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EURIPIDES
HERAKLES
ERKLÄRT
ULRICH VON WILAMOWITZ-MOELLENDORFF
ZWEITE BEARBEITUNG
ERSTER BAND
BERLIN
WEIDMANNSCHE BUCHHANDLUNG
1895
N
"Ὁ
κέ της ARY N
ΣΝ Rat
I rauva
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ALMAE-MATRI
PORTAE
V- 8. L- M-
9 ıx 1867 OYIIAYZOMAITAZXAPITAZ 21 v 1889
MOYZAIZZYTKATAMEITNTEAAIZTANZTZITIAN
ETITOITEPQONAOIAOZKEAAAEIMNAMOZYNAN
22 xıı 1894
VORWORT
“Als ich vor 22jahren das kleine katheder des betsaales bestieg, um
abschied von der Pforte zu nehmen, überreichte ich ihr nach alter guter
sitte eine valedictionsarbeit, die das motto trug, das ich heute wiederhole.
es war und ist ein gelübde für’s leben: den Musen und auch der alten
schule werde ich die treue halten. die abhandlung selbst gieng die
griechische tragödie an und war natürlich ein geschreibsel, ganz so grün
wie ihr verfasser. der würde tief unglücklich geworden sein, hätte er
geahnt, wie bald er so urteilen würde; aber im stillen herzen gelobte
er sich doch, wenn er ein mann würde, der Pforte ein buch zu widmen,
das denselben gegenstand wissenschaftlich behandelte. dies gelöbnis würde
er nie ausgesprochen haben, wenn er es nicht zugleich erfüllte. er tut
es heut, indem er das drama, aus dem er damals das motto nahm, er-
läutert und ein buch veröffentlicht, das vor allem so grünen aber von
den Musen begeisterten jünglingen, wie er damals einer war, das ver-
ständnis der tragödie erschlielsen soll”.
So weit mulste ich das vorwort der ersten auflage wiederholen, weil
es auch für diese geltung hat; die übrigen dort folgenden geständnisse
gehören der vergangenheit an. da mein buch vergriffen war und un-
veränderten abdruck nicht vertrug, habe ich die last der neubearbeitung
auf mich genommen, sobald gesundheit und andere verpflichtungen es
mir gestatteten. dabei mufste ich versuchen, den fehler einigermalsen zu
verbessern, den ich das erste mal gemacht hatte. von dem ersten bande,
den ich als “einleitung in die attische tragödie” verselbständigt hatte,
gehörten zwar die beiden letzten abschnitte, da sie Herakles behandeln,
zu der ausgabe dieses dramas; aber die litterarhistorischen, theoretischen
und kritischen ausführungen waren für diesen zweck zu viel und für
eine einleitung in die attische tragödie zu wenig. so habe ich mich denn
zu einem schnitte entschlossen, gebe jetzt das drama mit commentar und
den beiden capiteln über Herakles als einleitung und verspreche, so weit
ein sterblicher versprechen kann, mit der zeit ein wirkliches buch über
vi Vorwort.
das attische drama. jetzt kann ich das noch nicht schreiben, weil ich
meinen früheren ausführungen noch nicht mit genügender freiheit und
überlegenheit gegenüberstehe.
Der text erscheint ohne zweifel jetzt in verbesserter gestalt, denn
gar nicht selten ist die überlieferung hergestellt und gerechtfertigt. dabei
hat mich nichts so gefördert wie die kritik J. Vahlens (index lectionum
von Berlin, sommer 1893); aber auch die besprechungen meines buches
durch H. Weil (Journal des savans 1890) und A. Nauck (Deutsche Litt,
zeitung 1890) haben mich durch positive belehrung zu danke verpflichtet.
daß ich Naucks neue vermutungen in die grofse masse der schlechthin
nicht zu berücksichtigenden werfen mufste, liegt in unserer grundsätzlich
verschiedenen schätzung der überlieferung und der statistik’), zum texte
und zum commentar hat mir E. Bruhn freundlich sehr nützliche weisungen
mitgeteilt.
Eine übersetzung beizufügen hatte ich schon 1889 lust; jetzt hat
mir den entscheidenden anstols eine anregung aus England gegeben.
dafs gerade ausländer verschiedener nationen dieses bedürfnis aner-
kennen und meinen bestrebungen teilnahme schenken, ist mir eine grofse
freude. ich hoffe, mein gedicht ist nicht zu buntscheckig geworden, ob-
wol ich seine erste schon 1879 entstandene gestalt sehr viel häufiger
umgeformt habe, als ein wirklicher dichter dürfte. dafs text und über-
setzung jetzt in einem andern bande stehn als der commentar, wird
hoffentlich die benutzung bequemer machen; dies ist die einzige veran-
lassung zur teilung des buches in zwei bände gewesen.
Den commentar habe ich nicht umschreiben wollen, so grofs der
reiz war, z. Ὁ. in den metrischen partien noch weiter auszuholen. ich
habe nur nachgetragen was mir die lectüre an material namentlich für
die sprachgeschichte zugeführt hatte; mir erscheinen untersuchungen wie
sie hier 2. ἢ. über δόξα λάτρις εὐλογία neu stehen, sehr wichtig. und
1) Nur ein beispiel. Nauck rügt, dafs meine anmerkung zu 220 die bemer-
kungen Eimsleys über den anapaest in eigennamen nicht berücksichtige. in wahr-
heit hatte ich sie geschrieben, um jene lehre des ausgeseichneten beobachters, der
mich in die textkritik der tragiker eingeführt hat, zu berichtigen, allerdings, wie
ich zu tun pflege, ohne citat. da ich nicht nur die von den modernen lediglich um
ihres prinzipes willen geänderten stellen anführe, sondern auch die analogie mit
andern iambischen dichtgattungen, endlich die beobachtung, dafs die angezweifelte
freiheit der letzten zeit der tragödie angehört, hinzufüge, so halte ich nicht nur
dafür, dafs eine feinere beobachtung den an sich berechtigten zweifel Elmaleys hebt,
sondern ich glaube, dafs Eimsley selbst mir beistimmen würde. denn der scharfe
kritiker war keinesweges ein fanatiker der annlogie.
Vorwort. vuI
‘
so ist es wol mehr als eine subjective erfahrung, was ich an dieser stelle
aussprechen will. ich habe die letzten jahre gerade die classische attische
prosa intensiv treiben müssen, habe z. Ὁ. die redner einmal in einem zuge
hinter einander durchgelesen und viele reden genau durchgearbeitet, wenn
auch nicht gerade für die textkritik. trotzdem ist der ertrag für die er-
klärung der tragödie verschwindend gewesen. hätte ich annährend so
viel studium z. b. auf die hippokratische sammlung oder die volkstüm-
lichere schriftstellerei der Juden und der ältesten Christen verwendet, so
wäre unvergleichlich mehr herausgekommen, wie die proben zeigen: so
streng sind die stilgrenzen im attischen, so sehr bewahrheitet sich immer
wieder, dafs das drama und die κοινή dem ionischen sehr viel von ihrem
wortschatze verdanken. nach dieser richtung vornehmlich ist der commen-
tar erweitert; aber ich hoffe, er zeigt überhaupt, dals ich zugelernt habe.
die zusätze zu kennzeichnen geht mir wider mein gefühl: das lenkt den
leser von der sache auf den modernen schriftsteller ab, an den er mög-
lichst wenig denken soll.
Die einleitungscapitel sind durchgehends verbessert, zum teil um-
geschrieben; aber ich bringe in allen hauptsachen meine alte lehre wieder
vor. zwar ist über die älteste griechische geschichte, über die ich hier
in kürze meine ansicht vortrage, seitdem sehr bedeutendes geschrieben ;
auch hat mich eine griechische reise die monumente der heroenzeit rich-
tiger beurteilen gelehrt, so dafs ich nach dieser richtung vieles zu bessern
und zu präcisiren hatte, allein meine höchst unmodernen grundanschau-
ungen haben sich nur befestigt. das ist mir nicht beängstigend, denn.
unmodern sind diese auschauungen wesentlich deshalb, weil sie antik
sind. ich verkenne die berechtigung der skepsis durchaus nicht, aber sie
ist nur als ein durchgangsstadium zu dem rechtfertigenden verständnisse
der überlieferung berechtigt. auch über Herakles bringe ich mein altes
lied; wie fremd es den modernen historikern und mythologen klingen
würde, wulste ich gut genug, als ich es zum ersten male anstimmte.
aber auch das ist ja nicht mein lied; und wenn es jetzt mit überlegenem
achselzucken abgewiesen wird, so vertraue ich, dafs die zeit gar nicht
einmal fern ist, wo man bei den Hellenen anfragen wird, um zu lernen,
was sie sich bei ihren göttern gedacht haben. ich habe ein par mal ge-
legenheit genommen, mich mit Εἰ. Meyer und C. Robert direct auseinander
zu setzen, mit denen ich mir doch bewufst bin auf demselben boden der
forschung zu stehn. und nur weil ich das tue und auf verständigung
hoffe, polemisire ich gegen sie. dafs Artemis ihrem namen nach die
schlächterin ist, kann angesichts der altboeotischen gefäße, die Wolters
ὙΠΙ Vorwort.
schön erläutert hat, nicht wol bezweifelt werden, so dafs die mondmytho-
logie diese gottheit wol frei lassen mul, niemand hat für die verbrei-
tung der richtigen etymologie mehr gewirkt als Robert, und doch ist
mir die heftigkeit, mit der er sie mir zuerst abwies, noch sehr deutlich
in der erinnerung. warum sollte ich nicht glauben, dafs die zeit uns
auch über Herakles oder Apollon, den ich so wenig für einen hürden-
gott wie für einen sonnengott halte, zur übereinstimmung bringen könnte ?
ich meine des gottes hauch in Delphi und Delos und auf der höhe des
Ptoions gespürt zu haben.
Aber die vergleichende mythologie habe ich vielleicht allzukurzer
hand abgelehnt; wenigstens möchte ich hier noch ein wort sagen, sub-
jectiv bestimmt durch den starken eindruck, den ich eben von Olden-
bergs Religion des Veda empfangen habe. auch hier sehe ich meine
ansichten mit souveräner verachtung gestraft, auch hier habe ich dagegen
die empfindung, dafs wir eigentlich einer meinung sein sollten, und nur
deshalb polemisire ich gegen ihn. Oldenbergs Veda ist mir deshalb für
mein arbeitsgebiet eben so förderlich wie sein Buddha, den ich allerdings
noch mehr bewundere, weil er den vedischen glauben ganz rein darstellt,
ohne fremdes hinein zu ziehen; nur auf ältere sagenformen macht er
rückschlüsse aus vermeintlich verwandten überlieferungen. aber die
Hellenen mifst er mit anderem malse; da werden die theoreme der
physikalischen mythologie ohne weiteres angenommen, und über Hera-
kles gilt als feststehende tatsache was mir selbst zur bestreitung zu
windig war, und da geht Oldenberg selbst zu eigener vermutung vor.
damit betritt er das hellenische gebiet: ich werde seine grenzen ver-
teidigen.
Er handelt 8. 144ffg. von der bezwingung der Panis u innung
der kühe. Indra (nach Oldenbergs ansicht ursprünglich Trita Aptya,
N Aal also streng genommen der gewittergott gar nicht mit Herakles
verglichen werden darf) bekämpft den dreiköpfigen schlangenleibigen
_ Visvarüipa, schlägt ihm die köpfe ab und läfst die kühe heraus, die
parallelgeschichte, in der die räuber eine mehrzahl sind, die geizigen
Panis, die den frommen Brahmanen die kühe vorenthalten, wird als in-
dische umbildung abgesondert. die erste geschichte kehrt im Avesta
wieder, aber in abweichender form, ohne kühe. da sagt Oldenberg, dafs
der mythus der classischen völker die ursprünglichkeit der vedischen
sage beweise. ““Herakles tötet den dreiköpfigen Geryoneus, Hercules den
dreiköpfigen Cacus und führt die rinderherden hinweg, welche dem un-
geheuer gehören oder welche dieses dem gott geraubt und in seiner höhle
Vorwort, ΙΧ
versteckt hat”. eine deutung der sage steht 8, 149. “ich möchte glauben,
dafs es sich um die gewinnung der morgepröten aus dem dunkeln felsen
des nachthimmels handelt. daher im griechischen mythus die roten kühe
und ihr versteck im äufsersten westen”. wenn man’s so hört, möcht’s
leidlich scheinen, aber es steht doch schlimm darum. sehen wir nur ge-
auer zu. auf die farbe der kühe kommt den Hellenen gar nichts an.
folglich ist es willkür, den vereinzelten zug zur grundlage der deutung
zu nehmen, dafs sie in der apollodorischen bibliothek (2, 106) rot sind.
aber wenn auch; die bedeutung dieser farbe ist doch nicht selbstverständ-
lich, sondern muls ermittelt werden. dazu fällt mir gerade die ana-
logie ein, dafs der widder der Phrixos, der meistens ein goldenes vliels
hat, bei Simonides (fgm. 21) purpurwolle trug, obwol derselbe dichter ihn
auch weils genannt hatte. die poesie sucht das wunderbare zu schmücken
und leiht ihm köstliche farben; symbolik pflegt dabei wenig mitzuspielen.
aber wenn auch; die kühe heifsen φοινεκαῖ. übersetzen mag man das
mit rot, aber was für ein rot es ist, lehrt doch erst die griechische
sprachempfindung. goivı$ kommt von φόνος. auf die λευχὴ γλαυχὴ
ῥοδοδάκτυλος ἠώς palst die blutfarbe wahrhaftig nicht. die überein-
sümmung der dreiköpfigen ungeheuer scheint klar. in wahrheit haben
sie eine ganz verschiedene gestalt. denn Geryones hat drei ganze leiber,
und es ist notorisch eine wertlose ausartung, wenn spätlinge ihm nur drei
köpfe geben. Cacus aber ist ein feuerspeiender riese ohne irgend welche
vervielfältigung der gliedmalsen: wenn der hellenisirende neuerer Properz
ihm einmal drei mäuler gibt, so ist die vermischung mit Geryones oflen-
kundig. eine höhle, ein_vergteck, ein raub der rinder durch den riesen
„Stin-des Cacussage vorhanden; in der Geryonessage ist es gerade um-
gekehrt: Herakles ist der räuber, die rinderherden (denn die stiere fehlen
mit nichten, so dals es falsch, wenn auch für die vergleichung mit
der morgenröte erwünscht ist, βοῦς mit kühe zu übersetzen) gehören dem
riesen, und seine hirten und hunde weiden sie auf den wiesen des “roten
landes’ im westen. es sind das feststehende und bedeutsame figuren der
sage, über die man keinesweges ohne weiteres hinweggehen darf. also
kann von einer vergleichung mit dem indischen und persischen mythos
keine rede sein, in denen ja gerade We-tmmprfiche Tr dal etwas_ge-
raubtes aufgespürt und befreit wird. es ist also nicht nötig, zu fragen,
0 wir morgenröten (die Hellenen kennen nur eine Eos)
und rinderherden, der nachthimmel und das “rote land’ sich angemessen
entsprechen, und ob es der rechte weg wäre, gen abend zu fahren um
das morgenrot zu suchen,
ἴννως.
X Vorwort.
Aber schlechthin unzulässig ist, dafs Oldenberg überhaupt mit der
Cacus operirt. denn es ist notorisch'), dals sie gar nicht italisch
ist, sondern eine entlehnung, sei es der Geryonessage, mit der sie
immer verknüpft wird, sei es der Alkyoneussage. ın dieser raubt zwar
der riese die rinder, aber er ist nicht dreiköphg und das bezeichnende
ist, dals ihn Herakles im schlafe tötet. eine wirkliche übereinstimmung
mit der indischen geschichte ist auch hier nicht vorhanden. beide
völker haben sich geschichten erzählt von göttern oder helden die mit
gräfslichen riesen kämpfen, und beiden völkern sind rinderherden ein
sehr begehrter besitz gewesen, ganz veritable rinder. darin sind sie sich
einig, und eben diesen zug zerstört die physikalische deutung. die for-
schung über den riesen Geryones hat natürlich so vorzugehen, dals sie
seine geschichte durch alle ihre varianten und localisationen verfolgt,
und zunächst mit andern hellenischen geschichten vergleicht, wozu der
reichste stoff vorliegt. zu welchen ziele dieser weg führt, ist unten 8. 65
kurz bezeichnet. "
Im eingange seines abschnittes über Indra sagt Oldenberg s. 134.
“wahrscheinlich kannte schon die indogermanische zeit einen von dem
himmelsgott getrennten gewittergott, einen blondbärtigen oder rotbärtigen
riesen von übermenschlicher kraft, den mächtigsten esser und trinker,
der den drachen mit seiner blitzwaffe tötet”. worauf er zielt, hat sich
schon 8. 35 gezeigt, wo ‘von der befreiung der kühe durch Indra-Herakles-
Hercules aus dem gefängnis der Pani, des Geryoneß oder Cacus, von
“der genossenschaft der Dioskuren und der sonnenjungfrau”)’ die rede ist.
dann mulfs ich freilich mit meinem Herakles einpacken. aber das ist
alles nicht nur nicht ‘wahrscheinlich’, das ist einfach alles nicht wahr.
1) Wenn R. Peter (Roschers Lexicon 2270 fig) anders urteilt, so verschlägt das
nichts. er nennt auch eine vermutung glänzend, die bei Plutarch καλῆς ἀκτῆς in
oxdins xaxins ändert. dafs er manchen mitschuldigen an dem schnitzer hat, macht
objectiv die sache nicht besser. aufserdem führt er selbst an, dafs bei den annalisten
Gellius Cacus ein herrscher am Volturnus war, und verwirft auch die heranziehung
des bekannten bronzegefässes von Capua nicht. dann ist die sache aber abgetan,
denn dafs die ganze hellenische cultur von den chalkidischen küstenplätzen über
Campanien durch die porta Capena, wo die ara maxima stand, ihren einzug gehalten
hat, ist eine allbekannte sache.
2) Über die Dioskuren habe ich zu v. 30 gehandelt, und Oldenberg konnte
das auch bei E. Meyer finden, dem es Robert mitgeteilt hat. ich habe noch in einer
anmerkung zu ÖOldenbergs agvins stellung nehmen können. dafs übrigens Helena
noch einmal jungfrau werden würde, hat sie, die vom siebten jahre nichts ge-
taugt hat, sich schwerlich träumen lassen.
Vorwort. ΧΙ
Hercules ist notorisch eine entlehnung der Italiker, und gesetzt, die Indo-
germanen hätten besagten gewittergott gehabt, so hat ihn dieses indo-
germanische volk in vorhistorischer zeit wieder verloren. auch was man
als italisch in Hercules von dem entlehnten griechischen heros abziehen
mag, hat mit dem gewitter u. 8. w. nichts zu tun. Herakles ist kein
riese; dals er unansehnlich von gestalt gewesen wäre, kommt dagegen
vor (vgl. unten 8. 105). Herakles hat keinen roten bart; es kommt auf
seinen bart überhaupt gar nichts an; in welchem 8 sinne er blond ist,
fresser und saufer, auch als unmäfsig in der liebe childert wird, ist
Sure ἰὸν τὸ mel lee geilen τος ἐὰ
vollziehen sehen, können die geschichtlichen socialen und litterarischen
bedingungen genau verfolgen, die sie hervorriefen; es ist also ein ana-
chronismus diesen zug in das urbild zu setzen‘, Herakles führt die
waffen, die jeweilen für einen helden passend scheinen, auf den vasen
der ritterzeit sehr oft das schwert; dafs die pfeile das älteste sind, liegt
an der cultur des volkes und der zeit, die ihm die erste bestimmte form
gab. aber wenn er auch so ausschließlich ein schütze wäre wie Apollon:
den blitz kann ein Hellene in seiner waffe nie empfunden haben. ich
sebe davon ab, dals die pfeile nie blitze bedeuten. der blitz ist aus-
schliefslich die waffe des Zeus; höchstens tritt er ihn einmal seiner lieb-
lingstochter ab, die auch die aegis trägt. überhaupt ist es für jeden,
der die Hellenen kennt, eine ganz unzweifelhafte tatsache, dals es nur
einen gewittergott gibt, eben den höchsten himmelsgott und alleinigen
träger des blitzes, Zeus. die hellenische religion straft die behauptung
der vergleichenden mythologie, von der Oldenberg ausgeht, einfach lügen.
ich kann wirklich über den notorischen tatbestand kein wort weiter sagen.
der himmels- und gewittergott Zeus fehlt den Indern und Germanen;
die träger seines namens haben bei ihnen andere functionen, und seine
functionen werden von andern göttern geübt. das ist auch notorisch.
Ohne zweifel ist es unumgänglich notwendig, sich um die religionen
anderer völker umzutun, wenn man eine bestimmte religion verstehen
1) Her. βουφάγος, βουϑοένας existirt auch als cultname. aber wenn wir
hören, dafs sein verzehren des pflugstieres in Lindos zur motivirung der flüche er-
zählt wird, unter denen man ihm opfert, so verrät sich der inhalt der sage: das
stieropfer erschien als frevel, weil kein blut vergossen werden soll. Herakles spielt
eine rolle wie Thaulon in Athen. solche sagen sind aber ein ergebnis späterer
religiosität. der mehr von viehzucht und jagd als von ackerbau lebenden urzeit
war das blutvergiessen unmöglich anstölsig.
ΧΙ Vorwort.
will. es kann nicht ausbleiben, dals man sich zunächst an die wendet,
deren sprachen für ihre verwandtschaft zeugen; auch ich habe nicht
verfehlt, z. Ὁ. bei dem Typhonkampfe und bei dem göttergarten den
blick meiner leser nach Indien und Skandinavien zu weisen. gleichwol
halte ich es für einen verhängnisvollen irrtum, dafs man dasselbe was sich
für die sprachen ergab, ohne weiteres auf den glauben übertrug. denn
der religiöse gedanke bindet sich nicht an die sprache und lange nicht
immer an die nation. die sog. "niedere mythologie’ und der “aberglaube’
sind deshalb mit besonders gutem erfolge bearbeitet worden, weil hier
die racenmythologie gar nicht möglich war, weil das princip der analogie
anerkannt ward, das so viel fruchtbarer ist als die ableitung aus einer
präsumirten gemeinsamen quelle. ich habe aus Oldenbergs buch auch
positiv manches bei den Hellenen richtiger zu beurteilen gelernt, aber
noch viel klarer ist mir dabei geworden, dafs der hellenische cultus den
Semiten unvergleichlich näher steht als den östlichen Ariern, und selbst
in der heldensage fordern die Babylonier wahrlich eher zur vergleichung
heraus als der Veda.
Aber die hauptsache bleibt mir, dals für die Hellenen das gleiche
recht gilt wie für die Inder, und wer ihre religion erforscht es so machen
nicht nur darf sondern soll, wie es Oldenberg mit dem Veda macht.
wir sollen zunächst einmal die vorstellungen der Hellenen erfassen wie
sie für sie und in ihnen bestanden. ob sie dabei ältere geschichten und
gestalten umgeformt haben, ist eine zweite frage, die zweite dem range
nach, insbesondere aber der abfolge nach. denn unweigerlich strauchelt
und stürzt wer den zweiten schritt vor dem ersten tut. den ersten kann
nur tun, wer mit Pindaros und mit dem mythographischen gelehrten
materiale, auch dem bildlichen, frei schalten kann, ganz wie Oldenberg
mit der indischen überlieferung. und wenn er so weit ist und er sieht
dann, dals er zu dem ergebnisse seiner forschung im Veda oder in der
Edda keine parallele findet, ist das ergebnis darum falsch? ganz im
gegenteil. ich weils sehr gut, dafs mein Herakles dort nicht zu finden
ist. gerade darum ist er hellenisch, die Inder haben eben keine männer,
sie kennen das evangelium der tat nicht, sie haben keine geschichte.
dafür gibt es in Hellas keinen Brhaspati, denn dort weils man nichts
von der gewalt des gebetes; die erhabene absurdität des Somaopfers und
der glaube, dafs opfer zauber wäre, hat auch bei ihnen keine stätte');
1) Genauer, es kommt dazu erst in der theologisch ausgearteten superstition der
Orphiker.
Vorwort. XII
sie stimmen darin zu Hebräern und Arabern. deshalb ist ihr cultus
dennoch kein phoenikischer import‘). es ist immerhin ein zeugnis dafür,
wie begehrenswert die homerischen götter immer noch sind, aber es liegt
doch eine arge überhebung darin, dafs jede fremde mythologie nach ihnen
ihre hände ausstreckt. so lasse man doch jedem volke seinen glauben.
es hat doch ein jedes seine götter nach seinem bilde geformt, und raum
für alle hat der himmel.
Wir wissen alle, dafs das zwischentreten eines propheten, einer
neuen offenbarung einmal die persische religion ganz und gar umge-
staltet hat. in Indien hat eine fast allmächtige priesterkaste mehr als
einmal solche umwälzungen herbeigeführt. von diesen ist der Veda zumeist
noch frei, allein den stand setzt er doch voraus, und Oldenberg selbst
zeigt, wie stark seine einwirkung sich schon im Veda fühlbar macht.
eine ganz ähnliche krisis hat auch die hellenische religion durchgemacht,
im sechsten jahrhundert, als die vielen theogonien gedichtet wurden und
die secten entstanden, die wir nach einem hauptvertreter orphisch
nennen. diese bewegung ist niemals zum stillstande gekommen; wir
können daran sehr wol ermessen, was aus der religion und der cultur
der Hellenen geworden wäre, wenn die geschichte hier einen verlauf ge-
nommen hätte wie in Baktrien und Indien. aber die Hellenen hat in
der entscheidenden stunde ihr weg zur wissenschaft, zur philosophie ge-
führt, wie er sie eben damals zum nationalen freien staate führte. darin
liegt ihre gröfse, das erhebt sie über alle völker. aber merkwürdig genug
sind auch ihre propheten, von denen manche, wie Empedokles, mit einem
fufse im lager der wissenschaft stehn. und deren lehre fordert aller-
dings die vergleichung mit der theologie anderer völker heraus. in diesen
kreisen sind deutungen wie die des Apollon auf die sonne und der Ar-
temis auf den mond entstanden, die sich noch heute vieler gläubigen
erfreuen. denn die Stoiker haben an dieser theologie fortgebaut und in
ihren bahnen wandeln viele jetzt mächtige systematiker. ich halte Useners
mythologie durchweg für orphisch. und ich glaube nicht, dafs die theo-
logie den schlüssel zur religion hat. auch die analogie der Vedenerklärer
und der antiken und modernen phyaikotheologie ist mir bei Oldenberg
sehr merkwürdig entgegengetreten. wenn ich lese, dafs die Vedadichter
den Indra die flüsse wirklich aus dem felsen holen lassen, und erst ihre
1) Wie denn eben wieder jemand die semitischen reunionskammern aufgetan
hat, von denen einst Gutschmid scherzte. ich vermisse in diesen etymologien nur
eine, dafs der nemeische löwe eigentlich Levi geheifsen und natürlich den Herakles
aufgefressen hätte,
XIV Vorwort.
erklärer darin eine symbolik des gewitters sehen, so ist mir diese über-
einstimmung mit den modernen mythologen alles andere als ein beweis
dafür, dals sich die dichter geirrt haben, und ich könnte diesen mit
hellenischen analogien zu hilfe kommen. das ist nicht meines amtes;
wol aber mufs ich darauf hinweisen, dafs die hellenische religion der
forschung ganz unvergleichlich mehr und besseres material bietet als
irgend eine andere, schon weil sie nie in die bande einer theologie ge-
schlagen worden ist. wenn ich die neigung hätte, die indogermanische
urreligion zu suchen, so würde ich mein hauptquartier zwar bei leibe
nicht im Homer, aber ganz gewils in Hellas aufschlagen. aber die ver-
gleichenden mythologen pflegen ganz wo anders zu sitzen, verlangen aber
gleichwol über die hellenischen sagen zu verfügen. es ist wie in der
sprache; da ich jung war, sollte ich auch zugeben, dafs die Hellenen
mit ihrem e und o einen abfall von dem paradiesischen dreiklang aiu
begangen hätten. nun zieht es mich sehr wenig zu jener indogermani-
schen urreligion; ich habe es deutlich genug gesagt, dals ich nicht ein-
mal an die existenz eines panhellenischen urvolkes glaube. aber davon
abgesehen, ich verlange sehr wenig danach, über die vorstufen der reli-
gion zu grübeln, die allein in wort und bild zu mir spricht. ich be-
gegne nicht gerne den lieben göttergestalten als fohlen kälbern und
vögeln, obwol ich gar nicht für ausgeschlossen halte, dafs sie womöglich
einmal als maikäferpferde oder eselheuschrecken einhergegangen sind,
oder wie man die fratzen der inselsteine nennt. meine wünsche sind viel
bescheidener. mich verlangt zu wissen, was die Hellenen, mit denen und
für die ich lebe, bei ihren göttern, die für sie gegeben waren wie die
natur die sie umgab und die sprache die sie redeten, gedacht und em-
pfunden haben, wissen möchte ich das zunächst gar nicht aus wissen-
schaftlicher neugier, sondern um es nachzuempfinden, denn ohne ihre
religion verstehe ich die Hellenen nicht, und religion ist empfindung in
erster linie, keine belehrung. soweit sie aber belehrung ist, hat sie einen
praktischen zweck. sie sagt den menschen zwar auch, wie begreife ich
die welt um mich; aber wichtiger noch für ihn ist es, darüber aufgeklärt
zu werden, wie begreife ich die welt in mir. denn die kraft zu leben,
trotz der welt um uns und in uns glücklich zu werden, verleiht dem
menschen nun einmal einzig und allein sein glaube. und wie soll ich nun
dazu gelangen, den hellenischen glauben zu erfassen? sagen, so geradezu
sagen können mir das meine Hellenen freilich nicht, oder doch nicht die
grolse menge von ihnen, und viele generationen können es überhaupt nicht;
aber absehen kann ich’s ihnen doch einigermafsen, wenn ich sehe, wie
Vorwort. XV
sie unter ihrer götter regiment leben und handeln, geniefsen und leiden,
und wie sie sich zu ihren göttern stellen. einigen bevorzugten aber
haben die götter das charisma ihres geistes gegeben, dafs sie sagen
können was sie empfinden; anderen sind die götter erschienen und haben
ihnen die gestalten offenbart, in denen sie sie bilden, wir sie schauen. das
sind meine wegweiser, auch in die zeiten, die für sie bereits vergangen-
heit waren. ihrer weisung folgend werde ich meinen weg gehen, unbeirrt
durch die Anthropologen und die Theologen von heute: denn was mir mut
gibt ist nicht das selbstvertrauen auf moderne weisheit, am allerwenigsten
die meine, sondern die liebevolle hingabe an den alten glauben.
Göttingen.
U.v.W.-M.
DER HERAKLES DER SAGE.
Die geschichte unseres weltteils beginnt in Hellas. sie beginnt viele Hellas vor
jahrhunderte früher, als den Hellenen auch nur eine ahnung davon auf- Wanderung.
steigt, dafs sie als volk in herkunft sprache glauben recht eine einheit
bildeten oder je gebildet hätten; ist doch vielmehr die entwickelung aus
der zersplitterung zur einheit der inhalt ihrer geschichte. aber sie beginnt
doch erst in einer zeit, wo das land das jetzt wieder Hellas heilst von
menschen arischen stammes besetzt war, die gespalten in eine unzahl
von stämmen und ihrer verwandtschaft unbewulst gleichwol alle unter
dem namen der Hellenen, der eigentlich nur einem jener kleinen
stämme zukam'), von uns begriffen werden können und müssen?). was
1) Σελλοί sind die verehrer des Zeus und der Dione im eichenhaine von Dodona:
das sind die ältesten Europaeer die wir kennen; sie waschen den staub nicht von
ihren füfsen und schlafen auf dem nackten waldboden, und der älteste gott Europas
redet zu ihnen im rauschen der eiche, deren früchte sie nährt, und durch die stimme
der wilden taube. "Elinves (eigentlich 'Eilnves) sitzen am unteren Spercheios,
Achilleus ist ihr held: aber dafs sie dorthin gedrängt sind, ist schon eine folge der
völkerwanderung. "Eilonec, eine regelmäßig gebildete nebenform, haben auch in
Thessalien, auf Eubois, in Aetolien spuren hinterlassen. φτιελλέζω σελλέζω ἐλλός
ἕλλοῳ bieten eine lautlich unanfechtbare etymologie: und es liegt nichts vor, was
den namen unglaublich erscheinen liefse, den andere stämme, z. b. die einwanderer,
aufgebracht baben können. aber merkwürdig ist es freilich, dafs die Hellenen selbst
sich mit einem worte bezeichnet haben, das dem sinne nach sich mit θάρβαρος
deekt, und mit niemiec, wie die Siaven ihre germanischen nachbarn nennen.
2) Seit dem 8. jahrhundert gilt der Hellenenname als allumfassender sowol
bei den asiatischen epikern wie im Peloponnes, und von göttern führt ihn nur
Zeus und vereinzelt Athena. es mag aber erlaubt sein, ihn als collectivnamen der
sautochthonen Hellenen im gegensatze zu den einwanderern zu verwenden. damit
treten wir freilich in gegensatz zu Herodot. er hat sich (I 56—58) die sache so
zurecht gelegt: Deukalion, sein sohn Hellen, sein sohn Doros lebten in Phthiotis,
in Hellas (dies nimmt er aus Hesiods Katalogen): also die Dorer sind ‘Hellenen'.
jetzt sitzen sie im Peloponnes, dahin sind sie vom Parnass gekommen (dessen vor-
dorische bevölkerung er mit dem mythischen namen JpVores 'Eichenmänner' benennt,
v. Wilamowitz I. 1
2 Der Herakles der sage.
immer auf grund von erwägungen anderer art über vorgeschichtliche urzeit
vermutet werden mag: für die geschichte sind diese Hellenen autochthonen,
wie sie es selbst auch nicht anders gewulst haben.
Auf den inseln von Samothrake bis Rhodos’) und an der ganzen
westküste Asiens bis tief in das land hinein safs ein anderer complex
von stämmen, der sich nie zu einem volke condensirt hat, sondern
schlielslich in die Hellenen aufgegangen ist. er mag den collectivnamen
der Karer (Kaf£osg) von dem kraftvollsten stamme tragen, der sprache
und sitte in seinen bergen bis über Alexanders zeit hinaus bewahrt und
sein blut als einen sehr wertvollen zusatz mit dem hellenischen vermischt
hat"), während die minder widerstandsfähigen stämme auch an mut und
aus den dorischen sagen), dorthin vom Pindos, wo sie mit den Makedonen noch
vereint safsen: so weit reicht die geschichtliche tradition. das mittelglied, vertreibung
vom Spercheios in die berge, erschliefst er, und als die vertreibenden setzt er
Kadmeier an, wie er glauben mufste, probabel, da er diese für Phoenikier hielt.
für die urbewohner, die also nie ausgewanderten, greift er den namen Pelasger auf,
der an einer thessalischen gegend, in dem auf autochthonie pochenden Athen und
in Argos, auch für die autochthonen, haftete., aufserdem nannten zu seiner zeit die
Hellenen barbarische bevölkerungen so, die in etlichen winkeln des thrakischen
küstenlandes und auf Lemnos salsen. da diese unverständlich redeten, nimmt er
eine barbarische pelasgische sprache an, die notwendig auch vor der dorisch-
hellenischen einwanderung in Griechenland geherrscht haben mußs; z. b. die Athener
kann erst Ion, der enkel des Hellen, nefle des Doros, hellenisch gelehrt haben.
das ganze ist eine durchsichtige combination, die aber den pelasgischen unsinn der
modernen gezeugt hat, zumal der kategorische widerspruch der Athener die Pelasger
statt der Dorer-Hellenen πλάνητας add nannte (Strab. 221 aus Apollodor). es liegt
auf der hand, dals zwar jedes einzelne volk, das den namen führt, eine concrete
realität ist, aber Pelasger nur im gegensatze zu den Hellenen heifst. allerdings
mufs ursprünglich ein volk diesen namen nicht bloß in relativer bedeutung getragen
haben, das noch zu suchen, und in den penesten der Pelasgiotis von E. Meyer
vielleicht gefunden ist. das volk der I/slonss, die Peloponnesier, hat Buttmann
entdeckt; es dürfte, wie “ρύοπες Ἔλλοπες, eine bezeichnung sein, die die einwan-
derer aufbrachten. Μέλοπες sind πελιοέ: die πελασγοί sind ihre verwandte, denn
seit ἄσγλα alyka feststeht, ist πελασγοέ gedeutet, ἀσγός ἀργός d.i."weils’. sie sind
nicht störche, aber wie die störche sind sie "die schwarzweifsen‘; auch Αἴολος Ξοῦϑος
und Φοξνεξ sind farbenbezeichnungen.
3) Auf den Kykladen zieht die sage des Anios, der offenbar ein Karer ist,
noch Andros in ihre kreise; auch nach Thasos greift sie über, was recht wichtig ist.
dagegen fehlen karische spuren auf Euboia und Keos.
4) Θαλῆς Ἑξαμύου sind zwei karische namen, Avufas, der vater Herodots,
Πανύασσις, Bovafıs sind karisch. Σκύλαξ Kapvardeds war ein Karer. λΙαύσσωλλος
Ἑκατόμνω zeigt uns noch, wie ein vollblutkarer aussah. sein vater heifst “sclav der
Hekate,, mit hellenischem namen (urarla = ὃ ιέα in Kreta), aber einer orientalischen
auffassung des verhältnisses von gott zu mensch. nach derselben göttin von Legina
Karer. Orientalischer einflufs. 3
sinn schwächer gewesen sind’), es ist an sich wahrscheinlich, dals die
Karer einst auf die europäischen küsten übergegriffen haben, allein im
agentlichen Hellas war der procels, der sich im 5. jahrhundert in Asien
vollzieht, ein jahrtausend früher bereits abgeschlossen®). ohne zweifel
gab es neben den Karern auch volksstämme, denen wir eine sonder-
stellung anweisen würden, wenn wir sie kennten’), vermutlich sind sogar
nicht-arische, doch keinesfalles semitische darunter gewesen. allein die
geschichte mufs notgedrungen von dem absehen, was abstirbt ehe sie
beginnt.
Karer und Hellenen waren gleichermalsen darauf angewiesen, die
civilisation von den Asiaten zu empfangen. die see befuhren beide, und
so werden sie als räuber und händler selbst an die küsten von Syrien
und Aegypten gelangt sein; ebenso werden schiffe aus jenen längst höher
eivilisirten ländern zu ihnen feindlich und freundlich die fahrt gewagt
haben. dafs die Aegypter selbst nicht seefahrer waren, verschlägt wenig,
biefs der Milesier rein hellenisch Ἑκαταῖος. ᾿Αρτεμίσέα, abgekürzt Aprewis (bei
Herodas, auf Karpathos 1078 Hiller, in Knidos 3537 Bechtel, und schon in Platons
testament Diogen,. 3, 42) heifst nach derselben göttin in anderer übersetzung.
5) Das gilt namentlich von den Maionern und Lydern, in denen aber auch,
wie die sprache zeigt, innerasiatische elemente stecken. andere stammnamen werden
Teukrer, Gergither (in der Troas, bei Milet, auf Kypros), Igneten (auf Rhodos) sein;
die rhodische localsage enthält noch mancherlei karisches. auf Kreta zeugen für
sie ein stadtname wie M/laros, ein eigenname wie Θαλήτας. an andern orten haben
die hellenischen einwanderer ihre feinde mit heimischen namen genannt; daher finden
wir im inneren atramyttenischen golfe, wo die Hellenen nie festen fuls fassen
kounten, Pelasger und Leleger, die letzteren auch an andern orten. damit ist über
die race dieser bevölkerungen gar nichts gesagt, so viel unfug auch jetzt mit dem
Lelegernamen getrieben wird. wo dieser zu hause ist, lehrt die hesiodische völkertafel.
6) Mit einigem scheine sind für karische bevölkerung dort nur bergnamen
angeführt, allein auch dieser schein dürfte trügen. ehe man den namen Aaela für
die burg von Megara verwenden kann, mu[s man wissen, ob das « lang oder kurz
ist: der Zeus Kdgsos oder Kapasds in Boeotien hat schon den Herodotos getäuscht.
dagegen ist die thrakische küste wol sicher von Karern besetzt gewesen, denn
allerorten von Neapolis bis Byzantion verehrt man ihre grofse jungfräuliche göttin,
unter wechselnden namen, Παρϑόνος Φωσφόρος Exarn Ἠλεκτρυώνη, Ἕλλη Hog. ihre
sawesenheit auf den inseln, Ikaros Leros Patmos Delos (Ἑκάτης νῆσοο), ist besonders
wichtig. die ephesische Artemis ist wol ursprünglich ein anderes wesen, innerasia-
tischen ursprunge.
7) Dahin mögen die ‘echten Kreter’ gehören, die sich in Praisos bis in die
schreibende zeit gehalten haben, wenn sie nicht karisch waren; auch die Kaunier,
die unsere gewährsmänner von ihren umwohnern absondern. die wichtigsten sind
die Tremilen, die ich von den Troern nicht mehr zu sondern wage. sie sind in
der Troas wie in Lykien ersichtlich zuwanderer von der seeseite.
1 .
4 Der Herakles der sage.
da Kypros und lange zeit auch Syrien ihnen gehörte, also ihre cultur
verbreitete. dieser asiatische einfluls ist von grofser bedeutung; dagegen
kann von einer herrschaft oder gar ansiedelung der Asiaten in Hellas
keine rede sein. auf die vermitteler kommt auch nicht sehr viel an, und
die Phoenikier, die schofskinder des modernen philosemitismus, sind nie-
mals mehr gewesen ; selbst von der vermittelung aber fällt ihnen in diesen
ältesten zeiten sehr viel weniger zu als noch immer geglaubt wird®). die
nächsten dazu waren selbstverständlich die Karer, und für sie bedeutete
die dauernde berührung mit ihren innerasiatischen nachbarn notwendiger-
weise noch mehr als der seeverkehr. diese binnenländische cultur, die
eben in unseren tagen erst deutlicher hervorzutreten beginnt, wird die
wichtigsten aufschlüsse bringen. die phrygisch-armenischen Arier, die
Semiten Nordsyriens und die vielleicht eine eigene race bildenden ein-
wohner des Taurus (Solymer, Milyer, Lykaoner, Isaurer, Kiliker) be-
rühren und vermischen sich; was sie aber übermitteln ist babylonischer
oder doch mesopotamischer herkunft, und im grunde dasselbe ward von
Byblos und Sidon über die see geführt; von hier kam aber daneben
auch aegyptisches, und der macht des neuen Reiches entsprechend über-
wiegt das aegyptische in der entscheidenden zeit. von allem importirten
kleinkram abgesehen kam von den Aegyptern der anstols zu der be-
arbeitung von stein und erz und zu der stilisirung von haus und hausrat,
Dem übermächtigen einflulse einer jahrtausende älteren civilisation
gaben sich die Hellenen mit kindlicher unbefangenheit hin, aber Hellenen
waren sie damals schon: sie flölsten dem fremden das sie aufnahmen den
hauch ihres geistes ein. ihr fürstenhaus ist in der anlage das gehöft
eines bauern, und das spätere hellenische haus zeigt die grundlinien der-
selben anlage”). auf dem grolsen hofe, der eigentlich für das vieh be-
stimmt war'‘), steht der altar des Ζεὺς ἐρκεῖος, und in der männer-
halle, d.h. dem wohnraume nimmt ἑστία die mitte ein: das eind die
8) Die homerischen zeugnisse über sidonische händler und sidonische industrie
gelten nur für die zeit ihrer entstehung und gehören gerade sehr jungen partien
des epos an, wol um ein halbes jahrtausend jüngeren als die zeit, von der hier
die rede ist. sie entsprechen erst dem orientalischen einflufse, den die Ῥτοίο-
korinthischen’ vasen zeigen. semitische lehnwörter fehlen der alten sprache fast
ganz: denn es ist unerlaubte unwissenheit, die immer noch mit βωμός ἑορτή ὀϑόνη
χετών (Studniczka beitr. z. altgr. tracht 18) operirt. PoswıE selbst ist ein gut
griechisches wort. die wirklichen lehnwörter fowos ρόδον σῦκον ἐλαέα χρυσός
iordern oder ertragen die vermittelung anderer sprachen.
9) Vgl. zum botenbericht.
10) Daher wälzt sich der trauernde Priamos αὐλῆς dv κόπρῳ.
Die heroische zeit. 5
malstätten der althellenischen religion, die noch mit sitte und recht zu-
sammenfällt. der “gott des gehöftes’ ist der gott des selbstherrlichen
mannes, den der grund- und hausbesitz macht, und der selbst könig und
priester ist. um den herd sammeln sich die hausgenossen, gäste und
celienten, die in der herren hand und schutze stehn. die toten der familie
finden ihre ruhe unter dem steinernen kuppelzelte, das so weiträumig ist
und so stattlichen zugang hat, damit die lebenden den verkehr mit ihren
vorfahren nicht vergessen: nur ein selshaftes volk, das auf die dauer
und die heiligkeit des geschlechtes das höchste gewicht legt, konnte diese
gräber so anlegen. der baukunst, die aus der fremde kam, stellte der
bellenische boden neue aufgaben; in dem berglande galt es hochstrafsen
zu schneiden und zu festigen, schluchten und runsen zu überbrücken.
die wilden wasser wurden häufig von felsschlünden aufgenommen, die
zwar die natur geschenkt hatte, die es aber zu reinigen und zu erweitern
galt, und wenn Athamas sein gefilde durch deiche (γέφυραι) dem Kephi-
sos abgewann, so mulste Danaos das seine (τὸ ἄργος ist ja "das gefilde’)
durch bewässerung anbaufähig machen.
So gewaltige werke sind nicht möglich gewesen ohne starke cen-
tralisation der politischen macht und das aufgebot frohndender massen.
Orchomenos und Mykene müssen herrscher gehabt haben, wie sie später
jahrhunderte lang nicht aufgetreten sind; aber schon die menge der burgen
dieser periode, die wir kennen und die ohne zweifel noch sehr stark ver-
mehrt werden wird, gebietet sich vor übertriebenen vorstellungen zu hüten'').
man hört am besten auf die schilderungen des epos, die sich in über-
raschender weise von tag zu tage mehr bewahrheiten. Homeros und
Hesiodos erzählen von der heroenzeit, da vielerorten prachtvolle burgen
standen, mit mauern, die keine sterblichen arme geschichtet, voll von
kleinoden, die kein irdisches feuer geschmiedet hatte; in ihnen allen sals
als haupt seiner sippen und knechte ein selbstherrlicher fürst, und
höchstens für eine weitaussehende unternehmung wählten sie sich einen
herzog mit sehr prekärer gewalt. schon für Homeros ruht über der
heroenzeit jener schimmer, der eine gestürzte welt zu umgeben pflegt.
sie wissen und sagen es, dafs ihre gegenwart durch eine kluft von der
11) E. Meyer hat den einfall vorgetragen, dals der völkerwanderung ein grolses
reich von Argos vorhergienge; indem er an Karl den grofsen erinnert, widerlegt er
sich selbst. der hatte ja in dem römischen weltreiche ein allgemein bekanntes vor-
bild. so etwas gab es wol in Asien, aber nicht in dem bergländchen Hellas. gegen
Theben zieht nicht Adrastos, sondern ziehen die Sieben, und Agamemnon ist den
andern königen keineswegs in allen liedern übergeordnet.
Die
beroische
zeit.
6 Der Herakles der sage.
heroenzeit geschieden ist. wie sollten sie darin irren? sie haben es auch
nicht getan. sehen wir uns das Hellas des Hesiodos an. die stolzen
burgen sind gebrochen; die athamantische flur ist versumpft; der verkehr
mit den auslande hat fast ganz aufgehört. dafür sind die Karer auf
den inseln und an der asiatischen küste verdrängt oder bezwungen, haben
sich in neuen städten neue stämme, hat sich mit den gemeingefühle,
das der gegensatz in der diaspora erzeugte, der gemeinsame Hellenen-
name gebildet, und der überschufs dieser hellenischen jugendkraft ge-
winnt sich noch beständig neue ferne gebiete'?).
So würde uns die vergleichung der zustände das factum erschliefsen
lassen, auch wenn es die frivol angezweifelte überlieferung nicht selbst
darböte, dafs eine gewaltige katastrophe der “heroischen’ zeit'‘) und cultur
ein ende gemacht hat. eine völkerwanderung hat stattgefunden, die fast
dem ganzen alten Hellas neue bewohner oder doch neue herren gebracht
hat. die alten stämme sind fast alle zerschlagen, es haben sich aber
dafür in Asien die aeolische und namentlich die ionische nation gebildet,
die es vermocht hat, eine cultur zu erzeugen, der sich schon vor 500 die
Aeoler und Dorer Asiens willig unterordnen, und mit fug und recht sind
dem ganzen oriente ’Iafoves und Hellenen identisch‘'‘),, im mutterlande
12) Gewifs richtig nimmt E. Meyer an, dafs die völkerwanderung nach denı
osten, vielleicht auch dem westen, schon in der heroischen zeit begonnen hat und
nicht erst des anstosses der einwanderer bedurfte. aber gerade wenn sie mit erfolg
begonnen war, wichen die Hellenen um so leichter dem ansturme der einwanderer
aus. und es war doch die not, der Lyder und Karer nicht herr werden zu können,
die später die colonien Milets, die unüberwindlichkeit Lykiens, die die colonien von
Rhodos erzeugt hat.
13) Wir müssen den ganz üblen namen 'mykenäische cultur’ u. dgl. mit
diesem alten und guten vertauschen.
14) Der volksname ist gebildet wie Aorrs Xaoses, also kein lehınwort aus dem
orient, wie Müllenhoff (D. A. I 59) wollte. obgleich im mutterlande kein volk nach-
weisbar ist, das den namen getragen hat, kann man nicht umhin, auch in ihm einen
solchen stammnamen zu sehen, der, weil die eigentlichen träger untergegangen waren,
zur bezeichnung des neuen volkes gut schien. der in Athen aus Euboia zuwandernde
Ion, Xuthos sohn, zeigt schon darin, dafs er niemals in der älteren namensform
begegnet und den accent so trägt, dafs die contraction nicht empfunden ist, dafs
er erst durch die hesiodische völkertafel entstanden ist, oder vielmehr durch die
dieser zu grunde liegende in Asien entstandene völkerscheidung. das geschlecht
Ἰωνέδαε (später auch gemeindename) kann schon eher auf zugewanderte Ἰάονες
gurückgehn. jedenfalls ist es älter als die identification der /dor,ss mit den Athenern,
welche in einem sich durch vieles fremdartige selbst ausscheidenden stücke der
Ilias N 685—700 auftritt: und selbst dieses hat Androtion dazu benutzt die 7άονες
„4$nvaloı von den Ἴωνες zu unterscheiden (schol. BT zu N 685). sucht man die
Die völkerwanderung. 7
waren die verwandten der Aeoler und Ionier aulser am ostrande (Athen,
Euboia, Kynuria) und im arkadischen gebirge untergegangen oder ge-
knechtet oder mit den einwanderern zu neuen stämmen verschmolzen.
diese alle waren zwar unter den gemeinsamen Hellenennamen mit ge-
treten. die volksstammbäume trugen dem eben so wol rechnung wie die
einzelner familien. aber der gegensatz, der zur zeit ihrer einwan-
derung jede ursprüngliche stammesverwandtschaft überwogen haben mulfs,
ist deshalb nicht beseitigt. denn fremden geistes sind die einwanderer
alle zeit geblieben. deshalb ist die völkerwanderung für die geschichte
Griechenlands so verhängnisvoll. denn der peloponnesische krieg ist der
letzte act des jahrhunderte langen kampfes, der, fast immer den kämpfen-
den unbewaulst, darum geführt ward, die Hellenen und die einwanderer
zu einer nationalen einheit zu verschmelzen. als auch dieser versuch
scheitert, ist ihr politischer untergang unvermeidlich.
Wir stellen uns die völkerwanderung unwillkürlich als eine schiebung Die völker-
von nord nach süd vor und rücken damit die örtlich gesonderten ein- wanderang.
zelnen acte in eine zeitliche reihe. damit machen wir ganz unbeweisbare
voraussetzungen; aber das gesamtbild wird schwerlich dadurch unrichtig.
dagegen ist es ein schwerer mangel, dafs wir die bewegung auf die Balkan-
balbinsel beschränken. nach allen analogien muls vielmehr angenommen
werden, dals die völkerbewegung in den ebenen nördlich des Balkans
Ἰάονες, so weist Herodot, der sie aus Achaia ableitet und die Kynurier für Ionier
erklärt, auf den Peloponnes. da treffen wir in der Pisatis auf Zwvldes νύμφαι
(Strab. 356, Pausan. VI 22, wol aus im grunde identischer tradition, Nikander georg.
bei Athen. 683°). diese sind mit ἐᾶσϑαε zusammengebracht, denn eine heifst ασες,
und sie sind die mädchen einer heilquelle; ebenso mit ον (Nikander), und man
denkt an Iamos; endlich auch mit Ion, der sohn des Gargettos heifst: auch der flufs,
in den das quellwasser rinnt, Audingos oder Avdrjosos, stimmt zu einem attischen
dorfnamen, Κύϑηρρος. an die Ionier denkt niemand, obwol Nikander die namensform
Ἰαστέϑες sich erlaubt. der namensanklang ist in der tat zu vielen zufälligkeiten
ausgesetzt, als dafs man auf ihn bauen könnte: die contraction sollte doch im Pelo-
ponnes Jas/dss ergeben. ᾿άων selbst findet sich nur einmal, als name eines arka-
dischen flusses (Kallim. an Zeus 22; Dionysios perieg. 416 schreibt ab), der sich
nicht localisiren läfst: aber diese anknüpfung darf nmıan wol festhalten. der 7όνεος
πόντος kann mit Ἰάονες so wenig wie mit /& etwas zu tun haben: er führt auf
loves. diese sind vielleicht nach dem vorgange Theopomps (schol. Pind. Pyth. 3,
120) in Iliyrien zu suchen. übrigens heifst auch der westliche teil des Pontos
Idrıos (Apoll. Rhod. IV 289), was wit dem glauben an die umschiffbarkeit der
Balkanhalbinsel zusammenhängt. ein thessalischer fluss Ἴων bei Strabon VII 327
darf nicht herangezogen werden, denn diese namensform trägt keine spur einer
eontraction an sich, und Z/d#o» würde im thessalischen schwerlich so contrahirt
worden sein.
Thraker.
8 Der Herakles der sage.
und der Donau noch viel stärker gewesen ist und mindestens die Apennin-
halbinsel ebenso heimgesucht hat, auf der sich die bevölkerung zum teil
sicher in schichten zerlegt, die successive von nordosten zugewandert sind.
die erschütterung hat sich vermutlich noch viel weiter hin fühlbar ge-
macht, und die forschung wird, sobald sie erst mit einiger sicherheit ihren
horizont erweitern kann"), auch die griechischen völkerzüge richtiger
beurteilen, die immer das wichtigste bleiben werden. ihnen gilt die folgende
' überschau.
Der erste stols brachte die arischen aber unhellenischen stämme in
bewegung, die wir unter dem namen der Thraker (Θρέικες) begreifen.
sie verdrängten die Karer von den küsten sammt den inseln davor, ver-
suchten auch noch, wenn auch ohne erfolg, auf den Kykladen fuls zu
fassen‘‘) und zogen mit macht nach Asien hinüber. hier haben sie
neben den Karern die innerasiatische bevölkerung verdrängt oder unter-
jocht, die den Armeniern nächst verwandt war, und ein thrakischer stamm,
den wir als Βρύγες in Europa kennen, kommt nicht nur bei Kyzikos
als Βέβρυχες in voller thrakischer wildheit wieder zum vorschein, sondern
hat im inneren Asien für die Hellenen seinen namen als Φρύγες") an
die alteinheimische bevölkerung abgegeben, in der er sich eben so verlor
wie die Myser, deren namensvettern gar jenseits des Balkan wohnen,
und die im Kaikostale schon zu Herodotos zeiten ihre nationalität so weit
eingebülst hatten, dafs sie für vettern der Lyder galten. im nordwesten
haben sich die thrakischen einwanderer, verstärkt durch häufigen zuzug
aus der heimat (der Kimmerierzug fällt als letzter schon in die geschicht-
15) Busolts und E. Meyers griechische geschichten haben mit glück die
aegyptischen berichte über invasionen von der seeseite herangezogen. die identifi-
cation der namen erscheint indessen noch verfrüht.
16) Namentlich von Naxos sind traditionen der art erhalten, die durch den
dortigen Dionysoscult wichtig und glaublich werden. Thraker sind auch die Sintier
von Lemnos, die man erst spät mit den sagenhaften namen Pelasger und Tyrsener
nennt. Imbros hat einen karischen namen, aber der ithyphallische gott Ὀρϑάννης
ist wol von dem thrakischen Z/p/nrtos nicht verschieden, der in Parion mit Eros,
in Ainos mit Pan geglichen ward.
17) Es ist sehr wichtig, diese doppelnatur der Phryger und Myser zu er-
kennen. Midas und der Silen, die rosengärten, der Dionysoscult gehören ‚notwendig
den ‚thrakischen einwanderern an, die göttermutter den Asiaten, und wenn sie auch
am Ida und "Dindymon verehrt wird, so ist das ein rest der vorthrakischen zeit.
dafs beide götter sich verbinden, ist ein ausdruck der mischung. die Phryger, die
das drama verhöhnt und denen der spruch Φρὺξ ἀνὴρ πληγεὶς ἀμείνων gilt, sind
im charakter von den Lydern nicht verschieden: die satrapie Depvyia ἐφ᾽ Ellno-
σιόντῳ hat eine ganz andere bevölkerung.
Thraker. Westliche einwanderer. 9
lich controllirbare zeit), länger rein erhalten, der hellenisirung starken
widerstand geleistet, aber schliefslich im gegensatze zu den schlaffen und
innerlich hohlen Asianern, die auf lydisch-phrygischem boden erwuchsen, die
kräftigsten hellenischen männer der römischen kaiserzeit hervorgebracht'*).
In Europa ist die südgrenze der Thraker schwer zu bestimmen;
daß schwärme von ihnen auch hier tief in das land gedrungen sind,
kann man an sich schwer bestreiten, und gerade so gut wie die thraki-
schen Treren mit den Kimmeriern gezogen sind, mögen andere selbst
mit den Boeotern gekommen sein; jedenfalls hat man dort von ihnen
erzählt und die übertragung des Musencultus vom Olympos Pieriens nach
dem Helikon ihnen zugeschrieben'’). noch schwerer ist es über die ur-
sprüngliche nationalität der vielen kaum mehr als den namen nach be-
kannten stämme zu urteilen, die allmählich in das volk der Makedonen
aufgegangen sind”). dieser sicher der griechischen familie angehörige
stamm safs am tiefsten in den flulstälern des Ludias Axios und Hali-
akmon, kam deshalb sehr früh in berührung mit den Hellenen und be-
wirkte die einigung seiner nation und die einverleibung der griechischen
und thrakischen stämme durch die gemeinsame hellenisirung.
Auf althellenisches gebiet drang ein gewaltiger strom der einwanderer Westliche
im westen, besetzte Epirus Akarnanien Aetolien und drang sogar über einwanderer.
das ionische meer nach dem südlichen Italien. die schwierigkeit der
sonderung, die im westen gegenüber den Thrakern stattfindet, ist hier
gegenüber den Dlyriern vorhanden, und auch illyrische spuren fehlen in
Süditalien nicht”). hinzu kommt, dafs die althellenische bevölkerung
18) Die beiden Dion und Arrian gegenüber Aristides, Lollian, Polemon zeigen
das ergebnis der verschiedenen blutmischung am deutlichsten. aber derselbe unter-
schied läfst sich durch alle jahrhunderte hinauf verfolgen.
19) Tereus war den Athenern ein Thraker, als er noch in Megara wohnte, und
Orpheus hat ebenfalls schon für einen Thraker gelten müssen, ehe er an das Pangaion
versetzt ward. Tegyrios, der Thrakerkönig, zu dem Eumolpos flieht (Apollod. bibl.
3, 202), ist offenbar eigentlich der vertreter des Apollonorakels in Tegyrion.
20) Für die einwanderung der Thraker und Makedonen sind die volkssplitter
besonders bezeichnend, die hier und da am rande haften blieben und schon den
gelehrten des 5. und 4. jahrhunderts unrubricirbar waren, bis wohin sich reste von
ihnen erhielten. es sind “gottlose Thoer vom Athos, die Doloper von Eion und
Skyros, deren namen im epos ein hellenischer stamm führt, der auch im oetäi-
schen berglande sich erhalten hat, die 'Pelasger’ von Krestone, und die mit den
Mesapiern (auf dem wege einer kretischen wandersage) gleichgesetzten Bottiaeer.
21) Die sonderung der bevölkerungen in Apulien und Calabrien, also auch
die auseinandersetzung mit den gelehrten combinationen, denen sie E. Pais in seiner
storis della Sicilia unterzogen hat, fällt aufserhalb meines urteils.
10 Der Herakles der sage.
an der auswanderung nach westen auch nicht ganz unbeteiligt geblieben
sein wird: dafs sie als äufsersten vorgeschobenen posten Ithaka schon
in heroischer zeit besetzt hatte, ist selbst den auswanderern im fernen
Asien nicht aus dem gedächtnis geschwunden. wenn wir Xaoves oder
Χαῦνοι um den fluls Χῶν in Epirus und Xövec bei Kroton antreffen,
so ist ein stamm der einwanderer unverkennbar. wenn der stamm der
Graer am flulse Oropos in Epirus, eben derselbe an einen: gleichnamigen
flulse gegenüber von Eretria vorhanden ist, so ist das ein althellenischer
ausgewanderter stamm: nennen aber die Italiker mit diesem namen die
Hellenen überhaupt, so wird das eine übertragung sein, die die einwan-
derer in Epirus vollzogen hatten und mit nach Italien brachten. wenn
in Boeotien wenig nördlich von den letzten sitzen der Graer ein Meooa-
cı0y (boeotisch Alerrarııov) ὄρος liegt, in Süditalien Nleooascıoı wohnen,
und έταβον liegt, derselbe name in wenig geänderter form auch in
Elis und Kreta vorkommt, so hat sich ein althellenischer name auf ein-
wanderer übertragen, doch wol, weil sie sich mit jenen gemischt hatten”).
22) Melanippe, die dem Poseidon (von Onchestos) den vertreter des boeotischen
(onchestischen) bundes, den Boiotos, und den vertreter der asiatischen Aeoler, Aiolos,
gebiert, ist notwendigerweise am εττάπεον ὄρος und nicht bei den Messapiern zu
hause, die man um des namens willen mit jenem verband (Phot. s. v.). so war es
bei Asios: denn er liefs Melanippe den Boiotos (wol aus furcht vor ihrem vater)
im hause des Dios gebären: das ist der sohn des Anthas, gründers von Anthadon
(Steph. Byz. s. v.), am fufse des Messapions. ganz richtig hat mit diesem verse
und mit dem nachweise, dafs der alte name des gründers von Metapont Mdraßos
wäre, Antiochos die zu seiner zeit und trotz ihm auch später herrschende ansicht
widerlegt, die von Strabon mit folgenden worten zusammengefalst wird (265) ἐνταῦϑα
(in Metapont) καὶ τὸν Μετάποντον μυϑεύουσε καὶ τὴν Μελανέππην τὴν δεσωῶτεν
καὶ τὸν ἐξ αὐτῆς Βοιωτόν. auf wen Strabon deutet, zeigt das beiwort Melanippes.
also hat man mit recht immer die handlung der euripideischen Melanippe nach
Metapont verlegt: die auch im einzelnen fast durchweg verkehrte behandlung der
sage durch R. Wünsch (Rh. M. 49) wird das nicht umstofsen. aber Antiochos zeigt,
dafs Euripides nicht der vater dieser übertragung ist, und Beloch (Herm. 28, 604) hat
mit recht die attischen ansprüche auf Siris damit verbunden. weiteres bleibt zu suchen.
beiläufig, die worte, mit denen Strabon über Antiochos referirt, sind 80 wie sie
überliefert sind und immer wieder nachgedruckt werden, kein griechisch. es ist
aufser richtiger interpunktion eine partikel nötig: δοκεῖ δ᾽ Avrioyos τὴν ndlıw Me-
ταπόντιο» eipjoFaı πρότερον Μέταβον, παρωνομάσθαι δ᾽ ὕστερον, τήν τε Meba-
νέππην οὐ πρὸς τοῦτον ἀλλὰ πρὸς εἴϊον κομισθῆναι ἐλέγχειν (δ )ήρῷον τοῦ Me-
τάβου καὶ Acıov τὸν ποιητὴν ἃ. Β. τ. die verpflanzung der boeotischen heroine
nach Italien braucht keinerlei boeotische einwanderung zur erklärung, falls sie nur
eine in dem genealogischen epos gefeierte figur war: die gründer von Boeotien und
Aiolis bei Euripides gehn Italien doch nichts an. die combinationen vog Pais (Stor.
di Sic. I app. X) schweben also in der luft, auch abgesehen davon, dals eins seiner
Westliche einwanderer. Eleer. 11
es baben sich auch die hintersassen des prächtigen städtekranzes, den
später die Hellenen an der italiotischen küste gründeten, der cultur sogar
leichter erschlossen als die Epiroten. unter diesen hat sich nur das heilig-
tum von Dodona als hellenisches zu behaupten gewulst”). die stolzen
burgen von Kalydon und Pleuron in Aetolien sanken in trümmer, die
weingärten des Oineus verödeten, und ein ungeschlachtes volk, ohne
staatliche einigung, feste wohnstätten und selbst das braten des fleisches
verschmähend entzog das land, dem der alte name Aetolien blieb, bis
in das 4. jahrhundert völlig der gesittung. die hellenische bevölkerung
floh nach dem Peloponnes und bis nach Chios; aber wie das heldenbild
des Meleagros an die kämpfe, so bewahrten die flüchtigen Tydeus und
Oineus die erinnerung an die flucht; ihr feind Agrios ist der eponym
des stammes der Agrianer. so ist hier die überlieferung einmal ganz
unzweideutig, und es kann sich so leicht niemand unterfangen, die richtig-
keit der aus den sagen gezogenen schlüsse zu bestreiten. auch wie die
einwanderer sich den alten namen und die alten sagen schliefslich an-
eignen, ist unverkennbar: erst als sie sich hellenisiren, nennen sich die
Aetoler mit dem alten namen, und als sie münzen, wählen sie Atalante
zum münzbilde.
Auch nach dem Peloponnes hat eine welle dieser fluthinübergeschlagen.
ein nicht eben zahlreicher stamm, der das gedächtnis seiner herkunft nie
verloren hat, besetzte zunächst das obere Peneiostal und nannte sich nach
dieser Fäkıc (vallis) Faizioı. auch er erbte alten sagenruhm, und zwar
schon früh, den der selbst verschwindenden Epeer. es ist den eindring-
fundamente geradezu nichtig ist. ein jugendlicher gehörnter kopf auf den münzen
von Metapont (Head D. N. 63) ist wahrhaftig nicht Arne, ein ganz toller einfall,
der leider auch in der neuesten auflage der Prellerschen mythologie stehen geblieben
ist; da neben dem bartlosen kopfe auch bärtige vorkommen, ist er sicher männ-
lich. ich halte für wahrscheinlich, dafs er eine umbildung des älteren typus, des
“Acheloos ist.
23) In der sage von der heimkehr des Neoptolemos und des Odysseus ist viel-
leicht noch ein nachhall an das alte Hellenentum von Epirus erhalten, aber da die
epen verloren sind, ist die entscheidung schwer. der ruhm der Aeakiden kann von
Thessalien hinübergebracht sein: um 470 heifst ein Molotterfürst Admetos nach
einem altthessalischen heros. die aufnahme heroischer namen in dem makedonischen
edel zu Philipps zeit ist keineswegs blofs durch genealogische verbindungen, wie
bei Neoptolemos und Pyrrhos von Epeiros, eingegeben. man wählt die litterarisch
berühmten Hellenennamen seit alter zeit und jetzt nur mehr, entsprechend der
steigenden bekanntschaft mit der litteratur. ᾿4λέξανδρος Kaooardpos Μενέλαος
Meidaygos Πολυδάμας Agoıwön Τήλεφος Τληπόλεμος Εὐρυδῴιη sind solche namen,
welche lediglich für die sucht der eltern zeugen, mit griechischer bildung zu prunken:
Eleer.
Boeoter
und
Thessaler.
12 Der Herakles der sage.
lingen allmählich gelungen, bis an den Alpheios, ja bis an die Neda
überzugreifen, aber stammfremd im Peloponnes sind sie immer geblieben
und erst im 5. jahrhundert zu städtischer siedelung übergegangen, auch
da noch unvollkommen.
Denn alle bisher aufgezählten völker haben niemals vermocht, die
hellenische cultur voll in sich aufzunehmen, wie ihnen denn die helle-
nische politie innerlich fremd geblieben ist. sie haben die hellenische
entwickelung lediglich gehemmt und sind doch selbst eben durch diese an
der entfaltung ihrer eigenen art verhindert worden. nur die Makedonen,
die eben nicht auf hellenischem untergrunde safsen, sind im 4. jahrhundert
zu positivem schaffen auch für das Hellenentum berufen worden, doch
selbst sie um den preis, auf ihr volkstum zu verzichten.
Diesen stämmen, die man zu einer einheit kaum zusammenfassen
darf, stehen die gegenüber, welche sich aus der mitte der halbinsel nach
süden und osten wandten, und sie gehören, trotz allen unterschieden,
auch positiv zusammen. der vortrab waren die Boeoter, die wir zuerst
im südlichen Thbessalien antreffen, offenbar schon gedrängt von ihren
brüdern, den Thessalern, welche dann dieser althellenischen, hoch-
gesegneten und hochcivilisirten landschaft den namen gaben, die civili-
sation aber so gut wie ganz vernichteten. sie behaupteten als ein üppiger
herrenstand nur die herrschaft sowol in den ebenen wie über das
perrhaebische und magnetische bergland, während die alten bewohner
in den bergen unvermischt und über das ganze land hin als knechte
und hörige weiter arbeiteten, die reste ihrer verkümmerten cultur und
zuletzt sogar ihre aeolische sprache den bedrückern mitteilend. reiner in
der sprache hielten sich die Boeoter in dem lande, das sie benennen,
nachdem sie es in harten kämpfen von Koroneia und Theben um sich
greifend sehr allmählich erworben haben, eine bewegung, welche bis in
das 6. jahrhundert hinabreicht und eigentlich erst in den kämpfen um
Oropos ein ende findet. aber die Boeoter sind innerlich viel tiefer
hellenisirt als die Thessaler und auch viel rascher zu der hellenischen
städtischen politie übergegangen. diese war auch diesen einwanderern
von baus aus fremd, aber über die zersplitterung, in welcher die west-
selbst Πτολεμαῖος kommt in der Ilias vor. es ist verkehrt, diese übereinstimmung
auf urverwandtschaft zu deuten. die politisch-militärische terminologie, wie sie
Philippos eingeführt hat, entspricht dem zeitgenössischen griechisch. drazpo« macht
davon keine ausnahme: es sind die "'kameraden’ des königs, benannt nach dem per-
sönlichen verhältnisse, nicht nach dem militärischen. der ausdruck gilt genau so
Σ. Ὁ. für die sokratische schule,
Boeoter und Thessaler. 13
lichen völker so lange beharrten, waren sie doch schon bei der einwan-
derung hinaus. die Thessaler waren sicher, die Boeoter wahrscheinlich“)
wie die Kelten in tetrarchien gegliedert, die sich im notfalle unter einem
herzog zusammenfanden. aber die hellenische civilisation safs auf der
ostküste, trotzdem die kräftigsten elemente auswanderten, zu tief, als dafs
sie die berren nicht sehr bald zu sich hinübergezogen hätte. die ver-
hältnisse gemahnen an die besetzungen altromanischer landstriche durch
die Germanen, die auch ihr volkstum unweigerlich einbüfsen müssen. in
geistiger beziehung hat sich der gegensatz zwischen Hellenen einerseits,
Thessalern und Boeotern andererseits niemals ganz verwischt. die Aleu-
aden und Skopaden Thessaliens ziehen an ihre fürstenhöfe allerdings
auch den fahrenden hellenischen sänger und weisheitslehrer und arzt; sie
können den sold reichlich zahlen, um den das lob der litteraten jeder-
zeit feil ist, aber das haben auch bithynische und kappadokische fürsten
vermocht; weiter hat es Thessalien nicht gebracht. Boeotien hat in Pin-
daros einen dichter ersten ranges erzeugt, und trotz seines stammbaums
wird er ein Boeoter sein; bitter beschwert er sich über den spott der
nachbarn über die ὗς Bowwria, aber wie schwer ihm die hellenische form
geworden ist, zeigt sofort die vergleichung mit dem Keer Simonides,
dagegen offenbart die boeotische malerei mit ihren lustigen caricaturen
eine dem attischen ebenso fremde wie den Italioten verwandte sinnesart,
In den bergen zwischen Thessalien und Boeotien und rings um
Parnassos und Oeta sitzen eine menge von stämmen, die zumeist alt-
hellenische namen tragen, wol sicher auf grund ihrer abstammung”).
24) Noch im peloponnesischen kriege ist die entscheidende behörde eine ver-
einigung von τέσσαρες βουλαί (Thuk. V 38); das nähere ist unbekannt. später hat
der bund lediglich die form einer hellenischen symmachie. es mag wol sein, dafs
namen wie Aoves Τέμμεκες Ἐκτῆνες boeotische gaunamen sind, aber sie sind von
nachweislich vorboeotischen wie "Yayres AßarTres nicht sicher zu sondern.
25) Die Lokrer von Opus erscheinen als ein herrenstand über geknechteter
dienender bevölkerung, die auch bei Trachis in den Kylikranen vorliegt. diese
berren waren dann wol einwanderer, wenn auch die verbindung mit Elis erst von
Pindaros (Ol. 9) gemacht ist. die Phoker sehen in Thessalern und Boeotern und
den dorischen priestern Delphis ihre gebornen feinde, ihren namen trägt eine der
ionischen städte und eine tausendschaft in Methymna, sie wohnen in kleinen orten ohne
jede centralisation: sicherlich sind sie also ein zurückgedrängter rest der alten be-
völkerung. aber ihre sprache hat sich, so weit wir sie kennen, im wesentlichen
mit der der nachbarn ausgeglichen. Pöxos der bruder von Peleus und Telamon
ist wol nicht ihr eponym, sondern eine füllfigur, nur bestimmt von den brüdern
umgebracht zu werden, damit sie in die verbannung gehen, und er heifst ‘robbe‘,
weil ein meerweib ihn geboren hat.
Dorer.
14 Der Herakles der sage.
aber ihre sprachen, selbst wo wir sie bis in das 6. jahrhundert hinauf
verfolgen können, wie bei den Lokrern, stehen einander sehr nahe und
dem aeolischen und ionischben und arkadischen, also den althellenischen
mundarten, sehr viel ferner als dem boeotischen und der sprache, die
nicht nur die Achaeer im Peloponnes und Italien, sondern auch die helleni-
sirten Aetoler und Epiroten reden. es hat also in diesen ganzen land-
strichen in folge der völkermischung eine ausgleichung stattgefunden,
sich ein “nordgriechisch’ gebildet, ähnlich wie später im Peloponnes eine
art dorischer xoıy/. dem entspricht die ganze cultur: die amphiktionie
der Demeter von Anthela, später des delphischen Apollon hat diesem
verhältnis einen auch politisch wirksamen ausdruck gegeben.
Am Parnassos lagen ein par unbedeutende dörfer, deren bewohner
uns nicht verschieden von ihren nachbarn vorkommen würden; aber sie
nennen sich Dorer, und wie sie ihre selbständigkeit allein den mächtigen
verwandten im Peloponnese verdankt haben, so haben sie wesentlich dazu
beigetragen, die erinnerung lebendig zu erhalten, dafs die späteren herren
des Peloponneses einst längere zeit am Parnassos gesessen haben”).
auch der priesteradel von Delphi ist abgesehen von vorübergehenden
occupationen immer dorisch geblieben”), und so ist Apollon, der alt-
hellenische gott, als Πύϑιος Πυϑαεύς Kaoveiog”) zu einem Dorer-
gotte geworden, was ganz ebenso einen längeren aufenthalt der Dorer
in seiner nähe beweist. das gedächtnis ist auch unverloren geblieben”),
26) Schon Tyrtaios nennt uns eins der dörfer, Erineos, und gibt die tradition
an. sie ist im altertum unangefochten geblieben und steht aufserhalb jedes ver-
nünftigen zweifels.
27) Die priester hielten es, als der homerische hymnus gedichtet ward, für
vornehmer, zugewanderte Kreter zu sein; auch mit Knidos gab es eine verbindung
(schol. Patm. Bull. Corr. Hell. I 138, Robert Nekyia Polygnots 82): Dorer wollten
sie immer sein, aber lange nicht immer folgten sie der peloponnesischen politik.
die epiphanie des gottes als delphin ist vollends undorisch.
28) Die beinamen wechseln in Kreta Argos Sparta u.s. w. die sage von Karnos,
dem eponymen der Akarnanen (τῶν ἀμφὲ Kdpvo»), den ein Dorer erschlägt, hängt
mit der einwanderung vom Parnasse her zusammen, und die riten des sühnfestes
der Κάρνεια haben wol wesentlich zur erhaltung des gedächtnisses an die ferne
zeit beigetragen. aufserdem lebt die geschichte in orakeln fort, die gar nicht gering
zu schätzen eind (z. b. Oinomaos bei Euseb. pr. ev. V 21); die gegnerschaft des
gottes ist unverkennbar. über den hellenischen Apollon vgl. Arist. und Ath. II 44.
29) Auch in einer Heraklessage spiegelt sich die occupation des orakels:
Herakles raubt den dreifuls, und der confliet der götter schlieist mit einem com-
promifs. aber nie und nimmer ist das verhältnis dieser brüder ein freundliches
geworden wie das zwischen Hermes und Apollon, die einst auch mit einander ge-
Dorer. Einwanderung in den Peloponnes. 15
dafs Apollon eine ursprünglich feindliche und erst allmählich gewonnene
gottheit für die Dorer war. aber dafs sie sich mit sämmtlichen Hellenen
in seiner verehrung und der anerkennung des delphischen orakels zu-
sammenfanden hat für die erweckung eines neuen panhellenischen natio-
nalitätsgefühles sehr segensreich gewirkt.
Hier also, um den Parnass und, wo die berge es gestatteten, wie
bei Kirrha und Naupaktos, angesichts der lockenden küste des Pelo-
ponneses, haben eine weile diejenigen einwanderer gesessen, die allein
geschichtlich bedeutend und schaffend geworden sind und sich schon
damals mit dem namen “Ζωριεῖς nannten, den wir nicht verstehen”),
schwerlich auf tradition, aber auf naheliegender richtiger erwägung be-
ruht es, wenn wir von älteren sitzen derselben in Thessalien und am
Pindos hören. sehr gute und alte sagen bestätigen dagegen, was die
betrachtung der gegenden selbst zu lehren genügt, dals die Dorer nicht
aus freiem willen vor dem Peloponnese halt machten, sondern an der
überschreitung des Isthmus durch die Peloponnesier verhindert wurden.
es hatte begreiflicherweise eine starke zuwanderung der aus dem norden,
namentlich aus Thessalien und dem nördlichen Boeotien, vertriebenen
Hellenen nach dem Peloponnes stattgefunden. auch hier war die cultur
früher vorwiegend auf der ostseite entwickelt gewesen; jetzt hatte sie
sich nach dem westen, namentlich südwesten, mit grölserer stärke aus-
gedehnt. dort treffen wir selbst eine grofse zahl thessalischer ortsnamen
wieder, und religion und sage sind voll von den spuren dieser, um einen
stritten haben. es heilst die dinge erst entstellen, damit man sie deute, wenn man
Her. ‘den dreifufs’, den 'feuertopf’ besitzen läfst: einen ganz bestimmten, den del-
phischen dreifufs hat er sich genommen, also nicht aus seinem wesen allgemein
oder aus dem des Apollon, sondern aus den besonderen delphischen verhältnissen
ist die sage zu deuten, und ist sie auch leicht verständlich. man kann es aber z. b.
einem künstler nicht verargen, wenn er Her. allein den dreifußs tragend darstellt:
tstsächlich hat er sich des apollinischen heiligtums bemächtigt, und so trägt er etwas
fremdes, wenn er den dreifuls trägt. hätte der dreifuls für das wesen des Her.
eine bedeutung, so mülste er irgendwo in seinem culte vorkommen, oder mülste
doeh Her. mit ihm etwas machen wollen. übrigens führt Apollon ihn als wahrsager,
und zwar als wahrsager aus ἔωμπυρα: deshalb werden im Ismenion von Theben, wo
die weissagung aus Zursvpa galt (Philochoros im schol. Soph. OT. 21), dreifüfse
geweiht, für jeden jüngling, der in das mannesalter tritt, einer, und das ist be-
kanntlich auch für Herakles geschehen.
30) Hinzustellen kaun man Jwpis, bei Hesiodos die gattin des Nereus. aber
demit wird zunächst nichts gewonnen. auch Πανδώρα ist wenigstens zu der zeit,
ds Prometheus mit ’Zosdvn-Aota verbunden ward, als die Alldorerin gelafst worden;
und die hesiodische etymologie ist sprachlich nicht minder anfechtbar. damit soll
Einwan-
derung in
den Pelo-
ponnes.
16 Der Herakles der sage.
späteren volksnamen vorwegzunehmen, aeolischen”) zuwanderung. Pylier,
Minyer, Lapithen nennt man sie im süden und westen; im norden und
osten vertreten sie einzelne heroen, wie die oben genannten Aetoler, oder
geschlechter, wie vor allem die Amythaoniden. die geschichtliche be-
deutung dieser vordorischen zuwanderung tritt aller orten stark zu tage,
und man kann sie nicht leicht zu hoch schätzen. dadurch war nun aber
die widerstandskraft der an sich schwer zugänglichen insel der Peloper
bedeutend gekräftigt, und die Dorer salsen am meere, sahen drüben die
ersehnte küste, aber konnten nicht hinüber. sie waren kein seevolk,
die Hellenen selbst waren erst durch die not über die see gedrängt. aber
die not zwang nun auch die Dorer. es hat sich damals ein ereignis
abgespielt, das sein analogon in den zügen hat, welche die Skythen des
Dexippos, d.h. die Germanen, im 3. jahrbundert n. Chr. unternommen
haben. das gedächtnis daran ist in späterer zeit verkümmert, weil man die
tatsachen zu Ephoros zeit wirklich nicht mehr begreifen konnte, aber die
spuren sind unverloren, dals man bis dahin die geschichtliche überlieferung
noch bewahrte. in Naupaktos haben die Dorer schiffe, kielschiffe, νᾶες,
gebaut: zum überschreiten der meerenge zwischen den Rhia brauchten
sie keine. die ältesten dorischen ansiedelungen liegen nicht auf dem
Peloponnes, sondern um ihn, auf den inseln Thera Melos und namentlich
Kreta. es konnte nicht fehlen, dafs zu der zeit, wo der Peloponnes eine
dorische insel geworden war, diese besiedelung angesehen ward als von
ihm aus vollzogen, und ein anschluls der meisten dorischen inseln an
Sparta war damals eine politische notwendigkeit. aber es ist ganz un-
denkbar, dals z. b. Kreta nicht früher von Dorern besetzt wäre, als Spartas
dorische macht sich bis an die südküste des Peloponnes erstreckte:
und wie wären die Pamphylier, die den namen einer dorischen tribus
führen, von Sparta aus an die südküste Kleinasiens gesandt, sie, die
wirklich jeden zusammenhang mit Griechenland verloren haben?”)? aber
nicht für solche fahrten in nebelhafte ferne bauten die Dorer ihre schiffe,
sondern um die einnahme des Peloponnes durch irgend welche hinter-
über den mythos und seine träger nichts positives ausgesagt sein; aber dafs er kein
althellenischer, sondern ein dorischer ist, scheint mir klar zu sein.
31) Die von den modernen vielfach ganz verkehrt ausgedeutete bezeichnung
vieler gänzlich unverwandter stämme als aeolisch beruht auf der hesiodischen
völkertafel, und jeder der diese sich überlegt, mufs in ihr selbst die verpflanzung
südthessalischer heroen und stämme nach dem Peloponnes wahrnehmen.
32) Wozu es führt, wenn man die überlieferung einmal vergewaltigt hat und
nicht umkehren will, dafür ist ein guter beleg, dafs man Pamphylien von den
Πάμφυλοι hat trennen wollen.
Einwanderung in den Peloponnes. 17
pforte zu erzwingen, weil der frontangriff aussichtslos war. von der see
kam ein könig, dessen wirklicher name sich durch einen ortsnamen und
durch den cult erhalten hat, Temenos”), an die argolische küste. es
gelang ihm sich zunächst am strande festzusetzen, unter harten kämpfen
wurden erst einzelne burgen erobert, die in der Argolis so dicht lagen
und liegen wie nirgend; am längsten hielt sich Larisa-Argos, welches
schliefslich der hauptsitz des peloponnesischen Dorertums geworden 1505).
ein anderer seekönig, dessen name verschollen ist, den aber die sage um
80 bezeichnender den "ellenden ritter” nennt (AArrng Ἱππότου), landete
im innersten winkel des saronischen busens und bezwang von der küste
aus den schlüssel zum Peloponnes, wo er eine neue stadt, Korinthos,
gründete, die berufen ward, der zweite hauptort des Dorertums zu werden.
doch ist diese eroberung erst gemacht, als das Dorertum in der Argolis schon
festen fuls gefalst hatte, also wol viel später als wenigstens einem starken
schwarme der direkte übergang an der schmalsten stelle des Korinthischen
busens geglückt war, wie die überlieferung”) berichtet, weil von den west-
lichen auswanderern zuzug gekommen war, die späteren Eleer unter ihrem
könig “Führer” (Ὄξυλος). aber so glücklich wie diese hatten die Dorer
es nicht. sie mufsten lange irren, ehe sie im oberen Eurotastale eine
dauernde stätte fanden, und immer hat ihr gemeinwesen die spuren davon
bewahrt, dafs ein kriegerischer, unstäter haufe sich für sein lagerleben
diese formen geschaffen hatte. in den kämpfen, welche viele ihrer ge-
schlechter mit den hellenischen einwohnern zu bestehen hatten, sind
33) Der name verwuchs so sehr mit dem volksbegriffe von Argos, dafs neben
den Herakliden ein sohn des Pelasgos Temenos trat, der den cult der Hcra in
Stymphaloa gründete (Pausan. 8, 22): was nichts bedeutet, als die erinnerung daran,
dafs dieser dienst aus Argos übernommen war.
34) Hier hat zwar sicherlich auch in frühheroischer zeit eine burg gelegen
(natürlich auf der Aspis, nicht oben), aber damals war die macht bei Mykene. da-
gegen ist Argos der hauptort in den geschichten, die wesentlich helden einführen,
deren zuwanderung aus dem norden anerkannt ist; dahin gehörte sicher Abas, der
Abante, wahrscheinlich auch die Danaer. der eigenname J/ar& ist noch in Thessalien
nachweisbar.
35) Es ist allerdings zweifelhaft, ob dies überlieferung oder combination ist,
die namentlich durch die verbindung zwischen Sparta und Elis im 8. jahrhundert
nahe gelegt war. aber auch als combination bleibt es immer noch die glaublichste
erklärung für das auftreten der Dorer im oberen Eurotastale.
36) Das nur in der vocalisation unwesentlich abweichende 4£vlos erscheint
nieht nur bei Homer Z 12, sondern wird mit dem bewußstsein seiner bedeutung
vom dichter gebraucht. ξύλον hat in Ὀξυλος der herakleotische epiker Pherenikos
gesehen, Athen. 78b: das ist spielerei.
v. Wiismowitz I. . 2
18 Der Herakles der sage.
die Spartiaten erstarkt; zu einer wirklich grolsen macht wurden sie jedoch
erst, als der letzte act dieses kampfes ihnen die ungleich gesegnetere
landschaft Messenien überantwortete. denn es lälst sich bis zur vollen
evidenz bringen, dafs der s. g. erste messenische krieg nicht, wie die
sowol von Sparta wie von Argos aus getrübte überlieferung will, ein
dorischer bruderkrieg war, sondern den Spartiaten die arkadische und
pylische Hellenenbevölkerung erlag, welche gleichzeitig von den südwärts
vorstolsenden Eleern bedrängt ward”), gegen ende des achten jahr-
hunderts ist das Hellenentum des Peloponneses, an welches die Ἔλλα-
yoölxaı in Olympia die zulassung zu den Zeusspielen binden, ein anderes,
dorisches; die alten angestammten träger des namens sind teils geknechtet,
teils in die berge gejagt, wo sie fast allerorten in bedeutungslosigkeit
sinken, teils ausgewandert, wie die Pylier nach Athen und von dort
nach Ionien. jetzt beginnt der antagonismus zwischen Argos, dem schon
früher weithin mächtigen, und Sparta. die Πελόπων νᾶσος aber ist eine
Ζωρὶς νᾶσος, wie Sophokles sie nennt.
Der hellenische untergrund hat die Dorer nicht weniger beeinflulst
als Thessaler und Boeoter, und es war das ihrer cultur selbst zum segen.
weil die Spartiaten sich gegen das Hellenentum immer mehr ablehnend
verhielten, sind sie zu einer kriegerkaste, schlielslich zur szlachta hinab-
gesunken, während das lebenspendende meer die korinthischen nach-
kommen des “Ritters’ zu rhedern und ruderern machte, und in der Argolis
das hellenische und dorische sich fast bis zur unscheidbarkeit amalgamirte,
aber die Dorer hatten eine wirkliche eigenart, die sich mit nichten ganz
verlor, vielmehr dadurch, dafs sie die bedeutendste politische und nilitä-
rische macht in Griechenland wurden, selbst für die allgemein hellenischen
sitten und anschauungen malsgebenden einfluß gewann. die weise, wie
man in ernst und spiel das waffenhandwerk übt, die begriffe von mannes-
ehre und eingebornem adel, die ständische gliederung der gesellschaft,
die zurückdrängung des weibes und ihr notwendiges correlat, die knaben-
liebe, die verachtung des handwerks und die adligen passionen für jagd
- und pferde: das alles ist dorisches gewächs. die lebensformen, die in
Griechenland allgemein für vornehm gelten und demgemäfs verherrlicht
werden, bis Ioniens aufklärung und Athens demokratie sie bricht, sind
das erzeugnis dieser dorischen cultur. zwischen Homer und dem drama,
zwischen Odysseus und Themistokles steht etwas beiden gleichermafßsen
37) Der nachweis mufs einer besonderen untersuchung vorbehalten bleiben:
täusche ich mich nicht, so ist hier der punkt gefunden, wo man den hebel ansetzen
kann, um die chronologie des epos einzurenken.
Einwanderung in den Peloponnes. Herakles ein Dorer. 19
fremdes. der gegensatz, den Vergil in den schönen versen schildert, die
auf tu regere imperio populos Romane memento ausgehn, gilt vielleicht
in höberem grade zwischen Dorern und Hellenen als zwischen Römern
und Griechen. es gemahnt vieles im dorischen wesen an Latium, ganz
besonders die gliederung der bürgerschaft in drei tribus und das vor-
walten der magistratur gegenüber der gemeinde, und wenn es jemals
irgend etwas gegeben hat, was den namen graecoitalische periode ver-
dient, so kann dieses schlechterdings nur eine dorisch-italische ge-
wesen sein”).
Die wurzel des ganzen dorischen wesens ist der glaube an die gött-
lichkeit des rechten dorischen mannes. ϑεῖος ἀνήρ nennen die Spartiaten
einen der ihren, wenn er das leistet, was sie von dem manne fordern.
dieser glaube durchdringt das ganze leben. frauen und kinder, hörige
und knechte haben gar keine andere existenzberechtigung als in be-
ziehung zu dem manne, für den sie da sind”). die ganze sittlichkeit ist
darauf begründet, dals er seine existenz erfüllt und genielst. der ganze
zuschnitt des lebens ist darauf berechnet, als dies ideal einmal auf-
gestellt ist, opfert man ihm ohne bedenken alles andere, mag es auch so
teuer sein wie die familie, und man opfert ihm selbst das eigene streben
über die gegenwart hinaus. selbstgenügsamkeit und selbstgerechtigkeit
wohnen nah bei einander. über dem einzelnen manne steht nur die summe
der männer, der stand. der stand muß den staat ersetzen, und der indi-
vidualismus, welcher nichts über sich erkennt, führt schließslich zur ver-
leugnung der individualität. es ist eine äulserst beschränkte, aber wahrhaft
großse erscheinung, einzig in ihrer art, dieses dorische wesen. um 80
viel mehr mufs dasselbe von dem religiösen ausdrucke dieser alles durch-
dringenden empfindung gelten. dals die Dorer eine göttliche person ge-
glaubt hätten, in welcher sich ihr mannesideal verkörperte, mülste man
a priori fordern, wenn anders sie nur ein wenig hellenisch zu empfinden
wufsten. nun steht diese überwältigend [se religiöse schöpfung vor
unser aller augen: Xlerakles, der ἀνὴρ Buy ihn Pindar und Sophokles
nennen. er ist die einzige gestalt,/ welche dig einwanderer der
bellenischen religion zugeführt haben, wie das ihrem wesen entspricht.
38) Es ist ein ziel der geschichtlichen forschung, das man wol bezeichnen kann,
das aber erst eine spätere generation erreichen wird, die mit der griechischen paral-
lele völkerwanderung auf der Apenninhalbinsel ethnographisch zu bestimmen,
39) Das lied des Hybreas von Kreta (Athen. 605) drückt das sehr schön
aus, wie viele stolse Dorer werden es beim männermahle gesungen haben; wie un-
möglich aber wäre es in ionischem munde.
92 ἂ
Herakles
ein Dorer.
4ἯἫ
20 Der Herakles der sage.
aber sie ist dafür auch eine der grofsartigsten schöpfungen, zu der je
die phantasie eines volkes emporgestiegen ist.
Dafür legt schon das zeugnis ab, dals es unmöglich erschien, das
wesen des Herakles zu erfassen und darzustellen, ohne die geschichte
der völkerwanderung in ihren hauptzügen darzustellen und die völker-
gruppen zu sondern. nur 80 ist aussicht vorhanden, ordnung in das
chaos der sagenmasse zu bringen und das gemeinsam dorische zu erfassen.
andererseits würde die Heraklesreligion selbst unweigerlich haben dar-
gelegt werden müssen, wenn die aufgabe gewesen wäre, die geschichte
der dorischen wanderung zu erzählen. die griechische geschichte und die
griechische religion und sage gehören zusammen, weil der inhalt teils
identisch ist, teils eines das andere bedingt: nur wer sie beide zu er-
fassen versucht, hat die möglichkeit, auch nur eine zu verstehn.
H, fehlt den Die Hellenen, ἃ. h. also die autochthone beyölkorung hat. den Herakles
"nicht gekannt. Aeolern und loniern ist er fremd gewesen und immer
ein fremder geblieben. die auswanderer haben ihn nicht an die asiatische
küste mitgenommen, und die ältere asiatische schicht des epos kennt
ihn nicht. erst als die von der ostseite des Peloponnes colonisirte
dorische hexapolis auf das epos einwirkt, und dann vollends, als das
epos nach dem mutterland übergreift, dringt Herakles, immer jedoch als
fremder, ein. diese tatsache ist notorisch; sie wird nicht im mindesten
dadurch beeinträchtigt, dafs der cult des Herakles sich auch bei Ioniern
verbreitet hat, als die politische vormacht und die gesellschaftliche füh-
rung bei den Dorern stand. es ist aber auch nicht zu verwundern, dass
unsere trümmerhafte kenntnis an einzelnen orten zwar einen alten He-
raklescult nachweisen kann, aber .keine altdorische bevölkerung. be-
sondere aufmerksamkeit verdienen diese ausnahmen, allein mit ihnen wird
80 leicht niemand wagen die regel zu bestreiten“).
40) Es handelt sich einmal um die Heraklessagen an der thrakischen küste,
in Habdera (oolonie von Opuntiern und leuten dieser von einwanderern durchsetzten
gegend) Sithonia, Torone, Thasos u. 8. w. diese weisen auf die inseln zurück, wo
Her. jedoch kaum vorkommt; nur auf Tenos, wo er die Boreaden züchtigt, sind Zpa-
κλεῖδαε nachgewiesen (Maass Gött. Gel. Anz. 89, 830). eine gute erklärung steht noch
aus: die verbreitete annahme, den Heraklescult von Thasos, der doch von der nach-
barschaft nicht getrennt werden darf, auf Phoenikier zu beziehen, ist von Furtwängler
(Roschers mythol. lex. 2142) gut zurückgewiesen, doch bleibt noch unerklärt, wieso
Thasos bruder des Phoinix sein kann. — der einzige auf altertum, anspruch er-
hebende asiatische Heraklescult ist in Erythrai, und auch über ihn handelt Furt-
wängler (s. 2137) sehr gut. Erythrais name kehrt im südlichen Thessalien wieder
und in Boeotien; von Thessalien sind notwendig auch Boeoter mit den Aeolern ausge-
H. fehlt den Eleern ; Achaeern. 21
Auch der westlichen gruppe der einwanderer ist der ursprünglichen. fehlt den
besitz des Herakles abzusprechen, und leicht lösen sich die scheinbar
widerstrebenden instanzen auf. die sage von Herakles bei Augeias mit
allem was daran hängt, geht höchstens die hellenischen vorgänger der
Eleer, die Epeer, an, und sieht die heimat des Herakles in Argos“). die
olympischen spiele sind den arkadischen Pisaten erst von den Eleern
abgenommen und für eine stiftung des Herakles erklärt, als der dorische
adel bei diesen spielen die erste rolle hatte, und Sparta mit Argos zu
rivalisiren begann. eine bevölkerung, welche selbst den Herakles als
fremden ansah, kann noch weniger auf diesen heros anspruch machen
als die autochthonen Arkader, bei denen er in Tegea, Pheneos, Stym-
phalos einzeln auftritt, nämlich wenn er von Argos aus auf aben-
teuer zieht,
Bei den Achaeern, d. ἢ. den bewohnern des nordrandes von DymeA. fehlt den
bis Pellene hat Herakles zwar ein par merkwürdige stätten der ver-
ehrung, aber sie liegen an den grenzen, bei Dyme“) und Bura®), und
wandert, sonst ist die anwesenheit von Peneleos und Leitos vor Ilios ganz unerklärlich:
ein vereinzeltes Heraklesheiligtum in der gegend, wo Aeoler und Ionier sich kreuzen,
ist also nicht mehr befremdlich als jene epische singularität: wir bilden des Thuky-
dides schluss, dass Boeoter vor der Boeotischen einwanderung in Boeotien gesessen haben
müssten (I 12) nur ein wenig um. eine grosse bedeutung wird diesem vorgeschobenen
posten des Heraklescultes notwendigerweise beigelegt werden müssen.
41) Der Heliossohn Augeias mit den sonnenrindern, die Molioniden, eine der
merkwürdigsten formen des vordorischen Dioskurenpares (vgl. zu vers 29), der ent-
wässerungscanal, dessen reste noch heute sichtbar sind (Curtius Peloponnes II 34)
gehen alle die Eleer nichts an. der zug des Herakles gegen Elis gehört vielmehr
in eine reihe mit denen gegen Neleus und die Pylier, Eurytos, den herrn des mes-
senischen Oichalis, Hippokoon von Sparta: es ist ersichtlich argolische sage und
spiegelt die versuche wieder, welche die argolischen Dorer machten, sich die supre-
matie im Peloponnes zu erringen. eine andere frage ist, ob sie in Elis noch die
Epeer wirklich zu bekämpfen hatten, oder ob schon die Eleer an deren stelle safsen.
das letztere ist wahrscheinlich, ändert aber an dem nichts, was hier in frage steht.
42) Das merkwürdige epigramm von Dyme, Kaibel 790, erzählt von Polystratos,
einem schönen liebling des Herakles, der im kampfe wider die Eleer fiel und von
dem heros beklagt und bestattet ward. Kaibel hat die geschichte erläutert, die auf
ältere dichterische gestaltung deutet, vielleicht durch Antimachos, Steph. Byz. Sdun.
aber das gegebene war offenbar der cult eines heroengrabes, dessen bewohner
Πολύστρατος hiefs. solcher heroengräber gab es in Peloponnes sehr viel. oft sind
ihre bewohner, weil man von heilungswundern erzählte und incubation geübt ward, zu
Asklepiossöhnen oder Asklepios selbst geworden. die sage, wie der heros starb, und
damit das eingreifen des Herakles ist nach allen analogien für secundär zu erachten.
43) Hier heifst Herakles sogar Bovpasxds und hatte ein archaisches cultbild,
Imhoof Gardener numism. comment. von Pausan. taf. S II. III., Pausanias VII, 25.
22 Der Herakles der Sage.
lassen ganz deutlich erkennen, dals er und seine sagen eindringlinge sind.
die ganze landschaft tritt in der älteren geschichte seltsam wenig hervor;
die sprache ist auch wenig bekannt, stellt sich aber fern von dem ioni-
schen und arkadischen, nahe zu den nordgriechischen mundarten. ihr
entspricht das griechisch der achaeischen colonien Unteritaliens, während
die sonst sehr glaubhafte anknüpfung der asiatischen Ionier an diese
Achaeer von der sprache her schlechthin keine unterstützung erhält. die
geistige bedeutung dieser Achaeer ist um kein haarbreit höher als die
der andern einwanderer, das haben sie im sechsten jahrhundert in Italien,
im dritten zu hause bewiesen. so stehen sie charakterlos zwischen Pelo-
ponnesiern und Ioniern, und der besonnene forscher lernt an ihnen am
besten, sich vor dem schillernden Achaeernamen hüten‘) und begreift,
aber der ort des cultes war eine höhle und der verehrte daemon gab orakel: schon
darin zeigt sich, dafs Herakles einen älteren inhaber verdrängt hat. so hat die stadt
auch eine doppelte heroische etymologie. einmal ist ihre eponyme tochter Ions
(Steph. Byz. Βοῦρα, aus Lykophronscholien), Kallimachos leitet sie von den rindern
des Kentauren Dexamenos ab (hymn. 4, 102. E.M. δοῦρα ist scholion dazu), der
ein doppelgänger des Nessos ist, von Herakles erschlagen, wie die vasenbilder zeigen.
da ist das eindringen des Herakles und die anlehnung an den aetolischen sagenkreis
offenbar. Aischylos fgm. 403, das ich früher falsch behandelt habe, ist sicher in
Βοῦράν τ᾽ dpelay (ϑ᾿ ἱεράν überliefert) zu bessern: jede beschreibung der örtlichkeit
wird davon überzeugen.
44) Weil er so schillernd ist, ist er heut zu tage beliebt, und habe ich ihn
vermieden. die bedeutung (yaso/ die erlauchten) empfahl ihn dem epos als collectiv-
namen, und so mag, wer will, ihn da verwenden, wo ich Hellenen gesagt habe; es
ist nur etwas hart, die Athener zu den Achaeern zu rechnen. als stammname aitzt
er ebenda fest, wo auch die Ἔλληνες Homers wohnen, in Phthia: leider ist gerade
diese achäische mundart auch noch dunkel. ferner gibt es die /nunme Axala in
Boeotien, auch in Theben die älteste göttin, die landschaft 4ya/a, deren ansprüche
zweifelhaft sind, und die Achaeer als gegner der Spartiaten. ihnen traten die nach-
kommen des Agamemnon gegenüber, der in der Ilias Achaeer ist, übrigens in wahr-
heit ein Aeoler so gut wie Achilleus. auch hier also kann der name aus dem epos
übertragen sein. : wie viel durch einander geht, sehe man daran, dafs Antimachos
bei Athen. XI 468 und Aischylos Sieb. 324 die Peloponnesischen feinde der Boeoter
᾿Αχαιοί nennen können. die vielberufene stelle Herodots (V 72), wo könig Kleomenes
sich keinen Dorer sondern Achaeer nennt, ist ganz einfach: er stammt ja von
Herakles dem Perseiden. die genealogie der königshäuser Spartas mit Aristodemos
und den söhnen Eurysthenes Prokles ist übrigens erst ersonnen, als die wirklichen
königsgeschlechter längst feststanden: 4,ıddas und Εὐρυπωντέδαε sind die wirk-
lichen geschlechtsnamen, geltend lange ehe ihre träger die verpflichtung empfanden,
die Heraklidenabstammung besonders für sich in anspruch zu nehmen. die geringe
bedeutung und üble rolle, welche Aristodemos spielt, zeigt auch, dafs diese genes-
logie, Hylios, Kleodaios u. s. f. nicht in Sparta entstanden ist: alles weist auf Argos.
H. fehlt den Achaeern;, Aetolern. 23
dafs die historisch wirkenden stammesindividualitäten sich in Asien erst
gebildet haben, im Peloponnes aber die Dorer allein schaffenskraft be-
sitzen. sie haben über Sikyon und Phleius hinaus nicht dauernd fuls
gefalst: so weit gibt es noch individuelles leben; die mischbevölkerung
Achaias hat keins zu erzeugen vermocht. so verschwinden auch die
achaeischen inseln Zakynthos und Kephallenia vor dem erst von Euboeern,
dann Korinthern besetzten Korkyra, das jene Ionier schon so fest für
ihre heroischen traditionen von Odysseus und Diomedes in beschlag ge-
nommen hatten, dals die Korinther wol noch ihre Medeia, aber nicht
mehr Herakles anzuschlielsen vermochten.
Auch die Aetoler, d.h. die fälschlich den alten namen usurpirenden Η fehlt den
einwanderer, haben mit Herakles nichts zu tun. Deianeira, könig Oi em
tochter, welche Herakles vom werben des Acheloos befreit, ehelicht, am
Euenos vor der zudringlichkeit des Kentauren Nessos schützt, die mutter
des Hyllos, nach dem die vornehmste tribus der Peloponnesier heifst,
schliefslich die schuldlose mörderin ihres gatten, ist gewils die bedeutendste
weibliche gestalt, welche in seiner umgebung auftritt: schon deshalb ist
sie nicht national aetolisch. ist doch auch in dieser sage der vertreter
Aetoliens der hellenische Oineus. Acheloos ist vollends nur durch fehl-
greifende willkür mit dem aetolischen flufse gleich gesetzt. nicht ein
flufsgott, sondern der herr des meeres kann das füllhorn, das symbol der
ewigen seligkeit, bieten“). der kampf ist also nur eine form dieses haupt-
abenteuers, und zwar eine bereits sehr entstellte.
was Herodot VI 52 als spartiatische tradition von Aristodemos erzählt, ist nur
umbildung der vulgärsage. nicht nur praktisch, sondern auch mit ganz bestimmten
traditionen zu belegen, ist der vorschlag, den ich früher gemacht habe, den Achaeer-
namen für die vordorische einwanderung nordhellenischer stämme im Peloponnes
sa verwenden, also die leute um Bias und Melampus, Neleus, Eurytos u. a. w. allein
das fordert eine darlegung anderer verhältnisse, und ist mit der anm. 37 bezeich-
neten untersuchung verquickt.
45) Niemals ist vergessen worden, dafs Syeiwsos das wasser überhaupt be-
deutet. und der gegner des Herakles benimmt sich in dem kampfe ganz wie der
disos γέρων Πρωτεύς in der Odyssee oder die meerjungfrau Thetis bei Hesiodos:
er hat die gabe der verwandlung. es ist wertvoll festzustellen, dafs dasselbe der
meergreis tat, den Herakles im westen bezwang. so hat Stesichoros, natürlich in
der Geryoneis, erzählt. das bruchstück steht in dem von Rohde entdeckten para-
doxograpben 33 (Ber. nat. scr. ed. Keller s. 110) zap’ Ὁμήρῳ Πρωτεὺς eis πάντα
κετεμορφοῦτο, καὶ Θέτις (καϑάτια cod. καϑὰ ©. Rohde) παρὰ Πινδάρῳ, καὶ
Νηρεὺς παρὰ “Στησοιχόρῳ, καὶ Μήστρα --- leider fehlt für diese der autor. die be-
deutung des füllhorns hat Furtwängler (Roschers lexicon s. 2157) richtig ge-
schätzt.
H. fehlt den
Makedonen.
H. in Grols-
griech
land
24 Der Herakles der sage.
Bei den Epiroten und Makedonen*) ist von Herakles keine spur.
seit Alexandros I wollte das makedonische königshaus freilich von Herakles
stammen, und noch der grofse Alexander hat einen sohn Ἡρακλῆς ge-
nannt (wovor sich sonst die menschen doch scheuen), aber das ist erst
eine folge davon, dafs sie gern Hellenen sein wollten, und der name
ihres geschlechtes Soyeddaı an Argos anklang'").
Stutzig machen kann nur die fülle von Heraklesculten und Herakles-
sagen bei den unteritalischen auswanderern. es gibt dort eine einzige
Dorerstadt Tarent (das Herakleia erst spät gründet), auf welche dieser
reichtum um so weniger zurückgeführt werden kann, als die Parthenier
des Phalanthos aus ihrer heimat Sparta weder reiche sagen noch die
neigung weiter zu dichten mitbringen konnten. die versuchung liegt also
nahe, Messapiern und Chonern (Chon gilt selbst als sohn des Herakles)
den cult zuzutrauen, und leicht möchte man dann selbst die Italiker
heranziehen. allein die zeit der hellenischen auswanderung nach Italien“)
ist erst spät, wenn man von einzelnen vorschüben absieht, hervorgerufen
erst durch die grolsen kämpfe des 8. jahrhunderts, in denen Sparta
emporkam. die peloponnesischen Achaeer hatten sich damals schon mit
den einwanderern, die Herakles verehrten, vermischt oder doch die poetisch
mächtige argolische sage in sich aufgenommen. neben ihnen kamen viele
aus dem nördlichen Hellas, wie die Lokrer, die sich am Zephyrion eine
neue heimat gründeten, und die geistig bedeutendsten Italioten waren
vollends Chalkidier, zu denen längst der boeotische heros übergegangen
war, und auf deren schiffen ächte Heraklesverehrer nicht gefehlt haben.
46) Die anknüpfung der Illyrier an Herakles ist nicht anders zu beurteilen
als die von anderen barbaren, und da die Korinther für die anwohner des adriatischen
meeres die wichtigsten culturträger geworden sind, lag diese anknüpfung nahe. so
kann man die Hylleer, einen illyrischen stamm, nur durch namensangleichung an
Hyllos den Heraklessohn geknüpft glauben, wie der lydische fiufs “γλλος mit diesem
so wenig zu tun hat wie mit dem hyläischen see in Boeotien. indessen mufs die
möglichkeit offen bleiben, dafs die später dorischen Hylleer, die doch einen stamm-
namen tragen, mit den später illyrischen Hylleern urverwandt waren, wie die
Myser am Kaikos mit den Moesern an der Donau u. dgl. m.
47) Dies mittlerweile näher begründet Arist. u. Ath. II. 175.
48) Den wunsch, den ich in der ersten auflage aussprach, die geographie des
westens, wie sie Timaios gegeben hat, herzustellen, hat inzwischen J. Geffcken er-
füllt, und die geschichtliche ausdeutung der sagen hat aufser diesem auch E. Pais
in seiner Storia della Sicilia I gefördert. ich glaube allerdings, dafs eine scharfe
kritik nunmehr not tut, die die spreu autoschediastischer combinationen erst einmal
wegfegt, sonst behauptet die negation, schon weil sie so bequem ist, das feld. her-
gestellt mufs jetzt vor allen Ephoros werden.
H. in Grofsgriechenland; in Rom; H. bei den barbaren. 2b
gerade weil sich die verschiedensten völker vermischten und im gemein-
samen gegensatze zu den barbaren ihrer verwandtschaft sich bewußst
wurden, erhoben sie gern eine allbekannte heldengestalt zum allgemein
hellenischen vorkämpfer, und es ist bezeichnend, aber sehr begreiflich,
dals in Himera, einer ionischen stadt mit stark dorischer mischung, um
600 der dichter aufstand, der den abenteuern des Herakles zuerst die
ungemessene weite der welt zum schauplatz gegeben hat.
Von diesen auswanderern in Grofsgriechenland ist Herakles zu den Η. in Rom.
Italikern gelangt, bei denen er, wenn auch in starker umbildung und
so, dafs der ursprüngliche inhalt der religion ganz vergessen ward, einen
überaus starken cultus fand, verflochten in die ältesten sagen Roms,
verehrt bis in die innersten Abruzzentäler. es haben sich natürlich ver-
einzelt italische sagen an den fremden heros geheftet, und die Italiker
haben dem körper, den sie übernahmen, den odem ihrer eigenen seele
eingeblasen: aber wie der name ist die gestalt des Hercules hellenischer
import, die versuche, eine urverwandte oder auch durch zufällige namens-
ähnlichkeit identifieirte italische gottheit i in ihm zu sehen, sind zum glücke
fast allgemein aufgegeben‘”).
Verbältnismäfsig unbedeutend, meist jung und ganz durchsichtig
sind die trotz aller vielgestaltigkeit eintönigen erscheinungen, in welchen
fremde gottheiten von den Griechen mit ihrem Herakles identificirt worden
sind. es ist das ja mit allen möglichen gottheiten geschehen. was Caesar
und Tacitus mit den germanischen göttern tun, hat schon Homer mit den
teukrischen getan. die Artemis von Perge, von Ephesos, von der taurischen
Chersones, die Athena vom libyschen Triton, vom mons Garganus, von
Saia, Dionysos Civa, Dionysos Jahwe, Dionysos Osiris weils man auch
49) Die lage der ara maxima in Rom würde allein den fremden gott erweisen;
doch führt die untersuchung von jedem ausgangspunkt zu demselben ergebnis. die
geschichte von Cacus ist, wie wir sie haben, so gut eine griechische dichtung wie
die Romulussage, und deshalb läßt sich das epichorische element, für das der name
und die scalae Caci zeugen, nicht aussondern. der interessante versuch von Reiffer-
scheid (Annali dell’ instituto 39, danach R. Peter über Hercules in Roschers Lexicon)
operirt mit einem materiale, das immer vieldeutig, nicht selten sicherlich fremdartig
ist. doch ist selbstverständlich, dals die herkunft des cultes und des namens nicht
im mindesten darüber entscheidet, was die Italiker in Herclus empfanden und
glaubten. nur hat das was davon italisch ist mit Herakles eben nichts zu tun.
übrigens folgt aus der entlehnung, dafs es unerlaubt ist, die vorstellungen, welche
der Latiner mit Herclus verbindet, ohne weiteres auf den Campaner Samniten
Brettier zu übertragen, vielmehr wird nur die differenziirung ein wissenschaftlich
haltbares ergebnis liefern.
H. bei den
barbaren.
26 Der Herakles der sage.
ohne weiteres richtig zu beurteilen; auch wenn die gewährsmänner
Herodots die abstammung der Skythen auf Herakles und Echidna zurück-
führen, macht man aus Herakles keinen Skythen. aber weil die Hellenen
den stadtgott von Tyros oder besser den in den verschiedensten formen
auftretenden semitischen himmelsherrn und sonnengott (wenn er das
wirklich war) in einzelnen bestimmten formen mit ihrem Herakles iden-
tificirt haben, weil ferner im altertume schon die neigung bestanden hat,
das entlehnte und zumal das orientalische für ehrwürdiger und vornehmer
zu halten, und deshalb vereinzelt auch Heraklesheiligtümer für orienta-
lische stiftungen erklärt sind — aus diesen nichtigen und in unzähligen
anderen fällen als nichtig anerkannten gründen hat sich die meinung
bilden können, dafs Herakles ein von den Phoenikiern importirter sonnen-
gott wäre nun bricht sich freilich die erkenntnis bahn, dals die phoe-
nikische cultur selbst etwas ganz unselbständiges und als zwitterwesen
zeugungsunfähiges gewesen ist. aber dafür geht man nur noch bis in
das bodenlose weiter und findet in altbabylonischen sagen Herakles und
seine taten wieder. die kluft der zeit, die nach vielen jahrhunderten zählt,
die kluft des raumes, die jeder vermittelung spottet, achtet man für
nichts; die leute die so reden kennen freilich Herakles und die griechische
geschichte meistens nur als reminiscenz von der schulbank. sie wissen
nicht, was sie tun. es sind leute darunter, die schaudern würden, wenn
ihnen solche blöde unwissenheit und unwissenschaftlichkeit auf ihrem
eigenen arbeitsfelde begegnete. so weit sie nicht wissen, was 810 tun,
wollen wir ihnen gern verzeihen: aber weil sie alle unwissenschaftliches
tun, sind sie keiner sachlichen berücksichtigung wert”). von interesse
würde es dagegen sein, zu wissen, ob Dorer die identification des Herakles
mit dem Melkart (den namen einmal zu brauchen) vollzogen und auch
die skythische archaeologie ersonnen haben. möglich ist es in beiden
fällen, da sich hier die megarischen colonisten in Herakleia und seinen
50) Durch die ablehnung der platten identificationen gewinnt die schätzung
der parallelen erscheinungen in religion und sage, cult und sitte nur um so mehr.
und die ähnlichkeit des Herakles mit “Izdubar-Nimrod ’ (A. Jeremias, Leipzig 1891)
ist allerdings höchst merkwürdig. natürlich ist sie auch den alten aufgefallen und
hat da notwendig zur identification geführt, wie z. Ὁ. die kyprische darstellung
des Geryonesabenteuers Journ. of Hell. Stud. 13, 74 zeigt. aber das geht viel viel
weiter: die ganze babylonische sage steht in der semitischen welt so singulär wie
die hellenische in der indogermanischen. offenbar kommen wir mit den auf die
sprache gebauten racen nicht aus, und die probleme der urzeit sind nur so lange
einfach, ale man gar nichts von ihr weils. um so nötiger ist die isolirte verfolgung
des continuirlich verfolgbaren.
