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Full text of "Heinrich Heine: Sein Leben, sein Charakter und seine Werke"

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KS5 



feeinri(^ hcint 



Sein 4cbcn, fein Cfjaraftcr unö feine tDerfc 
^einrtcB Jieifer, 




B6I11, jssj, 

Commifftons.Derlag «IIb »tud dom 3- p. Sadjem. 



Vorwort 




|u ben Pielen Schriften iiber ^einvid) ß^eine feomint eine neue, 
rpeld?e fid? bemüf^t — 3UT11 evften HTale in ber beutfd?en 
Citteratur — , ein pollftdnbiges Cf^arahterbilb bes jDidptevs 
vom dpriftlidpen Stanbpunfete aus ju geben. Jd? f?abe niid? reblid? 
bemüf^t, £id?t unb 5cf?atten in gevedpter IPeife ju pertl7eilen; follte 
id) bm Svcnnben ß^eine's 3U fd?avf, feinen (Segnern f^in unb miebeu 
5U ntilbe uvtl?eilen, fo baif id) bavaus i>ielleid?t entnef?men, ba§ 
xd) ben vid?tigen mutelmeg getroffen l7abe. 

3n biograpl?ifd)er feinftdpt mu^te id) luid) auf bie 2trbeiten 
Stvobtmann's unb vov allem (Elfteres fluten; baqeqen kann id) an 
vielen Stellen neue unb Tuidptige Belege ju ben 2tnregungen bringen, 
ipeld?e feeine aus ben TPerhen il7m porangegangener unb jeit« 
gendffifd?er Sdpriftfteller empfing. 

Pen 2lnfül?rungen aus feeine's TDerfeen ift burd?meg bie 2lu5« 
^abe von d. (Elfter ju (Srunbe gelegt, nnidje in biograpl7ifd?er n>ie 
tejrthritifd^er Bejiel^ung als eine ITIufterleiftung gelten mu§. 

Pen feerren: Dr. 5r. 25inber, Hebacteur ber feiftorifd?«politi» 
fd?en Blatter in ]nünd?en, unb bem feauptrebacteur ber Äölnifd)en 
Dolhsseitung Dr. ß>. (Carbauns in Jaöln fpred?e id) für bie Sörberung 
meiner 2lrbeit ben perbinblic^)ften Panft aus. 



Äegeueburg^ im TTopember 1891. 



^einxic^ ^eitex. 



\ 



\ 



HiÜBrafur- 

©eine'» jämmtlid^c SOßerfc. §crau80C0cbcn öon Dr. emft eiper. 7 S3änbc. 1887—1891. 

(?lut bicjc ^Ausgabe bcjicl^cn fid^ bic fämmllidjicn im $:c£t bcfinblid^cn ^itote.) 

„ SBricfc, in ©lrobtmann'8 «luSgabc, Sbb. XIX -XXII, 1876, unb in ^orpcleS' 

Ausgabe, S3b. VIII, IX. 1887. (^ic «riefe finb, um bie ©ontrolc in biejen 

beiben ausgaben 3U etmdgUdJien, nad^ ben ^aten citiri.) 

„ 99ud^ ber 2ieber. ^etauSöegeben öon Dr. @rnft Alfter. 1887. 

^Ird^iö für beutj^e 2itteralur»®e(d^i(^te. »b. III. 

SBebel, ^ie 3frau. 9. «ufl. 1891. 

«lumauer, «irgilS tieneis traüeftiri. 

^ölfd^, $. ^etne I. 1888. 

»öme'S (ämmtlid^e 9»er!e. 12 S3be. 1868. 

©ronbeS, ©g., ^oiH)tftrömun0en in ber ßilteratur be§ 19. ^cifyci), SBb. VI. 1891. 

S9rentano, (äJobwi. 2 S9be. 1801/2. 

»riefwet^jel gmifd^en SSaml^aöen unb Üta^el. »b. VI. 1836. 

a3urf4enf4afili(^ SBI&tter. äa^rg. 1888. 

^eutf(i(ie 9{unbfd()au. ^erauS^^egeben oon 3. iHobenberg. 3al()r9. 1885. 

granffurter 3eitun0. bal^rft. 1890. 

Gartenlaube. Sal^rg. 1868, 1874, 1877, 1878. 

@oebe!e»S ©runbrife. »b. III. 1881. 

(S^ottfd^aa, Gefd^id^te ber beutf(^en 92ationaI«fiitieraiur. SBb. II. 1881. 

©rifebat^. S)ie beulfd^e fiilteratur. 1876. 

®ubi^, (Irlebnifjc. 58b. II. 1868. 

@u^fon>, SBriefe eineS 9{arren an eine 9{ärrin. 1832. 

$a^m, ^ie romantifd()e @d()ule. 1870. 

^e|)n, (S^ebanfen über (80%. I. 1881. 

^eine, SRajimilian, (Erinnerungen an §. ^. 1868. 

^offmann, 6. %\i. %., Slöerfe. 7 SBbe. 1872. 

^üffer, %\x% bem Seben $. $. 1878. 

Jaubert, Souvenirs. 1881. 

Scan ^aul, glegelial^re. 

Har|)ele8, ^. §. unb feine Seitgenoffen. 1888. 

Äölnifd^e Seitung. 1887, 1888. 

SRcifener, §. ^. 1856. 

@ef(^id^te meines fiebenS. 1884. 

SRenael, SQßoIfg., S)enfn)ürbi0!eiten 1877. 

Montesquieu, lettres persanes. 

- *roeI6, ^. ©eine. 1886. 

«Pröl^le, ^. §. unb ber ^org. 1888. 

Slouffeou, 3. SB., Äunftfhibien. 1834. 

Äocca, gürfKn beUdi Erinnerungen an ^. ^. 

©d^Iegel, ?l. 9Qß., twn, SSorlejungen unb fd^bn« Sitter. unb Äunft. ^erouSg. öon SJlinor. 

3 SBbe.. 1885. 
©d^lütcr, «riefe unb Oiebid^te öon »enebict aßalbcdt. 1880. 
©(^orer'S gamilienblatt 1885. 

- ©elben, ßamiHo, §. fy:^ le^te 2:age. 1884. 

@trobimann, $. ^.'S fieben unb 2Ber!e. 3. ^ufK. 1884. 2 «be. 

Stern, SRirabeau. 2 «be. 1889. 

Taillandier, ^crivains et po^tes modernes. 1861. 

XreUfd^fe, S)eutfd^e ©efd^id^te. 58b. III. IV. 

Weill, Souvenirs intimes. 1883. 

SlBeftermann'S «Monatshefte, «b. 5, 40, 54, 61, 62. 
N, Seitfd^rift für ben beutjd^en Unterrid^t. SBb. III. 
^8iegler, ®robbe'S geben. 1855. 




r iiiiiiJiixiiiiiiiijriiiixririTTTTTTxixiiiiiiiiiTTTTriiiiiiiiiTTrTTTTTTjiiiiiiiiiixiirijirria 





ifTTTiniiiiiTTTTiixiixiiixiiiiiiiiiiiiiJiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiixixnrixirrxiiiiirixixiLiiiiij 



Die ^ugenb- unb llnmvfität&\a1^vc I7ö$- i$25- 

I. 

Pie Sugenbialire (1798—1815). 

VScinrid) ^eine tuurbe ^n 2)üf)elbürf üu gebruar 1798 - bieö ift 
^ bie neuefte gcftftedung beö 2)atuin^M — a(ö baö crfte Äiiib bes 
jübifdieu 9Jianufacturtüaaren=§änb(cr§ Samfüu $eine geboren. @r er== 
ijxät im SZaineu .öarrt), meldten er fpätev mit öeuirid) üertaufd^te. ^S^nt 
füfgten eine norf) lebenbe Sd}tüe[ter, (Sf}arlütte, fotuic bie Srüber (^n]ta\y 
unb ÜDiaEintilian. 

2)ie ^antilient)erf)ältnif]e, in mcldien er auftund)^, bie 3^ it^ in tueldje 
feine (£räiel)ung fällt, crtlären niand)en ßug in bem tüiberfpruc^eüüUen 
(S^aratterbüb be^ Sic^terö. §eine felbft t)at t?on feinen (Sltern in beni 
nod) erf)altenen erften JI)ei(e feiner SKemoiren eine liebeüoUc nnb ein^ 
gelienbe 3d)ilbernng enttüorfeit, welche eine^ ^nmoriftifi^ = fatirifd)en 
Öaudiev^ nid)t entbet)rt. ®er !öatcr, ber eine reid) betregte, äieniUd) 
leid}tfinnige ^^ergangcnöeit I}inter fid) ijattc, wax ein lebensfroher 9Jfann, 
ber Spiel, ÜBein nnb Söeiber liebte, nobeln ^affionen sugctt)an war nnb 
mit feiner tt)eid}en, faft lueiblidjen Sd)ön^eit leid)t bie «öerjen eroberte. 
Gr ^atte, obgleich er immer rechnete, feinen bered)nenben .^anbelögeift 
nnb brachte es nie ju befriebigenben SJermögen^oerljältniffen. .S^peine l}at 
oon feinem ißater mand)e (£igcntt)ünilid)teit geerbt; Samfon'^? üeic^tfinn, 
ißerfdjnjenbnngSfuc^t nnb g^'^iäcl^Hlf^i^ fjiiig^n mif ben Sol^n über, ber 
benn and) ebenfo loie ber ®ater beftänbig mit bem 9)fange( an Weib 



^^lufscid^nunQen bc§ 9tabbiner§ <5(i)cucr über bie 1797—1808 in Xüjjelborf öc= 
borcncn iübijci^en iliubcr. 5. 3a^rbiici^ bc§ 2)ü)felt)orfcr ^cjd^ici^tSöcrctnS. 

®ötrp8«öef., III. »etcinöfd^tift für 1891. 1 



2 

üu fämpfcu l^attc. .©eine liebte feinen Sßatcr aufrichtig; er berfid^ert 
oft, bafe er i^m i?ou aßen 9Renfcl^en am meiften siuget^an getuefen fei. 

?tuf ©eiue'd ®ri\ie^ung ^at ber geiftig feinedtucg^ l^erijorragenbe SSater 
einen luefentlid^en Sinftu^ nid^t ausgeübt. J)ie SWuttcr ^eira — fpäter 
nannte fie fic^ 93ettt) — na^m bie 6rjie^ung i^resf begabten Siebliug§= 
linbe«^ felbft in bie .^anb unb entioarf in i^rem nur ^u ben^eglidjen 
öeifte einen üollftänbigen ^lan für feinen SBifbungögang. Sic tüar eine 
geborene t)an (Kleibern. Seine mad)te in ben an feine 9Jiutter geridjteten 
Sonetten au^ bem i?an ein üon unb liebte e«; in fpätern iJebenöjaljrcn, 
fie für eine 3lbelige au^jugeben, er, ber fid^ alsf ben grtmmigften J^einb 
ber „3unfer" aufjufpieleu pflegte, .^einrid) £aube, ber icn 2)id^tcr 
genau fannte, fagt in biefer .^infid^tM: rrSRit ber Sßuttcr coquettirte 
©eine frü^jeitig. Daft feine TOutter üon 3(bet unb eine (S^riftin ge= 
wefcn, baö toar etmaif, tva^ er betont miffen iooUtc. . . . @sf \mx i^m ein 
üerfü^rerifd)er äöitJ, baft er an^ einer 3Rifd)ung d^riftlidjen 3tbe(sf unb 
jübifd^er 9taffe entfproffen fein fönne unb üom äßuttcrfeibe am roman- 
tifd)e« DJitteiatter, cingetocidit in ?ierfet>cnbc Weifteöfdf)ärfc, barftcfle? 
.t^cinc l}at geflunfcrt; feine 9)hitter ioar toeber abe(ig nod) Don c^rift^ 
Iid)er 3lbtunft. 

üHctti} .^einc tuar eine begabte unb tüdjtigc J^rau, bie e^ tPof)( üer = 
bieute, bafi if)r ber Did|ter bisf an fein (Snbe -- fie überlebte if)n um 
brci 3al)re - eine treue 3(n^ängtid)feit bcn^a^rte unb if}r in bem er^ 
greif cnben (^cbidit: „3)enf' i(^ an Deutfd)Ianb in ber 9iad)t" nod) 1843 
ein berrlid}csj Dentmat fefete. Sie ^atte eine auögcseic^netc (£rsiet)ung 
genoffen, fo ba^ fie al^ SüZäbdien i(}rem Sater (ateiuifdjc S)iffertationen 
oori\u(efen oermod)te. Die Stunft bes^ J^abuUreu^ t}at .^cinc inbeffen 
nid)t üon if}r geerbt, ioic er bem SSater bie J^roljnatur ocrbanttc; fie 
t)attc fogar, obgteid) fie eine toarmc SScrcIjreriu ÖJoet^c'ö mar, eine toa^re 
3lngft, ia^ e^ i^rcm Sofjne einfallen fönntc, fid^ bid)tcrifd^ ju bef(^äf^ 
tigen; fie entriß if)m jebcn 9toman, oerbot i^m ben 93efud) üou Ifjeater^^ 
4?orftc((ungen unb gab ben 9J?ägben bie ftreuge SKeifung, in feiner 
Wcgenmart feine Wefpenftergefd^id)ten p erüä^Icn, ein Webot, ia^ frei(id) 
üon „3^PP<^t"' ^^^ alten 3tmme .^einc'sf, nid}t befolgt mürbe, ^eira moUte 
einen groficn ÜDiann am ifjrem So^ne mad)en, aber beileibe feinen 2)id)ter. 

Streng jübifi^ gefinnt mar "xßeira eben fo meuig mie i[}r "lOtann, 
meldjem auf betreiben einiger (Siferer bie 3(ufna[}me in bie jübifdje We^ 
meinbc fe^r crfdjmert morben mar. Sic mar, mie .^eine erjäljlt, Station 
natiftin, eine eifrige Schülerin 5Rouffeau'fi^, unb meit baoon entfernt, if)rcn 
Sol)n für ein bcftimmtcsf 9ie(igionöfl}ftcm ^n ermärmen. So uafjm benn 

») ©ortcnloube 1868, 6. 8. 



3 

feilte aud) üont jübifd^eu ©tauben nur 3leufeertid^!eiten in fi^ auf; 
jübifd^en SKationatftoIj fannte er nic^t, unb eg tuar t^m im fpätcrn Sebcn 
gar mäjt angenefint, aU ®pxo% einer öerad^teten 9tafje angejel^en ju 
trerben. Stud) mar bag SSaterl^aug nict)t ber geeignete Ort, i^nt Siebe 
jum SSaterlanbe einjuflö^en. 2)er fü^ntopoUtifd^e 3^9 i^^^ Subent^um, 
üerbunben mit einer nod) unter bem ©influ^ unferer ffaffifd^en Sitte- 
raturperiobe fte^enben ß^itrid^tung, tie^ ein ftar!e§ 9Sater(anb§gefüI)I nid^t 
auffomnten. 2)ie r{)einifd^en ^iibtn erbüdften jubem in ber frauäöfifc^en 
9fieüo(ution§armee ben l^ei^ erfe^nten 93efreier. 2)urd) bie ^ransojen 
b^tü. hnxd) Siapoteon errangen fte enbtic^ @5teid|[tellung mit ben d^rift^ 
tid^cn Sonfeffiünen, fomie SrteidEjterungen in Raubet unb 3?erfe^r. i^ein 
SSunber, ba^ §eine fd^on im SSater^aufe bie Siebe jur fransöfijdjen Station 
unb bie begeifterte 3?ere^rung für 9?apo(eün einat^mete, tvdäjt i^n burdb 
bag ganje Seben begleitete, unb im „93ud^ Se ©raub" eine einjig bafte^enbe 
bid)terifd^e SSerl^errlidEjung gefunben bat. S)a^ 2)eutfd|(anbg tieffte @r^ 
niebrigung bagegen in §eine'§ gamifie aud| nur ben geringften ©d^merj 
üerurfac^t ^ätte, tt)irb un^, tro| ©trobtmann'^ 93e^auptung *): 93ettt) 
§eine l^abe i^re Äinber patriotifd^ angefeuert, nirgenb^ bejeugt. 3?iet 
e^er barf man na(i) Sleu^erungen §eine'^ annehmen, ia^ bie 9?ad^rid)t 
t?on ber @d)tac^t bei Sena in ber 83oKerftrafee 9ir. 53 freubig begrübt 
tüurbe. 

3tu^er ber SJiutter l^atte auf ben jungen §eine nod^ bereu 93ruber, 
Simon t?an ®e(bern, beftimmenben ©inffu^. ßr ftellte bem tefebegierigen 
Steffen feine reid^e 93ibtiotf)ef jur SSerfügung, ol^ne e^ für nöt^ig ju 
Ratten, beffen Seetüre p beauffidjtigen. §ier (a§ §eine, neben @d^auer=^ 
unb 9täubergefc^id^ten, fel^r unfaubere franjöfifc^e Slomane, n)eld)e auf 
feine ^^antafie gemi^ nidjt o^ne ©inftufe geblieben finb unb in i^m bie 
®e^nfud)t nad^ verbotenen grüd^ten gemedt l^aben mögen. »§öd|ft n^a^r* 
fd^einli(^ fog er aud) l^ier f(^on bur(^ bie ©(^riften 3?oItaire'§', 9iouffeau'^, 
SDlonte^quieu'g unb SJtirabeau'ö bie reüolutionairen ^bttii ein, n^eld^e 
fpäter einen großen J^eit feiner litterarifc^en ST^ätigfeit fennjeic^nen. 

©ro^eö 3ntereffe na^m §eine, toie er fetbft erjä^It, an ber eben^ 
faßg in ber 93ib(iot^ef ©imon'^ befinbüc^en ^anbfd^riftlid^en Sieife^ 
befd^reibung feineö ©rofeobeimg, ber auögebe^nte Steifen im Orient ge== 
mad^t unb aU genialer Sb^rfatan einiget 3lnffef)en erregt l^atte. 2)er 
Änabe vertiefte fid^ leibcnfd^afttid^ in bie Seetüre be§ munberüd^en 
SJuc^eg, fo ia^ feine rege ^fjantafie in franfljafter SBeife gereijt njurbe. 
Oft ergriff if)n am tid^ten Sage ein unl^eimlicbeö Ö5efübl, unb e§ toar 
i^m, afö fei er fetbft fein längft vcrftorbener Ö5ropof)eim unb lebe nur 

I, e. 9. 



eine J^ürtfcbiuui bee ücbeu«^ jcnc<5 Üüiaiuieö. Xie cifvige üectürc be^^ 
„3)üu iQuipütc", mcld}cr il}m in ber Ucbcrjeöung üon üubmifl liecf 
jdjüu frül]j;citig tu bic .^äubc fiel, tonnte eine ()eitenbe Ütfirtunc] tmuit 
aushüben. 

üeiber war and) ber Unterrid)!, meldjen .^eiiie 1809-1814 in 
3)ü]jelbürf am ÜDceum ijeuüft, burdjauö nid)t geeicjnet, feinen fenerifjen 
Weift in bie red)ten il^abuen ju lenfen. .^ier trufl 1813 ber iKector 3d)all* 
mei)er in ber pl)ilüfüp()i}d)en ftlaffe '5ßfl]d}ütüflie nnb Ücgif fotuic bie piju 
lo}opI)ifd)en 3i)fteme vor nnb jtüar in gan,^ freifinniger Steife. .i")eine 
felbft faflt in jeinen 9}iemüiren (VII, 5. 461): „Ü^ ift fletuifi bebent* 
fam, ia^ mir bereite in meinem breije^ntenM üebensfjaljre ade Siifteme 
ber freien 3)enfer üorcjetragen mürben nnb ^\vax bnrd} einen et}rtüür* 
biflen Weiftlidjen, ber feine jacerbotaten 5lmtöpflid}ten nidjt im (^erinfifteu 
üernad)täfjigte, jo ia^] id) bier frübe fal], tüie ebne .^eud)elei ^Heligion 
nnb ^^^meifef rnbifj neben einanber cjinfle»f tüoran<s nid}t blüf^ in mir 
ber Unglaube, fonbern and) bie tolerantefte Wleid)fliiltii5teit entftanb." 
Cvn äbnüd)er ÜÖeije aufarte er fid) J^annl) üen^alb gegenüber'^); in ben 
,,Weftänbuiiien" (VI, 3. 09) meint er fogar, ber ilkfnd) ber iUn'lcfnngen 
beö ^Hectür« Sd)aUmei)er müfje ibm. „üor ben Slfjifen im 2l]a(e iv^ofapbat 
alö circonslaiKie attenuaiite angeredjnet merben." „lolerantefte Wleidi- 
gültigteit" bat öeine am bem pbilüfüpl)ifd}en Kurfuö 3d}aUmel)er'ö getüif^ 
nid)t Ijeimgetragen, ober fie marb jdjon nad) toenigen ^aljren bnrd) jene 
toiberüdje Welool)nbeit erfefct, alte religiöjen C^efnljle nnb CSinrid)tnngen 
mit ber iJauge gemeinen ÜÖifeesJ ^n nbergiepen. 

Sd}attmei)er jdjeint inbeffen am .SlatboUciönuiö nod) feftgebalten ^n 
I)aben, benn er nmd}te .ßeine'ö SÖhitter ben 4^orfd)lag, ben Soljn tatl)o(ifri) 
toerben ^u (afjen nnb ibn bem 3)ienfte ber Äird)e ^n loibmen; bnrd) 
jeine ÜJerbinbungen loerbe e« U)m möglid) fein, bemfelben ,^n einem ()ül)en 
Mird)enamt ,yi üerbelfen. .^eine'sf iDtutter leljnte baö iHnerbieten ab, 
joaö fie, toie .^eine mifjen joill, in fpätern üebenöjaljren berente. 

Wix finben nirgenb ein Jlnjeidien, baf3 Samfon ober jeine J^-rau 
ber tatl)olijd)en flteligion feinblid) gefinnt getoefen toären. Sie ftauben 
i()r toabrfdjeinlid) gleidjgüttig gegenüber; bem oon .^eine'ö äMograpben 
gern erloäljnten Umftanbe, ia)] 3amfon, ber einer übertommenen ^Xkx- 
pftid)tnng gemäfj bei '»^rocejjionen üor feinem .s^aufe einen "iHttar errid)ten 
mußte, biejen in bejonbere jdjöner Steife aui5)d)müdte, legen loir fein 
(yeioid)t bei, toeil ia^ jeber .öanbelöiube in t'atl)olifd)en (^egenben tbnt. 
3Bol)t aber unterliegt eö feinem ^^^toeifel, ia]] bie 3d)bnbeit bes^ tatt)ü^ 
lifdjen tlnltuö auf ben jungen §eine (Sinbrurf madjtc nnb iljn ^\ix ik^- 

• 

*) Üiad^ ben ncucrn Scfticljiuiöcn im fünfjctjnlcu. — '^) ÜÜcftcnnann 53b. (')2, 8. 104. 



tuunberung ^inrife. „3d) toax immer ein 2)id6ter," fagt er felbft (VI, 
3. 66), „unb be^^afb mufete fic^ mir bie ^oefie, tüeld^e in ber ©timbolif 
be§ !atI)olifd}en 2)ügma'^ nnb Suttuö blüf)t nnb (obert, üiel tiefer aU 
anbern ßenten offenbaren" ^). 2)iefe§ Sntereffe n?ar aber ein rein äftt)e= 
tifc^e^, tt)ie. e§ bei fielen romantifd^en 2)ic^tern äu finben ift. 

©eine freigeiftige ©efinnung erl^ielt bnrc^ ben üertranten Umgang 
mit einem atl^eiftif^en ä(tern ©d^nlgenoffen reid^e 9ta^rnng. ßange 
bauerte biefe grennbfd^aft nid^t, fie marb erfe^t bnrd^ ben Serfe^r mit 
einem anbern ättern 9Kitfd}üIer, bem er nod^ lange 3a^re l^erjtid^ ju* 
getl)an blieb. S^riftian ©etl^e, beffen (Srfc^einnng nn§ bnrc^ bie ©d^rift 
t?on ^ermann C^üffer näl^er gefommen ift, ber ®o^n einer angefel^enen 
-preufeifc^en 93eamtenfamilie, bifbete einen üöKigen ®egenfa^ ju §eine. 
§ier lobernbe 5ß^antafie, SÄangel an @tetig!eit nnb ?ln§baner, n^arme, 
aber nid^t tiefge^enbe (Smpfinbnng, leidste (Srregbarfeit — bort eine anf 
ba§ 5ßraftifd^e gerid^tete, rn^ige nnb gemeffene 9?atur, ftrenger Drbnnng§== 
finn unb gro^e§ ^ßflid^tbetonfetfein. ©et^e toar ^eine'§ SDientor, er ^iett 
i^n üon nnnbertegten ©treid^en äurüdE, befd^n^te ben fd^loäd^tid^en Knaben 
gegen bie mand^mat ^anbgreifli(^en 9tedfereien antifemitifd^er ©d}ulcame== 
raben nnb fd^enfte feiner ^joetifd^en Segabnng" üolle Semnnbernng. 
3)a§ gute @inüernef)men bauerte lange 3ai)re; erft aU §eineS33ege ein* 
fd^Iug, auf meldten ber d^ara!tert?olIe ©et^e i^m nid^t folgen fonnte, trat 
eine (Sntfrembung ein. 

2eiber ftaben ©et^e unb anbere minber intime greunbe ^eine'ö 
i^re SBiffenfc^aft über ben 2)ic^ter mit in ba^ ®rab genommen, fo ia^ 
tüir faft nid^tö über ^eine'^ erfte poetifc^e Serfuc^e unb bie 2)id^ter, 
njetd^e er in jener fd^märmerifd^en 3ugenbjeit Ia§, toiffen; ba^ er im 
Saune ber Stomantif, namentlid^ ber p^antaftifd^en 2)id^tungen (£. %i). 
91. .^offmann'g, lag, bürfen mir inbeB afö gen?iß annel^men. ©eine 
©d^riften bett)eifen e§, unb in feinem SBerfe über bie romantifd^e ©c^ute 
fagt er (V, ©. 344), bafe er 1813 Urlaub — in biefem ^saijxc gab 
Ul^tanb mit 3uftinu§ Slerner ben „2)eutfd|en S)i(^tertt)a(b" ^erau^, 
tüä^renb bie ©ebid^te U^lanb'^ erft 1815 erfd^ienen ~ in überftrömenber 
93egeifterung ju feiern üermorf)t I}abe. 2)ama(io l^abe er it}m nal^e gc* 
ftanben an (Smpfinbung unb 3)enfen, bamafö i)aht üjm ^err(id) gebünft 
jene^ d^eoalereöte unb fat^oüfc^e SBefen, jene fanften knappen unb fittigen 
(Sbelfrauen, jene äKönd^e unb SRonnen, jene blaffen ©ntfagung^gefü^te 
mit ©(odfengeläute. 9SielIeid)t i)at er bamatg in ä^nlid^em 65eifte ge* 
biegtet; bis; je^jt ift üon biefen SSerfud^en inbeffen ni^t§ an'^ 2id^t gefommen. 
SBo^l aber jeigt un^ ein 1814 entftanbene^ @5ebid)t: „2)te SBünnebergiabe" 



*) ^öt. anä) Sßcftcrmaim ^D. 62, 3. 104. 



bcn junflcu .^eiue bereit«^ al^ lofcu S^Jöttcr, ber in buvd}au^ nidjt feiner 
SBcife über einen ©tnbienflenoffen am Üt)cennt fid} Infticj madjt. 

Irofe feiner iBeqabnnfl flel)i)rte .Jjeine nidjt ju ben beftcn ^^öcjlingen 
beö iJijcenm*. (Sr bereitete feinen £el)rern bnrd) fein nbermütljicjefi^ nnb 
jpottlnftifieö SBejen nid)t flerincje ©djmierigfcitcn. 'ißeter tSornelin^ er== 
;,äf}(teM bem Dr. «ö. 9tiecjel, aU er einmal fiir feinen altern J^rnber 
iJambert bie (Jlementarfdnile für 3^irf)<^i^i"^^^*^^irf)^ nbertüad}tc, Ijabe er 
in J^ülfle eine« ^ärms^ ber Sdjüler ben jnncjen .f)einc fdjtüer geprügelt 
nnb ben SKalftort an i()m abgefdjlagcn. .f)eine l^ergaf? niemaU eine iljm 
;,nerfannte Strafe, mnn er fie auc^ reblid) ücrbient J)atte; Dielleidjt 
maren e<ä biefc ^^Jrügel, Jüofür er fpäter an bem ebeln ^eter t£ürnelin<^ 
^Had)e nafim. (1, ©. 406.) 

Später jdjeint er fein nnbänbigeä Söefen ge^äljmt ^n tfabcn, \vcmc\^ 
ften<i ftellt i()m ber X^irector beö (yijmnafinmsf ju 3)üffelbürf, Dr. Äortüm, 
1819 bae ^^engnif? am: er Ijabe t}ün 1809 biö 9Wid)ae(ifi^ 1814 in 
.^infid}t feinem J^Ieifteö nnb feineö iBetragensJ jn ben l)ür?;üglid)ften Sd)ülern 
gel)ört'^). 5)aö ^^engnif^ jebod) bürfte l^iekiSJ l)erfd)n?eigen, benn bei ber 
^4Jrüf nng, meldjer .^eine fid} in !tBünn bef)nfsJ ß^laffnng jum iöefnd) ber 83ür^ 
lefnngen nnterjjieljen mnfUe, erljielt er im SDecember 1819 bie SJnmmer III. 
^n ber (Lyefd)id)te, fagt ba«^ ^ßrotüfüll, fei er nid}t üt)ne alle Äenntnif je, einen 
lateini)d)en Vlnffafe l)abe er nidjt geliefert, tücil er üon nnfidjerer Älennt^ 
nift nnb ,vi geringer Uebnng fei; ^xx einer 5ßrüfnng in ber 9)iat()emati! 
t)abc er fid) nid)t üerftanben; feine bcntfdje 5(rbeit, übtüül)l anf nninber= 
lid}e SBeife gefafit, bemeife ein gntes; öeftreben •'). S)agegcn füll er nac^ 
ber 3(nöfage fcine«j iBrnberö SKajimilian bie englifdje nnb franji5fifd}e 
Spradjc am üljcenm grünblid) erlernt ^abcn. 2)cr Unterrid}t im SDentfdjen 
bat gleid) gnte J^rüd)tc nid)t gezeitigt, benn .ßeine^ö 33riefe axx Setlje 
a\i<i bem ^abre 1816 lüimmeln nod) t}on grammatitalifdjen J^eljlern. 

J^rül) fd)ün mad)te .^eine in ber Siebe, bcrcn Sänger er in gntem 
nnb fd)led)tem Sinne Serben follte, feine (Srfafjrnngen. 3!)cr .^^ang ;^nm 
Jueiblidjen Wefd)led}te regte fid) fd)on in ben Sd)ülerjat)ren in ibm nnb 
luarb bnrd) bie fiectüre ber nnfanbern franjii)fifd)en Siomane genäl)rt. 
,^eine l)attc ein fel)r reij;bare^ SZerüenftjftem, nnb man fd)eint nid)ts^ ge=^ 
t()an jn f)aben, nm eö ^n fd)onen nnb bie rege 5ßl)antafietf)ätigfeit bcö 
Älnaben in vernünftiger SBeife jn regeln. 2Bie fein Sörnber 9Kayimilian'*j 
erjäf)lt, liebte er 1813 bie a:üd)ter bcsJ Ärieg^rat^g öon 3t. Sit* er 
einft bei einem feierlid)en Sd)nlactng ben Sd)iller^fd)en „laudjer" \)ox^ 
antragen l)atte, fiel fein !i31ic! plöfelic^ anf ba^ in ben erften löänfcn 



') 9licflcrö t^orncliuö. — «) OJartcnlöube 1877, 6. 19. — ») §üffcr B. 102. 
•*) (^rinncruiiöcn S. 21. 



t?or i^m fi^enbe junge 9Wäbd)en. (Sr erbleid^te, ftodte, fonutc nid^t tueiter 
becfamiren unb fanf enbüd^ o^nmäd^tig 'ju SBoben. Unb bod^ fannte 
er bie junge S)ame nur üon 3tngefid^t! 

Sine anbere Siebelei feffelte i^n in ernftcrer unb, njeun feine „3;raum= 
bilber" in ber X^at fjkx i^ren Urf<)rung ^aben (VII, ©. 503), nid^t 
unbebentüd^er SBeife. ©efd^en (Sofep^a), bie bteid^e 3;od^ter be§ ®d^arf== 
rid^ter^ i)on 2)üffeIborf, jog il^n an, njeniger burd^ i^re ©d^ön^eit, ate 
burc^ ben 9ieiä beö Un^eimlid^en, ber fie aU bag Äinb „une^rlid^er Seute" 
umgab, ©efd^en n^ar fange^tuftig unb fannte eine 3Renge SSütfölieber, 
meift fd^auerigen Snl^att^, n^elc^e ber junge §eine fid^ gern üon i^r üor* 
fingen liep unb in feiner, alten grellen Sontraften jugenjanbten ^^antafie 
tpeiter au^geftattete. §eine i)at biefer Siebfc^aft in feinen „3Äemoiren" 
gebac^t; SSa^r^eit njirb ^ier mit Did^tung üerfe^t fein, njie benn faft 
jebe <}erfönlic^e Srfal^rung üon §eine al^ ©runblinie p^antaftifd^er unb 
^umoriftifdijer Slrabe^fen benufet rourbe. 



II. 

Frankfurt a. T/A. — S^^^^J'wrg — Botin — ööttingen. 

(1815—1821.) 

3Ug im §erbft 1814 baö fi^ceum in 5*^lge ber friegerifd^en 3^^*== 
laufte gef dljloffen tpurbe, . beftimmte Setttj §eine — ber SSater fd^eint bei 
fotd^en Sntfdötiefeungen tüenig inSetrac^t gefommen ju fein — benSo^n 
für ben Äaufmann^ftanb. Sin ungtüdElic^erer S3efd^Iu§ tonnte nid^t ge- 
faxt werben; ben leibenfdljaftlidjen, reijbarcn unb ^altlofen Jüngling auf 
eigene gü^e ftellen, feinen <}]^antafieüolten ©eift ju einer SefdEiäftigung 
anhalten, treidle feiner ganjen 9lnlage fü fern tüie nur möglid) tvar, 
ijk^ i^n bem SSerberben auöfe^en. 3)ie ©ttern fanbten ben So^n in 
bie Äämpfe beg ßeben^ — er fe^rte nidljt aU Sieger jurüdE. 

3m grü^ ja^r 1815 rei^^te Samfon mit bem So^ne nad^ granf fürt 
am SJiain, wo »öeinric^ bei bem Sanquier 3lin bgflei fd& afe SSolontair ha^ 
SBec^felgefdjäft erlernen füllte. Slber bei 9tinb^fteifc^ fonjo^t njie furj 
barauf in einem Solüniatoaaren==@efc^äft erhielte er fo geringe Srfolge, 
baj5 er nad^ einem jn^eimünatlic^en Slufent^alt in ber alten Ätönung^= 
ftabt nur tpu^te, „tvk SBed^fel auögeftellt tüerben unb SKu^catnüffe au^^ 
fe^en". Sagegen lernte er auf langen Streif jügen ^^ranffurt nad^ Snnen 
unb Stufen genau fennen unb — Raffen. Ueberalt fa^ er nid^t^ wie bie 
unabläffige fieberhafte 3agb nad) ©en^inn, bie Slbtpefen^eit jebeö ^ß^ern 
©eifteöflug^ unb bie geringfte 3ld^tung üor ber ^oefie. 3!)ie mibernjär^ 



8 

tiflcn (^citaltcn, meldK il}m in bcr ^ubeuflaije ontcicfleutraten, ber it)ncn 
auflebcube 3d)mut5, bic !5Ücracl)tuncj, mit melcl)cr man ü)iien allcutl}a(bcu 
bcflciincte, ftärften feine geriiu^e üiebe ^nx jiibifd)eu )Kafie nid}t unb er- 
füllten il)u mit ^nflrimm gegen l?er()ältniffe, meldje eine füldie tJrniebri- 
gnng bebingten. ^n bem ?fragment: „^er 3{abbi bon iHad}arad)" ijat 
er fpäter bie im C^nbenqnartier gefammelten \Hnfd)annngen poetifd) üer- 
iüert()et. 

.{xnne febrte in ia^ elter(id)e .öan^ ,^nrürf in ber fid}ern tönuartnng, 
baft nad) biefem gän^lid} fel)(gefd}Iagenen ??elb,yige in ben 2)ienften üUier^ 
enr« feine (Sltern il)m feinen äönnfd), eine geleljrteüanfbaljn ein^^nfdilagen, 
gemä()ren würben. ^Hber in ber itHülterftrafK l)atte fid) in^^uifdien in 
J^ülge ber fd)(editen 3^ntiHT(}ältniffe nnb fdiiuerer gefd)äftlid)er iU'rlnfte 
bie 5timmnng febr ^n feinen llngnnften geänbert. ^er 5ül)n lunrbe 
nngnäbig empfangen nnb nad) einer 3krat()nng mit bem einflnfn'eid}en 
5^rnber Samfon'^ in .öambnrg, bem mel)rfad)en iDJfiüionair Salomon 
.t")eine, im Sommer bee folgenben 3^al)reö nad) .{^ambnrg gefanbt. 

.'Oeine arbeitete ;^unäd)ft im CSomptoir feinem Dntel^ ; 1818 aber er^ 
öffnete er mit ben ibm von biefem ;>nr !i^erfiignng gcftellten 5JJitteln 
nnter ber J^irma „.l")arri) .'oeine n. (Somp." ein CSümmiffionögefdiäft. 
Manin .vuan,vg v\al)re alt, ftanb er mitten im Strnbel einest luilben, 
iHU'fiibrerifdien üeben^t. ^Hnfänglid) fanb er iHnfd)lnf^ in ber J^amilie feinem 
Cntel«i, ber ibn fel)r iüül)ltüüllenb anfgenommcn l)atte. ^nbeffen gefiel 
bem jnngen 4Uanne bie „gefd}niegelte" Wefellfdiaft nid)t, lueldie in ben 
eleganten Saloni? feines „milliünärrifd)en" Dntel«^ üertel)rte. .feambnrg 
fprad) ibn nod) meniger an alö J^ranffnrt, nnb bie Wrünbe luaren bie 
gleid)en. „tSö ift ein üerlnberteö Manfmannsneft l)ier; .fenren genng, 
aber feine 9Jinfen/' fdjreibt er am (>. !v^nli 1816 an 2etl)e. 9lel)nlid)e 
Vlnfiditen entanrfelte er nod) oft in breiterer, Jüiluger 3lnöfiit)rnng ( i\^ 
1)7/106). 

xsn biefer ^^eit tritt feine jngenblid}e 4<ercl}rnng ber !att)ülifd)en 
Mird)e ftärter Ijerüor. J^n bem le^jten I)öd)ft be^eid}nenben ^Briefe A3eine'<5 
ein 2ett)e Ijei^t esJ: „^n religiöfer .öinfid}t Ijabe id) bir üielleidit balb 
etmasf febr i^ermnnberlidjeö mit;\ntl)eilen. 3ft .^cine toll geiuorben? 
tpirft bn an<5rnfen. ^Mber id) mnf^ ja eine SDiabonna Ijaben. 4i5irb mir 
ber öimmel bae ^rbifd)e erfe^en? 3d) Juill bie 3inne beranfd)en: mir 
in bie nnenblid)en liefen ber ä)h)ftit tann id) meinen nncnblidjen 3d)mer;\ 
f)inabn}äl,\en. ÜBie erbärmlid) erfd)cint mir je^jt M^ SKiffen in feinem 
i8ettlertleib ! üyaö mir einft bnrd)fid)tige ttlarbeit fd)ien, jjeigt fid) mir 
je|3t alö narfte !58lüfie.'' Vllö tJrgänsnng biefe<i t^efül)lfifanfi^brud}esJ mag 
fülgenbe Stelle an«^ ben „Weftänbniffen" (VI, S. 66) bienen: „9Jid)t 
feiten in meiner ^ngenb^eit iibertoältigte and) mid^ bie nncnbtid)e SiifK, 



9 

bie gcl)eimni§t?oUe felige lieber fd^tüängüd^teit unb fd^auerlid^e 5!obegIuft 
jener ^^Joefie (b. t. beg taüj, ßultu^ unb S)ogma'§); andj id) fc^njärmte 
mandömaf für bie ^oc^gebenebeite Königin! be^ ^intmelg, bie Segenben 
if)rer §ulb unb @Jüte bradjte id) in jierlic^e fReime." 

,^eine fc^eint fid^ in jener ^dt mit bem ßJebanfeu, tatl^olifc^ jju 
tnerben, getragen ju ^aben. 9lber tüie in ben Slnabenjal^ren feine 9tei= 
gung jur Äirdje in poetifd^en unb aft^etifd^en Setüeggrünben rourjefte, 
fo ging fie ^ier miö tiefen feelifc^en fieiben ^eröor. §eine liebte Slmalie 
— üon i^m SDioIll) genannt — bie britte Sod^ter feinet D^eimg SaIo=^ 
mon, unb fanb feine @5egen(iebe, tüa^rfd^einlid^ fogar fd^nöbe ß^^riitf' 
tüeifung. 3^^^ ^^f^^^^ 9J^öf burrf)ftrömte fein ganje^ feuerige^ SSefen 
eine heftige Seibenjdiaft, njetc^e i^n in bie furd^tbarfte 9lufregung öer- 
fefete. (£r fd^rieb unter bem Slu^bruc^ ed^teften Sd^merje^ an Set^e am 
27. Dctober 1816 einen confufen 93rief, ber i^n unter ber vSdtjmere un== 
eriüiberter Seibeufd^aft bem Söaf)nfinn na^e jeigt. SSießeidbt fam nod^ 
ein !ürperUd&e<o öeiben ]^in;;u, ia^ feine öerjtreifette Stimmung auf bie 
Spi^e trieb. (Stfter beutet an^), i)a% biefelbe geheime Sfranf^eit, wtiäjt 
fpäter «t^eine'^ 3lu^fd^Iie§ung auö ber (^öttinger 93urfd^enfc^aft öeran* 
(a^te, möglid^ernjeife aud) ber (Srunb tüar, me^^alb feine 93en?erbung 
um bie ^anb feiner Soufine erfolglos blieb. 

SKotttj, tüeld^e fogar bie bon^eine an fie gerichteten Sieber berfdjmä^te, 
beir atmete im Sommer 1821 ben ©utöbefi^er grieblänber. ^^eine ^atte 
nodö lange an feiner ungIüdEIid)en Siebe unb an feinem Sc^merj^e ju 
tragen, bi^ ia^ Silb beö geliebten äWäbd^en^ in einer reidj^altigen 
(Merie feiler Sd)önf)eiten berfc^tranb. (£r gab fid^ iaü) einem tüüften 
Seben ^in unb tranf ben Sedier finnlidjen ÖJenuffe^, njeld^er i^m in ber 
groJ3en .^anbeteftabt bereittrittigft gereid^t mürbe, in büßen 3ügnt. „SJtein 
innere^ Seben/' fagt er felbft in einem 33riefe an Söo^Itüill bom 7. 2(pril 
1823, „toar brütenbe§ SSerfinfen in ben büftern, nur bon p^antaftifd^en 
Sid)tern burdjblitjten ®d)ad)t ber Jraummelt; mein äu^ereg Seben tüar 
toU, müft, ct)nifd), abfto^enb; mit einem SSorte, id^ machte eö jum 
fc^neibenben ßiegenfa^ meinet innern Seben^, bamit mid^ biefe^ nid^t 
burd^ fein Uebergemid^t jerftöre.'' ®r ^anbelte nac^ bem in feinen „9We== 
moiren" gegebenen iStcczpi: ,,2)ag mirffamfte Ö5egengift gegen bie SBeiber 
finb bie Söeiber" (VII, S. 510), unb ben^aljrte in J^Ige beffen im be- 
rüd^tigten Straften .^amburg'^ in feinen SSerfen ein freunbüdje^ Stnge- 
benfen. 

95ei fold^em Seben^tpanbel, ber nid)t berborgen bleiben tonnte, tourbe 
ba§ SSer^ältniji ^eine'§ ^u feinem Dnfel balb getrübt. Salomon ^eine 



*) «u^ ber l^icbcr @. .XIV. 



10 

toax ein fluter unb ebeler Sr}arattcr; er tvax cjeru bereit, feinen taleiit-^ 
öoUen Weffen - ber i^m übrigeiiö, bon meuiflen ^^mifdieufälleu abgc= 
fel)en, jjeitlebeuö bantbar blieb -- ja uuterftütjeu unb i()m bie äi^ei^e ;;u 
9ieid)tt)um unb ?lnfet)en }^\i baljnen ; aber er \vax eine bnrdjauis^ nüd)terne 
9iatur, ein ^^Jaragra^jfjenmenfd), ber nid)t becjreifen fonnte, nne man ben 
J^euertopf üün Sieffen er;;iet)en muffe, unb ber eö biefem nid}t öer^ie^, 
baft er, anftatt fein fänberlid) feinen Wefd)äften nad)i5Uflel)en, beimlic^ 
cyebid)te mad)te unb biefe füflar, menn and) unter fa(fd)em Siamen, üer- 
i)ffentlid)te — nod) bajiu Webidjte, meld}e feiner Üodjter SJiülh) galten. 
Sein ^v^ntereffe für ben Sieffen erfaltete unb iüarb bnrd) bie ^^uflnfte^ 
rungen feiner beiben Sdimiegerföl^ne --- iuie .^eine bet^auptet - - auf 
ben Siutlpunft gebrad)t. 

^ir biefe bittern (£rfal)runnen unb mibrigen Serljältniffe l}ielten 
ben junflen 3)id)ter lange in einer büftern Stimmung, lüeld)e fid) in 
feinen in „.feambnrg'ö äiJädjter" unter bem grüteeten "5|Jfeubüni)m „Si) 
J^renbr^ülb fliiefenöarf" ( sufammengef e^jt aue: .öarrl) iQcm\ 2)nffe(bürf) 
im J^ebruar unb 5IJlärs 1H17 üeri)ffentlid)ten C^ebidjten funbgibt. i&x^ 
innerungen aM 3efd)en'ö unb ane (£. Zfj. 3t. .öoffmann's^ gcfpenftifd}en 
(Srjiäljlnngen berbinben fid} in ibnen mit icn illagen unglüdüdjer iJiebe. 
(£ö finb bie Webid)te: „(Sin Iraum, gar feltfam fdjauerlid)", „tSs treibt 
mid) l)in, e«^ treibt mid) l)er", „Xcx Zimmermann'', unb üüu ben 3{ü= 
maujien: „Xie 4^3ei^e", „3)ie^iene", fotüie „bie liHümanje üom Stobrigo" 
(fpäter „l)o\x ^Hamiro" betitelt), ^ie „fdjauerlidje lobeisluft", meld)e 
.^eine im tatbolifdjen (Sultuö gefunben l)aben tuollte, burd)tücl)t and) bie 
meiften biefer nid}t unbebeutenben Webidjte. (Sr offenbart l)ier — wie 
and) in feinen abriefen an^ .^amburg — eine Ijoffnungs^lofe Stimmung, 
tuelc^e nid)t gebendjelt erfc^eint; uüd) begegnet un^ nirgenb ein friüolcr 
SBife unb nod) t)ebt ci)nifd)e Selbftöerfpottung bie ÜBirtung ber (yebid)tc 
nid)t auf. 

^\n Summer 1819 luar .^eine genötl)igt, fein (Mefd)äft i\n liquid 
biren. ^n «Hamburg t)atte er nur gelernt, iüie man fein üeben üer- 
gcubet, unb über allen ^iueifel beriefen, bafi üon bered)nenbem .^^anbelö^- 
geift nid)t einmal bie geringe Begabung bed Satere auf il)n übergegangen 
fei. Stärfer aU je enüad)te in il)m bie Set)nfud)t, fid) bem Stubium 
gu Jüibmen. DI)ne Cntel Salomon ging bae alterbings^ nid)t. 2)er 
gutmüt^igc SJüllionair liefi fid) er)üeid)en unb üerfprad), „bem bummeu 
jungen" für ein breijäl)rigej$ Stubium ber 9{ed)töiüiffenfd)aft bie ni)tl)i= 
gen t^elber üorpftreden, menn biefer fid) üerpflid)te, iew ^octorgrab 
ju crtuerben unb fid) bann in .^amburg alsJ Vlbüocat nieberjjulaffen. 

3lm 11. S)ecember 1819 tuurbe .^eine in iBüun alö Stud. jur. et 
cameral. immatriculirt. CSr l)örte juriftifd)e unb gefd)id)tlid)e Kollegien, 



11 

namentlid) aber 3lucjuft SBit^cIm ü. ©d^tegerg SSorlefungen über bie ®e^ 
)d)id)te ber beutfd^eu ®pxad)t unb Sitteratur. ©eine fämmtüd^en ^ro== 
f efforeu befunbeten i^m rül^müd^en gleife in ben ©tnbien ; ^^^'^ ber 
9tector 3lngnfti bejc^einigte i^m am 14. ©e^jtember 1820^), fein fitt^ 
(id)eö betragen fei ftets nntabet^aft getrefen. S)ie SoE^eiten be^ Stu^ 
bentenlebeng liebte §eine nid^t; fie jn entbehren, n^nrbe i^m nm fo 
leidster, aU er 93ier nnb Sabaf öerabfd^ente, nnb Äopffrfimerien i^n jn 
I)äiifiger ßi^^üdEgejogen^eit jnjangen. Snbeffen jeigt fid)"in feinen von 
93onn au^ gefc^riebenen ©riefen bereite ein Slnflug t}on ^ä^lid^-friüoler 
©d^reibtpeife. (örief an 33eng^em 15. 3uü 1820.) 

2)em öont Dnfet üorgefd^riebenen SBrobftnbium tüibinete §eine iüeni== 
ger ^dt nnb glei^, aU ber fdjönen Sitteratnr, tüeld&er er in Sonn 
nä^er ftanb aU in 3)iiffelbürf nnb ,^ambnrg. SBil^elm ü. ©d^tegel, ber 
bantafö feine äft^etifd^en ^anpttrerfe bereite gefd^rieben ^atte nnb ate 
berufener SBortf ü^rer ber romantifdjen ©djule auf bem $ö^e<}nn!te feinet 
SXnfe^enö ftanb, übte nad^^altigen Einfluß anf i^n au^. §eine neigte 
bnrc^an^ jnr Stontantif, tüeld^e bamalö i^re ölüt^ejeit bereite hinter fid^ 
Ijatte, aber er betüa^rte ängftlid^ feine ©elbftänbigteit. 3)ie fd^ranfenlofe 
Öerrfd^aft ber ^l^antafie, mit ifjrer 3Jionbfd^ein^, ßanin^ nnb Ö5efpenfter= 
tpelt, ba^ füljne ^erüorfel^ren be^ ©ubjectiöen mit l^od^müt^iger SBer= 
ad^tnng ber „^l)iüftrofität'', ber leben^öolte 3n^alt ber SDi^tungen, 
fotuie bie läc^elnbe ©elbftironie, n^etd^e ber 9lomantif eigen njaren, 
entfprac^en feinen innerften 9Jeignngen. 

Sn einem Slnffa^, tüeld^er 1820 im „Äunft== nnb 2Biffenfd^aftö== 
blatt" beg „9i^einifc^ = SBeftfäIifc^en Slnjeigerö" jn ^amm erfc^ien 
(VII, @. 150), tüarf er fic^ fogar jnm SSert^eibiger ber Stomantit anf, 
meldte i)on 2S. \). 93Iomberg angegriffen tüorben n^ar. (£r fü^rt furj 
ans, njie bie romantifd^e 5ßoefie im SJättelalter entftanb nnb in neuerer 
3eit tpieber aufblühte. @r ftellt für bie romantifd^e 2)id^tung bie X)on 
il^ren SSertretern oft genug üernad^läffigte gorberung auf, ia^ fie in 
beftimmten Umriffen seic^nc, bafe fie <)Iaftifd) fc^ilbere. Sn biefem ©a^e 
jeigt fid^ fdjon ber (Segenfa^ feine'S p ben i^m fonft öernjanbten 
3)id^tern ber romantifd^en ©dfiule. Qa ben größten fRomantüern jä^It 
nad^ feiner Slnfid^t SBil^efm ö. ©d^Iegel, ben er ungenirt neben ©oet^e 
ftellt. @anä entfd^ieben i^ertpa^rt er fid) gegen jene fRomantif, ioeld^e 
mit ben Slenfeerüd^feiten beS Sl^riftent^umS fpielte. (Sr meint fogar, 
Gtjriftent^um unb 3ftittert]^um feien nur SJiittel gen^efen, um ber Slomanti! 
eingang ju üerf (Raffen. „Sein ^riefter brandet noc^ getüei^teS Det 
^inäujugie|en, unb fein ^Ritter brandet me^r bei i^r bie äßaffenioac^t ju 



>) §üffcr ©. 106. — 2) (SJortcnlaubc 1877, ©. 19. 



12 

galten. Xcutid}lanb ift jctjt frei, fein "ißfi^ffc üermag me[)r bie beutid^eu 
Weifter eiupferferu, fein abcliflcr .öcrrfdjcvliufl üermafl mel)r bie beutjd)en 
üeibev ^iiv J^rülju ;;u peitjd)eu, uub be^f)alb fo(l aud)]bie beutjdje 9)hife mieber 
ein freiesf, miaffectirte<j, ef}rUd) beut)d)ev5 ä)?äbd)eu fein." (VH, S. 150.) 

•Öeine bat, Juie man fiel)t, feine fatI)olifirenbe ^Jßeviobe bereite binter 
fid); bie ani^eblid)e ,,f dianer lid)e Jobeölnft" ber fatl)ülifd)en itirdje nnb 
bie blaffen (Sntfaflnnn«^flefiil)Ie, meld)e ibn einft fo nnenb(id) an^^ocjen, 
finb einer tam<)fedfrül)en Stimmnmi cjeioidien, tueld)e baö banale: „SiJiber 
'5|5faffen nnb 3nnfer" ,^n ihrem J^elbfiefdirei niadite. 

Sd)leflel, ber nie ein editer Ätomantüer luie fein Sh'nber J^riebrid), 
Siüüaliö nnb ^Brentano luar nnb i>üni Matbülicisninö fid) nidit einmal 
?lenfterlid)eiten angeeignet hatte, nal}m bie .önlbignncjen feinem jnnijen 
äJerebrere bantbar l)in, prüfte beffen bid)terifd)e 'iHrbeiten nnb ermnnterte 
ibn j;n mciterm 3d)affen. Selbft ein SDieifter ber poetifdjen J^orm nnb 
bie fd)i)ne .önde faft l)ßl)er fd)äfeenb al^ ben C^nlialt, l}ielt er feinen 
jnnncn ^rennb an, feine bid)terifd)en (Sr^engniffe mit ber peinlidjften 
Sürgfamteit ,^n feilen. !vsn 5d)lecier!2> Äi5ertftatt lernte .öeine, feinen 
flcinen Webidjten bnrd) miiljfelicje -sj^ülirarbeit jene Wlätte ^^n geben, tüeld)e 
tJingebnng beö Weninö ^n fein fd)eint. .^ier mad)te er fid) felbft ^m\\ 
ftrengen Webot, iuae er feinem J^rennbe 2teinmann am 29. Dctober 
1820 rietl): „3d)üne nid}t basJ fritifdje ^Hmpntirmejfer, menn'iS and) 
bais liebfte Minb ift, ia^ etwa ein 5^ndeld)en, ein .Slröpfd)en ober ein 
anbereö WemädjisJ mit ^nx Ü^elt gebrad)t l}at. Sei ftreng gegen bid) 
felbft. 2)aö ift beö Münftterö erftee Webot.'^ 

Öeine luibmcte feinem üetjrmeifter tieffte (Srgebenl)eit nnb bid}tete 
in jugenblid)er Skgeifternng brei fürmi^ollenbete Sonette anf it)n. 
^rei,^el)n ^al}re fpäter marf er felbft fein Wö^enbilb vom i?lltare. 

!ä)iit ftnbentifdjen iHlter^genoffen nnterbielt .^eine mir fnappen !iJer< 
tel)r. I)en 3nben ftanb er gän^^lid) fern; mit ihnen fnüpfte er über^ 
haupt nnr bann iöerbinbnngen m, wenn fie reidie, angefebene ober 
gelehrte iiente toaren. ^^ ipnrbe ihm nid}t leidet, fid) J^rennbe ^n er 
ioerben, ioeil er nid}t gern ane fid) heran<5ging, über fein eigentlid)eö 
äöefen beftänbig mit Joifeelnben 'xBemertnngen täufd)te nnb al^ 3nbe in 
ftubentifd)en ilreifen nnr fd)lüer Slnfnahme ]ani. SÖoIfgang !!ÜJen;,el 
erjählt ^) üon ihm, er fei fabelhaft häftlid) nnb anfbringlid) geioefen nnb 
biel üerfpottet morben; bod) habe man ihn feinest (yeiftreid)thnmö Joegen 
and) gefd)ä6t. 

Sie ioenigen ??rennbe inbeffen, iDeld)e .^eine in ^onn befaft nnb 
nod) einige !^ahre feftjnhalten mi^k, gereid)en ihm ^nx &)xc. iS.i)x\\tian 

') (h-inncnnißcn 3. 148. 




-Set^e, teil er üi me^rern äüucttcn bejaiiii, biieb a\i^ tfkx fein SDientDr 
imb ritrfte sura gelcgeiitliifteii ®äiie(metitet auf, Se&r eng )(f)tüft fidj 
Seine auäf an ben flläubif^eii ftattioUfeii, beii eifrigen, aber mittcl= 
mäfitgen ^icfeter Soft, fflapt. IHottifenu an. ber bem Sftaratter §eine'« 
iiodö 1 834 ') ein fefir günftige« Ö^UflniB ouSfteUte, jotoie an Start @ii!i= 
VDcE. Unuerbroffeu feilte er an Meinen Sicberit iinb arbeitete Wäfirenb 
bcr Sommer'gericu 1820 an einer Jragöbie „Sttmanfor", 
Ueberfe^ungen auä S^nrün'iS äßerten. ** 

Zxo^ feines geringen SSerfebrä fonnte er ber bnrfrfieilj 
öeloegung fic^ nic&t entsiefien, luetcbc bamniö in ber äihifcuftif 
^JSlntfte ftanb. 3" 'Eir si^g 'itjn feine SJeigung ^at Oppufitionl 
3uftäiibe, tuef^e bie ilfreifeeit beö SenfenS unb §anbeln^ ju im 
eignet waren. 9Hit ber leubeng ber SBurfcfienfi^aften, bcin ftif 
flegen bie Eng^ersigfeit ber SRegierungen, mar |)eine cinoerftanl 
§«6 gegen bie beftebenbcn Sierfiältniffe, längft gctuedEt bitrrfj bJ 
einer niebergebattenen Maffe ansuge^ören, fanb einen energifJ 
bvutf in bem bier cntftdnbeiien ®ebid)t „®eutfcfi(aiib" (II, 
Sie ?Ieufeertiditeiten ba' 58uri(^en)d)aften in Steibung uitb 
mad)te er, ber ftet^ inobijd) getieibet einftcrfiing, nid« allein ; 
fonbent fic lieferten feiner jdiarfen i^eobadttungSgabe rcid)Iidj3* 'Stuff 
ju boäljflften ^enierfungen. Sn eine ber Bieten gegen Stubenten er= 
ftobenen Uuterfudiungen, tvielrfje ibni wegen iljrer Hcinliiien ffiörgelcieii 
unDcrgefetid) blieb*), lunrbc er alä S^W tierroidelt. 

i>taij 3(btauf ber Sommer=S^rien 1H2() fnt) -öeine plü^tid^ ein, irnfi 
iBonn bijcf) ntcfit ber .leeignete Crt fei, um fid) bem Slrobftubiuni 
grünblidi ju mibmen. ör Bertiefe bie ^eitere 9J(ufcnftabt unb roenbete 
fid) uac^ furjcm Slufenlfjalt in Süffelburf, ben gaitjeu tneiteu Söcg in 
einer genu&reidien gußmanberung surüdtegenb, ber crnften Georgia 
Augusta in (jiöttingen %», mo cv am 4, Cctober innnatrieulirt rourbe. 
Sc^on «adi brei Sodicn erfdiicn iiim bie hier üurgetragene (.Me^rfam= 
feit unfaglid) langloeilig nnb nnfvuditbar; ber unter ben Stubenteu 
Ijerrfdienbe „fteifc, ^Jütentc unb fdjniJbe" Xon ( 31rief an Steinnmiffi vvm 
^9, Cctober ltl2U) ärgerte ibit unb äto<i"f( i^)" Ä"r 51bgefd)iebenbeit, 
iueld)e aüerbings; „bns Crfjfcn" erleidjterte; fein Saft gegen bie beBor^ 
rerfjteten ätänbe fanb bnrdj bie 3lnöna!)inc=3tet[ung ber abeligen ©tu= 
beuten — „patente ^omabebengfte" nennt er fie mn 9. SioBember — 
neue unb veitbe liRa()rung. tir geiuann einen aÜerbing^ gemäßigten unb 
ibeal ucrantagten ©efiunungügcnDijcu an bem 3Beftfaleu 9?enebict Sßjal= 
bcrf, bem fpätern angefeljencn ^otf^niiiuH, ber bamalä eine iReBoIution für 

') fiunfliliiliieii ä. 242. — ') ^uücv 3. 74 unb jlflhe. 



lein firoficS liebet Ijicit, wofern *uc(f) fie nur eine tüdftifle !Kcf Drin erreirfit 
njcrbc^. 3ntim rourbe fein Umflang iiibeifeii lueber mit SQJatbcd nod) 
mit anbern Stubenteii, bagegen unterhielt et eifrigen ^ricfmet^jet mit 
feinen früftetn t^rennben. 

Sie Sreubc am Stubium ber Sec^tsroijfenfd^afteu Ifatte ant^ tficr 
nur hitjen iBeftanb; er fibrte iiitr bnä nitbeutfc^e Sodegium, furoie 
' il^Dvk'jungeu über bcntf6e 01e[cfiicl)te regelniäftif), bidjtetc unb 
iTicrmiiMif^ unb brad)tr auc^ bcn „aitmaufür" um ein Stürf 
Ibfr feine fonfttgen ßie&f)abereien gibt \iai. m&i ^effcl'S Jlfeft' 
Wbtttiigen entftonbenc (JiJcbidjt; „Stuf bcn IßJälten SdIO' 
|l, 5. 131) genilgenbe ?lufEföning! ► 

inljm fein Stufent^nlt in bet bur^ iljrc „23ürfte unb llni= 
Periiliinti'u Stobt ein jä^eS Snbc. tSr forberte am 2. Secember 
Äiubciiien 3Jameii2 55Jiebe(, ■ bet if)n fcftrocr beleibigt bitte, 
In unb roarb, obgteic^ bau 2)ueE( nicftt ftattfonb, am 23. 
§21 aitf ein ftalbea ^aljr Don bet UniDctfität öctmicien. Seine 
|nnte er inbeffen megen bei fc^on (@. 9} erwähnten I)äfttirf)en 
irfidic feine 9lu«ftoftung auö ber 58utf(^enf(f)aft sur ^olgc 
Irft l^nbe Februar beiüerffteüigen. iSt uerlieft bie Stabt mit 
neu -öafi gegen alleä, luaS mit itjr jufaminen^üig, namentlid) 
aber gegen bie (^ijttinget ^ißrofefforen, bereu augcbliclte Wciftesatmuttj 
unb @elef|rtenbünfe( er nod) ^(iufig geißelte. 



lll. 
Berlin. (1821 — 1823.) 

3n Berlin lernte .^eine bie poUtifcften 3iift^rtbe ipreu^enä, wtldje 
er in 58oun nur irie burt^ ein iJcmsliiS ^attc betrad^teu fönneu, in bet 
nadten Sirflii^teit tcnuen. I'ic pü(iti[i^e ißetfüfgungäjui^t gegen ntle 
freien Scfttebungcn ftanb in Stütfic. 53ie ^$teffe, (elbft bie f(^ijutüinen= 
fc^aftlicEie, feufjte unter bem 5)ruiJ einet ftrengeu Senfut. Iiet ^iid)= 
Raubet iDüt burc^ brüdenbe Seftimmungen eingeengt ; bie i^eitjbibliütffctai 
loarcn gej;n?nngen, ifite iüetjeic^niffe eiujureit^en. SBie eö ben butfd)en= 
fc^aftlid)cn ^öereiuigungen erging, ift fattfam betaiint. 3n beu fficfell= 
fc^aften roaten poUtifi^e ©efprädje burd^ ftiUe SBctabtebung nuSgefrfjtüffen, 
weil (einer bem anberu traute unb man basS biou^fifdöc Dtjt fitrd^tcte. 

aSetc^ ein @eift fii^ iu folcfiet ^fangälage auübilbeu muftte, Iftftt 
fid) beulen: pülitifdie |)eu(^elei' unb niebtige H'tiedierei uodf 'Stufjen, 




') »ritfe unb fflebic^tt 6. 9. - ') »urii^eni^ttfU. Siatt« 1888. 'Hx. 9, 10. 
•) ©ofbele m, ©. 439. 



15 

itadö Snnen o^nmädötigeg 3ä^nefnirfci^en unb giftige SWebifance. 3)ic 
gebilbete Seöülferung fud^te in ßitteratur, 3Äufif, Sweater unb raufd^en^ 
ber (Sejettigfeit Untergattung, unb jerfleifd^te einanber in eng gefd^Iofk* 
neu Süqucn ^). Ueberaß feierte bie 9JiitteImäpig!eit i^re Orgien, lieber 
bie S3ü^ne fd^ritten nid^t me^r bie gelben Sd^ißer'^, ber üor erft fed^g* 
je^n Sauren geftorben njar, fonbern bie lungenftarfen ^tjgmäen Siau- 
padö^^ unb öuntratb^g ; bie Oper mit glänjenber 'Slu^ftattung unb magerm 
3n^alt brängte ba^ Snterejfe am Sd^aufpiel jurüdE. 2)en S5üd^nt^ft 
üerforgten unter Slauren'^ 3lnfül}rung Salente britten 9iangeg, bereu 
^rud^tbarf eit öom ßeje^unger be^ ^ublicumg nod^ njeit übertrüffen ttjurbc. 

3nbeffen gab eg in ber 9iefibenj nod^ ffeine fd^öngeiftige ©emeinbcu, 
ttjeld^e mit bem Sllten üon äBeimar ©ü^enbienft trieben. 2)er bebeutenbfte 
biefer Sheife bilbete fid^ um fRa^el, bie Ieibenf(^af tlid^e ®ema^tin SSarn* 
l^agen'^ i)on Snfe; bort faub ^eine al§, Sanb^mann beS ,^aug^erm — 
SSarn^agen njar ebenfatt^ in S)uffe(borf geboren — , geftügt auf gute 
@mpfel}Iungen, Slufna^me. 

SSarn^agen, bamaU ben SSierjigen na^e, ttjar ein fein gebilbeter 
9Äann, ein eifriger görberer bic^terijd&er unb tünftlerifd^er öeftrebungen 
unb ein gejd^madEootter Sd^riftfteller auf ^iftorifd^^biogrop^ifd^em ®ebiete. 
Qu feinen Sebjeiten trat er ate einer ber 3^^"^^^^ ^^f- ^^^ feinem 
3;obe geftatteten feine bänbereid^en Slufjeid^nungen ®inblide in einen 
S^aratter, ber bem ^errfd^enben 9legime SSerbeugungen mad^te, innerüd^ 
aber X)on ingrimmigem §a§ unb giftiger ©pottluft befeett n^ar. 

