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Full text of "Herakles"

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EURIPIDES 
HERAKLES 


ERKLÄRT 
ULRICH VON WILAMOWITZ-MOELLENDORFF 


ZWEITE BEARBEITUNG 


ERSTER BAND 


BERLIN 
WEIDMANNSCHE BUCHHANDLUNG 
1895 


N 
"Ὁ 


κέ της ARY N 
ΣΝ Rat 


I rauva 





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᾿, 





ALMAE-MATRI 


PORTAE 


V- 8. L- M- 


9 ıx 1867 OYIIAYZOMAITAZXAPITAZ 21 v 1889 
MOYZAIZZYTKATAMEITNTEAAIZTANZTZITIAN 


ETITOITEPQONAOIAOZKEAAAEIMNAMOZYNAN 
22 xıı 1894 


VORWORT 


“Als ich vor 22jahren das kleine katheder des betsaales bestieg, um 
abschied von der Pforte zu nehmen, überreichte ich ihr nach alter guter 
sitte eine valedictionsarbeit, die das motto trug, das ich heute wiederhole. 
es war und ist ein gelübde für’s leben: den Musen und auch der alten 
schule werde ich die treue halten. die abhandlung selbst gieng die 
griechische tragödie an und war natürlich ein geschreibsel, ganz so grün 
wie ihr verfasser. der würde tief unglücklich geworden sein, hätte er 
geahnt, wie bald er so urteilen würde; aber im stillen herzen gelobte 
er sich doch, wenn er ein mann würde, der Pforte ein buch zu widmen, 
das denselben gegenstand wissenschaftlich behandelte. dies gelöbnis würde 
er nie ausgesprochen haben, wenn er es nicht zugleich erfüllte. er tut 
es heut, indem er das drama, aus dem er damals das motto nahm, er- 
läutert und ein buch veröffentlicht, das vor allem so grünen aber von 
den Musen begeisterten jünglingen, wie er damals einer war, das ver- 
ständnis der tragödie erschlielsen soll”. 

So weit mulste ich das vorwort der ersten auflage wiederholen, weil 
es auch für diese geltung hat; die übrigen dort folgenden geständnisse 
gehören der vergangenheit an. da mein buch vergriffen war und un- 
veränderten abdruck nicht vertrug, habe ich die last der neubearbeitung 
auf mich genommen, sobald gesundheit und andere verpflichtungen es 
mir gestatteten. dabei mufste ich versuchen, den fehler einigermalsen zu 
verbessern, den ich das erste mal gemacht hatte. von dem ersten bande, 
den ich als “einleitung in die attische tragödie” verselbständigt hatte, 
gehörten zwar die beiden letzten abschnitte, da sie Herakles behandeln, 
zu der ausgabe dieses dramas; aber die litterarhistorischen, theoretischen 
und kritischen ausführungen waren für diesen zweck zu viel und für 
eine einleitung in die attische tragödie zu wenig. so habe ich mich denn 
zu einem schnitte entschlossen, gebe jetzt das drama mit commentar und 
den beiden capiteln über Herakles als einleitung und verspreche, so weit 

ein sterblicher versprechen kann, mit der zeit ein wirkliches buch über 


vi Vorwort. 


das attische drama. jetzt kann ich das noch nicht schreiben, weil ich 
meinen früheren ausführungen noch nicht mit genügender freiheit und 
überlegenheit gegenüberstehe. 

Der text erscheint ohne zweifel jetzt in verbesserter gestalt, denn 
gar nicht selten ist die überlieferung hergestellt und gerechtfertigt. dabei 
hat mich nichts so gefördert wie die kritik J. Vahlens (index lectionum 
von Berlin, sommer 1893); aber auch die besprechungen meines buches 
durch H. Weil (Journal des savans 1890) und A. Nauck (Deutsche Litt, 
zeitung 1890) haben mich durch positive belehrung zu danke verpflichtet. 
daß ich Naucks neue vermutungen in die grofse masse der schlechthin 
nicht zu berücksichtigenden werfen mufste, liegt in unserer grundsätzlich 
verschiedenen schätzung der überlieferung und der statistik’), zum texte 
und zum commentar hat mir E. Bruhn freundlich sehr nützliche weisungen 
mitgeteilt. 

Eine übersetzung beizufügen hatte ich schon 1889 lust; jetzt hat 
mir den entscheidenden anstols eine anregung aus England gegeben. 
dafs gerade ausländer verschiedener nationen dieses bedürfnis aner- 
kennen und meinen bestrebungen teilnahme schenken, ist mir eine grofse 
freude. ich hoffe, mein gedicht ist nicht zu buntscheckig geworden, ob- 
wol ich seine erste schon 1879 entstandene gestalt sehr viel häufiger 
umgeformt habe, als ein wirklicher dichter dürfte. dafs text und über- 
setzung jetzt in einem andern bande stehn als der commentar, wird 
hoffentlich die benutzung bequemer machen; dies ist die einzige veran- 
lassung zur teilung des buches in zwei bände gewesen. 

Den commentar habe ich nicht umschreiben wollen, so grofs der 
reiz war, z. Ὁ. in den metrischen partien noch weiter auszuholen. ich 
habe nur nachgetragen was mir die lectüre an material namentlich für 
die sprachgeschichte zugeführt hatte; mir erscheinen untersuchungen wie 
sie hier 2. ἢ. über δόξα λάτρις εὐλογία neu stehen, sehr wichtig. und 


1) Nur ein beispiel. Nauck rügt, dafs meine anmerkung zu 220 die bemer- 
kungen Eimsleys über den anapaest in eigennamen nicht berücksichtige. in wahr- 
heit hatte ich sie geschrieben, um jene lehre des ausgeseichneten beobachters, der 
mich in die textkritik der tragiker eingeführt hat, zu berichtigen, allerdings, wie 
ich zu tun pflege, ohne citat. da ich nicht nur die von den modernen lediglich um 
ihres prinzipes willen geänderten stellen anführe, sondern auch die analogie mit 
andern iambischen dichtgattungen, endlich die beobachtung, dafs die angezweifelte 
freiheit der letzten zeit der tragödie angehört, hinzufüge, so halte ich nicht nur 
dafür, dafs eine feinere beobachtung den an sich berechtigten zweifel Elmaleys hebt, 
sondern ich glaube, dafs Eimsley selbst mir beistimmen würde. denn der scharfe 
kritiker war keinesweges ein fanatiker der annlogie. 


Vorwort. vuI 


‘ 


so ist es wol mehr als eine subjective erfahrung, was ich an dieser stelle 
aussprechen will. ich habe die letzten jahre gerade die classische attische 
prosa intensiv treiben müssen, habe z. Ὁ. die redner einmal in einem zuge 
hinter einander durchgelesen und viele reden genau durchgearbeitet, wenn 
auch nicht gerade für die textkritik. trotzdem ist der ertrag für die er- 
klärung der tragödie verschwindend gewesen. hätte ich annährend so 
viel studium z. b. auf die hippokratische sammlung oder die volkstüm- 
lichere schriftstellerei der Juden und der ältesten Christen verwendet, so 
wäre unvergleichlich mehr herausgekommen, wie die proben zeigen: so 
streng sind die stilgrenzen im attischen, so sehr bewahrheitet sich immer 
wieder, dafs das drama und die κοινή dem ionischen sehr viel von ihrem 
wortschatze verdanken. nach dieser richtung vornehmlich ist der commen- 
tar erweitert; aber ich hoffe, er zeigt überhaupt, dals ich zugelernt habe. 
die zusätze zu kennzeichnen geht mir wider mein gefühl: das lenkt den 
leser von der sache auf den modernen schriftsteller ab, an den er mög- 
lichst wenig denken soll. 

Die einleitungscapitel sind durchgehends verbessert, zum teil um- 
geschrieben; aber ich bringe in allen hauptsachen meine alte lehre wieder 
vor. zwar ist über die älteste griechische geschichte, über die ich hier 
in kürze meine ansicht vortrage, seitdem sehr bedeutendes geschrieben ; 
auch hat mich eine griechische reise die monumente der heroenzeit rich- 
tiger beurteilen gelehrt, so dafs ich nach dieser richtung vieles zu bessern 
und zu präcisiren hatte, allein meine höchst unmodernen grundanschau- 
ungen haben sich nur befestigt. das ist mir nicht beängstigend, denn. 
unmodern sind diese auschauungen wesentlich deshalb, weil sie antik 
sind. ich verkenne die berechtigung der skepsis durchaus nicht, aber sie 
ist nur als ein durchgangsstadium zu dem rechtfertigenden verständnisse 
der überlieferung berechtigt. auch über Herakles bringe ich mein altes 
lied; wie fremd es den modernen historikern und mythologen klingen 
würde, wulste ich gut genug, als ich es zum ersten male anstimmte. 
aber auch das ist ja nicht mein lied; und wenn es jetzt mit überlegenem 
achselzucken abgewiesen wird, so vertraue ich, dafs die zeit gar nicht 
einmal fern ist, wo man bei den Hellenen anfragen wird, um zu lernen, 
was sie sich bei ihren göttern gedacht haben. ich habe ein par mal ge- 
legenheit genommen, mich mit Εἰ. Meyer und C. Robert direct auseinander 
zu setzen, mit denen ich mir doch bewufst bin auf demselben boden der 
forschung zu stehn. und nur weil ich das tue und auf verständigung 
hoffe, polemisire ich gegen sie. dafs Artemis ihrem namen nach die 
schlächterin ist, kann angesichts der altboeotischen gefäße, die Wolters 


ὙΠΙ Vorwort. 


schön erläutert hat, nicht wol bezweifelt werden, so dafs die mondmytho- 
logie diese gottheit wol frei lassen mul, niemand hat für die verbrei- 
tung der richtigen etymologie mehr gewirkt als Robert, und doch ist 
mir die heftigkeit, mit der er sie mir zuerst abwies, noch sehr deutlich 
in der erinnerung. warum sollte ich nicht glauben, dafs die zeit uns 
auch über Herakles oder Apollon, den ich so wenig für einen hürden- 
gott wie für einen sonnengott halte, zur übereinstimmung bringen könnte ? 
ich meine des gottes hauch in Delphi und Delos und auf der höhe des 
Ptoions gespürt zu haben. 

Aber die vergleichende mythologie habe ich vielleicht allzukurzer 
hand abgelehnt; wenigstens möchte ich hier noch ein wort sagen, sub- 
jectiv bestimmt durch den starken eindruck, den ich eben von Olden- 
bergs Religion des Veda empfangen habe. auch hier sehe ich meine 
ansichten mit souveräner verachtung gestraft, auch hier habe ich dagegen 
die empfindung, dafs wir eigentlich einer meinung sein sollten, und nur 
deshalb polemisire ich gegen ihn. Oldenbergs Veda ist mir deshalb für 
mein arbeitsgebiet eben so förderlich wie sein Buddha, den ich allerdings 
noch mehr bewundere, weil er den vedischen glauben ganz rein darstellt, 
ohne fremdes hinein zu ziehen; nur auf ältere sagenformen macht er 
rückschlüsse aus vermeintlich verwandten überlieferungen. aber die 
Hellenen mifst er mit anderem malse; da werden die theoreme der 
physikalischen mythologie ohne weiteres angenommen, und über Hera- 
kles gilt als feststehende tatsache was mir selbst zur bestreitung zu 
windig war, und da geht Oldenberg selbst zu eigener vermutung vor. 
damit betritt er das hellenische gebiet: ich werde seine grenzen ver- 
teidigen. 

Er handelt 8. 144ffg. von der bezwingung der Panis u innung 
der kühe. Indra (nach Oldenbergs ansicht ursprünglich Trita Aptya, 

N Aal also streng genommen der gewittergott gar nicht mit Herakles 
verglichen werden darf) bekämpft den dreiköpfigen schlangenleibigen 
_ Visvarüipa, schlägt ihm die köpfe ab und läfst die kühe heraus, die 
parallelgeschichte, in der die räuber eine mehrzahl sind, die geizigen 
Panis, die den frommen Brahmanen die kühe vorenthalten, wird als in- 
dische umbildung abgesondert. die erste geschichte kehrt im Avesta 
wieder, aber in abweichender form, ohne kühe. da sagt Oldenberg, dafs 
der mythus der classischen völker die ursprünglichkeit der vedischen 
sage beweise. ““Herakles tötet den dreiköpfigen Geryoneus, Hercules den 
dreiköpfigen Cacus und führt die rinderherden hinweg, welche dem un- 
geheuer gehören oder welche dieses dem gott geraubt und in seiner höhle 








Vorwort, ΙΧ 


versteckt hat”. eine deutung der sage steht 8, 149. “ich möchte glauben, 
dafs es sich um die gewinnung der morgepröten aus dem dunkeln felsen 
des nachthimmels handelt. daher im griechischen mythus die roten kühe 
und ihr versteck im äufsersten westen”. wenn man’s so hört, möcht’s 
leidlich scheinen, aber es steht doch schlimm darum. sehen wir nur ge- 

auer zu. auf die farbe der kühe kommt den Hellenen gar nichts an. 
folglich ist es willkür, den vereinzelten zug zur grundlage der deutung 
zu nehmen, dafs sie in der apollodorischen bibliothek (2, 106) rot sind. 
aber wenn auch; die bedeutung dieser farbe ist doch nicht selbstverständ- 
lich, sondern muls ermittelt werden. dazu fällt mir gerade die ana- 
logie ein, dafs der widder der Phrixos, der meistens ein goldenes vliels 
hat, bei Simonides (fgm. 21) purpurwolle trug, obwol derselbe dichter ihn 
auch weils genannt hatte. die poesie sucht das wunderbare zu schmücken 
und leiht ihm köstliche farben; symbolik pflegt dabei wenig mitzuspielen. 
aber wenn auch; die kühe heifsen φοινεκαῖ. übersetzen mag man das 
mit rot, aber was für ein rot es ist, lehrt doch erst die griechische 
sprachempfindung. goivı$ kommt von φόνος. auf die λευχὴ γλαυχὴ 
ῥοδοδάκτυλος ἠώς palst die blutfarbe wahrhaftig nicht. die überein- 
sümmung der dreiköpfigen ungeheuer scheint klar. in wahrheit haben 
sie eine ganz verschiedene gestalt. denn Geryones hat drei ganze leiber, 
und es ist notorisch eine wertlose ausartung, wenn spätlinge ihm nur drei 
köpfe geben. Cacus aber ist ein feuerspeiender riese ohne irgend welche 
vervielfältigung der gliedmalsen: wenn der hellenisirende neuerer Properz 
ihm einmal drei mäuler gibt, so ist die vermischung mit Geryones oflen- 
kundig. eine höhle, ein_vergteck, ein raub der rinder durch den riesen 
„Stin-des Cacussage vorhanden; in der Geryonessage ist es gerade um- 
gekehrt: Herakles ist der räuber, die rinderherden (denn die stiere fehlen 
mit nichten, so dals es falsch, wenn auch für die vergleichung mit 
der morgenröte erwünscht ist, βοῦς mit kühe zu übersetzen) gehören dem 
riesen, und seine hirten und hunde weiden sie auf den wiesen des “roten 
landes’ im westen. es sind das feststehende und bedeutsame figuren der 
sage, über die man keinesweges ohne weiteres hinweggehen darf. also 
kann von einer vergleichung mit dem indischen und persischen mythos 
keine rede sein, in denen ja gerade We-tmmprfiche Tr dal etwas_ge- 
raubtes aufgespürt und befreit wird. es ist also nicht nötig, zu fragen, 
0 wir morgenröten (die Hellenen kennen nur eine Eos) 
und rinderherden, der nachthimmel und das “rote land’ sich angemessen 
entsprechen, und ob es der rechte weg wäre, gen abend zu fahren um 
das morgenrot zu suchen, 


ἴννως. 





X Vorwort. 


Aber schlechthin unzulässig ist, dafs Oldenberg überhaupt mit der 
Cacus operirt. denn es ist notorisch'), dals sie gar nicht italisch 
ist, sondern eine entlehnung, sei es der Geryonessage, mit der sie 
immer verknüpft wird, sei es der Alkyoneussage. ın dieser raubt zwar 
der riese die rinder, aber er ist nicht dreiköphg und das bezeichnende 
ist, dals ihn Herakles im schlafe tötet. eine wirkliche übereinstimmung 
mit der indischen geschichte ist auch hier nicht vorhanden. beide 
völker haben sich geschichten erzählt von göttern oder helden die mit 
gräfslichen riesen kämpfen, und beiden völkern sind rinderherden ein 
sehr begehrter besitz gewesen, ganz veritable rinder. darin sind sie sich 
einig, und eben diesen zug zerstört die physikalische deutung. die for- 
schung über den riesen Geryones hat natürlich so vorzugehen, dals sie 
seine geschichte durch alle ihre varianten und localisationen verfolgt, 
und zunächst mit andern hellenischen geschichten vergleicht, wozu der 
reichste stoff vorliegt. zu welchen ziele dieser weg führt, ist unten 8. 65 
kurz bezeichnet. " 

Im eingange seines abschnittes über Indra sagt Oldenberg s. 134. 
“wahrscheinlich kannte schon die indogermanische zeit einen von dem 
himmelsgott getrennten gewittergott, einen blondbärtigen oder rotbärtigen 
riesen von übermenschlicher kraft, den mächtigsten esser und trinker, 
der den drachen mit seiner blitzwaffe tötet”. worauf er zielt, hat sich 
schon 8. 35 gezeigt, wo ‘von der befreiung der kühe durch Indra-Herakles- 
Hercules aus dem gefängnis der Pani, des Geryoneß oder Cacus, von 
“der genossenschaft der Dioskuren und der sonnenjungfrau”)’ die rede ist. 
dann mulfs ich freilich mit meinem Herakles einpacken. aber das ist 
alles nicht nur nicht ‘wahrscheinlich’, das ist einfach alles nicht wahr. 


1) Wenn R. Peter (Roschers Lexicon 2270 fig) anders urteilt, so verschlägt das 
nichts. er nennt auch eine vermutung glänzend, die bei Plutarch καλῆς ἀκτῆς in 
oxdins xaxins ändert. dafs er manchen mitschuldigen an dem schnitzer hat, macht 
objectiv die sache nicht besser. aufserdem führt er selbst an, dafs bei den annalisten 
Gellius Cacus ein herrscher am Volturnus war, und verwirft auch die heranziehung 
des bekannten bronzegefässes von Capua nicht. dann ist die sache aber abgetan, 
denn dafs die ganze hellenische cultur von den chalkidischen küstenplätzen über 
Campanien durch die porta Capena, wo die ara maxima stand, ihren einzug gehalten 
hat, ist eine allbekannte sache. 

2) Über die Dioskuren habe ich zu v. 30 gehandelt, und Oldenberg konnte 
das auch bei E. Meyer finden, dem es Robert mitgeteilt hat. ich habe noch in einer 
anmerkung zu ÖOldenbergs agvins stellung nehmen können. dafs übrigens Helena 
noch einmal jungfrau werden würde, hat sie, die vom siebten jahre nichts ge- 
taugt hat, sich schwerlich träumen lassen. 











Vorwort. ΧΙ 


Hercules ist notorisch eine entlehnung der Italiker, und gesetzt, die Indo- 
germanen hätten besagten gewittergott gehabt, so hat ihn dieses indo- 
germanische volk in vorhistorischer zeit wieder verloren. auch was man 
als italisch in Hercules von dem entlehnten griechischen heros abziehen 
mag, hat mit dem gewitter u. 8. w. nichts zu tun. Herakles ist kein 
riese; dals er unansehnlich von gestalt gewesen wäre, kommt dagegen 
vor (vgl. unten 8. 105). Herakles hat keinen roten bart; es kommt auf 
seinen bart überhaupt gar nichts an; in welchem 8 sinne er blond ist, 


fresser und saufer, auch als unmäfsig in der liebe childert wird, ist 
Sure ἰὸν τὸ mel lee geilen τος ἐὰ 
vollziehen sehen, können die geschichtlichen socialen und litterarischen 
bedingungen genau verfolgen, die sie hervorriefen; es ist also ein ana- 
chronismus diesen zug in das urbild zu setzen‘, Herakles führt die 
waffen, die jeweilen für einen helden passend scheinen, auf den vasen 
der ritterzeit sehr oft das schwert; dafs die pfeile das älteste sind, liegt 
an der cultur des volkes und der zeit, die ihm die erste bestimmte form 
gab. aber wenn er auch so ausschließlich ein schütze wäre wie Apollon: 
den blitz kann ein Hellene in seiner waffe nie empfunden haben. ich 
sebe davon ab, dals die pfeile nie blitze bedeuten. der blitz ist aus- 
schliefslich die waffe des Zeus; höchstens tritt er ihn einmal seiner lieb- 
lingstochter ab, die auch die aegis trägt. überhaupt ist es für jeden, 
der die Hellenen kennt, eine ganz unzweifelhafte tatsache, dals es nur 
einen gewittergott gibt, eben den höchsten himmelsgott und alleinigen 
träger des blitzes, Zeus. die hellenische religion straft die behauptung 
der vergleichenden mythologie, von der Oldenberg ausgeht, einfach lügen. 
ich kann wirklich über den notorischen tatbestand kein wort weiter sagen. 
der himmels- und gewittergott Zeus fehlt den Indern und Germanen; 
die träger seines namens haben bei ihnen andere functionen, und seine 
functionen werden von andern göttern geübt. das ist auch notorisch. 

Ohne zweifel ist es unumgänglich notwendig, sich um die religionen 
anderer völker umzutun, wenn man eine bestimmte religion verstehen 





1) Her. βουφάγος, βουϑοένας existirt auch als cultname. aber wenn wir 
hören, dafs sein verzehren des pflugstieres in Lindos zur motivirung der flüche er- 
zählt wird, unter denen man ihm opfert, so verrät sich der inhalt der sage: das 
stieropfer erschien als frevel, weil kein blut vergossen werden soll. Herakles spielt 
eine rolle wie Thaulon in Athen. solche sagen sind aber ein ergebnis späterer 
religiosität. der mehr von viehzucht und jagd als von ackerbau lebenden urzeit 
war das blutvergiessen unmöglich anstölsig. 


ΧΙ Vorwort. 


will. es kann nicht ausbleiben, dals man sich zunächst an die wendet, 
deren sprachen für ihre verwandtschaft zeugen; auch ich habe nicht 
verfehlt, z. Ὁ. bei dem Typhonkampfe und bei dem göttergarten den 
blick meiner leser nach Indien und Skandinavien zu weisen. gleichwol 
halte ich es für einen verhängnisvollen irrtum, dafs man dasselbe was sich 
für die sprachen ergab, ohne weiteres auf den glauben übertrug. denn 
der religiöse gedanke bindet sich nicht an die sprache und lange nicht 
immer an die nation. die sog. "niedere mythologie’ und der “aberglaube’ 
sind deshalb mit besonders gutem erfolge bearbeitet worden, weil hier 
die racenmythologie gar nicht möglich war, weil das princip der analogie 
anerkannt ward, das so viel fruchtbarer ist als die ableitung aus einer 
präsumirten gemeinsamen quelle. ich habe aus Oldenbergs buch auch 
positiv manches bei den Hellenen richtiger zu beurteilen gelernt, aber 
noch viel klarer ist mir dabei geworden, dafs der hellenische cultus den 
Semiten unvergleichlich näher steht als den östlichen Ariern, und selbst 
in der heldensage fordern die Babylonier wahrlich eher zur vergleichung 
heraus als der Veda. 

Aber die hauptsache bleibt mir, dals für die Hellenen das gleiche 
recht gilt wie für die Inder, und wer ihre religion erforscht es so machen 
nicht nur darf sondern soll, wie es Oldenberg mit dem Veda macht. 
wir sollen zunächst einmal die vorstellungen der Hellenen erfassen wie 
sie für sie und in ihnen bestanden. ob sie dabei ältere geschichten und 
gestalten umgeformt haben, ist eine zweite frage, die zweite dem range 
nach, insbesondere aber der abfolge nach. denn unweigerlich strauchelt 
und stürzt wer den zweiten schritt vor dem ersten tut. den ersten kann 
nur tun, wer mit Pindaros und mit dem mythographischen gelehrten 
materiale, auch dem bildlichen, frei schalten kann, ganz wie Oldenberg 
mit der indischen überlieferung. und wenn er so weit ist und er sieht 
dann, dals er zu dem ergebnisse seiner forschung im Veda oder in der 
Edda keine parallele findet, ist das ergebnis darum falsch? ganz im 
gegenteil. ich weils sehr gut, dafs mein Herakles dort nicht zu finden 
ist. gerade darum ist er hellenisch, die Inder haben eben keine männer, 
sie kennen das evangelium der tat nicht, sie haben keine geschichte. 
dafür gibt es in Hellas keinen Brhaspati, denn dort weils man nichts 
von der gewalt des gebetes; die erhabene absurdität des Somaopfers und 
der glaube, dafs opfer zauber wäre, hat auch bei ihnen keine stätte'); 


1) Genauer, es kommt dazu erst in der theologisch ausgearteten superstition der 
Orphiker. 





Vorwort. XII 


sie stimmen darin zu Hebräern und Arabern. deshalb ist ihr cultus 
dennoch kein phoenikischer import‘). es ist immerhin ein zeugnis dafür, 
wie begehrenswert die homerischen götter immer noch sind, aber es liegt 
doch eine arge überhebung darin, dafs jede fremde mythologie nach ihnen 
ihre hände ausstreckt. so lasse man doch jedem volke seinen glauben. 
es hat doch ein jedes seine götter nach seinem bilde geformt, und raum 
für alle hat der himmel. 

Wir wissen alle, dafs das zwischentreten eines propheten, einer 
neuen offenbarung einmal die persische religion ganz und gar umge- 
staltet hat. in Indien hat eine fast allmächtige priesterkaste mehr als 
einmal solche umwälzungen herbeigeführt. von diesen ist der Veda zumeist 
noch frei, allein den stand setzt er doch voraus, und Oldenberg selbst 
zeigt, wie stark seine einwirkung sich schon im Veda fühlbar macht. 
eine ganz ähnliche krisis hat auch die hellenische religion durchgemacht, 
im sechsten jahrhundert, als die vielen theogonien gedichtet wurden und 
die secten entstanden, die wir nach einem hauptvertreter orphisch 
nennen. diese bewegung ist niemals zum stillstande gekommen; wir 
können daran sehr wol ermessen, was aus der religion und der cultur 
der Hellenen geworden wäre, wenn die geschichte hier einen verlauf ge- 
nommen hätte wie in Baktrien und Indien. aber die Hellenen hat in 
der entscheidenden stunde ihr weg zur wissenschaft, zur philosophie ge- 
führt, wie er sie eben damals zum nationalen freien staate führte. darin 
liegt ihre gröfse, das erhebt sie über alle völker. aber merkwürdig genug 
sind auch ihre propheten, von denen manche, wie Empedokles, mit einem 
fufse im lager der wissenschaft stehn. und deren lehre fordert aller- 
dings die vergleichung mit der theologie anderer völker heraus. in diesen 
kreisen sind deutungen wie die des Apollon auf die sonne und der Ar- 
temis auf den mond entstanden, die sich noch heute vieler gläubigen 
erfreuen. denn die Stoiker haben an dieser theologie fortgebaut und in 
ihren bahnen wandeln viele jetzt mächtige systematiker. ich halte Useners 
mythologie durchweg für orphisch. und ich glaube nicht, dafs die theo- 
logie den schlüssel zur religion hat. auch die analogie der Vedenerklärer 
und der antiken und modernen phyaikotheologie ist mir bei Oldenberg 
sehr merkwürdig entgegengetreten. wenn ich lese, dafs die Vedadichter 
den Indra die flüsse wirklich aus dem felsen holen lassen, und erst ihre 


1) Wie denn eben wieder jemand die semitischen reunionskammern aufgetan 
hat, von denen einst Gutschmid scherzte. ich vermisse in diesen etymologien nur 
eine, dafs der nemeische löwe eigentlich Levi geheifsen und natürlich den Herakles 
aufgefressen hätte, 


XIV Vorwort. 


erklärer darin eine symbolik des gewitters sehen, so ist mir diese über- 
einstimmung mit den modernen mythologen alles andere als ein beweis 
dafür, dals sich die dichter geirrt haben, und ich könnte diesen mit 
hellenischen analogien zu hilfe kommen. das ist nicht meines amtes; 
wol aber mufs ich darauf hinweisen, dafs die hellenische religion der 
forschung ganz unvergleichlich mehr und besseres material bietet als 
irgend eine andere, schon weil sie nie in die bande einer theologie ge- 
schlagen worden ist. wenn ich die neigung hätte, die indogermanische 
urreligion zu suchen, so würde ich mein hauptquartier zwar bei leibe 
nicht im Homer, aber ganz gewils in Hellas aufschlagen. aber die ver- 
gleichenden mythologen pflegen ganz wo anders zu sitzen, verlangen aber 
gleichwol über die hellenischen sagen zu verfügen. es ist wie in der 
sprache; da ich jung war, sollte ich auch zugeben, dafs die Hellenen 
mit ihrem e und o einen abfall von dem paradiesischen dreiklang aiu 
begangen hätten. nun zieht es mich sehr wenig zu jener indogermani- 
schen urreligion; ich habe es deutlich genug gesagt, dals ich nicht ein- 
mal an die existenz eines panhellenischen urvolkes glaube. aber davon 
abgesehen, ich verlange sehr wenig danach, über die vorstufen der reli- 
gion zu grübeln, die allein in wort und bild zu mir spricht. ich be- 
gegne nicht gerne den lieben göttergestalten als fohlen kälbern und 
vögeln, obwol ich gar nicht für ausgeschlossen halte, dafs sie womöglich 
einmal als maikäferpferde oder eselheuschrecken einhergegangen sind, 
oder wie man die fratzen der inselsteine nennt. meine wünsche sind viel 
bescheidener. mich verlangt zu wissen, was die Hellenen, mit denen und 
für die ich lebe, bei ihren göttern, die für sie gegeben waren wie die 
natur die sie umgab und die sprache die sie redeten, gedacht und em- 
pfunden haben, wissen möchte ich das zunächst gar nicht aus wissen- 
schaftlicher neugier, sondern um es nachzuempfinden, denn ohne ihre 
religion verstehe ich die Hellenen nicht, und religion ist empfindung in 
erster linie, keine belehrung. soweit sie aber belehrung ist, hat sie einen 
praktischen zweck. sie sagt den menschen zwar auch, wie begreife ich 
die welt um mich; aber wichtiger noch für ihn ist es, darüber aufgeklärt 
zu werden, wie begreife ich die welt in mir. denn die kraft zu leben, 
trotz der welt um uns und in uns glücklich zu werden, verleiht dem 
menschen nun einmal einzig und allein sein glaube. und wie soll ich nun 
dazu gelangen, den hellenischen glauben zu erfassen? sagen, so geradezu 
sagen können mir das meine Hellenen freilich nicht, oder doch nicht die 
grolse menge von ihnen, und viele generationen können es überhaupt nicht; 
aber absehen kann ich’s ihnen doch einigermafsen, wenn ich sehe, wie 


Vorwort. XV 


sie unter ihrer götter regiment leben und handeln, geniefsen und leiden, 
und wie sie sich zu ihren göttern stellen. einigen bevorzugten aber 
haben die götter das charisma ihres geistes gegeben, dafs sie sagen 
können was sie empfinden; anderen sind die götter erschienen und haben 
ihnen die gestalten offenbart, in denen sie sie bilden, wir sie schauen. das 
sind meine wegweiser, auch in die zeiten, die für sie bereits vergangen- 
heit waren. ihrer weisung folgend werde ich meinen weg gehen, unbeirrt 
durch die Anthropologen und die Theologen von heute: denn was mir mut 
gibt ist nicht das selbstvertrauen auf moderne weisheit, am allerwenigsten 
die meine, sondern die liebevolle hingabe an den alten glauben. 


Göttingen. 
U.v.W.-M. 


DER HERAKLES DER SAGE. 


Die geschichte unseres weltteils beginnt in Hellas. sie beginnt viele Hellas vor 
jahrhunderte früher, als den Hellenen auch nur eine ahnung davon auf- Wanderung. 


steigt, dafs sie als volk in herkunft sprache glauben recht eine einheit 
bildeten oder je gebildet hätten; ist doch vielmehr die entwickelung aus 
der zersplitterung zur einheit der inhalt ihrer geschichte. aber sie beginnt 
doch erst in einer zeit, wo das land das jetzt wieder Hellas heilst von 
menschen arischen stammes besetzt war, die gespalten in eine unzahl 
von stämmen und ihrer verwandtschaft unbewulst gleichwol alle unter 
dem namen der Hellenen, der eigentlich nur einem jener kleinen 
stämme zukam'), von uns begriffen werden können und müssen?). was 


1) Σελλοί sind die verehrer des Zeus und der Dione im eichenhaine von Dodona: 
das sind die ältesten Europaeer die wir kennen; sie waschen den staub nicht von 
ihren füfsen und schlafen auf dem nackten waldboden, und der älteste gott Europas 
redet zu ihnen im rauschen der eiche, deren früchte sie nährt, und durch die stimme 
der wilden taube. "Elinves (eigentlich 'Eilnves) sitzen am unteren Spercheios, 
Achilleus ist ihr held: aber dafs sie dorthin gedrängt sind, ist schon eine folge der 
völkerwanderung. "Eilonec, eine regelmäßig gebildete nebenform, haben auch in 
Thessalien, auf Eubois, in Aetolien spuren hinterlassen. φτιελλέζω σελλέζω ἐλλός 
ἕλλοῳ bieten eine lautlich unanfechtbare etymologie: und es liegt nichts vor, was 
den namen unglaublich erscheinen liefse, den andere stämme, z. b. die einwanderer, 
aufgebracht baben können. aber merkwürdig ist es freilich, dafs die Hellenen selbst 
sich mit einem worte bezeichnet haben, das dem sinne nach sich mit θάρβαρος 
deekt, und mit niemiec, wie die Siaven ihre germanischen nachbarn nennen. 

2) Seit dem 8. jahrhundert gilt der Hellenenname als allumfassender sowol 
bei den asiatischen epikern wie im Peloponnes, und von göttern führt ihn nur 
Zeus und vereinzelt Athena. es mag aber erlaubt sein, ihn als collectivnamen der 
sautochthonen Hellenen im gegensatze zu den einwanderern zu verwenden. damit 
treten wir freilich in gegensatz zu Herodot. er hat sich (I 56—58) die sache so 
zurecht gelegt: Deukalion, sein sohn Hellen, sein sohn Doros lebten in Phthiotis, 
in Hellas (dies nimmt er aus Hesiods Katalogen): also die Dorer sind ‘Hellenen'. 
jetzt sitzen sie im Peloponnes, dahin sind sie vom Parnass gekommen (dessen vor- 
dorische bevölkerung er mit dem mythischen namen JpVores 'Eichenmänner' benennt, 

v. Wilamowitz I. 1 


2 Der Herakles der sage. 


immer auf grund von erwägungen anderer art über vorgeschichtliche urzeit 
vermutet werden mag: für die geschichte sind diese Hellenen autochthonen, 
wie sie es selbst auch nicht anders gewulst haben. 

Auf den inseln von Samothrake bis Rhodos’) und an der ganzen 
westküste Asiens bis tief in das land hinein safs ein anderer complex 
von stämmen, der sich nie zu einem volke condensirt hat, sondern 
schlielslich in die Hellenen aufgegangen ist. er mag den collectivnamen 
der Karer (Kaf£osg) von dem kraftvollsten stamme tragen, der sprache 
und sitte in seinen bergen bis über Alexanders zeit hinaus bewahrt und 
sein blut als einen sehr wertvollen zusatz mit dem hellenischen vermischt 
hat"), während die minder widerstandsfähigen stämme auch an mut und 


aus den dorischen sagen), dorthin vom Pindos, wo sie mit den Makedonen noch 
vereint safsen: so weit reicht die geschichtliche tradition. das mittelglied, vertreibung 
vom Spercheios in die berge, erschliefst er, und als die vertreibenden setzt er 
Kadmeier an, wie er glauben mufste, probabel, da er diese für Phoenikier hielt. 
für die urbewohner, die also nie ausgewanderten, greift er den namen Pelasger auf, 
der an einer thessalischen gegend, in dem auf autochthonie pochenden Athen und 
in Argos, auch für die autochthonen, haftete., aufserdem nannten zu seiner zeit die 
Hellenen barbarische bevölkerungen so, die in etlichen winkeln des thrakischen 
küstenlandes und auf Lemnos salsen. da diese unverständlich redeten, nimmt er 
eine barbarische pelasgische sprache an, die notwendig auch vor der dorisch- 
hellenischen einwanderung in Griechenland geherrscht haben mußs; z. b. die Athener 
kann erst Ion, der enkel des Hellen, nefle des Doros, hellenisch gelehrt haben. 
das ganze ist eine durchsichtige combination, die aber den pelasgischen unsinn der 
modernen gezeugt hat, zumal der kategorische widerspruch der Athener die Pelasger 
statt der Dorer-Hellenen πλάνητας add nannte (Strab. 221 aus Apollodor). es liegt 
auf der hand, dals zwar jedes einzelne volk, das den namen führt, eine concrete 
realität ist, aber Pelasger nur im gegensatze zu den Hellenen heifst. allerdings 
mufs ursprünglich ein volk diesen namen nicht bloß in relativer bedeutung getragen 
haben, das noch zu suchen, und in den penesten der Pelasgiotis von E. Meyer 
vielleicht gefunden ist. das volk der I/slonss, die Peloponnesier, hat Buttmann 
entdeckt; es dürfte, wie “ρύοπες Ἔλλοπες, eine bezeichnung sein, die die einwan- 
derer aufbrachten. Μέλοπες sind πελιοέ: die πελασγοί sind ihre verwandte, denn 
seit ἄσγλα alyka feststeht, ist πελασγοέ gedeutet, ἀσγός ἀργός d.i."weils’. sie sind 
nicht störche, aber wie die störche sind sie "die schwarzweifsen‘; auch Αἴολος Ξοῦϑος 
und Φοξνεξ sind farbenbezeichnungen. 

3) Auf den Kykladen zieht die sage des Anios, der offenbar ein Karer ist, 
noch Andros in ihre kreise; auch nach Thasos greift sie über, was recht wichtig ist. 
dagegen fehlen karische spuren auf Euboia und Keos. 

4) Θαλῆς Ἑξαμύου sind zwei karische namen, Avufas, der vater Herodots, 
Πανύασσις, Bovafıs sind karisch. Σκύλαξ Kapvardeds war ein Karer. λΙαύσσωλλος 
Ἑκατόμνω zeigt uns noch, wie ein vollblutkarer aussah. sein vater heifst “sclav der 
Hekate,, mit hellenischem namen (urarla = ὃ ιέα in Kreta), aber einer orientalischen 
auffassung des verhältnisses von gott zu mensch. nach derselben göttin von Legina 


Karer. Orientalischer einflufs. 3 


sinn schwächer gewesen sind’), es ist an sich wahrscheinlich, dals die 
Karer einst auf die europäischen küsten übergegriffen haben, allein im 
agentlichen Hellas war der procels, der sich im 5. jahrhundert in Asien 
vollzieht, ein jahrtausend früher bereits abgeschlossen®). ohne zweifel 
gab es neben den Karern auch volksstämme, denen wir eine sonder- 
stellung anweisen würden, wenn wir sie kennten’), vermutlich sind sogar 
nicht-arische, doch keinesfalles semitische darunter gewesen. allein die 
geschichte mufs notgedrungen von dem absehen, was abstirbt ehe sie 
beginnt. 

Karer und Hellenen waren gleichermalsen darauf angewiesen, die 
civilisation von den Asiaten zu empfangen. die see befuhren beide, und 
so werden sie als räuber und händler selbst an die küsten von Syrien 
und Aegypten gelangt sein; ebenso werden schiffe aus jenen längst höher 
eivilisirten ländern zu ihnen feindlich und freundlich die fahrt gewagt 
haben. dafs die Aegypter selbst nicht seefahrer waren, verschlägt wenig, 


biefs der Milesier rein hellenisch Ἑκαταῖος. ᾿Αρτεμίσέα, abgekürzt Aprewis (bei 
Herodas, auf Karpathos 1078 Hiller, in Knidos 3537 Bechtel, und schon in Platons 
testament Diogen,. 3, 42) heifst nach derselben göttin in anderer übersetzung. 

5) Das gilt namentlich von den Maionern und Lydern, in denen aber auch, 
wie die sprache zeigt, innerasiatische elemente stecken. andere stammnamen werden 
Teukrer, Gergither (in der Troas, bei Milet, auf Kypros), Igneten (auf Rhodos) sein; 
die rhodische localsage enthält noch mancherlei karisches. auf Kreta zeugen für 
sie ein stadtname wie M/laros, ein eigenname wie Θαλήτας. an andern orten haben 
die hellenischen einwanderer ihre feinde mit heimischen namen genannt; daher finden 
wir im inneren atramyttenischen golfe, wo die Hellenen nie festen fuls fassen 
kounten, Pelasger und Leleger, die letzteren auch an andern orten. damit ist über 
die race dieser bevölkerungen gar nichts gesagt, so viel unfug auch jetzt mit dem 
Lelegernamen getrieben wird. wo dieser zu hause ist, lehrt die hesiodische völkertafel. 

6) Mit einigem scheine sind für karische bevölkerung dort nur bergnamen 
angeführt, allein auch dieser schein dürfte trügen. ehe man den namen Aaela für 
die burg von Megara verwenden kann, mu[s man wissen, ob das « lang oder kurz 
ist: der Zeus Kdgsos oder Kapasds in Boeotien hat schon den Herodotos getäuscht. 
dagegen ist die thrakische küste wol sicher von Karern besetzt gewesen, denn 
allerorten von Neapolis bis Byzantion verehrt man ihre grofse jungfräuliche göttin, 
unter wechselnden namen, Παρϑόνος Φωσφόρος Exarn Ἠλεκτρυώνη, Ἕλλη Hog. ihre 
sawesenheit auf den inseln, Ikaros Leros Patmos Delos (Ἑκάτης νῆσοο), ist besonders 
wichtig. die ephesische Artemis ist wol ursprünglich ein anderes wesen, innerasia- 
tischen ursprunge. 

7) Dahin mögen die ‘echten Kreter’ gehören, die sich in Praisos bis in die 
schreibende zeit gehalten haben, wenn sie nicht karisch waren; auch die Kaunier, 
die unsere gewährsmänner von ihren umwohnern absondern. die wichtigsten sind 
die Tremilen, die ich von den Troern nicht mehr zu sondern wage. sie sind in 
der Troas wie in Lykien ersichtlich zuwanderer von der seeseite. 

1 . 


4 Der Herakles der sage. 


da Kypros und lange zeit auch Syrien ihnen gehörte, also ihre cultur 
verbreitete. dieser asiatische einfluls ist von grofser bedeutung; dagegen 
kann von einer herrschaft oder gar ansiedelung der Asiaten in Hellas 
keine rede sein. auf die vermitteler kommt auch nicht sehr viel an, und 
die Phoenikier, die schofskinder des modernen philosemitismus, sind nie- 
mals mehr gewesen ; selbst von der vermittelung aber fällt ihnen in diesen 
ältesten zeiten sehr viel weniger zu als noch immer geglaubt wird®). die 
nächsten dazu waren selbstverständlich die Karer, und für sie bedeutete 
die dauernde berührung mit ihren innerasiatischen nachbarn notwendiger- 
weise noch mehr als der seeverkehr. diese binnenländische cultur, die 
eben in unseren tagen erst deutlicher hervorzutreten beginnt, wird die 
wichtigsten aufschlüsse bringen. die phrygisch-armenischen Arier, die 
Semiten Nordsyriens und die vielleicht eine eigene race bildenden ein- 
wohner des Taurus (Solymer, Milyer, Lykaoner, Isaurer, Kiliker) be- 
rühren und vermischen sich; was sie aber übermitteln ist babylonischer 
oder doch mesopotamischer herkunft, und im grunde dasselbe ward von 
Byblos und Sidon über die see geführt; von hier kam aber daneben 
auch aegyptisches, und der macht des neuen Reiches entsprechend über- 
wiegt das aegyptische in der entscheidenden zeit. von allem importirten 
kleinkram abgesehen kam von den Aegyptern der anstols zu der be- 
arbeitung von stein und erz und zu der stilisirung von haus und hausrat, 

Dem übermächtigen einflulse einer jahrtausende älteren civilisation 
gaben sich die Hellenen mit kindlicher unbefangenheit hin, aber Hellenen 
waren sie damals schon: sie flölsten dem fremden das sie aufnahmen den 
hauch ihres geistes ein. ihr fürstenhaus ist in der anlage das gehöft 
eines bauern, und das spätere hellenische haus zeigt die grundlinien der- 
selben anlage”). auf dem grolsen hofe, der eigentlich für das vieh be- 
stimmt war'‘), steht der altar des Ζεὺς ἐρκεῖος, und in der männer- 
halle, d.h. dem wohnraume nimmt ἑστία die mitte ein: das eind die 


8) Die homerischen zeugnisse über sidonische händler und sidonische industrie 
gelten nur für die zeit ihrer entstehung und gehören gerade sehr jungen partien 
des epos an, wol um ein halbes jahrtausend jüngeren als die zeit, von der hier 
die rede ist. sie entsprechen erst dem orientalischen einflufse, den die Ῥτοίο- 
korinthischen’ vasen zeigen. semitische lehnwörter fehlen der alten sprache fast 
ganz: denn es ist unerlaubte unwissenheit, die immer noch mit βωμός ἑορτή ὀϑόνη 
χετών (Studniczka beitr. z. altgr. tracht 18) operirt. PoswıE selbst ist ein gut 
griechisches wort. die wirklichen lehnwörter fowos ρόδον σῦκον ἐλαέα χρυσός 
iordern oder ertragen die vermittelung anderer sprachen. 

9) Vgl. zum botenbericht. 

10) Daher wälzt sich der trauernde Priamos αὐλῆς dv κόπρῳ. 





Die heroische zeit. 5 


malstätten der althellenischen religion, die noch mit sitte und recht zu- 
sammenfällt. der “gott des gehöftes’ ist der gott des selbstherrlichen 
mannes, den der grund- und hausbesitz macht, und der selbst könig und 
priester ist. um den herd sammeln sich die hausgenossen, gäste und 
celienten, die in der herren hand und schutze stehn. die toten der familie 
finden ihre ruhe unter dem steinernen kuppelzelte, das so weiträumig ist 
und so stattlichen zugang hat, damit die lebenden den verkehr mit ihren 
vorfahren nicht vergessen: nur ein selshaftes volk, das auf die dauer 
und die heiligkeit des geschlechtes das höchste gewicht legt, konnte diese 
gräber so anlegen. der baukunst, die aus der fremde kam, stellte der 
bellenische boden neue aufgaben; in dem berglande galt es hochstrafsen 
zu schneiden und zu festigen, schluchten und runsen zu überbrücken. 
die wilden wasser wurden häufig von felsschlünden aufgenommen, die 
zwar die natur geschenkt hatte, die es aber zu reinigen und zu erweitern 
galt, und wenn Athamas sein gefilde durch deiche (γέφυραι) dem Kephi- 
sos abgewann, so mulste Danaos das seine (τὸ ἄργος ist ja "das gefilde’) 
durch bewässerung anbaufähig machen. 

So gewaltige werke sind nicht möglich gewesen ohne starke cen- 
tralisation der politischen macht und das aufgebot frohndender massen. 
Orchomenos und Mykene müssen herrscher gehabt haben, wie sie später 
jahrhunderte lang nicht aufgetreten sind; aber schon die menge der burgen 
dieser periode, die wir kennen und die ohne zweifel noch sehr stark ver- 
mehrt werden wird, gebietet sich vor übertriebenen vorstellungen zu hüten''). 
man hört am besten auf die schilderungen des epos, die sich in über- 
raschender weise von tag zu tage mehr bewahrheiten. Homeros und 
Hesiodos erzählen von der heroenzeit, da vielerorten prachtvolle burgen 
standen, mit mauern, die keine sterblichen arme geschichtet, voll von 
kleinoden, die kein irdisches feuer geschmiedet hatte; in ihnen allen sals 
als haupt seiner sippen und knechte ein selbstherrlicher fürst, und 
höchstens für eine weitaussehende unternehmung wählten sie sich einen 
herzog mit sehr prekärer gewalt. schon für Homeros ruht über der 
heroenzeit jener schimmer, der eine gestürzte welt zu umgeben pflegt. 
sie wissen und sagen es, dafs ihre gegenwart durch eine kluft von der 


11) E. Meyer hat den einfall vorgetragen, dals der völkerwanderung ein grolses 
reich von Argos vorhergienge; indem er an Karl den grofsen erinnert, widerlegt er 
sich selbst. der hatte ja in dem römischen weltreiche ein allgemein bekanntes vor- 
bild. so etwas gab es wol in Asien, aber nicht in dem bergländchen Hellas. gegen 
Theben zieht nicht Adrastos, sondern ziehen die Sieben, und Agamemnon ist den 
andern königen keineswegs in allen liedern übergeordnet. 


Die 
beroische 
zeit. 


6 Der Herakles der sage. 


heroenzeit geschieden ist. wie sollten sie darin irren? sie haben es auch 
nicht getan. sehen wir uns das Hellas des Hesiodos an. die stolzen 
burgen sind gebrochen; die athamantische flur ist versumpft; der verkehr 

mit den auslande hat fast ganz aufgehört. dafür sind die Karer auf 
den inseln und an der asiatischen küste verdrängt oder bezwungen, haben 
sich in neuen städten neue stämme, hat sich mit den gemeingefühle, 
das der gegensatz in der diaspora erzeugte, der gemeinsame Hellenen- 
name gebildet, und der überschufs dieser hellenischen jugendkraft ge- 
winnt sich noch beständig neue ferne gebiete'?). 

So würde uns die vergleichung der zustände das factum erschliefsen 
lassen, auch wenn es die frivol angezweifelte überlieferung nicht selbst 
darböte, dafs eine gewaltige katastrophe der “heroischen’ zeit'‘) und cultur 
ein ende gemacht hat. eine völkerwanderung hat stattgefunden, die fast 
dem ganzen alten Hellas neue bewohner oder doch neue herren gebracht 
hat. die alten stämme sind fast alle zerschlagen, es haben sich aber 
dafür in Asien die aeolische und namentlich die ionische nation gebildet, 
die es vermocht hat, eine cultur zu erzeugen, der sich schon vor 500 die 
Aeoler und Dorer Asiens willig unterordnen, und mit fug und recht sind 
dem ganzen oriente ’Iafoves und Hellenen identisch‘'‘),, im mutterlande 

12) Gewifs richtig nimmt E. Meyer an, dafs die völkerwanderung nach denı 
osten, vielleicht auch dem westen, schon in der heroischen zeit begonnen hat und 
nicht erst des anstosses der einwanderer bedurfte. aber gerade wenn sie mit erfolg 
begonnen war, wichen die Hellenen um so leichter dem ansturme der einwanderer 
aus. und es war doch die not, der Lyder und Karer nicht herr werden zu können, 
die später die colonien Milets, die unüberwindlichkeit Lykiens, die die colonien von 
Rhodos erzeugt hat. 

13) Wir müssen den ganz üblen namen 'mykenäische cultur’ u. dgl. mit 
diesem alten und guten vertauschen. 

14) Der volksname ist gebildet wie Aorrs Xaoses, also kein lehınwort aus dem 
orient, wie Müllenhoff (D. A. I 59) wollte. obgleich im mutterlande kein volk nach- 
weisbar ist, das den namen getragen hat, kann man nicht umhin, auch in ihm einen 
solchen stammnamen zu sehen, der, weil die eigentlichen träger untergegangen waren, 
zur bezeichnung des neuen volkes gut schien. der in Athen aus Euboia zuwandernde 
Ion, Xuthos sohn, zeigt schon darin, dafs er niemals in der älteren namensform 
begegnet und den accent so trägt, dafs die contraction nicht empfunden ist, dafs 
er erst durch die hesiodische völkertafel entstanden ist, oder vielmehr durch die 
dieser zu grunde liegende in Asien entstandene völkerscheidung. das geschlecht 
Ἰωνέδαε (später auch gemeindename) kann schon eher auf zugewanderte Ἰάονες 
gurückgehn. jedenfalls ist es älter als die identification der /dor,ss mit den Athenern, 
welche in einem sich durch vieles fremdartige selbst ausscheidenden stücke der 
Ilias N 685—700 auftritt: und selbst dieses hat Androtion dazu benutzt die 7άονες 
„4$nvaloı von den Ἴωνες zu unterscheiden (schol. BT zu N 685). sucht man die 


Die völkerwanderung. 7 


waren die verwandten der Aeoler und Ionier aulser am ostrande (Athen, 
Euboia, Kynuria) und im arkadischen gebirge untergegangen oder ge- 
knechtet oder mit den einwanderern zu neuen stämmen verschmolzen. 
diese alle waren zwar unter den gemeinsamen Hellenennamen mit ge- 
treten. die volksstammbäume trugen dem eben so wol rechnung wie die 
einzelner familien. aber der gegensatz, der zur zeit ihrer einwan- 
derung jede ursprüngliche stammesverwandtschaft überwogen haben mulfs, 
ist deshalb nicht beseitigt. denn fremden geistes sind die einwanderer 
alle zeit geblieben. deshalb ist die völkerwanderung für die geschichte 
Griechenlands so verhängnisvoll. denn der peloponnesische krieg ist der 
letzte act des jahrhunderte langen kampfes, der, fast immer den kämpfen- 
den unbewaulst, darum geführt ward, die Hellenen und die einwanderer 
zu einer nationalen einheit zu verschmelzen. als auch dieser versuch 
scheitert, ist ihr politischer untergang unvermeidlich. 

Wir stellen uns die völkerwanderung unwillkürlich als eine schiebung Die völker- 
von nord nach süd vor und rücken damit die örtlich gesonderten ein- wanderang. 
zelnen acte in eine zeitliche reihe. damit machen wir ganz unbeweisbare 
voraussetzungen; aber das gesamtbild wird schwerlich dadurch unrichtig. 
dagegen ist es ein schwerer mangel, dafs wir die bewegung auf die Balkan- 
balbinsel beschränken. nach allen analogien muls vielmehr angenommen 
werden, dals die völkerbewegung in den ebenen nördlich des Balkans 


Ἰάονες, so weist Herodot, der sie aus Achaia ableitet und die Kynurier für Ionier 
erklärt, auf den Peloponnes. da treffen wir in der Pisatis auf Zwvldes νύμφαι 
(Strab. 356, Pausan. VI 22, wol aus im grunde identischer tradition, Nikander georg. 
bei Athen. 683°). diese sind mit ἐᾶσϑαε zusammengebracht, denn eine heifst ασες, 
und sie sind die mädchen einer heilquelle; ebenso mit ον (Nikander), und man 
denkt an Iamos; endlich auch mit Ion, der sohn des Gargettos heifst: auch der flufs, 
in den das quellwasser rinnt, Audingos oder Avdrjosos, stimmt zu einem attischen 
dorfnamen, Κύϑηρρος. an die Ionier denkt niemand, obwol Nikander die namensform 
Ἰαστέϑες sich erlaubt. der namensanklang ist in der tat zu vielen zufälligkeiten 
ausgesetzt, als dafs man auf ihn bauen könnte: die contraction sollte doch im Pelo- 
ponnes Jas/dss ergeben. ᾿άων selbst findet sich nur einmal, als name eines arka- 
dischen flusses (Kallim. an Zeus 22; Dionysios perieg. 416 schreibt ab), der sich 
nicht localisiren läfst: aber diese anknüpfung darf nmıan wol festhalten. der 7όνεος 
πόντος kann mit Ἰάονες so wenig wie mit /& etwas zu tun haben: er führt auf 
loves. diese sind vielleicht nach dem vorgange Theopomps (schol. Pind. Pyth. 3, 
120) in Iliyrien zu suchen. übrigens heifst auch der westliche teil des Pontos 
Idrıos (Apoll. Rhod. IV 289), was wit dem glauben an die umschiffbarkeit der 
Balkanhalbinsel zusammenhängt. ein thessalischer fluss Ἴων bei Strabon VII 327 
darf nicht herangezogen werden, denn diese namensform trägt keine spur einer 
eontraction an sich, und Z/d#o» würde im thessalischen schwerlich so contrahirt 
worden sein. 


Thraker. 


8 Der Herakles der sage. 


und der Donau noch viel stärker gewesen ist und mindestens die Apennin- 
halbinsel ebenso heimgesucht hat, auf der sich die bevölkerung zum teil 
sicher in schichten zerlegt, die successive von nordosten zugewandert sind. 
die erschütterung hat sich vermutlich noch viel weiter hin fühlbar ge- 
macht, und die forschung wird, sobald sie erst mit einiger sicherheit ihren 
horizont erweitern kann"), auch die griechischen völkerzüge richtiger 
beurteilen, die immer das wichtigste bleiben werden. ihnen gilt die folgende 


' überschau. 


Der erste stols brachte die arischen aber unhellenischen stämme in 
bewegung, die wir unter dem namen der Thraker (Θρέικες) begreifen. 
sie verdrängten die Karer von den küsten sammt den inseln davor, ver- 
suchten auch noch, wenn auch ohne erfolg, auf den Kykladen fuls zu 
fassen‘‘) und zogen mit macht nach Asien hinüber. hier haben sie 
neben den Karern die innerasiatische bevölkerung verdrängt oder unter- 
jocht, die den Armeniern nächst verwandt war, und ein thrakischer stamm, 
den wir als Βρύγες in Europa kennen, kommt nicht nur bei Kyzikos 
als Βέβρυχες in voller thrakischer wildheit wieder zum vorschein, sondern 
hat im inneren Asien für die Hellenen seinen namen als Φρύγες") an 
die alteinheimische bevölkerung abgegeben, in der er sich eben so verlor 
wie die Myser, deren namensvettern gar jenseits des Balkan wohnen, 
und die im Kaikostale schon zu Herodotos zeiten ihre nationalität so weit 
eingebülst hatten, dafs sie für vettern der Lyder galten. im nordwesten 
haben sich die thrakischen einwanderer, verstärkt durch häufigen zuzug 
aus der heimat (der Kimmerierzug fällt als letzter schon in die geschicht- 


15) Busolts und E. Meyers griechische geschichten haben mit glück die 
aegyptischen berichte über invasionen von der seeseite herangezogen. die identifi- 
cation der namen erscheint indessen noch verfrüht. 

16) Namentlich von Naxos sind traditionen der art erhalten, die durch den 
dortigen Dionysoscult wichtig und glaublich werden. Thraker sind auch die Sintier 
von Lemnos, die man erst spät mit den sagenhaften namen Pelasger und Tyrsener 
nennt. Imbros hat einen karischen namen, aber der ithyphallische gott Ὀρϑάννης 
ist wol von dem thrakischen Z/p/nrtos nicht verschieden, der in Parion mit Eros, 
in Ainos mit Pan geglichen ward. 

17) Es ist sehr wichtig, diese doppelnatur der Phryger und Myser zu er- 
kennen. Midas und der Silen, die rosengärten, der Dionysoscult gehören ‚notwendig 
den ‚thrakischen einwanderern an, die göttermutter den Asiaten, und wenn sie auch 
am Ida und "Dindymon verehrt wird, so ist das ein rest der vorthrakischen zeit. 
dafs beide götter sich verbinden, ist ein ausdruck der mischung. die Phryger, die 
das drama verhöhnt und denen der spruch Φρὺξ ἀνὴρ πληγεὶς ἀμείνων gilt, sind 
im charakter von den Lydern nicht verschieden: die satrapie Depvyia ἐφ᾽ Ellno- 
σιόντῳ hat eine ganz andere bevölkerung. 


Thraker. Westliche einwanderer. 9 


lich controllirbare zeit), länger rein erhalten, der hellenisirung starken 
widerstand geleistet, aber schliefslich im gegensatze zu den schlaffen und 
innerlich hohlen Asianern, die auf lydisch-phrygischem boden erwuchsen, die 
kräftigsten hellenischen männer der römischen kaiserzeit hervorgebracht'*). 

In Europa ist die südgrenze der Thraker schwer zu bestimmen; 
daß schwärme von ihnen auch hier tief in das land gedrungen sind, 
kann man an sich schwer bestreiten, und gerade so gut wie die thraki- 
schen Treren mit den Kimmeriern gezogen sind, mögen andere selbst 
mit den Boeotern gekommen sein; jedenfalls hat man dort von ihnen 
erzählt und die übertragung des Musencultus vom Olympos Pieriens nach 
dem Helikon ihnen zugeschrieben'’). noch schwerer ist es über die ur- 
sprüngliche nationalität der vielen kaum mehr als den namen nach be- 
kannten stämme zu urteilen, die allmählich in das volk der Makedonen 
aufgegangen sind”). dieser sicher der griechischen familie angehörige 
stamm safs am tiefsten in den flulstälern des Ludias Axios und Hali- 
akmon, kam deshalb sehr früh in berührung mit den Hellenen und be- 
wirkte die einigung seiner nation und die einverleibung der griechischen 
und thrakischen stämme durch die gemeinsame hellenisirung. 

Auf althellenisches gebiet drang ein gewaltiger strom der einwanderer Westliche 
im westen, besetzte Epirus Akarnanien Aetolien und drang sogar über einwanderer. 
das ionische meer nach dem südlichen Italien. die schwierigkeit der 
sonderung, die im westen gegenüber den Thrakern stattfindet, ist hier 
gegenüber den Dlyriern vorhanden, und auch illyrische spuren fehlen in 
Süditalien nicht”). hinzu kommt, dafs die althellenische bevölkerung 


18) Die beiden Dion und Arrian gegenüber Aristides, Lollian, Polemon zeigen 
das ergebnis der verschiedenen blutmischung am deutlichsten. aber derselbe unter- 
schied läfst sich durch alle jahrhunderte hinauf verfolgen. 

19) Tereus war den Athenern ein Thraker, als er noch in Megara wohnte, und 
Orpheus hat ebenfalls schon für einen Thraker gelten müssen, ehe er an das Pangaion 
versetzt ward. Tegyrios, der Thrakerkönig, zu dem Eumolpos flieht (Apollod. bibl. 
3, 202), ist offenbar eigentlich der vertreter des Apollonorakels in Tegyrion. 

20) Für die einwanderung der Thraker und Makedonen sind die volkssplitter 
besonders bezeichnend, die hier und da am rande haften blieben und schon den 
gelehrten des 5. und 4. jahrhunderts unrubricirbar waren, bis wohin sich reste von 
ihnen erhielten. es sind “gottlose Thoer vom Athos, die Doloper von Eion und 
Skyros, deren namen im epos ein hellenischer stamm führt, der auch im oetäi- 
schen berglande sich erhalten hat, die 'Pelasger’ von Krestone, und die mit den 
Mesapiern (auf dem wege einer kretischen wandersage) gleichgesetzten Bottiaeer. 

21) Die sonderung der bevölkerungen in Apulien und Calabrien, also auch 
die auseinandersetzung mit den gelehrten combinationen, denen sie E. Pais in seiner 
storis della Sicilia unterzogen hat, fällt aufserhalb meines urteils. 


10 Der Herakles der sage. 


an der auswanderung nach westen auch nicht ganz unbeteiligt geblieben 
sein wird: dafs sie als äufsersten vorgeschobenen posten Ithaka schon 
in heroischer zeit besetzt hatte, ist selbst den auswanderern im fernen 
Asien nicht aus dem gedächtnis geschwunden. wenn wir Xaoves oder 
Χαῦνοι um den fluls Χῶν in Epirus und Xövec bei Kroton antreffen, 
so ist ein stamm der einwanderer unverkennbar. wenn der stamm der 
Graer am flulse Oropos in Epirus, eben derselbe an einen: gleichnamigen 
flulse gegenüber von Eretria vorhanden ist, so ist das ein althellenischer 
ausgewanderter stamm: nennen aber die Italiker mit diesem namen die 
Hellenen überhaupt, so wird das eine übertragung sein, die die einwan- 
derer in Epirus vollzogen hatten und mit nach Italien brachten. wenn 
in Boeotien wenig nördlich von den letzten sitzen der Graer ein Meooa- 
cı0y (boeotisch Alerrarııov) ὄρος liegt, in Süditalien Nleooascıoı wohnen, 
und έταβον liegt, derselbe name in wenig geänderter form auch in 
Elis und Kreta vorkommt, so hat sich ein althellenischer name auf ein- 
wanderer übertragen, doch wol, weil sie sich mit jenen gemischt hatten”). 


22) Melanippe, die dem Poseidon (von Onchestos) den vertreter des boeotischen 
(onchestischen) bundes, den Boiotos, und den vertreter der asiatischen Aeoler, Aiolos, 
gebiert, ist notwendigerweise am εττάπεον ὄρος und nicht bei den Messapiern zu 
hause, die man um des namens willen mit jenem verband (Phot. s. v.). so war es 
bei Asios: denn er liefs Melanippe den Boiotos (wol aus furcht vor ihrem vater) 
im hause des Dios gebären: das ist der sohn des Anthas, gründers von Anthadon 
(Steph. Byz. s. v.), am fufse des Messapions. ganz richtig hat mit diesem verse 
und mit dem nachweise, dafs der alte name des gründers von Metapont Mdraßos 
wäre, Antiochos die zu seiner zeit und trotz ihm auch später herrschende ansicht 
widerlegt, die von Strabon mit folgenden worten zusammengefalst wird (265) ἐνταῦϑα 
(in Metapont) καὶ τὸν Μετάποντον μυϑεύουσε καὶ τὴν Μελανέππην τὴν δεσωῶτεν 
καὶ τὸν ἐξ αὐτῆς Βοιωτόν. auf wen Strabon deutet, zeigt das beiwort Melanippes. 
also hat man mit recht immer die handlung der euripideischen Melanippe nach 
Metapont verlegt: die auch im einzelnen fast durchweg verkehrte behandlung der 
sage durch R. Wünsch (Rh. M. 49) wird das nicht umstofsen. aber Antiochos zeigt, 
dafs Euripides nicht der vater dieser übertragung ist, und Beloch (Herm. 28, 604) hat 
mit recht die attischen ansprüche auf Siris damit verbunden. weiteres bleibt zu suchen. 
beiläufig, die worte, mit denen Strabon über Antiochos referirt, sind 80 wie sie 
überliefert sind und immer wieder nachgedruckt werden, kein griechisch. es ist 
aufser richtiger interpunktion eine partikel nötig: δοκεῖ δ᾽ Avrioyos τὴν ndlıw Me- 
ταπόντιο» eipjoFaı πρότερον Μέταβον, παρωνομάσθαι δ᾽ ὕστερον, τήν τε Meba- 
νέππην οὐ πρὸς τοῦτον ἀλλὰ πρὸς εἴϊον κομισθῆναι ἐλέγχειν (δ )ήρῷον τοῦ Me- 
τάβου καὶ Acıov τὸν ποιητὴν ἃ. Β. τ. die verpflanzung der boeotischen heroine 
nach Italien braucht keinerlei boeotische einwanderung zur erklärung, falls sie nur 
eine in dem genealogischen epos gefeierte figur war: die gründer von Boeotien und 
Aiolis bei Euripides gehn Italien doch nichts an. die combinationen vog Pais (Stor. 
di Sic. I app. X) schweben also in der luft, auch abgesehen davon, dals eins seiner 


Westliche einwanderer. Eleer. 11 


es baben sich auch die hintersassen des prächtigen städtekranzes, den 
später die Hellenen an der italiotischen küste gründeten, der cultur sogar 
leichter erschlossen als die Epiroten. unter diesen hat sich nur das heilig- 
tum von Dodona als hellenisches zu behaupten gewulst”). die stolzen 
burgen von Kalydon und Pleuron in Aetolien sanken in trümmer, die 
weingärten des Oineus verödeten, und ein ungeschlachtes volk, ohne 
staatliche einigung, feste wohnstätten und selbst das braten des fleisches 
verschmähend entzog das land, dem der alte name Aetolien blieb, bis 
in das 4. jahrhundert völlig der gesittung. die hellenische bevölkerung 
floh nach dem Peloponnes und bis nach Chios; aber wie das heldenbild 
des Meleagros an die kämpfe, so bewahrten die flüchtigen Tydeus und 
Oineus die erinnerung an die flucht; ihr feind Agrios ist der eponym 
des stammes der Agrianer. so ist hier die überlieferung einmal ganz 
unzweideutig, und es kann sich so leicht niemand unterfangen, die richtig- 
keit der aus den sagen gezogenen schlüsse zu bestreiten. auch wie die 
einwanderer sich den alten namen und die alten sagen schliefslich an- 
eignen, ist unverkennbar: erst als sie sich hellenisiren, nennen sich die 
Aetoler mit dem alten namen, und als sie münzen, wählen sie Atalante 
zum münzbilde. 

Auch nach dem Peloponnes hat eine welle dieser fluthinübergeschlagen. 
ein nicht eben zahlreicher stamm, der das gedächtnis seiner herkunft nie 
verloren hat, besetzte zunächst das obere Peneiostal und nannte sich nach 
dieser Fäkıc (vallis) Faizioı. auch er erbte alten sagenruhm, und zwar 
schon früh, den der selbst verschwindenden Epeer. es ist den eindring- 


fundamente geradezu nichtig ist. ein jugendlicher gehörnter kopf auf den münzen 
von Metapont (Head D. N. 63) ist wahrhaftig nicht Arne, ein ganz toller einfall, 
der leider auch in der neuesten auflage der Prellerschen mythologie stehen geblieben 
ist; da neben dem bartlosen kopfe auch bärtige vorkommen, ist er sicher männ- 
lich. ich halte für wahrscheinlich, dafs er eine umbildung des älteren typus, des 
“Acheloos ist. 

23) In der sage von der heimkehr des Neoptolemos und des Odysseus ist viel- 
leicht noch ein nachhall an das alte Hellenentum von Epirus erhalten, aber da die 
epen verloren sind, ist die entscheidung schwer. der ruhm der Aeakiden kann von 
Thessalien hinübergebracht sein: um 470 heifst ein Molotterfürst Admetos nach 
einem altthessalischen heros. die aufnahme heroischer namen in dem makedonischen 
edel zu Philipps zeit ist keineswegs blofs durch genealogische verbindungen, wie 
bei Neoptolemos und Pyrrhos von Epeiros, eingegeben. man wählt die litterarisch 
berühmten Hellenennamen seit alter zeit und jetzt nur mehr, entsprechend der 
steigenden bekanntschaft mit der litteratur. ᾿4λέξανδρος Kaooardpos Μενέλαος 
Meidaygos Πολυδάμας Agoıwön Τήλεφος Τληπόλεμος Εὐρυδῴιη sind solche namen, 
welche lediglich für die sucht der eltern zeugen, mit griechischer bildung zu prunken: 


Eleer. 


Boeoter 
und 
Thessaler. 


12 Der Herakles der sage. 


lingen allmählich gelungen, bis an den Alpheios, ja bis an die Neda 
überzugreifen, aber stammfremd im Peloponnes sind sie immer geblieben 
und erst im 5. jahrhundert zu städtischer siedelung übergegangen, auch 
da noch unvollkommen. 

Denn alle bisher aufgezählten völker haben niemals vermocht, die 
hellenische cultur voll in sich aufzunehmen, wie ihnen denn die helle- 
nische politie innerlich fremd geblieben ist. sie haben die hellenische 
entwickelung lediglich gehemmt und sind doch selbst eben durch diese an 
der entfaltung ihrer eigenen art verhindert worden. nur die Makedonen, 
die eben nicht auf hellenischem untergrunde safsen, sind im 4. jahrhundert 
zu positivem schaffen auch für das Hellenentum berufen worden, doch 
selbst sie um den preis, auf ihr volkstum zu verzichten. 

Diesen stämmen, die man zu einer einheit kaum zusammenfassen 
darf, stehen die gegenüber, welche sich aus der mitte der halbinsel nach 
süden und osten wandten, und sie gehören, trotz allen unterschieden, 
auch positiv zusammen. der vortrab waren die Boeoter, die wir zuerst 
im südlichen Thbessalien antreffen, offenbar schon gedrängt von ihren 
brüdern, den Thessalern, welche dann dieser althellenischen, hoch- 
gesegneten und hochcivilisirten landschaft den namen gaben, die civili- 
sation aber so gut wie ganz vernichteten. sie behaupteten als ein üppiger 
herrenstand nur die herrschaft sowol in den ebenen wie über das 
perrhaebische und magnetische bergland, während die alten bewohner 
in den bergen unvermischt und über das ganze land hin als knechte 
und hörige weiter arbeiteten, die reste ihrer verkümmerten cultur und 
zuletzt sogar ihre aeolische sprache den bedrückern mitteilend. reiner in 
der sprache hielten sich die Boeoter in dem lande, das sie benennen, 
nachdem sie es in harten kämpfen von Koroneia und Theben um sich 
greifend sehr allmählich erworben haben, eine bewegung, welche bis in 
das 6. jahrhundert hinabreicht und eigentlich erst in den kämpfen um 
Oropos ein ende findet. aber die Boeoter sind innerlich viel tiefer 
hellenisirt als die Thessaler und auch viel rascher zu der hellenischen 
städtischen politie übergegangen. diese war auch diesen einwanderern 
von baus aus fremd, aber über die zersplitterung, in welcher die west- 


selbst Πτολεμαῖος kommt in der Ilias vor. es ist verkehrt, diese übereinstimmung 
auf urverwandtschaft zu deuten. die politisch-militärische terminologie, wie sie 
Philippos eingeführt hat, entspricht dem zeitgenössischen griechisch. drazpo« macht 
davon keine ausnahme: es sind die "'kameraden’ des königs, benannt nach dem per- 
sönlichen verhältnisse, nicht nach dem militärischen. der ausdruck gilt genau so 
Σ. Ὁ. für die sokratische schule, 


Boeoter und Thessaler. 13 


lichen völker so lange beharrten, waren sie doch schon bei der einwan- 
derung hinaus. die Thessaler waren sicher, die Boeoter wahrscheinlich“) 
wie die Kelten in tetrarchien gegliedert, die sich im notfalle unter einem 
herzog zusammenfanden. aber die hellenische civilisation safs auf der 
ostküste, trotzdem die kräftigsten elemente auswanderten, zu tief, als dafs 
sie die berren nicht sehr bald zu sich hinübergezogen hätte. die ver- 
hältnisse gemahnen an die besetzungen altromanischer landstriche durch 
die Germanen, die auch ihr volkstum unweigerlich einbüfsen müssen. in 
geistiger beziehung hat sich der gegensatz zwischen Hellenen einerseits, 
Thessalern und Boeotern andererseits niemals ganz verwischt. die Aleu- 
aden und Skopaden Thessaliens ziehen an ihre fürstenhöfe allerdings 
auch den fahrenden hellenischen sänger und weisheitslehrer und arzt; sie 
können den sold reichlich zahlen, um den das lob der litteraten jeder- 
zeit feil ist, aber das haben auch bithynische und kappadokische fürsten 
vermocht; weiter hat es Thessalien nicht gebracht. Boeotien hat in Pin- 
daros einen dichter ersten ranges erzeugt, und trotz seines stammbaums 
wird er ein Boeoter sein; bitter beschwert er sich über den spott der 
nachbarn über die ὗς Bowwria, aber wie schwer ihm die hellenische form 
geworden ist, zeigt sofort die vergleichung mit dem Keer Simonides, 
dagegen offenbart die boeotische malerei mit ihren lustigen caricaturen 
eine dem attischen ebenso fremde wie den Italioten verwandte sinnesart, 

In den bergen zwischen Thessalien und Boeotien und rings um 
Parnassos und Oeta sitzen eine menge von stämmen, die zumeist alt- 
hellenische namen tragen, wol sicher auf grund ihrer abstammung”). 


24) Noch im peloponnesischen kriege ist die entscheidende behörde eine ver- 
einigung von τέσσαρες βουλαί (Thuk. V 38); das nähere ist unbekannt. später hat 
der bund lediglich die form einer hellenischen symmachie. es mag wol sein, dafs 
namen wie Aoves Τέμμεκες Ἐκτῆνες boeotische gaunamen sind, aber sie sind von 
nachweislich vorboeotischen wie "Yayres AßarTres nicht sicher zu sondern. 

25) Die Lokrer von Opus erscheinen als ein herrenstand über geknechteter 
dienender bevölkerung, die auch bei Trachis in den Kylikranen vorliegt. diese 
berren waren dann wol einwanderer, wenn auch die verbindung mit Elis erst von 
Pindaros (Ol. 9) gemacht ist. die Phoker sehen in Thessalern und Boeotern und 
den dorischen priestern Delphis ihre gebornen feinde, ihren namen trägt eine der 
ionischen städte und eine tausendschaft in Methymna, sie wohnen in kleinen orten ohne 
jede centralisation: sicherlich sind sie also ein zurückgedrängter rest der alten be- 
völkerung. aber ihre sprache hat sich, so weit wir sie kennen, im wesentlichen 
mit der der nachbarn ausgeglichen. Pöxos der bruder von Peleus und Telamon 
ist wol nicht ihr eponym, sondern eine füllfigur, nur bestimmt von den brüdern 
umgebracht zu werden, damit sie in die verbannung gehen, und er heifst ‘robbe‘, 
weil ein meerweib ihn geboren hat. 


Dorer. 


14 Der Herakles der sage. 


aber ihre sprachen, selbst wo wir sie bis in das 6. jahrhundert hinauf 
verfolgen können, wie bei den Lokrern, stehen einander sehr nahe und 
dem aeolischen und ionischben und arkadischen, also den althellenischen 
mundarten, sehr viel ferner als dem boeotischen und der sprache, die 
nicht nur die Achaeer im Peloponnes und Italien, sondern auch die helleni- 
sirten Aetoler und Epiroten reden. es hat also in diesen ganzen land- 
strichen in folge der völkermischung eine ausgleichung stattgefunden, 
sich ein “nordgriechisch’ gebildet, ähnlich wie später im Peloponnes eine 
art dorischer xoıy/. dem entspricht die ganze cultur: die amphiktionie 
der Demeter von Anthela, später des delphischen Apollon hat diesem 
verhältnis einen auch politisch wirksamen ausdruck gegeben. 

Am Parnassos lagen ein par unbedeutende dörfer, deren bewohner 
uns nicht verschieden von ihren nachbarn vorkommen würden; aber sie 
nennen sich Dorer, und wie sie ihre selbständigkeit allein den mächtigen 
verwandten im Peloponnese verdankt haben, so haben sie wesentlich dazu 
beigetragen, die erinnerung lebendig zu erhalten, dafs die späteren herren 
des Peloponneses einst längere zeit am Parnassos gesessen haben”). 
auch der priesteradel von Delphi ist abgesehen von vorübergehenden 
occupationen immer dorisch geblieben”), und so ist Apollon, der alt- 
hellenische gott, als Πύϑιος Πυϑαεύς Kaoveiog”) zu einem Dorer- 
gotte geworden, was ganz ebenso einen längeren aufenthalt der Dorer 
in seiner nähe beweist. das gedächtnis ist auch unverloren geblieben”), 


26) Schon Tyrtaios nennt uns eins der dörfer, Erineos, und gibt die tradition 
an. sie ist im altertum unangefochten geblieben und steht aufserhalb jedes ver- 
nünftigen zweifels. 

27) Die priester hielten es, als der homerische hymnus gedichtet ward, für 
vornehmer, zugewanderte Kreter zu sein; auch mit Knidos gab es eine verbindung 
(schol. Patm. Bull. Corr. Hell. I 138, Robert Nekyia Polygnots 82): Dorer wollten 
sie immer sein, aber lange nicht immer folgten sie der peloponnesischen politik. 
die epiphanie des gottes als delphin ist vollends undorisch. 

28) Die beinamen wechseln in Kreta Argos Sparta u.s. w. die sage von Karnos, 
dem eponymen der Akarnanen (τῶν ἀμφὲ Kdpvo»), den ein Dorer erschlägt, hängt 
mit der einwanderung vom Parnasse her zusammen, und die riten des sühnfestes 
der Κάρνεια haben wol wesentlich zur erhaltung des gedächtnisses an die ferne 
zeit beigetragen. aufserdem lebt die geschichte in orakeln fort, die gar nicht gering 
zu schätzen eind (z. b. Oinomaos bei Euseb. pr. ev. V 21); die gegnerschaft des 
gottes ist unverkennbar. über den hellenischen Apollon vgl. Arist. und Ath. II 44. 

29) Auch in einer Heraklessage spiegelt sich die occupation des orakels: 
Herakles raubt den dreifuls, und der confliet der götter schlieist mit einem com- 
promifs. aber nie und nimmer ist das verhältnis dieser brüder ein freundliches 
geworden wie das zwischen Hermes und Apollon, die einst auch mit einander ge- 


Dorer. Einwanderung in den Peloponnes. 15 


dafs Apollon eine ursprünglich feindliche und erst allmählich gewonnene 
gottheit für die Dorer war. aber dafs sie sich mit sämmtlichen Hellenen 
in seiner verehrung und der anerkennung des delphischen orakels zu- 
sammenfanden hat für die erweckung eines neuen panhellenischen natio- 
nalitätsgefühles sehr segensreich gewirkt. 

Hier also, um den Parnass und, wo die berge es gestatteten, wie 
bei Kirrha und Naupaktos, angesichts der lockenden küste des Pelo- 
ponneses, haben eine weile diejenigen einwanderer gesessen, die allein 
geschichtlich bedeutend und schaffend geworden sind und sich schon 
damals mit dem namen “Ζωριεῖς nannten, den wir nicht verstehen”), 
schwerlich auf tradition, aber auf naheliegender richtiger erwägung be- 
ruht es, wenn wir von älteren sitzen derselben in Thessalien und am 
Pindos hören. sehr gute und alte sagen bestätigen dagegen, was die 
betrachtung der gegenden selbst zu lehren genügt, dals die Dorer nicht 
aus freiem willen vor dem Peloponnese halt machten, sondern an der 
überschreitung des Isthmus durch die Peloponnesier verhindert wurden. 
es hatte begreiflicherweise eine starke zuwanderung der aus dem norden, 
namentlich aus Thessalien und dem nördlichen Boeotien, vertriebenen 
Hellenen nach dem Peloponnes stattgefunden. auch hier war die cultur 
früher vorwiegend auf der ostseite entwickelt gewesen; jetzt hatte sie 
sich nach dem westen, namentlich südwesten, mit grölserer stärke aus- 
gedehnt. dort treffen wir selbst eine grofse zahl thessalischer ortsnamen 
wieder, und religion und sage sind voll von den spuren dieser, um einen 


stritten haben. es heilst die dinge erst entstellen, damit man sie deute, wenn man 
Her. ‘den dreifufs’, den 'feuertopf’ besitzen läfst: einen ganz bestimmten, den del- 
phischen dreifufs hat er sich genommen, also nicht aus seinem wesen allgemein 
oder aus dem des Apollon, sondern aus den besonderen delphischen verhältnissen 
ist die sage zu deuten, und ist sie auch leicht verständlich. man kann es aber z. b. 
einem künstler nicht verargen, wenn er Her. allein den dreifußs tragend darstellt: 
tstsächlich hat er sich des apollinischen heiligtums bemächtigt, und so trägt er etwas 
fremdes, wenn er den dreifuls trägt. hätte der dreifuls für das wesen des Her. 
eine bedeutung, so mülste er irgendwo in seinem culte vorkommen, oder mülste 
doeh Her. mit ihm etwas machen wollen. übrigens führt Apollon ihn als wahrsager, 
und zwar als wahrsager aus ἔωμπυρα: deshalb werden im Ismenion von Theben, wo 
die weissagung aus Zursvpa galt (Philochoros im schol. Soph. OT. 21), dreifüfse 
geweiht, für jeden jüngling, der in das mannesalter tritt, einer, und das ist be- 
kanntlich auch für Herakles geschehen. 

30) Hinzustellen kaun man Jwpis, bei Hesiodos die gattin des Nereus. aber 
demit wird zunächst nichts gewonnen. auch Πανδώρα ist wenigstens zu der zeit, 
ds Prometheus mit ’Zosdvn-Aota verbunden ward, als die Alldorerin gelafst worden; 
und die hesiodische etymologie ist sprachlich nicht minder anfechtbar. damit soll 


Einwan- 
derung in 
den Pelo- 

ponnes. 


16 Der Herakles der sage. 


späteren volksnamen vorwegzunehmen, aeolischen”) zuwanderung. Pylier, 
Minyer, Lapithen nennt man sie im süden und westen; im norden und 
osten vertreten sie einzelne heroen, wie die oben genannten Aetoler, oder 
geschlechter, wie vor allem die Amythaoniden. die geschichtliche be- 
deutung dieser vordorischen zuwanderung tritt aller orten stark zu tage, 
und man kann sie nicht leicht zu hoch schätzen. dadurch war nun aber 
die widerstandskraft der an sich schwer zugänglichen insel der Peloper 
bedeutend gekräftigt, und die Dorer salsen am meere, sahen drüben die 
ersehnte küste, aber konnten nicht hinüber. sie waren kein seevolk, 
die Hellenen selbst waren erst durch die not über die see gedrängt. aber 
die not zwang nun auch die Dorer. es hat sich damals ein ereignis 
abgespielt, das sein analogon in den zügen hat, welche die Skythen des 
Dexippos, d.h. die Germanen, im 3. jahrbundert n. Chr. unternommen 
haben. das gedächtnis daran ist in späterer zeit verkümmert, weil man die 
tatsachen zu Ephoros zeit wirklich nicht mehr begreifen konnte, aber die 
spuren sind unverloren, dals man bis dahin die geschichtliche überlieferung 
noch bewahrte. in Naupaktos haben die Dorer schiffe, kielschiffe, νᾶες, 
gebaut: zum überschreiten der meerenge zwischen den Rhia brauchten 
sie keine. die ältesten dorischen ansiedelungen liegen nicht auf dem 
Peloponnes, sondern um ihn, auf den inseln Thera Melos und namentlich 
Kreta. es konnte nicht fehlen, dafs zu der zeit, wo der Peloponnes eine 
dorische insel geworden war, diese besiedelung angesehen ward als von 
ihm aus vollzogen, und ein anschluls der meisten dorischen inseln an 
Sparta war damals eine politische notwendigkeit. aber es ist ganz un- 
denkbar, dals z. b. Kreta nicht früher von Dorern besetzt wäre, als Spartas 
dorische macht sich bis an die südküste des Peloponnes erstreckte: 
und wie wären die Pamphylier, die den namen einer dorischen tribus 
führen, von Sparta aus an die südküste Kleinasiens gesandt, sie, die 
wirklich jeden zusammenhang mit Griechenland verloren haben?”)? aber 
nicht für solche fahrten in nebelhafte ferne bauten die Dorer ihre schiffe, 
sondern um die einnahme des Peloponnes durch irgend welche hinter- 


über den mythos und seine träger nichts positives ausgesagt sein; aber dafs er kein 
althellenischer, sondern ein dorischer ist, scheint mir klar zu sein. 

31) Die von den modernen vielfach ganz verkehrt ausgedeutete bezeichnung 
vieler gänzlich unverwandter stämme als aeolisch beruht auf der hesiodischen 
völkertafel, und jeder der diese sich überlegt, mufs in ihr selbst die verpflanzung 
südthessalischer heroen und stämme nach dem Peloponnes wahrnehmen. 

32) Wozu es führt, wenn man die überlieferung einmal vergewaltigt hat und 
nicht umkehren will, dafür ist ein guter beleg, dafs man Pamphylien von den 
Πάμφυλοι hat trennen wollen. 


Einwanderung in den Peloponnes. 17 


pforte zu erzwingen, weil der frontangriff aussichtslos war. von der see 
kam ein könig, dessen wirklicher name sich durch einen ortsnamen und 
durch den cult erhalten hat, Temenos”), an die argolische küste. es 
gelang ihm sich zunächst am strande festzusetzen, unter harten kämpfen 
wurden erst einzelne burgen erobert, die in der Argolis so dicht lagen 
und liegen wie nirgend; am längsten hielt sich Larisa-Argos, welches 
schliefslich der hauptsitz des peloponnesischen Dorertums geworden 1505). 
ein anderer seekönig, dessen name verschollen ist, den aber die sage um 
80 bezeichnender den "ellenden ritter” nennt (AArrng Ἱππότου), landete 
im innersten winkel des saronischen busens und bezwang von der küste 
aus den schlüssel zum Peloponnes, wo er eine neue stadt, Korinthos, 
gründete, die berufen ward, der zweite hauptort des Dorertums zu werden. 
doch ist diese eroberung erst gemacht, als das Dorertum in der Argolis schon 
festen fuls gefalst hatte, also wol viel später als wenigstens einem starken 
schwarme der direkte übergang an der schmalsten stelle des Korinthischen 
busens geglückt war, wie die überlieferung”) berichtet, weil von den west- 
lichen auswanderern zuzug gekommen war, die späteren Eleer unter ihrem 
könig “Führer” (Ὄξυλος). aber so glücklich wie diese hatten die Dorer 
es nicht. sie mufsten lange irren, ehe sie im oberen Eurotastale eine 
dauernde stätte fanden, und immer hat ihr gemeinwesen die spuren davon 
bewahrt, dafs ein kriegerischer, unstäter haufe sich für sein lagerleben 
diese formen geschaffen hatte. in den kämpfen, welche viele ihrer ge- 
schlechter mit den hellenischen einwohnern zu bestehen hatten, sind 


33) Der name verwuchs so sehr mit dem volksbegriffe von Argos, dafs neben 
den Herakliden ein sohn des Pelasgos Temenos trat, der den cult der Hcra in 
Stymphaloa gründete (Pausan. 8, 22): was nichts bedeutet, als die erinnerung daran, 
dafs dieser dienst aus Argos übernommen war. 

34) Hier hat zwar sicherlich auch in frühheroischer zeit eine burg gelegen 
(natürlich auf der Aspis, nicht oben), aber damals war die macht bei Mykene. da- 
gegen ist Argos der hauptort in den geschichten, die wesentlich helden einführen, 
deren zuwanderung aus dem norden anerkannt ist; dahin gehörte sicher Abas, der 
Abante, wahrscheinlich auch die Danaer. der eigenname J/ar& ist noch in Thessalien 
nachweisbar. 

35) Es ist allerdings zweifelhaft, ob dies überlieferung oder combination ist, 
die namentlich durch die verbindung zwischen Sparta und Elis im 8. jahrhundert 
nahe gelegt war. aber auch als combination bleibt es immer noch die glaublichste 
erklärung für das auftreten der Dorer im oberen Eurotastale. 

36) Das nur in der vocalisation unwesentlich abweichende 4£vlos erscheint 
nieht nur bei Homer Z 12, sondern wird mit dem bewußstsein seiner bedeutung 
vom dichter gebraucht. ξύλον hat in Ὀξυλος der herakleotische epiker Pherenikos 
gesehen, Athen. 78b: das ist spielerei. 

v. Wiismowitz I. . 2 





18 Der Herakles der sage. 


die Spartiaten erstarkt; zu einer wirklich grolsen macht wurden sie jedoch 
erst, als der letzte act dieses kampfes ihnen die ungleich gesegnetere 
landschaft Messenien überantwortete. denn es lälst sich bis zur vollen 
evidenz bringen, dafs der s. g. erste messenische krieg nicht, wie die 
sowol von Sparta wie von Argos aus getrübte überlieferung will, ein 
dorischer bruderkrieg war, sondern den Spartiaten die arkadische und 
pylische Hellenenbevölkerung erlag, welche gleichzeitig von den südwärts 
vorstolsenden Eleern bedrängt ward”), gegen ende des achten jahr- 
hunderts ist das Hellenentum des Peloponneses, an welches die Ἔλλα- 
yoölxaı in Olympia die zulassung zu den Zeusspielen binden, ein anderes, 
dorisches; die alten angestammten träger des namens sind teils geknechtet, 
teils in die berge gejagt, wo sie fast allerorten in bedeutungslosigkeit 
sinken, teils ausgewandert, wie die Pylier nach Athen und von dort 
nach Ionien. jetzt beginnt der antagonismus zwischen Argos, dem schon 
früher weithin mächtigen, und Sparta. die Πελόπων νᾶσος aber ist eine 
Ζωρὶς νᾶσος, wie Sophokles sie nennt. 

Der hellenische untergrund hat die Dorer nicht weniger beeinflulst 
als Thessaler und Boeoter, und es war das ihrer cultur selbst zum segen. 
weil die Spartiaten sich gegen das Hellenentum immer mehr ablehnend 
verhielten, sind sie zu einer kriegerkaste, schlielslich zur szlachta hinab- 
gesunken, während das lebenspendende meer die korinthischen nach- 
kommen des “Ritters’ zu rhedern und ruderern machte, und in der Argolis 
das hellenische und dorische sich fast bis zur unscheidbarkeit amalgamirte, 
aber die Dorer hatten eine wirkliche eigenart, die sich mit nichten ganz 
verlor, vielmehr dadurch, dafs sie die bedeutendste politische und nilitä- 
rische macht in Griechenland wurden, selbst für die allgemein hellenischen 
sitten und anschauungen malsgebenden einfluß gewann. die weise, wie 
man in ernst und spiel das waffenhandwerk übt, die begriffe von mannes- 
ehre und eingebornem adel, die ständische gliederung der gesellschaft, 
die zurückdrängung des weibes und ihr notwendiges correlat, die knaben- 
liebe, die verachtung des handwerks und die adligen passionen für jagd 
- und pferde: das alles ist dorisches gewächs. die lebensformen, die in 
Griechenland allgemein für vornehm gelten und demgemäfs verherrlicht 
werden, bis Ioniens aufklärung und Athens demokratie sie bricht, sind 
das erzeugnis dieser dorischen cultur. zwischen Homer und dem drama, 
zwischen Odysseus und Themistokles steht etwas beiden gleichermafßsen 


37) Der nachweis mufs einer besonderen untersuchung vorbehalten bleiben: 
täusche ich mich nicht, so ist hier der punkt gefunden, wo man den hebel ansetzen 
kann, um die chronologie des epos einzurenken. 


Einwanderung in den Peloponnes. Herakles ein Dorer. 19 


fremdes. der gegensatz, den Vergil in den schönen versen schildert, die 
auf tu regere imperio populos Romane memento ausgehn, gilt vielleicht 
in höberem grade zwischen Dorern und Hellenen als zwischen Römern 
und Griechen. es gemahnt vieles im dorischen wesen an Latium, ganz 
besonders die gliederung der bürgerschaft in drei tribus und das vor- 
walten der magistratur gegenüber der gemeinde, und wenn es jemals 
irgend etwas gegeben hat, was den namen graecoitalische periode ver- 
dient, so kann dieses schlechterdings nur eine dorisch-italische ge- 
wesen sein”). 

Die wurzel des ganzen dorischen wesens ist der glaube an die gött- 
lichkeit des rechten dorischen mannes. ϑεῖος ἀνήρ nennen die Spartiaten 
einen der ihren, wenn er das leistet, was sie von dem manne fordern. 
dieser glaube durchdringt das ganze leben. frauen und kinder, hörige 
und knechte haben gar keine andere existenzberechtigung als in be- 
ziehung zu dem manne, für den sie da sind”). die ganze sittlichkeit ist 
darauf begründet, dals er seine existenz erfüllt und genielst. der ganze 
zuschnitt des lebens ist darauf berechnet, als dies ideal einmal auf- 
gestellt ist, opfert man ihm ohne bedenken alles andere, mag es auch so 
teuer sein wie die familie, und man opfert ihm selbst das eigene streben 
über die gegenwart hinaus. selbstgenügsamkeit und selbstgerechtigkeit 
wohnen nah bei einander. über dem einzelnen manne steht nur die summe 
der männer, der stand. der stand muß den staat ersetzen, und der indi- 
vidualismus, welcher nichts über sich erkennt, führt schließslich zur ver- 
leugnung der individualität. es ist eine äulserst beschränkte, aber wahrhaft 
großse erscheinung, einzig in ihrer art, dieses dorische wesen. um 80 
viel mehr mufs dasselbe von dem religiösen ausdrucke dieser alles durch- 
dringenden empfindung gelten. dals die Dorer eine göttliche person ge- 
glaubt hätten, in welcher sich ihr mannesideal verkörperte, mülste man 
a priori fordern, wenn anders sie nur ein wenig hellenisch zu empfinden 
wufsten. nun steht diese überwältigend [se religiöse schöpfung vor 
unser aller augen: Xlerakles, der ἀνὴρ Buy ihn Pindar und Sophokles 
nennen. er ist die einzige gestalt,/ welche dig einwanderer der 
bellenischen religion zugeführt haben, wie das ihrem wesen entspricht. 


38) Es ist ein ziel der geschichtlichen forschung, das man wol bezeichnen kann, 
das aber erst eine spätere generation erreichen wird, die mit der griechischen paral- 
lele völkerwanderung auf der Apenninhalbinsel ethnographisch zu bestimmen, 

39) Das lied des Hybreas von Kreta (Athen. 605) drückt das sehr schön 
aus, wie viele stolse Dorer werden es beim männermahle gesungen haben; wie un- 
möglich aber wäre es in ionischem munde. 

92 ἂ 


Herakles 
ein Dorer. 


4ἯἫ 


20 Der Herakles der sage. 


aber sie ist dafür auch eine der grofsartigsten schöpfungen, zu der je 
die phantasie eines volkes emporgestiegen ist. 

Dafür legt schon das zeugnis ab, dals es unmöglich erschien, das 
wesen des Herakles zu erfassen und darzustellen, ohne die geschichte 
der völkerwanderung in ihren hauptzügen darzustellen und die völker- 
gruppen zu sondern. nur 80 ist aussicht vorhanden, ordnung in das 
chaos der sagenmasse zu bringen und das gemeinsam dorische zu erfassen. 
andererseits würde die Heraklesreligion selbst unweigerlich haben dar- 
gelegt werden müssen, wenn die aufgabe gewesen wäre, die geschichte 
der dorischen wanderung zu erzählen. die griechische geschichte und die 
griechische religion und sage gehören zusammen, weil der inhalt teils 
identisch ist, teils eines das andere bedingt: nur wer sie beide zu er- 
fassen versucht, hat die möglichkeit, auch nur eine zu verstehn. 

H, fehlt den Die Hellenen, ἃ. h. also die autochthone beyölkorung hat. den Herakles 
"nicht gekannt. Aeolern und loniern ist er fremd gewesen und immer 
ein fremder geblieben. die auswanderer haben ihn nicht an die asiatische 
küste mitgenommen, und die ältere asiatische schicht des epos kennt 
ihn nicht. erst als die von der ostseite des Peloponnes colonisirte 
dorische hexapolis auf das epos einwirkt, und dann vollends, als das 
epos nach dem mutterland übergreift, dringt Herakles, immer jedoch als 
fremder, ein. diese tatsache ist notorisch; sie wird nicht im mindesten 
dadurch beeinträchtigt, dafs der cult des Herakles sich auch bei Ioniern 
verbreitet hat, als die politische vormacht und die gesellschaftliche füh- 
rung bei den Dorern stand. es ist aber auch nicht zu verwundern, dass 
unsere trümmerhafte kenntnis an einzelnen orten zwar einen alten He- 
raklescult nachweisen kann, aber .keine altdorische bevölkerung. be- 
sondere aufmerksamkeit verdienen diese ausnahmen, allein mit ihnen wird 
80 leicht niemand wagen die regel zu bestreiten“). 


40) Es handelt sich einmal um die Heraklessagen an der thrakischen küste, 
in Habdera (oolonie von Opuntiern und leuten dieser von einwanderern durchsetzten 
gegend) Sithonia, Torone, Thasos u. 8. w. diese weisen auf die inseln zurück, wo 
Her. jedoch kaum vorkommt; nur auf Tenos, wo er die Boreaden züchtigt, sind Zpa- 
κλεῖδαε nachgewiesen (Maass Gött. Gel. Anz. 89, 830). eine gute erklärung steht noch 
aus: die verbreitete annahme, den Heraklescult von Thasos, der doch von der nach- 
barschaft nicht getrennt werden darf, auf Phoenikier zu beziehen, ist von Furtwängler 
(Roschers mythol. lex. 2142) gut zurückgewiesen, doch bleibt noch unerklärt, wieso 
Thasos bruder des Phoinix sein kann. — der einzige auf altertum, anspruch er- 
hebende asiatische Heraklescult ist in Erythrai, und auch über ihn handelt Furt- 
wängler (s. 2137) sehr gut. Erythrais name kehrt im südlichen Thessalien wieder 
und in Boeotien; von Thessalien sind notwendig auch Boeoter mit den Aeolern ausge- 


H. fehlt den Eleern ; Achaeern. 21 


Auch der westlichen gruppe der einwanderer ist der ursprünglichen. fehlt den 
besitz des Herakles abzusprechen, und leicht lösen sich die scheinbar 
widerstrebenden instanzen auf. die sage von Herakles bei Augeias mit 
allem was daran hängt, geht höchstens die hellenischen vorgänger der 
Eleer, die Epeer, an, und sieht die heimat des Herakles in Argos“). die 
olympischen spiele sind den arkadischen Pisaten erst von den Eleern 
abgenommen und für eine stiftung des Herakles erklärt, als der dorische 
adel bei diesen spielen die erste rolle hatte, und Sparta mit Argos zu 
rivalisiren begann. eine bevölkerung, welche selbst den Herakles als 
fremden ansah, kann noch weniger auf diesen heros anspruch machen 
als die autochthonen Arkader, bei denen er in Tegea, Pheneos, Stym- 
phalos einzeln auftritt, nämlich wenn er von Argos aus auf aben- 
teuer zieht, 

Bei den Achaeern, d. ἢ. den bewohnern des nordrandes von DymeA. fehlt den 
bis Pellene hat Herakles zwar ein par merkwürdige stätten der ver- 
ehrung, aber sie liegen an den grenzen, bei Dyme“) und Bura®), und 


wandert, sonst ist die anwesenheit von Peneleos und Leitos vor Ilios ganz unerklärlich: 
ein vereinzeltes Heraklesheiligtum in der gegend, wo Aeoler und Ionier sich kreuzen, 
ist also nicht mehr befremdlich als jene epische singularität: wir bilden des Thuky- 
dides schluss, dass Boeoter vor der Boeotischen einwanderung in Boeotien gesessen haben 
müssten (I 12) nur ein wenig um. eine grosse bedeutung wird diesem vorgeschobenen 
posten des Heraklescultes notwendigerweise beigelegt werden müssen. 

41) Der Heliossohn Augeias mit den sonnenrindern, die Molioniden, eine der 
merkwürdigsten formen des vordorischen Dioskurenpares (vgl. zu vers 29), der ent- 
wässerungscanal, dessen reste noch heute sichtbar sind (Curtius Peloponnes II 34) 
gehen alle die Eleer nichts an. der zug des Herakles gegen Elis gehört vielmehr 
in eine reihe mit denen gegen Neleus und die Pylier, Eurytos, den herrn des mes- 
senischen Oichalis, Hippokoon von Sparta: es ist ersichtlich argolische sage und 
spiegelt die versuche wieder, welche die argolischen Dorer machten, sich die supre- 
matie im Peloponnes zu erringen. eine andere frage ist, ob sie in Elis noch die 
Epeer wirklich zu bekämpfen hatten, oder ob schon die Eleer an deren stelle safsen. 
das letztere ist wahrscheinlich, ändert aber an dem nichts, was hier in frage steht. 

42) Das merkwürdige epigramm von Dyme, Kaibel 790, erzählt von Polystratos, 
einem schönen liebling des Herakles, der im kampfe wider die Eleer fiel und von 
dem heros beklagt und bestattet ward. Kaibel hat die geschichte erläutert, die auf 
ältere dichterische gestaltung deutet, vielleicht durch Antimachos, Steph. Byz. Sdun. 
aber das gegebene war offenbar der cult eines heroengrabes, dessen bewohner 
Πολύστρατος hiefs. solcher heroengräber gab es in Peloponnes sehr viel. oft sind 
ihre bewohner, weil man von heilungswundern erzählte und incubation geübt ward, zu 
Asklepiossöhnen oder Asklepios selbst geworden. die sage, wie der heros starb, und 
damit das eingreifen des Herakles ist nach allen analogien für secundär zu erachten. 

43) Hier heifst Herakles sogar Bovpasxds und hatte ein archaisches cultbild, 
Imhoof Gardener numism. comment. von Pausan. taf. S II. III., Pausanias VII, 25. 


22 Der Herakles der Sage. 


lassen ganz deutlich erkennen, dals er und seine sagen eindringlinge sind. 
die ganze landschaft tritt in der älteren geschichte seltsam wenig hervor; 
die sprache ist auch wenig bekannt, stellt sich aber fern von dem ioni- 
schen und arkadischen, nahe zu den nordgriechischen mundarten. ihr 
entspricht das griechisch der achaeischen colonien Unteritaliens, während 
die sonst sehr glaubhafte anknüpfung der asiatischen Ionier an diese 
Achaeer von der sprache her schlechthin keine unterstützung erhält. die 
geistige bedeutung dieser Achaeer ist um kein haarbreit höher als die 
der andern einwanderer, das haben sie im sechsten jahrhundert in Italien, 
im dritten zu hause bewiesen. so stehen sie charakterlos zwischen Pelo- 
ponnesiern und Ioniern, und der besonnene forscher lernt an ihnen am 
besten, sich vor dem schillernden Achaeernamen hüten‘) und begreift, 


aber der ort des cultes war eine höhle und der verehrte daemon gab orakel: schon 
darin zeigt sich, dafs Herakles einen älteren inhaber verdrängt hat. so hat die stadt 
auch eine doppelte heroische etymologie. einmal ist ihre eponyme tochter Ions 
(Steph. Byz. Βοῦρα, aus Lykophronscholien), Kallimachos leitet sie von den rindern 
des Kentauren Dexamenos ab (hymn. 4, 102. E.M. δοῦρα ist scholion dazu), der 
ein doppelgänger des Nessos ist, von Herakles erschlagen, wie die vasenbilder zeigen. 
da ist das eindringen des Herakles und die anlehnung an den aetolischen sagenkreis 
offenbar. Aischylos fgm. 403, das ich früher falsch behandelt habe, ist sicher in 
Βοῦράν τ᾽ dpelay (ϑ᾿ ἱεράν überliefert) zu bessern: jede beschreibung der örtlichkeit 
wird davon überzeugen. 

44) Weil er so schillernd ist, ist er heut zu tage beliebt, und habe ich ihn 
vermieden. die bedeutung (yaso/ die erlauchten) empfahl ihn dem epos als collectiv- 
namen, und so mag, wer will, ihn da verwenden, wo ich Hellenen gesagt habe; es 
ist nur etwas hart, die Athener zu den Achaeern zu rechnen. als stammname aitzt 
er ebenda fest, wo auch die Ἔλληνες Homers wohnen, in Phthia: leider ist gerade 
diese achäische mundart auch noch dunkel. ferner gibt es die /nunme Axala in 
Boeotien, auch in Theben die älteste göttin, die landschaft 4ya/a, deren ansprüche 
zweifelhaft sind, und die Achaeer als gegner der Spartiaten. ihnen traten die nach- 
kommen des Agamemnon gegenüber, der in der Ilias Achaeer ist, übrigens in wahr- 
heit ein Aeoler so gut wie Achilleus. auch hier also kann der name aus dem epos 
übertragen sein. : wie viel durch einander geht, sehe man daran, dafs Antimachos 
bei Athen. XI 468 und Aischylos Sieb. 324 die Peloponnesischen feinde der Boeoter 
᾿Αχαιοί nennen können. die vielberufene stelle Herodots (V 72), wo könig Kleomenes 
sich keinen Dorer sondern Achaeer nennt, ist ganz einfach: er stammt ja von 
Herakles dem Perseiden. die genealogie der königshäuser Spartas mit Aristodemos 
und den söhnen Eurysthenes Prokles ist übrigens erst ersonnen, als die wirklichen 
königsgeschlechter längst feststanden: 4,ıddas und Εὐρυπωντέδαε sind die wirk- 
lichen geschlechtsnamen, geltend lange ehe ihre träger die verpflichtung empfanden, 
die Heraklidenabstammung besonders für sich in anspruch zu nehmen. die geringe 
bedeutung und üble rolle, welche Aristodemos spielt, zeigt auch, dafs diese genes- 
logie, Hylios, Kleodaios u. s. f. nicht in Sparta entstanden ist: alles weist auf Argos. 


H. fehlt den Achaeern;, Aetolern. 23 


dafs die historisch wirkenden stammesindividualitäten sich in Asien erst 
gebildet haben, im Peloponnes aber die Dorer allein schaffenskraft be- 
sitzen. sie haben über Sikyon und Phleius hinaus nicht dauernd fuls 
gefalst: so weit gibt es noch individuelles leben; die mischbevölkerung 
Achaias hat keins zu erzeugen vermocht. so verschwinden auch die 
achaeischen inseln Zakynthos und Kephallenia vor dem erst von Euboeern, 
dann Korinthern besetzten Korkyra, das jene Ionier schon so fest für 
ihre heroischen traditionen von Odysseus und Diomedes in beschlag ge- 
nommen hatten, dals die Korinther wol noch ihre Medeia, aber nicht 
mehr Herakles anzuschlielsen vermochten. 

Auch die Aetoler, d.h. die fälschlich den alten namen usurpirenden Η fehlt den 
einwanderer, haben mit Herakles nichts zu tun. Deianeira, könig Oi em 
tochter, welche Herakles vom werben des Acheloos befreit, ehelicht, am 
Euenos vor der zudringlichkeit des Kentauren Nessos schützt, die mutter 
des Hyllos, nach dem die vornehmste tribus der Peloponnesier heifst, 
schliefslich die schuldlose mörderin ihres gatten, ist gewils die bedeutendste 
weibliche gestalt, welche in seiner umgebung auftritt: schon deshalb ist 
sie nicht national aetolisch. ist doch auch in dieser sage der vertreter 
Aetoliens der hellenische Oineus. Acheloos ist vollends nur durch fehl- 
greifende willkür mit dem aetolischen flufse gleich gesetzt. nicht ein 
flufsgott, sondern der herr des meeres kann das füllhorn, das symbol der 
ewigen seligkeit, bieten“). der kampf ist also nur eine form dieses haupt- 
abenteuers, und zwar eine bereits sehr entstellte. 


was Herodot VI 52 als spartiatische tradition von Aristodemos erzählt, ist nur 
umbildung der vulgärsage. nicht nur praktisch, sondern auch mit ganz bestimmten 
traditionen zu belegen, ist der vorschlag, den ich früher gemacht habe, den Achaeer- 
namen für die vordorische einwanderung nordhellenischer stämme im Peloponnes 
sa verwenden, also die leute um Bias und Melampus, Neleus, Eurytos u. a. w. allein 
das fordert eine darlegung anderer verhältnisse, und ist mit der anm. 37 bezeich- 
neten untersuchung verquickt. 

45) Niemals ist vergessen worden, dafs Syeiwsos das wasser überhaupt be- 
deutet. und der gegner des Herakles benimmt sich in dem kampfe ganz wie der 
disos γέρων Πρωτεύς in der Odyssee oder die meerjungfrau Thetis bei Hesiodos: 
er hat die gabe der verwandlung. es ist wertvoll festzustellen, dafs dasselbe der 
meergreis tat, den Herakles im westen bezwang. so hat Stesichoros, natürlich in 
der Geryoneis, erzählt. das bruchstück steht in dem von Rohde entdeckten para- 
doxograpben 33 (Ber. nat. scr. ed. Keller s. 110) zap’ Ὁμήρῳ Πρωτεὺς eis πάντα 
κετεμορφοῦτο, καὶ Θέτις (καϑάτια cod. καϑὰ ©. Rohde) παρὰ Πινδάρῳ, καὶ 
Νηρεὺς παρὰ “Στησοιχόρῳ, καὶ Μήστρα --- leider fehlt für diese der autor. die be- 
deutung des füllhorns hat Furtwängler (Roschers lexicon s. 2157) richtig ge- 


schätzt. 





H. fehlt den 
Makedonen. 


H. in Grols- 
griech 
land 


24 Der Herakles der sage. 


Bei den Epiroten und Makedonen*) ist von Herakles keine spur. 
seit Alexandros I wollte das makedonische königshaus freilich von Herakles 
stammen, und noch der grofse Alexander hat einen sohn Ἡρακλῆς ge- 
nannt (wovor sich sonst die menschen doch scheuen), aber das ist erst 
eine folge davon, dafs sie gern Hellenen sein wollten, und der name 
ihres geschlechtes Soyeddaı an Argos anklang'"). 

Stutzig machen kann nur die fülle von Heraklesculten und Herakles- 
sagen bei den unteritalischen auswanderern. es gibt dort eine einzige 
Dorerstadt Tarent (das Herakleia erst spät gründet), auf welche dieser 
reichtum um so weniger zurückgeführt werden kann, als die Parthenier 
des Phalanthos aus ihrer heimat Sparta weder reiche sagen noch die 
neigung weiter zu dichten mitbringen konnten. die versuchung liegt also 
nahe, Messapiern und Chonern (Chon gilt selbst als sohn des Herakles) 
den cult zuzutrauen, und leicht möchte man dann selbst die Italiker 
heranziehen. allein die zeit der hellenischen auswanderung nach Italien“) 
ist erst spät, wenn man von einzelnen vorschüben absieht, hervorgerufen 
erst durch die grolsen kämpfe des 8. jahrhunderts, in denen Sparta 
emporkam. die peloponnesischen Achaeer hatten sich damals schon mit 
den einwanderern, die Herakles verehrten, vermischt oder doch die poetisch 
mächtige argolische sage in sich aufgenommen. neben ihnen kamen viele 
aus dem nördlichen Hellas, wie die Lokrer, die sich am Zephyrion eine 
neue heimat gründeten, und die geistig bedeutendsten Italioten waren 
vollends Chalkidier, zu denen längst der boeotische heros übergegangen 
war, und auf deren schiffen ächte Heraklesverehrer nicht gefehlt haben. 


46) Die anknüpfung der Illyrier an Herakles ist nicht anders zu beurteilen 
als die von anderen barbaren, und da die Korinther für die anwohner des adriatischen 
meeres die wichtigsten culturträger geworden sind, lag diese anknüpfung nahe. so 
kann man die Hylleer, einen illyrischen stamm, nur durch namensangleichung an 
Hyllos den Heraklessohn geknüpft glauben, wie der lydische fiufs “γλλος mit diesem 
so wenig zu tun hat wie mit dem hyläischen see in Boeotien. indessen mufs die 
möglichkeit offen bleiben, dafs die später dorischen Hylleer, die doch einen stamm- 
namen tragen, mit den später illyrischen Hylleern urverwandt waren, wie die 
Myser am Kaikos mit den Moesern an der Donau u. dgl. m. 

47) Dies mittlerweile näher begründet Arist. u. Ath. II. 175. 

48) Den wunsch, den ich in der ersten auflage aussprach, die geographie des 
westens, wie sie Timaios gegeben hat, herzustellen, hat inzwischen J. Geffcken er- 
füllt, und die geschichtliche ausdeutung der sagen hat aufser diesem auch E. Pais 
in seiner Storia della Sicilia I gefördert. ich glaube allerdings, dafs eine scharfe 
kritik nunmehr not tut, die die spreu autoschediastischer combinationen erst einmal 
wegfegt, sonst behauptet die negation, schon weil sie so bequem ist, das feld. her- 
gestellt mufs jetzt vor allen Ephoros werden. 


H. in Grofsgriechenland; in Rom; H. bei den barbaren. 2b 


gerade weil sich die verschiedensten völker vermischten und im gemein- 
samen gegensatze zu den barbaren ihrer verwandtschaft sich bewußst 
wurden, erhoben sie gern eine allbekannte heldengestalt zum allgemein 
hellenischen vorkämpfer, und es ist bezeichnend, aber sehr begreiflich, 
dals in Himera, einer ionischen stadt mit stark dorischer mischung, um 
600 der dichter aufstand, der den abenteuern des Herakles zuerst die 
ungemessene weite der welt zum schauplatz gegeben hat. 


Von diesen auswanderern in Grofsgriechenland ist Herakles zu den Η. in Rom. 


Italikern gelangt, bei denen er, wenn auch in starker umbildung und 
so, dafs der ursprüngliche inhalt der religion ganz vergessen ward, einen 
überaus starken cultus fand, verflochten in die ältesten sagen Roms, 
verehrt bis in die innersten Abruzzentäler. es haben sich natürlich ver- 
einzelt italische sagen an den fremden heros geheftet, und die Italiker 
haben dem körper, den sie übernahmen, den odem ihrer eigenen seele 
eingeblasen: aber wie der name ist die gestalt des Hercules hellenischer 
import, die versuche, eine urverwandte oder auch durch zufällige namens- 
ähnlichkeit identifieirte italische gottheit i in ihm zu sehen, sind zum glücke 
fast allgemein aufgegeben‘”). 

Verbältnismäfsig unbedeutend, meist jung und ganz durchsichtig 
sind die trotz aller vielgestaltigkeit eintönigen erscheinungen, in welchen 
fremde gottheiten von den Griechen mit ihrem Herakles identificirt worden 
sind. es ist das ja mit allen möglichen gottheiten geschehen. was Caesar 
und Tacitus mit den germanischen göttern tun, hat schon Homer mit den 
teukrischen getan. die Artemis von Perge, von Ephesos, von der taurischen 
Chersones, die Athena vom libyschen Triton, vom mons Garganus, von 
Saia, Dionysos Civa, Dionysos Jahwe, Dionysos Osiris weils man auch 


49) Die lage der ara maxima in Rom würde allein den fremden gott erweisen; 
doch führt die untersuchung von jedem ausgangspunkt zu demselben ergebnis. die 
geschichte von Cacus ist, wie wir sie haben, so gut eine griechische dichtung wie 
die Romulussage, und deshalb läßt sich das epichorische element, für das der name 
und die scalae Caci zeugen, nicht aussondern. der interessante versuch von Reiffer- 
scheid (Annali dell’ instituto 39, danach R. Peter über Hercules in Roschers Lexicon) 
operirt mit einem materiale, das immer vieldeutig, nicht selten sicherlich fremdartig 
ist. doch ist selbstverständlich, dals die herkunft des cultes und des namens nicht 
im mindesten darüber entscheidet, was die Italiker in Herclus empfanden und 
glaubten. nur hat das was davon italisch ist mit Herakles eben nichts zu tun. 
übrigens folgt aus der entlehnung, dafs es unerlaubt ist, die vorstellungen, welche 
der Latiner mit Herclus verbindet, ohne weiteres auf den Campaner Samniten 
Brettier zu übertragen, vielmehr wird nur die differenziirung ein wissenschaftlich 
haltbares ergebnis liefern. 


H. bei den 
barbaren. 





26 Der Herakles der sage. 


ohne weiteres richtig zu beurteilen; auch wenn die gewährsmänner 
Herodots die abstammung der Skythen auf Herakles und Echidna zurück- 
führen, macht man aus Herakles keinen Skythen. aber weil die Hellenen 
den stadtgott von Tyros oder besser den in den verschiedensten formen 
auftretenden semitischen himmelsherrn und sonnengott (wenn er das 
wirklich war) in einzelnen bestimmten formen mit ihrem Herakles iden- 
tificirt haben, weil ferner im altertume schon die neigung bestanden hat, 
das entlehnte und zumal das orientalische für ehrwürdiger und vornehmer 
zu halten, und deshalb vereinzelt auch Heraklesheiligtümer für orienta- 
lische stiftungen erklärt sind — aus diesen nichtigen und in unzähligen 
anderen fällen als nichtig anerkannten gründen hat sich die meinung 
bilden können, dafs Herakles ein von den Phoenikiern importirter sonnen- 
gott wäre nun bricht sich freilich die erkenntnis bahn, dals die phoe- 
nikische cultur selbst etwas ganz unselbständiges und als zwitterwesen 
zeugungsunfähiges gewesen ist. aber dafür geht man nur noch bis in 
das bodenlose weiter und findet in altbabylonischen sagen Herakles und 
seine taten wieder. die kluft der zeit, die nach vielen jahrhunderten zählt, 
die kluft des raumes, die jeder vermittelung spottet, achtet man für 
nichts; die leute die so reden kennen freilich Herakles und die griechische 
geschichte meistens nur als reminiscenz von der schulbank. sie wissen 
nicht, was sie tun. es sind leute darunter, die schaudern würden, wenn 
ihnen solche blöde unwissenheit und unwissenschaftlichkeit auf ihrem 
eigenen arbeitsfelde begegnete. so weit sie nicht wissen, was 810 tun, 
wollen wir ihnen gern verzeihen: aber weil sie alle unwissenschaftliches 
tun, sind sie keiner sachlichen berücksichtigung wert”). von interesse 
würde es dagegen sein, zu wissen, ob Dorer die identification des Herakles 
mit dem Melkart (den namen einmal zu brauchen) vollzogen und auch 
die skythische archaeologie ersonnen haben. möglich ist es in beiden 
fällen, da sich hier die megarischen colonisten in Herakleia und seinen 


50) Durch die ablehnung der platten identificationen gewinnt die schätzung 
der parallelen erscheinungen in religion und sage, cult und sitte nur um so mehr. 
und die ähnlichkeit des Herakles mit “Izdubar-Nimrod ’ (A. Jeremias, Leipzig 1891) 
ist allerdings höchst merkwürdig. natürlich ist sie auch den alten aufgefallen und 
hat da notwendig zur identification geführt, wie z. Ὁ. die kyprische darstellung 
des Geryonesabenteuers Journ. of Hell. Stud. 13, 74 zeigt. aber das geht viel viel 
weiter: die ganze babylonische sage steht in der semitischen welt so singulär wie 
die hellenische in der indogermanischen. offenbar kommen wir mit den auf die 
sprache gebauten racen nicht aus, und die probleme der urzeit sind nur so lange 
einfach, ale man gar nichts von ihr weils. um so nötiger ist die isolirte verfolgung 
des continuirlich verfolgbaren. 


Herakles bei den barbaren. Herakles der Dorer. 27 


pflanzstädten, dort die Rhodier”') bequem darbieten. allein nötig ist es 
durchaus nicht. als diese gleichungen aufkamen, war Herakles längst eine 
zwar nicht allerorten verehrte, aber allerorten wolbekannte heroengestalt, 
die in folge der wanderungen des heros, wie sie die poesie ausgebildet 
hatte, für solche identificirung besonders passend erscheinen mulfste””). 

Von besonderem interesse ist nur eine solche verknüpfung des bar- 
barischen mit Herakles: das lydische herrschergeschlecht, welches Gyges 
stürzte, bat für heraklidischen blutes gegolten, und die Omphalefabel 
ist in Liydien localisirt worden und hat anderes nach sich gezogen. es 
wird sich unten zeigen, dals hier nur eine oetäische sage in äulserlicher 
weise nach Asien übertragen ist. aber gesetzt auch, es hätte sich wirk- 
lich an diesem einen punkte asiatisches und hellenisches verquickt, so 
dürfte man eben nicht hier das verständnis der Heraklessage suchen: 
ihr wesen wird sie allein in ihrer heimat offenbaren können. 

So bleibt also Herakles ein angestammter besitz lediglich der yölker- Hernklos 
gruppe, welche sich vom Pindos östlich wandte, Thessaler”) Boeoter 
“T/orer sind wesentlich an dieser gemeinsamen religion als zusammen- // “δ 
gehörig zu erkennen. sie alle haben Herakles als den vertreter ihres Ι ᾿ u 
wesens verehrt, haben von seinen taten erzählt, seine ehre als die ihre { IM κει. 
betrachtet, und sie sind irgend wie im spiele, wo immer uns Herakles δὰ ἮΝ 
begegnet. 

Ist Herakles vielleicht nichts anderes als der vertreter dieses volks- 
tumes, das a potiore dorisch heifsen mag? und ist die entwickelung 


51) Von diesen ist Herakles zu den Lykiern gelangt, die ihn früh als münz- 
bild haben. 

52) Besonders merkwürdig ist, dafs die Phokaeer in Massalia den heros ihre 
ligurischen feinde bezwingen liefsen. dieses sehr eigentümliche abenteuer, das schon 
Aischylos seinen Prometheus prophezeien läfst, kann nur in Massalia gedichtet sein, 
da es das bestimmte local, die steinwüste an der Rhonemündung, voraussetzt. aber 
der ganze Zug des Herakles von Erytheia-Tartessos nach Italien auf dem landwege 
setzt die massaliotische küstenbesiedelung voraus. unmöglich ist freilich nicht, dals 
vor den Phokaeern dorische seefahrer (von Knidos und Rhodos her) auch hier sich 
festzusetzen versucht haben. gerade auf der ile de la Camargue soll ein Herakleia 
gelegen haben, CIL XII p. 500. den radicalismus, der die Rhodier aus dem westen 
durch seine grofßsen worte vertreiben will, kann man nur zum belege verwenden, 
dafs die zeugnisse für die ansicht stehen, die er überwunden zu haben wähnt. 

53) Entsprechend ihrer geringeren geistigen kraft und selbständigkeit kommen 
die Thessaler am wenigsten in betracht, obwohl gerade Thessalos selbst ein Herakles- 
sohn ist, Boiotos nicht. im Peloponnes ist das verhältnis ähnlich zwischen Argos 
Korinth einerseits, Sparta Kreta andererseits. für die Heraklessage haben die süd- 
lichen Dorer fast nichts geleistet. 


schich 
gene! hen 


98 Der Herakles der sage. 


seiner sage so zu betrachten, dafs er allmählich vertreter des Hellenen- 
tumes geworden wäre, zuerst in Grofsgriechenland, schließlich aber ver- 
treter der menschheit? eponyme heroen der art gibt es in Hellas und 
bei anderen Ariern genug; semitische völker zeigen deutlicher als die 
Arier auch götter in solcher function. selbst Jahwe, der zuerst ein gott 
gewesen sein mag, der an einen bestimmten ort, den Sinai, gebunden 
war, hat seine bedeutung dadurch erhalten, dafs er der träger des 
israelitischen volkstums ward, und hat nur um den preis der zertrüm- 
merung dieses volkstumes ein gott der welt werden können. es kann 
aussichtsvoll erscheinen, Herakles in dieser nationalen weise erklären zu 
wollen. denn gewesen ist er allerdings vertreter der Dorer, und die 
jahrhunderte 8 bis 6 haben seine sage ganz vorwiegend nach dieser seite 
ausgestalte. unübersehbar ist die masse dieser sagen, reichste fülle ge- 
schichtlicher überlieferung birgt sich in ihnen. der zusammenhang, in 
den die abenteuer schon durch die sagenschreiber des 5. jahrhunderts 
gebracht sind, ist vorwiegend durch solche nationalen momente bedingt: 
aber selbst sie haben nie vergessen, dafs dies alles für die eigentliche 
Heraklessage nebensächlich ist, und haben alle diese taten als πάραϑλα 
oder πάρεργα bezeichnet. das ist eine strenge aber allerdings treffende 
beurteilung ihres wertes. um das wesen des Herakles im kerne zu erfassen, 
könnte man von dem vertreter der Dorer ganz absehen. allein dieses spätere 
gezweige, die wirren schölslinge und wasserreiser decken jetzt den stamm: 
auch wenn man sie nur beseitigen wollte, müfste man sie näher be- 
trachten; nun haben sie aber nicht nur eine hervorragende geschicht- 
liche bedeutsamkeit, sie sind auch äußerst belehrend für die methode, 
welche in der analyse der heroenmythen erfordert wird, weil sie vielfach 
sehr jung und relativ, zum teil sogar absolut datirbar sind. 

Die besitzergreifung des Peloponneses selbst ist nicht zu einer tat 
des Herakles geworden, sondern hat sich in wie auch immer getrübter 
geschichtlicher erinnerung selbst erhalten. die Dorer haben vielmehr die 
legitimation ihrer einwanderung darin gesehen, dafs ihr ahn, Herakles, 
selbst ein sprofs der argolischen herrscherfamilie gewesen wäre, nur 
widerrechtlich seines erbes beraubt. somit ist in der ganzen sage, soweit 
sie die geburt in Tiryns, die dienstbarkeit bei Eurystheus, die vertreibung 
aus dem Peloponnes voraussetzt, ein zug als voraussetzung in das bild 
gebracht, der lediglich dorische geschichte zum ausdruck bringt. es gibt 
ferner eine anzahl sagen, welche Herakles Elis Lepreon Messenien (Pylos, 
Oichalia) Lakedaimon erobern lassen; allein sie sind weder sehr volks- 
tümlich noch reich ausgebildet, der poesie fast, der bildenden kunst ganz 








Herakles der Dorer. sagen geschichtlichen inhalts. 29 


fremd, führen auch nicht zur besitzergreifung, lassen zudem den heros 
als heerkönig wenigstens meistens auftreten, was immer etwas secundäres 
ist, so dafs sie durchaus nicht als ein niederschlag der erinnerung an 
die einwanderung gelten können”). dals Herakles hier stets als Argeier 
auftritt, zeigt deutlich, dafs wir es vielmehr mit dem niederschlage der 
kampfe zu tun haben, in denen Argos die suprematie über den Pelo- 
ponnes anstrebte. man ermifst vielleicht mehr einen gegensatz der zeiten 
als der begabung daran, dafs das übergreifen Spartas im achten jahr- 
hundert keine entsprechenden Heraklestaten mehr hervorgerufen hat. 
der nationale dorische held war eben Herakles der Argeier geworden, so 
dafs Sparta ihn nicht mehr und noch nicht wieder als vertreter brauchen 
konnte. 

In Boeotien hat die überwindung von Orchomenos, die spät und 
nach hartem kampfe gelang”), und die friedliche besitzergreifung von 
Thespiai), neue, wenn auch farblose Heraklessagen erzeugt. die be- 


54) Natürlich müssen auch diese sagen in irgend welcher poetischen form in 
alter zeit umgegangen sein, wie hätten sie sich sonst erhalten? aber von dieser 
form wissen wir nichts, weil nichts die archaische zeit überdauert hat. es erheben 
sich hier die unten am Dodekathlos genauer behandelten schwierigkeiten. z. Ὁ. ist 
Herakles die Hippokoontiden überwindend von Alkman so breit dargestellt, dafs 
schon um der fülle von namen willen eine feste, wol sicher poetische tradition zu 
grunde liegen mufs, aber nichts hindert diese für argolisch oder korinthisch anzu- 
sehen. localspartanisches ist gerade in dieser geschichte, wenigstens so weit sie be- 
kannt ist, so gut wie gar nichts. — nach den untersuchungen von Kaibel (Herm. 
27, 258) und Wide (Lak. Culte 18. 298. 322) ist diese behauptung in so weit ein- 
zuschränken, dafs Herakles eine ältere Dioskurensage occupirt hat; um so sicherer 
ist die gestaltung, der Alkman folgt, nicht spartanisch. Wides versuch, einen 
kampf mit den chthonischen mächten darin zu sehen, ist methodisch verkehrt, da 
er doch die secundäre fassung nur heroisch deuten durfte. aufserdem kann man 
doch nur lächeln, wenn hohes alter und tiefe symbolik darin gesucht wird, dafs 
eine hündin mit einem steine tot geworfen wird. womit erwehren sich denn jetzt 
die menschen der gerade in Griechenland unausstehlich frechen köter? und wenn’s 
diesmal eine hündin ist, so sollte man doch den Kerberos aus dem spiele lassen. 

55) Vgl. zu vers 50. 280. 

56) Die verschmelzung der alten bevölkerung mit den zuwanderern gibt die 
boeotische sage naiv so wieder, dals Herakles in einer nacht den 50 töchtern des 
Thespios zu söhnen verhilft. übrigens fuhr man fort als urbesitzer des landes sieben 
ϑακοῦχοε zu verehren (Diodor IV 29), wie sieben ἀρχαγέταε in dem benachbarten 
Plataiai (Plut. Arist. 11), und diese letzteren sind niemals zu Heraklessöhnen gemacht 
worden, da das boeotische in Plataiai nicht dauernd fuls falste. in Thespiai trieb 
das misverhältnis der 50 und 7 notwendig zu einer auswanderungssage. was aber 
den lolaos von Theben und die söhne der Thespiaden nach Sardinien gebracht hat, 
ist noch unklar. 


90 Der Herakles der sage. 


kämpfung und verpflanzung der Dryoper um Delphi ist vielleicht ein 
nachhall sehr alter zustände; vielleicht ist sie aber auch nur ein versuch, 
zu erklären, weshalb die Dorer von Argolis und Sparta ihre gegner in 
Hermion, beiden Asine und Korone eben so benannten, wie ehedem ihre 
phokischen gegner; vielleicht ist auch Herakles als Dryoperfeind an stelle 
des Phlegyerfeindes Apollon getreten”). denn wo die einwanderer sich 
des übergewichtes der älteren sagen nicht erwehren konnten, die im kreise 
ihrer untertanen fortlebten, da begnügten sie sich damit, ihren heros 
nur an die stelle eines älteren zu setzen, wie er im kampfe mit Kyknos 
den Achilleus verdrängt“), oder ihn wenigstens mit helfen zu lassen, wie er 
neben Peirithoos und den Lapithen gegen die Kentauren zieht”). das 
sind thessalische umbildungen. vollends durchsichtig sind die Herakles- 
sagen, welche die dorische besetzung von Kos Rhodos Kyrene erzeugt 
hat, und die thrakischen und grolsgriechischen, deren oben gedacht 
ward, führen den heros eben auch nur als vertreter seiner auswandernden 
verehrer ein. 

Es ist nicht dieses ortes, das material zu erschöpfen; aber noch ein 
par charakteristische und datirbare sagen derselben art mögen kurz be- 
sprochen werden, weil der commentar des euripideischen dramas keine 
veranlassung geboten hat, sie zu erläutern. 

Die Argonautensage ist im kerne uralt und schon in Thessalien 
ausgebildet, Wozi8 TRMer haften geblieben ist. aber diese älteste form 
wird sich niemals mit einiger sicherheit wieder gewinnen lassen. zur 
zeit kennen wir noch nicht einmal die jüngeren formen genügend, die 
sie in Miletos und Korinthos erhalten hat: das kann und muls die 
forschung leisten. Milesische seefahrer haben schon im achten jahr- 
hundert den Pontos befahren und seine südseite besetzt. damals ist 
Kolchis als das ziel der fahrt festgestellt, die eigentlich _die geraubte frau 


aus dem lande den sonne heimholen wollte. _ gleichzeitig 


sind viele ionische heroen auf die Argo gekommen: Herakles natürlich 
nicht. die form der sage, welche uns geläufig ist, ward von den Korinthern 
festgestellt, als diese ihre seemacht im westmeere begründeten. damals 
ist Hera, die ἀχραέα von Korinth, die beschützerin des Iason geworden, 


57) Obgleich mittlerweile einzelnes richtig gestellt worden ist, mufs doch erst 
eine besondere untersuchung sich über die traditionen aller s. g. dryopisehen gegen- 
den erstreckt haben, ehe man mehr als diese vielleicht trügerischen allgemeinheiten 
sagen kann. 

58) Vgl. zu vers 110. 

59) Vgl. zu vers 181. 304. 


Sagen geschichtlichen inhalts. 31 


ist die rückfahrt durch das adriatische meer gelenkt, und ist wieder eine 
anzahl heroen zugetreten. aber den Herakles mochten seine korinthischen 
nachkommen nicht zuziehen, weil er keine seiner würdige stelle erhalten 
konnte. sie begnügten sich also, sein fernbleiben angemessen zu moti- 
viren, dafs das schiff ihn nicht getragen, kein ruder stark genug für ihn 
gewesen wäre oder ähnlich. um 550 gründeten Megarer und Boeoter 
eine zukunft verheilsende pflanzstadt an der pontischen küste, die sie 
nach Herakles nannten. natürlich wollten sie auf den spuren ihres 
eponymos wandeln, aber an die Argofahrt knüpften sie doch nicht an, 
sondern an den zug wider die Amazonen, der längst in den fernen nord- 
osten verlegt war. sie fanden in ihrem gebiete auch einen schauerlichen 
erdspalt und einen wilden bergstrom: das ward ihnen ihr Acheron und 
der mund der hölle nun war für sie natürlich Herakles mit dem Ker- 
beros hier emporgestiegen. nicht wirkliche sage, sondern das glückliche 
spiel eines dichters, den wol anklingende namen anregten, hat ein bithy- 
nisches volkslied, die klage um den schönen Hylas, das früher mit einem 
Argonauten, dem gründer von Kios, Polyphemos, verbunden war, auf 
Herakles bezogen: nun mulste er wenigstens bis Kios mitgefahren sein, 
und die alten motive für sein zurückbleiben rücken nun von Thessalien 
nech Bithynien®). erst die willkür von romandichtern, frühestens aus 
Alexanders zeit, hat es gewagt den vornehmsten helden nach Kolchis zu 
führen, endlich gar an Iasons stelle zu setzen. 

Der kampf um Ilios war durch das aeolische epos geschaffen. schon 
als die Ionier dieses übernahmen, liefs der vorrang der aeolischen helden 
es unstattbaft erscheinen, ihnen die vornehmsten Ioniens an die seite 
zu stellen. man führte also ihre “epigonen’ ein: nicht Tydeus sondern 
Diomedes. dadurch ward für die relative chronologie der heroensage der 
grund gelegt. das epos wanderte an der asiatischen küste südwärts und 
kam zu den Dorern von Kos und Rhodos. für sie war die ausschließsung 
des Herakles auch selbstverständlich. aber es genügte ihnen nicht, seine 
nachkommen einzuführen, zumal diese ihre gegner auf die troische seite 
nachzogen: dafür ist der kampf zwischen Tlepolemos und Sarpedon das 
leuchtende beispiel. und doch durfte Asien nicht ohne Herakles erobert 
sein. so entstand der zug des Herakles gegen den vater des Priamoe, 


60) In der ersten auflage hatte ich die sache falsch dargestellt, weil ich die 
klage der Mariandyner um Priolas oder Bormos mit der der Bithyner von Kios um 
Hylas vermischt hatte, die nur im letzten grunde identisch sind. die untersuchung, 
deren ergebnisse ich oben vorlege, ist zu lang für diese stelle. über den namen 
Hylas Aristot. u. Ath. II 176. 


82 Der Herakles der sage. 


asiatische Dorer haben ihn erdacht, denn sie, die aus der Argolis stammten, 
haben die argolische geschichte von Perseus und Andromeda auf Herakles 
und Hesione übertragen und den zug wider Troia mit den älteren fahrten 
verbunden, in denen sie Herakles ihren eigenen kämpfen um Kos und 
Lindos hatten vorarbeiten lassen. später, als das epos nach dem mutter- 
lande kam, steigerte man den zug zu einer grofsen heerfahrt, und eine 
regelrechte belagerung trat zu dem einfachen kampfe mit einem unge- 
heuer. die beteiligung der Aeakiden, für deren ruhm besonders sorge 
getragen ward, lehrt, dafs diese letzte bearbeitung unter dem drucke der 
aeginetischen macht, im 6. jahrhundert, vorgenommen ist?'), 

Ebenfalls im 6. jahrhundert drang die hellenische besiedelung in 
Sieilien mächtig nach westen vor. im süden hatten Dorer megarischer 
herkunft in Selinus einen sicheren stützpunkt gefunden; an der nord- 
küste Chalkidier Himera weit vorgeschoben. die eingebornen gegner waren 
Elymer, wahrscheinlich iberischer abkunft””), in Entella, Halikyai, nament- 
lich aber in Egesta und auf dem Eryx. die ionischen Himeraeer, deren 
phantasie von homerischen bildern erfüllt war, sahen in ihnen nach- 
kommen der Troer, mit denen ihre ahnen gefochten hatten, um so mehr 
als sie die göttin des Eryx Aphrodite nannten, die ja dem volke des 
Paris beigestanden hatte. so ward der eponym dieser feinde, Eryx, ein 
sohn Aphrodites und eines ‘hirten’, des Βούτης), ein anderer Aineias; 
Aineias war ja längst der vertreter erst der geretteten Troer, dann der 
feindlichen völkerschaften geworden, in denen die Hellenen ihre troischen 
gegner wiederfanden‘‘). Die Dorer rechneten zuversichtlicher darauf, die 


61) Auch ein attisches akolion spricht die tendenz unumwunden aus, 18, τὸν 
Τελάμωνα πρῶτον, Αἴαντα δὲ δεύτερον ἐς Toolav λέγουσιν ἐλθεῖν “Ζαναῶν καὶ 
"Ἀχιλλέα. des Herakles hat man hier ganz vergessen; selbst Achilleus ist nur annex. 
so mögen die nachkommen des Eurysakes oder Philaios gesungen haben. 

62) Der iberische graffito auf einer sicilischen vase, den Löschcke erkannt hat 
(Benndorf Gr. Vasenbild. taf. XXXXIII) ist ein unverdächtiger und gewichtiger 
zeuge für diese ansicht, die ich hier nicht verfolgen mag. 

63) Bei Apollonios Rhodios ist Butes sohn des Teleon (wie er statt Ζελέων 
gesagt haben soll, auf grund eines schreibfehlers oder einer umdeutung, Teigor 
steht schon bei Eurip. Ion 1579) von Athen, er stürzt ins meer, als die Argo an 
den Sireneninseln bei Neapel vorbeifährt, und Aphrodite rettet ihn nach Lilybaion. 
dafs der Elymer Athener wird, ist wol eine nachwirkung des verhängnisvollen bünd- 
nisses der beiden völker, und die Argo haben wol auch die korinthischen Syrs- 
kusaner in ihre gewässer geführt. — über Butes vgl. jetzt Böhlau in den Bonner 
Studien für Kekule. auch hier mag ich nicht tiefer eingehen. 

64) So ist das auftreten des Aineias in Ainos, Aineia, auf Kreta und in Epirus 
leicht erklärlich. 


Sagen geschichtlichen inhalte. Herakles der gott. 33 


Elymer zu bezwingen. sie beanspruchten den berg Eryx, weil ihr Herakles 
seinen eponymos (einen Poseidonsohn, wie so viele frevler) im ringkampfe 
überwunden hätte, als ihr erbe. das motiv des ringkampfes ist ein geborgtes, 
von den dorischen Kyrenaeern ebenso in der Antaiossage verwandtes. 
mit den in dieser sage ausgesprochenen rechtsansprüchen verlockten um 
505 die seher einen spartiatischen königssohn Dorieus zu einem zuge 
wider die Elymer. der zug mislang, Dorieus fiel, und niemals hat die 
geschichte diese erfindung der begehrlichkeit zur wahrheit gemacht. nichts 
desto weniger dauerte die sage, die nun einmal verbreitung gefunden 
hatte, und Timaios, der die schliefslich malsgebende darstellung der west- 
griechischen Heraklesabenteuer gegeben hat, reihte sie mit besonderen 
hilfsmotiven in den rückzug von Erytheia ein. 

Die weit überwiegende mehrzahl der Heraklessagen hat einen solchen 
geschichtlichen sinn. sie sind leicht verständlich, sobald man die con- 
creten verhältnisse erfassen kann, die sich in ihnen wiederspiegeln ; aber 
auch wo das nicht mehr möglich ist, sieht man es einer Heraklestat bald 
an, ob sie einen geschichtlichen inhalt hat oder nicht. nicht zu allen 
öffnet dieser schlüssel das verständnis. im gegenteil, die sagen, in denen 
Herakles nur der vertreter des Dorertums ist, fordern selbst als eine vor- 
bedingung ihrer entstehung eine Heraklesgeschichte, in welcher er mehr 
war. zunächst ist er in jeder einzelnen mit nichten ein vertreter des ganzen 
Dorertums, sondern nur eines ganz bestimmten stammes, der Selinuntier, 
Rhodier, Herakleoten. erst wir wenden uns an die übergeordnete gemein- 
schaft, von welcher diese stämme alle nur teile sind, weil sie sich alle 
denselben helden als mythischen vertreter gewählt haben. das könnten 
sie nicht, wenn sie nicht an ihn geglaubt hätten, als sie noch eine ein- 
heit waren: wir haben also den ursprünglichen Herakles in der zeit zu 
suchen, wo das volk, von dem Thessaler Boeoter Dorer teile sind, noch 
vereinigt war und tief in den bergen Makedoniens safs, und wir dürfen 
sein ursprüngliches wesen nur aus dem erklären, was sich auf diese ur- 
zeit zurückführen läfst und in allen diesen später erwachsenen sagen 
vorausgesetzt wird. vorausgesetzt wird das tatenreiche leben eines helden, 
denn jede neue geschichte sucht sich innerhalb eines älteren zusammen- 
hanges ihren platz. aber es ist nur ein handelnder held, der vorausgesetzt 
wird, zwar ein übergewaltiger und des höchsten gottes sohn, aber doch nur 
ein mensch, der menschlich leidet und genielst. eben deshalb ist das wesen 
des Herakles hiermit nicht erschöpft, denn Herakles ist ja auch ein gott. 

Bei den stämmen die den Dorernamen mit stolz führen, würde es 
freilich schwer halten, diesen gott aufzuweisen. in Sparta mahnt Tyrtaios 

v. Wilamowitz I. 


Herakles 
der gott. 


94 Der Herakles der sage. 


den adel an sein heraklidisches blut, an der tafel des königs spendet 
man regelmälsig dem ahnherrn“); aber_seine cultstätten_sind_ spärlich, 
und im festkalender wülste ich_ihn nicht zu zeigen. noch weniger lälst 
sich über das früh demokratisirte Argos sagen, trotz dem löwen von 
Nemea und der hydra von Lerna. nur als stand hat sich der adel auf 
Herakles zurückgeführt, die einzelnen geschlechter taten das nur ver- 
einzelt (wie es in Athen keine besonderen nachkommen des Kekrops 
Erechtheus Aigeus mehr gibt), und als die revolutionen den adelsstand 
zurückdrängten, griff man zum teil auf die heroen der unterworfenen 
älteren bevölkerung, die heroen Homers zurück, in Argos z. Ὁ. auf Diomedes, 
oder erzeugte junge abstractionen, mochten diese schemen auch der lächer- 
lichkeit verfallen wie ὅ Jıös Κόρινθος. Herakles ward somit lediglich 
der held, der vorkämpfer des volkstumes, das man nicht verleugnete, 
und das vorbild der mannestugend: als held erstritt er sich die göttlich- 
keit. sein gefährte Telamon errichtet ihm als xaAAlvıxog einen altar, 
als sie gemeinsam Ilios erobert haben: das ist die auffassung der Aegi- 
neten; höher werten sie seine gottheit nicht mehr. 

Kaum mehr erfolg hat es, wenn man in Boeotien nach cultstätten 
des Herakles sucht), hier offenbart sich vielmehr mit überraschender 
deutlichkeit, dafs er vielfach an die stelle anderer älterer personen ge- 
treten ist, die in beinamen oder besonderen riten fortleben”), Theben 
allein ist eine wahrhaft bedeutende cultstätte. das Tbeben, das in dieser 
oder jener form die suprematie über Boeotien und dadurch eine großs- 





65) Ion eleg. 2. 

66) Weihungen gymnastischen inhaltes späterer zeit (z. b. Inser. Boeot. 2235, 
2712) wird kein verständiger mitzählen. was den orchomenischen krieg angeht, 
kann bestenfalls geschichte Thebens sein. 

67) In Thespiai, dessen adel auf sein heraklidisches blut hielt (anm. 56), war 
ein tempel (Paus. IX 27, 6. Inscer. Boeot. 1739 Ditt.) und entsprechend in den 
dörfern des thespischen gebietes Kreusis (Paus. 32, 2), Siphai (Paus. 32, 4), Leuktra 
(Inscr. Boeot. 1829). aber Pausanias verwundert sich mit grund über diesen cult, 
dem eine jungfräuliche priesterin vorstand, und meint, er gelte einem andern 
Herakles. ebenso beurteilt er den Herakles von Mykalessos (19, 5), der ein diener 
der Demeter ist. in der tat scheint die lösung am besten, hier die übertragung 
eines älteren cultes in verhältnismäfsig später zeit anzunehmen; dasselbe ist sicher 
von dem heilgott Herakles in Hyettos (Paus. IX 24): das war ein eos darpds 
wie in Lebadeia Oropos Aigosthena Rhamnus Athen Eleusis u. 8. w. in Koroncia 
gibt es Ἡρακλῆς Παλαίμων (Inser. Boeot. 2874, Hesych, Lykophr. schol. 663, 
Et. M Πολέμων», aus den ᾿Επικλήσεις): da ist der sohn der Ino, die als gattin des 
Athamas in den see vor ihren schlosse gesprungen ist und nicht bis Megara lief, 
zum beinamen des fremden degradirt. am Laphystion geht ein schlund in die 





Herakles der gott. 35 


machtstellung anstrebt, hat seinen Herakles als vertreter dieser ansprüche 
und siege verherrlicht, wie das namentlich die bundesmünzen Boeotiens 
zeigen. in Theben_gibt es ein Heraklesfest; es ist aber vielleicht mit 
den Iolaien identisch. in Theben steht ‘der tempel des gottes Herakles 
neben dem geburtshause des heros und den erinnerungsstätten der seinen. 
das entspricht auf das beste dem glauben des Thebaners Pindaros, der 
dem gotte und dem heros gleiches verständnis und gleiche liebe gewidmet 
hat. allein das haus des gottes erwähnt dieser nicht; wir vermögen nicht 
zu sagen, dals es älter wäre als der uns allein bekannte bau_des vierten _ 
Jahrhunderts, also eben der zeit, wo jene mit Herakles verbundene politik” 
“ihre schönsten triumphe feierte. vor allem aber, wie eng oder weit man" 
Thebens mauern ziehe: sämmtliche Heraklesstätten liegen vor ihnen. 
wenn irgendwo, so ist es gerade in Theben sinnfällig, dafs dieser gott 
und dieser heros ein zuwanderer ist, gebracht von einem volke, das sich 
vor den mauern der burg des Kadmos und Amphion angesiedelt hat, 
diese stätte für den ausgangspunkt der Heraklesreligion anzusehn, wie 
es nicht mit naiver, sondern mit verstockter ignorirung der topographie 
und epigraphik gewagt worden ist, schlägt nicht nur den zeugnissen des 
altertums ins gesicht, sondern führt gerades weges zu dem schlechthin 
absurden. den thebanischen Herakles hat man wol für einen herauf- 
gekommenen menschen gehalten, und das ist zwar verkehrt, aber doch 
an sich denkbar: ihn zu einem denaturirten gotte zu machen widerspricht 
den Thebanern (sie haben nicht einmal die priorität für ihren cult be- 
hauptet), dem thebanischen cultus, der religion Pindars und ist über- 
haupt eine ausgeburt widergeschichtlicher geschichtsmacherei und religions- 
loser ‘mythologie'. 

Nein, wenn es denn wahr ist, was so viele als ein axiom betrachten, 


dals die heroen denaturirte götter seien, so fordert unerbittliche logik, 
in He ἱ iell einen athenischen gott zu sehen. 
e überlieferung des altertumes und die zeugnisse des cultes stimmen 


zu einander und sind ganz unzweideutig. nur Marathon und daneben 
das von Chalkidiern gegründete Leontinoi®) haben so vornehme und alte 


unterwelt; danach heifst der berg. natürlich erzählten die Boeoter dort von dem 
Kerberosabenteuer, und man verehrte einen Hoaxir7s Χάροψ (Paus. 34, 4): aber 
an die höllenpforte gehört der daemon, den wir mit anderem muffixe Χάρων zu 
nennen pflegen. Herakles ist auch hier erst hinzugetreten. 

68) Diodor IV 24. er nennt seine vaterstadt 4yöpso» besonders und fügt ohne 
zweifel eigenes ein. aber sie liegt im Δεοντῖνον πεδέον, wie er selbst hervorhebt, 
und hat ihren cult doch nur von den griechischen herren desselben. auch ist eine 

3 4 





N 


heiligtum_des gottes Herakles“°); welche 


36 Der Herakles der sage. 


Heraklestempel, dafs sie den anspruch erheben können, mit seiner gött- 
lichen verehrung begonnen zu haben. t jedes dorf hat in Attika sein 

rem zum Peloponnes und 
Boeotien. nirgend bei den Dorern, gewöhnlich bei den Athenern ist 
Herakles schwurzeuge, sowol in feierlichen formeln wie im gewöhnlichen 
leben. und wiederum: die Dorer als Dorer stammen von Herakles, die 
Boeoter haben ihn als ihren himmlischen vertreter, so wie Athena ihre 
stadt vertritt: in Athen ist Herakles allezeit ein fremdling gewesen. hie 
der gott, dort der heros, das ist der gegensatz, den es zu begreifen und 
zu erklären gilt. der gegensatz ist notorisch, mögen ihm die auch ihre 
augen verschliefsen, die den Herakles einen althellenischen gott nennen, 
obwol er ein eindringling im Homer ist, oder einen boeotischen, obwol 
ihn die Boeoter weder als gott noch als Boeoter beanspruchen. 

Die sagen des streitbaren Dorerhelden, so weit sie geschichtlichen 
gehaltes sind, haben wir kennen gelernt: er gieng die Athener und Chal- 
kidier nichts an, die höchstens unter den schlägen seines armes gelitten 
hatten. aber eben dadurch erfuhren sie, wie gewaltig seine macht war, 
nicht die eines menschen, der längst ab und tot war, sondern eines gegen- 
wärtig und überirdisch, also göttlich wirkenden. nach der huld und nach 
dem beistande dieser macht verlangten sie. geht es denn überhaupt 
anders zu, wenn jemand an einen fremden gott glauben lernt, als dafs 
er seiner macht inne wird und sich seiner gunst versichern will? freilich 
muls dann etwas lebendiges, wirkendes in dem gotte sein, etwas all- 
gemein, absolut göttliches. von wem auch immer man bloß weils, dafs 
er früher einmal gewirkt hat, der ist ab und tot, gott oder mensch: 
wozu sollte man ihm huldigen? eine göttliche person ist der exponent 
für die göttlichen wirkungen, die der glaube empfindet. will man wissen, 
was an ihm ist, mus man diese betrachten. was das allgemein göttliche 
in Herakles war, lernen wir nur so, dals wir zusehen, was der Athener 
von Herakles glaubte und erflehte. Ἡράκλεις ruft er, wenn ihm bei 
irgend etwas nicht geheuer ist; der ausruf ist sehr abgeschwächt, es ist 


wendung wie νομέσας ἤδη τε λαμβάνειν τῆς ddavaolas τοῦ ἄϑλον δεκάτου Telov- 
μένου nur unter voraussetzungen denkbar, welche nicht Diodors erzählung gibt, 
sondern z. b. die apollodorische bibliothek. also er contaminirt, wie so oft. der 
text, dem er seine localpatriotischen zusätze beifügt, ist Timaios, der den Herakles- 
cult von Leontinoi angegeben haben wird. 

69) Die attische kleruchie Eretris feierte Heraklesspiele, doeh wol in fort- 
setzung des cultes der freien Eretrier. vaseninschrift Πρακτικά 90, 95 Ἐρετριᾶϑεν 
ἄϑλον παρ᾽ Ἡρακλέος. 


Herakles der gott. 87 


ein milder “fluch’, wie unsere blasphemische weise zu reden ist. aber zu 
grunde liegt doch eine angstempfindung. das schutzbedürfnis dessen der 
sich fürchtet und hilfe braucht ruft den furchtlosen rettenden geist. 
ἀλεξίκαχος ist das beiwort, welches das wirken bezeichnet, das der 
Athener von Herakles erwartet; xaAAlvıxoc ist das beiwort, in welchem 
er seine göttliche verklärung ausspricht. ὁ τοῦ Διὸς παῖς χαλλίνιχος 
Ἡρακλῆς ἐνθάδε κατοιχεῖ᾽ μηδὲν εἰσίτω xaxdy schreibt der Athener 
auf seine schwelle: damit ist alles wesentliche gesagt”). 

Der höchste gott im himmel hat einen sohn, der allezeit bereit ist 
den menschen hilfreich beizuspringen, und der die kraft hat aus jeder 
not und gefährde zu erretten. das ist der glaube des Atheners. “ Zeus 
hat den Herakles erzeugt, auf dafs den menschen und göttern ein schirm 
wider jegliches unheil erwüchse, ὥς da ϑεοῖσιν ἀνδράσι τ᾽ ἀλφηστῇσιν 
ἀρῆς ἀλκτῆρα Qvreücaı”: so redet ein hesiodisches gedicht (die Eoee 
vor dem Schilde 27), und dem dichter ist bewulst, dafs der sohn mit 
dieser tätigkeit im geiste und wesen des vaters wirkt, denn er spielt mit 
bedacht auf das an, was der alte Hesiodos selbst zu Zeus sagen liels 
ἀϊκτὴρ δ ἀϑανάτοισιν ἀρῆς γένεο χρυεροῖο (Theogon. 657). und dafs 
zum dritten ein zeugnis des cultes nicht fehle: auf Kos verehrt man als 
gatten Hebas, d.h. als verklärt zu ewiger jugend, gott geworden, den 
Heaxins “4λεξις d.i. dieSlxaxoc"). da haben wir, was die verbindung 
zwischen dem gotte der Athener und dem heroischen ahnherrn und vor- 
kämpfer der Boeoter und Dorer gibt: Καλλέίνικος, ἀλεξίκαχος, der in 
jedem kampfe sieger blieb und nun in jeder not helfen kann. das ist 
Herakles. er ist leicht zu fassen, sollte man meinen, und wahrlich, kein 
Olympier läfst sich so kurz analysiren. es ist auch ohne weiteres klar, 
dals diese gestalt von zwei seiten erfasst werden kann. wer an den jetzt 
vom himmel her waltenden denkt, mag sein irdisches leben vergessen; wer 
den blick auf die taten und leiden richtet, die dem menschen Herakles 


70) Dafs dieser wie jeder gott auch die universale potenz einschliefst, die im 
gottesbegriff an sich liegt, also subjectiver glaube seine gegenwart bei einer belie- 
bigen gelegenheit empfinden kann, die nicht in seinem gewöhnlichen machtbereiche 
liegt, ist eigentlich selbstverständlich. dem Sophokles erscheint er im traume und 
sagt ihm, wo eine verlorene silberne schale Athenas verborgen ist: zum danke wird 
eine capelle des Ἡρακλῆς μηνυτής errichtet. das ist nicht für Herakles bezeichnend, 
sondern höchstens für den der also träumte. die weitere entwickelung eines gött- 
lichen wesens mag hierhin oder dahin gehen, das accessorische mag schliefslich über- 
wiegende wichtigkeit erlangen: für die erfassung der alten echten religion kommt 
zur der kern in betracht. 

71) Aristides 5, p. 60. Cornut. 31. 


38 Der Herakles der sage. 


die göttlichkeit erworben haben, der mag ihm lieber nachleben und nach- 
streben und den verklärten der verdienten seligkeit geniefsen lassen. 
eins aber fordern beide vorstellungen, auf dals sie sich vereinigen lassen: 
ein irdisches leben sowol wie eine ewige verklärung des Herakles. er 
würde jetzt vom hohen himmel herab nicht in jeder gefährde unerschrocken 
und unüberwindlich eingreifen, wenn er nicht einst selbst in jeder ge- 
fährde unerschrockenheit und unüberwindlichkeit bewährt hätte. jetzt 
ist er gott, denn also wirkt er: aber er mul mensch gewesen sein. 
„Grund- Mensch gewesen, gott geworden; mühen erduldet, himmel erworben: 
der omtalt das ist das wesentliche an dem Herakles, den die Hellenen, alle Hellenen, 
geglaubt haben. weder den menschen noch den gott kann entbehren, 
wer auch nur ihren ersten keim recht erfassen will, wer aber soviel be- 
griffen hat, der ist jede deutung los, die nur eine seite des doppelwesens 
betont. keinesweges blofßs, weil die Herakliden den gott in ihrem ahn 
fast aufgegeben haben (obwol auch das genügt), ist die modern am 
meisten verbreitete lehre falsch, die in Herakles einen gott sieht, also in 
allen seinen irdischen taten zusätze oder misdeutungen. billig ist es ge- 
wils, sie alle in elementare vorgänge umzusetzen, auf dals je nach be- 
lieben feuer oder wasser, gewittergott, lichtgott, jahrgott immer wieder 
hervorspringe. die alten Stoiker, deren methode seltsamerweise bei den 
heutigen mythologen gleichzeitig herrscht und in miscredit ist, haben diese 
billigen künste schon genug geübt. aber wahrheit ist so billig nicht zu 
haben. welche kolossale überhebung liegt darin, den alten Hellenen 
ihren glauben an einen zum gotte erhobenen menschen schlankweg um- 
zudrehen und sie zu bedeuten: ihr habt an einen zum menschen herunter- 
gekommenen gott geglaubt. wer das verständnis eines gottes bei denen 
sucht, die an den gott geglaubt haben, wird vielmehr finden, dals eine 
solche ansicht nichts beweise als ihre eigene verkehrtheit. die entgegen- 
gesetzte auffassung, die ebenfalls im altertume ihre vertreter gehabt hat 
und heute noch bekenner zählt, selbst über die kreise hinaus, die unsere 
schulbücher machen und für den königssohn Herakles eine jahreszahl 
haben (mit fug und recht, so lange Abraham eine hat), ist der rationalis- 
mus in seinen verschiedenen spielarten, und die ehrlichkeit zwingt mir 
das zugeständnis ab, ich wülste den nicht zu widerlegen, der also argu- 
mentirte: es habe einmal ein mensch gelebt, der sich durch die abwehr 
von wilden tieren und menschen vor seinen stammesgenossen so sehr 
hervortat, dafs sie ihn für überirdischer herkunft hielten, nach seinem 
tode als gott verehrten und demgemäls durch gebet und opfer sich ge- 
neigt zu machen suchten. zu dem zugeständnis könnte man den vertreter 


Grundbedeutung der gestalt. 39 


dieser ansicht schon bringen, dafs weder der name Herakles noch irgend 
eine der überlieferten Heraklestaten geschichtlich wäre (obwol das mit 
der bezwingung des löwen schwierig sein würde): aber das würde ihn 
aus seiner entscheidenden position nicht herausschlagen. immer könnte 
er sagen, ja, warum sollte es solchen menschen nicht gegeben haben, an 
den sich die sagen und die verehrung geknüpft hätten? da gibt es nur 
die gegenfrage, warum soll es solchen menschen gegeben haben? wenn 
ihm weder der name noch die taten gehören, ist er nicht ein messer ohne 
schaft und klinge? aber mit solcher frage überwindet man den rationalis- 
mus nicht, das tut man erst, wenn man ihm seine letzte position lälst, 
gut; gesetzt, solch ein mensch hat gelebt, was erklärt man damit? doch 
höchstens das, was dem dorischen volke in den klüften des Pindos den 
anstols gegeben hat, die Heraklessage zu dichten. diese selbst bleibt eine 
freie dichtung so oder so. jenes individuum ist wie sein name dahin, 
verweht, vergessen: der Herakles der sage hat sein eignes ewiges leben, 
und nur ihn gilt es zu erfassen. eine moderne analogie wird das ver- 
hältnis aufklären. es hat ein Dr. Johannes Faust wirklich gelebt, er ist 
eine geschichtlich sehr wol controllirbare person: aber für die Faustsage, 
welche die welt beherrscht, ist er ganz gleichgiltig, und er hat ihrem träger 
weder den namen noch den inhalt gegeben, beide sind vielmehr über 1000 
jahre älter. der Faust, der den conflict zwischen den zielen, den τέλη, des 
menschlichen strebens verkörpert, glücklich sein, weise sein, gut sein, hat 
mit dem dunklen ehrenmann, oder vielmehr dem obscuren lumpen Dr. Faust 
nichts zu tun, dessen geburt und tod in den acten aufgestöbert wird. 
der Faust von fleisch und bein ist gar nicht der wirkliche Faust: der 
ist vielmehr eine conception der volksphantasie, ein sohn derselben mutter, 
die in den schluchten des Pindos vom göttlichen geiste den Herakles em- 
pfangen hat, wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen. 
diese antwort hat in harmonie mit der empfindung seines volkes unser 
dichter auf die frage gegeben, welche die Faustsage stellt. das glück 
das im genusse liegt, ist des teufels; das glück das in irdischer weisheit 
liegt, führt zum teufel: nur die ergebung in die gesetze gottes, der glaube, 
kann den menschen in die ewige seligkeit führen: so hatte die alte 
antwort gelautet, nicht nur zu Luthers zeiten, sondern schon zu denen 
des Clemens Romanus. dieser glaube bat sich in der geschichte vom 
-Faustus verkörpert, der glaube an die eingeborene schlechtigkeit der 
menschennatur, welcher als rückschlag gegen das Hellenentum eben aus 
diesem hervorgehen mußte, als es dem tode verfallen war. wir haben 
jetzt diesen peesimismus überwunden: unsere heiligste überzeugung duldet 


40 Der Herakles der sage. 


nicht mehr, dafs Faust der hölle verfällt. doch was wir selbst empfinden, 
gehört nicht her: die übermenschliche gröfse der Faustsage, ihre sittliche 
bedeutung als verkörperung einer ganzen erhabenen weltanschauung 
leuchtet ein, ganz abgesehen davon, ob wir diese weltanschauung teilen. 
so gewaltig ist diese sage, dafs der gröfste dichter vergeblich ein langes 
leben danach gerungen hat, ihr aus eigner kraft einen neuen abschluls 
zu geben, der der veränderten sittlichen überzeugung genug täte: jeder 
ehrliche mensch mufs zugestehn, dafs Goethes Faust inhaltlich in ebenso 
kümmerlicher weise durch einen deus ex machina abgeschlossen wird 
wie nur irgend ein euripideisches drama. aber die Faustsage ist der 
beste commentar zur Heraklessage. Faust ist das widerspiel des Herakles, 
denn dieser verkörpert die weltanschauung, welche das christentum ab- 
löst mehr als überwindet, denn auch in seinem gegensatze zeigt es seine 
zugehörigkeit zu der hellenischen cultur; Faustus oder sein lehrer Simon 
ist in der altchristlichen sage der vertreter der hellenischen cultur, die 
nur irdisches ‘glück’, aber ewigen tod bringt. darum hat er Helene zur 
gattin, die Helene des Stesichoros. 

Diese analogie habe ich mit so vielen worten vorgeführt, weil con- 
ceptionen der volksphantasie, wie die Heraklessage eine ist, bei den 
Hellenen so gar oft verkannt und in falsche kategorieen eingepresst 
werden. sie sind dichtungen, die den tiefsten gefühlen und gedanken einer 
noch völlig sinnlichen reflexion gestalt verleihen. die zeit, die abstract 
zu denken nicht vermag, bewältigt die ewigen probleme in ihrer weise, 
sie schaflt gestalten; sie wird sich zuerst bewulst gewesen sein, dals sie 
sie schuf. bald aber gieng es ihr, wie es uns allen geht, sie geriet in 
die gewalt der creaturen die sie machte zu anfang war Herakles ein 
paradigmatisches wesen, bestimmt das sittliche ideal der zeit zu verkörpern 
und die lehren ihrer sittlichkeit zu verkünden. aber weil er das tat, 
weil dieses ideal jenen menschen eine realität war, wie gott eine ist, 80 
war er gott und ward er gott. es war eine bestimmte concrete menschen- 
gesellschaft, die vorfahren der Dorer, die jenes ideal bekannten und die 
Heraklessage dichteten. ist es nicht natürlich, dafs ihnen mehr an der 
dichtung gelegen hat als an dem erzeugnis derselben, dem Herakles im 
himmel, während die Athener, mit dem glauben an diesen eher als mit 
der sage vertraut geworden, beide demgemäls gewertet haben ? 

Die Alteste Versuchen wir uns nun jener dorischen weltanschauung zu be- 
ἘΣ meistern, welche sich in der Heraklessage verkörpert hat, und zwar 
zunächst in der abstracten form, die dem modernen verständlicher ist 

als die bildlichkeit, obwol man trotz allem umformen und bessern an 


Die älteste sage. 41 


den eigenen worten sicher sein kann, hier zu viel, dort zu wenig zu sagen. 
denn es gibt dinge, für welche die abstracte sprache zu arm ist, wo nur 
das bild genügt, wo nicht die wissenschaft reden kann, sondern nur 
die poesie. 

Die Heraklessage spricht zu dem dorischen manne: nur für ihn ist 
ale das evangelium; sie kennt keine menschen außer ihm, sondern nur 
knechte und bösewichter. also spricht sie: “du bist gut geboren und 
kannst das gute, so du nur willst. auf deiner eignen kraft stehst du, 
kein gott und kein mensch nimmt dir ab, was du zu tun hast. aber 
deine kraft genügt zum siege, wenn du sie gebrauchst. du willst leben: 
so wirke. leben ist arbeit, unausgesetzte arbeit, nicht arbeit für dich, wie 
der egoismus sie tut, noch arbeit für andere, wie der negative egoismus, 
die asketische selbstaufopferung, sie tut, sondern schlechtweg zu leisten 
jeden tag, was immer man kann, weil man es kann und weil es zu leisten 
ist. du sollst eben tun wozu du da bist. und du bist aus göttlichem 
samen entsprossen und sollst mitarbeiten das reich deines gottes auf- 
zurichten und zu verteidigen. wo immer ein böser feind dieses reiches 
sich zeigt, stracks geh auf ihn los und schlag ihn nieder ohne zagen; 
mit welchen schreckbildern er dich grauen machen, mit welchem zauber 
er dich verführen will, packe kräftig zu und halte fest: wenn du dich 
nicht fürchtest, wird der sieg dein sein. eitel mühe und arbeit wird 
dein leben sein: aber der köstlichste lohn ist dir gewils. du mulst nur 
nicht die breite heerstrafse wandeln, wie die feige masse die von der 
erde stammt, an der erde klebt: den schmalen pfad mufst du gehen, so 
wahr du göttlichen samens bist, und dann vorwärts, aufwärts. droben 
winkt dir die himmelspforte, und wenn du anpochest, dann bereiten dir 
die seligen bimmelsherrn einen platz auf ihren bänken und bieten dir 
zum willkomm die schale, in der der himmelstrank des ewigen lebens 
schäumt. für die ἀρετή, manneskraft und ehre, bist du geboren: sie 
sollst du erwerben. feil ist sie nur um das leben: aber wer diesen preis 
einsetzt, hat sich das ewige leben gewonnen.” 

Ein volk das diesen glauben im herzen hat, ist jugendfrisch und 
jugendstark. wenn Michel Angelos Adam aufgesprungen sein wird und 
eignes blut in seinen adern spüren wird, dann wird er also empfinden. der 
mann, der dieses selbstvertrauen im busen hat, wird unwiderstehlich sein 
— vor seinem anblick würde Faust auch in den staub sinken, und doch 
würde er in ihm seinen bruder erkennen, dem das evangelium der tat noch 
nicht verkümmert ist. nicht mit dem kümmerlichen stecken der pflicht, 
der in jede hand gleich gut palst, wird er die flache heerstralse des lebens 


42 Der Herakles der sage. 


hinab ziehen, einer unter vielen, null unter nullen, niemand zu schaden, 
niemand zu frommen, sondern die keule wird er sich brechen, die kein 
anderer heben kann, und in den wilden wald sich stürzen, zu bezwingen 
die drachen und löwen, zu überwinden tod und teufel: der ehre gehorchend, 
die ihm im busen wohnt, und deren gebote ihm allein gelten, weil er allein 
sie erfüllen kann. ein freier mann wird er sein, das haupt vor niemandem 
beugend und die sclavenseelen verachtend: aber seine kraft wird er ein- 
stellen in den dienst des allgemeinen, in den dienst der gesittung und 
des rechtes, in den dienst gottes, auch dies nicht als knecht, sondern 
als der sohn, an dem der vater ein wolgefallen hat. und so sind sie 
hervorgetreten aus ihren wäldern, die jugendfrohen Heraklessöhne, und 
haben sich mit kräftigen schlägen die besten plätze am tische des hel- 
lenischen lebens genommen. als wir sie kennen lernen, ist die schöne 
jugendfrische zeit vorüber; die ehre, der sie als höchster sittlichkeits- 
norm nachleben, beginnt schon die conventionelle standesehre zu werden, 
der eingeborne adel zu dem gemeinen adel, in welchem ἀρετὴ πατέρων 
die eigene ἀρετή ersetzt, und der selbstherrliche mann geht selten mehr 
den schmalen pfad, fordert vielmehr den vortritt auf dem breiten wege 
zu gütern und genüssen. die schatten sind tief geworden; es verletzt 
den beschauenden, dafs dieser glaube für das weib keine stätte hat, dafs 
die seelenkräfte nur nach der seite des willens, nicht nach der des ver- 
standes ausgebildet werden: aber die alten züge trägt auch jetzt noch 
das volk, und der alte adel verleugnet sich nicht in ihnen. das reine 
Hellenentum, das Homer und Sappho, Archilochos und Solon, Herakleitos 
und Xenophanes hervorgebracht hat, ist ein anderes, reicheres, weiterhin 
wirkendes, menschlicheres, die mahnungen an ϑνητὰ φρονεῖν, γνῶϑε 
σαυτόν, καιρὸν ὅρα, φιλοκαλεῖν μετ᾽ εὐτελείας χαὶ φιλοσοφεῖν ἄνευ 
μαλακίας sind wahrlich dem herakleischen wesen sowol fremd wie über- 
legen: aber die kraft und erhabenheit des Heraklesglaubens wird von 
keiner einzelnen manifestation des hellenischen geistes erreicht. man er- 
milst den unversöhnlichen gegensatz der stämme am besten, wenn man 
den Dorer Herakles zwischen den helden der Ilias oder den göttern 
des Olympos erblickt. das Ionertum, elastisch aber nervös, feurig aber 
scheu, klug und seelenvoll, aber eitel und trotzig: ein edles rofs neben 
dem dorischen stier, dessen wuchtiger nacken jedes joch zerbrach, dessen 
auge nur dem verzärtelten stadtmenschen blöde oder rasend blickt, weil 
er treuherzigkeit und stolz nicht versteht. auch der stier ist ein edles 
tier, dauerbar und unwiderstehlich und besonders gern zeigen sich grofse 
götter, Jahwe und Dionysos z. b., in seiner gestalt. aber stier und rols 


Die älteste sage. 43 


soll man nicht zusammenspannen. das war das verhängnis des Griechen- 
volks. Ioner und Dorer konnten keinen staat bilden. und doch, zu 
einem haben sie mitgewirkt, zu der höchsten, der attischen cultur. und 
deren edelste blüte, die sokratische philosophie hat eine ihrer wurzeln 
auch in dem Heraklesglauben: auch sie bekennt in stolzer zuversicht, 
dafs der mensch gut ist, dafs er kann was er will, und dafs er wirken 
soll im dienste des allgemeinen sein leben lang, ein leben, das in seinen 
mühen und seiner arbeit zugleich seinen lohn hat. und an dem dufte 
dieser blüte stärkt auch heute noch der culturmüde mensch seinen mut, 
in der entgotteten welt zu leben und zu wirken. 

Diese sätze mögen den vorwurf verdienen, das versprechen abstracter 
behandlung schlecht gehalten zu haben, und sie werden dem schicksale 
nicht entgehen, verspottet und verlacht zu werden. diesem schicksal 
muls der den mut haben die stirn zu bieten, der den inhalt einer reli- 
giösen idee darlegen will. denn das ist schlechterdings nicht möglich, 
wenn man nicht empfindung hat und empfindung wecken will. vom 
heiligen soll man nur aus dem herzen zum herzen reden. wer nicht 
empfindet, dem muls solches reden torheit scheinen, und dem gemäfs 
wird er urteilen und verurteilen. weit schmerzlicher als fremder hohn ist 
das eigene gefühl der unzulänglichkeit gegenüber dem schlichten aber 
lebendigen bilde, das der alte glaube sich geschaffen hat, ohne irgend 
etwas von den moralischen und metaphysischen abstractionen zu ver- 
stehn. und gienge es nur an, dieses älteste bild in einigermalsen festen 
strichen zu umreifsen und wenigstens die grundfarben herzustellen, gern 
würde man sich darauf beschränken, es allein wirken zu lassen; es be- 
dürfte dann keiner langen reden für die, welche poesie zu empfinden 
im stande sind, andere aber überzeugt man doch niemals. allein nur 
einzelne züge gelingt es der ursage zuzuweisen, weil sie zugleich mit der 
religiösen conception gegeben sind, oder aber als stamm aus den vielen 
ähnlichen sprossen zu erkennen sind, die sich in späterer zeit bei den 
verschiedenen Heraklesverehrern finden; und selbst von diesen geschichten 
läfst sich nur das farblose motiv in die urzeit zurückführen, keine der 
einzelnen lebensvollen darstellungen. endlich fehlt überhaupt eine an- 
schauung jener primitiven dorischen cultur, so dafs selbst der versuch 
einer nachdichtung ausgeschlossen ist. 

Für uralt mufs gelten die abstammung von dem höchsten gotte. 
das ist nicht viel; dıoyeveis sind die adlichen alle im gegensatze zu den 
γηγενεῖς, die nur knecht sein oder als feind erschlagen werden können. 
der unterschied ist nur, dafs die nachkommen des Herakles, d. h, seine 





44 Der Herakles der sage. 


ursprünglichen verehrer, an dem göttlichen blute durch ihn teil haben, 
er aber unmittelbar. eine adliche mutter mufls er auch gehabt haben 
und in einem geschlechtsverbande muls er gestanden haben. das gibt 
einen anhalt für verschiedene bedeutende geschichten, ist aber nichts 
wesentliches, denn nur im geschlechtsverbande kann sich die älteste 
zeit den vollwichtigen mann denken’*), im wesen des helden liegt, dafs 
er alles was er tut durch eigene kraft leiste. von seinen taten hat 
sich natürlich sein volk in den schluchten des Pindos auch schon vielerlei 
erzählt, was den späteren geschichtlichen sagen analog gewesen ist; das 
konnte sich unter veränderten geschichtlichen umgebungen nicht erhalten, 
war aber auch für die Heraklesreligion nicht von wesenhafter bedeutung. 
in diesen sagen ist der held bogenschütze gewesen, weil sein volk damals 
noch diese waffe bevorzugte. die alte sitte hat sich in geschichtlicher 
zeit nur bei den kretischen Dorern gehalten; aber Herakles blieb ein 
schütze, trotzdem der dorische adel die hellenische verachtung der waffe 
nicht nur annahm, sondern besonders stark ausbildete. von den kämpfen 
gehört zum allerältesten bestande der löwenkampf, der immer der erste 
geblieben ist, an verschiedenen orten erscheint, und geglaubt sein muß, 
ehe die einwanderer die althellenischen landstriche betraten, in ‘den 
es keine löwen mehr gab, wenn sie je da gewesen waren”). ferner ge- 


— 








72) Vgl. über diese rechtsverhältnisse Herm. XXII 236ff. die einsicht in 
dieselben ist eine unerläfsliche vorbedingung für das verständnis der sage, da sie 
in ihr vorausgesetzt werden. E. Meyers bedeutendes werk ist der deutliche beweis 
dafür, dafs ihre vernachlässigung die ganze entwickelung des griechischen staates 
auf ein falsches fundament stellt. 

73) Furtwängler (Arch. Zeit. 1883, 159) hat die löwen, deren existenz in 
Griechenland Herodot leugnet, als bewohner des Peloponneses in alter zeit angenommen, 
wenn ich ihn richtig verstehe, mindestens bis in das 8. jahrhundert. sein grund 
ist die darstellung von löwenjagden auf mykenäischen schwertern, auf dem proto- 
korinthischen gefäßse, das er publieirt, und bei Homer. aber Homer beweist für 
Hellas gar nichts, sondern für Asien, und es ist vielmehr für die herrschaft des 
epos ein neuer beleg, dals die tierkämpfe, welche in ihm verherrlicht sind, auch in 
gegenden dargestellt werden, wo sie dem leben fremd sind. wäre dem nicht so, so 
müfsten die künstler doch die ungleich häufigeren tierkämpfe schildern, welche 
notorisch in Hellas den hirten drohten. wo sind die bären? die gab es doch im 
“Bärenland’ Arkadien? und gar die wölfe: noch Solon hat um sie auszurotten jagd- 
prämien ausgesetzt. und ferner mülste die sage doch wol löwen in Hellas kennen. 
aber es gibt nur einen, den des Herakles, denn der des Kithairon ist von dem von 
Nemea nicht verschieden: die Boeoter und Megarer haben nur das hauptabenteuer 
des helden den Argeiern nicht abgetreten. aufser ihm kenne ich nur noch den 
löwen von Keos: der liegt noch da, in lebenden fels gemeifselt, es war vermutlich 
eine felskuppe gewesen, in der die volksphantasie einen löwen sah, und der die 





Die älteste sage. 45 


hört die überwindung der γηγενεῖς durch den διογενής zum wesen der 
sage; aber diese gibt eben niemals etwas anderes als ganz concrete bilder. 
zu jeder zeit und an jedem orte hat sie den bösewichtern und ungeheuern 
die gestalten gegeben, die in ihrer phantasie gerade lebten. was für 
vorstellungen von riesen und teuflischen mischwesen in der phantasie 
der ältesten Dorer lebten (man bedenke die scheusale der hellenischen 
inselsteine), welche geschichtlichen gegensätze den oben behandelten histo- 
rischen sagen analog den feinden des Herakles ihre farben gaben, das 
vermag niemand zu sagen. die spätere entwickelung bewegt sich, selbst 
wenn sie keine neue historisirung vornimmt, in zwei wegen. sie läfst dem 
Herakles bald einen einzelnen gegner entgegentreten, bald eine gleich- 
artige vielheit. neben Triton Typhon Geryones Halkyoneus Kakos”‘) 
stehen Kentauren Dryoper Giganten, und wenn Halkyoneus einer der 
Giganten wird und so das einzelabenteuer eine episode des grolsen 
kampfes, so steht der Kentauromachie ebenbürtig in den aetolischen und 
achaeischen sagen ein Kentaur, Nessos’”) oder Dexamenos. altertümlicher 


u 





kunst nachgeholfen hat. vgl. de Eurip. Heraclid. 8. dieser löwe ist ein wunder- 
wesen, er scheucht die nymphen selbst: also zu den gewöhnlichen waldbewohnern 
gehört er nicht. der nemeische ist aus dem monde gekommen: also gab es auf erden 
keine andern im gesichtakreis der Argeier. der lesbische löwe (schol. Theokrit. 13, 6) 
ist vielleicht dem keischen verwandt. denn dieser scheucht die Bopzoas (Boeioaı), 
die nymphen, und dieser name kehrt nur auf Lesbos wieder, wo Beroa liegt und 
«Iıdrvoos Βρησεύς Βοεισεύς zu hause ist. 

74) Die drei letzten sind wol differenziirungen derselben urform. auf den 
namen Kakos ist kein verlafs; aber die an ihn geknüpfte chalkidisch-campanische 
sage ist wol eher eine parallele als eine nachbildung der Geryonessage gewesen, 
doeh nur in dem sinne, dafs Geryones bereits ein blofser riese war. ursprünglich 
ist er der herr des totenreiches gewesen, und züge, die nur unter dieser voraus- 
setzung verständlich sind, haben sich bis in die späte mythographische vulgata 
erhalten. 

75) Sehr bezeichnend ist dafür die gewaltige attische grabvase mit Herakles 
und Net(t)os, Ant. Denkm. I 57, wo Neseos einfach d Aöyravpos, der gegner des 
Herakles, aber nicht der räuber Deianeiras ist. beiläufig, man sollte sich nicht ge- 
wöhnen Netos umzuschreiben (so wenig wie Kitylos, bruder des Dermys von Tanagra, 
‘oder Katandra): das einfache t bezeichnet den laut, der dem attisch-boeotischen 
eigentümlich ist und sonstigem doppeltem s entspricht. sehr merkwürdig aber ist, 
dafs der Kentaur einen eigennamen führt, der zugleich der eines schon dem Hesiodos 
(Theog. 341) bekannten fiusses ist und der Aurn Νεσσωνές in Thessalien ihren 
namen gegeben hat. in der geschichte von Deianeira ist Nessos ganz offenbar eigent- 
lich der flufsgott und somit von dem freier Acheloos nicht verschieden. man sieht 
recht deutlich, wie der ionische epiker die alten motive auch hier unverstanden 
verwirrt hat, und wie andererseits die mischbildungen in ältester zeit durcheinander 
giengen, der rolsmensch und der βούπρῳφρος Axelıpos. 


46 Der Herakles der sage. 


scheint wol der einzelkampf; aber beide formen werden immer neben 
einander bestanden haben, da wir doch die älteste sage nicht in einer 
festen form denken dürfen. als besonders bedeutsam hebt sich aus dieser 
gruppe ein kampf hervor, den der heros als bundesgenosse der götter 
oder seines himmlischen vaters mit den feinden des göttlichen regimentes 
ausficht, dem einen Typhon oder den Giganten. dafs die guten himmels- 
, götter mit finsteren irdischen gewalten streiten, ist eine vorstellung, die 
bei den Indogermanen so weit verbreitet ist, dafs wir sie, ohne über die 
besondere form irgend etwas auszusagen, auch den ältesten Dorern nicht 
absprechen dürfen: und da ergibt sich die teilnahme des göttersohnes, 
der sich die göttlichkeit erwirbt, eigentlich von selbst. endlich mufs der 
held den tod überwinden und in den himmel eingehen, beides in mög- 
lichst sinnlicher form, der herr des todes mag in dem erdinnern hausen 
als ein gräfslicher hund, oder in den schlüften des meeres mit all den 
schauerlichen künsten des dem landbewohner doppelt unheimlichen ele- 
mentes; er wird gern gedacht als der besitzer ungeheurer schätze, die 
sich die volksphantasie immer gern im erdinnern und am meeresboden 
denkt. sie erscheinen bald den lebensverhältnissen der alten zeit ent- 
sprechend als ungezählte rinderherden, bald in dem symbole des füll- 
hornes mytbisch verkörpert‘‘). indem der überwinder des todes sich seiner 
schätze bemächtigt, erwirbt er sich zugleich für den naivsten sinn die 
ewige seligkeit. aber wol schon der ältesten sage wird die daneben 
hergehende erzählung angehören, nach der der held selbst in den götter- 
garten zieht und die äpfel der unsterblichkeit bricht, in jedem falle ist 
so sein leben beendet: den irdischen tod schließt die ganze dichtung 
ihrem wesen nach aus. und er ist auch nicht gestorben: nirgend hat 
ein grab des Herakles bestanden. wer diese eine tatsache zu begreifen 
versteht, namentlich im hinblick auf die formen des hellenischen cultus, 
der weils, dafs Herakles unmöglich ein blofser heros gewesen sein kann, 
geschweige denn ein mensch. andererseits ist die ganze reihe seiner taten 
eine absurdität, wenn er ein unsterblicher ist. mit dem tode ficht kein 
gott, denn ihn ficht der tod nicht an. 

76) Acheloos mufs dem Herakles das füllhorn geben, vgl. oben s. 23, anm. 45. 
der preis des Tritonkampfes ist derselbe. wenn Theseus in das meer taucht um 
sich von Amphitrite den kranz zu holen, der jetzt in den sternen der himmlischen 
krone stralt, so ist das, wenn nicht übertragung, so doch inhaltlich das nämliche. 
eine hochaltertümliche variante ist es, dafs Herakles in den schlund eines see- 
ungeheuers hineinsteigt: den schlund des todes. das mag mitgewirkt haben bei dem 


troischen kampfe für Hesione, obwohl diese rhodische geschichte im wesentlichen 
übertragung von Perseus ist. 





Die sage auf hellenischem boden. der name. 47 


Damit ist, wenn auch notgedrungen in farblosen grundlinien die Die sage auf 
ursprüngliche sage gezeichnet. zwischen den zeiten da sie entstand und nischem 
der ältesten für uns immerhin auch nur durch rückschlüsse erreichbaren 
concreten form liegen jahrhunderte, und in der zwischenzeit sind die Dorer 
in Hellas sesshaft und herrschend geworden. ein ganzer wald von neuen 
sagentrieben hat den grund der sage überwuchert. die räumliche ausdehnung 
und trennung der dorischen stämme hat die alte einheitlichkeit zerstört. 
indessen das dickicht lichtet sich, sobald die lediglich geschichte reflec- 
tirende sagenmasse abgesondert wird. immerhin bleiben noch drei sagen- 
kreise oder kreisabschnitte, die für die gesammte folgezeit malsgebend 
geworden sind, durch die mythographie nicht ohne gewalt neben ein- 
ander gerückt, der thebanische für die geburt und jugend des Herakles, 
der oetäische für sein ende, der argolische für seine haupttaten, den 
Dodekathlos. die oetäischen sagen mögen zunächst bei seite gestellt 
werden; die epische bearbeitung durch nicht dorische Homeriden hat 
ihnen einen fremdartigen charakter aufgedrückt. auch die boeotischen 
sagen sind in der importirten epischen weise zur darstellung gebracht 
worden, zum teil mit grolseın erfolge, in den hesiodischen gedichten, 
allein niemals in einem gröfseren zusammenhange, und niemals ohne die 
argolische sage bereits vorauszusetzen. die nahe beziehung Boeotiens zu 
Chalkis und seinem culturkreise, der den westen beherrscht, und die 
fruchtbarkeit dieses kreises an dichtern der chorischen lyrık im sechsten 
jahrhundert hat sehr vielen der altargolischen erzählungen eine neue farbe 
gegeben, welche dann die herrschende geblieben ist: aber auch so weist 
alles auf den argolischen ursprung zurück. die argolische sage allein 
ist in sich ein organisches ganzes, sie bildet das fundament der späteren 
Heraklessage und läfst allein den echten sinn der ursprünglichen con- 
ception unmittelbar hervortreten. hier gelingt es ein grofßsartiges alt- 
dorisches Heraklesgedicht zu erfassen: der Herakles, der nicht bloß die 
welt sondern auch die herzen erobert hat, ist Argeier. 

Eine argolische neubildung ist vor allem der name Ἡρακλῆς, Frobert, Der name. 
wie Benseler gut übersetzt hat, denn das altertum selbst hat, abgesehen von 
einigen schrullenhaften etymologen, den “Heraberühmten’ in ihm gesehen, 
und wir tun immer am besten dem verständnisse des volkes über seine 
eigne sprache zu trauen, trotz einer unregelmässigkeit in der vocalisation”). 


77) Man erwartet Hooxins. Hodsisıros kann dem namen des gottes nachge- 
bildet sein, Bovlaxpdrns Τιμαγόνης u. dgl. weichen in der quantität des a ab. 
Θεάγενης hat man von Θεογένης differenzüirt, um die geburt durch hilfe einer göttin 
von der durch einen gott sondern zu können. die bildungen Πιλάδης Adnzdöns 


48 Der Herakles der sage. 


nebenformen existiren nicht”), nun ist Hera die göttin von Argos, 
und nur von Argos”). wenn wir sie ihre herrschaft über Arkadien 
bis Sparta und Olympia”) ausdehnen sehen, so ist zu bedenken, 
dass dem das gebiet des argolischen einflusses genau entspricht. Argos 
ist ja von hause aus nicht stadtname; Heras uraltes heiligtum liegt 
auch nicht in der stadt oder dem unmittelbaren herrschaftsgebiete der 
Larisa, und die Ἥρη "4oyein Homers ist die des Peloponneses in dem 
sinne wie der könig von Mykene herr desselben ist. aber Hera ist 
eine hellenische göttin. wenn der dorische heros den namen “Heras 
ruhm’ erhält, so kann er ihn erst in Argos, also nach der einwanderung 
erhalten haben. wenn er unter diesem namen ein allen Hellenen ge- 
meinsamer heros und gott geworden ist, so ist damit die übermacht der 
argolischen sage unmittelbar bewiesen. nicht minder zwingend ist der 
schluss, dafs allerorten und zuerst in Argos ein namenswechsel statt- 
gefunden hat. das gedächtnis an einen solchen ist unverloren geblieben"). 


Θηβάδης mit kurzem a bilden eine gruppe für sich. trotzdem wird man die mög- 
lichkeit der alten ableitung nicht bestreiten dürfen. ich möchte jedoch nicht unter- 
lassen auf bildungen wie Alxausrns Θηραμένης hinzuweisen, die von consonantischen 
stämmen kommen. da Ὥρα, wie die 7ofadsos (IGA. 110) lehren (das anlautende 
heta fehlt, weil die Arkader es überhaupt verloren haben) ursprünglich Hofa ist 
und zu ἥρως sich stellt wie Nerio zu nar, Nero, so dafs die gattin des himmels- 
herrn höchst passend frouwa heifst, kann man wol auch vermuten, dafs eine wurzel 
her bestanden habe, von der sowol die göttin als δέσποινα, wie der held als 
Ἀνδροκλῆς benannt wäre. ich habe meine darstellung durch diesen einfall nicht 
stören lassen. 

78) Ἥρνλλος (Hesych u. a.) ist das correcte hypokoristikon wie “7υλλος von 
“]ιοκλῆς, Aplorvllos von Agıoroxins, Ἴσυλλος von Jooxins. Ἡρύκαλος bei Sophron 
ist spielerei, bei der italische umformungen mitgewirkt haben werden. ‘Hpazos 
(Hesych., so zu betonen) ist auch ein correctes hypokoristikon, wie JSıalos Θεαξος 
Agıoratos Toatos. 

79) Euboia und Plataiai (Theben nicht) haben auch alten Heracult, und die 
Kıdugymvia greift bedeutend in die Oidipodie ein. das wird mit den völkerschie- 
bungen zusammenhängen, die oben s. 16 und 17, anm. 34 berührt sind. Samos hat seine 
göttin von Argos, da Admeta, die Tochter des Eurystheus, dort ebenfalls Herapriesterin 
ist (Menodotos von Samos bei Athen. XV 672). 

80) Das für die religion bedeutendste was Olympia den besucher lehrt ist, 
dafs Hera seine alte herrin ist, entsprechend der arkadisch-argolischen (d. ἢ. vor- 
dorisch-argolischen) herkunft der bevöikerung. Zeus ist durchaus secundär, und 
es scheint, als hätte er wirklich durch einen blitzschlag, der das sog. haus des 
Oinomaos traf, von dem Heraheiligtum besitz ergriffen. Pheidon von Argos mag 
wol das anrecht seiner göttin verfochten haben. 

81) Probusscholien zu Verg. buc. 7, 61 Alcides Hercules ab Alcaeo monte 
(dies in avo zu ändern, ist eine textkritik, die wir dem Egnatius nicht nachtun 








Der name. 49 


kein geringerer als Pindaros soll berichtet haben, dass Herakles diesen 
namen erst erhalten hätte, nachdem Heras gebote zu seinem ruhme 
ausgeschlagen waren; vorher aber hätte er 4Axslöng geheilsen””). dies 
letzte wenigstens möchte man ihm ungern zutrauen, da andere mit be- 
rufung auf ein delphisches orakel vielmehr den namen 4ixailog angeben, 
der von Herakles auf den vater des Amphitryon allgemein übertragen 
ist. ᾿4λκαῖος stimmt zu der mutter ᾿Δλχμάνα und dem geschlechtsnamen 
Alxeiönc, dessen gentilicische bedeutung um so deutlicher ist, da keine 
person vorhanden ist, auf die er patronymisch bezogen werden könnte"). 
da nun die thebanische herkunft der tradition von dem namenswechsel 
auch abgesehen von Pindar sicher ist, so ergiebt sich der schlufs, dafs 
der held in Boeotien ursprünglich wirklich 4Axaiog geheilsen hat. in 
Megara hat man nicht wie in Theben dem neuen argolischen Herakles 
den alten namen opfern mögen, so dals nun eine differenziirung in zwei 
ursprünglich identische personen stattgefunden hat. Alkathoos ist den 
taten nach der "Herakles’ von Megara®‘), sein name aber ist einer der 


dürfen, mag auch nichts als ein misverständnis vorliegen) sive ἀπὸ τῆς ἀλκῆς. 
Pindarus (fgm. 291) initio Aleidem nominatum, postea Herculem dicit ab Hera, 
quod eius imperiis opinionem famamuque virtutis sit consecutus. ähnlich Apollodor 
2,73, Serv. zu Aen. 6, 392. bessere tradition nennt den namen "4ixaZos, auch mit 
berufung auf das orakel, von dem es auch eine fassung gibt, die töricht ἦρα φέρειν 
heranzieht. eine dritte ist aus dem versfragment ἠέριον κλέος ἔσχε (Cram. An. Ox. 
II 445) zu erschliefsen; nie lag nahe, da ja Ἥρα = ἀήρ vulgär ist. Matris (Diod. 
IV 10 == I 24) und Sextus adv. phys. I 36 genügen den thebanischen ursprung 
zu sichern. sonst in dem epigramme der albanischen tafel, Aelian V. H. 2, 32, 
Et. Μ. 'Hoaxins, schol. T zu 3 323 u. s. w. 

82) Über die bedeutung dieser ableitung habe ich mittlerweile eingehender ge- 
handelt Arist. u. Athen. Π 180. die Boeoter bilden bekanntlich die patronymica 
überhaupt anders. 

83) Pindar empfand natürlich die schwierigkeit und hat einmal Alxafdas gesagt 
(ΟἹ. 6, 63), was schol. T zu N 612 als besonders citirt. die Athener meiden Aixeiöns, 
den grofsvater Alxaios kennen sie und auf ihn deutete dort Pindar. aber wäre er 
zur erklärung von Aixe/öns erfunden, so würde er 4Axess heilsen. 

84) Dieuchidas (schol. Apoll. 1517), auf den, d. h. die megarische chronik, am 
letzten ende Pausan. I 41 zurückgeht, erzählt die überwindung des löwen, und zwar 
mit dem märchenmotiv, dafs Alkathoos sich als wahren besieger des untiers durch 
die ausgeschnittene zunge ausweist, während andere ihm den ruhm schon fast vorweg 
genommen hatten. der löwe ist ὁ ,ϑαιρώνιος. vertreter Megaras ist Alkathoos, 
seit der ort besteht. er wird mit dem Peloponnes (Pelops) verbunden: der megarische 
adel war eben von Korinth zugewandert. aber ganz deutlich ist auch hier, dafs 
Megara vorher zu Boeotien gehörte; der löwe ist vom Kithairon, er hat den sohn 
des Megareus zerrissen, der zu Megara und Megareus von Theben oder Onchestos 
gehört, und als Alkathoos den mauerring um seine stadt zieht, hilft die leier des 

v. Wilamowitz I. 4 


50 Der Herakles der sage. 


vollnamen, zu denen _4ixaiog abkürzung sein kann. in der boeotischen 
sage steht neben Herakles ein zwillingsbruder FıpıxÄng, der mit selt- 
samer ungunst als ein unwürdiges gegenbild zu ihm gezeichnet wird”). 
es ist, zumal um des sinnes willen, verführerisch zu vermuten, dafs 
Fıgıxing der argolische name ist, der durch Ἡρακλῆς ersetzt ward, 
so dafs die Boeoter, so lange sie sich gegen die argolische sage sträubten, 
den vertreter derselben ihrem ᾿“λκαῖος unterordneten. wie dem auch 
sei: selbst für die urzeit des ungeteilten volkes dürfen wir glauben, 
dass der träger der sage statt Frobert ein Ellenbert oder Starko aus 
dem geschlechte der Starkunger gewesen ist. 

Von natur gehen sich Hera und Herakles nichts an, ja sie mulsten 
sich zunächst feindlich sein, da die Heraklesverehrer sich mit gewalt 
zwischen die Heraverehrer eindrängten. deshalb gibt die argolische sage 
den Herakles dem hasse Heras während seines erdenlebens preis und 


Apollon, wie die des Hermes dem Amphion in Theben. Pausan. I 42, Anth. Planud. 
4, 279. also werden auch den namen Alkathoos schon leute mitgebracht haben, die 
von norden zuzogen. die zugehörigkeit des megarischen landes zu Boeotien, für 
welche religion und sage viele belege liefern, ist noch im homerischen schiffskataloge 
anerkannt. der widerspruch E. Meyers ignorirt die fülle der traditionen. schwerlich 
wird übrigens das grab der Alkmene in Megara (Paus. I, 41) ursprünglich die 
mutter des Herakles angegangen haben: die motivirung ist kläglich, aber seit der 
differenziirung des Alkathoos konnte sie nicht anders ausfallen. 

85) Iphikles wird in der vulgären sage sehr schlecht behandelt. als sohn des 
sterblichen vaters ist er in der geburtsgeschichte die folie für den gottessohn. weiter 
hat er wesentlich nur den fsdlaos zu zeugen, der dann seines oheims knappe wird; 
er selbst verschwindet völlig: nur dieses verschwinden zu motiviren werden ärmliche 
sagen ersonnen. aber eine merkwürdige überlieferung ist in dem epos vom schilde 
des Herakles (88) erhalten, einer nicht lange vor 600 verfertigten einlage in die 
hesiodischen Eoeen. hier ist Iphikles der unwürdige bruder des Herakles, der zum 
Eurystheus geht, sein diener wird und diesen schritt vergeblich bitter bereut, wäh- 
rend Herakles nicht von Eurystheus, sondern vom δαίμων» seine arbeiten auferlegt 
erhält. so versucht der dichter die dienstbarkeit, die aus der argolischen sage 
stammt, von dem boeotischen helden abzuwälzen, den sie ursprünglich nichts angeht; 
dafs v. 94 direct auf Ἢ 622 hinweist, hat Leo gesehen. übrigens ist die umdichtung 
nicht geschickt gemacht, denn wie Iolaos trotzdem als /yunketöns und παῖς dud- 
uovos “Αλκεῖδαο (des Amphitryon) neben Herakles auftreten kann, hat der dichter 
nicht erklärt. Iolaos hatte in Theben grab und cult und fest. seine verbindung 
mit Herakles ist das abbild der kampfgenossenschaft, die im ἑερὸς λόχος fortlebte. 
wo er in der sage auftritt, ist thebanischer einflufs sicher. man wird in ihm ent- 
weder wirklich einen führer der einwandernden Boeoter oder den vertreter eines 
ihrer stämme anzuerkennen haben. bedeutsam ist der namensanklang von “Ἰόλαος 
an  ιόλεια, die tochter des Eurytos von Oichalie: aber eine verbindung läfst sich 
nicht erkennen. | 


Der name. die dienstbarkeit. 51 


stellt seine aufnahme in den himmel als eine aussöhnung mit der argo- 
lischen göttin dar, die ihm ihre tochter zum weibe gibt. aber nur so 
lange als hellenisch und dorisch als scharfe gegensätze von den dorischen 
herren der Argolis empfunden wurden, konnten sie sich darin gefallen, 
den hals ihrer vornehmsten göttin gegen ihren vornehmsten helden aus- 
zumalen. so kommt es, dals wir zwar in der Ilias manches der art 
lesen, in die es ersichtlich durch die südasiatischen Dorer gelangt ist, 
die ja aus der Argolis stammten. aber die sagen, in welchen sonst 
Heras einwirkung besonders hervortritt, der kindermord, die schlangen- 
würgung, die sendung des krebses im hydraabenteuer“), sind erweislich 
nicht argolisch, und gerade die haupttaten, löwe, Triton, Giganto- und 
Kentauromachie, Geryones und Hesperidenfahrt wissen nichts von Heras 
groll. es ist das begreiflich. die neidische stiefmutter war ein sehr frucht- 
bares motiv für dichterisches spiel und ist in dieser weise fortdauernd 
ausgenutzt worden. aber in Argos war der feind Heras längst “Heras 
ruhm geworden. es ist durchaus wahrscheinlich, dafs die ausgebildete 
argolische Heraklee (der Dodekathlos) ihren zorn nur zur motivirung der 
dienstbarkeit des Herakles benutzt hat. 
Diese konnte nicht aufgegeben werden, obwol sie eine neubildung Die Io dienst- 

von lediglich geschichtlicher bedeutung war”), denn sie legitimirte die 


86) Dem krebse entspricht das eingreifen des Iolaos; diese fassung ist also 
thebanisch. sie beherrscht die bildende kunst seit dem ende des siebenten jahr- 
hunderts, wie namentlich das attische giebelrelief beweist. und die selbst in neben- 
dingen ganz feste bildliche tradition bezeugt ein einflufsreiches gedicht: schon Hesiodos 
selbst (Theogon. 314) hat es gekannt, da er den zorn der Hera und die beteiligung 
des Iolaos erwähnt. Herakles führt übrigens das schwert selbst bei diesem kampfe. 
die vergiftung der pfeile ist also vielleicht etwas secundäres; dann also auch die 
gewöhnliche form der peloponnesischen Kentauromachie, welche die vergifteten pfeile 
voraussetzt. in diesem falle würde es nahe liegen, Stesichoros diese wendung zu- 
zuschreiben, der von Herakles bei Pholos erzählt hat. 

87) Ich mufs nach erneuter erwägung den zweifel äußern, ob ich recht getan 
habe, die dienstbarkeit der ursage abzustreiten. die formen, in denen sie auftritt, 
dienstpflicht des vasallen in Argos, knechtschaft bei Omphale, landflüchtigkeit in 
Theben, sind gewils alle secundär und in sich sehr verschieden; aber der erfolg 
ist im wesentlichen derselbe. Herakles ist vereinzelt, ihm fehlt der beistand, den 
sonst der mann durch sein geschlecht und seinen stamm findet, und er handelt unter 
einem zwange, nicht aus freiem willen, wie etwa die plan- und gedankenlosen irren- 
den ritter der mittelalterlichen romane. nun verstehen das die dichter gewils 
richtig, die da sagen, er handele im auftrage des δαέμων oder τοῦ χρεὼν μέτα, und 
Euripides zumal hat den mangel des freien willens in seinem handeln scharf erfalst 
(575—84), aber die alte sage mulste dafür ein sinnlicheres bild finden. sie mulste 

4 


52 Der Herakles der sage. 


dorische herrschaft. es war unvermeidlich, dafs Herakles auf alle länder 
alte rechtsansprüche haben mufste, die seine nachkommen besetzten. so 
ward er denn hier an die alten eingebornen heroengeschlechter ange- 
gliedert, wie nicht anders möglich, durch seine mutter, so dals er ein 
nachkomme des Perseus, und Tiryns seine heimat ward. da er gleichwol 
nicht zu einem alten landesherrn werden konnte, seine nachkommen auch 
Argos den Persiden erst mühsam abgenommen hatten, so ergab sich, dafs 
ihm sein erbe wider das recht vorweggenommen war, und das eben 
hatte Hera verschuldet, so dafs er während des lebens dem schlechteren 
manne dienen mufste. die rhodische überlieferung, die wir in der Ilias 
lesen, hat das schon mit lebhaften farben durchgeführt”). und der 
jämmerliche feigling Eurystheus, Sthenelos sohn®), sammt seinem herolde 
“Dreckle (Κοπρεύς), sind zu ausdrucksvollen burlesken figuren geworden, 
an denen sich der Dorerhochmut gütlich tat, der auf seine periöken _ 
schnöde herabsah. trotzdem blieb Admata, Eurystheus tochter, als Hera- 
priesterin immer eine würdige figur”). 

Her. in Aufserhalb von Argos hat weder die abstammung aus dem blute des 
Perseus noch die dienstbarkeit bei Eurystheus irgend welche bedeutung. 
aber obwohl gerade in Boeotien der cultus der Alkmene so lebhaft war 


ihn aus dem geschlechtsverbande loslösen, auf dafs er alles aus eigener kraft voll- 
bringe, und sie durfte ihn nicht zu einem landstreicher wie Gawan oder Iwein de- 
gradiren, denen das abenteuern an sich spafs macht, weil sie mit leerer seele ein 
leeres leben führen. denn er sollte ja gott werden. 

88) T 99 nennt als geburtsort Theben. aber das kann man nicht umhin für 
eingeschwärzt aus der späteren sage zu halten. es ist gar nicht zu verstehen, wie 
Eurystheus über ein kind macht haben soll, welches in der fernen stadt geboren 
wird, und ausdrücklich handelt es sich um die herrschaft über die Apyeıoı (123), 
zu denen Theben nicht gehört. sonst illustrirt die sage auf das trefflichste die ver- 
fassung zur zeit der geschlechterherrschaft: der ἄρχων τοῦ γένους, hier τῶν Jıo- 
γενῶν, übt eine sehr reale macht. Matris (Diod. IV 9), obwol Thebaner, verlegt 
die geburt ganz offenbar nach Tiryns; erstorben war diese natürliche tradition also nicht 
ganz. der rhodische einfluls hat in einem punkte sich immer behauptet: Alkmene ist 
Elektryons tochter geblieben, und so ist sie doch nur genannt worden, weil sie in 
Rhodos mit Aisxrodra, der auf dieser wie auf vielen inseln verehrten vorhelle- 
nischen göttin, ausgeglichen war. vgl. Hermes XIV. 

89) Sthenelos ist in dieser reihe ein füllname. und doch ist er der eines der 
vornehmsten helden für die aus der Argolis nach Asien ausgewanderten Hellenen: 
dort ist er sohn des Kapaneus und epigone. dals Eurystheus kein alter Perside 
ist, zeigt das vorkommen des vollnamens Εὐρυσϑένης in der von Argos beeinflufsten 
genealogie der spartanischen Herakliden. 

80) Für Argos bezeugt es namentlich die albanische tafel, über Samos oben 
anm. 79. 





Her. in Theben. 53 


wie nirgend sonst”), Theben die geburtsstätte des Herakles ohne wider- 
spruch geworden ist, seine erzeugung und seine jygend durch boeotische 
dichtung verherrlicht ward, hat doch schon ehe unsere tradition beginnt 
der übermächtige einfluls der argolischen sage gesiegt, oder vielmehr 
einen compromils erzwungen. Alkmene war eine Tirynthierin, und eben 
daher sollte auch der irdische vater des Herakles stammen, den er in 
Amphitryon erhielt. dieser hatte in wahrheit gar nichts in Argos zu 
suchen, sondern war ein thebanischer held. der zug Amphitryons gegen 
die Teleboer oder Taphier, der ganz ungewöhnliche und unverständliche 
völker- und machtverhältnisse voraussetzt, die verbindung mit Kephalos, 
die jagd des teumesischen fuchses, das sind sagen die schon im 5. jahr- 
hundert halb verklungen sind, um so mehr aber beweisen, dafs Amphi- 
tryon eine selbständige bedeutung neben Herakles gehabt hat, und für 
ihn die stellung als nährvater des Zeuskindes ein degradation bedeutete. 
aus dieser empfindung heraus ist der conflict zwischen Alkmene und Am- 
phitryon entstanden, ein conflict, der für antikes und modernes empfinden 
ein guter prüfstein ist. wer einfach antik empfindet, wird den gatten, 
dem ein gott aus seinem weibe einen übermenschlich herrlichen sohn 
schenkt, demütig und stolz zugleich die gnade hinnehmen lassen, wie 
Tyndareos, Ariston der vater Platons, Joseph der zimmermann tun. wer 
modern empfindet, wird einen hahnrei sehen: den komisch oder tragisch 
zu nehmen gleichermalsen eine errungenschaft der christlich germanischen 
weltanschauung is. man mulfs diesen gegensatz zu verstehen und nach 
zu empfinden gelernt haben, um das ganz singuläre zu schätzen, das in 
der Amphitryonfabel lieg. und man mufs die glänzende und völlig ge- 
lungene leistung Moliöres bewundern, aber auch den mislungenen ver- 
such Heinrichs von Kleist, die ehrwürdige und heilige sage nach ihrem 
werte verständlich zu machen, würdigen können, damit man die freiheit 
des sinnes habe, weder blasphemische frivolität in der Amphitryonsage 
zu finden, noch die romantisch krankhafte gefühlsverwirrung hineinzu- 
tragen. dann erkennt man zweierlei. erstens, dals es zu unerträglichen 
consequenzen führt, wenn solch ein irdischer vater mehr ist als eine 
füllfigur. Amphitryon ist mehr, und deshalb kann er nicht ursprünglich 
vater des Herakles sein, hat vielmehr die verquickung zweier ursprünglich 
selbständiger sagen den keim zu diesen unzuträglichkeiten gelegt. zweitens 
aber mufs ein großer, aber die consequenzen auch um den preis der 

91) Pausan. V 17, 8 bezeugt, dafs der samische genealoge Asios unter den 


kindern des Amphiaraos eine Alkmene nannte. das hat mit der mutter des Herakles 
nichts zu tun. der genealoge borgt den namen von dem bruder Alxud». 


δά Der Herakles der sage. 


zerstörung des mythos ziehender dichter das Amphitryonmotiv ernst be- 
handelt haben, ehe die travestie, wie sie bei Plautus vorliegt, eich daran 
machen konnte. dieser dichter ist nachweislich Euripides gewesen. er 
liess in seiner Alkmene den gatten so weit gehen, die ehebrecherin auf 
den scheiterhaufen zu werfen, dessen feuer die erscheinung des gottes in 
sturm und hagel löschte. von der sittlichen behandlung des problems 
können wir nichts mehr erkennen”), aber Euripides zog auch bier nur 
hervor, was in der sage lag, und zwar muls schon vor der knappen 
darstellung in den hesiodischen Eoeen eine lebhafte dichterische behand- 
lung sowol des Taphierzuges wie der erzeugung des Herakles und auch 
der ersten tat, in welcher sich das göttliche blut bewährte, der schlangen- 
würgung, bestanden haben: eine boeotische dichtung””). und da diese in 
ihrem inhalte widersprechende motive enthält, so führt sie auf ältere und 
zwar argolische dichtung zurück. dafs Zeus zu Alkmene in ihres gatten 
gestalt herabgestiegen ist und ihr als gewähr für seine gnade einen goldnen 
becher geschenkt hat, ist zudem noch als peloponnesische tradition nach- 
weisbar”). 

92) Der inhalt der euripideischen Alkmene ist von R. Engelmann (zuletzt 
Beitr. zu Eur. Berlin 1882) erkannt. wenn jüngst jemand behauptet hat, der vers des 
Plautus (Rud. 86) non ventus fuit, verum Alcumena Euripidis bedeute, personam 
aut fabulam turbulentam dissolutamque esse, so ist Plautus an dieser windbeutelei 
unschuldig: der fährt fort ita onnis de tecto deturbavit tegulas. das unwetter ist 
selbst im plautinischen Amphitruo noch beibehalten. 

93) Über den Taphierzug zu v. 60, 1078, wo gezeigt ist, dafs die Eoee (Aspis 
anfang) nur einen auszug der reichen sage liefert. Pherekydes (schol. 4 265), der 
sonst zu ihr stimmt, wulste von der schlangenwürgung zu sagen, dafs Amphitryon 
das ungeheuer geschickt hätte, zu erkennen, welcher der zwillinge aus götterblut 
wäre (schol. Pind. N. 1, 65). die gewöhnliche fassung dieser sage repraesentirt für 
uns am reinsten Pindar N, 1, allein von ihm weichen die andern zeugen nicht ab, 
so dafs man in ihm den urheber hat sehen wollen. und thebanisch ist die sage 
freilich, wie die einführung des Teiresias zeigt; prägen doch auch die Thebaner den 
schlangenwürgenden Herakles im 5. jahrhundert auf ihre münzen. aber das pinda- 
rische gedicht hat zwar dem Theokrit und Philostratos vorgelegen: dafs es die vul- 
gata beherrscht hätte, ist minder glanblich, als dafs im 5. jahrhundert noch 
andere außer ihm eine boeotische darstellung benutzt hätten, der eben auch der 
Taphierzug angehört haben wird. 

94) Das erstere folgt daraus, dals Zeus in des gatten gestalt mit Kassiepeia 
den Atymnios zeugt, also eine rhodische sage, Clem. Rom. hom. 5, 13, Robert Bild 
und Lied 116. das zweite daraus, dals der besuch des Zeus bei Alkmene nicht nur 
auf der altspartanischen basis dargestellt ist (Löscheke de basi Spartana Dorpat 1879, 
diese darstellung war von den Spartanern aus dem allgemeinen peloponnesischen 
typenschatze entlehnt, da dieselbe darstellung auch auf der korinthischen Kypsele 
stand), sondern dafs der becher des Zeus in Sparta gezeigt wurde: man wird sich 


H. in Argos. der Dodekathlos. δῦ 


Auf Argos weist also selbst diese verschollene Heraklesdichtung H. in Argos. 
Boeotiens zurück. die argolischen Ἡρακλέους yoval können wir nicht 
mehr erkennen, dürfen aber vielleicht annehmen, daß sie in dem gedichte 
nicht behandelt waren, das es zu erwecken gilt. denn es ist unmöglich, 
hier die sage von dem werke eines dichters zu sondern, der sie planvoll 
und tiefsinnig in festen rahmen gespannt hat. in 10 kämpfen hat er 
die dienstbarkeit des Herakles zur anschauung gebracht, deren inhalt ist 
ἐξημερῶσαι γαῖαν, die welt, das war für den horizont des dichters 
Argos, für die menschheit und ihre friedliche arbeit bewohnbar zu machen. 
und mit den zwei aus der ursage stammenden, höllenfahrt und himmel- 
fahrt, hat er den kreis vollgemacht, der dann für alle jahrhunderte ge- 
golten hat, nach dem wir sein werk den Dodekathlos nennen wollen. 
der inhalt läfst sich ganz wol angeben, wenn der erzähler die entsagung 
übt das detail abzustreifen, und der hörer den guten willen mitbringt 
sich nicht an das detail zu klammern. 

Nackt und blofs®), wie der mensch aus dem mutterleibe in diese Der Dode- 
welt tritt, zieht der Zeussohn Herakles, geknechtet von dem schlechteren katalos. 
manne, von Mykene zu dem ersten strauls, den er bestehen soll. einen 
ast bricht er sich im walde, das ist seine wehr. und auch sie versagt 
gegenüber dem ungeheuer, das es zu bezwingen gilt, dem löwen von 
Nemea, dem bewohner des Apesas, des bergzuges, der des Zeus wiese 
(νέμεα) von dem mykenischen hochlande trennt. aber die faust versagt 
nicht: sie erwürgt die bestie, deren vliefs das kleid des helden wird. der 
nächste zug geht in die Inachosniederung: die wasserschlange von Lerna 
erliegt der keule. in die benachbarten berge, welche Arkadiens hoch- 
ebene von Argos scheiden, führt die bezwingung der hirschkuh. sie wird 
erschlagen, weil sie die argolischen fluren zerwühlte”*). wie die hindin dem 
löwen, entsprechen die gewaltigen vögel, die auf dem see von Stymphalos 
schwimmen, dem lernäischen wassertier. und weiter geht es in der be- 


nun wol hüten, die überlieferung bei Athenaeus 475° anzutasten, der dies aus Charon 
von Lampsakos erbalten hat. seltsamer weise hat der Thebaner Pindar (Isthm. 7, δ) 
einen zug erhalten, der geradezu für rhodisch ausgegeben werden muls: Zeus läfst, 
als er zu Alkmene in Amphitryons haus kommt, um mitternacht gold regnen. 80 
geschah es auf Rhodos bei Athenas geburt, und so ist Perseus, der Argeier, erzeugt. 
das war also in jenes thebanische gedicht aufgenommen: der hagelschlag der euri- 
pideischen Alkmene ist das widerspiel dieses goldenen regens. 

95) Die kunst bewehrt Her. auch in den beiden ersten kämpfen mit dem schwerte ; 
das bedeutet nicht mehr, als dals sie ihm die gewöhnlichen heroischen waffen gibt: 
da sie die kämpfe vereinzelt, liegt ihr an dem für das ganze wichtigen motive nichts. 

96) Vgl. zu v. 375. 





δ6 Der Herakles der sage. 


friedung des Argos, des Peloponneses. der eber, der Arkadiens felder 
zerstörte, wird bis in den schnee des Erymanthosgebirges verfolgt, wo 
‚ Herakles den verklamten auf die schulter nimmt; als er ihn heim bringt, 
kriecht der feige Eurystheus in ein fals. vom Erymanthos geht es nach 
dem westlichen Arkadien, wo die Kentauren der Pholoe zu bezwingen 
sind”). in diesen sechs kämpfen ist die befriedung des 4pyog vollendet. 
die folgenden vier führen sie weiter, so weit der horizont der Argolis 
reicht. aus süden holt Herakles den kretischen stier, aus dem thrakischen 
norden die rosse des Diomedes, aus dem osten den gürtel der Hippolyte, aus 
dem westen die rinder des Geryones. das ἐξηἐρῶσαι γαῖαν ist vollbracht. 
der knechtschaft ist Herakles nun quitt, aber die knechtschaft ist gleich 
seinem erdenleben. auch das muls nun zu ende gehen. er hat keinen platz 
mehr auf der erde, wenn er nichts mehr auf ihr zu wirken hat. und doch 
hat das gemeine menschenschicksal keine macht über ihn. das Alter”) 
schlägt er nieder, als es ihn heimtückisch in die grube locken will: er 
ist kein blinder Faust, den die Lemuren äffen. und den tod sucht er 
sich selber auf in seiner höhle: die götter, auf die der Peloponnesier 
bei schwerem werke vertraut, Hermes, der geleiter auf gefahrvoller bahn 
und vermittler des himmlischen willens, Athana, die gewappnete jungfrau 
des himmels, zu der der Dorer von dem Hellenen beten gelernt hat, 
stehn dem Herakles bei”). er steigt bei Tainaron hinab in die hölle, bei 
Hermion empor mit dem höllenhunde, der vom lichte geblendet heulend 
entflieht durch die Kynadra von Argos: er wird dem sieger über den tod 
nimmer nahen. und nun geht der weg westwärts nach dem götter- 
garten, Triton und Helios werden bezwungen, der Ladondrache erschlagen, 
die schicksalsjungfrau bricht selbst den apfel der unsterblichkeit, Athana 
führt den verklärten in den göttersaal, und Hera verlobt ihm ihre tochter, 
die ewige jugend'®), 


97) Vgl. zu v. 182. 

98) Vgl. zu v. 637. gerade dieser nur in der bildenden kunst rein erhaltene 
zug ist als argolisch gesichert. 

99) Zu den vasenbildern stimmen die Homerstellen Θ 367, 4 623; allerdings 
ungenügende zeugnisse für die altargolische sage, da sie der allerjüngsten schicht 
angehören. indessen liegt in dem wesen und der landschaftlichen geltung der götter 
nichts, was verböte, die verbindung dem altpeloponnesischen glauben zuzusprechen. 

100) Vgl. zu v. 637. Ἥα die person ist erwachsen aus dem wesen Heras, die 
jedes frübjahr wieder jungfräulich wird, und die bildende kunst lehrt am besten, 
dafs sie zu Hera gehört wie Peitho zu Aphrodite und Nike zu Zeus und Athena, 
wenn Hebe den göttern bei Homer die himmelsspeise kredenzt, so ist das zwar nur 
ein ausdruck dafür, dals die götter durch diese speise ewige jugend haben, aber 








Der Dodekathlos. 67 


Die öffentliche meinung verwirft jetzt die annahme eines alten cyclus, 
wie er hier mit zuversicht auf Argos und auf das 8. jahrhundert zurück- 
geführt wird'"). man hält sich zunächst daran, dafs ein für die Herakles- 
sage kanonisches epos nicht existirt hat, am wenigsten im Peloponnes, 
auch die bildende kunst, die von einzelnen scenen ausgeht, kann keinen 
cyclus beweisen, denn für sie überwiegen künstlerische rücksichten, selbst 
wenn sie mehrere taten zusammenstellt. sie kann ihn aber eben deshalb 
auch nicht widerlegen; das alter der einzelnen taten bezeugt sie dagegen 
vollauf. aber diese taten sind teils wirklich als einzelne ursprünglich ge- 
dacht, teils ist man jetzt geneigt sie zu vereinzeln. wenn die stymphalischen 
vögel sturmdaemonen, der erymanthische eber ein bergstrom, die hindin 
eine jagdbeute des sonnengottes, Geryones der winter ist, so hat in der 
tat die verbindung solcher abenteuer keinen inneren wert, und wenn 
Herakles ein gott ist wie Apollon oder ein heros wie Theseus, so löst sich 
die Heraklee in ἐπεφάνειαι Ἡρακλέους entsprechend den ἐπεφάγειαι 
᾿Απόλλωνος" ἢ auf, oder sie erscheint so compilatorisch wie die Theseus- 
taten. dagegen fordert die hier vorgetragene ansicht von der Herakles- 


die jungfräuliche dienerin, die in ihrer mutter hause dienstbereit ist, ist doch die 
argolische gestalt. sie sollte dann aber über die äpfel selbst verfügen, und jeden- 
falls hat die ehe mit Hebe eigentlich denselben sinn wie die gewinnung der goldenen 
äpfel. diese gehört in die sage; die ehe ist der ausdruck, den der cultus, nachweis- 
lich in Kos und Athen, für die apotheose hat. auch die poesie, selbst Sappho, hat 
sie viel verherrlicht. der Dodekathlos hat also bereits zwei parallele motive verbunden. 
kinder aus der ehe hervorgehen zu lassen, ist widersinnige mythographenfaselei. 
ist doch die ehe von Zeus und Hera zwar gewils nicht unfruchtbar, aber man 
kennt keine kinder von ihnen als eben Hebe, die ewige seligkeit. dafs Ares und 
Hephaistos zu den eltern nicht passen, hat die sage selbst gefühlt. 

101) Kein geringerer als Zoega hat den cyclus der 12 kämpfe für ganz spät 
erklärt (bassoril. II 43), kein geringerer als Welcker hat ihn auf die Heraklee des 
Peisandros zurückgeführt, welche er geneigt war sehr hoch zu schätzen (kl. schr. 
1 83). letzterer aufsatz ist das wertvollste, was Welcker zur Heraklessage geschrieben 
hat; in der Götterlehre hat er diese gestalt ganz verkannt, Zoega hat den grund 
für dje mythographische wie die monumentale forschung auch auf diesem sagen- 
gebiete gelegt. seine arbeit ist auch jetzt noch reiner genufs für den leser. 

102) Beide titel sind für werke oder teile eines werkes von dem Kallimacheer 
Istros bezeugt; die ἐπεφ. Ἡρακλέους kürzlich durch ein bruchstück des Zenobios bei 
Cohn (Zu den paroemiogr. 70) bekannt geworden. die Heraklesgeschichte (δεελότεροῦ 
τοῦ ragaxönrostos) ist in wahrheit die erklärung eines naturspiels an irgend einer 
tropfsteinhöhle, aber der ort fehlt, und damit die hauptsache. dafs Istros eine zu- 
sammenhängende darstellung der Heraklestaten gegeben hätte, ist nicht glaublich. 
ἐπιφάνειαε Jıds hat Phylarchos geschrieben. bald danach kommt ἐπεφανής als titel 
göttlicher, plötzlich rettender könige auf. Horaz übersetzt es mit pracsens (carm.3, 5, 2). 


58 Der Herakles der sage. 


religion eine zusammenhängende lebensgeschichte, führt also von selbst 
zu der neigung, dem in der späteren zeit geltenden cyclus ein mög- 
lichst hohes alter zuzuschreiben. aber die neigung ist kein ersatz 
für den beweis. er lässt sich mit aller wünschenswerten sicherheit 
führen. 

Die zwölfzahl der kämpfe, ihre folge und zumeist auch ihr inhalt, 
wie ich ihn skizzirt habe, ist dem späteren altertum ganz wie uns aus der 
schule geläufig, und die den bedürfnissen der schule angepasste mytho- 
graphische litteratur ist es, die uns die überlieferung am bequemsten 
bietet. die fruchtbare arbeit der letzten zwanzig jahre hat nicht nur ge- 
lehrt, dals die erhaltenen handbücher sammt der sehr wichtigen in- 
schriftlichen parallelüberlieferung unmittelbar in das erste vorchristliche 
jahrhundert zurückführen, sondern dafs ein rhetor Matris von Theben, 
dem Diodor neben einem solchen handbuche folgt, von der nämlichen 
gelehrsamkeit abhängt, natürlich ganz wie sein publicum. damit ist die 
blütezeit der wissenschaftlichen philologie erreicht: sie wulste wol, dafs ihre 
aufgabe nicht war an den alten sagen fortzudichten, sondern das echte zu 
erhalten, und sie wulste auch, wo das echte zu finden war. das ergebnis 
ihrer forschung, wie wir es lesen, ist freilich kein auszug aus einem alten 
poetischen oder prosaischen buche'®), sondern eine musivische arbeit, und 
nur weil wir blols noch auszüge haben, fällt uns die schwierige aufgabe zu, 
für alles einzelne den alten gewährsmann zu suchen, der ursprünglich 
namhaft gemacht war. für den ordnenden gedanken, der den Dodekathlos 
als solchen zusammenhält, brauchen wir das nicht, ja wir dürfen es 
nicht, denn er gehört zu den voraussetzungen der gesammten mytho- 
graphie; es mag sich einer oder der andere schriftsteller, der mehr roman- 
dichter sein wollte, von dem alten emancipirt haben: dann durchschaute 
die gute gelehrsamkeit seine willkür und verschmähte es, ihm zu folgen. 
ausdrücklich ist uns überliefert, dale Kleanthes ‘die 12 kämpfe’ auf 
den gott, den er in Herakles sah, mit behandlung des ganzen details 


103) Ich hatte die hoffnung, dafs sich zusammenhängende reste der alten mytho- 
graphen, speciell des Pherekydes, bei den späteren erzählern würden aufzeigen lassen, 
und hatte dem in der ersten auflage mehrfach ausdruck gegeben. dafs das irrig ist 
oder doch nur in beschränktem maße statt hat, mufs ich nunmehr leider zugestehn. 
für Pherekydes gibt den beweis Lütke, Pherecydes (Göttingen 1893). über die ganze 
spätere mythographie handelt vortrefflich E. Schwartz unter Apollodoros von Athen 
in Wissowas Realencyclopädie. Schwartz hat aber auch darin recht, dafs die Hera- 
klee besonders einheitlich überliefert ist: an ihr könnte jemand passend eine probe 
der notwendigen sammlung des ganzen zusammengehörigen materiales machen. 