Herakles bei den barbaren. Herakles der Dorer. 27
pflanzstädten, dort die Rhodier”') bequem darbieten. allein nötig ist es
durchaus nicht. als diese gleichungen aufkamen, war Herakles längst eine
zwar nicht allerorten verehrte, aber allerorten wolbekannte heroengestalt,
die in folge der wanderungen des heros, wie sie die poesie ausgebildet
hatte, für solche identificirung besonders passend erscheinen mulfste””).
Von besonderem interesse ist nur eine solche verknüpfung des bar-
barischen mit Herakles: das lydische herrschergeschlecht, welches Gyges
stürzte, bat für heraklidischen blutes gegolten, und die Omphalefabel
ist in Liydien localisirt worden und hat anderes nach sich gezogen. es
wird sich unten zeigen, dals hier nur eine oetäische sage in äulserlicher
weise nach Asien übertragen ist. aber gesetzt auch, es hätte sich wirk-
lich an diesem einen punkte asiatisches und hellenisches verquickt, so
dürfte man eben nicht hier das verständnis der Heraklessage suchen:
ihr wesen wird sie allein in ihrer heimat offenbaren können.
So bleibt also Herakles ein angestammter besitz lediglich der yölker- Hernklos
gruppe, welche sich vom Pindos östlich wandte, Thessaler”) Boeoter
“T/orer sind wesentlich an dieser gemeinsamen religion als zusammen- // “δ
gehörig zu erkennen. sie alle haben Herakles als den vertreter ihres Ι ᾿ u
wesens verehrt, haben von seinen taten erzählt, seine ehre als die ihre { IM κει.
betrachtet, und sie sind irgend wie im spiele, wo immer uns Herakles δὰ ἮΝ
begegnet.
Ist Herakles vielleicht nichts anderes als der vertreter dieses volks-
tumes, das a potiore dorisch heifsen mag? und ist die entwickelung
51) Von diesen ist Herakles zu den Lykiern gelangt, die ihn früh als münz-
bild haben.
52) Besonders merkwürdig ist, dafs die Phokaeer in Massalia den heros ihre
ligurischen feinde bezwingen liefsen. dieses sehr eigentümliche abenteuer, das schon
Aischylos seinen Prometheus prophezeien läfst, kann nur in Massalia gedichtet sein,
da es das bestimmte local, die steinwüste an der Rhonemündung, voraussetzt. aber
der ganze Zug des Herakles von Erytheia-Tartessos nach Italien auf dem landwege
setzt die massaliotische küstenbesiedelung voraus. unmöglich ist freilich nicht, dals
vor den Phokaeern dorische seefahrer (von Knidos und Rhodos her) auch hier sich
festzusetzen versucht haben. gerade auf der ile de la Camargue soll ein Herakleia
gelegen haben, CIL XII p. 500. den radicalismus, der die Rhodier aus dem westen
durch seine grofßsen worte vertreiben will, kann man nur zum belege verwenden,
dafs die zeugnisse für die ansicht stehen, die er überwunden zu haben wähnt.
53) Entsprechend ihrer geringeren geistigen kraft und selbständigkeit kommen
die Thessaler am wenigsten in betracht, obwohl gerade Thessalos selbst ein Herakles-
sohn ist, Boiotos nicht. im Peloponnes ist das verhältnis ähnlich zwischen Argos
Korinth einerseits, Sparta Kreta andererseits. für die Heraklessage haben die süd-
lichen Dorer fast nichts geleistet.
schich
gene! hen
98 Der Herakles der sage.
seiner sage so zu betrachten, dafs er allmählich vertreter des Hellenen-
tumes geworden wäre, zuerst in Grofsgriechenland, schließlich aber ver-
treter der menschheit? eponyme heroen der art gibt es in Hellas und
bei anderen Ariern genug; semitische völker zeigen deutlicher als die
Arier auch götter in solcher function. selbst Jahwe, der zuerst ein gott
gewesen sein mag, der an einen bestimmten ort, den Sinai, gebunden
war, hat seine bedeutung dadurch erhalten, dafs er der träger des
israelitischen volkstums ward, und hat nur um den preis der zertrüm-
merung dieses volkstumes ein gott der welt werden können. es kann
aussichtsvoll erscheinen, Herakles in dieser nationalen weise erklären zu
wollen. denn gewesen ist er allerdings vertreter der Dorer, und die
jahrhunderte 8 bis 6 haben seine sage ganz vorwiegend nach dieser seite
ausgestalte. unübersehbar ist die masse dieser sagen, reichste fülle ge-
schichtlicher überlieferung birgt sich in ihnen. der zusammenhang, in
den die abenteuer schon durch die sagenschreiber des 5. jahrhunderts
gebracht sind, ist vorwiegend durch solche nationalen momente bedingt:
aber selbst sie haben nie vergessen, dafs dies alles für die eigentliche
Heraklessage nebensächlich ist, und haben alle diese taten als πάραϑλα
oder πάρεργα bezeichnet. das ist eine strenge aber allerdings treffende
beurteilung ihres wertes. um das wesen des Herakles im kerne zu erfassen,
könnte man von dem vertreter der Dorer ganz absehen. allein dieses spätere
gezweige, die wirren schölslinge und wasserreiser decken jetzt den stamm:
auch wenn man sie nur beseitigen wollte, müfste man sie näher be-
trachten; nun haben sie aber nicht nur eine hervorragende geschicht-
liche bedeutsamkeit, sie sind auch äußerst belehrend für die methode,
welche in der analyse der heroenmythen erfordert wird, weil sie vielfach
sehr jung und relativ, zum teil sogar absolut datirbar sind.
Die besitzergreifung des Peloponneses selbst ist nicht zu einer tat
des Herakles geworden, sondern hat sich in wie auch immer getrübter
geschichtlicher erinnerung selbst erhalten. die Dorer haben vielmehr die
legitimation ihrer einwanderung darin gesehen, dafs ihr ahn, Herakles,
selbst ein sprofs der argolischen herrscherfamilie gewesen wäre, nur
widerrechtlich seines erbes beraubt. somit ist in der ganzen sage, soweit
sie die geburt in Tiryns, die dienstbarkeit bei Eurystheus, die vertreibung
aus dem Peloponnes voraussetzt, ein zug als voraussetzung in das bild
gebracht, der lediglich dorische geschichte zum ausdruck bringt. es gibt
ferner eine anzahl sagen, welche Herakles Elis Lepreon Messenien (Pylos,
Oichalia) Lakedaimon erobern lassen; allein sie sind weder sehr volks-
tümlich noch reich ausgebildet, der poesie fast, der bildenden kunst ganz
Herakles der Dorer. sagen geschichtlichen inhalts. 29
fremd, führen auch nicht zur besitzergreifung, lassen zudem den heros
als heerkönig wenigstens meistens auftreten, was immer etwas secundäres
ist, so dafs sie durchaus nicht als ein niederschlag der erinnerung an
die einwanderung gelten können”). dals Herakles hier stets als Argeier
auftritt, zeigt deutlich, dafs wir es vielmehr mit dem niederschlage der
kampfe zu tun haben, in denen Argos die suprematie über den Pelo-
ponnes anstrebte. man ermifst vielleicht mehr einen gegensatz der zeiten
als der begabung daran, dafs das übergreifen Spartas im achten jahr-
hundert keine entsprechenden Heraklestaten mehr hervorgerufen hat.
der nationale dorische held war eben Herakles der Argeier geworden, so
dafs Sparta ihn nicht mehr und noch nicht wieder als vertreter brauchen
konnte.
In Boeotien hat die überwindung von Orchomenos, die spät und
nach hartem kampfe gelang”), und die friedliche besitzergreifung von
Thespiai), neue, wenn auch farblose Heraklessagen erzeugt. die be-
54) Natürlich müssen auch diese sagen in irgend welcher poetischen form in
alter zeit umgegangen sein, wie hätten sie sich sonst erhalten? aber von dieser
form wissen wir nichts, weil nichts die archaische zeit überdauert hat. es erheben
sich hier die unten am Dodekathlos genauer behandelten schwierigkeiten. z. Ὁ. ist
Herakles die Hippokoontiden überwindend von Alkman so breit dargestellt, dafs
schon um der fülle von namen willen eine feste, wol sicher poetische tradition zu
grunde liegen mufs, aber nichts hindert diese für argolisch oder korinthisch anzu-
sehen. localspartanisches ist gerade in dieser geschichte, wenigstens so weit sie be-
kannt ist, so gut wie gar nichts. — nach den untersuchungen von Kaibel (Herm.
27, 258) und Wide (Lak. Culte 18. 298. 322) ist diese behauptung in so weit ein-
zuschränken, dafs Herakles eine ältere Dioskurensage occupirt hat; um so sicherer
ist die gestaltung, der Alkman folgt, nicht spartanisch. Wides versuch, einen
kampf mit den chthonischen mächten darin zu sehen, ist methodisch verkehrt, da
er doch die secundäre fassung nur heroisch deuten durfte. aufserdem kann man
doch nur lächeln, wenn hohes alter und tiefe symbolik darin gesucht wird, dafs
eine hündin mit einem steine tot geworfen wird. womit erwehren sich denn jetzt
die menschen der gerade in Griechenland unausstehlich frechen köter? und wenn’s
diesmal eine hündin ist, so sollte man doch den Kerberos aus dem spiele lassen.
55) Vgl. zu vers 50. 280.
56) Die verschmelzung der alten bevölkerung mit den zuwanderern gibt die
boeotische sage naiv so wieder, dals Herakles in einer nacht den 50 töchtern des
Thespios zu söhnen verhilft. übrigens fuhr man fort als urbesitzer des landes sieben
ϑακοῦχοε zu verehren (Diodor IV 29), wie sieben ἀρχαγέταε in dem benachbarten
Plataiai (Plut. Arist. 11), und diese letzteren sind niemals zu Heraklessöhnen gemacht
worden, da das boeotische in Plataiai nicht dauernd fuls falste. in Thespiai trieb
das misverhältnis der 50 und 7 notwendig zu einer auswanderungssage. was aber
den lolaos von Theben und die söhne der Thespiaden nach Sardinien gebracht hat,
ist noch unklar.
90 Der Herakles der sage.
kämpfung und verpflanzung der Dryoper um Delphi ist vielleicht ein
nachhall sehr alter zustände; vielleicht ist sie aber auch nur ein versuch,
zu erklären, weshalb die Dorer von Argolis und Sparta ihre gegner in
Hermion, beiden Asine und Korone eben so benannten, wie ehedem ihre
phokischen gegner; vielleicht ist auch Herakles als Dryoperfeind an stelle
des Phlegyerfeindes Apollon getreten”). denn wo die einwanderer sich
des übergewichtes der älteren sagen nicht erwehren konnten, die im kreise
ihrer untertanen fortlebten, da begnügten sie sich damit, ihren heros
nur an die stelle eines älteren zu setzen, wie er im kampfe mit Kyknos
den Achilleus verdrängt“), oder ihn wenigstens mit helfen zu lassen, wie er
neben Peirithoos und den Lapithen gegen die Kentauren zieht”). das
sind thessalische umbildungen. vollends durchsichtig sind die Herakles-
sagen, welche die dorische besetzung von Kos Rhodos Kyrene erzeugt
hat, und die thrakischen und grolsgriechischen, deren oben gedacht
ward, führen den heros eben auch nur als vertreter seiner auswandernden
verehrer ein.
Es ist nicht dieses ortes, das material zu erschöpfen; aber noch ein
par charakteristische und datirbare sagen derselben art mögen kurz be-
sprochen werden, weil der commentar des euripideischen dramas keine
veranlassung geboten hat, sie zu erläutern.
Die Argonautensage ist im kerne uralt und schon in Thessalien
ausgebildet, Wozi8 TRMer haften geblieben ist. aber diese älteste form
wird sich niemals mit einiger sicherheit wieder gewinnen lassen. zur
zeit kennen wir noch nicht einmal die jüngeren formen genügend, die
sie in Miletos und Korinthos erhalten hat: das kann und muls die
forschung leisten. Milesische seefahrer haben schon im achten jahr-
hundert den Pontos befahren und seine südseite besetzt. damals ist
Kolchis als das ziel der fahrt festgestellt, die eigentlich _die geraubte frau
aus dem lande den sonne heimholen wollte. _ gleichzeitig
sind viele ionische heroen auf die Argo gekommen: Herakles natürlich
nicht. die form der sage, welche uns geläufig ist, ward von den Korinthern
festgestellt, als diese ihre seemacht im westmeere begründeten. damals
ist Hera, die ἀχραέα von Korinth, die beschützerin des Iason geworden,
57) Obgleich mittlerweile einzelnes richtig gestellt worden ist, mufs doch erst
eine besondere untersuchung sich über die traditionen aller s. g. dryopisehen gegen-
den erstreckt haben, ehe man mehr als diese vielleicht trügerischen allgemeinheiten
sagen kann.
58) Vgl. zu vers 110.
59) Vgl. zu vers 181. 304.
Sagen geschichtlichen inhalts. 31
ist die rückfahrt durch das adriatische meer gelenkt, und ist wieder eine
anzahl heroen zugetreten. aber den Herakles mochten seine korinthischen
nachkommen nicht zuziehen, weil er keine seiner würdige stelle erhalten
konnte. sie begnügten sich also, sein fernbleiben angemessen zu moti-
viren, dafs das schiff ihn nicht getragen, kein ruder stark genug für ihn
gewesen wäre oder ähnlich. um 550 gründeten Megarer und Boeoter
eine zukunft verheilsende pflanzstadt an der pontischen küste, die sie
nach Herakles nannten. natürlich wollten sie auf den spuren ihres
eponymos wandeln, aber an die Argofahrt knüpften sie doch nicht an,
sondern an den zug wider die Amazonen, der längst in den fernen nord-
osten verlegt war. sie fanden in ihrem gebiete auch einen schauerlichen
erdspalt und einen wilden bergstrom: das ward ihnen ihr Acheron und
der mund der hölle nun war für sie natürlich Herakles mit dem Ker-
beros hier emporgestiegen. nicht wirkliche sage, sondern das glückliche
spiel eines dichters, den wol anklingende namen anregten, hat ein bithy-
nisches volkslied, die klage um den schönen Hylas, das früher mit einem
Argonauten, dem gründer von Kios, Polyphemos, verbunden war, auf
Herakles bezogen: nun mulste er wenigstens bis Kios mitgefahren sein,
und die alten motive für sein zurückbleiben rücken nun von Thessalien
nech Bithynien®). erst die willkür von romandichtern, frühestens aus
Alexanders zeit, hat es gewagt den vornehmsten helden nach Kolchis zu
führen, endlich gar an Iasons stelle zu setzen.
Der kampf um Ilios war durch das aeolische epos geschaffen. schon
als die Ionier dieses übernahmen, liefs der vorrang der aeolischen helden
es unstattbaft erscheinen, ihnen die vornehmsten Ioniens an die seite
zu stellen. man führte also ihre “epigonen’ ein: nicht Tydeus sondern
Diomedes. dadurch ward für die relative chronologie der heroensage der
grund gelegt. das epos wanderte an der asiatischen küste südwärts und
kam zu den Dorern von Kos und Rhodos. für sie war die ausschließsung
des Herakles auch selbstverständlich. aber es genügte ihnen nicht, seine
nachkommen einzuführen, zumal diese ihre gegner auf die troische seite
nachzogen: dafür ist der kampf zwischen Tlepolemos und Sarpedon das
leuchtende beispiel. und doch durfte Asien nicht ohne Herakles erobert
sein. so entstand der zug des Herakles gegen den vater des Priamoe,
60) In der ersten auflage hatte ich die sache falsch dargestellt, weil ich die
klage der Mariandyner um Priolas oder Bormos mit der der Bithyner von Kios um
Hylas vermischt hatte, die nur im letzten grunde identisch sind. die untersuchung,
deren ergebnisse ich oben vorlege, ist zu lang für diese stelle. über den namen
Hylas Aristot. u. Ath. II 176.
82 Der Herakles der sage.
asiatische Dorer haben ihn erdacht, denn sie, die aus der Argolis stammten,
haben die argolische geschichte von Perseus und Andromeda auf Herakles
und Hesione übertragen und den zug wider Troia mit den älteren fahrten
verbunden, in denen sie Herakles ihren eigenen kämpfen um Kos und
Lindos hatten vorarbeiten lassen. später, als das epos nach dem mutter-
lande kam, steigerte man den zug zu einer grofsen heerfahrt, und eine
regelrechte belagerung trat zu dem einfachen kampfe mit einem unge-
heuer. die beteiligung der Aeakiden, für deren ruhm besonders sorge
getragen ward, lehrt, dafs diese letzte bearbeitung unter dem drucke der
aeginetischen macht, im 6. jahrhundert, vorgenommen ist?'),
Ebenfalls im 6. jahrhundert drang die hellenische besiedelung in
Sieilien mächtig nach westen vor. im süden hatten Dorer megarischer
herkunft in Selinus einen sicheren stützpunkt gefunden; an der nord-
küste Chalkidier Himera weit vorgeschoben. die eingebornen gegner waren
Elymer, wahrscheinlich iberischer abkunft””), in Entella, Halikyai, nament-
lich aber in Egesta und auf dem Eryx. die ionischen Himeraeer, deren
phantasie von homerischen bildern erfüllt war, sahen in ihnen nach-
kommen der Troer, mit denen ihre ahnen gefochten hatten, um so mehr
als sie die göttin des Eryx Aphrodite nannten, die ja dem volke des
Paris beigestanden hatte. so ward der eponym dieser feinde, Eryx, ein
sohn Aphrodites und eines ‘hirten’, des Βούτης), ein anderer Aineias;
Aineias war ja längst der vertreter erst der geretteten Troer, dann der
feindlichen völkerschaften geworden, in denen die Hellenen ihre troischen
gegner wiederfanden‘‘). Die Dorer rechneten zuversichtlicher darauf, die
61) Auch ein attisches akolion spricht die tendenz unumwunden aus, 18, τὸν
Τελάμωνα πρῶτον, Αἴαντα δὲ δεύτερον ἐς Toolav λέγουσιν ἐλθεῖν “Ζαναῶν καὶ
"Ἀχιλλέα. des Herakles hat man hier ganz vergessen; selbst Achilleus ist nur annex.
so mögen die nachkommen des Eurysakes oder Philaios gesungen haben.
62) Der iberische graffito auf einer sicilischen vase, den Löschcke erkannt hat
(Benndorf Gr. Vasenbild. taf. XXXXIII) ist ein unverdächtiger und gewichtiger
zeuge für diese ansicht, die ich hier nicht verfolgen mag.
63) Bei Apollonios Rhodios ist Butes sohn des Teleon (wie er statt Ζελέων
gesagt haben soll, auf grund eines schreibfehlers oder einer umdeutung, Teigor
steht schon bei Eurip. Ion 1579) von Athen, er stürzt ins meer, als die Argo an
den Sireneninseln bei Neapel vorbeifährt, und Aphrodite rettet ihn nach Lilybaion.
dafs der Elymer Athener wird, ist wol eine nachwirkung des verhängnisvollen bünd-
nisses der beiden völker, und die Argo haben wol auch die korinthischen Syrs-
kusaner in ihre gewässer geführt. — über Butes vgl. jetzt Böhlau in den Bonner
Studien für Kekule. auch hier mag ich nicht tiefer eingehen.
64) So ist das auftreten des Aineias in Ainos, Aineia, auf Kreta und in Epirus
leicht erklärlich.
Sagen geschichtlichen inhalte. Herakles der gott. 33
Elymer zu bezwingen. sie beanspruchten den berg Eryx, weil ihr Herakles
seinen eponymos (einen Poseidonsohn, wie so viele frevler) im ringkampfe
überwunden hätte, als ihr erbe. das motiv des ringkampfes ist ein geborgtes,
von den dorischen Kyrenaeern ebenso in der Antaiossage verwandtes.
mit den in dieser sage ausgesprochenen rechtsansprüchen verlockten um
505 die seher einen spartiatischen königssohn Dorieus zu einem zuge
wider die Elymer. der zug mislang, Dorieus fiel, und niemals hat die
geschichte diese erfindung der begehrlichkeit zur wahrheit gemacht. nichts
desto weniger dauerte die sage, die nun einmal verbreitung gefunden
hatte, und Timaios, der die schliefslich malsgebende darstellung der west-
griechischen Heraklesabenteuer gegeben hat, reihte sie mit besonderen
hilfsmotiven in den rückzug von Erytheia ein.
Die weit überwiegende mehrzahl der Heraklessagen hat einen solchen
geschichtlichen sinn. sie sind leicht verständlich, sobald man die con-
creten verhältnisse erfassen kann, die sich in ihnen wiederspiegeln ; aber
auch wo das nicht mehr möglich ist, sieht man es einer Heraklestat bald
an, ob sie einen geschichtlichen inhalt hat oder nicht. nicht zu allen
öffnet dieser schlüssel das verständnis. im gegenteil, die sagen, in denen
Herakles nur der vertreter des Dorertums ist, fordern selbst als eine vor-
bedingung ihrer entstehung eine Heraklesgeschichte, in welcher er mehr
war. zunächst ist er in jeder einzelnen mit nichten ein vertreter des ganzen
Dorertums, sondern nur eines ganz bestimmten stammes, der Selinuntier,
Rhodier, Herakleoten. erst wir wenden uns an die übergeordnete gemein-
schaft, von welcher diese stämme alle nur teile sind, weil sie sich alle
denselben helden als mythischen vertreter gewählt haben. das könnten
sie nicht, wenn sie nicht an ihn geglaubt hätten, als sie noch eine ein-
heit waren: wir haben also den ursprünglichen Herakles in der zeit zu
suchen, wo das volk, von dem Thessaler Boeoter Dorer teile sind, noch
vereinigt war und tief in den bergen Makedoniens safs, und wir dürfen
sein ursprüngliches wesen nur aus dem erklären, was sich auf diese ur-
zeit zurückführen läfst und in allen diesen später erwachsenen sagen
vorausgesetzt wird. vorausgesetzt wird das tatenreiche leben eines helden,
denn jede neue geschichte sucht sich innerhalb eines älteren zusammen-
hanges ihren platz. aber es ist nur ein handelnder held, der vorausgesetzt
wird, zwar ein übergewaltiger und des höchsten gottes sohn, aber doch nur
ein mensch, der menschlich leidet und genielst. eben deshalb ist das wesen
des Herakles hiermit nicht erschöpft, denn Herakles ist ja auch ein gott.
Bei den stämmen die den Dorernamen mit stolz führen, würde es
freilich schwer halten, diesen gott aufzuweisen. in Sparta mahnt Tyrtaios
v. Wilamowitz I.
Herakles
der gott.
94 Der Herakles der sage.
den adel an sein heraklidisches blut, an der tafel des königs spendet
man regelmälsig dem ahnherrn“); aber_seine cultstätten_sind_ spärlich,
und im festkalender wülste ich_ihn nicht zu zeigen. noch weniger lälst
sich über das früh demokratisirte Argos sagen, trotz dem löwen von
Nemea und der hydra von Lerna. nur als stand hat sich der adel auf
Herakles zurückgeführt, die einzelnen geschlechter taten das nur ver-
einzelt (wie es in Athen keine besonderen nachkommen des Kekrops
Erechtheus Aigeus mehr gibt), und als die revolutionen den adelsstand
zurückdrängten, griff man zum teil auf die heroen der unterworfenen
älteren bevölkerung, die heroen Homers zurück, in Argos z. Ὁ. auf Diomedes,
oder erzeugte junge abstractionen, mochten diese schemen auch der lächer-
lichkeit verfallen wie ὅ Jıös Κόρινθος. Herakles ward somit lediglich
der held, der vorkämpfer des volkstumes, das man nicht verleugnete,
und das vorbild der mannestugend: als held erstritt er sich die göttlich-
keit. sein gefährte Telamon errichtet ihm als xaAAlvıxog einen altar,
als sie gemeinsam Ilios erobert haben: das ist die auffassung der Aegi-
neten; höher werten sie seine gottheit nicht mehr.
Kaum mehr erfolg hat es, wenn man in Boeotien nach cultstätten
des Herakles sucht), hier offenbart sich vielmehr mit überraschender
deutlichkeit, dafs er vielfach an die stelle anderer älterer personen ge-
treten ist, die in beinamen oder besonderen riten fortleben”), Theben
allein ist eine wahrhaft bedeutende cultstätte. das Tbeben, das in dieser
oder jener form die suprematie über Boeotien und dadurch eine großs-
65) Ion eleg. 2.
66) Weihungen gymnastischen inhaltes späterer zeit (z. b. Inser. Boeot. 2235,
2712) wird kein verständiger mitzählen. was den orchomenischen krieg angeht,
kann bestenfalls geschichte Thebens sein.
67) In Thespiai, dessen adel auf sein heraklidisches blut hielt (anm. 56), war
ein tempel (Paus. IX 27, 6. Inscer. Boeot. 1739 Ditt.) und entsprechend in den
dörfern des thespischen gebietes Kreusis (Paus. 32, 2), Siphai (Paus. 32, 4), Leuktra
(Inscr. Boeot. 1829). aber Pausanias verwundert sich mit grund über diesen cult,
dem eine jungfräuliche priesterin vorstand, und meint, er gelte einem andern
Herakles. ebenso beurteilt er den Herakles von Mykalessos (19, 5), der ein diener
der Demeter ist. in der tat scheint die lösung am besten, hier die übertragung
eines älteren cultes in verhältnismäfsig später zeit anzunehmen; dasselbe ist sicher
von dem heilgott Herakles in Hyettos (Paus. IX 24): das war ein eos darpds
wie in Lebadeia Oropos Aigosthena Rhamnus Athen Eleusis u. 8. w. in Koroncia
gibt es Ἡρακλῆς Παλαίμων (Inser. Boeot. 2874, Hesych, Lykophr. schol. 663,
Et. M Πολέμων», aus den ᾿Επικλήσεις): da ist der sohn der Ino, die als gattin des
Athamas in den see vor ihren schlosse gesprungen ist und nicht bis Megara lief,
zum beinamen des fremden degradirt. am Laphystion geht ein schlund in die
Herakles der gott. 35
machtstellung anstrebt, hat seinen Herakles als vertreter dieser ansprüche
und siege verherrlicht, wie das namentlich die bundesmünzen Boeotiens
zeigen. in Theben_gibt es ein Heraklesfest; es ist aber vielleicht mit
den Iolaien identisch. in Theben steht ‘der tempel des gottes Herakles
neben dem geburtshause des heros und den erinnerungsstätten der seinen.
das entspricht auf das beste dem glauben des Thebaners Pindaros, der
dem gotte und dem heros gleiches verständnis und gleiche liebe gewidmet
hat. allein das haus des gottes erwähnt dieser nicht; wir vermögen nicht
zu sagen, dals es älter wäre als der uns allein bekannte bau_des vierten _
Jahrhunderts, also eben der zeit, wo jene mit Herakles verbundene politik”
“ihre schönsten triumphe feierte. vor allem aber, wie eng oder weit man"
Thebens mauern ziehe: sämmtliche Heraklesstätten liegen vor ihnen.
wenn irgendwo, so ist es gerade in Theben sinnfällig, dafs dieser gott
und dieser heros ein zuwanderer ist, gebracht von einem volke, das sich
vor den mauern der burg des Kadmos und Amphion angesiedelt hat,
diese stätte für den ausgangspunkt der Heraklesreligion anzusehn, wie
es nicht mit naiver, sondern mit verstockter ignorirung der topographie
und epigraphik gewagt worden ist, schlägt nicht nur den zeugnissen des
altertums ins gesicht, sondern führt gerades weges zu dem schlechthin
absurden. den thebanischen Herakles hat man wol für einen herauf-
gekommenen menschen gehalten, und das ist zwar verkehrt, aber doch
an sich denkbar: ihn zu einem denaturirten gotte zu machen widerspricht
den Thebanern (sie haben nicht einmal die priorität für ihren cult be-
hauptet), dem thebanischen cultus, der religion Pindars und ist über-
haupt eine ausgeburt widergeschichtlicher geschichtsmacherei und religions-
loser ‘mythologie'.
Nein, wenn es denn wahr ist, was so viele als ein axiom betrachten,
dals die heroen denaturirte götter seien, so fordert unerbittliche logik,
in He ἱ iell einen athenischen gott zu sehen.
e überlieferung des altertumes und die zeugnisse des cultes stimmen
zu einander und sind ganz unzweideutig. nur Marathon und daneben
das von Chalkidiern gegründete Leontinoi®) haben so vornehme und alte
unterwelt; danach heifst der berg. natürlich erzählten die Boeoter dort von dem
Kerberosabenteuer, und man verehrte einen Hoaxir7s Χάροψ (Paus. 34, 4): aber
an die höllenpforte gehört der daemon, den wir mit anderem muffixe Χάρων zu
nennen pflegen. Herakles ist auch hier erst hinzugetreten.
68) Diodor IV 24. er nennt seine vaterstadt 4yöpso» besonders und fügt ohne
zweifel eigenes ein. aber sie liegt im Δεοντῖνον πεδέον, wie er selbst hervorhebt,
und hat ihren cult doch nur von den griechischen herren desselben. auch ist eine
3 4
N
heiligtum_des gottes Herakles“°); welche
36 Der Herakles der sage.
Heraklestempel, dafs sie den anspruch erheben können, mit seiner gött-
lichen verehrung begonnen zu haben. t jedes dorf hat in Attika sein
rem zum Peloponnes und
Boeotien. nirgend bei den Dorern, gewöhnlich bei den Athenern ist
Herakles schwurzeuge, sowol in feierlichen formeln wie im gewöhnlichen
leben. und wiederum: die Dorer als Dorer stammen von Herakles, die
Boeoter haben ihn als ihren himmlischen vertreter, so wie Athena ihre
stadt vertritt: in Athen ist Herakles allezeit ein fremdling gewesen. hie
der gott, dort der heros, das ist der gegensatz, den es zu begreifen und
zu erklären gilt. der gegensatz ist notorisch, mögen ihm die auch ihre
augen verschliefsen, die den Herakles einen althellenischen gott nennen,
obwol er ein eindringling im Homer ist, oder einen boeotischen, obwol
ihn die Boeoter weder als gott noch als Boeoter beanspruchen.
Die sagen des streitbaren Dorerhelden, so weit sie geschichtlichen
gehaltes sind, haben wir kennen gelernt: er gieng die Athener und Chal-
kidier nichts an, die höchstens unter den schlägen seines armes gelitten
hatten. aber eben dadurch erfuhren sie, wie gewaltig seine macht war,
nicht die eines menschen, der längst ab und tot war, sondern eines gegen-
wärtig und überirdisch, also göttlich wirkenden. nach der huld und nach
dem beistande dieser macht verlangten sie. geht es denn überhaupt
anders zu, wenn jemand an einen fremden gott glauben lernt, als dafs
er seiner macht inne wird und sich seiner gunst versichern will? freilich
muls dann etwas lebendiges, wirkendes in dem gotte sein, etwas all-
gemein, absolut göttliches. von wem auch immer man bloß weils, dafs
er früher einmal gewirkt hat, der ist ab und tot, gott oder mensch:
wozu sollte man ihm huldigen? eine göttliche person ist der exponent
für die göttlichen wirkungen, die der glaube empfindet. will man wissen,
was an ihm ist, mus man diese betrachten. was das allgemein göttliche
in Herakles war, lernen wir nur so, dals wir zusehen, was der Athener
von Herakles glaubte und erflehte. Ἡράκλεις ruft er, wenn ihm bei
irgend etwas nicht geheuer ist; der ausruf ist sehr abgeschwächt, es ist
wendung wie νομέσας ἤδη τε λαμβάνειν τῆς ddavaolas τοῦ ἄϑλον δεκάτου Telov-
μένου nur unter voraussetzungen denkbar, welche nicht Diodors erzählung gibt,
sondern z. b. die apollodorische bibliothek. also er contaminirt, wie so oft. der
text, dem er seine localpatriotischen zusätze beifügt, ist Timaios, der den Herakles-
cult von Leontinoi angegeben haben wird.
69) Die attische kleruchie Eretris feierte Heraklesspiele, doeh wol in fort-
setzung des cultes der freien Eretrier. vaseninschrift Πρακτικά 90, 95 Ἐρετριᾶϑεν
ἄϑλον παρ᾽ Ἡρακλέος.
Herakles der gott. 87
ein milder “fluch’, wie unsere blasphemische weise zu reden ist. aber zu
grunde liegt doch eine angstempfindung. das schutzbedürfnis dessen der
sich fürchtet und hilfe braucht ruft den furchtlosen rettenden geist.
ἀλεξίκαχος ist das beiwort, welches das wirken bezeichnet, das der
Athener von Herakles erwartet; xaAAlvıxoc ist das beiwort, in welchem
er seine göttliche verklärung ausspricht. ὁ τοῦ Διὸς παῖς χαλλίνιχος
Ἡρακλῆς ἐνθάδε κατοιχεῖ᾽ μηδὲν εἰσίτω xaxdy schreibt der Athener
auf seine schwelle: damit ist alles wesentliche gesagt”).
Der höchste gott im himmel hat einen sohn, der allezeit bereit ist
den menschen hilfreich beizuspringen, und der die kraft hat aus jeder
not und gefährde zu erretten. das ist der glaube des Atheners. “ Zeus
hat den Herakles erzeugt, auf dafs den menschen und göttern ein schirm
wider jegliches unheil erwüchse, ὥς da ϑεοῖσιν ἀνδράσι τ᾽ ἀλφηστῇσιν
ἀρῆς ἀλκτῆρα Qvreücaı”: so redet ein hesiodisches gedicht (die Eoee
vor dem Schilde 27), und dem dichter ist bewulst, dafs der sohn mit
dieser tätigkeit im geiste und wesen des vaters wirkt, denn er spielt mit
bedacht auf das an, was der alte Hesiodos selbst zu Zeus sagen liels
ἀϊκτὴρ δ ἀϑανάτοισιν ἀρῆς γένεο χρυεροῖο (Theogon. 657). und dafs
zum dritten ein zeugnis des cultes nicht fehle: auf Kos verehrt man als
gatten Hebas, d.h. als verklärt zu ewiger jugend, gott geworden, den
Heaxins “4λεξις d.i. dieSlxaxoc"). da haben wir, was die verbindung
zwischen dem gotte der Athener und dem heroischen ahnherrn und vor-
kämpfer der Boeoter und Dorer gibt: Καλλέίνικος, ἀλεξίκαχος, der in
jedem kampfe sieger blieb und nun in jeder not helfen kann. das ist
Herakles. er ist leicht zu fassen, sollte man meinen, und wahrlich, kein
Olympier läfst sich so kurz analysiren. es ist auch ohne weiteres klar,
dals diese gestalt von zwei seiten erfasst werden kann. wer an den jetzt
vom himmel her waltenden denkt, mag sein irdisches leben vergessen; wer
den blick auf die taten und leiden richtet, die dem menschen Herakles
70) Dafs dieser wie jeder gott auch die universale potenz einschliefst, die im
gottesbegriff an sich liegt, also subjectiver glaube seine gegenwart bei einer belie-
bigen gelegenheit empfinden kann, die nicht in seinem gewöhnlichen machtbereiche
liegt, ist eigentlich selbstverständlich. dem Sophokles erscheint er im traume und
sagt ihm, wo eine verlorene silberne schale Athenas verborgen ist: zum danke wird
eine capelle des Ἡρακλῆς μηνυτής errichtet. das ist nicht für Herakles bezeichnend,
sondern höchstens für den der also träumte. die weitere entwickelung eines gött-
lichen wesens mag hierhin oder dahin gehen, das accessorische mag schliefslich über-
wiegende wichtigkeit erlangen: für die erfassung der alten echten religion kommt
zur der kern in betracht.
71) Aristides 5, p. 60. Cornut. 31.
38 Der Herakles der sage.
die göttlichkeit erworben haben, der mag ihm lieber nachleben und nach-
streben und den verklärten der verdienten seligkeit geniefsen lassen.
eins aber fordern beide vorstellungen, auf dals sie sich vereinigen lassen:
ein irdisches leben sowol wie eine ewige verklärung des Herakles. er
würde jetzt vom hohen himmel herab nicht in jeder gefährde unerschrocken
und unüberwindlich eingreifen, wenn er nicht einst selbst in jeder ge-
fährde unerschrockenheit und unüberwindlichkeit bewährt hätte. jetzt
ist er gott, denn also wirkt er: aber er mul mensch gewesen sein.
„Grund- Mensch gewesen, gott geworden; mühen erduldet, himmel erworben:
der omtalt das ist das wesentliche an dem Herakles, den die Hellenen, alle Hellenen,
geglaubt haben. weder den menschen noch den gott kann entbehren,
wer auch nur ihren ersten keim recht erfassen will, wer aber soviel be-
griffen hat, der ist jede deutung los, die nur eine seite des doppelwesens
betont. keinesweges blofßs, weil die Herakliden den gott in ihrem ahn
fast aufgegeben haben (obwol auch das genügt), ist die modern am
meisten verbreitete lehre falsch, die in Herakles einen gott sieht, also in
allen seinen irdischen taten zusätze oder misdeutungen. billig ist es ge-
wils, sie alle in elementare vorgänge umzusetzen, auf dals je nach be-
lieben feuer oder wasser, gewittergott, lichtgott, jahrgott immer wieder
hervorspringe. die alten Stoiker, deren methode seltsamerweise bei den
heutigen mythologen gleichzeitig herrscht und in miscredit ist, haben diese
billigen künste schon genug geübt. aber wahrheit ist so billig nicht zu
haben. welche kolossale überhebung liegt darin, den alten Hellenen
ihren glauben an einen zum gotte erhobenen menschen schlankweg um-
zudrehen und sie zu bedeuten: ihr habt an einen zum menschen herunter-
gekommenen gott geglaubt. wer das verständnis eines gottes bei denen
sucht, die an den gott geglaubt haben, wird vielmehr finden, dals eine
solche ansicht nichts beweise als ihre eigene verkehrtheit. die entgegen-
gesetzte auffassung, die ebenfalls im altertume ihre vertreter gehabt hat
und heute noch bekenner zählt, selbst über die kreise hinaus, die unsere
schulbücher machen und für den königssohn Herakles eine jahreszahl
haben (mit fug und recht, so lange Abraham eine hat), ist der rationalis-
mus in seinen verschiedenen spielarten, und die ehrlichkeit zwingt mir
das zugeständnis ab, ich wülste den nicht zu widerlegen, der also argu-
mentirte: es habe einmal ein mensch gelebt, der sich durch die abwehr
von wilden tieren und menschen vor seinen stammesgenossen so sehr
hervortat, dafs sie ihn für überirdischer herkunft hielten, nach seinem
tode als gott verehrten und demgemäls durch gebet und opfer sich ge-
neigt zu machen suchten. zu dem zugeständnis könnte man den vertreter
Grundbedeutung der gestalt. 39
dieser ansicht schon bringen, dafs weder der name Herakles noch irgend
eine der überlieferten Heraklestaten geschichtlich wäre (obwol das mit
der bezwingung des löwen schwierig sein würde): aber das würde ihn
aus seiner entscheidenden position nicht herausschlagen. immer könnte
er sagen, ja, warum sollte es solchen menschen nicht gegeben haben, an
den sich die sagen und die verehrung geknüpft hätten? da gibt es nur
die gegenfrage, warum soll es solchen menschen gegeben haben? wenn
ihm weder der name noch die taten gehören, ist er nicht ein messer ohne
schaft und klinge? aber mit solcher frage überwindet man den rationalis-
mus nicht, das tut man erst, wenn man ihm seine letzte position lälst,
gut; gesetzt, solch ein mensch hat gelebt, was erklärt man damit? doch
höchstens das, was dem dorischen volke in den klüften des Pindos den
anstols gegeben hat, die Heraklessage zu dichten. diese selbst bleibt eine
freie dichtung so oder so. jenes individuum ist wie sein name dahin,
verweht, vergessen: der Herakles der sage hat sein eignes ewiges leben,
und nur ihn gilt es zu erfassen. eine moderne analogie wird das ver-
hältnis aufklären. es hat ein Dr. Johannes Faust wirklich gelebt, er ist
eine geschichtlich sehr wol controllirbare person: aber für die Faustsage,
welche die welt beherrscht, ist er ganz gleichgiltig, und er hat ihrem träger
weder den namen noch den inhalt gegeben, beide sind vielmehr über 1000
jahre älter. der Faust, der den conflict zwischen den zielen, den τέλη, des
menschlichen strebens verkörpert, glücklich sein, weise sein, gut sein, hat
mit dem dunklen ehrenmann, oder vielmehr dem obscuren lumpen Dr. Faust
nichts zu tun, dessen geburt und tod in den acten aufgestöbert wird.
der Faust von fleisch und bein ist gar nicht der wirkliche Faust: der
ist vielmehr eine conception der volksphantasie, ein sohn derselben mutter,
die in den schluchten des Pindos vom göttlichen geiste den Herakles em-
pfangen hat, wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen.
diese antwort hat in harmonie mit der empfindung seines volkes unser
dichter auf die frage gegeben, welche die Faustsage stellt. das glück
das im genusse liegt, ist des teufels; das glück das in irdischer weisheit
liegt, führt zum teufel: nur die ergebung in die gesetze gottes, der glaube,
kann den menschen in die ewige seligkeit führen: so hatte die alte
antwort gelautet, nicht nur zu Luthers zeiten, sondern schon zu denen
des Clemens Romanus. dieser glaube bat sich in der geschichte vom
-Faustus verkörpert, der glaube an die eingeborene schlechtigkeit der
menschennatur, welcher als rückschlag gegen das Hellenentum eben aus
diesem hervorgehen mußte, als es dem tode verfallen war. wir haben
jetzt diesen peesimismus überwunden: unsere heiligste überzeugung duldet
40 Der Herakles der sage.
nicht mehr, dafs Faust der hölle verfällt. doch was wir selbst empfinden,
gehört nicht her: die übermenschliche gröfse der Faustsage, ihre sittliche
bedeutung als verkörperung einer ganzen erhabenen weltanschauung
leuchtet ein, ganz abgesehen davon, ob wir diese weltanschauung teilen.
so gewaltig ist diese sage, dafs der gröfste dichter vergeblich ein langes
leben danach gerungen hat, ihr aus eigner kraft einen neuen abschluls
zu geben, der der veränderten sittlichen überzeugung genug täte: jeder
ehrliche mensch mufs zugestehn, dafs Goethes Faust inhaltlich in ebenso
kümmerlicher weise durch einen deus ex machina abgeschlossen wird
wie nur irgend ein euripideisches drama. aber die Faustsage ist der
beste commentar zur Heraklessage. Faust ist das widerspiel des Herakles,
denn dieser verkörpert die weltanschauung, welche das christentum ab-
löst mehr als überwindet, denn auch in seinem gegensatze zeigt es seine
zugehörigkeit zu der hellenischen cultur; Faustus oder sein lehrer Simon
ist in der altchristlichen sage der vertreter der hellenischen cultur, die
nur irdisches ‘glück’, aber ewigen tod bringt. darum hat er Helene zur
gattin, die Helene des Stesichoros.
Diese analogie habe ich mit so vielen worten vorgeführt, weil con-
ceptionen der volksphantasie, wie die Heraklessage eine ist, bei den
Hellenen so gar oft verkannt und in falsche kategorieen eingepresst
werden. sie sind dichtungen, die den tiefsten gefühlen und gedanken einer
noch völlig sinnlichen reflexion gestalt verleihen. die zeit, die abstract
zu denken nicht vermag, bewältigt die ewigen probleme in ihrer weise,
sie schaflt gestalten; sie wird sich zuerst bewulst gewesen sein, dals sie
sie schuf. bald aber gieng es ihr, wie es uns allen geht, sie geriet in
die gewalt der creaturen die sie machte zu anfang war Herakles ein
paradigmatisches wesen, bestimmt das sittliche ideal der zeit zu verkörpern
und die lehren ihrer sittlichkeit zu verkünden. aber weil er das tat,
weil dieses ideal jenen menschen eine realität war, wie gott eine ist, 80
war er gott und ward er gott. es war eine bestimmte concrete menschen-
gesellschaft, die vorfahren der Dorer, die jenes ideal bekannten und die
Heraklessage dichteten. ist es nicht natürlich, dafs ihnen mehr an der
dichtung gelegen hat als an dem erzeugnis derselben, dem Herakles im
himmel, während die Athener, mit dem glauben an diesen eher als mit
der sage vertraut geworden, beide demgemäls gewertet haben ?
Die Alteste Versuchen wir uns nun jener dorischen weltanschauung zu be-
ἘΣ meistern, welche sich in der Heraklessage verkörpert hat, und zwar
zunächst in der abstracten form, die dem modernen verständlicher ist
als die bildlichkeit, obwol man trotz allem umformen und bessern an
Die älteste sage. 41
den eigenen worten sicher sein kann, hier zu viel, dort zu wenig zu sagen.
denn es gibt dinge, für welche die abstracte sprache zu arm ist, wo nur
das bild genügt, wo nicht die wissenschaft reden kann, sondern nur
die poesie.
Die Heraklessage spricht zu dem dorischen manne: nur für ihn ist
ale das evangelium; sie kennt keine menschen außer ihm, sondern nur
knechte und bösewichter. also spricht sie: “du bist gut geboren und
kannst das gute, so du nur willst. auf deiner eignen kraft stehst du,
kein gott und kein mensch nimmt dir ab, was du zu tun hast. aber
deine kraft genügt zum siege, wenn du sie gebrauchst. du willst leben:
so wirke. leben ist arbeit, unausgesetzte arbeit, nicht arbeit für dich, wie
der egoismus sie tut, noch arbeit für andere, wie der negative egoismus,
die asketische selbstaufopferung, sie tut, sondern schlechtweg zu leisten
jeden tag, was immer man kann, weil man es kann und weil es zu leisten
ist. du sollst eben tun wozu du da bist. und du bist aus göttlichem
samen entsprossen und sollst mitarbeiten das reich deines gottes auf-
zurichten und zu verteidigen. wo immer ein böser feind dieses reiches
sich zeigt, stracks geh auf ihn los und schlag ihn nieder ohne zagen;
mit welchen schreckbildern er dich grauen machen, mit welchem zauber
er dich verführen will, packe kräftig zu und halte fest: wenn du dich
nicht fürchtest, wird der sieg dein sein. eitel mühe und arbeit wird
dein leben sein: aber der köstlichste lohn ist dir gewils. du mulst nur
nicht die breite heerstrafse wandeln, wie die feige masse die von der
erde stammt, an der erde klebt: den schmalen pfad mufst du gehen, so
wahr du göttlichen samens bist, und dann vorwärts, aufwärts. droben
winkt dir die himmelspforte, und wenn du anpochest, dann bereiten dir
die seligen bimmelsherrn einen platz auf ihren bänken und bieten dir
zum willkomm die schale, in der der himmelstrank des ewigen lebens
schäumt. für die ἀρετή, manneskraft und ehre, bist du geboren: sie
sollst du erwerben. feil ist sie nur um das leben: aber wer diesen preis
einsetzt, hat sich das ewige leben gewonnen.”
Ein volk das diesen glauben im herzen hat, ist jugendfrisch und
jugendstark. wenn Michel Angelos Adam aufgesprungen sein wird und
eignes blut in seinen adern spüren wird, dann wird er also empfinden. der
mann, der dieses selbstvertrauen im busen hat, wird unwiderstehlich sein
— vor seinem anblick würde Faust auch in den staub sinken, und doch
würde er in ihm seinen bruder erkennen, dem das evangelium der tat noch
nicht verkümmert ist. nicht mit dem kümmerlichen stecken der pflicht,
der in jede hand gleich gut palst, wird er die flache heerstralse des lebens
42 Der Herakles der sage.
hinab ziehen, einer unter vielen, null unter nullen, niemand zu schaden,
niemand zu frommen, sondern die keule wird er sich brechen, die kein
anderer heben kann, und in den wilden wald sich stürzen, zu bezwingen
die drachen und löwen, zu überwinden tod und teufel: der ehre gehorchend,
die ihm im busen wohnt, und deren gebote ihm allein gelten, weil er allein
sie erfüllen kann. ein freier mann wird er sein, das haupt vor niemandem
beugend und die sclavenseelen verachtend: aber seine kraft wird er ein-
stellen in den dienst des allgemeinen, in den dienst der gesittung und
des rechtes, in den dienst gottes, auch dies nicht als knecht, sondern
als der sohn, an dem der vater ein wolgefallen hat. und so sind sie
hervorgetreten aus ihren wäldern, die jugendfrohen Heraklessöhne, und
haben sich mit kräftigen schlägen die besten plätze am tische des hel-
lenischen lebens genommen. als wir sie kennen lernen, ist die schöne
jugendfrische zeit vorüber; die ehre, der sie als höchster sittlichkeits-
norm nachleben, beginnt schon die conventionelle standesehre zu werden,
der eingeborne adel zu dem gemeinen adel, in welchem ἀρετὴ πατέρων
die eigene ἀρετή ersetzt, und der selbstherrliche mann geht selten mehr
den schmalen pfad, fordert vielmehr den vortritt auf dem breiten wege
zu gütern und genüssen. die schatten sind tief geworden; es verletzt
den beschauenden, dafs dieser glaube für das weib keine stätte hat, dafs
die seelenkräfte nur nach der seite des willens, nicht nach der des ver-
standes ausgebildet werden: aber die alten züge trägt auch jetzt noch
das volk, und der alte adel verleugnet sich nicht in ihnen. das reine
Hellenentum, das Homer und Sappho, Archilochos und Solon, Herakleitos
und Xenophanes hervorgebracht hat, ist ein anderes, reicheres, weiterhin
wirkendes, menschlicheres, die mahnungen an ϑνητὰ φρονεῖν, γνῶϑε
σαυτόν, καιρὸν ὅρα, φιλοκαλεῖν μετ᾽ εὐτελείας χαὶ φιλοσοφεῖν ἄνευ
μαλακίας sind wahrlich dem herakleischen wesen sowol fremd wie über-
legen: aber die kraft und erhabenheit des Heraklesglaubens wird von
keiner einzelnen manifestation des hellenischen geistes erreicht. man er-
milst den unversöhnlichen gegensatz der stämme am besten, wenn man
den Dorer Herakles zwischen den helden der Ilias oder den göttern
des Olympos erblickt. das Ionertum, elastisch aber nervös, feurig aber
scheu, klug und seelenvoll, aber eitel und trotzig: ein edles rofs neben
dem dorischen stier, dessen wuchtiger nacken jedes joch zerbrach, dessen
auge nur dem verzärtelten stadtmenschen blöde oder rasend blickt, weil
er treuherzigkeit und stolz nicht versteht. auch der stier ist ein edles
tier, dauerbar und unwiderstehlich und besonders gern zeigen sich grofse
götter, Jahwe und Dionysos z. b., in seiner gestalt. aber stier und rols
Die älteste sage. 43
soll man nicht zusammenspannen. das war das verhängnis des Griechen-
volks. Ioner und Dorer konnten keinen staat bilden. und doch, zu
einem haben sie mitgewirkt, zu der höchsten, der attischen cultur. und
deren edelste blüte, die sokratische philosophie hat eine ihrer wurzeln
auch in dem Heraklesglauben: auch sie bekennt in stolzer zuversicht,
dafs der mensch gut ist, dafs er kann was er will, und dafs er wirken
soll im dienste des allgemeinen sein leben lang, ein leben, das in seinen
mühen und seiner arbeit zugleich seinen lohn hat. und an dem dufte
dieser blüte stärkt auch heute noch der culturmüde mensch seinen mut,
in der entgotteten welt zu leben und zu wirken.
Diese sätze mögen den vorwurf verdienen, das versprechen abstracter
behandlung schlecht gehalten zu haben, und sie werden dem schicksale
nicht entgehen, verspottet und verlacht zu werden. diesem schicksal
muls der den mut haben die stirn zu bieten, der den inhalt einer reli-
giösen idee darlegen will. denn das ist schlechterdings nicht möglich,
wenn man nicht empfindung hat und empfindung wecken will. vom
heiligen soll man nur aus dem herzen zum herzen reden. wer nicht
empfindet, dem muls solches reden torheit scheinen, und dem gemäfs
wird er urteilen und verurteilen. weit schmerzlicher als fremder hohn ist
das eigene gefühl der unzulänglichkeit gegenüber dem schlichten aber
lebendigen bilde, das der alte glaube sich geschaffen hat, ohne irgend
etwas von den moralischen und metaphysischen abstractionen zu ver-
stehn. und gienge es nur an, dieses älteste bild in einigermalsen festen
strichen zu umreifsen und wenigstens die grundfarben herzustellen, gern
würde man sich darauf beschränken, es allein wirken zu lassen; es be-
dürfte dann keiner langen reden für die, welche poesie zu empfinden
im stande sind, andere aber überzeugt man doch niemals. allein nur
einzelne züge gelingt es der ursage zuzuweisen, weil sie zugleich mit der
religiösen conception gegeben sind, oder aber als stamm aus den vielen
ähnlichen sprossen zu erkennen sind, die sich in späterer zeit bei den
verschiedenen Heraklesverehrern finden; und selbst von diesen geschichten
läfst sich nur das farblose motiv in die urzeit zurückführen, keine der
einzelnen lebensvollen darstellungen. endlich fehlt überhaupt eine an-
schauung jener primitiven dorischen cultur, so dafs selbst der versuch
einer nachdichtung ausgeschlossen ist.
Für uralt mufs gelten die abstammung von dem höchsten gotte.
das ist nicht viel; dıoyeveis sind die adlichen alle im gegensatze zu den
γηγενεῖς, die nur knecht sein oder als feind erschlagen werden können.
der unterschied ist nur, dafs die nachkommen des Herakles, d. h, seine
44 Der Herakles der sage.
ursprünglichen verehrer, an dem göttlichen blute durch ihn teil haben,
er aber unmittelbar. eine adliche mutter mufls er auch gehabt haben
und in einem geschlechtsverbande muls er gestanden haben. das gibt
einen anhalt für verschiedene bedeutende geschichten, ist aber nichts
wesentliches, denn nur im geschlechtsverbande kann sich die älteste
zeit den vollwichtigen mann denken’*), im wesen des helden liegt, dafs
er alles was er tut durch eigene kraft leiste. von seinen taten hat
sich natürlich sein volk in den schluchten des Pindos auch schon vielerlei
erzählt, was den späteren geschichtlichen sagen analog gewesen ist; das
konnte sich unter veränderten geschichtlichen umgebungen nicht erhalten,
war aber auch für die Heraklesreligion nicht von wesenhafter bedeutung.
in diesen sagen ist der held bogenschütze gewesen, weil sein volk damals
noch diese waffe bevorzugte. die alte sitte hat sich in geschichtlicher
zeit nur bei den kretischen Dorern gehalten; aber Herakles blieb ein
schütze, trotzdem der dorische adel die hellenische verachtung der waffe
nicht nur annahm, sondern besonders stark ausbildete. von den kämpfen
gehört zum allerältesten bestande der löwenkampf, der immer der erste
geblieben ist, an verschiedenen orten erscheint, und geglaubt sein muß,
ehe die einwanderer die althellenischen landstriche betraten, in ‘den
es keine löwen mehr gab, wenn sie je da gewesen waren”). ferner ge-
—
72) Vgl. über diese rechtsverhältnisse Herm. XXII 236ff. die einsicht in
dieselben ist eine unerläfsliche vorbedingung für das verständnis der sage, da sie
in ihr vorausgesetzt werden. E. Meyers bedeutendes werk ist der deutliche beweis
dafür, dafs ihre vernachlässigung die ganze entwickelung des griechischen staates
auf ein falsches fundament stellt.
73) Furtwängler (Arch. Zeit. 1883, 159) hat die löwen, deren existenz in
Griechenland Herodot leugnet, als bewohner des Peloponneses in alter zeit angenommen,
wenn ich ihn richtig verstehe, mindestens bis in das 8. jahrhundert. sein grund
ist die darstellung von löwenjagden auf mykenäischen schwertern, auf dem proto-
korinthischen gefäßse, das er publieirt, und bei Homer. aber Homer beweist für
Hellas gar nichts, sondern für Asien, und es ist vielmehr für die herrschaft des
epos ein neuer beleg, dals die tierkämpfe, welche in ihm verherrlicht sind, auch in
gegenden dargestellt werden, wo sie dem leben fremd sind. wäre dem nicht so, so
müfsten die künstler doch die ungleich häufigeren tierkämpfe schildern, welche
notorisch in Hellas den hirten drohten. wo sind die bären? die gab es doch im
“Bärenland’ Arkadien? und gar die wölfe: noch Solon hat um sie auszurotten jagd-
prämien ausgesetzt. und ferner mülste die sage doch wol löwen in Hellas kennen.
aber es gibt nur einen, den des Herakles, denn der des Kithairon ist von dem von
Nemea nicht verschieden: die Boeoter und Megarer haben nur das hauptabenteuer
des helden den Argeiern nicht abgetreten. aufser ihm kenne ich nur noch den
löwen von Keos: der liegt noch da, in lebenden fels gemeifselt, es war vermutlich
eine felskuppe gewesen, in der die volksphantasie einen löwen sah, und der die
Die älteste sage. 45
hört die überwindung der γηγενεῖς durch den διογενής zum wesen der
sage; aber diese gibt eben niemals etwas anderes als ganz concrete bilder.
zu jeder zeit und an jedem orte hat sie den bösewichtern und ungeheuern
die gestalten gegeben, die in ihrer phantasie gerade lebten. was für
vorstellungen von riesen und teuflischen mischwesen in der phantasie
der ältesten Dorer lebten (man bedenke die scheusale der hellenischen
inselsteine), welche geschichtlichen gegensätze den oben behandelten histo-
rischen sagen analog den feinden des Herakles ihre farben gaben, das
vermag niemand zu sagen. die spätere entwickelung bewegt sich, selbst
wenn sie keine neue historisirung vornimmt, in zwei wegen. sie läfst dem
Herakles bald einen einzelnen gegner entgegentreten, bald eine gleich-
artige vielheit. neben Triton Typhon Geryones Halkyoneus Kakos”‘)
stehen Kentauren Dryoper Giganten, und wenn Halkyoneus einer der
Giganten wird und so das einzelabenteuer eine episode des grolsen
kampfes, so steht der Kentauromachie ebenbürtig in den aetolischen und
achaeischen sagen ein Kentaur, Nessos’”) oder Dexamenos. altertümlicher
u
kunst nachgeholfen hat. vgl. de Eurip. Heraclid. 8. dieser löwe ist ein wunder-
wesen, er scheucht die nymphen selbst: also zu den gewöhnlichen waldbewohnern
gehört er nicht. der nemeische ist aus dem monde gekommen: also gab es auf erden
keine andern im gesichtakreis der Argeier. der lesbische löwe (schol. Theokrit. 13, 6)
ist vielleicht dem keischen verwandt. denn dieser scheucht die Bopzoas (Boeioaı),
die nymphen, und dieser name kehrt nur auf Lesbos wieder, wo Beroa liegt und
«Iıdrvoos Βρησεύς Βοεισεύς zu hause ist.
74) Die drei letzten sind wol differenziirungen derselben urform. auf den
namen Kakos ist kein verlafs; aber die an ihn geknüpfte chalkidisch-campanische
sage ist wol eher eine parallele als eine nachbildung der Geryonessage gewesen,
doeh nur in dem sinne, dafs Geryones bereits ein blofser riese war. ursprünglich
ist er der herr des totenreiches gewesen, und züge, die nur unter dieser voraus-
setzung verständlich sind, haben sich bis in die späte mythographische vulgata
erhalten.
75) Sehr bezeichnend ist dafür die gewaltige attische grabvase mit Herakles
und Net(t)os, Ant. Denkm. I 57, wo Neseos einfach d Aöyravpos, der gegner des
Herakles, aber nicht der räuber Deianeiras ist. beiläufig, man sollte sich nicht ge-
wöhnen Netos umzuschreiben (so wenig wie Kitylos, bruder des Dermys von Tanagra,
‘oder Katandra): das einfache t bezeichnet den laut, der dem attisch-boeotischen
eigentümlich ist und sonstigem doppeltem s entspricht. sehr merkwürdig aber ist,
dafs der Kentaur einen eigennamen führt, der zugleich der eines schon dem Hesiodos
(Theog. 341) bekannten fiusses ist und der Aurn Νεσσωνές in Thessalien ihren
namen gegeben hat. in der geschichte von Deianeira ist Nessos ganz offenbar eigent-
lich der flufsgott und somit von dem freier Acheloos nicht verschieden. man sieht
recht deutlich, wie der ionische epiker die alten motive auch hier unverstanden
verwirrt hat, und wie andererseits die mischbildungen in ältester zeit durcheinander
giengen, der rolsmensch und der βούπρῳφρος Axelıpos.
46 Der Herakles der sage.
scheint wol der einzelkampf; aber beide formen werden immer neben
einander bestanden haben, da wir doch die älteste sage nicht in einer
festen form denken dürfen. als besonders bedeutsam hebt sich aus dieser
gruppe ein kampf hervor, den der heros als bundesgenosse der götter
oder seines himmlischen vaters mit den feinden des göttlichen regimentes
ausficht, dem einen Typhon oder den Giganten. dafs die guten himmels-
, götter mit finsteren irdischen gewalten streiten, ist eine vorstellung, die
bei den Indogermanen so weit verbreitet ist, dafs wir sie, ohne über die
besondere form irgend etwas auszusagen, auch den ältesten Dorern nicht
absprechen dürfen: und da ergibt sich die teilnahme des göttersohnes,
der sich die göttlichkeit erwirbt, eigentlich von selbst. endlich mufs der
held den tod überwinden und in den himmel eingehen, beides in mög-
lichst sinnlicher form, der herr des todes mag in dem erdinnern hausen
als ein gräfslicher hund, oder in den schlüften des meeres mit all den
schauerlichen künsten des dem landbewohner doppelt unheimlichen ele-
mentes; er wird gern gedacht als der besitzer ungeheurer schätze, die
sich die volksphantasie immer gern im erdinnern und am meeresboden
denkt. sie erscheinen bald den lebensverhältnissen der alten zeit ent-
sprechend als ungezählte rinderherden, bald in dem symbole des füll-
hornes mytbisch verkörpert‘‘). indem der überwinder des todes sich seiner
schätze bemächtigt, erwirbt er sich zugleich für den naivsten sinn die
ewige seligkeit. aber wol schon der ältesten sage wird die daneben
hergehende erzählung angehören, nach der der held selbst in den götter-
garten zieht und die äpfel der unsterblichkeit bricht, in jedem falle ist
so sein leben beendet: den irdischen tod schließt die ganze dichtung
ihrem wesen nach aus. und er ist auch nicht gestorben: nirgend hat
ein grab des Herakles bestanden. wer diese eine tatsache zu begreifen
versteht, namentlich im hinblick auf die formen des hellenischen cultus,
der weils, dafs Herakles unmöglich ein blofser heros gewesen sein kann,
geschweige denn ein mensch. andererseits ist die ganze reihe seiner taten
eine absurdität, wenn er ein unsterblicher ist. mit dem tode ficht kein
gott, denn ihn ficht der tod nicht an.
76) Acheloos mufs dem Herakles das füllhorn geben, vgl. oben s. 23, anm. 45.
der preis des Tritonkampfes ist derselbe. wenn Theseus in das meer taucht um
sich von Amphitrite den kranz zu holen, der jetzt in den sternen der himmlischen
krone stralt, so ist das, wenn nicht übertragung, so doch inhaltlich das nämliche.
eine hochaltertümliche variante ist es, dafs Herakles in den schlund eines see-
ungeheuers hineinsteigt: den schlund des todes. das mag mitgewirkt haben bei dem
troischen kampfe für Hesione, obwohl diese rhodische geschichte im wesentlichen
übertragung von Perseus ist.
Die sage auf hellenischem boden. der name. 47
Damit ist, wenn auch notgedrungen in farblosen grundlinien die Die sage auf
ursprüngliche sage gezeichnet. zwischen den zeiten da sie entstand und nischem
der ältesten für uns immerhin auch nur durch rückschlüsse erreichbaren
concreten form liegen jahrhunderte, und in der zwischenzeit sind die Dorer
in Hellas sesshaft und herrschend geworden. ein ganzer wald von neuen
sagentrieben hat den grund der sage überwuchert. die räumliche ausdehnung
und trennung der dorischen stämme hat die alte einheitlichkeit zerstört.
indessen das dickicht lichtet sich, sobald die lediglich geschichte reflec-
tirende sagenmasse abgesondert wird. immerhin bleiben noch drei sagen-
kreise oder kreisabschnitte, die für die gesammte folgezeit malsgebend
geworden sind, durch die mythographie nicht ohne gewalt neben ein-
ander gerückt, der thebanische für die geburt und jugend des Herakles,
der oetäische für sein ende, der argolische für seine haupttaten, den
Dodekathlos. die oetäischen sagen mögen zunächst bei seite gestellt
werden; die epische bearbeitung durch nicht dorische Homeriden hat
ihnen einen fremdartigen charakter aufgedrückt. auch die boeotischen
sagen sind in der importirten epischen weise zur darstellung gebracht
worden, zum teil mit grolseın erfolge, in den hesiodischen gedichten,
allein niemals in einem gröfseren zusammenhange, und niemals ohne die
argolische sage bereits vorauszusetzen. die nahe beziehung Boeotiens zu
Chalkis und seinem culturkreise, der den westen beherrscht, und die
fruchtbarkeit dieses kreises an dichtern der chorischen lyrık im sechsten
jahrhundert hat sehr vielen der altargolischen erzählungen eine neue farbe
gegeben, welche dann die herrschende geblieben ist: aber auch so weist
alles auf den argolischen ursprung zurück. die argolische sage allein
ist in sich ein organisches ganzes, sie bildet das fundament der späteren
Heraklessage und läfst allein den echten sinn der ursprünglichen con-
ception unmittelbar hervortreten. hier gelingt es ein grofßsartiges alt-
dorisches Heraklesgedicht zu erfassen: der Herakles, der nicht bloß die
welt sondern auch die herzen erobert hat, ist Argeier.
Eine argolische neubildung ist vor allem der name Ἡρακλῆς, Frobert, Der name.
wie Benseler gut übersetzt hat, denn das altertum selbst hat, abgesehen von
einigen schrullenhaften etymologen, den “Heraberühmten’ in ihm gesehen,
und wir tun immer am besten dem verständnisse des volkes über seine
eigne sprache zu trauen, trotz einer unregelmässigkeit in der vocalisation”).
77) Man erwartet Hooxins. Hodsisıros kann dem namen des gottes nachge-
bildet sein, Bovlaxpdrns Τιμαγόνης u. dgl. weichen in der quantität des a ab.
Θεάγενης hat man von Θεογένης differenzüirt, um die geburt durch hilfe einer göttin
von der durch einen gott sondern zu können. die bildungen Πιλάδης Adnzdöns
48 Der Herakles der sage.
nebenformen existiren nicht”), nun ist Hera die göttin von Argos,
und nur von Argos”). wenn wir sie ihre herrschaft über Arkadien
bis Sparta und Olympia”) ausdehnen sehen, so ist zu bedenken,
dass dem das gebiet des argolischen einflusses genau entspricht. Argos
ist ja von hause aus nicht stadtname; Heras uraltes heiligtum liegt
auch nicht in der stadt oder dem unmittelbaren herrschaftsgebiete der
Larisa, und die Ἥρη "4oyein Homers ist die des Peloponneses in dem
sinne wie der könig von Mykene herr desselben ist. aber Hera ist
eine hellenische göttin. wenn der dorische heros den namen “Heras
ruhm’ erhält, so kann er ihn erst in Argos, also nach der einwanderung
erhalten haben. wenn er unter diesem namen ein allen Hellenen ge-
meinsamer heros und gott geworden ist, so ist damit die übermacht der
argolischen sage unmittelbar bewiesen. nicht minder zwingend ist der
schluss, dafs allerorten und zuerst in Argos ein namenswechsel statt-
gefunden hat. das gedächtnis an einen solchen ist unverloren geblieben").
Θηβάδης mit kurzem a bilden eine gruppe für sich. trotzdem wird man die mög-
lichkeit der alten ableitung nicht bestreiten dürfen. ich möchte jedoch nicht unter-
lassen auf bildungen wie Alxausrns Θηραμένης hinzuweisen, die von consonantischen
stämmen kommen. da Ὥρα, wie die 7ofadsos (IGA. 110) lehren (das anlautende
heta fehlt, weil die Arkader es überhaupt verloren haben) ursprünglich Hofa ist
und zu ἥρως sich stellt wie Nerio zu nar, Nero, so dafs die gattin des himmels-
herrn höchst passend frouwa heifst, kann man wol auch vermuten, dafs eine wurzel
her bestanden habe, von der sowol die göttin als δέσποινα, wie der held als
Ἀνδροκλῆς benannt wäre. ich habe meine darstellung durch diesen einfall nicht
stören lassen.
78) Ἥρνλλος (Hesych u. a.) ist das correcte hypokoristikon wie “7υλλος von
“]ιοκλῆς, Aplorvllos von Agıoroxins, Ἴσυλλος von Jooxins. Ἡρύκαλος bei Sophron
ist spielerei, bei der italische umformungen mitgewirkt haben werden. ‘Hpazos
(Hesych., so zu betonen) ist auch ein correctes hypokoristikon, wie JSıalos Θεαξος
Agıoratos Toatos.
79) Euboia und Plataiai (Theben nicht) haben auch alten Heracult, und die
Kıdugymvia greift bedeutend in die Oidipodie ein. das wird mit den völkerschie-
bungen zusammenhängen, die oben s. 16 und 17, anm. 34 berührt sind. Samos hat seine
göttin von Argos, da Admeta, die Tochter des Eurystheus, dort ebenfalls Herapriesterin
ist (Menodotos von Samos bei Athen. XV 672).
80) Das für die religion bedeutendste was Olympia den besucher lehrt ist,
dafs Hera seine alte herrin ist, entsprechend der arkadisch-argolischen (d. ἢ. vor-
dorisch-argolischen) herkunft der bevöikerung. Zeus ist durchaus secundär, und
es scheint, als hätte er wirklich durch einen blitzschlag, der das sog. haus des
Oinomaos traf, von dem Heraheiligtum besitz ergriffen. Pheidon von Argos mag
wol das anrecht seiner göttin verfochten haben.
81) Probusscholien zu Verg. buc. 7, 61 Alcides Hercules ab Alcaeo monte
(dies in avo zu ändern, ist eine textkritik, die wir dem Egnatius nicht nachtun
Der name. 49
kein geringerer als Pindaros soll berichtet haben, dass Herakles diesen
namen erst erhalten hätte, nachdem Heras gebote zu seinem ruhme
ausgeschlagen waren; vorher aber hätte er 4Axslöng geheilsen””). dies
letzte wenigstens möchte man ihm ungern zutrauen, da andere mit be-
rufung auf ein delphisches orakel vielmehr den namen 4ixailog angeben,
der von Herakles auf den vater des Amphitryon allgemein übertragen
ist. ᾿4λκαῖος stimmt zu der mutter ᾿Δλχμάνα und dem geschlechtsnamen
Alxeiönc, dessen gentilicische bedeutung um so deutlicher ist, da keine
person vorhanden ist, auf die er patronymisch bezogen werden könnte").
da nun die thebanische herkunft der tradition von dem namenswechsel
auch abgesehen von Pindar sicher ist, so ergiebt sich der schlufs, dafs
der held in Boeotien ursprünglich wirklich 4Axaiog geheilsen hat. in
Megara hat man nicht wie in Theben dem neuen argolischen Herakles
den alten namen opfern mögen, so dals nun eine differenziirung in zwei
ursprünglich identische personen stattgefunden hat. Alkathoos ist den
taten nach der "Herakles’ von Megara®‘), sein name aber ist einer der
dürfen, mag auch nichts als ein misverständnis vorliegen) sive ἀπὸ τῆς ἀλκῆς.
Pindarus (fgm. 291) initio Aleidem nominatum, postea Herculem dicit ab Hera,
quod eius imperiis opinionem famamuque virtutis sit consecutus. ähnlich Apollodor
2,73, Serv. zu Aen. 6, 392. bessere tradition nennt den namen "4ixaZos, auch mit
berufung auf das orakel, von dem es auch eine fassung gibt, die töricht ἦρα φέρειν
heranzieht. eine dritte ist aus dem versfragment ἠέριον κλέος ἔσχε (Cram. An. Ox.
II 445) zu erschliefsen; nie lag nahe, da ja Ἥρα = ἀήρ vulgär ist. Matris (Diod.
IV 10 == I 24) und Sextus adv. phys. I 36 genügen den thebanischen ursprung
zu sichern. sonst in dem epigramme der albanischen tafel, Aelian V. H. 2, 32,
Et. Μ. 'Hoaxins, schol. T zu 3 323 u. s. w.
82) Über die bedeutung dieser ableitung habe ich mittlerweile eingehender ge-
handelt Arist. u. Athen. Π 180. die Boeoter bilden bekanntlich die patronymica
überhaupt anders.
83) Pindar empfand natürlich die schwierigkeit und hat einmal Alxafdas gesagt
(ΟἹ. 6, 63), was schol. T zu N 612 als besonders citirt. die Athener meiden Aixeiöns,
den grofsvater Alxaios kennen sie und auf ihn deutete dort Pindar. aber wäre er
zur erklärung von Aixe/öns erfunden, so würde er 4Axess heilsen.
84) Dieuchidas (schol. Apoll. 1517), auf den, d. h. die megarische chronik, am
letzten ende Pausan. I 41 zurückgeht, erzählt die überwindung des löwen, und zwar
mit dem märchenmotiv, dafs Alkathoos sich als wahren besieger des untiers durch
die ausgeschnittene zunge ausweist, während andere ihm den ruhm schon fast vorweg
genommen hatten. der löwe ist ὁ ,ϑαιρώνιος. vertreter Megaras ist Alkathoos,
seit der ort besteht. er wird mit dem Peloponnes (Pelops) verbunden: der megarische
adel war eben von Korinth zugewandert. aber ganz deutlich ist auch hier, dafs
Megara vorher zu Boeotien gehörte; der löwe ist vom Kithairon, er hat den sohn
des Megareus zerrissen, der zu Megara und Megareus von Theben oder Onchestos
gehört, und als Alkathoos den mauerring um seine stadt zieht, hilft die leier des
v. Wilamowitz I. 4
50 Der Herakles der sage.
vollnamen, zu denen _4ixaiog abkürzung sein kann. in der boeotischen
sage steht neben Herakles ein zwillingsbruder FıpıxÄng, der mit selt-
samer ungunst als ein unwürdiges gegenbild zu ihm gezeichnet wird”).
es ist, zumal um des sinnes willen, verführerisch zu vermuten, dafs
Fıgıxing der argolische name ist, der durch Ἡρακλῆς ersetzt ward,
so dafs die Boeoter, so lange sie sich gegen die argolische sage sträubten,
den vertreter derselben ihrem ᾿“λκαῖος unterordneten. wie dem auch
sei: selbst für die urzeit des ungeteilten volkes dürfen wir glauben,
dass der träger der sage statt Frobert ein Ellenbert oder Starko aus
dem geschlechte der Starkunger gewesen ist.
Von natur gehen sich Hera und Herakles nichts an, ja sie mulsten
sich zunächst feindlich sein, da die Heraklesverehrer sich mit gewalt
zwischen die Heraverehrer eindrängten. deshalb gibt die argolische sage
den Herakles dem hasse Heras während seines erdenlebens preis und
Apollon, wie die des Hermes dem Amphion in Theben. Pausan. I 42, Anth. Planud.
4, 279. also werden auch den namen Alkathoos schon leute mitgebracht haben, die
von norden zuzogen. die zugehörigkeit des megarischen landes zu Boeotien, für
welche religion und sage viele belege liefern, ist noch im homerischen schiffskataloge
anerkannt. der widerspruch E. Meyers ignorirt die fülle der traditionen. schwerlich
wird übrigens das grab der Alkmene in Megara (Paus. I, 41) ursprünglich die
mutter des Herakles angegangen haben: die motivirung ist kläglich, aber seit der
differenziirung des Alkathoos konnte sie nicht anders ausfallen.
85) Iphikles wird in der vulgären sage sehr schlecht behandelt. als sohn des
sterblichen vaters ist er in der geburtsgeschichte die folie für den gottessohn. weiter
hat er wesentlich nur den fsdlaos zu zeugen, der dann seines oheims knappe wird;
er selbst verschwindet völlig: nur dieses verschwinden zu motiviren werden ärmliche
sagen ersonnen. aber eine merkwürdige überlieferung ist in dem epos vom schilde
des Herakles (88) erhalten, einer nicht lange vor 600 verfertigten einlage in die
hesiodischen Eoeen. hier ist Iphikles der unwürdige bruder des Herakles, der zum
Eurystheus geht, sein diener wird und diesen schritt vergeblich bitter bereut, wäh-
rend Herakles nicht von Eurystheus, sondern vom δαίμων» seine arbeiten auferlegt
erhält. so versucht der dichter die dienstbarkeit, die aus der argolischen sage
stammt, von dem boeotischen helden abzuwälzen, den sie ursprünglich nichts angeht;
dafs v. 94 direct auf Ἢ 622 hinweist, hat Leo gesehen. übrigens ist die umdichtung
nicht geschickt gemacht, denn wie Iolaos trotzdem als /yunketöns und παῖς dud-
uovos “Αλκεῖδαο (des Amphitryon) neben Herakles auftreten kann, hat der dichter
nicht erklärt. Iolaos hatte in Theben grab und cult und fest. seine verbindung
mit Herakles ist das abbild der kampfgenossenschaft, die im ἑερὸς λόχος fortlebte.
wo er in der sage auftritt, ist thebanischer einflufs sicher. man wird in ihm ent-
weder wirklich einen führer der einwandernden Boeoter oder den vertreter eines
ihrer stämme anzuerkennen haben. bedeutsam ist der namensanklang von “Ἰόλαος
an ιόλεια, die tochter des Eurytos von Oichalie: aber eine verbindung läfst sich
nicht erkennen. |
Der name. die dienstbarkeit. 51
stellt seine aufnahme in den himmel als eine aussöhnung mit der argo-
lischen göttin dar, die ihm ihre tochter zum weibe gibt. aber nur so
lange als hellenisch und dorisch als scharfe gegensätze von den dorischen
herren der Argolis empfunden wurden, konnten sie sich darin gefallen,
den hals ihrer vornehmsten göttin gegen ihren vornehmsten helden aus-
zumalen. so kommt es, dals wir zwar in der Ilias manches der art
lesen, in die es ersichtlich durch die südasiatischen Dorer gelangt ist,
die ja aus der Argolis stammten. aber die sagen, in welchen sonst
Heras einwirkung besonders hervortritt, der kindermord, die schlangen-
würgung, die sendung des krebses im hydraabenteuer“), sind erweislich
nicht argolisch, und gerade die haupttaten, löwe, Triton, Giganto- und
Kentauromachie, Geryones und Hesperidenfahrt wissen nichts von Heras
groll. es ist das begreiflich. die neidische stiefmutter war ein sehr frucht-
bares motiv für dichterisches spiel und ist in dieser weise fortdauernd
ausgenutzt worden. aber in Argos war der feind Heras längst “Heras
ruhm geworden. es ist durchaus wahrscheinlich, dafs die ausgebildete
argolische Heraklee (der Dodekathlos) ihren zorn nur zur motivirung der
dienstbarkeit des Herakles benutzt hat.
Diese konnte nicht aufgegeben werden, obwol sie eine neubildung Die Io dienst-
von lediglich geschichtlicher bedeutung war”), denn sie legitimirte die
86) Dem krebse entspricht das eingreifen des Iolaos; diese fassung ist also
thebanisch. sie beherrscht die bildende kunst seit dem ende des siebenten jahr-
hunderts, wie namentlich das attische giebelrelief beweist. und die selbst in neben-
dingen ganz feste bildliche tradition bezeugt ein einflufsreiches gedicht: schon Hesiodos
selbst (Theogon. 314) hat es gekannt, da er den zorn der Hera und die beteiligung
des Iolaos erwähnt. Herakles führt übrigens das schwert selbst bei diesem kampfe.
die vergiftung der pfeile ist also vielleicht etwas secundäres; dann also auch die
gewöhnliche form der peloponnesischen Kentauromachie, welche die vergifteten pfeile
voraussetzt. in diesem falle würde es nahe liegen, Stesichoros diese wendung zu-
zuschreiben, der von Herakles bei Pholos erzählt hat.
87) Ich mufs nach erneuter erwägung den zweifel äußern, ob ich recht getan
habe, die dienstbarkeit der ursage abzustreiten. die formen, in denen sie auftritt,
dienstpflicht des vasallen in Argos, knechtschaft bei Omphale, landflüchtigkeit in
Theben, sind gewils alle secundär und in sich sehr verschieden; aber der erfolg
ist im wesentlichen derselbe. Herakles ist vereinzelt, ihm fehlt der beistand, den
sonst der mann durch sein geschlecht und seinen stamm findet, und er handelt unter
einem zwange, nicht aus freiem willen, wie etwa die plan- und gedankenlosen irren-
den ritter der mittelalterlichen romane. nun verstehen das die dichter gewils
richtig, die da sagen, er handele im auftrage des δαέμων oder τοῦ χρεὼν μέτα, und
Euripides zumal hat den mangel des freien willens in seinem handeln scharf erfalst
(575—84), aber die alte sage mulste dafür ein sinnlicheres bild finden. sie mulste
4
52 Der Herakles der sage.
dorische herrschaft. es war unvermeidlich, dafs Herakles auf alle länder
alte rechtsansprüche haben mufste, die seine nachkommen besetzten. so
ward er denn hier an die alten eingebornen heroengeschlechter ange-
gliedert, wie nicht anders möglich, durch seine mutter, so dals er ein
nachkomme des Perseus, und Tiryns seine heimat ward. da er gleichwol
nicht zu einem alten landesherrn werden konnte, seine nachkommen auch
Argos den Persiden erst mühsam abgenommen hatten, so ergab sich, dafs
ihm sein erbe wider das recht vorweggenommen war, und das eben
hatte Hera verschuldet, so dafs er während des lebens dem schlechteren
manne dienen mufste. die rhodische überlieferung, die wir in der Ilias
lesen, hat das schon mit lebhaften farben durchgeführt”). und der
jämmerliche feigling Eurystheus, Sthenelos sohn®), sammt seinem herolde
“Dreckle (Κοπρεύς), sind zu ausdrucksvollen burlesken figuren geworden,
an denen sich der Dorerhochmut gütlich tat, der auf seine periöken _
schnöde herabsah. trotzdem blieb Admata, Eurystheus tochter, als Hera-
priesterin immer eine würdige figur”).
Her. in Aufserhalb von Argos hat weder die abstammung aus dem blute des
Perseus noch die dienstbarkeit bei Eurystheus irgend welche bedeutung.
aber obwohl gerade in Boeotien der cultus der Alkmene so lebhaft war
ihn aus dem geschlechtsverbande loslösen, auf dafs er alles aus eigener kraft voll-
bringe, und sie durfte ihn nicht zu einem landstreicher wie Gawan oder Iwein de-
gradiren, denen das abenteuern an sich spafs macht, weil sie mit leerer seele ein
leeres leben führen. denn er sollte ja gott werden.
88) T 99 nennt als geburtsort Theben. aber das kann man nicht umhin für
eingeschwärzt aus der späteren sage zu halten. es ist gar nicht zu verstehen, wie
Eurystheus über ein kind macht haben soll, welches in der fernen stadt geboren
wird, und ausdrücklich handelt es sich um die herrschaft über die Apyeıoı (123),
zu denen Theben nicht gehört. sonst illustrirt die sage auf das trefflichste die ver-
fassung zur zeit der geschlechterherrschaft: der ἄρχων τοῦ γένους, hier τῶν Jıo-
γενῶν, übt eine sehr reale macht. Matris (Diod. IV 9), obwol Thebaner, verlegt
die geburt ganz offenbar nach Tiryns; erstorben war diese natürliche tradition also nicht
ganz. der rhodische einfluls hat in einem punkte sich immer behauptet: Alkmene ist
Elektryons tochter geblieben, und so ist sie doch nur genannt worden, weil sie in
Rhodos mit Aisxrodra, der auf dieser wie auf vielen inseln verehrten vorhelle-
nischen göttin, ausgeglichen war. vgl. Hermes XIV.
89) Sthenelos ist in dieser reihe ein füllname. und doch ist er der eines der
vornehmsten helden für die aus der Argolis nach Asien ausgewanderten Hellenen:
dort ist er sohn des Kapaneus und epigone. dals Eurystheus kein alter Perside
ist, zeigt das vorkommen des vollnamens Εὐρυσϑένης in der von Argos beeinflufsten
genealogie der spartanischen Herakliden.
80) Für Argos bezeugt es namentlich die albanische tafel, über Samos oben
anm. 79.
Her. in Theben. 53
wie nirgend sonst”), Theben die geburtsstätte des Herakles ohne wider-
spruch geworden ist, seine erzeugung und seine jygend durch boeotische
dichtung verherrlicht ward, hat doch schon ehe unsere tradition beginnt
der übermächtige einfluls der argolischen sage gesiegt, oder vielmehr
einen compromils erzwungen. Alkmene war eine Tirynthierin, und eben
daher sollte auch der irdische vater des Herakles stammen, den er in
Amphitryon erhielt. dieser hatte in wahrheit gar nichts in Argos zu
suchen, sondern war ein thebanischer held. der zug Amphitryons gegen
die Teleboer oder Taphier, der ganz ungewöhnliche und unverständliche
völker- und machtverhältnisse voraussetzt, die verbindung mit Kephalos,
die jagd des teumesischen fuchses, das sind sagen die schon im 5. jahr-
hundert halb verklungen sind, um so mehr aber beweisen, dafs Amphi-
tryon eine selbständige bedeutung neben Herakles gehabt hat, und für
ihn die stellung als nährvater des Zeuskindes ein degradation bedeutete.
aus dieser empfindung heraus ist der conflict zwischen Alkmene und Am-
phitryon entstanden, ein conflict, der für antikes und modernes empfinden
ein guter prüfstein ist. wer einfach antik empfindet, wird den gatten,
dem ein gott aus seinem weibe einen übermenschlich herrlichen sohn
schenkt, demütig und stolz zugleich die gnade hinnehmen lassen, wie
Tyndareos, Ariston der vater Platons, Joseph der zimmermann tun. wer
modern empfindet, wird einen hahnrei sehen: den komisch oder tragisch
zu nehmen gleichermalsen eine errungenschaft der christlich germanischen
weltanschauung is. man mulfs diesen gegensatz zu verstehen und nach
zu empfinden gelernt haben, um das ganz singuläre zu schätzen, das in
der Amphitryonfabel lieg. und man mufs die glänzende und völlig ge-
lungene leistung Moliöres bewundern, aber auch den mislungenen ver-
such Heinrichs von Kleist, die ehrwürdige und heilige sage nach ihrem
werte verständlich zu machen, würdigen können, damit man die freiheit
des sinnes habe, weder blasphemische frivolität in der Amphitryonsage
zu finden, noch die romantisch krankhafte gefühlsverwirrung hineinzu-
tragen. dann erkennt man zweierlei. erstens, dals es zu unerträglichen
consequenzen führt, wenn solch ein irdischer vater mehr ist als eine
füllfigur. Amphitryon ist mehr, und deshalb kann er nicht ursprünglich
vater des Herakles sein, hat vielmehr die verquickung zweier ursprünglich
selbständiger sagen den keim zu diesen unzuträglichkeiten gelegt. zweitens
aber mufs ein großer, aber die consequenzen auch um den preis der
91) Pausan. V 17, 8 bezeugt, dafs der samische genealoge Asios unter den
kindern des Amphiaraos eine Alkmene nannte. das hat mit der mutter des Herakles
nichts zu tun. der genealoge borgt den namen von dem bruder Alxud».
δά Der Herakles der sage.
zerstörung des mythos ziehender dichter das Amphitryonmotiv ernst be-
handelt haben, ehe die travestie, wie sie bei Plautus vorliegt, eich daran
machen konnte. dieser dichter ist nachweislich Euripides gewesen. er
liess in seiner Alkmene den gatten so weit gehen, die ehebrecherin auf
den scheiterhaufen zu werfen, dessen feuer die erscheinung des gottes in
sturm und hagel löschte. von der sittlichen behandlung des problems
können wir nichts mehr erkennen”), aber Euripides zog auch bier nur
hervor, was in der sage lag, und zwar muls schon vor der knappen
darstellung in den hesiodischen Eoeen eine lebhafte dichterische behand-
lung sowol des Taphierzuges wie der erzeugung des Herakles und auch
der ersten tat, in welcher sich das göttliche blut bewährte, der schlangen-
würgung, bestanden haben: eine boeotische dichtung””). und da diese in
ihrem inhalte widersprechende motive enthält, so führt sie auf ältere und
zwar argolische dichtung zurück. dafs Zeus zu Alkmene in ihres gatten
gestalt herabgestiegen ist und ihr als gewähr für seine gnade einen goldnen
becher geschenkt hat, ist zudem noch als peloponnesische tradition nach-
weisbar”).
92) Der inhalt der euripideischen Alkmene ist von R. Engelmann (zuletzt
Beitr. zu Eur. Berlin 1882) erkannt. wenn jüngst jemand behauptet hat, der vers des
Plautus (Rud. 86) non ventus fuit, verum Alcumena Euripidis bedeute, personam
aut fabulam turbulentam dissolutamque esse, so ist Plautus an dieser windbeutelei
unschuldig: der fährt fort ita onnis de tecto deturbavit tegulas. das unwetter ist
selbst im plautinischen Amphitruo noch beibehalten.
93) Über den Taphierzug zu v. 60, 1078, wo gezeigt ist, dafs die Eoee (Aspis
anfang) nur einen auszug der reichen sage liefert. Pherekydes (schol. 4 265), der
sonst zu ihr stimmt, wulste von der schlangenwürgung zu sagen, dafs Amphitryon
das ungeheuer geschickt hätte, zu erkennen, welcher der zwillinge aus götterblut
wäre (schol. Pind. N. 1, 65). die gewöhnliche fassung dieser sage repraesentirt für
uns am reinsten Pindar N, 1, allein von ihm weichen die andern zeugen nicht ab,
so dafs man in ihm den urheber hat sehen wollen. und thebanisch ist die sage
freilich, wie die einführung des Teiresias zeigt; prägen doch auch die Thebaner den
schlangenwürgenden Herakles im 5. jahrhundert auf ihre münzen. aber das pinda-
rische gedicht hat zwar dem Theokrit und Philostratos vorgelegen: dafs es die vul-
gata beherrscht hätte, ist minder glanblich, als dafs im 5. jahrhundert noch
andere außer ihm eine boeotische darstellung benutzt hätten, der eben auch der
Taphierzug angehört haben wird.
94) Das erstere folgt daraus, dals Zeus in des gatten gestalt mit Kassiepeia
den Atymnios zeugt, also eine rhodische sage, Clem. Rom. hom. 5, 13, Robert Bild
und Lied 116. das zweite daraus, dals der besuch des Zeus bei Alkmene nicht nur
auf der altspartanischen basis dargestellt ist (Löscheke de basi Spartana Dorpat 1879,
diese darstellung war von den Spartanern aus dem allgemeinen peloponnesischen
typenschatze entlehnt, da dieselbe darstellung auch auf der korinthischen Kypsele
stand), sondern dafs der becher des Zeus in Sparta gezeigt wurde: man wird sich
H. in Argos. der Dodekathlos. δῦ
Auf Argos weist also selbst diese verschollene Heraklesdichtung H. in Argos.
Boeotiens zurück. die argolischen Ἡρακλέους yoval können wir nicht
mehr erkennen, dürfen aber vielleicht annehmen, daß sie in dem gedichte
nicht behandelt waren, das es zu erwecken gilt. denn es ist unmöglich,
hier die sage von dem werke eines dichters zu sondern, der sie planvoll
und tiefsinnig in festen rahmen gespannt hat. in 10 kämpfen hat er
die dienstbarkeit des Herakles zur anschauung gebracht, deren inhalt ist
ἐξημερῶσαι γαῖαν, die welt, das war für den horizont des dichters
Argos, für die menschheit und ihre friedliche arbeit bewohnbar zu machen.
und mit den zwei aus der ursage stammenden, höllenfahrt und himmel-
fahrt, hat er den kreis vollgemacht, der dann für alle jahrhunderte ge-
golten hat, nach dem wir sein werk den Dodekathlos nennen wollen.
der inhalt läfst sich ganz wol angeben, wenn der erzähler die entsagung
übt das detail abzustreifen, und der hörer den guten willen mitbringt
sich nicht an das detail zu klammern.
Nackt und blofs®), wie der mensch aus dem mutterleibe in diese Der Dode-
welt tritt, zieht der Zeussohn Herakles, geknechtet von dem schlechteren katalos.
manne, von Mykene zu dem ersten strauls, den er bestehen soll. einen
ast bricht er sich im walde, das ist seine wehr. und auch sie versagt
gegenüber dem ungeheuer, das es zu bezwingen gilt, dem löwen von
Nemea, dem bewohner des Apesas, des bergzuges, der des Zeus wiese
(νέμεα) von dem mykenischen hochlande trennt. aber die faust versagt
nicht: sie erwürgt die bestie, deren vliefs das kleid des helden wird. der
nächste zug geht in die Inachosniederung: die wasserschlange von Lerna
erliegt der keule. in die benachbarten berge, welche Arkadiens hoch-
ebene von Argos scheiden, führt die bezwingung der hirschkuh. sie wird
erschlagen, weil sie die argolischen fluren zerwühlte”*). wie die hindin dem
löwen, entsprechen die gewaltigen vögel, die auf dem see von Stymphalos
schwimmen, dem lernäischen wassertier. und weiter geht es in der be-
nun wol hüten, die überlieferung bei Athenaeus 475° anzutasten, der dies aus Charon
von Lampsakos erbalten hat. seltsamer weise hat der Thebaner Pindar (Isthm. 7, δ)
einen zug erhalten, der geradezu für rhodisch ausgegeben werden muls: Zeus läfst,
als er zu Alkmene in Amphitryons haus kommt, um mitternacht gold regnen. 80
geschah es auf Rhodos bei Athenas geburt, und so ist Perseus, der Argeier, erzeugt.
das war also in jenes thebanische gedicht aufgenommen: der hagelschlag der euri-
pideischen Alkmene ist das widerspiel dieses goldenen regens.
95) Die kunst bewehrt Her. auch in den beiden ersten kämpfen mit dem schwerte ;
das bedeutet nicht mehr, als dals sie ihm die gewöhnlichen heroischen waffen gibt:
da sie die kämpfe vereinzelt, liegt ihr an dem für das ganze wichtigen motive nichts.
96) Vgl. zu v. 375.
δ6 Der Herakles der sage.
friedung des Argos, des Peloponneses. der eber, der Arkadiens felder
zerstörte, wird bis in den schnee des Erymanthosgebirges verfolgt, wo
‚ Herakles den verklamten auf die schulter nimmt; als er ihn heim bringt,
kriecht der feige Eurystheus in ein fals. vom Erymanthos geht es nach
dem westlichen Arkadien, wo die Kentauren der Pholoe zu bezwingen
sind”). in diesen sechs kämpfen ist die befriedung des 4pyog vollendet.
die folgenden vier führen sie weiter, so weit der horizont der Argolis
reicht. aus süden holt Herakles den kretischen stier, aus dem thrakischen
norden die rosse des Diomedes, aus dem osten den gürtel der Hippolyte, aus
dem westen die rinder des Geryones. das ἐξηἐρῶσαι γαῖαν ist vollbracht.
der knechtschaft ist Herakles nun quitt, aber die knechtschaft ist gleich
seinem erdenleben. auch das muls nun zu ende gehen. er hat keinen platz
mehr auf der erde, wenn er nichts mehr auf ihr zu wirken hat. und doch
hat das gemeine menschenschicksal keine macht über ihn. das Alter”)
schlägt er nieder, als es ihn heimtückisch in die grube locken will: er
ist kein blinder Faust, den die Lemuren äffen. und den tod sucht er
sich selber auf in seiner höhle: die götter, auf die der Peloponnesier
bei schwerem werke vertraut, Hermes, der geleiter auf gefahrvoller bahn
und vermittler des himmlischen willens, Athana, die gewappnete jungfrau
des himmels, zu der der Dorer von dem Hellenen beten gelernt hat,
stehn dem Herakles bei”). er steigt bei Tainaron hinab in die hölle, bei
Hermion empor mit dem höllenhunde, der vom lichte geblendet heulend
entflieht durch die Kynadra von Argos: er wird dem sieger über den tod
nimmer nahen. und nun geht der weg westwärts nach dem götter-
garten, Triton und Helios werden bezwungen, der Ladondrache erschlagen,
die schicksalsjungfrau bricht selbst den apfel der unsterblichkeit, Athana
führt den verklärten in den göttersaal, und Hera verlobt ihm ihre tochter,
die ewige jugend'®),
97) Vgl. zu v. 182.
98) Vgl. zu v. 637. gerade dieser nur in der bildenden kunst rein erhaltene
zug ist als argolisch gesichert.
99) Zu den vasenbildern stimmen die Homerstellen Θ 367, 4 623; allerdings
ungenügende zeugnisse für die altargolische sage, da sie der allerjüngsten schicht
angehören. indessen liegt in dem wesen und der landschaftlichen geltung der götter
nichts, was verböte, die verbindung dem altpeloponnesischen glauben zuzusprechen.
100) Vgl. zu v. 637. Ἥα die person ist erwachsen aus dem wesen Heras, die
jedes frübjahr wieder jungfräulich wird, und die bildende kunst lehrt am besten,
dafs sie zu Hera gehört wie Peitho zu Aphrodite und Nike zu Zeus und Athena,
wenn Hebe den göttern bei Homer die himmelsspeise kredenzt, so ist das zwar nur
ein ausdruck dafür, dals die götter durch diese speise ewige jugend haben, aber
Der Dodekathlos. 67
Die öffentliche meinung verwirft jetzt die annahme eines alten cyclus,
wie er hier mit zuversicht auf Argos und auf das 8. jahrhundert zurück-
geführt wird'"). man hält sich zunächst daran, dafs ein für die Herakles-
sage kanonisches epos nicht existirt hat, am wenigsten im Peloponnes,
auch die bildende kunst, die von einzelnen scenen ausgeht, kann keinen
cyclus beweisen, denn für sie überwiegen künstlerische rücksichten, selbst
wenn sie mehrere taten zusammenstellt. sie kann ihn aber eben deshalb
auch nicht widerlegen; das alter der einzelnen taten bezeugt sie dagegen
vollauf. aber diese taten sind teils wirklich als einzelne ursprünglich ge-
dacht, teils ist man jetzt geneigt sie zu vereinzeln. wenn die stymphalischen
vögel sturmdaemonen, der erymanthische eber ein bergstrom, die hindin
eine jagdbeute des sonnengottes, Geryones der winter ist, so hat in der
tat die verbindung solcher abenteuer keinen inneren wert, und wenn
Herakles ein gott ist wie Apollon oder ein heros wie Theseus, so löst sich
die Heraklee in ἐπεφάνειαι Ἡρακλέους entsprechend den ἐπεφάγειαι
᾿Απόλλωνος" ἢ auf, oder sie erscheint so compilatorisch wie die Theseus-
taten. dagegen fordert die hier vorgetragene ansicht von der Herakles-
die jungfräuliche dienerin, die in ihrer mutter hause dienstbereit ist, ist doch die
argolische gestalt. sie sollte dann aber über die äpfel selbst verfügen, und jeden-
falls hat die ehe mit Hebe eigentlich denselben sinn wie die gewinnung der goldenen
äpfel. diese gehört in die sage; die ehe ist der ausdruck, den der cultus, nachweis-
lich in Kos und Athen, für die apotheose hat. auch die poesie, selbst Sappho, hat
sie viel verherrlicht. der Dodekathlos hat also bereits zwei parallele motive verbunden.
kinder aus der ehe hervorgehen zu lassen, ist widersinnige mythographenfaselei.
ist doch die ehe von Zeus und Hera zwar gewils nicht unfruchtbar, aber man
kennt keine kinder von ihnen als eben Hebe, die ewige seligkeit. dafs Ares und
Hephaistos zu den eltern nicht passen, hat die sage selbst gefühlt.
101) Kein geringerer als Zoega hat den cyclus der 12 kämpfe für ganz spät
erklärt (bassoril. II 43), kein geringerer als Welcker hat ihn auf die Heraklee des
Peisandros zurückgeführt, welche er geneigt war sehr hoch zu schätzen (kl. schr.
1 83). letzterer aufsatz ist das wertvollste, was Welcker zur Heraklessage geschrieben
hat; in der Götterlehre hat er diese gestalt ganz verkannt, Zoega hat den grund
für dje mythographische wie die monumentale forschung auch auf diesem sagen-
gebiete gelegt. seine arbeit ist auch jetzt noch reiner genufs für den leser.
102) Beide titel sind für werke oder teile eines werkes von dem Kallimacheer
Istros bezeugt; die ἐπεφ. Ἡρακλέους kürzlich durch ein bruchstück des Zenobios bei
Cohn (Zu den paroemiogr. 70) bekannt geworden. die Heraklesgeschichte (δεελότεροῦ
τοῦ ragaxönrostos) ist in wahrheit die erklärung eines naturspiels an irgend einer
tropfsteinhöhle, aber der ort fehlt, und damit die hauptsache. dafs Istros eine zu-
sammenhängende darstellung der Heraklestaten gegeben hätte, ist nicht glaublich.
ἐπιφάνειαε Jıds hat Phylarchos geschrieben. bald danach kommt ἐπεφανής als titel
göttlicher, plötzlich rettender könige auf. Horaz übersetzt es mit pracsens (carm.3, 5, 2).
58 Der Herakles der sage.
religion eine zusammenhängende lebensgeschichte, führt also von selbst
zu der neigung, dem in der späteren zeit geltenden cyclus ein mög-
lichst hohes alter zuzuschreiben. aber die neigung ist kein ersatz
für den beweis. er lässt sich mit aller wünschenswerten sicherheit
führen.
Die zwölfzahl der kämpfe, ihre folge und zumeist auch ihr inhalt,
wie ich ihn skizzirt habe, ist dem späteren altertum ganz wie uns aus der
schule geläufig, und die den bedürfnissen der schule angepasste mytho-
graphische litteratur ist es, die uns die überlieferung am bequemsten
bietet. die fruchtbare arbeit der letzten zwanzig jahre hat nicht nur ge-
lehrt, dals die erhaltenen handbücher sammt der sehr wichtigen in-
schriftlichen parallelüberlieferung unmittelbar in das erste vorchristliche
jahrhundert zurückführen, sondern dafs ein rhetor Matris von Theben,
dem Diodor neben einem solchen handbuche folgt, von der nämlichen
gelehrsamkeit abhängt, natürlich ganz wie sein publicum. damit ist die
blütezeit der wissenschaftlichen philologie erreicht: sie wulste wol, dafs ihre
aufgabe nicht war an den alten sagen fortzudichten, sondern das echte zu
erhalten, und sie wulste auch, wo das echte zu finden war. das ergebnis
ihrer forschung, wie wir es lesen, ist freilich kein auszug aus einem alten
poetischen oder prosaischen buche'®), sondern eine musivische arbeit, und
nur weil wir blols noch auszüge haben, fällt uns die schwierige aufgabe zu,
für alles einzelne den alten gewährsmann zu suchen, der ursprünglich
namhaft gemacht war. für den ordnenden gedanken, der den Dodekathlos
als solchen zusammenhält, brauchen wir das nicht, ja wir dürfen es
nicht, denn er gehört zu den voraussetzungen der gesammten mytho-
graphie; es mag sich einer oder der andere schriftsteller, der mehr roman-
dichter sein wollte, von dem alten emancipirt haben: dann durchschaute
die gute gelehrsamkeit seine willkür und verschmähte es, ihm zu folgen.
ausdrücklich ist uns überliefert, dale Kleanthes ‘die 12 kämpfe’ auf
den gott, den er in Herakles sah, mit behandlung des ganzen details
103) Ich hatte die hoffnung, dafs sich zusammenhängende reste der alten mytho-
graphen, speciell des Pherekydes, bei den späteren erzählern würden aufzeigen lassen,
und hatte dem in der ersten auflage mehrfach ausdruck gegeben. dafs das irrig ist
oder doch nur in beschränktem maße statt hat, mufs ich nunmehr leider zugestehn.
für Pherekydes gibt den beweis Lütke, Pherecydes (Göttingen 1893). über die ganze
spätere mythographie handelt vortrefflich E. Schwartz unter Apollodoros von Athen
in Wissowas Realencyclopädie. Schwartz hat aber auch darin recht, dafs die Hera-
klee besonders einheitlich überliefert ist: an ihr könnte jemand passend eine probe
der notwendigen sammlung des ganzen zusammengehörigen materiales machen.
Der Dodekathlos. 59
ausgedeutet μαι): also die theologie fand den cyclus um 250 vor. die
sexta aerumna Herculi bei Plautus Epid. 179 ist jetzt nicht ganz deutlich:
um so sicherer wird der bearbeiter zwar die pointe zerstört, aber gar die
ordinalzahl in seinem originale vorgefunden haben, das um 290 ver-
fafst παν). bald darauf redet Apollonios von den "zwölf kämpfen’
und kennt die Argofahrt des Herakles zwischen sie eingeschoben'*).
Kallimachos redet ihn an (fgm. 120) χαῖρε βαρυσχίπων, ἐπίτακτα μὲν
ἑξάχε δοιά, ἐκ δ᾽ αὐταγρεσίης πολλάκι πολλὰ καμών. wenn Theo-
krit den ausdruck braucht, der alte Peisandros habe in der Heraklee
namhaft gemacht ὅσσους ἐξεπόνησεν ἀέϑλους, so ist für jeden ehr-
lichen grammatischen verstand klar, dals er einen bestimmten begriff
mit den ἄϑλοι verbindet, und dafs dies kein anderer als der des Dode-
kathlos ist!”). damit springen wir eigentlich gleich in das sechste jahr-
hundert. dals Pindaros und die Athener die zwölfzahl nicht nennen,
kann bei einiger überlegung nicht befremden. wie sollte der Thebaner
seinen vaterländischen helden in diese argolische enge bannen? wie
sollten die Athener nicht die tätigkeit des panhellenischen helden
104) Cornut. 31. τοὺς δὲ δώδεκα ἄθλους ἐνδέχεταε μὲν ἀναγαγεῖν οὐκ ἀλλό-
τρέως ἐπὶ τὸν ϑεόν, ὡς καὶ Κλεάνϑης ἐποίησεν" οὐ δεῖ δὲ δοκεῖν ἐπὲ πάντων
εὑρεσειλογεῖν πρὸς βίαν (verbessert Coniect. 12).
105) Eine ganze anzahl gerumnae zählt der eingang des Persa auf; darunter
den Antaios, den auch Praxiteles unter die 12 gerechnet hatte.
106) 1, 1317 offenbart Glaukos den eigentlichen grund, weshalb Herakles nicht
weiter mit fahren darf Apyes οἱ κοῖρ᾽ ἐστὶν ἀτασϑάλῳ Εὐρυσϑῆε ἐκπλῇῆσαε κογέοντα
δυώδεκα πάντας ἀέϑλους ναέειν δ᾽ ἀϑανάτοισε συνέστιον, εἴ κ᾽ ἔτε παύρους ἐξανύσῃ.
offenbar kannte Apollonios die Argofahrt etwa wie bei Diodor (IV 15) zwischen der
achten und neunten arbeit eingeschoben. übrigens wird ein unbefangener stellen
wie Kallim. 3, 109 ἀέϑλιον Ἡρακλῆε ὕστερον ὄφρα γένοετο oder Eurip. Temen. 740
ἄϑλων Eva δεινὸν ὑποστάς, beides von der hirschkuh gesagt, als zeugnis für den
platz dieser arbeit in einer festen reihe gelten lassen. ja die vorstellung, dafs Herakles
nach so und so viel arbeiten von Eurystheus frei kommen wird, wie sie z. Ὁ. Euri-
pides gibt, ist im grunde gar nicht denkbar, ohne dals die zahl fixirt, in der poesie
also die einzelnen benannt sind.
107) Über Peisandros unten anm. 121 mehr. Suidas gibt correct mit ἔστε
δὲ τὰ Ἡρακλέους ἔργα wieder, was Theokrit poetisch sagt. dafs Robert (Berl.
Winckelmannsprogramm L 88) sich so weit vergessen hat, den vers zu übersetzen
“und alle die vielen abenteuer, die Her. zu bestehen hatte, hat Pisander gemeldet”
(schnitt Theokrit so dumm auf?) und zu behaupten “vor Matris hat von einem
cyclus der zwölf Heraklesarbeiten niemand etwas gewulst”, und dafs E. Meyer eine
so manifest falsche und, was die autorität des obscuren rhetors angeht, geradezu
unbegreifliche behauptung für eine widerlegung meiner ansicht ausgegeben hat, bedaure
ich und hoffe, dafs sie es selbst bedauern werden.
60 Der Herakles der sage.
möglichst universell fassen? für ihre auffassung waren die tierkämpfe
wahrlich nicht das bedeutendste'*), gleichwol bezeugt Euripides den
Dodekathlos: wozu flöchte er sonst gerade 12 kämpfe zu seinem ehren-
kranze? neun von diesen sind aus dem kanonischen kreise der 12. dafs jeder
dichter und jeder künstler die freiheit hatte im einzelnen zu wechseln,
sollte sich von selbst verstehen; so ist Praxiteles in Theben verfahren'”),
und so finden wir an dem s.g. Theseion in Athen 9 kämpfe, alle aus
der kanonischen reihe, dieselben wie bei Euripides, nur den eber statt
der Kentauren, die in der mythographischen vulgata mit einander ver-
bunden zu sein pflegen: die Kentaurromachie musste mit rücksicht
auf den sonstigen tempeischmuck, der die theseische enthielt, notwendig
fehlen. das wichtigste zeugnis sind die olympischen metopen, also aus
der zeit des Pindaros. denn sie geben nicht nur die zwölfzahl, sondern
elf von den zwölfkämpfen selber, und wenn die Kentauromachie fehlt, so
lag für die künstler ein zwang vor, da der westgiebel diesen stoff vorweg-
genommen hatte''%). statt ihrer hat die aller älteren kunst und poesie
fremde speciell eleische reinigung der Augeasställe platz gefunden. wenn
wir nun diese an demselben platze bei den mythographen finden, so kann
man kaum umhin, darin die autorität eben der olympischen metopen zu
108) Jeder, der den ganzen Herakles, wie er im bewulstsein der Hellenen lebte,
einführte, kannte nunmehr was ihn unendlich bedeutender dünken mufste, giganto-
machie, eroberung Oichalias, den ganzen oetaischen kreis, und selbst die dienstbar-
keit bei Eurystheus mufste davor zurücktreten. man kann lange im Pindar lesen, ohne
auf eine spur von ihr zu stofsen. bei der hindin (Ol. 3) und dem Geryonesaben-
teuer (fgm. 169) erwähnt er sie, aber wie sehr treten die 2ϑλοε überhaupt hinter
den πάρεργα zurück. es wäre doch überhaupt ohne eine alte übermächtige autorität
gar nicht zu ertragen gewesen, dafs ein bulle und ein wildschwein ἔργα sein sollten
gegenüber der eroberung von Troia und der schiffbarmachung der Syrte.
109) Pausan. IX 10. er hatte, wie alle höhere kunst und poesie Athens, die
vögel und vollends die ställe fortgelassen, aber Antaios aufgenommen. über das
schatzhaus der Athener in Delphi weifs ich noch zu wenig, um seine auswahl zu
verwerten.
110) Was dieser giebel darstellt, ist gänzlich ungewifs. Herakles ist nicht zu
erkennen, die überlieferte deutung auf Theseus und Peirithoos verkennt notorisch
eine hauptfigur und kommt offenbar nur daher, dafs eine Kentauromachie, auf welcher
Herakles fehlt, die thessalische sein müfßste. an diese in Olympia, unterhalb der
Pholoe, zu denken, ist eine tollheit, zu der nur ein archaeologe kommen kann, der
nichts von geschichte weils. dargestellt ist die eleische Kentauromachie in der
forın welche Herakles erst verdrängt hat. unmittelbar überliefert ist diese nicht,
sie ist aber vielleicht zu finden. übrigens haben die leute von Phigaleia auf dem
friese ihres Apollontempels dieselbe Kentauromachie verstanden, mochten auch die
athenischen künstler eine andere gemeint haben.
Der Dodekathlos. 61
finden; will man das nicht, so ist die annahme unvermeidlich, dafs für
die bildhauer um 470 dieselbe sehr specialisirte tradition maflsgebend war,
die es für die quelle unserer mythographen geworden ist, und dals
eleische locale rücksichten auf beide gewirkt haben. von diesen rücksichten
auf Elis ist die ältere parallele überlieferung in litteratur und kunst
frei: um so höher hinauf sowol in der zeit wie im werte muls die
für alles verbindliche urform des cyclus rücken. die archaische zeit ist
erreicht.
Was wichtiger ist und mit solchen zeugnissen nicht bewiesen werden
kann lehrt der cyclus selbst: er ist nicht ein conglomerat einzelner ge-
schichten, sondern eine wirkliche einheit und ein wirkliches ganze. gerade
bei den mytbographen, die vorn die thebanische jugend, hinten die ae-
tolische hochzeit und den oetäischen tod anflicken, spürt man das am
besten. es ist doch wol ein widersinn, dafs der Herakles, der wider den
nemeischen löwen zieht, bereits Orchomenos bezwungen, den dreifuls
geraubt, kinder erzeugt und erschlagen haben, ja schon das fell des
Kithaironischen löwen tragen soll. und nicht minder widersinnig folgt
auf Kerberos und Hesperiden die oetäische sage, ja sie zerstört völlig
den sinn der schönsten beiden geschichten, der höllenfahrt und himmel-
fahrt, eo dals sie auf den rang der tierkämpfe hinabsinken. darin dafs
sie diese beiden absondert und in der richtigen folge berichtet, bewährt
eich die trefflichkeit unserer besseren mythographie'''), und man sollte
meinen, wer nur diesen einen zug zu würdigen den guten willen hat,
müsste die selbständigkeit und die vollständigkeit des heldenlebens in
dem Dodekathlos anerkennen.
Auch der charakter, den dieser Herakles in den sehr überlegt aus-
gewählten kämpfen bewahrt, ist bestimmt und einheitlich. er erfüllt wol
die aufgabe, wie es der chor des Euripides von ihm rühmt, μοχϑήσας
ἀχύμον᾽ ἔϑηχεν βίοτον βροτοῖς πέρσας δείματα ϑηρῶν. aber er tut es
in dem sinne, wie sich für den Dorer des 8. jahrhunderts die ehren-
pflicht des rechten mannes darstellen mochte. er baut den acker nicht,
aber er gibt den ackerbauern die sicherheit ihrem geschäfte nachzugehen ;
so sind die ersten sechs kämpfe alle gefasst und in sofern fügen sich
auch die ställe der Augeas gut an. die folgenden vier aber zeigen, wie
dem streitbaren mann die schätze der welt zu gebote stehn, die er nach
allen vier winden siegreich durchzieht. so erhalten wir das idealbild
111) Hesperiden hinter Kerberos rücken die albanische tafel, Diodor und die
apollodorische bibliothek in älterer fassung (Bethe gu. Diod. 43).
62 Der Herakles der sage.
eines streitbaren adels, der über perioeken herrscht, des wehrstandes,
der die schlachten schlägt, während die bauern ihn nähren, und der
tatendurstig und beutelustig nach allen seiten übergreif. Herakles ist
auch nicht mehr der alte bogenschütze; er ist auch nicht hoplit, sondern
greift jede aufgabe an, wie es aın besten geht, er würgt den löwen,
läuft hinter der hindin, jagt den eber in den schnee, schiefst mit der
schleuder die vögel, mit den pfeilen die flüchtigen Kyklopen, schlägt
den dreileibigen Geryones mit der keule nieder. hier ist es die mannig-
faltigkeit der ausführung, die eine überlegte einheitliche dichtung beweist.
Dasselbe zeigt sich in der auswahl und der behandlung der kämpfe,
die tiere sind fast alle so aufgefalst, dals sie umgebracht oder ver-
trieben werden müssen, weil sie das land unbewohnbar machen und die
bestellung des ackers verhindern, das gilt selbst von dem löwen, der
doch ohne frage als ϑὴρ κατ᾽ ἐξοχήν eigentlich eine universelle bedeutung
hatte. niemand wird so verwegen sein, die echte form aller einzelnen
geschichten gewinnen zu wollen. manches, wie der löwenkampf, ist
von so einfacher grölse, dals es wesentlich unverändert sich erhielt. von
der hydra gibt Hesiodos und die kunst schon des 7. jahrhunderts eine
erweiterte fassung'"”). bei dem eber läfst die festigkeit der bildlichen
tradition und die drastische verhöhnung des Eurystheus den schluß zu,
dals das echte sich immer erhielt; aber eben deshalb ist diese geschichte
früh in den hintergrund getreten. die form der Kentauromachie ist ganz
verloren: denn die analogie fordert auch hier einen einzelnen gegner
und einen auftrag des Eurystheus'”), die bezwingung der Hydra hat
hier die ganz durchsichtige bedeutung der entwässerung des lernäischen
sumpfes, der auch eine fassung der Danaidensage gilt; noch wer das
ausbrennen der nachwachsenden köpfe zugefügt hat, hat diesen sinn
verstanden. aber seit die Echidna Hesiods auf dem Typhongiebel ans
licht getreten ist, wird man zugeben, dafs der drachenkampf eigentlich
ein pendant zu dem löwenkampfe von universeller bedeutung war'''). die
112) Vgl. oben anm. 86.
113) Bei Apollodor II 4 wird das sehr seltsame erzählt, dafs Argos πανόπτης
(eigentlich der stadtgründer) einen arkadischen stier erschlägt, der die fluren ver-
wüstet, und seine haut zum kleide nimmt, Echidna, die menschen raubt, im schlafe
tötet und den Satyros umbringt, der den Arkadern ihre herden stiehlt. das ist eine
parallele zu Herakles, und der Satyr sieht hochaltertümlich aus: er entspricht dem
Kentauren, den wir suchen. hier sind wieder zwei mischwesen verwechselt wie oben
anm. 75 Kentaur und flufsgott.