Seine ^rau, 3fia^el, öon ®eburt 3übin, n^ar eine anmut^ige, aber 
nic^t fd)öne Srf d^einung ; i^r geiftfprubelnbe^, pifanteg, aber unflareö 
SBefen feffelte felbft ^erüorragenbe äRänner. 311^ SSarn^agen fie i)d^ 
ratl^ete (1813), l^atte fie ein bewegtet, öon faft tott ju nennenber Siebet- 
leibenfd^aft ^äufig jerriffeneg Üeben hinter fid^. ©d^mibt^SSJei^enfelg *) 
fagt in befannter 9Jianier öon i^r: „21I§ SDiufter toollen njir biefen 
3Bed^fel genjaltiger ^erjen^ftürme nid^t auffteHen. 3lber ßJenialitäten 
njie bie 9ta^er^ bifben eben Jlu^na^men, unb man barf fie nid^t mit bem 
SKa^tab ber 2)urd^fd^nittg==^^i(ifter^aftig!eit meffen tüollen.'' 

9fla^et'§ SBeltanfd^auung n^ar bie freiefte. Sie betrad^tete ben 9Ken* 
fc^en lebiglid^ aU ein SRaturprobuct. ,,3n ber fittlid^en 3BeIt liefe fie 
aöein bie 3Biüfür be§ perfönlid^en GJefütilg gelten. . *. . SSaterlanb unb 
Äird^e, @^re unb Sigentbum, alles erla^^rer jerfefeenben Ä'ritif " ^). Sic 
fd^njärmte für bie Smancipation ber grauen im meiteften Sinne. 2)afe 
bei Umgeftaltung ber menfd^Udjen (Sefellfc^aft ber 3^^^1§ ^^^ ®^^ ^^f* 



') Zxt\t\ä)k III, @. 431. - 2) Gartenlaube 1878, @. 48.'- ») %xdi]ä)k IV, 
@. 428. Q 



16 

gepöbelt iucrbcn niüffc, mar für fic fclbftücrftäiiblid); Wir fiuben bicö 
Streben bei füld)em ?[beenflaucj immer mieber. SäJie 3ia(}el, fo bacl}tc im 
%r)eutlicl)en aud} ihre Wefelljdiaft. 5^urfte eö bod) .fteine \vac\cn, J^rie 
berife ^Hubert, ber )d)i)neu Tixan üon ^Hal)e(*^ Skubcr, iinb ^Hal)el jelbft 
am 22. Tecember 1829 fein ()öd)ft unfaifbereö iBud) über ^^lateu ;iu 
fenbeu. IWämier iuie Gl)ami)jü, J^üuque uiib '^illibalb ^Äfe^iö (.t')äriiuVf 
mil beneu .fteine bort befauut mürbe, müfjen mir natürlid) au«^uel)men, 
ti®:enb ber "ilJöilüiüpI) 3d)leiermad}er, ber 4<erfafjer ber berüditigten 
^Briefe über J^riebrid) 2d)lefler«^ uod) berüd)ticitere „üuciube'\ an ??rau 
»tabef«^ füt)uem SyeltJDftem flemif? mit^^iarbeiteii bereit mar. 

(Sin anberer Ärei* fd)önfleifticjer 'ißerjoneu, in meld}em %iiic ^^u 
tritt fanb, üerfammelte fid) in bem öanfe ber J^ran l)ün .öül)enl)anfen. 
!o'm lacj man uor bem „®id}ter be«^ Sjyeltjdjmersee", i&\)xon, mie Staffel 
nnb it)re J^ünfier \)ox bem „Wott" in Üüeimar, anf ben ttnieen. .öier 
traf .{')eine neben bem 'J)id)ter (Mottljilf 'iHnflnft \)o\\ l'ialtiij nnb bem 
Süialer 3yiü)elm .öenfel bem 3knber ber Xid}terin üonife .öenfel - 
einine bebentenbe ÜWänner jübifd)er 3lbftammnng, mie ben 3{ed)t!?flelel)rten 
ifiam nnb ben ^^Jbilojopben iBenbaüib. 

5^ei Sialjel nnb i^arnljacjen füljltc fid) Seine am meiften l)eimi)d);. 
beibe nahmen fid) be<s jnngen SDiannee, ber, mie fie, ijern bereit mar, 
ben pljiliftröfen nnb „flrof^e Weifter" beencjenben 4<erl)ältniffen ben Mr;eii 
Sn erflären, frennblid) an nnbjibten anf bie (SntmirfehnuT feiner Ä^clt 
anfdjannng bebentenben (Sinflnf? am. iHud) madjten fie il)n mit einflnfi^ 
reidjen üUJännern betannt nnb fürberten ibn in feinen bid)terifd)en ^Hr 
beiten. iHefonberis mertl}üüü für »feeine marb bie S^etanntfdjaft mit bem 
•l&eranöfieber ber ancjefeljenen ^^eitfd)rift „Xav Wefe(Ifd}after", J^. Üi^ 
('^nbife, meldjer bem innren 'Didjter in liebenemürbifler Streife cnttiecten^ 
!am nnb gern feine ^^eitfd)rift i\nr lUiecje ber .?)eine'fd)en Webid)tc mad)te. 

lieber bie Siolle, tüeld^e .öeine in ieiu'n Greifen fpielte, flel}en bie 
Vlnfidjten meit ans^einanber. Xie "ilirin^^effin bella ^Hücca, tüeld)c il)ren 
Dnfel in finblidjer i)iaiüetät üereljrt, fd}reibt mit offenbarer „poetifd)er 
J^reibeif' *): „Seine fatirifd)e '^(rt, ^n planbern, feine ironifd)en 'iUMner- 
tnncjen mad}ten ibn ^nm SDiittelpnnfte ber (yefellfd)aft." Strobtmann ift 
bei meitem nid}t fo entf)nfiaftifd). tSin 9Jiitfl(ieb ber !i^arnl)ai^en'fd)cn 
Jafeirnnbe berid)tet in Syeftermann'^:^ 5Dionatd)eften'^): „.{xine mar in 
nnferm «reife einer ber ^üncjfö, jebod) obne jnflenblid)e A>eitertcit nnb 
{^rifd)e. tSin türperlid) früboermeltter **j, c\d\t\c\ blafirter :3üniiün3, c\ait 
Oon il}m, ia]] ©• toeniger bnrd) eigenen ät^ife, alö oielmebr 5lnbern jnr 

') t^vinncrunflcn ®. 08. — '^) S3b. ft, ©. 2()1. 

') WuDilj ( II, '201) bcftälißt, bafe bem abflciua0crlcn (^cficl)t §cinc'ö bie Spuren jviil)= 
3eitiöer ÖJcnliffc nicl)t niangeltcn. Q 



17 

^ielfc^eibe be^ i^ricjen bieuenb, jur ßr^eiteruug beitrage; uament(id) öer=^ 
folgte xi)n ©buarb (Sait§ mit fd^neibeubem ^otfix unb erlaubte fid^ mit 
Öeine'ö Sitelfeit unb Süfterul^eit mandj' fü^neu Sd^erj. Sein Sene^men 
in ©ejellfd^aft tüar meift ftumm, äurttdEgeäogen unb irüuifdl) beobad^tenb, 
um fübann plöpd) burd) bajtüifd^en getrorfene SBi^lüorte unb 95emer== 
tungen bie altgemeine Slufmerffamfeit auf fid^ p lenfen unb momöglid) 
eine genial tige Stufregung in ber @5efeltfcf)aft ju t?erurfad^en. S)ie ^er== 
fud^ung t)ierju übte einen unn?iberfteWid[)en .ßi^et auf i^n au^, unb er 
ertag i^r o^ne Sdjeu unb Siüdfic^t, Seine l^o^e bid^terifd^e Begabung 
tpurbe fd^on bamat§ in unferm ilreife auerfannt, obgteid^ eg nid^t an 
Stimmet; fehlte, tvtldfc über ben 2Bertt} ber ^rüd^fe feinet ÖJeniu^ bei 
einem, gemiffen 2)?angel an fittlidjer öattung unb SBürbe SBebenfen 
äußerten. '* 

§eine tüar inbeffen meit bauen entfernt, nur in fotd^en gefd^madEöoK 
äft^etifc^en ftteifen fid^ ju betüegcn. Sr burd^fd^njärmte ^), feinen $am== 
burger ©en^ol^nlieiten getreu, l^äufig bie SKäd^te auf ben Siebouten be§ 

. Dpernl^aufeö, too bie „^riefterinnen ber orbinairen SSenu^", fo fagt er 
fetbft in ben berliner ©riefen, „(Srtoerb^^Snti'iguen anfnüpften", ober 
in einer ÖJemeinfd^aft totter ©efetten, bie altabenblid) im alten Safino in 
ber 93e^renftra§e ober in ber berül^mten SKeinftube öon Öutter unb SSJe- 
gener pfammenfamen. 5)er Stu^getaffenfte üon atten toar (i^rabbe, bamat^ 
nod^ Stubent, beffen ct)nifc^er ^umor oft^getmg an SSerrüdEttjeit grenjte. 
S3ei ben ^^^f^^^i^^Ji^ö^ift^^ ^i^f^^ jungen Stürmer unb 2)ränger ging e§ 

* fauber ju. „S)a tourben," erjäljtt ßi^fltc^ ni feinem „Scben Orabbe'^'' ^), 
„fteine (!) titterarifd^e iöoö^eiten au^gel^edtt; ^eute toarb für bie ^uben 
gefd^rieben, morgen rourbe ein eiteler jübifd^er Somponift im Sdjerj mit 
einer fd^arfen Sfritit bebrol^t unb gab im ©ruft einige iioui^ ^er, bie 
man in njilber 2uft öerjubette. (Sin 9Jiat, in einer ta^enjämmerlid) 
trüben Stimmung, fiel eö fogar mel^rcrn a)iitgliebern ber ÖJefettfd^aft 
ein, fromm unb fatl)olifd) merben p tootlen, unb in launigem Uebermut^ 
njarb ein Sd^reiben an Stbam 9)iülter abgefaßt, ber inbe^ nid^t barauf 
antnjortete. ßine Ijübfd^e brünette bereitete unb crebenjte ben ^unfd) 
unb n^urbe betol}nt mit (^ebid^ten unb Mffen." 

3n biefer Umgebung ücröoltfommnete »öeine fid) in ber „Äunft", 
bie l^eiligften Ueberäeugungen in faftigen SBi^en ju uer^ö^nen, bie ge= 
fd|led)tlidi)en 33eäie^ungen pr 3i^l)<^cit)e cljnifdjer 5^eobad)tungen unb 
93etrac^tungen ju mad)eu. §ier traf er bie @efellfd}aft, bereu SJiitgfie^^ 
ber fid^ nad& feinem eigenen Stu^brud nur üerftel^en tonnten, toenn fie 
im Äot^ fid) äufammenfanben. 



©trobtmann I, @. 169. - ') ©. 48. 

a)ÖTTee<@efeaf(i^aft. Ul. SSereingfd^Tift für 1891. 



18 

llcbrigcu^ murbc .^einc aucft I)icr uid)t cjc)cl}ünt; namcutlid) traf 
i()n bor auflriffi^luftifle (Krabbe ()ftufiii mit feinen cjvütes^ten !flUt3en. We* 
mift mirb .öeine it)m c^ebient f}aben, üiel(eid)t ntit benjelben ÜBaffen, benn 
Wrabbe bel)auptete M, er jei nid)t ütjne tSinfluft anf .^eine'iä miljifle ÜDia^^ 
uier geblieben. 

ISnblid} fam .ßeine in 3^erlin and) mit tüiffenjdjaftlidjen iiibifdjen 
Mreijen in !öcrnf)rnng. Tie ^nben, namentlid) bie !s8erliner, befanben 
fid) in jener ^^eit in einem ^^nftanbe ber Wäljrnncj. 3)ie i^ebi(beten 
^fraeliten neigten ,vi"i ^nbifferentisninö, ja, mand)e Ijerüorracienbe '^^Jer^ 
)bnlid)teit trat sunt d)riftlid}en Wlauben über, tua» einem (^efjner beö 
(Sbriftentbnmö, luie .feeine eö cjeJüorben war, \d)x mißfiel. 2)ie 3nben 
be«i mittlem Stanbeö bon ben ^Hntiel}örigen be« untern fjan,^ ab^ 
gefeben hielten fid) auf einer ^JjUlbnniv^ftufe, tDeld)e fie l?üm cjefcllicjcu 
!i5erfel}r in bbbern .Slreifen auöid)liefKn ntufUe. ÜWiänner tuie (^anö, 
'jHenbaDib, ,^^un,^ u. "il. )nd)ten nun eine Sieform bee ^ubentbum^^ anp - 
babnen, ee ben XHnfürberungen ber ^]cii entfpredjenb nm^ucjeftalten unb 
^\i erbeben, jotuie bie jiibifdje ^Heliflion bernunftmäfticj au^^^ubauen. Sie 
^ücjen and) ^dm in bie iHetuefluncj, unb er iüül)nte ben Sifeuntjen einee 
,Vi biejem ;^lüect von iSian^ unb '^un,^ nebilbejen Ji^erein« b^nfifl bei, 
o()ue fid) tiefer in bie 2ad)e einsnlafien. 3^ie relitiiöfe Seite ber ij^e- 
iDecjuuii intereijirte ibn nid)t allein nid)t, er i)erabjd)ente fie jüCjar. ( 33rief 
an äüüfer vom 23. iHufluft 1H23.) (Sr tuollte lebifllid) belfen, bie jüeiale 
Stellnncj ber ?;uben ^u t>erbe)jern, ba ber (5rfülc| biefer i^Mefirebnuflen 
and) il)m ,^u (^Jute tommen muffte. Unb er batte ibn nött)ifl, ba il)m 
al« Csuben bie iBetleibnuiT bieler Stellen üerfacjt mar. Sie 1828 er== 
fohlte iHufbebung beö (Sbictö üom U. üUiär^ 1812, iüeld)eö ben !^uben 
eine fleiuifje (yteid)bered)ticjunci üerjprad), ,^erfti3rte feine ^^ulunft!?)}läne 
\u\t> erfüllte il)n luie anbere feiner Wlaubeuü^flenoffen mit ,tci]] flehen ii^n 
Ztaat, in tüeld)em er lebte. „5üleö, tuaö bentfd) ift," fd)reibt er an 
Setl)e, „ift mir f^nluiber. "iHlles 2)eutfd)e mirtt auf mid) luie ein 3Ued) 
pulüer. Die beutfdje 3)}rad)e s^rreifU mir bie Obren." 

Tsn flleid)em üUiafte tund)^ fein .^af? flecjen bie d)riftlid)e 3{eli(iion, 
bereu 3U*tenner in fücialer i.He,^iel)unfl beüürred)tet maren. CSinen fd)(a 
fleuben ^J^etueie, tuie fel)r in biefer .ftinfidit ber i^ertebr mit ben ^lieform 
ouben unb bie iHufl)ebunii beö iUkt^ auf il)n tuirfte, t)aben tuir in 
feinem iikiefe au äiSübltuill vom 1. ^Hpril 1823. (4r anfrort fid) bort 
über bie jübifd)e ilUnueiinnfl in büffunuflölüfer SiJeife unb fünt bie 
roben Sä^c l)iusu: „1)er eublirf)e Stur,^ be^ (Sbriftentl)uni^ tuirb mir 
tiifllid) eiulend)tenber. (So flibt fd)nun.ui]e Sbcenfamilien, tuekbe in ben 



19 

tRi^en biejer alten SBelt, ber üerlaffenen Settfteße be§ göttlid^en ©elftem, 
fid) eingentftet, mie fid) SBanäenfamtlien einniften in ber Settfteße eine§ 
^jolnifd^en Suben. 3^^^^^^^^ ^^^ ^^^^ ik^tx Sbeentpanjen, fo täfet fie 
einen ÖJeftan! jurüd, ber ja^rtaufenbetang ried^bar ift. ©ine fotcfte ift 
ba^ S^riftentl^unt, ba§ fc^on üor ac^tjeljnl^unbert Salären vertreten n)or= 
ben, nnb ba^ un§ armen Snben feit ber Qdt nod^ immer bie £nft öer^ 
tieftet. " 

2)ie 9teform=3uben, namenttid^ Ö5an^, ein 9ln{)änger ber ^egeffd^en 
^^itofop^ie, lüiefen ,g)eine auf ^egel, bie berliner 5ßtjt^ia, beren Solte^ 
gien er benn aud^ neben einigen anbern über Sprad^triffenfdjaft, 9?atur= 
red)t unb Staat^miffeufd^aft eifrig befud^te. ^eine rü^mt fidti, bem 
bamal^ ^od^ angefefienen ^^itofo^}^en na^e getreten ju fein. @r ^ie(t 
i^n in jener ^Qit für ben größten feiner 3^^^ft ^nib fd^mor auf fein 
233ürt mie fo üiele Slnbere. 9tug mel^rfad^en 3ln?ieid)en bürfen mir in= 
beffen fc^Ue^en, ia^ ^dm öon bem ,g)egerfd)en 3t)ftem nur tüenig üer^ 
ftanben I}at. Saffalte, ber ,g)egelianer ftrengfter Dbferöanj tüar, äußerte, 
§eine l^abe i^m befannt, ha^ er üon ber ^egeffc^en ^^ifofop^ie trenig 
begreife, bennod^ fei er überzeugt gemefen, ia^ biefe &^re ben tpa^reu 
geiftigen Sutmination^^junft ber Qtit bilbe. SBorin biefer nac^ §eine'^ 
SJJeinung beftanb, ge^t un§ 'au§ feinen „ÖJeftänbniffen" (VI. @. 48) 
l^eröor, tvo er fagt: „^ij tvax jung unb ftolj, unb eg t^at meinem 
^0(^niutt) tvd% aU iä) öon §eget erfuhr, bafe nidjt, tüic meine ®rofe== 
mutter meinte, ber liebe @ott, ber im ,^imme( refibirt, fonbern ic^ felbft 
l^ier auf Srben ber liebe @ott fei. , . . 2Sar id) bod^ felber je^t ba^ 
(ebenbe Ö5efe^ ber SKoral unb ber öuelt alle^ 9iec^te§ unb aller 93e== 
fugni^." 

SSon ^reunben .^eiue'ö ift f)ier nodj ber fd^öne junge potnifd^e (Sraf 
öugen ü. Sreja ju ertüä^nen, bem ,§eine fe^r äugetljan war ; er erHärte i^n 
für ben einjigen 9Kenfd^en, mit metd^em fic^ umgeben laffe. 2)ie 2ommer= 
Serien be» Sa^re^ 1822 ixad)k er auf Sreja'ö ©inlabung auf beffen 
(Gütern in ^ßolen ju. 2)ie grud^t biefe^ Slufent^ate tvax bie Sd^rift 
über 5ßoleu, tvtldjt im Sanuar 1823 im „(^efeüfdjafter" jum StbbrudE 
gelaugte. 

Se länger er inbeffeu in Berlin üermeilte, befto me^r verringerte 
fid) fein Äreiö üon vertrauten greunben. Sein nervöfeö Seiben, na= 
mentüd^ fein beftänbiger Äü<}ffd)merj, niurbe immer quäteuber. Stur^^ 
bäber brad}teu i^m nur lüenig ßinberung. fiaugfam enttuidelte fic^ ber 
28a()n, überall verfolgt ju werben, ein S3a^n, ber fid) fteigerte, al^ er 
anfing, burd) Offenbarung feiner ^jolitifd^en 9lufid)ten 5lufmerffam!eit 
SU erregen. 9lm 14. "ilpxii 1822 fd^reibt er an Setl)e: „3c^ fann faft 
feine dtadji mel)r ft^lafen. 3m Sraume fel)e idj meine fcgenaunten 



20 

J^rcunbc, tuie fie fid) Wefcl)ic^tcf|eu unb !tRotisd}en in bie Dt^reu äifc^elur 
bic mir wie SBleitropfen in^sf (^e^irn rinnen. Xcü lagc^ verfolgt mid^ 
ein emifle«^ Süfifttrmien, überaß t)öre xdj meinen Siamen nnb (jintenbrein 
ein t)öl)nifd)eö (^elärfjter." "Diefelben Älaflen äußert er flegen l^mmer- 
mann am 24. 1)ecember 1822. iHm 21. 3annar beö folgenben ^a^rei^ 
meint er füflar, ee fjabe fid) eine Societöt gebilbet, bie fi)ftemati]d) burd^ 
)d)nöbe Werüd)te nnb üffentlidje .Slütf)ben?erfnnfl if)n in .^arnifd) ^n brin* 
flen fnd}e. 2)iefelbe J^nrdjt, üerbnnben mit tüilbem Zxo% fprid)t cim 
ben Sonetten m 2etl)e. 

Wan^ üftne .^intercjrnnb war biefer SSerfoIgnnflöJuafjn nid)t. Sein 
bei^enber Üöi^ üerronnbete l)änfig jelbft ^ßerfonen, bie il)m günftig ge== 
finnt tuaren. ?ln feinen üiebes^gram glanbten nnr bie Söcnigen, bie i^n 
näl}er tannten, nnb feine üüftern^eit mnrbe ^mn Wegenftanb be<5 (%= 
fpötteö. Siic^t minber feine ISiteffeit, tueldje nad) glanbmürbigen ©e== 
ridjten einen fo Ijoljen Wrab erreichte, baft er ftnnbentang „Unter ben 
^liinben" anf nnb ab ging, in ber 9Jteinnng, alle üeute ftiifterten fid) j^n: 
„Daö ift ber 5^id)ter .Ofi»e" ^)- 

^er tSifer, mit n?eld)cm er für feinen J^reunb ^mmermann bie 
ilieclametrommel fdjlng, iparb il)m üon eiferfüd)tigen ^Berliner Sd)rift^ 
ftellern feljr Derbad}t nnb üeran(aj5te folgenbesj 3nferat im „J^reimütljigcn" 
(uom 18. 3annar 1828): „Der rljeinifd^e Äünftler, .^err .öeinrid) 
»Öeine, ber axi& al^n grüf^er i8efd)eibenl}eit mit feinein latente nid)t 
l}crüüri;ntreten magt, mirb Don feinen 93erel)rern bringenbft erfndjt, fie 
bnrd) mimifd}-plaftifdie I^arftetlungcn ani^ ^mmermann'sJ »(Sbiuin« ;sn 
erfreuen." 2)aö 3nferat ijat, \va^ nüc^ öon feinem .^eine^^orfdjer I)erüür= 
gehoben ift, einen fefjr ftarten !tBeigefd)marf. ^nntcr 3)nnft in genannt 
tem Xvama ift genau bie ^^erfüu, al^ n?eld)e ©eine in getüiffen Äreifen 
^erlin'iS üerfd)rieeu mar. (£r ift ftarf finnlid), praljlt gern nnb Ijendjelt 
beftänbige Welandjülie. „(Suere üungen/' fagt (Sumer ju it)m, ,,tüaren 
fd)luad) geiüorben üom Seufjen, unb (Suere ^^lugen entjünbet üon Ibrä= 
neu; id) aber ()abe oft bie ^^toiebet gefel}en, bie i()r üerftotjlen in'ö 
Sdjnu^jftud) mideltet.'' 

Seine 5d}riftftellerei üermel}rte bie Wegnerfd}aft. ißom 26. Januar 
biiS jnm 19. :?;nU 1822 erfd)ienen üon i^m in bem Slunft^ nnb iBiffen^^ 
fd)aft!5^iHlatt beö 3{f)einifd)-äyeftfälifd)en Vln^eigerö „^Briefe anö^J3erün". 
\Hn ben iBrief erinnernb, meldjen C^üft u. tSidjentüeljeu in iörentano'ö 
(^übtoi au!5 ber 9iefibens fd)reibt, fndjen fie in bunteftem Durd)einanber 
unb Ieid)tem ^^{laubertou ein iBilb ^Berliner üeben«^ ju geben, tueldKö 
\voi)l üüu ber fdjarfen iBeobac^tungegabe .^eine'«^, nic^t aber üon feinem 



') kaxptki 6. 11. 



21 

latent, mit bleubeuben Sid^teffecten ju arbeiten, B^i^fl^^iß fli^t. Seine glän= 
jenbe Sarftellnng^gabe, bie Slnnft, mit padEenben ÖJegenfä^en jn jpielen, 
liegt ftier nod^ in ben SBinbeln. ^nbeffen lenften bie Sriefe rajd) 
bie Stnfmerffamfeit anf ben SSerfaffer, ber mit fetfer .^anb ^^erfönlidbe 
§iebe an^t^eilte, nngenirt fid^ über Sörfianer, ^Iriftotraten, „tentfc^e 
äüngünge" Inftig machte nnb felbft bem 93er (iner üocalpatriotiiSmn!^ 
einige unangenehme SBaf^r^eiten jagte. @in 93aron ü. Sd^itting fül^Ite 
fid^ burd) eine ®teße beleibigt nnb Ue^ ^eine eine 5*^i^i>^^iiii9 P9^^^n. 
S)iefer gab, um bag 2)uell ju üermeiben, am 3. Wlai 1822 im ,r®efeU= 
f(^after" (VII, S. 524) eine ©rttärung, ha'^ ein äRi^üerftänbni^ vorliege, 
melc^eö burdö ungejd^idEte Streid^ungen in feinem SWianufcript i)txt)ox^ 
gerufen fei. 3n ber 93efürd^tung aber, biefe ©rtlärung merbe auf feinen 
9Jiut^ einen Sd^atten n^erfen, oeranla^te er balb barauf Ö5ubi^ ^) , ein 
öon Seljmann unter bem ^alfd^namen |). 9lnfelmi üerfajste^ (^ebid^t, 
n^eld^eö bem SSerfaffer ber „Sriefe au§ Serün" ()0^e^ üob f penbete, am 
29. beffelben äßonat^ in ben „öefeüfi^after" auf annehmen. 

5Iud^ fein Meinet Sd^riftd^en über ^oten jog i^m Slnfeinbungen 
ju, obgleid^ er ßid^t nnb ©d^atten im ^)oInifd^en Slationald^arafter gleid^== 
mä^ig fierüorju^eben fud^t. SSon ben ^)oInifd^en Snben fprid^t er in ben 
ftärf ften 9luöbrüdEen ; fie erfüllen i^n mit ®!el nnb SJiitleib, boc^ gefte^t 
er i^nen üor mandöem reinlidjern nnb gebilbetern beutfd^en 3nben gro^e 
SSorjüge ju (VII, ®. 195). 2)a^ flott gefd^riebene, mit mand^em guten 
@Jeban!en burd^fe^te Sd^riftd^en gibt un§ einige Sluftlärung über ^eine'^ 
^)oIitifc^e ©efinnungen in ber bamaUgen 3^^^. 9Son neuem bocumentirt 
eö feinen $a^ gegen ben ?lbel. Die äBaf^ington'fdje ^reibeit ift i^m 
bie göttlid^e; er fd^mört aber audi auf ben ÖJIauben^artifel, ba§ man 
fid^ nur üor bem Ä'önige beugen fülle (VII, @. 191). 2)ie Sbee ber 
^Rationalität tiern^irft er nnb meint, jebe§ SSolf muffe ben Iobegfam^)f 
ber ^)olnifd^en ^Rationalität burd^mad^en, „bamit auö bem Sobe ia^ 
fieben, au§ ber Ijeibnifd^en ^Rationalität bie d^riftlid^e Fraternität Ijerüor- 
ge^e" (VII, ®. 199). @o bejeid^net ba^ „Äinb ber franjöfifd^en 5ß^ilo= 
fo^}^ie" näntlid^ bie üon ßeffing, ^erber, ©dritter „an^gefprod^ene all^ 
gemeine aJienfd^enüerbrüberuugf ba§ Urd^riftent^nm!'' 

|)eine bid[)tete in 93erlin eifrig nnb üeröffentlidjte Don 9)iai 1821 
ah üicle feiner @5ebid^te im „ÖJcfellfd^after". ^ür eine öud^au^gabe ber^ 
felben fanb er feinen SSerleger, bi^ fid^ auf ©ubife' @m<}fc^lung bie 
SKeurer'fd^e Snd^^anblung jur Ueberna^me entfd^loB- Da^ 93änbd^en, 
Iraumbilbcr, lieber, 9ftomanjen nnb Sonette entfjaltenb, erfd^ien mit 



^) 2)cffcn (Erinnerungen II, 274. 



22 

bcr 3af)reösal)l 1822 (Sube 1821. "ili^ .^ouorar erf)ielt ber »crfafjer 
üierjig ^rci^lSjcmplarc. 

Xk Webid)tc tuurbcu mit iBcifall aufcieuonimcii uub auerfenueub 
be]>rücl)cu. Jßaniljacicu lobte im „(^ejellfctjaftcr'' iljre Scibftänbigfeit uub 
ilir tiefest Wefül)l; ^muicrmauu Ijob im 9it)ciui)d}=aycftfälifd)cu Slujeiger 
ilirc Üebcu0fri)d)c Ijerücv, tucW)er mau aumcrfe, baft ber Didjter aii^i^ 
felbft erlebt l)abe. ^Teu uubebiucjteu üobrebueru trat iu bemfelbeu Sourual 
iubefjeu eiu ttritifer )d)arf eutgefleu, ber .^eiue'is^ firof^eö laleut uubebiucjt 
auerfeuut, aber jeiue c^an^^c SKeltaufdiauuug üertuirft. 

Um beu (Srfülcj ber erfteu Sammluug .öeiue'fd)er (^ebidjte begreif eu 
^u fbuueu, müfjeu tuir um oerflegeutüärtigen, baft fie eiueu ueueu lou 
aujdilugeu, jüiuot)! gegeuüber ber Dertuäfferteu üt}rif tüie beu befteu Ser== 
treteru ber 9{ümautit. Säuger tüie Urlaub, (£id)eubürff, ißJilljehu 9JiüIIer 
trugeu ^wax iu bie ^oefie il)re eigeue Subjectiüität, aber fie üerftedteu 
fid) geru uuter bem 9Jiautel bee ,6irteu, ber 93(üufe beö 2yauberburfd)eu 
uub bem 3d)uürro(f be^s 9{eiterömauueö. Xcx C^eljalt ifjrer üieber iuar 
eiu cjefuubeö (Sm^^fiubeu m\i fittUd)er ©ruft; bie 3(eufKruugeu iljrer Öe- 
füf)Ie iuareu tüeit eutferut t;üu tinlber üeibeufd)aftlid)teit. xsi)x üiebeöteib 
offeubarteu fie woijl iu füf^eu üieberd)eu, aber feiu traute« .^er;; (jattc 
eigeutlid) uüd) ileiuer von il)ueu befuugeu, uub füljlteu fie fid) ab=^ 
geftüf^eu vom rau()eu .öaud) ber SKelt, fo flüdjteteu fie au beu „Sufeu 
ber SJiatur". ^reutauo trat fd)üu teder auf. ^u .^eiue'ö Üieberu aber 
sog ber 3)id)ter mit tilfjuer Igciwt) beu Jßor^aug, mit toeId)em ^eue bie 
mädjtigeu iBeioeguugeu be^ .^er^^euiS t;erbedteu, (jinioeg uub ftetite feiuc 
leibeufd}aftUd) erregte, jerriffeue, üou B^^^^f^f ^^^ ^^^^t uub Uüelt a\\^ 
gefreffcue Seele auf ba^ "jßobiuui ber Deffeutlid^feit. SJiit eiueui auf bie 
Spitje getriebeueu (Sgoiöuuiö befpiegelte er fid) felbft uub forberte üoui 
publicum leb()afte I()cilual)me für icn Sluöbrud feiueiS Sd)merje2^. 
Ueberalt iu beu „Xraumbilberu" bie Spureu ber iHomautit ^eigeub, 
betoieiS er ,',ugleid), baf^ er ueueu io^uf)att iu bie alteu J^ormeu ^u gie^eu 
gebeute. t£r beuujjte bie trauml)afte Sceuerie, um feiuem burd)au^ 
moberueu J^^fj^cu eiueu toirtuug<^t;olteu .^^iutergruub ju gebeu ; er arbei== 
tete mit bem Wefveufter- uub a)ioubfd)eiu^'?lpparat ber romautifd)eu 
S)id)ter, aber er ()afUe alle 3Serfd)toomuieut)eit uub gab beu Stebelgeftalteu 
?lruim's^, J^ouquc'ij, .'poffmauu'iS fd)arfc Umriffe uub plaftifd)e ^ormeu; 
Qbcn fo feru lag it)m bie religibfe Sc^tüärmerei, toeld^er auc^ bie uid)t 
tird)lid) gefiuuteu rouiautifd)eu 1iid)ter ()ulbigteu. 

Seiu Sd)mers uui bie Weliebte toar i()m ber I)ö(^fte uub eiu,^igc 
Wegeuftaub ber 33etrad)tuug. ^()r 33ilb ftef)t ftetis^ üor feineu ?lugeu, fie 
erfd)eint if)m im Iraume, er toill fie uuifaffeu, aber fie eutfd)iüebt i()m. 
äJiit toollüftigem 3^el)ageu üerfeutt er fid) iu bie Sc^redbilber besJ Zoic^ 



23 

unb ber ©eiftemelt. (Sr fie^t im Sraume bie \ä)önt SJfaib, bie i^m 
fein 2^obtenf(eib tüä]i}i, \i)m einen (Sid)enftamm gum ©arge hcijaxxi nnb 
iijxn ein &xah ftfianfelt (2raumbi(ber II). ®r fie^t bie ©eliebte al§ 
93rant eine§ 5{nbern am 5lltare nnb ^ört, ti^ie tanfenb Jenfei jnm „3a" 
be^ ^aare§ „9lmen" rnfen (IV). Dber er mnfe S^^W i^^^^ ^^^ f^i^^^ 
©eliebte beim |)üd}äeitgfc6maufe fein eigene^ 83Int trinft, nnb n^ic ber 
83räntigam i^m in baö .§crj fd^neibet (V). (Sr tranmt, ba^ er feinem 
i?ieb für eine einjige ?ftaä)i feiner Seele Setigteit gegeben (VI); mie 
blaffe üarüen i^n umgrinfen, Infterne Pfaffen mit3Jonnen tanjen, wäij^ 
reub ber 2^enfet i^n mit feinem Siebd&en tränt (VII). @5(ntr)t>ült brid^t 
feine Sinntid&feit ^erüor, n^eli^ fid& atlerbingg nvij mit bem äKänteld^en 
ber Siebe nmtfeibet. gfammen, @5Int()en, „n^ifbe^ Siebe^gtü^'n" trogen 
in feinem ^cx^tn] fein „toüe§ 93(nt !od)t nnb fd^mimt nnb gä^rt''; 
„fd)anernbe Snft" bnrd}bringt i^n, nnb fein .^erj „fc^trimmt in einem 
^reubenfee''. Sein |)a^ gegen bas ß^riftentl^nm jndt f)in nnb mieber 
\vk ein S3(i|ftrat}t an^ ben äöolten feiner ßeibenfd^aft l^ertior. Sein 
9?abicati§mn^ fief)t mit (Sntäüden, baJ3 man je^t ia^ gegfener ftatt mit 
§otä, mit 5ürften=^ nnb 93ettler=@5ebein in ©tnti) üerfe^t (VII). 

I^en n^nften Snf)alt feiner Sranmbilber üerftärft er bnrd) grelle 
^arbengebung. 6r liebt bie ©rabe^nad^t, wo gräntid)^fc^n^arje Xtobolb^ 
Raufen (VI) nnb bfntfinftere @ef eilen (VII) getlenbe^ §o^ngelä(^ter an§=- 
fto^en, nnb ber falte Xob feine Ä^iiffe an^tbeÜt (V); er Ueb t ben Sfirc^^ 
I}of ( VIII) , n)o fdjanernbe Siifte i^n nmme^en, * blaffe Sargen, fd^tuarjc 
Sd)Iinge( in generüDrei, ^^P^^ll^^i^ == S^^t^en im ©atgenornat nnb 
93efenftielmütterd^en mit tollem Ütippengeflapper i^n nmrafen. 

Slber biefe Sd}redbilber finb il)m mir pl^antaftifd^e 9trabe^fen nm 
ia^ 93ilb ber beliebten; Sranmbilber, lieber nnb Sftomanjen bienen i^m 
nnr al^ Süfittel, einerfeit^ ba^ 58ilb ber ,f)olben ju tierflären, anberfeitö 
feiner Slage nnb feinem I)offnnng§Iofen Sdjmerj über il)re Untrene 2(nö= 
brnd jn geben. Sie ift il}m verloren für etüig; fie folgte einem frem= 
ben 9Jianne al^ Girant, fie, bie il)m üiebe ^enc^elte nnb, wk be^ Strome^ 
S3ilb (lieber 9h'. 1), nnter gleißenber Cberftäd)e 2ob nnb dladit tier^ 
barg, äöa^nfinn n^ü^tt in feinen Sinnen, nnb fein §erj ift franf unb 
n^unb. ®r fül)lt, tpie in feinem 3nnern ber 3iwtwt^i^ntann ben Xobten= 
fc^rein für i^n Ijerridjtet, unb er bittet i^n, fid^ jn beeilen, ia er nur 
im örabe 9iu^e finbe (ßieber dir. 4). ®r h}ünfd}t, feine fd)öne treu- 
lofe |)erjengfönigin nie gefe^en jn ^aben (Sieber 9Jr. 5); aber er grollt 
it)r nid)t, unb menn fein ^erj au^ bred^en follte (je^t 2t)x. 3nt. 9?r. 18), 
benn er \vd% ba§ glei^eö (£lenb fie mit i^m l?erbinbet (je^t 2t)x. 3nt. 
9ir. 19). för möd)te nur ein ftilleg Seben führen, ba, tDO i^r Cbem 
tüe^t (ßieber 9Jr. 5j, unb fein Süd^lein füll ein Xobtenfd^rein für feine 



24 

üicbtT lücrbcn, in tücld)cu er and) iciue Uiebe kc\t f Sieber i)ir. 0). (Sr 
uhU iüri)t, bafi bie (beliebte ihn betlacjt; fein 2cl)mer,^enöleben erjc()eint 
ihm beueiben^tuertl), ba er fie im «ö^v^en trafen bnrfte (iBb. II, 2. T)). 

I'abei verliert er aber nie bae 5elbftbetüuftt)ein, nnb er flefäüt fid) 
in eiteler Selbftbefpiei^elnng. tSr ift ber b(eid}e Mnabe, beni 3d)mer,^en 
nnb Reiben anf ^ Wefidit c^efdirieben ftet)en, ber Tillen mel) tt)nt, bie il)n 
feben ( ^Honian,^e 3tr. 1 ) ; er ift ''^Jeter, ber ftiü nnb ftnmm nnb b(af^ 
tuie treibe nm()erfd)leid)t (9fr. 4); er ift ber bleibe ,f)einrid), bei beffen 
5(nblict ee fd)ön .{'^ebiuifl mie mit üiebe^tueb enireift (Str. 12); er ift 
jebt ein bleid)er iWann, ber einft ein lad)enb munterer Slnabe mar, nnb 
feine lieber finb rotbe nnb bleidje i^Blnmen, \vM)q anc> blutenben Ajer- 
^^^eneiimnben (3^b. II, 2. 4) beriumieblübt finb. 

T^ie lenben^ ber Iranmbilber nnb Uieber finben tpir andj in jenen 
^Hüman,^en mieber, in tueldien er nid)t felbft ber .S^elb ift. I)er Stitter 
fenbet feinen .Stned)t am, bamit er erfnnbe, tpeldie i;on .S^bnifl 3)unean'^ 
Jöditern fid) inn-nuible; luenn e^ bie ^JMonbe fei, fo fülle er il)m einen 
2trict mitbrinflen (9ir. 7); ,^^err lllrid) leibet unter ber Untreue eines 
fd)önen 3Jfäc|belein« (ü)tr. lo), nnb ein anberer Siitter reitet in trauriiv-^ 
ftillem Irab bem (Wrabe entcjeflen, wo allein er ^Kut}e finben iüirb 
(Sir. 2); ^iuei ^j^rnber tbbten fidi einer 2)ame menen (9tr. 3), nnb 3)on 
fliamirü ftirbt am Wram, aunl feine Weliebte CSlara einem iHubern jum 
^^lltare folflt (Wr. 9). 

ISis ift eine rt?atjre tSrquicfuncj, baf] ber Dichter in ,^al)lreid)en So= 
netten mit mauuljafteu SBorteu bie Silage bes^ getäufdjteu yieb()aberö 
unterbrid)t. Mcrbiutvs artet bie ajliannbaftiflfeit uid}t feiten in Stenom^ 
mifterei am] mer ^u fo furd)tbaren Si'eulen greift, um 'ißtjgmäen tübtäu- 
fd)lagen, tüill am tenbe nur ;,eigen, \va^ für ein SlVrl er ift. ,5lber bie 
meiften Sonette, nameutlid) bie an feine SRutter cjeridjteten, fpred)en uns 
an; Don ben neun ®etl)e cjetoibmeten finb einicje fogar bebeuteub ,^u 
nennen. 3n ibnen allen lebt ber (^cift ber „iHcifebilber" ; aber l}ier 
fämpft ber T^idjter gegen icn ^^toang besf (Souüeutiouelleu mit ben SBaffen 
einee »öcrtules ; in imn „3teifebilberu" greift er ju ben oergifteten "»^feilen 
be<5 2potteö; in beu Webid)teu ftebt .§eiue nod) mitteu in ber (Smpfinbnng, 
bie il)u oft geung bemeiftert; in beu „Üleifebilberu" ftel^t er über ibr, 
um mit il)r ^u fpieten. 

Da<5 ift überbauet ber (4iubruc!, toetdjeu bie erfte Sammlung Ijer^ 
üorruft: ber 2)id)ter ift uod) uidjt jum üolteu Setüu^tfein feiuer .Slraft 
gelangt. (£r oerrätl) ein ftarte^ Xafent, aber er fami beu Strom ber 
Wefül)le uod) uid)t füuftlerifd) eiubämmeu uub fid) uod) uic^t lo^ mad)eu 
üou bem ©iufluR feiuer $>ugenbfectüre. ^n beu „Sraumbilbcru" jeigen 
fid) uebeu auberu beutlid) bie JRemtui^ceuseu ber Siectüre önrger*fd)er 



25 

Ö)cbirf)te. „(S^ ift uid)t nur baffetbe SSer^ma^," fagt ein genauer Kenner 
§eiue'j(^er 5ßoefie, Äarl |)e)feP), „fonbern aud^ in^altUd^ ganj biefelbe 
tolle 3agb, ba§ ÖJefpenftertreiben, ha§f fpuf^afte, big in'g Sinjelne gc^ 
f(f|ilberte ©efinbet, berfelbe 93än!etfängerton, ber in eitenben Slnopäften 
bag Öiraufige fo übergraujig barsuftetlen fud^t, ba§ e^ gerabeju in'^ '■ 
Öiegent^eit umfd^tägt unb aU Sarricatur fornifd^ n^irft, andj biefelbe ' 
brennenbe, t^ötlig finnlid^e Siebeöglut^." 

Slber ungfeid^ großer i[t ber ®inftu§ ber „^iiicixt beg Seufel!^" üon ! 
(£. Zij. Sl. ^üffmann gemefen, metd^elSlö erfd^ienen unb gro^eö 3luffe^en 
erregten. S)er 5Raum unb anbere SRüdEfid^ten Verbieten ung, auf me^r ate 
eine Stelle aufmertfam ju mad^en. 3)en Stoff fonjie ©injel^eiten ju feinem 
fed^^ten unb fiebenten Xraumbilb, Don benen ©tfter meint, ba§ fie auf 
Sofep^a bejügüd^ feien, ^at §eine au^ ben ,,@(iEiren'' entnommen. |)eine 
befd^reibt, n^ie unter bem 3^M<^^ntenftrömen be§ feltfamften (äef))enfter= 
gefinbelg ber S^eufef i^n mit ber ©etiebten traut (VII) unb mie bie ©eliebte, 
alg fie i^m im Slrm ruf}t, i^m Don ben Xeufeln entriffen n^irb (VI). 
9Jtebarbu§ träumt, mie er inmitten tbcn fold^er ©efetlfd^aft bie ©eUebte 
umfdf)Ungt; ba trennt fie ber Senf eP). SJiebarbu^ fie^t Äöpfe mitten- 
fd^redEenbeinen, §eine „Sutengefid^ter mit ^eufd^redEengebein" ; ber Seufel 
fommt p §eine in 3)rad^engejpann, ju SKebarbu^ auf einem geflügelten 
SSurm; bei §eine erfd^adt ju bem .^ejenf abbat^ ber „^Serbammni^n^alser"; 
bei SKebarbug fpielt ein ßoncertmeifter einen SBaljer ju bem @5efpenfter= 
tanj; andj bie 93eäeic^nuug ber 9Jiufiter aU „njinbbürr" bei .^eine ift 
t>on .^offmann ^ntte^nt. 

Stuf bie leib&olte Stimmung ber ganjen Sammlung, auf bie ßiebäugelei , 
mit (Stttfagung, Job unb @rab aber ^atte U^lanb'g gemüt^tiolle S^rif 
©influfe ^), treidle ben Gebauten en?igen SSergeffen^ ebenfalls gern be^anbelt. 
5)ie ben SCraumbilbern folgenben Sieber Ratten i^re einfädle unb n^o^l* 
lautenbe gorm n?o^l je^t nod^ nid^t erhalten, n^enn nid^t Urlaub ein 
Siebling^bid^ter be§ jungen §eine geh^ejen n^äre. 

So finben mx in ben ÖJebid^ten ju^ei Strömungen : bie n}ilb=finnlid^e 
unb pl}antafti}d^e n?irb üon einer fanftern abgelöst, ©ort grelle ©egen- 
fä^e, abgefdjmadEte Uebertreibungen, mit bidE aufgetragenen gerben, ^ier 
toeii^eg Solorit unb einfi^meii^elnbe äJielobie. SBäl^renb üon ben Jraum^ 
bilbern unb Siomansen un^ nur n^enige, n?ie „ber arme 5ßeter", „bie 
©renabiere", „Selfasar", ju feffeln vermögen, bringen mehrere Sieber 
eine anmut^ige Stimmung in formüollenbeter SBeife jum Slu^brudE unb 
laffen ben fünftigen SReifter a^nen. Slber aud^ bort, loo ber SDidfiter 

') Seitjd^rift für Den beutjd^cn Untcrrid^t III, ©. 52. SBgl. anä) bcffelbcn ?lufja%^in 
ber mn. 3tö. 1887, 9lr. 146 1. 

2) e. 229. - ») SBgl. ba§ aitat @. 10. 



./i 



2() 

\im abftöfU burd) uuc|ejunl)e^ (Smpfiubcn uiib flcjff)mactIote J^orm, .^eii^eu 
Ijödift fllüctlidic SBcubuuficn, treffciibe ÜMlbcr uiib pacteubc i^k^^eirinnutcjen 
bcu orifliuellen Slo\)]. 

Xabn ftcbt ihm ein c\xv]]qv 5Bortjd)afc ;>ur iicrfücjuuii, beu er burd) 
eigene - allerbiiuv^ iiid)t inimer c|lüdlid)e — tSrfiubuncj ;\u üermcljrcn 
fud)t. W\t rid)tiflein Sact t)äU er fid) üüu fd)tüierifleu frembeu "ikx^^ 
luaftcn fern, nub üertueiibet Cst^mbu^, Irüdiiiuö uiib 5(uapäft, ()äiifi3 
3anibuc- mit 5(napäfteu t;ermi)d)t. Der 'ii^an ber oitimbeu-^ uub Irod)äeu^ 
©trü^be betiinbet bereit» c\xd^c (^etininbtbeit, l)ci\i]\c\ tiüüeubete ^sßirtuofität. 
©aijegeii ftebt bie iUn-menbunfl fal)d)er Steime üiillig im !öerf)ä(tui^ ^\i 
beu ,vil)llujeu f^lfdien 'Heimen feiner (^5ebid)te überfjmipt. 

Xie tuübltuüUenbe '?(ufnaf)me feiner erften Webid)te ernmt()igte .^eine, 
bie Silberaber feinev5 üiebeöfd^mer^^eö nod) n^eiter auc^^ubcnteu. tSr ()atte 
ben (^efdimacf ber ipante(miitl)icien SJfeufle, ien .^nt, unter meld}em 
Jaufenbe fid) üereinicjen (iefKu, iiefunben. 3n ben Stunben, in meldjen 
bie (irinnernufl an feine juuiien Reiben an» beut üPürbel feiner ^fi^ftreu^- 
uuflen enn^ürtmidite, marf er ein üieb um ba^ anbere auf bae ^^^apier, 
jebe^ nur tueni^e Btxopijcn lanc\, Ieid)t uub ijefällii? cjebaut uub faft 
immer t)ai$ cjfeidie ÜJersmaf^ S^ifl^nb. SBenu bie Stimmuncj üerflüfjen 
tt?ar, begann er baran mit feiner 3kred)nunc| ber ju er^yelenben SKirtunfl 
unermübüd) ^n feilen. 2)affelbc SJÖürt amrb fünf, fedjö lUai burd) ein 
anbere^ erfet^t, biefe ^^cile Döllic; untcjeftaltet, jene an eine anbere Stelle 
gebrad)t. 5lber tüä()reub er emfic; an feinen Diamanten fd)liff, tam ifim 
ber mepI)iftüfeUfd)e Webante, tüie luftici e*g büd) fei, baf? bie fiefemelt 
biefe tleinen Dinflerd^en für baare SUiün^e nel)me, t>a\\ mand)' fiefül)( 
t>ül(eö .^^er;^ fid) burd) fic ^u Dfjräncn rüfjrcn (äffe. Da f)ing er benn 
an mand)e« fd)iJne Webid)t ein paax ßeilen, in bcneu er bie eifjene iSnu 
pfinbung uub bie beim Üefcr geiuccftc üert)öf)ntc ober ironifirte. tSr 
t>ermod)te fid) einer (yefül)ls^fd)tüärmerei red)t iuül)l l)inj^ugeben, aber nur 
üorübercjebeub. Die ®d)ärfe feiueö iiJerftanbe^s, bie übermäd)tige ^ieicjung 
üum ©pütt, bräncjten i()u balb tüieber, fid) fclbft uub feine bid)terifd)en 
5ßrübuete unter bie tritifd)e iJoupe ju ne(}men. ©o mad}te feine jtpeite 
9iatur, bie aUmälifl feine eigenfte tüurbe, fid) in bcu irünifd)en ®d)(up^ 
Xeileu iJuft. „Sd) ijabc," äußerte er ,yi gannt) iietualb'), „alle fü(d)e 
grellen Diffonanjicn mit cntfd)iebcu oppüfitionellem Sktmif^tfein gegen bie 
Jueid)lid)c Wefüf)Isjfeligfeit ber ®d)tüabeu uub (£üufürteu gcmad)t." Diefer 
('5Jefüf)löfeligfeit unterlag er aber felbft, uub nodj r)äufiger ücrfetjte er fid) 
in fie f)iuein, um bann fid) felbft an i^n paaren I)erau!^sureifKn. 

Wleid)jeitig fud)tc er nad) ÜJtitteln, um ba^ publicum nod) ftär!er 

') Söcftcrmoim S3b. i)2, ©. 101. 



äu f äffen. @ubi^\) gegenüber ijai er ha^ @}eftänbni§ abgelegt: „Sei 
bcn SDentfd^en mirb man leidster tiergeffen, aU berül^mt; je^t änmal; 
fte l^aben in ÖJefü^fönjonne fo gefd^n^elgt, ia^ ju i^rer 3lufregnng berbe 
Witid nnerfä^tid^ finb, ganj fo, n^ie Äirme^luft i^nen erft üültftänbig 
ift, menn man fid^ jum S?e^ran§ iiod) mit ©c^emelbeinen trattirt." 
©ein @d^emetbein tpar bie ©innlidbfeit ^ tueld)e _in_ fehiem J^^ 
Snterm^ü''" (grü^ja^r i823) no^ nntier^üßter iferüortritl, ai§> in Ten 
,,'5rraumbilbern", nnb ben tiinftigeff ©änger "JeTt^F' WrTm^^ 
" Sag ffttjrifc^e Sntermejjo" umfaßte 66 (je^t 65) ßieber, n^eld)e 
tpir, üon einigen itn ^ufammen^ang unterbred^enben Siebern abgefefjen, 
alö ein georbneteg @anje§, aU ein ^)ftjd^ologifdi fid^ enttDicEetnbeg §er= 
jen^erlebnife betrad^ten fönnen. 3n ber erften 9tbt^eilnng (big jnm 
gn^ölften Siebe) fingt er ia^ Sob ber beliebten. SSon i^r altein, üon 
i^rem Slngefid^t lernte er bie ©))rad^e ber Siebe (SRro. 8); i^r n?ilt er 
feine J^ränen nnb Sieber meinen (2); feine ©ee(e möd^te er taudben in 
ben ßeld) ber Silie, nnb biefe foll l^and^en ein Sieb t>on ber Siebften (7). 
Sie ift il^m aller ©d^ön^eit Inbegriff, fie gleicht genau einem ^otbfeligen 
93ilbniB unferer lieben grau, ha^ ber ©id^tcr im 3)om im alten ^eiligen 
Äöln fa^(ll). ®r üergleidftt fii^ mit bem 9Konb, melc^er auf bie liebe^ 
buftenbe Sotogblume ^erabblidt, o^ne fie erreid^en ju tonnen (10). 2öenn 
er ber beliebten in bie 9lugen fd^aut, fd^rt?inbet all' fein SBel^ (4), nnb 
in i^ren Firmen ftirbt er tior Siebegfe^nen (6). Slber in feine ©eligfeit 
mifd^t fid^ aud^ bange 9I^nung beg na^enben SSerlufteg. SQäenn fie fagt: 
id^ liebe bid^, fo ftürsen S^ränen aug feinen 9lugen (4) unb er a^nt 
i^ren frühen Sob (5). Slm liebften möd^te er fie auf ben klügeln beg 
©efangeg nad^ ben Ufern beg @5angeg tragen unb bort in rot^blü^enbem 
©arten mit i^r trciumen"1)en feligften Xraum (9). 

SDie anleite Slbt^eilung (Sieb 12—16) ent^üüt ung, bafe fein Sieb- 
(^en bebenflid^e ©igenfd^aften befi^t. ®r njeift, ba§ fie i^n nid^t liebt 
(12), ba§ i^re frommen 9lugen i^n betrügen (16), er ift aber jufriebcn, 
tpenn fie i^m ben SRunb jum Äuffe reid^t (12), benn il^ren Mffen glaubt 
er mc^r, alg i^ren SBorten (13). ®r lac^t ber SBelt, bie in richtiger 
©rfenntni^ behauptet, feine ©eliebtc ifabt feinen guten ß^arafter; er 
ioei§, h}ie fü^ i^re tüffe finb (15) ufh). S)iefe Slbt^eilung, toeldje 
Öeine fpäter reinigte, jeigt ben JSe^raug ber ^irmegluft. (SSgl. II, 
3. 9, 9?ro. 13). 

3n ber britten ift bie ÖJeliebte bem 2)id^ter untreu genjorben. (Sieb 
17—25. Sieb 17—19 finb aug ber erften Sammlung ber ÖJebid^te ein- 
gefd^oben.) SDie böfe Söelt ijai ii)n bei i^r Derflagt (24), unb fie ^at 



') II, 6. 270. 



28 

bcu argen ^^"^fl^^^ Wlauben gefcl)euft. Sie reichte einem iHnbern it)re 
.ftanb; beim .'pod)seitdreiijen ertönen bie Äiäncje (nftiger SJhifü, mät}renb 
bie ISnciIein fd)Ind)scn nnb ftöfjnen (20). (3n ben ,,Xranmbi(bern" rnfen 
bagecjen bei ber Iranmifl tanfenb lenfel: ,,9lmen".) 9nieö fcl)eint i()m 
ob nnb farbloö (23); 9iiemanb fennt feinen v2d)merj, tuie bie ISine, bie 
fein .öer;; jerriffen (22) nnb felbft fo e(enb ift (19). 

'H\\<i ber üerjtveifelnben Stimmnng ertuäd)et in ber üierten Slbttjei- 
Innfl (26 — 29) eine bittere Ironie, ör mi^elt barnber, ba^ er nnb fie 
fo iancje 9)iann nnb J^ran nnb Serftecfenö gefpiett, ba^ fie fid) je^jt 
nid)t mieber finben fönnten (26) nnb banft it)r fpöttifd), ia^ fie iljm 
tueniflftene fo lange tren geblieben (27). Sie l)abe ben bümmften ber 
bnmmen ^nngen ge^eiratt)et, er felbft f}abe aßerbingsJ ben bümmften ber 
bnmmen Streidje gemadjt, inbem er üon folc^em üiebd^en Uefi (29). 
Ülk»il fie „ä'iabam" getoorben, finbet er jefct alle«; miferabel (28); er 
glanbt nid)t an C^ott, nid)t an ben .^immel, nod) an ben lenfel, fon^ 
bern nnr an il}r böfeö .'pers nnb ?lnge (II, ®. 9, 9cr. 12). 

2)iefe Stimmnng I)ält jebod) nid)t lange Stanb nnb toeidjt in ber 
fünften ^Äbt^eilnng (30—40) ioieber einer üödigen 5Rnt)rfeligfeit. (£r 
t>ergleid)t fid) einem J^idjtenbanm im Siorben, ber Don einer "iPalme 
tränmt (33). (£r benft immer an fie; l)ört er ein Üieb, ia^ fie einft 
iljm fang, fo ioill if)m bie örnft jerfpringen oor SBet) (40) ; aber meinen 
tann er nid)t (35). ^ÄnsJ feinen großen Sd)mer;;en mad)t er tleine üieber, 
bie er if)r fenbet, fie aber üerfd)mät)t fie (36). Damm mill er nid)t0 
me^r feljen üon ber Üöelt; er toill feine J^enfter üer^ängen mit fd}toarsem 
Znd), bann fommt feine üiebe jn il)m anö bem lobtenreid^ (37). 3tm 
üebften möd&te er im ÖJrabe liegen nnb fid^ an fein tobteö üiebdjen 
fd^miegen (32). ^^(ber and^ in biefe 9lül)rfeligfeit brängt fid) einmal 
fredje Sinnlid^teit : er iüoUe nnr ibren üeib tjaben, bie Seele möge man 
begraben. (II, S. 9, 9iro. 14). 

3n ber fedj^ten 9lbt()eilnng (41 — 65) üerbinben fid) Älagen nm 
baö verlorene Üieb mit (Srinnernngen nnb Xränmen. t£r liebt fie immer 
nod^, obgleid^ fie i^n nie geliebt nnb nie gelja^t (47); nnb toenn bie. 
Söelt pfammenfiele, fo fc^lügen anö ben Srnmmern bod) feiner üiebe 
flammen (44). !j8öfe ift er inbeffen ber Ungetrenen nid)t, bitten bod) 
fogar bie ölnmen, ir)re Sc^n?eftcrn, für fie (45). :3m Xranm erfdjeint 
fie il)m, feine alten SKnnben bred^en anf (64) nnb It)ränen ne^jen fein 
Sliffen (55). ®r fd^lie^t mit ber 93itte, i()m einen riefengroften Sarg 
jn bringen, in bem er feine üiebe nnb feinen Sdjmerji nieberlegen 
fönne (65). 

2)er Did^ter geljt alfo mit üölUger 'iJlnijfdjliepd^teit in feinen toirf 
lid}en ober err}end)elten üeiben anf. (Sr mei^ feinem Wegenftanbe oiele 



29 

Seiten abjugetüinneu, t^n in gtänjenbe, farbentüec^jelnbe 93eleu(^tung ju 
rüdEen ; aber bie Slip^je ber @inf örmtgfeit Dermeibet er nic^t. 9?id^t feiten 
ift ein @ebi(^t leere Spielerei mit fd^öncn SJÖortcn, ober ber 3lu^brudE 
einer ungefnnben ©efü^I^fd^tüärmerei. ©d^erer i)at ganj SRed^t, njenn 
er fagt^): „Selbft in ÖJebic^ten üon burd^njeg ernfter Haltung bringt 
»Öeine ftarfe nnb übertriebene SBenbnngen anf eine SBeife üor, ba§ nn=^ 
fdfjnlbige Seelen, bie fie ernft^aft nehmen, bation nnr um jo tiefer ge^ 
rül^rt n^erben muffen, ba§ bem minber Unfdftulbigen aber ein SeitenblidE 
be^ SinDerftänbniffe^ jn fagen fd^eint: bie bnmmen @5änfe glauben mir 
aüe^". 2)aran tpirb man lebl^aft erinnert, toenn man fie^t, n^ie §eine 
]xd) felbft bef^)iegelt unb mit feinem blaffen 9lngefid^t coquettirt, tüie 
er e§ fd^on früher t^at. „©^ leudhtet meine Siebe in i^rer bunfeln 
^rad^t," fingt er ganj nail), unb be^au^^tct, ba§ au§ feinen S^ränen 
93tumen l)ert>ürf^)rieJ3en, tüäftrenb feine Senf jer ein SRad^tigallend^or loerben! 
9tud^ fonft fpannt ^eine Ijäufig ben Ion fo ^o^, ba§ er über== 
f(^lägt unb nun fomifd^ toirb. SZel^men toir baju jene Slu^geburten 
fredöer iJüfternt)eit unb bie Sieber, in njeld^en ber Slu^brudE burd^au^ 
in'^ Sriüiale fällt, fo bleiben immer noc^ gegen jtoanjig übrig, n^eld^e 
bie feinfte (Smpfinbung in einfd^meid^elnber gorm befeelt. SBie jart 
unb füf; ift nid^t: „2)ein Slngefid^t, fo lieb unb fd^ön;" n^ie ftimmung^= 
tjoll: „Sin gid^tenbaum fte^t einfam;" njie rein herausgearbeitet ift 
Mage unb Se^nfuc^t in: „9}?and^ 83ilb üergeffener 3^iten;" loie ed)t 
em:t)funben fi^eint unb mie oollenbet pm SluöbrudE gebracht ift: „@ö 
fällt ein Stern herunter;" unb toie pacfenb ift ha^ büftere Kolorit in: 
„5lm Äreujtoeg toirb begraben!'' Unb tt?ie meifter^aft ift baS 
Iraum^afte, Se^nfüc^tige getroffen in: „Sluf klügeln be§ ©efangeS," 
„®ie fiotoSblume ängftigt," „9}iein Siebd^en, toir fa^en jufammen" unb 
„SlnS alten mäxäjm toinft eS". 

Stber aud^ oon jenen @5ebid^ten, bie unter ber DedEe leidster 3ronie 

eine tiefbnntele ©runbfarbe oerbergen, finb einige meifterl^aft. 3eber= 

mann fennt bie jum geflügelten äöort getoorbene „alte ©efd^id^te", bie 

imm.er neu bleibt; bie „J^ränen unb Seufjer," bie ^intennad^ famen 

unb baS „SSerftecfenf))ier' mit ber beliebten, bi§ fie fid^ nid^t njieber^ 

; fanben. Tsas finb SJfeifterftücfd^en, toeldje iin^ in toenigen ^tikn unb 

\ mit ben eiufacl)ften üfiJorten eine ganje SJoOelle erjä^len. 

ii Unb norf) ein J^ritteS feffelt unS an einigen ©ebid^ten: bie auS- 

1/ geseidljnete ÜUalerei. 2)er rotl)blü^enbe ©arten am @5ange§ (9?r. 9), bie 

i Weifterinfel (Str. 42j, baS Hamburger Stra^enbilb (SRr. 3«) finb a)hifter 

bafür unb SSorläufer ber Sdnlberungen in ber „^arjreife," bem „93u^ 

Se ©raub" unb ber „öeimfe^r''. 

*) e. 663. 



30 

.^ciue ift im „Itjrifdjen ^utcrmesso" cjetien bie crftc Sammlung um 
einen großen Schritt rt?citer fiefommen. Die müften Jraumbilber ftnb 
fanftern ^4Sovftellunc|en flen}icl)en, aber bie tüilbe !tBec5e£)rUd)feit ift c\c^ 
blieben; ba« ftürmifctje üßJügen ber j(i)merslicl}en Wefül)le Ijat fid) sur 
äyeljmutl) gefllättet; aber an Stelle ber ftarfen (Smpfinbung ift üielfad) 
Sentimentalität cjetreten, fo ia^ für iljn genau pa^i, \va^ fein 9{atcliff 
nid)t fein tüill: (II, S. 325 j (Sin magenfranfer fdjiüinb) nd)telnber 'ißoet : 

2)cr Üicib(d)mcr3 
iöor iHü^runö fricgt, mcnit ^iad^tiöaßcu trillern, 
Xcr ]\6) au§ Scufjcrii eine üicitcr baut. 

Xc^ 2)id)terö Singe, ia^, nur nad) 3nnen fd)anenb, für bie Siatur 
ge}d)loffen fd)ien, l)at fid) für bereu Sd^ön^eit tüeit geöffnet. Sie SSeil^ 
d)en fid)ern unb fofen; bie ^Hojen cx^äijUn fid) bufteube ä)iärd)en in'ö 
•Dl)r; bie iJotoßblume bnftet unb ;;ittert oor üiebes^tüet) ; bie Volumen 
flüftern unb fdjanen ben traurigen SJf ann mitleibig an ; bie 9iad)tigatten 
tuürben erquidenben Wefang ertönen laffen, wenn fie iuüfUen, tuie fel}r 
elenb er ift ; bie ißäume fpred^en, bie 83lumen fdjmarijteUr von üben aber 
grüftt ber 3)?onb mit ernftem ablief, fpredjen bie Sterne eine reidje unb 
fdjöne Sprad)e, unb fie fdjanen fid) an in ifiebeötuel). 

Wemif^ arten füld)e '^IJerfüuificatiüneu oft in-3;änbelei auö; aber in 
ben meiften J^ätlen pafjen fie burd)auö in bie Stinunung unb geben iiax 
(yebid)ten einen erl)öl)ten ))k\^. 'iHud) bas^ iöültölieb fennt biefcn ^n^ 
fammentlang t;i)u 9Jatur unb (Smpfinbung, aber eö brürft il)n in gan;^ anbe= 
rer 3Bei)e am. ikim äJoltölieb ift bie Stimmung ber yiatur bie Öe^ 
gteitung, beim .S)eine'id)eu iiiebe aber ein Xf)eil beä H)ema'ö. Xa^ 4?i}lfö^ 
lieb jubelt unb fingt mit ben Sögein, .^eine aber jprid)t mit il)uen. 
(Sr ()at ben Munftgriff be^s SolfiSliebeö fid) angeeignet unb in gan^ mü= 
bern^fentimentalpm Weifte angetuanbt. 

ISbenfü entliel) er bem iioltöliebe bie einfad)e ^orm, aber and) 
iüieber nur biefe. 3)er 3u()alt feiner (i.^ebid)te ift burd)au«3 niüberneö 
(yefül)l; er l)at feine a^Surjel fü tief im (Smpfinbuugj5iri)a(3 eine^ gcbil = 
beten, aber frit;ül benfenben (^eifteö, baft fein öftnbtüerföbur)d)c unb 
teine Ü^anernbirne il)n je üerfte^en mürbe. 2)aö ÜJoffelieb ift uaiu, bae 
.Öeine'fd)e jelbftbetüufU ; jenes gel)t im Wefül)! auf, biejeö fann uori) bc^ 
übad)ten, iuie il)m ber üicbe!?)d)meri\ ftel)t; jeueö ift oft berb unb fiun^ 
lid), biefeö l)in unb tuieber Don abftüftcnber iJüfternl)eit. 