Der Dodekathlos. 59 


ausgedeutet μαι): also die theologie fand den cyclus um 250 vor. die 
sexta aerumna Herculi bei Plautus Epid. 179 ist jetzt nicht ganz deutlich: 
um so sicherer wird der bearbeiter zwar die pointe zerstört, aber gar die 
ordinalzahl in seinem originale vorgefunden haben, das um 290 ver- 
fafst παν). bald darauf redet Apollonios von den "zwölf kämpfen’ 
und kennt die Argofahrt des Herakles zwischen sie eingeschoben'*). 
Kallimachos redet ihn an (fgm. 120) χαῖρε βαρυσχίπων, ἐπίτακτα μὲν 
ἑξάχε δοιά, ἐκ δ᾽ αὐταγρεσίης πολλάκι πολλὰ καμών. wenn Theo- 
krit den ausdruck braucht, der alte Peisandros habe in der Heraklee 
namhaft gemacht ὅσσους ἐξεπόνησεν ἀέϑλους, so ist für jeden ehr- 
lichen grammatischen verstand klar, dals er einen bestimmten begriff 
mit den ἄϑλοι verbindet, und dafs dies kein anderer als der des Dode- 
kathlos ist!”). damit springen wir eigentlich gleich in das sechste jahr- 
hundert. dals Pindaros und die Athener die zwölfzahl nicht nennen, 
kann bei einiger überlegung nicht befremden. wie sollte der Thebaner 
seinen vaterländischen helden in diese argolische enge bannen? wie 
sollten die Athener nicht die tätigkeit des panhellenischen helden 


104) Cornut. 31. τοὺς δὲ δώδεκα ἄθλους ἐνδέχεταε μὲν ἀναγαγεῖν οὐκ ἀλλό- 
τρέως ἐπὶ τὸν ϑεόν, ὡς καὶ Κλεάνϑης ἐποίησεν" οὐ δεῖ δὲ δοκεῖν ἐπὲ πάντων 
εὑρεσειλογεῖν πρὸς βίαν (verbessert Coniect. 12). 

105) Eine ganze anzahl gerumnae zählt der eingang des Persa auf; darunter 
den Antaios, den auch Praxiteles unter die 12 gerechnet hatte. 

106) 1, 1317 offenbart Glaukos den eigentlichen grund, weshalb Herakles nicht 
weiter mit fahren darf Apyes οἱ κοῖρ᾽ ἐστὶν ἀτασϑάλῳ Εὐρυσϑῆε ἐκπλῇῆσαε κογέοντα 
δυώδεκα πάντας ἀέϑλους ναέειν δ᾽ ἀϑανάτοισε συνέστιον, εἴ κ᾽ ἔτε παύρους ἐξανύσῃ. 
offenbar kannte Apollonios die Argofahrt etwa wie bei Diodor (IV 15) zwischen der 
achten und neunten arbeit eingeschoben. übrigens wird ein unbefangener stellen 
wie Kallim. 3, 109 ἀέϑλιον Ἡρακλῆε ὕστερον ὄφρα γένοετο oder Eurip. Temen. 740 
ἄϑλων Eva δεινὸν ὑποστάς, beides von der hirschkuh gesagt, als zeugnis für den 
platz dieser arbeit in einer festen reihe gelten lassen. ja die vorstellung, dafs Herakles 
nach so und so viel arbeiten von Eurystheus frei kommen wird, wie sie z. Ὁ. Euri- 
pides gibt, ist im grunde gar nicht denkbar, ohne dals die zahl fixirt, in der poesie 
also die einzelnen benannt sind. 

107) Über Peisandros unten anm. 121 mehr. Suidas gibt correct mit ἔστε 
δὲ τὰ Ἡρακλέους ἔργα wieder, was Theokrit poetisch sagt. dafs Robert (Berl. 
Winckelmannsprogramm L 88) sich so weit vergessen hat, den vers zu übersetzen 
“und alle die vielen abenteuer, die Her. zu bestehen hatte, hat Pisander gemeldet” 
(schnitt Theokrit so dumm auf?) und zu behaupten “vor Matris hat von einem 
cyclus der zwölf Heraklesarbeiten niemand etwas gewulst”, und dafs E. Meyer eine 
so manifest falsche und, was die autorität des obscuren rhetors angeht, geradezu 
unbegreifliche behauptung für eine widerlegung meiner ansicht ausgegeben hat, bedaure 
ich und hoffe, dafs sie es selbst bedauern werden. 


60 Der Herakles der sage. 


möglichst universell fassen? für ihre auffassung waren die tierkämpfe 
wahrlich nicht das bedeutendste'*), gleichwol bezeugt Euripides den 
Dodekathlos: wozu flöchte er sonst gerade 12 kämpfe zu seinem ehren- 
kranze? neun von diesen sind aus dem kanonischen kreise der 12. dafs jeder 
dichter und jeder künstler die freiheit hatte im einzelnen zu wechseln, 
sollte sich von selbst verstehen; so ist Praxiteles in Theben verfahren'”), 
und so finden wir an dem s.g. Theseion in Athen 9 kämpfe, alle aus 
der kanonischen reihe, dieselben wie bei Euripides, nur den eber statt 
der Kentauren, die in der mythographischen vulgata mit einander ver- 
bunden zu sein pflegen: die Kentaurromachie musste mit rücksicht 
auf den sonstigen tempeischmuck, der die theseische enthielt, notwendig 
fehlen. das wichtigste zeugnis sind die olympischen metopen, also aus 
der zeit des Pindaros. denn sie geben nicht nur die zwölfzahl, sondern 
elf von den zwölfkämpfen selber, und wenn die Kentauromachie fehlt, so 
lag für die künstler ein zwang vor, da der westgiebel diesen stoff vorweg- 
genommen hatte''%). statt ihrer hat die aller älteren kunst und poesie 
fremde speciell eleische reinigung der Augeasställe platz gefunden. wenn 
wir nun diese an demselben platze bei den mythographen finden, so kann 
man kaum umhin, darin die autorität eben der olympischen metopen zu 


108) Jeder, der den ganzen Herakles, wie er im bewulstsein der Hellenen lebte, 
einführte, kannte nunmehr was ihn unendlich bedeutender dünken mufste, giganto- 
machie, eroberung Oichalias, den ganzen oetaischen kreis, und selbst die dienstbar- 
keit bei Eurystheus mufste davor zurücktreten. man kann lange im Pindar lesen, ohne 
auf eine spur von ihr zu stofsen. bei der hindin (Ol. 3) und dem Geryonesaben- 
teuer (fgm. 169) erwähnt er sie, aber wie sehr treten die 2ϑλοε überhaupt hinter 
den πάρεργα zurück. es wäre doch überhaupt ohne eine alte übermächtige autorität 
gar nicht zu ertragen gewesen, dafs ein bulle und ein wildschwein ἔργα sein sollten 
gegenüber der eroberung von Troia und der schiffbarmachung der Syrte. 

109) Pausan. IX 10. er hatte, wie alle höhere kunst und poesie Athens, die 
vögel und vollends die ställe fortgelassen, aber Antaios aufgenommen. über das 
schatzhaus der Athener in Delphi weifs ich noch zu wenig, um seine auswahl zu 
verwerten. 

110) Was dieser giebel darstellt, ist gänzlich ungewifs. Herakles ist nicht zu 
erkennen, die überlieferte deutung auf Theseus und Peirithoos verkennt notorisch 
eine hauptfigur und kommt offenbar nur daher, dafs eine Kentauromachie, auf welcher 
Herakles fehlt, die thessalische sein müfßste. an diese in Olympia, unterhalb der 
Pholoe, zu denken, ist eine tollheit, zu der nur ein archaeologe kommen kann, der 
nichts von geschichte weils. dargestellt ist die eleische Kentauromachie in der 
forın welche Herakles erst verdrängt hat. unmittelbar überliefert ist diese nicht, 
sie ist aber vielleicht zu finden. übrigens haben die leute von Phigaleia auf dem 
friese ihres Apollontempels dieselbe Kentauromachie verstanden, mochten auch die 
athenischen künstler eine andere gemeint haben. 





Der Dodekathlos. 61 


finden; will man das nicht, so ist die annahme unvermeidlich, dafs für 
die bildhauer um 470 dieselbe sehr specialisirte tradition maflsgebend war, 
die es für die quelle unserer mythographen geworden ist, und dals 
eleische locale rücksichten auf beide gewirkt haben. von diesen rücksichten 
auf Elis ist die ältere parallele überlieferung in litteratur und kunst 
frei: um so höher hinauf sowol in der zeit wie im werte muls die 
für alles verbindliche urform des cyclus rücken. die archaische zeit ist 
erreicht. 

Was wichtiger ist und mit solchen zeugnissen nicht bewiesen werden 
kann lehrt der cyclus selbst: er ist nicht ein conglomerat einzelner ge- 
schichten, sondern eine wirkliche einheit und ein wirkliches ganze. gerade 
bei den mytbographen, die vorn die thebanische jugend, hinten die ae- 
tolische hochzeit und den oetäischen tod anflicken, spürt man das am 
besten. es ist doch wol ein widersinn, dafs der Herakles, der wider den 
nemeischen löwen zieht, bereits Orchomenos bezwungen, den dreifuls 
geraubt, kinder erzeugt und erschlagen haben, ja schon das fell des 
Kithaironischen löwen tragen soll. und nicht minder widersinnig folgt 
auf Kerberos und Hesperiden die oetäische sage, ja sie zerstört völlig 
den sinn der schönsten beiden geschichten, der höllenfahrt und himmel- 
fahrt, eo dals sie auf den rang der tierkämpfe hinabsinken. darin dafs 
sie diese beiden absondert und in der richtigen folge berichtet, bewährt 
eich die trefflichkeit unserer besseren mythographie'''), und man sollte 
meinen, wer nur diesen einen zug zu würdigen den guten willen hat, 
müsste die selbständigkeit und die vollständigkeit des heldenlebens in 
dem Dodekathlos anerkennen. 

Auch der charakter, den dieser Herakles in den sehr überlegt aus- 
gewählten kämpfen bewahrt, ist bestimmt und einheitlich. er erfüllt wol 
die aufgabe, wie es der chor des Euripides von ihm rühmt, μοχϑήσας 
ἀχύμον᾽ ἔϑηχεν βίοτον βροτοῖς πέρσας δείματα ϑηρῶν. aber er tut es 
in dem sinne, wie sich für den Dorer des 8. jahrhunderts die ehren- 
pflicht des rechten mannes darstellen mochte. er baut den acker nicht, 
aber er gibt den ackerbauern die sicherheit ihrem geschäfte nachzugehen ; 
so sind die ersten sechs kämpfe alle gefasst und in sofern fügen sich 
auch die ställe der Augeas gut an. die folgenden vier aber zeigen, wie 
dem streitbaren mann die schätze der welt zu gebote stehn, die er nach 
allen vier winden siegreich durchzieht. so erhalten wir das idealbild 


111) Hesperiden hinter Kerberos rücken die albanische tafel, Diodor und die 
apollodorische bibliothek in älterer fassung (Bethe gu. Diod. 43). 





62 Der Herakles der sage. 


eines streitbaren adels, der über perioeken herrscht, des wehrstandes, 
der die schlachten schlägt, während die bauern ihn nähren, und der 
tatendurstig und beutelustig nach allen seiten übergreif. Herakles ist 
auch nicht mehr der alte bogenschütze; er ist auch nicht hoplit, sondern 
greift jede aufgabe an, wie es aın besten geht, er würgt den löwen, 
läuft hinter der hindin, jagt den eber in den schnee, schiefst mit der 
schleuder die vögel, mit den pfeilen die flüchtigen Kyklopen, schlägt 
den dreileibigen Geryones mit der keule nieder. hier ist es die mannig- 
faltigkeit der ausführung, die eine überlegte einheitliche dichtung beweist. 

Dasselbe zeigt sich in der auswahl und der behandlung der kämpfe, 
die tiere sind fast alle so aufgefalst, dals sie umgebracht oder ver- 
trieben werden müssen, weil sie das land unbewohnbar machen und die 
bestellung des ackers verhindern, das gilt selbst von dem löwen, der 
doch ohne frage als ϑὴρ κατ᾽ ἐξοχήν eigentlich eine universelle bedeutung 
hatte. niemand wird so verwegen sein, die echte form aller einzelnen 
geschichten gewinnen zu wollen. manches, wie der löwenkampf, ist 
von so einfacher grölse, dals es wesentlich unverändert sich erhielt. von 
der hydra gibt Hesiodos und die kunst schon des 7. jahrhunderts eine 
erweiterte fassung'"”). bei dem eber läfst die festigkeit der bildlichen 
tradition und die drastische verhöhnung des Eurystheus den schluß zu, 
dals das echte sich immer erhielt; aber eben deshalb ist diese geschichte 
früh in den hintergrund getreten. die form der Kentauromachie ist ganz 
verloren: denn die analogie fordert auch hier einen einzelnen gegner 
und einen auftrag des Eurystheus'”), die bezwingung der Hydra hat 
hier die ganz durchsichtige bedeutung der entwässerung des lernäischen 
sumpfes, der auch eine fassung der Danaidensage gilt; noch wer das 
ausbrennen der nachwachsenden köpfe zugefügt hat, hat diesen sinn 
verstanden. aber seit die Echidna Hesiods auf dem Typhongiebel ans 
licht getreten ist, wird man zugeben, dafs der drachenkampf eigentlich 
ein pendant zu dem löwenkampfe von universeller bedeutung war'''). die 


112) Vgl. oben anm. 86. 

113) Bei Apollodor II 4 wird das sehr seltsame erzählt, dafs Argos πανόπτης 
(eigentlich der stadtgründer) einen arkadischen stier erschlägt, der die fluren ver- 
wüstet, und seine haut zum kleide nimmt, Echidna, die menschen raubt, im schlafe 
tötet und den Satyros umbringt, der den Arkadern ihre herden stiehlt. das ist eine 
parallele zu Herakles, und der Satyr sieht hochaltertümlich aus: er entspricht dem 
Kentauren, den wir suchen. hier sind wieder zwei mischwesen verwechselt wie oben 
anm. 75 Kentaur und flufsgott. 

114) Auch die Echidna in der vorigen anm. bestätigt das. der einfall Tümpels 
(festschrift für Overbeck), die wasserschlange in einen polypen zu verwandeln, ist 


Der Dodekathlos. 63 


vertreibung der stymphalischen vögel hat eine ähnliche umdeutung er- 
fahren, denn hier besagt sie dasselbe was Hellanikos ohne bild berichtet, 
dafs Herakles das βάραϑρον. des stymphalischen sees angelegt hätte, 
aber die wundervögel, die in der Argonautensage wiederkehren, werden 
wir uns richtiger ähnlich den vögeln mit menschenkopf oder gar den 
Harpyien und Sirenen denken: die phantasie der alten zeit hat sich viel 
mit solchen ungeheuern beschäftigt, und dem helden steht es an die 
schrecknisse der luft so gut wie die in land und meer zu bestehn'"). dann 
haben aber diese vogelwesen mit Stymphalos und seinem see nichts mehr 
zu schaffen. der eber hat zwar hier seine ursprüngliche bedeutung, die- 
selbe wie sein bruder von Kalydon; es ist nur fraglich ob dieser bruder 
nicht vielmehr ein doppelgänger mit besserem rechte ist. denn wenn in 
Tegea als reliquie ein eberzahn liegt und die Arkaderin Atalante den 
ruhm seiner bezwingung hat, so ist wenig glaublich, dafs sie das untier 
in Kalydon geschossen hat. wie wichtig die geschichte den Tegeaten war, 
zeigt das giebelfeld ihres tempels; dafs Skopas die seinerzeit herrschenden 
epischen aber nicht arkadischen traditionen von der kalydonischen jagd 
befolgen und schließlich die Arkader selbst diese übernehmen mulsten, 
war unvermeidlich. aber wir erschliefsen mit notwendigkeit eine im ein- 
zelnen unbekannte arkadische eberjagd, und dann kann man kaum 


sinnreich ; aber es bleibt eine rationalistische verirrung, die zoologie eines monstrums 
zu untersuchen. auf die inselsteine angewandt kann das weit führen. an den gräu- 
lichen animismus, der in den nachwachsenden köpfen und den Stymphaliden seelen 
sieht, verliere ich kein wort. gottesfürchtige zeiten fürchten keine gespenster: der 
spiritismus ist ein kind der gottlosigkeit. 

115) In der argolischen sage, wo sie einen see vertreten, sind die Stymphaliden 
schwirnmvögel, das ist in der ordnung. dementsprechend braucht Her. eine schleuder 
Gaz. arch£ol. II 8, später die pfeile. die monumentale überlieferung läfst ganz über- 
wiegend die vögel getötet werden, während die litterarische in älterer zeit (Peisan- 
dros und Hellanikos werden genannt, schol. Apoll. Rh. II 1052. 1055. 1088. Paus. 
8, 22.) nur von ihrer vertreibung redet, und dieser allein dient die klapper, die 
Athena dem Her. gibt: wenn Pherekydes die klapper zum aufscheuchen des wildes 
verwenden läfst, das nachher doch erschossen wird, so ist das offenbar contamination. 
die vögel kehren auf einer Aresinsel des Pontos in der Argonautensage wieder, und 
wer dies festbielt, konnte sie freilich nur vertreiben lassen; daraus folgt aber nicht, 
dafs die vertreibung secundär wäre. denn wenn die vögel wunderwesen wie Harpyien 
und Sirenen waren, so waren sie wol gar unsterblich, oder es reichte doch ver- 
treibung aus, und nur für solche passt der apparat einer von Hephaistos gefertigten 
klapper. dafs die vögel der Aresinsel in der Argonautensage den Sirenen entsprechen, 
genau wie die Plankten den Symplegaden, halte ich für evident; die lokalisirung im 
Pontos ist das ältere für beide sagen. in der tat heifst der sitz der Sirenen petra 
Martis, d.h. Agnrıds, bei Lutatius zu Ovid Met. V fab. 9. 





64 Der Herakles der sage. 


umhin anzunehmen, dafs der Herakles von Argos sich in eine althelle- 
nische geschichte eingedrängt hat, allerdings nur so, dafs das motiv 
übernommen ward; die ausgestaltung ist. neu und originell. im grunde 
steht es mit der eleischen Kentauromachie, so weit wir sie kennen, nicht 
anders. noch viel deutlicher ist dasselbe an den beiden taten, die zwar 
die bildliche tradition als sehr alt erweist, die aber von den Athenern 
mit fug und recht unterdrückt oder ganz umgebildet werden, weil ihr 
Theseus, der in so vielem nur ἄλλος οὗτος Ἡρακλῆς ist, hier einmal 
das bessere recht hat. das sind der kretische stier und die Amazonen. 
der zug des Theseus nach Kreta führt den stier noch in der altertüm- 
lichen mischgestalt ein und zieht eine reihe bedeutender gestalten, Minos 
Ariadne Phaidra heran: davon ist der herakleische stier eine ziemlich 
ärmliche nachbildung. das wird besonders deutlich, da der Minotauros auch 
in der Theseussage selbst einmal zu einem gewöhnlichen stiere geworden 
ist, in der marathonischen sage. die Amazonen sind in der Theseussage 
deshalb ursprünglicher, weil sie als feinde nach Athen oder Megara oder 
Trozen kommen, während Herakles sie aufsucht. auch in der asiatischen 
sage sind die Amazonen die angreifer, mögen sie wider Ephesos oder 
für Dlios zu felde ziehen. man kann daher nicht umhin den reflex von 
angriffen fremder völker in allen diesen sagen zu erblicken, und es ist 
offenbar, dafs die küsten des saronischen busens solche erfahrungen ge- 
macht haben mögen (wie ja auch Minos Athen und Megara erobert), 
aber nicht das Inachostal. ganz begreiflich war es dann, dafs die Dorer von 
den ihnen so nahe wohnenden Theseusverehrern Trozens einen Amazonen- 
kampf für ihren heros borgten. wohin ihre vorstellung den sitz der 
Amazonen verlegt hat, von denen Herakles den gürtel für die tochter 
des Eurystbeus oder für Hera geholt αι), ist bisher nicht ermittelt. 

Es ist das bedauerlich, denn gerade der enge geographische horizont 
ist es, der zeit und ort der entstehung des Dodekathlos deutlich erkennen 
läfst. die ersten sechs kämpfe sind sehr reich an genauen ortsangaben, 
die von Mykene bis an die Pholoe reichen, aber nicht weiter. die drei 
südlichen spitzen des Peloponneses bleiben unberücksichtigt, obwol die 
politischen ansprüche, die Argos auf die herrschaft im Peloponnes erhob, 
die sagen von Herakles wider Hippokoon Eurytos Neleus erzeugt haben. 
Kreta und das unbekannte ostland der Amazonen stammen aus der 
Theseussage, das Thrakien, wo die rosse des Diomedes zu hause sind, 
darf recht nahe, am Kithairon und Helikon gesucht werden. das ist 





—— 


116) Vgl. zu v. 417. 


Der Dodekathlos. 65 


zwar nirgend überliefert, aber der gewöhnliche ansatz bei den Bistonern 
ist eine durchsichtige umbildung, die die gründung von Abdera voraus- 
setzt"), und dem berechtigten verlangen, sich zunächst an die nächsten 
Thraker zu halten, kommt die existenz menschenfressender rosse in 
Potniai entgegen, also gerade auf boeotisch-thrakischem gebiete''*). 
diese gehören einem Glaukos; Herakles holt die seinen von einem Dio- 
medes. in der Ilias führen zwei befreundete helden diese namen, und 
der Diomedes ist für Homer in Argos zu hause und ist der besitzer der 
edelsten rosse. Herakles erschlägt auch die rosse nicht wie ungeheuer, 
sondern er holt sie nach Argos als einen wertvollen besitz, und von 
ihnen stammt die pferderace des ἑἱπιπόβοτον Apyog'”). es ist ganz be- 
greiflich, dafs dieselben Dorer, die den Sthenelos zum vater des Eury- 
stheus machten, in Diomedes, der immer ein nordländer gewesen war, 
einen feind ihres helden fanden und seine berühmten rosse diesem zum 
preise gaben. gelingt es so, diese geschichte zu localisiren, so muls das 
mit dem "Rotland ᾿Ερύϑεια, noch in der schwebe bleiben, wo 
Geryones mit seinem gefolge und seinen rindern sicherlich auch im Dode- 
kathlos lebte: das darf man auf Hesiods zeugnis hin (Theog. 287) un- 
bedenklich glauben. so sicher es aber ist, dafs Rotland ein mythischer 
name für das totenreich jenseits der abendröte und Geryones der herr 
dieses reiches im jenseits ist, so wenig ist damit ausgeschlossen, dafs der 
dichter des Dodekathlos wie alle seine nachfolger Erytheia an einem 
bestimmten realen orte suchte. nur erscheint es verfrüht zu bestimmen, 
wo für ihn die welt westwärte zu ende war; es gibt spuren, die auf den 
westrand des Peloponneses deuten, wo Πύλος Νηλήιος liegt. 

Nichts beweist so gut wie die enge des geographischen blickes, wo wir 
den ursprung des Dodekathlos zu suchen haben: man möchte am liebsten 
sagen, bei der Hera von Argos, denn weder die stadt Mykene noch die stadt 
Argos treten bedeutend hervor. und über die zeit, der der süden und 


117) Vgl. zu v. 380. 

118) Glaukos heifst ein Thraker im schol. Eur. Phoen. 1124; er füttert seine 
pferde mit menschenfleisch bei Asklepiades von Tragilos, Probusschol. zu Verg. georg. 
3, 267. zu der stelle bringen die verschiedenen scholien vielerlei, darunter auch 
die gleichsetzung der rosse von Glaukos und Diomedes. aber der inhalt des aischy- 
leischen 7λαῦκος Ποτνιεύς bleibt ganz unklar. geradezu nach Potniai setzt Eusta- 
thios zu B 503 die rosse des Diomedes. aber das ist eigne verwirrung, da seine 
vorlagen, Strabon 409 und die Euripidesscholien, nichts davon bieten. 

119) So erzählt Matris (Diod. IV 15), und der glaube bestand noch in Ciceros 
zeit, was die hübsche geschichte vom equus Seianus zeigt, Gellius III 9 aus Gavius 
Bassus, 

v. Wilamowitz L. 5 


66 Der Herakles der sage. 


westen des Peloponneses und das land jenseits des Isthmos ganz nebel- 
haft ist, kann auch füglich kaum ein zweifel bestehn. noch viel weniger 
aber darüber, dals ein bewulster dichterwille diesen cyclus gestaltet hat, 
denn es ist nirgend das bestreben kenntlich, Herakles zum vertreter der 
politischen aspirationen von Argos zu machen, nirgend auch erscheint 
er als der heros eines stammes, und wie viel auch immer von dem 
grolsartigeren urbilde abgezogen ist, es bleibt ein universales heldenbild. 
eg wäre eine vermessenheit, von der ich mich frei weils, für jeden zug, 
ja nur für jedes abenteuer zu wähnen, dafs die fassung erreicht oder 
erreichbar wäre, die ihm der dichter gegeben hatte, ja es mag zukünftige 
forschung ermitteln, dafs der cyclus ursprünglich eine geringere zahl von 
kämpfen umfafst habe, oder dafs hier oder da eine vertauschung vor- 
gekommen sei: daran wird sich nicht viel ändern, dafs eine solche grofßs- 
artig einfache dichtung in dem Argos des 8. jahrhunderts entstanden ist, 
ΝΥΝ Unabweisbar tritt da die frage hervor: welcher art war die form der 
᾿ dichtung, und wie ist derdichter zu denken ὃ die antwort wird unbefriedigend 
ausfallen, aber der versuch muls gemacht werden. zunächst fragt man nach 
den Heraklesepen, von denen uns eine kunde geblieben ist. wir wissen 
sehr wenig, aber genug, um sie alle auszuschlielsen. in den romantischen 
bestrebungen des 3. jahrhunderts, die bei den kleinasiatischen Dorern 
besonders lebhaft waren, hat man auf Rhodos ein nicht eben umfang- 
reiches'?°) gedicht hervorgezogen, von dem in älterer zeit nicht die leiseste 
spur ist. die Rhodier schrieben es jetzt einem gewissen Peisandros von 
Kamiros zu und setzten dem plötzlich auftauchenden dorischen Homer 
eine statue. die grammatiker wulsten wol, dafs dieser verfassername nicht 
mehr beglaubigung hatte als die allmählich für viele stücke des home- 
rischen nachlasses hervorgesuchten ; indessen haben sie das gedicht ge- 
schätzt und für mythographische dinge, vereinzelt auch für anderes ein- 
gesehen. über die zünftigen kreise ist es jedoch nicht hinausgelangt. 
den poetischen wert können wir nicht schätzen. immerhin gestatten die 
reste den schluls, dafs es nicht älter als das 6. jahrhundert gewesen sein 
kann"), also zeit und ort der entstehung würde die von Welcker ver- 


120) Suidas gibt 2 bücher an, d.h. es waren noch nicht 2000 verse. 

121) Theokrits epigramm Anth. Pal. IX 598, das unter der statue stand, ist 
das beste geschichtliche zeugnis. die wertlosigkeit des autornamens gesteht Erato- 
sthenes, vgl. Homer. Unt. 347. derselbe ist auch für andere, wahrscheinlich pro- 
saische werke über heldensage verwandt worden; seltsamerweise nennt man das ‘den 
falschen Peisandros’, als ob die Heraklee ächter wäre. bei Eumelos und Kreophylos 
liegt dieselbe erscheinung vor. für die zeit der Heraklee ist wesentlich 1) das aben- 





Die Herakleen. 67 


mutete herleitung des Dodekathlos aus diesem epos ausschlielsen, gesetzt 
auch, es hätte auf die verbreitung und gestaltung der sage überhaupt 
nachweisbaren einflufs gehabt — wovon doch nicht das mindeste bekannt 
oder wahrscheinlich ist. aber enthalten hat es allerdings den Dode- 
kathlos, das ist überliefert und mülste auch ohne zeugnis angenommen 
werden. das ist die einzige Heraklee der archaischen zeit, von der wir 
wissen. ein par gar nicht näher zu bestimmende notizen von anderen 
Herakleen helfen nicht weiter'”). die nach den spärlichen proben äulserst 
anmutige umfangreiche dichtung des Halikarnassiers Panyassis gehört in 
das 5. jahrhundert und hat weder auf den attischen culturkreis noch 
gar auf die durch ihre nationalität mit Herakles verbundenen völker 
gewirkt; selbst die mythographen benutzen sie nur selten. der verfasser 
trägt einen karischen namen und ist aus einer ganz ionisirten stadt; 
was er von stoff neu zugeführt hat, sind karische lydische 1ykische 
sagen: für das echtdorische ist also von ihm nicht viel zu erwarten. 
im übrigen liegt der beste beweis für das fehlen eines malsgebenden 
Heraklesgedichtes darin, dals sich ein ionisirter Karer im fünften jahr- 
hundert diesen stoff wählt, der also keine Ilias post Homerum war. 
litterargeschichtlich ist nicht sowol das gedicht bedeutsam als die tat- 
sache, dafs sich schon zu Sophokles zeit jemand an dieselbe aufgabe 
macht, an der sich im dritten jahrhundert, als das epos neubelebt wird, 
Diotimos von Adramyttion'®), Phaidimos von Bisanthe*) und Rhianos 


teuer des Antaios in Libyen, also nach der colonisation von Kyrene (schol. Pind. 
Pyth. IX 183), 2) die beteiligung des Telamon an dem zuge gegen Troia (Athen, 
XI cap. 24), wo er bereits das ἀρεστεῖον erhält, also aeginetische tendenz, 3) die 
feste einführung der tracht des Her. mit löwenhaut und keule, vgl. Furtwängler 
bei Roscher Mythol. Lex. 2143. Megakleides (Athen. XII 513) hat den Peisandros 
entweder für jünger als Stesichoros gehalten oder, was ungleich wahrscheinlicher 
ist, gar nicht gekannt. ein altes epigramm, das Nikolaos von Damaskos als be- 
sonders vortrefflich irgendwo gelobt hat (Bergk. Lyr. II 22), trägt den namen des 
Peisandros: das bedeutet nicht mehr als die namen Archilochos, Sappho, Epicharmos 
bei anderen. 

122) Der scholiast zu Apollonios (I 1165 und 1357) eitirt für pontische dinge 
eine Heraklee, deren verfasser einmal Κόνων, einmal Kıva/do» heifst. das bleibt 
ganz unklar; der inhalt setzt die gründung von Herakleia voraus. Aristoteles (poet. 8) 
kennt vielleicht mehrere Herakleen, aber nicht einmal die mehrzahl ist unzweifelhaft. 

123) Der von Arat (Ζ. Ὁ. bei Stephanus 8. v. /dpyapa. alle citate gehen auf 
Epaphroditos zurück) verhöhnte dichter, dessen zeit und vaterland so bestimmt wird, 
hatte dla Ἡρακλέους verfalst. erhalten ist nur ein citat über die Kerkopen durch 
einen paroemiographen (ob Zenobios, ist fraglich) bei Suid. Εὐρύβατος und in den 
Wiener Lukianscholien zum Alexander. dann hatte ein alter mythograph die leitende 

δ 2 


68 Der Herakles der sage. 


von Bena versuchen, auch sie ohne erfolg; obwol Rhianos, der in an- 
ziehender weise die vorliebe für das rauhste altertum mit der pflege des 
raffinirtesten modelebens zu verbinden wulste, die bedeutung der zwölf 
kämpfe verstanden hat'*), so dafs man bei ihm vielleicht alte traditionen 
finden könnte; aber er ist so gut wie ganz verschollen. für die archa- 


erfindung des Diotimos ausnotirt, dafs Her. aus liebe zu Eurystheus die arbeiten 
vollbracht hätte. auf ihn gehen durch verschiedene canäle zurück Athen. XIII 6034, 
schol. Townl. zu Ο 639, Clemens Rom, hom. V 15. epigramme des Diotimos hatte 
Meleager aufgenommen (γλυκὺ μῆλον ἀπ᾽ ἀκρεμόνων Jıorluov in seiner vorrede 27). 
davon sind erhalten A. P. VI 267, 358, VII 227, 475, 733. denn IX 391 Plan. 158 
gehören dem spätling aus Milet, von dem Philippos V 105 erhalten hat, VII 261 
möchte man dem Sıdriuos JıuonslFovs ᾿Αϑηναῖος geben, den Meleager VII 420 nennt. 

124) Die herkunft war unsicher; Herennius Philo bei Steph. Βισάνϑη. Meleager 
hat ihn ausgezogen und vergleicht ihn mit φάσξ (51). erhalten sind durch ihn vier 
gedichte, von denen XUI 2 in Athen verfalst ist. die polymetrie veranlafst, den 
dichter noch in das 8. jahrhundert zu setzen. aus der Heraklee ein vers bei Athen. 
ΧῚ 498 e. 

125) Der name des Rhianos ist nur unter einer ἑστορέα zu T 119 erhalten, die 
jetzt niemand mehr für ihn in anspruch nehmen darf, wie Meineke An. Al. 117. sie 
ist aus dem inhalt der Homerstellen und ein par mythographischen scholien zusammen- 
gebraut, von denen eines, über die mutter des Eurystheus, daneben rein erhalten 
ist (in A und T). auf Rhianos ist nur der letzte satz bezüglich, und auch in diesem 
ist ein irrtum: τοὺς ἄϑλους τελέσας κατὰ τὰς Adnräs καὶ Andilawos ὑποσχέάσεες 
τῆς ἀϑανασέας μαφτέλαβεν. denn dieses scholion kehrt im Townl. wieder zu O 639 
φασὶν Ἥρας αὐτῷ παραστάσης ἐπιτάσσειν (nämlich Eurystheus), τὸν δὲ Ἑρμοῦ 
καὶ Adnväs εἰπόντων ὡς διὰ τοῦτο ἔσοιτο ἀϑάνατος καταδέχεσθαι (es folgt das 
motiv aus Diotimos Heraklee, das scholion ist also vorzüglich gelehrt). Hermes und 
Athena sind die geleiter des Her.: Apollon hat da nichts zu suchen. dem oom- 
pilator im schol. zum 7’ schien der orakelgott passender. also Rhianos hat genau 
die stimmung des dodekathlos eingehalten. dafs er gleichwol die selbstverbrennung 
hatte, darf man aus der erwähnung der 4odinva ὄρη bei Trachis im vierten und 
letzten buche schliefsen, EM 8. v. denn dafs hier ἐν τῷ Ö’ aus τῷ «ö' zu machen 
ist, nicht bei Suidas 8,βλέα δ' in εδ' zu ändern, liegt auf der hand. die knaben- 
liebe, der Rhianos in seinen zierlichen epigrammen huldigt, hat er auch in die 
Heraklee geschmackvoller als Diotimos einzuführen gewufst; auf ihn geht ja die 
später so geläufige erotische motivirung von Apollons dienstbarkeit bei Admetos 
zurück. sie findet sich auch bei Kallim. hymn. 2, 49; aber dieser setzt den zug als 
bekannt voraus. das deutet darauf, dafs Rhianos ein zeitgenosse des Aratos und 
Zenodotos ist, nicht des Euphorion, wie bei Suidas steht. in der tat spricht vieles 
gegen diesen späten ansatz, zumal die Homerkritik des Rhianos, und die Suidasdaten 
sind nirgend so unzuverlässig wie in den dichtern des 3. jahrhunderts. aber ich 
möchte nicht mehr zuversichtlich reden, obwol andere auf diesem grunde welter ge- 
baut haben. Rhianoe war kein höfling (Kaibel Herm. 28, 57). wo er dichtete, wissen 
wir nicht. in anderer umgebung konnte sich wol ein stil erhalten, der in Alexan- 
dreia längst überwunden war. auf Suidas zu bauen ist natürlich auch ganz unsicher. 





Die Herakleen. 69 


ische zeit wendet man seine augen natürlich auch auf die hesiodischen 
gedichte, und gewils hat in ihnen vielerlei gestanden, was Herakles an- 
gieng, nur gewils nicht der Dodekathlos, ja überhaupt nirgend eine volle 
lebensgeschichte des helden. das stück der Eoee, das seine erzeugung 
schildert, und schon die stellen der Theogonie des echten Hesiodos und 
die für die Ilias jungen, aber absolut genommen immer noch alten ho- 
merischen erwähnungen zeigen auf das deutlichste, dals bevor sie so 
gedichtet werden konnten, eine überaus reiche und weit bekannte Herakles- 
sage in fest durchgebildeter erzählung bestand. aber selber liefern sie 
diese erzählung nicht: die hesiodische dichtung gehört ja auch nicht 
nach dem Peloponnes. ihrem einflußs werden in der Heraklessage viel- 
mehr die erweiterungen des Dodekathlos, meistens sagen von geschicht- 
lichem inhalte, und dann eine anzahl boeotischer und nordgriechischer 
zusätze verdankt: diese dichter waren sich wol bewulst, parerga zu 
liefern. 

Hesiodos kennt die Heraklessagen als allbeliebte und allbekannte. 
das ionische epos, von dem er doch wesentlich abhängt, konnte sie 
ihm nicht liefern: wo hat er sie denn her? er weist auf eine dorische 
dichtung zurück, der er zwar nichts von seiner form, aber viel von 
seinem inhalte schuldet. wie war diese dorische dichtung beschaffen ὃ 
niemand kann das sagen, jede spur ist verweht, ist schon zu Aristoteles 
zeit verweht gewesen; Pindaros Pherekydes Euripides hätten wol noch 
antwort geben können. mag es eine dorische volkspoesie gegeben haben 
in unvorstellbarer form, mag es prosaische erzählung, dann aber gewils 
auch sie in einer festen stilisirung, gewesen sein, mögen die edel- 
knaben beim male die taten der ahnen erzählt haben, wie die greise sie 
ihnen eingeprägt hatten, mag ein stand von fahrenden verachteten und 
doch gern gehörten spielleuten neben possenhaften tänzen auch ernste 
volkslieder vorgetragen haben: das ist verschollen wie das germanische 
epos der völkerwanderung. aber wie dieses wird das dorische erschlossen, 
weil seine stoffe auch in veränderter form sich erhalten haben. nicht 
bloßs die taten des Herakles, auch die stamm- und familiensagen, ja selbst 
geschichtliche überlieferungen, wie die messenischen, zwingen zu der 
annahme einer solchen poesie. was sie zerstört hat, ist leicht zu sehen. 
schon vor 700 ist das homerische epos herüber gekommen, reich an an- 
ziehendsten neuen geschichten, die sich um so eher die herzen eroberten, 
weil sie vielfach in denselben gegenden spielten, zu denen sie zurück- 
kehrten, vor allem aber in der ausgebildeten bequemen bildsamen form. 
Chalkis Theben Korinth Delphi hat Homer sehr bald ganz erobert; 


Kreophylos. 


70 Der Herakles der sage. 


auch Argos hat homerische dichter gestellt‘), selbst Sparta vielleicht'”). 
allein recht heimisch ist das fremde im Peloponnes nicht geworden, und 
namentlich den schritt hat man hier nicht in voller freiheit getan, der 
in Korinth und nördlich vom Isthmos gelang, die bearbeitung der natio- 
nalen stoffe in homerischer form. wie die hellenische cultur Ioniens 
sich allmählich das mutterland zurückerobert hat, wie die peloponnesische 
sprache sitte und religion, so weit sie sich nicht dem ionischen, später 
dem attischen anbequemen mochte, verkümmert und vergessen ist, so ist 
es zuerst von allen lebensäufserungen dem peloponnesischen heldenge- 
sange ergangen. vergessen sind die dichter, nicht nur ihre namen, nein, 
dals es sie je gab; vergessen ihre werke, ja, dafs es deren je gab: aber 
der geist ist nicht sterblich. die seele der dichtung überdauert nicht 
nur das sterbliche gemächte, den dichter, auch ihr kleid überdauert sie, 
wenn es nicht durch den göttlichen geist der Muse gefeit ist: all das mag 
vernichtet werden, wie das irdische des Herakles in dem oetäischen feuer. 
die Heraklee hat dennoch, wie der ἀνὴρ ϑεός, das ewige leben und die 
ewige jugend. und wer seinen gedanken nachdenken mag, der wird 
heroische ehren auch ihm gerne weihen, dem altdorischen dichter des 
Dodekathlos, von dem er nichts weils, dessen stimme vor dritthalbtausend 
jahren schon verklungen war, weil ihn der hauch seines stolzen und 
frommen geistes umwittert. und doch ist es nicht eigentlich der dichter, 
dem wir huldigen, sondern die sage, die durch ihn gesprochen, deren 
geist auf ihm geruht hat. aber es ist etwas grofses, der prophet der sage 
zu sein. das volk selbst würde sein köstlichstes kleinod zerstolsen und 
zerstümmelt haben, wenn es nicht die sorgliche künstlerhand rechtzeitig 
gefalst hätte: nun dauert es, mag auch die fassung geborsten sein. ohne 
den dichter des Dodekathlos würden wir schwerlich die Heraklesreligion 
in ihrem wesen erfassen können. 

Das empfindet man am deutlichsten, wenn man einen anderen be- 
deutenden sagenkreis vergleicht, dessen örtlicher mittelpunkt Trachis ist, 
und dessen wichtigstes stück, die selbstverbrennung des siechen Herakles, 
die oberhand gewonnen hat, so dals der ausgang des Dodekathlos, so viel 
höher er an innerem gehalte auch steht, ganz und gar in vergessenheit 
geraten ist. 


126) Hagias ist als verfasser für mehrere epen genannt, aber auch von Apyolırd. 
vgl. Homer. Unters. 180, auch Homer heifst zuweilen Argeier. 

137) Kinaithon wird schon von Hellanikos als verfasser der μικρὰ 1λεάς an- 
gegeben, später für mehr homerisches, aber auch für genealogien; über das citat 
einer Heraklee von ihm anm. 122. 


Kreophylos. 71 


Es kann und soll hier der untersuchung nicht vorgegriffen werden, 
ob es schon der Homeride gewesen ist, den man meist Kreophylos von 
Samos nennt, der dichter der .“Πρακλεία oder Οἰχαλίας ἅλωσις, oder 
ob erst Sophokles in den Trachinierinnen die geschichten von Deianeira 
Omphale Iole in einen engen und sinnreichen zusammenhang gebracht 
hat. wol aber mufs hervorgehoben werden, dafs allen diesen sagen eine 
behandlung gemeinsam ist, die sie von der herben folgerichtigkeit des 
Dodekathlos eben so weit entfernt, wie sie der menschlich heldenhaften 
aber liebenswürdig läfslichen weise Homers angenähert werden. erst 
nach beseitigung dieser anmutigen und poetisch höchst wirksamen neu- 
bildungen tritt das alte Heraklesbild hervor, das dann die züge gemein- 
samer abstammung mit dem des Dodekathlos nicht verleugnet. und in 
einem ist der oetäische Herakles sogar altertümlicher: seine waffe ist 
durchgehends der bogen. es hat eben die cultur der peloponnesischen 
adelsstaaten auf das bergland des Oeta nicht gewirkt, und die homerische 
poesie hat dem helden, den sie übernahm, seine charakteristische aus- 
stattung gelassen. 

Eins mufs vorab beseitigt werden, was von aulßsen zugetan ist und 
alles verwirrt, das lydische local der Omphalesage. dafs das sich noch 
allgemein behauptet, liegt nicht etwa an irgendwie guter begründung, sondern 
lediglich daran, dals seltsamer weise O. Müller in diesem punkte den 
orientalisirenden tendenzen entgegengekommen ist, gewils ist die üppige 
frau in der löwenhaut mit der keule neben dem helden im weiberrock 
mit der kunkel in der hand ein hübsches bild, und Priap als dritter im 
bunde gibt ihm einen besonders pikanten zug. Simson und Delila, An- 
tonius und Kleopatra, Rinaldo und Armida, August der starke und die 
Königsmarck zeigen, wie fabel und geschichte an diesem motive gefallen 
haben. aber so hübsch es sein mag: dafs es ernsthaft genommen werden 
könnte als ein zug der Heraklessage irgendwie ernster zeit, davon ist 
keine rede. es existirt einfach nicht vor der hellenistischen zeit, derselben 
die auch Priapos unter ihre götter einreibt, und wer es ernsthaft nimmt, 
kann mit demselben rechte den Eurystheus zum ἐρώμενος des Herakles 
machen'”). zwei ionische dichter des 5. jahrhunderts, Ion und Achaios, 


128) Aspasia ist von einem komiker die neue Omphale genannt worden (schol. 
Pist. Menex., Plut. Per. 24). das heifst für jeden, der die Trachinierinnen kennt 
(mehr ist nicht nötig), Perikles ist der sclave seiner asiatischen concubine. dieselbe 
ward Deianeira genannt, natürlich weil sie dem gatten verderblich sein sollte. trotz- 
dem hat jemand behauptet ‘die psychologische motivirung, nach welcher Her. in 
Ompbale derartig (so!) verliebt war, dafs er sich ihr mit wollust (80 [) unterordnete, 


72 Der Herakles der sage. 


haben sich allerdings schon des dankbaren motives bedient, den plumpen 
Dorer Herakles als diener der üppigen Asiatin in einem satyrspiele Om- 
phale einzuführen, und sie bezeugen, dafs damals diese bereits eine 
Lyderin war, was wegen ihrer descendenz, der lydischen könige aus 
Herakles stamme, schon für viel frühere zeit unbestritten bleibt; aber 
der Herakles des Ion war weit entfernt sich im schoße der wollust zu 
vergessen. während das übrige gesinde noch in feierlicher stille den 
sinn auf das opfer gerichtet hatte, verspeiste er nicht blofs den braten, 
sondern auch das holz und die asche, auf denen dieser gebraten war, mit: 
seine zähne erlaubten ihm diese leistung, denn er hatte drei reihen hinter 
einander'®). also gerade darin lag der reiz dieser spielenden erfindung, 
dafs Herakles auch als knecht Herakles blieb und seine natur nicht 
verleugnete. hätte sich seine begierde zu der schönen herrin erhoben 
(was unbeweisbar, aber möglich ist), so würde er wie Sir John von frau 
Page, oder wie von der Bitinna des Herodes ihr leibsclave behandelt 
sein'®). das war schon eine umbildung, allein es war noch weit entfernt 
von der hellenistischen Omphalesage, welche die erfahrung voraussetzt, 
dals die gewaltigen männer der tat ebenso gewaltig im sinnengenusse 


war dem attischen komiker bekannt’ (Rh. Mus. 46, 249). dagegen soll der verkauf 
des Her. ‘wegen der ermordung des Eurytos (so!)’ erst in “späteren quellen’ stehn. 
eine solche ignoranz, die eben nicht mal die Trachinierinnen kennt (wol aber das 
‘“mutterrecht’), und ein solches deutsch würde ich keiner zeile würdigen, aber es 
ist nicht in der ordnung, dafs männer, die etwas bedeuten, so skandalöses geschreibsel 
citiren, gleich als stünde etwas darin. 

129) Ion fgm. 29. 30. wenn er von Herakles gesagt haben sollte (59), dafs er 
ein Iydisches leinenhemd angezogen hätte, das ihm nur bis auf die mitte der schenkel 
reichte, so war damit nur seine gröfse geschildert, und wie schlecht ihm die sclaven- 
tracht pafste. die κύπασσες der Omphale, welche Diotimos der dichter der Heraklee 
(Anth, Pal. VI 868) als weihgeschenk eines Artemistempels besingt, hat mit dieser 
vertauschung der kleidung nichts zu tun; denn Omphale hat sie zwar ausgezogen, 
aber Herakles nicht angezogen. Diotimos sagt, das kleid war selig, bis sie es auszog, 
und ist es jetzt wieder, wo es im ϑησαυρός der Artemis als schaustück liegt. 

130) Die worte der pseudojustinischen oratio ad gentiles 3 ὡς νήπεος ὑπὸ 
σατύρων κατακυρμβαλισϑεές, καὶ ὑπὸ γυναικεέον ἔρωτος ὑπὸ Avdis γελώσης κατὰ 
γλουτῶν τυπτόμενος ἥδετο würden den sinn gestatten, dafs Herakles wie Falstaff 
geprellt wäre, und wenn man die satyrn in die Omphalefabel einbezieht, könnte man 
hier sogar an Ion denken. aber die satyrn sollen für sich stehen: sie bezeichnen nur 
das ἥττων μέϑης, wie Omphale das ἥττων ἔρωτος, und die prägel sind die gewöhn- 
lichen des pantoffelhelden. das wird gesichert durch Lukian dial. deor. 13. Kyniker 
und christen bestreiten ihre polemik mit demselben sus grammatischen sammlungen 
entlehnten materiale. dieses war trefflich, und so wird Herakles der pantoffelheld 
allerdings eine erfindung der besten hellenistischen zeit sein. 








Kreophylos. 73 


eind: Demetrios Poliorketes konnte ein solches bild eingeben"). dagegen 
hatte die einfachere tradition Herakles eben nur als sclaven der Omphale 
gedacht, der auch in dieser stellung, wie in Argos für Eurystheus, herum- 
zog und heldentaten verrichtete. schließlich entscheidet diese parallele 
darüber, was ursprünglich ist, und auch hier bezeugen die kämpfe das 
local der sagen. Diodor 31) läfst Omphale freilich über die Mai- 
oner-Lyder herrschen, aber Herakles züchtigt in ihrem dienste die Ker- 
kopen, den Syleus und die Itoner; und als mph diese taten ihres 
sclaven sieht, den sie gar nicht gekannt hat, läfst 810 ihn frei und gewährt 
ihm ihre liebe, aus welcher Lamos hervorgeht. nun, in Lydien kennt 
Itoner keine karte'”), aber am malischen golfe liegt Ἴτων oder "Irwvoc, 
und da hat Herakles allerdings mit Kyknos einen schweren strauls gehabt. 


die ερχώπων ἕδραι neben der πέτρη Π]ελαμπύγου kennt Herodot 
an den Thermopylen (VII 216)'*). Syleus gehört an den Strymon'*). Lamos 


131) Man täuscht sich, wenn man in der verbindung von Ares und Aphrodite 
eine gleiche symbolik sieht: die ist eben auch erst in derselben hellenistischen zeit 
hineingetragen. der schwank, welcher Aphrodite sich zu dem strammen krieger 
lieber als zu dem biedern ehegespons Hephaistos halten läfst, heifst nichts anderes, 
als dafs der weibliche geschmack zu Demodokos und Alkaios zeiten kein anderer 
als heute war. ernsthaft ist die verbindung nur in der genealogie, welche Apuovsa 
als tochter des ungleichen pares dem Κάδμος- Κόσμος gesellt, der die drachensaat 
des Ares gesäet und gefällt hat, das hat die symbolische bedeutung, dafs die ver- 
söhnung und der friede durch Aphrodite bewirkt wird. jede politische hochzeit will 
Ares durch Aphrodite bändigen und dadurch harmonie erzielen. die peloponnesische 
“Ayeodirn ἀρεέα ist lediglich die ‘streitbare’, so genannt, weil sie gewappnet war. 
das ist eine göttin, welcher der name Aphrodite vielleicht, sicherlich nicht das wesen 
derselben, wie es in Ionien galt, zukommt: dem wesen nach ist Aygod/ra dpela 
vielmehr Aöddva. aber sie widerlegt allerdings den glauben, dafs Aphrodite nichts 
als eine Semitin sei. 

132) Nonnus Dion. 13, 465, Steph. Byz. s. v. können ihr Iydisches 7τών oder 
τώνη eben aus dieser sage haben. dagegen verlegt die apollodorische bibliothek 
(Ι 155) Kyknos nach Iton. 

133) Noch Diotimos (anm. 123) versetzt die Kerkopen nach Oichalia. nach Ephesos 
kommen sie, weil δυρύβατος, ein ephesischer nichtsnutz, unter sie aufgenommen 
wird. vgl. im allgemeinen Lobeck Agl. 1296. die alte monumentale überlieferung 
zeigt, dafs die sage im korinthischen culturkreis beliebt war; die Athener lassen sie 
fallen. ob das homerische Kerkopengedicht sie behandelt hat, ist sehr fraglich, da 
die Kobolde keinesweges eine so enge wirksamkeit gehabt haben; sie haben auclı 
den Zeus zu betrügen versucht und tragen gar von den Aloaden einen namen. 

134) Syleus und sein bruder Dikaios sind redende namen, der frevler und der 
biedere, aber sie sind fest localisirt, denn Σιυλέος πεδέον liegt bei Stagiros (Herodot 
7, 115), Dikaia heifsen zwei städte, die eine, ἡ ᾿ξρετρεέων, irgendwo am thermäischen 
busen, die andere παρ᾽ 4Adnpa, beide haben schon gemünzt, ehe sie glieder des 


174 Der Herakles der sage. 


ist als eponymos von Lamia sogar ausdrücklich bezeugt'*), und was ist 
endlich Ouyain anders als die eponymos von Ὀμφάλιον, der stadt 





attischen reiches wurden (Head Doctr. Numm. 189. 218). die echte geschichte, die 
Syleus von Herakles umbringen, Dikaios ehren liefs, gehört also in eine zeit, wo 
“die umgegend der Strymonmündung sich der hellenischen besiedelung noch wider- 
setzte, und Herakles tritt als züchtiger des Poseidonsohnes Syleus eben so berechtigt 
auf wie in den thasischen sagen ee bderrusane. 
dem entspricht es, dafs die vasenmalerei diese geschichte kennt (Aunali 1878 C, Jahrb. 
I 229), und so berichtet der falsche brief des Speusippos an Philipp (Epistologr. 
Gr. 630 Herch.) ganz correct, dafs Dikaios die landschaft Φιλλές von Herakles als 
παρακαταϑήκη erhielt, natürlich bis rechtsnachfolger des eroberers kämen. der 
brief nennt schon die stadt Amphipolis, deren gründung durch Athen aus dem land- 
namen (ζιυλλές die neue sage schuf, die den Athener Demophon einführte; sie be- 
gegnet nicht vor der mitte des 4. jahrhunderts, aber wie Phylliis um Demophons 
willen, so stisbt_ die tochter des Sylaua aus. sehnsucht nach Herakles bei Konon 17. 
das läfst man besser bei seite, denn es kann seinerseits nach der Phyllissage ge- 
macht sein; es genügt aber dazu, das lokal, das Konon angibt, das thessalische Pelion, 
zu verwerfen. bei Apollodor II 132 ist der ortsname ἐν Avustdı überliefert, dafs 
aber Φιλλέδε von Hercher richtig verbessert ist, folgt daraus, dafs Herakles auf der 
heimfahrt nach Asien über die insel Ikaros komnit. ,δὲ chichte ist natürlich an 
sich ganz selbständig, und ihre verknüpfung mit Omphale %eruht für uns nur auf 
einem zeugnis, der quelle von Diodor und Apollodor. aber es spricht für sie, dafs 
in ihr von dem Lyder Lityerses von Kelainai keine spur ist, eigentlich dem namen 
eines schnitterliedes, auf dessen träger die Syleussage übertragen worden ist, nicht 
vor der hellenistischen zeit: denn die Θερεσταὶ des Euripides, die den vermerk οὐ 
σῳξεταιε tragen, also keine spur in der überlieferung hinterlassen konnten, darf man 
überhaupt nicht deuten wollen. es hätte viel näher gelegen, Lityerses an Omphale 
anzuschliefsen als an den fernen Syleus, wenn dieser nicht schon eher platz gefunden 
hatte, hinzu iziit das euripideische satyrspiel Syleus, ia dem Hermes den Herakles 
verkaufte: das ist das motiv der Omphalefabel, und der schlufs liegt nahe, dals” 
Euripides Geschickt gekürzt hat, um den umweg, verkauf an Omphale und auf- 
trag derselben, zu vermeiden. dann gelangen wir zu einer erzählung, die sowol für 
Euripides wie für die mythographen quelle war. dazu stimmt das vorkommen der 
localsage in der bildenden kunst und die entstehung der sage spätestens ende dea 
τ δ Jahrhunderts, wahrscheinlich beträchtlich früher. das epos des Kreophylos würde 
vortrefflich passen. fgm. 694 sichert, dafs Herakles die tochter des Syleus tröstete; 
Dikaios war eliminirt: dann war der sprofs jener verbindung legitimer erbe der land- 
schaft Phyllis, wo die Athener 438 endlich Amphipolis gründeten, das 424 verloren 
gieng; obwol keine beziehung auf den ort mehr kenntlich ist, hat es grofse wahr- 
scheinlichkeit, die abfassungszeit des dramas in diese kurze frist der athenischen 
herrschaft zu rücken. die erhaltenen verse klingen nach der prima maniera des 
dichters. -- Nauck trag. fgm. 8. 575 hat eine stelle des Origenes gegen Celsus mit 
unrecht hieher gezogen: sie geht die bekannte Awd/w» ἀρά an. 
135) Steph. Byz. ἀπὸ Aduov τοῦ Ἡρακλέους. nach Lydien gezogen hat ihn der 
Karer Apollonios, der diese fabeln breiter behandelt hat, Geffcken de Steph. Byz. 40. 





Kreophylos. 75 


der Ὄμφαλες )} in dem parallelbericht der apollodorischen bibliothek 
DH 131 fehlen die Itoner; die Kerkopen werden nach Ephesos versetzt, 
aber Syleus wohnt richtig in Phyllis am Strymon. offenbar liegt 
diesen berichten eine erzählung zu grunde, welche nur ganz äufserlich 
die Lyderin (bei Apollodor witwe des Tmolos) eingesetzt hat. allmählich 
hat man dann in diesem sinne weiter gedichte. aber auch wo mehr 
asiatische localfarbe ist, fehlen hindeutungen auf das echte local 
nicht”), 


136) Es ist natürlich derselbe ort, den. Steph. Byz. s. v. nach Thessalien, Pto- 
lemaeus III 14 nach Epirus verlegt und dessen bewohner Rhianos in den @sooalıxd 
neben den makedonischen Parauaiern (Steph. Byz. 8. v.) angeführt hat. neben den 
Molossern stehn die Oggales auf der dodonäischen freilassungsurkunde Gött. Dial. 
Insch. 1347. Ougdin geht kaum in den hexameter, was hinderlich scheinen kann, 
wenn man die sage dem Kreophylos zutraut. aber von Ougdlıor liels sich ebenso 
gut auch Oxgalin bilden, und wirklich gebraucht eben Diotimos von Adramyttion 
diese form, A. P. V1 358. Omphales vater /dpdavos wird natürlich von den modernen 
mit dem lIordan identificirt, und dasselbe mufs sich der gleichnamige flufs in Tri- 
phylien gefallen lassen (77 133). dafs in Lydien einer gleichen namens bestanden 
hat, ist lediglich durch eine verdorbene oder verwirrte stelle bei Steph. Byz. bezeugt 
(s. v.). da aber die geographischen namen der peloponnesischen westküste so oft in 
Thessalien wiederkehren, wird man ’/dedaros nicht anders beurteilen als Πηνειός 
und ’Erıneds, und wem es gelingt, Omphalion zu finden, der mag den flufs des 
ortes getrost Iardanos nennen. 

137) Hellanikos führte die lydische stadt χ“κέλης (Steph. Byz.) auf einen sohn 
des Herakles zurück, aber die nymphe, die ihn gebiert, heifst ]αλές, weist also nach 
Trachis. zu ihr gehört δήήλας, sohn des Her. und der Omphale, schol. Townl. zu 
Σ 219, der bei der heimkehr der Herakleiden hilft, die von Trachis ausgieng. er 
ist einfach der eponym der Melier. aber als Mr}ins steht er in der lydischen königs- 
liste, nicht blofs bei Nikolaos-Skytobrachıon-Xanthos, sondern schon bei Herodot I 81. 
der Axtins des Hellanikos ist sohn der Omphale im schol. Townl. zu 2 616 und 
heifst Aydins, dort werden auch »ύμφαει Aysintides aus Panyassis angeführt, der 
also, wie von vornherein bei dem Asiaten glaublich war, diese sagen behandelt hat. 
hier sind also ein epichorischer name und der hellenische 4yeA@os einander an- 
geähnelt. dasselbe ist mit dem lydischen flusse “Ὕλλος geschehen, der in wahrheit 
zu Ὕλη, dem alten namen von Sardes, gehört, aber dem Heraklessohne angepafst 
ward. die penesten der Trachinier hiefsen Aviıxpäves. dafs Herakles sie bezwungen 
und dort angesiedelt hätte, darüber sind sich die vorzüglichen gewährsmänner des 
Athenseus XI 461 einig: aber die einen lassen sie aus Lydien, die andern aus Atha- 
manien stammen, andere aus Bithynien (Apollonios I 1357 mit schol.). ein wertvoller 
zug ist bei Hygin (poet. astr. II 14, daraus mythogr. Vat. II 155) aus Aratscholien 
erhalten. Omphale läfst Her. frei, weil er am Sangarios einen mörderischen drachen 
bezwungen hat. zur erinnerung daran ist das sternbild des Ogsoüyos am himmel. 
das darf man in dieser region der gelehrsamkeit dreist für Panyassis in anspruch 
nehmen. 


76 Der Herakles der sage. 


Das ist also unzweifelhaft, dals die Omphalesage in einem kreise 
oetäischer sagen bereits fest war, als die willkür eines sehr erfolgreichen 
dichters sie nach Lydien übertrug. dieser und sein publicum war dem 
eigentlichen locale so fern, dafs er die anderen sagen ruhig herüber 
nehmen konnte, aber ganz entwurzeln konnte er die oetäische sage nicht. 
was sie so fest hielt, war die motivirung der dienstbarkeit durch den frevel 
wider Iphitos Eurytos sohn, und damit hängt wieder die zerstörung 
Oichalias zusammen. das ist nicht immer so gewesen. denn der kampf 
des dorischen und des hellenischen bogenschützen ist keineswegs blofs 
in diesem zusammenhang erzählt; die messenisch-arkadische localisirung 
Oichalias schlofs diese ganze verbindung aus, hat sogar die ermordung 
des Iphitos schwerlich anerkannt, der in Elis ein mächtiger könig blieb'*), 
es giebt ja auch mehrere begründungen für den zorn des Herakles gegen 
Eurytos'”), auch für die dienstbarkeit bei Omphale'*), und gerade die 
abweisung des Herakles als freier kehrt in einer anderen thessalischen 
sage wieder'‘'). aber um so deutlicher wird nur, dafs es ein ganz bestimmter 
und planvoller zusammenhang ist, in dem der frevel an Iphitos, die 
knechtschaft bei dem weibe, und die liebe zu Iole, die ihrem ganzen hause 
verhängnisvoll wird, vereinigt eind. auch dafs Oichalia nach Euboia gerückt 
ist, obwol es dort nie wirklich gelegen hat, in Thessalien nie ganz ver- 
schwunden ist'"), erklärt sich am besten, wenn der dichter dem locale 


138) Als solcher ist er freund des Odysseus und des Lykurgos und könig von 
Elise; Eurytos aber ist als name für einen der Molionen verwandt worden. 

139) Soph. Trach. 260. 353, der mit grofser feinheit die beiden widersprechenden 
traditionen von Lichas erzählen läfst. 

140) Dazu wird der kindermord gebraucht von Hygin fab. 32, und dasselbe ist 
aus der ordnung der ereignisse auf der albanischen tafel zu schliefsen. es lag nahe 
ein motiv, welcher die dienstbarkeit bei Eurystheus zu motiviren pflegt, auf die bei 
Omphale zu übertragen. 

141) Apollodor II 155 erzählt uns, dafs Herakles den Amyntor von Ormenion 
erschlägt, weil er ihm den durchzug weigert. in der parallelstelle, IV 37, hat Diodor 
aus flüchtigkeit den namen des königs mit dem der stadt zusammengeworfen und 
einen Ὀρμένιος erzeugt, den man beseitigen mufs. aber die werbung um Astydameia, 
Amyntors tochter, hat er erhalten. Her. erzeugt mit ihr Ktesippos, nach Apollodor 
einen sohn der Deianeire. das bestreben alle andern söhne außer Hyllos zu bastarden 
zu machen, ist auch sonst öfter kenntlich: das sind adelsrancünen, wie bei den söhnen 
Jakobs, die meist im einzelnen unkenntlich sind. sohn der Astydameia ist eigentlich 
und war bei Hesiodos der Rhodier Tlepolemos, und zwar gab es auf Rhodos wirklich 
ein geschlecht von Amyntoriden: so weist auch auf dieser insel einzelnes nach Thes- 
salien neben Argos, ganz wie auf Kos und am Triopion. vgl. schol. Pindar. Ol. 7, 42. 

142) Das hat endgiltig der wichtige stein von Hypata gelehrt, Athen. Mit- 
teil. IV 216. 


Kreophylos. 77 


seines stoffes ganz fern lebte. Ioles liebe und das euböische Oichalia 
sind nun wenigstens nachweislich in dem epos des Kreophylos-Homeros 
vorgekommen. damit sind wir in einer region, in welche die umgestaltung 
der thessalischen sagen und die einführung Lydiens ganz vortrefflich palst. 
wahrlich, kaum könnte man sich etwas anderes als ein homerisches ge- 
dicht denken, um zugleich den durchschlagenden erfolg der Iydischen 
localisation und die anknüpfung der lydischen dynastie an Herakles be- 
greiflich zu machen'"). 

Die sagen selbst können nunmehr erst verstanden werden, wo sie 
auf ihren heimischen boden zurückgeführt sind. die einzelheiten der 
kriegszüge sind freilich kaum aufzuhellen, da von den stämmen um den 
Oeta zu wenig bekannt ist. aber dafs der gegensatz der einwanderer 
zu den eingebornen zu grunde liegt, ist im allgemeinen deutlich genug. 
Herakles bezwingt zum teil die althellenischen heroen, oder aber er erbt 
ihre taten; dafür ist namentlich der berühmte kampf mit Kyknos ein 
beleg'“). in diesem handelt er im dienste des Apollon, und Apollon 
ist vertreter der delphisch-pyläischen Amphiktionie, die in der tat in 
diesen gegenden, wo sich nie ein mächtiger einzelstaat erhoben hat, die 
einzige macht war, die die sonderinteressen einigermalsen zu bändigen 
und landfrieden einigermalsen einzuführen vermochte. da lag es nahe, 
dafs Herakles der vollstrecker des apollinischen willens ward, und so 
wird es zu fassen sein, wenn wir ihn die feinde des gottes, Lapithen und 
Dryoper, bezwingen sehen. aber er erbte noch mehr von ihm. in der 


143) Man darf hier wieder daran denken, dals das asiatische Erythrai einen 
wirklich alten Heraklescult hat (oben anm. 40), und dals es den namen einer stadt 
führt, die dicht neben dem thessalischen Oichalia liegt: auf demselben steine bezeugt 
wie jenes. dafs das königsgeschlecht der Lyder, das durch Gyges gestürzt ward, 
selbst so hellenisch dachte, um Herakles als ahn zu beanspruchen, ist nicht glaub- 
lich, auch würden sie nicht eine sclavin des Iardanos, sondern Omphale als ahnfrau 
angesehen haben (so erst später: die naivetät bei Herodot I 7 unter δούλη Japddrov 
Omphale zu verstehen, verdient keine widerlegung). wol aber muls diese verbindung 
zu einer zeit aufgebracht sein, als die Hellenen für dieses alte haus sympathie em- 
pfanden, und die Lyder sich schon stark hellenisirt hatten. das trifft auf die zeit 
des Alyattes, vielleicht auch schon auf etwas frühere zu: in diese wird dann auch 
das homerische gedicht zu setzen sein. von den fabeleien des Skytobrachion bei 
dem Damascener Nikolaos ist einschlägliches von belang nicht erhalten: das ist zu 
verschmerzen, denn es war ein roman, und man sollte einen alten epiker Magnes, 
der die taten der Lyder gegen die Amazonen besungen haben soll (fgm. 62), nicht 
ernsthaft nehmen und so zu einer Iydischen epik gelangen, die womöglich auch 
in die Heraklessage übergreifen könnte. 

144) Vgl, zu v. 110. 


78 Der Herakles der sage. 


Alkestissage hat die faust des Herakles die gnade der todesgöttin ersetzt, 
welche Apollon beschwor'*), und so ist die dienstbarkeit des Herakles 
auch eine parallelsage zu der dienstbarkeit des Apollon'“), die ursprüng- 
lich auf denselben fluren gespielt hat, und die bei beiden durch eine 
blutige tat begründet ist. 

In unserer überlieferung verknüpft, aber dennoch vielleicht von haus 
aus gesondert ist die sage von der werbung um Deianeira, die tötung 
des Nessos, das vergiftete gewand und der tod des Herakles. diese vier 
stücke bedingen einander. es fehlt in der erzählung, wie wir sie kennen, 
ein unerläfsliches motiv, wenn die liebe zu Iole ausgesondert wird. aber 
es ist zuzugeben, dals die nötige eifersucht sehr gut auch durch irgend 
ein anderes erbeutetes mädchen, 2. Ὁ. Astydameia von Ormenion, erweckt 
werden konnte. nicht Herakles sondern Deianeira hält diese sagen zu- 
sammen; ihre bedrängung durch den ungeheuren freier, ihre eifersucht 
und verzweiflung ist die seele der dichtung. sie ist Aetolerin, und die 
frauen dieses stammes sind von der sage mit lebhaftesten zügen aus- 
gestattet, da ist Althaia, Deianeiras mutter, die Meleagros durch eine 
ähnliche tücke tötet, wie die tochter den Herakles, und sich wie sie 
aus reue den tod gibt; da ist Marpessa, die aus liebe den Idas dem 
Apollon vorzieht, Kleopatra, die leidenschaftliche gattin des Meleagros, 
Periboia die vielumfreite; auch die unselige gattin des Protesilaos ist in 
dieses geschlecht eingereiht worden‘). unverkennbar haben wir hier alt- 


145) Die hesiodische form der sage ist hergestellt Isyllos s. 70. durch sie wird 
das gemälde einer attischen pyxis erklärt (Wien. Vorleg. Bl. N. 8.18, 5). Admetos 
führt lebhaft die Alkestis, welche ein mädchen geleitet, auf das haus zu, vor dem 
der alte Pheres steht, den ein anderes mädchen anspricht. die mädchen vertreten 
das hochzeitsgeleit. aber zwischen beiden gruppen stehen Apollon und Artemis, 
den blick voll ernster teilnahme auf daa junge par gerichtet. man lese Eur. Alk. 
915—25 nach, die stimmung zu finden; aber das gemälde wirkt durch die gegenwart 
der götter weit ergreifender: Apollon hat die ehe gestiftet; Artemis wird sie lösen. 

146) Aischylos sagt καὶ παῖδα γάρ τοι φασὶ» “λχμήνης ποτὲ πραϑέντα τλῆταε 
δουλέας μάξης βέον, Ag. 1040. bei Euripides sagt Apollon ἔτλην γὼ ϑῆσσαν τρά- 
πεξαν alıdoas ϑεός περ ὧν (Alk. 1). man sieht, dafs beides ganz gleich empfunden 
wird. O. Müller ist durch diese sagen zu seinem folgenreichen irrtume verführt, Herakles 
und Apollon überhaupt als ganz nahe verwandt zu betrachten. er hat verkannt, dafs 
die sagen deshalb nicht älter sind, weil sie auf einem boden spielen, den die Dorer 
früher einnahmen, als sie in den Peloponnes zogen. die Dorer, die fortzogen, haben 
sie ja eben nicht erzeugt noch erhalten, sondern die am Oeta bleibende bevölkerung. 
und der Apollon, welcher hier verehrt ward, ist kein dorischer, sondern der alt- 
hellenische, vgl. s. 14. 

147) So die Kyprien, welche Laodameia Polydora nannten, Pausan. IV 2. in 
dieser geschichte sind sie also nicht die quelle des 8. 


Kreophylos. 79 


bellenische gestalten vor uns, reste einer herrlichen poesie, von der nur 
noch das Meleagerlied der Litai eine unmittelbar wirkende probe gibt. 
vereinigt also sind diese Heraklessagen durch hellenischen dichtergeist’*). 
damit ist zugleich gesagt, dals wir diese vereinigung lösen müssen. und 
in der tat, zwei der drei Heraklestaten sondern sich selbst ab. der kampf 
mit Acheloos ist in wahrheit der mit dem herrn des meeres, der mit 
Nessos die Kentauromachie. beide abenteuer sind ihrer typischen be- 
deutung zu gunsten einer individuellen entkleidet, und in beiden ficht 
Herakles ritterlich für ein weib: ihr besitz ist sein lohn. das ist mensch- 
lich und schön; nur erwirbt man mit solchen taten nicht erst im himmel 
den lohn. was poetisch vielleicht eine steigerung scheinen kann ist für 
das religiöse eine degradation. für den tod liegt keine parallele fassung 
vor, denn der Herakles des Dodekathlos ist nicht gestorben. um so 
deutlicher ist die entstellung. dieses ende, der selbstmord als rettung 
vor unheilbarem siechtum, der allsieger das opfer eines eifersüchtigen 
weibes und der tücke eines geilen ungeheuers, mufs dem wie eine blas- 
phemie erscheinen, der die erhabenheit des argolischen gottmenschen da- 
gegen hält. so war es wahrlich nicht gemeint; wenn Herakles ein held 
wie alle andern ist, mag er ja auch elend zu grunde gehen wie Melea- 
gros oder Odysseus, nur für die echte Heraklessage mul auch aus 
dieser geschichte die hellenisch-epische motivirung, mufs das weib hinaus, 
dann bleibt die selbstverbrennung, an sich auch eine grolsartige con- 
ception von echtester empfindung für den gottmenschen. auch dies ist 
ein würdiger abschlufs des irdischen lebens und ein übergang zu dem 
himmlischen, eine parallele zu dem eintritt in den himmelsgarten. wie 
soll Herakles sterben? kein feind kann ihn fällen; soll er den stroh- 
tod sterben, wie ein weib oder ein sclave? nein, als er fertig ist mit 
seinem lebenswerke, als er das füllhorn von dem meergreise erhalten 
hat, da steigt er empor auf den berg seines vaters, der ehedem auch 
der götterberg gewesen ist'®), und auf dem wie im garten der Hera in 


148) Gewifs liegt es nahe, auch dies auf Kreophylos zurückzuführen. aber 
dazu fehlt ein positiver anhalt bisher. die aetolischen sagen haben viele beziehungen 
nicht zu Samos (wo aber der Homeride ja gar nicht zu hause gewesen zu sein 
braucht), sondern zu Chios. dort kehrt Oineus-Oinopion und der tod des Ankaios 
durch das wildschwein wieder, kommt Tydeus als eigenname in vornehmem hause 
vor u.dgl, auch Neooäc und ähnliche namen finden sich da und stimmen za Nöooos. 

149) Dies zeigt sich namentlich darin, dafs morgenstern und abendstern auf ihm 
wohnen, nicht blofs für die beiden lokrischen stämme, sondern noch für die lesbischen 
Aecoler. natürlich ist diese anschauung hellenisch, nicht dorisch, vgl. zu v. 394. 


80 Der Herakles der sage. 


ewigem blumenflor eine wiese prangt'”). hier schichtet er sich einen 
scheiterhaufen. seine kinder, seine getreuen umgeben ihn; dem liebsten 
waffengefährten'') schenkt er seinen treuen bogen zum danke dafür, 
dafs er den feuerbrand anlegt‘und die lichte flamme entzündet, welche 
die sterblichkeit von der göttlichen seele wegläutert”””), die sich in den 
hohen himmel an des vaters seite emporschwingt, während drunten die 
älteste, die einzige tochter die letzte schwere ehrenpflicht vollzieht und 
die irdischen reste des vaters sammelt’). das ist wol auch etwas er- 
habenes, und wem die götter das herz jung erhalten haben, dafs er die 
alten einfachen klänge aus dem gewirr der lärmenden und rauschenden 
compositionen gesteigerter kunst und cultur herauszuhören und ihrer 
melodie zu folgen vermag, der wird nicht zweifeln, dafs dieses wirklich 
die altoetäische sage war. das feierliche siegesopfer anf dem Kenaion, 
mit dem Herakles dem Zeus für die vollendung seiner irdischen 
mühen dankt, ist in wahrheit kein anderes, als das, wozu er auf dem 
Oeta den scheiterhaufen erbaut. und auch Sophokles, der doch kurz 
vorher die Deianeirasage mit allen ihren consequenzen dargestellt hatte, 
empfand das grolse würdig, als er den chor des Philoktetes die heim- 


150) ἔστιν ἐν Τρηχῖνος αἴῃ κῆπος Ἡρακλήεος, πάντ᾽ ἔχων ϑάλλοντα, πᾶσι 
δρεπόμενος πανημαδόν, οὐδ᾽ ὀλιζοῦται, βέβρεϑε δ᾽ ὑδάτεσιν διηνεκές. das gibt 
der klarische Apollon als ein allgemeines orakel, wie aus der polemik des Oinomaos 
(Euseb. praep. ev. V 214) hervorgeht: es bedeutet, wandele wie Herakles den rauhen 
pfad der tugend, so gehst da zum ewigen leben ein. der gott verstand also die 
religion sehr wol. als drouos λειμών des Zeus, als Οέταξζον νάπος erwähnt dieselbe 
wiese Sophokles Trach. 200, 486. 

151) Dem Malier Philoktet. die sagen, welche diese waffenbrüderschaft ver- 
herrlichten, sind ganz verschollen, aber sie müssen bedeutend gewesen sein, denn 
Philoktet erscheint jetzt nur als träger des herakleischen bogens in der troischen 
sage. und wenn man auch denken kann, dafs er zuerst selbst der beste schütze war, 
80 braucht man für die umbildung einen anlafs. 

152) Das feuer tut hier dasselbe wie in der phthiotisch-magnetischen sage, wo 
Thetis ihre kinder ins feuer hält, und ihren parallelen. ὑπὸ δρυὲ γυῖα ϑεα»ϑεές sagt 
sehr fein Kallimachos, an Artem. 159. 

153) Duris in den scholien zu Plat. Hipp. I 203°. wenn dieser hinzufügt, dafs 
die makedonische sitte von der ältesten tochter diesen liebesdienst forderte, so war 
eben nur dort im norden diese wie manche andere einfache sitte, die ehemals die 
Dorer geteilt hatten, bis 300 v. Chr. erhalten geblieben. dafs Herakles nur eine 
tochter gehabt hat, ward als oharakteristisch empfunden, und selbst Aristoteles notirte 
es in der Tiergeschichte (VII 6, 45). hieran anknüpfend hat Euripides den heldentod 
einer jungfrau, den viele sagen seiner heimat boten, auf diese jungfrau übertragen 
und so seinen Heraklelden die wirksamste scene eingefügt. vgl. mein programm de 
Eur. Heraclidis. 


Kreophylos. Der kindermord. 81 


kehr wünschen liefs nach dem vaterlande, iv’ ὁ χάλχασπις ἀνὴρ ϑεοῖς 
πλάϑη ϑεὸς ϑείῳ πυρὶ παμφαὴς Οἴτας ὑπὲρ ὄχϑας (736). 

Wie aus den flammen des oetäischen feuers der ἀνὴρ ϑεὸς sich 
emporhob, so tritt er in ursprünglicher erhabenheit aus den oetäischen 
sagen hervor, wenn das feuer der kritischen analyse sie läutert und das 
irdisch-epische wegschmelzt. erst die epik, die ihn zu einem ganzen 
menschen, aber auch zu einem blofsen menschen machte, hat ihm irdische 
schwäche, den mord des Iphitos, irdische strafe, die knechtschaft, irdische 
liebe und irdisches siechtum verliehen. ursprünglich ist dem oetäischen 
Herakles all das nicht minder fremd gewesen als dem argolischen. 

Aber eine sage scheint ihn doch in tiefster schuld verstrickt zu 


nötig, um aus dem verstreuten materiale'*) die älteste gestalt der ge- 
schichte zu gewinnen, die dem urteil über ihre bedeutung allein zu grunde 
gelegt werden darf. dals von dem drama des Euripides nichts verwandt 
werden darf als was der neuerungssüchtige dichter notwendig vorgefunden 
haben mufs, wird jeder sofort zugeben; aber lange vor ihm ist die epische 
vermenschlichende poesie auch hier, ähnlich wie in den oetäischen sagen, 
tätig gewesen. 

In Theben vor dem elektrischen tore, wo das haus des Herakles 
stand und mancherlei monumente an ihn und die seinen erinnerten, ist 
zu Pindars zeiten ein altar neu erbaut worden, auf dem acht söhne, die 
Megara Kreons tochter dem Herakles geboren hatte, und die χαλχοάραι 
gestorben waren, leuchtende brandopfer erhielten, und zwar am abend 
des ersten tages der Herakleen, an denen dem heros ein mal gerüstet ward, 
während turnspiele den zweiten tag füllten: heroischem, nicht göttlichem 
culte entsprechend. das wort χαλχοάραι ist im strengsten sinne unver- 
ständlich, aber es muls etwas wie “erzgerüstet: oder “mit erzwaffen umzu- 
gehen geschickt” bedeuten'®). die acht Heraklessöhne waren also nicht 


154) Die hauptsachen sind Pindar Isthm. 3, 105 mit dem scholion, das aus 
Lysimschos stammt (fgm. X Radtke), aber von dem epitomator nicht gut behandelt 
ist. aus dem mythographischen handbuche ist der beste auszug Apollodor II 72, 
bei Diodor IV 11 spielen fabeleien des £kytobrachion hinein. Pausanias IX 11, der 
seine eitate der beschreibung der delphischen lesche X 29 verdankt; Asklepiades im 
scholion Ἢ 269, schol. Lykophr. 38 (daraus schol. Lucian. dial. deor. 13); Nikolaos 
von Damaskos III 369 Müll. wertloses übergehe ich. 

155) Die scholien, im banne der vulgata, denten χαλκοάρης als βιαιοϑάνατος. 
aber das verträgt sich mit Μέμνων χαλκοάρας Isthm. 5, 51 nicht. nimmt man die τέκ- 
τονεῦ χαλκοάρας Pyth. δ, 33 hinzu, so findet man ungefähr die bedeutung. aber ver- 
stehen kann ich die bildung nicht. 

v. Wilamowitz 1. 6 


Der 


zeigen: der kindermord. auch hier ist eine mühsame voruntersuchung kindermord. 


82 Der Herakles der Bage. 


als knäblein, sondern waffenfähig und auch mit den waffen in der hand 
umgekommen. Pindar verweilt bei dem culte an den ‘neuerbauten altären’ 
geflissentlich. die aufgabe seines gedichtes führte ihn zwar dazu den 
heros zu verherrlichen, da er einen landsmann feiert, der einst an 
den Herakleen gesiegt hatte, und die parallele zwischen diesem und 
Herakles zieht, dafs sie beide klein von statur und gewaltige kämpen 
wären, aber der Heraklessöhne zu gedenken trieb ihn kein äufserer 
anlaß, wenn er sie unmittelbar hinter der himmlischen verklärung ihres 
vaters einführt und χαλχοάραι ϑανόντες nennt, so schlielst er die 
traurige geschichte aus, die sie als hilflose kinder vom vater getötet 
werden liefs, und da diese sage schon damals weit verbreitet war, so ist 
eine bei ihm nicht ungewöhnliche beabsichtigte correctur der unfrommen 
und falschen sage anzuerkennen. er und die Thebaner seiner zeit bestritten 
nicht den tod der söhne Megaras, aber wol den kindermord des Herakles, 
wenn sie recht hatten, war das ganze ein für das echte wesen des heros 
unverbindliches spiel der dichter. in dem falle wären wir schon am 
ziele. aber sie hatten trotz ihrer richtigen empfindung schwerlich recht, 
Pindar selbst sagt, dals die altäre eben erst errichtet waren. da Theben 
479 eine schwere belagerung ausgehalten hatte, wird zumal die südliche 
vorstadt in trümmern gelegen haben, und nach 479 scheint das ge- 
dicht ohne dies zu fallen‘). aber ein neubau zieht sehr leicht auch 
eine neuordnung des cultes mit sich, und dafs Pindar die ganze sache 


156) Was sich aus dem nicht datirten gedichte bei sorgfältiger exegese ergibt, 
ist folgendes. Melissos des Telesiadas sohn hatte an den Isthmien im pentathlon 
gesiegt, und Pindar war mit dem gedichte für ihn fertig, da trug das gespann 
des Melissos an den Nemeen den sieg davon; dieser weit höheren ehre zu liebe 
dichtete Pindar einen neuen anfang (die erste triade) und änderte den alten, so dals 
das vorliegende gedicht beiden siegen gilt, nicht ohne dafs einige inoongruenzen ge- 
blieben wären. die familie der Kleonymiden, der Melissos angehörte, war vor diesem 
erfolge, der auch einigen wolstand voraussetzt, sowol im vermögen heruntergekommen, 
wie namentlich dadurch gebrochen, dafs in einer schlacht vier familienglieder ge- 
fallen waren. erst Melissos war dabei sich wieder eine stellung zu erringen. von 
dem alten ruhme zeugte ein siegesgedicht auf den alten Kleonymos, das dem Pindar 
vorlag (45), und dem er entnahm, dafs das geschlecht die delphische proxenie be- 
sals und in weiblicher linie mit dem alten königshause der Labdakiden zusammen- 
hieng (ein unschätzbares zeugnis für die thebanische königssage). da der stil des 
pindarischen gedichtes zu den gedichten der fünfziger jahre nicht stimmt, so kann 
jene verlustreiche schlacht nur die von Plataiai sein, oder sie reicht in das sechste 
Jahrhundert zurück. da mit dem tode der Kleonymiden auch die ganze stellung des 
geschlechtes gesunken war, liegt es am nächsten, in ihnen oompromittirte Perser- 
freunde zu sehen; dazu stimmt alles gut. so wird das gedicht etwa ende der siebziger 
jahre verfasst sein. 


Der kindermord,. 83 


mit ausführlichkeit bespricht, erweckt den verdacht, dafs man in Theben 
gelegenheit genommen hatte, die wahrheit, d. h. die dem glauben an den 
unsträflichen helden entsprechende form der geschichte, durch den altar- 
bau und den heroencult sicher zu stellen. die existenz eines grabes der 
Megarakinder wird dadurch für die ältere zeit nicht notwendig in frage 
gestellt'"). 

Wie lautete nun die epische version, gegen die Pindar sich gewendet 
hat? in den Kyprien erzählte Nestor mit anderen geschichten dem 
Menelaos auch τὴν Ἡρακλέους μανίαν. davon wissen wir zunächst 
nur diese angabe des Proclus. Aber der dichter der homerischen Nekyia, 
der an die Kyprien angeknüpft hat’), führt Megara im Hades ein, so 
dals er den tod ihrer kinder nicht erwähnt, ihren tod durch Herakles 
ausschliefst'*). das führt nicht weiter, als dafs der wahnsinn des Herakles 
in den Kyprien wirklich den mord der kinder Megaras zur folge hatte'), 
Stesichoros und Panyassis hatten die geschichte auch erzählt, „im 
wesentlichen so wie die Thebaner“, sagt unser gewährsmann Pausanias, 


157) Lysimachos bei dem Pindarscholiasten führt auch benannte und jetzt (d.h. 
durch schuld des scholiasten) unbenannte zeugen an, die die kinder durch andere 
umbringen liefsen. aber darin ist nichts, das für vorpindarisch gelten, ja nur mit 
seiner unausgesprochenen meinung sicher identificirt werden könnte. auch dafs einige 
die kinder SAsa/das nannten, wird kaum mehr bedeuten ala einen schluls der mytho- 
graphen ; der namenswechsel wird z. Ὁ. in der apollodorischen bibliothek unmittelbar 
nach dem wahnsinn erzählt, und er stand ganz passend da, wo der held ein neues 
leben begann. 

158) Hom. Unteres. 149. ich finde nicht, dafs diese meine ansicht mit erfolg 
bekämpft worden ist. 

150) Sonst könnte es von ihr, zumal sie als schatten erscheint, nicht blofs 
heifsen, τὴ» ἔχεν Augırptovos ὑός 1270. auch Polygnot, der sie auf grund dieser 
stelle in seiner Nekyis malte, hat nicht mehr hineingelegt. das ist erst auf den 
apulischen unterweltsvasen geschehen, die Megara mit den kindern einzuführen 
pflegen, eine sehr wirksame gruppe, da Herakles selbst als mensch, den Kerberos 
holend, vor den opfern seines wahnsinnes erscheint. mit recht ist die scene der 
Heraklessage als inhalt des attischen gemäldes bezeichnet worden, das die Italioten 
ihrem mysterienglauben anpassten (Kuhnert, Arch. Jahrb. 8, 108). da Megara neben 
den kindern mit getötet sein muls, haben wir einen schlagenden beleg für die wirkung 
des Euripides auf die malerei der unmittelbar folgenden zeit. dafs auch Theseus 
und Peirithoos unter Dikes aufsicht gegenwärtig sind, fordert keine berücksichtigung 
des Kritias. 

160) Die behandlung der sage in dem epos darf man sich nicht umfänglicher vor- 
stellen als etwa die Lykurgosgeschichte in der Ilias, denn Nestor erzählte daneben 
noch anderes, aber wenn alle ethopoeie fortfiel, konnten auch zwanzig verse aus- 
reichen. 

6 ” 


84 Der Herakles der sage. 


ἃ. ἢ. in übereinstimmung mit dem, was zu seiner zeit vulgata war. darin 
liegt, dafs Herakles im wahnsinn, den Hera gesandt hat, seine uner- 
wachsenen kinder umbringt, aber nicht die gattin, die er nur an lolaos 
abtritt!"), über die todesart ergibt sich hieraus nichts. da tritt eine 


161) Das sagt Pausanias X 29, ist die mythographische vulgatae und kennt als 
feststehend auch Plutarch (Erot. 9), der verfasser einer Heraklesbiographie. die 
heroine, die den namen der stadt Megara trägt und einen bruder Megareus hat 
(Soph. Antig. 1303, vgl. de Eurip. Heraclid. 10), mufs den Thebanern sehr wichtig 
gewesen sein, da sie als gattin der beiden boeotischen heroen geführt ward. aber 
sie hat keine descendenz und eigentlich anch keine asoendenz, denn ihr vater ρέων 
ist ein lückenbüfser, hier sowol wie in der Labdakidengeneslogie. dafs Herakles in 
Theben nie an die wirklichen personen der königsliste angeschlossen ist, würde für 
sich ausreichen, den eindringling zu beweisen. das anonyme epyllion, das Megaras 
namen trägt, liefert gar keine für die sage brauchbaren züge, wie namentlich die 
behandlung des Iphikles neben Herakles lehrt. aber die absicht seines dichters 
dürfte ein wort der erklärung verdienen. was er erzählt, ist wenig und scheinbar 
ganz abgerissen. Megara und Alkmene sitzen in Tiryns, während Herakles im 
dienste des Eurystheus irgendwohin fortgezogen ist. sie verzehren sich in angst 
und sehnsucht. Megaras rede gibt wesentlich nur die exposition, aber die sonst 
ruhigere mutter ist durch ein traumgesicht tief erschüttert, das sie erzählt und 
am ende ihrer rede, zugleich dem ende des gedichtes, fortwünscht, dzonduneras, 
der leser wird in dem traume die hauptsache sehen und natürlich den traum als 
wirklich vorbedeutend betrachten. sein inhalt ist, dafs Herakles ὡς di μεισϑῷ 
beschäftigt ist einen graben zu ziehen. als er fertig ist, will er sein gewand anlegen, 
das er zu seinem geschäfte abgelegt hat. da schlägt ihm aus diesem eine lohe 
flamme entgegen, der er vergeblich zu entrinnen sucht, während Iphikles, als er 
ihm helfen will, wie tot hinfällt. das ende hat Alkmene nicht mehr geschaut, sie 
ist offenbar vor angst aufgewacht. der hellenistische dichter hat auf leser gerechnet, 
die sich dieses bild aus der allbekannten sage deuten würden, aber auf leser, die 
das bild mit dem gedanken verwechseln würden, und nach dem graben fragen, den 
Herakles gezogen hätte, hat er nicht gerechnet. das bild enthüllt so viel, dafs 
Herakles, wenn er mit dem werke, das er auf sich genommen hat, fertig sein wird, 
statt ruhe zu finden, einem plötzlichen unentrinnbaren unheil verfallen wird, vor 
dem ihn nichts retten kann, auch nicht seine irdische verwandtschaft: die kann den 
weg nicht gehen, den er gehen muls. so ist es ihm ja gegangen; die Trachinie- 
rinnen geben dieser selben stimmung lebhaften ausdruck. die flamme des traumes 
bedeutet nicht die flammıe des Oeta direct, sondern nur den gewaltsamen untergang. 
auf Iphikles ist eine empfindung übertragen, welche träumende sehr oft haben, beim 
besten willen und in höchster not nicht von der stelle zu können, schon von Homer 
(X 199) angewandt. der dichter, in allem vermenschlichend, hat den traum so ge- 
halten, dafs er keiner himmlischen offenbarung bedarf. so viel kann einer mutter 
das herz, unter dem sie ihn getragen hat, von dem sohne sagen, den sie von gelalır 
zu gefahr schreiten sieht: es ist keine ruhe für ihn; auch die vollendung, auf die 
er jetzt hofft, wird sie ihm nicht geben. so kennt sie den πονηρότατος καὶ dpuoros, 
wie sie ihn bei einem Eoeendichter nannte, der den Alexandriner angeregt haben 


Der kindermord. 85 


andere erwägung hilfreich ein. bei Euripides droht den kindern der 
feuertod durch Lykos, und diese qual ist in dem drama herzlich schlecht 
motivirt, wird auch rasch fallen gelassen. es ist oft beobachtet, dafs die 
tragiker in dieser weise fassungen der sage, die sie verschmähen, gelegent- 
lich zugleich benutzen und abweisen'®), dafs Herakles die kinder in das 
feuer geworfen hätte, stand bei Pherekydes, und es hat sich neben der 
euripideischen erfindung in der mythographischen vulgata erhalten, so 
dafs es Pausanias sehr wol mit λέγουσε Θηβαῖοι einführen konnte. 
endlich hat noch zu Alexanders zeit der maler Assteas von Paestum 
sehr anschaulich dargestellt, wie Herakles allerhand hausrat zusammen- 
getragen und angezündet hat und eben im begriff’ ist einen seiner knaben 
hineinzuwerfen'®). bei ihm ist keine spur von Euripides; er gibt offenbar 
die geschichte wieder, wie sie in Italien verbreitet war. somit kann die 
verbrennung der kinder mit wahrscheinlichkeit als die litterarische tra- 
dition bis auf Euripides angesetzt werden. die geschichte geht bei Euri- 
pides weiter; Herakles ist im begriffe seinen vater zu töten, als Athena 
erscheint und ihn durch einen steinwurf betäubt. auch das sind wir 
berechtigt seiner vorlage zuzuweisen. denn Athenas einwirkung hat nicht 
nur für die oekonomie des dramas keine bedeutung, wird dem Herakles 
sogar nicht einmal bekannt, sondern sie wird durch einen zweifel des 
boten an dem wunder herabgesetzt (1002). unmöglich kann sie Euri- 
pides erfunden haben. dagegen palst die intervention der schutzgöttin 


— Ὁνὦ.θ.-.0᾿ὉὉᾧὖ΄'ἴὖἃὅ 


mag. was dieser aber bezweckte, war nur in zweiter linie, den leidenden Herakles als 
solchen darzustellen, obwol dazu die breite ausführung des kindermordes dient. es 
ist sein, wie überhaupt der besseren hellenistischen poeten, zweck, die allbekannten 
alten stoffe dadurch zu erneuern, dafs er das licht auf andere personen fallen läfst. 
für die sage sind mutter und gattin des helden nur relativ bedeutsam, so weit sie 
für ihn in betracht kommen: hier werden mutter und gattin hell beleuchtet, und die 
sage hat nur noch den relativen wert, diesen typen individuelle persönlichkeit zu 
verleihen. das gedicht ist nicht hervorragend, aber mit den balladen unserer roman- 
tiker darf es ohne zu verlieren verglichen werden. 

162) Dies hatte ich übersehen ; Weil hat darauf hingewiesen. 

163) Μ. d. L VIII 10. Alkmene und Iolaos schauen zu; die mutter mulste jeder 
in Theben voraussetzen, sie fehlt bei Euripides aus dramsaturgischem interesse. 
Iolaos ist der spätere gatte Megaras, die hier in ein zimmer entflieht; das feuer 
brennt im peristyl. aufserdem ist Μανέα anwesend: sie allein kann ja dem be- 
schauer sagen, dafs Herakles wahnsinnig ist. das bild ist ganz verständlich; kein 
gedanke an eine 'nacheuripideische tragoedie’. ich hatte in der ersten auflage Tarent 
oder Paestum als heimat des Assteas angegeben ; jetzt habe ich mich durch Winne- 
feld (Bonner Stud. für Kekule) bestimmen lassen, Paestum geradezu zu nennen. 
andere vorschläge scheinen mir in der luft zu schweben. 


86 Der Heraklcs der sage. 


des helden vortrefflich in ein epos als gegenstück zu der sendung des 
wahnsinns durch Hera. nun behauptet Pausanias, die bedrohung des 
Amphitryon wäre bei Stesichoros und Panyassis, die er anführt, nicht 
vorgekommen, aber die Thebaner hätten von ihr erzählt, und der stein, 
σωφρονιστήρ genannt, hätte in Theben an dem platze der tat gelegen. 
dabei ist mifslich, dafs ein negatives zeugnis des Pausanias über dichter, 
die er nie mit augen gesehen hat, wenig gewicht hat, und vollends ver- 
wegen wäre der logisch sonst unanfechtbare schluls: dann hat es eben 
in den Kyprien gestanden, und ist dies gedicht, das er auch sonst sehr 
gut kennt, die quelle des Euripides. aber der stein σωφρονειστήρ war 
doch da. damit ist ein vollkommener widerspruch über den thebanischen 
glauben zwischen Pindar und Pausanias aufgedeckt. wenn Herakles 
die kinder umgebracht hat und nur durch Athenas steinwurf an dem 
vatermorde verhindert worden ist, dann stimmt Pindars angabe von 
den χαλχοάραι ὀχτὼ ϑανόντες nicht: wenn die Thebaner geglaubt 
haben, was bei Pindar steht, so hat damals kein stein “der zur besinnung 
brachte’ neben dem grabe der kinder gelegen. mehr als ein halbes 
jahrtausend war zwischen unsern beiden zeugen über Theben hinweg- 
gegangen, mehr als einmal war die stadt zerstört worden, die euripideische 
poesie aber hatte längst ein kanonisches ansehen erlangt: wir werden uns 
nicht wundern, dafs man in Theben keinen anstand mehr nahm, den 
Herakles die tat begehen zu lassen, von der die kinder in jeder schule 
hörten, und noch weniger, dafs sich mittlerweile der stein angefunden 
hatte, der den Herakles zur raison brachte. aber um so unversöhn- 
licher steht Pindar der epischen tradition gegenüber. 

Kindermord ist ein πιοῦν, das in boeotischen sagen öfter vorkommt!*'), 
bei Aedon, der gattin des Zethos (Hom. r 523) und, wol im anschlufs hieran, 
bei Themisto, dann bei Agaue, wo wahnsinn hinzutritt, und bei Athamas, 

164) Dafs Alkathoos seinen sohn Kallinol:s erschlägt, weil er ihm beim opfer 
den tod seines älteren bruders Ἰσχόπολες meldet (Pausan. I 42, 6), hat mit der tat 
des Herakles keine äühnlichkeit, geschweige dafs es eine dublette des kindermordes 
wäre. Alkathoos handelt so in ausübung seiner väterlichen gewalt, weil er die hand- 
lung des sohnes für οὐχ ὅσεον hält, er handelt formell gerecht, macht sich freilich 
selbst durch seine strenge kinderlos. das ist eine novelle, angesetzt an ein monument, 
dessen wirkliche bedeutung man nicht mehr verstand. offenbar ist in der periegese 
des Pausanlas neben dem, was auf die chronik des Dieuchidas zurückgeht, ein element, 
das die reste der stadt, die nach den katastrophen von 306 und um 264 übrig waren, 
ohne wirkliche kenntnis zu deuten sucht. so ist das asolunso» offenbar das alte 
sitzungshaus der alosuwäras, aber jetst fabelt man, es wäre ein grab eines Alosunwos, 
und Ἰφενόη, der die mädchen ihr har vor der hochzeit weihen, ist offenbar ehedem 
eine nebenform der /gsyden gewesen, keine königstochter, u. 6. w. 


Der kindermord. 87 


wo auch Hera den wahnsinn sendet. von diesem wird noch erzählt, dals er 
einen seiner söhne in einen siedenden kessel wirft, was dem Herakles, 
der die kinder ins feuer wirft, nahe kommt. aber die ausgestaltung 
wird doch den dichtern gehören; für die beurteilung des inhaltes der 
geschichte kommt alles darauf an, welchem zwecke sie dient. in dem 
innern leben des Herakles macht sie keine epoche, wol aber in dem 
äufsern. Hera macht ihn heimatlos und einsam; das gelingt ihr, aber 
sie hemmt seine heldenlaufbahn nicht. er löst sich von Theben, tritt 
geine gattin dem Iolaos ab und zieht, wenigstens nach der mythographi- 
schen vulgata, in die diensibarkeit des Eurystheus. die geschichte: ist 
also ein hilfamotiv ohne innerliche bedeutung, vergleichbar den vielen 
totschlägen, freiwilligen und unfreiwilligen, mit denen die sagen ihre 
helden von einem schauplatz auf den andern zu bringen pflegen. von 
einer moralischen verantwortung konnte nicht die rede sein: Hera hatte 
ja den wahnsinn gesandt, und wie das verhältnis zu Megara gefalst 
ward, lehrt ihre abtretung genugsam. hilfsmotive gelten nun allerdings 
nur für eine zusammenhängende erzählung, diese geschichte aber be- 
gegnet zuerst als einzelnes exempel in den Kyprien. daraus folgt aber 
nur, dafs ein homerischer epiker die fruchtbarkeit der geschichte als 
solcher begriffen und sie demgemäls ausgeführt hat; die erfindung an sich 
rückt dadurch nur zeitlich höher hinauf, und trotz Pindaros werden wir 
nach Theben selbst gewiesen. denn in der geburtsstadt des heros war 
es eine unvermeidliche schwere frage: wie kommt es, dals euer Herakles 
ein Argeier geworden ist und bei euch so wenig geleistet hat? und die 
einführung der Megara als gattin des Herakles und des Iolaos trat dazu, 
der mangel eines herakleischen geschlechtes auch. wir haben es heute 
leicht die frage damit zu beantworten, dals die argolische dichtung die 
parallelen boeotischen sagen verdrängt hat, dals Herakles selbst einen 
fremden namen trägt, und dals der echte thebanische Alkaios nur einiges 
dem argolischen doppelgänger, anderes dem Amphitryon und Iolaos ab- 
geben mulste, diesem sogar die Megara. aber die Thebaner im siebenten 
jahrhundert mufsten sich und den andern begründen, weshalb ihr 
Herakles ausgewandert war. dafür mochte es viele möglichkeiten geben, 
uns genügt es, die eine zu durchschauen, für die sie sich entschieden 
haben. wenn wirklich damals schon ein grab von Herakleiden oder 
Alkeiden gezeigt ward, so war das zunächst das familiengrab des ge- 
schlechtes, denn einmal muls der nationale held doch eine descendenz 
gehabt haben, und man verlangt solche gräber neben denen des Amphi- 
tryon und Iolaos. aber die vaterhand hatte diese kinder damals noch 


88 Der Herakles der sage. 


nicht umgebracht, und in so fern hatten die Thebaner und Pindaros ganz 
recht, gegen die epische geschichte front zu machen. es ändert aber wenig, 
wenn wir das grab und erst recht seine pindarische deutung für secun- 
där halten wollen. die hauptsache bleibt, dafs Pindar das richtige gefühl 
gehabt hat, dieser kindermord könne seinem Herakles nicht zugetraut 
werden. der protest war vergeblich; die einfachen gestalten der religiösen 
sage müssen sich nun einmal der gewalt und der willkür der poeten 
fügen; bald sollte Herakles unter die hände des Euripides und dann 
noch in viel entwürdigendere kommen. aber es ist erfreulich, dafs unsere 
analyse den anschluls an Pindaros erreicht hat und den kindermord als 
eine erfindung aussondern kann, die den echten Herakles gar nichts an- 
geht, sondern ein erzeugnis der combinirenden reflexion ist, den helden 
weder zu erhöhen noch zu verkleinern bestimmt, sondern lediglich zwei 
sagenkreise zu verbinden, in deren jedem der echte Herakles steckt. 
eine solche erfindung pflegt ziemlich unfruchtbar zu sein, und das 
schweigen der bildlichen, eigentlich aber auch der litterarischen tradition 
in der voreuripideischen zeit, beweist, dafs der kindermord nicht wirklich 
populär war. nur die homerische poesie hatte mit richtigem gefühle 
hier eine stelle entdeckt, wo sie den dorischen helden menschlich fallen 
und leiden lassen konnte, sie legte den grund, auf dem der chalkidische 
und der karische dichter weiterbauten; der thebanische protestirte. dann 
kam der Athener, und vor ihm mulste der protest verstummen; er durfte 
es auch, denn hier war Herakles zwar ein anderer geworden, aber dieser 
mensch hatte kaum geringeren adel als der halbgott des Pindaros. 
„Di Pindar war der letzte prophet des Dorertums und seiner ideale; er 
zellen sei war auch der letzte, der den glauben an den echten Herakles unge- 
schen zeit. brochen bewahrte und verkündigte, mitten in einer welt, die weder für 
ihn noch seinen Herakles mehr raum hatte. unschätzbar für uns, dafs 
wir diesen propheten noch hören können. wie nebel vor der siegreichen 
sonne sinken irdische fabeln vor der erhabenheit des göttlichen bildes, 
das er entwirft, eben da, wo er den kindermord still ablehnt. 


er hat zum Olympos empor sich geschwungen, 

nachdem er die ränder des erdenrundes 

und die see durchmessen, so weit sie brandet und blauet, 
den schiffern die pfade befriedend. 

nun lebt er beim vater, dem schwinger der blitze, 

in seligkeit. 

willkommen der götter empfieng den genossen 

und Hebe den gatten: 

so wohnt er im himmel im güldenen schlosse 

als Heras eidam. 


Die Heraklesreligion seit der archaischen zeit. 89 


Das erste nemeische gedicht hat Pindar eigentlich dem Herakles 
mehr als dem Chromios gewidmet, für den es bestimmt war. denn die 
aufgabe, das lob des siegers und seiner heimat, macht er würdig aber 
kurz ab und bahnt sich gewaltsam, wie er pflegt, den übergang “wir 
menschen leben allzumal in mühsal und furcht und hoffnung: ich aber 
halte mich gern an Herakles und will von ihm bei gelegenheit dieser 
trefflichen tat eines trefflichen mannes eine alte geschichte erzählen”. 
und nun folgt, offenbar im anschluß an ein altes gedicht, die schlangen- 
würgung des kindes, und wie Teiresias den eltern alles vorherver- 
kündet hat, 

alle die tiere des landes und meeres, 

scheusale, reilsende, recht- und friedlose, 

die ihm zu bändigen, alle die menschen, 

wildeigennützige, frevelnden fulses 

aufser den bahnen des rechts hinwandelnde, 

die ihm mordend zum rechte zu führen 

vom geschick beschieden war. 

ja, wenn die götter zum krieg der giganten 

schreiten, dann werden des Herakles pfeile 

niederstrecken die himmelstürmenden riesen; 

und die blonden häupter der Erdensöhne 

schleifen im staube der mutter. 

er aber wird den köstlichen lohn für die mühen 

finden, im seligen hause den ewigen frieden: 

Hera führt ihm die Jugend als braut entgegen, 

an dem tische des Zeus begeht er die hochzeit: 

und in ewigkeit preist er des hehren 

weltenvaters regiment. 

eine rhythmische paraphrase schien nicht unpassend; bedürfen doch die 
meisten einer vermittelung, um im Pindar nicht nur die poesie, sondern 
auch nur die gedanken zu finden. und es hilft hier eben so wenig auf 
die alten wie auf die neuen erklärer zu verweisen. sie stehn ratlos vor 
der willkür des dichters, der ganz ohne ‘inneren bezug’ von Herakles 
redet. nun, vielleicht leuchtet unbefangenen gemütern ein, dals es grofs- 
artig ist, wie der stolze Aegide sein lied emporhebt von der kleinlichen 
aufgabe, das rennpferd ein sicilischen marschalls zu besingen, zu dem 
preise des heros, in dem sich das mannesideal seines standes verkörpert, 
an dem sich die xoıwal ἐλπίδες πολυπόνων ἀνδρῶν aufrichten. dafs 
er aus dem himmel herabstiege und sein fabula docet zufüge, kann nur 
ein pedant von ihm verlangen. mit dem glanze des ewigen ruhmes, wie 
ihn Herakles zum lohne genofs, und wie ihn des dichters wort nicht nur 
verhiefs, sondern selbst zu verleihen eich berühmte, suchte Pindaros 


90 Der Herakles der sage. 


seine standesgenossen auf den pfad der mannesehre zu leiten, von dem 
er selbst nimmer gewichen ist. eigne tiefe gedanken gibt er oft; 
hier aber malt er die selbe seligkeit, die viele menschenalter früher 
sein landsmann Hesiodos gepriesen hatte, und zwar in den letzten versen, 
die wenigstens in unserer fassung der Theogonie ihm angehören'®). 
“Herakles hat nach vollendung der arbeiten auf dem wolkigen Olympos 
die Hebe gefreit, der selige, der nach der lösung einer gewaltigen auf- 
gabe in ewigkeit ohne schmerzen und alter unter den unsterblichen lebt” '*). 


165) Die vorzügliche arbeit von A. Meyer (de comp. Theogon. Berlin 87) hat 

in erfreulichster weise in diesem chaos ein licht werden lassen. aber freilich ist im 
einzelnen noch viel zu tun. so ist die schilderung der unterwelt, oder besser der 
welt aufser himmel und erde, deshalb nicht unhesiodisch, weil sie entbehrlich ist, und 
wenn auch an 735 881 gut anknüpfen könnte, so ist doch nichts triftiges dagegen 
einzuwenden, dals der dichter neben den Hundertarmen, welche die übrigen Titanen im 
gefängnisse bewachen, den Atlas erwähnt, dessen strafe eine besondere ist, und die 
Nacht, für ihn eine so wichtige urgewalt, nun in der sphäre zeigt, wo sie in der 
jetzigen weltordnung wohnt. dafs hier aber ein altes echtes stück vorhanden ist 
(nachgebildet von Empedokles 36982 St.), folgt daraus, dafs zwei parallele er- 
weiterungen daneben stehen, 736—45 und 807—19, nach deren beseitigung die 
einzelanstöfse zu schwinden scheinen. von dem Typhoeuskampfe 820—80 sollte 
niemand mehr reden. es spricht sich und seiner kritik jeder selbst das urteil, der 
bezweifelt, dafs er formell ein junges machwerk ist und inhaltlich erst nach der 
gründung von Katane verfalst sein kann, und sogar viel später, als der Aetna im 
mutterlande bekannt geworden war, denn es gibt ja kein sicilisches epos. dals die 
descendenz des Zeus hesiodisch ist, hat A. Meyer selbst erkannt, und auch mit recht 
die Melis als einen jetzt nicht mehr rein zu beseitigenden zusatz bezeichnet. nur 
den grund hat er nicht angeführt, der doch hier, wie für die obigen zusätze gilt: 
auch die Metis ist in doppelter gestalt erhalten, einmal in unsern handschriften, zum 
andern bei Chrysippos (Galen de Hipp. et Plat. III 351). es ist nicht hübsch, dafs 
unsere Hesiodausgabeu ein solches stück ganz ignoriren. hat man aber in der des- 
cendenz des Zeus den stoff dieser hesiodischen partie erkannt, so ist damit gesagt, 
dafs 93037, 945. 6 und alles was auf 955 folgt fremdartig ist, und zu dem kitte 
gehört, welcher die Theogonie mit den Katalogen verband, aus denen ja 987 schon 
eitirt wird (Herm. 18, 416). an die letzte göttin, mit welcher Zeus göttliche kinder 
gezeugt hat, schlielsen sich die sterblichen oder doch des götternamens unwürdigen, 
welche ihm auch götter geboren haben, Maia den Hermes, Semele den Dionysos, 
dessen gattin auch gott geworden ist, und Herakles: der war bekanntlich der letzte 
Zeussohn, und seine göttlichkeit ist in seiner ehe ausgesprochen. hier endet, was 
wir von Hesiods Theogonie haben; was folgte und wie viel, weils niemand. 

166) Theog. 950. An» δ᾽ "Ἀλκμήνης καλλισφύρου ἄλκεμιος vide, Is ἩΙρακλεέος, 
τελέσας στονόεντας ἀέϑλους παῖδα Jıds μεγάλοιο καὶ Ἥρης χρυσοποδέλου αἰδοίην 
Hr’ ἄκοιτιν ἐν Οὐλύμπῳ νιφόεντι, ὄλβιος, ὃς μέγα ἔργον ἐν ἀϑανάτοισιν ἀνύσσας 
γναέεε ἀπήμαντος καὶ ἀγήραος ἤματα πάντα. im vorletzten verse ist keineswegs 
ἐν ἀϑανάτοισε mit dem nächststehenden ἀνύσσασ zu verbinden, wie man getan hat, 


Die Heraklesreligion seit der archaischen zeit. Herakles der dulder. 91 


aber die zeit- und standesgenossen Pindars waren nicht mehr dieselben 
wie die des Hesiodos. die dorische cultur war überlebt, und die Herakles- 
sage genügte um 500 nicht mehr dem herzen, weil das herz nicht mehr 
empfand wie um 700. 

Dazu trug ganz äufserlich schon die ausgestaltung der sagen selbst 
bei. indem immer neue taten und gefahren hinzutraten, ward die schale 
der irdischen mühen immer voller, mochte auch der held in jedem neuen 
kampfe siegreich sein. die ewige seligkeit ist ein ewiges einerlei, von 
ihr lässt sich unter keinen voraussetzungen viel erzählen. so hält sie 
in vieler augen den leiden und arbeiten nicht die wage. und der lohn 
hatte seine realität nur im hoffenden glauben: die mühen und leiden 
des irdischen lebens erschienen als tatsächliche gewilsheit. so ward das 
geschick des helden mehr beklagt als beneidet. wenn ihn in einer Eoee 
seine mutter mehrfach srovnodrarov xal ἄριστον genannt hatte (Hesiod. 
fgm. 159. 160), so stellte ihn der parische künstler der olympischen 
metopen gerade nach dem ersten glücklich bestandenen kampfe mit der 
gebärde tiefer trauriger ermattung dar, rührend genug"), und allerdings 
nicht ohne diesem irdischen gefühle den himmlischen trost in der helferin 
Athena zur seite zu stellen, wie denn dies schwesterlichste verhältnis 
der liebsten tochter des himmlischen vaters zu seinem liebsten sohne 
von der archaischen kunst auf das zarteste ausgebildet ist'*). der dichter 
des Schildes schlägt schon fast euripideische töne an, wenn er Herakles 


um die gigantomachie zu verstehn. diese ist nicht die haupttat, wenn sie Hesiodos, 
der dichter der titanomachie, überhaupt gekannt und anerkannt haben sollte. bei 
Pindar Nem. 1 ist sie nur ein exempel für die bewältigung der ἄνδρες σὺν πλαγέῳ 
κόρῳ orelyorres. es sollte doch klar sein, dals μόγα ἔργον sein lebenswerk ist, 
ganz im allgemeinen, und ebenso, dafs die vorher genannten orovdswres ἄεϑλοιε einen 
festen kreis von aufgaben bezeichnen, den er ‘zu ende geführt hat’, ganz wie der 
fortsetzer, der diese worte 994 übernimmt, die bestimmten aufgaben meint, die Pelias 
dem lIason stellte. die wortstellung in v. 954 ist erträglich, da ναέξε ohne den zu- 
satz ὁ» ἀϑανάτοισε gar nicht denkbar wäre. die einfache alte poesie scheut sich 
vor dergleichen nicht, z.b. Theognis 997 τῆμος δ᾽ ἠέλιος μὲν ὃν αἰϑέρε μώνυχας 
Innovs ἄρτε παραγγέλλεε μέσσατον ἦμαρ ἔχων. 1317 od δὲ μήτια ἁπάντων ἀν- 
ϑρώπω» ἐσορῶν παιδοφιλεῖν ἐϑέλοι. 

167) Furtwängler (Festschrift für Brunn 79) ist dem künstler nicht gerecht 
geworden, gerade da, wo er das schöne ergebnis erzielt, die herkunft der sculpturen 
zu ermitteln. überhaupt ist, so viel ich sche, der schatz von poesie, der in den 
metopen steckt, noch längst nicht gehoben. 

168) Es sind ganz überwiegend Ionier, die sich in der ausführung dieses der 
litteratur fremden verhältnisses gefallen; das epos hatte Athena neben Diomedes 
und Odysseus ähnlich eingeführt, und ihre intervention bei dem kindermorde ist 
auch epische erfindung. die bildende kunst lehrt auch, dafs Athena ihren schütz- 


Heraklos 
der dulder. 





92 Der Herakles der sage. 


darüber grübeln lässt, dafs sein vater Amphitryon sich schwer an den 
göttern vergangen haben mülste, da Iphikles sich in schande gestürzt hätte, 
αὐτὰρ ἐμοὶ δαίμων χαλεποὺς ἐπέτελλεν ἀέϑλους (94), und wahrhaft 
erschütternd wirkt (was diesem dichter vorlag), was der orphische er- 
weiterer der Nekyia ihm als anrede an Odysseus in den mund legt. “du 
ärmster, hast du denn auch ein elendes geschick zu schleppen, wie ich 
es auf erden ertrug? der sohn des Zeus war ich, aber unermelsliches 
unheil war mein teil (A 613)”. so spricht freilich nur sein schatten, 
und der dichter verfehlt nicht hervorzuheben, dafs der heros selbst im 
himmel als Hebes gatte το). aber es ist um die frohe zuversicht 
des glaubens geschehen, wenn auch nur der schatten des Herakles sein 
leben also beurteilt. aus dieser trüben auffassung ist der gedrückte und 
ermüdete held hervorgegangen, den uns spätere kunstwerke und doch 
nicht nur späte, darstellen: ein schönes bild, gewiß; aber dals das 
menschenleben eitel mühe und arbeit ist, ist darin auf die bedeutung 
herabgesunken, welche der verfasser des 90. psalmes mit diesem spruche 
verband, während der echte Herakles so dachte, wie wir den spruch 
umdeuten. so ist Herakles allmählich dazu gekommen den jammer 
des menschenlooses darzustellen, und für diese betrachtungsweise waren 
die geschichten besonders erwünscht, die ihn schwach und sündig 
zeigten, der kindermord, der frevel an Iphitos, die vergiftung und selbst- 
verbrennung. und indem man sich von diesem standpunkte aus ein voll- 
bild des charakters von dem heros zu entwerfen versuchte, ist die merk- 
würdige ansicht von dem Hoaxijg μελαγχολικός entstanden, die kein 
geringerer als Aristoteles in geistvoller weise durchführt, indem er Herakles 
mit in die reihe der gröfsten staatsmänner, denker und künstler stellt, 
die alle μελαγχολικοί gewesen waren'”). das ist in dem verbreiteten 
ling auf dem Olympos einführte, wovon Pindar nichts sagt. allein die olympischen 
metopen sind doch den Peloponnesiern verständlich gewesen, Athena ist selbst in 
Sparta und Korinth eine grofse göttin, und gerade ein volk, das das weib sonst nur 
grob sinnlich zu nehmen weils, wird eine göttliche jungfrau zu würdigen befähigt 
sein. Athena ist neben Herakles für sie die himmlische ἀρετά. 

169) Vgl. Homer. Unters. 203. 

170) Problem. 30, 1. dafs die lehre aristotelisch ist, kann nicht bezweifelt 
werden, namentlich die charakteristik von Platon, Sokrates, Lysandros ist bezeichnend. 
auch wird der inhalt als aristotelisch von den grammatikern (Erotian "Hpaxieia v»6oos), 
Cicero (Tusc. 1 80) nnd Plutarch (Lysand. 2) angeführt. die Ἡρακλήη νόσος der spät- 
hippokratischen schrift über die weiblichen krankheiten I 17 (II 623 Kühn) meint 
die epilepsie, es ist also ein parallelname zu Zepor} νοῦσος und bedeutet nur die 


"ungeheuerliche’, wie Ἡρακλεέα λέϑος den wunderbaren magnetstein; so haben die 
grammatiker richtig erklärt (Erotian, Galen zu Epidem. VI 7, XVII® 341 K. schol. 


Herakles der dulder. Herakles der genufsmensch. 93 


worte von der melancholie der genialen naturen zur sinnlosigkeit ver- 
dreht, weil μελαγχολᾶν und melancholie kaum etwas mit einander zu 
tun haben; selbst Dürers Melancholie kann man zur erklärung der aristo- 
telischen gedanken nicht herbeiziehn'”'), besser geschieht das durch die 
vergleichung, die Aristoteles selbst gibt, dafs die schwarze galle auf 
die gemütsart etwa so wirkt wie ein köstlicher starker wein. wir dürfen 
etwa sagen, dals in der seele dieser höchstbegnadigten unter den sterb- 
lichen ein vulkanisches feuer brennt; so lange es nur in der tiefe treibt 
und wärmt, bringen sie hervor, was reicher und köstlicher ist, als sonst 
ein mensch vermag, aber wehe, wenn es durchbricht: dann verzehrt es 
alles und vernichtet sie selbst zuerst. schweres blut, schwerer mut: “der 
blick der schwermut ist ein fürchterlicher vorzug”. sie sind mehr als 
die ehrenfesten biedermänner, die eingepfercht zwischen die schranken der 
σωφροσύνη den sichern weg ziehen, den die meilenzeiger des γόμος 
weisen. aber sie sind was sie sind und leisten was sie leisten nur im 
gewaltsamen bruche dieser schranken; das büfsen sie, am schwersten 
im eignen innern. sie sind eben doch auch keine götter, denen allein 
das leben leicht ist. Aristoteles hatte ja einen solchen heros gesehen, 
und er nennt Platon auch in dieser reihe: seit wir die enttäuschung erlebt 
haben, die uns sein bild bereitet hat, verstehn wir, dafs er μελαγχολᾷ. 
wenn Herakles in die reihe der heroen des geistes und der sittlichen kraft 
eingeführt ist, so ist das in ‚unserm sinne keine degradation, die gewalt 
der alten sagengestalt macht sich auch darin noch fühlbar. aber das ideal 
des höchsten menschentumes war doch ein anderes geworden; die Hellenen 
hatten gelernt, wo die grenzen der menschheit stehen, und dafs der ruhm, 
ein woltäter der menschheit'”*) zu werden, nur mit dem eignen herzblut 
erkauft werden kann. 

Aus derselben wurzel, welche den μελαγχολικὸς Ἡρακλῆς getrieben 
hat, ist schlielslich das gerade gegenteil auch erwachsen, der Herakles, der 


Oribas. III 683, Herakles selbst ist nicht epileptisch wie Caesar und Muhammed 
gewesen, wol aber Alexander μελαγχολῶν wie Herakles,. 

171) Aber Dürers Ritter zwischen Tod und Teufel möchte man am liebsten 
Herakles benennen. 

172) Als δὐεργότης βροτῶν hat Aristoteles wie Euripides den Herakles gefalst, 
in dem er natürlich eine geschichtliche person sah. als solchem sollen ihm die 
säulen des westens geweiht sein, Aelian. V. H. V 3 (Rose fgm. 678 zieht zu wenig 
aus und verdirbt den sinn). die heroen als verehrer der ἀρετή feiert Aristoteles in 
seinem threnos auf Hermeias, und zwar stellt er Herakles und die Dioskuren zuerst, 
den dieEluaxos und die σωτῇρες, natürlich, weil sie den himmel sich erworben haben, 
schon ganz wie Horas. 


Herakles 
der gen 


uls- 
mensch. 


94 Der Herakles der sage. 


als vertreter der φψεληδονέα eingeführt werden konnte'”), die breite 
masse mochte es nicht wort haben, dafs Herakles es auf erden so schlecht 
gehabt hatte; aber die himmlische belohnung am tische der götter war 
ihnen auch zu unsicher. für die masse ist die εὐδαεμονέα ein irdisches gut, 
ist sie irdischer genufs. den konnte sie ihm auch bereiten. Athena und 
Hermes hatten ihn ja geliebt; Aphrodite und Dionysos waren ihm auch 
nicht feindlich. schenkten ihm jene die köstlichsten waffen und hielten 
sie ihm treue kameradschaft in allen fährlichkeiten, so vergalsen sie seiner 
auch nicht, wenn er müde war und ruhe und trost bedurfte. so kühlte 
ihm Athena die heise stirn, und liefs ihm die warmen quellen allerorten 
entspringen, den schweils abzuspülen. Dionysos reichte ihm den vollen 
becher und alle seine muntern gefährten stellten sich ein. gefällige 
nymphen und schöne königstöchter fehlten nirgend; selbst die frevler, 
die Herakles erschlagen mulste, pflegten hübsche töchter zu haben. er 
aber kommt ungeladen zu feste, er weilt nicht lange und zahlt nicht 
gold: im sturm erringt er den minnesold. so ward er zuerst ein ideal- 
bild des dorischen ritters, “sein halbes leben stürmt’ er fort, verdehnt’ 
die hälft’ in ruh’. und im verlaufe der zeiten ward er ein geselle des 
dionysischen thiasos, ein schutzherr der epheben und der athleten, der 
fahrenden leute und der lanzknechte: das ideal, das diese leute haben, 
die ungemessene körperliche leistungsfähigkeit des “starken mannes’, 
der doch geistig zugleich in ihre sphäre gehört, ist im wesentlichen, wenn 
auch einige züge aus dem andern bilde sich einmischen und die ein- 
geborne erhabenheit nie ganz verloren geht, der Herakles, den die helle- 
nistische und zumal die römische zeit als lebendige potenz des volks- 
glaubens ererbte und besafs. es genügt dafür die tatsache, dals kaiser 
Commodus der νέος Ἡρακλῆς sein wollte‘). diese gestalt ist, wie natür- 


173) Z. Ὁ. Megakleides bei Athen. XII 513. in der schilderung des τυρραννεκὸς 
ἀνήρ bei Platon (Staat 573°) findet sich neben der knechtschaft aller ἐπεϑυμέαε und 
dem gröfsenwahnsinn (od μόνο» ἀνθρώπων ἀλλὰ καὶ ϑεῶν ἐπιχειρεῖ τε καὶ ἐλπέξεε 
δυνατὸς εἶναι ἄρχειν), was also auf diesen Herakles zutrifft, auch der zug, dafs er 
μελαγχολεκὸς ist. 

174) Schon im vierten jahrhundert läuft ein gewisser Nikostratos von Argos 
als ein zweiter Herakles mit löwenhaut und keule herum, zieht sogar so zu felde, 
und der Perserkönig bittet sich diesen bundesgenossen namentlich aus, Diodor XVI 44, 
es ist dieselbe zeit, in der sich der tolle arzt Menekrates Ζεύς nennt, als gegen- 
stück denke man an die naturburschen Ἡρακλῆς, den Boeoter Sostratos, von dem 
Plutarch erzählt, und den andern, den Herodes Attikos entdeckte (die zeitrechnung, 
aber nicht sie allein, verbietet die identification); damals ist νέος Μρακλῆς ehren- 
titel für athleten, und in dem sinne erstrebte ihn Commodus. 


Herakles der genufsmensch. H. in der bildenden kunst. 95 


lich, der modernen welt zunächst überliefert worden: so pflegt sich der 
gebildete von heute den Hercules vorzustellen; er ahnt ja nicht, dafs 
die sage mehr ist als ein gefälliges und lascives spiel. oder aber er 
entsetzt sich über die heiden und die verworfenheit ihrer heiligen. das 
schwatzt er dann unbewulst den christlichen apologeten nach, die mit 
recht den Herakles bekämpften, der zu ihrer zeit in der phantasie der 
völker lebte. aber so jemand in diesem verzerrten bilde die hellenische 
religion selbst zu treffen meint, so versündigt er sich an dem heiligen. 

Da haben wir schon einen blick in die späte zeit getan, wo die religion 
der väter ein innerlich vermorschter baum geworden war wie die ganze 
hellenische cultur. trotzdem hielten sich auch damals noch tausende 
von gläubigen und ungläubigen menschen zu dem gotte und heros an 
den stätten und in den formen, die ihnen heilig waren oder die sie doch 
respectirten, weil sie ein vermächtnis der väter waren. der gott war eben 
gott: das genügte den frommen und blieb gänzlich unberührt von dem, 
was die dichter fabelten und die theologen klügelten: der heros war der 
rechte mensch, streiter für seine Hellenen und ihre civilisation, auch 
den barbaren in ost und west nicht mehr fremd, allsieger mit der faust 
und mit der keule, empfänglich für alle genüsse dieser welt, ein wenig 
übers mals in allem, und eben darum ein liebenswürdiger held und ein 
guter geselle. von allem was die dichter und die weisen in ihn hinein- 
gelegt hatten, war einiges haften geblieben, aber nur so viel als das 
altvertraute bild vertrug ohne unkenntlich zu werden. seit dem ende 
der archaischen zeit hat Herakles nur noch eine geringe entwickelung, 
wenn man ihn nimmt, wie er im volksglauben und der vorstellung der 
breiten masse, selbst der 8, g. gebildeten erschien. 


Die bildende kunst lehrt das am besten. es ist eigentlich alles Ἡ, in 


entscheidende für ihn getan, als die specifisch attische kunst der Poly- 
gnotos und Pheidias anbricht. Der typus des heros und seiner meisten 
taten ist geprägt; es kostet keine mühe von den kämpfen auf den 
römischen sarkophagen unmittelbar auf die schwarzfigurigen vasen zu- 
rückzugehn. der kreis der darstellungen wird stofflich nur unwesentlich 
erweitert. ohne zweifel haben die grossen freischaffenden maler und 
bildhauer des fünften und vierten jahrhunderts ganz ebenso wie die 
dichter und denker dieser zeit sich an der aufgabe versucht, einen 
Herakles zu bilden, der ihrem ideale und dem ihrer zeit entsprach, und 
es hat den höchsten reiz, die bildungen zu vergleichen, die von den 
archaeologischen forschern aus der chaotischen masse der späten copien 
vorgezogen und zum teil mit unmittelbar einleuchtendem erfolge auf den 


. in der 
bildenden 
kunst. 





H. im 
fünften 
jahrhundert. 


96 Der Herakles der sage. 


oder jenen erlauchten urheber der blütezeit zurückgeführt werden. be- 
deutend sind viele'”), und der bruder des olympischen Hermes'”), nur etwas 
mächtigerer und minder durchgeistigter bildung, wie er nach Praxiteles er- 
scheint, der stolze und begeisterte sieger im pappelkranze, strotzend von 
kraft und mut und lust des schönsten lebens, wie er auf Skopas zurück 
geht!”), sind wahrlich bezaubernd; in ähnlicher jugendschöne mag er 
dem Parrhasios erschienen sein'”), aber menschen sind sie doch nur: 
τοιούτῳ ϑεῴ τίς ἂν προσεύξαιτο, muls man ihnen, wie freilich ziem- 
lich allen göttern des vierten jahrhunderts, zurufen, und selbst der 
seelenvollste Herakles, der des Skopas, ist nicht mehr gott als sein 
bruder Meleagros, der diesen anspruch gar nicht erhebt. 

Es war eben vorbei mit der göttlichkeit des Herakles, als die träger 
seiner religion ihren geschichtlich schaffenden beruf erfüllt hatten und 
einer neuen höheren cultur wichen, die von menschentugend und gottes- 
reinheit andere begriffe und ideale hegte und suchte. deshalb haben 
alle noch so geistreichen experimente den einzig echten archaischen do- 
rischen Herakles nicht zu verdrängen vermocht. 

Das ist den Hellenen selbst, wie natürlich, gerade in der entschei- 
denden zeit bewulst gewesen. wer auf der seite des vereinkenden alten 
ideales stand, der bekannte nur um so inbrünstiger den alten glauben: 
so hat es Pindaros getan. auch ihm sind die bedenken nicht fremd 
geblieben, die ein vorgeschrittenes moralisches gefühl an alten naiven 
geschichten nehmen mufs, und er ist dem fluche der apologeten nicht 


175) Ich denke namentlich an den Herakles Altemps (Kalkmann Berl. Winckel- 
mannsprogramm LIII Taf. I), würdig ein cultbild der grofsen zeit zu sein. der 
Herakles, den Furtwängler auf Myron zurückführt (Meisterwerke 355), bleibt im 
alten typus; der polykletische (Furtwängler 430) zeigt den meister von Argos als 
denselben banausen, der er überall ist, körper zu bilden beflissen und befähigt, aber 
obne eine ahnung davon, dafs ein körper noch keinen menschen macht, geschweige 
einen gott. Argos ist seit der niederwerfung durch Kleomenes in jeder hinsicht 
eine häfsliche ruine. 

176) Gemme des Gnaios, Jahrbuch III Taf. 10, 6, von Furtwängler als praxi- 
telisch erkannt. 

177) Graef, Röm. Mitteil. IV 189. 

178) Wenn dieser sich in dem epigramme, das er als künstlerinschrift beifügte, 
darauf beruft, dafs er den gott so bilde, wie er ihm im traume erschienen sei, so 
rechtfertigt er damit offenbar eine bildung, die den Lindiern, seinen auftraggebern, 
fremdartig war. sein Theseus sah aus, als wäre er mit rosen genährt, während der 
des Euphranor beefsteak gegessen hatte: so kann man den gegensatz zwischen dem 
archaischen Herakles und dem der beiden bildhauer des 4. jahrh. auch bezeichnen. 


H. im fünften jahrhundert. 97 


entgangen, ein loch nur durch einen schlimmeren rifs zu stopfen'”). in 
Jonien stand man dem ganzen dorischen wesen so fern, dafs man die 
Heraklessage einfach als einen prächtigen erzählungsstoff hinnahm und 
sich an ihr belustigte. epische versuche, eine Heraklee zu dichten, 
mögen noch mehr gemacht sein ala von Panyassis. neben die verlebte 
poetische form stellte sich die prosaische erzählung, keinesweges gelehrt 
oder auf die hochgebildeten kreise berechnet, sondern den stoffhunger 
des breiten märchenlustigen publicums befriedigend. ds hat namentlich 
die umfängliche mythographie des Pherekydes massen von Heraklesge- 
schichten mit schmuckloser kürze aufgezeichnet, auch er einer von vielen 
concurtenten. ausschlaggebend war, wie auf allen gebieten, was in 
Athen geschah, Heraklescult war hier mehr als irgendwo sonst; aber 


179) Ihm ist offenbar der zweifel aufgestiegen, wo denn Her. ein recht auf die 
rinder des Geryones hergebabt haben könnte. so hat er denn einmal ausgesprochen, 
dafs er Geryones für eben so löblich als Herakles hielte; er wolle nur von dem 
nicht reden, was Zeus nicht wolgefällig wäre (es ist das berufene fgm. 81, welches 
noch immer mit einem von Boeekh in daktyloepitriten umgeschriebenen satze be- 
haftet ist, den Aristides selbst als erläuterung bezeichnet, und den für poesie zu 
halten G. Hermann mit recht als einen mangel an poetischem gefühl gebrandmarkt 
hat). Pindar ist dann aber weiter gegangen und hat aus dem Geryonesexempel den 
berühmten satz gezogen νόμος ὅ πάντων βασιλεύς, ϑνητῶν τε καὶ ἀϑανάτων, ἄγει 
δικαεῶν τὸ βιαιότατον ὑπερτάτᾳ χεερέ (169). er hat nur sagen wollen, dafs ὅ τε νομέ- 
Leras δίκαιόν ἐστιν, dafs Herakles und die götter die ihm halfen den raub der rinder 
für vdusuor bielten, und er nicht anders urteilen dürfte: aber damit asgte er im 
grunde dasselbe, was Euripides Hek. 799 zu der lästerlichen consequenz treibt, dafs die 
götter auch nur νόμῳ verehrt werden, und was der brave Xenophon, Mem. IV 4,19, aus 
frömmigkeit verdirbt. offenbar hatte Pindar, was ihm manchmal (auch mit den pytha- 
goreischen lehren Ol. 2) begegnet, eine neue lehre übernommen, ohne sich ihre für 
seine weltanschauung vernichtenden ceonsequenzen klar zu machen. leider kann man 
weder sagen, wann er die Geryonesgedichte gemacht hat, noch für wen. das erste, 
bescheidnere, war ein dithyrambus. Peisandros von Bhodos soll Herakles duxasd- 
τατος φονεύς genannt haben: das klingt stark an Pindar an, beruht aber auf dem 
bedenklichen zeugen Olympiodor zu Alkibiades I: also ist vorsicht geboten. es klingt 
auch an das rätsel der Kleobulina an, das in den dorischen διαλέξεις erhalten ist 
ἄνδρ᾽ εἶδον κλέπτοντα καὶ ἐξαπατῶντα βιαίως, καὶ τὸ Bla δρᾶσαι τοῦτο δικαιό- 
τατον. — der suklang war trügerisch; die lösung steht in den heraklitisirenden 
stücken der hippokratischen schrift περὲ διαέτης, cap. 24 Littr. παιδοτρέβαε τοῖον 
διδάσκουσι, παρανομεῖν δικαίως, ἐξαπατᾶν κλέπτειν ἁρπάζειν βιάξεσθαι. natürlich 
ist der ringer der δικαιότατος, der οὐ κόπτει ἀλλὰ βιάζεται. der pentameter ist mit 
absicht zweideutig. die διαέξεις sind ein erzeugnis ähnlicher art wie die vorlage des 
Hippokrates. die verschen sind sympotische spässe der frühesten sophistenzeit; im 
Symposion der Sieben von Plutarch stehen Kleobulinas beide andere rätsel; eins 
kehrt anonym bei peripatetikern wieder. sie selbst ist eine novellenfigur. 

v. Wilamowitz L 7 





98 Der Herakles der sage. 


er blieb dörflich, in den niederen schichten des volkes; die spiele von 
Marathon würden wir sogar mit athenischen zeugnissen kaum belegen 
können. der älteste öffentliche ringplatz Athens, das Kynosarges des 
Herakles, kam herunter gegenüber den neugründungen Lykeion und 
Akademie. man hält gemäfs der zähen handwerkstradition an den 
Heraklestaten fest, sieht in ihnen den panhellenischen ruhm, und so 
schmücken sie das schatzhaus der Athener in Delphi und auch den 
tempel den wir früher Theseion nannten. aber eine solche geltung, wie 
sie für die zeit des geschlechterstaates Typhongiebel und Hydragiebel be- 
weisen, hat Herakles in der demokratie nicht mehr. selbst in den kreisen 
der töpfer werden seine taten langsam durch neue stoffe zurückgedrängt, 
die grolse frescomalerei hat kaum noch viel von ihm erzählt, und das 
heroon von Trysa ist auch darin homerisch, dafs Herakles keine rolle 
spielt. wie die freiheitskriege sich an den panhellenischen zug der 
Atreiden schliefsen, wie die herrlichkeit des attischen reiches die der 
heroenzeit aufnimmt, so ist die tragoedie die erbin Homers. und ihnen 
allen fehlt Herakles, der Dorer. dals er, dem immer wieder zu huldigen 
für Pindaros eingestandener malsen herzenssache ist, gleichzeitig in Athen 
auf der bühne ernsthaft gar nicht darstellbar ist, ist eine eben so merk- 
würdige wie augenfällige tatsache. natürlich konnte es nicht ausbleiben, 
dafs hie und da auf seine taten hingedeutet ward, zumal wenn ge- 
schichten, die mit seinen sagen zusammenhiengen, dramatisirt wurden, wie 
die rettung der Herakleiden, eine attische ruhmestat, durch Aischylos'); 
auch in einer episode, wie im Prometheus des Aischylos, mochte Herakles 
einmal auftreten, aber um seiner selbst willen ist er nicht vorgeführt 
worden. die Heraklessage fällt für das ernsthafte drama aus. das ist 
um so bemerkenswerter, als das satyrspiel den dorischen helden mit 
grofser vorliebe zum gegenstande seiner burlesken späfse nimmt, Ion 
und Achaios, Sophokles und Euripides gleichermalsen; dafs wir von 
Aischylos nichts der art wissen, kann daran liegen, dafs wir nur von 
ganz wenigen seiner satyrspiele mehr als den titel kennen, und 
die titel vielfach gar nicht bezeichnend sind. die durch das satyrspiel 
gegebene charakteristik sals so fest, dafs sie selbst im ernstesten drama 
beibehalten ward, wie die Alkestis des Euripides zeigt, und da diese in 
vielen dem altem Phrynichos folgt, werden wir danach dessen Alkestis 


180) Ob Ions Εὐρυτέδαε den fall Oichalias behandelten, ist ganz unbekannt; 
taten sie es, so brauchte Herakles nicht aufzutreten, trat er auf, so konnte er ge- 
hässig oder halbburlesk oder als conventionelle nebenfigur behandelt sein. endlich 
war gerade Oichalias fall ein homerischer stoff. 


H. im fünften jahrhundert. 99 


und seinen und des Aristias Antaios beurteilen, obwol sie nicht satyr- 
spiele heifsen; war doch die älteste tragoedie selbst ein ausgelassenes 
bocksspiel gewesen. nicht anders verfuhr die komoedie, in deren ältester, 
von Eupolis und Aristophanes verachteter und verdrängter form der 
hungernde und gefräfsige Dorer eine typische figur war. seltsamerweise 
war gerade dies etwas was die Athener einem Dorer entlehnt hatten. 
denn in den sicilischen possen des Epicharmos war die Heraklessage viel 
behandelt'") und selbst die hochzeit mit Hebe travestirt. da kamen die 
Musen als fischweiber und der brautvater nahm die grölste delicatesse 
für sich; die zahlreichen bruchstücke riechen nach Siculae dapes, um 
nicht zu sagen nach dem fischmarkte. so wird man versucht, die ab- 
fällige kritik der geistreichen Athener von ihren heimischen vorgängern 
und ihren nachbarn auf den vater der komoedie zu übertragen. das 
wäre unbillig; nicht nur bestätigen die bruchstücke, wenn sie nicht ein 
Athenaeus sondern Alkimos auszieht, das anerkennende urteil berufener 
kunstrichter, namentlich Platons, sondern es ist ganz recht und sehr 
hübsch, dafs die Dorer eine nationale travestie der eignen heldensage 
neben ihre epische und lyrische conventionelle stilisirung stellten, die 
ihr doch auch ein fremdes kleid anzog. korinthische schwänke, z. b. 
von Sisyphos, und korinthische und boeotische vasenbilder zeigen den 
gleichen ton. aber freilich konnte nicht ausbleiben, dafs Herakles in 
eine tiefe sphaere sank. die von der Sokratik viel citirten und schön 
in ihrem sinne umgedeuteten und umgeformten verse 

ἀλλὰ μὰν ἐγὼν ἀνάγχᾳ πάντα ταῦτα ποιέω" 

οἴομαι δ᾽, οὐδεὶς ἑκὼν πονηρὸς οὐδ᾽ ἄταν ἔχων 
hat offenbar Herakles gesprochen, und hatten die philosophen nicht 
recht, sich zu entsetzen, wenn dem woltäter der menschheit seine lebens- 


10) 


181) Aufseer den Musen oder Hebes Hochzeit noch ούσεερες, Ἡρακλῆς ἐπὲ 
τὸν ζοστῆρα, Ἡρακλῆς πὰρ Φόλφ, (nicht παράφορος), und wahrscheinlich Aixvo- 
sets (so Ο. Jahn, überliefert ist zweimal AAxvdrı). F. Dümmler (Bonner Studien für 
Kekule) hat auf den vasen einwirkung Epicharms vermutet; das schwebt zur zeit 
gänzlich in der luft. wer wollte sagen, ob z. Ὁ. die geschichte von Buseiris nicht 
von vorn herein als schwank erfunden sei? aber beachtenswert ist der gedanke, und 
mit recht weist Dümmler auf die herkunft der töpfer Sikanos und Sikelos hin; 
Oltos tritt als dritter hinzu, denn der name scheint sicilisch, Inser. Sicil. 382° 
Uirloxos in Abakainon unweit Tyndaris. auch die vermutung, dafs im Buseiris 
des Euripides Aegypter den chor bildeten, ist eine ganz vage möglichkeit. 

182) Schol. anonym. Aristot. Eth. ΠῚ 7 s. 155 Heylbut. ὁν 'Hoaxkrs τῷ παρὰ 
Φόλῳ. πονηρός ist einfach wer viel πόνοε hat; arbeit ist mühsal. die atticisten mit 
ihrer betonung πόνηρος und ihre gegner haben beide unrecht. 

7* 


H. ratio- 
nalistisch 


100 Der Herakles der sage. 


aufgabe eine last, ja sogar ein fluch schien? und die Athener über- 
haupt, tragiker und komiker eingeschlossen, standen zu der heldensage 
anders; das epische war ihnen nicht stammfremd und die Iyrik schufen 
sie in nationale form um: fanden sie nun den dorischen helden, gerade 
in der zeit, wo der stammesgegensats sich verschärfte, bei seinen lands- 
leuten zu einer burlesken figur degradirt, so mochten sie diese wol be- 
gierig aufnehmen, aber es lag ihnen fern, dem Herakles der Dorer seine 
erhabenheit zurückzugeben. 

Man mufs diese lage der dinge, wie sie um 430 war, sich ernsthaft 
und nachdrücklich vergegenwärtigen, um die ungeheure kühnheit des 
Euripides zu würdigen, der als greis den Herakles zum gegenstande 
einer ie machte, ohne jeden schatten der burleske, vielmehr in 
nicht geringerer erhabenheit, als er sie in den herzen seiner gläubigsten 
verehrer je besessen hatte, nur in ganz neuem sinne erhaben, so dafs 
am ende die sämmtlichen voraussetzungen und folgerungen der echten 
Heraklesreligion aufgehoben erscheinen. das war ein wirkliches fort- 
dichten an der sage, wie es Euripides liebte, verklärend und zerstörend 
zugleich. er vermochte so viel, weil er als dichter den schatz tiefster 
poesie zu würdigen wulste, der in der Heraklessage lag, aber sich nicht 
nur als Athaner, sondern auch als sophist der dorischen religion fremd, 
ja überlegen fühlte. so gehört sein Herakles in gewissem sinne minder 
zu den Heraklestragoedien, zu denen er andere dichter anreizte, als zu den 
sophistischen erfindungen, die die alte gestalt in neuem sinne umwerteten. 


denn Sophokles, der bald nach dem euripideischen drama seine Trachi- 


nierinnen dichtete, liefs den Herakles in seiner conventionellen archaischen 
stilisirung, etwa wie es in der bildenden kunst seiner zeit mode war, und 
rückte dafür eine andere person in den mittelpunkt des dramas, dessen 
stoff ihm übrigens, wie auch dem Euripides den seinen, das homerische 
epos darbot. Kritias aber kam sich wohl sehr tragisch vor, als er den 
schauplatz seines Peirithoos im Hades selbst zu nehmen wagte; aber der 
tyrann war überhaupt kein dichter. dagegen sind die versuche der 
sophisten weder erfolglos noch unbedeutend. 

Herodoros von Herakleia, also aus einer stadt, die ihren eponymen 
heros immer hoch gehalten hat, hat den ersten pragmatischen roman 
von Herakles geschrieben. da war er nicht nur ein feldherr und fürst, 
sondern er erhielt eine bildungsgeschichte, sein portrait ward entworfen, 
und es kam ein buch heraus, das dem bedeutendsten werke des Xenophon, 
seinem Kyros, vergleichbar ist und hoffentlich ergötzlicher zu lesen war. 
diese romane, die eine notwendige phase in der entwickelung der helden- 





H. rationalistisch gefast. H. des Prodikos. 101 


sage repraesentiren und uns leider nur sehr wenig kenntlich sind oder 
erst in ihren letzten ausläufern (wie Diktys) vorliegen, sind keines- 
weges einflufslos gewesen. noch viel weniger war es der pragmatismus, 
und kein geringerer als Aristoteles hat für diese betrachtungsweise ent- 
schiedene sympathie, auch darin dem Ephoros näher stehend als dem 
Thukydides oder Platon. er selbst hat nicht bezweifelt, dals Herakles 
einmal gelebt und sich durch seine taten die göttliche verehrung verdient 
habe'®). und es ist seine schule, die neben den feinsten psychologischen 
beobachtungen auch die gröbsten ausschreitungen des rationalismus be- 
gangen hat, wie sie in spätem niederschlage bei den s. g. Palaipha- 
tos'*') vorliegen. 

Erfreulicher weil mit mehr empfindung für den gehalt der sage 
verfuhren die welche den Herakles als typus für ihre moralischen sätze 
wählten. wenn Prodikos von Keos den Herskles am scheidewege 
zwischen foer) und Ἡδονή selbst erfunden hat, d. h. selbst das alte 
motiv, das in Sophokles Κρέσις reiner als in den Kyprien dargestellt 
war, von Paris auf Herakles übertragen, so hat er aich als einen 
würdigen sohn der insel des Simonides erwiesen: er oder genauer der 
verkünder seiner lehre, Xenophon, hat es jedenfalls bewirkt, dafs dieses 
eine stück den hellenischen wie unsern knaben den echten sinn des 
Herakles, wenn auch etwas farblos und derb moralisirend, vor augen 
führte'”). 


183) Vgl. anm. 172. 

184) Dafs die pragmatik des s. g. Palaiphatos peripatetisch ist, haben J. Ziehen 
und J. Schrader (Palaephatea Berlin 94) richtig ausgeführt. sonst ist an das elende 
machwerk unbillig viel mühe verschwendet worden. die homonymenreihe bei Suidas 
beweist so viel sicher, dafs der name von romanschriftstellern sehr gern vorgeschoben 
ward, die seltsamerweise pseudonymie lieben (daher alle die falschen Xenophonte, 
auch der ephesische, alle jünger als der νόος Ξενοφῶν Arrian). ob aber ein wirk- 
licher mensch je Jlala/paros geheilsen habe, ist eine frage, die erst ein stein sicher 
in bejahendem sinne beantworten kann. unser buch freilich gibt sich nicht als offen- 
barung, sondern als rationelle kritik: aber die bemühung, alle citate mit einem buche 
in einklang zu bringen, ist doch vergeblich. solche litteratur hat keine feste form, 
und der versuch, dem allerweltsgriechisch, das wir lesen, eine zeitbestimmung zu 
entlocken, hätte gar nicht gemacht werden sollen. aber auch aus dem inhalt schlüsse 
auf die herkunft des verfassers zu ziehen scheint mir verwegen. 

185) Auf einer herme im Vatioan steht Ἡλικέην παῖο εἰμί" βρότας δ᾽ ἐστή- 
σατο Φῆλιξ Ἡρανλέουε εἰκῶ᾽ οἶσθά ua ndın Προδίκου (Kaibel Ep. 831°). die abhängig- 
keit des Prodikos von dem Parisurteil ist schon von dem philosophen erkannt, den 
Athenseus im anfange von buch XII ausschreibt. es ist ein späterer peripatetiker, 
der wol besonders von Theophrast need ἡδονῆς abhängt. Welcker kl. schr. II 470 
ist sogar geneigt, die tätigkeit des Prodikos auf die einführung der abstracta statt 


H.d 


Prodi 


68 
kos, 


H. der 
Kyniker. 


102 Der Herakles der sage. 


Viel wirksamer noch und in ihrer art ein prachtstück war die um- 
prägung des Herakles zum heros des kynismus durch Antisthenes, den 
schüler des Prodikos. es kommt weniger auf den inhalt seines Herakles 
an als auf das bild, das seitdem die Kyniker immer weiter ausbilden und 
auf allen gassen zur schau stellen. zwei der kynischen kardinaltugenden, 
αὐτάρχεια und φιλανϑρωπία, besals Herakles von der ältesten zeit 
her; streifte man ihm den epischen und dorischen schmuck ab, so kam der 
typus des ganzen mannes nur um so reiner zum vorschein. aber dafs er 
πονηρότατος war, dals es ihm menschlich zu reden schlecht gieng, er 
von πόνος zu πόνος schritt, Eurystheus und Hera ihn verfolgten, das 
nahm der Kyniker gern mit auf, und wenn die Athener über dorische 
ἀμουσία gescholten und gelacht hatten, so war dem Kyniker der nur 
lieber, den so viel εὔφος nicht berührte. gelernt mulste er freilich haben, 
denn so weit war Antisthenes Sokratiker, dals er die ἀρετή in der 
φρόνησις sah und für lehrbar erklärte: aber sie war nicht schwer, und 
wol dem, der nicht erst die ganze last der torheit und der vorurteile zu 
verlernen hatte. so war Herakles, das naturkind, auch hier wieder der 
rechte mann, der vollkommene mensch. kampf war sein leben, aber 
mit herzhafter derbheit schlug er der sophistin hydra ihre häupter ab, 
und triumphirte über die ungeheuer furcht und aberglauben, lüste und 
sorgen. den lohn hatte er in diesem leben; genauer genommen, eine 
belohnung gab es nicht und brauchte er auch nicht. er war mensch, 
πονηρός und εὐδαίμων zugleich, er mochte menschlich fehlen, auch 
schließlich krank werden und aussätzig: dann baute er sich einen 
scheiterhaufen und warf das wertlose leben weg’). so vermochte der 


zweier göttinnen zu beschränken. das dünkt mich minder wahrscheinlich. Xenophon 
wenigstens bat nichts davon gewufst, sonst würde er den sophisten nicht der ehre 
gewürdigt haben, ihn zu nennen. auch schweigt die gesammte überlieferung, auch 
die bildliche, von einer solchen Heraklessage. 

186) Kurz und scharf findet man diesen kynischen Herakles bei Dion in der 
schten rede: man mufs sich nur hüten, bei diesem schriftsteller zu grofse stücke 
auf eins der alten bücher des 4. jahrhunderts zurückführen zu wollen. wie sollte 
er den Antisthenes anders behandelt haben als Platon und Xenophon, wo die ver- 
gleichung gestattet ist? denn Dion ist darum, dals er den kynischen mantel trug, 
litterarisch noch lange kein Kyniker. der sophist Prometheus (33) därfte freilich 
von Antisthenes stammen. und auch der besondere hohn, der die goldenen äpfel trifft, 
die auch hier am ende des lebens stehen, palst für einen, dem ihre besondere be- 
deutung noch geläufig sein konnte: Her. nimmt sie nicht selbst, er kann ja gold so 
wenig wie die Hesperiden essen. als er dann alt und schwach wird, baut er sich 
auf dem hofe den scheiterhaufen. hier ist die kritik der byzantinischen (und auch 
moderner) herausgeber possirlich. weil sie wissen, wo die sage den selbstmord an- 








H. der Kyniker. H. der allegorischen mythologie. 103 


Kyniker die ganze Heraklesgeschichte seiner lehre dienstbar zu machen. 
diese lehre stand mit ihrer schätzung von diesseits und jenseits, menschen- 
würde und menschenpflicht zu der Heraklesreligion in fast polarem gegen- 
satze: aber die typische bedeutung für das sittliche verhalten des mannes 
hat die gestalt des Herakles in ihr bewahrt, und so ist sie, wenn man 
alles recht erwägt, am letzten ende auch eine manifestation der volks- 
tümlichen religion: deren stärke und schwäche darin liegt, dals sie in 
die alten schläuche immer neuen wein aufnehmen kann. 

Die erbin der Kyniker ward die Stoa. sie aber, bald bestrebt mitH. der alle- 
den mächten dieser welt und so auch mit der öffentlichen religion frieden mythologie. 
zu machen, beschritt den weg, wie alle überlieferten sagen, so auch die 
von Herakles durch auslegen und unterlegen ihren doctrinen anzupassen. 
die Stoiker sind die theologen, oder wenn man das lieber hört, die mytho- 
logen des altertums geworden, und ihre deutungen, noch mehr ihre methode 
hat ungeheuren erfolg gehabt. Herakles ward der ϑεῖος λόγος oder die zeit 
oder die sonne oder das urfeuer. die methode arbeitete mit so unfehlbarer 
sicherheit, das es langweilig ist, beim einzelnen zu verweilen. auch treibt 
es die physikalische mythendeutung heute nicht wesentlich anders. inte- 
ressanter ist vielleicht der versuch des gnostikers Iustin den kynischen 
Herakles als einen gewaltigen diener des’EAwelu (des gnostischen “vaters’), 
den grölsten vor Jesus, in die neue religion aufzunehmen"). darin 


setzt, machen sie aus dem hofe den Oeta (Οἴτῃ für αὐλῇ 34), wo man kynisch weiter 
fragen muls, wozu die bergbesteigung, das konnte er doch wahrhaftig zu hause 
haben. von den Heraklestragödien der Kyniker ist adespot. 374 merkwürdig, von 
Cassius Dio (47, 49) als τὸ Ἡράκλειον angeführt, der vers, den Brutus wiederholte, 
als er sich bei Philippi den tod gab, ὦ τλῆμον ἀρετή, λόγος ἄρ᾽ ἦσϑ᾽, ἐγὼ δέ σε 
ὡς ἔργον ἤσκουν, σὺ δ᾽ ἄρ᾽ ἐδούλευσαο τύχῃ. so redet also eben der Herakles, 
der sich am scheidewege für die ἀρετή entschieden hatte: der dichter setzt Prodikos, 
oder vielmehr Xenophon voraus, und das δουλεύδεν τύχῃ nimmt er aus der letzten 
rede des euripideischen Herakles (1357). dieser Herakles war also nicht mehr der 
rechte Kyniker, sonst würde er die τύχῃ verachten — auch das antisthenische ideal 
war gewogen und zu leicht befunden. alles führt darauf, Diogenes oder Pseudo- 
diogenes als verfasser anzuerkennen. 

187) Hippol. Refut. V26. Elohim hat mit Eden (der Erde) in seltsamer weise 
den menschen gezengt, sich aber dann in den himmel an die seite des ‘Guten gottes’ 
erhoben ; ihm folgen seine 12 söhne; ihr gehören auch 12, mit und durch welche 
sie auf erden regiert. vergebens schickt Elohim den engel Baruch u. a. zu Moses 
und den Propheten. da erweckt sich Elohim aus der vorhaut einen großsen propheten, 
Herakles, der besiegt die 12 Erdensöhne (die μητρεκοὶ dyyekos): das sind die 12 kämpfe. 
und er würde die welt erlöst haben, wenn nicht Ὀμφάλη == Βαβέλ == Appodit, die 
sinneslust, ihn bezwungen hätte. so bedurfte das erlösungswerk der vollendung, die 





1ρ4 Der Herakles der sage. 


liegt viel mehr wahrheit als in den physischen und metaphysischen formeln: 
da ist doch wenigstens das göttliche als sittliche potenz gedacht. Kleanthes 
Chrysippos und ihre modernen adepten gehen von der voraussetzung aus, 
dafs die sagen eine hülle seien, unter welcher alte weisheit (oder aber- 
weisheit) sehr einfache dinge verborgen hat. und der ungläubige gelehrte 
findet einen schlüssel, ein zauberkräftiges wort, da öffnet sich das ver- 
schlossene dem verständnis, der schleier vom bilde von Sais fällt ab, 
und man sieht zu seiner befriedigung, dafs eigentlich nichts rechtes da- 
hinter war; aber sehr scharfsinnig ist, wer dahinter kommt. mit dieser 
betrachtungsweise und ihrer selbstgefälligen erhabenheit kann nicht con- 
curriren, wer sich dabei bescheidet, dafs er die empfindung, welche ver- 
gangene geschlechter in dichterischem bilde niedergelegt haben, in sich 
selbst zu erzeugen versucht, indem er sich möglichst aller concreten 
factoren des lebens und glaubens bemächtigt, welche einst jene empfin- 
dung erzeugten, auf dafs er sie nachempfinden könne, wer also nicht 
klüger als die sage und der glaube sein will. das gilt ihrem gehalte. 
ihrer form aber sucht er sich zu bemächtigen, indem er sie als gedicht 
auffalst, was sie ja ist. deshalb eröffnen nicht die antiken oder modernen 
theo- und mythologen das verständnis der naturreligion, sondern die 
großen dichter alter und auch neuer zeit. ihre gedanken und die ge- 
stalten und geschichten die sie schaffen sind den gedanken der natur- 
religion und den gestalten und geschichten der sage brüderlich verwandt, 
der Faust hilft zum verständnis des Herakles mehr als Kleanthes und 
Max Müller. 

Erst spät ist das verständnis des Herakles wiedergefunden. die 
moderne entwickelung mufste den weg von der antike, die man zuerst 
wiederfand, der kaiserzeit, erst allmählich zu dem echten altertum empor- 
steigen. noch die grofsen männer, die das wirkliche Hellenentum er- 
weokten, haben Herakles nicht begriffen. 

Winckelmann in dem hymnus auf den Torso feiert Herakles etwa 
so wie es ein hymnologe, alse z. B. Matris von Theben, zu der zeit getan 
haben mag, in der Apollonios jenes von Winckelmann in einer jetzt 
unbegreiflichen weise überschätzte und misverstandene werk für das Pom- 


es fand, als der engel Baruch den 12 jährigen zimmermannssohn Jesus von Nazaret 
aufgesucht und ihm die wahrheit verkündet hatte. der liefs sich nicht verlocken, 
deshalb schlug ihn der höchste der unrgexol ἄγγελοε Naas ans kreuz. da starb er, 
ἃ. h. er liefs den irdischen toten leib mit den worten “weib, da hast du deinen sohn 
(Joh. 19, 26)’ zurück und schwang sich empor zum ‘Guten gotte‘. Justin hat in 
seinem buche die meisten hellenischen sagen in ähnlicher weise umgedeutet. 


Herakles bei den modernen. 105 


peiustheater verfertigte'"). Zoega arbeitete wie ein trefflicher mythograph, 
besser noch als der echte Apollodor, aber man mag ihn doch vergleichen. 
Wieland schlug die bahnen des Prodikos wieder ein und wirkte mit 
seinem flach moralischen, aber dennoch auch jetzt noch genielsbaren 
werke stärker auf den jungen Faustdichter, als dieser eingestand. Goethen 
war Herakles der genialische kraftmensch und natursohn'®): da waren 
züge vereinigt, die dem Kynismus angehörten, mit solchen, die etwa die 
bukolische poesie an dem naiven helden hervorgehoben hatte. Schillers 
Ideal und Leben gipfelt in dem gegensatze des auf erden gedrückten und 
im himmel verklärten Herakles. er beabsichtigte auch als gegenstück zu 
seiner ‘elegie’ eine ‘idylle’ zu dichten, deren inhalt die hochzeit des 
Herakles mit der Hebe bilden sollte. die forderungen, die er in der 
abhandlung über naive und sentimentalische dichtung für die idylle auf- 
stellt, sind in wahrheit gar nicht allgemein gemeint, sondern geben den 
gedanken, den er in seinem gedichte in die mythologische form kleiden 
wollte. “der begriff’ dieser idylle ist der begriff’ eines völlig aufgelösten 





188) Es befremdet zunächst, wird dem nachdenkenden aber ganz begreiflich, 
dafs die gebrüder Goncourt im torso das höchste der antiken sculptur sehen und zu- 
gleich auf cet imbecile Winckelmann schelten. ihnen ist das echthellenische verhalst, 
und so sein prophet; sie haben aber ganz recht, Winckelmann zu bekämpfen, wenn 
er seine vorstellungen vom echthellenischen in ein werk hineinträgt, das vielmehr 
einer cultur angehört, die den Goncourt sympathisch sein mufs, weil sie längst vom 
hellenischen entartet ist. es wäre sehr artig, wenn der torso gar nicht Herakles 
sondern Polyphem wäre, wie Br. Sauer anmutig und ansprechend ausgeführt hat. 

189) Belustigend ist, dafs Goethe sich Herakles als kolofs denkt und Wieland 
verhöhnt, der in ihm ‘einen atattlichen mann mittlerer gröfse’ erwartet hat. beide 
anschauungen sind im altertum auch mit einander in streit gewesen. aber Pindaros, 
der ihn doch zu schätzen wufste, hat Her. dvords μὲν ἐδέσϑαε und μορφὰν βραχύς 
im gegensatze zu den riesen Orion und Antaios genannt (Isthm. 3, 68). vier ellen 
(sechs fuls) oder vier und eine halbe (Herodor im schol. Pind., das der ausschreiber 
Tzetzes zu Lyk. 662 verbessert), etwas gröfser als ein gewöhnlicher mensch (Plutarch 
bei Gell. I1), pflegt er geschätzt zu werden. anders mufs natürlich die bildende 
kunst vorgehen. die tradition Pindars will offenbar den dorischen mann und men- 
schen im gegensatz zu den wüsten leibern der γηγενεῖς wie zu den eleganten Ioniern 
erfassen. weiter wird auch Herodoros nichts gewollt haben. aber die peripatetiker 
Hieronymos und Dikaiarchos (Clemens protr. 2 p. 26 extr.) treiben physiognomonische 
speculationen, wenn sie auch an die tradition ansetzen. aus Clemens schöpft Arno- 
bias IV 25, wo nur der name Hieronymus noch erhalten ist: es heifst das abhängig- 
keitsverhältnis verkennen, wenn man bei Arnobius ein besonderes Hieronymosbruch- 
stück findet. selbst hat der rhetor den Clemens freilich nieht gelesen, denn dann 
mülste er Plutarchs leben des Herakles, das bei Clemens fehlt (wenn der nicht ver- 
stümmelt ist) selbst zu dem excerpte zugefügt haben. 


106 Der Herakles der sage, 


kampfes sowol in dem einzelnen menschen als in der gesellschaft ..... 
einer zur höchsten sittlichen würde hinaufgeläuterten natur, kurz er ist 
kein anderer als das ideal der schönheit auf das wirkliche leben an- 
gewendet”. diesen gehalt also legte der philosophische dichter in das 
was ihm nur eine bequeme form war. sein gutes recht übte er damit, 
wie es Euripides geübt hatte; aber mit grund ist das gedicht unausge- 
führt geblieben: der gegensatz zwischen form und gehalt war zu grofs. 
und dem ernsten echten Hellenentum kann dies ideal der schönheit nur 
ein sentimentalisches phantasma sein. 

In feierlichen, von tief religiössem und tief wissenschaftlichem sinne 
getragenen worten hat erst Philipp Buttmann 1810 zur feier des ge- 
burtstages Friedrichs des grofsen ausgeführt, dafs “das leben des Herakles 
ein schöner und uralter mythos ist, darstellend das ideal menschlicher 
vollkommenheit, geweihet dem heile der menschheit”. damit war das 
wesentliche gegeben: der keim war blofsgelegt, aus dem der alte stamm 
der sage erwachsen ist, der in dem Dodekathlos wenigstens, auf den 
auch Buttmann mit entschiedenheit hinwies, die eingeborne art rein er- 
halten hat. was nicht zu seinem rechte kam, war das nationale, das 
dorische, obwol Buttmann selbst sehr gut wulste, dafs jeder alte mythos, 
auch wenn er universell gedacht ist, zunächst eine nationale bedeutung 
empfängt. diese notwendige ergänzung hat 1824 O. Müller in den Doriern 
geliefert. sein verdienst ist es, für die geschichtlichen sagen das auge 
geöffnet zu haben. es entgieng ihm auch nicht, dals der grundgedanke 
der Heraklessage “ein stolzes bewulßstsein der dem menschen inne- 
wohnenden eigenen kraft ist, durch die er sich, nicht durch vergunst 
eines milden huldreichen geschickes, sondern gerade durch mühen drang- 
sale und kämpfe selbst den göttern gleich zu stellen vermag”. aber er hat 
das nicht als etwas für die Heraklessage specifisches betrachtet; wie er 
denn überhaupt bei Buttmann nicht genug gelernt hat, 

Seitdem ist die herrlichkeit der archaischen kunst ans licht getreten ; 
wir brauchen nur die augen aufzumachen, um lebhaft zu schauen was 
in der phantasie der menschen zur zeit des Solon und Pindaros lebte. 
die wirkliche förderung der hellenischen mythologie und theologie wird 
seitdem vorwiegend archaeologen verdankt, und es sollte niemand über 
diese dinge mitreden wollen, der zu dieser reinsten überlieferung kein 
herzliches verhältnis hat. die notwendigkeit sich mit immer neuen ein- 
zelnen monumenten zu beschäftigen entschuldigt die archaeologen voll- 
kommen, wenn sie den blick minder auf die einfachen grolsen gedanken 
richten, die doch die wurzel sind für den wald von blüten, der vor uns 


Herakles bei den modernen. 107 


steht. aber um so notwendiger und lohnender ist es, zu den männern 
zurückzukehren, die noch nicht erleuchtet aber auch noch nicht geblendet 
und verwirrt von der fülle der einzelerscheinungen durch die kraft nach- 
schaffender empfindung jene einfachen grofsen gedanken neu denkend 
offenbart haben. was ich hier dargelegt habe, ist im grunde nicht mehr 
als der versuch, Buttmann und O. Müller gleichmäfsig gerecht zu werden. 
diese erkenntnis ist aber erst gewonnen als ergebnis der selbstkritik: 
denn erfassen muls jeder das, was er wirklich versteht, aus dem objecte 
selbst, und das verständnis eines religösen gedankens wird ihm keiner 
wirklich vermitteln, für den diese religion im grunde doch nur ein object 
der forschung ist. das kann nur einer, der selbst den lebendigen glauben 
hat und ausspricht: und so mag hier der subjective dank dem grolsem 
Pindaros gezollt werden. am ersten nemeischen gedichte habe ich den 
Herakles verstanden. und wer meine worte liest, der möge selbst von 
dem propheten sich sein herz erschlielsen lassen, und er möge sich 
hinwenden zu der herzerquickenden und herzbewegenden frische und 
naivetät, mit der die archaische kunst die geschichten von Herakles er- 
zählt. ehe er nicht so weit ist, den Blaubart des Typhongiebels mit 
ernst und die vasengemälde der kleisthenischen zeit mit ungetrübtem 
genussse zu betrachten, glaube er nicht die empfindungen jener zeit 
würdigen zu können. dagegen wer a priori schon weils, was hinter einem 
heros steckt, der kann sich diese mühe sparen, der braucht auch den 
Pindar nicht und noch viel weniger dieses buch. das ist für diejenigen 
geschrieben, welche gern und geduldig lernen wollen, und doch nicht 
wähnen, dafs so hoher dinge verständnis sich eigentlich erlernen lasse. 
das kommt plötzlich wie eine offenbarung in dem eigenen verkehre 
mit den dichtern und mit den göttern, wenn man so weit ist, keines 
vamittlers mehr zu bedürfen. ohne lernen erreicht zwar niemand etwas 
ia der wissenschaft, aber das beste will erlebt werden. γηράσχω δ᾽ 
αἰεὶ πολλὰ διδασχόμενος. μαϑόντες ἄχραντα γαρύετον Aıög πρὸς 
ὄρνιχα ϑεῖον: beide sprüche sind auch für den philologen gesagt. 





Gestal 
des chen. 


DER HERAKLES DES EURIPIDES. 





Das vorige capitel hat gezeigt, dals der kindermord des Herakles 
eine geschichte ist, die mit: dem wesen und der bedeutung des Herakles 
streitet, sobald sie in den vordergrund gerückt wird, dafs sie deshalb in 
Theben selbst, obgleich sie dort vermutlich, doch als ein blosses hilfs- 
motiv, erdacht war, verworfen ward, aber von dem ionischen rhapsoden 
in die Kyprien, und von dem Chalkidier Stesichoros in die dorische 
lyrik aufgenommen ward. beider gedichte waren den Athenern sehr wol 
bekannt, und so wenig wir im einzelnen über sie wissen, dürfen wir doch 
ohne bedenken voraussetzen, dals Euripides hier den stoff’ vorfand, den 
er in der tragoedie Herakles mit seinem eigenen geiste beseelt hat. alles 
das was in diesem drama in der weise vorausgesetzt wird, dals das 
publicum die kenntnis davon bereits mitbringt und nicht erst von dem 
dichter empfängt, ist diesem selbst gegeben gewesen. davon müssen wir 
also auch ausgehen, ohne zu vergessen, dafs der dichter vielleicht unter 
einigen neben einander verbreiteten varianten eine auswahl getroffen hat'). 

Herakles hat im wahnsinn, den Hera sandte, die kinder verbrannt, 
die ihm Megara, des thebanischen königs Kreon tochter geboren hatte. 
er würde noch mehr frevel verübt haben, wenn nicht Athena zwischen- 
getreten wäre und ihn durch einen steinwurf betäubt hätte. er hat sich 
um dieser blutschuld willen von seiner gattin getrennt, die Iolaos über- 
nahm, und ist für immer aus seiner heimat ausgewandert. das etwa war 


1) Das ist hier nicht controllirbar, weil wir zu wenig wissen; die sage war 
auch wenig behandelt. aber z. Ὁ. in den Phoenissen, im Orestes, und schon in 
Hekabe und Andromache konnte der tragiker wählen, weil das publicum verschiedene 
fassungen kannte. über den tod des Laios berichtete die Oidipodie anders als die 
Thebais und Aischylos wieder anders. Orestes und die Erinyen waren von Stesi- 
choros (auf den Euripides zurückgriff) ganz anders behandelt als von Aischylos. ea 
wäre auch möglich gewesen, von den göttinnen ganz abzusehen und die heimkehr 
des Menelaos nach der Telemachie zu erzählen. es ist oft sehr belehrend, sich zu 
überlegen, welche offenen wege ein dichter nicht gegangen ist. 


Gestaltung des stoffes. 109 


deen Euripides überliefert, genauer, das hat er teils übernommen, teils 
umgebildet. was er daraus gemacht hat, ist in kürze folgendes. Herakles 
kehrt aus dem Hades nach Theben heim, von dem letzten der abenteuer, 
die er sich zu bestehen verpflichtet hatte, um für sich und die seinen die 
rückkehr nach Argos von Eurystheus zu erlangen. während seiner ab- 
wesenheit hat ein mann aus Euboia, Lykos, sich Thebens bemächtigt und 
ist gerade dabei den vater, die gattin und die kinder des Herakles zu 
töten, als dieser heimkehrt und den Lykos erschlägt. da schickt Hera 
ihm wahnsinn, er tötet frau und kinder und wird an dem vatermorde 
durch Athena verhindert. als er zum bewufstsein kommt, denkt er an 
selbstmord, läfst sich aber durch Theseus bestimmen, nach Athen in 
freiwillige verbannung zu gehen. 

Wenn man diese beiden geschichten neben einander hält, so fallen 
ganz äufßserlich die drei hauptstücke ins auge, die Euripides geändert 
bat, er hat erstens den kindermord an das ende des Heraklos gerückt. 
der Herakles, von dem wir hier scheiden, wird keinen kampf mit riesen 
und drachen mehr bestehen, er fühlt sich dem überwundenen Kerberos 
nicht mehr gewachsen (1386). so ist denn auch alles was von helden- 
taten irgendwie bedeutsam erschien, gelegentlich erwähnt, selbst die er- 
oberung Oichalias: nur die oetäisch-aetolischen sagen mulsten fortbleiben, 
denn die gattinnen Megara und Deianeira schliefsen einander aus. nichts 
desto weniger ist im einklange mit dem Dodekathlos, den Euripides in 
seiner bedeutung wol verstand, das leben mit der dienstbarkeit bei Eury- 
stheus gleich gesetzt. die reinigung der erde war die lebensaufgabe des 
Herakles (21), so lange er mit ihr beschäftigt war, durfte ihm Hera 
nichts zu leide tun (828). aber mit der vollendung seiner aufgabe erhielt 
Herakles im Dodekathlos unmittelbar die ewige seligkeit: hier verfällt 
er dem elend. damit er nicht faktisch von seiner dienstbarkeit frei er- 
schiene, ist künstlich das hilfsmotiv eingeführt, dals die vollendung zwar 
sechlich aber noch nicht formell erfolgt ist, weil der Kerberos noch 
nicht abgeliefert ist. dals dieses abenteuer das letzte ist, läuft zwar der 
bedeutung der Hesperidenfahrt zuwider, ward aber schon längst geglaubt, 
wie die ordnung der olympischen metopen zeigt. für Euripides war es 
besonders bequem, weil er so den Theseus leicht einführen konnte, dafs 
dieser durch Herakles befreit wäre, glaubten die Athener damals allge- 
mein”), da sie ja ihren heros nicht mehr in der hölle denken konnten, 


3) Euripides scheint in dem ersten Hippolytos die befreiung anders motivirt zu 
haben (vgl. s. 44 meiner ausgabe des zweiten); aus der Phaidra des Sophokles liegt 


110 Der Herakles des Euripides. 


in der er noch in der attischen interpolation der Nekyia erscheint, 
Euripides konnte sich mit einer kurzen hindeutung auf die bekannte 
geschichte begnügen; das Kerberosabenteuer wird eben so kurz abgetan‘). 

In der einführung des Theseus besteht die zweite hauptneuerung, 
wir mülsten nun eigentlich glauben, dafs Herakles seinen lebensabend 
in Athen verbracht hätte. denn dals er nichts mehr leisten kann, em- 
pfindet der heros selbst und den selbstmord weist er geflissentlich von 
sich. damit verwirft der dichter die oetäischen sagen. dadurch bekam 
er aber für das ende des Herakles ein vacuum, und dieses füllt ihm 
die einführung des Theseus, der den Herakles nach Athen holt, das 
war erstaunlich kühn, hätte er doch den Herakles für Athen annectirt, 
wenn die erfindung durchgedrungen wäre. man mülste ja sofort nach 
seinem grabe in Attika suchen. natürlich konnte aber die heldensage 
eine solche neuerung nicht annehmen, ja sie würde selbst in der tragoedie 
unerträglich gewesen sein, wenn der zuschauer zeit und stimmung hätte, 
sich die consequenzen klar zu machen‘). der dichter greift nach jedem 
anhalt, den ihm der volksglaube darbot, wie diejenigen pflegen, welche 
eine unwahrscheinliche neuerung einführen wollen. dafs die attischen 
Herakleen eigentlich Theseen wären, nur von ihrem eigentümer an seinen 
freund verschenkt, hat genau so, wie Euripides es hier erzählt, die 
attische chronik berichtet‘): es ist die officielle erklärung dafür, dafs der 
dorische heros allerorten, der stifter der attischen demokratie kaum an 
ein par plätzen einen alten cult besafs. wenn aber Herakles bei leb- 
zeiten einen so grolsen besitz in Attika gehabt hatte, so klang es 
glaublich, wenn jemand ihn dort eine weile wohnen liefs. dafs Herakles 
sich in Eleusis hat weihen lassen, ehe er in die unterwelt binabstieg, 
und zu dem behufe nicht nur von seinen bluttaten in Athen entsühnt, 
ein vers vor, der den Kerberos, also diese geschichte, angeht (625), und auch der 
Peirithoos des Kritias zeugt für die vulgata. die ähnlichkeit der situation in Hippo- 
lytos I und Herakles, dafs ein held unerwartet aus der hölle kommt, ist doch wol 
nur äufserlich. 

3) Eine ausführliche erzählung der höllenfahrt, wie sie Seneca in seiner nach- 
bildung geliefert bat, würde die mythischen fabeln gar zu real erscheinen lassen. 
es war klug, dafs Euripides auf sie verzichtete. 

4) Solche verbindung des boeotischen helden mit Athen würde als sage mög- 
lich gewesen sein, ja es würde ein ähnliches sich festgesetzt haben, wenn Boeotien 
dauernd mit Attika vereinigt worden wäre, wie es in den funfziger jahren, als Euri- 
pides jung war, vorübergehend erreicht war. die entfremdung erzeugt dagegen sagen 
wie die in Euripides Hiketiden behandelte, deren fassung aber auch je nach dem 


politischen winde wechselte, vgl. Isokrates Panath. 168. 
5) Vgl. Aristoteles und Athen I 271. 


Gestaltung des stoffes. 111 


sondern durch adoption zu einem Athener gemacht worden ist, hat eben- 
falls in Attika officielle geltung gehabt‘). Euripides erwähnt die weihung 
(613), und er durfte wahrscheinlich zu erfinden glauben, dals sein 
Herakles in Athen entsühnt wird und in Athen sich niederläfst. diese 
verpflanzung war ihm nun keineswegs selbstzweck;; trotz allem patriotis- 
mus war es sogar nebensache, dafs Theseus ein Athener war. auf den 
freund kam es an, der den verzweifelten Herakles aufrichtete. in dieser 
eigenschaft ist Theseus an die stelle des Iolaos getreten, der in der 
thebanischen vorstellung nicht nur überhaupt diese rolle spielt, sondern 
gerade die Megara übernimmt, als Herakles aus dem vaterlande scheiden 
muls, nach antiker vorstellung ein freundschafsdienst, der beide teile 
ehrt’). den konnte Euripides seinen Theseus nicht auch leisten lassen, 
als er ihn an lolaos stelle setzte, und schon dieses legte ihm nahe, 
Megara mit ihren kindern fallen zu lassen. die gattin würde aber auch 
die einwirkung von vater und freund gestört, die mutter das mitleid von 





6) Ap’ οὗ καϑαρμὸς πρῶτον ἐγένετο φόνου, πρώτων ᾿4ϑηναέων καϑηράν- 
τον Hoaxida ist die 17. epoche der parischen chronik. das gibt anlafs zu den 
kleinen mysterien, Diodor IV 14 in Agrai, oder in Melite (im Thesmophorion, schol. Ar. 
Frö. 501), oder Eumolpos reinigt ihn, also in Eleusis, Apollodor II 122. zugleich 
ist er der erste geweihte ausländer, und es vollzieht deshalb Pylios die adoption, 
so auch Plut. Thes. 33 und schon der 8. g. Speusippos an Philipp (630 Herch.) ; andere 
parallelstellen z. Ὁ. bei Dettmer de Hercule Ati. 66. der name mahnt daran, dafs 
der zug gegen Pylos mit der weigerung der blutsühne durch Neleus motivirt zu 
werden pflegt. in der apollodorischen chronik ist die verbindung mit der Hades- 
fahrt hergestellt, und dafs er nur als myste zu ihr kraft fand, steht aufser bei Eurip. 
617 in dem dialog Axiochos 3714: die vorstellung wird jedem leser der aristopha- 
nischen Frösche klar sein, und die durch den mysteriencult beeinflufsten apulischen 
unterweltswesen haben die anwesenheit des Herakles ohne frage durch seine eigen- 
schaft als geweihter gerechtfertigt gefunden. der gläubige myste konnte sich den, 
welcher das jenseits ungestraft betreten hatte, nur auch als mysten denken: und da 
er das bedürfnis nach reinigung auch für gerecht vergossenes blut empfand und 
seine religion sie von ihm forderte, wie viel mehr für den heros. so entstand die 
fabel von der entsühnung. endlich wollte man in dem so viel in Athen verehrten 
heros keinen fremden sehen. der nämliche grund hat die adoption der Dioskuren 
hervorgebracht. 

7) Dafs jemand auf dem totenbette seine frau oder tochter einem der erben 
vermacht, ist überaus häufig vorgekommen, weil es in den anschauungen von familie 
und ehe begründet war. so hat es z. b. der vater des Demosthenes gemacht. es 
ist also für die Athener ganz in der ordnung, dafs Herakles in den Trachinierinnen 
des Sophokles den Hyllos zwingt seine kebse zu heiraten. der moderne sollte sich 
daran nicht mehr stofßsen, als dals z. b. Antigone zum zweiten male die leiche ihres 
bruders mit staub zu bewerfen für eine religiöse pflicht hält. unserer sittlichkeit 
läuft beides zuwider. 


112 Der Herakles des Euripides. 


dem vater, der zugleich mörder ist, abgezogen haben: so hat Euripides 
auch darin geneuert, dafs Megara mit ihren kindern umkommt, zum 
grölsten vorteil für seine dichtung, übrigens auch für die späteren 
fassungen der geschichte vielfach mafsgebend. 

Die dritte neuerung ist die einführung des Lykos. Euripides fühlte 
die notwendigkeit, den Herakles, ehe er in schande und elend geriet, 
etwas tun zu lassen in dem eich seine siegreiche heldenkraft be- 
währte, und er wollte zeigen, wie sehr er seine kinder liebte, um die 
schwere seines verlustes zu veranschaulichen. darum erfand er die ge- 
schichte, die den ersten teil des dramas füllt, und ein mittel zu diesem 
zwecke ist Lykos. dafs er ihn auch erfunden hat, sagt der dichter so 
gut wie selbst (26. 31), indem er ihn als einen enkel des tyrannen 
Lykos einführt, der nach alter sage von den söhnen Antiopes, den boe- 
otischen Dioskuren, vertrieben worden ist*). jener “wolf” war in der tat 
eine alte sagenfigur, wahrscheinlich auch in der Antiopesage vertreter 
Euboias, wie er, zu einem sohne des Pandion umgeformt, es auch in der 
attischen ist, oder besser gewesen ist, denn für uns ist der attische Lykos 
ganz verblaßt. dieselben züge trägt bei Euripides sein enkel, gegen 
den als eindringling sich Thebens greise leidenschaftlich wehren. dafs 
er Megaras vater, könig Kreon, sammt seinen söhnen erschlagen hat, 
ist in diesem zusammenhange unerläßlich: nur so ist die bedrohung und 
hilflosigkeit der enkel des Kreon und söhne des Herakles hinreichend 
begründet. daran dafs derselbe Kreon Haimon und Megareus zu söhnen 
gehabt und den zug der Sieben überlebt hat, dürfen wir, trotzdem beide 
Kreon den Menoikeus zum vater haben, nicht denken: die Herakles- 
und Oidipussage sind schlechthin incommensurabel, und Kreon erscheint 
in beiden nicht als dieselbe individuelle person, sondern als dieselbe 
füllfigur, die auch in anderen sagen, z. Ὁ, der korinthischen, auftritt, 
wo blofs ein “könig’ nötig ist. da der dichter seinen Lykos sofort 
wieder beseitigt, so hatte die erfindung gar keine bedenklichen folgen ; 
nur in der euripideischen fabel, die ihn erzeugt hatte, hat dieser Lykos 
sein bischen leben gehabt). 


8) Es verdient bedacht zu werden, dafs die Antiopesage in den Kyprien dicht 
neben dem wahnsinn des Herakles behandelt war. ob Lykos aber in ihnen vorkam, 
ist mit unserer kenntnis schwerlich je zu entscheiden. 

9) Nichte als ein παράδοξον Θηβαικόν ist es, was Lysimachos im scholion 
Pind. Isthm. 3, 109 verzeichnet, dafs einige die Herakleskinder von Lykos getötet 
werden liefsen. unwissenheit und wilikür spätester lateinischer grammatiker redet 
im scholion zu Statius Theb. IV 570 tristem nosco Lycum, welches auf den gatten 


Gestaltung des stoffes. handlung und charaktere. 113 


Diese drei neuerungen, die Euripides mit dem überlieferten stoffe 
vornahm, sind in wahrheit nur consequenzen der inneren umgestaltung, 
welcher er die sage selbst unterzog. sie sind aber als gegebene gröfsen 
zu betrachten, wenn wir den aufbau des dramas prüfen wollen, dessen 
grundlage (ὑπόϑεσις) eine bestimmte form einer bestimmten geschichte 
ist. ob die überlieferung oder der dichter, ob dieser in einer bestimmt 
zu erfassenden absicht oder aus willkür und laune den grund gelegt 
hat, ist für die eigentlich dramatische ausgestaltung unwesentlich. 

Damit aus dieser geschichte eine attische tragoedie würde, mulste Handlung 
sie in die herkömmliche form der darstellung gebracht werden, die die charaktere. 
Athener überhaupt und Euripides insbesondere sich gebildet hatten. 
wenn der dichter sich hieran machte, so mulste ihm sofort klar werden, 
dals er eine vermittelnde person brauchte, damit sein drama nicht ganz 
auseinander fiele; die personen, die im ersten teile handelten, waren ja 
im zweiten alle tot. es mulste das eine verhältnismälsig wenig selbst 
betroffene, dem helden innerlich ergebene person sein, die also die teil- 
nahme des zuschauers nicht auf sich ablenkte, sondern nur auf die 
eigentlichen träger der handlung stätig und gesammelt hinführte. man 
könnte meinen, dazu wäre ja der chor da. aber nur, wenn man das 
drama mehr aus der aristotelischen Poetik als aus der wirklichen praxis 
der tragiker kennt. denn das verbot sich schon aus dem einen äulser- 
lichen grunde, dafs der chorführer, der doch die iamben sprechen mülste, 
dadurch notwendigerweise von den übrigen choreuten individuell unter- 
schieden würde, was er nie und nirgend ist. steht doch sogar im satyr- 
spiel der Bilen als einzelfigur neben dem chore. Euripides bedurfte also 
einer besonderen person, die an wichtigkeit darum nichts einbüßt, dafs 
ihre bedeutung nur relativ ist. er hat Amphitryon gewählt und alles 
getan, diesen zwar in seiner sphäre zu halten, aber so voll und rund 
herauszuarbeiten, dafs sich der zuschauer diesen träger der umfänglichsten 
rolle wol gefallen lassen kann. Amphitryon ist zwar ehedem etwas ge- 
wesen; der ruhm seines Taphierzuges, der mit der geschichte von der 
erzeugung des Herakles zusammenhängt und deshalb allbekannt war, 
wird mehrfach hervorgehoben ; aber das dient nur dazu, dafs uns der 
hilflose nicht verächtlich werde. jetzt ist er greis; er kennt das leben 
und macht sich keine illusionen mehr. er hat nichts mehr zu fordern 


Dirkes geht. hic est ergo Lycus, qui Megaram fillam suam Herculi dedit uxorem 
et ob hoc a Iunone in furorem versus est et filios Herculis ec Megara susceptos 
Oxea et Leontiadem (d.i. Κρεοντιάδην: der andere name bleibt unsicher) occidit. 
tristis ergo propter mortem nepotum. 

v. Wilamowitz I. 8 


114 Der Herakles des Euripides. 


noch zu erwarten, darum aber aueh nichts für sich zu fürchten. er 
übersieht nicht bloß die schwiegertochter und den tyrannen, sondern auch 
die stüärmische unbedachtsamkeit des sohnes. dieser sohn ist sein alles; 
schwiegertochter und enkel sehätzt er nur um des sohnes willen, dem 
bleibt er auch auf die gefahr nahe, ein opfer seiner raserei zu werden. 
seine schwerste prüfung ist der endliche absehied von ihm, und dafs er 
doch hoffen darf, die einzig geliebte hand werde ihm die müden augen 
zudrücken, wenn sie endlich brechen werden, ist sein letzter trost. 
Amphitryon ist der vater des Herakles.. das empfinden wir und sollen 
wir empfinden, trotzdem das drama auf die vaterschaft des Zeus häufig 
und schon in dem ersten verse hinweist. dieser mythos wird eonven- 
tionell beibehalten, wird innerlich zugleich gedeutet und beseitigt: und 
schließlich spricht Herakles geradezu aus, dafs Amphitryon sein vater 
ist, zu dem ja viel mehr die liebe macht als das blut. aber freilich, die 
gröfse des sohnes ist gerade für den vater zu überwältigend, als dafs er 
ihm innerlich einen halt geben oder gar ihn aufrichten könnte. gewohnt, 
dem willen des übermächtigen sich zu fügen, hat er bei dem furchtbaren 
seelenkampfe des sohnes, den es zum selbstmorde zieht, nur ohnmächtige 
tränen. da ist eines ebenbürtigen eingreifen von nöten, eines solchen, 
den der mythos sich auch als göttersohn denkt. um Amphitryon zu 
heben, nebenher auch um Megara keine concurrenz zu machen, ist die 
mutter Alkmene ganz und gar ferngehalten, und man kann die weise 
selbstbeschränkung des dichters nur bewundern, der auch der versuchung 
widerstanden hat, durch irgend welche schale motivirung ihres fehlens 
in wahrheit erst darauf hinzuweisen ; Sophokles Trach. 1151 ist nicht so 
klug verfahren'®). 

Den chor hat die spätere tragödie sich immer mehr erlaubt dem 
alten pindarischen anzuähneln. er pflegt im laufe des dramas seine maske 
fast ganz zu vergessen und lediglich das instrument zu sein, mit welchem 
der dichter stimmungen betrachtungen erzählungen vorträgt, welche er 
an den ruhepunkten seiner handlung für angemessen oder doch für zu- 
lässig erachtet. dazu hat die entfaltung der wirklich dramatischen etho- 
poeie eben so mitgewirkt, wie die neigung der dichter, so frei wie Pin- 
daros mit ihrem instrumente zu schalten. es gilt das keinesweges blols 
für die tragödie. Aristophanes pflegt die mit so viel witz und effect ein- 


10) Es mag wol sein, dafs Euripides auch durch die erinnerung an seine Alkmene 
verhindert ward, die dort so gans anders gezeichneten gatten hier neben einander 
zu stellen. 


Handiung und charaktere. 115 


geführte, meist in einem epirrhema eigens noch erläuterte maske des 
chors nach der parabase ganz fallen zu lassen. Wolken Wespen Vögel 
Mysten reden in dem zweiten teile ihrer stäcke nur noch als choreuten 
des Aristophanes. so denn aueh dis tragiker. wie die bewohter von 
Kolonos zusammenlsufen, weil ihr Eumenidenhain emtweiht ist, das ist 
von Sophokles mit vollem dramatischem leben veranschaulicht, und auch 
das lob Athens, sein schwanengesang, geht vom lobe seines Kolonos ans. 
aber das lied, das die zeit ausfüllt, während die geraubten mädchen be- 
freit werden, ist schon ohne jede persönliche charskteristik, und das lied 
ὅστις τοῦ πλέονος μέρους ist vollends die individuelle klage des lebens- 
müden dichter. ob man die dichter schelten will, stehe dahin: jeden- 
falls sind nur so ihre diohtungen verständlich, und vielleicht freut sich 
mancher der nur so ermöglichten einblicke in ihre eigene seele. Euri- 
pides hat sich mit der maske seiner chöre selten große mühe gemacht, 
und wo er es getan hat, ist der erfolg nicht immer erfreulich''), z. Ὁ. in 
den Phoenissen. er hat im wesentlichen zwei typen'”), weiblich und männ- 


11) Etwas besonderes war der chor des Palamedes. da das drama im Hellenen- 
lager spielen mulste, Palamedes des verrats bezichtigt war, der chor aber seine 
partei zu halten hatte, weil er ja die sympathie von dichter und publicum hatte, 
so pafsten die bequemen chöre, Achaeer oder kriegsgefangene mädchen, nicht. das 
sollte man sich selbst sagen. hun haben wir das bekannte bruchstück #xdrer" 
äxdsere τὰν πάνσοφον, ὦ Javaoi, τὰν οὐδὲν ἀλγύνοισαν ἀηδόνα Μοισᾶν (588). 
das sind daktyloepitriten - Ju | Yin | “πιο uyom | -. - - | =. u... 
und diese beweisen ein stasimon (sie kehren in dem anschliefsenden drama, den 
Troerinnen, häufig wieder). also war der chor kein hellenischer. es scheint, wir 
haben noch aus seiner parodos die selbetvorstellung, Arsas Ζιονύσονυ Ixduar, ὅς ἀν᾽ 
Ida» τέσπεταε σὺν ματρὸ φέλᾳ τυμπάνων ἐακχοῖς (586, glykonen, -.Ὁ- | 
-yv- wu -- | -u=--uu-|-vy-u--): ieh habe ϑιεὰς aus οὐσὰν gemacht 
(Nauck ϑύσα» oder Yvlar), und ixdua» aus κόμαν. die ähnlichkeit mit andern 
eingangsliedern schützt diese gestaltung. ein schwarm von Dionysoedienerinnen, die 
sich in den schutz des Achaeerlagers begeben, um auf dem Ida ihren pflichten ge- 
nügen zu können, ist sehr gut erfunden ; die hierodulen der Phoenissen, die für Delphi 
bestimmt, aber in Theben festgehalten sind, und die Chalkidierinnen der Iphbigeneis 
Aul. sind gute parallelen. übrigens ward durch diesen chor auch das erreicht, dafs ein 
gott am schiusse die unschuld des getöteten gar nicht zu proclamiren brauchte: die 
bakchen und die zuschauer wufsten, woran sie waren. aber Oiax schrieb den un- 
heilsbrief, den die wogen dem Nauplios bringen sollten (schol. Ar. Thesm. 771), und 
so bereitete sich durch den schlufs des Palamedes genau wie durch den prolog der 
Troerfinnen das vor, was wir nicht schauen, was wir aber in der zukunft sicher 
voraussehen, der untergamg der Hellenenflotte, der einen die von Troia heimzog, und 
nieht minder der anderen, die nach Sicilien fahren sollte. 

12) Dafs die 17 erhaltenen dramen nur drei männliche chöre enthalten, ist ein 
zufall, den man corrigirt, sobald man die zahlreichen sonst bekannten chöre zurechnet. 

8° 


116 Der Herakles des Euripides. 


lich. es macht bei den ersten sehr wenig aus, ob es mädchen oder 
frauen, freie oder dienerinnen sind; greisinnen sind es nie, denn die 
heldenmütter der Hiketiden sind eine ausnahme, auch die männer sind 
gewöhnlich nur durch das lebensalter charakterisirt, und jünglinge kommen 
nirgend vor. an zahl aber überwiegen die weiblichen chöre so sehr, dafs 
man als regel aufstellen kann, zwei weibliche in der trilogie gegen einen 
männlichen’); da der satyrchor fast immer hinzutrat, ist das ganz be- 


die zusammenstellung wird nützlich sein. der chor war weiblich in Aiolos, beiden 
Alkmeon, Andromeda (in diesen vier sind mädchen bezeugt), Alkmene (87, vgl. 
de trag. Gr. fragm. 12), Erechtheus (351), Danae (319, offenbar ein zwischen- 
spruch des chores), Ino (399), Hippolytos I, Kreterinnen (von diesen allen steht nur 
fest, dals es γυναζκες sind), hinzu kommen die bakchantinnen des Palamedes und 
die dienerinnen des Phaethon. greise stehen fest für Antiope, auch die mysten der 
Kreter werden bejahrt sein. sonst sind es im Alexandros g/Asnnos Τρῶες (985: wo 
wäre sonst Kassandra aufgetreten ?), Lemnier im Philoktet, Achaeer, wie die parodie in 
den Acharnern zeigt, im Telephos, Skyrier sind selbst dramentitel. die klage über 
die armut 230 konnten wol nur makedonische männer im Archelaos vorbringen, 
und die sehnsucht nach frieden und friedlicher beschäftigung im Kresphontes 453 
geziemte auch männlichem munde. endlich wird, wie namentlich τόνδε zeigt, der 
heranziehende chor in der Alope 105 vorgestellt ὁρῶ μὲν ἀνδρῶν τόνδε γυμνάδα 
στόλον στεέχονϑ᾽ ἑῷον ἐκ τρόχων nenavusvov. denn diese veränderung Dindorfs 
für orelyovra ϑεωρόν ist leicht und schön; man bedenke nur die vernachlässigung 
und oorrectur der elision. die leute haben einen morgenspaziergang gemacht, in 
attischer weise sehr früh; das drama beginnt Zo ev, wie so oft. es sind aber men- 
schen, die sich gymnastisch trainiren, gefolge des Kerkyon, der bekanntlich die 
παλαιστική erfunden hat. so kennen wir denn im ganzen 26 weibliche chöre und 
12 männliche. die nebenchöre (Hipp. Hik. Phaeth. Thes. Erechth. Alexandr. Antiop.) 
sind dabei nicht gerechnet. dafs der ohor sich nach der hauptperson richte, ist ein ganz 
verkehrter einfall. wie kämen die greise zu Alkestis, Phoenissen zu Iokaste, athe- 
nische greise zu Antiope, mädchen zu Aiolos? und Amphitryon soll hbauptperson im 
Herakles sein?. 

13) Wir kennen die disposition der trilogieen 1) Alexandros (greise, nebenchor 
hirten), Palamedes (Bakchen, vgl. anm. 10), Troades. 2) Kreterinnen, Alkmeon 
(mädchen) Telephos (Argeier) und statt der satyrn der männliche chor der Alkestis. 
3) Bakchen, Alkmeon (mädchen) Iphigeneia Aul. (mädchen): also alle drei weiblich, 
aber da hatte der jüngere Euripides nicht mehr die wahl. 4) Medeia (frauen) 
Philoktet (Lemnier) Diktys (unbekannt, aber man wird die klagende Danae des 
Diktys lieber neben frauen als neben Seriphier stellen). 5) Erechtheus (frauen, neben- 
chor soldaten), Hiketiden (greisinnen, nebenchor knaben). 6) Helene und Andro- 
meda, beide mit ähnlich gehaltenem weiblichem chore, hier fehlen die dritten stücke: 
in dem letzten falle wird man an eine abwechselung glauben. bei Aischylos zeigt 
die Orestie greise, mädchen, Erinyen; Prometheus meermädchen, Titanen,?; Lykurgie 
Edonen, jünglinge, bakchantinnen; Achilleis Achaeer, meermädchen, Phryger; Aiantis 
Achaeer (für die ὅκλων κρέσιδ kaum zu vermeiden), Thrakerinnen, 8 alcm 


Handlung und charaktere. 117 


greiflich; aber die andern tragiker sind nicht so verfahren. das vor- 
wiegend der weiblichkeit zugewandte interesse des dichters verrät sich 
auch hierin. wenn wir nun im Herakles den chor aus greisen bestehend 
finden, so kann das schon in der rücksicht auf die ganze uns unbe- 
kannte trilogie seinen grund gehabt haben. man kann auch erkennen, 
dafs dem greisen dichter der greisenchor genehm war, da er ihm eigne 
lebensbetrachtungen in den mund legen wollte. aber man bedarf solcher 
äußserlichkeiten nicht; man ist vielmehr verpflichtet, die absicht des 
dichters aus dem abzuleiten, was der chor besonderes an sich hat. da 
fällt sofort sein adelsstolz in das auge. dals sie Sparten sind, Lykos 
ein eindringling, schärfen sie wieder und wieder ein, und auch an He- 
rakles rühmen sie, wenn auch unter verschiedener schätzung, den adel. 
es versteht sich von selbst, dafs sie dazu männer sein mulsten; Megara, 
die frau, schlägt zwar ähnliche töne an, aber in weiblicher weise (287. 
308. 479). wohin das zielt, zeigt sich in dem zweiten teile, denn auch 
Theseus mahnt den Herakles an seinen adel (1228), und dieser beweist 
ihn mit der tat. es steht damit wie mit der abstammung von Zeus. wie 
der mythos sie falst, ist sie erfindung, und der adel, wie ihn der chor 
falst, ist ein vorurteil. aber adel ist auch in der sittlichen welt, und 
mehr in dem leiden als in dem tun des xaAAlvıxog erweist sich die 
menschliche, übermenschliche gröfse des Herakles. als folie also dient 
die schätzung der welt, wie sie der greisenchor ausspricht. ein zweites 
ist, dafs der chor unbedingt zu den Herakleskindern halten mulste. da 
er nun männlich ist, so ergibt das einen conflict mit Lykos, dem durch 
die wehrlosigkeit des chores die spitze abgebrochen wird; deshalb sind 
es greise. auf das deutlichste sehen wir also die parteiungen, von denen 
so oft die rede ist, und es kommt ein leben in den ersten teil des dra- 
mas, wie es ganz undenkbar wäre, wenn dienerinnen Megaras den chor 
bildeten. 

Sobald der dichter über Amphitryon und den chor mit sich im reinen 
war, ergab sich der aufbau des ersten teiles fast von selbst; er brauchte nur 
die manier, an die er sich gewöhnt hatte, walten zu lassen. regelmälsig 
dienen der prolog und das erste chorlied ausschliefslich zur exposition : 
die situation, welche er voraussetzt, wird eingehend geschildert, aber noch 
im zustande der ruhe; die handlung beginnt erst nach dem ersten liede. 


weiteres bleibt zur zeit unsicher. dafs er die männlichen chöre bevorzugte, darf 
man schliefsen. von Sophokles sind zu wenig chöre und auch nicht ein par von 
zusammengehörigen dramen bekannt. 


118 Der Herekles des Euripides, 


in diesem falle war sehr yiel zu erzählen, die neugeschaffenen voraus- 
setzungen des dichters. beginnen mufste er so, dafs die gefahr der fa- 
milie des Herakles zwar dringend und unabwendbar, aber noch nicht 
unmittelbar todbringend war, dann mulste dieser zustand eintreten, die 
spannung der zuschguer aufs äulfserste getzieben werden, Herakles er- 
scheinen und retten, es war erforderlich, dafs Lykos oder doch seine 
partei zum worte und zur erscheinung kam; in dem momente, wo He- 
rakles wiederkehrte, konnte er jedoeh nicht gegenwärtig sein, sonst hätte 
er sofort den tod finden müssen, was die schicklichkeitsbegriffe verboten ; 
zudem würden zu viel personen zugleich auf der bühne gewesen sein. 
so ergaben sich die vier scenen, die wir vorfinden 1) prolog und parodos, 
welche die exposition geben; die eingangsrede konnte gar niemand aufser 
Amphitryon halten. 2) conflict zwischen Lykos und der Heraklespartei, 
der sich in diesem falle nur in worten abspielen kann, und dessen aus- 
gang von vorn herein sicher ist. 3) die höchste not und das erscheinen 
des retters. 4) der tod des Lykos. hinter 2 3 4 sind pausen in der 
handlung, also standlieder des chores angezeigt. die motive, welche die- 
sen aufbau der scenen ermöglichen, sind angemessen aber billig. die 
von Lykos bedrohten personen sind an einen altar geflüchtet, er bestimmt 
sie dieses asyl zu verlassen durch die drohung, sie auf dem altar ver- 
brennen zu lassen, bewilligt ihnen aber einen kurzen aufschub, damit 
die kinder sich mit leichengewändern schmücken, und läfst sie während 
dieser zeit unbewacht (eine unwahrscheinlichkeit, die der zuschauer kaum 
bemerken wird). in dieser frist kommt Herakles und braucht nun blofs 
im hause die ankunft des Lykos abzuwarten, um ibn ohne mühe zu 
überwinden. der ganze vorgang entspricht den sitten der zeit, welche 
viele beispiele für die flucht von hilflosen an altäre aber auch von um- 
gehungen und verletzungen des asylrechtes darbietet. 

Die handlung kann bis zu dem erscheinen des Herakles keinen grofsen 
eindruck machen; die charaktere liefern nur teilweise ersatz. Lykos ist nicht 
mehr als ein gewöhnlicher bühnenbösewicht;; religion und sitte sind ihm vor- 
urteile, gott und tugend ein wahn, und er renommirt mit seiner schlechtig- 
keit; die verbrechen, zu denen ihn seine ἀναίδεια, der mangel an jedem sitt- 
lichen gefühle, treibt, proclamirt er als gerechtfertigt durch die politische 
klugheit (ἀσφάλεια), ist aber schlielslich, wie jeder verbrecher, dumm 
und geht mit frechem schritte in das garn. solch einen bösewicht denkt 
sich der Athener am liebsten als tyrannen, und dazu gehört auch, dals 
er ein parvenu ist, ohne erziehung und manieren (oxaıdc 299). ein 
naives publicum wird an dieser figur und ihrer bestrafung seine freude 


Handlung und charaktere. 119 


haben; damit hat Euripides aber nur für das parterre, zum teil nur für 
die gallerie gearbeitet. wenn die gegenpartei blols mit den entsprechen- 
den farben gezeichnet wäre, edelmut und hilflosigkeit, todesfurcht und 
ergebenheit, unschuld und würde, so wäre es übel; die sophistische rhe- 
torik, die sich sehr breit macht, ist für den modernen leser wahrlich kein 
genuß, war es in Athen nur für die anhänger des specifisch modernen 
stils, der in die poesie eigentlich nicht gehört. zum glück hat Euripides 
sich hier als dichter wenigstens an einer figur bewährt, die.dem fühlen- 
den leser noch heute das herz bewegt, wenn ihn auch die rhetorik kalt 
läfst, und die allerdings den erfahrenen kenner der bühnenwirkung über- 
all, auch so weit sie in stummem spiele besteht, verratende führung der 
handlung nur zu einem kühlen beifall veranlalst. die gattin des Herakles 
ist kein typus wie Lykos und hat nicht bloß eine relative bedeutung 
wie Amphitzyon, sie ist ein individuum. der kündiger des weiblichen 
herzens hat sich in den wenigen reden, die er Megara geliehen hat, nicht 
verleugnet. da ist zwar die äulserung der empfindung durch die engen 
bande der sitte zurückgehalten, welche nun einmal für die attische frau 
galten: aber es bedarf für den leser nur der achtsamkeit (für den schau- 
spieler also nur des verständigen benutzens der handweisungen des 
dichters), um zu bemerken, welches feuer der leidenschaft in ihr kocht. 
sie kommt mit ihren reden immer an einem anderen ende an, als sie 
beabsichtigt hat, oder mufs gewaltsam zu ihrem thema zurückspringen. 
empfindung und affect sind stärker als sie. und empfindung und affect 
der frau behalten recht gegenüber dem erkalteten greise und dem 
cynischen verstandesmenschen Lykos, ja selbst gegenüber dem was 
Megara ihrem verstande gemäfs wider ihre empfindung sagen will. in 
all ihrer schwäche ist die vornehme frau dem gekrönten plebejer über- 
legen, und vor ihr, die in ihrem gatten ihren einzigen adel sieht, ver- 
bleicht die spartische echtbürtigkeit des chores. in ihrer muttersorge und 
mutterhoffnung liegt endlich auch das beschlossen, was der zuschauer 
und noch mehr der leser von interesse für die Herakleskinder hat, die 
der dichter nur als stumme personen eingeführt hat'‘). die mutter durfte 
der tragiker sich ganz geben lassen: der gattin verwehrte die attische 


14) Euripides hat in Alkestis Theseus Andromache Hiketiden sich an kinderrollen 
gewagt, hat ihnen aber immer nur gesangstücke gegeben. wenn er es hier unterlassen 
hat, so ist es kein schade, denn seine kinder singen nicht was kindern in den be- 
treffenden situationen zukommt, sondern was der dichter für die kinder und die 
situstionen empfand. namentlich das lied des knaben an der leiche der mutter in 
der Alkestis gebört zu seinen gröbsten zeichenfehlern. 


120 Der Herakles des Euripides. 


schicklichkeit die empfindungen frei zu äufsern, die Megara wie gewils 
unzählige frauen Athens wol im herzen hegten, aber von eigeneinniger 
sitte darin zu verschliefsen gezwungen waren. Euripides ist für attische 
verhältnisse an die äufserste grenze des erlaubten in der scene des wieder- 
sehens gegangen: unsere freiere und gesundere auffassung des ehelichen 
verhältnisses wird dadurch nur stärker daran erinnert, dafs hier ein 
gebiet ist, auf welchem das fünfte jahrhundert die freiheit der mensch- 
lichen empfindung noch nicht erreicht hatte. 

Als der chor und Megara und Amphitryon in breiter ausführlich- 
keit je nach ihrer art die verzweifelung voll ausgesprochen haben, dafs 
der einzige nicht erscheine, der retten kann, und als dann dieser 
plötzlich da ist und damit auch die rettung, da erreicht das drama einen 
höhepunkt. der zuschauer empfindet wirklich etwas ähnliches wie bei 
dem plötzlichen aufflammen eines lichtes in finsterer nacht; ὦ φάος 
πατρέ sagt Amphitryon zu seinem sohne. und wenn der reiz der 
überraschung verflogen ist, so tritt dafür die würdigung der poetischen 
kunst ein, die nach den langgezogenen vollen tönen des abschiedes und 
der trauer die atemlosen freudenrufe und die hastigen kreuz und quer- 
fragen des wiedersehens gleich lebensvoll zu treffen wulste. aber auch 
das ist nur mache. die wahrhafte dichterkraft in ihrer überlegenheit 
erkennt man erst, wenn man durchschaut hat, welchem zwecke die ganze 
scene dient. Herakles, der echte Herakles des volksglaubens, offenbart 
sich hier, ἀλεξίκαχος χαλλίνιχος. wir hören in den herrlichen liedern 
des chores die alten lieben geschichten, die märchen, die der kindes- 
glaube sich von ihm erzählt; sie werden zum teil, und zwar etwas so 
bedeutsames wie die εὐδαίμων ἦβα und das λυγρὸν γῆρας, ihrer my- 
thischen hülle entkleidet und in dem tiefsten sinne wahr und fromm ge- 
deutet; das gilt bis zu einen gewissen grade auch von der gotteskindschaft. 
wir sehen, wie vater und gattin und volk ihr leben in dem helden haben, 
der endlich, endlich vor uns tritt, und wir sehen diesen zwar auch als 
helden, denn wie er da ist, ist die rettung so sicher, dafs ihre ausführung 
kaum noch interesse erweckt, aber wir sehen ihn vor allem als menschen, 
als liebenden gatten und vater. πάντα τἀνϑρώπων ἔσα sagt er 
selbst: dies bild, und dazu der paean des chores an den gott, das gibt 
den ganzen echten Herakles der sage. man mag kein wort an die 
moderne erbärmlichkeit verlieren, die diese lieder für locker mit dem 
drama verbunden hält; dafs Jugend und Alter in der sage personen 
waren, die als solche mit Herakles in nächster berührung standen, davon 
ist dieser blödsichtigkeit nichts aufgegangen. 


Handlung und charaktere. 121 


Euripides konnte auch den ton des alten glaubens treffen, wenn er 
wollte. hier hat er’s bewiesen. aber er war über diesen glauben hinaus; 
nur als folie konnte er ihn brauchen, und nur um des grellsten con- 
trastes willen hat er diese scenen so stilisirt. der heros soll von seiner 
höhe in den tiefsten abgrund der verschuldung stürzen, der mensch in 
seinen reinsten menschlichen gefühlen getroffen werden, und das vertrauen 
auf die göttliche gerechtigkeit, kaum dals es der chor bekannt hat (772) 
durch die schandtat Heras schmählich lügen gestraft werden. welche 
erschütterung einst die zuschauer erfahren haben, die weder durch den 
titel") noch durch irgend eine andeutung in dem ersten teile des dramas 
auf das kommende vorbereitet waren, kann man noch jetzt erleben, 
wenn man das gedicht unverbildeten menschen, denen der stoff ganz 
neu ist, nahe bringt. das grauenvolle, plötzliche, daemonische wirkt 
so überwältigend, dals vor dieser erschütterung alles andere zunächst 
gänzlich verschwindet'°). nicht viele tragoedien aller zeiten erzielen eine 
solche erschütterung, und der dramatiker, der nicht regeln innehalten, 
sondern seelen packen will, wird des kunstrichters spotten, der ihm vor- 
halten wollte, es wäre nicht erlaubt, ein theaterstück so zu zerreifsen, 
es ist auch nicht wahr, dafs es keine einheit hätte, denn diese liegt 
in der person des Herakles'’), aber die notwendigkeit ergab sich aller- 
dings für den dichter, gewissermalsen von neuem anzuheben, einen zweiten 
prolog zu schreiben. er exponirt das folgende durch die einführung 
von Iris und Lyssa. scharf gliedert er durch den wechsel des vers- 
mafses diese scene. denn Lyssa, der wahnsinn, ist, so lange ruhig ge- 
redet wird, eine göttin wie andere: erst ihre trochäen zeigen sie am 


15) Vgl. die bemerkung zu dem titel vor dem textabdrucke. 

16) Belehrend ist die vergleichung mit Seneca, der die zukunft in einem prologe 
verkünden läßt und dadurch das interesse des lesers an der rettung der kinder 
vorab vernichtet. denn wenn sie doch fallen sollen, so möchte man ihnen den tod 
durch die hand des vaters ersparen. so hat die falsche beobachtung eines angeblichen 
dramatischen gesetzes die wahre dramatische wirkung geschädigt. dafs Lessing in 
seiner jugendarbeit, der vergleichung des Seneca und Euripides, anders urteilt, ist 
nicht befremdlich; er steht dort noch im banne der regeln, die er selbst später ge- 
sprengt hat. 

17) Genau ebenso ist die Hekabe in wahrheit ein einheitliches drama; Polyxena 
und Polydoros sind nur da, um Hekabes entwickelung bis zur teufelin glaublich zu 
machen: der dichter hat sich vorgesetzt, die chersonesitische sage menschlich zu 
fassen, die die heldenmutter in eine hündin verwandelte. dramen, die eine psycho- 
logische entwickelung geben, haben eben eine andere einheit als solche die nur eine 
handlung darstellen. dagegen Andromache zerreifst wirklich und ist ein schlechtes 
stück, 


122 Der Herakles des Euripides,. 


werke; sie dienen bereits der aufgabe, den wahnsinn des Herakles zur 
anschauung zu bringen. die sendung des wahnsinns konnte Euripides 
nur als ein verbrechen Heras ansehen, einen hohn auf die göttlichkeit 
der göttin. ihm war sie nicht heilig, er scheute sich nicht sein urteil 
auszusprechen, aber sie war doch im cultus die himmelskönigin, und so 
mied er sie selbst einzuführen, zumal sie das interesse zu stark abge- 
zogen haben würde. Iris, die dienerin, hat er dagegen mit wenigen 
strichen meisterlich aber rücksichtslos mit der gehässigkeit gezeichnet, 
welche er gegen jeden λάτρες hat, der sich zum werkzeuge der tyrannen- 
laune erniedrigt und im gefühle seiner verkauften freiheit gern wichtig 
macht. als χῆρυξ'), oder noch besser als kammerzofe Heras erscheint 


18) Der hafs des Euripides gegen die herolde ist schon im altertum bemerkt 
(Or. 895 mit schol.). schon die Herakleiden enthalten die bissige stelle, ‘alle 
herolde lügen das doppelte und berichten, sie wären nur mit genauer not mit dem 
leben davongekommen’ (292). Erechtheus und Hiketiden zeichnen zwei solche ge- 
sellen, just während die fremden gesandtschaften in Athen zum Nikiasfrieden ver- 
sammelt sind. Talthybios in Hekabe und Troerinnen ist ein braver mann, aber er 
schämt sich seines amtes (Tr. 786), und erhält doch von Kassandra, die er ohne 
arg Adross genannt hat, dieses schimpfwort ins gesicht zurückgeschlendert, er sei 
selbst Adress, als κῆρυξ ἂν ἀπέχϑημα πάγκοινον βροτῶν (424. 26. 25 so zu ordnen). 
nun war der herold nicht ehrlos wie der praeco, es war sogar der ἡταιρηκώς dazu 
nicht qualifizirt (Aischin. 1, 20), aber es war doch ein gewerbe, dessen man sich 
etwas schämte (rede wider Leochares 4), noch Theophrast (char. 6) erklärt es für 
das handwerk eines drrowsvonudvos. die officielle schätzung war anders, wie natür- 
lich. abgesehen von den alten zeiten, welche in Athen und Paros (Κηρυκέδη Archi- 
lochos) adliohe geschlechter von herolden entstehen liefsen (Aristot. u. Athen I 202), 
kam sich in den zeiten der restaurirten demokratie Eukles sehr stolz vor und ver- 
erbte amt und ruhm den seinen (Andok. I 112, ΟἿΑ U 73), ja er hat sich einen ahn 
gezeugt; denn weil der herold des rates im 4. jahrhundert Eukles hiefs, hat ein 
historiker jener zeit einen solchen für die schlacht von Marathon erfunden (Plut. 
de glor. Ath. 3). die subalternbeamten sind in der selbstverwaltung ebenso wichtige 
wie bedenkliche elemente. der oligarch rechnet es zur demokratischen tendenz, die 
processe der bündner nach Athen gezogen zu haben, weil es dann die herolde besser 
haben (7704 43.1, 16). weshalb sie das taten, ist nicht klar, die auctionssporteln 
können es nicht machen (Bekk. An. 255. Harp. xnpvxeia); zum teil sind es sporteln 
gewesen (CIA I 37. 38, leider unverständlich), aber wol mehr trinkgelder. das 
publicum hat immer mehr geurteilt wie Euripides. der Hermes in Aischylos Pro- 
metheus hat nur einen leisen zug, der im Frieden und vollends im Plutos des Aristo- 
pbanes ist ganz ein gemeiner κῆρυξ. und die aristophanische Iris, wol auch schon 
die des Achaios, hat auch etwas von den euripideischen zügen. die kammersofen 
trifft das übertreibende wort des Hippolytos 646; sie sind in der älteren griechischen 
litteratur sonst wenig ausgebildet. die τροφόν ist meist nur confidente. da hat die 
neuere komödie in den 4#poas ohne zweifel mehr und feineres geboten als ihre nach- 


Handlung und charaktere. 123 


Iris, die nicht nur zu dem verbrechen ihrer frau willig hand anlegt und 
die hohe göttin Lyssa hofmeistert, sondern bei jeder gelegenheit ein- 
schärft, dafs ‘wir, die berrschaft und sie selbst, also belieben. 

Lyssa unterscheidet sich nur im namen von andern verderben und 
tod bringenden dämonen, welche in der archaischen kunst besonders zahl- 
reich sind, such auf der bühne der grolsen zeit eingebürgert, wenn auch 
vielleieht nicht 30 häufig, wie in der späteren eflecthaschenden zeit’). 
wie die mytbischen genealogien dieser wesen wechseln, so auch ihr name, 
zumal da den späteren die alte erhabene bedeutung der Erinys schwand, 
so dafs diese sich such mit anderen höllenwesen vermischte und als der 
bekannteste der allgemeine name ward. so heilst denn der dämon des 
euripideischen Herakles selbst bei einem berichterstatter Erinys; Euri- 
pides redet neben ihr von Iloıval, ein name der auch sonst vorkommt, 
Assteas (oben 6, 85) läfst dem kindermorde Mavia zuschauen, u. 8. Κ΄. 
es kommt auf den namen also wenig an. aber Lyssa selbst war unter 
diesem namen von Aischylos in der dramatisirung der Pentheussage ein- 
geführt”), und da sie auf einem vasenbilde der edelsten malerei in 
ionischer, nicht attischer form _A140(0)« heifst”'), so war sie dem maler 
aus der litteratur bekannt. vielleicht hatte Euripides selbst zwar nicht 
Lyssa, aber eine wahnsinn sendende Erinys in dem Alkmeon’”) einge- 


bildungen bei den Römern und in der erotischen romanlitteratur, der die derbsten 
figuren, wie die Παλαέστρα des Ὄνος am besten gelingen. aber die Lisette des 
.tranzösischen lustspiels ist etwas neues. 

19) Die Armut des aristophanischen Plutos wird für eine Ερενὺς ἐκ τραγῳδέας 
gehalten, 422. Ποιναὲ ἐν ταῖς τραγῳδέαις Aischin. 1, 190. im costüm einer Erinys 
läuft der e, g. kynische philosoph Menedemos herum, Diogen. Leert. 6, 102 (die ver- 
irrung Gerckes Rh. Mus. 47, 319 wird hoffentlich nicht glauben finden). eine ganze 
reihe solcher personificationen führt das verzeichnis der masken für das repertoir 
der hellenistischen zeit an, das bei Pollux IV 141 steht; auch Lyssa ist darunter 
u. dgl. m. eine anzahl von darstellungen auf vasen verzeichnet Körte, über die dar- 
stellung psychologischer affeete in der vasenmalerei. 

20) In den Xantrien 169. es sind worte, die Adooa ἐπεϑειάξουσα ταῖς Bäxyaıs 
sprach. doch bleibt die möglichkeit, dafs sie nur in einer botenrede standen. eine 
sichere herstellung des inhaltes der aischyleischen Pentheusdramen ist noch nicht 
gelungen. 

21) Ann. dell’ instit. 1885. 

22) Bervius, oder vielmehr Asper zu Aen. 7, 337 bemerkt, bei Euripides sage 
die Furie se non unius esse potestatis, sed se fortunam, se nemesin, se falum, 
se esse necessitatem (fgm. 1022). das war etwa οὐ γὰρ πέφυκα δυνάμεως nparelr 
müs All’ εἰμὶ νόμεσιΘ καὶ τύχη καὶ uolg’ ἐγὼ, ἐγὼ δ᾽ ἀνάγκη. ich habe das 
lange mit der namentlich durch die nachbildung des Ennius bekannten grofsen wahn- 
sinnsscene des Alkınson combinirt, und es scheint mir an sich noch ansprechend. 


124 Der Herakles des Euripides. 


führt, den er 438 mit Telephos und Alkestis aufgeführt hatte. aber 
man würde keiner zeugnisse bedürfen um zu erkennen, dals Lyssa 
bereits eine wolbekannte bühnenfigur war. denn Euripides hat sie ihrem 
eigenen wesen entfremdet. sie warnt vor dem frevel, beurteilt also ihre 
natur selbst als etwas gleichsam aufser ihr. damit ist die personification 
des wahnsinns innerlich aufgehoben. das war nur möglich, wenn die 
phantasie sich so stark daran gewöhnt hatte den wahnsinn, weil er 
dämonisch wirkt, in der gestalt eines dämons zu sehen, dals dieser 
dämon eine persönlichkeit auch abgesehen von der sphäre seines wirkens 
scheinen konnte. auf diesem wege sind freilich sehr viele göttliche ge- 
stalten zu umfassender, wol gar zu universaler potenz gekommen; ist 
doch der gottesbegriff' selbst zunächst nur ein prädicatsbegriff und hat 
sich allmählich nicht nur zu einem subject erhoben, sondern das, wovon 
er die göttlichkeit prädicirte, zu seinen prädicaten gemacht. aber so 
lange eine personification ganz durchsichtig ist, verstölst eine solche er- 
bebung in das universelle wider den natürlichen sinn, wider die logik 
und die religion. eine “ύσσα σωφρονοῦσα ist eine contradictio in ad- 
jecto und eine blasphemie so gut wie die frivolität Heras und die ver- 
worfenheit der Iris. für Euripides ist beides gleich bezeichnend: ihm 
sind alle göttlichen figuren ja doch nur conventionelle fictionen einer 
religion, die seinen vorstellungen vom wesen der gottheit widerspricht. 
wenn er den volksglauben, indem er ihm folgt, ad absurdum führt, so 
ist es ihm ganz genehm., 

Erst in dem momente, wo Lyssa sie selbst wird, der dichter also 
in die bahnen der echt mythischen vorstellungen zurücklenkt, hebt sich 
auch sein gedicht wieder zu der höhe einer reinen wirkung. er hat 
hier eine seiner höchsten leistungen erreicht, die darstellung des wahn- 
sinns nicht nur, sondern auch des grausenhaften verbrechens, ohne dafs 
doch das geschehende geschaut wird: die wirkung auf die seele ohne 
wirkung auf das auge. den wahnsinnigen Herakles selbst einzuführen 
würde Euripides nicht gescheut haben: hat er es doch mit Alkmeon und 
Pentheus getan. aber die blutigen verbrechen vertrug das feingefühl 
des volkes nicht, das nun einmal rohheiten, wie sie Shakespeares tragö- 
dien entstellen und ohne das attische vorbild auch die heutige bühne 
beherrschen würden, schlechthin ablehnte; vielleicht nur weil es das 


aber bei Servius steht nicht, dafs diese Furia wahnsinn sandte, und vom Alkmeon 
ist nicht bekannt, dafs ein dämon in ihm auftrat. denn die von mir früher so ge- 
deutete stelle Tatians (24) redet richtig verbessert nur von dem wahnsinnigen selber, 
vgl. Nauck trag. fgm. p. 330 und mein programm de trag. Gr. fragm. 14. 


Handlung und charaktere. 125 


spiel so ernsthaft nahm. vielleicht aber waren vielmehr seine dichter 
so weise, einzusehen, dals sie so die seele viel tiefer erschüttern könnten. 
daß dem so ist, beweist am besten Seneca, der wieder sein vorbild hat 
übertreffen wollen, übrigens einige entschuldigung hat, da er ja nur für 
die recitation dichte. das stand also für Euripides von vorn herein 
fest, dafs er die kinder nicht auf der bühne umbringen lassen konnte. 
die herkömmliche poetische technik bot ihm als ersatz sowol den boten- 
bericht wie das ekkyklema, welches die unmittelbar auf die katastropbe 
folgende situation zu zeigen ermöglichte. er konnte also in einem 
doppelten reflexe die tat veranschaulichen, durch die epische erzählung, 
welche wesentlich ohne trübung durch das medium eines berichterstatters 
wirkt, und durch die lyrische beleuchtung seitens der beteiligten nach 
der tat, also die mitteilung der frischen teilnehmenden empfindung an 
den zuschauer. von beidem hat Euripides gebrauch gemacht, beide teile 
mit grolser liebe ausgearbeitet, im botenberichte mit dem epos ausdrücklich 
rivalisirend, die folgende gesangnummer mit allen mitteln der neuen 
ausdrucksfähigen musik ausstattend. aber das hat ihm nicht genügt. 
er hat in der person Lyssas die mythische versinnlichung des psychi- 
schen affectes zur einleitung verwandt, und er hat die sonst häufig und 
auch von ihm für den tod des Lykos schon verwandte sitte, einzelne 
rufe hinter der bühne ertönen und von dem chore gedeutet werden zu 
lassen, in einziger art erweitert und gesteigert, einmal dadurch, dafs sie 
die einzelnen acte der drinnen vorgehenden handlung hervorheben, zum 
anderen dadurch, dafs die rufe selbst nichts tatsächliches melden, sondern 
der chor in visionärer erleuchtung die erläuterung gibt, so dafs der 
zuschauer, ohne sich davon rechenschaft geben zu können, in das reich 
des wunders mit entrückt wird. es gibt nur eine vergleichbare scene, 
die visionen Kassandras vor der ermordung des Agamemnon und diese 
selbst. die vergleichung mag der leser anstellen und sich im einzelnen 
überzeugen, dafs die beiden dichter jeder in seiner art ein höchstes er- 
reicht haben. 