114) Auch die Echidna in der vorigen anm. bestätigt das. der einfall Tümpels
(festschrift für Overbeck), die wasserschlange in einen polypen zu verwandeln, ist
Der Dodekathlos. 63
vertreibung der stymphalischen vögel hat eine ähnliche umdeutung er-
fahren, denn hier besagt sie dasselbe was Hellanikos ohne bild berichtet,
dafs Herakles das βάραϑρον. des stymphalischen sees angelegt hätte,
aber die wundervögel, die in der Argonautensage wiederkehren, werden
wir uns richtiger ähnlich den vögeln mit menschenkopf oder gar den
Harpyien und Sirenen denken: die phantasie der alten zeit hat sich viel
mit solchen ungeheuern beschäftigt, und dem helden steht es an die
schrecknisse der luft so gut wie die in land und meer zu bestehn'"). dann
haben aber diese vogelwesen mit Stymphalos und seinem see nichts mehr
zu schaffen. der eber hat zwar hier seine ursprüngliche bedeutung, die-
selbe wie sein bruder von Kalydon; es ist nur fraglich ob dieser bruder
nicht vielmehr ein doppelgänger mit besserem rechte ist. denn wenn in
Tegea als reliquie ein eberzahn liegt und die Arkaderin Atalante den
ruhm seiner bezwingung hat, so ist wenig glaublich, dafs sie das untier
in Kalydon geschossen hat. wie wichtig die geschichte den Tegeaten war,
zeigt das giebelfeld ihres tempels; dafs Skopas die seinerzeit herrschenden
epischen aber nicht arkadischen traditionen von der kalydonischen jagd
befolgen und schließlich die Arkader selbst diese übernehmen mulsten,
war unvermeidlich. aber wir erschliefsen mit notwendigkeit eine im ein-
zelnen unbekannte arkadische eberjagd, und dann kann man kaum
sinnreich ; aber es bleibt eine rationalistische verirrung, die zoologie eines monstrums
zu untersuchen. auf die inselsteine angewandt kann das weit führen. an den gräu-
lichen animismus, der in den nachwachsenden köpfen und den Stymphaliden seelen
sieht, verliere ich kein wort. gottesfürchtige zeiten fürchten keine gespenster: der
spiritismus ist ein kind der gottlosigkeit.
115) In der argolischen sage, wo sie einen see vertreten, sind die Stymphaliden
schwirnmvögel, das ist in der ordnung. dementsprechend braucht Her. eine schleuder
Gaz. arch£ol. II 8, später die pfeile. die monumentale überlieferung läfst ganz über-
wiegend die vögel getötet werden, während die litterarische in älterer zeit (Peisan-
dros und Hellanikos werden genannt, schol. Apoll. Rh. II 1052. 1055. 1088. Paus.
8, 22.) nur von ihrer vertreibung redet, und dieser allein dient die klapper, die
Athena dem Her. gibt: wenn Pherekydes die klapper zum aufscheuchen des wildes
verwenden läfst, das nachher doch erschossen wird, so ist das offenbar contamination.
die vögel kehren auf einer Aresinsel des Pontos in der Argonautensage wieder, und
wer dies festbielt, konnte sie freilich nur vertreiben lassen; daraus folgt aber nicht,
dafs die vertreibung secundär wäre. denn wenn die vögel wunderwesen wie Harpyien
und Sirenen waren, so waren sie wol gar unsterblich, oder es reichte doch ver-
treibung aus, und nur für solche passt der apparat einer von Hephaistos gefertigten
klapper. dafs die vögel der Aresinsel in der Argonautensage den Sirenen entsprechen,
genau wie die Plankten den Symplegaden, halte ich für evident; die lokalisirung im
Pontos ist das ältere für beide sagen. in der tat heifst der sitz der Sirenen petra
Martis, d.h. Agnrıds, bei Lutatius zu Ovid Met. V fab. 9.
64 Der Herakles der sage.
umhin anzunehmen, dafs der Herakles von Argos sich in eine althelle-
nische geschichte eingedrängt hat, allerdings nur so, dafs das motiv
übernommen ward; die ausgestaltung ist. neu und originell. im grunde
steht es mit der eleischen Kentauromachie, so weit wir sie kennen, nicht
anders. noch viel deutlicher ist dasselbe an den beiden taten, die zwar
die bildliche tradition als sehr alt erweist, die aber von den Athenern
mit fug und recht unterdrückt oder ganz umgebildet werden, weil ihr
Theseus, der in so vielem nur ἄλλος οὗτος Ἡρακλῆς ist, hier einmal
das bessere recht hat. das sind der kretische stier und die Amazonen.
der zug des Theseus nach Kreta führt den stier noch in der altertüm-
lichen mischgestalt ein und zieht eine reihe bedeutender gestalten, Minos
Ariadne Phaidra heran: davon ist der herakleische stier eine ziemlich
ärmliche nachbildung. das wird besonders deutlich, da der Minotauros auch
in der Theseussage selbst einmal zu einem gewöhnlichen stiere geworden
ist, in der marathonischen sage. die Amazonen sind in der Theseussage
deshalb ursprünglicher, weil sie als feinde nach Athen oder Megara oder
Trozen kommen, während Herakles sie aufsucht. auch in der asiatischen
sage sind die Amazonen die angreifer, mögen sie wider Ephesos oder
für Dlios zu felde ziehen. man kann daher nicht umhin den reflex von
angriffen fremder völker in allen diesen sagen zu erblicken, und es ist
offenbar, dafs die küsten des saronischen busens solche erfahrungen ge-
macht haben mögen (wie ja auch Minos Athen und Megara erobert),
aber nicht das Inachostal. ganz begreiflich war es dann, dafs die Dorer von
den ihnen so nahe wohnenden Theseusverehrern Trozens einen Amazonen-
kampf für ihren heros borgten. wohin ihre vorstellung den sitz der
Amazonen verlegt hat, von denen Herakles den gürtel für die tochter
des Eurystbeus oder für Hera geholt αι), ist bisher nicht ermittelt.
Es ist das bedauerlich, denn gerade der enge geographische horizont
ist es, der zeit und ort der entstehung des Dodekathlos deutlich erkennen
läfst. die ersten sechs kämpfe sind sehr reich an genauen ortsangaben,
die von Mykene bis an die Pholoe reichen, aber nicht weiter. die drei
südlichen spitzen des Peloponneses bleiben unberücksichtigt, obwol die
politischen ansprüche, die Argos auf die herrschaft im Peloponnes erhob,
die sagen von Herakles wider Hippokoon Eurytos Neleus erzeugt haben.
Kreta und das unbekannte ostland der Amazonen stammen aus der
Theseussage, das Thrakien, wo die rosse des Diomedes zu hause sind,
darf recht nahe, am Kithairon und Helikon gesucht werden. das ist
——
116) Vgl. zu v. 417.
Der Dodekathlos. 65
zwar nirgend überliefert, aber der gewöhnliche ansatz bei den Bistonern
ist eine durchsichtige umbildung, die die gründung von Abdera voraus-
setzt"), und dem berechtigten verlangen, sich zunächst an die nächsten
Thraker zu halten, kommt die existenz menschenfressender rosse in
Potniai entgegen, also gerade auf boeotisch-thrakischem gebiete''*).
diese gehören einem Glaukos; Herakles holt die seinen von einem Dio-
medes. in der Ilias führen zwei befreundete helden diese namen, und
der Diomedes ist für Homer in Argos zu hause und ist der besitzer der
edelsten rosse. Herakles erschlägt auch die rosse nicht wie ungeheuer,
sondern er holt sie nach Argos als einen wertvollen besitz, und von
ihnen stammt die pferderace des ἑἱπιπόβοτον Apyog'”). es ist ganz be-
greiflich, dafs dieselben Dorer, die den Sthenelos zum vater des Eury-
stheus machten, in Diomedes, der immer ein nordländer gewesen war,
einen feind ihres helden fanden und seine berühmten rosse diesem zum
preise gaben. gelingt es so, diese geschichte zu localisiren, so muls das
mit dem "Rotland ᾿Ερύϑεια, noch in der schwebe bleiben, wo
Geryones mit seinem gefolge und seinen rindern sicherlich auch im Dode-
kathlos lebte: das darf man auf Hesiods zeugnis hin (Theog. 287) un-
bedenklich glauben. so sicher es aber ist, dafs Rotland ein mythischer
name für das totenreich jenseits der abendröte und Geryones der herr
dieses reiches im jenseits ist, so wenig ist damit ausgeschlossen, dafs der
dichter des Dodekathlos wie alle seine nachfolger Erytheia an einem
bestimmten realen orte suchte. nur erscheint es verfrüht zu bestimmen,
wo für ihn die welt westwärte zu ende war; es gibt spuren, die auf den
westrand des Peloponneses deuten, wo Πύλος Νηλήιος liegt.
Nichts beweist so gut wie die enge des geographischen blickes, wo wir
den ursprung des Dodekathlos zu suchen haben: man möchte am liebsten
sagen, bei der Hera von Argos, denn weder die stadt Mykene noch die stadt
Argos treten bedeutend hervor. und über die zeit, der der süden und
117) Vgl. zu v. 380.
118) Glaukos heifst ein Thraker im schol. Eur. Phoen. 1124; er füttert seine
pferde mit menschenfleisch bei Asklepiades von Tragilos, Probusschol. zu Verg. georg.
3, 267. zu der stelle bringen die verschiedenen scholien vielerlei, darunter auch
die gleichsetzung der rosse von Glaukos und Diomedes. aber der inhalt des aischy-
leischen 7λαῦκος Ποτνιεύς bleibt ganz unklar. geradezu nach Potniai setzt Eusta-
thios zu B 503 die rosse des Diomedes. aber das ist eigne verwirrung, da seine
vorlagen, Strabon 409 und die Euripidesscholien, nichts davon bieten.
119) So erzählt Matris (Diod. IV 15), und der glaube bestand noch in Ciceros
zeit, was die hübsche geschichte vom equus Seianus zeigt, Gellius III 9 aus Gavius
Bassus,
v. Wilamowitz L. 5
66 Der Herakles der sage.
westen des Peloponneses und das land jenseits des Isthmos ganz nebel-
haft ist, kann auch füglich kaum ein zweifel bestehn. noch viel weniger
aber darüber, dals ein bewulster dichterwille diesen cyclus gestaltet hat,
denn es ist nirgend das bestreben kenntlich, Herakles zum vertreter der
politischen aspirationen von Argos zu machen, nirgend auch erscheint
er als der heros eines stammes, und wie viel auch immer von dem
grolsartigeren urbilde abgezogen ist, es bleibt ein universales heldenbild.
eg wäre eine vermessenheit, von der ich mich frei weils, für jeden zug,
ja nur für jedes abenteuer zu wähnen, dafs die fassung erreicht oder
erreichbar wäre, die ihm der dichter gegeben hatte, ja es mag zukünftige
forschung ermitteln, dafs der cyclus ursprünglich eine geringere zahl von
kämpfen umfafst habe, oder dafs hier oder da eine vertauschung vor-
gekommen sei: daran wird sich nicht viel ändern, dafs eine solche grofßs-
artig einfache dichtung in dem Argos des 8. jahrhunderts entstanden ist,
ΝΥΝ Unabweisbar tritt da die frage hervor: welcher art war die form der
᾿ dichtung, und wie ist derdichter zu denken ὃ die antwort wird unbefriedigend
ausfallen, aber der versuch muls gemacht werden. zunächst fragt man nach
den Heraklesepen, von denen uns eine kunde geblieben ist. wir wissen
sehr wenig, aber genug, um sie alle auszuschlielsen. in den romantischen
bestrebungen des 3. jahrhunderts, die bei den kleinasiatischen Dorern
besonders lebhaft waren, hat man auf Rhodos ein nicht eben umfang-
reiches'?°) gedicht hervorgezogen, von dem in älterer zeit nicht die leiseste
spur ist. die Rhodier schrieben es jetzt einem gewissen Peisandros von
Kamiros zu und setzten dem plötzlich auftauchenden dorischen Homer
eine statue. die grammatiker wulsten wol, dafs dieser verfassername nicht
mehr beglaubigung hatte als die allmählich für viele stücke des home-
rischen nachlasses hervorgesuchten ; indessen haben sie das gedicht ge-
schätzt und für mythographische dinge, vereinzelt auch für anderes ein-
gesehen. über die zünftigen kreise ist es jedoch nicht hinausgelangt.
den poetischen wert können wir nicht schätzen. immerhin gestatten die
reste den schluls, dafs es nicht älter als das 6. jahrhundert gewesen sein
kann"), also zeit und ort der entstehung würde die von Welcker ver-
120) Suidas gibt 2 bücher an, d.h. es waren noch nicht 2000 verse.
121) Theokrits epigramm Anth. Pal. IX 598, das unter der statue stand, ist
das beste geschichtliche zeugnis. die wertlosigkeit des autornamens gesteht Erato-
sthenes, vgl. Homer. Unt. 347. derselbe ist auch für andere, wahrscheinlich pro-
saische werke über heldensage verwandt worden; seltsamerweise nennt man das ‘den
falschen Peisandros’, als ob die Heraklee ächter wäre. bei Eumelos und Kreophylos
liegt dieselbe erscheinung vor. für die zeit der Heraklee ist wesentlich 1) das aben-
Die Herakleen. 67
mutete herleitung des Dodekathlos aus diesem epos ausschlielsen, gesetzt
auch, es hätte auf die verbreitung und gestaltung der sage überhaupt
nachweisbaren einflufs gehabt — wovon doch nicht das mindeste bekannt
oder wahrscheinlich ist. aber enthalten hat es allerdings den Dode-
kathlos, das ist überliefert und mülste auch ohne zeugnis angenommen
werden. das ist die einzige Heraklee der archaischen zeit, von der wir
wissen. ein par gar nicht näher zu bestimmende notizen von anderen
Herakleen helfen nicht weiter'”). die nach den spärlichen proben äulserst
anmutige umfangreiche dichtung des Halikarnassiers Panyassis gehört in
das 5. jahrhundert und hat weder auf den attischen culturkreis noch
gar auf die durch ihre nationalität mit Herakles verbundenen völker
gewirkt; selbst die mythographen benutzen sie nur selten. der verfasser
trägt einen karischen namen und ist aus einer ganz ionisirten stadt;
was er von stoff neu zugeführt hat, sind karische lydische 1ykische
sagen: für das echtdorische ist also von ihm nicht viel zu erwarten.
im übrigen liegt der beste beweis für das fehlen eines malsgebenden
Heraklesgedichtes darin, dals sich ein ionisirter Karer im fünften jahr-
hundert diesen stoff wählt, der also keine Ilias post Homerum war.
litterargeschichtlich ist nicht sowol das gedicht bedeutsam als die tat-
sache, dafs sich schon zu Sophokles zeit jemand an dieselbe aufgabe
macht, an der sich im dritten jahrhundert, als das epos neubelebt wird,
Diotimos von Adramyttion'®), Phaidimos von Bisanthe*) und Rhianos
teuer des Antaios in Libyen, also nach der colonisation von Kyrene (schol. Pind.
Pyth. IX 183), 2) die beteiligung des Telamon an dem zuge gegen Troia (Athen,
XI cap. 24), wo er bereits das ἀρεστεῖον erhält, also aeginetische tendenz, 3) die
feste einführung der tracht des Her. mit löwenhaut und keule, vgl. Furtwängler
bei Roscher Mythol. Lex. 2143. Megakleides (Athen. XII 513) hat den Peisandros
entweder für jünger als Stesichoros gehalten oder, was ungleich wahrscheinlicher
ist, gar nicht gekannt. ein altes epigramm, das Nikolaos von Damaskos als be-
sonders vortrefflich irgendwo gelobt hat (Bergk. Lyr. II 22), trägt den namen des
Peisandros: das bedeutet nicht mehr als die namen Archilochos, Sappho, Epicharmos
bei anderen.
122) Der scholiast zu Apollonios (I 1165 und 1357) eitirt für pontische dinge
eine Heraklee, deren verfasser einmal Κόνων, einmal Kıva/do» heifst. das bleibt
ganz unklar; der inhalt setzt die gründung von Herakleia voraus. Aristoteles (poet. 8)
kennt vielleicht mehrere Herakleen, aber nicht einmal die mehrzahl ist unzweifelhaft.
123) Der von Arat (Ζ. Ὁ. bei Stephanus 8. v. /dpyapa. alle citate gehen auf
Epaphroditos zurück) verhöhnte dichter, dessen zeit und vaterland so bestimmt wird,
hatte dla Ἡρακλέους verfalst. erhalten ist nur ein citat über die Kerkopen durch
einen paroemiographen (ob Zenobios, ist fraglich) bei Suid. Εὐρύβατος und in den
Wiener Lukianscholien zum Alexander. dann hatte ein alter mythograph die leitende
δ 2
68 Der Herakles der sage.
von Bena versuchen, auch sie ohne erfolg; obwol Rhianos, der in an-
ziehender weise die vorliebe für das rauhste altertum mit der pflege des
raffinirtesten modelebens zu verbinden wulste, die bedeutung der zwölf
kämpfe verstanden hat'*), so dafs man bei ihm vielleicht alte traditionen
finden könnte; aber er ist so gut wie ganz verschollen. für die archa-
erfindung des Diotimos ausnotirt, dafs Her. aus liebe zu Eurystheus die arbeiten
vollbracht hätte. auf ihn gehen durch verschiedene canäle zurück Athen. XIII 6034,
schol. Townl. zu Ο 639, Clemens Rom, hom. V 15. epigramme des Diotimos hatte
Meleager aufgenommen (γλυκὺ μῆλον ἀπ᾽ ἀκρεμόνων Jıorluov in seiner vorrede 27).
davon sind erhalten A. P. VI 267, 358, VII 227, 475, 733. denn IX 391 Plan. 158
gehören dem spätling aus Milet, von dem Philippos V 105 erhalten hat, VII 261
möchte man dem Sıdriuos JıuonslFovs ᾿Αϑηναῖος geben, den Meleager VII 420 nennt.
124) Die herkunft war unsicher; Herennius Philo bei Steph. Βισάνϑη. Meleager
hat ihn ausgezogen und vergleicht ihn mit φάσξ (51). erhalten sind durch ihn vier
gedichte, von denen XUI 2 in Athen verfalst ist. die polymetrie veranlafst, den
dichter noch in das 8. jahrhundert zu setzen. aus der Heraklee ein vers bei Athen.
ΧῚ 498 e.
125) Der name des Rhianos ist nur unter einer ἑστορέα zu T 119 erhalten, die
jetzt niemand mehr für ihn in anspruch nehmen darf, wie Meineke An. Al. 117. sie
ist aus dem inhalt der Homerstellen und ein par mythographischen scholien zusammen-
gebraut, von denen eines, über die mutter des Eurystheus, daneben rein erhalten
ist (in A und T). auf Rhianos ist nur der letzte satz bezüglich, und auch in diesem
ist ein irrtum: τοὺς ἄϑλους τελέσας κατὰ τὰς Adnräs καὶ Andilawos ὑποσχέάσεες
τῆς ἀϑανασέας μαφτέλαβεν. denn dieses scholion kehrt im Townl. wieder zu O 639
φασὶν Ἥρας αὐτῷ παραστάσης ἐπιτάσσειν (nämlich Eurystheus), τὸν δὲ Ἑρμοῦ
καὶ Adnväs εἰπόντων ὡς διὰ τοῦτο ἔσοιτο ἀϑάνατος καταδέχεσθαι (es folgt das
motiv aus Diotimos Heraklee, das scholion ist also vorzüglich gelehrt). Hermes und
Athena sind die geleiter des Her.: Apollon hat da nichts zu suchen. dem oom-
pilator im schol. zum 7’ schien der orakelgott passender. also Rhianos hat genau
die stimmung des dodekathlos eingehalten. dafs er gleichwol die selbstverbrennung
hatte, darf man aus der erwähnung der 4odinva ὄρη bei Trachis im vierten und
letzten buche schliefsen, EM 8. v. denn dafs hier ἐν τῷ Ö’ aus τῷ «ö' zu machen
ist, nicht bei Suidas 8,βλέα δ' in εδ' zu ändern, liegt auf der hand. die knaben-
liebe, der Rhianos in seinen zierlichen epigrammen huldigt, hat er auch in die
Heraklee geschmackvoller als Diotimos einzuführen gewufst; auf ihn geht ja die
später so geläufige erotische motivirung von Apollons dienstbarkeit bei Admetos
zurück. sie findet sich auch bei Kallim. hymn. 2, 49; aber dieser setzt den zug als
bekannt voraus. das deutet darauf, dafs Rhianos ein zeitgenosse des Aratos und
Zenodotos ist, nicht des Euphorion, wie bei Suidas steht. in der tat spricht vieles
gegen diesen späten ansatz, zumal die Homerkritik des Rhianos, und die Suidasdaten
sind nirgend so unzuverlässig wie in den dichtern des 3. jahrhunderts. aber ich
möchte nicht mehr zuversichtlich reden, obwol andere auf diesem grunde welter ge-
baut haben. Rhianoe war kein höfling (Kaibel Herm. 28, 57). wo er dichtete, wissen
wir nicht. in anderer umgebung konnte sich wol ein stil erhalten, der in Alexan-
dreia längst überwunden war. auf Suidas zu bauen ist natürlich auch ganz unsicher.
Die Herakleen. 69
ische zeit wendet man seine augen natürlich auch auf die hesiodischen
gedichte, und gewils hat in ihnen vielerlei gestanden, was Herakles an-
gieng, nur gewils nicht der Dodekathlos, ja überhaupt nirgend eine volle
lebensgeschichte des helden. das stück der Eoee, das seine erzeugung
schildert, und schon die stellen der Theogonie des echten Hesiodos und
die für die Ilias jungen, aber absolut genommen immer noch alten ho-
merischen erwähnungen zeigen auf das deutlichste, dals bevor sie so
gedichtet werden konnten, eine überaus reiche und weit bekannte Herakles-
sage in fest durchgebildeter erzählung bestand. aber selber liefern sie
diese erzählung nicht: die hesiodische dichtung gehört ja auch nicht
nach dem Peloponnes. ihrem einflußs werden in der Heraklessage viel-
mehr die erweiterungen des Dodekathlos, meistens sagen von geschicht-
lichem inhalte, und dann eine anzahl boeotischer und nordgriechischer
zusätze verdankt: diese dichter waren sich wol bewulst, parerga zu
liefern.
Hesiodos kennt die Heraklessagen als allbeliebte und allbekannte.
das ionische epos, von dem er doch wesentlich abhängt, konnte sie
ihm nicht liefern: wo hat er sie denn her? er weist auf eine dorische
dichtung zurück, der er zwar nichts von seiner form, aber viel von
seinem inhalte schuldet. wie war diese dorische dichtung beschaffen ὃ
niemand kann das sagen, jede spur ist verweht, ist schon zu Aristoteles
zeit verweht gewesen; Pindaros Pherekydes Euripides hätten wol noch
antwort geben können. mag es eine dorische volkspoesie gegeben haben
in unvorstellbarer form, mag es prosaische erzählung, dann aber gewils
auch sie in einer festen stilisirung, gewesen sein, mögen die edel-
knaben beim male die taten der ahnen erzählt haben, wie die greise sie
ihnen eingeprägt hatten, mag ein stand von fahrenden verachteten und
doch gern gehörten spielleuten neben possenhaften tänzen auch ernste
volkslieder vorgetragen haben: das ist verschollen wie das germanische
epos der völkerwanderung. aber wie dieses wird das dorische erschlossen,
weil seine stoffe auch in veränderter form sich erhalten haben. nicht
bloßs die taten des Herakles, auch die stamm- und familiensagen, ja selbst
geschichtliche überlieferungen, wie die messenischen, zwingen zu der
annahme einer solchen poesie. was sie zerstört hat, ist leicht zu sehen.
schon vor 700 ist das homerische epos herüber gekommen, reich an an-
ziehendsten neuen geschichten, die sich um so eher die herzen eroberten,
weil sie vielfach in denselben gegenden spielten, zu denen sie zurück-
kehrten, vor allem aber in der ausgebildeten bequemen bildsamen form.
Chalkis Theben Korinth Delphi hat Homer sehr bald ganz erobert;
Kreophylos.
70 Der Herakles der sage.
auch Argos hat homerische dichter gestellt‘), selbst Sparta vielleicht'”).
allein recht heimisch ist das fremde im Peloponnes nicht geworden, und
namentlich den schritt hat man hier nicht in voller freiheit getan, der
in Korinth und nördlich vom Isthmos gelang, die bearbeitung der natio-
nalen stoffe in homerischer form. wie die hellenische cultur Ioniens
sich allmählich das mutterland zurückerobert hat, wie die peloponnesische
sprache sitte und religion, so weit sie sich nicht dem ionischen, später
dem attischen anbequemen mochte, verkümmert und vergessen ist, so ist
es zuerst von allen lebensäufserungen dem peloponnesischen heldenge-
sange ergangen. vergessen sind die dichter, nicht nur ihre namen, nein,
dals es sie je gab; vergessen ihre werke, ja, dafs es deren je gab: aber
der geist ist nicht sterblich. die seele der dichtung überdauert nicht
nur das sterbliche gemächte, den dichter, auch ihr kleid überdauert sie,
wenn es nicht durch den göttlichen geist der Muse gefeit ist: all das mag
vernichtet werden, wie das irdische des Herakles in dem oetäischen feuer.
die Heraklee hat dennoch, wie der ἀνὴρ ϑεός, das ewige leben und die
ewige jugend. und wer seinen gedanken nachdenken mag, der wird
heroische ehren auch ihm gerne weihen, dem altdorischen dichter des
Dodekathlos, von dem er nichts weils, dessen stimme vor dritthalbtausend
jahren schon verklungen war, weil ihn der hauch seines stolzen und
frommen geistes umwittert. und doch ist es nicht eigentlich der dichter,
dem wir huldigen, sondern die sage, die durch ihn gesprochen, deren
geist auf ihm geruht hat. aber es ist etwas grofses, der prophet der sage
zu sein. das volk selbst würde sein köstlichstes kleinod zerstolsen und
zerstümmelt haben, wenn es nicht die sorgliche künstlerhand rechtzeitig
gefalst hätte: nun dauert es, mag auch die fassung geborsten sein. ohne
den dichter des Dodekathlos würden wir schwerlich die Heraklesreligion
in ihrem wesen erfassen können.
Das empfindet man am deutlichsten, wenn man einen anderen be-
deutenden sagenkreis vergleicht, dessen örtlicher mittelpunkt Trachis ist,
und dessen wichtigstes stück, die selbstverbrennung des siechen Herakles,
die oberhand gewonnen hat, so dals der ausgang des Dodekathlos, so viel
höher er an innerem gehalte auch steht, ganz und gar in vergessenheit
geraten ist.
126) Hagias ist als verfasser für mehrere epen genannt, aber auch von Apyolırd.
vgl. Homer. Unters. 180, auch Homer heifst zuweilen Argeier.
137) Kinaithon wird schon von Hellanikos als verfasser der μικρὰ 1λεάς an-
gegeben, später für mehr homerisches, aber auch für genealogien; über das citat
einer Heraklee von ihm anm. 122.
Kreophylos. 71
Es kann und soll hier der untersuchung nicht vorgegriffen werden,
ob es schon der Homeride gewesen ist, den man meist Kreophylos von
Samos nennt, der dichter der .“Πρακλεία oder Οἰχαλίας ἅλωσις, oder
ob erst Sophokles in den Trachinierinnen die geschichten von Deianeira
Omphale Iole in einen engen und sinnreichen zusammenhang gebracht
hat. wol aber mufs hervorgehoben werden, dafs allen diesen sagen eine
behandlung gemeinsam ist, die sie von der herben folgerichtigkeit des
Dodekathlos eben so weit entfernt, wie sie der menschlich heldenhaften
aber liebenswürdig läfslichen weise Homers angenähert werden. erst
nach beseitigung dieser anmutigen und poetisch höchst wirksamen neu-
bildungen tritt das alte Heraklesbild hervor, das dann die züge gemein-
samer abstammung mit dem des Dodekathlos nicht verleugnet. und in
einem ist der oetäische Herakles sogar altertümlicher: seine waffe ist
durchgehends der bogen. es hat eben die cultur der peloponnesischen
adelsstaaten auf das bergland des Oeta nicht gewirkt, und die homerische
poesie hat dem helden, den sie übernahm, seine charakteristische aus-
stattung gelassen.
Eins mufs vorab beseitigt werden, was von aulßsen zugetan ist und
alles verwirrt, das lydische local der Omphalesage. dafs das sich noch
allgemein behauptet, liegt nicht etwa an irgendwie guter begründung, sondern
lediglich daran, dals seltsamer weise O. Müller in diesem punkte den
orientalisirenden tendenzen entgegengekommen ist, gewils ist die üppige
frau in der löwenhaut mit der keule neben dem helden im weiberrock
mit der kunkel in der hand ein hübsches bild, und Priap als dritter im
bunde gibt ihm einen besonders pikanten zug. Simson und Delila, An-
tonius und Kleopatra, Rinaldo und Armida, August der starke und die
Königsmarck zeigen, wie fabel und geschichte an diesem motive gefallen
haben. aber so hübsch es sein mag: dafs es ernsthaft genommen werden
könnte als ein zug der Heraklessage irgendwie ernster zeit, davon ist
keine rede. es existirt einfach nicht vor der hellenistischen zeit, derselben
die auch Priapos unter ihre götter einreibt, und wer es ernsthaft nimmt,
kann mit demselben rechte den Eurystheus zum ἐρώμενος des Herakles
machen'”). zwei ionische dichter des 5. jahrhunderts, Ion und Achaios,
128) Aspasia ist von einem komiker die neue Omphale genannt worden (schol.
Pist. Menex., Plut. Per. 24). das heifst für jeden, der die Trachinierinnen kennt
(mehr ist nicht nötig), Perikles ist der sclave seiner asiatischen concubine. dieselbe
ward Deianeira genannt, natürlich weil sie dem gatten verderblich sein sollte. trotz-
dem hat jemand behauptet ‘die psychologische motivirung, nach welcher Her. in
Ompbale derartig (so!) verliebt war, dafs er sich ihr mit wollust (80 [) unterordnete,
72 Der Herakles der sage.
haben sich allerdings schon des dankbaren motives bedient, den plumpen
Dorer Herakles als diener der üppigen Asiatin in einem satyrspiele Om-
phale einzuführen, und sie bezeugen, dafs damals diese bereits eine
Lyderin war, was wegen ihrer descendenz, der lydischen könige aus
Herakles stamme, schon für viel frühere zeit unbestritten bleibt; aber
der Herakles des Ion war weit entfernt sich im schoße der wollust zu
vergessen. während das übrige gesinde noch in feierlicher stille den
sinn auf das opfer gerichtet hatte, verspeiste er nicht blofs den braten,
sondern auch das holz und die asche, auf denen dieser gebraten war, mit:
seine zähne erlaubten ihm diese leistung, denn er hatte drei reihen hinter
einander'®). also gerade darin lag der reiz dieser spielenden erfindung,
dafs Herakles auch als knecht Herakles blieb und seine natur nicht
verleugnete. hätte sich seine begierde zu der schönen herrin erhoben
(was unbeweisbar, aber möglich ist), so würde er wie Sir John von frau
Page, oder wie von der Bitinna des Herodes ihr leibsclave behandelt
sein'®). das war schon eine umbildung, allein es war noch weit entfernt
von der hellenistischen Omphalesage, welche die erfahrung voraussetzt,
dals die gewaltigen männer der tat ebenso gewaltig im sinnengenusse
war dem attischen komiker bekannt’ (Rh. Mus. 46, 249). dagegen soll der verkauf
des Her. ‘wegen der ermordung des Eurytos (so!)’ erst in “späteren quellen’ stehn.
eine solche ignoranz, die eben nicht mal die Trachinierinnen kennt (wol aber das
‘“mutterrecht’), und ein solches deutsch würde ich keiner zeile würdigen, aber es
ist nicht in der ordnung, dafs männer, die etwas bedeuten, so skandalöses geschreibsel
citiren, gleich als stünde etwas darin.
129) Ion fgm. 29. 30. wenn er von Herakles gesagt haben sollte (59), dafs er
ein Iydisches leinenhemd angezogen hätte, das ihm nur bis auf die mitte der schenkel
reichte, so war damit nur seine gröfse geschildert, und wie schlecht ihm die sclaven-
tracht pafste. die κύπασσες der Omphale, welche Diotimos der dichter der Heraklee
(Anth, Pal. VI 868) als weihgeschenk eines Artemistempels besingt, hat mit dieser
vertauschung der kleidung nichts zu tun; denn Omphale hat sie zwar ausgezogen,
aber Herakles nicht angezogen. Diotimos sagt, das kleid war selig, bis sie es auszog,
und ist es jetzt wieder, wo es im ϑησαυρός der Artemis als schaustück liegt.
130) Die worte der pseudojustinischen oratio ad gentiles 3 ὡς νήπεος ὑπὸ
σατύρων κατακυρμβαλισϑεές, καὶ ὑπὸ γυναικεέον ἔρωτος ὑπὸ Avdis γελώσης κατὰ
γλουτῶν τυπτόμενος ἥδετο würden den sinn gestatten, dafs Herakles wie Falstaff
geprellt wäre, und wenn man die satyrn in die Omphalefabel einbezieht, könnte man
hier sogar an Ion denken. aber die satyrn sollen für sich stehen: sie bezeichnen nur
das ἥττων μέϑης, wie Omphale das ἥττων ἔρωτος, und die prägel sind die gewöhn-
lichen des pantoffelhelden. das wird gesichert durch Lukian dial. deor. 13. Kyniker
und christen bestreiten ihre polemik mit demselben sus grammatischen sammlungen
entlehnten materiale. dieses war trefflich, und so wird Herakles der pantoffelheld
allerdings eine erfindung der besten hellenistischen zeit sein.
Kreophylos. 73
eind: Demetrios Poliorketes konnte ein solches bild eingeben"). dagegen
hatte die einfachere tradition Herakles eben nur als sclaven der Omphale
gedacht, der auch in dieser stellung, wie in Argos für Eurystheus, herum-
zog und heldentaten verrichtete. schließlich entscheidet diese parallele
darüber, was ursprünglich ist, und auch hier bezeugen die kämpfe das
local der sagen. Diodor 31) läfst Omphale freilich über die Mai-
oner-Lyder herrschen, aber Herakles züchtigt in ihrem dienste die Ker-
kopen, den Syleus und die Itoner; und als mph diese taten ihres
sclaven sieht, den sie gar nicht gekannt hat, läfst 810 ihn frei und gewährt
ihm ihre liebe, aus welcher Lamos hervorgeht. nun, in Lydien kennt
Itoner keine karte'”), aber am malischen golfe liegt Ἴτων oder "Irwvoc,
und da hat Herakles allerdings mit Kyknos einen schweren strauls gehabt.
die ερχώπων ἕδραι neben der πέτρη Π]ελαμπύγου kennt Herodot
an den Thermopylen (VII 216)'*). Syleus gehört an den Strymon'*). Lamos
131) Man täuscht sich, wenn man in der verbindung von Ares und Aphrodite
eine gleiche symbolik sieht: die ist eben auch erst in derselben hellenistischen zeit
hineingetragen. der schwank, welcher Aphrodite sich zu dem strammen krieger
lieber als zu dem biedern ehegespons Hephaistos halten läfst, heifst nichts anderes,
als dafs der weibliche geschmack zu Demodokos und Alkaios zeiten kein anderer
als heute war. ernsthaft ist die verbindung nur in der genealogie, welche Apuovsa
als tochter des ungleichen pares dem Κάδμος- Κόσμος gesellt, der die drachensaat
des Ares gesäet und gefällt hat, das hat die symbolische bedeutung, dafs die ver-
söhnung und der friede durch Aphrodite bewirkt wird. jede politische hochzeit will
Ares durch Aphrodite bändigen und dadurch harmonie erzielen. die peloponnesische
“Ayeodirn ἀρεέα ist lediglich die ‘streitbare’, so genannt, weil sie gewappnet war.
das ist eine göttin, welcher der name Aphrodite vielleicht, sicherlich nicht das wesen
derselben, wie es in Ionien galt, zukommt: dem wesen nach ist Aygod/ra dpela
vielmehr Aöddva. aber sie widerlegt allerdings den glauben, dafs Aphrodite nichts
als eine Semitin sei.
132) Nonnus Dion. 13, 465, Steph. Byz. s. v. können ihr Iydisches 7τών oder
τώνη eben aus dieser sage haben. dagegen verlegt die apollodorische bibliothek
(Ι 155) Kyknos nach Iton.
133) Noch Diotimos (anm. 123) versetzt die Kerkopen nach Oichalia. nach Ephesos
kommen sie, weil δυρύβατος, ein ephesischer nichtsnutz, unter sie aufgenommen
wird. vgl. im allgemeinen Lobeck Agl. 1296. die alte monumentale überlieferung
zeigt, dafs die sage im korinthischen culturkreis beliebt war; die Athener lassen sie
fallen. ob das homerische Kerkopengedicht sie behandelt hat, ist sehr fraglich, da
die Kobolde keinesweges eine so enge wirksamkeit gehabt haben; sie haben auclı
den Zeus zu betrügen versucht und tragen gar von den Aloaden einen namen.
134) Syleus und sein bruder Dikaios sind redende namen, der frevler und der
biedere, aber sie sind fest localisirt, denn Σιυλέος πεδέον liegt bei Stagiros (Herodot
7, 115), Dikaia heifsen zwei städte, die eine, ἡ ᾿ξρετρεέων, irgendwo am thermäischen
busen, die andere παρ᾽ 4Adnpa, beide haben schon gemünzt, ehe sie glieder des
174 Der Herakles der sage.
ist als eponymos von Lamia sogar ausdrücklich bezeugt'*), und was ist
endlich Ouyain anders als die eponymos von Ὀμφάλιον, der stadt
attischen reiches wurden (Head Doctr. Numm. 189. 218). die echte geschichte, die
Syleus von Herakles umbringen, Dikaios ehren liefs, gehört also in eine zeit, wo
“die umgegend der Strymonmündung sich der hellenischen besiedelung noch wider-
setzte, und Herakles tritt als züchtiger des Poseidonsohnes Syleus eben so berechtigt
auf wie in den thasischen sagen ee bderrusane.
dem entspricht es, dafs die vasenmalerei diese geschichte kennt (Aunali 1878 C, Jahrb.
I 229), und so berichtet der falsche brief des Speusippos an Philipp (Epistologr.
Gr. 630 Herch.) ganz correct, dafs Dikaios die landschaft Φιλλές von Herakles als
παρακαταϑήκη erhielt, natürlich bis rechtsnachfolger des eroberers kämen. der
brief nennt schon die stadt Amphipolis, deren gründung durch Athen aus dem land-
namen (ζιυλλές die neue sage schuf, die den Athener Demophon einführte; sie be-
gegnet nicht vor der mitte des 4. jahrhunderts, aber wie Phylliis um Demophons
willen, so stisbt_ die tochter des Sylaua aus. sehnsucht nach Herakles bei Konon 17.
das läfst man besser bei seite, denn es kann seinerseits nach der Phyllissage ge-
macht sein; es genügt aber dazu, das lokal, das Konon angibt, das thessalische Pelion,
zu verwerfen. bei Apollodor II 132 ist der ortsname ἐν Avustdı überliefert, dafs
aber Φιλλέδε von Hercher richtig verbessert ist, folgt daraus, dafs Herakles auf der
heimfahrt nach Asien über die insel Ikaros komnit. ,δὲ chichte ist natürlich an
sich ganz selbständig, und ihre verknüpfung mit Omphale %eruht für uns nur auf
einem zeugnis, der quelle von Diodor und Apollodor. aber es spricht für sie, dafs
in ihr von dem Lyder Lityerses von Kelainai keine spur ist, eigentlich dem namen
eines schnitterliedes, auf dessen träger die Syleussage übertragen worden ist, nicht
vor der hellenistischen zeit: denn die Θερεσταὶ des Euripides, die den vermerk οὐ
σῳξεταιε tragen, also keine spur in der überlieferung hinterlassen konnten, darf man
überhaupt nicht deuten wollen. es hätte viel näher gelegen, Lityerses an Omphale
anzuschliefsen als an den fernen Syleus, wenn dieser nicht schon eher platz gefunden
hatte, hinzu iziit das euripideische satyrspiel Syleus, ia dem Hermes den Herakles
verkaufte: das ist das motiv der Omphalefabel, und der schlufs liegt nahe, dals”
Euripides Geschickt gekürzt hat, um den umweg, verkauf an Omphale und auf-
trag derselben, zu vermeiden. dann gelangen wir zu einer erzählung, die sowol für
Euripides wie für die mythographen quelle war. dazu stimmt das vorkommen der
localsage in der bildenden kunst und die entstehung der sage spätestens ende dea
τ δ Jahrhunderts, wahrscheinlich beträchtlich früher. das epos des Kreophylos würde
vortrefflich passen. fgm. 694 sichert, dafs Herakles die tochter des Syleus tröstete;
Dikaios war eliminirt: dann war der sprofs jener verbindung legitimer erbe der land-
schaft Phyllis, wo die Athener 438 endlich Amphipolis gründeten, das 424 verloren
gieng; obwol keine beziehung auf den ort mehr kenntlich ist, hat es grofse wahr-
scheinlichkeit, die abfassungszeit des dramas in diese kurze frist der athenischen
herrschaft zu rücken. die erhaltenen verse klingen nach der prima maniera des
dichters. -- Nauck trag. fgm. 8. 575 hat eine stelle des Origenes gegen Celsus mit
unrecht hieher gezogen: sie geht die bekannte Awd/w» ἀρά an.
135) Steph. Byz. ἀπὸ Aduov τοῦ Ἡρακλέους. nach Lydien gezogen hat ihn der
Karer Apollonios, der diese fabeln breiter behandelt hat, Geffcken de Steph. Byz. 40.
Kreophylos. 75
der Ὄμφαλες )} in dem parallelbericht der apollodorischen bibliothek
DH 131 fehlen die Itoner; die Kerkopen werden nach Ephesos versetzt,
aber Syleus wohnt richtig in Phyllis am Strymon. offenbar liegt
diesen berichten eine erzählung zu grunde, welche nur ganz äufserlich
die Lyderin (bei Apollodor witwe des Tmolos) eingesetzt hat. allmählich
hat man dann in diesem sinne weiter gedichte. aber auch wo mehr
asiatische localfarbe ist, fehlen hindeutungen auf das echte local
nicht”),
136) Es ist natürlich derselbe ort, den. Steph. Byz. s. v. nach Thessalien, Pto-
lemaeus III 14 nach Epirus verlegt und dessen bewohner Rhianos in den @sooalıxd
neben den makedonischen Parauaiern (Steph. Byz. 8. v.) angeführt hat. neben den
Molossern stehn die Oggales auf der dodonäischen freilassungsurkunde Gött. Dial.
Insch. 1347. Ougdin geht kaum in den hexameter, was hinderlich scheinen kann,
wenn man die sage dem Kreophylos zutraut. aber von Ougdlıor liels sich ebenso
gut auch Oxgalin bilden, und wirklich gebraucht eben Diotimos von Adramyttion
diese form, A. P. V1 358. Omphales vater /dpdavos wird natürlich von den modernen
mit dem lIordan identificirt, und dasselbe mufs sich der gleichnamige flufs in Tri-
phylien gefallen lassen (77 133). dafs in Lydien einer gleichen namens bestanden
hat, ist lediglich durch eine verdorbene oder verwirrte stelle bei Steph. Byz. bezeugt
(s. v.). da aber die geographischen namen der peloponnesischen westküste so oft in
Thessalien wiederkehren, wird man ’/dedaros nicht anders beurteilen als Πηνειός
und ’Erıneds, und wem es gelingt, Omphalion zu finden, der mag den flufs des
ortes getrost Iardanos nennen.
137) Hellanikos führte die lydische stadt χ“κέλης (Steph. Byz.) auf einen sohn
des Herakles zurück, aber die nymphe, die ihn gebiert, heifst ]αλές, weist also nach
Trachis. zu ihr gehört δήήλας, sohn des Her. und der Omphale, schol. Townl. zu
Σ 219, der bei der heimkehr der Herakleiden hilft, die von Trachis ausgieng. er
ist einfach der eponym der Melier. aber als Mr}ins steht er in der lydischen königs-
liste, nicht blofs bei Nikolaos-Skytobrachıon-Xanthos, sondern schon bei Herodot I 81.
der Axtins des Hellanikos ist sohn der Omphale im schol. Townl. zu 2 616 und
heifst Aydins, dort werden auch »ύμφαει Aysintides aus Panyassis angeführt, der
also, wie von vornherein bei dem Asiaten glaublich war, diese sagen behandelt hat.
hier sind also ein epichorischer name und der hellenische 4yeA@os einander an-
geähnelt. dasselbe ist mit dem lydischen flusse “Ὕλλος geschehen, der in wahrheit
zu Ὕλη, dem alten namen von Sardes, gehört, aber dem Heraklessohne angepafst
ward. die penesten der Trachinier hiefsen Aviıxpäves. dafs Herakles sie bezwungen
und dort angesiedelt hätte, darüber sind sich die vorzüglichen gewährsmänner des
Athenseus XI 461 einig: aber die einen lassen sie aus Lydien, die andern aus Atha-
manien stammen, andere aus Bithynien (Apollonios I 1357 mit schol.). ein wertvoller
zug ist bei Hygin (poet. astr. II 14, daraus mythogr. Vat. II 155) aus Aratscholien
erhalten. Omphale läfst Her. frei, weil er am Sangarios einen mörderischen drachen
bezwungen hat. zur erinnerung daran ist das sternbild des Ogsoüyos am himmel.
das darf man in dieser region der gelehrsamkeit dreist für Panyassis in anspruch
nehmen.
76 Der Herakles der sage.
Das ist also unzweifelhaft, dals die Omphalesage in einem kreise
oetäischer sagen bereits fest war, als die willkür eines sehr erfolgreichen
dichters sie nach Lydien übertrug. dieser und sein publicum war dem
eigentlichen locale so fern, dafs er die anderen sagen ruhig herüber
nehmen konnte, aber ganz entwurzeln konnte er die oetäische sage nicht.
was sie so fest hielt, war die motivirung der dienstbarkeit durch den frevel
wider Iphitos Eurytos sohn, und damit hängt wieder die zerstörung
Oichalias zusammen. das ist nicht immer so gewesen. denn der kampf
des dorischen und des hellenischen bogenschützen ist keineswegs blofs
in diesem zusammenhang erzählt; die messenisch-arkadische localisirung
Oichalias schlofs diese ganze verbindung aus, hat sogar die ermordung
des Iphitos schwerlich anerkannt, der in Elis ein mächtiger könig blieb'*),
es giebt ja auch mehrere begründungen für den zorn des Herakles gegen
Eurytos'”), auch für die dienstbarkeit bei Omphale'*), und gerade die
abweisung des Herakles als freier kehrt in einer anderen thessalischen
sage wieder'‘'). aber um so deutlicher wird nur, dafs es ein ganz bestimmter
und planvoller zusammenhang ist, in dem der frevel an Iphitos, die
knechtschaft bei dem weibe, und die liebe zu Iole, die ihrem ganzen hause
verhängnisvoll wird, vereinigt eind. auch dafs Oichalia nach Euboia gerückt
ist, obwol es dort nie wirklich gelegen hat, in Thessalien nie ganz ver-
schwunden ist'"), erklärt sich am besten, wenn der dichter dem locale
138) Als solcher ist er freund des Odysseus und des Lykurgos und könig von
Elise; Eurytos aber ist als name für einen der Molionen verwandt worden.
139) Soph. Trach. 260. 353, der mit grofser feinheit die beiden widersprechenden
traditionen von Lichas erzählen läfst.
140) Dazu wird der kindermord gebraucht von Hygin fab. 32, und dasselbe ist
aus der ordnung der ereignisse auf der albanischen tafel zu schliefsen. es lag nahe
ein motiv, welcher die dienstbarkeit bei Eurystheus zu motiviren pflegt, auf die bei
Omphale zu übertragen.
141) Apollodor II 155 erzählt uns, dafs Herakles den Amyntor von Ormenion
erschlägt, weil er ihm den durchzug weigert. in der parallelstelle, IV 37, hat Diodor
aus flüchtigkeit den namen des königs mit dem der stadt zusammengeworfen und
einen Ὀρμένιος erzeugt, den man beseitigen mufs. aber die werbung um Astydameia,
Amyntors tochter, hat er erhalten. Her. erzeugt mit ihr Ktesippos, nach Apollodor
einen sohn der Deianeire. das bestreben alle andern söhne außer Hyllos zu bastarden
zu machen, ist auch sonst öfter kenntlich: das sind adelsrancünen, wie bei den söhnen
Jakobs, die meist im einzelnen unkenntlich sind. sohn der Astydameia ist eigentlich
und war bei Hesiodos der Rhodier Tlepolemos, und zwar gab es auf Rhodos wirklich
ein geschlecht von Amyntoriden: so weist auch auf dieser insel einzelnes nach Thes-
salien neben Argos, ganz wie auf Kos und am Triopion. vgl. schol. Pindar. Ol. 7, 42.
142) Das hat endgiltig der wichtige stein von Hypata gelehrt, Athen. Mit-
teil. IV 216.
Kreophylos. 77
seines stoffes ganz fern lebte. Ioles liebe und das euböische Oichalia
sind nun wenigstens nachweislich in dem epos des Kreophylos-Homeros
vorgekommen. damit sind wir in einer region, in welche die umgestaltung
der thessalischen sagen und die einführung Lydiens ganz vortrefflich palst.
wahrlich, kaum könnte man sich etwas anderes als ein homerisches ge-
dicht denken, um zugleich den durchschlagenden erfolg der Iydischen
localisation und die anknüpfung der lydischen dynastie an Herakles be-
greiflich zu machen'").
Die sagen selbst können nunmehr erst verstanden werden, wo sie
auf ihren heimischen boden zurückgeführt sind. die einzelheiten der
kriegszüge sind freilich kaum aufzuhellen, da von den stämmen um den
Oeta zu wenig bekannt ist. aber dafs der gegensatz der einwanderer
zu den eingebornen zu grunde liegt, ist im allgemeinen deutlich genug.
Herakles bezwingt zum teil die althellenischen heroen, oder aber er erbt
ihre taten; dafür ist namentlich der berühmte kampf mit Kyknos ein
beleg'“). in diesem handelt er im dienste des Apollon, und Apollon
ist vertreter der delphisch-pyläischen Amphiktionie, die in der tat in
diesen gegenden, wo sich nie ein mächtiger einzelstaat erhoben hat, die
einzige macht war, die die sonderinteressen einigermalsen zu bändigen
und landfrieden einigermalsen einzuführen vermochte. da lag es nahe,
dafs Herakles der vollstrecker des apollinischen willens ward, und so
wird es zu fassen sein, wenn wir ihn die feinde des gottes, Lapithen und
Dryoper, bezwingen sehen. aber er erbte noch mehr von ihm. in der
143) Man darf hier wieder daran denken, dals das asiatische Erythrai einen
wirklich alten Heraklescult hat (oben anm. 40), und dals es den namen einer stadt
führt, die dicht neben dem thessalischen Oichalia liegt: auf demselben steine bezeugt
wie jenes. dafs das königsgeschlecht der Lyder, das durch Gyges gestürzt ward,
selbst so hellenisch dachte, um Herakles als ahn zu beanspruchen, ist nicht glaub-
lich, auch würden sie nicht eine sclavin des Iardanos, sondern Omphale als ahnfrau
angesehen haben (so erst später: die naivetät bei Herodot I 7 unter δούλη Japddrov
Omphale zu verstehen, verdient keine widerlegung). wol aber muls diese verbindung
zu einer zeit aufgebracht sein, als die Hellenen für dieses alte haus sympathie em-
pfanden, und die Lyder sich schon stark hellenisirt hatten. das trifft auf die zeit
des Alyattes, vielleicht auch schon auf etwas frühere zu: in diese wird dann auch
das homerische gedicht zu setzen sein. von den fabeleien des Skytobrachion bei
dem Damascener Nikolaos ist einschlägliches von belang nicht erhalten: das ist zu
verschmerzen, denn es war ein roman, und man sollte einen alten epiker Magnes,
der die taten der Lyder gegen die Amazonen besungen haben soll (fgm. 62), nicht
ernsthaft nehmen und so zu einer Iydischen epik gelangen, die womöglich auch
in die Heraklessage übergreifen könnte.
144) Vgl, zu v. 110.
78 Der Herakles der sage.
Alkestissage hat die faust des Herakles die gnade der todesgöttin ersetzt,
welche Apollon beschwor'*), und so ist die dienstbarkeit des Herakles
auch eine parallelsage zu der dienstbarkeit des Apollon'“), die ursprüng-
lich auf denselben fluren gespielt hat, und die bei beiden durch eine
blutige tat begründet ist.
In unserer überlieferung verknüpft, aber dennoch vielleicht von haus
aus gesondert ist die sage von der werbung um Deianeira, die tötung
des Nessos, das vergiftete gewand und der tod des Herakles. diese vier
stücke bedingen einander. es fehlt in der erzählung, wie wir sie kennen,
ein unerläfsliches motiv, wenn die liebe zu Iole ausgesondert wird. aber
es ist zuzugeben, dals die nötige eifersucht sehr gut auch durch irgend
ein anderes erbeutetes mädchen, 2. Ὁ. Astydameia von Ormenion, erweckt
werden konnte. nicht Herakles sondern Deianeira hält diese sagen zu-
sammen; ihre bedrängung durch den ungeheuren freier, ihre eifersucht
und verzweiflung ist die seele der dichtung. sie ist Aetolerin, und die
frauen dieses stammes sind von der sage mit lebhaftesten zügen aus-
gestattet, da ist Althaia, Deianeiras mutter, die Meleagros durch eine
ähnliche tücke tötet, wie die tochter den Herakles, und sich wie sie
aus reue den tod gibt; da ist Marpessa, die aus liebe den Idas dem
Apollon vorzieht, Kleopatra, die leidenschaftliche gattin des Meleagros,
Periboia die vielumfreite; auch die unselige gattin des Protesilaos ist in
dieses geschlecht eingereiht worden‘). unverkennbar haben wir hier alt-
145) Die hesiodische form der sage ist hergestellt Isyllos s. 70. durch sie wird
das gemälde einer attischen pyxis erklärt (Wien. Vorleg. Bl. N. 8.18, 5). Admetos
führt lebhaft die Alkestis, welche ein mädchen geleitet, auf das haus zu, vor dem
der alte Pheres steht, den ein anderes mädchen anspricht. die mädchen vertreten
das hochzeitsgeleit. aber zwischen beiden gruppen stehen Apollon und Artemis,
den blick voll ernster teilnahme auf daa junge par gerichtet. man lese Eur. Alk.
915—25 nach, die stimmung zu finden; aber das gemälde wirkt durch die gegenwart
der götter weit ergreifender: Apollon hat die ehe gestiftet; Artemis wird sie lösen.
146) Aischylos sagt καὶ παῖδα γάρ τοι φασὶ» “λχμήνης ποτὲ πραϑέντα τλῆταε
δουλέας μάξης βέον, Ag. 1040. bei Euripides sagt Apollon ἔτλην γὼ ϑῆσσαν τρά-
πεξαν alıdoas ϑεός περ ὧν (Alk. 1). man sieht, dafs beides ganz gleich empfunden
wird. O. Müller ist durch diese sagen zu seinem folgenreichen irrtume verführt, Herakles
und Apollon überhaupt als ganz nahe verwandt zu betrachten. er hat verkannt, dafs
die sagen deshalb nicht älter sind, weil sie auf einem boden spielen, den die Dorer
früher einnahmen, als sie in den Peloponnes zogen. die Dorer, die fortzogen, haben
sie ja eben nicht erzeugt noch erhalten, sondern die am Oeta bleibende bevölkerung.
und der Apollon, welcher hier verehrt ward, ist kein dorischer, sondern der alt-
hellenische, vgl. s. 14.
147) So die Kyprien, welche Laodameia Polydora nannten, Pausan. IV 2. in
dieser geschichte sind sie also nicht die quelle des 8.
Kreophylos. 79
bellenische gestalten vor uns, reste einer herrlichen poesie, von der nur
noch das Meleagerlied der Litai eine unmittelbar wirkende probe gibt.
vereinigt also sind diese Heraklessagen durch hellenischen dichtergeist’*).
damit ist zugleich gesagt, dals wir diese vereinigung lösen müssen. und
in der tat, zwei der drei Heraklestaten sondern sich selbst ab. der kampf
mit Acheloos ist in wahrheit der mit dem herrn des meeres, der mit
Nessos die Kentauromachie. beide abenteuer sind ihrer typischen be-
deutung zu gunsten einer individuellen entkleidet, und in beiden ficht
Herakles ritterlich für ein weib: ihr besitz ist sein lohn. das ist mensch-
lich und schön; nur erwirbt man mit solchen taten nicht erst im himmel
den lohn. was poetisch vielleicht eine steigerung scheinen kann ist für
das religiöse eine degradation. für den tod liegt keine parallele fassung
vor, denn der Herakles des Dodekathlos ist nicht gestorben. um so
deutlicher ist die entstellung. dieses ende, der selbstmord als rettung
vor unheilbarem siechtum, der allsieger das opfer eines eifersüchtigen
weibes und der tücke eines geilen ungeheuers, mufs dem wie eine blas-
phemie erscheinen, der die erhabenheit des argolischen gottmenschen da-
gegen hält. so war es wahrlich nicht gemeint; wenn Herakles ein held
wie alle andern ist, mag er ja auch elend zu grunde gehen wie Melea-
gros oder Odysseus, nur für die echte Heraklessage mul auch aus
dieser geschichte die hellenisch-epische motivirung, mufs das weib hinaus,
dann bleibt die selbstverbrennung, an sich auch eine grolsartige con-
ception von echtester empfindung für den gottmenschen. auch dies ist
ein würdiger abschlufs des irdischen lebens und ein übergang zu dem
himmlischen, eine parallele zu dem eintritt in den himmelsgarten. wie
soll Herakles sterben? kein feind kann ihn fällen; soll er den stroh-
tod sterben, wie ein weib oder ein sclave? nein, als er fertig ist mit
seinem lebenswerke, als er das füllhorn von dem meergreise erhalten
hat, da steigt er empor auf den berg seines vaters, der ehedem auch
der götterberg gewesen ist'®), und auf dem wie im garten der Hera in
148) Gewifs liegt es nahe, auch dies auf Kreophylos zurückzuführen. aber
dazu fehlt ein positiver anhalt bisher. die aetolischen sagen haben viele beziehungen
nicht zu Samos (wo aber der Homeride ja gar nicht zu hause gewesen zu sein
braucht), sondern zu Chios. dort kehrt Oineus-Oinopion und der tod des Ankaios
durch das wildschwein wieder, kommt Tydeus als eigenname in vornehmem hause
vor u.dgl, auch Neooäc und ähnliche namen finden sich da und stimmen za Nöooos.
149) Dies zeigt sich namentlich darin, dafs morgenstern und abendstern auf ihm
wohnen, nicht blofs für die beiden lokrischen stämme, sondern noch für die lesbischen
Aecoler. natürlich ist diese anschauung hellenisch, nicht dorisch, vgl. zu v. 394.
80 Der Herakles der sage.
ewigem blumenflor eine wiese prangt'”). hier schichtet er sich einen
scheiterhaufen. seine kinder, seine getreuen umgeben ihn; dem liebsten
waffengefährten'') schenkt er seinen treuen bogen zum danke dafür,
dafs er den feuerbrand anlegt‘und die lichte flamme entzündet, welche
die sterblichkeit von der göttlichen seele wegläutert”””), die sich in den
hohen himmel an des vaters seite emporschwingt, während drunten die
älteste, die einzige tochter die letzte schwere ehrenpflicht vollzieht und
die irdischen reste des vaters sammelt’). das ist wol auch etwas er-
habenes, und wem die götter das herz jung erhalten haben, dafs er die
alten einfachen klänge aus dem gewirr der lärmenden und rauschenden
compositionen gesteigerter kunst und cultur herauszuhören und ihrer
melodie zu folgen vermag, der wird nicht zweifeln, dafs dieses wirklich
die altoetäische sage war. das feierliche siegesopfer anf dem Kenaion,
mit dem Herakles dem Zeus für die vollendung seiner irdischen
mühen dankt, ist in wahrheit kein anderes, als das, wozu er auf dem
Oeta den scheiterhaufen erbaut. und auch Sophokles, der doch kurz
vorher die Deianeirasage mit allen ihren consequenzen dargestellt hatte,
empfand das grolse würdig, als er den chor des Philoktetes die heim-
150) ἔστιν ἐν Τρηχῖνος αἴῃ κῆπος Ἡρακλήεος, πάντ᾽ ἔχων ϑάλλοντα, πᾶσι
δρεπόμενος πανημαδόν, οὐδ᾽ ὀλιζοῦται, βέβρεϑε δ᾽ ὑδάτεσιν διηνεκές. das gibt
der klarische Apollon als ein allgemeines orakel, wie aus der polemik des Oinomaos
(Euseb. praep. ev. V 214) hervorgeht: es bedeutet, wandele wie Herakles den rauhen
pfad der tugend, so gehst da zum ewigen leben ein. der gott verstand also die
religion sehr wol. als drouos λειμών des Zeus, als Οέταξζον νάπος erwähnt dieselbe
wiese Sophokles Trach. 200, 486.
151) Dem Malier Philoktet. die sagen, welche diese waffenbrüderschaft ver-
herrlichten, sind ganz verschollen, aber sie müssen bedeutend gewesen sein, denn
Philoktet erscheint jetzt nur als träger des herakleischen bogens in der troischen
sage. und wenn man auch denken kann, dafs er zuerst selbst der beste schütze war,
80 braucht man für die umbildung einen anlafs.
152) Das feuer tut hier dasselbe wie in der phthiotisch-magnetischen sage, wo
Thetis ihre kinder ins feuer hält, und ihren parallelen. ὑπὸ δρυὲ γυῖα ϑεα»ϑεές sagt
sehr fein Kallimachos, an Artem. 159.
153) Duris in den scholien zu Plat. Hipp. I 203°. wenn dieser hinzufügt, dafs
die makedonische sitte von der ältesten tochter diesen liebesdienst forderte, so war
eben nur dort im norden diese wie manche andere einfache sitte, die ehemals die
Dorer geteilt hatten, bis 300 v. Chr. erhalten geblieben. dafs Herakles nur eine
tochter gehabt hat, ward als oharakteristisch empfunden, und selbst Aristoteles notirte
es in der Tiergeschichte (VII 6, 45). hieran anknüpfend hat Euripides den heldentod
einer jungfrau, den viele sagen seiner heimat boten, auf diese jungfrau übertragen
und so seinen Heraklelden die wirksamste scene eingefügt. vgl. mein programm de
Eur. Heraclidis.
Kreophylos. Der kindermord. 81
kehr wünschen liefs nach dem vaterlande, iv’ ὁ χάλχασπις ἀνὴρ ϑεοῖς
πλάϑη ϑεὸς ϑείῳ πυρὶ παμφαὴς Οἴτας ὑπὲρ ὄχϑας (736).
Wie aus den flammen des oetäischen feuers der ἀνὴρ ϑεὸς sich
emporhob, so tritt er in ursprünglicher erhabenheit aus den oetäischen
sagen hervor, wenn das feuer der kritischen analyse sie läutert und das
irdisch-epische wegschmelzt. erst die epik, die ihn zu einem ganzen
menschen, aber auch zu einem blofsen menschen machte, hat ihm irdische
schwäche, den mord des Iphitos, irdische strafe, die knechtschaft, irdische
liebe und irdisches siechtum verliehen. ursprünglich ist dem oetäischen
Herakles all das nicht minder fremd gewesen als dem argolischen.
Aber eine sage scheint ihn doch in tiefster schuld verstrickt zu
nötig, um aus dem verstreuten materiale'*) die älteste gestalt der ge-
schichte zu gewinnen, die dem urteil über ihre bedeutung allein zu grunde
gelegt werden darf. dals von dem drama des Euripides nichts verwandt
werden darf als was der neuerungssüchtige dichter notwendig vorgefunden
haben mufs, wird jeder sofort zugeben; aber lange vor ihm ist die epische
vermenschlichende poesie auch hier, ähnlich wie in den oetäischen sagen,
tätig gewesen.
In Theben vor dem elektrischen tore, wo das haus des Herakles
stand und mancherlei monumente an ihn und die seinen erinnerten, ist
zu Pindars zeiten ein altar neu erbaut worden, auf dem acht söhne, die
Megara Kreons tochter dem Herakles geboren hatte, und die χαλχοάραι
gestorben waren, leuchtende brandopfer erhielten, und zwar am abend
des ersten tages der Herakleen, an denen dem heros ein mal gerüstet ward,
während turnspiele den zweiten tag füllten: heroischem, nicht göttlichem
culte entsprechend. das wort χαλχοάραι ist im strengsten sinne unver-
ständlich, aber es muls etwas wie “erzgerüstet: oder “mit erzwaffen umzu-
gehen geschickt” bedeuten'®). die acht Heraklessöhne waren also nicht
154) Die hauptsachen sind Pindar Isthm. 3, 105 mit dem scholion, das aus
Lysimschos stammt (fgm. X Radtke), aber von dem epitomator nicht gut behandelt
ist. aus dem mythographischen handbuche ist der beste auszug Apollodor II 72,
bei Diodor IV 11 spielen fabeleien des £kytobrachion hinein. Pausanias IX 11, der
seine eitate der beschreibung der delphischen lesche X 29 verdankt; Asklepiades im
scholion Ἢ 269, schol. Lykophr. 38 (daraus schol. Lucian. dial. deor. 13); Nikolaos
von Damaskos III 369 Müll. wertloses übergehe ich.
155) Die scholien, im banne der vulgata, denten χαλκοάρης als βιαιοϑάνατος.
aber das verträgt sich mit Μέμνων χαλκοάρας Isthm. 5, 51 nicht. nimmt man die τέκ-
τονεῦ χαλκοάρας Pyth. δ, 33 hinzu, so findet man ungefähr die bedeutung. aber ver-
stehen kann ich die bildung nicht.
v. Wilamowitz 1. 6
Der
zeigen: der kindermord. auch hier ist eine mühsame voruntersuchung kindermord.
82 Der Herakles der Bage.
als knäblein, sondern waffenfähig und auch mit den waffen in der hand
umgekommen. Pindar verweilt bei dem culte an den ‘neuerbauten altären’
geflissentlich. die aufgabe seines gedichtes führte ihn zwar dazu den
heros zu verherrlichen, da er einen landsmann feiert, der einst an
den Herakleen gesiegt hatte, und die parallele zwischen diesem und
Herakles zieht, dafs sie beide klein von statur und gewaltige kämpen
wären, aber der Heraklessöhne zu gedenken trieb ihn kein äufserer
anlaß, wenn er sie unmittelbar hinter der himmlischen verklärung ihres
vaters einführt und χαλχοάραι ϑανόντες nennt, so schlielst er die
traurige geschichte aus, die sie als hilflose kinder vom vater getötet
werden liefs, und da diese sage schon damals weit verbreitet war, so ist
eine bei ihm nicht ungewöhnliche beabsichtigte correctur der unfrommen
und falschen sage anzuerkennen. er und die Thebaner seiner zeit bestritten
nicht den tod der söhne Megaras, aber wol den kindermord des Herakles,
wenn sie recht hatten, war das ganze ein für das echte wesen des heros
unverbindliches spiel der dichter. in dem falle wären wir schon am
ziele. aber sie hatten trotz ihrer richtigen empfindung schwerlich recht,
Pindar selbst sagt, dals die altäre eben erst errichtet waren. da Theben
479 eine schwere belagerung ausgehalten hatte, wird zumal die südliche
vorstadt in trümmern gelegen haben, und nach 479 scheint das ge-
dicht ohne dies zu fallen‘). aber ein neubau zieht sehr leicht auch
eine neuordnung des cultes mit sich, und dafs Pindar die ganze sache
156) Was sich aus dem nicht datirten gedichte bei sorgfältiger exegese ergibt,
ist folgendes. Melissos des Telesiadas sohn hatte an den Isthmien im pentathlon
gesiegt, und Pindar war mit dem gedichte für ihn fertig, da trug das gespann
des Melissos an den Nemeen den sieg davon; dieser weit höheren ehre zu liebe
dichtete Pindar einen neuen anfang (die erste triade) und änderte den alten, so dals
das vorliegende gedicht beiden siegen gilt, nicht ohne dafs einige inoongruenzen ge-
blieben wären. die familie der Kleonymiden, der Melissos angehörte, war vor diesem
erfolge, der auch einigen wolstand voraussetzt, sowol im vermögen heruntergekommen,
wie namentlich dadurch gebrochen, dafs in einer schlacht vier familienglieder ge-
fallen waren. erst Melissos war dabei sich wieder eine stellung zu erringen. von
dem alten ruhme zeugte ein siegesgedicht auf den alten Kleonymos, das dem Pindar
vorlag (45), und dem er entnahm, dafs das geschlecht die delphische proxenie be-
sals und in weiblicher linie mit dem alten königshause der Labdakiden zusammen-
hieng (ein unschätzbares zeugnis für die thebanische königssage). da der stil des
pindarischen gedichtes zu den gedichten der fünfziger jahre nicht stimmt, so kann
jene verlustreiche schlacht nur die von Plataiai sein, oder sie reicht in das sechste
Jahrhundert zurück. da mit dem tode der Kleonymiden auch die ganze stellung des
geschlechtes gesunken war, liegt es am nächsten, in ihnen oompromittirte Perser-
freunde zu sehen; dazu stimmt alles gut. so wird das gedicht etwa ende der siebziger
jahre verfasst sein.
Der kindermord,. 83
mit ausführlichkeit bespricht, erweckt den verdacht, dafs man in Theben
gelegenheit genommen hatte, die wahrheit, d. h. die dem glauben an den
unsträflichen helden entsprechende form der geschichte, durch den altar-
bau und den heroencult sicher zu stellen. die existenz eines grabes der
Megarakinder wird dadurch für die ältere zeit nicht notwendig in frage
gestellt'").
Wie lautete nun die epische version, gegen die Pindar sich gewendet
hat? in den Kyprien erzählte Nestor mit anderen geschichten dem
Menelaos auch τὴν Ἡρακλέους μανίαν. davon wissen wir zunächst
nur diese angabe des Proclus. Aber der dichter der homerischen Nekyia,
der an die Kyprien angeknüpft hat’), führt Megara im Hades ein, so
dals er den tod ihrer kinder nicht erwähnt, ihren tod durch Herakles
ausschliefst'*). das führt nicht weiter, als dafs der wahnsinn des Herakles
in den Kyprien wirklich den mord der kinder Megaras zur folge hatte'),
Stesichoros und Panyassis hatten die geschichte auch erzählt, „im
wesentlichen so wie die Thebaner“, sagt unser gewährsmann Pausanias,
157) Lysimachos bei dem Pindarscholiasten führt auch benannte und jetzt (d.h.
durch schuld des scholiasten) unbenannte zeugen an, die die kinder durch andere
umbringen liefsen. aber darin ist nichts, das für vorpindarisch gelten, ja nur mit
seiner unausgesprochenen meinung sicher identificirt werden könnte. auch dafs einige
die kinder SAsa/das nannten, wird kaum mehr bedeuten ala einen schluls der mytho-
graphen ; der namenswechsel wird z. Ὁ. in der apollodorischen bibliothek unmittelbar
nach dem wahnsinn erzählt, und er stand ganz passend da, wo der held ein neues
leben begann.
158) Hom. Unteres. 149. ich finde nicht, dafs diese meine ansicht mit erfolg
bekämpft worden ist.
150) Sonst könnte es von ihr, zumal sie als schatten erscheint, nicht blofs
heifsen, τὴ» ἔχεν Augırptovos ὑός 1270. auch Polygnot, der sie auf grund dieser
stelle in seiner Nekyis malte, hat nicht mehr hineingelegt. das ist erst auf den
apulischen unterweltsvasen geschehen, die Megara mit den kindern einzuführen
pflegen, eine sehr wirksame gruppe, da Herakles selbst als mensch, den Kerberos
holend, vor den opfern seines wahnsinnes erscheint. mit recht ist die scene der
Heraklessage als inhalt des attischen gemäldes bezeichnet worden, das die Italioten
ihrem mysterienglauben anpassten (Kuhnert, Arch. Jahrb. 8, 108). da Megara neben
den kindern mit getötet sein muls, haben wir einen schlagenden beleg für die wirkung
des Euripides auf die malerei der unmittelbar folgenden zeit. dafs auch Theseus
und Peirithoos unter Dikes aufsicht gegenwärtig sind, fordert keine berücksichtigung
des Kritias.
160) Die behandlung der sage in dem epos darf man sich nicht umfänglicher vor-
stellen als etwa die Lykurgosgeschichte in der Ilias, denn Nestor erzählte daneben
noch anderes, aber wenn alle ethopoeie fortfiel, konnten auch zwanzig verse aus-
reichen.
6 ”
84 Der Herakles der sage.
ἃ. ἢ. in übereinstimmung mit dem, was zu seiner zeit vulgata war. darin
liegt, dafs Herakles im wahnsinn, den Hera gesandt hat, seine uner-
wachsenen kinder umbringt, aber nicht die gattin, die er nur an lolaos
abtritt!"), über die todesart ergibt sich hieraus nichts. da tritt eine
161) Das sagt Pausanias X 29, ist die mythographische vulgatae und kennt als
feststehend auch Plutarch (Erot. 9), der verfasser einer Heraklesbiographie. die
heroine, die den namen der stadt Megara trägt und einen bruder Megareus hat
(Soph. Antig. 1303, vgl. de Eurip. Heraclid. 10), mufs den Thebanern sehr wichtig
gewesen sein, da sie als gattin der beiden boeotischen heroen geführt ward. aber
sie hat keine descendenz und eigentlich anch keine asoendenz, denn ihr vater ρέων
ist ein lückenbüfser, hier sowol wie in der Labdakidengeneslogie. dafs Herakles in
Theben nie an die wirklichen personen der königsliste angeschlossen ist, würde für
sich ausreichen, den eindringling zu beweisen. das anonyme epyllion, das Megaras
namen trägt, liefert gar keine für die sage brauchbaren züge, wie namentlich die
behandlung des Iphikles neben Herakles lehrt. aber die absicht seines dichters
dürfte ein wort der erklärung verdienen. was er erzählt, ist wenig und scheinbar
ganz abgerissen. Megara und Alkmene sitzen in Tiryns, während Herakles im
dienste des Eurystheus irgendwohin fortgezogen ist. sie verzehren sich in angst
und sehnsucht. Megaras rede gibt wesentlich nur die exposition, aber die sonst
ruhigere mutter ist durch ein traumgesicht tief erschüttert, das sie erzählt und
am ende ihrer rede, zugleich dem ende des gedichtes, fortwünscht, dzonduneras,
der leser wird in dem traume die hauptsache sehen und natürlich den traum als
wirklich vorbedeutend betrachten. sein inhalt ist, dafs Herakles ὡς di μεισϑῷ
beschäftigt ist einen graben zu ziehen. als er fertig ist, will er sein gewand anlegen,
das er zu seinem geschäfte abgelegt hat. da schlägt ihm aus diesem eine lohe
flamme entgegen, der er vergeblich zu entrinnen sucht, während Iphikles, als er
ihm helfen will, wie tot hinfällt. das ende hat Alkmene nicht mehr geschaut, sie
ist offenbar vor angst aufgewacht. der hellenistische dichter hat auf leser gerechnet,
die sich dieses bild aus der allbekannten sage deuten würden, aber auf leser, die
das bild mit dem gedanken verwechseln würden, und nach dem graben fragen, den
Herakles gezogen hätte, hat er nicht gerechnet. das bild enthüllt so viel, dafs
Herakles, wenn er mit dem werke, das er auf sich genommen hat, fertig sein wird,
statt ruhe zu finden, einem plötzlichen unentrinnbaren unheil verfallen wird, vor
dem ihn nichts retten kann, auch nicht seine irdische verwandtschaft: die kann den
weg nicht gehen, den er gehen muls. so ist es ihm ja gegangen; die Trachinie-
rinnen geben dieser selben stimmung lebhaften ausdruck. die flamme des traumes
bedeutet nicht die flammıe des Oeta direct, sondern nur den gewaltsamen untergang.
auf Iphikles ist eine empfindung übertragen, welche träumende sehr oft haben, beim
besten willen und in höchster not nicht von der stelle zu können, schon von Homer
(X 199) angewandt. der dichter, in allem vermenschlichend, hat den traum so ge-
halten, dafs er keiner himmlischen offenbarung bedarf. so viel kann einer mutter
das herz, unter dem sie ihn getragen hat, von dem sohne sagen, den sie von gelalır
zu gefahr schreiten sieht: es ist keine ruhe für ihn; auch die vollendung, auf die
er jetzt hofft, wird sie ihm nicht geben. so kennt sie den πονηρότατος καὶ dpuoros,
wie sie ihn bei einem Eoeendichter nannte, der den Alexandriner angeregt haben
Der kindermord. 85
andere erwägung hilfreich ein. bei Euripides droht den kindern der
feuertod durch Lykos, und diese qual ist in dem drama herzlich schlecht
motivirt, wird auch rasch fallen gelassen. es ist oft beobachtet, dafs die
tragiker in dieser weise fassungen der sage, die sie verschmähen, gelegent-
lich zugleich benutzen und abweisen'®), dafs Herakles die kinder in das
feuer geworfen hätte, stand bei Pherekydes, und es hat sich neben der
euripideischen erfindung in der mythographischen vulgata erhalten, so
dafs es Pausanias sehr wol mit λέγουσε Θηβαῖοι einführen konnte.
endlich hat noch zu Alexanders zeit der maler Assteas von Paestum
sehr anschaulich dargestellt, wie Herakles allerhand hausrat zusammen-
getragen und angezündet hat und eben im begriff’ ist einen seiner knaben
hineinzuwerfen'®). bei ihm ist keine spur von Euripides; er gibt offenbar
die geschichte wieder, wie sie in Italien verbreitet war. somit kann die
verbrennung der kinder mit wahrscheinlichkeit als die litterarische tra-
dition bis auf Euripides angesetzt werden. die geschichte geht bei Euri-
pides weiter; Herakles ist im begriffe seinen vater zu töten, als Athena
erscheint und ihn durch einen steinwurf betäubt. auch das sind wir
berechtigt seiner vorlage zuzuweisen. denn Athenas einwirkung hat nicht
nur für die oekonomie des dramas keine bedeutung, wird dem Herakles
sogar nicht einmal bekannt, sondern sie wird durch einen zweifel des
boten an dem wunder herabgesetzt (1002). unmöglich kann sie Euri-
pides erfunden haben. dagegen palst die intervention der schutzgöttin
— Ὁνὦ.θ.-.0᾿ὉὉᾧὖ΄'ἴὖἃὅ
mag. was dieser aber bezweckte, war nur in zweiter linie, den leidenden Herakles als
solchen darzustellen, obwol dazu die breite ausführung des kindermordes dient. es
ist sein, wie überhaupt der besseren hellenistischen poeten, zweck, die allbekannten
alten stoffe dadurch zu erneuern, dafs er das licht auf andere personen fallen läfst.
für die sage sind mutter und gattin des helden nur relativ bedeutsam, so weit sie
für ihn in betracht kommen: hier werden mutter und gattin hell beleuchtet, und die
sage hat nur noch den relativen wert, diesen typen individuelle persönlichkeit zu
verleihen. das gedicht ist nicht hervorragend, aber mit den balladen unserer roman-
tiker darf es ohne zu verlieren verglichen werden.
162) Dies hatte ich übersehen ; Weil hat darauf hingewiesen.
163) Μ. d. L VIII 10. Alkmene und Iolaos schauen zu; die mutter mulste jeder
in Theben voraussetzen, sie fehlt bei Euripides aus dramsaturgischem interesse.
Iolaos ist der spätere gatte Megaras, die hier in ein zimmer entflieht; das feuer
brennt im peristyl. aufserdem ist Μανέα anwesend: sie allein kann ja dem be-
schauer sagen, dafs Herakles wahnsinnig ist. das bild ist ganz verständlich; kein
gedanke an eine 'nacheuripideische tragoedie’. ich hatte in der ersten auflage Tarent
oder Paestum als heimat des Assteas angegeben ; jetzt habe ich mich durch Winne-
feld (Bonner Stud. für Kekule) bestimmen lassen, Paestum geradezu zu nennen.
andere vorschläge scheinen mir in der luft zu schweben.
86 Der Heraklcs der sage.
des helden vortrefflich in ein epos als gegenstück zu der sendung des
wahnsinns durch Hera. nun behauptet Pausanias, die bedrohung des
Amphitryon wäre bei Stesichoros und Panyassis, die er anführt, nicht
vorgekommen, aber die Thebaner hätten von ihr erzählt, und der stein,
σωφρονιστήρ genannt, hätte in Theben an dem platze der tat gelegen.
dabei ist mifslich, dafs ein negatives zeugnis des Pausanias über dichter,
die er nie mit augen gesehen hat, wenig gewicht hat, und vollends ver-
wegen wäre der logisch sonst unanfechtbare schluls: dann hat es eben
in den Kyprien gestanden, und ist dies gedicht, das er auch sonst sehr
gut kennt, die quelle des Euripides. aber der stein σωφρονειστήρ war
doch da. damit ist ein vollkommener widerspruch über den thebanischen
glauben zwischen Pindar und Pausanias aufgedeckt. wenn Herakles
die kinder umgebracht hat und nur durch Athenas steinwurf an dem
vatermorde verhindert worden ist, dann stimmt Pindars angabe von
den χαλχοάραι ὀχτὼ ϑανόντες nicht: wenn die Thebaner geglaubt
haben, was bei Pindar steht, so hat damals kein stein “der zur besinnung
brachte’ neben dem grabe der kinder gelegen. mehr als ein halbes
jahrtausend war zwischen unsern beiden zeugen über Theben hinweg-
gegangen, mehr als einmal war die stadt zerstört worden, die euripideische
poesie aber hatte längst ein kanonisches ansehen erlangt: wir werden uns
nicht wundern, dafs man in Theben keinen anstand mehr nahm, den
Herakles die tat begehen zu lassen, von der die kinder in jeder schule
hörten, und noch weniger, dafs sich mittlerweile der stein angefunden
hatte, der den Herakles zur raison brachte. aber um so unversöhn-
licher steht Pindar der epischen tradition gegenüber.
Kindermord ist ein πιοῦν, das in boeotischen sagen öfter vorkommt!*'),
bei Aedon, der gattin des Zethos (Hom. r 523) und, wol im anschlufs hieran,
bei Themisto, dann bei Agaue, wo wahnsinn hinzutritt, und bei Athamas,
164) Dafs Alkathoos seinen sohn Kallinol:s erschlägt, weil er ihm beim opfer
den tod seines älteren bruders Ἰσχόπολες meldet (Pausan. I 42, 6), hat mit der tat
des Herakles keine äühnlichkeit, geschweige dafs es eine dublette des kindermordes
wäre. Alkathoos handelt so in ausübung seiner väterlichen gewalt, weil er die hand-
lung des sohnes für οὐχ ὅσεον hält, er handelt formell gerecht, macht sich freilich
selbst durch seine strenge kinderlos. das ist eine novelle, angesetzt an ein monument,
dessen wirkliche bedeutung man nicht mehr verstand. offenbar ist in der periegese
des Pausanlas neben dem, was auf die chronik des Dieuchidas zurückgeht, ein element,
das die reste der stadt, die nach den katastrophen von 306 und um 264 übrig waren,
ohne wirkliche kenntnis zu deuten sucht. so ist das asolunso» offenbar das alte
sitzungshaus der alosuwäras, aber jetst fabelt man, es wäre ein grab eines Alosunwos,
und Ἰφενόη, der die mädchen ihr har vor der hochzeit weihen, ist offenbar ehedem
eine nebenform der /gsyden gewesen, keine königstochter, u. 6. w.
Der kindermord. 87
wo auch Hera den wahnsinn sendet. von diesem wird noch erzählt, dals er
einen seiner söhne in einen siedenden kessel wirft, was dem Herakles,
der die kinder ins feuer wirft, nahe kommt. aber die ausgestaltung
wird doch den dichtern gehören; für die beurteilung des inhaltes der
geschichte kommt alles darauf an, welchem zwecke sie dient. in dem
innern leben des Herakles macht sie keine epoche, wol aber in dem
äufsern. Hera macht ihn heimatlos und einsam; das gelingt ihr, aber
sie hemmt seine heldenlaufbahn nicht. er löst sich von Theben, tritt
geine gattin dem Iolaos ab und zieht, wenigstens nach der mythographi-
schen vulgata, in die diensibarkeit des Eurystheus. die geschichte: ist
also ein hilfamotiv ohne innerliche bedeutung, vergleichbar den vielen
totschlägen, freiwilligen und unfreiwilligen, mit denen die sagen ihre
helden von einem schauplatz auf den andern zu bringen pflegen. von
einer moralischen verantwortung konnte nicht die rede sein: Hera hatte
ja den wahnsinn gesandt, und wie das verhältnis zu Megara gefalst
ward, lehrt ihre abtretung genugsam. hilfsmotive gelten nun allerdings
nur für eine zusammenhängende erzählung, diese geschichte aber be-
gegnet zuerst als einzelnes exempel in den Kyprien. daraus folgt aber
nur, dafs ein homerischer epiker die fruchtbarkeit der geschichte als
solcher begriffen und sie demgemäls ausgeführt hat; die erfindung an sich
rückt dadurch nur zeitlich höher hinauf, und trotz Pindaros werden wir
nach Theben selbst gewiesen. denn in der geburtsstadt des heros war
es eine unvermeidliche schwere frage: wie kommt es, dals euer Herakles
ein Argeier geworden ist und bei euch so wenig geleistet hat? und die
einführung der Megara als gattin des Herakles und des Iolaos trat dazu,
der mangel eines herakleischen geschlechtes auch. wir haben es heute
leicht die frage damit zu beantworten, dals die argolische dichtung die
parallelen boeotischen sagen verdrängt hat, dals Herakles selbst einen
fremden namen trägt, und dals der echte thebanische Alkaios nur einiges
dem argolischen doppelgänger, anderes dem Amphitryon und Iolaos ab-
geben mulste, diesem sogar die Megara. aber die Thebaner im siebenten
jahrhundert mufsten sich und den andern begründen, weshalb ihr
Herakles ausgewandert war. dafür mochte es viele möglichkeiten geben,
uns genügt es, die eine zu durchschauen, für die sie sich entschieden
haben. wenn wirklich damals schon ein grab von Herakleiden oder
Alkeiden gezeigt ward, so war das zunächst das familiengrab des ge-
schlechtes, denn einmal muls der nationale held doch eine descendenz
gehabt haben, und man verlangt solche gräber neben denen des Amphi-
tryon und Iolaos. aber die vaterhand hatte diese kinder damals noch
88 Der Herakles der sage.
nicht umgebracht, und in so fern hatten die Thebaner und Pindaros ganz
recht, gegen die epische geschichte front zu machen. es ändert aber wenig,
wenn wir das grab und erst recht seine pindarische deutung für secun-
där halten wollen. die hauptsache bleibt, dafs Pindar das richtige gefühl
gehabt hat, dieser kindermord könne seinem Herakles nicht zugetraut
werden. der protest war vergeblich; die einfachen gestalten der religiösen
sage müssen sich nun einmal der gewalt und der willkür der poeten
fügen; bald sollte Herakles unter die hände des Euripides und dann
noch in viel entwürdigendere kommen. aber es ist erfreulich, dafs unsere
analyse den anschluls an Pindaros erreicht hat und den kindermord als
eine erfindung aussondern kann, die den echten Herakles gar nichts an-
geht, sondern ein erzeugnis der combinirenden reflexion ist, den helden
weder zu erhöhen noch zu verkleinern bestimmt, sondern lediglich zwei
sagenkreise zu verbinden, in deren jedem der echte Herakles steckt.
eine solche erfindung pflegt ziemlich unfruchtbar zu sein, und das
schweigen der bildlichen, eigentlich aber auch der litterarischen tradition
in der voreuripideischen zeit, beweist, dafs der kindermord nicht wirklich
populär war. nur die homerische poesie hatte mit richtigem gefühle
hier eine stelle entdeckt, wo sie den dorischen helden menschlich fallen
und leiden lassen konnte, sie legte den grund, auf dem der chalkidische
und der karische dichter weiterbauten; der thebanische protestirte. dann
kam der Athener, und vor ihm mulste der protest verstummen; er durfte
es auch, denn hier war Herakles zwar ein anderer geworden, aber dieser
mensch hatte kaum geringeren adel als der halbgott des Pindaros.
„Di Pindar war der letzte prophet des Dorertums und seiner ideale; er
zellen sei war auch der letzte, der den glauben an den echten Herakles unge-
schen zeit. brochen bewahrte und verkündigte, mitten in einer welt, die weder für
ihn noch seinen Herakles mehr raum hatte. unschätzbar für uns, dafs
wir diesen propheten noch hören können. wie nebel vor der siegreichen
sonne sinken irdische fabeln vor der erhabenheit des göttlichen bildes,
das er entwirft, eben da, wo er den kindermord still ablehnt.
er hat zum Olympos empor sich geschwungen,
nachdem er die ränder des erdenrundes
und die see durchmessen, so weit sie brandet und blauet,
den schiffern die pfade befriedend.
nun lebt er beim vater, dem schwinger der blitze,
in seligkeit.
willkommen der götter empfieng den genossen
und Hebe den gatten:
so wohnt er im himmel im güldenen schlosse
als Heras eidam.
Die Heraklesreligion seit der archaischen zeit. 89
Das erste nemeische gedicht hat Pindar eigentlich dem Herakles
mehr als dem Chromios gewidmet, für den es bestimmt war. denn die
aufgabe, das lob des siegers und seiner heimat, macht er würdig aber
kurz ab und bahnt sich gewaltsam, wie er pflegt, den übergang “wir
menschen leben allzumal in mühsal und furcht und hoffnung: ich aber
halte mich gern an Herakles und will von ihm bei gelegenheit dieser
trefflichen tat eines trefflichen mannes eine alte geschichte erzählen”.
und nun folgt, offenbar im anschluß an ein altes gedicht, die schlangen-
würgung des kindes, und wie Teiresias den eltern alles vorherver-
kündet hat,
alle die tiere des landes und meeres,
scheusale, reilsende, recht- und friedlose,
die ihm zu bändigen, alle die menschen,
wildeigennützige, frevelnden fulses
aufser den bahnen des rechts hinwandelnde,
die ihm mordend zum rechte zu führen
vom geschick beschieden war.
ja, wenn die götter zum krieg der giganten
schreiten, dann werden des Herakles pfeile
niederstrecken die himmelstürmenden riesen;
und die blonden häupter der Erdensöhne
schleifen im staube der mutter.
er aber wird den köstlichen lohn für die mühen
finden, im seligen hause den ewigen frieden:
Hera führt ihm die Jugend als braut entgegen,
an dem tische des Zeus begeht er die hochzeit:
und in ewigkeit preist er des hehren
weltenvaters regiment.
eine rhythmische paraphrase schien nicht unpassend; bedürfen doch die
meisten einer vermittelung, um im Pindar nicht nur die poesie, sondern
auch nur die gedanken zu finden. und es hilft hier eben so wenig auf
die alten wie auf die neuen erklärer zu verweisen. sie stehn ratlos vor
der willkür des dichters, der ganz ohne ‘inneren bezug’ von Herakles
redet. nun, vielleicht leuchtet unbefangenen gemütern ein, dals es grofs-
artig ist, wie der stolze Aegide sein lied emporhebt von der kleinlichen
aufgabe, das rennpferd ein sicilischen marschalls zu besingen, zu dem
preise des heros, in dem sich das mannesideal seines standes verkörpert,
an dem sich die xoıwal ἐλπίδες πολυπόνων ἀνδρῶν aufrichten. dafs
er aus dem himmel herabstiege und sein fabula docet zufüge, kann nur
ein pedant von ihm verlangen. mit dem glanze des ewigen ruhmes, wie
ihn Herakles zum lohne genofs, und wie ihn des dichters wort nicht nur
verhiefs, sondern selbst zu verleihen eich berühmte, suchte Pindaros
90 Der Herakles der sage.
seine standesgenossen auf den pfad der mannesehre zu leiten, von dem
er selbst nimmer gewichen ist. eigne tiefe gedanken gibt er oft;
hier aber malt er die selbe seligkeit, die viele menschenalter früher
sein landsmann Hesiodos gepriesen hatte, und zwar in den letzten versen,
die wenigstens in unserer fassung der Theogonie ihm angehören'®).
“Herakles hat nach vollendung der arbeiten auf dem wolkigen Olympos
die Hebe gefreit, der selige, der nach der lösung einer gewaltigen auf-
gabe in ewigkeit ohne schmerzen und alter unter den unsterblichen lebt” '*).
165) Die vorzügliche arbeit von A. Meyer (de comp. Theogon. Berlin 87) hat
in erfreulichster weise in diesem chaos ein licht werden lassen. aber freilich ist im
einzelnen noch viel zu tun. so ist die schilderung der unterwelt, oder besser der
welt aufser himmel und erde, deshalb nicht unhesiodisch, weil sie entbehrlich ist, und
wenn auch an 735 881 gut anknüpfen könnte, so ist doch nichts triftiges dagegen
einzuwenden, dals der dichter neben den Hundertarmen, welche die übrigen Titanen im
gefängnisse bewachen, den Atlas erwähnt, dessen strafe eine besondere ist, und die
Nacht, für ihn eine so wichtige urgewalt, nun in der sphäre zeigt, wo sie in der
jetzigen weltordnung wohnt. dafs hier aber ein altes echtes stück vorhanden ist
(nachgebildet von Empedokles 36982 St.), folgt daraus, dafs zwei parallele er-
weiterungen daneben stehen, 736—45 und 807—19, nach deren beseitigung die
einzelanstöfse zu schwinden scheinen. von dem Typhoeuskampfe 820—80 sollte
niemand mehr reden. es spricht sich und seiner kritik jeder selbst das urteil, der
bezweifelt, dafs er formell ein junges machwerk ist und inhaltlich erst nach der
gründung von Katane verfalst sein kann, und sogar viel später, als der Aetna im
mutterlande bekannt geworden war, denn es gibt ja kein sicilisches epos. dals die
descendenz des Zeus hesiodisch ist, hat A. Meyer selbst erkannt, und auch mit recht
die Melis als einen jetzt nicht mehr rein zu beseitigenden zusatz bezeichnet. nur
den grund hat er nicht angeführt, der doch hier, wie für die obigen zusätze gilt:
auch die Metis ist in doppelter gestalt erhalten, einmal in unsern handschriften, zum
andern bei Chrysippos (Galen de Hipp. et Plat. III 351). es ist nicht hübsch, dafs
unsere Hesiodausgabeu ein solches stück ganz ignoriren. hat man aber in der des-
cendenz des Zeus den stoff dieser hesiodischen partie erkannt, so ist damit gesagt,
dafs 93037, 945. 6 und alles was auf 955 folgt fremdartig ist, und zu dem kitte
gehört, welcher die Theogonie mit den Katalogen verband, aus denen ja 987 schon
eitirt wird (Herm. 18, 416). an die letzte göttin, mit welcher Zeus göttliche kinder
gezeugt hat, schlielsen sich die sterblichen oder doch des götternamens unwürdigen,
welche ihm auch götter geboren haben, Maia den Hermes, Semele den Dionysos,
dessen gattin auch gott geworden ist, und Herakles: der war bekanntlich der letzte
Zeussohn, und seine göttlichkeit ist in seiner ehe ausgesprochen. hier endet, was
wir von Hesiods Theogonie haben; was folgte und wie viel, weils niemand.
166) Theog. 950. An» δ᾽ "Ἀλκμήνης καλλισφύρου ἄλκεμιος vide, Is ἩΙρακλεέος,
τελέσας στονόεντας ἀέϑλους παῖδα Jıds μεγάλοιο καὶ Ἥρης χρυσοποδέλου αἰδοίην
Hr’ ἄκοιτιν ἐν Οὐλύμπῳ νιφόεντι, ὄλβιος, ὃς μέγα ἔργον ἐν ἀϑανάτοισιν ἀνύσσας
γναέεε ἀπήμαντος καὶ ἀγήραος ἤματα πάντα. im vorletzten verse ist keineswegs
ἐν ἀϑανάτοισε mit dem nächststehenden ἀνύσσασ zu verbinden, wie man getan hat,
Die Heraklesreligion seit der archaischen zeit. Herakles der dulder. 91
aber die zeit- und standesgenossen Pindars waren nicht mehr dieselben
wie die des Hesiodos. die dorische cultur war überlebt, und die Herakles-
sage genügte um 500 nicht mehr dem herzen, weil das herz nicht mehr
empfand wie um 700.
Dazu trug ganz äufserlich schon die ausgestaltung der sagen selbst
bei. indem immer neue taten und gefahren hinzutraten, ward die schale
der irdischen mühen immer voller, mochte auch der held in jedem neuen
kampfe siegreich sein. die ewige seligkeit ist ein ewiges einerlei, von
ihr lässt sich unter keinen voraussetzungen viel erzählen. so hält sie
in vieler augen den leiden und arbeiten nicht die wage. und der lohn
hatte seine realität nur im hoffenden glauben: die mühen und leiden
des irdischen lebens erschienen als tatsächliche gewilsheit. so ward das
geschick des helden mehr beklagt als beneidet. wenn ihn in einer Eoee
seine mutter mehrfach srovnodrarov xal ἄριστον genannt hatte (Hesiod.
fgm. 159. 160), so stellte ihn der parische künstler der olympischen
metopen gerade nach dem ersten glücklich bestandenen kampfe mit der
gebärde tiefer trauriger ermattung dar, rührend genug"), und allerdings
nicht ohne diesem irdischen gefühle den himmlischen trost in der helferin
Athena zur seite zu stellen, wie denn dies schwesterlichste verhältnis
der liebsten tochter des himmlischen vaters zu seinem liebsten sohne
von der archaischen kunst auf das zarteste ausgebildet ist'*). der dichter
des Schildes schlägt schon fast euripideische töne an, wenn er Herakles
um die gigantomachie zu verstehn. diese ist nicht die haupttat, wenn sie Hesiodos,
der dichter der titanomachie, überhaupt gekannt und anerkannt haben sollte. bei
Pindar Nem. 1 ist sie nur ein exempel für die bewältigung der ἄνδρες σὺν πλαγέῳ
κόρῳ orelyorres. es sollte doch klar sein, dals μόγα ἔργον sein lebenswerk ist,
ganz im allgemeinen, und ebenso, dafs die vorher genannten orovdswres ἄεϑλοιε einen
festen kreis von aufgaben bezeichnen, den er ‘zu ende geführt hat’, ganz wie der
fortsetzer, der diese worte 994 übernimmt, die bestimmten aufgaben meint, die Pelias
dem lIason stellte. die wortstellung in v. 954 ist erträglich, da ναέξε ohne den zu-
satz ὁ» ἀϑανάτοισε gar nicht denkbar wäre. die einfache alte poesie scheut sich
vor dergleichen nicht, z.b. Theognis 997 τῆμος δ᾽ ἠέλιος μὲν ὃν αἰϑέρε μώνυχας
Innovs ἄρτε παραγγέλλεε μέσσατον ἦμαρ ἔχων. 1317 od δὲ μήτια ἁπάντων ἀν-
ϑρώπω» ἐσορῶν παιδοφιλεῖν ἐϑέλοι.
167) Furtwängler (Festschrift für Brunn 79) ist dem künstler nicht gerecht
geworden, gerade da, wo er das schöne ergebnis erzielt, die herkunft der sculpturen
zu ermitteln. überhaupt ist, so viel ich sche, der schatz von poesie, der in den
metopen steckt, noch längst nicht gehoben.
168) Es sind ganz überwiegend Ionier, die sich in der ausführung dieses der
litteratur fremden verhältnisses gefallen; das epos hatte Athena neben Diomedes
und Odysseus ähnlich eingeführt, und ihre intervention bei dem kindermorde ist
auch epische erfindung. die bildende kunst lehrt auch, dafs Athena ihren schütz-
Heraklos
der dulder.
92 Der Herakles der sage.
darüber grübeln lässt, dafs sein vater Amphitryon sich schwer an den
göttern vergangen haben mülste, da Iphikles sich in schande gestürzt hätte,
αὐτὰρ ἐμοὶ δαίμων χαλεποὺς ἐπέτελλεν ἀέϑλους (94), und wahrhaft
erschütternd wirkt (was diesem dichter vorlag), was der orphische er-
weiterer der Nekyia ihm als anrede an Odysseus in den mund legt. “du
ärmster, hast du denn auch ein elendes geschick zu schleppen, wie ich
es auf erden ertrug? der sohn des Zeus war ich, aber unermelsliches
unheil war mein teil (A 613)”. so spricht freilich nur sein schatten,
und der dichter verfehlt nicht hervorzuheben, dafs der heros selbst im
himmel als Hebes gatte το). aber es ist um die frohe zuversicht
des glaubens geschehen, wenn auch nur der schatten des Herakles sein
leben also beurteilt. aus dieser trüben auffassung ist der gedrückte und
ermüdete held hervorgegangen, den uns spätere kunstwerke und doch
nicht nur späte, darstellen: ein schönes bild, gewiß; aber dals das
menschenleben eitel mühe und arbeit ist, ist darin auf die bedeutung
herabgesunken, welche der verfasser des 90. psalmes mit diesem spruche
verband, während der echte Herakles so dachte, wie wir den spruch
umdeuten. so ist Herakles allmählich dazu gekommen den jammer
des menschenlooses darzustellen, und für diese betrachtungsweise waren
die geschichten besonders erwünscht, die ihn schwach und sündig
zeigten, der kindermord, der frevel an Iphitos, die vergiftung und selbst-
verbrennung. und indem man sich von diesem standpunkte aus ein voll-
bild des charakters von dem heros zu entwerfen versuchte, ist die merk-
würdige ansicht von dem Hoaxijg μελαγχολικός entstanden, die kein
geringerer als Aristoteles in geistvoller weise durchführt, indem er Herakles
mit in die reihe der gröfsten staatsmänner, denker und künstler stellt,
die alle μελαγχολικοί gewesen waren'”). das ist in dem verbreiteten
ling auf dem Olympos einführte, wovon Pindar nichts sagt. allein die olympischen
metopen sind doch den Peloponnesiern verständlich gewesen, Athena ist selbst in
Sparta und Korinth eine grofse göttin, und gerade ein volk, das das weib sonst nur
grob sinnlich zu nehmen weils, wird eine göttliche jungfrau zu würdigen befähigt
sein. Athena ist neben Herakles für sie die himmlische ἀρετά.
169) Vgl. Homer. Unters. 203.
170) Problem. 30, 1. dafs die lehre aristotelisch ist, kann nicht bezweifelt
werden, namentlich die charakteristik von Platon, Sokrates, Lysandros ist bezeichnend.
auch wird der inhalt als aristotelisch von den grammatikern (Erotian "Hpaxieia v»6oos),
Cicero (Tusc. 1 80) nnd Plutarch (Lysand. 2) angeführt. die Ἡρακλήη νόσος der spät-
hippokratischen schrift über die weiblichen krankheiten I 17 (II 623 Kühn) meint
die epilepsie, es ist also ein parallelname zu Zepor} νοῦσος und bedeutet nur die
"ungeheuerliche’, wie Ἡρακλεέα λέϑος den wunderbaren magnetstein; so haben die
grammatiker richtig erklärt (Erotian, Galen zu Epidem. VI 7, XVII® 341 K. schol.
Herakles der dulder. Herakles der genufsmensch. 93
worte von der melancholie der genialen naturen zur sinnlosigkeit ver-
dreht, weil μελαγχολᾶν und melancholie kaum etwas mit einander zu
tun haben; selbst Dürers Melancholie kann man zur erklärung der aristo-
telischen gedanken nicht herbeiziehn'”'), besser geschieht das durch die
vergleichung, die Aristoteles selbst gibt, dafs die schwarze galle auf
die gemütsart etwa so wirkt wie ein köstlicher starker wein. wir dürfen
etwa sagen, dals in der seele dieser höchstbegnadigten unter den sterb-
lichen ein vulkanisches feuer brennt; so lange es nur in der tiefe treibt
und wärmt, bringen sie hervor, was reicher und köstlicher ist, als sonst
ein mensch vermag, aber wehe, wenn es durchbricht: dann verzehrt es
alles und vernichtet sie selbst zuerst. schweres blut, schwerer mut: “der
blick der schwermut ist ein fürchterlicher vorzug”. sie sind mehr als
die ehrenfesten biedermänner, die eingepfercht zwischen die schranken der
σωφροσύνη den sichern weg ziehen, den die meilenzeiger des γόμος
weisen. aber sie sind was sie sind und leisten was sie leisten nur im
gewaltsamen bruche dieser schranken; das büfsen sie, am schwersten
im eignen innern. sie sind eben doch auch keine götter, denen allein
das leben leicht ist. Aristoteles hatte ja einen solchen heros gesehen,
und er nennt Platon auch in dieser reihe: seit wir die enttäuschung erlebt
haben, die uns sein bild bereitet hat, verstehn wir, dafs er μελαγχολᾷ.
wenn Herakles in die reihe der heroen des geistes und der sittlichen kraft
eingeführt ist, so ist das in ‚unserm sinne keine degradation, die gewalt
der alten sagengestalt macht sich auch darin noch fühlbar. aber das ideal
des höchsten menschentumes war doch ein anderes geworden; die Hellenen
hatten gelernt, wo die grenzen der menschheit stehen, und dafs der ruhm,
ein woltäter der menschheit'”*) zu werden, nur mit dem eignen herzblut
erkauft werden kann.
Aus derselben wurzel, welche den μελαγχολικὸς Ἡρακλῆς getrieben
hat, ist schlielslich das gerade gegenteil auch erwachsen, der Herakles, der
Oribas. III 683, Herakles selbst ist nicht epileptisch wie Caesar und Muhammed
gewesen, wol aber Alexander μελαγχολῶν wie Herakles,.
171) Aber Dürers Ritter zwischen Tod und Teufel möchte man am liebsten
Herakles benennen.
172) Als δὐεργότης βροτῶν hat Aristoteles wie Euripides den Herakles gefalst,
in dem er natürlich eine geschichtliche person sah. als solchem sollen ihm die
säulen des westens geweiht sein, Aelian. V. H. V 3 (Rose fgm. 678 zieht zu wenig
aus und verdirbt den sinn). die heroen als verehrer der ἀρετή feiert Aristoteles in
seinem threnos auf Hermeias, und zwar stellt er Herakles und die Dioskuren zuerst,
den dieEluaxos und die σωτῇρες, natürlich, weil sie den himmel sich erworben haben,
schon ganz wie Horas.
Herakles
der gen
uls-
mensch.
94 Der Herakles der sage.
als vertreter der φψεληδονέα eingeführt werden konnte'”), die breite
masse mochte es nicht wort haben, dafs Herakles es auf erden so schlecht
gehabt hatte; aber die himmlische belohnung am tische der götter war
ihnen auch zu unsicher. für die masse ist die εὐδαεμονέα ein irdisches gut,
ist sie irdischer genufs. den konnte sie ihm auch bereiten. Athena und
Hermes hatten ihn ja geliebt; Aphrodite und Dionysos waren ihm auch
nicht feindlich. schenkten ihm jene die köstlichsten waffen und hielten
sie ihm treue kameradschaft in allen fährlichkeiten, so vergalsen sie seiner
auch nicht, wenn er müde war und ruhe und trost bedurfte. so kühlte
ihm Athena die heise stirn, und liefs ihm die warmen quellen allerorten
entspringen, den schweils abzuspülen. Dionysos reichte ihm den vollen
becher und alle seine muntern gefährten stellten sich ein. gefällige
nymphen und schöne königstöchter fehlten nirgend; selbst die frevler,
die Herakles erschlagen mulste, pflegten hübsche töchter zu haben. er
aber kommt ungeladen zu feste, er weilt nicht lange und zahlt nicht
gold: im sturm erringt er den minnesold. so ward er zuerst ein ideal-
bild des dorischen ritters, “sein halbes leben stürmt’ er fort, verdehnt’
die hälft’ in ruh’. und im verlaufe der zeiten ward er ein geselle des
dionysischen thiasos, ein schutzherr der epheben und der athleten, der
fahrenden leute und der lanzknechte: das ideal, das diese leute haben,
die ungemessene körperliche leistungsfähigkeit des “starken mannes’,
der doch geistig zugleich in ihre sphäre gehört, ist im wesentlichen, wenn
auch einige züge aus dem andern bilde sich einmischen und die ein-
geborne erhabenheit nie ganz verloren geht, der Herakles, den die helle-
nistische und zumal die römische zeit als lebendige potenz des volks-
glaubens ererbte und besafs. es genügt dafür die tatsache, dals kaiser
Commodus der νέος Ἡρακλῆς sein wollte‘). diese gestalt ist, wie natür-
173) Z. Ὁ. Megakleides bei Athen. XII 513. in der schilderung des τυρραννεκὸς
ἀνήρ bei Platon (Staat 573°) findet sich neben der knechtschaft aller ἐπεϑυμέαε und
dem gröfsenwahnsinn (od μόνο» ἀνθρώπων ἀλλὰ καὶ ϑεῶν ἐπιχειρεῖ τε καὶ ἐλπέξεε
δυνατὸς εἶναι ἄρχειν), was also auf diesen Herakles zutrifft, auch der zug, dafs er
μελαγχολεκὸς ist.
174) Schon im vierten jahrhundert läuft ein gewisser Nikostratos von Argos
als ein zweiter Herakles mit löwenhaut und keule herum, zieht sogar so zu felde,
und der Perserkönig bittet sich diesen bundesgenossen namentlich aus, Diodor XVI 44,
es ist dieselbe zeit, in der sich der tolle arzt Menekrates Ζεύς nennt, als gegen-
stück denke man an die naturburschen Ἡρακλῆς, den Boeoter Sostratos, von dem
Plutarch erzählt, und den andern, den Herodes Attikos entdeckte (die zeitrechnung,
aber nicht sie allein, verbietet die identification); damals ist νέος Μρακλῆς ehren-
titel für athleten, und in dem sinne erstrebte ihn Commodus.
Herakles der genufsmensch. H. in der bildenden kunst. 95
lich, der modernen welt zunächst überliefert worden: so pflegt sich der
gebildete von heute den Hercules vorzustellen; er ahnt ja nicht, dafs
die sage mehr ist als ein gefälliges und lascives spiel. oder aber er
entsetzt sich über die heiden und die verworfenheit ihrer heiligen. das
schwatzt er dann unbewulst den christlichen apologeten nach, die mit
recht den Herakles bekämpften, der zu ihrer zeit in der phantasie der
völker lebte. aber so jemand in diesem verzerrten bilde die hellenische
religion selbst zu treffen meint, so versündigt er sich an dem heiligen.
Da haben wir schon einen blick in die späte zeit getan, wo die religion
der väter ein innerlich vermorschter baum geworden war wie die ganze
hellenische cultur. trotzdem hielten sich auch damals noch tausende
von gläubigen und ungläubigen menschen zu dem gotte und heros an
den stätten und in den formen, die ihnen heilig waren oder die sie doch
respectirten, weil sie ein vermächtnis der väter waren. der gott war eben
gott: das genügte den frommen und blieb gänzlich unberührt von dem,
was die dichter fabelten und die theologen klügelten: der heros war der
rechte mensch, streiter für seine Hellenen und ihre civilisation, auch
den barbaren in ost und west nicht mehr fremd, allsieger mit der faust
und mit der keule, empfänglich für alle genüsse dieser welt, ein wenig
übers mals in allem, und eben darum ein liebenswürdiger held und ein
guter geselle. von allem was die dichter und die weisen in ihn hinein-
gelegt hatten, war einiges haften geblieben, aber nur so viel als das
altvertraute bild vertrug ohne unkenntlich zu werden. seit dem ende
der archaischen zeit hat Herakles nur noch eine geringe entwickelung,
wenn man ihn nimmt, wie er im volksglauben und der vorstellung der
breiten masse, selbst der 8, g. gebildeten erschien.
Die bildende kunst lehrt das am besten. es ist eigentlich alles Ἡ, in
entscheidende für ihn getan, als die specifisch attische kunst der Poly-
gnotos und Pheidias anbricht. Der typus des heros und seiner meisten
taten ist geprägt; es kostet keine mühe von den kämpfen auf den
römischen sarkophagen unmittelbar auf die schwarzfigurigen vasen zu-
rückzugehn. der kreis der darstellungen wird stofflich nur unwesentlich
erweitert. ohne zweifel haben die grossen freischaffenden maler und
bildhauer des fünften und vierten jahrhunderts ganz ebenso wie die
dichter und denker dieser zeit sich an der aufgabe versucht, einen
Herakles zu bilden, der ihrem ideale und dem ihrer zeit entsprach, und
es hat den höchsten reiz, die bildungen zu vergleichen, die von den
archaeologischen forschern aus der chaotischen masse der späten copien
vorgezogen und zum teil mit unmittelbar einleuchtendem erfolge auf den
. in der
bildenden
kunst.
H. im
fünften
jahrhundert.
96 Der Herakles der sage.
oder jenen erlauchten urheber der blütezeit zurückgeführt werden. be-
deutend sind viele'”), und der bruder des olympischen Hermes'”), nur etwas
mächtigerer und minder durchgeistigter bildung, wie er nach Praxiteles er-
scheint, der stolze und begeisterte sieger im pappelkranze, strotzend von
kraft und mut und lust des schönsten lebens, wie er auf Skopas zurück
geht!”), sind wahrlich bezaubernd; in ähnlicher jugendschöne mag er
dem Parrhasios erschienen sein'”), aber menschen sind sie doch nur:
τοιούτῳ ϑεῴ τίς ἂν προσεύξαιτο, muls man ihnen, wie freilich ziem-
lich allen göttern des vierten jahrhunderts, zurufen, und selbst der
seelenvollste Herakles, der des Skopas, ist nicht mehr gott als sein
bruder Meleagros, der diesen anspruch gar nicht erhebt.
Es war eben vorbei mit der göttlichkeit des Herakles, als die träger
seiner religion ihren geschichtlich schaffenden beruf erfüllt hatten und
einer neuen höheren cultur wichen, die von menschentugend und gottes-
reinheit andere begriffe und ideale hegte und suchte. deshalb haben
alle noch so geistreichen experimente den einzig echten archaischen do-
rischen Herakles nicht zu verdrängen vermocht.
Das ist den Hellenen selbst, wie natürlich, gerade in der entschei-
denden zeit bewulst gewesen. wer auf der seite des vereinkenden alten
ideales stand, der bekannte nur um so inbrünstiger den alten glauben:
so hat es Pindaros getan. auch ihm sind die bedenken nicht fremd
geblieben, die ein vorgeschrittenes moralisches gefühl an alten naiven
geschichten nehmen mufs, und er ist dem fluche der apologeten nicht
175) Ich denke namentlich an den Herakles Altemps (Kalkmann Berl. Winckel-
mannsprogramm LIII Taf. I), würdig ein cultbild der grofsen zeit zu sein. der
Herakles, den Furtwängler auf Myron zurückführt (Meisterwerke 355), bleibt im
alten typus; der polykletische (Furtwängler 430) zeigt den meister von Argos als
denselben banausen, der er überall ist, körper zu bilden beflissen und befähigt, aber
obne eine ahnung davon, dafs ein körper noch keinen menschen macht, geschweige
einen gott. Argos ist seit der niederwerfung durch Kleomenes in jeder hinsicht
eine häfsliche ruine.
176) Gemme des Gnaios, Jahrbuch III Taf. 10, 6, von Furtwängler als praxi-
telisch erkannt.
177) Graef, Röm. Mitteil. IV 189.
178) Wenn dieser sich in dem epigramme, das er als künstlerinschrift beifügte,
darauf beruft, dafs er den gott so bilde, wie er ihm im traume erschienen sei, so
rechtfertigt er damit offenbar eine bildung, die den Lindiern, seinen auftraggebern,
fremdartig war. sein Theseus sah aus, als wäre er mit rosen genährt, während der
des Euphranor beefsteak gegessen hatte: so kann man den gegensatz zwischen dem
archaischen Herakles und dem der beiden bildhauer des 4. jahrh. auch bezeichnen.
