnetis ope-
rihus ärtis et naturae geſſihrt, wen. er : vom Schießpulver
ſchreibt: „Sed tamen satis. petree lum mope.can ubre
dur Wetfegeng. ber BGuchſfaben: carbanum. nulvere)
öritug..et sulphurüss et ste facies tanitsu, et coruscationem,
si sciam.artälieium.) V. De scaphiis veterum commentatio.
rd. Ber gibt O. die verſchiedenen Bedeutungen des Wors
©taphien kürgiih an; bann bleibt er. bey Derfenigen chen,
werte Dafieibe won Piutarch, in feiner Biesraphie des Muma,
genommen wird, Mama hatte unser andern auch ber Bella
ihren niguen sttesdisnf ‚eingerichtet, wobey: man ſich, um
das anspegangene Feuer Durch die aufgefangenen Oonnenſtralen
amzezunden, wach Pleaichs Erzählung det Okaphien bediente,
Auer Art von Gefäßen , über deren Form der Verf., weichem
Plutarch's Beſchreibung mit richtig vorlommt, wit. einem
großen: Aufwande non. mashensatifher Gelehrſamktit feine Ver⸗
mutbung gibt. VI. Den den Skafien der. Aiten, und zwar
wer Ihrem gnomoniſchen Mebrauche. 1780. Weder die Arien‘
chiſchen, noch Roͤmiſchen Schriftſteller haben uns eine deutliche
und genaue Beihreibung der. gnomoniichen Skanhien ber. Alten
Ginterfaffen. Am ausfährlichkien, aber mit einer Dunkelheit,
bie Den wahren Siuu nr einigermaßen errathen läßt, redet
Martianas Capella davon, indem er fagt:. „Scaphia dicuntur:
rotunda ex aere vasa, quae horarım ductus stili in me=
dio fumda'.sui proceritate discriminant, qui: stilus gnomon.
appellatur, cujus, umbrae prolinites asequinoctio, centrä
sui aestigmatione dimensa, vicies quater complicata,: ciz»
sulı. duplicis modum. reddit,“ Nach unferm Verf. maren es
zohle, aus Stein, Metall, oder einer audern dauerhaften und
652 atmet au: 3. BI. Oferias’V- Finn. Sehaiſten.
fein ga beerbacenden Materie verfeniigte Halbkugein, weiq
horizental gefbelit werden konuten, In deren Mitte ſich ein dem
Babins der Ketgel gleidher Gnomon, oder fenbercht aufgerichteter
Ocattengeiger“ beſand, "dar. entweder nur bie tägliche Ab⸗
umb Zunahme des Dchattens ig Sem. barin grzeichneten und
nad. Graben abgetheilten Mitka gotreiſe bemerker, oder bameben
nech die ebenfalls in der hohlen Flaͤcht beſcheiebenen Tages
ſanuden audentete, umd „alfo die Stelle sine Sonnenuhr ver
trat. Ohne von den Skaphien, als eigentlichen Bouneunbeen,
gu handeln, beranmmeden D.: auf "Martini Abhzambiuitg von
den Gonnenubren ber: Alten -verweißt:; befchnänfe er. ich auf
den Gebrauch der Skaphien in der Dtern⸗ und machemaciſchen
Eotunde, Seafchreiet das eigentliche Verfahren der MAten bey
Dem Gebrauche derſelben, und: aimmt taten Anlaß, dad
nähere von der Wefchaffenheit ber Sarhien fetbft zu bemerken,
Die nach feiner Ausführung nur ein fee aueolilemmenentläck
ons der fi erſt entwickelnden Grirchtſichen Afiromomıie. im ihrer
Bindheit geweſen. Diele Abhanbiung zeugt noch much; als
die nädvochergißende, von ben geñndtichen manthemasiichen
Seuntuiflen des Verf. (Ein fonderbaur Gebanke ſcheint es
ya ſeyn, wenn. S. 92 meint, daß Wingil's Menait (Helog.
ZH, 40) fid) des Namens des Eratoſthenes „wegen deſſtn preis
adiſcher Unbequemlichkeir“ nicht arinmern Eine, inden wohl
keine graße Gewandtheit in der. Metrik dazu gehört, um ben
Damen eines berühmten Mathematikors chen fo gut, wie dem
de Komen, in. ben vorbemerkten Hexameter bineinzußringen.)
VII. Commentatio philologico - physica de auspiciis ex
seuminibus. 1779. Die Hauptſtelle über diefe Are von Au
fricien, von weichen fi fo wenig Gewiſſes ſagen bäße,. fin
Gic. de natura Deorum II, 3 und de divinatione II, 8.
Gerda häls Acumina für die Schnaͤbel der jungen Shure, bi
bekanntlich Bey den Auſpicien eine wichtige Nolle ſpielten, An
dee glaubten darin eine Art von Seomantie, Belomanctie, ode
Pyrsmantie zu finden. Unſer Verf. aber erklaͤrt fie ( nicht ches
VDahrſcheinlichkeit) ans: der Eleerricitaͤt. Seiner Meinung meh
Auswahl aus J. Ph. Stiertagf Heinen Schtiſten. 603
waren die langen Gptefe (pila), weiche die: Romiſchen Solda⸗
ten -im Lager vor den Zeiten an dem nicht mir Eiſen befchlas
denen Ende indie Erde ſteckten, fehr dazu geeignet, die elektriſche
Materie an Teich je ziehen, und fd bey entfiandenen Gewittern -
dine Naturerſcheiunng hervorzubringen, die ber Aberglaube für
eine gute Worbedeutung hielt. VIII. Ueber den ehemals auf
dem Marsfelde zu Rom geftandenen gnomoniſchen Prachckegel.
785. Odbgleich der Werf. Im Eingange dieſer Abhandlung
fagt, daß fie für wahre Kenner der Mathematik, beſonders
Ber Meonomie und der Alterthämer nichts Neues enthalte, fo
iſt fie doch ein ſchaͤtzbarer Beytrag zur Erläuterung der von
bem erwähnten Obelisk handelnden Seelle in Plintus 'H.
N. lib. 36. c. 9. 10. Sie gibt eine Anzeige der über diefen
berühmten Prachtkegel erfchtenenen Schriften, fe ältere und
neuere Geſchichte beffelben, eine Beſchreibung der vermuthlichen
Einrichtung und eigentlichen Beſchaffenheit des Gnomons, eine
auf aſtronomiſchht Gründe geſtuͤtzte Beurtheilung der von PR
situs angeführten Urfachen, der zu feiner Zeit erfolgten Lnriche
tigkeit ‚deffeiben, und zwey Ueberſetzungen der vorerwaͤhnten
Pliniſchen teile, die Franzofiſche des paradoxen Poinfinet de
Sivry und eine Dentfche von Oſtertag. IX. Die Pflicht, den
Alerheitigften nachzuahmen. Predigt am dreyzehnten Trinitäs
tisfonntage, Text? x. Petri ı, 19. 16. 12775. -Kalf und
trocken wie ein Eompendium! "Zum Kanjelredner fcheint nach
dieſer Probe DO. feinen Beruf gehabt zu Haben. X. De IIs4
RrIsornros origimibus philosophumena per saturam. Dee
Urſprung ‚der Vielgdtteren wirb bier fo entwickelt: Ueberall, me
die erſten Menſchen hinblicten, fahen fle koͤrpetliche Gegen
flände; ein Wunder alfo, daß fie auch Gott fi wie einen
Menſchen vorflelten!‘ Die Aufgeflätteren unterhlelten dieſen
Wahn beym Pöbel, um denſelben deſto Heffer feiten zu Cönnen,
der Aberglaube verlandte Bilder zur Anbetung; Maler, Dich⸗
"ter und Bildhauer ſtellten das hoöͤchſte Weien unter menfchlichen
Geſtalten vor: Beſonders aber fehufen die mit Äbertriebener
Verehrung verbundene Feyer des Andenkens großer Männer,
604 Aucuahl ans J. Wh. Dfteriag’s kleinen Schrifien.
de Brobachtung ber Geſtirne, vorzuͤglich beym Gottesdienſte,
Die durch den Lauf der Zeiten verloren gegangene wahre Bes
dentung der Hieroglyphen, ſelbſt die Hoffnung einer ewigen
. Kortdauer, und die faſt umgemeßliche Menge von Uebeln in
Der Welt, für deren Urheber man. Bott auszugeben Bedenken
eug , unzählige Familien won Söttern und Gättianen. IX.