Die wahnsinnsscenen haben im altertum wenigstens den verdienten 
erfolg gehabt; der in seiner art ebenso vollkommene schlufsteil dagegen 
viel weniger. es ist das begreiflich, denn er gehört in form und gehalt 
weit eher auf eine moderne bühne, selbst hier aber würde er von den 
breiten philistermassen nicht gewürdigt werden, denen die Natürliche 
tochter und der schlufs des Tasso zu wenig handlung haben. in der 
tat, wie Goethe auf der höhe seiner kraft und künstlerischen reife in 
den tiefen des einfachsten strengst stilisirten dialoges die leidenschaften, 


126 Der Herakles des Euripides. 


begierden und schmerzen der menschenseele begräbt, weil er gelernt 
hat, dafs nicht was wir äulserlich erdulden, sondern was im herzen be- 
schlossen bleibt, das wahrhaft tragische ist, so dafs das äufsere auge 
meint, es geschähe gar nichts: ebenso hier. sobald Herakles erwacht, 
ist handlung scheinbar nicht mehr vorhanden. er erfährt was er getan 
hat, will sterben, Theseus kommt, sie reden hin und her, aber nicht der 
zuspruch des Theseus, sondern ein freiwilliger, scheinbar ganz unver- 
mittelter entsehlufs bestimmt den Herakles nach Athen zu ziehen. ist 
das nicht etwa blofs eine zu weit ausgesponnene schlußsseene ohne inneren 
wert? dann hätte Euripides schwer gefehlt, denn er führt eine neue 
person ein, auf deren erscheinen er kurz aber verständlich schon früh 
vorbereitet hat (619), und die er bei ihrem auftreten nicht nur selbst sich 
sehr passend einführen läfst, sondern durch ein kleines Iyrisches stück 
hervorhebt: nach der bühnenpraxis ist also Theseus als eine wesentlich in 
die handlung eingreifende figur gekennzeichnet. aber allerdings, Theseus 
tus nicht viel, und er ist nicht einmal mit bestimmten farben als em 
individueller charakter gekennzeichnet. auch die immerhin nicht verächt- 
liche erwägung schlägt nicht durch, dafs in Athen für Athener Theseus 
einer besonderen charakteristik nicht bedarf, da er ja immer vertreter 
Athens und seiner yılosevia nnd εὐσέβεια ist. demn Euripides hat 
gerade hier am wenigsten mit den populären instineten der zeitgenossen 
gerechnet: wenn er Theseus nur als menschen und freund einführt, so 
mufs er eben diese besehränkung gewollt haben. auch das kann nicht 
unabsichtlich sein, dals die äußere form der letzten scene so grell 
von der vorigen absticht. der chor wird geradezu als nicht vorhanden 
behandelt; selbst bei dem auftreten des Theseus, wo doch eine ge- 
sangpartie eingelegt ist, schweigt er. und statt der bewegten bilder 
und des lebhaften spiels, nicht blofs in der wahnsinnsscene, sondern 
auch im ersten teile, verharrt nun Herakles, an dem unser interesse hängt, 
unbeweglich vor der säule sitzend, und treten erst Amphitryon, dann 
Theseus nur ein par mal an ihn heran: im wesentlichen bewegt sich 
nur das gespräch hin und her, nicht die redner, und wenn der schlufs 
ein plastisches bild voll rührendsten affectes bietet, Herakles seinen arm 
um des freundes schulter schlingend und schwankenden schrittes von 
der bühne fortziehend”), so hebt der dichter hervor, dals dieses bild ale 
widerspiel des ungleich reicheren gedacht ist, welches die scene des 


23) Es sei daran erinnert, dafs die großse malerei der polygnotischen zeit eine 
solche gruppe dargestellt hatte, welche vielfache nachbildung und umbildung erfuhr. 
Benndorf Heroon von Gjöl Baschi 114. 


Handlung und charaktere. gehalt des dramas. 127 


rettenden Herakles abschlols. in allem dem ist der wille unverkennbar, 
etwas anderes, neues, schlicht menschliches im gegensatze zu dem her- 
kömmlichen, bunt mythischen zu liefern. dem entspricht auch die 
führung des dialoges und die sprachliche stilisirung. da ist nichts mehr 
von der archaischen pracht der rhythmen und der bilder, wie in den 
ersten chören und Lyssas raserei, auch nichts von dem sophistischen 
feuerwerke der wortkämpfe. hier steht empfindung wider empfindung; 
in schlichtesten worten die tiefsten gedanken, zwar oft zur allgemein 
giltigen sentenz abgeschliffen, aber nicht als schmmckstück, gleich 
gut und schlecht überall aufzusetzen, sondern dureh den, der den spruch 
prägt, und den ort, wo er es tut, bedeutsam. es ist eine jener 
euripideschen partien, die mit dem conventionellen attischen stile wirklich 
streiten, noch viel mehr also mit den conventionellen vorstellungen der 
modernen von attischer weise. so darf die ‘antike’ nicht empfinden und 
dichten; das ist gleichermafsen wider die hoffart der ‘modernen’, wie 
wider die beschränktheit derer, die sich dem “geiste des altertums’, d. h. 
dem conventionellen heroentume des classicismus, zum selaven, geben. 
ob es sein höchstes ist, was Euripides mit solchen partien erreicht hat, 
stehe dahin: ein höchstes, was ihm kein tragiker vor Goethe (auch 
Shakespeare nicht) nachgetan hat, ist es gewils. 

Aber rückhaltlos mufs bekannt werden, dafs der schlufsteil grell 
von dem übrigen drama absticht, so grell, dafs sie sich gegenseitig in 
ihrer wirkung beeinträchtigen. zuerst steht der leser unter der sinn- 
licheren gewalt der bühneneffecte und der handlung; hat er dann die 
gedankentiefe des schlulsteiles erfalst, so kann sie leicht gegen das 
frühere ungerecht machen. beschönigt soll diese disharmonie nicht 
werden; verstanden soll werden, dafs sie zu der disharmonie in vollem 
einklange steht, die der dichter in seinem stoffe gefunden hatte und zur 
darstellung gebracht hat. 

Der erste teil gibt den Herakles der sage und des volksglaubens 
wieder, den Euripides in seiner ganzen grölse erfalst hatte. er schildert 
ihn unter den mythischen voraussetzungen, und diesem bilde entspricht 
die glanzvolle, nicht selten bewulst archaische stilisirung. das bild der 
alten dorischen apera stellt uns den dichter dar, in seiner ganzen er- 
habenheit. aber das tut er nur um es dann zu zerschlagen. denn er 
hat nicht nur den glauben daran verloren, ihm erscheint dies ideal un- 
zulänglich, unsittlich: er will es bekämpfen. der glaube an den einge- 
bornen menschenadel, der aus eigener kraft das gute kann, sich mit 
eigener faust den himmel erstreitet, der glaube an die menschliche αὖ- 


Gehalt des 
dramas. 


128 Der Herakles des Euripides. 


τάρχεια ist für ihn ein wahn. der mensch ist schwach, glaubt Euripides. 
er weils nicht das gute, und wenn er’s weils, wird des fleisches schwäche 
ihn das gute nicht vollbringen lassen. und die Heraklessage zeigt den 
menschen vollends nur als den mann der tat, der gewaltsamen blutigen : 
Euripides kennt eine höhere sittlichkeit, und er weils, dafs die dorische 
mannestugend, die ἀρετά und εὐγένεια des ϑρασυμήχανος an sie nicht 
heranreicht. Euripides bekennt wie Leo Tolstoi μεσεῖ 6 ϑεὸς τὴν βίαν: 
gewalt wird frieden nicht schaffen, am wenigsten im eigenen herzen. er 
nimmt deshalb die ganze grölse des Herakles der sage nur auf, um 
ihre unzulänglichkeit zu zeigen, den allsieger selbst zu einem bilde der 
menschlichen sündhaftigkeit und schwäche zu machen. dazu schien 
ihm der kindermord eine handhabe zu bieten. aber er hat ihn nicht 
nur äulserlich zu einem exempel benutzt, er hat vielmehr selbst die 
schickung Heras, die eine begründung des wahnsinns gewesen war, um 
Herakles die verantwortung für die bluttat zu nehmen, zu einem äufser- 
lichen mittel der veranschaulichung gemacht: die tat aber ist eine folge 
der herakleischen eignen natur geworden. das dorische mannesideal 
beruht auf einer ungeheuren überschätzung der menschengröfse: die führt 
nicht in den himmel, die führt zum grölsenwahnsinn. das bedeutet die 
neuerung des Euripides, dafs Herakles seine kinder erschlägt, gerade als 
seine lebensaufgabe erfüllt ist, oder wie Herakles selbst es bitter be- 
zeichnet, dals diese tat sein dreizehnter d3Aog ist. die tiefste erniedrigung 
ist an die stelle der verklärung getreten, mit der der Dodekathlos schlofs. 
trotz der verzerrenden ausführung mufls man Seneca zugestehen, dafs er 
für die tendenz der euripideischen dichtung die richtige empfindung ge- 
habt hat, wenn er seine Iuno fürchten läfst, dafs Herakles seiner dienst- 
barkeit ledig wird gott werden wollen. auch Euripides stellt uns 
sinnfällig die frage, was wird der χαλλέίγιχος tun, wenn er nichts mehr 
zu bezwingen hat. so lange ihn die aufgabe seines lebens von arbeit 
zu arbeit rief, blieb er sittlich, hielten ihn die schranken der menschheit. 
jetzt gibt es nichts mehr zu bezwingen, jetzt ist er frei. wie wird er 
die freiheit benutzen? wir sehen es. die welt hat er überwunden: nur 
einer ist noch übrig, er selbst: dem erliegt er. da er sich von dem 
letzten gerecht vergossenen blute reinigen will, schrickt er zurück. der 
blutdunst, in dem er sein leben lang gewandelt ist, hat seinen sion 
umnachtet, er kann aulser ihm nicht leben. hervorbricht ein wilder hafs, 
zunächst gegen den auftraggeber, dessen joch er nun doch los ist, her- 
vorbricht eine grenzenlose eitelkeit, die sich selbst zum sieger ausruft, 
eine sinnlose zerstörungslust, die Mykenes mauern aus den fugen reifsen 





Gehalt des dramas. 129 


will: er ruht nicht, bis er wieder blut vergielst, sein eigenes blut. so 
rast er bis zur physischen erschöpfung. und keinesweges ist der aus- 
bruch der raserei in seinem character unvorbereitet. als er die gefahr 
der seinen erfahren hat, flammt er ebenso in jähem sinnlosem zorne 
auf, will ganz Theben zusammenschlagen und würde ohne die besonnen- 
heit seines vaters durch diese hitze seinen ganzen anschlag gefährdet 
haben. nicht minder verstockt er sich in eitlem trotze, als er seiner 
untat inne geworden ist; nicht mitleid, trauer, tränen hat er, er lästert 
die götter, er weidet sich an seinen heldentaten, er will sterben trotz 
den göttern, aüdadig. sein verbrechen kommt aus derselben wurzel 
seines wesens wie seine heldengröfse: die welt zu bezwingen, die welt in 
trümmer zu schlagen reicht die dorische ἀρετά vielleicht aus. aber sie 
ist nicht göttlich, weil sie nicht menschlich ist. erst der mensch, der 
sich seiner schwäche bewulst ist, wird den wahren menschenadel zu üben 
stark genug sein, sich selbst zu bezwingen und sich zu bescheiden. 

Das ist es, wozu Theseus, nicht der held, sondern der mensch und 
seine liebe eingeführt wird. des freundes bedarf Hoerakles, auf den er 
sich stütze, der ihm die last des lebens tragen helfe. die liebe scheut 
eich nicht vor der befleckung menschlicher sünde, sie weils dafs der fluch 
nicht ansteckt, und vor der reinen menschenliebe weichen die Erinyen, 
die das verstockte herz bewohnen: diese entsühnung ist es, welche Theseus 
dem Herakles bietet, darum preist dieser in seinem letzten worte den wert 
dieser freundesliebe, an der Amphitryon (55) und Megara (559) ver- 
zweifelt hatten. und diese liebe hat sich Herakles verschafft durch eine 
tat, die ihm kein schicksal und kein Eurystheus auftrug, durch eine tat 
freiwilliger hingabe, darum die einzige, an die er auch in tiefster ver- 
bitterung gerne gedenkt (1235)”). die menschheit hat ihre eigene un- 
zulänglichkeit einsehen gelernt in bittersten erfahrungen, darum genügt 
ihr die Heraklesreligion nicht mehr: aber sie hat auch die himmlische 
kraft erkennen gelernt, mit welcher sie die wunden lindern kann, die 
sie sich selbst in ihrer überhebung schlägt: die kraft der liebe. 

Aber diese hoffnungsfreudigen töne sind nicht die einzigen, in die 
das drama ausklingt, ja es sind nicht die welche am meisten ins ohr 
fallen; der dichter schlägt sie an, ahnungsvoll mehr und in ein anderes 
reich des empfindungslebens weisend, als dem sein held und die helden 
seines volkes angehören. es ist ja nicht der appell der freundschaft, 


24) So fällt auch starkes licht auf das wort des Herakles und des chorea, dafs 
die rettung der kinder eine freiwillige tat ist (583): nur das ὁκούσεον kann etwas 
sittliches sein. 

v. Wilamowitz I. 9 


180 Der Herakles des Euripides. 


dem sich Herakles ergibt: er nimmt die kraft des letzten entschlusses 
wenigstens scheinbar aus eigner seele. Euripides wollte Herakles als ideal 
der selbstgenügenden menschenkraft trotz alledem darstellen, nur nicht 
das der archaischen, sondern das der sophistenzeit. darin liegt eine ge- 
wisse incongruenz, eine schädigung des wunderbaren freundschaftsmotivs, 
gewils: aber darin liegt zugleich die tiefste offenbarung seines eigenen 
glaubens. Herakles der sohn des Zeus, den Hera verfolgt, Hera und ihre 
eifersucht, die ganze bunte götterwelt und die heldensage, das ist ja 
alles nicht wahr, das ist ja nichts als eine gotteslästerliche erfindung der 
dichter. wenn es eine gottheit gibt, so darf ihr nichts von menschen- 
ähnlichkeit und beschränktheit anhaften. so schlägt Herakles mit den 
waffen des Xenophanes die ganze schöne welt in trümmer. seine eigenen 
gotteslästerungen fallen damit freilich hin: aber um so entsetzlicher lastet 
auf ihm der fluch seiner eigenen menschlichen sünde. und ob es einen 
solchen sittlichen gott gibt, darauf erfolgt keine antwort. das ist ant- 
wort genug: der helle jubelruf über die göttliche gerechtigkeit, den der 
chor vorher erhoben hat (772), gehört nicht nur dem teile des dramas 
an, der die voraussetzungen der mythen fest hielt, er ist sofort durch 
Iris und Lyssa lügen gestraft. nein, Herakles lehrt uns etwas anderes: 
“elend’ ist das stichwort seiner letzten rede. das leben ist auf seinen 
wert hin geprüft und hat die probe schlecht bestanden: so urteilte im 
angesicht des todes auch Amphitryon (502). aber der schlofs daraus was 
die menge schlielst, genielse das heut: Herakles sieht tiefer. das leben 
an sich ist ihm kein genufs, sondern eine qual. und dennoch lebt er 
weiter, trägt er dies sclaventum selbst und bittet die seinen, ihm tragen 
zu helfen. den selbstmord verwirft er ganz ausdrücklich. so nimmt der 
dichter auch zu der oetäischen sage stellung, die ihm diesen abschluls 
bequem darbot, etwa wie ihn die Kyniker gefalst haben. er stand höher, 
wahrlich nicht, weil ihm das leben allzu lieb gewesen wäre; darüber ist 
schon seine Megara (111) erhaben. o nein, zu leben ist unendlich 
schwerer als das leben fortzuwerfen: aber das ist menschenadel und 
menschenmut, den schritt der feigheit nicht zu tun. so überwindet der 
weltenüberwinder sich selbst; aber ach, wozu? dem elend und der schwach- 
heit des daseins fest und ohne illusion ins auge zu schauen, und zu 
sprechen: ich trag’ es dennoch *). 


25) In Georg Forsters briefen aus Paris findet sich dieselbe gesinnung wieder, 
die Herakles und Euripides hier äufsern: und vielleicht hilft diese äußerung der 
verzweiflung dem leser am besten dazu, den tiefen schauder nachzuempfinden, den 
Euripides erwecken will, aber erst erweckt, wenn man durch die hülle der stilisirung 


Gehalt des dramas. 131 


Schopenhauer hat ja wol in der tragödie die predigt des pessimismus 
gehört, unfähig, wie die philosophen meistens sind, zu würdigen, dals 
die poesie und zumal ihre älteste und machtvollste erscheinungsform, die 
sage, ein vollbild der in einer bestimmten zeit und cultur vorhandenen 
stimmungen und weltanschauungen gibt, also jederzeit optimistisch und 
pessimistisch zugleich ist. aber der Herakles des Euripides in dieser seiner 
letzten und bedeutsamsten rede ist allerdings eine erschütternde predigt 
von menschenschwäche und weltelend. sehr verbreitet und eben wieder 
aus der wurzel philosophischer abstraction erwachsen ist das bestreben, 
eine jede tragödie auf die formel einer “grundidee’ zurückzuführen. das 
ist nun wol nichts als eine der formen des verderblichen irrtums das 
fabula docet für älter als die fabel zu halten, des irrtums, die sage zu 
vergessen, im drama speciell irgend einer toten formel nachzujagen, statt 
in der handlung, dem uösoc, die hauptsache zu sehen und in der dra- 
matisirung eines μῦϑος die tätigkeit des dichters zu begreifen. vor diesem 
ırrttum sollte doch wahrlich Aristoteles jeden bewahren. aber es ist für 
manchen vielleicht verführerisch, in dieser pessimistischen rede die ten- 
denz des Euripides offenbart zu sehen; ein anderer möchte geneigt sein, 
die sprüche von der freundschaft gewissermalsen als leitmotiv zu ver- 
folgen. vor allen solchen misgriffen bewahrt, abgesehen davon, dafs 
keine einzelne solche formel die tiefe des ganzen dramas erschöpft, die 
erkenntnis, dals die sage und der dichter als individuum in seinem ver- 
hältnis zu ihr, wie er ihr folgt und von ihr abweicht, das verständnis 
erst aller einzelnheiten, dann des ganzen liefert. das ist freilich schwerer 
zu erlangen, als wenn man sich eine formel aus dem vorliegenden drama 
destillirt, und es wird sich in ein kurzes schlagwort nicht zusammen- 
fassen lassen. die Heraklessage hat Euripides in sich aufgenommen, sie 
bat er aus seinem geiste neugeboren, nicht die vereinzelte geschichte vom 
kindermorde, sondern den innersten gehalt der ganzen sage. mit gewalt- 


bindurch dringt “für mich kann weiter nichts mehr sein als arbeit und mühe — 
um was? um elende selbsterhaltung in einem genufs- und freudeleeren dasein. 
hundertmal habe ich nun schon erfahren, dafs es grölser ist zu leben als zu sterben. 
jeder elende hund kann sterben. aber wenn hernach der teufel — oder wer ist 
der schadenfrohe zähnefletschende geist in uns, der so einzusprechen pflegt? — wenn 
der fragt, was ist dir nun die gröfse? bist du nicht ein eitler narr, dich für besser 
als andere zu halten? o mein gott, da versink’ ich in meinem staub, nehme meine 
bürde auf mich und denke nichts mehr als: du mufst, bis du nicht mehr kannst. 
dann hat’s von selbst ein ende.’ sechs wochen darauf ist Forster gestorben. (Iuliau 
Schmidt gesch. d. deutschen litt. III 217.) 
9* 


182 Der Herakles des Euripides. 


tätiger, man mag sagen, pietätloser hand hat er zerschlagen, was seiner 
weltanschauung nicht genügte, in anderem wieder ist die sage stärker 
gewesen als er. ganz individuelles hat er eingemischt, ganz conventio- 
nelles hat er beibehalten. 

Ohne zweifel ist dabei ein werk herausgekommen, das nur immer 
mehr disharmonien zeigt, je tiefer man in seinen geist eindringt, und es 
wird naturen geben, die niemals die unbehaglichkeit überwinden 
können, die solche tief innerlichen widersprüche bereiten. man mag viel- 
leicht die dichter und die zeiten glücklich preisen, die eine volle harmonie 
erreichten oder zu erreichen schienen, sich und uns. die ehrlichkeit und 
energie des dichters wird bei keiner vergleichung verlieren, der den zwie- 
spalt, den er in der welt und der sage und in sich empfindet, auszu- 
sprechen und zu verkörpern wagt. aber glücklich war er gewils nicht. 
die disharmonie seiner Heraklestragoedie ist ein abbild der disharmonie, 
die für seine überzeugung zwischen der Heraklessage und der reinen 
sittlichkeit, zwischen dem mythos und der ächten religion oder philo- 
sophie vorhanden war. 

Der dichter: Diese seine überzeugung aber ist ein abbild von der disharmonie 
werke. in seiner eignen seele. seine poesie, der er sein arbeitsames leben wid- 
mete, lebte in der welt des schönen scheines der sage, derselben welt, die 
seine sophistik zerstörte oder verneinte. und er dichtete dennoch weiter. 
unaufhörlich verkehrte er mit den gebilden der sage, schuf er solche 
gebilde, und es waren doch alles für ihn nur ἀοεδῶν δύστηνοι λόγοι. 
auch diese überzeugung verleugnete er niemals, mochte sie ihm auch den 
äußserlichen erfolg zumeist verkümmern. dieses werk, auf das er so viel 
fleils und liebe verwandt hatte, dem er mit dem eigenen herzblute leben 
gegeben hatte, trägt denn auch nicht nur unter der dramatischen hülle 
sein sophistisches bekenntnis verborgen, sondern er hat sich nicht gescheut 
das gelöbnis, trotz allem fortzuleben und fortzudichten, seinem lebens- 
werke treu zu bleiben wie sein heros, dem chore geradezu in den mund 
zu legen. οὐ παύσομαι τὰς Xapıras Movoaıs συγχαταμειγνὺς ἀδί- 
σταν συζυγέαν᾽ ἔτι τοι γέρων ἀοιδὸς κελαδεῖ ναμοσύναν. 80 
singt der chor unmittelbar nach der klage, das dem guten menschen 
nicht zum lohne für sein streben ein doppeltes leben gegönnt sei. kein 
fühlender leser kann verkennen, dafs diese gedankenreihe dem chore im 
eigentlichen sinne nicht gehört, weder den thebanischen greisen noch 
den attischen choreuten. das ist so gut individuell euripideisch wie alle 
betrachtungen der pindarischen chöre. es ist ein selbstbekenntnis des 
Euripides, es ist sein ἐγκαρτερήσω βίοτον. wer ihn lieb gewonnen und 





Der dichter in seinem werke. 133 


an seiner sphaere lang gesogen hat, dem ist es der schlüssel zu der 
tätigkeit seines greisenalters. die sophistik, die neue verständige welt- 
anschauung hatte ihm früh den glauben genommen; es mag sein, dals 
die mystik ihn in der jugend eine weile angezogen hat, aber er hat mit 
leidenschaftlichem hasse ihre ketten abgeworfen. bittere lebenserfahrungen, 
zu denen gewils auch der geringe äufsere erfolg gehörte, sind dann 
irgend wann einmal dazugetreten; er sah im leben hinfort nur noch eine 
sclaverei der τύχη. da hat er sich die frage vorgelegt, wozu noch 
dichten, noch leben, noch leiden ? aber er fühlte sich in der macht der 
Muse, die kraft des dichterberufes in seiner seele, der erhabene vorzug, 
sagen zu können, was er litt, blieb ihm treu, mochte ihn sonst alles 
verlassen: er hielt aus. wer so redet, wie er in diesem chorliede, der 
hat um einen entschluls mit sich gekämpft; nun ist er im reinen mit 
sich. es ist uns vergönnt, die tätigkeit des greises Euripides weit besser 
zu übersehen als seine jugend. sie stimmt zu dem was man nach diesem 
gelöbnis erwarten kann. eine fieberhafte hast, eine trostlose, friedlose, 
götter und menschen, güter und genüsse verachtende stimmung und da- 
neben eine schaffenskraft und kühnheit, ein unermüdliches haschen nach 
neuen aufgaben und neuen lösungen, eine immer junge empfänglichkeit 
für all das neue, gutes und arges, das um ihn aufkommt — man kann 
sich nicht genug tun, um die menschenseele zu schildern, der es mög- 
lich war, die reibe widerspruchsvoller werke zu schaffen. die troische 
tetralogie beginnt diese reihe. da erscheint die heldenwelt Homers in ent- 
gegengesetzter beleuchtung. Ilios wirft sich trotz den warnungen der 
seherin dem verführerisch schönen Alexandros in die arme, dem feuer- 
brande, der Asien und Europa verzehren wird. die Achaeer morden die 
weise nachtigall der Musen, die ränke des Odysseus und die lüste des 
Agamemnon triumphiren, in blut und brand versinkt Ilios, die götter aber, 
die den Achaeern die treusten beschützer waren, ziehen ihre hand von 
ihnen ab: ja Athena wird selbst die blitze in die abfahrende flotte 
schleudern. diese dramenreihe, aufgeführt 415, ist die absage an die 
vaterstadt. dann kommen gewagte versuche, ein intriguenstück, das sich 
stark nach dem lustspiele neigt, die Helena, phantastisch sentimentale 
rührstücke, Hypsipyle und Andromeda, aulische Iphigeneia. wieder grelle 
umdichtung altgeheiligter sage, Elektra, Oedipus, Orestes, eine häufung 
alter motive zu einem grolsen schauergemälde, Phoenissen. mitten zwischen 
solchen scenen eine verherrlichung des ϑεωρητιχὸς βίος, Antiope, end- 
lich die Bakchen, eine darstellung der wilden geister, die ihn in dem 
rasenden taumel hielten, und von denen er sich in der neuen umgebung 


Datirung 
des werkes. 





134 Der Herakles des Euripides. 


los zu machen suchte, indem er sie verkörperte”). da war ihm zu mute, 
als wäre er im hafen — aber es war nur das grab. der innere friede 
war für den dichter verloren; er hat auch kein werk mehr hervorgebracht, 
das uns auch nur in dem malse befriedigen könnte, wie es selbst der He- 
rakles noch kann. aber sich und den Musen ist er treu geblieben. 
Damit ist gesagt, dals Euripides den Herakles vor der troischen 
trilogie gedichtet hat, nicht allzulange, da er sich doch selbst einen greis 
nennt. wir sind aber auch in der lage, einen zeitpunkt anzugeben, nach 
dem das drama fallen muls, das jahr 421, in dem er den Erechtheus 
und die Hiketiden zur aufführung brachte”). in diesen dramen finden 
sich gerade zu den bezeichnendsten äulserungen des Herakles parallelen. 
auch der chor des Erechtheus (369) wünscht sich als lohn des sieges das 
haar zu bekränzen und zwar nicht zu dichten, aber die werke der weisen 
zu lesen. und die Hiketiden enthalten auch die sehnsucht nach einem 
doppelten leben, einfacher als der Herakles, um die fehler des ersten 
vermeiden zu können. und doch weht in den beiden patriotischen 
dramen ein ganz anderer geist —- es erfordert eine besondere dar- 
legung genau zu zeigen was sie sind, das erste ein patriotischer vo0- 
τρεπτιχός, das andere ein &rrıragıog. Euripides trat in ihnen als tragischer 
concurrent der ῥήτορες auf, sowol der sophistischen redner wie der 
staatsmänner. nicht um für die partei des Nikias oder des Alkibiades zu 
werben, obgleich er sich mit beiden berührt, sondern als σύμβουλος 


26) Dies der sinn der Bakchen. es kann niemand den Euripides ärger ver- 
kennen, als wenn er in ihnen eine bekehrung zum glauben der alten weiber sieht. 
Teiresias ist mit nichten der träger seiner ideen, und Dionysos, der so grausam an 
Pentheus sich rächt, ist mit nichten sein gott. er dramatisirt diesen mythos, führt 
die in ihm liegenden confliote durch: ihm gehört nur die stimmung an, das gefühl 
des friedens nach den orgien und durch die orgien. vgl. jetzt die einleitung von 
E. Bruhn. 

27) Die von Böckh und Hermann beliebte datirung der Hiketiden auf 420 ist 
aus vielen gründen ganz undenkbar, und den Erechtheus, der von ihnen nicht wol 
getrennt werden kann, erwähnt unsere überlieferung schon 421. die wolüberlegten 
susführungen von G. Lugge (programm von Münster 1887) kommen zu einem er- 
gebnis, das schon darum nicht richtig sein kann, weil es allzu complieirt ist. ich 
bin im stande, das schöne viel zu wenig gewürdigte festspiel zu erläutern, wo dann 
an dem datum kein zweifel bleibt. hoffentlich finde ich zu der niederschrift einmal 
zeit. der gedanke, den Herakles selbst zwischen Erechtheus und Hiketiden zu 
rücken, hätte nicht ausgesprochen werden sollen, ganz abgesehen von dem gegen- 
satze der stimmung in beiden werken. denn selbst wenn man die beiden Theseus 
neben einander ertragen wollte: der könig Kreon in den Hiketiden und der könig 
Kreon im Herakles vertragen sich nicht. 


Datirung des werkes. 135 


seines volkes rät er zum frieden, sucht er den anschluls an Argos und 
nimmt er zu den parteien in Athen stellung. nicht genug aber, dafs 
seine ganze dichtung lust und mut zum leben zeigt, aus sich selbst sagt 
er (Hik. 180), dals der dichter freude im herzen tragen müsse um er- 
freuliches zu schaffen. das ist das gerade gegenteil der stimmung, die 
der Herakles und alle späteren dramen zeigen. eine weitere folge ist, 
dafs Euripides die für seine weltanschauung entscheidende bittere er- 
fahrung zwischen 421 und 415 gemacht hat. der herold der athenischen 
grölse prophezeit nun seinem staate den untergang. wir können nur 
eine äulserung von ihm in der zwischenzeit datiren: im herbste 420”) 
hat er dem Alkibiades das festlied auf seinen olympischen sieg ge- 
macht. es liegt nahe, die enttäuschung, die dieser daemonisch geniale 
mann so vielen der besten in seinem volke gebracht hat, auch für die 
verbitterung des Euripides verantwortlich zu machen. das schlufswort 
des Herakles erhielte dann, wenn auch wider des dichters bewulste ab- 
sicht, eine tiefe bedeutung: στείχομεν οἰχτροὶ καὶ πολύχλαυτοι, τὰ 
μέγεστα φίλων ὀλέσαντες. doch das muls für immer im dunkel 
bleiben: dafs der Herakles zwischen Hiketiden und Troerinnen ge- 
dichtet ist, kann mit ziemlich starker zuversicht behauptet werden. 

Wir haben bisher nur das werk selbst im auge gehabt und aus 
ihm selbst seine entstehungszeit erschlossen, und haben dabei zwischen 
der zeit der conception und der geburt des gedichtes, seiner aufführung, 
keinen unterschied gemacht. selbst wenn uns die schätze der bibliothek 
von Alexandreia zu gebote stünden, würden wir keine dokumente finden, 
die uns über das werden und wachsen des kunstwerkes in der werk- 
statt des dichters unterrichteten. aber die aufführungszeit, die übrigen 
dramen der trilogie, die concurrenten und den erfolg der tragoedie fand 
der antike leser ganz bequem auf grund der dionysischen urkunden in 
seinem textexemplare verzeichnet, dank der praktischen philologie des 
Aristophanes von Byzanz. in unsern handschriften sind sie infolge der 
indolenz einer zeit, die mit solchen schätzen nichts mehr anzufangen 
wufste, fortgefallen. ist es nun aber nicht voreilig und nur die folge 








28) Die olympiade des berühmten sieges ist nicht überliefert, und es läfst sich 
für 420 und 416 manches sagen, die allgemeinen politischen verhältnisse haben 
Grote auf den früheren ansatz geführt, und es ist mindestens so viel zu sagen, dals 
dieser moment für eine solche demonstration des gerade zur macht gelangten neuen 
Perikles vortrefllich pafst. dafs Euripides noch 416, nach der katastrophe von Melos, 
für Alkibiades zu haben gewesen wäre, ist zudem kaum glaublich, damals dichtete 
er schon an der troischen trilogie. 


186 Der Herakles des Euripides. 


unserer armut, dafs wir entstehungszeit und aufführung bei den dramen 
so gut wie gleich setzen? ohne zweifel entgeht uns manches höchst 
merkwürdige, aber im ganzen dürfen wir uns dabei beruhigen. wenn 
die werke so mühsam in wiederholten ansätzen zu stande gekommen 
wären wie Egmont und Carlos, so würden sie ähnliche inconsequenzen 
der handlung oder des stiles zeigen. das altertum stellt uns auf anderen 
gebieten ja ganz ähnliche probleme, auf die uns fast immer nur der 
zustand der vorliegenden werke geführt hat. die bücher des Herodotos 
und Thukydides, die Gesetze des Platon, fast alle werke Xenophons, 
mehrere reden des Demosthenes könnten ganz nur verstanden werden, 
wenn wir ihre entstehungsgeschichte verfolgen könnten, die wir nun 
rückschließend aus dem vorliegenden zustande aufzuhellen suchen. das 
sind probleme gerade so wichtig und gerade so endlos wie im Homer 
und im Faust. aber davon zeigen die dramen nichts, oder vielmehr in 
den wenigen vergleichbaren fällen ist das eingreifen einer fremden hand 
wahrscheinlich gemacht. die erklärung für diese erfreuliche tatsache ist 
dieselbe, die wir zur entschuldigung der vereinzelten flüchtigkeiten gelten 
lassen müssen, die sich auch bei Euripides nicht leugnen lassen, es ist 
die ungemeine fruchtbarkeit der dichter. müssen wir doch rechnen, dafs 
sie, auf der höhe ihres schaffens alljährlich vier dramen fertig stellten”). 
das schliefst natürlich nicht aus, dafs der zeugungskräftige gedanke, der 
aus einem sagenstoffe eine tragoedie macht, längst in dem bewulstsein 
des dichters vorhanden war, ehe er dazu kam ihn auszuführen. aber 
das verschlägt wenig, wenn das werk aus einem gusse ist”). und wenn 
68 fertig war, so fand sich, wenigstens seit die dichter zu ansehen ge- 
langt waren, die dem dichter im voraus bekannte gelegenheit zur auf- 


29) Es ist belehrend die komödie zu vergleichen. die Wolken zeigen, wie der 
dichter ein par jahre lang sich damit abmüht, ein verfehltes werk umzuarbeiten, 
und es schließlich doch liegen läfst. die politischen komödien gestatten sehr oft die 
zeit der conception ganz genau zu fassen und häufig, z.b. in Acharnern Wespen 
(vgl. Aristot. u. Ath. II 244) Frieden Fröschen, kann man den recht läßlich schal- 
tenden dichter bei seinem hastigen geschäfte gut verfolgen. er war lange nicht so 
fleifsig wie die tragiker. die antiken philologeu haben bei ihm mit dem phantom 
einer überarbeitung nicht gespielt; alles was die modernen davon gefabelt haben, 
sind torheiten. bei Euripides gibt es ein par antike und viele moderne misgrifle, 
von denen man mit recht abzusehen gewohnt ist. 

30) Es steht fest, dafs Lessing den stoff der Emilia schon als jüngling in angriff 
genommen hat; Goethe hat die Wahlverwandtschaften mehr als ein menschenalter 
früher coneipirt, als sie geschrieben sind: das sind für die beurteilung der dichter 
sehr wertvolle tatsachen, aber für die gedichte haben sie geringe bedeutung, denn 
diese sind in sich vollkommen einheitlich. 





Datirung des werkes. Äufsere indicien für die abfassungszeit. 137 


führung, auf die er demnach ebenso wie auf die begabung und neigung 
seiner schauspieler in ruhe jede rücksicht nehmen konnte, die ihm be- 
liebte. wir sind somit wol berechtigt, jede tragoedie als eine wirkliche 
einheit zu betrachten und abfassung und aufführung praktisch gleich zu 
setzen. 
Da der Herakles sich selbst auf eine kurze spanne von jahren 
datirt, so werden wir nichts neues lernen, wenn wir seine entstehungs- 
zeit nun mit anderen mitteln zu bestimmen versuchen. aber bestätigung 
werden wir erlangen, und es wird auch einiges für sein verständnis und 
seine würdigung abfallen. 

Der spott der komoedie hat den Herakles verschont”), so dafs wir Änfsere in- 
aus ihr keine zeitbestimmung gewinnen. aber Euripides selbst hat in ΜΟῚ Eu j 
seinem Orestes die eigne scene nachgebildet, in der der kranke Herakles 
in schwerem schlafe liegt”); die schlufsscenen der Antiope, die jüngst 
entdeckt sind, zeigen sowol in der rede, mit der die zwillinge den bei- 
stand ihres göttlichen vaters erbitten, wie in der ermordungsscene des 
Lykos eine ziemlich schwache copie der ähnlichen scenen des Herakles?). 
auch in der Andromeda ist ein anklang an eine stelle des Herakles 
wahrscheinlich gemacht”). damit gewinnen wir 412 als terminus ante 
quem. das will wenig bedeuten; wichtig aber ist, dafs dem dichter 
dieses drama sehr lebhaft im gedächtnisse haften blieb; an Medeia und 
Hippolytos kann man ähnliches beobachten. er wulste wol, die eignen 
gedichte zu schätzen. wichtig an sich ist, dafs die Trachinierinnen des 
Sophokles nicht nur deutliche anklänge an den Herakles enthalten, 
sondern geradezu durch ihn angeregt sind. aber urkundlich ist auch 
dieses drama nicht datirt, und wenn auch formale kriterien und ein 
par andere anklänge bestätigend zutreten, so ergibt doch gerade das 
verhältnis zu Euripides die wichtigste zeitliche relation. 

Eine vergleichung mit älteren dramen läßt sich mit erfolg nicht 
anstellen. Herakles war eben ernsthaft überhaupt noch nicht auf die 


31) Zu Frö. 564 καὶ τὸ ξίφος γ᾽ dondro μαένεσθϑαε δοκῶν sagt der scholiast 
καὶ παρ᾽ Εὐρωτέδῃ μαινόμενος Ἡρακλῆς καὶ σπῶν τὸ ξέφος, πρὸς τοῦτο οὖ; παέξει. 
an eine anspielung ist nicht zu denken; aber auch die angabe ist falsch, da der 
euripideische Herakles gar kein schwert hat. also liegt es nahe an den Peirithoos 
zu denken, der im Hades spielte. 

32) Vgl. zu der sechsten gesangnummer. 

33) Vgl. σὰ v. 337 und 701. 

34) Aristoph. Thesm. 1116 nach Her. 1094. vgl. die besonnene behandlung bei 
W. Lange de Ar. Thesm. (Göttingen 91) 15. 


188 Der Herakles des Euripides. 


bühne gebracht, geschweige diese geschichte”). und wenn die anspielungen 
auf den Taphierzug des Amphitryon nahe legen, die Alkmene des Euri- 
pides für älter als den Herakles zu halten”), eo ist das ein weiterer 
schluls: an sich ist jene tragoedie nicht datirt. die übrigen personen 
sind nicht dazu angetan, irgend etwas zu erschliefsen. nur der bote ist 
ganz conventionell gehalten, kommt zum chore oder vielmehr zum publi- 
cum, hält seine rede und geht wieder ab, ohne dals irgend etwas dafür 
getan wäre, sein kommen oder gehen zu motiviren. das ist manier, 
wie sie erst die letzte periode des dichters zeig. auch dafs vor und 
nach dem botenberichte gesangstücke stehen, kehrt nur in Phoenissen 
und Bakchen wieder. aber hier ist der chor so erregt, dafs er zum reden 
überhaupt keine fassung hat. das ist besonders, aber es ist berechtigt; 
ist doch auch die einführung einer göttererscheinung mitten im stücke 
singulär, für uns nämlich, die wir überwiegend dramen aus der letzten 
zeit der tragoedie haben. die aischyleische wird davon mehr enthalten 
haben, wie eben Lyssa selbst bei ihm vorkam, und es wäre seltsam, 
wenn Sophokles und Euripides in ihrer jugend nicht noch viel mehr 
der alten weise gefolgt wären. mit einem hauptmotive, dem wahnsinn, 
können wir leider keine vergleichung anstellen, die ganz ohne frage viel 
lehren würde. denn dazu mülsten wir ältere darstellungen wahneinniger 
besitzen”), namentlich Alkmeon und noch mehr Athamas, der seine 
söhne tötet. ihn hatten alle drei tragiker auf die bühne gebracht. die 
wirkungsvolle erfindung, auf die raserei schlaf folgen zu lassen und den 
schlafenden selbst auf die bühne zu bringen, sehen wir jetzt nur noch 
in Trachinierinnen und Orestes, wo die nachahmung des Herakles am 
tage liegt; aber auch in der Eriphyle des Sophokles, deren zeit ganz 
unbekannt ist, schlief Alkmeon auf der bühne”). wir müssen uns 


35) Wenn Philodem de relig. 36 einen Apaxijs μανέᾳ κατάσχετος von So- 
phokles erwähnt, was Nauck als fgm. 741 aufgenommen hat, so geht das auf 
Trach. 999. 

36) Vgl. zu v. 1078. eine parodie der Alkmene in den Fröschen datirt sie 
nicht. was in Sophokles Amphitryon vorkam, ist ganz unbekannt. 

37) Die hübsche dissertation von H. Harries, tragici Graeci qua arte in 
describenda insania ust sint (Kiel 91) zeigt vortrefflich, wie Aischylos den wahn- 
sinnigen seines leidens bewulst einführt, so dafs er in schönen bildern sagt ‘ich rase”, 
dafs er aber realistische wiedergabe weder geben kann noch mag, während Euripides 
so genau den pathologischen erscheinungen folgt, daß er den vergleich mit den 
medieinern aushält. 

38) Fgm. 198 von Nauck verbessert, ἄπελθε, κενεῖς (dxeivns die handschrift) 
ὕπνον ἑατρὸν κακῶν, schon von dem schriftsteller περὶ sion», dem Clemens die 
stelle verdankt, mit der soene des euripideischen Orestes verglichen. 


Äufsere indicien für die abfassungsszeit. 139 


schon eingestehen, dals wir zu arm sind, um aulser in einzelnen glücks- 
fällen viel mit der vergleichung der motive erreichen zu können”). 
Nicht viel mehr gewinnen wir durch die beabsichtigten oder un- 
willkürlichen anspielungen auf zeitgenössische zustände und ereignisse, 
die man im Herakles gefunden hat. eine bewulste und für das ver- 
ständnis des publicums berechnete abschweifung vom stoffe ist der streit 
zwischen Lykos und Amphitryon über den wert des bogenschützen, 
ψόγος und ἔπαινος τοξότου, wie die handschrift am rande bemerkt. 
der stoff führte allerdings auf diese streitfrage hin. denn die überlieferte 
figur des bogenschützen Herakles stritt nicht nur mit den ehrbegriffen 
der dorischen adlichen und der gesellschaft, für welche sie den ton an- 
gaben“): die freiheitskriege waren dem volke als der sieg des hellenischen 
speeres über die asiatischen pfeile erschienen“), und in Athen war durch 
den zufälligen umstand, dafs die mit der fernwaffe ausgerüsteten polizei- 
mannschaften meistens staatssclaven nordischer herkunft waren, die ver- 
ächtliche gleichsetzung des τοξότης mit dem Σχύϑης entstanden. somit 
konnte Euripides allerdings durch seinen stoff darauf geführt werden, 
Herakles wider die herabsetzung des schützen verteidigen zu lassen, und 
leicht mochte ihn seine neigung für sophistischen redekampf dazu ver- 
locken, dieses thema breiter zu behandeln als für die poesie zuträglich 
war. aber er hat viel mehr getan. er läfst den vertreter der guten 
sache geradezu aussprechen, dafs der schütze den zweck des krieges, 
vernichtung des gegners mit möglichst geringem eigenem verluste, besser 
erreicht als der hoplit, zumal dieser lediglich durch die schuld seines 
nebenmannes im gliede zu grunde geht, wenn sich nämlich die schlacht- 
reihe löst. das fällt gänzlich aus dem rahmen der tragödie heraus; es 


39) So ist die taurische Iphigeneia als eine vorstufe zu der Helene erkannt 
worden. das motiv des jungfrauenopfers sehen wir durch Herakleiden Hekabe Erech- 
theus (daneben als episode auf Menoikeus übertragen) bis zur aulischen Iphigeneia 
ausgebildet. die Troerinnen setzen Andromache und Hekabe voraus, diese wieder 
die Polyxene des Sophokles. von den berühmten Pelopiden- und Labdakidenfabeln 
zu schweigen. 

40) Vgl. oben s. 44. die ehrbegriffe der archaischen zeit sprechen am eindring- 
lichsten die gedichte des Tyrtaios aus, die sich aber von denen des ionischen epos 
nicht weit entfernen. ro&dra λωβητήρ wird schon Alexandros gescholten (A 386). für 
die sttische vorstellung ist besonders Soph. Aias 1120 bezeichnend, nicht lange vor 
Earip. Her. gedichtet. 

41) Diese anschauungen stehen in unmittelbarem zusammenhange mit den eben 
bezeichneten epischen. zeugnisse der grofsen zeit z. Ὁ. Aisch. Pers. 85, Herodot V 97, 
pseudosimonideische epigramme 105, 106 Bgk. später besonders schön Aristoteles 
im epigramm auf Hermeias. 


140 Der Herakles des Euripides. 


findet aber in der geschichte des archidamischen krieges sein lebens- 
vollstes gegenbild. Athen hat seine schwerste niederlage, bei Delion, 
eben dadurch erlitten, dals die hoplitenphalanx geworfen ward, und ihr 
rückzug durch keine leichte infanterie gedeckt war. den schönsten er- 
folg aber hatte leichte infanterie bei Sphakteria über die stolzen spar- 
tiatischen hopliten erfochten. man hat auch mit recht aus der kriegs- 
geschichte geschlossen, dals der tüchtigste feldherr der zeit, Demosthenes 
von Aphidna, sich die ausbildung und verwendung leichter infanterie be- 
sonders hat angelegen sein lassen“), ein vorläufer des Iphikrates, dessen 
peltasten später die lakedaimonische mora überwunden haben. diese ver- 
änderte wertschätzung der schützen spricht auch aus der euripideischen 
debatte, die nur durch sie verständlich wird. dies wesentlichste ist 
damit erreicht: für die verletzung unseres künstlerischen empfindens 
werden wir dadurch entschädigt, dafs wir sehen, wie der dichter aus dem 
vollen leben schöpft. was vor zeitlos absoluter kritik nicht besteht, ge- 
winnt für die geschichtliche betrachtung einen besonderen wert, und wir 
hören auf, den dichter zu schelten, wenn wir uns vorstellen, wie laut 
der beifall der anhänger des Demosthenes geklungen haben wird; hätten 
sie nur auch die majorität in der volksversammlung gehabt. aber ein 
festes chronologisches indicium gewinnen wir damit noch nicht; nur so 
viel mögen wir sagen, dals seit der alles interesse auf sich ziehenden 
sicilischen expedition und gar während des folgenden seekrieges kein 
raum mehr für diese debatten war, während die nächsten jahre nach 
Sphakteria und Delion die angemessensten scheinen. aber selbst so 
bleibt mindestens der spielraum 423—416. 

Eine andere zeitbestimmung hat man darin finden wollen, dafs der 
chor v. 687 den paean erwähnt, den die 7ηλεάδες dem Apollon singen. 
derselben tut auch der chor der Hekabe erwähnung, 463; die troischen 
gefangenen erwarten σὺν “ηλεάσιν χούραις die heiligen erinnerungen 
der insel verherrlichen zu sollen: es waren also zu diesem dienste aulser 
den delischen mädchen auch hierodulen herangezogen“). nun hat man 


42) Die schrift vom staate der Athener (nicht lange vor 425 verfalst) gibt die 
unzulänglichkeit der attischen hoplitenmacht zu, aber den mangel an leichter in- 
fanterie berücksichtigt sie noch nicht. 

43) Für die spätere zeit der delischen freiheit wird niemand glauben, dafs die 
delischen mädchen sclavinnen mit in ihren chor aufgenommen hätten. aber für seine 
zeit bezeugt Euripides in der Hekabe die beteiligung von hierodulen, und das ist auch 
begreiflich ; man denke an die von Pindar und Simonides verherrlichten korinthischen 
dienerinnen Aphrodites. zur zeit der vertreibung der Delier vollends müssen ja die 


Äufsere indicien für die abfassungszeit. 141 


hierin einen hinweis auf die stiftung des prächtigen vierjährigen festes 
der Delien gesehen, welche die Athener im frühjahr 425 vornahmen 
(Thuk. III 104). aber das würde nur zutreffen, wenn Euripides attische 
chöre in Delos oder auch nur das fest überhaupt nennte. er redet aber 
nur von den liedern und tänzen der Delisden. diese gab es seit 
Apollons geburt auf Delos, also auch zu Herakles zeit. die beziehungen 
Athens zur delischen religion*‘) sind uralt und waren dem Euripides 
sogar durch den cult seiner familie vertraut"). das heilige schiff segelte 
nach Delos zur zeit, als die Frangoisvase entstand, zur zeit, wo Sokrates 
starb und Delos den Athenern gerade entfremdet war, zur zeit des Philo- 
choros, wo es gleichfalls frei war: die Deliaden haben noch im zweiten 
jahrhundert v. Chr., zur blütezeit des freien Delos, ehrengeschenke von 
vornehmen besuchern für ihren tanz erhalten“), und erst nach der 
letzen annexion der insel verschwinden sie. im fünften jahrhundert ist 
der delische Apollon immer ein grolser und vielverehrter gott gewesen ; 
477—54 der schirmherr des bundes, den Athen vorwiegend mit Ioniern 
geschlossen hatte. und wenn 425 ein so frommer mann wie Nikias 
dafür eintritt, dafs der gott ein noch viel prächtigeres fest erhielte, so 
folgt daraus, dafs die religion schon vorher lebhaft empfunden war, und 
dafs man den gott für die vorstandschaft reichlicher entschädigen wollte, 


Athener für die /nÄsddes einen ersatz geschaffen haben. die Hekabe bezeugt auch, 
dafs sclavinnen an der herstellung des peplos für die Athena Polias mitwirkten: im 
2. jahrhundert v. Chr. ist das ein vorrecht nicht nur freier sondern vornehmer, viel- 
leicht gar eupatridischer Athenerinnen. Köhler, Mitteil. Ath. VIII 57. 

44) Arist. u. Ath. II 44. 

45) Theophrast x. μέϑης (Athenaeus X 4240) berichtet, dafs Euripides das 
schenkenamt in einem thiasos von Deliasten bekleidet habe. 

46) So erhalten sie z. b. einen goldenen kranz als belohnung für ihren tanz 
von L. Scipio (Dittenberger Syll. 367, 90) und von Piolemaios Epiphanes (ebenda 139) 
u.2w. V.v. Schöffer (De Deli rebus 139) hat mit sachlich verkehrter deutung 
die κοῦραι Inlıddes mit den chören der knaben (za2des) identificirt, welche an den 
Apollonien in einem Öffentlichen agon auftraten, für welchen Delier die choregie 
leisteten. das sind chöre wie die. attischen knabenchöre an Panathenaeen Thargelien 
Dionysien u. s. w. jungfrauenchöre in agonen kennt ionische aitte nicht; das be- 
deutet ja auch παῖς nicht, die Inlıddes der zeit des Semos von Delos tanzen nicht 
anders als die zur zeit des Euripides und des Homer. ihnen entsprechen die von 
suswärts nach Delos gesandten mädchenchöre, für welche der sage nach Eumelos 
(denn wer wird so etwas ernst nehmen), in geschichtlicher zeit Pindaros und Bakchy- 
lides lieder gedichtet haben: in einem solchen chore kam auch Kydippe. Schöffers 
im übrigen ganz vorzügliche arbeit verliert durch solchen vereinzelten misgriff natür- 
lieh nichts von ihrem werte. 


142 Der Herakles des Euripides. 


als es durch die von alters her bestehenden gesandtschaften geschah. 
nebenher war es eine aufmerksamkeit gegen die ionischen bündner””). 
denn seit Homers zeiten erschien das fest wesentlich panionisch. Euri- 
pides selbst führt in der taurischen Iphigeneia (1088—1150) einen chor 
von hellenischen. mädchen ein, die von seeräubern in das barbarenland 
verkauft sind. sie sehnen sich nach Delos, sie sehnen sich nach den 
chören, in denen sie als mädchen in ionischer kleiderpracht aufgetreten 
sind; beides gehört zusammen. es ist wahr, jenes drama ist wenig 
jünger als der Herakles; man mag also sagen, dafs Euripides durch die 
attischen Delien unwillkürlich veranlafst worden ist, von Delos und 
Deliaden öfter zu reden. aber eine zeitbestimmung kann darin nicht ge- 
funden werden“), da es Deliaden während seines ganzen lebens ge- 
geben hat. 

Ganz unerlaubt ist es, die parteiungen, von denen Euripides Theben 
zerrissen sein läfst, als politische anspielungen auf das Theben seiner 
zeit zu fassen. seit der schlacht von Koroneia stand Theben unter einem 
energischen aristokratischen regimente an der spitze des boeotischen 
bundes, hielt zu Sparta und blieb den Athenern selbst nach 421 ent- 
schieden feindlich. es gab in den abhängigen städten eine demokratische, 
d. h. Theben feindliche, partei, auf die Athen bei dem zuge gerechnet 
hatte, der zu der niederlage bei Delion führte, und auch weiterhin gelang 


47) Auch Schöffer, der den Athenern sonst gerechtigkeit widerfahren läfst, 
hat das nicht betont, dafs die stiftung eines panionischen festes, eben zu der zeit, 
wo das psephisma des Thudippos die Panathenaeen tendenziös als reichsfest aus- 
gestaltete, und gleichzeitig die tribute im gegensatze zur schatzung des Aristeides 
durch einseitigen legislativen act des attischen volkes angesetzt wurden, ein zuge- 
ständnis an die stimmung der ionischen bündner ist, es ist auch für die partei- 
verhältnisse Athens bezeichnend, dafs Nikias der erste theore der Delien ist, während 
Kleon die herrschaft Athens als τυραννές predigt, gegen Aristophanes Babylonier 
vorgeht und die erhöhung der tribute durchsetzt. derselbe krieg, der die erhöhung 
der finanziellen und militärischen leistungen erzwang und demgemäfs die reichsein- 
heit stärkte, schärfte den stammesgegensatz gegen die Peloponnesier: und auf dafs 
der Milesier und Hellespontier und Nesiote sich als Ionier mit dem Athener ver- 
bunden fühle, wie einst zu Aristeides zeit, sind die Delien gestiftet. diese mehr 
töderative, bündnerfreundliche politik ist nur schwächer hervorgetreten als die ziel- 
bewufste der unitarier, und ihren vertreter Nikias hat sein ungeschick oder unglück 
auch hier nicht verlassen. die Delier selbst waren misvergnügt, und so kam es zu 
einer der zwangsmalsregeln, die dem Reiche mehr geschadet haben als die gerichts- 
hoheit, die kleruchien und die tribute. 

48) Das gleiche gilt leider auch für die komödie “)]ηλιάδες des Kratinos, in 
der ein festzug geschildert war, der sehr wol auch vor der stiftung des attischen 
festes möglich war. . 


Formale ἱπάϊαίοη für die abfassungszeit. 143 


es den Thebanern diese bestrebungen niederzubalten. über die inneren 
verhältnisse daselbst sind wir schlechthin nicht unterrichtet. in Athen 
war die stimmung natürlich den Thebanern ungünstig, und wenn ein 
dichter ein politisches stück schreibt, wie Euripides die Hiketiden, so 
verleugnet sich diese stimmung nicht. aber die zahl der dramen die in 
Theben spielen ist sehr grofs, und weder Sophokles noch Euripides in 
Phoenissen und Bakchen denken an die gegenwärtig mit Athen verfeindete 
stadt. ihre chöre machen wol auch politische anspielungen, aber als 
attische chöre auf Athen. im Herakles wird erzählt, dafs der fremde 
tyrann dadurch zur herrschaft gelangt: ist, dafs die bürgerschaft durch 
parteien zerklüftet war: das dient nur dazu, den chor, der doch gegen 
Lykos ist, möglich zu machen, und den Lykos zu verkleinern, der da- 
durch gehoben würde, wenn er den sieg sich selbst verdankte. aulser- 
dem wird seine partei von dem chore natürlich schlecht gemacht, und 
da dieser aus greisen besteht, sind jene die jugend. endlich wird diese 
jugend in einer versreihe (688—92) als verschwenderisch und verlottert 
bezeichnet. die verse sind, wie es scheint, nicht ächt, sollten sie es aber 
sein, so würde eine besonnene erklärung nur einen angriff auf die 
athenische jugend in ihnen finden, auch wenn nicht die parallelstelle 
der Hiketiden vorläge, die zu der stelle im commentar herangezogen ist. 
Mehr als aus diesen äußerlichen kriterien ist aus der sprachlichen Formale in- 
und metrischen form zu gewinnen, wofür G. Hermann die grundlegenden EL 
beobachtungen gemacht hat. eine anzahl von dramen des Euripides aurangmelt 
weisen sich durch einen gemeinsamen altertümlicheren und strengeren 
stil als verwandt aus; es sind Alkestis Medeia Hippolytos Andromache 
Herakleiden. sie fallen alle teils nach urkundlichen angaben, teils nach 
sicheren geschichtlichen anspielungen vor 425%). von ihnen sondert sich 
eine zweite gruppe, die das entgegengesetzte extrem vertreten, Helene, 
beide Iphigeneien, Phoenissen, Orestes, Bakchen, zu welchen von ver- 
lornen, aber genügend kenntlichen Andromeda Antiope Hypsipyle Bakchen 
treten: für sie alle mit ausnahme der taurischen Iphigeneia ist die ent- 
stehung im letzten jahrzehnt des dichters urkundlich bezeugt”). da- 


49) Von der Andromache hat das richtig schon Aristophanes von Byzanz er- 
schlossen, schol. 445. die entgegengesetzten ausführungen von Bergk sind nur dafür 
lehrreich, wie dieser ebenso wunderbar gelehrte wie scharfsinnige mann scharfsinn 
und gelehrsamkeit dazu zu gebrauchen pflegt, die zeugnisse erst zu zerstören, damit 
er sie für seine eignen einfälle benutzen könne. 

50) Die taurische Iphigeneia fällt vor die Helene, 412, vielleicht vor die 
Elektra 413, wie E. Bruhn in der einleitung seiner ausgabe zur evidenz gebracht hat. 


144 Der Herakles des Euripides. 


zwischen liegen zeitlich und stilistisch Hiketiden 421, Alexandros und 
Troerinnen 415, Elektra 413, urkundlich oder durch geschichtliche an- 
spielungen datirt. in diese mittelgruppe gehört der Herakles und gehören 
aulserdem Hekabe und Ion, doch so dafs Hekabe ihrer form nach in den 
meisten dingen sich den älteren dramen anschliefst, wie sie denn auch 
Aristophanes vielleicht schon 423 parodirt"'), während Ion, für den nur 
die untere zeitgrenze 412 gesetzt werden kann'?), formal zu den späten 
dramen steht. zwischen beide gehört der Herakles. 

Nur in einer so starken spielraum lassenden gruppirung wird ein 
vorsichtiger stilistische kriterien verwenden mögen; wer freilich den blick 
nur auf eine einzige erscheinung heftet, wird es leicht haben, bestimmter 
zu schliefsen. gemeiniglich legt man ausschliefßslich wert auf den unter- 
schied, der jedem zuerst in die augen fällt, die häufigkeit der auflösungen 
im iambischen trimeter. das ist in der tat ein sehr wichtiges moment, 
wenn man nur die nötige umsicht übt”), und es weist den Herakles 
etwa zwischen Hekabe und Hiketiden. nicht minder wichtig wird eine 
bisher kaum beachtete erscheinung“), die nur in chorliedern hervortreten 
kann, die verkürzung des langvocalischen oder diphthongischen auslautes 
vor folgendem vocale, welche eigentlich nur in daktylischen oder doch 
daktylisch scheinenden fülsen zulässig ist. während Sophokles sich darin 
sehr starke freiheiten erlaubt, arbeitet Euripides mit zunehmendem alter 
immer strenger, so dafs die dramen seines letzten jahrzehntes fast gar 
keine solche hiate mehr zeigen. der Herakles steht zu diesen; er ver- 
kürzt nur ein schliefsendes αὐ, den diphthong welcher sich dazu am 
leichtesten herbeilälst, in xAlveraı 1030, und außerdem χαέ 1017, zwar 
in einem anapäst, der für dochmius eintritt, aber χαΐ hat in allen jahr- 
hunderten freiere behandlung gestattet. wollte man hiernach allein gehen, 


51) Wolk. 718 nach Hek. 162; der vers scheint den 423 aufgeführten Wolken 
anzugehören. 

52) Vgl. Herm. 18, 242. 

53) Mechanisches zählen beweist gar nichts. wenn z. b. eine hauptperson 
Hippolytos heifst, so ist der dichter gezwungen dreisylbige füfse zu brauchen; manch- 
mal will er auch malen wie Her. 935. das axiom, dafs zwei dreisylbige [86 in 
demselben verse der alten tragödie nicht gestattet wären, ist eine ausgeburt der 
ärgsten willkür, die eine reihe aischyleischer verse zerstört, darunter eine von Platon 
bezeugte lesart (Sieb. 593), und von Euripides 2. Ὁ. Alk. 10, das kernstück des prologen. 

54) Es kann hier nur angeführt werden, was für den speciellen fall von wert 
ist; die wichtigkeit der sache wird erst klar werden, wenn die summe der er- 
scheinungen vorgelegt und in ihrem zusammenhange erläutert ist, wozu ich bisher 
immer noch keine zeit gefunden habe. 


Formale indicien für die abfassungszeit. 145 


so würde der Herakles unter Troerinnen und Elektra herabgerückt werden 
müssen. aber es sind der verse, welche für solche histe überhaupt die 
möglichkeit gewährten, sehr viel weniger als in jenen dramen, so dafs 
sich von dieser seite nichts gegen einen etwas höheren ansatz sagen lälst, 
zumal dieselben ursachen auch bei den Hiketiden den entsprechenden 
erfolg gehabt haben. 

Sehr stark ins gewicht fällt die anwendung des trochäischen tetra- 
meters in einer ganzen scene, allerdings einer solchen von höchster 
leidenschaft mit entsprechender steigerung auch des sprachlichen aus- 
drucks. die trochäen waren ein lebhaftes tanzmals und beherrschten des- 
halb, wie Aristoteles bezeugt, die älteste tragödie, wie wir sie auch in 
der epicharmischen posse und der aristophanischen komödie viel verwandt 
finden. wir lesen noch in den Persern des Aischylos eine trochäische 
scene; aber der ruhige dialog drängte das tanzmals zurück, und so ver- 
wendet es Aischylos später nur am schlusse des Agamemnon in der 
weise wie sonst die anapäste, und ebenso verfährt Sophokles im schlusse 
des königs Oidipus. sonst fehlen die trochäen bis auf die scene des 
Herakles und eine ganz entsprechend lebhafte in den Troerinnen (444—61). 
dann aber greift die tragödie nach immer stärkeren mitteln. Euripides, der 
den ton angibt, nimmt neben den künsten des neuen dithyrambus auch 
die der ältesten mehr musikalischen tragödie wieder auf. so lesen wir 
trochäische scenen oder scenenteile in Ion Helene beiden Iphigeneien Phoe- 
nissen Orestes Bakchen Andromeda Archelaos, wozu noch Meleagros und 
Oidipus kommen, welche aus anderen gründen für etwa gleichzeitig mit 
dem Herakles gelten dürfen®). Sophokles hat sich scheinbar etwas mehr 
zurückgehalten; aber seine beiden letzten dramen, Philoktet und Oidipus 
Kol. haben doch auch ein par trochäen. an Euripides setzt dann wie in 
allem so auch in der rein dialogischen verwendung der trochäen die spätere 
komödie an. 


55) Nur scheinbar streiten mit der regel die bruchstücke 30 und 811, die den 
älteren dramen Aiolos und Phoinix angehören: ἀλλ᾽ ὁμῶς | οἐκτρός τες dv πατρέδος 
ἐκλεπεῖν ὅρους und τἀφανῇ | τεκμηρέοεσιν εἰκότως ἁλίσκεται. das satyrspiel Auto- 
lykos zeigt auch tetrameter: das beweist nichts, da wir den stil und die zeit der 
sstyrspiele nicht kennen. — die deutschen können und wollen sich nur sehr schwer 
daran gewöhnen, dafs ihre δ. g. nachbildungen antiker malse einen ganz verschie- 
denen charakter von den griechischen tragen; sie reeitiren griechische trochaeen 
nach dem muster ‘nächtlich am Busento lispeln’ oder 'preisend mit viel schönen 
reden’. solcher torheiten mufs man sich entschlagen : die namen re0yaZos und χορεῖος 
reden vernehmlich, und Aristoteles (rhet. III 8) geht so weit zu sagen d τροχαῖος 
πορϑακικώτεροο' Inlor δὲ τὰ τετράμετρα. 

v. Wilamowits 1. 10 


146 Der Herakles des Euripides. 


Von den lyrischen mafsen ist das dochmische in der tragödie zwar 
nicht entstanden, aber so viel und gern angewandt, dafs seine entwickelung 
wertvolle chronologische anhaltspunkte bietet. während nämlich die ältere 
tragödie aulser den legitimen ersatzformen des dochmius neben diesem 
bakcheen und iamben verwendet, gehen Euripides und Sophokles schon in 
den zwanziger jahren dazu fort, eine reihe anderer glieder hineinzumischen, 
welche sich zum teil auf daktyloepitriten zurückführen lassen, aber daneben 
äußserst charakteristische dem volksliede entstammende formen zeigen, unter 
denen neben dem Reizianum”*) der enoplios”) hervorragt. es lälst sich 
sehr wahrscheinlich machen, dafs wirklich alle diese zusätze volkstüm- 
lichen ursprung haben, die dichter also auf die quelle zurückgegangen 
sind, aus welcher sowol die vervollkommner der daktyloepitriten (die Chal- 
kidier) wie die erfinder der keinesweges volkstümlichen dochmien ge- 
schöpft hatten. da diese spielart der dochmien einen besonderen namen 
erhalten muls, so mögen sie hiermit enoplische dochmien getauft sein. 
die beimischung der fremden glieder fällt gemeiniglich zusammen mit dem 
aufgeben der responsion, doch nicht immer; sie war schon vorher in 
dochmischen liedern keinesweges notwendig. ferner aber tritt eine sehr 
starke, oft vorwiegende beteiligung der schauspieler an dem musikalischen 
vortrage ein, und zwar geht die lebhaftigkeit der action so weit, dals 
nicht nur die rhythmischen perioden, sondern sogar die einzelne rhyth- 
mische reihe sehr oft durch personenwechsel zerrissen wird, was Euri- 
pides wenigstens im trimeter noch lange (und so im Herakles) vermeidet. 
das sind zwei an sich verschiedene dinge, die aber deshalb beide in 
denselben liedern zuerst auftreten, weil die dochmien zu der lebhaften 
action, der sowol die polymetrie wie die zerreilsung der verse dient, 
am geeignetsten schienen. beides geht dann weiter; auch andere malse 
werden so zerrissen, wovon namentlich die späten sophokleischen stücke 
Elektra Philoktet Oidipus auf Kolonos belege bieten, und es bildet 
sich eine wahrhaft potpourriartige vermischung aller möglicher versarten, 
der gegenüber die enoplischen dochmien noch streng scheinen können. 
so überschaut man eine entwickelung, die man natürlich mit derselben 
weiteren spielraum lassenden vorsicht beurteilen mufs, die aber wenigstens 
über die zugehörigkeit eines dramas zu der oder jener gruppe keinen 
zweifel lälst.. dafs die neue musik, der dithyrambus, den tragikern vor- 
bild gewesen sei, ist sehr wahrscheinlich, der Herakles hat nun die 








56) Vgl. zur fünften und sechsten gesangnummer. 
57) Vgl. zur ersten gesangnummer. 


Formale indicien für die abfassungszeit. 147 


enoplischen dochmien in sehr breiter ausdehnung angewandt: die drei 
letzten gesangnummern gehören ihnen ganz an. aulserdem finden sie 
sich in Andromache (825—65) Troerinnen (241—91) Ion (762—-99. 
1445—1509) Helene (625—-97) Iphig. Taur. (827—99) Phoenissen 
(103—92) Orestes (166— 208. 1246— 1310. 1353—65) Bakchen (1017—23. 
1153—99)*). in den beiden letzten und jüngsten stücken respondiren die 
dochmien meistens; dasselbe geschieht bei Sophokles in Aias (373—76 τες 
387—91,879—914 = 925—60) und Elektra (848— 70. 1411—13 = 1433 
bis 35); Trach. 879—95 folgt ganz der weise des euripideischen Herakles. 
seine beiden letzten dramen, wie zum teil schon die Elektra und von Euri- 
pides die jüngsten, Phoenissen Orestes Iphig. Aul. Bakchen, zeigen dann 
die aus allen möglichen gemischten lieder. man würde hiernach geneigt 
sein, den Herakles zu den Troades etwa herabzuziehen, und vor 424 könnte 
man ihn gar nicht anzusetzen wagen. 

Auch sprachlich sondern sich ganz bestimmt nur die dramen des 
letzten jahrzehntes ab, in welchen Euripides einerseits einer menge wörter 
der umgangssprache zutritt gewährt, so zu der komödie überleitend, 
andererseits altertümliche wörter und formen von den alten dichtern 
aufnimmt, und wie die dithyrambiker in den chorliedern durch seltsame 
kühnheiten, wortschwall und selbst blofse wiederholungen musikalische 
stimmung erzeugen will, während wirklich originelle wendungen spär- 
lich werden. davon sondert sich der Herakles scharf ab. der sprache 
nach möchte man ihn, trotz einer anzahl barocker wendungen, den 
älteren dramen anreihen. 

Das scheint sich zu widersprechen ; aber alle einzelnen erscheinungen 
erklären sich, sobald man nur anerkennt, dafs der dichter sich mit diesem 


58) Die Hekabe hat eine ganz ähnliche scene (683— 720), aber kein enoplisches 
glied, so viel die verderbnis erkennen läfst. in den Herakleiden hat der bearbeiter 
die vermutlich vergleichbare stelle getilgt. die Hiketiden enthalten wirklich keine 
solchen dochmien: da hat der dichter in den wechselgesängen das iambische mals 
fast ausschliefslich durchgeführt. die Elektra hat er bewufst im anschlufs an die 
ältere tragödie streng stilisirt: auch das zeigt den concurrenten. so ist der grolse 
dochmische wechselgesang nach dem muttermorde so einfach wie die dochmien des 
Aischylos und in Soph. Antigone; das kleine lied 585—95 hat jedoch ein dakty- 
lisches glied ἀμετέραν τις ἄγεε 590, wenn man der überlieferung glauben schenkt. 
vertreter der alten weise sind somit außser Aischylos Soph. Antig. Oid. Tyr., Eur. 
Alk. Med. Hipp.; in diesem steht schon ein kleines chorlied in diesem malfse, 
1268—82, aber noch ein wirkliches lied des chores. das klagelied des totwunden 
Hippolytos besteht nur aus dochmien anapaesten iamben und geht wenig über die 
lieder der Io im Prometheus hinaus. 

10* 


Bühne des 
Herakles. 


148 Der Herakles des Euripides. 


drama besonders viel mühe gegeben hat, und sobald man sich über die 
gründe der sprachlichen und metrischen veränderungen klar wird. es 
ist doch nicht lüderlichkeit oder greisenhaftigkeit, was die kunst der 
beiden großen tragiker so stark verändert hat. im gegenteil, ihr rast- 
loser fleis und ihre bewundernswerte empfänglichkeit hat sie nicht bei 
der alten manier beharren lassen. die belebung des trimeters durch 
die zulassung dreisylbiger fülse, die entfesselung der rhythmischen kunst, 
die ausgedehnte verwendung der schauspieler als sänger waren oder 
schienen doch verbesserungen. deshalb treten sie im Herakles auf, viel- 
leicht etwas früher als sonst. dagegen die mangelhafte originalität und 
die buntscheckigkeit der sprache und auch der versmalßse stellt sich nicht 
mit absicht des dichters ein, sondern ist lediglich eine folge der über- 
hasteten production und des strebens nach effecten auf anderen gebieten, 
welche die dichter nicht gesucht, aber sich erlauben zu dürfen geglaubt 
haben. deshalb wird ein mit besonderer liebe gepflegtes werk in diesen 
dingen einen altertümlicheren eindruck machen, während es vielleicht 
durch die starke verwendung der neuen kunstmittel moderner scheint 
als es ist. wir müssen doch so wie so uns immer vorhalten, dafs die 
tragiker sich notgedrungen verschiedene farben auf der palette halten 
mulsten, da sie mit vier dramen zugleich hervortraten, die unmöglich 
alle übereins aussehen durften. so hat denn Euripides z. b. die taurische 
Iphigeneia und die Elektra ziemlich in denselben jahren gedichtet, und 
spuren davon enthalten sie beide, aber der gesammteindruck ist doch 
sehr verschieden; Iphigeneis zeigt die modernsten, Elektra archaische, 
besser archaistische züge. ganz ähnlich steht die aulische Iphigeneia zu 
den Bakchen; während jene oft hart an die komödie streift, fühlt man 
sich in diesen oft an die ältesten dramen erinnert. wer sich aber die 
stoffe und die tendenzen des dichters überlegt, wird in der verschiedenen 
stilisirung berechtigte absicht nicht verkennen. 

Endlich noch einen blick auf die bühne, für die der Herakles ge- 
schrieben ist. die beiden göttinnen erscheinen in der luft über dem 
hause, das wird ausdrücklich gesagt, und Lyssa geht auch nicht sicht- 
lich in das haus, in dem wir sie doch denken sollen, das wird ausdrück- 
lich entschuldigt (874). dieselbe art der göttererscheinung ist bezeichnet 
in Ion Elektra Orestes, sie ist ebenso in Hiketiden taurischer Iphigeneia 
Helene Antiope Bakchen und dem Philoktet des Sophokles anzu- 
nehmen. wir haben von der scenischen vorrichtung eine ganz klare 
vorstellung: das dach des proskenions war niedrig genug und bot für 
solche personen raum. das publicum aber war gefällig, diesen platz, 


Bühne des Herakles. Schauspielerverteilung. 149 


das ϑεολογεῖον, als ‘luft’ anzunehmen. aber diese einrichtung ist nicht 


von anfang an so gewesen. bei Aischylos erscheinen die götter mit den. 


sterblichen auf demselben boden, und so in allen götterprologen, wo ja 
noch keine menschen gegenwärtig sind: der Thanatos der Alkestis kann 
vor den augen der zuschauer in das haus des Admetos gehen. daneben 
gibt es die flugmaschine, um ankunft oder abfahrt durch die luft zu 
versinnlichen. ihrer bedienen sich Athena in den Eumeniden, Eos in der 
Psychostasie des Aischylos, Medeia und Bellerophontes bei Euripides. 
auf derselben offenbar fährt Thetis in der Andromache “durch die helle 
luft und betritt die phthiische erde” (Androm. 1229). das ist etwas ganz 
anderes als das ϑεολογεῖον, das eben erfunden ist, als für die vielen 
göttererscheinungen die maschine, nach der sie zu heißen fortfahren, 
unbequem ward. in zwei anderen dramen des archidamischen krieges 
sehen wir die dichter mit dieser unbequemlichkeit ringen. der Odysseus 
des sophokleischen Aias sieht Athena zuerst nicht und sagt nie, dafs er 
das tue. aber Aias sieht sie und steht ihr nahe (91). dann befand 
sie sich auf der bühne, nicht auf dem ϑεολογεῖον, denn er sitzt 
in seinem zelte, unter diesem. ganz ebenso erscheint Artemis im 
Hippolytos plötzlich, und nachdem sie schon lange mit Theseus geredet 
hat, kommt Hippolytos, bemerkt aber die göttin, sogar als diese ihn an- 
gesprochen hat, zuerst nicht (1393); er war allerdings an den verkehr 
mit der unsichtbaren gewöhnt (84). man kann diese scenen sich nur so 
gespielt danken, dafs die göttinnen mit der maschine auf die bühne ge- 
bracht werden und sie so verlassen, sonst aber unter den schauspielern 
stehen. gleichwol verlangen die dichter von ihrem publicum den glauben, 
dafs die sterblichen nicht sofort die körperliche gegenwart der götter be- 
merken, offenbar um so den eindruck des übersinnlichen einigermalsen 
zu erzielen. da wird es freilich klar, wie praktisch die erfindung des 
ϑεολογεῖον war. sie wird so auf die mitte der zwanziger jahre datirt, 
der Herakles entsprechend später. 

Genug denn von diesen chronologischen erwägungen. ihnen reiht 


eich eine weitere dramaturgische an. die schauspielkunst war in Athen κ᾿ 


so hoch angesehen, dafs seit langer zeit schon die ersten schauspieler 
neben den dichtern concurrirten, die sich selbst von dem handwerke 
zurückgezogen hatten. es war natürlich und ist überliefert, dals sich 
bestimmte schauspieler an die grolsen dichter anschlossen. dann muls 
man den bühnenkundigen meistern aber auch zutrauen, dafs sie auf die 
neigung und begabung ihrer vorführenden kräfte rücksicht nahmen, und 
in der tat vermögen wir einzeln noch die spuren solcher berechnungen 


150 Der Herakles des Euripides, 


zu bemerken®). sehr viel weiter würden wir kommen, wenn wir nicht 
mit einzelnen stücken, sondern mit den trilogien operiren könnten, in 
deren verband die stücke aufgeführt worden sind. denn der dichter 
mulste notwendig im hinblick auf die ganze leistung seiner schauspieler 
über ihre rollen verfügen. eine trilogie ist uns nun wenigstens erhalten, 
und ein einigermalsen denkender leser der Orestie kann nicht darüber 
schwanken, dals in ihr der erste schauspieler Kassandra und ÖOrestes 
gibt, der zweite Klytaimnestra Elektra Kilissa Pythias Athena, der dritte 
den rest der rollen. der zweite schauspieler hat an versen ziemlich so 
viel zu sprechen wie die beiden andern zusammen, er hat mehrere melo- 
dramatische partieen (anapäste) zu recitiren und ein par kleine strophen 
zu singen: aber er hat nur frauenrollen. der dritte schauspieler hat nur 
zu recitiren, schöne lange reden hat er zu halten, aber nur als Apollon 
etwas lebhafter zu spielen. dagegen die grolse musikalische und schau- 
spielerische leistung fällt den zwei rollen des protagonisten allein zu, 
von denen eine sich durch zwei dramen zieht. sein erstes auftreten hat 
der erfahrene bühnenmeister bis hinter die mitte des ersten dramas auf- 
gespart. wir bemerken an diesem deutlichen beispiel, was auch allge- 
meine erwägung lehrt, dafs namentlich die forderungen an gesang und 
spiel den ersten schauspieler zeigen, während die blofse recitation auf 
den dritten weist”). ein streben nach gleichmälsiger belastung ist oft 


59) Helene und Andromeda zeigen einen für ein sentimentales weib geschickten 
sänger und neben ihm einen ähnlich für rührende männerrollen geeigneten zweiten 
sänger. die arie des castraten im Orestes ist offenbar für diese ganz bestimmte 
person (παραχορήγημα) verfafst. auch in den komödien ist ähnliches zu bemerken; 
Aristophanes mulste eines geschickten knirpses sicher sein, wenn er in den Acharnern 
die tochter des Dikaiopolis und den Nikarchos als redner, daneben die kleinen Odo- 
manten und die megarischen ferkelchen einführte; diese reden nicht und sind in der 
mehrzahl, aber ein par jungen fand er leicht als statisten zur begleitung. 

60) Den Kreon in Sophokles Antigone pflegt man dem tritagonisten zu geben, 
obwol er bedeutende gesangpartieen hat und bei moderner aufführung sogar in 
störender weise das interesse auf sich zieht. man schenkt dabei dem Demosthenes 
glauben, der behauptet, Aischines wäre tritagonist gewesen und hätte den Kreon 
gespielt (19, 247, aufgenommen ohne neue pointe 18, 180), der wie alle tyrannen 
dem untergeordnetsten zufiele.e aber was ein redner demosthenischer zeit sagt, ist 
überhaupt unglaubwürdig, und wenn vollends der hafs spricht, wie hier, ist 
die lüge an sich wahrscheinlicher. Demosthenes will verse des Kreon wider Ai- 
schines wenden, deshalb greift er diese rolle auf; vielleicht hat jener sie ge- 
spielt, vielleicht auch nicht. aber zur tritagonistenrolle mufste sie Demosthenes 
machen, um seine beleidigungen los zu werden. was kümmerte ihn die wirkliche 
rollenverteilung? die ökonomie des dramas lehrt, dafs Kreon deuteragonist ist. 





Schauspielerverteilung. 151 


selbst im einzelnen drama kenntlich, und man wird darauf acht geben, 
es wird jedoch auch stark verletzt*) und, wie die Orestie zeigt, nicht 
einmal in der trilogie immer ausgeglichen. im Herakles nun singt nur 
einer, Amphitryon, und er ist fast das ganze stück hindurch auf der 
bühne: seinem vertreter kann keine zweite rolle gegeben werden, und er 
ist unbedingt protagonist. rechnet man weiter, welche personen mit ihm 
auftreten, so ist sofort kenntlich, dafs ein schauspieler Herakles Lykos, der 
andere Megara Theseus gibt, und auf diese in zunächst ungewisser weise 
sich die beiden göttinnen verteilen. da nun Megara und Lyssa weitaus 
die stärksten anforderungen an das spiel machen, so wird man sie einem 
darsteller und zwar dem deuteragonisten geben. so erzielt man eine gleich- 
mälsige belastung der schauspieler‘”), aber Herakles ist allerdings trita- 
gonist. das scheint auf den ersten blick unglaublich. aber bald sieht 
man, dafs die rolle gerade an das spiel keine grolsen anforderungen 
macht. pathetische declamation in einer so dankbaren scene wie der des 
wiedersehens ist nicht schwer; im ganzen zweiten teil aber sitzt Herakles 
unbeweglich an der säule, und auch als er von den leichen abschied 
nimmt, verläfst er das ekkyklema nicht, eine maschine, die natürlich 
des schauspielers und des dichters bewegungsfreiheit hemmte. die schlußs- 
scene muls gewils bedeutend gespielt werden, aber von Theseus kaum 
weniger ala von Herakles. man steht eben vor dem dilemma, ob man 
den schauspieler höher rangiren will, der den Herakles gab, oder den 
der die Megara gab. das ist nicht nur die einzige schwere rolle des 
ersten teiles, sondern eine rolle, die nur bei angemessener besetzung 
wirkt; so kann die entscheidung nicht wol schwanken. hinzukommt, 
dafs Lyssa doch wahrhaftig eher im bereiche der begabung des mannes 
lag, der die leidenschaftliche frauenrolle Megaras agirte, als der die verse 
des Herakles recitirte. im grunde ist es herzlich gleichgiltig, wie man 
den rang der schauspieler schätzt, aber das ist sehr wichtig, dals man 
die attischen tragiker als theaterdichter würdigt, die zu Shakespeare und 
Moliöre gehören, nicht zu den Deutschen, die entweder für eine utopische 


übrigens ist Aischines schwerlich ein schlechter schauspieler gewesen: deshalb wird 
er den Kreon gespielt haben. 

61) So hat in der Medeia der protagonist, der die titelrolle spielte, ziemlich 
so viel zu sprechen wie die beiden anderen zusammen genommen. er hat aber nur 
ein par anapäste, kein einziges gesangstück. wie trefflich das zu Medeias oharakter 
pafst, ist klar: man würde sehr gern die anderen dramen der trilogie vergleichen, 
aber es ist nichts zu erkennen; Philoktet ohne lyrische klagen wird uns schwer zu 
denken. 

62) Amphitryon hat etwa 300 verse, die beiden anderen einige mehr. 


. 


nierinnen. 


152 Der Herakles des Euripides. 


bühne dichten, oder wenn sie an die schauspieler und die aufführung 
denken, in das triviale verfallen, wie Goethe der theaterdirector den 
Bürgergeneral und die Wette gesündigt und gar seinen Götz und Faust 
abscheulich verstümmelt hat. Euripides wulste, daß sein Herakles dem 
tritagonisten zufiele und auf das ekkyklema gebannt sein würde, daher 
die haltung dieser figur. man kann auch sagen, er legte die figur so 
an, dafs sie für einen schauspieler palste, der wenig mehr als gut verse 
sprechen konnte, und er benutzte die bestimmte theatermaschine. denn 
verfügen konnte er über das gegebene frei, gegeben aber war ihm eine 
bestimmte bühne und bestimmte darsteller. die schranken waren eng 
genug; aber die hellenische kunst lehrt oft, dafs enge schranken ein 
gegen sind. sie erfüllt die forderung, dals das fertige kunstwerk den 
eindruck mache, als wären die schranken selbstgewählte. der beschauer 
kann sich auch bei dem blofsen genusse des fertigen kunstwerkes be- 
ruhigen; aber der kunstrichter, der das werden desselben verstehen und 
erklären will, soll tiefer sehen. jede scene sollen wir uns gespielt vor- 
stellen und nie vergessen, dals sie für das spiel berechnet ist, und bei 
der beurteilung der ganzen anlage und der führung der handlung darf 
niemals aulser acht bleiben, dafs die attischen und auch die römischen 
bühnendichter unter ganz bestimmten theatralischen voraussetzungen 
schufen. wie wenig die philologie das zu tun gewohnt ist, zeigt die 
vulgärerklärung und z. b. im Plautus die abscheuliche streicherei in dem 
breiten possendialoge (wo doch Shakespeare zur vergleichung nahe genug 
liegt), aber noch mehr zeigen es die schaustellungen der geschmacklosig- 
keit, wenn primanern die Antigone von ihren lehrern eingedrillt wird, gar 
in der ursprache, die sie allesammt nur radebrechen und rädern, oder wenn 
dieselbe Antigone von hofschauspielern tragirt wird, auf einer bühne, 
die noch weniger antik als modern ist, und in einer übersetzung, für die 
dasselbe gilt, mit allerhand archaeologischem krimskrams, aber mit mo- 
derner musik. die philologie trägt an diesen verzerrungen schwere mit- 
schuld: ehrlich und richtig urteilt nur der teil des publicums, der von 
dem toten zeuge nichts wissen will; aber der meint natürlich, das tote 
zeug wäre Sophokles. wie ganz anders steht es in Frankreich: lebens- 
fähig ist noch manches stück der attischen bühne, auch auf der mo- 
dernen, aber dann muls es nicht als mumie vorgezeigt werden, sondern 
in warmem modernem leben. 

Der verlust der didaskalie hat es verschuldet, dafs wir vergeblich 
danach fragen, welche dramen mit dem Herakles vereint waren, wer 
concurrirte, und wie die preisrichter geurteilt haben. aber die wirkung, 





Sophokles Trachinierinnen. 153 


die der Herakles auf den würdigsten richter ausgeübt hat, zu erkennen 
ist uns vergönnt: er hat Sophokles zur dichtung der Trachinierinnen 
angeregt. die einzelnen verse, in welchen sich ein unbewulster aber 
deutlicher anschlufs an Euripideische verse zeigt“), beweisen freilich nur, 
dafs Sophokles das euripideische stück gekannt und sorgfältig gelesen 
hat, und das ist nicht wunderbar, da sein stil im alter in jeder beziehung 
so sehr stark von Euripides beeinflulst ist. aber auch sein Herakles ᾿ 
wird bei einem opfer rasend, begeht eine wilde tat (um die sich freilich 
keiner viel kümmert) und wird uns, während dies nur erzählt ist, danach 
zunächst schlafend gezeigt, indem die umstehenden die laute äulserung 
ihrer teilnahme vergeblich zu bemeistern suchen, und unter ihnen bei So- 
phokles ein ganz unmotivirt eingeführter greis dem euripideischen Am- 
phitryon entspricht. auch bei Sophokles hadert Herakles mit seinem / 
unseligen geschicke und weidet sich an der aufzählung seiner taten/ 
schließlich geht er zur selbstverbrennung; der euripideische geht in den. 
tod zwar nicht, aber für die welt ist er dennoch auch tot. beide dra- 
matisiren das ende des heros, beide eine geschichte, welche ihn in sünde 
verstrickt zeigt: das vorige capitel hat in ganz anderem zusammenhange : 
beide sagen neben einander stellen müssen. es ist also wirklich die 
beziehung beider dramen zu einander viel näher, als es zunächst scheinen ) 
mag; und es sind die beiden einzigen der eigentlichen Heraklessage ent- 
nommenen tragödien. dafs er das schicksal des Herakles überhaupt zu 





63) Über einzelne worte ist zu einzelnen versen des Herakles einiges angemerkt, 
Σ. Ὁ. 181, 1308, 1353, 1373, auch Tr. 1112 ist ein reflex von 135. 877: der sopho- 
kleische Herakles ist mit nichten ein woltäter der Hellenen, und den mädchen von 
Trachis liegt diese allgemeine würdigung ganz fern. A. Dieterich (Rh. M. 46) hat 
gegen diese parallelisirungen einspruch erhoben, sie aber hinterher doch durch andere 
ersetzt und vermehrt. ohne zweifel entscheidet über nachbildung viel mehr die ver- 
wendung eines motives, eines charakters, einer figur, und erst recht die dramaturgische 
technik als einzelne wortanklänge. aber wenn das grofse zugestanden ist, so ist esseltsam, 
das kleine zu läugnen, und die wiederkehr von πόνων oder μόχϑων μυρέων ἐγευσά- 
ars in demselben munde für zufal] zu erklären scheint mir mehr als seltsam. wenn 
dann das eine mal νρέων mit beziehung auf μυρέαν χάρεν steht, das andere mal 
ohne sie, so ist auch die frage ulrum prius beantwortet. sehr treffend hat Dieterich 
bemerkt, was mir entgangen war, dafs der greis der Trachinierinnen ein nachklang 
des Amphitryon ist: das ist freilich beweisender als alle wortanklänge. über solche 
zu andern euripideischen dramen vgl. noch Schröder de iteratis apud tragicos 
Graecor. 112, besonders bezeichnend S. Tr. 416 aus Εἰ. Hik. 567. Sophokles hat un- 
willkürlich auch ein wort beibehalten, als er eine nebenfigur nach dem muster einer 
euripideischen stilisirte, die mit den künsten der neuen rhetorik sorgfältig und be- 
dentsam ausgearbeitet war. diese nachahmungen sind natürlich alle unbewufst. 


184 Der Herakles des Euripides. 


dramatisiren wagte, darin liegt die entscheidende anregung, die Sophokles 
von seinem rivalen empfangen hat. gearbeitet hat er, wie sich von selbst 
versteht, in seinem eignen sinne, und dem lag die pietätlosigkeit des 
Euripides wider die sage ebenso fern wie die tiefe ethisch religiöser specu- 
| lation. deshalb machen die Trachinierinnen auf den ersten blick leicht 
einen altertümlicheren eindruck als der Herakles. Sophokles hat sich be- 
rechtigt gehalten, schlecht und recht der sage zu folgen, wie sie eben war, 
ganz wie in der Elektra. aber keinesweges weil er die in ihr liegenden 
nstöfse nicht empfand, sondern weil sie für ihn etwas tatsächlich gegebenes 
war. er hilft sich denn auch mit der verlegenheitsausrede, die jeden 
ktein gleich gut oder schlecht aus dem wege räumt, ‘es ist nun einmal 
gottes wille, da wird’s schon recht sein’. τοῦ λόγου οὐ χρὴ φϑόνον 
προσεῖναι, Zeig ὅτου πράχτωρ φανῇ (251), das gilt dem verkauf in 
die sclaverei, und das schlulswort ist οὐδὲν τούτων ὅ τι μὴ Zeig"). 
hätte er, der doch selbst eine Heraklescapelle gestiftet hatte, den leben- 
digen Dorerglauben gehabt, so würde mindestens eine glänzende hin- 
deutung auf die apotheose nicht gefehlt haben, aber das “ende der mühen’ 
bedeutet innerhalb des dramas lediglich den tod, und nur in der letzten 
rede des Hyllos steht eine schüchterne hindeutung, dafs man noch nicht 
wisse, was da kommen werde, neben einer scharfen anklage des Zeus, 
die stark nach Euripides klingt*). so ist denn der Herakles des So- 
phokles an tiefe und innerer bedeutsamkeit weder dem des Euripides noch 
dem der sage auch nur von ferne vergleichbar. das soll er aber auch 
gar nicht. Sophokles handelt wie der ionische epiker, dessen werk ihm min- - 
destens sehr viel von seinem stoffe gab. er gibt weder den universellen 
noch den nationalen heros, sondern einen heros, wie es viele gibt. mit be- 
dacht ist deshalb, wo nicht der anschlufs an die sage oder auch an Euripides 
irre führte, die beziehung des Herakles zu Hellas und zur ganzen welt zu- 


64) Nur vereinzelt wird ein zu starker zug gemildert, so der mord des Iphitos, 
277, der nur δόλῳ begangen sein soll: der bruch des gastrechts, das eigentlich ent- 
scheidende, ist damit eliminirt. aber, mufs der genauer überlegende fragen, ist denn 
der totschlag durch list als solcher verwerflich, mufs er mit ϑητεέα bestraft werden? 
ἀπόλλυμαι δόλῳ ruft doch auch Lykos bei Euripides, und δόλῳ wird Aigisthos in 
den Choephoren bewältigt. so mislingt diese sorte apologetik immer. 

65) Die vielbeanstandeten verse haben den sinn "verzeiht mir, dafs ich meinem 
vater zur selbstverbrennung behilflich bin, und bedenkt, wie sehr Zeus pflichtver- 
gessen handelt, indem er seinen sohn so zu grunde gehen Ἰδὲ, das kann ja noch 
anders werden (ἃ. ἢ. Zeus wird Herakles in den himmel nehmen), wie es hier aber 
sich darstellt, haben wir die trauer, Zeus die schande devon, und Herakles ınuls elend 
sterben’. was dann der chor mit dem schlufsworte beriohtigt. 


Sophokles Trachinierinnen. 155 


rückgedrängt, und die tragödie in das einzelne haus und die familie verlegt. 
wenn man den euripideischen dulder, der sich selbst bezwingt, vor augen 
hat, so kann man den sophokleischen Herakles zunächst kaum ertragen. 
der schmettert den unschuldigen Lichas auf die klippen und er würde | 
die arme Deianeira massakriren, wenn er sie zu fassen bekäme, ohne 
nach ihrer schuld und ihrer liebe zu fragen. seine frau ist ihm sehr 
gleichgiltig; aber Oichalia hat er zerstört, weil der herr der burg ihm 
nicht gutwillig seine tochter zur kebse gab, und diese kebse versorgt der . 
sterbende; an sein sonstiges erbe denkt er kaum. das ist auch ein / 
Herakles, der sich aus der menge der sagen gewinnen liels, er ist ein i 
charakter, und alle züge, mit denen Sophokles ihn ausstattet, auch sein ; 
unmälsiges brüllen und renommiren in dem körperlichen schmerze gehören; 
zu einem bilde). solche Herculesse gibt es unter den griechischen statuen : 
genug; das heldenhafte liegt ausschliefslich in der übertriebenen steigerung 
der materiellen menschennatur. den himmel verdient ein solcher nur zu 
irdischer held wahrhaftig nicht, und Sophokles hat sehr recht getan, 


66) Wie sehr viele eingewurzelte irrtümer über hellenische poesie und kunst, ver- 
schuldet Lessings Laokoon und das barocke, nicht tragisch, sondern rhetorisch stilisirte 
kunstwerk, von dem er den namen hat, auch den, dals die Hellenen vor schmerz ge- 
brüllt und an brüllenden helden freude gehabt hätten. Sophokles selbst wird die σωφρο- 
σύνη und edoynuoodvn gewils im leben nicht verleugnet haben, die den gebildeten 
Athener viel enger band als uns. ἀγαϑοὲ ἀριδάκριες ἄνδρες, gewils, das ist wahr 
und ist griechisch. aber die träne, die der schmerz einer mitfühlenden seele in das 
suge treibt, ist etwas anderes, als wenn ein mann in eignem und gar körperlichem 
schmersze die selbstbeherrschnng verliert. schon die homerischen dichter wissen sehr 
gut, wen sie heulen lassen und wann. im drama aber soll man den stil erst ver- 
stehn. wer sich mit übersetzen befalst, lernt es, wie viel in wahrheit auf rechnung 
unserer armen interjectionslosen sprache kommt. wir müssen auf die unarticulirten 
laute des darstellers rechnen. ferner soll man die conventionelle totenklage kennen, 
die uns fremd ist und den von Solon erzogenen Athenern bereits fremd zu werden 
begann: darum tönt sie nirgend lauter als in den Persern, die jetzt aufzuführen eine 
geschmacksverirrung ist. endlich soll man besser unterscheiden als Lessing. Philoktet 
ist wegen seiner krankheit und seines schreiens von seinen kameraden ausgesetzt; 
die ganze handlung dreht sich darum, der dichter hat die pflicht, das glaublich zu 
machen. er hat sie ganz wunderbar erfüllt, mit einem starken pathologischen 
‘'verismus’, von dem das achtzehnte jahrhundert nichts wufste. der starke mann 
wehrt sich wie ein held, aber er wird schliefslich überwunden. dabei verliert er 
seine würde nicht. der Odysseus der Niptra hat es gewils auch nicht getan; der 
übersetser Pacuvius mufste nur den stil ändern und konnte die lyrik nicht mehr 
brauchen. aber Herakles brüllt aus demselben grunde aus dem er poltert, aus dem 
er sich in der Alkestis betrinkt: er ist ein naturbursche ohne erziehung und ohne 
σωφροσύνη. das ist in der ordnung; nur in den himmel gehört ein solcher 
Herakles nicht. ' 


156 Der Herakles des Euripides. 


davon nicht zu reden, aber für das satyrepiel und als episodische figur, 
wie in der Alkestis, eignet er sich vortrefflich. in der tragoedie, vollends 
hier wo er nur ohne würde leidet und sich als ein tyrann seiner familie, 
aber jeder inneren grölse bar zeigt und nicht einmal etwas grolsartiges 
tut, ist er nicht am platze. die Trachinierinnen als ganzes bewundern 
kann nur, wer urteilslos vor allem sophokleischen erstirbt; ihr Herakles 
ist deshalb so merkwürdig, weil er uns am besten zeigt, wie recht die 
attische bühne getan hat, diesen heros zu vermeiden, und weil wir für 
die art des greisen Sophokles allerdings viel aus ihnen lernen. er war doch 
der fruchtbarste tragiker und hatte schon an die 100 stücke geschrieben, 
natürlich sehr ungleich, wie denn auch die kritiker bezeugen, die sie 
noch lesen konnten. die Heraklessage hatte der noch mehr ionisch als 
attisch denkende dichter kaum ein par mal berührt. nun kam das tief- 
sinnige kühne gedicht des Euripides. das imponirte ihm, namentlich weil 
es den bann brach, der bisher den populärsten heros von der tragoedie 
fern gehalten hatte. gewils nicht den euripideischen, aber doch den 
Herakles wollte er nun auch einführen; den stoff suchte er sich in 
seinem lieben Homer, nicht bei Thebanern oder Dorern. dabei stiels er 
auf Deianeire. diese zog er in den vordergrund, wie es die liebens- 
würdige art dieses vorläufers der ionisch-hellenistischen epik ist, die wir 
alexandrinisch nennen, und gestaltete sie so zu einer seiner selbst 
würdigen individuellen figur. die ehefrauen von attischen kleruchen“”) 
und kaufleuten, die zu hause salsen, während die gatten viele monate 
lang unterwegs waren, werden die erfahrungen dieser frau oft gemacht 
haben, die sich über die eheliche treue ihres gatten keine illusionen 
macht, die sich auch darüber grämt, dafs sie vor gram rascher altert, 
weil sie ihren gatten liebt und ganz zu verlieren fürchtet, da er zu den 
frauen nur ein grob sinnliches verhältnis kennt. als sie dann vollends 
glauben mufs, dafs ihr mann mit list und trug ein kebsweib in sein 
haus nehmen will, greift sie zu einem liebeszauber und wird schuld- 
los zur mörderin. auch dazu bot das leben die exempel: Antiphons 
erste rede ist wider eine solche Deianeira gerichtet. an dieser frau, 
neben Iokaste dem feinsten weiblichen charaktergemälde des Sophokles, 
können wir reine freude haben, und das gesinde, den chor einge- 
schlossen, accompagnirt sie ganz wunderbar. aber damit ist für einen 
ehrlichen modernen menschen der reiz des stückes zu ende, dessen 
beide hälften nur durch die indifferente person des Hyllos verbunden 








67) Sophokles hat diese parallele selbst gezogen, 32. 


Sophokles Trachinierinnen. Kritias Peirithoos. 157 


sind®). der dichter hat sich mit der weiteren scenenführung geringe mühe 
gegeben; aufser euripideischen motiven hat er offenbar seine eignen Niptra 
copirt, in denen neben dem totwunden vater (den auch ein zaubergift 
marterte) auch ein sohn stand, aber nicht ein blofser figurant wie Hyllos, 
sondern der unfreiwillige mörder des vaters®). der Herakles, den wir hier 
sehen, kann uns nicht befriedigen ; aber sein publicum hat der alte erfahrene 
dichter wol gekannt. dem war der brüllende kraftmensch gerade recht. 
um seinetwillen sind die Trachinierinnen gelesen worden und in die aus- 
wahl aufgenommen, die uns erhalten ist, während wir Tyro und Tereus 
und Inachos entbehren müssen. 

Noch einen nachahmer fand der Herakles zu lebzeiten seines 
dichtere. Kritias suchte ihn zu übertrumpfen, indem er die höllenfahrt 
selbst in einem Peirithoos dramatisirte. Der Hades als schauplatz, Aiakos, 
der ianitor orci, ala sprecher des prologes, die seligen mysten als chor, 


68) Ich hatte in der ersten auflage von den Trachinierinnen gesagt, dals sie 
nur kümmerlich durch orakelsprüche zur einheit zusammengehalten würden. da- 
gegen hat Jebb in seiner verdienstlichen ausgabe verwahrung eingelegt. das erste 
orakel habe nur die untergeordnete bedeutung, die unbestimmte erwartung der kata- 
strophe zu erwecken, und das zweite gebe nur die sicherheit, dafs Herakles ende 
da wäre. ich kann das nicht zugeben. nur weil sie das orakel hat, ist Deianeira 
in solcher sorge, wie wir sie von vorn herein sehen, und sie teilt uns diese stimmung 
mit. mit dem orakel bringt sie Hyllos auf den weg, und der verbindet beide teile. 
das dodonäische orakel aber lehrt den Herakles seinen tod als göttliches verhängnis 
anerkennen und bringt wieder den Hylios zum handeln; ohne diese offenbarung 
könnte und würde er seinen vater nicht lebendig verbrennen. also mit der ver- 
teidigung ist es nichts; trotzdem war mein urteil nicht gerecht, so weit es die orakel 
angieng. die sind für unsere empfindung zwar höchstens so viel wie ἄτεχνοι πέστεις 
in der rhetorik und können für uns keine innere motivirung ersetzen. aber Bophokles 
und das gros seines publicums glaubte an sie und rückte sie damit unter die all- 
gemeinen menschlichen motive, so gut wie alles zufällige, nicht im charakter der 
handelnden personen begründete. wenn aber dem entsprechend eine fest bestimmte 
zukunft vor dem menschen liegt und die gottheit so direct in seine geschicke be- 
stimmend eingreift, dann ist der lauf des lebens und des dramas nicht an jene ge- 
setze der peychologischen und moralischen continuität und causalität gebunden, an 
die wir glauben. so ist Sophokles für sich und seine zeit im rechte; auch wir \wer- 
den uns gern in den fremden glauben versetzen, um den dichter zu verstehn, aber 
fremd bleibt er doch. es ist ein gebot der ehrlichkeit zuzugeben, dafs Sophokles 
unserm empfinden und unserer sittlichkeit ferner steht als die beiden andern tragiker. 
dafs uns gerade zwei stücke erhalten sind, in denen es sich um die erlaubnis zum 
begraben einer leiche handelt, in einem ein muttermord als heldentat behandelt wird, 
und einmal ein sohn seinem vater bei einem rennommistischen selbstmorde hilft, ist 
ein unglücklicher zufall, aber es ist doch tatsache. 

69) Die parallele zwischen beiden dramen habe ich schon Hom, Unt. 194 ge- 
zogen, aber noch ohne über die priorität zu entscheiden. 


Kritias 
Peirithoos. 


158 Der Herakles des Euripides. 


das sollte etwas neues für die augen der schaulustigen sein; wir sehen 
auch an den dadurch angeregten Fröschen des Aristophanes, dafs die 
erfindung selbst dem komiker, der den bombast verspottete, imponirt 
hat‘). daneben trug der anempfindende sophistenzögling physiologische 
lehren und ethische sentenzen vor, und sein grofsmütiger Theseus, der 
dem Peirithoos nicht die treue bricht, war ebenfalls eine conception, 
die Euripides angeregt hatte, den sie übertrumpfen sollte. die nach- 
ahmung muls sehr stark gewesen sein, denn das drama hat außerhalb 
der gelehrten kreise für euripideisch gegolten. 

„Nach-, Nur diese drei stücke aus der Heraklessage hat die tragödie in der 
"euripidei- Zeit hervorgebracht, wo sie die kraft besals, die heldensage, wie sie in 
ärams. der vorstellung der menge lebte und späterhin auch in der schule gelernt 

ward, zu beeinflussen. alle drei haben es bis zu einem gewissen grade 
getan. der Peirithoos, der noch in der kaiserzeit gelesen ward, nicht 
sehr stark: Herakles und Aiakos und die rettung des Peirithoos sind 
immer varianten neben der vulgata geblieben, die den höllenhund selbst 
an die türe setzte und den räuber Persephones ewig verdammt sein liels, 
die Trachinierinnen dagegen haben vielleicht ganz durchgeschlagen; es 
ist nur fraglich, ob die fabel nicht schon in dem homerischen gedichte 
sehr ähnlich war. zu ihrer erhaltung hat gewils auch das beigetragen, 
dals sie einen sehr populären stoff behandelten: hat doch Seneca sie des- 
halb bearbeitet, derselbe, der sich auch die euripideische Heraklestragödie 
nicht entgehen liefs. aber die bildende kunst, die für die Herakles- 
geschichten ihr gepräge schon von der archaischen zeit erhalten hatte, 
weils von den Trachinierinnen so wenig wie von dem Herakles des Euri- 
pides. dieser hat eine so gleichgiltige fiction wie seinen Lykos wirklich 
in die mythographische vulgata hineingetragen; auch Megaras tod wird 
ihm manchmal nacherzählt. aber die haupterfindung, dafs der kinder- 
mord die letzte lebensaufgabe ist, und die einwanderung nach Athen 
waren unverwendbar, da sie die ganze altgefestigte sage sprengten. das also 
drang nicht weiter als das gedicht selbst. dieses aber ist zwar nicht in 
die schullectüre aufgenommen worden und von scholien ist keine spur, 


70) Aiakos und der mystenchor, die unabhängig von den Fröschen bezeugt 
sind (591, das ich durch die güte des finders, Dr. H. Greeven, vollständiger kenne, 
als die bisher bekannten Hermogenesscholien es enthalten, und 592) garantiren die 
abhängigkeit der Frösche und bestätigen so meine vermutung, dafs die aristophanische 
Aiakosscene den Kritias parodirt, sehr hübsch als eins der μεερακύλλια Εὐρεπέδου 
πλεῖν ἢ σταδίῳ λαλίστερα. Lukian kennt das drama, aus dem er 936 nimmt und 
den pförtner Aiakos de luctuw 4. 


Nachwirkung des euripideischen dramas. 159 


aber es erhielt sich auf der bühne”) und hat zu allen zeiten leser und 
liebhaber gefunden. Plutarch Dion Sextus Philostratos kennen es gut, 
ja es fehlt nicht an spuren späterer benutzung”). wenn uns also die 
tragödie selbst nur durch einen glücklichen zufall erhalten ist, so würden 
wir sie doch immer in ihren wesentlichen zügen herstellen können. 

Dies zu zeigen hat mehr wert als die stellen zu häufen, die eine 
beeinflussung durch Euripides verraten”), für ihn selbst lernt man frei- 
lich auch hierdurch nichts, aber es dürfte etwas für uns beherzigens- 
wertes herauskommen. 

Denken wir also einmal, der Herakles wäre selbst verloren, und wir 
wollten ihn aus den bruchstücken herstellen. was würden wir erreichen ? 
der titel Ἡρακλῆς zunächst sagt gar nichts. dafs Herakles in der raserei 
sich einbildet zu wagen zu fahren, berichtet Dion (32, 94) und führt 
v. 94749, allerdings entstellt, an, aus denen sicher zu entnehmen ist, 
dafs die raserei erzählt ward. eben diesen zug hebt Philostratos (Imag. 2, 23) 
hervor, und da dieser rhetor auch noch für andere einzelheiten, die ein- 
führung einer Erinys (wie er für Lyssa sagt) und die fesselung des 
Herakles, sich auf die bühne und die dichter beruft, so haben wir das 
recht sein ganzes angebliches gemälde in die poesie zurückzuübersetzen, 
aus der er es zusammengestümpert hat. es ist mir vollkommen unfafsbar, 
wie gerade archaeologen das in diesem falle leugnen können. so ge- 
winnen wir den inhalt des botenberichtes: Herakles gerät beim opfern 
in wahnsinn, glaubt nach Mykene zu fahren und die Eurystheuskinder zu 
töten (wofür wir mit sicherheit auch Sextus adv. log. 1 405, II 67 verwenden 
würden), tötet aber Megara und seine söhne. erst erschielst er zwei 
(dabei würden wir also die feinere abwechselung des Euripides verlieren, 


71) Auf dem ehrensteine eines schauspielers in Tegea figurirt wenigstens ein- 
mal sicher Σω]τήρεα [ἐν] Selpors ρακλεξ [Εὐ]ρεπέδου. Bull. Corr. Hell. XVII 15. 
leider ist die veröffentlichung ganz ungenügend, und der herausgeber sieht seinem 
tunde hilflos gegenüber. er ergänzt auch einen 4yeigos des Euripides; man kann 
zunächst nur sagen, im widerspruch zu seiner eigenen abschrift. 

72) Bei Chariton III 10, 6 hat Nauck den vers 1307 aufgezeigt. 

73) Nur auf eins sei noch hingewiesen, Antikleides, ein merkwürdiger, weil 
nicht leicht in die fächer unserer litteraturgeschichte einzuordnender mann, der 80- 
wol die sagengeschichte wie die Alexanders behandelt hat, erzählt, dafs Herakles 
nach vollendung seiner arbeiten von Eurystheus zu einem opferschmause geladen 
wird und, weil er eine zu kleine portion bekommt, drei söhne des Eurystheus er- 
schlägt, deren namen Antikleides natürlich anzugeben weils (Athen. 157): das ist 
eine deutliche entlehnung aus Euripides. ein buch, in dem das stehen konnte, war 
ein roman. 


160 Der Herakles des Euripides. 


der einen sohn erschlagen läfst), dann die mutter mit dem jüngsten, 
die sich in ein gemach geflüchtet hat. sein gesinde versucht ihn ver- 
geblich zurück zu halten; schliefslich haben sie ihn aber doch gebunden. 
aufserdem ist die personification des wahnsinns von Euripides selbst auf 
die bühne gebracht, also in einer scene vor dem botenbericht. leicht 
würden wir dann noch eine stelle, die sich auf das reinigungsopfer be- 
zieht, dem botenberichte einreihen (Didymos in schol. Fried. 959 und bei 
Atben. IX 409. Eur. v. 928. 29). dafs Herakles, also gebunden, selbst 
vorgeführt ward, ergibt weiter der öfter citirte vers 1245, und die an- 
gabe, dals in diesem drama der glaube an die ansteckende kraft des 
blutbefleckten berührt worden sei (schol. Eur. Or. 73): denn diese com- 
bination zu machen dürfen wir uns schon zutrauen. wenn Herakles im 
botenberichte gebunden ward, nachher auf der bühne blutbesudelt an- 
wesend war, so ist die einführung des ekkyklemas mit sicherheit zu er- 
schliefsen. wie wir uns freilich weiter helfen sollten, würden die frag- 
mente nicht lehren, denn dafs 1349, 50 in schwer interpolirter gestalt 
bei Stobaeus (108, 12) stehen, wir also den spruch vernehmen, “wer 
nicht das geschick zu tragen weils, wird auch nicht im stande sein, dem 
geschosse des feindes entgegen zu treten’, würde die lösung schwerlich 
ergeben. und dafs die rettung der 14 kinder aus Kreta, also eine 
Theseustat, erwähnt ward (Servius zu Aen. 6, 21), mülste zunächst nur 
verwirren. allein mit diesen kenntnissen bewaffnet könnten wir zuver- 
sichtlich an die tragödie des Seneca gehen und ohne schwanken aus 
ihrem zweiten teile den zusammenhang nehmen, in den die namentlich 
erhaltenen citate sich einordnen. Herakies kommt mit Theseus aus dem 
Hades, also nach der bezwingung des Kerberos, also am ende seines 
lebens, unerwartet nach Theben. in raserei erschlägt er frau und kinder; 
als es ihm zum bewußtsein kommt, will er sich töten, entschliefst sich 
aber auf die bitten seines vaters und des Theseus mit diesem nach Athen 
zu ziehen um sich dort enteühnen zu lassen: ja selbst einen schimmer 
von der stimmung des euripideischen Herakles hat Seneca bewahrt. wenn 
er die mahnung hört nunc Hercule opus est, perfer hanc molem mali (1339), 
sie abweist veniam dabit sibi ipse qui nulli dedit? laudanda feci iussus: 
hoc unum meumst (1267), und schliefslich entscheidet succumbe virtus, 
perfer imperium patris, eat ad labores hic quoque Herculeos labor, vivamus, 
so ist das zwar für uns jetzt, die wir den echten hören, ein unge- 
nügender nachklang, aber es gibt doch von der stimmung des echten 
eine gar nicht verächtliche vorstellung. und ganz abgesehen davon, wie 
gut es einem kenner des Euripides gelingen möchte, die zusätze der copie 


Nachwirkung des euripidelschen dramas. 161 


zu entfernen: das ist augenfällig, dafs wir den schluls des dramas inhalt- 
lich, so weit es die handlung angeht, in der hauptsache richtig recon- 
struiren mülsten. aber Seneca würde uns noch weiter helfen. dafs 
Euripides den Herakles aus der hölle nur emporgeholt hätte, um ihn 
seine kinder erst retten zu lassen, dals das opfer, bei dem er rasend 
wird, das siegesopfer für den tod des Lykos auch bei ihm gewesen wäre, 
und der erste teil des dramas also die bedrohung Megaras und der kinder 
durch Lykos enthalten hätte, das würde Seneca sicher lehren, und dann 
würde die mythographische vulgata bestätigend eintreten, neben einer 
anzahl anderer stellen, die zu häufen keinen zweck hat, das die τραγῳ- 
δούμενα des Asklepiades citirende scholion A 269 Meydga Κρέοντος 
τοῦ Θηβῶν βασιλέως γημαμένη Ἡρακλεῖ παῖδας Loysı Onoluayov 
καὶ Κρεοντιάδην καὶ Anınduvra”), βαδίζοντος δὲ αὐτοῦ εἰς ἄδου 
ἐπὶ τὸν τοῦ κυνὸς ἄϑλον “ύχος ὅ τῶν Θηβῶν βασιλεὺς πεισϑεὶς 
Ἥρᾳ καταστέφει τοὺς Ἡραχλέους παῖδας ἵνα ϑύσῃ. οὐ γὰρ αὐτὸν 
ἐπανήξειν wero. παραγενόμενος δὲ Ἡρακλῆς ἀναιρεῖ αὐτὸν καὶ τοὺς 
ἐχεένου παῖδας" μανεὶς δὲ διὰ τὴν Ἥραν κτείνει τοὺς ἰδίους. ἔμελλε 
δὲ καὶ τὸν ἀδελφὸν ᾿Ιφικλέα, εἰ μὴ ἔφϑασεν  Admräa κωλύσασα. 
wir wollen das spiel nicht zu weit treiben und dahingestellt sein lassen, 
in wie weit sorgfältige erwägung aller varianten die möglichkeit einer 
wiederherstellung der einzelnen züge bieten könnte; über sie würden auch 
die sachverständigen sich schwer geeinigt, und irrtümer würden sehr leicht 
geltung gewonnen haben”). aber im ganzen würde der inhalt des euri- 
pideischen Herakles sehr wol bekannt sein, ja er hätte gar nicht ver- 
loren gehen können. das zeugt für den erfolg des dramas und gibt 
uns die lehre für die methode. aus den bruchstücken selbst destillirt 


74) Therimachos und Deikoon, daneben aber Aristodemos nennt ausdrücklich 
als von Euripides erwähnt Lysimachos, schol. Pind. Isthm. 3, 104, dem wir, wie die 
mythographischen studien jetzt stehen, doch nur die zahl glauben würden. 

75) Einen irrtum, fürchte ich, würden wir begehen. wir würden nach Seneca 
annehmen, dafs Lykos die Megara mit heiratsanträgen behelligt hätte, zumal wir 
in schol. Lykophr. 38 Avxo» βιαξόμενον τὴν γυναῖκα Μεγάραν eine bestätigung 
finden würden. und doch ist das falsch. wir können uns aber trösten: wir würden 
dann nur ein wirklich euripideisches motiv in einen zusammenhang bringen, der es 
an sich wol erträgt. es ist das motiv, welches Euripides zuerst im Diktys, dann 
im Kresphontes angewandt hat. Polyphontes Merope bestürmend gibt in der tat 
eine ganz analoge situation: sie hat Seneca in das andere stück übertragen. der 
scholiast ist zufällig mit ihm zusammengetroffen. er wie andere brechungen des 
inhalts unseres Herakles kann lehren, wie wenig auf diese kleinen züge verlafs ist, 
mit denen mythographen und historiker heut zu tage so besonders gern operiren. 

v. Wilamowitz I. 11 


162 Der Herakles des Euripides. ᾿ 


freilich nur selten jemand eine tragödie; deshalb können wir von den 
komödien ja wirklich so wenig wissen. aber aus der sagenüberlieferung 
muls sich ein drama mehr oder minder herstellen lassen, welches in ihr 
epoche gemacht hat. Nauck hat in der vorrede seiner kleinen ausgabe 
der Euripidesfragmente die namentlichen bruchstücke von Herakleiden 
Herakles Elektra zusammengestellt, zum beweise, dals es ein eitles be- 
mühen wäre, aus ihnen den inhalt zu gewinnen. das ist wahr und 
falsch. denn aus den par zeilen geht es freilich nicht, aber das ist 
auch der falsche weg. vom stoffe hat man auszugehen, wo immer in 
der ganzen weiten litteratur sich spuren von ihm finden. wer die ganze 
entwickelung einer sage verfolgt hat, wer auch zugleich ihre bedeu- 
tung und herkunft zu würdigen weils, damit er die trümmer der sagen- 
überlieferung richtig einordnen könne, der kann dann eine einzelne 
fassung, epos oder drama, herstellen — wenn dies epos oder drama 
durchgedrungen ist. das aber ist die wesentliche vorfrage, die man prak- 
tisch natürlich nicht früher oder später beantwortet, als man dies ge- 
dicht herstellt oder ein anderes. so würden wir von Euripides Elektra 
gar nichts wissen, weil sie erfolglos geblieben ist; dafs sie das ist, könnten 
wir ermitteln. so sehen wir, dafs wir den inhalt des Herakles an vielen 
orten überliefert haben, so weit er in die vulgatsage eingang gefunden 
hat; wo er ihr widerspricht, im schlusse, verdanken wir die kenntnis 
lediglich Seneca, also einem besonderen glücksfall. 

Das sei hier an einem exempel gezeigt, das praktisch überflüssig 
ist, aber keinen widerspruch zulälst. möge es nacheiferung wecken. denn 
die bruchstücke der tragödie hat Nauck zwar mit unübertrefflicher sorg- 
falt gesammelt, aber eine reconstruction in Welckers sinne hat er nicht 
überflüssig gemacht, geschweige denn als nutzlos erwiesen. er hat ihr 
nur einen teil des materiales sauber zubereitet. wenn das nicht zu diesem 
baue dienen soll, so ist es der mühe der sammlung gar nicht wert 
gewesen. 


Vorbemerkung zum texte. 





Die überlieferungsgeschichte des tragikertextes ist im ersten bande 
der ersten auflage, cap. 3, eingehend dargelegt worden. es hat sich er- 
geben, dafs der Herakles uns in einem bande der gesammtausgabe des 
Euripides erhalten worden ist, der sich zufällig bis in die Byzantinerzeit 
gerettet hatte. wir entbehren somit der hilfe antiker philologischer er- 
klärung gänzlich, haben aber auch mit den entstellungen der byzan- 
tnischen schulmeister nicht zu kämpfen, da diese reihe von dramen von 
ihnen niemals behandelt worden ist. um die überlieferung, wie sie in 
den uns unmittelbar erhaltenen handschriften steht, richtig zu behandeln, 
muß man das aussehen eines solchen buches, wie es die antike hand- 
schrift war, der wir die erhaltung dieser dramenreihe verdanken, immer 
im gedächtnis haben. das ist nicht schwer, da wir jetzt viele reste an- 
tiker bücher besitzen, auch eins aus der zeit vor Aristophanes von Byzanz, 
die Dubliner blätter der Antiope. es war eine ausgabe ganz ohne jede 
gelehrte einrichtung, aufser dafs eine hypothesis vorgesetzt war. wort- 
abteilung fehlte‘), die lesezeichen, so weit es deren gab, waren arg zer- 
stört, aber die versglieder waren nach einer für uns gänzlich unverbind- 
lichen späten theorie abgeteilt. vielleicht schon diese handschrift, sonst 
eine ihrer nachkommen, hat sehr stark gelitten, indem sowol verse wie 
einzelne wörter, namentlich am schlusse der verse, wie auch einzelne 
buchstaben fortgelassen waren; zuweilen ist der versuch gemacht, das 
fehlende zu ergänzen. der druck bringt das nur unvollkommen zur 
anschauung‘). es ist dem anfänger zu raten, sich z. Ὁ. an den Achmin- 
papyri des Rhesos und der hesiodischen Theogonie, oder an dem Berliner 
Hippolytos (von Homer sind nur die Londoner papyri von iF (2 geeignet) 
eine vorstellung von dem aussehen solcher bücher zu machen, die ver- 





1) 583, 810, 1096, 1115, 1191, 1412—14. 

2) Z.b. 482. 484. 1003 hat der abschreiber die reste von ἐπέλογχον χερί zu 
deuten versucht; wer sich die alte schrift überlegt, kann sich die züge denken, die 
er gewaltsam zu dl λόφω κέαρ mindeutete. 

11* 


164 Vorbemerkung zum texte. 


derbnisse des Herakles zu überlegen und dann erst ein drama mit guter 
überlieferung durchzuarbeiten, etwa den Hippolytos, endlich eins, das wie 
der Herakles überliefert ist, etwa den Ion: da wird er auch zu tun finden. 

Von dem was wir haben liegt dieser eigentliche archetypus weit 
ab, und zunächst mufs von dem gegebenen ausgegangen werden. das 
sind zwei handschriften, Laurentianus 32, 2 (C) aus dem anfange und 
Laur. Abbatiae Florentinae 172 (P) aus dem ende des vierzehnten 
jahrhunderts, beide aus derselben vorlage, einer minuskelhandschrift 
frühestens des elften jahrhunderts abgeschrieben. diesen archetypus er- 
reichen wir leicht und sicher: er ist die grundlage unseres textes, es 
unterliegt jetzt keinem zweifel mehr, dafs die echte überlieferung uns 
fast völlig rein von C geboten wird, aber nur von (Οὐ, ehe es durch die 
correctoren der renaissance (c) verwüstet ward. die erste hand ist fast 
immer noch zu erkennen; dazu bietet aber P eine äufserst wertvolle 
hilfe, denn es ist eine abschrift desselben originales, aus dem C stammt, 
zwar sehr fehlerhaft und nicht ohne willkür geschrieben, nur in ganz 
wenigen geringfügigen dingen geeignet: C zu verbessern, aber nament- 
lich für die lesung von Οὐ unter correctur und rasur eine sichere hilfe. 
auch zur scheidung der wertlosen correcturen in C von den eintragungen 
zweiter hand (C?), welche aus der vorlage stammen, verhilft am sichersten P, 
denn es stimmt oft zu C*. da der kritische apparat nur die überlieferung 
geben will, so war der gewiesene weg der, dafs fortgeworfen werden 
mulste erstens alles was von c stammt, es sei denn dals es richtige con- 
jecturen sind, zweitens die zahlreichen offenkundigen fehler von P. in 
dingen, wo dieser notorisch unzuverlässig ist, wie der personenverteilung, 
ist er gar nicht berücksichtigt. dagegen mufste erwähnt werden was 
immer C"' enthalten hat, auch wenn es ein von ΟἿ berichtigter fehler 
ist: denn es kann ja aus dem originale stammen. es ist vielleicht nicht 
richtig, dafs die stellen nicht bemerkt sind, wo nur noch eine rasur 
zeigt, dals in Οὐ vor der jetzigen zu P stimmenden lesart etwas anderes 
gestanden hat, 

Orthographie, krasis, elision, prosodie, interpunction, versabteilung ist 
vom herausgeber nach eigenem ermessen gesetzt. die handschrift ist viel zu 
jung und zu fehlerhaft, als dals ihr zeugnis ins gewicht fallen könnte. in 
einzelnen fällen ist auch derartiges erwähnt, aber das sind ausnahmen; in 
wahrheit hätte noch vieles fortbleiben können. immerhin ist so erreicht, 
dafs der apparat ganz knapp ist: diesem streben zu liebe sind auch aus an- 
tiken citaten nur die lesarten angeführt, welche den text verbessern. es wird 
aber namentlich für einen anfänger sehr belehrend sein, sowol diese vari- 


Vorbemerkung zum texte. 165 


anten alle zu durchmustern wie auch die zahlreichen stellen zu überlegen, 
wo der apparat im texte eine lesart enthält, die durch moderne conjectur 
gefunden war, aber nichts zu ihr bemerkt wird, weil sie überliefert ist und 
nur durch die renaissancecorrectoren verdrängt war. es kann beides 
ja leicht aus Kirchhoffs grofser ausgabe genommen werden. 

Dieser und anderen älteren ausgaben, namentlich Musgrave Beck, 
sind die angaben über die apographa von C, die ältesten drucke und 
emendatoren entnommen; es mag sein, dals eine oder die andere con- 
jectur moderner gelehrten auch aus zweiter hand genommen ist. die be- 
nutzung der originalen arbeiten von Musgrave, Reiske, Wakefield, Dobree, 
Eimsley, hat gezeigt, dafs unsere tradition von den älteren leistungen aller- 
dings bereichert und berichtigt werden kann. es sind deshalb nicht selten 
mehrere namen für eine verbesserung genannt, auch von modernen ge- 
lehrten. für den wissenden ist daraus manches zu lernen; dem unwissen- 
den schadet es nichts und für die wahrheit sind alle namen gleichgiltig. 

Die äufßsere einrichtung des druckes entfernt sich in manchen dingen 
von der geläufigen weise und schliefst sich teils der handschriftlichen 
überlieferung, teils der besonders durch Hephaestion überlieferten praxis 
der antiken grammatik an. der personenwechsel ist, wo keine zweideutig- 
keit entsteht, durch die paragraphos bezeichnet. die εἴσϑεσις, das ein- 
rücken, ist angewandt um zu zeigen, wie weit die synaphie in den lied- 
maßsen reicht; im dialoge hat das alinea seine uns geläufige rhetorische 
bedeutung. strophen oder in nichtstrophischen gedichten perioden, auf- 
treten und abtreten der personen ist im anschlufs an Hephaestion be- 
zeichnet. doch hat die praxis einige modificationen der zeichen gefordert: 
denn nicht eine repristination verschollener wertloser dinge, sondern 
das praktische bedürfnis ist leitend gewesen. die unechten verse sind 
in unserer weise eingeklammert, nicht aufgespielst, und das kreuz be- 
deutet nicht, dafs zu der stelle etwas zu bemerken ist, sondern dals sie 
verdorben ist und noch nicht geheilt. die interpunction bemüht sich, 
keine regel zu befolgen, sondern dem verständnis des einzelnen satzes 
zu dienen, so viel sie kann. allerdings bemerkt man immer wieder, dals 
sie das ungenügend tut. bestrebungen, wie die des Nikanor mit seinem 
abstrusen system und die rabbinischen anweisungen für die recitation 
oder auch die zeichen und beischriften unserer musikalischen texte lernt 
man schätzen: hier kann ein erfinder sich wirklich eine krone verdienen. 
wenn wir vorzeichnen könnten, wie ein satz gelesen und betont werden 
soll, so würde die bessere hälfte der erklärung ohne weiteres geleistet sein. 


ΕΥ̓ΡΙΠΙΔΟΥ ἩΡΑΚΛΗῊΣ. 





Titel haben die dichter selbst ihren tragödien gegeben, und zwar 
sind dieses die ersten wirklichen buchtitel, die überhaupt aufgekommen 
sind; vorher gab es Sie weder für poesie noch für prosa. der anlafs 
hat nicht etwa in der buchhändlerischen verbreitung, sondern in der an- 
meldung des schauspieles bei dem spielleitenden beamten und in der an- 
kündigung vor dem publicum gelegen. Euripides hat alle titel mit über- 
legung gewählt. dafs er schlicht Ἡρακλῆς sagt, bedeutet nicht mehr, 
als dals der name ausreichte, weil es noch keine Heraklestragödien gab. 
das gesammte altertum einschliefslich unserer handschriften des dramas 
kennt nur den einfachen titel, und es wäre nicht blols überflüssig, son- 
dern störend gewesen, wenn Euripides hätte μαενόμενος zusetzen wollen: 
der ganze Herakles ist darin. dieser zusatz ist in dem ersten drucke beige- 
fügt worden, weil die nachbildung des Seneca Hercules furens hiels, auch 
nicht nach des dichters absicht, sondern aus bequemlichkeit der modernen, 
das stück von dem Hercules Oetaeus zu unterscheiden. aufserdem hat 
Philostratos mit recht sein bild Ἡρακλῆς μαινόμενος genannt, denn 
darin ist nur dargestellt, was hier der botenbericht erzählt. es ist nur 
durch die faule macht der gewohnheit erklärlich, dafs der moderne zu- 
satz, obwol seit 20 jahren die sachlage bekannt ist, weiter geschleppt 
wird. selbst dieses mein buch hat die bezeichnung ‘Heracles furens’ 
erdulden müssen. so tief ist in gewissen kreisen das sprachgefühl und 
der geschmack gesunken. es wäre zum lachen, wenn es nicht ein trauriges 
zeichen der zeit wäre, 


ΥΠΟΘΕΣΙΣ ἩΡΑΚΛΕΟΥ͂Σ, 


a  ς.. 


Ἡραχλῆς γήμας Μεγάραν τὴν Κρέοντος παῖδας ἐξ αὐτῆς 
ἐγέννησε ..... καταλιπὼν δὲ τούτους ἐν ταῖς Θήβαις αὐτὸς εἰς 
Aeyos ἦλθεν Εὐρυσϑεῖ τοὺς ἄϑλους ἐχπονγήσων᾽ πάντων δὲ περι- 
γενόμενος ἐπεὶ πᾶσιν εἰς Ardov χατῇλϑε καὶ πολὺν ἐκεῖ διατρίψας 
χρόνον δόξαν ἀπέλειπε παρὰ τοῖς ζῶσιν ὡς εἴη τεϑνηχώς᾽ στασιά- 
σαντες δὲ οἱ Θηβαῖοε πρὸς τὸν δυνάστην Κρέοντα Avdaov Ex τῆς 
Εὐβοέας κατήγαγον ...... 


Dies ist der rest einer nacherzählung des dramas und hängt mit 
der mythographischen litteratur zusammen. verstümmelt sind die meisten 
dieser vorbemerkungen zu den scholienlosen dramen, weil ein schreiber 
zu wenig raum für sie zwischen zwei dramen ausgespart hatte. dals sie 
auf diese weise vom corrector nachgetragen wurden, zeigt die praxis 
in C selbst. 

Hinter &ye&vynoe fehlt die zahl 3 oder die drei namen, obwol Euri- 
pides sie nicht nennt. denn die mythographen liefsen keine person anonym, 
und hier wissen wir durch schol. Pind. Isthm. 3, 104, dafs man sogar zu 
wissen glaubte, welche namen Euripides gemeint hatte: d. h. die dreizahl 
war bei irgend jemand anders auch vorhanden und da standen die namen: 
denn aus der hypothesis hat der mythograph Lysimachos, auf den jenes 
scholion zurückgeht, nicht geschöpft. χατήγαγον zeigt, dals Lykos aus 
Theben stammte, d. h. dafs im unmittelbaren anschlufs von seinem ahn, 
dem Thebaner Lykos, erzählt war. 

In P steht ein unvollständiges personenverzeichnis, das aus der vor- 
lage stammen kann. indessen haben solche verzeichnisse für attische 
dramen keinen zweck und waren der guten grammatik fremd. 


ΑΜΦΙΤΡΥΩΝ. 


Τίς τὸν Διὸς σύλλεκτρον οὐκ oldev βροτῶν, 

Aoyeiov ᾿ ἐμφιτρύων᾽, ὃν ᾿Αλκαῖός ποτε 

ἔτιχϑ᾽ 6 Περσέως, πατέρα τόνδ᾽ Ἡρακλέους; 

ὃς τάσδε Θήβας ἔσχον, ἔνϑ᾽ ὅ γηγενὴς 

Σπαρτῶν στάχυς ἔβλαστεν, ὧν γένους Aens δ 
ἔσωσ᾽ ἀριϑμὸν ὀλίγον, ol Κάδμου πόλιν 

τεχνοῦσι παέδων παισίν" ἔνϑεν ἐξέφυ 

Κρέων Μενοικέως παῖς, ἄναξ τῆσδε χϑονός. 

Κρέων δὲ Μὔεγάρας τῆσδε γίγνεται πατήρ, 

ἣν πάντες ὑμεναίοισε Καὸδμεῖοί more 10 
λωτῷ συνηλάλαξαν, ἡνίκ᾽ εἰς ἐμοὺς 

δόμους ὅ κλεινὸς Ἡρακλῆς νιν ἤγετο. 

λιπὼν δὲ Θήβας, οὗ κατῳχίσϑην ἐγώ, 

Meyagav ve τήνδε πενϑερούς τε παῖς ἐμὸς 

᾿Αργεῖα τείχη καὶ Κυχλωπίαν πόλεν 15 
ὠρέξατ᾽ οἰκεῖν, ἣν ἐγὼ φεύγω χτανὼν 

Ἡλεχτρύωνα. συμφορὰς δὲ τὰς ἐμὰς 

ἐξευμαρίζων καὶ πάτραν οἰκεῖν ϑέλων 

καϑόδου δίδωσι μισϑὸν Εὐρυσϑεῖ μέγαν, 

ἐξημερῶσαε γαῖαν, εἴϑ᾽ Ἥρας ὕπο νι 
xEvrooızs δαμασϑεὶς εἴτε τοῦ χρεὼν μέτα. 

καὶ τοὺς μὲν ἄλλους ἐξεμόχϑησεν πόνους, 

τὸ λοίσϑιον δὲ Ταινάρου διὰ στόμα 

βέβηκ᾽ ἐς Audov τὸν τρισώματον κύνα 

ἐς φῶς ἀνάξων --- ἔνϑεν οὐχ ἧχει πάλιν. 25 


1 οἶδε ny deest persaepe; non notatur 2 Augsroiowa Οἱ elisio plerum- 
que neglecta, sed restituta (ΣΡ vel c, raro notatur 3 ἔτικτεν error ex neglecta 
elisione iam in archetypo natus Ἡρακλέος ita plerumque; orthographica raro 
notantur 4 ἔσχεν: em Wil Naber 11 λοτῷ 15 Χυκλωπέίαν P Κυκλω- 
πεέαν (Ü 19 χαϑόλοι: em Reiske 





Die hinterwand der bühne bildet der palast des Herakles in Theben;; in der mitte 

eine gewaltige flügellür. vor dem hause in der mitte der bühne ein grosser altar, 

auf dessen stufen Amphitryon Megara und die drei kleinen söhne des Herakles 
sitzen. 


AMPHITRYON 

Wer kennt ihn nicht, der seines weibes liebe 

mit Zeus geteilt, Amphitryon von Argos, 

Alkaios des Persiden sohn, den vater 

des Herakles. ich bins. in Theben hier 

hab’ ich mein haus gegründet, wo die saat 

der erdgebornen Sparten aufgesprossen, 

aus deren reihen eine kleine schar 

Ares verschonte, die in ihren enkeln 

blühend die Kadmosstadt bevölkerten. 

Kreon, Menoikeus sohn, der könig selber, 

war ihres blutes. seine tochter ist’s 

die hier sitzt, Megara. in hellem jubel 

sang einst zum flötenschall ihr hochzeitelied Φ 

das volk des Kadmos, da zu meinem hause 

als braut der großse Herakles sie führte. 

dann zog mein sohn von Theben, wo ich mir 

ein heim geschaffen, weg, verliels sein weib 

und seine schwäher, wollt’ in Argos wieder 

und im Kyklopenbau Mykenes wohnen, 

die mit dem Blut Elektryons befleckt 

ich meiden muß. und da nun Herakles 

vom bann mich lösen und das vaterland 

sich öffnen wollte, bot er dem Eurystheus 

für unsre heimkehr einen hohen preis: 

die säuberung der erde von den schrecken 

der ungeheuer und der wüsten frevler. 

das war vielleicht ein wahnsinn, ihm von Hera 

gesandt; vielleicht berief ihn nur das schicksal 
„. an die aufgabe seines lebens. sieghaft 

bestanden waren all die andern kämpfe, 

da stieg er in die höhle Tainarons 

zuletzt hinab, den höllenhund zum licht 

zu holen — und von da kehrt er nicht wieder. 


170 


γέρων δὲ δή τις ἔστε Καδμείων λόγος, 
ὡς ἦν πάρος Algnns τις εὐνήτωρ Avnog 
τὴν ἑπτάπυργον τήνδε δεσπόζων πόλιν, 
τὼ λευχοπώλω πρὶν τυραννῆσαι χϑονός, 
Auglov’ ἠδὲ Ζῇϑον, ἐχγόνω Auds' 30 
οὗ ταὐτὸν ὄνομα παῖς πατρὸς κεκλημένος, 
Kadusiog οὐκ ὧν ἀλλ᾽ ἀπ᾽ Εὐβοίας μολών, 
xrelveı Κρέοντα xal χταγὼν ἄρχει χϑονός, 
στάσει νοσοῦσαν τήνδ᾽ ἐπεσπεσὼν πόλιν. 
ἡμῖν δὲ κῆδος ἐς Κρέοντ᾽ ἀνημμένον 86 
καχὸν μέγεστον, ὡς ἔοιχε, γίγνεται. 
τοὐμοῦ γὰρ ὄντος παιδὸς ἐν μυχοῖς χϑονὸς 
ὅ καινὸς οὗτος τῆσδε γῆς ἄρχων “47ὑχος 
τοὺς Ἡρακλείους παῖδας ἐξελεῖν ϑέλει 
χτανὼν δάμαρταά(ϑ᾽), ὡς φόνῳ σβέσῃ φόνον, 40 
κἄμ᾽, εἴ τι δὴ χρὴ κἄμ᾽ ἐν ἀνδράσιν λέγειν 
γέροντ᾽ ἀχρεῖον, μή ποϑ᾽ οἵδ᾽ ἠνδρωμένοι 
μήτρωσιν ἐχπράξωσιεν αἵματος δίκην. 
ἐγὼ δέ (λείσετεε γάρ μὲ τοῖσδ᾽ ἐν δώμασι 
τροφὸν τέχγων οἰχουρόν, ἡνέκα χϑονὸς 4 
μέλαιναν ὄρφνην εἰσέβαινε, παῖς ἐμός) 
σὺν μητρὶ τέχνα, μὴ ϑάνωσ᾽, Ἡρακλέους 
βωμὸν καϑίζω τόνδε Σωτῆρος HAıös, 
ὃν καλλινίχου δορὸς ἄγαλμ᾽ ἱδρύσατο 
Μινύας χρατήσας οὑμὸς εὐγενὴς τόχος. 50 
πάντων δὲ χρεῖοι τάσδ᾽ ἕδρας φυλάσσομεν, 
σίτων ποτῶν ἐσθῆτος, ἀστρώτῳ πέδῳ 
σπλευρὰς τιϑέντες" ἐκ γὰρ ἐσφραγισμένοι 
δόμων καϑήμεϑ᾽ ἀπορίᾳ σωτηρίας. 
φίλων δὲ τοὺς μὲν οὐ σαφεῖς ὁρῶ φίλους, 55 
ol δ᾽ ὄντες ὀρϑῶς ἀδύνατοι προσωφελεῖν. 


86 ἀνηγμένον: em Musgravii amicus, Dobree 38 κλεινός: em Elimsley 
Dobree 40 δάμαρτα ὡς C! δάμαρτ᾽ ὡς CP: suppl Barnes 


nun hat man sich von alters her in Theben 
erzählt von einem Lykos, der der Dirke 
gemal und fürst der siebentor’gen stadt 
gewesen sei, bis auf den weilsen rossen 
Zeus zwillingssöhne, Zethos und Amphion, 
erschienen und die herschaft sich errangen. 
von dem hat ein nachkomme jüngst, benannt 
nach seinem ahn, doch ist er kein Kadmeer, 
er kam vielmehr herüber von Euboia — 
der hat Kreon erschlagen und zum könig 
von Theben sich nach Kreons tod gemacht, 
des bürgerschaft, gespalten in parteien 
des eindringlings sich nicht erwehren konnte. 
uns aber droht des Kreon schwäherschaft 
zum allergröfsten unheil auszuschlagen. 
denn während Herakles im schoofs der erde 
verzieht, hat dieser neue landesherr 
Lykos, die spuren des vergossnen blutes 
durch neues zu verwischen, sich entschlossen, 
der söhne Herakles’ und seines weibes 
und meiner, wenn ein überlebter greis 
zu rechnen ist, durch mord sich zu entled’gen, 
damit nicht diese kinder einst als männer 
zu blut’ger rechenschaft ihn für den fall 
des Kreontidenhauses ziehen könnten, 
die knaben stehn in meiner hut, denn mir 
hat scheidend Herakles sein haus befohlen, 
da er hinabstieg in das schattenreich. 
um also weib und kinder meinem sohne 
zu retten, hab’ ich sie hierher geflüchtet 
an diesen altar des Erretters Zeus; 
mein heldensohn hat ihn erbaut, als denkmal 
des ruhms, den ihm sein Minyersieg erwarb. 
so harren wir denn hier, entblölst von allem, 


von kleidung, speis’ und trank, auf nackter erde; 


das haus ist uns verschlossen und versiegelt, 
auf rettung keine hoffnung, unsre freunde 
beweisen meistens sich des namens unwert, 
die treuen aber können uns nicht helfen. 


171 





172 


τοιοῦτον ἀνθρώποισιν ἡ δυσπραξία᾽" 
ἧς μήποϑ᾽ ὅστις καὶ μέσως εὔνους ἐμοὶ 
τύχοι, φέλων ἔλεγχον ἀψευδέστατον. 


ΜΕΓΑΡΑ. 
ὦ πρέσβυ, Ταφίων ὅς ποτ᾽ ἐξεῖλες πόλεν 
x στρατηλατήσας χλεινὰ Καδμείων δορός" 
| msn ἘΝ ὡρ οὐδὲν ἀνθρώποισι τῶν ϑείων σαφές. 


(.. ἢ ,» ἐγὼ γὰρ οὔτ᾽ ἐς πατέρ᾽ ἀπηλάϑην τύχης, 


ὃς εἵνεκ᾽ ὄλβου μέγας ἐχομπάσϑη ποτέ, 


| 2. ἔχων τυραννίδ᾽ ἵ ἧς μακραὶ λόγχαι πέρε 
ὁ Ὁ 


ἐπηδῶσ᾽ ἔρωτε σώματ᾽ εἰς εὐδαίμονα, 
ἔχων δὲ τέχνα᾽ κἄμ᾽ ἔδωχε παιδὲ σῷ, 
ἐπίσημον εὐνήν, Ἡρακλεῖ συνοικίσας. 
καὶ νῦν ἐκεῖνα μὲν ϑανόντ᾽ ἀνέπτατο, 
ἐγὼ δὲ καὶ σὺ μέλλομεν ϑνήσχειν, γέρον, 
οἵ ϑ᾽ Ἡράκλειοι παῖδες, οὗς ὑπὸ πτεροῖς 
σῴζω νεοσσοὺς ὄρνεις ὡς ὑφειμένους. 
οἱ δ᾽ εἰς ἔλεγχον ἄλλος ἄλλοϑεν πίτνων 
»ὦ μῆτερ“ αὐδᾷ „ol πατὴρ ἄπεστι γῆς, 
τί δρᾷ, πόϑ᾽ ἥξει; τῷ νέῳ δ᾽ ἐσφαλμένοι 
ζητοῦσι τὸν τεκόντ᾽ " ἐγὼ δὲ διαφέρω 
λόγοισι, μυϑεύουσα. ϑαυμάζξωζ(ν) δ᾽, ὅταν 
πύλαι ψοφῶσι, πᾶς ἀνίστησιν πόδα, 
ὡς πρὸς πατρῷον προσπεσούμενοι γόνυ. 
νῦν οὖν τίν᾽ ἐλπίδ᾽ ἢ πόρον σωτηρίας 
ἐξευμαρίέζῃ, πρέσβυ; πρὸς σὲ γὰρ βλέπω. 
ὡς οὔτε γαίας δριε᾽ ἂν ἐχβαῖμεν λάϑρᾳ᾽ 


φυλακαὶ γὰρ ἡμῶν χρείσσονες κατ᾽ ἐξόδους᾽ 


οὔτ᾽ ἐν φίλοισιν Einlöes σωτηρίας 

ἔτ᾽ εἰσὶν ἡμῖν. ἥντιν᾽ οὖν γνώμην ἔχεις 

λέγ᾽ ἐς τὸ κοινόν, μὴ θανεῖν ἕτοιμον ἢ. 
AMD. ὦ ϑύγατερ, οὔτοι dadıoy τὰ τοιάδε 





70 


62 ϑεέων Ps. Iustin expos. fid. 8: Fe» 64 ὃς Ct: ὡς C!P οδνεκ᾽ ὄλβου 


Canter: οὐκ ἐν ὄλβω 71 ὑποπτέρους: em Pierson 72 ὑφειμένη: em Kirch- 


hoff 77 suppl Kirchhoff? 80 πόρον Musgrave: πέδον 88 χρέσσονεθ 


178 


das lernt der mensch im unglück. möge keiner, 
der nur ein wenig mitleid mit mir hat, 

solch eine prüfungszeit erleben müssen, 

wo sich der wert der freundschaft offenbart. 


MEGARA,. 


Mein greiser vater, einst ruhmvoller feldherr, 

da du an des Thebanerheeres spitze 

die Taphierburgen brachst, wie ist dem menschen 

doch dunkel alles was die götter senden. 

mir schien das glück in meinem vater hold, 

denn er war könig, und dem blick der welt 

scheint jede krone ja im vollen glanze 

beneidenswerter seligkeit zu strahlen; 

und auch das vaterglück war ihm beschieden, 

und seiner tochter segensreicher bund 

führt” Herakles als schwiegersohn ihm zu — 

und jetzt ist all das ab und tot, und wir, 

du, greis, und ich, wir rüsten uns zum tode, 

so auch die söhne Herakles’, die brut, 

die schutz sich unter meinem fittich sucht. 

bald kommt der eine fragen, bald der andre, 

“mutter, wo ist der vater hin? was macht er? 

wann wird er wieder kommen?” kindisch spielend 

gehn sie den vater suchen. ich erzähle 

dann märchen sie in ruh’ hineinzureden — 

da geht die tür, sie stutzen, springen auf, 

sich an des lieben vaters knie zu schmiegen. 
hast du nun einen ausweg, lieber vater, 

auf rettung eine hoffnung? deiner harr” ich, 

denn heimlich in die fremde zu entweichen 

ist schwerlich möglich: allzustarke wachen 

stehn an den toren; dals von freunden uns 

erlösung käme, hoff” ich auch nicht mehr. 

so teile mir denn mit, was du beschlossen: 

sonst ist der tod uns nah und unausweichlich. 


AMPHITRYON. 
Es fällt mir schwer, mein kind, was du begehrst, 


174 


φαύλως παραινεῖν σπουδάσαντ᾽ ἄνευ πόνου" 
χρόνον δὲ μηχύνωμεν ὄντες ἀσϑενεῖς. 
— λύπης τι προσδεῖς ἢ φιλεῖς οὕτω φάος; 
— καὶ τῷδε χαίρω καὶ φιλῶ τὰς ἐλπίδας. 
— χἀγώ" δοκεῖν δὲ τἀδόχητ᾽ οὐ χρή, γέρον. 
— ἐν ταῖς ἀναβολαῖς τῶν χαχῶν ἔνεστ᾽ ἄχη. 
— ὁ δ᾽ ἐν μέσῳ μὲ λυπρὸς ὧν δάχνει χρόνος. 
— γένοιτ᾽ ἂν ζούτγω, ϑύγατερ, οὔριος δρόμος 95 
ἐχ τῶν παρόντων τῶνδ᾽ ἐμοὶ καὶ σοὶ καλῶν, 
ἔλθοι τ᾿ ἔτ᾽ ἄν παῖς οὑμὸς εὐνήτωρ δὲ σός. 
ἀλλ᾽ ἡσύχαζε χαὶ δαχρυρρόους τέχνων 
πηγὰς ἀφαίρει xal παρευκήλει λόγοις, 
χλέπτουσα μύϑοις ἀϑλίους κλοπὰς ὅμως. 10 
χάμνουσι γάρ τοι καὶ βροτοῖς αἱ συμφοραί, 
χαὶ πνεύματ᾽ ἀνέμων οὐχ ἀεὶ ῥώμην ἔχει, 
οἵ τ᾽ εὐτυχοῦντες διὰ τέλους οὐχ εὐτυχεῖς" 
ἐξίσταται γὰρ πάντ᾽ ἀπ᾽ ἀλλήλων δίχα. 


83 


οὗτος δ᾽ ἀνὴρ ἄριστος, ὃς ταῖς ἐλπίσι 105 
πέποιϑεν αἰεί" τὸ δ᾽ ἀπορεῖν ἀνδρὸς καχοῦ. 
ΧΟΡΟΣ. 


ὑπόροφα μέλαϑρα χαὶ γεραιὰ δέμνι᾽ ἀμφὶ βάχτροις 
ἔρεισμα ϑέμενος ἐστάλην ἰηλέμων 
γέρων ἀοιδὸς ὥστε πολιὸς ὄρνις, 110 





87 traiec. Wil 95 suppl Wil 97 Eidos τὲ τἂν 101 βροτοῖς ad achol. 
Pind. Pyth. 3, 160: βροτῶν αὐ 106 de) ΟἹ hoc non semper zrefertur. 107 ὑπώ- 
φοφα 110 γέρων Nauck: γόων 


1756 


dies blofse raten, tatenlose planen — 
doch wir sind schwach: so lals uns zeit gewinnen. 


MEGARA, 
Hast du nach weitrem leiden noch verlangen 
oder ist dir das leben gar so süls? 


AMPHITRYON. 
Das leben lieb, mein kind, und süls die hoffnung. 


MEGARA, 
Auch mir so süls; allein, mein greiser vater, 
was man nicht hoffen kann, soll man nicht hoffen. 


_ AMPHITRYON. 
Der krankheit aufschub birgt der krankheit heilung. 


MEGARA,. 
Ich fühle nur der ungewilsheit marter. 


AMPHITRYON. 
Ist es unmöglich, dafs in dieser not 
die uns umfängt, ein günst’ger umschwung komme? 
kann nicht mein sohn, dein gatte, wiederkehren ? 
nein, fasse dich und stille deinen kindern 
die tränen, treib’ dein bittres trostgeschäft 
mit sülsen märchen ihre furcht zu teuschen. 
auch des geschickes stürme legen sich 
so gut wie der orkan nicht ewig wütet, 
und jedes menschenglück ein ende hat 
denn leben ist bewegung, auf und ab. 
der ist der tapferste, der das vertrauen 
auf seine hoffnung stets bewahrt: ein feigling 
wer, wo er keinen ausgang sieht, verzweifelt. 


CHOR, 
Thebanische greise, bekränzt, stäbe in den händen, zieht von der seite herein und 
singt dabei, zuerst den meisten zuschauern noch unsichtbar. 
Auf zum schlofs empor, 
zu des greisen freundes bett, 
meine schritte stützt der stab, 
wehruf heb’ ich, 
gleich dem schwan ein grauer sänger. 


176 


ἔπεα μόνον καὶ δόχημα νυχτερω- 
πὸν ἐνγύχων ὀνείρων, 
τρομερὰ μέν, ἀλλ᾽ ὅμως πρόϑυμ᾽, 
ὦ τέχεα τέχεα πατρὸς ἀπάτορ᾽, 
ὦ γεραιὲ σύ τε τάλαινα μᾶ- 115 
τερ, ἃ τὸν ᾿Α4ἰδα δόμοις 
πόσιν ἀναστενάζεις. mm 


μὴ πόδα κάμητε βαρύ τε κῶλον, ὥστε πρὸς πετραῖον 120 
λέπας ζυγοφόρος ἔκαμ᾽ ἄναντες ἅρματος 
βάρος φέρων τροχηλάτοιο πῶλος. 
λαβοῦ χερὸς καὶ πέπλων, ὅτου λέλοι- 

πὲ ποδὸς ἀμαυρὸν ἔχνος " 
γέρων γέροντα παραχόμιζ᾽, 

ᾧ ξύνοπλα δόρατα νέα νέῳ 

τὸ πάρος ἐν ἡλίκων πόνοις 

ξυνῆν ποτ᾽, εὐχλεεστάτας 

πατρίδος οὐκ ὀνείδη. — 


558 


ἔδετε, πατέρος ὡς γοργῶπες alde προσφερεῖς ὀμμάτων 180 
αὐγαί, τὸ δὲ χκακοτυχὲς οὐ λέλοιπεν ἐκ τέχνων, 

οὐδ᾽ ἀποίχεται χάρις. 

Ἑλλὰς ὦ, ξυμμάχους 185 
οἵους οἵους ὀλέσασα τούσδ᾽ ἀποστερήσῃ. — = 


ἀλλ᾽ εἰσορῶ γὰρ τῆσδε xolgavov χϑονὸς 
“1ὐχον περῶντα τῶνδε δωμάτων πέλας. 


ΛΥΚΟΣ. 
τὸν Ἡράκλειον πατέρα xal ξυνάορον, 1ω 
εἰ χρή μ᾽, ἐρωτῶ, χρὴ δ᾽, ἐπεί γε δεσπότης 


118 μὲν Tyrwhitt: μόνον 114 ἐὼ: em Hermann 119 un προκάμητε 
πόδα: em Wil 121. 2 λέπας ξυγηφόρον κῶλ᾽ ἀνένταο ὧς βάρος φέρον τροχη- 
λάτοιο πώλου: ξυγοφόρος ἅρματος — πῶλος Nauck, em Wil 128 χερῶν: em 
wil 126 traiec. Eimlley σπσόνοισε: com. c 180 πατρὸς ΟΡ: yo. πατέρος Οὐ 


177 


nur ein schall noch bin ich, eines traumes 
nachtgebornes wahngebild. 

aber schwank’ ich auch, 

treu doch bin ich euch geblieben, 

armen vaterlosen waisen, 

altersschwachem kameraden, 

ihr, die seufzend ruft den gatten, 

den der Hades drunten hält. 


Fuß, erlahme nicht, 

spröde sehnen, haltet aus; 

freilich, wenn es steilen hang 

aufwärts ziehn soll, 

lahmet leicht das rofs am wagen. 

fal®’ am arm, am kleide den genossen 

dem der schwanke tritt versagt, 

stütze, greis, den greis. 

einst im jugendmute standest 

jugendmut’gem kameraden 

schild an sthild du ihm zur seite, 

würdig unsres vaterlandes, 

da noch ruhmvoll Theben war. 

Der chor hat nun seinen platz auf der bühne, zu seiten des altares, auf dem die 

schauspieler sitzen, eingenommen. 

O seht sie an, in ihren augen funkelt 
des vaters trotz, 

des vaters schwer geschick ruht auf den söhnen: 
die dankbarkeit, 

die ihm wir schulden, gilt auch seinen kindern. 
Hellenenland, 

die knaben wären dir emporgesprossen 
zu schirm und schutz: 

du wirst ihr verderben entgelten. 


CHORFÜHRER,. 
Es naht sich Lykos, unsres landes herrscher, 
dort am palaste seh’ ich ihn erscheinen. 
LYKO8 
kommt von derselben seite wie vorher der chor,; bewaffnete trabanten folgen ihm. 
Ich frag euch, Herakles’ gemal und vater, 


80 ich es darf, und darf euch alles fragen 
v. Wilamowitz I. 12 


118 





ὑμῶν καϑέστηχ᾽, ἱστορεῖν ἃ βούλομαι" 
τίν᾽ ἐς χρόνον ζητεῖτε μηχῦναε βίον; 
τίν᾽ ἐλπίδ᾽ ἀλκήν τ᾽ εἰσορᾶτε μὴ ϑανεῖν; 
ἢ τὸν παρ᾽ ἍΔιδῃ πατέρα τῶνδε κείμενον 
πιστεύεϑ᾽ ἥξειν; ὡς ὑπὲρ τὴν ἀξίαν 
τὸ πένϑος αἴρεσϑ᾽, el ϑανεῖν ὑμᾶς χρεών, 
σὺ μὲν καϑ᾽ Ἑλλάδ᾽ ἐχβαλὼν χόμπους κενούς, 
ὡς σύγγαμός σοι Ζεὺς ἐχοινώνει (Texvov), 
σὺ δ᾽ ὡς ἀρίστου φωτὸς ἐκλήϑης δάμαρ. 
τί δὴ τὸ σεμνὸν σῷ κατείργασται πόύσεε, 
ὕδραν ἔλειον el δειώλεσε κτανὼν 
ἢ τὸν Νέμειον Fig; ὃν ἐν βρόχοις ἑλὼν 
βραχίονός φησ᾽ ἀγχόναισιν ἐξελεῖν. 
τοῖσδ᾽ ἐξαγωνίζεσϑε; τῶνδ᾽ ἄρ᾽ εἴνδκα 
τοὺς Ἡρακλείους παῖδας οὐ ϑνήσχειν χρεών; 

ὃ δ᾽ ἔσχε δόξαν οὐδὲν ὧν εὐψυχίας, 
ϑηρῶν ἐν αἰχμῇ τἄλλα δ᾽ οὐδὲν ἄλκιμος, 
ὃς οὔποτ᾽ ἀσπίδ᾽ ἔσχε πρὸς λαιᾷ χερὶ 
οὐδ᾽ ἦλθε λόγχης ἐγγύς, ἀλλά τόξ᾽ ἔχων, 
κάχιστον ὅπλον, τῇ φυγῇ πρόχειρος ἦν. 
ἀνδρὸς δ᾽ ἔλεγχος οὐχὶ τόξ᾽ εὐψυχίας, 
ἀλλ᾽ ὃς μένων βλέπει τε κἀντιδέρχεται 
δορὸς ταχεῖαν ἄλοχα, τάξιν ἐμβεβώς. 

ἔχει δὲ τοὐμὸν οὐκ ἀναίδειαν, γέρον, 
ἀλλ᾽ εὐλάβειαν οἶδα γὰρ καταχτανὼν 
Κρέοντα πατέρα τῆσδε καὶ ϑρόνους ἔχων. 
οὐκ οὖν τραφέντων τῶνδε τιμωροὺς ἐμοὶ 
χρήζω λιπέσϑαι, τῶν δεδραμένων Ölen. 


— 


168 duoös: em Camper 


145 


155 


160 


165 


146 do": em Matthiae 149 ἐκοενώνει Pllugk: τέκοε νέον τέκνον ΒΌΡΡΙ. 
Wil: om Ο, γόνον P 155 οὕνεκα P odvenev C 157 ὃς X: em Wil 


119 


was mir beliebt, denn ich bin euer herr. 

wie lange wollt ihr noch das leben schleppen ? 

wo seht ihr hoffnung, rettung wo vom tode? 

vertraut ihr etwa, dieser kinder vater, 

der drunten liegt im Hades, kehre wieder? 

auch weils ich nicht, was ihr denn so gewaltig, 

weil euch der tod gewils, zu klagen habt. 

da sprengest du die leere prahlerei 

in Hellas aus, Amphitryon, dals Zeus 

mitvater deines sohnes sei, und du 

rechnest auf rückeicht, denn du seist die gattin 

des ersten helden. was ist nur dabei 

erhabnes, wenn er eine wasserschlange 

erschlagen oder den nemeischen löwen ? 

den will er mit den schlingen seiner arme 

erdrosselt haben, hat ihn aber wol 

gefangen in den schlingen einer falle, 

und das sind eure gründe! darauf hin 

soll ich des Herakles geschlecht verschonen! 

was ist denn Herakles? den ruf des mutes 

hat er im kriege wider wilde tiere 

gewonnen. darin mag er tapfer sein, 

sonst nirgend. kam doch nie an seine seite 

ein schild, noch kam er jemals in berührung 

mit einem speere. seine waffen sind 

die feigen pfeile, seine kunst die flucht. 

doch mannesmut hat keiner noch bewiesen 

als bogenschütze. dazu heilst es stehn 

auf festen fülsen und mit festem auge, 

den speer gefällt — nicht weicht er aus der richtung; 

den blick gerichtet auf den wald von speeren, 

der drüben start — und keine wimper zuckt. 
mein handeln aber, alter mann, ist klugheit, 

nicht grausamkeit. ich weils, ich habe Kreon 

erschlagen, und ich sitz’ auf seinem thron: 

er war der vater Megaras, so werd’ ich 

doch nicht gestatten, dafs in seinen söhnen 

bluträcher meinem opfer auferstehn. 


12* 


180 


AM. τῷ τοῦ Aıög μὲν Ζεὺς ἀμυνέτω μέρει 110 
παιδός" τὸ δ᾽ εἰς ἔμ᾽, Ἡράκλεις, ἐμοὶ μέλει 
λόγοισι τὴν τοῦδ᾽ ἀμαϑίαν ὑπὲρ σέϑεν 
δεῖξαι" κακῶς γάρ σ᾽ οὐκ ἐατέον χλύειν. 
πρῶτον μὲν οὖν τἄρρητ᾽ (ἐν ἀρρήτοισι γὰρ 
τὴν σὴν νομίζω δειλίαν, Ἡράκλεες) 115 
σὺν μάρτυσιν ϑεοῖς δεῖ μ᾽ ἀπαλλάξαι σέϑεν. 
Διὸς κεραυνὸν ἠρόμην τέϑριππά τε, 
ἐν οἷς βεβηκὼς τοῖσι γῆς βλαστήμασι 
Γίγασι πλευροῖς πτήν᾽ ἐναρμόσας βέλη 
τὸν χαλλίνιχον μετὰ ϑεῶν ἐχώμασε" 180 
τετρασχελές I ὕβρισμα, Κενταύρων γένος, 
Φολόην ἐπελθών, ὦ κάκιστε βασιλέων, 
ἐροῦ τίν᾽ ἄνδρ᾽ ἄριστον ἐγκχρίνειαν ἄν, 
ἢ οὐ παῖδα τὸν ἐμόν ὃν σὺ φὴς εἶναι χαχόν, 
ΖΔίρφυν τ᾿ ἐρωτῶν ἣ σ᾽ ἔϑρεψ᾽ ᾿Αβαντίδα --- 185 
οὐχ ἂν σέ γ᾽ αἰνέσειεν" οὐ γὰρ ἔσϑ᾽ ὅπου 
ἐσθλόν τε δράσας μαρτυρ᾽ ἂν λάβοις πάτραν. 
τὸ πάνσοφον δ᾽ εὕρημα, τοξήρη σάγην, 
μέμφῃ" κλύων νῦν ran’ ἐμοῦ σοφὸς γενοῦ. 


ἀνὴρ ὁπλίτης δοῦλός ἐστι τῶν ὅπλων 190 
ϑραύσας τε λόγχην οὐχ ἔχει τῷ σώματι 198 
ϑάνατον ἀμῦναι, μέαν ἔχων ἀλχὴν μόνον᾽ 19ὲ 
καὶ τοῖσι συνταχϑεῖσιν οὖσι μὴ ἀγαϑοῖς 191 
αὐτὸς τέϑνηχε, δειλίᾳ τῇ τῶν πέλας. 192 
ὅσοι δὲ τόξοις χεῖρ᾽ ἔχουσιν εὔστοχον, 195 


ἕν μὲν τὸ λῷστον, μυρίους οἰστοὺς ἀφείς, 

ἄλλοις τὸ σῶμα ῥύεται μὴ κατϑανεῖν, 

ἑχὰς δ᾽ ἀφεστὼς πολεμίους ἀμύνεται 

τυφλοῖς ὁρῶντας οὐτάσας τοξεύμασι, 

τὸ σῶμα τ᾽ οὐ δίδωσι τοῖς ἐναντίοις, 200 
ἐν εὐφυλάχτῳ δ᾽ ἐστί᾽ τοῦτο δ᾽ ἐν μάχῃ 


177 κεραυνὸν Wil: κεραυνόν τ᾿ C! κεραυνόν δ᾽ ΟΡ 184 κακὸν Nauck: 
δοκεῖν 185 δέρφην: em Musgrave 186 σέ γ᾽ αἰνέσαιε Wil: ἐπαενόσειν C, 
»" 4π- ΟΡ, σ᾽ ἐπ- Beiske 189 γένου: em Barnes 191. 2 traiec. Wil 

194 μέαν Tyrwhitt: ,’ ἂν 


AMPHITRYON. 


Was Zeus an seinem sohn gehört, mag Zeus 
verteidigen. des Lykos töricht schmähn 
mit worten hier für dich zurückzuweisen, 
das ist auch meines amts. ich darf nicht dulden, 
dafs du beschimpft wirst, weise drum zurück 
zuförderst die unsinn’ge lästerung 
(denn lästerlich zugleich und ohne sinn 
ist es, der feigheit Herakles zu zeihn), 
und meine zeugen sind die götter selber. 
den blitzstrahl ruf ich auf, den donnerwagen, 
auf dem er fuhr nach der Gigantenschlacht, 
wo sich sein pfeil den erdgebornen riesen 
mit sichrem fluge durch die rippen bohrte, 
und er der himmlischen triumphzug teilte. 
geh hin zur Pholoe, zu der Kentauren 
vierschenklich ungeschlachtem frevlerstamm, 
du feigster der tyrannen, frage die, 
wem anders sie den ehrenpreis des mutes 
als ihm zusprechen, den du feige schiltet, 
ja gehe nach Euboia, frage dort — 
dich werden sie nicht nennen; selbst die heimat 
kann dir nicht eine heldentat bezeugen. 

die höchst sinnreiche erfindung, pfeil und bogen, 
verwirfst du auch. so höre denn und lerne, 
der lanzenkämpfer ist der waffe sclave, 
wenn ihm die spitze bricht, so ist er wehrlos, 
denn eine waffe nur verteidigt ihn; 
und ficht mit schlechten er in einem gliede, 
so fällt er durch des nebenmannes feigheit. 
dagegen wessen hand den bogen führt, 
der hat den vorzug (und das ist der grölste), 
auch wenn er tausend schüsse schon getan, 
so fehlt ihm nicht die waffe, sich zu wehren. 
auch trifft von ferne sein geschofs; der feind 
sieht sich getroffen, sieht doch nicht von wem. 
er aber steht gedeckt und bietet nicht 
dem gegner seinen leib. das ist im kriege 


181 


182 


σοφὸν μάλιστα, δρῶντα πολεμίους καχῶς 
σῴζειν τὸ σῶμα, μὴ 'x τύχης ὡρμισμένον. 
λόγοι μὲν οἷδε τοῖσι σοῖς ἐναντίαν 
γνώμην ἔχοντες τῶν καϑεστώτων πέρι. 205 
παῖδας δὲ δὴ τί τούσδ᾽ ἀποχτεῖναι ϑέλεις; 
τί σ᾽ οἵδ᾽ ἔδρασαν; & τί σ᾽ ἡγοῦμαι σοφόν, 
ei τῶν ἀρίστων τἄχγον᾽ αὐτὸς ὧν καχὸς 
δέδοικας. ἀλλὰ τοῦϑ᾽ ὅμως ἡμῖν βαρύ, 
δὲ δειλίας σῆς κατϑανούμεϑ᾽ εἵνεχα, 210 
ὃ χρῆν σ᾽ ὑφ᾽ ἡμῶν τῶν ἀμεινόνων παϑεῖν, 
εἰ Ζεὺς δικαίας εἶχεν εἰς ἡμᾶς φρένας. 
εἰ δ᾽ οὖν ἔχειν γῆς σχῆπετρα τῆσδ᾽ αὐτὸς ϑέλεις, 
ἔασον ἡμᾶς φυγάδας ἐξελϑεῖν χϑονός" 
βίᾳ δὲ δράσῃς μηδέν, ἢ πείσῃ βίαν, 215 
ὅταν ϑεοῦ σοι πνεῦμα μεταβαλὸν τύχῃ. 
φεῦ" 
ὦ γαῖα Kaduov' καὶ γὰρ ἐς σὲ ἀφέξομαι 
λόγους ὀνειδιστῆρας ἐνδατούμενος᾽ 
τοιαῦτ᾽ ἀμύνεϑ᾽ Ἡρακλεῖ τέχνοισί τε; 
ὃς εἷς Μινύαισι πᾶσι διὰ μάχης μολὼν 20 
Θήβαις ἔϑηκεν ὄμμ᾽ ἐλεύϑερον βλέπειν. 
οὐδ᾽ Ἑλλάδ᾽ nveo’, οὐδ᾽ ἀνέξομαί ποτε 
σιγῶν, κακίστην λαμβάνων ἐς παῖδ᾽ ἐμόν, 
ἣν χρῆν νεοσσοῖς τοῖσδε πῦρ λόγχας ὅπλα 
φέρουσαν ἐλθεῖν, ποντίων χαϑαρμάτων 235 
χέρσου τ᾽ ἀμοιβάς, ὧν ἐμόχϑησζεν πατήρ). 
τὰ δ᾽, ὦ τέκν᾽, ὑμῖν οὔτε Θηβαίων πόλιες 
οὔϑ᾽ Ἑλλὰς ἀρκεῖ᾽ πρὸς δ᾽ ἔμ᾽, ἀσϑενῇ φίλον, 
δεδόρκατ᾽, οὐδὲν ὄντα πλὴν γλώσσης ψόφον" 
ῥώμη γὰρ ἐκλέλοιπεν ἣν πρὶν εἴχομεν, 2 
γήρᾳ δὲ τρομερὰ γυῖα χἀμαυρὸν σϑένος. 
ei δ᾽ ἦ νέος τὸ κἄτι σώματος κρατῶν, 
λαβὼν ἄν ἔγχος τοῦδε τοὺς ξανϑοὺς πλόχους 





203 ὡρμεσμένους : em Reiske Musgrave 204 τοῖσε τοῖς ΟἹ 215 βίαν — 

May: em Reiske Tyrwhitt 226 dudyYnoas: em C sarıje Reiske: χάριεν 

224 χρήν 227 τάδ᾽ od: em Elmsley 228 pllov: em c 229 ψόφων: emc 
232 ἦν uti semper; non notatur 


183 


die höchste kunst, vom zufall unabhängig 
dem feind zu schaden, selbst sich wol zu wahren. 
dies meine gründe. was du aufgeworfen, 
hab’ ich in jedem punkte widerlegt. 

nun sage mir, was haben diese knaben 
zu leide dir getan? weswegen sollen 
sie sterben? freilich, eins begreif’ ich wol 
und trete darin deiner meinung bei: 
du fürchtest dich in deiner nichtigkeit 
vor diesen heldenkindern, aber hart 
ist's doch für uns, wenn deine feigheit wir, 
die tapfern, mit dem leben büssen sollen; 
denn wenn uns Zeus gerechtigkeit erwiese, 
so wär’ es umgekehrt. doch willst du wirklich 
den thron von Theben selbst behaupten: gut, 
gestatt’ uns denn, dals als verbannte wir 
das land verlassen. aber brauche nicht 
gewalt, sonst wiret du selbst gewalt erfahren, 
wenn dir einmal das glück den rücken kehrt. 

o Theben, Theben, 
jetzt muß ich dir des vorwurfs bittre gaben, 
die rings ich auszuteilen habe, reichen. 
ist das die hilfe, die du Herakles 
und seinen söhnen bringst? und doch war er's 
der sich allein dem volk der Minyer .«Ἵ 
entgegenstellte, der allein bewirkte, " 
dafs Theben wieder frei sein haupt erhob. 
auch Hellas mufs ich tadeln; ja, ich spreche 
es aus, es handelt schnöd’ an Herakles. 
mit speer und schild und fackeln sollt’ es kommen, 
die knaben hier zu retten, ihrem vater 
der see, der erde säub’rung zu vergelten. 
doch, meine kinder, Theben nicht noch Hellas 
beschützt euch. euer einz’ger schirm bin ich, 
und ich bin nichts mehr als ein schall von worten; 
dahin ist meine kraft. einst schwellte stärke 
die glieder mir, jetzt zittern sie vor alter — 
ja wär’ ich jung und meines armes herr, 
ich fasst’ ein schwert und schlüge jenem Lykos 


184 


ΧΟ. 


AYK. 


ΧΟ. 


τὰ 


“5 


χαϑῃμάτωσ᾽ dv, ὥστ᾽ ᾿Ατλαντιχῶν πέραν 
φεύγειν ὅρων ἂν δειλίᾳ τοὐμὸν δόρυ. 
ἄρ᾽ οὐκ ἀφορμὰς τοῖς λόγοισιν ἀγαϑοὶ 
ϑνητῶν ἔχουσι, κἂν βραδύς τις ἢ λέγειν; 
σὺ μὲν λέγ᾽ ἡμᾶς οἷς πεπύργωσαι λόγοις, 
ἐγὼ δὲ δράσω σ᾽ ἀντὶ τῶν λόγων καχῶς. 
ἄγ᾽, οἱ μὲν Ἑλικῶν᾽, ol δὲ Παρνασοῦ πτυχὰς 
τέμνδιν ἄνωχϑ᾽ ἐλθόντες ὑλουργοὺς δρυὸς 
χορμούς᾽ ἐπειδὰν δ᾽ ἐσχομισϑῶσιν πόλει, 
βωμὸν πέριξ νήσαντες ἀμφήρη ξύλα 
ἐμπίμπρατ᾽ αὐτῶν καὶ πυροῦτε σώματα 
πάντων, ἵν᾽ εἰδῶσ᾽ οὕνεχ᾽ οὐχ ὅ κατϑανὼν 
χρατεῖ χϑονὸς τῇσδ᾽ ἀλλ᾽ ἐγὼ τὰ νῦν τάδε. 
ὑμεῖς δέ, πρέσβεις ταῖς ἐμαῖς ἐναντίοι 
γνώμαισιν ὄντες, οὐ μόνον στενάξετε 
τοὺς Ἡρακλείους παῖδας, ἀλλὰ καὶ δόμων 
τύχας, ὅταν χάσχητε, μεμνήσεσϑε δὲ 
δοῦλοι γεγῶτες τῆς ἐμῆς τυραννίδος. 
ὦ γῆς λοχεύμαϑ᾽, οὖς Agns σπείρει ποτὲ 
λάβρον δράχοντος ἐξερημώσας γένυν, 
οὐ σχῆπερα, χειρὸς δεξιᾶς ἐρείσματα, 
ἀρεῖτε καὶ τοῦδ᾽ ἀνδρὸς ἀνόσιον χάρα 
καϑαιματώσεϑ'᾽᾽, ὅστις οὐ Καὸδμεῖος ὧν 
ἄρχει, κάκιστος, τῶν ἐμῶν, ἔπηλυς ὦν; 
ἀλλ᾽ οὐκ ἐμοῦ γε δεσπόσεις χαίρων ποτέ, 


οὐδ᾽ ἁπόνησα roll ἐγὼ χαμὼν χερὶ 


ἕξεις" ἀπέρρων δ᾽ ἔνϑεν ἦλθες ἐνθάδε 


ὕβριζ᾽ " ἐμοῦ γὰρ ζῶντος οὐ χτενεῖς ποτε 
τοὺς Ἡρακλείους παῖδας" οὐ τοσόνδε γῆς 
ἔνερϑ᾽ ἐκεῖνος χρύπτεται λιπὼν τέχνα. 
ἐπεὶ σὺ μὲν γῆν τήνδε διολέσας ἔχεις, 


240 


234 πέρα 236 chorinotadeest 241 ἐλθόνταδ: em Dobree 248 βωμῶν: 
245 οὐχ ὅ apogr.: οὐ 248 orewdtere: em Heath 249 δόμου: 


em Brodaeus 
em Kaibel 


250 χάσκητε Wil: ndoyn rs 252 Χο Stephanus: Aug. 


ἀόχευμα 


τοὺς: em Pierson πσεέρει ΟἿ 254 Öplouara: em Btephanus 255 ἀρεῖτε C 
marg., πέρεῖτε in textu 257 ἐμῶν Dobree: νόω 259 ἂν πόνησα U? 


185 


die blonden locken blutig rot; ich jagte 
den feigling jenseits des Okeanos. 


CHORFÜHRER. 
Sei auch der edle mann nicht flink im reden: 
was er zu sagen habe, weils er stets. 


LYKO8ß. 

Mit deinen eitlen worten triff mich nur, 
ich treffe zum entgelt dich mit der tat. 

heda, trabanten, ihr zum Helikon, 
ihr zum Parnassos; die holzfäller sollen 
eichkloben schneiden, und sobald das holz 
herangefahren, schichtet ihr im kreise 
rings um den altar einen scheiterhaufen 
und brennet die da, alle wie sie sind, 
lebend’gen leibs zu asche, dafs sie lernen, 
dals heut’gen tags in Theben nicht der tote 
regiere, dals jetzt ich der könig bin. 

euch greisen aber, die ihr meinem willen 
feindselig seid, euch sag’ ich, wenn ihr wagt 
aufzubegehren, sollt ihr bald nicht blols 
der Herakleiden loos beweinen, sondern 
des eignen hauses milsgeschick: bedenkt, 
ich bin der herr, und ihr seid meine sclaven. 


.4 


CHORFÜHRER. 
Denkt eurer ahnen, Sparten, die der Erde 
entsprossen, keimend aus den drachenzähnen, 
die Ares aus der gier’gen kiefer brach. 
was zaudert eure hand den stab zum streiche 
zu heben, der euch stützt? schlagt ihr nicht blutig 
dies frevlerhaupt? er ist kein Kadmossohn, 
der bettler, und er herscht in meinem erbe, 
der hergelaufne fremdling. aber nein, 
du sollst nicht haben, was mit sauren mühn 
sich meine hand erwarb. geh nur zurück 
woher du kamst, da treibe deine frevel. 
so lang’ ich lebe, wirst du Herakles 
geschlecht nicht morden, dazu ist der Hades, 


186 


ὃ δ᾽ ὠφελήσας ἀξίων οὐ τυγχάνει" 265 
χἄπειτα πράσσω πόλλ᾽ ἐγώ, φέλους ἐμοὺς 
ϑαγόντας εὖ δρῶν, οὗ φίλων μάλεστα δεῖ. 
ὦ δεξιὰ χείρ, ὡς ποϑεῖς λαβεῖν δόρυ, 
ἐν δ᾽ ἀσϑενείᾳ τὸν πόϑον διώλεσας. 
ἐπεί σ᾽ ἔπαυσ᾽ ἂν δοῦλον ἐννέποντά μὲ 710 
καὶ τάσδε Θήβας εὐχλεῶς φκήσαμεν, 
ἐν αἷς σὺ χαίρεις. οὐ γὰρ εὖ φρονεῖ πόλιες 
στάσει νοσοῦσα καὶ καχοῖς βουλεύμασιν" 
οὐ γάρ ποτ᾽ ἂν σὲ δεσπότην ἐχτήσατο. 
ME. γέροντες, αἰνῶ" τῶν φίλων γὰρ εἵνεκα 215 
ὀργὰς δικαίας τοὺς φέλους ἔχειν χρεών᾽ 
ἡμῶν δ᾽ ἕκατι δεσπόταις ϑυμούμενοι 
πάϑητε μηδέν. τῆς δ᾽ ἐμῆς, ᾿ἀμφιτρύων, 
γνώμης ἄχουσον, ἤν τί σοε δοχῶ λέγειν. 
ἐγὼ φιλῶ μὲν τέχνα᾽ πῶς γὰρ οὐ φιλῶ 280 
ἅτιχτον, ἁἀμόχϑησα᾽ καὶ τὸ κατϑανεῖν 
δεινὸν νομίζω" τῷ δ᾽ ἀναγχαίῳ τρόπῳ 
ὃς ἀντιτείνει, σχαιὸν ἡγοῦμαι βροτόν. 
ἡμᾶς δ᾽, ἐπειδὴ δεῖ ϑανεῖν, ϑνήσκχειν χρεὼν 
μὴ πυρὶ καταξανϑέντας, ἐχϑροῖσιν γέλον 25 
διδόντας, οὑμοὶ τοῦ ϑανεῖν μεῖζον κακόν. 
ὀφείλομεν γὰρ πολλὰ δώμασιν καλά" 
σὲ μὲν δόχησις ἔλαβεν εὐχλεὴς δορός, 
ὥστ᾽ οὐχ ἀνεχτὸν δειλίας ϑανεῖν σ᾽ ὕπο᾽ 
οὑμὸς δ᾽ ἀμαρτύρητος εὐκλεὴς πόσις, 290 
ὡς τούσδε παῖδας οὐχ ἂν ἐχσῶσαι ϑέλοι 
ὁόξαν καχὴν λαβόντας" οἱ γὰρ εὐγενεῖς 
xauvovoL τοῖς αἰσχροῖσι τῶν τέχνων ὕπερ᾽ 
ἐμοί τε μίμημ᾽ ἀνδρὸς οὐκ ἀπωστέον. 


269 πόϑον Plutarch. an seni sit. g. r. p. 18: πότμον 285 αἰσχροῖσε Stepha- 
nus: ὀχϑροῖσε γέλων 





der ihn gefesselt hält, nicht tief genug. 

denn du hast unsre stadt zerstört und herrschest, 
er tat ihr gutes, und sein lohn ist undank. 

und wenn ich jetzt eintrete für den freund, 

nach seinem tode, wo die freundeshilfe 

am nötigsten, will man es mir verdenken! 


wie sehnst du dich nach deinem speer, mein arm; 


doch du bist alt und morsch, dein sehnen ist 
vergebens. schweigen lehrt’ ich sonst den mund, 
der sclave mich gescholten, und in ehren 
könnten in Theben hier wir wieder wohnen, 

wo du dich breit machst, weil die bürgerschaft 
zwieträchtig und misleitet sich vergals, 

sonst wärst du nimmer Thebens herr geworden. 


MEGARA. 

Ich dank’ euch, treue greise; freilich ziemt 
dem freund gerechter zorn in freundessache; 
allein ihr dürft nicht in gefahr geraten 
um unsertwillen eurem herrn verfeindet, 

vernimm nun meinen rat, Amphitryon, 
ob er verständig ist. gewils, ich liebe 
die kinder; könnt’ ich anders auch als lieben, 
die ich gebar mit schmerzen und erzog? 
auch graut mir vor dem tod. doch ’s ist gemein 
sich wider die notwendigkeit zu stemmen. 
wir müssen sterben; weil wirs müssen, dürfen 
wir’s nicht zerfetzt von flammenzungen tun, 
als schauspiel für der feinde hohngelächter. 
das würd’ ich schwerer als den tod empfinden, 
denn unsere hauses ehre fordert mut: 
an deinem namen haftet hoher kriegsruhm, 
und das verbeut dir einen feigen tod. 
für meines gatten ruhm — da brauchst du nicht 
erst zeugen aufzurufen; nein, er würde 
das leben seiner söhne nimmermehr 
um ihre schande kaufen. wahrer adel 
fühlt sich in seinen kindern mit getroffen. 


ich selbst — muls nach des gatten vorbild handeln. 


187 


188 


σχέψαι δὲ τὴν σὴν ἐλπίδ᾽ m λογίζομαι. 295 
ἥξειν νομίζεις παῖδα σὸν γαίας ὕπο; 
χαὶ τίς ϑανόντων ἦλθεν ἐξ “4ιδου πάλιν; 
ἀλλ᾽ ὡς λόγοισι τόνδε μαλθάξαιμεν ἄν; 
ἥχιστα᾽ φεύγειν σχαιὸν ἄνδρ᾽ ἐχϑρὸν χρεών, 
σοφοῖσι δ᾽ εἴχειν καὶ τεϑραμμένοις καλῶς" 800 
ὅᾷον γὰρ αἰδοῦς ὑποβαλὼν φίλ᾽ ἂν τέμοις. 
ἤδη δ᾽ ἐσῆλϑέ μ᾽ εἰ παραιτησαίμεϑα 
φυγὰς τέχνων τῶνδ᾽" ἀλλὰ καὶ τόδ᾽ ἄϑλιον, 
πενέᾳ σὺν οἰχτρᾷ περιβαλεῖν σωτηρίαν᾽ 
ὡς τὰ ξένων πρόσωπα φεύγουσιν φίλοις 805 
ἕν ἦμαρ ἡδὺ βλέμμ᾽ ἔχειν φασὶν μόνον. 

τόλμα μεϑ᾽ ἡμῶν ϑάνατον, ὃς μένει σ᾽ ὅμως" 
προχαλούμεϑ᾽ εὐγένειαν, ὦ γέρον, σέϑεν. 
τὰς τῶν ϑεῶν γὰρ ὅστις ἐκμοχϑεῖ τύχας, 
πρόϑυμός ἐστιν, ἡ προϑυμία δ᾽ ἄφρων. 810 
ὃ χρὴ γὰρ οὐδεὶς μὴ χρεὼν ϑήσει ποτέ. 

ΧΟ. εἰ μὲν σϑενόντων τῶν ἐμῶν βραχιόνων 
ἦν τίς σ᾽ ὑβρίζων, ῥᾳδίως ἔπαυσά Täy' 
γῦν δ᾽ οὐδέν ἐσμεν. σὸν δὲ τοὐντεῦϑεν σχοπεῖν 
ὅπως διώσῃ τὰς τύχας, Aupıredw. 818 
AM. οὔτοι τὸ δειλὸν οὐδὲ τοῦ βίου πόϑος 

ϑανεῖν ἐρύχει μ᾽, ἀλλὰ παιδὶ βούλομαι 
σῶσαι τέκν᾽" ἄλλως δ᾽ ἀδυνάτων ἔοικ᾽ ἐρᾶν. 
ἰδού, πάρεστιν ἥδε φασγάνῳ δέρη 


χεγντεῖν φονεύειν ἱέναι πέτρας ἄπο. 320 
μίαν δὲ νῷν δὸς χάριν, ἄναξ, ἱχνούμεϑα᾽ 


801 ὑπολαβών: em Brunck συράφεταε φίλ᾽ ἂν τελοῖς Cmarg. 805 φέλοε: 
em Matthiae 808 προσκαλούμεϑ᾽ C! 811 χρεὼν Porson: ϑεῶν 818 ἐπαύ- 
oar’ ἂν: distinxit Hartung 319 hiatum sign. Wil 320 πάτραξδ: em Brodaeus 





189 


hör’ auch mein urteil über deine hoffnung. 
du glaubst an deines sohnes wiederkehr ἢ 
wann aber wär’ ein toter auferstanden ? 
so sollen wir wol Lykos milde stimmen ? 
mit nichten. mit gemeinem gegner soll 
man überhaupt vermeiden zu verhandeln. 
dem mann von bildung aber und erziehung 
kommt man entgegen mit nachgiebigkeit: 
wo rücksicht waltet, ist verständ’gung leicht. 
auch ist mir der gedanke wol gekommen 
verbannung für die kinder zu erbitten. 
allein solch ein erbärmlich bettlerleben 
ist auch nur elend. denn man sagt mit recht, 
nur einen tag erblicke der verbannte 
ein freundliches gesicht an seinem wirte. 

so gehe denn gleich uns dem tod entgegen, 
dem du ja doch verfallen bist. mein vater, 
ich mahne dich an deines blutes adel. 
wer ankämpft wider göttliches verhängnis, 
der müht sich wol und ringt, allein sein ringen 
und mühn ist torheit. denn was mufs geschehn, 
geschieht; kein mensch vermag es je zu ändern. 


CHORFÜHRER. 
Wenn ich noch kraft in meinem arme fühlte, 
dann sollte mir schon schleunig stille sein 
wer sich an dir vergriffe. doch ich bin 
ohnmächtig. sieh du zu, Amphitryon, 
wie du dich der notwendigkeit entziehst. 


AMPHITRYON. 

Den tod zu meiden treibt mich nicht die feigheit 
noch hang am eignen leben. nur dem sohn 
möcht’ ich die kinder retten; doch der wunsch 
scheint unerfüllbar. nun wolan, da bin ich, 

er verläfst den altar; Megara und die kinder folgen ihm. 
hier hast du meinen kopf, nun zieh das schwert. 
gutwillig stellen sich die opfer dir 
zum foltern, schlachten, steinigen bereit. 
nur eine gnade bitten wir, mein fürst, 


190 


--.ο... 


ΠΕ. 


AYK. 


ME. 


AM. 


328 Nur om (0? λεέπει τιημέον τοῦ στέχου): suppl. ὁ 


χτεῖνόν μὲ καὶ τήνδ᾽ ἀϑλίαν παίδων πάρος, 
ὡς μὴ τέκν᾽ εἰσίδωμεν, ἀνόσιον ϑέαν, 
ψυχορραγοῦντα καὶ καλοῦντα μητέρα 

πατρός τε πατέρα. τἄλλα δ᾽, εἰ πρόϑυμος εἶ, 
πρᾶσσ᾽᾽ οὐ γὰρ ἀλκὴν ἔχομεν ὥστε μὴ ϑανεῖν. 
κἀγώ σ᾽ ἱκνοῦμαι χάριτι προσϑεῖναι χάριν, 
(ἡμῖν) ἵν᾽ ἀμφοῖν εἷς ὑπουργήσῃς διπλᾶ" 
χόσμον πάρες μοι παισὶ προσϑεῖναι νεχρῶν, 
δόμους ἀνοίξας (νῦν γὰρ ἐκκεκλήμεϑα), 

ὡς ἀλλὰ ταῦτά γ᾽ ἀπολάχωσ᾽ οἴχων πατρός. 
ἔσται τάδ᾽" οἴγειν κλῇῆϑρα προσπόλοις λέγω. 
χοσμεῖσϑ᾽ ἔσω μολόντες" οὐ φϑονῶ πέπλων. 
ὅταν δὲ κόσμον περιβάλησθϑε σώμασιν, 

ἥξω πρὸς ὑμᾶς νερτέρᾳ δώσων χϑονί. 

ὦ τέκν᾽, ὁμαρτεῖτ᾽ ἀϑλίῳ μητρὸς ποδὶ 
πατρῷον ἐς μέλαϑρον, οὗ τῆς οὐσίας 

ἄλλοι κρατοῦσι, τὸ δ᾽ ὄνομ᾽ ἔσϑ᾽ ἡμῶν ἔτι. 
ὦ Ζεῦ, μάτην ἄρ᾽ Öudyaudv σ᾽ ἐχτησάμην, 
ἽἹμάτην δὲ παιδὸς τὸν νεὼν ἐκλήζομεν᾽ 

σὺ δ᾽ ἦσϑ᾽ ἄρ᾽ ἥσσων ἢ ᾿δόχεις εἶναι φίλος. 
ἀρετῇ σε νιχῷ ϑνητὸς ὧν ϑεὸν μέγαν᾽ 
παῖδας γὰρ οὐ προὔδωκα τοὺς “Ηρακλέους. 
σὺ δ᾽ ἐς μὲν εὐνὰς χρύφιος ἠπίστω μολεῖν, 
τἀλλότρια λέχτρα δόντος οὐδενὸς λαβών" 
σῴζειν δὲ τοὺς σοὺς οὐκ ἐπίστασαι φίλους. 
ἀμαϑής τις εἶ ϑεός, ἢ δίκαιος οὐχ ἔφυς. = 


380 ἐκκενλεέσμεϑα 


191 


laß mich und sie, die unglückselige mutter, 
vor unsern kindern sterben und erspare 
das schaudervolle schauspiel wenigstens, 
den todeskampf der kleinen, unsern augen, 
wie nach grolsvater sie und mutter rufen. 
sonst tu wie dich’s gelüstet: keiner waffe 
gebieten wir, des tods uns zu erwehren. 


MEGARA. 
Auch ich hab’ eine bitte; beider wunsch 
erfüllst du leicht mit einem gnadenwort. 
gestatte dals man unser haus mir öffne 
(jetzt sind wir ausgesperrt), und ich die kinder 
zum tode schmücke: gönne wenigstens 
den söhnen das von ihres vaters erbe. 


LYKOß, 
Das mögt ihr haben. meine diener sollen 
die riegel öffnen; geht hinein und hängt 
den schmuck euch um; mit kleidern geiz’ ich nicht, 
doch wenn ihr euren leib mit festgewändern 
geschmückt habt, komm’ ich, ihn ins grab zu legen. 
Lykos zur seite, von der er kam, ab. 
MEGARA, 
Auf, kinder, folget eurer armen mutter 
in eurer vaterhaus. noch heilst es unser, 
doch des besitzes walten andre schon. 
Megara und die kinder ab ins haus. 


AMPHITRYON. 
Zeus, meinem weib bist du genaht — was hilft es? 
Zeus, meines sohnes vater hiefs ich dich — 
was hilft es mir? du hieltest nicht die treue, 
die ich erwartet. grolser gott, ich mensch 
bin dir an redlichkeit weit überlegen: 
Herakles kinder hab’ ich nicht verraten: 
du aber wusstest den verbotnen weg 
zu fremdem bett vortrefflich auszufinden, 
doch rettung für die deinen weilst du nicht: 
an weisheit fehlt dir’s, gott, wo nicht, an güte. 

ab ins haus. 


192 


ΧΟΡΟΣ. 
atlıvov μὲν ἐπ᾽ εὐτυχεῖ μολπᾷ Φοῖβος ἰαχεῖ, 
τὰν καλλίφϑογγον κιϑάραν ἐλαύνων πλήκτρῳ χρυσέῳ " 880 
ἐγὼ δὲ τὸν γᾶς ἐνέρων T’ ἐς ὄρφναν 
μολόντα παῖδ᾽, εἴτε Ζιός νιν εἴπω 
εἴτ᾽ ᾿Αμφιτρύωνος ἶνιν, 
ὑμνῆσαι στεφάνωμα μόχϑων δι᾽ εὐλογίας ϑέλω. 355 
γενναίων δ᾽ ἀρεταὶ πόνων τοῖς ϑανοῦσιν ἄγαλμα. 
πρῶτον μὲν Aıös ἄλσος 
ἠρήμωσε λέοντος, 380 
πυρσῷ δ᾽ ἀμφεκαλύφϑη 
ξανϑὸν κρᾶτ᾽ ἐπινωτίσας, δεινῷ χάσματι ϑηρός. u 
τάν τ᾽ ὀρεινόμον ἀγρίων Κενταύρων ποτὲ γένναν 868 
ἔστρωσεν τόξοις φονίοις, ἐναίρων πτανοῖς βέλεσιν. 
ξύνοιδε Πηνειὸς ὅ καλλιδίνας 
uergal τ᾽ ἄρουραι πεδίων ἄκαρποι 
καὶ Πηλιάδες Feganvaı 810 
σὐγχορτοί τ᾽ Ὀμόλας ἔναυλοι, πεύκαισιν ὅϑεν χέρας 
πληροῦντες χϑόνα Θεσσαλῶν ἱππείαις ἐδάμαξζον. 


τάν τε χρυσοχάραγον 815 
δόρκα ποιχιλόνωτον 

συλήτειραν ἀγρωστᾶν 

χτείνας ϑηροφόνον ϑεὰν Οἰνωᾶτιν ἀγάλλει. ξξπ 


τεϑρίππων τ᾽ ἐπέβα 880 
χαὶ ψαλίοις ἐδάμασε πώλους Διομήδεος, 





350 καλλέφϑετον : em Stephanus 352 ὄρφνην 364 ὀρεεινόμων: em Canter 
366 ἔτρωσεν: em Reiske 373 πληροῦντες P: πληροῦντας C 376 δόρκαν 
377 ἀγρώσταν 379 οὐἐνόα τέν᾽ : yo. τὴν ἀγάλλεε et supra & (£r?) C marg. 


198 


CHOR. 

Greift zu festlichem gesange 
Phoibos in der goldnen laute 
melodienreiche saiten, 
80 beschlielst der ruf der klage 
seinen sang: 
aber das lied das dem helden wir singen, 
der in das dunkel der erd’ und der hölle 
schied (sei ein gott, sei ein mensch nun sein vater), 
werde zum festlied, flechte zu stolzem 
kranz seiner herrlichen taten gedächtnis: 
denn die tugend, bewährt in erhabenen 
kämpfen, ziert noch im tode. 

Erst im haine des Zeus 

schlug er den grimmigen leun, 

schlang um den rücken das vliels: 

über dem blonden gelock 

gähnte der feurige rachen. 


Der Kentauren wüste horden, 
die in wildem bergwald hausten, 
streckten seine grimmen pfeile 
mörderischen flugs zu boden: 
zeugt es ihm, 
wallend erbrausende flut des Peneios, 
endlose fruchtbare Thessalerfluren, 
die ihr zerstampft eure saaten erblicktet. 
Pelionschluchten, Homolegründe, 
saget es, nachbarn: bewehret mit euren 
fichten brachen sie ein in Thessalien, 
das ihre hufen zertraten. 
Schlug auch das scheckige reh 
das die arkadische flur 
wühlte mit güldenem horn, 
und es empfieng das geweih 
Artemis, herrin des waidwerks. 


Halfterlos an blutbespritzten krippen 
schlangen Diomedes’ Thrakerrosse 
v. Wilamowitz 1. 13 


194 


al φονίαισι φάτναις ἀχάλιν᾽ ἐϑόαξον 
κάϑαιμα σῖτα γένυσι, χαρμοναῖσιν ἀν- 

δροβρῶσι δυστράπεζοι" 885 
πέραν δ᾽ ἀργυρορρύτων Ἕβρου διε- 

πέρασεν ὄχϑων ἢϊ]υχηναίῳ πονῶν τυράννῳ. 
ἀνά τε Πηλιάδ᾽ ἀκτὰν 
Avyavgov παρὰ πηγὰς 890 
Κύχνον ξεινοδαΐχταν 
τόξοις ὥλεσεν, Augpavalas οἰχήτορ᾽ ἄμειχτον. “τ 


ὑμνῳδούς τε χόρας 

ἤλυθεν ἑσπέριον ἐς αὐλάν, χρύσεον πετάλων 895 
ἀπὸ μηλοφόρων χερὶ καρπὸν ἀμέρξων, 

δράκοντα πυρσόνωτον, ὅς (σφ᾽) ἄπλατον ἀμ- 
φελιχτὸς Elın’ ἐφρούρει, 

χταγών᾽ ποντίας ϑ᾽ ἁλὸς μύχους εἰσ- 400 
έβαινε, ϑνατοῖς γαλανείαν τιϑεὶς ἐρετμοῖς. 


οὐρανοῦ 3 ὑπὸ μέσσαν 

ἐλαύνει χέρας ἕδραν, 

Arkayrocs δόμον ἐλθών, 405 
ἀστρωπούς TE κατέσχεν οἴχους εὐανορίᾳ ϑεῶν. z—m 


τὸν ἱππευτάν τ᾿ Aualdvwy στρατὸν 
Μαιῶτιν ἀμφὶ πολυπόταμον 
ἔβα δι᾽ Εὔξεινον οἶδμα λίμνας, 410 
τίν᾽ οὐκ ἀφ᾽ Ἑλλανίας ἄγορον ἁλίσας φίλων, 
χόρας ᾿Αρείας πέπλων χρυσεόστολον φάρος 
ζωστῆρος ὀλεϑρίους ἄγρας. 415 
τὰ κλεινὰ δ᾽ Ἑλλὰς ἔλαβε βαρβάρου κόρας 
λάφυρα, καὶ σῴξεται υχήναις. 
τάν TE μυριόχρανον 
πολύφονον κύνα “έρνας 4. 
ὕδραν ἐξεπύρωσεν 





884 καϑ᾽ alua 885 ἀνδροβῶσι 386 ἀργυρορρύταν Ἕβρον διέπερασο᾽ 
ὄχϑον: em Wil 388 ἀνὰ Wil: τάν 391 K. δὲ Esvodalsrav: em Pfiugk 
Kirchhoff 396 γρυσέων: em Wakefield 897 μηλοφόρων P: μηλοφόρον C 
398 suppl Hermann 402 ralavias: yalavelas Heath, em Wil 412 dyo- 
θῶν: em ἃ 415 ξωστῇρ-ς C! -gos CP 418 σώξετ᾽ ἐν: em Pfiugk 

420 πολύφωνον : em Stephanus 





195 


wüsten frals in unnahbarer wildheit; 
gierig schroteten die eklen kiefern 
blut’ge glieder von zerrissnen menschen: 
aber er zwang ihnen ein das gebils in die mäuler, 
bändigte sie; sie mulsten den wagen ihm ziehen 
heim nach Myken von den silbernen fluten des Hebros: 
und Eurystheus auftrag war vollendet. 

Wo in den malischen golf 

sich der Anauros ergielst, 

fällte den Kyknos sein pfeil: 

nicht mehr lauert am weg 

mördrisch den gästen der unhold. 


An der erde westrand steht der garten, 
wo der Hesperiden lieder schallen, 
in dem laub des reichbeladnen baumes 
schimmern güldene äpfel, doch als wächter 
schlingt sich purpurn um den stamm der drache: 
aber er kam und erschlug das geringelte scheusal, 
pflückte die frucht. er stieg in die tiefen des meeres, 
schuf für die wilden gewässer ein sicheres bette: 
friedlich fahren nun der menschen schifflein. 

Wo auf die erde hinab 

nieder der himmel sich senkt, 

stemmt’ er sich gegen die wucht, 

trug er des himmlischen doms 

sternenpaläste für Atlas. 


Wider der berittnen Amazonen scharen 
in den strömereichen steppen der Maeotis 
zog er durch des wilden Schwarzen meeres strudel, 
seinem heerbann folgten Hellas beste helden, 
nach der Arestochter goldgewirktem schmucke, 
auf der wilden jagd des gürtels. 
und das kleinod der barbarenjungfrau 
pranget in Mykenes schatzhaus 
ala Hellenenbeute. 

Dem wurme von Lerna 

brannt aus er die tausend 


mordzischenden häupter; 
13* 


196 


βέλεσί τ᾽ ἀμφέβαλ᾽ (ἰόν), 
τὸν τρισώματον οἷσιν ἔχτα βοτῇρ᾽ ᾿Ερυϑείας. — 


doduwy τ᾽ ἄλλων ἀγάλματ᾽ εὐτυχῆ 45 
διῆλθε τόν τε πολυδάχρυον 
ἔπλευσ᾽ ἐς Ἅιδαν, πόνων τελευτάν᾽ 

ἵν᾽ ἐχπεραίνει τάλας βίοτον οὐδ᾽ ἔβα πάλιν. 
στέγαι δ᾽ ἔρημοι φίλων, τὰν δ᾽ ἀνόστιμον τέχνων 4% 
«Χάρωνος ἐπιμένει πλάτα 
βίου χέλευϑον ἄϑεον ἄδικον᾽ ἐς δὲ σὰς 
χέρας βλέπει δώματ᾽, οὐ παρόντος. 4835 


ei δ᾽ ἐγὼ σϑένος ἥβων 
δόρυ τ᾿ ἔπαλλον ἐν αἰχμᾷ 
Καδμείων τε σύνηβοι, 
τέχεσιν ἂν προπαρέσταν 


ἀλχκᾷ᾽ νῦν δ᾽ ἀπολείπομαι τᾶς εὐδαίμονος ἥβας. ΞΞΞΞ.. MO 


Ξ 


ALM ἐσορῶ γὰρ τούσδε φϑιμένων 
ἔνδυτ᾽ ἔχοντας, τοὺς τοῦ μεγάλου 
" δή ποτε παῖδας τὸ πρὶν Ἡρακλέους, 
ἄλοχόν τε φίλην ὑπὸ σειραίοις 45 
ποσὶν ἕλκουσαν τέχνα καὶ γεραιὸν 
πατέρ᾽ Ἡρακλέους. δύστηνος ἐγώ, 
δαχρύων ὡς οὐ δύναμαε κατέχειν 
γραίας ὄσσων ἔτι πηγάς. “ὦ 450 


METAPA. 

El&v’ τίς ἱερεύς, τίς σφαγεὺς τῶν δυσπότμων 
[ἢ τῆς ταλαίνης τῆς ἐμῆς ψυχῆς φονεύς" 
ἕτοιμ᾽ ἄγειν τὰ ϑύματ᾽ εἰς Audov τάδε. 

ὦ τέκν᾽, ἀγόμεϑα ζεῦγος οὐ καλὸν νεχρῶν, 
ὁμοῦ γέροντες καὶ νέοι καὶ μητέρες. 455 
ὦ μοῖρα δυστάλαιν᾽ ἐμή τε καὶ τέχνων, 
τούσδ᾽ οὗς πανύστατ᾽ ὄμμασιν προσδέρχομαι. 
ἐτέχομεν ὑμᾶς --- πολεμίοις δ᾽ ἐϑθρεψάμην 


422 ἐὸν suppl Wil. Wecklein 426 τὸν nolvddxpvror: em Wakefield 
428 ἐχπεράνη: em Heath 435 δώματ᾽ od Musgrave: σῶμα τοῦ 443 Boduu': 
em Heath 452 del Paley 454 νεκρόν: em apogr. 456 ἐμῶν : em Kirchhoff 
458 ἕτεκον μέν: em Wil 





197 


er strich ihren geifer 

an seine geschosse: 

da mulst’ ihm erliegen 

Geryones drillingskörper. 
Noch von manchen fahrten kehrt’ er heim als sieger; 
und zur letzten arbeit stieg ins reich der tränen 
er zum Hades nieder. dort hat seines lebens 
abschluls er gefunden. nimmer kehrt er wieder. 
und sein haus steht schutzlos. Charon harrt der kinder; 
sie auch gott- und rechtverlassen 
in das reich von wannen keine rückkehr 
führt er bald. die deinen harren 
deiner, doch du fehlest. 

Ich sollte nur kräftig 

mit meinen genossen 

in jugend noch blühen: 

so stünde beschützend 

mein speer vor den kindern. 

doch ach, wir entbehren 

der jugend, des böchsten gutes. 


Aus dem palaste kommen Amphitryon Megara und die kinder, diese im fest- 
gewande und mit bändern und kränzen im haar. 


CHORFÜHRER. 
Sieh da, im leichenschmuck die weiland kinder 
des einst gewalt’gen Herakles; sein weib 
zieht ihre knaben, die sich an die fülse 
ihr klammern, mühsam vorwärts; hier der greis, 
des helden vater — strömt hervor, ihr tränen: 
mein altes auge kann euch nicht mehr halten. 


MEGARA,. 

Wolan, wo ist der priester, wo der schlächter? 
die opfer sind zum letzten gang bereit. 

so führt man uns in jammervollem zuge 
zum tode, meine kinder, eines weges 
die mutter mit den söhnen, greis und knaben. 
welch grausam schicksal, meins und meiner kinder. 
geboren hab’ ich euch, hab’ euch erzogen — 


198 


ὕβρισμα χἀπίχαρμα xal διαφϑοράν. 
φεῦ" 

N πολύ γε δόξης ἐξέπεσον εὐέλπιδος, 460 

ἣν πατρὸς ὑμῶν ἐκ λόγων ποτ᾽ ἤλπισα. 

σοὶ μὲν γὰρ “Ἄργος ἔνεμ᾽ ὃ κατϑανὼν πατήρ, 

Εὐρυσϑέως δ᾽ ἔμελλες οἰκήσειν δόμους 

τῆς καλλιχάρπου χράτος ἔχων Πελασγίας, 

στολήν τε ϑηρὸς ἀμφέβαλλε σῷ κάρᾳ 465 

λέοντος ἧπερ αὐτὸς ἐξωπλίζετο᾽ 

σὺ δ᾽ ἦσϑα Θηβῶν τῶν φιλαρμάτων ἄναξ, 

ἔγκληρα πεδία τἀμὰ γῆς χεχτημένος, 

ὡς ἐξέπειϑες τὸν κατασπείραντά σε, 

ἐς δεξιάν τε σὴν ἀλεξητήριον 410 

ξύλον χαϑίει δαίδαλον, ψευδῇ δόσιν. 

σοὶ δ᾽ ἣν ἔπερσε τοῖς ἐχηβόλοις ποτὲ 

τόξοισι δώσειν Οἰχαλίαν ὑπέσχετο. 

τρεῖς δ᾽ ὄντας ζὑμᾶς) τριπτύχοις τυραννίσι 

πατὴρ ἐπύργου, μέγα φρονῶν εὐανδρίᾳ. 175 

ἐγὼ δὲ νύμφας ἠχροϑινιαζόμην 

χήδη συνάψουσ᾽ ἔχ τ᾽ ᾿ϑηναίων χϑονὸς 

Σπάρτης τε Θηβῶν 9᾽, ὡς ἀνημμένοι χάλῳς 

φουμνησίοισι βίον ἔχοιτ᾽ εὐδαίμονα. 

χαὶ ταῦτα φροῦδα᾽ μεταβαλοῦσα δ᾽ ἡ τύχη 480 

γύμφας μὲν ὑμῖν Κῆρας ἀντέδωκ᾽ ἔχειν, 

ἐμοὶ δὲ δάχρυα λουτρὰ δυστήνῳ φζ(έρειν), 

πατὴρ δὲ πατρὸς ἑστιᾷ γάμους ὅδε, 

Auöny νομίζων πενϑερόν, κῆδος πικρόν). 

ὦμοι, τίν᾽ ὑμῶν πρῶτον ἢ τίν᾽ ὕστατον 435 

πρὸς στέρνα ϑῶμαι; τῷ προσαρμόσω στόμα; 

τένος λάβωμαι; πῶς ἂν ὡς ξουϑόπτερος 

μέλισσα συνενέγκαιμ᾽ ἄν ἐκ πάντων γόους, 

ἐς ὃν δ᾽ ἐνεγχοῦσ᾽ ἁϑρόον ἀποδοίην δάχρυ; 

ὦ φίλτατ᾽, εἴ τις φϑόγγος εἰσακούεται 490 

ϑνητῶν παρ᾽ “Ἵιδῃ, σοὶ τάδ᾽, Ἡράκλεις, λέγω" 

ϑνήσκχει πατὴρ σὸς καὶ τέκν᾽, ὄλλυμαε δ᾽ ἐγώ, 
460 we ὅ. ἀξέπαισαν dinides: em H. Hirzel Kirchhof 465 ἀμφέβαλες: em 
Canter 469 ἐξέπειϑε: em Hermann 470 re Musgrave: δέ 471 δαιδάλον: 
em Dobree Hermann 474 suppl Canter 475 ἐπ᾿ ἀνδρέᾳ: em Elimsley 


482 duormvos: em Fix φέρειν Bothe: φρενῶν 484 πικρόν Reiske: πατοός 
400 φϑόγγον εἰσακούσεται: em Nauck 





199 


für wen? nur für die feinde wuchst ihr auf 
zu spott und hohn, zu frevelhaftem morde. 

ach gott, 
wie ist mein fröhlich hoffen mir gescheitert, 
das eures vaters wort in mir geweckt. 
denn dir verlieh der vater, der nun tot ist, 
das reich von Argos; in Eurystheus schlofs 
solltest du wohnen, solltest könig sein 
in des Pelasgerlandes reichen fluren; 
und um das köpfchen hängt’ er dir die haut 
des grimmen leun, die seine rüstung war. 
du aber warst des reis’gen Thebens ἔχει; 
der vater schenkte dir, weil du so hübsch 
drum batest, die gefilde meines erbteils; 
und in die hand legt’ er die keule dir, 
die schönbeschlagne — trügerisch geschenk. 
und die des bogens meisterschuls erwarb, 
die burg Oichalias, versprach er dir. 
so träumte stolz in heldenkraft der vater, 
drei söhnen euch drei reiche zu vermachen. 
ich aber schaute mich nach bräuten um, 
den edelsten und schönsten, aus Athen, 
aus Sparta und aus Theben, dafs den mast 
an eures glückes schiffe fest und sicher 
der würdigsten verwandtschaft taue hielten. 
und das ist nun dahin; das glück schlug um. 
als braut umarmet euch die todesnacht, 
zum ehbett schmück’ ich euch das grab, ihr ärmsten, 
und der großvater muls die hochzeit rüsten, 
der schwähr ist Hades — graunvoll hochzeitsfest, 
ach, wen von euch drück’ ich zuerst ans herz, 
und wen zuletzt? für wen der erste kuls, 
für wen der letzte? könnt’ ich wie die biene 
doch emsig all den schmerz, den ich um alle 
empfinde, sammeln und in einem strom 
von tränen allen meinen gram ergiessen. 

dir, mein gemal, dir ruf’ ich, Herakles, 
wenn zu den toten dringt ein sterblich wort, 
erhöre mich: dein vater, deine söhne 


200 


ἣ πρὶν μαχαρία διὰ σὲ ἐκλῃζόμην βροτοῖς. 

ἄρηξον, ἐλϑὲ χαὶ σκιά, φάνηϑί μοι᾿" 

ἅλις γὰρ ἐλθὼν κἂν ὄναρ γένοιο σύ. 495 
χαχοὶ γὰρ ἐς σέ y οἱ τέκνα xrelvovor σά. 


ἈΜΦΙΤΡΥΩΝ. 
σὺ μὲν τὰ νέρϑεν εὐτρεπῆ ποιοῦ, γύγαι, 
ϑανεῖν γάρ, ὡς ἔοικ᾽, ἀναγχαίως ἔχει" 
ἐγὼ δὲ σέ, ὦ Ζεῦ, χεῖρ᾽ ἐς οὐρανὸν δικὼν 
αὐδῶ᾽ τέχνοισιν εἴ τι τοισίδ᾽ ὠφελεῖν 
μέλλεις, ἀμύνειν, ὡς τάχ᾽ οὐδὲν ἀρχέσεις. 
καίτοι κέχλησαι πολλάκις" μάτην πογῶ. 
ἀλλ᾽, ὦ γέροντες, μικρὰ μὲν τὰ τοῦ βίου, 
τοῦτον δ᾽ ὅπως ἥδιστα διαπεράσετε 
ἐξ ἡμέρας ἐς νύχτα μὴ λυπούμενοι. 
ὡς ἐλπίδας μὲν ὅ χρόνος οὐχ ἐπίσταται 
σῴζειν, τὸ δ᾽ αὑτοῦ σπουδάσας διέπτατο. 
ὁρᾶτ᾽ ἔμ᾽, ὅσπερ ἦ περίβλεπτος βροτοῖς 
ὀνομαστὰ πράσσων, καί μ᾽ ἀφείλεϑ᾽ ἡ τύχη 
ὥσπερ πτερὸν πρὸς αἰϑέρ᾽ ἡμέρᾳ μιᾷ. 510 
ὁ δ᾽ ὄλβος ὅ μέγας Ü τε δόξ᾽ οὐχ οἵδ᾽ ὅτῳ 
βέβαιός ἐστι. χαίρετ᾽" ἄνδρα γὰρ φίλον 
πανύστατον νῦν, ἥλικες, δεδόρχατε. 


5 553 


ME. Eu, 
ὦ πρέσβυ, λεύσσω τἀμὰ φίλτατ᾽, ἢ τί φῶ; 
— οὐχ’ οἶδα, ϑύγατερ᾽ ἀσφασία δὲ κἄμ᾽ ἔχει. 515 


— δδ᾽ ἐστὶν ὃν γῆς νέρϑεν εἰσηκούομεν, 
εἰ μή γ᾽ ὄνειρον ἐν φάει τι λεύσσομεν. 
τέ φημί; ποῖ᾽ ὄνειρα χηραίνουσ᾽ ὁρῶ; 
οὐχ ἔσϑ᾽ δδ᾽ ἄλλος ἀντὶ σου παιδός, γέρον. 
δεῦρ᾽, ὦ τέχν᾽, ἐχχρίμνασϑε πατρῴων πέπλων, 520 





495 κἂν ὄναρ Wil: ἵκανον dv 4907 εὐπρεπῇ C! 502 δυο revocavit Wil 
508 ὀρᾶτέ μ᾿ 520 ἐκκρήμινασϑε 





sie gehn zum tod, zum tode geh’ auch ich, 

die einst die welt als dein gemal beneidet; 
hilf, komm und sei’s als geist, erscheine mir: 
ja selbst als traumgebild kannst du uns retten, 
die feigheit unsrer mörder flieht vor dir. 


AMPHITRYON, 


Mach alles nur bereit zum tode, tochter, 

denn dafs wir sterben müssen, scheint gewils. 
ich recke meinen arm empor zu dir, 

Zeus, wenn du diese kinder retten willst, 

so hilf, ich mahne dich, bald ists zu spät. 
allein dich hab’ ich schon so oft gerufen, 

eg ist verlorne müh’. ihr greisen freunde, 

das menschenleben währt nur eine spanne, 
und doch, es wird der köstlichste genulfs, 

wenn man den tag dahinlebt unbekümmert, 
was uns der abend bringe. denn die zeit 
vermag nicht unsre wünsche zu erfüllen, 

sie kommt, gibt was sie hat, und ist vorüber. 
seht mich nur an. hoch stand ich in der welt, 
berufen war mein glück: da kam das schicksal 
und nahm mir alles, spielend, wie die feder 
man in die lüfte bläst. ob irgend wem 


reichtum und ruhm beständig sei — wer weils es? 


so lebt mir wol, die ihr ein langes leben 
mir treu wart; nimmer sehen wir uns wieder. 


MEGARA,. 
Mein vater, 
wie wird mir? seh ich da nicht meinen trauten ? 


AMPHITRYON. 
Ich weils nicht, tochter: staunen mufs auch ich. 


MEGARA, 
Er ist es, den wir in dem Hades glaubten, 
wenn wir kein traumbild sehn am hellen tag — 
pfui der kleingläubigkeit: das ist kein traum, 
das ist er selbst, das, vater, ist dein sohn. 
auf, kinder, hängt euch an des vaters kleider, 


201 


202 


ἔτ᾽ ἐγκονεῖτε, μὴ μεϑῆτ᾽, ἐπεὶ Διὸς 
Σωτῆρος ὑμῖν οὐδέν ἐσϑ᾽ δδ᾽ ὕστερος. 


ἩΡΑΚΛΗ͂Σ. 
ὦ χαῖρε, μέλαϑρον πρόπυλά 9° ἑστίας ἐμῆς, 
ὡς ἅσμενός σ᾽ ἐσεῖδον ἐς φάος μολών. 
ἔα" τί χρῆμα, τέκν᾽ ὁρῶ πρὸ δωμάτων 52 
στολμοῖσι νεχρῶν χρᾶτας ἐξεστεμμένα, 
ὄχλῳ τ᾽ ἐν ἀνδρῶν τὴν ἐμὴν ξυνάορον, 
πατέρα TE δαχρύοντα᾽ συμφορὰς τένας; 
φέρ᾽ ἐκπύϑωμαι τῶνδε πλησίον σταϑείς, 
τί καινὸν ζἡμῖνδ ἦλϑε δώμασιν χρέος; 530 
AM. ὦ φίλτατ᾽ ἀνδρῶν, ὦ φάος μολὼν πατρί, 
ἥχεις, ἐσώϑης εἰς ἀχμὴν ἐλθὼν φίλοις; 
ΗΡ. τί φής; τίν᾽ ἐς ταραγμὸν ἥκομεν, πάτερ; 
ME. διολλύμεσθα᾽ σὺ δὲ, γέρον, σύγγνωθσθί μοι, 
εἰ πρόσϑεν ἥρπασ᾽ ἃ σὲ λέγειν πρὸς τόνδ᾽ ἐχρῆν᾽ 58 
τὸ ϑῆλυ γάρ πως μᾶλλον οἰχτρὸν ἀρσένων, 
καὶ τἄμ᾽ ἔϑνῃσχε τέκν᾽, ἀπωλλύμην δ᾽ ἐγώ. 
HP. "Ἄπολλον, οἵοις φροιμίοις ἄρχῃ λόγου. 
ME. τεϑνᾶσ᾽ ἀδελφοὶ καὶ πατὴρ οὑμὸς γέρων. 
-- πῶς φής; τί δράσας ἢ δορὸς ποίου τυχών; 540 
— Avxos σφ᾽ ὃ καινὸς γῆς ἄναξ διώλεσεν. 
- ὅπλοις ἀπαντῶν ἢ νοσησάσης χϑονός; 


528 γρ. συμφορᾶς τινος ἢ συμφορὰς T....Cin margine laeso 530 γύναι 
τί καινὸν ἦλθε: γύναι del Elmaley, ἡμῖν suppl Wil (719ε τοῖσδε d. Elmsley) 
531 Aug. Elmsley Dobree: Mey. 541 κλεινός: corr Elmsley Dobree 


208 


herbei, beeilt euch, lafst nicht los: er bringt 
euch sichrer hilfe denn der Retter Zeus. 


HERAKLES 
in fürstlicher tracht, ohne löwenhaut, aber bewaffnet mit köcher und bogen, die 
keule in der hand. er kommt von der seite, die der entgegengesetzt ist, von der 
Lykos und der chor kamen, und spricht während des gehens. 

Ich grüßs’ euch, dach und pforte meines hauses. 

wie froh bin ich, dem licht zurück gegeben 

euch wieder zu erblicken. ha, was ist das? 

die kinder vor dem hause? leichenschmuck 

auf ihrem haupt? in einer schar von männern 

mein ehgemal? mein vater dort in tränen ? 

was hat er dafs er weint? ich geh’ drauf zu 

und frage, welche not mein haus betraf. 


AMPHITRYON. 
Mein liebstes auf der welt, mein sohn, dem vater 
ein rettend licht erschienen, bist du da, 
gerettet, noch zur rechten zeit für uns. 


HERAKLES,. 
Wie, vater? trefl” ich euch in not? was ist das? 


MEGARA, 
Zum tode gieng’s. verzeih, wenn ich vorweg 
dir vor dem mund die antwort nehme, vater; 
ich bin ein weib, mich übermannt die rührung, 
und meine kinder sollten mit mir sterben. 


HERAKLES, 
Bewahr’ uns gott vor dem, das so beginnt. 


MEGARA, 
Tot ist mein vater, tot sind meine brüder. 


HERAKLES,. 
Was sagst du? wie das? welchem schwert erlegen ? 


MEGARA. 
Lykos, des landes neuer fürst, erschlug sie. 


HERAKLES, 
In offner feldschlacht oder durch verrat? 


204 


στάσει" τὸ Κάδμου δ᾽ ἑπτάπυλον ἔχει κράτος. 

τί δῆτα πρὸς σὲ καὶ γέροντ᾽ ἦλθεν φόβος; 

χτείγειν ἔμελλε πατέρα χἀμὲ χαὶ τέχνα. δ45 
τί φής; τί ταρβῶν ὀρφάνευμ᾽ ἐμῶν τέχνων; 

un ποτε Κρέοντος ϑάγατον ἐχτεισαέατο. 

χόσμος δὲ παίδων τίς ὅδε νερτέροις πρέπων; 

ϑανάτου rad’ ἤδη περιβόλαι᾽ ἀνήμμεϑα. 

χαὶ πρὸς βίαν ἐθνῃσκετ; ὦ τλήμων ἐγώ. 550 
φίλων (γ᾽) ἔρημοι" σὲ δὲ ϑανόντ᾽ ἠχούομεν. 

πόϑεν δ᾽ ἐς ὑμᾶς vb’ ἐσῆλϑ᾽ ἀϑυμία; 

Εὐρυσϑέως κήρυκες ἤγγελλον τάδε. 

τί δ᾽ ἐξελείπετ᾽ οἶχον ἑστίαν τ᾽ ἐμήν; 

βίᾳ, πατὴρ μὲν ἐχπεσὼν στρωτοῦ λέχους, 555 
κοὐχ ἔσχεν αἰδῶ τὸν γέροντ᾽ ἀτιμάσαι; 

αἰδῶ γ᾽" ἀποικχεῖ τῆσδε τῆς ϑεοῦ πρόσω. 

οὕτω δ᾽ ἀπόντες ἐσπανίζομεν φίλων; 

φίλοι γάρ εἰσιν ἀνδρὶ δυστυχεῖ τίνες; 


548 δ᾽ Dobree: γ᾽ δ48 πρέπων apogr: πέπλων 551 suppl Hermann 
557 αἰδώς: em Nauck 


208 


MEGARA. 
Ein aufstand bracht’ ihn auf den thron der stadt. 


HERAKLES, 
Und wie bedrohte dich das und den vater? 


MEGARA, 
Der vater, ich, die kinder sollten sterben. 
HERAKLES. 
Wie? diese waisen schienen Lykos furchtbar? 


MEGARA. 
Sie möchten einst den fall des Kreon rächen. 


HERAKLES, 
Und welch ein aufzug? leichen schmückt man so. 


MEGARA. 
So waren wir schon für das grab gerüstet. 


HERAKLES,. 
Weh mir! die hand des todes lag auf euch! 


MEGARA,. 

Dich hiefs man tot, so stand uns niemand bei. 
HERAKLES, 

Woher denn diese kunde der verzweiflung ? 
MEGARA. 

Herolde des Eurystheus brachten sie. 


HERAKLES, 
Doch was vermocht’ euch aus dem schlofs zu weichen ? 
MEGARA. 
Gewalt; sie trieb von seinem bett den vater. 
HERAKLES, 
Gewalt an einem greis? schämt’ er sich nicht? 
MEGARA. 
Lykos und scham! die göttin kennt er nicht. 
HERAKLES, 
Und wirklich, weil ich fern war, half euch niemand ὃ 


MEGARA. 
Wo fände je der mensch im unglück freunde! 


206 


— μάχας δὲ Μινυῶν ἃς ἔτλην ἀπέπετυσαν; δ00 
— ἄφιλον, ἵν᾽ αὖϑίς σοι λέγω, τὸ δυστυχές. 

HP. οὐ ῥίψεϑ᾽ Audov τάσδε περιβολὰς κόμης 
χαὶ φῶς ἀναβλέψεσϑε τοῦ κάτω σχότου 
φίλας ἀμοιβὰς ὄμμασιν δεδορκχότες ; 
ἐγὼ δέ (νῦν γὰρ τῆς ἐμῆς ἔργον χερός) 565 
πρῶτον μὲν εἶμι καὶ χατασχάψω δόμους 
χαιγνῶν τυράννων, κρᾶτα δ᾽ ἀνόσιον τεμὼν 
δέψω κυνῶν Elunua' Καδμείων δ᾽ ὅσους 
χαχοὺς ἐφηῦρον εὖ παϑόντας ἐξ ἐμοῦ, 
τῷ καλλινίχῳ τῷδ᾽ ὅπλῳ χειρώσομαι᾽ δ10 
τοὺς δὲ πτερωτοῖς διαφορῶν τοξεύμασι 
νεχρῶν ἅπαντ᾽ ᾿Ισμηνὸν ἐμπλήσω φόνου, 
“ίρχης ve νᾶμα λευκὸν αἱἰμαχϑήσεται. 
τῷ γὰρ μ᾽ ἀμύνειν μᾶλλον ἢ δάμαρτι χρὴ 
χαὶ παισὶ καὶ τεχόντε; χαιρόντων πόνοι" 675 
μάτην γὰρ αὐτοὺς τῶνδε μᾶλλον ἤνυσα. 
καὶ δεῖ u’ ὑπὲρ τῶνδ᾽, εἴπερ οἵδ᾽ ὑπὲρ πατρός, 
ϑνήσχειν ἀμύνοντ᾽" ἢ τί φήσομεν καλὸν 
ὕδρᾳ μὲν ἐλθεῖν ἐς μάχην λέοντί τε 
Εὐρυσϑέως πομπαῖσι, τῶν δ᾽ ἐμῶν τέχνων 580 
οὐχ ἐχπονήσω ϑάνατον; οὐχ ἄρ᾽ Ἡρακλῆς 
ὁ χαλλένικος ὡς πάροιϑε λέξομαι. 

ΧΟ. δίκαιά τοῦσϑ᾽ ἐχόντα σ᾽ ὠφελεῖν τέχνα 
πατέρα TE πρέσβυν τήν TE κοινωνὸν γάμων. 

AN. πρὸς σοῦ μέν, ὦ παῖ, τοῖς φίλοις {τ᾽) εἶναι φίλον 585 
τά τ᾽ ἐχϑρὰ μισεῖν" ἀλλὰ μὴ ᾿πείγου λίαν. 

ΗΡ. τί δ᾽ ἐστὶ τῶνδε ϑᾶσσον ἢ χρεών, πάτερ; 


563 σχότους 575 τεκόντι Wakefield: «ροντε 583 Χο add Tyrwhitt. 
τοὺς τεκόντας ὠφελεῖν (etiam Stob. 79, 22): distinx Wil 585 suppl Radermacher 


201 


HERAKLES, 
Sind ihnen meine Minyersiege nichts? 


MEGARA, 
Noch einmal sag’ ich: freundlos ist das unglück. 


HERAKLES, 
Fort mit dem leichenschmuck aus eurem haar, 
schlagt aus des todes finsternis erstanden 
die augen auf zum lieben sonnenlicht. 
und ich, denn hier hat dieser arm zu handeln, 
ich gehe, werfe dieses eingedrungnen 
gewaltherrn thron zu boden, schlag’ sein haupt 
vom rumpfe, werf’s den hunden hin zum fralse, 
und die Thebaner, die mir meine taten 
mit undank lohnen, schmettert diese keule 
zu boden, die genossin meiner siege, 
durchbohren diese fittichschnellen. pfeile, 
mit blut’gen leichen dämm’ ich den Ismenos, 
und purpurn färbt sich Dirkes klarer born. 
wem sollt’ ich denn bereiter sein zu helfen 
als kindern, gattin, vater? fahrt dahin, 
ihr siege, heute gilt es mehr als euch. 
und wenn sie sich für mich geopfert haben, 
so muls auch ich für sie dem tod mich bieten. 
wär’ es ein ruhm, dafs auf Eurystheus’ wort 
mit löwen und mit drachen ich gestritten, 
wenn heut ich meiner eignen kinder tod 
zu wehren zagen wollte: nein, dann wär’ es 
vorbei mit Herakles dem nie besiegten. 


CHORFÜHRER. 
Ein würdig werk freiwilligen entschlusses, 
den greisen vater, weib und kinder retten. 