H. im fünften jahrhundert. 97
entgangen, ein loch nur durch einen schlimmeren rifs zu stopfen'”). in
Jonien stand man dem ganzen dorischen wesen so fern, dafs man die
Heraklessage einfach als einen prächtigen erzählungsstoff hinnahm und
sich an ihr belustigte. epische versuche, eine Heraklee zu dichten,
mögen noch mehr gemacht sein ala von Panyassis. neben die verlebte
poetische form stellte sich die prosaische erzählung, keinesweges gelehrt
oder auf die hochgebildeten kreise berechnet, sondern den stoffhunger
des breiten märchenlustigen publicums befriedigend. ds hat namentlich
die umfängliche mythographie des Pherekydes massen von Heraklesge-
schichten mit schmuckloser kürze aufgezeichnet, auch er einer von vielen
concurtenten. ausschlaggebend war, wie auf allen gebieten, was in
Athen geschah, Heraklescult war hier mehr als irgendwo sonst; aber
179) Ihm ist offenbar der zweifel aufgestiegen, wo denn Her. ein recht auf die
rinder des Geryones hergebabt haben könnte. so hat er denn einmal ausgesprochen,
dafs er Geryones für eben so löblich als Herakles hielte; er wolle nur von dem
nicht reden, was Zeus nicht wolgefällig wäre (es ist das berufene fgm. 81, welches
noch immer mit einem von Boeekh in daktyloepitriten umgeschriebenen satze be-
haftet ist, den Aristides selbst als erläuterung bezeichnet, und den für poesie zu
halten G. Hermann mit recht als einen mangel an poetischem gefühl gebrandmarkt
hat). Pindar ist dann aber weiter gegangen und hat aus dem Geryonesexempel den
berühmten satz gezogen νόμος ὅ πάντων βασιλεύς, ϑνητῶν τε καὶ ἀϑανάτων, ἄγει
δικαεῶν τὸ βιαιότατον ὑπερτάτᾳ χεερέ (169). er hat nur sagen wollen, dafs ὅ τε νομέ-
Leras δίκαιόν ἐστιν, dafs Herakles und die götter die ihm halfen den raub der rinder
für vdusuor bielten, und er nicht anders urteilen dürfte: aber damit asgte er im
grunde dasselbe, was Euripides Hek. 799 zu der lästerlichen consequenz treibt, dafs die
götter auch nur νόμῳ verehrt werden, und was der brave Xenophon, Mem. IV 4,19, aus
frömmigkeit verdirbt. offenbar hatte Pindar, was ihm manchmal (auch mit den pytha-
goreischen lehren Ol. 2) begegnet, eine neue lehre übernommen, ohne sich ihre für
seine weltanschauung vernichtenden ceonsequenzen klar zu machen. leider kann man
weder sagen, wann er die Geryonesgedichte gemacht hat, noch für wen. das erste,
bescheidnere, war ein dithyrambus. Peisandros von Bhodos soll Herakles duxasd-
τατος φονεύς genannt haben: das klingt stark an Pindar an, beruht aber auf dem
bedenklichen zeugen Olympiodor zu Alkibiades I: also ist vorsicht geboten. es klingt
auch an das rätsel der Kleobulina an, das in den dorischen διαλέξεις erhalten ist
ἄνδρ᾽ εἶδον κλέπτοντα καὶ ἐξαπατῶντα βιαίως, καὶ τὸ Bla δρᾶσαι τοῦτο δικαιό-
τατον. — der suklang war trügerisch; die lösung steht in den heraklitisirenden
stücken der hippokratischen schrift περὲ διαέτης, cap. 24 Littr. παιδοτρέβαε τοῖον
διδάσκουσι, παρανομεῖν δικαίως, ἐξαπατᾶν κλέπτειν ἁρπάζειν βιάξεσθαι. natürlich
ist der ringer der δικαιότατος, der οὐ κόπτει ἀλλὰ βιάζεται. der pentameter ist mit
absicht zweideutig. die διαέξεις sind ein erzeugnis ähnlicher art wie die vorlage des
Hippokrates. die verschen sind sympotische spässe der frühesten sophistenzeit; im
Symposion der Sieben von Plutarch stehen Kleobulinas beide andere rätsel; eins
kehrt anonym bei peripatetikern wieder. sie selbst ist eine novellenfigur.
v. Wilamowitz L 7
98 Der Herakles der sage.
er blieb dörflich, in den niederen schichten des volkes; die spiele von
Marathon würden wir sogar mit athenischen zeugnissen kaum belegen
können. der älteste öffentliche ringplatz Athens, das Kynosarges des
Herakles, kam herunter gegenüber den neugründungen Lykeion und
Akademie. man hält gemäfs der zähen handwerkstradition an den
Heraklestaten fest, sieht in ihnen den panhellenischen ruhm, und so
schmücken sie das schatzhaus der Athener in Delphi und auch den
tempel den wir früher Theseion nannten. aber eine solche geltung, wie
sie für die zeit des geschlechterstaates Typhongiebel und Hydragiebel be-
weisen, hat Herakles in der demokratie nicht mehr. selbst in den kreisen
der töpfer werden seine taten langsam durch neue stoffe zurückgedrängt,
die grolse frescomalerei hat kaum noch viel von ihm erzählt, und das
heroon von Trysa ist auch darin homerisch, dafs Herakles keine rolle
spielt. wie die freiheitskriege sich an den panhellenischen zug der
Atreiden schliefsen, wie die herrlichkeit des attischen reiches die der
heroenzeit aufnimmt, so ist die tragoedie die erbin Homers. und ihnen
allen fehlt Herakles, der Dorer. dals er, dem immer wieder zu huldigen
für Pindaros eingestandener malsen herzenssache ist, gleichzeitig in Athen
auf der bühne ernsthaft gar nicht darstellbar ist, ist eine eben so merk-
würdige wie augenfällige tatsache. natürlich konnte es nicht ausbleiben,
dafs hie und da auf seine taten hingedeutet ward, zumal wenn ge-
schichten, die mit seinen sagen zusammenhiengen, dramatisirt wurden, wie
die rettung der Herakleiden, eine attische ruhmestat, durch Aischylos');
auch in einer episode, wie im Prometheus des Aischylos, mochte Herakles
einmal auftreten, aber um seiner selbst willen ist er nicht vorgeführt
worden. die Heraklessage fällt für das ernsthafte drama aus. das ist
um so bemerkenswerter, als das satyrspiel den dorischen helden mit
grofser vorliebe zum gegenstande seiner burlesken späfse nimmt, Ion
und Achaios, Sophokles und Euripides gleichermalsen; dafs wir von
Aischylos nichts der art wissen, kann daran liegen, dafs wir nur von
ganz wenigen seiner satyrspiele mehr als den titel kennen, und
die titel vielfach gar nicht bezeichnend sind. die durch das satyrspiel
gegebene charakteristik sals so fest, dafs sie selbst im ernstesten drama
beibehalten ward, wie die Alkestis des Euripides zeigt, und da diese in
vielen dem altem Phrynichos folgt, werden wir danach dessen Alkestis
180) Ob Ions Εὐρυτέδαε den fall Oichalias behandelten, ist ganz unbekannt;
taten sie es, so brauchte Herakles nicht aufzutreten, trat er auf, so konnte er ge-
hässig oder halbburlesk oder als conventionelle nebenfigur behandelt sein. endlich
war gerade Oichalias fall ein homerischer stoff.
H. im fünften jahrhundert. 99
und seinen und des Aristias Antaios beurteilen, obwol sie nicht satyr-
spiele heifsen; war doch die älteste tragoedie selbst ein ausgelassenes
bocksspiel gewesen. nicht anders verfuhr die komoedie, in deren ältester,
von Eupolis und Aristophanes verachteter und verdrängter form der
hungernde und gefräfsige Dorer eine typische figur war. seltsamerweise
war gerade dies etwas was die Athener einem Dorer entlehnt hatten.
denn in den sicilischen possen des Epicharmos war die Heraklessage viel
behandelt'") und selbst die hochzeit mit Hebe travestirt. da kamen die
Musen als fischweiber und der brautvater nahm die grölste delicatesse
für sich; die zahlreichen bruchstücke riechen nach Siculae dapes, um
nicht zu sagen nach dem fischmarkte. so wird man versucht, die ab-
fällige kritik der geistreichen Athener von ihren heimischen vorgängern
und ihren nachbarn auf den vater der komoedie zu übertragen. das
wäre unbillig; nicht nur bestätigen die bruchstücke, wenn sie nicht ein
Athenaeus sondern Alkimos auszieht, das anerkennende urteil berufener
kunstrichter, namentlich Platons, sondern es ist ganz recht und sehr
hübsch, dafs die Dorer eine nationale travestie der eignen heldensage
neben ihre epische und lyrische conventionelle stilisirung stellten, die
ihr doch auch ein fremdes kleid anzog. korinthische schwänke, z. b.
von Sisyphos, und korinthische und boeotische vasenbilder zeigen den
gleichen ton. aber freilich konnte nicht ausbleiben, dafs Herakles in
eine tiefe sphaere sank. die von der Sokratik viel citirten und schön
in ihrem sinne umgedeuteten und umgeformten verse
ἀλλὰ μὰν ἐγὼν ἀνάγχᾳ πάντα ταῦτα ποιέω"
οἴομαι δ᾽, οὐδεὶς ἑκὼν πονηρὸς οὐδ᾽ ἄταν ἔχων
hat offenbar Herakles gesprochen, und hatten die philosophen nicht
recht, sich zu entsetzen, wenn dem woltäter der menschheit seine lebens-
10)
181) Aufseer den Musen oder Hebes Hochzeit noch ούσεερες, Ἡρακλῆς ἐπὲ
τὸν ζοστῆρα, Ἡρακλῆς πὰρ Φόλφ, (nicht παράφορος), und wahrscheinlich Aixvo-
sets (so Ο. Jahn, überliefert ist zweimal AAxvdrı). F. Dümmler (Bonner Studien für
Kekule) hat auf den vasen einwirkung Epicharms vermutet; das schwebt zur zeit
gänzlich in der luft. wer wollte sagen, ob z. Ὁ. die geschichte von Buseiris nicht
von vorn herein als schwank erfunden sei? aber beachtenswert ist der gedanke, und
mit recht weist Dümmler auf die herkunft der töpfer Sikanos und Sikelos hin;
Oltos tritt als dritter hinzu, denn der name scheint sicilisch, Inser. Sicil. 382°
Uirloxos in Abakainon unweit Tyndaris. auch die vermutung, dafs im Buseiris
des Euripides Aegypter den chor bildeten, ist eine ganz vage möglichkeit.
182) Schol. anonym. Aristot. Eth. ΠῚ 7 s. 155 Heylbut. ὁν 'Hoaxkrs τῷ παρὰ
Φόλῳ. πονηρός ist einfach wer viel πόνοε hat; arbeit ist mühsal. die atticisten mit
ihrer betonung πόνηρος und ihre gegner haben beide unrecht.
7*
H. ratio-
nalistisch
100 Der Herakles der sage.
aufgabe eine last, ja sogar ein fluch schien? und die Athener über-
haupt, tragiker und komiker eingeschlossen, standen zu der heldensage
anders; das epische war ihnen nicht stammfremd und die Iyrik schufen
sie in nationale form um: fanden sie nun den dorischen helden, gerade
in der zeit, wo der stammesgegensats sich verschärfte, bei seinen lands-
leuten zu einer burlesken figur degradirt, so mochten sie diese wol be-
gierig aufnehmen, aber es lag ihnen fern, dem Herakles der Dorer seine
erhabenheit zurückzugeben.
Man mufs diese lage der dinge, wie sie um 430 war, sich ernsthaft
und nachdrücklich vergegenwärtigen, um die ungeheure kühnheit des
Euripides zu würdigen, der als greis den Herakles zum gegenstande
einer ie machte, ohne jeden schatten der burleske, vielmehr in
nicht geringerer erhabenheit, als er sie in den herzen seiner gläubigsten
verehrer je besessen hatte, nur in ganz neuem sinne erhaben, so dafs
am ende die sämmtlichen voraussetzungen und folgerungen der echten
Heraklesreligion aufgehoben erscheinen. das war ein wirkliches fort-
dichten an der sage, wie es Euripides liebte, verklärend und zerstörend
zugleich. er vermochte so viel, weil er als dichter den schatz tiefster
poesie zu würdigen wulste, der in der Heraklessage lag, aber sich nicht
nur als Athaner, sondern auch als sophist der dorischen religion fremd,
ja überlegen fühlte. so gehört sein Herakles in gewissem sinne minder
zu den Heraklestragoedien, zu denen er andere dichter anreizte, als zu den
sophistischen erfindungen, die die alte gestalt in neuem sinne umwerteten.
denn Sophokles, der bald nach dem euripideischen drama seine Trachi-
nierinnen dichtete, liefs den Herakles in seiner conventionellen archaischen
stilisirung, etwa wie es in der bildenden kunst seiner zeit mode war, und
rückte dafür eine andere person in den mittelpunkt des dramas, dessen
stoff ihm übrigens, wie auch dem Euripides den seinen, das homerische
epos darbot. Kritias aber kam sich wohl sehr tragisch vor, als er den
schauplatz seines Peirithoos im Hades selbst zu nehmen wagte; aber der
tyrann war überhaupt kein dichter. dagegen sind die versuche der
sophisten weder erfolglos noch unbedeutend.
Herodoros von Herakleia, also aus einer stadt, die ihren eponymen
heros immer hoch gehalten hat, hat den ersten pragmatischen roman
von Herakles geschrieben. da war er nicht nur ein feldherr und fürst,
sondern er erhielt eine bildungsgeschichte, sein portrait ward entworfen,
und es kam ein buch heraus, das dem bedeutendsten werke des Xenophon,
seinem Kyros, vergleichbar ist und hoffentlich ergötzlicher zu lesen war.
diese romane, die eine notwendige phase in der entwickelung der helden-
H. rationalistisch gefast. H. des Prodikos. 101
sage repraesentiren und uns leider nur sehr wenig kenntlich sind oder
erst in ihren letzten ausläufern (wie Diktys) vorliegen, sind keines-
weges einflufslos gewesen. noch viel weniger war es der pragmatismus,
und kein geringerer als Aristoteles hat für diese betrachtungsweise ent-
schiedene sympathie, auch darin dem Ephoros näher stehend als dem
Thukydides oder Platon. er selbst hat nicht bezweifelt, dals Herakles
einmal gelebt und sich durch seine taten die göttliche verehrung verdient
habe'®). und es ist seine schule, die neben den feinsten psychologischen
beobachtungen auch die gröbsten ausschreitungen des rationalismus be-
gangen hat, wie sie in spätem niederschlage bei den s. g. Palaipha-
tos'*') vorliegen.
Erfreulicher weil mit mehr empfindung für den gehalt der sage
verfuhren die welche den Herakles als typus für ihre moralischen sätze
wählten. wenn Prodikos von Keos den Herskles am scheidewege
zwischen foer) und Ἡδονή selbst erfunden hat, d. h. selbst das alte
motiv, das in Sophokles Κρέσις reiner als in den Kyprien dargestellt
war, von Paris auf Herakles übertragen, so hat er aich als einen
würdigen sohn der insel des Simonides erwiesen: er oder genauer der
verkünder seiner lehre, Xenophon, hat es jedenfalls bewirkt, dafs dieses
eine stück den hellenischen wie unsern knaben den echten sinn des
Herakles, wenn auch etwas farblos und derb moralisirend, vor augen
führte'”).
183) Vgl. anm. 172.
184) Dafs die pragmatik des s. g. Palaiphatos peripatetisch ist, haben J. Ziehen
und J. Schrader (Palaephatea Berlin 94) richtig ausgeführt. sonst ist an das elende
machwerk unbillig viel mühe verschwendet worden. die homonymenreihe bei Suidas
beweist so viel sicher, dafs der name von romanschriftstellern sehr gern vorgeschoben
ward, die seltsamerweise pseudonymie lieben (daher alle die falschen Xenophonte,
auch der ephesische, alle jünger als der νόος Ξενοφῶν Arrian). ob aber ein wirk-
licher mensch je Jlala/paros geheilsen habe, ist eine frage, die erst ein stein sicher
in bejahendem sinne beantworten kann. unser buch freilich gibt sich nicht als offen-
barung, sondern als rationelle kritik: aber die bemühung, alle citate mit einem buche
in einklang zu bringen, ist doch vergeblich. solche litteratur hat keine feste form,
und der versuch, dem allerweltsgriechisch, das wir lesen, eine zeitbestimmung zu
entlocken, hätte gar nicht gemacht werden sollen. aber auch aus dem inhalt schlüsse
auf die herkunft des verfassers zu ziehen scheint mir verwegen.
185) Auf einer herme im Vatioan steht Ἡλικέην παῖο εἰμί" βρότας δ᾽ ἐστή-
σατο Φῆλιξ Ἡρανλέουε εἰκῶ᾽ οἶσθά ua ndın Προδίκου (Kaibel Ep. 831°). die abhängig-
keit des Prodikos von dem Parisurteil ist schon von dem philosophen erkannt, den
Athenseus im anfange von buch XII ausschreibt. es ist ein späterer peripatetiker,
der wol besonders von Theophrast need ἡδονῆς abhängt. Welcker kl. schr. II 470
ist sogar geneigt, die tätigkeit des Prodikos auf die einführung der abstracta statt
H.d
Prodi
68
kos,
H. der
Kyniker.
102 Der Herakles der sage.
Viel wirksamer noch und in ihrer art ein prachtstück war die um-
prägung des Herakles zum heros des kynismus durch Antisthenes, den
schüler des Prodikos. es kommt weniger auf den inhalt seines Herakles
an als auf das bild, das seitdem die Kyniker immer weiter ausbilden und
auf allen gassen zur schau stellen. zwei der kynischen kardinaltugenden,
αὐτάρχεια und φιλανϑρωπία, besals Herakles von der ältesten zeit
her; streifte man ihm den epischen und dorischen schmuck ab, so kam der
typus des ganzen mannes nur um so reiner zum vorschein. aber dafs er
πονηρότατος war, dals es ihm menschlich zu reden schlecht gieng, er
von πόνος zu πόνος schritt, Eurystheus und Hera ihn verfolgten, das
nahm der Kyniker gern mit auf, und wenn die Athener über dorische
ἀμουσία gescholten und gelacht hatten, so war dem Kyniker der nur
lieber, den so viel εὔφος nicht berührte. gelernt mulste er freilich haben,
denn so weit war Antisthenes Sokratiker, dals er die ἀρετή in der
φρόνησις sah und für lehrbar erklärte: aber sie war nicht schwer, und
wol dem, der nicht erst die ganze last der torheit und der vorurteile zu
verlernen hatte. so war Herakles, das naturkind, auch hier wieder der
rechte mann, der vollkommene mensch. kampf war sein leben, aber
mit herzhafter derbheit schlug er der sophistin hydra ihre häupter ab,
und triumphirte über die ungeheuer furcht und aberglauben, lüste und
sorgen. den lohn hatte er in diesem leben; genauer genommen, eine
belohnung gab es nicht und brauchte er auch nicht. er war mensch,
πονηρός und εὐδαίμων zugleich, er mochte menschlich fehlen, auch
schließlich krank werden und aussätzig: dann baute er sich einen
scheiterhaufen und warf das wertlose leben weg’). so vermochte der
zweier göttinnen zu beschränken. das dünkt mich minder wahrscheinlich. Xenophon
wenigstens bat nichts davon gewufst, sonst würde er den sophisten nicht der ehre
gewürdigt haben, ihn zu nennen. auch schweigt die gesammte überlieferung, auch
die bildliche, von einer solchen Heraklessage.
186) Kurz und scharf findet man diesen kynischen Herakles bei Dion in der
schten rede: man mufs sich nur hüten, bei diesem schriftsteller zu grofse stücke
auf eins der alten bücher des 4. jahrhunderts zurückführen zu wollen. wie sollte
er den Antisthenes anders behandelt haben als Platon und Xenophon, wo die ver-
gleichung gestattet ist? denn Dion ist darum, dals er den kynischen mantel trug,
litterarisch noch lange kein Kyniker. der sophist Prometheus (33) därfte freilich
von Antisthenes stammen. und auch der besondere hohn, der die goldenen äpfel trifft,
die auch hier am ende des lebens stehen, palst für einen, dem ihre besondere be-
deutung noch geläufig sein konnte: Her. nimmt sie nicht selbst, er kann ja gold so
wenig wie die Hesperiden essen. als er dann alt und schwach wird, baut er sich
auf dem hofe den scheiterhaufen. hier ist die kritik der byzantinischen (und auch
moderner) herausgeber possirlich. weil sie wissen, wo die sage den selbstmord an-
H. der Kyniker. H. der allegorischen mythologie. 103
Kyniker die ganze Heraklesgeschichte seiner lehre dienstbar zu machen.
diese lehre stand mit ihrer schätzung von diesseits und jenseits, menschen-
würde und menschenpflicht zu der Heraklesreligion in fast polarem gegen-
satze: aber die typische bedeutung für das sittliche verhalten des mannes
hat die gestalt des Herakles in ihr bewahrt, und so ist sie, wenn man
alles recht erwägt, am letzten ende auch eine manifestation der volks-
tümlichen religion: deren stärke und schwäche darin liegt, dals sie in
die alten schläuche immer neuen wein aufnehmen kann.
Die erbin der Kyniker ward die Stoa. sie aber, bald bestrebt mitH. der alle-
den mächten dieser welt und so auch mit der öffentlichen religion frieden mythologie.
zu machen, beschritt den weg, wie alle überlieferten sagen, so auch die
von Herakles durch auslegen und unterlegen ihren doctrinen anzupassen.
die Stoiker sind die theologen, oder wenn man das lieber hört, die mytho-
logen des altertums geworden, und ihre deutungen, noch mehr ihre methode
hat ungeheuren erfolg gehabt. Herakles ward der ϑεῖος λόγος oder die zeit
oder die sonne oder das urfeuer. die methode arbeitete mit so unfehlbarer
sicherheit, das es langweilig ist, beim einzelnen zu verweilen. auch treibt
es die physikalische mythendeutung heute nicht wesentlich anders. inte-
ressanter ist vielleicht der versuch des gnostikers Iustin den kynischen
Herakles als einen gewaltigen diener des’EAwelu (des gnostischen “vaters’),
den grölsten vor Jesus, in die neue religion aufzunehmen"). darin
setzt, machen sie aus dem hofe den Oeta (Οἴτῃ für αὐλῇ 34), wo man kynisch weiter
fragen muls, wozu die bergbesteigung, das konnte er doch wahrhaftig zu hause
haben. von den Heraklestragödien der Kyniker ist adespot. 374 merkwürdig, von
Cassius Dio (47, 49) als τὸ Ἡράκλειον angeführt, der vers, den Brutus wiederholte,
als er sich bei Philippi den tod gab, ὦ τλῆμον ἀρετή, λόγος ἄρ᾽ ἦσϑ᾽, ἐγὼ δέ σε
ὡς ἔργον ἤσκουν, σὺ δ᾽ ἄρ᾽ ἐδούλευσαο τύχῃ. so redet also eben der Herakles,
der sich am scheidewege für die ἀρετή entschieden hatte: der dichter setzt Prodikos,
oder vielmehr Xenophon voraus, und das δουλεύδεν τύχῃ nimmt er aus der letzten
rede des euripideischen Herakles (1357). dieser Herakles war also nicht mehr der
rechte Kyniker, sonst würde er die τύχῃ verachten — auch das antisthenische ideal
war gewogen und zu leicht befunden. alles führt darauf, Diogenes oder Pseudo-
diogenes als verfasser anzuerkennen.
187) Hippol. Refut. V26. Elohim hat mit Eden (der Erde) in seltsamer weise
den menschen gezengt, sich aber dann in den himmel an die seite des ‘Guten gottes’
erhoben ; ihm folgen seine 12 söhne; ihr gehören auch 12, mit und durch welche
sie auf erden regiert. vergebens schickt Elohim den engel Baruch u. a. zu Moses
und den Propheten. da erweckt sich Elohim aus der vorhaut einen großsen propheten,
Herakles, der besiegt die 12 Erdensöhne (die μητρεκοὶ dyyekos): das sind die 12 kämpfe.
und er würde die welt erlöst haben, wenn nicht Ὀμφάλη == Βαβέλ == Appodit, die
sinneslust, ihn bezwungen hätte. so bedurfte das erlösungswerk der vollendung, die
1ρ4 Der Herakles der sage.
liegt viel mehr wahrheit als in den physischen und metaphysischen formeln:
da ist doch wenigstens das göttliche als sittliche potenz gedacht. Kleanthes
Chrysippos und ihre modernen adepten gehen von der voraussetzung aus,
dafs die sagen eine hülle seien, unter welcher alte weisheit (oder aber-
weisheit) sehr einfache dinge verborgen hat. und der ungläubige gelehrte
findet einen schlüssel, ein zauberkräftiges wort, da öffnet sich das ver-
schlossene dem verständnis, der schleier vom bilde von Sais fällt ab,
und man sieht zu seiner befriedigung, dafs eigentlich nichts rechtes da-
hinter war; aber sehr scharfsinnig ist, wer dahinter kommt. mit dieser
betrachtungsweise und ihrer selbstgefälligen erhabenheit kann nicht con-
curriren, wer sich dabei bescheidet, dafs er die empfindung, welche ver-
gangene geschlechter in dichterischem bilde niedergelegt haben, in sich
selbst zu erzeugen versucht, indem er sich möglichst aller concreten
factoren des lebens und glaubens bemächtigt, welche einst jene empfin-
dung erzeugten, auf dafs er sie nachempfinden könne, wer also nicht
klüger als die sage und der glaube sein will. das gilt ihrem gehalte.
ihrer form aber sucht er sich zu bemächtigen, indem er sie als gedicht
auffalst, was sie ja ist. deshalb eröffnen nicht die antiken oder modernen
theo- und mythologen das verständnis der naturreligion, sondern die
großen dichter alter und auch neuer zeit. ihre gedanken und die ge-
stalten und geschichten die sie schaffen sind den gedanken der natur-
religion und den gestalten und geschichten der sage brüderlich verwandt,
der Faust hilft zum verständnis des Herakles mehr als Kleanthes und
Max Müller.
Erst spät ist das verständnis des Herakles wiedergefunden. die
moderne entwickelung mufste den weg von der antike, die man zuerst
wiederfand, der kaiserzeit, erst allmählich zu dem echten altertum empor-
steigen. noch die grofsen männer, die das wirkliche Hellenentum er-
weokten, haben Herakles nicht begriffen.
Winckelmann in dem hymnus auf den Torso feiert Herakles etwa
so wie es ein hymnologe, alse z. B. Matris von Theben, zu der zeit getan
haben mag, in der Apollonios jenes von Winckelmann in einer jetzt
unbegreiflichen weise überschätzte und misverstandene werk für das Pom-
es fand, als der engel Baruch den 12 jährigen zimmermannssohn Jesus von Nazaret
aufgesucht und ihm die wahrheit verkündet hatte. der liefs sich nicht verlocken,
deshalb schlug ihn der höchste der unrgexol ἄγγελοε Naas ans kreuz. da starb er,
ἃ. h. er liefs den irdischen toten leib mit den worten “weib, da hast du deinen sohn
(Joh. 19, 26)’ zurück und schwang sich empor zum ‘Guten gotte‘. Justin hat in
seinem buche die meisten hellenischen sagen in ähnlicher weise umgedeutet.
Herakles bei den modernen. 105
peiustheater verfertigte'"). Zoega arbeitete wie ein trefflicher mythograph,
besser noch als der echte Apollodor, aber man mag ihn doch vergleichen.
Wieland schlug die bahnen des Prodikos wieder ein und wirkte mit
seinem flach moralischen, aber dennoch auch jetzt noch genielsbaren
werke stärker auf den jungen Faustdichter, als dieser eingestand. Goethen
war Herakles der genialische kraftmensch und natursohn'®): da waren
züge vereinigt, die dem Kynismus angehörten, mit solchen, die etwa die
bukolische poesie an dem naiven helden hervorgehoben hatte. Schillers
Ideal und Leben gipfelt in dem gegensatze des auf erden gedrückten und
im himmel verklärten Herakles. er beabsichtigte auch als gegenstück zu
seiner ‘elegie’ eine ‘idylle’ zu dichten, deren inhalt die hochzeit des
Herakles mit der Hebe bilden sollte. die forderungen, die er in der
abhandlung über naive und sentimentalische dichtung für die idylle auf-
stellt, sind in wahrheit gar nicht allgemein gemeint, sondern geben den
gedanken, den er in seinem gedichte in die mythologische form kleiden
wollte. “der begriff’ dieser idylle ist der begriff’ eines völlig aufgelösten
188) Es befremdet zunächst, wird dem nachdenkenden aber ganz begreiflich,
dafs die gebrüder Goncourt im torso das höchste der antiken sculptur sehen und zu-
gleich auf cet imbecile Winckelmann schelten. ihnen ist das echthellenische verhalst,
und so sein prophet; sie haben aber ganz recht, Winckelmann zu bekämpfen, wenn
er seine vorstellungen vom echthellenischen in ein werk hineinträgt, das vielmehr
einer cultur angehört, die den Goncourt sympathisch sein mufs, weil sie längst vom
hellenischen entartet ist. es wäre sehr artig, wenn der torso gar nicht Herakles
sondern Polyphem wäre, wie Br. Sauer anmutig und ansprechend ausgeführt hat.
189) Belustigend ist, dafs Goethe sich Herakles als kolofs denkt und Wieland
verhöhnt, der in ihm ‘einen atattlichen mann mittlerer gröfse’ erwartet hat. beide
anschauungen sind im altertum auch mit einander in streit gewesen. aber Pindaros,
der ihn doch zu schätzen wufste, hat Her. dvords μὲν ἐδέσϑαε und μορφὰν βραχύς
im gegensatze zu den riesen Orion und Antaios genannt (Isthm. 3, 68). vier ellen
(sechs fuls) oder vier und eine halbe (Herodor im schol. Pind., das der ausschreiber
Tzetzes zu Lyk. 662 verbessert), etwas gröfser als ein gewöhnlicher mensch (Plutarch
bei Gell. I1), pflegt er geschätzt zu werden. anders mufs natürlich die bildende
kunst vorgehen. die tradition Pindars will offenbar den dorischen mann und men-
schen im gegensatz zu den wüsten leibern der γηγενεῖς wie zu den eleganten Ioniern
erfassen. weiter wird auch Herodoros nichts gewollt haben. aber die peripatetiker
Hieronymos und Dikaiarchos (Clemens protr. 2 p. 26 extr.) treiben physiognomonische
speculationen, wenn sie auch an die tradition ansetzen. aus Clemens schöpft Arno-
bias IV 25, wo nur der name Hieronymus noch erhalten ist: es heifst das abhängig-
keitsverhältnis verkennen, wenn man bei Arnobius ein besonderes Hieronymosbruch-
stück findet. selbst hat der rhetor den Clemens freilich nieht gelesen, denn dann
mülste er Plutarchs leben des Herakles, das bei Clemens fehlt (wenn der nicht ver-
stümmelt ist) selbst zu dem excerpte zugefügt haben.
106 Der Herakles der sage,
kampfes sowol in dem einzelnen menschen als in der gesellschaft .....
einer zur höchsten sittlichen würde hinaufgeläuterten natur, kurz er ist
kein anderer als das ideal der schönheit auf das wirkliche leben an-
gewendet”. diesen gehalt also legte der philosophische dichter in das
was ihm nur eine bequeme form war. sein gutes recht übte er damit,
wie es Euripides geübt hatte; aber mit grund ist das gedicht unausge-
führt geblieben: der gegensatz zwischen form und gehalt war zu grofs.
und dem ernsten echten Hellenentum kann dies ideal der schönheit nur
ein sentimentalisches phantasma sein.
In feierlichen, von tief religiössem und tief wissenschaftlichem sinne
getragenen worten hat erst Philipp Buttmann 1810 zur feier des ge-
burtstages Friedrichs des grofsen ausgeführt, dafs “das leben des Herakles
ein schöner und uralter mythos ist, darstellend das ideal menschlicher
vollkommenheit, geweihet dem heile der menschheit”. damit war das
wesentliche gegeben: der keim war blofsgelegt, aus dem der alte stamm
der sage erwachsen ist, der in dem Dodekathlos wenigstens, auf den
auch Buttmann mit entschiedenheit hinwies, die eingeborne art rein er-
halten hat. was nicht zu seinem rechte kam, war das nationale, das
dorische, obwol Buttmann selbst sehr gut wulste, dafs jeder alte mythos,
auch wenn er universell gedacht ist, zunächst eine nationale bedeutung
empfängt. diese notwendige ergänzung hat 1824 O. Müller in den Doriern
geliefert. sein verdienst ist es, für die geschichtlichen sagen das auge
geöffnet zu haben. es entgieng ihm auch nicht, dals der grundgedanke
der Heraklessage “ein stolzes bewulßstsein der dem menschen inne-
wohnenden eigenen kraft ist, durch die er sich, nicht durch vergunst
eines milden huldreichen geschickes, sondern gerade durch mühen drang-
sale und kämpfe selbst den göttern gleich zu stellen vermag”. aber er hat
das nicht als etwas für die Heraklessage specifisches betrachtet; wie er
denn überhaupt bei Buttmann nicht genug gelernt hat,
Seitdem ist die herrlichkeit der archaischen kunst ans licht getreten ;
wir brauchen nur die augen aufzumachen, um lebhaft zu schauen was
in der phantasie der menschen zur zeit des Solon und Pindaros lebte.
die wirkliche förderung der hellenischen mythologie und theologie wird
seitdem vorwiegend archaeologen verdankt, und es sollte niemand über
diese dinge mitreden wollen, der zu dieser reinsten überlieferung kein
herzliches verhältnis hat. die notwendigkeit sich mit immer neuen ein-
zelnen monumenten zu beschäftigen entschuldigt die archaeologen voll-
kommen, wenn sie den blick minder auf die einfachen grolsen gedanken
richten, die doch die wurzel sind für den wald von blüten, der vor uns
Herakles bei den modernen. 107
steht. aber um so notwendiger und lohnender ist es, zu den männern
zurückzukehren, die noch nicht erleuchtet aber auch noch nicht geblendet
und verwirrt von der fülle der einzelerscheinungen durch die kraft nach-
schaffender empfindung jene einfachen grofsen gedanken neu denkend
offenbart haben. was ich hier dargelegt habe, ist im grunde nicht mehr
als der versuch, Buttmann und O. Müller gleichmäfsig gerecht zu werden.
diese erkenntnis ist aber erst gewonnen als ergebnis der selbstkritik:
denn erfassen muls jeder das, was er wirklich versteht, aus dem objecte
selbst, und das verständnis eines religösen gedankens wird ihm keiner
wirklich vermitteln, für den diese religion im grunde doch nur ein object
der forschung ist. das kann nur einer, der selbst den lebendigen glauben
hat und ausspricht: und so mag hier der subjective dank dem grolsem
Pindaros gezollt werden. am ersten nemeischen gedichte habe ich den
Herakles verstanden. und wer meine worte liest, der möge selbst von
dem propheten sich sein herz erschlielsen lassen, und er möge sich
hinwenden zu der herzerquickenden und herzbewegenden frische und
naivetät, mit der die archaische kunst die geschichten von Herakles er-
zählt. ehe er nicht so weit ist, den Blaubart des Typhongiebels mit
ernst und die vasengemälde der kleisthenischen zeit mit ungetrübtem
genussse zu betrachten, glaube er nicht die empfindungen jener zeit
würdigen zu können. dagegen wer a priori schon weils, was hinter einem
heros steckt, der kann sich diese mühe sparen, der braucht auch den
Pindar nicht und noch viel weniger dieses buch. das ist für diejenigen
geschrieben, welche gern und geduldig lernen wollen, und doch nicht
wähnen, dafs so hoher dinge verständnis sich eigentlich erlernen lasse.
das kommt plötzlich wie eine offenbarung in dem eigenen verkehre
mit den dichtern und mit den göttern, wenn man so weit ist, keines
vamittlers mehr zu bedürfen. ohne lernen erreicht zwar niemand etwas
ia der wissenschaft, aber das beste will erlebt werden. γηράσχω δ᾽
αἰεὶ πολλὰ διδασχόμενος. μαϑόντες ἄχραντα γαρύετον Aıög πρὸς
ὄρνιχα ϑεῖον: beide sprüche sind auch für den philologen gesagt.
Gestal
des chen.
DER HERAKLES DES EURIPIDES.
Das vorige capitel hat gezeigt, dals der kindermord des Herakles
eine geschichte ist, die mit: dem wesen und der bedeutung des Herakles
streitet, sobald sie in den vordergrund gerückt wird, dafs sie deshalb in
Theben selbst, obgleich sie dort vermutlich, doch als ein blosses hilfs-
motiv, erdacht war, verworfen ward, aber von dem ionischen rhapsoden
in die Kyprien, und von dem Chalkidier Stesichoros in die dorische
lyrik aufgenommen ward. beider gedichte waren den Athenern sehr wol
bekannt, und so wenig wir im einzelnen über sie wissen, dürfen wir doch
ohne bedenken voraussetzen, dals Euripides hier den stoff’ vorfand, den
er in der tragoedie Herakles mit seinem eigenen geiste beseelt hat. alles
das was in diesem drama in der weise vorausgesetzt wird, dals das
publicum die kenntnis davon bereits mitbringt und nicht erst von dem
dichter empfängt, ist diesem selbst gegeben gewesen. davon müssen wir
also auch ausgehen, ohne zu vergessen, dafs der dichter vielleicht unter
einigen neben einander verbreiteten varianten eine auswahl getroffen hat').
Herakles hat im wahnsinn, den Hera sandte, die kinder verbrannt,
die ihm Megara, des thebanischen königs Kreon tochter geboren hatte.
er würde noch mehr frevel verübt haben, wenn nicht Athena zwischen-
getreten wäre und ihn durch einen steinwurf betäubt hätte. er hat sich
um dieser blutschuld willen von seiner gattin getrennt, die Iolaos über-
nahm, und ist für immer aus seiner heimat ausgewandert. das etwa war
1) Das ist hier nicht controllirbar, weil wir zu wenig wissen; die sage war
auch wenig behandelt. aber z. Ὁ. in den Phoenissen, im Orestes, und schon in
Hekabe und Andromache konnte der tragiker wählen, weil das publicum verschiedene
fassungen kannte. über den tod des Laios berichtete die Oidipodie anders als die
Thebais und Aischylos wieder anders. Orestes und die Erinyen waren von Stesi-
choros (auf den Euripides zurückgriff) ganz anders behandelt als von Aischylos. ea
wäre auch möglich gewesen, von den göttinnen ganz abzusehen und die heimkehr
des Menelaos nach der Telemachie zu erzählen. es ist oft sehr belehrend, sich zu
überlegen, welche offenen wege ein dichter nicht gegangen ist.
Gestaltung des stoffes. 109
deen Euripides überliefert, genauer, das hat er teils übernommen, teils
umgebildet. was er daraus gemacht hat, ist in kürze folgendes. Herakles
kehrt aus dem Hades nach Theben heim, von dem letzten der abenteuer,
die er sich zu bestehen verpflichtet hatte, um für sich und die seinen die
rückkehr nach Argos von Eurystheus zu erlangen. während seiner ab-
wesenheit hat ein mann aus Euboia, Lykos, sich Thebens bemächtigt und
ist gerade dabei den vater, die gattin und die kinder des Herakles zu
töten, als dieser heimkehrt und den Lykos erschlägt. da schickt Hera
ihm wahnsinn, er tötet frau und kinder und wird an dem vatermorde
durch Athena verhindert. als er zum bewufstsein kommt, denkt er an
selbstmord, läfst sich aber durch Theseus bestimmen, nach Athen in
freiwillige verbannung zu gehen.
Wenn man diese beiden geschichten neben einander hält, so fallen
ganz äufßserlich die drei hauptstücke ins auge, die Euripides geändert
bat, er hat erstens den kindermord an das ende des Heraklos gerückt.
der Herakles, von dem wir hier scheiden, wird keinen kampf mit riesen
und drachen mehr bestehen, er fühlt sich dem überwundenen Kerberos
nicht mehr gewachsen (1386). so ist denn auch alles was von helden-
taten irgendwie bedeutsam erschien, gelegentlich erwähnt, selbst die er-
oberung Oichalias: nur die oetäisch-aetolischen sagen mulsten fortbleiben,
denn die gattinnen Megara und Deianeira schliefsen einander aus. nichts
desto weniger ist im einklange mit dem Dodekathlos, den Euripides in
seiner bedeutung wol verstand, das leben mit der dienstbarkeit bei Eury-
stheus gleich gesetzt. die reinigung der erde war die lebensaufgabe des
Herakles (21), so lange er mit ihr beschäftigt war, durfte ihm Hera
nichts zu leide tun (828). aber mit der vollendung seiner aufgabe erhielt
Herakles im Dodekathlos unmittelbar die ewige seligkeit: hier verfällt
er dem elend. damit er nicht faktisch von seiner dienstbarkeit frei er-
schiene, ist künstlich das hilfsmotiv eingeführt, dals die vollendung zwar
sechlich aber noch nicht formell erfolgt ist, weil der Kerberos noch
nicht abgeliefert ist. dals dieses abenteuer das letzte ist, läuft zwar der
bedeutung der Hesperidenfahrt zuwider, ward aber schon längst geglaubt,
wie die ordnung der olympischen metopen zeigt. für Euripides war es
besonders bequem, weil er so den Theseus leicht einführen konnte, dafs
dieser durch Herakles befreit wäre, glaubten die Athener damals allge-
mein”), da sie ja ihren heros nicht mehr in der hölle denken konnten,
3) Euripides scheint in dem ersten Hippolytos die befreiung anders motivirt zu
haben (vgl. s. 44 meiner ausgabe des zweiten); aus der Phaidra des Sophokles liegt
110 Der Herakles des Euripides.
in der er noch in der attischen interpolation der Nekyia erscheint,
Euripides konnte sich mit einer kurzen hindeutung auf die bekannte
geschichte begnügen; das Kerberosabenteuer wird eben so kurz abgetan‘).
In der einführung des Theseus besteht die zweite hauptneuerung,
wir mülsten nun eigentlich glauben, dafs Herakles seinen lebensabend
in Athen verbracht hätte. denn dals er nichts mehr leisten kann, em-
pfindet der heros selbst und den selbstmord weist er geflissentlich von
sich. damit verwirft der dichter die oetäischen sagen. dadurch bekam
er aber für das ende des Herakles ein vacuum, und dieses füllt ihm
die einführung des Theseus, der den Herakles nach Athen holt, das
war erstaunlich kühn, hätte er doch den Herakles für Athen annectirt,
wenn die erfindung durchgedrungen wäre. man mülste ja sofort nach
seinem grabe in Attika suchen. natürlich konnte aber die heldensage
eine solche neuerung nicht annehmen, ja sie würde selbst in der tragoedie
unerträglich gewesen sein, wenn der zuschauer zeit und stimmung hätte,
sich die consequenzen klar zu machen‘). der dichter greift nach jedem
anhalt, den ihm der volksglaube darbot, wie diejenigen pflegen, welche
eine unwahrscheinliche neuerung einführen wollen. dafs die attischen
Herakleen eigentlich Theseen wären, nur von ihrem eigentümer an seinen
freund verschenkt, hat genau so, wie Euripides es hier erzählt, die
attische chronik berichtet‘): es ist die officielle erklärung dafür, dafs der
dorische heros allerorten, der stifter der attischen demokratie kaum an
ein par plätzen einen alten cult besafs. wenn aber Herakles bei leb-
zeiten einen so grolsen besitz in Attika gehabt hatte, so klang es
glaublich, wenn jemand ihn dort eine weile wohnen liefs. dafs Herakles
sich in Eleusis hat weihen lassen, ehe er in die unterwelt binabstieg,
und zu dem behufe nicht nur von seinen bluttaten in Athen entsühnt,
ein vers vor, der den Kerberos, also diese geschichte, angeht (625), und auch der
Peirithoos des Kritias zeugt für die vulgata. die ähnlichkeit der situation in Hippo-
lytos I und Herakles, dafs ein held unerwartet aus der hölle kommt, ist doch wol
nur äufserlich.
3) Eine ausführliche erzählung der höllenfahrt, wie sie Seneca in seiner nach-
bildung geliefert bat, würde die mythischen fabeln gar zu real erscheinen lassen.
es war klug, dafs Euripides auf sie verzichtete.
4) Solche verbindung des boeotischen helden mit Athen würde als sage mög-
lich gewesen sein, ja es würde ein ähnliches sich festgesetzt haben, wenn Boeotien
dauernd mit Attika vereinigt worden wäre, wie es in den funfziger jahren, als Euri-
pides jung war, vorübergehend erreicht war. die entfremdung erzeugt dagegen sagen
wie die in Euripides Hiketiden behandelte, deren fassung aber auch je nach dem
politischen winde wechselte, vgl. Isokrates Panath. 168.
5) Vgl. Aristoteles und Athen I 271.
Gestaltung des stoffes. 111
sondern durch adoption zu einem Athener gemacht worden ist, hat eben-
falls in Attika officielle geltung gehabt‘). Euripides erwähnt die weihung
(613), und er durfte wahrscheinlich zu erfinden glauben, dals sein
Herakles in Athen entsühnt wird und in Athen sich niederläfst. diese
verpflanzung war ihm nun keineswegs selbstzweck;; trotz allem patriotis-
mus war es sogar nebensache, dafs Theseus ein Athener war. auf den
freund kam es an, der den verzweifelten Herakles aufrichtete. in dieser
eigenschaft ist Theseus an die stelle des Iolaos getreten, der in der
thebanischen vorstellung nicht nur überhaupt diese rolle spielt, sondern
gerade die Megara übernimmt, als Herakles aus dem vaterlande scheiden
muls, nach antiker vorstellung ein freundschafsdienst, der beide teile
ehrt’). den konnte Euripides seinen Theseus nicht auch leisten lassen,
als er ihn an lolaos stelle setzte, und schon dieses legte ihm nahe,
Megara mit ihren kindern fallen zu lassen. die gattin würde aber auch
die einwirkung von vater und freund gestört, die mutter das mitleid von
6) Ap’ οὗ καϑαρμὸς πρῶτον ἐγένετο φόνου, πρώτων ᾿4ϑηναέων καϑηράν-
τον Hoaxida ist die 17. epoche der parischen chronik. das gibt anlafs zu den
kleinen mysterien, Diodor IV 14 in Agrai, oder in Melite (im Thesmophorion, schol. Ar.
Frö. 501), oder Eumolpos reinigt ihn, also in Eleusis, Apollodor II 122. zugleich
ist er der erste geweihte ausländer, und es vollzieht deshalb Pylios die adoption,
so auch Plut. Thes. 33 und schon der 8. g. Speusippos an Philipp (630 Herch.) ; andere
parallelstellen z. Ὁ. bei Dettmer de Hercule Ati. 66. der name mahnt daran, dafs
der zug gegen Pylos mit der weigerung der blutsühne durch Neleus motivirt zu
werden pflegt. in der apollodorischen chronik ist die verbindung mit der Hades-
fahrt hergestellt, und dafs er nur als myste zu ihr kraft fand, steht aufser bei Eurip.
617 in dem dialog Axiochos 3714: die vorstellung wird jedem leser der aristopha-
nischen Frösche klar sein, und die durch den mysteriencult beeinflufsten apulischen
unterweltswesen haben die anwesenheit des Herakles ohne frage durch seine eigen-
schaft als geweihter gerechtfertigt gefunden. der gläubige myste konnte sich den,
welcher das jenseits ungestraft betreten hatte, nur auch als mysten denken: und da
er das bedürfnis nach reinigung auch für gerecht vergossenes blut empfand und
seine religion sie von ihm forderte, wie viel mehr für den heros. so entstand die
fabel von der entsühnung. endlich wollte man in dem so viel in Athen verehrten
heros keinen fremden sehen. der nämliche grund hat die adoption der Dioskuren
hervorgebracht.
7) Dafs jemand auf dem totenbette seine frau oder tochter einem der erben
vermacht, ist überaus häufig vorgekommen, weil es in den anschauungen von familie
und ehe begründet war. so hat es z. b. der vater des Demosthenes gemacht. es
ist also für die Athener ganz in der ordnung, dafs Herakles in den Trachinierinnen
des Sophokles den Hyllos zwingt seine kebse zu heiraten. der moderne sollte sich
daran nicht mehr stofßsen, als dals z. b. Antigone zum zweiten male die leiche ihres
bruders mit staub zu bewerfen für eine religiöse pflicht hält. unserer sittlichkeit
läuft beides zuwider.
112 Der Herakles des Euripides.
dem vater, der zugleich mörder ist, abgezogen haben: so hat Euripides
auch darin geneuert, dafs Megara mit ihren kindern umkommt, zum
grölsten vorteil für seine dichtung, übrigens auch für die späteren
fassungen der geschichte vielfach mafsgebend.
Die dritte neuerung ist die einführung des Lykos. Euripides fühlte
die notwendigkeit, den Herakles, ehe er in schande und elend geriet,
etwas tun zu lassen in dem eich seine siegreiche heldenkraft be-
währte, und er wollte zeigen, wie sehr er seine kinder liebte, um die
schwere seines verlustes zu veranschaulichen. darum erfand er die ge-
schichte, die den ersten teil des dramas füllt, und ein mittel zu diesem
zwecke ist Lykos. dafs er ihn auch erfunden hat, sagt der dichter so
gut wie selbst (26. 31), indem er ihn als einen enkel des tyrannen
Lykos einführt, der nach alter sage von den söhnen Antiopes, den boe-
otischen Dioskuren, vertrieben worden ist*). jener “wolf” war in der tat
eine alte sagenfigur, wahrscheinlich auch in der Antiopesage vertreter
Euboias, wie er, zu einem sohne des Pandion umgeformt, es auch in der
attischen ist, oder besser gewesen ist, denn für uns ist der attische Lykos
ganz verblaßt. dieselben züge trägt bei Euripides sein enkel, gegen
den als eindringling sich Thebens greise leidenschaftlich wehren. dafs
er Megaras vater, könig Kreon, sammt seinen söhnen erschlagen hat,
ist in diesem zusammenhange unerläßlich: nur so ist die bedrohung und
hilflosigkeit der enkel des Kreon und söhne des Herakles hinreichend
begründet. daran dafs derselbe Kreon Haimon und Megareus zu söhnen
gehabt und den zug der Sieben überlebt hat, dürfen wir, trotzdem beide
Kreon den Menoikeus zum vater haben, nicht denken: die Herakles-
und Oidipussage sind schlechthin incommensurabel, und Kreon erscheint
in beiden nicht als dieselbe individuelle person, sondern als dieselbe
füllfigur, die auch in anderen sagen, z. Ὁ, der korinthischen, auftritt,
wo blofs ein “könig’ nötig ist. da der dichter seinen Lykos sofort
wieder beseitigt, so hatte die erfindung gar keine bedenklichen folgen ;
nur in der euripideischen fabel, die ihn erzeugt hatte, hat dieser Lykos
sein bischen leben gehabt).
8) Es verdient bedacht zu werden, dafs die Antiopesage in den Kyprien dicht
neben dem wahnsinn des Herakles behandelt war. ob Lykos aber in ihnen vorkam,
ist mit unserer kenntnis schwerlich je zu entscheiden.
9) Nichte als ein παράδοξον Θηβαικόν ist es, was Lysimachos im scholion
Pind. Isthm. 3, 109 verzeichnet, dafs einige die Herakleskinder von Lykos getötet
werden liefsen. unwissenheit und wilikür spätester lateinischer grammatiker redet
im scholion zu Statius Theb. IV 570 tristem nosco Lycum, welches auf den gatten
Gestaltung des stoffes. handlung und charaktere. 113
Diese drei neuerungen, die Euripides mit dem überlieferten stoffe
vornahm, sind in wahrheit nur consequenzen der inneren umgestaltung,
welcher er die sage selbst unterzog. sie sind aber als gegebene gröfsen
zu betrachten, wenn wir den aufbau des dramas prüfen wollen, dessen
grundlage (ὑπόϑεσις) eine bestimmte form einer bestimmten geschichte
ist. ob die überlieferung oder der dichter, ob dieser in einer bestimmt
zu erfassenden absicht oder aus willkür und laune den grund gelegt
hat, ist für die eigentlich dramatische ausgestaltung unwesentlich.
Damit aus dieser geschichte eine attische tragoedie würde, mulste Handlung
sie in die herkömmliche form der darstellung gebracht werden, die die charaktere.
Athener überhaupt und Euripides insbesondere sich gebildet hatten.
wenn der dichter sich hieran machte, so mulste ihm sofort klar werden,
dals er eine vermittelnde person brauchte, damit sein drama nicht ganz
auseinander fiele; die personen, die im ersten teile handelten, waren ja
im zweiten alle tot. es mulste das eine verhältnismälsig wenig selbst
betroffene, dem helden innerlich ergebene person sein, die also die teil-
nahme des zuschauers nicht auf sich ablenkte, sondern nur auf die
eigentlichen träger der handlung stätig und gesammelt hinführte. man
könnte meinen, dazu wäre ja der chor da. aber nur, wenn man das
drama mehr aus der aristotelischen Poetik als aus der wirklichen praxis
der tragiker kennt. denn das verbot sich schon aus dem einen äulser-
lichen grunde, dafs der chorführer, der doch die iamben sprechen mülste,
dadurch notwendigerweise von den übrigen choreuten individuell unter-
schieden würde, was er nie und nirgend ist. steht doch sogar im satyr-
spiel der Bilen als einzelfigur neben dem chore. Euripides bedurfte also
einer besonderen person, die an wichtigkeit darum nichts einbüßt, dafs
ihre bedeutung nur relativ ist. er hat Amphitryon gewählt und alles
getan, diesen zwar in seiner sphäre zu halten, aber so voll und rund
herauszuarbeiten, dafs sich der zuschauer diesen träger der umfänglichsten
rolle wol gefallen lassen kann. Amphitryon ist zwar ehedem etwas ge-
wesen; der ruhm seines Taphierzuges, der mit der geschichte von der
erzeugung des Herakles zusammenhängt und deshalb allbekannt war,
wird mehrfach hervorgehoben ; aber das dient nur dazu, dafs uns der
hilflose nicht verächtlich werde. jetzt ist er greis; er kennt das leben
und macht sich keine illusionen mehr. er hat nichts mehr zu fordern
Dirkes geht. hic est ergo Lycus, qui Megaram fillam suam Herculi dedit uxorem
et ob hoc a Iunone in furorem versus est et filios Herculis ec Megara susceptos
Oxea et Leontiadem (d.i. Κρεοντιάδην: der andere name bleibt unsicher) occidit.
tristis ergo propter mortem nepotum.
v. Wilamowitz I. 8
114 Der Herakles des Euripides.
noch zu erwarten, darum aber aueh nichts für sich zu fürchten. er
übersieht nicht bloß die schwiegertochter und den tyrannen, sondern auch
die stüärmische unbedachtsamkeit des sohnes. dieser sohn ist sein alles;
schwiegertochter und enkel sehätzt er nur um des sohnes willen, dem
bleibt er auch auf die gefahr nahe, ein opfer seiner raserei zu werden.
seine schwerste prüfung ist der endliche absehied von ihm, und dafs er
doch hoffen darf, die einzig geliebte hand werde ihm die müden augen
zudrücken, wenn sie endlich brechen werden, ist sein letzter trost.
Amphitryon ist der vater des Herakles.. das empfinden wir und sollen
wir empfinden, trotzdem das drama auf die vaterschaft des Zeus häufig
und schon in dem ersten verse hinweist. dieser mythos wird eonven-
tionell beibehalten, wird innerlich zugleich gedeutet und beseitigt: und
schließlich spricht Herakles geradezu aus, dafs Amphitryon sein vater
ist, zu dem ja viel mehr die liebe macht als das blut. aber freilich, die
gröfse des sohnes ist gerade für den vater zu überwältigend, als dafs er
ihm innerlich einen halt geben oder gar ihn aufrichten könnte. gewohnt,
dem willen des übermächtigen sich zu fügen, hat er bei dem furchtbaren
seelenkampfe des sohnes, den es zum selbstmorde zieht, nur ohnmächtige
tränen. da ist eines ebenbürtigen eingreifen von nöten, eines solchen,
den der mythos sich auch als göttersohn denkt. um Amphitryon zu
heben, nebenher auch um Megara keine concurrenz zu machen, ist die
mutter Alkmene ganz und gar ferngehalten, und man kann die weise
selbstbeschränkung des dichters nur bewundern, der auch der versuchung
widerstanden hat, durch irgend welche schale motivirung ihres fehlens
in wahrheit erst darauf hinzuweisen ; Sophokles Trach. 1151 ist nicht so
klug verfahren'®).
Den chor hat die spätere tragödie sich immer mehr erlaubt dem
alten pindarischen anzuähneln. er pflegt im laufe des dramas seine maske
fast ganz zu vergessen und lediglich das instrument zu sein, mit welchem
der dichter stimmungen betrachtungen erzählungen vorträgt, welche er
an den ruhepunkten seiner handlung für angemessen oder doch für zu-
lässig erachtet. dazu hat die entfaltung der wirklich dramatischen etho-
poeie eben so mitgewirkt, wie die neigung der dichter, so frei wie Pin-
daros mit ihrem instrumente zu schalten. es gilt das keinesweges blols
für die tragödie. Aristophanes pflegt die mit so viel witz und effect ein-
10) Es mag wol sein, dafs Euripides auch durch die erinnerung an seine Alkmene
verhindert ward, die dort so gans anders gezeichneten gatten hier neben einander
zu stellen.
Handiung und charaktere. 115
geführte, meist in einem epirrhema eigens noch erläuterte maske des
chors nach der parabase ganz fallen zu lassen. Wolken Wespen Vögel
Mysten reden in dem zweiten teile ihrer stäcke nur noch als choreuten
des Aristophanes. so denn aueh dis tragiker. wie die bewohter von
Kolonos zusammenlsufen, weil ihr Eumenidenhain emtweiht ist, das ist
von Sophokles mit vollem dramatischem leben veranschaulicht, und auch
das lob Athens, sein schwanengesang, geht vom lobe seines Kolonos ans.
aber das lied, das die zeit ausfüllt, während die geraubten mädchen be-
freit werden, ist schon ohne jede persönliche charskteristik, und das lied
ὅστις τοῦ πλέονος μέρους ist vollends die individuelle klage des lebens-
müden dichter. ob man die dichter schelten will, stehe dahin: jeden-
falls sind nur so ihre diohtungen verständlich, und vielleicht freut sich
mancher der nur so ermöglichten einblicke in ihre eigene seele. Euri-
pides hat sich mit der maske seiner chöre selten große mühe gemacht,
und wo er es getan hat, ist der erfolg nicht immer erfreulich''), z. Ὁ. in
den Phoenissen. er hat im wesentlichen zwei typen'”), weiblich und männ-
11) Etwas besonderes war der chor des Palamedes. da das drama im Hellenen-
lager spielen mulste, Palamedes des verrats bezichtigt war, der chor aber seine
partei zu halten hatte, weil er ja die sympathie von dichter und publicum hatte,
so pafsten die bequemen chöre, Achaeer oder kriegsgefangene mädchen, nicht. das
sollte man sich selbst sagen. hun haben wir das bekannte bruchstück #xdrer"
äxdsere τὰν πάνσοφον, ὦ Javaoi, τὰν οὐδὲν ἀλγύνοισαν ἀηδόνα Μοισᾶν (588).
das sind daktyloepitriten - Ju | Yin | “πιο uyom | -. - - | =. u...
und diese beweisen ein stasimon (sie kehren in dem anschliefsenden drama, den
Troerinnen, häufig wieder). also war der chor kein hellenischer. es scheint, wir
haben noch aus seiner parodos die selbetvorstellung, Arsas Ζιονύσονυ Ixduar, ὅς ἀν᾽
Ida» τέσπεταε σὺν ματρὸ φέλᾳ τυμπάνων ἐακχοῖς (586, glykonen, -.Ὁ- |
-yv- wu -- | -u=--uu-|-vy-u--): ieh habe ϑιεὰς aus οὐσὰν gemacht
(Nauck ϑύσα» oder Yvlar), und ixdua» aus κόμαν. die ähnlichkeit mit andern
eingangsliedern schützt diese gestaltung. ein schwarm von Dionysoedienerinnen, die
sich in den schutz des Achaeerlagers begeben, um auf dem Ida ihren pflichten ge-
nügen zu können, ist sehr gut erfunden ; die hierodulen der Phoenissen, die für Delphi
bestimmt, aber in Theben festgehalten sind, und die Chalkidierinnen der Iphbigeneis
Aul. sind gute parallelen. übrigens ward durch diesen chor auch das erreicht, dafs ein
gott am schiusse die unschuld des getöteten gar nicht zu proclamiren brauchte: die
bakchen und die zuschauer wufsten, woran sie waren. aber Oiax schrieb den un-
heilsbrief, den die wogen dem Nauplios bringen sollten (schol. Ar. Thesm. 771), und
so bereitete sich durch den schlufs des Palamedes genau wie durch den prolog der
Troerfinnen das vor, was wir nicht schauen, was wir aber in der zukunft sicher
voraussehen, der untergamg der Hellenenflotte, der einen die von Troia heimzog, und
nieht minder der anderen, die nach Sicilien fahren sollte.
12) Dafs die 17 erhaltenen dramen nur drei männliche chöre enthalten, ist ein
zufall, den man corrigirt, sobald man die zahlreichen sonst bekannten chöre zurechnet.
8°
116 Der Herakles des Euripides.
lich. es macht bei den ersten sehr wenig aus, ob es mädchen oder
frauen, freie oder dienerinnen sind; greisinnen sind es nie, denn die
heldenmütter der Hiketiden sind eine ausnahme, auch die männer sind
gewöhnlich nur durch das lebensalter charakterisirt, und jünglinge kommen
nirgend vor. an zahl aber überwiegen die weiblichen chöre so sehr, dafs
man als regel aufstellen kann, zwei weibliche in der trilogie gegen einen
männlichen’); da der satyrchor fast immer hinzutrat, ist das ganz be-
die zusammenstellung wird nützlich sein. der chor war weiblich in Aiolos, beiden
Alkmeon, Andromeda (in diesen vier sind mädchen bezeugt), Alkmene (87, vgl.
de trag. Gr. fragm. 12), Erechtheus (351), Danae (319, offenbar ein zwischen-
spruch des chores), Ino (399), Hippolytos I, Kreterinnen (von diesen allen steht nur
fest, dals es γυναζκες sind), hinzu kommen die bakchantinnen des Palamedes und
die dienerinnen des Phaethon. greise stehen fest für Antiope, auch die mysten der
Kreter werden bejahrt sein. sonst sind es im Alexandros g/Asnnos Τρῶες (985: wo
wäre sonst Kassandra aufgetreten ?), Lemnier im Philoktet, Achaeer, wie die parodie in
den Acharnern zeigt, im Telephos, Skyrier sind selbst dramentitel. die klage über
die armut 230 konnten wol nur makedonische männer im Archelaos vorbringen,
und die sehnsucht nach frieden und friedlicher beschäftigung im Kresphontes 453
geziemte auch männlichem munde. endlich wird, wie namentlich τόνδε zeigt, der
heranziehende chor in der Alope 105 vorgestellt ὁρῶ μὲν ἀνδρῶν τόνδε γυμνάδα
στόλον στεέχονϑ᾽ ἑῷον ἐκ τρόχων nenavusvov. denn diese veränderung Dindorfs
für orelyovra ϑεωρόν ist leicht und schön; man bedenke nur die vernachlässigung
und oorrectur der elision. die leute haben einen morgenspaziergang gemacht, in
attischer weise sehr früh; das drama beginnt Zo ev, wie so oft. es sind aber men-
schen, die sich gymnastisch trainiren, gefolge des Kerkyon, der bekanntlich die
παλαιστική erfunden hat. so kennen wir denn im ganzen 26 weibliche chöre und
12 männliche. die nebenchöre (Hipp. Hik. Phaeth. Thes. Erechth. Alexandr. Antiop.)
sind dabei nicht gerechnet. dafs der ohor sich nach der hauptperson richte, ist ein ganz
verkehrter einfall. wie kämen die greise zu Alkestis, Phoenissen zu Iokaste, athe-
nische greise zu Antiope, mädchen zu Aiolos? und Amphitryon soll hbauptperson im
Herakles sein?.
13) Wir kennen die disposition der trilogieen 1) Alexandros (greise, nebenchor
hirten), Palamedes (Bakchen, vgl. anm. 10), Troades. 2) Kreterinnen, Alkmeon
(mädchen) Telephos (Argeier) und statt der satyrn der männliche chor der Alkestis.
3) Bakchen, Alkmeon (mädchen) Iphigeneia Aul. (mädchen): also alle drei weiblich,
aber da hatte der jüngere Euripides nicht mehr die wahl. 4) Medeia (frauen)
Philoktet (Lemnier) Diktys (unbekannt, aber man wird die klagende Danae des
Diktys lieber neben frauen als neben Seriphier stellen). 5) Erechtheus (frauen, neben-
chor soldaten), Hiketiden (greisinnen, nebenchor knaben). 6) Helene und Andro-
meda, beide mit ähnlich gehaltenem weiblichem chore, hier fehlen die dritten stücke:
in dem letzten falle wird man an eine abwechselung glauben. bei Aischylos zeigt
die Orestie greise, mädchen, Erinyen; Prometheus meermädchen, Titanen,?; Lykurgie
Edonen, jünglinge, bakchantinnen; Achilleis Achaeer, meermädchen, Phryger; Aiantis
Achaeer (für die ὅκλων κρέσιδ kaum zu vermeiden), Thrakerinnen, 8 alcm
Handlung und charaktere. 117
greiflich; aber die andern tragiker sind nicht so verfahren. das vor-
wiegend der weiblichkeit zugewandte interesse des dichters verrät sich
auch hierin. wenn wir nun im Herakles den chor aus greisen bestehend
finden, so kann das schon in der rücksicht auf die ganze uns unbe-
kannte trilogie seinen grund gehabt haben. man kann auch erkennen,
dafs dem greisen dichter der greisenchor genehm war, da er ihm eigne
lebensbetrachtungen in den mund legen wollte. aber man bedarf solcher
äußserlichkeiten nicht; man ist vielmehr verpflichtet, die absicht des
dichters aus dem abzuleiten, was der chor besonderes an sich hat. da
fällt sofort sein adelsstolz in das auge. dals sie Sparten sind, Lykos
ein eindringling, schärfen sie wieder und wieder ein, und auch an He-
rakles rühmen sie, wenn auch unter verschiedener schätzung, den adel.
es versteht sich von selbst, dafs sie dazu männer sein mulsten; Megara,
die frau, schlägt zwar ähnliche töne an, aber in weiblicher weise (287.
308. 479). wohin das zielt, zeigt sich in dem zweiten teile, denn auch
Theseus mahnt den Herakles an seinen adel (1228), und dieser beweist
ihn mit der tat. es steht damit wie mit der abstammung von Zeus. wie
der mythos sie falst, ist sie erfindung, und der adel, wie ihn der chor
falst, ist ein vorurteil. aber adel ist auch in der sittlichen welt, und
mehr in dem leiden als in dem tun des xaAAlvıxog erweist sich die
menschliche, übermenschliche gröfse des Herakles. als folie also dient
die schätzung der welt, wie sie der greisenchor ausspricht. ein zweites
ist, dafs der chor unbedingt zu den Herakleskindern halten mulste. da
er nun männlich ist, so ergibt das einen conflict mit Lykos, dem durch
die wehrlosigkeit des chores die spitze abgebrochen wird; deshalb sind
es greise. auf das deutlichste sehen wir also die parteiungen, von denen
so oft die rede ist, und es kommt ein leben in den ersten teil des dra-
mas, wie es ganz undenkbar wäre, wenn dienerinnen Megaras den chor
bildeten.
Sobald der dichter über Amphitryon und den chor mit sich im reinen
war, ergab sich der aufbau des ersten teiles fast von selbst; er brauchte nur
die manier, an die er sich gewöhnt hatte, walten zu lassen. regelmälsig
dienen der prolog und das erste chorlied ausschliefslich zur exposition :
die situation, welche er voraussetzt, wird eingehend geschildert, aber noch
im zustande der ruhe; die handlung beginnt erst nach dem ersten liede.
weiteres bleibt zur zeit unsicher. dafs er die männlichen chöre bevorzugte, darf
man schliefsen. von Sophokles sind zu wenig chöre und auch nicht ein par von
zusammengehörigen dramen bekannt.
118 Der Herekles des Euripides,
in diesem falle war sehr yiel zu erzählen, die neugeschaffenen voraus-
setzungen des dichters. beginnen mufste er so, dafs die gefahr der fa-
milie des Herakles zwar dringend und unabwendbar, aber noch nicht
unmittelbar todbringend war, dann mulste dieser zustand eintreten, die
spannung der zuschguer aufs äulfserste getzieben werden, Herakles er-
scheinen und retten, es war erforderlich, dafs Lykos oder doch seine
partei zum worte und zur erscheinung kam; in dem momente, wo He-
rakles wiederkehrte, konnte er jedoeh nicht gegenwärtig sein, sonst hätte
er sofort den tod finden müssen, was die schicklichkeitsbegriffe verboten ;
zudem würden zu viel personen zugleich auf der bühne gewesen sein.
so ergaben sich die vier scenen, die wir vorfinden 1) prolog und parodos,
welche die exposition geben; die eingangsrede konnte gar niemand aufser
Amphitryon halten. 2) conflict zwischen Lykos und der Heraklespartei,
der sich in diesem falle nur in worten abspielen kann, und dessen aus-
gang von vorn herein sicher ist. 3) die höchste not und das erscheinen
des retters. 4) der tod des Lykos. hinter 2 3 4 sind pausen in der
handlung, also standlieder des chores angezeigt. die motive, welche die-
sen aufbau der scenen ermöglichen, sind angemessen aber billig. die
von Lykos bedrohten personen sind an einen altar geflüchtet, er bestimmt
sie dieses asyl zu verlassen durch die drohung, sie auf dem altar ver-
brennen zu lassen, bewilligt ihnen aber einen kurzen aufschub, damit
die kinder sich mit leichengewändern schmücken, und läfst sie während
dieser zeit unbewacht (eine unwahrscheinlichkeit, die der zuschauer kaum
bemerken wird). in dieser frist kommt Herakles und braucht nun blofs
im hause die ankunft des Lykos abzuwarten, um ibn ohne mühe zu
überwinden. der ganze vorgang entspricht den sitten der zeit, welche
viele beispiele für die flucht von hilflosen an altäre aber auch von um-
gehungen und verletzungen des asylrechtes darbietet.
Die handlung kann bis zu dem erscheinen des Herakles keinen grofsen
eindruck machen; die charaktere liefern nur teilweise ersatz. Lykos ist nicht
mehr als ein gewöhnlicher bühnenbösewicht;; religion und sitte sind ihm vor-
urteile, gott und tugend ein wahn, und er renommirt mit seiner schlechtig-
keit; die verbrechen, zu denen ihn seine ἀναίδεια, der mangel an jedem sitt-
lichen gefühle, treibt, proclamirt er als gerechtfertigt durch die politische
klugheit (ἀσφάλεια), ist aber schlielslich, wie jeder verbrecher, dumm
und geht mit frechem schritte in das garn. solch einen bösewicht denkt
sich der Athener am liebsten als tyrannen, und dazu gehört auch, dals
er ein parvenu ist, ohne erziehung und manieren (oxaıdc 299). ein
naives publicum wird an dieser figur und ihrer bestrafung seine freude
Handlung und charaktere. 119
haben; damit hat Euripides aber nur für das parterre, zum teil nur für
die gallerie gearbeitet. wenn die gegenpartei blols mit den entsprechen-
den farben gezeichnet wäre, edelmut und hilflosigkeit, todesfurcht und
ergebenheit, unschuld und würde, so wäre es übel; die sophistische rhe-
torik, die sich sehr breit macht, ist für den modernen leser wahrlich kein
genuß, war es in Athen nur für die anhänger des specifisch modernen
stils, der in die poesie eigentlich nicht gehört. zum glück hat Euripides
sich hier als dichter wenigstens an einer figur bewährt, die.dem fühlen-
den leser noch heute das herz bewegt, wenn ihn auch die rhetorik kalt
läfst, und die allerdings den erfahrenen kenner der bühnenwirkung über-
all, auch so weit sie in stummem spiele besteht, verratende führung der
handlung nur zu einem kühlen beifall veranlalst. die gattin des Herakles
ist kein typus wie Lykos und hat nicht bloß eine relative bedeutung
wie Amphitzyon, sie ist ein individuum. der kündiger des weiblichen
herzens hat sich in den wenigen reden, die er Megara geliehen hat, nicht
verleugnet. da ist zwar die äulserung der empfindung durch die engen
bande der sitte zurückgehalten, welche nun einmal für die attische frau
galten: aber es bedarf für den leser nur der achtsamkeit (für den schau-
spieler also nur des verständigen benutzens der handweisungen des
dichters), um zu bemerken, welches feuer der leidenschaft in ihr kocht.
sie kommt mit ihren reden immer an einem anderen ende an, als sie
beabsichtigt hat, oder mufs gewaltsam zu ihrem thema zurückspringen.
empfindung und affect sind stärker als sie. und empfindung und affect
der frau behalten recht gegenüber dem erkalteten greise und dem
cynischen verstandesmenschen Lykos, ja selbst gegenüber dem was
Megara ihrem verstande gemäfs wider ihre empfindung sagen will. in
all ihrer schwäche ist die vornehme frau dem gekrönten plebejer über-
legen, und vor ihr, die in ihrem gatten ihren einzigen adel sieht, ver-
bleicht die spartische echtbürtigkeit des chores. in ihrer muttersorge und
mutterhoffnung liegt endlich auch das beschlossen, was der zuschauer
und noch mehr der leser von interesse für die Herakleskinder hat, die
der dichter nur als stumme personen eingeführt hat'‘). die mutter durfte
der tragiker sich ganz geben lassen: der gattin verwehrte die attische
14) Euripides hat in Alkestis Theseus Andromache Hiketiden sich an kinderrollen
gewagt, hat ihnen aber immer nur gesangstücke gegeben. wenn er es hier unterlassen
hat, so ist es kein schade, denn seine kinder singen nicht was kindern in den be-
treffenden situationen zukommt, sondern was der dichter für die kinder und die
situstionen empfand. namentlich das lied des knaben an der leiche der mutter in
der Alkestis gebört zu seinen gröbsten zeichenfehlern.
120 Der Herakles des Euripides.
schicklichkeit die empfindungen frei zu äufsern, die Megara wie gewils
unzählige frauen Athens wol im herzen hegten, aber von eigeneinniger
sitte darin zu verschliefsen gezwungen waren. Euripides ist für attische
verhältnisse an die äufserste grenze des erlaubten in der scene des wieder-
sehens gegangen: unsere freiere und gesundere auffassung des ehelichen
verhältnisses wird dadurch nur stärker daran erinnert, dafs hier ein
gebiet ist, auf welchem das fünfte jahrhundert die freiheit der mensch-
lichen empfindung noch nicht erreicht hatte.
Als der chor und Megara und Amphitryon in breiter ausführlich-
keit je nach ihrer art die verzweifelung voll ausgesprochen haben, dafs
der einzige nicht erscheine, der retten kann, und als dann dieser
plötzlich da ist und damit auch die rettung, da erreicht das drama einen
höhepunkt. der zuschauer empfindet wirklich etwas ähnliches wie bei
dem plötzlichen aufflammen eines lichtes in finsterer nacht; ὦ φάος
πατρέ sagt Amphitryon zu seinem sohne. und wenn der reiz der
überraschung verflogen ist, so tritt dafür die würdigung der poetischen
kunst ein, die nach den langgezogenen vollen tönen des abschiedes und
der trauer die atemlosen freudenrufe und die hastigen kreuz und quer-
fragen des wiedersehens gleich lebensvoll zu treffen wulste. aber auch
das ist nur mache. die wahrhafte dichterkraft in ihrer überlegenheit
erkennt man erst, wenn man durchschaut hat, welchem zwecke die ganze
scene dient. Herakles, der echte Herakles des volksglaubens, offenbart
sich hier, ἀλεξίκαχος χαλλίνιχος. wir hören in den herrlichen liedern
des chores die alten lieben geschichten, die märchen, die der kindes-
glaube sich von ihm erzählt; sie werden zum teil, und zwar etwas so
bedeutsames wie die εὐδαίμων ἦβα und das λυγρὸν γῆρας, ihrer my-
thischen hülle entkleidet und in dem tiefsten sinne wahr und fromm ge-
deutet; das gilt bis zu einen gewissen grade auch von der gotteskindschaft.
wir sehen, wie vater und gattin und volk ihr leben in dem helden haben,
der endlich, endlich vor uns tritt, und wir sehen diesen zwar auch als
helden, denn wie er da ist, ist die rettung so sicher, dafs ihre ausführung
kaum noch interesse erweckt, aber wir sehen ihn vor allem als menschen,
als liebenden gatten und vater. πάντα τἀνϑρώπων ἔσα sagt er
selbst: dies bild, und dazu der paean des chores an den gott, das gibt
den ganzen echten Herakles der sage. man mag kein wort an die
moderne erbärmlichkeit verlieren, die diese lieder für locker mit dem
drama verbunden hält; dafs Jugend und Alter in der sage personen
waren, die als solche mit Herakles in nächster berührung standen, davon
ist dieser blödsichtigkeit nichts aufgegangen.
Handlung und charaktere. 121
Euripides konnte auch den ton des alten glaubens treffen, wenn er
wollte. hier hat er’s bewiesen. aber er war über diesen glauben hinaus;
nur als folie konnte er ihn brauchen, und nur um des grellsten con-
trastes willen hat er diese scenen so stilisirt. der heros soll von seiner
höhe in den tiefsten abgrund der verschuldung stürzen, der mensch in
seinen reinsten menschlichen gefühlen getroffen werden, und das vertrauen
auf die göttliche gerechtigkeit, kaum dals es der chor bekannt hat (772)
durch die schandtat Heras schmählich lügen gestraft werden. welche
erschütterung einst die zuschauer erfahren haben, die weder durch den
titel") noch durch irgend eine andeutung in dem ersten teile des dramas
auf das kommende vorbereitet waren, kann man noch jetzt erleben,
wenn man das gedicht unverbildeten menschen, denen der stoff ganz
neu ist, nahe bringt. das grauenvolle, plötzliche, daemonische wirkt
so überwältigend, dals vor dieser erschütterung alles andere zunächst
gänzlich verschwindet'°). nicht viele tragoedien aller zeiten erzielen eine
solche erschütterung, und der dramatiker, der nicht regeln innehalten,
sondern seelen packen will, wird des kunstrichters spotten, der ihm vor-
halten wollte, es wäre nicht erlaubt, ein theaterstück so zu zerreifsen,
es ist auch nicht wahr, dafs es keine einheit hätte, denn diese liegt
in der person des Herakles'’), aber die notwendigkeit ergab sich aller-
dings für den dichter, gewissermalsen von neuem anzuheben, einen zweiten
prolog zu schreiben. er exponirt das folgende durch die einführung
von Iris und Lyssa. scharf gliedert er durch den wechsel des vers-
mafses diese scene. denn Lyssa, der wahnsinn, ist, so lange ruhig ge-
redet wird, eine göttin wie andere: erst ihre trochäen zeigen sie am
15) Vgl. die bemerkung zu dem titel vor dem textabdrucke.
16) Belehrend ist die vergleichung mit Seneca, der die zukunft in einem prologe
verkünden läßt und dadurch das interesse des lesers an der rettung der kinder
vorab vernichtet. denn wenn sie doch fallen sollen, so möchte man ihnen den tod
durch die hand des vaters ersparen. so hat die falsche beobachtung eines angeblichen
dramatischen gesetzes die wahre dramatische wirkung geschädigt. dafs Lessing in
seiner jugendarbeit, der vergleichung des Seneca und Euripides, anders urteilt, ist
nicht befremdlich; er steht dort noch im banne der regeln, die er selbst später ge-
sprengt hat.
17) Genau ebenso ist die Hekabe in wahrheit ein einheitliches drama; Polyxena
und Polydoros sind nur da, um Hekabes entwickelung bis zur teufelin glaublich zu
machen: der dichter hat sich vorgesetzt, die chersonesitische sage menschlich zu
fassen, die die heldenmutter in eine hündin verwandelte. dramen, die eine psycho-
logische entwickelung geben, haben eben eine andere einheit als solche die nur eine
handlung darstellen. dagegen Andromache zerreifst wirklich und ist ein schlechtes
stück,
122 Der Herakles des Euripides,.
werke; sie dienen bereits der aufgabe, den wahnsinn des Herakles zur
anschauung zu bringen. die sendung des wahnsinns konnte Euripides
nur als ein verbrechen Heras ansehen, einen hohn auf die göttlichkeit
der göttin. ihm war sie nicht heilig, er scheute sich nicht sein urteil
auszusprechen, aber sie war doch im cultus die himmelskönigin, und so
mied er sie selbst einzuführen, zumal sie das interesse zu stark abge-
zogen haben würde. Iris, die dienerin, hat er dagegen mit wenigen
strichen meisterlich aber rücksichtslos mit der gehässigkeit gezeichnet,
welche er gegen jeden λάτρες hat, der sich zum werkzeuge der tyrannen-
laune erniedrigt und im gefühle seiner verkauften freiheit gern wichtig
macht. als χῆρυξ'), oder noch besser als kammerzofe Heras erscheint
18) Der hafs des Euripides gegen die herolde ist schon im altertum bemerkt
(Or. 895 mit schol.). schon die Herakleiden enthalten die bissige stelle, ‘alle
herolde lügen das doppelte und berichten, sie wären nur mit genauer not mit dem
leben davongekommen’ (292). Erechtheus und Hiketiden zeichnen zwei solche ge-
sellen, just während die fremden gesandtschaften in Athen zum Nikiasfrieden ver-
sammelt sind. Talthybios in Hekabe und Troerinnen ist ein braver mann, aber er
schämt sich seines amtes (Tr. 786), und erhält doch von Kassandra, die er ohne
arg Adross genannt hat, dieses schimpfwort ins gesicht zurückgeschlendert, er sei
selbst Adress, als κῆρυξ ἂν ἀπέχϑημα πάγκοινον βροτῶν (424. 26. 25 so zu ordnen).
nun war der herold nicht ehrlos wie der praeco, es war sogar der ἡταιρηκώς dazu
nicht qualifizirt (Aischin. 1, 20), aber es war doch ein gewerbe, dessen man sich
etwas schämte (rede wider Leochares 4), noch Theophrast (char. 6) erklärt es für
das handwerk eines drrowsvonudvos. die officielle schätzung war anders, wie natür-
lich. abgesehen von den alten zeiten, welche in Athen und Paros (Κηρυκέδη Archi-
lochos) adliohe geschlechter von herolden entstehen liefsen (Aristot. u. Athen I 202),
kam sich in den zeiten der restaurirten demokratie Eukles sehr stolz vor und ver-
erbte amt und ruhm den seinen (Andok. I 112, ΟἿΑ U 73), ja er hat sich einen ahn
gezeugt; denn weil der herold des rates im 4. jahrhundert Eukles hiefs, hat ein
historiker jener zeit einen solchen für die schlacht von Marathon erfunden (Plut.
de glor. Ath. 3). die subalternbeamten sind in der selbstverwaltung ebenso wichtige
wie bedenkliche elemente. der oligarch rechnet es zur demokratischen tendenz, die
processe der bündner nach Athen gezogen zu haben, weil es dann die herolde besser
haben (7704 43.1, 16). weshalb sie das taten, ist nicht klar, die auctionssporteln
können es nicht machen (Bekk. An. 255. Harp. xnpvxeia); zum teil sind es sporteln
gewesen (CIA I 37. 38, leider unverständlich), aber wol mehr trinkgelder. das
publicum hat immer mehr geurteilt wie Euripides. der Hermes in Aischylos Pro-
metheus hat nur einen leisen zug, der im Frieden und vollends im Plutos des Aristo-
pbanes ist ganz ein gemeiner κῆρυξ. und die aristophanische Iris, wol auch schon
die des Achaios, hat auch etwas von den euripideischen zügen. die kammersofen
trifft das übertreibende wort des Hippolytos 646; sie sind in der älteren griechischen
litteratur sonst wenig ausgebildet. die τροφόν ist meist nur confidente. da hat die
neuere komödie in den 4#poas ohne zweifel mehr und feineres geboten als ihre nach-
Handlung und charaktere. 123
Iris, die nicht nur zu dem verbrechen ihrer frau willig hand anlegt und
die hohe göttin Lyssa hofmeistert, sondern bei jeder gelegenheit ein-
schärft, dafs ‘wir, die berrschaft und sie selbst, also belieben.
Lyssa unterscheidet sich nur im namen von andern verderben und
tod bringenden dämonen, welche in der archaischen kunst besonders zahl-
reich sind, such auf der bühne der grolsen zeit eingebürgert, wenn auch
vielleieht nicht 30 häufig, wie in der späteren eflecthaschenden zeit’).
wie die mytbischen genealogien dieser wesen wechseln, so auch ihr name,
zumal da den späteren die alte erhabene bedeutung der Erinys schwand,
so dafs diese sich such mit anderen höllenwesen vermischte und als der
bekannteste der allgemeine name ward. so heilst denn der dämon des
euripideischen Herakles selbst bei einem berichterstatter Erinys; Euri-
pides redet neben ihr von Iloıval, ein name der auch sonst vorkommt,
Assteas (oben 6, 85) läfst dem kindermorde Mavia zuschauen, u. 8. Κ΄.
es kommt auf den namen also wenig an. aber Lyssa selbst war unter
diesem namen von Aischylos in der dramatisirung der Pentheussage ein-
geführt”), und da sie auf einem vasenbilde der edelsten malerei in
ionischer, nicht attischer form _A140(0)« heifst”'), so war sie dem maler
aus der litteratur bekannt. vielleicht hatte Euripides selbst zwar nicht
Lyssa, aber eine wahnsinn sendende Erinys in dem Alkmeon’”) einge-
bildungen bei den Römern und in der erotischen romanlitteratur, der die derbsten
figuren, wie die Παλαέστρα des Ὄνος am besten gelingen. aber die Lisette des
.tranzösischen lustspiels ist etwas neues.
19) Die Armut des aristophanischen Plutos wird für eine Ερενὺς ἐκ τραγῳδέας
gehalten, 422. Ποιναὲ ἐν ταῖς τραγῳδέαις Aischin. 1, 190. im costüm einer Erinys
läuft der e, g. kynische philosoph Menedemos herum, Diogen. Leert. 6, 102 (die ver-
irrung Gerckes Rh. Mus. 47, 319 wird hoffentlich nicht glauben finden). eine ganze
reihe solcher personificationen führt das verzeichnis der masken für das repertoir
der hellenistischen zeit an, das bei Pollux IV 141 steht; auch Lyssa ist darunter
u. dgl. m. eine anzahl von darstellungen auf vasen verzeichnet Körte, über die dar-
stellung psychologischer affeete in der vasenmalerei.
20) In den Xantrien 169. es sind worte, die Adooa ἐπεϑειάξουσα ταῖς Bäxyaıs
sprach. doch bleibt die möglichkeit, dafs sie nur in einer botenrede standen. eine
sichere herstellung des inhaltes der aischyleischen Pentheusdramen ist noch nicht
gelungen.
21) Ann. dell’ instit. 1885.
22) Bervius, oder vielmehr Asper zu Aen. 7, 337 bemerkt, bei Euripides sage
die Furie se non unius esse potestatis, sed se fortunam, se nemesin, se falum,
se esse necessitatem (fgm. 1022). das war etwa οὐ γὰρ πέφυκα δυνάμεως nparelr
müs All’ εἰμὶ νόμεσιΘ καὶ τύχη καὶ uolg’ ἐγὼ, ἐγὼ δ᾽ ἀνάγκη. ich habe das
lange mit der namentlich durch die nachbildung des Ennius bekannten grofsen wahn-
sinnsscene des Alkınson combinirt, und es scheint mir an sich noch ansprechend.
124 Der Herakles des Euripides.
führt, den er 438 mit Telephos und Alkestis aufgeführt hatte. aber
man würde keiner zeugnisse bedürfen um zu erkennen, dals Lyssa
bereits eine wolbekannte bühnenfigur war. denn Euripides hat sie ihrem
eigenen wesen entfremdet. sie warnt vor dem frevel, beurteilt also ihre
natur selbst als etwas gleichsam aufser ihr. damit ist die personification
des wahnsinns innerlich aufgehoben. das war nur möglich, wenn die
phantasie sich so stark daran gewöhnt hatte den wahnsinn, weil er
dämonisch wirkt, in der gestalt eines dämons zu sehen, dals dieser
dämon eine persönlichkeit auch abgesehen von der sphäre seines wirkens
scheinen konnte. auf diesem wege sind freilich sehr viele göttliche ge-
stalten zu umfassender, wol gar zu universaler potenz gekommen; ist
doch der gottesbegriff' selbst zunächst nur ein prädicatsbegriff und hat
sich allmählich nicht nur zu einem subject erhoben, sondern das, wovon
er die göttlichkeit prädicirte, zu seinen prädicaten gemacht. aber so
lange eine personification ganz durchsichtig ist, verstölst eine solche er-
bebung in das universelle wider den natürlichen sinn, wider die logik
und die religion. eine “ύσσα σωφρονοῦσα ist eine contradictio in ad-
jecto und eine blasphemie so gut wie die frivolität Heras und die ver-
worfenheit der Iris. für Euripides ist beides gleich bezeichnend: ihm
sind alle göttlichen figuren ja doch nur conventionelle fictionen einer
religion, die seinen vorstellungen vom wesen der gottheit widerspricht.
wenn er den volksglauben, indem er ihm folgt, ad absurdum führt, so
ist es ihm ganz genehm.,
Erst in dem momente, wo Lyssa sie selbst wird, der dichter also
in die bahnen der echt mythischen vorstellungen zurücklenkt, hebt sich
auch sein gedicht wieder zu der höhe einer reinen wirkung. er hat
hier eine seiner höchsten leistungen erreicht, die darstellung des wahn-
sinns nicht nur, sondern auch des grausenhaften verbrechens, ohne dafs
doch das geschehende geschaut wird: die wirkung auf die seele ohne
wirkung auf das auge. den wahnsinnigen Herakles selbst einzuführen
würde Euripides nicht gescheut haben: hat er es doch mit Alkmeon und
Pentheus getan. aber die blutigen verbrechen vertrug das feingefühl
des volkes nicht, das nun einmal rohheiten, wie sie Shakespeares tragö-
dien entstellen und ohne das attische vorbild auch die heutige bühne
beherrschen würden, schlechthin ablehnte; vielleicht nur weil es das
aber bei Servius steht nicht, dafs diese Furia wahnsinn sandte, und vom Alkmeon
ist nicht bekannt, dafs ein dämon in ihm auftrat. denn die von mir früher so ge-
deutete stelle Tatians (24) redet richtig verbessert nur von dem wahnsinnigen selber,
vgl. Nauck trag. fgm. p. 330 und mein programm de trag. Gr. fragm. 14.
Handlung und charaktere. 125
spiel so ernsthaft nahm. vielleicht aber waren vielmehr seine dichter
so weise, einzusehen, dals sie so die seele viel tiefer erschüttern könnten.
daß dem so ist, beweist am besten Seneca, der wieder sein vorbild hat
übertreffen wollen, übrigens einige entschuldigung hat, da er ja nur für
die recitation dichte. das stand also für Euripides von vorn herein
fest, dafs er die kinder nicht auf der bühne umbringen lassen konnte.
die herkömmliche poetische technik bot ihm als ersatz sowol den boten-
bericht wie das ekkyklema, welches die unmittelbar auf die katastropbe
folgende situation zu zeigen ermöglichte. er konnte also in einem
doppelten reflexe die tat veranschaulichen, durch die epische erzählung,
welche wesentlich ohne trübung durch das medium eines berichterstatters
wirkt, und durch die lyrische beleuchtung seitens der beteiligten nach
der tat, also die mitteilung der frischen teilnehmenden empfindung an
den zuschauer. von beidem hat Euripides gebrauch gemacht, beide teile
mit grolser liebe ausgearbeitet, im botenberichte mit dem epos ausdrücklich
rivalisirend, die folgende gesangnummer mit allen mitteln der neuen
ausdrucksfähigen musik ausstattend. aber das hat ihm nicht genügt.
er hat in der person Lyssas die mythische versinnlichung des psychi-
schen affectes zur einleitung verwandt, und er hat die sonst häufig und
auch von ihm für den tod des Lykos schon verwandte sitte, einzelne
rufe hinter der bühne ertönen und von dem chore gedeutet werden zu
lassen, in einziger art erweitert und gesteigert, einmal dadurch, dafs sie
die einzelnen acte der drinnen vorgehenden handlung hervorheben, zum
anderen dadurch, dafs die rufe selbst nichts tatsächliches melden, sondern
der chor in visionärer erleuchtung die erläuterung gibt, so dafs der
zuschauer, ohne sich davon rechenschaft geben zu können, in das reich
des wunders mit entrückt wird. es gibt nur eine vergleichbare scene,
die visionen Kassandras vor der ermordung des Agamemnon und diese
selbst. die vergleichung mag der leser anstellen und sich im einzelnen
überzeugen, dafs die beiden dichter jeder in seiner art ein höchstes er-
reicht haben.
Die wahnsinnsscenen haben im altertum wenigstens den verdienten
erfolg gehabt; der in seiner art ebenso vollkommene schlufsteil dagegen
viel weniger. es ist das begreiflich, denn er gehört in form und gehalt
weit eher auf eine moderne bühne, selbst hier aber würde er von den
breiten philistermassen nicht gewürdigt werden, denen die Natürliche
tochter und der schlufs des Tasso zu wenig handlung haben. in der
tat, wie Goethe auf der höhe seiner kraft und künstlerischen reife in
den tiefen des einfachsten strengst stilisirten dialoges die leidenschaften,
126 Der Herakles des Euripides.
begierden und schmerzen der menschenseele begräbt, weil er gelernt
hat, dafs nicht was wir äulserlich erdulden, sondern was im herzen be-
schlossen bleibt, das wahrhaft tragische ist, so dafs das äufsere auge
meint, es geschähe gar nichts: ebenso hier. sobald Herakles erwacht,
ist handlung scheinbar nicht mehr vorhanden. er erfährt was er getan
hat, will sterben, Theseus kommt, sie reden hin und her, aber nicht der
zuspruch des Theseus, sondern ein freiwilliger, scheinbar ganz unver-
mittelter entsehlufs bestimmt den Herakles nach Athen zu ziehen. ist
das nicht etwa blofs eine zu weit ausgesponnene schlußsseene ohne inneren
wert? dann hätte Euripides schwer gefehlt, denn er führt eine neue
person ein, auf deren erscheinen er kurz aber verständlich schon früh
vorbereitet hat (619), und die er bei ihrem auftreten nicht nur selbst sich
sehr passend einführen läfst, sondern durch ein kleines Iyrisches stück
hervorhebt: nach der bühnenpraxis ist also Theseus als eine wesentlich in
die handlung eingreifende figur gekennzeichnet. aber allerdings, Theseus
tus nicht viel, und er ist nicht einmal mit bestimmten farben als em
individueller charakter gekennzeichnet. auch die immerhin nicht verächt-
liche erwägung schlägt nicht durch, dafs in Athen für Athener Theseus
einer besonderen charakteristik nicht bedarf, da er ja immer vertreter
Athens und seiner yılosevia nnd εὐσέβεια ist. demn Euripides hat
gerade hier am wenigsten mit den populären instineten der zeitgenossen
gerechnet: wenn er Theseus nur als menschen und freund einführt, so
mufs er eben diese besehränkung gewollt haben. auch das kann nicht
unabsichtlich sein, dals die äußere form der letzten scene so grell
von der vorigen absticht. der chor wird geradezu als nicht vorhanden
behandelt; selbst bei dem auftreten des Theseus, wo doch eine ge-
sangpartie eingelegt ist, schweigt er. und statt der bewegten bilder
und des lebhaften spiels, nicht blofs in der wahnsinnsscene, sondern
auch im ersten teile, verharrt nun Herakles, an dem unser interesse hängt,
unbeweglich vor der säule sitzend, und treten erst Amphitryon, dann
Theseus nur ein par mal an ihn heran: im wesentlichen bewegt sich
nur das gespräch hin und her, nicht die redner, und wenn der schlufs
ein plastisches bild voll rührendsten affectes bietet, Herakles seinen arm
um des freundes schulter schlingend und schwankenden schrittes von
der bühne fortziehend”), so hebt der dichter hervor, dals dieses bild ale
widerspiel des ungleich reicheren gedacht ist, welches die scene des
23) Es sei daran erinnert, dafs die großse malerei der polygnotischen zeit eine
solche gruppe dargestellt hatte, welche vielfache nachbildung und umbildung erfuhr.
Benndorf Heroon von Gjöl Baschi 114.
Handlung und charaktere. gehalt des dramas. 127
rettenden Herakles abschlols. in allem dem ist der wille unverkennbar,
etwas anderes, neues, schlicht menschliches im gegensatze zu dem her-
kömmlichen, bunt mythischen zu liefern. dem entspricht auch die
führung des dialoges und die sprachliche stilisirung. da ist nichts mehr
von der archaischen pracht der rhythmen und der bilder, wie in den
ersten chören und Lyssas raserei, auch nichts von dem sophistischen
feuerwerke der wortkämpfe. hier steht empfindung wider empfindung;
in schlichtesten worten die tiefsten gedanken, zwar oft zur allgemein
giltigen sentenz abgeschliffen, aber nicht als schmmckstück, gleich
gut und schlecht überall aufzusetzen, sondern dureh den, der den spruch
prägt, und den ort, wo er es tut, bedeutsam. es ist eine jener
euripideschen partien, die mit dem conventionellen attischen stile wirklich
streiten, noch viel mehr also mit den conventionellen vorstellungen der
modernen von attischer weise. so darf die ‘antike’ nicht empfinden und
dichten; das ist gleichermafsen wider die hoffart der ‘modernen’, wie
wider die beschränktheit derer, die sich dem “geiste des altertums’, d. h.
dem conventionellen heroentume des classicismus, zum selaven, geben.
ob es sein höchstes ist, was Euripides mit solchen partien erreicht hat,
stehe dahin: ein höchstes, was ihm kein tragiker vor Goethe (auch
Shakespeare nicht) nachgetan hat, ist es gewils.
Aber rückhaltlos mufs bekannt werden, dafs der schlufsteil grell
von dem übrigen drama absticht, so grell, dafs sie sich gegenseitig in
ihrer wirkung beeinträchtigen. zuerst steht der leser unter der sinn-
licheren gewalt der bühneneffecte und der handlung; hat er dann die
gedankentiefe des schlulsteiles erfalst, so kann sie leicht gegen das
frühere ungerecht machen. beschönigt soll diese disharmonie nicht
werden; verstanden soll werden, dafs sie zu der disharmonie in vollem
einklange steht, die der dichter in seinem stoffe gefunden hatte und zur
darstellung gebracht hat.
Der erste teil gibt den Herakles der sage und des volksglaubens
wieder, den Euripides in seiner ganzen grölse erfalst hatte. er schildert
ihn unter den mythischen voraussetzungen, und diesem bilde entspricht
die glanzvolle, nicht selten bewulst archaische stilisirung. das bild der
alten dorischen apera stellt uns den dichter dar, in seiner ganzen er-
habenheit. aber das tut er nur um es dann zu zerschlagen. denn er
hat nicht nur den glauben daran verloren, ihm erscheint dies ideal un-
zulänglich, unsittlich: er will es bekämpfen. der glaube an den einge-
bornen menschenadel, der aus eigener kraft das gute kann, sich mit
eigener faust den himmel erstreitet, der glaube an die menschliche αὖ-
Gehalt des
dramas.
128 Der Herakles des Euripides.
τάρχεια ist für ihn ein wahn. der mensch ist schwach, glaubt Euripides.
er weils nicht das gute, und wenn er’s weils, wird des fleisches schwäche
ihn das gute nicht vollbringen lassen. und die Heraklessage zeigt den
menschen vollends nur als den mann der tat, der gewaltsamen blutigen :
Euripides kennt eine höhere sittlichkeit, und er weils, dafs die dorische
mannestugend, die ἀρετά und εὐγένεια des ϑρασυμήχανος an sie nicht
heranreicht. Euripides bekennt wie Leo Tolstoi μεσεῖ 6 ϑεὸς τὴν βίαν:
gewalt wird frieden nicht schaffen, am wenigsten im eigenen herzen. er
nimmt deshalb die ganze grölse des Herakles der sage nur auf, um
ihre unzulänglichkeit zu zeigen, den allsieger selbst zu einem bilde der
menschlichen sündhaftigkeit und schwäche zu machen. dazu schien
ihm der kindermord eine handhabe zu bieten. aber er hat ihn nicht
nur äulserlich zu einem exempel benutzt, er hat vielmehr selbst die
schickung Heras, die eine begründung des wahnsinns gewesen war, um
Herakles die verantwortung für die bluttat zu nehmen, zu einem äufser-
lichen mittel der veranschaulichung gemacht: die tat aber ist eine folge
der herakleischen eignen natur geworden. das dorische mannesideal
beruht auf einer ungeheuren überschätzung der menschengröfse: die führt
nicht in den himmel, die führt zum grölsenwahnsinn. das bedeutet die
neuerung des Euripides, dafs Herakles seine kinder erschlägt, gerade als
seine lebensaufgabe erfüllt ist, oder wie Herakles selbst es bitter be-
zeichnet, dals diese tat sein dreizehnter d3Aog ist. die tiefste erniedrigung
ist an die stelle der verklärung getreten, mit der der Dodekathlos schlofs.
trotz der verzerrenden ausführung mufls man Seneca zugestehen, dafs er
für die tendenz der euripideischen dichtung die richtige empfindung ge-
habt hat, wenn er seine Iuno fürchten läfst, dafs Herakles seiner dienst-
barkeit ledig wird gott werden wollen. auch Euripides stellt uns
sinnfällig die frage, was wird der χαλλέίγιχος tun, wenn er nichts mehr
zu bezwingen hat. so lange ihn die aufgabe seines lebens von arbeit
zu arbeit rief, blieb er sittlich, hielten ihn die schranken der menschheit.
jetzt gibt es nichts mehr zu bezwingen, jetzt ist er frei. wie wird er
die freiheit benutzen? wir sehen es. die welt hat er überwunden: nur
einer ist noch übrig, er selbst: dem erliegt er. da er sich von dem
letzten gerecht vergossenen blute reinigen will, schrickt er zurück. der
blutdunst, in dem er sein leben lang gewandelt ist, hat seinen sion
umnachtet, er kann aulser ihm nicht leben. hervorbricht ein wilder hafs,
zunächst gegen den auftraggeber, dessen joch er nun doch los ist, her-
vorbricht eine grenzenlose eitelkeit, die sich selbst zum sieger ausruft,
eine sinnlose zerstörungslust, die Mykenes mauern aus den fugen reifsen
Gehalt des dramas. 129
will: er ruht nicht, bis er wieder blut vergielst, sein eigenes blut. so
rast er bis zur physischen erschöpfung. und keinesweges ist der aus-
bruch der raserei in seinem character unvorbereitet. als er die gefahr
der seinen erfahren hat, flammt er ebenso in jähem sinnlosem zorne
auf, will ganz Theben zusammenschlagen und würde ohne die besonnen-
heit seines vaters durch diese hitze seinen ganzen anschlag gefährdet
haben. nicht minder verstockt er sich in eitlem trotze, als er seiner
untat inne geworden ist; nicht mitleid, trauer, tränen hat er, er lästert
die götter, er weidet sich an seinen heldentaten, er will sterben trotz
den göttern, aüdadig. sein verbrechen kommt aus derselben wurzel
seines wesens wie seine heldengröfse: die welt zu bezwingen, die welt in
trümmer zu schlagen reicht die dorische ἀρετά vielleicht aus. aber sie
ist nicht göttlich, weil sie nicht menschlich ist. erst der mensch, der
sich seiner schwäche bewulst ist, wird den wahren menschenadel zu üben
stark genug sein, sich selbst zu bezwingen und sich zu bescheiden.
Das ist es, wozu Theseus, nicht der held, sondern der mensch und
seine liebe eingeführt wird. des freundes bedarf Hoerakles, auf den er
sich stütze, der ihm die last des lebens tragen helfe. die liebe scheut
eich nicht vor der befleckung menschlicher sünde, sie weils dafs der fluch
nicht ansteckt, und vor der reinen menschenliebe weichen die Erinyen,
die das verstockte herz bewohnen: diese entsühnung ist es, welche Theseus
dem Herakles bietet, darum preist dieser in seinem letzten worte den wert
dieser freundesliebe, an der Amphitryon (55) und Megara (559) ver-
zweifelt hatten. und diese liebe hat sich Herakles verschafft durch eine
tat, die ihm kein schicksal und kein Eurystheus auftrug, durch eine tat
freiwilliger hingabe, darum die einzige, an die er auch in tiefster ver-
bitterung gerne gedenkt (1235)”). die menschheit hat ihre eigene un-
zulänglichkeit einsehen gelernt in bittersten erfahrungen, darum genügt
ihr die Heraklesreligion nicht mehr: aber sie hat auch die himmlische
kraft erkennen gelernt, mit welcher sie die wunden lindern kann, die
sie sich selbst in ihrer überhebung schlägt: die kraft der liebe.
Aber diese hoffnungsfreudigen töne sind nicht die einzigen, in die
das drama ausklingt, ja es sind nicht die welche am meisten ins ohr
fallen; der dichter schlägt sie an, ahnungsvoll mehr und in ein anderes
reich des empfindungslebens weisend, als dem sein held und die helden
seines volkes angehören. es ist ja nicht der appell der freundschaft,
24) So fällt auch starkes licht auf das wort des Herakles und des chorea, dafs
die rettung der kinder eine freiwillige tat ist (583): nur das ὁκούσεον kann etwas
sittliches sein.
v. Wilamowitz I. 9
180 Der Herakles des Euripides.
dem sich Herakles ergibt: er nimmt die kraft des letzten entschlusses
wenigstens scheinbar aus eigner seele. Euripides wollte Herakles als ideal
der selbstgenügenden menschenkraft trotz alledem darstellen, nur nicht
das der archaischen, sondern das der sophistenzeit. darin liegt eine ge-
wisse incongruenz, eine schädigung des wunderbaren freundschaftsmotivs,
gewils: aber darin liegt zugleich die tiefste offenbarung seines eigenen
glaubens. Herakles der sohn des Zeus, den Hera verfolgt, Hera und ihre
eifersucht, die ganze bunte götterwelt und die heldensage, das ist ja
alles nicht wahr, das ist ja nichts als eine gotteslästerliche erfindung der
dichter. wenn es eine gottheit gibt, so darf ihr nichts von menschen-
ähnlichkeit und beschränktheit anhaften. so schlägt Herakles mit den
waffen des Xenophanes die ganze schöne welt in trümmer. seine eigenen
gotteslästerungen fallen damit freilich hin: aber um so entsetzlicher lastet
auf ihm der fluch seiner eigenen menschlichen sünde. und ob es einen
solchen sittlichen gott gibt, darauf erfolgt keine antwort. das ist ant-
wort genug: der helle jubelruf über die göttliche gerechtigkeit, den der
chor vorher erhoben hat (772), gehört nicht nur dem teile des dramas
an, der die voraussetzungen der mythen fest hielt, er ist sofort durch
Iris und Lyssa lügen gestraft. nein, Herakles lehrt uns etwas anderes:
“elend’ ist das stichwort seiner letzten rede. das leben ist auf seinen
wert hin geprüft und hat die probe schlecht bestanden: so urteilte im
angesicht des todes auch Amphitryon (502). aber der schlofs daraus was
die menge schlielst, genielse das heut: Herakles sieht tiefer. das leben
an sich ist ihm kein genufs, sondern eine qual. und dennoch lebt er
weiter, trägt er dies sclaventum selbst und bittet die seinen, ihm tragen
zu helfen. den selbstmord verwirft er ganz ausdrücklich. so nimmt der
dichter auch zu der oetäischen sage stellung, die ihm diesen abschluls
bequem darbot, etwa wie ihn die Kyniker gefalst haben. er stand höher,
wahrlich nicht, weil ihm das leben allzu lieb gewesen wäre; darüber ist
schon seine Megara (111) erhaben. o nein, zu leben ist unendlich
schwerer als das leben fortzuwerfen: aber das ist menschenadel und
menschenmut, den schritt der feigheit nicht zu tun. so überwindet der
weltenüberwinder sich selbst; aber ach, wozu? dem elend und der schwach-
heit des daseins fest und ohne illusion ins auge zu schauen, und zu
sprechen: ich trag’ es dennoch *).
25) In Georg Forsters briefen aus Paris findet sich dieselbe gesinnung wieder,
die Herakles und Euripides hier äufsern: und vielleicht hilft diese äußerung der
verzweiflung dem leser am besten dazu, den tiefen schauder nachzuempfinden, den
Euripides erwecken will, aber erst erweckt, wenn man durch die hülle der stilisirung
Gehalt des dramas. 131
Schopenhauer hat ja wol in der tragödie die predigt des pessimismus
gehört, unfähig, wie die philosophen meistens sind, zu würdigen, dals
die poesie und zumal ihre älteste und machtvollste erscheinungsform, die
sage, ein vollbild der in einer bestimmten zeit und cultur vorhandenen
stimmungen und weltanschauungen gibt, also jederzeit optimistisch und
pessimistisch zugleich ist. aber der Herakles des Euripides in dieser seiner
letzten und bedeutsamsten rede ist allerdings eine erschütternde predigt
von menschenschwäche und weltelend. sehr verbreitet und eben wieder
aus der wurzel philosophischer abstraction erwachsen ist das bestreben,
eine jede tragödie auf die formel einer “grundidee’ zurückzuführen. das
ist nun wol nichts als eine der formen des verderblichen irrtums das
fabula docet für älter als die fabel zu halten, des irrtums, die sage zu
vergessen, im drama speciell irgend einer toten formel nachzujagen, statt
in der handlung, dem uösoc, die hauptsache zu sehen und in der dra-
matisirung eines μῦϑος die tätigkeit des dichters zu begreifen. vor diesem
ırrttum sollte doch wahrlich Aristoteles jeden bewahren. aber es ist für
manchen vielleicht verführerisch, in dieser pessimistischen rede die ten-
denz des Euripides offenbart zu sehen; ein anderer möchte geneigt sein,
die sprüche von der freundschaft gewissermalsen als leitmotiv zu ver-
folgen. vor allen solchen misgriffen bewahrt, abgesehen davon, dafs
keine einzelne solche formel die tiefe des ganzen dramas erschöpft, die
erkenntnis, dals die sage und der dichter als individuum in seinem ver-
hältnis zu ihr, wie er ihr folgt und von ihr abweicht, das verständnis
erst aller einzelnheiten, dann des ganzen liefert. das ist freilich schwerer
zu erlangen, als wenn man sich eine formel aus dem vorliegenden drama
destillirt, und es wird sich in ein kurzes schlagwort nicht zusammen-
fassen lassen. die Heraklessage hat Euripides in sich aufgenommen, sie
bat er aus seinem geiste neugeboren, nicht die vereinzelte geschichte vom
kindermorde, sondern den innersten gehalt der ganzen sage. mit gewalt-
bindurch dringt “für mich kann weiter nichts mehr sein als arbeit und mühe —
um was? um elende selbsterhaltung in einem genufs- und freudeleeren dasein.
hundertmal habe ich nun schon erfahren, dafs es grölser ist zu leben als zu sterben.
jeder elende hund kann sterben. aber wenn hernach der teufel — oder wer ist
der schadenfrohe zähnefletschende geist in uns, der so einzusprechen pflegt? — wenn
der fragt, was ist dir nun die gröfse? bist du nicht ein eitler narr, dich für besser
als andere zu halten? o mein gott, da versink’ ich in meinem staub, nehme meine
bürde auf mich und denke nichts mehr als: du mufst, bis du nicht mehr kannst.
dann hat’s von selbst ein ende.’ sechs wochen darauf ist Forster gestorben. (Iuliau
Schmidt gesch. d. deutschen litt. III 217.)
9*
182 Der Herakles des Euripides.
tätiger, man mag sagen, pietätloser hand hat er zerschlagen, was seiner
weltanschauung nicht genügte, in anderem wieder ist die sage stärker
gewesen als er. ganz individuelles hat er eingemischt, ganz conventio-
nelles hat er beibehalten.
Ohne zweifel ist dabei ein werk herausgekommen, das nur immer
mehr disharmonien zeigt, je tiefer man in seinen geist eindringt, und es
wird naturen geben, die niemals die unbehaglichkeit überwinden
können, die solche tief innerlichen widersprüche bereiten. man mag viel-
leicht die dichter und die zeiten glücklich preisen, die eine volle harmonie
erreichten oder zu erreichen schienen, sich und uns. die ehrlichkeit und
energie des dichters wird bei keiner vergleichung verlieren, der den zwie-
spalt, den er in der welt und der sage und in sich empfindet, auszu-
sprechen und zu verkörpern wagt. aber glücklich war er gewils nicht.
die disharmonie seiner Heraklestragoedie ist ein abbild der disharmonie,
die für seine überzeugung zwischen der Heraklessage und der reinen
sittlichkeit, zwischen dem mythos und der ächten religion oder philo-
sophie vorhanden war.
Der dichter: Diese seine überzeugung aber ist ein abbild von der disharmonie
werke. in seiner eignen seele. seine poesie, der er sein arbeitsames leben wid-
mete, lebte in der welt des schönen scheines der sage, derselben welt, die
seine sophistik zerstörte oder verneinte. und er dichtete dennoch weiter.
unaufhörlich verkehrte er mit den gebilden der sage, schuf er solche
gebilde, und es waren doch alles für ihn nur ἀοεδῶν δύστηνοι λόγοι.
auch diese überzeugung verleugnete er niemals, mochte sie ihm auch den
äußserlichen erfolg zumeist verkümmern. dieses werk, auf das er so viel
fleils und liebe verwandt hatte, dem er mit dem eigenen herzblute leben
gegeben hatte, trägt denn auch nicht nur unter der dramatischen hülle
sein sophistisches bekenntnis verborgen, sondern er hat sich nicht gescheut
das gelöbnis, trotz allem fortzuleben und fortzudichten, seinem lebens-
werke treu zu bleiben wie sein heros, dem chore geradezu in den mund
zu legen. οὐ παύσομαι τὰς Xapıras Movoaıs συγχαταμειγνὺς ἀδί-
σταν συζυγέαν᾽ ἔτι τοι γέρων ἀοιδὸς κελαδεῖ ναμοσύναν. 80
singt der chor unmittelbar nach der klage, das dem guten menschen
nicht zum lohne für sein streben ein doppeltes leben gegönnt sei. kein
fühlender leser kann verkennen, dafs diese gedankenreihe dem chore im
eigentlichen sinne nicht gehört, weder den thebanischen greisen noch
den attischen choreuten. das ist so gut individuell euripideisch wie alle
betrachtungen der pindarischen chöre. es ist ein selbstbekenntnis des
Euripides, es ist sein ἐγκαρτερήσω βίοτον. wer ihn lieb gewonnen und
Der dichter in seinem werke. 133
an seiner sphaere lang gesogen hat, dem ist es der schlüssel zu der
tätigkeit seines greisenalters. die sophistik, die neue verständige welt-
anschauung hatte ihm früh den glauben genommen; es mag sein, dals
die mystik ihn in der jugend eine weile angezogen hat, aber er hat mit
leidenschaftlichem hasse ihre ketten abgeworfen. bittere lebenserfahrungen,
zu denen gewils auch der geringe äufsere erfolg gehörte, sind dann
irgend wann einmal dazugetreten; er sah im leben hinfort nur noch eine
sclaverei der τύχη. da hat er sich die frage vorgelegt, wozu noch
dichten, noch leben, noch leiden ? aber er fühlte sich in der macht der
Muse, die kraft des dichterberufes in seiner seele, der erhabene vorzug,
sagen zu können, was er litt, blieb ihm treu, mochte ihn sonst alles
verlassen: er hielt aus. wer so redet, wie er in diesem chorliede, der
hat um einen entschluls mit sich gekämpft; nun ist er im reinen mit
sich. es ist uns vergönnt, die tätigkeit des greises Euripides weit besser
zu übersehen als seine jugend. sie stimmt zu dem was man nach diesem
gelöbnis erwarten kann. eine fieberhafte hast, eine trostlose, friedlose,
götter und menschen, güter und genüsse verachtende stimmung und da-
neben eine schaffenskraft und kühnheit, ein unermüdliches haschen nach
neuen aufgaben und neuen lösungen, eine immer junge empfänglichkeit
für all das neue, gutes und arges, das um ihn aufkommt — man kann
sich nicht genug tun, um die menschenseele zu schildern, der es mög-
lich war, die reibe widerspruchsvoller werke zu schaffen. die troische
tetralogie beginnt diese reihe. da erscheint die heldenwelt Homers in ent-
gegengesetzter beleuchtung. Ilios wirft sich trotz den warnungen der
seherin dem verführerisch schönen Alexandros in die arme, dem feuer-
brande, der Asien und Europa verzehren wird. die Achaeer morden die
weise nachtigall der Musen, die ränke des Odysseus und die lüste des
Agamemnon triumphiren, in blut und brand versinkt Ilios, die götter aber,
die den Achaeern die treusten beschützer waren, ziehen ihre hand von
ihnen ab: ja Athena wird selbst die blitze in die abfahrende flotte
schleudern. diese dramenreihe, aufgeführt 415, ist die absage an die
vaterstadt. dann kommen gewagte versuche, ein intriguenstück, das sich
stark nach dem lustspiele neigt, die Helena, phantastisch sentimentale
rührstücke, Hypsipyle und Andromeda, aulische Iphigeneia. wieder grelle
umdichtung altgeheiligter sage, Elektra, Oedipus, Orestes, eine häufung
alter motive zu einem grolsen schauergemälde, Phoenissen. mitten zwischen
solchen scenen eine verherrlichung des ϑεωρητιχὸς βίος, Antiope, end-
lich die Bakchen, eine darstellung der wilden geister, die ihn in dem
rasenden taumel hielten, und von denen er sich in der neuen umgebung
Datirung
des werkes.
134 Der Herakles des Euripides.
los zu machen suchte, indem er sie verkörperte”). da war ihm zu mute,
als wäre er im hafen — aber es war nur das grab. der innere friede
war für den dichter verloren; er hat auch kein werk mehr hervorgebracht,
das uns auch nur in dem malse befriedigen könnte, wie es selbst der He-
rakles noch kann. aber sich und den Musen ist er treu geblieben.
Damit ist gesagt, dals Euripides den Herakles vor der troischen
trilogie gedichtet hat, nicht allzulange, da er sich doch selbst einen greis
nennt. wir sind aber auch in der lage, einen zeitpunkt anzugeben, nach
dem das drama fallen muls, das jahr 421, in dem er den Erechtheus
und die Hiketiden zur aufführung brachte”). in diesen dramen finden
sich gerade zu den bezeichnendsten äulserungen des Herakles parallelen.
auch der chor des Erechtheus (369) wünscht sich als lohn des sieges das
haar zu bekränzen und zwar nicht zu dichten, aber die werke der weisen
zu lesen. und die Hiketiden enthalten auch die sehnsucht nach einem
doppelten leben, einfacher als der Herakles, um die fehler des ersten
vermeiden zu können. und doch weht in den beiden patriotischen
dramen ein ganz anderer geist —- es erfordert eine besondere dar-
legung genau zu zeigen was sie sind, das erste ein patriotischer vo0-
τρεπτιχός, das andere ein &rrıragıog. Euripides trat in ihnen als tragischer
concurrent der ῥήτορες auf, sowol der sophistischen redner wie der
staatsmänner. nicht um für die partei des Nikias oder des Alkibiades zu
werben, obgleich er sich mit beiden berührt, sondern als σύμβουλος
26) Dies der sinn der Bakchen. es kann niemand den Euripides ärger ver-
kennen, als wenn er in ihnen eine bekehrung zum glauben der alten weiber sieht.