(eigentlich XI.) Etwas über deu Rempeliihen Schachſpieler;
eine Gruvpe „hilofophifcher Brillen. 1785. In dirfer Abhand⸗
Gag, die dur Geiſt und Vertrag an Engels Philoſophen für
Die Welt erinnert, gibt D. Vermuthungen, nicht fowaht über
Die wirkliche , als vielmehr bloß mögliche Einrichtung dieſer ihm
von f&arffinnigen Augenzeugen befcheiebenen Maſchine, und
wendet fie auf die organifche Maſchine unfers Körpers, auf
Die Mafchine des Weltgebaͤndes, auf menſchliche Freyheit, auf
Die Regierung der Welt und andere des Nachdenkens ber Phi
Isfophen von jeher wuͤrdig geachtete Gogenſtaande an. (Unter
den ©. 189 f. / angefuͤhrten Automaten hätten auch noch ber,
von dem obgedachten Moger Bacon verfertigte kaͤnſtliche Kopf,
und der kaͤaſtliche Adler, der K. Carl. V. eine Dentſche Meike
weit entgegen geflogen ſeyn fall, erwähnt werten undgen.)
XII. Weber Die Berechnung der Zinfen bey den Griechen und
Römern, nad Pauktons Metrologie. 1784. Aus Pauktons
Motrologie, ou Traite des. mesures,. poids et monnoies
des anciens peuples et des ‚modernes. (Paris. 1780. gr. 4.),
eiaem für Alterthumsforſcher, Ockonomen und Mathematiker
gleich reichhaltigen Werke, if hier Die. befonders auch Für die
Kioiliten wichtige Abhandlung, Aber Die Zinfen der Alten, über
fegt, ale eine Probe vom Vortrage des Franzoͤſtſchen Schrift,
ſtellers, zugleich aber auch als ein Verſuch, wie, nad O
Meinung, die intereffanteßen Materien dieſer Metrologie üben
ſetzt werden konnten. XIII. Ueber das Verhaͤltniß der Maße
der Alten. zu ben heutigen Maßen und ein bey allen Nationen
ginzufuͤhrendes Eichmaß, nach Pauktons Metrologie, mit
lanternden Anmerkungen. 1791. XIV. Erſte ‚Fortfegung
199 XV. Zweyte Fortſetzung. 1793. XVI. Dritte Ze
Ausſwahl aus 3. Ph. Dftestag’s Heinen Schrifces. OS
ſetzung. 1754. Sieſe vier, einerane gelehrter Vernerkurgen
in fich faſſenden Abhaubdinmgenhaben ein eignes Zeltintereffe
in unſern Tagen, wo mehrere Regierungen ſich mit Einführung
gleichfbemiger Maße and’ Gerichts beſchaſtigen. XVII. tebir
den Urſprung der Gternbilder, -udb- die daraus ju mfiätende
Mothologie, nah Derpuis ‚Abhandlung. 1787. XVII. E
Fottſetzung. 1788. XIX. Zivente Fortfeging. 1789. XX. Dee
FSortſetzung. 1790. Mech Dupuis hat, wie Pauctos durch O's
Erlaͤuterungen gewonnen. Die in Rn XX. vorkommende Gy
ſchichte des Bacchus verdient mie den nineſten Bearbeitungen
dieſes Mythos, ‚bie wir von Heldelberg aus erhalten haben, mi
Crenjers Dionysos und Nonni -Diönysiacor. libr. sex, ek
‘ed. G. H.Moseri, verglichen zu ˖ werden. XXI. Antiquæriſhe
"Abhandlung über - die —— — (Ans den neurn
phiid fobhiſchen Abhanblungen Baier ſchen Akademie dk
Siffenſchaften 41785, ©. IV. S. 113 abgedruckt, mie Se,
"fügen aus einem Manuſcripte von 1790.) - Schon den älteftch
"Weltwetfen und Naturforſchern war das Augemeinfte von ·der
Eiekitricitaͤt bekannt, daß naͤmlich der Bernſtein, "oder Das
Eilectrum, wenn en gerieben wird, die Kraft beſtte, leichte
Korper an ſich gu ziehen; aber aluch die ſo genaue Verwanbe⸗
ſchaft der Eiektrieitaͤt mit dem’ Blitze Haben: die Alten gitehnil,
und davon“ Gebrauch gemacht. Dieß beweist O. durch Sat
vius ad Virg. XII, 000.5 3. Me Moſe EX, 24.5 0, Yon.
VO, 1.3 1.8; der Rönthe XWIE 38,5 .Disder’s Biblidihe,
V, 70.; ®tnica’s Quaest. nat. N, .32.; Plinius IE N. If,
„> Livius Hise. 4; 51.5 Jsſephuͤs vom juͤdiſchen: Kriege,
vi, 6 vl, z2. 2; Oerodot EV, :88, Auch aus der Dia
Raffus Erzäfung? von dem ſtarken Regen, den der aͤgyptiſche
Zauberer Arnuphis erregt haben ſoll, aus der in Gibbond
Werke vom Verfalle des Wömifhen Neichs, Bo. 5. ©. Ba
vorkommenden Anekdote, aus. den Legenden von der wunder⸗
thaͤtigen Art, wie Apollo fein Orakel zu Delphi gegen die As
geiffe der Perfer und Galller vertbeibigt habe,” aus den: Gas
ſetzen der zwölf Tafeln, aus einer Otell⸗ in des Hippokcatce
—
6 Untabl aus J. Wa. Hſtertagv Fleinge. Cchuiiies-
Abhandinas von tur fellarinu-Bincht, aus Qepeca DI. Q. IV,6.
ns den‘ Beuanbaungen der chriflichen Katie: uud des Banony
Shen Aachts ig Vetreff ber Mottermacher (nagensäch 1.406
de malf, et marbam. una « 16. C. 26, qu. 7.) ans einer
Sure; in den von Balug ‚edisten Werken des HD. Agpbast
äh von Lyen, T. I. O. 149, aus der Werarbnung ie
RR. Kart’. des Gr. Cabituiara von 70 c; ad, „me klein
Paptizest,. mes chartas. per portisus appendant geppier
gerndisem“, auf. den numpigiis ex acuminibus, aus Dem om
Mliaius beſchriebenen Beer: dev Helena im Tempel ber Mi
area zu Lindas, und aus hau. Ergäblunges von Dam um bi
Mönfe moancher Manſchen erſchienenen Mimbus nder Heilige
ſcheia ſchlleßt unfer Vorf,, daß die Alten praltiſche Kenntuif
wan·der Bemutereleſericiia gehabt Haben. XIL. VUeber di
Alsıflerklicgheit. a 736. Eme geiſt⸗ und hoetrzerhebande Varie ſung.
XXIII. Kapla's Wronpment in Regensburg. An das ‚anfge
Ham Doutſche Publicum, nebſt einem Lateiniſchen Dendſchrei⸗
hm an Aianar in Dingen 2706. Nach *iner zweckn;Ißigen
Minleitung ſchildert D. zuerſa Aeplar's wiſſenſchaftliche ·Verdienſie
and mertwürbigfie Lebensumſtaͤnde, und. trqaͤgt dann ſcinen
Maorſchles über. ein: in Negensburg dem unfischiichee PYriefter
Vranens zu, arrichtendes Doitenal vor. Hicrauf folgen dab
sachen auch im a. Zahrg, des. Gatingiſchen Magazing aber
andre Suventarinm ‚tee Bgpler’s Werlafienfhaft, mit Säh
wars Lommentar (Über Nculer Miisieumpände), uud zum
Srich vum Kaͤſtner an Oſtrtas. Den: Meſchluß musche Die m
Mlinige Werte (Ep. I, 17): „Neque ‚magis decerum et
dnsigne est, biatuam in fero populi:Ramapi habere „quam |
gonere“, erinnernde Erzaͤhlung von bar: am Mr Dec. zöch.
erfolgten Einweihung des Kenler ſchen Deukmals in Regensburg,
md von den verbienftuolken Ahamiäuusen, mer es chen
„eren. Temisialgefamäten ; Fehrn· v. Reden und vo. Dieflen,
der fühl. Regensburgiihen Ken. geh: Rathe und Domcapu
tatar, Brafen von Sternkerg, und dem Hru. Landesdireciiend
marke Mhbner gelungen IR, unser den Auſpicien des, alles Gute
‚id: Ucba die Maarierxbofe des: Nefenfrenzes. -GO7.
ud: Bier raſtlos Krfäeberuben Wärften. Peirnas und vermits
telſt der welteen Beytxage patriorſſcher Zeitgenoffen de Errich⸗
tung eines Denkmals fuͤr den Vater der hentigen Sternkunde
‚gu Stonde mm briagen, mot Or neegehlich aufsefodert ‚hatte,
- DROR kurze Damtrlung des ahals:yehie, wie ie Be⸗
tehtung und unterhauuung die Leſer dieſes Buchs ſich zu ver⸗
forecen haben. Auch bie Sprache. verräth.,. owohl in den
erdeiatſchen, ais Deutſchen Auffigen, einen durch Die eue
der Ctaſſiter gedlldeten Gefchmack, und faſt jede Abhanblug
enthaͤit Beweiſe der qusgebreiteten Baleſenheit des: Verfaſſerg.