AMPHITRYON. 
Der freunde schutz, der feinde trutz, du bist’s 
und sollst es sein. doch übereile nichts. 


HERAKLES, 
Was ist in meinem plane vorschnell, vater? 


208 


AM. 


HP. 


AM. 


HP. 


[πολλοὺς τεένητας, ὀλβίους δὲ τῷ λόγῳ 
δοχοῦντας εἶναι συμμάχους ἄναξ ἔχει, 

ol στάσιν ἔϑηχαν καὶ διώλεσαν πόλιν 

ἐφ᾽ ἁρπαγαῖσι τῶν πέλας, τὰ δ᾽ ἐν δόμοις 
δαπάναισι φροῦδα, διαφυγόνϑ᾽ ὑπ᾽ ἀργίας.] 
ὥφϑης ἐσελθὼν πόλιν᾽ ἐπεὶ δ᾽ ὥφϑης, ὅρα 
ἐχϑροὺς ἀϑροίσας μὴ παρὰ γνώμην πέσῃς. 
μέλει μὲν οὐδὲν εἴ με πᾶσ᾽ εἶδεν πόλις" 
ὄρνιν δ᾽ ἰδών τιν᾽ οὐχ ἐν αἰσίοις ἕδραις 
ἔγνων πόνον τιν᾽ ἐς δόμους πεπτωχότα᾽ 
ὥστ᾽ ἐκ προνοίας κρύφιος εἰσῆλθον χϑόνα. 
καλῶς" ἐσελθὼν νῦν πρόσειπέ 8᾽ ἑστίαν 
καὶ δὸς πατρῴοις δώμασιν σὸν ὄμμ᾽ ἰδεῖν. 
ἥξει γὰρ αὐτὸς σὴν δάμαρτα xal τέχνα 
ἕλξων φονεύσων, κἄμ᾽ ἐπισφάξων dvas' 
μένοντι δ᾽ αὐτοῦ πάντα σοι γενήσεται 

τῇ τ᾿ ἀσφαλείᾳ χερδανεῖς" πόλιν δὲ σὴν 

μὴ πρὶν ταράξῃς πρὶν τόδ᾽ εὖ ϑέσϑαι, τέχνον. 
δράσω τάδ᾽" εὖ γὰρ εἶπας" εἶμ᾽ ἔσω δόμων. 
χρόνῳ δ᾽ ἀνελϑὼν ἐξ ἀνηλίων μυχῶν 

Aıdov Κόρης (τ᾽) ἔνερϑεν οὐχ ἀτιμάσω 
ϑεοὺς προσειπεῖν πρῶτα τοὺς κατὰ στέγας. 
ἦλθες γὰρ ὄντως δώματ᾽ εἰς Audov, τέχνον; 
καὶ ϑῆρά γ᾽ ἐς φῶς τὸν τρίχρανον ἤγαγον. 
μάχῃ κρατήσας ἢ ϑεᾶς δωρήμασιν; 

μάχῃ" τὰ μυστῶν δ᾽ ὄργι᾽ εὐτύχησ᾽ ἰδών. 

N xal κατ᾽ οἴχους ἐστὶν Εὐρυσθέως ὁ ϑήρ; 


610 


588—92 del Wil 593 ἐπελϑών: em Kirchhoff 599 προσελθών: em 


wil 604 δὲ 1, Dindorf: re 608 suppl Reiske 611 τρεκάρανον' 


614 Εὐρυσϑέος 


209 


AMPHITRYON. 
Dein einzug ist bemerkt; da du bemerkt bist, 
so sieh dich vor, dafs nicht dein anschlag scheitre, 
wenn du dem feinde zeit zum sammeln lälst. 


HERAKLES, 
Mich möchte meinethalb die ganze stadt 
‚ gesehen haben; aber unterwegs 
war mir ein übler vogelflug begegnet, 
der mir verriet, dafs euch ein unglück zustiels. 
und deshalb bin ich heimlich eingezogen. 


AMPHITRYON. 

Gut denn. so komm, begrüsse deinen herd 

und gönne deines angesichtes anblick 

dem vaterhause. Lykos kommt schon selbst, 

zum tode Megara und deine knaben 

hinweg zu schleppen und auch mich zu schlachten. 

hier aber ihn erwarten hat den vorteil 

der sicherheit voraus und hindert nichts; 

nur setze nicht die ganze stadt in aufruhr, 

eh dieses dir gelungen, lieber sohn. 
HERAKLES, . 

Ich wills, du rätst mir gut. so tret’ ich ein. 

spät kehr’ ich aus dem reich der finsternis, 

den klüften Plutons und Persephones, 

nach haus zurück. ich darf den ersten gruls 

den göttern meines herdes nicht versagen. 


AMPHITRYON. 
So warst du wirklich in der unterwelt? 


HERAKLES,. 
Sogar den Kerberos bracht’ ich empor. 


AMPHITRYON. 
Zwangst du ihn, oder schenkt’ ihn dir die göttin? 
HERAKLES, 
Ich zwang ihn; sieghaft durch Eleusis weihen. 
AMPHITRYON. | 


Und ist das ungeheur schon in Mykene? 
τ, Wilamowitz 1. 14 


210 


-- Χϑονίας νιν ἄλσος Ἑρμιών τ᾽ ἔχει πόλιες. 615 
— οὐδ᾽ oldev Εὐρυσϑεύς σε γῆς ἥκοντ᾽ ἄνω; 
- οὐκ οἶδεν" ἦλθον τἀνϑάϑ᾽ εἰδέναι πάρος. 
- χρόνον δὲ πῶς τοσοῦτον ἦσϑ᾽ ὑπὸ χϑονί; 
— Θησέα κομίζων ἐχρόνισ᾽ (ἐξ) “Ἅιδου, πάτερ. 
— καὶ ποῦ στιν; ἢ γῆς πατρίδος οἴχεται πέδον; 62 
— βέβηκ᾽ ᾿ϑήνας νέρϑεν ἅσμενος φυγών. 
ἀλλ᾽ EI ὁμαρτεῖτ᾽ ὦ τέχν᾽ ἐς δόμους πατρί" 
καλλίονές τἄρ᾽ εἴσοδοι τῶν ἐξόδων 
πάρεισιν ὑμῖν. ἀλλὰ ϑάρσος ἴσχετε 
χαὶ νάματ᾽ ὄσσων μηκέτ᾽ ἐξανίετε" 63 
σύ τ᾽ ὦ γύναε μοι σύλλογον ψυχῆς λαβέ 
τρόμου τε παῦσαι᾽ καὶ μέϑεσϑ᾽ ἐμῶν πέπλων" 
οὐ γὰρ πτερωτὸς οὐδὲ φευξείω φέλους. 
ἄ 


οἵδ᾽ οὐκ ἀφιᾶσ᾽ ἀλλ᾽ ἀνάπτονται πέπλων 

τοσῷδε μάλλον" ὧδ᾽ ἔβητ᾽ ἐπὶ ξυροῦ; 680 
ἄξω λαβών γε τούσδ᾽ ἐφολκχίδας χεροῖν, 

ναῦς δ᾽ ὡς ἐφέλξω" καὶ γὰρ οὐκ ἀναίνομαι 
ϑεράπευμα τέχνων. πάντα τἀνϑρώπων ἴσα" 

γιλοῦσι παῖδας ol τ᾽ ἀμείνονες βροτῶν 

οἵ τ᾽ οὐδὲν ὄντες χρήμασιν δὲ διάφοροι, 635 
ἔχουσιν, ol δ᾽ οὔ πᾶν δὲ φιλότεχνον γένος. > 


ΧΟΡΟΣ. 
ἁ νεότας μοι φίλον᾽ ἄχϑος δὲ τὸ γῆρας αἰεὶ 
βαρύτερον Αἴτνας σκοπέλων 
ἐπὶ χρατὶ κεῖται, βλεφάρων σχοτειγὸν 6 
φάος ἐπικαλύψαν. 


617 ἐλθὼν τ. εἰδεέην: em Wil. Δ 619 euppl Canter (ἐν c) 625 δξα- 
Ψψύετϑο: oorr Heath 627 φευξι 629 ἀφιᾶσιν 637 δὲ τὸ Musgrave: τὸ δὲ 
640 κεῖσαε: em apogr. 642 φάροορ: em Canter 


211 


HERAKLES. ᾿ 
Nein, in Hermione, in Koras hain. 


AMPHITRYON, 
So weils Eurystheus deine heimkehr nicht? 
HERAKLES, 
Noch nicht. ich kam erst her, nach euch zu sehen. 
AMPHITRYON. 
Wie aber bliebst im Hades du so lange? 
HERAKLES, 
Theseus hab’ ich erlöst; das hielt mich auf. 
AMPHITRYON. 
Wo ist er? nach der heimat wol zurück ? 
HERAKLES, 


Ja, nach Athen hat er sich aufgemacht, 
froh aus der unterwelt entfiohn zu sein. 

doch auf, ihr kinder, kommt mit eurem vater 
ins haus zurück, und froher ist der eingang 
als euer ausgang war. so habt doch mut, 
hört auf mit weinen; fass’ dich, liebes weib, 
du brauchst nicht mehr zu zittern. lafst doch los, 
was klammert ihr euch an? hab’ ich denn flügel 
euch plötzlich zu verlassen? glaubt ihr denn, 
vor euch, vor meinem liebsten, wollt’ ich fliehn ? 

oh 
sie lassen’s nicht, sie hängen sich nur fester 
mir an die kleider. war der tod so nah? 
nun wol, so heb’ ich euch mit meinen armen 
und ziehe sacht euch, wie ein lastschiff, vorwärts, 
menschlich gefühl ist überall dasselbe, 
und fürst und sclave hängt an seinen kindern: 
das geld alleine scheidet hoch und niedrig, 
in unsrer kinder liebe sind wir gleich. 

alle ab in den palast. 


CHOR. 
Jugend, dich lieb’ ich, Alter, du drückest 
schwerer als Aetnas felsen mein haupt, 


hast meiner augen licht mir umschleiert. 
14* 


212 


μή μοι μήτ᾽ ᾿Α“σιήτιδος 
τυραννίδος ὄλβος εἴη, 
μὴ χρυσοῦ δώματα πλήρη 645 
τᾶς ἦἥβας ἀντιλαβεῖν, 
ἃ xalllora μὲν ἐν ὄλβῳ, 
καλλίστα δ᾽ ἐν πενίᾳ. 
τὸ δὲ λυγρὸν φϑονερόν τε Γῆ- 
ρας μισῶ" κατὰ χυμάτων 650 
δ᾽ ἔρροι μηδὲ ποτ᾽ ὥφελεν 
ϑνατῶν δώματα καὶ πόλεις 
ἐλϑεῖν, ἀλλὰ xar αὐϑέρ᾽ αἰεὶ πτεροῖσι φορείσϑω. “-ῷ GH 


εἰ δὲ ϑεοῖς ἦν ξύνεσις καὶ σοφία κατ᾽ ἄνδρας, 
δίδυμον ἂν ἦἥβαν ἔφερον 
φανερὸν χαραχτῆρ᾽ ἀρετᾶς ὅσοισιν 
μέτα, καὶ ϑανόντες 660 
eig αὐγὰς πάλιν ἁλίου 
δισσοὺς ἂν ἔβαν διαύλους, 
d δυσγένεια δ᾽ ἁπλοῦν ἂν 
εἶχεν ζοᾶς (στάδιον), ᾿ 
καὶ τῷδ᾽ (ἦν) τούς τε καχοὺς Av 665 
γνῶναι xal τοὺς ἀγαϑούς, 
ἴσον ἅτ᾽ ἐν νεφέλαισιν ἄ- 
στρων ναὕταις ἀριϑμὸς πέλει. 
γῦν δ᾽ οὐδεὶς ὅρος ἐκ ϑεῶν 
χρηστοῖς οὐδὲ χκαχοῖς σαφής, 610 
ἀλλ᾽ εἰλισσόμενός τις αἰὼν πλοῦτον μόνον αἴξει. 


οὐ παύσομαι τὰς Χάριτας 
Μούσαις συγκαταμειγνύς, ἁδίσταν συζυγίαν. 675 
μὴ ζῴην μετ᾽ ἀμουσίας, 
αἰεὶ δ᾽ ἐν στεφάνοισιν εἴην. 
ἔτι τοι γέρων ἀοιδὸς κελαδεῖ ναμοσύναν᾽ 
ἔτι τὰν Ἡρακλέους 680 
καλλίνικον ἀείδω. 
παρά τε Βρόμιον οἰζνογδόταν 
παρά τὲ χέλυος ἑπτατόνου 
648 γ᾽ Ο' 649 φϑονερόν Wil: φόνεον 659 ἀρετῆς 660 μέτα καὶ ϑνατοὶ 
ἐς αὐγὰς: em Reiske 661 ἀελέου 664 ξωᾶς στάδιον Reiske: βιοτάν 


665 suppl Porson 674 Μούσαις Dio Chrys. 32, 100 alü: ταῖς Μούσαις 675 ἡδέσταν 
676 μὴ Stobaeus 81, δ: ἢ 681 de/on: em Elmsley 682 οὐδόταν OP: em cp 





weder des Persers üppigen thron, 
weder ein haus voll gold bis zum giebel 
möcht’ ich tauschen, Jugend, um dich. 
süß bist du dem könig, 
süßs bist du dem bettler: 
aber das leidige neidische Alter 
hafs’ ich von herzen. 
o dals es die winde jagten 
fern hinaus in öde meere; 
wär’ es nie hinabgestiegen 
in die wohnungen der menschen; 
möge doch am himmel droben 
ewiglich sein fittich kreisen.’ 
Wär’ in dem himmel vernünftiges einsehn 
und bei den menschen gesunder verstand: 
doppeltes leben lebte der gute, 
stiege vom tode wieder zum lichte, 
wieder zum leben; doch die gemeinheit 
wäre mit einfachem leben dahin. 
dann könnte man scheiden 
die guten und schlechten, 
wie an dem wolkigen himmel der schiffer 
zählet die sterne. 
doch so gaben uns die götter 
für die edlen, für die bösen 
kein bestimmt erkennungszeichen, 
sondern alles steigt und sinket, 
wie das zeitenrad sich drehet; 
nur das geld bleibt immer oben. 


Allzeit will ich zu holdem vereine 
Chariten laden und Musen: 
ohne die kunst kein leben, 
immer kränze mein haupt der epheu. 
grau ist der sänger: doch tönet sein lied, 
tönt der Erinnrung der mutter der Musen, 
tönet den siegen des Herakles. 

bei dem wein, des gottes gabe, 

bei dem klang der vollen laute, 


213 


214 


uoinav καὶ “ίβυν αὐλὸν οὔπω χαταπαύσομεν 085 
Μούσας, al μ᾽ ἐχόρευσαν. — 


παιᾶνα μὲν Ankıddes 
ὑμνοῦσ᾽ ἀμφὶ πύλας τὸν “Δατοῦς εὔπαιδα γόνον 
εἰλίσσουσαι καλλίχοροι" 690 
παιᾶγαζς) δ᾽ ἐπὶ σοῖς μελάϑροις 
κύχγος ὡς γέρων ἀοιδὸς πολιᾶν ἐχ γενύων 
κελαδήσω" τὸ γὰρ εὖ 
τοῖς ὕμνοισιν ὑπάρχει. 005 
Διὸς 6 παῖς" τᾶς δ᾽ εὐγενίας 

πλέον ὑπερβάλλων (ἀρετᾷ) 

μοχϑήσας ἀκύμον᾽ ἔϑηκεν βίοτον βροτοῖς, 

πέρσας δείματα ϑηρῶν. ΞΞΞ 2 700 


AYKOZ. 
ἐς καιρὸν οἴχων, ᾿Αμφιτρύων, ἔξω περᾷς" 
χρόνος γὰρ ἤδη δαρὸς ἐξ ὅτου πέπλοις 
χοσμεῖσϑε σῶμα καὶ νεχρῶν ἀγάλμασιν. 
ἀλλ᾽ εἶα, παῖδας καὶ δάμαρϑ᾽ Ἡρακλέους 
ἔξω κέλευε τῶνδε φαίνεσθαι δόμων, Ἰοὸ 
ἐφ᾽ οἷς ὑπέστητ᾽ αὐτεπάγγελτοι ϑανεῖν. 


AMPITPTYON. 
ἄναξ, διώκεις u’ ἀϑλίως πεπραγότα 
ὕβριν 3° ὑβρίζεις ἐπὶ ϑανοῦσι τοῖς ἐμοῖς" 
ἃ χρῆν σὲ μετρίως, nel χρατεῖς, σπουδὴν ἔχειν. 
ἐπεὶ δ᾽ ἀνάγχην προστιϑεῖς ἡμῖν ϑανεῖν, 710 
στέργειν ἀνάγκη, δραστέον δ᾽ ἃ σοὶ δοκεῖ. 
— ποῦ δῆτα Meyapa; ποῦ τέκν᾽ ᾿Αλχμήνης γόνου; 
— δοχῶ μὲν αὐτήν, ὡς ϑύραϑεν εἰχάσαι, 
— τί χρῆμα; δόξης τίνος ἔχεις τεχιήριον; 


690 καλλέχορον : em Hermann 691 παιᾶνα: supplc 696 suppl Nauck (ἀρε- 
ταῖς Tyrwhitt) 698 τὸν ἄκυμον ἔϑηκεν: em Wil 701 περᾷ: em Heath 
106 ὑπέστητέ »᾽: em ed. Brubach 714 τίνος Boissonade: τῆσδ᾽ 





21ὅ 


bei dem schall der fremden flöte 
stellt sich noch immer 
ein meine meisterin Muse. 
Paean schallet dem sohne der Leto, 
wenn sich in festlichem reigen 
Delische jungfrauen schwingen: 
schall’ auch dem Herakles hier ein paean. 
grau ist der sänger, doch tönet sein lied 
(grau ist die kehle des singenden schwanes), 
gilt doch dem rechte mein: festgesang. 
Zeus erzeugt ihn: seine taten 
hoben ihn zu höhrem adel, 
denn der welt bracht’ er den frieden, 
bracht er gesittung, 
scheuchte die schrecken der wildnis. 


LYKOS 
mit gefolge kommt von der seite, Amphitryon aus dem palaste. 
Zeit ist es, dafs du aus dem hause kommst, 
Amphitryon; zu lang hat es gewährt, 
dals ihr euch mit gewanden und mit binden 
zum tode schmücket. auf denn, rufe du 
den kindern und der frau des Herakles, 
hier zu erscheinen: habt ihr euch doch selbst 
erboten, willig euch dem tod zu stellen. 


AMPHITRYON. 
Fürst, du verfolgst mich, weil in not ich bin, 
vergreifest dich an mir, weil mein beschützer 
gestorben ist; du solltest deine plane 
mit schonung trotz der übermacht betreiben. 
allein du zwingst uns: sterben müssen wir, 
so müssen wir geduldig auch gehorchen. 


LYKOS. 
Nun, wo ist Megara, wo sind die kinder? 
AMPHITRYON, 
Sie wird, wenn ich von hier vermuten darf — 


LYKOS. 
Was ist mit ihnen? was vermutest du? 


216 


— ἱκέτιν πρὸς ἁγνοῖς ἑστίας ϑάσσειν βάϑροις 115 
— ἀνόνητά γ᾽, ἱκετεύουσαν ἐχσῶσαι βίον. 
— καὶ τὸν ϑανόντα γ᾽ dvaxaleiv μάτην πόσιν. 
— ὃ δ᾽ οὐ πάρεστιν οὐδὲ μὴ μόλῃ ποτέ. 
— οὔχ, εἴ γε μή τις ϑεῶν ἀναστήσειέ νιν. 
— χώρει πρὸς αὐτὴν κἀχκόμιζε δωμάτων, 720 
— μέτοχος ἂν εἴην τοῦ φόνου δράσας τόδε. 
-- ἡμεῖς, ἐπειδὴ σοὶ τόδ᾽ ἔστ᾽ ἐνθύμιον, 
οἱ δειμάτων ἔξωϑεν ἐχπορεύσομεν 
σὺν μητρὶ παῖδας. δεῦρ᾽ ἕπεσϑε, πρόσπολοε, 
ὡς ἂν σχολὴν λεύσσωμεν ἄσμενοι πόνων. 125 
— σὺ δ᾽ οὖν ἴϑ᾽, ἔρχῃ δ᾽ ol χρεών᾽ τὰ δ᾽ ἄλλ᾽ ἴσως 
ἄλλῳ μελήσει. προσδύκα δὲ ὁρῶν καχῶς 
χκαχόν τι πράξειν. ὦ γέροντες, ἐς καλὸν 
στείχει, βρόχοισει δ᾽ ἀρκύων γενήσεται 
ξιφηφόροισι, τοὺς πέλας δοχῶν χτενεῖν, 180 
ὅ παγχάκιστος. εἶμι δ᾽, ὡς ἴδω νεκρὸν 
πέπτοντ᾽ " ἔχει γὰρ ἡδονὰς ϑνήσχων ἀνὴρ 
ἐχϑρὸς τίνων τε τῶν δεδραμένων δίχην. Ξ 


ΧΟΡΟΣ. 
μεταβολὰ κακῶν" 
μέγας ὅ πρόσϑ᾽ ἄναξ 135 
πάλιν ὑποστρέφει 
βίοτον ἐξ Ἅιδα. 
ἰώ 
δίκα καὶ ϑεῶν παλίρρους πότμος. “-- 


ἦλθες χρόνῳ μὲν οὗ δίχην δώσεις ϑανών, 140 
ὕβρεις ὑβρίζων εἰς ἀμείνονας σέϑεν. “ὦ 


715 βόϑροιο: em Stephanus 717 ἀνακαλεῖ: em Hermann 720 κἀκνόμεξε 
Elimsley: xad κόμεζε 725 λύσωμεν: em Canter 736 ds ἀέδαν: em Wil 
740 praefixum 4ug. sustulit Hermann 





217 


AMPHITRYON. 
Schutzflehend an dem heil’gen herde sitzen. 


LYKOSß,. 
Vergebens, wenn sie um ihr leben fleht. 


AMPHITRYON. 
Und eitlen ruf zum toten gatten senden. 


LYKOß. 
Ja, der ist fort und nimmer kehrt er wieder. 


AMPHITRYON. 
Es sei denn, dafs ein gott ihn auferwecke. 


LYKOS, 
Geh zu ihr, führe sie zum haus heraus. 


AMPHITRYON. 
Mitschuldig würd’ ich mich des mordes machen. 


LYKOS. 

Uns kümmern die bedenklichkeiten nicht, 

so wollen wir die mutter und die kinder 
herholen: kommt mit mir hinein, trabanten, 
dafs froh wir schauen unsrer sorgen ende. ab - 


AMPHITRYON. 

- Ja, geh nur hin, du gehst den rechten weg. 
du tatest übel, übles nun zu leiden 

mach’ dich gefafst. — er geht, gewonnen ists. 
das netz von eisen hält ihn, treue greise; 

den missetäter, welcher andern tod 

zu bringen dachte, falst das schwert. ich gehe, 
ich will ihn fallen sehn. des feindes strafe, 
des feindes sterben ist ein sülser anblick. ab 


CHOR. 
Das leid ist aus: gewaltig stieg 
der alte herr empor zum licht. 
nun flutet neu des lebens strom: 
heil euch, gerechte götter. 
CHORFÜHRER. 
Wenn spät auch, bist du doch am ziel: dein leben 
bülst ee, dafs wider besare du gefrevelt, 


218 


χαρμοναὶ δαχρύων ἔδοσαν ἐκβολάς" 
ἱ πάλιν ἔμολεν ἃ πάρος οὔποτε διὰ φρενὸς ἤ- τῷ 
T πισε παϑεῖν γᾶς ἄναξ, — 


ἀλλ᾽ ὦ γεραιοί, καὶ τὰ δωμάτων ἔσω 
σχοπῶμεν, εἰ πράσσει τις ὡς ἐγὼ ϑέλω. “ὦ < 


ATKO2. 
io uol μοι. -πὖ 


τόδε χκατάρχεται 

μέλος ἐμοὶ κλύειν 750 
φίλεον ἐν δόμοις" 

ϑάνατος οὐ πόρσω. 

βοᾷ 

φόνου φροίμιον στενάζων ἄναξ. — 


ΛΥΚΟΣ. 
ὦ πᾶσα Kaduov γαῖ᾽, ἀπόλλυμαι δόλῳ. “«--- 


καὶ γὰρ διώλλυς᾽ ἀντίποινα δ᾽ ἐχτίνων 755 
τόλμα, διδούς γε τῶν δεδραμένων δίκην. — 


τίς ϑεοὺς ἀνομίᾳ χραίνων, ϑνητὸς ὦν, 
T ἄφρονα λόγον οὐρανέων μαχάρων 
χατέβαλ᾽ ὡς ἄρ᾽ οὐ σϑένουσιν ϑεοί; — 


γέροντες, οὐχέτ᾽ ἔστι δυσσεβὴς ἀνήρ. 160 
σιγᾷ μέλαϑρα" πρὸς χοροὺς τραπώμεϑα. ““ << 
[φίλοι γὰρ εὐτυχοῦσιν οὖς ἐγὼ ϑέλω.] 
χοροὶ χοροὶ καὶ ϑαλίαι 
μέλουσι Θήβας ἱερὸν κατ᾽ ἄστυ. 
μεταλλαγαὶ γὰρ δαχρύων, 165 
μεταλλαγαὶ συντυχίας {νέας ἔτεκον doudas. 
βέβακ᾽ ἄναξ ὅ καινός, ὁ δὲ παλαίτερος 
χρατεῖ, λιμένα λιπών γε τὸν Ayepdvrıov' 10 
δοχημάτων ἐχτὸς ἦλθεν ἐλπίς. “-- 


ϑεοὶ ϑεοὶ τῶν ἀδίκων 
μέλουσι καὶ τῶν ὁσίων ἐπᾷειν. 


743 Χο praefixum 747 zepass: em Kirchhoff 752 πρόσω 755 derd- 
ztowa: em Canter 757 τίς ὅ 9: em Wil 762 del Nauck 766 suppl Wil 
768 βέβακεν κλεινός: em Pierson 773 μιδλλουσεῖ em Canter 





CHOR. 
Die freudentränen halt ich nicht. 
was nie zu hoffen ich gewagt, 
ich seh’ ihn wieder, meinen ächten könig. 


CHORFÜHRER. 
Denkt auch an das, was drinnen sich begiebt. 
erreicht ihn wol was wir ihm gönnen, freunde? 


LYKOS von innen. 
Weh mir. 


CHOR. 
Horch. aus dem schlofs ertönt ein lied, 
ich hör’ es gern, nah ist der tod. 
auf stöhnt der fürst, der dumpfe schrei 
ist seines falles vorspiel. 


LYKOS von innen. 
Kadmeisch volk, ich falle durch verrat. 


CHORFÜHRER, 
Verräter selbst. dich trifft was du getan, 
nun dulde deiner missetaten strafe. 


CHOR. 
Wer war es, der, ein schwacher mensch, 
sich unterfieng mit narrenwort 
des himmels sel’ge herrn zu zeihn der ohnmacht? 


CHORFÜHRER. 
Gefährten, überwunden ist der frevler, 
es schweigt das haus: beginnt den lobgesang. 


CHOR. 
Reigen, reigen und festesschmaus 
waltet im heiligen Theben. 
schatten des glückes verschwanden, 
tränen verschwanden, es kehrten jubel und lieder. 
fort ist der neue herr, zurück der alte, 
des todes hafen hat ihn nicht gehalten: 
was wir gehofft ist wahn nicht mehr, ist wahrheit. 
Götter, göttliches regiment 
waltet der guten und bösen. 


219 


220 


ὅ χρυσὸς ἅ τ᾽ εὐτυχία 
φρενῶν βροτοὺς ἐξάγεται δύνασιν ἄδιχον ἐφέλκων. 15 
Χρόνου γὰρ οὔτις ῥόπαλον εἰσορᾶν ἔτλα 
νόμον παρέμενος, ἀνομίᾳ χάριν δεδούς" 
ἔϑραυσεν ὄλβου κελαινὸν ἅρμα. τῶ 750 
Ἰσμήν᾽ ὦ στεφαναφόρει, 
ξεσταί ϑ᾽ ἑπταπύλου πόλεως 
ἀναχορεύσατ᾽ ἀγυιαί, 
Jioxa 3° ἃ καλλιρρέεϑρος, 
σύν τ᾽ Aowrsiades χόραι 185 
ϑᾶτε λιποῦσαι 
“πατρὸς ὕδωρ συναοιδοί, 
Νύμφαι, τὸν Ἡρακλέους 
καλλένεικον ἀγῶνα. [ὦ] 
Πυϑίου δενδρῶτι πέτρα 190 
“Μουσῶν ϑ᾽ ᾿Ἑλικχωνιάδων 
δώματα, 
ἀχεῖτ᾽ εὐγαϑεῖ κελάδῳ 
Ἵ ἐμὰν πόλιν ἐμά τε τείχη, 
Ἴ Σπαρτῶν ἵνα γένος ἐφάνη 
χαλχασπίδων λόχος, ὃς γᾶν 05 
τέχνων τέχνοις μεταμείβει, 
Θήβαις ἱερὸν φῶς. ““- 


ὦ λέχτρων δύο συγγενεῖς 

εὐναί, ϑνατογενοῦς τε χαὶ 

“Ζιός, ὃς ἦλθεν ἐς εὐνὰς 800 
γύμφας τᾶς Περσηΐίδος" ὡς 

πεστόν μοι τὸ παλαιὸν ἤ- 

δη λέχος, ὦ Ζεῦ, 
τὸ σὸν [οὐχ] ἐπ ἐλπίδι φάνϑη. 
λαμπρὰν δ᾽ ἔδειξ᾽ ὅ χρόνος 805 
τὰν Ἡρακλέος ἀλκάν" 


775 φρονεῖν: em L. Dindorf 777 οὔτις ὅτλα τὸ πάλιν (ῥόπαλον Wil) eio.: 
traiec. Hermann 781 ᾿Ισκηνῶ στεφανοφορέα: em Tyrwhitt 782 dnränvlos: 
em Stephanus 784 καλλερόεϑρος 785 Aamnides: em Hermann 786 πατρὸς 
ὕδωρ βᾶτε λ.: traiec. Wil 789 del Wil 792 ἀχεῖτ᾽ Fix: ἡξετ 798 πόλι: 
em C 794 ἔφανε: em Hermann 801 ὡς Musgrave: καὶ 804 del Wil 

805 ἔδεεξεν 


221 


gold und glanz des erfolges 

führen zu höhen den menschen und machen ihn schwindeln. 
doch ihre keule schwingt die Zeit: da schaudert 
wer pflichtvergessen mit der sünde buhlte; 
zerscheitert stürzt der wagen blut’gen ruhnıes. 


Schmück’ dich, Ismenos, mit kränzen, 
auf zum reigen, ihr gassen 
siebentoriger T'hebe. 

komm aus der tiefe, 

Dirke, sprudelnde quelle, 

kommt, ihr Asopostöchter. 

stimmt in die festlichen lieder 

ein, ihr Nymphen, zu singen 

kampf und sieg des Herakles. 
waldige kuppe von Pytho, 

träger der Musenhaine, 

Helikon, 

hallet vom festlichen lobe 

unsrer mauern, unsrer stadt, 

wo der erdgebornen Sparten 
erzgeschirmte saat entsprungen, Thebens 
angestammte fürsten, Thebens ehre. 


Wunder, den helden zu zeugen 
nahten sich einem bette 

gott und sterblichgeborner, 
und es umfieng sie 

Perseus enkelin beide, 

längst bekannte mein glaube 
deinen göttlichen vater: 

jetzt bestätigt die zeit dir 

deine gröfse, Herakles. 


222 





ὃς γᾶς ἐξέβα ϑαλάμων, 
Πλούτωνος δῶμα λιπών 
γέρτερον. 

χρείσσων μοι τύραννος ἔφυς 
ἡ ἢ δυσγένει᾽ ἀνάχτων᾽ 

Ὑ ἃ νῦν ἐσορᾶν φαίνει 
ξειφηφόρων ἐς ἀγώνων 
ἅμιλλαν, εἰ τὸ δίκαιον 
ϑεοῖς ἔτ᾽ ἀρέσχει. ἘΞΞ > 


ἔα ἔα" 

ἄρ᾽ ἐς τὸν αὐτὸν πίτυλον ἥχομεν φόβου, 
γέροντες, οἷον φάσμ᾽ ὑπὲρ δόμων ὁρῶ; — 
φυγῇ φυγῇ 

νωϑὲς πέδαιρε κῶλον, ἐχποδὼν ἔλα. “--- 
ὦναξ Παιάν, 

ἀπότροπος γένοιό μοι πημάτων. —— > 


ΙΡΙΣ. 
ϑαρσεῖτε Νυχτὸς τήνδ᾽ δρῶντες ἔχγονον 
“ύσσαν, γέροντες, χἀμὲ τὴν ϑεῶν λάτριν, 


Ἶριν" πόλει γὰρ οὐδὲν ἥχομεν βλάβος, 


ἑνὸς δ᾽ ἐπ᾽ ἀνδρὸς δώματα στρατεύομεν, 
ὅν φασιν εἶναι Ζηνὸς ᾿Αλχμήνης τ᾽ ἄπο. 
πρὶν μὲν γὰρ ἄϑλους ἐχτελευτῆσαι πιχρούς, 
τὸ χρή νιν ἐξέσῳζεν, οὐδ᾽ εἴα πατήρ 
Ζεύς νιν κακῶς δρᾶν οὔτ᾽ ἔμ᾽ οὔϑ᾽ “ 
ἐπεὶ δὲ μόχϑους διεπέρασ᾽ Εὐρυσϑέως, 


Ἥρα προσάψαι κοινὸν αἷμ᾽ αὐτῷ ϑέλει 


scaldag καταχτείναντι, συνϑέλω δ᾽ ἐγώ. 
ἀλλ᾽ EU’, ἄτεγκτον συλλαβοῦσα καρδίαν, 

Νυκτὸς χελαινῆς ἀνυμέναιε παρϑένε, 

μανέας τ᾽ Er’ ἀνδρὶ τῷδε καὶ παιδοχτόνους 

φρενῶν ταραγμοὺς xal ποδῶν σχιρτήματα 

ἔλαυνε χίγνει, φόνιον ἐξίει κάλων, 





810 


815 


Ηραν ποτέ" 


810 ἡδὺς γένει: distinx Canter 812 ξιφηφόρον C! 825 σώματα: 


Scaliger 


828 τὸ χρῆν margo Οἱ 831 καινόν: em Weakefield 


λαβοῦσα: em apogr. 


833 σὴν 


denn aus den klüften der erde 

kehrtest du wieder, die hölle 

hielt dich nicht. 

bist mir ein besserer herrscher 

als des Lykos niedrigkeit. 

in des schwerterkampfs entscheidung 

ist er eingetreten, hat erfahren, 

dafs die götter noch das recht beschützen. 
In der luft erscheinen Iris und Lyssa. 


CHORFÜHRER, 
Ha, 
erfalst des unheils strudel uns von neuem? 
dort überm haus schaut die erscheinung, greise, 


EIN GREIS, 
Flieht, 
flieht eilig, ist der fuls auch träg, entweicht. 


EIN ANDERER. 
Phoibos, 
hilf, heiland, wende mir das unheil ab. 


IRIS. 

Falst mut, ihr greise. freilich, Lyssa ists, 
der Nacht ist sie entsprossen die ihr seht, 
und ich bin Iris, heroldin der götter; 
doch kommen wir der stadt zu keinem schaden, 
wir suchen eines mannes haus nur heim, 
des, der des Zeus und der Alkmene sohn 
sich nennen lälst. solang die schweren kämpfe 
er noch nicht überstanden, war das schicksal 
sein schirm, und lies es vater Zeus nicht zu, 
dafs Hera oder ich ein leid ihm täten, 
doch jetzt, wo er, was ihm Eurystheus auftrug, 
vollbracht, will Hera blutschuld auf ihn laden 
durch seiner kinder mord ; so will auch ich. 

Auf, jungfräuliche tochter finstrer Nacht, 
zusammen nimm dein unerweichlich herz 
und hetze wahnsinn wider jenen mann, 
treib’ seinen fuls zu tollem tanz, sein hirn 
zu kindesmörderischer raserei, 


223 


224 


ὡς ἄν πορεύσας δι᾽ ᾿Αχερούσιον πόρον 

τὸν καλλίπαιδα στέφανον αὐθϑέντῃ φόνῳ 

γνῷ μὲν τὸν Ἥρας οἷός ἐστ᾽ αὐτῷ χόλος, 840 
μάϑῃ δὲ τὸν ἐμόν" ἢ ϑεοὶ μὲν οὐδαμοῦ, 

τὰ ϑνητὰ δ᾽ ἔσται μεγάλα, μὴ δόντος δίχην. 


ΛΥΣΣ.Ό. 
ἐξ εὐγενοῦς μὲν πατρὸς ἔχ τε μητέρος 
πέφυκα, Νυχτὸς Οὐρανοῦ τ᾽ ἀφ᾽ αἵματος" 
τιμὰς δ᾽ ἔχω τάσδ᾽, οὐκ ἀγασϑῆναι (Heoic), 845 
οὐδ᾽ ἥδομαι φοιτῶσ᾽ ἐπ᾽ ἀνθρώπων φίλους. 
παραινέσαι δέ, πρὶν σφαλεῖσαν εἰσιδεῖν, 
Ἥρᾳ ϑέλω σοί τ᾽, ἢν πίϑησϑ᾽ ἐμοῖς λόγοις. 
ἀνὴρ δδ᾽ οὐχ ἄσημος οὔτ᾽ ἐπὶ χϑονί 
οὔτ᾽ ἐν ϑεοῖσιν οὗ (σύ) μ᾽ ἐσπέμπεις δόμους, 850 
ἄβατον δὲ χώραν καὶ ϑάλασσαν ἀγρίαν 
ἐξημερώσας ϑεῶν ἀνέστησεν μόνος 
τιμὰς πιτνούσας ἀνοσίων ἀνδρῶν ὕπο" 
σοί τ᾽ οὐ παραινῶ μεγάλα βούλεσϑαι καχά. 
— μὴ σὺ νουϑέτει τά ϑ᾽ Ἥρας κἀμὰ μηχανήματα. 855 
— ἐς τὸ λῷον ἐμβιβάζω σ᾽ ἴχνος ἀντὶ τοῦ κακοῦ. 
— οὐχὶ σωφρονεῖν γ᾽ ἔπεμψε δεῦρό σ᾽ ἡ Διὸς δάμαρ. 
-- Ἥλιον μαρτυρόμεσϑα δρῶσ᾽ ἃ δρᾶν οὐ βούλομαι. 
εἰ δὲ δή μ᾽ Ἥρᾳ 3° ὑπουργεῖν σοί τ᾽ ἀναγχαίως ἔχει 
τάχος ἐπιρροίβδην ϑ᾽ ὅμαρτεῖν ὡς κυνηγέτῃ κύνας, 5680 
εἶμέ γ᾽" οὔτε πόντος οὕτω κύμασι στένων λάβροις 
οὔτε γῆς σεισμὸς κεραυνοῦ τ᾽ οἶστρος ὠδῖνας πνέων, 


845 δ᾽ ed. Hervag.: τ᾽ ϑεοῖς Hartung: φέλοες 850 σύ Hartung: ;e 

853 hietum sign. Wil 855 xdud Reiske Heath: xaxd 856-8 signa 
personarum huc revocat Musgrave. in oodice praefixa 857-9 856 Ädoror: em 
Nauck ἐμβιβάξουσ᾽ : em Musgrave 860 κυνηγέτεε: em apogr. 861 λάβρως: 
enı Wil 


225 


laß alle zügel seiner mordlust schielsen, 

es stosse seiner söhne blühn’de schar 

mit eignen händen in des todes rachen 
hinunter: dann erkennt er Heras half, 

und auch wie ich ihn hasse lernt er dann. 
aus wär’ es mit den göttern, wenn ein mensch 
für ihre strafen unerreichbar bliebe. 


LYBSA. 
ein geflügeltes weib, schlangen in den haaren, in der hand eine geissel. 
Erlaucht ist meine mutter, ist mein vater, 
vom Himmel stamm’ ıch ab und von der Nacht; 
doch widerwärtig ist mein amt den göttern, 
und selber treib’ ichs ohne freudigkeit, 
wenn ich ein liebes haus betreten muls. 
so will ich, Iris, dich und Hera warnen, 
eh ich euch straucheln sehn mul, ob ihr nicht 
vielleicht auf meine worte hören mögt. 
der mann, in dessen wohnung ihr mich sendet, 
ist nicht gering auf erden noch im himmel: 
unwegsam land und unwirtliches meer 
hat er gefriedigt, hat der götter dienst, 
der unter frechen frevlerhänden wankte, 
auf erden aufgerichtet, er allein. 
darum lalst ab, ich rat’ es Zeus gemalin, 
ich rat’ es dir: ihr wollt ein arges unrecht. 


IRIS, 
Richte du nicht meine plane, Heras plane richte nicht. 


LYSSA. 
Nur zu lenken deine schritte such’ ich auf die rechte bahn. 


IRIS, 
Nicht zur tugend hat berufen dich die himmelskönigin. 


LYSSA. 
Zeug’ es mir die sonne droben, nicht mein will’ ists was ich tu’. 
aber mufs ich denn der Hera, muls ich dir zu willen sein, 
muls ich springen, hetzen, kläffen, folgsam wie des jägers hund, 
vorwärts denn. die see, wenn wütend woge wider woge tost, 
stöhnet also nie, die erde zuckt erbebend also nie, 
v. Wilamowitz 1. 15 


226 


οἷ᾽ ἐγὼ στάδια δραμοῦμαι στέρνον εἰς Ἡρακλέους" 

zal χαταρρήξω μέλαϑρα xal δόμους ἐπεμβαλῶ, 

τέχν᾽ ἀποχτείνασα πρῶτον᾽ ὃ δὲ κανὼν οὐκ εἴσεται 5 

παῖδας οὗς ἔτιχτεν ἐναρών, πρὶν ἂν ἐμὰς λύσσας ἀφῇ. 
ἢν ἰδοὺ χαὶ δὴ τινάσσει χρᾶτα βαλβίδων ἄπο 

xal διασερόφους ἑλίσσει σῖγα γοργωποὺς χόρας, 

ἀμπνοὰς δ᾽ οὐ σωφρονίζει, ταῦρος ὡς ἐς ἐμβολήν, 

δεινὰ μυχᾶται δὲ Κῆρας ἀναχαλῶν τὰς Ταρτάρου. 810 

τάχα σ᾽ ἐγὼ μᾶλλον χορεύσω χαὶ χαταυλήσω φόβῳ. 
στεῖχ᾽ ἐς Οὔλυμπον πεδαίρουσ᾽. Ἶρι, γενναῖον πόδα" 

ἐς δόμους δ᾽ ἡμεῖς ἄφαντοι δυσόμεσϑ᾽ Ἡρακλέους. 


ΧΟΡΟΣ. 
ὀτοτοτοτοτοῖ͵, στέναξον᾽ ἀποχείρδται 815 
σὸν ἄνϑος πόλεος, ὅ Διὸς ἔχγονος. 
μέλεος Ἑλλάς, ἃ τὸν εὐεργέταν 
ἀποβαλεῖς, ὀλεῖς μανίαισιν “ύσσας 
χορευϑέντ᾽ ἐναύλοις. — > 


€ 


βέβακεν ἐν δίφροισιν ἁ πολύστονος, 880 
ἅρμασι δ᾽ ἐνδίδωσι κέντρον 
ὡς ἐπὶ λώβᾳ Νυχτὸς Γοργὼν 

ἑχατογχεφάλοισζιν) ὀφέων ἰα- 

χήμασι ““ύσσα μαρμαρωπός. = > 


ταχὺ τὸν εὐτυχῆ μετέβαλεν δαίμων, 885 
ταχὺ δὲ πρὸς πατρὸς τέκν᾽ ἐχπνεύσεται. m > 
ἈΜΦΙΤΡΥΩΝ. 


ἰώ μοι μέλεος. --- ἰὼ Ζεῦ, τὸ σὸν γένος ἄγονον αὐτίχα 


868 σταδιαδραμοῦμαε et o supra a αἰΐετο, 868 ἔτικτεν αἱρῶν, yo. ἔτεκτ᾽ 
ἐναέρων C marg. oorr Wil 867 ἦν 870 dewds: em Conter 875 ἀπόκειρέ 
re: em Canter 876 πόλεος et «s supraser. U 883 δὁκατὸν κεφαλαῖς: em Relake; 
-osow Wil 886 ἐπνεύσατε: em Elmsley 887 Aug. add Wil; C aut C? in 
spat. vac. paragraphos habet ante 890 893 900 901 904 906 910 912 (ἀλ.) 914 916; 
ante 917 χορ. 919 4Eayy. 921 dyy.: 90920 olim emendata; reliqua dist. Wil 
888 τὸ σὸν ἐὼ Ζεῦ Ο sed litteris suprapositis correxit 


227 


nie der himmel, wenn in wilden blitzesschwangern wehn er kreisst, 
wie jetzt meine stölse rütteln an der brust des Herakles; 
und das haus, ich reifs’ es nieder, und den hof, ich werf’ ihn drauf; 
doch zuerst mord’ ich die kinder, und der mörder ahnt es nicht, 
dafs er tötet die er zeugte, bis ich löse meinen bann. 

Ha, sieh da. die bahn betritt er, schüttelt grimmig schon das haupt, 
stehet lautlos, rollt die trotz’gen augensterne starr und stumm, 
hoch und unstet geht der atem — stier, nun brich zum stolse vor. 
furchtbar brüllt er auf, er ruft die Keren aus der höll’ empor. 
wart‘, ich lehr’ dich besser tanzen, schauder pfeife dir den takt. 

Iris, schwinge nur zum himmel den erlauchten götterfuls: 
Lyssa schlüpfet ungesehen in das haus des Herakles. 

beide verschwinden. 


CHOR. 
Weh, weh, weh, weh, 
abgemähet wird die blüte 
meiner stadt, der sohn des Zeus. 
armes Hellas, du verlierest 
deinen hort: in Lyssas wüten 
tanzt er nach dem schrillen takt. 
der tränen fürstin fährt daher, 
zu wagen fährt sie, 
die geissel schwingt sie, 
als wär's zum hohn, 
der Nacht gorgonenhaftes kind. 
mit tausend zungen 
die nattern zischen 
um Lyssas aschenfahles haupt. 
es stürzt geschwinde 
das glück der daemon: 
geschwinde hauchen 
von vaters händen 
die kinder ihre seelen aus. 

AMPHITRYON von innen. 

Weh, weh, ich armer. 

CHOR. 
Weh Zeus, bald wird dein sohn 


sohnlos am boden liegen. 
15* 


228 


λυσσάδες ὠμοβρῶτες ἄδιχοι Ποιναὶ 
χαχοῖσιν ἐχπετάσουσιν . er SE π- > 890 


— io στέγαι 


— xXardopyerar χόρευμα τυμπάνων ἄτερ 
οὐ βρομίῳ κεχαρισμένα ϑύρσῳ. “ὦ > 


— io δόμοι 


— πρὸς aluar’ οὐχὶ τᾶς Ζιονυσιάδος 
βοτρύων ἐπὶ χεύμασι λώβας. — > 805 


— φυγῇ, τέκν᾽, ἐξορμᾶτε. — δάιον τόδε, 
ϑάιον μέλος ἐπαυλεῖται" 
xvvayerei τέχνων διωγ- 
μόν" οὕπεοτ᾽ ἄχραντα δόμοισι “ύσσα βαχχεύσει. “ὦ > 


— αἰαῖ καχῶ». 


— αἰαῖ δῆτα, τὸν γεραιὸν ὡς στένω 900 
Γ΄ πατέρα τάν τε παιδοτρόφον (ᾧ) μάταν 


τέχεα γεννᾶται. 


808 τὰ τέκνων; em Hermann 


— ἐδοὺ ἐδού, %5 
ϑύελλα σείει δῶμα, συμπίπτει στέγη. 
889 Adooa δέ σ᾽ Budßporos: em Wakefield ἀποινόδικοε δώιαι: em Wil 


902 suppl Muagrave 


229 


es bringen ihn arge daemonen, 
blutlüsterne höllische geister 
mit gräßslichen freveln zu fall. 


AMPHITRYON von innen. 
Weh, mein haus. 
CHOR. 
Jetzt geht es zum reigen; 
aber es bleibet die pauke dem feste fern, 
ferne der schwärmende thyrsos. 


AMPHITRYON von innen. 
Weh mein dach. 


CHOR. 
Jetzt geht es zum opfer; 
aber nicht böckchen und hinde zerreisst die lust 
wilddionysischen taumels. 


AMPHITRYON von innen. 
Flieht, kinder, flieht. 


CHOR. 
Ha, welch ein ruf des grauns. 
ein graunvoll lied ergellt, 
den kindern gilt die jagd, 
und Lyssas wilde wut 
verfehlt des zieles nimmer. 


AMPHITRYON von innen. 
Weh, weh, jammer. 


CHOR. 
Weh weh, wie klag’ ich 
den greisen vater, 
die arme mutter, 
die ihre kinder 
umsonst gebar. 


AMPHITRYON. 
Sieh, sieh, 
am hause rüttelt sturm, die säulen stürzen. 


280 


— 5%, τί δρᾶς, ὦ Διὸς παῖ, μελάϑροῳφ; 
τάραγμα ταρτάρειον ὡς 
ἐπ᾿ Ἐγκελάδῳ ποτέ, Παλλάς, ἐς δόμους πέμπεις. —— > 


ΑΓΓΕΛΟΣ. 
ὦ λευκὰ γήρᾳ σώματ᾽ ΧΟ. ἀνακαλεῖς μὲ τίνα 910 
βοάν; — ἄλαστα τἀν δόμοισι. — μάντιν οὐχ 
ἕτερον ἄξομαι. 
— τεϑνᾶσι παῖδες --- αἰαῖ 
— στέναζεϑ᾽, ὡς στεναχτά. --- δάιοι φόνοι, 
δάιοι δὲ τοχέων χέρες. 915 
-- οὐχ ἄν τις εἴποι μᾶλλον ἢ πεπόνϑαμεν. 
-- πῶς παισὶ στεναχτὰν ἄταν, ἄταν 
πατέρος, ἀμφαίνεις ; [λέγε] τένα τρόπον ἔσυτο ϑε- 
όϑεν ἐπὶ μέλαϑρα xaxd τάδε τλήμονας 92 
τε παέδων ψυχάς; = > 


908 ᾿Εγγεζάάδω 917 supra alterum ἄτα» ὦ Ο' αυοὰ facile referas ad versum 
superiorem, (post χέρας 915) 919 1έγε del Wil 920 ἔσυτο P: ἔσσυτο C 
921 τύχαρ: em Wil 





291 


CHOR. 
Halt, halt, 
was suchst du im schlosse, 
du himmelstochter ? 
wie einst zu dem kampfe 
du zogst der Giganten, 
so schreitest du, Pallas, 
und bis in die tiefsten 
grundvesten erschüttert 
der boden erbebt. 


BOTE 
kommt aus den hause. 


Ihr altersgrauen häupter .. . 


CHOR. 
Was will, was will dein ruf von mir? 


BOTE. 
Da drin ist alles grausen ... 


CHOR. 
Zu deuten braucht’s nicht fremder mund. 


BOTE. 
Tot sind die kinder... . 


CHOR. 
Wehe, 


BOTE. 
Ja weint. ’s ist weinenswert. 


CHOR. 
Grausamer mord, 
Grausame vaterhand. 


BOTE. 
Wie grausam, weh, sie war, wer kann es schildern ? 


CHOR. 
Wie willst du das grälsliche melden, 
der kinder, des vaters verhängnis? 
wie brach, von den göttern gesendet, 
das haus und das leben der kinder 
zerstörend, das unheil herein ἢ 





292 


— ἱερὰ μὲν ἦν πάροιϑεν ἐσχάρας Ζιός 
χαϑάρσι᾽ οἴχων, γῆς ἄνακτ᾽ ἐπεὶ χτανών 
ἐξέβαλε τῶνδε δωμάτων Ἡρακλέης" 
χορὸς δὲ καλλίμορφος εἱστήχει τέκνων 925 
πατὴρ τε εγάρα τ᾿" ἐν κύχλῳ δ᾽ ἤδη κανοῦν 
εἵλικτο βωμοῦ, φϑέγμα δ᾽ ὅσιον εἴχομεν. 
μέλλων δὲ δαλὸν χειρὶ δεξιᾷ φέρειν 
ἐς χέρνιβ᾽ ὡς βάψειεν ᾿Αλχμήνης τόκος 
ἔστη σιωπῇ καὶ χρονίζοντος πατρός 980 
παῖδες προσέσχον ὄμμ᾽" ὃ δ᾽ οὐχέϑ᾽ αὑτὸς ἦν, 
ἀλλ᾽ ἐν στροφαῖσιν ὀμμάτων ἐφϑαρμένος, 
dllas τ᾽ ἐν ὄσσοις αἱματῶπας ἐχβαλών 
ἀφρὸν κατέσταζ᾽ εὔτριχος γενδιάδος. 
ἔλεξε δ᾽ ἅμα γέλωτι παραπεπληγμένῳ 985 
»πάτερ, τί ϑύω πρὶν χταγεῖν Εὐρυσϑέα 
χαϑάρσιον πῦρ καὶ πόνους διπλοῦς ἔχω, 
ἐξὸν μιᾶς μοι χειρὸς εὖ ϑέσϑαι τάδε; 
ὅταν δ᾽ ἐνέγκω δεῦρο χρᾶτ᾽ Εὐρυσϑέως, 
ἐπὶ τοῖσι νῦν ϑανοῦσιεν ἁγνεῶ χέρας. 940 
ἐχχεῖτε πηγάς, ῥίπτετ᾽ ἐκ χειρῶν κανά. 
τίς μοι δίδωσι τόξα, τίς (δ᾽ ὅπλον χερός; 
πρὸς τὰς ϊυκήνας εἶμι" λάξυσϑαι χρεών 
μοχλοὺς δικέλλας ϑ᾽, ὡς τὰ Κυκλώπων βάϑρα 
gyolvını χανόνι χαὶ τύχοις ἡρμοσμένα 945 
OTEENTO σιδήρῳ συντριαινώσω πάλιν.“ 
&x τοῦδε βαίνων ἅρματ᾽, οὐχ ἔχων, ἔχειν 
ἔφασχε δίφρου τ᾽ εἰσέβαενεν ἄντυγα 
χἄάϑεινε, κέντρῳ δῆϑεν ὡς ϑείνων, χερί. 
διπλοῦς δ᾽ ὁπαδοῖς ἦν γέλως φόβος 3° ὁμοῦ. 960 
χαί τις τόδ᾽ εἶπεν, ἄλλος εἰς ἄλλον δρακών 
»"παΐέζει πρὸς ἡμᾶς δεσπότης ἢ μαίνεται ;“ 
ὃ δ᾽ εἶρπ᾽ ἄνω τε χαὶ χάτω κατὰ στέγας, 
μέσον δ᾽ ἐς ἀνδρῶν᾽ ἐσπεσὼν Νίσου πόλιν 





924 ἐξέβαλε om C'P!add C?P! 925 τέκνων Canter: πέπλων 9380 πάροι: 
em Musurus 931 οὐκέτ᾽ αὐτὸὸ 933 aluaranovs 934 edreiyov 938 ϑυμῶ: 
em Stephanus 941 ῥιπτεῖτ᾽ 942 suppl Barnes 944 ὡς τὰ Wakefield: 
ὥστε 945 τύχαις: em Brodaeus 946 συντρεαενώσεεν: em Stephanus 
στόλεν": em Scaliger 949 ϑένων 958 εἶρπεν 


298 


BOTE, 
An dem altar des Zeus stand Herakles, 
zur sühnung seines hauses von dem blute 
des Lykos, den er aus dem haus getilgt, 
ein reinigendes opfer zu vollziehn ; 
in holdem kranz umgaben ihn die söhne, 
Amphitryon und Megara. wir hielten 
rings um den aliar schon empor die körbe 
in andachtvollem schweigen, Herakles 
erhob den feuerbrand schon mit der rechten, 
in das geweihte wasser ihn zu tauchen — 
da hielt er inne; schwieg; der greis, die kinder 
blickten verwundert auf sein zögern hin, 
doch er war wie verwandelt. unstet rollten 
die sterne seiner augen, während blutig 
im weißsen sich ein rot geäder zeigte; 
schaum troff ihm von dem vollen bart herab, 
und also hub er an in wirrem lachen: 
“was zünd’ ich vater, jetzt die reine flamme, 
dieweil Eurystheus lebt? ’s ist doppelt arbeit, 
wo ich die hand nur einmal rühren könnte. 
erst hol’ ich des Eurystheus haupt dazu, 
dann will ich mich von diesem blut entsühnen. 
die spenden ausgegossen, fort die körbe, 
wer gibt mir pfeil und bogen? wo die keule? 
wider Mykene zieh’ ich. hebebäume, 
brechstangen schafft herbei mir. wolgefügt 
steht der Kyklopenbau mit lot und richtscheit: 
ich reil®’ ihn doch mit eisenhaken nieder. 
nach diesen worten fieng er an zu gehn, 
und sagte dals er führe, tat als stieg’ er 
zu wagen, machte mit der hand geberden 
als schwäng’ er eine geissel. lächerlich 
kam es uns dienern vor und doch entsetzlich. 
und einer sah den andern fragend an 
“ist das ein scherz des herrn? ist er von sinnen?’ 
er aber wandelt’ auf und ab im hause, 
und als er mitten auf dem flure stand, 
war er nach seinem wort in Megara, 


234 


ἥχειν ἔφασχε, δωμάτων (7) ἔσω βεβώς 955 
χλιϑεὶς ἐς οὗδας ὡς ἔχει σχευάζξεται 

ϑοίνην. διελθὼν δ᾽ ἐν μονῇ βραχὺν χρόνον 

᾿σϑμοῦ ναπαίας ἔλεγε προσβαίνειν πλάχας" 

χἀνταῦϑα γυμνὸν σῶμα ϑεὶς πορπαμάτων 

πρὸς οὐδέν᾽ ἡμιλλᾶτο κἀκχηρύσσετο 980 
ὑπ᾽ αὐτὸς αὑτοῦ καλλίνικος οὐδενὸς 

ἀχοὴν προσειπών. δεινὰ δ᾽ Εὐρυσϑεῖ βρέμων 

ἦν ἐν ϊυχήναις τῷ λόγῳ. πατὴρ δέ γεν 

ϑιγὼν χραταιᾶς χειρὸς ἐννέπει τάδε 

»ὦ παῖ, τέ πάσχεις; τίς ὅ τρόπος ξενώσεως 965 
τῆσδ᾽; οὔ τί που φόνος σ᾽ ἐβάκχευσεν νεχρῶν, 

οὗς ἄρτι καίνεις““ ὃ δέ νιν Εὐρυσϑέως δοχῶν 

πατέρα προταρβοῦνϑ᾽ ἱκέσιον ψαύειν χερός 

ὠϑεῖ, φαρέτραν δ᾽ εὐτρεπῆ σκευάζεται 

καὶ τόξ᾽ ἑαυτοῦ παισί, τοὺς Εὐρυσϑέως 970 
δοχῶν φονεύειν. οὗ δὲ ταρβοῦντες φόβῳ 

ὥρουον ἄλλος ἄλλοσ᾽, ἐς πέπλους ὃ μὲν 

μητρὸς ταλαίνης, ὃ δ᾽ ὑπὸ κίονος σχιάν, 

ἄλλος δὲ βωμὸν ὄρνις ὃς ἔπτηξ᾽ ὕπο. 

βοᾷ δὲ μήτηρ (,ὦ τεκών, vi δρᾷς, τέκνα 975 
xrelveis;“ βοᾷ δὲ πρέσβυς οἰχετῶν τ᾽ ὄχλος. 

ὃ δ᾽ ἐξελίσσων παῖδα κίονος κυκλῶς») 

τόρνευμα δεινὸν ποδός, ἐναντίον σταϑεὶς 

βάλλει πρὸς ἥπαρ᾽ ὕπτιος δὲ Aalvovs 

ὀρϑοστάτας ἔδευσεν ἐχπνέων βίον. 980 
ὃ δ᾽ ἠλάλαξε κἀπεχόμπασεν τάδε 

„eis μὲν νεοσσὸς ὅδε ϑανὼν Εὐρυσϑέως 

ἔχϑραν πατρῴαν ἐχετίνων πέπτωχέ or.“ 

ἄλλῳ δ᾽ ἐπεῖχε τόξ᾽, ὃς ἀμφὶ βωμίαν 

ἔπτηξε xonnid ὡς λεληϑέναι δοχῶν. 985 
φϑάνει δ᾽ ὅ τλήμων γόνασι προσπεσὼν πατρός 


9855 suppl Wil 956 δ᾽ ἐς: em Wil ἐκεῖ: em Dobree 957 eis βραχὺν» 
χρόνον uovis: em Wil 960 κἀξεκηρύσσετο: em Beiske 961 αὐτὸς πρὸς 
αὑτοῦ: em Wil 962 ὑπειπών: em Wil 977 suppl Wil 978 τόρι.ευμα C, 
τόρευμα P: Οἱ restituerunt Dobree Matthiae 980 dedoorddas 981 ἠλάλαξε ΟἹ 


235 


trat in das zimmer, warf sich, wie er war, 

* zu boden um das frühmal einzunehmen. 
nachdem er also kurze rast gehalten 

erklärt’ er durch des Isthmos schluchten hin 
zu wandern. hier warf er die kleider ab 

und rang und focht mit niemand, hiefs als herold 
niemanden schweigend horchen, wie zum sieger 
er selbst sich selber ausrief. endlich wollte 

er in Mykene sein mit fürchterlichen 
drohworten an Eurystheus. da ergreift 

der vater ihn bei der gewalt’gen hand 

“mein sohn, was ist dir? diese wanderschaft, 
was soll sie? hat des frischvergossnen blutes 
dunst deinen sinn umnachtet?’ aber er 

stölst ihn zur seite, wähnend seine hand 
berühr’ Eurystheus’ vater gnade flehend, 

und des Eurystheus söhne zu erschiessen 
spannt er den bogen, legt den pfeil darauf 
wider die eignen kinder. zitternd stürzen 
entsetzt sie auseinander; in den schofs 

der armen mutter flüchtet sich der eine, 

in einer säule schatten springt der andre, 

der dritte duckt wie ein gescheuchter vogel 
sich hinterm altar; und die mutter schreit 
“halt, willst du, vater, deine kinder morden ?’ 
so schreit der greis und all die dienerschaar. 
doch er, mit schauerlicher hurligkeit, 

läuft vor der säul’ im halbkreis hin und her, 
bis er dem knaben gegenüber steht, 

und trifft ihn in das herz. rücküber stürzt 
der knabe, purpurn färbt die marmorfliesen 
sein blut. und während er sein leben aushaucht, 
erhebt der vater gellen siegesschrei 

“das wär’ der erste von Eurystheus’ söhnen, 
der mit dem tod des vaters hals mir büfst’ 
und auf den zweiten richtet er den bogen, 

der hinter des altares stufen sicher 

sich wähnte. doch nun springt er rasch empor 
und stürzt dem vater, eh er schiessen kann 


286 


καὶ πρὸς γένειον χεῖρα καὶ δέρην βαλών 

ὦ φίλτατ᾽“ αὐδᾷ „un μ᾽ ἀποκτείνῃς, πάτερ" 

σός εἰμι, σὸς παῖς, οὐ τὸν Εὐρυσϑέως ὀλεῖς.““ 

ὃ δ᾽ ἀγριωπὸν ὄμμα Γοργόνος στρέφων, 990 
ὡς ἐντὸς ἔστη παῖς λυγροῦ τοξεύματος, 

μυδροχτύπον μίμημ᾽ ὑπὲρ κάρα βαλὼν 

ξύλον καϑῆχε παιδὸς ἐς ξανϑὸν κάρα, 

ἔρρηξε δ᾽ ὀστᾶ. δεύτερον δὲ παῖδ᾽ ἑλών, 

χωρεῖ τρίτον ϑῦμ᾽ ὡς ἐπισφάξων δυοῖν. 995 
ἀλλὰ φϑάνει νιν ἡ τάλαιν᾽ ἔσω δόμων 

μήτηρ ὑπεχλαβοῦσα καὶ κλήεξε πύλας. 

ὃ δ᾽ ὡς ἐπ᾽ αὐτοῖς δὴ Κυκλωπίοισιν ὧν 

σχάπετδε μοχλεύει ϑύρετρα, κἀχβαλὼν σταϑμά 

δάμαρτα xal παῖδ᾽ Evi κατέστρωσεν βέλει. 1000 
χἀνϑένδε πρὸς γέροντος ἱππεύει φόνον" 

ἀλλ᾽ ἦλϑεν εἰκών, ὧς ὁρᾶν ἐφαένετο. 

Παλλὰς χραδαίνουσ᾽ ἔγχος ἐπίλογζχον χερὶ 

χἄρρεψε πέτρον στέρνον εἰς Ηραχλέους, 

ὃς νιν φόνου μαργῶντ᾽ ἐπέσχε κἀς ὕπνον 1005 
καϑῆχε᾽ πίτνει δ᾽ ἐς πέδον, πρὸς κίονα 

γῶτον πατάξας, ὃς πεσήμασι στέγης 

διχορραγὴς ἔκειτο χρηπίέδων ἔπι. 

ἡμεῖς δ᾽ ἐλευϑεροῦντες ἐκ δρασμῶν πόδα 1010 
σὺν τῷ γέροντε δεσμὰ σειραέων βρόχων 1009 
ἀνήπτομεν πρὸς χίον᾽, ὡς λήξας ὕπνου 

μηδὲν προσεργάσαιτο τοῖς δεδραμένοις. 

εὔδει δ᾽ ὅ τλήμων ὕπνον οὐχ εὐδαίμονα, 

παῖδας φονεύσας καὶ δάμαρτ᾽. ἐγὼ μὲν οὖν 

οὐχ olda ϑνητῶν ὅστις ἀϑλιώτερος. = . 1015 


ΧΟΡΟΣ. 
ὅ φόνος ἦν ὃν ᾿Αργολὶς ἔχει πέτρα 
τότε μὲν περισαμότατος καὶ ἄπιστος ᾿Ελλάδι 


— «----᾿-.-. - — 


990 Ζοργόνοστρέφων 995 δυεῖν C! 998 Κυκλωπείοισιν (ἽΡ 1008 ἐπὶ 
λόφω κέαρ: em Canter 1005 μαργῶντος ἔσχε: Nauck 1010.9 tralec.. 
Pierson Reiske 1009 σεερεύων βρόχω: em Pierson Reiske 1016 πάτρα: em 
Hartung 1018 τό τὸ μέν C! ἄριστος: em Reiske 


237 


entgegen, streckt nach hals und kinn die hand 
um gnade flehend, ruft “mein liebster vater, 

ich bin’s, ich bin dein sohn. du schielst nach mir, 
nicht nach Eurystheus’ knaben’ Herakles 
rollt höhnisch wild das auge, “hebt die keule, 
weil für den schufs zu nah der knabe stand, 
gleichwie ein schmied den hammer hoch empor, 
und nieder fährt sie auf das blonde köpfchen 
und bricht den schädel. nach dem zweiten opfer 
geht es nun an des dritten knaben mord. 

den aber hatte Megara im zimmer 

geborgen und die türe fest verschlossen. 

doch er beginnt zu brechen und zu bohren, 
als wär’ er nun vor dem Kyklopenbau, 

die tür weicht aus den angeln, und es streckt 
mutter und kind derselbe pfeil zu boden. 

und weiter jagt er zu des greises mord. 

da trat ein gott dazwischen. sichtbarlich 
erschien ein bild, ganz deutlich zu erkennen: 
Athena war's, den erzgespitzten speer 

leicht in der linken wiegend. und sie warf 
ein felsstück an die brust des Herakles. 

das hemmt’ ihn auf der frevelbahn. er brach 
in schlaf zusammen; mit dem rücken schlug 
er wider eine säule, die gestürzt 

beim fall des hauses auf den fliesen lag. 

da wagten wir uns von der flucht zurück 

und halfen dem Amphitryon den herrn 

mit stricken und mit gurten an den stumpf 
der säule fest zu binden, dals er nicht 

erwacht noch weitre frevel üben könne. 

nun schläft der ärmste, keinen sülsen schlaf. 
gemordet hat er weib und kind, sein elend 

hat in der menschenwelt nicht seines gleichen. ab 


CHOR. 
Einst erschien der Danaiden bluttat, 
die das felsenschlols von Argos schaute, 
fürchterlich, unfafsbar den Hellenen: 





238 





τῶν Δαναοῦ παίδων. τὰ δ᾽ ὑπερέβαλε, παρέ- 
ὅραμε τὰ τότε χαχὰ ..... τάλανε διογενεῖ κόρῳ. > 


uovor&xvov Πρόχνης φόνον ἔχω λέξαι 1021 
ϑυόμενον Ἰϊούσαις᾽ σὺ δὲ τέκνα τρίγον᾽, ὦ 
δάιε, τεχόμενος, λυσσάδι συγχατειργάσω μοίρᾳ. m > 


ὃ ὃ τίνα στεναγμὸν 1026 
ἢ γόον ἢ φϑιτῶν φδὰν ἢ τίν᾽ Al- 
δα χορὸν ἀχήσω; — > 
φεῦ φεῦ" 
ἴδεσϑε, διάνδιχα χλῇϑρα 
χλένεται ὑψιπύλων δόμων. 1030 
io μοι" 
ἔδεσϑε τάδε τέχνα πρὸ πατρὸς 
ἄϑλια χείμενα Övarayov 
εὔδοντος ὕπνον δεινὸν &x παίδων φόνου" 
περὶ δὲ δεσμὰ καὶ πολύβροχ᾽ ἁμμάτων 1085 
ἐρείσμαϑ᾽ Ἡράκλειον 
ἀμφὶ δέμας τάδε λαΐνοις 
ἀνημμένα [ἀμφὶ] κίοσιν οἴχων. 
ὃ δ᾽ ὥς τις ὄρνις ἄπτερον καταστένων 


ὠδῖνα τέχνων, πρέσβυς ὑστέρῳ ποδὶ 1040 
scıngav διώχων ἤλυσιν πάρεσϑ᾽ ὅδε. — > 
ΑΜΦΙΤΡΥΩΝ. 


Koduesioı γέροντες, οὐ σῖγα σῖγα τὸν ὕπνῳ παρει- 
μένον ἐάσετ᾽ ἐχλαϑέσϑαι χαχῶν. 


1020 τάδ᾽ 1028 τρέγονα τεκόμενος ὦ δαῖς: δάεε Canter, traiec. Wil 


1025 2 2 Kirchhoff: ἐς (αἐαξ Hartung) 1027 tiv’ Dobree Kirchhoff: τὸν 
1032 πρὸς: em c 1034 ἐχποδών: em Dobree 1038 del Elmsley οἐκεῖν : 


em Brodaeus 


1041 λύσειν: em Canter 


239 


aber mehr, fürchterlicher 
ist es was der sohn des Zeus begangen. 
Auch von Proknes bluttat 
an dem einz’gen sohne 
weils ich wol zu sagen; 
schallen doch noch heute 
ihre klagelieder. . 
aber dir, gottverlassner! 
dreier söhne saat war dir ersprossen: 
alle dre, rasender, erschlugst du. 
Oh, oh. 
wo find’ ich einen wehruf, 
wo einen grabgesang, 
wo einen totenreigen ? 
Die hinterwand öffnet sich; man sieht das innere des hauses, Herakles, schlafend 
an eine säulentrommel gefesselt, rings liegen die pfeile verstreut, köcher, bogen 
und keule; die leichen Megaras und der kinder. 
ha, 
es weichen die riegel, 
es springen die pforten 
des hohen palastes. 
wehe, 
da liegen die söhne 
entseelt um den vater 
in grauser gemeinschaft: 
er aber schläft den fürchterlichsten schlaf, 
vom morde seines eignen bluts ermattet, 
und gurten und fesseln und taue 
verankern den leib des helden 
gespannt an die säulen des schlosses. 
Amphitryon tritt auf. 
und hier Amphitryon. unsichren schrittes 
wankt harmvoll er heran. wie um das nest 
mit schrillem schrei ein vogel flattert, wo 
in scherben seines brütens hoffnung liegt. 


AMPHITRYON. 
Leise, leise, fürsten Thebens. 
seine glieder löst der schlummer, 
gönnt vergessen ihm des elends. 


240 


κατὰ σὲ δαχρύοις στένω, πρέσβυ, καὶ τέκεα καὶ τὸ καλ- 
λένικον χάρα. m > 1045 


ἑχαστέρω πρόβατε, μὴ κτυπεῖτε, μὴ βοᾶτε, μὴ 

τὸν εὔδι᾽ ἑἰαύονθϑ᾽ ὑπνώδεά τ᾿ εὐνᾶς ἐγείρετε. 1050 
οἴμοι φόνος ὅσος ὅδ᾽ 

-- ἃ ἃ διά μ᾽ ὀλεῖτε --- κεχυμένος ἐπαντέλλει. m > 

οὐχ ἀτρεμαῖα ϑρῆνον αἰάξετ᾽, ὦ γέροντες; 
ἢ δέσμ᾽ ἀνεγειρόμενος χαλάσας ἀπολεῖ πόλιν, 1065 
ἀπὸ δὲ πατέρα, μέλαϑρά τε καταράξει. 
ἀδύνατ᾽ ἀδύνατά μοι. 
σῖγα, πνοὰς μάϑω" 
φέρε πρὸς οὖς βάλω. 
εὔδει; — ναί, εὕδει, 1060 
ὕπνον {γ᾽ ἄγυπνον ὀλόμενον, ὃς ἔκανεν dko- 

χον ἔχανε δὲ τέχεα τοξήρει warum. 
[τοξεύσας] “-ὦ > 


1048 καλλένεικον Οἰ 1050 εὖ διαύοντα: corr, Beiske Kirchhoff 1052 δ,α- 


snokelre 


Xo add. Hermann κεχυμένον ΟἹ ἐπαντέλλοε: corr. apogr. 


1054 ἀτρεμέα αἰάξετ᾽ : em Hermann 1055. 56 μὴ (sed in rasurs ΟὮ --- 
καταράξη: em Piugk 1061 ὕπνον ὕπνον: em Dobree γ᾽ add Wil 1064 το- 
Eedoas del Madvig 


241 


CHOR. 
Meine tränen, meine seufzer 
gelten dir, mein greiser feldherr, 
deinen enkeln, deines sohnes 
siegumstrahltem heldenhaupte. 


AMPHITRYON. 
Tretet zurück, meidet geräusch, meidet geschrei, wecket ihn nicht, 
er ruhet so sanft, er schlummert so fest, 


CHOR. 
Wehe, was für blut 
AMPHITRYON, 
O schonet, 
schonet mein. 
CHOR. 


ist dort vergossen, 


AMPHITRYON. 
Greiser genols, mäss’ge den ruf, hebe gedämpft klagegesang. 
sonst fährt er empor und sprenget die bande, 
und mordet die bürger 
und mordet den vater; 
sonst schlägt er in trümmer 
die ganze stadt. 


CHOR, 
Nein, ich kann, ich kann nicht schweigen. 


AMPHITRYON. 
5.11, ich tret’ herzu, ich horche, 
horche seines atems zügen. 


CHOR. 
Schläft er noch? 


AMPHITRYON. 
Ja, er schläft, 
schläft der schuld dumpfen schlaf; 
seine pfeile schwirrten 
zischend von der sehne, 
trafen weib und kind. 
v. Wilamowitz I. 16 





242 


στέναζέ νυν — στενάζω. 1065 
τέχνων ὄλεϑρον — ἰώ μοι. 

σέϑεν τὲ παιδός. --- αἰαῖ. 

ὦ πρέσβυ --- σῖγα σῖγα" 

πταλίντροπος ἐξεγειρόμενος στρέφεται" φέρε, 
ἀπόκρυφον δέμας ὑπὸ μέλαϑρον κρύψω. 1070 
ϑάρσει" νὺξ ἔχει βλέφαρα παιδὶ σῷ. — > 


ὁρᾶϑ᾽ ὁρᾶτε. τὸ φάος ἐκλιπεῖν μὲν ἐπὶ κακοῖσιν οὐ 
φεύγω τάλας, ἀλλ᾽ εἴ με χανεῖ πατέρ᾽ ὄντα, 

πρὸς δὲ κακοῖς χαχὰ μήσεται 1016 
πρὸς Ἐρινύσι 3° αἷμα σύγγονον ἕξει 

τότε ϑανεῖν σ᾽ ἐχρῆν, ὅτε δάμαρτι σᾷ 
φόνον ὁμοσπόρων ἔμελλες πράξειν 
περίχλυστον ἄστυ Ταφίων πέρσας. — > 1080 


1065-68 Χο. or. ». Aug. or. τ. ο. Χο ἐώμοε (ἐώμκοιμοι P) o. τ. π. al. ὦ 


ze. Aug, σ. σι: corr. Hermann 1072 τὸ μὲν φάος dal. ἐπὶ: corr. Wi 1078 οὐ 
edit. Hervag.: ὦ τάλας φεύγω U! 1079 ἐπράξειν Ü! ἐκπράξειν ΟΡ: oorr. 


wil 


1080 Ταφ. περ. dor.: traiec. Wil 


248 


CHOR. 
Rlage nun 
AMPHITRYON. 
Ich klage. 
CHOR. 
Um die enkel, 
AMPHITRYON. 
Wehe. 
CHOR. 
Um den sohn auch, 
AMPHITRYON. 
Wehe. 
CHOR. 
Greis .. . 
AMPHITRYON. ͵ 


O schweiget, schweiget 
sehet im schlaf, wie er sich regt, drehet sich um, hebt sich, erwacht — 
hier im schutz des hauses will ich mich verbergen. 


CHOR, 
Fasse mut. nacht bedeckt deines sohnes lider. 


AMPHITRYON. 
Seht euch vor, seht euch vor. 
ich in meinem jammer, 
ich unsel’ger fürchte 
wahrlich nicht den tod. 
aber wenn er seinen vater erschlägt, 
wenn er von frevel zu frevel stürmt, 
wenn er mit blutschuld die blutigen hände besudelt —. 


CHOR. 
Wärest du doch da gefallen. 
als du wider Pterelaos 
auf den trümmern seiner veste 
dich zum einzelkampfe stelltest, 


deiner schwäher tod zu rächen. 
16* 


244 


— φυγὰν φυγάν, γέροντες, ἀποπρὸ δωμάτων 
διώχετε, φεύγετε μάργον 
ἄνδρ᾽ ἐπεγειρόμενον. 
(ἢ) τάχα φόνον ἕτερον ἐπὶ φόνῳ βαλὼν 
ἀναβαχχεύσει Καδμείων πόλιν. 1095 
— ὦ Ζεῦ, τί παῖδ᾽ ἤχϑηρας ὧδ᾽ ὑπερκότως 
τὸν σόν, καχῶν δὲ πέλαγος ἐς τόδ᾽ ἤγαγες; “Ὁ 2 


HPAKAHZ. 
ἔα" 
ἔμπνους μέν εἰμι καὶ δέδορχ᾽ ἅπερ ue δεῖ, 
αἰϑέρα τε καὶ γῆν τόξα ϑ᾽ Ἡλίου τάδε" 1090 
ὡς ἐν κλύδωνι Kal φρενῶν ταράγματι 
πέπτωκα δεινῷ καὶ πνοὰς ϑερμὰς πνέω 
μετάρσι᾽ οὐ βέβαια πνευμόνων ἄπο. 
ἐδού, τί δεσμοῖς ναῦς ὅπως ὡρμισμένος 
γεανίαν ϑώρακα χαὶ βραχίονα 1095 
πρὸς ἡμιϑραύστῳ λαΐνῳ τυχίσματι 
ἥμαι, νεχροῖσι γείτονας ϑάχους ἔχωζν); 
πτερωτὰ δ᾽ ἔγχη τόξα τ᾽ ἔσπαρται πέδῳ, 
ἃ πρὶν παρασπίζοντ᾽ ἐμοῖς βραχίοσιν 
ἔσῳξζε πλευρὰς ἐξ ἐμοῦ τ᾽ ἐσῴζετο. 1100 
οὔ που κατῆλϑον αὖϑις εἰς “Ἅιδου πάλιν 
Εὐρυσϑέως δέαυλον (ἐντολαῖς δραμών; 
ἀλλ᾽ οὔτε Σισύφειον εἰσορῶ πέτρον, 
οὐ δώματ᾽ οὐδὲ σχῆπερα 4ήμητρος χόρης. 
ἔχ τοι πέτεληγμαι᾽ ποῦ ποτ᾽ ὧν ἀμηχανῶ; 1105 
ὠή, τίς ἐγγὺς ἢ πρόσω φίλων ἐμῶν, 
δύσγνοιαν ὅστις τὴν ἐμὴν ἰάσεται; 
σαφῶς γὰρ οὐδὲν οἶδα τῶν εἰωϑότων. 
„IM. γέροντες, ἔλθω τῶν ἐμῶν καχῶν πέλας; 
ΧΟ. χἀγώ γε σὺν σοί, μὴ προδοὺς τὰς συμφοράς. 1110 


1081 φυγᾶ φυγᾶ: em Weakefield 1084 suppl Wil 1089 Herculis 
notam a v. 1086 huc revoc, Heath 1089 Zunovs C’P! 1093 πλευμόνων ΟΣ 

1006 πρόσειμε ϑραυστῶ: em Elimaley τεεχέσκατε: em Fix 1097 ἦ μὲν: 
em Musgrave suppl Musgrave 1098 δ᾽ Hermann: τ τ᾽ Canter: δ᾽ 

1101 οὔπω: em Dindorf 1102 δέαυλον εἰς ἄειδου μολών: ἐντολαῖς Pierson, 
δραμών Wil 1108 πτερόν: em Brodaeus 1104 Πλούτωνα τ᾿ οὐδέ: em Wil 

1110 προδῷς: em Stephanus 





AMPHITRYON. 
Flieht, flieht. 

hinweg von dem hause, hinweg. 

er erwachet, der rasende mann. 

sonst stürmt er von morde zu morde 
und reilst in dem tosenden taumel 
ganz Theben dahin. 


CHORFÜHRER. 
Woher der grimm dir, Zeus, in dieses meer 
von jammer deinen eignen sohn zu stürzen ? 
Der Chor weicht auf die seite, ebenso Amphitryon. 


HERAKLES, 


ich lebe. vor den augen liegen hell 

himmel und erd’ im strahl des Helios: 

wie hat den sinn mir einer wüsten wirrsal 
brandung ergriffen? ΒΟ ΒΟΥ atem strömt 
unsteten zuges aus den lungen auf. 

und hier? verankert lieg ich wie ein schiff, 

und taue fesseln brust und heldenarm 

an einer halbgeborstnen säule stumpf; 

und leichen liegen rings um meinen sitz, 

der bogen, die befiederten geschosse 

zerstreut am boden, die an meiner seite, 

mein bester schutz, in sichrem schutze ruhten. 
bin ich im Hades wieder? hat Eurystheus 

als doppelläufer mich hinabgesandt? 

nein, nirgend wälzt hier Sisyphos den stein, 
und nicht ist dies das reich Persephones. 

ich starre, staune, bange mich; wo bin ich? 

ho, hört mich denn kein freund, von keiner seite, 
kann keiner mich von dieser dumpfheit heilen ? 
denn jedes bild verschwimmt mir im gedächtnis. 


AMPHITRYON {ritt hervor. 
Darf ich mich meinem schmerze nahn, ihr greise? 


CHORFÜHRER tritt mit dem chore hervor. 
Ich wag’ es mit, verlafs’ dich nicht im unglück. 


245 


246 


HP. πάτερ, τί χλαίεις xal ovvaunsloyn κόρας - 
τοῦ φιλτάτου σοι τηλόϑεν παιδὸς βεβώς; 
AM. ὦ τέχνον᾽ εἶ γὰρ καὶ καχῶς πράσσων ἐμός. 
-- πράσσω δ᾽ ἐγώ τι λυπρὸν οὗ δαχρυρροεῖς; 
— ἃ χἂν ϑεῶν τις, εἰ μάϑοι, καταστένοι. 1115 
— μέγας γ᾽ ὅ κόμπος, τὴν τύχην δ᾽ οὔπω λέγεις. 
- ὁρᾷς γὰρ αὐτός, εἰ φρονῶν ἤδη κυρεῖς. 
— ein’ εἴ τε καινὸν ὑπογράφῃ τὠμῷ βίῳ; 


— xal σ᾽ εἰ βεβαίως εὖ φρονεῖς ἤδη σχοπῶ. 1121 
— παπαῖ, τόδ᾽ ὡς ὕποπτον ἠνίξω πάλιν. 1120 
— εἰ μηκέϑ᾽ Aıudov βάχχος εἶ, φράσαιμεν ἄν. 1119 
— οὐ γάρ τι βαχχεύσας γε μέμνημαι φρένας. 1122 


— λύσω, γέροντες, δεσμὰ παιδὸς ἢ τί δρῶ; 

— καὶ τόν γε δήσαντ᾽ εἴπ" ἀναινόμεσϑα γάρ. 

— τοσοῦτον ἔσϑι τῶν κακῶν᾽ τὰ δ᾽ ἄλλ᾽ ἔα. 1125 
- ἀρχεῖ σιωπὴ γὰρ μαϑεῖν ὃ βούλομαι; 

— ὦ Ζεῦ, παρ᾽ Ἥρας ἄρ᾽ ὅρᾷς ϑρόνων τάδε; 


1116 ἀκανϑεὼν τις εἴπαϑ'᾽ οἱ καταστένοε (στέ»εε C', correxit ipse) ı distinxit 
Canter, «άϑοιε Vahlen 1119.21 traiec. Wil (1118.19 post 21 Nauck) 1110 ar 
καϑ': em Canter dxgpdoasuew: em Musgrave 1126 ἀρκεῖξ' σιωπή (own; P) 
— οὐ Bovlouas: em Henth 





247 


HERAKLES. 
Mein vater, was verhüllst du dich, was weinst du? 
was bleibst du deinem lieben sohne fern ? 


AMPHITRYON, 
Mein kind — du bist’s, du bleibst es auch im elend. 


HERAKLES, 
Du weinst um mich? stiefs mir denn etwas zu? 


AMPHITRYON, 
Ja, und ein gott selbst mülste mit dir weinen. 


HERAKLES, 
Ein schweres wort; doch sagst du noch nicht, was. 


AMPHITRYON, 
Du siehst es selbst, wenn du bei sinnen bist. 


HERAKLES, 
Was soll an mir denn anders sein? sprich aus. 


AMPHITRYON. 
Noch prüf ich, bist du wirklich ganz bei sinnen? 
HERAKLES, 
Ha, wieder weichst du aus; du birgst ein unglück. 
AMPHITRYON. 
Wenn dich die höllenraserei verlieg — 


HERAKLES, 
War ich denn rasend ? mir ist nichts bewulst. 


AMPHITRYON löst die fesseln. 
Darf ich des sohnes fesseln lösen, freunde? 


HERAKLES, 
Sag’ mir auch wer sie band; ich schäme mich. 


AMPHITRYON. 
Genug des jammers den du weilst. lals ab. 


HERAKLES, 
Reicht denn dein schweigen hin mich zu belehren ? 


AMPHITRYON. 
Kannst du das ansehn, Zeus, von Heras thron ὃ 











248 


— ἀλλ᾽ ἧ τι χκεῖϑεν πολέμιον πεπόνϑαμεν; 
— τὴν ϑεὸν ἐάσας τὰ σὰ περιστέλλου χαχά. 
— ἀπωλόμεσϑα' συμφορὰν λέξεις τινα. 

— ἐδού, ϑέασαι ταδε τέχνων πεσήματα. 

— οἴμοι" τίν᾽ ὄψεν τήνδε δέρχομαι τάλας; 


-- ἀπόλεμον, ὦ παῖ, πόλεμον ἔσπευσας τέχνοις. 


- τί πόλεμον εἶπας; τούσδε τίς διώλεσεν; 

--- σὺ xal σὰ τόξα xal ϑεῶν ὃς αἴτιος. 

— τί φής; τί δράσας; ὦ κάκ᾽ ἀγγέλλων πάτερ. 
— μανείς" ἐρωτᾷς δ᾽ As” ἑρμηνεύματα. 

— ἦ καὶ δάμαρτός εἰμ᾽ ἐγὼ φονεὺς ἐμῆς; 

— μιᾶς ἅπαντα χειρὸς ἔργα σῆς τάδε. 

— αἰαζ' στεναγμῶν γάρ μὲ περιβάλλει νέφος. 
- τούτων ἔχατι σὰς κατὰστέγω τύχας. 

— ποῦ δ᾽ οἶστρος ἡμᾶς ἔλαβε, ποῦ διώλεσεν; 


1185 


110 


1144 


1130 δξεις: em Brodaeus riva 1133 ὁ σπεύσας: emc 1144.5 traiec. Wil 


249 


HERAKLES, 
Hat sie in ihrem hbafs mich heimgesucht ? 


AMPHITRYON. 
Lafs’ Heras tun und schick’ dich in das deine. 


HERAKLES, 
Du tötest mich; du weifst um ein verbrechen. 


AMPHITRYON. 
Wolan. schau her: hier liegen deine kinder. 


HERAKLES, 
Welch anblick! wehe mir, ich unglücksel’ger. 


AMPHITRYON. 
Mein sohn, das war kein kampf, mit kindern kämpfen! 


HERAKLES, 
Was für ein kampf? wer ist der kinder mörder? 


AMPHITRYON. 
Du selbst und deine pfeile, und der gott 
von dessen willen du das werkzeug warst. 


HERAKLES, 
Ich? wie das? vater, unheilsbote, sprich. 


AMPHITRYON. 
Im wahnsinn hast du es vollbracht; die antwort 
auf solche frage mufs wol graun enthüllen. 


HERAKLES, 
So bin ich auch der mörder meines weibes? 


AMPHITRYON, 
Wohin du rings umher das auge wendest: 
nur eine hand hat sich darum gerührt. 


HERAKLES, 
Weh, welche flut von klagen schwellt mich, weh. 


AMPHITRYON. 
Das war es, was mich um dich weinen liels. 


HERAKLES, 
Wo fiel der sturm mich an? wann schlug er mich? 


250 


— ὅτ᾽ ἀμφὶ βωμὸν χεῖρας ἡγνίζου πυρί. 1165 
— ἡ γὰρ συνήραξ᾽ οἶχον ἐν βαχχεύμασιν; 1142 
— οὐκ olda πλὴν ἕν᾽ πάντα δυστυχεῖ τὰ σά. 

— οἴμοι" τέ δῆτα φείδομαι ψυχῆς ἐμῆς 1146 


τῶν φιλτάτων μοι γενόμενος παίδων φονεύς, 
κοὐχ εἶμε πέτρας λισσάδος πρὸς ἅλματα, 
ἢ φάσγανον πρὸς ἧπαρ ἐξανοντίσας 
τέχνοις διχαστὴς αἵματος γενήσομαι, 1180 
ἢ σάρχα τὴν γεᾶνιν ἐμπρήσας πυρί 
δύσκλειαν ἣ μένει μ᾽ ἀπώσομαι βίου; 
ἀλλ᾽ ἐμποδών μοι ϑανασίμων βουλευμάτων 
Θησεὺς 68’ ἕρπει συγγενὴς φίλος τ᾽ ἐμός" 
ὀφϑθησόμεσϑα, καὶ τεχγοχτόνον μύσος 1155 
ἐς ὄμμαϑ᾽ ἥξει φιλτάτῳ ξένων ἐμῶν. 
οἴμοι, τί δράσω; ποῖ κακῶν ἐρημίαν 
εὕρω, πτερωτὸς ἢ κατὰ χϑονὸς μολών; 
T φέρ᾽ ἂν τι... κρατὶ περιβάλω σχότον. 
αἰσχύνομαι γὰρ τοῖς δεδραμένοις καχοῖς. 1100 
οἴχῳ δὲ προστρόπαιον αἷμα προσβαλὼν 
οὐδὲν χαχῶσαι τοὺς ἀναιτίους ϑέλω. 


ΘΗΣΕΥΣ. 
ἥχω σὺν ἄλλοις ol παρ᾽ ᾿Ασωποῦ ῥοὰς 
μένουσιν ἔνοτελοι γῆς ᾿ϑηναίων κόροι 
σῷ παιδί, πρέσβυ, σύμμαχον φέρων δόρυ. 1165 
χληδὼν γὰρ ἦλϑεν εἰς ᾿Ερεχϑειδῶν scolıy, 
ὡς σχῆπτρα χώρας τῇσδ᾽ ἀναρπάσας Auxos 
ἐς πόλεμον ὑμῖν καὶ μάχην καϑίσταται. 
τίνων δ᾽ ἀμοιβὰς ὧν ὑπῆρξεν Ἡρακλῆς 
σώσας μὲ νέρϑεν ἦλθον, εἴ τι δεῖ, γέρον, 1110 


1142 ἢ βάκχενο᾽ ἐμὸν: em Wil 1146 δή γε: em Schaefer 1151 τὴν 
Ψψεᾶνεν Wil: τὴν dunv 1156 φιλτάτων: em Beiske 1159 oxdros 1161 καὶ 
τῷδε: em Wil προσλαβών: em Canter 





251 


AMPHITRYON. 
Am altar, als du deine hände sühntest. 


HERAKLES, 
Und auch das haus rifs ich im wahnsinn nieder? 


AMPHITRYON. 
Ich habe nur die antwort: überall, 
wohin du dich auch wendest, triffst du πη οὶ]. 


HERAKLES. 
Weh mir, was karg’ ich dann mit meinem blut, 
und schlug doch schon mein liebstes, meine söhne. 
was such’ ich nicht den sturz von jähem felsen, 
was stols’ ich nicht ein schwert in meine brust 
als richter und als rächer meiner kinder? 
was strotzt der leib mir noch in manneskraft 
und sucht nicht in den flammen aus der schande, 
die ihm das leben sein mufs, ein entrinnen’? 
doch sieh, ein hindernis der todesplane 
naht sich mein freund, mein vetter Theseus dort, 
80 soll ich doch gesehen werden, sehen 
soll meinen kindesmord mein liebster freund! 
weh mir, wohin? in himmel oder erde, 
wo kann ich mich vor diesem fluche bergen ? 
umhülle wenigstens mein haupt die nacht. 
was ich begieng, ist schmach und gram genug; 
mit blutschuld ist mein haus durch mich verpestet: 
vor ansteckung will ich die reinen wahren. 
er verhüllt sich. 
THESEUS 
mit bewaffnetem gefolge kommt von der seite, von der Herakles gekommen war. 

Ich komme beistand deinem sohn zu leisten, 
Amphitryon, und am Asopos liegt 
in waffen eine schar Athenerjugend, 
die mir gefolgt ist; denn es drang zu uns 
die nachricht, dafs das scepter dieses landes 
Lykos an sich gerissen und zu kampfe 

“und schlacht sich wider euch erhoben habe. 
so kam ich, Herakles es zu vergelten 
dafs er mich aus der unterwelt erlöst, 


282 


ἢ χειρὸς ὑμᾶς τῆς ἐμῆς ἢ συμμάχων. 
ἔα" τί νεχρῶν τῶνδε πληϑύει πέδον; 
οὔ που λέλειμμαι καὶ νεωτέρων καχῶν 
ὕστερος ἀφῖγμαι; τίς rad’ ἔχτεινεν τέχνα; 
τίνος γεγῶσαν τήνδ᾽ ὁρῶ ξυγάορον; 1175 
οὐ γὰρ δορός γε παῖδες loravrar πέλας, 
ἀλλ᾽ ἄλλο πού τι καινὸν εὑρίσχω κακόν. 


AM. ὦ τὸν ἐλαιοφόρον ὄχϑον ἔχων (ἄναξ), 
OH. τί χρῆμά μ᾽ οἰχτροῖς ἐκάλεσας προοιμίοις; 
— ἐπάϑομεν πάϑεα μέλεα πρὸς ϑεῶν. 1180 
— οἱ παῖδες οἵδε τίνος, ἐφ᾽ οἷς δαχρυρροεῖς; 
— ἔτεχε μέν (vıv) οὑμὸς ἶνις τάλας, 
τεχόμενος δ᾽ ἔχανε, φόνιον αἷμα τλάς. 
— εὔφημα φώνει. --- βουλομένοισιν ἐπαγγέλλῃ. 1185 
— ὦ δεινὰ λέξας. — οἰχόμεϑ᾽ οἰχόμεϑα πτανοί. 


— —, 
« 


ἐχατογχεφάλου βαφαῖς ὕδρας. 1190 
— τέ φής; τί δράσας; --- μαινομένῳ πιετύλῳ 
πἀαγχϑείς. 1188. 89 


— .ὕ...... 


1118 οὔπω τε (i. 6. οὔπω et οὔτι) : em Dindorf 1174 ἀφεῖμαε: em apogr. 

1175 ξυνάορον  συνάορο»ν Ü 1177 τέ πον: em Wil 1178 suppl 
Hermann 1181 r/ves: em Wil Wecklein 1182 suppl Elmsley 1183 &x- 
τανε: cm Matthiae 1190 traiec Wil 





253 


ob meines armes oder meines heeres, 
Amphitryon, ihr etwa hier bedürftet. 

doch sieh? was liegt der boden voller leichen ? 
ich bin doch nicht zu spät gekommen, treffe 
doch nicht schon unerhörte tat vollbracht? 
die kinder hier, wer schlug sie? hier ein weib? 
wer war ihr gatte? nein, das war nicht kampf, 
denn kinder bleiben fern dem handgemenge, 
hier ist ein andres, schreckliches geschehn. 


AMPHITRYON. 
Weh, könig der felsigen stadt der oliven — 


THESEUS,. 
‚Weshalb beginnt mit wehruf deine rede? 


AMPHITRYON. 
Uns sandten die götter ein grauses verhängnis. 
THESEUS, 
Wes sind die kinder hier, um die du weinst? 


AMPHITRYON. 
Mein sohn ist ihr vater, der unglücksel’ge: 
er ist auch ihr mörder, befleckt mit blutschuld. 


THESEUS. 
Bewahre deinen mund — 


AMPHITRYON. 
Wie gerne, wie gern, wenn ich könnte. 
THESEUS, 
Furchtbare kunde — 


AMPHITRYON. 
Verloren sind wir, sind vernichtet. 


THESEUS. 
Wie schlug er sie? 


AMPHITRYON. 
Mit den ehernen buckeln der keule, 
mit dem Hydragifte der pfeile. 
. THESEUS. 
Wie? was verführt’ ihn? 


254 


— Ἥρας ὅδ᾽ ἁγών᾽ τίς δ᾽ 56’ οὖν νεχροῖς, γέρον; 
— ἐμὸς ἐμὸς ὅδε γόνος ὅ πολύπονος, (ὃς) ἐπὶ 


δόρυ γιγαντοφόνον ἦλθεν 


σὺν ϑεοῖ- 


σι Φλεγραῖον ἐς πεδίον ἀσπιστάς. 
— φεῦ geb’ τίς ἀνδρῶν ὧδε δυσδαέμων ἔφυ; 
— οὐκ ἂν εἰδείης ἕτερον πολυμοχϑότερον πολυ- 


πλαγχτότερόν τε ϑνατῶν. 


— τί γὰρ πέπλοισιν ἄϑλιον κρύπτει χάρα; 


— αἰδόμενος τὸ σὸν ὄμμα 
χαὲὶ φιλίαν ὁμόφυλον 
αἷμά τε παιδοφόνον. 


— ἀλλ᾽ ὡς συναλγῶν γ᾽ ἦλϑον, ἐκχάλυπτεέ νιν. 


— ὦ τέκνον, πάρες ἀπ᾿ ὀμμάτων 


πέπλον, ἀπόδιχε, ῥέϑος ἀελίῳ δεῖξον" 

βάρος ἀντίπαλον δαχρύοισιν ἁμιλλᾶταε, 
ἱκετεύομεν ἀμφὶ γενειάδα καὶ γόνυ xal χέρα σὰν 

προπίέτνων πολιόν τε δάχρυον ἐχβάλλων. 


1191 ἀγών τίς δ᾽ δδ᾽ οὖν BReiske: τίς δόλου 


1196 εἐδέης ΟἹ 1202 eis συναλγοῦντ᾽ : em Wakefield 


em Hermann 1207.8 σὰν post ἀρμιφέ: trai. Wil. 
1209 ἐκβαλών: em Wil 


1192 suppl Canter 


προσπέτνων: core WI 


1191 


118 


1200 


1205 δακρύοις συναμι.: 


255 


AMPHITRYON. 
Wahnsinnsanfall ergriff ihn. 


THESEUS, 
Dann ist es Hera, die ihn also heimsucht. 
doch sag’, wer sitzt dort mitten unter leichen ? 


AMPHITRYON. 
Mein sohn, mein sohn; 
er ist es, der dulder unsäglicher mühen, 
er ist es, der schildgenosse der götter 
im blachfelde Phlegras, da die Giganten sie schlugen. 


THESEUS,. 

Oh, 

wen hätte je das schicksal so verfolgt? 
AMPHITRYON. 


Keinen, keinen 

vermagst du zu nennen auf erden, 
den schwerere prüfungen trafen, 
den wildere stürme verfolgten. 


THESEUS, 
Was birgt er sein unselig haupt im mantel ? 


AMPHITRYON. 
Scham erfüllt ihn, scham vor dir, 
scham vor dem kreise der treuen, 
scham vor dem blute der kinder. 


THESEUS, 

So kam ich mitzuweinen; deck’ ihn auf. 
AMPHITRYON. 

Herakles, 

lüfte den mantel, 

streif’ dir vom auge die hülle, 

zeige der sonne dein antlitz. 

schämst du der tränen dich? schaue mein flehen, 

wiegt es nicht mehr als die scham? 

dir zu den fülßsen lieg’ ich, ich fasse 

bittend die rechte, ich fasse dein kinn. 

schau auf die tränen des greises, 








286 


ΘΗ. 


ge 


io παῖ, κατάσχεϑε λέοντος ἀγρίου ϑυμόν, ὡς 1210 
δρόμον ἐπὶ φόνιον ἀνόσιον ἐξάγεε, 
χακὰ ϑέλων χαχοῖς συνάψαι, τέκνον. — > 


εἶέν" σὲ τὸν ϑάσσοντα δυστήνους ἕδρας 

αὐδῶ φίλοισιν ὄμμα δεικνύναι τὸ σόν. 1215 
οὐδεὶς σχότος γὰρ ὧδ᾽ ἔχει μέλαν γέφος, 

ὅστις χαχῶν σῶν συμφορὰν χρύψειεν ἄν. 

ti μοι προσείων χεῖρα σημαΐίνεις φόβον; 

ὡς μὴ μύσος ue σῶν Pain προσφϑεγμάτων; 

οὐδὲν μέλει μοι σύν γε σοὶ πράσσειν καχῶς᾽ 130 
χαὶ γὰρ ποτ᾽ εὐτύχησ᾽ " ἐκεῖσ᾽ ἀνοιστέον, 

ὅτ᾽ ἐξέσωσάς μ᾽ ἐς φάος νεχρῶν πάρα. 

χάριν δὲ γηράσχουσαν ἐχϑαίρω φέλων 

χαὶ τῶν καλῶν μὲν ὅστις ἀπολαύειν ϑέλει, 

συμπλεῖν δὲ τοῖς φίλοισι δυστυχοῦσιν οὔ. 1225 
ἀνίστασ᾽, ἐχχάλυψον ἄϑλιον κάρα, 

βλέψον πρὸς ἡμᾶς. ὅστις εὐγενὴς βροτῶν, 

φέρει τὰ ϑεῶν γε πτώματ᾽ οὐδ᾽ ἀναίνεται. 


, Θησεῦ, δέδορχας τόνδ᾽ ἀγῶν᾽ ἐμῶν τέχνων; 


ἤκουσα καὶ βλέποντι σημαίνεις καχά. 1290 
τί δῆτά μου χρᾶτ᾽ ἀνεχάλυψας ἡλίῳ; 

τί δ᾽; οὐ μιαίνεις ϑνητὸς ὧν τὰ τῶν ϑεῶν. 

φεῦγ᾽, ὦ ταλαίπωρ᾽, ἀνόσιον μίασμ᾽ ἐμόν. 

οὐδεὶς ἀλάστωρ τοῖς φίλοις ἐκ τῶν φίλων. 

ἐπηνεσ᾽ " εὖ δράσας δέ σ᾽ οὐκ ἀναίνομαι. 1285 


— 


1211 drwe: em Elmsley 1212 βρόμον: em Beiske 1216 28° εἰ oxd- 


rovs: em Canter 1218 φόνον: em Wil 1219 βαλεῖ 1228 τὰ τῶν ϑεῶν: 


em Stiblinus 


267 


hemme den rasenden löwengrimm, 
denn in die blutige bahn des verbrechens 
will er dich wieder verführen, von freveln 
wieder zu freveln, mein sohn. 
THESEUS,. 
Steh auf, der du so jammervoll hier kauerst. 
enthülle dich: ein freund ist’s der dir ruft, 
und also schwarz ist keine finsternis, 
dein schaudervolles unglück zu verbergen. 
was winkst du ängstlich mit der hand mich fort? 
dich anzureden werde mich besudeln ? 
mit dir geteiltes unglück fürcht’ ich nicht; 
ich teilte ja dein. glück. das geht in rechnung 
auf jenen tag, wo du zum sonnenlicht 
mich aus der unterwelt emporgeführt. 
den freund veracht’ ich dessen lieben altert, 
der wol die guten tage mit genielst, 
doch sich der fahrt im sturm versagen will. 
steh auf, enthülle dein unselig haupt, 
blick’ mir in’s auge: das ist menschenadel, 
der seine schickung ohne murren trägt. 
enthüllt ihn. 
HERAKLES, 
Theseus, du siehst, bier liegen meine kinder. 


THESEUS, 
Du zeigst mir jammer den ich sah und hörte. 


HERAKLES,. 
Und konntest doch mein haupt dem lichte zeigen ? 


THESEUS. 
Warum nicht? ewig ist das element: 
du bist ein mensch und kannst es nicht besudeln. 


HERAKLES, 

Flieh, sterblicher, vor meines fluches pest. 
THESEUS. 

Es wird der freund dem freunde nie zum fluche. 
HERAKLES, 


Hab’ dank. was ich an dir tat, reut mich nicht. 
νυ. Wllamowitz I. 17 


208 


— ἐγὼ δὲ πάσχων εὖ τότ᾽ οἰχτέρω σε νῦν. 
— οἰκτρὸς γάρ εἰμι τἄμ᾽ ἀποκτείγας τέχνα. 


χλαίω χάριν σὴν ἐφ᾽ ἑτέραισι συμφοραῖς. 

ηὗρες δέ γ᾽ ἄλλους ἐν κακοῖσι μείζοσιν; 

ἅπτῃ κάτωϑεν οὐρανοῦ δυσπραξίᾳ. 1240 
τοιγὰρ παρεσχευάσμεϑ᾽ ὥστε καὶ χρατεῖν. 

δοκεῖς ἀπειλῶν σῶν μέλειν τι δαίμοσιν; 

αὔϑαδες ὅ ϑεός, πρὸς δὲ τοὺς ϑεοὺς ἐγώ. 

ἔσχε στόμ᾽, ὡς μὴ μέγα λέγων μεῖζον πάϑῃς. 

γέμω κακῶν δή, κοὐκέτ᾽ ἔσϑ᾽ ὅπῃ τεϑῇ. 1245 
δράσεις δὲ δὴ τί; ποῖ φέρῃ ϑυμούμενος; 

ϑαγών, ὅϑενπερ ἦλθον, εἶμε γῆς ὕπο. 

εἴρηχας ἐπιτυχόντος ἀνθρώπου λόγους. 

σὺ δ᾽ ἐχτὸς ὧν γε συμφορᾶς με νουϑετεῖς. 

ὅ πολλὰ δὴ τλὰς ἉΗρακλῆς λέγει τάδε; 1350 
οὐχ οὖν τοσαῦτά γ᾽" ἐν μέτρῳ μοχϑητέον. 


1237 πάρειμε: em Reiske 1241 καὶ κρατεῖν Weil: κατϑανεν 1249 δ᾽ 


Wakefield: γ᾽’ 1251 ἐν Hermann: εἰ 


259 
THESEUR,. 
Mein retter warst du: mitleid biet’ ich dir. 


HERAKLES, 

Ja, mitleid brauch’ ich, meiner söhne mörder. 
THESEUS. 

Und dankbar trag’ ich fremde schmerzen mit. 


HERAKLES, 
Weilst du ob irgend wer so schweres litt? 


THESEUS, 

Nein. himmelhoch ist deines unglücks gröfse. 
HERÄKLES, 

Indess, ich bin bereit. ich mach’ es wett. 


THESEUS. 
Wähnst du, die götter rühre solches prahlen ? 
HERAKLES. 


Trotzt mir die gottheit: trotzen kann auch ich. 


THESEUS, 
Schweig. hohen worten folgt ein tiefer fall. 


HERAKLEBS, 
Mein mals ist voll; mehr leiden falst es nicht. 


THESEUS. 
Was planest du? wohin führt dich der grimm ἢ 


HERAKLES,. 
Zum Hades; wo ich war. diesmal als leiche. 


THESEUS, 
An selbstmord denkt nur ein gemeiner sinn. 


HERAKLES, 
Dich traf das unheil nicht, leicht magst du meistern. 


THESEUS. 
Spricht so der grolse dulder Herakles? 


HERAKLES, 
Dies hier ist mehr als jemals ich ertragen, 
und ihre grenzen hat auch die geduld. 


260 


— εὐεργέτης βροτοῖσι καὶ μέγας φίλος; 
— οἵδ᾽ οὐδὲν ὠφελοῦσέ u’, ἀλλ᾽ Ἥρα κρατεῖ. 
— οὐκ ἄν (0’) ἀνάσχοιϑ᾽ Ἑλλὰς ἀμαϑίᾳ ϑανεῖν. 
— ἄκουε δή νυν, ὡς ἁμιλληϑῶ λόγοις 1255 
πρὸς γνουϑετήσεις σὰς ἀναπτύξω TE σοι 
ἀβίωτον ἡμῖν νῦν τε χαὶ πάρουϑεν ὄν. 
πρῶτον μὲν ἐχ τοῦδ᾽ ἐγενόμην, ὅστις χτανὼν 
μητρὸς γεραιὸν πατέρα προστρόπαιος ὧν 
ἔγημε τὴν τεχοῦσαν Alxunvnv ἐμέ. 1260 
ὅταν δὲ χρηπὶς μὴ καταβληϑῇ γένους 
ὀρϑῶς, ἀνάγκη δυστυχεῖν τοὺς ἐχγόνους. 
Ζεὺς δ᾽, ὅστις ὅ Ζεύς, πολέμεόν μ᾽ ἐγείνατο 
Ἥρᾳ (σὺ μέντοι μηδὲν ἀχϑεσϑῇς, γέρον" 
πατέρα γὰρ ἀντὶ Ζηνὸς ἡγοῦμαι σὲ ἐγώ) 1265 
ἔτ᾽ ἐν γάλακτί τ᾿ ὄντι γοργωποὺς ὄφεις 
ἐπεισέφρηχε σπαργάνοισι τοῖς ἐμοῖς 
ἡ τοῦ Διὸς σύλλεχτρος, ὡς ὀλοίμεϑα. 
ἐπεὶ δὲ σαρκὸς περιβόλαι᾽ ἐκτησάμην 
ἡβῶντα, μόχϑους οὖς ἔτλην τί δεῖ λέγειν; 1270 
ποίους ποτ᾽ ἢ λέοντας ἢ τρισωμάτους 
Τυφῶνας ἢ Γίγαντας ἢ τετρασχδλῆ 
κεγταυροπληϑῆ πόλδμον οὐχ ἐξήνυσα; 
τὴν τ᾿ ἀμφίχρανον καὶ παλειμβλαστῇ κύνα 
ὕδραν φονεύσας μυρίων τ᾽ ἄλλων πόνων 1275 
διῆλθον ἀγέλας χἀς νεχροὺς ἀφικόμην, 
«Διδου πυλωρὸν χύνα τρίχραγνον ἐς φάος 
ὅπως πορεύσαιμ᾽ ἐντολαῖς Εὐρυσϑέως. 
τὸν λοίσϑιον δὲ τόνδ᾽ ἔτλην τάλας πόνον, 
παιδοχτονήσας δῶμα ϑριγχῶσαι καχοῖς. 1230 


1254 suppl Barnes 1256 νουϑεσέαρ: em Pierson 1267 ἐπεισέφρησε 
1272 τετρασκελεῖς: em Reiske 1279 φόνον: em Beiske 


261 


THESEUS, 
Du, einer welt woltäter und beschützer ἢ 


HERAKLES, 
Was hilft mir eine welt! hier waltet Hera. 


THESEUS. 
Hellas verbeut dir unbedachten selbstmord. 


HERAKLES, 
So höre mich, ich werde widerlegen 
was du mir mahnend vorhältst, will beweisen, 
dals ich kein recht zu leben mehr besitze 
noch je besafs. denn hier von diesem stamm’ ich, 
der mit dem blute seines ältervaters 
befleckt Alkmene meine mutter freite. 
und wo ein haus nicht auf gesundem grunde 
errichtet ist, da bülsen es die kinder. 
dann hat mich Zeus erzeugt — ich will von Zeus 
nichts weiter sagen, und, Amphitryon, 
sei mir nicht böse, meine kindesliebe 
gilt dir allein, nicht ihm. ihm aber danke 
ich Heras haß. noch lag ich an der brust, 
da sandte seine gattin mich zu töten 
glutäug’ge nattern in die wiege mir. 
und seit die jugend meine muskeln stärkte — 
soll ich erst all die mühen her euch zählen, 
die ich durchkämpft? wo ist ein leu, ein riese, 
ein feuerspeiend scheusal wie Typhoeus, 
ein kampf vierhufiger Kentaurenhorden, 
den ich nicht zu bestehn gehabt? die Hydra, 
das ungeheuer dessen hundert häupter 
sich immerfort nachwachsend nur vermehrten, 
mulst’ ich bezwingen, mußste nach bestehung 
von ganzen schaaren solcher abenteuer 
sogar ins schattenreich, der todespforte 
dreiköpf’gen wächter auf zum licht zu holen, 
weil mir Eurystheus es gebot. und hier 
siehst der aufgaben letzte du vollendet: 
die eignen kinder hab’ ich umgebracht, 
das ist der schlufsstein in dem unglücksbau. 


262 


ἥχω δ᾽ ἀνάγκης ἐς τόδ᾽" οὔτ᾽ ἐμαῖς φίλαις 

Θήβαις ἐνοικεῖν ὅσιον᾽ ἢν δὲ καὶ μένω, 

ἐς ποῖον ἱερὸν ἢ πανήγυριν φίλων 

εἶμ᾽ ; οὐ γὰρ ἄτας εὐπροσηγόρους ἔχω. 

ἀλλ᾽ ργος ἔλθω; πῶς, ἐπεὶ φεύγω πάτραν; 1235 

φέρ᾽ ἀλλ᾽ ἐς ἄλλην δή τιν᾽ ὁρμήσω πόλιν; 

χἄπειϑ᾽ ὑποβλεπώμεϑ᾽ ὡς ἐγνωσμένοι, 

γλώσσης πικχροῖς κέντροισι Trindovgosuevor 

»οὐχ οὗτος ὅ Διός, ὃς τέχν᾽ ἔχτεινέν note 

δάμαρτά τ᾽; οὐ γῆς τῇσδ᾽ ἀποφϑαρήσεται;" 1290 

[xexinuevp δὲ φωτὶ μακαρίῳ ποτὲ 

αἱ μεταβολαὶ λυπηρόν, ᾧ δ᾽ αἰεὶ καχῶς 

ἔστ᾽, οὐδὲν ἀλγεῖ, συγγενῶς δύστηνος ὧν.) 

ἐς τοῦτο δ᾽ ἥξειν συμφορᾶς οἶμαί ποτε" 

φωνὴν γὰρ ἧσει χϑὼν ἀπεγνέπουσά με 1235 

un ϑιγγάνειν γῆς καὶ ϑάλασσα μὴ περᾶν 

πηγαί τὲ ποταμῶν, καὶ τὸν ἁρματήλατον 

ἸΙξίον᾽ ἐν δεσμοῖσιν ἐχμιμήσομαι. 

[καὶ ταῦτ᾽ ἄριστα μηδέν᾽ Ἑλλήνων μ᾽ ὁρᾶν, 

ἐν οἷσιν εὐτυχοῦντες ἦμεν ὄλβιοι.) 1300 
τί δῆτά μὲ ζῆν δεῖ; τί κέρδος ἕξομεν 

βίον γ᾽ ἀχρεῖον ἀνόσιοι κεχτημένοι; 

χορευέτω δὴ Ζηνὸς ἡ κλεινὴ δάμαρ 

κρούουσ᾽ Ὀλύμπου (δώματ᾽) ἀρβύλῃ ποδός, 

ἔπραξε γὰρ βούλησιν ἣν ἐβούλετο 1305 

ἄνδρ᾽ Ἑλλάδος τὸν πρῶτον αὐτοῖσιν βάϑροις 

ἄνω χάτω στρέψασα. τοιαύτῃ FED 

τίς ἂν προσεύχοιϑ᾽ ; ἣ γυναικὸς εἵνεκα, 

λέχερων φϑονοῦσα Ζηνί, τοὺς εὐεργέτας 

Ἑλλάδος ἀπώλεσ᾽ οὐδὲν ὄντας αἰτίους. 1510 

OH. οὐκ ἔστιν ἄλλου δαιμόνων ἀγὼν ὅδε 
ἢ τῆς «Ζιὸς δάμαρτος" εὖ τόδ᾽ αἰσθάνῃ. 


παραινέσαιμ᾽ ἂν μᾶλλον ἢ πάσχειν χαχῶς. 


1291—93. 99. 1300 del Wil (alii alia sustulerant) 1293 συγγενῶς Btob. 
104, 4: συγγενῶν 1297 ἀρματηλάτην: em Musgrave 1299. 1300 sio C in 
marg. P, C in textu und’ ἐν 'Elliva βορᾶ dv τοῖσιδ᾽ εὐ. 1302 γ᾽ Beiske: τ᾽ 

ἀνόσιον: em Wil 1303 δὴ Hermann: dd 1304 κρόουσα CPI Olyu- 
πέου: em Heath. δώματ᾽ ἀρβύλῃ ποδὸς Dobree: Ζηνὸο ἀρβύλη πόδα 1313 hiat. 
sign. Beiske 


und nun bin ich in solcher zwangeslage: 
in meinem lieben Theben darf als mörder 
ich nicht mehr weilen. doch gesetzt ich bliebe, 
kann ich mich einem tempel, einem kreis 
festlicher freunde nahen? nein, mich drückt 
ein fluch, dem zu begegnen jeder schaudert. 
kann ich nach Argos? nein, ich bin verbannt. 
nun gut, so zieh’ ich in ein fremdes land. 
und soll ich da den scheuen blick ertragen, 
mit dem mich jeder milst (denn jeder kennt mich), 
soll mich von solchem hohne hetzen lassen. 
“ist das nicht Herakles, der sohn des Zeus, 
der mörder seiner frau und seiner kinder? 
fort mit ihm in das elend, weist ihn aus. 
ich sehe schon, wohin es mit mir kommt: 
mir schallt von jedem fluls, von meer und land 
der ruf, “zurück, du darfst uns nicht betreten. 
und also werd’ ich endlich gleich Ixion, 
des feuerrad in ew’gem wirbel kreist. 
was soll ich da noch leben? welchen wert 
hat solches dasein eines fluchbeladnen ? 
nein, tanze nur des Zeus erlauchte gattin 
den siegesreigen, lasse den Olympos, 
Zeus berg, erdröhnen unter ihren tritten: 
sie hat’s erreicht, ihr ist ihr wunsch erfüllt, 
zerschmettert liegt der erste mann von Hellas, 
sein haus zertrümmert bis ins fundament. 
das ist ein gott zu dem man beten könnte? 
aus eifersucht auf eine sterbliche, 
aus misgunst wider ihres gatten neigung 
hat Hera den woltäter der Hellenen 
zu grund gerichtet ohne seine schuld. 


CHORFÜHRER. 
Das hast du recht vermutet. diese schickung 
kommt dir von keinem andern gott als Hera. 


THEBEUS, 
Es ist wol leichter zur geduld zu mahnen 
als selbst geduldig schicksalsschläge tragen, 


263 


264 





HP. 


repugn. 40 





οὐδεὶς δὲ ϑνητῶν ταῖς τύχαις ἀχήρατος, 
οὐ ϑεῶν, ἀοιδῶν εἴπερ οὐ ψευδεῖς λόγοι. 
οὐ λέκτρ᾽ ἐν ἀλλήλοισιν ὧν οὐδεὶς νόμος 
ξυνῆψαν; οὐ δεσμοῖσι διὰ τυραννίδα 

πατέρας ἐκηλίδωσαν; ἀλλ᾽ οἰκοῦσ᾽ ὅμως 


Ὄλυμπον ἠνέσχοντό F° ἡμαρτηχότες. 


χαέτοι τέ φήσεις, εἰ σὺ μὲν ϑνητὸς γεγώς 
φέρεις ὑπέρφευ τὰς τύχας, ϑεοὶ δὲ μή; 
Θήβας μὲν οὖν ἔκλειπε τοῦ νόμου χάριν, 


ἔπου δ᾽ ἅμ᾽ ἡμῖν πρὸς πόλισμα Παλλάδος" 


ἐχεῖ χέρας σὰς ἁγνίσας μιάσματος 

δόμους τε δώσω χρημάτων τ᾽ ἐμῶν μέρος. 
ἃ δ᾽ ἐκ πολιτῶν δῶρ᾽ ἔχω σώσας κόρους 
δὲς ἑπτά, ταῦρον Ἀνώσιον χαταχταγών, 
σοὶ ταῦτα δώσω. πανταχοῦ δέ μοι χϑονός 
τεμένη δέδασται" ταῦτ᾽ ἐπωνομασμένα 
σέϑεν τὸ λοιπὸν ἐχ βροτῶν χεκλήσεται 


ζῶντος. ϑανόντα δ᾽, εὖτ᾽ ἂν εἰς “Διδου μόλῃς, 


ϑυσίαισι λαΐνοισί τ᾽ ἐξογχώμασιν 

τίμιον ἀνάξει πᾶσ᾽ ᾿Αϑηναίων πόλις. 
καλὸς γὰρ ἀστοῖς στέφανος Ἑλλήνων ὕπο 
ἄνδρ᾽ ἐσθλὸν ὠφελοῦντας εὐκλείας τυχεῖν. 
κἀγὼ χάριεν 001 τῆς ἐμῆς σωτηρίας 

τήνδ᾽ ἀντιδώσω᾽ νῦν γὰρ εἶ χρεῖος φίλων. 
[ϑεοὶ δ᾽ ὅταν τιμῶσιν οὐδὲν δεῖ φίλων᾽" 
ἅλις γὰρ ὅ ϑεὸς ὠφελῶν, ὅταν ϑέλῃ.] 


οἴμοι, πάρεργα {μὲν rad’ ἔστ᾽ ἐμῶν καχῶν᾽ 


ἐγὼ δὲ τοὺς ϑεοὺς οὔτε λέχτρ᾽ ἃ μὴ ϑέμις 

στέργειν νομίζω, δεσμά τ᾽ ἐξάπτειν χεροῖν 

οὔτ᾽ ἠξίωσα πώποτ᾽ οὔτε πείσομαι, 

οὐδ᾽ ἄλλον ἄλλου δεσπότην πεφυκέναι. 

δεῖται γὰρ ὅ ϑεός, εἴπερ ἔστ᾽ ὀρϑῶς ϑεός, 

οὐδενός" ἀοιδῶν οἷδε δύστηνοι λόγοι. 
ἐσχεψάμην δὲ καίπερ ἐν χαχοῖσιν ὧν 

μὴ δειλίαν ὄφλω τιν᾽ ἐκλιπὼν φάος" 


- 


1346 ἀοιδῶν Clem. et Plut.: ἀοιδῶν δ᾽ 


1315 


1320 


1325 


1390 


1840 


1816 λέκτρα τ᾿ : em Lobeck 1317 rugasvidas: em Dobree 1337 Κνώσσιον 
1331 ϑανόντος: em Dobree 1338. 39 del Nauck 1340 suppl ed. Brubach. 
1345 ὀρϑῶς Clemens str. 5 p. 891: ὄντως CP cum Plutarcho de stoic. 


allein — kein einz’ger mensch ist ohne sünde, 
kein gott, wenn wahr ist was die dichter singen. 
sind nicht im himmel ehen welche jedes 
gesetz verbietet? war es nicht ein gott, 

der seinen vater um des thrones willen 

in schmach und ketten warf? und dennoch wohnen 
sie im Olymp und haben sich darein 
gefunden, dafs sie schuldig worden sind. 

wie also darfst du, sterbliches geschöpf, 

ein schicksal unerträglich finden wollen, 

dem sich die götter fügen? darum meide 

zwar Theben, denn die sitte will es so, 

doch komme mit mir in die stadt der Pallas. 
dort sühn’ ich von der blutschuld deine hände 
und gebe wohnung dir und unterhalt. 

den ehrensold, den mir die stadt verliehen, 
weil ich den stier in Kreta überwand 

.und so die vierzehn kinder rettete, 

den schenk’ ich dir. im ganzen lande sind 
mir güter ausgesteckt; so lang du lebst, 

sollst du ihr einziger besitzer heilsen, 

‚und wenn du sterbend in den Hades eingehst, 
so wird mit opfern und mit ehrenbauten 

das land Athenas dein gedächtnis ehren: 

der preis ist wert, dals ihn Athen verdiene, 
von dem gesammten Hellas ruhm zu ernten, 
weil einem grolsen mann wir hilfreich waren. 
ich aber kann dir also meine rettung 
vergelten: jetzt bedarfst du eines freundes. 


HERAKLES, 

Ach; freilich ist das spiel in meinem weh, 
doch daß ein gott verbotner liebe fröhne, 
dafs götterarme fesseln je getragen, 
das hab’ ich nie geglaubt und wills nicht glauben, 
noch dafs ein gott dem andern gott gebiete: 
wahrhafte gottheit kennet kein bedürfnis, 
nur frevle märchen dichten es ihr an. 

ich aber hab’ in allem meinem jammer 
bedacht, ob nicht der selbstmord feigheit sei, 


265 


266 


1351 ϑέοτον Wecklein Wil: ϑάνατον 
1354 οὐδέν 1362 d,ydlas 1364 ἐπὰν 1367 καὶ ὅ τεκών ΟἹ χὼ 


ταῖς ξυμφοραῖς γὰρ ὅστις οὐχ ὑφίσταται, 
οὐδ᾽ ἀνδρὸς ἂν δύναιϑ᾽ ὑποστῆναι βέλος. 
ἐγκαρτερήσω βίοτον" εἶμε δ᾽ ἐς πόλιν 

τὴν σὴν χάριεν re μυρέαν δώρων ἔχω" 

ἀτὰρ πόνων δὴ μυρίων ἐγευσάμην, 

ὧν οὔτ᾽ ἀπεῖπον οὐδέν᾽ οὔτ᾽ ἀπ᾽ ὀμμάτων 
ἔσταξα πηγάς, οὐδ᾽ ἂν φόμην ποτὲ 


ἐς τοῦϑ᾽ ἱκέσϑαι, δάχρυ᾽ ἀπ᾽ ὀμμάτων βαλεῖν᾽ 


γῦν δ᾽, ὡς ἔοικε, τῇ τύχῃ δουλευτέον. 

εἶέν" γεραιέ, τὰς ἐμὰς φυγὰς ὁρᾷς, 
ὁρᾷς δὲ παίδων ὄντα μ᾽ αὐϑέντην ἐμῶν" 
δὸς τούσδε τύμβῳ καὶ περέστειλον νεχροὺς 
δαχρύοισι τιμῶν (ἐμὲ γὰρ οὐχ ἐᾷ νόμος) 
πρὸς στέρν᾽ ἐρείσας μητρὶ δούς τ᾽ ἐς ἀγχάλας, 
κοινωνίαν δύστηνον, ἣν ἐγὼ τάλας 
διώλεσ᾽ ἄχων. γῇ δ᾽ ἐπὴν χρύψῃς νεχρούς, 
οἴχει πόλεν τήνδ᾽, ἀϑλίως μέν, ἀλλ᾽ ὅμως 
ψυχὴν βιάζου τἀμὰ συμφέρειν κακά, 

ὦ τέκν᾽, ὅ φύσας καὶ τεχὼν ὑμᾶς πατὴρ 
ἀπώλεσ᾽, οὐδ᾽ ὥνασϑε τῶν ἐμῶν καλῶν, 
ἁγὼ παρεσχεύαζον ἐκμοχϑῶν βίου 
εὔχλειαν ὑμῖν, πατρὸς ἀπόλαυσιν καλήν. 
σέ τ᾽ οὐχ ὁμοίως, ὦ τάλαιν᾽, ἀπώλεσα 
ὥσπερ σὺ τἀμὰ λέχτρ᾽ ἔσῳζες ἀσφαλῶς, 
μαχρὰς διαντλοῦσ᾽ ἐν δόμοις οἰκουρίας. 
οἴμοι δάμαρτος καὶ τέχνων, οἴμοι δ᾽ ἐμοῦ, 
ὡς ἀϑλίως πέπραγα κἀποζεύγνυμαι 
τέχνων γυναικός τ᾿ ὦ λυγραὲ φιλημάτων 
τέρψεις, λυγραὶ δὲ τῶνδ᾽ ὅπλων χοινωνίαι. 
ἀμηχανῶ γὰρ πότερ᾽ ἔχω rad’ ἢ μεϑῶ, 

ἃ πλευρὰ τἀμὰ προσπέτνοντ᾽ ἐρεῖ τάδε 
“ἡμῖν τέκν᾽ elleg καὶ δάμαρϑ᾽ " ἡμᾶς ἔχεις 


1352 αὐυρέων: em Wakefield 


1350 


1975 


C!P: em Wil 1369 ἐκ μόχϑων: em Reiske ia: em Dobree 1370 dndi- 
Avosw: em Canter 1377 δὲ Hermann: re 


267 


denn wer des schicksals willen sich nicht fügt, 

wagt nimmer vor das feindesschwert zu treten. 

ich trag’s zu leben. auf denn nach Athen 

mit dir, und tausend dank für deine woltat. 

hab’ ich doch tausend mühen auch gekostet, 

und keiner wich ich aus, und keine träne 

kam in mein auge; hätt’ ich wol gedacht 

dafs es noch dahin mit mir kommen sollte, 

zum weinen. aber jetzt gebeut das schicksal; 

es sei: sein sclave muls ich wol gehorchen. 
vater, du siehst, ich zieh’ hinaus ins elend, 

du siehst, ich bin der mörder meiner kinder. 

nimm du dich ihrer an, bestatte sie, 

gönn’ ihnen du der letzten tränen ehre, 

mir wehrt ja diesen liebesdienst die sitte. 

leg’ sie der lieben mutter an die brust, 

in ihren arm. vereinigt lal3’ sie ruhn, . 

die ich vereinigt ahnungslos erschlug. 

und bleib’ in Theben wohnen; elend freilich 

wird es dir sein, allein bezwinge dich, 

und hilf auch du mir mein verhängnis tragen, 

er erhebt sich und tritt im folgenden zu den einzelnen leichen. 

o kinder, ich, der vater der euch zeugte, 

bin euer mörder. all mein leben lang 

hab’ ich mich abgemüht, das erbteil euch 

zu schaffen, das der vater seinen kindern 

als schönste hinterlassenschaft vermacht, 

des namens ehre — ihr genofst sie nicht. 

und dich, mein armes weib, hab’ ich getötet, 

ein schlechter dank für langes banges harren, 

in dem du meines bettes keuschheit wahrtest. 

weh, wehe meine gattin, meine kinder, 

weh, weh auch über mich, wie elend bin ich. 

losreissen soll ich mich von weib und kindern. 

wie bitter dieser letzte, sülse kulßs, 

wie bitter diese waffen hier zu tragen — 

noch schwank’ ich, nehm’ ich oder lafs’ ich sie. 

wenn sie nun mahnend meine seite schlagen 

“mit uns erschlugst du weib und kind, du trägst 


268 


παιδοχτόνους σούς." εἶτ᾽ ἐγὼ τάδ᾽ ὠλέναις 
οἴσω; τί φάσχων; ἀλλὰ γυμνωθεὶς ὅπλων, 
ξὺν οἷς τὰ κάλλιστ᾽ ἐξέπραξ᾽ ἐν Ἑλλάδι, 
ἐχϑροῖς ἐμαυτὸν ὑποβαλὼν αἰσχρῶς θάνω; 
οὐ λειπτέον τάδ᾽, ἀϑλίως δὲ σῳστέον. 1895 
ἕν μοί τι, Θησεῦ, σύγκαμ᾽ " ἀγρίου κυνὸς 
κόμιστρ᾽ ἐς “Ἄργος συγκατάστησον μολών, 
λύπῃ τι παέδων μὴ πάϑω μονούμενος. 
ὦ γαῖα Κάδμου πᾶς ve Θηβαῖος λεώς, 
χείρασϑε, συμπενθήσατ᾽, ἔλθετ᾽ ἐς τάφον 1890 
παίδων, ἅπαντας δ᾽ ἑνὶ λόγῳ πενϑήσατε 
vexgodg τε χἀμέ" πάντες ἐξολώλαμεν 
Ἥρας μιᾷ πληγέντες ἄϑλιοι τύχῃ. 
ΘΗ. ἀνίστασ᾽, ὦ δύστηνε᾽ δαχρύων δ᾽ ἅλις. 
— οὐκ ἂν δυναίμην" ἄρϑρα γὰρ πέπηγέ μου. 1395 
— xal τοὺς σϑένοντας γὰρ καϑαιροῦσιν τύχαι. 
--- (εῦ" 
αὐτοῦ γενοίμην πέτρος ἀμνήμων καχῶν. 
— παῦσαι᾽ δίδου δὲ χεῖρ᾽ ὑπηρέτῃ φίλῳ. 
— ἀλλ᾽ αἴμα μὴ σοῖς ἐξομόρξωμαι πέπλοις. 
— ἔχμασσε, φείδου μη δέν" οὐκ ἀναίνομαι. 1400 
— παίδων στερηϑεὶς παῖδ᾽ ὅπως ἔχω σ᾽ ἐμόν. 
— δίδου δέρῃ σὴν χεῖρ᾽, δδιγήσω δ᾽ ἐγώ. 


1386 ἀϑλέον : en Wakefield 1391 ἅπαντες: em Dobree Hermann 
1393 ἀϑλέῳ: em Nauck 


269 


in uns die mörder deiner lieben’. nein, 
nicht duld’ ichs an der schulter sie zu führen. 
und doch — von diesen waffen mich zu trennen 
mit denen mir das herrlichste gelang, 
das Hellas je geschaut, und meinen feinden 
zu schnödem tode selber mich zu liefern — 
elend ist's sie zu tragen: doch ich trag’ sie. 

in einem unterstütze du mich, Theseus, 
begleite mich und hilf den höllenhund 
nach Argos schaffen; wag’ ich es allein, 
80 stölst in meinem gram mir etwas zu. 

ganz Theben ruf ich endlich: volk des Kadmos, 
schert eure häupter, teilet meine trauer, 
kommt zur bestattung meiner kinder, weint, 
doch weinet um uns alle, weint um mich 
wie um die toten. alle hat uns Horas 
schickung vernichtet: alle sind wir elend. 


THESEUS 
tritt zu Herakles, der wieder zusammengesunken ist. 
Steh auf, unseliger, genug der tränen, 


HERAKLES 


Ich kann nicht; meine glieder sind erstarrt. 
THESEUS. 

So wirft das unglück auch den stärksten nieder? 
HERAKLES, 

Ach, 

versteinert’ ich, dafs ich vergessen könnte. 
THESEUS. 

Hör’ auf und reich’ die hand dem treuen diener. 
HERAKLES, 


Die hand ist blutig, sie wird dich besudeln. 
THESEUS erhebt ihn. 
Greif’ immer zu, getrost, ich fürcht’ es nicht. 


HERAKLES. 
. Treu wie ein sohn pflegst du den söhnelosen. 


THESEUS. 
Ich will dich führen, fasse meine schulter. 


210 


— ζ[εῦγός γε φίλιον" ἅτερος δὲ δυστυχής. 
— ὦ πρέσβυ, τοιόνδ᾽ ἄνδρα χρὴ κτᾶσϑαι φίλον. 
AM. ἡ γὰρ τεκοῦσα τόνδε πατρὶς εὔτεχνος. 1406 
HP. Θησεῦ, πάλιν μὲ στρέψον, ὡς ἔδω Texva. 
ΘΗ. ὡς δὴ τὸ φίλερον τοῦτ᾽ ἔχων ῥάων ἔσῃ; 
ΗΡ. ποθῶ, πατρός τε στέρνα προσϑέσϑαι ϑέλω. 
AM. ἰδοὺ τάδ᾽, ὦ nei’ τἀμὰ γὰρ σπεύδεις φίλα. 
ΘΗ. οὕτως πόνων σῶν οὐχέτι μνήμην ἔχεις; 1410 
HP. ἅπαντ᾽ ἐλάσσω χεῖνα τῶνδ᾽ ἔτλην καχά. 
OH. εἴ σ᾽ ὄψεταί τις ϑῆλυν ὄντ᾽, οὐκ αἰνέσει. 
— ζῶ σοι ταπεινός; ἀλλὰ πρόσϑεν οὔ, δοχῶ. 
— ἄγαν γ᾽" ὅ κλεινὸς Ἡρακλῆς οὐχ εἶ νοσῶν. 
- σὺ ποῖος ἦσϑα νέρϑεν ἐν γαχοῖσιν ὧν; 1415 
— ὡς ἐς τὸ λῆμα παντὸς ἦν ἥσσων ἀνήρ. 
-- πῶς οὖν ἔμ᾽ εἶπας ὅτι συνέσταλμαι καχοῖς; 


— [m 


1408 »ε Reinke: δὲ 1404 paragraphus praefixa C 1407 τὸ Wil: τε 
1408 re Musgrave: ye 1410 personae nota deest Οὐ, deinde paragraphi usque 
ad 1421, nisi quod 11 et 18-21 Herculis nota adest, 1412 dup. 1412 ejodysras 
ὄντα κοὐχ ἂν alvdon: em Musgrave 1413 προσϑεῖναε δοκῶ: em Iacobs 
1414 ποῦ κεῖνος dr; em Wil (νοσῶν Musgrave Iacobe) 1415 ἧς ἂν; em Her- 
mann 1417 ἔτ᾽ εἴπης: em Paley 


HERAKLES, 
Ein freundespar, doch elend ist der eine. 


THESEUB. 
Des andern glück giebt ihm die freude wieder. 
HERAKLES, 


O vater, welch ein schatz ist solch ein freund. 
AMPHITRYON. 
Selig die stadt, die solche männer trägt. 


HERAKLES, 
Theseus, 
lafs mich umkehren, meine kinder sehn. 


THESEUS. 
Soll das dem vaterherzen balsam sein? 


HERAKLES, 
Es zieht mich hin, auch an des vaters brust. 


AMPHITRYON ihn umarmend. 
Hier, meinen wunsch erfüllst du, komm, mein sohn. 


THESEUS,. 
So hast du deiner taten ganz vergessen ? 


HERAKLES, 
Was ich auch litt, es reicht an dieses nicht. 


THESEUS,. 
Wer dich so weibisch sieht wird dich nicht loben. 


HERAKLES, 
Schwach schein’ ich dir? es ist das erste mal. 


THESEUS,. 
Ja, du verleugnest Herakles, den helden. 


HERAKLES, 
Was war im Hades drunten deine grölse? 


THESEUS, 
Verloren hatt’ ich mut und selbstvertraun. 


HERAKLES, 
Und sagst von mir, dafs mich das unglück beuge? 


271 


272 


— πρόβαινε. HP. χαῖρ᾽, ὦ πρέσβυι AM. xal σύ μοι, 


τέχγνον. 


-- ϑάφϑ᾽ ὥσπερ εἶπον παῖδας. --- ἐμὲ δὲ τίς, τέχνον; 


— ἐγώ. — πότ᾽ ἐλθών; --- ἡνίκ᾽ ἂν ϑάψῃς τέκνα 
καὶ σὲ εἰς ϑήνας πέμψομαι Θηβῶν ἄπο. 
ἀλλ᾽ ἐσκόμιξε τέχνα, δυσχόμιστ᾽ dyn. 
ἡμεῖς δ᾽ ἀναλώσαντες αἰσχύναις δόμον 
Θησεῖ πανώλεις ἑἐψόμεσϑ᾽ ἐφολκέδες. 
ὅστις δὲ πλοῦτον ἢ σϑένος μᾶλλον φίλων 
ἀγαϑῶν πεπᾶσϑαι βούλεται, καχῶς φρονεῖ. = 

ΧΟ. στείχομεν οἰχτροὶ καὶ πολύχλαυτοι, 
τὰ μέγιστα φέλων ὀλέσαντες. 3 


1418 πρόσβαενε: em Reiske 1421 — πῶς Hg. eis 'A.: em Wil 
xdusora γῆ: em Wil 


1420 


1425 


1422 dvo- 


273 


THESEUS. 
Brich auf. 
HERAKLES löst sich aus der umarmung. 
Leb’, vater, wol. 


AMPHITRYON. 
Leb’ wol, mein sohn. 


HERAKLES, 
Wie ich dich bat, bestatte meine kinder. 


AMPHITRYON. 
Und wer, mein sohn, wird mich bestatten ? 


HERAKLES. 
Ich. 


AMPHITRYON. 
Wann kehrest du zurück? 


HERAKLES. 
Wenn du die kinder 
bestattet, hol’ ich nach Athen dich nach. 
doch trage fort die leichen, diese last 
von untragbarem jammer; aber mich, 
der schmachvoll ich mein haus zertrümmert habe, 
ein lastschiff fluchbeladen, schleppet Theseus. 
ein tor, dem seine schätze, seine stärke 
ein höher gut sind denn ein treuer freund. 


CHORFÜHRER. 
So gehen denn auch wir, voll schmerz, voll tränen; 
den wir verloren, war der freunde treuster. 


Herakles und Theseus nach der seite ab von der sie kamen; der chor nach der 
andern. Amphitryon tritt zu den kindern ins haus, dessen tore sich schliessen. 


vr. Wilamowitz 1. 18 


Druck von 1. Β. Hirschfeld in Leipzig. 


EURIPIDES 
HERAKLES 


ERKLÄRT 


ΥΟΚ 


ULRICH VON WILAMOWITZ-MOELLENDORFF 
ZWEITE BEARBEITUNG 


ZWEITER BAND 


BERLIN 
WEIDMANNSCHE BUCHHANDLUNG 
1895 


Das äulsere der aufführung. 


Ein attisches drama ist für eine bestimmte gelegenheit gedichtet, 
das Dionysosfest. an einem bestimmten orte, auf heiligem boden, ange- 
sichts eines bestimmten publicums, des souveränen volkes und seiner gäste, 
in einer bestimmten herkömmlichen weise wird es aufgeführt werden. 
das weils der dichter voraus und damit rechnet er. dem modernen leser 
liegt es also ob, sich mit der phantasie an den ort, in die zeit und in 
die empfindung zu versetzen, mit der der Athener am festtag in den 
heiligen bezirk des gottes gieng; losmachen mufs er sich von allem 
modernen und dafür die voraussetzungen, die für den alten dichter und 
zuschauer gleichermalsen bestanden, ohne arg und ohne zwang mitmachen. 

Am schwersten ist das mit der stimmung zu leisten, und die mah- 
nung des erklärers kann am wenigsten dazu tun, sie im leser zu erzeugen: 
er selbst wird sie haben, wenn er zu seinem geschäfte beruf hat. es ist 
religiöse stimmung. “das liebliche fest ist gekommen, es grünen und 
blühen feld und wald; auf hügeln und höhn, in büschen und hecken 
üben ein fröhliches lied die neuermunterten vögel. jede wiese sprolst 
von blumen in duftenden gründen, festlich heiter erglänzt der himmel 
und farbig die erde.” der gott ist wieder da, der jedes hochgefühl des 
lebens weckt, der die menschenseelen befreit und entzückt und beseligt. 
er ist auch ein strenger, furchtbarer gott; er weils auch des menschen 
bestes teil, das grauen und den schauder, auf die seele zu senken; auch 
die nacht und den tod durchdringt sein hauch: aber heute waltet die 
lichtseite vor. das fest ist minder heilig und frommer schauer voll als 
das blumenfest, das einen monat früher begangen ist. es wendet sich 
minder an das einzelne herz, gar nicht an die familie, wie jenes auf- 
erstehungsfest des frühlings und der lieben, die man hinabsenkte zum 
winterschlafe im kalten grabe: es wendet sich dafür an die grolse gemein- 
schaft des volkes. eine stiftung des Peisistratos ist dieses Dionysosfest, 
noch höher gehoben durch das freie Athen. und neben, auch wol vor 
der rein religiösen stimmung hebt ein in wahrheit auch religiös empfun- 
dener patriotismus die herzen. 

v. Wilamowitz II. 1 


2 Commentar. 


Ist doch der hauptact des festes, der feierliche zug, der das bild 
des Dionysos von Eleutherai aus der nordwestlichen vorstadt in den 
heiligen bezirk südlich der burg trägt, zugleich eine schaustellung der 
macht des attischen Reiches. da schreiten von allen attischen colonien 
die festgaben und festgesandten einher, sowol von den wirklichen tochter- 
städten in Thrakien und auf den Inseln, wie von den grofsen und kleinen 
Reichsstädten, die so weit sie ionisch sind, durch geschichtliche fiction 
für colonien gelten, so weit sie andern stammes sind, als colonien be- 
handelt werden. da werden die überschüsse des Reichsschatzes aus dem 
letzten jahre, werden vermutlich auch die von den festdeputationen mit- 
gebrachten jährlichen tribute einhergetragen:: die macht des Reiches stellt 
sich ohne scheu in dem dar was sie bedingt, den γεῦρα τῶν πραγμάτων. 
und wenn sich in dem heiligen bezirke die gäste und die würdenträger 
des staates auf die bänke niedergelassen haben, das volk sitzt oder steht, 
wie es gerade kommt, so ist die gemeinde versammelt. das gilt rechtlich; 
denn der herold ist da, und wenn er eine verordnung ausruft, eine be- 
lohnung, die einem einzelnen geworden, verkündet, so hat das abschließende 
gültigkeit. auch der einzelne bürger kann verkünden oder verkünden 
lassen, dafs er einen sclaven frei lälst: die gemeinde ist zeuge und der 
mann ist frei. aber auch tatsächlich ist das volk zur stelle: da sitzt der 
rat, die eigentlich regierende körperschaft; die leute haben als abzeichen 
nur den myrtenkranz im har, und mancher trägt selbst am festtag den 
einzigen schäbigen rock, den er besitzt: aber er hat das stolze bewulst- 
sein, herr zu sein. und daneben sitzen die offiziere in ihren roten mänteln, 
und die priester, und die 9 beamten, an ihrer spitze heute nicht der 
könig, sondern der jahrbeamte, der das spiel ausgerichtet hat, mit der vom 
rate und volke gesetzten festcommission. da werden auch die preisrichter 
sitzen — wir wissen nicht genau, wie sie bestellt wurden, noch worauf 
man bei ihrer bestellung sah, nur dals das los sie aus einer durch prae- 
sentation, vermutlich der phylen, festgestellten liste nahm (χληροῦν &x 
σροχρέτων) lälst sich sagen, und dafs bei ihrer praesentation sehr viel 
andere motive als das aesthetische sachverständnis leitend waren. sie ver- 
treten das volk wie jede commission und das volk traut sich wie über 
alles auch über die dramatische poesie ein infallibles urteil zu'). den 


1) Aristoteles Pol. H 1338b sagt, dafs die Lakedaemonier trotz ihrer geringen 
musischen bildung ganz besonderes musikalisches urteil beanspruchten. die Athener 
haben es ohne zweifel besessen. gerade wenn Aristophanes sich über schlechte be- 
handlung beklagt, haben sie immer recht. die pietät mit der sie dem Sophokles 
immer wieder den preis zusprachen und den Euripides zurücksetzten, gereicht ihnen 


Das äufsere der aufführung. 3 


ehrenplatz aber hat der priester des gottes, bei dem das volk zu gaste 
ist: und das volk liest die freundschaft seines gottes in dem purpur- 
nen gesichte'). die zeit ist nun freilich vorbei, wo der gott oder der 
staat die pflichten des gastgebers auf sich nahm, und knaben mit körben 
voll backwerk und wein durch die reihen der zuschauer giengen?). dazu 
ist jetzt die vieltausendköpfige versammlung zu grols. gleichzeitig sind die 
spiele immer mehr ausgedehnt worden. man kann nicht wol wie ehedem 
gefrühstückt erst zu dem gotte gehn, so wenig wie in die volksversammlung;; 
einen leib brotes, ein par zwiebeln, knoblauchknollen oder sonst einen 
imbifs nimmt man mit; sonst heifst es lange stunden hungrig musik hören. 
und so geht es mehrere tage vom frühesten morgen an. denn das leben 
hat einen andern zuschnitt als in unserer zeit, wo gas und glühlicht die 
natur verkehrt: wie zu jeder volksvereammlung ruft auch zu dieser, ins 
theater, Eos, wenn sie aufsteigt, nicht wenn sie sinkt. 

Das theater aber, was ist es? das dach ist das himmelszelt, die er- 
leuchtung besorgt die gottessonne, und wer nicht auf einer der holzbänke 
einen platz findet, sei es als ehrengast, sei es für geld, der sitze auf dem 
felsen Athenas. der abhang ist geräumig, und zu sehen und zu hören ver- 
mag der Athener: augen und ohren sind wacker. drunten aber ist ein 
kreisrunder gepflasterter platz, da werden sie tanzen; und dahinter ist ein 
gerüste, ob von holz oder stein, das wissen wir für diese zeit nicht genau). 
es stellt diesmal die facade eines schlosses vor, und auf dem tanzplatze 
ist ein grofser altar aufgebaut. so hat sich die bühne schon oft den 
harrenden zuschauern dargestell. wo sie das haus zu denken haben, 
in Theben oder Troia oder im Hades, wissen sie noch nicht, aber sie 
denken wie Hamlet, schauspieler können nichts geheim halten, warten 
wir bis sie’s ausplaudern; auch wem der altar gehört, werden wir dann 
erfahren. theaterzettel fehlen, aber das weils man, dafs Euripides heute 
den Herakles auf die bühne bringt, dafs der reiche so und so aus dem 
demos N. N. die choregie besorgt: der wird’s nicht an sich fehlen lassen. 
und auch die schauspieler, wenigstens den protagonisten, kennt man: 


nur zur ehre. das was staat und kirche (was dasselbe war) von dem festspiele 
fordern mufste, leistete jener ohne frage besser. das volk hat sich als preisrichter 
ganz entschieden sehr conservativ gezeigt. 

1) Schol. Arist. Frö. 308. Hesych ἑερεὺς “]Πονύσου. 

2) Philochoros bei Athen. XI 464. in der komödie kam verteilung von nasch- 
werk auch später vor, wie noch Aristophanes Wesp. 58 bezeugt. 

3) Bestimmte indizien liegen vor, die wahrscheinlich machen, dafs ein steinernes 
bühnengebäude in den zwanziger jahren des fünften jahrhunderts errichtet worden ist. 

1 * 


4 Commentar. 


auch der kämpft um einen preis wie der dichter und chorege. auch den 
chor hat man schon gesehen; beim proagon, ein par tage vorher, im 
odeion hat er sich vorgestellt; aufserdem sind’s ja bürgersleute selbst, 
und ihre vettern gevattern und nachbarn sind mit unter den zuschauern, 
sitzen neben denen der concurrirenden chöre: es haben viele ihr per- 
sönliches kleines interesse an dem wettkampfe, das freilich kein poe- 
tisches ist, aber das spiel erst recht zum volksspiel macht. und dann 
geht auch der streit um die poesie durch das publicum. da sind die 
jungen, die Thrasymachos und Prodikos gehört haben und auf Euri- 
pides schwören, aber sie sind die minorität; die älteren und gar die 
greise, die ihrem jugendgenossen Euripides nie verziehen haben, dafs er 
mit ihnen nicht schritt halten wollte, schauen unwillig darein. nun gar 
heute, wo ein Herakles aufgeführt werden soll. das ist unerhört: soll 
der dorische fresser gar ernsthaft genommen werden: wir sind doch 
keine Herakliden wie unsere feinde. oder gibt es wieder ein skandalon, 
wie mit Aiolos und Bellerophontes ? 

Doch die phantasie versagt: ihr spiel mülste leer und trüglich werden. 
wer sich nicht selbst täuscht, sei es mit den seifenblasen freier fiction, 
sei es mit den dunstigen bildern, die die modernen aus 1000 citaten, die 
nichts beweisen, mühsam zusammengequalmt haben, der muls gestehen, 
dafs er eigentlich nicht weils, wie eine tragoedie gespielt ward. 

Gleich den anfang weils er nicht: wie kamen die personen an ihren 
platz, den sie beim beginn des dramas einnehmen ? doch wol vor den augen 
der zuschauer ἢ wann hatte also die illusion des publicums nicht mehr schau- 
spieler und tanzplatz, sondern Ampbitryon und Theben zu erblicken? und 
so lälst sich denn auch über die ausstattung wenig mehr als allgemeinheiten 
sagen. denn das muls streng festgehalten werden: grammatikerzeugnisse 
schauspielerstatuen reliefs mosaiken u. 8. w. gehen die zeit der grolsen 
dichter nichts an. das bezieht sich alles auf eine praxis, die sich zwar auf 
grund der altattischen entwickelt hat, aber mit dieser nun und nimmer 
identificirt werden darf. wenn wir ein tragisches vasenbild finden wie die 
Neapler satyrvase, dann mag man sehen, was von jenen späteren dar- 
stellungen, bildlichen und schriftlichen, verwendbar ist: zunächst ist 
nichtwissen besser. 

Eins aber haben die entdeckungen antiker bühnen in den letzten 
jahren sicher gelernt, die anlage des schauplatzes, und es sollte jeder- 
mann, wenn er ein altes drama liest, es sich auf dem theater von Epi- 
dauros gespielt vorstellen. chor und schauspieler bewegen sich wesent- 
lich auf dem grolsen kreierunden tanzplatze, auf dem also am anfang 


Das äufsere der aufführung. B 


des Herakles die malerische gruppe sitzt. zugänge führen von beiden 
seiten auf den tanzplatz, deren anlage von den dichtern oft mit geschick 
ausgenutzt wird (vgl. zu v. 138 u. ö.). genau in derselben höhe mit der or- 
chestra liegt “die bude’, σκηνή, hinten, deren front eine tangente des kreises 
ist. auf dieser linie steht eine reihe von säulen aus stein oder holz, wenig 
über mannshoch, die ein flaches dach tragen, auf dem hier die göttinnen 
auftreten. zwischen den säulen ist in der mitte eine tür, sonst sind 
die zwischenräume durch holzgetäfel (σείναχες) ausgefüllt, die hier nur 
die wände des schlosses bedeuten. das gebäude, das so für jedes stück 
nach bedarf decorirt wird, ist nicht tief und wird hinten durch eine sehr 
hohe wand, die den schall in den zuschauerraum wirft, abgeschlossen : 
es ist die “vorbude’ προσχήνιον; die σχηνή dahinter interessirt uns nicht. 
es ist ganz bewunderungswürdig, wie die dichter mit dieser einfachen, aber 
überaus praktischen anlage zu wirtschaften verstanden haben '). 

Die schauspieler und tänzer trugen masken und erstere wenigstens 
waren durch kleidung, frisur und beschuhung möglichst in das über- 
menschliche gesteigert. auch ihr costüm entsprach nicht dem leben, wie 
es war, sondern wie es zwei menschenalter früher gewesen war. wie in 
der tracht der musiker, hatte sich auch hier die archaische, prächtige, 
uns zuerst so unhellenisch anmutende tracht gehalten. wie die frauen- 
bilder, die aus dem schutte des alten Poliasheiligtums emporgestiegen 
sind, nicht wie die korbträgerinnen des neuen tempels haben wir uns 
Antigone zu denken. Amphitryon, Megara, Lykos hat der dichter nicht 
charakterisirt, weil sie die typen von greis, frau, könig tragen. wir können 
nur die kleinigkeit sicher sagen, dafs der könig einen grünen mantel 
trug’). Iris ist ein geflügeltes junges weib in langem gewande; als götter- 
botin kennzeichnet sie der heroldstab?). Lyssa ist vom dichter beschrieben. 


1) Die litteratur der 'scenischen altertümer’ ist immer antiquirt gewesen, denn 
das war immer stubendramaturgie; jetzt ist sie durch die funde beseitigt, und man 
kann es den toten überlassen, ihre toten zu begraben. aber der entdecker der archi- 
tektonischen wahrheiten, W. Dörpfeld, hat noch nicht gesprochen. für den philologen, 
so weit er den dichter erklären will, reicht in der tat schon das eine theater von 
Epidauros hin, so er augen zu sehen hat. nur wird der philologe gut tun, die exe- 
gese der texte auch vor dem hereintragen neuer moderner hypothesen zu schützen: 
die texte haben den vorrang, denn sie allein stammen aus dem athenischen theater. 

2) Arist. Ritt. 1406 mit schol. 

3) Wie man sie sich dachte, lehrt die schale des Brygos (Mon. d. Inst. IX 46), 
welche einen stoff darstellt, den nachmals Achaios in einem satyrspiel behandelt 
hat; wir kennen ihn nicht. sie hält hier keinen stab, was in der geschichte be- 
gründet gewesen sein wird. auf der Francoisvase hat sie ihn. 


6 Commentar. 


ein schauerliches, abschreckendes antlitz, schlangenhar, in der hand den 
stachel: nicht wie der edle stil der attischen Akteonvase, noch auch wie 
der sentimentale Hellenismus des Assteas sie bildet, sondern wie die 
scheusäler der schwarzfigurigen vasen, wenigstens annähernd, ist sie zu 
denken. auch den Herakles beschreibt der dichter. er ist bärtig (934) 
trägt ein langes prachtvolles gewand, mit dem er sich das haupt ver- 
hüllen kann (959. 1159), köcher und bogen hängen an der seite, die 
hand führt die keule. die löwenhaut wird zwar im chorliede erwähnt, 
aber nicht an dem gegenwärtigen helden: sie ist nicht anzunehmen, denn 
auch die andern dramen, in welchen er vorkommt, erwähnen sie nicht. 
der Herakles der Neapler satyrvase hat sie zwar wie eine kurze chlamys 
um den arm geschlungen, trägt aber einen harnisch und darunter nur 
einen kurzen chiton, was in dem besonderen stoffe des bestimmten ge- 
dichtes liegen mufs. dafs die maske des Herakles schon conventionelle 
züge trug, ist möglich; aber schwerlich wird mehr als der kurze bart und 
das kurze haar, das dem unermüdlichen krieger und kämpfer im gegen- 
satze zu den königen im himmel und auf erden, die zeit zur körper- 
pflege haben, anstand, und im allgemeinen eine auf physische un- 
bezwinglichkeit und trotzigen mut deutende kopf- und gesichtsbildung 
vorausgesetzt werden dürfen. sicher ist, z. b. durch die Alkestis, dafs 
das publicum den Herakles sofort erkannte, auch ohne dals sein name 
genannt ward. dasselbe gilt von Theseus, wie z. Ὁ. Hik. 87 zeigt, und 
bei einer in Athen so häufigen figur ist das viel weniger zu verwundern, 
als dals es Theseus in der bildenden kunst überhaupt zu keinem typus 
gebracht hat: wie er auf der bühne erschien, ist ganz unbekannt. feste 
figur ist auch der bote; das zeigt seine einführung hier wie sonst oft; 
aber auch sein costüm kennen wir nicht. der chor endlich ist nicht 
anders gekleidet zu denken als die attischen greise oben im zuschauer- 
raum. den einzigen schmuck bilden die kränze (677), die nicht die 
kampfgenossen des Amphitryon, sondern die attischen tänzer am Dionysos- 
fest tragen: also ein sinnfälliger bruch der illusion. sie haben den 
langen mantel um (123), wie die Athener, und führen lange stöcke wie 
jene. schon diese tracht verbietet bei dem tanze an irgend welche ballet- 
sprünge zu denken, gesetzt auch die attische edoynuoouyn würde sie 
an solchen personen ertragen. wenn die komödie solche lebhafte be- 
wegung verlangt, lälst sie regelmälsig die mäntel ablegen. aulserdem 
kommen etliche statisten zur verwendung, die bewaffneten begleiter des 
Lykos, die öfter erwähnt werden, und solche sind auch im gefolge des 
Theseus anzunehmen, denn ohne begleitung treten fürsten nicht auf, 


Das äufsere der aufführung. 7 


weil der ansehnliche attische bürger und seine frau es auch nicht tun. 
für die statisten hatte der chorege gewohnheitsmäßig zu sorgen'). aufser- 
dem hat er dem Euripides diesmal eine “extraleistung’ (παραχορήγημα) 
gewährt: die drei knaben, welche die Herakleskinder darstellen. sie 
mußsten freilich für das stumme spiel ordentlich einexercirt sein, aber 
attische jungen werden sich für die ehre und das vergnügen und allen- 
falls etliche getrocknete feigen genug bereit gefunden haben. 

Die darstellung erfordert keine besonderen scenischen mittel. die 
göttinnen erscheinen auf dem dache des proskenions, das die zuschauer 
als “in der luft” so willig gelten lassen wie die orchestra als Kadmeia, 
die vielleicht in zwei stunden Larisa sein wird. 

Seit alten zeiten herkömmlich ist das ekkyklema. der chor sagt 1029, 
es würden die türen aufgetan, und gleich darauf erscheint dem zuschauer 
Herakles in mitten der verwüstung, die er auf dem hofe angerichtet hat. 
man darf nicht glauben, dals lediglich eine großse tür geöffnet würde: 
in diesem falle würden alle zu weit seitlich sitzenden zuschauer nichts 
sehen, auch würde dann Amphitryon nicht nebenher auftreten, sondern 
im hause sein, und Theseus mülste gar drinnen mit Herakles verhandeln. 
das reden vom öffnen der türe ist vielmehr eine conventionelle bezeichnung 
für das ἡ herausrollen’, das die komödie geradezu mit diesem worte be- 
zeichnet. aus der hinterwand wird ein gestell vorgeschoben, auf dem 
die notwendigen personen und requisiten vorher angemessen gruppirt sind; 
es bleibt bis zum schlusse des dramas sichtbar, wo es mit Amphitryon 
(statt Heraklee) hineingerollt wird. es war also keinesweges sehr grols?). 
so hat die damalige maschinenkunst das problem gelöst, eine scene inner- 
halb des hauses darzustellen, und so viel wir wissen hat man sich da- 
bei beruhigt, obne irgend anstofs zu nehmen; noch des Demophilos 
Onagos hat in der schlulsscene davon gebrauch gemacht; ob auch der 
übersetzer, will ich nicht entscheiden. die leichen der Megara und ihrer 
kinder, die während des ganzen schlulsteiles sichtbar sind, konnten na- 
türlich nur durch puppen dargestellt sein: der schauspieler der Megara 
spielt den Theseus. ° 

Es ist wenig was wir wissen; aber es genügt, um klar zu stellen, 
dals die darstellung für uns etwas fremdartiges, steifes, sagen wir es 


1) Hippokrates νόμος, ungebildete ärzte sind gleich 7050s παρεισαγομιένοισε 
προσώποισιν ἐν τῆσε τραγῳδίησεν" ὧν γὰρ ἐκεῖνοι σχῆμα μὲν καὶ στολὴν καὶ πρόσο»- 
πον ὑποκριτοῦ ἔχουσιν, οὐκ εἰσὶ δ᾽ ὑποκριταί, οὕτω κτέ. 

2) Dies wird durch die dimensionen der türen des proskenions z. b. in Epi- 
dauros bestätigt. 


8 Commentar. 


nur, etwas barbarisches haben würde. wenn man aber die fremdartig- 
keit überwände (und man vergifst wol nur, dals man das gegenüber 
den archaischen köpfen und den vasenbildern des Euphronios auch hat 
tun müssen, die doch die incarnation des echten Athenertums sind), 
so würde der eindruck der des tiefsten religiösen ernstes sein, etwa wie 
Masaccio heilige geschichten erzählt. die gewaltige dramatische kraft steckt 
selbst in der sprache hinter der hülle einer conventionellen stilisirung, 
durch welche viele flüchtigere betrachter nicht dringen. alle diese hüllen 
muls der erklärer oder übersetzer beseitigen: dann wird erst recht deut- 
lich, wie wenig diese poesie gealtert ist. sie würde mit modernen mitteln 
behandelt auch jetzt auf der bühne überwältigend wirken. nur die ekel- 
hafte nachahmung nichtsnutziger äulserlichkeiten, das archaeologische 
zwitterwesen in verbindung mit stumpfsinnigen übersetzungen “in den 
versmalsen der urschrift‘ oder noch schlimmer gestümpertem griechisch 
verekelt sie gründlich, wenigstens für jeden gesunden menschen. zum 
futter für bildungsphilister sollte das Dionysische spiel zu schade sein. 
wer nicht den mühseligen weg der philologie gehen kann um die origi- 
nale zu verstehen, dem soll die philologie das was ewiges leben in den 
dramen hat, ihre seele, in einem neuen leibe vor augen führen: dann 
wird die seele auf die seelen wirken. der philologe aber bilde sich nicht 
ein, dals er mit einem bischen griechisch und dem zauberstabe der fa- 
mosen methode zum verständnisse befähigt wäre. das geht alles im besten 
falle den sterblichen leib der gedichte an. in wahrheit bedarf er schon 
um den zu verstehen der ganzen philologie, an die seele aber wird auch 
er nur dringen, wenn er mit voller seele daran geht und den spruch 
des Demokritos beherzigt ra ἱρὰ ἐόντα πρήγματα ἱροῖσιν ἀνθρώποισι 
δείχνυται, βεβήλοισι δὲ οὐ ϑέμις πρὶν ἢ τελεσϑέωσιν ὀργέοισιν 
ἐπιστήμης). 


1) Über diesen spruch, den ich der ersten auflage auch als motto vorgesetzt hatte, 
mufs ich ein beschämendes geständnis ablegen. ich war aufs äufserste überrascht, als 
ich öffentlich von Gomperz, privatim von anderen interpellirt ward, wie ich dazu käme, 
den hippokratischen νόμος dem Demokritos zuzuschreiben. das hatte ich gar nicht ge- 
wollt. ich fand zwar zu dem spruche in meinem handexemplar des Hippokrates den 
namen Demokrits notirt und auch den vorigen ale ungehörigen zusatz abgesondert 
und dem Demokrit zugewiesen (was ich für evident richtig halte), aber das hatte 
ich vergessen, und ganz sicher wulste ich, das ich den spruch, den ich eitirte, nicht 
aus dem Hippokrates genommen hatte, sondern mit Demokrits namen angeführt ge- 
lesen hatte, ich glaubte, bei Plutarch. aber ich habe ihn nicht finden können, ob- 
wol ich wenigstens den gröfsten teil der Moralia seitdem wieder gelesen habe. meine 
erinnerung sagt mir nur, dafs ich zu der zeit, wo ich diesen teil meines buches 


Erster auftritt, prolog 1---106. 9 


Erster auftritt, prolog 1---106. 


Euripides hat sich für die expositionsscenen seiner tragödien ganz 
feste regeln gebildet, die schon in der Alkestis gelten und, so viel be- 
kannt ist, keine ausnahme erleiden. er beginnt die handlung niemals 
schon im prolog, d. h. der scene, welche dem einzuge des chores vor- 
hergeht (wie Soph. in Ant. O T.), teilt aber in ihm dem publicum ganz 
ausführlich die voraussetzungen mit, die er für sein drama macht. aulser- 
dem nennt möglichst in den ersten versen die redende person sich und 
den ort der handlung, beides mit zufügung des pronomens öde (v. 3. 4). 
getrieben hat den Euripides zunächst kunstsinnige aber abstracte über- 
legung: er hat den begriff’ der exposition als eines intregrirenden teiles 
des dramas scharf gefalst und, ähnlich wie die spätere rhetorik die teile 
der rede, ganz rein herausarbeiten wollen. ferner verschmähte er die 
gemeine spannung des publicums zu erregen, die nur in der neugier be- 
steht, was wird daraus: der zuschauer soll nicht weniger wissen als die 
handelnden personen, sondern mehr. er hat darin ganz wie Lessings 
theorie geurteilt, nicht wie Lessings praxis: der ἀναγγωρισμός des 
Nathan würde nicht so ganz abfallen, wenn der zuschauer durch einen 
prolog unterrichtet wäre, in wie naher beziehung Nathan, Tempelherr, 
Saladin, Klosterbruder stünden. so weit hat also Eur. ganz recht. aber 
die ausführung ist der manier verfallen und hat den spott des Aristo- 
phanes mit recht erfahren. in diesem falle mufste so viel notwendiger- 
weise erzählt werden, wie das publicum als voraussetzung der neuen 
handlung wissen sollte, also alles was mit Lykos zusammenhängt. aber 
die genealogie des Ampbitryon verdiente diese breite wahrhaftig nicht. 
besonders schleppend wird der eingang durch die häufung des relati- 
vischen anschlusses ὃν 2, ὃς 4, ἔνϑα 4, ὧν 5, οὗ 6, ἔνϑεν 7. in- 
des sind sie nicht alle dem τίς οὐκ οἶδεν untergeordnet, denn allbe- 
kannt ist nur Amphitryons name, weil er mitgatte des Zeus ist. das 
andere wird erzählt. also beginnt mit 4, genau da wo das local ge- 
nannt wird, der zweite satz, und in diesem konnte Amphitryon von sich 
nur in erster person reden. auch wirkt die declamation belebend: denn 
nur die ersten drei verse können als frage gesprochen werden. 


schrieb, besonders viel moralisten und philosophen und die christen der ersten jahr- 
hunderte gelesen habe. aber ich weils nicht einmal zu suchen. ich habe also die 
entdeckung unbewufst gemacht und mufs hoffen, dafs ein anderer das wild nicht 
wieder aus dem garne entschlüpfen läfst. 


10 Commentar. 


1 Bei der häufigen trennung der ehen, der regelmälsigen, oft testamen- 
tarisch bestimmten wiederverheiratung der wittwen ist das verhältnis des 
σύλλεχτρος σύγγαμος (149) ξυγγεννήτωρ παίδων ein pietätsverhältnis 
geworden. so falst es nicht blofs Sophokles (Ο. T. 260), sondern selbst 
Platon (Ges. 874°). auch Tyndareos wird in ehrerbietung Ζηνὸς ὅμό- 
Aezrgov χάρα angeredet (Or. 476). Asconius in Scaur. praef. p. 17, 27 
K. 8. necessitudinis iure quod ex eadem uterque liberos haberet. seltener 
begegnet das unter frauen, doch steht σύγγαμος Andr. 836, wo ein edles 
wort gesucht wird. 

5 orayug: die u-stämme haben im nom. und acc. die länge noch viel- 
fach in der tragoedie bewahrt. im leben war die kürze in den mehr- 
sylbigen wörtern ganz, in den zweisylbigen fast ganz durchgedrungen, 
so dafs die späteren an der alten echten messung anstols nahmen. 

7 τεχγνοῦν gewöhnlich “ zeugen’; aber auch ganz normal “mit kindern ver- 
sehen’, also im passiv "nachkommenschaft haben’, A. Ag. 752, E. Phoin. 
868 Laios ἐτεχνώϑη, schol. πατὴρ ἐγένετο. zu dieser stelle stimmt 
noch genauer die tragische glosse τεχνώσει" εὔτεχνον ποιεῖ Hesych. 
die Sparten, welche übrig blieben, waren nach der festen tradition fünf: 
aber in der dritten generation hatten sie Theben mit nachkommenschaft 
angefüllt. 

10 ἠλάλαζον αὐτὴν ὑμεναίοις σὺν Awrp. ἀλαλάξεεν jauchzen ist 
nicht transitiv, aber ὑμεναίοις ἀλαλάζειν kann so gebraucht werden, weil es 
den transitiven begriff ὑμνεῖν umschreibt, vgl. 690. οἱ δ᾽ ὑμέναιοι συνη- 
λάλαζον τῷ λωτῷ. jubellieder und flötenspiel vereinigten sich zum preise 
Megaras. 

irgend ein pedant hat sich ausgedacht die pflanze λωτός hätte langes 
o, die flöte λωτός kurzes. so lehrt schol. Vatic. Eur. Phoen. 787, Eust. 
zu B 776 M 283 und so schreibt C meist. unsinnig, da λωτός die 
flöte nur bedeutet, weil sie aus lotos gemacht ist. auch entscheidet oft 
das metrum. der gebrauch ist dem Euripides gewöhnlich, fehlt Pind. 
Aisch. Soph.,, kann also durch Eur. den spätern übermittelt sein. er hat 
selbst für flötenklang “lotosnachtigallen’ gewagt λωτένας ἀηδόνας fg. 931. 

11 dafs Herakles als haussohn bei Amphitryon wohnen bleibt, mufs der 
dichter erfinden, um einen einheitlichen schauplatz für sein drama zu 
haben; schwerlich bat ihn die thebanische örtlichkeit bestimmt, wo aller- 
dings ein wohnhaus der Heraklesfamilie bestand. — die hochzeitsfreude 
im gegensatz zu dem unglück der späteren ehe auszuführen ist ein her- 
kömmliches motiv im drama; dafs das hochzeitsfest deshalb etwa von 
der sage besonders verherrlicht wäre, ist damit nicht gesagt. 


vers 1—18. 11 


15 Κυκχλώπιος und Κυχλώπειος findet sich beides. auf die überlieferung, 
die hier schwankt, ist in solchen dingen kein verlals, aber man wird, 
wo man kann, das correcte setzen, d. h. von dem consonantischen stamme 
Κυκλώπε-ιος. 998 stimmt auch die überlieferung zu. 

Κυκλώπια τείχη bezeichnet Mykenai, schon bei Pind. fgm. 169 Bgk.‘, 
denn nur seine mauern und die Tirynthischen, nicht die der burg von 
Argos, sind von Kyklopen erbaut, d. h. von riesen, welche unter diesem 
namen an allen ufern des saronischen meeres, auch in Athen und Eu- 
boia, gewohnt haben sollten. für zugewandert erklären sie schon alte 
mythographen (Pherekyd. schol. Ap. Rhod. IV 1091), weil sie die ge- 
waltigen bauwerke der eigenen vorzeit nicht zutrauen. aber das ist ein 
von den neuern übel erweiterter rationalismus. — indem Eur. Argos und 
Mykenai zusammen nennt, will er nicht zwei reiche bezeichnen, sondern 
trägt den verhältnissen seiner zeit rechnung, in der Mykenai nur noch 
ein kümmerliches argivisches dorf war. er gebraucht beide namen, 
manchmal die orte, immer das reich identificierend, Aischylos meidet in 
der Orestie den namen Mykenai, weil Athen mit Argos freundlich stand, 
und die zerstörung der berühmten rivalin erst vor wenig jahren geschehen 
war. Sophokles Elektra zieht Mykenai vor, rückt es aber mit dem 
markte von Argos und dem Heratempel, der von beiden städten weit 
abliegt, zu einem schönen gesammtbilde zusammen, das der verdirbt, der 
es poesielos mit der wirklichkeit in übereinstimmung bringen will. 

18 ἐξευμαρίξζων᾽" εὐμαρὲς ποιούμενος, gebildet wie das spätere ἐξευτε- 
λίξω und ἐξευτρεπίξω El. 75. unten 81 steht das medium mit scharfem 
bedeutungsunterschied ; dort ist das object nicht die zu erleichternde last, 
sondern das mittel, das sie erleichtert, wie man nodum expedire und 
consilium expedire sagt. — das geschick des Amph. war noch gar nicht er- 
leichtert, aber die übernahme der dienstbarkeit geschah zu diesem zwecke. 
das particip steht also in dem sinne, in welchem das praeteritum des prae- 
sensstammes 80 oft steht; man nennt es dann impf. de conatu. in wahrheit 
ist allen modi dieses stammes der gebrauch gemeinsam, dafs der verbal- 
begriff nicht effectiv (ἐνεργείᾳ) sondern potential (δυνάμει) zu verstehen 
ist, die oft verkannte erscheinung bedarf eines namens; im folgenden 
sind solche praesentia als dynamische bezeichnet, 

ϑέλειν sagt die tragoedie im dialog ausschließlich, die alte komoedie 
ἐθέλω. die verkürzte form kommt schon im epos einzeln vor, ist auch 
auf ionischen alten steinen belegt, war aber noch seltener und schien 
vornehmer. aus der lyrik kann ϑέλω nicht in die tragoedie gekommen 
sein, weil Pindar es nicht kennt (Pyth. 2,69 von Böckh verbessert). 


12 Commentar. 


die ältere kunstprosa scheint nach der überlieferung geschwankt zu haben, 
hat aber das tragische ϑέλω mindestens auch verwandt: die jüngere 
(Isokrates) hat ausschlielslich ἐθέλω. es hatte sich nämlich nun das 
leben für die kürzere form entschieden, die also in komoedie und späterer 
prosa ausschließslich herrscht. folglich schien nun ἐϑέλω vornehmer. 
gleichzeitig ward das epos neu belebt und hielt sich natürlich auch an 
ἐθέλω, so Kallim. Apollon. immer, Theokrit auch bis auf eine stelle in 
einem jugendgedichte (Κύχλ. 26). die nachahmer, selbst der Homeriker 
des gedichts 25, kennen die regel nicht. 

20 Der wahnsinn erscheint dem Hellenen als der stachel einer bremse, 
die ja οἶστρος heifst, (so in der Iofabel sinnlich; sie heilst ὀδύναις xev- 
τροδηλήτοισι ϑυιὰς Ἥρας A. Hik. 563), oder als treibstachel, mit dem 
die wahnsinnsendende gottheit ihr χτῆμα antreibt. so unten Lyssa. auch 
wenn die liebe χέντρα hat (Hipp. 39. 1303), so sendet Aphrodite oder Eros 
wahnsinn. denn Aphrodite ist wie eine biene (Hipp. 564) Eros auch 
(Ps. Theokrit 19, in wahrheit Moschos), denn auch er ἐμιπέπτει χτή- 
μασιν, Soph. Ant. 782 (wie ein οἶστρος). selbst Apollon führt, wenn 
er prophetischen wahnsinn sendet, den stachel, Vergil Aen. 6,101 ea 
frena furenti concutit et stimulos sub pectore vertit Apollo. also Heras 
stachel bedrohte Herakles schon früh: das ist vorbedeutend. 

Hera ist als handelnde person gedacht, daher” H. ὕὅπο ; das schicksal nur 
als das was Her. bei seinem tun begleitet, daher τοῦ χρεὼν μέτα, wie diese 
praeposition bei Eur. und in der prosa zu abstracten tritt, ue$’ ἡσυχίας τι 
δρᾶν u. dgl. die inversion der praeposition ist zwar der kunstprosa und 
komoedie nicht ganz fremd, ward aber im 4. jahrhundert als durchaus 
dichterisch empfunden (Ar. poet. 22). niemand liebt die inversion so sehr 
wie Eur, der meistens wie hier die praeposition an das versende stellt 
und dadurch den vers zu einer straffen einheit zusammen falst. 

22 ἐχμοχϑεῖν durch μοχϑεῖν überwinden, ähnlich &xrsoveiv 581. 

23 λοέσϑιος ein wort unbekannter herkunft, das zuerst in einem jungen 
homerischen gedichte, den Athla, aufkommt, aber in den formen λοῖσϑος 
λοισϑήιος. ganz vereinzelt in der lyrik und bei den späteren epikern 
(Apollonios, Theokrit einmal, nicht Kallimachos). im drama ist es häufig, 
doch hat es Aisch. erst in der Orestie. der adverbiale gebrauch des 
neutrums mit artikel überwiegt. 

Der wechsel der tempora, ἐξεμόχϑησεν, βέβηκεν, οὐχ ἥκει entspricht 
dem tatbestande und enthält kein praejudiz. aber das ethos Ist, doch völlige 
resignation, als ob es hielse ἵν᾽ ἐχπεραίνει βίοτον οὐδ᾽ ἔβα πάλιν 429. 

28 δεσττόζω wird, wie natürlich, gewöhnlich mit dem genetiv verbunden, 


vers 20---30. 18 


als denominativ; wenn also hier der accusativ steht, so hat das eine be- 
sondere absicht, zumal der vers beides ertragen würde. es ist der unter- 
schied, der xgareiv τινός "stärker als jemand sein’ von χρατεῖν rıya, 
“jemanden in gewalt haben, trennt: für unsere empfindung also ein gra- 
dueller. das wort hat einen ganz andern klang als τυρανγῆσαι. 

29 τύραννος hat nicht den geringsten gehässigen beigeschmack, aber 
unter einem δεσπότης stehen nur sclaven, 258. wir stehen im banne der 
späteren entwickelung, der Platon die wege gewiesen hat, und müssen 
das so wiedergeben “die tyrannei des Lykos lag auf dem lande, bis die 
Zeussöhne die herrschaft errangen’. 

30 Welche sagenform über den conflict der Zeussöhne mit Lykos Euri- 
pides und sein publicum bier voraussetzen, ist nicht wol zu sagen, da 
seine Antiope für alle zukunft diese geschichte fixirt hat: die war damals 
noch nicht geschrieben, hat aber schwerlich älteres einfach wiedergegeben. 
Zethos und Amphion sind die namen der “Dioskuren in Theben; die 
namen sind aber secundär, da es von diesen brüdern auch einzelsagen gibt 
(Amphion Niobe; Zethos Aedon), und gelten nicht im cultus: da heilsen sie 
Διὸς κόροι᾽ Zeussöhne oderAyaxss herren’. die vordorische bevölkerung 
hat an sehr vielen orten ein göttliches zwillingspar verehrt, stralend schön, 
jung und kraftvoll, immer einträchtig zusammenwirkend. man dachte sie sich 
rettung in höchster not bringend zu wasser und zu lande, nicht blofs wo es 
kampf galt, sondern auch in krankheit und den weibern in kindesnöten, 
immer aber als ϑεοὶ σωτῆρες. zur veranschaulichung ihres wesens 
bildete sich daher eine geschichte, wie sie einer hilflosen person (meist 
mutter oder schwester) in letzter stunde unverhofft zum heile erschienen 
wären. im anschlufs an die geschichten und die gesonderten stätten der 
verehrung individualisirten sich die gestalten, und so unterschied man 
die Tindariden in Sparta (die echte form des ungedeuteten vaternamens 
ist Τίνδαρος. die einzelnamen sind jünger; Πολυδεύχης, “der ganz 
süsse, stimmt in der form zu ./svxallwv, der aulser im norden auch 
auf Kreta vorkommt. Leda ist auch mit Aetolien verbunden worden), 
Apharetiden in Messenien, Molioniden in Elis, Antiopesöhne in Boeotien: 
in Argos Athen Theben hat sich auch der alte name _4vaxes erhalten. 
in Boeotien (Theben Thespiai und sein gebiet), wo die ebne pferdezucht 
einigermalsen gestattete, und der zugewanderte adel, der übrigens diese 
alten culte nicht sehr pflegte, das lebensideal bestimmte, dachte man sich 
die Zeussöhne auf weilsen rossen heransprengend, daher hier λευχόπωλοι, 
und Phoen. 606, wo sie geradezu ϑεοί heifsen. das ist aber erweislich 
secundär: denn Zethos und Amphion reiten nicht. nicht anders in 


14 Commentar. 


Sparta, dessen Dioskuren Euripides (Hel. 640. 1495) sich auch so denki. 
da das reiten eine spät gelernte kunst ist, muls man davon für das 
wesen der götter überhaupt absehen. aber sehr wol ist möglich, dafs 
die götter selbst in der gestalt von weilsen rossen gedacht worden waren. 
dafs ihr eultname in Theben λευκὼ πώλω AJıoc war, sagt Eur. in dem 
neugefundenen schlufse der Antiope C 55 selbst. in rolsgestalt sind 
götter vielfach gedacht; Erinys und ihr sohn Erion, Poseidon, die winde. 
noch viel später und fast ausschließlich für die κατ᾽ ἐξοχὴν sogenannten 
Dioskuren ist eine verbindung mit den sternen aufgekommen (zuerst bei 
Eur., diesem geläufig). als die schiffer sich nämlich auch in den schutz 
dieser ϑεοὶ σωτῆρες gestellt hatten, glaubte man ihre erscheinung im 
St. Elmsfeuer zu bemerken, das als stern galt. nur noch eine spielerei 
unfrommer zeit ist die deutung des sternbildes der zwillinge auf die 
lakonischen oder auch die boeotischen Dioskuren. die auf die Kyprien zu- 
rückgehende sage, nach der Kastor und Polydeukes verschiedene väter 
haben und einen tag um den andern beide leben, den andern tag beide 
tot sind, lebt nicht in der religion, sondern sucht den cult der heroen 
von Therapnai, die dort im grabe ruhen, mit dem glauben an die retter 
im himmel auszugleichen. es ist aber bezeichnend, dals die s. g. ver- 
gleichende mythologie diese geschichte (nebenher gröblich milsverstehend), 
die versternung und das reiten zum ausgangspunkte nimmt, um die 
zwillinge als morgen- und abendstern glücklich zu vereinzeln'). 


1) Es wäre verstocktheit, die Zeussöhne der Hellenen von den acvins der 
Inder zu trennen, über die eben Oldenberg Relig. d. Veda 207 ausgezeichnet unter- 
richtet; auch bei den Kelten fand Timaios (Diodor IV 56) den cult der Dioakuren 
verbreitet, und von germanischen stämmen ist dasselbe bekannt. aber es ist eine 
eigentümliche ungleichheit der methode, wenn für Indien scharf die quellen gesondert 
werden, so dals nur die alten Vedalieder gelten, aber in Hellas frischweg die späte 
vulgata zur vergleichung genommen wird. und es ist petitio principii, das indische 
für zuverlässiger als das hellenische zu halten, und eine weitere petitio principü, 
dafs die physikalische bedeutung notwendig die ältere wäre. in Indien opfert man 
den agvins bei sonnenaufgang: schön. in Hellas tat man es nicht. gesetzt man mülste 
die agvins für den morgenstern halten (was nicht von fern erwiesen ist, da der nur 
einer ist, und die acvins mit dem abend nichts zu tun haben), ist es undenkbar, dafs 
die Inder eine alte gottheit mit einem sterne verbunden haben, der sie ursprünglich 
gar nichts angieng? so sind ja in Hellas die Dioskuren mit dem St. Elmsfeuer und 
den Zwillingen nachweislich verbunden. in Hellas aber gibt es sogar viele sagen 
vom morgenstern, nur gehn sie die Dioakuren nichts an und zeigen ein ganz anderes 
empfinden gegenüber diesem sterne, Phaethon, Phaon, Tenages, Hippolytos u. s. w. 
also die indische philologie hat von der hellenischen philologie zu lernen, dafs eine 
auf ihrem gebiete vielleicht ganz scheinbare vermutung falsch ist, oder doch nur 
als eine speciell indische umbildung gelten kann. 


vers 31 — 34. 15 


ἠδέ hat die lyrik und Aischylos anstandslos aus dem epos übernommen. 
bei Soph. und Eur. kommt es noch ein par mal vor (noch Hek. 323) 
und gegen ende ihres lebens gar nicht mehr. Aristophanes hat es nicht, 
wol aber Eupolis, in anapaesten "ἦγ. 1. auch die Alexandriner folgen 
gar nicht alle der homerischen weise. aber der tollste aller ionisirenden 
archaisten, der arzt Aretaios, der aus dem übelberufnen Kappadokien 
stammt, hat gar nicht selten ἀτὰρ ἠδέ für atque gesagt. 

31 πατρὸς κεχλημένος "nach dem vater benannt. ταὐτὸν ὄνομα epe- 
xegetischer zusatz. in dieser verbindung setzt die alte sprache mit vorliebe 
den blofßsen genetiv, die πτῶσις πατρική, wie die grammatik ihn auch 
nennt, was leider durch das blasse γενεκή verdrängt ist. πόλις Παλλά- 
dog κεχλημένη Ion 8, τοῦ πάππου ᾿τιϑέμην Φειδωνέδην Ar. Wolk. 65 
Ὁ. 8, ἡ. die spätere prosa kann das nicht mehr, sondern muls praepo- 
eitionen, ἀπό, in Ἰὰς und χοενὴ auch ἐπί, dem genetiv zusetzen. dies 
ist nämlich in wahrheit der verlauf: die casus haben ihre eigene kraft 
und treten in beziehung zu nominsa und verba; die praepositionen sind 
adverbia localer bedeutung. als nun die sprache das bedürfnis empfindet 
das notwentig vieldeutige verhältnis eines casus neben einem verbum zu 
bestimmen, beginnt sie ein adverbium hinzuzufügen; das rückt bald an 
das verbum, dann gibt es composita, bald an das nomen, dann wird 
allmählich eine praeposition daraus. dieser prozels steigert sich immer 
mehr: die sprache braucht immer gröfseren aufwand von mitteln. aber 
eine praeposition kann selbst niemals erklären, weshalb sie den oder den 
casus regiert. weil sie es eigentlich ja nicht tut. 

33 xrelveı — χτανὼν ἄρχει. das verbum wiederholt, weil der 
tod Kreons die vorbedingung für die herrschaft des Lykos ist. ähn- 
lich wiederholend 593, in ionischer und ionisirender prosa ganz ge- 
wöhnlich. 

34 ἐπὶ -εσπεσών, weil die tyrannis die zweite νόσος ist, die zur στάσις 
tritt, vgl. zu 542. überliefert ist ἐπεισπεσών und so häufig an stellen, 
wo das metrum nicht entscheidet, εἰς. eine volle sicherheit ist unmöglich 
zu erzielen, denn Eur. selbst könnte nicht sagen, wie er im einzelnen 
falle gesprochen haben wollte: gesprochen, denn geschrieben hat er ἐς. 
in Athen sprach man das nach i klingende lange e: das zeigt die komödie 
und die schrift, sobald sie auch diese dinge fest bezeichnet. das kurze e 
ist ionisch. aber so ist constant in der alten prosa überliefert, deren 
dialekt mit der tragödie übereinstimmend ionisirt. also kann das fremde 
für wahrscheinlicher gelten. und jedenfalls kommt auf die überlieferung 
in der tragödie nichts an: die dichter haben ja doch blofs E geschrieben. 


16 Commentar. 


folglich ist es am vorsichtigsten, das auch zu tun; wer will, kann ja 
den hybriden diphthong sprechen. 

39 Eur. hat immer die unbequeme umschreibung οἱ Ἡράκλειοι παῖδες 
oder ähnlich, nie Ἡρακλεῖδαι. er war dazu gezwungen, nicht etwa weil der 
name Herakliden für diejenigen Herakleskinder festgestanden hätte, welche 
Eurystheus verfolgt hat und nach denen die dramen Ἡρακλεῖδαι heilsen, 
sondern weil Ἡρακλεῖδαι überhaupt nicht patronymische, sondern genti- 
licische bedeutung hat, die abgesehen vom epos und seinen nachahmungen 
für diese bildung gilt; Eurystheus verfolgt auch das geschlecht, also ein- . 
schliefslich der weiber und clienten. ‘'Hoaxkeida: entspricht den Claudii, 
die nicht die kinder des Clauzus, sondern das geschlecht sind, dessen 
eponym er ist. 

40 Hier zeigt die wortstellung, dals es nur auf die kinder ankommt, 47 
steht gar σὺν μητρὶ τέχνα. der grund folgt 42 ἠνδρωμένοι. 

41 Die parenthetische restriction gibt Amph. weil er schon ἠνδρωμένοι 
im sinne hat, denn er selbst ist kein ἀνήρ mehr. denn dies wort hat, 
weil es zunächst das geschlecht hervorhebt, seit dem homerischen ἀνέρες 
ἐστὲ φέλοι die prägnante bedeutung des seine männlichkeit betätigenden 
mannes, zunächst in geschlechtlicher beziehung (Eur. Hipp. 491, S. Trach, 
551), sodann als kämpfer (Andr. 591. I A 945). 

43 μήτρωες ‘die mütterlichen verwandten’, öfter bei Pindar, hier speciell 
avus et avunculi. 

45 τροφός pflegt nur femininisch gebraucht zu werden. Eur. hat es vom 
manne nach El. 409, doch ist die stelle nieht ganz sicher. hier zeigt 
die verbindung mit oixovoov, dafs der ausdruck mit absicht gewählt ist, 
weil Amph. nicht mehr ἐν ἀνδράσιν ist, denn auch das olxovgeiv ist 
specifisch weibersache. 

47 σὺν μητρὶ τέχνα, nicht τέκνα καὶ μητέρα, weil Megara zwar ihrer 
kinder geschick teilt, aber als nebenperson; zu ϑάνωσεν ist aber σὺν 
μητρὶ τέκνα subject. 

49 ἄγαλμα ist πᾶν ἐφ᾽ ᾧ τις ἀγάλλεται (schol. Ar. Thesm. 773). so sind 
schöne und gute kinder ἀγάλματα der eltern (Hik. 370, Aisch. Ag. 207) 
oder des vaterlandes (Hik. 631). für Herakles sind die ἀρεταί (358) oder 
die ἄϑλα (425) ἀγάλματα. daneben die sinnliche bedeutung schmuck 
(703), welche auch tadelnden beigeschmack erhalten kann, “blolse deco- 
ration (El. 388). endlich besteht schon die ganz concrete bedeutung 
‘statue, auch cultstatue (das idol der taurischen Artemis L T. 87). daran 
ist hier nicht zu denken; der altar ist ein ruhmeszeichen für den sieg, 
wie der delische lorber ὠδῖνος ἄγαλμα Slag Hek. 461. allerdings ist 





vers 39—53. 17 


der altar auch “εὸς ἄγαλμα, wie Pindar Nem. 10, 67 einen grabstein 
ἄγαλμ᾽ ᾿Α δα nennt, Aisch. die ixernolae dyaluar’ αἰδοέου “ιεός 
(Hik. 192), Gorgias im schlufs des epitaphios die τρόπαια Δ4εὸς μὲν ἀγάλ- 
ματα, ἑαυτῶν δ᾽ ἀναϑήματα. Insc. gr. ant. 488 redet eine portrait- 
statue Χάρης εἰμέ. ... ἄγαλμα ᾿Απόλλωνος. 

50 Her. hat Orchomenos unterworfen, daher der δοο. Mirvöv κρατήσας 
würde nur besagen, dafs er sie geschlagen hätte. — die suprematie des 
boeotischen Theben ist durch den untergang des orchomenischen reiches 
der Minyer begründet, wahrscheinlich erst im siebenten jahrhundert: das 
ist also die haupttat des thebanischen Herakles, deshalb hier von Eur. 
öfter erwähnt, obwol das ereignis zu jung war, als dals es von der sage 
besonders verherrlicht worden wäre, vgl. zu 220. die gründung eines 
Zeusaltars ist erfindung des dichters, der an die zedraıa seiner zeit 
denkt, und den gegensatz braucht 522. 

51 χρεῖος Arrıxol, ἐνδεὴς Ἕλληνες Moeris. daher findet sich das 
wort bei den atticisten der 2 sophistik. in echter prosa ist es überhaupt 
nicht nachgewiesen, sondern nur bei Aisch. und Eur. da ersterer auch 
ζαχρεῖος hat, und dieses im alexandrinischen epos wiederkehrt (Ps. 
Theokr. 25, 6), hat die auf aeolischer basis entwickelte lyrık das wort 
auch gehabt. dals es auch χρήσιμος bedeutet hätte ist ein milsver- 
ständnis. das epische ἀχρεῖος = ἄτοπος, das kretische χρήια == 
χρήματα liegen der bedeutung nach ganz ab; es wird eine ableitung 
unmittelbar von χρή (zu v. 311) sein, was freilich χρῇος verlangt. das 
mag für das altattische auch nötig sein. 

53 ἐχσφραγίζειν δόμων. διὰ σφραγέδων δεαπράττεσϑαι, ὥστε Öd- 
μων ἔξω εἶναι, gesucht für ἐχχλήειν. Lykos hat den confiscirten palast 
versiegelt, wie es attische sitte ist. so versiegelt Helene (Or. 1603) den 
nschlafls ihrer schwester, nachdem deren kinder zum tode verurteilt sind, 
ἀποσφραγίζεται. auch xaraopeaylleodaı hat Eur. Hype. 762; das 
kommt freilich schon bei Empedokles 370 vor. ἐσφραγεσμένοι liegen 
die blitze in einer kammer des Zeus A. Emm. 828. — die tmesis &x γὰρ 
ἐσφραγισμένοι wird im drama als solche empfunden, da die praeposi- 
tionen, welche bei Homer entsprechend ihrer adverbialen natur noch 
beweglich sind, mittlerweile mit dem verbum verwachsen sind; aber die 
tragödie und einzeln auch die alte komödie haben sich die altertümliche 
freiheit bewahrt, z. b. unten 1059, 1084 und oft in der leichten form wie 
hier, dafs nur eine partikel zwischentritt, aber es geht so weit dals selbst 
ein anderes verbum mitten eintreten kann. ἐν δ᾽ ὁ παγχρατὴς ὕπνος 


λύει πεδήσας Soph. Ai. 675 mag als musterbeispiel gemerkt werden. 
v. Wilamowitz II. 2 


18 Commentar. 


54 χαϑήμεϑ'᾽ ἀπορέᾳ “wir sitzen in hilflosigkeit’. der dativ hat locative 
nicht instrumentale bedeutung. 

55 σαφὴς ist das was sich als das was es ist augenfällig darstellt, σαφὴς 
ἀρά ein fluch der sich erfüllt (Hipp. 890); μάντις σαφής ein seher, 
dessen sprüche sich bewahrheiten (Soph. O. T. 390), so dals αἔνεγμ᾽ 
εἶπεν οὐ σαφῶς σαφές Troad. 625 gesagt werden kann, “das rätselwort 
war dunkel gesagt, aber es traf zu’. τὸ σαφές zu erkennen verspricht 
der wissenschaftliche schriftsteller seinem leser als lohn, so Antiochos 
v. Syrakus in seiner vorrede (Dionys. v. Hal. I 12) ἐχ τῶν ἀρχαίων 
λόγων τὰ πιστότατα καὶ σαφέστατα, Thukyd. I 22, Hippokr. π΄. dey. 
inte, 1. dies sind seltenere verbindungen; φέλος σαφής scheint sprüch- 
wörtlich, Or. 1155 οὐχ ἔστιν οὐδὲν χρεῖσσον ἢ φέλος σαφής Kenoph. 
Mem. II 4, 1 πάντων χτημάτων χράτιστον φέλος σαφὴς καὶ dya- 
ϑός. die rhetorik überträgt dann die evidenz auf die form, Ar. Ritt. 
1379 γνωμοτυπιχὸς καὶ σαφὴς καὶ χρουστιχός, Eur. Or. 397. σοφόν 
tor τὸ σαφές, οὐ τὸ μὴ σαφές, und so wird die σαφήνεια zu einer 
haupttugend namentlich der δεήγησις. 

56 ὀρϑῶς φίλος ist der, welcher φέλος in der art ist, welche dem begriffe 
vollkommen entspricht. amicus ita uti nomen possidet Plautus Bacch. 386. 
so ὀρθῶς ϑεός unten 1345, ὀρθῶς πατήρ Alk. 636, ὀρθῶς φίλος 
auch Soph. Ant. 99 und in der copie dieser stelle 1. T. 610. die specu- 
lation der Ionier war schon um 500 begrifflich-sprachlichen problemen 
nahe getreten (für uns nachweislich zuerst Herakleitos), und hatte das 
axiom aufgestellt, dals die worte und die begriffe sich vollkommen deckten, 
jedes ding das wäre, was es hieße, und umgekehrt. es gilt also die 
eingeborne bedeutung der wörter zu verstehn, die ὀρϑότης ὀνομάτων 
zu finden, wie Prodikos (Plat. Euthyd. 277°) und Protagoras (Kratyl. 
391°), und die ὀρϑοέπεια zu üben, wie Protagoras verlangte (Phaidr. 
267°)'). das führte einmal zu begrifflicher distinction der wortbedeu- 
tungen, wie sie 2. Ὁ. Thukydidos bei Prodikos gelernt hat, ferner zu 


1) Protagoras hat mit der ὀρϑοέπεια für die rede verlangt τὸ τοῖς κυρέοες 
ὀνόμασιν χρῇσϑαι, wie Aristoteles. das ionische wort, dessen die Attiker sich ent- 
halten, findet sich wieder bei dem rhetor, gegen den Philodem schrieb (Rhet. I 
186 fig. Sudh.), sonst, wie es scheint, nicht: denn Dionys. de Demosth. 1035 R. nimmt 
es bewulst aus dem Phaidros. der gegensatz ist das εὐνῇ Adyass des ἐδιώτης. wenn 
Platon also diese protagoreische deYodrzesa neben die ὀνομάτων Δικυμνέων (dafs man 
nicht ändere, vgl. Ar. Vög. 1242) εὐέπεεα stellt, so ist der hobn unverkennbar. die 
ὀρϑοέπεια war natürlich so gemeint, dafs jedes wort für den begriff verwandt würde, 
der ὀρϑῶς darin steckte, und so vereint sich damit die ὀρϑότης ὀνομάτων den 
Kratylos. 


vers 54—59. 19 


grammatischer speculation, endlich zur etymologie; das τὸ ἔτυμον λέγειν 
ist nur eine ionische doublette des τὸ ὀρϑὸν λέγειν. indem diese lehre 
von den großen sophisten auf die kyniker, von diesen auf die stoiker 
übergieng, hat sie die weittragendste bedeutung erhalten. ihre wurzeln 
liegen aber schon in viel älterer theologischer speculation und daher 
beschränkt sie sich nicht auf philosophische kreise. Aischylos sucht das 
ὀρϑόν der namen nicht anders als Eurip. Sieb. 405, 829, Ag. 700. so 
scheint es, dals er den bei Hekataios noch Tevdevg (vgl. τένϑης der 
prasser, τένϑει besser als τένδει Hesiod. Erg. 522) genannten gegner 
des Dionysos (Phot. 8. v.) um der etymologie willen zu Πενϑεύς gemacht 
bat. — mit den angegebenen bedeutungen von σαφής und ὀρϑῶς spielt 
Eur. L A. 559 τὸ ὀρθῶς ἐσϑλὸν σαφὲς del. 

57 τοιοῦτον: dpıkov, 559. 561. diese freundlosigkeit, auf die auch Me- 
garas rede hinausläuft (84), ist das stichwort des ersten teiles, Her. (585) 
und Theseus strafen es lügen, und das drama klingt in dem preise der 
echten freundschaft aus. 

59 Amph. wünscht jedem wolmeinenden, dafs ihm die erfahrung erspart 
bleibe, welche das unglück notwendig mit sich bringt, dals das vertrauen 
auf freundschaft trügerisch ist. der acc. φέλων EA. dıy. zu paraphrasiren 
ὥστε ἀψευδέστατα τοὺς φίλους ἐλέγχειν. der acc. ist der casus des 
objects und tritt als solcher auch bei intransitiven verben auf, nämlich 
als apposition zu dem im verbum enthaltenen objecte. die intranesitiva 
lassen sich logisch in so fern transitiv fassen, als ihre bedeutung in den 
abstracten begriff der action und ein nominal zu denkendes object zerfällt. 
tatsächlich sind sie im griechischen überwiegend wirklich denominativ. 
wenn wir die denominative gleich wol so oft transitiv verwandt finden, 
so ist derselbe trieb tätig, der hier einen accusativ als apposition zu 
dem im verbum latenten objecte stellt. die sprache erlaubt sich das, 
selbst wenn das object durch einen ganzen satz gegeben ist, wie hier 
δισπραξίας τυχεῖν, und es macht nichts aus, wenn der schein entsteht, 
ala ob dieser acc. apposition eines andern accusativs wäre. Bakch. 9 
ὁρῶ ζῶσαν φλόγα, ἀϑάνατον Ἦρας ὕβριν, d.i. ἡ φλὸξ In ὕβριν 
ἀϑάνατον, dals die flamme nicht verlischt, verewigt den frevel. unten 426 
ἔπλευσ᾽ ἐς ἔδαν, πόνων τελευτάν. nicht der Hades, sondern die Hades- 
fahrt ist das ende der mühen. 675 Xagırag ούσαις συγκαταμιειγνύς, 
ἀδίσταν συζυγέαν: die vereinigung von Chariten und Musen macht den 
holdesten verein aus. ἔπλευσαν γνάιον ὄχημα λινοπόροισιν αὔραις 
I. Τ. 410 d.h. πλέομεν γὰρ ἐπὶ νηὶ ὀχούμενοε ἀνέμοις. A. Choeph, 199 
συμπενϑεῖν ἐμοὶ ἄγαλμα τύμβου xal τιμὴν πατρός. d. h. δεὰ τοῦ 

92 4 


20 Commentar. 


πέγϑους κοσμεῖται ὁ τύμβος ὁ δὲ πατὴρ τιμᾶται. 8.OK. 92 κέρδη 
μὲν οἰκήσοντα τοῖς δεδεγμένοις ἄτην δὲ τοῖς πέμψασιν, d.h. ἐμοῦ 
μετοικοῦντος οἱ μὲν κερδανοῦσιν οὗ δὲ βλαβήσονται. E. Phoen. 211 
Ζεφύρου ἱππεύοντος κάλλιστον κελάδημα, d.h. &x τῆς τοῦ ἀνέμου 
πνοῆς ἡδὺς συνίσταται χκέλαδος. A. Ag. 226 ἔτλα ϑυτὴρ γενέσϑαι 
ϑυγατρὸς πολέμων ἀρωγὰν καὶ προτέλεια ναῶν, wo man irren würde, 
wollte man die accusative als apposition zu dem im nomen actoris ver- 
borgenen ϑύσιεν auflassen. © 133 ὀλέεσϑε κακὸν μόρον, 27359 τις 
᾿Αχαιῶν ῥίψει χειρὸς ἑλὼν ἀπὸ πύργου, λυγρὸν ὄλεϑρον, a 166 ἀπό- 
λωλδ καχὸν μόρον sind schon homerische beispiele. das bekannte ἀγγελέην 
ἐλθεῖν, “einen botengang tun’, ist gleichartig; wie dies von Aristarch ver- 
kannt ist, irren und ändern viele vielerorten. insbesondere wird die hand- 
lung qualificirt durch zusätze wie ἀμοιβάς unten 226, δέκην A. Choeph. 
144, μισϑόν Eur. El. 231, χαρμονήν 8. Ai. 559, ποινάς 8. EL 565, ἀπό- 
λαυσιν Hec. 77, ἀπομίμησιν Hippokr. sr. διαέτης 110, u.2.f. selbet ἔλεγ- 
xov kehrt wieder Soph. Ο. Τ. 603 τῶνδ᾽ ἔλεγχον πεύϑου τὰ χρησϑέντα. 
es ist dieser gebrauch, welcher die 8. g. praepositionen χάριν, δέκην, 
τρόπον erzeugt hat, und die verwendung des accusativs des neutrums, 
die wir adverbiell nennen, πρόϑυμα στέλλεσθαι (113) κάλλεον, καλ- 
λιστα γνεκᾶν ist im grunde auch dasselbe. auch τέλος, πέρας, τὸ 
τελευταῖον und ähnliches ist accusativisch zu fassen, denn Pindar Nem. 
11, 14 hat τελευτὰν ἁπάντων; oft freilich mag selbst den Griechen 
der untenschied von nominativischen appositionen zum ganzen satze 
(vgl. zu 196) nicht zum bewustsein gekommen sein, zumal das neutrum, 
ursprünglich indeclinabel, nominativ und accusativ nie unterscheidet. 
Während dem greise die sachliche exposition zukam, hat die leiden- 
schaftliche frau das σσάϑος der situation zur darstellung zu bringen. der 
gang ihrer rede ist nur durch den affect, welcher die logische disposition 
zerreilst, zu verstehen. ganz ruhig hebt sie an, stellt einen allgemeinen 
satz auf und disponirt den beweis mit οὔτε als einen mehrgliedrigen. 
ἐγὼ γὰρ οὔτε πατρὸς οὖσα ἀσϑενοῦς οὔτε ἀνδρὶ ἀσϑενεῖ ἐχδοϑεῖσα 
ὅμως ἐδυστύχησα sollte es heilsen. aber als sie den vater nennt, fällt 
ihr ein, dafs schon dieser ein guter beleg für denselben allgemeinen satz 
ist. wieder disponirt sie scheinbar logisch, ἔχων τυρανγνέδα, ἔχων δὲ 
τέχνα. aber da stookt sie; die brüder muls sie verschweigen, und sich 
selbst diesem untergeordneten gliede subsummiren, wodurch freilich dem 
sinne nach der versprochene doppelte nachweis geliefert wird; aber den 
abschlufs des gedankens und des satzes vergilst sie, denn die gelegentliche 
erwähnung ihrer kinder drängt alles in ihrer seele zurück. bei deren 


vers 60—72. 21 


schilderung verweilt sie. die rührung übermannt sie, und sie bricht in 
die bitte um einen rettenden gedanken an Amph. aus, obwol dessen rede 
die hilflosigkeit offen gestanden hatte, und ihre eigne begründung der 
bitte die möglichkeit der erfüllung abschneidet. so sehen wir sie völlig 
verzweifelt, sobald sie überlegt; aber die leidenschaft mag und kann 
nicht immer überlegen. 

60 Über den zug des Amph. gegen die Taphier zu 1078. in Theben gab 
es auch die an alte stiftungen geknüpfte tradition von einem grofsen 
siege des Amphitryon über die leute von Euboia, deren könig Chalkodon 
er erschlagen hatte (Pausan. IX 17, 3; 19, 3). das dürfte in Theben ein 
viel berühmterer kampf gewesen sein, als der mit den fernen Taphiern, 
und hier, im gegensatze zu der tyrannis des Lykos von Eubois, würde 
er viel besser passen. aber Eur. konnte, auch wenn er die localsage 
kannte, doch nur von der poetisch verherrlichten, also seinem publicum 
bekannten, gebrauch machen. 

63 ἀπελαύνεσϑαι attisch nicht belegt, wol aber bei Herodot 7, 205 
ἀπελήλατο τῆς φροντίδος περὶ τῆς βασιληίης. — ἐς πατέρα “in 
der richtung, in hinsicht auf’ öfter bei Eur. unten 1416. Orest. 540 
μακάριος πέφυκα πλὴν ἐς ϑυγατέρας, Ion 569 ἐς σὴν ἀνεύρεσιν 
ϑεὸς ὀρθῶς ἔχρανε. sogar von einem nomen abhängig ὁ Φαίδρας 
ἔρως ἐς σέ Hipp. 1430, τὴν ἐς τάσδε τέρψιν βορῃ. OK. 1121. αἱ 
τύχαι al εἰς τὰ χρήματα χαὶ τὸν βίον in der altattischen (oder ionischen) 
schrift bei Iamblich protr. 20. (101, 28 Pist.) — τύχη. τὸ ἐπιτυχεῖν, 
diese grundbedeutung wird im 5. jahrh. noch stete empfunden. 

66 Sinnlose worte, deren heilung unmöglich scheint, da sowol die “lanzen’ 
wie das ‘springen’ wie die “leiber’ ungehörig sind, so dals der sitz der 
verderbnis unbestimmt bleibt. denn erwartet wird die gewöhnliche 
schätzung der ἐσοδαίμων τυραννίς. die verbesserung dürfte im anschlufs 
an fgm. 850 ἡ γὰρ τυραννὶς πάντοϑεν τοξεύεται δεινοῖς ἔρωσιν zu 
suchen sein. 

68 ἐπέσημον εὐνήν ist nicht apposition zu ἐμέ, sondern zu dem verbal- 
begriff, wie 59. denn die berühmtheit des eidams erhöht das glück des 
Kreon. 

69 ἀνέπτατο vgl. zu 510. 

72 Die tragödie wendet ὄρνες mit kurzem i an (stamm ορνε); das ist ein 
ionismus, denn das volk sprach es lang (stamm ορ»νε9), wie die komödie 
zeigt. der “vogel' ist für den Athener die henne. hier ist das bild aus- 
geführt, ähnlich Herakl. 10, Andr. 441; es ist aber so gewöhnlich, dals nie- 
mand an eine metapher denkt, wenn γνεοσσός für kind gesagt wird. 





22 Commentar, 


73 Der rasche wechsel des numerus hier und 79 ist zwar an sich an- 
gemessen und sprachgemäfs (199), veranschaulicht aber doch durch seine 
häufigkeit den affect der redenden. — die kinder fragen die mutter “wo 
ist der vater, und da sie keinen bescheid erhalten, laufen sie in kindlichem 
eifer in hof und garten, nachzusehen, ob er nicht irgendwo stecke. 
solche züge unmittelbarer lebenswahrheit sind häufig bei Eur, nur in der 
künstlichen rede manchmal für uns nicht sofort kenntlich, vgl. 469. er 
erinnert darin an die liebenswürdige weise der grolsen attischen vasen- 
maler: und wenn etwas, hat er das auge für das characteristische detail 
in den malerstudien seiner jugend gewonnen; aber freilich lebt in der 
malerei nur dasselbe streben nach individualisirung wie in der sophistik. 

74 Man erwartet zunächst ποῦ πατὴρ ἄπεστι γῆς; wo ist der vater? 
und eine brachylogie wie Ar. Vög. 9 ἀλλ' οὐδὲ ποῖ γῆς ἐσμὲν οἶδα 
“wohin sind wir gekommen und wo sind wir nun gibt hier keinen be- 
friedigenden sinn. vielmehr wissen die kinder, dafs ihr vater oft auf 
bestimmten unternehmungen unterwegs ist, und danach fragen sie, στοῖ 
ἄπεστι, τί dog. das hängt eng zusammen, und die hauptfrage 203” 
ἥξει baut sich gewissermalsen darauf auf. wäre er z. Ὁ. auf dem Gery- 
onesabenteuer, so könnte Megara antworten, εἰς Ἐρύϑειαν ἄξων τὰς 
βοῦς, xareıoı δὲ ὀχτὼ μηνῶν. 

75 τὸ νέον “die art des νέος᾽, Ion 545 μωρέᾳ τοῦ νέου. das neutrum 
des adjectivs statt langatmiger und secundär gebildeter abstracta setzen 
zu können ist der vorzug der alten sprache. 

76 die mutter macht dem spiele ein ende, indem sie den kindern ein 
märchen erzähl. μυϑεύω (noch Ion 197 und herzustellen I. A, 789) 
hat sich Eur. für diese bedeutung gebildet, weil μῦϑος im attischen nur 
noch als “märchen’ in gebrauch war (Ar. Wesp. 1179 Plat. Phileb. 14" 
mit schol., die construction des idealstaates wird in den Gesetzen öfter 
μυϑολογία genannt, was keinesweges blols confabulatio ist, während dıa- 
μυϑολογεῖν bei Platon öfter wirklich nur confabulari ist). die tragödie 
hielt die alte und im ionischen dauernde bedeutung ‘rede’ aufrecht, und das 
ionische besals das von Eur. gemiedene verbum μυϑεῖσϑαι, aber eben auch 
im sinne von “erzählen. Hekataios begann sein buch, das sich bewulst in 
gegensatz zu den “mythen’ stellte, ‘Ex. öde μυϑεῖται. schon Pindar N. 
7,24 sagt von den fabeln Homers σοφέα (die dichterkunst) κλέπτει παρά- 
yovoa μύϑοις. Demokritos (Stob. 98, 61) und Lykophron 764 kennen 
μυϑοπλαστεῖν und μυϑυπλάστης im sinne von “märchen erfinden ’'). 

1) Wenn Lykophron die Sintwov Andloyos einen uudonidorns γόος nennt, 
so ist das keine entlehnung von dem für den poeten sehr fern liegenden philosophen, 


vers 73—88. 23 


διαφέρειν "tragen bis zu ende, so dafs man darüber hinwegkommt'. 
das ist mit einem sächlichen object, βέον, srölsuov gewöhnlich, auch ein 
modaler (eigentlich instrumentaler) dativ kann dazu treten, δάχρυσι βίον 
δεοέσειν Hipp. 1142. das mediale futur steht absolut 8. Ai.511, Rhes. 982, 
dazu das verbaladjectiv δεοεστέον "man muls zu ende kommen’ Hipp. 491. 
danach ist διαφέρειν τοὺς παῖδας λόγοισι verständlich, wenn auch 
kein ganz gleiches beispiel vorlieg. am nächsten A. Choeph. 69 ἄτα 
διαφέρει τὸν αἴτιον “der fluch trägt den schuldigen bis zu dem (näher 
bezeichneten) ende‘, er schiebt seine bestrafung auf. διαφέρειν τινά 
im sinne von διαφορεῖν (zerreilsen) ist fern zu halten (Bakch. 754). — 
λόγοισι "mit blofsen worten’ unzählige male in der sophistenzeit, zuerst 
wol Theogn. 254 ὥσπερ μικρὸν παῖδα λόγοις u’ ἀπατᾷς. so wird 
auch λέγειν “worte machen’, Hipp. 665. also λόγοεσε διαφέρω “ich 
täusche sie darüber hinweg’, μυϑεύουσα “indem ich märchen erzähle’. 

78 eine weile hören die kinder zu: aber das erste beste geräusch ruft 
ihre eingeschläferte sehnsucht nach dem vater wach. — die ganze schil- 
derung bezieht sich auf die jüngstvergangene zeit, wo sie noch nicht aus 
dem hause vertrieben waren. 

81 ἐξευμαρίζεσθαι vgl. zu 18. ἐξευμαρίσϑη ᾿ παρεσχευάσϑη Hesych. 

86 ἕτοιμον “dann ist der tod für uns bereit’. dieser gebrauch schon 
bei Solon 4, 7 οἷσιν Eroiuov ὕβριος ἐκ μεγάλης ἄλγεα πολλὰ πα- 
ϑεῖν, aber auch bei Anakreon 44 ἕτοιμον καταβάντα μὴ ἀναβῆναι 
(ἐξ ἄδου), das zeitlich urmmittelbare eintreten wird als bezeichnung für die 
unmittelbare logische consequenz verwandt. 

88 Oxymoron. an sich ist es bequem (dadıov, Androm. 232) statt 
tätlich (δεὰ πόνου) zu helfen, die billige (φαύλως) mühe (σπουδή) eines 
guten rates (παραινεῖν, ähnlich Hel. 1017 Hypsip. 757) aufzuwenden. 
aber in einer solchen lage (τὰ τοιάδε), wo es tod und leben gilt, wird 
das leichte zur last. da man in ῥάδεον häufig das empfindet, was dem 
menschen nicht nur leicht wird, ἃ. h. leicht von der hand geht (ὀξέως xal 
ῥᾳδίως καϑορᾶν Plat. Euthyphr. 5°), sondern auch wobei er das gefühl 


sondern er und Demokrit und die spätere κοινή, die ja im ionischen wurzelt, geben 
dieselbe tradition der aufserattischen gebildeten rede. übrigens war λόγους πλάττειν 
ganz gewöhnlich, πλάσματα hatte schon Xenophanes die mythen genannt, denen er 
diesen namen freilich noch nicht geben konnte, seit aber #0Jos märchen war, lag die 
bildung μψυϑοπλαστεῖν für jedermann parat. wer also an dieser vocabel die un- 
echtheit der excerpte zeigen will, die Stobaeus und viele vor ihm einem florilegium 
Democriteum verdanken, wie die Epikursprüche eines sind, der verrät nur, wie 
schlecht seine sache ist. 


24 Commentar. 


der erleichterung und des wolbehagens hat (zu 1407), ist die wendung 
nicht gesucht, sondern man versteht leicht was darin liegt. “es tut mir 
zwar leid, dafs ich nichts besseres habe als eine kümmerliche ermahnung, 
aber ich habe eben nichts anderes’. darauf folgt der rat, zeit zu 
gewinnen, der für Megaras temperament nur eine verlängerte marter 
bedeutet, von Amph. 95 fig. richtiger geschätzt wird. — in der hdschr. 
steht ve. 86 am schlul von Megaras rede, so dala sie den gedanken, 
zeit zu gewinnen, aufwirft, sei es nun zustimmend oder ablehnend, denn 
auch das bleibt dann zweifelhaft. Amphitryons antwort sagt dann gar 
nichte, Megaras kritik 90 ist ohne anlals und die ganze scene ohne sinn 
und verstand. ihre absicht ist ja, greis und weib in der verschiedenheit 
ihres empfindens zu zeigen und ihr verhalten gegen Lykos 275, 316 zu 
motiviren. 

90 “Die verlängerung unserer lage kann nur neues unglück bringen 
und würde nur aus feiger furcht vor dem tode erklärlich sein’. 

91 Mit feiner wendung lehnt Amph. den vorwurf des βέου πόϑος (316) 
ab; gern das sonnenlicht zu schauen gibt er zu, wie Pheres (Alk. 691). 
das ist menschlich und berechtigt, und von der zukunft erwartet er nicht 
λύπη sondern die erfüllung der ἐλσίές. 

92 Diesen glauben hat Megara verloren. ἀδόχητα᾽ ἃ οὐκ ἔστε nrgos- 
δοχᾶν. vgl. die schlufsformel Alk. 1161 καὶ τὰ δοκηϑέντ᾽ οὐχ ἐτε- 
λέσϑη, τῶν δ᾽ ἀδοκήτων πόρον ηὗρες ϑεός. 1. T. 895 ϑεὸς ἢ μὴ 
ϑεὸς ἤ τι τῶν ἀδοχήτων. 

95 “Ein umschlag kann eintreten, wenn wir nur warten’: ohne die be- 
ziehung der bedingung in οὕτω fehlt ein notwendiges glied. 

99 Er weist sie an ihr geschäft, wie sie es 76 selbst bezeichnet hat, es 
ist damit das stumme spiel für Megara während der nächsten lieder und 
reden vorgezeichnet. dals πηγὰς ἀφαιρεῖν nicht sinnlich vom trocknen, 
sondern vom stillen der tränen durch zuspruch zu verstehen ist, zeigt 
ὀργὰς ἀφαιρεῖν Med. 456. λόγοι hier wie 77, μῦϑοι also wie in 
μυϑεύουσα zu verstehen. 

101 κάμνειν hier nur "matt werden’. A. Eum. 908 καρπόν τε γαίας καὶ 
βοτῶν ἐπίέρρυτον ἀστοῖσιν εὐθενοῦντα μὴ κάμνειν χρόνῳ, wo auch 
der dativ steht, den hier ein citat gerettet hat, βροτῶν συμφοραέ, wie 
überliefert ist, würde neben πνεύματα ἀνέμων misverständlich sein: 
dem würde ϑεῶν συμφοραί entsprechen. 

101. 102 Wir müssen die vergleichung als solche kenntlich machen, die 
alte sprache kommt mit copulativer verbindung aus: ein tiefgreifender 
unterschied. musterbeispiel Pindar ol. 2 schluls ψαμμὸς ἀριϑμὸν ὕπο- 








vers 90---105. 25 


πέφευγε, καὶ κεῖνος ὅσα χάρματ᾽ ἄλλοις ἔϑηκε, τίς ἂν φράσαι δύναιτο. 
E. Andr. 637 ξηρὰ βαϑεῖαν γῆν ἐνίκησε σπορᾷ, νόϑοι τε πολλοὲ 
γνησίων ἀμείνονες). uns bleibt nur noch die möglichkeit der ver- 
gleichung in zwei asyndetischen parallelsätzen “kann ich armeen aus der 
erde stampfen? wächst mir ein kornfeld in der flachen hand?” dann 
wird fast immer das bild nachstehen, während bei den antiken copulirten 
vergleichungen das umgekehrte stattfindet. hier stehen die stürme vor 
dem unglück, weil beide noch mit einem dritten gliede (dem glücke) als 
völlig gleichartig copulirt werden “denn die quälereien des unglücks 
lassen allmählich nach, und die gewalt der stürme nimmt ab, ganz 
ebenso wie auch das glück nicht ewig ist (οὐ δεατελοῦσιν εὐτυχοῦντες, 
denn ταχὺ τὸν εὐτυχῆ μετέβαλεν δαίμων 885). denn alles geht im 
leben in doppelter richtung auseinander”. der vers 103 fehlt in einem 
citate (Stob. 110, 7), aber dann ist δέχα nicht zu verstehen, und geht 
die pointe der ganzen stelle verloren. Eur. citirt hier die lehre des 
Herakleitos von der "ödds ἄνω κάτω ula καὶ ωὑτή (Heraklit 69)”. 
Ps.-Hippokrates de victu I 5 χωρεῖ πάντα καὶ ϑεῖα καὶ ἀνθρώπινα 
ἄνω καὶ κάτω ἀμειβόμενα ... φοιτᾷ κεῖνα ὧδε καὶ τάδε κεῖσε 
πᾶσαν ὥρην, διαπρησσόμενα κεῖνά τε τὰ τῶνδε, τάδε τ᾽ αὖ τὰ 
xeivwy. benutzung des Herakleitos ist öfter kenntlich; ausführlicher 
wird in der zweiten bearbeitung des früheren ersten bandes darüber zu 
handeln sein. 

105 Da alle dinge wechseln, so ist tapferkeit, das was man hofft fest zu 
balten, den glauben nicht zu verlieren. ἐλσπές ist oft (2. Ὁ. unten 804. 
Hipp. 1105) das was das N. T. πέστις nennt: ἔστι δὲ πέστις πιραγ- 


1) Für den lediglich copulativen anschlufs der vergleichung ist ein beispiel, 
wo der moderne leicht straucheln kann, Phoen. 847 ὡς πᾶσ᾽ ἀπήνη πούς Te πρεσ- 
βότου gılsı χερὸς ϑυραέας ἀναμένειν xovplouara. 'stätze den greisen Teiresias, 
der nun am ziel ist, denn wie man beim aussteigen aus dem wagen eine fremde 
hand braucht, so mufs der wegemüde greis von einem andern gestützt werden’. dies 
ist freilich im ausdruck eben so gekünstelt, wie es unnatürlich und lediglich durch die 
bühnensitte bedingt ist, dafs Kreon dem greise keinen stuhl holen läfst. es be- 
fremdet mich, dafs ein kenner wie Weil annimmt, Teir. setze sich, ohne den wider- 
spruch mit der thesterpraxis zu berühren, die doch keine stühle in der tragödie 
kennt. es steht auch von sitzen nichts da: πέλας φέλοισε σοῖς dEopuloas σὸν πόδα. 
‘nahe ist es für deine freunde, deinen fuls ganz in den hafen zu bringen’. du hast 
nur noch ein par schritt zu denen, die dich halten werden. in ὀξορμέξειν ist die 
präposition nur verstärkend, und ὀρμέξζειν steht wie z. Ὁ. A. Choeph 529. στᾶσα 
ἀπήνη (für πᾶσα) kann ich nicht für verständliches griechisch halten. πᾶς dient 
der verbindung der beiden verglichenen dinge, das oryvas auf beide bezogen wird 
vollends lächerlich. 


26 . Commentar. 


μάτων ἐλπιζομένων ὑπόστασις (Hebräerbrief 11, 1. wo man aber 
keinen ausgang (πόρος 80) sieht, sich den ausgang selbst vorzustellen, 
ist feigheit. ἐλπέδος ἐν τῷ ἀπόρῳ ἡ ἐσχύς Thuk. 2 62. so klingt der 
prolog doch vordeutend mit einem hoffnungsvollen accorde aus. 


Erste gesangnummer: parodos 107—-37. 

Ein strophenpar in iambischem malse und eine trochäische epode. 
der ganz ungewöhnliche umschlag des rhythmus erklärt sich dadurch, 
dals die strophen auf dem zuge des chores gesungen werden, die epode, 
nachdem er seinen standort erreicht hat. ganz ebenso ist die parodos 
des Kyklops angelegt, wo nur das versmals nicht umschlägt. in den 
Phoenissen steht zuerst ein strophenpar mit epode, dann in anderem 
versmals ein anderes strophenpar, trochäisch wie hier; auch die ver- 
teilung des inhalts entspricht genau. es ist das ein anschluß an aischylei- 
sche weise. 

Die iamben sind ganz einfach und völlig in Euripides art, der sie 
viel verwendet hat; z. b. enthalten die Hiketiden viele ähnliche lieder, 
aber auch die komödie bevorzugt dieses mals, weil es ein altionisch volks- 
tümliches ist. um iamben sofort richtig zu lesen mufs man nur wissen 
und nie vergessen, dafs die metrische einheit das metron ist -u-, 8130 
jedes gedicht und jede periode eines gedichtes sich als eine summe von 
solchen einheiten darstellen lassen muls. die anlautende sylbe ist, weil 
sie eine senkung ist, indifferent, d. h. kann lang und kurz sein. auf- 
lösungen beider längen sind im vollständigen metron innerhalb der reihe 
verstattet; so folgen 116 sechs auf einander. das katalektische metron 
erträgt sie nicht. endlich kann eine, am liebsten die erste, es können 
(was hier nicht vorkommt) auch beide senkungen unterdrückt werden. 
dies muls in strophe und antistrophe übereinstimmend geschehen; auf- 
lösungen und indifferente sylben brauchen nicht übereinzustimmen, wenn 
man das auch lieber sieht. die gliederung einer strophe in perioden ge- 
schieht durch die katalexe oder durch hiatus resp. syllaba anceps, was 
die griechische theorie "schluls mit kurzer silbe βραχυκαταληξέα nennt. 
(Hephaest: sr. ποιήμ. 130, 131 Gaisf. so überliefert). bis zu einem 
solchen ruhepunkte, der fermate, sind, oder sind doch für unsere be- 
obachtung, die metra eng mit einander verbunden. wir pflegen für diese 
verbindung synaphie zu sagen : die alten sagten auch μεσοσυλλαβέα (schol. 
Eur. Med. 1085). die vorliegende strophe zerfällt in vier perioden von 
4. 6. 5. 10. metra. ein punkt hinter der zahl soll hier wie im folgenden 
katalexe bedeuten. die letzte periode ist besonders umfangreich und ihre 


Parodos. Versmals. 27 


metra sind alle bis auf das vorletzte vollständig: das ist ein besonders 
beliebter strophenabschlufs. 