.§eine geftel)t felbft ju, baf] er Dom S5ülfi^liebe unb namontlid) Don 
aBill)elni Üüiülter, ber bie ÜJülföliebfürm in glürftid)er iiJoife benutzt, gc = 
lernt l)abe. Marl .^effel l)at ans ÜBilbelm ÜUiüller'ö Webid)ten eine gan.^e 
9{eil)e üüu SBenbungen l)erau<^gefud)t *j, bereu (Siniuirtnug gar nid)t ;^u 
üertennen ift. 

') Scitic^r. f. b. bcutjd). Unt. IH, 8. 50. 



31 

3)a^ feinem Dn!el ®aIomou getüibmete „Itjrijd^e 3ntermejjo" cr= 
frflien im %\)x[i 1823 uebft ben Sragöbien „Sllmaufor'' unb ,,5Ratdiff" 
6ei S)iimmler in 93erün. SSon ben beiben SDramen ^atte er eine äiemlic^ 
l^o^e SWeinnng. ©d^on am 29. Dctober 1820 fprad} er (Steinmann gegen* 
über an^, ia^ „?ümanfor'' ein grofee^ Slnffe^en erregen t^erbe. 9Xm 4. ge= 
brnar 1821 geftef)t er bemfelben, ba§ er an feiner Jragöbie fein .^erj= 
bint nnb feinen @5e^irnfd]ireif; fpare, ia^ fie „entjüöenb fd^öne sStelten 
unb Scenen enthalte", ba^ überall „überrafc^enb poetifc^e Silber nnb 
©ebanfen" funfelten unb ba^ ©anje gteid^fam „in einem jauber haften 
®iamantfd)(eier'' bü^e unb teud^te, ba§ fie aber an bem groj^en geiler 
leibe, nid^t braftifd^ ju fein, ß^^^^f^^ic^er h^ar er ^infid^tlid^ be§ 
„9fiatcliff'' iftn er im Sanuar 1822 o^ne jebe^ S3rouilIon in brei lagen 
gefdjriebeu ^aben tüill. 

^sm ,,9llmanfor", ber in Spanien ^nx Qdi ber SKanren^errfd^aft 
fpielt, fd^itbert er bie ßiebe be§ Jitetl^elben jur fd^i5nen 3iit^i^<^f ^ic 
n^äl^renb feiner Stbtüefen^eit jnm fat^olifd^en ©tauben übergetreten unb 
mit einem i^r üerl}a6ten 5D?ann öerlobt n^orben lüar. Stimanfor mad^t 
feinem Sngrimm gegen ba^ S^riftent^um in fe^r ftarten 3tu^fällen Suft, 
tüä^renb ßi^l^i^i^^ Ffet Sfara, i^rem nod^ immer geliebten 3ugenbfreunb 
bie 8d)ün^eit ber fat^otifd^en Ä^ird^e in begeifterter Söeife preist. D^ne 
3tüeifel ift S)?ortimer'^ befannte S)it!^t)rambe in „SKaria Stuart" ^ier 
§eine'^ SSorbilb gen^efen. 9llmanfor entführt fie unb ftürjt fii^, al§ bie 
Verfolger na^en, mit i^r in ben Slbgrunb. 

„atatcliff" t)at einen fataliftifd^en ^intergrunb. S)ie SCragöbie be= 
l^anbelt bie ma^nfinnige Siebe be§ Jitel^elben jur fd^önen 9}Zaria, bie 
ifim untreu geworben. (Sr erftid}t bi§ auf ben leljten alte 9)?änner, mit 
benen fie fid^ ju üerbinben gebenft, bann SKaria, bereu SSater unb enb= 
lic^ fid) felbft. • 

aSüm „5llmanfor" fagt §eine (29. Dctober 1820), ba^ e^ fein 
eigene^ Selbft entsafte, feine Siebe, feinen !Qa^, feine ganje SSerrüdtfjeit, 
unb l?om „SRatcliff" (10. 9lprif 1823), ba^ eine „§auptconfeffiün" in 
bem ©ebid^t liege, e^ fei Waijx ober er felbft fei eine Süge. 9Im 5. Sa- 
nuar 1823 fd)rieb er an ©nmmler, ber Stoff be» „Stlmanfor" fei reli^ 
giüg==:polemifd) unb betreffe 3^i tintereffen. 9)tit fnl}ler Sercd^nung griff 
er in bie SSergangenlieit S:panieng, tpeil er bort SSer^ältniffe fanb, n^eld^e 
i^m bie Sage be§ jübifc^en SSolfeö p feiner 3^it üorjubilben fd^ienen. 
2)ie 3)?auren finb i^m bie Suben, unb ?llmanfor ift er felbft. $ellauf 
lobert fein §a^ gegen ia^ Sljriftent^nm, n^eldl^e^ nad^ feiner Sd^ilberung 
ben äRauren bie Sered^tigung jum Seben beftritt unb fie am liebften 
anf bem Sd^eiterljaufen fa^, beffen 93efenner i^m bie ©eliebte raubten. 



32 

2)cr ganje $a§ be§ Suben, bem burd) bie ©efe^e ettie^ d^rtftlid^en 
Staate^ SBad^fen unb ©ebei^en erfdjmert ift, glü^t in biefem Stüd. 

Snt „9{atcliff" fümmt nod) ein jtüeite^ ^inju, ber §a^ gegen bie 
SBefi^enben. Sin focialbemofratifd^er Sfgitator ber ©egenttiart fönnte !eine 
bejfern aufmieglerifd^en SBorte finben afe |)eine fie Slatcliff in ben 3Kunb 
legt (II, @. 322). 

„ßinen 55iann ergreift ber 3orn, 

SBenn er betrad^tct, tüie bie ^fcnmgjeelcn, 

2)ic ©üben, oft im Ucbcrftuffe jd^tüelßcn, 

3n Sonimt unb 8eibe fd^immern, ^luftern jd^lürfen, 

©id^ in ®^anH30flner baben, in bem 53eite 

S)c§ $)octor ©ral^am tl^re Äurjtoeil treiben, 

3n golbnen SOßagcn burd^ bie ©trogen raffeln, 

Unb ftolj l^erabfebn auf ben §ungcrleiber, 

S)er, mit bem legten §embe unterm ^rm, 

Sangfam unb feufgenb mä) bem Seil^l^auS manbert.* 

Snt 2lnfc^(n§ baxan lüirb bie SKenjd^^eit in jrt?ei ^älften, in bie 
§nngerigcn nnb Satten, getrennt, eine Sint^eilnng, njeld^e §eine nod^ 
1854 ju bem ©ebi^t: „S)ie SBanberratten" (11, S. 202) benu^te. Seibe 
©tüde finb bie braniatifd^e ©arftelinng ber leibüollcn Siebe^gefd^id^te be^ 
®id)ter§, in lüelc^er nic^t tüenige Stellen nn§ an ha^ Iprifd^e Sntermeääo 
erinnern. 3n beiben fenf jen bie gelben na(^ einer (beliebten, bie einem 
Slnbern gehören foll, gingen fie üor $a§ gegen icn begiinftigten SReben^^ 
bu^Ier, tiernid^ten fie bie ©eüebte. Sn „9Umanfor" tritt gegen ©d^tnfe 
bie tl^ierifd^e Regier ^ertior, bie, mie im Sntermejjo (II ©. 10), üon ber 
©eliebten nnr ben Seib ijobtn tviii. „Sd) tt)iH ein glüdfid^ S^ier fein," 
rnft Sllmanfor (II, S. 298), „ja, ein Zf)m, — Unb in beg Sinnen^^ 
ranfc^eg Jaumel mü id) — SSergeffen, ba§ eö einen ^immel gibt. " S)ie 
SBorte erinnern ganj an bie n^ilbe Segierlid^feit, tüeld^e Saroniir in 
@rillparjer'§ „9I^nfran" für Sert^a jeigt; ia^ Sind ift §eine gett^ife 
nic^t fremb geblieben. 

2)ie Sitteratnrgefd^ic^te ift über bie beiben ßiebtingöfinber «^eine'^ 
jnr Jage^orbnnng übergegangen. Unb mit 5Red^t. 2)ie grofien ©d^ön- 
l^eiten im Sinjelnen fönnen über t>tn SJfangel einer bramatifd) fräftigen 
§anblnng nnb bie ^itbn^efen^eit ed^ter gelben nid)t ^inn^eg^elfen. ®er 
9[nfban ift bnrd)au§ Derfe^lt nnb bie bilberrei(^e ©iction fällt ^änfig in 
übertriebenen SBortfd^tüalt. 

2)a^ It}rifd)e Sntermejjo nnb bie Sragübien fanben eine jn^ar freunb* 
Iid)e, aber feine^n^eg^ begcifterte 3lnfna^me. Sd^on am 28. 9?ot)ember 
1823 fragt $eine bei SKofer an, eg fei n^o^t nirgenb^ me^r t>on i^m 
bie 9tebe. SJarn^agen nnb aSiltibalb ?Heji<^ begrüßten bie neneSamm^^ 
Inng mit tüarmcr @m))fe^lnng; beibe — namenttid^ Se^terer — tabelten 



33 

aber bie ftnnüd^e Färbung bcr Sieber, unb 9lleji§ tüarnte im Didftter, 
auf bem eingefd^lagenen SBege fortjufd^reiten, tüeil au§ ber Driginaütät 
leidet SÄanier werben fönne. S)amit ^atte er beu 9iage( auf ben Stopf 
getroffen, unb auc^ 9lnbere ^ani^n bie fd^toad^e Seite ber Sieber balb 
l^erau^. @§ erfd^ienen rü^rfelige 5ßarobieen, toeld^e üon Originalen faum 
5U unterfd^eiben toaren. §eine njar fd^arffinnig genug, einjufel^en, ia^ 
bie atläugrofie gamiüenä^nlic^feit unter feinen ©ebic^ten 3^^if^' ^^ ^^^ 
Slu^giebigfeit feinet 2^a(ente^ hervorrufen ntufete unb jd^rieb an Smnier^ 
mann am 10. 3uni 1823: „^d) tüiti 3^nen gern eingeftel^en ben ^aupt^ 
fehler meiner 5ßoefieen . . . . eö ift bie gro^e ©infeitigfeit, bie fid^ in 
meinen ©id^tungen jeigt, inbem fie alle nur SSariationen bejfelben fleinen 
Xiftma'^ finb." Slber in einigen Sauren loerbe e^ fid^ jcigen, ba^ er, 
ber bi^l^er nur bie ^iftorien üon Slmor unb 5ßf^d^e in aüerfei &xvüj>pi^ 
rungen gematt Ijabe, eben fo gut ben trojanifd^en Strieg barftellen fönne. 
Sro^ mand^er Slnläufe tjat er e§ ni(^t getl^an, tüeil er e§ nic^t fonnte. 
@r fc^uf nur Fragmente unb ^interlie^ mand^en Sorjo, loelc^er un§ Ub^ 
l^afte^ Sebauern über bie 9Jid^tt?oIIenbung einflößt. 

IV. . 
.^kbfdjlu^ ber !lmüet|ttät0|al)re. 

(aÄai 1823 — Snü 1825.) 

3m äKai 1823 herliefe |)eine o^ne ben 2)octor^ut bie ^}reum)d)e 
§au<}tftabt. (£r l^atte genug gefe^en unb gel^ört, um ju tt)iffen, ia^ er 
ai^ 3ube in 5ßreu§en üorlänfig ju einer fidlem Steüung nid^t gelangen 
fönne. @r tt)olIte in 5ßarig fid^ (itterarifd^ au^jeic^nen unb bann nad^ 
berül^mten SJfuftern in bie biptomatifc^e Saufba^n einfd^ieben. "iHber 
feine gefd^njäd^te ©efunb^eit unb bie ßeere feinet ©elbbeutelö, toetc^en 
Dnfel ©atomon nid^t n^ieber füllen toollte, nöt^igten i^n, im Refugium 
peccatorum beg SSatertjaufeg abjuirarten, ob bie Stirne beö SJfiUionair^ 
an ber Stbe fic^ irieber glätten ttierbe. 

Seine ©Itern l^atten fic^ inju^ifd^en in Lüneburg niebergelaffen, ha^ 
bem S)id^ter nadf) bem 9(ufent^alt in ^Berlin tüie ein böotifd^e^ SDorf 
üorfommen mu^te. Seine Sriefe jeigen i()n in einer {)öd^ft nieberge= 
fc^Iagenen Stimmung. 2)ie öüneburger langtoeitten i^n niod^ me^r a(^ 
i^re reijlofe §eibe ; er betrad^tete alle 9)tenfd^en, bie nid^t f o badeten mie 
er — unb bag maren o^ne ß^^^f^^ ^i^f^ — ^f^ unerträgliche ^f}ilifter, 
unb bie 3uben efetten i^n an. „Suben finb I}ier, ioie überall", fd^reibt 
er am 18. 3uni 1823 an SJiofer, „unau^fte^lid^e Sc^adjerer unb Sd^mu^= 
iappcn*\ 3^^^^"^ begegneten fie i^m loegen feiner Jf^eilna^me an ben 
SReformbeftrebungen ber gebilbeten ^Berliner Suben ^ödjft feinbfelig, fo 

©orreS»@efeafd^aft. III. »creinefd^rift für 1891. 3 



34 

baft er 9lufanfl ÜRoüembcr 1824 an SDiojer jc^rciben foniitc: „SJergfeid^cn 
jubijdK, über oielmet)r, nur in 9;<jrael müglid^e (£fell)aftiflfeiteu brängcn 
fid) an iiüd) ()erau". iBefonberö quälenb für it)u tuar bcr (^ebanfe, üon 
{einem Dntel abljängig ;^n fein (an Süiofer, 2. J^ebrnar 1824), üon 
einem SLUanne, ben er ciU fleiftig tief nnter fid) ftebenb betrad)tete. 

^nbeffen war Salmnon .ßeine bie eineiige ^offnnng; e« galt alfo, 
fid) mit ibm tüieber anf gnten J^nfe ju ftellen. 2)ie ÖJelegenbeit bot fid^ 
am 22. :J?nni 1823, bei ber .ßeiratb feiner Sd)tuefter mit bem Äauf^* 
mann (Smbben — nid)t ü o n ömbben, tuie ber 9lbeldl)affcr .^eine fdjreibt. 
Äalomon fagte bem nngeratl)enen SJeffen, ber es^ gemagt ^attc, itjm eine 
ö)ebid)tfammlnng i\n tuibmen, in tüeld)cr feiner lod^ter ^Ämalie nnb beten 
WemabI übel genng mitgefpielt mnrbe, feine Sßeinnng nnb reid^te i^m 
bann bie .^ctnb ^nr Serföbnnng. ^m !Snli bnrfte Seine feinen Dnfel 
in »öambnrg befnd)en. !oicx erttärte fidi Salomon bereit, noi^ für bad 
M)r 1824* bie fe^r anftänbige Snmme üon 100 üünis^b^or (500 Ifialer) 
,yi ,^ablen, tuenn ber Uieffe fid) üerpflid)te, in biefem ß^it^^^i^^ f^i" 
(Spanien jn niadjen. 9(nd) .^cine*ö Uebertritt jnm (Sbtiftent^nm fam 
i^nr Sprache. 9(lle feine ?lnge()örigen, Salomon einbegriffen, für bie t)a^ 
3teligionebefenntnifi nnr ein J^irmenfdjilb bebentete, loaren für balbige 
Janfe; nnr .^einc ftränbte fid) nod) gegen ben (^ebanten, einer i^aifnt jn 
folgen, tüeld)e er fo oft mit J^ü^en getreten. 

„3fn3 meiner 2)enfnng«^meife", fd)rieb er bereite am 27. Sc^^tember 
1823 an SÄofer, „fannft Dn eö Dir too^I abftral)iren, ba§ mir bie 
3:anfe ein gleidjgüttigcr 3lct ift, ba^ id) i^n and) ft}mbotifd) nid)t loic^tig 
ad)te, nnb baft er in ben !Cerl)ältniffcn nnb anf bie SKcife, ioie er bei 
mir ootl^ogen toerbcn toürbe, andj für 5(nbere feine öebentnng l)ätte. 
^nir nüd) l)ättc er oieUeid)t bie Sebentung, baft idi mid^ ber !öerfcc^tnng 
ber 9ted)tc meiner nnglücflid)en Stammeögenoffen mcbr tüeil)en toürbe. 
iHber bennod) l)alte id) eö nnter meiner 2Bürbe nnb meine (Sljrc be* 
fledenb, ioenn id), nm ein 31mt in ^^Jrenf^en anjnneljmcn, mid) taufen 
liefK." SKir mcrben balb fel)en, mit n^eld)' oollenbeter fd)aufpielerifc^er 
ihmft .öeine ia^ getoeil)te SBaffer über fid) ergießen (ief^ 

^n .öambnrg fd)eiut ibn eine neue üiebe0leibenfd)aft erfaßt ^u l)aben. 
i)tad) ben biöl)erigcn J^eftftellnngen ("i&iid) ber üieber XXIX, foioie ^eine'j^ 
äüerfe I. 5.»40" (Slftcr'fdje {Hu%ibe. ,6effel in ber ftöln. -^tg. 1888. 
8. uub 9. ^uni. Seuffert im \nrd)io f. iJit.-Wefd)id)te. «b. III, 3. 
GOO) flüfUe il)m Jl)erefc, bie jüngere Sd)toefter iHmaüeuiS, eine l)eftige 
!!)ieignng ein. i&x fanb jebod) bei bem erft fed)ö,^ebniäl)rigen ÜWiäbd^en 
eine entfd)iebene Jlbmeifung. iHud) an biefer üiebe !ranfte .öeine lange 
^^eit; fie bat ibn jebod) eben fo toenig loie feine erfte abl)alten tonnen, 
in ben iHrmen „gntmüt()iger !äJiäbd)eu" Xroft ^u fuc^en. 



35 

9?on |)amburg au§ tüanbte er \idi am 22. 3uli nai) Suj^aüen, 
um gegen feine ipad^fenbe 9?ert>ofität Seebäber ju gebraudjen. 3)er Dnfel 
fd&enfte il^m bafür je^n Sout^b'or, lüä^renb ber flotte 9?effe ipä^renb 
ctneg fed^^njöc^entltd^en Slufent^altg brei^tg tjerbraudjte. 3n Sujl^aüen, 
n?o er tnbeffen nur geringe SÄilberung fanb, geno§ er jum erftcn 9)iat 
ben Slnblid be^ äJieereg, ber i^n völlig begcifterte. @r bid^tete ftier 
einige feiner fi^önften ßieber. SSön Suj^aüen juriicfgefe^rt, brachte er 
brei 3Boc^en auf bem Sanbgnt feinet Dnfete ju. Söä^renb biefer Qtii 
gelangte fein neueg ßiebe^brama pm jä^en Slbfd^Iuft. 3m September 
reifte er nad^ ßiineburg jurücf unb lebte in ben fofgenben oier äßonaten 
gang feinen litterarifd^en Slrbeiten unb juriftifd^en Stubien. 

9lm 19. Sanuar 1824 reifte er nai^ ©öttingen ab, tüo er am 30. 
immatriculirt mürbe. SBieber beginnen feine Etagen über bie Debe unb 
ßangtt)eiligfeit be^ Uniüerfität^feben^, ttjetd^e burc^ bie Eingabe an ftu* 
bentifc^e 3^^ftreuungen nur feiten unterbrod^en tüurbe. 2)em Stubium 
ttjibmete er fid^ gemi^ nid^t übermäßig. SSeil er Seffere^ nid^t ju tl^un 
fanb, lüol^nte er i^äufig ©netten bei, bie il^m mel^r Spa^ mad^ten, „al^ 
ia^ feid^te ÖJetüäfd^ ber alten unb jungen ©ocenten". Später ertönt 
uüd^ ^äufig, befonber^ in ber ,,^arjreife", fein ÖJroK über ben „engen, 
trodf enen Sßotijenftolj ber ^od^gela^rten Georgia 5lugufta". 

S)ie Dfter=5^rien 1824 brad^te §eine bei feinen greunben in 93erlin 
JU. SSor feiner Slbreife bat ber üorfid^tige äJiann aber feinen ^^reunb 
äJiofer, er möge bod^ au^ bem 9Jiufen==9llmanad^ für 1823, fatl^ er i^n 
»erleide, baö ^eine'fd^e ©ebid^t: ,,9Jiir träumt, idl) bin ber liebe ÖJott," 
entfernen, in tüeldljem er ien 83erlinern eine Dl)rfeige gegeben Ijatte. 
?lte „brillante SSifitenfarte" aber, tüie Strobtmanu fid^ feljr i}i\b\d) au^= 
brüdt, gab er t>orl}er im „ÖefeKfi^after'' brei^ig ©cbidijte au^ bem fpäter 
erfd^ienenen Sieber'ßt)thi^ „®ie öeimte^r" ab, meldje allerbingö axidj 
bem Ungläubigften feine ftolie 93egabung flar madben mußten. 

Slngeregt unb fd)affen2>freubig fe^rte er jurüdE. S)ie rege 93efd)äfti^ 
gung mit ber Snbenfrage brad^te i^n auf ben Öebanten, bie Reiben 
feiner ÖJlauben^genoffen in einem großen 9toman bid^terifd) ju üer^err^^ 
lid^en. ©r follte ben Sitel fütjren: „®er 9tabbi üon 93ac^arad^." 9Jiit 
fjeuereifer marf er fid^ auf bie SSorftubien unb fud^te fid^ mit ber jübi== 
fd^en (öefd^id^te grünblid^ betannt ju mad^en. 2)ie ßectüre ber einfd^lä* 
gigen SBerfe fteigcrte feinen öaß gegen ba^ ©briftentbum unb gab it}m 
in einem 33riefe an SJiofer ia^ Öebic^t: „Sin (Sbom" ein. 

Sludb eine ganfttragöbie natjm er in Singriff, bie inbeffen eben fo 
tpenig n^ie ber „Stabbi üon ©adjaradb" jur SSüllenbnng gelangt ift. 

3n ben .öerbft=5^rien mad}te er eine genußreiche Steife burd) ben 
^arj, fütüie nad) ßifenai^ unb 3Beimar, tüeli^e i()n ju feinem erften 



36 

bebeutenbeu ^rojamerfc auregtc. SRatürlid^ tarn it)m and) ber ©ebaufc, 
ftrfi ®öt^e üorsuftellen, tuel^em er bereit« früher a(« SBruber in Stpoß 
feine Webidjte gefanbt ^atte. lieber bie SBegeflnung i)ai er fid) in tüiber* 
fprec^enber 33arftettnnfl an^flelaffen, jlebenfall« bot fie für feine (gitelfeit 
feine erfrenlid)en SDiomente. 

Sofort nad) feiner ^Rncfte^r begann er feine (Srfebniffe nnb öeobad}* 
tungen anf ber Steife bnrd) ben .^arj an^jnarbeiten. (Snbe ÜWoüember 
mar bas; SDiannfcript fertig, ba^ er im ?(pri( nnb 9J?ai 1825 forgfältig 
überarbeitete. 

Wleid^Xeitig traf er bie Vorbereitungen jum Uebertritt. Die J^rage, 
toe(cf)em d)riftlid}en iSefenntnift er fic^ jumenben fode, tarn jebenfall« 
ni^t ernftt)aft jur i8er()anb(nng, ba bie beiben ©täbte, toe(d)e er atö jn^ 
fünftige 5lnfentt)alts^orte in'sf iHuge gefaßt ^atte, Berlin unb .^ambnrg, 
eine proteftantifd}e iSeüölferung Ratten. So toanbte er fid) bem ^^ro= 
teftantis^mu« ^n unb marb am 26. !v?uni 1825 ju .^eitigenftabt Dorn 
bortigen "ißfarrer Wrinim getauft. 

Die laufe mar für .öeine lebiglic^ bie üöfung eines; (Sintritts^billeti^ für 
bie c^riftlid)c Wefellfdjaft (VII, 407 j; erlegte, um einen 5lusJbrucf 9ld)ini 
0. ?lrnim'2; ^\i gebrauchen, bas; ßfjriftentljnm toie eine neue „üioerei'' 
an. 5lber er unter;\og fid) ber (^eiligen .^anbtung nid)t ettoa mit ber 
Wleidjgültigteit eines; 9Jienfd)en, ber über äußere J^ormen erfjaben ift, 
fonbern mit bem ingrimmigften .öaß gegen hai^ Gt^riftentfjnm, in beffeu 
(^emeinfd)aft er aufgenommen toerben loollte. Dem Pfarrer gegenüber 
fpielte er bie Stolle eineö tjeils^begierigen ^^?ros;eh)ten, fo baß berfelbe in 
fein ^^rotofollbud) eintragen fonnte^): ,^Die ?lnttoorten .^eine'iSJ Saugten 
üon eingeljenbem 9iad)benfeu über ben 3nt)att unb bas; SÖefen ber d)rift=^ 
Uelzen Steligion, feine I^ragcn oon fdjarfem (Reifte; überfjaupt nal}m 
er bie vorgetragene iieljre nidjt einfad) gläubig t)in - er tuollte über* 
fleugt fein, unb ber Wlaubens;toed)fel mar it)m nid)t ein bloßer üyed)fet 
einer äußern J^orm, erfd)ien oielmet)r aU ba« ^Itefultat einer am bem . 
^^nnern bringenben 9iot()toenbigfeit. äöir (C^rimm unb ber laufpatlje) 
l)aben bei ber Uuterrebung übereinftimmenb bie ^Xnfid)t getoonncn, baß 
•Öeine mit ooller Ueberjengung (£l)rift getoorben ift, unb id) bin l)eute 
nod) ber feften ?lnfid)t, baß fein fpäterer Sfeptici^mn« in («yiaubcui5fad)en 
nur auf ber Dberfläd)e lag unb er im iunerften ©er^en ben Wlauben 
an Wott nid)t oerloren l)at. 3d) l)abe Oor ber laufe tief in fein ^n- 
nerfte« geblidt, unb er l)at un« fein gan^e« Deuten nnb 5^ül)leu bloß- 
gelegt, ein aJicnfd) aber, ber fo bentt nnb fül)lt, tann meiner iunerften 
Üeberjeugung nad) ben Wlauben an Wott nie gan^ verlieren." 



') ÖJortcnlnubc 1877, 8. 19. 



37 

§ätte ber gute Pfarrer nur gemußt, trag fein Säufliug im Dctober 
1825 au SKüfer fd^rieb: ,,®a 'mal üüu 93üd)cru bie Siebe i[t, fo em= 
pfel^Ie id^ bir ©olütriu'^ 9leife uad^ ^apan. 3)u erfie^ft barau^, ba§ bie 
Japaner ba§ ciüitifirtefte, urbaufte SSoIf auf ber ©rbe finb. Sa, id^ möd^te 
jagen, ba§ d^riftUd^fte SSoH, trenn id^ nid^t ju meinem (Srftaunen getefen, 
tüie eben biejem SSof! nidjt^ \o fe^r üer^afet unb jum ©reuet i[t, afe 
eben ba§ E^riftent^um. 3d^ n)ill ein Japaner tperben. ®g ift i^nen 
nid^tö fo üer^afet, tük bag Äreuj. 3c^ n)iU ein Japaner n^erben." 3)ag 
fc^rieb er ein SBiertelja^r nac^ feinem Uebertritt! Slm 14. 3)ecember 
äußert er bemfelben greunbe gegenüber: „^ä) üerfid^ere bid^, n^enn bie 
©efe^e ba§ ©testen filberner Söffet ertaubt Ratten, fo n^ürbe id^ mid^ 
nid}t getauft ^aben.'' 

S)er Eonüerfion folgte nun enbtid^ aud^ ba§ (Sjamen, n^efd^e^ bem 
guten Salomon ^eine fo üiel (Selb gefoftet ^atte. ^eine iootite „an^ 
ber SBaagfd^ate ber i^emig fein 93rob effen unb nid^t au§ ber ©naben^ 
fd^üffel feinet Dnfelg" (an 9Rofer, 2. gebruar 1824). (Sine anbere 
grage ift, ob i^m bie ©nabenfd^üffet fo unangenehm getoefen toäre, 
l^ätte fein Dnfel i^m nic^t entfd^ieben geboten, fic^ auf eigene güfee 
ju ftetten. Slm 20. 3uli 1825 promotjirte §eine unb erreid^te ben 
britten @rab. 



Der Vevfa^ev bev ^^Keifebil&er'^ 

(1826—1831.) 

I. 
Per erBe ianb, 1826. 

9?ad^ fo großen Stnftrengungen ^atte Seine, ber burc^ fein ^op\^ 
leiben nod^ immer empfiubfid) beläftigt n^urbe, eine neue Sr^olung nöt^ig. 
Dnfel Safomon betoitligte i^m für eine neue 93abereife fünfjig ßoui^b'or, 
mit n^eld^en ^eine atlerbing^ nid|t au^fam. (Sr ging nad^ SWorberne^, 
tt?o er einige Sefferung faub, genofe in tjollen B^gen bie !öftlid)e Suft 
unb freujte tagelang auf ber See, bereu ^errlid^feit er fd^ön^eit^burftig 
in fidö aufnahm, ^ier entioarf er ben erften e^clus; feiner farbenpröc^^^ 
tigen SRorbfeebilber, meldte fid^ ju feinen erften ©ebid^ten oer^alten ioie 
bie »irtuofität beg au^gebilbeten ©ängerö ju ben fd^üd^ternen SSerfud^en 
eine^ begabten Slnfängerg. 



38 

(Snbc September fe^rte er nadj Üüneburfl ^nxüd, Wo er bie 93e* 
f^reibung feiner $ari;reife i\um j^eiteu 5D?ale überarbeitete. Slnföug 
SRoöember i;og er ipteber in bie alte ^anfeftabt ein, nm in ber „SBiege 
feiner üeiben" Jlböocatenprajid jn ermerben unb üon nenem um bie 
(^unft feiner fc^önen Soufine ju tämpfen. Slber bie foliben Hamburger 
fonnten jiu einem jungen ?lbt?ocaten, ber eine fo broblofe Äuuft ttjie 
Serfeniad)en betrieb, fein re^te^ ^^^trauen gewinnen, unb bie ®d^tt?efter 
§lmalien«j j\eigte feine 9ieigung, bie litterarifc^e ÖJIorioIe i^re^ SSetterd 
.mit i^ren 9J?illiünen jn üergolben. 3lnbere Unanne^mlic^feiten, üöllige^ 
^ertüiirfnift mit Sdjtpager unb Sd^tüefter, toie mit Dielen Hamburger 
3uben, benen bie Skriiner 9lefürmbe[trebungen ein (Greuel tt?aren, neue 
Weipittermolfen auf ber Stirne Dnfel ©alomon'^, ^erDorgerufen burd^ augeb* 
lid) üerleumberifc^e Söeric^te über .^eine'«^ üeben^ipeife (au "ÜJiofer, 24. 
ijebruar 1826) verbitterten i()n üollenb^. 3)er 3)ici^ter unb fein 93iogra<?^ 
©trobtmann ereifern fid) über biefe „SJerleumbungen" o^ne ®runb; gefte^t 
bod) üe^terer felbft ein^): „33ie »SDiemoiren bei^ .§errn üou B(i)nabt' 
ktvopi^ti« unb ein gemiffe« Kapitel be« »SSäintermärd^en^« erjjä^Ien un^ 
jiur öenüge, in tueld^er tocfern ÖJefeßfc^aft ^einrid^ |)eine feine läge 
unb 9iäd)te verlebte." Satomon ^atte gemift nidjt laufenbe üon Dealern 
für feinen SReffen geopfert, bamit biefer fein Slbüocatenbureau im ,^am^ 
burger SlpoUofaale eröffne. 

^m SWüöember fanbte |)eine feine ^arjreife, tpetd^e bereite eine 
vergebliche Söanberung gemad)t l^atte, an ÖJubi^, ber bas^ 5BJerf^eu 2tn^ 
fang beö näd^ften ^^al)re2^ im „®efellfci^after" veröffentlichte. ?Ifö ^eine 
aber feine ?lbbrücfe empfing, fanb er ju feinem ßntfefeen, ba^ bie Senfur 
ben Xejt nnbarmtjerjig üerftümmett ^atte. (Sr entfc^loft fid) ju einer 
fofortigcn Öudjau^gabe, griff jum vierten 9J?ate jum ^olirfta^l unb ge* 
mann balb in :3uliui^ (Sampe in |)amburg einen rührigen SSer leger, ber 
il)m für bie „.^ar greife'', bie 88 üieber ber „|)eimfe^r", bie erfte Stb^ 
tbeilung ber „SZorbfeebilber" iinb fünf anbere ÖJebid)te ein für allemal 
fünfjig üüuis^b'ür bejaljUe. 3)a^ Öanje mürbe als; „SReifebilber" 93anb I 
bejeidjnet unb erfd^ien im SWai 1826. 

311«^ t^eine bie |)arjreife aufarbeitete, fucl)te er natürlich nur nad^ 
einer bequemen J^orm, um ein möglic^ft grofee«, pifanteg ©ammelfurium 
Don bid)terifd) aus^gemalten Silbern au«^ SRatur unb Seben, ©ebanfeu 
über @ütt unb SüJelt unb mifeige einfalle aller 3trt unterjubringeu, 
mie e« vor i^m Sterne in feiner „Smpfinbfamen 9leife", I^ümmet in 
feiner fcanbalöfen „SReife in bie mittäglichen ^rovinjen von fjranfreirf}" 
unb ?lnbere gettjan. 33ie „|)arjreife" follte, toie er felbft an SRofer fd^reibt 

») I, 6. 424. 



39 

(25. Dctüber 1824 itnb 11. 3anuar 1825), ein äufammengeinürfelte§ 
Sa^^pentüerf üon ebelu ©efül^Ien mib ©emüt^^fe^rid^t toerben; mit guter 
93ered^nung be^ ©efd^mad^ ber großen äJiaffe ijat er inbeffen einen 
2)elicateffeulaben für litterarifd^e geinfdjmecfer barmi^ gemacht, ©eine 
®pxa(i)t tvax l^äufig bitter unb ber Slu^brudE eineö üerneinenben ©eifte^, 
aber er fagte bie fd^Ummften 3)inge mit ber Ueben^trürbigften SDtiene 
unb liefe feinen rabicaten Slnfid^ten ftet^ ein unfd^utbige^ fiäd^etn folgen. 
@ine fold^e Slül^n^eit mufete in einer ^^it, in ineldjer e^ in ber fiitteratur 
unb anä) fonft ftarf nad) I^eetraffer buftete, in ©rftaunen fe^en; ^eute 
fjat ber polemifd&e J^eil üon ^eine'^ ^arjreife nid^t^ Sluffaüenbe^ me^r, 
un^ fommt ^eute mand^eg ünbifd^ üor, tva^ bamalg öielleid^t fetbft bei 
freien ©eiftern jünbete; ^eute finben mir „poUtifc^eö ÖJefd^mä^ leerfter 
9lrt" ^) in Slu^f ü^rungen, metd^e bamate öielleic^t 3?iete entäüdten. 9?ur 
t)on biefem ©tanb^unfte au§ !ann Xreitfd^fe ^) fagen, bafe in bem bum|)fen 
unb gebrüdten fieben biefer 2;age bie ^^^arjreife" faft trie eine befreienbe 
Xt)at erfc^ienen fei. 

/ 3Bag fagt ber ®id)ter benn eigenttidE) ©rofeeg ? Sr mirft aüerbingg 
um, aber er haut mäjt auf. Sr i)at ba^ ^erj auf ber tinfen, b. ^. ber 
„liberalen Seite"; er freut fid^ augenfd^einüd} ber „bebeutungöfdEjineren 
3eit", in ineld^er er lebt, wo „ tauf enbjäfjr ige 2)üme abgebrodjen unb 
Äaiferftü^te in bie 9lumpel!ammer getrorfen" werben (III ©. 36); er 
nennt bie Sinnen be§ heutigen 3lbel§ „priüilegirte Staubüögel" (III, ®. 
512, eine Stelle, bie er fpäter ftrid^); bie Statuen ber beutfd^en Äaifer 
in ©o^Iar üergteidE|t er mit „gebratenen Unit}erfität§==^ebeüen" (III, S. 
35); er beutet in einer ^ßc^ft ergö^lidjen SBeife bie :potitifdE|e S^mbolif 
beg 93aHet^ (III, 60) ; er fingt mit öegeifterung Slrnbt^ö fd|öne§ Sieb öon 
bem @otte, ber Sifen mad^fen läfet unb feine ^ned^te ^aben miü, erträrmt 
fid^ gleid^jeitig für bie beutfdEje Untertl^anentreue unb erftärt i^n dürften, 
„bafe fie fidö irrten, menn fie meinten, ber alte treue ^unb fei ptöfelidi 
toO geworben'' (III, S. 31). 

®a§ ift bie politifd^e SBei^^eit ^eine'^ in einer 3^1*^ ^^ griebrid) 
SBil^elm III. fein SSerfprec^en, eine SSütföüertretung einzuführen, nid|t 
erf üUen ju muffen glaubte ; too SRetternid^ burd) ben Sunbeötag f rei^eitS^ 
feinbtid^e Sßaferegetn erliefe, tro bie ^i^eufeifd^e ^otigei überalt Demagogen 
witterte unb bie ©efängniffe füllte, (gr ^ätte öiete^ fagen fönnen, o^ne 
in einem ju Hamburg erfdEieinenben 93udbe bie Senfur fürd)ten ju 
muffen; er fagte nid^ts me^r, treit e§ i^m uodE) nid^t genügenb am 
^erjen tag. 

dagegen fprad) er fid^ in retigiöfen 3)ingen meit beftimmter au^ ; in 
jener 3^^^ burfte man ja, inie üielfad^ aud^ in unfern 2Cagen, gegen ben 

») Sd^crcr 6. 664. - ^) III. 6. 712. 



40 

6errfd)er aller öerrfc^cr fid) me()r erlauben, al« geflen bie SRajeftäten 
auf CSrbcn. üx fpüttelt über bie 1)1. Dreieinifjfeit* (HI, S. 27), fpric^t 
über bie SDiutter WotteiS (III, 2. oll) eine — fpäter meggetaffene — 
gemeine i8la«p^emie ; er freut fid), bafi bie SRatioualiften bcn alten 
,SUrd)eufd)ntt iDegräumeu, morunter fo üiele Sd^langeu uub böfe 3)ünfte" 
(Hl, 2. ölo; fpäter ebenfalle ipcggelaffen). 

3n ber politifdjen unb religiöfeu ^olemit liegt aber bie SBebeutung 
ber .<>eine*f(j^eu .t)ari(reife uid)t, toenu feine ^etunnberer e^^ nn^ and) 
glauben inad)en mollen; fie liegt in bem frifd^en, froren Kampfruf, ben 
er, mie mir fe^en toerben üou 33rentauü angeregt, gleid^ ben SRomantifern, 
aller ^^f)iliftrofität entgegenfdjleubert. Ueberall fie^t er (Sug^er^igfcit, 
!l)iüd)ternf)eit unb 33umml)eit, am meiften an ben beutfdjen Uniüerfitäien. 
Üüiit i^orliebe bringt er ben («^egenfaft jjttjifdjen einem frei unb bid)terifd) 
empfinbenben Weifte, ber er felbft ift, unb ber fid) allenthalben auf=* 
brängenben platten ?llltäglid)feit sinn 3(ui5brucf, überall fliegt er au« ber 
^^Irmfeligteit besj mirflid)en iiebeuö, wo er feine «t^erjieu gefunben, in bie 
?lrnie ber li)iatur. "ilm bem 'jßanbeftenftall, wo römifd)e (Safuiften i^m 
ben Weift mit grauen Spinnmeben überwogen, toill er auf bie ©ergc 
fteigen, wo bie freien üüfte iüe()en. 

Wleid) im 'Einfang l)ält er mit Wöttingen, feinen ^rofefforen unb 
^45l)iliftern blutige 9lbred)nung \), unb bie bort vorgetragene 9ted)tömiffen== 
fd)aft üerl)öl)nt er präd)tig in bem betaunten erften Iraumbilbe ber .^arj* 
reijedll, 5. 21j. yioij fd)ärfer rüdt er ber 5ß^iliftrofität auf ben üeib, 
tpeld)e im bürgerlidjeu ftleibe unb namentlid) bei .öanblungs^beftiffencn 
fid) breit mad)t. tör f)at ba«^ Unglüd, i^r oft unb in ben üerfd)iebenften 
Weftalteu ju begegnen. 

ISbenfü tpenbet fid) feine Satire gegen bie l5eut)d)tt)ümelei jener 
läge unb bie in ber '»^oefie l)errfcl^eube i)tü^rfeligteit (in ber er felbft 
mad)te!). 2)ie Sd)ilberung ber 5ceue im S^rüdenl)aufe, wo bie beiben 
fentimentaleu Jünglinge mit fel)nfüd)tig aus^gebreiteten 'Firmen üor bem 
offenen Äleiberfd^rante ftel)en, ben fie für ein ?^enfter Ratten, unb bie 
9iad)t mit einem l)ersscrreiftenben .?)i)mnu«J anfingen; too ber (Sine eine 
gelbleberne .öofe für ben 9J?onb l)ält unb in Dffian'fd)er 9iebellt)rif feiner 
toeinfeligen Stimmung üuft mad)t, ift fo oortrefflid), ba^ man ben ge* 
fd)madlofen 3d)lu^ berfelben oergiftt (III, 3. 64). 

^^Iber oft genug l)aut ber Satl)riter mit feinem 3d)toert haneim 
uub gerätl) felbft in eine läd)erlid)e Stellung. Sieben gut poiutirtem 

*) Xic 3lnfanftött)orte : „Die Stabt ÖJöttinöen, berühmt burd^ il^rc 2öürftc unb Uni= 
ücrfität" finbct iö5I(döe !Iaffi(t^. l)a§ mööen fie jcin, ßöng oriöinal aber finb fie nid^t, 
benn 53^ron faßt im Don 3uan (Canto I) ä^nVxä) üon ©eüitta; famous for oranges 
and women. 



SBi^e uub feiner Ironie begegnen mir albernen aSortjpielen nnb nid^tg^ 
fagenben Sleben^arten. 3^m ergebt e^ toie Siömer in 93rentano'ö 
„ÖJobtt?i'' : er n^i^ett immer nnb mn§ be^megen m and} mal treffen. 

SSöIlig erfrentid^ in ber ^^^arjreife" finb bie ftimmnng^öüll cnt^ 
tüorfenen SRatnrbitber nnb baö, tva^ §eine fetbft ,,@emüt^gfe^ric^t" 
nennt. (£r ^anbelt genan naä) bcm Slecepte Sean ^aur§, n^etc^cg er 
in ben ,,93riefen au^ Serlin" (VII, ®. 596) fotgenbermafeen (f|arafteri= 
firt: „(£in ^tan ^ßanffd^er Sloman fängt ^öc^ft haxod nnb bnrle^f an, 
unb ge^t fo fort, nnb t)Iö^Ud^, e^e man fid^ beffen üerfie^t, taucftt ^erüor 
eine fd^öne, reine ©emütl^^melt, eine monbbeteuc^tete, röt^lic^ blül^enbe 
^almeninfel, bie mit aW i^rer ftiüen bnftenben ^errlid)feit fd^netl 
n?ieber öerfinft in bie ^ä^tic^en, fc^neibenb freifc^enben Söogen eineö 
cjcentrifd^en ^umor^." Sold^e ^almeninfeln, anf treldie ber anf ben 
SBogen beö ^eine'fd^en Kapriccio^ nm^ergetrorfene ßefer gern fid^ rettet, 
finb bie SRatnrfd^ilbernngen. 3m t^rifdien Sntermejäo gab er mir fleine 
3tuöfd^nitte an^ bem großen ©emälbe ber SRatur, n^ä^renb er in ber 
„^arjreife'' ba§ 93i(b fetbft entrollt mit ber grünenben Srbe, meldje ber 
btaue ^immet nmarmt. 'Dag ift bie ect|t romantifc^e SRaturbegeifternng, 
njeld^e am meiften in Örentano nnb ©c^enborff glühte, bie i^r in 
„@obtt)i" nnb „Sl^nnng nnb ©egentoart" bereite Slnöbrndf gegeben 
i^atten. Slber ^eine übertrifft fie 93eibe. Unb im „@emüt^§!e]^ri(^t" 
übertrifft er 3ean 5ßanl, toeit er nic^t fo oft tok biefer bie im ßefer 
l^eröorgernfene ©timmnng jä^ burd^fdineibet, fonbern fie fanft an^tönen 
lä^t. ®abei ift er fing genng, bie beiben mid^tigen Sngrebienjien feiner 
®arftellnng^n)eife bem ©erid^t nnr fparfam jnjnmeffen, nm nic^t Ueber== 
bru§ ^erüorjurnfen. 

§einc üerfügt in ber „^arjreife" über eine ftiüftifd^e SReifterfc^aft, 
toeld^e nn§ nad^ feinen erften profaifd^en S)arfteüungen in ©rftannen 
fe^en mn§. 2)er nnnnterbrod^ene glnfe ber S)arfteünng, bie beftänbige 
?lbtt?ed^felnng üon SSi^, Satire nnb 93egeifterung feffelt nn§ nnttjiber- 
ftel^Iic^, ba^ ftifd^e ßeben, bie ooße garbengebung reijen nnb erquiden 
unö. 3)er Jonfaü ber mandimal langen 5ßerioben fd^eint mit bem Dl^r 
Derfnd^t jn fein; leidet beginnt ber @a|, er l^ebt ficti in ber SKitte unb 
tönt t}oU aus. SKit großer SJorliebe üern^enbet ber 3)id^ter farbige 
(Sigenfc^aftömörter, n^eld^e aderbingS oft ia^ 3Ra§ beg Srianbten übcr^ 
fc^reiten, toenn fie ben oierten ober fünften J^eil be^ ganjen ©a^eö 
einncl^men. , 

®er ^eine'fd^e SSife ift ba^ Äinb einbringenben SSerftanbe^ unb 
einer fc^arfen Seobad^tungögabe. (Sr erfpä^t bie Slc^iüeöferfe feinet 
©egnerd, nnb unüerfe^en^ fügt er il^m eine fct|tt?ere SSunbe ju; feine 
(Sigent^ümfid^feit, meldte jnm ©diaben ber betreffenben 5ßerfon au^- 



42 

gebeutet tperbeu tonnte, entgeht i^m. Ireffenbe äJergleidie unb 99ilbec 
ftrömen it)ni babei nngejiüungen ^u; er ift üReifter in ber SfuStDOl^ 
)7acfenber $3ejeid)nungen unb ia^ (>4an^e l}eU beleud^tenber (Sigenfd^ofil» 
ttjörter, foiuie in ber tuitjigen 2Rümentaufnal}me. 9iur toeuifler 3^8* 
bebarf er, um un« eine Weftalt mit öerblüffenber ^htfctiautid^feit oor ^tilgen 
ju führen. 2Rit ien Wegenfötjen fpielt er mit üoUenbeter SSirtupfität ; 
and) ba^ 5^einblid))te luei^ er ^n einer Bereinigung ju f\minflcn, toc((^ 
ein tuitjige«^ ?lenftcre jeigt. 

J^n bem allen erfennen tpir beutlid^ ben Sinfluft einiger fjod^begabter 
3?id)ter, üon benen .öeine and) fünft gelernt i)at. Xk Haltung be^ 
©anjen ift fidjtbar beeinflußt burd) ßtemen^ SBrentanü'«^ 9lbf)anbtung 
über bie ^l)iUfter unb .öoffmann'^ 9Äärd)en „3)er golbene lopf"; im 
(Siuiielueu läßt fid) and) ber (Sinfluß 9lean ^axiVii nadjtueifen. 3)ie 
„.^ar^reife" ift eigentlid) bie in Scene gefegte 3lbl)anblung SBreutauü'ö. 
üe^terer jergliebert ben" ^^ilifter ; .^eine fül)rt i^n in niedrem @jem* 
plaxcn leib()aftig üor. iSrentano'«^ lißtjilifter ift feft überjeugt, ba^ nixö^^ 
terner 5peid)e( ettpa^ fel)r .^eilträftiges^ fei; ^eine jeigt uui^ einen 
pf)itifter()aften ÜBürger, ber fid) ebenfalli^ mit nüchternem ©peid^el 
curirt (III, S. 43); Sörentano üergleid)t feinen ^^^ilifter mit einem „er=* 
trunfenen Weid^nam"; .^^eine fagt üon bem Seinigen, er fe^e an^, ciU 
l)abe er bie „8Jiel)feud)e erfnuben" ; örentano'!^ ^^ilifter geljt mit „tüeißer 
9?ac^tmüfee" unb „J^taneßiade" j" 83ett; baffelbe tljut bei .^eine ber 
pI)Uiftröfe ftaufmanu (III, 3. 65). 2)ie ?lnfid)ten, tpeldje Söreutano'^ 
?ß()ilifter über bas^ Söefen ber. Sd)önf}eit in ber xim umgebenben Siatur 
^jreis^gibt, finben mir in äbniidier 'ißfatt^eit bei .öeine mieber. äöie 
S^rentauü, üeriuenbet andj ©eine bie Siamen berüfjmter ^eitgenoffen in 
tüi^iger Jlnorbnung; tüie biefer, gibt er ()umüriftifd)e 3lbteitungen ber 
Wegentuart üon ber Bergaugen^eit (üergl. |)eine'g 5lbteitung ber 93ur== 
fdjenfd)aften mit SUreutanü's; ßreti unb ^let^i). Der ganje Ion ber 
„.^arjreife" aber finbet feinen Borgänger in iörentanü'«^ „Wobtoi". SBie 
fe^r «öeine im Stile SBrentauü'sf fdjrieb, i\eigt folgenbe ^^robe auö bem 
SBriefe Stömer'i^ an (%btpi (I, S. 84 n. f.): m^c^ tonnte nirgenb^ 
untertommen, aU im gotbenen !q. 9iid)t einmal eine Stube für mi^ 
allein tonnte id) ^aben unb mußte, ba id) ^n Öette ging, t>a^ i^^))j>xää) 
jitoeier mit mir einguartirten Stubenten ^ören. 2)er (Sine oon !q. tarn 
fe^r üerftört nni traurig nad) .^aufe, unb fd^rieb feinen Äummer in ba^ 
J^reubenbebet eines; nngtüdüdjen J^rauenjimmers^; bereu 33ilani( er l^eute 
gesogen unb ein große«^ "Deficit gefunben i)abc. Der '^Inbere, ein jiiemlid^ 
trodeuer ®efetle oon 3-, tooUte ben Äummer gar in teine Sted^nung 
gebradjt miffen, unb ärgerte ben (Srften burd^ feinen Droft, 5- bel)aupte, 
alles; läge im ßapital^^Konto besf 3d)jj, faft bi^ ju D^ränen. 3ld) reigte 



*" 43 



?lM?t J^ge^anbrudi ab uub founte bcnnod^ bcn ^ebräifd^en äÄütgengebetcn 
"Ife |)0tmfcl^cn 3ubcn nid^t entgegen; fic ücrberben mir ben ©efang ber 
JKäd^goßenlicbcr, bie mir burc^ bie ®tabt nad^^aßten. . . . 3c^ rollte 
burcll bie fd^önen breiten ©trafen; ein falter tobter 5BJinb ftrid) 
mit um jebe @dfe entgegen, alleg, tva^ id^ fa^, inaren Seute, bie 
huxäf ®e^orfam gerabe, unb Seute, bie burd^ ©tofj frumm gelten 
gelernt l^atten, ©olbaten nnb Höflinge." SBer ineitere SKnfter münfc^t, 
aadj für bie ernfte Seite, ber üergteid^e fotgenbe ©teilen an§ „@obn)i" 
mit äl^ntic^en bei ^eine (2®. 135): „®ie ©onne [tieg teife hinter bem @e* 
fid^töfreife em|)or nnb !ü§te bie ©d^eibet^ränen ber SWad^t üon ben 93(nmen. 
®ie brang au§ ficti fetbft empor, ioie bie @(nt^ ber fieibenfc^aft, unb 
ba^ Seben erioad^te in fteigenbem ©lanje, ioä^renb bie unbestimmte 
Iraner im Schleier be§ 9?ebel^ feierüd^ unb oer^eifeenb in bie ®rbe 
ftieg. ©0 njcrben bie ©eufger ber trauernben SÖittn^e ©euf jer ber Siebe, 
unb ber ^anj fdimebenber Sidbter blühet in Srrlid^tern unb geuer^* 
tüürmd^en über ©räbern unb 93Iumen." 

^offmann'ö SJiärd^en „S)er golbene Xop\" ^at ebenfalls auf |)eine 
eingetoirft. Slud^ ber ©tubent Slnfetmu^ ftöfet jeben SlugenbtidE mit ber 
^jrofaifdien Slütägüd^feit jufammen unb tüirb bann unfanft au^ feinen 
^l^antafieen in bie Söirttid^feit jurüdEgerufen. 3)er Sonrector 5ßaulmann 
ift juft fo ein 5ß^iüfter, toie |)eine i^n oft jeid^net. ®ie brittant ge== 
fdiilberten Iräume, tvddjt ^eine un^ ausmalt, ioeifen auf bie toßen 
5ßl^antafieen be^ Slnfelmuö jurüdf. ®ie üortrefflid^e Äneipfcene im 
SBrodEentoirt^g^au^ bürfte burd^ bie ä^ntid^e ©cene im „©olbenen Jopf", 
befonberg aber burd^ bie in ben „Stijieren be^ leufete" (SÖerfe, 93b. 
VI, ©. 143, Slu^gabe üon 1872) üeranla^t morben fein. 

Slud^ in ben Siaturfd^ilberuugen erfennt man ben ©inftufe be^ tollen 
SRomantüer^. Unsn^eifetl^aft fd^toebte ^eine folgenber @rgu§ feinet ta= 
IcntöoUen SSorgänger^ in „3)er golbene lopf" üor: „ÖJlü^cnbe ^^acin^* 
tl^en unb Sulipanen unb Siofen ergeben i^re fd^önen ^äupter, unb i^re 
jDüfte rufen in gar liebüdien Sauten bem QJIüdEUd^en ju: toanbele, 
tüanbele unter un^, ©eliebter, ber bu uu^ üerfte^ft, unfer 3)uft ift bie 
©e^nfud^t ber Siebe .... ®er S)uft ift bie ©e^nfud^t, aber geuer 
ba^ SSerlangen," al^ er fd^rieb: „3)ic Stumen im ©arten unter meinem 
genfter bufteten ftärfer. 3)üfte finb bie ©efü^le ber 93lumen ufm." 
(III, ©. 39). 

Sin 3ean 5ßaut unb 93rentano jugleic^ erinnern mand^e 6igent^üm=^ 
üc^feiten ber 2)arftellung. Söie fie, liebte auc^ ^eine — Slnflänge baran 
finben fic^ fd^on in btn „berliner Briefen" — l^umoriftifd^ gefärbte 
Silber, um eine 5ßerfon furj ju fennjeid^nen. 2)abei tocrben förperlid^e 
(Sigenfd^aften unb ^^^ftänbe in fedfer 3i^f^^wtenftellung auf bag (Seiftige 



44 

bej\üfleu unb umflcfe()rt. 9Äau fct)c fid) bie 5d)ilbcrunfl bcr beibcn 
Damen m^ bie .ßeiuc in bcr Söirt^«()au«»)cene üon SRorb^cim trifft (III, 
vS. 20). "Das; ift bie ?(rt ÄJift, üon tueldjer 3can 'ißaul fagt: ,,3)er . 
Söi^ ift mie ein Pfarrer; er copnlirt s^vei entfernte Öorfteünncjen, am 
üebftcn foldje, flegen beren Öcreiniflnng alle äJermanbten finb." Se^en 
tüir, üb .^eine üon 3edn ^^Saul gelernt {)at. 

!3ean ^anl fpridjt in ben „J^legcljaliren" üon einem „3önften* 
flefid)t" ; .öeine flebrand)t ,,Dnabratmeilen=" nnb „SRanufacturttjaaren^ 
Öefid)t"; im ,,Iitan'' nennt y^can ^^Janl einen ^rinj^en „ein lebenbifleö 
Snccejfion^^pnlüer", .ßeine be^eic^net einen if)m tuiberüdjen SRenfdöen aU 
„(anfle«^ iBredjpnlöer'' ; einen armfeligen 3Jienfd)en nennt Ctean 'jßant in 
itn „J^lefleljal^ren" eine ,,abge|}flncfte, tuinterlid) falte Weftalt," .öeine 
rebet üon einem ,,abfletracjenen üJiann" nnb üon einem „frierenb falten 
Wefid)t". 3öie ^can ^^ßant üon „mofanten äÄäbdjenfleftalten" rebet, fo 
•t^eine üon „ernftbaften ^Barten" nftu. Die SRanier ift alfo biefelbe. 

ÖJans ätjnlid) nennt Srentano ben ^^Sbilifter „nmiDanbelnben ileid^en* 
bitterftücl" ober ,rtrani^cenbentalen Iljeeauffln^" nnb djarafterifirt beffcn 
Seele aU einen „gefrorenen Sdilafrocf". :3n „®übti)i" fpridjt er üon 
„frenbigen .^nften". äiei .^eine trägt 5lfd^er einen „tran«^cenbental== 
granen üeibrod" nnb ijat „abftracte ÜBeine" 2C. 

^>^n ber jdjönen (Sbaratteriftit bee bentfdjen üJülfemärdjens; enblid} 
tuarb .Ipeine bnrd) bie Sorrebe p Wrimm'fif „.t^aus^^ nnb Slinbermärd^en" 
angeregt; fie ift eine ausfge^eidbnete biditerifd^e Umfd^reibnng einest üon 
ben beiben J^ürfd)ern Ijingetporfenen (^ebanfens;. 

Die im erften 'iSanbc ber „iHeifebilber" entljaltenen 88 üifber ber 
„.^eimfeljr" finb in neuefter 3^it Wegenftanb ernfter llnterfnd)nngen ge= 
n^orben. Senffert *j fommt ju bem ISrgebni^, ba'\] ba« ^üdjlein nid^t 
einen üiebes^roman, fonbern i\tuei (}üf)e, s^uei niebere nnb meljrere flnd^= 
tige ÜJerbältnifje er^ä^le; ^^Imalia .^einc gelten eine, Itjerefe gelten ^toei 
Wrnppen. Xa^ ift nnbeftreitbar ridbtig; bie ^Ibfd^nitte finb beuttid) ^n 
erfennen - für ben wißbegierigen ücfer fei ^ier bemerft, baß gleid) (jinter 
bem Ijäßlidjen Webid)t üon Ä'ünig 353i«Jrt)amitra(liRr. 45)bie 3lntünbignng 
eine«^ nenen Üiebeijfrüljling«^ erfolgt - - nnb ertoeden B^oeifel, ob ein 
9)lam\, ber einem (iijdm ber fdjönften nnb reinften iiieber bie üRiß^ 
geburten einer nnge^ügetten ®innlid)feit einverleiben tonnte, einer tiefen 
SJieignng fäljig toar. 

(Sr beginnt mit ber äJerfid^erung, ba^ er nnr finge, um fid^ üon 
feinem üeib ju befreien (1). Die Öetiebte ift ibm bie üorelel), bie i^u 
in'«^ äJerberben brachte (2). 2lm tiebften toäre eö i^m, toenn bie Sd)ilb= 

') SBicrtclja^rSid^rift für beutjd^c üiittcraturgcjc^id^tc III (1890), ®. 601. 



43 



iget taxä) bic ^Iruft jagte (3). 3)ieteii uier (^ebidjten folflt ein ©enre^ 

Ig miem :3ägcrf)aiife (5). I)ein ^icfiter liegt inbeffen fcfir baran, 

,fic Sfimmuug bet Einleitung ju jerftDren ; et bat uon ben ®ltern 

ucrmäfitten ©elie&ten gefiört, baß fie in SßJocfien gefoimncn (ei. 

@r gratulirt ^ßftidj uiib Detjentt ficfj bann in bie ?(ugcn beS 5d)nje= 

fterrfjenS, bie gauj ben Vluäbnicf ^cner öaben, bie it|n fu etenb gi;= 

mad)t (6). 

SiJie um ft{6 nn ber ungetrenen (Üeftcbten jn tftcEicn, et^äl)!! er 
iiunnieftr ein i.'iebegal.>enteucr, ba9 er mit einem gijc&ermobdten am 
SDieere erlebte. Bie fieht ben „fremben blafjen 3fiann" mit i^ren 
ftftroaräbrannen ^ugeu an unb fragt, roa« ifjin feftfe- 3" ebelcr ©e= 
idbcibenfteit nnttpurtet er mit ben bernljmt gelDorbenenaKorten: „3* bin 
ein bcutj^er iJicfitcv, belannt im bentjdien 2anb; nennt man bie beften 
Siamen, fo roirb au* ber meine genannt" ( 13). 3^«^ riifirt if)r Öers, 
l'o baß er in bem rei^cnben Wcbidjte: „I^u iil)öneö Jljiiiiferniäbdfen", fie 
bitten bnrf, t&m SSertrauen s" ffftenten (8). Unb fie uertraut iftm, er 
ru^t tu ilireii Firmen |9); aber Sefimutl) preftt ibr J^ränen in bie 
fingen unb er fußt bic iüllenben »du iferer »eifien .^anb; jeit jener 
ätunbe jefirt fi(^ jcin üeib unb feine Beele ftirbt »or ScEinen. 3Jiit 
lädjerlichcm ^at^o« fügt er Ijinju: „SLRitft fiat baö nnglücEjelige SBeib 
üetgtftct mit feinen 3äl)ren" (14). gm nädjfteu (_Webicf)t aber ersäftlt er 
pra^Ierifdt oon brei fdibncn ^rtiulfi" auf feinem Scfilofe, bie iftu beife 
lieben unb füffeii (15)! 

3)ic fotgenben ätuölf (Üebirfjtc fiub luieber ber ©rinnernng an 9lmülta 
©eine fleioibmet unb bifben eine innerli^ üerbunbene Ijodibebcntenbe 
©ruppe DDn üiebcrn. ör fiebt bie £tabt, wo er ha^ üiebfte uerlor, 
Don ferne (16), er tritt bncdi ibre Jfiüre (17), loaubclt burdj bie 
alten, mofilbefnnnten t^ffen, bis su feiner üiebftcn ftau« (18) nnb be= 
fud)t jene ^aüen, wo fie if)m Iveue DcrfprurtKu (19)- ®r gtaubt fidj 
p fehen, wie er uur ibrem ^enfter fdjmetjtiii) in bic Ööfie ftarrt(20). 
(Sr fragt, roie fie ruhij! fdilafen fijnne, ba er nodf lebe, brul)t i()r mit 
ber £afle com tubten .Slnabcn, ber bic Wcliebte Slarfitö s" f'ftl i"'* 
C^rab gebolt (21) nnb malt iltr btefe jdjanerige tSutfiifjrnng in bcu grcHen 
Sorben ber „^rannibilber" an« (22). Xann crfdjeiut fie itjm im 3:raurtie, 
nnb Sleibc meinen (23). t5r nennt ficb einen ^Itlaö, er trägt eine Seit 
uon 2d)mcräen (24), aber er laftt nie von feiner Üiebe, nur einmal 
nurf) mödit' er üor idr uiebeii'inteu uub ftcrbcnb anärnfcn: „ä'tabani, 
id) liebe 5ie!" (25), älHebcr träumt er, baß er jur Stöbt fonime, in 
meldjcr Üiebcfecu luobut. Sie liegt blaß unb Derl)ärmt im j^enfter, toftf)' 
renb er bie Steine ber treppe tii^t (26). Sr fi^Iiefit bic (Gruppe mit 



46 

einiflen 'ißtjrafcu über feine Il^räueu uub feine Siebe, bie mie eitel ^anij 
jerfiüft (27). 

©sj fülflt eine Steige üermifcf)ter ©ebid^te: QJenrebilber (28, 29, 
38, 41), (Erinnerungen an bie iKcrgangenl^eit (30,31,33,40), ironifd^e 
©ebidite üerfcf|iebenen 3nt)alt^ (32,* 33, 34, 35, 36, 39, 42, 44), 
n?eld)e burd) ben „Äönig 3KiiJti)mnitra" (45) einen ro^en Slbfd^tu^ finbcn. 

Die meitern iiieber (46-63) finb, bi^ auf eines;, einer neuen 
reinen Üiebe gemibmet. (£r Dergleid)t bie (beliebte einer 33(ume, fo l^olb 
unb fcl)ön unb rein ift fie (47). (£^ märe i^r Serberben, wenn fie i^n 
liebte, aber e« gelingt it)m, i(}r .^erj ju erobern (48). @r benft ftetä 
an fie, an it)re füfeen, Haren §lngen (50, 51), er träumt üon i^r (49), 
er betet ju iljr (52). 9lber trofe aller Siiebe, bereu er fid^ nid^t me^r 
f ä^ig glaubt, tuagt er nid^t, um üiebe ju bitten ; er fann nur f üff en unb 
fdjerjien unb f^räd^e öielleic^t ein fjöfjnifd^es^ SKort, tuäljrenb er ftirbt 
t?ür ißerlangen (53). Sie tt}eilt feine Üiebe inbeffen nict|t, obgleid^ er 
esj anfangs^ glaubte (55); fie fieljt nic^t, mie fein |)erj verblutet (60), 
fie l)at il}n ju ÖJrunbe geridjtet (62), unb er fommt ju ber ©rfenntnift, 
ba^ S)er jenige, ber ;\um jtueiten 3)tale glüdloö liebt, ein SWarr ift (63). 

^)tad} brei belanglofen Webidjten l)ält er c^ für bie ^öd)fte 3cit, bie 
„Slirmesjluft" burd) ein Jractament mit „®d)emelbeinen'' ju ert)öl^en. 
(£r I)at bie ^latonifdje üiebe befungen, nun luill er ben „Äaftraten'' 
neuen 5lnla§ ^u ^^tergefdjrei geben (9ir. 79). 9luf ben Itjron ber 
fprüben (beliebten fefet er bie 3)irne uub legt i^r ein 3)ufeenb unjtpci* 
beutiger Webic^te ju {^üften. Xk Üüiatjnung: „SBlamier' mic^ ni^t, 
mein lieber Äinb,'' tennjeid)net jur Wenüge ia^ föetuerbe feineö üieb== 
d)enö, bas; er mit blauen .^ufaren ju t^eilen l)at. üBülfdje^), ber ben 
(Einfall Ijatte, .Soeiue'ö gemeine tSrotit jium 33eftanbtt)eil einer neuen 
äftl)etifd)en 2i5eltanfd)auung fjinaufjufdjranben, tjält bie beiben §ufaren=^ 
lieber (9ir. 73, 74), „tuasf J^^nn unb Stimmung ange{)t", für bag 
„betüunberungs^iüürbigfte (Srjeugnift ber .^eine'fd)en ^oefie in bem ganzen 
(Sljclu!?; ber ».^eim!el)r«." SSJir finb über bie (£pod)c bes; moralifd^en 
(Erfc^rcdeuiSJ nod) mdji ijinam^) unb fümmern uns; in ber Il^at um 
„nüd)terne Slnftanböfragen" ^). 9Jiit ber bidjterifdjen J^rei^eit, feiner 
(beliebten 3traf3enbirncn an bie Seite ju fteüen, l)at .^eine freilid) 
Sdjule gcmad)t. .^einc l)at übrigens; fpäter im „83uc^ ber iJieber", ge* 
trieben burd) bie Dppüfition bes; ?ßublicum^ unb ber ^^5reffc, bie ftärtften 
biefer ®cbid)te tüeggelaffen. 

9iad) bem ^ejenf abbat!) ber Sinnlic^feit lä^t ,^eine bie „$eimfe()r" 
in fanften Söorten aus;ti)nen unb fd^lief^t mit ber !öerfic^erung, bafj bieä 
S3üd^lein bie Urne für bie 9(fd)e feiner iiicbe fei. 

«) ©. 77. — 2) 6. 10. — ») ©. 47. 