Das Aeußtre 05 buche‘ macht die Vel⸗oahooꝛiens am. “
Fü - he
DE IT —— a
‚Eine —— ‚als Ankündigung) über die & Metamorphofe
. des Ros.en kranzes nach dem Geiste der katholischen
Kirche , —* über »das. Rosenkranzgebet: 1) wie, es
. ‚bisher, gepflest worden ist, aber 2) wie es nach ‚deya
„Seigte der heil; kathol. Kirche. gepüggt werden kann, und
„sol Vog Herenäus Haid, der Theglogie: "Doctor.
ae bey Thomann. 39 ©. 8. 3.
: Ri, Hof entranz,” das Liebfingggebet des batholiſhen
IEXEV An. apaſtoliſchen Rilenbausbeksuntß,
aus Ren chn Suhertiuiufet, nd 1130 Wer Maria, denen
Die, ‚Fanfjehn. Grheimniſe v8 Eriägerf‘ einge eſchaltet werden. Er
Geißt.aud Dfakter hon ern Zahl dar Ing Marie, | die eine
rauch der 201 Malmen Teiiei: * Awohalich sent
Das Volk nur. den dritten Theil. dea Pfpiters auf einmäl, und
heißt Ay doch / Roſenkran. Man ſoricht au nach dem Saas
Bensboſenntniß ein: Mer unſer sand: drey An. Meria, ah
"Derlin, wie nach “jedem Beſettzi von sen. MeiMaria ; was
Ehe f (2) dem. Raten. hinzugeſetzi wird, Daf diefe
Se bereformel mach der ‚Eallärung ı Jeſu Metth. 6, 7 verwerfs
te Da fle „wilden! Ben: Geiſt dor: wahren iadacht freie;
daß .fie als eine Battologie, Als leeres Sepliapper, als verdedds
Uche Mechaniamus andgerottet warden, ſollte, raͤumet der Verf.
©. 16 jedem Denker ein. Aber u glaubt, daß ein Sviſzen
—— — m Pe
"608. . Kid Weber. Die Metamotpboſe des Befckfraneb.
weicher ven Nofenkranz abihuffen” weile, afles Zutrauen 6
‚einer Gemeine verlieren " wärde,- ſo daß ex nio⸗⸗ Gutes bp
berſelben mehr. würde ſtiften Können, Die Nachmittags andach
“ten, in denen der Roſenkranz gebetet wird, find gewöhnlich
geſtiftet, ımd wenn:iän ein Yfarrer unterliuße , ſo würke
‚se acht nur .eh6.ein. Zeeygeiſt, Hodera auch aid ein unge
rech ter Mann, der den letzten Willen der Verfiorbenen nidt
vefpectire , vom Volle ausgeichrieen werden. Er will daher den
Srofentranz nicht vertilgen, fondern von Mißbrüuchen reimigen,
‚un ihm eine andrea Seſteit gehen, bie: dem Zwecke feier Ein
Ahrung und dem Geige der Kirche — ſeyn fol... Das
Ourrogat, welches der Verf. vorfchlägt, IM aber nur dem Namen
"nach ein Mofenfrang; der Cache nach fit es eine für Verſtaud
und: Herz berodimere- Andacht ,. "wurde den Deyfall denkendet
Katholiten gewiß erhalten wird.
Demungeachtet glaubt Rec, «6 ſey nicht unmöglid,
daß ein waͤrdiger Pfarrer, welcher das Zutrauen feiner Ge⸗
“möne befige, den vom Moͤnchthum abſtammenden Rofenkam
' andy dem Namen nach abſchaffe. Er. darf nur an bie Stck
deffelben gute Lieder und lehrreichen Unterricht ſetzen Wie
gern das Wolf ' feinen Roſenkranz betet, fo gern umd nod
fieber fingt es, und ‚Hört eine kurze, ihm verſtaͤnbliche Aw
tede. Vor allem maß das Votk über die Cigenfchiaflen bei
ehrigtihen Gebeis unterrichtet werden, und Wenn ed dieſen
Unterricht gefaßt hat, fo wird es vo feld feinen, Rotentranj
wegwerfen, und eine vernünftige ndachteübung nom
‚Was die geſtiſteten Roſenkraͤnze Ageht, To eher es ‚Une Ob
&
‚tibffen und Parse ‚fen, dan aen dar Zi Bu
tönnen nur ‚mit Fohlgefal
„igterpretiren. Die Verhlaͤxten
auf den Neligionsiehrer erabfehen, der das in 1 Name
ehut, was fie fetdft ‚verlangen‘ wÄrden, wenn fie aus den
zunde der Baligen yarädlichrn, umir ihre Meiumng nel
koͤnnten. m ee .
Wenn aber der Verf. will, baß die Pfarrer ſich bem
Totlen, feinen neuen Mofenfrang auch in den Ani *
iente einzuführen‘, und Wem u vun. Want Außen, Me mil
vom ähm (etbft im den Hhuſern vorheten fo if dieß ein⸗ Abm
fpannte Forderung. enn das arme Landvolk des Abends
nach Haufe fommt, und fein durftihes Abendeffen genoſſen bat,
fol man es mit dem neuen Moferiieunze sfosehl, als ‚yait des
altem verfchemen,; meh nicht ec, eimm dalbs Stunde mis Lippem
‚gebet martern,, ehe man ihm Die —3 — Nachtruhe vergönnet.
in herzliches Abendgebet von zwey nnten tft mehr werth
@16 zehn Rofenkraͤnze, Sep denen das imhde Seſinde Dem Kerl
Wenter und einſchbaft. 5
\
No. 39. Heideldergifde 1811:
Jahrbücher der Literatun
üAAA
*
nee
Hochfindthiger Unterricht im Code Napoleon für alle Stände. Tom
Hszufratbh Dabelow. we 1811. Bo Biete und Comp;
: 88 9
SR iniite Schriften zum zora eines allgemeinen Kechtduns
terrichtes für Jedermann baden noch nie etwas gefsuchtet: Demi:
das Publicum, dem fie beſtimmt And, finder num einmal durch⸗!
aus fein Intereſſe daran; es begreift das Wenigfte, vergißt
gar zu leicht das Uebrige, und kann am Ende das Erlernte zu’
nichts gebrauchen. Denn für die Anwendung genägen under.
ſtimmte, oberflaͤchliche Rechtsjäge nit: Nur die vollſtandige,
genaue Entwickelung rechtlicher Beflimmungen ann: für dad
wirkliche Leben Mugen haben. Schon oft genug ift dieß geſagt.
Als wir daher die vorliegende Schrift zur Dans nahmen, hoff!
sen. wir, dem Merf. werde es nicht wieder darum zu hun
geweſen ſeyn, eine Reihe non Boden mit ſeichten Sachen
eiligſt auszufuͤllen, ſondern ſein Beſtreben werde wenigſtens
dahin gegangen ſeyn, nur die wichtigſten, ſofort für’ die Ein⸗
richtung der Handlungen des Unterthanen bedejtenden Eigen⸗
thuͤmlichteiten des C. N. heraus zu Heben, um ſeine Mitbuͤrger
gegen Schaden zu warnen. Abel nie hat uns eine Hoffnung
mehr getaͤuſcht. Der Verf. lisfert. uns hierin 374 -Paragranfen
einen .feihten Auszug aus allen Titeln des Geſetzunchs, gaͤnzlich
unbekuͤmmert, 95 ein Rechtsſatz nen und poſitiv, oder alt und’
son ſelbſt einleuchtend if. Das Schwierige wird häufig kurz
nnd unbeſtimmt, das Leichte dagegen, weiches ganz. verſchwie⸗
gen werden konnte, recht breit und ausführlich bargeſteint. Bi.
swollen nur einige Beyſpiele ausheben. Die [chwierigt, fo
gänzlie umgeihaffene Lehre vom Beſitz charakteriſirt Br. Di.