Die epode ist trochaeisch. dies mals ist nach Aischylos, der es sehr 
liebt, ganz in den hintergrund getreten, und es gibt überhaupt aufser dieser 
einen strophe kein gedicht in seiner weise. denn die zahlreichen trochae- 
ischen lieder, welche Eurip. in seinen letzten jahren dichtete, und deren 
berühmtestes muster, in der parodos der Phoenissen, von den metrikern 
als μέτρον Εὐριπέδειον angeführt wird, sind im bau verschieden und 
vollends die trochaeen in gemischten liedern, wie sie eben auch erst 
den letzten 15 jahren des Sophokles und Eurip. angehören, lassen sich gar 
nicht vergleichen. das characteristische ist, dafs die trochasen zwar in 
langen reihen fortgehen, aber die sonkungen sehr oft unterdrückt werden, 
häufig die zweite, nicht selten beide, am seltensten nur die erste. das ist 
genau so in den daktyloepitriten Pindars, die ja eben auch daktylo- 
trochaeen sind. bevorzugt sind perioden von 2 und 4 metra, aber es 
kommt jede summe von metra vor. hier, wo keine responsion hilft, ist 
die periodenteilung unsicher. die synaphie ist für 11 metra möglich: 
wahrscheinlich ist die absetzung eines dimeters vor dem letzten, geson- 
derten; ob vorher 4. 5. oder 5. 4. metra zu teilen sind, muß dahin 
stehen. dafs zwei metra aus lauter kürzen bestehen, ist etwas ungewöhn- 
liches, den beschlufs bildet ein vers aus anderem geschlechte, einer der 
oft so gebraucht wird und in vielen liedern erscheint. dennoch wird man 
hier lieber die analogie befolgen, dafs Aischylos in seinen trochaeischen 
liedern oft einen vers, keinesweges blols am ende, aus einem bestimmten 
geschlechte einmischt, dem daktylischen : also bezeugend, dals seine tro- 
chaeen ein trieb aus derselben wurzel sind, der auch die pindarischen 
daktyloepitriten entstammen. und auch die hier vorliegenden glieder finden 
sich bei ihm. dieser vers hat die form ----uu-u|-u-u-o er ist 
von Archilochos bereits in dieser form verwandt und stammt wirklich aus 
uraltem volksbesitze: scheint doch die verbreitetste form des Saturnius 
mit ihm identisch. auch in Alkmans partheneion wiegen ähnliche verse 
vor. er besteht aber aus zwei gliedern, welche auch ursprünglich durch 
wortende unter denselben bedingungen, wie sie für die diaerese, ἃ, h. 
die sonderung zweier integrirender versglieder gelten, von einander ge- 
trennt blieben ; wovon jedoch das drama oft abweicht, das auch sehr viele 
andere glieder an die zweite stelle setzt. das zweite glied ist der nur von 
Sappho stichisch verwandte ithyphallicus, der als clausel eine überaus 
weite verwendung findet; er erscheint hier fast immer rein. dagegen das 
erste glied hat nur*die drei hebungen fest, die senkungen werden 80 frei 





28 Commentar. 


behandelt, wie man es wol in italischer und germanischer metrik, aber 
nicht in griechischer gewöhnt ist. ein par beispiele mögen es zeigen, 
Ἐρασμονίδη Χαρέλαε Archilochos, Ἐρασμονίδη Βάϑιππσε Kratinos in 
der parodie jenes verses, ἀστῶν δ᾽ ol μὲν χατόπισϑεν Archilochos (alle 
drei bei Hephaestion cap. 15). &rrdpsvoag ἐμὰν ἄνασσαν Eur. Hipp. 755, 
τὸ δ᾽ ἄκαιρον ἅπαν ὑπέρβαλλόν ve μὴ προσείμην Eur. fgm. 893, 
die auflösung ist mit grund selten. der ganze vers, genauer sein erstes 
glied, hat enhoplios geheifsen; er hat sich selbst in der neuern komödie, 
allerdings bei Diphilos, der ihr seinem wesen nach nicht angehört, ge- 
halten (Athen. 499°), und wir besitzen noch ein grabepigramm aus 
Kyzikos, wie es heilst, aus dem 1. jahrhundert (wahrscheinlich älter), 
das ihn in der weise des Archilochos (der eine alte anonyme komödie 
Εἴλωτες auch folgte Athen. XIV. 638°) stichisch anwendet, Kaibel 
epigr. 874°. vgl. G. Hermann el. doctr. metr. 590. mehr wird in den 
dochmischen liedern von ihm zu sagen sein, zur fünften gesangnummer. 

Da das lesen der epode vielleicht zuerst schwierigkeiten macht, mag 
hier das schema stehn, obwol es eigentlich überflüssig ist. 


vvvvuu|j--]|-v-vu|l-v-]|-v- 
-- [|vvvuvuvu|l-v-u|=-v- 
-v-v|]-v- 

“ὦ .- Ι-.-- 
=== -UV-v|-v-v-- 


Die beiden strophen liefern die selbstvorstellung des chores. wir 
erfahren das notwendige, dals er ein kampfgenosse des Amphitryon ist, 
also mit derselben partei sympathisirt wie der zuschauer, und dals er 
ganz schwach ist, also jeder gedanke an eine tätliche hilfe für die Herakles- 
kinder ausgeschlossen ist. 

Wenn Euripides greise einführt, so characterisirt er sie dadurch, dals 
ihnen das gehen schwer fällt, oder dals sie gar bei einiger aufregung 
zu boden fallen, und er trägt die farben für unser gefühl zu stark auf 
(Peleus Andr. 551. 1077, Kadmos und Teiresias Bakch. 364, der pfleger 
des Agamemnon EI. 490, Iolaos Herakl. 602. 731, der pfleger des 
Erechtheus Ion 727. 739. 1172, aus der parodos eines greisenchores ist 
fgm. adesp. 25). in der Elektra und im Ion klagen die leute auch wie 
hier beim auftreten darüber, wie mühsam sie bergauf gehen müßsten; das 
ist höchstens für Delphi durch den ort der handlung motivirt, und da 
das für die andern stücke nicht zutrifft, muls von dieser erklärung ab- 
gesehen werden. ebensowenig ist möglich dafs die personen und der 
chor einen wirklichen aufstieg gemacht hätten um auf die bühne zu 
kommen. denn abgesehen davon, dafs die bühne tatsächlich anders an- 








vers 108—109. 29 


gelegt war, so könnte z. b. hier die antistrophe unmöglich noch unter- 
balb derselben oder gar während des hinaufsteigens gesungen sein; die 
mehrzahi der dramen gestattet überhaupt nicht an ein hinaufklettern des 
chores zu denken. der dichter läfst also seine greise lediglich bergauf 
gehn, damit sie keuchen und so sich als greise manifestiren. den auf- 
stieg aber ist das publicum gefällig genug dem dichter zu glauben wie 
so manches andere auch'),, — die epode gibt dann kurz den eindruck 
wieder, den die auf dem altar sitzende gruppe dem chore macht, der ihr 
nun gegenüber steht. 

108 ὑπόροφα μέλαϑρα (dieselbe verbindung Phoen. 299, der vocalis- 
mus Or. 147) zeigt, dals.der chor eigentlich in das haus eintreten wollte, 
natürlich, da er an das bett des greises, γεραιὰ δέμνια, zu treten ge- 
dachte. Amph. pflegte still zu liegen (555); er ist nicht bettlägerig, 
aber er hütet das haus, und da man nicht zu sitzen pflegt und auf der- 
selben κλένη liegend, wo man nachts schläft, sogar zu essen, auch für 
die nachtruhe keine grofse vorbereitung (wie in der luxuriösen epischen 
zeit) gemacht wird, so ist ‘zu hause sitzen und ‘zu bette liegen’ ziemlich 
dasselbe. — da der chor Amph. im bette zu finden erwartet, weils er 
von der confiscation des hauses noch nichts, wol aber im allgemeinen 
von der gefahr der kinder. 

109 «ug! kann in sinnlicher bedeutung nur von dem gesagt werden, was 
von etwas anderem umfalst wird, also “suche dir einen stützpunkt, in- 
dem du den stab umfalst’. der gang schwankt um den festen punkt, 
den stab, herum und würde ohne diesen die richtung und haltung ver- 
lieren. man muls zu dieser erklärung greifen, weil ἔρεισμα ϑέμενος 
sich nicht als periphrase für ἐρεέδεσϑαι betrachten lälst; ἐρείδεσϑαι 
ἀμφὶ βάχτρῳ könnte man nur etwa von der schlange des Asklepios 
sagen. die stäbe selbst sind ἐρείσματα χερός (254), weil ἡ χεὶρ τοῖς 
βάχτροις ἐρείδεται. das verhältnis dieses dativs ist das instrumentale, 
erträgt also den zusatz von dumpi nicht. 

ἐήλεμος hatte ich zu den worten gestellt, welche auch im attischen 
den ionischen vocalismus ihrer herkunft gemäls beibehalten. das sind 
völkernamen wie ᾿“σιῆτις (642), danach auch woÄıjrıg (Hipp. 1126) 
᾿Αδριηνός (Hipp. 736) Θρῃξ mit ableitungen, oder fremdwörter wie 


1) Ein wirklicher aufstieg würde in vielen dramen geradezu lächerlich ge- 
wesen sein, z. b. Eumeniden, Oidipus auf Kolonos, Herakleiden, Hekabe, Troerinnen, 
beiden Iphigeneien, und im Aias mülfsten sie gar wieder heruntergeklettert sein. 
der Kyklops aber zeigt zur abwechselung einmal einen abstieg: da treiben die Satyrı 
des Kyklopen schafe von den alpen des Aetna zu der tief am meere gelegenen höhle. 


80 Commentar. 


τιήρα (A. Pers. 662; in den gleichgiltigen flexionssilben gilt natürliche 
die attische aussprache) ἀρῆς düua A. Hik. 83 nach dem epischen ἀρῆς 
ἀλκτήρ, was man ohne den ionismus gar nicht verstehen könnte; viel- 
leicht noch eins und das andere. die form der völkernamen schwankt 
auch auf den gleichzeitigen steinen. aber ἑήλεμος gehört nicht her: 
da man in der klage nicht ı-«, sondern ἑή ruft, konnte die interjection 
sich um alpha purum nicht kümmern. 

110 γέρων ἀοιδός nennt sich der chor, weil er eben ein chor ist und 
singt. das ist für unseren rationalismus wider die illusion, aber ganz 
in der weise der tragödie, vgl. 682. jenes lied nimmt 691 das wort γέρων 
ἀοιδός auf und erläutert, wenn nötig, den grauen vogel’ als den schwan. 
denn das schwanengefieder ist von alters her ein bild der grauen farbe. 
Aisch. Prom. 795 nennt die Γραῖαε κυχνόμορφοι, Ar. Wesp. 1064 xuxvov 
σολεώτερος, E. Bakch. 1365 πολιόχρως x.') es scheint dafs dadurch erst 
die vorstellung entstanden ist, dafs die ‘greisen’ schwäne am schönsten 
sängen, und daraus wieder, dafs es die sterbenden täten (dies zuerst 
bei Aischyl. Ag. 1444). doch läfst Eur. El. 151 auch einen schwan um 
den tod seines vaters klagen: da ist es einfach der singvogel. als solcher 
galt er von vorn herein den Hellenen und zugleich als zugvogel aus dem 
norden, den man in scharen auf den gewässern Thrakiens (am Hebros 
und Strymon), Thessaliens (am Peneios Homer hymn. 21. daher die 
schwäne der Kyrene) und Asiens (am Kaystros) traf. selbst der name 
xUxvog ist nur der ‘sänger’, doch mit onomatopoetischer umbildung der 
reduplicationssilbe, wie das entsprechende ciconia auch anomal vocalisirt 
ist. weil der schwan von den Hyperboreern kommt wie Apollon, ge- 
hört er diesem zu, und daher seine rolle in der delischen sage. das 
schneeweilse gefieder wird zuerst einmal von Eur. hervorgehoben, aber 
an einem besonderen schwane, dem, in dessen gestalt Zeus der Leda 
genaht ist (Hel. 216). auch hat schon Hellanikos den namen Kyknos 
bei dem troischen helden auf seine weilse haut beziehen wollen (schol. 
Theokr. ‘I&e. 49). das ist aber schlechter rationalismus. Kyknos er- 


_ 


1) Wenn Pratinas (1, 5) in seinem tanzliede (d.h. seinem dithyrambos: dafs 
man als sänger Satyrn glaubt, sollte doch die /ögsos χορεέα des schlusses verbieten), 
von dem chore redet der im gebirge schweift old re κύκνο» ἄγοντα ποικελόπτερον 
μέλος, so ist das adjectiv zu μόλος zu ziehen, und die grofse kühnheit anzuerkennen, 
dafs er das lied des vogels “buntgefiedert” nennt, weil seine weisen bunt sind. die 
antike grammatik betrachtet in solchen fällen das zweite glied des compositums als 
abundirend; das ist zu äufserlich, aber besser als die modernen zweifel. in der tat 
hat es in ξουϑόπτερος μόλισσα, δωόπτερος u.a. eine sehr schwache kraft. 





vers 110---111. 81 


scheint in der troischen sage als ein böser könig, sei es von Tenedos 
(das erst nach seinen sohne Tennes benannt sein soll, also vorher einen 
andern namen gehabt haben muls, der “ΖΖεύχοφρυς ist gemäls dem könig 
“schwan’), sei es von der später von den Lesbiern dauernd besetzten 
und mit Apollonculten übersäeten troischen küste der aeolische held 
Achilleus erschlägt ihn. diese Aeoler stammen aus dem südlichen Thes- 
salien, Achilleus gar aus der gegend, wo die thessalischen und delphischen 
Dorer ihren helden Herakles einen bösen könig Kyknos überwinden 
lassen. Herakles tut dies im dienste des Apollon. das ende beider 
Kyknos ist die metamorphose. man könnte diese als secundär betrachten 
und mülste doch den Herakleskampf als eine umbildung des Achilleus- 
kampfes betrachten. aber ein name Kyknos kann nur ein redender sein: 
in Athen begegnet er in der familie des sehers Philochoros, und auch 
dieses apollinische handwerk pflegt erblich zu sein. und an denselben 
gestaden, wo Kyknos fällt, erzählt man seit alten zeiten von der ver- 
wandlung von Keyx und Halkyone. folglich wird man als grundlage 
anzunehmen haben: der schwan, Apollons diener, war früher ein böser 
könig und feind Apollons, den in seinem dienste der aeolische (später 
der dorische) held erschlagen hat. natürlich war beiden völkern diese 
bedeutung verloren, als die uns bekannten sagen formulirt worden sind, 
Kyknos, der könig der Ligurer, der um Phaethon klagt, ist der sing- 
schwan in seiner heimat. in Eur. Phaethon singen ebendeshalb die 
- schwäne auf dem östlichen Okeanos, an dem das stück spielt, in der 
morgenfrühe. ob die endlosen reihen von vögeln, mit denen die töpfer 
der ältesten griechischen zeit ihre ware bemalt haben, schwäne oder gänse 
(entsprechend der rolle, welche diese in der Odyssee spielen) vorstellen, 
ist um so fraglicher, als selbst späte künstler den schwan der Leda oft 
für unsere augen als eine unansehnliche gans bilden. aber diese sage, 
in der Zeus und Νέμεσις, die hohe göttin, in der gestalt von schwänen 
erscheinen, zeigt, dafs man kein recht hat (wie ich es selbst früher tat) 
zu bestreiten, dafs der schwan auch mit weiblichen gottheiten in alter 
beziehung steht. Aphrodite auf dem schwan (sehr schön z. b. Journ. of 
Hell. st. XII pl. 13, vgl. Kalkmann Jahrb. arch. I) oder mit dem 
schwan ist eine umformung von Aphrodite als schwan, wie die Hellenen 
die alten tiergestalten der götter wegzudeuten pflegen. die deutschen 
göttinnen als schwäne sind bekannt. dagegen ist die taube Aphrodites 
semitisch. 

111 Die schilderung des alters wie 239, kurz und scharf φωνὴ καὶ σχιὰ 
γέρων ἀνήρ Melan. 509 (ein redender schatten’; nur mit seinem 


82 Commentar. 


mürrischen schelten kann er noch etwas tun) u. dgl. das sind variationen 
eines volkstümlichen spruches, Aiolos 25 φεῦ φεῦ, παλαιὸς αἶνος ὡς 
καλῶς ἔχει" γέροντες οὐδέν ἐσμὲν ἄλλο πλὴν ὄχλος καὶ σχῆμ᾽, 
ὀνείρων δ᾽ ἕρπομεν μιμήματα, (ὄχλος καὶ σχῆμα, statt der acteurs 
nur noch der figurantenchor auf der bühne des lebens, um auch diese 
misverstandenen worte zu erklären. ὄχλος πρεσβυτιχός Aristoph. Wesp. 
540 Plut. 786) νοῦς δ᾽ οὐκ ἔνεστιν. in weit edlerer weise, aber doch 
mit denselben typischen zügen schildert sich der chor in der parodos 
des Agamemnon. 

ἔπεα steht singulär, in minder erhabener rede ψόφος; λόγος oder 
λόγοι würde nicht sowol den leeren klang als den irrealen inhalt oder den 
gegensatz zu ἔργον bezeichnen. “die tugend ist doch kein leerer schall’: 
das ist λόγος: ὦ τλῆμον ἀρετή, λόγος ἄρ᾽ 109’ " ἐγὼ δέ σε ὡς ἔργον 
ἤσχουν (adesp. 374). dagegen Shakespeares “worte worte, nichts als 
worte‘, ist ἔπῃ τάδ᾽, οὐδὲν πλὴν ἔπη. — δόχημα für das was nur 
im doxeiv eine existenz hat, hat sich Eur. gebildet. in Argos sagte man 
so für δόγμα (κατὰ τὸ δόχημα τοῦ συνεδρίου τῶν Ἑλλήνων Oauer 
delect. 58 aus der zeit 338—30). 

113 τρομερὰ und πρόϑυμα gehört zu ἐστάλη». 

114 Die altionische und auch die altattische sprache, diese aber nur 
in gehobener rede, setzt gern ein mit « privativum gebildetes adjectiv 
statt nackt von jemandem auszusagen, dafs er das und das entbehre, draus 
γόνου, ἀνέστιος οἴχου, ἀπαϑὴς νόσου, zum teil in sehr kühnen wen- 
dungen wie ἀχάλκωτος ἀσπίδος, ἀνήνεμος χειμώνων, ἀγεέτων φίλων. 
das ist schön und dichterisch, denn es erhöht das sinnlich plastische der 
rede. aber Eur. erlaubt sich auch, wie hier, das adjectiv vom selben 
stamm zu bilden wie den folgenden genetiv παίδων ἄπαις Andr. 612, 
ἄφιλος φέλων Hel. 524. ähnlich hat Platon im greisenalter τιμῆς ... 
ἄτιμος πάσης Ges. 774°, 

115 Die adjectiva welche auf ein unbetontes -aıog ausgehen, verlieren im 
altattischen häufig den zweiten bestandteil des diphthonges; so γεραεός 
παλαιός δίκαιος φιλαϑήναιος u. a. es war aber, wie es scheint, nicht 
sitte, diesem verluste auch in der schrift denselben ausdruck zu geben 
wie in Πειραεύς ποεῖς del oder bei langem vocale in ἐλάα u.a, wo 
volle inconsequenz herrscht. 

116 4löng mit langer anfangssylbe ist im attischen selten, welches 
die verkürzte form (Aıdos εἴσω u. dgl.) nicht anwendet. doch ist die 
länge auch El, 143 Hik. 922 (in iamben, von den herausgebern ver- 


vers 111—119. 33 


kannt)') fgm. 936 (allerdings mit sicherheit auf den Peirithoos bezogen, also 
von Kritias) gesichert, und sie stammt aus dem altionischen iambos, Semo- 
nides 1, 14, danach Herodas 3, 17. δόμοις ist locativ. so verwendet 
das drama den dativ in voller freiheit, und die syntax wird die con- 
structionen dieses casus nur dann begreifen, wenn sie damit rechnet, 
dafs er zwei volle casus vertritt (und dazu noch den instrumentalis). 
musterbeispiel Bakch. 68 τές ddp; τίς μελάϑροισιν. 

118 un προκάμητε πόδα ist überliefert, ἃ. h. die richtige correctur des 
verschriebenen 7.00 hat nicht dieses ersetzt, sondern ist in den text ge- 
drungen, ein überaus häufiger vorgang. wer die iamben erkannt hat, 
kann nicht lange schwanken. es hat zwar jemand geglaubt, die richtige 
verbesserung durch das leichtere un zröda προχάμετε zu übertreffen. 
leichter ist das nicht, da es zwei fehler annimmt, dafür ist es ein ganz 
abscheulicher schnitzer. wer nicht weils, dafs hinter ur; der imperativ 
des aorists verboten ist, soll seine hände von griechischen versen lassen. 

119 “Werdet nicht müde wie das pferd, welches den wagen einen berg 
hinanzieben soll’. lassus tamquam caballus in clivo Petron. 134. bis in 
solche sphaere mufs man hinabsteigen, um eine parallele zu dem gleichnis 
zu finden, das uns unedel dünkt; und in der tat sind die jüngeren 
tragiker zwar an metaphern reich, und Eur. (denn Soph. hat wenig eigene 
bilder, aber einzelne besonders schöne, und steht an sinnlicher plastik 
des ausdrucks sehr zurück) ist unerschöpflich in umbildungen alter motive, 
aber mit kühner hand in das volle leben zu greifen, wie Aischylos tut 
(essig und öl Ag. 322, schlappohriger hund 1229, füllen das der hafer 
sticht 1640, ἀνὴρ πεπαέτερος μόρων Myrmid.), verhindert ihn der kapp- 
zaum des stiles. auch hier hat er das dnuödeg als gegensatz zum conven- 
tionell erhabenen, also nur durch umbildung gewagt. da ist zuerst der 
ἵππος ᾿Ιβύχειος, der ποτὶ γήρᾳ ἀέκων σὺν ὀχέσφει Fooig ἐς ἅμιλλαν 
ἔα (fgm. 2), citirt von Platon Parmenid. 187". dies berühmte bild wird 
nach zwei seiten umgeformt, einmal von Soph. El. 25 ὥσπερ γὰρ ἵππος 
εὐγενὴς χἂν ἢ γέρων ἐν τοῖσι δεινοῖς ϑυμὸν οὐχ ἀπώλεσεν ἀλλ᾽ 
ὀρϑὸν οὖς ἔστησεν, auf welchen ἵππος Σοφόκλειος mit nachbildung 
der platonischen stelle Philostrat. υἱέ. soph. II 23 deutet. entgegengesetzt 
hat die altkynische schule ἕπστου γῆρας von dem elenden ende des zum 
karrengaul heruntergesunkenen renners gebraucht, und das ist sprich- 
wörtlich geworden, Dion Chrys. 6, 41, (kynische quellen), Plutarch au 





1) Dagegen ist Hek. 1033 ϑανάσμιον πρὸς Aıdav, ἐὼ τάλας, überliefert, was 
nur geändert worden ist, weil der anaklastische dochmius bis vor kurzem unbe- 
kannt war. 

v. Wilamowitz 11. 3 


84 Commenter. 


seni sit ger. resp. 4, paroemiographen. auch Cicero fand wol ein so 
despectirliches wort in einem griechischen tractat vor, als er den Cato 
schrieb, aber er setzte lieber die würdige auffassung, die ihm in ennia- 
nischen versen im gedächtnis war sicut fortis equus, spatio qui saepe 
supremo vicit Olympia, nunc senio confectu quiescit. (Cato mai. 14); während 
Horaz ep. I 1, 8, natürlich auch unter dem eindruck der griechischen 
bilder, näher am Ἰβύχειος ἵππος blieb, solve senescentem mature sanus 
equum, ne peccet ad extremum ridendus et ilia ducat. Eur. nun führt 
einen chor von greisen ein, ὧν ῥώμη μὲν ἀπήμβλυνται, ϑυμὸς δὲ 
μενοινᾷ, und darum palst auf sie der vergleich mit dem steif geworde- 
nen schlachtroß. er bedient sich aber zur charakteristik, wie er pflegt, 
ihrer körperlichen gebrechlichkeit, die ihnen den aufstieg schwer macht, 
da das gerade auch für das steife pferd zutrifft, hat er diese vulgäre 
wendung gewagt; dabei kam es auf die altersstufe des pferdes nicht mehr 
besonders an, und so blieb diese beziehung unausgesprochen. dals πῶλος 
gesetzt ist, besagt keinen altersunterschied, denn Eur. pflegt πῶλος und 
σπωλικός ganz synonym mit Zrzscoc und ἑππικός zu setzen. — die verse 
sind schwer entstellt überliefert, ὥστε πρὸς πετραῖον λέπας ζυγηφόρος 
χῶλον ἀνέντες ὡς βάρος φέρον τροχηλάτοιο πώλου. aber wenn man 
den sinn und das versmals erfalst hat, kann man das meiste mit sicher- 
heit erledigen. erfordert ist erstens ein substantiv im nominativ gehörig 
zu ζυγηφόρος, zweitens ein genetiv gehörig zu τροχηλάτοιο. der zweite 
kann πώλου nicht sein, das erste muls den sinn “pferd” haben: folglich 
ist πώλου durch den einfluls des nebenstehenden genetivs aus πῶλος 
entstanden. der fehlende genetiv ist ἀπήνης ὄχου ἅρματος, 80 etwas: 
der fehlt also ganz. ζυγηφόρος geht nicht in den vers, also ist die form 
zu ändern. χῶλον ist gar nicht in die construction zu bringen, also ist 
es entweder verdorben oder wahrscheinlicher dittographie zu πῶλος, 
welches an sein adjectiv gerückt ward. somit ist sicher σερὸς πετραῖον 
λέπας Lvyopögog -ο--ο-ο-- βάρος φέρων τροχηλάτοιο πῶλος, und 
in der lücke, wo jetzt [κῶλον] ἀνέντες ὡς steht, fehlt sicher der be- 
griff “wagen’; es fehlt aber, wie die sylbenzahl zeigt, mehr. nun ist πρὸς 
λέπας 80 weit von φέρων entfernt, dals man eine vermittelung erwartet: 
mindestens ἄγω, denn auf die steigung kommt es an; ferner ist der ver- 
gleichungssatz so umfänglich, dafs man ein verbum, also am besten das- 
selbe wie im hauptsatz, wünscht. allem wird genügt, wenn man wagt 
(Erau γἀναντεςζἅρματγος. 

121 λέπας ist eine nebenform von λέπος die schale (wie δέρος: δέρας, 
βρέτος: βρέτας, σέβος : σέβας) und erscheint, wie die meisten ähnlichen 


vers 121---129. 35 


wörter, nur im nom. acc. metaphorisch kann es also nur eine kahle fels- 
kuppe bezeichnen, vgl. πέτρη λεπρᾶάς Theokr. 1, 40, die landschaft 
«1έπρεον, wol auch der berg Aerzervuvog auf Lesbos. auch die gram- 
matiker haben es verstanden (schol. Apoll. Rh. 11266; Eustath. zu ® 455 
mischt fälschlich λόφος ein). lebendig war das wort, so viel zu sehen 
ist, nur in Sicilien, wo das Axgaiov λέπας am wege von Syrakus nach 
Akrai lag, ein wirkliches λεπρὸν ὄρος (über cava Culatrello, Lupus Syrakus 
s. 57, Thuk. 7, 78). auch der älteste litterarisch nachweisbare gebrauch 
des wortes ist correct, Simonides 117, von den Kranichbergen bei Megara. 
aber die Athener haben, ungewils woher, das wort als ein fremdes aufge- 
griffen und fälschlich auch für ein waldgebirge gebraucht, Aischyl. Ag. 298 
Κιϑαιρῶνος λέπας, und Eur. [πὸ 411 μικροῦ γὰρ ἐκ λαμπτῆρος Ἰδαῖον 
λέπας πρήσειεν ἄν τις. spätere und zwar geringe dichter haben das 
wort vereinzelt aus Eur. aufgegriffen; in wahrheit war es verschollen. 

τροχηλάτοιο. der epische (fälschlich sog. thessalische) genetiv ist nach 
dem vorgang von epos und Iyrik in chören durchaus zulässig. am ende 
seines lebens hat Eur., aber er allein, ihn einzeln auch im dialog ver- 
wandt, Archel. 228. 

123 Wie 125 zeigt, ist der kräftigere angeredet, also aus ὅτου ein genetiv 
zu χερὸς καὶ πέπλων zu entnehmen. von πέπλος ist der plural für 
ein gewand gebräuchlich: die hand kann nur im singular stehn, weil 
nur eine gemeint ist. 

124 ἀμαυρός wird nicht nur von den grammatikern (Orion Et. M. 5. v.) 
sowol als ‘dunkel’ wie als ‘schwach’ erklärt, sondern die tragiker ver- 
wenden es in beiden bedeutungen: “dunkel” wiegt vor, doch öfter in So- 
phokles OK. und bei Eur. hier und 231 ist schwach’ offenbar gemeint. 
in wahrheit ist dies das richtige, denn das wort ist eine aeolische neben- 
form zu ἀμαλός (ἀμα-υρός wie λε-υρός γα-τῦρος dyu-udg) und über 
die bedeutung lälst der lahme könig Amauros von Tenedos (Herakleid. 
Pont. πολιτ. 23) so wenig zweifel wie über die herkunft. die verwech- 
selung ist unter dem einfluls des attischen ἀμυδρός entstanden. Hesiod 
gebraucht das wort richtig. bei Homer steht nur in der jüngsten schicht 
der Odyssee ὃ 824 εἴδωλον ἀμαυρόν, gemeint als ἀμενηνόν, aber, wie 
die scholien zeigen, als ἀμυδρόν misverstanden. richtig verstanden hat 
es Aischylos, der Choeph. 157 den toten ἐξ ἀμαυρᾶς φρένος hören lälst. 

128 ὀνείδη ist apposition zum subject, nicht als accusativ nach 59 
zu erklären: das zeigt der numerus. — von selbst ergänzt man die 
bittere kritik der gegenwart ol δὲ νῦν νεανίαι δυσχλεοῦς πατρέδος 
αἴσχη. 

8 4 


86 Commentar. 


130 die kinder sind echte Herakleskinder; sie haben die feurigen augen 
des vaters, das schwere leben und die χάρες. diese ist immer etwas re- 
ciprokes, sowol die freundliche gesinnung oder tat, wie die gesinnung 
oder tat, welche diese erwidert. also lebt in den söhnen die χάρες des 
Herakles, weil sie wie er zu woltätern der menschen berufen sind, und 
weil sie wie er auf den dank der menschen anspruch haben. näher führt 
das der schlufssatz aus, in dem sich die ergebenheit des chores ebenso 
wie seine hoffnungslosigkeit äußsert. denn dafs in ihm die χάρες lebendig 
ist, ist ausnahme; die meisten haben den toten woltäter vergessen. denn 
χάρις τοῦ ϑανόντος ταχεῖα διαρρεῖ 8. Ai. 1267. 

πατρός kurz für τῶν τοῦ πατρὸς ὀμμάτων. solche gekürzte ver- 
gleichungen kann keine sprache entbehren ; musterbeispiel xouaı Χαρι- 
τεσσιν ὅμοιαι P 51. 

προσφερής mit dem genetiv ist singulär. aber es finden sich öfter 
adjectiva die mit σύν oder duo componirt sind, also nach der gewöhn- 
lichen regel den dativ verlangen, weil für die empfindung das verhält- 
nis der gemeinschaft oder teilhaftigkeit vorwiegt, mit dem genetiv z. b. 
ovungenng γυναιχῶν A. Hik. 458. selbst πρέπειν hat Soph. Ai. 534 
mit dem genetiv verbunden. ξυνὸς duevverıdog βωμός ein gedicht 
des dritten jahrhunderts (Kaibel Epigr. 781, 8) ἀράχνης ἐναλιγκίοις 
σεέπλοις Philoxenos 3, 5. — im auge wohnt die αἰδώς und deshalb für 
den Hellenen die schönheit (Klearch bei Ath. XTII 564 führt es nach 
Aristoteles aus und belegt es mit vielen erlesenen versen. häufig bei 
späteren); im auge wohnt auch der trotzige mut, das γοργόν, vor dem 
der feige das auge niederschlägt. dies γοργόν ist wie für γοργῶπις 
᾿ϑήνη so für Herakles charakteristisch. als ihn Hermes als sclaven ver- 
kaufen will, fürchtet er keinen käufer zu finden σὲ δ᾽ εἰσορῶν πᾶς τις 
δέδοιχεν᾽ ὄμμα γὰρ πυρὸς γέμει, ταῦρος λέοντος ὡς βλέπων ἐς 
ἐμβολήν. Syleus 689. 

132 χαχοτυχής hat allein Eur. nach εὐτυχής gebildet (Hipp. 668. 679. 
Med. 1274), xaxorvyeiv nur Thuk. 2, 60 χαχοτυχῶν ἐν εὐτυχούσ᾽͵ 
πατρέδι, durch die antithese gemildert. die sophistik, der beide schrift- 
steller huldigen, hat viele solche künstliche bildungen ersonnen, die in 
der lebendigen sprache nicht durchgedrungen sind. 

137 oregeioya: ist nicht privari sondern carere, deshalb kann das 
particip aoristi ὀλέσασα stehn. an der leiche des Hippolytos sagt Theseus 
Hipp. 1460 οἵου στερήσεσϑ᾽ ἀνδρός, der chor in den Hiketiden 793, 
der kinderlos geworden ist, νῦν δ᾽ ὁρῶ σαφέστατον χαχόν, τέχνων 
στερεῖσθαι. Thuk. III 39 “wenn ihr eine abgefallene stadt einnehmt und 


vers 130—139. 37 


zerstört, τῆς ἐχεῖϑεν προσόδου τὸ λοιπὸν στερήσεσϑε. auch das activ 
ἀποστερεῖν bedeutet nicht "berauben’ sondern “vorenthalten”. 


Zweiter auftritt 138—347. 


138. 39 Diese beiden verse spricht der chorführer; sie bilden die äufser- 
liche vermittelung zwischen dem liede und dem folgenden dialoge und 
führen zugleich die neu auftretende person ein. diese ganz conventionelle 
manier gilt bei Soph. Eur. Aristoph. ganz in gleichem mafse. Aisch. be- 
dient sich ihrer auch schon öfter, (Pers. 150, 246 Sieb. 369 Ag. 489 
Ch. 730. in den Hiketiden vertritt Danaos den chorführer, in den Eume- 
niden schlofs die maske des chors eine solche verwendung aus), aber 
doch noch ziemlich frei, und der Prometheus zeigt gar kein beispiel, 
weicht also von der späteren sitte auffällig ab. 

ἀλλὰ — γὰρ und ohne wesentlichen unterschied ἀλλὰ γάρ fordert 
in gutem griechisch immer die ergänzung des gedankens, den der vor- 
ausgenommene satz mit γάρ begründet. wird dieser gedanke ausge- 
aprochen, so folgt er asyndetisch, ἀλλ᾽ εἰσορῶ γὰρ — "Innölvrov' ἔξω 
τῶνδε βήσομαι τόπων Hipp. 51—53. Tyrtaios 11, 1 ἀλλ᾽ Ἡρακλῆος 
γὰρ ἀνικήτου γένος ἐστέ, ϑαρσεῖτε. es hilft wol auch eine neue cor- 
relate begründungspartikel nach, Homer O 739 ἀλλ᾽ (intendirt ἐν χερ- 
ol φάος) ἐν γὰρ Τρώων πεδίῳ — ἥμεθα — τῷ ἐν χερσὶ φάος). 


1) Diese partikelverbindung ist jüngst einer sorgfältigen untersuchung unter- 
zogen worden (Kalinka de usw coniunctionum quarındam apud scriptores Atticos 
antiquissimos Wien 1889), die aber zu einem täuschenden resultat kommen mufste, 
weil sie von der poesie absah. die ältesten attischen schriftsteller sind eben die 
tragiker. erst als Isokrates seinen stil zur manier ausgebildet hat, ist ἀλλὰ γὰρ 80 
ziemlich eine starke adversativpartikel, und ganz ohne bedeutung wird γάρ erst bei 
stumpfen nachahmern. Plat. Apol. 19° ἀλλὰ ;ap ἐμοὶ τούτων μέτεστιν οὐδέν "aber 
— ihr wilst ja, das pafst auf mich nicht’'. mit mitleidigen achselzucken schüttelt 
Sokr. die vorwürfe ab. so gleich darauf noch zweimal. Andok. I 72 “was ich nun 
sage, wird zur entlastung meiner ankläger dienen, ἀλλὰ yag τἀληϑῆ εἰρήσεται. aber 
das tut nichts: denn ich mufs die wahrheit sagen”. I 124 nach erzählung eines 
akandalösen processes des Kallias mit seinem sohne “ἀλλὰ νὰρ τὸν ὑὸν — σκχέψασϑε 
πῶς γέγονεν. aber das ist noch gar nichts: seht erst einmal an —’. Antiph. 
5, 62, die einzige stelle bei ihm und nicht ganz sicher, zumal eine lücke vorhergeht, 
ist doch im grunde gleicher art. die zeugen haben ausgesagt, dafs jemand den 
Lykinos nicht verklagt hat, wo er ihn fassen konnte. “ἀλλὰ γὰρ ἐνταῦϑα μὲν ἀφῆκεν 
αὐτόν u.s. w. aber dann ist er hier unschuldig, denn er müfste ja sonst ihn unter 
guten chancen verschont haben, unter den schlechtesten getötet.” die entwickelung 
des gebrauches geht ihren geraden weg, und die sprache ist schön, so lange sie 
lebendig ist, nicht an regeln und logik gebunden, sondern das instrument, auf dem 





38 Commenter. 


in dem vorliegenden wie in vielen anderen fällen ist aber nur der gegen- 
satz zu irgend etwas ausgesprochen; dazu ergänzt die handlung das was 
der redende nicht sagt. “aber wir können nicht weiter singen, nicht mit 
Amphitryon reden, denn Lykos kommt’. in dieser weise ist es seit alter 
zeit (A. Sieb. 861. 8. Ant. 155 vgl. 148) bei der überleitung vom ge- 
sange zum dialoge gewöhnlich. 

περᾶν ist nur vorwärts gehen, Bakch. 212 Πενϑεὺς πρὸς οἴχους 
περᾷ. Lykos kommt desselben weges wie der chor, aus der stadt. er 
erscheint also gemäfs der anlage der bühne “in der nähe des palastes”, 
der chor, der auf dem tanzplatze bei den personen steht, die auf dem 
altar in dessen mitte sitzen, weist, um den herankommenden zu zeigen, 
in die richtung auf den palast (rövde dwu.). — die trabanten, die 
den Lykos begleiten, 240. 332. 723, erwähnt der chor nicht, weil sie 
herkömmlich das gefolge der könige bilden, vgl. oben 58. 6. 

Lykos kommt um den tod seiner feinde endlich zu erzwingen. er 
will sie zum letzten male auffordern sich dem tode gutwillig zu stellen; 
tun sie das nicht, so will er sie zwar nicht vom altar reilsen (was er 722 
schliefslich doch mit Megara tun will), aber auf dem altar verbrennen. 
es würde für den fortgang des stückes ganz genügend sein, wenn Lykos 
seine absicht schon jetzt, nicht erst 240, ausspräche'), statt dessen wird 
zunächst ein ganz mülsiges wortgefecht geführt, nicht eigentlich ein ἀγὼν 
λόγων, denn Lykos führt seine ansicht nicht des näheren aus, sondern 
gibt nur dem Amphitryon die themata für dessen grolse epideixis. diese 
ist also dem dichter selbstzweck gewesen, und er hat dem rhetorischen 
das dramatische interesse geopfert. 

Die rede des Lykos ist ganz einfach disponirt; man muls nur das 
rankenwerk der stilisirung, um der ἠϑοποιία willen, entfernen, “ergebt 
euch in den tod, da euer widerstreben sowol nutzlos als unberechtigt 
ist (140—56). Herakles steht ganz ohne grund im rufe der tapferkeit 


der kundige jede weise spielen kann; dv ἤϑει int ἀλλὰ γὰρ bei den ältern prossikern 
gesetzt, im anschlusse an die poesie. nur von dieser aus versteht man die alt- 
griechische prosa: die schulmälsige rhetorik tritt als etwas neues und fremdes ein. 
sie sagte sich, dafs ἀλλὰ und γὰρ einander widersprächen. aber gute stilisten haben an 
den guten mustern der lebendigen rede (Platon) noch spät das schöne erreicht. Dion 
schliefst eine rede (34) mit ἀλλ᾽ ἔοικα γὰρ πόρρω προάγειν. “aber ich schlielse, 
denn ich schweife ab.” das entspricht ganz der tragischen weise. 

1) Ich habe beim vorlesen des dramas die erfahrung gemacht, dals die wir- 
kung auf den modernen hörer durch diese streichung steigt; das gleiche gilt von 


: den versen 295—8086, 781—814, 1072—80 und natürlich den conventionellen zwischen- 


sprüchen des chores, 


vers 139. 39 


(157—64). mein handeln ist durch die pflicht der selbsterhaltung ge- 
boten (165—69). hierin ist der zweite teil eine an sich störende ab- 
schweifung, die ohne schaden für diese rede weggelassen werden kann. 
sie ist somit nur als zrgosragaoxev?) für die entgegnung des Amphitryon 
da. das zeigt sich auch äulserlich darin, dals in diesen versen die per- 
sönliche anrede aufgegeben ist; denn mit solcher beginnt die rede, und 
Amphitryon 149 und Megara 150, 51 erhalten jede ihr teil. zu Amph. 
kehrt Lykos 165 zurück, offenbar weil der alte sich anschickt auf die 
schmähungen zu erwidern. aber die kritik des bogenschützen ist an 
niemand auf der bühne, d. h. in wahrheit an das publicum gerichtet. 
Um die gedankenfolge des ersten teiles zu verstehen muls man er- 
kennen was das leitende ist. Lykos will sagen ἐρωτῶ ὑμᾶς, μέχρι 
πόσου διατρίβειν βούλεσϑε ζῶντες, ἐπειδὴ σωτηρίαν οὐδεμέαν ἔχετε 
τοῦ Ἡραχλέους τεϑνεῶτος. ϑαυμάζω δὲ καὶ τὸ ἄκαιρον πένϑος ὑμῶν, 
οὐδὲν γὰρ εἴργασται τῷ Ἡραχλεῖ ἐφ᾽ ᾧ τις τῶν παίδων αὐτοῦ φείσε- 
ται. Allein die lebhaftigkeit und der hohn des redenden hat dies logische 
verhältnis vielfach verdunkelt. 1) tritt zu dem einfachen ἐρωτῶ ein neben- 
satz, der die folgende frage ganz verselbständigt hat. “ich frage euch, wenn 
es sich ziemt: es ziemt sich aber, da ich ja euer herr bin’. das ist bitterster 
hohn, weil Lykos scheinbar die mode mitmacht, seine rede mit der captatio 
benevolentiae zu beginnen, ob er denn wol sich die freiheit nehmen dürfe. 
ähnliche gedanken sind bei den rednern gewöhnlich, bei Eur. z. Ὁ. El. 300 
λέγοιμ᾽ ἂν εἰ χρή. χρὴ δὲ πρὸς φίλον λέγειν τύχας βαρείας τὰς ἐμὰς 
κἀμοῦ πατρός “es schickt sich vielleicht nicht an sich, dals ich, eine 
frau, eine rede halte, aber da du ein freund bist und ich auch von meines 
vaters unglück zu reden habe, so schickt es sich wol‘. Hek. 234—38. 
nach weiteren praeambeln εἰ δ᾽ ἔστε τοῖς δούλοισι τοὺς ἐλευϑέρους 
μὴ λυπρὰ --- ἐξιστορῆσαι, σοὶ μὲν εἰρῆσϑαι χρεών, ἡμᾶς δ᾽ ἀκοῦσαι 
τοὺς ἐρωτῶντας τάδε. “bitte, stehe mir rede, wenn ich, die sclavin, 
dir eine bescheidene frage vortragen darf‘. Soph. fgm. 855, 14 εἴ μοι 
ϑέμις, ϑέμις δὲ τἀληϑῆ λέγειν, vor einer kühnen äufserung über Zeus. 
das sind situationen, wo die restriction angebracht ist, hier hebt die 
motivirung des tyrannen genugsam hervor, dafs er seine opfer höhnt. 
dafs die wendung in der sophistischen epideixis beliebt war, zeigt Hippo- 
krates sc. ἄρϑρων 6 (II 145 K.) δὲ δή τε τοιοῦτο δεῖ ἐν ἐητριχῇ 
γράψαι" δεῖ δέ᾽ καλῶς γὰρ Ὅμηρος u. 8. w. die schrift ist keine rede, 
aber sebr gut stilisirt. auch Soph. spielt so, bittersten hohn zu charakte- 
risiren, mit εἰ ϑέμις, ϑέμις δὲ, ἐπεί Tr. 809. 2) die begründung da- 
für, dafs der widerstand aussichtslos ist, wird in die form zweier rhe- 





40 Commentar. 


torischer fragen gekleidet, sodafs diese nicht nur unter sich, sondern auch 
mit der vorangehenden frage, die allein den inhalt des ἐρωτᾶν bildet, 
coordinirt erscheinen. hier muls die richtige recitation dem misverständnis 
vorbeugen. 3) der folgende mit ὡς eingeleitete satz begründet den inhalt 
der fragen des Lykos durchaus nicht, und am wenigsten die unmittelbar 
vorhergehenden rhetorischen fragen. σπιεστεύετε τὸν Ἡρακλέα ἥξειν; 
ὡς ὑπὲρ τὴν ἀξίαν πενϑεῖτε ist sinnlos. begründet wird vielmehr, 
dafs Lykos überhaupt fragen muls, ἐρωτῶ ὑμᾶς, τέ μηχύνετε τὸν βίον " 
ὡς ὑπὲρ τὴν ἀξίαν πενϑεῖτε. ähnlich I. T. 540; als die priesterin 
der skythischen göttin eine auffallende vertrautheit mit griechischen ver- 
hältnissen zeigt, sagt Orestes τίς el 08°; ὡς εὖ πυνϑάνῃ τἄφ᾽ Ei- 
λάδος; ὡς begründet es, weshalb er darauf kommt nach ihrer herkunft 
zu fragen. übrigens ist ὡς in diesen fällen und verwandten (z. Ὁ. L 
T. 660) in wahrheit nichts als “wie und gehört zu den adverbialen 
wörtern εὖ, ὑπὲρ τὴν ἀξίαν. das begründende liegt nur in seiner 
qualität als relativum, und es ist im grunde dieselbe verwendung wie 
von οἷον 817. 4) scheinen nur die χόμποι der Megara widerlegt zu 
werden, nicht die des Amphitryon; was mich früher dazu verleitet hat, 
nach 149 den ausfall eines verses anzunehmen. aber das ist täuschung. 
die anrede Megaras 151 ist nur dadurch gegeben, dafs eine andere an- 
rede vorhergieng, und Lykos das wort ἀνὴρ ἄριστος aufgriff. in wahr- 
heit ist Herakles, wenn er nichts geleistet hat, noch viel weniger sohn 
des Zeus als ἀνὴρ ἄριστος, also ist auch Amphitryon widerlegt. 5) könnte 
befremden, dafs Lykos zuerst nur vom tode derer spricht, welche er an- 
redet, 156 vom tode der Herakleskinder. aber diesen gilt in wahrheit 
alles; ihre ἐπέτροποι sind nur ein annex. darüber ist der zuschauer 
aulser durch die allgemein griechische anschaung durch den prolog auf- 
geklärt. 

145 κείμενον παρ᾽ “Auön mit absicht gewählt. für Lykos ist Her. nicht 
als einer der in die hölle hinabgestiegen ist drunten, sondern er liegt 
wie jeder verstorbene unter der erde. 

147 Dals man ϑαυμάζω, δεινόν ἐστιν u. dgl. mit εἰ verbindet, ist triviale 
lehre. es ist das aber nur ein beispiel für die anschauung der Griechen, 
in dem was wir für das object einer empfindung oder wahrnehmung 
halten, die bedingung derselben zu finden, zumal wenn die stimmung 
des redenden dahin neigt, von dieser bedingung lieber los zu kommen. so 
hier πένϑος αἴρεσϑαι, εἰ ϑανεῖν χρεών. kann man doch sogar das 
vergehen, dessen man jemanden anklagt, als bedingung der anklage 
fassen, Demosth. 19, 293. 


vers 145—155. 41 


149 Der vers ist verstümmelt, aber sicher herzustellen. denn es genügt 
nicht aus dem überlieferten ὡς σύγγαμός σοι Ζεύς blos den ruhmes- 
titel für Amph. zu gewinnen, den er im ersten verse des prologs vor- 
bringt, da sich hier ja alles um die frucht jenes “mitgatten’ verhältnisses 
dreht, um Herakles. also ist zu sagen, “dafs Zeus als dein mitgatte Herakles 
erzeugt habe’. die form des ausdrucks lälst sich aus der erwiderung finden 
170, nach welcher Lykos von einem anteil beider väter an Herakles 
geredet hat. man gewinnt also &xoıw@veı aus dem überlieferten τέχοι 
νέον, und hat r&xvov am schlusse zuzusetzen. 

151 Es konnte nicht heilsen τί δὴ σεμνόν, denn darauf würde die antwort 
gewesen sein, ὕδραν, λέοντα διώλεσεν. durch die setzung des artikels 
ergibt sich der sinn τί δή ποτ᾽ ἔστιν ἐκεῖνο τὸ σεμνὸν λεγόμενον. 
mit abundirendem gebrauche des artikels wie Τίτυρ᾽ ἐμὶν τὸ χαλὸν 
πεφιλημένε Theokr. 3, 3, hat dies also nichts zu tun. 

152 ὕδρος ist eine wasserschlange, die sich besonders von fischen nährt, 
nach dem glauben der Griechen aber im sommer zur ἔχιδνα wird, aufs 
land kriecht und sehr giftig ist. wenn Lykophr. 1313 ὕδρος für δράχων 
setzt, so ist das katachrese; bei Euphorion 55 steht es in eigentlichem 
sinne. das fabelwesen allein führt den weiblichen namen “Ydpa. diesen 
behält zwar Lykos bei, aber durch den zusatz ἕλεεος macht er aus dem 
eigennamen doch einen gattungsnamen und erweckt so ziemlich die nie- 
drige vorstellung eines ὕδρος. 

153 Hier bedient sich der flache unglaube desselben mittels, mit dem so 
oft der rationalismus anstölsige überlieferungen beseitigt, eines etymolo- 
gischen gewaltactes. der stärkste μηρός-ὅμηρος Bakch. 286—98. seit 
Hesiodos etymologisiren die Hellenen so gut wie alle. hier hat das nicht 
viel mehr zu bedeuten als was es ist, ein schlechter witz. Lykos selbst 
verzichtet darauf, die anderen grolstaten in ähnlicher weise zu beseitigen. 

155 ἐξαγωνίξζεσθαι ist nichts als ein wenig verstärktes ἀγωνίζεσθαι 
“darauf wollt ihr euch berufen ?” überaus häufig sind im drama die bei- 
spiele von verben, die ohne nennenswerte steigerung der bedeutung 
ein ἐξ erhalten, lediglich um klangvoller und vornehmer zu wirken. die 
kühnheit steigert sich im laufe der zeit und ist besonders bei Sophokles 
zur manier geworden. z. Ὁ. ἐξαγγέλλειν ἐχμιμεῖσθαι ἐκκαυχᾶσϑαι Er- 
χομψεύεσθαι ἐχϑεᾶσθαι ἐχχινεῖν ἐχλήγειν ἐχσημαίνειν ἐκφυλάσ- 
σειν; selbst sehr gewöhnliche verba wie ἐξεσίστασϑαι, ἐξαμαρτάνειν, 
ἐχδιδάσχειν, ἐξαναγκάζειν sind im grunde gleicher art. auch vor 
composita tritt ein solches &x, neben den gewöhnlicheren ἐξαστολλύναι 
ἐξανευρίσχειν findet sich ἐχπροτιμᾶν ἐξεπεύχεσϑαι ESurengereiv ἐξα- 





42 Commentar. 


ποφϑείρειν ἐξαποξύνειν u. 8.w. es ist begreiflich, dafs einzelnes an- 
stols erregt, aber er schwindet, wenn man die fülle der erscheinungen 
übersieht, was jeder mit dem lexicon in der hand tun kann. nur wie 
die erscheinung, zu der nur spärliche keime im epos vorhanden sind 
(ἐχτελεῖν παι τελεῖν, &xtayisıy = τανύει»), es zu so starker wuche- 
rung gebracht hat, bleibt zu untersuchen. bei Pindar ist das epische 
mals kaum überschritten, aber Sappho hat nicht nur ἐχλανϑάνεσϑαι 
und ἐχδιδάσχειν, sondern auch ἐχπονεῖν und ἐχπεποταμένα ganz 
gleich πωτωμένη (68, 4). Alkaios und Anakreon zeigen nichts des- 
gleichen. 

elvexa und &vexa ist beides gut attisch, &vexev nicht, obwol Eur. sich 
dasselbe in anapästen vereinzelt gestattet hat (Med. 1086). die verwech- 
selung mit dem seit ältester zeit als conjunction verwandten oürex« ist 
factisch schon im 7. jahrhundert in Athen vorgekommen CIA IV 422, 4 
λαλόμενος νίχεσεν Ἐπαίνετος hövexa röde (ha fälschlich wiederholt; 
an unvollständigkeit zu denken kein grund), und im 5. jahrhundert CIA 
IV 491, 8 ἀρετῆς oövexa. allein dies denkmal einer hetäre ist plebejisch, 
und der fehler kommt wenigstens in allen sorgfältig geschriebenen docu- 
menten nicht vor. mit recht wird er also trotz dem überwiegenden zeugnis 
der bandschriften überall aus der litteratur dieser zeit getilgt. 210 ist 
das echte überliefert. im dritten jahrhundert ist das anders. ein gebildet 
geschriebener brief bei Mahaffy Flinders Petrie pap. IL p. 60 οὕνεχα 
τοῦ ϑεοῦ καὶ τοῦ καλῶς ἔχοντος, Apoll. Rhod. 1 1325 οἴοπερ οὕνεκα. 

157 Überliefert ist ὃς ἔσχε ὃ. dann würde aus den worten τοὺς Ἡρα- 
χλείους παῖδας der name Ἡρακλῆς herausgehört werden müssen. das 
ist ganz tadellos, vgl. 263. aber ein relativer anschluls ist hier unmöglich, 
weil die vorigen verse nicht nur den volltönenden abschlufs eines satzes, 
sondern einer ganzen gedankenreihe bilden, während hier ein neuer 
abschnitt beginnt. daher ist ὃ δ᾽ herzustellen, verdorben unter dem ein- 
flufs von 159. man kann durch die recitation sehr wol Ἡρακλείους 
so stark hervorheben, dafs auch nach einer pause ὅς verstanden wird. 
aber wenn der dichter eine pause will, so wird er nicht das relativum 
setzen, d. h. die glieder ganz eng binden. 

158 Eur. gebraucht ἔγχος αἰχμή δόρυ ganz im sinne von πόλεμος μάχη, 
Hik. 22 τό τ᾽ ἔγχος τήν τε δυστυχεστάτην στρατείαν, wo das er- 
klärende wort folgt, schon durch das ἀπὸ χοινοῦ gestellte adjectiv eng 
verbunden; dafür gibt es wohl keine parallele. ἐν αἰχμᾷ unten 437. 
Phoen. 1273 schreiten die feindlichen brüder zum einzelkampf αἰχμὴν 
ἐς μίαν χαϑέστατον. ganz so einmal Herodot 7, 152 ἐπειδή σφι 


vers 157---162. 43 


πρὸς “Παχεδαιμονίοις χαχῶς ἡ αἰχμὴ ἑστήκει. andere wendungen der 
tragiker oder Iyriker wie αἰχμᾶς ἀχόρεστος, παρμένοντας alyug und 
vollends das in αἰχμάλωτος lebendig gebliebene αἰχμῇ ἑλεῖν stehen 
anders, da die grundbedeutung noch fühlbar ist. auch δόρυ ist selbst in 
den noch am ehesten vergleichbaren stellen, wie 8. Ant. 670 δορὸς ἐν 
χειμῶνι, lange nicht so kühn gesetzt wie unten 1193 γιγαντοφόνον ἐς 
δόρυ ἦλθεν oder Ion 997 ϑεῶν ὅτ᾽ ἦλθεν ἐς δόρυ, auch dies vom 
Gigantenkampfe, leichter Kykl. 5 ἀμφὶ γηγενῆ μάχην δορός. fernzu- 
halten ist der collecive gebrauch des singulars, wie Herakl. 275 
ἤξω πολλὴν Ageos Agyeiov λαβὼν πάγχαλκον αἰχμήν, oder δόρυ 
Archel. 248, S. OK 1525, aussi; Phoen. 78, bei späteren ἡ ἵππος die 
reiterei nach ionischem vorbild, das von den alten Athenern nur Aisch. 
Pers. 302. 315 befolgt. 

Ähnlich wird der wert der kämpfe mit ungeheuern gegenüber dem 
wirklichen kriege herabgesetzt Hik. 314, beide male von ungerechten be- 
urteilern. aber es lag dies urteil dem sophistischen zeitalter recht nahe, 
das die pietät für die sage verloren hatte, und Eur. würde aus sich einen 
solchen kampf mit bestien nie haben verherrlichen können. 

160 κάκιστον ὅπλον “eine ganz elende waffe. χάχεστον ὅπλων “die 
schlechteste waffe’ würde leere übertreibung sein und voraussetzen, dals 
nicht zwei ganz bestimmte waffen verglichen würden. 

161 In πρόχειρος sind eigentlich zwei wörter zusammengefallen. der 
ältere gebrauch ist durch eine hypostase aus πρὸ χειρῶν entstanden und 
bezeichnet das was bei der hand ist, A. Prom. 54 xal δὴ πρόχειρα ψέλια 
δέρκεσϑαι πάρα. das andere ist eine bildung wie πρόϑυμος πρό- 
φοων und bezeichnet, dafs die hand, wie dort ϑυμός oder φρήν, in irgend 
einer richtung voraus ist, also einer person oder sache entgegenkonmt. 
diese bedeutung erfordert den zusatz dessen, wozu man rasch bei der hand 
ist, mag das ausdrücklich gesagt werden oder sich von selbst ergänzen. 
angeschlossen wird es durch die praepositionen πρός oder εἰς; natürlich 
kann der infinitiv ohne jede praeposition in alter sprache stehen. an sich 
ist auch der dativ gut, wie etwa τροφαῖς ἕτοιμον ἵππον Pind. Ol. 4, 16, 
aber er ist ganz vereinzelt. ein ähnliches wort ist πρόφασις, das sowol 
φάσις πρό τινος bedeutet “das was man für eine sache sagen kann‘, 
grund, πρόφασις τοῦ πολεμεῖν, wie φάσις ἀντί τινος, rede statt 
der tat’, πρύφασιν ποιεῖσϑαι, τεροφασίξεσϑαι. 

162 Einen groben fehler würde begehen, wer verbinden wollte οὔχ ἐστι 
τὰ τόξα ὁ ἔλεγχος εὐψυχίας ἀνδρὸς. so nahe das zu liegen scheint, 
so sicher schlielst es vom sinne abgesehen schon die wortstellung aus. 








44 Commentar. 


οὐ τὰ τόξα ἐλέγχει τὸν ἄνδρα ὅτε εὔψυχος ἔστιν, ἀλλὰ τὸ μένειν 
αὐτόν. die genetive ἀγδρὸς und εὐψυχίας stehen parallel, erst das 
ganze, die person, dann der teil, die eigenschaft derselben, auf welche 
es ankommt. auch diese art zu reden ist ein ausfluls der energischen 
auf die hauptsache losgehenden, die logische hypotaxe verschmähenden 
weise der alten sprache, fremd bis auf weniges der schulgerechten manier 
der späteren, deren rhetoren sie das σχῆμα ᾿Ιωνιχόν nennen (Lesbonax 
cap. 11 Müller‘), einzelnes aber auch als Kologywvıov (cap. 7) abtrennen. 
das gewöhnliche wie ἅπτεσθαί τινος χερός, βάλλειν τινὰ τὸν ὦμον 
ist bekannt, namentlich wenn es sich um körperteile handelt, wie das 
musterbeispiel γυναῖχά re ϑήσατο ualov 2 58, unten 179 Γίγασι 
ehevgoig πτήν᾽ ἐναρμόσας βέλη, doch auch da stölst man sich an 
stellen wie Soph. OK 113 xal σύ μ᾽ ἐξ ὁδοῦ πόδα χρύψον (wo der 
fuls genannt ist, weil seine bewegung nötig ist und niemand ἐμὸν πόδα 
χρύψον beanstanden würde). eben so gut ist aber auch jede innere 
eigenschaft ein teil, Plat. Prot. 311? ἀποπειρώμενος τοῦ Ἱπποχράτους. 
τῆς dung, oder ein gesprochenes wort, Hel. 82 σύγγνωθε δ᾽ ἡμῖν 
τοῖς λελεγμένοις, und alles was in irgend einer notwendigen beziehung 
steht, El. 330 dpa σοὶ τύμβῳ ἀμύνει, Pind. Isthm. 1 68 ὅσ᾽ Ἑρμᾶς 
Ἡροδότῳ ἔπορεν ἵπποις, Plat. Hipp. II 864" μή σοι ἐμποδὼν εἴην 
ἐρωτῶν τῇ ἐπιδείξει. S. Trach. 109 ἀνδρὸς δεῖμα φέρουσαν ὅδοῦ. 
das ist im grunde alles ganz einfach, erst die Alexandriner geben für 
die künstliche figur belege. Kallim. hymn. 3, 239 φηγῷ ὑπὸ πρέμνῳ, 
6, 82 Πίνδον av’ εὐάγκειαν, 4, 63 ὑψηλῆς χορυφῆς ἐπὶ Θρήικος 
ααΐμου. vgl. auch zu 170. 

Aulserdem erwarten wir als gegensatz zu τόξα ein zweites substantiv, 
οὐ τὰ τόξα ἐλέγχει, ἀλλὰ — τὸ μένειν. aber das ist nur für unsere 
starr logische betrachtung nicht vorhanden, in wahrheit genügt dem der 
lebendige volle satz ὃς — μένει, und nur der relativische anschluß be- 
fremdet zunächst, weil kein wort da ist, an welches angeschlossen wird, 


1) Das von Lesbonax angeführte beispiel συνέβη τρωϑῆναι τὸν ᾿4λέξανδρον 
ἕππον, das ich auf einen Asianer wie Hegesias zurückführen wollte, ist fiction des 
grammatikers, wie die analogie der meisten capitel lehrt. Lesbonax bezeugt dort 
für Homer FE 461 ein beispiel dieser figur, welches weder in unsern handschriften 
noch in unsern ausgaben den verdienten platz gefunden hat, Τρῶας δὲ στίχας odlos 
Aons ὄτρυνε μετελϑών. zwar haben einige alte kritiker diese lesart, die sie als 
κοινή bezeichnen, gehalten, aber falsch erklärt, indem sie den einen accusativ mit 
Μετελϑών verbanden. aber die alten schlimmbesserungen Tpwds oder Τρώων wogen 
und wiegen vor. übrigens ist aus diesem musterbeispiel die verderbnis von σχῆμα 
Ἰωνεκόν in Τρωικόν zu erklären, die in der zweiten redaction des Lesbonax vorliegt. 


vers 163—169. 45 


und weil wiederum unsere logik condicionale form des satzes erwartet. 
282 τῷ δ᾽ ἀναγχαίῳ βροτῶν ὃς ἀντιτείνει, σχαιὸν ἡγοῦμαι τρόπον, 
bis auf die reihenfolge der sätze ganz gleich. Soph. OK. 263 xduolye 
ποῦ ταῦτ᾽ ἐστίν, οἵτινες βάϑρων ἐκ τῶνδέ μ᾽ ἐλαύνετε. 

163 Der mut zeigt sich darin, dafs der hoplit, der in reih und glied (in 
der τάξις) steht, beim anmarsch der feindlichen schlachtreibe schlufs 
und richtung hält. in der tat zeigt die kriegsgeschichte, dafs überaus 
oft schon beim anmarsch eine phalanx den mut verliert (οὐχ ὑπτέμειναν), 
kehrt macht und sich in der flucht zerstreut, wo sie dann von den ver- 
folgern mühelos niedergemacht werden. der mutige muls aushalten 
(μένειν), hinsehen (βλέπειν) und seinerseits denselben furchtbaren blick 
(und anblick) dem feinde bieten (ἀντεδέρχεσθϑαι), wie der ist, den er 
aushält. was er sieht ist “des speeres rasche furche’; er sieht im eil- 
marsche (δρόμῳ) auf sich herkommen ein ährenfeld von speeren, und 
sein speer und er selbst gehört in ein anderes solches feld. das bild 
ist nicht selten und wird nach verschiedenen seiten gewandt. Verg. Aen. 
XI. 662 (nach Ennius Ann. 287 vgl. Scip. 6) utrimgue phalanges stant 
densae strictisque seges mucronibus horret ferrea. Calderon (citirt von 
Justi Velasquez I 364) y al mirarlos parecia, che espigas de acero 
daba, y que al compas que marchaba el zefiro los movia. das kühne 
ταχεῖα ἄλοξ ist durch μένειν, auf dem das hauptgewicht ruht, hervor- 
gerufen. 

165 dvaldsıay — εὐλάβειαν scharfe durch paronomasie hervorgehobene 
antithese in der art der gorgianischen rhetorik. ἀναιδής ist in Lykos 
munde “schonungslos, wie die alte bedeutung ist, z. Ὁ. πόντος ἀναιδής. 
in wahrheit geht ihm mit der αἰδώς die scham ab, 557. 

167 Die prosa mülste τοὺς ϑρόνους αὐτοῦ sagen ; die poesie ist mit diesem 
pronomen so sparsam wie gerade die altattische auf das genau logische 
gerichtete prosa verschwenderisch. 

169 δέκην: ὥστε δίχην δοῦναι, acc. wie 59. 

Amphitryons rede ist als eine rhetorische epideixis disponirt und stilisirt. 
das proovemium 170 —73 entbehrt allerdings der captatio benevolentiae, die 
nicht hergehört und exponirt auch nicht die person des redenden ; das per- 
sönliche ist für den epilog aufgespart. es wird nur der verzicht auf eine 
beleuchtung des vorwurfes 149 ausgesprochen, dessen widerlegung nur 
durch ein tätliches eingreifen dessen zu erbringen wäre, dem eigentlich der 
vorwurf galt. der redner will nur die ἀμαϑέα intellectueller und mo- 
ralischer perversität (vgl. 347. 1254) des Lykos beweisen. er tut das 
im anschluls an dessen vorwürfe, indem er «) die heldenkraft des Her. 


46 Commentar. 


beweist, und zwar, wie vor gericht, durch zeugenaussagen. dabei wird 
ein streich gegen den vorredner geführt, dem für sich keine zeugen zu 
gebote stehen. ὃ) wird der wert des bogenschützen dargelegt, und der 
hoplit dabei herabgesetzt. nach einem deutlich markirten übergange 
(204. 5) c) wird der aufforderung des Lykos sich willig dem tode hinzu- 
geben ein anderer vorschlag entgegengestellt; zugleich werden folgerungen 
aus seinem benehmen gezogen, die ihn entehren. damit ist die ἀμαϑέα 
des Lykos bewiesen. nach einer pause, welche durch eine interjection 
bezeichnet ist, folgt ein ganz neuer teil, d) eine strafrede wider Theben 
und Hellas, weil sie den kindern nicht helfen, und das eingeständnia, 
dals der redner auch nicht helfen kann. indem er so seine nur durch 
das alter an jeder betätigung verhinderte überlegenheit über seinen gegner 
hervorhebt, hat er für die ganze rede einen klangvollen epilog gefunden. 
die ethopoeie ist mit bedacht gehandhabt. der dichter sagt selbst, dafs 
der redner βραδὺς λέγειν ist (237) und lälst ihn sich selbst als οὐδὲν 
sulmy γλώσσης ψόφον bezeichnen (229). die breite und umständlichkeit 
soll also greisenhaft sein; auch die ohnmächtigen drohungen und prahle- 
reien gehören zum typus des greises in der antiken poesie. dem dra- 
matischen interesse dient einmal die anrede an Theben, denn sie ersetzt 
die fehlende begrüssung des chores und bereitet dessen mutige rede 
252—74 vor; zweitens wird der vorschlag, dafs Lykos sich mit der ver- 
bannung der kinder begnügen solle, nur gemacht, damit ihn Megara 302 
ablehnen kann, obwol sie nicht direct auf ihn bezug nimmt. Lykos igno- 
rirt ihn, und in der tat ist er in einer für Lykos so verletzenden weise 
vorgebracht, dafs niemand ihn ernst nehmen kann, und überhaupt ist 
das gebahren des Amph., der selbst schimpfworte nicht scheut, derart, 
dafs ganz unbegreiflich wird, wie der tyrann sich so viel bieten lassen 
kann. sein schweigen ist eben nur erklärlich, weil der dichter seine 
epideixis voll austönen lassen will, oder vielmehr der rhetor. nur als 
rhetorisches schaustück ist die rede gemeint und mag sie dem dichter 
allenfalls verziehen werden: mit den meisten reden des Thukydides und 
Antiphons tetralogieen braucht sie allerdings die vergleichung nicht zu 
scheuen. 

170 Dies die antwort auf 149. τῷ τοῦ Jıög μέρει παιδός: beide gene- 
tive hängen von dem einen nomen ab; ὁ Ζεὺς μέρος ἔχει τοῦ παεδός. die 
nicht seltene erscheinung, dels zwei genetive bei einem nomen stehn hat 
sehr verschiedene gründe. selbstverständlich sind die stellen, in denen der 
eine genetiv vom andern abhängt, Aristoph. Frösch. 505 χατερειχτῶν 
χύτρα ἔτνους; leicht auch die welche einen genetiv, meist den besitzer 


vers 170. 47 


bezeichnend, an ein nomen mit genetiv schließen, die also zu einem begriff 
schon verwachsen sind, Soph. OK. 668 εὐέππου τᾶσδε χώρας τὰ χράτιστα 
γᾶς ἔπαυλα, Trach. 1191 τὸν Οἴτης Ζηνὸς ὕψεστον πάγον, Hesiod. 
Erg. 253 ἀϑάνατοι Ζηνὸς φύλαχες ϑνητῶν ἀνθρώπων (obwol die 
wächter nur des Zeus sind, wie der beamte des königs ist, und in einem 
citate Ζηνὸς πρόπολοε daraus geworden ist). wir können in solchen 
fällen meist ein zusammengesetztes wort bilden, “des Zeus erhabener 
Oetagipfel, des Zeus unsterbliche menschenwächter”. schwieriger erscheint 
uns schon, wenn ein genetiv schmückend hinzutritt, wo wir ein adjectiv 
erwarten, das meistens wirklich die sprache dem dichter nicht darbot 
(denn die prosa kann nur im höchsten stile so etwas wagen), so unten 
δαχρύων — ὄσσων πηγαί 450, gdov regıßolal χόμης 562, 1. T. 
1266 ὕπνου κατὰ δνοφερὰς γᾶς εὐνάς, etwa gleich daxgunpal ὄσσων 
σηγαί, νεχρικαὶ κόμης περιβολαί, κατὰ τὰς σχοτεινὰς χαμαὶ ἐγκοι- 
μήσεις, Hik. δά τάφων χώματα γαίας. auch hier entsprechen oft 
unsere composita, wie ‘der gräber erdhügel’. irreführend ist nicht selten 
das σχῆμα ’Iwvınov, wo vielmehr die beiden genetive parallel steben, 
unten 572 νεχρῶν ἅπαντ᾽ ᾿Ισμηνὸν ἐμπλήσω φόνου, wo νεκρῶν nicht 
von φόνου abhängen kann, da die leichen selbst in den Ismenos ge- 
worfen werden, A. Eum. 449 ἔστ᾽ ἂν πρὸς ἀνδρὸς αἵματος καϑαρ- 
olov σφαγαὶ χκαϑαιμάξωσιν εὐθήλου βοτοῦ ἃ. h. μέχρε οὗ ἂν ἀνήρ 
τις (selbst kann der befleckte es nicht) σφάξας χοῖρον γαλαϑηνὸν 
χαϑήρῃ αὐτὸν τῷ αἵματι περιρράνας. Boph. Ai. 308 ἐν δ᾽ ἐρειπίοις 
γεχρῶν ἐρειφϑεὶς ἕζετ᾽ dgvelov φόνου (zu welcher stelle Lobeck den 
gebrauch ausführlich bespricht). aber die am häufigsten verkehrt auf- 
gefalsten oder gar beanstandeten stellen sind erst die, wo, wie hier, ein 
doppelter genetiv dadurch herbeigeführt wird, dafs ein satz der kürze 
und der unterordnung wegen in ein nominales satzglied verwandelt wird. 
Aristoph. Wesp. 1073 ἥτις ἡμῶν ἐστιν ἡπίνοια τῆς ἐγχεντρίδος d.i. 
τί ἡμεῖς διὰ τῆς ἐγκεντρίδος ἐπινοοῦμεν. Aisch. Ag. 1242 τὴν 
Θιέστου δαῖτα παιδείων χρεῶν. Choeph. 511 τέμημα τύμβου τῆς 
ἀνοιμώχτου τύχης, ἃ. i. ὅ τύμβος τιμᾶται χάριν τῆς δυστυχίας. 
E. Hik. 50 σαρχῶν καταδρύμματα χειρῶν, d.i. αἱ χεῖρες καταδρύτε- 
τουσι τὰς σάρχας. Thuk. I 25 χατὰ τὴν τῶν (Φαιάχων προενοί- 
χησιν τῆς Κερχύρας (Th. geht in diesem gebrauche sehr weit; fast 
immer hat Krüger richtig erklärt). hierher gehört diese stelle. das sind 
alles von der älteren sprache ganz unbefangen zugelassene bildungen, 
die höchstens in besonderen fällen schwierigkeit machen sollten. selten 
dagegen ist ee, dafs ein genetiv von einer in einem nomen befindlichen 


48 Commentar. 


präposition regiert wird; tritt dazu noch ein genetiv, so erscheint uns 
das noch fremdartiger, aber nicht eigentlich in dem doppelten genetiv 
liegt der anstols. ἄστρων ἂν ἔλθοιμ᾽ αἰϑέρος πρὸς ἀντολάς Phoen. 
δ04 (τὰ ἄστρα τοῦ αἰϑέρος ἀνατέλλει, so allein möglich; αἐϑέρος 
hat ein citat gerettet, codd. und schol. haben sinnlos ἡλέου dafür) Sosi- 
phanes Meleager 1 ψευδὴς σελήνης αἰϑέρος χκαταιβάτις (ἡ σελήνι 
χαταβιβάζεται τοῦ αἰϑέρος), 

ἀμύνειν meint nicht das eintreten mit worten. wenn ein Zeus hilft, 
tut er es mit der tat, das braucht nicht erst gesagt zu werden, wird aber 
durch die antithese λόγοισι 172 vollends deutlich. natürlich beweist 
Zeus durch die hilfe die bestrittene thesis. die vaterschaft des Amph. 
ist nicht bestritten, so dals er nicht (was auch absurd sein würde) seinen 
teil an Herakles hervorhebt, sondern nur das, was zu tun seine sache ist. 

171 τὸ εἰς ἐμέ so viel als ὅσον eig ἐμέ. εἰς in dieser verbindung, 
wofür häufiger &rl steht (ἐστέ mit dativ ist quod penes me est), erklärt 
sich aus dem gebrauche, der zu 63 behandelt ist. 

174 ἄρρητος schillert hier in den beiden bedeutungen, die es entwickelt 
hat “was man nicht nennt’, (ἄρρητα ἱερά) und “was so abscheulich ist, 
dafs man es gar nicht sagen kann’. Amph. will erst τὴν δειλίαν ἀπαλ- 
AaEaı sagen, aber er bringt das wort nicht über die lippen und fügt 
daher den zwischensatz ein. 

177 Das praeteritum hat seine volle bedeutung. Amph. hat die zeugen 
nicht zur stelle, er hat sich nur sein urteil auf ihr zeugnis hin gebildet. 
seine rede befolgt die form der attischen gerichtsrede; in dieser ist es die 
regel, dafs die zeugen nicht aufgerufen, sondern ihre in der verhand- 
lung vor dem schiedsmann gemachten aussagen als belege vorgebracht 
werden. 

“ιός gehört auch zu τέϑριππα. Zeus blitze schleudernd neben dem 
'bogenschiefsenden Herakles auf dem wagen ist der mittelpunkt der ver- 
breitetsten darstellung der gigantomachie in der schwarzfigurigen vasen- 
malerei; das ist also die vorstellung welche bis zu den Perserkriegen die 
malsgebende war, und die neuen compositionen, insbesondere der schild 
der Parthenos, hatten sie noch nicht aus der phantasie, wenigstens der 
älteren generation, verdrängt. 

179 σχῆμα Ἰωνικόν zu 162. — πλευραῖς πτήν᾽ ἐναρμόσας Bein. 
er zielt so gut, dals die pfeile zwischen den rippen durchdringen. ähn- 
lich Phoen. 1413 von einem tötlichen lanzenstoßse ἔγχος σφονδύλοις 
ἐνήρμοσεν. hier kann also ἁρμόξω seine volle kraft haben, wie in χροὲ 
κόσμον ἐφαρμόζειν Hesiod Erg. 76, σκάφος συναρμόζειν Hel. 232, 





vers 171—181. 49 


χαίταν στεφάνοισιν ἁρμόξζων das har um die reiser des kranzes künst- 
lich ordnen Pind. Isthm. 7, 39 u. am. aber ganz scharf ward das 
schwerlich noch empfunden, denn προσαρμόξειν στόμα 486 ist nur 
umschreibung für ‘küssen’, Or. 1003 dreht Eris den sonnenwagen um 
τὰν πρὸς ἑσπέραν κέλευϑον προσαρμόσασα εἰς ἀῶ, nur geziert für 
τὴν εἰς ἑσπέραν πορδίαν τῇ Ἡμέρᾳ προσϑεῖσα. SBoph. Tr. 623 ver- 
spricht Lichas das geschenk abzugeben λόγων re πίστιν ἐφαρμόσαι 
d. ii und den auftrag getreulich dazu zu bestellen. 8. Tr. 494 δῶρα 
προσαρμόσαιε ist nur überreichen’. Or. 233 ἐπὶ γαίας πόδας ἁρμόσαι 
für den ersten gehversuch eines kranken. offenbar ist das eine aus- 
artung des späteren tragischen stiles. 

180 Von dem siegesfeste nach dem Gigantenkampfe wissen wir nichts, 
wol aber schilderte das epos, welches unter dem titel Titanomachie öfter, 
einmal unter dem der Gigantomachie angeführt wird, wie selbst Zeus 
mitten unter den göttern tanzte (Athen. I 22°) die alten dichter “ver- 
wechseln’ Titanen und Giganten, wie wir sagen; in wahrheit ist die 
differenzürung ursprünglich identischer wesen nicht durchgedrungen. 

Es läfst sich nicht entscheiden, ob hier zu τὸν xaAAlvınoy aus dem 
verbum ἐχώμασεν das nomen x@uov herauszunehmen ist wie 680, oder 
ob ὅ καλλίνικος substantivisch gedacht ist wie Med. 45 χαλλένικον oloe- 
ται, Bakch. 1161 x. ἐξεπράξατε, weil es tatsächlich auf dasselbe hinaus- 
kommt. ganz ebenso steht es bei Kallimachos hymn. 3, 241 ὠρχήσαντο 
... ἐνόπλιον. der xalAlvıxoc war ein lied, so benannt nach dem re- 
frain τήνελλα χαλλένεκε, zur begrülsung des siegers 2. Ὁ. in Olympia 
gesungen; es war auch ein tanz, den Her. nach dem gelingen seines 
letzten abenteuers getanzt haben sollte (Hesych. 8. v.), wie Zeus nach 
dem Titanenkampfe tanzt. und so sehen wir am schlusse von Aristo- 
phanes Acharnern den sieger mit dem chore den χαλλένεκος tanzen und 
singen: das ist allerdings ein χῶμος. Eur. denkt sich die götter auf 
diesem zuge zu wagen, wie man sich ja den sieger überhaupt fahrend 
denkt, vgl. zu 780. 

181 Die zwei mit re re verbundenen sätze 181 185 sind auch zunächst 
parallel gedacht, frage die Kentauren, frage die Dirphys, wer der gröfste 
mann sei: sie werden dir Herakles nennen. allein ein sehr glücklicher 
einfall, der dem Amphitryon plötzlich kommt, läfst ihn den inneren paral- 
lelismus verlassen, um eine viel kräftigere pointe zu gewinnen. zunächst 
sollen die ungeheuer verhört werden, welche Her. bezwungen hat. die 
feinde dazu aufzurufen ist eine natürliche und geläufige wendung (Hipp. 977, 


Kallim. hym. 3, 221). dann sucht er für den weltenruhm des Her. irgend 
v. Wilamowitz II. 4 








80 Commentar. 


einen beliebigen winkel, verfällt auf die von ihm verachtete heimat des 
Lykos, dals aber diese auf die frage, wer ist der beste mann (denn dieser 
inhalt folgt für ἐρωτῶν 185 aus ἐροῦ 183) den Her. nennen wird, ist 
doch nicht so ganz einleuchtend, da Her. dort nichts besonderes getan 
hat. also springt Amph. um, läfst die construction fallen und sagt nur 
“nun lassen wir dahin gestellt, wen sie nennen wird, so viel ist sicher: 
dich wird sie nicht nennen, denn du hast nicht einmal deine freundschaft 
zum zeugen für eine tüchtige tat, geschweige deine feinde’. diese per- 
sönlich aggressive wendung der deduction bereitet sich schon durch die 
anrede 182 vor. 

ὕβρισμα das abstractum concret wie 459, aber in activer bedeutung, 
dort passiv. letzteres ist ganz gewöhnlich, aber auch z. b. πανουργέας 
τέχνημα activisch für den ränkevollen 8. Phil. 928, u. dgl. unter dem 
einflusse dieser stelle nennt Sophokles Tr. 1096 die Kentauren στρατὸν 
ϑηρῶν ὑβριστήν. 

Die hochebene Pholoe, oberhalb des eigentlichen Elis gelegen und 
der ort der herakleischen Kentauromachie, hat den Kentauren Pholos, 
der dem magnetischen Chiron entspricht, als eponymos erhalten, der 
schon bei Stesichoros 7 vorkommt, während dies die älteste erwähnung 
der Pholoe ist. aber dieser zufall darf eben so wenig als der trügliche 
schein, dafs ®oAdn von (ὥΦόλος grammatisch stammen könnte, dazu ver- 
leiten, den Kentauren für älter als den ortsnamen anzusehen: der epo- 
nymos kann in wahrheit ganz etwas anderes als ein Kentaur gewesen 
sein. er ist auch sohn des Silenos und einer eschennymphe, Apollod. II 
83. wenn Lucan VII 449 u. ö. die Pholoe nach Thessalien verlegt, so 
hat den in der geographie, wie die meisten Römer, erstaunlich unwissenden 
poeten die Kentauromachie verführt, vgl. zu 364. 

183 ἐγχρίνειν in der bedeutung “anerkennen, gelten lassen’ ist der 
späten gelehrten sprache geläufig, während die alte das simplex gebraucht, 
A. Ag. 471 χρίνω δ᾽ ἄφϑονον ὄλβον. οἱ ἐγκρινόμενοι ῥήτορες sind 
die 10 classiker, quodsi me lyricis vatibus inseres ist ἐὰν δὲ χαὶ ἡμᾶς 
ἐν τοῖς λυριχοῖς ἐγχρίνῃς. dieser gebrauch ist zwar nicht peripatetisch, 
aber in anderen schulen des 3. jahrhunderts vorhanden. Chrysipp schrieb 
περὶ τοῦ ἐγκχρίνειν τοὺς ἀρχαίους τὴν διαλεχτικὴν σὺν ταῖς ἀπο- 
δείξεσι πρὸς Ζήνωνα Diog. Laert. VII 201. Timon streitet πρὸς τοὺς 
τὰς αἰσϑήσεις μετ᾽ ἐπιμαρτυροῦντος τοῦ νοῦ ἐγχρίνοντας IX 114. 
derselbe gebrauch ist aber auch platonisch, wie denn die ganze litterarisch 
kritische auswahl für die lectüre auf anregungen Platons und nicht dee 
Aristoteles zurückgeht. Rep. II 377° ἐπιστατητέον τοῖς μυϑοποιοῖς 


vers 188---18δ. 51 


καὶ ὃν μὲν ἂν χαλῶς ποιήσωσιν (nämlich μῦϑον) ἐγχριτέον, ὃν δ᾽ 
ἂν μή, ἀποχριτέον, ebenso Ges. VII 802". Rep. VI 486 ἐπιλήσμονα 
ψυχὴν ἐν ταῖς ἱκανῶς φιλοσόφοις μή ποτε ἐγχρίνωμεν. dafs Platon 
das wort nicht gebildet hat, sondern aus der ionischen philosophie ent- 
lehnt, zeigt diese allerdings vereinzelte stelle (denn Beller. 285, 3 τρισσῶν 
δὲ μοιρῶν ἐνχρινῶ νιχᾶν ulav ist verdorben, da das futurum keine 
erklärung zuläßst). doch sagt wenigstens Demokrit (Stob. ecl. eth. II 9 2 
Wachsm.) ἀνθρώποισι κακὰ ἐξ ἀγαθῶν φύεται, ἑπήν τις τἀγαϑὰ 
μὴ ἐπιστῆται ποδηγετεῖν μηδὲ ὀχεῖν εὐφόρως (so zu lesen für εὐπό- 
ews vgl. Hippokr. sr. δεαέτ. ö5. 29). οὐ δίκαιον δὲ ἐν χαχοῖσι τὰ 
τοιάδε χρένειν ἀλλ᾽ ἐν ἀγαϑοῖσιν. dals der dichter, wie freilich der 
sinn gebot, nicht ἐν ἀνδράσιν ἀρίστοις sondern ἄνδρα ἄριστον sagt, 
anticipirt allerdings die entwickelung des wortgebrauches um mehr als 
ein jahrhundert, wenigstens für unsere kenntnis. 

184 Mit bitterkeit stellt er sich hier auf Lykos standpunkt und lälst seine 
vaterschaft gelten, aber der überlieferte schluls des verses ὃν σὺ φὴς 
εἶναι doxeiv kann nicht richtig sein. das würde heifsen “von dem du 
behauptest, dafs er es zu sein schiene, nämlich “ταῖς &udg’. denn eine 
beziehung auf οὐδὲν ὦν 157 kann nicht vorliegen; das mülste μγ δὲν 
elvaı heilsen, und δοχεῖν ist überhaupt verkehrt, da der zusammenhang 
höchstens ertragen würde “von dem du behauptest, dafs er nichts als 
den schein der tapferkeit hätte’, was nicht dasteht, sondern erst durch 
eine conjectur wie ὃν σὺ φὴς ἄλλως doxeiv hineingebracht werden 
könnte. nur so viel ist an diesen erklärungsversuchen richtig, dafs die 
allgemeine beurteilung des Lykos, nicht blofs die der vaterschaft des 
Zeus, berücksichtigt gewesen sein muls, also ein gegensatz zu ἀγὴρ 
ἄριστος sich in doxeiv verbirgt. die vermutung, welche χαχόν dafür 
setzt, trifft den nagel auf den kopf, und sie ist nicht unwahrscheinlich, 
denn in dieser partie sind mehrfach die versschlüsse verloren oder ver- 
dorben oder falsch ergänzt 149 164 168 203 226 228. 

185 Der hohe berg in Mitteleuboia hat den namen Sioyusg bis heute 
erhalten, aber in Delphi geändert, oder vielmehr zurückgebildet, denn es 
ist derselbe name wie fe). yol, und in dem euboeischen gotte AndAAuv 
.«7Ζελφένιος ist auch die form immer gewahrt geblieben, weil sie durch 
die volksetymologie, die den delphin darin fand, geschützt ward. die 
Abanten gehörten ursprünglich nach Phokis, wo der name in 4ßaı, 
dem alten orakel, dauerte. in Euboia kennen sie die jüngeren partieen 
der Ilias und die späteren dichter. zum teil sind sie natürlich auch 


weiter nach Asien gezogen, Herod. I 146. 
4 “ 


52 Commentar. 


186 Es ist freilich ein ganz gewöhnliches anakoluth, dafs nach der setzung 
eines particips im nominativ die rede umschlägt und ein hauptsatz mit 
anderm subject folgt (z. Ὁ. [πὸ 411 μικροῦ γὰρ ἐκ λαμπτῆρος ᾿Ιδαῖον 
λέπας πρήσειεν ἄν τις, nal πρὸς ἄνδρ᾽ εἰπὼν Eva, πύϑοιντ᾽ ἄν᾽ 
ἀστοὶ πάντες ). besonders häufig bei Aisch.), dafs aber hier der dichter 
um des rhetorischen effectes willen die construction zerreilst, ist oben 
gezeigt. danach ist zu interpungiren und zu recitiren. 

αἰνεῖν hat ursprünglich die bedeutung ‘sagen’, die freilich außer in 
αἶνος nur noch vereinzelt anklingt, dann aber probare, Antiope 194, 2 
μὴ τὰ κινδυνεύματα αἰνεῖτε, Androm. 785 ταύταν ἤἥνεσα ταύταν καὶ 
φέρομαι βιοτάν, also dem ἐγχρένδιν auf das genaueste entsprechend ; 
so hier. daraus hat sich dann die dem Eur. besonders geläufige bedeutung 
“beschliefsen, zusagen’ entwickelt. 

Dem verbreiteten gebrauche von οὐδαμοῦ entsprechend findet sich ver- 
einzelt οὐχ ἔσϑ᾽ ὅπου für “in keiner weise’, οὐχ ἔσϑ᾽ ὅπως. Soph. 
O.T. 448 οὐ γὰρ ἔσϑ᾽ ὅπου μ᾽ ὀλεῖς, Ai. 1069 οὐ γὰρ ἔσϑ᾽ ὅπου λόγων 
ἀχοῦσαι ζῶν ποτ᾽ ἠϑέλησ᾽ ἐμῶν. E. Ion 528 ποῦ δέ μοι πατὴρ σύ. 

193. 4 Diese zwei verse waren hinter 191. 2 zu rücken, weil sie die worte 
δοῦλος τῶν ὅπλων erklären. der hoplit hat 1) nur eine waffe; nach deren 
verlust ist er also wehrlos. 2) steht er im gliede, und wenn seine nebenmänner 
feige den rücken wenden, so ist er verloren. der bogenschütze hat 1) eine 
unbegrenzte masse geschosse, 2) setzt er sich nicht den feinden aus. wie 
fadenscheidig die sophistische argumentation in allen stücken ist, braucht 
nicht gezeigt zu werden. als die attischen hopliten bei Delion wegliefen, 
worauf Eur. zielt, vgl. oben 1 8. 140, gieng der hoplit Sokrates so festen 
schrittes zurück, wie er vorgegangen war, und keiner der verfolger wagte 
sich an ihn. 

192 οἱ πέλας, im alten attisch sehr häufig, wird dann durch ὅ πλησίον 
(zuerst Theogn. 221) verdrängt, das uns aus dem N. T. geläufig ist. 
beides bezeichnet die menschen, mit denen wir in keiner andern als einer 
zufälligen und vorübergehenden berührung stehen, die nicht unsere οἐχεῖοι 
ἐπιτήδειοι ἀναγκαῖοι φίλοι sind; das deutsche “unsere nächsten’ gibt 
den sinn ganz schlecht wieder, und ein spruch wie ἀγαπήσεις τὸν 
πλησίον σου ὡς σεαυτόν wird dadurch seiner ganzen kraft und be- 
deutung entkleidet; meist trifft das französische autrui den richtigen sinn. 








1) Bei Stobaeus folgt mit einem metrischen fehler ἃ κρύπτειν χρεών, ein zu- 
satz des florilegienmachers, von dem Plutarch, der andere gewährsmann des bruch- 
stückes, nichts gibt. 


vers 186---19θ, 53 


Die beiden dative τοῖς συνεταχϑεῖσιν οὖσι μὴ ἀγαϑοῖς und δειλίᾳ 
τῶν πέλας stehen parallel, indem dieselbe sache zweimal in verschiedener 
wendung, positiv und negativ, ausgedrückt wird; vgl. 257 u. dgl. dafs eine 
person im instrumentalen dativ steht, ist hier nur scheinbar, denn nicht 
die συνταχϑέντες sondern τὸ τοὺς συνταχϑέντας μὴ ἀγαϑοὺς εἶναι 
ist der grund des unterganges; der redende empfindet also nur ein ab- 
stractum. 

195 ὅσοι--- ἔχουσιν — ἀφεὶς --- ύσεται. dals von einer unbestimmten 
allgemeinheit, die im plural gegeben ist, zu einer ebenso unbestimmten 
einzelnen person übergegangen wird, ohne dafs der wechsel des numerus 
irgend wie vermittelt wird (wie es spätere prosa durch ein τίς zu tun 
pflegt), ist eine ganz gewöhnliche erscheinung, z. b. Ar. Wesp. 554 τη- 
ροῦσί με... ἄνδρες μεγάλοι... κἄπειτ᾽ εὐθὺς προσίοντι ἐμβάλλει μοι 
τὴν χεῖρ ἁπαλήν .. ἱκετεύουσίν I’ ὑποχύπτοντες. so gut das also 
hier ist, so wenig ist es möglich 208 δρῶντα-ὡρμισμένους zu vertei- 
digen, denn da gehören beide participia zu demselben verbum σῴζειν, 
bezweckt der wechsel nichts, ist ein anakoluth durch keine unübersicht- 
liche periode entschuldigt und würde endlich der pluralaccusativ zu 7τ0- 
λεμέους wenigstens zunächst bezogen werden. 

196 Die in poesie und prosa gewöhnliche vorausschickung eines τὸ δὲ 
δεινότατον, τὸ δὲ κεφάλαιον, wird fälschlich als ellipse erklärt, es ist 
vielmehr eine apposition zu dem ganzen folgenden satze, und πρῶτον 
μέν, τέλος δέ, καὶ τὸ τελευταῖον u. dgl. sind grammatisch ganz dasselbe. 

τὸ λῷστον “das vorteilhafteste’. in dieser bedeutung lebt der alte 
comparativ λώιον weiter, doch nur in der formel, die man beim be- 
fragen der orakel und der gott in der antwort anwendet λῴον καὶ ἄμεινον 
εἶναι (schon in der Telemachie 8 141 λωίτερον καὶ ἄμεινον, ein zeichen 
für die jugend des gedichtes), oder doch ähnlich, wie in einem attischen 
weihepigramm 6. jahrhunderts (ΟἿΑ IV p. 79) τέχνην λώιον ἕξειν. der 
superlativ Aporog ist in gegenden gebildet, die den comparativ zwei- 
sylbig sprachen, zuerst Theogn. 255 in einem alten spruche. das epos 
kennt nur den comparativ und zwar nur den singular des neutrums 
ohne casus obliqui, Aisch. und Eur. singular und plural des neutrums 
im superlativ und den singular des comparativs (A. Pers. 526, E. unten 
856 Med. 911), immer in der bedeutung des zuträglichen, ratsamen, 
für den betreffenden erwünschten. Aisch. Kar. 100, wo λῴστα στρα- 
τοῦ “das edelste schönste’ sein mülste, ist nicht nur in diesem worte 
verdorben. das spätere ionisch hatte das wort aber auch persönlich ge- 
braucht, λωέων γυνή Semonides 7, 30, λῴστος nennt Timokreon 1, 4 


δ4 Commentar. 


den Aristeides. diesem gebrauche folgt Soph. Ai. 1416 λῴονι ϑνητῶν, 
der auch λῷστος ἐντόπων Phil. 1171 in lobendem sinne hat. das ist 
durchaus nicht attisch; ὦ Awore hat Platon oft, aber es hat immer 
einen ironischen beigeschmack (sehr deutlich Phaid. 116? ἦν ἀνδρῶν 
λῴῷστος von dem gutartigen kerkermeister); dafs es vulgär war, zeigt 
das ἀνθρώπειον λῷστον des satyrepiels Kykl. 185, auch fgm. 879 ge- 
hört einem solchen. der vers Phrixos 832, 3 ἢ Ζεὺς d λῷστος μηδὲν 
ἔνδιχον φρονεῖ ist eine jüdische oder christliche fälschung, wie denn 
das bruchstück in einer schrift steht (Iustin de monarchia), die selbst 
eine fälschung von fälschungen strotzt. die komödie kennt weder ον 
noch Aworog (Ar. Vög. 823 ist bis zur unverständlichkeit verdorben, 
Telekleides μφικε. 4 δᾷστοι für λῷστοι verbessert). die atticisten 
werfen mit dem längst abgestorbenen worte töricht um sich. — λώεον 
gehört zu λῆν, wie ζώς zu ζῆν; wie neben ζώς ζώεος steht, hat es 
auch einen positiv λώεος gegeben, Theogn. 96 ὅς x’ εἔπῃ λῷα, φρονῇ δ᾽ 
ἕτερα, und man mag ihn in dem pseudotheokritischen gedichte Anvai 
32 εὐσεβέων παίδεσσι τὰ λώεα anerkennen, obwol bei dem poeten 
der verdacht näher liegt, dafs er den comparativ meinte'). Theogn. 853 
ndsa μὲν xal πρόσϑεν ἀτὰρ πολὺ λώια δὴ νῦν ist unerträglich, denn 
hier ist der comparativ erfordert, zu dem wieder der plural nicht palst. 
aber es ist auch nur die lesung dieser stelle in A, ἢ νῦν O, und in der 
wiederholung nach 1038 steht das einfache und echte λώεον ἤδη. 800 
wird leicht geheilt: ἀνϑρώπων ἄψεκτος ἐπὶ χϑονὶ γίνεται οὐδείς " ἀλλ᾽ 
ὡς λώιον ῇ, μὴ πλεόνεσσι μέλοι. A hat ὡς εἰ λώιον, Ο ἀλλ᾽ 
ὡς Awıov ὅ. je weniger sich um ihn kümmern, desto besser: dann 
tadeln ihn weniger. 

197 Daß ἄλλοις instrumentaldativ ist und zu ῥύεται gehört, ergibt sich 
aus dem zusammenhange. an sich könnte es mit ἀφείς verbunden werden 
“auf andere abschiefsend’. aber dann entstünde eine unleidliche tauto- 
logie, weil das Aporov mit dem σοφόν 202 zusammenfallen würde. nimmt 
man ἄλλοις als dativus commodi, so ist zwar der anschluls an die δεελέα 
τῶν πέλας unmittelbar vorher gut; aber die sorge für die andern kann 
nicht τὸ λῴστον sein. dem μέν 196 entspricht das δέ hinter ἕχας 
198, aber den gegensatz bildet nicht das erste glied, sondern der ganze 
gedanke ‘er schielst von ferne und setzt sich nicht aus, sondern bleibt 


gedeckt’. 


1) Auch ῥᾷον als positiv ist durch späteres versehen entstanden und hat dann 
ein dadrepo» erzeugt. schon um dieses ῥᾷον willen, aber auch sonst, ist fgm. 1044 
mit unrecht dem Euripides gegeben. 


vers 197—207. 55 


199 οὐτάξειν verwendet der correcte epische stil nur für stich- oder 
hiebwunden, wie Aristarch regelmälsig zu bemerken pflegt (Lehrs Ar. 
cap. II). dafs die dramatiker sich daran nicht kehren, ist natürlich, 
da ja schon die jüngsten teile des epos schwanken, die aristarchische 
schule verfehlte aber nicht, die "unwissenheit der νεώτεροι anzumerken, 
schol. Hipp. 684, und übertrug es sogar, um ein ζήτημα zu lösen, auf 
τιτρώσχειν, das bei Homer “verletzen? bedeutet, schol. Andr. 616. 

200 δέδωσε “gibt preis’. IA. 1397 δίδωμι σῶμα τοὐμὸν Ἑλλάδι. 
Kykl. 296 die hellenischen tempel @gvSil» οὐ δεδώκαμεν. mit anderer 
nuance Ion 575 χρόνῳ δόντες, “der zeit überlassend, abwartend’. δός 
μοι σεαυτόν S. Phil. 84, "gib dich mir, meinen planen, hin’. τοῦτο 
δὸς τῇ τύχῃ das setze auf das conto der εύχη L T. 501. Herodas 1, 63 
μέαν ταύτην ἁμαρτίην δὸς τῇ ϑεῷ. gezierte nachahmer greifen das 
auch in der prosa auf. Philostratos vit. Apoll. V 4 τὸν δὲ (Herakles) 
σοφίᾳ δόντα γῆν ἀναμετρήσασϑαι πᾶσαν. auch ohne object, muster- 
beispiel ἡδονῇ δοὺς Phoen. 21. sonst hilft die sprache mit präpositionen 
nach, προδιδόναι ἐπιδιδόναι παραδιδόναι Evdıddvaı. 

208 ὡρμισμένος, wie das schiff das an einem steine des ufers festgebun- 
den ist, 1094. mit der τεύχη, dem zufall, verbunden ist das ein oxymoron. 

205 τὰ καϑεστῶτα vduıua, oder ol x. νόμοι ist das geltende recht, 
auch bloß τὰ χαϑεστεῶτα (Herodot I 59 am.ende). ein allgemein aner- 
kannter satz heißt del χαϑεστώς Thuk. 176. das was in der öffent- 
lichen meinung über uns gesagt wird heilst ö πᾶς λόγος ὅ ἐς ἡμᾶς 
χαϑεστώς Thuk. 173. danach kann hier ra χαϑεστῶτα nur den ob- 
jectiven tatbestand bedeuten, über welchen Lykos und Amph. subjectiv 
verschieden urteilen, τὴν ἐναντίαν γνώμην ἔχουσι. man erwartet frei- 
lich den begriff “über das aufgeworfene thema’, was in gewöhnlicher rede 
τὰ προχείμενα heilst, also nicht χαϑεστ. sondern παρεστώτων wie 
Phoen. 1309, A. Ag. 1053 und so sehr oft (danach zu erklären πρὸς τὸ 
παρεστὸς Arist. Ritt, 564). es dürfte so zu ändern sein. 

206 δή deutet an, dals Amph. nun endlich zu dem kommt, um das es 
sich praktisch handelt. 

207 Amph. macht sich einen einwand. er hat den Lykos der ἀμαϑία 
geziehen (172. 189), das kann er in diesem einen falle nicht, denn der 
feigling Lykos hat allerdings grund die heldenkinder zu fürchten. nur 
ist es um so ungerechter, dafs die guten in der hand des elenden sind. 
‘doch, wie dem auch sei (εἰ δ᾽ οὖν 213), du bist könig und willst es 
bleiben’ — damit lenkt er zu seinem eigentlichen vorschlag zurück. wie 
wenig ernst dieser gemeint ist, zeigt sich in der gerade hier besonders 





δ6 Commentar, 


rücksichtslosen grobheit, wird doch sogar das wort δειλέα gebraucht, das 
in verbindung mit Herakles Amph. gar nicht in den mund nehmen wollte. 
auch die senile geschwätzigkeit ist hier besonders stark; 211. 12 sind 
fast überflüssig. 

211 ἃ χρῆν σὲ ὑπὸ τῶν ἀμεινόνων ἡμῶν παϑεῖν würde es in prosa 
lauten, denn die logik fordert, dafs ἡμῶν apposition sei. die lebendige 
rede zieht das persönliche vor. 

215 Das land zu meiden erbieten sie sich, so erscheint ihnen nur’ der 
tod als βέαεον. das βιαίως oder πρὸς βίαν ἀποϑνήσχειν erscheint 
allgemein als eine steigerung des schrecklichen, das an sich im tode liegt 
(unten 550, Antiphon 1, 26), wie denn häufig einem zum tode bestimmten 
der selbstmord als gnade gewährt ward. la ist die verabscheuungs- 
würdige rohe gewalt geworden, während sie bei Homer einfach die körper- 
kraft ist, und in Athen könnte man βέη Ἡρακχλεεείη nur noch im tadel 
sagen, μεσεῖ γὰρ ὅ ϑεὸς τὴν βίαν Hel. 903') ganz wie Ps. Justin. ad 
Diognet. 7 Bla γὰρ οὐ πρόσεστι τῷ ϑεῷ. dasselbe gilt von μένος Aixı- 
γόοιο, denn μένος ist im attischen nur noch “zorn, wut’ Aristoph. Ach. 665 
πυρὸς μένος, Wesp. 424 Eur. Hipp. 984. ebenso haben bekanntlich 
ϑυμός und ὀργή ihre bedeutung verändert. darin liegt ein stück ge- 
schichte hellenischer selbsterziehung zur σωφροσύνη und εὐσχημοσύνη. 
aus dem naturmenschen mit seiner elementaren kraft und begierde ist 
unter der lehre von μέτρον ἄριστον, καιρὸν ὅρα, παντὶ μέσῳ τὸ χράτος 
ϑεὸς ὥπασε der culturmensch geworden, der ἀνὴρ μέτριος, dessen ethik 
Aristoteles am vollkommsten gerade dann zusammenfalst, als eine neue zeit 
diese schranken bricht: denn die überschreitung des menschlichen nach 
oben durch Alexander und Demetrios Poliorketes, nach unten durch Dio- 
genes und Krates ist allerdings durch die opposition gegen die demokra- 
tische weltanschauung motivirt, die nur die mittelstrafse und schlielslich 
nur das mittelmäfsige gelten lälst. 

216 πνεῦμα μεταβάλλει “der wind schlägt um’, mit einer von dem 
seevolke kaum noch empfundenen metapher. daher unten 480 uera- 
βαλοῦσα δ᾽ ἡ τύχη. in ϑεοῦ πνεῦμα mischt sich aber die ebenfalls 
gewöhnliche metapher ein, welche die stimmung der seele in richtung 
auf jemand σγρεῦμα nennt. πρεῦμα ταὐτὸν οὔποτ᾽ οὔτ᾽ ἐν ἀνδράσιν 
φίλοις βέβηκεν οὔτε πρὸς πόλιν πόλει 8. OK. 612, also “wenn die 
göttliche gunst sich von dir abwendet’. vgl. 739. 


1) 903. 4 sind mit unrecht verworfen; sie bilden die erklärung der vorher- 
gehenden bitte, und an sie erst hat der interpolator angesetst. denn 905—24 sind 
allerdings unecht. 


vers 211---2 99. 57 


217 xal εἰς σέ γὰρ ist zu verstehen. “ich komme nämlich bei meiner 
austeilung von vorwürfen auch zu dir’. in einem solchen scheinbar 
anticipirten satz mit γάρ (in wahrheit begründet er nichts, als dals der 
betreffende angeredet wird, ist also gar nicht anticipirt) hat καὶ γάρ keine 
stelle. dagegen wird xal im drama sehr oft von dem worte weggerückt, 
zu dem es eigentlich gehört. Hipp. 390 λέξω δὲ xal σοι τῆς ἐμῆς 
γνώμης ὅδόν für λέξω δέ σοι καὶ τὴν ὁδὸν τῆς γνώμης; zu der 
stelle habe ich einige beispiele gegeben. 

eis σ᾽ ἀφίξομαι ist überliefert und schreibt man. über εἰς zu 34. 
das betonte pronomen kann aber nicht ganz verschluckt sein, vielmehr 
mufs in solchem falle eine synaloephe wie im lateinischen und roma- 
nischen stattgefunden haben; es ist also voll zu schreiben. die torheit, 
sich den logischen hauptaccent auf einer verschluckten sylbe liegend zu 
denken hat I. Bekker, hom. bl. II 229, treffend gekennzeichnet. 

220 Eur. verschmäht in eigennamen den anapäst auch innerhalb des verses 
durchaus nicht. El. 313 μήτηρ δ᾽ ἐμὴ Φρυγίοισιν, Ion 285 τιμᾷ σφε 
Πύϑιος ἀστραπαί ve Πύϑιαι, Orest. 459 ἀπωλόμην Πενέλαε, 1535 
σύγγονόν τ᾽ ἐμὴν Πυλάδην τε. die lustigen figuren des satyrspiels 
und die komödie hatten die freiheit längst, also ist höchstens die selbst- 
beschränkung der tragiker wunderbar. allerdings ist dies das älteste 
nachgewiesene beispiel. 

Der vers kann nichts anderes bedeuten als dals Her. ganz allein eine 
entecheidungsschlacht mit den Orchomeniern bestanden hat. wir kennen 
keine solche sagenform; vielmehr ist Her. entweder der führer einer frei- 
schar (Diodor IV 10) oder geradezu der heerführer der Thebaner, und 
diese tradition darf wenigstens als eine gute epichorische gelten, da Her. 
πολέμαρχος ist (Apollod. bibl. II 69), d. h. den titel führt, der in den 
einzelnen boeotischen städten wirklich dem feldherrn zukommt. auch 
das ward gesagt, dals Her. durch verstopfung der Katabothra die frucht- 
felder der Orchomenier in den Kopaischen see verwandelt hätte, was der 
gewährsmann des Pausanias 9, 38 aus Homer widerlegt. dals Eur. einer 
ganz andern verschollenen tradition folgt, kann nicht befremden. 

221 τιϑέναι zu setzen, wo die prosa srag&ysıy braucht, ist dem drama 
mit dem epos (φάος ἑτάροισιν EInxev) und der lyrik (χάρματ᾽ ἄλλοις 
ἔϑηχεν Pind. Ol. 2, 99) gemeinsam. Med. 383 ϑανοῦσα ϑήσω τοῖς 
ἐμοῖς ἐχϑροῖς γέλον. für den accusativ tritt der infinitiv ein, d. h. das 
verbum in nominaler form, welche jeden casus vertritt, Tr. 1056 γυναιξὶ 
σωφρονεῖν ϑήσει. 

222 “Ich konnte Hellas nicht loben, weil es undankbar war, und ich 





68 Commentar. 


werde auch nicht davon schweigen. so ist der gedanke gefalst, und so 
ist auch noch construirt, aber in der lebhaftigkeit der rede ist das zweite 
glied zwischeneingeschoben, οὐδ᾽ Ἑλλάδ᾽ ἤνεσα — οὐδ᾽ ἀνέξομαι 
σιγῶν — κακίστην λαμβάνων, so dafs der zusammenstofs der parti- 
cipia, wenn man nicht richtig recitirt, verwirrend wirken kann. solche 
anticipationen sind den Griechen sehr geläufig, II 322 τοῦ δὲ Θρασι- 
μήδης ἔφϑη ὀρεξάμενος πρὶν οὐτάσαι, οὐδ᾽ ἀφάμαρτεν, ὦμον ἄφαρ, 
wo der accus. von ὀρεξάμεγνος abhängt. _1 738 ἔλον ἄνδρα, κόμισσα 
δὲ μώνυχας ἵππους, Movluov. N 476 μένεν ᾿Ιδομενεύς, οὐδ᾽ ὑπεχώρει, 
Aivelay. Theogn. 461, μή ποτ᾽ ἐπ᾽ ἀπρήχτοισι νόον Eye, μηδὲ 
μενοίνα, χρήμασι. Kykl. 121 σπείρουσιν, ἢ τῷ ζῶσι, Ζ“ήμητρος 
στάχυν, 466 γέγηϑα, μαινόμεσϑα, τοῖς εὑρήμασιν. vgl. unten 975. 
“meine ruh ist hin, mein herz ist schwer, ich finde sie nimmer:’ vgl. 
Lachmann zu Properz. IV, 3. 

223 Das schöne blonde har wird an Lykos hervorgehoben, weil er jung 
und kräftig ist, als contrast zu seiner feigheit. Eur. scheint ξαγϑός nur 
vom hare zu sagen. Aischylos sagt es auch vom öle, Sophokles vom 
weine, Aristophanes vom braten, Pindar vom gold und weihrauch. 
unsere litteratur gestattet nicht zu erkennen, worauf Theophrast zielt, 
wenn er den Dorern nachsagt, bei ihnen würde 5a». 36; von den ἔχλευχα 
μᾶλλον gesagt (de lap. 37). 

225 novilwvxadaguarwy χέρσου re gesuchte und beliebte incongruenz, 
da entweder beide male der genetiv oder beide male ein adjectiv erwartet 
wird. 1159 σιτερωτὸς ἢ κατὰ χϑονὸς μολών. Pind. N. 11, 45 ueya- 
λανορίαις ἐμβαίνομεν ἔργα ve πολλὰ μενοινῶντες, Pyth. 10, 29 vavoiv 
οὔτε πεζὸς ἰών (mit ἀπὸ χοινοῦ gestelltem οὔτε). Empedokles 270 
μεμδιγμένα, τῇ μὲν ἀπ᾽ ἀνδρῶν, τῇ δὲ γυναιχοφυῆ. und so sehr 
häufig ähnliches. 

227 Anrede der kinder lediglich aus der rhetorischen absicht, den ἔλεος 
für den epilog zu erregen. 

229 Ein für uns anstölsiges verweilen bei den schwächen des alters 
aus derselben absicht. vgl. zum ersten chorlied. 

232 Für die erste person des praeteritums wendet Eur. nicht mehr blofs 
die richtig aus ἔα zusammengezogene form 7; an, sondern läfst als 
erster die durch die falsche analogie der aoriste, wie ἔβην ἐστάλην, ent- 
standene form ἦν zu, schon 438, Alkest, 655: es ist also in allen fällen, 
wo das versmals nicht entscheidet, nicht ganz sicher, ob er auch das 
richtige bewahrt hat. die byzantinischen schreiber haben aber erweislich 
das falsche gegen die ältere tradition eingeschwärzt (Didymos im schol. 


vers 223—236. 59 


Hek. 13, Rhesos 63 im papyrus Achmin), so dafs die jetzt geltende 
praxis, das sprachlich correcte herzustellen, wo es nur angeht, das vor- 
sichtigste und geratenste ist. 

233 ἔγχος ist unbestimmt: dafs es ein speer ist, erfährt man 239; es 
könnte eben so gut ein schwert sein, vgl. 1002. — “blond’ sind Lykos 
locken nur um die jugend zu bezeichnen. vgl. 362. 

234 Über die grenzen des Atlas zu 394. als äufserste ferne bei Eur. 
z. b. noch Hipp. 1053. 

Ein weibliches nomen ἡ πέρα, das gegenüberliegende land, hat im 
ionischen sich seit Homer nur noch im accusativ πέρην erhalten, der 
fast durchaus nur noch als praeposition trans empfunden wird. doch 
erkennt man bei Pherekydes (Schol. Apoll. Rh. 4, 1396, s. 523, 10) 
διαβαίνει εἰς πέρην, leicht in πέργην verdorben. im attischen ist 
auch noch einmal, im ältesten stücke des Aisch., der genetiv erhalten, 
&x πέρας Ναυπαχτίας Hik. 262, und sehr oft sce&gav, das z. Ὁ. A. 
Ag. 190 XaAxidog πέραν ἔχων volle nominale kraft hat. endlich πέρα. 
dies schreiben wir ohne iota, weil die grammatiker es nicht mehr ver- 
standen, vermutlich wider den gebrauch der dichter des 5. jahrhunderts, 
denen man den unterschied des locativs und accusativs zutrauen muls, 
zumal Eur. Her. 81 auch πέραϑεν hat. demnach war hier, wo das ziel 
bezeichnet ist, der accusativ herzustellen, den die parallelstelle des Hipp. 
bewahrt hat. man pflegt das wort nur zu brauchen, wo das scheidende 
ein wasser ist. die Dorer hatten das wort auch; ein Πέραιον lag bei 
Korinth, auf Thera heilst ein mann Περαεύς (Inser. Gr. Ant. 450), 
Περαία heifst mit festem namen der festlandsbesitz der Rhodier, und 
in nachahmung davon haben die jüdischen ethnarchen das Ostjordanland 
ebenso genannt: in Athen ist der ortsname geschwunden; man dachte 
nicht mehr an die etymologie der Πειραῆς, weil deren insel mit dem 
festland längst verwachsen war. der unechte diphthong macht schwierig- 
keit, die sich zwischen τὸ πέρας (so auch aeolisch) und πεῖραρ, πεί- 
ρατα wiederholt. 

235 Der consecutivsatz mit ὥστε wird noch als ein wirklicher satz 
empfunden, so dals φεύγειν ἄν steht, wie ἔφευγεν ἄν notwendig stehn 
mülste. ἄν könnte auch fehlen: dann würde nicht ein satz zu grunde 
liegen, sondern der infinitiv ein nomen vertreten. 

236 Seit die tragödie ihre festen formen hat, zu welchen der kampf 
zweier personen in rede und gegenrede gehört, ist es sitte, diesen reden 
beiden oder doch der ersten ein par chorverse folgen zu lassen (meist 
zwei oder auch vier, einzeln drei oder fünf, nie blo[s einen) deren auf- 





60 Commentar. 


gabe wesentlich ist, den abschlufs zu markiren und den aufbau der scene 
fühlbar zu machen. in folge dessen werden die verse immer leerer an 
inhalt, zumal auch die individualität des chores immer schattenhafter wird. 
festgestellt hat sich diese praxis, wie so viel ähnliches, in der zeit, aus der 
wir keine dramen besitzen, 460—40, durch die damals jungen dichter. 
denn Sophokles in der Antigone und Euripides in der Alkestis halten 
schon die regel inne. Aischylos kennt keine solchen redegefechte, aber 
den keim hat auch hier der alte meister gelegt. seine epeisodia zeigen 
noch spuren davon, dafs sie aus langen reden des einen schauspielers 
entstanden sind, und der dichter trägt sorge, die länge durch zwischen- 
reden oder noch lieber gesänge des chores zu beleben, z. b. Choeph. 
972 fig. Ag. 281 fig. Prom. 436 fig. 786 fig. und dahin gehören die 
kurzen strophen, welche in den Sieben auf jede doppelrede folgen, die 
einem kämpferpare gelten. ein chor von Danaiden oder Eumeniden kann 
nur als partei mitreden und in der sonst ähnlich gebauten scene Ag. 
1372 fig. ist der chor auch partei. an leeren solchen distichen fehlt es 
nicht (z. b. Pers. 843. 44), wie auch die stichomythie von füllversen 
nicht frei ist. aber erst bei Eur. ist die starre manier da, und wenig 
ist für den leser so unerquicklich wie diese trivialitäten. leider haben 
sie deshalb den florilegienmachern gut gepafst und füllen unsere frag- 
mentsammlungen. 

ἀφορμή ist im eigentlichen sinne ‘das wovon man ausgeht, also z. Ὁ. 
die “operationsbasis Thuk. I 90. der krüppel sagt bei Lysias (24, 24) 
“führe ich ein herausforderndes sykophanten- und junkerleben? das er- 
lauben mir armem krummem teufel meine mittel nicht’ οὐ τοιαύταις 
ἀφορμαῖς τοῦ βίου χρῶμαι. der Korinther des 6 jhdts bittet den Po- 
seidon didov χαρέεσσαν ἀφορμάν (ISA 20, 62): das weihgeschenk soll 
den grund zu seinem glücke legen, wie ein anderer bittet τὺ δὲ δὸς 
xaoleooav ἀμοιβάν (20, 108"). technisch nennt man so das “anlage- 
kapital’ Xen. πόρ. 4, 34. Demosth. für Phorm. 44. während Aisch. 
Soph. das wort gar nicht, die komödie selten hat, wendet es Eur. öfter 
an. kinder sind eine ἀφορμὴ εὐδαιμονίας Ion 474, sogar in einem 
chorlied; die verbannte Medeia (342) bittet um einen tag frist, sich einen 
zufluchtsort und eine ἀφορμή für ihre kinder zu suchen. aber öfter 
ist es bei ihm ein technisch rhetorischer ausdruck, wie hier “der gute 
mann findet für seine reden (das ist τοῖς λόγοισιν) immer ἀφορμαί᾽. 
ΗΘΚ. 1238 in eben solchem zwischenspruche des chores χρηστὰ πράγ- 
ματα χρηστῶν ἀφορμὰς ἐνδίδωσ᾽ del λόγων. Bakch. 266 im pro- 
oemium der gegenrede “es ist für den weisen mann leicht zu reden, wenn 


vers 236. 61 


er τῶν λόγων χαλὰς ἀφορμὰς λάβῃ. Phoen. 199 ‘die weiber in ihrer 
klatschsucht σμεχρὰς ἀφορμὰς ἢν λάβωσι τῶν λόγων πλείους ἐπεσ- 
φέρουσι (nicht eigentlich ἀφορμάς, sondern was sie von sich an deren 
stelle μηδὲν ὑγεές hinzutun)’. die ἀφορμή einer rede ist also das für 
sie ‘gegebene’, ihre “operationsbasie’, ihre ὕλη, die materie an der sich 
die inventio betätigt, das “anlagecapital”? mit dem sie wuchert. in der 
aristotelischen und hermagoreischen rhetorik wird das wort nicht verwandt, 
wol aber gehört es zu dem wortschatze, den Anaximenes als einen schon 
fest geprägten aus älterer technik übernommen hat. er führt cap. 3 die 
apogual aus, die man hat, wenn es gilt eine neuerung zu widerraten 
oder zu empfehlen; 38 sagt er abschliefsend, man soll sich gewöhnen 
xard τὰ πεπραγμένα τοὺς λόγους ἀποδιδόναι (das sind die euripi- 
deischen πράγματα in der Hekabe), dann wird man nicht blofs in den 
ἀγῶνες, sondern auch in den ἄλλαι ὁμιλίαι πλείστας καὶ τεχνιχω- 
τάτας ἀφορμὰς besitzen; man soll das aber auch auf den βέος über- 
tragen, was dann des breiteren ausgeführt wird: das ist die moralische 
wendung, die Eur. in Hek. Her. und in sophistischer antilogie auch 
Bakch. gibt. da liegt also zu tage, dafs Eur. und Anaximenes von dem- 
selben alten rhetor abhängen, der sich durch die moralische wendung 
als ein sophist, kein blofser techniker, ausweist. Eur. hat seine unter- 
weisung früher empfangen, als von Gorgias einfluls die rede sein kann: 
das führt auf Thrasymachos von Chalkedon, und wirklich, unter den 
werken dieses viel zu wenig geschätzten mannes gab es ἀφορμαέ (Buid. 
s. v.), die freilich niemand, der sich um die wortbedeutung gekümmert 
hat, für einen generaltitel halten kann. er hat auch ἔλεοι geschrieben, 
und das ist wieder eine hauptstärke der euripideischen beredsamkeit. 
Theophrast, der den Thrasymachos richtig gewürdigt hatte, schreibt ihm 
die begründung der μιχτὴ λέξις zu: das ist auch nach der ansicht der 
peripatetiker die euripideische. übrigens wird zwischen beiden männern 
eine wechselwirkung anzunehmen sein, denn Thrasymachos ist ungefähr 
gleichzeitig mit Eur. gestorben und kann schon lange vor 427, wo er 
zuerst erwähnt wird, tätig gewesen sein, aber für älter als Eur. oder im 
eigentlichen sinne seinen lehrer kann man ihn nicht halten. 

Der tyrann macht endlich dem nutzlosen wortgefecht ein ende und tut 
was er von vornherein vor hatte. sein character ist durch die bomba- 
stische sprache und den plumpen hohn gezeichnet. es ist ein hohler 
renommist, wie die barbaren Thoas der Iph. T. und Theoklymenos der 
Helene. fast lächerlich wirkt es, dals in Theben nicht holz genug für 
einen scheiterhaufen vorhanden sein soll, sondern eine expedition in die 








62 Commentar. 


berge gemacht werden mufs, wie im !P (das allerdings wol diesen mis- 
griff bewirkt hat), und man wird versucht, den opfern zu zürnen, dafs 
sie den notwendigen aufschub mehrerer tage nicht benutzen. die hoch- 
mütige behandlung des chores ist dazu da, den tyrannen im verhältnis 
zu Theben zu kennzeichnen. 

237 πυργοῦν zu 475. xaxög steht mit nachdruck am schlusse, obwol 
es auch zu λέγε gehört. die antike grammatik nennt jede erscheinung, 
welche ein wort, das zu zwei sätzen gehört, nur ein mal setzt, σχῆμα 
χατὰ χοινόν oder ἀπὸ χοινοῦ. die modernen beschränken es auf außser- 
gewöhnliche fälle verschiedener art, haben es zudem bei Römern, die 
ihrerseits vou Alexandrinern abhängen, zunächst beobachtet und die 
classische poesie teils nicht richtig beurteilt, teils vernachlässigt. ein fall 
wie dieser ist gar nicht besonders poetisch, Ar. 1.08. 180 παντᾶ x’ ἔχοι 
xal τᾷδε γὰρ λέγεις χαλῶς, wo freilich, wie unzählige male, verkehrt 
geändert ist. nur die wortstellung ist nicht die gewöhnliche. darauf läuft 
vieles hinaus, unten 1091, Hipp. 402 ἐμοὶ ein μήτε λανϑάνειν καλὰ 
μήτ᾽ αἰσχρὰ δρώσῃ μάρτυρας πολλοὺς ἔχειν. Tro. 1210 οὐχ ἵπποισι 
νιχήσαντά σὲ οὐδ᾽ ἥλικας τόξοισι. Anakreon 94, 8 Ἴ]ουσέων τε xal 
ἀγλαὰ δῶρ᾽ Ayoodirng, Xenophanes bei Sext. adv. log. 149 ἀμφὶ ϑεῶν 
τε xal ἅσσα λέγω περὶ πάντων. demnach ist das σχῆμα eigentlich 
so zu definiren: ein satzglied, welches für zwei sätze unbedingt nötig ist, 
steht erst beim zweiten. so besonders häufig bei präpositionen, Homer 
μ 21 ἤ ἁλὸς ἢ ἐπὶ γῆς ... πῆμα παϑόντες Hesiod Aspis 149 7 da 
γόον TE καὶ ἐκ φρένας εἵλετο φωτῶν. Alkman 22 ϑοίναις δὲ καὶ 
ἐν ϑυσίαισι. Aisch. Sieb. 1082 μητρὸς ταλαίνης χἀπὸ δυστήνου 
πατρός, Pers. 492 ΠΙαγνητικὴν γαῖαν ἐς τε Maxedövwv, Ag. 656 
χειμῶνι τυφῶ σὺν ζάλῃ τ᾽ ὀμβροχτύπῳ, Pindar Pyth. 12, 9 παρϑε- 
vloıg ὑπό τ᾽ ἀπλάτοις ὀφίων χεφαλαῖς, Soph. Ant. 366 ποτὲ μὲν 
χακόν, ἄλλοτ᾽ ἐπ᾽ ἐσθλὸν ἕρπει, Eur. Herakl. 756 μέλλω τᾶς πα- 
τριωτίδος γᾶς, μέλλω καὶ ὑπὲρ δόμων, 1. T. 887 βάρβαρα φῦλα 
χαὶ δι᾽ ὁδοὺς ἀνόδους στείχων. es kann aber ebenso gut ein appo- 
sitioneller begriff (adjectiv, abhängiger genetiv, adverb u. dgl.) sein. Aisch. 
Ag. 115 ὁ κελαινὸς ὃ τ᾽ ἐξόπιν ἀργός (ἃ. i. μελάμπυγος und λευχό- 
πυγος vgl. Porphyr. zu 2 315), 589 ἅλωσιν ’IAlov τ᾽ ἀνάστασιν, 1319 
ἀνὴρ δυσδάμαρτος ἀντ᾽ ἀνδρὸς ϑάνῃ, Choeph. 41 μέμφεσθαι τοὺς 
γᾶς ἔνερϑεν τοῖς χτανοῦσί τ᾽ ἐγχοτεῖν, Soph. El. 929 ἡδὺς οὐδὲ μητρὶ 
δυσμενής, Ο. Τ. 72 δρῶν ἢ τί φωνῶν, Ο. Τ. 802 χῆρυξ τε κἀπὶ πω- 
λιχκῆς ἀνὴρ ἀπήνης (nicht gut, weil es wichtig ist, dafs der herold auf dem 
wagen war), Eur. Hik. 22 ἔγχος τήν τε δυστιχεστάτην στρατείαν, Med. 








vers 237—241. 63 


36 στυγεῖ παῖδας οὐδ᾽ ὁρῶσ᾽ εὐφραένεται, Phoen. 284 μαντεῖα σεμνὰ 
AoSlov τ᾽ ἐπ᾽ ἐσχάρας, Hel. 1042 πεδίων ἄπειροι βαρβάρου τ᾽ ἐσμὲν 
χϑονός, Pind. Pyth. 4, 195 νύχτας τε καὶ πεόγντου κελεύϑους ἄματα τ᾽ 
εὔφρονα. in prosa ist es kaum zu glauben, also z. b. derjenigen über- 
lieferung, die es Herodot 7, 209 hat, zu mistrauen (πρὸς βασιλήην τε 
καὶ καλλίστην πόλιν A, καὶ und πόλιν fehlt R). dafs auch die moderne 
hohe poesie auf solche figur geführt wird, zeigt Goethe, Faust 1129 
mir sollt!’ er um die köstlichsten gewänder, nicht feil um einen königs- 
mantel sein. Hermann und Dorothea 2, 248 als du zu pferden nur 
und lust nur bezeigtest zum acker. besonders auffällig sind die fälle, 
wo das zweite satzglied eine correlative partikel enthält, durch welche 
man erst erfährt, dafs die entsprechende zu dem ersten hinzugedacht 
werden muls. eine erscheinung, die dem ähnlich ist, hat für das griech- 
ische sprachgefühl nichts befremdliches gehabt, nämlich die unterdrückung 
der negation bei dem ersten gliede, wenn οὐδέ beim zweiten steht. Ar. 
Vög. 694 γῇ δ᾽ οὐδ᾽ ἀὴρ οὐδ᾽ οὐρανὸς ἦν. Inschrift von Teos des 
3. jahrhunderts, aber in alter formel Bull. Corr. Hell. IV 115 z. 55 
“εροϑεσμίᾳ μηδὲ ἄλλῳ τρόπῳ μηδενί. urkunde bei Thuk. V 47 
τέχνῃ μηδὲ μηχανῇ μηδεμιᾷ. gesetz bei Isaios 6, 47 νόϑῳ μηδὲ 
νόϑῃ εἶναι ἀγχιστείαν. Herodot 1, 215 σιδήρῳ δ᾽ οὐδ᾽ ἀργύρῳ χρέ- 
wvraı οὐδέν. Demosth. 22, 4 ἁπλοῦν οὐδὲ δίκαιον οὐδὲν ἂν εἰπεῖν 
ἔχοι. die letzten zwei beispiele sind durch die wiederholung der negation 
leichter. aber die poesie wagt es, das rein correlative οὔτε nur zum 
zweiten gliede zu setzen, Pind. P. 3, 30 ἔργοις οὔτε βουλαῖς, P. 6, 48 
ἄδικον οὔτ᾽ ὑπέροπλον ἥβαν δρέπων, P. 10, 29 ναυσὶ δ᾽ οὔτε πεξὸς 
ἐὼν ἂν εὕροις. A. Choeph. 294 δέχεσθαι οὔτε συλλύειν τινά, Ag. 532 
Πάρις οὔτε συντελὴς πόλις. 8. Ο. Κ. 1561 [μήτ᾽] ἐπιπόνῳ μήτ᾽ 
ἐπτὶ βαρυαχεῖ ξένον ἐξανύσαι μόρῳ. Eur. Hipp. 550 δὁρομάδα vald’ 
ὅπως te βάχχαν. hier ändern alle, weil sie es verkennen, trotzdem 
dafs derselbe doppelte vergleich Hel. 543 steht, und so häufig: in wahr- 
heit liegt es auf der hand, dafs solche constructionen viel eher zerstört 
als fälschlich eingesetzt sein müssen. 

240 Wald ist also schon damals erst im gebirge zu finden. der Par- 
nassos ist zur nachbarschaft Thebens auch 790 gerechnet. er ist weit 
entlegen, und ein Thebaner würde eher an den Kithairon gedacht haben: 
aber der gehörte nach attischer anschauung nicht zu Theben, vgl. 1163, 
und nur in der Pentheus- und Oedipussage gibt der Athener das alte 
verhältnis notgedrungen zu. 

241 δρῦς ist ‘baum’, oder allenfalls ‘laubbaum’, nicht“eiche’. das ist 


64 Commentar. 


die ursprüngliche bedeutung, und Eur. nennt z. b. den pfahl, mit dem 
der Kyklop geblendet ist, δρυὸς ἔρνος (615): der war bekanntlich von 
olivenholz. die sprache differenzürt den begriff ‘baum’ in “laubholz oder 
nadelholz’ δρυὸς ἤ ἐλάτης κλάδοισιν Bakch. 110, Phoen. 1515 aus 
älterem formelschatze entlehnt. ἢ δρυὸς ἢ πεύκης Ψ 328, vgl A 494, 
ı 186. mit den nymphen entstehen ἢ ἐλάται ἠὲ δρύες Homer hymn. 
an Aphrod. 264. auch später noch, Theokrit. 7, 88. 5, 45. 

243 ἀμφήρη νήσαντες gehört zusammen. die mit-jong gebildeten 
adjective haben meist nur die bedeutung des stammes (χαλχήρης ueo- 
σήρης χλοήρης, τοξήρης oben 188) schon bei Mimnermos ein sehr 
starkes beispiel χαλεπῆρες ἄεϑλον 11, 3. man hilft sich auch mit dieser 
composition, wo einfache ableitungen fehlen, ἀγχήρης Soph. fgm. 6; es 
ist also nur eine steigerung desselben begriffes der fülle, für den schon 
πέριξ da ist; auch dies bombast ἐν ἤϑει. 

244 ἐμιπίμπρατ᾽ αὐτῶν καὶ πυροῦτε σώματα ist im grunde die- 
selbe verschränkte wortstellung die in besonderen fällen ἀπὸ κοινοῦ 
genannt zu werden pflegt. 

246 τάδε ist nicht mülsig, sondern es ist plump höhnende beschränkung. 
ἀλλ᾽ ἐγὼ τὸ νῦν ἐπὶ τοσοῦτόν γε κρατῶ --- ὦστε ὑμᾶς οὕτως διατι- 
ϑέναι. deutlich beschränkend, aber mit geringerer kraft Heraklid. 641, 
L A. 537. 

247 πρέσβεις im sinne von πρεσβῦται ungewöhnlich, aber gesichert 
durch A. Pers. 842. das participium gehört appositionell zu dieser anrede. 

249 δόμων τύχας: olxslag; weil diese bedeutung notwendig ist, mufs 
der plural für den überlieferten singular hergestellt werden. denn jeder 
einzelne soll für sich und die seinen zittern. 

250 yaoxeıv “den mund auftun, mucksen, muttire‘. 8. Ai. 1227; ge- 
wöhnlich ist nur aorist und perfect. das praesens (welches in classischem 
griechisch nur χάσχω ist, nie yalvw) steht dynamisch “den mund auf- 
machen wollt”. 

251 Auch das ist tyrannischer hohn, dafs er die untertanen als sclaven 
bezeichnet. 

Eine längere rede des chorführers ist überhaupt selten, weil der chor 
nicht zum reden da ist, und kommt nur vor, wenn er in die handlung 
eingreift, wie Hik. 263, Hel. 317. das tut er bei Aisch. immer, aber dieser 
wendet längere iambische reden nur vor oder nach einem gesange des 
chores an, Ag. 489, Eum. 244. 

Der chor ist am meisten gereizt durch den vorwurf der δουλεέα, 
denn das kränkt ihn in seinem adel. er versucht deshalb den streich 


vers 243—253. 65 


zu führen, den Amphitryon 235 nur aus altersschwäche unterlassen hat. 
er schmäht den plebejer, weist den vorwurf ab, dafs ihm die sache 
der kinder nicht ein oixeiov wäre — da läfst er ohnmächtig den 
stab sinken und gesteht die schwäche wie Amphitryon. wie kommt er dazu? 
es ist keine vermittelung zwischen 266. 67. warum gehn sie Lykos 
nicht zu leibe? wie verhält sich der dagegen? ein wort hören wir 
nicht; Lykos straft den chor überhaupt mit verachtung. mit sicherheit 
wird hier also stummes spiel ergänzt: es muls etwas während der rede 
des chors geschehen, was diesen zu dem verzichte 267 bringt. offen- 
bar weicht Lykos nicht zurück, sondern bietet mit seinen trabanten dem 
chore die spitze: und deren gefällte lanzen oder gezückte schwerter ge- 
nügen für die zuschauer völlig, das zurückweichen der greise zu motiviren. 

252 Die drachensaat des Kadmos, aus der die Sparten hervorgehn, pflegt 
nicht dem Ares zugeschrieben zu werden, dessen sohn der drache war, 
und der die masse der erdgebornen hopliten fällte Aisch. Sieb. 412 
σπαρτῶν ἀπ᾽ ἀνδρῶν ὧν Aons ἐφείσατο. allein da dem Kadmos 
dieser ihr selbstmord zum heile gereicht hat, so lag es nahe, dem gotte, 
der den mord bewirkte, auch die aussaat zuzuschreiben. zu dieser stelle 
stimmt Pherekydes im schol. Apoll. Rhod. 3, 1179, wo Ares dem Kadmos 
die aussaat der drachenzähne angibt. auch Eur. sagt nicht, dafs Ares 
den drachen getötet habe, sondern höchstens dafs er die zähne aus- 
gebrochen oder ausbrechen gelehrt hat, 

253 ἐρημοῦν zu 359. λάβρος accentuiren wir falsch, weil das littera- 
risch allein noch erhaltene wort von den grammatikern für ein compo- 
eitum gehalten ward (Herodian I 203 Etym. M). es ist in wahrheit Aaße- 
οὐς "zupackend’: _1aßooc heilst ein hund auf der Frangoisvase, λάβραξ 
ein raubfisch. so noch Theognis 634 “ überlege dirs zwei dreimal, denn dem 
λάβρος ἀνήρ, dem der gleich zupackt, bekommt es übel.” davon ist die 
hier vorliegende bedeutung ‘gierig’ eine fortbildung; so Pind. P. 4, 244, 
λαβρόταται γένυες des kolchischen drachen. vielleicht E. Hel. 379 
λάβρον ὄμμα λεαίνης (die stelle ist unverständlich). so gilt das wort 
in der späteren prosa, wenn es auch von guten stilisten gemieden wird. 
älter bezeugt ist die zweite bedeutung “umfassend, reichlich’, Ζέφυρος λά- 
Boos Erraıyliwy Β 1417, λάβρον χῦμα Ο 625, danach unten 861, ποτα- 
μὸς ... λάβρος ὕπαιϑα dewv ® 271 (so zu verbinden) im epos. 
diese bedeutung galt im ionischen noch im 5. jahrhundert (vom regen 
Herodot VII 12, von blutflüssen Hippokrat. epidem. L 16, wo eich stil- 
widrig das später gemeine adverbium eingedrängt hat), ward von der 


hohen poesie überhaupt festgehalten und drang in den homerischen ver- 
v. Wilamowitz IL 5 


66 Commentar., 


bindungen einzeln in die schriftsprache namentlich der halbgebildeten. 
nahe lag die wendung zum übertriebenen, λαβραγόρης "reden wie ein 
wasserfall’? in dem späten gedichte X (479. 474 λαβρεύομαι); auch 
dies dann in der hohen poesie. λάβρος στρατός der geschwätzige 
demos Pind. P. 2, 87. 

257 Den vorwurf der δυσγένεια schleudern sie ihm im ärger doppelt, 
positiv und negativ, ins gesicht. Ion 607 ἐλθὼν ἐς olxov ἀλλόερεον 
ἔπηλυς ὦν. χάχιστος geht das moralische an und steht für sich. 

258 Dals er sein landesherr ist (ἄρχει τῶν ἐμῶν), kann der chor nicht 
leugnen: aber die παρρησία, die persönliche freiheit, soll er ihm nicht 
nehmen. δεσπόζειν hier und 274 in der gehässigen bedeutung, vgl. 28. 

259 πολλὰ χαμών gehört zusammen; es ist homerische reminiscenz; 
andrerseits ἐσπτόνησα χερί. 

260 ἀπέρρων (poetisch = ἀποφϑειρόμενος 1290) mülste eigentlich 
partic. aor. sein: aber das drama wendet nur den praesensstamm an, 
der somit aushelfen muls. ebenso wird λεύσσω behandelt, vgl. zu 725. 

262 οὐ τοσόνδε: ὥστε χἀμὲ ἐπιλαϑόμενον ὧν ἐμόχϑησεν ὅ πατὴρ 
τοὺς παῖδας περιιδεῖν ἀποθϑνήσκχοντας. --- aus Ἡρακλείους παῖδας ent- 
nimmt man den eigennamen leicht, auf den sich &xeivog bezieht. 8. Trach. 
260 πόλιν τὴν Εὐρυτείαν᾽ τόνδε γὰρ μεταίτιον ἔφασκε. schon 
schwieriger Pind. Nem. 8, 21 ὄψον δὲ λόγοι φϑονεροῖσιν᾽ ἅπτεται δ᾽ 
ἐσθλῶν ἀεί, nämlich der φϑόνος. Ion 336 αἰδούμεϑα — ἀργὸς ἡ 
ϑεός, nämlich die αἰδώς. noch härter in der altattischen (oder ionischen) 
schrift, die Iamblich protr. 20 auszieht, 101, 25 τοὺς εὐτυχοῦντας ἀσ- 
φαλεῖ αὐτῇ χρῆσϑαι, nämlich τῇ τύχῃ, wo allerdings eine verderbnis 
durch Iamblich möglich ist, der aus der directen in die indirecte rede 
überspringt. 

264 διολέσας ἔχεις darf nicht als paraphrase von δεώλεσας gefalst 
werden, sondern beides hat seine volle kraft; es ist χέχτησαι τὰ xdxıora 
ποιήσας. das zeigt die antithese ὠφελήσας ἀξίων οὐ τυγχάνει. 

266 “Und da macht man mir den vorwurf der πολυπραγμοσύνη᾽ mit 
bezug auf das yaoxeıv 250. πολυπραγμονεῖν ist für die tragödie eine 
zu dyogala λέξις, aber πολλὰ πράσσειν in dem sinne hat Eur. öfter, 
Hipp. 785, Antiop. 193, 

269 “In deiner schwäche liegt es mit, dafs dein sehnen zerstört ist’. die 
logik könnte verführen statt τὸν πόϑον das ποϑούμενον zu fordern, weil 
ja nicht die sehnsucht, sondern nur ihre erfüllung zerstört ist: dafs das 
schief geurteilt wäre, kann der deutsche leicht einsehen, wenn er nur 
“wunsch’ für πόϑος einsetzt. weit kühner sagt Soph. Tr. 196 τὸ ποϑοῦν 


vers 257 --- 975. 67 


ἕκαστος ἐχμαϑεῖν ϑέλων οὐχ ἂν μεϑεῖτο, πρὶν as” ἡδονὴν χλύειν. 
“von seinem wunsche läfst keiner der hören will, ehe er zur genüge 
gehört hat’. noch Plutarch de virt. et vi. 2 kann von den träumen 
sprechen als εἰδώλοις καὶ φάσμασιν εἰς οὐδεμίαν ἡδονὴν οὐδὲ τε- 
λείωσιν τοῦ ἐπιϑυμοῦντος τελευτῶσιν. 

272 χαίρεις ἐντρυφᾷς ταῖς Θήβαις. χαέρειν eben so prägnant S. O. 
T. 1070 von einem adelsstolzen weibe ἐᾶτε τήνδε πλουσίῳ χαίρειν 
γένει. ähnlich schon _4 158, Achill an Agamemnon σοὶ ἑσπόμεϑ᾽, 
ὄφρα σὺ χαίρῃς. der gewöhnliche gebrauch des particips χαέρων, 258, 
ist mit diesem seltenen im grunde identisch. auch das nomen χαρά hat 
A. Sieb. 442 diese bedeutung, wenn Kapaneus χαρᾷ ματαίᾳ ϑνητὸς 
ὧν seine trotzreden gen himmel schleudert. 

Megara hat bisher geschwiegen, aber wir wissen aus dem prologe, dals 
sie weder hofft noch zu transactionen geneigt ist. so lehnt sie kurz 
und würdig die hilfe des chors ab und begründet den vorschlag, gut- 
willig in den tod zu gehen, mit der rücksicht auf die ehre des Her. und 
die εὐγένεια, auf die sie alle anspruch machen. das würde genügen und 
einen reinen eindruck machen; aber auch hier hat der dichter der rhetorik 
seinen tribut gezollt: 295—306 möchte man los sein, und leicht erkennt 
man, dafs diese verstandesmäfsigen erwägungen in diesen mund und an 
diese stelle schlecht passen, denn plötzlich abspringend kehrt Meg. 307 
genau zu dem zurück, wovon sie 295 abbog. in dem mittelstück wird die 
hoffnung des Amph. 97 als illusorisch und sein vorschlag 213 als aussichts- 
los und nicht einmal an sich befriedigend erwiesen; rhetorisch vortreff- 
lich und mit feinen sentenzen, nur nicht dramatisch, und störend, weil es 
von der vollendeten ethopoeie der umgebung um so stärker absticht. 

275 ἐπαινῶ (αἰνῶ ist nur poetisch) ἐπήνεσα (unten 1235), χαλῶς 
λέγεις, κάλλιστα sagt der Athener, wenn er ein compliment oder eine 
einladung dankend ablehnt, z. Ὁ. Ar. Frö. 508 Xen. Symp. 1, 7 Isaios 2, 12. 
Plut. quomod. adul. poet. aud. 22' zu Hesiod Erg. 643 νῇ᾽ ὀλίγην 
αἰνεῖν, μεγάλῃ δ᾽ ἐνὶ φορτία ϑέσϑαι" τῷ μὲν αἰνεῖν σημαίνεται τὸ 
ἐπαινεῖν" αὐτῷ δὲ τῷ ἐπαινεῖν ἀντὶ τοῦ παραιτεῖσθαι νῦν κέχρηται, 
χκαϑάπερ ἐν τῇ συνηϑείᾳ καλῶς φαμὲν ἔχειν καὶ χαίρειν κελεύομεν, ᾿ 
ὅταν μὴ δεώμεϑα μηδὲ λαμβάνωμεν. bei καλῶς oder χάλλεστα kann 
freilich wie bei unserem “danke’ eine zweideutigkeit entstehen. ‘danke 
ja’ heist ed σοι γένοιτο oder εὐδαιμονοίης Ar. Ach. 457. Frö. 1417. 
Eur. Alk. 1137. auch im Telephos stand es; in welcher form ist unsicher, 
da εὐδαιμονοίης, εὖ σοι γένοιτο, καλῶς ἔχει μοι überliefert wird (fgm. 
707). αἰνεῖν 1. Ὁ. noch Phoen. 614. 1688. L A. 506. 

5 = 


68 ᾿ Commentar. 


276 ὀργή wendet Eur. ohne erkennbaren unterschied im sing. und 
plur. an. — δικαέας “in gerechter sache’. 

277 δεσπόταις: sie gibt die gewaltherrschaft als tatsächlich zu, nimmt 
aber der aufforderung einem Lykos zu gehorchen das gehässige, indem 
sie ihr durch den plural eine allgemeine wendung gibt. 

280 Man erwartet σστῶς γὰρ οὐχ ἂν φιλοίέην, doch schmiegt sich in der 
lebhaften antithese der modus auch sonst an. Phoen. 899, 900 “Bose”; 
“χαὶ πῶς οὐ ϑέλω᾽. 8. El. 922 “οὐκ οἶσϑα᾽ — “πῶς δ᾽ οὐκ ἐγὼ 
χάτοιδα᾽. es liegt nahe πῶς γὰρ οὔ; als ein glied für sich abzuteilen 
und dann φιλῶ drıxrov ἁμόχϑησα als correlat zu φελῶ τέχνα zu fassen. 
das ist wol lebhafter, aber Eur. hat es nicht so gewollt, denn er vermeidet 
es vor dem letzten iambus stark zu interpungiren, und zwar weit mehr als 
seine herausgeber. wesentlich dadurch, dafs er die einzelnen trimeter 
möglichst in sich abgeschlossen baut, also anfang und ende jedes verses 
möglichst wenig zerreilst, hat er die grolse glätte und den gleichmäfsigen 
wolklang seiner verse erreicht, vollendend was Aischylos in demselben 
streben begonnen hatte. Sophokles dagegen befolgt ein anderes princip; 
er verwischt die trennung der einzelnen verse, der komödie darin näher 
stehend, und zieht daraus die consequenzen rücksichtslos, bekanntlich 
bis zur elision am schlusse des verses. 

281 ἁμόχϑησα mit denen ich mich geplagt habe’, fast gleich ἄϑρεψα. 
I. A 207 ᾿χιλῆα τὸν ἃ Θέτις τέχε nal Χείρων ἐξεπόνησεν, woraus 
man freilich den griphos gemacht hat Ἥσσων ἀλγήσας παῖδα τὸν ἐκ 
Θέτιδος, Tryphon π. τρόπων 4. 

288 τῷ ἀναγκαίῳ τρόπῳ sagt nicht viel mehr als τῷ ἀναγκαίῳ, 
τῇ ἀνάγχῃ. Med. 751 μεθήσειν ἑχουσίῳ τρόπῳ, Hel. 1547 ἐχβα- 
λόντες δάκρυα ποιητῷ τρόπῳ, fast gleich einem ἐχουσέως und 
προσποιητῶς, doch nicht ganz; die weise in diesem “verstellter weise’ 
wird noch als substantiv empfunden. der unterschied ist derselbe wie 
unten 965 τίς ὅ τρόπος ξενώσεως von τίς ἡ ξένωσις. ein mensch 
der sich mit dem τρόπος des geschickes nicht in einklang zu setzen 
weils, handelt ἀπὸ τρόπου, ist σκαιός. dazu palst auch ἀντιτείνειν, 
vgl. Protes. 654 δυοῖν λεγόντοιν ϑατέρου ϑυμουμένου ὅ μὴ ἀντι- 
τείνων τοῖς λόγοις σοφώτερος. damit σχαιός persönlich gefalst, nicht 
τρόπος ergänzt werde, ist βροτόν zugesetzt. somit ist die überlieferung 
gerechtfertigt und die hübsche conjectur entbehrlich gemacht, die ich 
bisher geglaubt und noch S. 45 befolgt hatte, τῴ ἀναγκαίῳ βροτῶν 
ὃς ἀντιτείνει, σχαιὸν ἡγοῦμαι τρόπον, hübsch, weil sie eine besonders 
griechische wendung gibt. wir sagen “wenn jemand das und das tut, 


vers 276—292. 69 


ist es eine torheit”; griechisch schliefst man die person relativisch an, 
setzt aber dann nach dem σχῆμα ’Iwvındy einen engeren abstracten be- 
griff. Alexis Ποιητής 1. ἔδει, ὅστις χρηστὸς ἦν ἡδύς τ᾽ ἀνήρ, τὰ σῦκα 
προστεϑέντα δηλοῦν τὸν τρόπον. ᾿ἰοῖσθῃ im namen sykophant sollten 
doch eigentlich den charakter bezeichnen, wenn einer ein guter und 
liebenswürdiger mensch wäre’. 

σχαιός ist auch metaphorisch der gegensatz zu δεξιός, aber es geht 
mehr auf das benehmen im menschlichen verkehre, Chrysippos definirt die 
σχαιότης als ἄγνοια τοῦ προσφιλῶς ἅμα xal κεχαρισμένως ἀνϑρώ- 
ποις ὅμιλεῖν (bei Plutarch guomodo adul. poet. aud. 31); so entspricht 
ἀπαίδευτος und lateinisch ineptus. wider die notwendigkeit zu zetern 
und zu verlangen, dafs die dinge sich nach uns richten, ist allerdings 
ein mangel an lebensart und bildung: aber es ist doch für die frau be- 
zeichnend, dafs ihr die torheit oder bosheit (299) nicht als solche zu- 
wider ist, sondern weil sie sich nicht zu benehmen weifs. das schickliche 
vertritt beim weibe das sittliche. 

290 Her. ruhm steht fest auch ohne zeugen. εὐχλεής ἐστι, κἂν μηδεὶς 
αὐτῷ τὴν ἀρετὴν μαρτυρήσῃ. Meg. gibt dem Amph. eine verdiente 
kritik seiner declamation 176. — man sagt: gewöhnlich ἀμαάρτυρος (schon 
Thuk. H 41); ein verbum ἀμαρτυρεῖν existirt nicht, eine veranlassung zu 
der weiterbildung ist nicht zu sehen, und dals μαρτυρεῖν existirt, gibt wol 
dem wortbildner eine handhabe, wie er bilden soll, aber es kann die neu- 
bildung nicht hervorrufen und ist noch weniger eine notwendige vor- 
bedingung für sie. die tragödie oder vielmehr die poesie überhaupt sieht 
darin einen schmuck, neben einfache bildungen wie ἄφοβος, χρυσόκχολ- 
ἀος, καλλίπυργος, νυχτίφρουρος, δορυσσόος, εὔχυχλος, ὑψιγενής, 
ἄπυρος scheinbare ableitungen denominativer verba zu setzen, ἀφόβητος 
(S. OT 885 im sinne von ὀλέγωρος) χρυσοχόλλητος (E. Phoen. 2) καλ- 
λεπύργωτος (Bakch. 19) νυχτιφρούρητος (A. Prom. 861) δορυσ- 
σόητος (8. Ai. 1187) εὐκύκλωτος (Aristophon Φελωνέδης) ὑψιγέννητος 
(A. Eum. 43) ἀγέννητος (8. Tr. 61 im sinne von ἀγεννής) ἀπύρωτος 
(Hom. # 270) ἀριζήλωτος Ar. Ritt. 1329, und viele andere. auch 
andere weiterbildungen soll man nicht beanstanden τετρώριστος 8. 
fgm. 873 πελώριστος Theokr. ep. 18. einzeln ist auch nur eine solche 
weiterbildung gebräuchlich, z. Ὁ. εὐόργητος (selbst Hippokrates sr. dee. 
ὑδ. τόπ΄. 19), das dann edopynola erzeugt; εὔοργος sagt man gar nicht, 
wol aber δύσοργος neben δυσόργητος. 

292 δόξα καχή “ruf der feigheit’. so ὃ. 20947; Hipp. 432, ὃ. ἀγαϑή 
Solon 13, 4, was gleich specialisirt wird ‘ruf eines ehrenmannes’. dafs 


70 Commentar. 


das formelhaft war, zeigt die replik in einem epigramm von Metapont 
Inscr. Sic. It. 632. dem adjectiv entspricht ein genetiv ὃ. εὐψυχίας 
oben 157. ὃ. ϑουρίδος ἀλκῆς Tyrt. 12, 9. dies ist die eine alte be- 
deutung des wortes, die opinio der menge über jemand. die andere ist 
die opinio des einzelnen; aber da ist von vorn herein das blolse “meinen ’ 
in der opinio betont, so dsrö δόξης im jungen epos K 324, A 344. 
so Aisch. Soph., und zu dem πρὸς δόξαν im gegensatze zur ἀλήϑεια 
des Parmenides stimmt der gebrauch bei Epicharm, Theognis 571 (gegen- 
satz πεῖρα), Antiphon (der es sonst gar nicht hat) und in der sophistenzeit; 
man möchte aber hierfür ein noch bezeichnenderes wort haben und ver- 
sucht doxdg (Xenophanes), dox7; (Aisch.), δοχώ (Eur.), δόκησις (Soph. 
Eur, vgl. zu 288), und döxnua ist bei Eur. “wahn’; er hat auch 
δόξασμα, δοξάζω schon Aisch. eine besondere opinio ist die welche 
der “eingebildete” mensch über sich selbst hat. so εὐτλήμων ὃ. ψυχῆς 
A. Pers. 28, δόξαι ἀνδρῶν σεμναί Eum. 373, δόξαν φύσας He- 
rodot. 5, 91. das stirbt später ab. die δόξα, in der der mensch 
bei den leuten steht, wird wol meist in bonam partem genommen, 
aber εὐδοξία (Simon. 4, 6) und κχλέος ist doch etwas anderes: 
I. A. 566 δόξα φέρεε κλέος ἀέναον. Herakl. 624 οὐκ axlens 
δόξα, Andr. 319 ὦ δόξα δόξα μυρίοισι δὴ βροτῶν οὐδὲν γεγῶσι 
βίοτον ῴγχωσας μέγαν, εὔκλεια δ᾽ οἷς μέν ἐστ᾽ ἀληϑείας ὕπο 
εὐδαιμονίζω zeigt, was beiden gemeinsam ist, und was sie noch schei- 
det. daher die atticistenregel des Herennius Philo (Ammonius) δόξα 
παρὰ πολλοῖς, χλέος παρὰ σπουδαίοις. Aisch. geht nicht einmal so 
weit; Soph. verbindet auch erst O. K. 258 δόξα und χληδὼν καλή, und 
Eur. erst wagt Hel. 841 ὥστε καὶ δόξαν λαβεῖν ganz im sinne von 
‘ruhm’. das war dagegen dem Pindar schon ganz geläufig gewesen; 
dann hat es Thukydides im gegensatze zu der attischen und ionischen 
weise seiner zeit. es ist ein dorismus. für den adel liegt in dem was er 
scheint, was er gilt, im renommee der ruhm. dagegen ein atticismus ist 
δόξα als "beschlußs’, dann auf die δόξαι φιλοσόφων übertragen. das 
kommt aus dem ἔδοξεν der psephismen, in Athen geprägt, offenbar zu 
einer zeit, wo das volk nur ‘meinen’ durfte und die γνώμῃ bei der 
behörde war. δόγμα in diesem selben sinne ist eine bildung des vier- 
ten jahrhunderts, und der römische staat und die römische kirche haben 
mit diesem worte es dem ἔδοξεν der infalliblen demokratischen ekklesie 
nachgetan. sehr auffällig ist δόχημα für δόγμα im Argos, vgl 
zu 112. 

293 χάμνω auf das geistige gebiet übertragen “ mutlos, gedrückt sein”, 


vers 292—285. 71 


ἀλλαγᾷ λόγου, "durch getäuschte hoffnung’ A. Ag. 482. σοῖς κακοῖς 
Med. 1138. πάϑᾳ Pind. Pyth. 8,48. dieser gebrauch ist wol auf die grofsen 
dichter des 5. jahrhunderts beschränkt. ganz anders χάμγειν Uno αὐτῆς 
Thuk. Π 41, für das vaterland mit anstrengung tätig sein, wo Eur. μοχ- 
ϑεῖν sagen würde. er hat auch xaurw absolut “matt werden, nach- 
lassen’ oben 101, mit particip der tätigkeit worin, fgm. 1073, mit dativ 
Pindar P. 1, 90 un xauve δαπάναις. ἔν τινε κάμνειν in bezug auf etwas 
in verlegenheit sein, ἐν ᾧπερ νῦν... ἐχάμνομεν Hek. 1144 ‘wo jetzt 
für uns die schwache seite war’. εἰ πρὸς Ἴλιον ἐν τῷδ᾽ ἔχαμνε νόστος 
L Α. 966, “wenn es daran lag, dals der zug nicht von statten gieng”. 
in diesem falle, wie in der übertragung auf das geistige gebiet könnte 
γοσεῖν dafür eintreten (vgl. 1414), und der gebrauch hat sich wol so 
entwickelt, weil xauvsıy wirklich für "krank sein’ gewöhnlich war. aber 
der schöne, schon bei Homer beginnende euphemismus, “die denen die 
kraft einmal versagt hat’ χαμόντες, oder “die müden’, genauer mit 
unserem vulgären ausdruck “die abgefallenen’ χεχμηῶτες für die toten 
zu sagen, konnte dazu auch führen. dagegen kennt das classische griechisch 
nichts was zu dem homerischen xaue für xaue τεύχων zurückführte, 
während doch szoveiv im attischen dichterisch (289), πογᾶν im dorischen 
gewöhnlich diese bedeutung erhalten kann. die stilmischerei der senilen 
rhetorik greift auf das homerische zurück, z. Ὁ. Himerius ecl. 17 ende, 
ol κάμνοντες τὴν ἱστορίαν. hier liegen also die vermittelnden glieder 
zwischen Homer und dem modernen gebrauche, wo xauveıy zwar nicht 
ποιεῖν, aber πράττειν oder ποιεῖσϑαι ist. 

284 Ein guter beleg für den unterschied von praesens und aorist, der 
handlung in der dauer und im einmaligen acte. »1,0xeıv ist eine linie, 
ϑανεῖν ein punkt. 

285 xarasalveıy wird nur metaphorisch gebraucht, während das simplex 
ξαίνω in guter zeit nur technisch “wolle krempeln’ ist oder doch auf 
dieser grundlage weiter entwickelt wird. die Sayrgıaı des Aischylos 
sind “Kremplerinnen’, mögen sie auch im verlaufe des stückes rasend 
geworden sein und den Pentheus zerrissen haben; der wortwitz Salveıy 
τὸν Πενϑέα steht dem Philostratos gut zu gesicht, aber nicht dem 
Aischylos. plebejisch ist πολλὰς κατὰ τοῦ νώτου ξαίνειν "etliche über- 
ziehen’, Demosth. 19, 197, δάκρυσι παρειὰς ξαίνουσα Antipater Bid. 
Anth. Pal. VII 464 ist nach xarasalveıy gebildet. ξαένεσϑαι = τρύ- 
χεσϑαι nachchristlich, dann aber in allen kreisen gewöhnlich, aufser 
den ganz atticistischen. xaraSalveosaı ist zunächst eine todesart, bei 
welcher die glieder zerrissen und zerfleischt werden, also steinigung 


72 Commentar. 


(Hik. 503), sturz vom felsen (Ion 1267), blitzschlag (Lykophr. 561). dann 
die entstellung durch dauernde oder wiederholte einwirkung, hunger 
(Hipp. 274), tränen (Tro. 509), allgemein σόνοι (Tr. 760, Med. 1030). 
für den feuertod mag das unzutreffend scheinen, wenn man an das 
reinliche aschenhäufchen in der urne denkt: aber ein halbverbrannter 
leichnam, wie die in Mykene gefundenen, verdient die bezeichnung ὡς 
χατεξάνϑη δέμας wahrlich. und Megara braucht auch nur im sinne zu 
haben, wie ein brennendes scheit holz χαταξαένεται, um den ausdruck 
für die ihr widerliche todesart zu wählen: gerade der gegensatz der feuer- 
bestattung und des feuertodes gibt ihr die kräftige und besondere wen- 
dung ein. 

Mehrfach ist in tragödie und komödie ein accusativ γέλων überliefert, 
allein immer so, dals eine zweisylbige form nötig ist, aber über die quan- 
tität des o nichts zu erkennen. γέλων würde ein sprachfehler sein, für den 
keine treflende analogie vorliegt. wol aber haben die Aeoler und danach 
Homer γέλος γέλον gesagt, ganz wie ἔρος ἔρον, das in der Berliner 
antiken handschrift Hipp. 337 &pwy geschrieben ist. sonst ist ἔρος 
bei den tragikern erhalten, γέλον aber auch bei Homer meist in γέλων 
entstellt und erst von den modernen zu ehren gebracht: dasselbe wird 
also auch mit γέλον hier zu tun sein. 

287 δώμασιν: unserer familie verdanken wir grolse vorzüge und sind 
ihr die entsprechende rücksicht schuldig. 

288 δόκησις. εὐκλεής δορός “der ruf berühmter kriegstat‘, ἃ. h. des 
zuges gegen die Taphier 60. die attraction des adjectivs vom nomen 
rectum auf das nomen regens wie 468. δόχησις hier ganz == δόξα, 
292 entspricht δόξα καχὴ ‘ruf der feigheit’. der eigentliche sinn, action 
des doxeiv, wiegt sonst vor, wird aber gern im gegensatz zu dem σαφές 
prägnant entwickelt, Hel. 119 geradezu “wahn’, doch wird da mit dem 
worte gespielt. es ist im 5. jahrhundert nicht selten (Eur. Thuk., auch 
Herodot Soph.). dann schwindet es bis auf ganz vereinzelte fälle. der 
classischen prosa ist es fremd: die atticisten holen es aber wieder vor. 

289 Lykos flieht 235 δειλίᾳ bis an den rand der welt. Amphitryon 
darf nicht ὑπὸ δειλέας sterben. der dativ ist instrumental, die feigheit 
bewirkt sein fliehen. es sagt dasselbe wie δεελὸς ὦν. vgl. Androm. 947 
ἣ μὲν χερδαίνουσα συμφϑείρει λέχος... πολλαὶ δὲ μαργότητι. 
ὑπό mit dem genetiv des abstractums gibt nur den umstand an “unter 
welchem’ die handlung geschieht. jenes würde in prosa durch dıd τὴν 
δειλίαν, dies durch μετὰ δειλίας wiedergegeben werden. ebenso z. b. 
ὑπ᾽ εὐκλείας Hipp. 1299. da ist also die δειλέα außerhalb der person, 





vers 287—299. 73 


vgl. ὑπο αὐλητῆρος ἀείδειν: so entspricht es den beiden, Lykos und 
Amphitryon. dafs auch ein abstractum gedacht werden kann wie eine 
person wirkend, so dals sie jemand ‘unter sich’ bringt, also ὑπὸ τοῦ 
ἀοιμοῦ drcodaveiv so gut wie ὑπ᾽ ᾿Αχιλλέως dre., ist zwar aus der- 
selben vorstellung entwickelt, aber zu etwas ganz verschiedenem. so 
könnte man sagen ὅ ““μφιτρύων ἀποϑνήσκει ὑπὸ τῆς Αὐκου δειλίας. 

294 Für sich macht sie, der allein die wirkliche εὐγένεια von den Sparten 
ber zukommt, und die allein wirklichen mut hat, nichts als die rücksicht 
auf ihren gatten geltend: das ist eine charakterisirung der echten rechten 
frau, die viele blasphemien bei Eur. aufwiegt. und es ist bezeichnend, 
dals diese charakterisirung in dem liegt, was die frau nicht sagt, und 
der flüchtige leser nicht merkt. 

296 Die erde ist eine decke, die über dem toten liegt, und unter der 
kommt der auferstehende hervor. daher ὑπό. Homer ὦ 56 αὖτις dva- 
στήσονται ὑπὸ ζόφου ἠερόεντος. Hekabe 53 περᾷ ὑπὸ σχηνῆς πόδα. 

297 xal in der antwort die ad absurdum führt, zu 509. 

298 Den einwurf bezeichnet ἀλλά, und das würde ausreichen ; ὡς gibt 
ihn als ein glied fremder erwägung. “aber du urteilst so, entsprechend 
dem dafs —”. ὡς steht also im grunde nicht anders als 305, wo wir 
es causal übersetzen. die rhetorische form genau so Hipp. 1013 ἀλλ᾽ 
ὡς τυραννεῖν ἡδύ — ἥχιστα. vermutlich auch Aiolos 23 ἀλλ᾽ ὡς 
(7 codd.) τὸ γῆρας τὴν Κύπριν χαίρειν ἐᾷ. 

299 Sie erwägt gar nicht die chancen einer’einwirkung auf Lykos, denn 
sie weist es von vorn herein ab mit einem ungebildeten menschen sich 
einzulassen, der seiner natur nach unempfänglich für rücksichtsvolle be- 
handlung ist. dem gebildeten gegenüber macht man mit nachgiebigkeit 
den anfang, und dann kommt es überhaupt zu keinem conflicte. der 
gedanke kehrt bei Eur. wieder, aber minder fein pointirt, Herakl. 459, 
‘der σοφός soll wünschen nur mit einem σοφός in feindschaft zu ge- 
raten, weil er dann auf αἰδώς rechnen kann’. Hypsip. 759 “für die 
σώφρονες soll man πειϑώ haben (d. h. xal πείϑειν xal πείϑεσϑαὴ), 
τοῖς μὴ δικαίοις δ᾽ οὐδὲ συμβάλλειν χρεών, sich nicht einmal auf 
eine so äulserliche berübrung einlassen, wie die συμβόλαια bewirken”. 
φέλα τέμνειν freundschaft schliefsen, ebenso φέλεα μοι τεμεῖ Hik. 375. 
yıldınra καὶ ὄρχια πιστὰ ταμόντες Homer I’ 73. in αἰδοῦς ὕπο- 
βάλλειν ist der partitive genetiv nicht anders gesetzt als in ὑποβαλεῖτε 
τῶν “Ἠιλησίων ἐρίων Eubulos Πρόκρ. 1. oder wie der genetiv bei 
φϑονεῖν steht 833. man nimmt von seiner αἰδώς und legt es dem 
gegner unter: darauf gründet sich seinerseits die rücksicht, ὑποβάλ- 


74 Commentar. 


Aeıy τινί jemandem etwas an die hand geben, technisch vom souffleur 
eben so wie von dem der die rolle einstudirt, zu Eur. zeit wol noch 
nicht so beschränkt. aber auch das können wir nachbilden “wenn man 
sanfte töne anschlägt, tönen sie ähnlich zurück’. 

302 ei 6. optat. syntaktisch hier eben so berechtigt wie 279 ἢν δοχῶ. 
wir übersetzen etwas anderes als einen bedingungssatz, und es ist ja auch 
keiner: 68 steht aber im griechischen dieselbe satzform, welche auch für 
die bedingungssätze verwandt wird, zur bezeichnung dessen, was nur 
hypothetisch in der vorstellung eines subjects besteht. und dem entspricht, 
dals in diesen sätzen ganz dieselben modi erscheinen wie in denen, welche 
wir allein als hypothetische sätze behandeln. der optativ mit ἄν nach εἰ 
läuft also der grammatischen logik zuwider, und gute schriftsteller wenigstens 
haben ihn trotz allen scheinbaren belegstellen nicht gebraucht. 

303 Eur. beruft sich häufig auf sprichwörter: das hier angeführte 
scheint sonst nicht vorzukommen. 

307 Unwillig, dafs Amph. nicht nachgibt, bricht sie ab und wiederholt 
nach weiberart ihre aufforderung zum zweiten dritten male. die asyndeta 
sind also für das ethos bezeichnend. 

309 ὅστις τὰ πεπρωμένγα καὶ ἐκ ϑεῶν γιγνόμενα μετὰ μόχϑου χαὶ 
ταλαιπωρέας ἐχποδὼν ποιῆσαι σπουδάζει, οὐχ ὅτι δειλός ἐστι, ἀλλ᾽ 
ἀμαϑίαν ὀφλισχάνει διὰ τῆς ἀκαίρου ἀνδρείας. also auch wenn 
es nicht feigheit sein sollte, dals Amph. nicht sterben will, so ist es 
torheit, weil der widerstand vergeblich ist; seinem adel tut er aber auch 
so zu nahe: ὅστις εὐγενὴς βροτῶν φέρει τὰ τῶν ϑεῶν πτώὠώματ᾽ οὐδ’ 
ἀναίνεται 1227. wirklich schlägt sie damit auch bei Amph. durch. --- 
Heraklid. 615 μόρσιμα δ᾽ οὔτι φυγεῖν ϑέμις, οὐ σοφίᾳ τις ἀπεώσε- 
ται, ἀλλὰ μάταν ὃ πρόϑυμος ἀεὶ πόνον ἔξει. LT. 910 ἤν τις πρό- 
ϑυμος n (wenn einer lust und liebe zur sache hat), σϑένειν τὸ ϑεῖον 
μᾶλλον εἰχότως ἔχει. --- ἐχμοχϑεῖ steht dynamisch; die bedeutung wie 
ἐχπονεῖν 581. 

311 Neben dem substantiv χρεών steht hier als verbum ὃ χρή ; so schon 
Aisch. Cho. 930 κάνες γ᾽ ὃν οὐ χρῆν᾽ καὶ τὸ μὴ χρεὼν πάϑε. unten 
828 und Hek. 260 ist ein nomen χρή oder χρῆν (so in der Hekabe die 
überwiegende überlieferung und hier 828 am rande) überliefert, Temenid. 733 
τὸ γὰρ χρὴ (χρεών codd.) μεῖξον 7 τὸ μὴ χρεών hergestellt. Eurip. ver- 
stand seine sprache so wenig wie alle grammatiker bis auf H.L. Ahrens: er 
hat zuerst (denn Pind. Nem. 7, 44 ist verdorben) das praeteritum ἐχρῆν, 
während Aisch. Soph. Herodot noch χρῆν bewahren. in wahrheit ist χρή 
ein substantiv, das die formen χρῇ χρῆναι χρείη χρῆν χρῆσται durch 


vers 802---318. 75 


zusammensetzung mit dem verbum substantivum erzeugt; es ist aber er- 
starrt, und somit gibt es τὸ χρὴ ὄν χρηόν χρεών und ra χρὴ ἐόντα: so 
noch erhalten bei Demokrit (Stob. ecl. II 9, 3 Wachsm,, fior. 44, 15, von 
den herausgebern trotz Ahrens nicht in frieden gelassen). es ist also nicht 
zu verwundern, dals Eur. etwas früher noch τὸ χρή gesagt hat. τὸ χρῆν 
läfst sich sprachlich für das attische nicht rechtfertigen. 

312 Wenn der chor auch seine ergebenheit von neuem furchtlos, ähnlich 
wie Amph. 235, beteuert, so gibt er doch zu erkennen, dafs er nach 
Megaras worten handeln, d.h. sich fügen wird, und die aufforderung 
an Amph. das verhängnis von sich abzuwenden (sich der consequenz 
zu entziehen), verlangt etwas so offenbar unmögliches, dafs der chor 
nur eben nicht selbst sagen will ‘also gib deinen widerstand auf, 
Amph. dem untergedanken dient διωθεῖσθαι, das meist von etwas 
gesagt wird, das jemand von sich stölst, obwol es zu ihm gehört (ydpıv 
Peliad. 608, κῆδος Andr. 869, εὔνοιαν Herodot 7, 104, so auch oben 
294 ἀπωϑ.). so hört man die letzte mahnung Megaras nachklingen. 

314 οὐδὲν ὧν hier einer der nichts kann, 157 einer hinter dem nichts 
ist, 635 οὐδὲν ὄντες die menschen die “gar nichts sind’ im gegensatz 
zu der minderzahl der irgendwie @uelvoves, der elite, Andr. 1077 οὐδέν 
εἰμι, “ich bin hin’. und so in vielen andern nuancen. 

316 Amph. weist die kritik Megaras (289. 307) zurück, aber er gibt 
ihr das zu, wogegen er sich 92 sträubte. 

317 τὸ δειλὸν ϑανεῖν ἐρύκει με. 197 ῥύεται μὴ κατϑανεῖν. 
826 οὐκ ἔχομεν ἀλχὴν ὥστε μὴ ϑανεῖν. Thuk. ΠῚ 1 τὸν ὅμιλον — 
εἶργον τὸ μὴ --- καχουργεῖν. A. Ῥτοπι. 920 οὐδὲν ἐπαρχέσει τὸ μὴ 
οὐ πεσεῖν. Herodot, 1, 86 εἴ τες αὐτὸν ῥύσεται τοῦ μὴ χαταχαυϑῆναι. 
so viele möglichkeiten des ausdrucks hatte das 5. jahrhundert und, mit 
ausnahme der letzten, auch die tragödie. ihrer syntaktischen natur nach 
verschieden, waren sie praktisch ganz gleichwertig geworden. 

318 ἐδού zeigt dals Amph. jetzt den altar verläfst; die nächsten verse, 
daß seine schutzbefohlenen dasselbe getan haben: dals sie es tun, ist 
nirgend bezeichnet, das ist nicht in der weise der tragödie; noch weniger, 
dafs νῷν 321 grammatisch ohne beziehung steht. zu πάρεστε δέρη φα- 
σγάνῳ kann sehr gut ein epexegetischer infinitiv treten, auch zwei, wenn 
erst aus ihnen beiden sich der gewünschte sinn ganz ergibt (vgl. 837), und 
es mag sich ein drittes verbum anschliefsen, zu dem vielleicht nicht mehr 
der hals, sondern Amphitryon ganz als object zu denken ist, trotzdem 
kann das überlieferte xevreiv φονεύειν ἱέναι πετρῶν ἄπο nicht un- 
mittelbar anschliefsen, einfach weil man einen hals mit dem schwerte 


76 Commentar. 


abhaut, nicht durchsticht. es fehlt also ein vers etwa der art πάρεστε 
μήτηρ σὺν τέχνοισιν ἀϑλία. xevreiv (vgl. Hek. 387) φονεύειν gibt 
jetzt den begriff ihr mögt an uns herumstechen, so lange bis wir tot sind’. 

321 Da er nun einmal nachgegeben hat, redet Amph., und so auch sofort 
Meg., den Lykos mit unterwürfigem respect an; und gleich bitten sie sich 
bei ihm etwas aus. daran nimmt die griechische geschmeidigkeit keinen 
anstols: σουλύπου ὀργὴν ἔσχε τέχνον, ist ihr wahlspruch. so wirft z. b. 
Teukros in Soph. Aias mit der insinuation um eich, dals Odysseus ein 
bankert des Sisyphos wäre: kaum ist jener für sein anliegen eingetreten, 
so ist er ihm γεραιοῦ σπέρμα “Ἰαέρτου πατρός 1393. 

323 ἀνόσιον ϑέαν apposition zur actio verbi wie 59. 

πρᾶσσε, zumal als nachsatz und im anfang des verses, ist viel mehr 
als "tu es’, es ist τελείωσον, διάπραξον, A. Ag. 1669 πρᾶσσε, πιαένου 
1290 πράξω τλήσομαι τὸ χατϑανεῖν. Choeph. 779 ἄγγελλ᾽ ἐοῦσα, 
πρᾶσσε, τἀπεσταλμένα, wo der imperativ zwischengeschoben ist in der 
art die zu 222 erläutert ist. Homer X 181, und öfter danach, ἔρ δ᾽ ἀτὰρ 
οὔ τοι πάντες ἐπαινέομεν ϑεοὶ ἄλλοι. mit recht steht immer der 
präsentische imperativ; die bedeutung ist fast immer verkannt. Amph. 
sagt also mit τἄλλα δὲ πρᾶσσε “im übrigen handle, komme zur tat‘, 
und dazu pafst die bedingung εἰ πρόϑυμος εἶ (vgl. 310) “wenn du 
lust dazu hast’, nicht etwa (was gewöhnlich gegen die überlieferung ein- 
gesetzt wird) “handle so wie du es zu tun lust hast’, ἡ σρ. εἶ. 

329 Ganz ebenso Hipp. 631 χόσμον προστιϑεὶς ἀγάλματι, und auch 
an sich untadelhaft. uns moderne verletzt freilich die wiederholung des- 
selben wortes an derselben stelle des verses, wo es zwei trimeter vorher 
stand; aber dabei ist der wechsel der bedeutung zu bedenken, der dem, 
für den die sprache lebte, die wiederholung verbarg, und überhaupt ist 
die furcht vor der wiederholung eine ganz moderne stilistische empfindung. 

331 ὡς ἀλλὰ ταῦτά γ᾽ ἀπολάχωσι. man mag ἀλλά in solchen wen- 
dungen, die in der tragödie (doch nicht Aisch.) komödie und bei Platon 
häufig sind, mit “wenigstens” übersetzen, wie unsere vulgärgrammatik lehrt, 
besser mit “denn doch wenigstens’, vergesse aber nicht, dals vor ἀλλά 
ein glied des gedankens fehlt, und eigentlich eine pause zu machen ist, 
vielleicht auch noch gemacht ward. “öffne das haus damit die kinder — 
nicht es besitzen, wie sie sollten — aber doch so viel davon haben”. 
Ar. Wolk. 1364, der sohn erklärt Simonides für einen schlechten dichter; 
der vater erzählt ἔπειτα δ᾽ ἐχέλευσ᾽ αὐτὸν ἀλλὰ μυρσίνην λαβόντα 
τῶν Αἰσχύλου λέξαι τί μοι. das will er auch nicht. der alte bezwingt 
seinen ärger nochmals σὺ δ᾽ ἀλλὰ τούτων λέξον τι τῶν νεωτέρων. 


vers 321—833. 17 


“ich liefe ihn — nicht was ich wollte tun, aber doch von Aischylos etwas 
singen’. “nun du — magst so weit deinen willen haben — aber vortragen 
mulst du mir etwas, wenn auch etwas modernes’. vor den imperativen 
mag man vulgär z. Ὁ. auch sagen "nun meinethalben, aber..... ’ natürlich 
ist eine ellipse nur für den gedanken vorhanden, der noch nicht in worte 
gefalst ist: etwa immer einen satz mit εἰ μὴ weggelassen zu denken, ist 
wider das wesen jeder sprache. man denke sich in Andromaches klage 
den vorletzten vers fort, so versteht man die entstehung und bedeutung 
der specifisch attischen '), praktisch sehr oft verkannten redeweise. “dich 
werden nackt die würmer fressen; und doch hast du so viel schöne ge- 
wande zu hause. aber die will ich alle verbrennen οὐδὲν σοί γ᾽ ὄφελος, 
ἐπεὶ οὐκ ἐγκείσεαι αὐταῖς, ἀλλὰ πρὸς Τρώων καὶ Τρωιάδων χλέος 
εἶναι". Χ 514. 

λαγχάνω ist das technische wort für den antritt der erbschaft: es 
steht also hier mit bitterstem rechte. auch die praeposition hat ihre 
ganze kraft. Herodot IV 115 ἀπολαχόντες τῶν χτημάτων τὸ ἐπι- 
βάλλον. Colonierecht von Naupaktos $ 8 τὸ μέρος τῶν χρημάτων ἀπο- 
λαχεῖν und so häufig auf der fünften gortynischen tafel. den söhnen, 
in denen der οἶχος fortlebt, standen die ganzen πατρῷα allein zu. 

332 Das simplex oiyeıv ist in Athen nur noch in hoher poesie zu- 
lässig, während es im volksgebrauch wahrscheinlich aller andern stämme, 
sicher der verwandten Ionier, fortbestand. die jüngere flexion des präsens- 
stammes, ἀνοιγνύναι, ist dagegen im 5. jahrhundert noch nicht zu der 
herrschaft gelangt, die sie in der jungen atthis behauptet. 

333 φϑονεῖν ist als denominatives verbum eigentlich intransitiv, “scheel 
sehen’, daher das was so augesehen wird in den dativ gehört. da es 
wenigstens seit der zeit, die wir übersehen, besonders von dem kargenden, 
mit bösem blicke höchstens misgünstig gebenden oder verstattenden ge- 
sagt wird, tritt ein scheinbares object dazu, das worauf sich das scheel- 
sehen wider jemand richtet; so könnte hier οὐ φϑονῶ ὑμῖν πέπλους 
stehen. σεέσελων ist der einfache partitive genetiv vgl. 301. ein Franzose 
wird an keiner solchen stelle anstolsen, weil seine sprache den “teilungs- 
artikel” besitzt. die attische prosa geht mit dem genet. partit. sparsamer 
um als die xoıvn. 


1) Das scheint nicht ganz richtig. Hippokrat. π. διαέτης I 1 "ich will keinen 
meiner vorgänger tadeln, ἐπαινέσαι δὲ μᾶλλον ὅτι ἀλλ᾽ ἐπεχεέρησάν νε [γοῦν 9, 
die andern lassen es weg, haben aber z.t. ὀπέχειρήσαντο) ξητεῖ;. indessen diese 
einleitung ist erst in einer zeit geschrieben, wo das attische schon eine sehr be- 
deutende wirkung auf das ionische ausgeübt hatte. 


78 Commentar. 


335 Die prosa würde ἥξω ὑμᾶς δώσων χϑονί sagen, indem sie logisch 
unterordnet; die poesie nimmt in ihrem rascheren gange das sinnlich 
nähere vorweg, ἥξω πρὸς ὑμᾶς, und überläßt dann dem hörer, hieraus 
sich das object zu δώσων zu ergänzen. 720 χώρει πρὸς αὐτὴν κἀκχό- 
μιξζε: in prosa χώρει χομιῶν αὐτήν. --- Lykos redet in bittrem hohn, 
als wären sie schon leichen, Megara besorgte nur ihren schmuck für 
die πρόϑεσις, und er käme dann zur ἐχφορά. 

Dem befehle des Lykos folgend hat sofort einer der trabanten die siegel 
vom hause entfernt und aufgeschlossen. jetzt ziehen sie alle im gefolge 
des tyrannen ab: die familie des Her. bleibt also frei und ohne be 
wachung. das alles ist durch dramaturgische rücksichten geboten; um 
die triviale wahrscheinlichkeit kümmern wir uns nicht. 

337 οὐσία “das wesen’, das was real vorhanden ist im gegensatze zu 
“ὄνομα᾽, wie oft auch σῶμα gebraucht wird, hat Eur. aus der philoso- 
phischen sprache seiner zeit aufgenommen, für uns als erster, und vergeb- 
lich sucht man nach dem, der das wort gewagt hat: dafs es selbst 
ein Ionier nur unter attischem einfluls getan hat, liegt in der form. 
die sophistischen stücke der hippokratischen sammlung stimmen mit Eur. 
z. Ὁ, π. τέχνης 6 τὸ αὐτόματον οὐ φαίνεται οὐσίην ἔχον οὐδεμίαν 
ἀλλ᾽ ἢ ὄνομα. odala== τὰ ὄντα, das vermögen, ist in Athen geläufig, 
Thukyd. Antiph. die komödie haben es, und das hat auch Herodot, ver- 
mutlich eben aus Athen. gleichzeitig ist ebenda ἐξουσία aufgekommen, 
und das ist auch in das drama (doch noch nicht Aisch.) gedrungen. 
noch etwas früher (schon Aisch.) παρουσία und ἀπουσία, für welches 
Herodot das richtige ἀπεστώ noch bewahrt; derartige bildungen (wie 
εὐεστώ aleveor&) haben nur bei wenigen Athenern im 5. jahrhundert 
noch eingang gefunden, um dann rasch durch die aus dem volke auf- 
steigenden neubildungen ersetzt zu werden. οὐσία “vermögen” ist nicht 
zulässig- in hoher poesie, denn Eur. Hel. 1253 ὡς ἂν παρούσης οὐσίας 
ἕκαστος ἢ ist allerdings ein stark sophistisches spiel mit dem verbum 
substantivum, entspricht aber einem ὡς ἂν ἑχάστῳ ἐχ τῶν παρόντων 
ὑπάρχῃ. Erechth. 354 τὰς οὐσίας γὰρ μᾶλλον ἢ τὰς ἁρπαγὰς τιμᾶν 
δίκαιον"). aber allerdings kommt das wort an allen drei stellen doch 


1) ‘Das was man hat ist mehr wert als das was man sich raubt,’ d. i. ‘unrecht 
gut gedeiht nicht’, und ähnlich “wie gewonnen so zerronnen’. das ἕρμαιον das UNS 
mühelos in den schofs fällt und die beute, die ἅρπαγαί, werden nicht wert gehalten, 
sondern im übermut vertan. Herodas 6, 30 ἢ δ᾽ ὥσπερ εὕρηκ᾽ ἁρπάσασα δωρεῖται 
καὶ ταῖσε μὴ δεῖ. Paulus Philipp. 2, 7 οὐχ ἁρπαγμὸν ἡγήσατο τὸ Foor εἶναι 
rc (dies mit großser feinheit gesagt, denn der messias zeigt, dafs er die göttlich- 








vers 385847. 79 


mit beziehung auf die habe vor. 8. Trach. 911, E. Ion 1288 ist das 
wort in bis zur sinnlosigkeit entstellten versen überliefert. — mit diesen 
worten geht Meg. in das haus und nimmt die kinder mit. Amph. folgt, 
nachdem er einen schauspielerisch wirksamen “abgang’ durch eine in- 
vective gegen Zeus bewirkt hat. seine verzweiflung ist vollkommen, aber 
der zuschauer schöpft gerade daraus hoffnung, dafs an der rettung der 
Herakleskinder und an der gerechtigkeit gottes verzweifeln dasselbe ist. 
eine ganz ähnliche rede an Zeus hat Eur. später in der Antiope dem 
Amphion in den mund gelegt, kurz nachdem er sich als sohn des Zeus 
erkannt hat, und kurz ehe er den kampf wagt, in dem Zeus die seinen 
errettet. aber die rede ist eine frostige nachahmung und der vorwurf 
wider den gott wirkt in dem munde des sohnes abstolsend. 

339 duoyauov vgl. 1. im anschlufßs hieran nennt Soph. Tr. 1149 die 
Alkmene Sıds μάτην ἄχοιτιν. 

340 Amph. bezweifelt nicht die vaterschaft des Zeus, obwol das nahe 
liegt und selbst vom chore geschieht 354, weil Zeus nicht hilft. denn 
wenn Her. nicht des Zeus sohn ist, so hat dieser keine veranlassung 
einzuschreiten, und der ganze vorwurf ist hinfällig. das ἥσσων 7 δόχεις 
φίλος 341 fordert für das vorhergehende etwa einen gedanken wie μάτην 
δὲ παιδὸς σωτῆρα σ᾽ ἐκλήζομεν, “wir haben dich bisher als den Ζεὺς 
σωτήρ betrachtet, dem Her. diesen altar gestiftet hat, und der ihn be- 
schützte und bis zu ende beschützen sollte” (dies auch getan hat 829). 
aber wie sich dieser oder ein anderer passender gedanke aus den über- 
lieferten schriftzügen gewinnen läßt, ist bisher nicht erkannt. 

345 Man sagt immer mit dem artikel τἀλλότρια πράττειν, τἀλλότρια 
deırıveiv ἃ. ἀρ]. es hat immer vulgären klang, der hier recht am platze ist. 

346 ἥσσων φίλος durch den parallelismus μέγας ϑέος gegen das 
bequemere ἧσσον φίλος gesichert. auch sagt man φέλος μέγιστος 
S. Phil. 586, μέγας φέλος unten 1252. 

347 eds, obwol vor einem vocal, mit synizese zu sprechen, wie Or. 
399, Hipp. 476 und schon Semonides 7, 1; denn der iambus und die 
alte tragödie lassen für ein zweisylbiges wort nicht den tribrachys zu. 

Die schlußreihe des in der sophistenzeit gewils gewaltig packenden 
enthymems ist folgende, “wenn Zeus sich die freiheit nimmt einen sohn 
zu zeugen, aber nicht die vaterpflichten auf sich nimmt, so stehen wir vor 


keit als eigentum besitzt, durch seine selbsterniedrigung), x. ὕψους 8, 10 Vahl. 
Timaios kann es nicht lassen, eine xenophontische phrase zu imitiren, ὡς φωρέου 
τινός nadantduevos. es juckt ihn in den händen: er muls mit dem gestohlenen 
schmucke rennomiren. 


80 Commentar. 


dem dilemma, entweder versäumt er die pflicht, weil er sie nicht begreift 
(wie etwa ein barbar), oder weil er trotz besserem wissen sie unterläfst 
(wie ein schurke): in beiden fällen steht er an ἀρετή (intellectueller 
oder moralischer) unter dem braven menschen”. die dritte möglichkeit, 
die jedem zunächst einfällt, dals er trotz wissen und wollen nicht kann, 
ist vorher ausgeschlossen, denn dafs er μέγας ϑεός ist, wird so wenig 
bezweifelt wie das factum. die lösung, die verwerfung der mythen, gibt 
erst Herakles 1341, der auch die wirklich sonst nur noch mögliche 
consequenz streift, dala Zeus kein rechter gott sei. die betonung der 
ἀμαϑίέα ist für die werdezeit der auf erkenntnis gebauten ἀρετή charak- 
teristisch. die ἀμαϑέα der götter, die aus den sagen folgt, hebt Ear. 
oft hervor, z. Ὁ. 1. T. 386. Tr. 972. Hipp. 951. mit dem dilemma, ἢ 
ἀξύνετος ἢ ἄδικος operirt auch Thuk. öfter, 2. Ὁ. III 42 in der rede 
des Diodotos und VI 40 in der des Athenagoras. duale ist keineswegs 
ein negativer begriff, und hat einen ganz andern wert als “unwissenheit’ 
oder auch inscitia: der unwissende kann nach wissen streben, αὐτὸ δὲ 
τοῦτό ἐστι χαλεπὸν ἀμαϑία, τὸ μὴ ὄντα καλὸν χἀγαϑὸν καὶ φρόνιμον 
δοχεῖν αὑτῷ εἶναι ἱκανόν Plat. Symp. 204. Isokrates 17, 47 ver- 
bindet μανέα xal ἀμαϑία um die geistesverfassung zu bezeichnen, aus 
der ein handeln hervorgeht in dem ‘kein sinn und verstand’ ist, das 
wort ist in folge dessen der wählerischen demosthenischen zeit zu kräftig 
und verschwindet in ihr fast ganz. E. Archel. 235 ist ganz heil, ὁ 
πλοῦτος ἀμαϑία δειλόν $’ ἅμα᾽ "das capital ist eine stupidität und 
feige dazu’ sagen heute die socialdemokraten auch. 


Zweite gesangnummer. Stasimon. 


Der inhalt des liedes ist ganz einheitlich und dem entspricht die 
form. das ganze wird durch einen rhythmischen refrain zusammenge- 
halten. so benennt man passend die erscheinung, dafs hinter jeder 
strophe, streng auch im inhalt gesondert, ein und dasselbe rhythmische 
gebilde erscheint, drei pherekrateen und ein priapeus d. h. glykoneus 
und pherekrateus; hinter dem letzten strophenpar sind es vier phere 
krateen vor dem priapeus. diese form hat Euripides nicht erfunden. wir 
besitzen von Aischylos noch zwei lieder mit ’diesem refrain; das eine ist 
ein feierliches segenslied für Argos, oder sagen wir besser für das vater- 
land, nicht blofs das der Danaiden, sondern auch das der choreuten, 
in den Hiketiden; es sind drei strophenpare mit dem refrain, der aus 
zwei pherekrateen und priapeus besteht. ein strophenpar ohne den- 
selben folgt (630—709). das andere ist ein danklied, das der chor 


Zweite gesangnummer. 81 


des Agamemnon nach dem falle von Troia singt (367—488) ebenfalls 
drei strophen, derselbe refrain wie in den Hiketiden; auch hier folgt 
ohne refrain eine strophe (epode). dies ganze lied ist iambisch; das 
der Hiketiden beginnt mit einer aeolischen strophe, in welcher döchmien 
auftreten, so ihre herkunft verratend, geht dann aber in iamben über, 
welche in der letzten strophe unvermischt sind. dieselben rhythmen und 
denselben übergang zeigt das vorliegende euripideische lied. in den Bak- 
chen (862—-911) steht ein lied in glykoneen, das hinter einem strophen- 
pare einen refrain, glykoneen, zuletzt priapeus hat. die epode schliefst 
mit drei pherekrateen und priapeus, also wie der letzte refrain hier. dals 
dort wie an alte sprüche, so auch an alte weisen mit absicht erinnert 
wird, ist unverkennbar. und überall ist die nachbildung altgeheiligter 
religiöser weisen unzweifelhaft. Eur. nennt sein lied selbst ein widerspiel 
der apollinischen hymnen. in diesen haben wir also das vorbild zu 
suchen. wo Apollon das aiAıyov zu singen pflegte, erfahren wir durch 
Aischylos, denn der hat in dem ersten liede des Agamemnon den refrain 
allıyov angewandt &r' εὐτυχεῖ μολπᾷ. die weise jenes liedes aber 
stammt dx τῶν χιϑαρῳδικῶν νόμων, wie wir von Aristophanes (Frö,. 
1282) hören, zu dessen zeit sie schon für etwas veraltet galt; wie wir 
denn auch diese rhythmen (das xara δάχτυλον εἶδος), zo häufig sie 
bei Aischylos gewesen sind, nur verkümmert in der späteren tragödie 
antreffen. das vorbild der drei lieder mit dem rhythmischen refrain 
ist natürlich nicht derselbe kitharodische nomos, aber wol auch irgend 
eine der alten weisen (νόμοι), von denen wir nichts als die namen kennen. 
wir haben uns zu denken, dafs in ihr die dreizahl der strophen herkömm- 
lich, veramafs und melodie der schlulssätze vorgeschrieben, in den vorher- 
gehenden partien dem dichter und musiker freigestellt waren. dals die 
vorbilder einen wirklichen refrain enthalten hätten, ist unwahrscheinlich, 
da Euripides und vollends Aischylos diesen nicht vermieden haben 
würden. ganz undenkbar ist, dals etwa die gemeinde den rhythmischen 
refrain gesungen hätte, wie man wol aus modernem sinne gedacht hat. 
erstens ist das nicht in der antiken weise; denn der cult kennt unsern 
begriff‘ gemeinde nicht (vgl. bd. I' 60). zweitens gehört das was in dem 
rhythmischen refrain steht unlösbar mit dem vorhergehenden zusammen. 
das euripideische lied und das des Agamemnon zeigen sogar einen ganz 
besonders strengen gedankenfortschritt vom ersten bis zum letzten worte. 
das der Hiketiden ist anders gebaut: dort wird derselbe segenswunsch 
viermal in den vier strophenparen in immer neuer formulirung wieder- 
holt: aber die worte des refrains mufs man in die strophen einbeziehen, 
v. Wilamowitz II. 6 


82 Commentar. 


um das lied zu verstehn. es ist also der gipfel der verkehrtheit, wenn 
man für die refrains, oder auch andere teile, andere sänger anzunehmen 
wagt als für das ganze: es gilt das für alle refrains überhaupt. die 
malse des refrains sind bei Aischylos und Euripides gleich gebaut. der 
pherekrateus hat meist die form ---u.->; anlautender trochaeus bei 
Eur. z. b. 375. 6, Aisch. Ag. 381, iambus hier 390. 404, A. Hik. 684, dort 
ohne entsprechung. tribrachys Eur. 420. 22. 37. 39 respondirend, 396 
ohne responsion'); Aisch. hat ihn nicht. der glykoneus ist -s-u.-.- 

Die erste strophe besteht fast ausschliefslich aus denselben ver- 
gliedern. das schema ist folgendes 


=-U=Uy-y- | --- vu priap. 
= -- = -uV- |v-- = uv- 2 glyk. 
Vu τιν... 


Vale ANY =-U-— 


5 --ον-ο-- 
-“πτππτυυπ-πο.--[ ππΞτυω.--ο«- 2 glyk. 
= —- ur =y- | -S-uvv=vu priap. 


Die responsion ist überaus streng; nicht nur die formen des gly- 
koneus sind in strophe und antistrophe dieselben (im zweiten verse steht 
der daktylus an letzter stelle), sondern auch die indifferenten sylben 
stimmen fast überall überein. versschlufs ist durch die katalexe nach 
dem 1. 3.4. 5. verse gesichert; nach dem 2. und 4. durch hiatus. es 
ist möglich 6 und 7 zu verbinden, möglich 1 2 7 in seine glieder zu 
zerlegen. dals der schlielsende priapeus zu verbinden ist, zeigt die ans- 
logie; für die übrigen ist nichts auszumachen. doch spricht für die vor- 
genommene verteilung ein weiteres moment. offenbar ist nämlich inner- 
lich die strophe wieder, wie das ganze lied, dreig&teilt, in der weise, dals 
die vier ersten und die vier letzten versglieder in sich eine einheit bilden 
und einander entsprechend ein fremdartiges umschlielsen, in ihnen selbst 
aber die verse chiastisch stehn; also dies ist die form 


meist ist in solchen gebilden die anordnung a a b gewählt (die pindarische 
form, strophe strophe epode, ist das grofsartigste und bekannteste beispiel), 
aber auch diese ist häufig zu belegen. die einfache, aab, in einfachster 
gestalt stellt sich hier in dem mittelstücke v. 3—5 dar. ihr a zerfällt 


1) Wenn man nicht ἄρ re aus τάν re zu machen vorzieht; vgl. unten. 








Zweite gesangnummer. 83 


in zwei glieder (man erkennt das in dieser versgattung, der aeolischen 
an dem zusammenstolse zweier hebungen oder dem vorhandensein einer 
indifferenten sylbe), „_-, im aeolischen belegt: z. Ὁ, in einer bei Alkaios 
beliebten kleinen strophe als schliefsendes glied, (form ἃ ἃ Ὁ, glykon. 
+ glykon. + „-- fgm. 15, 49—51; da die glieder durch synaphie ge- 
bunden sind, pflegt man sie nicht abzusetzen und hält die gedichte für 
stichisch gebaut), und --.-., das zweite glied des sapphischen elf- 
sylblere. der schlufsvers, 5, ist der oben 8. 27 besprochene enoplios, 
in verbindung mit aeolischen reihen aulser der dort citirten stelle des 
Hippolytos z. b. bei Sophokles O. T. 886, auch bei Eur. 1. T. 402. man 
wird endlich nicht verkennen, dafs der iambische tonfall dieser periode 
einigermafsen auf die iamben der folgenden strophe vorbereitet; ja es ist 
vielleicht richtiger, die verse 3 und 4 geradezu als iambische katalektische _ 
trimeter zu fassen. sie können das ganz gut sein, da der ersatz des 
iambischen metrons durch den choriambus seit Anakreon und in den 
chören, von denen diese spielart des iambus den namen hat, sicherlich 
schon viel früher, legitim ist. auch den enoplios v. 5 kann als ionischer 
dimeter gefalst werden, und ioniker sind den iamben nächst verwandt. 
die grenze zwischen aeolischer und ionischer metrik ist eben zur zeit 
noch nicht genügend sicher gestellt. 

Die zweite strophe vereinigt sicher iamben mit aeolischen gliedern und 
leitet so zu der dritten, rein iambischen über. der aeolische teil bildet 
wahrscheinlich eine periode; doch ist im texte das erste glied abgesondert, 
weil für dieses allein wenigstens dazu die möglichkeit ist. die glieder sondern 
sich durch den zusammenstofs der hebungen. das erste hat die in aeolischen 
reihen überaus häufige gestalt ---u- (Maecenas atavis); das zweite ist 
ein glykoneus, der den daktylus an erster stelle und die zweite hebung auf- 
gelöst hat. die letztere freiheit ist zwar der originalen aeolischen 1yrik 
notwendig fremd, da diese die sylben zählt, aber doch schon in der chor- 
lyrik vereinzelt, im drama in immer steigender häufigkeit vorhanden. das 
dritte glied ist ein daktylischer heptameter, wie in dieser versgattung 
normal ist, rein daktylisch gehalten. daktylische reihen sind schon in 
der originalen aeolischen poesie zahlreich und zu allen zeiten in glykoni- 
schen liedern zugelassen. allerdings vermeidet Pindar so lange daktylische 
glieder, aber z.b. Alkman im abgesange des Partheneions und Soph. Ant. 339 
gehen noch weiter darin. der rest der strophe ist iambisch. die katalexe 
sondert zwei perioden, eine von 5, eine von 7 metra. in der zweiten 
ist zweimal die erste, einmal die zweite senkung unterdrückt. besonders 
zu bemerken "Eßpov διεϊπέρασεν ὄχίϑων — μυχοὺς εἰσϊέβαινε Ivalroic. 

6 4 


84 Commentar. 


also ist die senkung vor einer aufgelösten länge unterdrückt: das ist 
häufig genug und schliefst die erklärung dieser erscheinung aus, nach 
der die auf eine unterdrückte senkung folgende länge länger sein soll 
als zwei kürzen: es sei denn, dafs sich jemand zu dem widersinn ver- 
steigt, eine verlängerte kürze, die doch nicht lang wird, zu glauben. 

Ganz einfach ist die dritte strophe, es sind zwei iambische perioden 
von 8 und 16 metra, gesondert durch, die katalexe. nur im anfang hat 
der dichter eine retardirung des rhythmus gesucht, indem er die zweite 
senkung des ersten, die erste des zweiten metrons unterdrückte, wie es 
oft geschieht: sonst ist nur ein par mal die erste unterdrückt. durch 
die responsion der auflösungen, durch den satzbau, durch lautliche an- 
klänge (πολυπόταμον --- ποολυδάκρυον 409. 426) ist der paralleliamus 
bis ins kleinste durchgeführt. wie die rhythmischen perioden dieser 
iambischen teile des liedes immer stärker schwellen, immer majestätischer 
rollen, um durch den rhythmischen refrain immer wieder zurückgeworfen 
zu werden, das ist der rechte ausdruck für das gefühl von Herakles 
heldenhafter herrlichkeit — die doch so jäh ihr ende gefunden haben 
soll. das ganze lied ist in der form von aischyleischer fülle und erhaben- 
heit, wie sie Euripides nicht oft anstrebt, selten erreicht, Sophokles auch 
nicht einmal anstrebt. 

Der tod des Herakles gilt als ausgemacht; der der seinen steht un- 
mittelbar bevor. der chor will dem Herakles ein grablied singen, aber 
in der art, daß er die taten des helden zu einem grabkranze flicht, wie 
Pindar das siegeslied sehr häufig mit dem kranze oder der binde des 
siegers vergleicht. die einzelnen taten sind die reiser des kranzes, aber 
durch diesen inhalt wird das grablied zum loblied, der ϑρῇνος zum ὕμνος. 
darin findet der chor eine analogie zu dem klagerufe allıyov, den 
Apollon (d. h. der pythische nomos, den Apollon selbst erfunden hat und 
singt) als epiphonema seines siegesliedes anwendet. Aristophanes von 
Byzanz hat mit berufung auf unsere stelle die richtige theorie aufge- 
stellt, dals der αἴλενος sowol ὕμνος wie ϑρῆνος wäre (bei Athen. XIV 
619°), worin ihm die späteren folgen (z. Ὁ. schol. Orest. 1390. Hesych. 
αἴλενος). er hätte sich auf Homer (3 570), wo der Alvoc bei der weinlese 
gesungen wird, und auf Hesiod berufen können, der (in den scholien zu 
jener stelle) von Linos Uranias sohn berichtet, ὃν δὴ ὅσοι βροτοί εἰσιν 
ἀοιδοὶ καὶ χιϑαρισταὶ πάντες μὲν ϑρηνοῦσιν ἐν εἰλαπίναις τε 
χοροῖς τε, ἀρχόμενοι δὲ Alvov nal λήγοντος καλέουσιν. d.h. auch 
lieder zum male und reigen beginnt und schließt der ruf αἴλενον, der 
in diesen sehr jungen versen schon auf einen Musensohn Linos bezogen 


Zweite gesangnummer. 85 


wird. solche sagen gibt es viele und schöne, aber sie sind secundär, und 
in Athen ignorirt man sie im 5. jahrhundert: das primäre ist der ruf 
αἴλενον, den man als klageruf deutete, obwol er auch in festlichen ge- 
sängen verwandt ward; Epicharm nannte so das lied der weberinnen 
(Athen. XIV 618°). Euripides nennt ihn einmal den ruf barbarischer toten- 
klage (Or. 1395), was auch nur eine solche ausdeutung ist und kein zeugnis 
für die herkunft. der ruf ‘linon’ αἴλενον bedeutet so wenig wie “lemon’ 
ἐήλεμον oder ὑμήναον etwas bestimmtes, sondern sie ahmen alle naturlaute 
des jauchzens oder klagens nach, wie romanische und germanische volks- 
lieder zahlreiche ähnliche verzeichnen. erst als die entwickeltere musik 
mannigfaltigere töne gefunden hatte, bildeten sich einerseits aetiologische 
geschichten aus, welche den sinn nachlieferten, den man vermifste, und 
empfand man andererseits einen widerspruch darin, dafs die schwermütigen 
weisen auch bei freudigem anlasse ertönten. der Athener euripideischer 
zeit hörte die gesänge etwa dorischer winzerfeste mit ähnlichem befremden, 
wie der moderne culturmensch die klagenden weisen der naturvölker, die 
für sein ohr klagend tönen, während jene ganz vergnügt dabei sind. lieder 
und gebräuche, welche einen Linos als person angehen, sind also relativ 
jung, oder doch der Linos ist erst spät hineingezogen (dies gilt von dem 
argivischen feste χυγνοφόντες, das durch ein gedicht in Kallimachos Aitia, 
von Linos und Koroibos, bekannt ist), und natürlich kann die person Linos 
nirgend wirklich volkstümlich sein. das angebliche volkslied, das ihn 
behandeln soll (Bergk carm. pop. 2), ist nichts als die entstellung von 
4 hexametern, die als solche in einer besseren redaction der Homer- 
scholien stehen'). diese verse mögen wol so alt sein wie die erwähnung 
des Hesiod;; sie besagen nichts mehr, als dafs Linos der erfinder der weise 
“im rechten takte’ (ἐν ποδὲ δεξιτερῷ) gewesen sei und die Musen ihm 
klagelieder singen. ἐν ποδὶ δεξιτερῷ wird also wol das original des 
vorliegenden liedes gewesen sein, oder auch dieses selbst. die bedeutung 
des musikalischen ausdruckes ist dunkel. irgend wer hat dann den Linos 
als alten weisen sänger zum lehrer des Herakles gemacht; das war zuerst 
ganz ernsthaft. denn da Her. das ideal des dorischen mannes ist, dieser 
aber beim kitharisten lesen und singen lernt, so muls das auch Her. bei 
jemand getan haben. ein vasenbild des Pistoxenos (um 500) zeigt den 
Herakles mit seinem pädagogen zur schule gehend, in der der fleifsigere 
bruder schon vor dem kitharisten Linos sitzt (Ann. dell’ Inst. 1871 ΕἾ; Her. 
möchte sichtlich lieber mit dem speere spielen, den er trägt. wir erfahren 


1) Dies ist mittlerweile genauer dargelegt von Maass Herm. 23. 


86 Commentar. 


die geschichte als eine ernsthafte in der litteratur erst durch spätere (Theo- 
krit Hoari. 103 und mythographen, bei denen aber auch die folgende 
fabel eingang findet), aus älterer zeit nur die parodie, dafs der plumpe 
Boeoter Herakles seinem lehrer Her. den kopf mit der laute eingeschlagen 
hätte. -wir sind gewöhnt, hierin die erfindung des satyrspiels zu sehen, 
und wirklich hat Achaios von Eretria einen Linos gedichtet. allein 
die boeotischen vasen haben gelehrt, dafs dort eine scurrile umformung 
der heldensage volkstümlich war, mit der wir uns gewöhnen müssen zu 
rechnen. und gegen unsre gewöhnliche annahme spricht die frühe ver- 
breitung dieser fassung, denn nicht nur der sophist Alkidamas nimmt 
sie als geschichte auf (Palamed. 25), sondern sie erscheint auch schon 
auf einer attischen vase aus der zeit des Achaios (O. Jahn, Ber. sächs,. 
ges. 1853 taf. 10). natürlich existirt der schwank für Eur. so wenig wie 
für sein publicum: die erwähnung des Linos würde hier sonst lächer- 
lich wirken, 

Einen kranz von heldentaten flicht der chor dem toten helden: elf 
zählt er auf, die zwölfte ist die Hadesfahrt. sie hat mit dem tode ge- 
endet — doch als der chor so weit ist, da wird in ihm das gefühl über- 
mächtig, dafs es wider jedes recht und jede innere wahrscheinlichkeit 
ist, Herakles tot zu denken. die kinder sollen das los der vaters teilen: 
o nein, vielmehr er muls sie erretten. mit directer anrede wendet sich 
der chor an Her. der glaube ist stärker als die wahrscheinlichkeiterechnung 
(ἡ ἐλπὶς δοχεῖ τὰ ἀδόκητα 105. 92). doch das gefühl der eignen ohn- 
macht und des hilflosen alters läfst auch diesen glauben nicht kraft ge- 
winnen. zwar nicht der chor, aber wol der zuschauer fordert mit seinem 
glauben das erscheinen des Her.: d. h. die nächste scene. 

Die 12 kämpfe sind hier löwe, kentauren, hirschkuh, rosse, Kyknos, 
äpfel, Triton, Atlas, Amazonen, hydra, Geryones, Kerberos. der dichter 
hat die zahl inne gehalten, obwol er sie nicht hervorhebt. nur neun 
davon gehören dem alten kreise der 12 an, über den I s. 55. Triton 
und Atlas sind zwar sehr bekannt, aber in der festen tradition, von der 
Eur. nicht abweicht, mit der Hesperidenfahrt verwachsen, also lediglich 
um der zahl willen als selbständige ausgeführt. aulserdem ist Kyknos, ein 
aulserhalb des Peloponneses besonders berühmter kampf, genannt. es 
fehlen die vögel, die zwar in der vasenmalerei des sechsten jahrhunderts 
vorkommen, aber immer zurückgetreten sind und von der vornehmeren 
poesie verschmäht werden, dann der stier und der eber; der stier, den 
die Athener vielmehr ihrem Theseus zurechneten, der eber, weil er 
mit der Kentauromachie (allerdings der eleischen) verbunden zu werden 


vers 351—355. 87 


pflegte. die ordnung hat Eur. geändert und die behandlung ganz 
ungleichmälsig gehalten. der löwe dient nur dazu, dem helden seine 
typische tracht zu geben, die zweite strophe zeigt ihn als beschützer der 
friedensarbeit auf den feldern, die drei folgenden erzählen je einen zug, 
nach Thrakien, Hesperien, Skythien. das vorletzte ephymnion macht 
ganz kurz mit hydra und Geryones die zahl voll: die letzte strophe ist 
dem letzten zuge, dem ohne heimkehr, gewidmet. ein bruchstück der 
Temeniden (740) erzählt in anapaesten einen kampf, den mit der hindin, 
und man hat vermutet, dafs dort eine ähnliche aufzählung der kämpfe 
vorkam, was aber wegen der anapaeste wenig glaublich ist und durch 
die nicht anzutastenden worte ἄϑλων ἕνα δεινὸν ὑποστάς ganz aus, 
geschlossen wird. wol aber hatte Aischylos in den Herakleiden :74 ein 
ähnliches lied, und auch dort war die not der waisen des Herakles gegen- 
stand des dramas,. 

351 πλήχτρῳ. das e dieses stammes ist durch brechung aus a ent- 
standen, erscheint deshalb nur in den ionischen mundarten, und man 
sollte an sich in chorliedern der tragödie die alte vocalisation erwarten. 
sie ist jedoch auf das einzige nomen szAay& beschränkt; darin ist a häufig 
überliefert, sonst überwiegt das e so stark, dafs die seltenen ausnahmen 
(z.b. wereiayuevog A. Sieb. 896) zu beseitigen sind. es war also nur 
in πληγή die alte form dem sprachbewulstsein noch gegenwärtig. wozu 
kommt, dafs πλαγά im drama noch in der ganzen weite des begriffes 
‘schlag’ vorkommt, während πληγή im leben vorwiegend im plural mit der 
bedeutung “schläge, prügel’ erscheint, und auch im singular nur einen 
einzelnen jener schläge zu bezeichnen pflegt. 

354 Der zweifel an der vaterschaft des Zeus ist durch die lästerung des 
Amphitryon 340 herbeigeführt. der chor meint, dafs das heroentum des 
Her. so grofs ist, dals die herkunft dafür nicht ins gewicht fällt. vgl. 695. 
— ἶψις ein verschollenes wort, das nur bei Aisch. und Eur. auftritt; woher 
sie es haben, steht dahin. in gebrauch erhalten war es im kyprischen 
dialekt (stein 40, 2 Deecke), da dieser aber am meisten mit dem home- 
rischen sich berührt, so ist wahrscheinlich, dafs die tragödie Zvıg aus 
dem epos entlehnt hat. die conjectur, welche ἦνες in dem paean des 
Isylios von Epidauros hergestellt hat, kann hiernach nicht bestehen: denn 
die lyrik kennt es nicht. 

355 Aup. ἶνεν στεφάνωμα μόχϑων ὑμνῆσαι. hier ist es sehr deut- 
lich, dafs or. u. apposition zu ὕμνος ist, d.h. dem im verbum latenten 
object. grammatisch liegt also der fall ganz wie in den zu 59 erläuterten 
beispielen, die erscheinung ist hier nur offenkundiger. — εὐλογέα “preis” 





88 Commentar. 


und εὐλογεῖν "preisen’ treten in der gesammten poesie des 5. jahrhunderts 
auf (lyr. epigr. trag. kom.), erscheinen damals auch vereinzelt in der hohen 
prosa (Thukyd. hat εὐλογέα im epitaphios), dann aber verschwinden sie 
fast völlig. der grund ist, dafs εὔλογος in Athen seit Aischylos das 
heifst, was in sich einen guten λόγος hat, "folgerichtig, logisch richtig 
u. dgl. und das behauptet sich. εὐλόγως = du’ εὐλογίας in der alten 
schrift bei Iamblich protr. 99, 27 Pist., ist singulär und spricht dafür, dafs 
der verfasser kein Athener war. εὐλογέα bei Platon Rep. 400° ist spielend 
von εὖ λέγειν “gut reden’ ad hoc gebildet. das N. T. und verwandte 
literatur zeigt im englischen grulse εὐλογουμένη ἐν γυναιξί u.a. den 
fortschritt, dafs das wort des segens die kraft hat “gesegnet, glücklich, 
selig’ zu machen; das ist ein neuer trieb, aber aus der alten ionischen 
wurzel. 

356 ἄγαλμα schmuck vgl. zu 49. doch spielt der begriff‘ des vexpür 
ἀγάλματα (703) hinein. der kranz des liedes wird auf ein grab gelegt. 

359 Das liebliche tal von Nemea sticht noch heute stark von dem 
kahlen und rauhen gebirge ab, das sich zwischen ihm und Kleonai und 
Argos hinzieht. in diesem wohnte der löwe und seine verwüstung scheint 
ursprünglich dem nemeischen tale, nicht dem des Inachos gegolten zu 
haben. Pindar Ol. 13, 44 nennt Nemea χόρτος λέοντος (vgl. zu 371). 
Phalaikos Anth. Pal. XIII 7 Νέμειον ἀν λειμῶνα. der Zeustempel 
lag in einem cypressenhain (Pausan. II 15), und darum reden auch Pindar 
(Nem. 2, 9) und Simonides (13) vom ἄλσος .71ιός. 

ἐρημοῦν “leer machen, entblöfßsen’, doch ohne jeden nebenbegriff des 
gewaltsamen oder unerwünschten, ist im drama, namentlich bei Eur, ge 
wöhnlich. so auch ἐρημία 1158. 

362 πυρσός ist der feuerbrand, aber πυρσός als adjectiv ist die farbe 
des hares, die wir am pferde und am menschen fuchsrot nennen, und 
die wenn nicht an den wirklichen löwen, so doch an den löwenköpfen 
der bildenden kunst den Hellenen bekannt war. rote hare, wie sie die 
Skythen hatten (Hippokr. de a. aqu. 1. 28, daher die vielen πυρρίαι 
unter den sclaven), galten für häfslich, während Her. wie die meisten 
heroen blond ist, weil das volk die jedesmal seltenere farbe höher schätzt. 
nun trägt er in der archaischen kunst das löwenfell über dem rücken, 
den rachen fest auf dem haupte; das haupt mit blondem har und bart 
ist also von dem rote des löwenvliefses umrahmt. diesen farbeneflect 
zu malen hat Eur. sehr kühn πυρσῴ ἀμφεχαλύφϑη ξανϑὸν χράτα 
gesagt, wo jeder σπυρσῷ als feuer verstehen muß; zur erklärung folgt 
die apposition δεινῷ χάσματι θηρός" — νωτίζω Phoen. 654 im sinne 


vers 356 — 364. 89 


von τὰ νῶτα περισχεπάζω. so hier das deutlichere compositum “vom 
rücken her bedecken’. | 

363 χάσμα rictus für den kopf eines tierfelles oder für seine nach- 
bildung ist in später zeit ganz gewöhnlich; da heifsen auch die wasser- 
speier, für die seit der urzeit der löwenkopf die herkömmliche bildung 
ist, Aeovroxaouara. aber in den rechnungen des epidaurischen tempels 
heifsen sie Aeovroxepalal und abgesehen von der nachahmung dieser 
stelle Rhes. 209 ist der ausdruck in vorchristlicher zeit überhaupt noch 
nicht nachgewiesen. χάσμα bedeutet vielmehr hiatus, und fast nur in 
übertragner bedeutung, schlund, spalt in der erde u. dgl. Eur. greift 
also auch hier der zukünftigen sprachentwickelung vor, gewiß indem 
er aus der lebendigen rede nimmt was sonst noch verschmäht ward. 

364 Eur. versetzt hier die Kentauromachie nach Thessalien, oben 182 
nach Elis. in der Heraklessage ist Elis älter; aber ihre echte form ist 
verschollen vgl. oben Is. 60. die thessalische Kentauromachie kennt als 
ihre gegner die Lapithen, als führer Peirithoos und Theseus; Herakles 
ist nur durch misverständnis oder dorischen patriotismus in sie hinein- 
gezogen. 

Die Kentauren werden hier wie öfter so geschildert, dafs man sie 
für die mythischen vertreter eines reitervolkes halten könnte und schon 
im altertum gehalten hat. das ist aber verkehrt. denn sie wohnen im 
wilden waldgebirge, Pelion und Ossa (deren nördlichste kuppe die hier 
zuerst erwähnte Homole ist), und ihre älteste bildung ist ganz mensch- 
lich, nur dafs an den menschlichen rücken ein pferdehinterteil ansetzt. 
die alte sage hebt an ihnen auch nicht das zerstampfen der fluren hervor, 
sondern wüste sinnliche gier nach wein und weibern, wie sie denn auch 
ihren ursprung auf solche sinnlichen verirrungen zurückführt (Pindar 
Pyth. 2). sie sind also in ihrem wesen “wilde waldmenschen’, identisch 
mit den Silenen, deren älteste körperbildung auch mensch und pferd 
mischt, und die zuerst auch als mädchenräuber auf thasischen und ver- 
wandten münzen erscheinen — wenn das nicht wirklich Kentauren sein 
sollen. die alte poesie nennt auch beide direct “wilde bestien’ ϑῆρες 
und φῆῇρες (dies nur thessalisch und aus dem dialect mit der sage ge- 
wandert). der Kentaur Pholos ist sohn eines Silen und einer Eschen- 
nymphe, Chiron des Kronos und einer Lindennymphe; völlig widersinnig 
fabelt die spätere zeit, dals diese in pferdegestalt begattet wäre. sein 
vater bedeutet nur, dafs er so alt wie die götter der jetzigen weltordnung 
ist, natürlich, denn die elementarwesen sind “vorweltlich’. die etymologie 
des namens ist unsicher, aber die verbindung mit xevreiv ganz gut mög- 





90 Commentar. 


lich (vgl. λάσταυρος zu λάσϑη, γα-ῦρος zu γά-γυμαι). die vergleichung 
mit den indischen Gandharven ist (von der lautlichen abweichung ab- 
gesehen) inhaltlich ebenso widersinnig wie die erklärung der Kentauren 
als bergströme, welche scheinbar sein würde, wenn die verwüstung der 
äcker, die Eur. hier schildert, nicht schon eine umbildung und ausdeutung 
der fabel wäre, entstanden, als das pferd in ihrem wesen vorwog. end- 
lich steht neben den K&yravgoı der Κένταυρος als einzelner, gerade in 
der alten zeit (vgl. 1 45), wie SıAnvdg neben Σεληνοί, (4Ζημήτηρ) Ἐρινύς 
neben Ἐρινύες und selbst neben Aoreuus Agreuudes (Inser. Boeot. 3101): 
das schliefst die beiden modernen deutungen aus. 

ἔστρωσεν stravit, ein sehr drastischer seltener ausdruck, vgl. 1000. 
die ungeheuer galoppiren über das gefilde, er selbst kann sie nicht er- 
reichen, aber er verfügt über die gefiederten vergifteten (φόνεα) pfeile, 
und so werden sie dann hingestreckt, “so lang und grofs sie sind’, wie 
Goliath. 

369 al ἄρουραι τῆς Θετταλιχῆς πεδιάδος καρτεὸν οὐκ ἔφερον 
ὑπὸ τῶν Κενταύρων καταπατούμεναι. 

370 ϑεράπναε᾽ αὐλῶνες, σταϑμοί Hesych. in dieser bedeutung tritt 
das wort bei Eur. öfter auf, dem es epätere entlehnen. dafs es älter 
ist, zeigt der vordorische ortename Osparıya: in Lakonien. 

371 σύγχορτος braucht Eur. mehrfach für ὁμοτέρμων, darin ist das wort 
χόρτος (hortus, cohors, garten) in seiner ursprünglichen bedeutung er- 
halten, denn es bedeutet zunächst das zum hause gehörige dem privat 
eigentum überlassene, gegen das gemeindeland abgegrenzte ackerstück. 
das kann zum hofe gemacht werden (αὐλῆς ἐν χόρτοισι κυλενδόμενος 
κατὰ κόπρον Hom. 2 640, ähnlich _4 773), oder zum garten und ge 
müseland (hortus), oder zur weide für die haustiere: so entsteht die im 
griechischen gewöhnliche bedeutung “futter für's vieh’, welche der viehische 
Kyklop des Eur. auf seine nahrung überträgt (507); öfter wird das den- 
vatum χορτάζω, aber immer plebejisch, von menschen gesagt. — Ὀμόλη 
ohne heta ist wie hier die beste überlieferung bei Theokrit. 7, 103, sichere 
zeugnisse aus altboeotischer zeit für die aspiration fehlen noch; später 
allerdings ist sie durch die etymologie nahe gelegt. die Thessaler selbst 
aspirirten nicht. 

372 6989 πεύκαισιν χέρας πληροῦντες. wenn wir sagen, dals die 
verba der fülle den genetiv regieren, so heilst das eigentlich, dafs die 
Griechen bei ihnen nicht das was man hat bezeichnen, sondern das 
wovon man einen teil hat; der genetiv ist partitiv. ist nun dieses ver- 
hältnis ausgedrückt, wie hier mit ὅϑεν, so kann der teil, durch 


vers 36θ9--- 377. 91 


welchen etwas voll wird, nur durch den instrumentalen dativ gegeben 
werden. 

374 ἐδάμαζξζον ist mehr als bezwingen, es ist “schalten und walten wie 
mit einem bezwungenen’, streift also ganz nahe an ὑβρέζειν. Phoen. 563 
ὄψῃ δαμασϑὲν ἄστυ Θηβαῖον --- παρϑένους πορϑουμένας, wo noch 
die spielende vertauschung der verba hinzukommt, vgl. zu 883. 

375 Eur. gibt hier die sage in einfachster form. die ebene von Argos 
erleidet flurschaden durch eine hindin, welche von den bergen herab- 
kommt, die Argos von Arkadien scheiden. diese gehören der Artemis, 
die in dem bergdorfe Οἰνώα (so Oros bei Steph. Byz. unter Οἴνη 
und Hesych. Olvywärıv, beide mit bezug auf diese stelle. bei Pausan. 
I 25, 2 und Apollodor bibl. II 81 steht fälschlich Olvdn; der name 
kehrt als Βοινώα in Elis wieder Strab. VIII 338) einen tempel hat. ihr 
weiht also Her. die erschlagene jagdbeute. nur noch ein archaisches 
vasenbild (Gazette archöol. II 28) stimmt zu dieser guten durchsichtigen 
sagenform: auf ihm übergibt Her. das erjagte tier der Artemis. sonst 
ist die geschichte durch verkehrung des verhältnisses der Artemis und 
sonstige ausschmückungen fast unkenntlich gemacht. ob die hindin dem 
rotwild oder (wie hier) dem damwild angehört, entscheidet die sage nicht, 
gibt ihr aber immer ein geweih, was seit alter zeit eine streitfrage für 
die zoologen und grammatiker geworden ist (Aristophanes v. Byzanz bei 
Aelian Tiergesch. VII 39 und sonst). das geweih ist golden: das tier 
kann natürlich kein gemeines gewesen sein, und die sage hat immer etwas 
von seiner wunderbaren herkunft zu berichten gewulst. 

377 Man würde von συλᾶν in einem liede συλάτειρα erwarten, wie 
man sich umgekehrt im dialog (Εἰ. El. 23. 268) über sroıwarwe wundert. 
allerdings sind das inconsequenzen, die die dichter vermieden haben 
würden, wenn sie entweder ihre wörter nach grammatischen regeln ge- 
bildet, oder lediglich die volkssprache befolgt hätten. allein die poesie 
hat eine durch die jahrhunderte zwar in beständigem wechsel, aber doch 
in beständiger continuität überlieferte kunstsprache, und wir haben zu 
lernen, wie sie sich in den einzelnen fällen mit den verschiedenen ein- 
flüssen abgefunden haben. ποινάτωρ ist ein altes wort; ποινᾶν ist 
ausgestorben: da bleibt der alte vocal. συλήτειρα ist eine neubildung: 
die folgt der lebendigen aussprache. — ἀγρῶσται, ἐργάται, ϑηρευταί 
Hesych. hier gilt die erste bedeutung; hirten bedeutet es bei Sophokles 
fgm. 91 (wie zu vermuten, da der vers aus dem Alexandros ist) und bei 
dem nachahmer desselben, dem verfasser des Rhesos 287 (doch ist 266 
überwiegend ἀγρώταις überliefert, man leitete es aber von ἀγρός ab 





92 Commentar. 


(Herodian zu E 158) und betonte es danach. dagegen Apollonios 
Rhod. IV 175 setzt es für ϑηρευταί, und daher stammen die anderen 
glossen (z. Ὁ. Bekk. An. I 213); da es so gefalst von ἀγρώσσειεν kommt, 
so ist die betonung ἀγρωστής gefordert. aber die tragiker haben gegen 
Apollonios die rechte bedeutung der glosse gewahrt. das zeigt das 
feminium ἄγρωστις, das appellativisch ‘gras’ d.h. die pflanze welche 
rasen und wiesen bildet, bezeichnet. folglich hängt das wort mit ἀγρός, 
nicht mit ἄγρα zusammen. da ἄγρωστις ionisch ist, wird es auch das 
masculinum sein. übrigens ist das σ anorganisch; ἀγρώτης ὡς Yreı- 
ρώτης findet sich daneben Bakch. 564, θῆρας ἀγρώτας, ἀγρότειρα 
El. 168, femininum zu ἀγρότης, das aber schwerlich ein richtiges wort 
ist, sondern eher misbildung für das aeolische ἀγρέτης = αἱρέτης 
“jäger’, aber eine alte (τ 218): somit wird man auch ἀγρώστης und 
ἀγρώτης neben einander dulden müssen. 