Teiresias ist mit nichten der träger seiner ideen, und Dionysos, der so grausam an
Pentheus sich rächt, ist mit nichten sein gott. er dramatisirt diesen mythos, führt
die in ihm liegenden confliote durch: ihm gehört nur die stimmung an, das gefühl
des friedens nach den orgien und durch die orgien. vgl. jetzt die einleitung von
E. Bruhn.
27) Die von Böckh und Hermann beliebte datirung der Hiketiden auf 420 ist
aus vielen gründen ganz undenkbar, und den Erechtheus, der von ihnen nicht wol
getrennt werden kann, erwähnt unsere überlieferung schon 421. die wolüberlegten
susführungen von G. Lugge (programm von Münster 1887) kommen zu einem er-
gebnis, das schon darum nicht richtig sein kann, weil es allzu complieirt ist. ich
bin im stande, das schöne viel zu wenig gewürdigte festspiel zu erläutern, wo dann
an dem datum kein zweifel bleibt. hoffentlich finde ich zu der niederschrift einmal
zeit. der gedanke, den Herakles selbst zwischen Erechtheus und Hiketiden zu
rücken, hätte nicht ausgesprochen werden sollen, ganz abgesehen von dem gegen-
satze der stimmung in beiden werken. denn selbst wenn man die beiden Theseus
neben einander ertragen wollte: der könig Kreon in den Hiketiden und der könig
Kreon im Herakles vertragen sich nicht.
Datirung des werkes. 135
seines volkes rät er zum frieden, sucht er den anschluls an Argos und
nimmt er zu den parteien in Athen stellung. nicht genug aber, dafs
seine ganze dichtung lust und mut zum leben zeigt, aus sich selbst sagt
er (Hik. 180), dals der dichter freude im herzen tragen müsse um er-
freuliches zu schaffen. das ist das gerade gegenteil der stimmung, die
der Herakles und alle späteren dramen zeigen. eine weitere folge ist,
dafs Euripides die für seine weltanschauung entscheidende bittere er-
fahrung zwischen 421 und 415 gemacht hat. der herold der athenischen
grölse prophezeit nun seinem staate den untergang. wir können nur
eine äulserung von ihm in der zwischenzeit datiren: im herbste 420”)
hat er dem Alkibiades das festlied auf seinen olympischen sieg ge-
macht. es liegt nahe, die enttäuschung, die dieser daemonisch geniale
mann so vielen der besten in seinem volke gebracht hat, auch für die
verbitterung des Euripides verantwortlich zu machen. das schlufswort
des Herakles erhielte dann, wenn auch wider des dichters bewulste ab-
sicht, eine tiefe bedeutung: στείχομεν οἰχτροὶ καὶ πολύχλαυτοι, τὰ
μέγεστα φίλων ὀλέσαντες. doch das muls für immer im dunkel
bleiben: dafs der Herakles zwischen Hiketiden und Troerinnen ge-
dichtet ist, kann mit ziemlich starker zuversicht behauptet werden.
Wir haben bisher nur das werk selbst im auge gehabt und aus
ihm selbst seine entstehungszeit erschlossen, und haben dabei zwischen
der zeit der conception und der geburt des gedichtes, seiner aufführung,
keinen unterschied gemacht. selbst wenn uns die schätze der bibliothek
von Alexandreia zu gebote stünden, würden wir keine dokumente finden,
die uns über das werden und wachsen des kunstwerkes in der werk-
statt des dichters unterrichteten. aber die aufführungszeit, die übrigen
dramen der trilogie, die concurrenten und den erfolg der tragoedie fand
der antike leser ganz bequem auf grund der dionysischen urkunden in
seinem textexemplare verzeichnet, dank der praktischen philologie des
Aristophanes von Byzanz. in unsern handschriften sind sie infolge der
indolenz einer zeit, die mit solchen schätzen nichts mehr anzufangen
wufste, fortgefallen. ist es nun aber nicht voreilig und nur die folge
28) Die olympiade des berühmten sieges ist nicht überliefert, und es läfst sich
für 420 und 416 manches sagen, die allgemeinen politischen verhältnisse haben
Grote auf den früheren ansatz geführt, und es ist mindestens so viel zu sagen, dals
dieser moment für eine solche demonstration des gerade zur macht gelangten neuen
Perikles vortrefllich pafst. dafs Euripides noch 416, nach der katastrophe von Melos,
für Alkibiades zu haben gewesen wäre, ist zudem kaum glaublich, damals dichtete
er schon an der troischen trilogie.
186 Der Herakles des Euripides.
unserer armut, dafs wir entstehungszeit und aufführung bei den dramen
so gut wie gleich setzen? ohne zweifel entgeht uns manches höchst
merkwürdige, aber im ganzen dürfen wir uns dabei beruhigen. wenn
die werke so mühsam in wiederholten ansätzen zu stande gekommen
wären wie Egmont und Carlos, so würden sie ähnliche inconsequenzen
der handlung oder des stiles zeigen. das altertum stellt uns auf anderen
gebieten ja ganz ähnliche probleme, auf die uns fast immer nur der
zustand der vorliegenden werke geführt hat. die bücher des Herodotos
und Thukydides, die Gesetze des Platon, fast alle werke Xenophons,
mehrere reden des Demosthenes könnten ganz nur verstanden werden,
wenn wir ihre entstehungsgeschichte verfolgen könnten, die wir nun
rückschließend aus dem vorliegenden zustande aufzuhellen suchen. das
sind probleme gerade so wichtig und gerade so endlos wie im Homer
und im Faust. aber davon zeigen die dramen nichts, oder vielmehr in
den wenigen vergleichbaren fällen ist das eingreifen einer fremden hand
wahrscheinlich gemacht. die erklärung für diese erfreuliche tatsache ist
dieselbe, die wir zur entschuldigung der vereinzelten flüchtigkeiten gelten
lassen müssen, die sich auch bei Euripides nicht leugnen lassen, es ist
die ungemeine fruchtbarkeit der dichter. müssen wir doch rechnen, dafs
sie, auf der höhe ihres schaffens alljährlich vier dramen fertig stellten”).
das schliefst natürlich nicht aus, dafs der zeugungskräftige gedanke, der
aus einem sagenstoffe eine tragoedie macht, längst in dem bewulstsein
des dichters vorhanden war, ehe er dazu kam ihn auszuführen. aber
das verschlägt wenig, wenn das werk aus einem gusse ist”). und wenn
68 fertig war, so fand sich, wenigstens seit die dichter zu ansehen ge-
langt waren, die dem dichter im voraus bekannte gelegenheit zur auf-
29) Es ist belehrend die komödie zu vergleichen. die Wolken zeigen, wie der
dichter ein par jahre lang sich damit abmüht, ein verfehltes werk umzuarbeiten,
und es schließlich doch liegen läfst. die politischen komödien gestatten sehr oft die
zeit der conception ganz genau zu fassen und häufig, z.b. in Acharnern Wespen
(vgl. Aristot. u. Ath. II 244) Frieden Fröschen, kann man den recht läßlich schal-
tenden dichter bei seinem hastigen geschäfte gut verfolgen. er war lange nicht so
fleifsig wie die tragiker. die antiken philologeu haben bei ihm mit dem phantom
einer überarbeitung nicht gespielt; alles was die modernen davon gefabelt haben,
sind torheiten. bei Euripides gibt es ein par antike und viele moderne misgrifle,
von denen man mit recht abzusehen gewohnt ist.
30) Es steht fest, dafs Lessing den stoff der Emilia schon als jüngling in angriff
genommen hat; Goethe hat die Wahlverwandtschaften mehr als ein menschenalter
früher coneipirt, als sie geschrieben sind: das sind für die beurteilung der dichter
sehr wertvolle tatsachen, aber für die gedichte haben sie geringe bedeutung, denn
diese sind in sich vollkommen einheitlich.
Datirung des werkes. Äufsere indicien für die abfassungszeit. 137
führung, auf die er demnach ebenso wie auf die begabung und neigung
seiner schauspieler in ruhe jede rücksicht nehmen konnte, die ihm be-
liebte. wir sind somit wol berechtigt, jede tragoedie als eine wirkliche
einheit zu betrachten und abfassung und aufführung praktisch gleich zu
setzen.
Da der Herakles sich selbst auf eine kurze spanne von jahren
datirt, so werden wir nichts neues lernen, wenn wir seine entstehungs-
zeit nun mit anderen mitteln zu bestimmen versuchen. aber bestätigung
werden wir erlangen, und es wird auch einiges für sein verständnis und
seine würdigung abfallen.
Der spott der komoedie hat den Herakles verschont”), so dafs wir Änfsere in-
aus ihr keine zeitbestimmung gewinnen. aber Euripides selbst hat in ΜΟῚ Eu j
seinem Orestes die eigne scene nachgebildet, in der der kranke Herakles
in schwerem schlafe liegt”); die schlufsscenen der Antiope, die jüngst
entdeckt sind, zeigen sowol in der rede, mit der die zwillinge den bei-
stand ihres göttlichen vaters erbitten, wie in der ermordungsscene des
Lykos eine ziemlich schwache copie der ähnlichen scenen des Herakles?).
auch in der Andromeda ist ein anklang an eine stelle des Herakles
wahrscheinlich gemacht”). damit gewinnen wir 412 als terminus ante
quem. das will wenig bedeuten; wichtig aber ist, dafs dem dichter
dieses drama sehr lebhaft im gedächtnisse haften blieb; an Medeia und
Hippolytos kann man ähnliches beobachten. er wulste wol, die eignen
gedichte zu schätzen. wichtig an sich ist, dafs die Trachinierinnen des
Sophokles nicht nur deutliche anklänge an den Herakles enthalten,
sondern geradezu durch ihn angeregt sind. aber urkundlich ist auch
dieses drama nicht datirt, und wenn auch formale kriterien und ein
par andere anklänge bestätigend zutreten, so ergibt doch gerade das
verhältnis zu Euripides die wichtigste zeitliche relation.
Eine vergleichung mit älteren dramen läßt sich mit erfolg nicht
anstellen. Herakles war eben ernsthaft überhaupt noch nicht auf die
31) Zu Frö. 564 καὶ τὸ ξίφος γ᾽ dondro μαένεσθϑαε δοκῶν sagt der scholiast
καὶ παρ᾽ Εὐρωτέδῃ μαινόμενος Ἡρακλῆς καὶ σπῶν τὸ ξέφος, πρὸς τοῦτο οὖ; παέξει.
an eine anspielung ist nicht zu denken; aber auch die angabe ist falsch, da der
euripideische Herakles gar kein schwert hat. also liegt es nahe an den Peirithoos
zu denken, der im Hades spielte.
32) Vgl. zu der sechsten gesangnummer.
33) Vgl. σὰ v. 337 und 701.
34) Aristoph. Thesm. 1116 nach Her. 1094. vgl. die besonnene behandlung bei
W. Lange de Ar. Thesm. (Göttingen 91) 15.
188 Der Herakles des Euripides.
bühne gebracht, geschweige diese geschichte”). und wenn die anspielungen
auf den Taphierzug des Amphitryon nahe legen, die Alkmene des Euri-
pides für älter als den Herakles zu halten”), eo ist das ein weiterer
schluls: an sich ist jene tragoedie nicht datirt. die übrigen personen
sind nicht dazu angetan, irgend etwas zu erschliefsen. nur der bote ist
ganz conventionell gehalten, kommt zum chore oder vielmehr zum publi-
cum, hält seine rede und geht wieder ab, ohne dals irgend etwas dafür
getan wäre, sein kommen oder gehen zu motiviren. das ist manier,
wie sie erst die letzte periode des dichters zeig. auch dafs vor und
nach dem botenberichte gesangstücke stehen, kehrt nur in Phoenissen
und Bakchen wieder. aber hier ist der chor so erregt, dafs er zum reden
überhaupt keine fassung hat. das ist besonders, aber es ist berechtigt;
ist doch auch die einführung einer göttererscheinung mitten im stücke
singulär, für uns nämlich, die wir überwiegend dramen aus der letzten
zeit der tragoedie haben. die aischyleische wird davon mehr enthalten
haben, wie eben Lyssa selbst bei ihm vorkam, und es wäre seltsam,
wenn Sophokles und Euripides in ihrer jugend nicht noch viel mehr
der alten weise gefolgt wären. mit einem hauptmotive, dem wahnsinn,
können wir leider keine vergleichung anstellen, die ganz ohne frage viel
lehren würde. denn dazu mülsten wir ältere darstellungen wahneinniger
besitzen”), namentlich Alkmeon und noch mehr Athamas, der seine
söhne tötet. ihn hatten alle drei tragiker auf die bühne gebracht. die
wirkungsvolle erfindung, auf die raserei schlaf folgen zu lassen und den
schlafenden selbst auf die bühne zu bringen, sehen wir jetzt nur noch
in Trachinierinnen und Orestes, wo die nachahmung des Herakles am
tage liegt; aber auch in der Eriphyle des Sophokles, deren zeit ganz
unbekannt ist, schlief Alkmeon auf der bühne”). wir müssen uns
35) Wenn Philodem de relig. 36 einen Apaxijs μανέᾳ κατάσχετος von So-
phokles erwähnt, was Nauck als fgm. 741 aufgenommen hat, so geht das auf
Trach. 999.
36) Vgl. zu v. 1078. eine parodie der Alkmene in den Fröschen datirt sie
nicht. was in Sophokles Amphitryon vorkam, ist ganz unbekannt.
37) Die hübsche dissertation von H. Harries, tragici Graeci qua arte in
describenda insania ust sint (Kiel 91) zeigt vortrefflich, wie Aischylos den wahn-
sinnigen seines leidens bewulst einführt, so dafs er in schönen bildern sagt ‘ich rase”,
dafs er aber realistische wiedergabe weder geben kann noch mag, während Euripides
so genau den pathologischen erscheinungen folgt, daß er den vergleich mit den
medieinern aushält.
38) Fgm. 198 von Nauck verbessert, ἄπελθε, κενεῖς (dxeivns die handschrift)
ὕπνον ἑατρὸν κακῶν, schon von dem schriftsteller περὶ sion», dem Clemens die
stelle verdankt, mit der soene des euripideischen Orestes verglichen.
Äufsere indicien für die abfassungsszeit. 139
schon eingestehen, dals wir zu arm sind, um aulser in einzelnen glücks-
fällen viel mit der vergleichung der motive erreichen zu können”).
Nicht viel mehr gewinnen wir durch die beabsichtigten oder un-
willkürlichen anspielungen auf zeitgenössische zustände und ereignisse,
die man im Herakles gefunden hat. eine bewulste und für das ver-
ständnis des publicums berechnete abschweifung vom stoffe ist der streit
zwischen Lykos und Amphitryon über den wert des bogenschützen,
ψόγος und ἔπαινος τοξότου, wie die handschrift am rande bemerkt.
der stoff führte allerdings auf diese streitfrage hin. denn die überlieferte
figur des bogenschützen Herakles stritt nicht nur mit den ehrbegriffen
der dorischen adlichen und der gesellschaft, für welche sie den ton an-
gaben“): die freiheitskriege waren dem volke als der sieg des hellenischen
speeres über die asiatischen pfeile erschienen“), und in Athen war durch
den zufälligen umstand, dafs die mit der fernwaffe ausgerüsteten polizei-
mannschaften meistens staatssclaven nordischer herkunft waren, die ver-
ächtliche gleichsetzung des τοξότης mit dem Σχύϑης entstanden. somit
konnte Euripides allerdings durch seinen stoff darauf geführt werden,
Herakles wider die herabsetzung des schützen verteidigen zu lassen, und
leicht mochte ihn seine neigung für sophistischen redekampf dazu ver-
locken, dieses thema breiter zu behandeln als für die poesie zuträglich
war. aber er hat viel mehr getan. er läfst den vertreter der guten
sache geradezu aussprechen, dafs der schütze den zweck des krieges,
vernichtung des gegners mit möglichst geringem eigenem verluste, besser
erreicht als der hoplit, zumal dieser lediglich durch die schuld seines
nebenmannes im gliede zu grunde geht, wenn sich nämlich die schlacht-
reihe löst. das fällt gänzlich aus dem rahmen der tragödie heraus; es
39) So ist die taurische Iphigeneia als eine vorstufe zu der Helene erkannt
worden. das motiv des jungfrauenopfers sehen wir durch Herakleiden Hekabe Erech-
theus (daneben als episode auf Menoikeus übertragen) bis zur aulischen Iphigeneia
ausgebildet. die Troerinnen setzen Andromache und Hekabe voraus, diese wieder
die Polyxene des Sophokles. von den berühmten Pelopiden- und Labdakidenfabeln
zu schweigen.
40) Vgl. oben s. 44. die ehrbegriffe der archaischen zeit sprechen am eindring-
lichsten die gedichte des Tyrtaios aus, die sich aber von denen des ionischen epos
nicht weit entfernen. ro&dra λωβητήρ wird schon Alexandros gescholten (A 386). für
die sttische vorstellung ist besonders Soph. Aias 1120 bezeichnend, nicht lange vor
Earip. Her. gedichtet.
41) Diese anschauungen stehen in unmittelbarem zusammenhange mit den eben
bezeichneten epischen. zeugnisse der grofsen zeit z. Ὁ. Aisch. Pers. 85, Herodot V 97,
pseudosimonideische epigramme 105, 106 Bgk. später besonders schön Aristoteles
im epigramm auf Hermeias.
140 Der Herakles des Euripides.
findet aber in der geschichte des archidamischen krieges sein lebens-
vollstes gegenbild. Athen hat seine schwerste niederlage, bei Delion,
eben dadurch erlitten, dals die hoplitenphalanx geworfen ward, und ihr
rückzug durch keine leichte infanterie gedeckt war. den schönsten er-
folg aber hatte leichte infanterie bei Sphakteria über die stolzen spar-
tiatischen hopliten erfochten. man hat auch mit recht aus der kriegs-
geschichte geschlossen, dals der tüchtigste feldherr der zeit, Demosthenes
von Aphidna, sich die ausbildung und verwendung leichter infanterie be-
sonders hat angelegen sein lassen“), ein vorläufer des Iphikrates, dessen
peltasten später die lakedaimonische mora überwunden haben. diese ver-
änderte wertschätzung der schützen spricht auch aus der euripideischen
debatte, die nur durch sie verständlich wird. dies wesentlichste ist
damit erreicht: für die verletzung unseres künstlerischen empfindens
werden wir dadurch entschädigt, dafs wir sehen, wie der dichter aus dem
vollen leben schöpft. was vor zeitlos absoluter kritik nicht besteht, ge-
winnt für die geschichtliche betrachtung einen besonderen wert, und wir
hören auf, den dichter zu schelten, wenn wir uns vorstellen, wie laut
der beifall der anhänger des Demosthenes geklungen haben wird; hätten
sie nur auch die majorität in der volksversammlung gehabt. aber ein
festes chronologisches indicium gewinnen wir damit noch nicht; nur so
viel mögen wir sagen, dals seit der alles interesse auf sich ziehenden
sicilischen expedition und gar während des folgenden seekrieges kein
raum mehr für diese debatten war, während die nächsten jahre nach
Sphakteria und Delion die angemessensten scheinen. aber selbst so
bleibt mindestens der spielraum 423—416.
Eine andere zeitbestimmung hat man darin finden wollen, dafs der
chor v. 687 den paean erwähnt, den die 7ηλεάδες dem Apollon singen.
derselben tut auch der chor der Hekabe erwähnung, 463; die troischen
gefangenen erwarten σὺν “ηλεάσιν χούραις die heiligen erinnerungen
der insel verherrlichen zu sollen: es waren also zu diesem dienste aulser
den delischen mädchen auch hierodulen herangezogen“). nun hat man
42) Die schrift vom staate der Athener (nicht lange vor 425 verfalst) gibt die
unzulänglichkeit der attischen hoplitenmacht zu, aber den mangel an leichter in-
fanterie berücksichtigt sie noch nicht.
43) Für die spätere zeit der delischen freiheit wird niemand glauben, dafs die
delischen mädchen sclavinnen mit in ihren chor aufgenommen hätten. aber für seine
zeit bezeugt Euripides in der Hekabe die beteiligung von hierodulen, und das ist auch
begreiflich ; man denke an die von Pindar und Simonides verherrlichten korinthischen
dienerinnen Aphrodites. zur zeit der vertreibung der Delier vollends müssen ja die
Äufsere indicien für die abfassungszeit. 141
hierin einen hinweis auf die stiftung des prächtigen vierjährigen festes
der Delien gesehen, welche die Athener im frühjahr 425 vornahmen
(Thuk. III 104). aber das würde nur zutreffen, wenn Euripides attische
chöre in Delos oder auch nur das fest überhaupt nennte. er redet aber
nur von den liedern und tänzen der Delisden. diese gab es seit
Apollons geburt auf Delos, also auch zu Herakles zeit. die beziehungen
Athens zur delischen religion*‘) sind uralt und waren dem Euripides
sogar durch den cult seiner familie vertraut"). das heilige schiff segelte
nach Delos zur zeit, als die Frangoisvase entstand, zur zeit, wo Sokrates
starb und Delos den Athenern gerade entfremdet war, zur zeit des Philo-
choros, wo es gleichfalls frei war: die Deliaden haben noch im zweiten
jahrhundert v. Chr., zur blütezeit des freien Delos, ehrengeschenke von
vornehmen besuchern für ihren tanz erhalten“), und erst nach der
letzen annexion der insel verschwinden sie. im fünften jahrhundert ist
der delische Apollon immer ein grolser und vielverehrter gott gewesen ;
477—54 der schirmherr des bundes, den Athen vorwiegend mit Ioniern
geschlossen hatte. und wenn 425 ein so frommer mann wie Nikias
dafür eintritt, dafs der gott ein noch viel prächtigeres fest erhielte, so
folgt daraus, dafs die religion schon vorher lebhaft empfunden war, und
dafs man den gott für die vorstandschaft reichlicher entschädigen wollte,
Athener für die /nÄsddes einen ersatz geschaffen haben. die Hekabe bezeugt auch,
dafs sclavinnen an der herstellung des peplos für die Athena Polias mitwirkten: im
2. jahrhundert v. Chr. ist das ein vorrecht nicht nur freier sondern vornehmer, viel-
leicht gar eupatridischer Athenerinnen. Köhler, Mitteil. Ath. VIII 57.
44) Arist. u. Ath. II 44.
45) Theophrast x. μέϑης (Athenaeus X 4240) berichtet, dafs Euripides das
schenkenamt in einem thiasos von Deliasten bekleidet habe.
46) So erhalten sie z. b. einen goldenen kranz als belohnung für ihren tanz
von L. Scipio (Dittenberger Syll. 367, 90) und von Piolemaios Epiphanes (ebenda 139)
u.2w. V.v. Schöffer (De Deli rebus 139) hat mit sachlich verkehrter deutung
die κοῦραι Inlıddes mit den chören der knaben (za2des) identificirt, welche an den
Apollonien in einem Öffentlichen agon auftraten, für welchen Delier die choregie
leisteten. das sind chöre wie die. attischen knabenchöre an Panathenaeen Thargelien
Dionysien u. s. w. jungfrauenchöre in agonen kennt ionische aitte nicht; das be-
deutet ja auch παῖς nicht, die Inlıddes der zeit des Semos von Delos tanzen nicht
anders als die zur zeit des Euripides und des Homer. ihnen entsprechen die von
suswärts nach Delos gesandten mädchenchöre, für welche der sage nach Eumelos
(denn wer wird so etwas ernst nehmen), in geschichtlicher zeit Pindaros und Bakchy-
lides lieder gedichtet haben: in einem solchen chore kam auch Kydippe. Schöffers
im übrigen ganz vorzügliche arbeit verliert durch solchen vereinzelten misgriff natür-
lieh nichts von ihrem werte.
142 Der Herakles des Euripides.
als es durch die von alters her bestehenden gesandtschaften geschah.
nebenher war es eine aufmerksamkeit gegen die ionischen bündner””).
denn seit Homers zeiten erschien das fest wesentlich panionisch. Euri-
pides selbst führt in der taurischen Iphigeneia (1088—1150) einen chor
von hellenischen. mädchen ein, die von seeräubern in das barbarenland
verkauft sind. sie sehnen sich nach Delos, sie sehnen sich nach den
chören, in denen sie als mädchen in ionischer kleiderpracht aufgetreten
sind; beides gehört zusammen. es ist wahr, jenes drama ist wenig
jünger als der Herakles; man mag also sagen, dafs Euripides durch die
attischen Delien unwillkürlich veranlafst worden ist, von Delos und
Deliaden öfter zu reden. aber eine zeitbestimmung kann darin nicht ge-
funden werden“), da es Deliaden während seines ganzen lebens ge-
geben hat.
Ganz unerlaubt ist es, die parteiungen, von denen Euripides Theben
zerrissen sein läfst, als politische anspielungen auf das Theben seiner
zeit zu fassen. seit der schlacht von Koroneia stand Theben unter einem
energischen aristokratischen regimente an der spitze des boeotischen
bundes, hielt zu Sparta und blieb den Athenern selbst nach 421 ent-
schieden feindlich. es gab in den abhängigen städten eine demokratische,
d. h. Theben feindliche, partei, auf die Athen bei dem zuge gerechnet
hatte, der zu der niederlage bei Delion führte, und auch weiterhin gelang
47) Auch Schöffer, der den Athenern sonst gerechtigkeit widerfahren läfst,
hat das nicht betont, dafs die stiftung eines panionischen festes, eben zu der zeit,
wo das psephisma des Thudippos die Panathenaeen tendenziös als reichsfest aus-
gestaltete, und gleichzeitig die tribute im gegensatze zur schatzung des Aristeides
durch einseitigen legislativen act des attischen volkes angesetzt wurden, ein zuge-
ständnis an die stimmung der ionischen bündner ist, es ist auch für die partei-
verhältnisse Athens bezeichnend, dafs Nikias der erste theore der Delien ist, während
Kleon die herrschaft Athens als τυραννές predigt, gegen Aristophanes Babylonier
vorgeht und die erhöhung der tribute durchsetzt. derselbe krieg, der die erhöhung
der finanziellen und militärischen leistungen erzwang und demgemäfs die reichsein-
heit stärkte, schärfte den stammesgegensatz gegen die Peloponnesier: und auf dafs
der Milesier und Hellespontier und Nesiote sich als Ionier mit dem Athener ver-
bunden fühle, wie einst zu Aristeides zeit, sind die Delien gestiftet. diese mehr
töderative, bündnerfreundliche politik ist nur schwächer hervorgetreten als die ziel-
bewufste der unitarier, und ihren vertreter Nikias hat sein ungeschick oder unglück
auch hier nicht verlassen. die Delier selbst waren misvergnügt, und so kam es zu
einer der zwangsmalsregeln, die dem Reiche mehr geschadet haben als die gerichts-
hoheit, die kleruchien und die tribute.
48) Das gleiche gilt leider auch für die komödie “)]ηλιάδες des Kratinos, in
der ein festzug geschildert war, der sehr wol auch vor der stiftung des attischen
festes möglich war. .
Formale ἱπάϊαίοη für die abfassungszeit. 143
es den Thebanern diese bestrebungen niederzubalten. über die inneren
verhältnisse daselbst sind wir schlechthin nicht unterrichtet. in Athen
war die stimmung natürlich den Thebanern ungünstig, und wenn ein
dichter ein politisches stück schreibt, wie Euripides die Hiketiden, so
verleugnet sich diese stimmung nicht. aber die zahl der dramen die in
Theben spielen ist sehr grofs, und weder Sophokles noch Euripides in
Phoenissen und Bakchen denken an die gegenwärtig mit Athen verfeindete
stadt. ihre chöre machen wol auch politische anspielungen, aber als
attische chöre auf Athen. im Herakles wird erzählt, dafs der fremde
tyrann dadurch zur herrschaft gelangt: ist, dafs die bürgerschaft durch
parteien zerklüftet war: das dient nur dazu, den chor, der doch gegen
Lykos ist, möglich zu machen, und den Lykos zu verkleinern, der da-
durch gehoben würde, wenn er den sieg sich selbst verdankte. aulser-
dem wird seine partei von dem chore natürlich schlecht gemacht, und
da dieser aus greisen besteht, sind jene die jugend. endlich wird diese
jugend in einer versreihe (688—92) als verschwenderisch und verlottert
bezeichnet. die verse sind, wie es scheint, nicht ächt, sollten sie es aber
sein, so würde eine besonnene erklärung nur einen angriff auf die
athenische jugend in ihnen finden, auch wenn nicht die parallelstelle
der Hiketiden vorläge, die zu der stelle im commentar herangezogen ist.
Mehr als aus diesen äußerlichen kriterien ist aus der sprachlichen Formale in-
und metrischen form zu gewinnen, wofür G. Hermann die grundlegenden EL
beobachtungen gemacht hat. eine anzahl von dramen des Euripides aurangmelt
weisen sich durch einen gemeinsamen altertümlicheren und strengeren
stil als verwandt aus; es sind Alkestis Medeia Hippolytos Andromache
Herakleiden. sie fallen alle teils nach urkundlichen angaben, teils nach
sicheren geschichtlichen anspielungen vor 425%). von ihnen sondert sich
eine zweite gruppe, die das entgegengesetzte extrem vertreten, Helene,
beide Iphigeneien, Phoenissen, Orestes, Bakchen, zu welchen von ver-
lornen, aber genügend kenntlichen Andromeda Antiope Hypsipyle Bakchen
treten: für sie alle mit ausnahme der taurischen Iphigeneia ist die ent-
stehung im letzten jahrzehnt des dichters urkundlich bezeugt”). da-
49) Von der Andromache hat das richtig schon Aristophanes von Byzanz er-
schlossen, schol. 445. die entgegengesetzten ausführungen von Bergk sind nur dafür
lehrreich, wie dieser ebenso wunderbar gelehrte wie scharfsinnige mann scharfsinn
und gelehrsamkeit dazu zu gebrauchen pflegt, die zeugnisse erst zu zerstören, damit
er sie für seine eignen einfälle benutzen könne.
50) Die taurische Iphigeneia fällt vor die Helene, 412, vielleicht vor die
Elektra 413, wie E. Bruhn in der einleitung seiner ausgabe zur evidenz gebracht hat.
144 Der Herakles des Euripides.
zwischen liegen zeitlich und stilistisch Hiketiden 421, Alexandros und
Troerinnen 415, Elektra 413, urkundlich oder durch geschichtliche an-
spielungen datirt. in diese mittelgruppe gehört der Herakles und gehören
aulserdem Hekabe und Ion, doch so dafs Hekabe ihrer form nach in den
meisten dingen sich den älteren dramen anschliefst, wie sie denn auch
Aristophanes vielleicht schon 423 parodirt"'), während Ion, für den nur
die untere zeitgrenze 412 gesetzt werden kann'?), formal zu den späten
dramen steht. zwischen beide gehört der Herakles.
Nur in einer so starken spielraum lassenden gruppirung wird ein
vorsichtiger stilistische kriterien verwenden mögen; wer freilich den blick
nur auf eine einzige erscheinung heftet, wird es leicht haben, bestimmter
zu schliefsen. gemeiniglich legt man ausschliefßslich wert auf den unter-
schied, der jedem zuerst in die augen fällt, die häufigkeit der auflösungen
im iambischen trimeter. das ist in der tat ein sehr wichtiges moment,
wenn man nur die nötige umsicht übt”), und es weist den Herakles
etwa zwischen Hekabe und Hiketiden. nicht minder wichtig wird eine
bisher kaum beachtete erscheinung“), die nur in chorliedern hervortreten
kann, die verkürzung des langvocalischen oder diphthongischen auslautes
vor folgendem vocale, welche eigentlich nur in daktylischen oder doch
daktylisch scheinenden fülsen zulässig ist. während Sophokles sich darin
sehr starke freiheiten erlaubt, arbeitet Euripides mit zunehmendem alter
immer strenger, so dafs die dramen seines letzten jahrzehntes fast gar
keine solche hiate mehr zeigen. der Herakles steht zu diesen; er ver-
kürzt nur ein schliefsendes αὐ, den diphthong welcher sich dazu am
leichtesten herbeilälst, in xAlveraı 1030, und außerdem χαέ 1017, zwar
in einem anapäst, der für dochmius eintritt, aber χαΐ hat in allen jahr-
hunderten freiere behandlung gestattet. wollte man hiernach allein gehen,
51) Wolk. 718 nach Hek. 162; der vers scheint den 423 aufgeführten Wolken
anzugehören.
52) Vgl. Herm. 18, 242.
53) Mechanisches zählen beweist gar nichts. wenn z. b. eine hauptperson
Hippolytos heifst, so ist der dichter gezwungen dreisylbige füfse zu brauchen; manch-
mal will er auch malen wie Her. 935. das axiom, dafs zwei dreisylbige [86 in
demselben verse der alten tragödie nicht gestattet wären, ist eine ausgeburt der
ärgsten willkür, die eine reihe aischyleischer verse zerstört, darunter eine von Platon
bezeugte lesart (Sieb. 593), und von Euripides 2. Ὁ. Alk. 10, das kernstück des prologen.
54) Es kann hier nur angeführt werden, was für den speciellen fall von wert
ist; die wichtigkeit der sache wird erst klar werden, wenn die summe der er-
scheinungen vorgelegt und in ihrem zusammenhange erläutert ist, wozu ich bisher
immer noch keine zeit gefunden habe.
Formale indicien für die abfassungszeit. 145
so würde der Herakles unter Troerinnen und Elektra herabgerückt werden
müssen. aber es sind der verse, welche für solche histe überhaupt die
möglichkeit gewährten, sehr viel weniger als in jenen dramen, so dafs
sich von dieser seite nichts gegen einen etwas höheren ansatz sagen lälst,
zumal dieselben ursachen auch bei den Hiketiden den entsprechenden
erfolg gehabt haben.
Sehr stark ins gewicht fällt die anwendung des trochäischen tetra-
meters in einer ganzen scene, allerdings einer solchen von höchster
leidenschaft mit entsprechender steigerung auch des sprachlichen aus-
drucks. die trochäen waren ein lebhaftes tanzmals und beherrschten des-
halb, wie Aristoteles bezeugt, die älteste tragödie, wie wir sie auch in
der epicharmischen posse und der aristophanischen komödie viel verwandt
finden. wir lesen noch in den Persern des Aischylos eine trochäische
scene; aber der ruhige dialog drängte das tanzmals zurück, und so ver-
wendet es Aischylos später nur am schlusse des Agamemnon in der
weise wie sonst die anapäste, und ebenso verfährt Sophokles im schlusse
des königs Oidipus. sonst fehlen die trochäen bis auf die scene des
Herakles und eine ganz entsprechend lebhafte in den Troerinnen (444—61).
dann aber greift die tragödie nach immer stärkeren mitteln. Euripides, der
den ton angibt, nimmt neben den künsten des neuen dithyrambus auch
die der ältesten mehr musikalischen tragödie wieder auf. so lesen wir
trochäische scenen oder scenenteile in Ion Helene beiden Iphigeneien Phoe-
nissen Orestes Bakchen Andromeda Archelaos, wozu noch Meleagros und
Oidipus kommen, welche aus anderen gründen für etwa gleichzeitig mit
dem Herakles gelten dürfen®). Sophokles hat sich scheinbar etwas mehr
zurückgehalten; aber seine beiden letzten dramen, Philoktet und Oidipus
Kol. haben doch auch ein par trochäen. an Euripides setzt dann wie in
allem so auch in der rein dialogischen verwendung der trochäen die spätere
komödie an.
55) Nur scheinbar streiten mit der regel die bruchstücke 30 und 811, die den
älteren dramen Aiolos und Phoinix angehören: ἀλλ᾽ ὁμῶς | οἐκτρός τες dv πατρέδος
ἐκλεπεῖν ὅρους und τἀφανῇ | τεκμηρέοεσιν εἰκότως ἁλίσκεται. das satyrspiel Auto-
lykos zeigt auch tetrameter: das beweist nichts, da wir den stil und die zeit der
sstyrspiele nicht kennen. — die deutschen können und wollen sich nur sehr schwer
daran gewöhnen, dafs ihre δ. g. nachbildungen antiker malse einen ganz verschie-
denen charakter von den griechischen tragen; sie reeitiren griechische trochaeen
nach dem muster ‘nächtlich am Busento lispeln’ oder 'preisend mit viel schönen
reden’. solcher torheiten mufs man sich entschlagen : die namen re0yaZos und χορεῖος
reden vernehmlich, und Aristoteles (rhet. III 8) geht so weit zu sagen d τροχαῖος
πορϑακικώτεροο' Inlor δὲ τὰ τετράμετρα.
v. Wilamowits 1. 10
146 Der Herakles des Euripides.
Von den lyrischen mafsen ist das dochmische in der tragödie zwar
nicht entstanden, aber so viel und gern angewandt, dafs seine entwickelung
wertvolle chronologische anhaltspunkte bietet. während nämlich die ältere
tragödie aulser den legitimen ersatzformen des dochmius neben diesem
bakcheen und iamben verwendet, gehen Euripides und Sophokles schon in
den zwanziger jahren dazu fort, eine reihe anderer glieder hineinzumischen,
welche sich zum teil auf daktyloepitriten zurückführen lassen, aber daneben
äußserst charakteristische dem volksliede entstammende formen zeigen, unter
denen neben dem Reizianum”*) der enoplios”) hervorragt. es lälst sich
sehr wahrscheinlich machen, dafs wirklich alle diese zusätze volkstüm-
lichen ursprung haben, die dichter also auf die quelle zurückgegangen
sind, aus welcher sowol die vervollkommner der daktyloepitriten (die Chal-
kidier) wie die erfinder der keinesweges volkstümlichen dochmien ge-
schöpft hatten. da diese spielart der dochmien einen besonderen namen
erhalten muls, so mögen sie hiermit enoplische dochmien getauft sein.
die beimischung der fremden glieder fällt gemeiniglich zusammen mit dem
aufgeben der responsion, doch nicht immer; sie war schon vorher in
dochmischen liedern keinesweges notwendig. ferner aber tritt eine sehr
starke, oft vorwiegende beteiligung der schauspieler an dem musikalischen
vortrage ein, und zwar geht die lebhaftigkeit der action so weit, dals
nicht nur die rhythmischen perioden, sondern sogar die einzelne rhyth-
mische reihe sehr oft durch personenwechsel zerrissen wird, was Euri-
pides wenigstens im trimeter noch lange (und so im Herakles) vermeidet.
das sind zwei an sich verschiedene dinge, die aber deshalb beide in
denselben liedern zuerst auftreten, weil die dochmien zu der lebhaften
action, der sowol die polymetrie wie die zerreilsung der verse dient,
am geeignetsten schienen. beides geht dann weiter; auch andere malse
werden so zerrissen, wovon namentlich die späten sophokleischen stücke
Elektra Philoktet Oidipus auf Kolonos belege bieten, und es bildet
sich eine wahrhaft potpourriartige vermischung aller möglicher versarten,
der gegenüber die enoplischen dochmien noch streng scheinen können.
so überschaut man eine entwickelung, die man natürlich mit derselben
weiteren spielraum lassenden vorsicht beurteilen mufs, die aber wenigstens
über die zugehörigkeit eines dramas zu der oder jener gruppe keinen
zweifel lälst.. dafs die neue musik, der dithyrambus, den tragikern vor-
bild gewesen sei, ist sehr wahrscheinlich, der Herakles hat nun die
56) Vgl. zur fünften und sechsten gesangnummer.
57) Vgl. zur ersten gesangnummer.
Formale indicien für die abfassungszeit. 147
enoplischen dochmien in sehr breiter ausdehnung angewandt: die drei
letzten gesangnummern gehören ihnen ganz an. aulserdem finden sie
sich in Andromache (825—65) Troerinnen (241—91) Ion (762—-99.
1445—1509) Helene (625—-97) Iphig. Taur. (827—99) Phoenissen
(103—92) Orestes (166— 208. 1246— 1310. 1353—65) Bakchen (1017—23.
1153—99)*). in den beiden letzten und jüngsten stücken respondiren die
dochmien meistens; dasselbe geschieht bei Sophokles in Aias (373—76 τες
387—91,879—914 = 925—60) und Elektra (848— 70. 1411—13 = 1433
bis 35); Trach. 879—95 folgt ganz der weise des euripideischen Herakles.
seine beiden letzten dramen, wie zum teil schon die Elektra und von Euri-
pides die jüngsten, Phoenissen Orestes Iphig. Aul. Bakchen, zeigen dann
die aus allen möglichen gemischten lieder. man würde hiernach geneigt
sein, den Herakles zu den Troades etwa herabzuziehen, und vor 424 könnte
man ihn gar nicht anzusetzen wagen.
Auch sprachlich sondern sich ganz bestimmt nur die dramen des
letzten jahrzehntes ab, in welchen Euripides einerseits einer menge wörter
der umgangssprache zutritt gewährt, so zu der komödie überleitend,
andererseits altertümliche wörter und formen von den alten dichtern
aufnimmt, und wie die dithyrambiker in den chorliedern durch seltsame
kühnheiten, wortschwall und selbst blofse wiederholungen musikalische
stimmung erzeugen will, während wirklich originelle wendungen spär-
lich werden. davon sondert sich der Herakles scharf ab. der sprache
nach möchte man ihn, trotz einer anzahl barocker wendungen, den
älteren dramen anreihen.
Das scheint sich zu widersprechen ; aber alle einzelnen erscheinungen
erklären sich, sobald man nur anerkennt, dafs der dichter sich mit diesem
58) Die Hekabe hat eine ganz ähnliche scene (683— 720), aber kein enoplisches
glied, so viel die verderbnis erkennen läfst. in den Herakleiden hat der bearbeiter
die vermutlich vergleichbare stelle getilgt. die Hiketiden enthalten wirklich keine
solchen dochmien: da hat der dichter in den wechselgesängen das iambische mals
fast ausschliefslich durchgeführt. die Elektra hat er bewufst im anschlufs an die
ältere tragödie streng stilisirt: auch das zeigt den concurrenten. so ist der grolse
dochmische wechselgesang nach dem muttermorde so einfach wie die dochmien des
Aischylos und in Soph. Antigone; das kleine lied 585—95 hat jedoch ein dakty-
lisches glied ἀμετέραν τις ἄγεε 590, wenn man der überlieferung glauben schenkt.
vertreter der alten weise sind somit außser Aischylos Soph. Antig. Oid. Tyr., Eur.
Alk. Med. Hipp.; in diesem steht schon ein kleines chorlied in diesem malfse,
1268—82, aber noch ein wirkliches lied des chores. das klagelied des totwunden
Hippolytos besteht nur aus dochmien anapaesten iamben und geht wenig über die
lieder der Io im Prometheus hinaus.
10*
Bühne des
Herakles.
148 Der Herakles des Euripides.
drama besonders viel mühe gegeben hat, und sobald man sich über die
gründe der sprachlichen und metrischen veränderungen klar wird. es
ist doch nicht lüderlichkeit oder greisenhaftigkeit, was die kunst der
beiden großen tragiker so stark verändert hat. im gegenteil, ihr rast-
loser fleis und ihre bewundernswerte empfänglichkeit hat sie nicht bei
der alten manier beharren lassen. die belebung des trimeters durch
die zulassung dreisylbiger fülse, die entfesselung der rhythmischen kunst,
die ausgedehnte verwendung der schauspieler als sänger waren oder
schienen doch verbesserungen. deshalb treten sie im Herakles auf, viel-
leicht etwas früher als sonst. dagegen die mangelhafte originalität und
die buntscheckigkeit der sprache und auch der versmalßse stellt sich nicht
mit absicht des dichters ein, sondern ist lediglich eine folge der über-
hasteten production und des strebens nach effecten auf anderen gebieten,
welche die dichter nicht gesucht, aber sich erlauben zu dürfen geglaubt
haben. deshalb wird ein mit besonderer liebe gepflegtes werk in diesen
dingen einen altertümlicheren eindruck machen, während es vielleicht
durch die starke verwendung der neuen kunstmittel moderner scheint
als es ist. wir müssen doch so wie so uns immer vorhalten, dafs die
tragiker sich notgedrungen verschiedene farben auf der palette halten
mulsten, da sie mit vier dramen zugleich hervortraten, die unmöglich
alle übereins aussehen durften. so hat denn Euripides z. b. die taurische
Iphigeneia und die Elektra ziemlich in denselben jahren gedichtet, und
spuren davon enthalten sie beide, aber der gesammteindruck ist doch
sehr verschieden; Iphigeneis zeigt die modernsten, Elektra archaische,
besser archaistische züge. ganz ähnlich steht die aulische Iphigeneia zu
den Bakchen; während jene oft hart an die komödie streift, fühlt man
sich in diesen oft an die ältesten dramen erinnert. wer sich aber die
stoffe und die tendenzen des dichters überlegt, wird in der verschiedenen
stilisirung berechtigte absicht nicht verkennen.
Endlich noch einen blick auf die bühne, für die der Herakles ge-
schrieben ist. die beiden göttinnen erscheinen in der luft über dem
hause, das wird ausdrücklich gesagt, und Lyssa geht auch nicht sicht-
lich in das haus, in dem wir sie doch denken sollen, das wird ausdrück-
lich entschuldigt (874). dieselbe art der göttererscheinung ist bezeichnet
in Ion Elektra Orestes, sie ist ebenso in Hiketiden taurischer Iphigeneia
Helene Antiope Bakchen und dem Philoktet des Sophokles anzu-
nehmen. wir haben von der scenischen vorrichtung eine ganz klare
vorstellung: das dach des proskenions war niedrig genug und bot für
solche personen raum. das publicum aber war gefällig, diesen platz,
Bühne des Herakles. Schauspielerverteilung. 149
das ϑεολογεῖον, als ‘luft’ anzunehmen. aber diese einrichtung ist nicht
von anfang an so gewesen. bei Aischylos erscheinen die götter mit den.
sterblichen auf demselben boden, und so in allen götterprologen, wo ja
noch keine menschen gegenwärtig sind: der Thanatos der Alkestis kann
vor den augen der zuschauer in das haus des Admetos gehen. daneben
gibt es die flugmaschine, um ankunft oder abfahrt durch die luft zu
versinnlichen. ihrer bedienen sich Athena in den Eumeniden, Eos in der
Psychostasie des Aischylos, Medeia und Bellerophontes bei Euripides.
auf derselben offenbar fährt Thetis in der Andromache “durch die helle
luft und betritt die phthiische erde” (Androm. 1229). das ist etwas ganz
anderes als das ϑεολογεῖον, das eben erfunden ist, als für die vielen
göttererscheinungen die maschine, nach der sie zu heißen fortfahren,
unbequem ward. in zwei anderen dramen des archidamischen krieges
sehen wir die dichter mit dieser unbequemlichkeit ringen. der Odysseus
des sophokleischen Aias sieht Athena zuerst nicht und sagt nie, dafs er
das tue. aber Aias sieht sie und steht ihr nahe (91). dann befand
sie sich auf der bühne, nicht auf dem ϑεολογεῖον, denn er sitzt
in seinem zelte, unter diesem. ganz ebenso erscheint Artemis im
Hippolytos plötzlich, und nachdem sie schon lange mit Theseus geredet
hat, kommt Hippolytos, bemerkt aber die göttin, sogar als diese ihn an-
gesprochen hat, zuerst nicht (1393); er war allerdings an den verkehr
mit der unsichtbaren gewöhnt (84). man kann diese scenen sich nur so
gespielt danken, dafs die göttinnen mit der maschine auf die bühne ge-
bracht werden und sie so verlassen, sonst aber unter den schauspielern
stehen. gleichwol verlangen die dichter von ihrem publicum den glauben,
dafs die sterblichen nicht sofort die körperliche gegenwart der götter be-
merken, offenbar um so den eindruck des übersinnlichen einigermalsen
zu erzielen. da wird es freilich klar, wie praktisch die erfindung des
ϑεολογεῖον war. sie wird so auf die mitte der zwanziger jahre datirt,
der Herakles entsprechend später.
Genug denn von diesen chronologischen erwägungen. ihnen reiht
eich eine weitere dramaturgische an. die schauspielkunst war in Athen κ᾿
so hoch angesehen, dafs seit langer zeit schon die ersten schauspieler
neben den dichtern concurrirten, die sich selbst von dem handwerke
zurückgezogen hatten. es war natürlich und ist überliefert, dals sich
bestimmte schauspieler an die grolsen dichter anschlossen. dann muls
man den bühnenkundigen meistern aber auch zutrauen, dafs sie auf die
neigung und begabung ihrer vorführenden kräfte rücksicht nahmen, und
in der tat vermögen wir einzeln noch die spuren solcher berechnungen
150 Der Herakles des Euripides,
zu bemerken®). sehr viel weiter würden wir kommen, wenn wir nicht
mit einzelnen stücken, sondern mit den trilogien operiren könnten, in
deren verband die stücke aufgeführt worden sind. denn der dichter
mulste notwendig im hinblick auf die ganze leistung seiner schauspieler
über ihre rollen verfügen. eine trilogie ist uns nun wenigstens erhalten,
und ein einigermalsen denkender leser der Orestie kann nicht darüber
schwanken, dals in ihr der erste schauspieler Kassandra und ÖOrestes
gibt, der zweite Klytaimnestra Elektra Kilissa Pythias Athena, der dritte
den rest der rollen. der zweite schauspieler hat an versen ziemlich so
viel zu sprechen wie die beiden andern zusammen, er hat mehrere melo-
dramatische partieen (anapäste) zu recitiren und ein par kleine strophen
zu singen: aber er hat nur frauenrollen. der dritte schauspieler hat nur
zu recitiren, schöne lange reden hat er zu halten, aber nur als Apollon
etwas lebhafter zu spielen. dagegen die grolse musikalische und schau-
spielerische leistung fällt den zwei rollen des protagonisten allein zu,
von denen eine sich durch zwei dramen zieht. sein erstes auftreten hat
der erfahrene bühnenmeister bis hinter die mitte des ersten dramas auf-
gespart. wir bemerken an diesem deutlichen beispiel, was auch allge-
meine erwägung lehrt, dafs namentlich die forderungen an gesang und
spiel den ersten schauspieler zeigen, während die blofse recitation auf
den dritten weist”). ein streben nach gleichmälsiger belastung ist oft
59) Helene und Andromeda zeigen einen für ein sentimentales weib geschickten
sänger und neben ihm einen ähnlich für rührende männerrollen geeigneten zweiten
sänger. die arie des castraten im Orestes ist offenbar für diese ganz bestimmte
person (παραχορήγημα) verfafst. auch in den komödien ist ähnliches zu bemerken;
Aristophanes mulste eines geschickten knirpses sicher sein, wenn er in den Acharnern
die tochter des Dikaiopolis und den Nikarchos als redner, daneben die kleinen Odo-
manten und die megarischen ferkelchen einführte; diese reden nicht und sind in der
mehrzahl, aber ein par jungen fand er leicht als statisten zur begleitung.
60) Den Kreon in Sophokles Antigone pflegt man dem tritagonisten zu geben,
obwol er bedeutende gesangpartieen hat und bei moderner aufführung sogar in
störender weise das interesse auf sich zieht. man schenkt dabei dem Demosthenes
glauben, der behauptet, Aischines wäre tritagonist gewesen und hätte den Kreon
gespielt (19, 247, aufgenommen ohne neue pointe 18, 180), der wie alle tyrannen
dem untergeordnetsten zufiele.e aber was ein redner demosthenischer zeit sagt, ist
überhaupt unglaubwürdig, und wenn vollends der hafs spricht, wie hier, ist
die lüge an sich wahrscheinlicher. Demosthenes will verse des Kreon wider Ai-
schines wenden, deshalb greift er diese rolle auf; vielleicht hat jener sie ge-
spielt, vielleicht auch nicht. aber zur tritagonistenrolle mufste sie Demosthenes
machen, um seine beleidigungen los zu werden. was kümmerte ihn die wirkliche
rollenverteilung? die ökonomie des dramas lehrt, dafs Kreon deuteragonist ist.
Schauspielerverteilung. 151
selbst im einzelnen drama kenntlich, und man wird darauf acht geben,
es wird jedoch auch stark verletzt*) und, wie die Orestie zeigt, nicht
einmal in der trilogie immer ausgeglichen. im Herakles nun singt nur
einer, Amphitryon, und er ist fast das ganze stück hindurch auf der
bühne: seinem vertreter kann keine zweite rolle gegeben werden, und er
ist unbedingt protagonist. rechnet man weiter, welche personen mit ihm
auftreten, so ist sofort kenntlich, dafs ein schauspieler Herakles Lykos, der
andere Megara Theseus gibt, und auf diese in zunächst ungewisser weise
sich die beiden göttinnen verteilen. da nun Megara und Lyssa weitaus
die stärksten anforderungen an das spiel machen, so wird man sie einem
darsteller und zwar dem deuteragonisten geben. so erzielt man eine gleich-
mälsige belastung der schauspieler‘”), aber Herakles ist allerdings trita-
gonist. das scheint auf den ersten blick unglaublich. aber bald sieht
man, dafs die rolle gerade an das spiel keine grolsen anforderungen
macht. pathetische declamation in einer so dankbaren scene wie der des
wiedersehens ist nicht schwer; im ganzen zweiten teil aber sitzt Herakles
unbeweglich an der säule, und auch als er von den leichen abschied
nimmt, verläfst er das ekkyklema nicht, eine maschine, die natürlich
des schauspielers und des dichters bewegungsfreiheit hemmte. die schlußs-
scene muls gewils bedeutend gespielt werden, aber von Theseus kaum
weniger ala von Herakles. man steht eben vor dem dilemma, ob man
den schauspieler höher rangiren will, der den Herakles gab, oder den
der die Megara gab. das ist nicht nur die einzige schwere rolle des
ersten teiles, sondern eine rolle, die nur bei angemessener besetzung
wirkt; so kann die entscheidung nicht wol schwanken. hinzukommt,
dafs Lyssa doch wahrhaftig eher im bereiche der begabung des mannes
lag, der die leidenschaftliche frauenrolle Megaras agirte, als der die verse
des Herakles recitirte. im grunde ist es herzlich gleichgiltig, wie man
den rang der schauspieler schätzt, aber das ist sehr wichtig, dals man
die attischen tragiker als theaterdichter würdigt, die zu Shakespeare und
Moliöre gehören, nicht zu den Deutschen, die entweder für eine utopische
übrigens ist Aischines schwerlich ein schlechter schauspieler gewesen: deshalb wird
er den Kreon gespielt haben.
61) So hat in der Medeia der protagonist, der die titelrolle spielte, ziemlich
so viel zu sprechen wie die beiden anderen zusammen genommen. er hat aber nur
ein par anapäste, kein einziges gesangstück. wie trefflich das zu Medeias oharakter
pafst, ist klar: man würde sehr gern die anderen dramen der trilogie vergleichen,
aber es ist nichts zu erkennen; Philoktet ohne lyrische klagen wird uns schwer zu
denken.
62) Amphitryon hat etwa 300 verse, die beiden anderen einige mehr.
.
nierinnen.
152 Der Herakles des Euripides.
bühne dichten, oder wenn sie an die schauspieler und die aufführung
denken, in das triviale verfallen, wie Goethe der theaterdirector den
Bürgergeneral und die Wette gesündigt und gar seinen Götz und Faust
abscheulich verstümmelt hat. Euripides wulste, daß sein Herakles dem
tritagonisten zufiele und auf das ekkyklema gebannt sein würde, daher
die haltung dieser figur. man kann auch sagen, er legte die figur so
an, dafs sie für einen schauspieler palste, der wenig mehr als gut verse
sprechen konnte, und er benutzte die bestimmte theatermaschine. denn
verfügen konnte er über das gegebene frei, gegeben aber war ihm eine
bestimmte bühne und bestimmte darsteller. die schranken waren eng
genug; aber die hellenische kunst lehrt oft, dafs enge schranken ein
gegen sind. sie erfüllt die forderung, dals das fertige kunstwerk den
eindruck mache, als wären die schranken selbstgewählte. der beschauer
kann sich auch bei dem blofsen genusse des fertigen kunstwerkes be-
ruhigen; aber der kunstrichter, der das werden desselben verstehen und
erklären will, soll tiefer sehen. jede scene sollen wir uns gespielt vor-
stellen und nie vergessen, dals sie für das spiel berechnet ist, und bei
der beurteilung der ganzen anlage und der führung der handlung darf
niemals aulser acht bleiben, dafs die attischen und auch die römischen
bühnendichter unter ganz bestimmten theatralischen voraussetzungen
schufen. wie wenig die philologie das zu tun gewohnt ist, zeigt die
vulgärerklärung und z. b. im Plautus die abscheuliche streicherei in dem
breiten possendialoge (wo doch Shakespeare zur vergleichung nahe genug
liegt), aber noch mehr zeigen es die schaustellungen der geschmacklosig-
keit, wenn primanern die Antigone von ihren lehrern eingedrillt wird, gar
in der ursprache, die sie allesammt nur radebrechen und rädern, oder wenn
dieselbe Antigone von hofschauspielern tragirt wird, auf einer bühne,
die noch weniger antik als modern ist, und in einer übersetzung, für die
dasselbe gilt, mit allerhand archaeologischem krimskrams, aber mit mo-
derner musik. die philologie trägt an diesen verzerrungen schwere mit-
schuld: ehrlich und richtig urteilt nur der teil des publicums, der von
dem toten zeuge nichts wissen will; aber der meint natürlich, das tote
zeug wäre Sophokles. wie ganz anders steht es in Frankreich: lebens-
fähig ist noch manches stück der attischen bühne, auch auf der mo-
dernen, aber dann muls es nicht als mumie vorgezeigt werden, sondern
in warmem modernem leben.
Der verlust der didaskalie hat es verschuldet, dafs wir vergeblich
danach fragen, welche dramen mit dem Herakles vereint waren, wer
concurrirte, und wie die preisrichter geurteilt haben. aber die wirkung,
Sophokles Trachinierinnen. 153
die der Herakles auf den würdigsten richter ausgeübt hat, zu erkennen
ist uns vergönnt: er hat Sophokles zur dichtung der Trachinierinnen
angeregt. die einzelnen verse, in welchen sich ein unbewulster aber
deutlicher anschlufs an Euripideische verse zeigt“), beweisen freilich nur,
dafs Sophokles das euripideische stück gekannt und sorgfältig gelesen
hat, und das ist nicht wunderbar, da sein stil im alter in jeder beziehung
so sehr stark von Euripides beeinflulst ist. aber auch sein Herakles ᾿
wird bei einem opfer rasend, begeht eine wilde tat (um die sich freilich
keiner viel kümmert) und wird uns, während dies nur erzählt ist, danach
zunächst schlafend gezeigt, indem die umstehenden die laute äulserung
ihrer teilnahme vergeblich zu bemeistern suchen, und unter ihnen bei So-
phokles ein ganz unmotivirt eingeführter greis dem euripideischen Am-
phitryon entspricht. auch bei Sophokles hadert Herakles mit seinem /
unseligen geschicke und weidet sich an der aufzählung seiner taten/
schließlich geht er zur selbstverbrennung; der euripideische geht in den.
tod zwar nicht, aber für die welt ist er dennoch auch tot. beide dra-
matisiren das ende des heros, beide eine geschichte, welche ihn in sünde
verstrickt zeigt: das vorige capitel hat in ganz anderem zusammenhange :
beide sagen neben einander stellen müssen. es ist also wirklich die
beziehung beider dramen zu einander viel näher, als es zunächst scheinen )
mag; und es sind die beiden einzigen der eigentlichen Heraklessage ent-
nommenen tragödien. dafs er das schicksal des Herakles überhaupt zu
63) Über einzelne worte ist zu einzelnen versen des Herakles einiges angemerkt,
Σ. Ὁ. 181, 1308, 1353, 1373, auch Tr. 1112 ist ein reflex von 135. 877: der sopho-
kleische Herakles ist mit nichten ein woltäter der Hellenen, und den mädchen von
Trachis liegt diese allgemeine würdigung ganz fern. A. Dieterich (Rh. M. 46) hat
gegen diese parallelisirungen einspruch erhoben, sie aber hinterher doch durch andere
ersetzt und vermehrt. ohne zweifel entscheidet über nachbildung viel mehr die ver-
wendung eines motives, eines charakters, einer figur, und erst recht die dramaturgische
technik als einzelne wortanklänge. aber wenn das grofse zugestanden ist, so ist esseltsam,
das kleine zu läugnen, und die wiederkehr von πόνων oder μόχϑων μυρέων ἐγευσά-
ars in demselben munde für zufal] zu erklären scheint mir mehr als seltsam. wenn
dann das eine mal νρέων mit beziehung auf μυρέαν χάρεν steht, das andere mal
ohne sie, so ist auch die frage ulrum prius beantwortet. sehr treffend hat Dieterich
bemerkt, was mir entgangen war, dafs der greis der Trachinierinnen ein nachklang
des Amphitryon ist: das ist freilich beweisender als alle wortanklänge. über solche
zu andern euripideischen dramen vgl. noch Schröder de iteratis apud tragicos
Graecor. 112, besonders bezeichnend S. Tr. 416 aus Εἰ. Hik. 567. Sophokles hat un-
willkürlich auch ein wort beibehalten, als er eine nebenfigur nach dem muster einer
euripideischen stilisirte, die mit den künsten der neuen rhetorik sorgfältig und be-
dentsam ausgearbeitet war. diese nachahmungen sind natürlich alle unbewufst.
184 Der Herakles des Euripides.
dramatisiren wagte, darin liegt die entscheidende anregung, die Sophokles
von seinem rivalen empfangen hat. gearbeitet hat er, wie sich von selbst
versteht, in seinem eignen sinne, und dem lag die pietätlosigkeit des
Euripides wider die sage ebenso fern wie die tiefe ethisch religiöser specu-
| lation. deshalb machen die Trachinierinnen auf den ersten blick leicht
einen altertümlicheren eindruck als der Herakles. Sophokles hat sich be-
rechtigt gehalten, schlecht und recht der sage zu folgen, wie sie eben war,
ganz wie in der Elektra. aber keinesweges weil er die in ihr liegenden
nstöfse nicht empfand, sondern weil sie für ihn etwas tatsächlich gegebenes
war. er hilft sich denn auch mit der verlegenheitsausrede, die jeden
ktein gleich gut oder schlecht aus dem wege räumt, ‘es ist nun einmal
gottes wille, da wird’s schon recht sein’. τοῦ λόγου οὐ χρὴ φϑόνον
προσεῖναι, Zeig ὅτου πράχτωρ φανῇ (251), das gilt dem verkauf in
die sclaverei, und das schlulswort ist οὐδὲν τούτων ὅ τι μὴ Zeig").
hätte er, der doch selbst eine Heraklescapelle gestiftet hatte, den leben-
digen Dorerglauben gehabt, so würde mindestens eine glänzende hin-
deutung auf die apotheose nicht gefehlt haben, aber das “ende der mühen’
bedeutet innerhalb des dramas lediglich den tod, und nur in der letzten
rede des Hyllos steht eine schüchterne hindeutung, dafs man noch nicht
wisse, was da kommen werde, neben einer scharfen anklage des Zeus,
die stark nach Euripides klingt*). so ist denn der Herakles des So-
phokles an tiefe und innerer bedeutsamkeit weder dem des Euripides noch
dem der sage auch nur von ferne vergleichbar. das soll er aber auch
gar nicht. Sophokles handelt wie der ionische epiker, dessen werk ihm min- -
destens sehr viel von seinem stoffe gab. er gibt weder den universellen
noch den nationalen heros, sondern einen heros, wie es viele gibt. mit be-
dacht ist deshalb, wo nicht der anschlufs an die sage oder auch an Euripides
irre führte, die beziehung des Herakles zu Hellas und zur ganzen welt zu-
64) Nur vereinzelt wird ein zu starker zug gemildert, so der mord des Iphitos,
277, der nur δόλῳ begangen sein soll: der bruch des gastrechts, das eigentlich ent-
scheidende, ist damit eliminirt. aber, mufs der genauer überlegende fragen, ist denn
der totschlag durch list als solcher verwerflich, mufs er mit ϑητεέα bestraft werden?
ἀπόλλυμαι δόλῳ ruft doch auch Lykos bei Euripides, und δόλῳ wird Aigisthos in
den Choephoren bewältigt. so mislingt diese sorte apologetik immer.
65) Die vielbeanstandeten verse haben den sinn "verzeiht mir, dafs ich meinem
vater zur selbstverbrennung behilflich bin, und bedenkt, wie sehr Zeus pflichtver-
gessen handelt, indem er seinen sohn so zu grunde gehen Ἰδὲ, das kann ja noch
anders werden (ἃ. ἢ. Zeus wird Herakles in den himmel nehmen), wie es hier aber
sich darstellt, haben wir die trauer, Zeus die schande devon, und Herakles ınuls elend
sterben’. was dann der chor mit dem schlufsworte beriohtigt.
Sophokles Trachinierinnen. 155
rückgedrängt, und die tragödie in das einzelne haus und die familie verlegt.
wenn man den euripideischen dulder, der sich selbst bezwingt, vor augen
hat, so kann man den sophokleischen Herakles zunächst kaum ertragen.
der schmettert den unschuldigen Lichas auf die klippen und er würde |
die arme Deianeira massakriren, wenn er sie zu fassen bekäme, ohne
nach ihrer schuld und ihrer liebe zu fragen. seine frau ist ihm sehr
gleichgiltig; aber Oichalia hat er zerstört, weil der herr der burg ihm
nicht gutwillig seine tochter zur kebse gab, und diese kebse versorgt der .
sterbende; an sein sonstiges erbe denkt er kaum. das ist auch ein /
Herakles, der sich aus der menge der sagen gewinnen liels, er ist ein i
charakter, und alle züge, mit denen Sophokles ihn ausstattet, auch sein ;
unmälsiges brüllen und renommiren in dem körperlichen schmerze gehören;
zu einem bilde). solche Herculesse gibt es unter den griechischen statuen :
genug; das heldenhafte liegt ausschliefslich in der übertriebenen steigerung
der materiellen menschennatur. den himmel verdient ein solcher nur zu
irdischer held wahrhaftig nicht, und Sophokles hat sehr recht getan,
66) Wie sehr viele eingewurzelte irrtümer über hellenische poesie und kunst, ver-
schuldet Lessings Laokoon und das barocke, nicht tragisch, sondern rhetorisch stilisirte
kunstwerk, von dem er den namen hat, auch den, dals die Hellenen vor schmerz ge-
brüllt und an brüllenden helden freude gehabt hätten. Sophokles selbst wird die σωφρο-
σύνη und edoynuoodvn gewils im leben nicht verleugnet haben, die den gebildeten
Athener viel enger band als uns. ἀγαϑοὲ ἀριδάκριες ἄνδρες, gewils, das ist wahr
und ist griechisch. aber die träne, die der schmerz einer mitfühlenden seele in das
suge treibt, ist etwas anderes, als wenn ein mann in eignem und gar körperlichem
schmersze die selbstbeherrschnng verliert. schon die homerischen dichter wissen sehr
gut, wen sie heulen lassen und wann. im drama aber soll man den stil erst ver-
stehn. wer sich mit übersetzen befalst, lernt es, wie viel in wahrheit auf rechnung
unserer armen interjectionslosen sprache kommt. wir müssen auf die unarticulirten
laute des darstellers rechnen. ferner soll man die conventionelle totenklage kennen,
die uns fremd ist und den von Solon erzogenen Athenern bereits fremd zu werden
begann: darum tönt sie nirgend lauter als in den Persern, die jetzt aufzuführen eine
geschmacksverirrung ist. endlich soll man besser unterscheiden als Lessing. Philoktet
ist wegen seiner krankheit und seines schreiens von seinen kameraden ausgesetzt;
die ganze handlung dreht sich darum, der dichter hat die pflicht, das glaublich zu
machen. er hat sie ganz wunderbar erfüllt, mit einem starken pathologischen
‘'verismus’, von dem das achtzehnte jahrhundert nichts wufste. der starke mann
wehrt sich wie ein held, aber er wird schliefslich überwunden. dabei verliert er
seine würde nicht. der Odysseus der Niptra hat es gewils auch nicht getan; der
übersetser Pacuvius mufste nur den stil ändern und konnte die lyrik nicht mehr
brauchen. aber Herakles brüllt aus demselben grunde aus dem er poltert, aus dem
er sich in der Alkestis betrinkt: er ist ein naturbursche ohne erziehung und ohne
σωφροσύνη. das ist in der ordnung; nur in den himmel gehört ein solcher
Herakles nicht. '
156 Der Herakles des Euripides.
davon nicht zu reden, aber für das satyrepiel und als episodische figur,
wie in der Alkestis, eignet er sich vortrefflich. in der tragoedie, vollends
hier wo er nur ohne würde leidet und sich als ein tyrann seiner familie,
aber jeder inneren grölse bar zeigt und nicht einmal etwas grolsartiges
tut, ist er nicht am platze. die Trachinierinnen als ganzes bewundern
kann nur, wer urteilslos vor allem sophokleischen erstirbt; ihr Herakles
ist deshalb so merkwürdig, weil er uns am besten zeigt, wie recht die
attische bühne getan hat, diesen heros zu vermeiden, und weil wir für
die art des greisen Sophokles allerdings viel aus ihnen lernen. er war doch
der fruchtbarste tragiker und hatte schon an die 100 stücke geschrieben,
natürlich sehr ungleich, wie denn auch die kritiker bezeugen, die sie
noch lesen konnten. die Heraklessage hatte der noch mehr ionisch als
attisch denkende dichter kaum ein par mal berührt. nun kam das tief-
sinnige kühne gedicht des Euripides. das imponirte ihm, namentlich weil
es den bann brach, der bisher den populärsten heros von der tragoedie
fern gehalten hatte. gewils nicht den euripideischen, aber doch den
Herakles wollte er nun auch einführen; den stoff suchte er sich in
seinem lieben Homer, nicht bei Thebanern oder Dorern. dabei stiels er
auf Deianeire. diese zog er in den vordergrund, wie es die liebens-
würdige art dieses vorläufers der ionisch-hellenistischen epik ist, die wir
alexandrinisch nennen, und gestaltete sie so zu einer seiner selbst
würdigen individuellen figur. die ehefrauen von attischen kleruchen“”)
und kaufleuten, die zu hause salsen, während die gatten viele monate
lang unterwegs waren, werden die erfahrungen dieser frau oft gemacht
haben, die sich über die eheliche treue ihres gatten keine illusionen
macht, die sich auch darüber grämt, dafs sie vor gram rascher altert,
weil sie ihren gatten liebt und ganz zu verlieren fürchtet, da er zu den
frauen nur ein grob sinnliches verhältnis kennt. als sie dann vollends
glauben mufs, dafs ihr mann mit list und trug ein kebsweib in sein
haus nehmen will, greift sie zu einem liebeszauber und wird schuld-
los zur mörderin. auch dazu bot das leben die exempel: Antiphons
erste rede ist wider eine solche Deianeira gerichtet. an dieser frau,
neben Iokaste dem feinsten weiblichen charaktergemälde des Sophokles,
können wir reine freude haben, und das gesinde, den chor einge-
schlossen, accompagnirt sie ganz wunderbar. aber damit ist für einen
ehrlichen modernen menschen der reiz des stückes zu ende, dessen
beide hälften nur durch die indifferente person des Hyllos verbunden
67) Sophokles hat diese parallele selbst gezogen, 32.
Sophokles Trachinierinnen. Kritias Peirithoos. 157
sind®). der dichter hat sich mit der weiteren scenenführung geringe mühe
gegeben; aufser euripideischen motiven hat er offenbar seine eignen Niptra
copirt, in denen neben dem totwunden vater (den auch ein zaubergift
marterte) auch ein sohn stand, aber nicht ein blofser figurant wie Hyllos,
sondern der unfreiwillige mörder des vaters®). der Herakles, den wir hier
sehen, kann uns nicht befriedigen ; aber sein publicum hat der alte erfahrene
dichter wol gekannt. dem war der brüllende kraftmensch gerade recht.
um seinetwillen sind die Trachinierinnen gelesen worden und in die aus-
wahl aufgenommen, die uns erhalten ist, während wir Tyro und Tereus
und Inachos entbehren müssen.
Noch einen nachahmer fand der Herakles zu lebzeiten seines
dichtere. Kritias suchte ihn zu übertrumpfen, indem er die höllenfahrt
selbst in einem Peirithoos dramatisirte. Der Hades als schauplatz, Aiakos,
der ianitor orci, ala sprecher des prologes, die seligen mysten als chor,
68) Ich hatte in der ersten auflage von den Trachinierinnen gesagt, dals sie
nur kümmerlich durch orakelsprüche zur einheit zusammengehalten würden. da-
gegen hat Jebb in seiner verdienstlichen ausgabe verwahrung eingelegt. das erste
orakel habe nur die untergeordnete bedeutung, die unbestimmte erwartung der kata-
strophe zu erwecken, und das zweite gebe nur die sicherheit, dafs Herakles ende
da wäre. ich kann das nicht zugeben. nur weil sie das orakel hat, ist Deianeira
in solcher sorge, wie wir sie von vorn herein sehen, und sie teilt uns diese stimmung
mit. mit dem orakel bringt sie Hyllos auf den weg, und der verbindet beide teile.
das dodonäische orakel aber lehrt den Herakles seinen tod als göttliches verhängnis
anerkennen und bringt wieder den Hylios zum handeln; ohne diese offenbarung
könnte und würde er seinen vater nicht lebendig verbrennen. also mit der ver-
teidigung ist es nichts; trotzdem war mein urteil nicht gerecht, so weit es die orakel
angieng. die sind für unsere empfindung zwar höchstens so viel wie ἄτεχνοι πέστεις
in der rhetorik und können für uns keine innere motivirung ersetzen. aber Bophokles
und das gros seines publicums glaubte an sie und rückte sie damit unter die all-
gemeinen menschlichen motive, so gut wie alles zufällige, nicht im charakter der
handelnden personen begründete. wenn aber dem entsprechend eine fest bestimmte
zukunft vor dem menschen liegt und die gottheit so direct in seine geschicke be-
stimmend eingreift, dann ist der lauf des lebens und des dramas nicht an jene ge-
setze der peychologischen und moralischen continuität und causalität gebunden, an
die wir glauben. so ist Sophokles für sich und seine zeit im rechte; auch wir \wer-
den uns gern in den fremden glauben versetzen, um den dichter zu verstehn, aber
fremd bleibt er doch. es ist ein gebot der ehrlichkeit zuzugeben, dafs Sophokles
unserm empfinden und unserer sittlichkeit ferner steht als die beiden andern tragiker.
dafs uns gerade zwei stücke erhalten sind, in denen es sich um die erlaubnis zum
begraben einer leiche handelt, in einem ein muttermord als heldentat behandelt wird,
und einmal ein sohn seinem vater bei einem rennommistischen selbstmorde hilft, ist
ein unglücklicher zufall, aber es ist doch tatsache.
69) Die parallele zwischen beiden dramen habe ich schon Hom, Unt. 194 ge-
zogen, aber noch ohne über die priorität zu entscheiden.
Kritias
Peirithoos.
158 Der Herakles des Euripides.
das sollte etwas neues für die augen der schaulustigen sein; wir sehen
auch an den dadurch angeregten Fröschen des Aristophanes, dafs die
erfindung selbst dem komiker, der den bombast verspottete, imponirt
hat‘). daneben trug der anempfindende sophistenzögling physiologische
lehren und ethische sentenzen vor, und sein grofsmütiger Theseus, der
dem Peirithoos nicht die treue bricht, war ebenfalls eine conception,
die Euripides angeregt hatte, den sie übertrumpfen sollte. die nach-
ahmung muls sehr stark gewesen sein, denn das drama hat außerhalb
der gelehrten kreise für euripideisch gegolten.
„Nach-, Nur diese drei stücke aus der Heraklessage hat die tragödie in der
"euripidei- Zeit hervorgebracht, wo sie die kraft besals, die heldensage, wie sie in
ärams. der vorstellung der menge lebte und späterhin auch in der schule gelernt
ward, zu beeinflussen. alle drei haben es bis zu einem gewissen grade
getan. der Peirithoos, der noch in der kaiserzeit gelesen ward, nicht
sehr stark: Herakles und Aiakos und die rettung des Peirithoos sind
immer varianten neben der vulgata geblieben, die den höllenhund selbst
an die türe setzte und den räuber Persephones ewig verdammt sein liels,
die Trachinierinnen dagegen haben vielleicht ganz durchgeschlagen; es
ist nur fraglich, ob die fabel nicht schon in dem homerischen gedichte
sehr ähnlich war. zu ihrer erhaltung hat gewils auch das beigetragen,
dals sie einen sehr populären stoff behandelten: hat doch Seneca sie des-
halb bearbeitet, derselbe, der sich auch die euripideische Heraklestragödie
nicht entgehen liefs. aber die bildende kunst, die für die Herakles-
geschichten ihr gepräge schon von der archaischen zeit erhalten hatte,
weils von den Trachinierinnen so wenig wie von dem Herakles des Euri-
pides. dieser hat eine so gleichgiltige fiction wie seinen Lykos wirklich
in die mythographische vulgata hineingetragen; auch Megaras tod wird
ihm manchmal nacherzählt. aber die haupterfindung, dafs der kinder-
mord die letzte lebensaufgabe ist, und die einwanderung nach Athen
waren unverwendbar, da sie die ganze altgefestigte sage sprengten. das also
drang nicht weiter als das gedicht selbst. dieses aber ist zwar nicht in
die schullectüre aufgenommen worden und von scholien ist keine spur,
70) Aiakos und der mystenchor, die unabhängig von den Fröschen bezeugt
sind (591, das ich durch die güte des finders, Dr. H. Greeven, vollständiger kenne,
als die bisher bekannten Hermogenesscholien es enthalten, und 592) garantiren die
abhängigkeit der Frösche und bestätigen so meine vermutung, dafs die aristophanische
Aiakosscene den Kritias parodirt, sehr hübsch als eins der μεερακύλλια Εὐρεπέδου
πλεῖν ἢ σταδίῳ λαλίστερα. Lukian kennt das drama, aus dem er 936 nimmt und
den pförtner Aiakos de luctuw 4.
Nachwirkung des euripideischen dramas. 159
aber es erhielt sich auf der bühne”) und hat zu allen zeiten leser und
liebhaber gefunden. Plutarch Dion Sextus Philostratos kennen es gut,
ja es fehlt nicht an spuren späterer benutzung”). wenn uns also die
tragödie selbst nur durch einen glücklichen zufall erhalten ist, so würden
wir sie doch immer in ihren wesentlichen zügen herstellen können.
Dies zu zeigen hat mehr wert als die stellen zu häufen, die eine
beeinflussung durch Euripides verraten”), für ihn selbst lernt man frei-
lich auch hierdurch nichts, aber es dürfte etwas für uns beherzigens-
wertes herauskommen.
Denken wir also einmal, der Herakles wäre selbst verloren, und wir
wollten ihn aus den bruchstücken herstellen. was würden wir erreichen ?
der titel Ἡρακλῆς zunächst sagt gar nichts. dafs Herakles in der raserei
sich einbildet zu wagen zu fahren, berichtet Dion (32, 94) und führt
v. 94749, allerdings entstellt, an, aus denen sicher zu entnehmen ist,
dafs die raserei erzählt ward. eben diesen zug hebt Philostratos (Imag. 2, 23)
hervor, und da dieser rhetor auch noch für andere einzelheiten, die ein-
führung einer Erinys (wie er für Lyssa sagt) und die fesselung des
Herakles, sich auf die bühne und die dichter beruft, so haben wir das
recht sein ganzes angebliches gemälde in die poesie zurückzuübersetzen,
aus der er es zusammengestümpert hat. es ist mir vollkommen unfafsbar,
wie gerade archaeologen das in diesem falle leugnen können. so ge-
winnen wir den inhalt des botenberichtes: Herakles gerät beim opfern
in wahnsinn, glaubt nach Mykene zu fahren und die Eurystheuskinder zu
töten (wofür wir mit sicherheit auch Sextus adv. log. 1 405, II 67 verwenden
würden), tötet aber Megara und seine söhne. erst erschielst er zwei
(dabei würden wir also die feinere abwechselung des Euripides verlieren,
71) Auf dem ehrensteine eines schauspielers in Tegea figurirt wenigstens ein-
mal sicher Σω]τήρεα [ἐν] Selpors ρακλεξ [Εὐ]ρεπέδου. Bull. Corr. Hell. XVII 15.
leider ist die veröffentlichung ganz ungenügend, und der herausgeber sieht seinem
tunde hilflos gegenüber. er ergänzt auch einen 4yeigos des Euripides; man kann
zunächst nur sagen, im widerspruch zu seiner eigenen abschrift.
72) Bei Chariton III 10, 6 hat Nauck den vers 1307 aufgezeigt.
73) Nur auf eins sei noch hingewiesen, Antikleides, ein merkwürdiger, weil
nicht leicht in die fächer unserer litteraturgeschichte einzuordnender mann, der 80-
wol die sagengeschichte wie die Alexanders behandelt hat, erzählt, dafs Herakles
nach vollendung seiner arbeiten von Eurystheus zu einem opferschmause geladen
wird und, weil er eine zu kleine portion bekommt, drei söhne des Eurystheus er-
schlägt, deren namen Antikleides natürlich anzugeben weils (Athen. 157): das ist
eine deutliche entlehnung aus Euripides. ein buch, in dem das stehen konnte, war
ein roman.
160 Der Herakles des Euripides.
der einen sohn erschlagen läfst), dann die mutter mit dem jüngsten,
die sich in ein gemach geflüchtet hat. sein gesinde versucht ihn ver-
geblich zurück zu halten; schliefslich haben sie ihn aber doch gebunden.
aufserdem ist die personification des wahnsinns von Euripides selbst auf
die bühne gebracht, also in einer scene vor dem botenbericht. leicht
würden wir dann noch eine stelle, die sich auf das reinigungsopfer be-
zieht, dem botenberichte einreihen (Didymos in schol. Fried. 959 und bei
Atben. IX 409. Eur. v. 928. 29). dafs Herakles, also gebunden, selbst
vorgeführt ward, ergibt weiter der öfter citirte vers 1245, und die an-
gabe, dals in diesem drama der glaube an die ansteckende kraft des
blutbefleckten berührt worden sei (schol. Eur. Or. 73): denn diese com-
bination zu machen dürfen wir uns schon zutrauen. wenn Herakles im
botenberichte gebunden ward, nachher auf der bühne blutbesudelt an-
wesend war, so ist die einführung des ekkyklemas mit sicherheit zu er-
schliefsen. wie wir uns freilich weiter helfen sollten, würden die frag-
mente nicht lehren, denn dafs 1349, 50 in schwer interpolirter gestalt
bei Stobaeus (108, 12) stehen, wir also den spruch vernehmen, “wer
nicht das geschick zu tragen weils, wird auch nicht im stande sein, dem
geschosse des feindes entgegen zu treten’, würde die lösung schwerlich
ergeben. und dafs die rettung der 14 kinder aus Kreta, also eine
Theseustat, erwähnt ward (Servius zu Aen. 6, 21), mülste zunächst nur
verwirren. allein mit diesen kenntnissen bewaffnet könnten wir zuver-
sichtlich an die tragödie des Seneca gehen und ohne schwanken aus
ihrem zweiten teile den zusammenhang nehmen, in den die namentlich
erhaltenen citate sich einordnen. Herakies kommt mit Theseus aus dem
Hades, also nach der bezwingung des Kerberos, also am ende seines
lebens, unerwartet nach Theben. in raserei erschlägt er frau und kinder;
als es ihm zum bewußtsein kommt, will er sich töten, entschliefst sich
aber auf die bitten seines vaters und des Theseus mit diesem nach Athen
zu ziehen um sich dort enteühnen zu lassen: ja selbst einen schimmer
von der stimmung des euripideischen Herakles hat Seneca bewahrt. wenn
er die mahnung hört nunc Hercule opus est, perfer hanc molem mali (1339),
sie abweist veniam dabit sibi ipse qui nulli dedit? laudanda feci iussus:
hoc unum meumst (1267), und schliefslich entscheidet succumbe virtus,
perfer imperium patris, eat ad labores hic quoque Herculeos labor, vivamus,
so ist das zwar für uns jetzt, die wir den echten hören, ein unge-
nügender nachklang, aber es gibt doch von der stimmung des echten
eine gar nicht verächtliche vorstellung. und ganz abgesehen davon, wie
gut es einem kenner des Euripides gelingen möchte, die zusätze der copie
Nachwirkung des euripidelschen dramas. 161
zu entfernen: das ist augenfällig, dafs wir den schluls des dramas inhalt-
lich, so weit es die handlung angeht, in der hauptsache richtig recon-
struiren mülsten. aber Seneca würde uns noch weiter helfen. dafs
Euripides den Herakles aus der hölle nur emporgeholt hätte, um ihn
seine kinder erst retten zu lassen, dals das opfer, bei dem er rasend
wird, das siegesopfer für den tod des Lykos auch bei ihm gewesen wäre,
und der erste teil des dramas also die bedrohung Megaras und der kinder
durch Lykos enthalten hätte, das würde Seneca sicher lehren, und dann
würde die mythographische vulgata bestätigend eintreten, neben einer
anzahl anderer stellen, die zu häufen keinen zweck hat, das die τραγῳ-
δούμενα des Asklepiades citirende scholion A 269 Meydga Κρέοντος
τοῦ Θηβῶν βασιλέως γημαμένη Ἡρακλεῖ παῖδας Loysı Onoluayov
καὶ Κρεοντιάδην καὶ Anınduvra”), βαδίζοντος δὲ αὐτοῦ εἰς ἄδου
ἐπὶ τὸν τοῦ κυνὸς ἄϑλον “ύχος ὅ τῶν Θηβῶν βασιλεὺς πεισϑεὶς
Ἥρᾳ καταστέφει τοὺς Ἡραχλέους παῖδας ἵνα ϑύσῃ. οὐ γὰρ αὐτὸν
ἐπανήξειν wero. παραγενόμενος δὲ Ἡρακλῆς ἀναιρεῖ αὐτὸν καὶ τοὺς
ἐχεένου παῖδας" μανεὶς δὲ διὰ τὴν Ἥραν κτείνει τοὺς ἰδίους. ἔμελλε
δὲ καὶ τὸν ἀδελφὸν ᾿Ιφικλέα, εἰ μὴ ἔφϑασεν Admräa κωλύσασα.
wir wollen das spiel nicht zu weit treiben und dahingestellt sein lassen,
in wie weit sorgfältige erwägung aller varianten die möglichkeit einer
wiederherstellung der einzelnen züge bieten könnte; über sie würden auch
die sachverständigen sich schwer geeinigt, und irrtümer würden sehr leicht
geltung gewonnen haben”). aber im ganzen würde der inhalt des euri-
pideischen Herakles sehr wol bekannt sein, ja er hätte gar nicht ver-
loren gehen können. das zeugt für den erfolg des dramas und gibt
uns die lehre für die methode. aus den bruchstücken selbst destillirt
74) Therimachos und Deikoon, daneben aber Aristodemos nennt ausdrücklich
als von Euripides erwähnt Lysimachos, schol. Pind. Isthm. 3, 104, dem wir, wie die
mythographischen studien jetzt stehen, doch nur die zahl glauben würden.
75) Einen irrtum, fürchte ich, würden wir begehen. wir würden nach Seneca
annehmen, dafs Lykos die Megara mit heiratsanträgen behelligt hätte, zumal wir
in schol. Lykophr. 38 Avxo» βιαξόμενον τὴν γυναῖκα Μεγάραν eine bestätigung
finden würden. und doch ist das falsch. wir können uns aber trösten: wir würden
dann nur ein wirklich euripideisches motiv in einen zusammenhang bringen, der es
an sich wol erträgt. es ist das motiv, welches Euripides zuerst im Diktys, dann
im Kresphontes angewandt hat. Polyphontes Merope bestürmend gibt in der tat
eine ganz analoge situation: sie hat Seneca in das andere stück übertragen. der
scholiast ist zufällig mit ihm zusammengetroffen. er wie andere brechungen des
inhalts unseres Herakles kann lehren, wie wenig auf diese kleinen züge verlafs ist,
mit denen mythographen und historiker heut zu tage so besonders gern operiren.
v. Wilamowitz I. 11
162 Der Herakles des Euripides. ᾿
freilich nur selten jemand eine tragödie; deshalb können wir von den
komödien ja wirklich so wenig wissen. aber aus der sagenüberlieferung
muls sich ein drama mehr oder minder herstellen lassen, welches in ihr
epoche gemacht hat. Nauck hat in der vorrede seiner kleinen ausgabe
der Euripidesfragmente die namentlichen bruchstücke von Herakleiden
Herakles Elektra zusammengestellt, zum beweise, dals es ein eitles be-
mühen wäre, aus ihnen den inhalt zu gewinnen. das ist wahr und
falsch. denn aus den par zeilen geht es freilich nicht, aber das ist
auch der falsche weg. vom stoffe hat man auszugehen, wo immer in
der ganzen weiten litteratur sich spuren von ihm finden. wer die ganze
entwickelung einer sage verfolgt hat, wer auch zugleich ihre bedeu-
tung und herkunft zu würdigen weils, damit er die trümmer der sagen-
überlieferung richtig einordnen könne, der kann dann eine einzelne
fassung, epos oder drama, herstellen — wenn dies epos oder drama
durchgedrungen ist. das aber ist die wesentliche vorfrage, die man prak-
tisch natürlich nicht früher oder später beantwortet, als man dies ge-
dicht herstellt oder ein anderes. so würden wir von Euripides Elektra
gar nichts wissen, weil sie erfolglos geblieben ist; dafs sie das ist, könnten
wir ermitteln. so sehen wir, dafs wir den inhalt des Herakles an vielen
orten überliefert haben, so weit er in die vulgatsage eingang gefunden
hat; wo er ihr widerspricht, im schlusse, verdanken wir die kenntnis
lediglich Seneca, also einem besonderen glücksfall.
Das sei hier an einem exempel gezeigt, das praktisch überflüssig
ist, aber keinen widerspruch zulälst. möge es nacheiferung wecken. denn
die bruchstücke der tragödie hat Nauck zwar mit unübertrefflicher sorg-
falt gesammelt, aber eine reconstruction in Welckers sinne hat er nicht
überflüssig gemacht, geschweige denn als nutzlos erwiesen. er hat ihr
nur einen teil des materiales sauber zubereitet. wenn das nicht zu diesem
baue dienen soll, so ist es der mühe der sammlung gar nicht wert
gewesen.
Vorbemerkung zum texte.
Die überlieferungsgeschichte des tragikertextes ist im ersten bande
der ersten auflage, cap. 3, eingehend dargelegt worden. es hat sich er-
geben, dafs der Herakles uns in einem bande der gesammtausgabe des
Euripides erhalten worden ist, der sich zufällig bis in die Byzantinerzeit
gerettet hatte. wir entbehren somit der hilfe antiker philologischer er-
klärung gänzlich, haben aber auch mit den entstellungen der byzan-
tnischen schulmeister nicht zu kämpfen, da diese reihe von dramen von
ihnen niemals behandelt worden ist. um die überlieferung, wie sie in
den uns unmittelbar erhaltenen handschriften steht, richtig zu behandeln,
muß man das aussehen eines solchen buches, wie es die antike hand-
schrift war, der wir die erhaltung dieser dramenreihe verdanken, immer
im gedächtnis haben. das ist nicht schwer, da wir jetzt viele reste an-
tiker bücher besitzen, auch eins aus der zeit vor Aristophanes von Byzanz,
die Dubliner blätter der Antiope. es war eine ausgabe ganz ohne jede
gelehrte einrichtung, aufser dafs eine hypothesis vorgesetzt war. wort-
abteilung fehlte‘), die lesezeichen, so weit es deren gab, waren arg zer-
stört, aber die versglieder waren nach einer für uns gänzlich unverbind-
lichen späten theorie abgeteilt. vielleicht schon diese handschrift, sonst
eine ihrer nachkommen, hat sehr stark gelitten, indem sowol verse wie
einzelne wörter, namentlich am schlusse der verse, wie auch einzelne
buchstaben fortgelassen waren; zuweilen ist der versuch gemacht, das
fehlende zu ergänzen. der druck bringt das nur unvollkommen zur
anschauung‘). es ist dem anfänger zu raten, sich z. Ὁ. an den Achmin-
papyri des Rhesos und der hesiodischen Theogonie, oder an dem Berliner
Hippolytos (von Homer sind nur die Londoner papyri von iF (2 geeignet)
eine vorstellung von dem aussehen solcher bücher zu machen, die ver-
1) 583, 810, 1096, 1115, 1191, 1412—14.
2) Z.b. 482. 484. 1003 hat der abschreiber die reste von ἐπέλογχον χερί zu
deuten versucht; wer sich die alte schrift überlegt, kann sich die züge denken, die
er gewaltsam zu dl λόφω κέαρ mindeutete.
11*
164 Vorbemerkung zum texte.
derbnisse des Herakles zu überlegen und dann erst ein drama mit guter
überlieferung durchzuarbeiten, etwa den Hippolytos, endlich eins, das wie
der Herakles überliefert ist, etwa den Ion: da wird er auch zu tun finden.
Von dem was wir haben liegt dieser eigentliche archetypus weit
ab, und zunächst mufs von dem gegebenen ausgegangen werden. das
sind zwei handschriften, Laurentianus 32, 2 (C) aus dem anfange und
Laur. Abbatiae Florentinae 172 (P) aus dem ende des vierzehnten
jahrhunderts, beide aus derselben vorlage, einer minuskelhandschrift
frühestens des elften jahrhunderts abgeschrieben. diesen archetypus er-
reichen wir leicht und sicher: er ist die grundlage unseres textes, es
unterliegt jetzt keinem zweifel mehr, dafs die echte überlieferung uns
fast völlig rein von C geboten wird, aber nur von (Οὐ, ehe es durch die
correctoren der renaissance (c) verwüstet ward. die erste hand ist fast
immer noch zu erkennen; dazu bietet aber P eine äufserst wertvolle
hilfe, denn es ist eine abschrift desselben originales, aus dem C stammt,
zwar sehr fehlerhaft und nicht ohne willkür geschrieben, nur in ganz
wenigen geringfügigen dingen geeignet: C zu verbessern, aber nament-
lich für die lesung von Οὐ unter correctur und rasur eine sichere hilfe.
auch zur scheidung der wertlosen correcturen in C von den eintragungen
zweiter hand (C?), welche aus der vorlage stammen, verhilft am sichersten P,
denn es stimmt oft zu C*. da der kritische apparat nur die überlieferung
geben will, so war der gewiesene weg der, dafs fortgeworfen werden
mulste erstens alles was von c stammt, es sei denn dals es richtige con-
jecturen sind, zweitens die zahlreichen offenkundigen fehler von P. in
dingen, wo dieser notorisch unzuverlässig ist, wie der personenverteilung,
ist er gar nicht berücksichtigt. dagegen mufste erwähnt werden was
immer C"' enthalten hat, auch wenn es ein von ΟἿ berichtigter fehler
ist: denn es kann ja aus dem originale stammen. es ist vielleicht nicht
richtig, dafs die stellen nicht bemerkt sind, wo nur noch eine rasur
zeigt, dals in Οὐ vor der jetzigen zu P stimmenden lesart etwas anderes
gestanden hat,
Orthographie, krasis, elision, prosodie, interpunction, versabteilung ist
vom herausgeber nach eigenem ermessen gesetzt. die handschrift ist viel zu
jung und zu fehlerhaft, als dals ihr zeugnis ins gewicht fallen könnte. in
einzelnen fällen ist auch derartiges erwähnt, aber das sind ausnahmen; in
wahrheit hätte noch vieles fortbleiben können. immerhin ist so erreicht,
dafs der apparat ganz knapp ist: diesem streben zu liebe sind auch aus an-
tiken citaten nur die lesarten angeführt, welche den text verbessern. es wird
aber namentlich für einen anfänger sehr belehrend sein, sowol diese vari-
Vorbemerkung zum texte. 165
anten alle zu durchmustern wie auch die zahlreichen stellen zu überlegen,
wo der apparat im texte eine lesart enthält, die durch moderne conjectur
gefunden war, aber nichts zu ihr bemerkt wird, weil sie überliefert ist und
nur durch die renaissancecorrectoren verdrängt war. es kann beides
ja leicht aus Kirchhoffs grofser ausgabe genommen werden.
Dieser und anderen älteren ausgaben, namentlich Musgrave Beck,
sind die angaben über die apographa von C, die ältesten drucke und
emendatoren entnommen; es mag sein, dals eine oder die andere con-
jectur moderner gelehrten auch aus zweiter hand genommen ist. die be-
nutzung der originalen arbeiten von Musgrave, Reiske, Wakefield, Dobree,
Eimsley, hat gezeigt, dafs unsere tradition von den älteren leistungen aller-
dings bereichert und berichtigt werden kann. es sind deshalb nicht selten
mehrere namen für eine verbesserung genannt, auch von modernen ge-
lehrten. für den wissenden ist daraus manches zu lernen; dem unwissen-
den schadet es nichts und für die wahrheit sind alle namen gleichgiltig.
Die äufßsere einrichtung des druckes entfernt sich in manchen dingen
von der geläufigen weise und schliefst sich teils der handschriftlichen
überlieferung, teils der besonders durch Hephaestion überlieferten praxis
der antiken grammatik an. der personenwechsel ist, wo keine zweideutig-
keit entsteht, durch die paragraphos bezeichnet. die εἴσϑεσις, das ein-
rücken, ist angewandt um zu zeigen, wie weit die synaphie in den lied-
maßsen reicht; im dialoge hat das alinea seine uns geläufige rhetorische
bedeutung. strophen oder in nichtstrophischen gedichten perioden, auf-
treten und abtreten der personen ist im anschlufs an Hephaestion be-
zeichnet. doch hat die praxis einige modificationen der zeichen gefordert:
denn nicht eine repristination verschollener wertloser dinge, sondern
das praktische bedürfnis ist leitend gewesen. die unechten verse sind
in unserer weise eingeklammert, nicht aufgespielst, und das kreuz be-
deutet nicht, dafs zu der stelle etwas zu bemerken ist, sondern dals sie
verdorben ist und noch nicht geheilt. die interpunction bemüht sich,
keine regel zu befolgen, sondern dem verständnis des einzelnen satzes
zu dienen, so viel sie kann. allerdings bemerkt man immer wieder, dals
sie das ungenügend tut. bestrebungen, wie die des Nikanor mit seinem
abstrusen system und die rabbinischen anweisungen für die recitation
oder auch die zeichen und beischriften unserer musikalischen texte lernt
man schätzen: hier kann ein erfinder sich wirklich eine krone verdienen.
wenn wir vorzeichnen könnten, wie ein satz gelesen und betont werden
soll, so würde die bessere hälfte der erklärung ohne weiteres geleistet sein.
ΕΥ̓ΡΙΠΙΔΟΥ ἩΡΑΚΛΗῊΣ.
Titel haben die dichter selbst ihren tragödien gegeben, und zwar
sind dieses die ersten wirklichen buchtitel, die überhaupt aufgekommen
sind; vorher gab es Sie weder für poesie noch für prosa. der anlafs
hat nicht etwa in der buchhändlerischen verbreitung, sondern in der an-
meldung des schauspieles bei dem spielleitenden beamten und in der an-
kündigung vor dem publicum gelegen. Euripides hat alle titel mit über-
legung gewählt. dafs er schlicht Ἡρακλῆς sagt, bedeutet nicht mehr,
als dals der name ausreichte, weil es noch keine Heraklestragödien gab.
das gesammte altertum einschliefslich unserer handschriften des dramas
kennt nur den einfachen titel, und es wäre nicht blols überflüssig, son-
dern störend gewesen, wenn Euripides hätte μαενόμενος zusetzen wollen:
der ganze Herakles ist darin. dieser zusatz ist in dem ersten drucke beige-
fügt worden, weil die nachbildung des Seneca Hercules furens hiels, auch
nicht nach des dichters absicht, sondern aus bequemlichkeit der modernen,
das stück von dem Hercules Oetaeus zu unterscheiden. aufserdem hat
Philostratos mit recht sein bild Ἡρακλῆς μαινόμενος genannt, denn
darin ist nur dargestellt, was hier der botenbericht erzählt. es ist nur
durch die faule macht der gewohnheit erklärlich, dafs der moderne zu-
satz, obwol seit 20 jahren die sachlage bekannt ist, weiter geschleppt
wird. selbst dieses mein buch hat die bezeichnung ‘Heracles furens’
erdulden müssen. so tief ist in gewissen kreisen das sprachgefühl und
der geschmack gesunken. es wäre zum lachen, wenn es nicht ein trauriges
zeichen der zeit wäre,
ΥΠΟΘΕΣΙΣ ἩΡΑΚΛΕΟΥ͂Σ,
a ς..
Ἡραχλῆς γήμας Μεγάραν τὴν Κρέοντος παῖδας ἐξ αὐτῆς
ἐγέννησε ..... καταλιπὼν δὲ τούτους ἐν ταῖς Θήβαις αὐτὸς εἰς
Aeyos ἦλθεν Εὐρυσϑεῖ τοὺς ἄϑλους ἐχπονγήσων᾽ πάντων δὲ περι-
γενόμενος ἐπεὶ πᾶσιν εἰς Ardov χατῇλϑε καὶ πολὺν ἐκεῖ διατρίψας
χρόνον δόξαν ἀπέλειπε παρὰ τοῖς ζῶσιν ὡς εἴη τεϑνηχώς᾽ στασιά-
σαντες δὲ οἱ Θηβαῖοε πρὸς τὸν δυνάστην Κρέοντα Avdaov Ex τῆς
Εὐβοέας κατήγαγον ......
Dies ist der rest einer nacherzählung des dramas und hängt mit
der mythographischen litteratur zusammen. verstümmelt sind die meisten
dieser vorbemerkungen zu den scholienlosen dramen, weil ein schreiber
zu wenig raum für sie zwischen zwei dramen ausgespart hatte. dals sie
auf diese weise vom corrector nachgetragen wurden, zeigt die praxis
in C selbst.
Hinter &ye&vynoe fehlt die zahl 3 oder die drei namen, obwol Euri-
pides sie nicht nennt. denn die mythographen liefsen keine person anonym,
und hier wissen wir durch schol. Pind. Isthm. 3, 104, dafs man sogar zu
wissen glaubte, welche namen Euripides gemeint hatte: d. h. die dreizahl
war bei irgend jemand anders auch vorhanden und da standen die namen:
denn aus der hypothesis hat der mythograph Lysimachos, auf den jenes
scholion zurückgeht, nicht geschöpft. χατήγαγον zeigt, dals Lykos aus
Theben stammte, d. h. dafs im unmittelbaren anschlufs von seinem ahn,
dem Thebaner Lykos, erzählt war.
In P steht ein unvollständiges personenverzeichnis, das aus der vor-
lage stammen kann. indessen haben solche verzeichnisse für attische
dramen keinen zweck und waren der guten grammatik fremd.
ΑΜΦΙΤΡΥΩΝ.
Τίς τὸν Διὸς σύλλεκτρον οὐκ oldev βροτῶν,
Aoyeiov ᾿ ἐμφιτρύων᾽, ὃν ᾿Αλκαῖός ποτε
ἔτιχϑ᾽ 6 Περσέως, πατέρα τόνδ᾽ Ἡρακλέους;
ὃς τάσδε Θήβας ἔσχον, ἔνϑ᾽ ὅ γηγενὴς
Σπαρτῶν στάχυς ἔβλαστεν, ὧν γένους Aens δ
ἔσωσ᾽ ἀριϑμὸν ὀλίγον, ol Κάδμου πόλιν
τεχνοῦσι παέδων παισίν" ἔνϑεν ἐξέφυ
Κρέων Μενοικέως παῖς, ἄναξ τῆσδε χϑονός.
Κρέων δὲ Μὔεγάρας τῆσδε γίγνεται πατήρ,
ἣν πάντες ὑμεναίοισε Καὸδμεῖοί more 10
λωτῷ συνηλάλαξαν, ἡνίκ᾽ εἰς ἐμοὺς
δόμους ὅ κλεινὸς Ἡρακλῆς νιν ἤγετο.
λιπὼν δὲ Θήβας, οὗ κατῳχίσϑην ἐγώ,
Meyagav ve τήνδε πενϑερούς τε παῖς ἐμὸς
᾿Αργεῖα τείχη καὶ Κυχλωπίαν πόλεν 15
ὠρέξατ᾽ οἰκεῖν, ἣν ἐγὼ φεύγω χτανὼν
Ἡλεχτρύωνα. συμφορὰς δὲ τὰς ἐμὰς
ἐξευμαρίζων καὶ πάτραν οἰκεῖν ϑέλων
καϑόδου δίδωσι μισϑὸν Εὐρυσϑεῖ μέγαν,
ἐξημερῶσαε γαῖαν, εἴϑ᾽ Ἥρας ὕπο νι
xEvrooızs δαμασϑεὶς εἴτε τοῦ χρεὼν μέτα.
καὶ τοὺς μὲν ἄλλους ἐξεμόχϑησεν πόνους,
τὸ λοίσϑιον δὲ Ταινάρου διὰ στόμα
βέβηκ᾽ ἐς Audov τὸν τρισώματον κύνα
ἐς φῶς ἀνάξων --- ἔνϑεν οὐχ ἧχει πάλιν. 25
1 οἶδε ny deest persaepe; non notatur 2 Augsroiowa Οἱ elisio plerum-
que neglecta, sed restituta (ΣΡ vel c, raro notatur 3 ἔτικτεν error ex neglecta
elisione iam in archetypo natus Ἡρακλέος ita plerumque; orthographica raro
notantur 4 ἔσχεν: em Wil Naber 11 λοτῷ 15 Χυκλωπέίαν P Κυκλω-
πεέαν (Ü 19 χαϑόλοι: em Reiske
Die hinterwand der bühne bildet der palast des Herakles in Theben;; in der mitte
eine gewaltige flügellür. vor dem hause in der mitte der bühne ein grosser altar,
auf dessen stufen Amphitryon Megara und die drei kleinen söhne des Herakles
sitzen.
AMPHITRYON
Wer kennt ihn nicht, der seines weibes liebe
mit Zeus geteilt, Amphitryon von Argos,
Alkaios des Persiden sohn, den vater
des Herakles. ich bins. in Theben hier
hab’ ich mein haus gegründet, wo die saat
der erdgebornen Sparten aufgesprossen,
aus deren reihen eine kleine schar
Ares verschonte, die in ihren enkeln
blühend die Kadmosstadt bevölkerten.
Kreon, Menoikeus sohn, der könig selber,
war ihres blutes. seine tochter ist’s
die hier sitzt, Megara. in hellem jubel
sang einst zum flötenschall ihr hochzeitelied Φ
das volk des Kadmos, da zu meinem hause
als braut der großse Herakles sie führte.
dann zog mein sohn von Theben, wo ich mir
ein heim geschaffen, weg, verliels sein weib
und seine schwäher, wollt’ in Argos wieder
und im Kyklopenbau Mykenes wohnen,
die mit dem Blut Elektryons befleckt
ich meiden muß. und da nun Herakles
vom bann mich lösen und das vaterland
sich öffnen wollte, bot er dem Eurystheus
für unsre heimkehr einen hohen preis:
die säuberung der erde von den schrecken
der ungeheuer und der wüsten frevler.
das war vielleicht ein wahnsinn, ihm von Hera
gesandt; vielleicht berief ihn nur das schicksal
„. an die aufgabe seines lebens. sieghaft
bestanden waren all die andern kämpfe,
da stieg er in die höhle Tainarons
zuletzt hinab, den höllenhund zum licht
zu holen — und von da kehrt er nicht wieder.
170
γέρων δὲ δή τις ἔστε Καδμείων λόγος,
ὡς ἦν πάρος Algnns τις εὐνήτωρ Avnog
τὴν ἑπτάπυργον τήνδε δεσπόζων πόλιν,
τὼ λευχοπώλω πρὶν τυραννῆσαι χϑονός,
Auglov’ ἠδὲ Ζῇϑον, ἐχγόνω Auds' 30
οὗ ταὐτὸν ὄνομα παῖς πατρὸς κεκλημένος,
Kadusiog οὐκ ὧν ἀλλ᾽ ἀπ᾽ Εὐβοίας μολών,
xrelveı Κρέοντα xal χταγὼν ἄρχει χϑονός,
στάσει νοσοῦσαν τήνδ᾽ ἐπεσπεσὼν πόλιν.
ἡμῖν δὲ κῆδος ἐς Κρέοντ᾽ ἀνημμένον 86
καχὸν μέγεστον, ὡς ἔοιχε, γίγνεται.
τοὐμοῦ γὰρ ὄντος παιδὸς ἐν μυχοῖς χϑονὸς
ὅ καινὸς οὗτος τῆσδε γῆς ἄρχων “47ὑχος
τοὺς Ἡρακλείους παῖδας ἐξελεῖν ϑέλει
χτανὼν δάμαρταά(ϑ᾽), ὡς φόνῳ σβέσῃ φόνον, 40
κἄμ᾽, εἴ τι δὴ χρὴ κἄμ᾽ ἐν ἀνδράσιν λέγειν
γέροντ᾽ ἀχρεῖον, μή ποϑ᾽ οἵδ᾽ ἠνδρωμένοι
μήτρωσιν ἐχπράξωσιεν αἵματος δίκην.
ἐγὼ δέ (λείσετεε γάρ μὲ τοῖσδ᾽ ἐν δώμασι
τροφὸν τέχγων οἰχουρόν, ἡνέκα χϑονὸς 4
μέλαιναν ὄρφνην εἰσέβαινε, παῖς ἐμός)
σὺν μητρὶ τέχνα, μὴ ϑάνωσ᾽, Ἡρακλέους
βωμὸν καϑίζω τόνδε Σωτῆρος HAıös,
ὃν καλλινίχου δορὸς ἄγαλμ᾽ ἱδρύσατο
Μινύας χρατήσας οὑμὸς εὐγενὴς τόχος. 50
πάντων δὲ χρεῖοι τάσδ᾽ ἕδρας φυλάσσομεν,
σίτων ποτῶν ἐσθῆτος, ἀστρώτῳ πέδῳ
σπλευρὰς τιϑέντες" ἐκ γὰρ ἐσφραγισμένοι
δόμων καϑήμεϑ᾽ ἀπορίᾳ σωτηρίας.
φίλων δὲ τοὺς μὲν οὐ σαφεῖς ὁρῶ φίλους, 55
ol δ᾽ ὄντες ὀρϑῶς ἀδύνατοι προσωφελεῖν.
86 ἀνηγμένον: em Musgravii amicus, Dobree 38 κλεινός: em Elimsley
Dobree 40 δάμαρτα ὡς C! δάμαρτ᾽ ὡς CP: suppl Barnes
nun hat man sich von alters her in Theben
erzählt von einem Lykos, der der Dirke
gemal und fürst der siebentor’gen stadt
gewesen sei, bis auf den weilsen rossen
Zeus zwillingssöhne, Zethos und Amphion,
erschienen und die herschaft sich errangen.
von dem hat ein nachkomme jüngst, benannt
nach seinem ahn, doch ist er kein Kadmeer,
er kam vielmehr herüber von Euboia —
der hat Kreon erschlagen und zum könig
von Theben sich nach Kreons tod gemacht,
des bürgerschaft, gespalten in parteien
des eindringlings sich nicht erwehren konnte.
uns aber droht des Kreon schwäherschaft
zum allergröfsten unheil auszuschlagen.
denn während Herakles im schoofs der erde
verzieht, hat dieser neue landesherr
Lykos, die spuren des vergossnen blutes
durch neues zu verwischen, sich entschlossen,
der söhne Herakles’ und seines weibes
und meiner, wenn ein überlebter greis
zu rechnen ist, durch mord sich zu entled’gen,
damit nicht diese kinder einst als männer
zu blut’ger rechenschaft ihn für den fall
des Kreontidenhauses ziehen könnten,
die knaben stehn in meiner hut, denn mir
hat scheidend Herakles sein haus befohlen,
da er hinabstieg in das schattenreich.
um also weib und kinder meinem sohne
zu retten, hab’ ich sie hierher geflüchtet
an diesen altar des Erretters Zeus;
mein heldensohn hat ihn erbaut, als denkmal
des ruhms, den ihm sein Minyersieg erwarb.
so harren wir denn hier, entblölst von allem,
von kleidung, speis’ und trank, auf nackter erde;
das haus ist uns verschlossen und versiegelt,
auf rettung keine hoffnung, unsre freunde
beweisen meistens sich des namens unwert,
die treuen aber können uns nicht helfen.
171
172
τοιοῦτον ἀνθρώποισιν ἡ δυσπραξία᾽"
ἧς μήποϑ᾽ ὅστις καὶ μέσως εὔνους ἐμοὶ
τύχοι, φέλων ἔλεγχον ἀψευδέστατον.
ΜΕΓΑΡΑ.
ὦ πρέσβυ, Ταφίων ὅς ποτ᾽ ἐξεῖλες πόλεν
x στρατηλατήσας χλεινὰ Καδμείων δορός"
| msn ἘΝ ὡρ οὐδὲν ἀνθρώποισι τῶν ϑείων σαφές.
(.. ἢ ,» ἐγὼ γὰρ οὔτ᾽ ἐς πατέρ᾽ ἀπηλάϑην τύχης,
ὃς εἵνεκ᾽ ὄλβου μέγας ἐχομπάσϑη ποτέ,
| 2. ἔχων τυραννίδ᾽ ἵ ἧς μακραὶ λόγχαι πέρε
ὁ Ὁ
ἐπηδῶσ᾽ ἔρωτε σώματ᾽ εἰς εὐδαίμονα,
ἔχων δὲ τέχνα᾽ κἄμ᾽ ἔδωχε παιδὲ σῷ,
ἐπίσημον εὐνήν, Ἡρακλεῖ συνοικίσας.
καὶ νῦν ἐκεῖνα μὲν ϑανόντ᾽ ἀνέπτατο,
ἐγὼ δὲ καὶ σὺ μέλλομεν ϑνήσχειν, γέρον,
οἵ ϑ᾽ Ἡράκλειοι παῖδες, οὗς ὑπὸ πτεροῖς
σῴζω νεοσσοὺς ὄρνεις ὡς ὑφειμένους.
οἱ δ᾽ εἰς ἔλεγχον ἄλλος ἄλλοϑεν πίτνων
»ὦ μῆτερ“ αὐδᾷ „ol πατὴρ ἄπεστι γῆς,
τί δρᾷ, πόϑ᾽ ἥξει; τῷ νέῳ δ᾽ ἐσφαλμένοι
ζητοῦσι τὸν τεκόντ᾽ " ἐγὼ δὲ διαφέρω
λόγοισι, μυϑεύουσα. ϑαυμάζξωζ(ν) δ᾽, ὅταν
πύλαι ψοφῶσι, πᾶς ἀνίστησιν πόδα,
ὡς πρὸς πατρῷον προσπεσούμενοι γόνυ.
νῦν οὖν τίν᾽ ἐλπίδ᾽ ἢ πόρον σωτηρίας
ἐξευμαρίέζῃ, πρέσβυ; πρὸς σὲ γὰρ βλέπω.
ὡς οὔτε γαίας δριε᾽ ἂν ἐχβαῖμεν λάϑρᾳ᾽
φυλακαὶ γὰρ ἡμῶν χρείσσονες κατ᾽ ἐξόδους᾽
οὔτ᾽ ἐν φίλοισιν Einlöes σωτηρίας
ἔτ᾽ εἰσὶν ἡμῖν. ἥντιν᾽ οὖν γνώμην ἔχεις
λέγ᾽ ἐς τὸ κοινόν, μὴ θανεῖν ἕτοιμον ἢ.
AMD. ὦ ϑύγατερ, οὔτοι dadıoy τὰ τοιάδε
70
62 ϑεέων Ps. Iustin expos. fid. 8: Fe» 64 ὃς Ct: ὡς C!P οδνεκ᾽ ὄλβου
Canter: οὐκ ἐν ὄλβω 71 ὑποπτέρους: em Pierson 72 ὑφειμένη: em Kirch-
hoff 77 suppl Kirchhoff? 80 πόρον Musgrave: πέδον 88 χρέσσονεθ
178
das lernt der mensch im unglück. möge keiner,
der nur ein wenig mitleid mit mir hat,
solch eine prüfungszeit erleben müssen,
wo sich der wert der freundschaft offenbart.
MEGARA,.
Mein greiser vater, einst ruhmvoller feldherr,
da du an des Thebanerheeres spitze
die Taphierburgen brachst, wie ist dem menschen
doch dunkel alles was die götter senden.
mir schien das glück in meinem vater hold,
denn er war könig, und dem blick der welt
scheint jede krone ja im vollen glanze
beneidenswerter seligkeit zu strahlen;
und auch das vaterglück war ihm beschieden,
und seiner tochter segensreicher bund
führt” Herakles als schwiegersohn ihm zu —
und jetzt ist all das ab und tot, und wir,
du, greis, und ich, wir rüsten uns zum tode,
so auch die söhne Herakles’, die brut,
die schutz sich unter meinem fittich sucht.
bald kommt der eine fragen, bald der andre,
“mutter, wo ist der vater hin? was macht er?
wann wird er wieder kommen?” kindisch spielend
gehn sie den vater suchen. ich erzähle
dann märchen sie in ruh’ hineinzureden —
da geht die tür, sie stutzen, springen auf,
sich an des lieben vaters knie zu schmiegen.
hast du nun einen ausweg, lieber vater,
auf rettung eine hoffnung? deiner harr” ich,
denn heimlich in die fremde zu entweichen
ist schwerlich möglich: allzustarke wachen
stehn an den toren; dals von freunden uns
erlösung käme, hoff” ich auch nicht mehr.
so teile mir denn mit, was du beschlossen:
sonst ist der tod uns nah und unausweichlich.
AMPHITRYON.