in $. 228 fo: „wer im Befig einer Sache, oder tines Rechts
| | og oo
640 Dabelow doͤchſt näthiger. Huyerricht im Code Napoleon.
fi Kefindet, kann verlangen, barin gefhägt zu werben. E⸗
iſt duch Niemand erlaudt, ihn eigenmaͤchtig daraus zu vertrei
ben.“ Das if alles. Dagegen wird allen Ständen in $. 21
doppelt fo ausführlich ein hoͤchſt noͤthiger Unzerricht darüber
gegeben, daB Ehegatten einander zue Treue, zur Huͤlfe und
zum Beyſtand verpflichtet. And; daß ber Mann. die. Frau be
ſchuoͤtzen, fie bey fi wohnen laffen, und Ihe landesmäfigen
Unterhalt geben. muß; daß fle dagegen verbunden if, ihm
Gehorſam zu leiflen, und an jeden Drt zu folgen, wo er fein
Wohnung aufzuſchlagen für gerathen findet, u. ſ. w. — Eis
Apnlihes Beyſpiel „gibt die Lehre von der Bindication beweg
licher Sachen. Daräser it in 6.155 nur der Art. 20279 an
geführt, aber die hoͤchſtwichtige Beichräntung des Art. acdı,
welchs Jedermann intereſſirt, gänzlich wergefien. - Dagegen ev
zaͤhlt dee Werk; in 6 an7 recht erufich, „man kann auch feinen
Verordnungen, Bedingungen hinzufügen z. B. wenn San
Gretchen heuraihet, fol ex mein Vermögen Habe.“ — Dem,
vor allem wichtigen Capitel von den vertragemäßigen Güter
rechten Her Eheganten, der Brautgabe und der: Paraphermalie
it in $. guß nur eine. halbe Deite gewidmet, wo mit ein:
„und andra docgleichen Nerfügungen“ gar vieles abgefanden
mird. Dennech hat der Werf. in: a65 eben fonts! Piatz gr
Braucht, uns die, fi von ſelbſt verſtehenden Begriffe eint
aufichteben den und aufiaſenden Bebingung oberflächlich. zu fe
fünmen, und durd Die Vepfptele zu erläutern: es fen ſuspenſie,
fofern es heiße: wenn ca fünftigen erſten December ſchneiet,
vefolutio aber, wenn man 4. B. fage: ich verfaufe bir da
Haus, wenn bu aber in einem Jahr ein anderes erbſt, fol «dt
an mich wieder zuruͤckfallen. — Am auffallendſten ift aber is
Verfahren des BVerf. in 9. 549— 565, wo vom Pfandreqht
und von Privilegien Die Rede ik. Hier wäre, nach dem Plan
dieſer Schrift durchaus erforderlich geweſen, daß Ar. D. da
Neue recht ſcharf charakteriſirt, und deſſen Folgen kurz entwil
keit haͤtte. Aber nur das Gemeinſte wird unbeſtimmt hinge
worfen. Daß es bedeutende Hypotheken gibt, welche der Je
⸗
Dabelow hoͤchſt noͤthiger Unterricht im Tode Napeleon. 611
ſcription nicht bedürfen, erſaͤhrt man nirgond. Eben fo wenig,
in wiefern die Privilegien zu inferikiren ind. Ja fogar: von
den: Drigilegien find nur bie, in Act. a1183 erwähnten aufges
zähle, die im Art. Sıo0R. 42104 genaunten dagegen durchaus
vergeſſen. Uad doch Hat ih der Verf. an andern Drten
($. agb. 393. 335.) dazu. verfiehen können, allen Staͤnden
recht ausführlich zu referiren, daß der Pachter das Vachtgeld
zur beſtimmten Zeit: zahlen muͤſſe; daß der Der⸗oßtar ihm ans
vertraute verſchlofſene Kaſten nicht and Neugier erbrechen dürfe,
od, dab daraus ein Vollmachtsvertrag entſtehe, wenn jemand
einen Andarn Vollmacht ertheile, in feinem Namen etwas zu
thun, ‚und diefer bie ersheilte Vollmacht annehme
- Mächte aber. dieß alles noch hingehen, wenn; nur nicht Bis
gang; Sqhriſt van ſchielen, halbwahren Sägen, und groben
Schuitzern fo durch und ducch winiwiche: Die Sache grenzt
bier an das Ungfaubliches und daher wollen wir denn mehrere
Proben eben. Gleich im S. 4 Heißt es: „ıan kann Id
nur wir doch in Anſehung ber buͤrgerlichen Recher Für
geachtet, nämlich wenn man zu einer Tabesſtrafe, oder zu
eines Lobenswierbgen Kinfperrung, Arbeit, odet
NBerbanuung verurteilt worden if.“ Welanatiu
ſagt der Hot, au in. Anfemag. aller, nicht den natärkichen To
enshalsendag Cisrefen -fün den zweifelhaften Ball grade Dad
Mezenthe. Mit ſch helbſt in offenbar ein Widerſpruch if der
Veyf⸗ wen er ya ſchraibe: „es gehöre zus Bütergemeinfhaft
ale während ber She. gwarbenen Immobilien: .Spmmobiiien
Dagsaen ‚: wolche Wie Eherahtein mie. in:bie. he Bringen, oder
welch ihnen hinterher darch Erbſchaft, oder auf. attBre
MWornſe anheim fallen, find nicht in der: Guͤtergemeinſchaft ba
griffen. Dee» Satz des 9 .Iı, daß alle, mährend der Güter
greinſchaft von der Frau gemachten Schulden auf sic GSi
gergemeinfchaft fallen, iR ganz gegen Art. 2409. 14a2: 1419, -
— Nach der Baffung ‚des $. 84 find. die Kinder oſſenbar ber
Mutter Seine Ehrfurcht ſchuaig, fo ange der Water bebi. Denn
Ber Verf. ſagt ja, - daß fo-iange der Water lebe, via Marter
619 Dabelow hoͤchſt nothiger Unterricht im Code Napoleon.
feine väterliche Gewalt babe, und feßt dann Hinzu: „bie Älter
liche Gewalt begreift 4) das Nee von. den Kindern Achtung
und Chrerbiening gu fordern.“ In 6. 152 wird Yan ierig
gelehrt, daß des tedlihe VBefiger nur nothig Habe, „die ned
vorhandenen Fraͤchte, und die Gelder zu reſtitniren, welche er
dafür eingehoben Habe.“ Der Artı 549 gibt ihm vielmehe
allgemein die noch vorhandenen Fruͤchte. Eben fo wird ber
Berfaffer durch den klaren. Buchſtaben des Seſetzbuche zur
Hälfte widerlegt, wenn er 6. 285 diefe Belehrung gibt: „and
duch die Werjährung "kann eine Dienfidarkeie erworben wen
den , ‚nämlich, . wenn man ſich dreyßig Jahre hindurch one
Widerſpruch Des Andern eines Rechts als eine Grundgerechtig⸗
keit bedient hat.“ Haͤtte Hr. D. den Art. 690. 691 nur noeh
einmal geleſen, fo wärde er aefägt: Haben: in der Regel wen
ben Realfervitusen durch‘ keine Verjaͤhrung erworben, ausge
nemmen in dem .feltenen Fall, wenn Ne fortlaufend And de
Befind. — Ganz unerhoͤrte Dinge tommen aber in 6- 106
vbr. Himmels Ser Verf. zueufi idie Behauptung anf, daß
vollbärtige mis hatbbäctige: Geſchwoiſtar ein völlig: gleiches
Erbrecht hätten, welches denk auch durch ein Schema erfänter
wird. Leider ſagen aber :Arti 953.: 6a mit klaren Worten
das Gegentcheil, nämlich daß die vebuüͤrtigen in beyden Linien,
His halbbaͤrtigen aber nur in det Alten erden, dd daß die
erfien, dahen im. 'der Concurrenz -milt--den legten immer ein
Hälfte als Weraıs schalten. Eben fo arg if. Die: fſornere Be
Baupsung: „wenn aber einer von’; den Eitern am Beben if,
fo wird bie: Erbichaft: In zw Hälften getheilt; wovon. Bie eine
Haͤlfte an den Aeberlebenden der Eltern; und die aridre Bälle
au die Aſcendenten und Seltenvertvandten des Werftorbenn
- fälle Diefe andre Hälfte fälle wieder gar Halfte
an die Afeendenten und zur Bälfte aaf-dbie Seit
teuverwandten. Ein hinzugefügtes Beyſpick zeigt, daf
dieß alles Lein Schreibfehler war. Der Verf: leſe alſo nd
einmal Are. 746. 755, um ſich zu uͤberzeugen, daß die Aſcen
beuten sis die Seitenverwandten ihrer Linie anusſchließen
Denele uͤber die Verlcholenen. 613
Noch tonnten wir aus 6. ae. 34. 95. 238. ↄ60 und andern
Stellen viel Falfches enführen. Allein wie’ begnügen ums,
zum Beſchluß nur no aus $. 265 diefe Lehre des. Verf. aus
zuheben: „ift (bey einer alternativen Verbindlichkeit) die eine
Sache durch Schuld des Schuldners untergegangen, fo kanun
der Glaͤubiger ihren Werth fordern, und braucht nicht: mit des
Leitung der andern zufricden zu fenn.“ - Daß für-den gewoͤhn⸗
lichen Fall, naͤmlich wenn der Schuldner die Wahl hat, grade
das Umgekehrte gilt, iſt in Art. 1195 deutlich verordnet
Hätte Ar. D. fih nur Zeit genommen; feinen eignen
Eommentar mit Bedacht zu lefen, fo würde er mandjes von
diefen und andern Fehlern vermieden haben. Aber wozu hatte
der Verf. bey diefer Schrift Zeit? Dichte einmal für. die Rein⸗
heit der Sprache iſt darin geforge, obgleich dieß doch bey einem
populären Unterricht die erſte Bedingung war. Die ganze
Schrift ſtrotzt von Latinismen, 3. B. Confens, confentiren;
Proclamation, autorifiren, Mobilien, Immobilien, Alimente,
alimentiren, Concurrenz, Pupill, privatim, Eonceffion, Qua⸗
litat, Quantität, Bonitaͤt, legitime Deſcendenten, Pediren,
disponiren, Collateralen, notoriſch, Disponent u. ſ. w. Auch
darüber ließe ſich nach allerley ſagen, daß der Verf., indem eu
oft Die Gründe. des Geſetzes aufuͤhrt, dennoch gewoͤhnlich bey
den wichtigen Fällen (4. ©. $. 33. 215) darüber. ſchweigt,
und mit großer Kühnheit als ausgemachte Wahrheit hinſtellt,
was durchaus zweifelhaft if: (3. B. $. 21. 68. 68). - Allein da
Die ganze Schrift fchon in den Hauptruͤckſichten als Ideal dep
Schlechten gelten kann, fo brauchen wir’ unferm unbedingten
Verdammungeurtheit keine Gruͤnde hinzujufugen.