382 Eur. erlaubt sich neben dem intransitiven natürlichen gebrauche 
von ϑοάξζω (schnell sein), einen transitiven sedvov Joalw Bakch. 65, 
πτέρυγας ϑοάξω 1. T. 1141: so hier σῖτα γένυσι ϑοάζω; darin ist 
der begriff des essens noch nicht ausgedrückt, also tritt eine adjectivische 
apposition zum subject, δυστράπεζοι, dies wiederum durch den modalen 
dativ ἀνδροβρῶσι χαρμοναῖς erläutert, wodurch wir erfahren, dafs die 
blutige speise menschenfleisch ist, die tätigkeit des verbums erhält endlich 
ganz im allgemeinen noch einen adverbiellen zusatz dyakıya, wie Tg0- 
μερά 113, welcher durch den locativ φάτναις erweitert ist: denn dals 
dies zu verbinden ist, zeigt die stellung und der offenbare sinn: die 
pferde werden nicht wie andere mit einem halfter an die krippe ge 
bunden, weil sie zu wild sind, sie stellen sich aber am futterplatze ein 
und bleiben da, weil ihnen das menschenfleisch so gut schmeckt. der 
ganze satz ist in jedem einzelnen gliede correct, aber die häufung macht 
ihn nicht nur schwülstig, sondern auf den ersten blick schwer über- 
sichtlich. — dafs die tiere δυστράπεζοι heilsen, klingt seltsam, wenn 
man an den vierbeinigen tisch denkt, den die etymologie gibt. aber 
vierbeinig waren die tische längst nicht mehr alle, ja meistens nicht, 50 
hörte man die etymologie nicht mehr (in Boeotien sagte man τρέπεδοα 
und fühlte sie), und da man den tisch ausschliefslich beim male brauchte, 
so hat τράπεξα diesen sinn. τραπέζαις ἐξογχοῦν (Hik. 864) genügt 
zur bezeichnung des tafelluxus. ϑῆσσα τράπεζα Alk. 2 ist dasselbe 
wie δουλία μᾶζα A. Ag. 1041. καλλιτράπεζος, μιχροτράπεζος geht 
auf das was auf den tisch kommt. so wird es möglich, dafs Herodot I 
162 ἔδαισε ἀνόμῳ τραπέξῃ sagt, wo die speise ἄνομος ist. merk- 


vers 382—389. 93 


würdig ist, dals gerade auch von den rossen des Diomedes Pindar 
fgm. 315 Bgk.' προβάτων τράπεζαν gesagt hat. 

Der sitz des Diomedes pflegt bei den Bistonen zu sein (auch bei 
Eur. Alk. 485. 1022), weil diese in der nähe von Habdera wohnen, und 
Habderos als ein opfer der Thrakischen rosse galt. Eur. läfst hier den 
Her. bis in das Hebrosgebiet ziehen, d.h. ihn das freie Thrakien, im 
archidamischen kriege ein mächtiges königreich, bezwingen; die Bistonen 
waren längst durch die berührung mit der hellenischen cultur über ihre 
primitive rohheit erhoben und fielen in den bereich der attischen macht, 
das abenteuer mulste also, wie so viele andere, weiter in die ferne gerückt 
werden. — die ufer des Hebros heifsen “silberfliefgend’, nicht weil der 
flufs silberklares wasser hat, ἀργυροδένης wie der Peneios bei Hom. Β 753, 
sondern weil Thrakien eines der silberreichsten länder war, wo deshalb 
auch die prägung (z. b. in Habdera, doch auch bei den Thrakern) früh 
und stark geübt ward. ähnlich heifst der Tmolos χρυσόρους Bakch. 154, 
weil der lydische fluls Paktolos goldsand führt, die felsen am Baetis, wo 
das silberreiche Tartessos liegt, ἀργυρόρεζοι, Stesichoros 5. dals die silber- 
gruben Thrakiens im gebiete des Nestos und um Krenides (das spätere 
Philippoi) liegen, also nicht am Hebros, macht nichts aus: Eur. denkt 
an den silberreichtum der Thraker, deren hauptstrom der Hebros ist. 

389 Kyknos lauerte den wanderern auf der völkerstralse von nord nach 
süd (von Tempe nach Thermopylae) am flusse Anauros (Hes. Asp. 477) 
auf, an der stelle des späteren Demetrias (Strab. 436), erschlug sie und 
baute seinem vater Ares von den häuptern der erschlagenen ein heilig- 
tum, bis Herakles einmal von norden her (d.h. eben auf der stralse) 
in das defilee kam und nach härtestem kampfe den frevler und seinen 
vater bezwang. es ist eines der in poesie und bildender kunst am meisten 
gefeierten abenteuer und wird in verschiedenster weise ausgeschmückt und 
mit anderen zügen des Her. verknüpft. aber nirgend bedient sich Her. 
der pfeile: das ist also freie erfindung des Eur., der um der debatte über 
den wert der schützen willen nur diese eine waffe in diesem liede her- 
vorhebt. dals Her. als überwinder des Kyknos den Achilleus verdrängt 
hat, s. zu v. 110. andererseits ist Antaios ein in Kyrene aus dem thessa- 
lischen Kyknos erst gemachter gegner (zeigt sich bei Pindar Isthm. 3, 73), 
der repraesentant der eingebornen, mit redendem namen (“Gegner”), der 
eben so gut auch einmal freundlich vorkommt (Pind. Pyth. 9, wo eine 
Danaossage auf ihn übertragen wird). wie Triton und Atlas ist Antaios 
später aus der Kyrenaika immer weiter westlich verschoben, schliefslich 
bis Tanger. 





94 Commentar. 


Das Peliongebirge liegt östlich vom Anauros, aber es ist der einzige 
einem jeden gleich bekannte geographische name der gegend, also ge- 
eignet auch die übrigen verständlich zu machen, denn Anauros kann 
als ‘bach’ verstanden werden, und Amphanaia, das Eur. als heimat des 
Kyknos nennt, kommt nur noch einmal unter dem namen dugpavalor 
in einer küstenbeschreibung aus demosthenischer zeit (beim 8. g. Skylax 64) 
vor, wodurch wir seine lage unweit Pagasai lernen. dafs es später 
verschwunden ist, liegt wol daran, dafs die gründung von Demetrias (im 
jahre 293) viele kleine orte vernichtet hat; aber auch früher kann es um 
so weniger auf allgemeines verständnis gerechnet haben, als ein gleich- 
namiges dorf in Doris liegt. man hat die Pelionküste in die malische 
geändert, weil das Pelion seitab liegt und der golf in den der Anauros 
fliefst der malische heilst. aber das ist falsch: die gegend ist nicht malisch, 
sondern magnetisch. ob man die überlieferung τάν re Πηλεάδ᾽ ἀχτάν 
in ἄν re oder ἀνά re ändern solle, kann man schwanken. die leichtere 
änderung ἄν re genügt zugleich dem versmalse besser; aber die über- 
lieferung ist synkopirten formen der praepositionen nicht günstig. 

390 πηγαί im plural bedeutet gewässer (unten 1287), nicht quelle. 
Kyknos wohnt an der küste. so bezeichnet Aisch. Pers. 311 mit πηγαῖς 
Νείλου yeırov@y die persische provinz Aegypten, nicht etwa die Nilquellen. 
F 148 will der Phthiote Achilleus dem Spercheios opfern ἐς πηγάς, 
ὅϑι τοι τέμενος βωμός Te ϑυήεις : natürlich in Phthia, am unteren 
laufe des flusses. das e ist aus a gebrochen, kommt aber in unserer 
tragikerüberlieferung eben so oft mit dem originalen wie mit dem attischen 
vocalismus vor, so dals eine entscheidung über den wirklichen gebrauch 
der dichter mislich ist: dafs sie geschwankt hätten, ist nicht glaublich. 

σιαρά mit accus. eigentlich ‘längs’. der dativ könnte eben so gut stehen 
und scheint uns natürlicher. aber der fluß ist eine linie, und wenn 
wir eine handlung an ihm localisiren wollen, so können wir uns eben 
so gut einen punkt dieser linie wie dieselbe als ganzes denken, indem 
der einzelne punkt unbestimmt bleibt. παρ᾽ ᾿σωποῦ δοάς unten 1163, 
παρ᾽ ὄχϑας Hel. 491, παρὰ πηγαῖς Ion 1075 u. 8. w. 

394 Am westrande ist das meer nicht mehr fahrbar; es wohnt da der 
“alte der tiefe’, ἅλιος γέρων im allgemeinen genannt, im speciellen 
Porkos = Phorkys, Nereus, Aigaion, in dieser sage fast immer Triton; 
doch steht ἅλιος γέρων auf dem argivischen bronzerelief aus Olympis 
(Ausgrab. IV 19), und diesen namen gibt Eur. Hipp. 744 mit rsovro- 
μέδων wieder. er wehrt den schiffern die fahrt. jenseits ist nämlich 
ein herrlicher garten, in dem die quellen der ewigen seligkeit rinnen und 











vers 390-394. 95 


der baum steht, auf dem die goldenen äpfel der unsterblichkeit wachsen. 
die Erde hat diese gaben gespendet, als Zeus und Hera hochzeit hielten : 
in diesem garten hat ihr brautbett gestanden. die nymphen, die diesen 
garten versorgen, wie das andere “mädchen” mit jedem garten tun, sind 
die Hesperiden, die “mädchen des westens’, die seit Hesiod (Theog. 275. 
518) immer als λεγύφωνοι, ἀοιδοί u. dgl. bezeichnet werden, obwol 
sie in der sage von dieser gabe keinen gebrauch mehr machen und ihre 
abstammung von der Nacht oder dem Abend (diese liegt doch in ihrem 
namen) zu so anmutiger tätigkeit schlecht zu stimmen scheint. die 
goldenen äpfel zu holen ist des Herakles aufgabe (und zwar die letzte). 
als ihm der meergreis den weg verwehrt, bezwingt er ihn im ringkampfe 
(eins der beliebtesten bilder auf vasen des sechsten jahrhunderts, aber 
auch z. Ὁ. auf dem fries von Assos, also selbst in dem äufßsersten aeo- 
lischen winkel bekannt: in Athen im siebenten jahrhundert in einem 
giebelrelief und in gewaltigen plastischen gruppen auf der burg darge- 
stellt, die zu Eur. zeit freilich längst im schutte vergraben lagen, dem 
sie 1888 entstiegen sind), überwindet noch anderen widerstand, gelangt 
schliefslich hin, tötet den drachen, (wobei meist die Hesperiden helfen), 
und bricht die äpfel. — in dieser erzählung sind schon einige züge 
(insbesondere Atlas) ausgeschieden, die seit langer zeit mit ihr verbunden 
waren, im ganzen aber mag sie geben, was man als die dem Euripides 
bekannte fassung betrachten kann, der in einer herrlichen strophe 
(Hipp. 742) das schöne bild des abendlichen paradieses ohne die 
Heraklessage gezeichnet hat. den weiten weg, den die methodische 
forschung längst hätte gehen können und sollen, kann dieser commentar 
den leser nicht führen. es mufs zuerst Pherekydes hergestellt werden, was 
mit den mythographen (Eratosthenes, Apollodor, Servius zu Aen. IV 484 
und namentlich den Apolloniosscholien) nicht schwer ist. dann mufs 
motiv für motiv dieses berichtes geprüft, mit den varianten verglichen 
und demgemäfs ausgesondert oder in eine ursprünglichere fassung ein- 
gereiht werden, denn Pherekydes compilirt; die frage, wie viel ein hesio- 
disches gedicht, auf das man stöfst (fgm. 251), wie viel Panyassis, der 
auch begegnet, beanspruchen können, wird sich aufdrängen. erst nach der 
erledigung der analysis unserer tradition kann es eigentlich gestattet sein, 
die synthesis zu beginnen. da hier aber die resultate unumgänglich 
nötig sind, müssen sie auf die gefahr einzelner misgriffe hin antieipirt 
werden. 

Der garten der götter mit dem baume, der die äpfel des lebens trägt, 
ist seinem wesen nach ganz unabhängig von der Heraklessage, die ihn 


96 Commentar. 


als etwas gegebnes einführt. wenn die götter jenseits des meeres im 
westen wohnen, so wohnen sie nicht auf dem götterberge Olympos (d. h. 
dem höchsten berge, den die menschen gerade sehen, die an sie glauben ; 
Olympos ist der eigenname des thessalischen berges, an dem die ahn- 
herrn der epischen sänger wohnten, die diesen namen verbreitet haben); 
die ewige jugend ist dann auch eine bewohnerin des Olympos und tochter 
des himmlischen ehepares, das in der andern geschichte unter dem baume 
der jugendäpfel sein lager hat. also unterscheiden wir zwei vorstellungen 
vom göttersitze, den berg, wie bei dem Indern unter dem Himalaya, und 
den garten, wie bei den Nordgermanen, die äpfel und weltbaum und 
schicksalamädchen darunter auch kennen. da Homer die eine vorstellung 
gibt, werden wir sie den echten Hellenen, den garten aber den einwan- 
derern zuschreiben. das bestätigt sich durch die gegend, wo, und die 
art, wie die beiden vorstellungen sich verbinden. wenn die Peloponnesier 
vor der dorischen wanderung ihren götterberg bei sich hatten, so war 
das die Kyllene, mit demselben rechte wie Olympos für die 'Thessaler 
und Oeta für die Lokrer: die landschaft selbst lehrt so viel jeden 
wanderer. wir finden aber hier nur noch die vorstellung des fortge- 
schrittenen glaubens, dafs die götter im himmel sind, und der berg der 
träger des himmels. das ist ein ganz ungeheurer riese, der “träger’, 
“Ἄτλας oder Τάνταλος: beide namen sind der durchsichtigen bedeutung 
nach identisch. dafs dieser glaube älter als die dorische wanderung ist, 
zeigt sich in der übertragung des Tantalos auf den höchsten berg Lydiens, 
den Sipylos. auf Lesbos ist Τάνταλος geradezu bergname (Steph. 
Byz. 8. 0.). dieser bergriese ist zugleich der ahnherr der peloponnesi- 
schen volksstämme, die im ganzen als Πέλοψ Ταντάλου auftreten, oder 
einzeln an sieben Atlantiden angeknüpft werden. dafs die vornehmste, 
die “mutter” Maia den Hermes (ἃ. h. einen gott, der nicht nur in dieser 
gestalt, sondern oft mit Apollon gleichgesetzt erscheint) in einer höhle 
der Kyllene gebiert, ist der hauptanhalt für die richtige auffassung der 
ganzen geschichte. aber von den nordarkadischen bergen fliefßen auch 
die lebenspendenden und daher so oft völkerzeugenden ströme des Pelo- 
ponneses, und darunter der schöne und wasserreiche Ladon: das ist eigent- 
lich ein mythischer name, mit einigen varianten weit verbreitet‘). er gehört 


1) Der Ismenos heifst eigentlich Addw», Paus. IX 10, 6: Theben ist nämlich 
μακάρων vijoos, Lykophr. 1204, der Ladon fliefst bei Hesperis-Berenike, trägt aber 
den namen AdYo» (Strab. 836) oder Δήϑων (Ptolem. Euergetes bei Athen. II 715), 
auf den münzen aber “ήτων oder Arkdor (Head Ὁ. N. 734) und die form Δηϑαξος 
bezeugt Strabon 647. da ist also das schwanken der dentalen unzweifelhaft. den 





vers 394. 97 


auch dem drachen, der sich um den götterbaum ringelt, also dem flusse, 
der den himmlischen bezirk von dem irdischen sondert, und wie der ar- 
kadische Ladon die localisirung des Atlas bestätigt, so zeigt der drache 
Ladon dasselbe wie die hereinziehung des Atlas in die Heraklessage, 
eine verquickung zweier disharmonischer vorstellungen, die nach der 
dorischen wanderung im Peloponnes ganz unvermeidlich war. wenn 
die Dorer die nachkommen der Atlantiden bezwungen hatten, so hatte 
ihr Herakles den Atlas überwunden, hatte es ihm an kraft gleichgetan 
und den himmel getragen. das ist eigentlich ein stück für sich, und 
tritt hier bei Eur. noch so auf. aber mit der götterwohnung rückten 
auch Atlas und Ladon nach westen. das entstellte das ganze bild: denn 
das himmelszelt kann seinen träger nur in der mitte haben. so kam 
man zu der kümmerlichen vorstellung, dals Atlas nur die säulen, d.h. 
die grenzsteine zwischen himmel und erde, am rande der welt bewacht, 
und nur weil das schlechte stück, das die sache so darstellt, zur Odyssee 
gehört (α 52), haben sich Aischylos (Prom. 430) und Euripides (Hipp. 746) 
mit dieser function des Atlas abfinden müssen‘). Hesiodos (Theog. 517. 
146) hatte wenigstens das tragen des himmels beibehalten, und Atlas, 
den er unter die götterfeindlichen Titanen aufgenommen hatte, auf die 
grenze von ober- und unterwelt gerückt, was dann freilich ein klares 
bild von seiner function auch nicht mehr gestattet. 

Die an sich ungleich bedeutsameren neugestaltungen, die der götter- 
garten sonst erfahren hat, gehören nicht hierher. es ist das einmal seine 
ansetzung jenseits des Boreas’, als seliges laud, wo Apollon die winter- 


Ladon wird man von den Hesperiden und dem Triton am άϑων Adra» nicht 
trennen, und das kretische A@ros mit Artemiscult und dem fluls Aarwos (Et. M.) 
auch nicht. Den “ηϑαῖος aber nehmen die Magneten Thessaliens mit, die der Ar- 
temis huldigen, und so können wir “ητώ unmöglich absondern, die mutter nicht der 
zwillinge (das ist höchstens die lykische göttin gewesen, die sie in Araxos geboren 
hat), aber wol der Artemis und des Apollon, die nichts zu tun hat, als sie zu ge- 
bären, die herrin des grottendunkels, aus dem Apollon hervorgegangen ist, ein wesen 
wie die mutter Maia in der höhle des götterberges. andererseits können wir den 
Δα der unterwelt mit seiner wiese nicht absondern, Δήϑης ποταμός und πεδέον, der 
daan als quelle des vergessens, aus der die seelen trinken, umgedeutet worden ist 
und die quelle der Mynuoodsn nach sich gezogen hat, während es nur der strom 
der verborgenheit war, dessen quelinymphe ganz gut And Δητώ hätte heifsen 
können. — auch über Leto notire ich noch mit freuden die übereinstimmung mit 
Dümmiers Delphika. 
1) Dafs Euripides den Atlas für einen berg erklärt hätte (Eusebios in den 
Kanones zu Abr. 378), ist eine ausdeutung der stelle des Hippolytos. 
v. Wilamowitz II. 7 


98 Commentar. 


monate zubringt'), in der religion des delischen gottes vorwiegend aus- 
gebildet, und von den Ioniern und asiatischen Dorern, sowol mit ihren 
sagen (Perseus bei den Hyperboreern) wie mit ihren geographischen er- 
kundungen und fabeln verbunden, schliefslich bei den mythographen 
auch in die Heraklesfahrt gen westen hineinspielend. dann ist es die 
geläufige vertauschung der götterwohnung mit dem wohnsitz der zum 
glücke eingegangenen seelen oder, bei anderer würdigung des todes, mit 
der hölle. die inseln des Kronos hat Herakles nicht betreten. das jen- 
seits als hölle bezwingt er in der Kerberos- und anders in der Geryones- 
sage. aber Atlas wohnt bei Hesiodos mindestens in der vorhölle, der 
Triton ist von dem höllenflusse nicht zu sondern, und “άδων, fluls und 
drache, sind vollends schauerlich und unterirdisch. so sind auch die 
Hesperiden keinesweges ursprünglich die freundlichen Nymphen, an die 
wir zu denken gewöhnt sind. Hesiodos (Theog. 215) reiht sie mit ab- 
stracten übeln, die er erfindet, in die descendenz der Nacht, obwol er 
noch ihren gesang rühmt. das war ihm also überliefert, aber schon für 
ihn undurchsichtig. spätere bearbeitungen seiner theogonie, die auf Aku- 
silaos und Epimenides namen giengen, setzten sie den Harpyien gleich, 
(Philodem de relig. 43 Gomp.), andere unbenannte machten sie wie Graen 
und Gorgonen zu kindern von Phorkys und Keto (schol. Apoll. Rh. IV 
1399). dann müssen wir sie für solche vögel oder flügelwesen halten, 
wie sie die alte kunst massenhaft zeigt, für die wirklichen wächterinnen 
des baumes, geradezu für die vögel in seinen zweigen. nun ist ihr ge- 
sang verständlich; nicht bloß zu den vögeln, auch zu vogelmädchen wie 
den sirenen palst er’). aber Herakles scheucht sie nicht wie die Stym- 
phaliden, sondern sie helfen ihm. das ist hochbedeutsam. wie die Sirenen 
wissen sie wer er ist und was er soll. er ist der erwählte, der die äpfel 
brechen darf. die Nornen sitzen eben an der Weltesche. wie oft er- 
zählen auch unsere märchen, wie die vögel den rechten helden und die 








1) Sophokles fgm. 870 läfst die Oreithyia von Boreas über das meer entführt wer- 
den 'zu dem erdrande, den quellen der nacht, wo der himmel sich auftut, dem alten 
garten des Apollon’. da ist der bekannte (den kritikern freilich nioht genügend be- 
kannte) hyperboreische sitz des delischen gottes mit der vorstellung verbunden, die 
das sonnenland Aia und die sonnentochter Kirke, aber auch die höllenpforte nach 
dem nordosten setzte: von da weht Boreas dem Athener. 

2) Wenn die Musen eine federkrone tragen, so ist die deutung secundär, dafs 
sie die Sirenen besiegt hätten und deren federn tragen. der gefiederte dichter, der 
dichter in vogelgestalt, δ] οισᾶν dowıyes, ἀηδόνων μουσεῖον, das weist alles darauf, 
dafs auch die Muse, nicht von Homer, aber von seinem volke als vöglein gedacht 
worden ist. 


vers 394. 99 


rechte braut begrülsen. als himmel und erde hochzeit machten und der 
weltenbaum wuchs, da haben die vögel oder die baummädchen das lied 
des weltenschicksals gesungen. Pherekydes konnte sich die zukunfts- 
kundige weisheit mit den Hesperiden gar nicht mehr reimen, differenziirte 
sie also, und liefs dem Herakles νύμφαι Aıds καὶ Θέμεδος prophezeien 
(Apollodor II 115; irrig schol. Eur. Hipp. 742, vgl. Schwartz zu der 
stelle). wie hochaltertümlich dies ganze abenteuer, wie hochbedeutsam es 
für Herakles ist, sollte einleuchten; wunderlicher noch ist, wie viel mehr 
germanisch als hellenisch es anmutet. 

Als die Hellenen über das meer nach westen fuhren, trat ihnen die 
möglichkeit nahe, den göttergarten zu suchen, woran die Dorer in den 
schluchten der nördlichen Balkanhalbinsel nicht gedacht hatten. so 
entstand die erste localisirung des Atlas und der Hesperiden und des 
Triton im innern der grolsen Syrte'), wo die gefahren der seefahrt, die 
untiefen des meeres, die wüstheit der küsten das walten des schiffahrt 
wehrenden meergreises bestätigten. das ist spätestens im achten jahr- 
hundert geschehen, und der Triton ist daselbst verblieben, noch jenseits 
der stadt, die man aus diesem glauben heraus Ἑσπερίς nannte. ganz 
verdrängt ist diese vorstellung überhaupt nie; sie wirkt in der liby- 
schen geographie des Herodotos nach, und wir besitzen noch in Apol- 
lonios Argonautika eine poetische darstellung, welche durchaus auf 
diesem boden steht. auch hat der Herakleszug zu den Hesperiden 
immer die spuren davon bewahrt. wenn Her. in dem vorliegenden liede 
in die schlüfte des meeres steigt und ruhige fahrt für die ruderschiffe 
der menschen erwirkt, so hat die Syrte eben so diese vorstellungen 
erzeugt wie in den gleich anzuführenden pindarischen stellen. die er- 
öffnung des westens durch die besiedelung Siciliens verschob aber not- 
wendig wenigstens für die bewohner dieser pflanzstädte den begriff des 
äufsersten westens, und die nunmehr westlichste stadt Himera brachte in 
Stesichorog (um 800 oder später) einen dichter hervor, der den neuen 
anschauungen das übergewicht zu verschaffen im stande war. wie der 
Geryoneszug nun nach Iberien gieng, so rückte der Atlas an die stelle, 

1) Es gibt eine spur davon, dafs noch früher Atlas an die westküste des Pelo- 
ponnes gerückt ward. denn Maia soll den Hermes in Pylos geboren haben, und 
die Hermesgrotte ist dort geblieben. auch dafs der bergname Kyllene auf einen 
eleischen küstenplatz übergeht, unfern einem "schildkrötencap’ Χελωνάτας, stimmt 
dazu. überhaupt ist der westrand ihrer insel den Peloponnesiern lange das ende 
der welt gewesen, wo die Hadespforte, I/ulos, lag, und die rinder des Helios, dessen 
haus im westen steht, oder auch des Hades grasen. 


φο 


nd 


100 Commentar. 


welche er seitdem behauptet, und wenn auch nicht der garten der götter, 
so haben doch die inseln der seligen ebenfalls ihren platz dort im westen 
bewahrt, vor allem aber war der Okeanos erreicht, d. h. die physikalische 
theorie Ioniens, dafs die erde eine auf dem weltstrom schwimmende insel 
sei, bestätigt. so gewann das “ende der schiffuhrt” und “das ende der 
welt” eine ganz neue bedeutung. Triton, der zu fest localisirt war, ward 
fallen gelassen (wie der ehemals so beliebte stoff denn auch der bilden- 
den kunst und poesie sehr rasch im laufe des 5. jahrhunderts ent- 
schwindet), seine rolle im Heraklesabenteuer Nereus zugewiesen, und die 
säulen, welche dem menschlichen unternehmungsgeist das “bis hierher 
und nicht weiter’ zurufen, eigentlich aber die säulen sind, die in der 
Odyssee Atlas, oder bei Hesiodos Aigaion (schol. Pind. Nem. 3, 38) be- 
wacht, wurden ein werk des Herakles., Pindar Isthm. 4, 55 γαέας τε 
πάσας καὶ βαϑυχρήμνου πολιᾶς ἅλος ἐξευρὼν ϑέναρ vavrıklaroı 
τε πορϑμὸν ἁμερώσας (nämlich Herakles), Nem. 8, 20 οὐχέτε πόρσω 
ἀβάταν ἅλα κιόνων ὕπερ Ἡρακλέος περᾶν εὐμαρές, ἥρως ϑεὸς ἃς 
ἔϑηχε ναυτιλίας ἐσχάτας μάρτυρας κλυτάς" δάμασε τε ϑῆρας ἐν 
πελάγεϊ ὑπερόχους, διά τ᾽ ἐρεύνασε τεναγέων ῥοάς" ὅπᾶ πόμπιεμον 
χατέβαινε νόστου τέλος καὶ γᾶν φράδασσε. die spätere zeit hat die 
säulen zwar oft erwähnt (wirkliche ascheren in dem tempel des punischen 
gottes von Gades traten bestätigend hinzu), erwähnt wol auch die wan- 
derung durch die untiefen der Syrte (Seneca Herc. 319), aber sie hat 
das rechte verständnis und damit das rechte interesse verloren. denn 
der hellenische geist ließ sich auch durch die schrecken des Okeanos 
nicht bannen, Herakles aber ward durch die philosophen aus dem ideal 
der dorischen manneskraft zu dem der menschenkraft: so verkehrt sich 
seine hesperische tat in ihr gerades gegenteil (wozu stellen wie die pin- 
darischen anhalt boten): Her. bricht die strafse von Gibraltar und eröffnet 
der schiffahrt das weltmeer. das war die ansicht des Poseidonios, die 
durch ihn herrechend ward. z. Ὁ. Seneca H. O. 1240, Diodor IV 18, 
Pompon. Melal 5, Plin.N.H. III 4 u. 5. w. 

Man muls diese entwickelung übersehen, um die euripideische strophe 
verstehen zu können, in welcher sonst die befriedung des meeres zwischen 
der tötung des drachen und dem Atlasabenteuer ganz unklar ist, wie 
denn auch Eur. eben so wie Pindar einen überlieferten zusammenhang 
von geschichten festhält, der den dichtern selbst als ein so äußserlicher 
erscheinen mufste wie die herkömmliche ordnung der abenteuer des 
Odysseus, in denen die insel der sonnenrinder und die der Phaeaken 
und die hölle eigentlich alle “das jenseits’ sind. 





vers 394—401. 101 


396 μῆλον das schaf hat ursprüngliches e, μῆλον der apfel ist aus 
μᾶλον gebrochen, trotzdem steht hier und Hipp. 742 der ionische vocalis- 
mus. und auch die landschaft MaAic, die von den äpfeln heilst, nennt 
die tragödie IMnAlc. die von ihrer form MäAog genannte insel, die den 
apfel im wappen hat, kommt nicht vor. 

398 ἔλικα: κύχλον Hesych. genauer nur eine "gewundene’ linie, 
ἡμιτόμου χύχλου EAı5 Herophilos bei Oribas. III 367 Dar. daneben 
auch eine, die uns eher gezackt erscheint, wie die des blitzes A. Prom. 
1083, und das sternbild des bären, das &Alxn nach der form hieß, ganz 
unabhängig von dem bilde des wagens und der bärin, die andere darin 
fanden, und das dann Helike als namen einer bärin oder heroine zu 
fassen zwang. an der τοῦθ ist ὅλεξ eigentlich der seitliche schofs neben 
dem blatt, der sich ringelt; sehr kühn nennt Eur. nicht nur die rebe 
(Hypsip. bei Ar. Frö. 1321), sondern die wiesenblumen (Hel. 1330) und 
die blume, die man sich im walde bricht (Bakch. 1170) ἔλεξ: wer die 
art, wie die vasen solche blumen bilden, kennt, versteht das erst. in 
der attischen gelehrtensprache hat χύχλος das ältere ionische wort er- 
setzt: nur für die windungen der gedärme ist es erhalten (auch das ohr- 
läppchen heilst ὅλιξ), weil die medicin vorwiegend ionisch blieb. die 
astronomie hat es schon bei Aristoteles fast durchgehends durch χύχλος 
ersetzt. aber in dem collegienhefte über Eudoxos astronomie aus den 
jahren 193—190 v. Chr., das wir besitzen, heifst der κύχλος ζῳδίων 
noch ein par mal ἡ ὅλεξ. so aus alter quelle noch Aetius (Stob. I 211 
Wachsm.) ebenso ist es in der mathematik (für jede gewundene linie) 
und architektur (für die volute) und in der mechanik (für die schraube) 
technisch verwandt. — der accusativ wird durch das in dem adjectiv 
ἀμφέλεκτος enthaltene verbum bedingt, ebenso 408 ἱππειτὰν στρατὸν 
ἀμφὶ Παιῶτιν λίμναν die praeposition durch das im nomen verbale 
inrcevrag empfundene verbum, und so oft. späte sprache kann nicht 
einmal mehr in figura etymologica ἥλικα ἐλίττεσϑαι sagen, sondern 
braucht selbst da eine praeposition, z. b. εἰς Galen II 578. 

Das durch das participium aoristi xrav@y bezeichnete zeitverhältnis be- 
zieht sich auf die in dem partic. futuri ἀμέρξων, nicht die in dem haupt- 
verbum ἤλυϑεν bezeichnete handlung. 

401 Das impf. εἰσέβαινε zeigt, dafs die befriedung des meeres ge- 
legentlich der im aorist erzählten fahrt nach dem hofe des westens ein- 
trat und erzählt wird. stünde der aorist, so würden wir dies abenteuer 
als ein späteres verstehen; es gieng aber dem Hesperidenabenteuer voran. 
das Atlasabenteuer folgte: da steht ἐλαύνει. 





102 Commentar. 


406 Die götterhäuser sind ἀστρωποί, weil sie im sinne des dichters 
der himmel selbst sind, dieselbe vermischung, welche den berg Olympos zu 
einem namen für den himmel gemacht hat, eine schwarzfigurige lekytho: 
(Journal of Hell. stud. XIII t. 3) stellt dar, wie Her. den himmel trägt. 
der sieht aus wie ein schwarzer balken mit stilisirten sternen und halbmond 
verziert und darüber ein durch maeanderornament gekennzeichnetes architek- 
turstück: das sind in der sprache der malerei die ἀστρωποὶ olxoı ϑεῶν. 

εὐανορίᾳ durch menschenkraft, ἀνήρ wird in voller stärke empfunden, 
weil θεῶν daneben steht. 

408 Der Amazonenzug erscheint hier wie meistens in poesie und bil- 
dender kunst als eine expedition vieler heroen, ähnlich dem Argonauten- 
zuge. er ist dazu geworden, weil die Aegineten ihren helden Telamon 
daran beteiligen wollten, vgl. Pindar Nem. 3, 38, wo das scholion verse 
anführt, die in irgend einem epos Herakles sprach; man gibt sie jetzt 
dem Hesiod, fgm. 174. die ältere Theseussage hatte niemals von einem 
einzelzuge erzählen können, weil in ihr die Amazonen die angreiferinnen 
waren. dafs die Amazonen Skythinnen sind und am nordufer des Pontos 
wohnen, ist die im attischen glauben des 5. jahrh. feststehende ansicht; 
dem entspricht ihre charakteristik als reitervolk. uns ist es geläufiger 
sie in Kappadokien am Thermodon zu denken; das beruht auf der klein- 
asiatischen sage, die im epos und dann wieder nach den Alexanderzügen 
geltung hat. sie ist der niederschlag historischer erinnerungen an die 
einfälle von reitervölkern aus Asien und Europa, von denen nur 
die spätesten, kimmerisch-trerischen als solche im geschichtlichen gedächt- 
nisse geblieben sind. als die seefahrenden Aegineten und Athener dann 
völker, auf welche der Amazonencharakter zutraf, nur noch am nordufer 
des Pontos fanden, wechselte natürlich auch der sitz ihrer vertreter in 
der sage. speciell schildert das ἑππάξεσϑαι der weiber und sonstige 
Amazoneneigenschaften, wie das ausbrennen der rechten brust, Hippo- 
krates (σε. ἀέρ. ὑδ. vor. 24) von den Σαυρομάται, die περὶ τὴν λίμνην 
τὴν “]αιῶτιν wohnen. 

ἱππευτὰς στρατός reitervolk. das seltene wort erscheint wieder von 
einem reitervolke, den Libyern, bei Pindar Pyth. 9, 123. die Hellenen 
waren das nicht, höchstens ἱππῆς, wie schon die epischen helden 
heilsen, die nur zu wagen fahren. und die landschaftlichen verhältnisse 
haben überall höchstens einen berittenen adel aufkommen lassen. 

στρατόν... ἔβα ein recht bezeichnendes beispiel für die schranken- 
lose kühnheit, mit welcher die dichtersprache jedes ziel einem verbum der 
bewegung im acc. beigeben kann. 











vers 406---411. 108 


409 πολυπόταμος ist das charakteristische für das ganze Skythenland, 
nicht blofs die Maeotis, welche übrigens in der vorstellung der Hellenen 
für ziemlich so grols als der Euxeinos galt. 

Εὔξεινον οἶδμα Aluvag. wenn ein nomen von einem andern abhängt, 
so pflegt dieses einen adjectivischen zusatz eher als das im genetiv stehende 
anzunehmen, auch wenn der zusatz eigentlich dem genetiv zukommt. das 
grammatisch bequemere und nähere überwiegt vor dem logischen ver- 
hältnis, vgl. zu τἀμὰ πεδία γῆς 468. 

411 ἁλέζω mit langem a hat Eur. noch Heraklid. 403; sonst fehlt es 
dem drama und auch bei Pindar. dagegen hat Herodot ἁλέη = σύλλογος, 
Empedokles 150 ἁλεσϑείς = ἀολλισϑείς, Hippokrates vw. φυσῶν 8 
öxdrav δὲ ξυναλισϑῇ ἀϑροισϑὲν τὸ πλεῖστον τοῦ αἵματος. bei 
Hesiod hat sichere emendation ἀλέας hergestellt, das spondeisch zu lesen 
ist (fgm. 141). Kallimachos (fgm. 89) hat ἁλέες im sinne von dont. 
wie schon die alten richtig verstanden haben, ist dies aus ἀολλέες 
(ἀξολξέες) contrahirt; dals das wort dem ionischen sprachgebiet angehört, 
zeigt sich auch darin, dafs Kallimachos es in choliamben braucht. in 
Argos und Korinth (wie dessen pflanzstädte beweisen) hat man früh die 
souveräne volksversammlung ἀλέα (oder ἀλέα) genannt, den act, der in 
Athen ἐπεψήφεσις heilst dAlaooıg'), das ψήφισμα ἁλίασμα. neben 
ἁλία findet sich im gebiete von Argos auch ἁλεαέα (Ep. ἀρχ. 87, 156), 
was durch die analogie σελαναία yalavela ᾿ἀϑαναία an sich gerecht- 


--αο-- 


1) Bronze Tyskiewicz (Monum. ant. I 586) τὸν ϑεσαυρῶν τὸν τᾶς Adavalas 
al rısrıs ὃ τὰν βολὰν τὰν ἀμφ᾽ Agloorora ἤ τὸνσυναρτύοντας ἕἔ ἄλλον τινὰ 
ταμέαν εὐθύνοι τέλος ἔχον E δικάξον E δικάσξοιτο τὸν zpaooudrov ένεκα τᾶς 
saradsosos ἃ τᾶς ἀλιάσσιος, τρότο u.8.w. d.i. περὶ τῶν ϑησαυρῶν τῶν τῆς 
Adyväs ἐάν τι τὴν βουλὴν τὴν περὲ “Τρέστωνα ἢ τοὺς συμπροόδρους ἢ ἄλλον τινὰ 
τακέαν (ἄλλον abundirt) εὐθύνῃ ἢ ἀρχὴ ἤ ἡγεμὼν δικαστηρέου ἥ γράφηται τῶν 
ψηφισμάτων ἕνεκα ὧν εἶπον ἢ ἐπεψήφιξον, ἀγώγεμος ἔστω. der rat hat unter sich 
die schatzmeister wie der attische, er hat sich in diesem beschlusse die ἄδεια geben 
lassen für irgend eine verwaltungsmafsregel in betreff der heiligen gelder; vermut- 
lich hat er sie angebrochen. die attische analogie ist vorhanden. die geschäfts- 
ordnung ist auch analog; denn schriftlich müfsen auch in Athen die anträge beim 
volke eingebracht werden; aber die terminologie ist so alt, dafs sie das mündliche 
verfahren noch voraussetzt. “ράμμα κατατιϑέναε sagt man von den antragsteller 
nicht, obwol er es tut. die demokratie ist in Athen eben älter als in Argos. ro7» 
correspondirt mit ποτελῆν wie φεύγειν mit διώκειν: der mann mufs sich ducken, 
denn jeder kann ihn haschen und zur Athens treiben, der er rechtlich jetzt gehört; 
die verpflichtung zu haschen hat der rat. factisch wird sein vermögen confiscirt 
und er selbst ἄτωμος geworden sein, denn die sclaverei im tempel oder verkauf in 
die solaverei ist doch wol nur noch form. 











104 Commentar. 


fertigt ist, neben denen allen kürzere formen stehn (die ungeheuerliche 
annahme, Athena hiefse nach Athen, nicht umgekehrt, beruht auf un- 
genügender sprachkenntnis). wenn dies wort mit dem ionischen identisch 
ist, also von βάλες komnit, kann das attische ἡλεαέα oder besser ἠλεαέα 
nichts mit ihm zu tun haben, da ein unreines a nicht gebrochen wird. 
es bedeutet auch nie etwas anderes als das volksgericht und scheint von 
einem bestimmten locale übertragen. die Athener haben ἥλεος darin ge- 
fühlt und daher im 2 jahrhundert v. Chr. ein anstofsendes gebäude σχεάς 
genannt. will man also beide worte verbinden, wofür der umstand spricht, 
dals in Argos die volksversammlung richterliche functionen wie in Rom 
übt, so muls man auch dort das wort von @4ıog ableiten und zufälliges 
zusammenfallen mit der ionischen «Aln annehmen. 

412 Der leibgurt ist bei Homer ein wesentlicher teil der bewaffnung, 
da er den unterleib deckt, wo der panzer nicht mehr hinreicht (Aristarch 
Lehrs? 121). Alkaios hat noch in seiner rüstkammer ζώμματα πόλλα (15); 
später ändert sich die tracht, und man versteht unter dem ζωστήρ der 
Amazone nur einen gürtel. da das alte beutestück zu Eur. zeit existirte 
(zu v. 417), ist begreiflich, dafs er diese neubildung nicht kennt, aber 
sehr befremdend ist, dafs er den ζωστήρ ein χρυσεόστολον φάρος 
πέπλων nennt, sehr breit (χρυσεοτήνητα φάρῃ Or. 840) und so, dafs 
man kaum etwas anderes als ein grolses, den ganzen körper deckendes 
gewandstück verstehen kann. denn das veraltete wort φάρος wird zwar 
von gewändern verschiedener form gesagt, aber grofse stücke zeug sind 
es immer, und wenn bettdecken so heifsen (Soph. Tr. 916, Bion Adon. 3), 
so deckte man sich eben mit seinen mänteln zu. aufserdem ist der vers 
nicht wol zu construiren: ζωστῆρος ἄγρας 415 ist ersichtlich apposition 
zu dem in dem satze ἄγορον ἁλίσας befindlichen allgemeinen tätig- 
keitsobjecte, denn zu einem jagdzug sammelte Her. die gefährten. dazu 
kann der accusativ πέπλων φάρος nicht gehören. aber auch zu ἔβα, 
das schon den accusativ des zieles ᾿“μαξζόνων στόλον bei sich hat, palst 
πέπλων φάρος nicht, und die stellung verbietet das. man kann also 
nur erklären, dafs der dichter mit πέπλων φάρος so anhebt, als sollte 
ἀγρεύσων folgen, dann in eine neue construction umbiegt und dabei das 
undeutlich mit πέπλων gPagog bezeichnete stück bei seinem eigentlichen 
namen nennt, nun aber von dem neueingeführten namen ἄγρα abhängend. 
das ist sehr seltsam, und die katachrese von φώρος bleibt was sie war. 
conjicirt ist viel, da aber nichts vorgebracht ist was alle anstölse be- 
seitigte, hat auch das an sich ansprechende keine probabilität. 

417 Dem verse ist zu entnehmen, dafs das beutestück im tempel der 


vers 412—424. 105 


Hera zwischen Argos und Mykenai gezeigt ward. das wird dadurch be- 
stätigt, dafs der gürtel für Admeta, die tochter des Eurystheus und priesterin 
der Hera, geholt werden sollte (Apollod. bibl. II 99). der tempel brannte 
423 vollständig ab. doch ist das als chronologisches moment für die 
abfassungszeit des dramas unverwendbar: solche reliquien sind unver- 
gänglich. 

419 Die häupterzahl schwankt für die Hydra wie für den Kerberos, 
sowol in der poesie wie in der bildenden kunst, weil nur die vielheit 
wesentlich ist. diese sage hat von alters her so feste gestalt, dals eine 
andeutung wie ἐξεπύρωσε genügt, sie im detail zu veranschaulichen. 

πολύφονον κύνα “έρνας ist apposition zu μυρεόχρανον ὕδραν. Lerna 
ist persönlich zu verstehen, die ortenymphe, deren verhaßte dienerin die 
schlange ist. der“hund’ bezeichnet zunächst nur den diener und erfordert 
dann den zusatz des herren; so nennt Aisch. die greife und die adler χύνες 
Jıöc, Pindar den Pan χύων P%ac (fgm. 96), Pythagoras die planeten ὥερ- 
σεφόνας (des mondes) χύνες, Aristoteles ἔρτῃ, 196. die Erinyen, welche 
den Orestes verfolgen, sind die κύνες μητρός (A. Choeph. 924. 1054), 
im allgemeinen sind sie Κωχυτοῦ χύνες (Aristoph. Frösch. 472). das ist 
ursprünglich ganz edel gedacht, wie sich denn Klytaimnestra bei Aisch. 
wegen ihrer treue und wachsamkeit mit einem haushunde vergleicht (891), 
ebenso bei Aristophanes Kleon gegenüber dem Demos seinem herren, 
Ritt. 1023. aber es mischten sich doch sehr bald auch andere charakter- 
züge des hundes ein, wie denn die meute der Erinyen ganz das wesen 
der bluthunde annimmt, und dafs Aristophanes ähnlich dachte, zeigt der 
hundeprocals der Wespen. so erscheint bei Soph. und Eur. das bild 
nur noch für etwas verhalstes. damit schwindet die nötigung das herren- 
verhältnis auszudrücken. von der Sphinx sagte Aischylos, dafs sie irgend 
ein gott sendete δυσαμεριᾶν πρύτανιν χύνα, Sophokles nennt sie ohne 
weiteres ῥαψῳδὸς χύων (O.T. 391), und so heilst die hier 4&ovas 
χύων genannte hydra unten 1274 ἀμφέκρανος καὶ παλιμβλαστὴς χύων. 
Kallimachos (an Delos 228) hat in überaus feiner weise die Iris als χύων 
Ἥρης geschildert, indem er statt der alten derben symbolik ein aus- 
geführtes gleichnis gesetzt hat. 

424 Dals Geryones mit pfeilen getötet wird, ist zwar der ältesten er- 
scheinung des Her. gemäls und findet sich unter den zahlreichen dar- 
stellungen des abenteuers einzeln auch noch in späterer zeit (vgl. 
F. v. Duhn un sepolcro Etrusco Bologna 1890). allein es ist unge- 
wöhnlich, weil man sich Geryones völlig gewappnet zu denken gewöhnt 
hatte. Eur. bevorzugt die pfeile aus demselben grunde wie bei Kyknos 391. 


106 Commentar. 


425 Die correlate satzverbindung δρόμους τ᾽ ἄλλους διῆλϑε καὶ εἰς 
“dıdov ἔπλευσεν ist wider unsere art zu denken; es ist ein beispiel 
für die im griechischen überaus häufige art ein glied dadurch besonders 
hervorzuheben, dafs man in einem mit re vorgeschobenen satze aussagt, 
es gebe noch vieles andere, was man nur übergehe. man täuscht sich, 
wenn man in solchen fällen bei dem redenden den gedanken an irgend 
etwas bestimmtes, was er weglassen wollte, voraussetzt, und wenn das 
hier auch an sich zutrifft, so ist doch eben das dutzend voll und konnte 
schicklicherweise nichts mehr folgen. namentlich bei den rednern ist 
die praeteritio nichts als eine form der hervorhebung, und in ἄλλως 
te χαὶ — τἄλλα καὶ u. dgl. fragt niemand, was denn das andere sein 
sollte oder könnte. vgl. 1275. es ist also ganz verkehrt hinter διῆλθε 
stark zu interpungiren. 

δρόμων ἀγάλματα εὐτυχῆ διῆλϑε d.h. διῆλθε τοὺς δρόμους εὐτι- 
χῶς ὥστε ἀγάλματα γενέσϑαι. ἀγάλματα 49. 358. — διελϑεῖν bis 
ans gewollte ende gelangen, attisch, schon Solon 36, 15 ταῦτα διῆλθον 
ὡς ὑπεσχόμην. 

426 von δάκρυ bildet man richtig ἄδαχρυς πολύδαχρυς u. ἃ. von 
δαχρύω ebenso richtig πολυδάχρυτος ἀδάχρυτος, in diesen wörtern 
ist das v natürlich lang. beide bildungen kennen sowol Homer wie die 
tragiker. σπολυδάχρυος ist zwar keine falsche bildung, weil δάχριον 
besteht, aber eine secundäre und überflüssige. vermutlich ist sie niemals 
aus freier absicht gebildet, sondern stammt aus einem alten fehler des 
homerischen textes. P 192 haben die meisten handschriften μάχης πολι- 
δαχρύτου, die beste πολυδαχρύου; so hat schon Zenodot gelesen, da 
Apollonios Rhod. Π 916 πολυδάχρυον hat. und als zeuge für dieselbe 
form könnte Tyrtaios 11, 7 mafsgebend sein, wenn sich nicht hier das 
schwanken der überlieferung zwischen πολυδαχρύτου und πολυδακρύου 
wiederholte. so bleibt diese stelle bei Eur. hier ist nun πολυδάκρυτον 
überliefert und fehlt die notwendige copula, die freilich mit unbedingter 
sicherheit ergänzt wird. es ist aber wahrscheinlicher, dafs ein schreiber 
auf grund der falschen lesung bei Homer πολυδάκρυτος hineingebracht 
hat, als dafs Eur. das wort auf grund jenes fehlers einmal mit falscher 
messung gebraucht hätte (beispiele dafür gibt es sonst auch im drama). 
dann ist das σολυδαχρύτου der handschrift nur ein beleg für den spä- 
teren Homertext, Euripides selbst aber ein zeuge für den älteren fehler 
πολυδαχρύου. denn dafs der dichter des P ohne jede veranlassung von 
dem correcten und gebräuchlichen genetiv sroAvdaxpvog abgewichen wäre, 
ist nicht zu glauben, dieser also bei Homer von Bentley hergestellt, bei 








vers 42---438. 107 


Tyrtaios herzustellen. aber der tragödie ist auch ἀδάχρυος neben ἄδαχρυς 
en. 

427 πόνων τελευτάν nicht zu”4uöng apposition, sondern zur action des 
verbums vgl. zu 59. denn die πτόγοι sind die arbeiten des Her. deren 
letzte die Hadesfahrt war; in diesem zusammenhange würde der tod ganz 
verkehrt als das allgemeine ende der menschlichen mühen bezeichnet 
werden. 

431 Charon mit seinem schiffe ist im 5. jahrhundert populär, aber 
nicht eher als in der Minyas und bei Orphikern (Serv. zu Aen. 6, 392, 
ungewissen alters) nachzuweisen, insbesondere kennt die echte Herakles- 
sage ihn so wenig wie die Nekyia der Odyssee. in der ältesten gestalt 
des Charon wiegen ganz wie in der des Thanatos die burlesken züge 
vor. dann wird er immer mehr geadelt, bis er in dem neugriechischen 
glauben die rolle des todesgottes selbst übernimmt. 

430 τὰν δ᾽ ἀνόστιμον βίου κέλευϑον. der artikel steht eben so wie 
das adjectiv ἀνόστιμος (vgl. zu 1102) anknüpfend, “und eben diesen weg, 
von dem du wie alle menschen nicht zurückgekehrt bist’. der weg heilst 
kühn &dıxos ἄϑεος nicht im allgemeinen, wie er ἀγόστιμος ist, son- 
dern weil sie ihn wider gott und recht gehen. der verschiedenen be- 
ziehung der attribute entspricht ihre verschiedene stellung im satze. — 
aus dieser erwägung, wie unverdient das schicksal der kinder ist, geht 
das gefühl hervor, dafs Her. rettende hände, wenn es noch götter und 
recht gibt, eingreifen müssen. aber ebenso knüpft an στέγαι ἔρημοι 
φίλων das bekenntnis der eigenen ohnmacht an. 

438 Der Grieche hört in σύνηβος nur aequalis, nicht die ἥβη, aber 
es ist natürlich, dals die genossen auch die verjüngung teilen. so ersetzt 
das wort die aufnahme des bedingungssatzes 436. denn wie die correspon- 
direnden ze re zeigen, ist zu verbinden und zu verstehen, εἰ γὰρ ἐγὼ 
ἥβων, καὶ αὐτὸς ἂν ἡμυνόμην τοῖς παισὶ καὶ ol ἡλικιῶται ol ἐμοί, 
ὁμοίως νέοι ὄντες, προστάται αὐτῶν ἂν ἐγίγνοντο. προπαρέσταν ist 
also dritte person plur. solche epischen formen sind zwar selten im 
drama, aber es steht z. Ὁ. ἔσταν noch Phoen. 1246, ἔβαν unten 662 und 
A. Pers. 18, von passiven aoristen ἔχρυφϑεν Hipp. 1247, κατένασϑεν gar 
bei Aristophanes Wesp. 662, allerdings in anapaesten, die sich oft zu 
tragischer höhe erheben. 

Über αἰχμὴ für πόλεμος vgl. 158; hier ist die zusammenstellung mit 
dem sinnlich gebrauchten δόρι schwülstig. Troad. 346 οὐχ ὑπ᾽ αἰχμᾶς 
οὐδ᾽ ὑπ᾿ ᾿Αργείοι δορός und gar Hekab. 102 λόγχης αἰχμῇ dogı- 
ϑήρατος πρὸς ᾿Αχαιῶν, periphrase von αἰχμάλωτος. danach ver- 





108 Commentar. 


bessert sich gut Ion 484 ἀλχά re γὰρ ἐν καχοῖς (sind die kinder) ἔν 
τ᾽ eörvglaıs φίλον, δορί τε γᾷ πατρίᾳ φέρει σωτήριον alyuar 
(ἀλκάν cod.). 

440 εὐδαίμων ist im 5. jahrhundert in seiner echten bedeutung noch 
lebendig (εὐδαίμων γέννα Pind. fgm. 87 von Apollon gesagt, liegt ganz 
ab: das ist γονὴ μεγάλου δαίμονος vgl. zu 689), während χαχοδαίμων 
so sehr der gemeinen rede verfallen ist, dal es nur einmal in einer 
stelle, wo auch sonst vulgarismen wilden schmerz charakterisiren (Eur. 
Hipp. 1362) vom drama gewagt ist. εὐδαίμων ist also ἀγαϑοῦ δαίμο- 
γος τυγχάνων oder τοῦ δαίμονος ἀγαϑοῦ τυγχάνων (Ar. Ritt. 111 τοῦ 
δαίμονος ---- τεύξομαι κακοδαίμονος) und bestimmt sich in seiner jedes- 
maligen bedeutung nach dem deluwv, der gemeimt ist. wol ist es meist 
nichts als ὄλβεος, bezeichnet den zustand ὅταν ὅ δαίμων εὖ διδῷ (m 
1338), und in solchem falle ist δαέμων von τύχῃ nicht sehr verschieden. 
gleichwol bleibt ein gradunterschied, denn die τύχη kommt von rı7- 
xaveıy und wird also von der philosophie dem αὐτόματον gesellt. 
auch in εὐτυχία hört man das "treffen’, das τυγχάνειν, Plat. Euthyd. 279, 
eine stelle, welche genau interpretirt für diese worte und aufserdem εὖ 
πράττειν sehr belehrend ist und namentlich mit dem scheidegrufse des 
Oidipus an Athen verglichen werden mag, O.K. 1554 εὐδαέμονες γένοισϑε 
χάἀπ᾽ εὐπραξίᾳ μέμνησθε τοῦ ϑανόντος εὐτυχεῖς del. dagegen ist 
die εὐδαιμονία das τέλος der philosophie wie der staatskunst, vgl. 
Aristoteles polit. H 1328", Sophokles läfst εὐδαέμονες sein, οἷσι κακῶν 
ἄγευστος αἰών (Ant. 582), was keinem sterblichen zu teil wird, es sd 
denn durch die erhebung in den stand der geweihten, μάχαρ, ὅστις 
εὐδαίμων (in rechtem verhältnis zu dem gotte) θιοτὰν ἁγιστεύει 
Bakch. 72; Eur. gesteht dem menschen die εὐτυχέα zu, die εὐδαιμονία 
nicht (Med. 1228). die εὐδαεμονέα ist ein inneres glück, weil der dämon 
ein geist ist: οὐχ ἐν βοσχήμασιν οἰκεῖ οὐδ᾽ ἐν χρυσῷ ψυχὴ οἰχη- 
τήριον δαίμονος sagt Demokritos (Stob. ecl. II 7, 3 i). der dämon 
aber ist nur dem gnädig, der zu ihm im rechten verhältnis steht. τοῦ 
δαίμονος ἀγαθοῦ τυγχάνει 6 εὖ πρὸς τὸν δαίμονα διακείμενος. 
so wird εὐδαίμων der unterscheidende vorzug von Hellas gegenüber den 
barbaren (Eur. I. T. 1482), Athens gegenüber der übrigen welt (I. T. 1088, 
Tr. 209). sehr hübsch sagt Isokrates 18, 46, dals die Athener während 





1) Bruhn mahnt mich Platon Tim. 90° zu citiren, wo dem in rechter weise 
lebenden in sichere aussicht gestellt wird dei ϑεραπεύοντα τὸ ϑεῖον ἔχοντά τε 
αὐτὸν εὖ κεκοσμημένον τὸν δαίμονα ξύγοικον ἐν αὐτῷ διαφερόντως εὐδαίμονα 
εἶναι. 





vers 440—444. 109 


der revolution ἀμαϑέστατοι xal δυστυχέστατοι waren (es gelang ihnen 
nichte), nach der amnestie sind sie εὐδαιμονέστατοι καὶ σωφρονέστα- 
τοι τῶν Ἑλλήνων: es gieng ihnen jämmerlich genug, aber sie waren 
durch die versöhnung ἄνϑρωσοι εὐδοκίας geworden, mit dem weihnachts- 
grußse geredet. den eindruck, den der sterbende Sokrates macht, 
schildert Platon Phaed. 58° εὐδαίμων ἀνὴρ ἐφαίνετο — und’ εἰς 
ἄδου ἐόντα ἄνευ ϑείας μοίρας ἐέναι: er besals die εὐδαιμονέα, und 
sie zeigte sich am klarsten im unglücklichsten augenblicke seines lebens. 
dagegen war der fehlschlufs des Kroisos, dafs er die εὐτυχέα mit der 
εὐδαιμονέα verwechselte. keine sprache kann das wort nachahmen: sie 
sind eben alle höchstens εὐτυχεῖς, nur die attische ist εὐδαέμων. die 
ganze tiefe der sittlichkeit, welche die volksseele schon in den ahnungs- 
vollen zeiten durchdrang, welche die sprache bildeten, liegt in dem worte, 
das zugleich lehrt, wie die Sokratik nichts ist als die entfaltung einer 
blüte, zu der der keim zugleich mit dem hellenischen volke entstanden 
ist. denn es liegt in sudaluwv die einfachste und doch tiefste lösung 
des weltenrätsels, dals der mensch nur so weit glücklich ist, als er gut 
ist, freilich auch dals dies glück nicht erworben wird, sondern vom 
dämon kommt: es ist das glück, welches Schiller in seinem wunder- 
vollen gedichte geschildert hat. dadurch kann man sich von dem werte 
des wortes überzeugen, dafs man versucht es mit εὐτυχής zu vertauschen ; 
so würde 425 δρόμων ἀγάλματα εὐδαίμονα διῆλθε sinnlos, hier τάς 
εὐτυχοῦς ἧβας lächerlich sein. ἃ εὐδαίμων ἦβα bedeutet “das höchste 
gut, die jugend’, jene ἦβα, welche Her. im himmel als lohn für sein 
mühevolles leben erhalten hat. das beiwort hat so starken ton, dala es 
noch in der seele des hörers nachklingt, als nach einer langen scene 
der chor mit dem fluche wider das alter sein lied anhebt. 


Dritter auftritt, 441-0836. 

Der chorführer bricht den gesang ab, weil die opfer aus dem schlosse 
zurückkehren. 

441 ἀλλὰ γάρ wie 138. die kinder sind mit festlichen gewändern und 
namentlich mit wollbinden im hare so geschmückt, wie die toten bei der 
feierlichen ausstellung, πρόϑεσις, von welcher viele vasengemälde, 
namentlich λήχυϑοι, uns eine vorstellung geben. die erwachsenen haben 
auf eigenen schmuck verzichtet. 

444 Herakles war einst grols (μέγας δήποτε wie Hik. 1131 εὐδοχέμων 
önscor ἐν υκήναις), jetzt ist seine gröfse vorbei: er kann seinen 
kindern nicht helfen. und die kinder sind παῖδες τὸ πρὶν Ἡραχλέους, 


110 Conımentar. 


sie haben keinen vater mehr, auch dieses verhältnis ist inhaltsleer ge- 
worden. sie sind “des einstmals grofsen Herakles weiland kinder’. der 
chor kann sich in seinem verzweiflungsvollen schmerze nicht genug tun 
mit bezeichnungen des zustandes, wo es mit allem vorbei ist, was Herakles 
war und was er besals. 

445 Megara kommt nur langsam vorwärts, da sich die kinder an sie 
klammern und so zum teil gezogen werden müssen. sie sind und ποσὶν, 
wie man in stehender formel sagt, dals die rosse ὑφ᾽ ἅρμασιν sind, 
“unten an’. Megaras füßse sind für die kinder σείραιοι, weil sie mit 
den eignen nicht allein vorwärts kommen. denn wenn die jochpferde 
nicht genügen, so spannt man ein leinpferd, σείραιος, daneben. so tut 
es Patroklos, IT 152. Orest. 1016 kommt Pylades und stützt den kranken 
Orestes, ἐϑύνων νοσερὸν χῶλον Ὀρέστου ποδὲ κηδοσύνῳ παράσειρος. 

447 πατέρα hängt natürlich von ὁρῶ ab, nicht von ἕλκουσαν: kaum 
glaublich, dafs jemand im ernste den Amphitryon auch an die beine 
seiner schwiegertochter hängen will. die verse sind doch zur aufführung 
bestimmt, nicht zum grammatischen exercitium. auf der bühne existirt 
die grammatische zweideutigkeit gar nicht. 

450 δαχρύων γραίας ὄσσων πηγάς: ein ganz correcter, wenn auch 
absonderlicher ausdruck, zunächst ist nicht die träne grau, sondern das 
auge das sie weint, ist das eines greises. das epitheton ist von dem accu- 
sativ attrahirt, vgl. zu 468; hier war das besonders nötig um die häufung 
von genetiven zu vermeiden. der doppelte genetiv aber steht, weil ὄσσων 
senyal zu einem begriffe, ähnlich wie in unsern compositis, verwachsen ist 
“augenwasser der tränen’. vgl. zu 170. 

451—496. M. kommt gefalst und mit sich fertig heraus und erwartet 
den tod sofort. da Lykos nicht da ist, kann sie ihre empfindung noch 
einmal äufsern. “so geht es zu ende, meine kinder. ich habe euch ge 
boren und erzogen in der frohesten zuversicht und hoffnung, und nun 
ist das alles anders. wir müssen elend sterben. lebet wol’. so würde 
die rede verlaufen, wenn sie so ausgeführt wäre, wie zuerst der ge 
danke in M. aufsteigt, aber, gott sei dank, hier hat Eur. zwar nicht seine 
rhetorik vergessen, aber doch eingesehen, dafs ein weib in dieser lage 
die gedanken nicht schulgerecht entwickelt. 458 zerbricht der unmut 
den schon begonnenen satz, statt ἐτέχομεν ὑμᾶς καὶ ἐϑρεψάμεϑα εὐέλ- 
γειδες sagt sie “ich gebar euch — aber erzogen habe ich euch nur als 
die opfer von spott und mord der feinde. ach ja, die hoffnungen, die ich 
auf Her. worte baute, haben getrogen’. und erst dann lenkt sie auf diese 
hoffnungen zurück, bei denen sie verweilt, mit jener kleinmalerei der 





vers 445---454. 111 


kinderstube wie im prolog. “und das ist vorbei” so ruft sie sich selbst 
480 zur sache und schildert nun mit conventionellen, wenn auch kräf- 
tigen farben die not des momentes. dann aber wird das gefühl wieder 
frei. einen um den andern schliefst sie die knaben zum abschied in die 
arme, zum abschied — nein, es ist nicht möglich: Her. kann sie nicht ver- 
lassen, und mit einer leidenschaftlichen beschwörung des gatten schlielst 
plötzlich umschlagend die rede, also genau im gegensatze zu der stimmung 
des einganges, ähnlich wie das grofse chorlied widerwillig fast auf einen 
hoffnungsvollen accord ausklang. dort dämpfte ihn der chor selbst, hier 
tut es Amphitryon, der wiederum als der resignirte greis neben dem heils 
fühlenden weibe steht. er spricht das letzte abschiedswort. sie sind 
fertig; der henker mag erscheinen: der retter kommt. 

451 mit einem worte der ungeduld beginnt sie, der jeder verzug nur 
peinvoll war, 94. — εἶέν, εἶα = ἔνεχεν: Evera —= ἔπειτεν: ἔπειτα: 
es ist eine interjection, und in dieser ist die interaspiration wie in εὐοῖ 
erhalten geblieben, wenn auch nicht in unseren handschriften, so doch 
in der grammatischen tradition. deutlicher noch zeigt es ein scherz 
Plutarchs (de E Delph. 20), der εἶ ἕν abteilt und deutet. 

ἱερεύς wird hier erklärt durch σφαγεύς um es noch bitterer zu sagen. 
aber der ἱερεὺς ist der die weihung an dem opfertiere vornimmt, d.h. 
es schlachtet. so ist Thanatos der ἑερεὺς ϑανόντων Alk. 25, der die 
sterbenden weiht. Agaue ist die ἱερέα ihres sohnes, dessen mord sie 
beginnt, Bakch. 1114. der löwe der in die herde fallt ist ἱερεύς τις 
ἄτης A. Ag. 735, und der ganze wortstamm ἱερὰ delsıw, ἱερεύειν, 
ἱερεῖον hat diese blutige bedeutung angenommen, die zwar nicht ur- 
eprünglich ist, aber für die uns kenntliche cultur durchaus gilt. 

Dieses bild hat ein interpolator durch den albernen zusatz 452 ἢ τῆς 
ταλαίνης τῆς ἐμῆς ψυχῆς φονεύς zerstört. den fremden zusatz verrät 
diese störung und wol noch mehr die kümmerliche dehnung des ein- 
fachen “oder mörder für mich’ zu einem ganzen verse. der interpolator 
hatte bemerkt, dals Megara im allgemeinen nur an den tod der kinder 
denkt, nicht an den eigenen, und wollte das hier nachtragen. der ver- 
such Vahlens den vers zu retten, den er ‘rel meae miserae vitae inter- 
fertor’ übersetzt, ist mir nicht verständlich geworden. 

454 ἑτοιμ᾽ ἄγειν "bereit zur abführung’, mit dem activischen infinitiv, 
wo wir das passiv erwarten, vgl. 1226. das wäre hier freilich sehr hart, 
wenn der nächste vers, in dem ἀγόμεϑα folgt, eng anschlösse, und etwa 
ἀγόμεϑα γάρ zu verstehen wäre. vielmehr zeigt die anrede der kinder 
und das asyndeton, dals Megara nach 454 inne hält und sich umschaut, 


112 ᾿ Commentar. 


ob denn der schlächter, den sie erwartet, da wäre. erst als sie sieht, 
dafs sie noch zeit hat, beginnt sie die abschiedsrede, und dabei knüpft 
sie passend an ein wort an, das ihr noch in den ohren klingt. 

454 ζεῦγος ist hier nicht par, sondern ganz eigentlich gespann. es ist 
ein ungleiches und deshalb nicht schönes gespann, wenn alt und jung, 
kind und mutter mit einander im joche gehen. mit grolser kunst ist das 
wort νέοι ausgewählt, das also zu beiden ζεύγη gehört. der schrift- 
steller περὶ ὕψους 23 hatte wol grund diesen vers als beleg für die 
pathetische wirkung der ἐνάλλαξις ἀριϑμῶν zu loben neben Soph. 
O.T. 1403 yauoı — ἐπεδείξατε πατέρας ἀδελφοὺς παῖδας, αἷμ᾽ ἐμφύ- 
λιον, νύμφας γυναῖχας μητέρας U. 8. W. 

456 Das pronomen steht mit recht beim relativ, nicht bei dem substantiv, 
denn nicht zu der reflexion, wie schwer das geschick sei, sondern zum 
anblicken gehört es. den blick aber wendet Meg. auf ihre kinder, als 
sie sie nennt: daher steht τούσδε vor dem relativ. es entspricht also 
in unserer kommatisch gewordenen sprache “welch ein geschick, meines 
und das meiner kinder; da sind sie, und zum letzten male sehe ich sie’. 
es ist mit der schlimmbesserung τῶνδ᾽, die der handschrift noch fehlt, 
eine schönheit zerstört. den abschreiber hat freilich nur bestimmt, dafs 
er die seit Homer bestehende freiheit nicht kannte, das relativum an den 
zweiten platz im satze zu rücken. 

458 ἔτεχον μὲν ὑμᾶς ist statt ἐτέχομεν ὑ. überliefert, worin nicht 
blofs das correlat μὲν --- δέ an sich leer ist und den vom dichter beab- 
sichtigten kühnen umschlag zerstört, sondern auch der versbau ganz 
ohne not das ohr verletzt. denn einen anlautenden anapäst durch ein 
augment zu erzeugen haben sich die tragiker erst in der allerletzten zeit 
ihrer verwahrlosten metrik gestattet. 

460 δόξα εὔελσεις wie δόξα εὐάγγελος E. Med. 1010. εὔξλσεις ist 
nur in activischer bedeutung (καλὰ ἐλπίζων) gebräuchlich und anders 
steht es auch hier nicht; die eigenschaft des subjectes ist nur auf seine 
tätigkeit (das meinen) übertragen, und daran schliefst sich bequem ein 
relativsatz, der das verbum nun aus dem adjectiv aufgreift, logisch 
würde es heilsen τῆς δόξης ἐξέπεσον, δὔελσεις γενομένη ἐκ τῶν Hoa- 
χλέους λόγων. übrigens könnte man δόξαν ἐλπίζειν auch ohne diese 
vermittelung sagen, προσῆλϑεν ἐλπίς, ἣν φοβουμένη πάλαι τὸ μέλλον 
ἐξετηκόμην γόοις Or. 869 (wo ἐξετηχόμην γόοις als paraphrase von 
ὠδυρόμην den accusativ τὸ μέλλον regiert, vgl. 10). — die attraction 
des relative ἣν ist lediglich um die genetive nicht zu häufen unter- 
blieben. 











vers 454—466. 113 


462 Die verteilung der drei reiche an seine söhne und ihre symbolische 
investitur mit den drei hauptstücken der väterlichen rüstung erfindet 
Eur. unbekümmert darum, dafs von einem erbrechte weder auf Argos 
noch auf Theben die rede sein konnte, und dafs das mythische Oichalia 
von den historischen staaten stark absticht, anstößsig ward das nicht 
weil Argos und Tbeben wirklich in den händen der Herakleiden sich 
befanden, nach Oichalia niemand fragen konnte. des dichters zwecke 
aber waren dichterische. er stellt die liebe des Her. zu seinen kindern 
in das hellste licht und liefert zugleich zu dem heroischen gemälde des 
chorliedes das menschliche gegenstück. 

464 χαλλικάρπου Πελασγέας : gemeint ist von Eur. das peloponne- 
sische Argos, oder vielmehr der ganze Peloponnes mit der hauptstadt 
Argos-Mykene. auf ihn trifft die fruchtbarkeit in wahrheit sehr wenig zu 
und selbst auf die argolische ebene nur in beschränktem malse. aber er 
bezog den alten delphischen spruch γαέης μὲν πάσης τὸ Πελασγιχὸν 
Aeyos ἄμεινον (2. Ὁ. in den scholien zu Theokrit 14, 48) ohne zweifel auf 
den Peloponnes, obwol er in wahrheit dem Argos in der Pelasgiotis, der 
fruchtbaren Thessalischen ebene galt. es war eben in sehr alter zeit 
durch eine aus jenen ländern nach der Argolis und andern strichen des 
Peloponnes einwandernde vordorische bevölkerung mit vielen anderen 
namen auch Argos und Pelasgia mit sammt ihrem ruhme nach dem süden 
übertragen, wo sie dann haften geblieben sind. in dem bis über Thes- 
salien hinaus sich erstreckenden reiche des königs Pelasgos von Argos 
in Aischylos Hiketiden ist ein bild gezeichnet, das wol nur die primitive 
einheit der 4oyeioı --- Ἕλληνες rückschliefsend festhalten will und den 
Peloponnes in die mitte rückt entsprechend der vormacht von Argos im 
8 jhdt. aber von der zuwanderung des Bias und Melampus, und weiter 
zurück des Abas und Proitos erzählt das epos oder gewährt doch ganz 
sichere rückschlüsse. die homerische bedeutung -4gyog == Peloponnes, 
‘Aoy&ıoı = Hellenen ist auch nur eine folge dieser völker- und macht- 
verhältnisse. bei Aisch. (Prom. 860) und Eur. ist Πελασγέα auch ohne 
γῆ dies reich, Argos im engeren, der Peloponnes im weiteren sinne (Hik. 
367, so weit die verderbnis erkennen läfst, Or. 960), und so dann bei 
Ephoros. vgl. die sachkundige behandlung der frage durch Apollodor 
bei Strabon V 221: ihre volle aufklärung erfordert freilich noch eine 
sehr umfassende forschung. 

466 Der löwe vertritt Argos, weil er da zu hause ist, denn an den 
Kithaironischen doppelgänger denkt niemand aulser Boeotien. 


466 Es ist eine eigentümlichkeit altgriechischer rede den Bettungsbegrift 
v. Wllamowitz II. 


114 Commentar. 


adjectivisch neben das individuum oder die species zu stellen, welche ihn 
aın vollkommensten repräsentirt. Pind. Isth. 3, 45 τόλμᾳ ἐρεβρεμετᾶν 
ϑηρῶν λεόντων. 8. Ai. 817 ἀνδρὸς Ἕχτορος. Theokrit “λέν. 51 ϑεὰ 
Κύπρις (gemacht nach ὃ 236 ϑεὸς ἄλλοτ᾽ ἐπ᾽ ἄλλῳ Ζεὺς ἀγαϑόν τε 
καχόν τε διδοῖ); wir müssen dann den gattungsbegriff' potenziren (untier, 
held, grofßse göttin). verbindungen wie ἄνδρες στρατιῶται, ᾿Αϑηναῖοι 
haben nicht die geringste verwandtschaft hiermit; da tritt vielmehr zu 
ἄνδρες ein einschränkender zusatz. 

467 Die vorliebe für wagen wird an Thessalern Boeotern Kyrenaeern 
hervorgehoben, und speciell für Theben sind πολυάρματος (8. Ant. 149) 
xovodguarog εὐάρματος (schol. Pind. Pyth. 2 einl.) gewöhnliche bei- 
wörter. aus den verhältnissen historischer zeit ist das nur für Kyrene 
verständlich, wo die verschollene epische sitte der streitwagen sich er- 
halten hatte. die wagenkämpfe in Onchestos erwähnt im 7. jahrhundert 
der homerische Apollonhymnus. aus Theben ist Pagondas, der erste 
sieger mit dem wagen in Olympia, 680; in der schlacht bei Delion fochten 
auf boeotischer seite 300 ἡγεόχοε καὶ παραβάται (Diodor XII 70), es 
sind aber keine wagenkämpfer mehr, sondern sie führen den alten titel 
wie die ἱππῆς in Sparta, die keine pferde mehr hatten. Θεσσαλὲ ποικε- 
λόδεφρε hat der gott in einem verschollenen orakel als anrede gebraucht. 
(Pollux 7, 112 u. ö.). also ist der schluls unvermeidlich, dafs die Thes- 
saler und Boeoter, nahverwandte völker, diese sitte festgehalten hatten, 
als sie in dem übrigen Hellas, wo das bergland sie auch meist verbot, 
abgekommen war. weiter folgt, dafs jene einwanderer, da sie die wagen 
nicht aus den schluchten der Balkangebirge mitgebracht hatten, sie bei 
der bevölkerung der ebenen vorgefunden haben. diese wich vor ihnen, 
aber die übung der wagenkämpfe nahm sie mit: daher erscheinen sie im 
epos, keinesweges, wie man ja kurzsichtigem pragmatismus gemeint hat, 
aus der berührung mit den Asisten in Asien. von den Asiaten haben 
die Griechen, zuerst die Magneten, vielmehr das reiten gelernt. die my- 
kenische kunst stellt denn auch die männer selbst auf der jagd zu wagen 
dar: sie beweist auch darin den zusammenhang der alten cultur mit 
Asien, 

468 τἀμὰ πεδία γῆς “die fluren meines landes’. es ist ᾽πὶ griechi- 
schen ein völlig zu recht bestehender sprachgebrauch, dafs ein adjectiv zu 
dem regierenden substantiv tritt, auch wenn es dem sinne nach eigentlich 
nur zu einem von jenem abhängigen genetiv gehört. die rhetyrik nennt 
das enallage; in wahrheit kann eine flectirende sprache kaum anders 
verfshren. man macht sich das klar, sobald man sich die substantiva 














vers 467-- 469. 115 


nur zu einem compositum verwachsen denkt. “himmlische lebenskraft, 
australische pflanzenwelt, gesunder menschenverstand, griechische götter- 
lehre’ sind wol verstattet, und die “reitende artilleriecaserne”, der “le- 
derne handschuhmacher” sind ganz sprachgemäls, mögen die pedanten es 
nicht verstehen und in ihrem papiernen deutsch durch reitende-artillerie- 
caserne ersetzen. auch von den folgenden beispielen sind nicht wenige 
misverstanden und geändert worden. γραέας ὄδσων πηγάς 450 ist nicht 
anders. σὸν ἄγϑος πόλεος 876, λευχοπήχεις χτύπους χεροῖν Phoen. 
1351, ϑυραῖα φρονήματα ἀνδρῶν Hipp. 395 “die gesinnung fremder 
leute’. red rıud ποδῶν “der ruhm deiner fülse’ Pind. Ol. 12, 13, 
πατρῷον ἄστυ γᾶς “die hauptstadt des vaterlandes’ 8, OK. 296. σχευῇ 
τῶν ὅπλων ξυντεϑαμμένῃ Thuk. 1 8 “an der art (der mode, dem stil 
vgl. 6 αὕτη ἡ σχευὴ κατέσχεν) der waffen, die mitbegraben waren”. τὸ 
σὸν ἄγαλμα, τὸ σὸν ἴδρυμα πόλεος Hik. 631 “den schmuck, das 
fundament deiner stadt’. πατρὸς φόνιον δίχην Andr. 1008 “bulse für 
den mord des vaters’. χέδρου παλαιὰν κλέμαχα Phoen. 110 ‘die treppe 
aus altem (duftigem) cedernholz’, nicht “die alte treppe'. ᾧΦλειοῦντος Ur’ 
wyvyloıg ὄρεσιν Pind. Nem. 6, 44, nicht die berge sind uralt, älter als 
andere, sondern die stadt. 

469 Der knabe hat seinen vater gebeten “lafs mich könig von Theben 
werden”. ein zug des häuslichen lebens wie 74. Troad. 1181 ist Astya- 
nax oft zu seiner grofsmutter in das bett gekrochen und hat ihr erzählt, 
was er ähr liebes tun werde, wenn er erst grofs wäre. in der Hypsipyle 
kam die heldin gar als kinderfrau auf die bühne, den unmündigen Ophel- 
tes auf dem arme, der sie umhalste, und sie hatte eine kinderklapper 
und begleitete damit ihr eia popeia: das hat Aristophanes in den Fröschen 
mit der γραῦς κχροταλέστρια verhöhnt (frg. 754—56. 769, zu vergleichen 
mit der scene der Frösche). «w 337 geht der kleine Odysseus mit dem 
grolsvater im obstgarten spazieren und bettelt ihm junge veredelte bäum- 
chen ab; der alte schenkt sie ihm und unterweist ihn über die einzelnen 
und ihre pflege'). 


1) Ich hatte in der ersten auflage den Eur. gescholten, dafs er den kindern 
unkindliches in den mund lege, wie Kallimachos, an Art. 5, das in der tat tut, aber 
aus kakozelie, nicht aus mangel an gefühl. das war ein misgriff. E. Bruhn hat 
Bakch. 1818, das ich auch angeführt hatte, richtig erklärt und die stelle der Troer. 
mit recht verteidigt. dafs der junge seiner grolsmutter verspricht, gut für ihr grab 
zu sorgen, ist nur für unser verzärteltes wesen anstößig, das den tod fürchtet und 
geflissentlich ignorirt. der hellenische knabe weils, dafs er das grab der vorfahren 
einst besorgen mufs und ihnen damit das beste antut. ein erwachsener sohn ver- 

8* 





116 . Commentar. 


470 Die keule war zu Eur. zeit das wappen von Theben oder wol ge- 
nauer des boeotischen bundes, sowol schildzeichen wie münzzeichen, gewifs 
auch stempel. 

δαίδαλον steht nicht gleichwertig neben ἀλεξητήριον;; zwei gleich- 
wertige epitheta setzt Eur. überhaupt nicht zu demselben worte, sondern 
ἀλεξητήρειον ξύλον ist ein begriff, erst in der vereinigung bedeutet es 
die keule, daidaAo» steht nach und ist nur schmückend. das interesse 
Megaras verweilt selbst einen augenblick bei dem lieblingsstück ihres ge- 
mals, daher schickt sie das wort nach “die keule, die schön geschmückte”. 
die keule hat man sich keineswegs so zu denken, wie sie die kunst 
meistens darstellt, da sie das beiwerk als nebensache zu behandeln liebt. 
es ist nicht ein nackter baumstamm, sondern mit ehernen buckeln be- 
schlagen χαλχοβαρὲς ῥόπαλον, Apoll. Rh. I 1196, χαλκοῦν war es in 
der Heraklee des Peisandros (schol. zu der stelle), und daher ein werk 
des Hephaistos (Diodor IV 14). eine andere keule nennt Eur. σεδηρο- 
βριϑὲς ξύλον (Meleag. 531). auf der schale des Aison sieht man die 
ehernen buckeln, nagelköpfe, mit denen die keule des Theseus beschlagen 
ist. es gehen in der schilderung von Herakles bewaffnung, wie überhaupt 
in seiner geschichte, die beiden strömungen neben einander her, einmal 
den helden wiirdig zu schmücken, wo denn alle götter sich um ihn be- 
mühen, und er so erscheint, wie es der dorische adliche für sich selbst 
wünscht. dahin gehört die kostbare geschmiedete keule. die andere 
tendenz ist an sich die ältere, dafs Her. alles durch eigene kraft ist, und 
da zeigt sich seine adragxeıa auch darin, dafs er sich die keule selbst 
von einem ölbaume bricht (Apollod. II 71 u. ö.), die löwenhaut selbst 
abzieht u. dgl. m. diese tendenz hat in der nachdorischen zeit die überhand 
zurückgewonnen, und Eur. folgt ihr sonst, läfst auch die keule 993 nur 
von holz sein. hier stand es Megara an, die kostbarkeit zu loben: da 
folgt der dichter unbekümmert um einen widerspruch einem anderen ὧν 
λόγος. 

471 ψευδῆ δόσιν, denn die schenkung ist niemals wirklich geworden. 
accusativ wie 59. Hel. 35 δοχεῖ u’ ἔχειν. χενὴν δόχησιν, οὐκ ἔχων. 

472 Dem kleinsten verspricht er Oichalia, das er mit dem bogen er- 
obert hatte, und weil dieses sein drittes stück so schon erwähnt wird, 
denken wir von selbst, dafs es dem kinde mit zufallen sollte. es ist also 
unberechtigt den ausfall von versen anzunehmen, welche das ausdrücklich 


spricht dasselbe in ernsten und gefühlvollen worten in einem briefe (Mahaffy Flind. 
Petr. pap. II 8. 45). der Heraklessohn aber fühlt sich als prinz und hat die renno- 
mistische anwandlung, in der unsere buben general werden wollen. 





vers 470—476. 117 


hervorgehoben hätten. dals Megara für alle söhne gleich viel worte, Eur. 
dreimal fünf verse hätte verwenden müssen, ist vollends nicht zu ver- 
langen. vielmehr ist wirklich Oichalia den grofsen staaten nicht gleich- 
artig und ganz nach verdienst kürzer behandelt. 

Eur. setzt hier eine sage voraus, nach welcher Her. mit seinen pfeilen 
den berühmtesten bogenschützen der vorzeit, Eurytos, sammt seinen 
söhnen, bezwungen hat. von dieser älteren sage sind nur noch spuren 
erhalten, keine zusammenhängende darstellung, aber sowol in der bild- 
lichen wie in der schriftlichen überlieferung. Oichalia liegt bald in Thes- 
salien (wo es wirklich lag Is. 76), bald in Messenien oder Nordeuboia. 
wo es hier zu denken sei, ist unklar. die liebe zu Iole, die Eur. Hipp. 545 
im anschlufs an das homerische epos Οἰχαλίας ἅλωσις erzählt, ist hier 
natürlich fern zu halten. erst sie rückt das abenteuer an das lebens- 
ende des Her. vielmehr mufs hier die sage berücksichtigt sein, nach der 
Her. als bester bogenschütze die stadt des Eurytos gewann, der selbst 
der bogenschütze (ἐξρύτοξος; sein sohn heilst τοξεύς) ist, als solcher 
mit Her. schon 9 224 zusammengestellt und später zum lehrer des Her. 
gemacht (für uns erst bei Theokrit 24 nachweisbar, aber alt, da Herodor 
ihn durch einen Skythen Teutaros ersetzt hat). ebenso ist Eurytos bald 
schüler des Apollon (Apoll. Rh. 1, 88), bald sein gegner, wie im 9. 
er ist im grunde von Eögvrlwy nicht verschieden, der als kentaur und als 
hirt des Geryones altbezeugt ist; auch der name Εὔρυτος begegnet bei 
andern gegnern des Her. und als gigant, auch als einer der Molioniden. 
über die primäre gestalt zu urteilen ist also kaum möglich ; sobald Oichalia 
zutritt, dürfte trotz dem wechselnden locale der gehalt der sage histo- 
risch sein. 

4756 πυργοῦν in metaphorischem sinne ist ein wort, das dem baulu- 
stigen 5. jahrhundert so gut wie ausschliefslich angehört. man sagt rug- 
γοῦσϑαι sich brüsten, στολῇ A. Pers. 192, λόγοις oben 238, srugyoür 
extollere Ἔρως, Τροίαν ἐπύργωσας, ϑεοῖσιν κῆδος ἀναψάμενος 
Troad. 848, ἀοιδαῖς εὐδαιμονίας Hik. 990 und so hier: nie ohne einen 
beigeschmack des unberechtigten übertriebenen hochmuts, der vor dem 
fall kommt. ἐλπίδες ὑψίπυργοι βροτῶν A. Hik. 95. Pind. Soph. fehlt 
das wort. hier dynamisches imperfect. 

476 ἀχροϑινιάξζομαι nur hier und schon von den alten (Poll. 2, 161) 
aus dieser stelle notirt. es steht sehr gesucht für “das beste auslesen‘. 
ἀχροϑίνεον wendet Eur. nur von dem an, was einem gotte dargebracht 
wird, denn das ist auch das schönste beutestück, Heraklid. 861, für 
welches das wort in technischem gebrauche wol damals allein noch war 





118 Commentar. 


und blieb. aber als ehrengabe an einen menschen hat es Aisch. fgm. 184. 
ähnlich steht λωτέσματα für ἄνϑη, dwrog, Aisch. fgm. 99 (χλέος γὰρ 
ἥκειν Ἑλλάδος λωτίσματα πάσης, ὑπερφέροντας ἀλκίμῳ σϑένει, 
αὐχεῖν δὲ Τρώων ἄστυ πορϑήσειν Big, so zu schreiben), Eur. Hel. 1593. 
mit bewahrung des bildes ἀπολωτιεῖ Hik. 449, geziert von dem opfer 
Iphigeneias τές u’ ἀπολωτιεῖ L A. 792. λωτίσασϑαι für “das schönste 
wählen A. Hik. 963. 

477 Das futurum συγάψουσα ist allein angemessen, denn Meg. konnte 
noch keine verlobungen in aussicht nehmen, sondern höchstens, wie 
mütter pflegen, sich bei allen mädchen, die eine begehrenswerte partie 
einmal zu werden versprechen, im stillen denken “das könnte einmal 
etwas für meinen ältesten sein’. — unbefangen nennt Eur. jetzt die haupt- 
städte seiner zeit, denn diese allein geben dem hörer unmittelbar den 
begriff‘ vornehmster und einflufsreichster verbindung. 

479 Das bild von den ankertauen ist nur halb ausgeführt; wir ver- 
langen eigentlich statt flow εὐδαέμονα ἔχοιτε wieder einen bildlichen 
ausdruck, etwa θέον καλῶς ὡρμεσμένοι εἶτε. aber das ist antike sitte; 
vgl. zu 729. die verwandtschaft hält den einzelnen wie die ankertaue, 
oder vielmehr wie die um die steine des bollwerks geschlungenen taue 
(1094) das schiff auf der rhede. genau dasselbe bild Med. 770 auch ἄγχυρα 
für das, was das leben hält, ist nicht selten, z. B. Hek. 80. Κι. Phaidr. 623. 

481 Sowol die vergleichung von hochzeit und tod wie der rhetorische 
ersatz concreter figuren durch poetische personificationen gehört zu den 
τόποι xoıvol der poesie und trägt überall für uns ein conventionelles 
gepräge. die poesien, in welchen das einstmals frisch und original war, 
sind verschollen, werden aber wol die ϑρῆνοι gewesen sein, eine gattung 
der Iyrık, von der wir aufser stande sind, ein bild zu gewinnen; die 
grabepigramme, welche naturgemäls mit diesen sich berühren, sind voll 
davon. die Κῆρες, auch unten 870 als todbringende scheusale gedacht, 
gehören auch in einen vorstellungskreis, den die attische cultur, wie alles 
fratzenhafte, eigentlich überwunden hatte. in der archaischen zeit ganz 
gewöhnlich sind sie in der Euripides gleichzeitigen kunst kaum noch 
vorhanden. 

483 Die ehe ist das wichtigste stück der gesittung, zu der die mensch- 
heit sich erzogen hat. die religion hat sie daher als sacrament geheiligt, 
der Hellene nennt sie ein τέλος, wie jede weihe, auch die des amtes. 
aber die rituellen formen sind vielfach unkenntlich. zu dem τελεῖν (dem 
die προτέλεια vorhergehn) gehört ein feierliches bad, zu dem das wasser 
in Athen aus der heiligen stadtquelle genommen ward, es ist begreiflich, 


vers 477—495. 119 


dafs wir fast nur von dem bade hören, in dem die braut ihren jung- 
frauenstand abwäscht; dafs dem bräutigam ebenfalls ein bad und zwar 
(zum letzen male) von der mutter bereitet ward, steht hier und Phoen. 348. 
unvermählt gestorbne haben die λουτροφόρος (ὑδρία) auf dem grabe: 
das bestätigt dasselbe. 

486 προσαρμόξω vgl. zu 179. 

488 Die biene die über alle blumen fliegt, aus allen süßigkeit saugt 
und so durch ihren fleifse die unvergleichliche götterspeise, für die natur- 
völker eins der köstlichsten wunder, erzeugt, ist fast das einzige insect, 
welches in erhabener aitischer poesie zu gleichnissen genommen wird: 
denn selbst die cicade kommt nicht vor. als sammlerin des sülsen 
Aristoph. Vög. 750, des sülsen aus bittren kräutern Simon. 47, so sam- 
melt sich Megara hier aus abschiedsklagen den bittren genuls der tränen. 
— auf der alten festen erwähnung der biene in der lyrischen poesie 
beruht auch die festhaltung des schwerlich damals noch verstandenen 
beiworts ξουϑός, ξουϑόπτερος; die großsen tragiker haben es alle von 
der farbe verstanden. andere deuteten ‘schnell’ (Homer hymn. 33, 13. 
Chaeremon 1), und noch mehr erklärungen sind aufgebracht (Hesych 
8. v.). wir können um des heros Xuthos willen sagen, dafs das wort 
ionischen ursprungs ist, zumal neben den Ξουϑίδαι in Asien (Herodas 
am schlusse des angeblichen proovemiums) eine Ξουϑία χώρα in Leon- 
tinoi steht (Diodor V 8). und da 4loAog Πελαργός (Πέλοψ Πελίας) 
Φοῖνιξ von farben benannte stammheroen sind, wird auch ξουϑός eine 
farbe bezeichnen, die auf den honig, die biene, die nachtigall und den 
hippalektryon zutreffen muls. 

492 ϑνήσχει --- ὄλλυμαι 80 lieber mit abwechslung als mit anapher, 
die rhetorisch stärker is. Andr. 385 λαχοῦσά τ᾿ ἀϑλία xal μὴ λα- 
10000 δυστυχὴς καϑίσταμαι ist ein unterschied zwischen den beiden 
adjectiven in der bedeutung ausgeschlossen, in prosa würde das zweite 
fehlen, es ist also nur zierrat. vgl. 537. 754. 

494 Drei imperative, weil man die toten dreimal ruft, Homer ı 65, 
Aristophanes Frö. 1176 in der erklärung des eingangs der Choephoren. 
doch stehen die drei imperative nur der form nach gleich, ἄρηξον ἐλθέ 
geben zusammen erst den gewollten sinn “komm zu hilfe‘, ähnlich wie 
320, 837. καὶ σχιά kann aber nur zu ἐλϑέ gezogen werden, da sonst 
xal, das notwendigerweise intensiv gemeint ist, copulativ werden würde. 

495 ἅλις als praedicat auch für eine person ist correct, ἅλες νοσοῦσ᾽ 
ἐγώ 8.0.T. 1061. ἅλις --- Ἐρεχϑεὺς ἄναξ E. Ion. 723. es wird als 
neutrum gedacht und hat da analogien, 2. Ὁ. Androm. 86 “‘Eguudvn οὐ 





120 Commentar. 


σμιχρὸν φύλαξ; wir nur vulgär Hermione als wächterin ist keine kleinig- 
keit’. ἱκανός, was später für dies ἅλις gewöhnlich ist, hat zwar Soph. 
OT. 377 von einer person, aber so viel ich weils, weder Aisch. noch 
Eur. dafs dieser es hier neben ἅλες hätte brauchen sollen, wie die über- 
lieferung gibt, halte ich für ganz undenkbar. 

496 Lykos ist einem Her. gegenüber so erbärmlich, dafs nicht nur 
sein geist, sondern selbst seine erscheinung im traum ihn zurückzuhalten 
vermöchte, die ihm doch nichts wirkliches zu leide tun könnte. uns be- 
fremdet diese unterscheidung, da für uns der geist eines verstorbenen 
genau so irreal ist wie ein traum. aber für den Hellenen sind zwar 
ὄναρ und ὕπαρ gegensätze und ein ὄναρ ἡμερόφαντον (A. Ag. 82), ein 
δόχημα νυχτερωπὸν (111) sind bezeichnungen der äufsersten schwäche. 
aber die geister der verstorbenen, die ἥρωες, sind die gespenster des 
griechischen aberglaubens, vor denen sich mancher fürchtet, gerade weil 
sie sich an den begegnenden tätlich vergreifen (z. Ὁ. Ar. Vög. 1490). 
dafs vollends die beschwörung den schatten eines toten wirklich citiere, 
liegt im bereiche der geglaubten möglichkeit, ja Megara hofft im stillen 
darauf (nicht etwa auf das was sich erfüllt, die heimkehr des lebenden 
gatten). nur diese uns befremdende vorstellung hat den Pindar von σχίᾶς 
ὄναρ reden lassen, wo wir eher den schatten eines traumes ertragen würden. 

Amphitryon teilt die hoffnung nicht. er weist Megara an die zurüstungen 
für den tod, von denen sie sich hatte ablenken lassen, und seine anrufung 
des Zeus ist nur eine form für das eingeständnis der rettungslosigkeit 
dann will er nur dem chore lebewol sagen, ὦ γέροντες χαίρετε hat er 
auf der zunge; da stölst er an diesem worte an, das für das trostlose 
menschenleben so wenig zuzutreffen scheint; er gibt also eine kritik ab. 
das leben ist nicht viel wert, aber wenn man sich nur resignirt und vom 
morgen nichts erwartet, dann kann man des heute froh werden. denn 
dafs menschenglück und ruhm keinen bestand hat, dafür ist er ein 
beispiel. nachdem er so den begriff’ genauer umgrenzt hat, spricht er 
den scheidegrufs χαίρετε aus. aber der zuschauer, der daran denkt, dals 
Amph. seinen eignen spruch 105 verleugnet, wird die hoffnung nicht 
fahren lassen. 

502 Dieser vers ist hierher versetzt, weil er passend den grund angibt, 
weshalb Megara sich statt nutzloser hilferufe auf den tod einrichten soll, 
und weil ὡς ἔοιχε in sehr erwünschter weise andeutet, dafs auch von 
dem einzigen, der allenfalls helfen könnte, nichts zu erwarten ist. wo 
der vers überliefert ist, nach 501, ist weder die anknüpfung mit γάρ, 
noch die restriction ὡς ἔοικεν irgendwie zu verstehen. 





vers 496—506. 121 


498 Beim gebete pflegt man zwar beide arme zu erheben, wie der Be- 
tende knabe, aber man grülst den gott mit einem erhobenem arme, wie 
die weihreliefs lehren. dals Amph. diese geberde macht, gleichsam das 
gute herzuwinkend, zeigt χεῖρα : denn nur das gewöhnliche darf man in 
der elision verstehen. 

δικεῖν (= iacio) nur im indicat. infin. particip aoristi bei Pindar Aisch. 
Eur. erhalten, bei diesem zuerst im Herakles hier und 1205, dann in 
den sprachlich verwilderten dramen Or. Phoen. Bakch, nur hier und 
Choeph. 99 im dialog. es ist eine aus der chorischen Iyrik geholte glosse, 
wahrscheinlich dorischer herkunft, denn das einzige wort, in dem der 
stamm sonst noch lebt, di(x)ozoc, findet sich zwar allgemein, schon 
in den jüngsten schichten des epos, aber in leibesübungen gaben die 
Dorer den ton an. 

σὲ αὐδῶ te appello, nachher auvysıy imperativisch. schon die wort- 
stellung führt auf diess auffassung, nicht auf χελεύω σ᾽ ἀμύνειν wie 
1215, dann aber muls σέ ja den ton haben, denn Amph, verweist der 
Megara die nutzlose anrufung des Her. nicht der tote, sondern der 
μέγας ϑεὸς kann füglich angerufen werden. das unterlälst er denn 
auch nicht; obwol es auch aussichtslos ist. gemäls diesem gedankengang 
müssen die glieder abgesetzt werden. 

505 Das particip μὴ λυπούμενοι hat condicionale bedeutung; daran hängt 
das verständnis der ganzen gnome. es ist trübselige volksmoral, wurzelnd 
eigentlich noch in der homerischen anschauung vom werte des jenseits, 
den hier Eur. auf das diesseits überträgt. später gerade in grabgedichten 
oft zu rohem hedonismus verzerrt. kein geringerer als der schatten des 
Dareios bei Aischylos scheidet vom chore mit dem rate (Pers. 840) ὑμεῖς 
δὲ πρέσβεις, χαίρετ᾽, ἐν κακοῖς ὅμως ψυχὴν διδόντες ἡδονῇ καϑ' 
ἑμέραν᾽ ὡς τοῖς ϑανοῦσι τελοῦτος οὐδὲν ὠφελεῖ. 

506 “Jeder tag hat seine plage”. das stammt aus Matth. 6, 34 μὴ μερι- 
μνήσητε εἰς τὴν αὔριον" ἡ γὰρ αὔριον μεριμνήσει ἑαυτῆς" ἀρκετὸν 
τῇ ἡμέρᾳ ἡ xaxla αὐτῆς. aber das evangelium begründet dies damit, 
dafs der mensch zunächst das reich gottes und seine gerechtigkeit suchen 
soll. das hatte mit andern worten Demokritos gesagt (Stob. flor. 1,47 Hense) 
ἄριστον ἀνϑρώπῳ τὸν βίον διάγειν ὡς πλεῖστα εὐϑθυμηϑέντε καὶ ἐλά- 
χιστα ἀνιηϑέντι᾽ τοῦτο δ᾽ ἂν εἴη, εἴ τις μὴ ἐπὶ τοῖσι ϑνητοῖσι 
τὰς ἡδονὰς ποιοῖτο. Eur. redet in der form ähnlich; das morgen 
hat schon das seine zu besorgen und deshalb keine zeit sich um die er- 
füllung dessen zu bemühen, was wir von ihm erwarten. den sinn wieder- 
holt er Antiope 196 τοιόσδε ϑνητῶν τῶν ταλαιπτώρων Blog’ οὔτ᾽ 





122 Commentar. 


εὐτυχεῖ τὸ πάμπαν οὔτε δυστυχεῖ [εὐδαιμονεῖ δὲ καῦϑις οὐχ εὐδαι- 
μογνεῖ eine törichte dittographie, vgl. zu 440]: τέ δῆτ᾽ ἐν ὄλβῳ μὴ 
σαφεῖ (vgl. zu 55) βεβηχότες οὐ ζῶμεν ὡς ἥδιστα μὴ λυπούμενοι. 

507 διέπτατο "legt auseinander’, “zerfliegt’, “verflüchtigt sich’. Platon 
Phaed. 84” die seele im momente des todes ὑπὸ ἀνέμων διαφυσηϑεῖσα 
χαὶ διαπτομένη οἴχεται. mit χρόνου διαπεσόντος (Aristot. Πολ. 
AI. 35, 4) hat das nichts verwandtes: das ist etwas sinnlicher für das 
gewöhnliche χρόνου διαγενομένου gesagt, und διά bedeutet “zwischen”. 
wol aber ist διαπίπτειν Ähnlich gesagt von dem "zerfallenden” leichnam, 
neben διαλύεσϑαι, bei Platon kurz vorher Phaed. 80°. 

509 καί mögen, ja müssen wir mit “und doch’, “und da’ übersetzen, 
aber damit werden wir der syntaktischen verbindung nicht gerecht. denn 
diese wirkt dadurch, dafs sie lediglich copulativ ist, ἑσπέρα ἦν καὶ 
ἦλθεν ὅ ἄγγελος, διενοοῦντο καὶ ἔδρασαν τοῦτο. 580 lehrt die vul- 
gäre syntax, dals auf griechisch ein einfach mit χαὶ anschliefsender satz 
steht, wenn im lateinischen cum mit dem indic. perf. steht, immer 
gibt die sprache schlechthin nichts als die copulative verbindung, die 
übrigens auch dem latein nicht fehlt. das wird am ausdrucksvollsten, 
wo, wie hier, der tatsächliche parallelismus, der bezeichnet wird, der 
wahrscheinlichkeit oder erwartung zuwiderläuft, diese also ganz ohne 
dafs es gesagt wird, durch die tatsachen ad absurdum geführt wird, welche 
copulirt werden. daher denn χαέ so oft im dialog fragen einleitet, die 
eine für den gegner vernichtende tatsache constatiren oder consequenz 
ziehen. ein beispiel oben 297. ein καίτοι oder auch ein xgre würde 
das logische verhältnis schärfer bezeichnen, aber stilistisch ganz etwas 
anderes, modernes, in wahrheit viel weniger starkes sein. 

510 So leicht wie man eine feder in die luft bläst, πτερὸν πρὸς 
αἰϑέρα ein sehr kühnes beispiel von dem anschlulßs eines nomens mit 
praeposition an ein nomen, was der adverbiellen natur der praepositionen 
an sich zuwider ist, für manche, wie σύν μετά ἄνευ ziemlich leicht ge- 
stattet, dagegen von solchen, die eine bewegung bezeichnen, fast durchweg 
fern gehalten wird. Homer y 293 αἰπεῖαι εἰς ἅλα πέτραι, wo das ad- 
jectiv einem ἐχτρέχουσαι entspricht, Εἰ. Hel. 96 ἅλμ᾽ ἐπὶ ξίφος, wo der 
verbalbegriff zu tage liegt, Troad. 1320 κόνες ἔσα καπνῷ πτέρυγε πρὸς 
αἰϑέρα, in anderer weise kühner, weil πτέρυγι für ἀναπετομένη steht, 
aber deshalb auch nicht ganz analog dieser stelle: das ist aber καῦρος 
ἐς ἐμβολὴν unten 869. ἀναπτῆναι für “vernichtet werden ist 80 ge- 
wöhnlich, dafs man darin kaum noch die metapher spürt, Jaydyz’ ἀνέ- 
πτατὸ oben 69. Empedokles sagte noch ὠχύμοροι xanvoio δίχην 


vers 507—517. 123 


ἀρϑέντες ἀνέπταν 5. das hat zu diesen kühnen umbildungen geführt, 
damit die metapher wieder als solche kräftig wirke. auf den einfall, aus 
ἀφείλετο ein verbum ἀφαιρεῖται zu ergänzen, wird nicht kommen, 
wer die praeposition σερός nicht vergilst und bedenkt, dafs das subject 
τύχη in das bild nicht past, 

511 Die logik fordert einfach ἔγνωχα ὅτι οὐ βέβαιεός ἐστε oder sonst 
die constatirung der tatsache. da aber Amph. mit seinem beispiel operiert 
hat, so zieht er, trotzdem er die entschiedenste negation meint und ver- 
standen wissen will, die bescheidene form οὐκ οἶδα ὅτῳ βέβαιός ἐστι vor. 
man muls das nur richtig recitiren, die umbiegung des ausdrucks fühlbar 
machen: dann wird es schon wirken. 

514 Der kommende bleibt nicht nur längere zeit für sie unsichtbar, 
sondern seine person wird auch mit mehrdeutigen umschreibungen be- 
zeichnet. nur dies letztere geschieht um die spannung der zuschauer zu 
erhöhen. uns modernen ist im antiken drama (ganz besonders auch bei 
Plautus) befremdend, dafs die handelnden personen so oft jemanden sehr 
lange kommen sehen, ehe er dem zuschauer zu gesicht kommt. es liegt 
das an dem bau der theater, in denen die seitlichen zugänge wirklich 
dem auge der schauspieler, die in der orchestra stehen, schon lange sicht- 
bar sind, ehe sie aus den εἴσοδοι hervortreten, deren hohe mauer den 
zuschauerraum abschlielst. uns scheint also dramaturgische überlegung 
was nur anschluls an die wirkliche bühne ist. 

515 ἀφασία κἄμ᾽ ἔχει: οὐδ᾽ ἐγὼ ἔχω τί φῶ. 

516 εἰσηκούομεν: ebenso ἤγγελλον 553. das impf. besagt hier nicht, 
dafs das melden eine im verhältnis zu einer anderen dauernde oder 
wiederholte oder nur dynamische tätigkeit gewesen wäre. es ist das prae- 
teritum des praesenstammes und alle seine bedeutungen schreiben sich 
daher. das praesens gibt die verbale tätigkeit absolut, und sein praeteritum 
legt sie relativ in die vergangenheit. also “τὰ ἀγγελλόμενα ἦν τὰ val 
td‘. in diesem sinne ist es aufzufassen, wenn Thukyd. z. Ὁ. seine reden 
durch παρήνει, ἔλεγε τοιάδε einleitet. an dieser stelle könnte praesens 
perfect aorist auch gesetzt sein, wenn das hören oder gehört haben ohne 
jede zeitliche relation oder andererseits blols der empfang der kunde als 
einmaliger act bezeichnet werden sollte. man muls sich das an concreten 
beispielen klar machen, damit man sich von dem wahne frei macht, als 
ließen sich die griechischen tempora mit denen irgend einer sprache syntak- 
tisch gleichsetzen, und andererseits damit man die fülle der erscheinungen 
auf ihre wirkliche wurzel, das griechische denken, zurückführen lerne. 

5617 Vergil 66]. 8, 108 credimus, an qui amant ipsi sibi somnia fingunt 











124 Commentar. 


entspricht genau. sie fragt sich, ob sie nicht ein wesenloses traumbild 
sähe, wie sie es 495 citirt hatte, aber sie widerlegt diesen gedanken 
selbst. “er ist es, denn sonst wäre er ein traumbild, und das ist er 
nicht, denn es ist heller tag’. die möglichkeit, dafs sein geist erscheine, 
ist fallen gelassen, denn den geist stellt man sich nicht in der einfachen 
körperlichkeit des menschen vor. es, gibt nur das dilemma, entweder 
ist eg eine sinnestäuschung oder er ist es wirklich. noch einen augen- 
blick stutzt sie, τέ φημί; dann weist sie alles schwanken weit von 
sich: das ist kein gebilde ihrer sehnenden sorge, das ist Her. leibhaftig. 
scotog in dieser weise, ein wort des vorredners als unangemessen (d7o- 
coy) aufgreifend, ist aus der sprache des lebens genommen, wo es sehr 
häufig ist. mit erstaunten oder entsetzten fragen wie A. Ag. 1119, Hik. 
304 darf man diesen gebrauch nicht verwechseln. S. Tr. 427 hat es ein- 
mal zur charakterisirung eines plebejers. Eur. noch Hel. 567 in leb- 
haftestem unwillen. Megara vergilst also auch hier die εὐσχημοσύνῃ. 

+ngalvw bedeutet seiner herkunft nach “schädigen’, so in dem ältesten 
beispiel A. Hik. 999, verstärkt ἐχχηραένειν debilitando tollere Eum. 128, 
und dann in später χοιγή (Diels doxogr. 5. 12). es stammt wol sicher 
aus dem ionischen, in dem die ableitung ἀχήρατος von alters lebt (die 
von stammfremden, schon von Alkman, in χρυσὸς ἀκήρατος als 
ἀκέραιος misverstanden ist). Eur. hier und Hipp. 223, und danach 
Soph. Tr. 29 brauchen es intransitiv von quälender sorge und sehnsucht. 
auch das haben spätlinge wie Philo und belegen lexica, 

520 zolurnuu :xgeu = σχίδνημε : 0280 = πίλναμαι : πελ = χίρ- 
yruu:xeg. die itacistische schreibung, als ob χρημνός zu grunde läge, 
kann wenigstens für die gute zeit gegenüber der analogie nicht bestehen, 
ist keinesweges allein überliefert (z. b. A. Sieb. 229 hat der Medicus 
das echte), und wird mit recht jetzt beseitigt. Megara gibt ihren kindern 
einen befehl, der zwar am schlusse der scene 629 erfüllt ist, aber bis 535 
wenigstens noch nicht vollzogen sein kann. der dichter hat das stumme 
spiel nur im allgemeinen vorgezeichnet, das genaue bleibt dem δεδάσχαλος. 

522 Der altar des Zeus Soter hat sie nicht geschützt (48), und die an- 
rufung des Zeus war noch eben als nutzlos bezeichnet (501). 

523 Her. redet erst das haus im allgemeinen, dann die tür an, ent 
sprechend dem, wie er im fortschreiten das einzelne erkennt. 

524 ἔα, τέ χρῆμα, worauf dann asyndetisch ὁρῶ τὸ χαὶ τό folgt, ist 
bei Eur. formelhafter ausdruck der überraschung. Hipp. 905. Andr. 896. 
Hik. 92. Or. 1583 u. 8. w. — er zählt die befremdlichen erscheinungen 
auf, an den kindern den totenschmuck, an der gattin, dafs sie die οἐχου- 





vers 520-536. 125 


οἰα (1373) verletzt, indem sie mit dem chore verkehrt, amı vater die tränen. 
an das letzte glied wird die frage “tränen, weshalb?” angeknüpft. na- 
türlich gilt die frage nach dem grunde in wahrheit für alles. 

529 Es ist zu denken, dafs er dem chore näher ist als den seinen. 
sinnlos würde diese wie so viele stellen sein, wenn der bis vor kurzem 
allgemein verbreitete wahn berechtigt wäre, dafs der chor auf anderem 
niveau unterhalb der schauspieler stünde. 

530 ἡμῖν --- δώμασιν construction ἐκ παραλλήλου, vgl.zu 179. δώ- 
ματα kann nicht das haus, das er angeredet hat, sondern nur die familie 
bedeuten. also war ein ausdruck des possessiven verhältnisses zu ergänzen, 
nicht das deiktische τοῖσδε, wie meist geschrieben wird. in der über- 
lieferung ist das wort verdrängt, weil sie durch falsche personenverteilung 
zerrüttet ist, 

531 φάος: Owrngia, wie die παράδοσις bei Homer umschreibt: a? 
χέν τε φάος Aavaoicı γένωμαι. der ausdruck ist hier besonders sinn- 
reich, weil Amph. das wort des Her. 524 aufnimmt: οὐ μόνον ἐς φάος 
ἀλλὰ φάος ἔρχεται ὁ Ἡρακλῆς. Danae 316, 7 zählt der alten Akrisios 
alles schönste auf, beginnend mit dem φέλον φέγγος ἡλίου, um zu 
schliefsen, dafs nichts dem kinderlosen so schön wäre wie παίδων 
γεογγῶν φάος. (die kritiker dulden die schönheit freilich nicht.) in 
Amph, kreuzen sich die zwei empfindungen, freude über die rettung des 
sohnes und hoffnung auf die eigene rettung: daher die beiden unverbun- 
denen zum teil tautologischen sätze. 

532 Statt ἐλϑών ist eigentlich das part. praes. erfordert; der aorist 
steht durch angleichung der tempora. musterbeispiel λάϑε βιώσας “lebe 
im verborgenen’. 

534 Wie es den verkünstelten begriffen der attischen schicklichkeit wider- 
spricht, dafs Megara mit dem chore verkehrt (ähnlich z, Ὁ. El. 343), so 
soll es unschicklich sein, dafs sie statt ihres schwiegervaters zu ihrem 
manne redet (ähnlich 2. Ὁ. Herakl. 665). der dichter gibt nun freilich 
der natur ihr recht, aber er betont doch die abweichung von der con- 
venienz, und so erhält das einfach menschliche einen stich in das naive, 
naiv wirkt auch die motivirung, weshalb sie statt ihres schwiegervaters 
das wort nehme 537, denn Amph. sollte ja nicht weniger sterben als 
sie. aber die zwischengestellte sentenz ist wieder für diese stimmung zu 
reflectirt, wie oben in der rede 275 fl. 

536 Die attische feinheit liebt es entschiedene bebauptungen durch einen 
zusatz zu mildern, der ihnen der form nach die schärfe nimmt. am 
stärksten und für unsere art nicht selten störend üben es die Sokratiker, 


126 Commentar. 


zumal Aristoteles, im schroffen gegensatz zu der apodiktischen weise der 
ionischen weisen. dazu gehört auch dies πτως gewissermaßen’. schon 
A. Hik. 100 und öft:r bei allen tragikern. 

οἰχτρόν: οἰχτιστικχόν. οἰχτρὰ ἀηδών 8. Ai. 629. gemeiniglich ist 
es Οἰχτιστέον. den meisten adjectiven gleicher bildung wohnt active 
‚oder passive bedeutung an sich nicht inne, sondern sie erscheinen so 
oder so durch die relation.zu verschiedenen subjecten. οἐχτρός ist οἶκτον 
ἔχων : ob eigenen oder von anderen, ergibt sich erst durch die verbindung 
im satze. allerdings ist diese freiheit immer mehr eingeschränkt und hat 
im lebendigen gebrauche das 5. jahrhundert selten überlebt. 

537 Sehr deutliche dynamische imperfecta. der wechsel vou ἔϑνῃσχε 
und ἀπωλλύμην ohne jeden bedeutungsunterschied, nur um zu wechseln, 
wie 492, 755. ᾿ 

Kein teil des attischen dramas ist schwerer zu verstehen als die sticho- 
mythie, einmal weil uns diese stilisirung der unterhaltung unnatürlich 
erscheint, die wir nur beim “wortwechsel’, in lebhaftestem affecte, gern 
hinnehmen, wie sie auch Aischylos noch fast ausschließlich anwendet, und 
ähnlich die alte komödie. auch die nachbildungen der modernen behalten 
besonders viel fremdartiges. man wird nicht leugnen dürfen, daß Euri- 
pides, wenn er in der stichomythie erzählen lälst, z. Ὁ. Hik. 115—60, 
Phoen. 389—427, Ion 262—368, wirklich in häfsliche manier verfallen 
ist; leere verse fehlen freilich nirgend und bei keinem dichter. so weit 
liegt die schwierigkeit in dem objecte; aber hinzu kommt, daß ein be- 
sonders ausgebildetes sprachgefühl erfordert wird, um die färbung des 
ausdrucks zu empfinden, die oft durch vieldeutige partikeln, oft nur durch 
die wortstellung bewirkt ist. der erklärer mufs viele worte machen; doch 
kann die paraphrase oft aushelfen. 

538 ArcoAkov vgl. zu 820. — dieser ausdruck des entsetzens über eine 
nachricht ist bei Eur. formelhaft, Tro. 714 u. ö, auch unten 1179. die 
metapher in προοίμιον oder im drama lieber φροέμεον ist eine musica- 
lische, praeludium ; die rhetorik hat mehrere ausdrücke aus der kunstsprache 
älterer τέχναι geborgt. so gut wie man ein praeludium anstimmt, kann 
man φροιμίου ἄρχεσϑαι, so steht sogar ἀρχὴ προοιμίου El. 1060. die 
metapher ist A. und Eur. gewöhnlich; 8. hat sie nicht. dann verschwindet 
sie aus der guten prosa, weil eben die rhetorik beschlag auf das wort 
gelegt hat. aber der atticismus hat auch diesen alten flicken als schmuck 
für sein kunstgriechisch nicht verschmäht. 

540 Wie seit Homer (.7 313) im leben τέ παϑών, ohne dafs man 
an die bedeutung von πάσχειν noch denkt, lediglich bedeutet “ wie kommt 


vers 587—543. 127 


er dazu?”, so im drama τέ δράσας. unten 1136. 1188, beim dichter 
des Rhes. 735. so könnte man die häufigen fragen τέ δρᾷς und τί 
πάσχεις nicht selten vertauschen; geradezu verbindet τί πάϑω, τί δὲ 
δρῶ der fortsetzer der Sieben 1057, ähnlich 8. Tr. 973. E. Hik. 320 haben 
moderne μὴ δῆτα... δράσῃς τάδε in πάϑῃς ändern wollen. Or. 849 
τί χρῆμ᾽ ἔδρασε, τίς δ᾽ ἔπεισέ yıy, bedeutet die erste frage nicht “was 
hat er getan’ sondern “wie kam er dazu’ u. 5. ἢ, 

Daß die schwäher im kriege erschlagen sind, nimmt Her. zunächst als 
das wahrscheiulichste an. | 

541 Daß Her. den Lykos kennt, wird vorausgesetzt um weitläufig- 
keiten zu vermeiden. 

542 Bürgerzwist als krankheit des staates zu bezeichnen (34) ist dem 
Hellenen so gewöhnlich, dag es kaum noch metapher ist. Demosth. 
Phil. 3, 13 πυνϑάνεσϑαι γὰρ αὐτοὺς ὡς vo0odcı καὶ στασιάζουσι, 
wo das erklärende wort fälschlich als glosse betrachtet wird: die rhe- 
torik hat andere stilprinzipien als wir und liebt die doppelbezeichnungen. 
Plat. Soph. 228 96009 καὶ στάσιν οὐ ταὐτὸν νενόμιχας; ἃ. h. v600G 
ist am körper was στάσις an der seele, τοῦ φύσει ξυγγενοῦς ἔκ τινος 
διαφορᾶς διαφϑορά. Ps. Plat. Menex. 243° εἴπερ εἱμαρμένον εἴη 
ἀνθρώποις στασιάσαι, μὴ ἂν ἄλλως εὔξασϑαι μηδένα πόλεν Eav- 
τοῦ νοσῆσαι. τυραννὶς νόσημα πόλδως ist im 4. jahrhundert ein 
schlagwort, in dem sich Isokrates Hel. 34 und Platon Pol. VIII 544® 
zusammenfinden. in diesem sinne kann man γοσεῖν freilich nur von 
der πόλιες, dem staate, aussagen, nicht von der χϑών, deren γόσος 
miswachs oder pest hervorbringt. allein die tragödie hat, wenn man 
sich nicht erlaubt, an sehr vielen stellen die für den vers indifferenten 
formen zu vertauschen, χϑών und πόλις ganz synonym gebraucht und 
das edlere wort bevorzugt. 

543 Θηβῶν ἑπτάπυλον χράτος würde sich nach der analogie von 
τἀμὰ πεδία γῆς 468 leicht erklären lassen. härter ist Kaduov ἑ. xe. 
ἑπτὰ πυλῶν Κάδμου. dieser name hat oft mehr eponyme als persön- 
liche bedeutung, Κάδμου πύλαι Hik. 11. 589, ἑπτάστομον πύργωμα 
Καδμείων Hik. 1221. ebenso steht es mit Pelops, der zum eponymen 
des Peloponnes wird. den Isthmus nennt Bakchylides 7 Πέλοπος πύλαι, 
Pindar N. 2, 21 IT. πτυχαί. der Peloponnes II. τόποι A. Eum. 706. 
Eur. umschreibt das genauer diropov χορυφὰν Ἴσϑμιον ἔνϑα πύλας 
II. ἔχουσιν ἕδραι Tr. 1098. ἑπτάπυλον χράτος wie ἐχατογχέφαλα 
ὀφέων ἰαχήματα 884, καλλίπαις στέφανος 839, τέλος διωδεχάμηνον 
Pind. Nem. 11,9 — δώδεκα μηνῶν τελευτήν; ττολύτεχνος ἅμιλλα 


128 Commentar. 


Med. 554 = ἅμιλλα περὶ πλήϑους τέχνων; 1. T. 141 χώπα yılıo- 
vavg = χιλίων νεῶν, u. &. 

546 Die gefahr der kinder kommt ihm erst bei ihrer erneuten nennung 
zum bewulstsein. ἐπειδὴ ὀρφανοὶ ἦσαν, πῶς φοβεροὶ εἶναι ἐδόχουν; 
statt des gewöhnlichen ὀρφανέα bildet sich Eur. dogavevua, weil diese 
ableitung am leichtesten persönliche bedeutung annimmt, χήδευμα, παέ- 
devua, δεῖμα u. a. 

548 Auf die antwort kommt es dem vater nicht an; er hat die kinder 
genauer betrachtet und äußert nun sein befremden über ihren leichen- 
schmuck. er hat es freilich schon gehört, dafs sie sterben sollten, aber 
er muls sich an das schreckliche erst gewöhnen; daher die erneuten 
genaueren fragen. übrigens ist Her. überhaupt nicht rasch von begriffen, 
aber sobald er begriffen hat, rasch und entschlossen zu handeln. das 
ist eine schöne und wahre charakteristik. 

549 Der leichenschmuck besteht wesentlich aus taenien um den kopf 
(περιβόλαια) von denen die langen bänder herabhängen, wie es statuen und 
gemälde so oft zeigen. daher ἀγρημμένοε hier nicht minder palst als 1038. 

550 “Und wart dabei gewaltsam zu sterben?” wir können den griechi- 
schen gebrauch nachahmen; denn auch hier liegt die lebhafte wirkung 
darin, dals der zweite redner den satz des vorredners aufnimmt und fort- 
setzt, also die consequenz zieht, die ihm entweder jetzt plötzlich klar wird 
(so hier und 557) oder die er dem andern zu gemüte führen will (so 1121), 
was bestätigend ebenso wol wie widerlegend geschehen kann. man sehe 
z. Ὁ. Hipp. 326. 503, Or. 753. 782. in den meisten fällen wird freilich 
das verhältnis durch eine partikel genauer bezeichnet, γε, μήν, εἶτα, δὴ, 
und δή würde hier stehen können. σπρὸς βίαν hat nicht den ton; die 
prosa würde χαὶ ἀπεϑνήσχετε ἤδη βιαίως sagen. die vergewaltigung 
wird nur bezeichnet, weil in ihr das schreckliche liegt. man findet neben 
ἀποθανεῖν oft solche zusätze, weil dieses das passiv zu dsroxrelver 
ist und doch eben das passivische nicht zum ausdruck bringt. 

651 "Gewils mufsten wir sterben, denn es half uns ja niemand und 
unser bester helfer galt für tot”. 

554 ἐξελείπετε für uns periphrastisch wiederzugeben. “wie konntet ihr 
verlassen?” ἐχλελοιπότες νῦν εἰσίν, ἅπαξ τότ᾽ ἐκλιπόντες, τὸ δὲ ἐχ- 
λείπειν “ποτὲ ϑαυμάζει. — οἶχος καὶ ἑστία ist nicht tautologisch, 
denn der herd schützt durch seine heiligkeit. 

565 μέν zeigt, dals sie eine längere schilderung vorhatte, die der 
unwillige ausruf des Her. abschneidet, Amphitryon auf dem bette gedacht 
wie 108. 


vers δ46---557. 129 


557 αἰδῶ γ᾽. γ8 zeigt, dafs Meg. nicht ironisch fragt (ποέαν αἰδῶ ;) 
sondern bitter das wort aufgreift (ja wol, scham!). — da für das religiöse 
gefühl zwischen dem abstractum αὐδώς und der göttin kein unterschied 
ist (denn nur weil man die gewalt des schamgefühles concret wirksam 
an sich empfand, hat man der ursache dieser wirkung göttliche persön- 
lichkeit verliehen), so ist in fällen wie diesem nur für den modernen eine 
vermischung von abstractum und concretum vorhanden. ja es ist gar nicht 
einmal nötig, dafs das nomen genannt wird. Ion 336 sagt Kreusa αἐδού- 
μεϑα, und Ion οὔ τἄρα πράξεις οὐδέν᾽ ἀργὸς ἡ ϑεός, vgl. zu 262. es 
kommt in solchen wendungen nichts darauf an, ob irgendwo der cultus 
ein solches abstractum schon zu göttlicher verehrung erhoben hat; z. b. 
A. Sieb. 409 τὸν Aioyuvns ϑρόνον o&ßovra, Dioskorides Anth. Pal. 
7,450 αἐσχύνην οὐ νομέσασα ϑεόν, obwol αἰσχύνη wol nie verehrt 
ist. Hesiod. Erg. 763 φήμη δ᾽ οὔτις πάμπαν ἀπόλλυται ἥντινα 
λαοὶ πολλοὶ φημίζωσι᾽ ϑεός νύ τίς ἐστι καὶ αὐτή. da ist φήμη zuerst 
ganz abstract, und dann wird gar die bedingung angegeben, die sie zu 
einer gottheit macht. aber wenn ein gerücht daemonische gewalt übt, 
ist es auch ein daemon. daher kann selbst in etwas nicht einmal gram- 
matisch personificirtem ein gott gefunden werden. A. Choeph. 60 τὸ εὐ- 
τυχεῖν ἐν βροτοῖς ϑεός. Eur. Hel. 560 ὦ ϑεοί. ϑεὸς γὰρ καὶ τὸ 
γιγνώσχειν φίλους (dals man die seinen kennt ist gott: so sagt einer, 
der die teufelsqual der ungewilsheit empfindet). natürlich kann auch etwas 
feindlich. wirkendes, weil es wirkt, ϑεός sein. Or. 399 sagt Menelaos, 
als Orestes die λύπη als seine verderberin genannt hat, δεινὴ γὰρ ἡ ϑεός. 
Menander (Stob. 32, 11) ὦ μεγίστη τῶν ϑεῶν νῦν οὖσ᾽ dvaldeı, εἰ 
ϑεὸν χαλεῖν σε δεῖ, δεῖ δέ" τὸ κρατοῦν γὰρ τεᾶν (Artemidor, νῦν Stob.) 
νομίζεται ϑεός. “die menschen sind jetzt schamlos, also regirt die scham- 
losigkeit, denn was die macht hat, ist gott’. so sagt er sehr wahr: na- 
türlich folgt aus allen solchen stellen höchstens, dafs der cultus solche 
abstracta nicht kannte, obwol auch diese wie jede empfindung eines gött- 
lichen zu seiner verehrung führen konnte — nur nicht von so etwas 
wie ἀναίδεια). Aids war allerdings nicht blofs in der poetischen 
speculation (Hesiod. Erg. 200), sondern auch im attischen cultus eine 


1) Das spukt immer noch in den handbüchern (Pauly-Wissowa s. v.), wo nichts 
hingehörte als: 4243ος ᾿Αναιδεέαο hiels auf dem Areshügel der stein des anklägers, 
weil dieser keine αὐδέσες angenommen hatte oder annehmen durfte, keine schonung 
und verzeihung walten liefs. ihm entsprach des mörders A/Jos Üßpews. das doppelte 
misverständnis, in ἀναίδεια schamlosigkeit und in dem steine einen altar zu sehen 
soll schon Theophrast begangen haben, Zenob. IV 36. 

v. Wilamowitz IL 8 


180 Commentar. 


göttin. sie hatte einen altar neben dem alten tempel auf der burg (Hesych 
4idoös βωμός u. a.), und galt für die amme der jungfräulichen göttin 
(schol. A. Prom. 12), aus deren eigenschaft sie sich abgelöst hatte. Eur. 
Hipp. 78 läfst sie die wiesen der Artemis Limnatis bei Trozen pflegen, 
wo sie wieder nur ein praedicat der Artemis ist. das hat mit dem mangel 
an rücksicht auf das alter, welchen Lykos zeigt, nichts gemein als den 
namen. im Ion wieder ist es die falsche scham, welche sich scheut die 
wahrheit zu sagen. bei Pindar Nem. 9, 33 αἰδὼς ἃ δόξαν φέρει ὑπὸ 
κέρδει κλέπτεται, wie der schol. sagt, weil die menschen für geld 
ἀναίσχυντοι werden. E. Alk. 601 τὸ εὐγενὲς ἐκφέρεται πρὸς αἰδῶ, 
der adliche hat ein rücksichtsvolles benehmen, d. h. Admetos bewirtet 
trotz seiner trauer den Herakles. man sieht, wie verschiedenartig die 
gottheit wirkt, in der schon Hesiod Erg. 318 und nach ihm Eur. 
Hipp. 354 Erechth. 365 ein doppelwesen erkannt hatten. 

„559 Das ‘nein’, welches wir zu dem folgenden begründenden satze hin- 
zusprechen, ist bei dem südländer durch einen gestus, etwa ἀνανεύειν, 
ersetzt. 

Das nächstliegende würde τένες γάρ eloıy ἀνδρὶ δυστυχεῖ φίλοι sein; 
aber das ist geändert, weil Meg. das wort φέλοι aus Her. rede aufgreift 
und deshalb damit beginnt. 

560 Der jähzorn, dessen ausbruch folgt, kündet sich schon an. Her. 
kann eigentlich nur sagen “sie haben meine woltaten vergessen, nicht 
geachtet”; aber ihm erscheint die unterlassungssünde als eine freche be- 
leidigung. ἀπέπτυσαν sagt er. 

561 Nach diesem verse verstummt Megara. mit den racheplänen hat 
sie nichts zu schaffen, und dafs sie davon hören muls, läfst sie nur in 
neue angst geraten: der dichter gibt nach dieser richtung 626 für ihr 
stummes spiel eine anweisung. 

562 Doppelter genetiv wie 450. der gegensatz von sonnenlicht und 
todesnacht kommt aus der seele des Her.: er hat diesen beseligenden 
übergang ja eben ganz eigentlich an sich erfahren. 

563 φῶς ἀναβλέπειν kann nicht bedeuten zum licht aufschauen, sondern 
in den augen, deren blick sich aufrichtet, ist das licht, ist also auch 
der todesschatten gewesen, dessen φέλας ἀμοιβάς sie jetzt im blicke 
tragen. den inhalt des blickes als accusativ zu βλέπειν und gleich- 
bedeutenden wörtern zu setzen ist ganz gewöhnlich, und sogar ἀναβλέ- 
πεῖν poıvlav φλόγα hat Eur. Ion 1263 gesagt. A. Prom. 902 μηδὲ 
ϑεῶν ἔρως ἄφυκτον ὄμμα προσδράχοι με. Danach verbessert sich 
sicher E. Hik. 322 τοῖς κερτομοῦσι γοργὸν ὄμμ᾽ (ὡς codd.) ἀγα- 





vers 559—571. 181 


βλέπει σὴ πατρίς. der uns zunächst befremdliche sinn enthält eine 
hohe schönheit. aus den augen der kinder leuchtete dem vater nicht 
das liebe sonnenlicht entgegen, dessen er sich freute, sondern er fand 
die finsternis des todes darin, die er eben in ihrem reiche geschaut hatte. 
dafs nun für den Griechen das sonnenhafte auge ein viel köstlicheres 
ding war als für uns, denen die physiker es als eine verfehlte maschine 
darstellen, und dafs der Grieche in φῶς die rettung mit hört, mußs man 
nachzufühlen gelernt haben, um die schönheit der verse voll zu begreifen. 

565 ἐμῆς ἔργον χερός: mea manu opus est entspricht ganz genau, denn 
der genetiv ersetzt den ablativ, genauer den instrumentalis (de? ἐμῆς χερός 
indiget mea manu), dessen verlust die sprache gezwungen hat, da wo sie 
sagen wollte, ‘hier hat meine hand zu wirken’, dieselbe nominale wen- 
dung zu brauchen, die in ἔργον Avolsınov bezeichnet, dafs Lysippos 
dies gewirkt hat. auch die lateinische wendung ist durch die verbale 
kraft des nomens herbeigeführt, wie usus est mea manu besonders deut- 
lich zeigt. gewöhnlich in diesem sinne ist nur οὐδὲν ἔργον oder sonst 
negative wendungen. 

566 Ob Lykos ein haus hat, ob seine demolirung zweck hat, davon weils 
Her. nichts. beides ist auch gar nicht der fall. es lodert eben der jähzorn 
in ihm und bringt ihn schon hier zu törichten plänen, die er in wilder 
übertreibung prahlend ausruft: auch nachher, wenn der verderbliche 
wahnsinn ihn beherrscht, ist die zertrümmerung des schlosses seines 
feindes sein hauptwunsch: die überfülle von kraft sucht sich eine mög- 
lichst gewaltige aufgabe. 

568 ῥέψω κυσὶν Eixnua würde man erwarten: ἑλώρια τεῦχε κύνεσσι. 
aber die leise abweichung hat ihren guten grund und ist nicht etwa von 
metrischen rücksichten eingegeben. Her. wirft das haupt nicht den 
hunden hin, er wirft es nur weg, und da finden es die hunde wie allen 
unrat der gasse. — ἔλκημα findet sich nur hier, wird aber durch ZAxn- 
ϑρον und ἑλχηδόν, daneben durch analogieen wie δέσχημα genügend 
gesichert. | 

569 Logisch geordnet mülste die rede lauten Καδμείων τοὺς μὲν τῷ 
ῥοπάλῳ διαφϑείρων, τοὺς δὲ κατατοξεύων τόν τε ᾿Ισμηνὸν νεκρῶν 
ἐμπλήσω καὶ τὴν Ζίρχην μιανῶ τῷ αἵματι. aber die wilde wut malt 
sich darin, ἀδίβ statt geordneter gedanken ein bild nach dem andern dem 
Her. vor der seele aufsteigt, und jedes sofort die herrschaft über den 
satzbau erringt. 

571 διαφορεῖν zerreilsen, zerfleischen, ist eigentlich für den erfolg der 
pfeilschüsse ein zu grausames wort, das eher dem schlage der keule zu- 

9 « 


182 Commentar. 


kommt. die phantasie des Her. labt sich am grassesten und blutigsten: 
die inconcinnität ist also wohlberechtigt. 

572 νεχρῶν — φόνου construction &x παραλλήλου; zu 179. 

675 Die euphemistische form der verwerfung, des lossagens durch xar- 
θέτω, χαίρειν λέγω ist attisch. schon A. Ag. 251 wird es geistreich 
weiter gebildet: τὸ μέλλον ἐπεὶ γένοιτ᾽ ἂν κλύοις. προχαιρέτω᾽ ἔσον 
δὲ τῷ προστένειν. d.h. τὸ μέλλον πρὶν ἂν γένηται οὐδέν μοι μέλει, 
χαίρειν λέγω αὐτῷ, ἔσον δὲ τοῦτο τῷ λέγειν οἰμώζειν. bei Eur. hier und 
Med. 1044 Hipp. 113 ganz wie im leben und in der späteren prosa ange- 
wandt. dals es damals auch in ionischen kreisen galt, zeigt Pherekydes 
(schol. Apoll. Rhod. IV 1896)", Hocxijg λαβὼν τὰ μῆλα χαίρειν einor 
τῷ Arkavrı ἀπέρχεται ἐς Muxivas, woraus ein höfischer gelehrter 
gemacht hat “ Herakles empfiehlt sich dem könige und wandert nach 
hause”. bei Herodot IV 127 κλαίειν λέγω. das würde in Athen für 
grob gegolten haben; aber Herodot zeigt ja besonders, dals die schick- 
lichkeitsbegriffe der Ionier ganz andere als die attischen sind; auch 2. g. 
unanständige, in wahrheit natürliche dinge, nennt er mit ihren namen, 
während die Athener peinliche decenz üben, die in Ionien, ehe es demo- 
kratisirt ward, wie das epos zeigt, auch sitte gewesen war. — die πόνοι 
sind die arbeiten seines dienstes, die Her. überwunden zu haben glaubt. 

577 “Ich mufs ihnen helfen: davor verschwindet alles verdienst meiner 
taten, und ich muls mich für sie dem tode bieten, wie sie es für mich 
getan haben; sonst würde man mit recht sagen, dafs ich nur auf com- 
mando tapfer wäre und mit meinem ruhme wäre es vorbei”. woran sich 
das wort des chores schliefst “allerdings ist dies ein fall, wo du aus 
freien stücken zu helfen verpflichtet bist”. man mufs recitiren, wie die 
interpunction es in der paraphrase bezeichnet, also δεῖ ϑνήσκχδεν an 
μάτην --- ἤνυσα copulativ anschliessen. die verpflichtung ist nicht minder 
für den tod wie für die hilfe vorhanden. die änderung ἔδει ist also 
nicht nötig, obwol Her. den tod von Lykos nicht fürchten kann. 

δεῖ μ᾽ ὑπὲρ τῶνδε ϑνήσχειν, εἴπερ τούσδε erwartet man: aber 
sie hatten ja nicht die verpflichtung, und haben es doch getan: das liegt in 
εἴπερ olde — ἔϑνῃσχον. 

580 πομπή ist “geleit’. der gott, der jemanden sendet, ist und bleibt 
bei dem, durch welchen er wirkt. so sehen wir auf den gemälden der 


1) So nur die editio princeps und die Pariser interpolirten scholien. der 
Laurentianus läfst yaspeıw εἰπὼν τῷ Arkayıs aus: ein schlagender beweis dafür, 
dafs er nicht die einzige quelle ist. vgl. I! 187, wo ich noch zu καρ δῆ geur- 
teilt habe, 





vers 572—-592. 133 


alten zeit Athena und Hermes bei Herakles’ taten gegenwärtig, und ist 
es überhaupt sitte, die götter mit darzustellen, durch deren zoustat die 
handlung geschieht. so redet man von ϑεία πομπή, oft bei Herodot, 
πομπᾷ Διὸς ξενίου kam Helena nach Llios (A. Ag. 747), πομπαῖσιν 
Agooötrag Paris nach Sparta (E. Hel. 1121): danach ermesse man, mit 
welcher bitterkeit Her. von sich sagt, dafs er die taten Εὐρυσϑέως πομ- 
παῖσεν vollbracht habe. für die einfache aussendung könnte man zwar 
ἐχπεμφϑεὶς ὑπ᾽ Εὐρυσϑέως sagen, aber das nomen hat ganz anderen 
klang. — so hatte ich auf grund des überwiegenden gebrauches geschlossen ; 
vielleicht zu scharf, denn in dem homerischen hymnus auf Her. (15, 5) 
durchzieht er land und meer πομπῇσιν ὕπ᾽ Εὐρυσϑῆος ἄνακτος. 

581 Seiner stimmung gemäls läfst Her. die abhängige construction fallen, 
welche ἐχπογεῖν entsprechend zu ἐλθεῖν fordern würde. ἐχπονεῖν — 
πονοῦντα ἐχποδὼν ποιεῖν vgl. ἐχμοχϑεῖν 309. 

582 Das starke futurum λέξομαι ist nur noch in der tragödie erhalten, 
schon die archaische prosa kennt nur λεχϑήσομαι. 

585 Was in der natur des Her. liegt (denn das ist πρὸς σοῦ vgl. πρὸς 
γυναικὸς αἴρεσθαι κέαρ A. Ag. 592, τὸ δεδοικέναι πρὸς ἀνδρὸς οὐδὲν 
ὑγεές ἐστ᾽ εἰργασμένου Ar. Plut. 355. Xenophon umschreibt es πρὸς 
τοῦ Κύρου τρόπου Anab. I 2, 11), ist das grundgesetz für des rechten 
mannes handeln in der volkstümlichen moral, über welche sich erst 
Platon, oder vielmehr nur Platon erhebt; vgl. Bernays ges. schr. I 214. 
selbst Solon betet 13, 5 εἶναι δὲ γλυκὺν ὧδε φίλοισ᾽, ἐχϑροῖσι δὲ 
πικρόν. den Herakles charakterisirt auch Syl. 692 τοῖς μὲν δικαίοις 
ἔνδικος, τοῖς δ᾽ αὖ καχοῖς πάντων μέγιστος πολέμιος κατὰ χϑόνα. 

587 In τί δ᾽ ἐστί ist die partikel wesentlich um den hiatus zu ver- 
meiden eingeschoben, welchen Euripides im gegensatze zu den übrigen 
tragikern und der komödie nirgend mehr nach τί zugelassen hat. 

588—92 Diese verse geben an, dafs sich Lykos auf einen starken an- 
hang wahrhaft catilinarischer existenzen stützte. die schilderung entspricht 
genau der, welche Platon von dem anspruchsvollen aber verarmten adel 
gibt, der sich in oligarchien bildet und den umsturz in die demo- 
kratie bewirkt, Pol. VIII 555° ἐν ταῖς ὀλιγαρχίαις... ἐφιέντες dxo- 
λασταένειν οὐχ ἀγεννεῖς ἐνίοτε ἀνθρώπους πένητας ἠνάγχασαν 
γενέσθαι. ... κάϑηνται δὴ οὗτοι ἐν τῇ πόλει κεκχεντρωμένοι. .. 
οὗ μὲν ὀφείλοντες χρέα, οὗ δὲ ἄτιμοι γενόμενοι, ol δὲ ἀμφότερα, 
μισοῦντές τὸ καὶ ἐπιβουλεύοντες τοῖς κτησαμένοις τὰ αὑτῶν καὶ 
τοῖς ἄλλοις νεωτερισμοῦ ἐρῶντες u. 5. ἡ. in die oligarchie gehört 
diese sippe, wie Platon sagt und die geschichte bestätigt, denn sie 


184 Commentar. 


wird gefährlich, weil sie ansprüche macht und vorrechte besitzt, die es 
in der demokratie nicht gibt. also in Athen konnte Eur. diese typen 
nicht wol finden. seine schilderung der attischen parteien ist denn 
auch ganz anders, Hik. 2332—45. wenn er die verse gleichwol gemacht 
haben sollte, so würde ein für uns uncontrollirbarer hinblick auf 
auswärtige verhältnisse anzunehmen sein, und z. b. auf Thessalien 
mag das bild damals zugetroffen haben. dafs die verse nur unter einer 
bestimmten politischen beziehung denkbar sind, ist klar, da sie aus dem 
stücke völlig herausfallen, und nicht das leiseste zeichen eines mangels 
ist, wenn wir sie weglassen. ἐχϑροί 594 sind dann einfach Lykos und die 
Thebaner: dafs sie ihm anhängen, ist ja vorher allseitig zu erkennen ge 
geben. andererseits ist zwischen 592 und 93 keine verbindung, und man 
steht somit vor der wahl, etwas zuzusetzen oder die versreihe auszu- 
scheiden. nun fehlt aber nichts wesentliches. es steht also so: vers, 
die mit dem drama inhaltlich nicht verbunden sind, sind auch an dem 
platze, wo sie überliefert sind, nach beiden seiten unverbunden. das 
spricht für die unechtheit. in den versen selbst sind zwei wendungen, 
welche verdacht erregen und welche ich wenigstens nicht als euripi- 
deisch zu rechtfertigen vermag. ὀλβίους τῷ λόγῳ δοχοῦντας εἶναι; 
darin ist zwar nicht die tautologie anstölsig, aber τῷ λόγῳ, denn "dem 
namen nach’, im gegensatz zu ἔργῳ heilst λόγῳ, da gehört der artikel 
nicht hin. ἦν ἐν υκήναις τῷ λόγῳ, unten 963, heifst “nach seiner 
rede’. τῷ λόγῳ μὲν εὖ διέρχῃ πάντα, τῷ δ᾽ ἔργῳ κακῶς adesp. 514 
setzt die worte und die werke des angeredeten in gegensatz. diese be- 
deutung verträgt sich mit doxeiv nicht. zweitens δεαφυγόνϑ᾽ ὑπ᾽ 
ἀργίας. διαφεύγειν im sinne von diffluere dilabi διαρρυῆναιε ist mir 
nicht bekannt; es pflegt “entkommen” zu bedeuten. somit scheint δὲ 
unvermeidlich hier einen zusatz anzuerkennen, der denn freilich in 
alter zeit mit politischer spitze für den bühnengebrauch gemacht sein 
muls. es würde in diesem drama die einzige alte interpolation sein. ich 
wünsche sehr, dafs die rettung der verse gelinge; aber mit der bloßen be- 
hauptung sind die anstölse nicht beseitigt. 

596 οὐχ ἐν αἰσίοις ἕδραις mit vorwegnahme der negation, die zu αἰσίοις 
gehört. Pind. N. 9, 19 αἰσιᾶν οὐ κατ᾽ ὀρνίχων ὅδόν. man redet mög- 
lichst euphemistisch. wir wissen im allgemeinen, dafs der glaube an 'an- 
günge’ und insbesondere an vogelzeichen das attische volk wie die Griechen 
überhaupt beherrschte. das ältere epos hatte sich im wesentlichen darauf 
beschränkt, dafs das erscheinen des adlers eine manifestation des Zeu: 
ist, und wenn etwas besonderes kundgetan wird, so tut auch der adler 


vers 596. 135 


etwas besonderes. aber in der zwischenzeit war der aberglaube gewachsen, 
und es gab offenbar schon ein ganzes system von regeln darüber, was 
ein vogel, der da oder da sich gezeigt, dorther und dorthin geflogen, be- 
deutete. ein stück eines solchen rituals haben wir aus Ephesos (I Οἱ 
A.499). mittlerweile war jedoch das zauberwesen etwas in miscredit ge- 
kommen. man darf vermuten, dals es der zuwandernden bevölkerung 
angehört hat, und je mehr sich diese hellenisirte, zurücktrat, während die 
Italiker, die so viele berührungen mit den Dorern haben, die vogel- 
schau bis zum äulsersten treiben. die Germanen haben natürlich in 
ihrer barbarei kein system, aber an “angänge” glauben sie noch heute. 
im 5. jahrhundert spielen die οἐωγοσχόπτοι nur noch in der sage eine 
geachtete rolle, und es gab keine officiell anerkannten augurn in Athen, 
wo der μάντις vielmehr als prophet oder aus den eingeweiden des 
opfers die zukunft deutet. Eur. läflst keinen geringeren als Theseus 
den aberglauben der vogelzeichen verwerfen (Hipp. 1059), was ihn 
natürlich nicht hindert die vogelschauer der sage in ihrer überlieferten 
geltung zu lassen und auch Her. die vorurteile der Athener teilend 
darzustellen. von der griechischen auguraldisciplin, der methode dieser 
tollheit, wissen wir äulserst wenig, obwol es darüber sogar gedichte ge- 
geben hat. denn die Ornithogonie der s.g. Boio, ein gedicht, das Philo- 
choros gekannt hat, lief auf solche praktische regeln hinaus, und ein 
Delier Hermon hat vor 167 (seitdem gibt es keine Delier mehr), wie es 
scheint geradezu über vogelzeichen gedichtet. wir haben zwei bruchstücke 
bei Porphyrios zu B 370 und K 274, von denen das letzte hier stehen 
mag, weil es die alola ἔδρα erläutert. ἐρῳδιὸς ὃ πελλὸς ἐν πεδίῳ 
φαινόμενος 
δαπέδου μεδέοντος 

ἔστι Ποσειδῶνος, {δι᾽ ἁλὸς μεμαῶσι vesodaı) 

ἄρμενος ἐς πόλεμόν τε χαὶ ἐν νήεσσι μάχεσϑαι. 

ἐσϑλὸς καὶ πεζοῖσι καὶ ἱππήεσσιν ἄριστος 

ἐν πεδίῳ ϑεμένοισε μάχην (ἐν ὄρει δέ γε χείρων 

φαινόμενος)" μάλα γὰρ πέλεται νεχηφόρος ὄρνις. 

ἔς τε βοηλασίην ὁρμωμένῳ ἢ ἐπὶ λείην 

ἄρμενος᾽" ὄηελίτην κεν ἄγων οἴχονδε νέοιτο.). 


1) Die ersten worte gehören dem berichterstatter an. die lücke des zweiten 
verses war so zu ergänzen, dafs man am dritten nicht zu ändern brauchte, dann so zu 
interpungiren, dafs jedes praedicat zu ἐρῳδιός seine beziehung erhielt, und aus dem 
vorletzten verse, der so verstümmelt überliefert ist ἔς re βρομέην ὀρμένω ἀπειλέην, 
irgend etwas zu gewinnen, was der paraphrase ἀγαϑὸν λέαν τὸ σημεῖον τοῖς dve- 





un 








186 Commentar. 


in der kaiserzeit hat es zahlreiche bücher über vogelflug gegeben (Galen 
XV 444), die aber verloren gegangen sind, weil diesen aberglauben die 
christen ausnahmsweise wirklich abgelegt haben. 

598 Hier würde man auch πτόλιν eher als χϑόνα erwarten; vgl. zu 542. 

599 καλῶς “gut”; aus der sprache des lebens, 2. b. Ar. Frö. 898. bei Eur. 
z.b. Ion 417. Amph. hat die list sich ausgedacht, durch die Lykos fällt, 
aber er weis, dals Her. nicht für heimlichkeit ist, sondern für’s drein- 
schlagen, kein πολυμήχανος wie Odysseus, sondern ein ϑρασυμήχανος 
(Pind. Ol. 6, 67). so lockt er ihn durch den vorwand, erst die götter des 
hauses zu begrülsen, hinein. wenn er drinnen nur warten wollte (603), 
würde sich ganz in sicherheit alles von selbst machen. Her. wird in der 
tat nur durch diesen vorwand bestimmt. für Amph. aber kommt es 
darauf an, dals Her. hineingeht. das ist in der überlieferung verwischt, 
weil ἐσελϑών unter dem einfluls des folgenden zgöcsırre eine falsche 
praeposition erhalten hat. 

601 αὐτός “von selbst”, ohne dafs du etwas dazu tust, 

602 Nur ganz als nebensache erwähnt er seinen eigenen tod; wie 41 
und immer betrachtet er sich als nebensache. 

604 Das was man gewinnt, pflegt bei χερδαένω im acc. zu stehn (zuerst 
bei Pind. Isthm. 4, 24), allein das ist nur eine erweiterung des eigentlich 
adverbiellen d. h. als apposition zu dem verbalobject gedachten gebrauchs 
des neutrums wie μὴ κακὰ xeodalveıy Hesiod. OD. 350, τὰ χέρδη χερ- 
δανεῖ δικαίως 8. OT 889. denn das wort ist seiner natur nach intran- 
sitiv und heifst “profit haben’. dieser gebrauch hat denn auch zu allen 
zeiten vorgewaltet. das wodurch man profit hat, kann dann neben prae- 
positionalen constructionen (meist &7z0 &x) im instrumentalen dativ stehn. 
ganz deutlich Or. 789 τῴ χρόνῳ κερδανεῖς “du wirst durch den verzug 
vorteil haben’. Herodot 8, 60 gegen ende Meyaooıcı δὲ κερδανοῦμεν 
. περιεοῦσιεν wir werden dadurch vorteil haben, dafs Megara erhalten bleibt‘. 
so auch hier τῇ ἀσφαλείᾳ κερδανεῖς, nicht etwa “und die sicherheit 
gewinnst du dabei‘. es ist also nicht blofs grammatisch falsch von einer 
vertauschung von accus. und dativ zu reden. 


δρεύουσεν einigermaßen genügt und den letzten vers wieder schont. also der vogel 
der dem Poseidon gehört ist ein gutes vorzeichen, 1) wenn man zu wasser in den 
krieg zieht oder auch zu schiffe kämpft, 2) wenn man auf der ebene kämpft, weil 
Poseidon ἔπσπιος danddov μέδει, 3) wenn man auf rinderraub oder sonstige beute 
auegeht: dann kann man sogar einen kämpfer erbeuten, durch den man ἀπερείσια 
ἄποινα gewinnt. erst dieser dritte fall machte das citat für die Nyktegresie passend: 
denn da erjagen die helden ja den Dolon. 











vers 598—610. 137 


605 πρὸὶν als adverbium so zu setzen, dafs ein zweites scolv als con- 
junction folgt, ist im drama ein anbequemen an die sitte des epos, und 
kommt nur noch vereinzelt vor (z. b. Kresph. 453). aber andere adverbia, 
5. Ὁ. πρότερον sind auch noch in prosa zugesetzt worden. 

Amph. redet so allgemein, damit Her. nach belieben unter τόδ᾽ εὖ 
ϑέσθϑαι die huldigung gegen die götter und die beseitigung des Lykos 
verstehen kann. 

606 Her. ist jetzt wieder ruhig und entschlossen. daher die kurzen 
und bestimmten sätze. 

608 “Da ich aus dem reiche der götter, die keinen loslassen, zurück- 
gekehrt bin, will ich die verehrung derer, welchen ich im leben angehöre, 
nicht vernachlässigen’. so muls man verstehen, also τὸ προσειπεῖν ϑεούς 
als object zu druuaow. μὴ ἀτιμάσωμεν εἰπεῖν Plat. Lach. 182°. ϑεούς 
als object und der infinitiv epexegetisch dabei ist nicht gemeint, denn 
sonst würde μὴ προσειπεῖν stehen. bei Soph. OK. 49 μή u’ ἀτιμάσῃς 
ὧν σε προστρέπω φράσαι hängt von ἀτιμάσω der genetiv, φράσαι 
von προσερέπω ab. 

609 Die ϑεοὶ κατὰ στέγας sind der herd und der altar im hofe, der 
Ζεὺς ἐρχεῖος, vgl. die vorbemerkungen zum botenberichte. es ist nicht 
mehr als jeder hausbesitzer in Athen auch hat, die geister der ahnen, 
die Ζ. Ὁ. im schlofse der Atreiden wohnen, A. Choeph. 800, kann der 
Argeier in Theben nicht aufsuchen. 

610 ὄντως ist eine bildung der attischen sophistenzeit: denn 2ovrwg ist 
überhaupt nicht wirklich gebildet worden. der älteste beleg ist bei Anti- 
phon tetr. I ß 10 εἰκότως μὲν ὄντως δὲ μὴ ἀπέχτεινα τὸν ἄνδρα, und 
er gibt gleich auf das trefflichste die bedeutung, vgl. οὐσέα 337 ; ebenso d 10, 
das wort spricht dafür, dafs ein Athener iin Athen die tetralogien geschrieben 
hat: Thukydides, der außerhalb schreibt, hat das wort nicht. Eur. zwar 
nicht unten 1345, aber aulser dieser stelle Ion 222, Archel. 248 und 
vollends Aristopbanes mindestens 9 mal, und schon in den Wespen 997, 
also der junge mann eher als Eur, so dafs man recht das wort einer 
neuen zeit sieht. dann bei Xen. und Plat. etwa gleich häufig, bis 
letzterer in gewissen begriffsphilosophischen untersuchungen natürlich ein 
solches wort ganz besonders häufig anzuwenden in den fall kommt. ob 
er das mit 20 oder 70 jahren getan hat, kann man aus dem worte 
nicht abnehmen, das lag ihm zu jeder zeit parat, würde er übrigens sich 
auch zu jeder zeit zu schaffen manns genug gewesen sein, und fallen 
zu lassen, wenn er’s nicht mehr brauchte. die versuche die entwickelung 
Platons aus dem buchstaben und nicht aus dem geiste zu verstehen, 


188 Commentar. 


würden also scheitern, auch wenn sie an eine bessere statistik ihr urteil 
verkauft hätten als die ist, welche ὄντως vor 400 nur ein par mal bei 
Eur. kennt'). 

611 γε sagt ja, καί schlielst das an, wonach Amph. zunächst fragen 
würde. 

612 Eur. deutet auf die sage, dafs Persephone zu Her. gunsten inter- 
venirt hatte, die wir Diod. IV 26 erzählt finden und aus den apu- 
lischen unterweltsvasen erschliefsen. da merkt man auch, dafs diese 
dem ursprünglichen sinne der sage widersprechende fassung mit der 
eleusinischen weihung des Her. zusammenhieng, die Eur. 613 erwähnt 
er vermittelt also: die weihung nimmt er an, aber sie hat dem Her. nur 
die kraft zu siegen gegeben, kämpfen hat er trotzdem gemufst. ähnliches 
schimmert in der erzählung der apollodorischen bibliothek II 122—125 
durch. die etappen der entwickelung sind 1) kampf mit dem Tode in 
gestalt des höllenhundes 2) kampf um den hund mit dem Tode in gestalt 
des titanen Menoitios oder des ianitor orci, der seit Kritias Aiakos heifst 
3) kampf unter genehmigung der guten götter des jenseits 4) gnade 
dieser götter. 

615 Der sehr bedeutende und seltsame hauptcult der Dryoperstadt 
Hermion war der der Χϑογία, die man schon in Eur. zeit Ζ“αμάτηρ 
nannte (IGA 47. 48), die aber natürlich auch von Kore manche züge 
trägt. es war ohne zweifel die erde, aber so dafs sich eine höhere als 
die elementare potenz dahinter barg; wie der syrische theologe Phere- 
kydes die Χϑονέη seiner heimat erst zur Γῆ werden lälst. die 
Kykladen zeigen viele verwandtschaft mit den Dryopern von Euboia 
und der argolischen küste. nach Hermion gehört notwendig die höllen- 
fahrt des Trozeniers Theseus und des Peirithoos, und diese sage wird dem 
Eur. das local gegeben haben, das auch für den Her. von Argos das 
ursprünglichste sein wird, aber längst durch Tainaron verdrä war. 
doch hat sich die tradition erhalten, dafs Her. in Trozen emporgestiegen 
wäre (Apoll. bibl. Paus. II 31). 

617 ἦλϑον- εἰδέναι. in prosa würde sicher partic. fut. stehen, das 
auch im drama weit überwiegt. infinitiv noch z. Ὁ. Phaeth. 773, 54 
σεροσέβαν ὑμέναιον deioaı, Soph. OK. 12 μανϑάνειν ἥκομεν. der infin. 
bezeichnet hierin, so gut wie der accusativ eines nomens, das ziel, deckt 
sich also nicht mit dem part. fut. 


1) Für Aristophanes haben mehrere, seit dies geschrieben ward, die statistik 
genauer geliefert: aber für euripideische erfindung gilt ὄντως noch. 





vers 611—625. 139 


old« hat keinen aorist, also müssen seine modi auch für aoristische 
bedeutung aushelfen. Ar. Wesp. 86 ei ἐπιϑυμεῖτ᾽ εἰδέναι “erfahren. 
8. ΕἸ. 40 ἔσϑι πᾶν τὸ δρώμενον, ‘erfahre’. E. Eurysth. 376 εἰδέναι 
τὰ δραστέον “erkennen’, Thuk. 5, 46 πέμψαε ὡς αὐτοὺς καὶ εἰδέναι 
ὅ τε διανοοῦνται, durch die copulirung der verschiedenen infinitive sehr 
bezeichnend, ζν᾿ εἰδῶσε oben 245 und unzählige male in den motiven 
attischer volkebeschlüsse. auch S. Trach. 987 de’ ἐξήδησϑα, ist von dem 
scholiasten mit de’ ἔγνως “hast du’s nun gemerkt’, ganz richtig erklärt 
und darf nicht zerstört werden. 

619 Θησέα ist mit synizese zu sprechen, denn das « ist lang. Eur. 
hat sich zwar die später vulgäre verkürzung in φονέα ein par mal er- 
laubt, aber ebenso oft ist die contraction sogar in der schrift bezeichnet, 
schon Zeej Alk. 25, βασιλῆῇ Phaeth. 781, 24. in zweideutigen fällen 
müssen wir das sprachlich correcte annehmen. 

Die vorbereitung auf das erscheinen des Theseus war notwendig für 
das drama; aber es geschieht so kurz wie möglich. deshalb fragt Amph. 
nicht weiter, so befremdlich ihm die sache sein mufs, und wird Peirithoos 
gar nicht erwähnt. 

624 ἀλλά. die adversativpartikel hat hier ihre kraft so gut wie 622, 
wo sie die aufforderung in gegensatz zu dem gedanken setzt, der fallen 
gelassen wird. nur ist hier mit worten nicht bezeichnet, wogegen der 
adversative charakter sich wendet. das liegt in der handlung: die kinder 
gehorchen nicht. also ist hier eine pause im vortrag nötig, welche der 
dichter nicht, wie die längere 629, durch eine interjection bezeichnet hat, 

die tragödie wendet ϑάρσος und ϑράσος, ϑρασύς neben ϑαρσεῖν 
an, sowol in gutem wie in üblem sinne. das leben kennt nur ϑρασύς 
ϑράσος ϑαρρεῖν ϑαρραλέος, die ionisirende älteste prosa zieht ϑάρσος 
ϑαρσαλέος neben ϑρασύς vor. das nomen ward aber nunmehr ganz 
überwiegend in üblem sinne verwandt, den das altertum nicht gekannt 
hatte, und der in folge derselben sittlichen entwickelung entstanden war, 
über die zu v. 215. wenn noch hie und da jemand das wort ohne tadel 
verwandte, so war das ein archaismus, und den steigerten die spätlinge, 
indem sie auch die ältere form wider die sprachentwickelung aufnahmen. 
daraus machten dann die atticisten die verkehrte regel ϑράσος ἄλογος 
ὁρμή, ϑάρσος εὔλογος z. Ὁ. Ammonius (d.h. Herennius Philo aus Ha- 
drians zeit) s. 71. schol. Med. 469. 

625 νᾶμα ist von einer früh abgestorbenen, aber ehemals kräftigen wurzel 
abgeleitet. vaw fliefsen gehört einzig dem epos an und ist selbst da selten, 
besitzt auch lediglich den praesensstamm. in der religion sind die ναεάδες, 





140 Commentar. 


jonisch γηέδες νύμφαι, die wassermädchen, und (vornehmlich in Dodona) 
Ζεὺς Νάιος und 4“ιώνα Nal« erhalten, die mit ναός nichts zu tun 
haben können, weil kein haus da war. Eimpedokles wird, auch wenn 
das jetzt nicht nachweislich ist, seine Νῆστις, ἡ δαχρύοις τέγγεε κρού- 
γωμα βρότειον (35), aus irgend welchen ionischen speculationen ge- 
nommen haben, denn der vocalismus würde sonst befremden. väua, 
das sein « nie gebrochen hat, und γαρός (aus va-spög, nicht zu ver- 
wechseln mit vnonlöeg νηρεύς νερόν) sind ausschließlich attisch. das 
adjectiv ist nur bei Aisch. Soph. als lebendig bezeugt; Soph. hat auch 
die singularität νάτωρ, Inach. 248; νᾶμα gestattet ein besseres urteil. 
es fehlt den Ioniern Aeolern Dorern, wie es scheint, ganz und ist nur 
von Athenern bis in späte zeit gebraucht. Parmenides Empedokles 
Epicharm, die lesbischen, die keischen lyriker kennen es nicht. dagegen 
ist es der attischen erhabnen prosa nicht fremd, und selbst Aristoteles 
und Theophrast wenden es unbedenklich an, letzterer allerdings lieber 
das deminutiv vaudrıov, wovon ὕδωρ ναματιαῖον abgeleitet ist, das 
in der wiedergabe einer eidesformel (die, wenn delphisch, freilich dies 
wort ursprünglich nicht enthalten hat) sogar Aischines der redner zulälst 
(2, 115). auch in einer alten schwurformel, μὰ γῆν, μὰ κρήνας, μὰ 
ποταμούς, μὰ νάματα soll Demosthenes das poetische wort gebraucht 
haben (Plut. Dem. 9). Die bedeutung hat sich aber von dem ver- 
schollenen verbum ganz gesondert. νᾶμα ist das netzende, nicht das 
rinnende wasser, vauarıaloy ὕδωρ ist brunnenwasser, im gegensatze 
zum flulswasser. und man kann zusammenstellen vauara xal ῥεῖϑρα 
(Xenoph. Kyneg. 5, 34) “stehendes und fliefsendes wasser’ (der gegensatz 
zu regenwasser, den der atticist bei Phot. Bekk. An. 283 angibt, ist aus 
der Aischinesstelle erträumt). dazu kommt es nur, weil dem worte eben 
der begriff jeder bewegung fehlt, es nur den stoff bezeichnet. flüsse und 
quellen bleiben dieselben, sagt Aristoteles (polit. Γ' 3) χαίπερ del τοῦ 
μὲν ἐπιγινομένου νάματος, τοῦ δ᾽ ὑπεξιόντος. ein ort der νάματα 
ἔχει wird oft quellen haben, aber in der bezeichnung liegt nicht mehr 
als in εὔυδρον. Plat. Kritias 112° bleiben nach verschüttung der quelle 
Urathens τὰ νῦν νάματα σμικρά, “die kleinen wasseradern’, die man 
in der nähe der burg hie und da ergraben hatte. in diesen verwendungen 
hat das wort sich erhalten, doch nur in der obersten schicht der schrift 
stellerei. von den nachahmern bedienen sich seiner auch mit vorliebe 
solche, welche hohen stil anstreben. 

626 Das drama drückt in der anrede das possessive verhältnis bei ver- 
wandtechaftswörtern durch den dativ aus, ϑύγατέρ μοι, τέχνον μοι, 














vers 626—628. 141 


γύναι μοι. der genetiv ist überhaupt nicht üblich; sein eindringen, z. Ὁ. 
in der jüdisch-christlichen litteratur vielmehr ein zeichen des plebejer- 
tums (nicht etwa ein hebraismus, denn die erscheinung greift weit über 
diese kreise hinaus), ein zusatz aber schien im drama besonders geboten, 
wo dieselben wörter so oft ohne verwandtschaftliche bedeutung in der 
anrede verwandt werden. in anderer poesie z. b. auf einem grabstein 
unbekannten fundortes aus dem 4. jhdt. (wahrscheinlich attisch) 4yynis 
τ᾿ ἐνθάδε οἱ ϑυγάτηρ ganz gleich αὐτῆς. Kaibel. Ep. 86. 
σύλλογον ψυχῆς λαβέ und 833 συλλαβοῦσα καρδίαν sind für den 
deutschen sehr leicht verständlich, weil wir “sich fassen, sich zusammen- 
nehmen” in den beiden nuancen der bedeutung auch sagen. aber im 
griechischen ist beides eine dichterische lebhaft empfundene metapher. 
Homer O 240 νέον δ᾽ ἐσαγείρατο ϑυμόν, ® 417 μόλις δ᾽ ἐσαγ. $.; 
aber das ist sinnlich: der ohnmächtige sammelt sich neuen odem und 
damit neues leben durch den ersten schlag der lunge. ebenso e 458 
ἀλλ᾽ ὅτε δή ῥ᾽ ἄμπνυτο καὶ ἐς φρένα ϑυμὸς ἀγέρϑη. aber in nach- 
bildungen kommt es dem euripideischen gleich, Apollonios Rhod. I 1233 
aungavin δὲ μόλες ovvayelgaro ϑυμόν von einem durch plötzlich 
erweckte leidenschaft aufser sich geratenen mädchen. derselbe III 634 
von Medeia die erschreckt aus schwerem traume auffährt μόλες δ᾽ dva- 
γείρατο ϑυμὸν ὡς πάρος ἐν στέρνοις. Theokrit Adwvial. 57 καὐτὰ 
ovvayelgoucı ἤδη. auch Platon deutet den anschluls an Homer an, 
wenn er Protag. 328° μόγις πως ἐμαυτὸν ὡσπερεὶ συναγεέρας sagt, 
oder Phaed. 67° zu συναγείρεσϑαι zusetzt xal ἀϑροίζεσϑαι. dals die 
euripideischen wendungen von Homer beeinflulst wären, ist wenig wahr- 
scheinlich; vergebens sucht man bei anderen nach analogien. Eur. selbst 
hat noch Phoen. 850 συλλέξαι σϑένος καὶ πνεῦμ᾽ ἄϑροισον. dagegen 
ist allerdings ἀναλαμβάνειν ἑαυτόν, ἀναχτᾶσϑαι τὴν ψυχήν ganz ge- 
wöhnlich, aber zu συλλαβοῦσα καρδέαν 833 führt von da kein weg. 

628 “Ich habe weder die möglichkeit noch den willen mich euch zu 
entziehen’. die auslassung des verbum substantivum in erster person ist 
hier durch das unmittelbar folgende verbum in gleicher person doppelt 
unanstößsig; ähnlich gleich nachher 635. 6. 

Die begründung gilt natürlich dem ungerechtfertigten verhalten der 
Megara gegenüber nicht minder als dem der kinder. der ruf "lafst mich 
doch los’, der unmittelbar vorhergeht, läfst sich aber nicht wol auch auf 
Megara beziehen: eine frau am busen ihres gatten ist auf der attischen 
bühne nicht zu denken. also sind die worte καὶ μέϑεσϑ᾽ ἐμῶν πέπλων 
als ein halb ärgerlicher zwischenruf zu sprechen, den Her. mitten 


142 Commentar. 


im satze ausstölst, weil die kinder, weit entfernt ins haus zu gehen, ihm 
selbst bei der bewegung hinderlich werden. er vollendet nun seinen satz 
und nimmt dann den in jenem ersten zwischenrufe angesponnenen faden 
auf. der dichter hat nicht nur die gruppe, welche sich auf der bühne 
dem auge darstellen soll, ganz lebhaft selbst geschaut, sondern die innere 
bewegung der stummen personen viel deutlicher gemacht, als irgend eine 
rede von ihnen vermöchte. 

630 τοσῷδε μᾶλλον: ὅσῳ ἀφιέναι κελεύω. mit ἀφιέναι und we- 
ϑίεναι ist lediglich um des wechsels willen gewechselt. vgl. zu 755. 
ὧδε: ὥστε οὐδαμῶς ἀφιέναι. 

“Auf dem rasirmesser gehen’ ist eine durch den gebrauch fast bis 
zur unverständlichkeit abgekürzte form der sprüchwörtlichen redensart, 
die eigentlich ein dilemma angeht, zwischen dem die entscheidung mit 
einem schlage rasch erfolgen mufs, weil sie auf der schmalsten denk- 
baren fläche ruht und nach der einen oder andern seite notwendig 
fallen muß. K 173 ἐπὶ ξυροῦ ἵσταται ἀχμῆς ἢ μάλα λυγρὸς ὄλε- 
ϑρος ᾿Αχαιοῖσ᾽ ἠὲ βιῶναι. indem man nur die eine schlimme seite 
ins auge falste, wobei zum teil sicher ein ganz anderes bild (vom messer 
an der kehle) mittätig war, ist ἐπὶ ξυροῦ εἶναι oder βεβηκέναι “in 
unmittelbar dringender lebensgefahr” geworden. im drama gewöhnlich, 
dann bei nachahmern wie Theokrit (‚/ıdox. 6) wenig schön ἀνδρῶν ἐπὶ 
ξυροῦ ἤδη ἐόντων. den χαιρός, der eigentlich selbst die schnittlinie 
bedeutet, auf dem rasirmesser immer weiter laufen zu lassen, womöglich 
mit einer keule als balancirstange, bis ihn ein beherzter beim schopfe 
falst, ist eine unsagbare geschmacklosigkeit, und Lysippos, der dies in 
erz ausgeführt hat, hat sich schwerer versündigt als alle rhetoren und 
dithyrambiker, von denen Aristoteles und Dionysios sprachliche sünden 
verzeichnet haben. 

631 γε gehört nicht blos zu dem particip λαβών, sondern zu ἄξω 
λαβών. es hebt freilich nur wie immer einen begriff’ hervor, und dieser 
ist durch keine conjunction mit dem vorigen satze verbunden. gleichwol 
bewirkt die hervorhebung des begriffs ἄξω λαβών den eindruck einer 
gewissen verbindung. “ihr lafst nicht los, nun, so will ich euch mit 
nehmen”, müssen wir übersetzen. aber das lehrt nur, dafs ye sich wol 
zu einer satzverbindenden partikel hätte entwickeln können. geschehen 
ist das nicht. γε ist in der sprachentwickelung bald abgestorben und 
nur die imitation und die schullektüre erhielt es. da hat denn freilich 
einmal in der barbarischen zeit Gordians ein schulmeister eines make- 
donischen dorfes hoch elegant zu schreiben gemeint, als er ye etwa für 


vers 6830---638. 148 


rolvvy oder μὲν οὖν setzte (Mitteil. Athen. XVI 275ffg.). dafs ἄξω γε 
nicht minder und in demselben sinne stehen würde, wenn der dichter 
hypotaktisch ἐπειδὴ οὐχ μεϑέεσϑε gesagt hätte, zeigt 861. in prosa 
würde etwa τοίνυν stehen. 

Während er die kinder mit sich fortzieht, kommt ihm das gleichnis in 
den mund, das er dann in einem parallelsatz vollendet: daher die ver- 
schränkung der worte, denn eigentlich gehört ἐφολκέδας als object in 
den satz γαῦς ὃς ἐφέλξω. die ἐφολκέδες sind kleine fahrzeuge, welche 
mit tauen an dem hinterteil des kriegs- oder lastschiffes befestigt von 
diesen mitgeschleppt werden. in dem inventar der attischen marine 
kommen sie nicht vor, was wol nur bedeutet, dafs sie wenigstens im 
4. jahrhundert, aus dem unsere zeugnisse stammen, nicht vom staate 
gestellt wurden: wol aber zählt Moschion (Athen. 208°) in der beschrei- 
bung des für Hieron von Syrakus erbauten riesenschiffes als ἐφόλκεα 
einen χέρχουρος und eine anzahl ἁλιάδες und σχάφαι auf. Eur. hat 
das bild aufser der wiederhbolung unten 1424 noch Androm. 199, wo 
Andromsche ihre kinder eine ἀϑλέα ἐφολκίς nennt. dasselbe bild in 
demselben munde hier und am schlusse des dramas schärft dem hörer 
den entsetzlichen umschwung des geschickes ein, dafs Her. hier γαῦς, 
dort ἐφολκίς ist, hier in vollen tönen seine kindesliebe ausspricht, dort 
von ihren leichen als ihr mörder scheidet. 

632 dvalvouaı eigentlich “nein zu etwas sagen’, vgl. αἰνῶ 275, (ἀνά 
wie in dyeiyouaı) also “ablehnen” “abweisen’, mit persönlichem und sach- 
lichem object schon im epos. im attischen meist wie hier “etwas ab- 
lehnen, weil man sich zu gut dafür hält’; seltener weil man es zu gut 
für sich hält (E. El. 311); im gewöhnlichen leben technisch für die ab- 
lehnung eines heiratsantrages, Harpokrat. s. v., also aus der sprache des 
gesetzes, der solonischen zeit, erhalten. Eur. liebt das wort, und dies 
stück liefert mehrere belege für die bedeutung sowol in der richtung 
auf αἰσχύνομαι wie auf ἀγαναχτῶ, 1124. 1228. 1235. 1400. in letzterem 
falle kann auch ein particip dazu treten, 1235, I. A. 1502; dies ist wol 
Eur. eigentümlich. das wort ist fast ausschliefslich im praesensstamm 
gebräuchlich, zu dem nur vereinzelt der aus dem epos entlehnte aorist tritt. 

633 πάντα τἀνϑρώπων ἔσα kann Eur. nur geschrieben haben, wenn 
er ihm den sinn beilegte “ alles was dem menschen als solchem zukommt”. 
denn die allgemeinheit der liebe zu den kindern ist im folgenden durch zwei 
parallele sätze geschildert, von denen der verständliche zweite lautet “ die 
menschen sind an vermögen verschieden: die kinder liebt jeder stand”; 
der erste aber umgekehrt “gleichheit gilt in allem .... .: hoch und 


144 Commentar. 


niedrig liebt seine kinder”. folglich ist an der offenen stelle das genus 
einzusetzen, von welchem die kinderliebe eine species ist, das worin im 
gegensatze zum gelde gleichheit unter den menschen herrscht. das würde 
in späterem griechisch unter dem einflufs der philosophie τὰ xara φύσιν͵ 
τὰ πρὸς ἡμᾶς, lateinisch wol humana, deutsch “das menschliche” sein 
können: τἀνϑρώπων ist eigentlich überhaupt unstatthaft; denn das bloß 
posseesive verhältnis gilt auch von den χρήματα. auch τὰ ἀνθρώπεια be- 
zeichnet zwar sehr oft namentlich bei Thukyd. das was in der menschlichen 
natur liegt, aber nach der seite ihrer beschränktheit und schwäche, und im 
drama ist es vollends viel mehr das irdische als das menschliche. eben des- 
halb aber wird Eur. τἀνϑρώπων gewagt haben. man vergleiche ΗΘΚ, 805 
und fgm. 1048, wo es gleichlautend heilst οὐδὲν ἐν ἀνϑρώποις ἴσον, 
wenn oder weil das und das so ist; auch Hik. 432 καὶ τόδ᾽ οὐχέτ᾽ 
ἔστ᾽ ἔσον. diesem offenbar geläufigen spruche von der ungleichheit alles 
irdischen widerspricht Her. indem er die gleichheit alles menschlichen 
betont. dafs die pointirte wendung dem misverständnisse ausgesetzt ist, 
muls man zugeben und ertragen. Eur. hat deshalb den gedanken doppelt 
ausgedrückt. vgl. auch Diktys 346 εἷς γάρ τις ἔστι χκοενὸς ἀνϑρώποις 
γόμος καὶ ϑεοῖσι ταὐτὸ δόξαν, ὡς σαφῶς λέγω, ϑηρσίν τε πᾶσιν, 
τέχνα τίχτουσαν φιλεῖν᾽ τὰ δ᾽ ἄλλα χωρὶς χρώμεϑ᾽ ἀλλήλων νόμοις. 

635 οὐδὲν ὄντες durch den gegensatz bestimmt, vgl. 314. χρήμασιν δὲ 
διάφοροί εἰσιν, φιλότεκνοε δὲ πάντες war intendirt; davon ist im 
zweiten satze abgewichen, nachdem die ausführung ἔχουσιν, ol δ᾽ οἵ 
dazwischen trat. es ist ganz gewöhnlich, dafs, wenn auf einen ausdruck, 
der gleichsam eine summe bezeichnet, die einzelposten folgen, erst der 
zweite als solcher markirt wird, also wie man wol sagt, das einem τὸ δέ 
entsprechende glied mit μέν weggelassen wird oder vielmehr scheint 
ältestes beispiel X 157 παραδραμέτην, φεύγων, ὃ δ᾽ ὄπιεσϑε διώχων. 
Xenophanes 1, 2 ἀμφιτιϑεῖ στεφάνους, ἄλλος δὲ... μύρον πορσύνει. 
Pindar Nem. 8, 87 χρυσὸν εὔχονται, πεδίον δ᾽ ἕτεροι ἀπέραντον (dies 
dem ἀπὸ κοινοῦ 281 ähnlich), Isthm. 5, 60 νέκας τρεῖς, ἀπ᾽ ᾿Ισϑμοῦ, 
τὰς δ᾽ ἀπ᾽ εὐφύλλου Νεμέας. Platon politikos 291° τὴν μοναρχίαν 
δύο παρεχομένην εἴδη δυοῖν ὀνόμασιν, τυραννίδι, τὸ δὲ βασιλείᾳ, 
Phileb. 86 ψευδεῖς αἱ δ᾽ ἀληϑεῖς οὐκ eiolv ἡδοναί; Aristoteles ροθέ, 1. 
ἐλεγειοποιούς, τοὺς δὲ ἐποποιοὺς ὀνομάζουσιν, fgm. 58 (von Rose 
verdorben) ἐπεὶ ἀνθρώπους μιμουμένους γύναια καὶ δούλους, τοὺς 
δὲ μαχομένους καὶ ϑύοντας und so sehr häufig in poesie und pros. 
noch Himer. or. III 13 εὐπατρίδαι πάντες, χρυσοῖς οἵ δὲ ἀγϑίνοις 
ἐστεφανωμένοι τοῖς στέμμασιν, wo man ändert oder falsch deutet. 














vers 685. 636. dritte gesangnummer. 145 


636 γένος" “stand’, im 5. jahrhundert durchgehend, bei Eur. häufig. 
bei Platon wechselt es mit &3vog. später tritt es zurück, doch heilsen 
z. b. die aegyptischen und indischen kasten so. 


Dritte gesangnummer. 

Auch in diesem liede entspricht einheitlichem inhalte einheitliche form. 
beide strophen sind aus ionikern und glykoneen gemischt, beide drei- 
teilig mit einem einfachen an die längst volkstümlich gewordenen ana- 
kreontischen weisen anklingenden glykoneischen schlufsteile. 

Die erste strophe zerfällt in drei perioden, ionisch die erste, dann 
je zwei zu 6 glykoneischen gliedern. also schema a ὃ ὃ; die beiden 
stollen sind freilich in der einzelbildung nicht so symmetrisch wie die 
der ersten strophe des vorigen liedes. der zweite besteht aus 6 zusammen- 
hängenden glykoneen, deren letzter katalektisch ist (pherekrateus). die 
responsion ist ganz streng; nur einmal (in dem pherekr.) ist eine sylbe _ 
als indifferent behandelt. die 6 glieder des ersten stollen sind folgende: 

---ὠὧ-υ- 

Delay. 

--ν»-ὦω.-- 
da die beiden letzten disticha einander gleich sind, haben wir in diesem 
teil wieder ein in sich abgeschlossenes gebilde der form a ab. synaphie 
ist nirgend wahrscheinlich, da die vereinigung von 664. 65 die messung 
=-u-1u-0- | -u-uu- ergeben würde: man mülste so abteilen, weil 
in glykoneen für die abteilung der zusammenstols der betonten sylben 
entscheidend ist. alle einzelnen glieder sind in glykoneischen gedichten 
gewöhnlich. der abgesang, in diesem falle der erste teil, ist ionisch. 


Yu LEW Zn ““ὧἦκἍᾷψῳ - Vo 
N WW To PET WW 2 
VYooo Yyela ΚΑ en 


der erste vers ein katalektischer tetrameter, dessen erste drei metra als 
choriamben auftreten; das katalektische ist, wie sehr oft, aus der ana- 
klastischen form entwickelt. der vers stammt aus Anakreon, der ihn 
stichisch verwandt zu haben scheint (24. 28). Eur. hat ihn öfter zum ein- 
gange von liedern genommen, Med. 643, wo ein enoplios mit ithyphallikos 
den übergang zu glykoneen bildet. Heraklid. 353. 


INS NN muy Va a 


v. Wilamowitz II. 10 








146 Commentar. 


es folgen 4 glykoneen, der letzte katalektisch. ähnlich steht IA 1036 
ein ionischer trimeter vor glykoneen, ebenso Hipp. 732 


Ne ὧὦ--- VVU-_ 


worauf nach der überlieferung in der strophe folgt u -u-- ww. --, ἃ 
der antistrophe vu-u -— u -—-, der zweite vers unserer strophe ist 
ein ionischer dimeter. er steht in den angeführten liedern der Herakleiden 
und des Hipp. an derselben stelle. dann folgt, einmal durch synaphie 
sicher verbunden, in dreifacher wiederholung ein glied, welches sich in der 
strophe des Hipp. zweimal, in den Her. hinter zwei ionikern einmal vor- 
findet ; als abschluls einer vorwiegend ionischen strophe z. b. Alk. 910. 
eine sichere erklärung ist für dieses wie für manche andere in ionischen 
reihen auftretende glieder noch nicht gefunden; wahrscheinlich gehört es 
zu dem Reizianum, von dem zur sechsten gesangnummer gehandelt ist, 

Auch die zweite strophe ist dreigeteilt. aber hier ist der schluß 
eine längere durch synaphie gebundene reihe glykoneischer glieder. es 
sind drei glykoneen, dann das glied --u- und ein pherekrateus. 
jenes kürzere glied ist uns geläufig als schlußglied der asklepiadischen 
und alkaischen zeile (edite regibus, stet nive candidum); es ist auch eine 
der primitiven formen des dochmius. die responsion ist frei, da die 
strophe mehrere längen durch zwei kürzen ersetzt: was zwar ionischem 
aber nicht aeolischem, sylbenzählendem, principe entspricht. außerdem 
hat der letzte glykoneus in der strophe den daktylus an zweiter, in der 
antistrophe an letzter stelle. 

Die zweite periode besteht aus einem ionischen tetrameter der katalek- 
tisch und im zweiten metron anaklastisch ist. es folgt ein katalektischer 
ionischer dimeter und ein pherekrateus. denn es läßt sich zwar die zelle 
der antistrophe τοῖς ὕμνοισιν ὑπάρχει ---- -w-- als ionischer dimeter 
fassen, aber nicht die strophische xa4Alvıxov deldw. die verschiedene 
behandlung der irrationalen sylbe ist im pherekrateus natürlich; ver- 
kürzung vor u», gar in der stammaylbe eines wortes, in Athen unerhört, 
ob die dichter äußerlich so ähnliche glieder verschiedener herkunft ein- 
ander gleich gesetzt haben, mag bei dem gegenwärtigen stande der 
metrischen forschung noch dahin gestellt bleiben: ich glaube es jetzt be- 
weisen zu können. 

Die erste periode hat folgendes schema 


---w- | u “» | mn om wg u 





Dritte gesangnummer. 147 


glykon.; das glied Maecenas atavis-+-gl.; gl.; abschliefsende reihe, nicht 
verkürzt, sondern erweitert über den glykoneus, wie das in dem aeolischen, 
nicht auf der wiederholung desselben metrons beruhenden, versbau ge- 
wöhnlich ist. dafs diese verse so aufzufassen sind, dafür spricht der wechsel 
zweier formen des glykoneus im dritten verse: denn das scheint nur diese 
erklärung zuzulassen. es sei aber nicht verschwiegen, dafs die ersten beiden 
verse ein untadeliger ionischer hexameter eben so gut sein können, und 
die folgenden worte der strophe, wenn man die anfangssylbe von del kurz 
milst, ebenfalls sich diesem malse fügen ----u-0--u-.--, wo 
denn der abschluls durch das aus der ersten strophe bekannte glied er- 
folgen würde. in der antistrophe aber ist behufs der responsion eine 
änderung vorgenommen, nämlich παιᾶνας für den singular herge- 
stellt, die sich von seiten des sinnes alles andere als empfiehlt. es ist 
hier also noch ein bedenken. solche schwierigkeiten wiederholen sich 
in vielen ersichtlich verwandten liedern, wofür schon die strophe und 
die dort angeführte stelle des Hipp. belege sind, und das verhältnis, in 
das die attischen dichter die aeolischen und ionischen verse überhaupt, 
und speciell die formen, die wir glykoneisch und ionisch nennen, gesetzt 
haben, ist vielleicht das schwierigste problem der attischen metrik. 

Das gedicht gehört in seiner art eben so zu den vollendetsten des 
Euripides wie das vorige. es war das lieblingstück von R. Porson'). jede 
strophe ist für sich ein abgeschlossenes ganze, die respondirenden pare 
schlielsen sich auch zusammen, und doch wird das ganze ebensowol durch 
rhythmus wie durch gedanken zusammengehalten. ganz anders steht z. b. 
gleich das folgende dreistrophige chorlied. 

Der chor knüpft an das schlulswort des vorigen liedes, die evdaluw» 
3a, an; die erscheinung von Her. heldenkraft hat ihm die wehr- und 
wertlosigkeit seines greisenalters doppelt empfindlich gemacht. so beginnt 
er mit einer verherrlichung der jugend und einem fluche auf das alter 
(str. 1). aber das höchste gut, die jugend, und das ärgste übel, das alter, 
wird den sterblichen nicht nach verdienst verliehen. wenn die götter 
gerecht wären, so mülsten die guten menschen sich ein doppeltes leben 
verdienen. dann würden sich die guten, die neu geboren würden, vor 
den schlechten auszeichnen, und würde der menschliche unverstand be- 
greifen, dafs bleibenden wert im wechsel der dinge die tugend und nicht 


1) Als ich im jahre 1867 Jakob Bernays gegenüber von Euripides in der gelb- 
schnäbeligen manier redete, die Schlegel aufgebracht hat, holte er einen text her und 
las den anfang dieses liedes. “werden Sie nur erst älter, dann werden Sie merken, was 


das bedeutet.” 
10* 


148 Commentar. 


das geld hat, das sie jetzt als höchstes ansehen (antistr. 1). aber wenn 
wir auch alt sind: liebe und fähigkeit zum gesange ist nicht gealtert. 
das herz ist jung, und die Muse bleibt treu (str. 2). und so singen wir 
dem Her. ein danklied, der sich durch seine taten die göttlichkeit, also 
auch die ewige jugend, verdient hat (ant. 2). 

Eur. spricht hier tief und wahr ein wesentliches stück der Herakles- 
religion aus, und erst wenn man das στεφάνωμα μόχϑων oben und 
dies lied von der ewigen jugend als lohn der tugend zusammennimmt, 
versteht man beide recht, vgl. I s. 56. Pindar denkt sich Her. im 
himmel mit Hebe vermählt, in ewigkeit die weisheit des weltenregiments 
preisend, die nach den sauren wochen des erdenwallens die frohen feste 
im himmelssale bereitet hat für den, der τᾶς εὐγενίας πλέον ὑπερέ- 
Bailey ἀρετᾷ. die hochzeit mit der Jugend ist der eine mythische aus- 
druck für den glauben an den himmlischen lohn für irdische mühen und 
irdische tugend. aber auch das gegenstück existirt, dafs Herakles ds» 
häfsliche Alter, das hier vom chore verwünscht wird, überwunden hat. 
wir lesen freilich nirgend mehr, wie “Alter mit seinem schleichenden tritt 
hat ihn gepackt mit der faust', der held aber des krummnasigen spitz- 
kinnigen scheusals sich erwehrt hat. aber wir sehen es inschriftlich be- 
zeugt auf einer attischen vase aus der zeit um 480 (Journal of Hell. 
stud. IV t. 30. Löschcke Arch. Zeit. 1881, 40 Hauser Philolog. 52), 
und man hat danach andere darstellungen verstehen gelernt, insbesondere 
eine in Olympia gefundene bronzeplatte argivischer fabrik (Friederichs 
Wolters Bausteine 341), in der litteratur ist dieser mythos freilich ganz 
verschollen, und ohne die kunstwerke würde die schönheit dieses liedes 
uns halb verborgen: sein, denn Eurip. vermeidet es auf den kampf mit 
Geras oder die hochzeit mit Hebe direct hinzuweisen, weil er seine ge 
danken emporhebt über die regionen, welche das ewige nur in mythischen 
bildern zeigen; aber hier hat er in der tat einmal empfunden wie das 
volk, das jene bilder geschaffen hatte, und ist der rechte kündiger des 
gedankens geworden, der sich in jenem mythos verkörpert hatte. 

Aber noch mehr. der chor huldigt dem Herakles; der graue sänger 
bleibt sich treu (er weist ja auf seine ersten worte 110 durch die auf- 
nahme des stichwortes zurück), und dazu hat ihm das alter noch nicht die 
kraft genommen: das hält sich im rahmen des stückes und ist nicht mehr 
als der chor im ersten liede des Agamemnon auch sagt, an das Eur. auch 
hier, wie 110, gedacht hat. wenn er aber sagt, dafs beim schalle von 
flöte und laute und bei Dionysos gaben er den Musen, die ihn zum 
choreuten gemacht haben, noch nicht valet sage, so ist das innerhalb 


Dritte gesangnummer. 149 


des stückes nicht mehr verständlich, da ist es der attische bürgerchor, 
der am Dionysosfeste zum klange der musik den reigen tritt. gerade wo 
so ernste allgemeine worte fallen, wird die maske am ehesten fallen ge- 
lassen. Sophokles redete auch in heiligem ernste zu seinem volke, als 
er seinen chor aussprechen liefs “wenn die schlechtigkeit belohnt wird, 
und die sittlichen begriffe sich verwirren, wie es im archidamischen kriege 
begann, τέ δεῖ μὲ χορεύειν; dann hat auch dieser feierliche gottesdienst 
keinen zweck mehr” O.T. 896. wir modernen sind darauf erpicht, im 
theater immer in ängstlich gehüteter illusion gehalten zu werden, nicht 
weil wir uns lieber und vollkommener in das reich der phantasie ent- 
rücken lielsen, im gegenteil, wir tun das nie, sondern treiben ein spiel 
des verstandes und stellen den poeten auf die probe, ob er die selbst- 
gewählten voraussetzungen festhalten kann. davon: ist in Athen keine 
spur. da sind sie bei der sache, nehmen die handlung als wahrheit und 
vergessen die wirklichkeit nicht, dafs der chor ihr chor ist und das fest 
ihrem gotte gehört. 8. Tr. 205 ist frohe botschaft gekommen. die 
herrin heilst ihr gesinde in und vor dem hause jubeln. der chor, dem 
die hälfte des befehles galt, wiederholt ihn umschreibend (205—15). 
dann sagt er: “die flöte ist mir willkommen, die mich zum jubeltanze 
zwingt” das ist die flöte des chorpfeifers, der auf der bühne steht: in 
Trachis ist keiner. “sieh da, der epheu regt mich zu bakchischem reigen”: 
das ist der kranz, den die attischen choreuten zum Dionysosfeste tragen: 
in Trachis ist kein Dionysosfest. auch das Dionysoslied der Antigone 
1115 ist nur so erklärlich, gerade Soph., bei dem beabsichtigte an- 
spielungen seltener sind, geht hierin weiter als Eur. dafür geht dieser 
hier mit dem gelübde, trotz dem alter Musen und Chariten zu dienen 
und niemals der duovola zu verfallen, auch darüber noch hinaus; 
dafür genügt nicht der gedanke an den attischen chor, der doch schliefs- 
lich als greis immer noch eine maske trägt: das ist die ganz individuelle 
empfindung des dichters, der uns in seine seele einmal einen blick ver- 
stattet. und selbst das seltsame verlangen nach einem doppelten leben 
gerade für den, der seine zeit nicht vergeudet hat, verliert von dem 
geistig ringenden und strebenden manne, der die tyrannei der leiblich- 
keit schwerer empfindet, ausgesprochen viel von seiner befremdlichkeit. 
als G. Hermann 1843 sein jubiläum feierte, hat er den wunsch nach 
einem doppelten leben fast genau so vorgetragen und motivirt, wie Eur. 
es zwar nicht hier, aber in der parallelstelle Hik. 1084 tut: dafs man 
eines zweiten lebens bedürfte um die fehler des ersten nach der reiferen 
erfahrung wieder gut zu machen (brief bei Belger, Haupt als akadem. 


150 Commentar. 


lehrer 22). ohne frage ist also in diesen strophen eine individuelle 
äulserung des tragikers anzuerkennen und als ein zuverlässiges zeugnis 
für sein leben und seine gesinnung zu verwerten. vgl. L s. 132. 

Die erste strophe schlägt wie im versmalse so im inhalt volkstüm- 
Hche weisen an. jeder Athener kannte aus der schule die elegie des 
Mimnermos (fgm. 5) öAsyoxgdvıovy γένεται ὥσπερ ὄναρ ἥβη τιμήεσσα᾽ 
τὸ δ᾽ ἀργαλέον καὶ ἄμορφον αὐτίχ᾽ ὑπὲρ χεφαλῆς γῆρας ὑπερχρέ- 
μαται, ἐχϑρὸν ὁμῶς καὶ ἄτιμον, ὅ τ᾿ ἄγνωτον τιϑεῖ ἄνδρα, βλάπτει 
δ᾽ ὀφθαλμοὺς καὶ νόον ἀμφιχυϑέν. wenn Mimnermos das alter über 
dem haupte hängen lälst, so gibt ihm die sage vom steine über Tantalos’ 
haupt (Eur. Orest. 6 und da Porson) das bild ein. Eur. wählt dafür den 
Aetna, der auf Typhoeus liegt. so ähnlich die bilder sind, so ist doch 
ihr inhalt, ewig drohende gefahr und unerträgliche schwere, verschieden, 
und da hier ein vom alter bereits belasteter redet, war die umformung 
auch nötig. volkstümlich ist ferner die vergleichung des wertes mit 
gold und Perserherrschaft; vgl. Ion 485 πλούτου πάρος βασελεχῶν 
te ϑαλάμων. die stellung des Perserkönigs erschien den ὀλεγοτράτπεεζοι 
Ἕλληνες als das höchste, nicht sowol an macht als an sinnlichem lebens- 
genufse, und die eddaruovia des grofskönigs wird unzählige male erwähnt, 
(vgl. 2. Ὁ. Platon Euthydem 274°, Lysis 211° u.s.w. Ζιαλέξ. oxerer. 212 
Or, Demokrit bei Euseb. pr. ev. XIV 781°, besonders Aristoxenoe bei 
Athen. XH 545 fig). in der form geht aber was hier und so oft ähn- 
lich gesagt ist zurück auf den iambos, den Archilochos einem zimmer- 
manne Charon in den mund gelegt hatte, οὔ uoı τὰ Γύγεω τοῦ πο- 
λυχρύσου μέλει — μεγάλης δ᾽ οὐκ ἐρέω τυραννίδος. endlich ist 
auch der fluch auf das Alter in der form den skolien verwandt, die 
die Athener beim weine sangen und zum teil improvisirten, z. b. dem 
des Timokreon ὥφελες δ᾽, ὦ τυφλὲ Πλοῦτε, μήτε γῇ μήτ᾽ ἐν ϑαλάσσῃ 
μήτ᾽ ἐν οὐρανῷ φανῆμεν᾽ ἀλλὰ Τάρταρόν τε valsıy κἀχέροντα᾽ 
διὰ σὲ γὰρ πάντ᾽ ἐν ἀνθρώποις καχά. 

638 νεότας steht hier, ἥἦβα folgt gleichbedeutend 646; es soll eben 
jeder gedanke an die zu einer bestimmten person, zur tochter der Hera 
u. 5. w. gewordene Hebe fern gehalten werden. ähnlich in einem wunder- 
vollen epigramm aus Acharnai CIA II 2718 τοὺς ἀγαϑοὺς ἔστερξεν 
“Ἄρης, ἐφίλησε δ᾽ Ἔπαινος καὶ Γήρᾳ Νεότης οὐ παρέδωχ᾽ ὑβρέσαι" 
ὧν καὶ Γλαυχκιάδης Önlovs ἀπὸ πατρίδος εἴργων ἦλϑ᾽ ἐπὶ πάν- 
Öextov Φερσεφόνης ϑάλαμον. Glaukiades ist etwa im korinthischen 
kriege gefallen. 

639 Dals Eur. von σχόπελοι des Aetna redet, zeigt, dals er keine vor- 








vers 638---647. 151 


stellung von dem aussehen eines vulcanes, geschweige des Aetna hatte. 
er ist nie in Sicilien gewesen, und sein Kyklop, der am Aetna spielt, 
entbehrt jedes localcolorites. wie wahr dagegen nennt aus eigener an- 
schauung Pindar (Pyth. 1, 20) die χέων οὐρανέα, eben auch in verbindung 
mit Typhoeus, der seinen druck empfindet, was auch hier zur nennung 
des Aetna geführt hat. denn davon kann keine rede sein, dals er 
exemplificatorisch für einen hohen berg überhaupt hätte genannt werden 
können: diese inhalteleere verwendung geographischer namen, die die 
römische poesie (um so ungenirter als sie auch die entsprechende geo- 
graphische ignoranz zu entfalten pflegt) und auch schon die hellenistische 
für einen schmuck hält, ist der classischen fremd. nur der Ida wird als 
typus eines waldgebirges genannt Hipp. 1253 und Ino 411. Homer war 
schon im 5. jahrhundert fundgrube des poetischen ausdrucks. Didymos 
hat Ἴδη von jedem hohen berge (ἀπὸ τοῦ κατιδεῖν πάντα) verstanden, 
schol. Homer / 475, Theokr. IIroA. 9, verführt durch solche stellen. 
Soph. Tr. 119 bat freilich schon das πέλαγος Κρήσιον ganz wie Horaz 
das mare Crelicum, wo die πολύφλοισβος ϑάλασσα 2. Ὁ. eben so viel 
oder besser mehr bedeutet hätte. bei Eur. El. 1347 sind wir verpflichtet, 
den πόντος Σικελός auf eine bestimmte flotte in jenen gewässern zu 
beziehen. Theognis 672 redet der dichter in einer rätselrede von einer 
fahrt durch den ήλιος πόντος : darin verbirgt sich etwas bestimmtes, 
denn die melische see ist gar kein gewöhnlicher geographischer begriff. 
Simonides fgm. 30 nennt in einem gleichnis das “ώτιον ἀνϑεμόεν 
πεδέον : aber er dichtete vielfach in Thessalien; das ist also vielmehr 
ganz individuell. wenn er nicht gar für einen Thessaler dichtet, so 
berichtet er aus eigener anschauung, wie Dante so manche ganz beson- 
ders schöne geographische gleichnisse hat. das berührt sich mit der 
geographischen ἑστορέη, vgl. bd. 1' 31, von der die schwäne am Kaystros 
im homerischen gleichnis B 461 schon eine probe sind. 

641 σχοτεινόν steht praedicativ: was man mit stumpfer terminologie 
proleptisch zu nennen pflegt. 

642 ᾿“΄σσιῆτις : ionischer vocalismus wie 109. 

645 μήτε, das ausnahmlos correlat ist, kann im zweiten gliede in der 
poesie durch μή aufgenommen werden; μή μήτε aber ist unerhört. z. Ὁ. 
Med. 1348 οὔτε λέχτρων ὀνήσομαι — οὐ παῖδας ἔξω προσειπεῖν. 

647 χαλλίστα steht in der anapher mit verändertem versaccent. 
Hekab. 165 ὦ κάκ᾽ ἐνεγχοῦσαι Τρῳάδες, ὦ κάχ᾽ ἐνεγκοῦσαι in 
anapaesten. Bakch. 1242 μαχάριος γὰρ εἶ] μακάριος in iamben. 
Herakl. 755 wie hier in glykoneen μέλλω τᾶς πατριωτέδος γᾶς, 








102 Commentar. 


μέλλω καὶ ὑπὲρ pliwv. die für Alexandriner und Römer anerkannte 
tatsache solcher gesuchter klangwirkungen gilt auch für die ältere zeit. 

649 Das neutrum Γῆρας ist als person männlich, ebenso wie Κράτος 
im Prometheus, Ἔρεβος bei Hesiod, der bei seinem οὐλόμενον Γῆρας, 
Theog. 225, gewils auch an etwas männliches gedacht hat. die dar- 
stellungen des Γῆρας zeigen keine flügel, aber die beflügelung ist eine 
nahe liegende vorstellung für wesen, die im himmel wohnen, und das 
tut das Γῆρας (Aristoph. Vög. 606), und über alle welt hin wirken; 80 
haben Ὕπνος und Φϑόνος, Alan und Νίκη flügel, Φροντίδες Theo- 
gnis 729, und auch eine Ὁσία, die der dichter eben erfindet, erhält 
sie, Bakch. 371 Ὁσία, ἃ κατὰ γᾶν χρυσέαν πτέρυγα φέρεις. hier 
wird also zunächst das alter, das den chor drückt, von ihm weggewünscht, 
χατὰ κυμάτων ἔρροι ist nur die formelhafte einkleidung. dann er 
weitert sich das zu dem allgemeinen wunsche, dafs die verhalste gewalt 
nimmer auf erden ihr wesen begonnen hätte. da sie einmal da ist, soll 
sie bleiben, wo sie nicht schaden kann. die nächste strophe setzt den 
verzicht auf diesen äulsersten wunsch voraus und macht einen besche- 
deneren vorschlag. 

Der φϑόνος ist für das greisenalter in doppelter weise bezeichnend, 
einmal weil das alter dem gealterten alle lebensgenüsse misgünstig ent 
zieht, zum andern, weil der greis die welt und zumal die anspruchs- 
volle jugend misgünstig ansieht. der neunzigjährige Sophokles sagt 
vom menschenleben OK 1231 τίς οὐ χαμάτων ἔνε; φόνοι στάσεις, 
ἔρις μάχαι, καὶ φϑόνος, τό τε χατάμεμπτον ἐπιελέλογχε πύματον 
ἀχρατὲς ἀπροσόμιλον γῆρας ἄφιλον" ἵνα πρόπαντα καχὰ κχαχῶνγ 
ξυνοικεῖ. hier ist φϑονερόν in φόνεον verdorben, aber gerade blutige 
gewalt ist dem Γῆρας nicht vorzuwerfen, und offenbar mufste hier etwas 
stehen, was der greis an sich als einen erfolg des Γῆρας empfindet. 

652 δώματα καὶ scoAsıc “familie und staat’, gewöhnliche zusammen- 
fassung, wie in xoıyfj re χαὶ ἰδίᾳ in der prosa, z. Ὁ. Hipp. 486. 

654 Die construction gibt die abhängigkeit von ὥφελεν auf, wei 
dieser allgemeine wunsch nicht als irrational ausgesprochen werden soll 

655 ξύνεσις hat zwar schon Pindar in dem gewöhnlichen sinne der 
“vernunft” im gegensatze zur vis consili expers; bei A. 8. fehlt es. Eur. 
aber liebt es und wendet es sehr besonders an, wie sein feind Ariste- 
phanes wol bemerkt hat, der ihn zu dieser seiner göttin, der “Raison , 
beten läfst (Frö. 893). und es wirkt fast komisch, wenn Aischines, der 
eine sehr lückenhafte bildung gern mit erborgten glänzenden lapper 
verbrämt, am schlusse der kranzrede ὦ γῇ καὶ ἥλιε xal ἀρετὴ καὶ 











vers 649662. 153 


σεαιδεία καὶ σύνεσις ausruft. ξύγνεσις und sprache fehlen dem tiere, 
Tro. 672, sie verlieh gott dem menschen, als er die welt ordnete, Hik. 
203. sie möchten wir gern durch die ἐλπές zum schweigen bringen, 
d. h. die vernunft durch den glauben, Hipp. 1105. sie wird schliefslich, 
weil sie uns erkennen lehrt, was wir getan haben, geradezu zum ge- 
wissen, Or. 396. sonst bedeutet das wort auch in der sophistenzeit nur 
“verstand’. Herodot ὅστις γε σύνεσιν ἔχοι von dem “urteilsfähigen’ 
beobachter II 5 VH 49. Demokrit (der das wort öfter hat) bei Stob. 
ecl. Π 31, 59 Wachsm. συνέσει xal ἐπιστήμῃ ὀρϑοπραγέων τις 
ἀνδρεῖος ἅμα καὶ εὐθύγνωμος γίγνεται. da ist es “einsicht’, im gegen- 
satz zum zwange; vernunft im gegensatz zum dunklen drange liegt aber 
nabe. Hippokrates u. τέχνης 1 τὸ μέν τι τῶν μὴ εὑρημένων ἐξευ- 
ρέσχειν ξυνέσιος ἐπιϑύμημα τε xal ἔργον. das ist nicht mehr als 
“verständiges streben und unternehmen’; νόμος 2 ἑητρικῆς ξύνεσιν 
ἁρμόζεσϑαι = ἰητριχὴν ξυνιέναι. π. ἱερῆς νοῦσου 19. 20 das gehirn 
ist das ἑρμηνεῦον τὴν ξύνεσιν: dies ist ganz der euripideische gebrauch ; 
aber das ist auch eine seltenheit. übrigens scheint das wort in den 
bippokratischen schriften ein kennzeichen für den einflufs der sophistik 
zu sein. die schrift sv. ἄρϑρων (III 149 K) bildet auch παραξύνεσις 
= παραλογισμός. Thukyd. hat es oft und gesellt gern ἀρετὴ xal 
ξύγεσις, “energie und intelligenz”. Dionysios Chalkus in seinen gri- 
phosähnlichen versen sagt χατάϑεσθϑε τὴν ξύνεσιν παρ᾽ ἐμοὶ für προ- 
σέχετέ μοι τὸν νοῦν (Athen. XV 6695). dabei bleibt es im wesentlichen. 

659 ἀρετᾶς so gestellt, dals es zu den beiden sätzen gezogen werden 
kann, zu denen es dem sinne nach gehört. — ausmalen darf man sich diesen 
vorschlag zur weltverbesserung nicht, sonst gerät man in das absurde, 
Eur. pflegt es auch sonst nicht besser zu gehn, wenn er seiner phantasie 
gestattet, solche blasen zu werfen. z. b. Hipp. 616, wie sich die welt ohne 
weiber fortpflanzen sollte, Hipp. 925, dafs es eine doppelte sprache geben 
sollte. die beispiele von verjüngungen, welche die sage bot, wie Aison 
oder Iolaos, oder eine redewendung wie die des Phoinix, / 445 “ich würde 
dich nicht verlassen, οὐδ᾽ εἴ χεν μοι ὑποσταίη ϑεὸς αὐτὸς γῆρας 
ἀποξύσας ϑήσειν νέον ἡβώοντα, haben ihn nicht bestimmt, sondern 
die ganz abstracte speculation und eigene empfindung. 

662 Der δέαυλος ist der lauf, bei welchem man am ziele des stadions 
umkehrt und zum ausgangspunkte zurückläuft. vgl. 1102. A. Ag. 344, 
die heimkehr von Troia ist für die Achaeer Jaregov διαύλου χῶλον. 
Phokion sagt nach dem siege des Leosthenes χαλὸν τὸ στάδιον εἶναι" 
δεδιέναι δὲ τοῦ πολέμου τὸν δίαυλον, Plutarch r. p. ger. praec. 6. 








154 Commentar. 


hier steht also δισσούς pleonastisch. denn es bedeutet viel häufiger 
die zweizahl als die verdoppelung. — ἔβαν: zu 439. 

664 [da ist die einzige form welche die tragödie kennt, denn an allen 
stellen, wo {wa überliefert ist, gestattet, wie hier, das metrum die kürze 
oder fordert sie gar. 

667 Um das zutreffende einer vergleichung hervorzuheben, pflegt der 
Athener ein 2009 ὅμοιον u. dgl. im singular oder plural vorauszuschicken. 
musterbeispiel ὅμοιον ὥστε ποντίαις oldua οἷο. 8. Ant. 586. 

668 ἀριϑμός für das abstraetum ἀρέϑμησις wie El. 1054 οὐδ᾽ εἰς 
ἀριϑμὸν τῶν ἐμῶν ἥχει λόγων. Ps. Theokr. 25, 92 von den wolken 
οὔτις ἀριϑμὸς ἐν ἠέρι γένετ᾽ ἰόντων οὐδ᾽ ἄνυσις, ἃ. h. οὐχ ἀνύομεν 
ἀριϑμοῦντες. der schiffer fährt nach den sternen, ἐκ τῶν ἄστρων 
ὁρέζεται τὸν πλοῦν. am bewölkten himmel aber hat er mühe und muß: 
lange spähen, bis er die sieben sterne der bärin findet, es ist dem ein- 
fachen bilde “danach könnte man sich richten, wie der schiffer nach den 
sternen’ durch ἐν νεφέλαις ein zug anderer art beigefügt, um zugleich 
zu bezeichnen, dafs die guten eine geringe minderzahl sind. 

669 ὅρος bezeichnet auch hier zwar noch “grenzlinie’, nicht viel ander: 
als fgm. 916, wo die βιοτὰ angeredet wird τὰ μὲν αὔξεις τὰ δ᾽ ἀπο- 
φϑινύϑεις, κοὐκ ἔστιν ὅρος κείμενος οὐδεὶς εἰς ὅν τενα χρὴ τελέσαι 
ϑνητοῖς, πλὴν ὅταν ἔλϑῃ — ϑανάτου τελευτή. aber es ist doch die 
sokratische bedeutung der logischen definition fast erreicht. es könnte eben 
auch χαρακτήρ stehen wie oben. das eben angeführte bruchstück erläutert 
auch den sinn der folgenden worte und den gebrauch von αὔξει, das 
nicht “vermehren’ in sinnlicher bedeutung ist, sondern, wie oft in der 
poesie (z. b. IT. 412, S.O. T. 1094, in prosa sehr selten, “wegen de: 
neides τὰ μὲν οὐχ αὔξουσιν οὐδὲ εὐλόγως (d.i. δι᾿ εὐλογίας 355) 
μηνύουσιν", der sophist bei Iamblich protr. 20, 96, 9 Pist.) “extollere 
verherrlichen. “gut und schlecht sind schwankende begriffe, denn die 
moralischen vorstellungen sind dem wechsel unterworfen: nur in der 
wertschätzung des geldes bleibt sich die menschentorheit consequent'. 
der αἰών τις ist der βιοτά jenes bruchstückes auch nah verwandt. 
denn αἰών, obwol mit als! verwandt und in ableitungen wie aları): 
αἰώνιος, im späten gebrauche erst richtig ἐξ αἰῶνος εἰς αἰῶνα (& b. 
Sext. adv. phys. I 62), dann ἐξ αἰώνων εἰς αἰῶνας, in der neu 
platonischen terminologie (αἐὼν περὶ τὴν dldıoy φύσιν, χρόνος περὶ 
τὸ γινόμενον χαὶ τόδε τὸ πᾶν Plotin Enn. ΤΠ 7 1') für die ewigkeit 


1) Hymnos des Leydener zauberpapyrus p. 818 Dieterich τίς δ᾽ αἰὼν αἰῶνα 
τρέφων aldcıw ἀνάσσει. 


vers 664---669. 155 


verwandt, ist zunächst nur aevum, von dem auch aeviternus stammt. 
Aristoteles de caelo I 279" αἰὼν — ϑείως ἔφϑεγχται παρὰ τῶν 
ἀρχαίων" τὸ γὰρ τέλος τὸ περιέχον τὸν τῆς ἑχάστου ζωῆς χρόνον, 
οὗ μηϑὲν ἔξω κατὰ φύσιν, αἰὼν ἑχάστου κέχληται. κατὰ τὸν 
αὐτὸν δὲ λόγον καὶ τὸ τοῦ παντὸς οὐρανοῦ τέλος καὶ τὸ τὸν πάντα 
χρόνον καὶ τὴν ἀπειρέαν γτεριέχον τέλος αἰών ἐστιν. das zweite 
wird hier durch die etymologie ὅ dei ὧν begründet; das erste ist die 
seit Homer geläufige bedeutung, die jedoch nicht etwa die ursprüngliche ist, 
denn lebenszeit ist αἰών nicht eigentlich, sondern erst in der häufigsten 
relation zu einem lebendigen subject. es ist vielmehr die zeit relativ, 
während χρόνος dieselbe absolut ist. der χρόνος hat gar keine relation und 
kann sie nicht eingehen: Zag καὶ Χρόνος ἦσαν αἰεί, hat Pherekydes von 
Syros seinen λόγος begonnen. man kann ihn sich ebenso, wie Heraklit tut 
oder doch der Herakliteer Skythinos von Teos, ein geschlechtsgenosse des 
dichters Anakreon (bei Stob. ecl. I 8,43), in der entgegengesetzten bewegung 
vorstellen wie aller einzelwesen und dinge αἰῶνες. überaus schönes und 
tiefes haben die philosophen und dichter von ihm ausgesagt; auch Eur. 
im Her. aber der αἰών ist gar nichts für sich; die eintagsfliege hat ihn 
und die krähe und die nymphe und gott: nur bei dem fällt er mit dem 
Χρόνος zusammen. jeder einzelne mensch hat seinen, aber auch ein 
volk, und so kann er eine ‘weltperiode’, eine “culturentwickelung” sein. 
man kann sagen ὑπερβάλλειν τὸν αἰῶνα, etwa von Homer, εὐδοχεμῆσαι 
πρὸς τὸν αἰῶνα von einem schauspieler, dem die nachwelt keine kränze 
flicht, und von dem dichter, dessen wort klingt, so lange es verstanden 
wird. αἰὼν παῖς ἐστι παίζων πεσσεύων, παιδὸς ἡ βασιλήη sagt 
Herakleitos 79 um das regellose spiel des werdens und vergehens zu 
schildern, das jeder moment des weltenlebens darzubieten scheint. hier 
liegt das tiefsinnige nicht in der speculation, sondern in der sprache 
selbst, der man nur nachdenken muß. gespielt hat mit dem gegensatze 
Platon (Anth. Pal. IX 51) “ἰὼν πάντα φέρει" δόλιχος Χρόνος older 
ἀμείβειν οὔνομα xal μορφὴν καὶ φύσιν ἠδὲ τύχην. dem Aion ver- 
danken wir alles, was an uns individuell ist, namen und gestalt, alles 
wofür wir requxauev, alles ὧν τυγχάνομεν. aber der δολιχοδρόμος 
Χρόνος weils alles zu wandeln, τὴν ἐναντίην ὅὁδὸν πορευόμενος. 
φέρειν sagt Platon wie Sappho ἕσπερε πάντα φέρεις. wenn also Vergil 
(ecl. 9, 51) übersetzt omnia fert aetas, animum quoque, so hat er das gedicht 
misverstanden, wie die welche es für witzlos erklären: aber dafs es ein 
berühmtes gedicht war, bezeugt er auf jedem fall. verstanden hat auch 
Eur. seine sprache ganz, denn er läfst Χρόνος nicht nur den vater der 


186 Commentar. 


tage sein Hik. 787, sondern auch des “ἐών Herakl. 897. und so redet 
er hier von ἑλεσσόμενός τις αἰών, worin das indefinitum besonders 
schön ist, unnachahmlich in jeder sprache, die den begriff der zeit nicht 
so wie die griechische differenzürt hat, aber verständlich, sobald man 
das relative in al&»y erkannt hat. am ähnlichsten redet noch Pindar 
Isthm. 7, 14 δόλιος αἰὼν Er’ ἀνδράσε χρέμαται (dies bild, weil er 
eben den stein des Tantalos erwähnt hat) ἑλέσσων βίου πόρον. “ein 
tückischer aeon dreht der menschen leben und hat eben Theben ins leid, 
Kleandros in die siegesfreude gebracht’. aber die ähnlichkeit ist nur 
äufserlich. 

674 Die Chariten unter die Musen mischen heifst zunächst nur ein 
danklied singen, den ««aAAlvıxog. und Mnemosyne bedeutet zunächst 
nur, dafs das alter den chor noch nicht vergelslich gemacht hat. aber 
der oft schon im altertum angeführte spruch ist vom dichter darauf be- 
rechnet im weitesten sinne gefalst zu werden: das zeigt 676. 7. 

677 Die bekränzung ist für den Hellenen eigentlich immer ein zeichen 
der weihung. die sitte ist dem epos fremd, hat aber schon von anfang 
des 6. jahrhunderts das ganze leben durchdrungen und sollte dann auch 
von Prometheus herrühren. geweiht ist 1) wer dem gotte wirklich ge- 
hört: so trägt Prometheus den kranz von λύγος oder ἐλάα als erinne- 
rung an die fesselung, und haben wir uns z. b. die delischen hierodulen 
bekränzt zu denken. 2) wer träger göttlicher machtfülle ist: so der 
beamte, das ἱερὸν τέλος, und für den civilbeamten ist der kranz das 
einzige abzeichen. deshalb trägt auch der ϑεωρός einen kranz, der 
vom gotte botschaft bringt, und auch der dichter hat deshalb den kranz 
verdient, der ihm in der vorstellung der antike immer gehört hat. 3) kränzt 
sich auch jeder mensch für den gottesdienst; so jetzt der attische chor, 
der an den Dionysien tanzt, so die teilnehmer an dem symposion, das 
ja mit gottesdienst, σπονδή, beginnt. auch der liebende, der seinem 
mädchen einen kranz darbringt, huldigt dem göttlichen. die wollbinde, 
στέμμα, darf mit dem στέφανος nicht verwechselt werden. sie trägt 
der bittflehende, der immer durch seine not, oft durch blutschuld unrein 
ist. sie trugen auch die kinder oben als totenschmuck:: den kranz setzt 
man bekanntlich in der trauer selbst bei der heiligen handlung ab. — 
eine reinigende bedeutung, wie Diels, Sibyll. Bl. 120 will, wohnt dem 
kranze nicht inne, er ist vielmehr ein zeichen der reinheit seiner träger, 
in so fern, als das geweihte rein ist. 

681 τὰν Ἡρακλέους καλλίνικον ἀείδω. man erwartet τόν so gut 
wie 180, weil der χαλλένιχος ein gebräuchlicher name ist und der 


vers 674—683. 157 


artikel dabei steht. allein der dichter hat es anders gemeint. der artikel 
steht als ersatz für das nomen, welches aus dem verbum zu ergänzen ist, 
ἀοιδή. (καλλένιχον ὠδάν El. 865) Soph. El. 1075 τὸν ἀεὶ πατρὸς 
στενάχουσα, Ar. Frö. 191 νεναυμάχηχε τὴν περὶ τῶν χρεῶν. Aisch. 
Ag. 1640 ζεύξω βαρείαις (ζεύγλαιες). Plat. vou. 5, 734° τῇ τῶν ἡδονῶν 
ἑχάτερος ἑχάτερον ὑπερβάλλων. Theokrit. Adwv. 95 μή usv κενεὰν 
ἀπομάξῃς, schol. μή μὸὲε xevdv τὸ μέτρον ἀποψήσῃς. Aristoph. 
Thesm. 86 χαὲ δικαίαν ἂν πάϑοις, Wesp. 1231 ἑτέραν ἄσομαι, beides 
jetzt, wie so vieles, von dem stumpfen messer der conjectur beseitigt. 
Pindar N. 6, 42 Borava νιν λέοντος νικάσαντ᾽ ἤρεφε δασχίοις (so 
zu schreiben und zu verstehen). schon in manchen der angeführten stellen 
ist die im griechischen sehr weit gehende verwendung des femininums für 
unbestimmte abstracta vielleicht besser zu statuiren, die meist schlecht 
und unzureichend auf eine ellipse von ὅδός zurückgeführt wird. z. b. 
Plat. Euthyd. 273° ἄλλην καὶ ἄλλην ἀποβλέποντες εἰς ἡμᾶς. Ar. 
Ritt. 121 ἑτέραν ἔγχεον. Plat. νόμ. 5, 727 δευτέραν παρακελεύομαι. 
A. Eum. 638 ταύτην τοιαύτην εἶπον. Choeph. 640 διανταέαν οὐτᾷ. 
Ag. 219 πνέων τροπαέαν (wo πνοήν falsch sein würde; nur σερεῦμα 
hat den geforderten sinn). Hesiod Theog. 972 Plutos elo’ ἐπὶ γῆν re 
καὶ εὐρέα νῶτα ϑαλάσσης πᾶσαν (wo ὅδόν falsch sein würde: es ist 
ja das ziel im accusativ bezeichnet, πάντοσε). auch im plural Plat. 
polit. 272 τῷ ῥηϑέντι κατὰ πρώτας, Theogn. 492 πολλὰς πίνων, 
Ar. Ekkl. 886 ἐρήμας τρυγήσειν u.dgl.m. hinzutreten wirkliche ellipsen 
der umgangssprache, ἡ γεχῶσα (γνώμη) Xen. Anab. 6, 2,12. τὴν μείζον᾽ 
ἥτουν (φιάλην) Sophilos der Komiker bei Athen. X 431", es ist eine 
specialuntersuchung wert. 

683 Βρόμιος ist bei Eur. wirklich name und zwar der häufigste name 
des gottes, nicht mehr ein adjectiv, das ihm nur besonders zukäme, 
was es ursprünglich gewesen ist. Bodum: νύμφαι = al περὶ τὸν 
Διόνυσον xogevovoaı in dem attischen skolion 5. βρομία Χάρις 
neben den chören und der Ποῦσα βαρύβρομος αὐλῶν bezeichnet bei 
Aristophanes (Wolk. 311) die Dionysien, wie Ζ“εωνύσου Χάριτες σὺν 
Bonlare 4ιϑυράμβῳ den korinthischen dithyrambos bei Pindar (Ol. 
13,18). ein solches epitheton statt des unbequemen .Ζεόνυσος zu wählen 
veranlalste das iambische mals. zuerst hat es Aischylos (Eum. 24) einmal 
gesagt. βέχχος kommt als eigenname nur vereinzelt vor; lieber βάχχεος 
βαχχεύς βαχχεώτας. und erst in den letzten dramen des Eur. ist die 
adjectivische bedeutung verflüchtigt. dann hat es in immer steigendem 
malse βρόμιος verdrängt. 


158 Commentar. 


685 Alßvc heifst die flöte gewöhnlich, weil sie aus λωτός ist, v. 11. 

686 χορεύειν ist eigentlich “tänzer sein’, und kann deshalb als object 
den oder das erhalten, welchem der tanz gilt, einen gott S. Ant. 1153, 
γάμους E.I A. 1057, und ein passiv bilden gleich χορῷ τιμᾶσϑαι S.OT. 
1094. aber hier und 871 und 879 im passiv bedeutet es "zum tänzer 
machen’. das ist sonst ohne beispiel, denn ἐξεχορεύσατο Hel. 381 ist 
unverständlich; aber ein analogon ist βαχχεύειν, eigentlich ein Aaxxoc 
sein, und so 898, aber auch zum βάχχος machen 966. beides auch 
sonst häufig. 

687 Über die delischen hierodulen vgl. Is. 140. wie dem ᾿“πόλλων 
der paean gesungen wird als dem unheilsabwender zum gedächtnis an die 
überwindung der schlange von Pytho, so dem Ἡρακλῆς ἀλεξίκακος 
wegen der vertilgung der ungeheuer: beide sind die begründer der ge- 
sittung. — sie tanzen vor dem tempel, wie natürlich, weil dort der altar 
steht und platz ist; dem entspricht der tanzplatz des chores vor dem 
hause des Her. so schützt auch der parallelismus ἐπεὶ. σοῖς μελάϑροις 
die überlieferung ἀμφὶ πύλας. --- Ankıades ist hier und Hek. 402 Ion 
167 mit n überliefert, die jüngere ableitung ward eben nicht in den 
alten vocalismus zurückübersetzt, der in folge der alten ]yrischen lieder, 
die Delos feierten, in 4ἅλος und Ζ2άλεος bei Pindar Sophokles Euri- 
pides (Ion 919) bewahrt ist, auch in boeotischen namen Ζαλέων u. dgl, 
und sicher stellt, dals die herleitung des namens von δῆλος nicht nur 
falsch, sondern jung ist, denn in δῆλος ist das ἡ nicht aus a entstanden; 
dieses wort scheint allerdings den sprachen des festlandes aufser Athen 
zu fehlen und erst durch die ionische litteratur verbreitet zu sein. 

689 εὔπαις γόνος mit abundirendem zweitem bestandteil des adjectivs. 
ebenso I. T. 1234. das ist der poesie ganz geläufig. χαλλέπαις Fed (die 
Κόρη), Or. 964, καλλέπαις Φαῖδρος Plat. Phaidr. 261, μονόπαες κόρος 
Alk. 906. εὐπάρϑενος Algxa Bakch. 520, μεγακήτης δελφίς ® 22 
ist anders und seltener: das ist “die schöne jungfrau Dirka’ μεγαλο- 
πόλιες ᾿ϑᾶναι Pind. P. 7,1 die große stadt Athen’ u.s.w. also 
ähnlicher dem folgenden εἑλέσσουσαι καλλίχοροι “in schönem reigen 
sich drehen’, χοραγὲ δελφίνων xallıydewv Hel. 1454. 

690 Ob der accusativ τὸν «Ζατοῦς γόνον zunächst mit παεᾶνα ὑμνοῦσι 
oder mit eiAlooovoaı zu verbinden sei, zwischen welchen worten er 
steht, ist nicht zu sagen, da er mit beiden verbunden werden kann, in- 
dem sie die construction eines χορείᾳ τιμᾶν übernehmen. IA. 1468 
ἐπευφημήσατε παιᾶνα ... Jıös κόρην. 1480 ἑλέσσετ᾽ ἀμφὲ ναὸν 
Aoreuw. ἑλίσσω ist, wie Aristophanes auch nicht verfehlt hat in 











vers 685---606. 159 


seinen ien aufzustechen, ein lieblingswort des Eur. er braucht es 
transitiv ‘im kreise herumbewegen’ 926 und dazu das passiv 671, und 
intransitiv, I T. 1145 IA. 1480. 

692 γέρων ἀοιδὸς nimmt zunächst dasselbe wort aus der strophe auf. 
durch den klang, den hier der rhythmus mächtig ins ohr fallen läfst, die 
responsion des versmalses und des gedankens hervorzuheben ist ein allen 
dichtern umfänglicher respondirender gedichte wolbekanntes und nur 
von denen die blofs mit den augen lesen oft übersehenes kunstmittel. 
hier aber ist der γέρων ἀοιδός das stichwort, welches zugleich auf die 
parodos zurückweist. denn dort war der schwan nur ein bild des greisen- 
alters, an dessen farbe wieder erinnert wird: hier in verbindung mit 
Apollon und Delos ist er zugleich der geweihte sänger des gottes, den 
er bei seiner geburt in Delos einst begrülst hat (Kallim. hymn. 4, 249) 
und bei jeder epiphanie von neuem begrülst. und ein bedeutsames licht 
fallt auch auf das vorige grolse lied zurück. das war ein Alvoc, dies ist ein 
paean. jene klagende weise tönt zwar auch ἐπ᾿ εὐτυχεῖ μολττᾷ: alkıvov 
atlıyov eine‘ τὸ δ᾽ εὖ νιχάτω. jetzt triumphiren wir: τὸ γὰρ εὖ 
τοῖς ὕμνοισιν ὑπάρχει, d.h. τὸ εὖ ὑπόκειταε τῷ παιᾶνι. dort be- 
zweifelten wir die vaterschaft des Zeus: jetzt ist sie sicher; und doch 
steht die ἀρετή noch höher als sie. 

693 πολιᾶν ἐκ γενύων ist so gestellt, dals man schwanken mag, ob 
die kehle des schwanes oder greises gemeint ist. die erste ist im farb- 
sinne grau, die andere metaphorisch als die eines greises, vgl. 450. 1209, 
Dioskorides Anth. Pal. IX 568 πολιᾶς ἔργα χερός"). es ist also für die 
kehle des greises, an die man zunächst denken muls, weil sie jetzt 
κελαδεῖ, ein beiwort gewählt, das die vergleichung mit dem schwane 
rechtfertigt. 