47 

S)ie erfte @5ruppe ber Sieber jeigt gegen bag „t^rifc^e ^ntermejgo" 
einen gortfd^ritt. S)ie 9tü^rfeüg!eit Ijat nic^t mel^r eine fo grofee Ö)e== 
tralt über ben ®id)ter, er incint unb träumt nid^t me^r fo üiel. 9Kit 
ber SBefeelung ber SWatur ^at er faft gebrod)en; an ©teile ber tiebe=^ 
buftenben 93Iumen unb ftüfternbeu SBögtein i[t eine träftige (Sm^finbung 
für bie ©d^ön^eiten ber 9iatur getreten, meldte er grofe auffaßt unb in 
präd^tigen, fein gejeid^neten 93itbern n^ieberjugeben n^ei^. Sn üielen 
©ebid^ten ift ein reinem QJefü^I ^armonifd^ jum Stu^brudf gebrad^t. ®in 
f feinet SKeifternjer! ift in biefer ^infid^t bag ©ebid^t: „3)Jein |)erj, 
mein ^erj ift traurig, bod^ luftig (endetet ber SKai" (3). 3n gtänjenber 
Äteinmalerei jeigt er ben @egenfa| jn^ifd^en feiner gebrüdten @emüt^^= 
ftimmung unb ber l^eitern Umgebung, bi§ bie te^te 2^iU mit einer 
überrafd^enben, aber t?öUig motiüirten SBenbung an bie (gingang^äeite 
anfnüpf t. äRit gleicher SKeifterfd^aft bringt er in ben f cfiönen ©ebic^ten : 
„3tm fernen ^orijonte" (16), „Siad^t liegt auf ben frembenSBegen(86), 
„3S\t ber SJionb fid^ leud^tenb brängt" (40), SWatur unb @emüt^ in 
©intlang, n^ä^renb „®ämmernb liegt ber ©ommerabenb" (85), aU 
reineö SWaturbitb feinet ©leid^en fuc^t. 

3n anbern ©ebid^ten tuenbet er fidi an bie ©etiebte jetbft. (Srgrei- 
fenb ift, trie er i^r, bie ein befümmerte^ elenbeg SBeib gen^orben, im 
2^raume begegnet unb für fie nebft i^ren beiben itinbern bie Pflege 
übernimmt (41); reijenb in i^rer einfad^en, njarmen (Smpfinbung 
mutigen un^ „2)u fd^öne^ gifd^ermäbd&en" (8), „S)u bift tvk eine 
S3Iume" (47) an. lief innig ift eine Steige metand)otifd^ angelandeter 
Siebe^gebid^te ; id^ nenne nur: „©tili ift bie SWac^t" (20), „Sd^ ftanb 
in bunflen träumen" (23), „SBaö njitt bie einfame X^räne'' (27), 
„SSenn id^ auf bem fiager liege" (49) unb üor allen ia^ fc^öne: „'Der 
Süb, ba§ ift bie füljle ^aifV' (87). 

Slnbere i)at bie friüole Spanier, bie ^armonifd^e ©timmung burd^ 
einen i^n felbft ijerl^ö^nenben ©d^lu^ ju jerftören, üerborben: 

9lur einmal noc^ möc^t ic^ bid^ jet)cn, 
Unb finfen öor bir auf'§ ^nicc, 
Unb ftcrbcnb ^u bir jprcc^cn ; 

Slber bie le^te ßeile bringt ba§ Sa^en be§ SRep^iftof eleö : 

^DZabamc, ic^ liebe Sie ! ( 25) 

Slber er ge^t nod) tueiter. 3n met)rern, augeufd^eiulid^ planöüü 
eingefd^obenen ©ebic^ten üon jebe^mal gtrei ©tropt)en l)ält er fid^ jelbft 
ob feiner Siebe^ttjor^eit ^rebigten. @r mad^t fid^ über fi^ felbft luftig, 
ia'i^ er, ioä) fonft „fein Sfel" in fold^en S)ingen, nocft nid^t triff e, mie 
er mit ber ©eliebten baran fei (32); er beuu^t bie iubifdje ©age öon 
ber göttlid^en Äu^ be^ SBafijd^ta, um ben i?öuig SBi^tpamittra — b. i. 



48 

bcn üiebenbeu, .feciue — einen Drfijen jn nennen, meil er \o üiet t^ut, 
nm eine Sixii) — b. i. bie WeUebtc — in feinen iBefi^ jn bringen 
(45) njm. 

^n nod) anbern Webid^ten enblid) tritt rü()rfelige Uebertreibnnfl nnb 
eitele Selbftbefpiegelnng I)erDor, j. Ö. in ben Webid)ten: ,,Der Slbenb 
tommt fle^ogen" (12), „ÜPienn id) an beinern .öanfe" (13), „I)aö 9Äeer 
erfllänjte tueit l}inaue'' (14), ,M nnglncffergcr mai^" (24). 

SJon ben üiebeeliebern luenben mir nns^ f^n ben üerntifd^ten @ebid|ten 
bcr „.^cimfcbr'', ben Wenrebilbern, iöadaben unb 9iaturfd)ilbernngen. 
Söon ben erftern mntl)en einige nn« an luie bid)terifd}e SBefc^reibnngen 
üon Öiemälbcu, benn toie bieje geben fie nnr eine Situation, feine fort* 
fd)reitenbe .f)anblung. So fd)ilbert er bae ^Jnterienr eineiJ ^^äger^aufeö 
(5), n?o bie blinbe (^roftnintter toie ein Steinbilb fi^t, ber rot^fö^fige 
3örfterdfo{)n n?ät^enb auf unb abgel)t, mäljrenb bie fd)i)ne Spinnerin mit 
itjren H)ränen ben '^ladj^ ne^t ; foioie einest |}roteftantifd)en ^^farrl^aufei^ 
mit äliutter, Sol)n unb Xödjtern (28); bie eine Xod^ter betlagt fid) über 
üangetoeile, bie anbere toill fid), nm nid)t su öerijungern, bem (%afen 
l)ingeben, ber Sül)n toill bie SUd^^mie erlernen. Da mirft i^m bie SJiutter 
bie JBibel in'sj Wefidjt, toäbrenb üon brausen ber tobte Sater an bie 
J?enfterfd)eiben pod}t. ISinen ^^lbfd)luB gibt ber !Did)ter nid^t. ©leid^ 
fragmentarifd) bleibt ia^ C^enrebilb „Söir fa^en am J^ifdjer^aufe" (7), 
fo ba§ bie brei (^ebidjte trüt5 il)rer ptaftijdjen J^arfteltung nid)t oolt befrie* 
bigen. 2)er i^ollenbung natje fommt bagegen „2)as^ ift ein fd)Ied^te^ 
Söetter" (29): eine alte SDhitter loanft, mit üeclereien für i^re fdjöne 
Iod)ter belaben, nad) .öaufe, toäl)renb biefe fid) fdjläfrig im Uel)nftul}l 
bel}nt, ein padenbesf, realiftifdjesj ÜMlb an^ bem üeben. SSüllig aus^gereift 
ift bie reijienbe tSrinnerung aus^ ber golbenen ^ugenbjieit: „3)iein ftinb, mir 
loaren .Slinber" (38), toeldje fo unge^iiDungen melandjolifd) aus^tönt ^). 

\Hm5 air biefcn (^ebiditen tritt nm^ eine glänjenbe SHegabung für 
befdjreibenbe tJpif entgegen; aber erft bie üorelei S^atlabe, bie in bie 
.^arjreife eingefd)obene „!^erg=^5bt)llc", foioie bie ber „.^eimtebr" angeljängte 
Stoman^e „Xic ÜlJallfabrt nad) .SleOelaer" ;\eigen nn^ biefetbe in iljrer oollen 
Starte. Wit leifcm Joufall beginnt bie „üoretei", um in einer oier== 

') ^ic feine (:?I)avaftcviftif bcs „licbenöwürbiflcii :,'>iünölinöö'' (^Jir. 65), tucld^c Alfter 
(I, 6. 124) alä auf §cinc'ö ^rcunb C^tiriftioui bcaüfllit^ bqcit()nct. ift unaiDcifcUjnft ou« 
einer burc^ ^offniann cmpfanflcnen ^llnreßunfl cntftanbcn. ^offmann füt)rt lUÖcrfc VII, ©. 
814, ^^lu§ft. Don 1878) in bcr „^Jiac^ric^t Don einem flcbilbetcn junßen ^JUlonne" einen ^ffen 
alö „Uebcnsmürbißcn ^ünfllinö" Dor; er (erliefet mit bcn äl^ortcn : „(^ö ift l)er3erl)cbcnb, 
wenn man ßcmaljr Juirb, mic bie (Kultur immer mc()r um fid) ßreift" ; ^eine bringt bcn 
cntßeöcnöcfctjtcn l^cbanfen in bcr Sc^luBftropt)e in ät)nlid)cr Sorm öor: ^0, wie ift cS 
l^od^erfreulid^ JC." 



49 

jeUigen ©tropfe anjubeiiten, ba§ ber Siebter ettrag ®e^cimni§t?otIe§ 
befingen tüerbe. 2)ie folgenben jn^ei ©tro^^en geben in anfd^antid^fter 
SKalerei ein fnappeö, fd^arfumriffene^ 93itb; mit ber üierten nnb fünften 
ge^t ber ©id^ter jnr ^anbtung über, nnb bie (e|te fc^üeftt mit banger 
Sl^nnng. (Sliebernng, äRalerei, |)anblnng, alle§ ift üoßfommen, nnb 
bie ©timmnng ect|t tränmerifd^, inie ber Stoff e§ üertangt. $eine l^atte, 
al§ er bie Sage be^anbelte, allerbing^ and) Element 93rentano alö SSor^* 
ganger, aber fein ©ebic^t befi^t felbftänbigen SBert^. 

3)ie „93erg=^3b^Ue" i)at biefelben SSorjüge, aber ber 3)ict|ter l^at fie 
aufgehoben burdi bie ironifd^e Haltung beö jtreiten S^eileg. 3)ie S^Ieine 
fragt i^n, trie einft ©retd^en ben gauft, tvk e§ um feinen (Stauben be* 
fteUt fei, unb er i)ält i^r eine längere Sortefung über feine 3)reieinig=» 
feit, l^inter toetd^er man mep^iftofetifd^e^ Mittlern ju üerne^men glaubt. 
S)er britte S^eit, reijenb ioie ber erfte biird^ fein fräftigeS unb feinet 
Kolorit, ge^t in bie Stimmung beg erften über unb tä§t baö (Sanje 
iool^It^uenb au^ffingen. 

35ie öietgerü^mte „SBaDfaljrt nad^ Äeüelaer" f)at üon bem fat^o* 
Uferen (Seift, ber fie burd^n^c^en f olt, feine Spur ; eine fatl^otifd^e SRutter, 
bereu So^n fid^ um ba^ tobte (Sretd^en grämt, bringt- il^ren Snngen 
nid^t nad^ Seöetaer, bamit er bort ber äÄuttergotteg ein SSSad^öl^erj opfere, 
unb fo fentimentat ift fein 93urfd^ au^ bem 9So(fe, ba§ er eS t^äte. 
S)a§ ift eine gemachte 9iaiüetät. Unb bann ftimmt ju ber finbtic^* 
frommen gärbung, treidle ber S)id^ter bem (Sanjen geben n^otlte, fe^r 
fc^ted^t, trie er bie SSirfungen ber SlBunbertptigfeit ber äÄuttergotte^ 
üon Äeöelaer barfteüt. Dl^ue ben jtoeiten J^eil ioäre ia^ ÖJebid^t ein 
fleineg 9Äeiftern)erf, benn e§ ift im erften unb britten fo fd^Iid)t unb 
tt?a^r, fo anmut^ig im Sotf^ton gehalten, fo me^müt^ig unb er^ebenb 
juglei^ im Sd^tufe, ba§ fid^ tuo^l SWiemaub feiner 3Q3irfung entjiel^en 

fanuO- 

^ftaä) ber „SSaüfa^rt naä) SleDetaer" muß man bie ber „^eimfel^r" 

folgenben Slomanjen „S)onna Sfara'' unb „Slfmanfor" lefen. 2)a ift 

$eine ganj n^ieber er fefbft, ganj lieber ber „So^n ber franjöfifd^en 

?ß]^iIofop^ie". SHmanfor fommt nad^ (Jorboöa unb tritt in ben 3)om, 

tüo nid^t me^r bie (Gläubigen bag ^ropljetennjort fingen, fonbern „©tafeen^^ 

pfäfftein i^rer SKeffe fabeö SBunber" jeigen. Unb „ba^ ift ein S)re^'n unb 

SBinben — 3Sor ben buntbemalten puppen — Unb ba^ blöft unb 

bampft unb f (ingelt — Unb bie bummen fterjen fuufetn." Stimanfor 

fnirfd^t mit ben 3*^^^^^^ ^^^'^ „bequemt" fid^ in bie Qtxt — er beugt 



^ ») 3)cr crjtc Stl&eil ber ^aflfal&rt" ninßt an ba§ ®cbit()t bc§ „3ntcrmcaao'§" : „giad^t 

J lag auf meinen klugen" (9lr. 64). 3)ei* 2)it^ter ^at fic^ l^ier felbft copirt. 

1 Q^btvei'&^U III Serein^fd^rtft für 1891. 4 



50 

fein iQanpt über ben 2!aufftciu. ®a« ift .^einc, inie er in ^eiligeuftabt 
fic^ ia^ ÜauftDafjer über ben Stopf fliegen tieft. Jltmanfor reitet bann 
in tüilbem Sagen jin feiner beliebten, üerfic^ert, ha^ er ba^ ftreuj im 
^er;;en trage unb fd^mört an einem 3tbenb brciftig 51}iat : „Qo waijic id) 
ß^rift bin.'' 911^ ber ©dimarm ber @Jäfte fid^ üerfaufen ^at, unb 911' 
manfor mit (Slara allein geblieben, fielet er fid) im ©eifte lieber mit ge* 
beugtem unb triefenbem .Raupte im !Düme ju Korboüa, er ^ürt bie SRiefen* 
faulen unmut^ig ob beiJ ^Renegaten murmeln: „Unb fie bredjen ipilb ju^ 
fammen — (£2^ erbleidjen )öolf unb ^riefter — Äradjenb ftürjt Ijerab 
bie Sluppel — Unb bie ß^riftengötter tt?immern.'' 

®ie JRümanje ,,3)ünna Slara" ift eine Satire auf ben Slntifemiti^^ 
mn^ ber ftrenggläubigen S^riften. Slara liebmanbelt mit einem frem* 
ben fd)önen ^Ritter, ber if)r §erj gefangen genommen. @r fragt fie, 
ioarum fie plöfelid) rot^ ioerbeV Stntmort: 9Jiüden Ratten fie geftod^en, 
ioeldje iljr eben fo üerljafit feien toie „Üangnafige Subenrotten". 9tuf 
feine Jrage, ob fie i^m getoogen, fd^toört fie il^m ein 3a bei bem ^ei* 
lanb, ben ,,bie gottüerfludjten 3uben bog^aft tüdifd^ einft ermorbet". 
Unb al^ er eubli^ fragt, ob fie nic^t falfd) gefd^moren, gibt fie jur 
9lnttoort : tJ^lfd) fei nidjt in il)r, benn in i^rer ©ruft fliege fein Iropfen 
iBlut be« „fdjmu^'gen 3nbenüolfe^". 3)er ^Ritter ift bamit juf rieben, 
unb ber 2)id)ter täftt jum ©c^luft eine fc^toüle Siebeöfcene folgen. S)er 
©c^luft bringt 2)onna Klara eine fe^r unliebfame Ueberrafd^ung: ber 
^rembe ift ber ®o^n beö SRabbi 3fraet Don ©aragoffa. 2i)ag ©ebi^t 
toäre nid^t übel, ioenn e^ nic^t au Uebertreibung litte. 

„SRatcliff" ooUenbet bie poetifdje 3)arftellung .^eint^fd^en gü^teng, 
inbem er bie an einen oerljaftten SJiann oerl^eirat^ete, toaljnfinnig ge* 
toorbene (.beliebte befc^toört. (Sr fpridjt mit il^r, bie fid^ in toiberfinnigen 
SReben betoegt, toeldje fein ^erj mit bitterm SäJe^ erfüllen; plöfelid) aber 
Igelit fid) i^r (Sebädjtnift auf unb fie fragt i^n mit i^rer alten füften 
Stimme: „Söie touftteft bu, ba^ idj fo elenb bin? ^dj ia^ eg jüngft 
in beinen toilben üiebern." ®a äietjt'g i()m eijffalt burc^ bie Sruft, 
il)m grauet ob feinem eigenen SBal^nfinn, toeld^er bie ßufunf t gefd^aut — 
unb er tüad)t auf. Da« ergreifenbe ©ebid^t gekürt ju ben fdjönften, tt?etc^e 
^eine in feinen guten ©tunben gebidjtet. 

!Der SKibertoille gegen ia^ notljgebrungen angenommene ©Triften* 
tt)um, ber angeborene ,,3ubenfd^merj" unb ber Ö5ram um bie jtoicfac^ 
Verlorene ©eliebte flutten in biefen brei, für bie ßtjarafteriftif .^eine'g 
bebeutenben Webic^ten unb finben iljren 9lbfd^lufi in ber „(^ötterbäm* 
merung", einem formoollenbeten, im ÖJeifte äHjron's; getjaltenen ©ebi^te. Der 
blütlientnoöpenbe SJiai flopft an feine, „be« bleidjen JräumerS", Jl^ür 
unb ioill i^n loden. 9lber Dergebeujf! Der Didjter l^at ju Diel unb ju 



51 

tief gejd^aut, um an ber clenben, trugerfüüten 333clt, üon lücld^cr er nic^t 
tpcife, ob fic ein Zoüi)an§^ ober ein S^ranfenljauö ift, greube l^aben ju fönnen. 
3n glänjenber ©c^ilberung fül^rt er biejen ©ebanfen burd^ unb jeigt bann 
in einer präd^tigen ^l^antafie ben S^am^f ber bunfeln ©rbgematten gegen 
ben §immel, b. 1^. beg SKafrofo^mo^ gegen ben ^eine'fd^en 9JlifrofoMo§. 
^eutenb ftürjen bie ©ngetjc^aaren auf ia§^ Slngefic^t, ber bleid^e @ott 
rei^t fid^ bie S^rone üom Raupte unb jerrauft fein §aar; aU ^eine 
aber fielet, ia'^ ein p^Iic^ fd^marjer Äobotb feinen — §eine'^ — eigenen 
(Sngel mit ber „ewigen Siebe um ben SKunb'' öom S3oben rei|t unb in 
^ärtfic^er Umarmung faft erbrüdft — ba ,,bröl^nt ein ©c^rei burd^'ö 
ganje 3Bettaß, bie ©äulen bred^en, ®rb' unb ^immel ftürjen jufammen 
unb eg l^errfc^t bie alte SRad^t". 3n feinem ©ebic^te i)at §eine feiner 
innern ß^i^i^iff^^^^it fo fräftigen Slu^brudf gegeben n^ie in biefem. 

Sie SRaturbitber ber „^dmttijx" werben am beften jufammen mit 
ben beiben Siorbfee^ßt^clen bel^anbett. SBol^I nirgenb fjat ^eine'g "iß^an^ 
tafie einen fo l^ol^en gtug genommen, unb nirgenb ^at er bei ed^t It|ri^ 
fd^em ©d^njung unb plaftifd^er Darfteüung einem ©ebic^t einen fo pU 
lauten Sleij gegeben, mle in ben SRorbfeebilbern. S)a§ SKeer fteigt öor un^ 
auf in feiner ganjen |)errtic^!eit, mit feinen SBunbern unb Sc^redfen, unb 
inmitten feiner @rö§e taud^t ber Sid^ter auf mit feinen Keinen Siebern. 
Sie ©öttermett beg ftaffifc^en Slttertl^um^ erfc^eint in p^antaftifd^^l^umo* 
xiftif^er S3eleud^tung. Unb bie Sprache! SBie Dr geltöne ftut^en bie 
SSerfe ba^in unb beraufc^eu mit il^rer SJiufif ia^ £)ijx ; jebe^ 323ort, jebe 
SSäenbung ift an ber redeten Stelle unb regt unfere ^l^antafie an. 

2)er Sid^ter beginnt mit einer etma^ gefd^raubten SBibmung an bie 
beliebte (1), bann entwirft er ein 93itb ber Slbenbbämmerung am 2Reere^^ 
ftranb ; er tauf d^t ben SJieere^n^ogen, bereu SJiurmeln i^n an bie SJlärd^en 
ber SJinbl^eit erinnert (2). S)er „Sonnenuntergang" bringt eine ed^t 
^joetifd^ entpfunbene ^erfouification öon Sonne unb 2Ronb (3). „Sie 
3?ad^t am Straube'' (4) erjä^tt in Slnlel^nung an bie betr. Sieber ber 
„^dmUifx** ein Siebe^abenteuer in milber Sturmnac^t; „^ofeibon" (5) 
berid^tet ed^t l^umoriftifd^ über einen ^^f^^^^^^ftc^fj beg Sid^ter^ mit 
bem groben SJfeereögott. Sie „(Srttärung" (6) enthält ba^ aüju titaneu^ 
l^aft gel^attene ©eftänbni^ be^ Sid)ter, ia^ er Slgneö liebe, unb „SKac^t^ 
in ber Kajüte" (7) einige Sieber an bie ©eliebte. Sie folgenben beiben 
iKummern bringen Sd^ilberungen eineö Sturme^ auf ber See (8) unb, 
in bebauerüc^er SSerjerrung, ber „SJieere^ftille" (9). 3n bie SSergangen- 
l^eit greift ber Sid^ter im „Seegefpräd^e" (10), mo er un§ einen 93Udf 
in ein öerfunfeneg SSineta t^un lä^t. „Steinigung" (11) gibt feinem 
©utjüdEen Slu^brudE, bafe feine Seele burd^ ia^ 2Reer befreit n^urbe, unb 



52 

„gricbcn" (12) j^ücfet mit einer großartigen SSer^errtid^ung beg S^rifteu* 
t^umg ben erften Spclu«^ ab. 

S)er jtoeite, minber bebentenbe ßtjctu^ beginnt mit einem ©rufe an 
ba« SÄeer, md) meinem er tüie eine iüette Stume gejcfemac^tet (1), 
S)aran rei^t fid^ ein ®eiüitterbilb (2). S)ie fotgenben brei ©ebid^te finb rein 
perfönU^er katur. S)er I)icl)ter nennt fid) einen jdjiffbrüc^igen 3Ram, 
»eil bie ©eliebte i^n öerrieti}, unb er entl^üüt feinen Stet an allem @e^ 
fc^affenen (3); er öergleic^t in teid)t öerftänblid^er 9lnle^nung an feine 
eigenen Erfahrungen bie Sonne mit einem ungtüdtic^en SBeibe, ba^ au^ 
Sonöenicnj ben alten SJieergott gc^eirat^et, (4) unb fül^rt un^ einen öon 
ber Ireue feiner ©eliebten p^antafirenben SffJann üor, ber tjon ben @te== 
menten unb ben l^ord^enben Dteaniben öer^ö^nt n^irb (5). 3^^i tpeitere 
©ebic^te ge^en auf religiöfeg (Gebiet über. @r fieljt in ben meinen SSotfen 
bie ©Otter ©ried^enlanbg, n^eld^c je^t al^ ©efpenfter am §immel jiefjen, 
unb bebaüert fie, bie öom neuen ©tauben vertrieben finb (6). (£r fteltt 
am toüften näd^tüc^en SKcer bie uralten ^i^agen nac^ bem Urfprung be^ 
2)ie^feitg unb bem SKefen be^ Senfcitö, oljne Slntmort ju erhalten (7). 
Die brei legten SRummern bringen ein SRaturbilb mit ßiebe^p^antafien 
(8), bie grote^t aufgepnfete 3d)ilberung cine^ 9lufent^alt^ im 93remer 
9lat]^fi^teller (9), fon^ie einen matten ö^^ilog. 

3n ben al^ SRaturbilber ebenfalls^ l^ier^er gel^örenben Siebern ber 
„^eimte^r": ,,S)er SBinb jie^t feine ^ofen an" (10) unb „S)er ©türm 
fpielt auf jum Xanit" (11) gibt er Sd)ilberungen ber ioilbben^egten 
©ee, mä^renb in „S)ämmernb liegt ber Sommer *2lbenb" (85) unb 
„SRac^t liegt auf ben fremben SKegen'' (86) eine frieblid^e Stimmung 
burc^brid^t. 

aSor allem fprid)t un^ an ^eine'g SJiorbfeebilbern an bie ^jadEcube 
SRealiftit ber 3)arftellung, baö glüljenbc Kolorit unb bie ^ bit^tjrambifd^ 
ba^inftürmcnbe Sprad)e. Die Silber finb genial entworfen unb in 
großen SüQm au^gefütjrt ; ia^ Detail n^irb nur fd)tDad^, boc^ erfennbar 
angebeutet. Slber auf ioirtlid) ©efd}autem einen feften Stüfe^junft fin=^ 
benb, läfet ber Did^ter aud^ feiner ^Ijantafie bie ^ixQd fd^iefecn; er be== 
feelt 3Keer, Sturm unb 3Bolten unb fud^t in ber Statur ben ©lei^flang 
mit feiner Stimmung. Sein Söilb ift il)m ju tütjn. SSon ber Sonne 
reifet er ba§ ftral^lenb xotijt ©olb ju einem Diabem für ba^ ,^aupt ber 
©eliebten, oon ber flatternben blaufeibenen .^immelöbede fd)neibet er ein 
StüdE, um e^ alö ilrönung^mantel um il)re töniglid}en Sd)ultern ju 
legen (V). 91u§ Siortoegö buutcln SKälbern brid)t er bie l)üd)fte lanne, 
taud^t fie in beö 3letua'ö glü^enbeu Sdjlnub unb mit foldjer feuerigen 
SRiefenfeber fd^reibt er an bie blaue ^immelöberfe: „9lguesJ, id^ liebe 
bid^!" (Pj Sin bie ^immels^bede mödjte er feine Üippen ^^reffen, benn 



53 

t)ie ®tcrne finb bie Slugen ber ©eücbten (I^). S)a§ bürfte, \o in 
nüd^tcrncr ^roja miebergegeben, bombaftifd^ Hingen; aber man lefe 
bieje ©c^ilbemngen in §eine'§ freien, fd^n^nngüoÖen Sll^tjtl^men, nnb 
man n?irb ba§ ^ül^nfte für natürüd^ l^alten. 

2)ie präc^tigfte biefer ^^antafieen ift „f^rieben" (P^), ein ßob^ 
gefang auf ben Sßettertöfer unb feine befeligenbe ßel^re, beffen fid^ ber 
Ibegabtefte d^riftlid^e Did^ter nid^t ju fd^ämen l^ätte. 

Stuf gleid^er §ö]^e fielen bie ©ebid^te, n^eld^e in fetfem ^umor 
SSorftetlungen ber gried^ifc^en 9Jft)t^üIogie in bie SRatur öerfefcen ober 
bie §immel§förper unb ©lementc perfonificiren. @oI unb fiuna finb 
tl^m getrennte hatten, bie einft „el^elic^ vereint am §immel glänjten", 
umtüimmett üon' ben Sternen, ben „Meinen, unfc^uIbigenÄinbern''. 93öfe 
jungen trennten ba^ ,,^o]^e teud^tenbe Sl^ej^aar" ; je^t manbelt am Xage 
©ol, „tjielbefungen öonftolsen, glüdfge^ärteten 3Renfd^en", in „einfamer 
^rai^t", unb SRad^tg erfd^eint £una, glänjenb in „ftiller SBel^mut]^" „mit 
il^ren öertüaisten ©ternenfinbern." ©ie tiebt nod^ immer ben fd^önen 
©emal^I; gegen Slbenb laufd^t fie au^ leidstem ©emölf bem ©d^eibenben 
itad^, aber er erglül^t „in boppettem ^urpur öor 3^^^ ^^^ ©d^merj" 
unb finit „in fein flut^enfalteg SBittmerbett" (I«). 

Slber bie ©onne ift il^m aud^ eine fd^öne j^xan, bie au^ ßonüenienj 
ben alten SKeergott gel^eirat^et. Sagöüber n^anbelt fie „jjurpurgepu^t 
unb biamantenbli^enb" am ^immel, Slbenb^ aber feiert fie traurig l^eim 
in bie „oben Slrme be§ greifen &tmaf)U", ben fie mit il^ren Ätagen 
unb Xifxäntn jur Serjn^eiflung bringt (II*). §ier^er gel^ört aud^ bie 
fd^öne ^erfonification be§ Siorbn^inb^ (I*). 

Dber er citirt ben alten ^ofeibon. 9lm Speere fi^enb lie^t ber 
2)id^ter bag alte^ emig junge ßieb öon Dbtjffeu^, ber öon bem erjürnten 
SReereSgott fo Seiböoüeg ju erbulben l^atte. ©eufjenb fagt er: „2)u 
böfer ?ßofeibon, bein ^^i^t^ ift furd^tbar, unb mir fetber bangt ob ber 
eigenen ^eimfel^r.'' S)a fd^äumt ia^ 9Keer, fd^itfbefränjt erfd^eint ba^ 
^anpt beg ©efürd^teten, unb in njunberöoßem ©arfa^mu^ erflärt er 
bem ^oeten, bafe er burc^auö feine Urfad^e l^abe, fid^ öor il^m ju 
fürd^ten (P). 

3n ben toei^en SBoIfen erfennt ber Did^ter bie oerbannten (Sötter 
t?on §etla§, unb er n^ibmet i^nen eine fein l^umoriftifd^^fatirifd^e 3ln* 
f|?rad^e, toelc^e mit einem plumjjen Singriff auf ba^ S^riftentl^um 
fc^tie^t (II«). 

3n anbern Söitbern bagegen entfaltet fic^ ein burd^au^ auf ba§ 
(Segenftänblid^e gerid^teter Sleali^mu^. ®r fd^itbert bie 3lbenbbämme* 
rung am 3Reer, unb ba^ 2Rurmetn ber 333ogen ruft i^m bie (Srinne^ 
Tungen einer glüdEUd^en Sugenb jurüdE (P); er malt in präd^tiger 



54 

J^arbeiiflebung eine SRac^t am ©troitbe unb fitüpft baran ein anmutljig 
bargcfteUtc«, allerbing^ nid^t unbebenfüc^cg ßiebe^abenteuer (I*); burc^ 
ba«f SSSiitl^cii be«^ ©turnte«^ öcrnimmt er torfcnbe .f)arfeutöue unb bcn 
fel^ufuc^tiüilben ®ejaug eiiie«^ fd)öucn frauteu äöeibe«^, ia^ fern an ber 
jd)Ottijd}cn ftüfte am ^odjfletpölbtcn g^nftcr fte^t (I**); im SÄeer 
glaubt er eine öerfunfene Stabt unb an bem J5^J^f^^^ ^i^^^ ^^^ mittel* 
alterlic^en .t)äujer feine ©etiebte i\u fe^en — er will ju iljr l^inunter* 
ftürjien, aber ber Sapitain I)ä(t iljn feft (I^^). 

3u einigen ®ebid}ten ift bie Offenbarung feinet QJemütl^gäuftanbe^ 
ber ÜJiittelpunft, unb bie Siaturfc^itberung nur bie Slrabe^fe. (£r öer* 
gleid^t fic^ mit einem ©d^iffbrüc^igen, ber burd) eineg SBeibcg ©d^ulb 
aUes^ verloren, &lnd, .f)offnung unb üiebe (IP). (Sr täftt fic^ tjer^^ 
^ö!)nen öon ben Dfeaniben, benen er erjäfjlt, baft bie (beliebte i^m treu 
ergeben fei (IP); er ftetit an bie SBogen bie eriuäl^nten uralten gragen 
unb iuartet wie ein Siarr auf Slnttüort (in). 

^n ben „JiürbfeebUbern" liegt ber ganje .^eine mit feinen großen 
SBorjügen unb großen J?el)lern, mit feiner J^eube am Sd)önen unb 
6beln unb feiner bämonifdjen Suft, ba^ felbft QJefd^affene jn jerftören. 
©elbft ba^ ^errlid^e ©ebidjt: „^rieben" (I") mufe er in ben Stoiii 
jie^en; er rid)tet am ®d)luft eine 9lnfprad)e an einen 9)iann, ber fid^ 
in ber frommen Stabt 83erlin bi«^ jum üRegierung^rat^ ^inaufgefrömmelt 
l^at, unb öerfidjert iljm, ba^ er, tuenn er bie« QJebidjt felbft Derfafet unb 
ber ,Mt^od^erlaud)ten" Dürgelefen ^ätte, minbeften« eine t^eljalt^julage t)on 
^unbert Iljalern Jjreu^ifd) Sourant erhalten mürbe. 3)ie Slnfprad^e 
fdjlie^t: Jlnb bu ftammetteft ^änbef altenb : »t^elobt fei 3efu« Kljrift!«" 
S)er ganje — tjon $eine fjjäter meggelaffene ^ufafe - - ift, an unb für 
fid^ betrad^tet, eine ÖJemein^eit; er ipirft iüie ein ÖJaffen^auer nad^ ^ßa^» 
läftrina'ö ,,en}igem Sljorat". 93ölfd)e meint*), ber B^^f^fe fei eine aBen=» 
bung be« logif^en 3)en{)}roceffe«, meld^er an ben SDJipraud) maljnte, 
n?eld^er mit bem Siamen 3cfu«^ ß^riftu« getrieben iuerbe. Slber bie 
Slnna^me be«^ QJegent^eil« tüirb bnrd^ ba^, \va^ .^eine an SSerl^öl^nung 
be« .t)eiligften bi« baljin geleiftet, geftü^t. Der 3^fafe bebeutet nid^t« 
anbere«, al^ bie SSerfidierung, ba^ bie ßtjriften mit bem S^riftent^um 
Sd^ac^er treiben, ^nx (^en^i^^eit ipirb biefe 3lnfid^t, iuenn n?ir im „Sud^ 
üe ©raub" lefen (III, ®. 186), ba^ er benfelben ®eban!en in nod^ 
ctjnifd^erer SKeife au^fü^rt. 

Unb ber SBereljrer ^eine'« mag weiter blättern unb fid) ba« ®e* 
bid^t: „S)ie ©ötter (äried^enlanbg" im jn?eiten ß^clu« anfeilen. 3)a 
l^ei^t e«: 

») ©. 105. 



55 

Unb ttjcnn xä) bcbcnfe, toic feig unb »inbiö 

S)ic (Spötter finb, bic tnä) bcficgtcn, 

S)ic neuen, l^errjdjienben, triften (Spötter, 

2)ie jd^abcnfrol^en im ©djiafspclj ber 2)emutl), 

O, ba fafet tnid^ ein büjtcrer (^xoU, 

Unb brechen m'6ci)V iä) »bie neuen %impd. 

2)a§ ift ^eine, tvu er im ,,Iogijc^en S)enfproce§" ficft feine Slnfic^t 
t)on ber ©ottl^eit geftaltet, tüä^renb ber Sid^ter be^ „grieben" eine 
SSerl^errüd^ung ber ßel^re 3efu ßl^rifti fd^uf, tüie fie in einem lichten 
?lugenbIidE jein äpetijc^eg ©efü^I verlangte. 

SBeniger beleibigen un§ in anbern ©ebic^ten ber ironijc^e ober 
bitter jatirifc^e @c^tn| ober ber Slüdfatl in bie ®pxad)t be§ gemö^nlid^en 
Sebenö, aber fie beeinträchtigen bie Sßirfung manchen fc^ön an^ebenben 
ßJebid^teg; fo in „9Keergrn|" (IP), unb in ber albernen Slnfprad^e an 
bie SSäogen in „S)er ®efang ber Dfeaniben" (IP). ©d^roff em^finben 
tuir aud^ ben öernid^tenben @d^Iu§ ber präd^tigen SSifion: ,,®ee=* 
gefpenft" (I^^), tuo ber Sapitain ben Sid^ter mit ben SBorten jurüdf== 
jiel^t: ,,S)octor, finb ©ie be§ Seufel^?" Uebrigenö l^at §eine biefen 
©d^tufe, fomie ben öorange^enben Sl^eil ber Sifion birect au§ §off== 
mann'ö „S)er golbcne Xopf" enttel^nt. ©ort ^ei^t e^^): ,r3luf'^ neue 
ergriff i^n bie unau^fpred^Iid^e ©el^nfud^t, ba§ glü^enbe Serlangen : »3ld^, 
feib il^r e§ benn lüieber, il^r golbenen ©d^Iängtein? fingt nur, fingt. 
Slc^, feib i^r benn unter ben glutl^en?« ©o rief ber ©tubent Slnfelmug 
unb mad^te babei eine heftige 93etüegung, aU tvoüt er fid^ gteid^ aug ber 
©onbel in bie glutl^ ftürjen. »3ft ber $err beg Seufefe?« rief ber 
©d^iffer unb erlüifd^te i^n beim Slodffd^oo^." 

3n formeller ^infic^t bitben bie SKorbfee^ß^deu ben 93eginn eineg 
neuen 8lbfc^nitt§ in §eine'g poetifd^em ©d^affen, ber mit bem gmeiten 
SBanbe ber Sleifebitber atlerbingö einen rafd^en Slbfd^IuB finben foßte. 
@ine größere ©etoalt über bie beutfc^e ©prad^e l^at §eine nid^t lieber 
betüiefen, unb er ^at aud^ feinen ebenbürtigen Siad^folger gefunben. 

Slfö Serval benu^te §eine ben üon &üü)t in bie ^oefie ein^ 
geführten ©tredföer^ (in „^rometl^eug" zc. angetoanbt), loeld^er oben=* 
l^aften ©d^loung geftattet. ©d^einbar tjerfügt ber S)id^ter ööüig frei 
über ben Sll^^t^muö ; bei genauerer Prüfung finbet man inbeffen, bafe er 
über öier |)ebungen in ber Ser^jeite nid^t l^inauggel^t. „93alb ift ber 
ül^^tl^muS fteigenb, balb faßenb, balb abmed^felnb fatlenb ober fteigenb. 
Slu^erbem bebient fid^ §eine ^ier beg ©tabreimg, burd^ ben er bie toid^* 
tigften SSerfe fraftöoll ^eröor^ebt unb mit einanber üerbinbet"^). 



*) ©ielie elfter VII, 8. 624. 
2) elfter I, 8. 70. 




56 

§cine ift, tPic fd^ou criüäl^nt, ein großer ßiebl^abcr farbiger ?lb^ 
jectiüe. 3u ber ,,§arjreife" finben mir fie mand^mal im Ueberflu^ an* 
gemenbet ; fie finb bort mir in i^rer 3^fö^"ii^^"ft^ttnng originell ; in ben 
„SRorbfeegebirf)ten" aber begegnen toir eben fo eigenartigen irie glücf* 
lid}en •Kenbilbnngen. Xa^ leife ?5fttfi^^ii ^^^ SBelten nennt er ,,tüiegen* 
Iieb!)eimlic^e« Singen" (F); 9)ienfrf|en, bie in nngeftörtem SSofilteben 
bal^intränmen, begeic^net er afö „glücfgel^ärtet" (P); bie 9lngen ber anf 
bie 9Kärc^en*@rjä^(erin l^orrf)enbcn ftHnber finb il^m „nengierfing" (P); 
ba« ©onett nennt er treffenb „fteifge^^n^t" (P), bie Srjä^tnngen be§ 
SRorbiüinb^ „tobtf^lagtannig" (P), bie Stnnenfjjrüd^e „bnnfeltrofeig, 
janbergen^altig" (I*). Slnbere glüdlid^e SSerbinbnngen finb: gcbanfen* 
beüimmert (P) nnb feelenbetümntert (I'^), a^nnnggfü^ (P), fel^nfnd^t* 
tüilber ©efang (P), flnt^enfalt (P); ftißüerberbüc^e gläc^e beg 
9Keere^ (P*), üotlbläl^enber SJionb (IP) nfto. Sinige Slbjectiüe erinnern 
an Soffen'^ treffliche Ueberfefenng §omer'^: ba^ meit anffc^auernbe 
SBettmeer (P), bag meit^in roüenbe SJJeer (P), meerbnrc^ranfc^te 
»lätter (P). 

Siid^t minber originell nnb treffenb finb öiele Silber nnb ®teid^* 
niffe. Sefannt ift : 3)er SBinb jie^t feine .^ofen an ; bie ioei^en SBaffer* 
l^ofen (^eimfe^r SRr. 10); ber ©tnrm fpielt anf jnm Xanje (3)af. 
SRr. 11). S)ie Sterne finb „SRad^tbiamanten" (P); bie ftürmif^en 3Bo* 
gen nennt er „bie toei^en SBcHenroffe" (IP) be§ 93orea§, bie frieblic^en 
aSJeüen ^üpfenbe „n^ollige Üämmer^eerben" (IP), ba^ SJleer „SJintter 
ber ©d^öntjeit, ber Sc^anmentftiegenen" (P), bie 333olfen ,,grane 
Jöd^ter ber üuft" (IP); bie Seeoögel flattern nad^ il)m „toie ©d^atten* 
leieren am ©ttjj" (IP); er felbft liegt amStranbe „gleid^ einem an^gemor* 
fenen Üeid^nam" (IP) nftu. ^). 

greilid^ fe^tt and) bie Uebertreibnng nid^t. SBenn er ba^ 9Äeer 
bie „Örofemntter ber Siebe" (I ®) b. i. 9lmor^, beg ©o^ne^ ber ©d^anm* 
entftiegenen, nennt, SBorte als „f^B tote a^onblid^t" bejeid^net (IP), 
fo n^iffen mir nid^t, toaS mir bamit anfangen follen. Unb menn er 
bem alten 9)teergott bie ©d^imjjfmorte gegen bie ©onne in ben SJinnb 
legt: ,,5Runbe 9Kefee beS SB}eltall<^" (IP), menn er bie glü^enbe ©onne 
eine „rot^e, betrnnfene SRafe, bie SRafe be§ SBeltgeifteS" (IP^ nennt, 
fo erfennen mir in biefen ^InSmüd^fen bcS ^nmorS ben ©inflnfe beS 
id)lie^lid^ üerrüdft gemorbenen ®rabbe. 

I)ie 5Reifebilber mad^ten megen il^reS nenen, frifd^en Jones jiem^ 
lid^eS 9luffe^en, meld^eS ber SSerfaffer felbft nnb bnrd^ feine grennbe ju 

') 2)aS 99tlb öom ^Jlorbtoinb, ber )plaii auf bcm SBoud^ über bem SJleere ließt (I*), 
ift ouS SBlumauer'S ^enciS (I*«). 



57 

t?ergrö§crn fud^te. ®r fragte in bcn Hamburger Sud^l^anblungen nad^ 
,,$eine'^ SBüd^ern" ^) unb bat feine ©efinnnng^genoffen, für il^n in bie 
trompete jn ftofeen, ba i^m bei feiner fatalen Stellung — feinen 9Ser^ 
tpanbten gegenüber, bie il^n lieber in einer bürgerticfeen Stellung, aU 
auf ber ßitteraturftra|e gefe^en Ratten — günftige öffentlid^e Urt^eile 
fel^r ermünfdjt feien. 9lnerfennenbe Sefpred^ungen erfc^ienen benn aud^, 
bod^ bemal^rten fie, n^ol^l mit 5Rüdffid^t auf bie l^errfd^enbe Strömung, 
eine gemiffe ß^^^ödE^altung ; felbft greunb ^mmermann l^ielt biefe SSor* 
fid^t für not^n^enbig. Slud^ fd^arfe Eingriffe erfolgten in ber treffe, unb 
tpeite Greife be§ ^ubticum^ öer^ielten fid^ abtel^nenb. gannt) üemalb 
l^örte fagen^): „S3leibt mir mit ben Sd^mu^büd^ern, mit ben Kommiß* 
Do^ageur^SBi^en öom ^alfe", unb fie berid^tet, ia'^ ben Sleifebitbern bie 
^lufmerffamfeit nid^t fo fe^r jugemenbet gen^efen fei. 2)er 93anb erfd^ien 
audEi erft 1830 in jttjeiter Slnftage, obgleid^ ia^ in einigen Stäbten er*' 
folgte Serbot 5Reclame für il^n mad^te. 3n berliner 93lättern erfd^ienen 
biffige @)}igramme gegen i)tn SSerfaffer, perfönlid^e Singriffe blieben nid^t 
au^, unb öerfe^ten ^eine in ben ganj ungered)tfertigten ©lanben, ba§ 
ba^ beutfd^e 9Sol{ augenblidlid^ nid^tg öeffereg ju tl^un ifobtr aU \xd) 
mit feinen Sleifebilbern ju befd^äftigen. 

IL 

9er }wt\U $anli* 1827. 

^eine reifte im Suli 182ö nad^ SRorbernet), too er einen großen 
2^^eil ber jn^eiten unb britten Slbt^eilung ber SÄorbfeebilber aufarbeitete 
unb, feinen ^Briefen jufolge, mit fd^önen unb oorne^men grauen Der* 
feierte. 811^ er imSejJtember in bie engen SSer^ältniffe Süneburg'g ju== 
rüdEfel^rte, ftieg n^ieber bie Se^nfud^t nad^ ^ari^ in i^m auf. Slber 
junäd^ft mu|te er baran benfen, feine 93ebürfniffe burd^ eine rege Sd^rift* 
fteHerei ju befriebigen ; aud^ l^atte er bie .^off nung auf S^erefen'^ ^anb 
nodEi nid^t aufgegeben, unb er fd^meid^elte fic^ mit bem ®eban!en, ia% 
ein au^erorbentlid^eg litterarifd^e^ SBert itjm bie SSermanbten bod^ nod^ 
günftig ftimmen toerbe**). So lebte er benn jiemlid^ jurüdEgejogen unb 
arbeitete an bem jU^eiten 'ßanit feiner Steifebilber, ber diel £ärm t)er== 
urfad^en (14/X. 26) unb ia^ tonnberbarfte unb intereffantefte S3ud^ 
biefer Qdt n?erben foüte (6/X. 26). @r fd)lug aber, um uner^örte^ 
?luf feigen erregen ju fönnen, einen — gelinbe gefagt — eigentl^ümlid^en 
SBeg ein. 3lm 24. Dctober 1826 fd^rieb er SSarn^agen,' bie 5Reifebilber 
feien eine bequeme 5*^1^^^/ i^ njeld^er er aUeg unterbringen fönne, tvci^ 
er n?oQe; „^obtn Sie ba^er in biefer ^infid^t irgenb einen bejonbern 

») Oubt^ IL - «) aBcftemtann, 18b. 61, S. 122. — ») Alfter l, ©. 47. 



58 

SSunfd), uninjc^eu Sie eine beftimmte ^adit au^gefprodjen ju fc^en, ober 
irgenb einen nnjerer Sntimen flegei^elt jn fe^en, fo fagen ©ie e^ mir, 
ober, tva^ nod) beffer ift, jc^reiben Sie fetber in meinem ©til bie ßa^pen, 
bie id} meinem 99nc^e einfliden jod, nnb ®ie fönnen fid} anf meine ^ei* 
lige Diöcretion oerlaffen. . . . 5BolIen ®ie in meine SReijebilber ganje 
®tüde, bie ^eitgemä^ finb, ^ineingeben, ober motten ®ie mir bIo§ bie 
^rojcriptionölifte fd^iden — id} ftel^e ganj jn S^rem SBefel^l.*' 3)er 
Si^or)d}lag ift ööUig ernft gemeint, benn er mieber^olt i^n bei einer an* 
bern Welegenl^eit (am 19. Cctober 1827), aber beibe ÜKate ol^ne ©rfolg. 

?(m 15. Sannar 1827 reisJte §eine na^ $ambnrg, um ben S)rnct 
be<5 ÜBud^es^ jn übertüad)en, toe(d)Cj^ im "äpxH bie treffe öerlie^. @^ 
entl^ielt ben bereites befprodjenen s^oeiten ßtjcluö ber SRorbfee^^Öebid^te, 
einen gröfeern profaifdjen Sluffatj über bie 9?orbjee, fotoie bie „Sbeen, 
bag.sW) i?e Öranb". 

.^eine'fi^ religiöfe nnb politifcfte SBettanfic^t, n?elc^e er bigl^er nur in 
üerfd^toommenen ®rnnblinien angebentet l^atte, tritt ung ^ier beftimmter 
entgegen. ®r nennt bie ,6errfd)aft ber römifd^en Äirc^e im äRittelalterr 
mld)c inbeffen nad^ feinem eigenen (^eftänbrnfe — i^ci fommt ber 9io* 
mantiter jum SSorfd}ein — öiet ru^ige^ &iüd mit fid^ brad^te, eine Un* 
terjod}ung jd^limmfter Strt. 5Rom ijabt toie eine SRiefenfpinne bie latei«^ 
nifdje 2Be(t mit einem nnenblid}en (^en^ebe überjiel^en n?otten. „S)ie 
Jage ber Weifte^tnedjtfdjaft," fä^rt er, nun ber ©d^üler SSoItaire'g, fort, 
„finb tjorüber; atteröfdjioad}, jn^ifdjen ben gebrod)enen Pfeilern il^re^ 
Colifänmö fi^t bie aik Äreu^fpinne nnb jjjinnt nod} immer bag alte 
(^eioebe; aber e^ ift matt nnb morfd^, nnb e^ Verfangen fid} barin nur 
®d}metterlinge nnb {^(ebermäufe, nnb nid^t me^r bie ©teiuobler be^ 
5Kürben^" (III, S. 92, 93). ^ag ß^riftent^um beseid}net er, toie auc^ 
bie md))cU alg.-eine ©rfinbung ber »üben (III,®. 169). ®r fe^ntftc^ 
nad} bem (nftigen, nadten gried^ifd^en (Söttergefinbel nnb meint, toir 
Ratten öietteid^t nid}t öiel 9Sort(}eil üon unferer neurömifd)en S)reigötterei 
ober gar oon bem jübifd}en ©ingö^ent^um (©.153). Dem iJön?enn?trt^ 
ju ^Bologna tvxü er fünf J^afer geben, tvenn er, ^eine, nur bag „un^ 
glüdfelige" 3Bort „5Re(igion" in biefem Seben nid}t me^r jn l^ören braud^e 
(©. 154). Damit öerbinben fic^ b(aöpl}emifd^e 9SergIeid}e, toeld^e ii^r 
SSorbitb in 83rentano's^ „ÖJobmi" finben. 

Die franjöfifc^e SleDolution ift i^m ein guter ©ebante in bem fd^af*» 
fenben ©otte^traum (©. 136). SJtit Se^agen matt er au^, toie er mit 
einer ganjen „ariftotratifd^en SJZenagerie" nnb anbern öornel^men „Do^ 
meftüen" an einer Jafel fi^t, n^ie man il^n mit ben ©peifen übergel^t, 
fo baft er üor Sangeioeile ben rotten (öuittotinenmarfc^ auf bem Jtfd^e 
trommelt. Slber „biefe Seute," fügt er ^ingu, „laffen fid^ im @ffen nid^t 



r 



59 

ftören unb tpiffcn nic^t, ba^ anbere Seutc, tüenn fie nic^tö ju effen l^aben, 
plö^Iid^ anfangen ju trommeln, nnb jmar ganj cnriofe SRärfd^e, bie man 
längft üergeffen gtanbte" (@. 156). 2)a§ ift ptreffenb für ben vierten 
©tanb; aber ein Söonrgeoi^-Sleüotntionair, afe n^etd^en §eine mit feiner 
r,®onftitntion§^@efinnnng" (©. 157) fid^ barftetit, ^at ben ^nnger nic^t 
nötl^ig, um einen ©türm auf bie Saftiüe ju t^erfud^en. 

2)ie Sliefengeftalt SRapoIeon^^ begeiftert §eine ju einem §t}mnu§, 
tüie er bem corfifc^en Eroberer felbft öon SJianäoni nid)t gefungen n^or^ 
ben, unb bem §tjmnu§ auf ben Unterbrüder ^eutfd^tanb^ Iie| er bie 
giftigften ©pottlieber auf fein SSatertanb folgen. @r fd^itbert, toie ber 
Sambour 2e ®ranb i^m burd) 2irommetn potitifdbe 93egriffe unb grojse 
SBeltbegebenl^eiten flar ju madjen fud^t: „(Sr n^oßte mir 'mal ba§ SEort 
rAUemagne crflären, unb er trommelte jene aßju einfädle Urmetobie, 
bie man oft an 9Kar!ttagen bei tansenben ^unben l^ört, nämlid^: • bum 
— bum — bum. 3<^ ärgerte mid^, aber id^ t?erftanb i^n bod^" (©.155). 
3)affelbe „bum — bum — bum" mieberl^ott fid^ bei ber trommetnben 
©d^ilberung ber ©d^Iad^t öon 3ena (©.158). S)er Spott trifft S)eutfd^=^ 
lanb unb ^reu^en; auf le^tere^ jielt er noc^ an anbern ©teüen, fo be- 
fonberö' in ber au§gejeirf)neten ©d^ilberung, n^ie feine SSaterftabt S^üffel- 
borf preufeifd) toirb (©. 162). 

Ueber ben britten S^eit ber „SRorbfeebitber", ber neben fe^r fri=- 
tjolen Sleu^erungen üortrefflid^e ©ebanfen entl^ält, fönnen n^ir ^inmeg 
ge^en. S)a§ „93ud^ 2e ©raub" aber feffelt unfere Slufmertfamfeit in ^er= 
öorragenber SEBeife ; e§ ift, obgteirf) burdjau^ fein einl^eittid^eg ^unftn^erf , 
bie bebeutenbfte 5ßrofafd^öpf ung $eine'§ unb eine ^ici^be unferer Sitteratur. 
3)er blenbenbe SBi^, ber an^eimelnbe §umor, bie Originalität be§ S)ic^== 
ter§, fein reid^er (Seift, ber l^o^e ging feiner ^^antafie, feine ptaftifdje 
S)arfteIIung§fraft treten in fd^önfter 93eleud^tung ^erüor, unb mir bürfen 
un§ il^rer um fo mel^r erfreuen, aU nur fetten ein fritjoler SBi^ un§ 
ben ruhigen @enu| öergäßt. 

5Dag „93ud^ ße ©raub" erfd^eint bei oberpd^tid^er Seetüre aU eine 
©alerie ftjftemloS burd}einanber gehängter ®emätbe : §ier ^iftorie, bort 
©eure, red^tö ßanbfd^aft, linfg ©tiüteben, t?or un§ ber 5ßromet^eu§feIfen 
beg aBeltfd^merjeg, hinter un§ ber ßarnedal beg SEi^eö; aber bei ge= 
nauerer ^üfung finbet man, ba§ tro^ aüer ©egenfä^e bie Silber @rup= 
^pen bilben: bie ätoanjig ßapitet laffen fid^ üößig jmanglo^ in t?ier 8lb:= 
tl^eilungen t?on je fünf Kapiteln jertegen. 

3n ber erften n^irft ber 2)ic^ter, in ber 3Rag!e be§ ©rafen öom 
©angeg, einen 93lid auf bie ßeiben, toeld^e er burc^ bie ^ärte ber @t^ 
liebten erlitten (I, II); er mürbe aber ju neuem ßeben ermedt, al§-er 
äRabame, ber er t)a§> aßeg er jä^lt, erblidte ; er freut fic^ toieber in bac* 



60 

diantifd^er Iruntenl^eit be^ jd)önen Dafeiii« ( III ), gebeutt tue^mütl^ig be^ 
loge^, n?o er alt geiüorbeu fein tuirb ( IV), unb eiibet ben fd^öneu Xxanm 
mit ber ©rflärung, bo^ er nic^t ber ÖJraf üom ÖJange^^ fei (V). 

S)ie jtücite 3lbtt)eiluug ift Erinnerungen am feiner i)üffelbürfer 
3ugenbjeit geiuibmet. (£r fd)ilbcrt bie 9lbreife beg entthronten Äurfürften 
(VI), bie Jlnfunft ber J^ranjofen mit bem Sambour Se @ranb (VII), 
benßinjug Sictpoleon'^ (VIII); er tüibmet bem Snbe be^ Ä'aiferg melan^ 
d)o(ifd^e unb beffen geinben haßerfüllte SJÖorte (IX), iini) fd^tießt mit 
ber ®d)i(berung, tvk 3)üffelborf tüieber preußifd^ mirb, bie franjöfifd)en 
©otbaten armfelig au^ 5Rußlanb mieberteCjren unb £e ©raub öerjtüeife* 
lung^Düü feinen jungen greunb bittet, bie Jrommet ju jerftec^en (X). 

S)ie britte Slbt^eitung ift rein fjumoriftifd^^fattjrif^, ein präc^tige^ 
geuermer! ber feltfamften SinfäUe, iüä^renb bie tefetc tüicber an bie erfte 
anfd^Ueßt unb öon be^ 2)ic^ters^ tüeitern ßiebegabenteuern erjä^tt. 

S)ie jtüeite 9lbt^eilung allein l^at einen concreten unb in fid^ jn* 
fammen^ängenben 3n^alt. ®ie ift ia^ Sieb tjon SWapoIeon'^ ®iM unb 
Snbe, rnie eg in ben 3ugenb*®rinnerungen be§ 2)ic^ter^ in fro^IodEenben 
unb ipe^tlagenben ÜJielobieen n?ieber{Iingt. Sbtjüifd) beginnt bie in einer 
Äleinftabt fpielenbe Srjä^lung, um fid) unmerflid) ju tragifd}er 93ebeu* 
tung unb in ba« SBelt^iftorifc^e ju erfjeben. SBo^l fetten ift baöSd^id^ 
fal eineg mäd^tigen, tpie ein glänjenbe^ 9)teteor emporfteigenbeu ©robe* 
rerg einfad^er unb gleichzeitig ergreifenber gefd)ilbert iporben. |)etb ber 
©rjä^lung ift nid^t SJapoleon felbft, fonbern ber lambour ße 6Jranb; 
jener ge^t nur an ber ®cene vorüber, biefer fpielt mit; er ift bie SSer* 
förperung be^ fiegenben unb untergel^enben J^ranjofentfjnmö, be^ freil)eit=* 
tid^en unb be^ befjjotifd^cn ©ebanfenS jugteid), tüie er in bem anö ber 
SRcöolution geborenen Äaifcr verborgen liegt. 3n begeifterten Stangen 
ertönt ba^ ßob ber ^rincijjien Don 1789, be^ Sieger^ öon 3cna, ber 
großen SRation; toel^mütfjig tönt eö an^, al^ bie „SWaifentinber beg 9tul^m§" 
au^ 9tußlanb ^eimfel^ren, etenbe, üertumpte ©eftatten, unb atg ber S)i^=» 
ter, be^ lambour^ teife Sitte t^erfte^enb, beffen rebegen^attige Jrommel 
jerftid^t. S)ie ©cftatt SKapoteon'g ift mit Ijinreißenber äBärnie unb 93e=' 
geifterung üorgefüt}rt; §eine t)at in beg „großen Äaiferö" Portrait ^inein== 
gelegt, ioa^ ßenbac^'s^ ^ortrait^ öor allen anbern auöjeid^net : bie Seele 
be^ SJtanne^ unb feine toett^iftorifdje Steünng. S)cn .^intergrunb aber 
bilben bie toec^fetüollen Sd}idfate einer Keinen Stabt, wädft in n?enigen 
Sauren brei 9}iat i^ren .^errn med^fette. $ier am 5R^ein, bei Düffetborf, 
fjjiegetn fid) bie SBanblungen tt^ieber, meldte ein großer S^eit be^ beut== 
fd^en Satertanbeg burc^jumad^en ^atte ; an einem unbebeutenben Ä^üften== 
ort be^ Dcean^ ber äöettgefd^id^te emjjfinben mir ben SBetlenfd^lag einer 
großen 3^^*; ^^^ f^^^" ^^^ Äurfürften feine ®tabt öerlaffen, bie g^an* 



i 



61 

jofen einriidfen unb gelten unb bie ^rcu|en fontmen; luir feigen, tüic 
fid^ mit iebem neuen §errn bie ©cene üern^anbett, njie an§ ben bem 
Äiirfürften nfid^n^einenben Untertl^anen bie n^ärrnften greunbe ber i^xan^ 
jofen toerbcn, nnb n^ie biefe n^ieber fid^ n^unberbar fdjnell in bie preu* 
feifd^e Sangen^eile fügen, at§ enblid^ ber g^iebe einfe^rt. S)a^ finb fein 
entttjorfene geberjeidjnungen, bem Seben abgetaufd^t unb immer auf ber 
ipß^e ber ^nft fi(^ l^attenb. 5Die ©eftdten treten t?Iaftifd^ ^erüor, anif 
jene, n?eld^e nur aU Staffage bienen, jene originellen ©tra^enfiguren, 
bie feiner ©tabt feilten : ber ©d^neiber Äitian, ber toße 9lIo^fiu§, ber t)er== 
foffene @um^?er^, ber Meine 93aron uftt?. 

Sluf gleid^er ^öl^e l^atten fid^ bie (Srjä^Iungen au§ be§ S)id^ter^ 
Siebeöteben in ber erften unb namentlid^ ber liierten 3lbt]^eitung; ®e* 
fd^id^ten, fo gart empfunben, fo anmut^ig gefd^ilbert unb fo rein jugleid^, 
ba§ man fid6 i^re§ SReijeö nid^t erme^ren fann, obgleich fie oft genug 
in'§ Sentimentale übergel^en. 

2)amit mären n^ir eigentlid} an ber QJrenje ber Slnaltjfe angefommen. 
2)enn mer mollte äergüebern, tva^ fi(^ nic^t f äffen lä^t? SBer motlte 
ba§ glänjenbe 2Rofaifbitb, in toetdfjem bie Sinien fo frau§ burc^einanber* 
laufen , bei toeld^em man nic^t tüd% tva^ man bemunbern foü, bie fedEe, 
^)^antafiet?oIIe ß^id^nung ober ba§ btenbenbe Kolorit ; n^o ber tieffte (Srnft 
^)tö^Ud& in ben luftigen Sieigen be§ SEi^je^ unb ber ©atire fpringt — 
loer trollte ba§ 93ilb in feine ©insel^eiten jerlegen? Unb n?enn mir bie 
©tral^Ien be§ ^umorg unb ber 5ß^antafie, mie fie in ber erften unb 
britten Slbt^eilung fd^illern, burd^ ba^ ^ri^ma fallen laffen, fo finben 
mir tüoijl il^re einjeluen Seftanbt^eile, üerjid^ten bamit aber auf ben 
©lanj, meldten nur ba§ ®anje verbreiten !ann. ©eine ©d^ilberungen 
öon ^immel unb ^ölle (©. 132) ^), feine gegen bie frömmeinben ©d^rift^ 
fteller gerid^teten SSäi^falüen (©. 175) finb friool, aber formell au§ge= 
jeid^net; feine ironifd^e ß^arafteriftif ber ßitatengete^rten (©. 171, 172) 
ift ein Meinet SJieifterftüdf, unb bie ©d^ilberung feiner ©djuljal^re (©. 150) 
tt?irb3eben erfreuen, ber Ste^ntic^e^ l^at burd^mad^en muffen. S)ie^one 
öon allem aber ift bie in berber ^oljfd^nittmanier burd^gefü^rte, ^öd^ft 
ergö^lidje ^ortraitirung ber SRarren (©. 178), mit benen ber „^err" 
i^n jum Sinken feiner ©c^riftftellerei gefegnet. 

(Sineu au^gejeid^neten, mirfung^oollen Oegenfa^ ju ben ^arlefin^* 
f|?rängen be§ übermüt^igen ^umor§ unb eine§ , ftet§ ba§ Siid^tige treffen- 

*) §icr ttjar SBIumaucr mit bem jcc^ötcn ©ejong ber traöcftiricn „5lcnci§" ba§ SSors 
bilb §cmc'§. §icr toit bort ift bie §öllc eine ^üd^e ; Bei 33lumauer laufen im §immcl 
gebrotene Sajanen, Bei §cine gebratene ^änje l^erum; bei Slumauer fletjen bie gefpidCten 
§afen, fie ju trand^iren, bei §einc füt)len fid^ bie ®änje ßejd^meid^elt, toenn man fie üer= 
3e^rt. 2:orten »adjifen, ©fiampagner (liefet bei 33eiben, unb SSeibe fongcn mit ber Sd^il= 
berung ber culinarijdjien ©enüffe be§ ^arabiejeS an. 



62 

ienSöi^eö bilbeu bie ?tfc^enmtttüoc^^==®ebanfeu über ba^ SHter (5. 138), 
basJ(£nbe 9?apolcou'iS (S. 16ü), uub bie aScltgefd)id)te übertjau^Jt (S. 166), 
tpeld^e einem "jß^ilüjop^en jur lSt)re geteilten tuürbeu. 

Gin tüeitere^ ISlcmeut be^ „öuc^e^ £e ®ranb" bilbet eine ed^t 
romantijd^c 'ip(}autaftit, bie gern in bie iJiebling^fümmerfrifci^e ber Sto^^ 
ntantit, nad} ^nbien, Ijinüberfdjtüeift. ör fud^t alle färben, bie er auf 
Jeiner 'ißatette ftat, jujammen, um ben (jeiügen blauen ®angeg unb feine 
Ufer ju malen; er entioirft reijenbe Silber, aber oft tand^t er ben 
tßinfel, ftatt ibn über ba^ 5^arben==9iäpfd)en ju ftreidjen, in ben 'i^aihtn^ 
tvp\ unb gibt fo feiner ^eid^nnng ein Kolorit, beffen fd^reienbe 2öne 
ung beleibigen. 

©tiliftifd) bebeutet ba^ „Söud) 2e QJranb" einen großen g^^^tfd^ritt 
flegen bie „.^arjreife". SJiit 3can ^^^aurfd^em Sdjtoung bereinigt fi^ 
ber SBi^ örentano^ö unb bie nur Igtxm eigent^ümlid^e plaftifc^e Dar* 
[tellung<^gabc, um eine neue ?lrt be§ ^rofaftil<^ Ijerüorjubringen. S)id^t 
neben einanber liegen bie t^erfd^iebenartigften ©lemente: jarte^ Öefü^l 
unb fd^arfer SBi^, ^od^fliegenbe ^Ijantafie unb falt beredjneuber SSer* 
ftanb. 3)ie 33ilber unb Öleid^niffe finb jal^lreid} unb immer glürflidfe 
{jeioäljlt ; mandje überrafc^en burd^ iljre Sieu^eit unb originelle ^ufammen* 
ftellung. Die ^^erioben finb feft gegliebert unb öon feltenem Sl'ioljUaut. 
J5n ber SBal)l ber Slbjectioa ift .§eine toieberum fe^r glücf lid^ ; nur l)äuft 
fr bereu mandjmal ju üiel in einem einzigen Sa|3 unb öertetjrt bie @d)ön* 
Ijeit feinet ®til^ baburd) in Sd^n^nlft. 