RER. ——
Ueber die Verschollenen, ader über die Abwesenheit nach
dem Code Napoleon: vorzüglich für Westphalen , vom -
Dr. G. F: Deneke, Tribunalrichter in Celle. IIanno-
? ver, bey den Gebr. Hahn. 1810. 163 @. 8.
Der Verf. hat den Gegenſtand - feiner Schrift mit Geiſt
und Gachkenntniß behandelt, doch iſt freylich die Form ſeiner
J
614 J, Birnbaum Jurisprud. de lacour d’appel de Treves.
Arbeit nicht fo fcharf und beſtimmt ale Brolmans Dar
Beflung, auch die Entwicklung oft bey weitem nicht fo erſchl⸗
Herd und eindringend. Haͤtte der Werf. nicht erſt mach Boll
enbung des Tertes ſeiner Abhandlung Brolmans Kommentar
befommen (welcher daher nur in den Dioten benutzt if), fe
wärde er gewiß manches auf andre Art geftellt Haben. Im
&angen wird jeder den Hauptideen des Verf. beypflichten, ober
wenigſtens befennen müßten, daß fie wichtige Gründe, ode
Auctoriekten für fi Haben. Wo etwas Irriges vorkommt,
wie ©. 58, wo in Anfehung der, den proviferifch Immittir
tem zufallenden Revennen die Defcendenten den Geitenvermand:
ven entgegengefegt werben, ba ſcheint nur ein Schreibfehler
fintt gefunden zu baten. Indeß können wir die vorliegende
Höhandiung nicht fuͤr vollendet erfiären. Denn manche, ſey eß
auch nud in Anfehung irriger Theorieen, bedentende Schriften,
wie z. B. Prondhons Handbuch, find vom Verf. nicht benatt,
auch hat eu manche wichtihe Fragen fo gut wie ganz umgangen
2 ©. in.wiefern Art. xsı durch Art. 117 zu befchränten if; |
in wiehlgp man die, proviſoriſch, oder deſinitiv Jmmittirten in
Betreff der Schuiden als Erben behandeln kann und wie mas
es hatten ſoll, wenn einer der Immittirten naher bloß ent:
fagt? Obgieich der Styl’ter Schrift im Ganzen gut iſt, fe
kommen doch da und dort manche Latinismen vor, weiche fid
ſelbſt alte Praktiker nicht mehr zu erlauben pflegen, z. ©.
©. B: ein kluger und integrer Rihter, und ©. 100: de
Event. Ä
—
* -
‚Jurisprudenee de la cour d’appel de Treves, et des tribunau
de son ressort, sur le nouveau droit et la nouvelle pro-
. cedure, en matiere civile et de commerce; par J. Birn-
baum, Juge en ladite cour. Premier Volume. No. I.
Octobre 1810, Treves, impr, de Hetzrodt. 96 6. 8
Bey der befontern Beſchaffenheit des Neufranzbſiſches
Nechts erhalten Die Entſcheldungen der Gerichte ganz vorzäe
IN:
Wagner Mathematiſche Philoſophie. 615
liche Wichtigkeit, und es wäre ſehr zu wunſchen, daß bie be⸗
deutendſten Urtheilsſpruͤche aller Franzoͤſiſchen Obergerichte be⸗
kannt gemacht werden moͤchten. Der wuͤrdige Herausgeber de
vorliegenden Journals, wovon jährlich vier Hefte erfcheinen
ſollen, Hat ſich im Wefentlichen auf ben Appellationshof zu Teier,
und die demſelben untergebenen Gerichte befchränkt, doch follen
nach einer beygefügten Ankündigung in diefe Zeitichrift auch
aufgenommen werben: kaiſerliche Decrete Über die Gerichtsver⸗
foffung , Cieculare der Juſtizminiſters und der kaiferlichen
Procuratoren, und wichtige Entfcheidungen des Caſſationshofes.
Diefes erſte Heft, deffen Ericheinung zur angefünbigten Zeit
durch Zufähle verhindert ward, liefert ſchon eine Neihe recht
interefjanter und lehrreicher Artikel, welche wir aber wegen ihrer
Mannigfaltigkeit nicht im Auszuge mittheifen und beurtheilen
können. Hecht lebhaft wuͤnſchen wir die regelmäßige Fortfehung-
dieſer Zeitfchrift, Hefonders wenn der Herausgeber fih bemüht,
die Reſultate und Gründe noch concentrirter zu referiren, und
fih dadurch zur Reichhaltigkeit und Vollftändigkeit die Mittel
gu verfheffen. Deswegen wuͤnſchen wie denn auch, daß alles.
weggelaſſen werden möge, was fi nicht andfchließlich auf die
Trierſchen Gerichte bezieht. Demn alles, was nicht dahin ge⸗
Hört, muß man ja ſchon In andern Gchriften zehnmal leſen,
und der Herausgeber kann unmöglich für irgend etwas anders
Platz behalten, wenn er fein, uns fehr angenehmes Verfprechen
erfüllen, und nah und nach alle Entfheidungen des Trierſchen
Appellationshofes, von deſſen Anfang an, liefern will.
Mathematiſche Philsſophie. Bon Fohann Zakob Wagner. Er⸗
langen bey Johann gakob valm. 1811. XII u. 4338 G. 8.
Wir beſchraͤnken uns nach den Geſetzen unfers Inſtituts,
weil der Verf. dieſer Schrift ſich im Inlande aufhaͤlt, auf eine
bloße Inhaltsangeige derfelden, mit Aushebung einzelner Stel⸗
ken, ohne kritiſche Beurtheilung hinzuzuthun. Der Verf: fagt
in. der Vorrede:. Mit der Aufidfung der Phitefophie in Ma
, Y
un}
—
616 Wagner Mathematiſche Vhiloſophie.
thematik iſt Eines gethan, naͤmlich die Reflexion zu ben Iden
emporgehoben, indeß die Metaphyſik die Ideen gu ber unvell
‚endeten Reflexion herabzogz ein andres if noch Abrig, um
zwar das letzte, die Mathematik als urfprängtiche Meflerion,
d. 5. alse Sprache zu zeigen. Daher hat bes vorliegen
Buch zwey Thaile, deren erfler, wenn man will, eine puthw
gorifhe Mathematik enthält, der zweyte aber, Organon Aben |
fchrieben, Die Mathematik in Sprache verwandelt. Jener ext
Theil hebt demnach das, was jetzt noch für Mathematik gu
achtet wird, anf; der zweyte hingegen begruͤndet eine Zukunft,
in weicher die Sprache feld Mathematik und überhaupt Alles
ſeyn wird, Der Verf, glaubt, dab vorliegendes Werl ein
Mevolu:tion anf dem Gebiete der Erkenntniß bewirken werde,
bey welcher die gegenwärtige Geſtalt der Wiffenfchaften nidt
mehr beſtehen kann. Die alten wiſſenſchaftlichen Formen ſeyen
eben fo reif zur Zerträmmerung, als es die polisifchen waren.