696 πλέον ὑπερβάλλει ὅ Ἡραχλῆς τῇ ἀρετῇ ἢ τῇ κατὰ τὸ γένος 
ὑπερβολῇ, Aıös @v. der artikel vor δὐγενέα hat stark demonstrativische 
bedeutung: sonst würde er zumal im liede nicht stehen. der genetiv 
neben dem comparativ ist völlig correct, da dem dativ ἀρετᾷ der dativ 
ἢ τᾷ εὐγενίᾳ entsprechen würde. der sinn aber fordert gebieterisch, dafs 
der vorzug, welchen dem Her. seine eigene tüchtigkeit gibt, dem nunmehr 
auch dem zweifel entrückten vorzuge der geburt entgegengestellt wird. 


1) Bei Pindar Pyth. 4, 98 ist πολεὰ γαστήρ gegensatz zu pasdsnos: sordida 
mater. der adelsstolze Aegide schrickt nicht vor dem häfslichen zurück. Alkaios 
42 stellt sein πολιὸν στῆϑος neben die πολλὰ παϑοῦσα xegald. er hätte die epitheta 
vertauschen können; aber hier liegt keine künstelei vor (zu 883), sondern er hatte 
auf der brust so gut graue hare wie auf dem kopfe. 


160 Commentar. 


698 ἀκύμων hier wie γαληνός == ἥμερος ; die metapher wird kaum 
gefühlt. später in philosophischer rede häufig; aber ‘ruhig von den 
stürmen der leidenschaften’, wie auch eödıog und γαληνός mit ab- 
leitungen gern gebraucht werden. 

700 Das zweite participium steht appositionell zu dem ersten, welches 
es erläutert, 


Vierter auftritt 701—34. 


Die vollziehung der strafe an Lykos hat für den dichter und hörer 
geringes interesse; der mensch ist gleichgiltig, und dafs Her. mit ihm 
ohne mühe fertig werden wird, ist selbstverständlich. darum tut der 
dichter diese sache kurz ab. nur die schlechtigkeit des tyrannen wird 
noch kurz gezeichnet, damit auch der mattherzige nicht zum mitleid ver- 
führt werde, obwol die Hellenen von dieser modernen schwäche sehr 
frei sind. wesentlich ist dagegen, dals die gerechtigkeit, die theodicee, 
gebührend an diesem exempel hervorgehoben werde, nicht an sich, son- 
dern als contrast zu dem folgenden. der reflex der tatsache, nicht sie 
selbst hat wert: da das im liede sich besser tun liels, ist der dialog nur 
eine brücke von dem vorigen liede zu dem grofsen folgenden. die 
dramaturgie ist völlig frei bei Eur.: Aischylos, der sich an die Zsre«- 
σόδια, die regel dals eine neue person kommen muls, bindet, hätte so 
nicht dichten können. als Euripides später den älteren Lykos, Dirkes 
gatten, durch die Zeussöhne überwältigen liels, ist er auf diese scene 
zurückgekommen, hat auch den tyrannen vergeblich die Kadıneer um 
hilfe rufen und den chor dazwischen einige dochmische betrachtungen 
ähnlichen inhalts singen lassen, hastig und wenig erfreulich. dort 
geht aber alles, trotzdem vier schauspieler nötig sind (wenn auch einer 
der zwillinge schweigt) auf der bühne vor sich. 

701 Man ist nicht berechtigt χατὰ τὸ σιωπώμενον anzunehmen, dals 
Amph. im hause aufgepalst habe, bis er Lykos kommen sähe, und nun 
hervortrete um den tyrannen zu überlisten. diese motivirung hätte aller- 
dings für Eur. parat gelegen, aber er würde es gesagt haben, wenn er 
gebrauch von ihr machen wollte. - in wahrheit erscheint Lykos erst jetzt, 
kommt Amph. jetzt heraus εἰς καιρόν für den fortgang der handlung, 
für das drama. es gehört zum stile des griechischen schauspiels, die 
motivirung des gleichgültigen zu verschmähen, und zum wesen des antiken 
publicums, adiaphora als solche hinzunehmen und sich bei ihnen nicht 
aufzuhalten. 

705 φαίνεσθαι aus der umgangsprache. πόϑεν ὦ Σώχρατες φαίνῃ 


vers 698---713. 161 


fängt Platons Protagoras an. bei Eur. noch Bakch. 646 Ph. 1747. er 
sagt auch in kühner neubildung φαντάξεσϑαι dafür Andr. 876. 
Phoen. 93. 

706 “laßse sie erscheinen auf grund des vertrages, durch den ihr euch 
zu stellen versprochen habt’. also ganz logisch ἐπεὶ τῷ οὕτως ὕπο- 
στῆναι ὑμᾶς. Lysias 23, 10 ἐφ᾽ οἷς ἐξηγγυήϑη, οὔτε ἀδελφὸς — 
ἦλθεν. d.i. ἐπὶ τῷ ἀδελφὸν παρέσεσθαι ἐξηγγυήϑη᾽ οὐ μὴν ἦλϑεν 
οὐδείς. 

107 ὕβριν ὑβρίζειν gehört zu den ganz wenigen formeln, in welchen 
ein verbum das nomen desselben stammes lediglich zur steigerung des 
begriffes zu sich nimmt. nur uavlag μαένῃ und λῆρον ληρεῖς ist gleicher 
art, gehört aber dem gemeinen leben, der komödie, an. aus derselben 
sphäre hat Eur. diese wendung genommen, die er allein, aber öfter, an- 
wendet. die ganze gruppe von spracherscheinungen, die nach dem vor- 
gange später grammatiker als figura etymologica unpassend bezeichnet 
wird, ist in erschöpfender weise mit musterhafter methode erläutert von 
Lobeck paralipom. 500 fig. 

709 σπουδὴν ἔχειν = σπεύδειν, daher sowol adverbium μετρέως 
wie object & dabei. eben so steht gleich ἀνάγχην προστιϑεῖς ϑανεῖν 
construirt wie ἀναγκάζεις. 

710 Amph. hat die überlegene ruhe, die ihm verstattet mit den worten 
zu spielen. in dvayxıny προστιϑεῖς ist ἀνάγχῃ Zwang, in στέργειν 
dyayın ist es notwendigkeit, aber durch das wortspiel wird dies letztere 
zu einem oxymoron. dann macht er eine pause, und spricht kurz die 
bereitwilligkeit aus, dals so zu recitiren ist, zeigt die adversative partikel; 
denn wäre auch dies noch nachsatz zu dem satze mit Zrrei, so könnte 
nur die copula stehn. die leise nuance erhöht aber das ethos. 

713 ὡς εἰχάσαι == κατὰ τὸ εἰχός. die wendung ist dem Eur. ge- 
läufig und hat in der rede des 5. jahrhunderts zahlreiche, in der des 4. 
einzelne analogien. ausgedehnt ist der gebrauch zumal in der ionischen 
prosa des Herodot. ὡς ist darin keinesweges final zu fassen, wie die 
deutschen leicht wähnen (“um zu vermuten”), denn es kann auch fehlen, 
z.b.8.OT. 82 ἀλλ᾽ εἰχάσαε μὲν ἡδύς, oft ἐμοὶ doxeiv. es steht also 
ganz wie neben praepositionen, vgl. 1416, und auch hier erscheint einzeln 
ὅσον. erklärt wird der absolute gebrauch des infin. lediglich dadurch, 
dafs er das verbum zu einem nomen macht, das indeclinabel ist und für 
alle casus eintritt, selbst den genetiv, πόϑῳ Javeiv Andr. 824 ganz 
gleich Javarov. so hier für den locativ. neben &uol δοχεῖν steht ἐμῇ 


δόξῃ; der gegensatz von ἔπος εἰπεῖν kann oft τῷ ὄντε sein. 
v. Wilamowitz II. 11 


162 Commentar. 


714 Amph. mufs etwas erfinden er redet langsam und mit doppelter 
reserve, δοχῶ, εἰχάσαι, das ärgert den tyrannen, der ihn anfährt ‘zive 
δόξαν τεχμαίρῃ; was sind das für umschweife?” überliefert ist δόξης 
τῆσδ᾽ ἔχεις τεχμήριον. aber da noch gar keine δόξα geäulsert ist, so 
ist das leer, und der grad der probabilität ist für Lykos gleichgiltig. 

716 “ἀλλ᾽ οὐδὲν περανεῖ, εἴπερ σῴζεσθαι δοκεῖ δεὰ τῆς ἕχε- 
τηρέας". 

717 καὶ τὸν Ἡρακλέα ἀναχαλεῖ, ἀλλὰ μάταιον τοῦτο ὀρϑῶς λέγεις" 
τέϑνηχε γάρ. nur die partikel so an der rechten stelle gesetzt gibt den 
versen die weitere bedeutung, welche die paraphrase angibt. 

718 Noch einmal stellt sich die ganze vertrauensseligkeit des Lykos 
dar, die durch die antwort des Amph., gerade weil sie bedingt ist, wächst: 
denn an die realisirbarkeit dieser bedingung glaubt der gottesleugner nicht. 

720 Vgl. zu 335. 

122 ἐνθύμειος bedeutet mehr als was die etymologie gibt ὅτε ἐν ϑυμῷ 
ἐστιν, während das verbum ἐνθυμεῖσθαι fast immer nur so viel besagt, 
und davon der rhetorische terminus ἐνθύμημα fortgebildet ist. das woran 
man immer denken muls wird zur ‘sorge’. so zuerst in einem der jüngsten 
schicht angehörigen Homerverse » 421, den spätere nachahmen. Eur. 
Ion 1347 ἐνθύμιόν μοι τίϑησιν ὅ ϑεός “er bindet mir auf die seele’, 
“legt die verantwortung auf mich’. Soph. Tr. 109 ἐνθυμίοις ἀνανδρώ- 
τοις εὐναῖς τρύχεσϑαι. "sich in sorge um den gatten verzehren, der 
auf dem bette fehlt’. aber ganz besonders wenden die Athener des ὅ. jahr- 
hunderts, die δεισιδαιμονέστατοι τῶν Ἑλλήνων, das wort für das an 
was religionem habet, was gewissensscrupel macht. Soph. Ο. T. 739, der 
auch ἐνθύμημα so zu setzen wagt O.K. 292, 1199. Thuk. 7, 50, der 
auch ἐγθυμία bildet 5, 16 und gar ἐνθυμεῖσθαι so verwendet 5, 32, 
Antiphon tetr.Iy’ 10,11 α΄ 2. von Ioniern hat es Herodot 8, 54 ; Demokrit 
(Stob. 46, 44) im selben sinne ἐγκάρδιον, wo καρδία in dem archaischen 
sinne steht, über den zu 853. dann schwindet das wort mit der frömmig- 
keit und hält sich nur im aberglauben (bleiplättchen von Knidos Gött. Dial. 
Inschr. 3541 ἐνθύμιον ἔστω ΖΦάματρος καὶ Κόρας), oder archaisten 
greifen, zum teil misverständlich, darauf zurück. 

723 Die aufklärung rühmt sich den menschen von den δεέματα, den 
wahnvorstellungen einer vergeltung, frei zu machen. so kämpfen die Epi- 
kureer später gegen die φόβοι τῆς διανοίας, Lucrez gegen die terrores 
religionis. Lykos ist darüber erhaben. zum ausdruck z. Ὁ. Timon von 
Phleius 5, die Eleaten sind πολλῶν φαντασμῶν μὲν ἄνω, παύρων γε 
μὲν εἴσω. 








vers 714---799. 168 


725 Mit dem tode der praetendenten kann sich der tyrann sicher fühlen. 
Tro. 1264 sagt Talthybios “Troia muß verbrannt werden, ὡς ἂν — orel- 
λώμεϑ᾽ οἴκαδ᾽ ἄσμενοι. Lykos ‘sieht’ in dem morde σχολὴν πόνων, 
wie Euadne gegenüber der leiche ihres gatten, ὁρῶ τελευτάν Hik. 1012. 
man kann geneigt sein, statt des coni. praes. den coni. aor. zu erwarten, 
und es würde allerdings wol Ydwus» eher als ὁρῶμεν stehen: aber λεύσσω 
hat nur den praesensstamm, dessen functionen deshalb erweitert werden 
müssen. 

726 Amph. sagt diese worte nicht mehr zu Lykos, der sich auf die tür 
zu bewegt, aber doch noch in hörweite ist, so dafs die drohung auch 
eine allgemeine deutung auf göttliches strafgericht zulassen muls. erst 
wo er den chor anredet, kann Amph. unverblümt sprechen. 

728 ἐς καλόν familiäre redeweise. Xenoph. Symp. 1, 4 εἰς καλόν γ᾽ 
ὑμῖν συντετύχηκα, auch bei Soph. Ο. Τ. 78. ähnlich ἐν χαλῷ. — in 
βρόχοισι γενήσεται ist nicht sowol der locativ an sich anstölsig, als 
dafs er scheinbar auf die frage wohin steht. aber nur scheinbar; wir 
mögen übersetzen “er wird in das netz gelangen’, der Grieche sagt “er 
wird sich im netze befinden’. ebenso Hipp. 732 ὑπὸ χκευϑμῶσι γενοί- 
μαν. LT. 989 τὸ πρόϑυμον ἔχω Aoysı γενέσϑαι. 

729 Die gewöhnliche jagd ist mit stellnetzen, in welche das wild von 
den hunden getrieben wird. die daher genommene metapher ist so ge- 
wöhnlich geworden, dafs man von einem listigen mordanschlage den eigent- 
lich widersinnigen ausdruck wagen kann “in die schlingen des schwertes 
getrieben werden‘. ἄρχυς ξίφους Med. 1278. man soll solche ver- 
mischungen nicht loben, und tut gut sich selbst ihrer zu enthalten. heut 
zu tage corrigiren sie die heraus, die sich selbst nicht scheuen etwa von 
“einer quelle’ zu reden, die man “herausschälen muls’, auf die man sich 
dann aber 'felsenfest verlassen kann’. ob Eur. in diesen fällen bewulst 
ein bild misbraucht hat, steht dahin. aber es fehlen nicht beispiele, wo 
nur in einem zuge ein bild angedeutet ist, weil für den, dem die sprache 
lebendig ist, nicht mehr von nöten ist. Or. 68 ἐπ᾽ ἀσϑενοῦς ῥώμης 
ὀχούμεϑα, das bild ist ἐπ᾿ ἀγκύρας ὀχεῖσθαι, für den anker tritt das 
eigentliche wort ein. daraus macht man dorf, als ob es bei dem, worauf 
man leicht umkippt, auf stärke und schwäche ankäme. 1. T. 1396 πρὸς 
κῦμα λακτίζοντες. jetzt wie zu Eur. zeit kann jeder schulknabe sehen, 
dafs λαχτίζειν um des sprüchworts πρὸς κέντρα Aaxrileıy gesetzt ist, 
weil ‘wider die wogen mit den fülsen ausschlagen’ nichts ist; loben will 
ich den dichter nicht, der das bild aufgriff, weil die ruderschläge wider 
die strömung nicht helfen: aber ohne die bildermischung wird der aus- 

11* 


164 Commentar. 


druck leer, und wenn x&yroa statt χῦμα überliefert wäre, mülste man 
ändern. Kratinos Πυτίν. 7 Mein. εἰ μὴ γὰρ ἐπιβύσει τις αὐτοῦ 
τὸ στόμα, ἅπαντα ταῦτα χκαταχλύσει ποιήμασιν. wenn es nicht ge- 
dichte sind, die das theater überschwemmen (wie vorher vom £rrör 
deüua die rede war), sondern etwa τοῖς δεύμασι für ποιήμασι gesetzt 
wird, so wird der alte Kratinos etwa der wassertragende besen des Zauber- 
lehrlings, nicht der in der liebe zu seiner alten flamme ἄωμῳ δέα verse- 
sprudelnde poet: nur die mischung des bildes mit dem verglichenen 
macht den vers verständlich. Ar. Ekkl. 107 τῆς πόλεως τὰ πραγ- 
ματα παραλαβεῖν. freilich nimmt man eigentlich nicht die geschäfte, 
sondern die zügel in die hand, aber dals Ar. nicht geredet haben soll, 
wie wir alle tun, ist doch eine starke zumutung. Eur. Hik. 520 ἄνω 
ἂν δέοι τὰ πράγματα, freilich flielsen die verhältnisse nicht bergauf, 
sondern kehren sich um, aber das sprüchwort heifst ἄγω srorauol, und 
das wird mit einem worte gut genug bezeichnet. wie das nackte sprüch- 
wort in dieser form passen sollte, “wenn man uns befehlen wird, dann 
möchte wol der fluß zu berge rinnen”, kann keiner sagen. νάματα 
aber für πράγματα ist ein starker verstols wider den sprachgebrauch 
vgl. zu 625. man mag die dichter tadeln, aber das concept ihnen zu 
corrigiren ist ein übles unterfangen. es hat sogar weise leute gegeben, 
die in Lessings vers “der großse mann braucht überall viel schatten’ 
‘baum’ für ‘mann’ conjicirt haben. 
730 τοὺς πέλας hier nichts als ‘andere’ vgl. zu 194. 


Vierte Gesangnummer. 785—815. 


Die drei aufeinander folgenden strophenpare sind ein jedes in sich 
selbständig, aber unter einander ohne zusammenhang. es war das not- 
wendig, weil das lied nicht einen ruhepunkt bezeichnet, wie die beiden 
vorigen, sondern in der ersten strophe das geschehen einer haupthandlung 
begleitet, in den beiden folgenden die durch dieses erlebnis angeregten 
stimmungen, und zwar nach zwei verschiedenen seiten zum ausdruck 
bringt. das erste strophenpar besteht aus je zwei dochmischen perioden, 
die der chor singt, und iambischen trimetern, die der chorführer spricht, 
wozu’ in der antistrophe noch die wehrufe des Lykos treten. der wechsel 
der vortragsart fällt mit dem personenwechsel zusammen, und die an- 
rede des ganzen chores 747. 760 ist unverkennbar, so dafs die störungen 
der überlieferung sich leicht entfernen lassen. dals rufe aus dem innern 
des hauses in eine respondirende partie so eintreten, dals sie für die 
responsion nicht vorhanden sind, ist nicht gewöhnlich, aber an sich ver- 





vers 730. vierte gesangnummer. 165 


ständlich; ein ganz analoges beispiel gibt die Elektra des Sophokles, 
1400—21, wenn man die überlieferung befolgt'). 

Die erste dochmische periode (735—39 = 75053) zeigt zunächst 
vier dochmien, dann nach einem hiatus (738) zwei unverkennbare doch- 
mien mit einem iambischen worte davor. die ersten vier gibt die über- 
lieferung als monometer; die worte erlauben dies, erlauben aber auch 
synaphie. die responsion ist auch in den indifferenten sylben vollkommen. 
da die dochmien sonst sehr frei respondiren dürfen und meist nicht χατὰ 
μέτρον abgesetzt sind (wie anapaeste, bakcheen und zum teil paeone und 
ioniker), so ist die versabteilung, wie sie überliefert ist, zu billigen: die über- 
lieferung selbst kann allerdings nach keiner seite eine wirksame instanz 
sein. auch der vor den beiden dochmien des schlusses stehende iambus 
kann abgesondert werden, zumal er in der strophe durch eine interjection 
gebildet ist’). tun wir das, so haben wir auf eine metrische benennung 
dieses gliedes zu verzichten, denn wir können solche par vereinzelte sylben 
nicht in ein metrisches schema pressen, zumal sie in den verschiedensten 
liedern erscheinen. im grunde wird aber das verhältnis auch nicht viel 
anders, wenn wir die worte mit dem folgenden dochmius vereinen. wir 
erkennen damit nur ein beispiel einer erscheinung mehr an, welche in 
den dochmischen liedern besonders häufig ist, aber auch in anderen nicht 
selten, z. b. in daktyloepitriten, ionikern, glykoneen; doch nie in iamben, 
trochaeen, anapaesten. empirisch stellt sie sich so dar, dafs vor einer 
summe vollständiger metra einer gattung eine anzahl sylben stehen, welche 
an metrischen einheiten die grölse eines metrons der folgenden art nicht 
erreichen. so hebt also ein dochmisches gedicht oder eine dochmische 
periode sehr oft mit --ο- an oder auch mit vier kürzen oder mit zwei 
sylben, spondeus oder iambus, oder gar mit einer länge'). verstehen kann 


1) Nur 1412 sind die worte οὐϑ᾽ ὁ γεννήσας πατήρ zu streichen, und es ist 
abzuteilen HA. ἀλλ᾽ οὐκ ἐκ σέϑεν 
ῳκτίρεϑ᾽ οὗτος ΧΟ. ὦ πόλες, ὦ γενεά 
τάλαινα, νῦν σε μοῖρα καϑαμερέα 
φϑίνεε φϑένει 
und so in der antistrophe. die versformen finden sich zu der fünften nummer erläutert. 
2) Um dieses wortendes willen scheint die oben gegebne erklärung richtiger 
als die sylben „-u—-—u-u-—u-— als 2 iamb. 4 δ zu fassen. die hoffnung muls 
doch jeder, der sich an den texten selbst in die metrik hineinarbeitet, als illusorisch 
lahren lassen, dafs wir für jeden concreten fall eine erklärung als die einzig mög- 
liche erweisen könnten. 
3) -u]| v-—v- ist ein unding, denn kein glied kann auf eine kürze ausgehen, 
da die schlufssylbe indifferent ist, und der zusammenstols von metrisch unbetontem 


166 Commenter. 


man die erscheinung nur als ein analogon der katalexe. das erste metron 
der reihe ist unvollständig; wer will kann sich ja die pause bezeichnen, 
obgleich das ein sehr äußerliches veranschaulichungsmittel ist und nicht 
immer sicher durchgeführt werden kann. denn es gehört in die musik, 
die wir nun einmal nicht besitzen. 

Die zweite dochmische periode ist in der überlieferung von strophe 
und antistrophe so zerrüttet, dafs sich nicht mehr sagen läfst, als dafs es 
dochmien waren, ungewils wie viele und in welcher form. nur scheint 
es, als ob sie mit dem vorschlag einer sylbe, wie es eben bezeichnet ist, 
anhoben. 

Die zweite strophe ist iambisch und eins der vollendetsten stücke, 
die Euripides in diesem, ihm sehr lieben, malse verfalst hat. denn die 
responsion ist nicht blofs in dem sylbenwerte, sondern auch in den wort- 
schlüssen, in den gedanken und in der klangwirkung durchgeführt. dabei 
ist das versmals von durchsichtigster einfachheit, 5., 6., 3, 3, 8., ἃ, i. kata- 
lektischer pentameter, katalektischer hexameter und drei trimeter, der letzte 
katalektisch. die drei trimeter halten den iambischen rhythmus rein ; nur in 
dem vorletzten metron ist die anlautende senkung unterdrückt, wie das 
an dieser stelle in den tragischen liedern ganz besonders beliebt ist. die 
indifferenten sylben sind fast durchgehends kurz, die auflösungen stehen 
zwar nicht an derselben stelle, aber sie sind an zahl gleich und fallen 
gleich ins ohr. in den beiden ersten versen sind die einzelnen metra so 
wie es in anapaesten und bakcheen die regel ist durch wortschlufs ge- 
sondert, wodurch die anaphern ganz besonders hervorgehoben werden. 
das zweite und vierte metron jedes verses ist anaklastisch, hat also die 
form des choriambus. diese anaklasis ist den antiken metrikern unbe- 
kannt, und war es fast ganz bis vor kurzem. sie ist in wahrheit ganz 
gewöhnlich, und die schönsten lieder der tragödie sind wesentlich durch 
sie belebt. im verse des dialoges kommt sie aufser in eigennamen (IIag- 
ϑενοπαῖος Akyeolßora) nur ganz vereinzelt vor (φαεοχέτωνες A.Choeph. 
1049. el&v ἀκούω A. Choeph. 657, Arist. Fried. 662). nun haben sich 
in den choriamben des Herodas mehrere beispiele gefunden (1, 67. 3, 8. 
68. 4,20), und der schlußs, dals dieser dem alten iambus folge, bestätigt 


auslaut mit metrisch unbetontem anlaut fast überall gemieden wird. dafs nur eine 
kürze vor dem doohmius steht, kommt vor; aber dann hebt dieser selbst anapaestisch 
an; man sieht das daran, dafs die erscheinung auch in mitten einer dochmisohen reihe 
gefunden wird. vgl. 878. steht Ὁ ---. -- vor dem dochmius, so wird man nicht 
anstehen, das für ein iambisches metron zu halten; S-—- ist selbst eine form des 
dochmius, vgl. zu 1024. 











Vierte gesangnummer. 167 


sich durch Semonides 17: ὀρσοϑύρης geht nur so in den vers'). wahr- 
scheinlich verkennen wir die freiheit noch häufig. 

Die dritte strophe sticht von dieser schlichten klarheit sehr ab; sie 
besteht aus den zerfahrenen glykoneen, die Euripides und Sophokles so 
viel verwenden. die einzelnen glykoneischen glieder, die sich absondern, 
und die das charakteristische haben, dals je einmal eine zweisylbige 
senkung (ein daktylus) darin ist, sind nicht gleich unter sich, und da 
auch die regeln über die katalexe sich auf diese ursprünglich aeolischen 
malse nicht voll übertragen lassen, so ist schwer zu sagen, in wie weit 
wir dasselbe metron anzuerkennen haben: doch ist ausdrücklich bezeugt 
und für jeden, der die lieder unbeirrt durch die moderne theorie liest, 
unverkennbar, dafs das metron, der πούς, wie die dichter und ältesten 
metriker sagten, eben der glykoneus in allen seinen spielarten ist, wie 
das in dem vorigen liede ohne weiteres in der analyse vorausgesetzt ist. 
die anordnung der glieder zur strophe ist hier so geschehen, dafs 6 drei- 
gliedrige perioden die höhere einheit bilden, vermutlich variationen der 
bekannten volkstümlichen kleinen strophe, die am anfange steht. 

1 periode. 2. glyk. + pherekr. 

2. zwei glykoneen und adoneus. 

3. vor glyk. und pherekr. steht das glied Maecenas atavis, oben 380, 
so stellt es sich, wenn man synaphie annimmt; wie es nach den wort- 
enden gedruckt ist, steht zwischen zwei pherekrateen ein vorn um eine 
sylbe verkürzter glykoneus. 

4. glykon. glyk. vorn um eine sylbe verkürzt. kretiker, d.h. ein drei- 
sylbiges kleines glied, wie deren namentlich die chorische lyrik sehr gern 
in ihre glykonischen strophen einmischt. v. 790 ist ein doppelter dak- 
tylus zugelassen, eine anomalie, welche in der späten tragödie häufig ist, 


1) Et. M. 8. v. Asyas δέ καὶ Σημωνέδης κακοσχόλως (ἃ. i. mit obscönem sinne, 
gewöhnliche terminologie der grammatiker, wie Bergk natürlich wulste; damit er- 
ledigen sich die ausführungen von Schenkl Anal. Graec. 77) καὶ τῆς ὄπισϑεν ὀρσο- 
ons ἡλσάμην. jede conjectur, die ὀρσοϑύρης ändert, steht mit dem zeugnisse der 
grammatiker in widerspruch, die ja nur dies wort belegen, das zudem für sich selbst 
spricht, da doch ὀρσός ὀρρός ars darin steckt. weil es das tut, hat die spätere zeit 
diesen namen für die ‘hintertür’ fallen gelassen. der sinn des verses καϑηλάκην 
τῆς πυγῆς ist klar, und κατά schon von Hemsterhuys erkannt. nur das metrum 
macht schwierigkeit, und den unerträglichen verstofs gegen die Porsonsche regel, 
den die willkürliche verlängerung des stammvocals von ϑύρα mit sich führt, hätte 
W. Schulze (gu. ep. 5) nicht mit den zur zeit beliebten vexirstückohen der sprach- 
vergleichung erkaufen sollen. καττῆς ὄπεισϑεν ἡλσάμην)] ὀρσοϑύρης ist einfach und 
unanstölsig. 





1608 Commentar. 


5. unsicher, da die überlieferung in strophe und antistrophe gestört ist. 
das erste glied, ein glyk., ist noch beide male heil, dann folgt in der 
strophe „u wu υ---, worin die auflösung an sich nicht befremdet; es 
entspricht aber ---u--, ohne daktylus, scheinbar ein katalektischer 
iambischer dimeter. solche glieder sind auch im drama ganz berechtigt 
in glykoneen, aber die responsion befremdet; man kann freilich leicht 
799 re beseitigen. das dritte glied ist wegen der sinnlosigkeit der über- 
lieferung unbestimmbar. 

6. 3 glykoneen, der erste vorn um eine sylbe verkürzt, wie 4, der letzte 
katalektisch. so, wenn man synaphie zuläfst; nach den wortenden 
zwei vorn um eine sylbe verlängerte pherekrateen + reizianum, vgl. 
zu 1050. 

Das erste strophenpar begleitet nur den abgehenden Lykos, der seine 
ganze niedrigkeit und irreligiosität noch eben offenbart hat, und seinen 
jähen sturz mit den gefühlen, die für den chor selbstverständlich sind: 
erst als er tot ist, wird mit dem hohnrufe, dafs er doch noch eben die 
göttliche gerechtigkeit geleugnet hätte, das thema des folgenden liedes 
angeschlagen. der chorführer fordert zu einem reigentanze ausdrücklich 
auf (760), und so sondert sich das folgende ab. 

Die zweite strophe spricht die tatsachen aus, welche dem chor die 
veranlassung zu diesem tanze geben; die antistrophe zieht das facit. es 
gibt eine göttliche gerechtigkeit: auf die dauer können sich glück und 
macht, wenn sie wider das recht sind, nicht halten. 

Ähnlich ist die verteilung im dritten pare, dessen strophe die berge 
und gewässer und gassen von Theben auffordert an dem preise des alten 
Thebaneradels teilzunehmen, während die antistrophe ohne directe ver- 
knüpfung erklärt, in wie fern dieser alte adel sich nun bewährt hat: indem 
der Zeussohn den gemeinen eindringling überwunden hat. 

Was schon bei dem vorigen liede bemerkt ist, tritt hier noch mehr 
hervor: die strophen verselbständigen sich so, dafs das lied sich kaum noch 
als ein ganzes darstellt. und doch soll es ein ganzes sein und sind die 
verweisungen zahlreich (736, 770, 808 ist die eine, 758, 774, 813 die 
zweite reihe). ganz besonders auffällig ist der abstand des letzten von 
dem mittleren strophenpare. die anrufung der Thebanischen localgötter 
ist nicht viel mehr als phrase, die behandlung der abkunft des Herakles 
von Zeus und die abwägung des adels steht so tief unter den entgegen- 
gesetzten freimütigen äulserungen 351, 696, dals man wünschen möchte, 
Euripides hätte dies strophenpar nicht verfaßst. der moderne leser wird 
von der prachtvollen zweiten strophe unendlich mehr ergriffen, wenn die 


vers 735—740. 169 


erscheinung der Iris und Lyssa unmittelbar daran stölst, und Euripides 
hat den contrast dieser frommen zuversicht auf die göttliche gerechtig- 
keit zu dem verbrechen Heras gewils gewollt: erst dadurch hebt sich die 
auflösung des widerspruches in Herakles’ letzter rede zu ihrer ganzen 
höhe. aber es ist unverkennbar, dafs an die aufforderung zu tanzen, 
761, eben so gut auch das letzte strophenpar ansetzen könnte, und das 
mittlere fehlen, und dafs auch die betrachtungen über den Spartenadel 
und den euböischen eindringling genugsam vorbereitet sind. die strophen- 
pare stehn also parallel und ergänzen einander. Eur. hat seine mehr- 
strophigen lieder sehr oft so angelegt. 

735 σεάλιν ὑποστρέφειν gehört zusammen; man pflegt sich an der 
bezeichnung der umkehr durch die praeposition nicht genügen zu lassen, 
sondern ein adverbium zuzusetzen. ὑποστρέφειν pflegt absolut gebraucht 
zu werden (δεῦρ᾽ ὑποστρέψας πάλιν Alk. 1019): hier ist ein object 
beigesetzt, weil es sich um die wiederkehr nicht blofs aus dem Hades 
nach Theben, sondern aus dem tode ins leben handelt. μέγας steht 
praedicativ “als ein mächtiger’. die schreiber haben es nicht verstanden, 
dafs der chor hier den umschlag des geschickes feiert, den er allein feiern 
kann, und der ihm die gewähr gibt, dafs auch der nächste umschlag ein- 
treten wird; sie haben daher ὑποστρέφει ἐς Aldav gesetzt: als ob 
Lykos schon einmal unten gewesen wäre. 

739 El. 1155 παλέρρους δὲ τάνδ᾽ ὑπάγεται δίκα. die Rache sucht 
dort K’lytaimnestra, hier Lykos heim, indem die gegenströmung eingetreten 
ist‘. hier das bild vom wasser, wie 216 vom winde, 95 von der schiff- 
fahrt. ϑεῶν πότμος wie ΒΟ oft τύχη δαιμόνων, .71ιός oder auch einzelner 
götter gesagt wird: ὅπερ συμπίπτει, σιντυγχάνει, ἐκ ϑεῶν. denn 
“πότμος kommt von der wurzel er. 

740 Der chorf. bringt nur worte in erinnerung, die vorher gefallen sind 
vgl. 211, 708, 733. — die brachylogie, mit welcher χρόνῳ μέν einge- 
schoben ist (χρόνῳ μὲν ἦλθες, ἀλλ᾽ ἦλθές γε τοι. den anfang der 
Piccolomini mülste man übersetzen ἦλθες χρόνῳ μέν, Ἰσόλαε χαῖρ᾽ 
ἄναξ, πρόσωϑεν ἐλϑὼν ὑστέρησας εἰκότως), ist gewöhnlich. Pindar 
01. 10, 85 (μέλει) τὰ παρ᾽ εὐκλέι .ΤΖίρχᾳ χρόνῳ μὲν φάνεν. χρόνῳ 
ist einfacher locativ, und die nuance der bedeutung ergibt. sich immer 
erst durch den zusammenhang; es kann eben so gut “mit der zeit be- 
deuten, El. 597, Herodas 4, 33. in diesem sinne gehört τῷ χρόνῳ der 
sprache des lebens an, Ar. Wolk. 66. 865. 1242, u. ö. während χρόνῳ 
‘spät’ nur dichterisch ist, und bei den dichtern wiederum auch τῴ χρόνῳ 
dafür vorkommt 8. Phil. 1041 τεέσασϑ᾽ ἀλλὰ τῷ χρόνῳ ποτέ. --- ὑβρί- 


170 Commentar. 


ζων gehört zu ἦλθες, denn zu ϑανγνών könnte nur ὑβρέσας subjungirt 
werden. 

745. 6 Die unverständlichen worte scheinen bedeutet zu haben “ich hatte 
auf die heimkehr meines alten fürsten (Herakles) nicht mehr gerechnet‘. 
sie harren aber bisher der heilung vergeblich. 

747 Der chorf. hat noch furcht und hält den chor zurück von dem jubel, 
so lange die entscheidung aussteht. εἰ πράσσει τις ὡς ἐγὼ ϑέλω ist 
eine furchtsame umschreibung von εἰ ἀποϑνῇσχει 6 Auxos. Elektra, 
nach Sophokles die incarnation des gerechten hasses, sagt βοᾷ τις 1406, 
als ihre eigne mutter unter dem mordstahl aufschreit. das ist hohn; 
ebenso in der komödie χαχὸν ἧἦχει τενέ Ar. Frösche 552 u. ὅ. 

751 φίλιεος hat sich Eur. erlaubt (schon Alk. 876 Med. 1399) synonym 
mit φίλος zu verwenden. das ist ein fehler; ein μέλος φέλεον könnte 
eigentlich nur ein lied sein, welches freunde singen oder welches in 
freundlichem sinne für den redenden gemeint ist. Aisch. u. Soph. sind 
von dem fehler frei. 

754 ἀπόλλυμαι --- δειώλλυς. da mit den compositis gewechselt wird, 
Β0 ist zwischen ihnen kein bedeutungsunterschied;; das erstere ist nur ge- 
wöhnlicher. gewechselt wird blofs um zu wechseln, Oid. 555 ἀπώλεσ᾽ 
αὐτὸν χἀμὲ συνδιώλεσεν, oben 492. 537. hätte Eur. geschrieben ὦ πᾶσα 
Κάδμου γῇ, διόλλυμαι δόλῳ, so würde er zwar keinen falschen, aber 
einen mislautenden vers gemacht haben, wie er es nie getan hat. denn 
es klang dem Griechen hälslich, wenn der trimeter in der mitte zerrissen 
wird. für die Römer, die sich in der nachbildung fremder maße mit 
kümmerlichen surrogaten behelfen müssen, würde freilich eine caesur 
(hinter Kaduov) vorhanden sein: aber ein Grieche hört den vers und 
skandirt ihn nicht. der vers des Euripides mit der elision γαῖ᾽ ἀπόλλυμαι 
δόλῳ hat gar keine caesur, denn durch die elision verwachsen die wörter 
fast zu einem. aber es ist nicht nötig, dafs ein trimeter eine caesur hat, 
sondern nur nötig, dals er keine falsche hat, d.h. für die tragödie, dal: 
er nicht mitten zerreilst und auch nicht in die drei gleichen stücke zer- 
fällt, aus denen er gebildet ist. Eur. hat keinen solchen fehler, denn wenn 
jemand z. b. Hik. 303 σφάλλῃ γὰρ ἐν τούτῳ μόνῳ, τἄλλ᾽ εὖ φρονῶν 
in die eine oder andere kategorie rechnet, so versteht er nur zu skan- 
diren. nach uovp ist pause, vorher nirgend, und den trimeter durch 
eine pause in 1 + 2 oder 2 + 1 metra zu zerlegen, ist ebenso legitim im 
drama, wie nach einer der beiden senkungen des zweiten metrons einen 
ruhepunkt eintreten zu lassen. die komödie des 5. jahrhunderts hat sich 
überhaupt nicht um pausen und caesuren gekümmert. Aisch. und Soph. 





vers 745---770. 111 


haben einzelne mislautende trimeter, nur zum teil als beabsichtigte disso- 
nanzen. bei Eur. ein ganz gleich gebauter vers z. b. Kresph. 452, 1 
ἐχεῖνο γὰρ πέπονθ᾽ ὅπερ πάντες βροτοί; Andr. 373 hat gar keinen 
einschnitt ἀνδρὸς δ᾽ ἁμαρτάνουσ᾽ ἁμαρτάνει βίου. 

755 δεώλλυς: 264, δόλῳ ist nicht zu ergänzen. “schick dich darein, 
dafs du bülsen mufst, es ist ja nicht mehr als recht”. das eine particip 
gibt die begründung des andern, und ye verweist darauf, dafs auch hier 
der chorf. nur früher gefallene worte aufnimmt. 733. 

757 Hohn gegen Lykos, der δειμάτων ἔξωϑεν war, 723, und die 
heiligkeit des altars und herdes nicht respectirte. die ἀνομέα liegt nicht 
in dem sonstigen moralischen handeln, sondern οὐ νομίζει ϑεούς, es 
ist in unserer rede “unglauben’. aber die werke dieser dvoula sind 
natürlich unmoralische, ungesetzliche, 779. 

758 Die feierlichen namen μάχαρες und οὐράνιοι werden angemessen 
hier vorgebracht, aber ϑεοί hinter σθϑέγνουσιν ist ganz mülsig und ver- 
mutlich zusatz. aber 758 hat kein versmaßs, und die zerrüttung der strophe 
macht die heilung mislich, so leicht z. ἢ. ἄφρονα μακαρίων οὐρανίων 
λόγον χατέβαλ᾽ ὡς ἄρ᾽ οὐ σϑένουσιν ist, vier dochmien, der letzte 
katalektisch. 

761 σεγᾷ μέλαϑρα steht zwischen den sätzen, von denen der zweite 
die folge des ersten ist, die recitation muls also das logische verhältnis 
zum ausdruck bringen οὐχέτε ἔστιν ὅ ,“ύχος (τὰ γὰρ μέλαϑρα σιγᾷ), 
ὥστε πρὸς χοροὺς τραπώμεϑα. 

762 Ein alberner aus 748 verfertigter zusatz, in dem φέλοι unsinnig 
und die furchtsame umschreibung der vollendeten tatsache grundlos ist. 

764 Lediglich der responsion wegen hat Eur. die persönliche con- 
struction von μέλω hier und 773 gewählt, die selten und ihm vollends 
nicht gewöhnlich ist. ϑεοὶ μέλουσε τῶν ἀδίκων ἐπᾷειν für τοῖς ϑεοῖς 
μέλει τῶν ἀδίκων ἐπᾷειν (ϑεοὺς βροτῶν μέλειν A. Ag. 370) hat eine 
nicht ganz sichere parallele Teleph. 717 σὺ τῷδε πείϑεσθαι μέλεις 
(μέλλεις überliefert, wo ϑέλεις neben unbrauchbarem vermutet ist). 
χοροὶ μέλουσι κατὰ Θηβῶν ἄστυ für χοροὶ μέλουσι Θηβαίοις (ἀρχαὶ 
μέλουσί σοι Hel. 1580) hat überhaupt keine parallele. 

765 μετήλλαχται τὰ δάχρυα᾽ πρότερον μὲν γὰρ δαχρύων οὐκ ἐδυ- 
γάμην κατέχειν πηγάς 449, νῦν δὲ χαρμοναὶ δακρύων ἐχβολὰς ἔδο- 
σαν 742. 

770 Den hafen nennt er, weil in dieser bezeichnung das endziel aus- 
gedrückt ist, also das wunder der heimkehr zum ausdruck kommt: dies 
ἦϑος hervorzuheben dient ye. 


172 Commentar. 


771 Die ἐλπίς in dem sinne von 105, wo sie dem “glauben” ent- 
spricht, ist aus dem zustand herausgetreten, wo sie dem doxnue ent 
spricht, 92. 460. 804. gewollt und äulserst wirksam ist der parallelismus 
771 und 780, dafs ohne jede verbindung das hinter die längere vor- 
bereitung tritt, was als ihr facit betrachtet wird. “die hoffnung ist er- 
füllt’. “der frevler ist gestürzt’. es steht beidemale der aorist: bezeichnet 
ist also nur der eintritt dieser handlung, aber das ist das überwältigende. 
“Christ ist erstanden’ rufen die Griechen in der osternacht, Χριστὸς 
ἀνέστη. das ist ein gutes musterbeispiel für die viel verkannte bedeu- 
tung des aoristes. “ der aorist gehört zur seele der griechischen sprache und 
verleiht ihr ein besonderes, erhöhtes leben”. J. Grimm kl. schr. II 452. 

776 ἐφέλκων folgt im genus dem entfernteren nomen χρυσός, weil 
das maskulinum überwiegt; Eur. hat sogar die participia auf -wy femi- 
ninisch verwendet, z. b. Hipp. 1105. 1120. die bedeutung ist ganz unser 
“nach sich ziehen’; wie denn auch das medium gewöhnlich ist. dagegen 
ist das hier vorgezogene medium ἐξάγεται ungewöhnlich gegenüber dem 
activ (zu 1212). es liegt also eine art von enallage vor. 

779 νόμον παρέμενος ἀνομίᾳ χάριν διδούς. das sind keine alle 
gorien; man sagt Jvup χαρίζεσϑαι gewöhnlich, ἦρα φέρειν ϑυμῷ 
Ξ 132, ὀργῇ χάριν δοὺς Boph. O.K. 855, tun wozu der zorn treibt. 
zu grunde liegt allerdings jene sinnliche auffassung der seelischen regungen, 
welche in der epischen sprache vorwaltet und die personification des 
ϑυμός bei Archilochos und in Eur. Medeia bewirkt hat. 

Das wundervolle bild ist aus der empfindung und der symbolik der 
Griechen unmittelbar verständlich, aber man muls freilich dazu griechisch 
empfinden können. Glück und Gold verleiten den menschen, dafs er die 
selbstbeherrschung fahren läfst und nach der macht greift, die nicht mehr 
mit der gerechtigkeit besteht: die ὕβρες kommt über ihn, und so fährt er 
dahin auf dem stolzen wagen der irdischen herrlichkeit. aber das nimmt 
kein gutes ende. die Zeit, die allgewaltige, erhebt ihre keule, und der 
blick des bösen gewissens scheut vor ihr. der glanz des güldenen wagens, 
der gleifsende schein der erlogenen herrlichkeit verlischt. unerbittlich 
fährt die keule der zeit nieder. wagen und glück, ehre und leben ist 
zerschmettert. ohne die besondern bilder steht der gedanke Andr. 777 
χρεῖσσον δὲ νίχαν μὴ καχόδοξον ἔχειν ἢ ξὺν ρϑόνῳ σφαλλειν δυνά" 
μει ve δίκαν (d.h. σὺν δυνάμει ἐπιφρϑόνῳ)" ἡδὺ μὲν γὰρ αὐτίκα τοῦτο 
βροτοῖσιν, ἐν δὲ χρόνῳ τελέϑει ξηρόν. die νίκη, die da genannt Ist, 
gehört derselben sphaere an, wie die wagenfahrt des hoffärtigen hier. denn 
der sieg fährt zu wagen, und der glückliche, ruhmvolle, mächtige, prächtige 


vers 771—779. 173 


erscheint dem Griechen nicht “stolz zu ro[ls’ wie uns, sondern auf dem 
wagen. die vornehmsten götter führen als solche den wagen, auch im 
gigantenkampf, und Nike lenkt ihn: nicht zum zeichen eines sieges, son- 
dern als stäte begleiterin. auch der siegreiche sterbliche besteigt Nikes 
wagen (Simonid. 80. 145), und ihrer wagenfahrt geben auf einer Berliner 
vase des vierten jahrhunderts Plutos und Chrysos das geleit (Furtwängler 
2661). als eine wagenfahrt stellt sich auch der dichter die entrückung 
seiner phantasie vor, nicht als einen ‘ritt ins alte romantische land’. so 
Parmenides in seinem wundervollen prooemium, an das die noch schönere 
wagenfahrt der menschenseele im platonischen Phaidros ansetzt. das lied 
des dichters ala ἅρμα Πιερίδων τέτρωρον (Pyth. 10, 65. Isthm. 7, 67) 
ist conventionelle formel der Pindarischen poesie. zu fahren aber ist 
entweder eine besondere bevorzugung, oder eine überhebung, immer eine 
ausnahme. “wie von unsichtbaren geistern gepeitscht gehen die rosse der 
zeit mit unsers schicksals leichtem wagen durch’ sagt Egmont, und er 
könnte so auch griechisch reden, auf der höhe des lebens und auf dem 
wagen der εὐτυχία entgegen dem ῥόπαλον Χρόνου. quem tulit ad 
scaenam ventoso Gloria curru sagt Horaz (ep. II, 1,177), fulgente trahit con- 
strictos Gloria curru non minus ignotos generosis (Bat. 16, 23). der grölsen- 
wahnsinn spiegelt die bilder irdischer herrlichkeit wieder; Lyssa und 
Herakles unten geben die belege: sie fahren beide. der wagen des ruhmes 
ist gleilsendes gold: aber der des ungerechten glückes ist χελαινός, ater. 
diese bedeutung des epischen wortes ist zwar in den tragikern jetzt nicht 
sicher nachweisbar (8. Trach. 856 ist verdorben), allein Lykophron schwelgt 
förmlich darin, und derSophoklesscholiast glossirt gut ϑανατοποιός, μέλας 
γὰρ ὅ ϑάνατος. dals der wagen umstürzt, ist eine nahe liegende aus- 
führung des bildes. ähnlich sagt Aisch. Pers. 163 “ich fürchte dafs der 
πλοῦτος mit seinem fulse (im eiligen laufe) den staub des bodens auf- 
wirbelnd den ὄλβος umstürzt μὴ μέγας πλοῦτος κονίσας οὖδας ἀντρέψῃ 
ποδὶ ὄλβον᾽. da ist der πλοῦτος der euripideische χρυσὸς ἀνομίᾳ χάριν 
διδούς, die macht des Xerxes, der ὄλβος des Dareios dagegen die ge- 
segnete gerechtigkeit; aber der ausdruck ist schwülstig, weil das bild ver- 
schwommen ist. hier könnte zu ἔϑραυσεν an sich das subject des vorigen 
satzes bleiben, denn ϑραύειν τι sagt man auch von dem was einem zer- 
bricht (ϑραύσας λόγχην 193), aber das ist unmöglich des dichters wille 
gewesen, weil er den Χρόνος als den hingestellt hat, der die execution 
der gerechtigkeit vollführt. es heilst aber nicht einfach Χρόνον εἰσορᾶν, 
sondern rd πώλιν Χρόγου ist überliefert, unsinnig überhaupt. es ist arg, 
dafs man es immer wieder hat erklären wollen durch Pind. Ol. 10, 86 


174 Commentar., 


ὧτε παῖς ἐξ ἀλόχου πατρὶ ποϑεινὸς lxovrı veorarog τὸ πάλεν ἤδη 
“ersehnt, wie ein kind dem vater der schon in die zweite kindheit (das 
greisenalter) eingetreten ist”. die verbesserung war gefunden und ist 
völlig sicher, ῥόπαλον Χρόνου. die Zeit führt hier die keule wie die Ge- 
rechtigkeit Hipp. 1171, die tochter der Zeit (Antiop. 222)'). solche aus- 
drücke bewegen sich auf der grenzlinie zwischen metapher und religiöser 
symbolik. sie sind vielleicht nur das erste, und sind es sicher bei dem 
gewesen, der sie zuerst einmal aussprach, aber die religiöse symbolik ist 
δυνάμει darin, denn sie stammt aus solchen metaphern. hat Chronos 
wirklich eine keule als attribut, wie die todesgötter Apollon und Artemis 
bogen und pfeile? für Euripides nicht; wo es etwas zu zerschmettern 
gibt, führt ein personificirtes abstractum das geeignete instrument, wie 
Dike ein messer wetzt, um zu schlachten (A. Ag. 1524), die letzte blüte 
des Labdakidenhauses eine vegz&pa xorrlg abschneidet (8. Ant. 602), wie 
Eros den verliebten ἔκοψεν ὥστε χαλχεὺς μεγάλῳ πελέχει (Anakr. 47), 
Zeus mit einem grabscheit den boden, wo Troia stand, umgräbt (A. Ag. 526) 
und unzähliges der art. Chronos war aber auch noch kein gott; die zeit 
ist etwas viel zu abstractes für den lebendigen glauben. aber wol hatte 
man seit Pherekydes von Syros Herakleitos und den Pythagoreern sehr 
viel über sie gedacht, und Pindar Sophokles Euripides personificiren sie 
oft und sinnreich. und die alles vernichtende gewalt forderte allerdings 
zu einem ähnlichen sinnbilde heraus. Simonides redet wie wir vom ‘zahne 
der zeit’ (fgm. 176): der gott _4l6»v der spätsynkretistischen Orphiker 
hat ein zähnefletschendes löwenhaupt. die sense, welche in unserer vor- 
stellung wenigstens seit der renaissance die zeit wie der tod führt, ist 
auch ohne die kurzsichtige identification von Κρόνος und Χρόνος ver- 
ständlich, und wol ohne sie gefunden. die auf gute stoische quellen zu- 
rückgehende neuplatonische theologie hat sie (Macrob. I 8 9), und sie 
findet sich auch in einem ziemlich späten epigramme (Anth. Pal. VII 225 
μιῇ πάντ᾽ ὀλέχει δρεπανῃ). wie nahe der übergang von Zeit zu Tod 
ist, zeigt aulser Horaz ep. II 2, 178 metit Orcus grandia cum parvis, 
das δρέπανον, welches in der Apokalypse 14, 17 ein engel führt, um 
die ernte der reif gewordenen welt zu schneiden. aus diesen apokalyp- 
tischen bildern, welche ja schon von anbeginn den malern des trevento 
geläufig waren, hat der tod (oder vielmehr la Morte) die sense auf dem 


1) Auf dem borghesischen Lykurgosssarkophage (Zoega Abh. t. I), berührt Dike 
das haupt des frevlers mit einem stabe, während sie das schwert an der seite trägt. 
sie ist ῥαβδοῦχος, daßdowduos (vgl. S. Trach. 515), richterin, nicht vollstreckerin 
des urteils. das symbol ist also ein ganz anderes. 





vers 77θ---Ἴ81. 175 


Pisaner trionfo della Morte. aber die sichel oder sense ist im altertume 
nicht häufiger als die keule der Zeit, denn diese führt der Aiov der 
Orphiker ebenfalls (Zoöga Bass. II tav. 69)'), und mit ehernen keulen 
kämpfen die Moiren in der Gigantenschlacht (Apollodor bibl. I 38). 
so kann diese vorstellung sogar voreuripideisch sein. nur die χάλχεα 
δόπερα, die Ide und Adresteia (ἃ. h. die nymphe des Ida und des 
᾿Αδρήστου πεδίον der Troas) neben einem τύμπανον λιγυηχές (das 
steckt in aöynxes Prokl. Theol. Plat. IV. 216, Lobeck Agl. 515) zur 
belustigung des Zeuskindes brauchen, sind rasseln aus der kinderstube, 
und ein vers Ἴδη δ᾽ εὐειδής ist erst gemacht, als es monophthongisch 
war: das hat in keiner weise mit der keule oder den Moiren etwas zu tun. 

781 Die aufforderung an die localgötter ist auch nur durch die bil- 
dende kunst der classischen attischen periode recht verständlich. es ist 
ein fortschritt gegenüber der archaischen kunst, dafs die landschaft an 
jeder handlung teil nimmt, berg wald wasser in seinem vertreter, das ge- 
birge mit seinen bequem gelagerten greisen, die nicht vom fleck können (diese 
bildung scheint allerdings so früh nicht nachweisbar), der wald mit seinen 
silenen satyrn mädchen, das wasser mit seinen tritonen greisen mädchen. 
der fortschritt ist aber nur ein gradueller, denn der glaube an die be- 
soelte, also teilnahmsvolle natur, ist alt, und einzelnes versucht auch die 
archaische kunst. Ismenos setzt sich nur einen kranz auf, die vornehme 
Dirke und die menge der geringeren Asoposnymphen singen das sieges- 
lied. dem Asopos würde Eur. nicht so zahlreiche nymphen gegeben 
haben, wenn nicht die sage seit Hesiod und Eumelos voll von ahn- 
müttern gewesen wäre, die Asopostöchter waren, freilich töchter des siky- 
onischen flusses (denn jene sagen sind korinthisch), aber die veränderten 
politischen verhältnisse hatten in der vorstellung der menschen den boeo- 
tischen fiufs über den sikyonischen gehoben; es ist fraglich ob nicht 
Pindar, der dieser genealogien oft gedenkt, den heimischen flufs im auge 
gehabt oder beide identificirt hat. der ferne apollinische Parnafs ist 
herangezogen wie 240; doch auch dort der in der tat benachbarte Heli- 


1) Ob dieser typus den Aion darstellt, wird jetzt nach Layard bezweifelt, und 
χρόνος könnte es auch sein: dieser unterschied ist eben verloren (vgl. zu 669), 
dafs aber wirklich Als» nicht blofs in Mithraeen, sondern auch in Eleusis geweiht 
ward, lehrt der merkwürdige stein von dort Ἐφ. dex. 87, 113 Κόεντος Hounrıos 
Adlov υἱὸς ἐποίεε καὶ ἀνέϑηκο σὺν ἀδελφοῖς Αὔλονε καὶ Ziforas Aläva εἰς κρά- 
τος Ῥώμης καὶ διαμονὴν μυστηρέων" Δέὼν ὁ αὐτὸς ἐν τοῖς αὐτοῖς αἰεὶ φύσει 
ϑείαε μένων, κόσμιος Te εἷς κατὰ τὰ αὐτὰ ὁποῖος ἔστε καὶ ἦτ καὶ ἔσται, ἀρχὴν 
μεσότητα τέλος οὐκ ἔχω, μεταβολῆς ἀμέτοχος. ϑείας φύσεως ἔργα τῆς αἰωνίου 
πάντα. 


176 Commentar. 


kon. die scheinbar farblose bezeichnung ουσῶν Ἑλικωνιάδων δώματα 
wirkt als gegensatz zu dem homerischen Ὀλύμπια δώματ᾽ ἔχουσαι, nach 
Hesiod, dessen Theogonie mit den helikonischen Musen ihre selbständig- 
keit bezeichnet. all das ist einfach: aber etwas besonderes ist die belebung 
der ξεσταὶ dyvıal; es gibt wol aus Athen keine parallele, und sieht man 
näher zu, auch bei Pindar nicht. P. 9, 83 sagt er von den strafsen Thebens 
λεύκεππσοι dyvıal, aber das ist nur ein starkes beispiel der enallage, über 
die zu 543; Pyth. 2, 58 redet er von δὐστέφανοι ayvıal, aber das sind 
pinnatae urbes. auch der grund der erscheinung ist klar. die individuali- 
sirung der strafse, wie sie etwa die vici in Rom oder die modernen straßsen- 
namen zeigen, ist den Griechen fremd. nicht blofs Athen, sondern auch 
der Peiraieus hat keine strafsennamen. auch die namen der wege und tore 
sind dort nicht alt oder individuell. in dem geschichtlichen Theben sind 
die sieben tore nicht nachweisbar gewesen, da die attischen dichter und 
die nach der wiederholten zerstörung Thebens schreibenden grammatiker 
widersprechendes berichten. die Thebais mufs da frei fingirt haben'), auf 
ältere sitten hin; hat doch Ilios sein “linkes” tor (porta decumana?), und 
Mykene ein so geschmücktes, dafs man es nicht leicht namenlos denken 
mag. aber das sind längst verschollene dinge für die attische cultur. 
den hausfrieden schützt der Apollon Agyieus, den wanderer Hermes, 
und beider religion sind die prellsteine und die meilenzeiger und weg- 
weiser geweiht. an kreuzwegen und vor den toren steht auch ein altar 
der spukgöttin Hekate, die draulsen ihr wesen treibt und beschwichtigt 
wird. das haus oder besser das gehöft, die ummauerte gefriedete stadt, 
ist für die menschen im leben des tages und darum für die religion 
und die symbolik vorhanden: das trägt auch einen individualnamen. aber 
so wenig wie es stralsennamen und quartiermeister und stralsenwärter 
gibt, so wenig gibt es personificirte ddol oder ἀγυεαί. aber der römische 
und moderne gebrauch kann doch nur im griechischen wurzeln: die 
nationalrömischen lares compitales wie die magistri υἱοὶ oder pagi können 
nicht bewirken, dafs man hier ein erzeugnis der phantasie für römisch 
halten dürfte. und in der tat, die diadochenstädte, z. b. Alexandreia 
und das Arsinoe des Faijum, haben strafsennamen, und nicht erst sie: 
die gründung, in welcher der schöpferische geist der sophistischen theorie 
seine praktische probe hat machen wollen, Thurioi, hat auch straßen- 
namen (Diodor XII 10). zu diesem werke des Protagoras und Hippo- 
damos tritt also das zeugnis des sophistischen dichters. ξεσταὶ ἀγνεαί 


1) Dies habe ich mittlerweile Herm. 26 genauer ausgeführt. 











vers 784---804. 177 


ist auf die athenischen berechnet, für welche meist nur der felsboden 
zu glätten war: in Thebens gartenlande war das anders. man klagt 
noch um 250 über den unergründlichen schmutz. straßsenpflaster hat 
Theben wol niemals, in Athen wenigstens Euripides nicht gekannt. 

784 καλλιρέεϑρος stammt aus x 107, aber der attische dichter, der 
die vorletzte sylbe verkürzt, kann die zweite in regelmäfsiger weise durch 
verdoppelung des e verlängern. 

787 ovvaoıdol steht praedicativ, und deshalb kann βᾶτε συναοιδοί 
das object τὸν ἀγῶνα erhalten, wie 10 ἣν ὑμεναίοισιν λωτῷ συνη- 
λάλαξαν, 690 τὸν “ατοῦς γόνον εἱλίσσουσαι καλλίχοροι. 

788 νύμφαι sind die töchter des Asopos so gut wie die Dirke, das wort 
ist aber schon erstarrt; ‘Nymphen’, nicht mehr “mädchen’. 

790 devögörıg ist nur noch in devdewrng bei grammatikern (Hero- 
dian I 74) belegt; δενδρέτης ist häufiger. die ableitungen auf “τῆς 
-τῆς -wrng wechseln viel. den schnee des Parnassos, seine quellen 
und felsen, die reben seiner abhänge schildert Eur. gern, 2. Ὁ. LT. 1243, 
Phoen. 226. den nadelwald, der noch jetzt zum teil die höhe bedeckt, 
erwähnt er Hypsip. 762 und oben 240. die landschaft hat ihm offenbar 
eindruck gemacht. 

792 Der dichter erinnert an Hes. Theog. 42. wenn die Musen singen, 
ἠχεῖ κάρη νιφόεντος Ὀλύμπου δώματά τ᾽ ἀϑανάτων. 

194 γένος neben λόχος ist unerträglich; die χαλχάσπιεδες bilden 
passend einen λόχος, also ist dieses wort echt: sehr ansprechend ist in 
γένος γάιος gesucht worden (praedicativ für γῆϑεν ἐφάνη), aber so 
lange die antistrophe nicht geheilt ist, bleibt alles zweifelhaft. 

797 φῶς ist apposition zu λόχος: Thebens σωτηρία, glück und ehre, 
beruht darin, dafs die adlichen Sparten regieren, nicht der eindringling. 
und dies φῶς ist lego», weil die wunderbar erzeugten Sparten durch be- 
sondere einwirkung der götter entstanden und erhalten sind, 252. 

798 συγγενής activisch, “mit zeugend’; ebenso ὁμογενής Soph. OT. 
1363. — λέχτρων edval weder pleonastisch noch von dem wirklichen 
bette, wie A. Pers. 543 λέχτρων εὐναὶ ἁβροχίτωνες, "die weichen schlaf- 
polster des bettes’, sondern pulvinaria concubitus. dagegen 800 “bett”, 
sonst würde der dativ νύμφᾳ stehen. 803 λέχος wieder abstract, 

804 “Ich habe es geglaubt, aber ich hatte nur die ἐλπές, die jetzt der 
χρόνος δοχημάτων ἔξω χατέστησεν᾽. Demosth. 2, 10 τὰ τοιαῦτα (eine 
auf unrecht gebaute macht) εἰς μὲν ἅπαξ καὶ βραχὺν χρόνον ἀντέχει 
καὶ σφόδρα γ᾽ ἤνϑησεν ἐπὶ ταῖς ἐλπίσιν, ἂν τύχῃ" τῷ χρόνῳ δὲ 
φωρᾶται. das ist das gewöhnliche, wie es auch Amph. 506 ausgesprochen 

v. Wilamowitz II. 12 


178 Commentar. 


hat. aber die stelle ist im ausdruck ähnlich; sie ist verkehrt beanstandet: 
hier bat jemand οὐχ ἐπ᾽ ἐλπίδι eingeschwärzt und den ganzen sinn 
zerstört. ἐπί steht wie in ἐπὶ xaxw τινός τι γίγνεται u.dgl. οὐχ ἐπ᾽ 
ὀνείδεσιν οὐδ᾽ ἐπιχάρμασιν ἀλλ᾽ ὀδύναισε λέγω Phoen. 1555. ἐπ᾽ 
ἀγαϑῇ ἐλπίδι πονεῖν Xenoph. Mem. 11 1,18. φαένεσϑαι, zumal im 
aorist und zwar der aus dem epos entlehnten schwachen form, ist von 
doxeiv ganz verschieden. es heilst “in erscheinung treten’, entspricht 
also dem λαμπρὰν ἔδειξε des nächsten satzes. aber was dort ‘hell’ 
ist, war zuvor nur “glaublich auf grund der ἐλπές᾽. 

806 Aus der ἀλκή folgt die εὐγένεια, 696. man fühlt hier, wie gut 
dem wesen des Herakles der name AAxeldns, Aixatog palst, oben I a. 49. 

809 Dafs Herakles plötzlich direct angeredet wird, ist sehr auffallend; 
schon hier dürfte die corruptel beginnen. 

810 δυσγένεια ἀνάχτων bildet wie στύγος δεσποτῶν A. Ch. 770 in 
höhnischer weise die damals veraltete‘) homerische umschreibung ßir 
‚Akxıvooro, is Τηλεμάχοιο um. 

811 Der letzte satz mit εἰ kann nicht allgemein ausgesprochen sein 
(ἐφάνη εἰ τὸ δίκαιον τοῖς θεοῖς ἔτ᾽ ἀρέσχει), so dafs man den sinn 
zu suchen hätte τῴ ἀποβλέποντι εἰς τὴν τῶν ἀγώνων ἅμιλλαν. 
denn die entscheidung hat dieser frage die bedingtheit genommen; da 
könnte nur ὅτε stehen. aber dem Lykos war das fraglich, und er hat 
sich über seinen lästerlichen unglauben durch die tat belehren lassen 
müssen, folglich kann man etwa ᾧ χατερχομένῳ eis τὴν ἅμιλλαν 
ἐφάνη, εἰ — ἀρέσχει erwarten. aber das lälst sich der überlieferung 
nicht entlocken, und es gibt auch andere möglichkeiten. 


Fünfter auftritt 815—73. 


In der luft erscheinen die beiden göttinnen und verschwinden ebenso. 
über die scenische darstellung vgl. I s. 149. 

816. 7. Die beiden ersten verse mit der anrede des chores gehören 
offenbar dem chorführer: darin ist nichts anders als 138. 442. 747. 
aber den folgenden ruf (iamb. monometer und trimeter) muls jemand 
anders sprechen, was durch den wechsel des numerus (ἤχομεν — ἔλα) 
angedeutet ist. und ebenso sondert sich der dritte ruf (iambischer mono- 


1) Übrigens hatte sie sich in anderen kreisen bis ans ende des 6. jahrhunderts 
gehalten. der korinthische maler Timonidas hat sich auf einem allerdings besonders 
schönen täfelchen verewigt Τιμονέδα ἔγραψε βέα Inser. Gr. ant. 20, 1, besser ver- 
öffentlicht, aber auch falsch gelesen ‘Antike Denkmäler’ I 8, 13. allerdings zeigen die 
korinthischen gemälde, dafs die dortigen maler den Homer gut kannten. 


vers 806--17. 179 


meter und dochmischer dimeter) von dem vorigen ab. man könnte ihn 
allenfalls dem sprecher von 816. 17 geben und von zwei halbchorführern 
reden, wenn sie nur etwas zu führen hätten. aber der chor sondert sich 
nicht in gruppen, er stiebt auseinander, und das malt der dichter durch 
die anomalie, dals er drei einzelne leute als solche reden läfst; drei 
machen ein collegium, d. h. sind der kleinste ausdruck für eine menge. 
welche choreuten die par worte sagten oder sangen, kann niemand sagen, 
ist auch gleichgiltig, da es jeder von ihnen tun konnte die beiden 
letzten ausrufe oder besser alle drei sind symmetrisch in ihrem umfang 
und ihrer anlage, aber sie respondiren nicht: natürlich, weil die be- 
wegungen, der tanz, nicht entsprechend sein durften, sonst hätten sie die 
verwirrung nicht veranschaulicht. das merke man für andere fälle, wo 
das gleiche mals die fiction einer zwecklosen responsion gestattet. 
πέτυλος ist ein omomatopoetisches attisches wort für das klatschen 
(man sagt wol auch pitschen) des ruders, wenn es ins wasser fällt. das 
geschieht auf der galeere von zweihundert rudern auf einen schlag und 
geschieht im takte. deshalb entwickeln sich zwei übertragene bedeutungen. 
einmal bezeichnet rirulog, ähnlich wie eigeoie, die summe der ruder 
und der ruderer: das fahrtbereite schiff. leicht verständlich νεὼς πέτυλος 
εὐήρης πάρα “die ruder des schiffes sind in bereitschaft im takte los- 
zuschlagen’ I. T. 1060, ebenda 1345 verkünstelt ὁρῶμεν νεὼς σχάφος, 
ταρσῷ κατήρει πέτυλον ἐτπττερωμένον, ναύτας τε — ἐπὶ σχαλμῶν 
“τλάτας ἔχοντας, wo der zweite satz das bild erläutert; der rumpf des 
schiffes ist befiedert mit abwärts ragenden ruderblättern, und die art der 
befiederung, d.h. der ordnung dieser ruder ist die, wie sie zum regel- 
mälsigen einschlagen nötig ist. Tr. 1123 veog πίέτιυλος εἷς = ulu ναῦς. 
der andere weg der metapher geht von der gleichmäßsigkeit des schlagens 
aus, dadurch wird πέτυλος ganz zum takte, ῥυϑμός. bei Aischylos ist 
die metapher noch als solche empfunden Sieb. 856 ἐρέσσετ᾽ ἀμφὶ κρᾶτα 
πόμπεμον χεροῖν πέτυλον u. 8. w. der chor schlägt im takte das haupt, 
und dieser “ruderschlag im rhythmus’” pflegt den toten das geleit zu 
geben. Pers. 975 zappeln die ertrinkenden schiffbrüchigen am ufer πάντες 
ἐνὶ πιτύλῳ. da könnte geradezu ῥυϑμός dafür stehn, wie auch an 
dieser stelle. Melan. 495, 11 οἱ δ᾽ εἰς τὸν αὐτὸν ulrvlov ἤπειγον 
δορός, sehr ähnlich in der form; inhaltlich anders. es heilst "sie gaben 
wieder eine salve’, ist also der vorigen bedeutung ähnlicher, Eur. ist 
aber weiter gegangen. er sagt unten 1189 μαινομένῳ πιτύλῳ πλαγχϑείς, 
da hat der wahnsinn einen takt, der den kranken in die irre führte; 
er lenkte ihn wol, wie der rirvAoc das schiff, aber in die irre. er ist also 
12 * 


180 Commentar. 


der rhythmus der disharmonie. und noch weiter geht LT. 307 πέστει 
μανίας πίέτυλον μεϑείς, da ist es nur noch periphrase von uarie, 
deren πέτυλος vorher den kranken trieb, der jetzt fällt. '"Soph. hat das 
wort und bild gar nicht. 

819 Die praeposition πεδά gehört nur Aeolern und einem teile der 
Dorer (z. b. in der Argolis mit colonieen); Aischylos hat sie in mehreren 
zusammensetzungen aus der lyrik geborgt, Eur. hat nur πεδαέρω hier 
und wieder 873, Phoen. 1027. ueralew ist nicht gebräuchlich und 
heifst “von seinem platze rücken’ L T. 1157; dem πεδαέρω würde viel- 
mehr uerewollw entsprechen. natürlich zeichnet die glosse den ge- 
hobenen lyrischen ton. auch die homerische vocabel γωϑής (. 559, 
Aisch. einmal, Prom. 62) würde nicht im dialog stehen. das wort be- 
deutete damals nicht mehr körperliche langsamkeit, sondern geistige 
schwäche, und war ionisch, Herod. 3, 53; aus der ionischen naturwissen- 
schaftlichen litteratur dann bei gleichartigen schriftstellern wie den peri- 
patetikern. 

820 Die erste sylbe in Παιάν ist kurz wie oft. z. b. A. Ag. 145 
S. Trach. 221 Ar. Ach. 1213. 

821 In plötzlichem schrecken ruft der Athener drroAloy ἀποτρόπαιε, 
z. b. Ar. Vög. 61 Plut. 359, oben 538. dem entspricht dies in künstlich 
gehobener rede; so sagt Epikur fg. 143 Παιὰν ἄναξ, olov χροτοϑορύβοι 
ἡμᾶς ἐνέπλησας. aber er hat durch solchen schwulst mit recht scharfen 
tadel wachgerufen. 

822 Iris orientiert zunächst chor und zuschauer gleichermafsen über 
die überraschende erscheinung. da nichts den zuschauer auf diese per- 
sonen vorbereitet hat, so steht der dichter vor derselben aufgabe wie 
in den prologen und löst sie ganz ebenso. über das ἦϑος ihrer rede 
vgl. bd. I 122. 

823 λάτρις (nur im nom. acc. gebräuchlich, wie viele ähnliche wörter ; 
λάτρεισι 'Theogn. 302 ist vereinzelt, formen mit d haben nur spätlinge 
und grammatiker) λατρεία λατρεύω werden auf λάτρον ὅ μισϑός 
(A. Hik. 1011 die miete) zurückgeführt. der λάτρες leistet dienste gegen 
entgelt, sei es unterhalt oder geld. so gilt das wort in Thessalien von 
den σπενέσται (Eur. Phrix. 830. Pind. N. 4, 54. Bekk. An. 1095), Solon 
(13, 48) überträgt es auf die attischen σσελάται. die δημιουργοέ, zb. 
die herolde (E. Tr. 424), haben diese stellung, und ihnen entsprechen im 
himmel Hermes und Iris. Pindar (Ol. 10, 28) nennt den lohn οὗ ἐλά- 
τρευσε τῷ Auyea 6 Ἡρακλῆς einen λάτριον μισϑόν, aber Sophokles 
nennt den Herakles einen λάτρες der Omphale (Tr. 70), deren sclave 


vers 819—831. 181 


er doch war. und so wird das wort öfter misbraucht, während Theognis 
302 richtig dus und λάτρις scheidet. der findling Ion wird im tempel 
unterhalten und leistet dafür dienste, also λατρεύει Φοίβῳ (124), mit 
gerechtem stolze und hohne gegen den λάτρις Talthybios nennt sich die 
seherin Kassandra eine λάτρις Arcdilwvog (Eur. Tr. 450), wie Teiresias 
sich einen “οξίου δοῦλος. Sokrates ist vom gotte zu seinem amte be- 
rufen und sagt, nicht ohne einen bitteren seitenblick auf den λάτρις 
πενέστης Thessaliens, ἐν πολλῇ πενίᾳ εἰμὶ διὰ τὴν τοῦ ϑεοῦ λατρείαν 
(Pl. Apol. 23°). so wird λατρεία der freiwillig dem göttlichen, dem man 
sich innerlich zu eigen gegeben hat, geleistete dienst, A. rw χάλλει 
(Isokr. Hel. 57), τοῖς νόμοις (Xen. Ag. 7, 2). von hier aus geht der 
weg zu der λατρεία ϑεοῦ bei Juden und Christen, die ebenso δουλεέα 
sagen. es muls aber auch der lohn λάτρον geheilsen haben, den man 
dem gotte für seine dienste zahlt. so verbindet" Platon Phaidr. 244° 
ϑεῶν εὐχὰς καὶ λατρείας, begehrt Apollon die πολύχρυσα λατρεύ- 
ματα des delphischen orakels (Eur. L Τὶ 1275), und heifst in Olympia 
die dem gott durch vertrag zufallende conventionalstrafe λατρειόμενον 
(Gött. Dial. Inschr. 1149, vgl. 1147, das geht auf λατρεύς λατρήιον 
zurück, und λατρεύς hat Lykophr. 393. in anderen inschriften steht 
χατϑυτός dafür). der ganze wortstamm fehlt den Aeolern und Ioniern; 
auch in Athen ist das wort fremd, da es der komödie und gerichtsrede 
fehlt. lebendig finden wir es in Thessalien und Elis: es ist also sicher 
ein wort der einwanderer, wenn auch schwerlich der Dorer im eigent- 
lichen sinne. das lateinische latro = mercennarius gehört dazu, wie schon 
Varro gesehen hat. die etymologie ist dunkel. 

824 ἥχειν βλάβος wie ἐλθεῖν ἀγγελίην vgl. zu v. 59. 

825 στρατδύειν mit eben so starker metapher wie unser "zu felde 
ziehen’. 

826 Für Hera und ihren kreis ist natürlich die vaterschaft des Zeus 
ein on dit. 

827 πιχρούς kann ein flickwort scheinen, und an der qualität der 
ἄϑλοι liegt allerdings nichts. aber wenn kein epitheton zuträte, so 
könnte der artikel bei ἄϑλους auch in der tragödie nicht fehlen, da die 
bekannten 12 gemeint sind. 

828 τὸ χρή vgl. zu 311. 

831 χοενὸν αἷμα parricidium schon A. Choeph. 1038, αἷμα συγγενές 
E. Hik. 148 Oin. 562. kühner sagt Oidipus vom blute seines vaters τοὐμὸλ 
αἷμα 8. OT. 1400. 8. Ant. 1 xoınd» αὐτάδελφον κάρα, wo erst die 
vereinigung beider adjectiva den gewollten sinn gibt, dann gar xoıyal 


182 Commentar. 


πατρὸς ἀδελφεαί OK 535, wo xowal nur den begriff der schwester- 
schaft steigert: allerdings würde Sophokles das ohne hinblick auf den 
ersten vers der Antigone schwerlich gesagt haben, den er so selbst 
bezeugt. 

832 Partic. aor.,, weil der act des mordes der befleckung vorhergeht. 

συνϑέλω συμβούλομαι (Hek. 373) sind keine im sprachbewulstsein 
lebendigen composita, wie sie sich denn auch nicht gehalten haben. man 
empfindet in ihnen die praeposition noch ganz als ein selbständiges adverb 
und hat wol auch doppelten accent gesprochen, wenigstens tritt ganz 
leicht ein wort dazwischen, Empedokles 242 ὅτε ξὺμ πρῶτ᾽ ἐφύοντο, 
oder man sagt gar σὺν xaxög ποιεῖν Thuk. III 13. oft legt sie die 
nähe des simplex nahe Heraklid. 26 σὺν φεύγουσι συμφεύγω τέχγοις 
καὶ σὺν καχῶς πράσσουσι συμπράσσω χαχῶς. Platon Krat. 4145 
βουλοίμην ἄν. “᾿χἀγώ σοι συμβούλομαι᾽. oft in der sprache des lebens 
xduol συνδοχεῖ. 

833 Homer 1 572 Ἐρινὺς ἀμείλιχον ἧτορ ἔχουσα. Bekk. An. I 458. 
ἄτεγχτος᾽ ἄπειστος καὶ ἀναίσϑητος ἄγνϑρωπος οἷον μήτε παραινέσει 
μήτε φόβῳ τὴν πώρωσιν χαὶ τὸ τοῦ ἤϑους σκληρὸν τεγγόμενος καὶ 
μαλαττόμενος. --- συλλαβεῖν τὰ 626. 

χαρδέα ist, wie so oft φρένες, nicht mehr concret empfunden, sondern 
gleich ϑυμός. aber auch in der eben citirten Homerstelle steht das herz. 
Soph. Ant. 1105 x. ἐκστῆναι, noch kühner E, Hek. 1026 λέχριος ἐχπεσῇ 
φίλης καρδίας, wo es vielmehr λογισμός ist. dies ist im griechischen 
selten, das nicht so gern wie das latein den intellect in das herz 
verlegt, sondern mut und willen. der feige hat χραδέην ἐλάφοιο, der 
mutige ist xagding πλέως (Archil. 58). aber in wahrheit sondert die 
alte zeit die seelenkräfte nicht. neben xgadinv ἠνίπαπε μύϑῳ steht 
πρὸς ὃν μεγαλήτορα ϑυμόν u. 8. f. 

834 Jungfräulichkeit liegt im wesen aller solcher fürchterlichen wesen, 
weil sie über jede milde regung und jeden zwang erhaben sind. aus 
demselben grunde ist Artemis in allen erscheinungen ihres wesens jung- 
,. fräulich. bei Athena und Hestia ist der grund ein anderer, die αὐτάρχεια. 

svag#Evog bezeichnet wie νύμφη und virgo das mannbare mädchen ; 
die physische jungfräulichkeit liegt nicht darin (besonders bezeichnend 
S. Tr. 1219 von Iole gesagt, die unmittelbar darauf πλευροῖς ὁμοῦ χλε- 
ϑεῖσα heist) und kann also noch daneben bezeichnet werden. die gött- 
lichen elementarwesen, die man meist νύμφαι nennt, heilsen bei Ibykos 
1, 3, Rhes. 930 παρϑένοι. Νείλου καλλιπάρϑενοι goal Hel. 1, sehr 
kühn für die fluten, welche die schönen Niltöchter, Nilnymphen be- 


vers 832—839. 183 


wohnen. σπαρϑένοι heilsen in Psophis die bäume auf Alkmeons grabe, 
Pausan. 8, 24. Eur. verbindet 71. mit einem genetiv, ganz wie χόρη, 
seien es die eltern wie hier oder Phoen. 160, Meleagr. 515, oder der dem 
die παρϑενία gehört, Tro. 253. nach ihm Apoll. Rh. ΠῚ 86. das tun 
die beiden andern tragiker nicht; dafür wagt Soph. weit kühner ἐμαὶ 
παρϑένοι, was Oidipus von seinen unmündigen töchterchen sagt, OT. 
1462, Tript. 736 τῆς σῆς παρϑένου μυστήρεα von Kora zu Demeter 
gesagt. χόρα für diese göttin bedeutet zuerst dasselbe wie φαρϑένος 
oder Παλλάς für Athena. so wird auch das weibliche anathem, das 
pendant zum ἀνδριάς, das xden heilst, χαλχῆ παρϑένος genannt, in 
dem homerischen epigramm auf das Midasgrab. die jungfräulichkeit gilt 
zuerst auch nicht in παρϑενεία, παρϑενεύειν, das nur den mädchen- 
stand’ bedeutet (so bei Sappho, deren keusche poesie erst die ausleger 
und historiker mit ihrem schmutze füllen). aber in alles dringt sie all- 
mählich ein, der gegensatz von παρϑένος und νύμφη wol zuerst in 
dem verse des volksliedchens παρϑένε τὰν χεφαλὰν τὰ δ᾽ ἔνερϑε 
νύμφα, das man gewohnt ist Praxilla zuzuschreiben. 

837 Die beiden ersten imperative sind complementär, daran reiht sich 
der dritte mit einem neuen object wie 320. ταραγμοὺς ἐπί τινι ἐλαύ- 
yeıy sagt man nicht, allenfalls ἐπελαύνειν τινί, wie ὅρκους σφίσιν 
ἐπήλαυνον Herod. 1146; in ᾿Ιλίῳ χῆδος ἤλασε A. Ag. 701 ist ἐλαύ- 
yeıy noch sinnlich “hintreiben’. auch xıveiv würde man schwerlich so 
sagen. aber eben deshalb stehen beide verba, weil keins von beiden 
dem erforderten sinn ganz entspricht. 

Das bild der schiffersprache “alle segel loslassen’ gehört dem gewöhn- 
lichen leben an. Plat. Protag. 338°, Aristoph. Ritt. 756. bei Eur. noch 
Med. 278 in ausgeführtem bilde ἐχϑροὶ γὰρ ἐξιᾶσι πάντα δὴ κάλων, 
χοὐκ ἔστιν ἡμῖν εὐπρόσοιστος ἔκβασις die feindliche flotte geht mit 
vollen segeln gegen mich los, und mein schiff kann nirgends auf einen 
sicheren leicht zugänglichen strand auflaufen’. solche bilder findet frei- 
lich nur ein an seekämpfe gewöhntes volk, und so der Salaminier Eur. 
er hat χάλως noch in dem bilde 478. χάλως ἐξιέναι im eigentlichen 
sinne Tr. 94. A.8. haben keines von beiden. späte stillosigkeit setzt 
dann die phrase an einen falschen platz; besonders pervers Krinagoras 
A.P.IX 545 von Kallimachos Hekale, dem τορευτὸν ἔπος δὴ γὰρ ἐπ᾽ 
αὐτῷ ὡνὴρ τοὺς ῆουσέων πάντας ἔσεισε κάλως. 

889 αὐθέντης (αὐτοέντης bei Boph.) αὐτουργός, vgl. συνέντης συν- 
εργός Hesych (Schulze gu. ep. 158), dann ‘mörder, αὐτόχειρ᾽ in ionischer 
und altattischer prosa und in der tragödie. dann verschwindet es, um 


184 Commentar. 


in nachchristlicher zeit in der bedeutung αὐτοχράτωρ “herr” aufzutreten, 
welche zwar die atticisten (Lobeck zu Phryn. 120) verbieten, aber gerade 
Eur. Hik. 442 vorgreifend belegt. das verbot hat auch nichts geholfen, 
als “effendi’” lebt das wort noch heute. 

841 οὐδαμοῦ ist gewissermalsen praedicat “dei nikili erunt’. so sagt 
man οὐδαμοῦ νομίζειν A. Pers. 498, λέγειν 8. Ant. 183, τεϑέναι 
E. Andr. 210. zwar fragt man in gleichem sinne d δ᾽ Οἰδίπους τεοῦ 
(Phoen. 1688) dennoch wird nicht “οὐδαμοῦ nusguam zu grunde liegen, 
sondern der genetiv des preises οὐδ᾽ ἁμοῦ = οὐδὲ τοὐλαχίστου. 

842 μὴ δόντος δίχῃην kann überflüssig scheinen, da ja mit ἢ “sonst”, 
schon die bedingung bezeichnet ist. aber solche fülle der rede ist über- 
haupt antik, und zumal der tragödie steht sie so gut zu wie die doppel- 
bezeichnung desselben dinges positiv und negativ. unten 1308. sonst 
z. Ὁ. Bakch. 30 ὧν vıy eivexa xraveiv Ζῆνα — ὅτι γάμους ἐψεύ- 
σατο, Hik. 196 οὗ χρείᾳ πόλεις ἀπώλοντο, ἐνδεεῖς στρατηλάτου; 
Ar. Fr. 108 ἀλλ᾽ ὧνπερ ἔἕνεχα.. ἦλθον... ἵνα uoı τοὺς ξένους 
... φράσειας..... τούτους φράσον μοι. Plat. Gorg. 457? οὐδέν τι 
μᾶλλον τούτου ἕγεχα δεῖ οὔτε τοὺς ἑατροὺς τὴν δόξαν ἀφαιρεῖσθαι, 
ὅτι δύναιντ᾽ ἂν τοῦτο ποιῆσαι, οὔτε... Kritias 111 @v.... ἔστι 
σημεῖα, ὅτι περὶ αὐτῆς ἀληϑῆ λέγεται τὰ νῦν. Thuk. 7,19 al δὲ 
νῆες... ἀνϑώρμουν, ἕωσπερ... ol ὅπλῖται ἀπῆραν, οὗπερ ἕνεχα 
καὶ τὸ πρῶτον ἐπληρώϑησαν, ὅπως πὴ οἱ ᾿4ϑηναῖοι πρὸς τὰς 
ὅλχαδας.... τὸν νοῦν ἔχωσι». 

843 Lyssa ist eine so alte und vornehme göttin wie nur irgend eine 
andere, aber ihr beruf macht sie den. göttern selbst verhafst. von der 
Nacht stammen nach Hesiod Theog. 235 ff. allerhand böse abstracta, 
auch Οιζύς Ἔρις ᾿Δπάτη; er hätte die Lyssa dort gut unterbringen 
können. aber von Uranos und Gaia stammen die Erinyen 185, mit 
denen sie auch verwandt ist. doch überwog die vorstellung, auch diese 
als kinder der Nacht zu denken, wie bei Aischylos, und die symbolik 
lag nahe. Euripides hat die genealogie gewils nicht erfunden, aber er 
hätte es tun können und würde sich dabei nicht einmal einer neuerung 
bewulst gewesen sein. 

845 Hier sollte der name folgen; ihn ersetzt τιμὰς τάσδε: ihr name 
ist nur ein sxponent ihres berufes, und den zeigt ihre gestalt und hat 
auch Iris bezeichnet. aber das deiktische pronomen ist nur so erklär- 
lich, dafs eine selbstvorstellung vorliegt, wie in allen prologen. zıuad als 
bezeichnung der von Zeus den göttlichen gewalten verliehenen wirkungs- 
sphaere, für welche sie geehrt werden, seit Hesiod (Theog. 885, vgl. 


vers 841---858. 185 


A. Prom. 229) stehend. der beruf ist den göttern verhalst, wie der der 
Erinyen A. Eum. 350. 366. es liegt im wesen der göttlichen reinheit, 
dals sie die berührung mit solchen nächtigen wesen verabscheuen, nicht 
mit ihnen zusammen wohnen noch essen. für jene ist der Hades das 
haus. daher kommen die Keren 870, und auf diesem verhältnis beruht 
der hohn 871. 2. 

846 Da Eur. die Lyssa wider ihre natur empfinden lälst, müssen ihr 
ihre τεμαὲὶ selbst verhafst sein, wenigstens wenn es gegen die φέλοι 
τῶν ἀνθρώπων geht. partitiver genetiv neben einem adjectiv im positiv 
ist im altattischen häufig, nicht blofs bei udvog u. dgl. dem sinne nach 
superlativischen begriffen. τέμεος ϑεῶν Andromeda 136, ἀβάχχειτοι βρο- 
τῶν Bakch. 472, οἱ σοφοὶ βροτῶν fgm. 944 u. dgl. besonders häufig bei 
Thukydides, auch gerade mit ἀνθρώπων und ähnlich allgemeinen wörtern. 

847 σφαλεῖσαν, Hera, auf die es ankommt, und die sie zunächst im 
auge hat. da Iris angeredet ist, fügt sie jedoch σοί re zu, und dann tritt 
das verbum πέϑησϑε bequemer in den plural. 

852 Durch die aufnahme von ἐξημερῶσαι wird der hörer an 20 er- 
innert und erfährt, daß die lebensaufgabe des helden erfüllt ist. die 
sorge für den dienst der götter, den wilde frevler wie Buseiris Kyknos 
Diomedes in frage stellten, wird sonst oft als motiv der taten des Her. 
hervorgehoben (z. Ὁ. Pind. Nem. 1, 65; ὑπερφιάλους ἀδίχους τε dv- 
ὁρας ἴδ᾽ ὠμηστὰς ϑῆρας ἐναιρόμενος Kaibel epigr. 831, 8). an die 
giganten ist wegen ἀνδρῶν nicht zu denken. 

864 Dals vor diesem verse einer ausgefallen ist, zeigt nicht nur das 
beziehungslose ze, sondern es mulste neben Iris Hera bezeichnet werden 
wie jedesmal vorher, und es fehlt auch eine bezeichnung der folgerung. 
also etwa ἀνθ᾿ ὧν δάμαρτι τῇ βαρυξήλῳ «1ιός. 

856 ἐμβιβάζω dynamisch. “ich meistere nicht, ich versuche nur euch 
von dem wege, wo ihr strauchelt (847), auf das hinzuführen was zu- 
träglicher ist’. Med. 911 eig τὸ λῷον σὸν μεϑέστηκεν κέαρ, wonach 
hier der comparativ hergestellt ist. vgl. zu 196. 

857 σωφρονεῖν γε. die partikel, weil σωφροσύνη an einer Lyssa 
ein widersinn ist. 

858 Die tochter der Nacht ruft die Sonne zum zeugen für den zwang, 
den ihr die himmelskönigin antut, nicht nur weil die Sonne, allgegen- 
wärtig, der gewöhnlichste schwurzeuge ist, sondern weil sie (freilich eben 
aus diesem grunde) auch die frevel der götter nicht beschönigt (3 270, 
hymn. an Demeter 64). auch lag es einer mit dem probleme des poly- 
theismus bereits ringenden zeit nahe, das element an sich als etwas 





186 Commentar. 


göttliches erhaben über die πάϑη der in personen gespaltenen götter 
anzusehen; ob Sonne oder Wasser oder Erde, das macht wenig aus. Pro- 
metheus ruft alle elemente in der einöde an. Ἥλιος πάντων ϑεῶν 
πρόμος 8. OT. 660, γεννητὴς ϑεῶν καὶ πατὴρ πάντων Soph. ἔστι. 1017. 
Orestes lälst nach dem muttermord das gewand, mit dem Agamemnon 
berückt ist, ausbreiten ὡς ἔδῃ πατήρ, οὐχ οὑμὸς ἀλλ᾽ ὅ πάντ᾽ Eno- 
πτεύων τάδε “Ἥλιος Choeph. 386. Menander fgm. inc. 132 Mein. gibt 
dafür eine fade erklärung Ἥλιε, σὲ γὰρ dei προσκυνεῖν πρῶτον 
ϑεῶν, δι᾿ ὃν ϑεωρεῖν ἔστι τοὺς ἄλλους ϑεούς. 

860 ῥοῖβδος ist das durch heftige bewegung hervorgebrachte geräusch 
“sausen’. davon ῥοιβδεῖν und das adv. ῥοίβδην, für dolßd -δην. Phot. 
Hesych.; das compositum nur hier. von grammatikern und grammatiker- 
poeten öfter mit δοιζεῖν "zischen’ verwechselt. so setzt Quintus 5, 381 
ῥοιβδη δὸν vom zischen des kochenden wassers, und steht hier die falsche 
erklärung δοιξηδὸν an rande der handschrift. andererseits hat die aus 
sprache verschuldet, dafs sich für ῥοίβδην ein grammatisch ganz unmög- 
liches ῥύβδην eindrängte, bei Ps. Aristoteles . ζῴων ἠϑῶν 624" 24 
(aus Theophrast), und bei Hipponax 35 (überliefert ῥύδην, δύβδην Bergk) 
und bei grammatikern (Hes. Suid. aber Photius hat δοέβδην). --- der 
plural χύνας kann auffallen, und ein moderner dichter würde ihn nicht 
setzen; aber die alten jagen mit der meute. 

861 Der kurze nachsatz (ibo quidem; die prosa würde statt γε δὴ oder 
τοέγυν setzen), noch dazu am anfange des verses mit starker interpunction 
entspricht nicht nur dem plötzlichen entschlusse, sondern auch dem plötz- 
lichen umschlage: von jetzt ist Lyssa erst wirklich sie selbst. dem dient 
das asyndeton, die erst unter der fülle der bilder den faden der grammatik 
verlierende, dann in lauter gleiche kommata zerlegte orakelhafte rede, 
endlich die apostrophe. man empfindet beim rechten lesen, wie wilde 
gesticulationen die darstellung erfordert. — die construction würde sein 
οὔτε πόντος οὕτως... οὔτε σεισμός... μαίνεται ὡς ἐγὼ ἐπιοῦσα τῷ 
Ἡρακλεῖ. dies letzte zieht sich zu einem sinnlicheren bilde zusammen; 
die einzelnen anfälle des wahnsinns sind die einzelnen “stadien’, welche 
Lyssa durchmifst um ihr ziel zu erreichen. und nun fordert wieder das 
nomen statt der vergleichungspartikel ein pronomen, οἷα στάδια. die 
krämpfe der drei reiche, meer, erde, himmel werden mit denen des wahn- 
sinnigen verglichen, das meer im sturm, vgl. zum ausdruck Or. 344 ὡς 
πόντου λάβροις ὀλεϑρίοισιν ἐν κύμασιν, das beben der erde, und 
das gewitter, in dem die natur in wehen zuckt, “als wollte die welt 
noch eine welt gebären’. 


vers 860---860. 187 


864 μέλαϑρα und δόμοι sind nicht scharf zu unterscheiden. das 
ist von Lyssa zu viel verlangt: der parallelismus der glieder wirkt er- 
haben wie in der hebräischen poesie, und ἐπ-εμβαλῶ gibt den schein 
eines fortschrittes. 

865 “Der mörder wird nicht merken, dafs er seine kinder erschlagen 
hat, bis er meine λύσσαι los ist”. Her. ist von ihrer einwirkung noch 
lange nicht frei, auch nach der tat selbst, ganz wie die Agaue der 
Bakchen verkennt er in den leichen seine kinder. von ihren λύσσαι 
redet Lyssa, eben durch den sonst ungebräuchlichen plural die äußgerungen 
des affectes differenzürend. sie hat ihr opfer wol losgelassen, als Athena 
intervenirte, aber es dauerte noch lange, bis er die λύσσαι aus seiner 
seele loslassen konnte: daher sind diese object. das epische ἐναέρειν 
hat Eur. im dialoge nicht mehr, wie noch A. S., auch &vagi-eıv hat er 
nicht mehr. aber in den lyrischen partien, zu denen diese trochaeen 
sprachlich gehören, hat er das praesens und den aorist, durch dessen 
herstellung ich diese früher von mir falsch behandelte stelle geheilt habe. 

867 ἢν, en, ist der komödie gewöhnlich, auch in der verbindung ἤν 
ἐδού, 1. Ὁ. Pratinas im hyporchem, Ar. Fried. 327, Herodas 1, 4. seit 
der Alexandrinerzeit ἢν ide in daktylischen versen. die sophistische 
stillosigkeit greift ἢν ἰδοὺ auf, Lukian Totengespr. 10, 10. Anachara. 1. 
Alkiphron p. 80 Mein. das blofse ἤν steht in dem pseudotheokritischen 
gedichte 8, 26. in der tragödie ist diese stelle die einzig überlieferte. 
doch ist es A. Prom. 63 für πλήν herzustellen. auf die aufforderung 
den Prometheus an den felsen zu fesseln sagt dort Kratos, indem er 
den befehl ausführt, 77° τοῦδ᾽ ἂν οὐδεὶς ἐνδίκως μέμψαιτό μοι. 
übrigens ist die betonung ungewils; hier bietet die handschrift den cir- 
cumflex, meist ist die interjection misverstanden oder „vide ἡγνγιδοῦ zu- 
sammengeschrieben. es scheint, dals die antiken grammatiker sie über- 
haupt nicht verstanden haben. 

An den schranken stehen die wettläufer beim beginn des rennens: da 
steht jetzt Her. das bild der στάδεα hat sich etwas verschoben; nicht 
‘der wahnsinn’ sondern der “wahnsinnige’ ist der läufer. — dies ist der 
moment, der im botenberichte 930 geschildert wird. dem wilden unstäten 
atmen entspricht 934. πνεῦμα μέγα ἀγαπνεόμεγον χαὶ διὰ πολλοῦ 
χρόνου παραφροσύνην δηλοῖ Hippokr. prognost. 8. das schütteln des 
hauptes und der rollende blick trifft auf das bild des wilden stieres ebenso 
zu wie das schnauben und brüllen. 

869 σωφρονέξειν pflegt transitiv zu stehn. aber so ist es hier nicht 
gemeint, sondern steht für σωφρονεῖν. οὐκέτι σώφρων ἐστὶ τὰς dya- 


188 Commentar. 


πνοάς, im gegensatz zu παράφρων, nicht zu ἀχρατής. umgekehrt steht 
Tro. 350 σωφρονεῖν für σωφρονίζειν, οὐδέ σ᾽ al εὐχαε σεσωφρο- 
γήχασι. und bei dem tragiker Aristarchos 8 braucht σωφρόνημα nicht 
in σωφρόνισμα geändert zu werden. 

ταῦρος ἐς ἐμβολήν ist grammatisch aufzufassen wie πτερὸν πρὸς 
αἰϑέρα 510. es ist der zum stolse sich rüstende stier, καῦροι ἐς χέρας 
ϑυμούμενοι Bakch. 743. dagegen ist Syl. 689 zwar auch von Her. gesagt 
ὄμμα πυρὸς γέμεις, ταῦρος λέοντος ὡς βλέπων ἐς ἐμβολήν, aber 
nur äulfserlich anklingend, denn dort ἐμβάλλει ὅ λέων, hier ὁ ταῦρος. 

Her. ruft nicht die Keren: aber das wüste gebrüll ist für sie die ein- 
ladung zu kommen, wie das fromme gebet für die lichten gewalten des 
aethers. 

871 φόβος activisch, das was in schrecken setzt; wie (Φόβος neben 
leiuog trabant des Ares ist. hier ist der φόβος das instrument, anf 
welchem Lyssa dem Her. den takt zu seinen ῥυϑμός, πέτυλος μανίας 
spielt. um das bild verständlich zu machen tritt χαταυλεῖν zu χορεύειν 
hinzu, ein wort, mit dem Eur. der spätern sprache vorgreift. seit 
dem 4. jahrhundert ist es für ‘sich musik machen lassen, sich durch die 
melodieen anregen, besänftigen, stimmen lassen’ geläufig. wenn eine müde 
truppe durch den klang der querpfeifen rasch wieder tritt und haltung 
findet, dann χαταυλοῦνται. eine kurze wiedergabe in deutscher oder 
lateinischer sprache ist unmöglich. 

872 Schon redet sie Her. an, im begriff in das haus einzutreten: da 
wendet sie sich noch einmal um, der verführerin den hohn entgegen zu 
schleudern, dafs der ort, wo die geister der hölle toben für reine himmels 
götter kein platz wäre. die epische form Οὔλυμστος und der aeolismus 
πεδαίρω (819), beide gleich unerhört in euripideischen dialogversen, 
heben die trochaeen in die sphaere Iyrischer erhabenheit. 

γενναῖος stammt von einem verschollenen worte y&yva, welches das 
geschlecht in scharf rechtlichem sinne, die gens, bedeutete, erhalten in 
yeyvntal gentiles, sonst ersetzt durch γένος, dessen scharf von gens g* 
sonderte bedeutung im lateinischen bewahrt ist. aufßserdem existirt eine 
hochaltertümliche bildung, die auch den alten vocalismus nicht einbüfst, 
γεννάδας, eigentlich das glied einer γέννα dynamisch genau so bezeich- 
nend wie patrieius, aber in der demokratie aus ernsthafter rede verbannt 
und nur im volksmunde in der bedeutung “ein rechter ker!’ erhalten; 
denselben bedeutungswandel hat das adjectiv yevvıxög durchgemacht. ΜᾺ 
bei den Aeolern γέννα (nicht ganz sicher, ob lautlich = γέννα oder — 
£vea) bedeutete, ist nicht sicher. das wort ist mit den andern aeolismen 


vers 871—872. Fünfte gesangnummer. 189 


in die lyrik und das drama gekommen und bedeutet hier γενεά (eigentlich 
generation, aber dann auch gens genus progenies); Parmenides (62) und 
nach dessen vorgang häufig Empedokles verwenden es in noch weiterem 
sinne, so dafs man es meist mit dem späteren φύσες, besser noch dem 
dorischen gva ersetzen kann. das « ist kurz: für den sinnlosen voca- 
lismus γέννᾳ sind nur die herausgeber, nicht die überlieferung der bruch- 
stücke jener epiker verantwortlich. aus Empedokles hat es der ionische 
sophist, der die ersten capitel des "Hippokrates’ περὶ φύσεως ἀνθρώπου 
verfalst hat 3, γέννα οὐδ᾽ ἂν ula συντελέοιτο. seltsamerweise taucht das 
wort in der apokryphen zauberlitteratur auf (Dieterich Abraxas 174, 9 
u. ö.), wol aus der sprache epischer katharmoi, wie die des Empedokles 
waren. in Athen erwachte durch dies γέννα wieder die erinnerung an 
das. alte wort, und deshalb findet sich die schlufssylbe einzeln lang. 
γενναῖος ist also ganz eigentlich “adlich’, und so steht es hier und noch 
ein par mal im drama, z. Ὁ. A. Ag. 613 E. Alk. 1097, häufig doppel- 
sinnig, z. b. Andr. 837 Ion 237 mehrfach hinter einander, meist aber 
ganz auf das moralische übertragen "edel’, so dafs Soph. O. T. 1471 den 
begriff “von geburt ein edler mensch’ durch γονῇ γενναῖε bezeichnen 
kann. die geschichte des wortstammes ist die des adelstandes. 


Fünfte gesangnummer. 


Über die eigentümliche spielart des dochmischen mafses, in welchem 
diese und die folgenden lyrischen partieen gehalten sind vgl. I 8. 146, 
wo ihr von einer häufig darin befindlichen zeile der name enoplische 
dochmien gegeben ist. die zum teil sehr dunkele und in unserer metrischen 
tradition überhaupt nicht berührte theorie des malses kann hier nicht ge- 
geben werden; somit ist vielfach die selbstbeschränkung notwendig, nur 
die je vorliegende versform aus anderen ähnlichen liedern zu belegen, 
ohne auf ihre entstehung einzugehen. charakteristisch für diese lieder ist 
der häufige personenwechsel, selbst mitten im verse, und die starke be- 
teiligung der schauspieler; an dem in die exodos eingelegten liede ist 
sogar der chor ganz unbeteiligt. wahrscheinlich trug der chorführer die 
in der überlieferung dem chore zugeteilten partieen vor. denn es ist 
erstens im allgemeinen nicht wahrscheinlich, dafs z. b. die eine hälfte 
eines dochmius ein sänger auf der bühne, die andere die 15 choreuten 
vorgetragen hätten ; sodann gibt es keine stelle, wo wie z. Ὁ. oben 138.442 
ein gegensatz von chor und chorführer zu fühlen wäre, im gegenteil, die 
entsprechende ankündigung des Amphitryon 1039 ist grammatisch mit 
den lyrischen malsen unlöslich verbunden, und auch Bakch. 1200. 1 


190 Comuientar, 


muls derselbe vorgetragen haben, dem die lyrischen verse gehören'). end- 
lich erklärt sich durch diese verschiedene vortragsart, dafs den freieren 
enoplischen dochmien hier wie 1016—27 strenger gebaute vorhergeben, 
die sich auch im tone absondern und den stasima völlig entsprechen. se 
haben einfach für solche zu gelten und sind dem ganzen chore zuzuteilen. 
auch dies ist in den Bakchen 1153 ganz deutlich, denn auf ein solches 
dochmisches chorlied folgen 1165—68 trimeter des chorführers, die in 
gewohnter weise eine auftretende person vorstellen. die zerrissenheit der 
verse und die sprünge der gedanken haben vielfach dazu verlockt eine 
verteilung unter mehrere choreuten anzunehmen. es ist die aufgabe der 
erklärung in jedem einzelnen falle den zusammenhang zu ermitteln. das 
ergebnis ist, dals eine solche hypothese nirgend auch nur zulässig ist. 
in den ausnahmefällen, wo der dichter halbchöre oder vielmehr halb- 
chorführer eingeführt hat (wie Or. 1258), ist die sache klar bezeichnet 
und versagt auch die überlieferung nicht ganz. ebenso muls in jedem 
einzelnen falle erwogen werden, ob responsion vorliegt oder nicht. die 
dochmischen reihen lassen sich, wenn sie rein sind, sehr leicht zur re- 
sponsion zwingen, und die fremdartigen glieder kehren recht häufig an 
mehreren stellen sehr ähnlich oder auch identisch wieder, so dafs die 
versuchung sehr grols ist, responsion zu erzwingen. allein das ist un- 
zulässig. das zeigt schon der erfolg; denn man ist entweder gezwungen 
ganz gewaltsame umstellungen zu machen oder stücke respondiren zu 
lassen, die nicht unmittelbar auf einander folgen, was nur zulässig ist, 
wenn es dadurch entsteht, dafs respondirende stücke verschiedener sänger 
sich verschränken?). positiv beweisend ist, dafs bei Sophokles die re 
sponsion unzweifelhaft, aber auch keine änderungen nötig sind. ent- 
scheidend ist endlich, dafs für die dochmischen chorlieder, die diesen 
wechselgesängen vorhergehen, responsion überhaupt nicht zu ermöglichen 


1) Daraus folgt freilich, da das lied antistrophisch ist, dafs am ende der strophe 
(1184) zwei trimeter des chores fehlen. aber das ist an sich notwendig, da sonst 
kein personenwechsel am strophenende eintreten würde, und aus dem sinne kann 
jeder die lücke mit einigem nachdenken entnehmen. vgl. jetzt die ausgabe der 
Bakchen von E. Bruhn. 

2) Die einzige ausnahme, die Kirchhoff in der kleinen ausgabe noch zugeb 
(jetzt hat er falsch umgestellt), Andr. 1197—1225, löst sich no, dals 1197-1212 
— 1213—25 ist. es sind die ersten reihen der einzigen strophe, zwei ismbischt 
hexameter mit mehrfach unterdrückten senkungen, fälschlich als selbständige strophen 
gefafst worden. wenn man die interjectionen drrorororo/ nicht Ändert, ist die re 
sponsion vorhanden. auf diesen tatbestand hat mich vor jahren ein Greifswalder 
schüler aufmerksam gemacht. 


Fünfte gesangnummer. 191 


ist, obwol sie da doch mehr am platze wäre. solche lieder finden sich 
aber auch sonst und schon bei Aischylos (Choeph. 152, Prom. 687, 
Eur. Hipp. 1268) ohne responsion. deutlich ist dagegen in chorliedern 
wie in wechselgesängen eine gliederung in perioden, nach der denn im 
folgenden abgeteilt werden soll: es dürfte hier klar werden, wie nützlich 
die hilfszeichen sind, welche in dieser ausgabe nach dem vorbilde der 
Alexandriner eingeführt sind. 
Stasimon 875—86. 1) 875—79. auf einen vorschlag von zwei kürzen, 
über den zur ersten strophe des vorigen chorliedes (746) gehandelt ist'), 
folgen 8 δίόχμεοι) und 2 bakcheen. synaphie ist möglich und wahrschein- 
lich. die bakcheen sind seit alter zeit und für alle zeit mit den dochmien 
verbunden, hängen freilich kaum genetisch mit ihnen zusammen. die 
dochmien zeigen nur einfachste formen bis auf den letzten, der die ano- 
malie eines zweisylbigen vorschlags bietet __----. die erscheinung 
ist durch nicht ganz wenige belege gesichert, allein es ist eine anomalie, 
da die erste wie die vierte sylbe des dochmius zwar als indifferent be- 
handelt werden, also eine länge zulassen, eine solche irrationale länge aber 
aufzulösen in sich widersinnig ist. schwerlich hat die entsprechende 
anomalie der iambischen und trochaeischen verse die dichter verführt; 
denn sie pflegten diese für den gesang rein zu bauen, und in recitativen 
malsen war der anlals auch ein ganz anderer. vielmehr hat der enoplios, 
der sprüchwortvers und ähnliches volkstümliche die vorbilder geliefert. 
ein weiteres beispiel 1057 ἀδύνατ᾽ ἀδύνατά μοι, durch die häufung 
der kürzen noch auffälliger; wie hier z. Ὁ. Bakch. 989 τίς ἄρα νιν 
ἔτεκεν οὐ, 998 ὄριγια ματρὸς τε σᾶς. 
2) 880---84. die periode besteht aus einem iambischen trimeter, den syllaba 
anceps abgrenzt; 2 d, von welchen der zweite katalektisch ist, d. h. die 
form des bakcheus hat; und sechs dochmien, von denen der letzte ebenso 
katalektisch ist. aber die ersten drei treten als gleich viele anapaestische 
metra auf, mit den zusammenziehungen, die den anapaesten zustehen, und 
mit dem wortabschnitt zwischen den einzelnen metra, wie er ebenfalls 
in anapaesten beliebt ist. dieser ersatz (beruhend auf der gleichen zahl 
(8) der metrischen einheiten) ist legitim, seitdem es dochmische lieder gibt. 
3) 885. 86 4 ὁ. 

Nun beginnt der wechselgesang, und die einzelnen rufe des Amph. 


— m m — 


1) Es liegt auf der hand, dafs man den vorschlag leicht beseitigen kann, man 
braucht ja nur zwei τὸ zu entfernen: aber in solchen dingen kann man nur die 
überlieferung befolgen, so lange sie möglich ist, ohne sich die unsicherheit zu ver- 
hehlen. man darf sich aber hoffentlich eingestehen, dafs nicht viel darauf ankommt. 


192 Commentar. 


gliedern die perioden; da seine worte zuweilen in synaphie mit denen des 
chores stehen, sind sie in das veramals mit einzubeziehen. 

1) 887 —90 ὃ + 2 bakcheen + 6, 2 ὁ, enoplios der form Vlwey, 
wahrscheinlich fehlt hinter ihm ein glied, denn der sinn fordert einen 
zusatz, und auch das ohr vermilst etwas. man wünscht einen trochaeischen 
dimeter wie 899. die fermate sowol wie der bakcheische dimeter in der 
dochmischen reihe befremden etwas; aber das berechtigt noch nicht zur 
änderung. 

2) 890’—92 iambisches metron (Amph.); iambischer trimeter; dakty- 
lischer tetrameter. daktylische reihen in verschiedenster zahl der metra 
sind häufig in diesen liedern; belege bietet z. b. die teichoskopie der 
Phoenissen. 

3) 893—95 iambisches metron (Amph.); iambelegus, die am häufigsten 
in diesen liedern neben den dochmien erscheinende zeile; enoplios der 
form vu -w-, 

4) 896—99 iambischer trimeter (bis zur caesur des vierten fulses Amph.); 
durch syllaba anceps gesondert; 2 d, doch der erste unvollständig in der 
gewöhnlichsten weise (als creticus); iambischer dimeter -+- enoplios + 
-u---, dieses letzte kolon ist sicher als trochaeischer (epitritischer) 
dimeter zu fassen, katalektisch mit zwei unterdrückten senkungen. denn 
es findet sich in verbindung eben mit dem enoplios als abschluls eine: 
daktyloepitritischen liedes z. Ὁ. ’Irıe Φοῖβε σοὶ δὲ ταῦτ᾽ ἀρέστ᾽ εἶ! 
Soph. Ο T. 1096. sein vorkommen und das des iambelegus scheint zu 
beweisen, dafs diese ganze spielart von dochmien dadurch entstanden ist, 
dafs man mit ihnen zunächst die daktyloepitriten, oder vielmehr deren 
volkstümliche vorstufe, vereinigt hat. 

5) 900—-903. iamb. metron (Amph.); 5 ὃ; synaphie möglich und wahr- 
scheinlich, 

6) 904---8. iamb, metron ; iamb. trimeter; (Amph.) interjection:: 3 bakcheen; 
iamb. dimeter -+- enoplios + epitritischer dimeter, ganz wie 899. 

7) 910—21. "bier tritt an die stelle des Amphitryon der bote. dieser 
singt nicht; seine worte sind also durchaus nur teile von iambischen 
versen, aber nichts desto weniger mit denen des chores zu denselben 
metrischen gebilden vereinigt. dieses seltsame verhältnis wiederholt sich 
unten in dem wechselgesange zwischen Theseus und Amphitryon, sonst 
z. Ὁ, Soph. O T. 679—84. E. Ion 763 ff. 1445 ff. 

910—13. 6 iambische metra + 6. 

914 trimeter. 915 2 ὃ, der erste katalektisch wie 897. 916 iambischer 
trimeter. 917—21 706. 





Fünfte gesangnummer. 193 


Der chor gibt zunächst den eindruck der göttlichen erscheinung in 
keiner andern weise wieder, als das in jedem stasimon geschehen würde. wie 
im stasimon die strophe eine einheit für sich ist, so ist es hier die periode. 
die erste spricht das bedauern über den verlust des Her. erst für den 
chor, d. ἃ. Theben, dann für Hellas aus. die zweite schildert Lyssa, zwar 
unter dem eindruck ihrer erscheinung, aber doch so, wie sie sich der 
chor in ausübung ihres berufes vorstellt, wie sie also jetzt im hause auf- 
tritt. die dritte macht von dem allgemeinen die specielle anwendung. 
da ertönt ein wehruf von drinnen; man erfährt nirgend sicher (auch 900 
ist mehrdeutig), wer ihn ausstölst, was ein sehr wenig in Euripides weise 
liegender mangel ist. doch findet sich dasselbe bei einem ruf von innen 
Hipp. 776, und hier, wo nur Amphitryon singt, ist noch leichter darauf 
zu rechnen, dafs die zuschauer die stimme erkennen. aus dem klage- 
rufe schliefst der chor zunächst nur, dafs die ausführung der untat nahe 
ist. als sich die rufe aber wiederholen, kann er nicht anders als an- 
nehmen, daß das ungeheure nun vollbracht wird; aber seine bilder und 
betrachtungen begleiten in wahrheit den fortschritt der drinnen ge- 
schehenden handlung, und für den hörer hat das schon etwas visionäres. 
als nun aber Amph. ruft, dafs das haus zusammenstürzt (was im munde 
des chores lächerlich wäre, da die zerstörung des hauses von aulsen 
unsichtbar ist), erschlielst der chor die anwesenheit und wirkung Athena». 
das ist in keiner weise verständlich, wenn man nicht wirklich eine visio- 
näre erleuchtung des chores zugibt. bei einem modernen dichter würde 
man vollauf berechtigt sein, unter diesen umständen eine bühnenan- 
weisung zu ergänzen “in der luft erscheint Athena in der 1003 be- 
schriebenen haltung und verschwindet im innern des hauses. darauf 
hört man das getöse eines einsturzes”, und auf der modernen bühne 
würde man wirklich die scene so geben können. bei Eur. ist daran 
nicht zu denken, weder äußerlich, denn es fehlen die conventionellen 
formeln, mit denen er das erscheinen von göttern ankündigt, z. b. oben 
das der Iris; noch auch innerlich: er legt auf das überkommene motiv der 
intervention Athenas gar keinen wert, vgl.I s. 85. da aber die drinnen 
geschehende tat draulsen von dem chore und dem zuschauer mitempfunden 
werden sollte, so mulste der dichter sich irgendwie mit Athenas er- 
scheinung abfinden. und so hat er den ausweg gewählt, den chor mehr 
wissen zu lassen, als er wissen kann. mag der zuschauer immerhin die 
anrede nicht verstehen: wenn er vernimmt, dafs Pallas im hause ist, 
so weils er, dafs das nicht im sinne Heras geschieht. damit wird eine 


neue spannung erregt und zugleich eine das grälsliche mildernde hoffnung. 
v. Wilamowitz 11. 18 


194 Conımentar. 


da die geschichte, die er dramatisirte, Athenas erscheinung bereits ent- 
hielt, so kann man zweifeln, in wie weit dem dichter sein verstolßs gegen 
die wirklichkeit und wahrscheinlichkeit zum bewulstsein gekommen ist, 
und auch für sein publicum gilt das. jedenfalls hat er so die wahrlich 
schwere aufgabe erfüllt, dafs eine handlung, die wir nicht sehen, doch 
mit der ganzen stärke der gegenwart auf unsere empfindung wirkt, ja 
stärker, aber minder sinnlich roh, weil das wunderbare hinzutritt, und 
wenn wir dann die ausführliche erzählung hören, so vergleichen wir 
gewissermalsen die auflösung mit dem rätsel, und unser verstand fühlt 
sich ebenso befriedigt wie vorher unser gefühl. äufserlich vergleichbar 
(innerlich freilich arg contrastirend) ist es, wenn der chor des Hippo- 
lytos, der doch nur weils, dafs Phaidra sterben will, genau schildert, wie 
sie sich erdrosselt, während sie das drinnen wirklich tut, 767—75. 
Sophokles ersetzt im Ὁ. K. kunstvoll und schön einen bericht über die 
befreiung der beiden töchter durch ein chorlied, das nur vermutungen 
gibt, aber die phantasie völlig befriedigt. Bakch. 580 ist eine sonst mit 
der vorliegenden verwandte scene; aber da sehen und hören wir, wie 
sich wirklich ein wunder begibt. 

Der bote, der dann auftritt, findet den chor zunächst noch nicht in 
der verfassung, ihn ruhig anzuhören, sondern wird von klagerufen des- 
selben unterbrochen, endlich aber zum bericht aufgefordert, den er aus 
führlich erstattet. er ist die längst in Athen conventionelle bühnen- 
figur. der dichter setzt voraus, dafs wir weder danach fragen, wie das 
gesinde des Her. sich schon zusammengefunden haben kann, noch wes 
halb der bote den chor aufsucht, noch wo er bleibt, als er seine ge 
schichte erzählt hat. in wahrheit kommt er um dem publicum zu er- 
zählen, tut das und geht, als er seine schuldigkeit getan hat. — 

Es ist notwendig um die bilder, welche im folgenden für den mör- 
derischen wahnsinn gewählt sind, zu würdigen, etwas weiter umzublicken. 
der dichter und sein volk besafsen in ihrer phantasie eine fülle von sinn- 
lichen vorstellungen, welche zum teil tief im religiösen glauben wurselnd 
schon auf eine kurze andeutung hin ein vollbild aus sich erzeugten. unsere 
phantasie ist kahl und durch die dürre des verstandes unfruchtbar ge 
worden, so dafs sie nicht nur nichts aus sich dem dichter entgegenbringt, 
sondern zunächst mit den einzelnen zügen, die in verschiedene bilder 
gehören, nichts anfangen kann. 

1) Lyssa ist jägerin, 898. der tod wird ja selbst als jäger gedacht, 
und drunten in der hölle schweifen seine hunde (Ar. Frö. 472, nach des 
Kritias Peirithoos, I s. 157). jäger sind die todesgötter Apollon und 


Fünfte gesangnummer. 195 


Artemis, und Hekates meute ist ja allbekannt. Lyssa ist jetzt die jägerin, 
weil sie nun selbst wirkt; 860 war sie der bund des jägers, weil sie 
nicht aus eigener initistive handelte. so ward im cultus unterirdischer 
götter, 2. Ὁ. des Asklepios, ein Κυγνηγέτης neben den Κύνες eingeführt, 
der doch im grunde der jäger Tod selbst war (CIA II 1651. Platon 
kom. bei Athen. X 441°). die hunde Lyssas sind dann die Keren, 870, 
die daemonen, welche den tod selbst bringen, von denen eine eigentlich 
auch Lyssa ist. Apoll. Rhod. IV 1666 singt Medeia ein zauberlied wider 
Taloe, μέλπεε δὲ Κῆρας ϑυμοβόρους, Aldao ϑοὰς κύνας, al περὶ 
πᾶσαν ἠέρα δινεύουσαι ἐπὶ ζωοῖσιν ἀγῶνται. Theodoridas Anth. 
Pal. VII 439: die Moira hat einen jüngling dahingerafft (abgemäht wie 
hier 875) Κῆρας ἐπισσεύασα βίου χύνας" ὦ πόποι, ἀνὴρ οἷος ἀμει- 
δήτῳ χεῖται ἕλωρ ᾿Αἰδῃ. (leider ist hier βέου verdorben: dafs es nicht 
aldov, oder vielmehr ἀέξδεω ist, zeigt der pentameter). den Pontheus 
verfolgt Lyssa durch die maenaden: da werden diese die Joal Avcoag 
κύνες Bakch. 977. Aisch. Eumeniden sind dieser bilder voll. aber die 
Erinyen darf man mit Lyssa nicht vermischen: sie sind grofse göttinnen, 
sittliche mächte, Lyssa eine personification. wenn sie hunde sind, so 
sind sie schweilshunde: sie jagen nur den blutbefleckten. Ibykos 2 
schildert, wie Eros der Aphrodite den menschen in die stellnetze treibt: 
schildert ihn also als «uw» _4poodlzng. die liebe ist ja selbst ein wahn- 
sinn, und so wiederholen sich dieselben bilder in der erotischen poesie. 
2) Lyssa fährt zu wagen, und Herakles ist davor gespannt. da liegt 
zu grunde die anschauung, die wir in “besessen sein’ haben. es kommt 
ja auch einzeln das bild vom reiter vor (1001). Sieg und Ruhm, die den 
menschen zu sich auf den wagen nehmen, sind zu v. 780 vorgeführt. das 
ist der mensch in seiner hoffart; daneben steht auch Bellerophontes, 
der auf dem flügelrosse in den himmel strebt. es ist ein kurzer schritt, 
die beherrschende gottheit fahrend, den menschen im joch gehend zu 
denken. so geht Orestes im joche des leides, A. Choeph. 795, und Zeus 
soll ihm den weg weisen. wie viel mehr palst das auf den wahnsinnigen, 
der sich des weges und zieles nicht bewulst ist, ihn ἀγασειράξει ϑεός 
Hipp. 237'); Eur. Or. 36 τὸ μητρὸς αἷμά νιν τροχηλατεῖ uavlauoıy, 
und ebenso I. T. 82. El. 1253. Io ruft Prom. 884 ἔξω δρόμοι φέρο- 
1) ὥσπερ ξὺν ἵπποις ἡνεοστροφῶ δρόκου ἐξωτέρω" φέρουσε γὰρ νικώμενον 
φρένες δύσαρκτοι, Choeph. 1022, hatte ich falsch angeführt. hier vergleicht sich 
Orestes, dessen geist zu schwindeln beginnt, mit einem wagenlenker, dem die pferde, 
scheu gemacht durch den φόβος, nicht mehr gehorchen wollen, sondern aus der 
bahn brechen. die rosse der seele sind uns aus Platons Phaidros noch geläufig. 
13* 


196 Commentar. 


μαι λύσσης πνεύματι μάργῳ. dem τροχήλατος entspricht φοιταλέος, 
das die tragiker von “ύσσα (Eur. Or. 826) und ihrem stachel (A. Prom. 
597) brauchen. der stachel des wahnsinns, von dem man freilich in 
viel weiterem sinne redet, vgl. zu 20, pafste in dieses bild so vortreff- 
lich, daß er wesentlich zu seiner ausgestaltung beigetragen hat. auch 
von der liebe sagt Theognis 371 μή u’ ἀέκοντα βίῃ κεντῶν ὑπ᾽ ἄμα- 
Say ἔλαυνε. wie der geliebte die seele des liebhabers am zügel führt, 
Anakr. 4. A. Eum. 155 sagen die Erinyen von sich selbst, dafs sie der 
vorwurf Klytaimnestras ἔτυψεν δίχαν διφρηλάτου μεσολαβεῖ κέντρῳ 
ὑπὸ φρένας ὑπὸ λοβόν. so erscheint hier Lyssa zu wagen ihr gespann 
antreibend. sie führte ja auch wirklich auf der bühne den stachel, 

3) Lyssa macht musik, nach welcher Her. tanzt. da die Hellenen 
für die musik so stark empfänglich waren, wie es der moderne überhaupt 
nicht begreift, so lag dieses bild nahe, das freilich nichts mythisches an 
sich hat. besonders Aischylos ist gewöhnt, die regungen der seele als 
eine melodie zu denken: und sein δέσμιος ὕμνος ist der vollendetste 
beleg für diese vorstellung. Choeph. 1024 fährt Orestes nach den eben 
in der anmerkung angeführten worten fort πρὸς δὲ χαρδίᾳ φόβος 
ἄδειν ἕτοιμος, ἣ δ᾽ ὑπορχεῖσϑαι κότῳ. also φόβος singt das lied, 
und das herz tanzt zu seinem grimme (ὑπὸ τῷ κότῳ ὀρχεῖται). für 
Lyssa ist φόβος das instrument, auf dem sie Her. die höllische melodie 
spielt 871. es ist flötenmusik, auch 879, 897, weil diese in den augen 
der Hellenen einen viel leidenschaftlicheren orgiastischeren charakter 
hatte; weshalb sie Platon ebenso wie Athena verworfen hat. über den 
πίέτυλος μανίας, der auch hierher gehört, zu 816. 

4) der wahnsinn ist ein rausch. das empfinden auch wir und sagen 
es ebenso von jeder die ruhige besinnung überwältigenden leidenschaft. 
Lyssa übt also dieselbe einwirkung wie Dionysos, nur nicht beseligend 
sondern vernichtend. wol ist in wahrheit auch im wesen des Dionysos 
die nächtige seite vorhanden (denn er ist ein gott der beiden welten 
angehört), und die ekstase selbst erscheint als etwas krankhaftes. es kann 
also für die raserei βαχχεύειν so gut wie ualveodaı gesagt werden. 
aber es ist doch ein unterschied. Her. ist “Aıdov Baxyog 1119, und die 
Erinyen haben einen ἀβάχχευτος ϑίασος Or. 319. ähnliche oxymora 
lieben alle dichter; die dissonanzen der höllenlieder, von denen eben 
die rede war, gehören eben dahin. die Bakchen des Eur. vereinigen 
eigentliche mit höllischer βαχχεία. auf diesem widerspiele beruhen hier 
die vergleiche 891—95. auch dieses bild läfst sich auf andere raserei als 
die des wahnsinns übertragen. z. Ὁ. der kampf, βρομίου παράμουσος 


vers 876---881. 197 


ἑορταῖς, singt nicht bekränzt zur flöte, sondern χῶμον ἀναυλότατον 
προχορεύει, trägt nicht thyrsos und nebris, sondern führt ἀσπειδοφέρ- 
μονα ϑίασον Evorchoy wider die mauern, Phoen. 785. alle diese bilder, 
zu denen dann noch einzelne gelegentliche metaphern treten, werden 
durch das zergliedern ihres reizes entkleidet; wer sie geniefsen will, muls 
sich in die antike sinnesart versenken. und selbst das genügt nicht: 
denn der stachel des wahnsinns, die meute der unterwelt, die dionysische 
höllenraserei sind ja keine blofsen bilder, sondern dabei empfindet der 
Hellene den religiösen schauer: grauen mufs einem davor, als ob man 
das wilde heer über sich ziehen hörte. 

876 σὸν ἄνϑος πόλεος wie τἀμὰ πεδία γῆς 468. die beziehung 
gibt der angeredete, d. h. der chor selbst. die handschrift gibt die variante 
σὸν ἄνϑος, πόλις, auch gut, aber offenbar erleichternde erklärung, 
übrigene durch das versmals ausgeschlossen. &y oc steht sonst collectiv 
von der jugend, Tro. 809, A. Pers. 59 und sogar Thukyd. IV 133. so 
auch ἄωτος, aber einmal hat es Pindar von einer einzelnen person 
OL 2, 8. 

877 μέλεος ist praedicativ, also das verbum substantivum ausgelassen. 

879 ἔναυλος ist gewöhnlich in übertragnem sinne “in den ohren 
klingend”, wie ein schriller flötenton noch lange im gehöre bleibt. 
Aischines 3, 191 ἔναυλον ἔτι πᾶσιν ἦν ὅτι ὅ δῆμος κατελύϑη, Pseudo- 
plat. Menex. 235°. danach viele nachahmer, die nichts lehren (aufge- 
führt bei Ruhnken zu Tim. s. 100). der echte Platon hat aber noch 
eine stelle vou. 678°. für die menschen, die sich aus der sintflut auf 
die berge gerettet hatten, ἐκ τῶν ὑψηλῶν εἰς τὰ πεδία καταβαίνειν 
φόβος ἔναυλος ἐγεγόνει. das ist eine “schrille furcht’, die überstandene 
not klingt auch in ihren herzen nach, darin liegt die verwandtschaft mit 
den obigen stellen, aber es ist doch eben der schrecken, der wie der 
flötenton in die glieder fährt, und das ist gesagt wie von Eur. hier die 
μανέαι ἔναυλοι. auch hier ist ja φόβος der flötenbläser 871. zuzu- 
geben ist, dafs die grammatische vermittelung des begriffes von dem was 
“in der flöte” ist, unklar bleibt. 

880 “πτολύστονος stammt aus _7 73, wo. Ἔρις 80 heilst; Hik. 835 
Erinys, 

881 Sie stachelt ihr gespann, gleich als ob das nicht so schon wild 
genug wäre, also gleichsam nur zum hohne. Zr} λώβᾳ ebenso S. Ant, 
792. ἅρματα das gespann ebenso 947 und öfter, aber wie es scheint, nur 
bei Eur. ἐνδίδωσι erscheint uns farblos. Eur. verwendet eben δεδόναι 
im compositum eben so verschwenderisch wie im simplex, vgl. 1402. 


198 Commentar. 


883 γοργών ist keinesweges das eine scheusal, welches Perseus über- 
wunden hat, obwol an das zumeist gedacht wird und auch hier das 
epitheton μαρμαρουτεός diesem eigentlich gehört. die Athener glaubten 
gar nicht, dafs das gorgoneion, welches ihre göttin auf der aegis und 
sie selbst auf den schilden führten, von Perseus herrührte, der sie als 
Argeier auch gar nichts angieng; und sie hatten recht. denn das 
apotropaion, eine bleckende fratze, ist zunächst nichts als das. es ist 
eine γοργώ oder γοργών, eine wild blickende’; das war ja auch ein 
menschenname, und Athena hiefs selbst γοργῶπις. wenn ein mensch 
tötlich blickt, so hat er auch ein gorgonenauge, die höchste steigerung 
des mal’occhio. so Her. selbst im wahnsinn 990, oder Hektor bei dem 
späten rhapsoden © 349. jede Κήρ oder auch Lyssa oder Ate konnte 
γοργώ sein, und deshalb gibt es in der hölle wie Keren so yopyoves 
Arist. Frö. 477, und auch Odysseus fürchtete eine yogyeln κεφαλή (nicht 
das haupt der Gorgo, sondern ein solches durch den blick schadendes un- 
geheuer) drunten zu erblicken / 634, auch Herakles hat sie selbst gesehen, 
Apoll, bibl. Π 123. die attische sage liefs ganz richtig Athena selbst 
die γοργώ erschlagen, deren haupt sie auf ihre aegis oder ihren schild 
nahm. aber die einreihung dieser geschichte in den gigantenkampf ist 
deutlich secundär (Εἰ. Ion 987 fig, daher die mythographen). übrigens ist 
auch die gegnerin des Perseus in der mykenischen sage, wie sie ja auch 
einen eigennamen hat, ein wesen ganz der nämlichen art wie die andern 
scheusäler, und es entspricht völlig, dals in argivischer sage Koroibos eine 
Ποινὴ oder Κήρ erschlägt. es ist ein unding, von natursymbolik zu 
fabeln (wie schon im altertum der vollmond bemüht ist); die γοργώ des 
Perseus wohnte auch zuerst in Tegea, nicht in einem mythischen reiche. 
für Euripides ist aber natürlich die Gorgo ein anderes wesen als Lyass, 
und er unterscheidet sie dadurch daß er sie eine “Gorgo der nacht’ 
nennt, von dieser stammt eben Lyssa, nicht Gorgo, die tochter der Keto 
(Hesiod Theog. 274). 

μαρβαρωπός ist dem sinne nach eigentlich dasselbe wie γοργωπός. 
denn 80 hat es der gemeint, der μαρμαρῶπεις κατὰ γλῶσσαν für Athens 
gesagt hat; wir kennen das nur durch Tryphon σε. τρόπων III 195 Speng. 
auch hat μαρμάρεος μαρμαρόεις nur die bedeutung des glanzes. allein 
Eur. hat das wort wol als ἀπολιϑῶσα "steinblickend” verstanden wissen 
wollen, da er es von Gorgo sagt, und so denn auch Lykophron 843 
von derselben μαρμαρωπίς γαλῇ. gebildet ist das wort nach dem vor- 
bilde der γοργὼ βλοσυρωπίς A 36. aber man hat nicht nötig trots 
diesem vorbilde und den anderen zeugnissen die form auf ἐς bei Eur. 


vers 883. 199 


herzustellen. es existirt auch βλοσυρωπός, und viele ähnliche doppel- 
bildungen. — Exaroyxspakoıcıy Ööpewv ἰαχήμασι, vgl. 543. durch die 
schlangen, die leiden gemeinsam sind, ist Lyssa eine Gorgo. 

Der ausdruck ist von raffinirter künstlichkeit. uapuapwrrog steht 
neben “ύσσα, obwol es eigentlich zu Γοργών gehört, Νυχτός dagegen 
bei jenem, und dazwischen ὀρέων ἐαχήμασι, was auch nur zur Gorgo 
in eigentlichem sinne gehört. durch die vertauschung der attribute wird 
die vollkommene einheitlichkeit eines bildes erzielt. die sprache ver- 
mag der empfindung nur gerecht zu werden, indem sie über sich selbst 
hinausgeht. nur ein dichter, der sich seiner sprachschöpfenden gewalt 
bewufset ist, aber auch bewulst mit der sprache experimentirt, kann so 
etwas wagen, und die erklärungen des verstandes bleiben ohnmächtig. 
gelingt es, so ist das gefühl überwältigt, mislingt es, so ist der galli- 
mathias da. Phoen. 563 ὄψῃ δαμασϑὲν ἄστυ --- ὄψῃ δὲ πολλὰς aly- 
μαλωτίδας κόρας βίᾳ πρὸς ἀνδρῶν πολεμίων πορϑουμένας. die 
verba δαμάζω und πορϑῶ sind vertauscht “eroberung der jungfräu- 
lichen ehre und schändung der stadt” um durch die complementären 
züge ein vollbild zu liefern. Hik. 902 οὐκ ἐν λόγοις ἦν λαμπρὸς ἀλλ᾽ 
ἐν ἀσπίδε δεινὸς σοφιστής, τῶν δ᾽ ἀγυμνάστων σφαγεύς. hier ist 
ein antithetisches spiel, indem σοφιστής und ἀγύμναστος eigentlich zu 
der redeschlacht gehören ; Aaurcpog ist ein indifferentes wort, statt dessen 
man etwas wie ‘mörderisch’ sehen möchte, um die vertauschung voll zu 
machen. Med. 1123 φεῦγε μήτε valay λιποῦσ᾽ ἀπήνην μήτ᾽ ὄχον 
πδδοστιβῆ. hier ist wieder ὄχος ein zu wenig bezeichnendes wort, so 
daß nur in dem ersten gliede die vertauschung voll ist. übrigens ist 
dies beispiel durch die neigung erzeugt, in disjunctivem ausdruck die 
grölste vollständigkeit zu erzielen, “versuche jeden weg der flucht’ vgl. 
zu 1106. löblich ist dieser schwulst gewils nicht. Alkmeon 67 ὅ φόβος 
— τό τὸ στόμ᾽ εἰς ἔχτεληξιν ἀνθρώπων ἄγει τὸν νοῦν τ᾽ ἀπεέργει 
μὴ λέγειν ἃ βούλεται. Pindar Ol. 7, 68 πολύβοσχον γαῖαν ἀνϑρώ- 
ποεσι χαὶ εὔφρονα μήλοις. Soph. Ai. 666 εἰσόμεσϑα μὲν ϑεοῖς 
εἴχειν, μαϑησόμεσϑα δ᾽ ᾿Ατρείδας σέβειν, dies insofern anders, als 
absichtlicher hohn in der vertauschung von εἴχεεν und σέβειν liegt, wie 
schon der scholiast bemerkt hat. Dion v. Prusa 12, 46 in der ver- 
gleichung der künstler mit den dichtern, ὡς ἐκεῖνοι δι᾿ ἀχοῆς ἐπι- 
δεικνύντες, ἀτεχνῶς χαὶ αὐτοὶ δι᾿ ὄψεως ἐξηγούμενοι τὰ Hein. 
Horat. carm. I 34 tonantes egit equos volucremque currum, bei diesem 
dichter sicher das einzige beispiel, und eine wirklich dichterische kühn- 
heit der art dürfte sonst von Römern nur Vergil zuzutrauen sein. von 


200 Commentar. 


Goethe hat mir vor vielen jahren Leo angeführt “da erklingt es wie 
von flügeln, da bewegt sichs wie gesang”, aber ein zweites beispiel 
hat sich mir die vielen jahre her nicht gezeigt. aber mit vergnügen 
habe ich mir aus einem romane von V. Cherbuliez notirt use »par 
l’exces du plaisir et les debauches du travail. der französische 
prosastil hat sich den vorrang bewahrt, als kunstprosa mit der an- 
tiken und nicht blofs der römischen kunstprosa verglichen werden zu 
können. 

887 Aus den ersten rufen des Amph. erschliefst der chor nicht mehr als 
der zuschauer, dafs nämlich Lyssa ihr werk beginnt. 

889 Her. leidet strafe, das hat Iris gesagt 842. aber diese ist ungerecht. 
so suchen ihn ἄδιχοι Ποιναί heim; das sind wesen desselben schlages 
wie die Keren, ὠμοβρῶτες, wie die Erinyen des Aischylos ihre gier nach 
frischem blute schauerlich schildern, oder der daemon des Pelopiden- 
hauses einen ἔρως αἱματολοιχὸς im bauche hat, πρὶν καταλῆξαι τὸ 
παλαιὸν ἄχος, νέον ἰχώρ Ag. 1479. und siersind von Lyssa gesandt, 
wirken im wahnsinn, also sind sie λυσσάδες. eine solche epische häufung 
von beiwörtern, auch wenn sie alle ihre besondere beziehung haben, ist nur 
im höchsten stile noch im drama gestattet. IIoıval ist eine in späterer 
zeit häufige, auch auf den apulischen unterweltvasen, die I s. 83 anm. 159 
erwähnt sind, bezeugte bezeichnung für die ’EgıyVeg; zuerst in der ein- 
zahl A. Choeph. 935. 947, bei Eur. z. Ὁ. Hik. 490, hier ist in der hand- 
schrift ἀποιγόδιχοι δέχαι überliefert, indem die verbesserung für die 
dittographie an falscher stelle in den text geraten ist. ἀσοινόδικος 
könnte nur stehen, wenn von einer wirklichen vergeltung, von ἄποινα, 
die rede sein könnte, und /lxaı sagt man nicht: Dike ist zu früh ein 
himmlisches wesen und beisitzerin des Zeus geworden, um in solche 
sphaere gezogen zu werden. 

890 Die Poinai werden den Her. bald als einen kinderlosen “hinstrecken’. 
offenbar ein technischer ausdruck der ringerschule Kykl. 496 βοτρύων 
πηγαῖς Erclxwuog (so für ἐπὶ χῶμον, vgl. Hesych. ἐπίκωμος : d ἐπᾷάδων 
τῇ φίλῃ, ἢ ἀπὸ οἴνου ᾷδων) ἐχπετασϑείς. ‘vom weine bezwungen’; 
am boden liegt er gar nicht, sondern geht im komos singend auf einen 
genossen gestützt vor liebchens tür. Kykl. 678 heifst der wein, der solches 
bewirkt, παλαέεσϑαι βαρύς. ein ähnlicher vereinzelter ringerausdruck 
ist ἐχτείνειν Med. 585, intransitiv Andr. 93 ϑρήνοισι πρὸς αἰϑέρ᾽ &x- 
τενοῦμεν, in prosa σχεαμαχήσομεν; καταβάλλειν Bakch. 202, auch oro- 
θέσαι 1000 ist verwandt, χαχοῖσιεν erscheint aber zu farblos dabei; man 
kann nicht einmal sehen, ob es leiden oder verbrechen sind. also wird 








vers 887—-903. 201 


ein beiwort fehlen: vortrefflich würde z. Ὁ. sinn und vers füllen χαχοῖσιν 
ἐκπετάσουσιν ἀπροβουλήτοις. 

891 Der tanz nach Lyssas melodie ist kein dionysischer; es fehlt das 
tamburin, das in diesen dienst aus dem der Kybele aufgenommen ist, 
Bakch. 59. 124, und der thyresos, vgl. Phoen. 792, Bakch. 1386. dies wird 
so ausgedrückt, dafs dem thyrsos nicht zu liebe getanzt wird. der plural 
des adjectivs wie πρόϑυμα 113. das attribut für den gott genannt wie 
Jıös κεραυνόν 177, gorgo und dreizack Erechth. 360, 46. 

ἄτερ (lautlich = sonder) ist den meisten Ioniern, doch nicht Herodot 
und einem teile der hippokratischen schriften, geläufig, während es den 
Aeolern und Hellenen des mutterlandes fehlt. Iyrik und tragödie danken 
es dem epoe. bei Eur. fast immer wie hier nachgestellt. aus dem ioni- 
schen ist es in den apokryphen zauberbüchern erhalten geblieben (Dieterich 
Abraxas 175, 16). 

894 Zu πρὸς αἵματα ist ein allgemeiner begriff des gehens zu ergänzen. 
das ist in diesen fast respondirenden versen nicht schwer, denn jeder fühlt, 
dafs es zu dem zweiten acte von dem ersten (xazaeyeraı) fortgeht. Hipp. 
1070 steht ala πρὸς ἧπαρ weit kühner. den plural αἵματα für das 
blut mehrerer personen hat auch Soph,, für “blutströme wendet es daneben 
Aisch. an, und dieser hat es auch für “blutige taten’ Choeph. 650. diesen 
gebrauch befolgt Eur. hier und öfter in seinen letzten dramen. im dio- 
nysischen taumel wird auch blut vergossen, auch da gibt es eine λωβά 
(ἀλλά τε καὶ χλεύης οἶνος ἔχειν ἐϑέλει unbekannter elegiker bei Athen. 
1 825): die maenaden zerreilsen zicklein (ἀγρεύων αἷμα τραγοχτόνον 
ὠμοφάγον χάρεν Bakch. 137) hirschkälber und anderes wild, wenn sie 
gereizt werden auch herdenvieh, Bakch. 735; die monumente geben 
unzählige belege. aber Her. begeht eine viel entsetzlichere λωβά als die 
Jıovvoıdg. in prosa würde man dafür etwa ὕζρες καὶ παροινία sagen. 

896 Jetzt ist die situation die welche 970 erzählt wird. als der chor 
den mahnruf hört, sagt er “ein furchtbares lied wird auf der flöte vor- 
getragen” ; was es bedeutet, hat er eben gehört: den begleitenden tanz 
erschlieist er, die jagd Lyssas nach den kindern, 

900 Nun sind die kinder tot. dafs so der chor schliefst, zeigen seine 
worte; dafs er richtig schlielst, der botenbericht. 

903 Verba die die abstammung bezeichnen stehen oft im praesens, wo 
wir das perfectum erwarten. es haben also die Athener darin nicht den 
einmaligen act von zeugung oder geburt, sondern, auch in gewissem sinne 
dynamisch, das dauernde verhältnis des ursprungs der existenz empfunden. 
τίχτουσα ebenso gut wie τεχοῦσα heilst die mutter. 





202 Commentar. 


904 Amph. ruft in dem momente den 1004 schildert. den sturm und 
den einsturz des hauses bewirkt Lyssa; sie hat es 864 in aussicht ge- 
stell. was Her. tut, das aufbrechen einer tür, kann den einsturz des 
peristyls auch gar nicht hervorrufen, 

906 ἢ ἢ ruft man unwillig über das tun eines andern, damit er aufhöre. 
Ar. Wolk. 105 ἢ ἢ σιώπα. --- μελάϑρῳ einfachster locativ; zu 116. — 
die anrede fıdc παῖ ist zunächst misverständlich, weil sie auch auf Her. 
gehen kann, erhält aber durch die nennung der Pallas sofort ihre er- 
klärung. man ist gewohnt, gleichwol Her. zu verstehen, also Athena, die 
in wahrheit gleichzeitig im hause erscheint, nur in einer vergleichung ge- 
nannt zu glauben. aber worauf soll diese vergleichung gehen? hat 
Athena so etwas getan wie Her. jetzt? schickt es sich, den rasenden 
mit der göttin zu vergleichen? auch weils der chor so gut wie wir, dals 
Her. kein τάραγμα ταρτάρειον erregen kann. und mit τί ὁρᾷς ὦ Jiös 
παῖ μελάϑρῳ wird doch wol jemand angeredet, für den das haus nicht 
der angemessene aufenthalt ist. endlich ist es zwar rationeller als ein 
wunder, aber allzu geschmacklos, dafs Athena in dem augenblicke, wo 
sie leibhaft im hause erscheint, vor dem hause in einer vergleichung ge- 
nannt werden soll. 

907 ταρτάρειος mit diphthong in der vorletzten sylbe, wie hier über- 
liefert und vom veremals gefordert ist, ist ausdrücklich für Eur. bezeugt; 
fgm. 380, und es ist correcter als Ταρτάριος, vgl. 15. es steht für 
χϑόνιος, denn da ein erdbeben die erscheinung der Pallas begleitet, so 
schreibt der chor ihr seine erregung zu; das ist ein fehlschluß, da ja 
Lyssa die urheberin ist, aber der chor fragt ja auch nur. 

908 Dafs Athena im kampfe mit Enkelados ein erdbeben erregt hätte, 
ist nicht überliefert; man kann allenfalls hierher ziehen, dafs sie auf ihn 
Sicilien geschleudert haben soll (Apollod. bibl. 137). allein die reiche 
bildliche tradition kennt diesen zug nicht, und er ist offenbar eine 
übertragung von Poseidon, der Nisyros auf seinen gegner schleudert. 
wir wissen also nicht, worauf Eur. anspielt, haben aber auch keinen 
irgendwie zusammenhängenden bericht über die gigantomachie aus 
älterer zeit. 

909 λευχὰ γήρᾳ σώματα ein seltsamer ausdruck für die grauen 
häupter. die seltsamen wendungen und verbindungen häuft der dichter 
um die fremdartigkeit der situation und die gewaltige erregung der 
personen zu versinnlichen. auch darin ist die scene Bakch. 576 ff. 
ähnlich. 

911 ἄλαστος ist freilich der ableitung nach “unvergelslich’, gebildet 





vers 904—918. 203 


von λαϑ- wie ἄπιστος von πιϑ-; aber es ist im wirklichen gebrauche 
durchaus nur ein sehr starkes synonymon von δεινός. auch Aldorwe 
ist nicht mehr der “immer gedenkende’ vergeltungsdaemon, sondern der 
‘Auch’. der übergang der bedeutung ist dadurch bewirkt, daß ἄλαστος 
in der richtung verstanden ward, die später ἐνθύμιος annahm (722). 
als Achilleus es ablehnt sich mit dem mörder seines freundes zu ver- 
tragen, nennt er ihn "Exzog ἄλαστε: er kann ihm keine ἀμνηστεία ge- 
währen. ἀλαστεῖν (M 163 Ο 21) ist geradezu mit ἐνθύμιον ποιεῖσϑαι 
wiederzugeben. 

912 “Wir sind uns selbst prophet genug’. ähnlich der chor zu Kas- 
sandra A. Ag. 1099 προφήτας οὔτινας uarevouev. allein da handelt 
es sich um etwas altes: hier gesteht der chor gewissermalsen seine über- 
natürlich vermittelte kunde ein. ἄξομαι “kommen lassen’, wie man ja 
allerdings seher zur aufklärung über ein ἄγος beruft. σοφιστὴν δ᾽ 
ἄλλον οὐκ ἐπάξομαε Rhes. 949. 

916 “Deine bezeichnung der hände als δάεοι trifft zwar zu, aber sie 
sind es doch noch in höherem grade als sich aussprechen läfst’. Hek. 667 
ὦ παντάλαινα χἄτι μᾶλλον ἢ λέγω, ähnlich Alk. 1082. 

918 Das streben nach parallelismus hat zu einer kühnen construction 
geführt; ἄτῃ ist sowol activ das verbrechen das jemand begeht wie passiv 
das unheil das jemand erleidet. der chor will sagen, daß diese tat für 
den täter in demselben malse ein unheil, eine ἄτη, war wie für die opfer, 
sowol eine στεγαχτὴ ἄτη πατρός wie eine στεναχτὴ ἄτη — παίδων 
könnte er zwar sagen, aber das würde nicht deutlich sein und die anti- 
these des täters und der leidenden verwischen, daher wagt er den da- 
tivus commodi Gtolv. vgl. 1. T. 387 τὰ Ταντάλου ϑεοῖσιν Eoric- 
ματα. Plat. Ges. 4, 717 ἡ τοῖς βέλεσιν ἔφεσις, wo der dativ instru- 
mental ist, 

πῶς dvagalveıg ist nur der form nach eine frage an den boten, 
dem sinne nach eine aufforderung zu sagen, wie die ἄτη war. deswegen 
tritt eine directe frage, “wie stürzte dies leid auf das haus (das es zer- 
stört hat) und das leben der kinder’ dahinter. dieses verhältnis der 
fragen verkennend hat ein leser λέγε vor der zweiten eingeschoben. 
ἐπέσυτο braucht Eur. hier und Hel. 1162, Phoen. 1065 im sinne eines 
plötzlichen feindlichen “überfalles’, so auch φήμα φρένας ἐπίσσυτος 
Hipp. 572 (wo das verbaladjectiv verbale kraft bewahrt. und auch 
Hel. 1133 ἔσυτο πατρίδος ἀπόπρο χειμάτων πνοᾷ... Ἥενέλας ist es 
wenigstens = ἀπελαϑῆναι. die homerische bedeutung “sich eilig be- 
wegen” ist auf den passiven aorist ἐσύϑην übergegangen. 


204 Commentar. 


Sechster auftritt, Botenbericht 833—1015. 


Die erzählung ist von vollendeter anschaulichkeit und epischer ob- 
jectivität. die stimmung des erzählers, der den hörern gleichgiltig ist, hat 
auf ihre färbung kaum einfluls. der inhalt ist: Her. ist mit seiner familie 
und seinem gesinde beim reinigungsopfer auf dem hofe, als ihn plötzlich 
der wahnsinn überfällt, dessen erste symptome genau zu den ersten 
worten Lyssas stimmen. seine wahnvorstellung ist, dafs er nach Mykene 
ziehen und Eurystheus töten müsse: er glaubt das zu erleben und tanzt 
nun vor den seinen gleichsam eine pantomime, zu der ihm (Φόβος den 
ἰδοὺ pfeift; die erklärung geben seine begleitenden ausrufe. er macht 
zunächst die geberde als führe er, während er im joche Lyssas geht (880). 
so geht er im hause hin und her. als er im sale ist, meint er die erste 
station des weges nach Mykene erreicht zu haben, geht in eins der an- 
stofgenden kleinen zimmer und tut als äfse er. dann geht er weiter, 
zur nächsten station, dem im osten von Korinth am wege gelegenen 
isthnischen heiligtum. da, meint er, wären gerade die kampfspiele, und 
den sieg in ihnen nimmt er bei wege mit (wie er ähnliches Alk. 1026 
erfindet). endlich kommt er in Mykene an. er ist nun wieder auf dem 
hofe, hält seinem wahne gemäls die eigene familie, die er hier antrifit, 
für die des Eurystheus und richtet gegen sie die tötlichen waffen. die beiden 
älteren söhne flüchten sich, der eine hinter den altar, der andere hinter eine 
säule. aber es gelingt dem vater den einen zu erschielsen, den anderen, der 
ihm erbarmen flehend entgegenkommt, zu erschlagen. den dritten hat 
die mutter in ein zimmer gerettet, das sie verschlossen hat. aber nun 
erscheint die geschlossene tür dem Her. als die kyklopische mauer, die 
er brechen wollte, er sprengt sie, erschiefst die geflüchteten, sucht nun 
den vater — da kommt eine erscheinung, in Pallas gestalt, sie schleudert 
einen stein gegen ihn, er bricht zusammen, schlägt nieder auf eine säule, 
die gleichzeitig mit dem ganzen peristyle durch ein erdbeben zusammen- 
gebrochen ist. so liegt er besinnungslos und wird von Amph. und dem 
gesinde an diese säule festgebunden. 

Die erzählung ist im altertum sehr stark bewundert worden, wirkt 
auch jetzt noch gewaltig, aber es ist nicht zu bestreiten, dafs der dichter 
die anschaulichkeit bis zur kakozelie getrieben hat. die beiden stationen 
auf der fahrt nach Mykene werden lächerlich, zumal wenn man sich Her. 
mit der luft faustkämpfend vorstellt: oder wo wäre dieses blinde kinder 
spiel bei einem tobsüchtigen? und wer es so genau nimmt, dem versagen 
wir die freiheit des epikere, die er sich nimmt, und fragen 979, wo hat 














Sechster auftritt. 205 


Her. die waffen her? hat sie ihm denn einer auf den befehl 942 gegeben ? 
wo hat er die brechstangen her 999? hat sie ihm denn einer auf den 
befehl 945 geholt, oder konnte er sie anderswie erhalten? wir rechnen 
die zeit nach und finden das betragen des Amph. und des gesindes 
verächtlich, werden geneigt ihnen nicht geringe schuld beizumessen, da 
sie längst mindestens die kinder entfernen konnten. Eur. ist hier in 
den fehler verfallen, den Lessing am botenbericht des Ion tadelt, der 
aber von vielen seines alters gilt (ähnliches ist in der stichomythie zu 
bemerken): er hat die üppigkeit seiner phantasie wild wachsen lassen. 
es ist diese seite, durch welche er mit Ovid ähnlichkeit zu haben scheinen 
könnte. allein bei Ovid ist das verderbliche die rhetorische manier, und 
die Heroiden sind nicht anders gemacht als die Tristien. richtiger wird 
Euripides mit Shakespeare verglichen. μέγάλης φύσεως ὑποφερομένης 
ἤδη ἴδιόν ἐστιν ἐν γήρᾳ τὸ φιλόμυϑον — εἰς λῆρον ἐνίοτε δᾷστον 
χατὰ τὴν ἀπαχμὴν τὰ μεγαλοφυᾶ παρατρέπεται sagt der schrift- 
steller vom erhabenen (cap. 9). 

Die symptoıne des wahnsinns hat Eur. hier und in den Bakchen mit 
einer sachkenntnis und einer wahrheit dargestellt, dals er auch darin den 
vergleich mit Shakespeare nicht zu scheuen hat. das gilt von den ersten 
anzeichen, schaum um den mund, veränderung der augen und des blickes, 
lachen, schütteln des hauptes bis zu dem schweren atem des schlafes und 
der zerschlagenheit des erwachten. die beobachtung des lebens hat ihn 
gelehrt; benutzung der blühenden medicinischen litteratur, die er sonst 
kennt, ist hier nicht sicher zu erweisen, und keinesweges hat er die später 
Ἡραχλήη νοῦσος genannte epilepsie gemeint. es ist vielmehr μανία, 
die tobsucht’. sehr befriedigend hat jüngst H. Harries (tragici Graeci 
qua arte usi sint in describenda insania Kiel 1891) den gegensatz seiner 
pathologisch wahren schilderung von der der beiden andern tragiker dar- 
gestellt und die hippokratischen schriften herangezogen. dals Sophokles 
kein solches ziel sich gesteckt hat, sieht man an seinem (in anderem stile 
so wahren und schönen) Philoktet, der einfach einen schmerzensanfall 
hat, den seltsamerweise ein blutfluls aus der eiternden wunde heilt, und 
seinem Herakles. aber das psychologische überwog doch auch in Eur. der 
wahnsinn ist nicht etwas fremdes, sondern es ist ein paroxysmus der in 
der seele liegenden krankhaften regungen. bei Pentheus regt sich eitel- 
keit, sinnlichkeit, dünkel, bei Her. himmelstürmende αὐθάδεια und mord- 
lust, zerstörungswut. daher trifft auf beide nicht zu was Harries aus einem 
modernen mediziner als kennzeichen der tobsucht anführt “verworrenheit 
der vorstellungen, unmöglichkeit einer vollständigen ausbildung der vor- 


206 Commentar. 


stellungen, wechsel der stimmungen. Her. hat vielmehr eine fixe idee, 
Pentheus auch. und diese bis in das äufserste auszumalen gefällt sich 
Euripides hier; das ist die kakozelie, die ich tadeln muls. dem epiker und 
auch einem typisch stilisirenden tragiker rechnen wir nicht nach, weder 
zeit noch ort, und nehmen vieles xara τὸ σιωπώμενον hin. aber wer die 
wirklichkeit wiedergeben will, den nehmen wir beim worte. 

Für das verständnis ist eine klare vorstellung von dem inneren des 
palastes nötig, der natürlich die anlage eines attischen hauses hat. die 
lehre, welche unsere handbücher von dem privatbau vortragen, ist ver- 
kehrt und veraltet, da sie einmal von einem 8. g. homerischen hause fabeln, 
das aus den zufällig in den erhaltenen epen vorkommenden erwähnungen 
zusammengeflickt ist, ohne rücksicht darauf, dafs die gedichte aus mehreren 
jahrhunderten und ganz verschiedenen gegenden stammen, und zweitens 
von der theorie des Vitruv und grammatikerstellen ausgegangen wird. 
auszugehen ist aber nur von den monumenten, die nur der architekt 
richtig benutzen wird, und von den zeugnissen erster hand. die angaben 
des Eur. erläutert genügend schon der palast von Tiryns, wie er sich bei 
den ausgrabungen gezeigt hat: dafs man ihn vergleichen kann, liegt 
nicht daran, dafs Euripides Herakles in einem “homerischen’ hause ein- 
führen wollte, sondern daran, dafs der tirynthische palast und das attische 
haus dieselbe grundanlage haben. das haus besteht aus zwei hauptteilen, 
dem hofe (αὐλή), welchen säulenstellungen umgeben, die längs der aulsen- 
wände stehen: das ist der spätere s. g. peristyl. dieser säulengang ist über 
den ungepflasterten hofraum erhoben durch einen unterbau (χρηπείς); er 
ist so schmal, dafs der knabe, welcher hinter einer säule steht, als er hinten- 
über fällt, an die wand schlägt (979), und zwar ihren unteren teil, die 
ὀρϑοστάται (980), d. h.“hochkantig gestellte steinplatten, welche meist zu 
zweien die stärke der mauer bilden und bei fast allen griechischen bauwerken 
vorkommen” (Dörpfeld in den Mitteil. des archaeol. Inst. in Athen VIII 
151). auf dem freien raume des hofes steht der altar, der dem "Zeus des 
gehöftes’ Z. &gxeiog geweiht ist, ein steinerner bau mit mehreren stufen 
(974), der ἐσχάρα heilst (922), weil auf ihm brandopfer gebracht werden. 
(dafs ἐσχάρα ein altar aus erde und rasen gewesen wäre, ist die lehre 
der grammatiker, Apollon. lex. Hom. s. 78, aber der wortgebrauch stimmt 
dazu nicht; diese stelle ist allerdings als incorrect notirt worden schol. B 
zu Homer K 418). deshalb steht er auf dem hofe, wo zudem sich die 
ganze schar der hausbewohner (οἰκέται 976) versammeln konnte: denn 
da der schutz dieses Zeus alle angeht, die in seinem ἄρχος wohnen, so 
hat das gesinde an dem gottesdienste auch seinen anteil (A. Ag. 1038). 








Sechster auftritt. 207 


ein ganz entsprechender altar ist in Tiryns auf dem hofe gefunden. auf 
einer seite des hofes stölst an ihn der ἀγδρών (954), die große halle, in 
welcher der herd steht, und die bewohner den tag über sich aufhalten, so- 
bald sie unter dach sein wollen. an ihn stolsen in unbestimmter anlage 
kleinere räume, namentlich schlafzimmer (δωμάτεα im leben genannt, 
cubicula, wofür die tragödie, da sie keine deminutiva anwendet, δώματα 
sagen muls, 955), wie deren auch oft an oder in die säulenhallen des 
hofes gebaut sind. ob man von der stralse zuerst auf den hof kommt, 
wie in Tiryns, oder in das eigentliche haus, so dafs der hof dahinter 
liegt, ist um so weniger für die anlage von bedeutung, als diese eine 
sehr bedeutende tiefe hatte, also oft von stralse zu stralse reichte. türen 
verschliefsen sowol das £oxos (1030), wie"den ἀνδρών, wie die dwuadrıa 
(997). die geschilderten ereignisse tragen sich vorwiegend auf dem hofe 
zu, dessen säulenstellung zuletzt zusammenbricht; der hof wird auch 
durch das ekkyklema dem publicum gezeigt. 

Die im eingang geschilderte situation ist die sühnung und weihung 
des hauses und der familie von der befleckung, die durch den totschlag 
des Lykos über die δώματα, die eben beides bedeuten, gebracht ist: 
denn der tod (wie die entbindung) entweiht den ort, wo er stattfindet 
und jeden, der die leiche (und wöchnerin) schaut oder berührt. eine 
solche weihung, welche wie die meisten rituellen handlungen der haus- 
vater oder wer in ähnlicher stellung steht vorzunehmen berechtigt und 
verpflichtet ist, kam also in Athen alle tage vielfach vor. die religiöse 
scheu des volkes weihte z. b. die zur volksversammlung zusammentretende 
menge jedesmal vor beginn der sitzung, weil doch ein befleckter unter 
ihr sein konnte, und in den heiligtümern pflegte man vor dem opfer einen 
ähnlichen act aus gleichem grunde vorzunehmen. die ceremonieen kannte 
damals also jeder. aber die zeiten änderten sich, und es ist eine ganz 
unberechtigte annahme, dals die ceremonieen des cultus davon aus- 
genommen gewesen wären. Didymos schon hat sich mühe geben müssen, 
um die hier in betracht kommende zu erläutern, und hat es wesentlich 
mit unserer stelle und der opferscene des aristophanischen Friedens getan 
(im schol. des Friedens 956 und bei Athen. IX 4095). da die stellen 
erhalten sind, lehrt er nur wenig, denn sie sind unzweideutig. die cere- 
monie ist folgende. auf dem altar des Ζεὺς ἐρχεῖος wird feuer gemacht, 
dessen reine flamme die eigentliche trägerin der entsühnung ist (937 und 
I. T. 1332 ἀπόρρητον φλόγα ϑύουσα xal xadagudyv). ein scheit davon 
wird von dem sühnenden in ein becken (χερνέβιεον) mit wasser, das tech- 
nisch χέρνειν mit altem ausdruck heifst, getaucht, und mit diesem weih- 


208 Commentar, 


wasser werden die zu entsühnenden räume und personen besprengt. das 
ist die sühnung mit wasser. ganz analog schildert Iphigeneia in Aulis 
das opfer (auch ein sühnopfer), dem sie entgegengeht. 1469 frw Ζαναί- 
δαις εὐφημία. κανᾶ δ᾽ ἐναρχέσϑω τις, αἰϑέσϑω δὲ πῦρ προχύταις 
χαϑαρσίοισι καὶ πατὴρ ἐμὸς ἐνδεξιούσθω (gehe von rechts nach 
links herum) βωμόν; die χέρνιβες folgen 1480. Apollon. Rh. 4, 1721 
ὁπτεότε δαλοῖς ὕδωρ αἰϑομένοισιν ἐπιλλείβοντας ἔδοντο, vor einem 
dankopfer. oft geschieht auch die sühnung mit blut. es werden dazu 
die opfertiere (meist ferkel), und die in einem korbe befindlichen opfer- 
gerätschaften um den altar geführt oder getragen, dann das opfer ge- 
schlachtet und mit dem blute die besprengung vollzogen. so geschah 
es in der volksversammlung (Aischin. 3, 120). an anderen orten galt 
andere sitte. z. Ὁ. auf Keos entsühnte man das sterbehaus mit seewasser 
und hysop (Dittenberger syll. 468). Vergil Aen. 6, 230 lälfst mit reinem 
wasser und einem olivenzweige entsühnen. 

924 ἐξέβαλε ist ganz eigentlich zu verstehen; die leiche, das ἀῦμα, ist 
beseitigt. mehr ist Lykos weder für die handelnden noch für die zu- 
schauer. 

927 ellıxro “war im kreis herum getragen’ vgl. zu 690. Herakles 
hatte εὐφημεῖτε gerufen (vgl. Arist. Ach. 237. Thesm. 295), und sie 
schwiegen, vgl. zu 1184. φϑέγμα ὅσιον εἴχομεν d.i. χατείχομεν vgl. 
ἔσχε στόμα 1244. noch gewählter paraphrasirt Bakch. 69 στόμα εὔφη- 
μὸν ἅπας ἐξοσιούσϑω. 

930 ἔστη “blieb stehen’ in kräftigster aoristbedeutung, ebenso σπερο- 
σέσχον ὄμμα. “richteten ihr auge auf ihn’. 

932 ἐφϑαρμένος corruptus nicht in dem sinne gesagt wie vavziioı 
ἐφϑθαρμένοι LT. 276, Kykl. 300, was zu φϑείρεσθαι “elend herum- 
getrieben worden’ gehört, sondern wie man von farben oder den ingre- 
dientien, aus denen medicamente, essenzen, auch speisen gemacht werden, 
p3elgovraı, συμφϑείρονται, weil sie sich verändern, in etwas schein- 
bar ganz anderes übergehn. die chemie ist die kunst des φῳϑεέρειν. 
so war Her. “verändert”. die sphäre, in der die φϑορά sich vollzogen 
hatte, waren die augen, die art der veränderung war dıaorgogrn. so 
etwa kann man sich ἐν erklären; aber der dichter hat wol eher einen 
gebrauch von ἐν erweitert, der an sich und vollends in fortbildungen 
anstofs erregen kann. wo man sich eine person oder eine handlung in 
etwas befindlich denken kann, das sie gleichsam wie eine sphäre umgibt, 
ist ἐν am platze; man sagt da auch ösrd c. gen. und denkt sich dann 
das was eigentlich ein begleitender umstand ist über der handlung, ἐν 





vers 994--940. 209 


τεέϑειν, ἐν λιταῖς στέλλειν, ἐν ξηροῖς τρέφειν (Bakch. 277), 

'oı ζῆν, ὑπ᾽ αὐλῶν πορεύεσθαι, ὑπ᾽ εὐκλείας ϑανεῖν; aber 

weiter Bakch. 1166 ἐν διασερόφοις ὄμμασιν ὁρμωμένην, 

« ὄφεσιν ἐν χρυσηλάτοις τρέφειν τέχνα (die nur eine halskette 

ragen), Hik. 593 xaıvög ἐν καινῷ δορί. 8. Tr. 886 ἀνύσασα ἐν τομᾷ 

σιδάρου. Kallimachos fgm. 37 paraphrasirt den namen χρύσοφρυς mit 

χρύσειον ἐν ὀφρύσιν ἱερὸν ἐχϑύν. die rede von zeiten, denen mit 

dem dativ auch seine präpositionen in wahrheit fremd geworden waren, 

und die entweder stammeln oder eine geflickte sprache reden, möchte ich 
dafür nicht heranziehen. 

933 ῥέζα kann nicht die wurzel des auges, das innerste, sein, wie bei 
Homer « 390, sondern es tritt im weilsen des auges blutrotes geäder 
hervor, das sich mit feinen saugwurzeln sehr gut vergleicht. um dieser 
vergleichung willen ist das verbum ἐχβάλλειν gewählt, das für das 
“treiben” der vegetation der eigentliche ausdruck ist. σέτου ἐκβολή be- 
zeichnet bei Thukyd. 4, 1 die zeit, wo der weizen in halme schielst (vgl. 
Phot. Hesych. olrov ἐχβολή). ganz ebenso χαρπὸν ἐχβάλλειν in einer 
schönen erklärung des vegetativen lebens bei Hippokrates sv. φύσεως 
παιδέου 8 (1 404 K.). Eur. selbst sagt Bakch. 750 von den feldern 
ἐχβάλλουσι στάχυν. 

935 Die beiden auflösungen in diesem verse im gegensatze zu den 
spondeenreichen, die vorhergehen, geben prächtig den contrast des ge- 
lächterse zu der stimmung der situation wieder. 

938 μιᾶς χειρός ein seltener gebrauch des genetivs. τῆς αὐτῆς ὁδοῦ 
Arist. Fried. 1154. Antiphon 1 16. ἡμερεύοντας ξένους μαχρᾶς χαλεύϑου 
A, Choeph. 710. ἀπελθεῖν τῆς δεῦρ᾽ ὅδοῦ 8.OK 1165') (nicht von 
der präposition regiert). σπηδήματος εὐπετοῦς ἀνάσσων A. Pers. 94. 
τίνειν χρέος δούλης ϑανούσης εὐμαροῦς χειρώματος A. Ag. 1326. 
verständlich wird all das in wahrheit nur dadurch, dafs der genetiv einen 
teil der pflichten des alten ablativs geerbt hat. die s. g. genetive der 
zeit, ϑέρους χειμῶνος, und ähnlich βορέου γαλήνης sind nicht anders 
zu beurteilen: und schliefslich selbst der genetivus absolutus. 

939. 40 Her. falst während seiner rede den entschlufs; daher steht 
erst die verwunderte frage 936—39. dann sagt er, wie er es halten will 


1) Usener, der heil. Theodosios 122, führt diese stelle an, vergleicht unser “des 
weges kommen’ und verweist auf Krüger zu Thuk. IV 47,2, wo viele ungehörige 
beispiele stehn, die wie ὑπαποκενεῖν ὁδοῦ, προτερεῖν ὁδοῦ vom verbum regierte 
genetive zeigen oder partitiv sind. der gebrauch geht eben über das eine nomen 

v. Wilamowitz IL 14 


210 Commentar. 


“erst wenn ich mit dem haupte des Eurystheus heimkehre, will ich das 
reinigungsopfer für Lykos bringen”. und dann gibt er die durch den 
neuen entschlufs nötig gewordenen befehle. diese gelten dem gesinde, 
die erste frage dem vater, was dazwischen steht ist an keine adresse, 
d. h. an alle gerichtet. weil ich den logischen zusammenhang dieser 
teile, der natürlich durch keine partikeln kenntlich gemacht ist, nicht 
begriff, habe ich 939. 40 früher verworfen. 

942 Örıhov χερός die waffe, mit der man ἐν χειρῶν νόμῳ, cominus 
ficht, die keule. 

943 λάζυσϑαιε hat seltsamerweise Eur. (nach ihm der verf. des Rhesos) 
allein mit einer anzahl hippokratischer schriften gemeinsam; in wie weit 
dort das homerische λάζομαι daneben zu recht besteht, müssen die hand- 
schriften lehren. bei Theokrit λέν. 46 ist das homerische λαζόμεναι 
besser bezeugt (trotz Hesych.) und von der analogie des epischen stiles 
gefordert. dem homerischen hymnus an Hermes 316 kann man ἐλάξζυτο 
lassen. bei Eur. liegt also ein ionischer vulgarismus vor. 

945 Die Kyklopenmauern von Tiryns und Mykene lagen damals so gut 
in schutt und trümmern wie bis duf Schliemann. die ohnmächtige zeit nach 
der völkerwanderung, die sie gebrochen hatte, staunte die riesenwerke an 
und schrieb sie riesen zu. so lebten sie in der sage, und darum feiern sie 
die tragiker, aber ohne ortskenntnis und ohne archaeologisches interesse 
an ihren resten. eine reise zu topographisch-historischen studien ihnen 
zuzutrauen ist kindisch, so oft auch ihre verse so gedeutet werden und 
gedeutet werden müssen, da die dilettanten nun mal jede poesie real fassen. 
das zeigt auch dieser vers. denn die mauern, welche Eur. in wahrheit im 
auge hat, die nach dem lot und der richtschnur, deren geröteter (μεμελ- 
τωμένος) faden an den bausteinen abgeschnellt ward, mit den scharf an 
einander gepalsten stofskanten zusammengefügt sind (ohne mörtel), sind 
die unvergleichlich gearbeiteten marmormauern seiner zeit, nicht die selten 
τύχοις, nie φοίνικι xavdyı gefügten wirklich "Kyklopischen’. an den 
schiffshäusern in Zea hat man die mennigstriche noch gefunden: ἐφαί- 
vero ζωηρότατα τὸ ἐρυϑρὸν χρῶμα τοῦ νήματος, ὅπερ μετεχειρέσϑη 
ὅ ἀρχαῖος λεϑοξόος εἰς ἀπεύϑυνσιν τῶν γραμμῶν αὐτοῦ, ἐπεὶ τοῦ 
λίϑου (πραχτιχὰ τῆς ἀρχαιολ. ἕταιρ. 1885, 65). ein anderer tragiker 
oder auch Eur. ein andermal hat von Τιρύνϑιον πλίνϑευμα geredet, 
adesp. 269'), also gar von lehmziegeln. 


1) Falsch hat Meineke und Nauck nach ihm mit dieser Hesychglosse eine 
andere verbunden, Κυκλώπων &dos. denn diese wird erklärt ἐπειδὴ Κύκλωπες 
ἐτεέχεσαν τὰς Μυκχήναρ: Mykene ist nicht Tiryns,. 











vers 942—950. 211 


φοῖνεξ, nebenform von φοινός φοένιος, hat Eur. oft, wie auch Pindar 
(im femininum) und die 49a ἐπὶ Πατρόκλῳ 454 als adjectiv; nicht 
Aisch, Soph. substantivisch für die rote (purpur)farbe und in compositis 
ist es häufiger. zur bezeichnung der ‘roten männer’, der Phoeniker, ist 
es schon früh gewählt, weil die endung für ethnika gewöhnlich war. und 
von dem volk hat der "phoenikische’ baum, die palme, den namen er- 
halten. Poenus ist so gut lehnwort wie puniceus. 

946 στρεπτὸς σίδηρος ein gewählter ausdruck “mit eisenhaken’. 
στρεπτὸς (χρυσός) für goldene halskette ist gewöhnlich. sonst pflegt 
es von metall nicht gesagt zu werden: denn ein byzantinischer poet 
(Theaetet der scholastiker Anth. Pal. VI 27, 6 στρεπτῶν ἀγκίστρων) 
beweist nichts für Eur. verständlich wird es durch das verbum ovr- 
ToLaıyoöy, in dem das instrument selbst genannt ist, das aus “gewun- 
denem eisen’ besteht. — die praeposition σύν entspricht in solchen zu- 
sammensetzungen unserm zusammen’; das gegliederte und geordnete ge- 
bilde wird in eine unförmliche masse durch einander geworfen. so 
συναράσσειν 1142 und schon ı 498, συγχεραυνοῦν Archilochos 77. 

947 Das erste glied nimmt das allgemeine voraus, die wahnvorstellung, 
welche die ganze folgende handlung des Her. beherrscht; die einzelheiten, 
und zwar auch die vorbereitenden handlungen, das besteigen des wagens 
und das antreiben der pferde, d.h. die abfahrt, schliefsen sich daran, 
durch die copula scheinbar coordinirt. es ist dies die weise griechischer 
erzählung, von welcher das sog. hysteron proteron (eluara 7’ ἀμφιέσασα 
καὶ λοέσασα) nur eine gattung ist: musterhaft dargestellt von 1. Classen 
(beobachtungen über den homer. sprachgebrauch, anhang). die beiden 
participia βαίνων douar’ οὐκ ἔχων stehen nicht parallel, geschweige dafs 
sie tautologisch wären “und dann gieng er und sagte er hätte einen 
wagen, den er doch nicht hatte”. ebenso 949 “und schlug zu, mit der 
hand, als ob er mit der peitsche schlüge”’. die richtige recitation macht 
diese verse nicht nur verständlich, sondern gibt ihnen eine schauerliche 
lebendigkeit, und ihr hat die interpunction zu hülfe zu kommen. dafs 
man sie schon im altertum unbewulst verdarb, weil man sie nicht richtig 
zu betonen wulste, zeigt die fassung, in welcher Dion von Prusa (32, 94) 
sie anführt αὐτοῦ δὲ βαίνων ἄρματ᾽ οὐχ ἔχων ἔχειν ἔφασχε᾽ δίφρου 
δ᾽ εἰσέβαινεν ἄντυγας κἄτεινε κέντρον δῆϑεν ὡς ἔχων χερί. 

960 οἱ δὲ οἰχέται ἀμφίβολόν τε ἔπαϑον" ἅμα γὰρ καὶ ἐγέλων καὶ 
ἐφοβοῦντο. διπλοῦς steht brachylogisch: es gehört nicht zu einem von 
beiden substantiven, auch nicht zu beiden, sondern für διπλοῦν τι ἦν 


τοῖς ὀπαδοῖς καὶ τὸ καὶ τό. 
145 


212 Commentar, 


951 Der dichter gesteht durch diese paraphrase des homerischen ὧδε 
δέ τις εἴπεσχε ἰδὼν eig πλησίον ἄλλον, dals er eine epische erzählung 
liefert, ähnlich Hel. 1589 Andr. 1104. 

953 ἄνω χάτω ist nur "auf und ab’, nicht etwa “trepp auf, trepp ab. 

956 ὡς ἔχει “wie er war “ohne weiteres gehört zu oxevaleraı For- 
γήν und bezeichnet, dafs Her. auch diesen act seines spieles nur “wie er 
war durchführte. er hat keine zehrung, deckt keinen wirklichen tisch, 
aber er macht ein frühstück “blind’ durch, indem er die einzelnen ‘griffe 
markirt'. 

958 Das heiligtum des isthmischen Poseidon liegt in einer schlucht 
der isthmischen niederung, — das heta von IoJuos ist für die 
zeit des Eur. inschriftlich gesichert; Pindar hat sogar hiatus davor zu- 
gelassen. 

959 πόρπη fibula kommt mit ähnlichen worten für goldschmuck im 
homerischen schilde vor Σ 401. nach der grammatikertradition (Pollux 
VD 54) ist es die fibel, welche auf der brust den chiton zusammenhält, 
Eur. hat es öfter, aber er von den Athenern allein, die περόνη sagen. das 
davon gebildete verbum πορπᾶν προσπορπίᾶν hat Aischylos (Prom. 61. 
113), vermutlich aus Sicilien eingeführt. davon wieder kommt πόρπαμα, 
das was man mit zrögsra: zusammenhält, nur von Eur. hier und El. 820, 
danach von dem verfasser des Rhesos 442 angewandt. dals er es aus 
fremdem sprachgebiet geborgt hat, folgt aus dem vocalismus. wie es der 
nachahmer damit gehalten hat, ist nicht zu sagen, da bei ihm πόρπασμα 
und πόρπημα neben einander überliefert ist. die entsprechende bildung 
περονάματα hat Theokrit (JdwvıaL. 79) von dem homerischen περονᾶν, 
das er auch hat (Kvv. ἔρ. 65), fortgebildet. so lesen wir ein dorisches 
wort nur bei einem Athener, ein ionisches nur bei einem Dorer. 

961 Her. ruft ἀκούετε λεώ" νικᾷ Ἡρακλῆς Θηβαῖος. aber er redet 
“das gehör von niemand’ an. überliefert ist 960 αὐτὸς πρὸς αὑτοῦ 
961 ἀχοὴν ὑπειπών. das erste untadelig, das zweite unmöglich, denn 
ὑπειπεῖν ist “leise sagen’ “andeuten’ oder auch “jemanden bedeuten, 
ihm eine directive geben’. die heilung der stelle ergibt sich durch die 
vertauschung der praepositionen, die jemand versetzt hat, weil er die 
richtige verbesserung von αὐτὸς ὑπ᾽ αὐτοῦ nicht fand. auch da war 
nur die ordnung der wörter zu ändern. ὑπ᾽ αὐτὸς αὑτοῦ ist ein hyper- 
baton, welches den schreibern unbekannt war, und es wird durch das 
gewöhnliche wol oft verdrängt sein, da wir es nur herstellen dürfen, wo 
das vermals dafür zeugt. so ist es bei Eur. auch nur an einer stelle 
noch nachweisbar, wo es auch erst sichere conjectur gefunden hat, fgm. 862 

















vers 951-- 961. 218 


ἐνιαυτός heifst das jahr ὀϑούνεχα ἐν αὐτὸς αὑτῷ πάντα συλλαβὼν 
ἔχει. bei den andern beiden tragikern sind die beispiele häufiger. selbst 
die komödie wagt ähnliches, aber bezeichnender weise vor dem 8, jahr- 
hundert nur Timokles, der auch tragiker war (bei Athen. VI 2234 τὰς 
αὐτὸς αὑτοῦ συμφοράς). bei classischen prosaikern ist die wortstellung 
nur einmal bezeugt oder beobachtet, Aischines 3, 233, freilich neben dem 
regelmäfsigen überliefert. der unter Platons schriften überlieferte kleinere 
Alkibiades trägt nicht nur in dieser wendung eine spur von unattischem 
(keineswegs aber ionischem) ursprung (Usener Gött. Nachr. 1892, 48). 
dagegen haben sie die anspruchvollsten stilisten der kaiserzeit als ein 
besonderes licht aufgesetzt. so Aristides häufig, der schriftsteller vom 
erhabenen cap. 15 τὴν αὐτὸς αὑτοῦ φύσιν, Synesios orat. I 6 (p. 14 
Krab.) τὰς αὐτὸς αὑτοῦ πάσας ὀρέξεις, Athenagoras suppl. 7 χινη- 
ϑέντες --- ὑπὸ τῆς αὐτὸς αὑτοῦ ψυχῆς ἕκαστος, Gregor v. Nazianz 
comp. vit. (AIX) 67 τὴν δεξιὰν τὴν αὐτὸς αὐτοῦ. noch Theodoros 
Metochita (403. 468) gefällt sich darin. herzustellen auch Ps. Iustin. 
orat. ad Graecos 3 aus πυρὰν κατ᾽ αὐτοῦ αὐτὸς ποιήσας. auch bei 
dem sophisten, der die ἔρωτες verfalst hat, die unter Lukians werken 
stehn, belegt; in augusteischer zeit bei dem gänzlich stillosen Parthenios. 
die Dorer im norden sind es, welche das reflexivpronomen durch ver- 
doppelung gebildet haben, bald mit dem constanten nominative selbst, bald 
durch umformungen wie αὐσαυτοῦ, bald durch wirkliche composition αὐὖ- 
ταυτοῦ; und diese dorische bildung greift weit in Nordhellas, aber auch in 
den Peloponnes hinüber (wo sich die hauptmundarten aber gesträubt haben) 
und in die colonien (Blass gr. Gramm. I 600, Wackernagel Kuhns Zeitschr. 
33). aber auch auf einem boeotischen steine aus der mitte des 4. jahr- 
hunderts steht ὑπὲρ αὐτὸς αὐτῶ ἀνέϑεικχε (Inser. Boeot. 3055, 9 Ditten- 
berger). auf einem ionisch geschriebenen, aber mit recht auf Halikarnass 
zurückgeführten papyrus, der noch in das 4. jahrhundert gehört, εἰ — 
ἐποίησε — τὰ τέχνα ταὐτοσαυτοῦ δίχαια und μηδὲ αὐτὸν γονέας 
τοὺς αὐτοσαυτοῦ ϑάψαι (Philol. 41, 748). die tragiker haben also 
diese wendung sei es von Dorern oder Boeotern, aber aus dem leben, 
nicht der litteratur übernommen. das ist sehr merkwürdig. die Dorer 
kennen das ionisch -attische reflexivum ἑαυτοῦ nicht und haben natür- 
lich αὐτοῦ nicht aspirirt. aber daraus folgt für die Athener nicht das 
mindeste, die immer so reden, dafs der nominativ αὐτός als solcher steht, 
also auch das reflexiv. übrigens sollten wir uns eingestehn, dafs sie in 
solchem falle sich selbst nicht klar gewesen sind, ob sie heta, das sie 
nicht schrieben, sprechen sollten oder nicht. der spiritus stammt doch 


214 Commentar. 


von uns, und dafs das a in αὑτοῦ lang, in αὐτοῦ kurz ist, haben sie 
nicht differenzürt und können wir nicht differenzüren. 

965 ξενοῦν heilst ξένον ποιεῖν, ξενοῦσϑαι also "sich vergasten’. die 
tragiker brauchen aber das passiv ein par mal im sinne von ἐπὲ ξένης 
εἶναι, ἀποδημεῖν (Eur. Hipp. 1085, Aigeus 1, Soph. Trach. 65) und so 
steht ἐσπειξενοῦσϑαι in dem vielleicht ächten sechsten briefe des Isokrates 2, 
während es sonst auch “sich vergasten’ heifst. davon hat Eur. hier das 
nomen gebildet. 

966 Dals die tötung eines menschen den sinn verwirrt, ist allgemeiner 
glaube; diese gewalt ist es, welche die sühnung brechen soll. A. Choeph. 
1055 ποταένιον αἷμά σοι χεροῖν ἔτε" ἐκ τῶνδέ τοι ταραγμὸς ἐς 
φρένας πέτνει. --- das praesens χαένεες neben ἄρτε ist uns auffällig: 
es ist nicht das s. g. historische, das hier keinen platz hat, sondern die 
stämme des verbums (praesens, aorist, perfect) sind eigentlich begrifflich 
nicht zeitlich geschieden, und der praesensstamm bezeichnet absolut die 
tätigkeit, ὧν νεωστὶ σφαγεύς εἶ. die anomalie liegt also darin, dafs die 
absolute, nicht die vollendete handlung bezeichnet ist. das ist also eigent- 
lich auch dynamisch wie ἡ rixrovoa, vgl. 903. 

Die s. g. attraction des relativs würde hier einen ganz falschen sinn 
geben: es würden die eben getöteten von anderen getöteten unterschieden, 
während der relativsatz bedeutet ἄρτε γὰρ πεφόνευχας. 

967 Der vater des Eurystheus, Sthenelos, ist in der sage gegeben, aber 
das ist hier irrelevant, der vater kann sogar nicht einmal leben, da 
Eurystheus könig ist. die poesie läfst nebenfiguren auftreten und ver- 
schwinden, je wie es für ihre zwecke dienlich ist. mit den söhnen des 
Eurystheus ist es im grunde nicht anders, obwol die mythographen natär- 
lich auch namen für sie wulsten. ganz so verfährt die bildende kunst, 
und Euphronios hat auf seiner Eurystheusschale (Klein Euphron. 89) den 
vater Sthenelos (und die tochter Admete) mit gleicher freiheit der über- 
bringung des ebers beiwohnen lassen. 

968 ἐπειδὴ προὐτάρβει, ἱκέτευεν: das ist das verhältnis der prae- 
dicativen zusätze. 

970 Die tragiker, zumal Eur., verschmähen die längeren formen ἑαυτοῦ 
σεαυτοῦ. hier und Alk. 461') ist das längere pronomen gewählt, weil 
es ganz besonders betont ist, Hipp. 978, weil αὐτόν misverständlich sein 
würde; das heta ward nicht mehr bezeichnet und unsicher gesprochen. 
das sind die einzigen belege. Heraklid. 635 gehört dem Eur. nicht, 
ΠῚ ἢ Es ist vorher zu verbessern σὺ γάρ, ὦ σὺ μόνα, φίλα γυναικῶν, τὸν davräs 
ἔτλας πόσεν ἀντὶ σᾶς ἀμεῖψαι, φυχᾶς BE Atda. 














vers 965992. 215 


973 oxıa deckung, abri. wohin das licht nicht dringt, dringt auch der 
blick nicht. Aristoph. Ekkles. 496. Andokid. 1, 38 ὑπὸ τὴν σχεὰν καϑέ- 
ἕεσϑαι μεταξὺ τοῦ κίονος καὶ τῆς στήλης. deutlicher παλένσκεον 
Archilochos 84. 

974 σ“ττήσσω (inselgriechisch πτώσσω Archil. 106; das gemeingriechi- 
sche zzrwxöc ist in der bedeutung abgebogen) sagt man nur vom ducken 
des vogels. Kykl. 408. Ar. Wesp. 1490 πτήσσει Φρύνιχος ὥς τις 
ἀλέκτωρ. die vergleichung gilt also von beiden knaben. 

975 Die sich überstürzende leidenschaftlichkeit der handlung malt sich 
in den kleinen sätzchen und dem zerreilsen des verses, da vor dem letzten 
und nach dem ersten fulse des folgenden interpungirt ist. Megara schiebt 
τέ δρᾷς in den bereits im sinne geformten satz, denn nur in der ver- 
bindung mit τέχνα χτείνεις kann sie ihren mann τεχών anreden. 

977 Her. muß dem knaben gegenübertreten, um auf ihn zu schufs zu 
kommen. da sich der hinter der säule birgt, so läuft er vor ihr hin 
und her, springt bald rechts, bald links, so dafs der knabe die entgegen- 
gesetzten wendungen machen muls. endlich ist eine solche wendung 
nicht rasch genug, die seite bleibt ungedeckt, Her. kommt ihm gegenüber 
zu stehen (ἔστη ἐναντίος), schielst und trifft ins herz. ἐξελίσσειν 
xlovoc durch EAloosır (690) herausbekommen, wie ἐχμοχϑεῖν 22, ἐχ- 
πονεῖν 681. πόδα κυχλοῦν El. 561. Her. beschreibt aber keinen 
kreis, sondern macht furchtbar rasche wendungen, δεινὸν τόρνευμα 
ποδὸς κυχλοῖ. 

981 Erst ein wilder schrei des triumphes, ἀλαλά, dann worte. 

985 Der aorist ist für unser gefühl plusquamperfect; er steht in zeit- 
licher beziehung zu dem impf. ἐπεῖχε, und dieses steht, weil Her. schon 
während er jene worte sagt, nach dem zweiten opfer zielt. ἐπέσχε lag 
viel näher, aber in dem imperf. liegt eine grofse schönheit, weil es die 
sinnliche anschaulichkeit um einen zug bereichert, 

987 χεῖρα βαλὼν πρὸς γένειον καὶ deeny. natürlich greift er nicht 
nach dem halse, sondern nach dem kinn, denn das ist der gestus des 
bittflehenden. aber er reicht an dem vater nicht so hoch. 

990 Gorgo zu 882. 

992 Dieser satz erscheint schwülstig, weil vielerlei zusammenkommt, 
was einzeln alles der tragischen rede angemessen ist, vereint aber schwer 
verständlich wird. μέμημα ist apposition zu der ganzen handlung. 
μέμημα μυδροχτύπον ist sehr kühn für μέμημα μυδροκτυποῦντος, 

in nachahmung eines der glühendes eisen hämmert” (das verbum steht 
L Prom. 366). in τετράπουν uiuov ϑηρὸς Res. 255 ist vielmehr das 





216 -Commentar. 


adjectiv attrahirt wie oben 468. Her. kann den knaben nicht erschielsen, 
deshalb schwingt er die keule hoch über sein haupt, wie der schmied, 
wenn er das glühende eisen hämmert, und lälst sie auf das haupt des 
knaben fallen, der vor ihm steht. die wiederholung von χάρα 992. 93 ist 
nur modernem gefühle anstößig. ἀλεξητήρεον ξύλον hiels die keule 470, 
hier wird bloß ihr stoff’ hervorgehoben im gegensatze zu dem eisenhammer 
der vergleichung. ganz ähnlich in einer viel mishandelten stelle Hik. 
716 von Theseus im kampfe mit den Boeotern, die lederkappen statt 
der attischen erzhelme trugen. ὅπλισμα τοὐπιδαύριον λαβὼν δεινῆς 
χορύνης, διαφέρων ἐσφενδόνα ὅμοῦ τραχήλους κἀπιχείμενον χάρα, 
er haut mit der keule die hälse ab, dafs sie sammt den köpfen herum- 
fliegen, χυνέας (zweisylbig zu sprechen) ϑερέζων κἀποχαυλίζων ξύλῳ; 
die kappen sind die ähren, die dieser schnitter vom halme schneidet, aber 
seine sichel ist von holz. 

996 ἔσω δόμων in das haus aus dem hofe. 

998 δή hebt hier die wahnvorstellung noch besonders hervor; 985 war 
das wegen doxeiv nicht nötig. 

999 ϑύρετρα sind die flügel, σταϑμα die pfosten. man sieht am 
Parthenon Propylaeen und andern erhaltenen gebäuden, dafs selbst die 
schönsten marmorwände eine holzbekleidung, so zu sagen hölzerne pfosten 
hatten, an denen die angeln (στροφῆς) befestigt waren. es war das selt- 
saıner weise aus der zeit des lehmziegelbaues, wo natürlich hölzerne tür- 
pfosten nicht entbehrt werden konnten, beibehalten. erst wenn man diese 
kaum begreifliche sitte kennt (ich habe sie von W. Dörpfeld vor den 
monumenten gelernt), versteht man, wie Her. σεταϑμὰ ἐχβάλλει: er bricht 
die holzbekleidung der steinernen anten ab, wobei dann die ganze türe 
in stücken geht. nicht einmal sicher war dieser verschlufs: aber die 
wand hat Her. nicht zerstört. unvermeidlich war, dafs in älteren häusern 
die hölzerne verschalung löcherig ward, und die mäuse hatten es dann 
bequem. so war es in Amphitryons hause, wo die schlangen durch die 
geschlossene tür eindrangen ὅϑε σταϑμὰ xoila ϑυράων Theokr. 24, 15, 
ein vers, der auch erst jetzt verständlich wird. 

1000 Weil die Römer sternere, wir "niederstrecken’ vom töten sagen, 
scheint uns χατέστρωσεν gewöhnlich, aber es ist ein in epos lyrık drama 
guter prosa unerhörter ausdruck für χατέβαλεν. dagegen ist es vulgär, 
παραστορῶ σε droht Kleon. in den Rittern 481 (daher Poll. 9, 154), 
vornehmlich ionisch, Herodot IX 69 χατεστόρεσαν; das passiv öfter. 
Xenophon Kyrop. III 3, θά κατεστρώννυσαν, dann in dem auf ionischer 
grundlage erwachsenen judengriechisch. mit bildern die auf das glätten 














vers 996—1014. 217 


der meereswogen deuten (z. b. Pseudosimonides 90) darf dieser gebrauch 
nicht verwechselt werden. 

1001 ἐπιπεύειν ist ebenso ungewöhnlich. (byzantinische absurditäten 
wie χρόνου διιππεύοντος oder παριππεύοντος, vita Theodos. 35 Us. 
lehren für altes griechisch nichts). Her. ist nicht mit einem reiter, 
sondern mit einem rosse verglichen, von dessen gang unter dem reiter 
das wort technisch ist (Xenophon im ἱσεπεχός öfter. Eur. wendet es 
noch Phoen. 212 an, aber von den winden, die ja rofsgestalt haben. eben 
so eigentümlich sagt Horaz Carm. IV, 4, 44 equitare (erklärt von Kießling). 
wir sagen wol "galoppiren’ vom menschen, aber auf die gangart kommt es 
nicht an, vielmehr ist Her. “besessen’: Lyssa reitet ihn. ähnlich Hipp. 214 
μανέας ἔποχον ἔπος, auch ganz singulär. 

1002 Neben φαένεσϑαι ‘sich zeigen’, erscheint oft ein scheinbar abun- 
dirender 8. g. epexegetischer infinitiv, wie hier ὁρᾶν Bakch. 1017 payndı 
πολύχρανος ἰδεῖν δράχων, Platon Phaid. 84° ὡς ideiv ἐφαίνετο. 
Theognis 216 “der polyp ποτὶ πέτρῃ τῇ προσομιλήσῃ τοῖος ἰδεῖν 
ἐφάνη. dies beispiel zeigt gut, dals es dieselbe epexegese ist wie in 
χαλὸς λευκὸς ἰδεῖν; d.h. das verbum im infinitiv, seiner nominalen 
form, tritt nicht anders zu dem adjectiv, wie wenn ἀευχὸς τοῖος τὴν 
ὄψιν stünde. und das geht auch auf das adverbium über, ὡς ὁρᾶν 
ἐφαίνετο wie τοῖος ἰδεῖν ἐφάνη. dafs das activ steht, wo wir das 
passiv erwarten würden, ist griechische weise, vgl. 1126. 

1003 Da ἔγχος jede waffe bedeutet, tritt zur genaueren bezeichnung des 
speeres ZrclAoyxog hinzu; ganz ebenso &rriAoyyov βέλος Hipp. 221, unten 
1098 σετερωτὰ £yyn die pfeile. Bakchyl. 13, 8 ἔγχη re λογχωτὰ ξίφη 
τ᾿ ἀμφάκεα. 

χραδᾶν κραδαίνειν von χράδος χράδη, zweig, welches wort selber 
im attischen nur für den zweig der feige in geltung geblieben ist, die 
allgemeine bedeutung hat χλάδος. — dafs Athena, während sie einen 
steinblock wirft, ihren speer, also in der linken hand, schaukelt, würde 
auffallend sein, wenn es erfindung des dichters wäre. aber die Parthenos 
des Pheidias hielt den speer so, und das ist die normale erscheinung 
seiner göttin für den Athener. 

1009 σεέραιοι βρόχοι sind die stränge in denen das leinpferd (445) 
geht, also besonders feste. 

1013 Der schlaf ist an sich eine gabe des guten daemons, aber für Her. ist 
selbst dieser “alte getreue freund” kein segen mehr: er ist ὀλόμενος 1061. 

1014 μὲν οὖν abschließend. “ich wenigstens urteile so, denn — und 
damit ist mein bericht zu ende’. 


218 Commentar. 


Sechste gesangnummer 1016-87. 


Über den ganzen character des versmaßes und der vortragsweise 
vgl. zur vorigen nummer. 
a) lied des ganzen chores, einem stasimon ähnlich oder vielmehr wirklich 
stasimon 1016—27, drei perioden. 
1) 1016—21 4 δ(όχμεοι) -+ iamb. metron. die beiden letzten dochmien in 
der anapaestischen form. gerade diese mit einem folgenden iambischen 
metron zu verkoppeln ist beliebt. z. Ὁ. derselbe vers Ion 1466 ὁ δὲ 
γηγενέτας δόμος οὐκέτι νύχτα δέρκεται, hinter bakcheen, vom folgenden 
durch hiat gesondert, hier durch syllaba anceps. es folgten wahrschein- 
lich 5 ὃ: der dritte durch ausfall zerstört. 
2) 1022—24 7 δ, der letzte mit unterdrückung der letzten senkung. 
diese erscheinung ist eigentlich eine anomalie, denn sie ist aus den iam- 
bischen liedern und ihren verwandten in dieses rhythmengeschlecht über- 
tragen. sie findet sich aber mehrfach, z. Ὁ. Ion 1494 ἀνὰ δ᾽ ἄνερον 
ἔρημον οἰωνῶν, Bakch. 1037 ὁ Jıovvoog 6 Jıös οὐ Θῆβαι, Hel. 657 
ἀδόχητον ἔχω σε πρὸς στέρνοις. 
3) 1025—27 2 bakcheen, 8 ὁ. 
b) vortrag des chorführers, während das ekkyklema erscheint. 
1) 1028—-30 interjection und 


Von | “πα - 
2) 1031—33 interjection und 
VW WU U [πιὰ Ve 


der enoplios ist unverkennbar; die auflösung der länge bei zweisylbiger 
senkung kommt vielleicht nicht wieder vor; für dieselbe bei einsylbiger 
senkung steht ein beleg zu 136: wunderbar ist sie nicht, da sie ja in 
glykoneischen versgliedern mindestens zu dieser zeit zulässig war, und 
diesen ist das zweite glied zum mindesten äulserlich gleich. es ist schwer 
zu bestimmen, weil die vorletzte sylbe indifferent erscheint: wo es sonst 
steht, 1037. 1075, Andr. 826. 830, ist sie kurz. übrigens kann man 1033 
auch als -u-ıv- | -— deuten, wie 1185. 

3) 1034—38 iamb. trim,, 2 d., iambischer katalektischer dimeter; er mag 
mit den dochmien in synaphie stehen. übrigens ist der text nicht ganz 
sicher. dann die beiden glieder von 1029. 30 in umgekehrter ordnung. 
4) 1039—41 3 iamb. trim. 

c) Wechselgesang des Amphitryon und des chors oder vielmehr chor- 
führere. der letztere hat nur einfache dochmien oder iamben. 

1) 1042—46 5 ὃ Amph. 4 ὃ Chor. 


Bechste gesangnummer. 219 


2) 1047—53 iambischer tetrameter durch synaphie, welche das proklitische 
μὴ zeigt, verbunden mit einem verse, der so aussieht υ.-- νὐ---- |v-u--| 
v-u-, das letzte glied ist ein iambisches metron; die beiden ersten sind 
gleich: es ist das im Plautus von Reiz entdeckte, das seinen namen 
führen mag. es stammt ohne zweifel aus dem volksliede, aus denselben 
regionen wie der enoplios. in der komödie tritt es stichisch auf, auch 
als klausel von iamben. πεινῶν τριάκονθ᾽ ἡμέρας τοῦ μηνὸς ἐχά- 
στου Ar. Ach. 859. Sophokles schliefst eine dochmische strophe Ἔλλα- 
νίδος, τὰ νῦν δ᾽ ἄτιμος ὧδε πρόκειμαι Ai. 427, derselbe O K. 1048 
μεέξουσιν ἢ πρὸς Πυϑίαις ἢ λαμπάσιν ἀκταῖς : das ist derselbe vers, 
und wieder derselbe Plaut. Aulul. 443 ego te faciam miserrimus mor- 
talis uti sis. es ist eine überaus häufige clausel. noch Theokrit hat in 
dem epigramm auf Epicharm dieses glied als ἐπῳϑδϑός verwandt, und 
zwar nicht blols mit indifferentem sondern auch zweisylbigem anlaut, 
τελεῖν ἐπίχειρα neben μεγάλα χάρις αὐτῷ. auch Pindar hat Ol. 4 die 
strophe beendet mit dem verse Ὁ--ὐ---- | o-wu-u | ποτ πο, zwei Rei- 
zana und ithyphallicus: man muls nur die überlieferung bestehen 
lassen. dasselbe lied hat enoplier und kola, die den 1029—33 ver- 
wandt sind. 

8 ὃ + spondeus. dieser, als abschlufs in vielen liedern gebräuchlich, 
in dieser gattung besonders häufig, unten 1185ff. und z. Ὁ. in der tei- 
choskopie der Phoenissen. zweimal hat der dochmius die form -- uw, 
deren existenz eine metrik leugnet, welche auf einer sehr kümmerlichen 
statistik und auf dem noch kümmerlicheren glauben fulst, dals was sie 
selten gefunden hat, weil selten, auch falsch wäre. in wahrheit steht 
gleich in der oft wiederholten ersten strophe Pindars Κρόνου παῖδ᾽ 
ἐς ἀφνεὰν ἱχόμενος μάχαιραν Ἱέρωνος ἑστίαν, 8 ὃ + iamb. metron. 
und in der tragödie A. Eum. 791 io μεγάλα τοι κόραι δυστυχεῖς, 
Sieb. 127 σύ τ᾽ ὦ Ζιογενὲς φιλόμαχον σέβας. Eur. L T. 840 πρόσω 
rad ἐπέβα, Bakch. 982 λευρᾶς ἀπὸ πέτρας, Ion 1486 κύκλῳ κρύφεον 
ὠδῖν᾽ ἔτεκες Φοίβῳ u. 8. w. 

8) 1054—-64. iambischer katalektischer tetrameter. die anlautende senkung 
des dritten metrons unterdrückt. 

2 Reizianische kola + iamb. metron = 1050, wenn man sich dazu herbei- 
läfst abzuteilen --u-u | uv-w-u | v-u-; aber es ist schwer, die dak- 
tylen durch den zusammenstols von indifferenten, nur zufällig kurzen 
sylben zu erklären. teilt man ab ---u u | -wu—u- oder -- τυ] 
-us-wu-u-, so ergeben sich glieder wie 1029. 30; man hat nur einen 
daktylischen ausgang zuzugeben, der analogieen hat, vgl. 1196. auch 


220 Commentar. 


wird man sich nicht leicht getrauen, die möglichkeit zu leugnen, dafs 
das ganze eine reibe sei. 

katalektischer iambischer trimeter; μέλαϑρα ist als amphibrachys zu 
messen. — man könnte 1055. 56 vereint ganz anapaestisch lesen (μέλαϑρα 
als tribrachys), allein die anapaeste sind in diesen liedern ersatz der 
dochmien, ertragen also keine katalexe. 

4 dochmische monometer, der erste mit anapaestischem (prokeleusma- 
tischem) anlaut, vgl. zu 878. dafs es monometer sind, zeigt der zweimal 


. zugelassene hiatus. 


4 ὃ. 

4) 1065—71 4 katalektische iambische dimeter. die katalexe malt, wie 
kurz vorher die gelöste synaphie: der sinn zeigt das innehalten und 
unterbrechen. 

Reizianum + glied 1030. 

4 ὁ. 

5) 1072—1080 iambischer pentameter verbunden (wie das proklitische 
οὐ zeigt) mit den beiden gliedern 1029. 30. 

Reizianum -+ adoneus: dieser ist als abschlufs vielen gattungen gemein; 
auch er war volkstümlich und gehört in dieselbe sphaere wie enoplios 
und Reizianum. 

6 ὁ. 

6) 1081—87 iambischer trimeter, nach der analogie der vorigen perioden 
verbunden zu denken mit dem nächsten, enoplios + iambischer kata- 
lektischer trimeter (ἐλεγεῖον). dieses glied im iambelegus schon oben 894, 
unten 1199. hinter zwei Reiziana Hel. 693. 4, hinter dem enoplios 
Hipp. 756. 

4 δ. der vorletzte in anapaestischer form. 

zum abschlufs zwei iambische trimeter. 

Die perioden sind ganz besonders deutlich zu unterscheiden. denn 
auf die erste einführende, welche rein dochmisch ist, folgt in allen die 
verbindung von iamben, enoplischen oder verwandten gliedern, dochmien, 
in dieser reihenfolge. entsprechend ist auch der inhalt gegliedert, so dafs 
dies auf den ersten blick so schwierige lied wol als muster für die analyse 
der verwandten dienen kann und wird. 

Das chorlied gibt die empfindung des chors wieder, der nun so viel 
ruhe hat, dals er reflectiren kann. er versucht vergeblich, sich die tat 
des Her. durch vergleichung mit den gräfslichsten der vergangenheit 
minder schrecklich zu machen. aber kein beispiel der geschichte hilft 
mehr. die form des trostes ist seit Homer (E 382) geläufig, auch im 


Sechste gesangnummer. vers 1016. 221 


drama (A. Choeph. 603 8. Ant. 944). an solche stasima erinnert dies lied, 
und so ist es inhaltlich auch noch ganz antistrophisch-epodisch componirt. 
“a) fürchterlich war die tat der Danaiden, aber dies ist mehr. a) fürchter- 
lich ‘die der Prokne, aber dies ist mehr. b) ich habe keinen genügenden 
ausdruck meiner teilnahme”. dann wird durch das ekkyklema das gräfsliche 
selbst den augen geboten. der chorführer gibt die beschreibung, auch 
diese in ähnlicher disposition: “ a) seht die tür geht auf, a) seht da liegen 
die kinder, b) da schläft der vater gefesselt”. die responsion der gedanken 
hat die metrische responsion überdauer. Amphitryon, der nicht mit 
herausgerollt ist, sondern irgendwoher auftritt, wird mit ein par trimetern 
eingeführt, und der wechselgesang mit den lebhaftesten bewegungen dient 
dazu, durch die widerstreitenden gefühle der fürsorge und der furcht 
unser teilnahmvolles interesse für den moment auf das höchste zu spannen, 
wo Her. erwachen wird. diese scene ebenso wie ihre nachbildungen im 
Orestes und den Trachinierinnen (I s. 153) würden schlechterdings nicht 
darstellbar sein, wenn der chor auf einem etliche fuls tieferen platze 
stünde als die schauspieler. dafs Amph. der doch eigentlich bei Her. 
im hause sein muls, auf die bühne kommt, liegt offenbar daran, dafs 
für ihn auf dem ekkyklema kein platz war. 

1016 Die Danaiden zieht der chor wegen der grolsen zahl der opfer 
heran. der mord eines verhalsten aufgezwungenen gatten ist an sich 
kein exemplarisches verbrechen; die übertragung der höllenstrafe, wasser 
in ein durchlöchertes fals zu tragen, auf die Danaiden, ist erst in dem 
späten Dialoge Axiochos nachweisbar. aber sie ist nicht schlecht. denn 
die wassertragenden seelen, z. b. bei Polygnot, sind die von menschen, 
die vor der ehe gestorben sind; es ist dieselbe symbolik wie in den 
wasserkrügen auf den gräbern von unverheirateten. die ehe ist ein τέλος 
des lebens; προτέλεια sind hochzeitsopfer; darum ist wirklich der vor 
der ehe gestorbene ἀτέλεστος, und seine seele hat keinen frieden, wie 
die βιαεοϑάνατοι, den ihr ein besonderer cult geben muß. ὥρεα heilsen 
die totenopfer: die grabsteine beklagen gar oft die ἄωροι Yavaroı. 
χούρη χεχλήσομαι αἰεὶ ἀντὶ γάμου παρὰ ϑεῶν τοῦτο λαχοῦσ᾽ 
ὄνομα sagt Phrasikleia auf ihrem grabstein (Kaibel Ep. 6). die Danaiden 
haben sich wider die natur vergangen, da sie die ehe verschmähten. so hat 
Aischylos selbst die sage gefalst, ihren sinn (sie sind versiegende quell- 
nymphen) in das menschlichsittliche umdeutend'). 


1) Dümmler, auf dessen schöne Delphika 17 ich noch nachträglich verweisen 
kann, hält die strafe der Danaiden für aischyleisch und gar für ursprünglich. mit 
dem ersten kann er recht haben; das zweite ist nur mit willkürlichen fictionen möglich. 


222 Commentar. 


πέτρα: die burg, Τρωάδος ἀπὸ πέτρας Tr. 522. πέτρα Παλλάδος 
Hipp. 20. der burgberg von Argos beherrscht die ebene noch viel im- 
posanter als der von Athen: Troia bildet die phantasie nach diesen ana- 
logien. — φόνον ἔχει: der berg, auf dem das blut geflossen ist, ist sein 
besitzer. ähnlich A. Pers. 587 Balamis αἱμαχϑεῖσα ἄρουραν ἔχει τὰ 
Περσᾶν. darin ist das verhältnis, wie man es gemeiniglich falst, um- 
gedreht. denn der tote, also auch das blut des gemordeten, besitzt das 
land, wo er liegt. Pind. P. 5, 81 πόλιν, ἔχοντι τὰν... ᾿Αντηνορέδαι. 
A. Ag. 453 ἐχϑρὰ δ᾽ ἔχοντας ἔχρυψεν, Troia die Achaser. sehr hübsch 
der grabstein eines kleruchen, der auf seinem acker in Imbros stand 
(Bull. Corr. Hell. XIII 432) ἐχτήσατ᾽ ἀπέλαυσ᾽ ἐνετάφη κρατεῖ πάλεν. 
hier ist die wendung ohne besondere pointe gewählt, correspondirend mit 
ἔχω 1022. die wiederholung des wortes an gleicher versstelle, wenn 
auch nur um der äußserlichen klangwirkung willen, ist auch ein erbteil 
der älteren antistrophischen poesie. 

1019 Hellas wollte den mord nicht glauben, weil es den Danaostöchtern 
ihn nicht zutrauen konnte. ursprünglich waren die landesnymphen 
natürlich keine verbrecherinnen;; so klingt hier der widerstreit der älteren 
und jüngeren tradition nach. — der genetiv ist ans ende gestellt, um 
das entscheidende wort bis zuletzt zu sparen. 

1021 Es fehlt ein participium passivi im sinne von τὰ εἰργασμένα 
γῦν. der erforderte sinn liegt auf der hand, und nur so wird der dativ 
κόρῳ erklärt. 

1022 Weshalb der mord, den Prokne an ihrem sohne Itys begieng, den 
Musen geopfert heilst, ist unbekannt, denn dafs die nachtigall ihn ewig 
besingt, rechtfertigt den seltsamen ausdruck nicht. die sagenform, die 
Eur. voraussetzt, rührt von Sophokles her, dessen tragödie Tereus (die 
also älter als der Her. ist) den namen Prokne für die früher anders 
benannte nachtigall festgestellt hat. sie hiels meist einfach Aedon, bei 
Homer r 518, Pherekydes, und auch bei dem vasenmaler Panaitios 
(vor 480), Klein, Meistersignaturen 8. 145. ᾿δηδόνη bei Aischylos Hik. 
60 ffg., wo sie neben der Metis, also der schwalbe, steht, die von dem 
attischen königsgeschlechte der Metioniden den namen hat; er kennt auch 
schon Tereus, der in Megara gewohnt haben wird; die sage muls ganz 
anders gelautet haben, als sie uns vertraut ist; Tereus ward zum falken. 
Sophokles versetzte diesen um des königs Teres von Thrakien willen nach 
dem norden und brachte die namen auf. in diesem verglichenen bei- 
spiel stimmt der kindermord, aber Prokne hatte nur einen sohn. 

1024 Der ausdruck ist nicht löblich, weil ee am nächsten liegt, den 


vers 1019 ---1039. 223 


dativ von σύν abhängen zu lassen und zu verstehen “du hast die kinder 
in verbindung mit der Avoodg μοῖρα umgebracht’, wie Guyxaraxreivw 
Or. 1089, συγκατεργάξεσϑαι selbst Or. 33 steht. das gibt keinen sinn. 
also ist συγχατεργάζεσϑαι "mit einander umbringen’ so συγκαταχτείνω 
Lykophr. 738. Avooadı μοίρᾳ aber ist wenig mehr als dıd μανέας. 
Med. 1281 αὐτόχειρε μοίρᾳ: δι᾽ αὐτοχειρίας. 

1025 Die grammatikerüberlieferung hat das gedächtnis an die inter- 
jection £ & verloren, und sehr oft ist die möglichkeit einer entstellung 
aus αἰαῖ (was meist a? αἴ fälschlich geschrieben wird) zuzugeben, manch- 
mal zu erweisen. aber das berechtigt nicht dazu, die existenz von ἔ ἔ 
zu leugnen, welches vielmehr öfter (z. b. Soph. El. 827) durch das vers- 
mals gesichert wird. wo möglich noch sicherer ist es hier, wo es unter 
der corruptel ἐς verborgen ist. 

“Ich weiß nicht mit welchem klagelaut oder ruf oder grabgesang oder 
Hadestanz ich mich äulsern soll’. gesang und tanz treten einfach deshalb 
zu, weil der tragische chor seine gefühle in liedern und tänzen äußert. 
es ist also eine unbefangene durchbrechung der illusion, wie 686. ebenso 
Hik. 74 ἔτ᾽ ὦ ξυναλγηδόνες χορὸν τὸν Aröng σέβει, (geht in einem 
takte den Hades gern hat). vexo@v ἔαχχος Tr. 1230, νόμῳ νερτέρων 
Andr. 1199. in ganz anderem sinne nennt der komiker Phrynichos einen 
schwindsüchtigen musiker Movo®» σχελετός, ἀηδόνων ἠπίαλος, ὕμνος 
“Διδου (inc. 1). 

1029 Die beiden türflügel gehen auseinander und lehnen dann auf den 
beiden seiten; die tür geht nach aufsen auf, wie in Athen gewöhnlich 
war. die tragiker pflegen das aufgehen der tür mit vielen worten zu 
beschreiben, um die zeit zu füllen, während das ekkyklema hervor- 
gerollt wird. 

1035 περί adverbial wie bei Homer, attisch gewöhnlich πέριξ. so 
noch Tr. 818, ἀμφέ Hipp. 770. Thuk. 3, 3 τά τ᾽ ἄλλα (und im übrigen) 
λεμένων περὶ (== πέριξ) τὰ ἡμιτέλεστα φάρξαντες : so ohne änderung 
verständlich. auch im Apollon des Simias (Hermes 25, 437) ist ἐλά- 
τῃσι περὶ χλωρῇσιν ἐρεμνὰς νήσους ganz richtig. 

1086 ἐρεέσματα sind im wortsinne stützen (254), und so liegt der ans 
land gezogene nachen ἐσ ἐρείσμασι (Pseudotheckrit 21, 12). mit einem 
sicher angebundenen schiffe ist Her. wol zu vergleichen (1055), aber es 
ist geziert, deshalb die taue, welche ihn festhalten, stützen zu nennen, 
um so mehr, als zur erklärung die ‘vielen fäden der stricke’ mit ge- 
nannt werden müssen. 

1039 Eben so geziert ist ἄπτερος ὠδὶς τέχνων, mag man nun das ei, 


224 Commentar. 


das noch nicht zum vogel geworden ist, oder den unflüggen vogel darunter 
verstehen. ὠδές bedeutet nun einmal zunächst den schmerz und erst 
praegnant die geburtswehen, welche den vogel nichts angehen. Eur. 
berührt sich hier in der tat mit dem geschmacklosesten griechischen 
dichter, Nikander, der Alexiph. 165 das ei ὀρταλέχων ἁπαλὴν ὠδῖνα 
nennt. Plutarch hat sich durch seine manier möglichst jeden begriff 
durch ein par von synouymen zu bezeichnen verführen lassen von ὕπη- 
veuıoı Aoysiaı καὶ ὠδῖνες der hühner zu reden (de audiend. 3). Eur. 
hat aber wol vielmehr den jungen vogel gemeint, denn seit Homer (πε 216) 
ist dies gleichnis herkömmlich. 

1040 Auch ὑστέρῳ ποδὲ πιχρὰν ἤλυσιν διώκων ist eine überladene 
wendung, nur dadurch erträglich, dals die einzelnen substantive je ihr 
epitheton erhalten. ὕστερον πόδα διώχων, ὑστέραν ἤλυσιν διώχων 
liefs sich eben so gut sagen. ähnlich Hek. 67 βραδύπουν ἥλυσιν ἄρϑρων 
προτιϑεῖσα. — ἤλυσις scheint sprachwidrig, denn das anlautende e 
mülste kurz sein. das episch gedehnte ἠλύσιον πεδίον und ἤλυϑον, 
das nur im indicativ existirt, hat die dichter verführt. — - δεώχω vgl. 
zu 1082. 

1050. Der logik nach mülste das letzte μή final sein, denn sie sollen 
fern bleiben und schweigen, damit sie den schlafenden nicht wecken. aber 
die erregung redet nicht logisch, sondern zieht das, was ihr das wesent- 
lichste ist, in den hauptsatz “ruft nicht, weckt ihn nicht’ — laveı εὔδια καὶ 
ὑπνώδεα. εὔδιος (hier leicht entstellt) ist in der poesie erst bei Alexan- 
drinern, da aber häufig, belegt. offenbar fehlen uns mit der altionischen 
poesie ihre vorbilder. denn ionische prosa hat das schöne dem attischen 
fehlende wort, in dem der stamm, der dem Zeus seinen namen gegeben hat, 
noch seine elementare bedeutung hat. auch den Dorern fehlt es nicht; 
Sophron hat das nomen und davon abgeleitet εὐδεαῖος (Athen. 324°). 
das nomen εὐδέα (ὥρα) haben die tragiker (A. Sieb. 795. E. Andr. 1145, 
beide metaphorisch) von den Ioniern entlehnt. die metapher, in der Eur. 
das wort verwendet, ist in alter zeit so selten, wie uns, die wir von dem 
gesunkenen altertum die serenissimi überkommen haben, geläufig, vgl. 698. 
aber das verbreitete χειμάζεσϑαι, κακῶν τρικυμία, κλύδων u. dgl. be- 
reitete sie vor, und Aristippos (bei Aristokles Euseb. pr. ev. XIV 764®) 
führt das gleichnis breit aus. und Protagoras (consol. ad Apollonium 118°) 
charakterisirt die seelenstärke des Perikles prächtig mit den worten ev- 
δίας εἴχετο. Eur. verwendet so γαληγός (z. Ὁ. LT. 345), und ganz 
ähnlich von dem nach dem sturme des wahnsinns aufgeheiterten sinne 
Or. 279 ἐκ χυμάτων γαλήν᾽ ὁρῶ. — ἰαύειν, das die dichter aus Homer 








vers 1040---1061. 225 


als glosse aufnehmen, bezeichnet nicht das physische πάϑος des schlafes, 
so dals es fast nie mit χαϑεύδειν vertauscht werden kann (ἐννυχίαν 
reowıy laveıy 8. Ai. 1204, δεμνέοις δύστανος ἑαύων E. Phoen. 1538), 
deshalb tritt hier, wo der genufs des tiefen schlafes bezeichnet werden 
soll, ὑπνώδεα hinzu. 

1052 φόνος ἐπαντέλλει, die blutige röte des bodens und der leichen 
geht auf’ vor den augen des trotz der warnung näher tretenden chores, 
wie ein meteor oder ein feuerschein. das ist ein kühner, aber ein dich- 
terisch schöner, weil sinnlicher und deshalb verständlicher ausdruck. 

1053 ἀπολεῖς, ἀττοχτείνεις ue ruft der ungeduldige dem zu, der nicht 
tut was er will. so redet man im leben sehr oft, z. b. Ar. Wesp. 1202. 
Plut. 390, und dasselbe besagt hier der nur durch das tragische compo- 
situm δεολλύναι und die tmesis geadelte ausdruck. 

1054 ἀτρεμαῖος hat Eur. von dem der volkssprache angehörigen 
ἀτρέμα (das auch nur er hat) weitergebildet, wie er solche derivate liebt, 
λεπαῖος ἡσυχαῖος δρομαῖος u. a. es steht noch Or. 147, in der nach- 
bildung dieser scene. auch Thuk. hat ähnliches, 2. b. ἐξαπιναίως. 

1056 ἀπὸ δέ nämlich ὀλεῖ. dafs in der anapher eines verbums nur 
die praeposition wiederholt wird, ist bei Homer und noch bei Herodot so 
gewöhnlich, dafs wol nur zufällig in der tragödie kein weiters beispiel 
dafür zu gebote steht. natürlich war es aber für einen Athener eine 
sprachliche kühnheit, die den ton der rede ebenso zu steigern diente, 
wie im Lyssas trochaeen σπεδαέρω und Οὔλυμπος. demselben zwecke 
dient hier auch die häufige tmesis, vgl. 63. 

1056 ἀράσσω ist der eigentliche ausdruck für “einschlagen” von türen, 
1143, Hek. 1044. ἡ ϑύρη κατήρακται Herodas 2, 43. es ist unerlaubt 
ein minder passendes καταρρῆξαι, wenn es auch angeht (Hek. 1040), 
um des versmalses willen einzudrängen. 

1057 ἀδύνατά μοι ἀτρεμεῖν. 

1059 Amph. geht also ganz sacht an Her. heran; dazu mufs er auf 
das herausgerollte gerüst steigen, das er 1066 verlälst, um sich so zu ver- 
bergen, wie er es 1085 wirklich tut, während ihn hier der chor noch 
zurückruft. die lebhafte action der schauspieler stimmt zu den con- 
trasten der rhythmen. 

1060 hiatus nach va auch in der nachbildung Or. 148. 

1061 “er schläft zwar, aber... das besagt dAduevog, eine aus dem epos 
überkommene hochaltertümliche verwendung des particips: denn die be- 
deutung läfst nur die eine erklärung zu, “etwas wozu man ὄλοιο sagt’. 
es erklärt hier die bedeutung von ἄυπνος, was ja den begriff schlaf 

v. Wilamowitz II. 15 


c 


226 Commentar. 


nach den verschiedensten seiten hin negieren kann. 8. Phil. 848 ist es 
der leise schlaf des kranken, Εἰ. Tro. 1188 (wo es wie hier durch sichere 
verbesserung hergestellt ist), der der wärterin; hier gibt der relativaatz 
die erklärung. Her. schläft zwar sehr fest, aber er röchelt, ala ob der 
wahnsinn in schweren träumen fortwirkte, 1092. 

1064 ψάλλειν und ψαλμός (ebenso Ion 173) palst der wortbedeutung 
nach (von ψῆν wie ἔἕαλλω, besser ἑάλλω, vgl. ἐφιάλτης, von Inu, ἀγάλλω 
von ἄγαμαι, βδύλλω von βδέξομαι) zu der sehne des bogens so gut wie 
zu der der laute, aber es wird nur von dieser gesagt, also hier als 
metapher empfunden. daher hat ein leser die erklärung τοξεύσας zu- 
geschrieben. 

1068 Was in dem unterbrochenen satze folgen sollte, ist nicht zu raten. 

1069 παλίντροπος στρέφεται gehört zusammen; das sieht Amph. 
und vermutet fälschlich, dafs Her. es ἐξεγειρόμενος täte. Eur. wechselt 
mit den compositis, hier &5ey., 1055 avey., 1083 ἐπεγ. das darf die 
conjectur nicht stören um das metrum bequemer zu machen. 

1070 Er will an die wand treten, wo Her., der ja eigentlich im hause 
zu denken ist, ihn nicht sehen kann. 

1071 ἔχει: κατέχει, daher der dativ neben βλέφαρα statt des pro- 
eaischen genetivs. 

1072 ὁρᾶτε "seht euch vor’. so steht gewöhnlich ὅρα μή. Α. ΟἿ, 924 
ὅρα, φύλαξαι. 

1074 Die drei glieder sind alle von εἰ abhängig, stehen also correlat, 
wie sie denn dasselbe von verschiedenen seiten aus bezeichnen. die apo- 
dosis fehlt, weil sie sich von selbst versteht, δεενότατον ἔσται. Phoen. 
1684 ἀλλ᾽ εἰ γαμοίμην, σὺ δὲ μόνος φεύγοις, πάτερ. Ion 961 εἰ 
παῖδα γ᾽ εἶδες. in demselben sinne hätte Eur. auch sagen können 
τί δ᾽ εἴ us xavei, wie Phoen. 732 τέ δ᾽ ei καϑεσπεύσαεμεν Apyslor 
στρατόν. 

1076 Ἐρινύες und αἴμα σύγγονον (wie αἷμα κοινόν 831) sind identisch, 
denn die Ἐρινύες σύγγονοι (A. Ag. 1190) rächen das vergossene ver- 
wandtenblut, mag es von ascendenten oder descendenten stammen. sachlich 
ist der ausdruck also correct, aber die sprache verlangt, dals die oorrelation 
durch die wiederholung desselben wortes deutlich gemacht sei, wie im 
vorigen verse: der ausdruck verdient also tadel. 

1078 Die “blutschuld’ ποινή, vom selben stamme wie τένω, welche 
durch den rächer eingetrieben wird, führt dazu, dafs man geradezu φόνον 
πράσσειν sagt (A. Eum. 624); die person, für welche Amph. πράχξωρ 
ist, kann dabei nur im dativ correct bezeichnet werden. Amph. zog gegen 


vers 1064—1082. 227 


Taphos um die ermordung der söhne des Elektryon, der brüder der 
Alkmene, zu rächen. dies allgemeine ist allbekannt, weil die erzählungen 
der hesiodischen Eoeen am anfang des Heraklesschildes erhalten sind; 
die mythographen der alten zeit, von denen wir hier manches wissen, 
weichen in bedeutenden einzelheiten ab (Lütke Pherecydea 51 -- 56). 
aber diese allgemeinheit erklärt die vorliegende stelle nicht ganz. nach 
der eroberung von Taphos, als er den mord seiner schwäger rächen wollte, 
hätte Amph. sterben sollen: also hatte er ihn durch die zerstörung noch ° 
nicht gerächt. das fordert den zug der sage anzunehmen, dals er erst 
nach dem sturme die oder den mörder erschlug. die genauere erzählung 
jenes zuges ist nun durch eine jüngere wendung für uns verdunkelt, indem 
die alte geschichte von Nisos und Skylla auf den Taphierkönig Pterelaos 
und seine tochter Komaitho übertragen ist (Lykophron 943 ff. mit schol., 
Apollodor bibl. II 60); davon ist hier abzusehen. nun gibt aber der 
plautinische Amphitruo als die haupttat des Amphitryon an, dafs er den 
Pterelaos erschlägt, und so wird man für die von Eur. vorausgesetzte sage, 
die also in Athen bekannt war, einen zweikampf nach dem sturme an- 
setzen dürfen. das original des plautinischen stückes hatte zwar die 
details frei umgestaltet, und gerade die schlacht wird mit grolser anschau- 
lichkeit so erzählt, dals sie eine feldschlacht der diadochenzeit wird, welche 
nach Alexanders vorbild ein cavallerieangriff auf dem rechten flügel unter 
persönlicher führung Amphitryons entscheidet (wodurch für das stück ein 
terminus post quem gegeben ist): aber die ganze komödie hatte nur auf 
dem hintergrund der bekanntesten sage sinn, und selbst ein scheinbar 
so äulfserliches πιοῦν wie der becher, den Zeus der Alkmene gibt, gehört 
der echtesten sage an (I s. 54. anm. 34). da nun Euripides selbst die 
erzeugung des Her. in seiner Alkmene behandelt hatte, so liegt weitaus 
am nächsten anzunehmen, dafs er hier mit seiner eigenen darstellung 
stimmt, welche andererseits auch für das original des Amphitruo male- 
gebend geworden ist. doch wird der zweikampf mit Pterelaos zu dem 
urbestande dieser sage gerechnet werden dürfen. 