^eine glaubte (örief an SSarnljagen, 1. 3Jiai 1827), in ben poli* 
t if d^en 85emer{ungen be^ „S^udjeg Öe ©raub" ^ettoag 3luf5erorbentlid^eg 
(jelciftct ju Ijaben unb bilbete fid^ auf bie ®taati$gefä^rlid)kit feiner 
J3been nid}t toenig ein. .6öd)ft toaljrfd^einlid) nur, um ettoaigen SSer* 
folgungen ju entgegen, üielleid}t aber aud^, um ba^ Jjolitifd^e Üeben Sng* 
Ianb§ fennen ju lernen, reifte er äUitte 3lpril 1827, gleid) nad) (£r=* 
fd^einen be<$ Öuc^e^, nad^ üonbon ab. !öon bort au^ fc^rieb er am 
9. :3uni 1827 an 3Jiofer, ba^ er burc^ ia^ „93ud^ Üe ©raub" eine n?eit* 
l^in fd^allenbe Stimme erhalten ^be uitb ia^ SJiofer fie nod) oft l^ören 
Jolle, bonnernb gegen ®ebantenfd)ergen unb UnterbrüdEer Ijeiligfter Siechte. 
SisJ ba^in ^atte .^eine nod) nid)t funbgegeben, meldte "üitdjtt er al^ bie 
Ijeiligften angcfe^en toiffen toollte; feine flad^en ©diimpfereien gegen 
JSunfer unb ^^faffen mirb man boi^ nic^t ba^in red^nen tonnen. 3n* 
^h^ifd^en forgte er, toa^ er niemals t^erga^, auc^ üon (Snglanb au^ ba^ 
für, bafe fein 9?ame in ben ß^itungen oft genannt merbe, wo möglid^ 
im politifdjen Steile. 

333ag er in Sonbon gefe^en, toerben toir fpäter au^ feiner ©d^rift 
„©nglifd^eßuftänbe" erfahren. (Sr beobad^tete dielet, aber einen großen 



63 

%t)til feiner 3^it brad^te er im SSerfe^r mit fc^önen 333eibern — ba^ 
85eitt?ort ff\cS)'6n** rü^rt tjon §eine ^er — unb in Sonboner %f)cakxn 
ju. „SSäenn ii)," fd^reibt er am 9. Snni 1827 an SKofer, „tebenbig 
aug ©nglanb ^eran^fomme, fo finb bie SBeiber nid^t fd^ulb bar an. ©ie 
tl^un ba§ 3^tige." Sin SSarn^agen fd^rieb er am 19. Dctober 1827, 
er l^abe in ßonbon bi§ an ben ^alö in 9lbentenern geftedft. ©r tonnte 
t^, benn er ^atte fid^ bnrc^ einen SSertranenöbrnc^ eine bebentenbe 3nmme 
@elb üerjd^afft. ©ein Dnfel ©alomon l^atte i^m einen ßrebitbrief i)on 
400 ^funb Sterling anf baö ^an^ 5Rot^jid)i(b mitgegeben, meldten er 
nid^t üerfilbern, fonbern nnr jnr 5Renommage benn^en fottte. S)er SReffe 
badEite anberg. Sofort nad^ feiner Stnfnnft in Üonbon liejs er fid^ öon 
Slotl^fd^ilb bie ©nmme an^jal^ten, trng feine alten ©d^nlben ab, legte 
einen Ärieg^fd^a^ öon 800 Spatem bei SSarnl^agen nieber nnb brachte 
in brei 3Ronaten 1400 2i^aler bnrd^. Unter biefen Umftänben n^ar bie 
getftige Sln^bente be^ breimonatlid^en 8lnfent^aft§ in ber politifd^ fo reic^ 
betüegten 9KetropoIe ©nglanb^ eine nnr geringe. @r brad^te aber' einen 
ingrimmigen §a§ gegen aöe^ @nglifd[)e nnb bie ©nglänber nad^ ^anfe 
prüdE. 

Slm 8. Slngnft reigte ^eine öon ßonbon ah, ging über §olIanb 
jum britten äJJale nad^ Siorbernet) nnb bann nadC) SBangeroge. SSon 
bort aug fam er @nbe September nad^ Hamburg nnb üerl^anbette mit 
Eampe über eine @efammt=3ln§gabe feiner ©ebid^te, toeld^e ben Jitet: 
„83ud^ ber ßieber" fül^ren foHte. Sampe jögerte lange, — toaö ganj 
für unfere Slnffaffnng be§ bamalg nod^ befc^ränften Sin^meg ^eine'ö 
fprid^t — big er fid^ enbtid^ entfd^Iofe, bem SDid^ter gegen Uebertragnng 
aQer Siedete über ein frül^er gegebene^ Darlehen tjon 50 ßoniöb'or jn 
quittiren. 

3m Dctober 1827 erfdjien bie erfte Stnftage in 5000 ©jemptareif; 
1837 bie jtoeite, 1839 bie britte, nnb öon ba an alle jioei big brei 
läal^re eine nene. SDie Singgabe fotite bnrd^ SJÖeglaffnng befonberg an^ 
ftö^iger ÖJebid^te eine ,,tngenb]^afte" n^erben; inbeffen ift in bem ßieber* 
garten nod^ fo öiet l^ä^Iid^eg Unfrant fte^cn geblieben, ba§ eine grünb* 
Kd^e SReinignng Diele fa^Ie Stellen ^erüorrnfen h^ürbe. 

3n ber treffe fanb bag^';,Snd^ ber flieber" nid^t bie rechte Seadi^ 
tung; bie meiften ^itiler l^atten an ben ©ebid^ten fogar mefentlid^e 
SlugftcQnngen ju mad^en. (Srft nad^ nnb nad^ üerfd^afften ^eine'g fpätere 
©d^riften, n?eld^e nic^t jn feinen ®nnften bie allgemeine Slnfmerffamfeit 
auf i^n lenften, fomie bie ßompofition üieler ßieber burd^ SJfenbetgfo^n, 
©d^ubert nnb ßön^e i^nen ein publicum, mäl^renb bie 8teifebitber 
fd^on frül^er eine neue Sluflage erlebten. Ooet^e äußerte fid^ mißfällig 
über bie ©ebid^te, öon benen fpäter mandbe ben feinen an bie Seite ge* 



64 

ftellt tücrbeu jolltcu. ^eiue, ber nie ein tüarmer SSere^rer beg SKtcn 
von 5Bcimar gciuefeu war, meint in einem 93riefe an SJiofer öom 
30. Cctobcr 1«27: ,,baf^ id) bem ^Iriftotratenfnec^t @oet^e miMaQe, ift 
natürlich, ©ein label ift efjrenb, feitbem er ade^ ®d)tüäd)Ud^e lobt". 
3n rüljrenber 33ef(^eiben()eit fügt er l^injn: „®r fürchtet bie ijcxantDadi^ 
fenbcn litanen. (£r ift je^t ein fdjmadier abgelebter @ott, ben e^ Der* 
brie^t, baft er nidjt^ mel)r erfd}affert fann." Unb an Sarn^agen fd^reibt 
er am 30. Cctober 1827 in allerbingg ridjtigem SSorgefü^l: ,,(£r fann 
bod^ nic^t t?er^inbern, baJ3 fein großer 9?ame einft gar oft gufammen 
genannt ioirbmit bem 9tamen §einrid} .^eine." 

Sein ftarfe^ ©elbftbemufttfein (ie^ il^n fogar nod^ anf eine ?(n* 
ftellung in Serlin ^offen. 3U^ er fid) in feinen Srtoartnngen getäufc^t 
faf), ging er mit ßotta SSer^anblnngen megen ©intritt^ in bie SRebaction 
ber 3}hind^ener „^olitifc^en Slnnalen" ein, unb im Cctober entfd^Io^ er 
fic^, ßotta'^ 9lnerbieten für Januar 1828 anjuneljmen. 333ieber mad^tc 
er (19. Cctober 1827) Söarn^agen benfelben ^ä^lid^cn Sorfdjiag, gegen 
3ntime oorjugc^en; ioicbcr o^ne (Srfolg. @nbe Dctober reifte er über 
©öttingen unb ßaffet — too er bie örüber @rimm befud)te — nac^ 
grantfurt; ()ier ocrfefjrte er frennbfc^aftlid^ mit 93örne, ber in ^eine 
einen, menn aud^ nid)t genügenb ernftcn 93unbeggenoffen im Äam|)fe 
gegen SReaction unb ÖJoetfje fa^. (Snbe SRoöember traf er in 3Künd^en ein. 



III. 
PUndien. 9ie italienifdie Het'fe. 1828. 

§eine ^attc fid) für feine Stellung in SJiünd^en nur auf fed^ä 
3){onate Derpfüdjtet, toeil er junäc^ft üanb unb üeute tennen lernen unb 
erfahren n^otltc, ob ba§ Älima feiner ©efunb^eit jnträglid^ fei. 2)ie 
SRcbaction ber „9(nnalen" führte er gcmeinfd^aftlic^ mit Dr. griebr. Subto. 
Üinbner; aufeerbem arbeitete er für bie ^^i^fc^^if^^^^ "®^^ 9lu^lanb" 
unb „SDforgenblatt", n?ofür if)m ßotta, ber nic^t fnauferig ioar unb 
t?orerft §eine'^ Sntjüdcn erregte, bi^ 3uli 1828 ^unbert Sarolin (faft 
2000 5Diar!) ga^lte. Iro^bem ftanb e§ um .^eine'sJ ginanjen beftänbig 
fc^led^t. 

9tud^ über fein förjjerlid^cg Sefinben Ijatte er anfänglid^ ju f lagen; 
al^ er fid^ {ebod} an ba§ ranlje Silima getoö^nt ^atte, lebte er auf unb 
gab fid^ einem S)afcin t?oll 5lnrcgung unb 3^^ft^^i^i^i^9 rürf^altlog ^in. 
ÜJiünd^en, über beffen Scidjtljeit unb Äleingeifterei er fid) am 1. Slpril 
1828 bei 9SarnI}agen befd^jocrtc, gefiel i^m balb fo gut, ba^ er nod) im 



65 

" ©eptember fein ßeben bort aU ein föftlid^eg begeid^nete, an ba^ er mit 

' ©e^nfud^t jurüdEbadjte (an ÜKofer, 6. ©ejjt. 1828). ?lm l.Slprillobt er 

] in einem ©riefe an SSarn^agen bie „njnnberfd^önen SBeibertierl^ättnijife", 

f. tüd(i)t er l^abe, „bie inbeffen leiber n^eber feine ©efunbl^eit nod) feine 9lrbeit^* 

. luft beförberten". 3n biefer Stii erl^ielt er bie Siadiric^t, bajs S^erefe fic^ 

tjertobt ifait. S)er Serinft ber ©eliebten traf i^n nic^t fdimer, ba eine 

neue SReigung il^n feffette. ,,(£g n?ar eine Gräfin Sot^mer, bie ©d^n^ägerin 

beg 93aron§ Jutd^ef, bie fein liebebebürftige« §erj burc^ i^r feinfinnigeg 

SBefen tröftete unb entjüdfte. S)od) fdieint er nie ernftlid) auf ben 93e* 

ft| il^rer §anb gel^offt unb gerechnet ju l^aben" *). 

^eine'g Mitarbeit an ben ,,9lnnalen" bef darauf te fid) auf einige 
Keinen Sluf fä^e ; bie Slebaction überlief er gern feinem Soüegen fiinbner. 
S)a§ l^öl^ere Sen?eggrünbe i^n nid)t jum Schreiben üerantaffen fonnten, 
gefielet er felbft am 31. S)ecember 1827 feinem greunbe 3RerdEeI; bei 
feinen Slrbeiten, fagt er, liege öiet 9ftenommage ju (Srunbe, inbem er fo 
ber S33elt jeige, ba| er etn?a§ Slnbereö fei, aU bie fonnettirenben 911=» 
ttianad^gpoeten. Unb boä) l^ätte er l^ier, n?enn il^m baran lag, feine 
liberalen Sbeen unter bem gebitbeteit publicum ju verbreiten, bie befte 
©elegenl^eit gel^abt, jumal üubtvig I. 3?ertreter ber freifinnigen 9fti(^tung 
in angefel^ene Stellungen brad)te. Slber feiner Unt^ätigfeit lag, n^enn 
tüir an^ fe^r bejeidinenben Umftänbcn einen ©(^tufe gießen, eine beftimmte 
Slbfid^t JU @runbe: er moüte fid^ in ben Singen ber Slegiernng nid)t 
blo^fteßen, n?eil er eine SlnfteHung aU ^rofeffor an ber Unit?erfität ju 
erlangen hoffte. ®r bat ßotta brieflid^ (o^ne SDatum, ©trobtmann XX, 
©. 72), bem ^önig feine ©ebic^te unb Sieifebitber in bie §anb ju 
fpielen; ©otta möge bem Äönig anbeuten, ba| ber Serfaffer felbft üiel 
beffer unb mitber unb öietteic^t jefet and) ganj-anber^ fei aU feine SJÖerfe; 
ber Äönig fei meife genug, bie Äünge nur nai^ i^rer ©d^ärfe ju fd)ä^en 
unb nid^t nac^ bem ©ebraud^, ber fd)on baüon gemai^t n?orben. 2)em 
S)idf|ter SRidiael 95eer, ber §eine bei bem ebenfaöö bid^tenben SJlinifter 
tjon ©d^enf einfül^rte unb feine Sfnfteßung empfahl, fd^rieb ^eine eine 
günftige Siecenfion über ba§ 2irauerfpiel „©truenfec'', bie i^m, mie er 
am 14. Slpril 1828 9K erdet geftanb, fc^n^er irurbe unb üon tl^m felbft 
afe eine fiumpigfeit, b. i). aU ignobel bejeidinet n?urbe (an SSarn^agen, 
1. SUjril 1828). ©r ftellt in biefem »riefe ben ©rnnbfa^ auf, Mi 
ein SRann, ber ba^ ©belfte burd^ 3Bort unb S^at beförbern tuiß, fid^ 
oft Keine fiumpigfeiten, fei e§ au§ ©pa§ ober au^ SSort^eil, ju ©d)utben 
fommen laffen barf, toenn er nur burc^ biefe ßumjjigfeiten (b. l). §anb== 
lungen, bie im ©runbe ignobel finb) ber großen 3bee feinet Seben^ 



») C^Iftcr I, 8. 54. 
05m8«®c{eaf(3§aft. III. Seteindfd^tift für 1891. 



66 

nic^t« jc^abct, ja, ba^ bicfc fiumpigfcitcu oft fogar (obcu^tucrtl^ finb, 
ttjenn fic une in bcn ©tanb fcfecn, ber großen 3bcc unjcrc^ ficbcn« befto 
tüürbigcr ju bleuen/' Diejen ed)t „jefuitifc^en" ®runbfafe, ba^ ber ^toti 
bie SRittel heiligt, präcifirt er fpäter (III, @. 484) nod^ bal)in, ba| ein 
großer SJiann, um gro^e ^^^tuecfe ju erreichen, oft gegen feine Ueberjeu* 
guug ftanbelu uub jnjeibeutig üou einer Partei jur anberu übergeben 
bürfe; er muffe, tuie ber ^aifn auf bem ÄHrd)t^urm, mit bem SBinbe 
get)en, um fid} ju galten. 

(Sr ging noc^ ttjeiter. 3n 9J?änrf)eu tebte ein talentüoUer potitifc^er 
9(bcnteurer, ^of). SBit, genannt üou Dörring, tueldier aU übelbcrüc^tigte 
^ßerfönlic^feit uub aU geheimer ^otijei=?lgent ber ^Regierung gcmieben 
tüurbe. .^eine fanute il^n aU einen fe^r uuiuüerläffigen 5Ö?enfc^en 
(1. 2)ccember 1827), al^ ein mauvais sujet, ba«, toeife ®ott, mit toe(* 
dbem ©caubal noc^ enben toerbe (1. ?lpri( 1828). Irofebem trat er in 
ein enge^ i8erf)ältni6 mit iljm. lieber bie Sctoeggrüube ju einer fold)en 
iSntimität, tuelc^e .§eine geftiffentlic^ öffentlich mad)te, obgleich feine 
J^reunbe fie mipiUigten, fprid)t er fic^ in einem ©riefe an SSarn^agen 
t?om 12. Februar 1828 offen ausJ: „Sc^ I)ab' i^n perfönüd) fc^r gern 
uub er compromittirt mic^ überall, inbem er mic^ feinen ^^^i"^*^ nennt; 
baburc^ aber erlange ic^ erfteu«^, bafe bie SReüotutionaire burd^ SRi^trauen 
t?on mir fic^ fern Ijalten, tt?asJ mir fel)r lieb ift, jtueiten^, bafe bie SRe* 
gierungen beuten, id) fei nid|t fo fc^limm, uub überzeugt finb, ba^ id^ 
in feiner einjigen fdjlimmen SSerbinbung fte^e." 

S)ie ftrone t?ou allem aber ift bie üon elfter*) erjät)lte I^atfac^c, 
baß .^cine feinem J^reunbe bie ©palten ber 3lnualen ju fünften be« 
©iamantentjer^og^ üou Srauufc^tueig anbot, tuenn SBit i^m einen braun* 
fdjmeigifc^en Drbeu öerfc^affe! 

9lusJ .^eine'^ Ernennung jum ^ßrofeffor mürbe inbeffen nid^tö. SBir 
bürfen al^ fidjer anneljmen, ba§ ein fo oorneljm benfenber 3Äanu toie 
(£b. t?on ©d)cnf e^ Derfdimä^te, bie 5lnftellung eineg ©diriftfteHer« ju 
befttrmorten, beffen ©diriften, 2cUn uub ß^arafter nid^t bie geringfte 
Söürgfd^aft boten, .^eine mad^tc bie „ultramontaue ariftofratif^e ^ro== 
paganba^^j äJiünc^en'sJ für feinen 9Jiifierfolg oeranttoortli^ uub »erfolgte 
fie, namentUd) 3)üllinger uub ®i)rre^, mit feinem unüerföl)nlid)en ^affe. 
lieber Äonig üubmig I. go^ er baö {^ütlljorn feiner unptljigften Sin* 
griffe, toeldje fid) uid)t einmal anbcutuug^mcife toiebergeben laffeu. 

9Jiit 3uU gingen bie „5ßolitifd)en 9lnnalen" ein, uub im felben 
ajionat trat .^eine bie längft geplante Steife nad| :v?talien an. ' (Sr reifte 

^) 1, S. 52. — *) CVjQiij ül)nc (^xmib, beim flcvabc bomatö (1. 8cpt. 1828) äufeerte 
fid^ ftöiüß iiubroiß in einem *^rief on bcn ^JJHnifter 8c^enf ntiBtrauiJ^ ßcöen Sejuiten 
unb „congrcgationiftijcl^c GinfUlfterungcn". 



67 

über SnnöbrudE, 2;rient, äRailanb, ®enua, Siüorno naä) 2naa, tvo er 
feie „glänjenbfte Qdi jeineS Seben^" üerbrad^te. @r babete, fletterte auf 
ben Sergen uml^er, „fd^tüä^te", toa^ bei ^eine'ö SReifen nie fe^It, „mit 
fd^önert 5^auen'\ unb jaui^jte üor „Uebermutl^ unb Siebe^glüdE berauj^t". 
Siebte er bod^ nid^t attein bie liebcn^mürbigftcrt 3lrifto!ratinnen, jonberrt 
tDurbe aiid^ üon i^nen geliebt (an 3Ko)er, 6. September 1828). Seine 
IRid^te, bie ^^rinjeffin betia 9iocca, brüdEt benfelben ©ebanfen in anberer 
t^orm aus ^) : ,,^ier (in Italien) ^aik er in Siebe unb SBonne gejd^n^elgt unb 
fid^ aud^ ben ^eim feiner Äranf^eit geholt; benn tpie eine emfige 93iene 
flog er üon ber Sinen jur Stnbern unb tüurbe nie liebeSfatt." S)aS 
fd^reibt eine 5^au! 

SSom 1. Dctober ab tvdiit er fed^S SBod^en in ^l^^^^J^ ^^ ^^ ^^ 
i)er 93efd^reibung feiner itatienifdöen 9ieife arbeitete. 9?ie, fd^reibt er am 
6. (September 1828 an 3Kofer, fei feine Siebe für 3Äenfd)engleid^^eit 
unb fein ^a§ gegen ben ^leruS ftärter gen^efen aU jc^t — tüo i^m bie 
■Stellung in äRünd^en entgangen n^ar — , unb er fonnte feinen ©efü^ten 
Suft mad^en, lueil er eine ^eitfd^e ^atte, „bie üon ber ^ö^e ber ?Ipen* 
itinen bis an bie äJiünbung ber ®lbe'' ^inabreid^te (an Salomon ^eine 
15. September 1828). 

(Snbe 9?oüember n^nrbe $eine, it>ie er behauptet, t?on einer plö^== 
Ud^en Se^nfud^t nad^ feinem SSater ergriffen. @r reiste fd^teunigft ^eim 
unb fanb, als er im ©ecember in Hamburg anfam, i^n nid^t me^r unter 
ben Sebenben. Seine Iraner fd)eint eine aufrid^tige getüefen ju fein. 

bereits Slnfang 1829 finben mir i^n in 93ertin, njo er n^ieber mit 
SSarn^agen, Stöbert, ^^^^ä ^^^^ SJiofer öerfe^rte. Sine ^dt lang über^ 
loarf er fic^ mit SRal^el, bie i^m auf eine unoerfd^ämte 93emerfung fd^arf 
geantwortet ^atte. "Sias n^ar für i^n SSeranlaffnng genug, i^r in ben 
fd^nöbeften SluSbrüdEen eine 5lbfage äufommen ju laffen. (Sr fud^te in= 
beffen fein ^äf^ti^eS ^Betragen balb n^iebcr gut ju mad^en. SBic SSarn= 
l^agen unb 9ia^el in biefer S^it über i^n badeten, gc^t auS fe^r bebeut== 
famen Stellen in i^rcm Sriefnjcd^fel l^eroor, in njcld^em feine'S übrigens 
nur nebenfäd^lid^ gebadet n^irb. 

Slm 11. 3Kärj 1829 fcftreibt SSarn^agen an Sia^el^): „(£r (^eine) 
ntufe fi^ in guter ©eifteSluft conferüircn, benn er ^at oiel in fid^, n^aS 
leidet öerborben ge^t." Stapel an SSarn^agen am 13. SJiärj 1829^): 
„^eine toirb fid^ immer üon neuem befubeln, benn aud^ bem ift'S genug, 
■ein 3lergerni§ ju geben, follte er aud^ fclbft als fot^iger |)arle!in ober 
genfer umherlaufen muffen.'' 5lm 15. äKärj f^retbt fic*): „S)aS 9le= 



^) evinncrungcn <B. 81. — ^) SSricfroec^jel VI, S. 344. — •'') 2)ai. 6. 353. — 
■*) S)a!. ©. 356, 357. 



68 

fume, melrf)e^ ic^ ^crauö^ebe, ift unb bleibt fein flrofeeö latent, tDcldjt^ 
aber and^ in i^m reifen mn§, fonft ttjirb'ö inl^alt^leer unb ^öl^It jur 
Wanier au^. Slber begrünbete Äritif ^at er nic^t, tt?eit i^m in bcr 
liefe ber Srnft unb baö ^öd^fte Sntereffe fe^lt, toelc^e^ allein ^ufantmen* 
^anfl unb jufammen^ängenbed Sntereff e flemä^rt. Sr fann fi^ unb ©oct^e, 
feinen unb beffen Sftu^m üernjedjfeln . . . benft überhaupt, toa^ ii)m cnt* 
frf)lüpft, tva^ er faflen mag, ift für bie SRenfdjen gut genug." 8(m 
folgenben läge beftätigt SSarn^agen bie 3luöfprüd)e feiner ^xan unb fügt 
f)inju^), fo ein latent n?erbe, tt?enn eg feine 93urg im ^intergrunbe 
tjabc, „enbtic^ at^ gemeiner 9tu^eft5rer auf ©tecfbrief eingefangen unb 
nebme ein iämmertidjeö Snbe". So urt^eilten über ^einc, nod^ e^e 
beffen fd)timmfte ®d)riften erfd^ienen ipareu, jtuei geiftig bebeutenbe 
ÜKenf^en, tüdi)e fein latent ju f^ä^en ttjufeten unb feiner üernid^tenben 
Ienben?( nid)t feinbfetig gegenüberftanben. 

9Kitte %pxxi fiebette ^eine na^ ^ßot^bam über, njo er brei SRonate 
tang emfig an ben SReifebitbern aus^ Italien arbeitete, in tt?etd^en er mit 
allen feinen J^einben enbgüttig 3lbre^nung Ratten tpoltte. Um feinen jtt 
üergeffen, tjatte er fid), tuie er 9J?ai 1829 (©trobtmann XX, ©. 109) 
fdjrieb, eine Cifte angelegt t?on Stilen, bie i^n jemals ju fränfen gefüc^t. 
äüir ttjürben biefen ^wq üon 9iad)fud^t für fd^erj^aft gemeint ^alten^ 
tuenu nic^t feine ©d)riften fottjie anbere getuid^tige ä^^ifl^^i ^^^^ ®rnft be^ 
n^iefen. „2)er 2;rieb nac^ perfOntid^er 9iad^e," fagt ^einrid^ üanbc^), „ober 
menigftcn^ nad^ perföntid^er ©enugt^uung tt?ar ju ftarf in ^eine'^ 9ia^ 
turelt. Singe um Stuge, ^ai)n um jßaifn wax jübifd^^bibtifd^ tief ein^ 
geprägt in feinem SKefen.'' (Samißa Selben fdjreibt, ha^ ^eiueun feinen 
testen iJebenfifjal^ren, aU er an feinen äJiemoiren arbeitete, äußerte*): 
„^d) tjalte fic (bie ?^einbe), n^eber tobt nod^ tebenbig fönnen fie mir je^t 
entfd^lüpfen. 3öer e^ getoagt l}at, fid} an mir ju vergreifen, fann fid^ 
freuen, toenn er biefe ^^it^ti lies^t. ^eiue ftirbt nid^t, loie ber erfte befte, 
unb bie ÄraHen be^ Sigerö toerben aud^ nod^ nad^ bem lobe icß liger^ 
jierfteif d)en. " 

(Snbe September reifte ^eine, uad^bem er nod) jtoei SJionate aiif 
,§elgolanb jugebra^t, nad) Hamburg, too er an ber SBoltenbung beg 
neuen 93anbeö ber SReifebilber arbeitete, toeld^er im 3anuar 1830 bie 
treffe Vertief unb fein titterarifd^e^ 3ena tourbe; er jeigt ben 5)id^ter 
in feiner tiefften (Srniebrigung. ^ 



') ^Qj. 8. 365. - 2) ©ortcnloubc 1868, ®. 25. - •^) S. 56. 



69 

IV. 
Per britte $anb itx Hetfebtlber. 

3)ic Sejd^reibung bcr SReife t?on 3Künd^en nad^ ©euua bietet maud^e^ 
©rfrcuUd^e. ©inäclne ©d^Uberungeu t?on Sanb unb ßeutcn getpäl^ren 
tro^ i^rer Dberfläd^üd^feit einen ed^ten ©emife. Sejd^reibungcn, n^ie bie 
t)on Xrient, SBerona nnb ®enua, ipeld^e bie Stimmung ber ^oetifd^cn 
alten ©täbte be^ @übcn§ fo reiäüoll tpiebergeben, finb Keine äReiftermerfe, 
tocld^e id^, totnn e§ feine unöerjei^üd^e Äe^erei n^äre, gern über bie ge^ 
biegen langttjeiligen S3ejd^reibungen in ©oet^e'^ italienijd^er SReije ftellen 
tpürbc. 3lber je tpeiter er fortjd^reitet, befto mel^r verliert er bie Suft 
an ben ©d^ilbcrungen be§ 2;^atfäd^tid^en ; er ergebt fid^ in gef d^id^tfid^en 
nnb potitifd^en Setrad^tungen, ttjeld^e i^n auf bem Sßege jur Sieüolution 
jeigen. 

S)ie Sofung unferer Qdtr meint er, fei bie ,,@mancipation öon bem 
cifernen ©ängelbanbe ber Slriftofratie" ; er preist bie ^i^anjojen, n^eld^e 
bie Äöpfc berjenigen, bie burd^auö hervorragen tpoltten, gelinbe ab- 
fd^niiten (©. 275, 276). ©e^nfüd^tig ertpartet er ben Jag ber grei^eit für 
ein neueg ©efd^Ied^t, ba§ in „freier SBa^Iumarmung, nid^t im QtvanQ^^ 
bett unter ber Eontrole geiftlid^er 3öttner erzeugt fei" (@. 281). (gr 
l^ält fid^ für einen gettjeil^ten Äämpfer für bie I). @ad^e/ ber mübe unb 
blcid^ fein ttjerbe, tuenn ber ©iege^tag ^erüorftra^Ie ; bie ^oefie fei i^m 
nur ein ^. ©pieljeug ober ein gen^eil^te^ SRittel für ^immlifd^e 3^^^^- 
„®in ©d^ttjert fottt il)r mir," ruft er (3. 281), „auf ben ©arg legen, 
benn id^ n^ar ein braüer ©otbat im 93efreiung§tampfe ber Söienfd^^eit." 
(Sin braüer Solbat, ber fein SBaterlanb befämpfte, toä^renb feine Unter* 
l^änblcr eine angenel^me Stellung im felben SBaterlanbe für i^n fud^en 
unb i^m t?on einem ber elenbeften ber üon il^m öerad^teten Sebej^Sefpötd^en 
einen Drben öerfd^affen foUten! 

©elbftrebenb öerbinben fid^ mit biefen Siebengarten jal^lreid^e Stug* 
fälle gegen religiöfe ©inrid^tungen, fotoie gegen bie ^riefter, bie einer 
Sieligion bienen, ttjetd^e ^eine üon feinem erhabenen Stanbpunft ax\^ 
ein „^o^le§, au^geftorbene^ Seelengefpenft" nennt (vS. 276). 

Semerfen^toert^e Stnfd^auungen au^er ben erttjä^nten ^at ber SSer- 
faffer nid^t empfangen, obgleid^ er fid^ äRonate lang in bem gefegneten 
Sanbe aufl^ielt. «©oet^e nal^m mit feiner umfaffenben SBeobad^tung^gabe 
baö SSerfd^iebenartigfte in fid^ auf; $eine ift ttjie ein 93linber an bem 
©d^önen unb (Großen üotüber gegangen. 2)agegen unterplt er ung, 
rfie bag feine ÖJettjo^n^eit ift, mit fleinen toirflid^en ober fingirten (Sr* 
lebniffen, n?eld^e für i^n nur SBert^ fjdbtn aU 3lnla& ju einer erotifd^en 
Stbf^ttjeifung ober ju einem SBife. darunter finben toir mand^e^ ©c^öne. 



70 

aber oft flcinig tDed}fcln fabe SBortjpiele ab mit feutimentalcn ^fjan^ 
taftereieu (bie etuig unige()eube „tobte 3Jiaria'M), au meiere 9?icmanb 
iiie^r glaubt, uub „geij'treid}eu" griöolitäteu. 

Subefleu ber .^eiue besJ erfteu I^eile^ ber italieuijcl^en SReife ift 
uod) eiu ?Uol)fiuö gegeu beu ißerfafler beij jlpeiteu, be^ ^umoriitifc^=^ 
uüüeUiftifdjeu g^aguieut^ „Die üöäber t?üu üucca", iu tuetd^eui er jnjei 
»Hamburger ^erföutid^feitcu uuter auberm Siameu, 9}iard)efe ©umpeliuo 
(Wumpel) unb ^ijaciutl) (.^irfd)) iu fatirifdjer 93cleud^tuug auftreteu (äfet. 
S)ie magere $aubluug ift fo uuauftäubig, baft fic fid^ uid^t tuiebergeben 
(äftt. !J)ie ®emeiul)eit ift ^ier, im Wegeujafe jju .^eiue'ö frü()eru Sd^öp»^ 
fuugeu, ui^t meljr faloufäljig. SJioberue Sleft^etifer, tueld^e beu SKatu«^ 
ralidmu«^ '>]ola'i^ öertuerfeu, biirfeu fid) aU SBere^rer .f)eiue'^ uid^t auf^ 
jpieleu, beuu S^W^ abjdjredeube Dbjectiöität ift feufd) gegeu bcsf beut* 
fci^eu 2)id}tersJ iJüftcru^eit. SBOlfdje freiüd) brid)t aud) Ijier für ^eiue 
eiue üauje. „3tur eiu gauj uugejdjidter Äritifer/' fagt er (®. 183), 
„fauu bar au 3(uftü^ ue^meu, baft bie Uuterljaltuug mit biefeu Damen 
(iu: „Die iSäber Dou üucca") fid^ iu f ortgejefeteu ^oteu betuegt; baö ift 
öollfommeu ed)t; jebeö aubere S55ort fti)rte bie realiftijdje Dreue/' 3Ran 
braud)t bieje eiuer irre geleiteten 5leftl)etif eutle^uteu ®ruubjäfee nur 
auf bie barftelleubeu Slüuftc au^iumeubeu, um iljre gauje Slbgefc^madt^^ 
^eit f^n erteuueu. 

iBom üap'üd 9 bi^ jum ®d)lufi ber „Söäber üou Succa" befdbäf*' 
tigt fid) .^eiue mit 3luguft Dou ■ißlateu. ^muiermauu l^atte für bcn 
;;tueiteu 'S^ani ber .^eiue'jc^eu 5Reifebilber einige (Spigramme geliefert, 
n^eld^e beu franftjaft eitelu ^laten tiefer öerle^teu, al^ fie bei einem ge^ 
funben 9Jienfd)eu üermodjt Ratten. @r nal)m an ^mmermann, bcm er 
fd}on länger feinblid) gefinut trar, uub befjen »^anblauger ^eine blutige 
Städte in bem forniDolleubeteu parobiftijdjen üuftf^^iel : „Der romantifd^ 
Debipusf." .^eine'sf jübifd)e Slbftammung tuarb barin auf eine uuebele 
5lrt ^erDorgefjoben ; er fei ber l^etrarca be^ iJaubI)ütteufefteg, ber ^inbar 
t?om fleineu Stamme 3)cnjamin, beffen Äüffe Äuüblaud^gerud^ abfouberteu. 
^ßlaten'ö üiaäjc wax nid)t ebel, .^einc'sJ @egeu*3tngriff aber über alle 
SDJa^en gemein, "ipiateu ridjtete gegeu beu J^einb, ber il)u juerft gc* 
reijt, nur wenige bittere SKorte, \vk biefer fie jeiueu (Gegnern bereite 
ju .^unberten entgegengef d)leubert ; .^cine aber fabricirte eiu ganjeö 93ud^, 
um ^lateu moratifd) tobt ju mad^en unb iljm bie gröfite ®d}mad^ an^ 
jutl^un. (£r fügte bem nooelliftifd^en 5^^fl"if»t J^i^^ jcanbalöjen Kapitel 
an, njeld^e fi^ mel>r mit bem 3Renfd)en aU bem Did)ter ^^lateu bef(^äf* 
tigen unb it)u iu einer SBeife angreifen, toie fie jur &)xt ber beutfdjen 
iJitteratur bod) nur l^ödjft feiten ift. Unfer ®efü^l empört fid^ bagegen, 
in bie litterarif^e ^otemi! Dinge hineingetragen p fc^en, meldte bei 



71 

®crtd^t nur l^inter öcrfcßloffcnen I^ürcn ücr^anbclt tperbeit. §eine be^an= 
bcitc fic mit breiter 3lu§fü^rlid^!eit unb fid^tUd^em Sel^aflen. 3Ro^te er 
bic Slnflagen gegen ^laten'S ©ittlid^feit für bered^tigt Ratten (93rief an 
Smmermann t?om 22., 23. 2)ec. 1829) — fie n^aren e§ nid^t — , fo 
burfte er aU ehrenhafter 3Kenfd^ fie nid^t auf bem äRarfte tpieberl^olen. 
35agegen fpred^en tt?ir i^m gern ia^ 9iedE|t ju, ben 2)id)ter ^(aten litte^^ 
rarifd^ ju üiert^cilen. @r fagt aud^ t?iele§ über beffen SBerfe, tva^ aU 
ööltig jutreffenb aujuerfennen ift. 

2Kan ^at fpäter gefagt, §eine ifobc ben Singriff nid^t genügenb 
überlegt. 2)ag ift nid^t rid^tig. @r ^at feine Pfeile in ein ganj befon- 
ber^ forgfältig bereitetet @ift getaud^t. @r fetbft fagt am 17. 9?üüember 
1829, ba^ er ba§ „©efd^äff' lange genug aufgefd^oben ifobt (3. gebruar 
1830), ba^ er brei 3Konate nad^gebad^t über ba§, ttjag er t^un tt^oHe; 
er l^abe ein ©egengift brudfen (äffen, ttjoran nod^ ä^^anjig ©rafen i^r 
fiebtag genug l^ätten; unb ä^iwt Ueberflu^ n>iffen n^ir t?on Sampe, bafe 
biefer fid^ t?or unb bei bem SlbbrudE alle äKül^e gegeben, um biefe ah^ 
f d^eulid^en . gl^dfen ju öermeiben, aber ^eine 1i)aU „einen Äo^f auf fein 
Serail" ftedEen tpoüen. 

^eine ^atte e§ nid^t auf ^laten allein abgefel^en, fonbcrn er ttJoHte 
in i^m beffen ©efellfd^aft treffen, in n^eld^er er einen „93unb t?on 93a^ 
ronen unb ^äberaften" üermut^et (an Smmermann 22. 2)ecember 1829) 
— nämlid^ biejenigen SSRänner in 3Rünc^en, n^eld^e nid^t t^örid^t genug 
ttjaren, i^m ju einer ©taat^fteltung ju üer^elfen, unb ben Suben nid^t 
leiben mod^ten (93rief an SSarn^agen üom 4. gebruar 1830). 

3m Sanuar 1830 erfd^ien ba§ S3ud^; aber fd^on am 22. 2)ecember 
1829 fanbte ber SSerfaffer ein (Spemplar an feine fd^öne J^eunbin i^xi^ 
berife 9lobert, mit ber Sitte, fie möge nur bie jn^eite Slbt^eilung, „2)ie 
SBäber Don Succa'', lefen. iSebe ehrbare J^rau tüürbe biefe Slufforberung 
mit ©ntrüftung jurüdEgetpiefen ^aben — ^ier ftörte fie bie greunbfd^aft 
ni^t. SBenn e§ nod^ eine§ SBetoeife^ bebürfte, ba& bie @efellfd)aft in 
JBertin, in n?eld^er ^eine fid) betüegte, jmar eine üornefjme, aber feine 
gute tüar, fo liegt er ^ier t?or. 

3lud^ bie übrigen greunbe fon^ie üertrauen^n>ürbige Slecenfenten 
ttjurben mit Sjemptaren bebadöt, unb ^einc ttjartete fel^nfüd^tig auf bie 
günftigen Urt^eile über feine n^eltgefd^id^tlid^e S^at. Slber fie blieben 
nid^t allein aug, fonbern e^ er^ob fid^ fogar ein ©türm ber ©ntrüftung 
gegen ben SSerfaffer. 9?un ergriff ben mut^igen ©olbaten ein toa^re^ 
Äanonenfieber, unb er fa^ fi^ ängftlid^ nad^|)ülfe um. ©r fanbte feine 
^"eerrufer au^, um bie jerftreuten j^xtunOt jur Unterftü^ung ^erauju* 
jiel^en ; aber felbft feine intimen ttjagten nid^t, i^m i^r ©dbtoert ju 



72 

Uiijtn, uiib jü tarn er jju bcr (Srfeniituife, ba^ er fid^ mit feinem 95uc^ 
bei bem befferu ^^ublicum „uufäfllic^" gefc^abet ijaU (4. Februar 1830). 

Xnxd) jülcbe (Erfahrungen gemi^igt, entfernte .^eine, aU eine neue 
§(uf(age be« erften Öanbesf ber iReifebitber nöt^ig tuurbe, einige Sieber, 
tüeld)e ben „ 3d)tüa(^en im iJanbe auftöfeig'' erfd^einen tonnten, unb merkte 
au* ber .öarjreife alte^ allju ,^erbe ausJ. 

2)ie 2)arfteUuug*tt)eife unb ber Stil im britten Sanbe ber SReifc* 
bilber geöen tuieber auf bie .^arjreife jurüd. 35er Ä'unftgriff, Sinn* 
(icl)e« burd) Weiftige« unb Öeiftige* burd^ ©innüd^e^ bilbüd^ au^ju^ 
brüdEen, artet jur SJianier ausf. Söir begegnen je^t einem „übelried^eu* 
ben üäd}e(n", einem „fe^nfüd^tigen 9Jiift^aufen'\ „öegetabilifd^^animalifd^en 
•Ipänben'' nfm. Die „freubigen §üften" in SBrentano'^ „ÖJobmi" fe^ren 
l^ier aU „gciftreid)c" mieber; aud^ 3ean ^^aut erfennen tuir in mand^em 
93ilbc, unb bie alte Dbftfran aM .^offmann'i^ „golbenem Jopf", bie bem 
armen Vlnfelmn^ fo öiele Sefd^tuerben unb ärgerlid^e Iräume bereitet, 
erfd^eint bei .^eine mit nur geringen Stenberungen. 

V. 

Pte J^breiff nad| }ßaxxi. 

dlaä) Berlin magte ^eine nac^ (Srfd^einen be« britten 95anbe^ fei* 
ner Steifebilber nid)t ?iurüdEjutel)ren, au* J^urd^t üor ber preufeifd^en Sfie* 
gierung, tücldje iai^ SSud) verboten ^atte. (£r blieb in Hamburg, wo 
C^um^^et, .^irfd) unb bie gefammte ürtljobüfe 3[ubenfd)aft i^n heftig — 
unb tuatjrlid) nid)t mit Unred)t — befeljbcten. Die 2;aufe ^ätte man 
il}m ücriie^en; fein l}äfilid)e* ÜlH^eln über feine ®tamme*genoffen trug 
man it)m erbarmungslos md). ®ein Umgang mit !v<uben toar bt^f)aii 
ein t?erfd)toinbenb geringer, bagegen oerfet)rte er nalje mit tatentöoKen 
jungen Sdjriftftellern unb fonftigcn WefinnungSgenoffen. 3Rit Sub* 
tüig ÜBienbarg, bem fpätcrn äBortfüljrer be* iungcn Deutfd^lanbs, fon?ie 
Sluguft üetoalb fam er l)äufig jufammen. 5ln ^^rofeffor ßimmermann, 
oon toeldjem Strobtmann iaii unglaubliche Stüct berid)tet, er l}abe feinen 
®d)ülern bie üectiire oon .^einc'^ itaTienifdjcr 9{cifebefd)reibung empfohlen '), 
fd^lo^ er fid) enger an als früljer. „(Sine minber folibe Wcfellfc^aft,'' erjä^It 
Strobtmaun ^), „fanb er in ben Salon* oon ^eter 5l^ren* unb Dorger*» 
toi), toü jene berüd)tigten Solle ber Hamburger Pjri^nen ftattfanben, 
benen er fo l}äufig al* nuiü)n}illiger Waft beimol^ntc." Die J^olgen fci^ 
ner üebenstoeife ftellten fic^ balb in Weftalt ti)rperlid)er S^efd^toerben unb 
namentlid) in 33lutfpeien ein, tueldjc i^m ®nbe äJiärj bie Ueberfiebetung 

») I. 6. 629. — «) I. 6. 639. 



73 

ttac^ bcm ftitten SSanb^bed rät^üd^ erfc^ctnen liefen, öier la§ er eifrig 
potitifd^e ©(ftriften unb ftubirte bte ®efd^i(i)te ber franjöfif^en 9ieüo(utiün. 
SJon Snbe Sunt bi^ @nbe 3lugu[t üermeilte er auf |)eIgolaub, wo 
xt)n bte Sttac^ri^t öou ber neuen 5Reüotution in ^ari^ traf unb förmlicb 
berauf d^te. „^i) bin ein So^n ber Sieüolution/' rief er nad^ bem @in= 
treffen jener 9?ad^rid^t (VII, S. 59), ,,unb greife mieber ju ben gefeiten 
SBaffen, njorüber meine 3Äutter i^ren 3^w6^^)^9^^ au§gef))rod^en. 33tu' 
men! ölumen! 3c^ n^iH mein ^anpt befränjen jum Sobe^fampf e ! Unb 
aud^ bie Seier reid^t mir, bamit id) ein Sd^lad^tüeb finge. . . . Söorte 
gleid^ flammenben Sternen, bie au^ ber ^ö^e ^erabfd^ie^en unb bie ^a* 
läfte Derbrennen unb bie $ütten erleud^ten." Snbeffen ^atte er bod^ 
genjid^tige SBebenfen, feine ^oc^tönenben 5Reben^arten ju Jbaten ju mad^en; 
er begnügte fid^ bamit, ben britten S^eit feiner itaUenijdjen Steifebefd^rci- 
bnng: „Xk ©tabt Succa'' ju üollenben, foraie bie ööüig reüolutiouaire 
©d^lnfep^antafie ber „(Sngüfdjen Fragmente" : ,,S)ie 33efreiung" nieber ju 
fd^reiben. 

2t(g ber Sieöolution^mann nad^ S)eut)dt)(anb äurüdffe^rte unb fa^, 
ia^ bie 2)eutfd^en nod) feine Suft Ratten, gleid^ ibren meftlidjen 9?ad)= 
baren bie ©d^laf^auben üon ben Äö^:)fen ju jiel^en, a(g neue ÖJelbnotf) 
i^n brüdEte unb 3^ift ^it Dnfel Satomon i^m Sorge einflößte, machte 
er tro^ früherer ÜJfi^erfolge n^ieberum SSerfudje, in bem Staate, n^eldbem 
er itn Untergang münfd^te, eine 3lnfteIIung ju erlangen. SJarn^agen foHte 
i^m l^elfen, in ^?reu§if(^e Staat^bienfte ju treten. „Sie irren," fdbreibt er 
am 19. 9iot?. 1830, „tnenn Sieglauben, ba^ id^ be§ Sn^alt^ meiner Sd^rif== 
ten tpegen, fobalb id^ tran^agiren möd^te, nid^t bie ^^reu^ifcbe ^Regierung 
für mid^ intereffiren fönnte." S)arau^ tourbe nun atterbing^ nidt)t^, unb 
J^eine üerföl^nte fid^ auf SSarnbagen'^ 9tatb mit feinem Dufet, um nid^t 
ben legten Stü^punft ju Verlieren. SSon neuem foüte SSarn^agen ein^ 
greifen, aU in Hamburg bie' Stelle eine^ Siatb^fl^nbicu^ frei it>urbe, für 
n?eld^e ^eine fid^ geeignet bi^lt. S)a^ ©erüd^t bejeid^netc ibn aU einen 
ber 93etperber, fo ba^ §eine e§ für notf)tuenbig ^ielt, burd^ ^^i^i^i^f!^'^ 
3lrtifel einen S)rudE auf bie öffenttidöe SDieinung au^äuüben. S)aäu fotlte 
n?ieberum SSarn^agen, beff en - ©ebutb bemunbern^tpertb erid[}eint, feine 
einfluferei^e |)anb leiten. 9lbcr aud) biefe SBemübungen fdölugen febl. 

3njn?ifd^en bereitete $eine ben britten Xtfdl feiner italienifcben 5Reife 
jum 2)rudE üor, in n^eldjem er bie legten ßonfequenjen feiner religiöfeu 
SSerneinung jog unb auf fteinem 3fiaum bie abfd}eulid^ften Säfterungen 
l^äufte. 2)a§ 93ud) mu^te il^n für eine öffenttid^e Stellung üotlenb^ in 
^reufeen unmöglid^ mad^en — ober fotlte er ben .f)intergeban!en gehabt 
l^oben, bie 9iegierung n^erbe gern bie (Gelegenheit ergreifen, eine fo furd)t= 
bare 5^ber für fid^ ju getoinnen? 



74 

C^mC^amiar 1831 er)d)ien bas^SBuc^ unter bcm litel: „Siac^trägc ju 
ben Sieifcbilberu üou^einridj.^eine". S«J enthielt aufeer „2)ic ©tabt üucca** 
noch bic ,,(£ng(i)(i)en J^raflmentc". Die Ic^tern ^abcn für unö nur jo »cit 
Ontcrcftc, ds^ fic nm |)einc'«j |)oUtijc6c Stnfid^ten ttjciter enthüllen. ®t^ 
rvi^ enthalten fic üortrefflidjc ed)ilberunflcn üonboncr ücbcn^ unb ttjcrfcn 
t)elle S^lagUd)ter auf bie ^?olitifd)en unb gcfettf^aftfid^en Sßcrl^ältniffe 
(SnglanbiJ fotuic auf ben (S^arafter ^o^u 33utt'«J ; aber burd^ Darftellungen 
biefer ?lrt finb tt?ir bod) in ben (e^ten 3la^rje^ntcn fo fe^r üern?bl^nt 
njorben, baft bie „(Snglifc^en J^ragmente" ^eute nur nod^ Utteraturgefd^id^t^^ 
lid)e SBebeutung ^aben. Der f ünftlerifdje SSJert^ be«j noöcltiftifd^en ©tüdc^ 
„Die Stabt üucca'S baö fragmentarifd) unb o^ne beftimmten ß^arafter 
erfd)eint, ift üom ©til abgefet)en -- gleid^ 9?ult. Slber e^ mag nic^t 
leid)t ein 93ud) auf ber SÖelt geben, wcldft^ auf fleinent SRaum eine 
grüftere Sammlung üon ro()en 3lngriffen gegen bag (Sfjriftcnt^um aufju»» 
ttjeifen f)at. J^aft ani^ jebeni 8afe f|)rid)t bie Unfäfjigfeit, ba^ @ro^e 
unb (Sr^abene ber d}riftlid^en Sieligion jn begreifen. 

3Uö aJiütto für ben legten i(}eil feiner „SReifebilber'' f)ätte §eine 
rcd)t gut feinen eigenen 2(uöfprnd) fetjen fönnen: „Wtit ben ©ebärmen 
eineöiSfelö möd)te id) meine iieier befaiten, um fie nad^ Söürben ju be* 
fingen, bie gefd)cirenen Dummtöpfe!" (III, ©. 429). Denn ber n^atju^^ 
finnige .^aft gegen bas^ fatl)ülifd)e ^^rieftert^um unb bie fat^olif^c Äird^e, 
toeldje fid) in biefen rüf)en SäJorten auöbrüdt, burc^jiefjt ben ganjen erften 
Df)eit beö vierten SBanbes^: „Die Stabt üucca". (£r ift ein ttja^re^Som* 
penbium üon Sd)änblid)feitcn *). 5üät abfdjeulid^en üäfterungen, in bencn 
beilige ^^Jerfonen unb (^egenftänbe mit ben (}äfttid^ften Dingen in Serü^^^ 
rung gebradjt tuerben, mit lüfternen 5lnfpic(ungen mifd^en fid^ grobe 
£d)impfereien über bie ^^riefter im VlHgemeinen unb bie römifd^en in^^ 
befonbere. lieber bie üäfterungcn muffen toir ^intuegge^en, tt^eil fie eine 
SSiebergabe nid)t erlauben. Die fdjlimmftelt ()at er übrigen«^ au^ SJren* 
tano'ö „Wobmi" ^) entlcf)nt. 

Die 3lnfid^ten, meldte .^peine über Steligion unb Äatfjolicisjmuö funb«* 
gibt, gipfeln in folgenben Sätjen. äBie in bem ÖJebidjt: „Die ©ötter 
WriedKulanbö" (I, S. 187 j, bebauert er, baft bie alten Wötter entfi^loun^ 
ben unb burd) „gefdjunbene, gebratene unb gejpiefttc WDtter" erfe^t 
feien, unb ba^ an Stelle ber luftigen grie^if^en Steligion eine „trüb'' 
feiige, blutrünftige Delinquenten-Steligion" getreten fei (S. 395). Diefe 

*) 6clbft ein marmcr SBcrc^rcr §cinc'ö, mic (Alfter, mu6 jußcftclicn (I @. 86): „9lur 
ber öont ^oßina Unob()än0i6e rocife (olc^c Xarlcflungcn 3U »ürbiöcn; mx in bem ftrenflen 
ftirc^englaubcn lebt, »irb bagegen burd^ öiele Steüen bie(eS 93uc^e§ in |eincm innerften 
®efüt)le öerle^t werben. " 

'') 8. 397, 398. «ßl. ®obtt)i II, 120 unb 290. 



75 

Sicügion fei burd^ bic Suben au^ 2(eg^pten gefommen ^), üon tüo 
fie „avi^tx ben $aut!ranf fetten unb bcn geftol^Ienen ®olb- unb @ilber= 
gcfd^irren and) eine fogenannte |)ofttit?e Sietigion, eine fogenannte Äird^e, 
ein ®erüft t?on 2)ogmen, an bie man gtanben, unb ^eiliger Serentonien, 
bie man feiern mu^te, ein SBorbilb ber fpätern ©taat^religtonen'' mitge* 
brad^t Ratten (®.'416). @r üema^rt fid^ aber bagegen, ba§ er bie 9te= 
ligion im Slßgemeinen bef ämpf e ; er el^re bie innere ^eiligf eit einer jeben 
9ieügion, fagt er, aufridbtig aber ^affe er ^rjene 50ii§geburt, n^efc^e man 
©taat^reUgion nennt'' (@. 418). @r füfjrt ben®ebanfen nod^ n^eiter an§ 
unb fommt ju bem (Srgebni^, baß mit ber Sieügion ©^rifti bie in üer== 
fdjiebenen Sänbern conftituirten ©taat^reügionen nid^ts me^r gemein 
l^ätten, ha^ ben Sieligionen ba§ „3RonopoIfl)ftem'' eben fo fd^äblid^ fei, 
tt?ie ben ©etperben, unb ba§ fie erft burd^ ,,freie Soncurrenj" ju ifirer 
alten ^errü^feit n^ieber erblühen tpürben (®. 419)'^). 9?iemanb aber 
fei tueniger geneigt, bie freie Soncurrenj ber 9teIigioncn jujugeben, al§ 
bie „Pfaffen", bie ,, einen leibigen ^opanj für ®ott ausgeben unb ba== 
mit @elb üerbienen". ®ie Pfaffen finb i^m überhaupt — n^ie er in 
einem gerabe i^m fe^r geläufigen Silbe au^fü^rt — nur Äaufleute bäU}. 
©d^ai^erer (®. 389). Slber baö SBol! tperbe fi^ nid^t lange mef)r üon 
il^nen täufd^en laffen unb einfe^en, „ba§ man Don Oblaten nid^t fatt 
njirb" (®. 421). 

Sllö ^olitüer — n^ir jie^en ^ier, um SBieber^olungen ju üermei^^ 
bcn, aud^ gleid^ bie „(Snglifd^en Fragmente" in Setrac^t — bejeid^- 
net fid^ ^eine ttjieber ate einen überjeugung^treuen Sln^änger be^ 
fiiJnigt^umS (®. 417); aber jeber 3Jionarc^ njürbe fid^ b^banUn 
für eine fold^e ©tü^e feinet Sl^roneö. S)er 233ille be§ 8Sol!e§ ift 
i^m bie „alleinige Duelle aHer SRad^t", ba^ „93i6d)en ©alböl" ma^t 
„feinen menfd^lid^en Äopf gniHotinenfeff' (®. 421).. 5Daö SSolf ift 
ber „lüal^re Saifer, ber n?a^re ^err ber Sanbe'' ; fein „SSille ift 
fouüerainer unb üiel legitimer al§ jenc§ purpurne Tel est notre 
plaisir, ba^ fid^ auf ein göttlid^e^ 9ied^t beruft, o^ne aße anbere @5e^ 
ttjä^r als bie ©albabereien gefd^orener ©autler" (@. 504). ©in 3Kufter= 
äRonard^ift ! 2)er Staat ift i^m ein 9Rarionetten=S^eater, ber Äönig 
unb bie Beamten finb bie puppen, ttjeld^e Dom SSolfe nad^ belieben be- 
legt toerben. SSenn aber ber gatt üorfommen follte, ba^ bie puppen 
ber „alleinig re^tmä^igen 3Ka^t" nid)t ge^or^en njollen, fo barf ba§ 
SBol! jum Knüppel greifen unb bie unbraud^baren Spieljeuge in ©tüdEe 
fc^Iagen. 2)afe babei bie .^auptpuppe ebenfalls „amputirt" n?irb, ift 

*) 6in ßtebHnö§öeban!e SBoltatre'ö, »on welchem §cinc fid^ anregen liefe. 
^) ^Ingercßt gu bte(cn Ö^ebanfen ü6cr ba§ iJKonopol(9fJcm ber 8taat§religton »urbc 
^einc burd^ 5Wonte§qutcu'§ «lettres persanes" (Ülr. 86). 



76 

„frcitid) cutfefelic^'' (5.499); aber bann tt?irb fic nid^t fo fc^t ein Opfer 
bcr üeibeujdjaften, alsf ber ©egebenl^eiteit (®. 499). 2)aö ift itic^t 
fcftUmm; bie Steüotution ift arfl üerleumbet unb atö ein „i^\xx'\ttn\(iixti^ 
iiift unb eine iöolfefdbcud^e" bargefteltt tuorben. (&^ fei freilid^ nic^t 
iju Icuflnen, ba^ man biefe (^Juittotine, bie ^eilfame 9Jiafd^ine, tuomit man 
bie bnmnien Slöpfc l?on ben bOfen .^ergen fel^r leidjt trennen fann, etttja^ 
oft angemanbt babe, aber bocb nur bei unheilbaren Stranf^eiten, j. 93. 
bei SJerrat^, üüfle unb Sdjmäc^e, unb man tfaht bie Patienten nid^t 
laxiQt gequält, nicf)t gefoltert unb nid^t geräbert, toie einft laufenbe unb 
?lbertaufenbe Stoturierö unb SSilain«;, SJürger unb Säuern gequätt, ge* 
foltert unb geräbert tourben in bcr guten alten Qdt (®. 499). 

!J)ann oerfprid)t §eine, in bem Slampfe für bie ^rei^eit in ber 
crften Steibe fteljen jn tootlcn. (Sr ttjill ^anbeln toie ein 3Äann, „nadb* 
abmenb bie großen Vorgänger unb, toill'^ (Sott, fünftig ebenfalls be* 
n?eint oon ilnaben unb Siingtingen" (5. 425). 2)ie Selbftfud^t brängt ibn 
nid^t j(ur Iribüne, unb groft finb bie Opfer, bie er bringen muß für 
jebesf freie äöort. (S. 502). S3eftänbig mufe er auf ber aJienfur liegen 
unb fid) burc^ unfäglid^es; 2)rangfal fd}lagen; er erfechtet feinen ©icg, 
ber i()m nid)t and^ .^erjblnt foftet. Jag unb 9?adbt ift er in SÄöt^cn 
(S. 427), aber fein befter Spaß unb fein befte^ 93(ut fteljen „feinem" 
beutfc^cn äJotte immer jn 3)ienften (®. 504). äöeitcr fann man bie 
"ißra^lerei taum treiben mit einer (Scfinnung, auf bereu toeitere SSerfed)* 
tung er gern gegen materielle SSortbeile oerjid^tet f)ätte. 

^n bcrfelben j^tii, in toeldjer .^eine fein anftößigeö 93ud) über 
^laten fd)ricb unb in ber „Stabt üucca'' feinem .^aß gegen bag E^riften=^ 
tbum üuft mad^te, bid^tetc er in bem 1831 in ber jtoeiteu Slnflage be« 
jtoeiten 93anbes^ feiner „iWcifebilber" erfd^ienenen „9tcuen 5^ü^Iing" einen 
iJieber=ßi)ctn^, ber ^n ben fd^önften unb reinftcn lötüt^en feiner S^rif 
ilä()tt. Die (Sebid^td^cn finb jum S^eil oerantaßt burd) feine Siebe ju 
J()crefe .^peine unb ber (Gräfin 93ot^mcr ; bie übrigen entftanben auf Sin* 
rcgnng bes^ Gomponiftcn SKet^feffcl. 

2)er S)id)ter jeigt fid^ ()ier oon feiner liebenötoürbigftcn Seite unb 
läßt nur ein Slial (9ir. 33) leife buri^blidEen, ia^ feiner iiiebe au^ finn* 
Iid)e ^Regungen beigcmifd^t finb. Sn fünftlerifd^er 5lnorbnung enthüllt 
fid^ oor un^ bie Wefd)id)te feiner neuen Steigung, toeld)e eben htn „dienen 
^rü^ling" bebeutet. 3n ber erften Slbtfjeilnng (SRr. 1—10) fd)i(bert er 
ia^ @rn}ad)cn feiner Üiebe. ©^ n^irb 9Äai, fein §erj liebt auf'^ neue 
(1), fo toie atte<^ in ber Statur üiebe at^met unb fingt (2). Die liebe* 
l^eißen üieber ber 9tad}tigall be^nen feine Seele (3), aber er toeiß no^ 
nid^t, tüdd)ex 83Iume er feine Siebe äumenben folt (4). Äran! liegt er 



77 

int ©rafe unb träumt, er toei^ felbft nid^t toa^ (5), unb bittet fein 
fleineö 5^ü^Iing§Iieb, bie ®e(icbte ju grüben (6). SBtetteid)t \)t e§ bic 
9iofc, bie er liebt (7), üielleid)t bie Silie (10), fi^er aber fd^Iägt 3lmor 
in feinem ^erjen ben Saft (8). 

3n ber jtpeiten Slbtl^eitung (9ir. 11 — 23) ^at fid) fein ^erj ent== 
fd^ieben. 3^ei fd^öne Singen ^aben e§ i^m anget^an (11), nnb er fürd^tet 
fid^ üor i^nen (14), fo bafe ber Siebe fü§e§ (SIenb nnb bittere 2n[t in 
feinem ^erjen tnieber (Sinfe^r galten (12). ©r ift ber 3Ronb, fie bie 
SSJafferlilie, n^eld^e er nur an§ einfamer $ö^e grüben fann (15). ©r 
fnd^t fie nnb folgt il^r überall (19), i^re blanen Singen ergießen ein 
9Rcer üon blanen ©ebanfen in fein §erj (18), i^r Slbbilb gittert in 
feinem erfd^ntterten ^erjen (23), nnb er möd^te fie gern meiben, tpeil 
bic Siebe jn i^r i^n elenb mad^t (21). 

SDie britte Slbt^eilnng (24—38) fdiitbert fein Siebe^glntf, n}eld)e^ 
er aber nid^t üoll jn genießen vermag, ba bie bange Sl^nnng, e§ n^erbe 
ein fdjneHeg nnb tranrige^ @nbe finben, i^n in feinen f ü^eften Sräumen 
ftört. 3n ber legten Slbt^eilnng (9?r. 39—44) ift ber gefnr^tete 3lb= 
fd^ln^ feiner Siebe§=Sbl)He eingetreten, bie SSelt erfd)eint ifjm gran nnb 
t?erti?etft nnb fein $erj üerblntet. 

S)er S)id^ter fingt alf o n^ieber ba^ alte Sieb, aber er trägt e§ mit 
ebelcrm Sln^brndf üor, als frnl^er. (Sr üermeibet ben SWi^flang ber 
©elbftüerfpottnng nnb bie nnreinen Jone grober Sinnlidjf eit ; !lar nnb 
einfad^ ift eine jarte ©m^finbnng anögefprod^cn, n^eld^e leidet in nnferm 
^erjen n^icberflingt. 

2)er „Siene grüljling'' toar ber ©d^tüanengefang ^eine^§ aU be^ 
©ängcr§ reiner Siebe. (Sr reifte im 3Kai 1831 nad^ bem nenen Se= 
rufalem ber grei^eit ab nnb legte üon ba an bie meiften feiner Sieber 
5ßarifer 2)irnen jn gäfe^i^r ^i^ ^^ üor^er fd^on oft genng bie fäuflid^en 
®amen be§ SlpoÖofaale^ in $ambnrg nnb ber 5Rebonten in 93erlin be= 
fnngen fiatte. 



3C-_ 




'XC 



78 



Die VCiamc6\a\}ve. poUtifc^e unb reUgtöfe kämpfe. (Cob* 

(|S3I— 1$56.) 

I. 

Pegtnii brr poltttfd|fn $d)rift|lrUerft. 

(1831—1832.) 

Iqcuk giufl fciuc^mecj^ iW^ (SjU, tuic er felbft oft jagte uub mehrere 
feiner :iMograpl)eu i()m uad^flefprod^en ^abeu. Siieinanb ätpang il^n, ba^ 
SJaterlaub ,^u üertaffeu. ?lber bamatö „mar c^ jur SRegel getuorben, bafe 
jeber junge rabicale Sd^riftfteller eine ^^Jilgerfafjrt md) bem 3Re!fa ber 
^rei()eit unternef)men mufUe, unt fid) ben toa^ren politijc^en ©tauben an- 
zueignen" *j. 3eit faft !3al)re^frift ja§ üouiö ^^itipp, ber ©nnftliug 
ber liberalen J^ourgeoifie unb ber fflörfe, auf bem Jl^ron be^ f)I. üublrig. 
(är brad) mit bem „ÄlericaüiSmus^", gemäfjrte ber ^^reffe größere g^eil^eit, 
erlief ein neneö 3öa(}lgefe<j unb erfefete ein 9Jiinifterium burd) ein an^ 
beresJ, tuenn bic ftamnter esJ üertangte. 2)aö erfd)ien ju jener Qnt ben 
„Stabicaten" in S)eutfd)lanb aU ein ^:)arabiefifd)er ^iiftanb, unb fie eilten 
fd}aarentueife nad) ^^^ari^, um i^n fid) nä()er anjufefjen. 83örne fc&rieb 
t)on ber freiest ^ani burd)flie^enben Seine ausJ intereffante 93riefe in'^ 
getned^tete S)eutfd)(anb, unb fo ging and) ^eine nac^ ^ari^, um fid^ a\x 
bem 3}ö(ferfrnl)Ung ju erfreuen unb and), um ßarriere ju madjen. ®er 
Dntel mar fo gro^mnt^ig getuefen, iljm ein ^valjre^geljatt Don 4000 J^anc^ 
jujufic^ern, toetdje^ bei iai üppigen üeben^gemo()nf)eiten be^ 2)id)ter^ i^n 
loenigftens^ Dor bem ü8er[)ungern fd^üfete. 

Xa^ i)abd an ber Seine unb bas^ ^^arifer iJeben umfingen .^eine balb 
mit beftridenber Wemalt; I)ier fanb er hm i^oben, in toetd^em er feiner 
?lnfid)t nad) gebeit)en mu^te. Öegeiftert nennt er wenige iß5od)cn nac^ 
feiner 5(ntunft J^ranfreid) ba<^ !qqx^ ber üBelt (V, S. 58), ia^ 3)iutter* 
taub ber KiDiüfation unb J^reit)eit (V, 63), bie J^rau/^ofen baö geiftreid^fte 
unb barml)ersigfte ®ott (IV, S. 18); ^^ari;^ ift i()m baö cigentüdje J^rauf* 
reid), bie .Soauptftabt ber gan^^en ciüitifirten 3i5elt unb ber Sammelpla^ 
i^rer geiftigen 9Jotabi(itäten (V, S. 56). Xa^ aüc^ fdjrieb er öffent- 
lid), bie J^ranjofen unb ^arifer erfu()ren baüon unb fogen bas^ üob be§ 
liebens^tüürbigen beutfd^en Sd^riftftellerö begierig ein. • 

') Xvcitfd^fe III, 6. 708. ' 



79 

^cine ftubirtc ^ari§ unb ^arifer Scben in beit erften äRonaten 
feines Slufent^altS eifrig nnb griinblid^. (Sr l^ielt, ttjie feine 33rtefe an^ 
^ariS betpeifen, Singen nnb D^ren überall offen, nnb l?erfc^affte fic^ eine 
ad^tungSnjert^e Äenntnip ber öffentlid^en 3iiftänbe. SlbenbS ftnrjte er 
ftd^ in ben ©trom ber SBergniignngen, tpeld^e getuiffe lanjtocale i^m 
boten, unb fniipfte mit mand^er Sci)önen ein SSer^ältni^ an, baS n^eber 
auf Steinzeit nod| Daner bered^net mar. „®iefe Steigungen'', fagt Slbolf 
©trobtmann ^) ,, gingen felbftoerftänbli^ niäjt tief, aber fie illnftriren bie 
frioolc ©enufefud^t feinet S^arafterS, nnb e^ ift befannt, ba§ er fid) mit 
einem gen^iffen StiniSmuS feiner 2nberli(^!eit rühmte." ^ein 3Bunber, 
ha^ ipeine ^ier fid^ ttjol^l fiil^lte unb bie befannte 9teben§art ba^in üer= 
änbert toiffen ttJoUte: tvxt §eine in granfreid) leben. 9iur bie beftänbige 
Slngft t?or |)otijeilid^en SSerfolgungen, üon n^etd^er Strobtmann^) bie 
lädöerlid^ften ©efd^id^ten erjä^lt, trübte fein fi)baritifd^e§ 2)afein. 