Es fällt mir schwer, mein kind, was du begehrst,
174
φαύλως παραινεῖν σπουδάσαντ᾽ ἄνευ πόνου"
χρόνον δὲ μηχύνωμεν ὄντες ἀσϑενεῖς.
— λύπης τι προσδεῖς ἢ φιλεῖς οὕτω φάος;
— καὶ τῷδε χαίρω καὶ φιλῶ τὰς ἐλπίδας.
— χἀγώ" δοκεῖν δὲ τἀδόχητ᾽ οὐ χρή, γέρον.
— ἐν ταῖς ἀναβολαῖς τῶν χαχῶν ἔνεστ᾽ ἄχη.
— ὁ δ᾽ ἐν μέσῳ μὲ λυπρὸς ὧν δάχνει χρόνος.
— γένοιτ᾽ ἂν ζούτγω, ϑύγατερ, οὔριος δρόμος 95
ἐχ τῶν παρόντων τῶνδ᾽ ἐμοὶ καὶ σοὶ καλῶν,
ἔλθοι τ᾿ ἔτ᾽ ἄν παῖς οὑμὸς εὐνήτωρ δὲ σός.
ἀλλ᾽ ἡσύχαζε χαὶ δαχρυρρόους τέχνων
πηγὰς ἀφαίρει xal παρευκήλει λόγοις,
χλέπτουσα μύϑοις ἀϑλίους κλοπὰς ὅμως. 10
χάμνουσι γάρ τοι καὶ βροτοῖς αἱ συμφοραί,
χαὶ πνεύματ᾽ ἀνέμων οὐχ ἀεὶ ῥώμην ἔχει,
οἵ τ᾽ εὐτυχοῦντες διὰ τέλους οὐχ εὐτυχεῖς"
ἐξίσταται γὰρ πάντ᾽ ἀπ᾽ ἀλλήλων δίχα.
83
οὗτος δ᾽ ἀνὴρ ἄριστος, ὃς ταῖς ἐλπίσι 105
πέποιϑεν αἰεί" τὸ δ᾽ ἀπορεῖν ἀνδρὸς καχοῦ.
ΧΟΡΟΣ.
ὑπόροφα μέλαϑρα χαὶ γεραιὰ δέμνι᾽ ἀμφὶ βάχτροις
ἔρεισμα ϑέμενος ἐστάλην ἰηλέμων
γέρων ἀοιδὸς ὥστε πολιὸς ὄρνις, 110
87 traiec. Wil 95 suppl Wil 97 Eidos τὲ τἂν 101 βροτοῖς ad achol.
Pind. Pyth. 3, 160: βροτῶν αὐ 106 de) ΟἹ hoc non semper zrefertur. 107 ὑπώ-
φοφα 110 γέρων Nauck: γόων
1756
dies blofse raten, tatenlose planen —
doch wir sind schwach: so lals uns zeit gewinnen.
MEGARA,
Hast du nach weitrem leiden noch verlangen
oder ist dir das leben gar so süls?
AMPHITRYON.
Das leben lieb, mein kind, und süls die hoffnung.
MEGARA,
Auch mir so süls; allein, mein greiser vater,
was man nicht hoffen kann, soll man nicht hoffen.
_ AMPHITRYON.
Der krankheit aufschub birgt der krankheit heilung.
MEGARA,.
Ich fühle nur der ungewilsheit marter.
AMPHITRYON.
Ist es unmöglich, dafs in dieser not
die uns umfängt, ein günst’ger umschwung komme?
kann nicht mein sohn, dein gatte, wiederkehren ?
nein, fasse dich und stille deinen kindern
die tränen, treib’ dein bittres trostgeschäft
mit sülsen märchen ihre furcht zu teuschen.
auch des geschickes stürme legen sich
so gut wie der orkan nicht ewig wütet,
und jedes menschenglück ein ende hat
denn leben ist bewegung, auf und ab.
der ist der tapferste, der das vertrauen
auf seine hoffnung stets bewahrt: ein feigling
wer, wo er keinen ausgang sieht, verzweifelt.
CHOR,
Thebanische greise, bekränzt, stäbe in den händen, zieht von der seite herein und
singt dabei, zuerst den meisten zuschauern noch unsichtbar.
Auf zum schlofs empor,
zu des greisen freundes bett,
meine schritte stützt der stab,
wehruf heb’ ich,
gleich dem schwan ein grauer sänger.
176
ἔπεα μόνον καὶ δόχημα νυχτερω-
πὸν ἐνγύχων ὀνείρων,
τρομερὰ μέν, ἀλλ᾽ ὅμως πρόϑυμ᾽,
ὦ τέχεα τέχεα πατρὸς ἀπάτορ᾽,
ὦ γεραιὲ σύ τε τάλαινα μᾶ- 115
τερ, ἃ τὸν ᾿Α4ἰδα δόμοις
πόσιν ἀναστενάζεις. mm
μὴ πόδα κάμητε βαρύ τε κῶλον, ὥστε πρὸς πετραῖον 120
λέπας ζυγοφόρος ἔκαμ᾽ ἄναντες ἅρματος
βάρος φέρων τροχηλάτοιο πῶλος.
λαβοῦ χερὸς καὶ πέπλων, ὅτου λέλοι-
πὲ ποδὸς ἀμαυρὸν ἔχνος "
γέρων γέροντα παραχόμιζ᾽,
ᾧ ξύνοπλα δόρατα νέα νέῳ
τὸ πάρος ἐν ἡλίκων πόνοις
ξυνῆν ποτ᾽, εὐχλεεστάτας
πατρίδος οὐκ ὀνείδη. —
558
ἔδετε, πατέρος ὡς γοργῶπες alde προσφερεῖς ὀμμάτων 180
αὐγαί, τὸ δὲ χκακοτυχὲς οὐ λέλοιπεν ἐκ τέχνων,
οὐδ᾽ ἀποίχεται χάρις.
Ἑλλὰς ὦ, ξυμμάχους 185
οἵους οἵους ὀλέσασα τούσδ᾽ ἀποστερήσῃ. — =
ἀλλ᾽ εἰσορῶ γὰρ τῆσδε xolgavov χϑονὸς
“1ὐχον περῶντα τῶνδε δωμάτων πέλας.
ΛΥΚΟΣ.
τὸν Ἡράκλειον πατέρα xal ξυνάορον, 1ω
εἰ χρή μ᾽, ἐρωτῶ, χρὴ δ᾽, ἐπεί γε δεσπότης
118 μὲν Tyrwhitt: μόνον 114 ἐὼ: em Hermann 119 un προκάμητε
πόδα: em Wil 121. 2 λέπας ξυγηφόρον κῶλ᾽ ἀνένταο ὧς βάρος φέρον τροχη-
λάτοιο πώλου: ξυγοφόρος ἅρματος — πῶλος Nauck, em Wil 128 χερῶν: em
wil 126 traiec. Eimlley σπσόνοισε: com. c 180 πατρὸς ΟΡ: yo. πατέρος Οὐ
177
nur ein schall noch bin ich, eines traumes
nachtgebornes wahngebild.
aber schwank’ ich auch,
treu doch bin ich euch geblieben,
armen vaterlosen waisen,
altersschwachem kameraden,
ihr, die seufzend ruft den gatten,
den der Hades drunten hält.
Fuß, erlahme nicht,
spröde sehnen, haltet aus;
freilich, wenn es steilen hang
aufwärts ziehn soll,
lahmet leicht das rofs am wagen.
fal®’ am arm, am kleide den genossen
dem der schwanke tritt versagt,
stütze, greis, den greis.
einst im jugendmute standest
jugendmut’gem kameraden
schild an sthild du ihm zur seite,
würdig unsres vaterlandes,
da noch ruhmvoll Theben war.
Der chor hat nun seinen platz auf der bühne, zu seiten des altares, auf dem die
schauspieler sitzen, eingenommen.
O seht sie an, in ihren augen funkelt
des vaters trotz,
des vaters schwer geschick ruht auf den söhnen:
die dankbarkeit,
die ihm wir schulden, gilt auch seinen kindern.
Hellenenland,
die knaben wären dir emporgesprossen
zu schirm und schutz:
du wirst ihr verderben entgelten.
CHORFÜHRER,.
Es naht sich Lykos, unsres landes herrscher,
dort am palaste seh’ ich ihn erscheinen.
LYKO8
kommt von derselben seite wie vorher der chor,; bewaffnete trabanten folgen ihm.
Ich frag euch, Herakles’ gemal und vater,
80 ich es darf, und darf euch alles fragen
v. Wilamowitz I. 12
118
ὑμῶν καϑέστηχ᾽, ἱστορεῖν ἃ βούλομαι"
τίν᾽ ἐς χρόνον ζητεῖτε μηχῦναε βίον;
τίν᾽ ἐλπίδ᾽ ἀλκήν τ᾽ εἰσορᾶτε μὴ ϑανεῖν;
ἢ τὸν παρ᾽ ἍΔιδῃ πατέρα τῶνδε κείμενον
πιστεύεϑ᾽ ἥξειν; ὡς ὑπὲρ τὴν ἀξίαν
τὸ πένϑος αἴρεσϑ᾽, el ϑανεῖν ὑμᾶς χρεών,
σὺ μὲν καϑ᾽ Ἑλλάδ᾽ ἐχβαλὼν χόμπους κενούς,
ὡς σύγγαμός σοι Ζεὺς ἐχοινώνει (Texvov),
σὺ δ᾽ ὡς ἀρίστου φωτὸς ἐκλήϑης δάμαρ.
τί δὴ τὸ σεμνὸν σῷ κατείργασται πόύσεε,
ὕδραν ἔλειον el δειώλεσε κτανὼν
ἢ τὸν Νέμειον Fig; ὃν ἐν βρόχοις ἑλὼν
βραχίονός φησ᾽ ἀγχόναισιν ἐξελεῖν.
τοῖσδ᾽ ἐξαγωνίζεσϑε; τῶνδ᾽ ἄρ᾽ εἴνδκα
τοὺς Ἡρακλείους παῖδας οὐ ϑνήσχειν χρεών;
ὃ δ᾽ ἔσχε δόξαν οὐδὲν ὧν εὐψυχίας,
ϑηρῶν ἐν αἰχμῇ τἄλλα δ᾽ οὐδὲν ἄλκιμος,
ὃς οὔποτ᾽ ἀσπίδ᾽ ἔσχε πρὸς λαιᾷ χερὶ
οὐδ᾽ ἦλθε λόγχης ἐγγύς, ἀλλά τόξ᾽ ἔχων,
κάχιστον ὅπλον, τῇ φυγῇ πρόχειρος ἦν.
ἀνδρὸς δ᾽ ἔλεγχος οὐχὶ τόξ᾽ εὐψυχίας,
ἀλλ᾽ ὃς μένων βλέπει τε κἀντιδέρχεται
δορὸς ταχεῖαν ἄλοχα, τάξιν ἐμβεβώς.
ἔχει δὲ τοὐμὸν οὐκ ἀναίδειαν, γέρον,
ἀλλ᾽ εὐλάβειαν οἶδα γὰρ καταχτανὼν
Κρέοντα πατέρα τῆσδε καὶ ϑρόνους ἔχων.
οὐκ οὖν τραφέντων τῶνδε τιμωροὺς ἐμοὶ
χρήζω λιπέσϑαι, τῶν δεδραμένων Ölen.
—
168 duoös: em Camper
145
155
160
165
146 do": em Matthiae 149 ἐκοενώνει Pllugk: τέκοε νέον τέκνον ΒΌΡΡΙ.
Wil: om Ο, γόνον P 155 οὕνεκα P odvenev C 157 ὃς X: em Wil
119
was mir beliebt, denn ich bin euer herr.
wie lange wollt ihr noch das leben schleppen ?
wo seht ihr hoffnung, rettung wo vom tode?
vertraut ihr etwa, dieser kinder vater,
der drunten liegt im Hades, kehre wieder?
auch weils ich nicht, was ihr denn so gewaltig,
weil euch der tod gewils, zu klagen habt.
da sprengest du die leere prahlerei
in Hellas aus, Amphitryon, dals Zeus
mitvater deines sohnes sei, und du
rechnest auf rückeicht, denn du seist die gattin
des ersten helden. was ist nur dabei
erhabnes, wenn er eine wasserschlange
erschlagen oder den nemeischen löwen ?
den will er mit den schlingen seiner arme
erdrosselt haben, hat ihn aber wol
gefangen in den schlingen einer falle,
und das sind eure gründe! darauf hin
soll ich des Herakles geschlecht verschonen!
was ist denn Herakles? den ruf des mutes
hat er im kriege wider wilde tiere
gewonnen. darin mag er tapfer sein,
sonst nirgend. kam doch nie an seine seite
ein schild, noch kam er jemals in berührung
mit einem speere. seine waffen sind
die feigen pfeile, seine kunst die flucht.
doch mannesmut hat keiner noch bewiesen
als bogenschütze. dazu heilst es stehn
auf festen fülsen und mit festem auge,
den speer gefällt — nicht weicht er aus der richtung;
den blick gerichtet auf den wald von speeren,
der drüben start — und keine wimper zuckt.
mein handeln aber, alter mann, ist klugheit,
nicht grausamkeit. ich weils, ich habe Kreon
erschlagen, und ich sitz’ auf seinem thron:
er war der vater Megaras, so werd’ ich
doch nicht gestatten, dafs in seinen söhnen
bluträcher meinem opfer auferstehn.
12*
180
AM. τῷ τοῦ Aıög μὲν Ζεὺς ἀμυνέτω μέρει 110
παιδός" τὸ δ᾽ εἰς ἔμ᾽, Ἡράκλεις, ἐμοὶ μέλει
λόγοισι τὴν τοῦδ᾽ ἀμαϑίαν ὑπὲρ σέϑεν
δεῖξαι" κακῶς γάρ σ᾽ οὐκ ἐατέον χλύειν.
πρῶτον μὲν οὖν τἄρρητ᾽ (ἐν ἀρρήτοισι γὰρ
τὴν σὴν νομίζω δειλίαν, Ἡράκλεες) 115
σὺν μάρτυσιν ϑεοῖς δεῖ μ᾽ ἀπαλλάξαι σέϑεν.
Διὸς κεραυνὸν ἠρόμην τέϑριππά τε,
ἐν οἷς βεβηκὼς τοῖσι γῆς βλαστήμασι
Γίγασι πλευροῖς πτήν᾽ ἐναρμόσας βέλη
τὸν χαλλίνιχον μετὰ ϑεῶν ἐχώμασε" 180
τετρασχελές I ὕβρισμα, Κενταύρων γένος,
Φολόην ἐπελθών, ὦ κάκιστε βασιλέων,
ἐροῦ τίν᾽ ἄνδρ᾽ ἄριστον ἐγκχρίνειαν ἄν,
ἢ οὐ παῖδα τὸν ἐμόν ὃν σὺ φὴς εἶναι χαχόν,
ΖΔίρφυν τ᾿ ἐρωτῶν ἣ σ᾽ ἔϑρεψ᾽ ᾿Αβαντίδα --- 185
οὐχ ἂν σέ γ᾽ αἰνέσειεν" οὐ γὰρ ἔσϑ᾽ ὅπου
ἐσθλόν τε δράσας μαρτυρ᾽ ἂν λάβοις πάτραν.
τὸ πάνσοφον δ᾽ εὕρημα, τοξήρη σάγην,
μέμφῃ" κλύων νῦν ran’ ἐμοῦ σοφὸς γενοῦ.
ἀνὴρ ὁπλίτης δοῦλός ἐστι τῶν ὅπλων 190
ϑραύσας τε λόγχην οὐχ ἔχει τῷ σώματι 198
ϑάνατον ἀμῦναι, μέαν ἔχων ἀλχὴν μόνον᾽ 19ὲ
καὶ τοῖσι συνταχϑεῖσιν οὖσι μὴ ἀγαϑοῖς 191
αὐτὸς τέϑνηχε, δειλίᾳ τῇ τῶν πέλας. 192
ὅσοι δὲ τόξοις χεῖρ᾽ ἔχουσιν εὔστοχον, 195
ἕν μὲν τὸ λῷστον, μυρίους οἰστοὺς ἀφείς,
ἄλλοις τὸ σῶμα ῥύεται μὴ κατϑανεῖν,
ἑχὰς δ᾽ ἀφεστὼς πολεμίους ἀμύνεται
τυφλοῖς ὁρῶντας οὐτάσας τοξεύμασι,
τὸ σῶμα τ᾽ οὐ δίδωσι τοῖς ἐναντίοις, 200
ἐν εὐφυλάχτῳ δ᾽ ἐστί᾽ τοῦτο δ᾽ ἐν μάχῃ
177 κεραυνὸν Wil: κεραυνόν τ᾿ C! κεραυνόν δ᾽ ΟΡ 184 κακὸν Nauck:
δοκεῖν 185 δέρφην: em Musgrave 186 σέ γ᾽ αἰνέσαιε Wil: ἐπαενόσειν C,
»" 4π- ΟΡ, σ᾽ ἐπ- Beiske 189 γένου: em Barnes 191. 2 traiec. Wil
194 μέαν Tyrwhitt: ,’ ἂν
AMPHITRYON.
Was Zeus an seinem sohn gehört, mag Zeus
verteidigen. des Lykos töricht schmähn
mit worten hier für dich zurückzuweisen,
das ist auch meines amts. ich darf nicht dulden,
dafs du beschimpft wirst, weise drum zurück
zuförderst die unsinn’ge lästerung
(denn lästerlich zugleich und ohne sinn
ist es, der feigheit Herakles zu zeihn),
und meine zeugen sind die götter selber.
den blitzstrahl ruf ich auf, den donnerwagen,
auf dem er fuhr nach der Gigantenschlacht,
wo sich sein pfeil den erdgebornen riesen
mit sichrem fluge durch die rippen bohrte,
und er der himmlischen triumphzug teilte.
geh hin zur Pholoe, zu der Kentauren
vierschenklich ungeschlachtem frevlerstamm,
du feigster der tyrannen, frage die,
wem anders sie den ehrenpreis des mutes
als ihm zusprechen, den du feige schiltet,
ja gehe nach Euboia, frage dort —
dich werden sie nicht nennen; selbst die heimat
kann dir nicht eine heldentat bezeugen.
die höchst sinnreiche erfindung, pfeil und bogen,
verwirfst du auch. so höre denn und lerne,
der lanzenkämpfer ist der waffe sclave,
wenn ihm die spitze bricht, so ist er wehrlos,
denn eine waffe nur verteidigt ihn;
und ficht mit schlechten er in einem gliede,
so fällt er durch des nebenmannes feigheit.
dagegen wessen hand den bogen führt,
der hat den vorzug (und das ist der grölste),
auch wenn er tausend schüsse schon getan,
so fehlt ihm nicht die waffe, sich zu wehren.
auch trifft von ferne sein geschofs; der feind
sieht sich getroffen, sieht doch nicht von wem.
er aber steht gedeckt und bietet nicht
dem gegner seinen leib. das ist im kriege
181
182
σοφὸν μάλιστα, δρῶντα πολεμίους καχῶς
σῴζειν τὸ σῶμα, μὴ 'x τύχης ὡρμισμένον.
λόγοι μὲν οἷδε τοῖσι σοῖς ἐναντίαν
γνώμην ἔχοντες τῶν καϑεστώτων πέρι. 205
παῖδας δὲ δὴ τί τούσδ᾽ ἀποχτεῖναι ϑέλεις;
τί σ᾽ οἵδ᾽ ἔδρασαν; & τί σ᾽ ἡγοῦμαι σοφόν,
ei τῶν ἀρίστων τἄχγον᾽ αὐτὸς ὧν καχὸς
δέδοικας. ἀλλὰ τοῦϑ᾽ ὅμως ἡμῖν βαρύ,
δὲ δειλίας σῆς κατϑανούμεϑ᾽ εἵνεχα, 210
ὃ χρῆν σ᾽ ὑφ᾽ ἡμῶν τῶν ἀμεινόνων παϑεῖν,
εἰ Ζεὺς δικαίας εἶχεν εἰς ἡμᾶς φρένας.
εἰ δ᾽ οὖν ἔχειν γῆς σχῆπετρα τῆσδ᾽ αὐτὸς ϑέλεις,
ἔασον ἡμᾶς φυγάδας ἐξελϑεῖν χϑονός"
βίᾳ δὲ δράσῃς μηδέν, ἢ πείσῃ βίαν, 215
ὅταν ϑεοῦ σοι πνεῦμα μεταβαλὸν τύχῃ.
φεῦ"
ὦ γαῖα Kaduov' καὶ γὰρ ἐς σὲ ἀφέξομαι
λόγους ὀνειδιστῆρας ἐνδατούμενος᾽
τοιαῦτ᾽ ἀμύνεϑ᾽ Ἡρακλεῖ τέχνοισί τε;
ὃς εἷς Μινύαισι πᾶσι διὰ μάχης μολὼν 20
Θήβαις ἔϑηκεν ὄμμ᾽ ἐλεύϑερον βλέπειν.
οὐδ᾽ Ἑλλάδ᾽ nveo’, οὐδ᾽ ἀνέξομαί ποτε
σιγῶν, κακίστην λαμβάνων ἐς παῖδ᾽ ἐμόν,
ἣν χρῆν νεοσσοῖς τοῖσδε πῦρ λόγχας ὅπλα
φέρουσαν ἐλθεῖν, ποντίων χαϑαρμάτων 235
χέρσου τ᾽ ἀμοιβάς, ὧν ἐμόχϑησζεν πατήρ).
τὰ δ᾽, ὦ τέκν᾽, ὑμῖν οὔτε Θηβαίων πόλιες
οὔϑ᾽ Ἑλλὰς ἀρκεῖ᾽ πρὸς δ᾽ ἔμ᾽, ἀσϑενῇ φίλον,
δεδόρκατ᾽, οὐδὲν ὄντα πλὴν γλώσσης ψόφον"
ῥώμη γὰρ ἐκλέλοιπεν ἣν πρὶν εἴχομεν, 2
γήρᾳ δὲ τρομερὰ γυῖα χἀμαυρὸν σϑένος.
ei δ᾽ ἦ νέος τὸ κἄτι σώματος κρατῶν,
λαβὼν ἄν ἔγχος τοῦδε τοὺς ξανϑοὺς πλόχους
203 ὡρμεσμένους : em Reiske Musgrave 204 τοῖσε τοῖς ΟἹ 215 βίαν —
May: em Reiske Tyrwhitt 226 dudyYnoas: em C sarıje Reiske: χάριεν
224 χρήν 227 τάδ᾽ od: em Elmsley 228 pllov: em c 229 ψόφων: emc
232 ἦν uti semper; non notatur
183
die höchste kunst, vom zufall unabhängig
dem feind zu schaden, selbst sich wol zu wahren.
dies meine gründe. was du aufgeworfen,
hab’ ich in jedem punkte widerlegt.
nun sage mir, was haben diese knaben
zu leide dir getan? weswegen sollen
sie sterben? freilich, eins begreif’ ich wol
und trete darin deiner meinung bei:
du fürchtest dich in deiner nichtigkeit
vor diesen heldenkindern, aber hart
ist's doch für uns, wenn deine feigheit wir,
die tapfern, mit dem leben büssen sollen;
denn wenn uns Zeus gerechtigkeit erwiese,
so wär’ es umgekehrt. doch willst du wirklich
den thron von Theben selbst behaupten: gut,
gestatt’ uns denn, dals als verbannte wir
das land verlassen. aber brauche nicht
gewalt, sonst wiret du selbst gewalt erfahren,
wenn dir einmal das glück den rücken kehrt.
o Theben, Theben,
jetzt muß ich dir des vorwurfs bittre gaben,
die rings ich auszuteilen habe, reichen.
ist das die hilfe, die du Herakles
und seinen söhnen bringst? und doch war er's
der sich allein dem volk der Minyer .«Ἵ
entgegenstellte, der allein bewirkte, "
dafs Theben wieder frei sein haupt erhob.
auch Hellas mufs ich tadeln; ja, ich spreche
es aus, es handelt schnöd’ an Herakles.
mit speer und schild und fackeln sollt’ es kommen,
die knaben hier zu retten, ihrem vater
der see, der erde säub’rung zu vergelten.
doch, meine kinder, Theben nicht noch Hellas
beschützt euch. euer einz’ger schirm bin ich,
und ich bin nichts mehr als ein schall von worten;
dahin ist meine kraft. einst schwellte stärke
die glieder mir, jetzt zittern sie vor alter —
ja wär’ ich jung und meines armes herr,
ich fasst’ ein schwert und schlüge jenem Lykos
184
ΧΟ.
AYK.
ΧΟ.
τὰ
“5
χαϑῃμάτωσ᾽ dv, ὥστ᾽ ᾿Ατλαντιχῶν πέραν
φεύγειν ὅρων ἂν δειλίᾳ τοὐμὸν δόρυ.
ἄρ᾽ οὐκ ἀφορμὰς τοῖς λόγοισιν ἀγαϑοὶ
ϑνητῶν ἔχουσι, κἂν βραδύς τις ἢ λέγειν;
σὺ μὲν λέγ᾽ ἡμᾶς οἷς πεπύργωσαι λόγοις,
ἐγὼ δὲ δράσω σ᾽ ἀντὶ τῶν λόγων καχῶς.
ἄγ᾽, οἱ μὲν Ἑλικῶν᾽, ol δὲ Παρνασοῦ πτυχὰς
τέμνδιν ἄνωχϑ᾽ ἐλθόντες ὑλουργοὺς δρυὸς
χορμούς᾽ ἐπειδὰν δ᾽ ἐσχομισϑῶσιν πόλει,
βωμὸν πέριξ νήσαντες ἀμφήρη ξύλα
ἐμπίμπρατ᾽ αὐτῶν καὶ πυροῦτε σώματα
πάντων, ἵν᾽ εἰδῶσ᾽ οὕνεχ᾽ οὐχ ὅ κατϑανὼν
χρατεῖ χϑονὸς τῇσδ᾽ ἀλλ᾽ ἐγὼ τὰ νῦν τάδε.
ὑμεῖς δέ, πρέσβεις ταῖς ἐμαῖς ἐναντίοι
γνώμαισιν ὄντες, οὐ μόνον στενάξετε
τοὺς Ἡρακλείους παῖδας, ἀλλὰ καὶ δόμων
τύχας, ὅταν χάσχητε, μεμνήσεσϑε δὲ
δοῦλοι γεγῶτες τῆς ἐμῆς τυραννίδος.
ὦ γῆς λοχεύμαϑ᾽, οὖς Agns σπείρει ποτὲ
λάβρον δράχοντος ἐξερημώσας γένυν,
οὐ σχῆπερα, χειρὸς δεξιᾶς ἐρείσματα,
ἀρεῖτε καὶ τοῦδ᾽ ἀνδρὸς ἀνόσιον χάρα
καϑαιματώσεϑ'᾽᾽, ὅστις οὐ Καὸδμεῖος ὧν
ἄρχει, κάκιστος, τῶν ἐμῶν, ἔπηλυς ὦν;
ἀλλ᾽ οὐκ ἐμοῦ γε δεσπόσεις χαίρων ποτέ,
οὐδ᾽ ἁπόνησα roll ἐγὼ χαμὼν χερὶ
ἕξεις" ἀπέρρων δ᾽ ἔνϑεν ἦλθες ἐνθάδε
ὕβριζ᾽ " ἐμοῦ γὰρ ζῶντος οὐ χτενεῖς ποτε
τοὺς Ἡρακλείους παῖδας" οὐ τοσόνδε γῆς
ἔνερϑ᾽ ἐκεῖνος χρύπτεται λιπὼν τέχνα.
ἐπεὶ σὺ μὲν γῆν τήνδε διολέσας ἔχεις,
240
234 πέρα 236 chorinotadeest 241 ἐλθόνταδ: em Dobree 248 βωμῶν:
245 οὐχ ὅ apogr.: οὐ 248 orewdtere: em Heath 249 δόμου:
em Brodaeus
em Kaibel
250 χάσκητε Wil: ndoyn rs 252 Χο Stephanus: Aug.
ἀόχευμα
τοὺς: em Pierson πσεέρει ΟἿ 254 Öplouara: em Btephanus 255 ἀρεῖτε C
marg., πέρεῖτε in textu 257 ἐμῶν Dobree: νόω 259 ἂν πόνησα U?
185
die blonden locken blutig rot; ich jagte
den feigling jenseits des Okeanos.
CHORFÜHRER.
Sei auch der edle mann nicht flink im reden:
was er zu sagen habe, weils er stets.
LYKO8ß.
Mit deinen eitlen worten triff mich nur,
ich treffe zum entgelt dich mit der tat.
heda, trabanten, ihr zum Helikon,
ihr zum Parnassos; die holzfäller sollen
eichkloben schneiden, und sobald das holz
herangefahren, schichtet ihr im kreise
rings um den altar einen scheiterhaufen
und brennet die da, alle wie sie sind,
lebend’gen leibs zu asche, dafs sie lernen,
dals heut’gen tags in Theben nicht der tote
regiere, dals jetzt ich der könig bin.
euch greisen aber, die ihr meinem willen
feindselig seid, euch sag’ ich, wenn ihr wagt
aufzubegehren, sollt ihr bald nicht blols
der Herakleiden loos beweinen, sondern
des eignen hauses milsgeschick: bedenkt,
ich bin der herr, und ihr seid meine sclaven.
.4
CHORFÜHRER.
Denkt eurer ahnen, Sparten, die der Erde
entsprossen, keimend aus den drachenzähnen,
die Ares aus der gier’gen kiefer brach.
was zaudert eure hand den stab zum streiche
zu heben, der euch stützt? schlagt ihr nicht blutig
dies frevlerhaupt? er ist kein Kadmossohn,
der bettler, und er herscht in meinem erbe,
der hergelaufne fremdling. aber nein,
du sollst nicht haben, was mit sauren mühn
sich meine hand erwarb. geh nur zurück
woher du kamst, da treibe deine frevel.
so lang’ ich lebe, wirst du Herakles
geschlecht nicht morden, dazu ist der Hades,
186
ὃ δ᾽ ὠφελήσας ἀξίων οὐ τυγχάνει" 265
χἄπειτα πράσσω πόλλ᾽ ἐγώ, φέλους ἐμοὺς
ϑαγόντας εὖ δρῶν, οὗ φίλων μάλεστα δεῖ.
ὦ δεξιὰ χείρ, ὡς ποϑεῖς λαβεῖν δόρυ,
ἐν δ᾽ ἀσϑενείᾳ τὸν πόϑον διώλεσας.
ἐπεί σ᾽ ἔπαυσ᾽ ἂν δοῦλον ἐννέποντά μὲ 710
καὶ τάσδε Θήβας εὐχλεῶς φκήσαμεν,
ἐν αἷς σὺ χαίρεις. οὐ γὰρ εὖ φρονεῖ πόλιες
στάσει νοσοῦσα καὶ καχοῖς βουλεύμασιν"
οὐ γάρ ποτ᾽ ἂν σὲ δεσπότην ἐχτήσατο.
ME. γέροντες, αἰνῶ" τῶν φίλων γὰρ εἵνεκα 215
ὀργὰς δικαίας τοὺς φέλους ἔχειν χρεών᾽
ἡμῶν δ᾽ ἕκατι δεσπόταις ϑυμούμενοι
πάϑητε μηδέν. τῆς δ᾽ ἐμῆς, ᾿ἀμφιτρύων,
γνώμης ἄχουσον, ἤν τί σοε δοχῶ λέγειν.
ἐγὼ φιλῶ μὲν τέχνα᾽ πῶς γὰρ οὐ φιλῶ 280
ἅτιχτον, ἁἀμόχϑησα᾽ καὶ τὸ κατϑανεῖν
δεινὸν νομίζω" τῷ δ᾽ ἀναγχαίῳ τρόπῳ
ὃς ἀντιτείνει, σχαιὸν ἡγοῦμαι βροτόν.
ἡμᾶς δ᾽, ἐπειδὴ δεῖ ϑανεῖν, ϑνήσκχειν χρεὼν
μὴ πυρὶ καταξανϑέντας, ἐχϑροῖσιν γέλον 25
διδόντας, οὑμοὶ τοῦ ϑανεῖν μεῖζον κακόν.
ὀφείλομεν γὰρ πολλὰ δώμασιν καλά"
σὲ μὲν δόχησις ἔλαβεν εὐχλεὴς δορός,
ὥστ᾽ οὐχ ἀνεχτὸν δειλίας ϑανεῖν σ᾽ ὕπο᾽
οὑμὸς δ᾽ ἀμαρτύρητος εὐκλεὴς πόσις, 290
ὡς τούσδε παῖδας οὐχ ἂν ἐχσῶσαι ϑέλοι
ὁόξαν καχὴν λαβόντας" οἱ γὰρ εὐγενεῖς
xauvovoL τοῖς αἰσχροῖσι τῶν τέχνων ὕπερ᾽
ἐμοί τε μίμημ᾽ ἀνδρὸς οὐκ ἀπωστέον.
269 πόϑον Plutarch. an seni sit. g. r. p. 18: πότμον 285 αἰσχροῖσε Stepha-
nus: ὀχϑροῖσε γέλων
der ihn gefesselt hält, nicht tief genug.
denn du hast unsre stadt zerstört und herrschest,
er tat ihr gutes, und sein lohn ist undank.
und wenn ich jetzt eintrete für den freund,
nach seinem tode, wo die freundeshilfe
am nötigsten, will man es mir verdenken!
wie sehnst du dich nach deinem speer, mein arm;
doch du bist alt und morsch, dein sehnen ist
vergebens. schweigen lehrt’ ich sonst den mund,
der sclave mich gescholten, und in ehren
könnten in Theben hier wir wieder wohnen,
wo du dich breit machst, weil die bürgerschaft
zwieträchtig und misleitet sich vergals,
sonst wärst du nimmer Thebens herr geworden.
MEGARA.
Ich dank’ euch, treue greise; freilich ziemt
dem freund gerechter zorn in freundessache;
allein ihr dürft nicht in gefahr geraten
um unsertwillen eurem herrn verfeindet,
vernimm nun meinen rat, Amphitryon,
ob er verständig ist. gewils, ich liebe
die kinder; könnt’ ich anders auch als lieben,
die ich gebar mit schmerzen und erzog?
auch graut mir vor dem tod. doch ’s ist gemein
sich wider die notwendigkeit zu stemmen.
wir müssen sterben; weil wirs müssen, dürfen
wir’s nicht zerfetzt von flammenzungen tun,
als schauspiel für der feinde hohngelächter.
das würd’ ich schwerer als den tod empfinden,
denn unsere hauses ehre fordert mut:
an deinem namen haftet hoher kriegsruhm,
und das verbeut dir einen feigen tod.
für meines gatten ruhm — da brauchst du nicht
erst zeugen aufzurufen; nein, er würde
das leben seiner söhne nimmermehr
um ihre schande kaufen. wahrer adel
fühlt sich in seinen kindern mit getroffen.
ich selbst — muls nach des gatten vorbild handeln.
187
188
σχέψαι δὲ τὴν σὴν ἐλπίδ᾽ m λογίζομαι. 295
ἥξειν νομίζεις παῖδα σὸν γαίας ὕπο;
χαὶ τίς ϑανόντων ἦλθεν ἐξ “4ιδου πάλιν;
ἀλλ᾽ ὡς λόγοισι τόνδε μαλθάξαιμεν ἄν;
ἥχιστα᾽ φεύγειν σχαιὸν ἄνδρ᾽ ἐχϑρὸν χρεών,
σοφοῖσι δ᾽ εἴχειν καὶ τεϑραμμένοις καλῶς" 800
ὅᾷον γὰρ αἰδοῦς ὑποβαλὼν φίλ᾽ ἂν τέμοις.
ἤδη δ᾽ ἐσῆλϑέ μ᾽ εἰ παραιτησαίμεϑα
φυγὰς τέχνων τῶνδ᾽" ἀλλὰ καὶ τόδ᾽ ἄϑλιον,
πενέᾳ σὺν οἰχτρᾷ περιβαλεῖν σωτηρίαν᾽
ὡς τὰ ξένων πρόσωπα φεύγουσιν φίλοις 805
ἕν ἦμαρ ἡδὺ βλέμμ᾽ ἔχειν φασὶν μόνον.
τόλμα μεϑ᾽ ἡμῶν ϑάνατον, ὃς μένει σ᾽ ὅμως"
προχαλούμεϑ᾽ εὐγένειαν, ὦ γέρον, σέϑεν.
τὰς τῶν ϑεῶν γὰρ ὅστις ἐκμοχϑεῖ τύχας,
πρόϑυμός ἐστιν, ἡ προϑυμία δ᾽ ἄφρων. 810
ὃ χρὴ γὰρ οὐδεὶς μὴ χρεὼν ϑήσει ποτέ.
ΧΟ. εἰ μὲν σϑενόντων τῶν ἐμῶν βραχιόνων
ἦν τίς σ᾽ ὑβρίζων, ῥᾳδίως ἔπαυσά Täy'
γῦν δ᾽ οὐδέν ἐσμεν. σὸν δὲ τοὐντεῦϑεν σχοπεῖν
ὅπως διώσῃ τὰς τύχας, Aupıredw. 818
AM. οὔτοι τὸ δειλὸν οὐδὲ τοῦ βίου πόϑος
ϑανεῖν ἐρύχει μ᾽, ἀλλὰ παιδὶ βούλομαι
σῶσαι τέκν᾽" ἄλλως δ᾽ ἀδυνάτων ἔοικ᾽ ἐρᾶν.
ἰδού, πάρεστιν ἥδε φασγάνῳ δέρη
χεγντεῖν φονεύειν ἱέναι πέτρας ἄπο. 320
μίαν δὲ νῷν δὸς χάριν, ἄναξ, ἱχνούμεϑα᾽
801 ὑπολαβών: em Brunck συράφεταε φίλ᾽ ἂν τελοῖς Cmarg. 805 φέλοε:
em Matthiae 808 προσκαλούμεϑ᾽ C! 811 χρεὼν Porson: ϑεῶν 818 ἐπαύ-
oar’ ἂν: distinxit Hartung 319 hiatum sign. Wil 320 πάτραξδ: em Brodaeus
189
hör’ auch mein urteil über deine hoffnung.
du glaubst an deines sohnes wiederkehr ἢ
wann aber wär’ ein toter auferstanden ?
so sollen wir wol Lykos milde stimmen ?
mit nichten. mit gemeinem gegner soll
man überhaupt vermeiden zu verhandeln.
dem mann von bildung aber und erziehung
kommt man entgegen mit nachgiebigkeit:
wo rücksicht waltet, ist verständ’gung leicht.
auch ist mir der gedanke wol gekommen
verbannung für die kinder zu erbitten.
allein solch ein erbärmlich bettlerleben
ist auch nur elend. denn man sagt mit recht,
nur einen tag erblicke der verbannte
ein freundliches gesicht an seinem wirte.
so gehe denn gleich uns dem tod entgegen,
dem du ja doch verfallen bist. mein vater,
ich mahne dich an deines blutes adel.
wer ankämpft wider göttliches verhängnis,
der müht sich wol und ringt, allein sein ringen
und mühn ist torheit. denn was mufs geschehn,
geschieht; kein mensch vermag es je zu ändern.
CHORFÜHRER.
Wenn ich noch kraft in meinem arme fühlte,
dann sollte mir schon schleunig stille sein
wer sich an dir vergriffe. doch ich bin
ohnmächtig. sieh du zu, Amphitryon,
wie du dich der notwendigkeit entziehst.
AMPHITRYON.
Den tod zu meiden treibt mich nicht die feigheit
noch hang am eignen leben. nur dem sohn
möcht’ ich die kinder retten; doch der wunsch
scheint unerfüllbar. nun wolan, da bin ich,
er verläfst den altar; Megara und die kinder folgen ihm.
hier hast du meinen kopf, nun zieh das schwert.
gutwillig stellen sich die opfer dir
zum foltern, schlachten, steinigen bereit.
nur eine gnade bitten wir, mein fürst,
190
--.ο...
ΠΕ.
AYK.
ME.
AM.
328 Nur om (0? λεέπει τιημέον τοῦ στέχου): suppl. ὁ
χτεῖνόν μὲ καὶ τήνδ᾽ ἀϑλίαν παίδων πάρος,
ὡς μὴ τέκν᾽ εἰσίδωμεν, ἀνόσιον ϑέαν,
ψυχορραγοῦντα καὶ καλοῦντα μητέρα
πατρός τε πατέρα. τἄλλα δ᾽, εἰ πρόϑυμος εἶ,
πρᾶσσ᾽᾽ οὐ γὰρ ἀλκὴν ἔχομεν ὥστε μὴ ϑανεῖν.
κἀγώ σ᾽ ἱκνοῦμαι χάριτι προσϑεῖναι χάριν,
(ἡμῖν) ἵν᾽ ἀμφοῖν εἷς ὑπουργήσῃς διπλᾶ"
χόσμον πάρες μοι παισὶ προσϑεῖναι νεχρῶν,
δόμους ἀνοίξας (νῦν γὰρ ἐκκεκλήμεϑα),
ὡς ἀλλὰ ταῦτά γ᾽ ἀπολάχωσ᾽ οἴχων πατρός.
ἔσται τάδ᾽" οἴγειν κλῇῆϑρα προσπόλοις λέγω.
χοσμεῖσϑ᾽ ἔσω μολόντες" οὐ φϑονῶ πέπλων.
ὅταν δὲ κόσμον περιβάλησθϑε σώμασιν,
ἥξω πρὸς ὑμᾶς νερτέρᾳ δώσων χϑονί.
ὦ τέκν᾽, ὁμαρτεῖτ᾽ ἀϑλίῳ μητρὸς ποδὶ
πατρῷον ἐς μέλαϑρον, οὗ τῆς οὐσίας
ἄλλοι κρατοῦσι, τὸ δ᾽ ὄνομ᾽ ἔσϑ᾽ ἡμῶν ἔτι.
ὦ Ζεῦ, μάτην ἄρ᾽ Öudyaudv σ᾽ ἐχτησάμην,
ἽἹμάτην δὲ παιδὸς τὸν νεὼν ἐκλήζομεν᾽
σὺ δ᾽ ἦσϑ᾽ ἄρ᾽ ἥσσων ἢ ᾿δόχεις εἶναι φίλος.
ἀρετῇ σε νιχῷ ϑνητὸς ὧν ϑεὸν μέγαν᾽
παῖδας γὰρ οὐ προὔδωκα τοὺς “Ηρακλέους.
σὺ δ᾽ ἐς μὲν εὐνὰς χρύφιος ἠπίστω μολεῖν,
τἀλλότρια λέχτρα δόντος οὐδενὸς λαβών"
σῴζειν δὲ τοὺς σοὺς οὐκ ἐπίστασαι φίλους.
ἀμαϑής τις εἶ ϑεός, ἢ δίκαιος οὐχ ἔφυς. =
380 ἐκκενλεέσμεϑα
191
laß mich und sie, die unglückselige mutter,
vor unsern kindern sterben und erspare
das schaudervolle schauspiel wenigstens,
den todeskampf der kleinen, unsern augen,
wie nach grolsvater sie und mutter rufen.
sonst tu wie dich’s gelüstet: keiner waffe
gebieten wir, des tods uns zu erwehren.
MEGARA.
Auch ich hab’ eine bitte; beider wunsch
erfüllst du leicht mit einem gnadenwort.
gestatte dals man unser haus mir öffne
(jetzt sind wir ausgesperrt), und ich die kinder
zum tode schmücke: gönne wenigstens
den söhnen das von ihres vaters erbe.
LYKOß,
Das mögt ihr haben. meine diener sollen
die riegel öffnen; geht hinein und hängt
den schmuck euch um; mit kleidern geiz’ ich nicht,
doch wenn ihr euren leib mit festgewändern
geschmückt habt, komm’ ich, ihn ins grab zu legen.
Lykos zur seite, von der er kam, ab.
MEGARA,
Auf, kinder, folget eurer armen mutter
in eurer vaterhaus. noch heilst es unser,
doch des besitzes walten andre schon.
Megara und die kinder ab ins haus.
AMPHITRYON.
Zeus, meinem weib bist du genaht — was hilft es?
Zeus, meines sohnes vater hiefs ich dich —
was hilft es mir? du hieltest nicht die treue,
die ich erwartet. grolser gott, ich mensch
bin dir an redlichkeit weit überlegen:
Herakles kinder hab’ ich nicht verraten:
du aber wusstest den verbotnen weg
zu fremdem bett vortrefflich auszufinden,
doch rettung für die deinen weilst du nicht:
an weisheit fehlt dir’s, gott, wo nicht, an güte.
ab ins haus.
192
ΧΟΡΟΣ.
atlıvov μὲν ἐπ᾽ εὐτυχεῖ μολπᾷ Φοῖβος ἰαχεῖ,
τὰν καλλίφϑογγον κιϑάραν ἐλαύνων πλήκτρῳ χρυσέῳ " 880
ἐγὼ δὲ τὸν γᾶς ἐνέρων T’ ἐς ὄρφναν
μολόντα παῖδ᾽, εἴτε Ζιός νιν εἴπω
εἴτ᾽ ᾿Αμφιτρύωνος ἶνιν,
ὑμνῆσαι στεφάνωμα μόχϑων δι᾽ εὐλογίας ϑέλω. 355
γενναίων δ᾽ ἀρεταὶ πόνων τοῖς ϑανοῦσιν ἄγαλμα.
πρῶτον μὲν Aıös ἄλσος
ἠρήμωσε λέοντος, 380
πυρσῷ δ᾽ ἀμφεκαλύφϑη
ξανϑὸν κρᾶτ᾽ ἐπινωτίσας, δεινῷ χάσματι ϑηρός. u
τάν τ᾽ ὀρεινόμον ἀγρίων Κενταύρων ποτὲ γένναν 868
ἔστρωσεν τόξοις φονίοις, ἐναίρων πτανοῖς βέλεσιν.
ξύνοιδε Πηνειὸς ὅ καλλιδίνας
uergal τ᾽ ἄρουραι πεδίων ἄκαρποι
καὶ Πηλιάδες Feganvaı 810
σὐγχορτοί τ᾽ Ὀμόλας ἔναυλοι, πεύκαισιν ὅϑεν χέρας
πληροῦντες χϑόνα Θεσσαλῶν ἱππείαις ἐδάμαξζον.
τάν τε χρυσοχάραγον 815
δόρκα ποιχιλόνωτον
συλήτειραν ἀγρωστᾶν
χτείνας ϑηροφόνον ϑεὰν Οἰνωᾶτιν ἀγάλλει. ξξπ
τεϑρίππων τ᾽ ἐπέβα 880
χαὶ ψαλίοις ἐδάμασε πώλους Διομήδεος,
350 καλλέφϑετον : em Stephanus 352 ὄρφνην 364 ὀρεεινόμων: em Canter
366 ἔτρωσεν: em Reiske 373 πληροῦντες P: πληροῦντας C 376 δόρκαν
377 ἀγρώσταν 379 οὐἐνόα τέν᾽ : yo. τὴν ἀγάλλεε et supra & (£r?) C marg.
198
CHOR.
Greift zu festlichem gesange
Phoibos in der goldnen laute
melodienreiche saiten,
80 beschlielst der ruf der klage
seinen sang:
aber das lied das dem helden wir singen,
der in das dunkel der erd’ und der hölle
schied (sei ein gott, sei ein mensch nun sein vater),
werde zum festlied, flechte zu stolzem
kranz seiner herrlichen taten gedächtnis:
denn die tugend, bewährt in erhabenen
kämpfen, ziert noch im tode.
Erst im haine des Zeus
schlug er den grimmigen leun,
schlang um den rücken das vliels:
über dem blonden gelock
gähnte der feurige rachen.
Der Kentauren wüste horden,
die in wildem bergwald hausten,
streckten seine grimmen pfeile
mörderischen flugs zu boden:
zeugt es ihm,
wallend erbrausende flut des Peneios,
endlose fruchtbare Thessalerfluren,
die ihr zerstampft eure saaten erblicktet.
Pelionschluchten, Homolegründe,
saget es, nachbarn: bewehret mit euren
fichten brachen sie ein in Thessalien,
das ihre hufen zertraten.
Schlug auch das scheckige reh
das die arkadische flur
wühlte mit güldenem horn,
und es empfieng das geweih
Artemis, herrin des waidwerks.
Halfterlos an blutbespritzten krippen
schlangen Diomedes’ Thrakerrosse
v. Wilamowitz 1. 13
194
al φονίαισι φάτναις ἀχάλιν᾽ ἐϑόαξον
κάϑαιμα σῖτα γένυσι, χαρμοναῖσιν ἀν-
δροβρῶσι δυστράπεζοι" 885
πέραν δ᾽ ἀργυρορρύτων Ἕβρου διε-
πέρασεν ὄχϑων ἢϊ]υχηναίῳ πονῶν τυράννῳ.
ἀνά τε Πηλιάδ᾽ ἀκτὰν
Avyavgov παρὰ πηγὰς 890
Κύχνον ξεινοδαΐχταν
τόξοις ὥλεσεν, Augpavalas οἰχήτορ᾽ ἄμειχτον. “τ
ὑμνῳδούς τε χόρας
ἤλυθεν ἑσπέριον ἐς αὐλάν, χρύσεον πετάλων 895
ἀπὸ μηλοφόρων χερὶ καρπὸν ἀμέρξων,
δράκοντα πυρσόνωτον, ὅς (σφ᾽) ἄπλατον ἀμ-
φελιχτὸς Elın’ ἐφρούρει,
χταγών᾽ ποντίας ϑ᾽ ἁλὸς μύχους εἰσ- 400
έβαινε, ϑνατοῖς γαλανείαν τιϑεὶς ἐρετμοῖς.
οὐρανοῦ 3 ὑπὸ μέσσαν
ἐλαύνει χέρας ἕδραν,
Arkayrocs δόμον ἐλθών, 405
ἀστρωπούς TE κατέσχεν οἴχους εὐανορίᾳ ϑεῶν. z—m
τὸν ἱππευτάν τ᾿ Aualdvwy στρατὸν
Μαιῶτιν ἀμφὶ πολυπόταμον
ἔβα δι᾽ Εὔξεινον οἶδμα λίμνας, 410
τίν᾽ οὐκ ἀφ᾽ Ἑλλανίας ἄγορον ἁλίσας φίλων,
χόρας ᾿Αρείας πέπλων χρυσεόστολον φάρος
ζωστῆρος ὀλεϑρίους ἄγρας. 415
τὰ κλεινὰ δ᾽ Ἑλλὰς ἔλαβε βαρβάρου κόρας
λάφυρα, καὶ σῴξεται υχήναις.
τάν TE μυριόχρανον
πολύφονον κύνα “έρνας 4.
ὕδραν ἐξεπύρωσεν
884 καϑ᾽ alua 885 ἀνδροβῶσι 386 ἀργυρορρύταν Ἕβρον διέπερασο᾽
ὄχϑον: em Wil 388 ἀνὰ Wil: τάν 391 K. δὲ Esvodalsrav: em Pfiugk
Kirchhoff 396 γρυσέων: em Wakefield 897 μηλοφόρων P: μηλοφόρον C
398 suppl Hermann 402 ralavias: yalavelas Heath, em Wil 412 dyo-
θῶν: em ἃ 415 ξωστῇρ-ς C! -gos CP 418 σώξετ᾽ ἐν: em Pfiugk
420 πολύφωνον : em Stephanus
195
wüsten frals in unnahbarer wildheit;
gierig schroteten die eklen kiefern
blut’ge glieder von zerrissnen menschen:
aber er zwang ihnen ein das gebils in die mäuler,
bändigte sie; sie mulsten den wagen ihm ziehen
heim nach Myken von den silbernen fluten des Hebros:
und Eurystheus auftrag war vollendet.
Wo in den malischen golf
sich der Anauros ergielst,
fällte den Kyknos sein pfeil:
nicht mehr lauert am weg
mördrisch den gästen der unhold.
An der erde westrand steht der garten,
wo der Hesperiden lieder schallen,
in dem laub des reichbeladnen baumes
schimmern güldene äpfel, doch als wächter
schlingt sich purpurn um den stamm der drache:
aber er kam und erschlug das geringelte scheusal,
pflückte die frucht. er stieg in die tiefen des meeres,
schuf für die wilden gewässer ein sicheres bette:
friedlich fahren nun der menschen schifflein.
Wo auf die erde hinab
nieder der himmel sich senkt,
stemmt’ er sich gegen die wucht,
trug er des himmlischen doms
sternenpaläste für Atlas.
Wider der berittnen Amazonen scharen
in den strömereichen steppen der Maeotis
zog er durch des wilden Schwarzen meeres strudel,
seinem heerbann folgten Hellas beste helden,
nach der Arestochter goldgewirktem schmucke,
auf der wilden jagd des gürtels.
und das kleinod der barbarenjungfrau
pranget in Mykenes schatzhaus
ala Hellenenbeute.
Dem wurme von Lerna
brannt aus er die tausend
mordzischenden häupter;
13*
196
βέλεσί τ᾽ ἀμφέβαλ᾽ (ἰόν),
τὸν τρισώματον οἷσιν ἔχτα βοτῇρ᾽ ᾿Ερυϑείας. —
doduwy τ᾽ ἄλλων ἀγάλματ᾽ εὐτυχῆ 45
διῆλθε τόν τε πολυδάχρυον
ἔπλευσ᾽ ἐς Ἅιδαν, πόνων τελευτάν᾽
ἵν᾽ ἐχπεραίνει τάλας βίοτον οὐδ᾽ ἔβα πάλιν.
στέγαι δ᾽ ἔρημοι φίλων, τὰν δ᾽ ἀνόστιμον τέχνων 4%
«Χάρωνος ἐπιμένει πλάτα
βίου χέλευϑον ἄϑεον ἄδικον᾽ ἐς δὲ σὰς
χέρας βλέπει δώματ᾽, οὐ παρόντος. 4835
ei δ᾽ ἐγὼ σϑένος ἥβων
δόρυ τ᾿ ἔπαλλον ἐν αἰχμᾷ
Καδμείων τε σύνηβοι,
τέχεσιν ἂν προπαρέσταν
ἀλχκᾷ᾽ νῦν δ᾽ ἀπολείπομαι τᾶς εὐδαίμονος ἥβας. ΞΞΞΞ.. MO
Ξ
ALM ἐσορῶ γὰρ τούσδε φϑιμένων
ἔνδυτ᾽ ἔχοντας, τοὺς τοῦ μεγάλου
" δή ποτε παῖδας τὸ πρὶν Ἡρακλέους,
ἄλοχόν τε φίλην ὑπὸ σειραίοις 45
ποσὶν ἕλκουσαν τέχνα καὶ γεραιὸν
πατέρ᾽ Ἡρακλέους. δύστηνος ἐγώ,
δαχρύων ὡς οὐ δύναμαε κατέχειν
γραίας ὄσσων ἔτι πηγάς. “ὦ 450
METAPA.
El&v’ τίς ἱερεύς, τίς σφαγεὺς τῶν δυσπότμων
[ἢ τῆς ταλαίνης τῆς ἐμῆς ψυχῆς φονεύς"
ἕτοιμ᾽ ἄγειν τὰ ϑύματ᾽ εἰς Audov τάδε.
ὦ τέκν᾽, ἀγόμεϑα ζεῦγος οὐ καλὸν νεχρῶν,
ὁμοῦ γέροντες καὶ νέοι καὶ μητέρες. 455
ὦ μοῖρα δυστάλαιν᾽ ἐμή τε καὶ τέχνων,
τούσδ᾽ οὗς πανύστατ᾽ ὄμμασιν προσδέρχομαι.
ἐτέχομεν ὑμᾶς --- πολεμίοις δ᾽ ἐϑθρεψάμην
422 ἐὸν suppl Wil. Wecklein 426 τὸν nolvddxpvror: em Wakefield
428 ἐχπεράνη: em Heath 435 δώματ᾽ od Musgrave: σῶμα τοῦ 443 Boduu':
em Heath 452 del Paley 454 νεκρόν: em apogr. 456 ἐμῶν : em Kirchhoff
458 ἕτεκον μέν: em Wil
197
er strich ihren geifer
an seine geschosse:
da mulst’ ihm erliegen
Geryones drillingskörper.
Noch von manchen fahrten kehrt’ er heim als sieger;
und zur letzten arbeit stieg ins reich der tränen
er zum Hades nieder. dort hat seines lebens
abschluls er gefunden. nimmer kehrt er wieder.
und sein haus steht schutzlos. Charon harrt der kinder;
sie auch gott- und rechtverlassen
in das reich von wannen keine rückkehr
führt er bald. die deinen harren
deiner, doch du fehlest.
Ich sollte nur kräftig
mit meinen genossen
in jugend noch blühen:
so stünde beschützend
mein speer vor den kindern.
doch ach, wir entbehren
der jugend, des böchsten gutes.
Aus dem palaste kommen Amphitryon Megara und die kinder, diese im fest-
gewande und mit bändern und kränzen im haar.
CHORFÜHRER.
Sieh da, im leichenschmuck die weiland kinder
des einst gewalt’gen Herakles; sein weib
zieht ihre knaben, die sich an die fülse
ihr klammern, mühsam vorwärts; hier der greis,
des helden vater — strömt hervor, ihr tränen:
mein altes auge kann euch nicht mehr halten.
MEGARA,.
Wolan, wo ist der priester, wo der schlächter?
die opfer sind zum letzten gang bereit.
so führt man uns in jammervollem zuge
zum tode, meine kinder, eines weges
die mutter mit den söhnen, greis und knaben.
welch grausam schicksal, meins und meiner kinder.
geboren hab’ ich euch, hab’ euch erzogen —
198
ὕβρισμα χἀπίχαρμα xal διαφϑοράν.
φεῦ"
N πολύ γε δόξης ἐξέπεσον εὐέλπιδος, 460
ἣν πατρὸς ὑμῶν ἐκ λόγων ποτ᾽ ἤλπισα.
σοὶ μὲν γὰρ “Ἄργος ἔνεμ᾽ ὃ κατϑανὼν πατήρ,
Εὐρυσϑέως δ᾽ ἔμελλες οἰκήσειν δόμους
τῆς καλλιχάρπου χράτος ἔχων Πελασγίας,
στολήν τε ϑηρὸς ἀμφέβαλλε σῷ κάρᾳ 465
λέοντος ἧπερ αὐτὸς ἐξωπλίζετο᾽
σὺ δ᾽ ἦσϑα Θηβῶν τῶν φιλαρμάτων ἄναξ,
ἔγκληρα πεδία τἀμὰ γῆς χεχτημένος,
ὡς ἐξέπειϑες τὸν κατασπείραντά σε,
ἐς δεξιάν τε σὴν ἀλεξητήριον 410
ξύλον χαϑίει δαίδαλον, ψευδῇ δόσιν.
σοὶ δ᾽ ἣν ἔπερσε τοῖς ἐχηβόλοις ποτὲ
τόξοισι δώσειν Οἰχαλίαν ὑπέσχετο.
τρεῖς δ᾽ ὄντας ζὑμᾶς) τριπτύχοις τυραννίσι
πατὴρ ἐπύργου, μέγα φρονῶν εὐανδρίᾳ. 175
ἐγὼ δὲ νύμφας ἠχροϑινιαζόμην
χήδη συνάψουσ᾽ ἔχ τ᾽ ᾿ϑηναίων χϑονὸς
Σπάρτης τε Θηβῶν 9᾽, ὡς ἀνημμένοι χάλῳς
φουμνησίοισι βίον ἔχοιτ᾽ εὐδαίμονα.
χαὶ ταῦτα φροῦδα᾽ μεταβαλοῦσα δ᾽ ἡ τύχη 480
γύμφας μὲν ὑμῖν Κῆρας ἀντέδωκ᾽ ἔχειν,
ἐμοὶ δὲ δάχρυα λουτρὰ δυστήνῳ φζ(έρειν),
πατὴρ δὲ πατρὸς ἑστιᾷ γάμους ὅδε,
Auöny νομίζων πενϑερόν, κῆδος πικρόν).
ὦμοι, τίν᾽ ὑμῶν πρῶτον ἢ τίν᾽ ὕστατον 435
πρὸς στέρνα ϑῶμαι; τῷ προσαρμόσω στόμα;
τένος λάβωμαι; πῶς ἂν ὡς ξουϑόπτερος
μέλισσα συνενέγκαιμ᾽ ἄν ἐκ πάντων γόους,
ἐς ὃν δ᾽ ἐνεγχοῦσ᾽ ἁϑρόον ἀποδοίην δάχρυ;
ὦ φίλτατ᾽, εἴ τις φϑόγγος εἰσακούεται 490
ϑνητῶν παρ᾽ “Ἵιδῃ, σοὶ τάδ᾽, Ἡράκλεις, λέγω"
ϑνήσκχει πατὴρ σὸς καὶ τέκν᾽, ὄλλυμαε δ᾽ ἐγώ,
460 we ὅ. ἀξέπαισαν dinides: em H. Hirzel Kirchhof 465 ἀμφέβαλες: em
Canter 469 ἐξέπειϑε: em Hermann 470 re Musgrave: δέ 471 δαιδάλον:
em Dobree Hermann 474 suppl Canter 475 ἐπ᾿ ἀνδρέᾳ: em Elimsley
482 duormvos: em Fix φέρειν Bothe: φρενῶν 484 πικρόν Reiske: πατοός
400 φϑόγγον εἰσακούσεται: em Nauck
199
für wen? nur für die feinde wuchst ihr auf
zu spott und hohn, zu frevelhaftem morde.
ach gott,
wie ist mein fröhlich hoffen mir gescheitert,
das eures vaters wort in mir geweckt.
denn dir verlieh der vater, der nun tot ist,
das reich von Argos; in Eurystheus schlofs
solltest du wohnen, solltest könig sein
in des Pelasgerlandes reichen fluren;
und um das köpfchen hängt’ er dir die haut
des grimmen leun, die seine rüstung war.
du aber warst des reis’gen Thebens ἔχει;
der vater schenkte dir, weil du so hübsch
drum batest, die gefilde meines erbteils;
und in die hand legt’ er die keule dir,
die schönbeschlagne — trügerisch geschenk.
und die des bogens meisterschuls erwarb,
die burg Oichalias, versprach er dir.
so träumte stolz in heldenkraft der vater,
drei söhnen euch drei reiche zu vermachen.
ich aber schaute mich nach bräuten um,
den edelsten und schönsten, aus Athen,
aus Sparta und aus Theben, dafs den mast
an eures glückes schiffe fest und sicher
der würdigsten verwandtschaft taue hielten.
und das ist nun dahin; das glück schlug um.
als braut umarmet euch die todesnacht,
zum ehbett schmück’ ich euch das grab, ihr ärmsten,
und der großvater muls die hochzeit rüsten,
der schwähr ist Hades — graunvoll hochzeitsfest,
ach, wen von euch drück’ ich zuerst ans herz,
und wen zuletzt? für wen der erste kuls,
für wen der letzte? könnt’ ich wie die biene
doch emsig all den schmerz, den ich um alle
empfinde, sammeln und in einem strom
von tränen allen meinen gram ergiessen.
dir, mein gemal, dir ruf’ ich, Herakles,
wenn zu den toten dringt ein sterblich wort,
erhöre mich: dein vater, deine söhne
200
ἣ πρὶν μαχαρία διὰ σὲ ἐκλῃζόμην βροτοῖς.
ἄρηξον, ἐλϑὲ χαὶ σκιά, φάνηϑί μοι᾿"
ἅλις γὰρ ἐλθὼν κἂν ὄναρ γένοιο σύ. 495
χαχοὶ γὰρ ἐς σέ y οἱ τέκνα xrelvovor σά.
ἈΜΦΙΤΡΥΩΝ.
σὺ μὲν τὰ νέρϑεν εὐτρεπῆ ποιοῦ, γύγαι,
ϑανεῖν γάρ, ὡς ἔοικ᾽, ἀναγχαίως ἔχει"
ἐγὼ δὲ σέ, ὦ Ζεῦ, χεῖρ᾽ ἐς οὐρανὸν δικὼν
αὐδῶ᾽ τέχνοισιν εἴ τι τοισίδ᾽ ὠφελεῖν
μέλλεις, ἀμύνειν, ὡς τάχ᾽ οὐδὲν ἀρχέσεις.
καίτοι κέχλησαι πολλάκις" μάτην πογῶ.
ἀλλ᾽, ὦ γέροντες, μικρὰ μὲν τὰ τοῦ βίου,
τοῦτον δ᾽ ὅπως ἥδιστα διαπεράσετε
ἐξ ἡμέρας ἐς νύχτα μὴ λυπούμενοι.
ὡς ἐλπίδας μὲν ὅ χρόνος οὐχ ἐπίσταται
σῴζειν, τὸ δ᾽ αὑτοῦ σπουδάσας διέπτατο.
ὁρᾶτ᾽ ἔμ᾽, ὅσπερ ἦ περίβλεπτος βροτοῖς
ὀνομαστὰ πράσσων, καί μ᾽ ἀφείλεϑ᾽ ἡ τύχη
ὥσπερ πτερὸν πρὸς αἰϑέρ᾽ ἡμέρᾳ μιᾷ. 510
ὁ δ᾽ ὄλβος ὅ μέγας Ü τε δόξ᾽ οὐχ οἵδ᾽ ὅτῳ
βέβαιός ἐστι. χαίρετ᾽" ἄνδρα γὰρ φίλον
πανύστατον νῦν, ἥλικες, δεδόρχατε.
5 553
ME. Eu,
ὦ πρέσβυ, λεύσσω τἀμὰ φίλτατ᾽, ἢ τί φῶ;
— οὐχ’ οἶδα, ϑύγατερ᾽ ἀσφασία δὲ κἄμ᾽ ἔχει. 515
— δδ᾽ ἐστὶν ὃν γῆς νέρϑεν εἰσηκούομεν,
εἰ μή γ᾽ ὄνειρον ἐν φάει τι λεύσσομεν.
τέ φημί; ποῖ᾽ ὄνειρα χηραίνουσ᾽ ὁρῶ;
οὐχ ἔσϑ᾽ δδ᾽ ἄλλος ἀντὶ σου παιδός, γέρον.
δεῦρ᾽, ὦ τέχν᾽, ἐχχρίμνασϑε πατρῴων πέπλων, 520
495 κἂν ὄναρ Wil: ἵκανον dv 4907 εὐπρεπῇ C! 502 δυο revocavit Wil
508 ὀρᾶτέ μ᾿ 520 ἐκκρήμινασϑε
sie gehn zum tod, zum tode geh’ auch ich,
die einst die welt als dein gemal beneidet;
hilf, komm und sei’s als geist, erscheine mir:
ja selbst als traumgebild kannst du uns retten,
die feigheit unsrer mörder flieht vor dir.
AMPHITRYON,
Mach alles nur bereit zum tode, tochter,
denn dafs wir sterben müssen, scheint gewils.
ich recke meinen arm empor zu dir,
Zeus, wenn du diese kinder retten willst,
so hilf, ich mahne dich, bald ists zu spät.
allein dich hab’ ich schon so oft gerufen,
eg ist verlorne müh’. ihr greisen freunde,
das menschenleben währt nur eine spanne,
und doch, es wird der köstlichste genulfs,
wenn man den tag dahinlebt unbekümmert,
was uns der abend bringe. denn die zeit
vermag nicht unsre wünsche zu erfüllen,
sie kommt, gibt was sie hat, und ist vorüber.
seht mich nur an. hoch stand ich in der welt,
berufen war mein glück: da kam das schicksal
und nahm mir alles, spielend, wie die feder
man in die lüfte bläst. ob irgend wem
reichtum und ruhm beständig sei — wer weils es?
so lebt mir wol, die ihr ein langes leben
mir treu wart; nimmer sehen wir uns wieder.
MEGARA,.
Mein vater,
wie wird mir? seh ich da nicht meinen trauten ?
AMPHITRYON.
Ich weils nicht, tochter: staunen mufs auch ich.
MEGARA,
Er ist es, den wir in dem Hades glaubten,
wenn wir kein traumbild sehn am hellen tag —
pfui der kleingläubigkeit: das ist kein traum,
das ist er selbst, das, vater, ist dein sohn.
auf, kinder, hängt euch an des vaters kleider,
201
202
ἔτ᾽ ἐγκονεῖτε, μὴ μεϑῆτ᾽, ἐπεὶ Διὸς
Σωτῆρος ὑμῖν οὐδέν ἐσϑ᾽ δδ᾽ ὕστερος.
ἩΡΑΚΛΗ͂Σ.
ὦ χαῖρε, μέλαϑρον πρόπυλά 9° ἑστίας ἐμῆς,
ὡς ἅσμενός σ᾽ ἐσεῖδον ἐς φάος μολών.
ἔα" τί χρῆμα, τέκν᾽ ὁρῶ πρὸ δωμάτων 52
στολμοῖσι νεχρῶν χρᾶτας ἐξεστεμμένα,
ὄχλῳ τ᾽ ἐν ἀνδρῶν τὴν ἐμὴν ξυνάορον,
πατέρα TE δαχρύοντα᾽ συμφορὰς τένας;
φέρ᾽ ἐκπύϑωμαι τῶνδε πλησίον σταϑείς,
τί καινὸν ζἡμῖνδ ἦλϑε δώμασιν χρέος; 530
AM. ὦ φίλτατ᾽ ἀνδρῶν, ὦ φάος μολὼν πατρί,
ἥχεις, ἐσώϑης εἰς ἀχμὴν ἐλθὼν φίλοις;
ΗΡ. τί φής; τίν᾽ ἐς ταραγμὸν ἥκομεν, πάτερ;
ME. διολλύμεσθα᾽ σὺ δὲ, γέρον, σύγγνωθσθί μοι,
εἰ πρόσϑεν ἥρπασ᾽ ἃ σὲ λέγειν πρὸς τόνδ᾽ ἐχρῆν᾽ 58
τὸ ϑῆλυ γάρ πως μᾶλλον οἰχτρὸν ἀρσένων,
καὶ τἄμ᾽ ἔϑνῃσχε τέκν᾽, ἀπωλλύμην δ᾽ ἐγώ.
HP. "Ἄπολλον, οἵοις φροιμίοις ἄρχῃ λόγου.
ME. τεϑνᾶσ᾽ ἀδελφοὶ καὶ πατὴρ οὑμὸς γέρων.
-- πῶς φής; τί δράσας ἢ δορὸς ποίου τυχών; 540
— Avxos σφ᾽ ὃ καινὸς γῆς ἄναξ διώλεσεν.
- ὅπλοις ἀπαντῶν ἢ νοσησάσης χϑονός;
528 γρ. συμφορᾶς τινος ἢ συμφορὰς T....Cin margine laeso 530 γύναι
τί καινὸν ἦλθε: γύναι del Elmaley, ἡμῖν suppl Wil (719ε τοῖσδε d. Elmsley)
531 Aug. Elmsley Dobree: Mey. 541 κλεινός: corr Elmsley Dobree
208
herbei, beeilt euch, lafst nicht los: er bringt
euch sichrer hilfe denn der Retter Zeus.
HERAKLES
in fürstlicher tracht, ohne löwenhaut, aber bewaffnet mit köcher und bogen, die
keule in der hand. er kommt von der seite, die der entgegengesetzt ist, von der
Lykos und der chor kamen, und spricht während des gehens.
Ich grüßs’ euch, dach und pforte meines hauses.
wie froh bin ich, dem licht zurück gegeben
euch wieder zu erblicken. ha, was ist das?
die kinder vor dem hause? leichenschmuck
auf ihrem haupt? in einer schar von männern
mein ehgemal? mein vater dort in tränen ?
was hat er dafs er weint? ich geh’ drauf zu
und frage, welche not mein haus betraf.
AMPHITRYON.
Mein liebstes auf der welt, mein sohn, dem vater
ein rettend licht erschienen, bist du da,
gerettet, noch zur rechten zeit für uns.
HERAKLES,.
Wie, vater? trefl” ich euch in not? was ist das?
MEGARA,
Zum tode gieng’s. verzeih, wenn ich vorweg
dir vor dem mund die antwort nehme, vater;
ich bin ein weib, mich übermannt die rührung,
und meine kinder sollten mit mir sterben.
HERAKLES,
Bewahr’ uns gott vor dem, das so beginnt.
MEGARA,
Tot ist mein vater, tot sind meine brüder.
HERAKLES,.
Was sagst du? wie das? welchem schwert erlegen ?
MEGARA.
Lykos, des landes neuer fürst, erschlug sie.
HERAKLES,
In offner feldschlacht oder durch verrat?
204
στάσει" τὸ Κάδμου δ᾽ ἑπτάπυλον ἔχει κράτος.
τί δῆτα πρὸς σὲ καὶ γέροντ᾽ ἦλθεν φόβος;
χτείγειν ἔμελλε πατέρα χἀμὲ χαὶ τέχνα. δ45
τί φής; τί ταρβῶν ὀρφάνευμ᾽ ἐμῶν τέχνων;
un ποτε Κρέοντος ϑάγατον ἐχτεισαέατο.
χόσμος δὲ παίδων τίς ὅδε νερτέροις πρέπων;
ϑανάτου rad’ ἤδη περιβόλαι᾽ ἀνήμμεϑα.
χαὶ πρὸς βίαν ἐθνῃσκετ; ὦ τλήμων ἐγώ. 550
φίλων (γ᾽) ἔρημοι" σὲ δὲ ϑανόντ᾽ ἠχούομεν.
πόϑεν δ᾽ ἐς ὑμᾶς vb’ ἐσῆλϑ᾽ ἀϑυμία;
Εὐρυσϑέως κήρυκες ἤγγελλον τάδε.
τί δ᾽ ἐξελείπετ᾽ οἶχον ἑστίαν τ᾽ ἐμήν;
βίᾳ, πατὴρ μὲν ἐχπεσὼν στρωτοῦ λέχους, 555
κοὐχ ἔσχεν αἰδῶ τὸν γέροντ᾽ ἀτιμάσαι;
αἰδῶ γ᾽" ἀποικχεῖ τῆσδε τῆς ϑεοῦ πρόσω.
οὕτω δ᾽ ἀπόντες ἐσπανίζομεν φίλων;
φίλοι γάρ εἰσιν ἀνδρὶ δυστυχεῖ τίνες;
548 δ᾽ Dobree: γ᾽ δ48 πρέπων apogr: πέπλων 551 suppl Hermann
557 αἰδώς: em Nauck
208
MEGARA.
Ein aufstand bracht’ ihn auf den thron der stadt.
HERAKLES,
Und wie bedrohte dich das und den vater?
MEGARA,
Der vater, ich, die kinder sollten sterben.
HERAKLES.
Wie? diese waisen schienen Lykos furchtbar?
MEGARA.
Sie möchten einst den fall des Kreon rächen.
HERAKLES,
Und welch ein aufzug? leichen schmückt man so.
MEGARA.
So waren wir schon für das grab gerüstet.
HERAKLES,.
Weh mir! die hand des todes lag auf euch!
MEGARA,.
Dich hiefs man tot, so stand uns niemand bei.
HERAKLES,
Woher denn diese kunde der verzweiflung ?
MEGARA.
Herolde des Eurystheus brachten sie.
HERAKLES,
Doch was vermocht’ euch aus dem schlofs zu weichen ?
MEGARA.
Gewalt; sie trieb von seinem bett den vater.
HERAKLES,
Gewalt an einem greis? schämt’ er sich nicht?
MEGARA.
Lykos und scham! die göttin kennt er nicht.
HERAKLES,
Und wirklich, weil ich fern war, half euch niemand ὃ
MEGARA.
Wo fände je der mensch im unglück freunde!
206
— μάχας δὲ Μινυῶν ἃς ἔτλην ἀπέπετυσαν; δ00
— ἄφιλον, ἵν᾽ αὖϑίς σοι λέγω, τὸ δυστυχές.
HP. οὐ ῥίψεϑ᾽ Audov τάσδε περιβολὰς κόμης
χαὶ φῶς ἀναβλέψεσϑε τοῦ κάτω σχότου
φίλας ἀμοιβὰς ὄμμασιν δεδορκχότες ;
ἐγὼ δέ (νῦν γὰρ τῆς ἐμῆς ἔργον χερός) 565
πρῶτον μὲν εἶμι καὶ χατασχάψω δόμους
χαιγνῶν τυράννων, κρᾶτα δ᾽ ἀνόσιον τεμὼν
δέψω κυνῶν Elunua' Καδμείων δ᾽ ὅσους
χαχοὺς ἐφηῦρον εὖ παϑόντας ἐξ ἐμοῦ,
τῷ καλλινίχῳ τῷδ᾽ ὅπλῳ χειρώσομαι᾽ δ10
τοὺς δὲ πτερωτοῖς διαφορῶν τοξεύμασι
νεχρῶν ἅπαντ᾽ ᾿Ισμηνὸν ἐμπλήσω φόνου,
“ίρχης ve νᾶμα λευκὸν αἱἰμαχϑήσεται.
τῷ γὰρ μ᾽ ἀμύνειν μᾶλλον ἢ δάμαρτι χρὴ
χαὶ παισὶ καὶ τεχόντε; χαιρόντων πόνοι" 675
μάτην γὰρ αὐτοὺς τῶνδε μᾶλλον ἤνυσα.
καὶ δεῖ u’ ὑπὲρ τῶνδ᾽, εἴπερ οἵδ᾽ ὑπὲρ πατρός,
ϑνήσχειν ἀμύνοντ᾽" ἢ τί φήσομεν καλὸν
ὕδρᾳ μὲν ἐλθεῖν ἐς μάχην λέοντί τε
Εὐρυσϑέως πομπαῖσι, τῶν δ᾽ ἐμῶν τέχνων 580
οὐχ ἐχπονήσω ϑάνατον; οὐχ ἄρ᾽ Ἡρακλῆς
ὁ χαλλένικος ὡς πάροιϑε λέξομαι.
ΧΟ. δίκαιά τοῦσϑ᾽ ἐχόντα σ᾽ ὠφελεῖν τέχνα
πατέρα TE πρέσβυν τήν TE κοινωνὸν γάμων.
AN. πρὸς σοῦ μέν, ὦ παῖ, τοῖς φίλοις {τ᾽) εἶναι φίλον 585
τά τ᾽ ἐχϑρὰ μισεῖν" ἀλλὰ μὴ ᾿πείγου λίαν.
ΗΡ. τί δ᾽ ἐστὶ τῶνδε ϑᾶσσον ἢ χρεών, πάτερ;
563 σχότους 575 τεκόντι Wakefield: «ροντε 583 Χο add Tyrwhitt.
τοὺς τεκόντας ὠφελεῖν (etiam Stob. 79, 22): distinx Wil 585 suppl Radermacher
201
HERAKLES,
Sind ihnen meine Minyersiege nichts?
MEGARA,
Noch einmal sag’ ich: freundlos ist das unglück.
HERAKLES,
Fort mit dem leichenschmuck aus eurem haar,
schlagt aus des todes finsternis erstanden
die augen auf zum lieben sonnenlicht.
und ich, denn hier hat dieser arm zu handeln,
ich gehe, werfe dieses eingedrungnen
gewaltherrn thron zu boden, schlag’ sein haupt
vom rumpfe, werf’s den hunden hin zum fralse,
und die Thebaner, die mir meine taten
mit undank lohnen, schmettert diese keule
zu boden, die genossin meiner siege,
durchbohren diese fittichschnellen. pfeile,
mit blut’gen leichen dämm’ ich den Ismenos,
und purpurn färbt sich Dirkes klarer born.
wem sollt’ ich denn bereiter sein zu helfen
als kindern, gattin, vater? fahrt dahin,
ihr siege, heute gilt es mehr als euch.
und wenn sie sich für mich geopfert haben,
so muls auch ich für sie dem tod mich bieten.
wär’ es ein ruhm, dafs auf Eurystheus’ wort
mit löwen und mit drachen ich gestritten,
wenn heut ich meiner eignen kinder tod
zu wehren zagen wollte: nein, dann wär’ es
vorbei mit Herakles dem nie besiegten.
CHORFÜHRER.
Ein würdig werk freiwilligen entschlusses,
den greisen vater, weib und kinder retten.
AMPHITRYON.
Der freunde schutz, der feinde trutz, du bist’s
und sollst es sein. doch übereile nichts.
HERAKLES,
Was ist in meinem plane vorschnell, vater?
208
AM.
HP.
AM.
HP.
[πολλοὺς τεένητας, ὀλβίους δὲ τῷ λόγῳ
δοχοῦντας εἶναι συμμάχους ἄναξ ἔχει,
ol στάσιν ἔϑηχαν καὶ διώλεσαν πόλιν
ἐφ᾽ ἁρπαγαῖσι τῶν πέλας, τὰ δ᾽ ἐν δόμοις
δαπάναισι φροῦδα, διαφυγόνϑ᾽ ὑπ᾽ ἀργίας.]
ὥφϑης ἐσελθὼν πόλιν᾽ ἐπεὶ δ᾽ ὥφϑης, ὅρα
ἐχϑροὺς ἀϑροίσας μὴ παρὰ γνώμην πέσῃς.
μέλει μὲν οὐδὲν εἴ με πᾶσ᾽ εἶδεν πόλις"
ὄρνιν δ᾽ ἰδών τιν᾽ οὐχ ἐν αἰσίοις ἕδραις
ἔγνων πόνον τιν᾽ ἐς δόμους πεπτωχότα᾽
ὥστ᾽ ἐκ προνοίας κρύφιος εἰσῆλθον χϑόνα.
καλῶς" ἐσελθὼν νῦν πρόσειπέ 8᾽ ἑστίαν
καὶ δὸς πατρῴοις δώμασιν σὸν ὄμμ᾽ ἰδεῖν.
ἥξει γὰρ αὐτὸς σὴν δάμαρτα xal τέχνα
ἕλξων φονεύσων, κἄμ᾽ ἐπισφάξων dvas'
μένοντι δ᾽ αὐτοῦ πάντα σοι γενήσεται
τῇ τ᾿ ἀσφαλείᾳ χερδανεῖς" πόλιν δὲ σὴν
μὴ πρὶν ταράξῃς πρὶν τόδ᾽ εὖ ϑέσϑαι, τέχνον.
δράσω τάδ᾽" εὖ γὰρ εἶπας" εἶμ᾽ ἔσω δόμων.
χρόνῳ δ᾽ ἀνελϑὼν ἐξ ἀνηλίων μυχῶν
Aıdov Κόρης (τ᾽) ἔνερϑεν οὐχ ἀτιμάσω
ϑεοὺς προσειπεῖν πρῶτα τοὺς κατὰ στέγας.
ἦλθες γὰρ ὄντως δώματ᾽ εἰς Audov, τέχνον;
καὶ ϑῆρά γ᾽ ἐς φῶς τὸν τρίχρανον ἤγαγον.
μάχῃ κρατήσας ἢ ϑεᾶς δωρήμασιν;
μάχῃ" τὰ μυστῶν δ᾽ ὄργι᾽ εὐτύχησ᾽ ἰδών.
N xal κατ᾽ οἴχους ἐστὶν Εὐρυσθέως ὁ ϑήρ;
610
588—92 del Wil 593 ἐπελϑών: em Kirchhoff 599 προσελθών: em
wil 604 δὲ 1, Dindorf: re 608 suppl Reiske 611 τρεκάρανον'
614 Εὐρυσϑέος
209
AMPHITRYON.
Dein einzug ist bemerkt; da du bemerkt bist,
so sieh dich vor, dafs nicht dein anschlag scheitre,
wenn du dem feinde zeit zum sammeln lälst.
HERAKLES,
Mich möchte meinethalb die ganze stadt
‚ gesehen haben; aber unterwegs
war mir ein übler vogelflug begegnet,
der mir verriet, dafs euch ein unglück zustiels.
und deshalb bin ich heimlich eingezogen.
AMPHITRYON.
Gut denn. so komm, begrüsse deinen herd
und gönne deines angesichtes anblick
dem vaterhause. Lykos kommt schon selbst,
zum tode Megara und deine knaben
hinweg zu schleppen und auch mich zu schlachten.
hier aber ihn erwarten hat den vorteil
der sicherheit voraus und hindert nichts;
nur setze nicht die ganze stadt in aufruhr,
eh dieses dir gelungen, lieber sohn.
HERAKLES, .
Ich wills, du rätst mir gut. so tret’ ich ein.
spät kehr’ ich aus dem reich der finsternis,
den klüften Plutons und Persephones,
nach haus zurück. ich darf den ersten gruls
den göttern meines herdes nicht versagen.
AMPHITRYON.
So warst du wirklich in der unterwelt?
HERAKLES,.
Sogar den Kerberos bracht’ ich empor.
AMPHITRYON.
Zwangst du ihn, oder schenkt’ ihn dir die göttin?
HERAKLES,
Ich zwang ihn; sieghaft durch Eleusis weihen.
AMPHITRYON. |
Und ist das ungeheur schon in Mykene?
τ, Wilamowitz 1. 14
210
-- Χϑονίας νιν ἄλσος Ἑρμιών τ᾽ ἔχει πόλιες. 615
— οὐδ᾽ oldev Εὐρυσϑεύς σε γῆς ἥκοντ᾽ ἄνω;
- οὐκ οἶδεν" ἦλθον τἀνϑάϑ᾽ εἰδέναι πάρος.
- χρόνον δὲ πῶς τοσοῦτον ἦσϑ᾽ ὑπὸ χϑονί;
— Θησέα κομίζων ἐχρόνισ᾽ (ἐξ) “Ἅιδου, πάτερ.
— καὶ ποῦ στιν; ἢ γῆς πατρίδος οἴχεται πέδον; 62
— βέβηκ᾽ ᾿ϑήνας νέρϑεν ἅσμενος φυγών.
ἀλλ᾽ EI ὁμαρτεῖτ᾽ ὦ τέχν᾽ ἐς δόμους πατρί"
καλλίονές τἄρ᾽ εἴσοδοι τῶν ἐξόδων
πάρεισιν ὑμῖν. ἀλλὰ ϑάρσος ἴσχετε
χαὶ νάματ᾽ ὄσσων μηκέτ᾽ ἐξανίετε" 63
σύ τ᾽ ὦ γύναε μοι σύλλογον ψυχῆς λαβέ
τρόμου τε παῦσαι᾽ καὶ μέϑεσϑ᾽ ἐμῶν πέπλων"
οὐ γὰρ πτερωτὸς οὐδὲ φευξείω φέλους.
ἄ
οἵδ᾽ οὐκ ἀφιᾶσ᾽ ἀλλ᾽ ἀνάπτονται πέπλων
τοσῷδε μάλλον" ὧδ᾽ ἔβητ᾽ ἐπὶ ξυροῦ; 680
ἄξω λαβών γε τούσδ᾽ ἐφολκχίδας χεροῖν,
ναῦς δ᾽ ὡς ἐφέλξω" καὶ γὰρ οὐκ ἀναίνομαι
ϑεράπευμα τέχνων. πάντα τἀνϑρώπων ἴσα"
γιλοῦσι παῖδας ol τ᾽ ἀμείνονες βροτῶν
οἵ τ᾽ οὐδὲν ὄντες χρήμασιν δὲ διάφοροι, 635
ἔχουσιν, ol δ᾽ οὔ πᾶν δὲ φιλότεχνον γένος. >
ΧΟΡΟΣ.
ἁ νεότας μοι φίλον᾽ ἄχϑος δὲ τὸ γῆρας αἰεὶ
βαρύτερον Αἴτνας σκοπέλων
ἐπὶ χρατὶ κεῖται, βλεφάρων σχοτειγὸν 6
φάος ἐπικαλύψαν.
617 ἐλθὼν τ. εἰδεέην: em Wil. Δ 619 euppl Canter (ἐν c) 625 δξα-
Ψψύετϑο: oorr Heath 627 φευξι 629 ἀφιᾶσιν 637 δὲ τὸ Musgrave: τὸ δὲ
640 κεῖσαε: em apogr. 642 φάροορ: em Canter
211
HERAKLES. ᾿
Nein, in Hermione, in Koras hain.
AMPHITRYON,
So weils Eurystheus deine heimkehr nicht?
HERAKLES,
Noch nicht. ich kam erst her, nach euch zu sehen.
AMPHITRYON.
Wie aber bliebst im Hades du so lange?
HERAKLES,
Theseus hab’ ich erlöst; das hielt mich auf.
AMPHITRYON.
Wo ist er? nach der heimat wol zurück ?
HERAKLES,
Ja, nach Athen hat er sich aufgemacht,
froh aus der unterwelt entfiohn zu sein.
doch auf, ihr kinder, kommt mit eurem vater
ins haus zurück, und froher ist der eingang
als euer ausgang war. so habt doch mut,
hört auf mit weinen; fass’ dich, liebes weib,
du brauchst nicht mehr zu zittern. lafst doch los,
was klammert ihr euch an? hab’ ich denn flügel
euch plötzlich zu verlassen? glaubt ihr denn,
vor euch, vor meinem liebsten, wollt’ ich fliehn ?
oh
sie lassen’s nicht, sie hängen sich nur fester
mir an die kleider. war der tod so nah?
nun wol, so heb’ ich euch mit meinen armen
und ziehe sacht euch, wie ein lastschiff, vorwärts,
menschlich gefühl ist überall dasselbe,
und fürst und sclave hängt an seinen kindern:
das geld alleine scheidet hoch und niedrig,
in unsrer kinder liebe sind wir gleich.
alle ab in den palast.
CHOR.
Jugend, dich lieb’ ich, Alter, du drückest
schwerer als Aetnas felsen mein haupt,
hast meiner augen licht mir umschleiert.
14*
212
μή μοι μήτ᾽ ᾿Α“σιήτιδος
τυραννίδος ὄλβος εἴη,
μὴ χρυσοῦ δώματα πλήρη 645
τᾶς ἦἥβας ἀντιλαβεῖν,
ἃ xalllora μὲν ἐν ὄλβῳ,
καλλίστα δ᾽ ἐν πενίᾳ.
τὸ δὲ λυγρὸν φϑονερόν τε Γῆ-
ρας μισῶ" κατὰ χυμάτων 650
δ᾽ ἔρροι μηδὲ ποτ᾽ ὥφελεν
ϑνατῶν δώματα καὶ πόλεις
ἐλϑεῖν, ἀλλὰ xar αὐϑέρ᾽ αἰεὶ πτεροῖσι φορείσϑω. “-ῷ GH
εἰ δὲ ϑεοῖς ἦν ξύνεσις καὶ σοφία κατ᾽ ἄνδρας,
δίδυμον ἂν ἦἥβαν ἔφερον
φανερὸν χαραχτῆρ᾽ ἀρετᾶς ὅσοισιν
μέτα, καὶ ϑανόντες 660
eig αὐγὰς πάλιν ἁλίου
δισσοὺς ἂν ἔβαν διαύλους,
d δυσγένεια δ᾽ ἁπλοῦν ἂν
εἶχεν ζοᾶς (στάδιον), ᾿
καὶ τῷδ᾽ (ἦν) τούς τε καχοὺς Av 665
γνῶναι xal τοὺς ἀγαϑούς,
ἴσον ἅτ᾽ ἐν νεφέλαισιν ἄ-
στρων ναὕταις ἀριϑμὸς πέλει.
γῦν δ᾽ οὐδεὶς ὅρος ἐκ ϑεῶν
χρηστοῖς οὐδὲ χκαχοῖς σαφής, 610
ἀλλ᾽ εἰλισσόμενός τις αἰὼν πλοῦτον μόνον αἴξει.
οὐ παύσομαι τὰς Χάριτας
Μούσαις συγκαταμειγνύς, ἁδίσταν συζυγίαν. 675
μὴ ζῴην μετ᾽ ἀμουσίας,
αἰεὶ δ᾽ ἐν στεφάνοισιν εἴην.
ἔτι τοι γέρων ἀοιδὸς κελαδεῖ ναμοσύναν᾽
ἔτι τὰν Ἡρακλέους 680
καλλίνικον ἀείδω.
παρά τε Βρόμιον οἰζνογδόταν
παρά τὲ χέλυος ἑπτατόνου
648 γ᾽ Ο' 649 φϑονερόν Wil: φόνεον 659 ἀρετῆς 660 μέτα καὶ ϑνατοὶ
ἐς αὐγὰς: em Reiske 661 ἀελέου 664 ξωᾶς στάδιον Reiske: βιοτάν
665 suppl Porson 674 Μούσαις Dio Chrys. 32, 100 alü: ταῖς Μούσαις 675 ἡδέσταν
676 μὴ Stobaeus 81, δ: ἢ 681 de/on: em Elmsley 682 οὐδόταν OP: em cp
weder des Persers üppigen thron,
weder ein haus voll gold bis zum giebel
möcht’ ich tauschen, Jugend, um dich.
süß bist du dem könig,
süßs bist du dem bettler:
aber das leidige neidische Alter
hafs’ ich von herzen.
o dals es die winde jagten
fern hinaus in öde meere;
wär’ es nie hinabgestiegen
in die wohnungen der menschen;
möge doch am himmel droben
ewiglich sein fittich kreisen.’
Wär’ in dem himmel vernünftiges einsehn
und bei den menschen gesunder verstand:
doppeltes leben lebte der gute,
stiege vom tode wieder zum lichte,
wieder zum leben; doch die gemeinheit
wäre mit einfachem leben dahin.
dann könnte man scheiden
die guten und schlechten,
wie an dem wolkigen himmel der schiffer
zählet die sterne.
doch so gaben uns die götter
für die edlen, für die bösen
kein bestimmt erkennungszeichen,
sondern alles steigt und sinket,
wie das zeitenrad sich drehet;
nur das geld bleibt immer oben.
Allzeit will ich zu holdem vereine
Chariten laden und Musen:
ohne die kunst kein leben,
immer kränze mein haupt der epheu.
grau ist der sänger: doch tönet sein lied,
tönt der Erinnrung der mutter der Musen,
tönet den siegen des Herakles.
bei dem wein, des gottes gabe,
bei dem klang der vollen laute,
213
214
uoinav καὶ “ίβυν αὐλὸν οὔπω χαταπαύσομεν 085
Μούσας, al μ᾽ ἐχόρευσαν. —
παιᾶνα μὲν Ankıddes
ὑμνοῦσ᾽ ἀμφὶ πύλας τὸν “Δατοῦς εὔπαιδα γόνον
εἰλίσσουσαι καλλίχοροι" 690
παιᾶγαζς) δ᾽ ἐπὶ σοῖς μελάϑροις
κύχγος ὡς γέρων ἀοιδὸς πολιᾶν ἐχ γενύων
κελαδήσω" τὸ γὰρ εὖ
τοῖς ὕμνοισιν ὑπάρχει. 005
Διὸς 6 παῖς" τᾶς δ᾽ εὐγενίας
πλέον ὑπερβάλλων (ἀρετᾷ)
μοχϑήσας ἀκύμον᾽ ἔϑηκεν βίοτον βροτοῖς,
πέρσας δείματα ϑηρῶν. ΞΞΞ 2 700
AYKOZ.
ἐς καιρὸν οἴχων, ᾿Αμφιτρύων, ἔξω περᾷς"
χρόνος γὰρ ἤδη δαρὸς ἐξ ὅτου πέπλοις
χοσμεῖσϑε σῶμα καὶ νεχρῶν ἀγάλμασιν.
ἀλλ᾽ εἶα, παῖδας καὶ δάμαρϑ᾽ Ἡρακλέους
ἔξω κέλευε τῶνδε φαίνεσθαι δόμων, Ἰοὸ
ἐφ᾽ οἷς ὑπέστητ᾽ αὐτεπάγγελτοι ϑανεῖν.
AMPITPTYON.
ἄναξ, διώκεις u’ ἀϑλίως πεπραγότα
ὕβριν 3° ὑβρίζεις ἐπὶ ϑανοῦσι τοῖς ἐμοῖς"
ἃ χρῆν σὲ μετρίως, nel χρατεῖς, σπουδὴν ἔχειν.
ἐπεὶ δ᾽ ἀνάγχην προστιϑεῖς ἡμῖν ϑανεῖν, 710
στέργειν ἀνάγκη, δραστέον δ᾽ ἃ σοὶ δοκεῖ.
— ποῦ δῆτα Meyapa; ποῦ τέκν᾽ ᾿Αλχμήνης γόνου;
— δοχῶ μὲν αὐτήν, ὡς ϑύραϑεν εἰχάσαι,
— τί χρῆμα; δόξης τίνος ἔχεις τεχιήριον;
690 καλλέχορον : em Hermann 691 παιᾶνα: supplc 696 suppl Nauck (ἀρε-
ταῖς Tyrwhitt) 698 τὸν ἄκυμον ἔϑηκεν: em Wil 701 περᾷ: em Heath
106 ὑπέστητέ »᾽: em ed. Brubach 714 τίνος Boissonade: τῆσδ᾽
21ὅ
bei dem schall der fremden flöte
stellt sich noch immer
ein meine meisterin Muse.
Paean schallet dem sohne der Leto,
wenn sich in festlichem reigen
Delische jungfrauen schwingen:
schall’ auch dem Herakles hier ein paean.
grau ist der sänger, doch tönet sein lied
(grau ist die kehle des singenden schwanes),
gilt doch dem rechte mein: festgesang.
Zeus erzeugt ihn: seine taten
hoben ihn zu höhrem adel,
denn der welt bracht’ er den frieden,
bracht er gesittung,
scheuchte die schrecken der wildnis.
LYKOS
mit gefolge kommt von der seite, Amphitryon aus dem palaste.
Zeit ist es, dafs du aus dem hause kommst,
Amphitryon; zu lang hat es gewährt,
dals ihr euch mit gewanden und mit binden
zum tode schmücket. auf denn, rufe du
den kindern und der frau des Herakles,
hier zu erscheinen: habt ihr euch doch selbst
erboten, willig euch dem tod zu stellen.
AMPHITRYON.
Fürst, du verfolgst mich, weil in not ich bin,
vergreifest dich an mir, weil mein beschützer
gestorben ist; du solltest deine plane
mit schonung trotz der übermacht betreiben.
allein du zwingst uns: sterben müssen wir,
so müssen wir geduldig auch gehorchen.
LYKOS.
Nun, wo ist Megara, wo sind die kinder?
AMPHITRYON,
Sie wird, wenn ich von hier vermuten darf —
LYKOS.
Was ist mit ihnen? was vermutest du?
216
— ἱκέτιν πρὸς ἁγνοῖς ἑστίας ϑάσσειν βάϑροις 115
— ἀνόνητά γ᾽, ἱκετεύουσαν ἐχσῶσαι βίον.
— καὶ τὸν ϑανόντα γ᾽ dvaxaleiv μάτην πόσιν.
— ὃ δ᾽ οὐ πάρεστιν οὐδὲ μὴ μόλῃ ποτέ.
— οὔχ, εἴ γε μή τις ϑεῶν ἀναστήσειέ νιν.
— χώρει πρὸς αὐτὴν κἀχκόμιζε δωμάτων, 720
— μέτοχος ἂν εἴην τοῦ φόνου δράσας τόδε.
-- ἡμεῖς, ἐπειδὴ σοὶ τόδ᾽ ἔστ᾽ ἐνθύμιον,
οἱ δειμάτων ἔξωϑεν ἐχπορεύσομεν
σὺν μητρὶ παῖδας. δεῦρ᾽ ἕπεσϑε, πρόσπολοε,
ὡς ἂν σχολὴν λεύσσωμεν ἄσμενοι πόνων. 125
— σὺ δ᾽ οὖν ἴϑ᾽, ἔρχῃ δ᾽ ol χρεών᾽ τὰ δ᾽ ἄλλ᾽ ἴσως
ἄλλῳ μελήσει. προσδύκα δὲ ὁρῶν καχῶς
χκαχόν τι πράξειν. ὦ γέροντες, ἐς καλὸν
στείχει, βρόχοισει δ᾽ ἀρκύων γενήσεται
ξιφηφόροισι, τοὺς πέλας δοχῶν χτενεῖν, 180
ὅ παγχάκιστος. εἶμι δ᾽, ὡς ἴδω νεκρὸν
πέπτοντ᾽ " ἔχει γὰρ ἡδονὰς ϑνήσχων ἀνὴρ
ἐχϑρὸς τίνων τε τῶν δεδραμένων δίχην. Ξ
ΧΟΡΟΣ.
μεταβολὰ κακῶν"
μέγας ὅ πρόσϑ᾽ ἄναξ 135
πάλιν ὑποστρέφει
βίοτον ἐξ Ἅιδα.
ἰώ
δίκα καὶ ϑεῶν παλίρρους πότμος. “--
ἦλθες χρόνῳ μὲν οὗ δίχην δώσεις ϑανών, 140
ὕβρεις ὑβρίζων εἰς ἀμείνονας σέϑεν. “ὦ
715 βόϑροιο: em Stephanus 717 ἀνακαλεῖ: em Hermann 720 κἀκνόμεξε
Elimsley: xad κόμεζε 725 λύσωμεν: em Canter 736 ds ἀέδαν: em Wil
740 praefixum 4ug. sustulit Hermann
217
AMPHITRYON.
Schutzflehend an dem heil’gen herde sitzen.
LYKOSß,.
Vergebens, wenn sie um ihr leben fleht.
AMPHITRYON.
Und eitlen ruf zum toten gatten senden.
LYKOß.
Ja, der ist fort und nimmer kehrt er wieder.
AMPHITRYON.
Es sei denn, dafs ein gott ihn auferwecke.
LYKOS,
Geh zu ihr, führe sie zum haus heraus.
AMPHITRYON.
Mitschuldig würd’ ich mich des mordes machen.
LYKOS.
Uns kümmern die bedenklichkeiten nicht,
so wollen wir die mutter und die kinder
herholen: kommt mit mir hinein, trabanten,
dafs froh wir schauen unsrer sorgen ende. ab -
AMPHITRYON.
- Ja, geh nur hin, du gehst den rechten weg.
du tatest übel, übles nun zu leiden
mach’ dich gefafst. — er geht, gewonnen ists.
das netz von eisen hält ihn, treue greise;
den missetäter, welcher andern tod
zu bringen dachte, falst das schwert. ich gehe,
ich will ihn fallen sehn. des feindes strafe,
des feindes sterben ist ein sülser anblick. ab
CHOR.
Das leid ist aus: gewaltig stieg
der alte herr empor zum licht.
nun flutet neu des lebens strom:
heil euch, gerechte götter.
CHORFÜHRER.
Wenn spät auch, bist du doch am ziel: dein leben
bülst ee, dafs wider besare du gefrevelt,
218
χαρμοναὶ δαχρύων ἔδοσαν ἐκβολάς"
ἱ πάλιν ἔμολεν ἃ πάρος οὔποτε διὰ φρενὸς ἤ- τῷ
T πισε παϑεῖν γᾶς ἄναξ, —
ἀλλ᾽ ὦ γεραιοί, καὶ τὰ δωμάτων ἔσω
σχοπῶμεν, εἰ πράσσει τις ὡς ἐγὼ ϑέλω. “ὦ <
ATKO2.
io uol μοι. -πὖ
τόδε χκατάρχεται
μέλος ἐμοὶ κλύειν 750
φίλεον ἐν δόμοις"
ϑάνατος οὐ πόρσω.
βοᾷ
φόνου φροίμιον στενάζων ἄναξ. —
ΛΥΚΟΣ.
ὦ πᾶσα Kaduov γαῖ᾽, ἀπόλλυμαι δόλῳ. “«---
καὶ γὰρ διώλλυς᾽ ἀντίποινα δ᾽ ἐχτίνων 755
τόλμα, διδούς γε τῶν δεδραμένων δίκην. —
τίς ϑεοὺς ἀνομίᾳ χραίνων, ϑνητὸς ὦν,
T ἄφρονα λόγον οὐρανέων μαχάρων
χατέβαλ᾽ ὡς ἄρ᾽ οὐ σϑένουσιν ϑεοί; —
γέροντες, οὐχέτ᾽ ἔστι δυσσεβὴς ἀνήρ. 160
σιγᾷ μέλαϑρα" πρὸς χοροὺς τραπώμεϑα. ““ <<
[φίλοι γὰρ εὐτυχοῦσιν οὖς ἐγὼ ϑέλω.]
χοροὶ χοροὶ καὶ ϑαλίαι
μέλουσι Θήβας ἱερὸν κατ᾽ ἄστυ.
μεταλλαγαὶ γὰρ δαχρύων, 165
μεταλλαγαὶ συντυχίας {νέας ἔτεκον doudas.
βέβακ᾽ ἄναξ ὅ καινός, ὁ δὲ παλαίτερος
χρατεῖ, λιμένα λιπών γε τὸν Ayepdvrıov' 10
δοχημάτων ἐχτὸς ἦλθεν ἐλπίς. “--
ϑεοὶ ϑεοὶ τῶν ἀδίκων
μέλουσι καὶ τῶν ὁσίων ἐπᾷειν.
743 Χο praefixum 747 zepass: em Kirchhoff 752 πρόσω 755 derd-
ztowa: em Canter 757 τίς ὅ 9: em Wil 762 del Nauck 766 suppl Wil
768 βέβακεν κλεινός: em Pierson 773 μιδλλουσεῖ em Canter
CHOR.
Die freudentränen halt ich nicht.
was nie zu hoffen ich gewagt,
ich seh’ ihn wieder, meinen ächten könig.
CHORFÜHRER.
Denkt auch an das, was drinnen sich begiebt.
erreicht ihn wol was wir ihm gönnen, freunde?
LYKOS von innen.
Weh mir.
CHOR.
Horch. aus dem schlofs ertönt ein lied,
ich hör’ es gern, nah ist der tod.
auf stöhnt der fürst, der dumpfe schrei
ist seines falles vorspiel.
LYKOS von innen.
Kadmeisch volk, ich falle durch verrat.
CHORFÜHRER,
Verräter selbst. dich trifft was du getan,
nun dulde deiner missetaten strafe.
CHOR.
Wer war es, der, ein schwacher mensch,
sich unterfieng mit narrenwort
des himmels sel’ge herrn zu zeihn der ohnmacht?
CHORFÜHRER.
Gefährten, überwunden ist der frevler,
es schweigt das haus: beginnt den lobgesang.
CHOR.
Reigen, reigen und festesschmaus
waltet im heiligen Theben.
schatten des glückes verschwanden,
tränen verschwanden, es kehrten jubel und lieder.
fort ist der neue herr, zurück der alte,
des todes hafen hat ihn nicht gehalten:
was wir gehofft ist wahn nicht mehr, ist wahrheit.
Götter, göttliches regiment
waltet der guten und bösen.
219
220
ὅ χρυσὸς ἅ τ᾽ εὐτυχία
φρενῶν βροτοὺς ἐξάγεται δύνασιν ἄδιχον ἐφέλκων. 15
Χρόνου γὰρ οὔτις ῥόπαλον εἰσορᾶν ἔτλα
νόμον παρέμενος, ἀνομίᾳ χάριν δεδούς"
ἔϑραυσεν ὄλβου κελαινὸν ἅρμα. τῶ 750
Ἰσμήν᾽ ὦ στεφαναφόρει,
ξεσταί ϑ᾽ ἑπταπύλου πόλεως
ἀναχορεύσατ᾽ ἀγυιαί,
Jioxa 3° ἃ καλλιρρέεϑρος,
σύν τ᾽ Aowrsiades χόραι 185
ϑᾶτε λιποῦσαι
“πατρὸς ὕδωρ συναοιδοί,
Νύμφαι, τὸν Ἡρακλέους
καλλένεικον ἀγῶνα. [ὦ]
Πυϑίου δενδρῶτι πέτρα 190
“Μουσῶν ϑ᾽ ᾿Ἑλικχωνιάδων
δώματα,
ἀχεῖτ᾽ εὐγαϑεῖ κελάδῳ
Ἵ ἐμὰν πόλιν ἐμά τε τείχη,
Ἴ Σπαρτῶν ἵνα γένος ἐφάνη
χαλχασπίδων λόχος, ὃς γᾶν 05
τέχνων τέχνοις μεταμείβει,
Θήβαις ἱερὸν φῶς. ““-
ὦ λέχτρων δύο συγγενεῖς
εὐναί, ϑνατογενοῦς τε χαὶ
“Ζιός, ὃς ἦλθεν ἐς εὐνὰς 800
γύμφας τᾶς Περσηΐίδος" ὡς
πεστόν μοι τὸ παλαιὸν ἤ-
δη λέχος, ὦ Ζεῦ,
τὸ σὸν [οὐχ] ἐπ ἐλπίδι φάνϑη.
λαμπρὰν δ᾽ ἔδειξ᾽ ὅ χρόνος 805
τὰν Ἡρακλέος ἀλκάν"
775 φρονεῖν: em L. Dindorf 777 οὔτις ὅτλα τὸ πάλιν (ῥόπαλον Wil) eio.:
traiec. Hermann 781 ᾿Ισκηνῶ στεφανοφορέα: em Tyrwhitt 782 dnränvlos:
em Stephanus 784 καλλερόεϑρος 785 Aamnides: em Hermann 786 πατρὸς
ὕδωρ βᾶτε λ.: traiec. Wil 789 del Wil 792 ἀχεῖτ᾽ Fix: ἡξετ 798 πόλι:
em C 794 ἔφανε: em Hermann 801 ὡς Musgrave: καὶ 804 del Wil
805 ἔδεεξεν
221
gold und glanz des erfolges
führen zu höhen den menschen und machen ihn schwindeln.
doch ihre keule schwingt die Zeit: da schaudert
wer pflichtvergessen mit der sünde buhlte;
zerscheitert stürzt der wagen blut’gen ruhnıes.
Schmück’ dich, Ismenos, mit kränzen,
auf zum reigen, ihr gassen
siebentoriger T'hebe.
komm aus der tiefe,
Dirke, sprudelnde quelle,
kommt, ihr Asopostöchter.
stimmt in die festlichen lieder
ein, ihr Nymphen, zu singen
kampf und sieg des Herakles.
waldige kuppe von Pytho,
träger der Musenhaine,
Helikon,
hallet vom festlichen lobe
unsrer mauern, unsrer stadt,
wo der erdgebornen Sparten
erzgeschirmte saat entsprungen, Thebens
angestammte fürsten, Thebens ehre.
Wunder, den helden zu zeugen
nahten sich einem bette
gott und sterblichgeborner,
und es umfieng sie
Perseus enkelin beide,
längst bekannte mein glaube
deinen göttlichen vater:
jetzt bestätigt die zeit dir
deine gröfse, Herakles.
222
ὃς γᾶς ἐξέβα ϑαλάμων,
Πλούτωνος δῶμα λιπών
γέρτερον.
χρείσσων μοι τύραννος ἔφυς
ἡ ἢ δυσγένει᾽ ἀνάχτων᾽
Ὑ ἃ νῦν ἐσορᾶν φαίνει
ξειφηφόρων ἐς ἀγώνων
ἅμιλλαν, εἰ τὸ δίκαιον
ϑεοῖς ἔτ᾽ ἀρέσχει. ἘΞΞ >
ἔα ἔα"
ἄρ᾽ ἐς τὸν αὐτὸν πίτυλον ἥχομεν φόβου,
γέροντες, οἷον φάσμ᾽ ὑπὲρ δόμων ὁρῶ; —
φυγῇ φυγῇ
νωϑὲς πέδαιρε κῶλον, ἐχποδὼν ἔλα. “---
ὦναξ Παιάν,
ἀπότροπος γένοιό μοι πημάτων. —— >
ΙΡΙΣ.
ϑαρσεῖτε Νυχτὸς τήνδ᾽ δρῶντες ἔχγονον
“ύσσαν, γέροντες, χἀμὲ τὴν ϑεῶν λάτριν,
Ἶριν" πόλει γὰρ οὐδὲν ἥχομεν βλάβος,
ἑνὸς δ᾽ ἐπ᾽ ἀνδρὸς δώματα στρατεύομεν,
ὅν φασιν εἶναι Ζηνὸς ᾿Αλχμήνης τ᾽ ἄπο.
πρὶν μὲν γὰρ ἄϑλους ἐχτελευτῆσαι πιχρούς,
τὸ χρή νιν ἐξέσῳζεν, οὐδ᾽ εἴα πατήρ
Ζεύς νιν κακῶς δρᾶν οὔτ᾽ ἔμ᾽ οὔϑ᾽ “
ἐπεὶ δὲ μόχϑους διεπέρασ᾽ Εὐρυσϑέως,
Ἥρα προσάψαι κοινὸν αἷμ᾽ αὐτῷ ϑέλει
scaldag καταχτείναντι, συνϑέλω δ᾽ ἐγώ.
ἀλλ᾽ EU’, ἄτεγκτον συλλαβοῦσα καρδίαν,
Νυκτὸς χελαινῆς ἀνυμέναιε παρϑένε,
μανέας τ᾽ Er’ ἀνδρὶ τῷδε καὶ παιδοχτόνους
φρενῶν ταραγμοὺς xal ποδῶν σχιρτήματα
ἔλαυνε χίγνει, φόνιον ἐξίει κάλων,
810
815
Ηραν ποτέ"
810 ἡδὺς γένει: distinx Canter 812 ξιφηφόρον C! 825 σώματα:
Scaliger
828 τὸ χρῆν margo Οἱ 831 καινόν: em Weakefield
λαβοῦσα: em apogr.
833 σὴν
denn aus den klüften der erde
kehrtest du wieder, die hölle
hielt dich nicht.
bist mir ein besserer herrscher
als des Lykos niedrigkeit.
in des schwerterkampfs entscheidung
ist er eingetreten, hat erfahren,
dafs die götter noch das recht beschützen.
In der luft erscheinen Iris und Lyssa.
CHORFÜHRER,
Ha,
erfalst des unheils strudel uns von neuem?
dort überm haus schaut die erscheinung, greise,
EIN GREIS,
Flieht,
flieht eilig, ist der fuls auch träg, entweicht.
EIN ANDERER.
Phoibos,
hilf, heiland, wende mir das unheil ab.
IRIS.
Falst mut, ihr greise. freilich, Lyssa ists,
der Nacht ist sie entsprossen die ihr seht,
und ich bin Iris, heroldin der götter;
doch kommen wir der stadt zu keinem schaden,
wir suchen eines mannes haus nur heim,
des, der des Zeus und der Alkmene sohn
sich nennen lälst. solang die schweren kämpfe
er noch nicht überstanden, war das schicksal
sein schirm, und lies es vater Zeus nicht zu,
dafs Hera oder ich ein leid ihm täten,
doch jetzt, wo er, was ihm Eurystheus auftrug,
vollbracht, will Hera blutschuld auf ihn laden
durch seiner kinder mord ; so will auch ich.
Auf, jungfräuliche tochter finstrer Nacht,
zusammen nimm dein unerweichlich herz
und hetze wahnsinn wider jenen mann,
treib’ seinen fuls zu tollem tanz, sein hirn
zu kindesmörderischer raserei,
223
224
ὡς ἄν πορεύσας δι᾽ ᾿Αχερούσιον πόρον
τὸν καλλίπαιδα στέφανον αὐθϑέντῃ φόνῳ
γνῷ μὲν τὸν Ἥρας οἷός ἐστ᾽ αὐτῷ χόλος, 840
μάϑῃ δὲ τὸν ἐμόν" ἢ ϑεοὶ μὲν οὐδαμοῦ,
τὰ ϑνητὰ δ᾽ ἔσται μεγάλα, μὴ δόντος δίχην.
ΛΥΣΣ.Ό.
ἐξ εὐγενοῦς μὲν πατρὸς ἔχ τε μητέρος
πέφυκα, Νυχτὸς Οὐρανοῦ τ᾽ ἀφ᾽ αἵματος"
τιμὰς δ᾽ ἔχω τάσδ᾽, οὐκ ἀγασϑῆναι (Heoic), 845
οὐδ᾽ ἥδομαι φοιτῶσ᾽ ἐπ᾽ ἀνθρώπων φίλους.
παραινέσαι δέ, πρὶν σφαλεῖσαν εἰσιδεῖν,
Ἥρᾳ ϑέλω σοί τ᾽, ἢν πίϑησϑ᾽ ἐμοῖς λόγοις.
ἀνὴρ δδ᾽ οὐχ ἄσημος οὔτ᾽ ἐπὶ χϑονί
οὔτ᾽ ἐν ϑεοῖσιν οὗ (σύ) μ᾽ ἐσπέμπεις δόμους, 850
ἄβατον δὲ χώραν καὶ ϑάλασσαν ἀγρίαν
ἐξημερώσας ϑεῶν ἀνέστησεν μόνος
τιμὰς πιτνούσας ἀνοσίων ἀνδρῶν ὕπο"
σοί τ᾽ οὐ παραινῶ μεγάλα βούλεσϑαι καχά.
— μὴ σὺ νουϑέτει τά ϑ᾽ Ἥρας κἀμὰ μηχανήματα. 855
— ἐς τὸ λῷον ἐμβιβάζω σ᾽ ἴχνος ἀντὶ τοῦ κακοῦ.
— οὐχὶ σωφρονεῖν γ᾽ ἔπεμψε δεῦρό σ᾽ ἡ Διὸς δάμαρ.
-- Ἥλιον μαρτυρόμεσϑα δρῶσ᾽ ἃ δρᾶν οὐ βούλομαι.
εἰ δὲ δή μ᾽ Ἥρᾳ 3° ὑπουργεῖν σοί τ᾽ ἀναγχαίως ἔχει
τάχος ἐπιρροίβδην ϑ᾽ ὅμαρτεῖν ὡς κυνηγέτῃ κύνας, 5680
εἶμέ γ᾽" οὔτε πόντος οὕτω κύμασι στένων λάβροις
οὔτε γῆς σεισμὸς κεραυνοῦ τ᾽ οἶστρος ὠδῖνας πνέων,
845 δ᾽ ed. Hervag.: τ᾽ ϑεοῖς Hartung: φέλοες 850 σύ Hartung: ;e
853 hietum sign. Wil 855 xdud Reiske Heath: xaxd 856-8 signa
personarum huc revocat Musgrave. in oodice praefixa 857-9 856 Ädoror: em
Nauck ἐμβιβάξουσ᾽ : em Musgrave 860 κυνηγέτεε: em apogr. 861 λάβρως:
enı Wil
225
laß alle zügel seiner mordlust schielsen,
es stosse seiner söhne blühn’de schar
mit eignen händen in des todes rachen
hinunter: dann erkennt er Heras half,
und auch wie ich ihn hasse lernt er dann.
aus wär’ es mit den göttern, wenn ein mensch
für ihre strafen unerreichbar bliebe.