1082 δεώκω gehört zu dem homerischen δέω δέδμαε; unaufgeklärt ist 
das wie, und fraglich auch das verhältnis zu διωχή bei Homer und 
Fıdne neben φεύγε auf einer korinthischen schale, Gött. Dial. Inschr. 
3133. “verfolgen, in die flucht jagen’ ist nicht die ursprüngliche be- 
deutung, wenn sie auch später ausschliefslich gilt und selbst hier die 
zusammenstellung von διώχετε φεύγετε zur folge gehabt hat, die doch 
rein äufßserlich ist. die grundbedeutung mufs vielmehr sein in rasche 
bewegung setzen’. so hat es häufig ein concretes object, γῆα ἅρμα 

15* 


228 Commenter. ς 


βέλος, ποδῶν χνόας A. Sieb. 371, πόδα E. Or. 1344, aber auch ein 
abstractes, nämlich die durch das dıwxeıv bewirkte handlung, so hier 
φυγάν, 1041 ἤλυσιν, Andromeda 114 ἔππευμα. A. Sieb. 90 scheint 
zu schreiben zu sein διώχων βοὰν ὑπὲρ τειχέων u. 8. w. Soph. schon 
hat diesen gebrauch nicht mehr. seltsam lebt er wieder auf in ἐργο- 
διώκτης, wie in dem ptolemäischen Aegypten (Flinders Petrie Pap. H p. 6) 
und daher bei den LXX der aufseher frohndender arbeiter heifst, δὲ 
διώχει τὴν ἐργασίαν. 

μάργος vom wahnsinnigen auch A. Prom. 884, wie oben 1005 μαρ- 
γᾶν u.ö. eigentlich liegt darin wüste gier nach sinnlichen genüssen. 
den übergang in den begriff, der hier vorliegt, verdeutlicht es, dafs z. Ὁ. 
die nach menschenblut lüsternen Erinyen so heilsen A. Eum. 67. das 
wort hat im jüngeren epos bedeutet, was im attischen μωρός ist, dumm 
bis zum blödsinn, so μαργέίτης, und ἀχρατής ins besondere gegenüber 
sinnlichen genüssen (was μωρός und μωρέα im drama meist ist), z. ὃ. 
γαστὴρ μάργη Hom. σ 62 (später γαστριμαργία), Theogn. 581 Herod. 
VI 75. so falst Apollonios III 120, den μάργος Ἔρως “gierig’ in diesem 
falle nach spielgewinn, den er von Alkman 38 nimmt, bei welchem es 
jedoch nicht so stark gemeint ist, u. Ἔρως οἷα παῖς παίζει, also einem 
γήπιος ähnlich. die entwickelung des begriffes nach der seite des wahn- 
sinns ist in wagyalveıy ἐπὶ ϑεοῖσε vorgebildet, was Ares E 882 von 
Diomedes sagt, der seine wilde kriegslust an göttern selbst betätigt, gehört 
aber sonst der tragödie an. 

Das was eintreten muls, wenn sie dem befehle nicht folgen, wird durch 
einen satz mit ἢ wie 1055 angeschlossen : ohne diese verbindung würde die 
verkehrtheit entstehen, dafs Her. trotz ihrer flucht sie doch morden würde. 

1087 τὸν σόν hat den ton, da es nachsteht. “deinen eigenen sohn’. 
καχῶν πέλαγος “die see von plagen’ Hamlet im selbstmordmonolog. 
Griechen und Engländer sind seevölker, und daher sind ihnen metaphern 
aus ihrem reiche, die uns landratten etwas ausgezeichnetes und seltenes 
sind, ganz abgegriffen, und sie merken sie kaum. πέλαγος ist nicht viel 
mehr als πλῆϑος. ausgeführt zu einem wirklichen gleichnis Hipp. 822. 
— mit diesen nichts sagenden worten begleitet der chor seine bewegung: 
denn sie gehen wirklich auf die seite, in eine der εἴσοδοι, und treten 
erst 1109. 10 mit Amphitryon vor. 


Siebenter auftritt. Exodos. 


In die trimeter ist der kurze bühnengesang 1178—1212 eingelegt; 
das auftreten einer neuen person ist nicht mehr zu der abgrenzung einer 








vers 1089---1094. 229 


neuen scene verwandt, wie das in der ältesten zeit bühnenpraxis ge- 
wesen war. 

Her. erwacht, gewinnt aber erst allmählich seine körperlichen und 
geistigen functionen, und selbst das bewulstsein dämmert nur allmählich 
auf. das gedächtnis an alles, was er nicht nur während des wahnsinns 
sondern auch zuletzt davor erlebt hat, ist ihm zunächst noch ganz ent- 
schwunden. noch wiegt die körperliche affeetion vor. der atem geht 
rasch. er kann nur kurze abgerissene sätze vorbringen ; verweilt aber bei 
den einzelnen gedanken und bildern, weil er noch langsam denkt und 
sich das einzelne erst wieder klar machen mufs. μέν 1089 erhält kein 
entsprechendes glied. dafür tritt der ausruf der verwunderung über sein 
befinden ein 1091. und auch davon springt er ab, als er seine fesseln 
beinerkt. 

1089 δέδορχ᾽ ἅπερ μὲ dei: ich sehe die dinge in ihrem richtigen 
lichte, mein auge deckt kein nebel. auch Agaue sagt, als sie aus dem 
wahnsinn zur besinnung erwacht, dafs sie das himmelslicht plötzlich rein 
und hell sähe, Bakch. 1267. metaphorisch für “die dinge im rechten 
licht sehen’ Ion 558. Her. täuscht sich im ersten augenblick: das ge- 
steht der letzte vers seiner rede ein. 

1090 τόξα ἡλίου: ϑερμὰ ἡλίου τοξεύματα adesp. 546, 8 (euri- 
pideisch,. Ἥλιος χρυσέᾳ βάλλων φλογί Phaeth. 771, ἄστρων βέλος 
Hipp. 531, πάγων δύσομβρα βέλη Boph. Ant. 356. ja sogar τόξοις 
ἀμπελίνοις δαμέντες “berauscht’ Pindar fgm. 218. für seine sprache 
noch weit kühner nennt Lucrez die sonnenstralen lucida tela diei. die 
verbreitung der metapher (italienisch lo strale der pfeil) zeigt, dals an 
den gott Helios nicht zu denken ist. dieser führt auch niemals einen 
bogen, und diese metapher kann ihn so wenig wie die pindarische den 
weinstock zu einem schützen machen. Apollon, der bogenschütze, hat 
mit Helios so wenig zu tun wie mit der sonne oder dem feuer. 

1091 χλύδωνε καὶ φρενῶν ταράγματι: φρενῶν gehört zu beiden 
substantiven, eine sehr seltene form des ἀπὸ κοινοῦ. doch ganz analog 
A, Prom. 1015 χειμὼν καὶ καχῶν τριχυμία. ὡς gehört zum ganzen 
satze, keinesweges zu δεινῷ, wie die wortstellung zeigt. 

1094 Er ist an die säule gebunden, wie ein schiff im hafen an die 
dafür bestimmten, im Peiraieus zum teil noch erhaltenen pfeiler des boll- 
werks. dasselbe bild braucht Prometheus im eingang des λυόμενος nach 
Ciceros übersetzung aspicite religatum asperis vinctumque saxis, navem 
ut horrisono freto noctem paventes timidi adnectunt navitae (fgm. 193). 
Ar. Thesm. 1106 gebraucht dieselben worte wie Eur. hier, vermutlich 








230 Commentar. 


nach einer parallelstelle der Andromeda, vgl. Is. 137. “hilflos wie ein 
ruderloses boot in der brandung” Androm. 854, vgl. Pindar Pyth. 4, 40. 
“γαῦς ὅπως mit vollen segeln ins verderben fahren” Hek. 1081 
u. dgl. m. 

1096 Die periphrase zeigt, dafs Her. nicht einmal den hof seines 
eigenen hauses erkennt. auch die leichen erkennt er nicht nur nicht, 
er fragt auch gar nicht, wer sie wol sein mögen; die nachbarschaft von 
leichen ist ihm eben nichts befremdliches. aber um sein treues gewaffen 
sorgt er sich, denn dafs das so unordentlich herumliegt, ist etwas aulser- 
ordentliches. — ἔγχος vgl. zu 1003. 

1099 Während die homerischen helden als einzelne fechten und des- 
halb so grolse schilde tragen, dafs sie sich ganz mit ihnen decken können 
(die Dipylonvasen zeigen sie), ist seit dem aufkommen der dorischen ge- 
schlossenen schlachtreihe der mann für seine rechte, die “speerseite’, auf 
den schutz durch den schild des rechten nebenmannes, des παρασπιστής, 
angewiesen. Her. überträgt dies verhältnis äufserst kühn auf seine an- 
griffswaffen, die “guten kameraden’, die ihm den feind vom leibe hielten. 
diese personification bereitet den conflict 1377 vor. 

1102 Die furcht, der dienstbarkeit noch nicht quitt zu sein, stellt eich 
sofort ein, das widerspiel zu dem übermut des wahnsinns. dafs er aus 
der unterwelt einmal zurückgekehrt war, weils er noch; wenn er also 
jetzt wieder unten wäre, so hätte er einen δέαυλος gelaufen vgl 662. 
den Hades, unde negant redire quemquam, wohin die ἀνόστιμος κέλευϑος 
431 führt, hat Eur. für uns zuerst ἀδέαυλος genannt fgm. 868. spätere 
haben das vielfach nachgeahmt, — von χατῆλθϑον kann δέαυλον nicht 
abhängen, denn man kehrt nur zum ausgangspunkte zurück. Her. aber 
denkt sich, er sei auf einen δέαυλος geschickt wie Schillers Taucher. 
folglich braucht man ein particip, und das war schwerlich ein anderes 
als δραμών. das überlieferte μολών palst zu schlecht zu δέαυλον und 
hat hinter einem notorisch eingeschwärzten worte zu geringe gewähr. 

1103 οὔτε — οὐ verbindet die zwei glieder wie μήτε μή oben 643. 
das zweite ist aber selbst zweigeteilt, δώματα καὶ σχῆπερα, für die 
positive copula mufs also die durch οὐ bestimmte negative οὐδέ ein- 
treten. — οὐ δώματ᾽ οὐδὲ σχῆπερα ist ein begriff, herrscherhaus; zuerst 
steht das sinnliche, der palast Persephones, der den mittelpunkt des Hiades 
bildet (wie es z. b. auf der bühne der aristophanischen Frösche und den 
apulischen unterweltsvasen ist), dann σχῆπττρα, was nicht sinnlich ge- 
nommen werden kann. ähnliches hendiadyoin Soph. OT. 236 γῆς χράτος 
χαὶ ϑρόνους νέμω. überliefert ist Πλούτωνά τ᾽ οὐδὲ σχῇπερα I. x. 











vers 1096---1106. 281 


aber darin ist die copula nicht zu verstehen, und den anblick des Pluton 
selber kann Her. so wenig wie den des scepters der Persephone erwarten. 

1105 “Welches ist der ort, wo ich ἀμήχανος bin?” der χαλλένεχος 
empfindet ein ganz fremdes gefühl, er weils sich nicht aus noch ein und 
sieht sich also auf fremde hilfe angewiesen. in unbekannter gegend ist 
er oft genug gewesen; die frage nach dem orte hat also nur in soweit 
eine bedeutung, als es ein ganz besonderer ort sein muls, der Her. rat- 
loser macht als selbst die hölle. das pathologische symptom des wahn- 
sions ist von dem dichter zugleich als psychologisches verwandt. 

1106 “Wer kann mich belehren, sei er nah oder fern’. wer fern ist 
kann es nicht: so kann der pedant erwidern. es ist aber gesagt ent- 
sprechend einem weit reichenden gebrauche der griechischen sprache, die 
im streben nach fülle und anschaulichkeit einen allgemeinen begriff in 
irgend einer disjunctiven form ausspricht, um seine ganz uneingeschränkte 
geltung zu bezeichnen und dabei über den kreis des wirklich denkbaren 
häufig hinausgeht. Soph. Ant. 1108 ὀπάονες ol τ᾿ ὄντες ol τ᾽ ἀπόντες 
"kommt alle’. Eur. El 564 τί τῶν ἀπόντων ἢ τί τῶν ὄντων πέρι 
‘worüber in aller welt’. hier ist die stimmung, aus der geredet wird, 
unwillige verwunderung über eine befremdliche zumutung. Aristoph. 
Plat. 420 τόλμημα τολμᾶτον οἷον οὐδεὶς πώποτε οὔτε ϑεὸς οὔτ᾽ 
ἄνϑρωτσεος, Frö. 486 ὦ δειλότατε ϑεῶν σὺ χἀνϑρώπων : das erste an 
einen menschen, das zweite an einen gott gerichtet. Homer Hermeshymn. 
525 μή τινα φίλτερον ἄλλον ἐν ἀϑανάτοισι γενέσϑαε μήτε ϑεὸν μήτ᾽ 
ἄνδρα Aıös γόνον. Herakleitos 20 κόσμον τόνδε... οὔτε τις ϑεῶν 
οὔτς ἀνθρώπων ἐποίησεν. auch πατὴρ ἄνδρων τὲ ϑεῶν τε, ϑεῶν 
τύραννος κἀνθρώπων will nicht diese beiden kategorien zusammen- 
zählen, sondern ist “allvater’ “herrscher des weltalls’: gerade des Eros 
macht, dem die anrufung gilt (Eur. Andromed. 136) ist in allen ge- 
schlechtern der tiere zu spüren und wird so durch die reiche der welt 
in analoger weise bezeichnet (Hipp. 447. 1277). wenn also Xenophanes 
sagt εἷς ϑεὸς ἔν τε ϑεοῖσι καὶ ἀνϑρώποισι μέγιστος, 80 ist es un- 
kenntnis der sprache, wenn man darin einen widerspruch zu seinem 
monotheismus sucht; sagt doch der Jude Philon zu seinem gotte ὦ uE- 
γιστε βασιλεῦ ϑνητῶν καὶ dIavarwy. die sprache geht nun noch 
weiter und greift nach noch befremdlicherem, weil sich diese wendung 
abgenutzt hat. Eur. Hel. 1137 ὅτε ϑεὸς ἢ μὴ ϑεὸς ἢ τὸ μέσον. 
LT. 896 τές ἄρ᾽ οὖν ϑεὸς ἢ μὴ ϑεὸς ἤ τι τῶν ἀδοχήτων (etwas 
unvorstellbares), Aisch. Sieb, 197 ἀνὴρ γυνή τε χῶτι τῶν μεταίχμιον. 
Hesiod Erg. 3 (danach Timon v. Phleius 32) ἄνδρων ἄφατοι ve φατοί 





232 Commentar. 


te ῥητοί τ᾽ ἄρρητοί τε. man gliedert aber auch die summe aler 
menschen anders, freund und feind, alt und jung, grofs und klein, 
Plat. Protag. 316° οἰχείων xal ὀθνείων, πρεσβυτέρων καὶ γειτέ- 
ρων. Homer 2 202 ἐπ᾽ ἀνθρώπους ξείνους ἠδ᾽ οἷσι ἀνάσσεις. 
A. Ag. 358 ὡς μήτε μέγαν μήτ᾽ οὖν νεαρῶν τινα das netz 
überspringe. Soph. O.K. 702 τὰν οὔτις οὔτε νεαρὸς οὔτε γήρᾳ ση- 
μαένων, wo man in verkennung des sprachgebrauches von versteckten 
anspielungen gefabelt oder geändert hat. Ps. Lysias (Meletos) 6, 32 οὔτε 
πρεσβύτερον ὄντα οὔτε νεώτερον. überaus oft wird so "bei freund 
und feind’ für überall gesagt. aber eben so passend ist “weder sclave 
noch freier’ Thuk. II 78, wo wieder nur moderne unkenntnis den sclaven 
als solchen nachfragt, die in wahrheit nicht vorhanden waren. und so 
reicht derselbe gebrauch immer weiter. Ps. Demosthen. 33, 13 ἐμοὶ μὲν 
οὔτε μεῖζον οὔτ᾽ ἔλαττον πρὸς αὐτὸν συμβόλαιον γέγονεν. Plat. 
Phileb. 66" πάντη φήσεις, Und τε ἀγγέλων πέμπων καὶ παροῦσι 
φράζων: den ἀπόντες und ὄντες verkündigend. Antiph. tetr. II βὶ θ οἱ 
τε ἐχούσιόν τι δρῶντες ἢ πάσχοντες, wo an ein freiwilliges erleiden’ 
als solches nicht gedacht werden kann noch soll. E. Bakch. 801 οὔτε 
πάσχων οὔτε δρῶν, “auf keine weise”. Alkman im partheneion οὔτ᾽ 
ἐπαινῆν οὔτε μωμῆσϑαι ἐῇ, wo an einen tadel ebenso wenig gedacht 
ist, sondern der begriff μνήμην ποιεῖσθαι erschöpft werden soll. 
A. Choeph. 154 πρὸς ἔρυμα τόδε κεδνῶν καχῶν: im glücke braucht 
man keinen schutz. Bakch. 326 οὔτε φαρμάχοις ἄχη λάβοις ἄν οὔτ᾽ 
ἄνευ τούτων νόσου. Pindar Nem. 6, 6 ἐφαμερίαν οὐκ εἰδότες οὐδὲ 
μετὰ νύχτα (so für γύχτας zu schreiben) ἄμμε πότμος olav τιν᾽ 
ἔγραψε δραμεῖν ποτὶ στάϑμαν. ob wir das bestimmte ziel bei tag oder 
nacht erreichen, ist gleichgiltig: der dichter will nur einschärfen, dal 
wir nicht wissen, wann. 

1108 “Denn ich habe keine klare vorstellung von allem mir sonst ge 
wohnten’. τὰ εἰωθότα ist so im 5. jhdt. gewöhnlich. Ar. Frö. 1 
εἴπω τι τῶν εἰωϑότων. Thuk. 3, 38 δοῦλοι τῶν del ἀτόπων, Ureo- 
inter τῶν εἰωϑότων. Her. bezeichnet seine ἀμηχανία ganz ähnlich 
wie der mediciner seinen zustand schildern würde die schrift περὶ 
ἱερῆς νούσου 17 nennt dies symptom des wahnsinns ἀγνωσίη τῶν 
χαϑεστεώτων καὶ ἀηϑίη καὶ ἀπειρίη. 

1109. 10 Diese verse dienen nur dazu, dem schauspieler und dem 
chore die weisung für ihr spiel zu geben; sie treten aus dem verstecke 
(des εἴσοδος) hervor, in das sie 1085 getreten sind; nur Amph. komm! 
dem Her. zu gesicht. 








vers 1108---1118. 238 


1111 σύν in der composition des ἅπαξ εἰρημένον συναμπίέσχειν wie 
in συγχαλύπτειν durch das zusammenlegen oder schlagen der hülle 
motivirt, also im wesentlichen nur verstärkend. συναμπέχειν = συγχρυ- 
πετόμενον ἔχειν A. Prom. 521. 

κόρη braucht Eur. ohne jede nuance der bedeutung für ὀφϑαλμός. 
den kosenamen für den augapfel haben die Athener aufgebracht, die 
Römer haben ihn übersetzt und die modernen sprachen verwenden das 
lateinische lehnwort ohne empfindung seiner bedeutung. die Ionier hatten 
ein eigenes bezeichnendes wort, yAriyn, besessen. 

1113 Amph, verleugnet den sohn auch da nicht, wo der himmlische 
vater ihn vergessen hat, 1086. 

γάρ begründet nicht die anrede ὦ τέχνον, sondern die begleitende 
handlung, dafs nämlich der vater aus liebe sich an den sohn heranwagt, 
trotz der gefahr, dafs die tobsucht wieder hervorbreche, welche sein leben 
schon einmal bedroht hat, 

1114 H. verwundert sich darüber, dafs er die ursache für Amph. tränen 
sein soll. also hat ἐγώ den ton, und kann τὸ nicht interrogativ sein. 
οὗ δαχρύεις zeigt den genetiv, der in der poesie häufig ist, in der prosa 
eine stütze, περί ἕνεκα χάριν, erhält. es könnte eben so gut auch der 
dativ stehen, der in prosa meist durch ἐστέ gestützt wird (ursprünglich 
locativ), und endlich auch der accusativ, ὃ daxgveıg, der einfache objects- 
casus. da οὗ das am meisten poetische ist, so ist nicht zu bezweifeln, 
dafs die überlieferung sich für die richtige deutung des zeichens ὁ ent- 
schieden hat, das Eur. allein gebraucht hatte, ohne zwischen genetiv und 
accusativ unterscheiden zu können. 

1115 ‘Freilich weine ich um dich; aber an dem vater ist das nicht 
wunderbar. selbst ein gott würde weinen, wenn er davon erführe: so 
großs ist das unheil’. EI. 1327 δεινὸν τόδ᾽ ἐγηρύσω καὶ ϑεοῖσι 
κλύειν. 

1116 τύχη = ὅ τι μοι συντετύχηχε»ς. 

1118 ὑπογράφειν und ohne fühlbare nuance des sinnes das medium 
bedeutet “vorzeichnen, den rifs machen’, dazu gehören als nomina Urvo- 
γραφή und ὑπογραφεύς. ein schlagendes zeugnis älterer zeit Isokrat, 
5, 85 ὑπογράψειν οἶμαι χαριέντως τοῖς ἐξεργάζεσθαε καὶ διαπονεῖν 
δυναμένοις. davon gehen zwei wege der entwickelung. einmal gibt die 
vorzeichnung das wesentlichste, so dals ὑπογράφειν einem ὁρέζεεν ähn- 
lich wird, seit Aristoteles in der philosophischen sprache häufig, z. b. bei 
Sext. Emp., der den sprachschatz seiner quellen (ἃ. ἢ. der jahrhunderte 2. 1 
v. Chr.) bewahrt. andererseits ist die skizze nichts als eine andeutung, 


294 Commentar. 


entbehrt des abgeschlossenen und entschiedenen. Plat. Ges. 737° σχή- 
ματος Evera καὶ ὑπογραφῆς. und so setzt die stoische logik einen 
scharfen unterschied zwischen ὅρος und ὑπογραφή fest. Diogenes VI 
60, Galen V 811, schol. Dionys. Thrac. II 660 Bekk. aufserhalb der 
wissenschaftlichen rede ist das wort nur in wenigen wendungen gewöhn- 
lich. ὑπογράφεσϑαι ἐλπέδα, spem sibi formare, stehend bei Polybios 
und seinen stilgenossen. ὑπογραφή, in der technischen sprache der bau- 
kunst “der grundrißs’, wird schließlich ganz zu unserer “andeutung 
ὑπογραφαὶ καὶ παιδιαέ Herodian IV 9, 2. das scheint freilich ein 
ziemlich so vereinzelter beleg wie die vorliegende stelle. am ehesten 
versteht man sie durch die analogie sixaleıy, das im attischen nicht 
nur jedes urteilen χατὰ τὸ eixdg bedeutet, sondern geradezu verspotten, 
d. h. eine karikirende ähnlichkeit angeben. 1120 lehrt deutlich, wie 
ὑπογράφειν aufzufassen ist. Her. sagt also, eloquere si novam forman 
υἱέας meae adumbras, el τὸν ἐμὸν βίον καινῷ τινε δἐκάζεις, "wenn 
du meinem lebensplane neue richtungslinien ziehst’, nur daß wir dies 
von der zukunft verstehen würden, während das griechische von der 
vergangenheit gilt, also würde “wenn du für mein leben einen neuen 
augenpunkt hast”, eher entsprechen. auf den singulären ausdruck ist 
Eur. wol gekommen, weil er eine parallele zu ἠνέξω 1120 suchte. denn 
πάλεν dort lehrt, dafs jener vers diesen genau so aufnimmt, wie el 
βεβαίως sd φρονεῖς ἤδη 1121 das ei φρονεῖς ἤδη 1117. diese beob- 
achtung und der offenbare zusammenhang von βάχχος 1119 und βαχ- 
χεύσας φρένας 1122 lehrt die richtige anordnung der verse, die in der 
überlieferung durch vertauschung von 1121 und 1119 gestört ist; aber 
nur in diesem einen punkte, 

1119 “LHıdov βάχχαι nennt Polymestor (Hek. 1077) die rasenden 
weiber, die seine kinder getötet haben. ähnliche ausdrücke gibt es viel; 
hier legten sie die weit kühneren bilder des liedes 891 nahe. 

1122 φρένας ist zugefügt, weil βακχεύειν (ἃ. h. βάχχον εἶναι) allein 
nicht den wahnsinn bezeichnen kann. 

1123 Mit diesem verse löst Amph. die fesseln. der dichter läfst ihn 
spreehen, um die scenische anweisung zu geben. 

1126 γάρ zeigt, dal Her. einen gedanken unterdrückt, d. h. dal ihm 
die erinnerung an eine furchtbare tat aufdämmert. ἄλλο τι ἢ τοιοῦτόν 
ἐστιν, ὅπερ εὐφημοῦντα οὐχ ἔστι δηλῶσαι; — die spätere prosa, die 
dem grammatischen subjecte den vorzug gibt, würde nicht μαϑεῖν sagen, 
sondern δηλῶσαι, aber die poesie läfst wie die lebendige rede das per- 
sönliche subject, den redenden, vorwiegen. so Ai. 1046 ὁρῶ᾽ μαϑεῖν 








vers 1119—1131. 235 


γὰρ ἐγγὺς ὧν οὐ δυσπετής. ähnlich ὡς ὁρᾶν ἐφαένετο oben 1002 
und sehr oft. 

1127 Der attische zuschauer hört den anklang an O 4 ἔγρετο δὲ Ζεὺς 

. παρὰ χρυσοϑρόνου Ἥρης, denn ohne dieses vorbild würde Eur. 
schwerlich ϑρόνων, keinesfalls παρὰ (für ἀπό) gesagt haben. Amph. 
deutet also an, dals Zeus sich von Hera wieder einmal hat berücken lassen 
und nun erwachen und seinem sohne helfen soll, und er gibt zugleich 
dem Her. durch die nennung seiner feindin eine andeutung, worauf er 
sich gefalst zu machen hat, 

1129 Das δοῦν περιστέλλειν wird ganz gewöhnlich von der ursprüng- 
lichen bedeutung “bekleiden’ zu der ‘vorsorglich pflegen’ erweitert. hier 
fordert das medium die eigentliche bedeutung tibi tua mala indue, suche 
nicht in Hera ein πρόσχημα. 

1130 Her. kann nun sicher erkennen, dafs er etwas verbrochen hat. 
daher der ruf des entsetzens, ἀπωλόμεσϑα. aber er will nicht das gräfs- 
liche selbst aussprechen, und selbst die eigene ahnung hält er zurück. 
daher sagt er nicht συμφορὰν λέξεις ἄλαστον, sondern das ganz farb- 
lose rıya, wie man τὶς sagt, wo man einen bestimmten namen ge- 
flissentlich verschweigt, 748. τίνα interrogativ zu fassen geht wegen 
ἀπωλόμεσϑα nicht an. 

1131 In ἐδού voilä ist der verbalbegriff so verblafst, dafs die 
aufforderung hinzusehen daneben ausdrücklich hervorgehoben werden 
mußs, selbst durch ein anderes verbum, Ion 190 ἐδοὺ τάνδ᾽ ἄϑρη- 
σον; Ar. Ach. 366 idod ϑεᾶσθϑε τὸ μὲν ἐπέξηνον τοδέ; 8. Tr. 
1079 u. ö. die grammatiker haben sich das mülsige vergnügen ge- 
macht, dies ἐδού durch den accent von dem imperativ ἐδοῦ zu unter- 
scheiden, dieselbe torheit, welche im deutschen wider und wieder er- 
funden hat. 

πεσήματα “leichen’ ebenso Phoen. 1701, kurz vorher 1697 πτῶμα 
im selben sinne. das ist bei den anderen Attikern ungewöhnlich und 
demgemäfs auch bei den atticisten, aber es herrscht in der xoıy7) in 
breitester ausdehnung. nur ein beispiel, wo es verkannt ist; in einem 
beschlufs der makedonischen stadt Lete wird erzählt, wie ein römischer 
propraetor Sex. Pompeius in einer schlacht fällt, aber sein quaestor 
M. Amnius treibt die feinde zurück xal τοῦ πτώματος ἐχράτησεν, d.h. 
der leiche des Pompeius (Dittenberger syll. 247, 18). Κόδρου πέσημα 
ebenso auf einer attischen inschrift (Kaibel epigr. 1083). in anderem 
sinne, aber ebenso abstractum pro concreto heilst das vom himmel ge- 
fallene Artemisbild οὐρανοῦ πέσημα I. T. 1384. 


286 Commentar. 


1133 πόλεμος “kampf” in homerischer bedeutung. er ist ἀπόλεμος" 
οὐ γὰρ δορός γε παῖδες ἵστανται πέλας 1176. das oxymoron hat 
schon A, Prom. 904, als kampf, der in folge der ungleichheit der kräfte 
keiner ist. 

1136 τέ δράσας = τέ παϑών 540. 

1137 Der zweite satz wendet sich gegen den vorwurf des χαχαγγελεῖν. 
ἑρμηνεύειν mit seinen ableitungen ist ein lieblingewort des Eur. 

1139 In schauerlichem widerspiele nimmt der dichter die prahlerischen 
worte des Her. 938 wieder auf. ähnliches kunstmittel 1004: schwerlich 
gibt es einen dichter, der sich desselben lieber bedient als Eur. man 
merkt die liebe des künstlers zu seinem werke: freilich bemerkt so etwas 
nur der, welcher gleiche liebe mitbringt. 

1140 Die wolke ist für das hellenische empfinden zunächst die trägerin 
der finsternis. νέφος oxdrov unten 1216, Hipp. 192, Soph. OT. 1313. 
der zweite Clemensbrief schildert im anfang den zustand der menschen vor 
der bekehrung ἀμαύρωσιν περιχείμενοι nal τοιαύτης ἀχλύος γέμοντες 
ἐν τῇ ὁράσει ἀνεβλέψαμεν, ἀποϑέμενοι ἐκεῖνο ὃ περιεχείμεϑα γέφος: 
es ist das eine rede, welche hohe stilistische aspirationen hat. daher nun 
nennt das epos den tod, der finsternis bringt, νέφος Savarov, und 80 
erklären sich composita wie χελαινεφὲς αἷμα, die den grammatikern rätzel 
blieben: νέφος verstärkt den begriff des dunkels; aber man empfindet 
in diesem dunkel die wolke des todes. aber die schwarze wolke ist die 
sturm- und gewitterwolke, aus der regen und schnee, schlofsen und blitze 
niederfahren. daher πτολέμοιο νέφος (schon P 243) mit seinen χάλαξαι 
γιφάδες u. dgl. ebenso wie δορὸς χειμών (8. Ant. 670) gewöhnlich 
wird. Pindar z. b. führt das ins einzelne aus (Isthm. 6, 27 Nem. 9, 38, der 
hagel der geschosse oben zu v. 164), derselbe nennt einmal in absurder 
weise den Amphiaraos πολέμοιο νέφος (N. 10, 9): aber da ist er be 
rückt von einem törichten rhapsoden, der P 244 eingeflickt hat, so dal 
πολέμοιο νέφος durch Ἕχτωρ erklärt scheint. diese metapher hat noch 
Aisch. Sieb. 212, nicht Soph., der aber des Nessos gift in gezierter weise 
eine “blutige wolke’ nennt Tr. 831, weil es διὰ φόνου dem Her. das 
unwetter des verderbens brachte. rein hat auch Eur. diese metapber 
nicht, denn wenn das eroberte Troia “Ἑλλάνων νέφος ἀμφικρύπτει δορὶ 
πέρσαν (Hek. 907), so zeigt das verhüllen, dafs an die wetterwolke nicht 

gedacht ist, nur an die hülle; der ausdruck ist nach IT 66 geformt, xva- 
 veov Τρώων νέφος ἀμφιβέβηχε vnvolv, von hier aus ist die eigen- 
tümliche bezeichnung vep£An für das garn das vogelstellers entstanden: 
von demselben Troia sagt Aisch. Ag. 358, dafs ein στέγανον δίκτυον 


vers 1133—1140. 237 


es umgebe. wenn ferner Phoen. 250 ἀμφὶ πτόλιν νέφος ἀσπίδων 
πυκνὸν φλέγει σχῆμα φοινίου μάχης, 80 ist das alte bild überboten, 
denn νέφος φλέγει ist ein oxymoron, und der ausdruck von wahrhaft 
calderonscher kühnheit. wenn die Acta Theclae 34 (s. 261 Lips.) über 
der heiligen, Philostrat. /mag. 1, 14 über Semele eine vepe&in πυρὸς 
schweben lassen, so ist das unantik und soll eine “feurige wolke’ bedeuten. 
eine andere vergleichung hat Eur. über das jetzt geltende ziel fortgeführt; 
“wolke des unmuts’, “umwölkte stirn’ “trübe stimmung” ist uns geläufig. 
der art ist Hipp. 172 στυγνὸν ὀφρύων νέφος, und ähnliches haben auch 
die alten sehr viel. mit unschöner ausführlichkeit sagt Soph. Ant. 528 
γεφέλη δ᾽ ὀφρύων ὕπερ aluardev ῥέϑος αἰσχύνει τέγγουσ᾽ εὐῶπα 
παρεεάν. Homer hat auch hierzu den keim ἄχεος νδφέλη in einem 
alten stücke 3 22, schol. erklärt λύπης χειμών; Boph. Ai. 207 sagt von 
dem rasenden ϑολερῷ χειμῶνε νοσήσας manche wendungen von πγεῦμα 
αὔρα u. dgl. schliefsen an. davon ist nun Eur. fortgeschritten, indem 
er das bild der wetterwolke mit hineinzog. Med. 107 ἀρχῆς ἐξαιρόμενον 
vepog οἰμωγῆς ὡς ray ἀνάξει uellovı ϑυμῷ. das gewitter kündet 
sich an durch wehrufe: das ist das wetterleuchten; dann steigt es auf 
und entlädt sich schlielslich über das haus, alles vernichtend. so ist 
denn auch hier νέφος στεναγμῶν μὲ περιβάλλει zu fassen. späte 
flache nachahmungen helfen nichts, und als bild der fülle ist γέφος in 
alter zeit nicht zu belegen; das würde etwa πέλαγος στεναγμῶν sein. 
vergleichbar, aber weit schöner, weil ein volles bild ergebend, ist Bakchyl. 36 
“nicht menschenwille erzeugt segen oder krieg oder revolution, ἀλλ᾽ &mı- 
χρέμτετει vepog ἄλλοτ᾽ ἐπ᾽ ἄλλαν γαῖαν & πάνδωρος αἶσα; “das schick- 
Β81 macht das wetter und läfst die wolke über die lande ziehn’. aber 
diese wolke ist nur die aus welcher der stral zuckt, nicht auch die aus 
welcher der segen quillt. Phoen. 1310 hat Eur, als sein stil immer mehr 
zur manier ward, sogar gesagt ποτέρ᾽ ἐμαυτὸν ἢ πόλεν στένω δαχρύ- 
σας, ἣν πέριξ ἔχει νέφος, ohne dieses bild zu erläutern, so dals ein 
interpolator einen törichten vers eingeschoben hat. es bedeutet “die stadt 
ist von einem unwetter, einem γέφος στεναγμῶν oder δαχρύων um- 
geben, da Menoikeus in all dem kriegselend sich getötet hat’. endlich 
hat Eur. einmal sehr schön und sehr besonders von einem durch viele 
schicksalsschläge hin und hergeworfenen weibe gesagt srAayxra δ᾽ ὡσεί 
τις vepela πνευμάτων Und δυσχέμων dloow Hik. 961. in ganz anderm 
sinne braucht ein ähnliches bild die schmutzige Judasepistel 12 von den 
ἑαυτοὺς ττοιμαένοντες (qui se ipsi pascunt Petron 39) νεφέλαι ἄνυδροι 
ὑπὸ ἀνέμων παραφερόμεγοι. 


238 Commentar. 


1141 τούτων &Karı = did ταῦτα. der vers ist leer, und füllt nur 
in der stichomythie seinen platz. 

1143 Die erwähnung des altars, der nur der &pxeiog sein kann, lenkt 
den blick des Her. auf den ort, wo er sich jetzt befindet: das ist der 
hof, wo der altar gestanden hat, aber jetzt von trümmern bedeckt oder 
zerschlagen ist. so zeigt sich der notwendige anschlufs dieses verses an 
1145 und bestätigt sich die umstellung des verspares 1144. 45, welches 
zwischen 1143. 6 überliefert aber dort ganz unerträglich ist. 

1145 Mit dem ersten satze, einer zumal bei Eur. gewöhnlichen formel, 
schneidet Amph. alle weiteren fragen ab. da der zuschauer über alles 
genau unterrichtet ist, durfte Her. nur das notdürftige in knappster form 
mitgeteilt werden. 

1146 ἐμῆς hat den ton: sonst würde gar kein possessiv stehen. 

1148 Das leben will er sich nehmen, indem er sich entweder in das 
schwert stürzt oder sich von einer klippe stürzt. χαταχρημγνέζειν ἕαυ- 
τόν ist im altertum ein so häufiger weg des selbstmordes, dafs er typisch 
genannt wird, z. Ὁ. Andr. 848. fgm. 1070, Horaz C. ΠῚ 27, 61. “ihr habt 
ja χρημνὸς ἢ βρόχος, wozu sucht ihr den märtyrertod’ ruft man den 
christen zu, Tertullian ad Scapulam 5, während ertränken kaum vor- 
kommt. in Italien nahmen sich noch jetzt sehr viele menschen beiderlei 
geschlechtes das leben, indem sie sich aus dem fenster stürzen. 

Da die poesie an den genetiv ohne zusatz eines ortsadverbiums (4750) auf 
die frage woher bei verben der bewegung anwendet (weil er die function 
des ablativs geerbt hat), so überträgt sich das auf das verbalnomen. wie 
hier dAue πέτρας, so Iph. T. 1384 οὐρανοῦ πέσημα, Tr. 1121 πύργων 
δέσχημα. 

An drei oder vielmehr zwei stellen der Odyssee (ce 412 == x 4 und 
y 293, wo die lesart bestritten aber nicht anzuzweifeln ist) erscheint der 
ausdruck λεσσὴ πέτρη, μ 79 πέτρη — Ale, θά gar λὲς πέτρῃ metrisch 
als ein wort behandelt, der dann bei nachahmern fortwirkt. bei den tra- 
gikern erscheint λεσσὰς πέτρα, offenbar nach einem anderen epischen 
vorbild; auch das wird später nachgeahmt. die grammatiker schwanken, 
ob die bedeutung “glatt” oder “schroff’” zei (schol. Apoll. Rh. II 382 und 
im Et. M. Hesych. 414000»); Aristarch entschied sich für das erste (schol. 
y 293 Hesych λεσσή). so hatte schon Theokrit das wort gefalst (./soox. 37), 
und schon Duris von Samos, der den zug des Ophellas von Kyrene nach 
Karthago mit bewufster kunst als märchen stilisirt hat und die höhle der 
Lamia, die er an die Syrte versetzt, mit homerischer reminiscenz be- 
schreibt ὑπῆρχεν ὅρος ἐξ ἀμφοτέρων τῶν μερῶν ἀπόχρημνον, ἐν 








vers 1141—1150. 239 


μέσῳ δ᾽ ἔχον φάραγγα βαϑεῖαν, ἐξ ἧς dversıve λισσὴ πέτρα πρὸς 
ὀρϑὸν ἀνατείνουσα σχόπελον, an ihrem fuls eine von epheu und smilax 
überwachsene höhle (Diodor XX 41). aber Apollonios Rhod. (II 382) 
deutete λεσσή schroff, und dafs die tragiker dasselbe getan haben, zeigt 
aufser dieser stelle A. Hik 695. ein schöner beleg, dafs sie eine epische 
vocabel in der falschen bedeutung verwenden, welche sie bei den yAwo- 
0oygdgpoı gelernt haben, denn von den homerischen stellen ist wenigstens 
u 92 unzweideutig für glatt, πέτρη λὲς περιξεστῇ &ıxvia, und dasselbe 
fordert die etymologie, den λεσσός für Auzjdc gehört zu λιτός für λετός, 
welches im attischen in übertragener bedeutung “schlicht einfach’ vor- 
kommt, offenbar von “glatt” weitergebildet, bei Homer τὰ Arra “schlichtes 
ungefärbtes zeug’ (deutlich x 353), aber nicht von τὸ λιτόν, da der dat. 
sing. λετέ lautet. der stamm ist also λὲτ- und darf nicht mit Aef (λεῖος 
ἀευρός, als aeolisches lahnwort auch im drama, levis) verwechselt werden, 
obwol die bedeutung dieselbe ist, und die falsche schreibung Asırog in 
später zeit nicht selten. ähnlich steht λέϑος neben Asdw und Ad(F)ac. 

1149 ἀκοντίζω heifst im epos ‘zielen’, später meist “mit dem ἀχόντιον 
und dann überhaupt werfen’; hier wirkt der epische gebrauch: ἐξ ändert 
die bedeutung nicht. ähnlich χεῖρας ἐξακοντίξζειεν von dem hilfeflehenden 
LT. 362. anders wegen des von ἐξ regierten genetivs γῆς olorgoicı 
χῶλον ἐξηκόντισαν Bakch. 665 “sie haben im wahnsinn die fülßse zum 
lande hinausgerichtet, sind fortgeeilt‘, ein ubter ausdruck. Hel. 
1587 αἵματος ἀπορροαὶ ἐς oldu’ ἐσηκόντιζον impersonal, ‘sie spritzten’, 
ähnlich im ionischen. Hippokr. sr. αἱμορρ. I (III 340 K). die haemorr- 
hoiden ἐξακοντεέζουσιν αἷμα. 

Einen tötlichen stols bezeichnen die tragiker ganz gewöhnlich als die 
leber treffend, während wir nur vom herzen reden. vorangegangen war 
Homer ı 301 οὐτάμεναι πρὸς στῆϑος ὅϑι φρένες ἧπαρ ἔχουσι. später 
schwindet dieser ausdruck, der nur dem volke nahe lag, das selbst häufig 
das opfertier zerlegte, um gerade die leber zu suchen und sich trotz 
seiner feinfühligkeit gegenüber allem ekelerregenden nicht scheute, selbst 
plastisch eine leber darzustellen (Bull. de Corr. Hell. XII t. 4). 

1150 δικαστής ist nicht richter (χρετής) sondern rächer. diese ur- 
sprüngliche bedeutung lebt noch in dem attischen rechte des 5. jahr- 
hunderts, schwindet aber durch das heliastische unwesen. das drama hat 
die echte bedeutung oft festgehalten, z. Ὁ. 8.OT. 1214 Χρόνος δικάζει 
τὸν ἄγαμον γάμον πάλαι == δίχην πράττει τοῦ φόνου, Antiphon 
1,28 ὅπως διδῶσι δίκην οἱ ἀδικοῦντες, τούτου γε ἕνεκα δικασταὶ 
zal ἐγένεσϑε καὶ ἐκλήϑητε; 5,47, leute haben einen sclaven getötet 





240 Commentar. 


und berufen sich jetzt auf dessen zeugenaussage, τῶν μὲν λόγων τῶν 
ἐχείνου τουτουσὶ χριτὰς ἠξιώσατε γενέσθαι, τῶν δὲ ἔργων αὐτοὶ 
διχασταὶ ἐγένεσϑε. E. Hik. 253 οὔτοι διχαστήν σ᾽ εἱλόμην ἐμῶν 
χαχῶν οὐδὲ... κολαστήν. 

1161 Die manneskraft des körpers hier wie 1095, 1270 hervorgehoben 
im gegensatze zu dem innerlich vernichteten dem tod verfallenen dasein. 
hier ist νεᾶνιν in ἐμὴν verdorben, scheinbar sehr schlimm. aber da die 
unversehrt erhaltenen und unentbehrlichen umgebenden wörter ein drei- 
sylbiges femininum mit kurzer endsylbe fordern, so würde es sich auf- 
drängen, auch wenn es ferner läge, als es in antiker buchschrift in wahr- 
heit liegt. 

1153 Die zwischenkunft des Theseus hindert ihn am βουλεύεσϑαι πῶς 
δεῖ Faveiv. was ‘zwischen die fülse kommt’, hindert ihre bewegung. 
der oder das, dem es zwischen die fülse kommt, steht natürlich im dativ 
(locativ oder casus des entfernten objects ist beides denkbar. es kann 
80 gut eine handlung wie eine person sein (Zur. ἐμοῖς γάμοις Hel. 183). 
wenn aber der gehinderte von dem unterschieden wird, woran er gehindert 
wird, so ist die vorstellung dieselbe wie bei den verben des hinderns, 
kann also der genetiv stehen, d. h. jener genetiv, der den alten ablatıv 
ersetzt. wie hier Hik. 395 λόγων ἐμποδὼν dd’ ἔρχεταε, wo sich der 
dativ der person von selbst ergänzt, der hier dabei steht. möglich war 
durch σχῆμα ’Iovırdy der doppelte genetiv. vgl. die zu 162 citirte pla- 
tonische stelle. 

1155 Überhaupt gesehen zu werden ist ihm schrecklich, schrecklicher, 
dafs gerade Thes. ihn seben mufs. also keine tautologie. μύσος εἰς 
ὄμμαϑ᾽ ἥξει bedeutet auch nicht blols, dafs Theseus die frevel sehen, 
sondern auch, dafs er durch ihren anblick befleckt werden wird. 

1158 Her. der die ganze welt bis in die tiefen der hölle durchmessen 
hat, ‚weils, dals es für ihn keinen fleck geben kann, der ohne leiden 
wäre. es kommt ihm wol der wunsch, entrückt zu werden, und er kleidet 
ihn in die conventionellen formen, mehr andeutend als ausführend: ἢ 
“᾿ἀναπτάμενος ἐς Ὄλυμπον πτερύγεσσι aodpaıg” (Anakr. 24, wo dies 
geläufige bild zuerst belegt ist) ἢ “εἴ μοι χάνοι εὐρεῖα χϑών᾽᾿. aber 
eine frage weist diesen wunsch bereits als eitel ab. für den sünder, der 
das schuldbewulstsein im gewissen trägt, gibt es keine χαχῶν ἐρημέα. 
so geht diese stelle hinaus über die ähnliche Hipp. 1290, wo Artemis 
zu dem schuldigen Theseus sagt πῶς οὐχ ὑπὸ γῆς τάρταρα χρύπτεις 
δέμας αἰσχυνϑεὶς ἢ πτηνὸς ἄνω μετάβας βίοτον πήματος ἔξω πόδα 
τοῦδ᾽ ἀνέχεις. Ion 1241 tritt an diese beiden idealen wünsche der 


vers 1151---1161. 241 


sehr reale nach einem wagen oder einem schiffe, welche letzteren allein 
erscheinen Med. 1122. — πτερωτὸς μολών neben χατὰ χϑονὸς μολών 
wechsel von adjectivischem und adverbialem zusatze, vgl. 225. die eben 
angeführte stelle des Ion gibt gleich einen beleg φυγὰ πτερόεσσα ἢ 
χϑονὸς ὑπὸ μυχῶν. 

1159 Die ergänzung des lückenhaften verses φέρ᾽ ἀλλὰ πέπλων 
κρατὶ περιβαλῶ oxdrov, die ich früher für sicher hielt, ist es nicht, 
weil die nennung des mantels nicht nötig ist; der gestus begleitete ja 
den vers, so daß “dunkel um das haupt verbreiten’ völlig ausreichend 
war. und Eur. konnte zwar diese handlung mit dem vorigen gedanken 
durch eine restringirende partikel verbinden, wie sie die conjectur ἀλλά 
gibt, aber seitdem vorher die überlieferung wieder hergestellt ist, rücken 
die gedanken nicht so nah aneinander heran, dafs diese verbindung dem 
asyndeton, also einer pause der unschlüssigkeit, vorzuziehen wäre. auch 
diese stelle hat Eur. im Orestes); nachgeahmt. als Or. den vater seiner 
mutter kommen sieht, sagt‘er 459 Τυνδάρεως ὅδε στείχει πρὸς ἡμᾶς, 
οὗ μαλιστ᾽ αἰδώς μ᾽ ἔχει εἰς ὄμματ᾽ ἐλϑεῖν τοῖσιν ἐξειργασμένοις 
οὐ ν τένα σχότον λάβω προσώπῳ, ποῖον ἐπίπροσϑεν νέφος ϑῶμαι; 
er verhüllt sich aber nicht, sondern tritt nur zur seite, 

1160 Her. verhüllt sich erstens aus schamgefühl, zweitens weil er den 
unschuldigen nicht beflecken will; das entspricht genau dem ὀφϑησό- 
μεσϑα καὶ μύσος εἰς ὄμμαϑ᾽ ἥξει φιλτάτῳ ξένων 1156. 

1161 Das haus ist befleckt erstens ganz sinnlich durch das blut, so 
dals es entsühnt werden mulste, wie oben 924, zweitens sind die οἐἰχεῖοι 
befleckt, insbesondere Amphitryon (an den chor denkt Her. überhaupt 
nicht mehr), die aber müssen sich, so unschuldig sie sind, z. b. bei jedem 
todesfalle das wialveodar (Keissches gesetz in Dittenb. Syllog. 468, 35) 
gefallen lassen'). 

1161 προστρόπαιος ist eigentlich, wer einen anderen srg00Tg&neras 
(Plat. Ges. 866») um sich von der befleckung mit blut sühnen zu lassen ; 
es ist 4180 == ἐναγής. Antiphon IV 3° 8. jedes vergossene blut erfordert 
sühne (vgl. 923), und die reinigung des προστρόπαιος macht den ἐναγής 
nur in so weit rein, dafs ein unbeteiligter mit ihm ohne befleckt zu 
werden verkehren darf: die rache für die tat, mag sie als blutrache oder 
als staatliches gericht auftreten, ist dadurch in keiner weise praejudicirt. 


1) Für die heilung dieser früher von mir falsch behandelten stelle ist ent- 
scheidend, dafs man erstens das überlieferte προσλαβών aufgibt, da in προσλαει- 
βάνειν die praeposition notwendig "hinzu’ bedeuten mülste, zweitens den fehler in 
καὶ τῷδε so beseitigt, dafs ein gegensatz zu dem folgenden verse erzielt wird. 

v. Wilamowitz II. 16 


242 Commentar. 


am deutlichsten werden diese anschauungen durch A. Eumeniden, welche 
Orestes zwar von Apollon gesühnt, aber doch von den Erinyen verfolgt 
darstellen, vgl. besonders 238, 283. aber der blutbefleckte empfand 
natürlich seine verfehmung ganz anders, wenn ihn sein gewissen belastete, 
als wenn er nur φόνος Ölxaıog begangen hatte, wie Her. oben an Lykoa, 
und so wird προστρόπεαιος vorwiegend im ersteren falle gesagt, und 
ist eine pointe möglich wie Ion 1259 “setze dich auf den altar, χἂν 
ϑάνῃς γὰρ ἐνθάδ᾽ οὖσα, τοῖς ἀποχτείνασί σε προστρόπαιον αἷμα 
ϑήσεις". an profanem orte begangen würde der mord φόνος δί- 
xaLoc sein. 

1162 xaxoöy ist ein sehr starkes wort, χεχαχωμένος dlun erscheint 
Odysseus σμορδαλέος ζ 137: da ist es die äulsere häfslichkeit, zweifellos 
die urbedeutung von καχός ; so setzt Soph. öfter χαχοῦσϑαι, z. Ὁ. Tr. 1069. 
von der zauberin Kirke fürchtet Odysseus, dafs sie ihn xaxöv καὶ ἀνή- 
voga ϑείῃ, x 341, vgl. Kaminos 16. von der zauberin Medeia fürchtet der 
chor τε χαχῶσαι τοὺς εἴσω, 182. dann sagt man es gern von der ein- 
wirkung der götter auf das menschenschicksal (IT 212, A. Niob. 156), 
und passivisch, ohne an den urheber zu denken, von heer flotte staat, 
die heruntergekommen sind. das blofse “schädigen’ ist selten. hier nun 
ist die ganz sinnliche bedeutung anzunehmen, die befleckung, die der 
mörder überträgt, macht die betroffenen hälslich, widerlich, in wahrheit 
weil sich jeder von ihnen abwendet. ich hatte die kraft des wortes ganz 
verkannt. 

1163 Der Asopos war die boeotische grenze in der Thebais (danach 
K 287), und wieder seitdem Plataiai im attischen schutzverhältnisse stand. 
natürlich hält Eur. dieses grenzverhältnis fest, obwol tatsächlich seit der 
eroberung Plataiais durch Sparta und rechtlich seit dem Nikissfrieden 
der Kithairon die grenze gebildet hat, 

1164 ἔνοπλοι praedicativ, in prosa ἐν ὅπλοις “unter waffen’, in ge- 
fechtsbereitschaft. 

1170 ἦλθον, εἴ τε δεῖ ist eine leichte anakoluthie, denn ἦλϑον er- 
zählt, würde also δέοι oder ἔδει fordern, da die mtention in der ver- 
gangenheit liegt. δεῖ fordert ein ἐλήλυϑα. die anakoluthie ersetzt also 
ein ἦλθον εἴ τι ἔδει, καὶ νῦν πάρειμι, εἴ τε δεῖ. 

1171 ἢ τῆς ἐμῆς χερὸς ἢ τῆς τῶν συμμάχων, d.h. ἢ μάχης ἢ πο- 
λέμου 1168. 

1173 νεωτέρων ἢ ὧν ἤχουσα, allein mit übler nebenbedeutung wie 
Hipp. 1160, Or. 1327 u. ὅ. 

1175 Dals es eine verheiratete frau ist, sieht Thes. an der tracht der 





vers 1162—1178. 243 


leiche; dafs er aber nicht nach ihrem namen fragt, sondern nach dem 
ihres gatten, zeigt, dals er merkt, wer die leichen sind; nur hält er Lykos 
für den mörder. 

1176 “Es kann kein ehrlicher kampf gewesen sein, denn —”, 

1177 καινόν ist nur recens, quod ad ea quae expeciaveram accedit, 
gegensatz παλαιόν. man kann also sehr gut χαενὰ xal νέα verbinden, 
etwas das eben eingetreten ist, und etwas, das unerhört ist, Aisch. Pers. 667. 
entsprechend ἀρχαῖα καὶ παλαιά Demosth. 93, Andr. 14, Aristoteles 
Eudemos 44, 12 Rose. 

In dem folgenden wechselgesange spricht Thesens; seine worte sind 
in iamben gehalten, aber mit lyrischen malsen verkoppelt, vgl. oben 192. 
die malse sind aufser den trimetern des 'Thesens 

1178 und 1180 je 2 δ. 1182. 83 4 ὁ. 

1185—89 Dreimal iambelegus -+ spondeus, vgl. 894. 1033. 

1190 Dies versprengte stück ist nicht sicher zu deuten, weil der συ- 
sammenhang fehlt; vermutlich war es ein daktylischer vers durch spon- 
deus abgeschlossen. 

1192— 94: 6. ὁ. 

1196 -v-- |-w- ww -w-w-1u.|-v-- ein epitrit, daktylischer 
pentameter, epitrit. dals das daktylische glied daktylisch ausklingt ist eine 
anomalie, die aber in den ganz in daktyloepitriten gehaltenen tragischen 
liedern nicht selten ist. Andr. 864 durch syll. anceps von den vorher- 
gehenden dochmien gesondert ἃ διὰ χυανέας ἐπέρασεν ἀχτάς d. i. 
- Vvyv=-wv-w|=-v--. vgl Ion 1504 

δεινὰ δὲ καὶ rad’, ἑλισσόμεσϑ᾽ ἐκεῖϑεν 

ἐνθάδε δυστυχίαισεν 

εὐτυχίαις τε πάλιν, μεϑίσταται δὲ πνεύματα 
d..i. -w-w-u | -v-v] -w-w- υῇ} - w-weu]|l-vu-vljlev-, 
auf daktyloepitriten läfst sich der iambelegus und der spondeus auch gut 
zurückführen. 

1199 —1201 Drei daktylische trimeter, der letzte katalektisch. vgl. 
Tr. 256 dinte τέχνον ζαϑέους κλῇδας καὶ ἀπὸ χροὸς ἐγδυεῶν σεε- 
φέων ἱεροὺς aroluoigd.i.- ww -w-- | -w-w-u]-w-w-|-- 

1203—5 6 ὃ + spond. der erste dochmius ist unvollständig, in der 
form des creticus, die beiden letzten haben anapaestische form. hiatus 
sondert die periode. 

1207—9 4 din anapaestischer gestalt + iambisches metron -4- spondeus. 

‚1210-13: 76. 


1178 Theseus ist der herr des burghügels, der den ersten ölbaum getragen 
j 16* 








244 Commentar. 


hat und trägt. Ion 1480 heifst die burg ἐλαεοφυὴς πάγος. die attische 
olive ist für Eur. das symbol der gesittung, wie sie Athena im attischen 
Reiche entfaltet, so hat er die sage vom streite der götter um Athen im 
Erechtheus umgebildet. die anrede erhebt also die person des Theseus 
zum vertreter Athenas. 

1179 Nicht die worte der anrede sind o/xrea, sondern der ton, den 
für uns nur das lyrische mafs kenntlich macht. 

1188 Mit εὔφημα φώνει, εὔφημος ἔσϑε gibt die jüngere tragödie 
(8. E.) das wort des gewöhnlichen lebens εὐφήμει (z. Ὁ. Plat. Staat 329.) 
wieder, im sinne “sage, denke doch so etwas nicht, schweig stille’. Aisch. 
wählte noch paraphrasen, die aber den sinn erläutern εὔφημον κοέμεσον 
στόμα Ag. 1247, γλῶσσαν εὔφημον φέρων Ch. 581. der ausdruck 
stammt von dem gebote des opfernden an die umstehenden εὐφημεῖξε 
(schon in den Litai 171, öfter bei Aristophanes), der zunächst nur jedes 
entweihende wort (die βλασφημέα) verbietet, dem man aber aus vorsicht 
durch schweigen nachkommt. im 4 der Dias 22 ist ἐπευφημεῖν noch 
das beifällige zurufen der volksversammlung; Eur. IT 1403 παεᾶνα 
ἐπευφημεῖν λιταῖς, ist“ in παιάν als bona verba dem gebet nachrufen’. 
mit höchster kühnheit nennt Soph. Tr. 783 das ausstofsen eines wehe- 
rufs beim opfer, also eine βλασφημία, ἀνευφημεῖν οἰμωγῇ. 

βουλομένοισιν ἐπαγγέλλῃ: εὐφήμουν ἄν, εἰ οἷός τ᾽ ἦν. das medium 
ἐπαγγέλλεσθαι in der bedeutung "befehlen’ ist ein ionismus, da es im 
attischen vielmehr "sich zu etwas erbieten’ zu bedeuten pflegt, aber 
Herodot hat es öfter. 

1187 πτανοΐ vgl. zu 510. 

Vor 1188 fehlt etwas, da τέ δράσας (zum ausdruck vgl. 540) das sub- 
ject Her. haben mufs, und dieses nicht ergänzt werden kann. ferner 
ist 1190, wo er überliefert ist, verkehrt, denn der dativ kann nur instru- 
mental sein und hat kein verbum neben sich noch ein object; aufserdem hat 
Her. gar nicht alle kinder erschossen. offenbar hat Thes. gefragt, “wie 
hat er das getan?’ nicht um eine beschreibung zu hören, sondern aus 
erstaunen, und darauf hat Amph, die mörderischen waffen natürlich beide 
genannt. z.b. OH. καὶ πῶς νιν Era; AMD. χαλχοβαρεῖ ῥοπάλοι 
πλαγᾷ ἐχατογχεφάλου τε βαφαῖς ὕδρας. OH. πῶς φής; τί dea- 
σας, U. 8. W. 

1188 πλάνος φρενῶν heilst oft der wahnsinn, στοῖ πεαρεπλάγχϑην 
γνώμης ἀγαϑῆς Hipp. 240, gar ὀρϑομαντείας πόνος στροβεῖ μὲ 
A. Ag. 1216. über πέτυλος zu 816. also “in die irre geführt durch 
wahnsinnsanfälle”. 


. 


vers 11790---1105. 245 


1191 Aus dem wahnsinn schliefst Theseus auf die einwirkung Heras, 
vgl. 20. 

1193 δόρυ ganz gleich πόλεμος, vgl. zu 158, aber Or. 688 ἥχω 
γὰρ ἀνδρῶν συμμάχων χενὸν δόρυ ἔχων, πόνοισι μυρίοις ἀλώμενος 
σμικρᾷ σὺν ἀλχῇ τῶν λελειμμένων φίλων bedeutet, dafs das schiff 
keine bundestruppen mehr mitführt, wie auf dem zuge nach Troia, sondern 
nur den letzten rest seiner getreuen. δόρυ einfach für schiff Kykl. 19 
(wa der wind Zurvei δορί, und das steuerruder ἀμφῆρες δόρυ 15 
vorhergeht), Tro. 1148, A. Ag. 1618. 

1194 Die eigentlich ganz mythischen gefilde der “brandstätte” DA&yoa, 
wo die götter die giganten überwunden haben, sind auf den vulcanischen 
boden am neapolitaner golf erst verlegt, als man die sage aus falscher 
physiologie auf vulcanische erderscheinungen deutete; doch wird dies bei 
den Chalkidiern, die dort wohnten, früh geschehen sein. populär in 
weiten kreisen ward es erst durch Timaios. zu Eur. zeiten ist das local 
der gigantenschlacht, also Phlegra, auf der halbinsel Pallene (Herodot 
VH 123), und die beteiligung des Herakles an der gigantomachie ist eben 
dadurch populär geworden, dafs auf Pallene die korinthische pflanz- 
βίδα τ Poteidaia lag. dafs Her. gewaffnet in diesem kampfe aufgetreten ist, 
ist gewils, zumal von Dorern, erzählt worden. in der archaischen kunst 
wie bei Hesiod Theog. 186 sind ja die Giganten selbst hopliten. auch 
Eur. konnte den Her. so gut beschildet einführen, wie ihn Soph. Phil. 726 
χάλκασπις ἀνὴρ ϑεός nennt, obgleich in jenem drama der bogen keine 
geringere rolle spielt als hier. aber Eur. hat 179 Her. als bogenschützen 
gerade in jenem kampfe eingeführt, und die ganze debatte mit Lykos 
verbietet ee uns ihn als hopliten zu denken. hier ist also eine nach- 
lässigkeit des dichters anzuerkennen. 

1195 Hekab. 785 φεῦ φεῦ" τίς ὧδε δυστυχὴς ἔφυ γυνή; ER. οὐκ 
ἔστιν, εἰ μὴ τὴν Τύχην (ἃ. h. Svorvglav) αὐτὴν λέγοις. unabhängig 
von einander sind die verse nicht, aber es ist nicht sicher zu entscheiden, 
welcher das urbild des andern ist. denn denken wir uns den des Her. 
erst gedichtet, so mulste für die Hekabe das geschlecht geändert werden, 
und dadurch rückte δυσδαίμων an eine stelle, welche es nicht ertrug; 
δυστυχής tat nur dem verse genug, bedurfte aber für den sinn einer 
fortführung, die in der gesuchten pointe liegt. andererseits ist jene stelle 
eine mit bewulstsein gekünstelte, die deshalb in dem gedächtnis ihres 
urhebers leicht haften mochte, so dafs er hier, an einer gleichgiltigen 
stelle, sich einer ganz ähnlichen, nur nach bedarf geänderten, wendung 
bediente, während nicht recht zu sehen ist, weshalb er in der Hekabe 


246 Commentar. 


auf diese stelle, sie gleichsam zu übertrumpfen, zurückgegriffen hätte. 
wahrscheinlicher ist also, dafs die Hekabe eher gedichtet ist. dafs dem 
wirklich so ist, steht aus andern gründen fest. solche selbsteopieen sind 
von wert für die fragen nach der interpolation im drama und der priorität 
im epos. hier zeigt sich der wirkliche dichter in der vertauschung von 
δυστυχής durch δυσδαίμων: das würde ein nachdichter schwerlich aus- 
einander gehalten haben. 

1196 εἰδέναι aoristisch, vgl. zu 617. Hik. 662 εἰδεέης ἂν φέλων 
τύχας, wo es ebenso dem sinne nach durch ἔδοις ersetzt werden könnte 
wie hier. 

πολύπελαγκτος heilst eigentlich “viel umhergetrieben’, so heifst Odys- 
seus als bettler o 425 und Io A. Hik. 571, und so könnte auch Her. 
heifsen. aber hier ist es nicht von dem zu verstehen, der von land zu 
land, sondern von dem der von leid zu leid verschlagen wird. so nennt 
der chor des Aias die jahre seines kriegerlebens vor Troia πολύπλαγχτα 
1186, und sagt Sophokles auch im allgemeinen vom menschen, dafs, 
wenn er alt wird, τίς πλάγχϑη πολύμοχϑος ἔξω τίς οὐ καμάτων 
ἔνι OK 1232, das ist zu paraphrasiren αὐ πολλαὶ καὶ μοχϑηραὶ πλάναι 
οὐχ ἄλλοσε τὸν ἄνθρωπον καταφέρουσιν ἤ εἰς χαμάτους ; das νοτ- 
liegende also οὐχ ἂν ἄλλον ἔχοις εἰπεῖν διὰ πλειόνων μόχϑων 
σελανηϑέντα. Parmenides 149 nennt die glieder des menschlichen 
körpers πολύπλαγχτα, weil in ihnen die mischungsverhältnisse der ele- 
mente warm und kalt verschieden sind, und danach ihr empfindungs- und 
erkennungsvermögen (Theophrast bei Diels Doxogr. 499). 

1199 “Er schämt sich vor dir, dem chore und den leichen’. 

. 1203 “Wenn ich euch denn nichts mehr helfen kann, so kann ich euch 
doch trauern helfen, εἰ μὴ συμμαχῶν ἀλλὰ συναλγῶν γε πάρειμι. 
Ion 935 sagt der paedagoge, dem sein alter das handeln verwehrt, ὡς 
ovosevaLeıy γ᾽ οἶδα γενναίως φίλοις. 

1206 ῥέϑος ist ein aeolisches wort unbekannter abkunft, bedeutet dort 
antlitz und ist durch vermittelung der lyrik in dieser bedeutung zu 
Sophokles (Ant. 529) und Eur. gekommen. im epos (X 362 daraus ent- 
lehnt X 68 und II 866) im plural in der bedeutung “glieder”. den unter- 
schied hebt Aristarch hervor, aber nach früheren, da schon Apollonios 
Rhod. II 68 zwar den homerischen plural, aber in der bedeutung “gesicht 
gesetzt hat, 

1206 ἁμιλλᾶσϑαι τινε “es mit etwas aufnehmen’, Hipp. 426 μόνον 
τοῦτό φασιν du. βίῳ. so seit dem 4. jahrhundert ἐνάμελλος gewöhn- 
lich, Amph. sagt also χαὶ ἐνθάδε βάρος ἐστὶν ἐσόρροπον τοῖς σοῖς 





vers 1196—1218. 247 


δαχρύοις᾽ ἐγὼ γὰρ χαὶ ἱκέτης εἰμὶ καὶ δαχρύω xal αὐτός. ähnlich 
erklärt der scholiast 2 509: ᾿“χιλλεῖ ἀναδιπλασιασϑεὶς ὅ ϑρῆνος 
ἀντισηχωϑήσεται τοῖς δάκρυσι Πριάμου. 

1208 Veberliefert ist προσπέτνων; aber so häufig das wort mit acc. 
und dat. verbunden ist, und so natürlich z. b. ΗΘΚ. 273 ἥψω ... χερὸς 
καὶ τῇσδε γραίας προσπεσὼν παρηΐδος der genetiv von ἥψω abhängt 
und das particip selbständig steht, so wenig ist ἱχεσεύομεν ἀμφὶ... 
χέρα προσπίέτνων glaublich, da die beiden verba dasselbe bedeuten und 
das zweite, wenn ἔχετ. ἀμφί steht, nichts neues hinzufügt. dagegen 
stellt die änderung rroorcirvwv neben die greise träne passend das 
rührende moment, dals der alte vater am boden liegt, denn es bedeutet 
“prostratus’. Hik. 63 steht es ebenso von dem bittflehenden. neben- 
her erlangen wir so ein passendes versmals mit einer leichten um- 
stellung vorher: die überlieferung sträubt sich gegen jede metrische 
deutung. 

1209 πολεὸν δάχρυον, "träne eines greisee, vgl. zu 450. die tränen 
haben für Her. mehr gewicht, weil der alte vater sie weint. 

1210 ϑυμολέων heilst Her. schon E 639. 

1211 d ϑυμὸς ἐξάγει intransitiv, Alk. 1080 ἔρως εἰς ἐξάγει, Theogn. 
414 οἶνος ἐξάγει ὥστε... Thuk. 3, 45 συντυχίαε.. ἐξάγουσιν ἐς 
τοὺς κινδύνους. ähnlich oben φρενῶν βροτοὺς ἐξαγεται 775, Dei- 
narchos 1, 15 absolut ἐξάγομαι scil. τοῦ δέοντος. 

1214 Die bitten des vaters haben nichts erreicht; der freund erreicht 
mit seiner zurede auch nichts, aber er greift tätig ein; er enthüllt 1228 
den Herakles, und zwingt ihn so zum reden. 

1215 αὐδῶ: κελεύω. zu 498. 

1216 νέφος: zu 1140 — ὅστις an eine partikel angeschlossen ist ge- 
wöhnlich, Heraklid. 414 τίς κακῶς οὕτω φρονεῖ ὅστις ... dx χερῶν 
δώσει τέκνα. Thuk. ΠῚ 57 ἐς τοῦτο ξυμφορᾶς προχεχωρήχαμεν οἷ- 
τινες... ἀπολλύμεϑα. 

1218 Die hand zu schütteln ist auch noch heute im süden die geberde 
der abweisung. Hel. 445 sagt Menelaos zu der pförtnerin, die ihn ab- 
weist, d un πρόσειε χεῖρα. Her. aber schüttelt die hand so lebhaft 
(diesen gestus schreibt der dichter indireet vor), dals Thes. schliefst, er 
fürchte sich vor etwas. den inhalt dieser furcht gibt der satz mit μή, 
und ὡς tritt dazu, weil es nichts als eine vermutung des Theseus ist. 
überliefert ist σημαένεις φόνον, wo man denn ὡς final nehmen mülste: 
aber wer die hand schüttelt, kann im eigentlichen sinne nichts zeigen 
noch durch diese geberde zu verstehen geben, dafs er ein mörder wäre. 


248 Commentar. 


— die vielen kurzen sätze, weil Thes. immer wieder inne hält und eine 
antwort erwartet. 

1221 εὐτύχησα ohne augment, denn die mit εὖ zusammengesetzten 
verba werden im attischen nicht augmentirt, so lange die wirkliche rede 
ev und nv unterscheidet, 

ἀναφέρειν τινί oder εἴς rıya in bezug auf eine person ist bei Eur. 
häufig im sinne von ‘auf jemand zurückführen, jemandem zuschieben 
referre ad aliquem’ τὸ καλλιστεῖον εἰς ἔμ᾽ ἀναφέρων LT. 23 “er 
bezog die bezeichnung χαλλεστεῖον auf mich’. den gebrauch teilt die 
gute attische prosa des vierten jahrhunderts, nicht die ältere oder gleich- 
zeitige poesie; aus der archaischen prosa ist er wol zufällig nicht belegt. 
mit sächlichem object oder auch, wie hier, einem pronominaladverb der 
richtung, ist er dem Platon gewöhnlich. τὰ &x τῶν αἰσϑήσεων ἔσα 
ἐκεῖσε ἀνοίσειν Phaed. 75, εἰς τὸ ἀληϑέστατον ἀποβλέποντες xd- 
χεῖσε ἀεὶ ἀναφέροντες Staat 484°, beide male sind die εἴδη gemeint. 
vermutlich hat auch Eur. den gebrauch aus der philosophischen sprache. 
hier wird nun £xeice durch einen satz erklärt, der durch eine zeit- 
partikel eingeleitet ist, und auch das subject ist nicht ausgedrückt, son- 
dern mufs aus dem vorigen satze ergänzt werden. χρὴ τὴν ἐμὴν 7ερο- 
ϑυμίαν εἰς τὴν πρὸς σοῦ more εἰς ἡμᾶς γεγενημένην ἀναφέρειν. 
ἐχεῖσε --- ὅτε ist wirklich reciprok, denn die sprache hat die bezeich- 
nungen von zeit und raum ursprünglich nirgend gesondert, und wo sie 
keine secundären rein zeitlichen bezeichnungen geschaffen hat, da .bleibt 
die alte weitere geltung der ortsbezeichnungen in kraft. 

1223 Hik. 1178 χάριν τ᾽ ἀγήρων ἥξομεν. wir hören bei alt werden’ 
die dauer und fassen es demnach in bonam partem. “alte liebe rostet 
nicht’. der Grieche empfindet umgekehrt. ἀλλὰ παλαιὰ γὰρ εὕδει 
χάρις sagt Pindar mit bezug auf ein sprichwort (Isthm. 6, 16). daher 
der hübsche spruch (z. b. Diogen. V 18) τέ ynodoxsı τάχιστα; χάρις. 
zumal γηράσχειν ist ziemlich dasselbe wie μαραένεσϑαι, und wird ge- 
radezu von früchten gesagt, 7 120, und in nachbildung dieser stelle 
Ὀαριστύς 9 (in den handschriften). 

1225 Wieder eine metapher, die das seevolk nicht als solche fühlt, 
σύμπλους πάϑους 8. Ant. 541. “geführte” ist eben für den Athener in 
den meisten fällen ὅστις συμπλεῖ; ovvodlens, συνέμπορος würde da- 
gegen stark metaphorisch wirken. hier ist das wort freilich besonders 
passend, weil man mit dem unglücklichen, also den göttern verhalsten, 
nicht auf demselben schiffe fahren mag. 

1227 εὐγενής nicht wie 696 ἐξ ἀγαϑῶν γεγονώς, sondern εὖ πεεφυχώς. 





vers 1221—1230. 249 


1228 τὰ ϑεῶν πτώματα ist ein singulärer ausdruck. für τὰ γῦν 
ovyrervydra sagt Eur. τὰ νῦν πεπτωχότα Hipp. 718, für πρὸς τὸ 
παρεστός oder συντυχόν sagt er πρὸς τὸ τεῖπτον εὐλόφως φέρει 
τὸν δαίμονα Antig. 175, also im sinne ähnlich wir hier; Oinom. 572 
φέρειν τὰ συμπίπτοντα μὴ παλιγχότως, und συμπίπτει wird zuerst 
von einem mit eintretenden factum gebraucht, aber im vierten jahrhundert 
hat es schon ganz die bedeutung accidit. Thukydides hat als kühne 
neuerung ξύμπτωμα einmal gesagt (4, 36) was dann erst am ende des 
vierten jahrhunderts wieder auftritt, bald vulgär wird und von den atti- 
cisten (Phryn. 244 Lob.) verpönt. er sagt ylyveodaı ἐν συμπτώματι 
für eine situation, wo leute zwischen zwei feuer kommen, empfindet also 
die praeposition, aber die metapher empfindet er nicht mehr. sie stammt 
aus dem würfelspiel und ist der im lateinischen und deutschen gewöhn- 
licheren vom lose ganz analog. die götter aber sind es, die über den 
menschen die würfel fallen lassen. “gottes würfel fallen immer gut’, ist 
ein spruch des Sophokles (fgm. 809), den der scholiast zu Eur. Or. 603 
notirt hat, wo εὖ πέπτειν einfach für "gut ausschlagen’ steht. ἔργον ἐν 
κύβοις “Ἄρης κρινεῖ A.Sieb. 414. ἐν κύβοισι δαίμονος Rhes. 183. 
das ist den ϑεῶν πτώματα am ähnlichsten, und wie der zufall und der 
gott, die gegensätze sind, dennoch mit einander wechseln können, so 
redet man auch von einer τύχη δαιμόνων, Κύπριδος u. dgl., und ist 
auch σύμπτωμα τύχης gesagt worden (Hippokr. epist, 16 p. 298 Herch.). 

1229. Her. sagt das vorwurfsvoll “wie konntest du mich enthüllen, wo 
hier doch meine opfer liegen’. der aufforderung aufzustehen kommt er 
nicht nach; wenigstens ist es nicht bezeichnet, und unwahrscheinlich, 
da er das herausgerollte gerüst nicht verlälst, vgl. zu 1367. 

ἀγών = ἄγυρις συναγωγή, wie 839 στέφανος, 925 χορός. die be- 
deutung ist homerisch (Lehrs Aristarch? 149), war aber damals veraltet; 
z. b. noch in Pindars jugendgedicht (Pyth. 10, 30). 

1230 Thes. erwidert “die gröfßse deines unglücks ermesse ich wol, aber 
sie berechtigt dich nicht zu deinem jetzigen handeln und planen’. der 
aufbau der stichomythie ist in dieser partie ganz besonders vortrefflich ; 
aber weil der dichter wirklich aus der seele seiner personen heraus 
redet, muls der leser sich erst in dieselbe versenken, um die gedanken- 
zusammenhänge und empfindungen zu verstehen, die sich in den ein- 
zelnen äufserlich nicht verbundenen worten um so weniger ganz aus- 
sprechen, je tiefer die personen bewegt sind. eine gute recitation kann 
solche scene mit einem schlage erläutern, ein commentar höchstens auf 
die gefahr hin pedantisch zu werden. 


250 Commentar. 


1232 τὰ ϑεῶν ist die elementare natur, sonnenlicht (an das hier zu- 
nächst gedacht ist) erde wasser u. dgl. Simonides tadelt 57 den Kle- 
bulos, dafs er von einem grabsteine ausgesagt habe, er werde so lange 
dauern, als die flüsse rinnen, die blumen blühen, sonne und mond scheinen: 
ἅπαντα γάρ ἐστι ϑεῶν ἥσσω" aber einen stein kann auch menschen- 
hand zerstören. da sind die sol das element in seiner trotz allam 
wechsel ewigen stätigkeit. in dieser bezeichnung steckt nichts von philo- 
sophie, das ist die echte ewige religion, die dem menschen eingeboren ist: 
die natur die uns umgibt ist keine seelenlose materie, und sie ist noch 
weniger etwas teuflisches: πάνεα πλήρη ϑεῶν. diese natur ist aber 
etwas absolut göttliches, das also den individualisirten götterpersönlich- 
keiten als etwas echteres gegenübersteht; darauf beruht die stärke des 
wortes der Lyssa 858, die bei jeder gelegenheit, wo man tiefer erregt ist, 
übliche anrufung von erde und sonne, darauf beruht es auch, dafs 
Prometheus in der einöde mit den elementen verkehrt. sehr schön und 
bezeichnend spricht sich der aufgeklärte aber fromme verfasser der hippo- 
kratischen schrift περὶ ἱερῆς νούσου aus; cap. 4 bestreitet er den zauber 
als gottlos, δὲ γὰρ σελήνην τὸ χαϑαιρεῖν καὶ ἥλιον ἀφανέξζειν χαὶ 
χειμῶνά τὸ χαὶ εὐδίην ποιεῖν χαὶ ὄμβρους καὶ αὐχμοὺς xal ϑάλασ- 
σαν εὔπλοον (εὔφορον vulg.) καὶ γῆν εὔφορον (ἄφορον vulg.) zei 
τἄλλα τὰ τοιουτότροπα πάντα ὑποδέχονται ἐπίστασϑαι.... δυσσε- 
βεῖν ἔμοιγε δοχέουσι καὶ ϑεοὺς οὔτε εἶναι νομίζειν οὔτ᾽ ἐόντας 
ἐσχύειν οὐδέν, οὐδὲ εἴργεσθαι ἂν οὐδενὸς τῶν ἐσχάτων ποιεῦντας 
ἕνεχά γε τῶν ϑεῶν. der zauber ist macht über das element. und 21 
αὕτη ἡ νοῦσος ἡ ἱερὴ καλεομένη ἐκ τῶν αὐτῶν προφασίων γίνεται 
ἀφ᾽ ὧν καὶ αἱ λοιπαί, ἀπὸ τῶν προσιόντων καὶ ἀπεόντων οἷον ψύ- 
χεος καὶ ἡλίου (attisch ἀλέας, aber ἡλίου steht so auch π. ἐγνυπρέων 
am ende) χαὶ πνευμάτων μεταβαλλομένων τὲ xal μηδέποτε ἀτρε- 
μιζόντων᾽" ταῦτά δ᾽ ἔστι ϑεῖα. weil aber das element göttlich ist, 
so wird es durch das unreine befleckt, sowoi das physische, die leiche, 
die wöchnerin, wie das moralische. daher die sühngebräuche, und darüber 
ist der hippokratische schriftsteller nicht erhaben; 4 am ende sagt er, 
dals es die gottheit ist, welche uns rein macht und der wir deshalb 
nicht ohne symbolische reinigung uns nahen: τὰ γοῦν μέγιστα τῶν 
ἁμαρτημάτων καὶ ἀνοσιώτατα τὸ ϑεῖόν ἐστι τὸ χαϑαῖρον καὶ ἁγνέξον 
καὶ ῥῦμα γινόμενον ἡμῖν, αὐτοί τε ὄρους τοῖσι ϑεοῖσι τῶν ἱερῶν 
χαὶ τῶν τεμενέων ἀποδείχνυμεν, οἵους ἂν μηδεὶς ὑπερβαίνῃ ἢν μὴ 
ἁγνεύῃ, ἐσιόντες τε περιρραινόμεϑα οὐχ ὡς μιαινόμενοι, ἀλλ᾽ εἴ τι 
καὶ πρότερον ἔχοιμεν (ἔχομεν vulg.) μύσος, τοῦτο ἀφαγνιούμενοι. 


vers 1232—1237. 251 


über diesen frommen aber beschränkten standpunkt erhebt sich allerdings 
erst die philosophie; oder genauer, die menschen, welchen ihre reflexion 
sagt, dals die befleckung des elementes oder der gottheit nur in unserer 
vorstellung und in unserem gewissen vorhanden ist, sind zu philoso- 
phischem denken reif. das war Euripides: aber Sophokles war es nicht, 
sondern beharrt auf dem standpunkte volkstümlicher anschauung und 
legt in folge dessen eben diese gesinnung einem frevler, dem Kreon, 
in dem mund, Ant. 1043. 

1233 ταλαίπωρε, ϑνητέ, ὧν οὐδὲν ὀιζυρώτερον ἄλλο. in diesem 
worte liegt die begründung, weswegen Theseus wenigstens die berührung 
mit dem unreinen sünder meiden soll, was er wieder mit der entsühnenden 
kraft der freundesliebe abwehrt. dafs die liebe sich über die schranken des 
γόμος in allen formen, auch den religiösen, hinwegsetzen kann und soll, 
ist dem grolsen sinne des grolsen jahrhunderts eine heilige wahrheit: 
sie wird für die gattenliebe von Euadne und der gattin des Alkmeon, 
die schwesterliebe von Antigone, von derselben später auch für die kindes- 
liebe illustriert: lauter conceptionen von Athenern dieser zeit. für die 
freundesliebe ist uns Pylades der typus; allerdings als solcher auch eine 
schöpfung des Euripides, aber doch nur als nebenperson. 

1234 Der vers ist auch für uns ein schöner spruch, so dafs man sich 
verwundert, dafs er im altertum nicht populär geworden ist. das liegt 
aber daran, dafs er die eigentlich antike anschauung so ganz durchbricht, 
φέλοι als wahlverwandte freunde sind schon ein ersatz der alten bluts- 
verwandten oder doch durch vertrag (wie ehe oder gastrecht und clientel) 
gefreundeten. und dann vererbte sich ja der ἀλάστωρ, nicht blofs 
Oedipus und Orestes, auch Perikles und Alkibiades sind zeugen dafür. 
die schönen geschichten von Euadne und Antigone, deren eben gedacht 
ist, zeugen nicht nur für die liebe, sondern auch für die ansteckende 
kraft des unheils und der sünde: also hebt sich Euripides hier weit hinaus 
über die vorstellungen seines volkes. 

1235 Die ablehnungsformel vgl. 275. “ich kann deine ansicht nicht 
teilen, aber ich danke dir dafür, und wenn du mich gemahnt hast (1228) 
das geschehene ohne murren zu tragen, so lasse ich das wenigstens von 
deiner rettung gelten”. 

1236—8 “ Allerdings hast du damit erreicht, daß ich zum entgelt jetzt 
um dein leid so viel schmerz empfinde, als ob es das meine wäre”. 
χάριεν in seiner ganzen stärke empfunden. 

1237 Her. greift οἰχτίρω auf: “ja ich verdiene und bedarf οἶχτος᾽. 
das ist ihm etwas neues. so lenkt er von der sorge um Theseus zu der 


252 Commentar. 


betrachtung seiner eigenen lage allmählich ein. es ist das erste was 
Thes. erreicht, dafs Her. überhaupt von sich spricht. 

1240 οὐρανομήκης (selbst bei Isokr. 15, 134), durn οὐρανὸν ἵχει 
u. dgl. sind von altere her gewöhnliche bezeichnungen für die grölse, 
für das ungeheure. ein besonderer beleg für die verbreitung des aus- 
druckes, auch wo er uns fremd ist, steht bei Plutarch Demetr. 21, “die 
gemälde des Apelles besitzen χάριτας, di’ ἃς οὐρανοῦ ψαύει"). aber 
die menschengröfse, die an den himmel reicht, ist auch das menschen- 
glück, Aisch. Niobe 159 οὑμὸς δὲ πότμος οὐρανῷ κυρῶν ἄνω ἔραξε 
scinteı. es liegt also ein bitteres ἦϑος in der verbindung mit δυσ- 
πραξία. die auffassung, welche etwa an eine ὑπερηφανέα denken wollte, 
die mit trotzigem haupte den himmel einstofsen möchte, ist fern zu halten, 
da sie schwerlich in älterer zeit existirt hat. so redet Synesius ep. 79 
von einem hochfahrenden menschen aloydveodal μοι δοχεῖ xal τοὺς 
ϑεοὺς τιμῆσαι" οὕτως ἀράσσει τῇ κεφαλῇ τὸν οὐρανόν, worin frei- 
lich E. Bruhn nicht ohne schein einen komischen vers findet. 

1241 Her. meint mit seinem χρατεῖν, dals er durch den tod die qual 


1) Bei Aelian V. H. 12, 41 sagt Protogenes von Apelles, wenn er die χεερουρ- 
ylas χάρες erwirbt, ὅ πόνος αὐτοῦ τοῦ οὐρανοῦ yavoeı. also dieselbe form des 
kunsturteils für eine andere pointe. vielleicht hat Protogenes das wirklich gesagt, 
jedenfalls ist das schlagwort alt. Herodas (4, 72) läfst ein weib zu einem andern 
sagen “über die lebenswahrheit des gemäldes verwundere dich nicht, dafür ist es 
von Apelles aus Ephesos (sie belehrt über den künstler, daher der volle name). 
von dem kann man nicht sagen, das eine übernahm er (εἶπε für εἶδε Drachmann), 
das andere lehnte er ab, sondern wenns ihm einfiel, machte er sich auch daran, die 
götter anzupacken (ἀλλ ei ’ni νοῦν γένοιτο, καὶ ϑεῶν ψαύειν ἠπείνετο; überliefert 
ist ᾧ᾽ πὶ νοῦν; vielleicht ist das vielmehr 8 ἐπὶ, quidquid in mentem veniebat; 
was zum vorigen gezogen werden könnte. doch stört das blofßse relativ, und das 
arge asyndeton dahinter. dr’ ἐπὲ ist auch denkbar. der infinitiv gehört natürlich zu 
beiden verba finita), wer ihn oder seine werke nicht mit dem gebührenden ent- 
zücken betrachtet — der mag gehn und sich aufbügeln lassen (der ist ein filziger 
schmieriger flausch, der zum walker geschickt werden mufs; in Thüringen schickt 
man einen solchen menschen zu den strumpfwirkern nach Apolda, mitspielt bei 
Herodas die asiatische art des räderns dr! κνάφου ἕλκειν, Herodot 1, 92”. das weib- 
lein des Herodas hat die nötige allgemeine bildung und das nötige kunstgefühl, die 
“ähnlichkeit und wahrheit” macht die kunst, und man weils den namen des künstlers 
(gott weils, ob den richtigen) und hat von dem schlagworte der kritik etwas läuten 
hören. aber aus οὐρανοῦ ψαύειν ist ϑεῶν ψαύειν geworden: Apelles ist auf den 
olymp gegangen, Aphrodite zu porträtiren, darum ist sie so ähnlich. es würde den 
poeten höchlich belustigen, wenn er erführe, dafs man auf grund seiner schwätzerin 
(trotz dem imperfect ἠττεέγετο) die lebenszeit des Apelles verrückt und das kunst- 
urteil ernst genommen hat. ähnlich läfst er seinen Battaros reinen gallimathias reden. 


vers 1240—1244. 253 


bezwingen könne, er spricht das aber mit finsterem trotze, so dafs 
Theseus versteht, er plane revolte gegen die götter, himmelssturm, um sich 
an Hera zu rächen. Seneca hat diesen gedanken aufgegriffen (quaerit ad 
superos viam sagt seine Iuno schon im prolog 74) und zu den absurdesten 
rodomontaden aufgebauscht. 

1243 αὔϑαδες (αὐτοξάδης, im asiatischen ionisch αὐτώδης) wird am 
besten dadurch erklärt, dafs es die gesinnung des Prometheus ist und wie 
ein stichwort in der tragödie des Aischylos wiederkehrt. auch Medeias 
verhängnis ist ihre αὐϑαδέα (1028). das wort ist im sophistenzeitalter, wo 
jeder “wie es ihm gefiel’ zu leben für recht hielt, gebräuchlich; Gorgias im 
Epitaphios nennt das "striete recht” αὔϑαδες δίκαιον und lälst die echten 
männer αὐθάδεις πρὸς τὸ συμφέρον (nicht darüber hinaus), εὐόργητοι 
πρὸς τὸ τιρέπον sein. dann schwindet das wort. die redner meiden es, je 
sorgfältiger sie schreiben, desto mehr, auch in der komödie nimmt es ab. 
nur Platon zeigt auch hier wieder tragische sprache, Politikos 294° ἄν- 
ϑρωπὸον αὐϑάδη καὶ ἀμαϑῆ καὶ μηδένα μηδὲν ἐῶντα ποιεῖν παρὰ 
τὴν ἑαυτοῦ τάξιν, μηδ᾽ ἐπερωτᾶν μηδένα, μηδ᾽ ἄν τι νέον ἄρα τῳ 
ξυμβαένῃ βέλτιον παρὰ τὸν λόγον ὃν αὐτὸς ἐπέταξεν. für Aristoteles 
(rhet. I 9, 1867 37) ist es nur noch die übertreibung des μεγαλοπρεπὲς 
καὶ σεμνόν, so ziemlich unser ‘selbstgefällig, hoffärtig’. in der nächsten 
generation bedeutet es schon nichts als ein äufserlich rücksichtsloses be- 
nehmen, so bei Theophrast (char. 15) und ähnlich bei Ariston von Chios. 
der alte αὐθάδης heifst jetzt αὐθέκαστος. der welcher “jedes ding bei 
seinem namen nennt’ (Ar. Lysist. 1100 αὖϑ᾽ &xaora χρὴ λέγειν) war 
dem Aristoteles noch der ehrliche mann, die mitte zwischen εἴρων und 
ἀλαζών (Nik. eth. IV 13); aber die demagogie und die rhetorik im bunde 
hatten das binnen eines menschenalters als αὐθϑαδία erscheinen lassen. 
so reden die damaligen komiker, und die atticisten wissen sich nicht zu 
helfen (Phryn. in Bekk. An. 17, 24 vgl. 462), weil eine historische ent- 
wickelung der wortbedeutung ihnen so fern lag wie den heutigen lexiko- 
graphen. ein jahrhundert nach Aristoteles definirt auf seinem lehrstuhle 
Ariston den αὐθέχαστος ganz so, dals er den hier gemeinten αὐθάδης 
trifft (bei Philodem de vitiis X. p. 26 Sauppe) ὁ δ᾽ αὐθέχαστος δι᾽ οἴησιν 
τοῦ μόνος φρονεῖν ldıoyywuovßy καὶ πειϑόμενος ἐν ἅπασι κατορ- 
ϑώσειν, ἁμαρτήσεσθαι δ᾽ ἄν ἑτέρου κρίσει προσχρήσηται, μετέχων 
δὲ καὶ ὑπερηφανίας... χἂν προσερωτήσῃ τις ὅ τι μέλλει ποιεῖν 
“οἶδ᾽ ἐγώ" λέγειν, κἂν μέμφηταί τις, ἐπιμειδιῶν “ἐμὲ 00” υ. 8. w. 

1244 ἔσχειν᾽ χατέχειν, so auch ἔχε στόμα Hik. 513. es haben 
moderne den Eurip. getadelt, weil er solch eine vulgäre wendung wie 


264 Commentar. 


“halte den mund” in das drama aufgenommen hätte — als ob er aus dem 
deutschen übersetzt hätte. im griechischen ist die wendung alles andere 
als vulgär. 

1245 Der schriftsteller vom erhabenen 40 urteilt von diesem verse, 
σφόδρα δημῶδες τὸ λεγόμενον, ἀλλὰ γέγονεν ὑψηλὸν τῇ πλάσεε 
ἀναλογοῦν (weil erfindung und ausdruck im richtigen verhältnis stehen), 
ei δ᾽ ἄλλως αὐτὸ συναρμόσεις, φανήσεταί σοι dıdrı τῆς συνϑέσεως 
ποιητὴς ὅ Εὐριπίδης μᾶλλόν ἔστιν ἢ τοῦ νοῦ. das urteil gilt nur 
vom stil und ist so weit im allgemeinen treffend, aber das beispiel ist 
nicht gut gewählt, denn der ausdruck und die wortstellung entfernen sich 
nicht von dem allereinfachsten. das liefs sich gar nicht anders sagen. 
aber den alten fiel hier etwas besonderes auf (der vers wird öfter an- 
geführt), was wir von Lessing {auf den jenes urteil völlig zutrifit), dem 
jungen Goethe, Kleist her mehr gewöhnt sind, dafs der einfachste aus- 
druck die stärkste wirkung erzielt. das hat Aristoteles eben so scharf 
erkannt wie ausgesprochen (rhet. III 2) χλέπτεταε εὖ, day τις ἐκ τῆς 
εἰωθυίας διαλέκτου ἐκλέγων συντιϑῇ. ὅπερ Εὐριπίδης ποιεῖ καὶ 
ὑπέδειξε πρῶτος. man vergleiche Soph. O.K. 1269 τῶν γὰρ ἡμαρ- 
τημένων ἄχη μὲν ἔστε προσφορὰ δ᾽ οὐκ ἔστ᾽ ἔτι: das einfache hat 
ihm nicht genügt, aber die wirkung ist deshalb nur geringer. 

1247 Jetzt begeht Her. dasselbe misverständnis wie Theseus kurz zu- 
vor. jener meint “wohin verführt dich die leidenschaft’. Her. fafst die 
frage ganz sinnlich auf und antwortet “in den Hades’. — ὅπαξ κατῆλ- 
Hov εἰς ἄδου, ἀλλ᾽ ὥστε κἀπανελϑεῖν᾽ νῦν δὲ νεκρὸς κείσομαι. 

1248 ὅ τυχὼν 6 ἐπιτυχῶὼν nennt gewöhnliche, nicht blofs attische 
rede den ersten besten. das adelt der dichter durch weglassung des 
artikels. ganz so Pindar Pyth. 4, 35 προτυχὸν ξένιον μάστευε δοῦναε. 

Der selbstmord war im 5. jahrhundert und schon früher (Semon. 1, 18) 
etwas häufiges (aber in die Dias I 34 hat ihn erst ein interpolator hinem- 
getragen), der Spartiat sogar stirbt um seine ehre nicht zu überleben, 
oft entzieht man sich durch selbstmord dem drohenden tode durch die 
hand verhafster feinde, aber auch franen nehmen gift aus verschmähter 
liebe und selbst bei sclaven kommt selbstmord vor. besser als die not- 
wendig vereinzelten historischen beispiele belehrt das spiegelbild, das die 
tragödie darbietet. Sophokles hat in den erhaltenen 7 dramen den selbst- 
ποτὰ von Haimon Eurydike Iokaste Aias Deianeira, und sein chor 
wundert sich, dafs Oidipus nicht auch sich das leben genommen hat 
(1368), Philoktet wird gewaltsam daran verhindert, bei Aischylos drohen 
nur die Danaiden unter ganz besonderen umständen mit ihrem tode an 





vers 1245—1254. 265 


geweihter stätte (465). Euripides läfst nur Phaidra Euadne lokaste 
sterben; sonst spielen aufser dem todwunden Hippolytos und dgl. vor- 
nehmlich weiber mit dem gedanken. er δ [δὲ die durchschnittsmeinung 
der zeit, die Sophokles teilt, den chor aussprechen Hek. 1107, συγγνώσϑ᾽, 
ὅταν τις κρείσσον᾽ ἢ φέρειν χαχὰ πάϑῃ, ταλαίνης ἐξαπαλλάξαι 
ζόης. aber auch da ist es ihm nur verzeihlich. das geschieht nicht 
aus dem religiösen gesichtspunkte, aus dem der staat den selbstmördern 
das ehrliche begräbnis verkümmert, wie in Theben, Aristoteles fgm. 502, 
oder gar, wie nach solonischem gesetze, ihnen die mörderhand abhackt 
(Aischines 3, 244). diese gedanken lebten wol in den kreisen der Or- 
phiker und dann bei Platon (Phaed. 61, Gesetze 873) und denen die 
ihn besser verstanden als Kleombrotos und Cato. aber Euripides denkt 
nicht 80. τὸ ἀπορεῖν ἀνδρὸς καχοῦ, das leben nimmt sich der erste 
beste, aber nicht der σοφός, es ist eine dummheit, welche die sophisten- 
zeit wie das premier empire mehr verabscheut als das verbrechen. selbst 
ein Menelaos sagt Or. 415 μὴ ϑάνατον εἴπῃς" τοῦτο μὲν γὰρ οὐ 
σοφόν. und fgm. 1070 ὅσεις δὲ λύπας φησὶ πημαένειν βροτοὺς δεῖν 
δ᾽ ἀγχονῶν τε καὶ πετρῶν dintew ἄπο, οὐκ ἐν σοφοῖσίν ἐστιν, εὐ- 
χέσϑω δ᾽ ὅμως ἄπειρος εἶναι τῆς νόσου ταύτης ἀεί"). sie wollen 
starke geister sein und den kopf kühl behalten. eine gesellschaft, die 
das individuum so hoch schätzt, opfert eher die ehre als das leben. das 
sind die verbreiteten keinesweges edlen motive: Heräkles zeigt uns freilich 
unten tiefere und wahrhaft sittliche. 

1249 μᾶλλόν ἐστι τοῦ τυχόντος τὸ Ex τοῦ ἀχινδύνου νουϑετεῖν, 
der gedanke gewöhnlich, A. Prom. 263 u. s. w. 

1250—52 Tbes. führt die ruhmestitel an, die Her. verhindern sollen 
zu handeln wie der erste beste. den contrast zu seinem jetzigen plane 
zeigt das ironische δή. 

1251 ταῦτα πέρα τοῦ μετρίου, ὥστε μηκέτι τλητὰ εἶναι, knüpft 
an πολλὰ τλάς an, wobei μοχϑεῖν in dem doppelsinn “arbeiten” und 
“leiden” für uns unnachahmlich ist. ἐν μέτρῳ wie ἐν μέτροεσι Homer 
hymn. an Herm. 47. die prosa sagt ἐμμέτρως oder μετρίως. 

1254 οὔχουν ἐάσω σ᾽ ἀφροσύνῃ τῇ σῇ ϑανεῖν sagt Achill (L A 
1430) zu Iphigeneia, die sich freiwillig aus den motiven der ehre in den 


1) “Wer meint, der kummer täte so weh, dafs man um seinetwillen sich das 
leben nehmen müfste, ist nicht weise. trotzdem wünsche er sich nicht, die erfahrung 
zu machen, die ihn seiner torheit überführe, d. h. solches leid zu erleben, wie ich ” 
es spricht also jemand in verzweifelter lage, bewulst seiner vog/a, die ihn nicht den 
tod suchen lälst wie τὸν τυχόντα. 


256 Commentar. 


tod geben will: selbst der hochsinnige teilt die anschauungen der zeit. — 
der dativ wie 235. 

1255 Der vorwurf der ἀμαϑία ist dem Her. doch so schmerzlich 
(vgl. 347), dafs er in einer längeren rede von seinen beweggründen 
rechenschaft gibt. das ist das zweite, was Thes. erreicht, denn wer mit 
gründen ficht, wird nicht mehr nach dem impulse der leidenschaft handeln. 
das moderne gefühl hat ganz recht, wenn es diese lange rede in diesem 
munde und in dieser situation anstölsig findet. der dichter hat auch 
hier seine freude an sophistik und rhetorik unbillig vorwalten lassen. 
wie es seine art ist, bezeichnet er das schaustück einer ἅμελλα λόγων 
ausdrücklich als solches; diese bezeichnung ist bei ihm fast formelhaft; 
ähnlich nur in der unter Gorgias namen überlieferten Helene 13 gı4o- 
σόφων λόγων ἁμίλλας, andere reden von σοφιστῶν dyrıloylaı, beides 
im anschluls an die älteste rhetorische terminologie, die wir fast gar 
nicht kennen. auch die disposition gibt Her. ganz scharf an. thema: 
ἀβίωτον εἶναι 1) πάλαι, beweis aus der vita ante acta, bis v. 1280 
2) vöy, denn er kann nicht leben a) in Theben b) in Argos c) noch 
sonst wo, folgt: quod erat demonstrandum 1301. 2; endlich die ἐπέλογοε. 

1256 ἀναπτύσσω von der schriftrolle auf die entwickelung durch 
worte übertragen seit A. Pers. 254. aber die construction nach δεέξω 
δηλώσω ist eine weiterbildung. — dafs das particip statt des später 
allein gebrauchten infinitives steht, ist die weise des 5. jahrhunderts, 
Ζ. Ὁ. Thuk. VII 77,7 γνῶτε ἀναγκαῖον ὄν. in der bedeutung ist kein 
unterschied. 

1258 Dafs Her. die schuld des Amphitryon auf sich vererbt glaubt, zeigt 
am deutlichsten, dals Eur. wie Herodot die vaterschaft des Zeus, obgleich 
er doch fortwährend mit ihr rechnet, als nichts materielles ansieht. hier 
wirkt das für uns ganz anstölsig, weil über den punkt sofort unter den 
voraussetzungen des mythos debattirt wird. 

ὅστις mit beziehung auf eine bestimmte person ist nicht gleich dem 
relativ, ein fehler der im nachclassischen griechisch gewöhnlich ist, sondern 
ganz scharf, “der ein solcher ist welcher’, ebenso Hipp. 943 σχέψασϑε 
δ᾽ ἐς τόνδ᾽ ὅστις... ἤσχυνε τἀμὰ λέχτρα. Ψ 48 οὐ μὰ Ζῆν᾽ ὅστις 
τε ϑεῶν ὕπατος καὶ ἄριστος" “nein bei Zeus: ich schwöre bei dem 
gotte, der der allerhöchste ist, und das ist ja Zeus’. bei Homer tut man 
recht daran, die beiden pronomina als selbständig anzusehen und danach 
zu accentuiren. 

1259 προστρόπαιος hier nur ein harter ausdruck für φεύγων διὰ 
φόνον vgl. 16 und 1161. der φόνος war ἀχούσιος, würde also nach 





vers 1255---1267. 257 


dem milderen attischen rechte nur eine befristete verbannung nach sich 
gezogen haben. 

1261 Das bild, das hier mit καταβάλλειν χρηπῖδα anhebt, kehrt in 
δῶμα ϑριγχῶσαι 1280 und αὐτοῖσιν βάϑροις 1306 durch die ganze 
rede wieder. — xenreig bedeutet nicht eigentlich das fundament, sondern 
den steinernen unterbau, auf welchem sich die lehmwand der häuser, oft 
(wie z. b. in Mantineia) der stadtmauer, oder auch die säulenstellung der 
tempel erhebt. erst übertragen bezeichnet es den dicksohligen schuh, 
auf welchem der mann fest und trocken einhergeht. zufällig tritt es 
zuerst in derselben metapher wie hier auf, Pindar ἔρτῃ, 77 ὅϑι παῖδες 
Asavalur ἐβάλοντο φαεινὰν κρητεῖδ᾽ ἐλευϑερίας. die metaphern 
und bilder aus der baukunst gehen bei den Athenern über das uns ver- 
traute und gefällige mals weit hinaus (Hipp. 469. Soph. Oinom. 433. 
im ersten canticum der Mostellaria von Plautus gröblich verzerrt): bau- 
lust und bauverstand war in dem volke des Iktinos und Philon all- 
gemein verbreitet. 

1263 Her. bezweifelt nicht die existenz des Zeus. er will nur nicht 
entscheiden, ob der Zeus, der τἀλλότρια λέχτρα δόντος οὐδενὸς λαμ- 
βάνει der rechte Zeus ist, und noch weniger, ob ein solcher Zeus auf 
seinen sohn anderes als unheil, den fluch der sünde, vererben kann. 
aus einer vermischung dieses verses und des anfanges der weisen Mela- 
nippe (481) Ζεύς, ὡς λέλεχται τῆς ἀληϑείας Örco, hat sich im altertum 
die sage gebildet, die auch heute noch geglaubt wird, Eur. habe einmal 
gesagt Ζεὺς ὅστις ὅ Zeig, οὐ γὰρ olda πλὴν λόγῳ. man versetzte 
ihn in die weise Melanippe, und da man ihn da nicht fand, so erfand man 
eine umarbeitung (Plutarch Erotik. 756°). die stellen der alten vereinigt 
von Nauck zu fgm. 480. wir können die sage aber lügen strafen, denn 
Kritias hat den echten vers in seinen Peirithoos übernommen (591) und 
Aristophanes Frösch. 1244 citirt ihn ebenfalls. 

1266 re knüpft an den durch die parenthese getrennten satz an und 
gibt seine begründung. das geschieht im archaischen griechisch ebenso 
oft durch die schwache copula re wie im lateinischen durch que, nicht 
aber weil diese partikeln plötzlich eine andere bedeutung erhielten, sondern 
weil die einfache parataxe in der alten sprache da mit einer schwachen 
verbindungspartikel eintritt, wo wir ebenfalls die parataxe, aber asynde- 
tisch haben. 

1267 Das altattische hat ein par formen (imperf. 1, und 2 aorist), die 
von einem verbum φιρέῃμε zu kommen scheinen, conjugirt wie ζημε und 
in der bedeutung identisch. man hat an eine composition {προίημὴ) ge- 

v. Wilamowitz Π. 


258 Commentar. 


dacht, die aber längst vergessen gewesen sein mülste, da man ja noch 
zwei präpositionen davor setzt. es ist noch keine wirkliche erklärung 
gefunden. 

1269 Den leib als kleid anzusehen, ist eine aus orphischen kreisen 
stammende metapher; in feierlichem ernste bei Pindar N.11,15. Empedokl. 
402 σαρχῶν χιτῶνα. bei Eur. hier und σαρχὸς ἔνδυτα Bakch. 746 nur 
periphrastisch. — das eigentlich zum genetiv gehörige adjectiv atirahirt 
wie 486. 

1272 Typhon als gegner des Herakles ist in der litteratur bis auf diese 
stelle so gut wie verschollen. er erscheint zwar bei Vergil Aen. VIII 298, 
aber nicht auf grund besonderer sage, sondern nur als ein besonders 
furchtbarer gigant. nachahmer Vergils haben dann ohne verständnis 
weiter gefabelt (M. Mayer Giganten und Titanen 217). ganz singulär 
ist die bezeichnung Typhons als τρισώματος, was die modernen fast 
mit notwendigkeit dazu verführen mulste, Geryones hinein zu bringen. 
im altertum hat man an dem adjectiv geändert, wie das von M. Mayer 
entdeckte citat lehrt, Plutarch de fort. Alex. Il 10 ποίους γὰρ Τυφῶ- 
νας ἢ πελωρίους Γίγαντας οὐκ ἀνέστησεν ἀνταγωνιστὰς ἐπ᾽ αὐτὸν 
(die Tyche auf Alexander). die überraschende bestätigung der über- 
lieferung in einem giebelrelief der burg von Athen, das zu Eur. zeiten 
bereits im schutte vergraben lag, trat gerade, während die letzten bogen 
der ersten auflage gedruckt wurden, ans licht und veranlafste mich zu 
einem nachtrage, der eher ein excurs ist. ich mufs ihn nun wol oder 
übel hier einrücken, da er gestrichen zu werden an sich nicht verdient 


Auf dem giebelrelief, das A. Brückner zuerst veröffentlicht hat 
(Athen. Mitteil. XIV taf. II III und beilage zu s. 74), sehen wir links 
Herakles eine gewaltige schlange, rechts Zeus den dreileibigen Typhon 
bekämpfen. folglich hat die sage bestanden, dafs die himmlischen xa4- 
Alvıroı “vater und sohn’ das scheußliche par Typhon und Echidns 
bezwungen haben. Euripides weicht darin ab, daß er den Typhon 
zum gegner des Herakles macht. wie die sage lautete, auf die er an- 
spielt, wo er sie her hat, das vermögen wir nicht zu ermitteln, aber 
die überlieferung seines verses ist glänzend gerechtfertigt, und es ergeben 
sich einige folgerungen für Herakles, für Typhon, und insbesondere für 
Hesiodos. 

Typhon, der vertreter der vulcane, kann hier nicht gemeint sein. 
und in der tat, wenn er ein althellenisches wesen ist, so kann er nicht 
diese bedeutung vom ursprung an haben, da es in Hellas keine vulcane 


vers 1269. 72. Nachtrag. 269 


gibt, wol aber Τυφώνεια. vielmehr haben die auswanderer unter dem 
überwältigenden eindruck der vulcane Lydiens (des epischen Kilikiens) 
im osten, des Aetna und Epomeo im westen, das wesen Typhons um- 
geformt, und diese umbildung hat das ursprüngliche verdrängt. sie tritt 
uns entgegen im Schiffskatalog und in der eindichtung der Theogonie, 
dem schlechten Typhonkampf, der sogar jünger ist als das attische relief 
(vgl. Partsch Phil. Abh. für Hertz 105). neben diesem Typhon stehn 
andere vertreter bestimmter vulcanischer berge, mögen sie alte krater sein 
oder nur centra von erdbeben, Mimas und Polybotes, und es ist nur in 
der ordnung, dafs dieser Typhon entweder mit in die reihen der Giganten 
tritt oder mit ihnen wechselt, wie mit Enkelados. nur die Theogonie des 
wirklichen Hesiodos hat die erinnerung an den echten Typhon bewahrt, 
wie sich vor allem in seiner verbindung mit Echidna zeigt. aber auch 
diese partie hat durch einschwärzung der jüngeren vorstellung gelitten, 
und da sie aufserdem von A. Meyer beanstandet ist, so muls sie erst 
gesichert und gesäubert werden, ehe sie verwandt werden kann. 

Es heilst da von Echidna, sie wäre halb schöne jungfrau, halb scheuß- 
liche schlange gewesen‘, 

301 ἔνϑα δέ οἱ σπέος ἐστὶ xarw χοΐλῃ ὑπὸ πέτρῃ 
τηλοῦ ἀπ᾽ ἀϑανάτων τε ϑεῶν ϑνητῶν τ᾿ ἀνθρώπων, 
ἔνϑ᾽ ἄρα οἱ δάσσαντο ϑεοὶ κλυτὰ δώματα valeır. 





1) 298 ἥμισυ μὲν νύμφην ἐλικώπιδα καλλιπάρῃον, ἥμεσν δ᾽ αὖτε πέλωρον 
ὄφιν δεινόν τὸ μέγαν τε [ποικέλον ὁμηστήν, ξαϑέης ὑπὸ κεύϑεσε yalns). diese 
törichte interpolation habe ich aus unachtsamkeit nicht gerügt, wo ich es hätte tun 
müssen, Isyli. 108, weil ich sie längst durchgestrichen hatte. denn der ganze zu- 
sammenhang erträgt den zweiten halbvers nicht, der zudem aus 483 stammt, aus 
eben der interpolation, die ich an jenem orte beseitigte. die füfse der schlange kann 
Hesiodos aber wahrlich nicht ®unora/ genannt haben: einen rachen haben sie wol 
in der pergamenischen gigantomachie, aber nicht in so alter zeit. übrigens ist die 
schilderung der doppelnatur 299 fertig, und jeder auch an sich erträgliche zusatz 
würde vom übel sein. die interpolation aber hat dem verfertiger des reliefs bei Zoega 
bassir. II 64 vorgelegen, der Herakles Echidna oder Hydra bezwingend darstellt, 
deren beine in schlangenköpfe auslaufen. Zoega verweist auf analoge münzdar- 
stellungen und bemerkt mit recht die seltenheit der darstellung, welche er auf die 
skythische Echidna bezieht. es wird in wahrheit Hydra wenigstens von den ver- 
fertiger der späten reliefs und sonstigen darstellungen gemeint sein, über die mittler- 
weile sehr viel mehr bekannt geworden ist, vgl. L. Urlichs Verhandl. der 40 Philo- 
logenversammlung und in den Jahrbüchern des rhein. Alt. Ver. 1894, Svoronos ’Ey. 
ἀρχ. 89, 45. aber dafs sie die Hydra so in der gestalt der hesiodischen Echidna 
bildeten, wird in einer übertragung des archaischen typus beruhen. dafs in urzeiten 
beide wesen identisch waren, ist schwerlich jemandem im altertum zum bewulstsein 
gekommen. 

17" 





260 Commentar. 


der dichter kennt den wohnsitz Echidnas nicht genau; er weils nur daf; 
er fern von allen andern wesen und im innern der erde ist. das zweite 
ist für die schlange selbstverständlich; in einer höhle hat sie auch Keto 
dem Phorkys geboren, aber diese ist im meere zu denken, da die eltern 
meerwesen sind. unbekannt aber muls der wohnsitz sein, da ja die 
götter dies scheusal verstofsen haben. dazu stimmt denn auch auf das 
trefflichste, dals es weiter geht τῇ δὲ Τυφάονα φασὶ μιγήμεναι, also 
auch diese verbindung nur ein gerücht ist, selbst die Musen künden 
nur auf hörensagen, wo das bette der unheimlichen urgewalten steht, 
dem so viele scheusale entsprossen sind. dies alles ist sehr wol überlegt; 
aber es ist allerdings schlechthin unvereinbar mit dem zwischensatze 304 
ἣ δ᾽ ἔρυτ᾽ εἰν ᾿Αρίμοισιν ὑπὸ χϑόνα λυγρὴ Ἔχιδνα, ἀϑάνατος νύμφη 
χαὶ ἀγήραος ἤματα πάντα. natürlich haben die kritiker eingesehen, 
.dals diese verse grammatisch neben den vorigen nicht bestehen können; 
aber ihre kritik ist irrgegangen, weil sie die veranlassung der einschwärzung 
nicht erkannten. wer diese verse verfalste, der meinte die zweifel des 
Hesiodos heben zu können; er kannte eben aus der jungen Typhonsage 
die heimat Echidnas bei den Arimern'). 

In der ganzen genealogie, welche von Keto und Phorkys anhebt, 
ist häufig der übergang zu einer neuen geburt blofs mit ἣ δὲ gemacht, 
und man kann einen augenblick zweifelhaft sein, wem das demonstrativ 
gilt. aber doch nur einen augenblick, und mit recht haben die alten 
sich nicht irre machen lassen. denn der zusammenhang ist klar. von 
Keto und Phorkys stammen Γραῖζαι und Γοργοῖ; unter diesen ist Medusa, 
die Perseus erschlägt; sie bringt sterbend Pegasos und Chrysaor hervor; 
Chrysaor zeugt mit Kallirrhoe den Geryones, welchen Herakles erschlägt. 


1) Dals sie später wirklich in der gegend der lydischen vulcane verehrung fand, 
zeigt Brückner in dem umsichtigen aufsatz, der seine herstellung des reliel; 
begleitet. aber da hat unhellenisches eingewirkt: denn die teufelsanbetung, d.h. 
die wendung der religion, die bösen feinde der götter sich selbst freundlich zu 
stimmen, ist zwar ein notwendiger schritt, sobald das vertrauen auf die allmscht 
der götter geschwunden ist, aber diesen schritt haben eben die Hellenen nicht getan. 
ihr weg führte sie, als die götter ihnen nicht mehr genügten, zu gott, zur phile 
sophie, oder genauer, sie machten wol auch den versuch, das hell in der offenbarung 
und theologie zu suchen, wobei sie denn auch in häfslichen aberglauben gerieten, 
aber dieses orphisch-pythagoreische treiben ist von der sonne ihrer frommen und 
unfrommen wissenschaft immer in die tiefe gebannt geblieben, so lange diese sonne 
leuchtete. bei den Orphikern findet sich dann auch Echidna als tochter des Phanes, 
und es mögen sich in dieses chaos auch traditionen der alten sage verloren habea. 


Ophion ist ein guter gatte für sie; aber der name verbietet ihn mit Typbon aus 
zugleichen, 


Nachtrag. 261 


nun geht es weiter ἣ δ᾽ ἔτεκ᾽ ἄλλο πέλωρον... Ἔχιδναν. deren 
mutter kann weder Kallirrhoe sein, die in dieses stemma ja gar nicht 
gehört, noch Medusa, deren tod schon erzählt ist, sondern ausschliels- 
lich Keto. es ist ganz natürlich, dafs zu dem im anfange des abschnittes 
genannten pare zurückgekehrt wird, nachdem ihre descendenz durch die 
T'oeyol erschöpft ist, und eben so natürlich, dafs sich an ihre tochter 
Echidna deren descendenz schliefst. sie gebiert dem Typhon zunächst 
drei von Herakles überwundene wesen, Orthos, Hydra, Kerberos, die aus- 
drücklich gezählt werden. geht es dann fort τὴν μὲν Yon»)... ἐνή- 
ρατο.. Ἡρακλέης ... ἣ δ᾽ Erexe... Χίμαιραν, 80 ist soviel sofort klar, 
dals hier zwei weibliche wesen unterschieden sind, und da das erste 
Hydra ist, kann das zweite eben nur Echidna sein'). genau ebenso wird 
das letzte glied dieser reihe, Sphinx und Löwe, angeschlossen, das also 
ebenso zu beurteilen ist. hier ist auch ein neuer vater, Orthos, genannt’). 
nun ist die descendenz Echidnas fertig, also geht es zurück zu Keto und 
Phorkys. weil diese aber allzulange vorher genannt waren, so werden 
die namen wiederholt, ihr letztes kind, der drache, welcher die goldenen 
äpfel bewacht’), aufgeführt, und dann sehr sachgemäßs mit einem zu- 
sammenfassenden verse der ganze abschnitt abgeschlossen. aber auch 
inhaltlich gehört all dieses zusammen, Chimaira mit dem Pegasos, Geryones 
mit Orthos, Hydra und Löwe, Kerberos und Drache. überschüssig könnte 
allein die Sphinx erscheinen, weil sie nur vorübergehend erwähnt wird und 
in eine andere sage gehört; aber was Hesiodos alles erwähnen mochte 
und wie genau, das ist nicht a priori zu sagen: das boeotische untier 
wird man gerade dem Boeoter nicht verübeln. formelle anstöfse, die 


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1) Das ist allerdings anstölsig, dafs die drei kinder des Typhon gezählt werden, 
und doch das nicht besonders gezählte vierte, Chimaira, demselben gehören muls, 
wie man auch im altertum angenommen hat, weil kein anderer vater erwähnt ist. 
es dürfte wol in früher zeit ein vers vor 320 ausgefallen sein, der einen vater 
nannte. die stelle ist wie die von Echidna durch einen zusatz entstellt, den man 
längst getilgt hat, weil er direkt homerische verse gibt, 323. 4. 

2) Diesen bestien darf man ruhig zutrauen, dals der sohn die mutter beschläft. 
am wenigsten wird etwas gebessert, wenn für die mutter die grofsmutter eintritt. 

3) 334. 35 ist eine corruptel, der drache ἐρεμγῆς κεύϑεσε γαίης πεέρασεν ἐν 
μεγάλοις παγχρύσεα μῆλα φυλάσσει. denn was sind πεέρατα μεγάλα, und was soll 
die doppelte ortsbestimmung? hier hat die stelle über Atlas, 518, unheil gestiftet. 
der steht πεέρασιν ἐν γαίης πρόπαρ Ἑσπερέδων λεγυφώνων. Hesiodos hatte von 
dem drachen gesagt σπεέρῃσιν μεγάλαις παγχρύσεα μῆλα φυλάσσει. er denkt sich also 
hier die äpfel nicht im garten des westens, sondern im innern der erde und zwar da, 
wo ursprünglich Atlas und Ladon zu hause sind, an ihrem mittelpunkt, vgl. zu v. 394. 


262 Commentar. 


man genommen hat, wiegen nicht schwer'): das geschlecht der Keto 
darf für Hesiodos von Askra in anspruch genommen werden. 
Hesiodos weils also von dem pare Echidna und Typhon, aber er 
berichtet nur von ihnen, dals eine reihe scheusale der sage ihre kinder 
wären. sie trägt einen durchsichtigen namen, und die bedeutung der 
schlange als vertreterin der Erde, und zwar mehr der χϑών als der γῇ 
(zu v. 1295), steht fest. Typhon aber ist als wind ausdrücklich bezeichnet, 
und seine umgestaltung zum vulcan hat nicht vermocht, den ὑβρεστὴς 
ἄνεμος überall in ὑβρεστὴς ἄνομος zu wandeln. auch die winde wohnen 
in den schlüften der erde nach griechischem glauben, und diese unstäten 
gesellen denkt man sich vielköpfig; Boreas hat ja einen doppelkopf, und 
so die windigen sophisten bei Parmenides (55) und Kratinos (Panopt 2;, 
Typhon hat hundert köpfe bei einem dithyrambiker (Arist. \Volk. 336), 
und wenn später von seiner gestalt, wie sie der giebel zeigt, nur die 
schlangen übrig geblieben sind, sowol beim falschen Hesiod wie in der 
kunst, so ist das eben wieder umgestaltung. aber wenn so Hesiodos zu 
dem relief gut stimmt, so erzählt er doch von keinem kampfe er 
konnte es nicht, denn das was das relief darstellt ist nicht eine episode, 
sondern viel eher eine dublette der titanomachie?), durch welche Hesiodos 
das regiment der götter und damit die bestehende weltordnung begründet 
denkt. denn wenn Herakles Echidna bezwingt, was ist ee anders, als in 


1) Dals unsere ausgaben noch die dative Ddoxvi und Φόρκυ neben einander 
haben, ist ihre schuld. Hesiodos sprach u, und ui steht ebenbürtig neben ai ei oi, 
mag der erste vocal lang oder kurz sein. in den casus obliqui ist das u kurz, aber 
sehr wol kann seine länge von nominativ accusativ auf diese casus übertragen sein, 
so dals man Ddpxvos für Φόρκυνος 336 setzen könnte — wenn es nötig wäre. aber 
neben dem genetiv Φόρκυνος steht der dativ Ddpxı, genau so gut wie Θέτε neben 
Θέτιδος, μάστε neben udorıyos. somit dürften alle anstößse, die Arthur Meyer an 
dieser partie genommen hat, erledigt sein. 

2) Als parallele zur gigantomachie hat sich der Typhonkampf in den nesio- 
tischen sagen entwickelt, die Pherekydes von Syros erzählte. denn sein Ophion ist 
ersichtlich ein wesen wie der Typhon des giebels. leider ist die sage nicht mehr 
kenntlich: aber sage ist es, so gut wie die hesiodische. ich traue den versuchen 
nicht, welche Pherekydes zwischen die milesischen philosophen einreihen, noch mehr 
scheint mir A. Dieterich (Abraxas 130) mit seiner skepsis über das ziel zu schielsen, 
wenn er Pherekydes für eben so trügerisch hält wie Orpheus. dafs die grammatiker 
das buch für dialektisches anführen, darunter eine so echte form wie Pi, über die 
Dieterichs entsetzen sehr übel angebracht ist (gerade die falsche Ias distrahirt, die 
echte oontrahirt) beweist, dafs es ein altes buch gab, und dafs der Syrier die 77 
χϑονία einführt, die wir aus dem mykonischen culte kennen, wiegt auch nicht leicht. 
zuzugeben ist nur, was nicht neu ist, dafs man manchmal zwischen den verschiedenen 
Pherekydes schwanken kann. 


Nachtrag. 263 


einem kampfe zusammengedrängt der teil seiner lebensaufgabe, den Pin- 
daros und Euripides ἐξημερῶσαι γαῖαν nennen? es ist das rechte 
gegenstück zu dem kampfe mit dem vertreter des meeres, der Triton, 
Acheloos, Nereus heilst. auf der erde wird so der göttliche sohn fertig; 
im luftraum braucht der himmlische vater seine donnerkeile. offenbar 
ist dabei der Typhonkampf seiner natürlichen bedeutung etwas entfremdet. 
denn die hundert häupter der windsbraut fahren alljährlich aus den 
schlüften und müssen mit blitz und donner auf die erde zurückgeworfen 
werden, damit der unbewölkte Zeus lache. tritt aber Herakles neben 
Zeus wider Typhon auf, so handelt es sich um einen entscheidenden 
kampf, auch für die weltordnung und um die herrschaft des universums. 
es ist allerdings eine parallele zu der beteiligung des Herakles an der 
gigantomachie, oder besser ein vorläufer derselben, denn Herakles ist 
unseren ältesten bildlichen darstellungen des gigantenkampfes der götter 
noch fremd. 

Wir müssen auch diese sage, so viel einfacher als das grofse epos 
der gigantomachie sie ist, zerlegen um sie zu verstehen. auch sie ist 
ein compromiss zwischen den vorstellungen der einstigen Hellenen und 
den zuwandernden Dorern. Typhon ist hellenisch ; beweis, dafs die vor den 
Dorern ausziehenden völker ihn nach dem innern von Lydien und an die 
küsten des westmeeres mitnahmen, so dafs er nur eben noch in verlorenen 
winkeln des mutterlandes nachweisbar ist. Echidna ist ein erzeugnis dori- 
scher phantasie ; den Hellenen erschien die erde nie als etwas so arges, weder 
Γῇ die mütterliche, noch selbst Χϑογνέα. wir finden denn auch Echidna, 
so selten sie ist, an peloponnesische eltern angeschlossen'), sie wird in der 
antidorischen sage von Argos dem eponymen getötet (vgl. I 62, anm. 113), 
und gebiert dem Herakles die ahnherrn der Skythen in der ersichtlich 
auf Herakleoten, also Megarer, zurückzuführenden sage bei Herodot 
(IV 8). am letzten ende ist der inhalt beider geschichten derselbe. der 
hohe himmelsgott hat den gräfslichen sturmgott bezwungen: das ist in 
dem physischen bilde, das das naturleben dem menschen bietet, die be- 
gründung der weltordnung. der gottmensch hat die scheußliche erd- 
schlange bezwungen, ἐξημέρωσε γαῖαν: ϑνατοῖς ἀκύμον᾽ ἔϑηκε βίοτον. 
beides können wir den kämpfen Indras und Thors vergleichen — ohne 
daß dadurch irgend ein gewinn für das verständnis erzielt würde. dafs 
wir aber vater und sobn vereinigt und die scheusale verdoppelt finden, ist 
ein sinnfälliger beleg dafür, dafs in den Griechen zwei völker stecken. 


1) Πεέρας, gehörig zu Πειρήν Πειρήνη Ilsipaoos, und Styx, Epimenides bei 
Pausan. VIII 18. 





264 Commentar. 


Der dichter des Dodekathlos hat den Echidnakampf mit rücksicht 
auf das lernäische local zu dem Hydrakampfe degradirt, und der über- 
wältigende einflufs seines gedichtes hat Echidna in den schatten ge- 
drängt, vgl. Is. 62. dafs sie zu Solons zeit den Athenern noch geläufig 
war, ist nicht wunderbar. aber wenn Eur. auf Typhon anspielen konnte, 
so ist sie auch damals noch nicht verschollen gewesen. und doch gibt 
es keine weitere spur in den uns erhaltenen texten: so arm sind wir 
in allem unserm reichtum. 

In der gesichtebildung des Herakles hat Brückner bewulste absicht 
des häfslichen angenommen, und ich bin ihm gefolgt. ich wollte, ich 
könnte es noch, denn ich würde mich freuen, wenn auch die kunst den 
Herakles häfslich gebildet hätte, wie ihn Pindar ὀνοτὸς ἰδέσϑαε nennt 
(vgl. I 105). es liegt merkwürdigerweise der volksphantasie gar nicht 
fern, ihre helden unansehnlich von gestalt zu denken. so sagt es der 
Alexanderroman (Ps. Kallisth. 3, 4 u. ö.), hat es die Thebais von Tydeus 
ausgeführt, manche ketzer gefallen sich darin, den irdischen leib Christi 
häfslich zu machen, und man findet dessen mehr: Herakles ist selbst 
unter die ‘däumlinge’ δάχτυλοι, aufgenommen. aber die bildung seines 
profils im Typhongiebel kann ich nicht mehr so beurteilen; namentlich 
die reste der weihgeschenke des Kroisos aus Ephesos stehen dieser bildung 
zu nahe. die alten Ionier haben von der menschengestalt für uns sehr 
wenig ansprechende vorstellungen gehabt; wir haben ja ihre bemalten vasen 
sehr lange für etruskisch gehalten. das ideal des schönen mannes und 
jünglings, das wir hellenisch nennen, ist wirklich ein erzeugnis des dori- 
schen und attischen ξηραλοιφεῖν καὶ παιδεραστεῖν. 


1273 Zu dem begriff rergaoxeAng πόλεμος (ἃ. i. πόλεμος πρὸς 
τετρασχελεῖς wie γηγενὴς μάχη Ion 987, Kykl. 5) tritt genauer be- 
stimmend χενταυροπληϑής, ἐν ᾧ πληϑύουσι χένταυροι wie γυναιχο- 
πληϑεῖς ξύλλογοι Alk. 961 (ἀνδροπλήϑεια schon A. Pers. 235). ein 
ganz barocker ausdruck, wie sie Eur, mit steigendem alter immer mehr 
sich erlaubt; das geht im dithyrambus weiter, den die mittlere komödie 
verspottet, und Aristoteles nennt solche wendungen δεϑυραμβώδη. 
ähnlich z. Ὁ. Archel. 228 μελαμβρότοιο AlYıorsldog γῆς. dafs hier 
die bestien mit solchem bombast geschildert werden, ist freilich berechtigt. 
hinzu kommt aber, dafs πόλεμον ἐξήνυσα eintritt, wo doch die accu- 
sative λέοντας Γίγαντας u. 8. w. ein einfaches χατδπολέμησα erwarten 
liefsen. dieses anakoluth erweckt den eindruck der überfülle ebenso wie 
die rhetorischen plurale, über die zu 455. 


vers 1273—1283. 265 


1274 dugpixgavos und παλιμβλαστής sind neubildungen, die erste 
kühn, da ἀμφί in zusammensetzungen meist nicht “rings” sondern “auf 
beiden seiten’ bedeutet, und so muls es auch an einer tragischen stelle 
gestanden haben, da Hesych. dupixgavov' ἀμφοτέρωθεν ἔχον κεφαλάς 
verzeichnet (was auf diese stelle zu beziehen sowol das geschlecht wie 
die bedeutung verbietet); auch ἀμφικέφαλος für ἀμφοτέρωϑεν κεφαλὰς 
ἔχων kommt vor. Eur. hat ἀμφίχρυσος Hek. 543, dupixenuvos 
Bakch. 1051, ἀμφέπυρος Hipp. 559, wo ἀμφί rings bedeutet, 

χύων 420. dadurch dafs die hydra weder in einem selbständigen satze 
noch als glied der vorigen aufzählung eingeführt wird, sondern participial 
mit dem satze verbunden, der in einem allgemeinen ausdruck alles zu- 
sammenfafst, entsteht der ausdruck der überfülle des erwähnenswerten. 

1275 μυρίων τ᾽ ἄλλων πόνων ἀγέλας διῆλϑον καὶ... ἐς νεχροὺς 
ἀφικόμην, construction wie 425. ἀγέλῃ τεόνων ist eine metapher, welche 
im altertum aufgefallen ist (Bekk. An. 336); es wäre freilich sehr albern 
sie nachzuahmen, denn die rudel der ungeheuer bringen den Her. auf 
diese metapher. Platon Ges. 694° (auf den jener grammatiker auch 
deutet) sagt vom Perserkönig, dals er σσοίμνια καὶ πρόβατα καὶ ἀγέλας 


ἀνδρῶν τε καὶ ἄλλων πολλῶν πολλὰς ἐχτᾶτο. das ist auch mit be-- 


sonderer absicht gesagt: für den barbaren sind die untertanen herdenvieh. 

1277 Audov πυλωρόν ist apposition. 

1279 Der kindermord gehört zwar nicht zu den ἐντολαὶ Εὐρυσϑέως, 
den 12 πόνοι, aber Her. rechnet ihn als den dreizehnten, weil seine 
lebensaufgabe war, den bau des elendes, zu dem der grund mit seiner 
erzeugung gelegt war, also zu krönen. er meint, statt des einganges in 
den himmel, der ihm nach vollendung der 12 versprochen war, warte 
seiner höchstens der Tartaros. — ἄτας ϑριγκῶσαι schon A. Ag. 1283. 

1281 φέλαις steht nicht in der abgegriffenen bedeutung, wie so oft seit 
Homer, wo es vom possessivum kaum verschieden ist, deshalb tritt dieses 
hinzu. die liebe des Her. zu Theben wird uns hier erst fühlbar, wo er 
es verlassen soll. — auf οὔτε Θήβαις sollte folgen οὔτε Apyeı, das zeigt 
die vorbereitende correlative negation. aber da schielst Her. der gedanke 
durch den kopf, er könnte trotz dem γόμος in Theben zu bleiben ver- 
suchen, und er zerreilst die construction, um auch diese ausflucht zu 
widerlegen. 

1283 Ahndung seines verbrechens befürchtet er nicht, aber er ist da- 
durch geächtet, dafs keiner den blutbefleckten anreden kann, ohne sich zu 
beflecken. es ist diese verfehmung, welche auch ohne richterliches urteil 
den mörder aufser landes treibt; ja, so lange das religiöse gefühl stark 


266 Conmentar. 


blieb, reichte die scheu hin, die befleckung überall hin zu tragen. Anti- 
phon 6, 4 τοσαύτην γὰρ ἀνάγχην ὁ νόμος ἔχει, ὥστε χαὶ ἦν τις 
χτείνῃ τινὰ ὧν αὐτὸς χρατεῖ χαὶ μή ἐστιν ὅ τιμωρήσων, τὸ γομιξό- 
μενον χαὶ τὸ ϑεῖον δεδιὼς ἀγγεύσει τὸ ἑαυτὸν καὶ ἀφέξεται ὧν 
εἴρηταε ἐν τῷ γόμῳ. was zu meiden war, hat der redner unmittelbar 
vorher aufgezählt, εἴργεσθαι πόλεως (der burg) ἱερῶν ἀγώνων ϑυσιῶν: 
dafür sagt Eur. ἱερόν und σ“πταγήγυρις, die die beiden letzten zusammen- 
fafst, und da er hier nur den fall bespricht, dafs Her. in Theben bliebe, 
also nur thebanische orte gemeint sind, setzt er φέλων hinzu. verboten 
waren dem besudelten bis zur reinigung natürlich alle ἑδρά. 

1287 ὑποβλέπειν, ὑπόδρα, von unten, d.i. scheel ansehen. ähn- 
liches fürchtet Sokrates, wenn er aus dem gefängnis entwiche. die 
fremden staaten ὑποβλέψουσίέ σε διαφϑορέα ἡγούμενοι τῶν γόμων 
(Kriton 53°). das wort gehört dem gewöhnlichen leben an und fehlt 
bei A.S. 

1288 xAndovgeiv heifst “schlielser sein’ und hat kein passiv. man 
verlangt den begriff ‘vertreiben’ in einem zu κέντροις passenden bild- 
lichen ausdruck. aber die heilung ist bisher vergeblich versucht. 

1290 ἀποφϑείρεσϑαι: εἰς φϑορὰν ἀπελϑεῖν. dies ist gar ein nie- 
driger, nur der komödie angehöriger ausdruck, den Her. mit absicht für 
die schimpfreden der menschen wählt. 

1294 τοῦτο συμφοράς: τὸ ἀποφϑαρῆναι γῆς. 

1295 χϑὼν und γῆ sind nicht identisch, so oft sich auch das eine für 
das andere setzen lälst. χϑών ist die öde dumpfe schauerliche tiefe, 
γῆ die lebenspendende nährerin von pflanzen und tieren. also aus der 
erdtiefe, wo grab und hölle ist, schallt die stimme, die dem Her. wehrt 
die männererde zu beschreiten. auch legte die folgende differenziirung 
des wassers die abwechselung nahe, obwol sie ganz anderer natur ist 

1296 Dem lande stellt der Hellene nicht einfach das meer entgegen, 
sondern meer und ströme. Herodot 5, 49 beschreibt die milesische land- 
karte πίναξ ἐν τῷ γῆς ἁπάσης περίοδος ἐνετέτμητο xal ϑάλασσά 
τε πᾶσα χαὶ ποταμοὶ πάντες. Theokrit. Πτολ. 91. ϑάλασσα πᾶσα 
χαὶ ala καὶ ποταμοὶ χελάδοντες ἀνάσσονται Πεολεμαίῳ. Dionysios 
beginnt seine erdbeschreibung ἀρχόμενος γαῖάν τὸ καὶ εὐρέα πόντον 
ἀείδειν καὶ ποταμοὺς πόλιάς τε καὶ ἀνδρῶν ἄχριτα φῦλα: ibm war 
die formel unverständlich. sie liegt zuerst in einer dittographie der hesio- 
dischen Theogonie vor‘), 108 ὡς τὰ πρῶτα ϑεοὶ καὶ γαῖα γένοντο 


1) Es sind 108—11 und 115, zum teil mit hilfe der überlieferung, auszusondern. 








vers 1287—1297. 267 


xal ποταμοὶ καὶ πόντος ἀπείριτος, und in seinem system stammen 
von Pontos Nereus und aus dessen verbindung mit Doris die meer- 
mädchen, die flüsse und die quellmädchen stammen dagegen von Okeanos 
und Tethys. in Boeotien ist diese anschauung nicht gewachsen, Hesiod 
muls sich auch in ärmlichster weise die namen für seinen flufßskatalog 
zusammensuchen. Griechenland hat keine schiffbaren, das leben be- 
herrschenden ströme. aber in Kleinasien, Thrakien, am Pontos und in 
Aegypten haben die Ionier gesehen, dafs die flußläufe die lebensadern 
des landes sind. die Athener der zeit des Reiches wurden andererseits 
der besonderen bedeutung inne, welche der inselreichtum des aegeischen 
meeres für ihre nation hat: da sondert sich der landbegriff in ἤπειρος 
und γῆσοι (A. Eum. 75). noch spät schildert der rhetor Aristides die 
mittlerrolle, welche inseln und ströme zwischen den elementen erde und 
wasser spielen (I p. 4 Dind.).. Vahlen (ind. lect. aest. 90, 19) hat auch 
bei Livius 29, 27, 2 terra marique amnibusque aufgezeigt: das dürfte 
eher römische formel als griechische reminiscenz sein; es ist weiterer for- 
schung wert. — μὴ περᾶν ist auch auf πηγαὶ ποταμῶν zu beziehen. 

1297 ἐν δεσμοῖσιν ἁρματήλατον. der volksglaube ist, dafs Ixion auf 
ein feurigee rad geflochten in ewigem wirbel über die erde hin durch 
die lüfte treibt. so straft Zeus das entsetzlichste verbrechen. die für uns 
mafsgebende darstellung Pindar Pyth. 2. rastlos und unstät, aber gefesselt 
an die foltern seines gewissens wird auch Her. von land zu land getrieben 
werden. Ixion ist das antike gegenbild zum ewigen juden. Euripides 
hat die sage erst nach dem Her. bearbeitet; danach berührt sie ziemlich 
oberflächlich Soph. Phil. 677. 

Zu dieser ganzen stelle hat ein antiker leser folgende parallelstelle bei- 
geschrieben. χαὶ ταῦτ᾽ ἄριστα μηδέν᾽ Ἑλλήνων ὁρᾶν, ἐν οἷσιν εὐτυ- 
χοῦντες ἦμεν ὄλβιοε᾽ χεχλημένῳ δὲ φωτὲ μακαρίῳ ποτὲ al μετα- 
βολαὶ λυπηρόν᾽ ᾧ δ᾽ αἰεὶ κακῶς ἐστ᾽, οὐδὲν ἀλγεῖ, συγγενῶς δύστηνος 
ὦν. die beiden ersten verse sind als 1298. 9, die drei letzten als 1291—93 
in den text gekommen. mit Her. haben sie nichts zu schaffen; es ist ja 
gerade die aufgabe dieser rede zu zeigen, dals er συγγενῶς δύστηνος 
ist, und es ihm deshalb immer schlecht gegangen ist. rückt man die 
verse zusammen und scheidet sie aus, so ist nicht nur ihr eigner gedanke 
gut, sondern auch aus dem zusammenhange der rede jeder anstols ent- 
fernt. die verse werden wol auch euripideisch sein, vgl. das citat aus 
dem Orestes 1338. aber wie jenes sind sie im gedächtnis dessen, der 
sie zuschrieb, entstellt. denn Euripides hat ein enklitisches wort wie 
hier ἐστί nie an den anfang eines verses gestellt. 


268 Commentar. 


1301 Die erste hälfte ist bei Eur. fast formelhaft. — οὐ χερδανῶ ζῶν, 
ἀνωφελὴς γὰρ ἔσομαι, ἐπειδὴ ἀνόσιός εἰμι. überliefert ist βίον 
ἀχρεῖον ἀνόσιον, aber der ganze gedanke geht verloren, wenn die beiden 
adjective copulirt, oder vielmehr nicht einmal copulirt stehen, von denen 
das zweite, selbst wenn es zu log palste, nur das erste begründen könnte, 

1302 Wie Pindar und der etwa von Kroton oder einer andern ite- 
lischen Achaeerstadt gestiftete helm aus Olympia IGA 123 fleetirt auch 
die tragödie Ζηνὸς Ζηνὶ Ζῆνα (den nominativ Ζήν hat Aisch. Hik. 
162, wo er fremdartig wirken soll; die Ionier hatten Ζής neben Zas 
Ζάντος), auch in chorliedern mit derselben vocalisation: das lehrt die 
beste überlieferung in der überwiegenden menge der belegstellen. die 
abweichende praxis der herausgeber, die wie gewöhnlich « vorziehen, 
ist verwerflich und grundlos,. 

1303 In bitterem contraste zu der macht der himmelskönigin lalst 
Her. sie ihre freude äufsern, wie es nur ungebildeten zukommt, sie springt 
in die höhe, wie der wächter im Agamemnon (31) Silenos im satyrspiel 
(Kykl. 156), der bote E. Hik. 719, die choreuten der komödie (z. b. Fried. 
325. Plut. 289), wie Goethes Gutweib “drei sprünge, als wär’ sie reich. 
und dafs sie mit dem modischen hohen schuh (Bakch. 638. Theokrit 
Θαλύσ. 26) dabei aufklappt, erhöht nicht nur die drastische schilderung, 
sondern erinnert den hörer an Hesiod Theog. 11 πότνεαν Ἥρην Ag- 
γεΐην χρυσέοισι πεδίλοις ἐμβεβαυΐζαν. 

1305 ἔπραξε: in prosa διέπραξε, vgl. zu 326. 

1308 Über die doppelte begründung, γυναικὸς εἵνεκα, λέχτρων φϑο- 
νοῦσα Ζηνί zu 842. 

1310 Her. kehrt zu dem gedanken zurück, von dem er ausgieng 1253 
ol δ᾽ οὐδὲν ὠφελοῦσί u’, ἀλλ᾽ Ἥρα χρατεῖ. 

1311.12. Die beiden verse, in denen die tatsache constatirt wird, 
die nur dem chore als solche bekannt ist, werden wol besser dem chore 
zugeteilt, vgl. zu 236. ganz sicher ist es aber nicht, weil der folgende 
vers ohne‘ sinn und construction ist und keine leichte heilung zuläßst. 
ist aber eine lücke anzuerkennen, so kann ein ganzer abschnitt von Theseus 
rede verloren sein. wir lesen nur noch das letzte argument, dafs Her. seine 
verschuldung zu schwer nehme; dann folgen die praktischen vorschläge des 
Theseus. die erwiderung des Her. gilt nur diesen beiden teilen, so dal 
sich über das ausgefallene mit sicherheit nicht mehr aussagen läßt, als 
dafs darin die behauptungen des Her. widerlegt wurden. dafs der wert 
der leistungen des Her. und die würde seiner heroischen lebensaufgabe 
im contraste zu dem sralaı ἀβίωτον ὄν dargelegt war, scheint aus der 


vers 1301—1321. 269 


situation zu folgen. hatte doch Theseus auch vorher mit seiner stellung 
als woltäter der welt operirt. andererseits würden wir doch nur entbehr- 
liches ergänzen, und dafs der dichter hier in rhetorischer form gesagt 
haben müsse, was die chorlieder poetisch ungleich wirksamer sagen, lälst 
sich schwerlich sicher stellen. somit schien es geraten, text und über- 
setzung ungleich zu behandeln, hier die wunde offen zu zeigen, dort 
möglichst wenig von eigner ergänzung zu geben. 

1315 Thes. bezieht sich auf das sprichwort πολλὰ ψεύδονται ἀοιδοί, 
das z. b. von Solon (fgm. 29) angeführt war. in wahrheit bezweifelt also 
schon Theseus die geschichten, auf die er anspielt. um des citates willen 
steht εἴχσερ οὐ ψευδεῖς. μή würde falsch sein, denn nicht “wenn die 
dichter nicht lügen’, sondern “wenn die dichter die wahrheit sagen’, ist 
das geforderte: aber ohne die rücksicht auf das sprichwort würde dıyev- 
δεῖς stehen. 

1317 xnAlg ist schmutz, wird aber häufiger in metaphorischem als in 
eigentlichem sinne gesagt. das denominative verbum ist im eigentlichen 
sinne einmal aus Aristoteles (460" 12) belegt, kehrt dann nur in spätester 
sprache wieder, mit persönliehem objecte, metaphorisch nie. es ist also 
ein sehr starker ausdruck, ein wort das der gebildete sonst nicht braucht, 
geadelt durch die metapher, aber mit absicht als ein entwürdigendes für 
die tat des Zeus gewählt. also wieder ein beleg dafür, dafs Eur. der 
späteren sprache vorgreift. die atticisten mögen das wort noch anderswo 
aufgegriffen haben; der gezierteste unter ihnen, Phrynichos, hat xara- 
κηλιδοῦν τὴν χωμῳδίέαν (durch ein unattisches wort) 417 Lob. er hielt 
das schmutzwort für ein schönheitspflästerchen. 

1318 Ganz ähnlich verwendet die dialektik der sünde die mythologie 
Hipp. 455, wo mit berufung auf die bücher einige göttliche fehltritte 
aufgezählt werden, ἀλλ᾽ ὅμως ἐν οὐρανῷ ναίουσι χοὺὐ φεύγουσιν 
ἐκποδὼν ϑεούς, στέργουσι δ᾽ οἶμαι συμφορᾷ νικώμενοι, σὺ δ᾽ οὐχ 
ἀνέξῃ u. 8. w. den vorwurf, dafs er seinen vater gefesselt habe, erheben 
schon die Eumeniden des Aisch. wider Zeus: aber sie erfahren herbe 
zurechtweisung, trotzdem die tatsache zugegeben wird. Aisch. vermag 
es die sittlichkeit der götter zu wahren, indem er die sage vertieft ohne 
sie doch aufzugeben. Eur. muls die sage und mit ihr eigentlich auch 
die götter preis geben, um die sittlichkeit zu erhalten. 

1321 ὑπέρφευ" ὑπερβαλλόντως, ἐχπληχτιχῶς᾽ τὸ γὰρ φεῦ ἐπὶ 
ἐχτελήξεως κεῖται Bekk. An. 69. das wort hat Aisch. gebildet, und er 
erklärt eu Ag. 378, indem er es überbietet, φλεόντων δωμάτων ὑπέρφευ, 
ὑπὲρ τὸ βέλτιστον. 


270 Commentar. 


1323 μὲν οὖν leitet von dem allgemeinen teile zu dem concreten vor- 
schlage über. τοῦ νόμου, um jenes νόμος willen, dessen macht zu 1282 
geschildert ist. für Thes. ist diese macht keine innerlich berechtigte, 
sondern eine conventionelle, über welche er sich hinweggesetzt. so sieht 
man wie γόμου χάριεν allmählich zu der bedeutung “um der form genug 
zu tun dicis causa geworden ist. ähnlich hat sich ἀφοσιοῦϑαι ent 
wickelt. 

1326 Die belobnung verdienter männer durch gemeindeland wird von 
Homer öfter erwähnt (I 576 Z 194, danach /M 313 Y 184); sie ist wahr- 
scheinlich ein wesentlicher factor gewesen, welcher auf die bildung von 
privatem grundeigentume geführt hat. dieselbe praxis galt aber in Athen 
noch in historischer zeit, gleich nach den Perserkriegen (Herod. 8, 11) 
und am ende des archidamischen (Plutarch. Arist. 27). die überlassung 
der Onoeia an Herakles setzt Eur. natürlich als bekannt voraus; sie war 
allgemeiner glaube und ist es geblieben; vgl. Is. 110. 

1327 ταῦρον Κνώσιον ist gleich Mlvw ταῦρον. ἸΠινώταυρος als 
ein wort (Catull 64, 79 im versausgange) ist vielleicht überhaupt nicht 
griechisch, sicher nicht alt. die schale des Aison (Ant. Denkm. Π 1) 
schreibt neben das bild des stiermenschen blofs Mivw: den stier sieht 
man. der gedanke ist fern zu halten, dafs Eur. an die stelle des fabel- 
wesens einen stier gesetzt hätte. er hatte in den Kretern gewagt selbst 
die geburt des zwitterwesens zu behandeln und hätte hier nicht mit einen 
worte eine rationalistische umbildung verständlich machen können. 
übrigens hat der rationalismus nicht einen stier, sondern einen menschen 
namens Stier eingeführt. 

1331 ϑανόντα ist nicht etwa aus dem folgenden satze attrahirt, so dals 
ὅταν ϑανὼν ἐς Aıdov μόλῃς zu verstehen wäre, denn Eur. sagt auch 
ζῶν καὶ ϑανών, ὅταν ϑάνῃς Herakl. 320. uns klingt das tauto- 
logisch; es ist aber ein gewisser euphemismus: man will die zweite even- 
tualität deutlich als eine zunächst nicht praktische bezeichnen: wir 
können mit einem adverbium nachhelfen, “wenn du einmal gestorben 
sein wirst’. 

1332 Eur. läfst Theseus undeutlich reden, weil er jetzt nur von totencult 
reden kann (Adıya ἐξογκώματα sind dann das grab, vgl. Orest. 402), 
während tatsächlich die göttliche verehrung des Her. in tempeln be 
zeichnet wird, | 

1333 τίμιον γεραίρειν Hik. 553, rluov εἶναι = τιμᾶσθαι An- 
dromed. 136. ἀνάγειν eigentlich zu verstehen “emporheben’ τὸ ἀγάγῃ 
ἀντὶ τοῦ αὔξῃ schol, Pind. Pyth. 5, 1. dynyuevov: ἠυξημένον Hesych. 


vers 1323—1344. 271 


Suid. ὑψηλὸν αἴρειν Heraklid. 322 und ähnliches oft. τιμεώτερον 
ἄγειν Thuk. 8, 81, ἄτιμον ἄγειν u. dgl. ist anders gemeint, da ist ἄγειν 
einem ἡγεῖσϑαι ähnlich. für das vorliegende ist wol nur zufällig keine 
genaue parallelstelle gefunden. 

1334 στέφανος ‘preis Hik. 315. Antiop. 219 (von den modernen 
abscheulich verdorben) χόσμος δὲ σιγῆς στέφανος ἀνδρὸς οὐ καχοῦ. 
zu schweigen ist χόσμεον; γυναιξὶ χόσμον ἡ σιγὴ φέρει sagt Aias bei 
Soph. Eur. sagt, dals für einen gebildeten mann dieser schmuck des 
schweigens ein ruhmestitel ist, mögen die ungebildeten es auch für γυναι- 
κῶδες oder δουλοπρεττές halten. — Ἑλλήνων ὕπο weil εὐχλείας τυχεῖν 
passivisch empfunden wird gleich ἐπαινγεϑῆναι. 

1338. 39 Orestes 667 ὅταν δ᾽ ὅ δαέίμιων εὖ διδῷ, τί dei φίλων ἀρχεῖ 
γὰρ αὐτὸς ὅ ϑεὸς ὠφελεῖν ϑέλων. das hat in dem gedächtnis des 
lesers, der es hier beigeschrieben hat, die gestalt angenommen ϑεοὶ δ᾽ 
ὅταν τιμῶσιν οὐδὲν δεῖ φίλων, ἅλις γὰρ ὅ ϑεὸς ὠφελῶν, ὅταν ϑέλῃ. 
auch hier mit einem verstofse gegen Euripides metrik, der das wortende 
im spondeischen fünften fulse selbst bei οὐδὲν meidet. 

1340 Her. ist jetzt mit sich im reinen. der seufzer οἴμοι gilt den 
widerwillen, dals er sich noch mit allgemeinen fragen abgeben muls. 
denn was fragt der unglückliche nach allen metaphysischen problemen ; 
sie sind ihm “nebensache’. Orestes auf dem wege des todes beantwortet 
der priesterin ihre fragen ὡς ἐν παρέργῳ τῆς ἐμῆς δυσπραξίας (LT. 
514), den ausdruck haben Eurip. und Agathon (11) aus der ionischen 
rhetorik und epideixis aufgenommen. Hippokrates σσερὲ φυσῶν (eines 
der vortrefflichsten stücke dieser epideixis) schliefst die einleitung ταῦτα 
μὲν οὖν ἐν παρέργῳ τοῦ λόγου τοῦ μέλλοντος εἴρηται. Zur. nennt 
eine seiner personen, die statt auf das concrete loszugehen lauter all- 
gemeine probleme aufwirft, σπταρεργάτης λόγων (Hik. 426). auch bei 
Platon in dem dialoge, der die sophistische technik besonders persifflirt, 
kehrt das spiel mit πάρεργον wieder, Euthyd. 273°. 

Die partikeln μὲν — δὲ zeigen, dafs eine leichte brachylogie die sätze 
zusammengezogen hat, die eigentlich lauten sollten, πάρεργα μέν, λέξω 
δέ, νομίζω γάρ. 

1848 ἀξιοῦν ist in der alten sprache immer ἄξεον ἡγεῖσθαι; so steht 
es auch mit δεικαεοῦν. namentlich bei Thuk. und Antiphon darf man das 
nie vergessen. das ergibt gemäls der bedeutung des adjectivs verschiedene 
nuancen der bedeutung; hier οὐ xara τὴν τῶν ϑεῶν ἀξίαν εἶναι Nyn-. 
σάμην. 

1344 Dieser vers steht nach, weil er eine neue negation hinzufügt, die 


272 Commentar. 


noch zu den vor dem alles regierenden verbum ‚rocapitulirten behaup- 
tungen des Theseus hinzugefügt wird. 

1345 ὀρϑῶς: zu 56. dies ist hier durch antike citate erhalten, die 
hdschr. hat ὄντως im sinne der späteren begriffsphilosophie, vgl. 620. 

1346 δύστηνος tristis in den verschiedenen bedeutungen des wortes 
bis zu der italienischen hin. ἄϑλια καὶ δεινὰ καὶ δύστηνα 8. OT. 
790. δύστηνα λογάρια nennt Demosthenes eine kraftstelle des aischi- 
neischen pathos 19, 255. E. Aiol. 36 “wer die weiber nicht schilt, dv- 
ornvos ἄρα κοὺ σοφὸς κεκλήσεται᾽. δύστηνος κάκα gehört Hipp. 164 
zu den symptomen der schwangerschaft. δύστηνος ist Hik. 362 wer 
sich nicht für seine eltern plagt, “denn es lohnt sich durch die ver- 
geltung der kinder”. τυφλόν γε καὶ δύστηνον ἔστιν ἡ τύχῃ Menander 
IV 195 Mein. (welchen hübschen vers man aus verkennung dieses sprach- 
gebrauchs ändern will). die anrede ὦ δύστηνε ist in der komödie ge- 
wöhnlich und bezeichnet einen der aus dummheit oder ungeschicklich- 
keit seine sache selbst verdirbt, ganz wie die τύχῃ bei Menander und 
hier die homerische theologie. 

Die polemik gegen die Jeol ἀνθρωποπαϑεῖς und die praecisinung 
eines geläuterten gottesbegriffes klingt der polemik christlicher apologeten 
(die sich diese stelle auch nicht haben entgehen lassen) und neutestament- 
lichen stellen ähnlich, insbesondere die bedürfnislosigkeit der gottheit 
ist Act. ap. 17,25 ganz ähnlich ausgesprochen, οὐδὲ ὑπὸ χειρῶν ἀγϑρω- 
πένων ϑεραπεύεται δεόμενός τινος. das hat äufserlich seinen grund 
darin, dafs die apologeten und ebenso jene einlage der Apostelgeschichte 
(des Paulus predigt auf dem Areopag) von der philosophischen predigt der 
Hellenen abhängig sind: und selbst ein sehr untergeordneter geist hat zu 
Euripides zeit dasselbe in Athen gepredigt, der sophist Antiphon in der 
᾿4λήϑεια, 98 Spp.: (die gottheit) οὐδενὸς δεῖται οὐδὲ προσδέχεται 
οὐδενός τι, ἀλλ᾽ ἄπειρος καὶ ἀδέητος. sodann aber ist die überein- 
stimmung nur in der negation vorhanden. denn das christentum hat seine 
lebendige kraft durch den glauben an einen persönlichen gott, der durch 
dies praedicat mehr oder minder die ἀνθϑρωποπάϑεια erhalten muls: der 
gott des Euripides und der philosophie, welche er wiedergibt, ist ἄπειρος, 
also unpersönlich, und kann zu keiner menschenseele in ein persönliches 
verhältnis treten. auch für ihn gilt, was Her. wider die ϑεοὶ aydgw- 
ποπαϑεῖς sagt: τοιούτῳ ϑεῷ τίς ἂν προσεύχοιτο. es ist aber der 
hier ausgeführte gottesbegriff der des Xenophanes, und die ganze stelle 
paraphrasirt verse des grofsen monotheisten. allbekannt ist seine polemik 
wider die dichter οὗ πλεῖστ᾽ ἐφϑέγξαντο ϑεῶν ἀϑεμίστια ἔργα κλέ- 


vers 1345—1353. 273 


TTTELIV μοιχεύειν τε xal ἀλλήλους ἀπατεύειν (bei Bextus Emp. adv. 
gramm. 289); das folgende ist nur in einer paraphrase erhalten drro- 
φαένεται καὶ περὶ ϑεῶν ὡς οὐδεμιᾶς ἡγεμονίας ἐν αὐτοῖς οὔσης" 
οὐ γὰρ ὅσιον δεσπόξεσθϑαέ τινα τῶν ϑεῶν, ἐπιδεῖσθαί τε μηδενὸς 
αὐτῶν μηδένα μηδόλως (Ps. Plutarch bei Diels doxogr. 580). Eur. 
hat auch im Autolykos verse des Xenophanes nachgebildet, wie schon 
im altertume bemerkt worden ist. 

1348 ἐχλιπών hat nicht die bedeutung des praeteritums, sondern es 
steht das particip des aorists, weil ὄφλω aorist ist, z. Ὁ. Hik. 302 μὴ 
σφαλῇς ἀτιμάσας, du irrst dadurch, dafs du verachtest. A. Sieb. 754 
σπείρας... ἔτλα, er wagte zu zeugen. vgl. 532. 

1351 ἐγκαρτερεῖν Javarov “dem tode trotzen’ steht Androm. 262. 
auch hier ist ἐγχαρτερήσω ϑάνατον überliefert; man hat das verbum 
geändert, um es dem vorigen satze unterzuordnen. allein dann wird der 
anschlufs des nächsten satzes unklar, und man vermilst in der ganzen 
rede die praecise äufserung des entschlusses zu leben, von dem die 
übersiedelung nach Athen nur die ausführung ist. somit war Javaroy 
in βίοτον zu ändern. das ist kein schreibfehler: da hat vielmehr die 
gemeine menschenansicht geändert, die es zwar für schwer hält zu sterben, 
aber nicht begreift, dafs zu leben unendlich viel schwerer ist. 

1353 ἀλλὰ καίπερ μηδέποτε δαχρύσας ἐπὶ μηδενὶ ἐκείνων τῶν 
πόνων ὧν ὑπέστην νῦν εἰς τοῦτο βεβίασμαι ὑπὸ τῆς τύχης ὥστε 
δϑαχρῦσαι. dies ist der gedanke, den Her. hat, als er mit einer adver- 
sativpartikel fortfährt. da drängt sich der eigentlich subjungirte teil vor, 
was durch den äufßserlichen anschlufs des μυρίαν xagıy motivirt ist. 
an ihn lehnt sich relativisch ὧν οὔτ᾽ ἀπεῖπον οὐδέν᾽ οὔτ᾽ ἀπ᾽ ὀμμά- 
των ἔσταξα πηγάς, und nun wird notwendig, dals das adversative in 
einem neuen satze (γῦν δέ) zu seinem rechte kommt. die erklärung 
muls mit dem tiefen affecte des redenden rechnen, dem logische strenge 
übel anstehen würde. — ein bescheidenes δή, das die σεόγνοι als bekannt 
bezeichnet, genügt jetzt gegenüber der pomphaften aufzählung in der 
früheren rede. γεύεσθαι in dieser übertragung ist Eur. geläufig; es ist 
nicht vornehme metapher, sondern volkstümlich, denn die komödie hat 
es. in χαχῶν ἄγευστος αἰών (8. Ant. 582) ist der ausdruck tragisch 
geadelt, und ἐμπύρων ἐγευόμην 8. Aut. 1005 ist vollends anders, tropus 
für πειρᾶσθαι. aber Sophokles Tr. 1101 hat eben diesen vers seinem 
Herakles in den mund gelegt ἄλλων τε μόχϑων μυρέων &yevoaunv. 
das erste weinen hat er mit der häfslichen wendung ὥστε παρϑένος 


βέβρυχα κλαίων überbieten wollen. hübsch läfst ein guter dichter des 
v. Wilamowitz II. 18 





274 Commentar. 


2. jahrhunderts (vielleicht Alkaios von Messene, Kaibel epigr. 790) den 
Her. die ersten tränen wegen eines gefallenen lieblings vergielsen. παρ᾽ 
ὄσσων οὐ πάρος δεδευμένων.... ἦλθε δάκρυ καὶ γοηρὸν Tayer 
(und das har) ἐσχύϑιξε φασγάνῳ: das ist die spielende kleinmalerei 
der hellenistischen poesie, hier die grofse menschliche einfalt Athens. 

1357 δουλεύειν bitter für "gehorchen’. die κένερα Ἥρας (20) sind 
mythos: so bleibt also die andere alternative τοῦ χρεὼν μέτα. der 
mensch soll aber nicht wider den stachel löcken (1228): gehorchen muls 
er ja doch. — der vers gilt nicht blofs dem zwange der ersten tränen, 
sondern dem des unglücks überhaupt. diesen vers hat der Kyniker 
überbieten wollen, der den sterbenden Herakles zu der ἀρετὴ sagen ließ 
σὺ ἄρ᾽ ἐδούλευσας τύχῃ, adesp. 374. 

1358 εζέν, "nun denn’. der entschlußs ist gefafst: nun müssen seine 
consequenzen gezogen werden. 

1360 vexgovg praedicativ zu περέστειλον. das hysteron proteron ist 
echt griechisch, zuerst das wesentliche, die bestattung, dann die vor- 
bereitenden nebenumstände, 

1361 τιμᾶν ist das eigentliche wort für totencult, noch in später prosa 
häufig in dieser praegnanten bedeutung. um so bitterer ist der be- 
schränkende zusatz δαχρύοισι. der vater darf die kinder nicht bestatten, 
der grofsvater hat nichts als tränen. 

1362 Gretchen “und das kleine mir an die rechte brust: niemand wird 
sonst mehr bei mir liegen”. man kann in der antiken poesie lange 
suchen, ehe man solchen zug wiederfindet: dafür treten die grabsteine 
ein, welche des lebens εὔχολος xoırwvla darstellen. 

1363 xoıwwvla bedeutet nicht wie gewöhnlich und wie 1377 den zu- 
stand des xosrwveiv, denn die gemeinschaft Megaras mit ihren kindern 
hat Her. nicht zerstört. sondern das abstractum ist collectivisch zu ver- 
stehen wie ξυμμαχία “die bundesgenossenschaft’, δουλεία “die sclaven- 
schaft” u. dgl. m. dafs diese bedeutung später nicht vorkommt, liegt 
daran, dals τὸ xoımdv für sie allgemein geworden ist. 

1366 ψυχὴν βιάζου "zwinge dich zum leben’, nicht etwa “tue deiner 
seele (also deinem willen) gewalt an’. Tro. 1171 wird zu einem kinde, 
das noch ehe es zum bewulstsein der güter dieser welt kommen konnte ge- 
storben ist, gesagt ἐδὼν γνοὺς τὸ τῇ ψυχῆ οὐχ οἶσϑα. d.h. im leben, in der 
animalischen existenz hast du sie gekannt, bei Homer, ψυχὴ δ᾽ ἐχ ῥεϑέων 
ἔπτατο, ist sie auch nur das leben. ψυχῆς ἀφειδεῖν, ψυχῆς ὠνεῖσϑαι 
(Heraklit 103) zeigt denselben nie ausgestorbenen gebrauch. Plat. Staat 
353° τί δ᾽ αὖ τὸ ζῆν; ψυχῆς φήσομεν ἔργον εἶναι. der infinitiv 


vers 1357—1381. 275 


συμφέρειν steht also epexegetisch, d. h. er gibt das ziel an, auf welches 
die actio verbi in ψυχὴν βιάζου hinstrebt. 

1367 Man kann sich die nächsten versreihen nur 80 gesprochen denken, 
dafs Her. aufsteht, an die leichen einzeln herantritt um abschied zu 
nehmen, und dann seine waffen, bogen und keule, aufnimmt. da er nun 
von Thes. 1394 wieder zum aufstehen aufgefordert wird, so hat der dichter 
implicite vorgeschrieben, dals Her. vom schmerze überwältigt am schlusse 
seiner rede zusammenbricht. ist so die bewegung dem schauspieler vor- 
geschrieben, so gibt ihm die durchgehende anapher des wortes ἄϑλιος 
(zuerst 1365) die entscheidende weisung für die recitation. 

Da rixreıv auch vom manne ganz gewöhnlich gesagt wird, so kann 
die tragödie das verwandtschaftsverhältnis durch tautologischen ausdruck 
besonders stark bezeichnen. wie bier, auch Hik. 1092 φυτεύσας καὶ 
τεχὼν νεανίαν (so zu schreiben). A. Choeph. 329 πατέρων καὶ Texor- 
των, ähnlich 8. El. 12 ὁμαίμου καὶ κασιγνήτης. 

1368 ὠνάμην verbieten die atticisten (Phrynichus p. u Lob.), es ist 
aber durch eine attische inschrift (CIA I 494) bestätigt, und offenbar steht 
Hipp. 517 ὀνάσϑαι μὴ uadelv, 718 εὐκλεᾶ παισὶ προσϑεῖναι βίον, 
αὐτή τ᾽ ὀνάσϑαι derselbe aorist, obgleich ὄνασθαι überliefert ist. so 
wird auch bei Platon Staat 528 εἰ τίς τε δύναιτο ἀπ᾽ αὐτῶν ὀνάσϑαι 
zu betonen sein. Platon hat zwar sonst das ionische ὠγήμην, aber bei 
Eur. Alk. 335 kann ὠνήμεϑα perfect sein. 

1369 εὔχλεια βίου wie 1152 δύσχλεια B. und in einem attischen 
epigramm 29 Kaib. er denkt nicht an die arbeit für ihr irdisches wol, 
an die Megara 461 erinnert, sondern an den segen der eltern, der 
den kindern häuser baut. das gegenteil, den fluch der elternschande, 
führt Phaidra ergreifend aus Hipp. 424. 

1373 Von Sophokles Tr. 542 aufgenommen und umgebildet, wo Deia- 
neira, der H. eine kebse ins haus bringt, sagt τοιάδ᾽ Ἡραχλῆς... 
οἰχούρι᾽ εἰσέπεμψε τοῦ πολλοῦ χρόνου. 

1381 παιδοχτόνους σούς: das adjectiv gehört nur zu dem ersten teile 
des compositums; es ist eine attraction ähnlich der zu τἀμὰ πεδία γῆς 
468 erläuterten. uns mag es seltsam anmuten, dals Her. den mord 
scheinbar auf die waffen abwälzt, weil er ihn ἄχων begangen hat. aber 
wie sehr sie für ihn leben, zeigt auch 1099, und dieselbe anschauung 
lebt in der δίκη ἀψύχων. wie die phylenkönige am prytaneion über 
die ὄργανα zu gericht salsen, die einen ἄδηλος φόνος begangen hatten, 
so ward alljährlich das beil verurteilt, mit dem der Thaulonide an den 
Dissien den stier geopfert hatte, und debattirte Protagoras mit Perikles 

18" 


276 Commentar. 


in dem rechtsfalle, den Antiphon in der zweiten tetralogie behandelt, ob 
nicht der speer ἀχουσίου φόνου αἴτιος wäre (Plut. Per. 36). deshalb 
ist es keine leere redensart, wenn Her. diese “mörder seiner kinder’ zu 
berühren sich scheut, und es ist so wenig eine rhetorische figur, dals sie 
reden, wie dals χϑὼν φωνὴν Naeı 1295. 

ὠλένη für χείρ zu brauchen ist eine speciell euripideische katachrexe, 
die nur Lykophron mit freuden aufgenommen hat, χείρ hat dagegen den 
ganzen arm ursprünglich mit einbegriffen. 

1382 τί φάσκων; in prosa ἐπὶ τένε προφάσει. 

1386 Die erwähnung der feinde führt Her. darauf, dals er seines dienstes 
bei Eurystheus noch gar nicht einmal wirklich ledig ist. auch dazu 
bedarf er der freundeshilfe. 

ἄγριος heilst der höllenhund wie die kentauren 364 und der löwe 1211. 
das wort hat eine viel stärkere bedeutung als unser ‘wild’; es ist der 
gegensatz von ἥμερος, 80 in ἀγρεέλαεος u. dgl. die culturlosen menschen 
nennt Pherekrates Aygıoı. Aristoteles (Pol. 4 2) nennt den menschen 
ohne ἀρετὴ das wildeste tier ἀνοσεώτατον καὶ ἀγρεώτατον. besonders 
hübsch ist das spiel Anakreons (1), der Artemis anredet ἀγρέων δέσποινα 
ϑηρῶν und dann sagt, dals sie auf die Magneten gern herabschaue, οὐ 
γὰρ ἀνημέρους ποιμαένεις πολιήτας, weil in der tat Artemis zwar 
das wild im walde beschirmt, aber zugleich an den märkten thronend 
die städtische cultur (Kallim, an Art. 12). in all diesem ist ἄγρεος ganz 
gleich ἀνήμερος. die ableitung von &yoog ist so sehr verdrängt, dafs 
dafür dypeiog neu gebildet werden mufste. aber die dichter bezeichnen 
gern die wesen, welche in dem ἥμερος βίος, dem leben, das wir kennen, 
nicht vorkommen können, als ἄγρεα, wo die bedeutung einem “ungeheuer’ 
ähnlich wird. so ist die delphische schlange (Homer hymn. an Apoll. 302) 
und der trozenische stier ἄγριον τέρας (Hipp. 1214), so die giganten 
(n 206): so dann auch die kentauren und der höllenhund. dafs Her. dem 
ungetüm, das er doch bezwungen hat, ein solches beiwort gibt, ist für 
die veränderung seiner stimmung überaus bezeichnend. überliefert ist 
sinnlos ἀϑλίου, was man in ἀϑλίῳ ändert: aber dann muls man wider 
die verskunst des Euripides vor dem letzten fußße interpungiren. vgl. 
zu 280. auch reicht das blofßse χύων ohne artikel für den Kerberos 
nicht aus, 

1387 συγχατάστησον μολών: die praeposition gilt für das zugesetzie 
particip mit, "begleitend’. — xouıorga singulär für κομιδή, gemeinig- 
lich ist es die bezahlung für das κομέζειν. ähnlich λύτρον düreor 
σῴῷστρον. aber das letzte buch der Ilias heilst “Exropog λύερα “Hektors 








vers 1382—1401. 277 


lösung’. auch in dem grofsen gesetze von Gortyn (3, 37) ist die des näheren 
unbekannte bedeutung (schenkung beim χομέζεσθϑαι, der hochzeit) hier- 
aus entwickelt. 

1390 τάφος "begräbnis’ bomerisch (letzter vers der Ilias mit schol.), 
attisch das grab. dem homerischen gebrauche folgt auch S. OT. 1447. 
die Athener sagen ταφαί, was wiederum bei Ioniern grab bedeutet 
Herodot. 5, 63. 

1391 Er ordnet sein eigenes begräbnis mit an: für Theben ist er tot, 
so falst es auch der chor 1427, dem diese anrede zunächst gilt. — ἐγὲ 
λόγῳ ἅπαντας ‘alle unter einem begriffe, in einem atem’. oft so bei 
Platon, ähnliches bei Hippokrates, d. h. die quelle des ausdrucks ist die 
wissenschaftliche ionische prosa. natürlich fehlt dieser gebrauch bei den 
beiden andern tragikern. 

1393 ἄϑλιοι yeyeriueda, ἐπειδὴ πάντες ὑφ᾽ Ἥρας ἐπλήγημεν. 

1394 Es war intendirt ἀνέστασο μηδὲ δαχρύσῃς περιττότερον; 
δαχρύων δ᾽ ἅλις tritt dafür als das schonendere ein. aber die adversativ- 
partikel ist nur durch dieses umspringen der rede herbeigeführt. 

1396 Hier ist nicht γάρ durch poetische freiheit von seinem zweiten 
platze im satze gerückt, sondern χαὲὶ γὰρ τοὺς σϑένοντας würde einen 
falschen sinn geben. xal ist intensiv und von dem begriffe den es 
intendirt nicht zu trennen. der gedanke den Theseus mit γάρ begründet 
ist ‘ich begreife deine lähmung”. 

1397 Das erstarren, eben noch ganz sinnlich von der unfähigkeit die 
glieder zu regieren gesagt, legt dem Griechen den gedanken der unem- 
pfindlichkeit um so näher, als er λέϑος als sprüchwörtliches bild für 
teilnahmlosigkeit verwendet (2 611 mit schol, Theokrit Xöu. 18). wir 
modernen sind geneigt bei solchem ausdruck an Niobe zu denken, die 
vor schmerz zu stein ward, allein man hat sich vor dieser keinesweges 
ursprünglichen oder richtigen auffassung der sage zu hüten. Niobe ist 
das bild ewiger trauer (Soph. Ant. 824 und danach EI. 150), nicht weil 
sie ganz stein ist; das würde für den Griechen einen widersinn geben, 
sondern weil sie ewig weint. Shakespeare hat recht ‘wie Niobe ganz 
tränen”. 

1399 Her. steht auf, geht auf Thes. zu, will ihm die hand reichen, da 
sieht er das blut daran kleben, und der physische ekel überkommt ihn. 
an die metaphorische übertragung der blutschuld (1233) ist nicht mehr 
zu denken. 

1401 Wortspiel mit παῖς, das sohn und sclave bedeutet. vgl. die 
ähnliche situation Or. 221. 


278 Commentar. 


1403 διδόναι in allen möglichen verbindungen statt bezeichnender 
verba ist ein euripideischer idiotismus El. 678 Γαῖα χεῖρας ἡ δίδωμ᾽ 
ἐμᾶς, 1. A. 1221 γόνασι σοῖσι σῶμα δοὺς ἐμόν, Bakch. 621 χείλεσιν 
διδοὺς ὀδόντας, Or. 42 οὐ λούτρ᾽ ἔδωχε χρωτί u. dgl. m. 

1404 ζεῦγος ganz eigentlich. Her. schlingt seinen arm um den nacken 
des freundes, und vergleicht diese gruppe mit einem gespann ungleicher 
zugtiere, von denen das stärkere auch die last des gefährten ziehen muls. 
dies kann aber zu dem lobe des Thes, welches der folgende vers aus- 
spricht, keine veranlassung gegeben haben, und überdies ist in ihm zouw»de 
beziehungslos. folglich ist ein vers ausgefallen, in welchem Theseus dieses 
misverhältnis irgendwie auszugleichen versprach. also etwa ἀλλ᾽ εὐτυ- 
χήσεις μεταλαβὼν ἐμῶν καλῶν. 

1405 Die beistimmung zu einem allgemeinen lobe Athens erweitert. 

1407 ὡς δή ironisch, A. Ag. 1633 ὡς δὴ σύ μοε τύραννος ἔσῃ. 
E. Andr. 594 ὡς δὴ γυναῖχα σώφρον᾽ ἐν δόμοις ἔχων. 8. OK. 809 
ὡς δὴ σὺ βραχέα λέγεις. Plat. Euthyd. 293° ὡς δή, εἴπερ ὃν ἐπί- 
σταμαι, ἅπαντα ἐπίσταμαι --- φίλτρον, seiner ableitung nach das 
womit man φελεῖν bewirkt, ist vor Eur. nur liebeszauber. er wendet es 
im weitesten sinne an, und ihm folgt die spätere praxis der dichter. 
Androm. 540 σοὶ οὐδὲν ἔχω φίλτρον “ich stehe zu dir in keiner liebe 
bewirkenden beziehung”. Alkmene 103 δεινόν τε τέκνων φίλτρον, 
Danae 323 fürchtet Akrisios die liebkosungen seiner tochter ταῦτα yap 
πατρὶ Ylirgov μέγιστον (so zu lesen: überliefert ταῦτα γὰρ φ. N. 
αἱ ξυνουσίαι πάτερ), in den beiden letzten fällen können selbst wir 
noch von dem “zauber’ reden, den die kinder auf die eltern ausüben, 
die sich der liebe nicht erwehren können. hier ist das schwerer; denn 
Her. verlangt nach einem φέλτρον, und Thes. fragt ihn, ob dem kranken 
das wonach er verlangt nicht schaden werde. da ist vielmehr das medi- 
cament gedacht, der liebestrank, was das φέλερον meist war, und be- 
zeichnet wird der erneute abschied von den kindern deshalb so, weil er 
als excitatorium amoris den schmerz erhöhen, also dem en schaden 
wird. — δάων ἔσῃ ähnlich Diktys 332 Ion 875. es stammt aus der 
vulgären rede, wie z. Ὁ. in hippokratischen krankheitsgeschichten, und 
kommt so wenig in den höheren stil, dafs es die redner mit einem eni- 
schuldigenden ὡσπερεί vorbringen (Demosthenes 45, 57). Thuk. 6, δ᾽ 
οὐ ῥᾳδίως διετέϑη ist anders, wenn auch die wortbedeutung dieselbe 


1) Der auf ὡς δή folgende satz τοῦτο ἀδύνατόν ἔστιν ταὐτὸ εἶναί τε καὶ 
μή ist unecht, schon weil er σὰ ὡς δή nicht pafst. aber vornehmlich, weil er den 
ganzen syllogismus verdirbt. deutlich eine randglosse. 


vers 1403—1416. 279 


ist. — Thes. meint also “es kann für deinen zustand unmöglich eine er- 
leichterung sein, wenn du so deine liebe anregst”. 

1408 Nicht sowol der persönliche dativ ἐμοί als στέρνοις ist zu er- 
gänzen, wobei sich die beziehung auf den redenden von selbst gibt. 

1410 Als Thes. den Her. in Amph. armen sieht, mahnt er ihn, dafs 
sich solche gefühlsäußerungen für den xaAAlvıxog nicht schicken: er 
will dem freunde den peinlichen abschied kürzen. freilich mufs der apell 
an seine taten für den wirkungslos sein, der die nichtigkeit irdischen 
ruhmes so ganz empfindet, 

1413 σοί gewöhnlich in dieser bedeutung mit der stütze einer prae- 
position ἐν oder παρά. 8. OT 435 ἔφυμεν, ὡς μὲν σοὶ δοκεῖ, μωροί, 
γονεῦσι δ᾽ ἔμφρονες, auch darin ähnlich, dafs ein benachbartes δοχεῖν 
das verständnis erleichtert. IT. 575 ὄλωλεν ὡς ὄλωλε τοῖσιν εἰδόσιν. 
Bakch. 200 οὐδὲν σοφιζόμεσϑα τοῖσι δαίμοσι “vor gott sind wir in 
gar nichts weise, sind unsere σοφέσματα μωρία᾽ jetzt meist zerstört, 
obwol der sinn vortrefflich, der ausdruck unanstößig ist (was man hin- 
stellt, ist keins von beiden), und Eur. des Herakleitos ἀγὴρ νήπιος 
ἤχουσε πρὸς δαίμονος (97) im sinne hat, 

ζῶ ist mit absicht gewählt, denn darin dals er lebt, liegt die gröfse 
des Her., liegt zugleich die übereinstimmung mit seinem früheren leben, 
von dem ihn Thes. abgefallen wähnt. daher der trumpf dox& "sollt’ 
ich meinen’, 

1414 Thes. bestreitet das, denn er verlangt in Her. den typischen 
heros zu sehen. — νοσεῖν ist jeder anomale zustand. Andromed. 141 
heilst es von den nur durch ein vorurteil der sitte zurückgedrängten 
bastarden νόμῳ νοσοῦσιν. Oineus 566 χέρδους &xarı καὶ τὸ συγγενὲς 
γοσεῖ “das geld macht selbst die verwandschaft unzuverlässig’. also 
wenn man an Her. als dem allsieger erst zu zweifeln anfängt, so ist es 
um seinen ruhm getan. vgl. χάμνω 293. hier kommt hinzu, dals jede 
innere regung, welche den menschen bemeistert, dem Eur. wie seiner zeit 
“krankhaft” erscheint. 

1415 Her. widerlegt ihn durch die berufung auf Thes. ratlose ver- 
zweiflung im Hades, während er selbst seinen endgiltigen entschluls ge- 
falst hat. 

1416 Thes. wendet den streit so, dals der kranke freund zum schein 
recht behält, aber an den aufbruch mit erfolg gemahnt wird. er gibt 
seine eigene mutlosigkeit zu, aber nicht um sie hatte es sich gehandelt, 
sondern um den gefühlsausdruck. 

λῆμα bat niemals die etymologische bedeutung “willen , sondern be- 


280 Commentar. 


deutet ‘mut’, παράστημα τῆς ψυχῆς (so Ammonius) φρόνημα, mit 
welchem prosaischen worte man es immer vertauschen kann; hier könnte 
auch ψυχή stehn. so sagt der redner für Polystratos (Lysias 20, 29) 
μηδενὸς ἥττω εἶναι ἀνθρώπων τὴν ψυχήν; Herodot 5, 124 nennt 
den Aristagoras ψυχὴν οὐκ ἄχρος, d.i. feige. dals λῆμα so sehr seine 
bedeutung verändert hat, liegt daran, dafs der verbalstamm, von dem es 
abgeleitet ist, nur auf specifisch dorischem sprachgebiete erhalten war, 
und da die Doris auf die bildung der litteratursprache geringen einflufs 
gehabt hat, in epos lyrik drama fehlt und nur in epichorischer poesie 
(Epicharm) oder künstlicher nachahmung derselben (Aristophanes, Theokrit) 
vorkommt. bei Herodas ist es einer der wenigen dorismen. der ver- 
einzelten angabe eines grammatikers, dafs Eur. λῆς sogar im dialog ge- 
sagt hätte (ἔστη. 629) kann man also keinen glauben schenken. λῆμα 
selbst scheint erst in der chorischen Ilyrik aufgekommen zu sein, ist dem 
Pindar und der tragoedie gewöhnlich, in der komoedie, auch wenn sie 
davon weiterbildet (ληματιᾶν) immer als wort eines fremden stiles ge- 
braucht. Herodot hat es wol in Athen aufgegriffen und sagt χεῖρες 
xal λῆμα 5, 72 A. x. ἀνδρεία 7, 99, A. xal δώμη 9, 62, immer um die 
virtus nach der physischen und psychischen seite voll zu bezeichnen. 
so auch λῆμα καὶ ἀρετή in dem epigramm bei Demosth. 18, 289. der 
alten elegie scheint es eben so zu fehlen wie der hellenistischen poesie 
(Lykophron Arat Kallimachos, den Bukolikern) und natürlich der prosa. 
erst die stillosigkeit des Josephus und dann die ganz späten, Synesius, 
Heliodor greifen es auf. 

ὡς vor praepositionen im drama ganz gewöhnlich, Bakch. 454 οὐχ 
ἄμορφος ὡς ἐς γυναῖχαρ. Soph. OK 14 πύργοι ὡς ἀπ᾽ ὀμμάτων 
πρόσω. auch wendungen wie ὡς ἄγος μόνον 8. Ant. 775 sind ähnlich. 
die prosa sagt ὅσον oder ὅσον γε. 

1419 In Amphitryons frage liegt mehr als der lebensüberdruls des greises, 
nämlich eine schwere mahnung ihn nicht zu verlassen. denn da der 
tote ohne würdige bestattung keine ruhe findet, diese aber nur von dem 
nächsten leibeserben vollzogen werden kann, so wird Her. im eigent- 
lichsten sinne an die cardinalpflicht γονέας τιμᾶν gemahnt. so versteht 
er es denn auch und verspricht sie zu halten. das erregt die ver- 
wunderung des Amph., da sie ja doch getrennt werden, wird aber durch 
das versprechen aufgeklärt, ihn, sobald die kinder bestattet sind, nach- 
kommen zu lassen. den ausweg wählt Eur. um so lieber, als er die 
aussicht erweckt, dals auch Amph. in der gastlichen erde Athens frieden 
finden solle. 








vers 1419—1426. 281 


1422 Der accus: &yn ist nicht apposition zu τέχνα, sondern zur actio 
verbi, vgl. zu 59. Phoen. 1046 Οἰδέπους ἔβα τάνδε γᾶν, τότ᾽ ἀσμένοις, 
πάλιν δ᾽ ἄχη, 807 οὔρειον τέρας Σφιγγὸς ἐλθεῖν πένϑεα γαίας, 
Tro. 1226 πικρὸν ὄδυρμα γαῖα σε δέξεται. — der anfänger mag sich 
hier fragen, weshalb nicht aus δυσχόμιστα γῇ das näher liegende &yn 
gemacht ist; er wird sich die antwort selbst geben, sobald er sich um 
den sprachgebrauch umtut. dals ein leidlich umsichtiger herausgeber das 
näher liegende mit bedacht verschmäht hat, wird jeder ehrliche und ge- 
sunde verstand sich selbst sagen. wer also mit einer ‘leichteren’ ver- 
besserung kommt, attestirt sich selbst noch anderes als die unkenntnis 
des sprachgebrauches. 

1423 αἰσχύνη (vgl. zu 557), ist erst ein wort des 5. jahrhunderts, das 
an stelle von αἦσχος tritt. Demosth. 19, 252 übersetzt so geradezu das 
solonische αἶσχος dnwoaduevo: (1, 8) mit αἰσχύνην ἀπήλλαξεν. es 
bezeichnet gewöhnlich das, dessen man sich zu schämen hat. das kann 
eine handlung sein (Ion 288), eine person (Tro. 172, Aischin. 3, 241 vgl. 
auch Thuk. 8, 73, Hyperbolos ist vertrieben δεὰ πονηρίαν καὶ αἰσχύνην 
τῆς πόλεως), eine gesinnung (Antiphon. 6, 1). für den plural steht kein 
anderes beispiel zu gebote, doch gibt es die weit kühnere reflexive (empfin- 
dungen der scham) Hik. 164, S. Tyro 598, und nur in der nuance der 
bedeutung ist verschieden Isokrates Plat. 50 οἶμαι δ᾽ ὑμᾶς οὐδὲ τὰς 
ἄλλας αἰσχύνας ἀγνοεῖν τὰς διὰ πενίαν καὶ φυγὴν γιγνομένας ἃς 
... παραλείπομεν αἰσχυνόμενοι λίαν ἀχρειβῶς τὰς ἡμετέρας αὐτῶν 
ἀτυχίας ἐξετάζειν. αἰσχύνη “schändung’ gehört nicht her und ist weit 
seltener, S. OT. 1284. 

1424 Wie der gebeugte von Thes. geleitete Her. das widerspiel dessen 
ist, der seine kinder, die er gerettet hatte, in das haus fortzieht, so ver- 
weist der dichter mit demselben bilde auf jene gruppe (631). die blofsen 
worte, die wir lesen, mögen nur zufällig anzuklingen scheinen: sobald 
man das stück sich gespielt denkt, kann der parallelismus der actschlüsse 
nicht mehr dem zufalle zugeschrieben werden. jene scene schlofs eine 
gnome über die vaterliebe, hier wird ein anderes gut verherrlicht, das 
über macht und reichtum steht. inhaltlich aber correspondirt dieses lob 
der freundschaft mit dem schlusse von Amphitryons erster rede (58): 
sein dortiger wunsch hat sich ganz anders als er erwartete erfüllt. Her. 
ist in das unglück geraten: aber des Thes. freundschaft hat die prüfung 
bestanden. 

1426 πεπᾶσϑαι ist ein wort, das den Ioniern ganz fehlt und für die 
Aeoler nur in dem namen Πασίχυπρος zu belegen ist. bei guten pro- 


282 Commentar. 


saikern wird es überhaupt gemieden, aber die Athener haben es schon 
sehr früh von ihren nachbarn, Megarern und Boeotern, geborgt, die es 
für χεχτῆσϑαι verwenden. so steht es schon bei Solon (13, 7) und 


einzeln im drama. namen wie Ilaoı@dng Πασίας gehören metoeken ' 


oder weisen auf herkunft aus diesem stande. das nomen πάτωρ haben 
die grolsen tragiker nicht, wol aber Kritias (Rhadam. 659, 4). 

1427 Der chor greift das letzte wort des scheidenden auf. wenn denn 
die freundschaft ein so hohes gut ist, wie schwer muls der verlust des 
μέγας φίλος (1252) sein. 

Thes. und Her. gehen nach der seite ab, von der sie gekommen sind, 
der chor nach der anderen, und zwar gieng der pfeifer, der ihren gesang 
begleitet hatte, voran (schol. Ar. Wesp. 582), Amphitryon tritt zu den 
leichen auf das ekkyklema, das dann hineingerollt wird. es wäre albern, 
wenn er mit dem chore fortgienge, von seinem eigenen hause und den 
ihm anvertrauten leichen weg. was in den zwischenacten zwischen je 
zwei dramen vorgieng, wissen wir nicht. in der ältesten zeit nahm der 
chor die maske ab und erhielt vom choregen einen trunk credenzt. 


NACHTRÄGE. 


123 Wieder zwingt mich ein attischer fund zu einem nachtrage, 
aber ich kann den gegenstand nicht, wie früher bei Typhon, in die tiefe 
verfolgen. am Ilisos, wo wir Achelooscult kannten, sind jüngst zwei sehr 
zerstörte reliefs gefunden worden, von denen das eine Herakles zeigt, 
stehend vor einer sitzenden bärtigen gestalt, die man geneigt ist für einen 
Zeus der unterwelt zu halten; nur pafst der krug dazu nicht, den er hält. 
hinter ihm steht oder sfand ein weib mit füllhorn; im hintergrund der 
geleiter des Herakles Hermes; auch er bält einen krug. der sitz des frag- 
lichen gottes ist das von den nymphenreliefs bekannte haupt eines flufs- 
gottes, ᾿χελώιος bezeichnet. (Ep. ἀρχ. 1894 t. 7.) die thronende figur 
kehrt auf einem anderen votivrelief wieder (s. 133); die reste der inschrift 
sind von Skias zu ἀγνζέϑηκεν Nal/wı unsicher ergänzt. so viel zweifel- 
haftes auch bleibt, scheint doch die deutung in der richtung zu liegen, 
dafs fortschreitender zeit die universale potenz des wassergottes nicht mehr 
genügte, und sich aus dem elementarwesen Acheloos eine höher gewertete 
potenz wie Ζεὺς Nauog erhob, oder auch ein Acheloos, dessen sitz nur 
noch das haupt, die conventionelle darstellung des flulsgottes, blieb. das 
füllhorn übernahm eine ‘freundlichere tochter. was Herakles will, muls 
ich auch dahin stehn lassen: aber die erwerbung des füllhorns, auf 
friedliche weise hier, etwa bei einem besuche des in Agrai geweihten 
Herakles, scheint der religiöse inhalt der dargestellten scene. 

1101 Hier hätte ich auch des Aristarchos gedenken sollen. wie 
68 seiner ganzen art und seinem anschlusse an Aristoteles entspricht, 
hat er den Herakles rationalistisch aufgefalst und in seiner Homerexegese 
den beweis dafür gefunden. zu Σ 118 bemerkt Aristonikos ἡ διπλῆ, 
ὅτι οὐκ oldev ἀϑάγνατον τὸν Ἡρακλέα. ich habe früher den entsprechen- 
den schlufs auf den heros Asklepios zu besprechen gehabt (Isyll 44), wo 
wir die lehre Aristarchs nicht kennen. wie dort wird auch hier zugegeben 
werden müssen, dafs dem ionischen dichter der dorische gott so gut wie 


284 Nachträge. 


der thessalische nur ein sterblicher ahn der geschlechter war, die sich 
nach ihm nannten. aber deutlicher noch offenbart sich hier die beschränkt- 
heit der methode: denn Aristarch notirte den vers des Y nur, um mit 
seiner hülfe das unzweideutige zeugnis für den gott Herakles A 602 zu 
athetiren, worin ihm denn leider noch heute selbst solche noch folgen, die 
doch selbst nicht mehr Σ᾽ und A demselben dichter zuschreiben. 

I 58 Die mit 223 bezeichnete bemerkung gehört zu 233 auf der 
nächsten seite. 


REGISTER. 


I. Eigennamen. 


Äbantn -. . . . ως. DöstlDaser -. . 2. 2 2 2 2 mn 17 


Achaeer . . . .. 20'Dansidden . . . . 2... HT 221 
Acheloos.. . . . .- 11. 98.  4δ IT 283|Deladen . . . . . . 140, DI 158 
Admets . . ... 48. 52 Delphi . . . 2. 2 2 2 02.20. . 14 
Adresteia . . . Ὁ. . .„ TI 175!Demeter von Hermion . . . . II 138 
Aetns. . » » 2 2 22000. Π 151|Demokritos.. . . » 2... ‚DI 8. 22 
Aetoler . . © . » 2 2... 11. 23|Demophilos Onagos . . . . . . O7 
Aids. . -» 2 2 2°... DI 130| Dieuchidas . een. 86 
Alon . . ον τς ἢ 195 | Dikaia in Thrakien een. 74 
Aischylos, chorreden . . . .. ἢ 64|Dion von Pruss . . . ». . . . 102 
— ionismen. . ἪΠ 43|Dionyien . . . 2.0.0.0. 0.TI1 
— Orestie personenverkeilung . . 150] Dioskuren . .. ..DIi3 
Akarnanen . . 14 | Diotimos von Adramyision 20.87 
Alkathoos . . 2 2.22.49. 86 Ἢ Dodekathlos, epos .. . . 57ER. 
Alkestis . . . 2 2... .. Dodona . . 20... 1 
Alkibisdes . . ... .. 155 Doloper . . . 2 2 2 2 20020 9 
Alkmene. . . . - 2.2.2 ...52. 53 Dorer. . . ee... 14 


Amazonen . » 2 2.2... nie nenn. 29. 66 
Amphitryon. . . .2 0... DH 21. 227 | 

Anaideis. . . . 2». 00. M 129! Echidns . . . . . . . 1682. Π 266 
Anteils . » 2. 2.00. 0. OB|Eler. . 222.222 11 
Antikleides . . .ο. 9. . . . .-ο. .ος 159 Epicharm . . . . « . . . . 99 


.. 32 
Ares und Aphrodite. . . . . . 78 Euripides' anklänge an Herakleitos II 25. 
— hilft dem Kadmo . . . . [165 279 
Argonauten . . . . 801-- — an Hesiod.. . II 177. 235. 268 
Ar 2... . 11. m. 41 1 118 — — an Homer II 177. 197. 212. 235 
— der heroes . . . σον 62|— — an sprüchwörter. . . II 74. 269 
Aristophnes . . . x 2 :2.. 186 — — an Xenophanes. . . . . II 272 
Assteas “0... 851 biographisches. . . . . » . 133 
Athens und Enkelados . . ... ἢ 202, _ bilder . : 2 2 2 22.2.1083 
— des Pheidias . . . . . . HI 217 _ botenberichte . . ... Π 203 
Als... “00000. .  I196'_ charakterisirung der frau 119. Π 20. 


67. 69. 110. 124. 130. 
Boeoter . - 2. 2 2 22 2 0% 18 — — des greises . II 28. 31. 46. 152 


But. . » 2. 2. 2202020000 421— —der kindee . . 119. Π 22. 115 
Buttmam . . 2. 22.2000. 106; — —— des wahnsinnes “0... ἢ 205 

'— chöre. . . . . 115 
Charon - . 2 2.2.2.2 0.35. Π 107. — chorlieder . . . „143 IT 168. 221 


Choer 2 = 2222... 101 prolge . νων .1[9 
Chronos . -. . . . .. DH 155. 173|— rhetorik . . . .. IL 45. 60. 256 


286 Register. 


Euripides trimeter II 12. 215. "61. 271 | Herakles Typhon. . oo. II 258 
— Antiope . . . .. 137 |— beinamen: Alefıs . 37 
— Bakchen. . . . 2 22.2. 141 — — Aka . .. . 48 
— Erechtheus. . - . 2... ... 134| — — βονφάγος . ΧΙ 
— Hekabe ΓῚ . Φ . . a Γ . Γ 121 “-ο:ι:τ:--- νυ δ . . 37 
— BHerakles titel. . . . . . . 166 — — nalasum» . 34 
— — überlieferung . . . . . . 164|— — ydpoy . . . 34 
— Hiketiden -. . - » » . . ..134|— beiname für menschen. . 94 
— Hypeipyle . . . . ». . . TI 115 | — bogenschütse . . 44 
— Melanippe dem. . 00.0... 10|— coult in Agyrion 2... 
— Orestes Φ Φ .- . Φ . . 137 — in Athen Φ . . . . . 36. 111 
— Palamedes - . - ..0Ὸ .0ῦϑ ἡ.ϑὃ. 115) -- — bei barbaren . . . 2.2. 86 
— Syleus . . © 2 2 2 2.2...74|— — in Beotien . . . . . 29 
— Troerinnen . Φ Φ Φ . Γ Φ Φ 133 — in Bura. Φ 20 
a ref . οὗ. 170 
bers . ... .. II 148. 1560| — — in Eryx . .. . 82 
Gergither . . 2 2 2 2200. 8- τ in Massalis .. 27 
Gigantomachie. . . . . . II 49. 3245| — — in Rom. . . 25 
Glaukos Potnieus. . . . . . . 65|— — in Sparta . . 29 
Goethe . . 2» 2 2202.89. 105|— — in Ten . . 20 
Goncourt. ern. 1085| — in Thorakin . . . εν 20 
Gorg. . Π 198 -- ao μού . . . δι 

—kele. .. ..... ἢ 118 
Hebe . 56 |__ körperbildung . . 105. II 268 
Hellenen 1|_ _ in der plastik 96 
Hera . 48 kyniker . 22202102 
Herakleen . 2 Bug nehayyohöy ΠΝ u? 
Herakleia am Pontos er Er > 5 Bu m 98. 101. II 283 
Herakleitos . . . I 25 — säulen [ut ᾿ " I 100 
Herakles abenteuer: (vgl. die einzelnen — φιλήδονος " ΚΟΥ" 

Amazo 64 nn) Hercules. . . . .» X. 25 
" ht Ze ᾿ 31 Hermon von Delos Ἢ 135 
— Argo ΟΦ Χ{0Ψ(ᾳΚὌΚ.,, Herodas dorismen . Π 380 
-- dodekathlos . u Φ 55. ou 86 Herodotos . . 100 
zu Sreifafgranb 8 Φ 8 . . . . 13 Hosiodos . . 90. U 258 

. . . .- [Ὶ “ “ 2 ΓῚ Φ DSF eri en . . . 

— guerod . et II δ Hieronymos von Rhodos . 105 
" πόας riden.. " 58. II 94 Homer Kyprien . . . . 8Β8 
_ hindin nn... ΣΤ οι τ θέχαλέας dlwos. . .. 71 
-- Hippokoontiden 0. 29 

, — hydra. ΠΣ 51. Π 41. 450 [δου Aus . . . 7 
— Geryones . IX. 45. 65. Π 105 |Iardanos fluss . . ἘΝ 70 
— Kentauren . . 45. 56. Π 50. 89 | Iberer in Sicilien . .. 32 
— Kerberos ‚56. m ısg|lde. .. . . oO 175 
— kindermord 81 Ambros . 2.0. . ὁ I 
_ Ixyknos ᾿ ᾿ u 2 Ion, Omphale . . 72 
- Nessos . een...  45|lphikle . . . . 50 
— Omphale . 2... Ὁ 71|Istros Kallim. . οτος Οἱ 
— ÖOrchomenoss . . . Io 57 0 0.0. .. 

--- re... 65. II 93 | Iustin gnostiker τα ΝΘ 
— schlangenwürgung . δὲ Ixion . \ . . 

— Β er Φ Φ . . 9 Φ 

— Stymphaliden π 63 | Kadmos ‚I 65. 127 
— Triton ΠῚ . Φ 43. 99 Karer . Γ . . . . 

--- Troiafahrt . .831'Kentauren . ... I 8 


Keren 

Kerkopen 
Kinaithon . . 
Kratinos Ζηλιάδες 
Kreophylos . 
Kritias Peirithoos 
Kyklopen 


Leleger . oo. 
Lessing Laokoon . 
— Nathan . . . . 
Lokrer .. 
Lykos. 

Lyssa . 


Makedonen . 
Megara . . 
— das gedicht” 
Melanippe . . 
Meles, Melier . 
Metis . . 


Orchomenos . 


Palaiphatos 0. 
Pamphyler . . 
Panyassis . . „ 
Parnassos 

Parrhasios 

Pausaniss . 
Peisandros von "Rhodos. 
Pelanger . 


Phaidimos von "Bisanthe 


Pherekydes . . . . 


"193. Π 184. 


112 
194 


‚29 


91 


τς 67 
‚58. II 94. 99 


Phryger . 
Pindaros. . 

— Neem. 1. 

— Isthm. 3 . 
Plautus Amphitryon . . 


Polystratos von Dyme ᾿ 


Poseidonios . 
Pratinas . . 
Prodikos. . 
Prokne . 
Protagoras 


— bau des trimeters 
— religion . . 
— Antigone 

— Elektra . 

— Niptrae . 

— Tereu . . 

- Trachinierinum 
Stymphaliden . 
Sthenelos 

Syleus 


Tantalos . 
Tegyrios . 
Temenos . 
Theseus . 
Thessaler 
Thoer. . 
Thraker . . . 
Thrasymachos . 
Tod .... 
Tremilen . 
Troer . . . ..» 
Typhon . . ., 
Unterweltsvasen . 


Welcker. . . 
Winckelmann . 


Xenophanes 
Zioega 


Tr 
— 


ες 114, 152 


62 
121. 128. 160 
. . 0. 155 


Φ [ I 68 
I 251. 255 


. 122 


. ο . 68 
. 52. II 214 
.. 78 


Π 96 
. 9 

.. 17 
. 64. II 138 
. 12. II 114 
0. 9 
... 8 
. . .DH 61 
ΠΗ 194 


83 


57 
105 


II 231. 272 
57 


288 


Augen sitz der αὐδώς. 


biondes har . 
blutsühne . . 


€lementargötter 
fahren und reiten 


flüsse und inseln . 


gemeindeland . 


Bausanlage . 
herolde . . 
heroische eultur . 


jungfräulichkeit der göttinnen 


Π 58. 88. 


II 185. 250 


Begister. 


2. Sachliches. 


II 36 | Feligion recht sitte . II 10. 17. 56. 76. 
129. 130. 266. 272 


II 207 | Scenische darstellung II 1—8.29. 38. 123. 
| 125. 291. 225. 228. 275. 282 


I stummes spiel 65. 130. 142. 232. 247 
'selbstmord . . . . .180. II 238. 254 
. 2173 strafßsennamen . . . - . . . DM 176 
II 266 |streitwagen . . -» © 2... 1114 
een. Π 288 


122 | Hergentalt der götter . TI 14. 98. 138 


al _ maske der chöre. . . . . . 135 
II 188, ehorreden . . . . «ἢ 64 
1 168) chortellung. . . „II 164. 179. 188 

| chorführer, zwischensprüche U 37. 59 


Ehancher ae Ä Π 491 pinderollen © 2 τ 2 2» 118 

Krane ΠΣ 158. I paffenweriatlung > 1 > > > [49 

lebe a? Π 290 | Gurptosten 02011216 

Mythologie . , ὝΠΠ Vogelschau.. . . . . .. . IM 135 

Personificationen . . .II 152. 175. 275 , Wahnsinn 20000. .D 12. 195 
8. Sprachliches. 

Accusativ ‚ ΠῚ 109 jattische vocalisirung II 87. 91. 94. 101 


— apposition zur "actio "verbi I 19. 103. |attraction des adjeotivs vom nomen rectun: 


activ scheinbar für pasaiv. 


280 auf nomen regens II 114. 127 


II 111. 234 |— des relative. . . . . I 128. 225 


adiectiva auf aus . . II 32. 225 |— des particips . . . . 11125. 273 
— auf nens ον. ἢ β4 

— auf ἐος 06 . . . . . II 11. 202 |bilder und vergleichungen . . . 

— mit abundirendem zweiten gliede Π 80. | --- form . . . U 21. 24. 36 


weiterbildungen . 


158 | — übergang in religiöse symbolik DI 173. 
II 69 194 


— mehrere bei einem nomen II 264 | — vermischung . ...0. N 16 
— statt blosser privation . II 32 | — hergenommen vom bauwesen [1 257 
— statt nomens mit genetiv. . II 127 --- — biene. . . . .... D119 
seolismen . . . . . II 35. 180. 246 |— — fahren . . . . . U 102. 195 
anakoluth . . „ . Π 49. 52. 186. 229. --- — himmelhoch . . . . . 11252 
aofist. » ». 2... 0. DH 71. 172. 2115| — —jad. . . . . . U 163. 19% 
artikel . . I 41. 107I— — leib ein kleid. . . . . II 258 


Register. 289 


bilder hergenommen von musik II 195 |genetiv doppelt . . . . . DI 46. 110 
— — Perserkönig . . . II 150 |— partitiv.. . . . . DB 77. 185 
— - pferd . . . . . .. ἢ 32 | geographische gleichnisse 0. DO 151 
— — pfele. . . . ..... TI 229 
— τ΄ resirmesser . . . . . ἢ 142 |fmperfetum . . . . . II 123. 128 
— τ᾿ rauch . . . ..... . 4196 infnitiv . . . . . Π 188. 161. 217 
— — ringen . . ... . II 68. 200 |ionismen . . 2... DB 21. 29. 48. 277 
— — stachel . . 0... DH 12. 194 
— — see und seewesen 11 56. 118. 143. ı Praepositionen . 200.0. ἢ 15 21 
183. 228. 229. 248 - mit nomen neben einem nomen II 21. 
— — schwan . . . . . .ἢΠ 30. 159, 122. 188 
— — speere und ähren . . . U 4 _ inversion . .. 212 
— — unflügger vogel . . . . II 224 __ in der anapher statt des ganzen ver- 
— — wolke . . . 1 237 bums II 225 
— — wunsch entrückt zu werden II 240 _ tmesis . . . . „MH 17. 225 
— — würfelspil . . . . . II 249 praesensstamm dynamisch II 11. 201. 214 
— ersetzt andere stämme II 66. 163. 346 
"danke’ sagen . . „167, 
dativ II 18. 33. 53. 72. 141. 183. 208. ' 'Synizese ... 2% 
| 
262. 279 | syntax, apodosis unterdrückt. . II 226 
dorismen 22002. ἢ 121. 180. _ hedingungssätse . . . . . II 74 
, — bezeichnung des ganzen durch corre- 
Ollipse, wahr und scheinbar II 144. 156. late hälften II 231 
225 _ doppelbezeichnung . II 52. 184. 275 
epische formen . . . II 35. 107. 188. einschub eines satzgliedes ohne störung 
— vocabeln II 29. 87. 119. 177. 188. | der construction II 58. 215 
197. 249 _ gattungsname neben dem eigennamen 
erainingm „0 ««--«.. I11B7. Π 113 
figuren, /mawındv . . . . . II 44 — verba des binden. . . . .U 7 
— ἀπὸ κοινοῦ. . . . u 62. 280 2 | — inoongruenz um zu wechseln ἔτ δ8. 
— paronomasie . II 8 170. 241 


— periphrasis. . u 10. 158. 181. ΛΗ — vertauschung der praedicate neben zwei 
correlaten ‚ subjecten II 199 


Beonetiv . . . II 15. 36. 46. 209. 238. --- wortstellun . . . .ἢ 90 


4. Metrisches. 


&doneus . . . . . 2. . . TI 220 |iamben trimeter 144. II 68. 79. 112. 138. 
anaklasis . . u 166° 139. 144. 170 
b ᾿ 'ioniker . . . 2... . 1145 
au nach μέτρα. . uU 26 
— nach stollen und abgesang II 82. 145 | Feizianum . . . . 2 2... HI 219 
| responsion . . 0... 22190 
daktyloepitriten 165 2 rhythmischer refrain. . . . . D08 
dochmien . . . 2... 
— enhoplische . . 146. II 190. 218|Bpondeus. . . .... . . II 219 
trochaeen Π 27 
Glision - . . 2 2... ..H 57. 170 et 
enboplios. . . . . . ἢ 87. 88, 1905. eirameter . 0 0... 145 
Unterdrückung der senkung . II 26. 84 
Biykoneen . . . . . II 82. 146. 17 | anvollständigkeit des ersten metrons II 165 
Diss . .. 2.2.2... Π 985 ‚Vocalverkürzung vor voal . . . 144 
lambn . . . 2 . ...Π 88. 166 , Wort- und versaccent . . . . II 151 


m .Κ.Κ.ΚΦ.Ξ...-.-. 


v. Wilamowitz 11. 19 





290 


Adespot. trag. 269 . 
— 3714... 
Aischyl. Ag. 115. 


[{{{{{|Π{{1Π{{1{|{1{{|{{1|1{|11{| 
1 
Wa 
Na 
& 


— 94, 3 .. 
Andokides 1, 72.14. . 
Anthol. Pal. 7, 49. . . 
Antiphon 1, 23 

— tetr. I 86 
6,4... 

Apollodor bibl. II 81 

— — I 132... 
Apollonios Rhod. I 1325 . 
Aristarchos trag. 3 
Aristophanes Ritt. 564. 

— — 139 . .. 
— Wolk. 811. 

— Wesp. 554. 

— — 1073 

— — 1231 

— Vög. 823 

— Lys. 180 


Register. 


5. Stellenregister. 


103. 


Π 210 


Aristophanes Thesm. 86 
— Ekkles. 107 


Aristoteles ITol. 49. 85, 4 1. 


— fgm. 58. 
-- — 68... 
Arnobius IV 25 


Bakchylides 36 . 
Catull 64, 79 . 


Cioero Cato 14 
Cornutus 31 


Demokrit, Stob. ecl. II, 9, 2 
IH, 9, 3. δον. 44, 14. 


Demosthenes 2, 10 . 
—9, 12 .. 

Dio v. Prusa 8, a. 
— 12,46 .. . 
- 34 schluss . 
Diodor 20, 41. 
Dionysios Chalkus 1 


Epikur fgm. 143 . 
Etym. M. Aotiıva . 
Eupolis Alyes 1. . 
Euripides Alk. 461 . 
— Andr. 86 . 
— 86. . 

— 1107— 1205 
Bakch. 9 

— 326 . 

— 1165 

— 1184 


- 
38 


ΓΠΠΠΠΠΠῚῚῚῚῚ 





[11{1{}1{1{11{{Π11{11|1{1{1|1{1111{1111{1{1{1{111{1]Ὶ}1{11{11{11{Τ1}11Τ11}1}1{11Ὶ1| 


Euripides Hippol. 1362 
460 . 


Iphig. Aul. 907. 
— 79... 
Iphig. Taur. 410 
— δ... 
— 089 . 
— 1345. 
— 1396. 
— 1482. 
Ion 285. 
— 356 . 
— Ἠφ 44. 

- 1504. 
Kykl. 19 
— 465 . 
— 416 . 
Med. 107 
— 278 . 
— 1123. 
Orest. 68 
— 326 . 
— 688 . 
— 859... 
Troad. 256 


Register. 291 
II 108 | Euripides fgm. 811 . 145 
UI 36|— — 832.... ou 54 
Π 68. ----- 89 . Π 28 
I 22 --- — 1022. 123 
u 19 --- — 1044. Π 54 
U 40 | — — 1070. Π 255 
u 163 | 
Π 1790| Herodas 1, 63 . II 55 
U 163: — 4,72. Π 252 
U 109 Herodotos 1, 58--58 1 
1571-712 . 0... II 42 
u 129 | — 7, 209 . Π 63 
II 108 | Hesiod Aspia 149° Π 62 
II 243 | — Erga 253 I 47 
U 2455| — — 768. . . Π 129 
Π 58 | — Theog. 108—16 . Π 266 
U20|— — 215... II 98 
I 2371 — — 270-336 . I 258 
u 188 -- — 736-955 . 90 
Π 199 -- — 921)... .. 1Π 157 
I 163 | Himerius or. 3, 13. 1I 144 
II 196 | Hippokrates de artio. 6 Π 39 
DB 245|— lex . . II 8 
ΠῚ 112 --- epidem. 18. . II 65 
lI 243) — de morb. saer. 4. 21 I 250 
ΠῚ 188|— de νἱο I1 . u 77 
122 |Hipponax 35 . II 186 
II 18| Homer E 461. Η 44 
I 57|— 0 739 ne II 37 
1274|- Pı® ..... I 106 
uU 115|— P 244 II 236 
I 122) — Σ 34 I 254 
u55|— T 99 52 
u63|— Φ 271 u 65 
II 201 — 27743 II 256 
U 217|— βὶ 141 I 53 
uU 237 |— y 293 Π 122 
Π 25|— δ 824 II 35 
I 48. --- /i 634 I 198 
0199| — u 27 ... U 62 
1197| —» 421... II 162 
I 237 | — π 218 I 92 
Π 73| — hymn. 33, 13. . IH 119 
U 32 | Hygin poet. astr. II 14 75 
145 
II 199 | Iamblich protr. 20 . . 1 66. 154 
116 |Ibykoa 2 . . . U 195 
II 121 | Inschriften IGA 20, 1... U 178 
U 2711| — CIA IV 422,4. 491, 8 U 42 
Π 125 |— Bull. Corr. Hell, 13, 432. II 222 
II 278 --- Dittenberger syll. 247, 18 U 235 
ΗΠ 52| — Bronze Tyskiewicz . II 103 
II 257 |Isyllos paean 17. Π 87 
II 31 |Iudas ep. 12 . . II 237 
. 115! Ps. Iustin or. ad gent. 8. . 72. II 213 
II 280 
Π 74 | Kallimachos hymn. 8, 389, 4, 68 
UI 73: 6,82... II 44 


292 Begister. 
Kallimachos fgm. 37 II 209 | Semonides 17 . 
Kleobulina 2 . . . 97 |Simias Apollon 
Kratinos Πυτέν. 7 Π 164 | Simonides 30 . 
Skolion 18. . . 
Lesbonax 11 . . IT 44 |Sophokles Aias 427 . 
Longin x. ὕψους 8, 10 Vahl. I 79|— — 666 . 
— — cap. 40... . IL 254 | Sophokles Ant. 1 
Lucan 7, 449 . 580] - — 782... 
Lykophron 843 u 198 | — — 1048. 
— El. 1412 . . 
Menander IV 144 Mein. II 129 |— Oid. Kol. 49 . 
— W195 .... Π 272|— — 118. 
-- — 72. 
Nikander Alex. 165 II 224 |— — 1232. . 
— — 1561. 
Oinomsios (Euseb. pr. ev. V 214) 80 | — Oid. Tyr. 802 . 
Orpheus(Procl.theol.Plat.IV216) II 175|— — 896 . 
— — 1070. 
Paradoxograph. Rohdii 33 . 28 --- — 1364. . 
Paulus ad Phil. 2, 7 I 18 --- Trach. 119 
Pausanias II 25, 2... Π 91--- — 19% . 
Pherekydes (schol. Apoll. Rh. — — 205 . 
4, 1396) . . . . . . .1189. 1322|— — 78 . 
Philostratus vit. Apoll. 5,4 1855| — — 83 . 
— vit. soph. 2, 23. . . II 33}-- — 987 . 
Pindar Ol. 4, 8.9. . II 219 |— — 1264-74 
— — 7,63 II 299 | — ἔστη. 198 
— — 10, 86 ΤΠ 178 -- — 74 
-- -- 18, 18 Π 157 -- — 870 
— Pytb. 4, 98 Π 159) — — 873 
— — 10,29 . Π 58 | Sosiphanes 1 - 
— Nem. 6,6. Π 232 | Strabon 265 en 
——642 . HB 157 |Symesius ep. 9 . . . .. = 
— 6,4 . I 115 
_——8,21 . Π 66] Theomis 62... . . . - 
— -- 10,9. DB 236] -- 863. 880... . .ὄὄ . .ὄ 
— — 11,45. Π 58 | Theokrit. 17, 1 . . . ... 
— fgm. 81. 169 . 97| — 18, 46 ee. 
Platon Euthyd. 993 ἃ I 278| --- 18, 51 
— Ges. 734° .. Hu 157| — 24, 15... . 
— Phaidr. 267° . II 18 |Ps, Theokrit 25, 92. 
— epigramm 19 . I 155) — 26, 32 oo... 
Plautus Rud. 56. . 54 | Thuk. 1, 8 
Plutarch de aud. 8. II 224 | — 2, 78. 
— de virt. etvit.2 . 167) — 3,3. 
Porphyrios zu X 274 . . u 1356| — 4, 36. 
Pratinas 1, 5 Bk. . . . . „ TE 30|— 5, 38. 
— 5, 46. . 
Quintus Smyrn. 5, 381 II 186 | Tryphon π. τρόπ. 4 
Tyrtaios 11, 9 
Schol. Arist. Fr. 564 . 137 
— Hom. 0 639 . . 68 X enopbanes bei Sext.adv. Iog 149 
-- > Σ 570 (arm. pop. 2 Bgk) 1858| — Clem. Υ͂ ΤΙ4.. ον 
— —- Tı19.. 
— Pind. Isthm. 8, 68 . 105 | relief Zoega bass. II 64 


48 
112 


Prob. zu Verg. buc. 7, 61 
Stat. Theb. 4, 570 . 





schale des Aison . . 
vase, Wiener Vorlegebl. I 8, 5. . 


AAn 
ἐν δὴ ἧς 


se RER 
SBAUISERESE 


ἀκήρατος 
ἀκοντέζω 
ἀκροϑένιον. 
ἀχύμων. 
ἄλαστος. 
“Αλεξις 


ἁλίξζω. 


— in compositis . 


ἀναβλέπειν. 
ἀνάγειν. 
ἀναιδής. 
ἀναένεσϑαε. 
ἀναπτύσσειν 
ἀναφέρειν. 
ἀνήρ. .. 
ἄνϑος 
ἀνϑρώπε;»ος 
ἀξιῦν . . 
ἀπελαύνεσθαει. 
ἀπολαχεῖν . 
Anollov 
ἀπολωτέζει» 
ἀποφϑεέρεσϑαι 
ἀράσσειν . 
ἀριϑμός. 
ἄρματα . . 


ἁρμόζειν und amp. 


ἄρρητος . 
Apreuls . 
ἄτερ 


Alnıns Ἱππότου ᾿ 


6. Wortregister. 


II 16 
U 257 
Π 276 

u 91 

Π 32 
II 130 

Η 84 

Π 52 


Ἢ 180. 281 
ἐπ 42. 107 


II 154 


298 


ἀτιμά u 137 
αὐθάδη, ον ἢ 258 
αὐθέκαστος . . U 258 
αὐϑέντης . . TI 188 
αὔξειν II 154 
αὐτοσαυτοῦ II 213 
ἀφεόναε τινί τι II 54 
ἀφορμή . I 59 
Ayasol . 29 
Aytins 75 
Ba .. I 56 
Bedusos . Π 157 
Γάρ ... ΠΩ17 
γε. . II 129. 138. 142. 171. 185 
ydlos . . U 142 
γένος. . . .. U 146 
γέννα, γενναῖος. I 188 
γεύεσϑαε u 273 
γηράσκειν Η 248 
γοργών.. U 148 
γύναι nos u. dgl. ΗΠ 141 
Δάλος.. Π 168 
δενδρώτης. u 177 
δεσπόζειν. u 12 
dianinrew . ΗΠ 122 
ϑέαν I 153. 280 
διαφέρειν II 23 
διαφεύγειν. I 184 
διδόναι. u 55. 278 
Gulden . Ἢ 1% 
“καστής 
διχεῖν . I 121 

JIlogvs . . . D5i 
διωθεῖσθαι u 75 
διώκειν u 224. ἢ 

a 

Fra . u 72 
δόξα. . ... 02 8 
δόμος δῶμα II 64. 152. 209 
ddpv . II 45. 245 
δρᾶν Π 127 
δρῦς. Π 63 
ϑύστηνος u 272 
“Ιωρεεῖς 16 
Er. Π 228 
davrof . II 214 
ἐγκάρδιος Π 162 
ἐγκρένεε» 11 50 
ἔνχος. 11 42. 59. 217 


ec... 
εἰωθότα. 
in... 
Exarduvas . 
dnuoydeiv . 
dnnerarviövar . 
BE . 

Free 

ἕ a. 
Eldgves . 
änt . 
vr... 
dvalgew . 
Bwavlos . 
ἐνδιδόναι 
ἐνθύμιος 
ἐξάγειν. 
ὁπαινεῖν. 

ἐπέ 

ἐπετυχών . . 
ἔπος --- λόγος. 
ἔργον. .. 
ἐργοδιώκτης 
ἐρημοῦν.. 
dpgew 

ἐσχάρα 
ἕτοιμον. 
draspoı 
sddalunv 
εὔδιος 


v. 

Fa ® ΓῚ . φΦ . 
“Ἡρακλεέα νόσος. 
Ἡρακλῆς. 

ϑάρσος . 


ϑέλειν 
ϑεός . 


ΠῚ 18. 11. 41. 215 


Register. 


u 11 

II 40. 74 
ον DI 29 
II 139. 246 
. IE 111 
Η 15. 21 
U 232 


0.2 
Π 68. 74 

Π 200 

I 101 

Π 159 

Η 131 
| 
. ἢ 25. 172. 177 
0... ἢ 208 
u 187 

ID 197 

UI 197 

Π 162 

Π 247 

U 67 

U 178 

I 254 

II 32 

Η 131 


Ἢ 208. 244 
.. ΚΠ 148 
II 222 


Η 268 
I 154 
Π 104 


ϑεράπνα 
ϑοάξω 


ἐππεύειν 
ἡ ἵππος. 
᾿Ισθαός. 
Ἴων. 


τὰ καϑεστῶτα 
ad . - 


samwös καὶ νέος . 


κακοδαίμων 
καχοῦν 
κακοτυχής. 
εἰς καλό 
καλῶς 
κάκψειν. 
καρδία 


καταξαένεν . 


καταστορεννύναε. 


καταυλεῖν 
κελαινός. . 
Κέντανρος. 
κσρδαώρειν . 
κηλεδοῦν . 
κηραένεεν 
κοενός 


κοενωνέα ; 
κόμεστρα 

κὸ oo. 
κραϑᾶν . 
πρηπές .. 
xolusmue . - 
εὔκνος . 
κύων . 


HERE’ ΕἸ un 
ΘΝ ΟΝ 88 


fe 
any 


Bu 
un 
“,Σ: τὸ ὦ ὦ “. 


Η 55 


- U 57. 192. 128 


II 243 


RB . 4 . Φ Φ ΓῚ . . .Φ . 4 Φ . [) . U) 
{} 
BER 


elei-ieiei- 
SERSSEE 


εἰν 
88 


-jei-ie 
BESEN 


Register. 
λώτισια.. » » x... . Η 118) οὐ πέλας 
λωτός I 10| Πελασγοί 

πελώριστος 
βάργος. .. . . ... U 228] πέραν 
Fr Vi en uU 198] περέὲ . . 

. Π 171 περιστέλλειν 
μένου . ee nn. ἢ δθ] περόνη 
Μεσσάπιον. . . ». .» 2... . 10] πέσημα. 
ned.» » >» 0 20000000. ἢ 12] πηγαί 
Μήλς . 2 2 2 2 2 200. 7δ]πόττειν. 
μήτρως. een... DM 16|πάυνλος. 

lvo ταῦρος. I 270] πλη 
μοῖρα. . .- . U 228] οὗ π ἡσίον.. . 
αὔϑος, uvdedew . I 22 | πόϑος 
of 
Däua. . » > 2 22000. 0. ἢ 139 ποιναί 
Nörros . . . 2 2 2 nenn. 4δ]|ποῖοο.. 
νέφος. een... ἢ 287 πόλεμος . 
νόμος. » >» 2 2 2. 200. ἢ 2710] πολιός . 
vooelv . II 127. 278 πολυδάκρυος 
νωϑής II 180] Πολυδευκής . 
σπολύπλαγκτος. 
ξανϑός. U 58 | πομπή 
ξενοῦν II 214 | πονᾶν 
Eovdd . Η 119 | πόρπη 
Eiveos . I 152 | πότωος 
ἐπὶ ξυροῦ Π 142] πρέσβεις. 
σράσσεεν 
Οἴγειν U 77] προοέμεον 
Οἰνώα U 91|πρός. 
diduswos . . II 225 | προστρόπαιος. 
Ὄλτος 'Oltioxos 99 | πρόφασις 
Ὀμόλ . 2 2 2 2. 00. DI θ0] πρόχειρος 
Ὀμφαάη > 2222. 3δ͵,ίπτήσσω. 
ὄντω . 2.» 2.2020. 0. 2 1837)πτῶμα 
ὀργή . een ee... DI 68 πυργοῦν 
ὀρϑοέπεια . . I 18 |rveods 
ὀρϑοστάτα:ι . 206 
ὀρϑῶς U 18 
ὄρνις. IT 21 ῥάδιος 
ὅρος . . U 154 ῥέϑος 
ὀρσοϑύρη . . ἢ 167 ῥίξα 
ὅστις. II 241. 256 δοέβδην 
οὐδαμοῦ. . U 52. 184 
οὐδὲν ὧν . 1% 
οὕνεκα . . . . II 42 | δαφής 
οὐρανοῦ ψαύειν . . ἢ 252 | σεέραιος 
οὐσία . . - rn . Ἢ 78 σκαιός 
οὐτάξεν . . . .ὄ -ε . ἢ δδ|σκι. . 
οὔτε . . . II 63. 230 | στερεῖσϑαε. 
στέφανος 
Παιάν Π 180] στρεπτός 
παρά... .. II 94 | συγγενής 
ragafivsas .. I 153 | oVuntroua . 
πάρεργον . I 271] σύν . 
παρϑένος II 182 συναγεέρειν. 
πεπᾶσϑαι U 281] dovro . 
nedd . Π 180 | σωφρονέζεειν 





295 


II 52 
0.0. 2 
... ἢ 69 

II 59 
. .„ ἢ 223 
II 235. 274 
. Π 212 

Π 235 

002020... 1192 
2200000. ἢ 249 
un . 1179 
Π 87 

I 52 

U 269 

u 22 

I 200 

Ι 124 

II 236 

ΗΠ 159 

II 106 

U 13 

ΠΗ 246 

Η 133 

II 71 

II 212 

U 169 

ον, ἢ 64 

. Π 16. 226 

II 126 

ΗΠ 133 

I 241 

U 48 

II 43 
.. ἢ 215 
II 235. 249 

Η 117 

Π 88 


. I 23. 278 
Π 246 
Η 209 
Π 186 


‚Hu 182. 211. 223. 233 
0.0. DD 14 
II 203 

U 187 


296 


τάφος 
Te δ .Φ «4 ΓῚ 
τεκρνοῦν . . 


τέμνειν φίλα ᾿ 


Τενθεύς. 
τετρώρεστος 
τιϑέναε. 

ἡ τέκτουσα. 
τιμᾶν 
τὸ... 
τράπεξα. 
τρόπος 
τροφός 
τύραννοῦ 


ager ὁβοίξειν 


ς Ὕλη 
ὑπόρφεν. 
ὑπό . 
ὑποβλέπειν 
ὑπογράφειν 


(φαίνεσθαι. 
φάος. 


. Register. 


ον DI 277 
u 106. 257. 265 
ον. 210 


π 72. 73. 110. 233 


II 266 
u 233 


II 160. 178 
II 125. 130 


os. 
δ ϑερεσῆαις 
φϑονεῖν. 
φέλιος 
φίλτρον. 
φοῖνιξ 


χαέειν. .. 
χαέρεεν λέγειν 
χαλκοάρης. 
ydaxeıv . 
χάσμα 

IV . 
χορεύειν. 
χόρτος 

χρεῖοῦ 


χρή - .- u 
χρόνῳ, τῷ χρόνῳ 


Druck von J. B. Hirschfeld in Leipzig. 


TC 
= 


BAHR 
τ ὦ ὦ 


Π 176 
u 40. 73. 111. 280 
. ..... HI 278 












8.5 


᾿ 3. 6105 045 015 497 


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