93alb fanb er einen ÄreiS oon ©efinnungSgenoffen. ®r njurbe in 
bie bcffere franjöfifd^e ©efellfd^aft eingeführt unb jtoar burd^ 9tot^fd^itb, 
an toeld^en fein Dnfel i^n empfohlen l^atte. SSorioiegenb oerte^rte er 
jebod^ mit 2)eutfd^en ttjie äJiic^ael SBeer, ben er ni^t leiben fonnte, ^di]c 
SÄenbcfefo^n, Slifg. Semalb, Saphir u. a. 3m 3tuguft 1831 traf er 
feinen ehemaligen Se^rer unb 3Keifter Stuguft ÜBil^elm oon Sd^legel, ber 
fid^ über feinen einftigen Sd^üter unb beffeu litterarifd^e Seiftungen fe^r 
fd^arf auSfprad^. Sr ^atte fogar ein biffigeS (Epigramm über i^n üeröffent^ 
lid^t, in toeld^em eg ^ie&: 

3)einc ^cfteiftcTung ift öcrjd^robcn, 
•^cinc Xüdcn finb 9latur. 

^eine räd^te fid^ junäc^ft burd^ imanftänbige SSi^eleien in ben 
„5ßarifer ©riefen" unb t?erf(^ob bie eigentlid^e ^inrid^tung feinet ÖJegner^ 
auf eine fpätere Gelegenheit, mo er fie mit raffinirter öraufamfeit au^= 
führte. 

Spörne mürbe oon ^eine fofort anfgcfudöt. S)ie beiben bi^ je^t 
befreunbeten äRänner mißfielen fidft bei ber erften ßufammenfunft auf 
fraujöfifd^em 93oben grünblid). 3tu§ $eine'S geber liegt l)ierübcr feine 
S(eu|erung t?or; 93örne meif3 bagegen in feinen ©riefen an SJiabame 
SEßo^t über ben Slampfgenoffen nur >2d6led)te^ ju melben^). @r affectirc 
SKctand^otie, fei grenjenloS eitel unb lebe in ber gemeinften SSeife lüber= 
lid^; er i)abt eine 5lrt t?on Süberlid^teit , bie i^m (©örne) toeber in 
S3üd^ernnod^ im Seben üorgefommen fei; er fei befted&lid^, unb man l^abc 
gefagt, ia^ er für tanfenb ^rancö baö 3dt)led^te lobe. 

3n ber Zfjat finbeu mir in feine'S balb nad^ feiner 5lnfunft in 
^ariö erfd^ienencn Sd^riften eine leidste politifdbe Sd^menfung. hierbei 

II, ©. 11. - 2) II, 6. 52. - 3) «pjgj^ 197—198. 



80 

fümmen in 93etrad)t bie 9(rtifel, tüeld^c er im jtpeitcn ^ali\ai)X 1831 
über bie Wemälbeauöftellung in ^^ari^ (95b. IV. ber „Sämmtl. SSerfe") 
für ba^ ,,9}?orgcnblatt'' fc^rieb, fotoie bie SPriefe, toeldje er am 28. 2)c* 
cember 1831 ber „9lllgemeinen ^^ituiifl" jufanbte (93b. V). (£r fpric^t 
fid) je^jt entfd)iebeu für bie SDioitardjie miö unb finbet fogar in ber Se^re 
\)on ber abjoluten @ett?alt ber J^ürften ni(^t§ Sc^limme^ (V, @. 110, 
IV, S. 63, 9Uj. 3^aö ^inbert ibn inbeffen eben fo tpenig tt?ie früher, 
bem Äönigtljnm bie Siarrenfappe auf jufetjen unb ifjm begreiflid^ ju madben, 
ba^ eö nur ein Äönigtfjum Don 9Solted ®naben, aljo ba^ ©egent^eil 
eine^ SacramentesJ, fei. ,,^ie 9?ölfer finb emig, nur bie Äönigc finb fterb» 
lief}", fagt er (V, (S. 137) mit SBenufenng be§ 9Jiirabeau'f(^en ©pruc^c^'): 
,,5tie ^^riüilegien n^erben öerge^en, aber ba§ 9?olf ift en^ig." @ine nod^ 
ftärfere Stelle (V, S. 510) ftri^ er nad^ einiger Ueberlegung felbft. 
(Sinen anbern 9(rtifel, in ttjeld^em er, n?ie SBörne erjä^lt^), ben grotc^fen 
®a^ üert^eibigte: „3;ebe§ ißolf bürfe feinen Slönig abfegen, tt?enn i^m 
beffen SKafe nid)t me^r gefiele," unterbrüdEte bie „9111g. 3*9- "• 

Die ißerttjunberung über ,§eine's^ fd^einbare Sefe^rung jum „uralten 
Sacrament bes^ Äönigt^ums^", bas^ er je^t fogar in ber gorm beg 9lbfoIutig^ 
mus^ oertt)eibigte, blieb nic^t am. Wn^IoU} fd^rieb in feinen „^Briefen etne^ 
ÜKarren an eine ?iärrin ^), nadjbem er ^eine 9lbtrünnig!eit l?orgett}orf en : 
„9hir ia^ oerföfjnt midi, baft er ben Umfang feiner ^acobinermüfee nid^t 
nad) unb nad^ tlciner gemad)t t}at, fonbern plötjlic^ toie ein @ott mit feinem 
neuen (Glauben, bem confequenteften 9{ol}ali2fmus^, baftanb." 9lllgemcin 
gerietl) «t^eine bei ben beutfdjcn 9iabicalen in ben 9?erbad^t, ein ^Renegat 
aus^ unlautern 93etocggrünben jn fein. 

3n im ^arifer ©riefen fpann er fein Sicbling^tl^ema tpeitcr 
(V, 149, 151). ^öbere 93etüeggrünbe leiteten i^n babei nid^t, bcnn er 
geftanb in einem iBriefe an iöarn^agen ein (Strobtmann, XX. 245): 
„äl^enn meine 9Irtifel in ber „9lUgemeinen ^^eitung" S^nen gefallen, fo 
ift es^ für mid} tröftlid}. 3)enn id} traue il}rem SBertl^e nid^t; id^^fd^rieb 
fie, t^eils^ um mid) and) auf biefe SBeifc geltenb ju mad^en, t^eilg bc§ baarcn 
9Sürtt)eil§ megen.'' 2)iefe 9leuftcrung ftimmt genau mit jener überein, 
toeldje er üon 3)iünd}en am machte. 

^m 9tnfd)luft an biefc Darlegung feiner politifdjen 9lnfid^ten bringt 
.f)eine 93etrad)tungen unb (£f)araftcrtfti!en aus^ ber 3<^it ber großen 9te^ 
üolution, meldte üortrefflid) gefdjricben finb, obgleid) bie SriHe, burd^ 
n^elc^e er bie I^aten ber SfieDolution anfielet, üieleö in trügerifd^er 93e* 
leudjtung erfdjeinen lä^t. .f)ier fällt un^ üor allem bie ©d^ilberung 
5üiirabeau'e auf (V, S. 165). (£r ^at bie ©eftalt be^ monardjifd^en 9ieüo«= 



') etcrn l e. 281. — *) 2)cffcn eämmll. 2öcr! X, ©. 29. ~ «) 8. 75. 



81 

lutionairö, be§ conftitutioneßen Slriftofraten üebeüoQ gejeidjnet unb xi)x 
ein tüenig üon feinem eigenen SBefen mitgetfieilt. 2)ie bereits tttoa^ 
abgefül^Ite SBegeifterung für 9?a)}oIeon I. finft nod^ um einige ®rabe. 
Bijon in ben SBerid^ten über bie ®emäIbeau§fteQung bemerfte er, ber 
©orfe l^abe @uropa'§ SBaf^ington werben fönnen, er fei aber nur beffen 
SRopoIeon geworben (IV, ®. 65); je^t fagt er, ®t. ^elena fei für ben 
Äaifer ber Drt gemefen, tüo er für bie Sreulofigfeit gegen bie SReüoIution, 
„feine äWutter, f)abe H^zn muffen" (V, ®. 195). SJamit üergleid^e 
man ba§ IX. Eapitel beg „93uc^eg £e ®ranb", n?o ©t. ^elena aU bag 
t)t ®rab ber SSöHer unb SRapoIeon aU ber tt?eltlid^e $eilanb bejeid^net 
tüirb! (III, ©. 160). 

Ueber Soui^ ^ß^ilipp äußert er fid^ tt?ieber^oIt megn^erfenb. ®r 
Iä§t i^m ate SRenfd^en @ered^tig!eit miberfa^ren ; alg ^errfd^er betüi^elt 
unb befämpft er if)n, meil er in if)m einen üerfappten geinb ber bürger- 
üctien grei^eit Gittert (V. 30, 81, 172, 176, 204). ©benfo f(^Iimm 
ergebt e§ ©uisot, ber bamafö aU SRinifter canbibirte (V, 27. 108). 
©päter finb biefe beiben SRänner in ber ®unft ^eine'^ getüaltig ge- 
ftiegen -- toir werben fe^en, tt?arum. 

S)ie 93erid^te ^eine'^ fanben in Seutfci^fanb unb, ba bie franjöfifci^en 
3eitungen Steile au§ i^nen überfe^ten, aud^ in ^ari^ 93ead^tung. S)er 
SBerfaffer fd^tüebte inbeffen in beftänbiger gurd^t, mie bie beutfd^en 9le= 
gierungen unb bie 9le^}ublicaner in beiben ßänbern feine Slrtifel auf= 
nehmen tüürben. S)ie Slepublicaner badeten aber meit tüeniger oft an 
^eine aU er an fie; ben beutfd^en Slegierungen maren bie Serid^te 
freilid^ unangenefim, aber bod^ eigentlid^ nur, meil fie in einem fo an^ 
gef eigenen unb Verbreiteten Slatte, mie bie „SlUgemeine ^^^^^^9" Sluf^ 
noi^me fanben. (^en^ fd^rieb in SRetternid^^^ Sluftrag einen 93rief an 
93aron üon Eotta^), in tüeWjem er |)eine — ben er aU S)id^ter liebe — 
eine^ üerrud^ten Slbenteurer nennt unb bringenb erfud^t, i^m bie ©palten 
ber S^tit^fl i^ üerfd^Iie^en. Sotta beeilte fid^, bem jarten SBin!e, tüel= 
d^em unangenehme SWa^regeln folgen fonnten, nad^jugeben. 9lm 15. Suli 
1832 mu^te ^eine feine 93erid^te einfteßen. 

2)a§ erregte if^n berart, ia^ er befd^Io^, bie Sriefe fofort aU 
93ud^ ^erau^jugeben unb alle ©teßeu aufjunel^men, tt?eld^e bie Senfur 
geftrid^en ^atte. 3n einer Siorrebe, toelcfie fidfi ^auptfäd^Iid^ gegen ben 
ba§ 9te)}räfentatit>'St)ftem t^ermerfenben 93unbe^tag§befc^Iu§ t>om 28. Suni 
1832 rid}tete, rebete er eine fü^ne ©prad^e. @r ftrebe, fagt er (V, ©. 
11 -u. flgbe.) ein gro^e^ SSöIferbünbni^ an, toeld^e^ geftatte, nid^t mef)r 
ftel^enbe $eere t>on üielen ^unberttaufenb SJiörbern ju füttern. Sine 



*) ©trobtmonn II 6. 55. 
@drTee'®cfeafd§aft. in. SSetetnerd^rift füt 1891. 




82 

|)anbüon Runter, bie nxdjt^ gelernt l^abcn, aU ein bi^d^en 9fio§täufcl^erei, 
5öülte]d)Iagen, üöedjerfpiel ober foitfttge ptumpe Sdöelmenftüde, toä^nten, 
ein gauje^ ißolf betijören ju tonnen. 3)ie ffeinen bentfd^en dürften tt?itt 
er nid)t jo ie()r befd}ulbigen \vu Defterreid^ nnb $ßren§en, unb üon 
biejen Söeiben mill er erfteresJ nod^ fd^ünen, tüeil esJ ein offener, e^rlid^er 
5?einb jei. 5lber ^reuften! ßr fpottet über bie gelehrten ilned^te an 
ber Spree, bie t)on einem großen Smperator be^ öorufjenreid^^ träumen; 
„bie langen J^inger ber .^o^en^otlern", benen eä nid^t gelingen toerbc, 
bie Ärone ÄarfsJ be^^ ®roften ju erfaffen unb ju bem 9ianbc fo üieler 
polnijd^er unb fädjfifd&er ilfeinobien in ben Qad ju ftedEen. @r traue 
biefem ^^reuften nid^t, biefem langen, frömmefnben ftamafd^en^etben mit 
bem toeiten aWagen unb bem großen SRauIe unb bem Äorporalftod, ben 
er erft in SBeiljtoajfer taud^e, elje er jufdjlage. Jief mibertoärtig fei 
il}m biesJ fteife, I)eud)Ierifd)e unb fd^ein^eiligc $ßreu§en, biefer Xartüffe 
unter ben Staaten. Som Äönig üon ^ßreu^cn verlangt er bie »er* 
fprodjene Gonftitution unb er erinnert if)n in I)ämifd)en SBorten an bie 
Sd}lad)t bei C?ena. SJapoIeon tjabe bamat^ nnterlaffen, 5ßreu§en ößUig 
JU t)ernid)ten ; an^ 35anfbarfeit Ijabe ber „pren^ijdie ©fei" einige Saläre 
fpäter ben „fterbenben fiötoen" nod^ mit ^ufetritten tractirt. Sd^Iieftlid^ 
nennt er basJ beutfdje JBoIf einen rie)engrof?cn SKarren, beffen buntfd^edEige 
3adEe an^ fed)2^unbbreiftig ^lidtw äufammengefefet fei, beffen ©d^eöen aud 
Äird^englodEen beftänben, unb beffen Söruft üon unenbüdien ©d^merjen 
burdjmü^lt toerbe. ®r ergöfee mit feinen Dtiefenfpäfed^en bie Sünfer* 
lein, bafancire nnjä()Iige üaften auf feiner SKafe unb laffe üiele tjunbert^ 
taufeub ©olbaten auf feinem SBandje trampeln. „Stber," fragt ^eine bie 
J^ürften am Sdjlnfe, „^abt iljr gar teine ??urd)t, ba§ bem Siarren mal 
air bie üaften jn fd^tt?er tverben, ba^ er euere Solbaten bon fid^ ab* 
fdjüttett unb eud) fetber au^ Ueberfpafe mit bem Keinen ^i^^fl^^ ^^Ji 
Äopf einbrüdEt, fo ba§ euer |)irn big an bie Sterne fprifet?" (S. 25.) 
2)er lefete Sa^ ift eine fe^r beletjrenbe SHuftration ju |)eine'g „uraltem 
Sacrament bei^ Äönigs^t^um^". 

3lug ber SSorrebe btidEt überaß ber perföntid^ beteibigte Sßcrfaffcr 
l^erüor, bem „ein Äned^t be^ Söunbegtagg" im Sluf trage feineg §errn 
eine ergiebige (SinnatjmequeQe üerftopft ^atte. 3)er Son biefer Äriegg== 
ertfärung fd^toanft beftänbig ätoifd)en tädjerlidjem 5ßat^og unb Jriüiatität. 
äBa« er gefdjrieben, muftte alterbingg, toie er felbft einfa^ (16. 3uU 
183a), i^m für immer bie 9tücffet)r nadf) 2)eutfd|(anb üerfperren, unb 
gfeid^jeitig betoeifen (19. ^ecember 1832), bafe er fein beja^Iter Sd^uft 
fei. ^nbeffen fpielte i^m bie ßenfur einen böfen Streid), inbem fie bie 
SSorrebe unbarmfiersig üerftümmelte unb mand)en Safe in ba^ ÖJegcnt^eil 
üerfe^rte. $eine bettagte fid^ in einem l^ödift erregten Sriefe an Eampe, 



83 

toic in einer öffenttid^en ©rflärung bitter über ein fold^e^ 9Serfa^ren unb 
forberte üon feinem S?erteger, ba^ bie 9Sorrebe nnüerftümmclt in befon* 
t)crn Slbjügen gebrntft tüerbe. ^anm mar bie Srofd^üre aber fertig 
geftettt, ate §eine, bem injtüifd^en bange geworben tüar, bie SBeifnng 
ergeben Ke§, aöe (Sjemplare einjnftampfen. Srofebem erfd^ien balb ba- 
ranf bie nnüerfürste SSorrebe in einer ^arifer Sönd^^anblnng. 

5Die anfd^einenb nnbebentenbe 9lngelegenf)eit tüirft ein ^eöe^ ßid^t 
anf ^eine'ö gefieime Setpeggrünbe. Sin SSarnfiagen fd^rieb er (16. Snii 
1833), ber SJerleger ifait tro^ feinem 9Serbot, bie SJorrebe an§ängeben, 
einige ©jemplare berfelben an bnrd^reifenbe $ßoIen gefd^enft, eine§ berfelben 
fei einem ^entfd^en in ^ari§ in bie ^änbe gefallen, ber nnnme^r bie 9Sor^ 
rebe anf eigene %an^t üeröffentlirf)t fjaht. 9ln^ einem 93riefe an ßanbe 
(23. SRoüember 1835) erfahren mir, bie famofe SSorrebe fei burd^ ben 
^ren^ifd^en Spion ^laprott) in bie 2öelt gefommen. 9lm 10. 3uli 1833 
jebodi rii^mt er fid[) in einem ©riefe an ßanbe ber 9SeröffentIid^nng ber SSor^ 
rebe, meldte ba§ $ßnblicnm belehren tüerbc, i^m jn üertranen, menn er 
aud^ ettüa^ aüin gelinbe rebe; er furd^te jeben SlngenbüdE, megen ber 
ißorrebe arretirt jn Serben. S)em ^}ren^ifd^'en ©efanbten in ^ari§ 
aber mad^te er einen Sefuc^, nm il^m bie 8Serfid[)ernng jn geben, ba§ er 
gegen $ßren§en nid^t fo feinblidf)e ®inge im ©d^ilbe fü^re, aU ba§ GJe= 
rii^t i^m jnfdEireibe *). 

Slnfd^einenb ^at ^eine felbft jenen angeblidfien „prenfeifd^cn ©pion" 
tjeranlafet, bie SJorrebe fieran^jngeben, nm bie Sd^nlb anf einen Slnbern 
tpäljen jn !ßnncn. 2öir begegnen ^ier bei bem „tobmnnben Kämpfer" 
für bie ©ad^e ber g^ei^eit üon nenem bem Seftreben, öffentlid^ feinb^ 
feiig anfäntreten nnb ^eimlid^ nm bie ®nnft ber eingegriffenen fid^ ^n be= 
mü^en. 93at er bod^ and^, aU @5raf Woitk nai) "^Jßaxi^ fam, benfetben 
am 25. Snii 1831 nm SSerjei^nng tüegen ber 9Sorrebe, meldte er jn 
Äal^Iborff^ö ©d^rift gegen ben ÖJrafen ü^rfa^t fiatte. $eine ^atte immer 
nod^ bie Slbfid^t, e^ mit ber pren^ifd^en Slegiernng nid^t gan^ jn t)er= 
icrben. ®ine Slen^ernng in 93örnc'^ ^arifcr 83riefcn^) beutet ba= 
rauf ^in, ba§ man in ^reufeen gefä^rüd^e $ßerfonen burd^ eine 2ln== 
fteQung unfd^äbüd^ mad^e, unb er nennt aud^ §eine babei. SBir miffen, 
i)a§ Se^terer tfiatfäd^Iid^ in biefer SRid^tung ©(^ritte getrau ^at, meldte er 
freilid^ am 19. 9?oüember 1833 in einer öffentftd^en (Srflärung ableugnen 
fonnte (VII, ©. 529), meil er nie ein birecte^ ©efudft eingereid^t ^atte. 
JSn 5ßari§ trieb er baffelbe ©piel tüeitcr. ^ür eine forglofe Sjiftenä 
l^ätte er üiel gegeben. ®ine fold^e ju ertüerben, ^atte er nad^ eigener 
Slngabe (an Sßarn^agen, SJiitte SRai 1832) oft ÖJetegen^eit, aber eg foüte 



») ©trobttttonn II, 64. — «) VIII, «Brief 27. 




84 

aitgebficf) unter SBcbingungen gefd)er}cn, „gegen bie er nid^t afe 5ßatriot, 
fonbern aU üorne?;*ncr 3J{ann eine beftimmte Slepugnanj" ^atte. äffo 
ani) anbere ^erfonen, ate Spörne unb beffen SBefannte, ^tetten §eine für 
f äupid^. (Stn?a^ Jle^ntid^e^ beutet @enfe in feinem Sriefe an Sotta an ^)r 
inbent er fagt: „3äa^ ein üerrud^ter Stbenteurer, tüie ^eine, eigentlid) tritt 
unb ipünfd^t . . . mag id^ nid^t weiter unterfudjen, obgleid^ eg fid^ leicht 
erratl^en fäfet." 

SBerfd^iebene Jln^eid^en laffen aKerbing^ ftarf üermut^en, ha% §eine 
bei feiner politifdien Sdjriftftellerei SJebenabfid^ten verfolgte. 2)er Ser=^ 
^errfid}er ber SReüoIution, ber in \o leid^tfertiger SBeife üon gürftenmorb 
fprid^t, fpiett fid) afg SSert^eibiger ber 9J?onard^ie auf, tüä^renb er gteid^*^ 
jeitig gegen bie ^ßfaffen unb Runter in'^ gelb jog. ©in SBroden für 
bie ätabicalen, unb ein Söutterbrob für bie ^Regierungen ! ffir trug auf 
beiben Sd^ultern. „.galten Sie mid) bod^ bei Seibe für feinen SSaterlanbg^ 
retter!" bittet er am 19. 2)ecember 1832 3mmermann. !3n einem 85riefe 
an feine SJhitter brüdt er fid^ nod) fd^ärfer an^. %U er ein 3al^r fpäter 
ben erften 93anb iz^ „Salon'' herausgegeben ^atte, fdirieb er i^r (4. 
Wdx}s 1834), eS feien üiele Qoicn barin, baS fei politifd^c Slbfid^t ge^ 
mefen. „3d) moMte ber i)ffentlid}en 9)ieinung eine getüiffe SBenbung 
geben. SBeffer, mau fagt, id) fei ein ©affenjunge, als baft mau mi^ 
für einen all^^u ernftl^aften SSaterlanbSretter ^ält. Se^tereS ift in biefem 
Slugenbfide fein ratljfameS 9lenomm^e. S)ie Demagogen finb mütl^enb 
über mid), fie fagen, id^ merbe balb öffentfid) als Slriftofrat auftreten. 
3d) glaube, fie irren fid^. 3d^ jie^e mid^ auS ber ^^olitif jurüd. ®aS 
SSaterlanb mag fid) einen anbern Sfarren fud^en." 2ln 2anbc fd^reibt 
er (10. J?uü 1833): „.galten Sie fid) in biefem Slugenbtid fo rul^ig 
als mögüd}. ©iffimuüren Sie. gürd^ten Sie nid)t, üerfannt ju tüerben. 
9(nc^ id) ^abe bieS nie gefürdjtet." 9lber er l^at eS burd} fein 2)iffimu* 
liren ba^in gebrad)t, ba^ man if)n „üerfennen" mu§. „^d^ ifaie toa^rlid^ 
nid)t bie 9(bfid^t, bemagogifd^ auf ben 9)ioment ju tuirten," geftel^t er 
8SarnI)agen (16. 3uü 1833), „glaube aud^ nid^t mal an bie SOiöglid^feit 
einer momentanen ÜBirfung auf bie ©eutfd^en." SRitte 9Jfai 1832 fdirieb 
er SJarntjagen fogar, er ftcf)e jc^t auf bem griebenSfu^ mit altem S8e^ 
ftcf}enben, unb wenn er nod) nid^t beSarmire, fo gefd^el^e eS nur ber Sema*' 
gogen loegen, gegen toetdje er einen fc^toeren Staub l^abe. Snblidb tl^eilt 
er feinem' »ruber SWaEimitian mit (21. ?rprit 1834): „3d& loiC jcfet 
nid^tS ^oUtifc^eS tjerauSgeben (obgteid) id^ beffen genug gefd^rieben), über* 
^aupt tüiß id) in biefer 9leactionS==(£pod^e nur ja^me Südjer J^erauS«^ 
geben." 



*) StroMnmnn II, 55. 



85 

©in SJiann, ber l^eimüd^ in f otcfien SBinf eijügcn fid^ ergebt, mä^renb er 
öffenttid) mit ber 3bealität feiner Slbfid^ten prallt, üerbient n^al^rtid^ 
nid^t, ba§ man if)n aU ernft^aften 5ßoIitifer unb politifc^en SRartt^rer 
feiert. 

S)ie Sud^au^gabe ber 5ßarifer Söerid^te erregte in 2)eutfd^tanb nur 
geringes Staffelten, dagegen trat 93örne nunmefir entfdftieben gegen 
feinen el^emafigen ©efinnungSgenoffen auf. ®d^on im 106. Sriefe^) 
gibt er i^m einen ©eiten^ieb; im 109.^) ^ält er blutige Slbred^nung. 
6r lä^t i^m feinen Sfiul^m aU 2)id^ter, tt?irft i^m aber in feiner poli^ 
tifd^en ©d^riftfteöerei SRanget an ©ruft unb ÖJefinnung üor» (£r nennt 
i^n — in Sörne^S Singen ein fürd^terlid)er Sd^impf — ben 3efuiten beS 
SiberaüSmug unb fügt ^inju: „Sd^ ijdit eS fd^on einmal gefagt, ba^ 
biefeS ©piel ber guten ©ad^e nü^en fann; aber meil eS eine einträglid^e 
Stoße ift, barf fie fein e^rlid^er SRann felbft übernehmen. " feine'S Slnt^ 
Jport erfd^ien erft — nad& 93örne^S Sobe! 

II. 
Pie Sdjdften Über Peutfii)lanb. Pie ^,|Ieuen (Sebid|te^^ unb Permanbtea. 

(1833—1835.) 

©d^on batb nad^ feiner Slnfunft in 5ßariS marb §eine mit bem 
©jjftem beS (trafen ©t. ©imon unb mit einigen t)on beffen Jüngern 
befannt. ©t. ©imon erflärte baS S^riftent^um für eine abgelebte reti* 
giöfe gorm. ©eine neue oermäffert-pant^eiftifc^e Sleügion foQte eine ooü^ 
ftänbige Umtoanblung ber gefeßfd^af tlid^en S?er^ältniffe einleiten. 3n feinem 
neuen ©taat foßte lebigtid^ ber ®rtt?erb burd^ eigene Slrbeit juläffig fein. 
S)ie Siegierung toollte er unter SluSfd^tu^ beS 9lepräfentatiü==©tjftemS in 
bie ^änbe ber $ßriefter ber neuen 9teIigion legen, toeld^e gefefegebenbe 
unb üotläie^enbe ÖJetoalt j^aben foQten. 

§eine intereffirte fid^ lebfiaft für biefe 3been, meldte nad^ feiner 
Slnfid^t „nur auSgefprod^en ju werben brandeten, um frü^ ober fpät in'S 
fieben ju treten" (an SSarn^agen, SUätte SRai 1832). ®ie tiefern g^^agen 
ber Sieüolution, fd^reibt er (10. Suli 1833) an Saube, ,,betreffen meber 
fjormen nod^ $ßerfonen, toeber bie @infüf)rung einer Sfiepublif nod^ bie 
Söefd^ränfung einer 3Konard)ie, fonbern fie betreffen baS materielle SBo^l- 
fein be§ SßolfeS. ©eit bur^ bie gortfd^ritte ber 3nbuftrie unb ber 
Defonomie e§ möglid^ geworben, bie SJJenfd^en auS il^rem materiellen 
©tenbe ^erauSjujie^en unb auf (Srben ju befeligen, feitbem — ©ie oer^ 
[teilen mic^. Unb bie Seute werben unS fd^on üerftefien, toenn mir i^nen 

») XII, 48. - 2) XII, 65. 



86 

fageii, ba^ fie in ber golgc alle Sage Sflinbflcifd^ [tatt Kartoffeln effen 
foUen unb n?enigcr arbeiten nnb me^r tanjen tüerbcn." ®§ fiel ^eine 
inbeffen nidjt ein, für bie SBerbefferung ber Sage be§ arbcitenben ©tan** 
beg aud^ nnr einen geberftrid) jn tljnn. @r ^a§te ben 5ßöbet (VI^ 
®. 41 — 44), ad)tete iljn aber feiner !räftigen gänfte n?egen atö ben 
mirffamften ^ebel, nm ben Staat an^ ben gngen ju ^eben. 

^nnäd^ft fd^äfete ^eine an ber neuen Se^re ben $a§ gegen ben 
Äat^ofici^ntu^; am meiften aber jogen i^n bie g^tgerungen an, hjetc^ 
@t. Simon'^ ©d)üler ©nfantin auö beffen ße^ren jog. ©nfantin baute 
feinet SReifter^ Stjftem nad^ ber fittüd^en ©eite aug unb hjarf bem 
ß^riftentf)um t)or, ba| eg bem Srieb be^ äRenfd^en ju finnlid^en ®t^ 
nüfien .f)inberniffe in ben SBeg lege. „Sind) in ber SRaterie offenbare 
fid^ ber ®eift ®otte^, unb bie ©innlid^feit be^ äßenfd^en fei fo gut fein 
SSJert mie baä gciftige Streben" ^). ®r verlangte grei^eit beg ©enuffeg;. 
grei^eit in ber Siebe, SBeiber* nnb 3Jiänner=®emcinfd^aft. 

|)eine toar flug genug, bie lefete gorberung nnbead^tet ju taffen- 
2)agegen ftimmte er für bie Set)re üon ber 9ief)abiIitation beg gfeifd^eg, 
n^eld^e aud^ bie $ßaroIe be^ jungen 2)eutjd^Ianb§ mürbe. ®ie 5ß^iIof op^ie 
be^ finnlid^en (Scnuffeg n^irb ba^ ßeitmotiü feiner fd^riftfteßerifc^en Slrbeiten 
unb mand^er Slu^Iaffung in feinen Sriefen. „äRonard^ie ober Siepubüf," 
fd^reibt er am 23. SRoüember 1835 an ßaube, „bemofratifd^c ober ari* 
ftofratifd^e Snftitutionen finb gleid^gültige 3)inge, fo lange ber Äam^f 
um erfte fieben^principien, nm bie 3bee beg Seben^ felbft, noc^ nid^t ent»= 
fd^ieben ift. ®rft fpäter fommt bie j^xaQt, burd^ metd^e SUiittel biefe 
3bee im 2tiin realifirt toerben fann, ob burd) SKonard^ie ober Siepu^ 
blit, ober burd^ Slriftofratie ober gar burc^ 2lbjoIutiömu^ ... für toeld^ 
lefetern id^ gar feine gro^e Slbneigung f)abe. ... S)ie SJioral ift nur 
eine in bie Sitten übergegangene Siefigion (Sittfid^feit). 3ft aber bie 
SReügion ber SSergangen^eit üerfautt, fo toirb aud^ bie SRoral ftinfig. 
35Jir moüen eine gefunbe Siefigion, bamit bie Sitten toieber gefunben, 
bamit fie beffer bafirt tt^erben, at^ jefet, mo fie nur Unglauben unb ai^ 
geftanbene ^eud^etei jur Safig ^aben." 

SBir werben fpäter feigen, toa^ $eine unter ber Sbee be^ ßeben* 
unb unter gefunber Siefigion oerfte^t. 

3uerft trat er mit feiner, n^enn nid^t neuen, bod^ nunmel^r „pl^ilo* 
fop^ifd^ begrünbeten" Söeltanfid^t in bem 1833 erfd^ienenen 85ud^c über 
bie romantifd^e Sd^ule in bie Deffentfidhfeit (®Ifter, 83b. V). ®r be* 
fennt fid^ barin (S. 253) jum ^ßant^ei^muS St. Simon'S unb toenbet 
fid^ bann gegen ben Äat^olici^mug. Verfette ^abc alg erfteS S)ogma 



») elfter I, 105. 



87 

bie SSerbanrnini^ aße^ %td\djt^, 2)urcl^ biefe§ unnatürlid^e ^rincip fei 
rcd^t eigentüd^ bie ©ünbe unb ^tjpofrifie in bie SBelt flefommen. S)urci^ 
SBerttjerfung ber irbifd^en @üter unb Sluferlegung ber ,,§unbebemutl^ unb 
©ngelggebulb" fei ber rßmifd^e Äat^olici^mu^ eine ber fefteften ©tü^en 
be§ 5Defpoti§mu^ getüorben. Sefet ^abe bie d^riftlid^e SBeltanfic^t i^r 
@nbe erreid^t. 2)ie SWenfd^en liefen fid^ nic^t me^r mit 2lnn?eifungen 
auf ben ^immel abfpeifen unb Verlangten nad^ ben (Senüffen ber @rbe 
(@. 218). Sie fei ^eilfam getüefen gegen ben altrömifd^en SWaterialig* 
mn^r aber fie l^abe aud^ 9iom Vernichtet. „9lom mürbe burd^ ba^ jubäifd^e 
®ift fo mirffam üerje^rt, ba§ ^elm unb ^arnifd^ feinen tt?elfenben @Ue^ 
bern entfanfen unb feine imperatorifdf^e ©d^Iad^tftimme l^erabfiec^te ju 
betenbem 5ßfaffengemimmer unb Äaftratengetrißer" (®. 219). Snt ger^* 
manifd^en 9?orben bagegen tüirfte ba^ ß^riftent^unt ^eitfam, inbem e§ 
bie Vollblütigen barbarifd^en SSBtfer civiüfirte. 

3n bcm 93ud^e jur „Öefd^id^te ber ^Religion unb $ß^ilofop^ie in 
2)eutf d^tanb'' (93b. IV), meldfte^ äuerft franjöfifc^ in ber „Revue des deux 
mondes", Qa^rgang 1834, unb Slnfang 1835 aU jttjeiter 93anb be§ 
„©alon" erfd^ien, fül^rt er ba§ S^ema weiter au§. ®ie d^riftlid^e Sbee 
l^abe fid^ enttüidfelt au^ ben Se^ren ber ©noftifer unb SJianic^äer, tt?eld^e 
il^r bie 2ef)re von ben beiben 5ßrincipien, bem guten unb bem böfen, 
Sl^riftuö unb Satan, verliefen Ratten. Senem gehört bie Seele, biefem 
ber 2eib. ®ie gan^e SRatur ift urfprünglid^ böfe; beä^alb ntu§ man 
allen finntid^en greuben entfagen unb ben 2eib, ba^ Selben ©atan^, 
fafteien (®. 169). „2)iefe Söeltanfi^t, bie eigenttid^e 3bee beg ©Triften- 
t^umö, ifattt \id) unglaublid^ fd^nell über ba§ ganje römifd^e 9ieid^ ver=* 
breitet, . . . ba^ ganje SJiittelalter ^inburd^ bauerten bie Seiben, . . . unb toir 
SRobernen füllen nod^ immer Strumpfe unb ©d^toäc^e in ben ©liebern. 
©inft, toenn ber triebe j^ifd^en ßeib unb Seele toieber ^ergefteHt, bann 
toirb man ben fünftlid^en $aber, ben ba^ ß^riftent^um jtoifd^en beiben 
geftiftet, faum begreifen fönnen. S)ie glüdElid^crn unb fd^ßnern @ene^ 
rationen, bie, gejeugt burd^ freie SBa^lumarmung, in einer Sieligion ber 
greube emporblüfien, toerben tt?el^müt^ig läd^eln über i^re armen 8Sor== 
fahren" (®. 170). 

gaft bemfelben (Sebanfen ^atte §eine bereite in ber 93efd^reibung 
feiner italienifd^en Steife Sluäbrudf gegeben (®. 281). S)ie^ Sbeal ber 
grei^eit finnlid^en ©enuffeg fd^toebte i^m nod^ in feinen legten ßeben§* 
jähren vor, alg er ju ganntj Setoalb äußerte ^): „@§ ijat mir immer 
leib getrau, toenn bie ^ä^lic^f eit lafterl^aft tourbe ; aber toenn bie ©d^ßn^ 
l^eit fid^ ruinirte, t^at e§ mir toc^. @§ ift bieg ein Sluöfd^lag beg d^rift^ 



*) aOöeftetmann S3b. 62, 6. 102. 



88 

Ud)en Spiritualismus, baS ®t\d}Ud}t^t)cxifaltm% ift baburd^ unl^eitbar 
corruin^}irt. 2öir l^abeu bis je^t uur auf ber eiuenSeite ben ganj un*' 
crträglicfeeu ßttjang ber ^olijci-S^e bcS (If)ri[tentf)umS unb auf ber an=^ 
bcrn bic 'J)eprat)ation, ber baS ßoucubiuat aul^eimfällt, tüeil eS au&er 
bem ®efetJ ift unb unnatürlich genug für eine ©cfeanbe gilt. 3)aS aUeS 
niuB geänbert trerben." 

J^aft genau biefelben ®runbfä^e, ftellentücife benfelbeu '^Jebanfen* 
gang, finben tpir in SebefS Surf) über „Xk grau". @r l^at ]u^ bie 
Slnfid&ten .^eine'S über ben l^ufammenfturü ber röntifd^en SBeltl^errfd^aft 
unb bie Sntftel^ung beS ß^riftentI)umS angeeignet^), unb bie 5ß^rafeu 
üon ber 3^^öJi9^ft)^ ^"b ber freien iiiebeSmal^I üermenbet er in bem* 
felben Sinne. Ueber SBebefS 93uc^ l^at fid) bie liberale treffe fattfam 
fcanbalifirt, gleichzeitig aber ergebt fie entrüftet ©infprud^ gegen bie 
Äleingeifterei, tpeld^e bem SSorläufer SebefS fein 3)enfmal gönnt. 

önfantin l^atte nur anSgefprod^en, tpaS tängft feine'S ©itten^Sobej 
bilbete; .^peine bemäd)tigte fid) ber neuen gormein, entfleibete fie ber 
überfd^tüänglidien pl)iIofüp^ifd^==refigiöfen ^^rafen, mit metd^en „Pore'' 
©nfantin fie bem publicum barbot, unb brad^te fie nun in gefälliger 
ÖJeftalt loieber in Umlauf. 2)ie üeljre Dom gefned^teten gteifdö, öom 
Urfprung ber römifd^*!atI)olifd)en3Keltanfid^t, üon il^rer 9tuSbreitung unb 
i^rem @nbe ift toefentlid) bas @igentl)nm St. Simonis unb ©nfantiu'S. 

.^eine jeigt bann in ber 2)arftellung beS 9IuftretenS Sutl^er^S unb 
in ber ®efd)id}te ber fltef ormation neben fielen überrafd^enb rid^tigen Ur- 
tl)eilen eine nod) größere Dberfläd^lid^teit. SJierftoürbiger SBäeife ift it)m 
iJutl)er Vertreter besJ Spiritualismus. Se^r gut ift feine Sd^ilberung ber 
rafd) eintretcnben ÜBirtung ber Sleformation auf ^eiratl^Sluftige SRönc^e 
unb ÜWonnen, länberfüd)tige gürften unb meltlid) gefinnte ^rälateu 
(S. 188, 189). ?lber üon bem fegenSreidöen Ginfluft ber Sieformation 
ift .^eine überjeugt. „!3nbem bie notl^toenbigften Vlnfprüdfte ber SäJiaterie 
nid^t bloft berüdfid^tigt, fonbern aud) legitimirt toerben, loirb bie 3ieli=^ 
gion loieber eine SBa^rl^eit" (S. 192). 

äJiit ber Sieformation, fät}rt .^eine fort, tourbe bie SJernunft bie 
oberfte 9tid)terin in allen religiöfcn Streitfragen, unb bie !ölüt^e biefer 
S)entfrei^eit fei bie beutfd^e ^i)ilofopI)ie. @r ge^t bann auf bie einjelnen 
p^ilofop^ifd^en Si)fteme oon 2)eScarteS bis auf Sd)clling ein. §erüor= 
Hebung ocrbient bie Sd^ärfe unb Sonfequenj, mit loel^er er auS ber 
Üteformation bie beatfd^e 'jß^ilofopl^ie unb auS biefer bie politifd^e SReüo- 
lution I}erleitet (IV, S. 293). 

.^eine jeidjnet bie üer)d)iebenen ^^^ilofop^ien in großen ßügen, unb 
bemüt)t fid), ben innern ^ufammen^ang ber einjelnen Stjfteme flarju* 

Ö^TToT 41. 



89 

legen. 3n bie Siefe gel^t er nid^t, aber baö ß^arafteriftifd^e tuei^ er 
fd^arf l^erüoräul^ebcn. @r erinnert an einen gefd^itften ^rembenfül^rer, 
ber in ber großen ©tabt jiemlid^ Sejd^eib tüei^ nnb |)erfnnft nnb Stil 
ber SKonnntentalbauten feiner mipegierigen ©efellfd^aft in leidet fliegen* 
ber Siebe ju erflären fud^t. SReift n?ei§ er and^ t)on ben mand^mal 
ttjunberlid^en ^eiligen jn erjä^Ien, bie einft in ben je^t nnr fd^mac^ be- 
ttjol^nten ober üerlaffenen 5ßaläften ^anöten. $änfig feffelt ber tieben^= 
toürbige ßicerone feine ßn^örer bnrd^ pifanten Slnefbotenfrant fo fefir, 
ia% fie gang üergeffen, mie menig i^nen ber SKann über bie 93anten 
felber fagt. @rft n?enn fie n^ieber im ßon)?e fi^en nnb an ber §anb 
il^reg 9teifebnd^e§ ba^ ©efd^ante nod^ ein SJial an i^rem ©eifte t>orüber^ 
jiel^en laffen, finben fie, ba^ ber gefällige i^üijvtv bod^ nod^ meit ntel^r 
l^ätte fagen fönnen. 

9Jte^r Söead^tnng, aU ber feniltetoniftifd^e ©efd&id^t^fdf^reiber ber 
beutfd^en 5ßl^itofop^ie, üerbient ber Sitteratnr^iftorifer. Sein 93nd^ über 
bie romantifd^e Sd^nte mn^ jn ben an^gejeid^netften SBerfen nnferer 
äftl^etif d^==fritifd^en Sitteratnr gejäfitt tüerben. §ier ift ber Sicerone nid^t 
allein gleichzeitig feinfinniger Senner ber üon i^m gezeigten S^nnftmerfe, 
fonbernanc^ ein SReifter üom i^ad). 2Bir ftannen über bie güQe Iitte== 
raturl^iftorifd^en nnb äft^etifd^en SBiffen^. 2)ie gotgernngen, meiere 
^eine an§ i^r jie^t, forbern freilid^ oft nnfern lebhaften SBiberfprnd^ 
l^erang. 

Siad^bem §eine, toie oben angegeben, jn jeigen oerfnd^t, bafe ba^ 
©l^riftentl^nm bie SSößer be§ 9iorbeng oergeiftigt tjaie, fä^rt er fort: 
2)ie S'unfttoerfe be^ SRittelalterä äeigten mit fettenen 9ln^na^men bie 
SSemältignng ber SRaterie bnrd^ ben ÖJeift nnb ben romantifdjen S^a^ 
rafter, toeldber fie oon ber flaffifc^en ^oefie ftreng nnterfd^eibet. S)ie 
flaffifd^e Snnft ^atte nnr ba§ ©nbtid^e barjnftetten, nnb i^re ®eftalten 
fonnten ibentifdf) fein mit ber Qbee be^ Sünftlerö. 2)ie romantifd^e 
Äunft ^atte ba§ Unenblid^e bar^nftetten ^) nnb nal^m i^re 3^ftud^t jn 
einem Stjftem trabitioneller Stjmbole; fie mad^te bie entfefelid^ften 2ln^ 
ftrengnngen, ba§ Sleingeiftige bnrd^ finnlid^e Silber baränftetten (®. 224). 



Ä.e.Sran3o§ rü^mt in ber „granff. Stfl." (1890 9lr. 144) bicjc Definitionen aU 
<xu§Q^zi(i)nd unb al§§eine'§ Sißcntl^um; iä) glaubt aber anncl^men ju bürfcn, bafe er fie 
tjon %, aß. öon ©d^Iegel gerabeau entlcl^nt ^at 3n jeincn 1801 in 33erlin gcl^altenen 
„SBorlefungen über jd^bne Sitteratnr unb ^unft", toeld^e 6cutfert 1884 l^erauSö^ö^ben, jagt 
l)cr 2:]^eorcti!cr ber rontQnti|d^cn Sd^ule (SBb. I, @. 90, 91): „S)a§ ©d^5ne ift eine \qm'- 
Bolifdje DarfteHunö be§ Unenblid^en. . . . Söie !ann nun bo§ Unenblid^e an bie Dberfläd^e, 
3ur ©rjd^einung gebrad^t mcrben? 9lur j^mbolifd^, in SBilbem unb S^^^^n • • • Dici^ten 
. . . i|t nid^tS anbercS al§ ein etüigeS ©Qmbolifiren : mir jud^en cnttoeber für etwas 
OeifKgeS eine öufeerc §ütte ober tt)ir bejiel^en ein ^cufecreS auf ein unfid^tbareS SnnereS." 
@id^er l^at §eine biefe ?tnfid^ten aud^ au§ bem SJlunbe ©d^lcgerg jelbft öcmontmen. 



90 

9Uö ber Äat^oIicifi^muiJ cxblidj, lebte bie gried^ifd^e 5ßoefie lüieber auf, 
unb in Äunft unb üeben regte fid) ber $ßroteftantiMu^ (®. 227). Sn 
J^ranfreid) gemamt bie iieutlaffifd^e ^oefie bag 9tegiment unb be^errfd^te 
üon bort aus^ aud) ba^ übrige (Suropa (®. 228). ' 

®egcn biefe ^remb^errfd^aft er^ob fid^ Seffing unb empfahl bie 
tDaifxc gried)i)d)e ftunft. 2)aburd^ aber üeranla^te er tl^örid^te ^ai)^ 
al)mungen, unb feine refigiöfcn J^orfd^ungen riefen ben platteften Siatio* 
nali^ntuä ^erüor. S)ie SDiittefmäfeigfeit gemann bie Dber^anb (@. 230), 
gegen tüeld^e fefbft ÖJoet^e'd ®enie lange 3af)re erfolglos anfämpfte. 
S)ie romantifd}e Schule aber bifbete eine tüirtfame 9fieaction (®. 232). 
Die ©ebrüber Sc^fegel priefen ^anptfäc^Ud^ bie SSJerfe ber d^riftüd^«* 
tatljüUfdien ftunft be^ SKittelatterg aU aWufter (S. 233) unb fie führten 
ben !EJid)ter an ben üerfd}ütteten Duett einer naiüen, einfättigen ^oefte. 
Slber üiefe tranfen im Uebermaft an^ beut üerjüngenben Duett, unb fic 
n?urben finbifc^ (S. 234). 

9H^ aber bie 9{üc!te^r Jium 3)iittelatter fo innig tüurbe, ba§ öielc 
ber romantifd}en Did^ter unb ttünftler ^nt fat^olifdjen Siird^e übertraten, 
ba fd^ütteftc man im proteftantifd^en 2)eutfd)fanb ben Äopf, unb ate man 
gar entbedEte, „baft eine 'ißropaganba üon Pfaffen unb ^unfern, bie fid^ 
gegen bie retigiöfe unb püiitifd)e ^i^^ifj^it ©nropa'g üerfd^ttjoren, bie ^anb 
im ©piele l^atte, baft eö eigentüd) ber 3cfuitigmuö tpar, meld^er mit ben 
fü^en Jonen ber 9lomantit bie beutfdie 3ugenb fo üerberblid^ ju öer* 
lodEen mufete, mie einft ber fabelhafte Stattenfänger bie Siinber öon $a* 
mein: ba entftanb großer Unmut^ unb auflobernber 3^^^ ^^^^^ ^^^ 
J^reunben ber (Seiftes^frei^eit unb beg ^roteftanti^mu^ in S)eutfd^tanb" 
(S. 240). aSoft fämpfte gegen bai^ jefuitifc^^^ariftofratifd^e Ungetl^üm 
(®. 242) unb jjerftörte bie in S)cutfd}(anb graffirenbe Sorliebe für ba* 
SKittelaltcr (®. 245). Slud^ ÖJüetlje erI)ob nun feine Stimme gegen bie 
romantifd^e Schule unb „ücrnid^tete ben ganjien ®puf" (®. 246). S)a« 
mit begrünbete er feine 9(Uein^errfd^aft, unb üon ben ©d^Iegeln fprad^ 
man nid^t metjr (@. 248). 

S)ag 93i(b ift im 2(Qgemeinen richtig j im (Siuäefnen jeigt eg Südfen 
unb ent^üttt am ©d^Iu^ arge SSoreingenommen^eit. $eine f)ebt nid^t ^erüor, 
ba^ bie Siomantif iodj aud) eine SFteaction gegen ben ftlafficiSmu* be* 
beutete, unb ba| bie ^fjilofop^ie ^id)te'« unb ©d^etting'g einen ]^erüor=» 
ragenben ®influ| auf bie 9(usjgefta(tung ber romantifc^en Doctrin auS* 
ühtc^). Xa^ an ber Zertrümmerung ber Siomantif ba§ „beleibigte 
proteftantifd^e 93ett?ufetfein" nic^t geringen Slntfieif fiatte, ift fidler; gu 
©runbe gegangen ift aber bie romantifd^e Sd^ule an fid^ felbft, ba il^rc 



*) J&a^m ©. 256, 778. 



91 

^auptüertreter nid^t gelernt Ratten, mit ifirem SReid^tl^um ju tüirt^= 
fd^aften. ®ie ift ge[torben am embarras de richesse, unb ber ^roteftan- 
ttgmu§ gab mit SSoffen'^ ungefc^Iad^ten ^oljfd^u^en, um ein Sicblingg- 
bilb §eine'^ ju gebraud^en, „bem ftcrbenben Sömcn ben legten Sritt". 
®ie Sefuiten Ratten mit ber romantifd^en ©c^ule fo menig ju t^un, n?ie 
mit ben Älaffüern t)on SBeimar; tüäre e§ ber ^aü, fo ^ätte ^atfm 
in feinem tenbenciöfen SBerfe über bie „Slomantifd^e ©d^ule" fie gelui^ 
festgenagelt. 

9?ad^ biefer allgemeinen Setrad^tung ge^t §eine an bie E^arafte^ 
riftif ber einjelnen romantifd^en Siebter. @r beurtl^eilt griebridl) ®df)(eget 
nod^ äiemlid^ günftig ; über Sluguft SBil^elm, ben er f aft nur alö Ueberf efeer 
unb SKetrifer gelten lä^t, ^ält er fürd^terlid^ ©erid^t. @r üerurt^eilt 
feinen e^ebem begeiftert befungenen SWeifter ju langfamem- SRartertobe 
unb nimmt bie ©jecution felber mx. Slber er ge^t bod^ nid^t fo tt?eit, 
n}ie bei ber §inrid^tung be§ ©rafen 5ßlaten. SKit freunbüd^em ßäd^eln, 
unter püanten SBi^en, in tabellofem %xad unb tüei^n $anbfd^ul}en 
fül^rt er fein Dpfer auf ia% ©d^affot unb beförbert e§ mit fo lieben^^ 
tt?ürbiger $eiterfeit in ba§ Senfeit^, ba§ ber ßufd^auer meint, ber ®e^ 
marterte muffe felbft nod^ mitlachen. 

2Ba§ ^eine über ba^ fritifd^e unb bid^terifd^e können ber beiben 
©d^Iegel fagt, tüirb man im Oian^m unterfd^reiben bürfen. oben fo 
rid^tig beurtfieilt er SiedE. ©obalb er aber einen magren Äat^olifen 
JU d^arafterifiren ^at, mirb er ungerecht unb fogar gemein. S)ie Sebeu== 
tung be§ großen ÖJörre^ ift i^m burd^auö nid^t Kar getoorben. SJiit 
tüenigen SBorten berührt er beffen publiciftifd^e J^ätigfeit, unb am 
©d^tufe befd^im^ft er il^n in abfd^eulid^er SBeife (@. 297). Sei biefer 
©elegenfieit brängt er aud^ in toenige Qdkxi bie !raffen Sßerleumbungen 
gegen ben Sefuitenorben jufammen (@. 299). ©benfo oberftäd^Iid^ 
bel^anbelt er 93rentano, SWoüaü^ unb @. Zi). 31. ^offmann, ttjäl^renb er 
üon Slrnim ein fein gejeid^nete^ 93ilb enttoirft. • ÖJegen ben ©d^Iu^ eitt 
er rafc^er üorträrt^ unb gibt nur nod^ leidste ©üjäen an ©teile auf- 
geführter S^arafterbilber. 

§eine^^ 93ud^ ift eine grünblic^e Slbred^nung mit feiner 9Sergangen== 
^eit ate 2)id)ter. @r fetbft tt?ar ein ©ol^n ber Slomantif; üiele @igen^ 
fd^aften ber fd^önen SRutter l^atten fid^ auf i^ren ©o^n vererbt, aber 
üon i^rer ©lauben^freubigfeit, i^rer Segeifterung für ba^ S^rifttid^^' 
©d^öne, toar nid^tö auf if)n übergegangen alö ein ftüd^tigeg Sntereffe. 
@em ernannte er mit i^r ber ^ßl^antafie ben größten @inftu§ ju, aber 
er litt nid^t, ba§ fie i^n commanbirte. ©e^r frül^ fd^on trennte er fid^ 
üon feinen Srübern, mit benen er in Sleu^erlid^feiten bis an fein 
ßebengenbe Sle^ntid^feiten jeigte, toeld^e oft überrafd^enb l^erüorf<}rangen ; 



92 

er ging jeinen eigenen SKeg. 3ene glaubten, \va^ fie {djrieben ; . um fic^ 
fallen fie bie fc^atten^aften (VJeftalteu fcfemeben, meldte fie i^ren J^^^^unben 
t?orfü()rten; ^eine befd^mor bie S8ett)oI)ner anberer SlBeften, üor i^m ju 
crfd)einen unb feinen S3efef)Ien ju geljord^en. 3ene fd^melgten in ber 
2cl}önl)eit ber 9iatur; für .©eine mar fie oft nur gefdjmacfooße 3)eco* 
ration, ber 5^rül)lingdbnft ein anmut^iges^ $ßarfüm, um feine Sßere^rer 
p erfreuen, unb feine yiebesfUeber mürben oft nur gefungen be^ ^ubti- 
cumö megen. 3)ie Slomantifer unterlagen if)rer ^^antafie, mie ein 
3)?onard) ber 9leDotution ; .^eine bänbigte fie unb bejmang mit i^r einen 
großen S^eil ber gebilbeten SBelt. Die Stomantifer maren 8?erfd)menber ; 
•Öeine fannte feine SJiittef unb bered^nete mie ein üorfic^tiger Specutant, 
mie Diel er toagen tonne. 

2)iefer öegenfatj tritt in feinem 93ud)e fd^arf ^erüor. 6r jertegt 
bie (Srfdjeinungen ber d^riftlid^^beutfd^en 5ßoefie unb l^ebt if|rc unleug* 
baren Zd)\vädjcn mit einbringenber Sd^ärfe l^erüor; für bie ©röfte 
biefer munberbaren ifitteratur==Srfd^einung, für ben tiefen ©e^alt, ber 
il)r JU Wrunbe lag, f)at er fein 9luge. 

Seine erweiterte refigiösJ^fittlid^e SB,e(tanfic^t ^at öeine 1834 im 
erften 83anbe bes^ „Salon" in 3)icl^tung umgefe^t, meld^er neben ben 
bereits^ ermähnten S3erid)ten über bie Wemälbe*9iusjftellung eine Sleibe 
t?on Webic^ten, fomie „'J)ie ä)iemoiren besj $errn t)on Sd^nabelemo<}^ti" 
entl^ielt. Xa^ Urtl^eil über biefe fd)amIofe Söorbellpoefie überlaffen mir 
einem 8^iograp^en unb !öemunberer .^eine*^. Strobtmann fagt^): „6^ 
mar ein trübfeligeö Sd^aufpiel, biefer J^all üucifer'ö üon ber ^o^e be^ 
^^bealsJ in ben Waffcntotl), biefe fc^amlofe ^roftitution be^ Öeniuö auf 
öffentlichem SJiarfte, nur nod^ bn^Ienb um ben öeifall einest üermorfenen 

^öbelö .öier mürbe in glatten SSerfen ein (Soangelium ber Xhu 

^nd)t, ^ier mürbe bie ruc^lofe üe^re geprebigt, baft ^^^^^l^it ^^^^ ^^^ 
Üiebe unb SSedjfel besJ (^egenftanbe^ ben Sinnengenuft fteigere, ber Seift 
mürbe in ben Staub getreten, unb ba«^ ?^lcifci^, baiJ allein feligmad^enbe 
J^lcifd) tüurbe alö anjubetenbe (^ottljeit auf ben I^ron gefegt." (Sbenfo 
fd)roff brürft 9t. t). Wottfd^all fic^ aus^'^), ben 9?ientanb ber ^ßrüberie 
auflagen mirb. „.^ier mirb ber Xidjkx," fagt er, „ganj jum poetifd)en 
Sflaüenljänbler, ber bie Steije unb J^ormen ber feil gebotenen Sd^önl)eit 
befingt. . . . !Daö ift ber offenbare, unmaötirte Scanbai." §eine fdja* 
ick fic^ burd) bie .^erau^gabe besj „Salon" aufeerorbentlic^ in 'Deutfd^* 
lanb, fo bafi er fürdt)ten nuif^te, neue SKerte oon if)m mürben in feinem 
SJaterlanbe nid^t mel^r genügenben (Srfolg l^aben. 



») II, 112, 113. - «) II, ©. 61. 



93 

III. 

fttterarifd)e Streitighetten. i0teberaufnal|me ber poitttfd|en 

»dlriftUeUereu (1836—1843.) 

1836 traf ^eine'g litterarijcl^e Jf)ätiflfeit ein fdjmerer ©d^Iag. 2)a§ 
junge 2)eutfc^Ianb, ju benen SRänncr tüie ^axl Qiu^totü, ^einrid) ßaube, 
X^eobor SÄunbt uub ßubtüig SBienbarg gehörten, bie an bid^terifd^er 
SBebeutung an $eine nic^t entfernt l^eranragten, i^n aber an Stenntniffen 
unb jielbetüu^tem Streben überragten, prebtgte in jafilreirfjen ©d^riften 
unb eigenen Journalen ein neue§ ©üangeUnm ber fittlid^en, religiöjen 
unb politifd^en grei^eit. SBoIfgang SRenäcI, ber big ba^in mit ben 
^auptüertretern ber ©d^ule auf gutem gu§ geftanben fiatte, trat üon 
September 1835 big grü^ja^r 1836 ^eftig gegen fie auf, forberte bie 
üerbünbeten Ütegierungen äu entfd[}iebenen SRaferegeln ^eraug unb be= 
l^auptete, ba^ ber ganjc Unfug t)on |)eine ausgegangen fei. S)amit t^at 
er §eine eine ju gro^e (S^re an.'öcmi^ marcn bie 3)iänner beg jungen 
J)eutf(^Ianb in i^ren ®nbabfid^ten mit ^cine in üoHcr Uebereinftimmung, 
getüi^ Ratten fie aud^ .in ber SDict^obe üiel üon i^m gelernt, aber fie 
ftanben i^m perfönlid^ fern unb fie marfd^irten getrennt. 3m ©runbe 
maren fie aud^ nur eine burd^ bie ncuefte beutfd^e $ß^i(ofopI)ie beeinflußte 
Siad^bilbnng jener franjöfifd^en ©eiftegric^tung, üon ber aud^ $eine bie 
faftigften SBeftanbt^eile in fid) aufgenommen ijatit. ^eine, ber angriffg^ 
iuftigfte vSc^riftfteller jener fampfbegierigen Stii, fonnte ia§> ÖJIeid^e t?on 
Slnbcrn nid^t ertragen; er geriet^ über ba§ 9SürgeI)en SWenjerg, mit 
tüelc^em er megen einer 1828 in SUienjefg Sitteraturblatt erfd^ienenen 
ungünftigen Äritif feiner ©ebid^te nod^ abäured^nen i)aiit^), in heftige 
9lufregung unb gab Saube am 23. Sioüember 1835 neben anbern nic^t 
augjufüfirenben unb nid^t mieberäugebenben Slat^ f dalägen auc^ ben, ben 
©egner perfönüd^ anjugreifen. „Saffen Sie fic^ aug Sreglau unb ber 
©d^meij, wo er geftänfert, bie nöt^igen S)etail§ geben ju einer 93iogra== 
p^ie. " Seit jener Qzxt mirb SRenäel in ben meiften beutf d^en 2itteratur= 
gefd)id^ten aU üerabfd^eunnggtüürbiger S)enunciant be^anbelt. S)enunciaut 
fann man aber nid^t 3emanben nennen, ber in einer S^ituug erjä^It, 
mag bem gebilbeten 2)eutfc^lanb längft befannt ti>ar. 

SRenjerg 9Sorge^en ^atte ©rfolg; am 10. S)ecember 1835 erließ ber 
SBunbegrat^ ein SSerbot (VII, 545) ber fämmtlid^en Sd^riften ber ge* 
nannten jungen Scanner, tt?ä^renb $ßreußen nod^ befonberg gegen fie 
vorging. 9Kunbt unb Saube unterwarfen fid^, §eine badete nid^t baran. 
@r ^atte ein guteg „lotjaleg unb rotjaleg ©etüiffen" (an ßampe 12. 

') ^axptU^ 6. 294. 



94 

Januar 1836) unb glaubte, man erwarte nur 3)cmarcl^eu üon jeincr 
Seite, um il)u frei ^u geben. 

5lm 28. Januar 1836 rid^tete er ein Öitt== unb ^rote)"tfd)reiben 
(VII, 3. 530) an ben ft^nubeötag, lüelri}e^ in jenem „3til be^f tecfften 
Tertianer«" ge{)aften ift, ben er an .^ertpeg^ tabefte (II, S. 190). 
Süu ben (^ejaubten tnurbe eö getuift mit einem Sädjeln bei Seite 96=» 
legt, ^renftcn mar inbeffen ]o einfid)tig, am 16. J^ebrnar 1836 baö 
SSerbüt bat)in ju linbern, baf? eö ben genannten SdjriftfteQern nic^t jebe 
Utterari|d)e I^ätigteit fernerf)in üerbot, jonbern il^nen geftattete, mit 
it)rem Ü)iamen unter ber 3luffic^t ber ßenfur ^n fdjreiben. .^eine fträubte 
jid) in me^rern abriefen an Kampe gan,^ entjd^ieben, fid^ ber (Senfur ju 
unterwerfen, unb verlangte, baft fein SSerleger ben britten Salün*93anb 
unter .?)eine*^ 9famen f}erau^gebe. Subeffen ertlärte er fid^ fd)Uepc^ 
bamit einüerftanben, ben üöanb nad) Öjiefjen ,^ur Genfur jn fenben. Sllö 
berfelbe, mit bem bortigen Suiprimatur üerfe^en, erfd)ien, würbe er boc^ 
in ^reuften unb löaicrn fofort üerbotcn. (Sbenfo erging e^ einer Sro* 
fd)üre gegen Süfenjel, bic üon Genfur ^n ßenfur Wanbcrn muffte, tijt 
bie Xrucf^Srtanbnifi ertljeilt Würbe. 

.^eine will fange gejögert I)aben, ef}e er gegen ben etjemaligeu 
ftampfgeuüffen bie 3eber ergriff; bann aber taudjte er fie in C^ift unb 
©alle unb überfjäufte ÜWenjel mit einer "füülk üon Sd^impftnorten. S)ic 
littcrarifd^e 33ebeutung SJien^ers^ fud)te er I)erabsubrücfen, obgleid^ er 
felbft beffen SBerf über bie bentfdie üitteratur 1828 (VII, ®. 244) fefir 
gerüfjmt unb in einem öriefe an ben 83erfaffer (8. 3Kai 1828) ate ia^ 
bebeutenbfte SMid) feit ^x. Sd^tegel'ö 9SorIefungen bejeidjnet tjatte. 
Siebenbei fudjte er bie SSirtung feiner Srofdjüre burd) auünijmc ßor* 
refponbenjcn in ^erüorragenben ^^itungen, au^ Stuttgart batirt unb 
bes^ 3n()altsJ, bafi 9Jienjel fid^ bort in ^olge ber .^eine'fdjen Eingriffe 
nid)t meljr galten fönne, ^u unterftü^cn (3. Dctober 1837)»). '©a« 
93üd)Iein Ijatte übrigens^ geringen ©rfofg. S)as^ publicum blieb t^eil* 
nal^mlü^, unb äJienjel liefe bie ^erauöforbcrungen ^eine'^S üßttig un* 
bead^tet, tvai^ biefen mit grofeem 3ngrimm erfüttte. 

®g cntfpridjt gaujs .^eine'sJ SKatur, bafe er fid), al^ er bie SJer* 
l^ättniffe nid^t ju änbern üermod^te, nac^ biefen ridjtete unb fid) beim 
Sd^reiben in poUtifd^er §infid)t großer üßorfidjt befleißigte, ©r glaubte 
fogar, J^ürft SJietternid) fei iljm im (^runbe geneigt (an ßampe, 23. 
Januar 1837) unb in 5ßreufeen Ijätten fid^ bie einfluf^reii^ften Staate* 
männer ju feinen fünften au^gefprüdjen (25. Sanuar 1837). üewatb 
gegenüber äußerte er ©übe Sanuar 1838: eg fofte iljm nur ein SBort, 



») SBcrßl. auä) Dcutjd^c Ülunbjd^au 1885, I, ©. 448. 



bic i^n bccngenben gefjeln ju löjen; t^ete 5<^u(t)elt, tfieil^ ber 65runb^ 
fa| beg laisser venir unb ti)tiU aud) bie Sliuift, man fönnte bie ^arm^ 
lojeftc ^anbtung ate ©erüili^mu^ au^tegen, l^ätteu \i)\\ nodj lüdjt baju 
bmmcn lafjlen, bie ^rcu^en auf immer ju be)(^ti>id)tigeu. 