LYBSA.
ein geflügeltes weib, schlangen in den haaren, in der hand eine geissel.
Erlaucht ist meine mutter, ist mein vater,
vom Himmel stamm’ ıch ab und von der Nacht;
doch widerwärtig ist mein amt den göttern,
und selber treib’ ichs ohne freudigkeit,
wenn ich ein liebes haus betreten muls.
so will ich, Iris, dich und Hera warnen,
eh ich euch straucheln sehn mul, ob ihr nicht
vielleicht auf meine worte hören mögt.
der mann, in dessen wohnung ihr mich sendet,
ist nicht gering auf erden noch im himmel:
unwegsam land und unwirtliches meer
hat er gefriedigt, hat der götter dienst,
der unter frechen frevlerhänden wankte,
auf erden aufgerichtet, er allein.
darum lalst ab, ich rat’ es Zeus gemalin,
ich rat’ es dir: ihr wollt ein arges unrecht.
IRIS,
Richte du nicht meine plane, Heras plane richte nicht.
LYSSA.
Nur zu lenken deine schritte such’ ich auf die rechte bahn.
IRIS,
Nicht zur tugend hat berufen dich die himmelskönigin.
LYSSA.
Zeug’ es mir die sonne droben, nicht mein will’ ists was ich tu’.
aber mufs ich denn der Hera, muls ich dir zu willen sein,
muls ich springen, hetzen, kläffen, folgsam wie des jägers hund,
vorwärts denn. die see, wenn wütend woge wider woge tost,
stöhnet also nie, die erde zuckt erbebend also nie,
v. Wilamowitz 1. 15
226
οἷ᾽ ἐγὼ στάδια δραμοῦμαι στέρνον εἰς Ἡρακλέους"
zal χαταρρήξω μέλαϑρα xal δόμους ἐπεμβαλῶ,
τέχν᾽ ἀποχτείνασα πρῶτον᾽ ὃ δὲ κανὼν οὐκ εἴσεται 5
παῖδας οὗς ἔτιχτεν ἐναρών, πρὶν ἂν ἐμὰς λύσσας ἀφῇ.
ἢν ἰδοὺ χαὶ δὴ τινάσσει χρᾶτα βαλβίδων ἄπο
xal διασερόφους ἑλίσσει σῖγα γοργωποὺς χόρας,
ἀμπνοὰς δ᾽ οὐ σωφρονίζει, ταῦρος ὡς ἐς ἐμβολήν,
δεινὰ μυχᾶται δὲ Κῆρας ἀναχαλῶν τὰς Ταρτάρου. 810
τάχα σ᾽ ἐγὼ μᾶλλον χορεύσω χαὶ χαταυλήσω φόβῳ.
στεῖχ᾽ ἐς Οὔλυμπον πεδαίρουσ᾽. Ἶρι, γενναῖον πόδα"
ἐς δόμους δ᾽ ἡμεῖς ἄφαντοι δυσόμεσϑ᾽ Ἡρακλέους.
ΧΟΡΟΣ.
ὀτοτοτοτοτοῖ͵, στέναξον᾽ ἀποχείρδται 815
σὸν ἄνϑος πόλεος, ὅ Διὸς ἔχγονος.
μέλεος Ἑλλάς, ἃ τὸν εὐεργέταν
ἀποβαλεῖς, ὀλεῖς μανίαισιν “ύσσας
χορευϑέντ᾽ ἐναύλοις. — >
€
βέβακεν ἐν δίφροισιν ἁ πολύστονος, 880
ἅρμασι δ᾽ ἐνδίδωσι κέντρον
ὡς ἐπὶ λώβᾳ Νυχτὸς Γοργὼν
ἑχατογχεφάλοισζιν) ὀφέων ἰα-
χήμασι ““ύσσα μαρμαρωπός. = >
ταχὺ τὸν εὐτυχῆ μετέβαλεν δαίμων, 885
ταχὺ δὲ πρὸς πατρὸς τέκν᾽ ἐχπνεύσεται. m >
ἈΜΦΙΤΡΥΩΝ.
ἰώ μοι μέλεος. --- ἰὼ Ζεῦ, τὸ σὸν γένος ἄγονον αὐτίχα
868 σταδιαδραμοῦμαε et o supra a αἰΐετο, 868 ἔτικτεν αἱρῶν, yo. ἔτεκτ᾽
ἐναέρων C marg. oorr Wil 867 ἦν 870 dewds: em Conter 875 ἀπόκειρέ
re: em Canter 876 πόλεος et «s supraser. U 883 δὁκατὸν κεφαλαῖς: em Relake;
-osow Wil 886 ἐπνεύσατε: em Elmsley 887 Aug. add Wil; C aut C? in
spat. vac. paragraphos habet ante 890 893 900 901 904 906 910 912 (ἀλ.) 914 916;
ante 917 χορ. 919 4Eayy. 921 dyy.: 90920 olim emendata; reliqua dist. Wil
888 τὸ σὸν ἐὼ Ζεῦ Ο sed litteris suprapositis correxit
227
nie der himmel, wenn in wilden blitzesschwangern wehn er kreisst,
wie jetzt meine stölse rütteln an der brust des Herakles;
und das haus, ich reifs’ es nieder, und den hof, ich werf’ ihn drauf;
doch zuerst mord’ ich die kinder, und der mörder ahnt es nicht,
dafs er tötet die er zeugte, bis ich löse meinen bann.
Ha, sieh da. die bahn betritt er, schüttelt grimmig schon das haupt,
stehet lautlos, rollt die trotz’gen augensterne starr und stumm,
hoch und unstet geht der atem — stier, nun brich zum stolse vor.
furchtbar brüllt er auf, er ruft die Keren aus der höll’ empor.
wart‘, ich lehr’ dich besser tanzen, schauder pfeife dir den takt.
Iris, schwinge nur zum himmel den erlauchten götterfuls:
Lyssa schlüpfet ungesehen in das haus des Herakles.
beide verschwinden.
CHOR.
Weh, weh, weh, weh,
abgemähet wird die blüte
meiner stadt, der sohn des Zeus.
armes Hellas, du verlierest
deinen hort: in Lyssas wüten
tanzt er nach dem schrillen takt.
der tränen fürstin fährt daher,
zu wagen fährt sie,
die geissel schwingt sie,
als wär's zum hohn,
der Nacht gorgonenhaftes kind.
mit tausend zungen
die nattern zischen
um Lyssas aschenfahles haupt.
es stürzt geschwinde
das glück der daemon:
geschwinde hauchen
von vaters händen
die kinder ihre seelen aus.
AMPHITRYON von innen.
Weh, weh, ich armer.
CHOR.
Weh Zeus, bald wird dein sohn
sohnlos am boden liegen.
15*
228
λυσσάδες ὠμοβρῶτες ἄδιχοι Ποιναὶ
χαχοῖσιν ἐχπετάσουσιν . er SE π- > 890
— io στέγαι
— xXardopyerar χόρευμα τυμπάνων ἄτερ
οὐ βρομίῳ κεχαρισμένα ϑύρσῳ. “ὦ >
— io δόμοι
— πρὸς aluar’ οὐχὶ τᾶς Ζιονυσιάδος
βοτρύων ἐπὶ χεύμασι λώβας. — > 805
— φυγῇ, τέκν᾽, ἐξορμᾶτε. — δάιον τόδε,
ϑάιον μέλος ἐπαυλεῖται"
xvvayerei τέχνων διωγ-
μόν" οὕπεοτ᾽ ἄχραντα δόμοισι “ύσσα βαχχεύσει. “ὦ >
— αἰαῖ καχῶ».
— αἰαῖ δῆτα, τὸν γεραιὸν ὡς στένω 900
Γ΄ πατέρα τάν τε παιδοτρόφον (ᾧ) μάταν
τέχεα γεννᾶται.
808 τὰ τέκνων; em Hermann
— ἐδοὺ ἐδού, %5
ϑύελλα σείει δῶμα, συμπίπτει στέγη.
889 Adooa δέ σ᾽ Budßporos: em Wakefield ἀποινόδικοε δώιαι: em Wil
902 suppl Muagrave
229
es bringen ihn arge daemonen,
blutlüsterne höllische geister
mit gräßslichen freveln zu fall.
AMPHITRYON von innen.
Weh, mein haus.
CHOR.
Jetzt geht es zum reigen;
aber es bleibet die pauke dem feste fern,
ferne der schwärmende thyrsos.
AMPHITRYON von innen.
Weh mein dach.
CHOR.
Jetzt geht es zum opfer;
aber nicht böckchen und hinde zerreisst die lust
wilddionysischen taumels.
AMPHITRYON von innen.
Flieht, kinder, flieht.
CHOR.
Ha, welch ein ruf des grauns.
ein graunvoll lied ergellt,
den kindern gilt die jagd,
und Lyssas wilde wut
verfehlt des zieles nimmer.
AMPHITRYON von innen.
Weh, weh, jammer.
CHOR.
Weh weh, wie klag’ ich
den greisen vater,
die arme mutter,
die ihre kinder
umsonst gebar.
AMPHITRYON.
Sieh, sieh,
am hause rüttelt sturm, die säulen stürzen.
280
— 5%, τί δρᾶς, ὦ Διὸς παῖ, μελάϑροῳφ;
τάραγμα ταρτάρειον ὡς
ἐπ᾿ Ἐγκελάδῳ ποτέ, Παλλάς, ἐς δόμους πέμπεις. —— >
ΑΓΓΕΛΟΣ.
ὦ λευκὰ γήρᾳ σώματ᾽ ΧΟ. ἀνακαλεῖς μὲ τίνα 910
βοάν; — ἄλαστα τἀν δόμοισι. — μάντιν οὐχ
ἕτερον ἄξομαι.
— τεϑνᾶσι παῖδες --- αἰαῖ
— στέναζεϑ᾽, ὡς στεναχτά. --- δάιοι φόνοι,
δάιοι δὲ τοχέων χέρες. 915
-- οὐχ ἄν τις εἴποι μᾶλλον ἢ πεπόνϑαμεν.
-- πῶς παισὶ στεναχτὰν ἄταν, ἄταν
πατέρος, ἀμφαίνεις ; [λέγε] τένα τρόπον ἔσυτο ϑε-
όϑεν ἐπὶ μέλαϑρα xaxd τάδε τλήμονας 92
τε παέδων ψυχάς; = >
908 ᾿Εγγεζάάδω 917 supra alterum ἄτα» ὦ Ο' αυοὰ facile referas ad versum
superiorem, (post χέρας 915) 919 1έγε del Wil 920 ἔσυτο P: ἔσσυτο C
921 τύχαρ: em Wil
291
CHOR.
Halt, halt,
was suchst du im schlosse,
du himmelstochter ?
wie einst zu dem kampfe
du zogst der Giganten,
so schreitest du, Pallas,
und bis in die tiefsten
grundvesten erschüttert
der boden erbebt.
BOTE
kommt aus den hause.
Ihr altersgrauen häupter .. .
CHOR.
Was will, was will dein ruf von mir?
BOTE.
Da drin ist alles grausen ...
CHOR.
Zu deuten braucht’s nicht fremder mund.
BOTE.
Tot sind die kinder... .
CHOR.
Wehe,
BOTE.
Ja weint. ’s ist weinenswert.
CHOR.
Grausamer mord,
Grausame vaterhand.
BOTE.
Wie grausam, weh, sie war, wer kann es schildern ?
CHOR.
Wie willst du das grälsliche melden,
der kinder, des vaters verhängnis?
wie brach, von den göttern gesendet,
das haus und das leben der kinder
zerstörend, das unheil herein ἢ
292
— ἱερὰ μὲν ἦν πάροιϑεν ἐσχάρας Ζιός
χαϑάρσι᾽ οἴχων, γῆς ἄνακτ᾽ ἐπεὶ χτανών
ἐξέβαλε τῶνδε δωμάτων Ἡρακλέης"
χορὸς δὲ καλλίμορφος εἱστήχει τέκνων 925
πατὴρ τε εγάρα τ᾿" ἐν κύχλῳ δ᾽ ἤδη κανοῦν
εἵλικτο βωμοῦ, φϑέγμα δ᾽ ὅσιον εἴχομεν.
μέλλων δὲ δαλὸν χειρὶ δεξιᾷ φέρειν
ἐς χέρνιβ᾽ ὡς βάψειεν ᾿Αλχμήνης τόκος
ἔστη σιωπῇ καὶ χρονίζοντος πατρός 980
παῖδες προσέσχον ὄμμ᾽" ὃ δ᾽ οὐχέϑ᾽ αὑτὸς ἦν,
ἀλλ᾽ ἐν στροφαῖσιν ὀμμάτων ἐφϑαρμένος,
dllas τ᾽ ἐν ὄσσοις αἱματῶπας ἐχβαλών
ἀφρὸν κατέσταζ᾽ εὔτριχος γενδιάδος.
ἔλεξε δ᾽ ἅμα γέλωτι παραπεπληγμένῳ 985
»πάτερ, τί ϑύω πρὶν χταγεῖν Εὐρυσϑέα
χαϑάρσιον πῦρ καὶ πόνους διπλοῦς ἔχω,
ἐξὸν μιᾶς μοι χειρὸς εὖ ϑέσϑαι τάδε;
ὅταν δ᾽ ἐνέγκω δεῦρο χρᾶτ᾽ Εὐρυσϑέως,
ἐπὶ τοῖσι νῦν ϑανοῦσιεν ἁγνεῶ χέρας. 940
ἐχχεῖτε πηγάς, ῥίπτετ᾽ ἐκ χειρῶν κανά.
τίς μοι δίδωσι τόξα, τίς (δ᾽ ὅπλον χερός;
πρὸς τὰς ϊυκήνας εἶμι" λάξυσϑαι χρεών
μοχλοὺς δικέλλας ϑ᾽, ὡς τὰ Κυκλώπων βάϑρα
gyolvını χανόνι χαὶ τύχοις ἡρμοσμένα 945
OTEENTO σιδήρῳ συντριαινώσω πάλιν.“
&x τοῦδε βαίνων ἅρματ᾽, οὐχ ἔχων, ἔχειν
ἔφασχε δίφρου τ᾽ εἰσέβαενεν ἄντυγα
χἄάϑεινε, κέντρῳ δῆϑεν ὡς ϑείνων, χερί.
διπλοῦς δ᾽ ὁπαδοῖς ἦν γέλως φόβος 3° ὁμοῦ. 960
χαί τις τόδ᾽ εἶπεν, ἄλλος εἰς ἄλλον δρακών
»"παΐέζει πρὸς ἡμᾶς δεσπότης ἢ μαίνεται ;“
ὃ δ᾽ εἶρπ᾽ ἄνω τε χαὶ χάτω κατὰ στέγας,
μέσον δ᾽ ἐς ἀνδρῶν᾽ ἐσπεσὼν Νίσου πόλιν
924 ἐξέβαλε om C'P!add C?P! 925 τέκνων Canter: πέπλων 9380 πάροι:
em Musurus 931 οὐκέτ᾽ αὐτὸὸ 933 aluaranovs 934 edreiyov 938 ϑυμῶ:
em Stephanus 941 ῥιπτεῖτ᾽ 942 suppl Barnes 944 ὡς τὰ Wakefield:
ὥστε 945 τύχαις: em Brodaeus 946 συντρεαενώσεεν: em Stephanus
στόλεν": em Scaliger 949 ϑένων 958 εἶρπεν
298
BOTE,
An dem altar des Zeus stand Herakles,
zur sühnung seines hauses von dem blute
des Lykos, den er aus dem haus getilgt,
ein reinigendes opfer zu vollziehn ;
in holdem kranz umgaben ihn die söhne,
Amphitryon und Megara. wir hielten
rings um den aliar schon empor die körbe
in andachtvollem schweigen, Herakles
erhob den feuerbrand schon mit der rechten,
in das geweihte wasser ihn zu tauchen —
da hielt er inne; schwieg; der greis, die kinder
blickten verwundert auf sein zögern hin,
doch er war wie verwandelt. unstet rollten
die sterne seiner augen, während blutig
im weißsen sich ein rot geäder zeigte;
schaum troff ihm von dem vollen bart herab,
und also hub er an in wirrem lachen:
“was zünd’ ich vater, jetzt die reine flamme,
dieweil Eurystheus lebt? ’s ist doppelt arbeit,
wo ich die hand nur einmal rühren könnte.
erst hol’ ich des Eurystheus haupt dazu,
dann will ich mich von diesem blut entsühnen.
die spenden ausgegossen, fort die körbe,
wer gibt mir pfeil und bogen? wo die keule?
wider Mykene zieh’ ich. hebebäume,
brechstangen schafft herbei mir. wolgefügt
steht der Kyklopenbau mit lot und richtscheit:
ich reil®’ ihn doch mit eisenhaken nieder.
nach diesen worten fieng er an zu gehn,
und sagte dals er führe, tat als stieg’ er
zu wagen, machte mit der hand geberden
als schwäng’ er eine geissel. lächerlich
kam es uns dienern vor und doch entsetzlich.
und einer sah den andern fragend an
“ist das ein scherz des herrn? ist er von sinnen?’
er aber wandelt’ auf und ab im hause,
und als er mitten auf dem flure stand,
war er nach seinem wort in Megara,
234
ἥχειν ἔφασχε, δωμάτων (7) ἔσω βεβώς 955
χλιϑεὶς ἐς οὗδας ὡς ἔχει σχευάζξεται
ϑοίνην. διελθὼν δ᾽ ἐν μονῇ βραχὺν χρόνον
᾿σϑμοῦ ναπαίας ἔλεγε προσβαίνειν πλάχας"
χἀνταῦϑα γυμνὸν σῶμα ϑεὶς πορπαμάτων
πρὸς οὐδέν᾽ ἡμιλλᾶτο κἀκχηρύσσετο 980
ὑπ᾽ αὐτὸς αὑτοῦ καλλίνικος οὐδενὸς
ἀχοὴν προσειπών. δεινὰ δ᾽ Εὐρυσϑεῖ βρέμων
ἦν ἐν ϊυχήναις τῷ λόγῳ. πατὴρ δέ γεν
ϑιγὼν χραταιᾶς χειρὸς ἐννέπει τάδε
»ὦ παῖ, τέ πάσχεις; τίς ὅ τρόπος ξενώσεως 965
τῆσδ᾽; οὔ τί που φόνος σ᾽ ἐβάκχευσεν νεχρῶν,
οὗς ἄρτι καίνεις““ ὃ δέ νιν Εὐρυσϑέως δοχῶν
πατέρα προταρβοῦνϑ᾽ ἱκέσιον ψαύειν χερός
ὠϑεῖ, φαρέτραν δ᾽ εὐτρεπῆ σκευάζεται
καὶ τόξ᾽ ἑαυτοῦ παισί, τοὺς Εὐρυσϑέως 970
δοχῶν φονεύειν. οὗ δὲ ταρβοῦντες φόβῳ
ὥρουον ἄλλος ἄλλοσ᾽, ἐς πέπλους ὃ μὲν
μητρὸς ταλαίνης, ὃ δ᾽ ὑπὸ κίονος σχιάν,
ἄλλος δὲ βωμὸν ὄρνις ὃς ἔπτηξ᾽ ὕπο.
βοᾷ δὲ μήτηρ (,ὦ τεκών, vi δρᾷς, τέκνα 975
xrelveis;“ βοᾷ δὲ πρέσβυς οἰχετῶν τ᾽ ὄχλος.
ὃ δ᾽ ἐξελίσσων παῖδα κίονος κυκλῶς»)
τόρνευμα δεινὸν ποδός, ἐναντίον σταϑεὶς
βάλλει πρὸς ἥπαρ᾽ ὕπτιος δὲ Aalvovs
ὀρϑοστάτας ἔδευσεν ἐχπνέων βίον. 980
ὃ δ᾽ ἠλάλαξε κἀπεχόμπασεν τάδε
„eis μὲν νεοσσὸς ὅδε ϑανὼν Εὐρυσϑέως
ἔχϑραν πατρῴαν ἐχετίνων πέπτωχέ or.“
ἄλλῳ δ᾽ ἐπεῖχε τόξ᾽, ὃς ἀμφὶ βωμίαν
ἔπτηξε xonnid ὡς λεληϑέναι δοχῶν. 985
φϑάνει δ᾽ ὅ τλήμων γόνασι προσπεσὼν πατρός
9855 suppl Wil 956 δ᾽ ἐς: em Wil ἐκεῖ: em Dobree 957 eis βραχὺν»
χρόνον uovis: em Wil 960 κἀξεκηρύσσετο: em Beiske 961 αὐτὸς πρὸς
αὑτοῦ: em Wil 962 ὑπειπών: em Wil 977 suppl Wil 978 τόρι.ευμα C,
τόρευμα P: Οἱ restituerunt Dobree Matthiae 980 dedoorddas 981 ἠλάλαξε ΟἹ
235
trat in das zimmer, warf sich, wie er war,
* zu boden um das frühmal einzunehmen.
nachdem er also kurze rast gehalten
erklärt’ er durch des Isthmos schluchten hin
zu wandern. hier warf er die kleider ab
und rang und focht mit niemand, hiefs als herold
niemanden schweigend horchen, wie zum sieger
er selbst sich selber ausrief. endlich wollte
er in Mykene sein mit fürchterlichen
drohworten an Eurystheus. da ergreift
der vater ihn bei der gewalt’gen hand
“mein sohn, was ist dir? diese wanderschaft,
was soll sie? hat des frischvergossnen blutes
dunst deinen sinn umnachtet?’ aber er
stölst ihn zur seite, wähnend seine hand
berühr’ Eurystheus’ vater gnade flehend,
und des Eurystheus söhne zu erschiessen
spannt er den bogen, legt den pfeil darauf
wider die eignen kinder. zitternd stürzen
entsetzt sie auseinander; in den schofs
der armen mutter flüchtet sich der eine,
in einer säule schatten springt der andre,
der dritte duckt wie ein gescheuchter vogel
sich hinterm altar; und die mutter schreit
“halt, willst du, vater, deine kinder morden ?’
so schreit der greis und all die dienerschaar.
doch er, mit schauerlicher hurligkeit,
läuft vor der säul’ im halbkreis hin und her,
bis er dem knaben gegenüber steht,
und trifft ihn in das herz. rücküber stürzt
der knabe, purpurn färbt die marmorfliesen
sein blut. und während er sein leben aushaucht,
erhebt der vater gellen siegesschrei
“das wär’ der erste von Eurystheus’ söhnen,
der mit dem tod des vaters hals mir büfst’
und auf den zweiten richtet er den bogen,
der hinter des altares stufen sicher
sich wähnte. doch nun springt er rasch empor
und stürzt dem vater, eh er schiessen kann
286
καὶ πρὸς γένειον χεῖρα καὶ δέρην βαλών
ὦ φίλτατ᾽“ αὐδᾷ „un μ᾽ ἀποκτείνῃς, πάτερ"
σός εἰμι, σὸς παῖς, οὐ τὸν Εὐρυσϑέως ὀλεῖς.““
ὃ δ᾽ ἀγριωπὸν ὄμμα Γοργόνος στρέφων, 990
ὡς ἐντὸς ἔστη παῖς λυγροῦ τοξεύματος,
μυδροχτύπον μίμημ᾽ ὑπὲρ κάρα βαλὼν
ξύλον καϑῆχε παιδὸς ἐς ξανϑὸν κάρα,
ἔρρηξε δ᾽ ὀστᾶ. δεύτερον δὲ παῖδ᾽ ἑλών,
χωρεῖ τρίτον ϑῦμ᾽ ὡς ἐπισφάξων δυοῖν. 995
ἀλλὰ φϑάνει νιν ἡ τάλαιν᾽ ἔσω δόμων
μήτηρ ὑπεχλαβοῦσα καὶ κλήεξε πύλας.
ὃ δ᾽ ὡς ἐπ᾽ αὐτοῖς δὴ Κυκλωπίοισιν ὧν
σχάπετδε μοχλεύει ϑύρετρα, κἀχβαλὼν σταϑμά
δάμαρτα xal παῖδ᾽ Evi κατέστρωσεν βέλει. 1000
χἀνϑένδε πρὸς γέροντος ἱππεύει φόνον"
ἀλλ᾽ ἦλϑεν εἰκών, ὧς ὁρᾶν ἐφαένετο.
Παλλὰς χραδαίνουσ᾽ ἔγχος ἐπίλογζχον χερὶ
χἄρρεψε πέτρον στέρνον εἰς Ηραχλέους,
ὃς νιν φόνου μαργῶντ᾽ ἐπέσχε κἀς ὕπνον 1005
καϑῆχε᾽ πίτνει δ᾽ ἐς πέδον, πρὸς κίονα
γῶτον πατάξας, ὃς πεσήμασι στέγης
διχορραγὴς ἔκειτο χρηπίέδων ἔπι.
ἡμεῖς δ᾽ ἐλευϑεροῦντες ἐκ δρασμῶν πόδα 1010
σὺν τῷ γέροντε δεσμὰ σειραέων βρόχων 1009
ἀνήπτομεν πρὸς χίον᾽, ὡς λήξας ὕπνου
μηδὲν προσεργάσαιτο τοῖς δεδραμένοις.
εὔδει δ᾽ ὅ τλήμων ὕπνον οὐχ εὐδαίμονα,
παῖδας φονεύσας καὶ δάμαρτ᾽. ἐγὼ μὲν οὖν
οὐχ olda ϑνητῶν ὅστις ἀϑλιώτερος. = . 1015
ΧΟΡΟΣ.
ὅ φόνος ἦν ὃν ᾿Αργολὶς ἔχει πέτρα
τότε μὲν περισαμότατος καὶ ἄπιστος ᾿Ελλάδι
— «----᾿-.-. - —
990 Ζοργόνοστρέφων 995 δυεῖν C! 998 Κυκλωπείοισιν (ἽΡ 1008 ἐπὶ
λόφω κέαρ: em Canter 1005 μαργῶντος ἔσχε: Nauck 1010.9 tralec..
Pierson Reiske 1009 σεερεύων βρόχω: em Pierson Reiske 1016 πάτρα: em
Hartung 1018 τό τὸ μέν C! ἄριστος: em Reiske
237
entgegen, streckt nach hals und kinn die hand
um gnade flehend, ruft “mein liebster vater,
ich bin’s, ich bin dein sohn. du schielst nach mir,
nicht nach Eurystheus’ knaben’ Herakles
rollt höhnisch wild das auge, “hebt die keule,
weil für den schufs zu nah der knabe stand,
gleichwie ein schmied den hammer hoch empor,
und nieder fährt sie auf das blonde köpfchen
und bricht den schädel. nach dem zweiten opfer
geht es nun an des dritten knaben mord.
den aber hatte Megara im zimmer
geborgen und die türe fest verschlossen.
doch er beginnt zu brechen und zu bohren,
als wär’ er nun vor dem Kyklopenbau,
die tür weicht aus den angeln, und es streckt
mutter und kind derselbe pfeil zu boden.
und weiter jagt er zu des greises mord.
da trat ein gott dazwischen. sichtbarlich
erschien ein bild, ganz deutlich zu erkennen:
Athena war's, den erzgespitzten speer
leicht in der linken wiegend. und sie warf
ein felsstück an die brust des Herakles.
das hemmt’ ihn auf der frevelbahn. er brach
in schlaf zusammen; mit dem rücken schlug
er wider eine säule, die gestürzt
beim fall des hauses auf den fliesen lag.
da wagten wir uns von der flucht zurück
und halfen dem Amphitryon den herrn
mit stricken und mit gurten an den stumpf
der säule fest zu binden, dals er nicht
erwacht noch weitre frevel üben könne.
nun schläft der ärmste, keinen sülsen schlaf.
gemordet hat er weib und kind, sein elend
hat in der menschenwelt nicht seines gleichen. ab
CHOR.
Einst erschien der Danaiden bluttat,
die das felsenschlols von Argos schaute,
fürchterlich, unfafsbar den Hellenen:
238
τῶν Δαναοῦ παίδων. τὰ δ᾽ ὑπερέβαλε, παρέ-
ὅραμε τὰ τότε χαχὰ ..... τάλανε διογενεῖ κόρῳ. >
uovor&xvov Πρόχνης φόνον ἔχω λέξαι 1021
ϑυόμενον Ἰϊούσαις᾽ σὺ δὲ τέκνα τρίγον᾽, ὦ
δάιε, τεχόμενος, λυσσάδι συγχατειργάσω μοίρᾳ. m >
ὃ ὃ τίνα στεναγμὸν 1026
ἢ γόον ἢ φϑιτῶν φδὰν ἢ τίν᾽ Al-
δα χορὸν ἀχήσω; — >
φεῦ φεῦ"
ἴδεσϑε, διάνδιχα χλῇϑρα
χλένεται ὑψιπύλων δόμων. 1030
io μοι"
ἔδεσϑε τάδε τέχνα πρὸ πατρὸς
ἄϑλια χείμενα Övarayov
εὔδοντος ὕπνον δεινὸν &x παίδων φόνου"
περὶ δὲ δεσμὰ καὶ πολύβροχ᾽ ἁμμάτων 1085
ἐρείσμαϑ᾽ Ἡράκλειον
ἀμφὶ δέμας τάδε λαΐνοις
ἀνημμένα [ἀμφὶ] κίοσιν οἴχων.
ὃ δ᾽ ὥς τις ὄρνις ἄπτερον καταστένων
ὠδῖνα τέχνων, πρέσβυς ὑστέρῳ ποδὶ 1040
scıngav διώχων ἤλυσιν πάρεσϑ᾽ ὅδε. — >
ΑΜΦΙΤΡΥΩΝ.
Koduesioı γέροντες, οὐ σῖγα σῖγα τὸν ὕπνῳ παρει-
μένον ἐάσετ᾽ ἐχλαϑέσϑαι χαχῶν.
1020 τάδ᾽ 1028 τρέγονα τεκόμενος ὦ δαῖς: δάεε Canter, traiec. Wil
1025 2 2 Kirchhoff: ἐς (αἐαξ Hartung) 1027 tiv’ Dobree Kirchhoff: τὸν
1032 πρὸς: em c 1034 ἐχποδών: em Dobree 1038 del Elmsley οἐκεῖν :
em Brodaeus
1041 λύσειν: em Canter
239
aber mehr, fürchterlicher
ist es was der sohn des Zeus begangen.
Auch von Proknes bluttat
an dem einz’gen sohne
weils ich wol zu sagen;
schallen doch noch heute
ihre klagelieder. .
aber dir, gottverlassner!
dreier söhne saat war dir ersprossen:
alle dre, rasender, erschlugst du.
Oh, oh.
wo find’ ich einen wehruf,
wo einen grabgesang,
wo einen totenreigen ?
Die hinterwand öffnet sich; man sieht das innere des hauses, Herakles, schlafend
an eine säulentrommel gefesselt, rings liegen die pfeile verstreut, köcher, bogen
und keule; die leichen Megaras und der kinder.
ha,
es weichen die riegel,
es springen die pforten
des hohen palastes.
wehe,
da liegen die söhne
entseelt um den vater
in grauser gemeinschaft:
er aber schläft den fürchterlichsten schlaf,
vom morde seines eignen bluts ermattet,
und gurten und fesseln und taue
verankern den leib des helden
gespannt an die säulen des schlosses.
Amphitryon tritt auf.
und hier Amphitryon. unsichren schrittes
wankt harmvoll er heran. wie um das nest
mit schrillem schrei ein vogel flattert, wo
in scherben seines brütens hoffnung liegt.
AMPHITRYON.
Leise, leise, fürsten Thebens.
seine glieder löst der schlummer,
gönnt vergessen ihm des elends.
240
κατὰ σὲ δαχρύοις στένω, πρέσβυ, καὶ τέκεα καὶ τὸ καλ-
λένικον χάρα. m > 1045
ἑχαστέρω πρόβατε, μὴ κτυπεῖτε, μὴ βοᾶτε, μὴ
τὸν εὔδι᾽ ἑἰαύονθϑ᾽ ὑπνώδεά τ᾿ εὐνᾶς ἐγείρετε. 1050
οἴμοι φόνος ὅσος ὅδ᾽
-- ἃ ἃ διά μ᾽ ὀλεῖτε --- κεχυμένος ἐπαντέλλει. m >
οὐχ ἀτρεμαῖα ϑρῆνον αἰάξετ᾽, ὦ γέροντες;
ἢ δέσμ᾽ ἀνεγειρόμενος χαλάσας ἀπολεῖ πόλιν, 1065
ἀπὸ δὲ πατέρα, μέλαϑρά τε καταράξει.
ἀδύνατ᾽ ἀδύνατά μοι.
σῖγα, πνοὰς μάϑω"
φέρε πρὸς οὖς βάλω.
εὔδει; — ναί, εὕδει, 1060
ὕπνον {γ᾽ ἄγυπνον ὀλόμενον, ὃς ἔκανεν dko-
χον ἔχανε δὲ τέχεα τοξήρει warum.
[τοξεύσας] “-ὦ >
1048 καλλένεικον Οἰ 1050 εὖ διαύοντα: corr, Beiske Kirchhoff 1052 δ,α-
snokelre
Xo add. Hermann κεχυμένον ΟἹ ἐπαντέλλοε: corr. apogr.
1054 ἀτρεμέα αἰάξετ᾽ : em Hermann 1055. 56 μὴ (sed in rasurs ΟὮ ---
καταράξη: em Piugk 1061 ὕπνον ὕπνον: em Dobree γ᾽ add Wil 1064 το-
Eedoas del Madvig
241
CHOR.
Meine tränen, meine seufzer
gelten dir, mein greiser feldherr,
deinen enkeln, deines sohnes
siegumstrahltem heldenhaupte.
AMPHITRYON.
Tretet zurück, meidet geräusch, meidet geschrei, wecket ihn nicht,
er ruhet so sanft, er schlummert so fest,
CHOR.
Wehe, was für blut
AMPHITRYON,
O schonet,
schonet mein.
CHOR.
ist dort vergossen,
AMPHITRYON.
Greiser genols, mäss’ge den ruf, hebe gedämpft klagegesang.
sonst fährt er empor und sprenget die bande,
und mordet die bürger
und mordet den vater;
sonst schlägt er in trümmer
die ganze stadt.
CHOR,
Nein, ich kann, ich kann nicht schweigen.
AMPHITRYON.
5.11, ich tret’ herzu, ich horche,
horche seines atems zügen.
CHOR.
Schläft er noch?
AMPHITRYON.
Ja, er schläft,
schläft der schuld dumpfen schlaf;
seine pfeile schwirrten
zischend von der sehne,
trafen weib und kind.
v. Wilamowitz I. 16
242
στέναζέ νυν — στενάζω. 1065
τέχνων ὄλεϑρον — ἰώ μοι.
σέϑεν τὲ παιδός. --- αἰαῖ.
ὦ πρέσβυ --- σῖγα σῖγα"
πταλίντροπος ἐξεγειρόμενος στρέφεται" φέρε,
ἀπόκρυφον δέμας ὑπὸ μέλαϑρον κρύψω. 1070
ϑάρσει" νὺξ ἔχει βλέφαρα παιδὶ σῷ. — >
ὁρᾶϑ᾽ ὁρᾶτε. τὸ φάος ἐκλιπεῖν μὲν ἐπὶ κακοῖσιν οὐ
φεύγω τάλας, ἀλλ᾽ εἴ με χανεῖ πατέρ᾽ ὄντα,
πρὸς δὲ κακοῖς χαχὰ μήσεται 1016
πρὸς Ἐρινύσι 3° αἷμα σύγγονον ἕξει
τότε ϑανεῖν σ᾽ ἐχρῆν, ὅτε δάμαρτι σᾷ
φόνον ὁμοσπόρων ἔμελλες πράξειν
περίχλυστον ἄστυ Ταφίων πέρσας. — > 1080
1065-68 Χο. or. ». Aug. or. τ. ο. Χο ἐώμοε (ἐώμκοιμοι P) o. τ. π. al. ὦ
ze. Aug, σ. σι: corr. Hermann 1072 τὸ μὲν φάος dal. ἐπὶ: corr. Wi 1078 οὐ
edit. Hervag.: ὦ τάλας φεύγω U! 1079 ἐπράξειν Ü! ἐκπράξειν ΟΡ: oorr.
wil
1080 Ταφ. περ. dor.: traiec. Wil
248
CHOR.
Rlage nun
AMPHITRYON.
Ich klage.
CHOR.
Um die enkel,
AMPHITRYON.
Wehe.
CHOR.
Um den sohn auch,
AMPHITRYON.
Wehe.
CHOR.
Greis .. .
AMPHITRYON. ͵
O schweiget, schweiget
sehet im schlaf, wie er sich regt, drehet sich um, hebt sich, erwacht —
hier im schutz des hauses will ich mich verbergen.
CHOR,
Fasse mut. nacht bedeckt deines sohnes lider.
AMPHITRYON.
Seht euch vor, seht euch vor.
ich in meinem jammer,
ich unsel’ger fürchte
wahrlich nicht den tod.
aber wenn er seinen vater erschlägt,
wenn er von frevel zu frevel stürmt,
wenn er mit blutschuld die blutigen hände besudelt —.
CHOR.
Wärest du doch da gefallen.
als du wider Pterelaos
auf den trümmern seiner veste
dich zum einzelkampfe stelltest,
deiner schwäher tod zu rächen.
16*
244
— φυγὰν φυγάν, γέροντες, ἀποπρὸ δωμάτων
διώχετε, φεύγετε μάργον
ἄνδρ᾽ ἐπεγειρόμενον.
(ἢ) τάχα φόνον ἕτερον ἐπὶ φόνῳ βαλὼν
ἀναβαχχεύσει Καδμείων πόλιν. 1095
— ὦ Ζεῦ, τί παῖδ᾽ ἤχϑηρας ὧδ᾽ ὑπερκότως
τὸν σόν, καχῶν δὲ πέλαγος ἐς τόδ᾽ ἤγαγες; “Ὁ 2
HPAKAHZ.
ἔα"
ἔμπνους μέν εἰμι καὶ δέδορχ᾽ ἅπερ ue δεῖ,
αἰϑέρα τε καὶ γῆν τόξα ϑ᾽ Ἡλίου τάδε" 1090
ὡς ἐν κλύδωνι Kal φρενῶν ταράγματι
πέπτωκα δεινῷ καὶ πνοὰς ϑερμὰς πνέω
μετάρσι᾽ οὐ βέβαια πνευμόνων ἄπο.
ἐδού, τί δεσμοῖς ναῦς ὅπως ὡρμισμένος
γεανίαν ϑώρακα χαὶ βραχίονα 1095
πρὸς ἡμιϑραύστῳ λαΐνῳ τυχίσματι
ἥμαι, νεχροῖσι γείτονας ϑάχους ἔχωζν);
πτερωτὰ δ᾽ ἔγχη τόξα τ᾽ ἔσπαρται πέδῳ,
ἃ πρὶν παρασπίζοντ᾽ ἐμοῖς βραχίοσιν
ἔσῳξζε πλευρὰς ἐξ ἐμοῦ τ᾽ ἐσῴζετο. 1100
οὔ που κατῆλϑον αὖϑις εἰς “Ἅιδου πάλιν
Εὐρυσϑέως δέαυλον (ἐντολαῖς δραμών;
ἀλλ᾽ οὔτε Σισύφειον εἰσορῶ πέτρον,
οὐ δώματ᾽ οὐδὲ σχῆπερα 4ήμητρος χόρης.
ἔχ τοι πέτεληγμαι᾽ ποῦ ποτ᾽ ὧν ἀμηχανῶ; 1105
ὠή, τίς ἐγγὺς ἢ πρόσω φίλων ἐμῶν,
δύσγνοιαν ὅστις τὴν ἐμὴν ἰάσεται;
σαφῶς γὰρ οὐδὲν οἶδα τῶν εἰωϑότων.
„IM. γέροντες, ἔλθω τῶν ἐμῶν καχῶν πέλας;
ΧΟ. χἀγώ γε σὺν σοί, μὴ προδοὺς τὰς συμφοράς. 1110
1081 φυγᾶ φυγᾶ: em Weakefield 1084 suppl Wil 1089 Herculis
notam a v. 1086 huc revoc, Heath 1089 Zunovs C’P! 1093 πλευμόνων ΟΣ
1006 πρόσειμε ϑραυστῶ: em Elimaley τεεχέσκατε: em Fix 1097 ἦ μὲν:
em Musgrave suppl Musgrave 1098 δ᾽ Hermann: τ τ᾽ Canter: δ᾽
1101 οὔπω: em Dindorf 1102 δέαυλον εἰς ἄειδου μολών: ἐντολαῖς Pierson,
δραμών Wil 1108 πτερόν: em Brodaeus 1104 Πλούτωνα τ᾿ οὐδέ: em Wil
1110 προδῷς: em Stephanus
AMPHITRYON.
Flieht, flieht.
hinweg von dem hause, hinweg.
er erwachet, der rasende mann.
sonst stürmt er von morde zu morde
und reilst in dem tosenden taumel
ganz Theben dahin.
CHORFÜHRER.
Woher der grimm dir, Zeus, in dieses meer
von jammer deinen eignen sohn zu stürzen ?
Der Chor weicht auf die seite, ebenso Amphitryon.
HERAKLES,
ich lebe. vor den augen liegen hell
himmel und erd’ im strahl des Helios:
wie hat den sinn mir einer wüsten wirrsal
brandung ergriffen? ΒΟ ΒΟΥ atem strömt
unsteten zuges aus den lungen auf.
und hier? verankert lieg ich wie ein schiff,
und taue fesseln brust und heldenarm
an einer halbgeborstnen säule stumpf;
und leichen liegen rings um meinen sitz,
der bogen, die befiederten geschosse
zerstreut am boden, die an meiner seite,
mein bester schutz, in sichrem schutze ruhten.
bin ich im Hades wieder? hat Eurystheus
als doppelläufer mich hinabgesandt?
nein, nirgend wälzt hier Sisyphos den stein,
und nicht ist dies das reich Persephones.
ich starre, staune, bange mich; wo bin ich?
ho, hört mich denn kein freund, von keiner seite,
kann keiner mich von dieser dumpfheit heilen ?
denn jedes bild verschwimmt mir im gedächtnis.
AMPHITRYON {ritt hervor.
Darf ich mich meinem schmerze nahn, ihr greise?
CHORFÜHRER tritt mit dem chore hervor.
Ich wag’ es mit, verlafs’ dich nicht im unglück.
245
246
HP. πάτερ, τί χλαίεις xal ovvaunsloyn κόρας -
τοῦ φιλτάτου σοι τηλόϑεν παιδὸς βεβώς;
AM. ὦ τέχνον᾽ εἶ γὰρ καὶ καχῶς πράσσων ἐμός.
-- πράσσω δ᾽ ἐγώ τι λυπρὸν οὗ δαχρυρροεῖς;
— ἃ χἂν ϑεῶν τις, εἰ μάϑοι, καταστένοι. 1115
— μέγας γ᾽ ὅ κόμπος, τὴν τύχην δ᾽ οὔπω λέγεις.
- ὁρᾷς γὰρ αὐτός, εἰ φρονῶν ἤδη κυρεῖς.
— ein’ εἴ τε καινὸν ὑπογράφῃ τὠμῷ βίῳ;
— xal σ᾽ εἰ βεβαίως εὖ φρονεῖς ἤδη σχοπῶ. 1121
— παπαῖ, τόδ᾽ ὡς ὕποπτον ἠνίξω πάλιν. 1120
— εἰ μηκέϑ᾽ Aıudov βάχχος εἶ, φράσαιμεν ἄν. 1119
— οὐ γάρ τι βαχχεύσας γε μέμνημαι φρένας. 1122
— λύσω, γέροντες, δεσμὰ παιδὸς ἢ τί δρῶ;
— καὶ τόν γε δήσαντ᾽ εἴπ" ἀναινόμεσϑα γάρ.
— τοσοῦτον ἔσϑι τῶν κακῶν᾽ τὰ δ᾽ ἄλλ᾽ ἔα. 1125
- ἀρχεῖ σιωπὴ γὰρ μαϑεῖν ὃ βούλομαι;
— ὦ Ζεῦ, παρ᾽ Ἥρας ἄρ᾽ ὅρᾷς ϑρόνων τάδε;
1116 ἀκανϑεὼν τις εἴπαϑ'᾽ οἱ καταστένοε (στέ»εε C', correxit ipse) ı distinxit
Canter, «άϑοιε Vahlen 1119.21 traiec. Wil (1118.19 post 21 Nauck) 1110 ar
καϑ': em Canter dxgpdoasuew: em Musgrave 1126 ἀρκεῖξ' σιωπή (own; P)
— οὐ Bovlouas: em Henth
247
HERAKLES.
Mein vater, was verhüllst du dich, was weinst du?
was bleibst du deinem lieben sohne fern ?
AMPHITRYON,
Mein kind — du bist’s, du bleibst es auch im elend.
HERAKLES,
Du weinst um mich? stiefs mir denn etwas zu?
AMPHITRYON,
Ja, und ein gott selbst mülste mit dir weinen.
HERAKLES,
Ein schweres wort; doch sagst du noch nicht, was.
AMPHITRYON,
Du siehst es selbst, wenn du bei sinnen bist.
HERAKLES,
Was soll an mir denn anders sein? sprich aus.
AMPHITRYON.
Noch prüf ich, bist du wirklich ganz bei sinnen?
HERAKLES,
Ha, wieder weichst du aus; du birgst ein unglück.
AMPHITRYON.
Wenn dich die höllenraserei verlieg —
HERAKLES,
War ich denn rasend ? mir ist nichts bewulst.
AMPHITRYON löst die fesseln.
Darf ich des sohnes fesseln lösen, freunde?
HERAKLES,
Sag’ mir auch wer sie band; ich schäme mich.
AMPHITRYON.
Genug des jammers den du weilst. lals ab.
HERAKLES,
Reicht denn dein schweigen hin mich zu belehren ?
AMPHITRYON.
Kannst du das ansehn, Zeus, von Heras thron ὃ
248
— ἀλλ᾽ ἧ τι χκεῖϑεν πολέμιον πεπόνϑαμεν;
— τὴν ϑεὸν ἐάσας τὰ σὰ περιστέλλου χαχά.
— ἀπωλόμεσϑα' συμφορὰν λέξεις τινα.
— ἐδού, ϑέασαι ταδε τέχνων πεσήματα.
— οἴμοι" τίν᾽ ὄψεν τήνδε δέρχομαι τάλας;
-- ἀπόλεμον, ὦ παῖ, πόλεμον ἔσπευσας τέχνοις.
- τί πόλεμον εἶπας; τούσδε τίς διώλεσεν;
--- σὺ xal σὰ τόξα xal ϑεῶν ὃς αἴτιος.
— τί φής; τί δράσας; ὦ κάκ᾽ ἀγγέλλων πάτερ.
— μανείς" ἐρωτᾷς δ᾽ As” ἑρμηνεύματα.
— ἦ καὶ δάμαρτός εἰμ᾽ ἐγὼ φονεὺς ἐμῆς;
— μιᾶς ἅπαντα χειρὸς ἔργα σῆς τάδε.
— αἰαζ' στεναγμῶν γάρ μὲ περιβάλλει νέφος.
- τούτων ἔχατι σὰς κατὰστέγω τύχας.
— ποῦ δ᾽ οἶστρος ἡμᾶς ἔλαβε, ποῦ διώλεσεν;
1185
110
1144
1130 δξεις: em Brodaeus riva 1133 ὁ σπεύσας: emc 1144.5 traiec. Wil
249
HERAKLES,
Hat sie in ihrem hbafs mich heimgesucht ?
AMPHITRYON.
Lafs’ Heras tun und schick’ dich in das deine.
HERAKLES,
Du tötest mich; du weifst um ein verbrechen.
AMPHITRYON.
Wolan. schau her: hier liegen deine kinder.
HERAKLES,
Welch anblick! wehe mir, ich unglücksel’ger.
AMPHITRYON.
Mein sohn, das war kein kampf, mit kindern kämpfen!
HERAKLES,
Was für ein kampf? wer ist der kinder mörder?
AMPHITRYON.
Du selbst und deine pfeile, und der gott
von dessen willen du das werkzeug warst.
HERAKLES,
Ich? wie das? vater, unheilsbote, sprich.
AMPHITRYON.
Im wahnsinn hast du es vollbracht; die antwort
auf solche frage mufs wol graun enthüllen.
HERAKLES,
So bin ich auch der mörder meines weibes?
AMPHITRYON,
Wohin du rings umher das auge wendest:
nur eine hand hat sich darum gerührt.
HERAKLES,
Weh, welche flut von klagen schwellt mich, weh.
AMPHITRYON.
Das war es, was mich um dich weinen liels.
HERAKLES,
Wo fiel der sturm mich an? wann schlug er mich?
250
— ὅτ᾽ ἀμφὶ βωμὸν χεῖρας ἡγνίζου πυρί. 1165
— ἡ γὰρ συνήραξ᾽ οἶχον ἐν βαχχεύμασιν; 1142
— οὐκ olda πλὴν ἕν᾽ πάντα δυστυχεῖ τὰ σά.
— οἴμοι" τέ δῆτα φείδομαι ψυχῆς ἐμῆς 1146
τῶν φιλτάτων μοι γενόμενος παίδων φονεύς,
κοὐχ εἶμε πέτρας λισσάδος πρὸς ἅλματα,
ἢ φάσγανον πρὸς ἧπαρ ἐξανοντίσας
τέχνοις διχαστὴς αἵματος γενήσομαι, 1180
ἢ σάρχα τὴν γεᾶνιν ἐμπρήσας πυρί
δύσκλειαν ἣ μένει μ᾽ ἀπώσομαι βίου;
ἀλλ᾽ ἐμποδών μοι ϑανασίμων βουλευμάτων
Θησεὺς 68’ ἕρπει συγγενὴς φίλος τ᾽ ἐμός"
ὀφϑθησόμεσϑα, καὶ τεχγοχτόνον μύσος 1155
ἐς ὄμμαϑ᾽ ἥξει φιλτάτῳ ξένων ἐμῶν.
οἴμοι, τί δράσω; ποῖ κακῶν ἐρημίαν
εὕρω, πτερωτὸς ἢ κατὰ χϑονὸς μολών;
T φέρ᾽ ἂν τι... κρατὶ περιβάλω σχότον.
αἰσχύνομαι γὰρ τοῖς δεδραμένοις καχοῖς. 1100
οἴχῳ δὲ προστρόπαιον αἷμα προσβαλὼν
οὐδὲν χαχῶσαι τοὺς ἀναιτίους ϑέλω.
ΘΗΣΕΥΣ.
ἥχω σὺν ἄλλοις ol παρ᾽ ᾿Ασωποῦ ῥοὰς
μένουσιν ἔνοτελοι γῆς ᾿ϑηναίων κόροι
σῷ παιδί, πρέσβυ, σύμμαχον φέρων δόρυ. 1165
χληδὼν γὰρ ἦλϑεν εἰς ᾿Ερεχϑειδῶν scolıy,
ὡς σχῆπτρα χώρας τῇσδ᾽ ἀναρπάσας Auxos
ἐς πόλεμον ὑμῖν καὶ μάχην καϑίσταται.
τίνων δ᾽ ἀμοιβὰς ὧν ὑπῆρξεν Ἡρακλῆς
σώσας μὲ νέρϑεν ἦλθον, εἴ τι δεῖ, γέρον, 1110
1142 ἢ βάκχενο᾽ ἐμὸν: em Wil 1146 δή γε: em Schaefer 1151 τὴν
Ψψεᾶνεν Wil: τὴν dunv 1156 φιλτάτων: em Beiske 1159 oxdros 1161 καὶ
τῷδε: em Wil προσλαβών: em Canter
251
AMPHITRYON.
Am altar, als du deine hände sühntest.
HERAKLES,
Und auch das haus rifs ich im wahnsinn nieder?
AMPHITRYON.
Ich habe nur die antwort: überall,
wohin du dich auch wendest, triffst du πη οὶ].
HERAKLES.
Weh mir, was karg’ ich dann mit meinem blut,
und schlug doch schon mein liebstes, meine söhne.
was such’ ich nicht den sturz von jähem felsen,
was stols’ ich nicht ein schwert in meine brust
als richter und als rächer meiner kinder?
was strotzt der leib mir noch in manneskraft
und sucht nicht in den flammen aus der schande,
die ihm das leben sein mufs, ein entrinnen’?
doch sieh, ein hindernis der todesplane
naht sich mein freund, mein vetter Theseus dort,
80 soll ich doch gesehen werden, sehen
soll meinen kindesmord mein liebster freund!
weh mir, wohin? in himmel oder erde,
wo kann ich mich vor diesem fluche bergen ?
umhülle wenigstens mein haupt die nacht.
was ich begieng, ist schmach und gram genug;
mit blutschuld ist mein haus durch mich verpestet:
vor ansteckung will ich die reinen wahren.
er verhüllt sich.
THESEUS
mit bewaffnetem gefolge kommt von der seite, von der Herakles gekommen war.
Ich komme beistand deinem sohn zu leisten,
Amphitryon, und am Asopos liegt
in waffen eine schar Athenerjugend,
die mir gefolgt ist; denn es drang zu uns
die nachricht, dafs das scepter dieses landes
Lykos an sich gerissen und zu kampfe
“und schlacht sich wider euch erhoben habe.
so kam ich, Herakles es zu vergelten
dafs er mich aus der unterwelt erlöst,
282
ἢ χειρὸς ὑμᾶς τῆς ἐμῆς ἢ συμμάχων.
ἔα" τί νεχρῶν τῶνδε πληϑύει πέδον;
οὔ που λέλειμμαι καὶ νεωτέρων καχῶν
ὕστερος ἀφῖγμαι; τίς rad’ ἔχτεινεν τέχνα;
τίνος γεγῶσαν τήνδ᾽ ὁρῶ ξυγάορον; 1175
οὐ γὰρ δορός γε παῖδες loravrar πέλας,
ἀλλ᾽ ἄλλο πού τι καινὸν εὑρίσχω κακόν.
AM. ὦ τὸν ἐλαιοφόρον ὄχϑον ἔχων (ἄναξ),
OH. τί χρῆμά μ᾽ οἰχτροῖς ἐκάλεσας προοιμίοις;
— ἐπάϑομεν πάϑεα μέλεα πρὸς ϑεῶν. 1180
— οἱ παῖδες οἵδε τίνος, ἐφ᾽ οἷς δαχρυρροεῖς;
— ἔτεχε μέν (vıv) οὑμὸς ἶνις τάλας,
τεχόμενος δ᾽ ἔχανε, φόνιον αἷμα τλάς.
— εὔφημα φώνει. --- βουλομένοισιν ἐπαγγέλλῃ. 1185
— ὦ δεινὰ λέξας. — οἰχόμεϑ᾽ οἰχόμεϑα πτανοί.
— —,
«
ἐχατογχεφάλου βαφαῖς ὕδρας. 1190
— τέ φής; τί δράσας; --- μαινομένῳ πιετύλῳ
πἀαγχϑείς. 1188. 89
— .ὕ......
1118 οὔπω τε (i. 6. οὔπω et οὔτι) : em Dindorf 1174 ἀφεῖμαε: em apogr.
1175 ξυνάορον συνάορο»ν Ü 1177 τέ πον: em Wil 1178 suppl
Hermann 1181 r/ves: em Wil Wecklein 1182 suppl Elmsley 1183 &x-
τανε: cm Matthiae 1190 traiec Wil
253
ob meines armes oder meines heeres,
Amphitryon, ihr etwa hier bedürftet.
doch sieh? was liegt der boden voller leichen ?
ich bin doch nicht zu spät gekommen, treffe
doch nicht schon unerhörte tat vollbracht?
die kinder hier, wer schlug sie? hier ein weib?
wer war ihr gatte? nein, das war nicht kampf,
denn kinder bleiben fern dem handgemenge,
hier ist ein andres, schreckliches geschehn.
AMPHITRYON.
Weh, könig der felsigen stadt der oliven —
THESEUS,.
‚Weshalb beginnt mit wehruf deine rede?
AMPHITRYON.
Uns sandten die götter ein grauses verhängnis.
THESEUS,
Wes sind die kinder hier, um die du weinst?
AMPHITRYON.
Mein sohn ist ihr vater, der unglücksel’ge:
er ist auch ihr mörder, befleckt mit blutschuld.
THESEUS.
Bewahre deinen mund —
AMPHITRYON.
Wie gerne, wie gern, wenn ich könnte.
THESEUS,
Furchtbare kunde —
AMPHITRYON.
Verloren sind wir, sind vernichtet.
THESEUS.
Wie schlug er sie?
AMPHITRYON.
Mit den ehernen buckeln der keule,
mit dem Hydragifte der pfeile.
. THESEUS.
Wie? was verführt’ ihn?
254
— Ἥρας ὅδ᾽ ἁγών᾽ τίς δ᾽ 56’ οὖν νεχροῖς, γέρον;
— ἐμὸς ἐμὸς ὅδε γόνος ὅ πολύπονος, (ὃς) ἐπὶ
δόρυ γιγαντοφόνον ἦλθεν
σὺν ϑεοῖ-
σι Φλεγραῖον ἐς πεδίον ἀσπιστάς.
— φεῦ geb’ τίς ἀνδρῶν ὧδε δυσδαέμων ἔφυ;
— οὐκ ἂν εἰδείης ἕτερον πολυμοχϑότερον πολυ-
πλαγχτότερόν τε ϑνατῶν.
— τί γὰρ πέπλοισιν ἄϑλιον κρύπτει χάρα;
— αἰδόμενος τὸ σὸν ὄμμα
χαὲὶ φιλίαν ὁμόφυλον
αἷμά τε παιδοφόνον.
— ἀλλ᾽ ὡς συναλγῶν γ᾽ ἦλϑον, ἐκχάλυπτεέ νιν.
— ὦ τέκνον, πάρες ἀπ᾿ ὀμμάτων
πέπλον, ἀπόδιχε, ῥέϑος ἀελίῳ δεῖξον"
βάρος ἀντίπαλον δαχρύοισιν ἁμιλλᾶταε,
ἱκετεύομεν ἀμφὶ γενειάδα καὶ γόνυ xal χέρα σὰν
προπίέτνων πολιόν τε δάχρυον ἐχβάλλων.
1191 ἀγών τίς δ᾽ δδ᾽ οὖν BReiske: τίς δόλου
1196 εἐδέης ΟἹ 1202 eis συναλγοῦντ᾽ : em Wakefield
em Hermann 1207.8 σὰν post ἀρμιφέ: trai. Wil.
1209 ἐκβαλών: em Wil
1192 suppl Canter
προσπέτνων: core WI
1191
118
1200
1205 δακρύοις συναμι.:
255
AMPHITRYON.
Wahnsinnsanfall ergriff ihn.
THESEUS,
Dann ist es Hera, die ihn also heimsucht.
doch sag’, wer sitzt dort mitten unter leichen ?
AMPHITRYON.
Mein sohn, mein sohn;
er ist es, der dulder unsäglicher mühen,
er ist es, der schildgenosse der götter
im blachfelde Phlegras, da die Giganten sie schlugen.
THESEUS,.
Oh,
wen hätte je das schicksal so verfolgt?
AMPHITRYON.
Keinen, keinen
vermagst du zu nennen auf erden,
den schwerere prüfungen trafen,
den wildere stürme verfolgten.
THESEUS,
Was birgt er sein unselig haupt im mantel ?
AMPHITRYON.
Scham erfüllt ihn, scham vor dir,
scham vor dem kreise der treuen,
scham vor dem blute der kinder.
THESEUS,
So kam ich mitzuweinen; deck’ ihn auf.
AMPHITRYON.
Herakles,
lüfte den mantel,
streif’ dir vom auge die hülle,
zeige der sonne dein antlitz.
schämst du der tränen dich? schaue mein flehen,
wiegt es nicht mehr als die scham?
dir zu den fülßsen lieg’ ich, ich fasse
bittend die rechte, ich fasse dein kinn.
schau auf die tränen des greises,
286
ΘΗ.
ge
io παῖ, κατάσχεϑε λέοντος ἀγρίου ϑυμόν, ὡς 1210
δρόμον ἐπὶ φόνιον ἀνόσιον ἐξάγεε,
χακὰ ϑέλων χαχοῖς συνάψαι, τέκνον. — >
εἶέν" σὲ τὸν ϑάσσοντα δυστήνους ἕδρας
αὐδῶ φίλοισιν ὄμμα δεικνύναι τὸ σόν. 1215
οὐδεὶς σχότος γὰρ ὧδ᾽ ἔχει μέλαν γέφος,
ὅστις χαχῶν σῶν συμφορὰν χρύψειεν ἄν.
ti μοι προσείων χεῖρα σημαΐίνεις φόβον;
ὡς μὴ μύσος ue σῶν Pain προσφϑεγμάτων;
οὐδὲν μέλει μοι σύν γε σοὶ πράσσειν καχῶς᾽ 130
χαὶ γὰρ ποτ᾽ εὐτύχησ᾽ " ἐκεῖσ᾽ ἀνοιστέον,
ὅτ᾽ ἐξέσωσάς μ᾽ ἐς φάος νεχρῶν πάρα.
χάριν δὲ γηράσχουσαν ἐχϑαίρω φέλων
χαὶ τῶν καλῶν μὲν ὅστις ἀπολαύειν ϑέλει,
συμπλεῖν δὲ τοῖς φίλοισι δυστυχοῦσιν οὔ. 1225
ἀνίστασ᾽, ἐχχάλυψον ἄϑλιον κάρα,
βλέψον πρὸς ἡμᾶς. ὅστις εὐγενὴς βροτῶν,
φέρει τὰ ϑεῶν γε πτώματ᾽ οὐδ᾽ ἀναίνεται.
, Θησεῦ, δέδορχας τόνδ᾽ ἀγῶν᾽ ἐμῶν τέχνων;
ἤκουσα καὶ βλέποντι σημαίνεις καχά. 1290
τί δῆτά μου χρᾶτ᾽ ἀνεχάλυψας ἡλίῳ;
τί δ᾽; οὐ μιαίνεις ϑνητὸς ὧν τὰ τῶν ϑεῶν.
φεῦγ᾽, ὦ ταλαίπωρ᾽, ἀνόσιον μίασμ᾽ ἐμόν.
οὐδεὶς ἀλάστωρ τοῖς φίλοις ἐκ τῶν φίλων.
ἐπηνεσ᾽ " εὖ δράσας δέ σ᾽ οὐκ ἀναίνομαι. 1285
—
1211 drwe: em Elmsley 1212 βρόμον: em Beiske 1216 28° εἰ oxd-
rovs: em Canter 1218 φόνον: em Wil 1219 βαλεῖ 1228 τὰ τῶν ϑεῶν:
em Stiblinus
267
hemme den rasenden löwengrimm,
denn in die blutige bahn des verbrechens
will er dich wieder verführen, von freveln
wieder zu freveln, mein sohn.
THESEUS,.
Steh auf, der du so jammervoll hier kauerst.
enthülle dich: ein freund ist’s der dir ruft,
und also schwarz ist keine finsternis,
dein schaudervolles unglück zu verbergen.
was winkst du ängstlich mit der hand mich fort?
dich anzureden werde mich besudeln ?
mit dir geteiltes unglück fürcht’ ich nicht;
ich teilte ja dein. glück. das geht in rechnung
auf jenen tag, wo du zum sonnenlicht
mich aus der unterwelt emporgeführt.
den freund veracht’ ich dessen lieben altert,
der wol die guten tage mit genielst,
doch sich der fahrt im sturm versagen will.
steh auf, enthülle dein unselig haupt,
blick’ mir in’s auge: das ist menschenadel,
der seine schickung ohne murren trägt.
enthüllt ihn.
HERAKLES,
Theseus, du siehst, bier liegen meine kinder.
THESEUS,
Du zeigst mir jammer den ich sah und hörte.
HERAKLES,.
Und konntest doch mein haupt dem lichte zeigen ?
THESEUS.
Warum nicht? ewig ist das element:
du bist ein mensch und kannst es nicht besudeln.
HERAKLES,
Flieh, sterblicher, vor meines fluches pest.
THESEUS.
Es wird der freund dem freunde nie zum fluche.
HERAKLES,
Hab’ dank. was ich an dir tat, reut mich nicht.
νυ. Wllamowitz I. 17
208
— ἐγὼ δὲ πάσχων εὖ τότ᾽ οἰχτέρω σε νῦν.
— οἰκτρὸς γάρ εἰμι τἄμ᾽ ἀποκτείγας τέχνα.
χλαίω χάριν σὴν ἐφ᾽ ἑτέραισι συμφοραῖς.
ηὗρες δέ γ᾽ ἄλλους ἐν κακοῖσι μείζοσιν;
ἅπτῃ κάτωϑεν οὐρανοῦ δυσπραξίᾳ. 1240
τοιγὰρ παρεσχευάσμεϑ᾽ ὥστε καὶ χρατεῖν.
δοκεῖς ἀπειλῶν σῶν μέλειν τι δαίμοσιν;
αὔϑαδες ὅ ϑεός, πρὸς δὲ τοὺς ϑεοὺς ἐγώ.
ἔσχε στόμ᾽, ὡς μὴ μέγα λέγων μεῖζον πάϑῃς.
γέμω κακῶν δή, κοὐκέτ᾽ ἔσϑ᾽ ὅπῃ τεϑῇ. 1245
δράσεις δὲ δὴ τί; ποῖ φέρῃ ϑυμούμενος;
ϑαγών, ὅϑενπερ ἦλθον, εἶμε γῆς ὕπο.
εἴρηχας ἐπιτυχόντος ἀνθρώπου λόγους.
σὺ δ᾽ ἐχτὸς ὧν γε συμφορᾶς με νουϑετεῖς.
ὅ πολλὰ δὴ τλὰς ἉΗρακλῆς λέγει τάδε; 1350
οὐχ οὖν τοσαῦτά γ᾽" ἐν μέτρῳ μοχϑητέον.
1237 πάρειμε: em Reiske 1241 καὶ κρατεῖν Weil: κατϑανεν 1249 δ᾽
Wakefield: γ᾽’ 1251 ἐν Hermann: εἰ
259
THESEUR,.
Mein retter warst du: mitleid biet’ ich dir.
HERAKLES,
Ja, mitleid brauch’ ich, meiner söhne mörder.
THESEUS.
Und dankbar trag’ ich fremde schmerzen mit.
HERAKLES,
Weilst du ob irgend wer so schweres litt?
THESEUS,
Nein. himmelhoch ist deines unglücks gröfse.
HERÄKLES,
Indess, ich bin bereit. ich mach’ es wett.
THESEUS.
Wähnst du, die götter rühre solches prahlen ?
HERAKLES.
Trotzt mir die gottheit: trotzen kann auch ich.
THESEUS,
Schweig. hohen worten folgt ein tiefer fall.
HERAKLEBS,
Mein mals ist voll; mehr leiden falst es nicht.
THESEUS.
Was planest du? wohin führt dich der grimm ἢ
HERAKLES,.
Zum Hades; wo ich war. diesmal als leiche.
THESEUS,
An selbstmord denkt nur ein gemeiner sinn.
HERAKLES,
Dich traf das unheil nicht, leicht magst du meistern.
THESEUS.
Spricht so der grolse dulder Herakles?
HERAKLES,
Dies hier ist mehr als jemals ich ertragen,
und ihre grenzen hat auch die geduld.
260
— εὐεργέτης βροτοῖσι καὶ μέγας φίλος;
— οἵδ᾽ οὐδὲν ὠφελοῦσέ u’, ἀλλ᾽ Ἥρα κρατεῖ.
— οὐκ ἄν (0’) ἀνάσχοιϑ᾽ Ἑλλὰς ἀμαϑίᾳ ϑανεῖν.
— ἄκουε δή νυν, ὡς ἁμιλληϑῶ λόγοις 1255
πρὸς γνουϑετήσεις σὰς ἀναπτύξω TE σοι
ἀβίωτον ἡμῖν νῦν τε χαὶ πάρουϑεν ὄν.
πρῶτον μὲν ἐχ τοῦδ᾽ ἐγενόμην, ὅστις χτανὼν
μητρὸς γεραιὸν πατέρα προστρόπαιος ὧν
ἔγημε τὴν τεχοῦσαν Alxunvnv ἐμέ. 1260
ὅταν δὲ χρηπὶς μὴ καταβληϑῇ γένους
ὀρϑῶς, ἀνάγκη δυστυχεῖν τοὺς ἐχγόνους.
Ζεὺς δ᾽, ὅστις ὅ Ζεύς, πολέμεόν μ᾽ ἐγείνατο
Ἥρᾳ (σὺ μέντοι μηδὲν ἀχϑεσϑῇς, γέρον"
πατέρα γὰρ ἀντὶ Ζηνὸς ἡγοῦμαι σὲ ἐγώ) 1265
ἔτ᾽ ἐν γάλακτί τ᾿ ὄντι γοργωποὺς ὄφεις
ἐπεισέφρηχε σπαργάνοισι τοῖς ἐμοῖς
ἡ τοῦ Διὸς σύλλεχτρος, ὡς ὀλοίμεϑα.
ἐπεὶ δὲ σαρκὸς περιβόλαι᾽ ἐκτησάμην
ἡβῶντα, μόχϑους οὖς ἔτλην τί δεῖ λέγειν; 1270
ποίους ποτ᾽ ἢ λέοντας ἢ τρισωμάτους
Τυφῶνας ἢ Γίγαντας ἢ τετρασχδλῆ
κεγταυροπληϑῆ πόλδμον οὐχ ἐξήνυσα;
τὴν τ᾿ ἀμφίχρανον καὶ παλειμβλαστῇ κύνα
ὕδραν φονεύσας μυρίων τ᾽ ἄλλων πόνων 1275
διῆλθον ἀγέλας χἀς νεχροὺς ἀφικόμην,
«Διδου πυλωρὸν χύνα τρίχραγνον ἐς φάος
ὅπως πορεύσαιμ᾽ ἐντολαῖς Εὐρυσϑέως.
τὸν λοίσϑιον δὲ τόνδ᾽ ἔτλην τάλας πόνον,
παιδοχτονήσας δῶμα ϑριγχῶσαι καχοῖς. 1230
1254 suppl Barnes 1256 νουϑεσέαρ: em Pierson 1267 ἐπεισέφρησε
1272 τετρασκελεῖς: em Reiske 1279 φόνον: em Beiske
261
THESEUS,
Du, einer welt woltäter und beschützer ἢ
HERAKLES,
Was hilft mir eine welt! hier waltet Hera.
THESEUS.
Hellas verbeut dir unbedachten selbstmord.
HERAKLES,
So höre mich, ich werde widerlegen
was du mir mahnend vorhältst, will beweisen,
dals ich kein recht zu leben mehr besitze
noch je besafs. denn hier von diesem stamm’ ich,
der mit dem blute seines ältervaters
befleckt Alkmene meine mutter freite.
und wo ein haus nicht auf gesundem grunde
errichtet ist, da bülsen es die kinder.
dann hat mich Zeus erzeugt — ich will von Zeus
nichts weiter sagen, und, Amphitryon,
sei mir nicht böse, meine kindesliebe
gilt dir allein, nicht ihm. ihm aber danke
ich Heras haß. noch lag ich an der brust,
da sandte seine gattin mich zu töten
glutäug’ge nattern in die wiege mir.
und seit die jugend meine muskeln stärkte —
soll ich erst all die mühen her euch zählen,
die ich durchkämpft? wo ist ein leu, ein riese,
ein feuerspeiend scheusal wie Typhoeus,
ein kampf vierhufiger Kentaurenhorden,
den ich nicht zu bestehn gehabt? die Hydra,
das ungeheuer dessen hundert häupter
sich immerfort nachwachsend nur vermehrten,
mulst’ ich bezwingen, mußste nach bestehung
von ganzen schaaren solcher abenteuer
sogar ins schattenreich, der todespforte
dreiköpf’gen wächter auf zum licht zu holen,
weil mir Eurystheus es gebot. und hier
siehst der aufgaben letzte du vollendet:
die eignen kinder hab’ ich umgebracht,
das ist der schlufsstein in dem unglücksbau.
262
ἥχω δ᾽ ἀνάγκης ἐς τόδ᾽" οὔτ᾽ ἐμαῖς φίλαις
Θήβαις ἐνοικεῖν ὅσιον᾽ ἢν δὲ καὶ μένω,
ἐς ποῖον ἱερὸν ἢ πανήγυριν φίλων
εἶμ᾽ ; οὐ γὰρ ἄτας εὐπροσηγόρους ἔχω.
ἀλλ᾽ ργος ἔλθω; πῶς, ἐπεὶ φεύγω πάτραν; 1235
φέρ᾽ ἀλλ᾽ ἐς ἄλλην δή τιν᾽ ὁρμήσω πόλιν;
χἄπειϑ᾽ ὑποβλεπώμεϑ᾽ ὡς ἐγνωσμένοι,
γλώσσης πικχροῖς κέντροισι Trindovgosuevor
»οὐχ οὗτος ὅ Διός, ὃς τέχν᾽ ἔχτεινέν note
δάμαρτά τ᾽; οὐ γῆς τῇσδ᾽ ἀποφϑαρήσεται;" 1290
[xexinuevp δὲ φωτὶ μακαρίῳ ποτὲ
αἱ μεταβολαὶ λυπηρόν, ᾧ δ᾽ αἰεὶ καχῶς
ἔστ᾽, οὐδὲν ἀλγεῖ, συγγενῶς δύστηνος ὧν.)
ἐς τοῦτο δ᾽ ἥξειν συμφορᾶς οἶμαί ποτε"
φωνὴν γὰρ ἧσει χϑὼν ἀπεγνέπουσά με 1235
un ϑιγγάνειν γῆς καὶ ϑάλασσα μὴ περᾶν
πηγαί τὲ ποταμῶν, καὶ τὸν ἁρματήλατον
ἸΙξίον᾽ ἐν δεσμοῖσιν ἐχμιμήσομαι.
[καὶ ταῦτ᾽ ἄριστα μηδέν᾽ Ἑλλήνων μ᾽ ὁρᾶν,
ἐν οἷσιν εὐτυχοῦντες ἦμεν ὄλβιοι.) 1300
τί δῆτά μὲ ζῆν δεῖ; τί κέρδος ἕξομεν
βίον γ᾽ ἀχρεῖον ἀνόσιοι κεχτημένοι;
χορευέτω δὴ Ζηνὸς ἡ κλεινὴ δάμαρ
κρούουσ᾽ Ὀλύμπου (δώματ᾽) ἀρβύλῃ ποδός,
ἔπραξε γὰρ βούλησιν ἣν ἐβούλετο 1305
ἄνδρ᾽ Ἑλλάδος τὸν πρῶτον αὐτοῖσιν βάϑροις
ἄνω χάτω στρέψασα. τοιαύτῃ FED
τίς ἂν προσεύχοιϑ᾽ ; ἣ γυναικὸς εἵνεκα,
λέχερων φϑονοῦσα Ζηνί, τοὺς εὐεργέτας
Ἑλλάδος ἀπώλεσ᾽ οὐδὲν ὄντας αἰτίους. 1510
OH. οὐκ ἔστιν ἄλλου δαιμόνων ἀγὼν ὅδε
ἢ τῆς «Ζιὸς δάμαρτος" εὖ τόδ᾽ αἰσθάνῃ.
παραινέσαιμ᾽ ἂν μᾶλλον ἢ πάσχειν χαχῶς.
1291—93. 99. 1300 del Wil (alii alia sustulerant) 1293 συγγενῶς Btob.
104, 4: συγγενῶν 1297 ἀρματηλάτην: em Musgrave 1299. 1300 sio C in
marg. P, C in textu und’ ἐν 'Elliva βορᾶ dv τοῖσιδ᾽ εὐ. 1302 γ᾽ Beiske: τ᾽
ἀνόσιον: em Wil 1303 δὴ Hermann: dd 1304 κρόουσα CPI Olyu-
πέου: em Heath. δώματ᾽ ἀρβύλῃ ποδὸς Dobree: Ζηνὸο ἀρβύλη πόδα 1313 hiat.
sign. Beiske
und nun bin ich in solcher zwangeslage:
in meinem lieben Theben darf als mörder
ich nicht mehr weilen. doch gesetzt ich bliebe,
kann ich mich einem tempel, einem kreis
festlicher freunde nahen? nein, mich drückt
ein fluch, dem zu begegnen jeder schaudert.
kann ich nach Argos? nein, ich bin verbannt.
nun gut, so zieh’ ich in ein fremdes land.
und soll ich da den scheuen blick ertragen,
mit dem mich jeder milst (denn jeder kennt mich),
soll mich von solchem hohne hetzen lassen.
“ist das nicht Herakles, der sohn des Zeus,
der mörder seiner frau und seiner kinder?
fort mit ihm in das elend, weist ihn aus.
ich sehe schon, wohin es mit mir kommt:
mir schallt von jedem fluls, von meer und land
der ruf, “zurück, du darfst uns nicht betreten.
und also werd’ ich endlich gleich Ixion,
des feuerrad in ew’gem wirbel kreist.
was soll ich da noch leben? welchen wert
hat solches dasein eines fluchbeladnen ?
nein, tanze nur des Zeus erlauchte gattin
den siegesreigen, lasse den Olympos,
Zeus berg, erdröhnen unter ihren tritten:
sie hat’s erreicht, ihr ist ihr wunsch erfüllt,
zerschmettert liegt der erste mann von Hellas,
sein haus zertrümmert bis ins fundament.
das ist ein gott zu dem man beten könnte?
aus eifersucht auf eine sterbliche,
aus misgunst wider ihres gatten neigung
hat Hera den woltäter der Hellenen
zu grund gerichtet ohne seine schuld.
CHORFÜHRER.
Das hast du recht vermutet. diese schickung
kommt dir von keinem andern gott als Hera.
THEBEUS,
Es ist wol leichter zur geduld zu mahnen
als selbst geduldig schicksalsschläge tragen,
263
264
HP.
repugn. 40
οὐδεὶς δὲ ϑνητῶν ταῖς τύχαις ἀχήρατος,
οὐ ϑεῶν, ἀοιδῶν εἴπερ οὐ ψευδεῖς λόγοι.
οὐ λέκτρ᾽ ἐν ἀλλήλοισιν ὧν οὐδεὶς νόμος
ξυνῆψαν; οὐ δεσμοῖσι διὰ τυραννίδα
πατέρας ἐκηλίδωσαν; ἀλλ᾽ οἰκοῦσ᾽ ὅμως
Ὄλυμπον ἠνέσχοντό F° ἡμαρτηχότες.
χαέτοι τέ φήσεις, εἰ σὺ μὲν ϑνητὸς γεγώς
φέρεις ὑπέρφευ τὰς τύχας, ϑεοὶ δὲ μή;
Θήβας μὲν οὖν ἔκλειπε τοῦ νόμου χάριν,
ἔπου δ᾽ ἅμ᾽ ἡμῖν πρὸς πόλισμα Παλλάδος"
ἐχεῖ χέρας σὰς ἁγνίσας μιάσματος
δόμους τε δώσω χρημάτων τ᾽ ἐμῶν μέρος.
ἃ δ᾽ ἐκ πολιτῶν δῶρ᾽ ἔχω σώσας κόρους
δὲς ἑπτά, ταῦρον Ἀνώσιον χαταχταγών,
σοὶ ταῦτα δώσω. πανταχοῦ δέ μοι χϑονός
τεμένη δέδασται" ταῦτ᾽ ἐπωνομασμένα
σέϑεν τὸ λοιπὸν ἐχ βροτῶν χεκλήσεται
ζῶντος. ϑανόντα δ᾽, εὖτ᾽ ἂν εἰς “Διδου μόλῃς,
ϑυσίαισι λαΐνοισί τ᾽ ἐξογχώμασιν
τίμιον ἀνάξει πᾶσ᾽ ᾿Αϑηναίων πόλις.
καλὸς γὰρ ἀστοῖς στέφανος Ἑλλήνων ὕπο
ἄνδρ᾽ ἐσθλὸν ὠφελοῦντας εὐκλείας τυχεῖν.
κἀγὼ χάριεν 001 τῆς ἐμῆς σωτηρίας
τήνδ᾽ ἀντιδώσω᾽ νῦν γὰρ εἶ χρεῖος φίλων.
[ϑεοὶ δ᾽ ὅταν τιμῶσιν οὐδὲν δεῖ φίλων᾽"
ἅλις γὰρ ὅ ϑεὸς ὠφελῶν, ὅταν ϑέλῃ.]
οἴμοι, πάρεργα {μὲν rad’ ἔστ᾽ ἐμῶν καχῶν᾽
ἐγὼ δὲ τοὺς ϑεοὺς οὔτε λέχτρ᾽ ἃ μὴ ϑέμις
στέργειν νομίζω, δεσμά τ᾽ ἐξάπτειν χεροῖν
οὔτ᾽ ἠξίωσα πώποτ᾽ οὔτε πείσομαι,
οὐδ᾽ ἄλλον ἄλλου δεσπότην πεφυκέναι.
δεῖται γὰρ ὅ ϑεός, εἴπερ ἔστ᾽ ὀρϑῶς ϑεός,
οὐδενός" ἀοιδῶν οἷδε δύστηνοι λόγοι.
ἐσχεψάμην δὲ καίπερ ἐν χαχοῖσιν ὧν
μὴ δειλίαν ὄφλω τιν᾽ ἐκλιπὼν φάος"
-
1346 ἀοιδῶν Clem. et Plut.: ἀοιδῶν δ᾽
1315
1320
1325
1390
1840
1816 λέκτρα τ᾿ : em Lobeck 1317 rugasvidas: em Dobree 1337 Κνώσσιον
1331 ϑανόντος: em Dobree 1338. 39 del Nauck 1340 suppl ed. Brubach.
1345 ὀρϑῶς Clemens str. 5 p. 891: ὄντως CP cum Plutarcho de stoic.
allein — kein einz’ger mensch ist ohne sünde,
kein gott, wenn wahr ist was die dichter singen.
sind nicht im himmel ehen welche jedes
gesetz verbietet? war es nicht ein gott,
der seinen vater um des thrones willen
in schmach und ketten warf? und dennoch wohnen
sie im Olymp und haben sich darein
gefunden, dafs sie schuldig worden sind.
wie also darfst du, sterbliches geschöpf,
ein schicksal unerträglich finden wollen,
dem sich die götter fügen? darum meide
zwar Theben, denn die sitte will es so,
doch komme mit mir in die stadt der Pallas.
dort sühn’ ich von der blutschuld deine hände
und gebe wohnung dir und unterhalt.
den ehrensold, den mir die stadt verliehen,
weil ich den stier in Kreta überwand
.und so die vierzehn kinder rettete,
den schenk’ ich dir. im ganzen lande sind
mir güter ausgesteckt; so lang du lebst,
sollst du ihr einziger besitzer heilsen,
‚und wenn du sterbend in den Hades eingehst,
so wird mit opfern und mit ehrenbauten
das land Athenas dein gedächtnis ehren:
der preis ist wert, dals ihn Athen verdiene,
von dem gesammten Hellas ruhm zu ernten,
weil einem grolsen mann wir hilfreich waren.
ich aber kann dir also meine rettung
vergelten: jetzt bedarfst du eines freundes.
HERAKLES,
Ach; freilich ist das spiel in meinem weh,
doch daß ein gott verbotner liebe fröhne,
dafs götterarme fesseln je getragen,
das hab’ ich nie geglaubt und wills nicht glauben,
noch dafs ein gott dem andern gott gebiete:
wahrhafte gottheit kennet kein bedürfnis,
nur frevle märchen dichten es ihr an.
ich aber hab’ in allem meinem jammer
bedacht, ob nicht der selbstmord feigheit sei,
265
266
1351 ϑέοτον Wecklein Wil: ϑάνατον
1354 οὐδέν 1362 d,ydlas 1364 ἐπὰν 1367 καὶ ὅ τεκών ΟἹ χὼ
ταῖς ξυμφοραῖς γὰρ ὅστις οὐχ ὑφίσταται,
οὐδ᾽ ἀνδρὸς ἂν δύναιϑ᾽ ὑποστῆναι βέλος.
ἐγκαρτερήσω βίοτον" εἶμε δ᾽ ἐς πόλιν
τὴν σὴν χάριεν re μυρέαν δώρων ἔχω"
ἀτὰρ πόνων δὴ μυρίων ἐγευσάμην,
ὧν οὔτ᾽ ἀπεῖπον οὐδέν᾽ οὔτ᾽ ἀπ᾽ ὀμμάτων
ἔσταξα πηγάς, οὐδ᾽ ἂν φόμην ποτὲ
ἐς τοῦϑ᾽ ἱκέσϑαι, δάχρυ᾽ ἀπ᾽ ὀμμάτων βαλεῖν᾽
γῦν δ᾽, ὡς ἔοικε, τῇ τύχῃ δουλευτέον.
εἶέν" γεραιέ, τὰς ἐμὰς φυγὰς ὁρᾷς,
ὁρᾷς δὲ παίδων ὄντα μ᾽ αὐϑέντην ἐμῶν"
δὸς τούσδε τύμβῳ καὶ περέστειλον νεχροὺς
δαχρύοισι τιμῶν (ἐμὲ γὰρ οὐχ ἐᾷ νόμος)
πρὸς στέρν᾽ ἐρείσας μητρὶ δούς τ᾽ ἐς ἀγχάλας,
κοινωνίαν δύστηνον, ἣν ἐγὼ τάλας
διώλεσ᾽ ἄχων. γῇ δ᾽ ἐπὴν χρύψῃς νεχρούς,
οἴχει πόλεν τήνδ᾽, ἀϑλίως μέν, ἀλλ᾽ ὅμως
ψυχὴν βιάζου τἀμὰ συμφέρειν κακά,
ὦ τέκν᾽, ὅ φύσας καὶ τεχὼν ὑμᾶς πατὴρ
ἀπώλεσ᾽, οὐδ᾽ ὥνασϑε τῶν ἐμῶν καλῶν,
ἁγὼ παρεσχεύαζον ἐκμοχϑῶν βίου
εὔχλειαν ὑμῖν, πατρὸς ἀπόλαυσιν καλήν.
σέ τ᾽ οὐχ ὁμοίως, ὦ τάλαιν᾽, ἀπώλεσα
ὥσπερ σὺ τἀμὰ λέχτρ᾽ ἔσῳζες ἀσφαλῶς,
μαχρὰς διαντλοῦσ᾽ ἐν δόμοις οἰκουρίας.
οἴμοι δάμαρτος καὶ τέχνων, οἴμοι δ᾽ ἐμοῦ,
ὡς ἀϑλίως πέπραγα κἀποζεύγνυμαι
τέχνων γυναικός τ᾿ ὦ λυγραὲ φιλημάτων
τέρψεις, λυγραὶ δὲ τῶνδ᾽ ὅπλων χοινωνίαι.
ἀμηχανῶ γὰρ πότερ᾽ ἔχω rad’ ἢ μεϑῶ,
ἃ πλευρὰ τἀμὰ προσπέτνοντ᾽ ἐρεῖ τάδε
“ἡμῖν τέκν᾽ elleg καὶ δάμαρϑ᾽ " ἡμᾶς ἔχεις
1352 αὐυρέων: em Wakefield
1350
1975
C!P: em Wil 1369 ἐκ μόχϑων: em Reiske ia: em Dobree 1370 dndi-
Avosw: em Canter 1377 δὲ Hermann: re
267
denn wer des schicksals willen sich nicht fügt,
wagt nimmer vor das feindesschwert zu treten.
ich trag’s zu leben. auf denn nach Athen
mit dir, und tausend dank für deine woltat.
hab’ ich doch tausend mühen auch gekostet,
und keiner wich ich aus, und keine träne
kam in mein auge; hätt’ ich wol gedacht
dafs es noch dahin mit mir kommen sollte,
zum weinen. aber jetzt gebeut das schicksal;
es sei: sein sclave muls ich wol gehorchen.
vater, du siehst, ich zieh’ hinaus ins elend,
du siehst, ich bin der mörder meiner kinder.
nimm du dich ihrer an, bestatte sie,
gönn’ ihnen du der letzten tränen ehre,
mir wehrt ja diesen liebesdienst die sitte.
leg’ sie der lieben mutter an die brust,
in ihren arm. vereinigt lal3’ sie ruhn, .
die ich vereinigt ahnungslos erschlug.
und bleib’ in Theben wohnen; elend freilich
wird es dir sein, allein bezwinge dich,
und hilf auch du mir mein verhängnis tragen,
er erhebt sich und tritt im folgenden zu den einzelnen leichen.
o kinder, ich, der vater der euch zeugte,
bin euer mörder. all mein leben lang
hab’ ich mich abgemüht, das erbteil euch
zu schaffen, das der vater seinen kindern
als schönste hinterlassenschaft vermacht,
des namens ehre — ihr genofst sie nicht.
und dich, mein armes weib, hab’ ich getötet,
ein schlechter dank für langes banges harren,
in dem du meines bettes keuschheit wahrtest.
weh, wehe meine gattin, meine kinder,
weh, weh auch über mich, wie elend bin ich.
losreissen soll ich mich von weib und kindern.
wie bitter dieser letzte, sülse kulßs,
wie bitter diese waffen hier zu tragen —
noch schwank’ ich, nehm’ ich oder lafs’ ich sie.
wenn sie nun mahnend meine seite schlagen
“mit uns erschlugst du weib und kind, du trägst
268
παιδοχτόνους σούς." εἶτ᾽ ἐγὼ τάδ᾽ ὠλέναις
οἴσω; τί φάσχων; ἀλλὰ γυμνωθεὶς ὅπλων,
ξὺν οἷς τὰ κάλλιστ᾽ ἐξέπραξ᾽ ἐν Ἑλλάδι,
ἐχϑροῖς ἐμαυτὸν ὑποβαλὼν αἰσχρῶς θάνω;
οὐ λειπτέον τάδ᾽, ἀϑλίως δὲ σῳστέον. 1895
ἕν μοί τι, Θησεῦ, σύγκαμ᾽ " ἀγρίου κυνὸς
κόμιστρ᾽ ἐς “Ἄργος συγκατάστησον μολών,
λύπῃ τι παέδων μὴ πάϑω μονούμενος.
ὦ γαῖα Κάδμου πᾶς ve Θηβαῖος λεώς,
χείρασϑε, συμπενθήσατ᾽, ἔλθετ᾽ ἐς τάφον 1890
παίδων, ἅπαντας δ᾽ ἑνὶ λόγῳ πενϑήσατε
vexgodg τε χἀμέ" πάντες ἐξολώλαμεν
Ἥρας μιᾷ πληγέντες ἄϑλιοι τύχῃ.
ΘΗ. ἀνίστασ᾽, ὦ δύστηνε᾽ δαχρύων δ᾽ ἅλις.
— οὐκ ἂν δυναίμην" ἄρϑρα γὰρ πέπηγέ μου. 1395
— xal τοὺς σϑένοντας γὰρ καϑαιροῦσιν τύχαι.
--- (εῦ"
αὐτοῦ γενοίμην πέτρος ἀμνήμων καχῶν.
— παῦσαι᾽ δίδου δὲ χεῖρ᾽ ὑπηρέτῃ φίλῳ.
— ἀλλ᾽ αἴμα μὴ σοῖς ἐξομόρξωμαι πέπλοις.
— ἔχμασσε, φείδου μη δέν" οὐκ ἀναίνομαι. 1400
— παίδων στερηϑεὶς παῖδ᾽ ὅπως ἔχω σ᾽ ἐμόν.
— δίδου δέρῃ σὴν χεῖρ᾽, δδιγήσω δ᾽ ἐγώ.
1386 ἀϑλέον : en Wakefield 1391 ἅπαντες: em Dobree Hermann
1393 ἀϑλέῳ: em Nauck
269
in uns die mörder deiner lieben’. nein,
nicht duld’ ichs an der schulter sie zu führen.
und doch — von diesen waffen mich zu trennen
mit denen mir das herrlichste gelang,
das Hellas je geschaut, und meinen feinden
zu schnödem tode selber mich zu liefern —
elend ist's sie zu tragen: doch ich trag’ sie.
in einem unterstütze du mich, Theseus,
begleite mich und hilf den höllenhund
nach Argos schaffen; wag’ ich es allein,
80 stölst in meinem gram mir etwas zu.
ganz Theben ruf ich endlich: volk des Kadmos,
schert eure häupter, teilet meine trauer,
kommt zur bestattung meiner kinder, weint,
doch weinet um uns alle, weint um mich
wie um die toten. alle hat uns Horas
schickung vernichtet: alle sind wir elend.
THESEUS
tritt zu Herakles, der wieder zusammengesunken ist.
Steh auf, unseliger, genug der tränen,
HERAKLES
Ich kann nicht; meine glieder sind erstarrt.
THESEUS.
So wirft das unglück auch den stärksten nieder?
HERAKLES,
Ach,
versteinert’ ich, dafs ich vergessen könnte.
THESEUS.
Hör’ auf und reich’ die hand dem treuen diener.
HERAKLES,
Die hand ist blutig, sie wird dich besudeln.
THESEUS erhebt ihn.
Greif’ immer zu, getrost, ich fürcht’ es nicht.
HERAKLES.
. Treu wie ein sohn pflegst du den söhnelosen.
THESEUS.
Ich will dich führen, fasse meine schulter.
210
— ζ[εῦγός γε φίλιον" ἅτερος δὲ δυστυχής.
— ὦ πρέσβυ, τοιόνδ᾽ ἄνδρα χρὴ κτᾶσϑαι φίλον.
AM. ἡ γὰρ τεκοῦσα τόνδε πατρὶς εὔτεχνος. 1406
HP. Θησεῦ, πάλιν μὲ στρέψον, ὡς ἔδω Texva.
ΘΗ. ὡς δὴ τὸ φίλερον τοῦτ᾽ ἔχων ῥάων ἔσῃ;
ΗΡ. ποθῶ, πατρός τε στέρνα προσϑέσϑαι ϑέλω.
AM. ἰδοὺ τάδ᾽, ὦ nei’ τἀμὰ γὰρ σπεύδεις φίλα.
ΘΗ. οὕτως πόνων σῶν οὐχέτι μνήμην ἔχεις; 1410
HP. ἅπαντ᾽ ἐλάσσω χεῖνα τῶνδ᾽ ἔτλην καχά.
OH. εἴ σ᾽ ὄψεταί τις ϑῆλυν ὄντ᾽, οὐκ αἰνέσει.
— ζῶ σοι ταπεινός; ἀλλὰ πρόσϑεν οὔ, δοχῶ.
— ἄγαν γ᾽" ὅ κλεινὸς Ἡρακλῆς οὐχ εἶ νοσῶν.
- σὺ ποῖος ἦσϑα νέρϑεν ἐν γαχοῖσιν ὧν; 1415
— ὡς ἐς τὸ λῆμα παντὸς ἦν ἥσσων ἀνήρ.
-- πῶς οὖν ἔμ᾽ εἶπας ὅτι συνέσταλμαι καχοῖς;
— [m
1408 »ε Reinke: δὲ 1404 paragraphus praefixa C 1407 τὸ Wil: τε
1408 re Musgrave: ye 1410 personae nota deest Οὐ, deinde paragraphi usque
ad 1421, nisi quod 11 et 18-21 Herculis nota adest, 1412 dup. 1412 ejodysras
ὄντα κοὐχ ἂν alvdon: em Musgrave 1413 προσϑεῖναε δοκῶ: em Iacobs
1414 ποῦ κεῖνος dr; em Wil (νοσῶν Musgrave Iacobe) 1415 ἧς ἂν; em Her-
mann 1417 ἔτ᾽ εἴπης: em Paley
HERAKLES,
Ein freundespar, doch elend ist der eine.
THESEUB.
Des andern glück giebt ihm die freude wieder.
HERAKLES,
O vater, welch ein schatz ist solch ein freund.
AMPHITRYON.
Selig die stadt, die solche männer trägt.
HERAKLES,
Theseus,
lafs mich umkehren, meine kinder sehn.
THESEUS.
Soll das dem vaterherzen balsam sein?
HERAKLES,
Es zieht mich hin, auch an des vaters brust.
AMPHITRYON ihn umarmend.
Hier, meinen wunsch erfüllst du, komm, mein sohn.
THESEUS,.
So hast du deiner taten ganz vergessen ?
HERAKLES,
Was ich auch litt, es reicht an dieses nicht.
THESEUS,.
Wer dich so weibisch sieht wird dich nicht loben.
HERAKLES,
Schwach schein’ ich dir? es ist das erste mal.
THESEUS,.
Ja, du verleugnest Herakles, den helden.
HERAKLES,
Was war im Hades drunten deine grölse?
THESEUS,
Verloren hatt’ ich mut und selbstvertraun.
HERAKLES,
Und sagst von mir, dafs mich das unglück beuge?
271
272
— πρόβαινε. HP. χαῖρ᾽, ὦ πρέσβυι AM. xal σύ μοι,
τέχγνον.
-- ϑάφϑ᾽ ὥσπερ εἶπον παῖδας. --- ἐμὲ δὲ τίς, τέχνον;
— ἐγώ. — πότ᾽ ἐλθών; --- ἡνίκ᾽ ἂν ϑάψῃς τέκνα
καὶ σὲ εἰς ϑήνας πέμψομαι Θηβῶν ἄπο.
ἀλλ᾽ ἐσκόμιξε τέχνα, δυσχόμιστ᾽ dyn.
ἡμεῖς δ᾽ ἀναλώσαντες αἰσχύναις δόμον
Θησεῖ πανώλεις ἑἐψόμεσϑ᾽ ἐφολκέδες.
ὅστις δὲ πλοῦτον ἢ σϑένος μᾶλλον φίλων
ἀγαϑῶν πεπᾶσϑαι βούλεται, καχῶς φρονεῖ. =
ΧΟ. στείχομεν οἰχτροὶ καὶ πολύχλαυτοι,
τὰ μέγιστα φέλων ὀλέσαντες. 3
1418 πρόσβαενε: em Reiske 1421 — πῶς Hg. eis 'A.: em Wil
xdusora γῆ: em Wil
1420
1425
1422 dvo-
273
THESEUS.
Brich auf.
HERAKLES löst sich aus der umarmung.
Leb’, vater, wol.
AMPHITRYON.
Leb’ wol, mein sohn.
HERAKLES,
Wie ich dich bat, bestatte meine kinder.
AMPHITRYON.
Und wer, mein sohn, wird mich bestatten ?
HERAKLES.
Ich.
AMPHITRYON.
Wann kehrest du zurück?
HERAKLES.
Wenn du die kinder
bestattet, hol’ ich nach Athen dich nach.
doch trage fort die leichen, diese last
von untragbarem jammer; aber mich,
der schmachvoll ich mein haus zertrümmert habe,
ein lastschiff fluchbeladen, schleppet Theseus.
ein tor, dem seine schätze, seine stärke
ein höher gut sind denn ein treuer freund.
CHORFÜHRER.
So gehen denn auch wir, voll schmerz, voll tränen;
den wir verloren, war der freunde treuster.
Herakles und Theseus nach der seite ab von der sie kamen; der chor nach der
andern. Amphitryon tritt zu den kindern ins haus, dessen tore sich schliessen.
vr. Wilamowitz 1. 18
Druck von 1. Β. Hirschfeld in Leipzig.
EURIPIDES
HERAKLES
ERKLÄRT
ΥΟΚ
ULRICH VON WILAMOWITZ-MOELLENDORFF
ZWEITE BEARBEITUNG
ZWEITER BAND
BERLIN
WEIDMANNSCHE BUCHHANDLUNG
1895
Das äulsere der aufführung.
Ein attisches drama ist für eine bestimmte gelegenheit gedichtet,
das Dionysosfest. an einem bestimmten orte, auf heiligem boden, ange-
sichts eines bestimmten publicums, des souveränen volkes und seiner gäste,
in einer bestimmten herkömmlichen weise wird es aufgeführt werden.
das weils der dichter voraus und damit rechnet er. dem modernen leser
liegt es also ob, sich mit der phantasie an den ort, in die zeit und in
die empfindung zu versetzen, mit der der Athener am festtag in den
heiligen bezirk des gottes gieng; losmachen mufs er sich von allem
modernen und dafür die voraussetzungen, die für den alten dichter und
zuschauer gleichermalsen bestanden, ohne arg und ohne zwang mitmachen.
Am schwersten ist das mit der stimmung zu leisten, und die mah-
nung des erklärers kann am wenigsten dazu tun, sie im leser zu erzeugen:
er selbst wird sie haben, wenn er zu seinem geschäfte beruf hat. es ist
religiöse stimmung. “das liebliche fest ist gekommen, es grünen und
blühen feld und wald; auf hügeln und höhn, in büschen und hecken
üben ein fröhliches lied die neuermunterten vögel. jede wiese sprolst
von blumen in duftenden gründen, festlich heiter erglänzt der himmel
und farbig die erde.” der gott ist wieder da, der jedes hochgefühl des
lebens weckt, der die menschenseelen befreit und entzückt und beseligt.
er ist auch ein strenger, furchtbarer gott; er weils auch des menschen
bestes teil, das grauen und den schauder, auf die seele zu senken; auch
die nacht und den tod durchdringt sein hauch: aber heute waltet die
lichtseite vor. das fest ist minder heilig und frommer schauer voll als
das blumenfest, das einen monat früher begangen ist. es wendet sich
minder an das einzelne herz, gar nicht an die familie, wie jenes auf-
erstehungsfest des frühlings und der lieben, die man hinabsenkte zum
winterschlafe im kalten grabe: es wendet sich dafür an die grolse gemein-
schaft des volkes. eine stiftung des Peisistratos ist dieses Dionysosfest,
noch höher gehoben durch das freie Athen. und neben, auch wol vor
der rein religiösen stimmung hebt ein in wahrheit auch religiös empfun-
dener patriotismus die herzen.
v. Wilamowitz II. 1
2 Commentar.
Ist doch der hauptact des festes, der feierliche zug, der das bild
des Dionysos von Eleutherai aus der nordwestlichen vorstadt in den
heiligen bezirk südlich der burg trägt, zugleich eine schaustellung der
macht des attischen Reiches. da schreiten von allen attischen colonien
die festgaben und festgesandten einher, sowol von den wirklichen tochter-
städten in Thrakien und auf den Inseln, wie von den grofsen und kleinen
Reichsstädten, die so weit sie ionisch sind, durch geschichtliche fiction
für colonien gelten, so weit sie andern stammes sind, als colonien be-
handelt werden. da werden die überschüsse des Reichsschatzes aus dem
letzten jahre, werden vermutlich auch die von den festdeputationen mit-
gebrachten jährlichen tribute einhergetragen:: die macht des Reiches stellt
sich ohne scheu in dem dar was sie bedingt, den γεῦρα τῶν πραγμάτων.
und wenn sich in dem heiligen bezirke die gäste und die würdenträger
des staates auf die bänke niedergelassen haben, das volk sitzt oder steht,
wie es gerade kommt, so ist die gemeinde versammelt. das gilt rechtlich;
denn der herold ist da, und wenn er eine verordnung ausruft, eine be-
lohnung, die einem einzelnen geworden, verkündet, so hat das abschließende
gültigkeit. auch der einzelne bürger kann verkünden oder verkünden
lassen, dafs er einen sclaven frei lälst: die gemeinde ist zeuge und der
mann ist frei. aber auch tatsächlich ist das volk zur stelle: da sitzt der
rat, die eigentlich regierende körperschaft; die leute haben als abzeichen
nur den myrtenkranz im har, und mancher trägt selbst am festtag den
einzigen schäbigen rock, den er besitzt: aber er hat das stolze bewulst-
sein, herr zu sein. und daneben sitzen die offiziere in ihren roten mänteln,
und die priester, und die 9 beamten, an ihrer spitze heute nicht der
könig, sondern der jahrbeamte, der das spiel ausgerichtet hat, mit der vom
rate und volke gesetzten festcommission. da werden auch die preisrichter
sitzen — wir wissen nicht genau, wie sie bestellt wurden, noch worauf
man bei ihrer bestellung sah, nur dals das los sie aus einer durch prae-
sentation, vermutlich der phylen, festgestellten liste nahm (χληροῦν &x
σροχρέτων) lälst sich sagen, und dafs bei ihrer praesentation sehr viel
andere motive als das aesthetische sachverständnis leitend waren. sie ver-
treten das volk wie jede commission und das volk traut sich wie über
alles auch über die dramatische poesie ein infallibles urteil zu'). den
1) Aristoteles Pol. H 1338b sagt, dafs die Lakedaemonier trotz ihrer geringen
musischen bildung ganz besonderes musikalisches urteil beanspruchten. die Athener
haben es ohne zweifel besessen. gerade wenn Aristophanes sich über schlechte be-
handlung beklagt, haben sie immer recht. die pietät mit der sie dem Sophokles
immer wieder den preis zusprachen und den Euripides zurücksetzten, gereicht ihnen
Das äufsere der aufführung. 3
ehrenplatz aber hat der priester des gottes, bei dem das volk zu gaste
ist: und das volk liest die freundschaft seines gottes in dem purpur-
nen gesichte'). die zeit ist nun freilich vorbei, wo der gott oder der
staat die pflichten des gastgebers auf sich nahm, und knaben mit körben
voll backwerk und wein durch die reihen der zuschauer giengen?). dazu
ist jetzt die vieltausendköpfige versammlung zu grols. gleichzeitig sind die
spiele immer mehr ausgedehnt worden. man kann nicht wol wie ehedem
gefrühstückt erst zu dem gotte gehn, so wenig wie in die volksversammlung;;
einen leib brotes, ein par zwiebeln, knoblauchknollen oder sonst einen
imbifs nimmt man mit; sonst heifst es lange stunden hungrig musik hören.
und so geht es mehrere tage vom frühesten morgen an. denn das leben
hat einen andern zuschnitt als in unserer zeit, wo gas und glühlicht die
natur verkehrt: wie zu jeder volksvereammlung ruft auch zu dieser, ins
theater, Eos, wenn sie aufsteigt, nicht wenn sie sinkt.
Das theater aber, was ist es? das dach ist das himmelszelt, die er-
leuchtung besorgt die gottessonne, und wer nicht auf einer der holzbänke
einen platz findet, sei es als ehrengast, sei es für geld, der sitze auf dem
felsen Athenas. der abhang ist geräumig, und zu sehen und zu hören ver-
mag der Athener: augen und ohren sind wacker. drunten aber ist ein
kreisrunder gepflasterter platz, da werden sie tanzen; und dahinter ist ein
gerüste, ob von holz oder stein, das wissen wir für diese zeit nicht genau).
es stellt diesmal die facade eines schlosses vor, und auf dem tanzplatze
ist ein grofser altar aufgebaut. so hat sich die bühne schon oft den
harrenden zuschauern dargestell. wo sie das haus zu denken haben,
in Theben oder Troia oder im Hades, wissen sie noch nicht, aber sie
denken wie Hamlet, schauspieler können nichts geheim halten, warten
wir bis sie’s ausplaudern; auch wem der altar gehört, werden wir dann
erfahren. theaterzettel fehlen, aber das weils man, dafs Euripides heute
den Herakles auf die bühne bringt, dafs der reiche so und so aus dem
demos N. N. die choregie besorgt: der wird’s nicht an sich fehlen lassen.
und auch die schauspieler, wenigstens den protagonisten, kennt man:
nur zur ehre. das was staat und kirche (was dasselbe war) von dem festspiele
fordern mufste, leistete jener ohne frage besser. das volk hat sich als preisrichter
ganz entschieden sehr conservativ gezeigt.
1) Schol. Arist. Frö. 308. Hesych ἑερεὺς “]Πονύσου.
2) Philochoros bei Athen. XI 464. in der komödie kam verteilung von nasch-
werk auch später vor, wie noch Aristophanes Wesp. 58 bezeugt.
3) Bestimmte indizien liegen vor, die wahrscheinlich machen, dafs ein steinernes
bühnengebäude in den zwanziger jahren des fünften jahrhunderts errichtet worden ist.
1 *
4 Commentar.
auch der kämpft um einen preis wie der dichter und chorege. auch den
chor hat man schon gesehen; beim proagon, ein par tage vorher, im
odeion hat er sich vorgestellt; aufserdem sind’s ja bürgersleute selbst,
und ihre vettern gevattern und nachbarn sind mit unter den zuschauern,
sitzen neben denen der concurrirenden chöre: es haben viele ihr per-
sönliches kleines interesse an dem wettkampfe, das freilich kein poe-
tisches ist, aber das spiel erst recht zum volksspiel macht. und dann
geht auch der streit um die poesie durch das publicum. da sind die
jungen, die Thrasymachos und Prodikos gehört haben und auf Euri-
pides schwören, aber sie sind die minorität; die älteren und gar die
greise, die ihrem jugendgenossen Euripides nie verziehen haben, dafs er
mit ihnen nicht schritt halten wollte, schauen unwillig darein. nun gar
heute, wo ein Herakles aufgeführt werden soll. das ist unerhört: soll
der dorische fresser gar ernsthaft genommen werden: wir sind doch
keine Herakliden wie unsere feinde. oder gibt es wieder ein skandalon,
wie mit Aiolos und Bellerophontes ?
Doch die phantasie versagt: ihr spiel mülste leer und trüglich werden.
wer sich nicht selbst täuscht, sei es mit den seifenblasen freier fiction,
sei es mit den dunstigen bildern, die die modernen aus 1000 citaten, die
nichts beweisen, mühsam zusammengequalmt haben, der muls gestehen,
dafs er eigentlich nicht weils, wie eine tragoedie gespielt ward.
Gleich den anfang weils er nicht: wie kamen die personen an ihren
platz, den sie beim beginn des dramas einnehmen ? doch wol vor den augen
der zuschauer ἢ wann hatte also die illusion des publicums nicht mehr schau-
spieler und tanzplatz, sondern Ampbitryon und Theben zu erblicken? und
so lälst sich denn auch über die ausstattung wenig mehr als allgemeinheiten
sagen. denn das muls streng festgehalten werden: grammatikerzeugnisse
schauspielerstatuen reliefs mosaiken u. 8. w. gehen die zeit der grolsen
dichter nichts an. das bezieht sich alles auf eine praxis, die sich zwar auf
grund der altattischen entwickelt hat, aber mit dieser nun und nimmer
identificirt werden darf. wenn wir ein tragisches vasenbild finden wie die
Neapler satyrvase, dann mag man sehen, was von jenen späteren dar-
stellungen, bildlichen und schriftlichen, verwendbar ist: zunächst ist
nichtwissen besser.
Eins aber haben die entdeckungen antiker bühnen in den letzten
jahren sicher gelernt, die anlage des schauplatzes, und es sollte jeder-
mann, wenn er ein altes drama liest, es sich auf dem theater von Epi-
dauros gespielt vorstellen. chor und schauspieler bewegen sich wesent-
lich auf dem grolsen kreierunden tanzplatze, auf dem also am anfang
Das äufsere der aufführung. B
des Herakles die malerische gruppe sitzt. zugänge führen von beiden
seiten auf den tanzplatz, deren anlage von den dichtern oft mit geschick
ausgenutzt wird (vgl. zu v. 138 u. ö.). genau in derselben höhe mit der or-
chestra liegt “die bude’, σκηνή, hinten, deren front eine tangente des kreises
ist. auf dieser linie steht eine reihe von säulen aus stein oder holz, wenig
über mannshoch, die ein flaches dach tragen, auf dem hier die göttinnen
auftreten. zwischen den säulen ist in der mitte eine tür, sonst sind
die zwischenräume durch holzgetäfel (σείναχες) ausgefüllt, die hier nur
die wände des schlosses bedeuten. das gebäude, das so für jedes stück
nach bedarf decorirt wird, ist nicht tief und wird hinten durch eine sehr
hohe wand, die den schall in den zuschauerraum wirft, abgeschlossen :
es ist die “vorbude’ προσχήνιον; die σχηνή dahinter interessirt uns nicht.
es ist ganz bewunderungswürdig, wie die dichter mit dieser einfachen, aber
überaus praktischen anlage zu wirtschaften verstanden haben ').
Die schauspieler und tänzer trugen masken und erstere wenigstens
waren durch kleidung, frisur und beschuhung möglichst in das über-
menschliche gesteigert. auch ihr costüm entsprach nicht dem leben, wie
es war, sondern wie es zwei menschenalter früher gewesen war. wie in
der tracht der musiker, hatte sich auch hier die archaische, prächtige,
uns zuerst so unhellenisch anmutende tracht gehalten. wie die frauen-
bilder, die aus dem schutte des alten Poliasheiligtums emporgestiegen
sind, nicht wie die korbträgerinnen des neuen tempels haben wir uns
Antigone zu denken. Amphitryon, Megara, Lykos hat der dichter nicht
charakterisirt, weil sie die typen von greis, frau, könig tragen. wir können
nur die kleinigkeit sicher sagen, dafs der könig einen grünen mantel
trug’). Iris ist ein geflügeltes junges weib in langem gewande; als götter-
botin kennzeichnet sie der heroldstab?). Lyssa ist vom dichter beschrieben.
1) Die litteratur der 'scenischen altertümer’ ist immer antiquirt gewesen, denn
das war immer stubendramaturgie; jetzt ist sie durch die funde beseitigt, und man
kann es den toten überlassen, ihre toten zu begraben. aber der entdecker der archi-
tektonischen wahrheiten, W. Dörpfeld, hat noch nicht gesprochen. für den philologen,
so weit er den dichter erklären will, reicht in der tat schon das eine theater von
Epidauros hin, so er augen zu sehen hat. nur wird der philologe gut tun, die exe-
gese der texte auch vor dem hereintragen neuer moderner hypothesen zu schützen:
die texte haben den vorrang, denn sie allein stammen aus dem athenischen theater.
2) Arist. Ritt. 1406 mit schol.
3) Wie man sie sich dachte, lehrt die schale des Brygos (Mon. d. Inst. IX 46),
welche einen stoff darstellt, den nachmals Achaios in einem satyrspiel behandelt
hat; wir kennen ihn nicht. sie hält hier keinen stab, was in der geschichte be-
gründet gewesen sein wird. auf der Francoisvase hat sie ihn.
6 Commentar.
ein schauerliches, abschreckendes antlitz, schlangenhar, in der hand den
stachel: nicht wie der edle stil der attischen Akteonvase, noch auch wie
der sentimentale Hellenismus des Assteas sie bildet, sondern wie die
scheusäler der schwarzfigurigen vasen, wenigstens annähernd, ist sie zu
denken. auch den Herakles beschreibt der dichter. er ist bärtig (934)
trägt ein langes prachtvolles gewand, mit dem er sich das haupt ver-
hüllen kann (959. 1159), köcher und bogen hängen an der seite, die
hand führt die keule. die löwenhaut wird zwar im chorliede erwähnt,
aber nicht an dem gegenwärtigen helden: sie ist nicht anzunehmen, denn
auch die andern dramen, in welchen er vorkommt, erwähnen sie nicht.
der Herakles der Neapler satyrvase hat sie zwar wie eine kurze chlamys
um den arm geschlungen, trägt aber einen harnisch und darunter nur
einen kurzen chiton, was in dem besonderen stoffe des bestimmten ge-
dichtes liegen mufs. dafs die maske des Herakles schon conventionelle
züge trug, ist möglich; aber schwerlich wird mehr als der kurze bart und
das kurze haar, das dem unermüdlichen krieger und kämpfer im gegen-
satze zu den königen im himmel und auf erden, die zeit zur körper-
pflege haben, anstand, und im allgemeinen eine auf physische un-
bezwinglichkeit und trotzigen mut deutende kopf- und gesichtsbildung
vorausgesetzt werden dürfen. sicher ist, z. b. durch die Alkestis, dafs
das publicum den Herakles sofort erkannte, auch ohne dals sein name
genannt ward. dasselbe gilt von Theseus, wie z. Ὁ. Hik. 87 zeigt, und
bei einer in Athen so häufigen figur ist das viel weniger zu verwundern,
als dals es Theseus in der bildenden kunst überhaupt zu keinem typus
gebracht hat: wie er auf der bühne erschien, ist ganz unbekannt. feste
figur ist auch der bote; das zeigt seine einführung hier wie sonst oft;
aber auch sein costüm kennen wir nicht. der chor endlich ist nicht
anders gekleidet zu denken als die attischen greise oben im zuschauer-
raum. den einzigen schmuck bilden die kränze (677), die nicht die
kampfgenossen des Amphitryon, sondern die attischen tänzer am Dionysos-
fest tragen: also ein sinnfälliger bruch der illusion. sie haben den
langen mantel um (123), wie die Athener, und führen lange stöcke wie
jene. schon diese tracht verbietet bei dem tanze an irgend welche ballet-
sprünge zu denken, gesetzt auch die attische edoynuoouyn würde sie
an solchen personen ertragen. wenn die komödie solche lebhafte be-
wegung verlangt, lälst sie regelmälsig die mäntel ablegen. aulserdem
kommen etliche statisten zur verwendung, die bewaffneten begleiter des
Lykos, die öfter erwähnt werden, und solche sind auch im gefolge des
Theseus anzunehmen, denn ohne begleitung treten fürsten nicht auf,
Das äufsere der aufführung. 7
weil der ansehnliche attische bürger und seine frau es auch nicht tun.
für die statisten hatte der chorege gewohnheitsmäßig zu sorgen'). aufser-
dem hat er dem Euripides diesmal eine “extraleistung’ (παραχορήγημα)
gewährt: die drei knaben, welche die Herakleskinder darstellen. sie
mußsten freilich für das stumme spiel ordentlich einexercirt sein, aber
attische jungen werden sich für die ehre und das vergnügen und allen-
falls etliche getrocknete feigen genug bereit gefunden haben.
Die darstellung erfordert keine besonderen scenischen mittel. die
göttinnen erscheinen auf dem dache des proskenions, das die zuschauer
als “in der luft” so willig gelten lassen wie die orchestra als Kadmeia,
die vielleicht in zwei stunden Larisa sein wird.