Könftig muß es keine audre Wiſſenſchaft geben als Sprache
I. Mathematik. Jedes Ding fegt feinen Begriff in eine
Entwicklung von Zahlen aljo in einer Formel, feine Aufchauum
oder Realität aber in Linien. Dieie Wahrheit gilt auch von dem
fihtbaren Univerſum ſelbſt. Begriff und Anfhauung werde
durch das ewige Lehen bes Univerſums in unendlich vielen Verhaͤlt
niffen geſpielt, welche Verhaͤltniſſe aber fämmtlih aufzwen Forma
zuruͤckgehen, nämlid 1) den Aberwiegenden Begriff — Zeit |
) die überwiegende Anfhaunng — Raum. Welche Formils
‚ als Zahlen ber Begriff bilde, iſt Object der Arithmetik, melde
Srängen als Ziguren der Anſchauung entfliehen, it Object der
Geometrie; beydes ift Diathematil. In der Mathematik wir
die Urſprache des Geiſtes wieder hervorgehoben, und Die indi
viduelle Sprache der Redeorgane zuruͤckgedraͤngt.
IL Arithmetik. Im Zwieſpalt bezeichnet die Intell⸗
oem Momense des Seyne ſchauend — fir zähle. — Dei
gigene Seyn mit Erkenniniß betaſtend ſetzt die endliche Iu
gelligen, etwas, das iſt die Einheit. Die urſpruͤngliche Ein
‚heit If die Welt; fie iſt folglich aug erſte Bedentung Her erſer
j \
“ Wagner. Mathematiſche Philbſophie. sr
Zahl. Wie aber die Welt ſelbſt aus dem Schaffen hervorgeht,
fo fegt fih in ihr das Schaffen als Production fort, gebuns
den an die Erfcheinung des. Gegenſatzes in dem Gefenten. Die
untergeordneten Einheiten unter der Form des Gegenſatzes,
welche die Dyas if, find nothwendig zwey. — Da in den
Entgegengefegten zugleich auch an ſich gelegt wird, fo find die
Glieder des Gegenſatzes zugleich auch wahre Einheiten, in
welchen wieder nene Gegenſaͤtze geſetzt werden können. Dieß
erſcheint in der lebendigen Welt darin, daß jedes Eins in Pole
zerfälle, und jeder Pol ſeibſt wieder Einheit für eine neue
Polarität ‚werden kann. Hierin liegt das Weſen der Bruͤche.
Ein Bruch iR nichts, als die erſte Einheit in ihren Gegenfägen
verfchwindend ,„ und der fogenannte Nenner ifl eigentlich der
Bruch ſelbſt. Zähler der Brüche. find alle empiriſch. — Zah⸗
fen find - Worten gleich, denn Sprache tft: bloß Elimatifch. und
national gewordene Arithmetik. So find denn alle Worte and
als Bruͤche zu achten, in welchen die erfte Einheit untergegans
gen iſt, aber ala ihr gemeinfchaftficher Zähler wieder hervor⸗
gerufen werben kann. Als ganze Zahlen erfcheinen die. Worte
in: ihrer fubflantiven Form — als wahre Brüche mit einem
emptrifchen Zähler in allen Lirtheilen. — Wird die Eins mit
der Zwey gefegt, fo iſt auch ſchon Die Trias gegeben , oder die
Zeugung. Es wird nämlid in der Trias die Einheit geſetzt,
wie fie zugleih im Geſchlecht lebt, alio Dreyeinigkeit ift. Aber
in. der Dreyeinigkeit ift das Geſchlecht noch in der Einheit ent⸗
Halten, fie if daher in weiter Hinſicht Hermaphrodit. Trimurti
und die ältelen Götter. — Die Dyas ift in fi) vollendet, und
Bedarf Heiner Ergänzung, dagegen die: Trias über die Ganzheit
Hinausgeht, ohne doch in ſich felbft die Ergägzung zu finden.
Dies iſt das Derhältniß des Geraden und Ungeraden,
Der Begriff. dee Geſchlechter und überhaupt aller Differenz. —
Wenn das Gerade dr Ungerade noch einmal in fi aufnimmt,
fo entſteht die Vier. In. der. Vier iſt die Idee einer Potenz
geſetzt. Die Gleichheit der Form mit dem Inhalt iſt dag Weien
einer -Poteng.. — Durch die Bier iſt das Geſchlecht zur Indie
>
618 | Waguer Mathematiſche Wiloſorhie.
dualitat gelommen. Aber die Drey hat noch keine Vefrkdis
gung, weil fie ihre Poseng noch nicht erreicht hat. Sie treibt
daher Aber die Vier hinaus, His auch fie ihre Potenz findet,
mad dieß IM in der lebendigen Welt die Zensung. Hat das
Geſchlecht in der Begattung, weiche das Ebenbild der “Pot;
iſt, feine Befriedigung, fo treibt das Ungerade im der Begat
tung noch Aber dieſelbe hinans, und wird gengemd. — Die
Fünf iR thells Die natürliche Syntheſe der Zwey mb der
Drey, theils iR fie die Vier mit der Eins, und letztere Su
deutung ift in ihr Kberwiegend, wie 3. B. in der menſchlichen
Hand zuerfi der Daumen gefeht ift als Fingeranlage ud Grund
form (wie bey den Pflanzen die Blattanfäge, stipulae). hr
Bedeutung als 3 + 2 if ohne Innern Werth. — Die Be
deutung der Sechſe als 4 + 2 hat die Natur in den Terra
dunamwifien unter ben Pflanzen beſtimmt ausgeſprochen. Hier
esfcheint nämlich die 4 als einzig Weſentliche und Lebendige,
De hinzugekommene Zwey aber als unreif, oder als ſinkende
Lebenskraft. — Weiter fortſchreitend eutwidelt das Zahlen
(ofen die 4 + 3, die alte Beitige Sieben, in welcher fein
Charakter des ſelbſtſtaͤndigen und beftchenden if, fie kann bie
als Graͤnze proportionaler Abſchnitte eines Ganzen (3. B. el
Wiertheil des Mondlaufs) bedentend erfcheinen. - Weber in det
mineralifchen, noch In der vegetabiliſchen Weit iſt fie frequem.
— Sn der g iſt die Zahl des vollendeten Werdens (g. Momait
trägt die menſchliche Mutter), in ber 4 die Zahl des vollendete
Beſtehens (4 Pole) gegeben. Die Drey mal Drey Herricen
anf gleicher Stufe mit der ewigen Vier, auf weicher die feht
Belt ruht. Aber die 4 geht ber 9 voran, und Degräsber fe:
Dadurch wird die Vierzahl die aliherrfchende für alles, wei
Aber die Urzahlen hinausgeht, und die Rinder der Trias mäflın
ihr als der. Erſtgebornen gehordhen. he ſtud at 16
und 54 Bı die Graͤtzzjahlen aller Dinge. _(Bavofler fan)
die fogenannten Beſtandtheile des Waffers: 10 und 85. Solu
vieleicht ein Irrthum ihn ‚gehindert haben, fie als 16 und dı
gu finden?) — Die natürliche Otelle der Nu iſt da, wo I
Wagner Nathematiſche Philoſophie. 61%
| . ı
erfie Wiederholung beginnt, alfo am der Steletr 4:2 3
0.
in welchem Schema zugleich alle Erkenntniß der Welt und der
Zahlen abgebildet iſt. Iſt die Eins das Namenlofe Erfte, das
Goͤttliche vor feiner Offenbarung ; fo iſt die Null das entwik⸗
kelte AU (Pan), zwiſchen Eine und AU aber liege die Zeit. —
Zwiſchen die Bottheit und das AU if als fortfchreitendes Leben
die Geſchichte, ats ruͤckſchreitendes bie Natur gelegt, denn in
der Geſchichte iſt die Offenbarung des Lebens, in der Natur
aber, welche das allgemeine Grab tft, fein Tod. — Das
Weibliche iR tiefer und reicher, das Maͤnnliche höher und aͤrmer.
JR nun bie S unter den Dingen, melde Geſchlecht haben,
das Matterliche, und iR eben das Weibliche dem Urwefen näher,
fo erhält das Wort, daß 2=ı fey, eine hohe Bedeutung.
— Das Werhältniß von a und 3, oder 3 und-@ in unterges
ordneren Zahlen bis auf einen durch willkuͤhrliche Reflerion gu
befiimmenden Punet durchführen, beißt ad diren und ſub—
trahiren. Das Verhälmiß von Eins und Null, oder Null
und Eins im abgeleiteten Zahlen wiederhohlen, heißt multis
pliciren und dividiren. Die Potenz iſt Subjects Object,
die Wurzel eine Wonabe, d. h. ein Punct individuellen Lebens,
der im füch eine Toralitäe Hat, die mur der Entwicklung bedarf.