S)iefc eigent^ümüc^e $ßoütif jeigt )xä) im ^eßfteu 2id}te in ben 

anfangs 1838 gemad^ten Semü^ungen, in ^aris eine beutfdje 3^itung 

ju grünben, für tnelci^e ein ungenannter üermögenber 6err ii}m loO 000 

SrancS jur Verfügung geftettt ^atte. 3)a fie I)auptiä(^lid} für 3)eutfc^= 

lanb beftimmt fein fottte, fo tüar ^reufsenS äöo^lmottcn eine bringenbe 

9?otl^lüenbigfeit. ®r richtete beS^atb an ben SRinifter t). aBertI)er, ben^ 

fetten, tütid)tm er früher (3. 83) feine §armIofigfeit üerfic^ert ^atte, bie "ihu 

frage, ob bem 2)ebit in ^reu^eu öinberniffe ertuad^fen mürben, menn feine 

äritung fid^ jeber Slnimofität gegen SWafena^men ber preu^ifd^en 9{egie= 

timg enthielte. 3n einem ©riefe an Semalb (1. 9Rärj 1838) fprid^t 

er fid^ aug, ma§ er barunter üerfte^t: „GJanje UiHjarteilid^feit I}abe id^ 

berfprod^en ; finb bie Seute f(ug, fo oerftefien fie, ba§ id^ nid^t melir 

berfpred^cn burfte, aber me^r erfüllen merbe. S)enn in Setreff ber 

toid^tigften :poIitifd^en S^agen brauche ic^ nur bem eigenen SBillen ju 

folgen, um ben :preu|ifd^en Sntereffen ju mißfatjren, unb ^reu^eu mirb, 

toeun eg in ber jefeigen Stellung be^arrt ober gar fortfd^reitet, in mir 

einen Sllliirten finben." (Sine merfmürbige S33anblung in fe^r furjer 

3eit! Unter bie mid)tigen politifc^en 5^^^9^^^' ii^ bmtn §eine fid^ jefet 

auf einmal in Uebereinftimmung mit bem oer^a^ten ^reufeen (oergl. 

3. Äbfd^nitt I.) befinbet, beffen innere ^olitif boc^ eine mefentlid^e Ummanb^ 

lung nid^t erfahren ^atte, gibt ein örief au Siaru^agen oom 1 3. gebruar 

1838 Slufflärung. damals toogte ber Streit um bie gemifd^teu S^en 

in $ßreu§en; ber ©rjbifd^of üon Ä'ötn mar bereits üerl)aftet, baS 9Ser^ 

fal^ren gegen ben ©r^bifd^of üon ^ßofen eingeleitet. SRit Sejug barauf 

fd^reibt §eine: „3d^ bin ber 9)ieinung, ba§ in ber ergbifc^öflid^en Sad^e 

bie :preu^ifd^e ^Regierung oiel ju milbe SJiaferegeln nimmt; ^ier Reifen 

feine ^ßaßiatiüe, fonbern burd^greifenbe Operationen. (£s ift ein ÖJlüd, 

ba^ biefes Uebel je^t, in ber Stilljeit, fid^ äeigte." Sllfo je^t, mo 

^reu^en fid^ anfd^idte, gegen bie fat^olifd^e Äird^e oorjuge^en, ermad^te 

^)tö|tid^ ^eine*S Stjmpatl^ie für ben ge^a^teften unter ben fec^Sunb^ 

brei^ig Staaten ®eutf c^lanbs ! ®er grei^eitsfielb preist bic Änute, 

ttjeil fie ben Siüdfen eines oft befämpften 65egnerS trifft! 

3n bemfelben Sriefe mibmet er feinen r^einifd^en ßanbsleuten eine 
SiebenSmürbigfeit, bie in baS Stammbud^ ber für ein §eine^2)enfmal 
fd^märmenben ^üffelborfer gehört: „S^nen, bem ßanbSmann, barf ic^ 
eg ttjol^l ol^ne Sd^eu fagen, ba§ unfere SanbSleute nie S^arafter befeffen, 
nie ein ©olf maren, fonbern ein jufammengelaufener Raufen, ben jeber 



96 

9tabuli[t regieren faun, befien "ij^xedjfjnt burd) SWad^giebigfett nur geftef* 
gert mirb, aber fleinlaut jn Äreuje friedet, n?enn man ftrenge üKa^regcIn 
entgegenfetjt — fic finb meber Xmt\(t)c nodi Jranjofen, ftc l^aben nur 
bie 5e()Ier ber ©rftern, Brutalität namenttic^, ofjnc bic 2:ugenben ber 
üe^tern jn befifeen." 9(uf ein 2)üffelbürfer 2)en!mat Ratten biefc SSorte 
mit ber 3Bibmung gefdjrieben tuerben muffen: „Seinem größten 2ob* 
rebner ba« banfbare 9tf)einlanb." 

?(nfang^ fd)ienen bie 9(u^fid)ten für .^eine'^ ^läne günftig ju jein; 
er fprid^t fogar (6. SUJärj 1838) baüon, ia^ iijm an^ SBerlin ber „er* 
freutid)fte üBefc^eib" s^gefontmen fei, aber fc^tie^tic^ ftiefe bie Stu^fü^rung 
beö Unternehmend iodj auf Sd)tpierigfeiten feiten^ ber preufetfc^en W-- 
gierung. 9iun ua^m ber grofte SüJann fid^ üor, bag unbanfbare ^reu|en 
burc^ ®tiHfc^n?eigen ju ftrafen, unb ein 93ud^, bag er jur SSertl^eibigung 
ber preuftifd}en Äird}enpülitif gegen (^örreö üerfaffen n?oIIte, ungef^riebcn 
SU laffen (31. Wäx^ 1838). 

9(nbere ütterarifcbe ^läne, ju meldten er l^auptfäc^Uc^ burc^ ®t\i'- 
manget üeranlaftt ttjurbe, fdjeiterten. Did)terifd^ fci^^ffte er fe^r n?enig, 
unb wa^ er in ■tßrofa mä^renb biefer Qeii l^erau^gegeben, l^at feinen 
grof^en SBert^. 1)ie SRriefe über bie franjöfifd)e 93ü^ne finb fe^r an* 
sief)enb unb geiftreid) gefdjrieben, o^ne jebod) l^ö^ere 93ebeutung ju be= 
fifcen. @r bedt bie innere ^aut^eit ber fociaten unb gefettfd^afttid)en 
Sßerfjältniffe J^rantreidbö auf, jeigt, iüie fie fid^ in ben ©rjeugniffen ber 
bramatifdjen ftunft tuiberfpiegeht, unb c^arafterifirt biefe felbft mit 
Sd)ärfe unb ^einfjeit. 2)ie @f)ebrud^«Jbramen, meldte bamalö n?ie l^eute 
in ^ranfreid) bie Stelle ber Jragebie einnahmen, geißelt er mit einem 
unüertennbaren SBibermillen, unb fein Urtljeil über ben 9?aturaa^mug 
auf ber 8^ül)nc (IV, S. 523) ift eine augge^eid^nete äWa^nurtg für bie 
jüngften beutfd)en ^ramatiter, tueldje mit 33i)lfd^e in §eine ben ff^ox^ 
läufer beg SRaturaliömuö bejtu. Oteali^mu^ erbliden. Schabe nur, bafe 
.^eine biefe C^runbfälje uid)t auc^ für feine SRoüelliftif unb S^rif in 9ln=« 
tvcubung brad)te! 

2)ie uubebcutenben C£l)arafteriftiten üon S[)afefpeare'§ ÜJiäbd^en unb 
J^rauen, tücldje .^einc 1838 p einer 5lnjal)l 3lluftrationen lieferte, finb 
augenfdjeinlid) al^' reine iörobarbeiten oljne Üiebe gefdjrieben. 

1837 gab .^eine ben britteu !58anb beö „Salon" l^erauö,. metc^er 
ba^ uüDelliftifdje g^agment „^lürentinifd)c 9?äd)te", fomie bie ^taube== 
rcien über „ Elementar geifter" enthielt. S)a§ g^agment jeigt bie 93e*= 
ftanbtljeile ber „.^arjreife" unb besj „93ud)e§ Se ©raub" in feiner 
9}Jifd}ung unb tonnte red)t gut al^ ein 3ugenbprübuct beö ®id^terg 
betrad^tet tuerben. Xk .^anblnng ift üerfc^toinbenb flein; in ber @e=* 
fd^idjte ber Jänjerin iJaurence ^at er eine ©pifobe feiner itatienifd^en SReife 



97 

^pvct (ügt. III. @. 249). ®ag reiche Slrabc^fcntücrf, in ttjel^em heterogene 
5Mnge in fentimenta^J^umoriftifd^er SBeife be^anbelt werben, ift fteUen^* 
i>cije t)on großem aieij; ein Keines äWeifterftütf ift bie ß^arafteriftif 
|5aganini'g. 3m Stnfang ber SioöeUe ift ber ©inflnfe üon ©id^nborff'S 
r,3Rarmorbitb'' nnüerfennbar. 2)ie „Slementargeifter" beftel^en cat^ einer 
Sammlung üon ©agen unb ÜJiärd^en über Äobolbe, Slfen, Slijen, SRiefen 
uflo., beren „toiffenfd^aftüc^e" SSerbinbung feinen SSert^ beanfpruc^en 
barf ^). 

SBebeutenb ift bagegen baS 1840 im vierten 93anb beg „©don" 
öeröffentlid^te SRoman^gragment „S)er SRabbi üon ^aä)axad)'\ an melc^em 
^eine fd^on ate ©tubent gearbeitet ^atte. SSir tonnen nur bebauern, 
ba§ es nic^t öollenbet, bej., bafe ber ©c^Iufe bem 2)id^ter üerloren ge=* 
jangen ift ; bie toenigen SÖIätter jeigen ein gutes latent für cultur^iftü== 
cifd^e ©c^itberungen. Slud^ bie toenigen ^ßerfonen, toelc^e mir fennen 
[ernen, finb üorjügtic^ gejeid^net. 5)aS ©anje ift in einem ed^t epifc^en 
Eon erj&^It, ber uns bei §eine fettfam anmutl^et. 

1838 trat §eine gegen bie fc^mäbifc^en Siebter auf, meil biefe fic^ 
jettjeigert Ratten, ju bem Oon ß^amiffo l^erauSgegebenen äWufen^SlImanac^ 
für 1837, ber mit §eine'S 5ßortrait erfc^einen fottte, ^Beiträge ju liefern^). 
5ür §eine'S Siac^fuc^t ift eS bejeic^nenb, bafe er biefer 95agateBe 
unb einer üon ^ßfi^er oeröffenttid^ten ungünftigen Äritif megen eine 
ngene 95rofc^üre: „©c^mabenfpiegel" oeröff entrichte, in ttjelc^er er jene 
Cid^ter l^eftig in feiner geiftreid^==unanftänbigen SSeife angriff. @r tiattt 
)amit toenig &iM ; bie Qaifi feiner SSerel^rer üerme^rte er nic^t unb bie 
Qcti)i feiner (Segner, unter benen fic^ nunmel^r ©c^riftfteBer n?ie Stlejanber 
3ung^ äWeld^ior äWe^r, ber berül^mte Sleftl^etifer i^tifntx, Slrnolb Singe, 
Suftdü 5ßfijer, fein el^emaliger fjreunb 9louffeau, fd^Iiefetic^ felbft, als 
)er ^i^igften ©iner, Äart ©ufefott) befanben, n?u(^S oon !£ag ju Sag. 
SWnfo toenbeten fic^ bie in 5ßariS lebenben beutfd^en gtüd^tlinge oon 
i)m ab, n?eil fie in il^m einen 9lenegaten, minbeftenS aber einen burc^== 
mS unfic^ern ßantoniften erbüdEten. §eine liebte eS, feine SanbSleute als 
2umpen ju bejeid^nen, bod^ bürfen n?ir ber SSerfid^erung ©trobtmann^S ^), 
)a§ bem 9?ot^teibenben feine 95örfe ftets offen geftanben tiaie, ©tauben 
[(^enfen; §eine toar nic^t geijig, unb aäjtdt ben SSert^ beS ©elbeS 
mmer gering^). 



*) ßlflcr weist in feiner 3(u§gabc genau naä), in welcher SQßcife §eine bie Duetten 
^enu^i. 

'') Ä. ^. SransoS in ber „3ran!f. 3t0." 1890, 9lr. 144, 149, 155. 

») II, @. 216. 

*) 3)cr oerftorbene ^ofrot^ Dr. ^oflcr, ber in ben öicrgiger Solaren in ^ori§ lebte 
mb mit §eine öerfel^rte, erjäl^Ue §enn Dr. Srang SSinbcr unter onberm: bei einem SBc» 

&5tteg«(8efellfe^aft. III. äSeieinSfd^itfc für 1891. 7 





Dctobcr 1834 letntc §eine ein jungeä äHäbd^en, ßteäcenjf 

Wt !9Hirat, .tcijnen, ''lüel^e« tt)m eine tieftige Seibenfcftaft einflÖ6tt. 
! tuai hüiäü .) unjJVifJiJJg gebaut, uftne jebe fto^ere öitfaung, ja unroijjenb 
Lublii^ni'); (ic befafe ein jefir (ebt)üftes, ^eiteceS leraiiera^ 
■ni Seitie^id) bis jur ?tu8gelaffen^ett ergoßen lonnte, Jonft 
Tficb 5^nn9 SelDotb'* Sejei^nung, „leerfte SJeufeerlicftEeit'"). 
.(^i'itie'? 51ioajBl'fK"n ritf)men Dun it)r Jugenb unb grömmigfeit ; (ie nafim 
iiibcjji-n feinen '■Jliiftanb, i)f)ne ben ©egen beä ^riefterä mit §ciiie jU' 
fammen su leben, iöun ^rüberie bejafe fie iebenfflßS teine ©pur, loie 
eine bon SBeiH ') mit grufeera ©e^agen ausgemalte ©eene fatt|am beiueist. 

§eine liebte SWatftilbe — fo nannte ec SreScense — tDirttit^, ob' 
glei^ [eine Sieigung nur auf finnlic^en ^Regungen beruhte unb er ifir 
DJt genug in fraffet 2Sei)e untreu Würbe unb ©rtfetten nacftlief*). Sr 
[orgte für fie ängftlicö, fuc^tc i^r nad) feinem Xobe eine angenel)me 
©J'ftenj iu fiebern unb fflft fie für feine grau an. 2)ie iöriefe, tt)el(|€ 
ernjä^renb feineä. ?[uf cutbaltä iu Hamburg tftr f^rieb, jeigen unS §eine 
mdi ein Tlai. wie er in feiun Sugenb mar, mit einem tuarmfü&lenben 
Iterjen. 

?tber fü fetir §eine SÖIatfiilbe liebte, i^rc Sßerbinbung blieb uidjt 
oijne bie SSÖunbe, an luelt^er ein jebeS SSerfiältni^ biefer 9trt not^toenbig 
trantt: er traute iifx ntcfit unb njurbe, wenn er üon i^r getrentit mar, 
Don tjeftiger ®iferfucf|t gequält; er liefe fie bei i^ren Sluägängen jogat 
übetroac^en *). Sun i^ter Sflunenbaftigfeit unb i^rer Söilb^eit ^atte er 
Diel auöäufte^en, Wie saWlofe ©teilen in feineu ©riefen beroeifen. ©erliefe' 
tieft geioübnte er ficft inbeffeu aurfi an bie SluÄbrud^e feine« §ou«DefuOä. 
„3u einer 3b^lle maiften ju moUen," fagt 6amilla ©elben, bie eS Wiffen 
tanu"), „mag ber SJidfter felbft nie für eine fi?lcf)e auäjugeben gebaute, 
ftiefee ^oefie auf Soften ber SJa^rbeit ftftaffen." 

©elbftrebenb fehlte bei {leine'ä fiebenömeifc unb SKat^iftenS 'Un^ 
fenntnifi Dom SSJert^ beS Selbes iftrem 3"fii"ntE>iteben aui^ bie pri)= 
faifi^fte Seite nii^t: ber äWüugel an ®etb. |(eine Derbiente äWar jä^r* 
lieft mit f(ftriftftellertf(^en .?ttbeiten gegen 3000 granc« unb bejog 
Don feinem Dntel eine SRente öon 4000 grancS, aber biefe ©umme 

\aä)t bei ^eitu 1)aU Itd) tiicjet btElael, bag i^n niebei einmal ein beutf^ec glttii^Itng in 
bei; iprefle uetunglimptl ^abe, norauf 3Ratl)ilbe (feine'S ^ou} bemerne : „Mmb la re- 
dingote, que tu lui avais donnee, ätsit eucare nasez bosne." 

') mei&ner, OTeiit 2ebm, 1, S. 104. 

') aßcflermonn, Sb. 62, S. 107. 

») S. 86, 87. 

*) „Seulli^c Wunbl^u" 1884. III. e. 168. Briefe an SoffaUe Dom 10. gebniat 
unb 27. Qeinuor 1846. Sita <tn meutern S>UUtn. 

'} 6amiao ©tlbm bfi ©i^orer 1885, S. 68. — ') «. .j. 



r? ■' 



Tcid^te bei tücitem nid^t au^, feine Sebürfuiffe p -bedeit. SürgftiPften^ 

für ijreunbe famen baju, um i^n fd^üe^tid^ in eine feigere ©d^utbentaft 

in ftürjen. @r ^atf fid^ einigermaßen, inbem er %pxit 183|^§%r== 

lag^red^t feiner Sßerfe auf etf Sa^re um 20000 ^tanc^ a^HHJKüer^ 

kaufte; aber ba§ genügte nid^t. Dnfet ©alomon fträubte i^HHpi. ju 

i^etfen unb entfad^te bamit in feinem Steffen ttjieber einmal e^pt tieftigen 

^orn über bie S!niderigteit beg äRiUionair^. 3tl§ ©alomon cfber bei ber 

^od^äeitgfeier eine^ SSerlüanbten nad) ^arig fam, üerföl^nte er fid) mit 

feinem berühmten Steffen unb er^ö^te fogar beffen Slente auf 4800 granc^. 

tRad^ $eine'^ Sobe fottte bie 9iente auf äRat^itbe übergel^en. Sro^bem 

^örte ber leibige ©elbmanget nid^t auf. 

§eine na^m nunmel^r feine 3i^P^^^ i^ dntm fel^r bebenfüd^en' 
Mittet: er tpanbte fid^ an bie franjöfifd^e 9legierung unb erhielt, von 
1837 ober 1838 ab, lüie mand^er anbere Stu^Iänber, eine 5ßenfion üon 
4800 grauet. Dft ift bel^auptet ttjorben, er l^abe in einem abl^ängigen 
tBer^ättnife jur franjöfifc^en 9iegierung geftanben unb fei bur^ bie 5ßen-' 
fion für litterarifd^e ^anblangerbienfte belohnt morben, n?el^e er i^r 
von 1840 ah burd^ Sorrefponbenjen in ber „Slllgemeinen ßcitung" teiftete. 
2) er ©d^ein ift aEerbing^ gegen $eine, unb e§ ift nad^ feinem Vorleben 
unb nad^ bem, lüaö er furj üor feinem Sobe tfjat (fie^e britter Slbfc^nitt 
IV), feine Unge^euerüd^feit, ben Slnflagen ©tauben ju fd^enfen. ^eine 
i^ut in feinem feiner 95riefe ber ^enfion ©rmä^nung, unb bi§ 1848, n?ü 
nad^ bem ©turje ber 3uti=9iegierung allerlei @nt^ üBungen au^ ben 
©taat^ard^iüen erfolgten, mußten nur fe^r toenige 5ßerfonen baüon. 
Sllejanber 333eilt behauptet in feineu Souvenirs intimes^), ia'^ ^eine 
i^m gefagt iiaht: „Je ne me suis pas vendu, je me suis rendu. 
Je n'ecris pas une ligne contre mon sentiment et mon opinion." 
S)ie „3lQgemeine Leitung" erflärte in golge jener ©nt^üEungen mit feiner 
95o§]^eit, §eine fei nic^t für bag, toa^ er i^r gefd^rieben, fonbern für 
fein ©d^toeigen über getoiffe SSorfommniffe beja^It toorben. 

3Benn toir ^eine'g poütifc^e ©c^riften üon 1837 big 1843, too er 
"bie potitifd^en ßorrefponbenjen für bie „Sittgemeine 3^itii^9" einftettte 
— au^ toeld^em ©runbe, ift unbefannt geblieben — mit feinen frühem 
t)crgteid^en, fo fättt ung eine äRilberung, ja Slenberung feiner Slnfid^ten 
fofort auf. S)ie toüften ©d^impfereien gegen Pfaffen unb Sunfer f)aim 
aufgel^ört; er behauptet fogar, bafe i>a^ äWißtrauen gegen btn Slbel 
immer eine Ungerec^tigfeit bleibe (VI, ©. 311). @egen ba^ in granf= 
reid^ l^errfd^enbe parlamentarifd^e 9iegime toenbet er fid^ in ftarfen Slu§* 
irüden, toeil e^ bepi Äönig Ungelegen^eiten bereite. 



w 



•) ©. 51. 






t ^ 100 

Seine SKeinuug über ben früher fo oft bejpöttelten 95ürger!Bnig 
fjat fi^ ^e^r ju ©unften be^ fie^tern geänbert. Snbe Dctober 1840 
mar ©uijot an bie Spi^e ber Slegierung getreten unb iiattt $eine, a(^ 
biefer i^m einen Sefud^ mad^te, bie fernere äu^ja^Inng ber ^enfion 
jugefic^ert. ©d^on am 4. 9ioüember toirb ber Ion in §eine'Ä SBeric^ten 
ein fe^r toarmer, fobatb er bie 5ßerjon be^ ftönig^ nnb feinet erften 
SKinifter^ erttjä^nt. 6r überfc^üttet ben Staatsmann, für ben er früher 
nur äßorte beS ^erbften XabelS ^atte, mit auSgefuc^tcn Sobfprüc^en. 
Slm 27. Sanuar 1841 fc^reibt er an Äolb, btn 9flebacteur b^ ,,8l(lgc' 
gemeinen 3^^*^^9"- rrSci^ l^abe grofee ^urd^t üor bcm ©reuet einer 
^roletarier^errfd^aft unb gefiele S^nen, aus Surd^t bin id^ ein ßonfer^ 
öatiüer geworben. Sie ttjerben in biefem 3a^re an meinen Ärtifeln ttjenij 
ju ftreic^cn ^aben unb üießeid^t über meine 9Ääfeigung unb äengfttid^teit 
läd^eln. 3(^ ifob^ in bie 2^iefe ber 2)inge gefd^aut, unb cS ergreift mi(^ 
ein fonberbarer Sc^toinbel; id^ fürd^te, id^ falle rüchoärtS.'' 3)er SBricf 
füngt genau fo, als ttjolle er einer toenig fd^meic^el^aften SSermut^unj 
üon üornel^erein ben ©oben entjie^en. 

^eiue fetbft ^at gegen bie aufläge ber SJeftec^üc^fcit toicber^olt 
entfc^ieben (Sinfprud^ erlauben (VI, S. 373, 524). Seine 39iograpl)en 
Strobtmann unb ^ßroetfe Ratten i^n nic^t für „eigentüd^ bcftod^en"r 
meinen aber, ia^ bie ^enfion feine Sd^reibttjeife beeinflußt l^obe. Ircitfc^k 
nennt i^n*) o^ne alle ©infd^ränfung einen „Sötbner granfrcid^S*', ber 
fid^ „bem franjöfifd^en $ofe üerfauff' f)abe. SReiner SReinung nad^ liegen 
feine genügenben 95etoeife öor für bie fd^mere änfc^ulbigung, §eine fei 
ein Solbfd^reiber ber franjöfijc^en 9legierung getoefen; ber SSerba^t 
toirb aber immer auf il^m rul^en bleiben, unb jeber el^ren^afte Sournalift 
n?irb eS als fe^r bebenflid) bejeic^nen, toenn ein l?ubliciftifc^ t^ätiger 
äWann üon einem fremben Staate eine fo anfe^nlid^e Unterftüfeung in 
Slnfprud^ nimmt. 

feine'S ^arifer 95riefe finb anjie^enb gefd^rieben, ttjie atlcS, n?aS 
aus ber geber beS ^od^begabten äKanneS gefloffen, unb überrafd^en ^in 
unb lüieber burd^ fd^arffinnige Urt^eile. 3d^ fann eS i^m inbeffen nid^t, 
n?ie feine SSere^rer, ju großem SSerbienft anred^nen, baß er auf bie 
SBic^tigfeit ber orientalifc^en fjrage (VI, S. 185, 186, 255) unb bie 
®efal|r beS EommuniSmuS (VI, 279, 315, 316, 609) fo nad^brttdfti^ 
aufmerffam mad^te. SeneS traten beutfd^e Sourualiften um biefe Qdt 
no^ nad^brüdlid^er — ic^ erinnere nur an granj oon glorencourt — , 
unb er ptte blinb fein muffen, ttjenn er bie 93ebeutung ber fo ^eiß üertl^ei* 
bigten communiftifc^en I^eoricn nid^t erfannt ^ätte. UebrigenS f|?rid^t er 



>) IV, ®. 420. 



V 




101 

t^om Sommum^mug immer mit gel^cimer Slngft üor bcr ^errfd^aft be§ 
^öbefö, ttjeld^er jebod^ bcr ^afe gegen bie ©elbariftofratie bie 2Sage ijäit 

1837 toar 95örne geftorben, beflen fd^arfe 5lngriffe feilte nid^t üer* 
jeffen l^atte ; er üergafe ja niemafe eine 95eleibigung. „@r fonnte l^afjen," 
agt Sllfreb äWei^ner^), „tief, ingrimmig, mit einer ©nergie, n?ie xi) fie 
m feinem anbern äWenfd^en angetroffen, aber nur barum, ttjeit er auc^ 
ieben fonnte." §eine l^at inbeffen üon feinem §affe ^unbert 3Rat me^r 
3etpeife abgelegt, ate üon feiner Siebe, ©o lange Sörne lebte, ^atte 
r eg nid^t gesagt, gegen i^n auf antreten ; erft brei Sa^re nac^ 95örne'g 
^obe l^atte er ben 9Wut^, fid^ an feinem geinbe ju räd^en. @r befa§ 
ie üoit i^m felbft an ben ©ermanen gerühmte 2:ugenb nid^t (IV, 312): 
egen ben SSe^rlofen nimmermehr ba§ ©dbmert ju jiel^en, ben gefnebelten 
reinb nic^t anjutaften. @r folgte im ©egent^eil bem üon i^m fd^erj- 
aft aufgeftellten ©runbfa^ (VII, ©. 400), bem geinbe erft bann ju 
erjeil^en, n?enn er ge^enft Sorben fei. ©ein giftige^ SBuc^ gegen Sorne, 
jetd^eg er für fein befteg SSerl l^ielt, ift l^erüorgegangen an^ bem= 
?Iben Reifte unüerföl^nlid^er Slac^fud^t, lüeld^er feine unptl^igen Singriffe 
egen äRenjel, 5ßlaten, ©d^Iegel u. 21. I^erüorgerufen l^atte, aber e§ ift 
rö^tentl^eilg in einem fc^einbar leibenfd^aftglofen Jon gefc^rieben, ber 
rötere SSirfung l^erüorbringt, aU feine frül^ere grobe S!ampfegmet^obe ^). 

gür §eine n?ar bie SSeröffentüc^ung beö Suc^eg üon fo unange== 
el^men S^Ifl^^f ^^6 ^^ i>i^ ^erauggabe fc^on balb lebl^aft bebauerte. 3n 
anj 2)eutfd^Ianb, namentlich im jübifc^en Steile ber Söeüolferung, erful^r 
»ine unehrenhafte §anblunggn?eife bie fc^ärffte SSerurt^eilung. Äarl @u^* 
Jit? n?urbe öon nun an §eine'g erbitterter @5egner,^^nb beffen befte 
freunbe üerl^el^Ittn il^m i^re SRipittigung nic^t. SDie beutfd^en ^Patrioten, 
ei benenSöfne in l^o^em Slnfe^en ftanb, verfolgten il^n erbarmimg^Iog 
erfönlid^ unb in bcr treffe, Son bem ©cma^I ber ebenfalls fd^njcr 
eicibigtcn greunbin 95örne'§, §errn ©traug au^ fjranffurt am 3Rain, 
)urbe §eine in ben beutfd^en ß^itungen berart angefeinbet, bafe er i^n 
^lic^üc^ f orbern tiefe. Strand t)at fid^ in unehrenhafter 3Seife gerächt; 
)eine ^atte aber nid^t ba^ Siecht, fi^ barüber ju beMagen. 9Sor bem 
{lücifampf tiefe §eine fic^ mit äRat^ilbc firc^tid^ trauen, bamit fie im 
f alte feinet 2:obe§ ik Steckte feiner SQäittnjc gettenb machen f önne, nac^bem er 
ie fatl^otifc^e ©rjicl^ung ber Äinber in übtid^er SBeife jugefic^ert — er 
ätt bie ©tetlung biefer 95ebingung feitenS ber Sürc^e für natürti^ *unb 
»tbftücrftänbtidEi (VI, ©. 65) — . 2lm 7. ©cptember 1844 fanb ba§ 

©cinrid^ ^einc @. 212. 

*) hieben bcr ^olcmif gcßcn 95örnc cntl^ält ba§ SBud^ eine 9lei]^c bcr bifjigftcn S8e= 
tcrfungcn über bie beutjd^en JRabicalen unb JRepublicaner, fo bafe e§ aU ein ^Iblagebrief 
»eine'S an feine einftigen @eftnnung§genoffen bejeic^net n)erben !ann. 




102 

^iM [tatt, in todd)em ^etne tcid^t üertüunbct mürbe, ^aäj bcm 3)ue(l 
gab feilte ber grau Strauß eine bünbige 6l^reu=@rMärung, fotoie M 
SBerfpred^en, in einer neuen Sluftage bie auf fie bejügtic^en ©teilen fort== 
julaffen. 2)er Streit na^m alfo ein für §eine menig riil^mlic^e^ ®nbe. 
?(ber ^vii)t fanb er noc^ nid^t. 5)ie beleibigte grau unb i^r ®ema^( 
griffen i^n unb SRatl^ilbe immer lieber in 3^itungen an unb liefen fein 
ÜRittel unüerfud^t, i^m ju fd}aben. $eine erntete nur ben So^n feiner 
I^aten; n?ir fönnen ia^ ^treiben feiner (Segner üerurt^citen, ol^ne i^r 
Opfer JU bebauern. 

IV. 

Wit legten febensjalire* HeUgiVfe IftKtnpfe* üilfUtemue. 

3u ben nie enbenben titterarifc^en kämpfen §eine'g gefeilte fic^ 
1845/46 ein rein perfönlic^er, meieren er mit ber ^eftigften Seibeufd^aft 
führte. 2lm 23. 5)ecember 1844 ftarb fein Dn!et ©alomon, ber il^n ju 
feinem ©ntfefeen nur mit einem Segat üon 8000 SRarf bebad^t unb bie 
i^m jugefic^erte SRente gar nic^t ermähnt ^atte. 3u golge beffen lüei* 
gerte fic^ ©alomon'^ ©ol^n Äarl, ber gegen ben 2)id^ter toegen ber Die* 
len Eingriffe gegen bie SSerttjaubten feiner grau, bie goulb«, eine be* 
rec^tigte äKifeftimmung ^egte, bie 9tente weiter ju jaulen. 3)agegen erbot 
er fid^Of ^^^ SSetter jä^rlic^ eine ^enfion üon 2000 grauet au^ju* 
fefeen gegen bie SSerpftic^tung, i^m atteg, toa^ er über ©alomon §eine 
jemals fd^reiben n?erbe, jur 2)urci^fid^t ju fenben. $eine, ber burd^ 9Ka* 
t^ilben^ 3tngft, in 9?ot^ ju gerat^en, in bie l^öc^fte Slufregung üerfefet 
toar, bro^te anfangt, ju Hagen, befc^ritt bann ben gütlid^en SBeg unb 
na^m fd^Iiefelic^ bie treffe ju $ülfe. „2)ag SBefte," fd^reibt er an XtU 
molb*), „mufe ^ier bie treffe t^un jur Sntimibation, unb bie erften 
Äot^ttjürfe auf Äart $eine unb namentlid^ auf 2lboIf ^aUe (beffen 
©c^ttjager) toerben fc^on tpirfen. 2)ie Seute finb an 2)redE nid^t getüö^nt, 
mä^renb id^ ganje SRiftfarren vertragen fann, ja biefe, tüie auf SBIumen^' 
beeten, nur mein ©ebei^en jeitigen." ®r bat i^n bann, einen Strtifet 
JU fabriciren, in toelc^em ber Dnfel öertl^eibigt, ber 9ieffe angegriffen 
n?urbe. ©d^Iauer äßeife fertigte er, toie au^ einem Sriefe an SaffaHc 
Dom 27. gebruar 1846 l^erüorge^t, fogar felbft ©d^mä^artifel gegen 
^einric^ ^eine an, in meieren aber bie Stu^ja^tung ber ^enfion oIä fetbft«^ 
üerftänblic^ l^ingeftellt tourbe. ©benfo trieb er Seöin ©d^üdEing, ^einrid^ 
fiaube, gerbinanb SaffaUe unb ben gürften 5ßüdEIer an, feinen SJetter 
burc^ 3^it^tt9^^^ttf^^ i« ©d^redten ju fe|en. 

») 2)cut|(^e JRunbWttu 1885. I, 6. 451. — *) (56enbojeIb|l. 



103 

Sm 3anuar 1845 traf ben 2)i(i^ter ein ©c^Iaganfatt, n?eld}er i^nt 
bie Slugenliber unb bie untern ©Itebma^en lähmte, fotüie i^n bergä^ig* 
feit, ju fd^meden, beraubte. 9laf(^ na^m feine ©rfranfung eine fe^r 
fd^üntme SSenbung, unb biefe ermeid^te ben Hamburger äWillionair. @r 
orbnete bie gortjal^Iung ber 5ßenfion an unb leiftete feinem Setter fo== 
gar nod^ bebeutenbe 3i^f<^üffe. 

SSon 1847 begann für ben S)id^ter eine faft je^njä^rige Seiben^^ 
jeit, bereu Dualen un§ mit ©rauen unb tiefem ÜRitleib erfüllen muffen. 
§eine f)at für bie ©ünben feiner 3ugenb gebüßt, lüie tüoijl nur SEBenige 
bü^en muffen; bie einjetnen 5ß^afen feiner furd^tbaren S!ranf^eit, ber 
9ftüdEenmartebarre, finb oft genug befd^rieben Sorben. @r i)at ^etben== 
müt^ig gegen ben geinb angefämpft unb feinen glänjenben @eift frifd^ 
erhalten big an fein (Snbe. ©tunbentang arbeitete er täglid^ tro^ ber 
n?üt]^enbften ©d^merjen, inbem er fid^ üorlefen tiefe, bictirte, bid}tetef 
an feinen SSerfen feilte unb @ebrudte§ corrigirte. Äamen greunbe unb 
frembe SBefuc^er ju il^m, fo entjüdte er fie burc^ feine geiftüoUe Unter== 
l^altung unb feine §eiter!eit, toetd^e üon einem burd^auö ungebrod^enen 
©eifte jeugte. @r l^atte biefe Slnregungen nöt^ig, benn ÜJiat^ilbe füm== 
merte fid^ nid^t üiet um ben franfen ©atten unb liefe il^n oft genug 
attein ^). ©injelne Sefud^er $eine'§ toben fie freilid^, bie ÜJie^rjjal^I aber 
äufeert fid^ in fel^r tabeinben SluSbrüdEen über bie teic^tfinnige grau. 

' ©0 tag §eine auf feinem ©c^merjengbett, eine Sammergeftalt. gaft 
fein QJIieb feinet Äörperg gel^orc^te i^m me^r, unb fein nie rul^enber 
@eift mad^te il^m fein ^anfentager ju einer boppetten Ouat. "Sinn 
ging eine Slenberung mit il^m üor, toetc^e SKiemanben tounbern ttjirb, ber 
ba^ ©übe f Bieter gtaubenglof er SRänner beobad^tet ^at : er n?anbte fic^ 
ernftl^after religiöfen 2)ingen ju. @r fam fo ttjeit, ben Stt^eiömnö für 
abfurb ju erflären. „Sd^ bin fein gi^ömmler geioorben/' fd^reibt er am 
1. Suni 1850 an ßampe, „aber ic^ toitt barum bod^ nic^t mit bem 
lieben (Sott fpielen; n)ie gegen bie SRenfc^en, toilt id^ aud^ gegen ®ott 
el^rtid^ üerfal^ren, unb aßeg, tva^ auö ber frühem btagpl^ematorifd^en 5ßeriobe 
nod^ öorl^anben toax (au^mersen); bie fc^önften ©iftblumen l^ab' ic^ mit 
entfc^Ioffener $anb au^geriffen. " @r fügt aber ^inju: „S)ie religiöfe 
Umnjätjung, bie fic^ in mir ereignete, ift eine blofe geiftige, me^r ein 
Stet meinet S)enfen§, aU beg feiigen ©mpfinbetnö, unb ba« ^anfenbett 
l^at burd^aug ttjenig Slnt^eit baran, toie id^ mir feft berufet bin." 5le^n* 
lid^ fpra^ er fid^ gegen %annt) Setoatb au^^). S)arin irrt fic^ §eine 
über fid^ felbft ; in gefunben Etagen toäre er nid^t teic^t baju gefommen, 

*) IRocca, ©Kjacn @. 51. gann^ ßetoalb in aöcflcrmann 53b. 62, 106. ?lm 
Wärfften ]pnö)i fld^ damxtia ©clben gegen 3Jlat]^ilbe auS. ©d^orer'S gamtltenblatt 
1885, ©. 68. ~ 2) Slöeflermann SBb. 61, @. 134. 



104 

reügiöfe ^inge eruft ^n nehmen, tüte er benu andf fclbft äußerte *) : „3n 
ber Ärauff)eit ifat man ben lieben ®ott uöt^ig, in ber ©efnnbl^eit üer= 
giftt man itjn'' ; nnb: ,,5ür ben ©efnnben ift ba^ ß^riftentl^nm unbrauc^* 
bar mit feinen SRefignationen unb Senfeitigfeiten ; für ben Äranfen aber 
ift esf eine gnte SRetigion." ©ein 9?ac^toort jnm 1851 erfd^ienencn 
„SRomancero'' beftätigt biefe Slnfic^t, inbem er benttid^ anf fein Äranfer- 
bett ate bie Urfprnng^ftätte feiner „Söefe^rnng" ^intoei^t. ®r fagt auS^ 
brütfüd), bafe er jnm ®tanben an einen perfönlid^en ®ott jurütfgefe^rt 
fei, aber feine retigiöfen Ueberjengnngen unb Slnfid^ten feien frei ge^^ 
blieben üon jeber Äirc^Ud^feit. @r fjabt nic^tg abgefd^ttjoren, nid^t ein 
ÜRat bie alten ^eibengötter. Sm 3anuar 1853 üeröffentlid^te er im 
^lüurnal besj 2)^batd eine ©rftärung, bafe er bie craffen 9leIigiongfpötte== 
reieu in ber neuen franjöfifc^en Ueberfe^ung feiner Sleifebitber, bie o^nc 
fein 3ii*f)i"i erfolgt fei, aufrichtig bereue, 3n ben 1854 erfd^ienenen 
„ÖJeftänbniffen" fpric^t er fic^ ä^nlic^ au^. Slber ^eine'g SBefe^rung 
tüar, lüenn n?ir fie nad) il^ren fjrü^ten beurt^eiten, fe^r jtoeifet^after 
9iatur. ^ie 2)ic^tungen, mlijt er in ben testen jtoötf Sauren feinet 
üeben^ üeröffentUc^te, unb jene, toelc^c fid^ in feinem 9iad^(a§ fanben 
jeigen un^ im ®egentl^eit SReUgion^fpötterei, griüolität unb ©ijni^mug, 
üerbunben mit politifd^em SRabicatiiJmug , in fo l^ol^em äKafee, ia^ 
fie bie Sleifebitber nod^ überboten. Sn biefen jeigte ^eine nodb eine 
fdjarf ausgeprägte potitifd^e ÖJefinnung; je^t mad^t er fid^ über jebe^ 
|?üUtifd^e 3beat luftig, i}er()ö^nt ehemalige 9Kitftrebenbe in unanftänbiger 
SBeife, täftert baS „Sacrament beS ftönigt^umS" unb begrübt jubelnb 
ben attgemeinen Umfturj. 

3n SBetrac^t fommen ^ier bie „9?eueu ©ebid^te" (1844), bag ®om^ 
mcrnad)tSmärd^en : ,,9Itta Zxoü" (in ber 3^i^ii^^9 fii^ ^^^ elegante SBelt 
1843, als »u^ 1847), baS SSintermärc^en : ,,2)eutf ertaub" (1844), ber 
„9lomancero" (1851) foiüie bie ,,9?a(^getaffenen ©ebid^te". 

2)er $afe gegen ia^ ß^riftentl^um feiert in all biefen ©ebic^ten 
feine tpüften Orgien. 9lte „9lbam ber erfte" (I, ®. 301) ^ö^nt er ben 
lieben (^ott, ber i^n o^ne Stecht unb ©rbarmen an^ bem 5ßarabiefe ge* 
jagt; er tperbe aber ia^ ^arabieg nic^t üermiffen, ttjeil eg bort feine 
^rei^eit gäbe. 3n bem berüchtigten ÖJebic^t : ,,5DiSputation" (I, ©.464) 
läftert er jebe ?trt ber ÖJotteSOerel^rung in abftofeenber 3Seife. 3n ber 
Stula ju iolebo, berietet .^eine, follen oor öerfammeltem §ofe ein ffia^» 
|?uciner unb 9labbiner mit einanber ein geiftlid^eS lurnei auSfed^ten. 3n 
allem, toa^ üefeterer fagt, liegt bie bo^^^aftefte SSer^ö^nung ber fat^o^* 
lifc^en SReligion unb itjrer Diener. 9llS ber Äönig bie Königin um i^re 
SReinung fragt, antwortet fie: 

') ©-b. in aöeftcrniQnn ©b. V, 265; LXI, ®. 134. 



105 

äBeld^er ^zä)i i)ai, toetg td^ ntd^t; 
^oä) c§ hjill mid^ fd^icr Bcbünfcn. 
^a6 bcr [Rabbi unb bcr Wönä), 
!Do6 fic alle bcibc flinfcn. 

S)a§ ift nid^t „la scöne la plus voltairienne, qui ait jamais ima- 
gin6e le sceptique d6mon de son esprit", tüie Jaillanbier fagt (S. 140), 
fonbern fie ift fc^timmer, afe SSottaire fie gebid^tet i)aim tpürbe. Sefe== 
terer f)ai nämlid^ benfelben SBortüurf bel^anbett imb bie ©cene nad^ 
Gl^ina »erlegt ; ben ©c^Iufe bitbet ber SSorfd^tag ber ß^inefen, bie armen 
Siarren in bag %f)Ut)an§> jii fperren. SSottaire'ö 93e^anblnng n?ar für 
^eine nod^ jn anftänbig. 

®ie Seigre üon ber SDreieinigfeit üerl^öl^nt ^eine in ,,@QmboIif be§ 
Unfinng" (1,291); über t)a^ ^. Slltar^facrantent ftöfet er in „^Bifeüpufeti" 
(I, ©.382) SSüItaire nac^gebitbete 33Ia§pl^entieen an^, unb er fd^eut fic^ 
nic^t, ben 9?amen beg ^eitanbeg mit ben friüolften Singen in SSerbin^ 
bung ju bringen (,r§immefebräute" I, S. 358; „S)er Ungläubige" I, 
@. 411). 

^olitifc^ ift ber S)id^ter tüieber beim fc^ärfften 9labicali^mu§ ange^ 
taugt, metd^er, mit größtem ßtjni^mu^ üerbunben, tüiberlid^e ^^rrbitber 
l^erüorbriugt. @r berul^igt {„S^lx Seru^igung" I, @. 316) bie beutjd^en 
SRonard^en, fid^ üor einem $8rutu§ nid^t ju fürd}ten, ba Deutfd^Ianb, bie 
fromme Äinberftube, gett)i§ feine römifd^e ÜJiörbergrube ttjerbe. Unb 
tüenn fic^ ia^ ©c^redEüc^e bod^ nod^ ereignen follte (II, @. 202), fo 
tüürben bie ©eutfc^en i^ren S!önig nic^t bel^anbeln ttjie bie ©ngtänber 
Sari I. unb bie granjofen Submig XVI., fonbern fie mürben i^n in 
einer fed^gfpännigen ^ofcaroffe mit beftorten Stoffen jum 9lid^tplafe hiU 
fd^iren. Sm „SBintermärc^en" (@efang IV) gibt er ben Slat^, bie @e^ 
beine ber if. brei Könige ju Äötn in bie Säfige am Sambertitl^urm ju 
SRünfter ju l^äugen unb, loenn einer üon il^nen bereite fe^te, ftatt feiner 
einen abenblänbifd}en Äonig ju nehmen. Unb im Iraume (©efang VII) 
freut er fic^, aU ber genfer bie ^I. brei Könige, bie Stjmbote beö Äönig== 
t^umö, mit feinem Seile jufammenl^aut. 

äRit fotd^en unb äl^nüd^en SSer^ö^nungen beg Sto^aligmuS üerbin^^ 
ben fic^ 95e|d^impfungen lebenber äWonard^en. ©emeinere^ ift tool^I feiten 
gebic^tet n?orben, aU bie „ßobgefänge auf Sönig ßubloig" (II,®. 169), 
bie gegen fjriebric^ SBit^elm IV. gerichteten ©ebic^te „S)er neue Sllejan^ 
ber" (II, ©. 174), fomie t)a^ überaus anftöfeige @ebicf|t über ben Ur- 
fprung beg |?reufeifd^en Äönig^^auf e§ : „Sd^toBIegenbe", meld^eg ©Ifter 
mitjutl^eilen fid^ gefc^eut l^at (SRectam'fc^e Slu^g. I, @. 348). 

§anb in $anb mit biejen Sluöfätten gel^t bie SSerl^öl^nung ber beut^ 
fd^en fjrei^eitöbeftrebungen unb ber Sngrimm über bie Sangmut^ ber 



106 

Tciit)d)eu ijcgenüber ibren fed)<^ iinb breiftig Iljrannen. 93cibe^ ju üer== 
einigen, tonnte nnr einem ß^arafter anc §eine gelingen. S)te jungen 
5)id)ter ber nenen (Generation, meldje ttjie ^erttjeg^, Dingelftebt, grci* 
ligratt) glii^enbe ^^^ifKit^fl^i^iifl^ ertönen liefen nnb für il^re 3bea(e 
jebenfaU^ männlid}er aU .^eine eintraten, famen i^m eben \o läd^erlic^ 
üor, mie einft bie 93nrfd)enfd)aftler, obgleich bodb i^re Seftrebungen jum 
größten Ifieile and) bie feinen tüaren. Slber wo ein perfönüc^eg Snter* 
effe in politifd^en T)ingen für if)n ni^t me^r in J^rage tarn, bünfte i^m 
aUe^ Streben gleid}gültig. „®r bad}te ftetö," fagt fein greunb ^einric^ 
üanbe^), „in erfter Sinie an feine ^erfon, ah fein perfönUd^e^ ©d^idH 
menn oon Staat^formen bie Siebe mar." Seine jal^treic^en 93riefe au^ 
jener 3^it betnnben bnrc^an^ fein tiefere^ Sntereffe an ben gettjattigen 
ifiettjegungen, lüeld}e fid) im ®d}Oofte ber SSötfer vorbereiteten, obglei^^ 
biefelben anf bie SSermirtlici^nng be^ angeblid^en ^eine^fd^en Sbeat^ bür^ 
gerlid^er grei^eit abhielten. I^ie ^rei^eit ift i^m nie ein Sbeal gettjefen. 
„9U^ vor einigen Sauren ber italienifdje 2)id^ter ßarbucci ^eine in einer 
Dbe a(^ greitjeit^^fjelben oer^errlid^te, legte fogar Äarl ^illebranb, Deutfcl^=» 
lanbö befter Ärititer nnb ^eine'^ früherer ©ecretair, ber immer mit 
^ietät nnb 93eiünnbernng üon bem großen SBerftorbenen gerebet, eine 
9lrt ^roteft bagegen ein: §eine felbft i)ahe e^ niemals fo feierlid^ ge- 
nommen" ^). 

2)ie g^ei^eit^bic^ter ber üierjiger 3a^re t)erfielen aber anc^ feiner 
Städte, lüeil fie ^od^müt^ig anf ben gefinnnng^lofen t)er|?artfirten $eine 
f)erabblicften nnb i^n jeitmeife, mie ßeüin Sd^üding fagt ^), an« ber ®unft 
be^ ^nblicnm^ üerbrängten. (Sbenfo and) bie I)id)ter, meldte bie SSater^' 
lanb^Uebe befangen nnb, ttjie 9iicolan^ Seder, ben 9l^ein für 2)entfd^^ 
lanb reclamirten. ^erttjeg^ (I, ®. 310, II 190), 2)ingetftebt (I, ®. 315, 
404) fohjie bie politifc^en Jenbenjbid}ter im 3tllgemeinen erl^atten einige 
fräftige Sdfläge, bi^ ber Did^ter im „3ttta Srott" fie atte anf ia^ 
Sc^affot beförbert. 

Slber tva^ biefe T)id^ter fangen, fingt er and^ felbft. 3ronifd^ gibt 
er ben Slat^, („SSer^eißnng" I, ®. 312) bie bentfd^e grei^eit folte fedEer 
werben, aber bor altem ben fd^nlbigen 9iefpect üor Dbrigfeit unb ^nx^ 
germeifterei nid^t bei Seite fe^en. (£r i)öi)nt bie lieben 2)entfd^en (II, 
S. 204), ia'^ fie fid^ oon ber SBogelfc^enc^e abfc^reden ließen, an bie 
blü^enben Äirfdjen jn ge^en ; mad^t fid^ über ben bentfc^en SRid^el tnftig 
(„erlenc^tnng" I, S. 318), ber fic^ bie beften »iffen üor bem äWaute 
hjegftibi^en nnb fid^ mit bem 9Serf<}red^en reinüerflärter ^immetefreube 
tänfc^en laffe. SRac^ ben Sriärätagen 1848 (II, S. 187) üerf<)Ottet er 

©artcnlaubc 1868, ©. 27. — ') OJ. «ranbcS in ber Sronff. Stg. 24. ^luß. 1889. 
«) SQßcflcnnonn, «b. 54, 8. 196. 



107 

tüieber ben beutfd^en Wiäjd, ber üerfud^t l^abe, fid^ ju ermannen unb 
nun lieber nnter ber §ut üon merunbbrei^ig ^lonaxäjtn ju fd}tafen 
beginne, „©ermania, ia^ ftarfe Äinb" (I, ®. 426) erfreue fid^, nac6= 
beut ber ftarfe SBinb ftd) gelegt, lüieber feiner 2Sei]^nad}t§bäume ; er ge- 
benft be^ l^elbenmütl^igen Äampfeö ber Ungarn, bie üon Dd^fen (Defter^ 
reid^ern) unb 93ären (9iuffen) übertüunben lüerben, toä^renb S)eutfd^tanb j 
in ba§ Sod^ üon SSötfen, ©d^meinen unb gemeinen |)unben gerat^en fei. / 

Slud^ ^ier ttjei^t er auf bie üom Kommunismus brol^enben ®e/ 
fahren l^in; aber in feine 3Beiffagungen mifc^t fic^ etmaS mie gel^eime 
greube, ba§ unter bem eisernen „©d^ritt ber Jtrbeiterbataiüone" bem- 
näd^ft ber 93oben ber mobernen ©efettfc^aft erjittern n?erbe. 3)?it bem 
§a§ ber 93efi^tofen gegen bie Sleic^en ftimmt er ganj überein, unb bie 
mad^fenbe äWad^t beS Sa^jitaliSmuS entlotft i^m in grimmigem ©arfaS-^ 
muS bie SSerfe (I, @. 415): 

^at man öiel, fo wirb man bolö 
9iod^ öiel mcl^r bagu befommcn. 
SGßcr nur tocntg f)ai, bem wirb 
^nä) bo§ SOßenigc genommen. 
2Bcnn bu aber gor nid^tS ^a% 
%ä), fo loffe bid^ begraben — 
^enn ein Siedet jum 2eben, ßum<), 
^oben nur, bie titoa^ §aben. 

Sronifdö gibt er ben 9latl^ (I, ®. 418), üor jebem golbenen S^atbe 
ia^ SSet^raud^fa^ ju fd&iüingen; benn bie reid^en Seute gewinne man 
nur burd^ ©d^meid^eleien ; er felbft nennt bie 93efi^enben (II, @. 81) 
baS „reiche Ungejiefer", meld^eS fo mäd^tig üerbünbet fei in unfern 
Sagen ; er betl^euert in ©d^erj fein foßenbem Srnft (II, ®. 76), ha% er 
bie Sleid^en gern aufl^ängen tüürbe, aber man mad^e leiber an^ beutfd^en 
©id^en feine ©algen für fie; er tl^eitt, ttjie fd^on im SRatcIiff, bie äWenfc^en 
ein in l^ungerige unb fatte, unb er jeid^net unter bem 93ilbe ber SSanber- 
xatttn (II ®. 203) mit firf)tlid^em 95e^agen, tüie bie ^ungerigen un== 
miberftel^Iid^ l^eranrüdfen unb fid^ nid^t befänftigen laffen burd^ „^faffen= 
gebete unb §unbertpfünber", fonbern nur burd^ „©u^jpenlogif mit 
Änöbelgrünben" unb „Slrgumente üon Slinberbraten'' ; er befd^tüört in 
einem übrigens trefftid^en ©ebid^te (II, @. 177) bie ausgemergelten @e= 
ftalten ber l^ungernben fd^tefifd^en SBeber beS Sa^reS 1847, um burd^ 
fie einen SRad^efd^rei gegen ben Äönig ber Sleid^en ju begrünben. 9ttr 
biefem ©lenb gegenüber aber toiH er im erften Kapitel beS 3Binter= 
märc^enS „2)eutfd^(anb" ein neneS Sieb fingen, nic^t 

„^a§ alte @nifagung§Heb, 
^a§ @ta|>opeia Dom i^tmmel, 
aöomit man einlullt, wenn eS greint, 
2)a§ 53ol!, ben großen fiümmel." 



# 



108 
füubern: 

6in neues Sieb, ein beffereS 2icb. 
O Sreunbe, mü \ä) eud^ biegten : 
2Btr »ollcn l^icr ouf @rben fd^on 
^08 Himmelreich erricijiten. 

@§ n)ö(i()dt l^ienieben $rot genug 

fjür ollc SKenJd^enÜnber, 

^ud^ iRojen unb ^Qrten, 645n^eit unb SivL% 

Unb Sucfererbicn nid^t minber. 

3o, 3wrfcrerbien für jebermonn, 
@obalb bie ©d^oten planen! 
2)en Himmel überloficn wir 
^cn Sngeln unb ben Bpai^tn. 

?tuguft 33ebet brudt in feinem 95uc^e über „bie fjrau" ^) einige 
biejer SJerfe mit SBoIjlgefallen ab unb bemerft baju, ba^ §eine focia^ 
tiftifd}e ?tntt}anbtungen gehabt l^abe. 

Wii befonberm ©rimme feiert fidj §eine gegen bie beutjdben ©inl^eit^^ 
beftrebnngen, al^ bcren Symbol er bie f(^iüarj=rot^*goIbene fjal^ne be- 
jc^impft. @r nennt (I, @. 373) i^re garben „Slffenftei^couleuren" ; 
Srjl^erjüg 3ü^ann, ber bie SBa^t jum „SReic^^üemejer" angenommen, 
üer^öfint er aU „§an^ o^ne 2anb" (II, @. 205). 5)a^ 5lergfte bietet 
ber 26. ©efang beg aSintermärcfien^ ^^Deutjc^tanb" (II, @. 489), n?o er 
2)eutfcl^tanb in bel^agtic^er breite mit einem Siac^tftu^I üergleid^t, au^ tpelc^em 
ber äWift üon jedi^unbbrei^ig ©ruben ^etaufftiirft. SBa^ miß e§ bagegen 
bebeuten, tuenn er in bem jcftönen ©ebid^te „2)eut|c^(anb" (II, @. 167) 
fein SSatertanb mit bem jungen Siegfrieb üergteic^t, ber einft ben ^ä^- 
tid^en Dradjen — bie I^rannei natürüd) — tobten unb fic^ bie golbene 
Ärone auffegen tüirb! T)emfetben ©ebanfen ^atte er übrigen« bereit« 
in im testen Seric^ten au« ^ari« 2lu«brud gegeben (VI, ®. 248, 613). 

2)ie ftärfften 2lu«brii(^e feine« §affe« finb gegen ^reufeen gerichtet. 
®r ptünbert ben SQ3ortfd)a^ ber fjifi^ttjeiber, um alle« ba« jagen ju 
fönnen, lüa« er auf bem öerjen ^at. SRan tefe nur ein äWat: „SBec^fel* 
balg" (I, @. 313) „S)er Äaifer m\ ß^ina" (I, @. 313), ©efang III unb 
VIII be« SBintermärc^en«. 3a, ba« ganje Säintermärd^en ift eigcntUd^ 
ein ^am<)^tet gegen ben preu^if^en Staat, lüetc^er e« üerfäumt l^atte, 
fic^ ben 2)icl^ter ju üerbinbeu. 

SRänner, tpetc^e auc^ bie ©egner mit Sld^tung nennen, SIÄänner, 
benen er fetbft ®an! f(^utbete, tuerben Don i^m mit alten mögttd^en, 
üietfac^ bem I^ierreic^ entnommenen Titulaturen belegt. 2)en großen 
®örre« nennt er (I, @. 406) eine $^äne unb beffen ©ol^n ein giftige« 

*) 9. 9lufl. ©. 335. 



109 

Sufect; bamit ift bie 2lrt biefer perfönlic^en Slngriffe genügenb flefcnn- 
jeid^net. 

5Die @d)amIoftgfeit ber testen SSerfe überfteigt atte^ 9Wa§. 3tte er 
einen Ziftil ber „SWeuen @ebtrf)te'', tüelc^er im ,,®aIon" erfd^ienen tvax, 
mit anbern äufammen aU 93uc^ erfd^einen lajjen n?oBte, ftellte @)u|!om 
i^m frennbfc^aftlidi üor (^rölfe @. 262), bafe biefelben fid) afe „furrf|t- 
bare Stad^geburt" früherer ©ebid^te bod^ für bie Deffenttid^feit nid^t 
eigneten. Sofort jog §eine fein l^o^e^ 9io§ auö bem ©tatt unb ritt 
feinem einftigen SSaffenbruber mit htn SSorten entgegen (23. 5lnguft 1838): 
„3[Bie 5ßetron'§ ©atirifon unb @oet^e'§ ©tegieen, fo finb auc^ meine an== 
gefodjtenen ©ebid^te fein glatter für iic rol^e äWenge. . . . SKur üor^^ 
ne^me ©eifter, benen bie fünftlerifd^e 95el^anblung eineö freüell^aften unb 
allju natürüd^en Stoffe^ ein geiftreid^eö Vergnügen getoä^rt, fönnen an 
jenen QJebid^ten ©efaUen finben. . . . 9iid^t bie äWoralbebürfniffe irgenb 
eineg üer^eirat^eten Söürger^ in einem SSinfel S)eutfc^Ianb§, fonbern bie 
Stutonomie ber Äunft fommt l^ier in ^i^age." Irofebem fanb ^eine erft 
1844 ben äWutl^, bie „ SWeuen ©ebic^te" l^erau^jugeben. ß^arafteriftifd^er 
aU biefe, loeld^e er in gefunben lagen bid^tete, finb jene, meldte er auf 
bem Äranfenlager üerfa^te. ©eine ©innüd^feit lobert ffod) empor; er 
üer^ö^nt fidi felbft toegen feiner ©cf|n?ä^e (II, ©. 51, 5Kr. 78, 79) unb 
bebauert, eine SDirne, bereu 93ilb üor feinem ©eifte em|?orfteigt, nic^t genoffen 
ju ^aben (II, ©, 93). ©r befingt bie ©d^ön^eit be§ SSeibeg in lüfterner 
SBeife (II, ©. 34), beginnt mit me^r aU ariftop^anifc^er greil^eit ben 
©ebrauc^ ber ©lieber be^ menfc^tic^en Äörper^ ju erflären, um ju einem 
@d^Iu§ JU gelangen, toeld^en felbft ©trobtmann nidjt mitt^eilen ju bürfen 
glaubte (II, ©. 75). SBeiter üergleid^e man : „$au§f rieben'' (I, ©. 411), 
„UnüoUfommen^eit (I, ©. 419) unb ba§ ©ebid^t $Wr. 68, 93b. II, ©. 40. 
©einen ganjen ß^ni^mug in nuce ^aben toir in ben ©ebic^ten „Spilog" 
(II, 110), „«ermäc^tnife" (I, ©. 429) fotoie „Jeftament" (II, ©. 220). 

2)a§ ift $eine, ber behauptet, auf feinem Äranfentager in fid^ ge=* 
gangen ju fein ! @r ift tro| aHen f d^önen Sleben^arten üon @ott unb @)otte§== 
furd^t ber Sitte geblieben, ©inige ber Dielen 93efud^er l^aben fid^ allerbingS 
t>on i^m täufd^en laffen unb in SDeutfd^lanb bie 9Wär verbreitet, ber 
verlorene ©o^n fei reuig jurüdEgefe^rt. Slnbere fallen fd^ärfer. i^annt) 
ßeiüalb behauptet ^), an bem (Serebe über feine 93efel^rung fei nid&t ein 
SBort mal^r getoefen; bie ßeute, toeld^e bergleid^en von i^m verbreitet 
Ratten, feien enttoeber Von il^m getäufd^t ober Ratten fic^ felbft getäufc^t. 
S)erfelben ÜKeinung ift Slbolf ©ta^r'). Sllfreb äWeifener fagt'), e§ fei 
§eiue nid^t gelungen, fic^ ju befe^ren; er l^abe immer toieber gejttjeifelt 



') gQßcftermonn, 53b. 61, @. 129. — «) 2)o{. 134. — ») ^cinrid^^cine 231. 



110 

unb neue SSifee erfunben. S)er ®eban!e an ba§ Senfeit^ fei i^m nur 
eine rl^eumatij^e iTette gettjefen, bie ein fieibenber, ber alle Heilmittel 
oijm ©rfotg probirte, üerfuc&t, ol^ne an i^re SBirffamfeit ju glauben. 

lieber bie testen bi(^terifd)en ©rseugnifle §eine'g Dorn äft^etifd^en 
©taubpunft unbefangen jn urt^eiten, ift nid^t teid^t, ba bag ©efü^t 
beiJ (Stel^ ju oft ben &mvi^ üernic^tet. SIber ber ÖJefammteinbrucf ift 
überaß berfetbe. S)ic geniale ^Begabung be^ äKanne^ i)at bem ja^re- 
langen ?tnftürmen einer fnrdbtbaren Stranfl^eit fiegreid^ toiberftanben. 
SBie früher, fo betpunbern mir bie ^jräd^tigen (Siranbolen cineg uner* 
fc^öpflidjen Söi^e^, ben fül^nen ging einer reid^en ^l^antafie unb bie, 
ipenn aud^ feiten fic^ auft^uenben äugblide in eine tiefe &tm&tt)^^ unb 
@ebanfenn?elt. Unter ben Siebe^gcbic^ten finben fid^ einjetne 5ßerlen. 
tDie erften beiben Strophen be§ an SRatl^ilbe gerid^teten Siebet „Sin bie 
Sngel" (I, @. 425) gehören ju bem ©c^önften, toa^ er gebid^tet; bie 
ieibeu legten ©tro^j^en toürben mir jebem anbern 3)ic^ter glauben — nur 
^einenid^t. SSeitere ßieber anSWat^ilbe unb bie SRoud^e reiben fid^ biefen 
an. Unb bad an feine SWutter gerichtete ÖJebic^t: „Siac^tgebanfen" (I, 
©. 319) ift ein üollfommened ©räeugnife ber Äinbe^liebe, meldte ^eine 
nie üerlaffen. 

©rgreifenb finb bie ©ebic^te, in meieren er bem ©efül^I trofttofer 
SSerlaffen^eit, bem üerjmeifelnben ÖJebanfen, bem lobe unrettbar verfallen 
JU fein, ber innern 3^^^iff^^^^it SlugbrudE oerteil^t. (Jr ift ber 3Belt 
mübe, er fel^nt ben lob ald ©rlöfer au^ entfe^lid^en Dualen ^erbei; 
bann aber ermad^t lieber feine ßiebe j(um ßeben unb fänipft mit bem 
unerbittlichen I^anato^ einen üergeblid^en Äampf. 3)ie ergreifenbfte 
©cene aug biefer „Sasaru^^^^Sragöbie fd^ilbert ung ba^ ©ebic^t: „ÜRir 
lobert unb mögt im ^irn eine @lut^" (II, ©, 98). 

Ueber all' biefe ÖJebic^te ergeben fic^ jeboc^ mic äöalbriefen über jtoerg* 
l^afte^ Unter^ol j eine 3lnja^l 9lomanäen, namentlich au^ bem „SRomancero'', 
fomie einjelne I^eile aug „Sltta Iroll". @eloife leiben üiele 9lomanäen 
am SÄangel eine^ mirfunggüoBen Slbf d^luff e^ ; gemife mirb bei manchen 
bie SBirfung beeinträd^tigt burd^ ben ÖJebraud^ alltäglid^er SSäenbungen, 
burd^ nac^läffigen SSer^bau (meift bierfüfeige ungereimte Xrod^äen) fotoie 
burd^ rebf elige SBreite ; aber e^ bleibt genug übrig, toa* afe golbed^t bc^ 
jeid^net werben barf. $ier t^ut $eine glüdElic^e ©riffe in ©efd^id^te unb 
fieben ; er trifft ben e<)if d^en Ion au^gejeid^net, ftellt mit <)laftif c^er Än^ 
fd^aulid^feit bar unb breitet über ha^ ÖJanje einen tounberüoHen garben=« 
fc^melj. 

5Dag fünftterifcfi vortreffliche ©ebid^t: „SDie ©d^tad^t bei ^afting«*' 
(I, ©. 339) fd^ilbert, toie ©bit^ ben bei ^aftingg gefallenen Äönig 
J^arolb, ber einft fie liebte, tüieberfinbet unb jur legten Siul^e begtcitet. 



111 

J)ie ftarfe ©mpfinbung in ber 99ruft beg raupen Söeibe^ ift ^öd^ft gtüd ^ 
lid^ au^gefprod^eu. S)a§ grojse ©ebic^t: „girbufi" (I, @. 364) jeigt 
am ©d^idfat be§ berühmten perfijd^eu Sänger^ f^mboüfd^, tüie ben 
S)id^tern üon @otte§ ©naben ^ier auf Srben gelohnt tüirb, aber and), 
lüie fie über bie ®unft ber ®roJ3en biejer @rbe ergaben finb; „Spa= 
nifc^e 3ltriben" (I, @. 395) bietet einen Stu^fd^nitt au^ ber @efd^irf)te 
ber ptjrenäijd^en ^atbinfet unb jeigt in padfenben 33ilbern bie 9?emefi^ 
ber SBettgefd^id^te. SSoll öon 99itterfeit unb ungered^t, tüeit e^ ben @iu= 
Setfaü auf'^ mtgemeine bejiefit, ift ia^ ®ebitf|t ,,S)er ^^itant^rop^' (11, 
@. 121), aber bid^terifc^ bebeutenb; ebeufo „Sammert^aP' (II,®. 124), 
ein in bunfefn garben ge^attene^ ©emätbe au^ ber Qdt focialer dloü), 
ha^ feine 93ered^tigung behaupten tüirb, fo tauge bie äJienfd^en lieben 
unb jungem. 9Son benfetben ©ebanfen burd^tpe^t ift ba^ ©ebid^t : „2)a^ 
©Haüenfc^iff" (II, @. 117), tüetd^e^ nod^ fpäten Sa^r^unberten i^unbe 
üon ber tüa^ren „Sd^mad^ be§ neunje^nten 3a^r^unbert§" geben tüirb. 
SSottfommen nad^ Su^att unb gorm ift „2)er 9l^ra" (I, @. 357), beffen 
lüenige, ^errfid^ contponirte Strophen immer tüieber ia§> ®emüt^ er^ 
greifen. Site ha^ befte ©ebid^t aber bürf te „93imini'' (II, @. 125) bejeid^net 
lüerben, tüetc^eg bie nie befriebigte @e^nfud}t nad^ ber gofbenen Sugenb= 
jeit tieffinnig==f^mboüfc^ ^inau^fingt. 