Eine folche Monade Heißt im Ideellen eine Idee, im O6fkti
ven eine Sphäre, In beyden Seele. Uebrigens gibt es nur
Eine Wurzel = 1, und nur Eine Poten; == o, alle Wurzeln
und Potenzen aber find Nachbildungen von beyden, und das
Nachbildende heißt Leben. — Es iſt Mar, daß dur Zählen,
Addiren, Multipliciren und Potenziven für das Subject die
Stufen der Empfindung, Worftellung, bes Begriffes und der
Idee bezeichnet ſeyn. — Behalten die Zahlen den Punct im
Auge, von dem fie ausgegangen find, oder dem fie fi nähern,
fo entfieht ihnen Erde. Die Größe zweyer Zahlen in Vers
gleichung geſetzt, Heiße Verhaͤltniß, diefes iſt entweder ein
einfach, aruͤhmetiſch, oder Durch Verdopplungen geometriſch
X
620 Bagner Mathematifche Phitefophie.
reitendes. — jede Propsrtion ik fon eine Reke, ui
ihre Verlängerung ift zufällig. Bär jede Reihe gilt das Sch
der Boltaifhen Saͤule, daß die ganze Reihe daſſelbe barfch,
was bie einzelnen Verhaltniſſe in derſelben. Jede Re #
eine Voltaiſche Säule. — Die Regel de Tri in der allgemeinßu
Bedeutung beißt: alle Frucht iſt im Verhaͤleniß des Entwik
lungsproceſſes und des Samens. — Der Raum if das Dw
drat der Zeit, wenn er die abfelute grade fortſchreitende Luk
aufhaͤlt, fo verflattet er dagegen bie zur Seite ausweichenb
relative Linie, oder die Breite. KWermöge dieſes quadratiſqu
Berhaͤltniſſes des Raumes zu ber Zeit geſchieht es, daß die Klum,
welche ein fallender Körper durchlaͤuft, ſich wie die Auadıeı
der Zeiten verhalten. An ſich würde ber fallende oͤrver ii
die Zeit, alfe die Linie durchlaufen; die zweyte dem Aus
eigene Dimenfion durchläuft er durch Quadrirung ber erſu
Denn der Raum das Quadrat ber Zeit iſt, fo /iſt die Zeit fen
Wurzel. Eben fo ift das Licht die Wurzel der Materie. — &H
Har, daß Raum und Zeit bie erfien Logarithmen ſeyn, und daß de
Erkenntniß der Dinge nur dur eine Logarithiuentafel vollende
iR. Eine Logarithmentafel ik ein Nealteriton. Der Logarithme gh
in bas Symbol über, wenn von deu beyden parallelen Reini
eine iunerlich, die andere Außerlich genommen wird. Das Innen
‚Weiße P, das Außere L, fo wird alles P repsäfentirt und (im
Seltfire durch ein L. Man fege nun P daswfhetlie, L ul
die irdiſchen Dinge, fo Bat man bie Myſtik. — Zum
Befländigen. Größen ber afgebraifchen Functionen das algıma
Baſiſche, in den veränderlichen-aber das allgemein, formale Priech
abgebildet, fo iſt die hoͤchſte und allgemeinfte phyſiſche Gelw
tung ber Functionen gegeben, durch den Verbrennungeprnt
Es Heißen die hydrogenen Bafen 2, b, c, der. Ganerkoii ®
fo find ax, bx, cx Producte des Verbrennungéproceſſes.
Bas im ohyſiſchen Verbrennungsproceß iſt, iſt im ideelen @
kenntniß. Das baſiſche Talent IR Genie, das formale La
— Differenziren Heißt in abfoluter Bedeutung des goͤttkhe
Weſens Schaffen, in reſativ ideeler Denen, in wi
‚Wagner Dathematifche Philoſophie. 621
realer Zengungsact, in umiverfaler der erfchaffenen Belt:
produciren überhaupt. Das Integriren gibt für jene vier
Stufen Vernichtung, Gefühl, Tod und Palingenefie, wobey
Gott, Seele, - Seſchlecht und Leben als Integrale gefunden
werden. an
IIE, Seometeie, Fuͤr den Kaum beißt das Eins Punct,
das AU Kreis. Seyde find abſolut. — Der Kreis mit dem:
Mittelpunct iſt räumliches Urbitd des Eins und der Welt, wie
in der Arithmetik die Eins und die Null. — Die Linie muls
tiplicirt gibt das Kreuz, in weichem die quadratiſche Natur
des Raumes erſcheint. In der alten Hieroglyphe des Kreuzes
1
im Kreis erölicen wir das aichmaiſte Eaema Q 3, und
©
fomit den. 1 Inbegriff aller Ertenntnif. — Gegenſat und Winkel
find Synenpme, und die, Bedeutung des Winkels die allge⸗
meinſte Mailtiplication “und Potenzirung. Eine Definition
für den Kreis iſt: der Kreis iſt eine Linie, welche vier rechte
um einen Punct gelegte Winkel eines gleiharmigten Kreuzes
umſchließt. — Cine Multiplication des Raumes mit der Zeit
ſetzt für jede Totalitaͤt die Yphärkiche Geſtalt in Kreisbewegung·
Fuͤr die phoͤſiſche Natur iſt dieß durch Weltkoͤrper realiſirt; fuͤr
‚die ideelle Macur aber, weicha im Puncte iſt, iſt dieß gegeben
durch eine Reflexlon, weiche: Re in' den Punct wieder ‘zurück
kehrt - Diefe Neflerion heiße Nr (fgion. — Sehne und Bogen,
find- diefsthe ‚Linie, aber fle find in der Gefchlechtsöiffereng,
‚befangen: Dr Sehne iſt daſſelbe unter weiblicher Form, was
dei Bogen unter maͤnnlicher. Die Sehne mit vem Bögen iſt |
—1 Hieroglyphe der Pegattung, oder vielmehr der.
Ehe. — Die ‚allgemeine Bedentung des. Dreyecks iR Endlichkeit
| die nat
ats Summe. von Relationen, und war iſt das Drayet die erfte
und ‚einfache Summe, ‚Daher iſt es die erſte Kryſtallform
der und für die deelle Reflexion iſt es der Mo⸗ üedrige
Syllogkoͤnus ats’ Enſeinble — Definitien. — Ein Kreuz aus
den beyben Diagonalen In Quͤadrates verbindet das Rechts
}
{
622 Dagner Mathematiſche Philoſophie.
aben mit dem links unten und umgekehrt iſt alfe- das nat
liche Multiplicationszeichen. Diefes Multipficationstreug en
fcheine überall, wo die vier Meflerionspuncte miteinander muß
tipkisiet werden, 3. B. in dem ang der vierfaßigen Thiere,
we die Segenfäne des. Vordern und Hintere, Rechten umd
Linfen durch Bewegung nnd Stellung multtplicire werden. —
—_ Das Biere if dert Kubus der Spndifferenzlinie. — Die
GSaͤtze von den Parallellinien, von den drey Winkern im Dreyd,
von dem Hypothenuſenquadrat und von dem Burpäliniß de
Gensriwintel zu den Peripheriswinkein find Srunbfäge de
gemeinen Geometrie. Der Sinn des trigonometrifchen Linien
foftems ift der Dinchgang der Zeit durch die Pole des Ranut,
der ewige Thierkreis und die Ueberſetzung Der eirimlichen Dei
in Zeitalter. — In dem Triangularbegeiff Verkehr Heißen di
zwey Katheten Geld und Beduͤrfniß, und nach dem phufieks
eifhen Syſtem heißt der eine Karherus nie Geld ,. fonders
Pesdust. Das phoſtokratiſche Syſtem iR aber ntdyts. als du
Aderbaurett ohne Geid, und es if alſo in biefers Dreyer dei
eine Ratbeins zum Sinus geworden, der ſich mach der GSttl
fürig des beweglichen Holbmeſſers verändert. Eben fo Habe de
Zriongularbegriff Schickſal die Action der Gndieidunittät un
Die Meartion- der Welt gu Katheten, fo wird, ‚ie nachdem de
nmiaufende Halbmeſſer (die Zeit) ſteht, die Agion Bes Indi
viduums ſteigen, oder ſinken, alſo wird aͤuch bier der eim
Ratherns durch die Zeit zum veränderlihen EMmus: denn e
gibt Zeitalter, in ‚weichen ſich die Individ ualitat ein Schiei
macht (das Bauftrecht), und andere, in weichen das Indiri
duum von den Umftänden entweder bloß getragen, weder je
treten wird (Cuiturzeit). — Wo Leben fih regt, erfäfeinn
die endlichen Zormen verſchwindend, und da u ich Be:
f@roinden die: Yefimmeheia; ber relativen Bensufätge ‚narwildt
wird, fo fallen. alle Formen des fren werdenden. oder befreyten
Lebens ins Krumme — fie. find Curven. — In den Eure
beginnt das Geſchloſſene ſich zu Öffnen; wie wir es ſich aber
dffnen werde, iſt nicht zu beſtimmen. An den Rurven: ſchweit
das freye im zeitlichen Rhythmus, und voſlendet ſich für den
wird ge jandelt von Kreis, Ellipſe, Parabel, Hyperbel, loss
rithmiſcher Linie, Ciſſoide, Cenchoeide, Spirallinie, Cpflait.
IV, Otganon. A. Lexikon oder Tapitk. Re
jetzt iſt das J
Natur iſt tnatur. Anfangs war alles ſubjeettve
movon noch in dem magnetifchen Repppri ein: Nadiie ac
iſt; al⸗ aber. ſubjective und objesting Welt ſich tiefer nieder:
Wagner Mathematiſche Philoſophie 623
ſchlugen, da wurde von außen taſtbare Materie und das geiftige
Leben ward durd Sinne von dem unmittelbaren Uebergang in
Aeußeres zuruͤckgehalten. Ginnliche Anſchauung ift ſeitdem das
erfte und letzte. Auch die Sprache geht von ihr aus, anf fie
zurück. Erſte Sprache if Schrift, und wenn in der Schrift
objective Nothwendigkeit if, Bilderſchrift. Von dieſer objectu
ven Nothwondigkeit entbunden, wird Die Oprache Buchſtaben⸗
ſchrift und in noch höherer Subjectivirung Tonſſrache. — Bil⸗
derſchriſt · ¶ Hieroglyphe) iſt Figue, Bachſtabe iſt Zahl, Wort if
Geiſt. — Die Höhe der Sabſretivitat laͤßt ſich an der Scheift
und Sprachfaͤhigkeit abmeſſen.“ Wenn der Papagey ein eingi⸗
ges von ſeinen mechaniſch gelernten Worten recht gebrauchen
lernt, ſa iſt dieß weit mehr, als wenn ein Tanarienvogel mit
Schriftzeichen buchſtabirt und rechnet. Schbiſtfaͤhigkeit wohnt
allen Thieren inne, die eine Wirbelfänle haben, und e#if fein
Zweifel, daB man There dahin bringen. wird, einem Euler
und Laplact nachmrehnen. — Das Dieb aller Epralie IR geo⸗
metriſch, mie arithmetiſch Aberfege,. und metaphoriſch gedeutet.
Die Mesapher IR oben Bas Wort. Die Sprachen. diſſeriren
darin, daß in ber einen mehr die Hieroglyphe herrſcht (3. B.
Gsraͤiſch, Arabiſch) in: der andern. mehr die Zahl, beſtimmte
Bezeichnung, Buchſtabe (3. ©. Griechiſch, Lateiniich) in noch
andern mohr der fubisctive Begriff, oder die Metapher (z. B.
Deuts.) — Die Hieroglyphe zerfälls in Buchſtaben, dieſe in
Zahlen, die. Worte find Summen. Die Wiſſenſchafe Meſes
Zahtenfiäues der: Wörter heiße ben den -Rabbinern Kabbala;
es ift aber klar, daß Kabbala nicht etwas nationales und eigen»
thuͤmliches, ſondern etwas ganz allgemeines fey, weiches nur
zufäßbg bei: der Ebraͤlſchen Sprache ſich noch gerettet hat. —
Daß die Kabbala, fo wie die. Hieroglyphe mit der Zeit geheime
Prieſterwiſſenſchaſt wurde, iſt nothwendig, weil Die Weltge⸗
ſchichte ein anfaͤngliches Veogeſſen und nachheriges Wiedererin⸗
nern Dvr Idren in dem Menſchengeſchlechte iſt. — Der Kreis
it Hierogiyphe des Univerſuüme, der Stern ber Schöpfung —
Stern des Aufgangs! — Dir Kreis: mir dem Kreuz ift Hiero⸗
glyphe der. Weltordnung, ‚das Viereck mit dem Ara, der Zwecks
mäßisfit; da 4 —-Vlered,.a. == Kreis, fo IM das MWerhältr
niß 4 : 0, Viereck: Kreis Symbol der Stellverteetung. : Das
Vieretk im’ Kreis: it Symbol der Dchoͤn heit, aber nidse Hiero⸗
glyphe, die Meroglyphe iſt die Wellenlinie. — Da die grade -
Linie == 2Symbol weiblicher, die krumme == 3 Oymbol
maͤnalicher Natur iſt, und :die Sehne mit ihren. Bogen Sym—
bol des Gefchlechtsverhaͤltniſſez, das richtige Verhaͤltniß der
Sehne zum Bogen aber Gleichheit mis. dem Halbineſſer, ſo
wird das volle Myſterium der. Gelchlechter Durch dag Sechseck
% . . Ru
un er
. u . - u , *
624 Wagner Marpematifche Bhucforfge..
im Nreig: datgeſtelt. Dadurch entſtehen auch Tale Jehlen
welche Bas Geſchlechts verhaͤltniß ausbrüden. Durch das Sechse
kommt auf die weibliche Natur die 6, ale @ der zweyten Tetras;
die S:der- gweyten Terras iR 7, alfo die 7 männlih. — "Das
Gechseck mir den Dreyecken aus ber Verlängerung. feiner Seiten
¶ Schild Davids) iſt bie Hieroglvphe des Gebaͤrens. Gechid
im Kreis heiße Begattung (auch Hermaphrodit) Schild Davids
im Kreis Familie — Da das ˖Fuͤnfeck ein unvollkommnes
Sechseck iR, fo iR das. Fuͤnfeck mit Ben Dreyecken aus feinen
verlängerten Seiten Hiersaluphe, des unvolllommnen Gebärens
== Pflanze, alfo iſt Viereck Mineral, Künfe Pflanze, Scheel
Thier. —. Da die weiblige Hieroglaphe Dorigontaltinie HR, fe
iſt die einfache Bes männlichen Perpendikel; das Perpendickel
auf die Horizontallinie (Tan) IR Geſchlechtsverhaͤltniß. Männs
Uheeyms Kreis = MDerpendifel = Zelt == Halimegfer;
Weibliheg — Morizontallinie — Raum —uMdunce — Die
einfache Hieroglyphe des Egpptiichen Tau, welches Die Wereinis
gung bes. männlichen Gliedes mit dem weiblidden if, und
darum Zeugung heißt, geht demnach in Zeithisreginpge —
Kreis mit dem Halbmeſſar unten, links, oben, vechts über, is
denen zufammen das ganze Mäthfel.der Sphinx liegt. Gew
nenzeiger und Phallus bleiben dabey immer nur. Eine oe.
Weil Halbmefler — Zeit — Phallus, fo wird Pyramide und
Dbelist Hierogipphe des Waters. — Auch. ift der Lichtſtral
Vaker und feine Schne die Erde Mutter. — Es iſt auffallend,
daß die Hieroglyphenreihe fuͤr die Geſchlechtsunterſchiede fo
wortreich iſt.
B. Heuxiſtik. Die allgemeine Weiſe wie, objectivei
ſubjectis wird, iR Anſchauung. Das umgekehrte iſt Sprache.
Es gibt daher fuͤr die Wiſſenſchaft zwey Probleme: a) eim
“ Gprade zu erfinden, b) in einer Sprache zu erfinden, melde
beyde den Inhalt der Heuriſtik ausmahen. — Läfung di
erſten Problems. Allgemein: Man fuhe die Pole (1-und o)
und das Geſchlecht (a. und .5). Jenes gibt Conſonanten,
dieſes Vokale. — Loͤſung des zweyten Problems. Wen dem '
Weſen der Dinge ift das tetradiſche Schema das treufte Abbil.
Dieß wird durch jedes andre Zahlenfpflem,. noch mehr durch
Wortſprache euntſtelit; daher muß jede wiffenfchaftliche Conſten
ction die Wortſprache durchbrechen. — Die in einer: Spradt
möglichen Probleme reduciren fi) ‚daher auf bie doppelte Frage:
für sin gegebenes Glied einer Terrade die noch nicht.gegebeuen:
einer Idee, die ohne Glieder gegeben iſt, die Gueder ju
Anden. — Hier liege die Schwierigkeit theils in der Schiefhen
der Sprache, theils in dem Mangel an finulicher Amichanans.