Ueber htn Söert^ anberer QJebid^te n^erben bie SReinungen fe^r au§^ 
einanber ge^en. „SRitter Dtaf^' (I, 273) unb „SRfiampfiuit" (I, @. 329) 
fd^einen mir nid^t ^od^ ju fte^en; „^omare" (I, @. 345) gefällt ben 
„SRobernen'' fo gut, baj3 ©rifebad^ ^) barüber fagt, e§ fei ein brillante^ 
(Sebid^t, „tt^orin $eine bie S^ragi! ber mobernen ^etäre in tüenigen 
unüergänglii^en ®tri(^en jeii^net'' ; „SSifelipu^li'' (I, @. 373), ein epif^e§ 
©ebid^t au§ ber Qdt ber ©roberung Sfiejico'^ burd^ Sortej, finbet thtn^ 
fatö ©rifeba^'^ ^ö^ften 93eifall^); i^ fann mid^ ni^t ^alb fo ^od^ 
fd^mingen. S)agegen tüerben tüo^l 3llle hd^ befannte ©ebid^t üon ben^ 
beiben SRittern äiapülin^ttf unb Söaf^lapp^!^ (H, @. 353) eben fo bo^^- 
l^aft toie !omifd^ finben. 

|)eine'§ ^olemif gegen bie beutfd^en grei^eit^bid^ter ber üierjiger 
Sa^re in bem großen epifd^en QJebid^te „Sltta SEroll" ^at ^eute nur tüenig 
Sutereffe ; ber romantifd^e J^eil beg Siebet aber toirb leben, f o lange im 
beutfd^en SSolfe nod^ Sinn für „moubbeglänste ßaubernäd^te" üor^anben 
ift. |)ier (üon ©efangXII ai) i)at fi^ ber Sid^ter, loie er felbft gefte^t (VII, 
©. 19), nod^ einmal aU^n ^olbfeligen Uebertreibungen, aller 9Jionbfd^ein== 
trunfen^eit, aüem blü^enben SWad^tigaüentüa^nfinn Eingegeben unb (II, 
©. 422) ni^t ia^, aber fein lefeteg „SBalblieb ber 3tomanti!" ge= 



1) 8. 257. — «) @. 255. 



112 

fangen. Den üor;;ügUc^ften Ztjni beg ©ebtc^teg btlbet bie bramatifc^ 
bemegte ©c^ilberung ber milben 3agb (®efang XVIII, XIX). 

Da« 9Bintermärd)en ,,Deutjd)Ianb", fc^tlbert unjtpeifetl^aft nac^ 
SBoItaire'«: „Scarmentabo'« SReifen" mit ber nöt^igen bid^terifd^en 
grei^eit bie ©rfa^rungen §eine'« auf feinem Sinkflug nad^ Hamburg 
1844. Die beutfd)e fiiteratur l^at tpo^l fein SSerf aufjutpeifenr in weld^em 
ein gröfeereg ÜÄafe bon ©e^äffigfeit, ©rob^eit unb fc^neibiger ©atite 
aufgefpeic^ert läge. Seber ®efang bemei^t ba« ®enie be« Did^ter^. aber 
er ift nic^t ber S^ampion einer großen 3bce, fonbern ber Äned^t feincä 
unt}erfö^nlid)en |)affe« gegen ^reufeen, Deutfc^Ianb unb bie fatl^olifd^e 
Äird)e. Der ^ö^ere ©efi^tgpunft, melc^er allein ber Satire SBered^tigung 
gibt, ber Stu^büdE auf beffere ßuftänbe unb eine fc^önere 3^^^!* W* 
l^ier gänglic^. Der Did)ter nimmt feine Äeutc unb fd^Iägt ben tjerl^aftten 
93au in Irümmer — mag bann fommen foQ, ift nid^t feine ©orge. Die 
ni^iliftifc^e ©efinnung feiner legten Seben^ja^re fommt im SBintermärd^en 
concentrirt jum Stu^brudf. 

$eine tüar fic^ ber batertanbgfeinblic^en Denbenj feiner Did^tung 
Ilar bett^ufet; !einer feiner SSere^rer toirb ^inau^fommen über bie ©teile 
in feinem SBriefe an Detmolb bom 14. September 1844*): „^a baÄ 
Dpu« ni(^t bloß rabicat, revolutionär, fonbern aud^ antinationat ift, fo 
ifabt xä) bie ganje treffe natürlich gegen mid^." 

3n Stadien fie^t er jum erften äRate toieber preuftifd^e ©olboten, 
tpelc^e er mit ben SBortcn fd)ilbert: 

,,^00) immer bo§ Idbljcrn pebontijdje S^olf, 
^oi^ immer ein red^ter Iffiinfel 
3n jeber SBetoegung, unb im (Sefid^t 
2)er eingefrorene 2)ün!el. 

Dort erblidft er and) ben preu^ifi^en Stbler mieber, loetd^er il^m bie 
SBorte entlodft: 

^u ()ö61i(i^er SBogel, mirft bu einft 
9Wir in bie §änbe foHen, 
So rupfe id^ bir bie Sebern ou8 
Unb i)a(tt bir ab bie J^raUen. 

3n Äötn meint er fic^ auf jenem 93oben ju befinben, tt)o ber 
„Sancan beg ÜJtittelatter«" üon ÜJtönd)en unb 9ionnen getanjt tourber 
tüo „Dummheit unb So^^eit", „gteid) ^unben auf ber freien ©äffe'' 
buhlten unb be« „©eifteg 93aftille", ber Dom, errid)tet tourbe. Der Äölner 
Dom, prop^ejeit er, tt?erbe ni^t üoKenbet, fonbern aU 5ßferbeftatt t)tt^ 
toenbet mcrben; offenbar fott biefe SBeiffagung eine Slnttoort auf bie 
SBieberaufna^me ber Slrbeiten fein, an toetdie griebrid) SBill^elm IV. am 

') Xtui]ä)c IRunbjdSiou 1885, I, ©. 448. 



113 

4. (September 1842 ben SBunfd^ na^ ber ©inigung ©eutfc^Ianb^ ge^ 
fnüpft l^atte. ®ann i)at er mit bem SSater Wjdn eine längere Unter* 
rebung, in h}etd)er ber Sitte fi(^ bitter über 9?icotau§ Setfer beflagt, ber 
ia^ Sieb gebii^tet: „©ie foßen i^n nii^t l^aben''; er, ber 9i^ein, l^abc 
im ©egent^eit oft mit "Uffvänm jum |)immel um bie Sfiütffe^r ber i^xan^ 
jofen gebeten. Sluf ber ©tra^e begegnet il^m ein ^)^antaftif(^er, mit einem 
93eit ben^affneter ©efette, ber fi(^ i^m at§ ber „S'nei^t feiner (|)eine'g) 
©ebanfen" üorfteßt. ^aä)t^ träumt ber S)i(^ter, er fei mit bem un* 
l^eimüd^en 3Kanne in ben 2)om gegangen unb i)aht bie ^eiligen brei 
Sßnige auf i^ren ©ar!o^)^agen aufreiht fifeenb gefunben. ®r forbert fic 
auf, icn S)om in üerlaffen, toeit fie ber SSergangen^eit angehörten unb 
in ber ßatl^ebrale ber „^^'f^i^f* ftö^Iii^e S^aüatterie" Raufen fotte. ©teii^^^ 
jeitig Jüenbet er fi(^ ju feinem ^Begleiter, ber ben 93IidE feineg |)errn fo* 
fort üerfte^t, unb bie „armen ©felette beg Slber glaubend" o^ne Erbarmen 
nieberf dalägt. 

Sn 3KüI^eim ereifert fid^ |)eine Jüieber über bie ?ßreu§en, biefe 
„fpinbelbürren @5äu(^e'\ bie jefet fo bitfe SBäui^e fii^ angemäftet l^ätten, 
bie blaffen Kanaillen, bie au^gefel^en tt^ie Siebe, ©tauben unb ^offen 
unb \\(i) nur rot^e 9?afen angefoffen bätten. Sn ^agen freut er fid^ 
ber beutfctjen änä)t unb ftimmt einen augenfd^eintid^ ernft gemeinten 
§^muug auf bie SBeftfaten an; im SEeutoburger SBatbe gibt er eine er== 
gö^tid^e S8etract)tung jum Seften, tva^ au§ 2)eutfd^tanb gett^orben, Jüenn 
5?aru§ ben S^eru^ferfürften befiegt l^ätte. Siner ©i^aar üon SBötfen 
t)erfid)ert er, bajs er il^nen no(^ immer ein treuer Sfiitiüotf fei unb nii^t 
baran benfe, ^o\xaÜj in ber Sämmer^ürbe ju tt^erben. 

3)en 8d^ofpel3, ben xÖ) umöel^ängt 
3utt)cilcn, um mid^ 3U märmcn, 
©loubt mir'§, er Brod^tc midSi nie bal^ln, 
Sür ba§ mM ber e^afe 3U fd^wärmen. * 

S3ci ^ßaberborn fielet er ha^ Öifbni^ be§ ©etreujigten, an toeti^en 
er eine ^b^ni|d^e Stnrebe ^ätt, bie eine ©atire gegen beutfd)e ^iiftänbe 
barfteltcu foll. Stuf ber SBeiterfa^rt fättt i^m ein, toa^ feine Slmme|i^m 
eiuft t)on Äaifer 9iotI}bart im il^ff^äujer erjä^ttc, unb er fnüpft baran 
eine prädEjtige ^tjantafie; aber ^iuter^er !ommt eine bittere ©atire auf 
bie Slrmfetigfeit be§ beutfdfien 9leid^eg unb feine SSertreter. 9lot^bart ift 
ein geniüttjlid^er Slntiquar, ber mit ber SBteber^erfteßung beg beutfd^en 
9leid)e!ö burd^au^ feine Site tjat. @r erfunbigt fid^ nad^ ben SBettbe- 
gebenljeiten n^ä^renb ber testen Satjrl^unberte unb erfährt ju feinem ©nt- 
fe^en, baj3 man e§ getoagt ifaht, einen S^önig unb eine iltönigin ju 
guillotinircn. 9lüt^batt gerät^ in großen ^^^i^^f ^^^ fi<^ ^^ heftigen 
Stuöbrüden aud^ gegen |)eine Suft mad^t. S)a ptafeen aud^ §eine „bie 

(S^örteg'O^cfettfd^afi lU. SSereinSfa^rift für 1891. 8 



114 

atterge{)eimftcn ®ebanfen" ^eraug, uub er beji^impft ba^ Äaifcrtl^um unb 
bie fcI)tüarjrot^golbene ga^iic. 

3U ü}iinbeu wixi csf |)eine cttuaö ängftttc^ ju ÜJtut^c, tpcil er fic^ 
innerhalb ber SWaueru einer preu^ijd^eu ^eftung befinbet; er träumt 
9iad)t^ jogar, bafe ber preupifd^e Slbter jeiueu ißeib umflammert ^alte 
unb i^m bie iJeber tüegfrefje — eine befi^eibeue Slnbeutuug beg itpeiten 
^romet^eu^. 

Ueber ^annoüer, ba^ |)ciue ©etegenl^eit ju ©pötteleien über bejfen 
^eafc^er gibt, gelangt er nacfi .^amburg. ®r unterrid^tet un^, unter ber 
ttjieber^olten Betreuerung, ia^ beim jufäßigen Slnbtirf beg preu^ijc^en 
Slbter^ fid^ itjm r,baiS (Sffen im äRageu" ^erumbre^e, junä(^ft über |)am* 
burger SSer^ältniffe uub ^erjoueu, bie 9iiemanben intereffiren atg ^eine 
uub bie «Hamburger, unb füljrt mx^ bann eine ^ß^antafie üor, bereu 
tt?egen allein baö 3Bintermärd)en gefd)rieben ift. 3tt einer berüd^tigten 
Strafe ^amburg'^ begegnet er ber (Göttin |)ammoma, bie er anfangt 
für eine feiner gutmütt)igeu ^reunbinnen I)ätt. Sie fü^rt i^n in i^re 
ilammer, mo er fein ^^Jortrait, mit frifcfien iJürbecren umfränjt, an ber 
aSanb erbürft — an biefem Drt unb in biefer ©efettfd^aft eine unfrei* 
tüitlige Satirc ^eine'^ auf feine SUJufe. Sie fragt i^n, tt?e§t)atb er na^ 
S)eutjd)(anb gctommcn, xini er entgegnet, ba| e^ bie Siebe jum — 
SJaterlanbe gemefen fei ! ÜDie ©öttin gibt nun i^re Slnfii^ten über 3)eutfd^* 
lanbg 3^iftänbe ?ium Öeften unb erbietet fid), i^m bie ßufunft feinet 
SBaterlaube« ju offenbaren. Sie jeigt i^m ben SWadjtftut;! Äarl'g beä 
Ö5rüpeu unb bittet i^n, ben iDedet auf jutjeben, ba tt?erbe er bie ßi^^^^^ 
erbUdfen. 

T^ie 35ercr)rer .^cine'io töuncu nidjt genug ben Striftüp^auifdjen SSi^ 
ic^ aBintermärd)ens^ rütjmcn. Db jener „uugejogene Liebling ber &xa* 
jien'' im lü. Sabrl^unbert gebid)ftt ^abcn tüürbe, mie er t^ im 5. öor 
(i^fjriftu^ getfjan, Darf man bejtueifeln. 

SJüu ben profaif d)en ®d)riftcn ber legten Seben^iatjre : J)ie 2^anjpoe* 
mata „Öüttin 2)iaua" unb „J^auft", fotüie bie (Erläuterungen ju letzterem: 
„2)ie (Götter im (SfiC' (eine 2lbl)anblung über bie Ummanblung ber alten 
l^eibnifi^cn (Götter in moberne 2)ämoncn), „Öeftäubniffe" unb „aKemoiren" 
l^aben nur bie beibcn testen !öebeutuug. 3n ben „(Seftänbniffen" (Sb. VI) 
gibt er StuStunft über bie Slenberung feiner reügiöjen Söettanfd)auung. 
(£r betont entfd)iebeu feine 9lüdtc{)r jum (yottegglauben uub bettjeuert 
I)ier, toie fdjon brci 3a(}re juüor im Sortoort jum „9tomancero", ba§ 
er aKcö nid)t gefd)rieben Ijaben möd)te, \va^ er gegen bag 2)afein ®otteg 
je üer5ffentlidt)t ; inbeffen finb feine 3Jerfid)crungen mand)mal fo ironifc^ 
gefärbt, bafj toir an i()rcr 3lufrid)tigfcit jtoeifeln. SSom Stt^eigmug toiö J 
er uid^tö meljr toiffen (VI, ®. 41), ioeil er fdjon bei „©d^mierla:ppeu } 



115 

von @d^ufter= unb ©d^neibergefellen'' ^eimifd^ getüorben, unb toeit er 
ein Sünbnip gefrfjfoffen mit bem Sommuni^mu^ (VI, @. 42). 3)iefer 
aber bebeute ben Zvh bet Siüitifation, ein @eban!e, ben er aud) an 
anbern Steßen au§fü^rt (VII, @. 143, 144, 418, 419). 

S)a§ finb feine ernft^aften ßJrünbe, feine Ueberjeugung ju änbern. 
^ier jeigt fid^ in |)eine nid^t allein ber ?ßoet, fonbern aud^ ber ©enu^menfc^, 
n?el(^er ben commnniftifd^en ßufunft^ftaat trofe ber ®ett?ä^rteiftnng großer 
„fittfii^er" grei^eit nid^t lieben tann, tüeil er i^n in anberer SBeife befc^ränfen 
iDürbe. Sr ift ju r,fein", nm \iä) no(^ mit bem einft fo geliebten, je^t 
tief ge^a^ten (VI, ®. 43) SSotte gemein ju mai^en, beffen gett^altige, bie 
9teDotntion mad^enben gänfte er iebod^ ju f(f)äfeen tt?ei§. 

§eine'g SKemoiren (VII) erfc^ienen erft nad^ feinem Jobe unb jmar 
nur in einem 93ruc^ftücf, tüelc^e^ feine Sugenbja^re hti/anidt Sie bieten 
anjie^enbe Sc^itberungen, aber nur n?enig 3Rateria( für fein Seben unb 
feine S^aratteriftif. 

®e^r intereffant ift fein SSer^atfen gegenüber 9?a:poteon III. Slm 
21. Slpril 1851, atfo üor bem ©taat^ftreic^, fd^reibt er an ^olb, er fei 
mit Seib unb ©eete für itn ^räfibenten, tüeil berfelbe ein 9ieffe be^ 
Äaiferö unb ein tüacferer 9Jienfc^ fei unb burd^ bie Stutorität feinet 
9iamen§ gröjserm Unl^eit entgegenn^irfe. 9iac^ bem 2. 2)ecember 1851 
änbert fic^ feine SReinung. @r äußert Äolb (13. gebruar 1852) feine 
gteube, i)a^ SRapoleon bie S)umm!ö|)fe ber Kammer übertölpelt l^abe, 
gteid^jeitig aber auc^ feinen ©d^merj, ia'^ nun bie fc^önen 3beate üon 
grei^eit unb ©leidlj^eit jertrümmert am 83oben lägen. 2)a fommt mit 
bem 2. S)ecember 1852 bie SBa^l 9iapoteün'ö jum Äaifer unb mit 
biefem SEage fingt er ein anbereg Sieb. (Sr nennt (VI, @. 543) ben 
20. SDecember ^) 1852 bie üollftänbige ©enugt^uung für baö bei SBaterloo 
gefränfte SRatiouatgefü^l ber grauäofen unb freut fid^ in tieffter ©eete 
biefeg Sriump^^, tüie er einft bie SJieberlage fo fdjmerjtid^ mit empfun^ 
hm (VI, @. 538). S)a§ Jüar felbft $eine'§ SSerleger ju üiet, unb er 
fc^rieb i^m (17. Slpril 1854 ^j: „Sie fc^einen ju üergeffen, ia'^ ®ie 
beutfc^er Sc^riftfteller finb. SJJit gebauter gauft fdjtagen Sie ber 
ganjeu beutfd^eu Set^ölferung iu'§ ©efic^t." ^eine n?ar in g^tg^ biefe^ 
S3riefe§ fing genug, ben ,,2Baterloo" übcrfd^riebeuen S^eil au§ ben „i^c^ 
ftänbniffen'' jurüd jn Ijalten. 

@ett)ip tfjat er e§ mit fdjmerem ^erjen, imn er ^atte eine beftimmte 
?lbfid^t: er n^oUte 9?apoleon III. fid^ günftig ftimmen, n?ie er e^ fd^on 
bei anbern gürften Derfudjt ^atte. Samißa Selben, feine SSere^rerin, 
ergebt biefe SSermut^ung jur ©etüi^^eit, inbem fie, anfnüpfeub an bie 



*) 2Ö0 einaelne 5!Ääd^tc ^apoUon III. bereite ancrfannt l^atten. — ^) 8trobtmann II, 434, 



116 

bcftänbige ®eIbnot^ ber Seeleute |)elnc, fagt^: „SJcrbürgcn fann ic^ 
inbeffen bie I^atfad^e, bafi .^einc, bcr bon bem SBa^n bcjeffcn toax, \xäf 
für einen bebeutenben ^oütiler gn Ijalten, gerabc ju bcr 3^^* SSerfud^e 
flemadjt Ijat, mit ber {Regierung beg jmcitcn Äaiferreid^g ^ü^tung ju 
gewinnen, al^ fein Xob bicfem eben fo erniebrigenben atg unbebad^t* 
famen unb linbifd^en (!) Unterfangen ein jäl^eg (Snbe bereitete." S33ir 
^aben feinen @runb, bieje Slugfagen einer intimen greunbin |)eine'ö, 
bie in ben legten fieben^ja^ren faft tägtid^ um i^n toax, ju bejmeifeln. 

I)ie legten brei fiebenöja^re bradjten .^eine neben feinem förper== 
liefen üeiben anä) üiel jeeüfd^e^ Ungemad^. 2)ie ßa^t feiner ßJegner in 
I)eutfd^tanb ftieg, unb bie ß^^^ngen rid^tcten mand^en fd^arfen Singriff 
gegen ben einft fo gefeierten 9Rann. 2)ie Stug^burger Stltgemeinc 3^itung 
brad^te 1854*) einen langem ©d^mä^artüel, ber üernidjtenb tpirfcn mufete. 
@r tarn ^ix .^eine'g ftenntni^ unb regte i^n furd[)tbar auf. @r tpurbe 
immer einfamer. Die granjofen |df|ieneu i^n üergeffen ;(u l^aben*), unb 
Deutfdje famen nur feiten an fein Äranfenlager. üe^tere fd^ieben 'oon 
xi)m mit im C^efü^Ien tiefften SKitteibs^ unb tjo^er 93en?unberung ob 
feinet fieibens^ unb feiner ungefd}tuäd)ten Öeiftes^ traft. ÜJte^r al^ einer 
aber äußerte*), ia^ man il}m gegenüber ju einem reinen unb freien 
(Smpfinben nic^t gelange, baft er abtoec^fetnb anjie^e unb abftofee. ©ein 
Jreunb .^cinrid) iJaube, ber iljn 1855 nod^ \ai), brüdft fid^ nod^ fd^ärfer 
anü^^*): „SBife unb J^riDoütät tuarcu il}m treu geblieben, unb biefe öon 
unten auf abfterbenbe Kreatur, tuefd^e unter ber Settbedfe nur nodj 
einige Spannen sufammcngesogenen 3J{enfd)en(eibsf befa§, forberte mit 
ungefd^mäc^tem (VJeift icn Sdjöpfer alles^ 9Jienfd)üd)en ^eraug. ®ie ganje 
SBaljr^eit ju gefteljen, biefer fe^te (SinbrudE tuar, abgefeljen t?on natür* 
(id)em SJfitfeiben, fe()r peinüc^." 

9fur einige tueiblidje i^ßerefjrcrinnen, unter benen bie 9Koud}e (Ea* 
mitla Setben) an crfter Stelle ju nennen ift, blieben ifjm treu. 

Ü?on äüinter 1854/55 an toar .^eine'^ üeibeu ein (angjameö, aber 
l)elben(}aft ertragene^ Sterben. iHm 17. gebruar 1856 enbtid) l^audjte 
er feine Seele auö. 



>:ä 



') Srfjorcr 1885, 8. 408. — ^j 8. 4313. — ^) «Dlcifener, &tW6)U mcincS 
JÜcbcnö I, 21(). — ') 3. ». ffaniU) i'cwalb, Seftcrmaim 53b. 61 8. 129. — '^) ©ortcnl. 1068, 
g. 27. 



117 



Viprhn ]3[&fd|nifi. 
^lUgemeiner lleberblicf. 

SBatter ©cott fagt über Sod^art'g 93iograp]^ic beg großen fd^ot^' 
tifd^en S)id^ter§ SRobert 93urng: „(&x ift mit SSerftanb über beg 2)i(^terg 
Safter unb Jljorbeiten hinweggegangen ; benn nad^bem fein Äör^)er ftarr 
xinb nnbemegfic^ nnb gereinigt üor nn^ liegt, foßte ber S^arafter eine^ 
fü nnnac^a^mtic^en ®enin^ n^ie 93nrn^ mit 9?ac^fid^t be^anbelt werben. 
S)ie ^enntni^ feiner Safter nnb ©c^wäd^en ift nnr ein ©egenftanb beS 
^nmmerg für ben SBo^Igefinnten nnb ein 2^rinmp^ für ben Söfewid^t." 

2)er @a^ i)at eine getüiffe 93ered^tignng, aber er verliert fie fofort, 
lüenn ein bie litterarifc^e nnb pofitifd^e (Srörternng befc^äftigenber ©d^rift* 
fteller anf ein ^iebeftal erhoben wirb, wetc^e^ i^m nid^t jnfommt. @o 
lange man §eine af^ ben SSortäntpfer freiheitlicher 3been, ai^ ben 
SWorgenftern einer fdjönern ß^^i^^ftf cd^ einen eckten ^Patrioten |)reigt, 
wirb immer Wieber bie Dppofition an^ ben „©c^wäc^en" beg 3)id^terg 
nad^jnweifcn l^aben, ia^ feine Süfte anf jenem ^iebeftal feinen 5ßta^ 
finbcn barf. 

SSortämpfer frei^eittid^er Sbeen üerbient nnr genannt jn werben, 
"Wer für bie Slttgemein^eit fämpft nnb perfßnlid^e ^ntereffen anfgibt. 
S)nrd) §eine'g gefamnite ütterarifd^e SE^ätigfeit aber lä^t ftd^ ber bfanfe 
(Sgoisimng genan üerfofgen. 3n feinem mehrere ftar!e 93änbe nmfaffen^ 
ben Sriefwed^fcf fpiefen, üon einjelnen 9lnbentnngen abgefe^en, bie 
,,3Beftintereffen" feine SRotte. S)ie Seiben ber äJienfd^^eit taffen i^n 
falt, feine eigenen erl^ifeen i^n big jnm giebergrab. „Sn meiner SBiege 
lag f(^on meine 9Karfd^ronte für ia^ ganje Seben/' fd^reibt er (16. 3nU 
183H) an SSarn^agen. ©ic^ geftenb jn mad^en, fid^ ju erl^eben tro^ 
ber (Sentnerfaft, wefd^e an feinen %ü%tn i)inQ, fid^ in einer angefe^enen 
©teßnng in eben jener ÖJefellfd^aft aufjnfd^wingen, totiäjt ben Snben 
augäufd)(iej3en fnc^te, ha^ war ia^ eigentlid^e ßi^f f^i^^^ Slgitation für 
bie frei^eitUdjen Qbeen. @r felbft gefte^t mel^rfad^ ein, i)a'i^ er ber 
iRenommage wegen fdjreibe. 

S)erfe(be SUiann, ber lange 3^^* aU SSorfämpfer ber bürgerlid^en 
Siedete gegen bie beüorredjteten klaffen galt, ^at fid^ oft genng bereit 
gejeigt, ia^ ©d^Wert in bie ©djeibe jn ftedEen, ha^ sacrifizio dell' intelletto 
p bringen, nm materieller SSort^eile Witten. Der SBed^fet Wnrbe i^m 
nm fo leidster, aU er jn einem feften ©^ftem potitifd^er SKeinnngen nid^t 
gebieten ift. ®r jeigt fic^ fd^wanfenb nnb wiberfprnc^güott, o^nc ben 



118 

©prung an'§ anbcrc Ufer ju mottoiren. ®r läuft babon, fo batb tnati 
il^n auf ein potttifc^eg ®ogma üerpflid^ten tüitt. ®o balb man ßonfe«^ 
quenj üon t^m verlangt, fud^t er fid^ einen anbem SBeg unb Befäntpft 
feine einfügen Sunbeggenoffen. (£r tt^id feinen g^action^jtpang, er tüiff 
aU SBitber um^erfd^tt^ärmen, o^ne ju bebenfen, bafe ber SBilbe mad^tto^ 
ift tro^ feiner vergifteten 5ßfeile. 

Sn feiner Sugenb unb im beginnenben SWannegalter ift ^eine ein 
begeifterter SSerfedjter ber ^rincipien üon 1789. «amälig öerbid^tet fid^ 
fein ©efc^impf gegen bie beüorred^teten ©tänbe jur gorberung einer 
SBerfaffung unb ju ber ©rftärung, ha^ ber einjigc üueH ber Souüe:^ 
rainetät im SSotfe liege. SDag Äönigt^um Jüitt er gead^tet toiffen, fo 
lange e§ bem SSoIfsmißen fid^ fügt. S)amit t^^ybinbet fid^ ein toütl^en* 
ber |)aj3 gegen ?ßreuBcn, n^eil biefe^ ben ?lbfotuK^ug am ftrengften 
üon aßen SJionarc^ieen feft^ält. Slber er ift bereit, 3*, „trangagiren'', 
er bietet bem S^önig üon 99aiern feine SDienfte an, unb Sc erbittet fid^ 
t)on bem elenbeften ber üon il^m mip^anbelten ©ebejbef^J^cn einen 
Drtjen au§. Sein |)a§ gegen bie ?lriftofratie ifäit it)n auAnid^t ab, 
in feinen 99riefen mit feinen abeligen 93e!anntfd}aften unb bh^nn^t^ 
ben^eifen arifto!ratifd}er S)amen ju prallten. 

50lit |)eine'§ Ueberfiebetung nad) ^ari§ beginnt ber ätpeiteOT^ 
fc^nitt feiner potitifd^en @ntn?irfetung. Sein ^a^ gegen ^reufeen to^ 
f)oä} empor — bann finft bie gtamme, unb au§ ber Slfd^e crl^ebt ft 
|)eine aU ber SSerfei^ter ber preu^ifd^en ^otitif, aU ©egner beg $ßarL ' 
mentari^mug, ber beutfd^en ßonftitutionellen unb Sfiabicaten unb ak 
üerfd^ämter Sobrebner be^ 9lbfotuti§mu§. ©teic^jeitig fd^Iägt er in 
feinen litterarifd^en ©rjeugniffen einen mifberu 2^on an unb öermeibet 
aßeg, tva^ Soui^ ^fji'ipp unb ^reu^en reijen* !5nnte. 

SJJögfid^, baj3 öeine'^ 9lnftd)ten über ia^ SRepräfentatibftiftem fid^ 
einigermaßen änberten, aU er in ^ari§ bie tt^ibertoärtigen SBa^Ifämpfe 
unb bie D^nmad^t be§ bortigen conftitutioneßen S^önigt^um« beobad^ten 
fonnte — |)aupturfad^e feiner SBanbfung n?aren bie franjöfifd^e 5ßenfion 
unb bie Hoffnung auf bie @unft ber preußifd^en ^Regierung. 

Slber er l^at feinen pofitiüen (Srfotg: 5ßreu§en meiöt feine JBerfud^c 
jur Slnnä^erung jurüd, granfreid^ ftedt feiner ?ßre§tptigfett engere 
(Srenjen unb mit 1848 ^ört auc^ feine 5ßenfion auf. Damit beginnt 
ber britte Slbfd^nitt. §eine tt^irb Jüieber ber ingrimmige fjctnb 5ßreußen§, 
er ge^t über bie rabicalen Slnfid^ten feiner Sugenb nod^ l^inauS, er be== 
fi^t fein politifc^eg Sbeal mel^r, er fpottet über SBeftrebungen, tüel^e er 
im ©runbe fetbft tl^eilt, unb er fie^t mit offenbarer greube bie SSor^ 
bereitung beö aßgemeinen Umfturjeö. 



119 

S)iefe (Srftärung feiner |)otitijc^en SSanblungen aug ^eine'g un^* 
gejügettem ©gotetnuS ift iebenfatt^ aunel^tnbarer, aU ber 9fied^tfertigung§^ 
üerfuc^ üon ®eorg 93ranbe§, toeld^er in ben SBorten gipfelt^): „3n 
^eine'§ ©eele Jüar nid^t ein conferüatiüer 93Intgtro|)fen. ©ein 93Int 
toax reüointionair. Slber eben fo menig toai in feiner ©eele ein bemo^^ 
ftratifd^er S8Int§tro^)fen. ©ein 93Int toax oriftoftratifd^, er tüüHte ia^ 
(Senie afe gü^rer nnb ^errfc^er aner!annt fe^en. (£r flatfd^t 99eifaII, 
tt^enn er in feinem l^iftorifc^en 5iü(fJüärt§frf|anen ober ^^^i^^^f*^*^^^^ 
einen erbärmtid^en S^önig ober Saifer gnillotinirt werben fielet. 9lber er 
toill Säfar geben, toa^ ©äfar'^ ift." 35amit ift |)eine'§ SWapoteon^SnUng 
erftärt, fonft aber nidjtg. 

SBeit einfad}er liegt bie (SntJüideInng feinet retigiöfen S)enfen^. ®r 
ift ein geinb aßer Sird^Iid^feit nnb beg ,,^faffent^nmg" geblieben bi§ 
an fein Snbe ; bie f atl^olif d^e Sirene f)at er in i^ren e^rn^ürbigften ©in* 
rid^tnngen anf bie genteinfte SBeife üer^ö^nt, nnb feine Set^enernngen, 
baJ3 er in ben testen Seben^ja^ren noc^ gotte^glänbig geiüorben, muffen 
njir mit einem ftar!en gragejeid^en üerfef)en. S)er |)anptgrnnb biefe^ 
§affe§ ift ni(^t in feiner jübifd^cn 3lbfnnft allein jn fnd^en, fonbern in 
bem Umftanbe, baj3 er bie fatl^otifc^e ßird^e aU SSertreterin eine§ ftnnen== 
feinblid^en @piritiiaü^mn§ betrad^tet. grennb beg ?ßroteftantigmn§ ift 
er gteid^faß^ nid^t, aber an biefem lobt er gerabejn, baj3 er bie „3tn* 
fpriid^e ber SRaterie legitimirf' i)aht. ©ein $aj3 gegen bie fatl^oüfd^e 
Sirdje, bie 9Serferf|terin ber |)eiügfeit nnb Unlö§barfeit ber ©l^e nnb 
bie Sobrebnerin ber 3nngfräntid^feit ift ber .§a§ be§ ©ennBmenfd^en, 
ber ia^ ftar!e SoHtoerf gegen bie ©ünbe äertrümmern möd^te. 

§eine l^at ben bon ben Sfiomantifern in bie bentfc^e Sitteratnr ein^* 
geführten Snbiüibnäli^mn^ anf bie ©pifee getrieben, fo baj3 man mit 
Sntian ©d^mibt fagen fann: fein S)ic^ter i)ait je mit einer fo an^^ 
banernben ßi^^ri^S^id^feit bie SBelt mit feiner eigenen ^erfon befd^äf* 
tigt. SBenn er frfireibt nnb bid^tet, fo i)ai er nnr S)inge im 3Inge, 
n?e(d^e i^n angeben uni if)n intereffiren. 9?nr tt^enige ©d^riftfteüer l^aben 
für fo üiele Fragmente bie 3lnfmertfam!eit ber SBeft beanfprnd^t. ©r 
praljlt mit feinen fieiben nnb eröffnet mit einer gen^iffen ßoqnetterie 
fein fc^merjjerriffeneg ^erj. @r bet^enert, bie großen ©d^merjen ber 
9)Zenfd}^eit tragen jn muffen nnb !ommt in feinen peffimiftifc^en S3e= 
trad^tnngen oft genug ju bem ®rgebni§, ia'^ 9iic^tfein bem ©ein üor^ 
äuäie^en märe. Sr fie^t überaß im fieben, toa§ 3bfen nnb feine ©c^üIer 
^cute bie „grofee üüge" ber ßJefettfi^aft nennen tt?ürben: 



') VI, S. 133. 



120 

Xen IBau ber 9Beli, unb l^ah' au biel gefci^aut, 

Unb öicl SU tief, unb ^m ift ofle Sreubc, 

Unb cro'ßc Ouolcn joßcn in mein ^erj. 

3(i^ jd^aue burd^ bic fteinem ^axitn IRinben 

1)tx SWenjd^en^äuJer unb ber ^Jlcnjdjenl^erjen, 

Unb jd^au' in beiben !(!u0 unb Xrug unb @lenb . . . 

Unb 3fra^cnbilbcr nur unb fiedle <B^atUn 

Set)' id^ auf biejcr örbe, unb idji rocife nid^t, 

3ft fie ein XoU^auS ober Jlranfenl^auS. 

ßcine's^ 3kicfe cjcben reid}c 3Uuftrationen ju blejen SBorten. Sic 
eutl^ülleu ein f}eftifled, jefbftquä(cri|d^e^ Temperament, tt?eld^eg geneigt 
ift, alle Ü)icnjrf)en für ^einbc ju fjalten. ®r nennt ia^ Sebcn eine 
ftranfl)eit, bie ganje SBelt ein ija^iaretl) ^) . 6r fütjlt ben filmen ©d^merj 
ber (£;ciftcns, fW)ft alle J^reubcn nnb Dnalen ber SSelt, er leibet für 
iaü^ .Öcil besJ ganzen 9Jien)d)engc)d)(ed)t^ ^j , unb finbet bag Scben fo 
fataf ernft, bafj eö nidjt ju ertragen toäre o^ne bie SScrbinbung beg 
$atl}etifd)en mit bem Äomifd)cn ^). 

35ie meiften feiner lieber fingt er mit bunfeler SSocalifirung ; er 
fpinnt, um mit 9lrnim ^n reben, Saiten an^ feinen (Singetpeiben, um 
ein üieb baranf jiu fpieten; er fnd^t bie Suft ber @egentt?art oft mit 
bem .^inbürf auf bie büfterc ^utunft ju Dernic^ten; er fd^ttjetgt in 
2iübeö= unb (^rabeö^^cbanten. 

5)ie 3}erel)rer .^einc's^ nennen ia§f SBeltfd^merj unb finben in feinen 
iJiebern unb Sdjriftcn „bic |d)tt>ermütl)igcn SJiüK^Slccorbe beg ^cffimig* 
muö". Vds^ üb baö SBcltfdjmerj tüäre, njcnn man bie eigenen Seiben 
fü()U, aber bie Sdjmerjen ber 9Jienfd)I)eit ju burc^foften vorgibt! 3)er 
„ÜDienfd^fjeit ganzer Siammer" Ijat .^eine nur in fo 'Jüeit angefaßt, aU 
and) er unter i()m litt, ober üie(mel)r, feinen eigenen Sommer bid^tete 
er ber 9)ienfd)t)eit an. SBeil fein .^erj eine Slrantenftubc mar, foüte 
bie SBelt ein Sa^^aretl) fein. Sein SBeltfc^merj tüurjelte in ber 93e* 
trad)tung nid}t bcö iHltgemeinen, fonbern feiner eigenen Sage. S)er ed^tc 
SBcItfdjmcrj aber, iuenn e^ überbauet einen gibt, üergi^t fid) felbft über 
bem Öanjen unb finbet im .^inblid auf ba^ 3enfeitfiJ bie Äraft, ba^ 
©(eidjgetüidjt tüicber t)erjnftel(en. 

5(ber bai?on tuoUte .^eine eben fo tuenig ctma^ tt^iffen, n^ie fein 
genialerer Wenofje !öt)rün unb ber tüiffen)d)aftlid)e 33egrünber be^ SBett^ 
fc^merje^^, 9(rt()ur 3d)opent)auer. t^ö fiel Se^term ui^t ein, ia^ Seben 
aU hci^ jn nefjmen, al^ \va^ er eg befinirte: af^ gro^e SK^ftification *), 
al^ Drt ber Strafe nnb 33nfee-'), at^ eine Slufgabe jum Slrbeiten^), 



') III, e. 393, 394. — *} III, 6. 225. — ») III, 6. 166. 
•*) II, 057. — *) II, 666. — «) II, 652. 



121 

foubern er benagte e§ afe ba§, toa^ e^ naif feiner ^nfid^t nid^t fein 
foHte, aU ein ©efd^en! jum ©enie^en. ®benfo mad^ten eg |)eine unb 
93t)ron. |)eine ,,bü^te bie ©ünben be^ 9Wenfd^engefd^Ied^t§", aber er 
genü^ fie anäj^) bi§ jur ®ntnerünng. 

Slber Sd^merjen litt er, ia^ ift feine grage, üor attem mand^fad^en 
Siebet jd^merj. ^e^n meint in feinen ,,®eban!en über ©oet^e" ^), ^elnc 
i^abe !ein ©emütl^, tüoi)l aber ha^ Xalmt ber 9?ad^a^mnng in l^o^em 
65rabe befeffcn. ,,2öie mand^er feiner ®tamme§brüber mit ber ßnnge fo 
fnnftrcid^ fc^naljen fann, ia^ man n^irfüd^ eine SKac^tigaU jn üernel^men 
glanbt, toie ein anberer Slrt nnb Stil »berühmter 3Knfter« genan treffenb 
lüiebergibt, Jüie in langen 3a^ren ber »S^Iabberabatfc^« in aßen Itjrifd^en 
formen alter 2)id^ter nnb Did^terfd^nlen fid^ erging, fo tonnte and^ §eine 
bie einfältige 2^rene beg SSoIf^tiebeg, bie ^^antafieen @. 3:^. 21. ^off^ 
mann^§ nnb ijer SRomantif, ßJüet^e'^ ^erjen^tante nnb metobiöfen ®e* 
fang mit fo üirtnofer ^nnft nad^jnpfeifen, baJ3 man fidft tänfc^en liefe 
nnb bie Similifteine für ed^te ^iett.'' 

S)iefeg Urt^eil ge^t üon ber 3lnfid^t an§, ha^ ha^ (Sefü^I eine 
d^rifttid^^germanifd^e ®tamme§eigenfd^aft fei. ?lber e^ ift falfd^. §cine 
l^at in feiner Sngenb tt^irflid^ geliebt nni) jebe^ Sfiat nnglüdEtid^; feine 
S3riefe au§> jener Q^ii tragen ben Stempel ber Söa^r^eit. Sr l^at feine 
SRntter, feine ©efd^tt^ifter nnb üor altem Sfiat^itbe anfrid^tig geliebt. 
Unb baljon abgefel^en, fodte benn ein SRenfd^ fo gottüerfaffen fein, bal^ 
nid^t anc^ beffere ©efü^te in feiner 93rnft i^ren ©insng Rieften? 

$eine fonnte teibenfd^aftlic^, aber nid^t tief entpfinben; in feinen 
S3riefen geigt fid^ neben l^offnnng^frenbigem Stnfjand^jen bie ärgfte SSer- 
jn^eiflnng mxh neben biefer ber fefbftoernid^tenbe ©pott. Sein fc^arfer 
SSerftanb brad^ immer Jüieber bnrd^ nnb geißelte bie 2!^or^eit, fid^ einem 
Öefü^te fo lange ^injngeben. ©eine Qngenb^^ieignngen l^aben i^n nid^t 
geläntert. ©eine glü^enbe ©innlid^teit , bie frül^reife ctjnifd^e SSett^ 
erfa^ren^eit, bie er nnter ben fittenfofen SJJillionairen §ambnrg'§ an^ 
gefammelt ^atte^), jogen i^n in i)tn ^fn()t ber ©emein^eit. 3n ben 
Slrmen üeberlid^er S)irnen üergafe er bie üielbefnngene ©eüebte, unO mit 
berfelben |)anb, meldte bnftige Sieber nieberfd^rieb, äeid}nete er bie SSer== 
l^errlic^nng be§ gfeifd^e^. Unb aU ia^ 93ilb ber ©eüebten i^m immer 
metjr entfc^toanb, famen i^m bie SlngenblidEe beffern ©efü^fö immer 
fettener, big fein @eift nmgeben n?ar üon im bid^ten 9iebelfc^leiern 
ber Segierbe. S)er S)id^ter beg Siebet: „2)n bift mie eine 58Inme" 
fprid^t je^t baffelbe @ebet nnr nod^ über bem ©Gleitet ber ^^rtjne. 

|)ier ift ber ^nn!t, Jüo §eine'g Sinfliife anf bie bentfd^e Sic^tnng 
gerabejn üerberblid^ mirb. (£r ^at, bie franjöfifc^en ©d^riftfteller be^ 

') III, 225. — '') 159. — V XrciiWfc III, 711. 



122 

borigeu 3al)rf)nnbertg unb üou ben englifd^en gielblng jum ÜJtufter 
ne^menb, bie 2)irncn in bic beutfc^e 2)ic^tung etngcfil^rtr mit tpctd^en 
®oet^e bereits^ ben Slnfang gemaci^t l^atte. Slbcr toeld^ ein 3lbftanb 
ätüifd^cu @octf)c'^ ^^J^Uiue jotüic ber |)elbin ber „9iömifci^en ©tcgieen'' 
unb ifjrcn Sd^tt^eftcrn in .^eine'g 2)irf|tnngen! I)er gro^e S)ici^ter ifat 
e§ üerftanben, fic einigermaßen aii^ bem ®d}mu^ ju ergeben unb ber 
äft^ctijd)en Söcurtbcilung jugänglirf) ?^u madften ; |)eine'^ 2)amen in „2)ie 
Säber t>üu öucca'\ „Xk Stabt Succa", „Die SJiemoiren beg §errn bon 
Sd^nabeletoopi^fi)", „9ieue ©ebicl)tc" \i)\v. Ijaftet ber ©c^mug ber ©traße 
an, üon tücldier fic aufgelcfen finb. (^oet^e gibt lüfterne ®d^itberungen, 
^eine jc^mn^ige. 35a fann allerbing^j bic S^^age offen bleiben, toelc^e 
\)on beiben ?(rtcn bie üermerfüdifte ift. 9lber |)eine'ö jünger folgen 
nic^t bem 9((tcn üon SScimar, fonbcrn bem Iv^ungen in ^ari§, ber über 
ia^ geingefüf}( ber Samen fpottctc, für loeld^c fd^liefiüci^ nur nod^ 
©unnd^cn fdjreibcu bürften, fo baf^ am Snbe beren ©eifte^biener im 
Dccibent eben fo (}arm(oö toürben, toie if)re Seibbiener im Orient (III, 
®. 97). Sie bemü()en fic^, ans .öcine'g SBerfcn bie ^Paragraphen einer 
neuen 9(cft^ctif ju formnUren, bereu ®efotgung fie titterarifd^ nod) früljer 
ruinircn n^irb, alö e^ bei $einc gcfd)e()cn. 

.f)unberte biri)tcu unb fc^riftftcffern ^cute in ^eine'ö @eift, feiner mit 
feinem (Sfprit. ^n feinem fiubet fid) biefe munberbare SRifd^ung bon 
^f}antafic unb iBcrftanb, SBi^j unb (3cmüt^, ^umor unb ©pott. 2)ie 
toibcrfpvcd)enbften (Sigcufdjaften finb in ber Seele biefeg äRanne^ ber^^ 
einigt \inh (äffen fic nic^t sur l?ü((cn .^armonie aller Äräfte gelangen. 
35af)er in feinen Söcrfen ber beftänbigc Stampf jmifd^en Drmujb unb 
SUjriman, auö tücld)em fd^IicRlid) ber legtere aU ©ieger l^erborge^t. 
Unb biefe S)iöI}armonie im probucirenben S)icl^ter ge^t auf ben genie^ 
ßenben üefer über, .^eiue'ö !Did)tung ift ein 9Reer mit feiner (Srl^aben«^ 
^eit unb ©djön^eit, feinem ^rieben unb feinen ©d^redniffen. I)a^ 
Sd)önftc unb .^äßüd^fte liegt in if)r bid)t neben einanber, unb loir finb 
nie fid}er, ob toir nic^t an^ bem 33(umengarten in eine 5ßfüfee gerat^en. 
©obalb n?ir aber ben (£fel, toe(c^cn ber Did^ter ung fo l^äufig ju ber=^ 
foften gibt, übermimbeu tjaben, greift bie 93eiounberung für einen fo rei^ 
begabten (Seift ^fa^, ber in ber bcutfd^en Üitteratur einzig bafte^t unb 
in ber SBeltUttevatur nur n^enige ©enoffen ^at. 2)ie SWatur goß ba& 
güll^orn ber ©eifte^gaben üerfd[)toenberifc^ über ben Subenjungen ber 
93offerftra§e a\i^ unb gab ifjm bie SJfittri, ia^ |)öd^fte ju crreid^cn. ©ie 
üertiel) i^m eine reidje, anwerft betoegfid^e ^^antafie mit nie ermübenber 
gtugfraft, eine ^^antafie, tt^eldje immer auf bag 6)egenftänbtid^c gerid^tct 
ift unb fid^ in ben 9iebetoetten nid^t verliert ; eine 5ß^antafie, loeld^e mit 
bem (ebenbigften garbenfinn bie Äraft fdjarfer ©fijjirung üerbinbet^ 



123 

baju einen fc^arfen SBerftanb, toddjtx hau) bie ^ßl^antafie äugelt, balb mit^ 
t()r fid^ entäJüeit, ein umfici^tiger SKentor, aber anä) ein fatter Äritifer.] 
S)abnrc^ entfielet in |)eine'g S)ici^tnngen j[ene§ Unberechenbare nnb ®pxvinQ^ 
^afte, tt}eld^e§ fid^ bei feinem anbern ©c^riftftetter in gleid^em 9Ka§e 
finbet nnb bei ber ßectüre bie gemifd^teften ßJefü^Ie ^erüorrnft. J)ie 
romantijc^e Ironie ift in |)eine big jn jenem 5ßnn!te gelangt, mo bie 
3erfe|nng i^ren Slnfang nimmt. 

3lber nod) ein anbereg lieJB eine DoHe Harmonie nic^t anf!ommen: 
§eine n?ar big ju feinem breijsigften Sebengjatjre nerüög teibenb, bann 
fam eine Qtii rüftiger ©efnnb^eit, big mit feinem üierjigften Sebengja^re 
eine nene Seibengperiobe anbrac^, n?eld}e feine Sd^merjen big jnr Uner* 
trägüd^feit fteigerte. Selten tüar eg i^m vergönnt — in tüie fern er fein 
2eiben fefbft üerfd^ntbete, fommt l^ierbei nid^t in 85etrad^t — , in an== 
banernbem glnj3 nnb in gfeid^er grifd^e jn fd^affen; oft genng tt^eigerte 
fid} ber Körper, ber ^^antafie @efotgfd}aft jn leiften. 2)ann überfam 
ben Siebter eine ®rämfic^feit, ein 9Jfi§mnt^, eine S^ampffnft, meldte 
fd)(ießlid} an ben eigenen @d^i3pfnngen fid^ üerfndhte. 

Stnberfeitg tie^ ber SDid^ter fein SRittel nnüerfnd^t, fid) jn bilbeit. 
Selten ift tvoifi ein jnnger 2)id}ter fo frül^ über fid^ fefbft ffar gen?or^ 
ben, n?ie §eine. ®r i)aüt erfannt, ba^ feine geiftige Slnfage i^n jnr 
Slomantif brängte; gfeid^jeitig aber l^atte er eingefefjen, ha^, nm bie 
SBnnberfd^ä^e ber romantifd^en S^id^tnng jn lieben, eine anbere 3Bünfd^e(=^ 
rnt^e afg jene ber 9?omantifer ni3tf)ig, ba§ ber romantifdje Snl^aft ber 
S)id)tn ngen ^p faftifd^ ixi geftaften fei. S)iefen ©rnnbfa^ mad^te er pr 
Slid)tfd)mir THnesHidjtert^ctjen Sdjaffeng. Sntmer fd^afft er anfdianfid^, 
in fd)arf nmriffenen ©eftatten. 

SBenn man an feine Sieber itn l^o^en SRa^ftab fegt, mit n^efd^em 
Karriere^) in fofgenbem Sa^e ben Stjrifer gemeffen ftaben Jüiff: „SBeif 
er n^efentfid^ fid^ fefbft barfteßt, mn§ fein Sefbft ein grofeeg, fangeg^ 
lüiirbigeg fein, er mn^ ein Uniüerfnm im 93nfen tragen, nnb feine 
Snbiüibnafität jn ber |)ö^e beg ebefften SKenfdjentl^nmg ergeben" — fo 
fönnen fie nic^t befte^en, nnb n^ol^f ang biefem ©rnnbe n^enbet i^n 
Karriere bei |)eine — nid^t an! |)eine ijai im „99nd^ ber Sieber" üon 
einem ibeeffen ©el^att üöttig abgefel^en nnb bie Siebe jmn affeinigen 
©egenftanb feiner Sieber gemad^t. 2)abnrc^ ^at er btn Jon angegeben 
für ein nngefjenereg ^föten-Sorpg anf bem bentfd^en ^arna^. S)er fiebe^ 
girrenbe Süngfing bid^tet ^eine'fd^e Sieber nni) jerrei^t fid^ l?or ©c^merj 
nnb Se^nfud^t; in ber 9?oüeften^Sitteratnr ge^t |)eine'g (Seift nm nnb 
birigirt ein ja^lreid^eg Dri^efter gnter nnb fd^fed^ter SJfnficanten. ^eine 

') 8. 378. 



124 

trägt einen großen I^eit ber ©d^ulb, ba^ unfere neuere fd^öngelftige 
Sitteratur in fo greuUdjer SBeife bertucid^Ud^t ift, unb ba^ ba^ @tt?ig== 
S5JeibticI)e fo üiete !Did)ter Ijinan* unb eben fo üiele ^inabäie^t. 

.^eine I)ättc mit feiner ganj Ijerüorragenben ©eftaftung^fraft SUieifter* 
luerte jrf)affcn fönnen, Jüenn i^nt nic^t, feiner innern ß^^^iff^i^^^i* ^^t* 
fprcd)cnb, bie „&abt ber 3Ird}itettonit" gefel^ft ^ätte. 

3n fid) abgcfd)Iüffcn unb üöüig abgerunbet erfd^eint nur ba§ rr83u(^ 

ber fiieber", tüeldjcö, obgleid) auö ftunbert einjetnen Si^eilen befte^enb 

unb ofjne 9fiücffid)t auf einl)eitfici^e ßwfammenfaffung gebid^tet, faft mie 

jein abfidjts^üoU jnfammengefügte^ ÄunftJüer! auftritt; eg fteigt ftufen== 

I förmig empor unb jeigt in ben 9iorbfee*^t)mnen ben S)id^ter auf bem 

/ Öipfel ber Sollenbung. 9(ber obgleid^ reid) an (Smpfinbung unb mand^fattig 

im 9luöbrnrf beis @efü()(^ ber Siebe, leibet e^ bod^ an ©infcitigteit. 

9lud) ia^ Xijcma ber üiebe, metdjes^ nad) Üiüdert unerf(^ß|?fUd^ fein 

füll, fann auj^gefungcn tuerben, oI}ne ia^ ber 2)id)ter be^l^alb bie (£tt?ig* 

feit erringt, unb ,^einc ^at c^ bcrmaf^en an^genu^t, baJ3 nur ein üer* 

liebte« 9Jit1gbIein ben ganjen S^anb ü^ne Ueberfättigung burd^jufoften 

vermag. 

Sieben mand)cn tüert{)füfen Siebern unb offenbaren SBieber^olungen 
entl)ätt basj „S^ud} ber Sieber'' einen reichen Strauß ber fd^ßnften @e* 
bid)te, n?etd)e unfere Sitteratur aufjutoeifen Ijat, ©ebid^te, toetd^e §eine'^ 
353eiffagung \vai)x gemacht Ijaben, ba^ man einft feinen 9?amen neben 
bem Woetljc^^ nennen to^be. • 

9{eid)er unb mand)fa(tigcr ift ,^eine aU ^rofaift. (£r gebietet über 
ein gaujieö 5lrmeecorpi^ üon $^becn unb Slnfd^auungen ; er übcrfd^aut 
leidjt üerioidelte 9SerI)ä(tniffe; er Ijat ®inn für iai^ @ro^e im Seben 
unb in ber (^efd)id}te; er befijjt enbtid) üietfeitige, trenn aud^ uid^t 
grünbtidje ftenntniffe, in bereu au2>giebiger Sertüertl^ung er ÜJteifter ift. 
9teid)t fein 253iffen nid)t a\i^, fo füllt er mit betounberngtoürbiger @>e* 
loanbtI)eit bie Sude burd) einen glänjenben SBi^ an^, toeld^er leidet ben 
Sefer täufdjt. 2)aju fommt üöüige .^errfd^aft über ben Stoff. @r lä^t 
feinen ©infällen fd)einbar freien Sauf, aber er übt beftänbig eine gel^eime 
Gontrole über fte an^. (Sr toei^ feinen Ö5egenftanb in bie l^eüfte SBe* 
Ieud)tung ^u rüden unb oerborgenc ©igenttjümlic^feiten an ifjm ju ent* 
beden. S)ie Älarljeit feiner Sdjilberungcn lä^t nie ben Sieij • feiner 
eigenartigen 3nbiüibualität ocrmiffen. Störeub ift freilid) oft genug ba^ 
breiftc .^erüorbrängen feiner ^erfönlid^teit. 

3n ber (Suttoidelnng feiner ^ßrofa fiub jtoei 3ibfd)nitte ju crfenuen^ 
toeldje faft mit ber (£nttoidetuug feiner poIitifd)en SBeltauftd^t jufammen=* 
fallen, ^n ben 9ieifebi(beru ift bie tyrunbftimmung eine rein ttjrifd^e; 
„großblumige ©efül^te" fd^ießeu überall empor, bie Stimmungen ber 



f 



125 

• 

9iatur erfd^cinen in iüirfung^üoßer ©ecoratton unb ber ganjc %axitn^ 
reidbt^um tüirb üertüenbet, um ein lebenbtgeg Kolorit l^erüorjubringcn. 
S)ic Siction ift oft üon iDunberüoßem ©d^iüung, iüeld^er freilid^ nid^t 
feiten in gro^fpred^erifd^eg ?ßatl)o§ übergebt. S)ie ganje S)arfteßung 
bilbet in iljrer nerüöfen Sebcnbigfeit, in intern pfauenl^aften garben* 
reid)tljum ben fdjroffften ©cgenfa^ iu ber flaffifd^en 9iu^e in @5oet^e'^ 
5ßrofa. 

@in anbercg 33ilb bietet |)eine'§ ^rofa in ben ^)olitifd^en SBeric^ten 
unb äft^etifd^^fritifd^en SBerfen ber 5ßarifer 3^it. S)er ©türm unb Drang 
in ber Seele be^ 2)id^terg i)ai fid^ gelegt; an ©tette ber fprung^aften 
SCarftettung ift eine ru^ig=!Iare (SnttoidEelung ber ©ebanfen getreten; bie 
„groptumigen ©efü^Ie" ijaim i^re 93Iüt^ejeit, feine^megg jum ^Jlaä)- 
t^cil ber ^rofa, hinter fid^, unb bie abfto^enbe ^ra^Ierei mad^t fid^ 
nid)t mel^r geltenb. S)ie S)arfteßung ift reiner unb ebeler, o^ne bie/ 
SSorjüge ber ^rofa ber Sleifebilber üermiffen in taffen. » 

^eine frf)reibt eine 5ßrofa, Jüie nur ein ©id^ter fie fc^reiben fann: 
padfenb, bitberreid^, üdjtüoß, immer intereffant. S^r toefentüc^fter 85e^ 
ftanbt^eit ift §umor unb SBi^ in einer güße, Ujie tt^ir fie bei feinem anbern 
SDid^ter finben. @r fd^ont 9?iemanben, er trifft ^oi) unb 9?iebrig, ba^ 
^eiligfte unb ia^ ©emeinfte ; fein SBi^ fennt feine SRobleffe, feine 5ßietät 
unb feine S)anfbarfeit, feine SRüdfid^t unb feinen 2^act, feine ©runbfä^e 
unb feine fittüd^e Sd^ranfe. @r bedt ia^ Privatleben auf unb üertoenbet 
ben gemeinften ft^Iatfd^ unb bie anftö^igften ^ifanterieen ber chronique 
scandaleuse; er befd^impft bie SleUgion feiner SSäter unb ben ©tauben 
feiner SKitbürger; er ^öfjnt SSatertanb unb Sitte unb beugt fic^ üor 
9tiemanbem aU üor fid^ fetbft. 

|)eine'g SBife n?irb infpirirt üom ^a% beffen ®ift, n?ie er üom 
beutfd)en §aJ3 behauptet, bag |)eibetberger ga§ in fußen Vermöchte ^) . 
aSie Saube Don ^eine'g Untergattung fagte^), eg i)ait i^r aße§ gefefilt, 
\va§^ man ^uman nennt, fo ift aud^ fein SBi| bie fraffefte SSer^ö^nung 
aßer f)umanen ©efinnung. @r ift ber concentrirte 5Iu§brud be§ alten 
^affeö be§ Subentt)um§ gegen feine 33ebrüder; e^ ift ber SBi^ ber 
Verneinung, unb fd^Iie^Iid^ ber Sluftofung aßer reügiöfen, politijc^en 
unb fitttidjen ^Banbe. 

3(ber tva§> für ein S23i| ift e§! @in SBi^ in aßen 9?ummern : üom 
gemeinen Äalauer jur Jüifeigen ©emein^eit, üon ber feinften Sronie jur 
f auftbiden ©rob^eit ; Don ber gutmüt^igen Sd^etmerei jur bered^nenbften 
93o^^eit ; üon ber fieben^tinirbigften ^erfiffage jum untoürbigften ßt|nig= 
muö ; ein 3Bi^, toeld^er in aütn garben f d^ißert, au^ bem ©emütlje be^ 



') U, S. 78. - 2) Gartenlaube 1868, 8. 25. 



126 

SJerfafferi^ c^an^ natürlid) Ijcröorjubtüöen f^eint unb faft immer ben 
SKagct auf bcn itopf trifft. Sc^r l)äufig ift fein SBi^ äufeerft anftöfeig, 
itamcutlid) mcuu er bie ^ciügften 3)inge mit ben gemeinftcu co^juürt; ba 
ift eben bie Wrenje bcr üBirtfanitcit bcs^ ÜBJifeeg, ba beginnt ber (Sfel jebe 
anbere (Smpfinbuug ju üerbrängen. 3lber oft fel)tt bem SBife bie ©runb* 
läge aud) ba nid)t, wo feine (^e^äffigteit jebe^ SJiafe überfd^reitet. 3lud^ 
ber 5^^w"l> .^eiue*i3 mirb in ber 9JiiJ3f)anbtung ^taten^^ jeben SSijj Der* 
miffen, aber fein "^tuio mirb i()m bad i)eugni§ nid&t öerfagen fönnen, 
baft tpi^igere 3^ü^f)eiten tpie bie gegen 31. üBJ. üon Sd^lcgel, bie grau üün 
®ta:I, ajiafimann unb fo üielc anbere 'J}Jerfünen nid^t öerübt n^erben tonnen. 
25ic (Srfinbungetraft Jpeine'^ ift unerfd^üpftid^, fübalb e^ fid^ um bie 
Vluöbeutung bcr 5d}tpäd)en einer ^IJerfon ober cine^ SSer^ältniffeg t)a\u 
belt; er fiubet immer neue Seiten unb fd)(ie§t, n^enn toir il^n ermübet 
glauben, mit einem überrafd^enben (Sffect. 

i^raubc^ freilid) fe^t mit einem füljnen Sprung über bie gegen 
,^einc geäuf^erten moralifd^en 83ebenfen ^intocg*): „2)er ariftop^anifd^e 
2)id)ter/' fagt er, „fann unb barf ben Stotj nid^t ^aben, ber baDor 
^urüdfdjredt, bie (Gemeinen ju ergötzen, biejenigen, toetdje i^n nur Der* 
ftei)eu, toenn fie il)m im ttotbe begegnen. (£r barf fid} nid}t baüor 
fd^euen, bi^ ju einem getoiffen 'ipunfte fid), b. f). fein moralifdje^ 2öefen, 
prei^jugebcn, um ein I)ö()ere0 bid}tcrifd)es^ gelb ju getoinnen." ?Ufo: 
Per cloacas ad astra ! j!cr 2)id)ter barf „big ju einem getoiffen fünfte", 
lücld^en er fid) natürtid) felber fe(}t, tf)un, \va^ er toill; er barf fid^ im 
Sdjmutje tüälf,en, benn ia^ I}öt)ere ^^iel teibet nid)t, ba§ er fic^ beflecft ; 
er barf fid) Wemeiul)eiten erlauben, fobalb eö ifjm jur „SBaljrung be* 
rcd)tigter 3utereffen'' nott)tüenbig erfd^eint; er f)eiligt bie Sßittel, toenn 
fein ^^loerf ein l)öl)erer ift. 2)aö ift bie moberue SJioral ber freien 
Wcifter, tüeld)c fie felbftoerftäublid) nur für fid) in iHufprud^ nebmcn, für 
ben "ißübcl babeu fie eine anbere; 'OaiS ift bie 3Jf oral, oon ber .^eine fagt, 
baf^ fie feiner „Seele eingeboren'', inelleid)t feine „Seele felbft" fei 
(VII, S. 102j. 

.S)eine'<5 SBij) ift im äiSefeutlidjeu ber älNi(3 ber Sournaliftif. ISr 
crtjebt fid) feiten ^ur '^^lllgemeinbeit, foubern er tnüpft an baö öefonbcre, 
an ia^ Üreigni]! beö Jagci^ an, er ift actuell unb !aun nur bann ooUftänbig 
Oerftaubeu ioerbeu, toeun beul üefer bie 4}ert)ältuiffe uub 'ilJerfouen, tocldje 
er treffen fotl, genau betauut fiub. islUele feiner 5lufpicluugen toerben in 
fpäterer ^cii nur uod) i()re äüirtung ausüben, ioeun iljnen ein Kommen* 
tar beigegeben ift; ein ÜBijj mit (Sonuueutar ift aber nur ein l^albcr. 
^ur reinen unb freien .s^ölje eines ed)ten $umori5 erljebt fid) .^eine aber 

') VI, ©. 196. 



127 

im „Su^eßc ®ranb", tro eine ^inrei^enbe Sieben^lüürbigfeit ung entjüdEt, 
unb feine berbfomifd^e Slber ftrömt om leb^afteften in einigen Sa|?iteln 
ber „93äber t>on ßncca", n?o fie teiber nnr jn batb öon 9fiinnfteintr>afjer 
tjerunr einigt tpirb. 

§eine ift tobt, fein ®eift ift tebenbig; tebenbig in ja^trei^en &t^ 
bi(j^tfammlungen, genißeton^ nnb ^Romanen. SSiele üerfndjen, ben 3^on 
nad^jual^men, totidjtn er juerft angef dalagen ; aber fie treffen nnr feiten 
bie ©aiten, tüüäjt jnfammen ben redeten ßlang l^eröorbringen, nnb in 
feiner ©anjl^eit ift feiner biefem glänjenben (Seifte na^e gefommen. ®r 
fte^t in ber bentfd^en ßitteratnr bi^ l^ente aßein, tpie SSoItaire in ber 
franjöfifd^en. / 




3tt^aIt0*X)er3«i^«i$- 



J>U 3ttgettb- ttttb ^nivetfiiäUia^te. (1798—1825.) 

©ctte. 

■ I. 5Die »ugenbiafirc (1798—1815) 1 

II. 3ran!furt n. m. — §QmbuT0. — SBonn. — (S^öttingcn. (1815—1821) . . 7 

III. Berlin (1821—1823) U 

VI. mWu^ bcx Umöerfität§iaf)rc (gjloi 1823— 3uli 1825) 33 

^et Wetiaffft bcx „?ldfe0ifb<fi:". (1826—1831.) 

• I. S)cr exfte IBanb (1826) 37 

II. 5)cr ätocite ^öanb (1827) 57 

lll.mmä)tn. 2)ic italiemWe 3leife (1828^ . .- 64 

IV. ®cr brittc «anb bcr Sieijebilber 69 

V. 2)ie ^Ibreije narf) ^orig 72 

Pie ^attttesjÄ^ri;. ^ofUifc^e itnb reftgidfe Jidmpfe. f ob. (1831—1856.) 

I. SBcöinn bcr t)oUtijd&cn 6d&riftftcaeret (1831—1832) 78 

II. ®ic ©(j^riftcn über S)cutid^Ionb. 2)ic „bleuen ©ebid^tc" unb SBcrttJonbteS 

(1833—1835) 85 

III. Sittcrarifd^c Strcttigfcitcn. Söicbcroufnoliinc bcr |)oUttfc^cn ©(ä^rtftftellercl 
(1836—1843) 93 

IV. 3)ie Ictjtcn 2eben§iQf)rc. Sieliöiöjc kämpfe. 9lt!)iUgmu§ 102 

öirrtrr ^bfdinm. 

TOöcmcincr Uebcrblirf 117 




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