Seit alten zeiten herkömmlich ist das ekkyklema. der chor sagt 1029,
es würden die türen aufgetan, und gleich darauf erscheint dem zuschauer
Herakles in mitten der verwüstung, die er auf dem hofe angerichtet hat.
man darf nicht glauben, dals lediglich eine großse tür geöffnet würde:
in diesem falle würden alle zu weit seitlich sitzenden zuschauer nichts
sehen, auch würde dann Amphitryon nicht nebenher auftreten, sondern
im hause sein, und Theseus mülste gar drinnen mit Herakles verhandeln.
das reden vom öffnen der türe ist vielmehr eine conventionelle bezeichnung
für das ἡ herausrollen’, das die komödie geradezu mit diesem worte be-
zeichnet. aus der hinterwand wird ein gestell vorgeschoben, auf dem
die notwendigen personen und requisiten vorher angemessen gruppirt sind;
es bleibt bis zum schlusse des dramas sichtbar, wo es mit Amphitryon
(statt Heraklee) hineingerollt wird. es war also keinesweges sehr grols?).
so hat die damalige maschinenkunst das problem gelöst, eine scene inner-
halb des hauses darzustellen, und so viel wir wissen hat man sich da-
bei beruhigt, obne irgend anstofs zu nehmen; noch des Demophilos
Onagos hat in der schlulsscene davon gebrauch gemacht; ob auch der
übersetzer, will ich nicht entscheiden. die leichen der Megara und ihrer
kinder, die während des ganzen schlulsteiles sichtbar sind, konnten na-
türlich nur durch puppen dargestellt sein: der schauspieler der Megara
spielt den Theseus. °
Es ist wenig was wir wissen; aber es genügt, um klar zu stellen,
dals die darstellung für uns etwas fremdartiges, steifes, sagen wir es
1) Hippokrates νόμος, ungebildete ärzte sind gleich 7050s παρεισαγομιένοισε
προσώποισιν ἐν τῆσε τραγῳδίησεν" ὧν γὰρ ἐκεῖνοι σχῆμα μὲν καὶ στολὴν καὶ πρόσο»-
πον ὑποκριτοῦ ἔχουσιν, οὐκ εἰσὶ δ᾽ ὑποκριταί, οὕτω κτέ.
2) Dies wird durch die dimensionen der türen des proskenions z. b. in Epi-
dauros bestätigt.
8 Commentar.
nur, etwas barbarisches haben würde. wenn man aber die fremdartig-
keit überwände (und man vergifst wol nur, dals man das gegenüber
den archaischen köpfen und den vasenbildern des Euphronios auch hat
tun müssen, die doch die incarnation des echten Athenertums sind),
so würde der eindruck der des tiefsten religiösen ernstes sein, etwa wie
Masaccio heilige geschichten erzählt. die gewaltige dramatische kraft steckt
selbst in der sprache hinter der hülle einer conventionellen stilisirung,
durch welche viele flüchtigere betrachter nicht dringen. alle diese hüllen
muls der erklärer oder übersetzer beseitigen: dann wird erst recht deut-
lich, wie wenig diese poesie gealtert ist. sie würde mit modernen mitteln
behandelt auch jetzt auf der bühne überwältigend wirken. nur die ekel-
hafte nachahmung nichtsnutziger äulserlichkeiten, das archaeologische
zwitterwesen in verbindung mit stumpfsinnigen übersetzungen “in den
versmalsen der urschrift‘ oder noch schlimmer gestümpertem griechisch
verekelt sie gründlich, wenigstens für jeden gesunden menschen. zum
futter für bildungsphilister sollte das Dionysische spiel zu schade sein.
wer nicht den mühseligen weg der philologie gehen kann um die origi-
nale zu verstehen, dem soll die philologie das was ewiges leben in den
dramen hat, ihre seele, in einem neuen leibe vor augen führen: dann
wird die seele auf die seelen wirken. der philologe aber bilde sich nicht
ein, dals er mit einem bischen griechisch und dem zauberstabe der fa-
mosen methode zum verständnisse befähigt wäre. das geht alles im besten
falle den sterblichen leib der gedichte an. in wahrheit bedarf er schon
um den zu verstehen der ganzen philologie, an die seele aber wird auch
er nur dringen, wenn er mit voller seele daran geht und den spruch
des Demokritos beherzigt ra ἱρὰ ἐόντα πρήγματα ἱροῖσιν ἀνθρώποισι
δείχνυται, βεβήλοισι δὲ οὐ ϑέμις πρὶν ἢ τελεσϑέωσιν ὀργέοισιν
ἐπιστήμης).
1) Über diesen spruch, den ich der ersten auflage auch als motto vorgesetzt hatte,
mufs ich ein beschämendes geständnis ablegen. ich war aufs äufserste überrascht, als
ich öffentlich von Gomperz, privatim von anderen interpellirt ward, wie ich dazu käme,
den hippokratischen νόμος dem Demokritos zuzuschreiben. das hatte ich gar nicht ge-
wollt. ich fand zwar zu dem spruche in meinem handexemplar des Hippokrates den
namen Demokrits notirt und auch den vorigen ale ungehörigen zusatz abgesondert
und dem Demokrit zugewiesen (was ich für evident richtig halte), aber das hatte
ich vergessen, und ganz sicher wulste ich, das ich den spruch, den ich eitirte, nicht
aus dem Hippokrates genommen hatte, sondern mit Demokrits namen angeführt ge-
lesen hatte, ich glaubte, bei Plutarch. aber ich habe ihn nicht finden können, ob-
wol ich wenigstens den gröfsten teil der Moralia seitdem wieder gelesen habe. meine
erinnerung sagt mir nur, dafs ich zu der zeit, wo ich diesen teil meines buches
Erster auftritt, prolog 1---106. 9
Erster auftritt, prolog 1---106.
Euripides hat sich für die expositionsscenen seiner tragödien ganz
feste regeln gebildet, die schon in der Alkestis gelten und, so viel be-
kannt ist, keine ausnahme erleiden. er beginnt die handlung niemals
schon im prolog, d. h. der scene, welche dem einzuge des chores vor-
hergeht (wie Soph. in Ant. O T.), teilt aber in ihm dem publicum ganz
ausführlich die voraussetzungen mit, die er für sein drama macht. aulser-
dem nennt möglichst in den ersten versen die redende person sich und
den ort der handlung, beides mit zufügung des pronomens öde (v. 3. 4).
getrieben hat den Euripides zunächst kunstsinnige aber abstracte über-
legung: er hat den begriff’ der exposition als eines intregrirenden teiles
des dramas scharf gefalst und, ähnlich wie die spätere rhetorik die teile
der rede, ganz rein herausarbeiten wollen. ferner verschmähte er die
gemeine spannung des publicums zu erregen, die nur in der neugier be-
steht, was wird daraus: der zuschauer soll nicht weniger wissen als die
handelnden personen, sondern mehr. er hat darin ganz wie Lessings
theorie geurteilt, nicht wie Lessings praxis: der ἀναγγωρισμός des
Nathan würde nicht so ganz abfallen, wenn der zuschauer durch einen
prolog unterrichtet wäre, in wie naher beziehung Nathan, Tempelherr,
Saladin, Klosterbruder stünden. so weit hat also Eur. ganz recht. aber
die ausführung ist der manier verfallen und hat den spott des Aristo-
phanes mit recht erfahren. in diesem falle mufste so viel notwendiger-
weise erzählt werden, wie das publicum als voraussetzung der neuen
handlung wissen sollte, also alles was mit Lykos zusammenhängt. aber
die genealogie des Ampbitryon verdiente diese breite wahrhaftig nicht.
besonders schleppend wird der eingang durch die häufung des relati-
vischen anschlusses ὃν 2, ὃς 4, ἔνϑα 4, ὧν 5, οὗ 6, ἔνϑεν 7. in-
des sind sie nicht alle dem τίς οὐκ οἶδεν untergeordnet, denn allbe-
kannt ist nur Amphitryons name, weil er mitgatte des Zeus ist. das
andere wird erzählt. also beginnt mit 4, genau da wo das local ge-
nannt wird, der zweite satz, und in diesem konnte Amphitryon von sich
nur in erster person reden. auch wirkt die declamation belebend: denn
nur die ersten drei verse können als frage gesprochen werden.
schrieb, besonders viel moralisten und philosophen und die christen der ersten jahr-
hunderte gelesen habe. aber ich weils nicht einmal zu suchen. ich habe also die
entdeckung unbewufst gemacht und mufs hoffen, dafs ein anderer das wild nicht
wieder aus dem garne entschlüpfen läfst.
10 Commentar.
1 Bei der häufigen trennung der ehen, der regelmälsigen, oft testamen-
tarisch bestimmten wiederverheiratung der wittwen ist das verhältnis des
σύλλεχτρος σύγγαμος (149) ξυγγεννήτωρ παίδων ein pietätsverhältnis
geworden. so falst es nicht blofs Sophokles (Ο. T. 260), sondern selbst
Platon (Ges. 874°). auch Tyndareos wird in ehrerbietung Ζηνὸς ὅμό-
Aezrgov χάρα angeredet (Or. 476). Asconius in Scaur. praef. p. 17, 27
K. 8. necessitudinis iure quod ex eadem uterque liberos haberet. seltener
begegnet das unter frauen, doch steht σύγγαμος Andr. 836, wo ein edles
wort gesucht wird.
5 orayug: die u-stämme haben im nom. und acc. die länge noch viel-
fach in der tragoedie bewahrt. im leben war die kürze in den mehr-
sylbigen wörtern ganz, in den zweisylbigen fast ganz durchgedrungen,
so dafs die späteren an der alten echten messung anstols nahmen.
7 τεχγνοῦν gewöhnlich “ zeugen’; aber auch ganz normal “mit kindern ver-
sehen’, also im passiv "nachkommenschaft haben’, A. Ag. 752, E. Phoin.
868 Laios ἐτεχνώϑη, schol. πατὴρ ἐγένετο. zu dieser stelle stimmt
noch genauer die tragische glosse τεχνώσει" εὔτεχνον ποιεῖ Hesych.
die Sparten, welche übrig blieben, waren nach der festen tradition fünf:
aber in der dritten generation hatten sie Theben mit nachkommenschaft
angefüllt.
10 ἠλάλαζον αὐτὴν ὑμεναίοις σὺν Awrp. ἀλαλάξεεν jauchzen ist
nicht transitiv, aber ὑμεναίοις ἀλαλάζειν kann so gebraucht werden, weil es
den transitiven begriff ὑμνεῖν umschreibt, vgl. 690. οἱ δ᾽ ὑμέναιοι συνη-
λάλαζον τῷ λωτῷ. jubellieder und flötenspiel vereinigten sich zum preise
Megaras.
irgend ein pedant hat sich ausgedacht die pflanze λωτός hätte langes
o, die flöte λωτός kurzes. so lehrt schol. Vatic. Eur. Phoen. 787, Eust.
zu B 776 M 283 und so schreibt C meist. unsinnig, da λωτός die
flöte nur bedeutet, weil sie aus lotos gemacht ist. auch entscheidet oft
das metrum. der gebrauch ist dem Euripides gewöhnlich, fehlt Pind.
Aisch. Soph.,, kann also durch Eur. den spätern übermittelt sein. er hat
selbst für flötenklang “lotosnachtigallen’ gewagt λωτένας ἀηδόνας fg. 931.
11 dafs Herakles als haussohn bei Amphitryon wohnen bleibt, mufs der
dichter erfinden, um einen einheitlichen schauplatz für sein drama zu
haben; schwerlich bat ihn die thebanische örtlichkeit bestimmt, wo aller-
dings ein wohnhaus der Heraklesfamilie bestand. — die hochzeitsfreude
im gegensatz zu dem unglück der späteren ehe auszuführen ist ein her-
kömmliches motiv im drama; dafs das hochzeitsfest deshalb etwa von
der sage besonders verherrlicht wäre, ist damit nicht gesagt.
vers 1—18. 11
15 Κυκχλώπιος und Κυχλώπειος findet sich beides. auf die überlieferung,
die hier schwankt, ist in solchen dingen kein verlals, aber man wird,
wo man kann, das correcte setzen, d. h. von dem consonantischen stamme
Κυκλώπε-ιος. 998 stimmt auch die überlieferung zu.
Κυκλώπια τείχη bezeichnet Mykenai, schon bei Pind. fgm. 169 Bgk.‘,
denn nur seine mauern und die Tirynthischen, nicht die der burg von
Argos, sind von Kyklopen erbaut, d. h. von riesen, welche unter diesem
namen an allen ufern des saronischen meeres, auch in Athen und Eu-
boia, gewohnt haben sollten. für zugewandert erklären sie schon alte
mythographen (Pherekyd. schol. Ap. Rhod. IV 1091), weil sie die ge-
waltigen bauwerke der eigenen vorzeit nicht zutrauen. aber das ist ein
von den neuern übel erweiterter rationalismus. — indem Eur. Argos und
Mykenai zusammen nennt, will er nicht zwei reiche bezeichnen, sondern
trägt den verhältnissen seiner zeit rechnung, in der Mykenai nur noch
ein kümmerliches argivisches dorf war. er gebraucht beide namen,
manchmal die orte, immer das reich identificierend, Aischylos meidet in
der Orestie den namen Mykenai, weil Athen mit Argos freundlich stand,
und die zerstörung der berühmten rivalin erst vor wenig jahren geschehen
war. Sophokles Elektra zieht Mykenai vor, rückt es aber mit dem
markte von Argos und dem Heratempel, der von beiden städten weit
abliegt, zu einem schönen gesammtbilde zusammen, das der verdirbt, der
es poesielos mit der wirklichkeit in übereinstimmung bringen will.
18 ἐξευμαρίξζων᾽" εὐμαρὲς ποιούμενος, gebildet wie das spätere ἐξευτε-
λίξω und ἐξευτρεπίξω El. 75. unten 81 steht das medium mit scharfem
bedeutungsunterschied ; dort ist das object nicht die zu erleichternde last,
sondern das mittel, das sie erleichtert, wie man nodum expedire und
consilium expedire sagt. — das geschick des Amph. war noch gar nicht er-
leichtert, aber die übernahme der dienstbarkeit geschah zu diesem zwecke.
das particip steht also in dem sinne, in welchem das praeteritum des prae-
sensstammes 80 oft steht; man nennt es dann impf. de conatu. in wahrheit
ist allen modi dieses stammes der gebrauch gemeinsam, dafs der verbal-
begriff nicht effectiv (ἐνεργείᾳ) sondern potential (δυνάμει) zu verstehen
ist, die oft verkannte erscheinung bedarf eines namens; im folgenden
sind solche praesentia als dynamische bezeichnet,
ϑέλειν sagt die tragoedie im dialog ausschließlich, die alte komoedie
ἐθέλω. die verkürzte form kommt schon im epos einzeln vor, ist auch
auf ionischen alten steinen belegt, war aber noch seltener und schien
vornehmer. aus der lyrik kann ϑέλω nicht in die tragoedie gekommen
sein, weil Pindar es nicht kennt (Pyth. 2,69 von Böckh verbessert).
12 Commentar.
die ältere kunstprosa scheint nach der überlieferung geschwankt zu haben,
hat aber das tragische ϑέλω mindestens auch verwandt: die jüngere
(Isokrates) hat ausschlielslich ἐθέλω. es hatte sich nämlich nun das
leben für die kürzere form entschieden, die also in komoedie und späterer
prosa ausschließslich herrscht. folglich schien nun ἐϑέλω vornehmer.
gleichzeitig ward das epos neu belebt und hielt sich natürlich auch an
ἐθέλω, so Kallim. Apollon. immer, Theokrit auch bis auf eine stelle in
einem jugendgedichte (Κύχλ. 26). die nachahmer, selbst der Homeriker
des gedichts 25, kennen die regel nicht.
20 Der wahnsinn erscheint dem Hellenen als der stachel einer bremse,
die ja οἶστρος heifst, (so in der Iofabel sinnlich; sie heilst ὀδύναις xev-
τροδηλήτοισι ϑυιὰς Ἥρας A. Hik. 563), oder als treibstachel, mit dem
die wahnsinnsendende gottheit ihr χτῆμα antreibt. so unten Lyssa. auch
wenn die liebe χέντρα hat (Hipp. 39. 1303), so sendet Aphrodite oder Eros
wahnsinn. denn Aphrodite ist wie eine biene (Hipp. 564) Eros auch
(Ps. Theokrit 19, in wahrheit Moschos), denn auch er ἐμιπέπτει χτή-
μασιν, Soph. Ant. 782 (wie ein οἶστρος). selbst Apollon führt, wenn
er prophetischen wahnsinn sendet, den stachel, Vergil Aen. 6,101 ea
frena furenti concutit et stimulos sub pectore vertit Apollo. also Heras
stachel bedrohte Herakles schon früh: das ist vorbedeutend.
Hera ist als handelnde person gedacht, daher” H. ὕὅπο ; das schicksal nur
als das was Her. bei seinem tun begleitet, daher τοῦ χρεὼν μέτα, wie diese
praeposition bei Eur. und in der prosa zu abstracten tritt, ue$’ ἡσυχίας τι
δρᾶν u. dgl. die inversion der praeposition ist zwar der kunstprosa und
komoedie nicht ganz fremd, ward aber im 4. jahrhundert als durchaus
dichterisch empfunden (Ar. poet. 22). niemand liebt die inversion so sehr
wie Eur, der meistens wie hier die praeposition an das versende stellt
und dadurch den vers zu einer straffen einheit zusammen falst.
22 ἐχμοχϑεῖν durch μοχϑεῖν überwinden, ähnlich &xrsoveiv 581.
23 λοέσϑιος ein wort unbekannter herkunft, das zuerst in einem jungen
homerischen gedichte, den Athla, aufkommt, aber in den formen λοῖσϑος
λοισϑήιος. ganz vereinzelt in der lyrik und bei den späteren epikern
(Apollonios, Theokrit einmal, nicht Kallimachos). im drama ist es häufig,
doch hat es Aisch. erst in der Orestie. der adverbiale gebrauch des
neutrums mit artikel überwiegt.
Der wechsel der tempora, ἐξεμόχϑησεν, βέβηκεν, οὐχ ἥκει entspricht
dem tatbestande und enthält kein praejudiz. aber das ethos Ist, doch völlige
resignation, als ob es hielse ἵν᾽ ἐχπεραίνει βίοτον οὐδ᾽ ἔβα πάλιν 429.
28 δεσττόζω wird, wie natürlich, gewöhnlich mit dem genetiv verbunden,
vers 20---30. 18
als denominativ; wenn also hier der accusativ steht, so hat das eine be-
sondere absicht, zumal der vers beides ertragen würde. es ist der unter-
schied, der xgareiv τινός "stärker als jemand sein’ von χρατεῖν rıya,
“jemanden in gewalt haben, trennt: für unsere empfindung also ein gra-
dueller. das wort hat einen ganz andern klang als τυρανγῆσαι.
29 τύραννος hat nicht den geringsten gehässigen beigeschmack, aber
unter einem δεσπότης stehen nur sclaven, 258. wir stehen im banne der
späteren entwickelung, der Platon die wege gewiesen hat, und müssen
das so wiedergeben “die tyrannei des Lykos lag auf dem lande, bis die
Zeussöhne die herrschaft errangen’.
30 Welche sagenform über den conflict der Zeussöhne mit Lykos Euri-
pides und sein publicum bier voraussetzen, ist nicht wol zu sagen, da
seine Antiope für alle zukunft diese geschichte fixirt hat: die war damals
noch nicht geschrieben, hat aber schwerlich älteres einfach wiedergegeben.
Zethos und Amphion sind die namen der “Dioskuren in Theben; die
namen sind aber secundär, da es von diesen brüdern auch einzelsagen gibt
(Amphion Niobe; Zethos Aedon), und gelten nicht im cultus: da heilsen sie
Διὸς κόροι᾽ Zeussöhne oderAyaxss herren’. die vordorische bevölkerung
hat an sehr vielen orten ein göttliches zwillingspar verehrt, stralend schön,
jung und kraftvoll, immer einträchtig zusammenwirkend. man dachte sie sich
rettung in höchster not bringend zu wasser und zu lande, nicht blofs wo es
kampf galt, sondern auch in krankheit und den weibern in kindesnöten,
immer aber als ϑεοὶ σωτῆρες. zur veranschaulichung ihres wesens
bildete sich daher eine geschichte, wie sie einer hilflosen person (meist
mutter oder schwester) in letzter stunde unverhofft zum heile erschienen
wären. im anschlufs an die geschichten und die gesonderten stätten der
verehrung individualisirten sich die gestalten, und so unterschied man
die Tindariden in Sparta (die echte form des ungedeuteten vaternamens
ist Τίνδαρος. die einzelnamen sind jünger; Πολυδεύχης, “der ganz
süsse, stimmt in der form zu ./svxallwv, der aulser im norden auch
auf Kreta vorkommt. Leda ist auch mit Aetolien verbunden worden),
Apharetiden in Messenien, Molioniden in Elis, Antiopesöhne in Boeotien:
in Argos Athen Theben hat sich auch der alte name _4vaxes erhalten.
in Boeotien (Theben Thespiai und sein gebiet), wo die ebne pferdezucht
einigermalsen gestattete, und der zugewanderte adel, der übrigens diese
alten culte nicht sehr pflegte, das lebensideal bestimmte, dachte man sich
die Zeussöhne auf weilsen rossen heransprengend, daher hier λευχόπωλοι,
und Phoen. 606, wo sie geradezu ϑεοί heifsen. das ist aber erweislich
secundär: denn Zethos und Amphion reiten nicht. nicht anders in
14 Commentar.
Sparta, dessen Dioskuren Euripides (Hel. 640. 1495) sich auch so denki.
da das reiten eine spät gelernte kunst ist, muls man davon für das
wesen der götter überhaupt absehen. aber sehr wol ist möglich, dafs
die götter selbst in der gestalt von weilsen rossen gedacht worden waren.
dafs ihr eultname in Theben λευκὼ πώλω AJıoc war, sagt Eur. in dem
neugefundenen schlufse der Antiope C 55 selbst. in rolsgestalt sind
götter vielfach gedacht; Erinys und ihr sohn Erion, Poseidon, die winde.
noch viel später und fast ausschließlich für die κατ᾽ ἐξοχὴν sogenannten
Dioskuren ist eine verbindung mit den sternen aufgekommen (zuerst bei
Eur., diesem geläufig). als die schiffer sich nämlich auch in den schutz
dieser ϑεοὶ σωτῆρες gestellt hatten, glaubte man ihre erscheinung im
St. Elmsfeuer zu bemerken, das als stern galt. nur noch eine spielerei
unfrommer zeit ist die deutung des sternbildes der zwillinge auf die
lakonischen oder auch die boeotischen Dioskuren. die auf die Kyprien zu-
rückgehende sage, nach der Kastor und Polydeukes verschiedene väter
haben und einen tag um den andern beide leben, den andern tag beide
tot sind, lebt nicht in der religion, sondern sucht den cult der heroen
von Therapnai, die dort im grabe ruhen, mit dem glauben an die retter
im himmel auszugleichen. es ist aber bezeichnend, dals die s. g. ver-
gleichende mythologie diese geschichte (nebenher gröblich milsverstehend),
die versternung und das reiten zum ausgangspunkte nimmt, um die
zwillinge als morgen- und abendstern glücklich zu vereinzeln').
1) Es wäre verstocktheit, die Zeussöhne der Hellenen von den acvins der
Inder zu trennen, über die eben Oldenberg Relig. d. Veda 207 ausgezeichnet unter-
richtet; auch bei den Kelten fand Timaios (Diodor IV 56) den cult der Dioakuren
verbreitet, und von germanischen stämmen ist dasselbe bekannt. aber es ist eine
eigentümliche ungleichheit der methode, wenn für Indien scharf die quellen gesondert
werden, so dals nur die alten Vedalieder gelten, aber in Hellas frischweg die späte
vulgata zur vergleichung genommen wird. und es ist petitio principii, das indische
für zuverlässiger als das hellenische zu halten, und eine weitere petitio principü,
dafs die physikalische bedeutung notwendig die ältere wäre. in Indien opfert man
den agvins bei sonnenaufgang: schön. in Hellas tat man es nicht. gesetzt man mülste
die agvins für den morgenstern halten (was nicht von fern erwiesen ist, da der nur
einer ist, und die acvins mit dem abend nichts zu tun haben), ist es undenkbar, dafs
die Inder eine alte gottheit mit einem sterne verbunden haben, der sie ursprünglich
gar nichts angieng? so sind ja in Hellas die Dioskuren mit dem St. Elmsfeuer und
den Zwillingen nachweislich verbunden. in Hellas aber gibt es sogar viele sagen
vom morgenstern, nur gehn sie die Dioakuren nichts an und zeigen ein ganz anderes
empfinden gegenüber diesem sterne, Phaethon, Phaon, Tenages, Hippolytos u. s. w.
also die indische philologie hat von der hellenischen philologie zu lernen, dafs eine
auf ihrem gebiete vielleicht ganz scheinbare vermutung falsch ist, oder doch nur
als eine speciell indische umbildung gelten kann.
vers 31 — 34. 15
ἠδέ hat die lyrik und Aischylos anstandslos aus dem epos übernommen.
bei Soph. und Eur. kommt es noch ein par mal vor (noch Hek. 323)
und gegen ende ihres lebens gar nicht mehr. Aristophanes hat es nicht,
wol aber Eupolis, in anapaesten "ἦγ. 1. auch die Alexandriner folgen
gar nicht alle der homerischen weise. aber der tollste aller ionisirenden
archaisten, der arzt Aretaios, der aus dem übelberufnen Kappadokien
stammt, hat gar nicht selten ἀτὰρ ἠδέ für atque gesagt.
31 πατρὸς κεχλημένος "nach dem vater benannt. ταὐτὸν ὄνομα epe-
xegetischer zusatz. in dieser verbindung setzt die alte sprache mit vorliebe
den blofßsen genetiv, die πτῶσις πατρική, wie die grammatik ihn auch
nennt, was leider durch das blasse γενεκή verdrängt ist. πόλις Παλλά-
dog κεχλημένη Ion 8, τοῦ πάππου ᾿τιϑέμην Φειδωνέδην Ar. Wolk. 65
Ὁ. 8, ἡ. die spätere prosa kann das nicht mehr, sondern muls praepo-
eitionen, ἀπό, in Ἰὰς und χοενὴ auch ἐπί, dem genetiv zusetzen. dies
ist nämlich in wahrheit der verlauf: die casus haben ihre eigene kraft
und treten in beziehung zu nominsa und verba; die praepositionen sind
adverbia localer bedeutung. als nun die sprache das bedürfnis empfindet
das notwentig vieldeutige verhältnis eines casus neben einem verbum zu
bestimmen, beginnt sie ein adverbium hinzuzufügen; das rückt bald an
das verbum, dann gibt es composita, bald an das nomen, dann wird
allmählich eine praeposition daraus. dieser prozels steigert sich immer
mehr: die sprache braucht immer gröfseren aufwand von mitteln. aber
eine praeposition kann selbst niemals erklären, weshalb sie den oder den
casus regiert. weil sie es eigentlich ja nicht tut.
33 xrelveı — χτανὼν ἄρχει. das verbum wiederholt, weil der
tod Kreons die vorbedingung für die herrschaft des Lykos ist. ähn-
lich wiederholend 593, in ionischer und ionisirender prosa ganz ge-
wöhnlich.
34 ἐπὶ -εσπεσών, weil die tyrannis die zweite νόσος ist, die zur στάσις
tritt, vgl. zu 542. überliefert ist ἐπεισπεσών und so häufig an stellen,
wo das metrum nicht entscheidet, εἰς. eine volle sicherheit ist unmöglich
zu erzielen, denn Eur. selbst könnte nicht sagen, wie er im einzelnen
falle gesprochen haben wollte: gesprochen, denn geschrieben hat er ἐς.
in Athen sprach man das nach i klingende lange e: das zeigt die komödie
und die schrift, sobald sie auch diese dinge fest bezeichnet. das kurze e
ist ionisch. aber so ist constant in der alten prosa überliefert, deren
dialekt mit der tragödie übereinstimmend ionisirt. also kann das fremde
für wahrscheinlicher gelten. und jedenfalls kommt auf die überlieferung
in der tragödie nichts an: die dichter haben ja doch blofs E geschrieben.
16 Commentar.
folglich ist es am vorsichtigsten, das auch zu tun; wer will, kann ja
den hybriden diphthong sprechen.
39 Eur. hat immer die unbequeme umschreibung οἱ Ἡράκλειοι παῖδες
oder ähnlich, nie Ἡρακλεῖδαι. er war dazu gezwungen, nicht etwa weil der
name Herakliden für diejenigen Herakleskinder festgestanden hätte, welche
Eurystheus verfolgt hat und nach denen die dramen Ἡρακλεῖδαι heilsen,
sondern weil Ἡρακλεῖδαι überhaupt nicht patronymische, sondern genti-
licische bedeutung hat, die abgesehen vom epos und seinen nachahmungen
für diese bildung gilt; Eurystheus verfolgt auch das geschlecht, also ein- .
schliefslich der weiber und clienten. ‘'Hoaxkeida: entspricht den Claudii,
die nicht die kinder des Clauzus, sondern das geschlecht sind, dessen
eponym er ist.
40 Hier zeigt die wortstellung, dals es nur auf die kinder ankommt, 47
steht gar σὺν μητρὶ τέχνα. der grund folgt 42 ἠνδρωμένοι.
41 Die parenthetische restriction gibt Amph. weil er schon ἠνδρωμένοι
im sinne hat, denn er selbst ist kein ἀνήρ mehr. denn dies wort hat,
weil es zunächst das geschlecht hervorhebt, seit dem homerischen ἀνέρες
ἐστὲ φέλοι die prägnante bedeutung des seine männlichkeit betätigenden
mannes, zunächst in geschlechtlicher beziehung (Eur. Hipp. 491, S. Trach,
551), sodann als kämpfer (Andr. 591. I A 945).
43 μήτρωες ‘die mütterlichen verwandten’, öfter bei Pindar, hier speciell
avus et avunculi.
45 τροφός pflegt nur femininisch gebraucht zu werden. Eur. hat es vom
manne nach El. 409, doch ist die stelle nieht ganz sicher. hier zeigt
die verbindung mit oixovoov, dafs der ausdruck mit absicht gewählt ist,
weil Amph. nicht mehr ἐν ἀνδράσιν ist, denn auch das olxovgeiv ist
specifisch weibersache.
47 σὺν μητρὶ τέχνα, nicht τέκνα καὶ μητέρα, weil Megara zwar ihrer
kinder geschick teilt, aber als nebenperson; zu ϑάνωσεν ist aber σὺν
μητρὶ τέκνα subject.
49 ἄγαλμα ist πᾶν ἐφ᾽ ᾧ τις ἀγάλλεται (schol. Ar. Thesm. 773). so sind
schöne und gute kinder ἀγάλματα der eltern (Hik. 370, Aisch. Ag. 207)
oder des vaterlandes (Hik. 631). für Herakles sind die ἀρεταί (358) oder
die ἄϑλα (425) ἀγάλματα. daneben die sinnliche bedeutung schmuck
(703), welche auch tadelnden beigeschmack erhalten kann, “blolse deco-
ration (El. 388). endlich besteht schon die ganz concrete bedeutung
‘statue, auch cultstatue (das idol der taurischen Artemis L T. 87). daran
ist hier nicht zu denken; der altar ist ein ruhmeszeichen für den sieg,
wie der delische lorber ὠδῖνος ἄγαλμα Slag Hek. 461. allerdings ist
vers 39—53. 17
der altar auch “εὸς ἄγαλμα, wie Pindar Nem. 10, 67 einen grabstein
ἄγαλμ᾽ ᾿Α δα nennt, Aisch. die ixernolae dyaluar’ αἰδοέου “ιεός
(Hik. 192), Gorgias im schlufs des epitaphios die τρόπαια Δ4εὸς μὲν ἀγάλ-
ματα, ἑαυτῶν δ᾽ ἀναϑήματα. Insc. gr. ant. 488 redet eine portrait-
statue Χάρης εἰμέ. ... ἄγαλμα ᾿Απόλλωνος.
50 Her. hat Orchomenos unterworfen, daher der δοο. Mirvöv κρατήσας
würde nur besagen, dafs er sie geschlagen hätte. — die suprematie des
boeotischen Theben ist durch den untergang des orchomenischen reiches
der Minyer begründet, wahrscheinlich erst im siebenten jahrhundert: das
ist also die haupttat des thebanischen Herakles, deshalb hier von Eur.
öfter erwähnt, obwol das ereignis zu jung war, als dals es von der sage
besonders verherrlicht worden wäre, vgl. zu 220. die gründung eines
Zeusaltars ist erfindung des dichters, der an die zedraıa seiner zeit
denkt, und den gegensatz braucht 522.
51 χρεῖος Arrıxol, ἐνδεὴς Ἕλληνες Moeris. daher findet sich das
wort bei den atticisten der 2 sophistik. in echter prosa ist es überhaupt
nicht nachgewiesen, sondern nur bei Aisch. und Eur. da ersterer auch
ζαχρεῖος hat, und dieses im alexandrinischen epos wiederkehrt (Ps.
Theokr. 25, 6), hat die auf aeolischer basis entwickelte lyrık das wort
auch gehabt. dals es auch χρήσιμος bedeutet hätte ist ein milsver-
ständnis. das epische ἀχρεῖος = ἄτοπος, das kretische χρήια ==
χρήματα liegen der bedeutung nach ganz ab; es wird eine ableitung
unmittelbar von χρή (zu v. 311) sein, was freilich χρῇος verlangt. das
mag für das altattische auch nötig sein.
53 ἐχσφραγίζειν δόμων. διὰ σφραγέδων δεαπράττεσϑαι, ὥστε Öd-
μων ἔξω εἶναι, gesucht für ἐχχλήειν. Lykos hat den confiscirten palast
versiegelt, wie es attische sitte ist. so versiegelt Helene (Or. 1603) den
nschlafls ihrer schwester, nachdem deren kinder zum tode verurteilt sind,
ἀποσφραγίζεται. auch xaraopeaylleodaı hat Eur. Hype. 762; das
kommt freilich schon bei Empedokles 370 vor. ἐσφραγεσμένοι liegen
die blitze in einer kammer des Zeus A. Emm. 828. — die tmesis &x γὰρ
ἐσφραγισμένοι wird im drama als solche empfunden, da die praeposi-
tionen, welche bei Homer entsprechend ihrer adverbialen natur noch
beweglich sind, mittlerweile mit dem verbum verwachsen sind; aber die
tragödie und einzeln auch die alte komödie haben sich die altertümliche
freiheit bewahrt, z. b. unten 1059, 1084 und oft in der leichten form wie
hier, dafs nur eine partikel zwischentritt, aber es geht so weit dals selbst
ein anderes verbum mitten eintreten kann. ἐν δ᾽ ὁ παγχρατὴς ὕπνος
λύει πεδήσας Soph. Ai. 675 mag als musterbeispiel gemerkt werden.
v. Wilamowitz II. 2
18 Commentar.
54 χαϑήμεϑ'᾽ ἀπορέᾳ “wir sitzen in hilflosigkeit’. der dativ hat locative
nicht instrumentale bedeutung.
55 σαφὴς ist das was sich als das was es ist augenfällig darstellt, σαφὴς
ἀρά ein fluch der sich erfüllt (Hipp. 890); μάντις σαφής ein seher,
dessen sprüche sich bewahrheiten (Soph. O. T. 390), so dals αἔνεγμ᾽
εἶπεν οὐ σαφῶς σαφές Troad. 625 gesagt werden kann, “das rätselwort
war dunkel gesagt, aber es traf zu’. τὸ σαφές zu erkennen verspricht
der wissenschaftliche schriftsteller seinem leser als lohn, so Antiochos
v. Syrakus in seiner vorrede (Dionys. v. Hal. I 12) ἐχ τῶν ἀρχαίων
λόγων τὰ πιστότατα καὶ σαφέστατα, Thukyd. I 22, Hippokr. π΄. dey.
inte, 1. dies sind seltenere verbindungen; φέλος σαφής scheint sprüch-
wörtlich, Or. 1155 οὐχ ἔστιν οὐδὲν χρεῖσσον ἢ φέλος σαφής Kenoph.
Mem. II 4, 1 πάντων χτημάτων χράτιστον φέλος σαφὴς καὶ dya-
ϑός. die rhetorik überträgt dann die evidenz auf die form, Ar. Ritt.
1379 γνωμοτυπιχὸς καὶ σαφὴς καὶ χρουστιχός, Eur. Or. 397. σοφόν
tor τὸ σαφές, οὐ τὸ μὴ σαφές, und so wird die σαφήνεια zu einer
haupttugend namentlich der δεήγησις.
56 ὀρϑῶς φίλος ist der, welcher φέλος in der art ist, welche dem begriffe
vollkommen entspricht. amicus ita uti nomen possidet Plautus Bacch. 386.
so ὀρθῶς ϑεός unten 1345, ὀρθῶς πατήρ Alk. 636, ὀρθῶς φίλος
auch Soph. Ant. 99 und in der copie dieser stelle 1. T. 610. die specu-
lation der Ionier war schon um 500 begrifflich-sprachlichen problemen
nahe getreten (für uns nachweislich zuerst Herakleitos), und hatte das
axiom aufgestellt, dals die worte und die begriffe sich vollkommen deckten,
jedes ding das wäre, was es hieße, und umgekehrt. es gilt also die
eingeborne bedeutung der wörter zu verstehn, die ὀρϑότης ὀνομάτων
zu finden, wie Prodikos (Plat. Euthyd. 277°) und Protagoras (Kratyl.
391°), und die ὀρϑοέπεια zu üben, wie Protagoras verlangte (Phaidr.
267°)'). das führte einmal zu begrifflicher distinction der wortbedeu-
tungen, wie sie 2. Ὁ. Thukydidos bei Prodikos gelernt hat, ferner zu
1) Protagoras hat mit der ὀρϑοέπεια für die rede verlangt τὸ τοῖς κυρέοες
ὀνόμασιν χρῇσϑαι, wie Aristoteles. das ionische wort, dessen die Attiker sich ent-
halten, findet sich wieder bei dem rhetor, gegen den Philodem schrieb (Rhet. I
186 fig. Sudh.), sonst, wie es scheint, nicht: denn Dionys. de Demosth. 1035 R. nimmt
es bewulst aus dem Phaidros. der gegensatz ist das εὐνῇ Adyass des ἐδιώτης. wenn
Platon also diese protagoreische deYodrzesa neben die ὀνομάτων Δικυμνέων (dafs man
nicht ändere, vgl. Ar. Vög. 1242) εὐέπεεα stellt, so ist der hobn unverkennbar. die
ὀρϑοέπεια war natürlich so gemeint, dafs jedes wort für den begriff verwandt würde,
der ὀρϑῶς darin steckte, und so vereint sich damit die ὀρϑότης ὀνομάτων den
Kratylos.
vers 54—59. 19
grammatischer speculation, endlich zur etymologie; das τὸ ἔτυμον λέγειν
ist nur eine ionische doublette des τὸ ὀρϑὸν λέγειν. indem diese lehre
von den großen sophisten auf die kyniker, von diesen auf die stoiker
übergieng, hat sie die weittragendste bedeutung erhalten. ihre wurzeln
liegen aber schon in viel älterer theologischer speculation und daher
beschränkt sie sich nicht auf philosophische kreise. Aischylos sucht das
ὀρϑόν der namen nicht anders als Eurip. Sieb. 405, 829, Ag. 700. so
scheint es, dals er den bei Hekataios noch Tevdevg (vgl. τένϑης der
prasser, τένϑει besser als τένδει Hesiod. Erg. 522) genannten gegner
des Dionysos (Phot. 8. v.) um der etymologie willen zu Πενϑεύς gemacht
bat. — mit den angegebenen bedeutungen von σαφής und ὀρϑῶς spielt
Eur. L A. 559 τὸ ὀρθῶς ἐσϑλὸν σαφὲς del.
57 τοιοῦτον: dpıkov, 559. 561. diese freundlosigkeit, auf die auch Me-
garas rede hinausläuft (84), ist das stichwort des ersten teiles, Her. (585)
und Theseus strafen es lügen, und das drama klingt in dem preise der
echten freundschaft aus.
59 Amph. wünscht jedem wolmeinenden, dafs ihm die erfahrung erspart
bleibe, welche das unglück notwendig mit sich bringt, dals das vertrauen
auf freundschaft trügerisch ist. der acc. φέλων EA. dıy. zu paraphrasiren
ὥστε ἀψευδέστατα τοὺς φίλους ἐλέγχειν. der acc. ist der casus des
objects und tritt als solcher auch bei intransitiven verben auf, nämlich
als apposition zu dem im verbum enthaltenen objecte. die intranesitiva
lassen sich logisch in so fern transitiv fassen, als ihre bedeutung in den
abstracten begriff der action und ein nominal zu denkendes object zerfällt.
tatsächlich sind sie im griechischen überwiegend wirklich denominativ.
wenn wir die denominative gleich wol so oft transitiv verwandt finden,
so ist derselbe trieb tätig, der hier einen accusativ als apposition zu
dem im verbum latenten objecte stellt. die sprache erlaubt sich das,
selbst wenn das object durch einen ganzen satz gegeben ist, wie hier
δισπραξίας τυχεῖν, und es macht nichts aus, wenn der schein entsteht,
ala ob dieser acc. apposition eines andern accusativs wäre. Bakch. 9
ὁρῶ ζῶσαν φλόγα, ἀϑάνατον Ἦρας ὕβριν, d.i. ἡ φλὸξ In ὕβριν
ἀϑάνατον, dals die flamme nicht verlischt, verewigt den frevel. unten 426
ἔπλευσ᾽ ἐς ἔδαν, πόνων τελευτάν. nicht der Hades, sondern die Hades-
fahrt ist das ende der mühen. 675 Xagırag ούσαις συγκαταμιειγνύς,
ἀδίσταν συζυγέαν: die vereinigung von Chariten und Musen macht den
holdesten verein aus. ἔπλευσαν γνάιον ὄχημα λινοπόροισιν αὔραις
I. Τ. 410 d.h. πλέομεν γὰρ ἐπὶ νηὶ ὀχούμενοε ἀνέμοις. A. Choeph, 199
συμπενϑεῖν ἐμοὶ ἄγαλμα τύμβου xal τιμὴν πατρός. d. h. δεὰ τοῦ
92 4
20 Commentar.
πέγϑους κοσμεῖται ὁ τύμβος ὁ δὲ πατὴρ τιμᾶται. 8.OK. 92 κέρδη
μὲν οἰκήσοντα τοῖς δεδεγμένοις ἄτην δὲ τοῖς πέμψασιν, d.h. ἐμοῦ
μετοικοῦντος οἱ μὲν κερδανοῦσιν οὗ δὲ βλαβήσονται. E. Phoen. 211
Ζεφύρου ἱππεύοντος κάλλιστον κελάδημα, d.h. &x τῆς τοῦ ἀνέμου
πνοῆς ἡδὺς συνίσταται χκέλαδος. A. Ag. 226 ἔτλα ϑυτὴρ γενέσϑαι
ϑυγατρὸς πολέμων ἀρωγὰν καὶ προτέλεια ναῶν, wo man irren würde,
wollte man die accusative als apposition zu dem im nomen actoris ver-
borgenen ϑύσιεν auflassen. © 133 ὀλέεσϑε κακὸν μόρον, 27359 τις
᾿Αχαιῶν ῥίψει χειρὸς ἑλὼν ἀπὸ πύργου, λυγρὸν ὄλεϑρον, a 166 ἀπό-
λωλδ καχὸν μόρον sind schon homerische beispiele. das bekannte ἀγγελέην
ἐλθεῖν, “einen botengang tun’, ist gleichartig; wie dies von Aristarch ver-
kannt ist, irren und ändern viele vielerorten. insbesondere wird die hand-
lung qualificirt durch zusätze wie ἀμοιβάς unten 226, δέκην A. Choeph.
144, μισϑόν Eur. El. 231, χαρμονήν 8. Ai. 559, ποινάς 8. EL 565, ἀπό-
λαυσιν Hec. 77, ἀπομίμησιν Hippokr. sr. διαέτης 110, u.2.f. selbet ἔλεγ-
xov kehrt wieder Soph. Ο. Τ. 603 τῶνδ᾽ ἔλεγχον πεύϑου τὰ χρησϑέντα.
es ist dieser gebrauch, welcher die 8. g. praepositionen χάριν, δέκην,
τρόπον erzeugt hat, und die verwendung des accusativs des neutrums,
die wir adverbiell nennen, πρόϑυμα στέλλεσθαι (113) κάλλεον, καλ-
λιστα γνεκᾶν ist im grunde auch dasselbe. auch τέλος, πέρας, τὸ
τελευταῖον und ähnliches ist accusativisch zu fassen, denn Pindar Nem.
11, 14 hat τελευτὰν ἁπάντων; oft freilich mag selbst den Griechen
der untenschied von nominativischen appositionen zum ganzen satze
(vgl. zu 196) nicht zum bewustsein gekommen sein, zumal das neutrum,
ursprünglich indeclinabel, nominativ und accusativ nie unterscheidet.
Während dem greise die sachliche exposition zukam, hat die leiden-
schaftliche frau das σσάϑος der situation zur darstellung zu bringen. der
gang ihrer rede ist nur durch den affect, welcher die logische disposition
zerreilst, zu verstehen. ganz ruhig hebt sie an, stellt einen allgemeinen
satz auf und disponirt den beweis mit οὔτε als einen mehrgliedrigen.
ἐγὼ γὰρ οὔτε πατρὸς οὖσα ἀσϑενοῦς οὔτε ἀνδρὶ ἀσϑενεῖ ἐχδοϑεῖσα
ὅμως ἐδυστύχησα sollte es heilsen. aber als sie den vater nennt, fällt
ihr ein, dafs schon dieser ein guter beleg für denselben allgemeinen satz
ist. wieder disponirt sie scheinbar logisch, ἔχων τυρανγνέδα, ἔχων δὲ
τέχνα. aber da stookt sie; die brüder muls sie verschweigen, und sich
selbst diesem untergeordneten gliede subsummiren, wodurch freilich dem
sinne nach der versprochene doppelte nachweis geliefert wird; aber den
abschlufs des gedankens und des satzes vergilst sie, denn die gelegentliche
erwähnung ihrer kinder drängt alles in ihrer seele zurück. bei deren
vers 60—72. 21
schilderung verweilt sie. die rührung übermannt sie, und sie bricht in
die bitte um einen rettenden gedanken an Amph. aus, obwol dessen rede
die hilflosigkeit offen gestanden hatte, und ihre eigne begründung der
bitte die möglichkeit der erfüllung abschneidet. so sehen wir sie völlig
verzweifelt, sobald sie überlegt; aber die leidenschaft mag und kann
nicht immer überlegen.
60 Über den zug des Amph. gegen die Taphier zu 1078. in Theben gab
es auch die an alte stiftungen geknüpfte tradition von einem grofsen
siege des Amphitryon über die leute von Euboia, deren könig Chalkodon
er erschlagen hatte (Pausan. IX 17, 3; 19, 3). das dürfte in Theben ein
viel berühmterer kampf gewesen sein, als der mit den fernen Taphiern,
und hier, im gegensatze zu der tyrannis des Lykos von Eubois, würde
er viel besser passen. aber Eur. konnte, auch wenn er die localsage
kannte, doch nur von der poetisch verherrlichten, also seinem publicum
bekannten, gebrauch machen.
63 ἀπελαύνεσϑαι attisch nicht belegt, wol aber bei Herodot 7, 205
ἀπελήλατο τῆς φροντίδος περὶ τῆς βασιληίης. — ἐς πατέρα “in
der richtung, in hinsicht auf’ öfter bei Eur. unten 1416. Orest. 540
μακάριος πέφυκα πλὴν ἐς ϑυγατέρας, Ion 569 ἐς σὴν ἀνεύρεσιν
ϑεὸς ὀρθῶς ἔχρανε. sogar von einem nomen abhängig ὁ Φαίδρας
ἔρως ἐς σέ Hipp. 1430, τὴν ἐς τάσδε τέρψιν βορῃ. OK. 1121. αἱ
τύχαι al εἰς τὰ χρήματα χαὶ τὸν βίον in der altattischen (oder ionischen)
schrift bei Iamblich protr. 20. (101, 28 Pist.) — τύχη. τὸ ἐπιτυχεῖν,
diese grundbedeutung wird im 5. jahrh. noch stete empfunden.
66 Sinnlose worte, deren heilung unmöglich scheint, da sowol die “lanzen’
wie das ‘springen’ wie die “leiber’ ungehörig sind, so dals der sitz der
verderbnis unbestimmt bleibt. denn erwartet wird die gewöhnliche
schätzung der ἐσοδαίμων τυραννίς. die verbesserung dürfte im anschlufs
an fgm. 850 ἡ γὰρ τυραννὶς πάντοϑεν τοξεύεται δεινοῖς ἔρωσιν zu
suchen sein.
68 ἐπέσημον εὐνήν ist nicht apposition zu ἐμέ, sondern zu dem verbal-
begriff, wie 59. denn die berühmtheit des eidams erhöht das glück des
Kreon.
69 ἀνέπτατο vgl. zu 510.
72 Die tragödie wendet ὄρνες mit kurzem i an (stamm ορνε); das ist ein
ionismus, denn das volk sprach es lang (stamm ορ»νε9), wie die komödie
zeigt. der “vogel' ist für den Athener die henne. hier ist das bild aus-
geführt, ähnlich Herakl. 10, Andr. 441; es ist aber so gewöhnlich, dals nie-
mand an eine metapher denkt, wenn γνεοσσός für kind gesagt wird.
22 Commentar,
73 Der rasche wechsel des numerus hier und 79 ist zwar an sich an-
gemessen und sprachgemäfs (199), veranschaulicht aber doch durch seine
häufigkeit den affect der redenden. — die kinder fragen die mutter “wo
ist der vater, und da sie keinen bescheid erhalten, laufen sie in kindlichem
eifer in hof und garten, nachzusehen, ob er nicht irgendwo stecke.
solche züge unmittelbarer lebenswahrheit sind häufig bei Eur, nur in der
künstlichen rede manchmal für uns nicht sofort kenntlich, vgl. 469. er
erinnert darin an die liebenswürdige weise der grolsen attischen vasen-
maler: und wenn etwas, hat er das auge für das characteristische detail
in den malerstudien seiner jugend gewonnen; aber freilich lebt in der
malerei nur dasselbe streben nach individualisirung wie in der sophistik.
74 Man erwartet zunächst ποῦ πατὴρ ἄπεστι γῆς; wo ist der vater?
und eine brachylogie wie Ar. Vög. 9 ἀλλ' οὐδὲ ποῖ γῆς ἐσμὲν οἶδα
“wohin sind wir gekommen und wo sind wir nun gibt hier keinen be-
friedigenden sinn. vielmehr wissen die kinder, dafs ihr vater oft auf
bestimmten unternehmungen unterwegs ist, und danach fragen sie, στοῖ
ἄπεστι, τί dog. das hängt eng zusammen, und die hauptfrage 203”
ἥξει baut sich gewissermalsen darauf auf. wäre er z. Ὁ. auf dem Gery-
onesabenteuer, so könnte Megara antworten, εἰς Ἐρύϑειαν ἄξων τὰς
βοῦς, xareıoı δὲ ὀχτὼ μηνῶν.
75 τὸ νέον “die art des νέος᾽, Ion 545 μωρέᾳ τοῦ νέου. das neutrum
des adjectivs statt langatmiger und secundär gebildeter abstracta setzen
zu können ist der vorzug der alten sprache.
76 die mutter macht dem spiele ein ende, indem sie den kindern ein
märchen erzähl. μυϑεύω (noch Ion 197 und herzustellen I. A, 789)
hat sich Eur. für diese bedeutung gebildet, weil μῦϑος im attischen nur
noch als “märchen’ in gebrauch war (Ar. Wesp. 1179 Plat. Phileb. 14"
mit schol., die construction des idealstaates wird in den Gesetzen öfter
μυϑολογία genannt, was keinesweges blols confabulatio ist, während dıa-
μυϑολογεῖν bei Platon öfter wirklich nur confabulari ist). die tragödie
hielt die alte und im ionischen dauernde bedeutung ‘rede’ aufrecht, und das
ionische besals das von Eur. gemiedene verbum μυϑεῖσϑαι, aber eben auch
im sinne von “erzählen. Hekataios begann sein buch, das sich bewulst in
gegensatz zu den “mythen’ stellte, ‘Ex. öde μυϑεῖται. schon Pindar N.
7,24 sagt von den fabeln Homers σοφέα (die dichterkunst) κλέπτει παρά-
yovoa μύϑοις. Demokritos (Stob. 98, 61) und Lykophron 764 kennen
μυϑοπλαστεῖν und μυϑυπλάστης im sinne von “märchen erfinden ’').
1) Wenn Lykophron die Sintwov Andloyos einen uudonidorns γόος nennt,
so ist das keine entlehnung von dem für den poeten sehr fern liegenden philosophen,
vers 73—88. 23
διαφέρειν "tragen bis zu ende, so dafs man darüber hinwegkommt'.
das ist mit einem sächlichen object, βέον, srölsuov gewöhnlich, auch ein
modaler (eigentlich instrumentaler) dativ kann dazu treten, δάχρυσι βίον
δεοέσειν Hipp. 1142. das mediale futur steht absolut 8. Ai.511, Rhes. 982,
dazu das verbaladjectiv δεοεστέον "man muls zu ende kommen’ Hipp. 491.
danach ist διαφέρειν τοὺς παῖδας λόγοισι verständlich, wenn auch
kein ganz gleiches beispiel vorlieg. am nächsten A. Choeph. 69 ἄτα
διαφέρει τὸν αἴτιον “der fluch trägt den schuldigen bis zu dem (näher
bezeichneten) ende‘, er schiebt seine bestrafung auf. διαφέρειν τινά
im sinne von διαφορεῖν (zerreilsen) ist fern zu halten (Bakch. 754). —
λόγοισι "mit blofsen worten’ unzählige male in der sophistenzeit, zuerst
wol Theogn. 254 ὥσπερ μικρὸν παῖδα λόγοις u’ ἀπατᾷς. so wird
auch λέγειν “worte machen’, Hipp. 665. also λόγοεσε διαφέρω “ich
täusche sie darüber hinweg’, μυϑεύουσα “indem ich märchen erzähle’.
78 eine weile hören die kinder zu: aber das erste beste geräusch ruft
ihre eingeschläferte sehnsucht nach dem vater wach. — die ganze schil-
derung bezieht sich auf die jüngstvergangene zeit, wo sie noch nicht aus
dem hause vertrieben waren.
81 ἐξευμαρίζεσθαι vgl. zu 18. ἐξευμαρίσϑη ᾿ παρεσχευάσϑη Hesych.
86 ἕτοιμον “dann ist der tod für uns bereit’. dieser gebrauch schon
bei Solon 4, 7 οἷσιν Eroiuov ὕβριος ἐκ μεγάλης ἄλγεα πολλὰ πα-
ϑεῖν, aber auch bei Anakreon 44 ἕτοιμον καταβάντα μὴ ἀναβῆναι
(ἐξ ἄδου), das zeitlich urmmittelbare eintreten wird als bezeichnung für die
unmittelbare logische consequenz verwandt.
88 Oxymoron. an sich ist es bequem (dadıov, Androm. 232) statt
tätlich (δεὰ πόνου) zu helfen, die billige (φαύλως) mühe (σπουδή) eines
guten rates (παραινεῖν, ähnlich Hel. 1017 Hypsip. 757) aufzuwenden.
aber in einer solchen lage (τὰ τοιάδε), wo es tod und leben gilt, wird
das leichte zur last. da man in ῥάδεον häufig das empfindet, was dem
menschen nicht nur leicht wird, ἃ. h. leicht von der hand geht (ὀξέως xal
ῥᾳδίως καϑορᾶν Plat. Euthyphr. 5°), sondern auch wobei er das gefühl
sondern er und Demokrit und die spätere κοινή, die ja im ionischen wurzelt, geben
dieselbe tradition der aufserattischen gebildeten rede. übrigens war λόγους πλάττειν
ganz gewöhnlich, πλάσματα hatte schon Xenophanes die mythen genannt, denen er
diesen namen freilich noch nicht geben konnte, seit aber #0Jos märchen war, lag die
bildung μψυϑοπλαστεῖν für jedermann parat. wer also an dieser vocabel die un-
echtheit der excerpte zeigen will, die Stobaeus und viele vor ihm einem florilegium
Democriteum verdanken, wie die Epikursprüche eines sind, der verrät nur, wie
schlecht seine sache ist.
24 Commentar.
der erleichterung und des wolbehagens hat (zu 1407), ist die wendung
nicht gesucht, sondern man versteht leicht was darin liegt. “es tut mir
zwar leid, dafs ich nichts besseres habe als eine kümmerliche ermahnung,
aber ich habe eben nichts anderes’. darauf folgt der rat, zeit zu
gewinnen, der für Megaras temperament nur eine verlängerte marter
bedeutet, von Amph. 95 fig. richtiger geschätzt wird. — in der hdschr.
steht ve. 86 am schlul von Megaras rede, so dala sie den gedanken,
zeit zu gewinnen, aufwirft, sei es nun zustimmend oder ablehnend, denn
auch das bleibt dann zweifelhaft. Amphitryons antwort sagt dann gar
nichte, Megaras kritik 90 ist ohne anlals und die ganze scene ohne sinn
und verstand. ihre absicht ist ja, greis und weib in der verschiedenheit
ihres empfindens zu zeigen und ihr verhalten gegen Lykos 275, 316 zu
motiviren.
90 “Die verlängerung unserer lage kann nur neues unglück bringen
und würde nur aus feiger furcht vor dem tode erklärlich sein’.
91 Mit feiner wendung lehnt Amph. den vorwurf des βέου πόϑος (316)
ab; gern das sonnenlicht zu schauen gibt er zu, wie Pheres (Alk. 691).
das ist menschlich und berechtigt, und von der zukunft erwartet er nicht
λύπη sondern die erfüllung der ἐλσίές.
92 Diesen glauben hat Megara verloren. ἀδόχητα᾽ ἃ οὐκ ἔστε nrgos-
δοχᾶν. vgl. die schlufsformel Alk. 1161 καὶ τὰ δοκηϑέντ᾽ οὐχ ἐτε-
λέσϑη, τῶν δ᾽ ἀδοκήτων πόρον ηὗρες ϑεός. 1. T. 895 ϑεὸς ἢ μὴ
ϑεὸς ἤ τι τῶν ἀδοχήτων.
95 “Ein umschlag kann eintreten, wenn wir nur warten’: ohne die be-
ziehung der bedingung in οὕτω fehlt ein notwendiges glied.
99 Er weist sie an ihr geschäft, wie sie es 76 selbst bezeichnet hat, es
ist damit das stumme spiel für Megara während der nächsten lieder und
reden vorgezeichnet. dals πηγὰς ἀφαιρεῖν nicht sinnlich vom trocknen,
sondern vom stillen der tränen durch zuspruch zu verstehen ist, zeigt
ὀργὰς ἀφαιρεῖν Med. 456. λόγοι hier wie 77, μῦϑοι also wie in
μυϑεύουσα zu verstehen.
101 κάμνειν hier nur "matt werden’. A. Eum. 908 καρπόν τε γαίας καὶ
βοτῶν ἐπίέρρυτον ἀστοῖσιν εὐθενοῦντα μὴ κάμνειν χρόνῳ, wo auch
der dativ steht, den hier ein citat gerettet hat, βροτῶν συμφοραέ, wie
überliefert ist, würde neben πνεύματα ἀνέμων misverständlich sein:
dem würde ϑεῶν συμφοραί entsprechen.
101. 102 Wir müssen die vergleichung als solche kenntlich machen, die
alte sprache kommt mit copulativer verbindung aus: ein tiefgreifender
unterschied. musterbeispiel Pindar ol. 2 schluls ψαμμὸς ἀριϑμὸν ὕπο-
vers 90---105. 25
πέφευγε, καὶ κεῖνος ὅσα χάρματ᾽ ἄλλοις ἔϑηκε, τίς ἂν φράσαι δύναιτο.
E. Andr. 637 ξηρὰ βαϑεῖαν γῆν ἐνίκησε σπορᾷ, νόϑοι τε πολλοὲ
γνησίων ἀμείνονες). uns bleibt nur noch die möglichkeit der ver-
gleichung in zwei asyndetischen parallelsätzen “kann ich armeen aus der
erde stampfen? wächst mir ein kornfeld in der flachen hand?” dann
wird fast immer das bild nachstehen, während bei den antiken copulirten
vergleichungen das umgekehrte stattfindet. hier stehen die stürme vor
dem unglück, weil beide noch mit einem dritten gliede (dem glücke) als
völlig gleichartig copulirt werden “denn die quälereien des unglücks
lassen allmählich nach, und die gewalt der stürme nimmt ab, ganz
ebenso wie auch das glück nicht ewig ist (οὐ δεατελοῦσιν εὐτυχοῦντες,
denn ταχὺ τὸν εὐτυχῆ μετέβαλεν δαίμων 885). denn alles geht im
leben in doppelter richtung auseinander”. der vers 103 fehlt in einem
citate (Stob. 110, 7), aber dann ist δέχα nicht zu verstehen, und geht
die pointe der ganzen stelle verloren. Eur. citirt hier die lehre des
Herakleitos von der "ödds ἄνω κάτω ula καὶ ωὑτή (Heraklit 69)”.
Ps.-Hippokrates de victu I 5 χωρεῖ πάντα καὶ ϑεῖα καὶ ἀνθρώπινα
ἄνω καὶ κάτω ἀμειβόμενα ... φοιτᾷ κεῖνα ὧδε καὶ τάδε κεῖσε
πᾶσαν ὥρην, διαπρησσόμενα κεῖνά τε τὰ τῶνδε, τάδε τ᾽ αὖ τὰ
xeivwy. benutzung des Herakleitos ist öfter kenntlich; ausführlicher
wird in der zweiten bearbeitung des früheren ersten bandes darüber zu
handeln sein.
105 Da alle dinge wechseln, so ist tapferkeit, das was man hofft fest zu
balten, den glauben nicht zu verlieren. ἐλσπές ist oft (2. Ὁ. unten 804.
Hipp. 1105) das was das N. T. πέστις nennt: ἔστι δὲ πέστις πιραγ-
1) Für den lediglich copulativen anschlufs der vergleichung ist ein beispiel,
wo der moderne leicht straucheln kann, Phoen. 847 ὡς πᾶσ᾽ ἀπήνη πούς Te πρεσ-
βότου gılsı χερὸς ϑυραέας ἀναμένειν xovplouara. 'stätze den greisen Teiresias,
der nun am ziel ist, denn wie man beim aussteigen aus dem wagen eine fremde
hand braucht, so mufs der wegemüde greis von einem andern gestützt werden’. dies
ist freilich im ausdruck eben so gekünstelt, wie es unnatürlich und lediglich durch die
bühnensitte bedingt ist, dafs Kreon dem greise keinen stuhl holen läfst. es be-
fremdet mich, dafs ein kenner wie Weil annimmt, Teir. setze sich, ohne den wider-
spruch mit der thesterpraxis zu berühren, die doch keine stühle in der tragödie
kennt. es steht auch von sitzen nichts da: πέλας φέλοισε σοῖς dEopuloas σὸν πόδα.
‘nahe ist es für deine freunde, deinen fuls ganz in den hafen zu bringen’. du hast
nur noch ein par schritt zu denen, die dich halten werden. in ὀξορμέξειν ist die
präposition nur verstärkend, und ὀρμέξζειν steht wie z. Ὁ. A. Choeph 529. στᾶσα
ἀπήνη (für πᾶσα) kann ich nicht für verständliches griechisch halten. πᾶς dient
der verbindung der beiden verglichenen dinge, das oryvas auf beide bezogen wird
vollends lächerlich.
26 . Commentar.
μάτων ἐλπιζομένων ὑπόστασις (Hebräerbrief 11, 1. wo man aber
keinen ausgang (πόρος 80) sieht, sich den ausgang selbst vorzustellen,
ist feigheit. ἐλπέδος ἐν τῷ ἀπόρῳ ἡ ἐσχύς Thuk. 2 62. so klingt der
prolog doch vordeutend mit einem hoffnungsvollen accorde aus.
Erste gesangnummer: parodos 107—-37.
Ein strophenpar in iambischem malse und eine trochäische epode.
der ganz ungewöhnliche umschlag des rhythmus erklärt sich dadurch,
dals die strophen auf dem zuge des chores gesungen werden, die epode,
nachdem er seinen standort erreicht hat. ganz ebenso ist die parodos
des Kyklops angelegt, wo nur das versmals nicht umschlägt. in den
Phoenissen steht zuerst ein strophenpar mit epode, dann in anderem
versmals ein anderes strophenpar, trochäisch wie hier; auch die ver-
teilung des inhalts entspricht genau. es ist das ein anschluß an aischylei-
sche weise.
Die iamben sind ganz einfach und völlig in Euripides art, der sie
viel verwendet hat; z. b. enthalten die Hiketiden viele ähnliche lieder,
aber auch die komödie bevorzugt dieses mals, weil es ein altionisch volks-
tümliches ist. um iamben sofort richtig zu lesen mufs man nur wissen
und nie vergessen, dafs die metrische einheit das metron ist -u-, 8130
jedes gedicht und jede periode eines gedichtes sich als eine summe von
solchen einheiten darstellen lassen muls. die anlautende sylbe ist, weil
sie eine senkung ist, indifferent, d. h. kann lang und kurz sein. auf-
lösungen beider längen sind im vollständigen metron innerhalb der reihe
verstattet; so folgen 116 sechs auf einander. das katalektische metron
erträgt sie nicht. endlich kann eine, am liebsten die erste, es können
(was hier nicht vorkommt) auch beide senkungen unterdrückt werden.
dies muls in strophe und antistrophe übereinstimmend geschehen; auf-
lösungen und indifferente sylben brauchen nicht übereinzustimmen, wenn
man das auch lieber sieht. die gliederung einer strophe in perioden ge-
schieht durch die katalexe oder durch hiatus resp. syllaba anceps, was
die griechische theorie "schluls mit kurzer silbe βραχυκαταληξέα nennt.
(Hephaest: sr. ποιήμ. 130, 131 Gaisf. so überliefert). bis zu einem
solchen ruhepunkte, der fermate, sind, oder sind doch für unsere be-
obachtung, die metra eng mit einander verbunden. wir pflegen für diese
verbindung synaphie zu sagen : die alten sagten auch μεσοσυλλαβέα (schol.
Eur. Med. 1085). die vorliegende strophe zerfällt in vier perioden von
4. 6. 5. 10. metra. ein punkt hinter der zahl soll hier wie im folgenden
katalexe bedeuten. die letzte periode ist besonders umfangreich und ihre
Parodos. Versmals. 27
metra sind alle bis auf das vorletzte vollständig: das ist ein besonders
beliebter strophenabschlufs.
Die epode ist trochaeisch. dies mals ist nach Aischylos, der es sehr
liebt, ganz in den hintergrund getreten, und es gibt überhaupt aufser dieser
einen strophe kein gedicht in seiner weise. denn die zahlreichen trochae-
ischen lieder, welche Eurip. in seinen letzten jahren dichtete, und deren
berühmtestes muster, in der parodos der Phoenissen, von den metrikern
als μέτρον Εὐριπέδειον angeführt wird, sind im bau verschieden und
vollends die trochaeen in gemischten liedern, wie sie eben auch erst
den letzten 15 jahren des Sophokles und Eurip. angehören, lassen sich gar
nicht vergleichen. das characteristische ist, dafs die trochasen zwar in
langen reihen fortgehen, aber die sonkungen sehr oft unterdrückt werden,
häufig die zweite, nicht selten beide, am seltensten nur die erste. das ist
genau so in den daktyloepitriten Pindars, die ja eben auch daktylo-
trochaeen sind. bevorzugt sind perioden von 2 und 4 metra, aber es
kommt jede summe von metra vor. hier, wo keine responsion hilft, ist
die periodenteilung unsicher. die synaphie ist für 11 metra möglich:
wahrscheinlich ist die absetzung eines dimeters vor dem letzten, geson-
derten; ob vorher 4. 5. oder 5. 4. metra zu teilen sind, muß dahin
stehen. dafs zwei metra aus lauter kürzen bestehen, ist etwas ungewöhn-
liches, den beschlufs bildet ein vers aus anderem geschlechte, einer der
oft so gebraucht wird und in vielen liedern erscheint. dennoch wird man
hier lieber die analogie befolgen, dafs Aischylos in seinen trochaeischen
liedern oft einen vers, keinesweges blols am ende, aus einem bestimmten
geschlechte einmischt, dem daktylischen : also bezeugend, dals seine tro-
chaeen ein trieb aus derselben wurzel sind, der auch die pindarischen
daktyloepitriten entstammen. und auch die hier vorliegenden glieder finden
sich bei ihm. dieser vers hat die form ----uu-u|-u-u-o er ist
von Archilochos bereits in dieser form verwandt und stammt wirklich aus
uraltem volksbesitze: scheint doch die verbreitetste form des Saturnius
mit ihm identisch. auch in Alkmans partheneion wiegen ähnliche verse
vor. er besteht aber aus zwei gliedern, welche auch ursprünglich durch
wortende unter denselben bedingungen, wie sie für die diaerese, ἃ, h.
die sonderung zweier integrirender versglieder gelten, von einander ge-
trennt blieben ; wovon jedoch das drama oft abweicht, das auch sehr viele
andere glieder an die zweite stelle setzt. das zweite glied ist der nur von
Sappho stichisch verwandte ithyphallicus, der als clausel eine überaus
weite verwendung findet; er erscheint hier fast immer rein. dagegen das
erste glied hat nur*die drei hebungen fest, die senkungen werden 80 frei
28 Commentar.
behandelt, wie man es wol in italischer und germanischer metrik, aber
nicht in griechischer gewöhnt ist. ein par beispiele mögen es zeigen,
Ἐρασμονίδη Χαρέλαε Archilochos, Ἐρασμονίδη Βάϑιππσε Kratinos in
der parodie jenes verses, ἀστῶν δ᾽ ol μὲν χατόπισϑεν Archilochos (alle
drei bei Hephaestion cap. 15). &rrdpsvoag ἐμὰν ἄνασσαν Eur. Hipp. 755,
τὸ δ᾽ ἄκαιρον ἅπαν ὑπέρβαλλόν ve μὴ προσείμην Eur. fgm. 893,
die auflösung ist mit grund selten. der ganze vers, genauer sein erstes
glied, hat enhoplios geheifsen; er hat sich selbst in der neuern komödie,
allerdings bei Diphilos, der ihr seinem wesen nach nicht angehört, ge-
halten (Athen. 499°), und wir besitzen noch ein grabepigramm aus
Kyzikos, wie es heilst, aus dem 1. jahrhundert (wahrscheinlich älter),
das ihn in der weise des Archilochos (der eine alte anonyme komödie
Εἴλωτες auch folgte Athen. XIV. 638°) stichisch anwendet, Kaibel
epigr. 874°. vgl. G. Hermann el. doctr. metr. 590. mehr wird in den
dochmischen liedern von ihm zu sagen sein, zur fünften gesangnummer.
Da das lesen der epode vielleicht zuerst schwierigkeiten macht, mag
hier das schema stehn, obwol es eigentlich überflüssig ist.
vvvvuu|j--]|-v-vu|l-v-]|-v-
-- [|vvvuvuvu|l-v-u|=-v-
-v-v|]-v-
“ὦ .- Ι-.--
=== -UV-v|-v-v--
Die beiden strophen liefern die selbstvorstellung des chores. wir
erfahren das notwendige, dals er ein kampfgenosse des Amphitryon ist,
also mit derselben partei sympathisirt wie der zuschauer, und dals er
ganz schwach ist, also jeder gedanke an eine tätliche hilfe für die Herakles-
kinder ausgeschlossen ist.
Wenn Euripides greise einführt, so characterisirt er sie dadurch, dals
ihnen das gehen schwer fällt, oder dals sie gar bei einiger aufregung
zu boden fallen, und er trägt die farben für unser gefühl zu stark auf
(Peleus Andr. 551. 1077, Kadmos und Teiresias Bakch. 364, der pfleger
des Agamemnon EI. 490, Iolaos Herakl. 602. 731, der pfleger des
Erechtheus Ion 727. 739. 1172, aus der parodos eines greisenchores ist
fgm. adesp. 25). in der Elektra und im Ion klagen die leute auch wie
hier beim auftreten darüber, wie mühsam sie bergauf gehen müßsten; das
ist höchstens für Delphi durch den ort der handlung motivirt, und da
das für die andern stücke nicht zutrifft, muls von dieser erklärung ab-
gesehen werden. ebensowenig ist möglich dafs die personen und der
chor einen wirklichen aufstieg gemacht hätten um auf die bühne zu
kommen. denn abgesehen davon, dafs die bühne tatsächlich anders an-
vers 108—109. 29
gelegt war, so könnte z. b. hier die antistrophe unmöglich noch unter-
balb derselben oder gar während des hinaufsteigens gesungen sein; die
mehrzahi der dramen gestattet überhaupt nicht an ein hinaufklettern des
chores zu denken. der dichter läfst also seine greise lediglich bergauf
gehn, damit sie keuchen und so sich als greise manifestiren. den auf-
stieg aber ist das publicum gefällig genug dem dichter zu glauben wie
so manches andere auch'),, — die epode gibt dann kurz den eindruck
wieder, den die auf dem altar sitzende gruppe dem chore macht, der ihr
nun gegenüber steht.
108 ὑπόροφα μέλαϑρα (dieselbe verbindung Phoen. 299, der vocalis-
mus Or. 147) zeigt, dals.der chor eigentlich in das haus eintreten wollte,
natürlich, da er an das bett des greises, γεραιὰ δέμνια, zu treten ge-
dachte. Amph. pflegte still zu liegen (555); er ist nicht bettlägerig,
aber er hütet das haus, und da man nicht zu sitzen pflegt und auf der-
selben κλένη liegend, wo man nachts schläft, sogar zu essen, auch für
die nachtruhe keine grofse vorbereitung (wie in der luxuriösen epischen
zeit) gemacht wird, so ist ‘zu hause sitzen und ‘zu bette liegen’ ziemlich
dasselbe. — da der chor Amph. im bette zu finden erwartet, weils er
von der confiscation des hauses noch nichts, wol aber im allgemeinen
von der gefahr der kinder.
109 «ug! kann in sinnlicher bedeutung nur von dem gesagt werden, was
von etwas anderem umfalst wird, also “suche dir einen stützpunkt, in-
dem du den stab umfalst’. der gang schwankt um den festen punkt,
den stab, herum und würde ohne diesen die richtung und haltung ver-
lieren. man muls zu dieser erklärung greifen, weil ἔρεισμα ϑέμενος
sich nicht als periphrase für ἐρεέδεσϑαι betrachten lälst; ἐρείδεσϑαι
ἀμφὶ βάχτρῳ könnte man nur etwa von der schlange des Asklepios
sagen. die stäbe selbst sind ἐρείσματα χερός (254), weil ἡ χεὶρ τοῖς
βάχτροις ἐρείδεται. das verhältnis dieses dativs ist das instrumentale,
erträgt also den zusatz von dumpi nicht.
ἐήλεμος hatte ich zu den worten gestellt, welche auch im attischen
den ionischen vocalismus ihrer herkunft gemäls beibehalten. das sind
völkernamen wie ᾿“σιῆτις (642), danach auch woÄıjrıg (Hipp. 1126)
᾿Αδριηνός (Hipp. 736) Θρῃξ mit ableitungen, oder fremdwörter wie
1) Ein wirklicher aufstieg würde in vielen dramen geradezu lächerlich ge-
wesen sein, z. b. Eumeniden, Oidipus auf Kolonos, Herakleiden, Hekabe, Troerinnen,
beiden Iphigeneien, und im Aias mülfsten sie gar wieder heruntergeklettert sein.
der Kyklops aber zeigt zur abwechselung einmal einen abstieg: da treiben die Satyrı
des Kyklopen schafe von den alpen des Aetna zu der tief am meere gelegenen höhle.
80 Commentar.
τιήρα (A. Pers. 662; in den gleichgiltigen flexionssilben gilt natürliche
die attische aussprache) ἀρῆς düua A. Hik. 83 nach dem epischen ἀρῆς
ἀλκτήρ, was man ohne den ionismus gar nicht verstehen könnte; viel-
leicht noch eins und das andere. die form der völkernamen schwankt
auch auf den gleichzeitigen steinen. aber ἑήλεμος gehört nicht her:
da man in der klage nicht ı-«, sondern ἑή ruft, konnte die interjection
sich um alpha purum nicht kümmern.
110 γέρων ἀοιδός nennt sich der chor, weil er eben ein chor ist und
singt. das ist für unseren rationalismus wider die illusion, aber ganz
in der weise der tragödie, vgl. 682. jenes lied nimmt 691 das wort γέρων
ἀοιδός auf und erläutert, wenn nötig, den grauen vogel’ als den schwan.
denn das schwanengefieder ist von alters her ein bild der grauen farbe.
Aisch. Prom. 795 nennt die Γραῖαε κυχνόμορφοι, Ar. Wesp. 1064 xuxvov
σολεώτερος, E. Bakch. 1365 πολιόχρως x.') es scheint dafs dadurch erst
die vorstellung entstanden ist, dafs die ‘greisen’ schwäne am schönsten
sängen, und daraus wieder, dafs es die sterbenden täten (dies zuerst
bei Aischyl. Ag. 1444). doch läfst Eur. El. 151 auch einen schwan um
den tod seines vaters klagen: da ist es einfach der singvogel. als solcher
galt er von vorn herein den Hellenen und zugleich als zugvogel aus dem
norden, den man in scharen auf den gewässern Thrakiens (am Hebros
und Strymon), Thessaliens (am Peneios Homer hymn. 21. daher die
schwäne der Kyrene) und Asiens (am Kaystros) traf. selbst der name
xUxvog ist nur der ‘sänger’, doch mit onomatopoetischer umbildung der
reduplicationssilbe, wie das entsprechende ciconia auch anomal vocalisirt
ist. weil der schwan von den Hyperboreern kommt wie Apollon, ge-
hört er diesem zu, und daher seine rolle in der delischen sage. das
schneeweilse gefieder wird zuerst einmal von Eur. hervorgehoben, aber
an einem besonderen schwane, dem, in dessen gestalt Zeus der Leda
genaht ist (Hel. 216). auch hat schon Hellanikos den namen Kyknos
bei dem troischen helden auf seine weilse haut beziehen wollen (schol.
Theokr. ‘I&e. 49). das ist aber schlechter rationalismus. Kyknos er-
_
1) Wenn Pratinas (1, 5) in seinem tanzliede (d.h. seinem dithyrambos: dafs
man als sänger Satyrn glaubt, sollte doch die /ögsos χορεέα des schlusses verbieten),
von dem chore redet der im gebirge schweift old re κύκνο» ἄγοντα ποικελόπτερον
μέλος, so ist das adjectiv zu μόλος zu ziehen, und die grofse kühnheit anzuerkennen,
dafs er das lied des vogels “buntgefiedert” nennt, weil seine weisen bunt sind. die
antike grammatik betrachtet in solchen fällen das zweite glied des compositums als
abundirend; das ist zu äufserlich, aber besser als die modernen zweifel. in der tat
hat es in ξουϑόπτερος μόλισσα, δωόπτερος u.a. eine sehr schwache kraft.
vers 110---111. 81
scheint in der troischen sage als ein böser könig, sei es von Tenedos
(das erst nach seinen sohne Tennes benannt sein soll, also vorher einen
andern namen gehabt haben muls, der “ΖΖεύχοφρυς ist gemäls dem könig
“schwan’), sei es von der später von den Lesbiern dauernd besetzten
und mit Apollonculten übersäeten troischen küste der aeolische held
Achilleus erschlägt ihn. diese Aeoler stammen aus dem südlichen Thes-
salien, Achilleus gar aus der gegend, wo die thessalischen und delphischen
Dorer ihren helden Herakles einen bösen könig Kyknos überwinden
lassen. Herakles tut dies im dienste des Apollon. das ende beider
Kyknos ist die metamorphose. man könnte diese als secundär betrachten
und mülste doch den Herakleskampf als eine umbildung des Achilleus-
kampfes betrachten. aber ein name Kyknos kann nur ein redender sein:
in Athen begegnet er in der familie des sehers Philochoros, und auch
dieses apollinische handwerk pflegt erblich zu sein. und an denselben
gestaden, wo Kyknos fällt, erzählt man seit alten zeiten von der ver-
wandlung von Keyx und Halkyone. folglich wird man als grundlage
anzunehmen haben: der schwan, Apollons diener, war früher ein böser
könig und feind Apollons, den in seinem dienste der aeolische (später
der dorische) held erschlagen hat. natürlich war beiden völkern diese
bedeutung verloren, als die uns bekannten sagen formulirt worden sind,
Kyknos, der könig der Ligurer, der um Phaethon klagt, ist der sing-
schwan in seiner heimat. in Eur. Phaethon singen ebendeshalb die
- schwäne auf dem östlichen Okeanos, an dem das stück spielt, in der
morgenfrühe. ob die endlosen reihen von vögeln, mit denen die töpfer
der ältesten griechischen zeit ihre ware bemalt haben, schwäne oder gänse
(entsprechend der rolle, welche diese in der Odyssee spielen) vorstellen,
ist um so fraglicher, als selbst späte künstler den schwan der Leda oft
für unsere augen als eine unansehnliche gans bilden. aber diese sage,
in der Zeus und Νέμεσις, die hohe göttin, in der gestalt von schwänen
erscheinen, zeigt, dafs man kein recht hat (wie ich es selbst früher tat)
zu bestreiten, dafs der schwan auch mit weiblichen gottheiten in alter
beziehung steht. Aphrodite auf dem schwan (sehr schön z. b. Journ. of
Hell. st. XII pl. 13, vgl. Kalkmann Jahrb. arch. I) oder mit dem
schwan ist eine umformung von Aphrodite als schwan, wie die Hellenen
die alten tiergestalten der götter wegzudeuten pflegen. die deutschen
göttinnen als schwäne sind bekannt. dagegen ist die taube Aphrodites
semitisch.
111 Die schilderung des alters wie 239, kurz und scharf φωνὴ καὶ σχιὰ
γέρων ἀνήρ Melan. 509 (ein redender schatten’; nur mit seinem
82 Commentar.
mürrischen schelten kann er noch etwas tun) u. dgl. das sind variationen
eines volkstümlichen spruches, Aiolos 25 φεῦ φεῦ, παλαιὸς αἶνος ὡς
καλῶς ἔχει" γέροντες οὐδέν ἐσμὲν ἄλλο πλὴν ὄχλος καὶ σχῆμ᾽,
ὀνείρων δ᾽ ἕρπομεν μιμήματα, (ὄχλος καὶ σχῆμα, statt der acteurs
nur noch der figurantenchor auf der bühne des lebens, um auch diese
misverstandenen worte zu erklären. ὄχλος πρεσβυτιχός Aristoph. Wesp.
540 Plut. 786) νοῦς δ᾽ οὐκ ἔνεστιν. in weit edlerer weise, aber doch
mit denselben typischen zügen schildert sich der chor in der parodos
des Agamemnon.
ἔπεα steht singulär, in minder erhabener rede ψόφος; λόγος oder
λόγοι würde nicht sowol den leeren klang als den irrealen inhalt oder den
gegensatz zu ἔργον bezeichnen. “die tugend ist doch kein leerer schall’:
das ist λόγος: ὦ τλῆμον ἀρετή, λόγος ἄρ᾽ 109’ " ἐγὼ δέ σε ὡς ἔργον
ἤσχουν (adesp. 374). dagegen Shakespeares “worte worte, nichts als
worte‘, ist ἔπῃ τάδ᾽, οὐδὲν πλὴν ἔπη. — δόχημα für das was nur
im doxeiv eine existenz hat, hat sich Eur. gebildet. in Argos sagte man
so für δόγμα (κατὰ τὸ δόχημα τοῦ συνεδρίου τῶν Ἑλλήνων Oauer
delect. 58 aus der zeit 338—30).
113 τρομερὰ und πρόϑυμα gehört zu ἐστάλη».
114 Die altionische und auch die altattische sprache, diese aber nur
in gehobener rede, setzt gern ein mit « privativum gebildetes adjectiv
statt nackt von jemandem auszusagen, dafs er das und das entbehre, draus
γόνου, ἀνέστιος οἴχου, ἀπαϑὴς νόσου, zum teil in sehr kühnen wen-
dungen wie ἀχάλκωτος ἀσπίδος, ἀνήνεμος χειμώνων, ἀγεέτων φίλων.
das ist schön und dichterisch, denn es erhöht das sinnlich plastische der
rede. aber Eur. erlaubt sich auch, wie hier, das adjectiv vom selben
stamm zu bilden wie den folgenden genetiv παίδων ἄπαις Andr. 612,
ἄφιλος φέλων Hel. 524. ähnlich hat Platon im greisenalter τιμῆς ...
ἄτιμος πάσης Ges. 774°,
115 Die adjectiva welche auf ein unbetontes -aıog ausgehen, verlieren im
altattischen häufig den zweiten bestandteil des diphthonges; so γεραεός
παλαιός δίκαιος φιλαϑήναιος u. a. es war aber, wie es scheint, nicht
sitte, diesem verluste auch in der schrift denselben ausdruck zu geben
wie in Πειραεύς ποεῖς del oder bei langem vocale in ἐλάα u.a, wo
volle inconsequenz herrscht.
116 4löng mit langer anfangssylbe ist im attischen selten, welches
die verkürzte form (Aıdos εἴσω u. dgl.) nicht anwendet. doch ist die
länge auch El, 143 Hik. 922 (in iamben, von den herausgebern ver-
vers 111—119. 33
kannt)') fgm. 936 (allerdings mit sicherheit auf den Peirithoos bezogen, also
von Kritias) gesichert, und sie stammt aus dem altionischen iambos, Semo-
nides 1, 14, danach Herodas 3, 17. δόμοις ist locativ. so verwendet
das drama den dativ in voller freiheit, und die syntax wird die con-
structionen dieses casus nur dann begreifen, wenn sie damit rechnet,
dafs er zwei volle casus vertritt (und dazu noch den instrumentalis).
musterbeispiel Bakch. 68 τές ddp; τίς μελάϑροισιν.
118 un προκάμητε πόδα ist überliefert, ἃ. h. die richtige correctur des
verschriebenen 7.00 hat nicht dieses ersetzt, sondern ist in den text ge-
drungen, ein überaus häufiger vorgang. wer die iamben erkannt hat,
kann nicht lange schwanken. es hat zwar jemand geglaubt, die richtige
verbesserung durch das leichtere un zröda προχάμετε zu übertreffen.
leichter ist das nicht, da es zwei fehler annimmt, dafür ist es ein ganz
abscheulicher schnitzer. wer nicht weils, dafs hinter ur; der imperativ
des aorists verboten ist, soll seine hände von griechischen versen lassen.
119 “Werdet nicht müde wie das pferd, welches den wagen einen berg
hinanzieben soll’. lassus tamquam caballus in clivo Petron. 134. bis in
solche sphaere mufs man hinabsteigen, um eine parallele zu dem gleichnis
zu finden, das uns unedel dünkt; und in der tat sind die jüngeren
tragiker zwar an metaphern reich, und Eur. (denn Soph. hat wenig eigene
bilder, aber einzelne besonders schöne, und steht an sinnlicher plastik
des ausdrucks sehr zurück) ist unerschöpflich in umbildungen alter motive,
aber mit kühner hand in das volle leben zu greifen, wie Aischylos tut
(essig und öl Ag. 322, schlappohriger hund 1229, füllen das der hafer
sticht 1640, ἀνὴρ πεπαέτερος μόρων Myrmid.), verhindert ihn der kapp-
zaum des stiles. auch hier hat er das dnuödeg als gegensatz zum conven-
tionell erhabenen, also nur durch umbildung gewagt. da ist zuerst der
ἵππος ᾿Ιβύχειος, der ποτὶ γήρᾳ ἀέκων σὺν ὀχέσφει Fooig ἐς ἅμιλλαν
ἔα (fgm. 2), citirt von Platon Parmenid. 187". dies berühmte bild wird
nach zwei seiten umgeformt, einmal von Soph. El. 25 ὥσπερ γὰρ ἵππος
εὐγενὴς χἂν ἢ γέρων ἐν τοῖσι δεινοῖς ϑυμὸν οὐχ ἀπώλεσεν ἀλλ᾽
ὀρϑὸν οὖς ἔστησεν, auf welchen ἵππος Σοφόκλειος mit nachbildung
der platonischen stelle Philostrat. υἱέ. soph. II 23 deutet. entgegengesetzt
hat die altkynische schule ἕπστου γῆρας von dem elenden ende des zum
karrengaul heruntergesunkenen renners gebraucht, und das ist sprich-
wörtlich geworden, Dion Chrys. 6, 41, (kynische quellen), Plutarch au
1) Dagegen ist Hek. 1033 ϑανάσμιον πρὸς Aıdav, ἐὼ τάλας, überliefert, was
nur geändert worden ist, weil der anaklastische dochmius bis vor kurzem unbe-
kannt war.
v. Wilamowitz 11. 3
84 Commenter.
seni sit ger. resp. 4, paroemiographen. auch Cicero fand wol ein so
despectirliches wort in einem griechischen tractat vor, als er den Cato
schrieb, aber er setzte lieber die würdige auffassung, die ihm in ennia-
nischen versen im gedächtnis war sicut fortis equus, spatio qui saepe
supremo vicit Olympia, nunc senio confectu quiescit. (Cato mai. 14); während
Horaz ep. I 1, 8, natürlich auch unter dem eindruck der griechischen
bilder, näher am Ἰβύχειος ἵππος blieb, solve senescentem mature sanus
equum, ne peccet ad extremum ridendus et ilia ducat. Eur. nun führt
einen chor von greisen ein, ὧν ῥώμη μὲν ἀπήμβλυνται, ϑυμὸς δὲ
μενοινᾷ, und darum palst auf sie der vergleich mit dem steif geworde-
nen schlachtroß. er bedient sich aber zur charakteristik, wie er pflegt,
ihrer körperlichen gebrechlichkeit, die ihnen den aufstieg schwer macht,
da das gerade auch für das steife pferd zutrifft, hat er diese vulgäre
wendung gewagt; dabei kam es auf die altersstufe des pferdes nicht mehr
besonders an, und so blieb diese beziehung unausgesprochen. dals πῶλος
gesetzt ist, besagt keinen altersunterschied, denn Eur. pflegt πῶλος und
σπωλικός ganz synonym mit Zrzscoc und ἑππικός zu setzen. — die verse
sind schwer entstellt überliefert, ὥστε πρὸς πετραῖον λέπας ζυγηφόρος
χῶλον ἀνέντες ὡς βάρος φέρον τροχηλάτοιο πώλου. aber wenn man
den sinn und das versmals erfalst hat, kann man das meiste mit sicher-
heit erledigen. erfordert ist erstens ein substantiv im nominativ gehörig
zu ζυγηφόρος, zweitens ein genetiv gehörig zu τροχηλάτοιο. der zweite
kann πώλου nicht sein, das erste muls den sinn “pferd” haben: folglich
ist πώλου durch den einfluls des nebenstehenden genetivs aus πῶλος
entstanden. der fehlende genetiv ist ἀπήνης ὄχου ἅρματος, 80 etwas:
der fehlt also ganz. ζυγηφόρος geht nicht in den vers, also ist die form
zu ändern. χῶλον ist gar nicht in die construction zu bringen, also ist
es entweder verdorben oder wahrscheinlicher dittographie zu πῶλος,
welches an sein adjectiv gerückt ward. somit ist sicher σερὸς πετραῖον
λέπας Lvyopögog -ο--ο-ο-- βάρος φέρων τροχηλάτοιο πῶλος, und
in der lücke, wo jetzt [κῶλον] ἀνέντες ὡς steht, fehlt sicher der be-
griff “wagen’; es fehlt aber, wie die sylbenzahl zeigt, mehr. nun ist πρὸς
λέπας 80 weit von φέρων entfernt, dals man eine vermittelung erwartet:
mindestens ἄγω, denn auf die steigung kommt es an; ferner ist der ver-
gleichungssatz so umfänglich, dafs man ein verbum, also am besten das-
selbe wie im hauptsatz, wünscht. allem wird genügt, wenn man wagt
(Erau γἀναντεςζἅρματγος.
121 λέπας ist eine nebenform von λέπος die schale (wie δέρος: δέρας,
βρέτος: βρέτας, σέβος : σέβας) und erscheint, wie die meisten ähnlichen
vers 121---129. 35
wörter, nur im nom. acc. metaphorisch kann es also nur eine kahle fels-
kuppe bezeichnen, vgl. πέτρη λεπρᾶάς Theokr. 1, 40, die landschaft
«1έπρεον, wol auch der berg Aerzervuvog auf Lesbos. auch die gram-
matiker haben es verstanden (schol. Apoll. Rh. 11266; Eustath. zu ® 455
mischt fälschlich λόφος ein). lebendig war das wort, so viel zu sehen
ist, nur in Sicilien, wo das Axgaiov λέπας am wege von Syrakus nach
Akrai lag, ein wirkliches λεπρὸν ὄρος (über cava Culatrello, Lupus Syrakus
s. 57, Thuk. 7, 78). auch der älteste litterarisch nachweisbare gebrauch
des wortes ist correct, Simonides 117, von den Kranichbergen bei Megara.
aber die Athener haben, ungewils woher, das wort als ein fremdes aufge-
griffen und fälschlich auch für ein waldgebirge gebraucht, Aischyl. Ag. 298
Κιϑαιρῶνος λέπας, und Eur. [πὸ 411 μικροῦ γὰρ ἐκ λαμπτῆρος Ἰδαῖον
λέπας πρήσειεν ἄν τις. spätere und zwar geringe dichter haben das
wort vereinzelt aus Eur. aufgegriffen; in wahrheit war es verschollen.
τροχηλάτοιο. der epische (fälschlich sog. thessalische) genetiv ist nach
dem vorgang von epos und Iyrik in chören durchaus zulässig. am ende
seines lebens hat Eur., aber er allein, ihn einzeln auch im dialog ver-
wandt, Archel. 228.
123 Wie 125 zeigt, ist der kräftigere angeredet, also aus ὅτου ein genetiv
zu χερὸς καὶ πέπλων zu entnehmen. von πέπλος ist der plural für
ein gewand gebräuchlich: die hand kann nur im singular stehn, weil
nur eine gemeint ist.
124 ἀμαυρός wird nicht nur von den grammatikern (Orion Et. M. 5. v.)
sowol als ‘dunkel’ wie als ‘schwach’ erklärt, sondern die tragiker ver-
wenden es in beiden bedeutungen: “dunkel” wiegt vor, doch öfter in So-
phokles OK. und bei Eur. hier und 231 ist schwach’ offenbar gemeint.
in wahrheit ist dies das richtige, denn das wort ist eine aeolische neben-
form zu ἀμαλός (ἀμα-υρός wie λε-υρός γα-τῦρος dyu-udg) und über
die bedeutung lälst der lahme könig Amauros von Tenedos (Herakleid.
Pont. πολιτ. 23) so wenig zweifel wie über die herkunft. die verwech-
selung ist unter dem einfluls des attischen ἀμυδρός entstanden. Hesiod
gebraucht das wort richtig. bei Homer steht nur in der jüngsten schicht
der Odyssee ὃ 824 εἴδωλον ἀμαυρόν, gemeint als ἀμενηνόν, aber, wie
die scholien zeigen, als ἀμυδρόν misverstanden. richtig verstanden hat
es Aischylos, der Choeph. 157 den toten ἐξ ἀμαυρᾶς φρένος hören lälst.
128 ὀνείδη ist apposition zum subject, nicht als accusativ nach 59
zu erklären: das zeigt der numerus. — von selbst ergänzt man die
bittere kritik der gegenwart ol δὲ νῦν νεανίαι δυσχλεοῦς πατρέδος
αἴσχη.
8 4
86 Commentar.
130 die kinder sind echte Herakleskinder; sie haben die feurigen augen
des vaters, das schwere leben und die χάρες. diese ist immer etwas re-
ciprokes, sowol die freundliche gesinnung oder tat, wie die gesinnung
oder tat, welche diese erwidert. also lebt in den söhnen die χάρες des
Herakles, weil sie wie er zu woltätern der menschen berufen sind, und
weil sie wie er auf den dank der menschen anspruch haben. näher führt
das der schlufssatz aus, in dem sich die ergebenheit des chores ebenso
wie seine hoffnungslosigkeit äußsert. denn dafs in ihm die χάρες lebendig
ist, ist ausnahme; die meisten haben den toten woltäter vergessen. denn
χάρις τοῦ ϑανόντος ταχεῖα διαρρεῖ 8. Ai. 1267.
πατρός kurz für τῶν τοῦ πατρὸς ὀμμάτων. solche gekürzte ver-
gleichungen kann keine sprache entbehren ; musterbeispiel xouaı Χαρι-
τεσσιν ὅμοιαι P 51.
προσφερής mit dem genetiv ist singulär. aber es finden sich öfter
adjectiva die mit σύν oder duo componirt sind, also nach der gewöhn-
lichen regel den dativ verlangen, weil für die empfindung das verhält-
nis der gemeinschaft oder teilhaftigkeit vorwiegt, mit dem genetiv z. b.
ovungenng γυναιχῶν A. Hik. 458. selbst πρέπειν hat Soph. Ai. 534
mit dem genetiv verbunden. ξυνὸς duevverıdog βωμός ein gedicht
des dritten jahrhunderts (Kaibel Epigr. 781, 8) ἀράχνης ἐναλιγκίοις
σεέπλοις Philoxenos 3, 5. — im auge wohnt die αἰδώς und deshalb für
den Hellenen die schönheit (Klearch bei Ath. XTII 564 führt es nach
Aristoteles aus und belegt es mit vielen erlesenen versen. häufig bei
späteren); im auge wohnt auch der trotzige mut, das γοργόν, vor dem
der feige das auge niederschlägt. dies γοργόν ist wie für γοργῶπις
᾿ϑήνη so für Herakles charakteristisch. als ihn Hermes als sclaven ver-
kaufen will, fürchtet er keinen käufer zu finden σὲ δ᾽ εἰσορῶν πᾶς τις
δέδοιχεν᾽ ὄμμα γὰρ πυρὸς γέμει, ταῦρος λέοντος ὡς βλέπων ἐς
ἐμβολήν. Syleus 689.
132 χαχοτυχής hat allein Eur. nach εὐτυχής gebildet (Hipp. 668. 679.
Med. 1274), xaxorvyeiv nur Thuk. 2, 60 χαχοτυχῶν ἐν εὐτυχούσ᾽͵
πατρέδι, durch die antithese gemildert. die sophistik, der beide schrift-
steller huldigen, hat viele solche künstliche bildungen ersonnen, die in
der lebendigen sprache nicht durchgedrungen sind.
137 oregeioya: ist nicht privari sondern carere, deshalb kann das
particip aoristi ὀλέσασα stehn. an der leiche des Hippolytos sagt Theseus
Hipp. 1460 οἵου στερήσεσϑ᾽ ἀνδρός, der chor in den Hiketiden 793,
der kinderlos geworden ist, νῦν δ᾽ ὁρῶ σαφέστατον χαχόν, τέχνων
στερεῖσθαι. Thuk. III 39 “wenn ihr eine abgefallene stadt einnehmt und
vers 130—139. 37
zerstört, τῆς ἐχεῖϑεν προσόδου τὸ λοιπὸν στερήσεσϑε. auch das activ
ἀποστερεῖν bedeutet nicht "berauben’ sondern “vorenthalten”.
Zweiter auftritt 138—347.
138. 39 Diese beiden verse spricht der chorführer; sie bilden die äufser-
liche vermittelung zwischen dem liede und dem folgenden dialoge und
führen zugleich die neu auftretende person ein. diese ganz conventionelle
manier gilt bei Soph. Eur. Aristoph. ganz in gleichem mafse. Aisch. be-
dient sich ihrer auch schon öfter, (Pers. 150, 246 Sieb. 369 Ag. 489
Ch. 730. in den Hiketiden vertritt Danaos den chorführer, in den Eume-
niden schlofs die maske des chors eine solche verwendung aus), aber
doch noch ziemlich frei, und der Prometheus zeigt gar kein beispiel,
weicht also von der späteren sitte auffällig ab.
ἀλλὰ — γὰρ und ohne wesentlichen unterschied ἀλλὰ γάρ fordert
in gutem griechisch immer die ergänzung des gedankens, den der vor-
ausgenommene satz mit γάρ begründet. wird dieser gedanke ausge-
aprochen, so folgt er asyndetisch, ἀλλ᾽ εἰσορῶ γὰρ — "Innölvrov' ἔξω
τῶνδε βήσομαι τόπων Hipp. 51—53. Tyrtaios 11, 1 ἀλλ᾽ Ἡρακλῆος
γὰρ ἀνικήτου γένος ἐστέ, ϑαρσεῖτε. es hilft wol auch eine neue cor-
relate begründungspartikel nach, Homer O 739 ἀλλ᾽ (intendirt ἐν χερ-
ol φάος) ἐν γὰρ Τρώων πεδίῳ — ἥμεθα — τῷ ἐν χερσὶ φάος).
1) Diese partikelverbindung ist jüngst einer sorgfältigen untersuchung unter-
zogen worden (Kalinka de usw coniunctionum quarındam apud scriptores Atticos
antiquissimos Wien 1889), die aber zu einem täuschenden resultat kommen mufste,
weil sie von der poesie absah. die ältesten attischen schriftsteller sind eben die
tragiker. erst als Isokrates seinen stil zur manier ausgebildet hat, ist ἀλλὰ γὰρ 80
ziemlich eine starke adversativpartikel, und ganz ohne bedeutung wird γάρ erst bei
stumpfen nachahmern. Plat. Apol. 19° ἀλλὰ ;ap ἐμοὶ τούτων μέτεστιν οὐδέν "aber
— ihr wilst ja, das pafst auf mich nicht’'. mit mitleidigen achselzucken schüttelt
Sokr. die vorwürfe ab. so gleich darauf noch zweimal. Andok. I 72 “was ich nun
sage, wird zur entlastung meiner ankläger dienen, ἀλλὰ yag τἀληϑῆ εἰρήσεται. aber
das tut nichts: denn ich mufs die wahrheit sagen”. I 124 nach erzählung eines
akandalösen processes des Kallias mit seinem sohne “ἀλλὰ νὰρ τὸν ὑὸν — σκχέψασϑε
πῶς γέγονεν. aber das ist noch gar nichts: seht erst einmal an —’. Antiph.
5, 62, die einzige stelle bei ihm und nicht ganz sicher, zumal eine lücke vorhergeht,
ist doch im grunde gleicher art. die zeugen haben ausgesagt, dafs jemand den
Lykinos nicht verklagt hat, wo er ihn fassen konnte. “ἀλλὰ γὰρ ἐνταῦϑα μὲν ἀφῆκεν
αὐτόν u.s. w. aber dann ist er hier unschuldig, denn er müfste ja sonst ihn unter
guten chancen verschont haben, unter den schlechtesten getötet.” die entwickelung
des gebrauches geht ihren geraden weg, und die sprache ist schön, so lange sie
lebendig ist, nicht an regeln und logik gebunden, sondern das instrument, auf dem
38 Commenter.
in dem vorliegenden wie in vielen anderen fällen ist aber nur der gegen-
satz zu irgend etwas ausgesprochen; dazu ergänzt die handlung das was
der redende nicht sagt. “aber wir können nicht weiter singen, nicht mit
Amphitryon reden, denn Lykos kommt’. in dieser weise ist es seit alter
zeit (A. Sieb. 861. 8. Ant. 155 vgl. 148) bei der überleitung vom ge-
sange zum dialoge gewöhnlich.
περᾶν ist nur vorwärts gehen, Bakch. 212 Πενϑεὺς πρὸς οἴχους
περᾷ. Lykos kommt desselben weges wie der chor, aus der stadt. er
erscheint also gemäfs der anlage der bühne “in der nähe des palastes”,
der chor, der auf dem tanzplatze bei den personen steht, die auf dem
altar in dessen mitte sitzen, weist, um den herankommenden zu zeigen,
in die richtung auf den palast (rövde dwu.). — die trabanten, die
den Lykos begleiten, 240. 332. 723, erwähnt der chor nicht, weil sie
herkömmlich das gefolge der könige bilden, vgl. oben 58. 6.
Lykos kommt um den tod seiner feinde endlich zu erzwingen. er
will sie zum letzten male auffordern sich dem tode gutwillig zu stellen;
tun sie das nicht, so will er sie zwar nicht vom altar reilsen (was er 722
schliefslich doch mit Megara tun will), aber auf dem altar verbrennen.
es würde für den fortgang des stückes ganz genügend sein, wenn Lykos
seine absicht schon jetzt, nicht erst 240, ausspräche'), statt dessen wird
zunächst ein ganz mülsiges wortgefecht geführt, nicht eigentlich ein ἀγὼν
λόγων, denn Lykos führt seine ansicht nicht des näheren aus, sondern
gibt nur dem Amphitryon die themata für dessen grolse epideixis. diese
ist also dem dichter selbstzweck gewesen, und er hat dem rhetorischen
das dramatische interesse geopfert.
Die rede des Lykos ist ganz einfach disponirt; man muls nur das
rankenwerk der stilisirung, um der ἠϑοποιία willen, entfernen, “ergebt
euch in den tod, da euer widerstreben sowol nutzlos als unberechtigt
ist (140—56). Herakles steht ganz ohne grund im rufe der tapferkeit
der kundige jede weise spielen kann; dv ἤϑει int ἀλλὰ γὰρ bei den ältern prossikern
gesetzt, im anschlusse an die poesie. nur von dieser aus versteht man die alt-
griechische prosa: die schulmälsige rhetorik tritt als etwas neues und fremdes ein.
sie sagte sich, dafs ἀλλὰ und γὰρ einander widersprächen. aber gute stilisten haben an
den guten mustern der lebendigen rede (Platon) noch spät das schöne erreicht. Dion
schliefst eine rede (34) mit ἀλλ᾽ ἔοικα γὰρ πόρρω προάγειν. “aber ich schlielse,
denn ich schweife ab.” das entspricht ganz der tragischen weise.
1) Ich habe beim vorlesen des dramas die erfahrung gemacht, dals die wir-
kung auf den modernen hörer durch diese streichung steigt; das gleiche gilt von
: den versen 295—8086, 781—814, 1072—80 und natürlich den conventionellen zwischen-
sprüchen des chores,
vers 139. 39
(157—64). mein handeln ist durch die pflicht der selbsterhaltung ge-
boten (165—69). hierin ist der zweite teil eine an sich störende ab-
schweifung, die ohne schaden für diese rede weggelassen werden kann.
sie ist somit nur als zrgosragaoxev?) für die entgegnung des Amphitryon
da. das zeigt sich auch äulserlich darin, dals in diesen versen die per-
sönliche anrede aufgegeben ist; denn mit solcher beginnt die rede, und
Amphitryon 149 und Megara 150, 51 erhalten jede ihr teil. zu Amph.
kehrt Lykos 165 zurück, offenbar weil der alte sich anschickt auf die
schmähungen zu erwidern. aber die kritik des bogenschützen ist an
niemand auf der bühne, d. h. in wahrheit an das publicum gerichtet.
Um die gedankenfolge des ersten teiles zu verstehen muls man er-
kennen was das leitende ist. Lykos will sagen ἐρωτῶ ὑμᾶς, μέχρι
πόσου διατρίβειν βούλεσϑε ζῶντες, ἐπειδὴ σωτηρίαν οὐδεμέαν ἔχετε
τοῦ Ἡραχλέους τεϑνεῶτος. ϑαυμάζω δὲ καὶ τὸ ἄκαιρον πένϑος ὑμῶν,
οὐδὲν γὰρ εἴργασται τῷ Ἡραχλεῖ ἐφ᾽ ᾧ τις τῶν παίδων αὐτοῦ φείσε-
ται. Allein die lebhaftigkeit und der hohn des redenden hat dies logische
verhältnis vielfach verdunkelt. 1) tritt zu dem einfachen ἐρωτῶ ein neben-
satz, der die folgende frage ganz verselbständigt hat. “ich frage euch, wenn
es sich ziemt: es ziemt sich aber, da ich ja euer herr bin’. das ist bitterster
hohn, weil Lykos scheinbar die mode mitmacht, seine rede mit der captatio
benevolentiae zu beginnen, ob er denn wol sich die freiheit nehmen dürfe.
ähnliche gedanken sind bei den rednern gewöhnlich, bei Eur. z. Ὁ. El. 300
λέγοιμ᾽ ἂν εἰ χρή. χρὴ δὲ πρὸς φίλον λέγειν τύχας βαρείας τὰς ἐμὰς
κἀμοῦ πατρός “es schickt sich vielleicht nicht an sich, dals ich, eine
frau, eine rede halte, aber da du ein freund bist und ich auch von meines
vaters unglück zu reden habe, so schickt es sich wol‘. Hek. 234—38.
nach weiteren praeambeln εἰ δ᾽ ἔστε τοῖς δούλοισι τοὺς ἐλευϑέρους
μὴ λυπρὰ --- ἐξιστορῆσαι, σοὶ μὲν εἰρῆσϑαι χρεών, ἡμᾶς δ᾽ ἀκοῦσαι
τοὺς ἐρωτῶντας τάδε. “bitte, stehe mir rede, wenn ich, die sclavin,
dir eine bescheidene frage vortragen darf‘. Soph. fgm. 855, 14 εἴ μοι
ϑέμις, ϑέμις δὲ τἀληϑῆ λέγειν, vor einer kühnen äufserung über Zeus.
das sind situationen, wo die restriction angebracht ist, hier hebt die
motivirung des tyrannen genugsam hervor, dafs er seine opfer höhnt.
dafs die wendung in der sophistischen epideixis beliebt war, zeigt Hippo-
krates sc. ἄρϑρων 6 (II 145 K.) δὲ δή τε τοιοῦτο δεῖ ἐν ἐητριχῇ
γράψαι" δεῖ δέ᾽ καλῶς γὰρ Ὅμηρος u. 8. w. die schrift ist keine rede,
aber sebr gut stilisirt. auch Soph. spielt so, bittersten hohn zu charakte-
risiren, mit εἰ ϑέμις, ϑέμις δὲ, ἐπεί Tr. 809. 2) die begründung da-
für, dafs der widerstand aussichtslos ist, wird in die form zweier rhe-
40 Commentar.
torischer fragen gekleidet, sodafs diese nicht nur unter sich, sondern auch
mit der vorangehenden frage, die allein den inhalt des ἐρωτᾶν bildet,
coordinirt erscheinen. hier muls die richtige recitation dem misverständnis
vorbeugen. 3) der folgende mit ὡς eingeleitete satz begründet den inhalt
der fragen des Lykos durchaus nicht, und am wenigsten die unmittelbar
vorhergehenden rhetorischen fragen. σπιεστεύετε τὸν Ἡρακλέα ἥξειν;
ὡς ὑπὲρ τὴν ἀξίαν πενϑεῖτε ist sinnlos. begründet wird vielmehr,
dafs Lykos überhaupt fragen muls, ἐρωτῶ ὑμᾶς, τέ μηχύνετε τὸν βίον "
ὡς ὑπὲρ τὴν ἀξίαν πενϑεῖτε. ähnlich I. T. 540; als die priesterin
der skythischen göttin eine auffallende vertrautheit mit griechischen ver-
hältnissen zeigt, sagt Orestes τίς el 08°; ὡς εὖ πυνϑάνῃ τἄφ᾽ Ei-
λάδος; ὡς begründet es, weshalb er darauf kommt nach ihrer herkunft
zu fragen. übrigens ist ὡς in diesen fällen und verwandten (z. Ὁ. L
T. 660) in wahrheit nichts als “wie und gehört zu den adverbialen
wörtern εὖ, ὑπὲρ τὴν ἀξίαν. das begründende liegt nur in seiner
qualität als relativum, und es ist im grunde dieselbe verwendung wie
von οἷον 817. 4) scheinen nur die χόμποι der Megara widerlegt zu
werden, nicht die des Amphitryon; was mich früher dazu verleitet hat,
nach 149 den ausfall eines verses anzunehmen. aber das ist täuschung.
die anrede Megaras 151 ist nur dadurch gegeben, dafs eine andere an-
rede vorhergieng, und Lykos das wort ἀνὴρ ἄριστος aufgriff. in wahr-
heit ist Herakles, wenn er nichts geleistet hat, noch viel weniger sohn
des Zeus als ἀνὴρ ἄριστος, also ist auch Amphitryon widerlegt. 5) könnte
befremden, dafs Lykos zuerst nur vom tode derer spricht, welche er an-
redet, 156 vom tode der Herakleskinder. aber diesen gilt in wahrheit
alles; ihre ἐπέτροποι sind nur ein annex. darüber ist der zuschauer
aulser durch die allgemein griechische anschaung durch den prolog auf-
geklärt.
145 κείμενον παρ᾽ “Auön mit absicht gewählt. für Lykos ist Her. nicht
als einer der in die hölle hinabgestiegen ist drunten, sondern er liegt
wie jeder verstorbene unter der erde.
147 Dals man ϑαυμάζω, δεινόν ἐστιν u. dgl. mit εἰ verbindet, ist triviale
lehre. es ist das aber nur ein beispiel für die anschauung der Griechen,
in dem was wir für das object einer empfindung oder wahrnehmung
halten, die bedingung derselben zu finden, zumal wenn die stimmung
des redenden dahin neigt, von dieser bedingung lieber los zu kommen. so
hier πένϑος αἴρεσϑαι, εἰ ϑανεῖν χρεών. kann man doch sogar das
vergehen, dessen man jemanden anklagt, als bedingung der anklage
fassen, Demosth. 19, 293.
vers 145—155. 41
149 Der vers ist verstümmelt, aber sicher herzustellen. denn es genügt
nicht aus dem überlieferten ὡς σύγγαμός σοι Ζεύς blos den ruhmes-
titel für Amph. zu gewinnen, den er im ersten verse des prologs vor-
bringt, da sich hier ja alles um die frucht jenes “mitgatten’ verhältnisses
dreht, um Herakles. also ist zu sagen, “dafs Zeus als dein mitgatte Herakles
erzeugt habe’. die form des ausdrucks lälst sich aus der erwiderung finden
170, nach welcher Lykos von einem anteil beider väter an Herakles
geredet hat. man gewinnt also &xoıw@veı aus dem überlieferten τέχοι
νέον, und hat r&xvov am schlusse zuzusetzen.
151 Es konnte nicht heilsen τί δὴ σεμνόν, denn darauf würde die antwort
gewesen sein, ὕδραν, λέοντα διώλεσεν. durch die setzung des artikels
ergibt sich der sinn τί δή ποτ᾽ ἔστιν ἐκεῖνο τὸ σεμνὸν λεγόμενον.
mit abundirendem gebrauche des artikels wie Τίτυρ᾽ ἐμὶν τὸ χαλὸν
πεφιλημένε Theokr. 3, 3, hat dies also nichts zu tun.
152 ὕδρος ist eine wasserschlange, die sich besonders von fischen nährt,
nach dem glauben der Griechen aber im sommer zur ἔχιδνα wird, aufs
land kriecht und sehr giftig ist. wenn Lykophr. 1313 ὕδρος für δράχων
setzt, so ist das katachrese; bei Euphorion 55 steht es in eigentlichem
sinne. das fabelwesen allein führt den weiblichen namen “Ydpa. diesen
behält zwar Lykos bei, aber durch den zusatz ἕλεεος macht er aus dem
eigennamen doch einen gattungsnamen und erweckt so ziemlich die nie-
drige vorstellung eines ὕδρος.
153 Hier bedient sich der flache unglaube desselben mittels, mit dem so
oft der rationalismus anstölsige überlieferungen beseitigt, eines etymolo-
gischen gewaltactes. der stärkste μηρός-ὅμηρος Bakch. 286—98. seit
Hesiodos etymologisiren die Hellenen so gut wie alle. hier hat das nicht
viel mehr zu bedeuten als was es ist, ein schlechter witz. Lykos selbst
verzichtet darauf, die anderen grolstaten in ähnlicher weise zu beseitigen.
155 ἐξαγωνίξζεσθαι ist nichts als ein wenig verstärktes ἀγωνίζεσθαι
“darauf wollt ihr euch berufen ?” überaus häufig sind im drama die bei-
spiele von verben, die ohne nennenswerte steigerung der bedeutung
ein ἐξ erhalten, lediglich um klangvoller und vornehmer zu wirken. die
kühnheit steigert sich im laufe der zeit und ist besonders bei Sophokles
zur manier geworden. z. Ὁ. ἐξαγγέλλειν ἐχμιμεῖσθαι ἐκκαυχᾶσϑαι Er-
χομψεύεσθαι ἐχϑεᾶσθαι ἐχχινεῖν ἐχλήγειν ἐχσημαίνειν ἐκφυλάσ-
σειν; selbst sehr gewöhnliche verba wie ἐξεσίστασϑαι, ἐξαμαρτάνειν,
ἐχδιδάσχειν, ἐξαναγκάζειν sind im grunde gleicher art. auch vor
composita tritt ein solches &x, neben den gewöhnlicheren ἐξαστολλύναι
ἐξανευρίσχειν findet sich ἐχπροτιμᾶν ἐξεπεύχεσϑαι ESurengereiv ἐξα-
42 Commentar.
ποφϑείρειν ἐξαποξύνειν u. 8.w. es ist begreiflich, dafs einzelnes an-
stols erregt, aber er schwindet, wenn man die fülle der erscheinungen
übersieht, was jeder mit dem lexicon in der hand tun kann. nur wie
die erscheinung, zu der nur spärliche keime im epos vorhanden sind
(ἐχτελεῖν παι τελεῖν, &xtayisıy = τανύει»), es zu so starker wuche-
rung gebracht hat, bleibt zu untersuchen. bei Pindar ist das epische
mals kaum überschritten, aber Sappho hat nicht nur ἐχλανϑάνεσϑαι
und ἐχδιδάσχειν, sondern auch ἐχπονεῖν und ἐχπεποταμένα ganz
gleich πωτωμένη (68, 4). Alkaios und Anakreon zeigen nichts des-
gleichen.
elvexa und &vexa ist beides gut attisch, &vexev nicht, obwol Eur. sich
dasselbe in anapästen vereinzelt gestattet hat (Med. 1086). die verwech-
selung mit dem seit ältester zeit als conjunction verwandten oürex« ist
factisch schon im 7. jahrhundert in Athen vorgekommen CIA IV 422, 4
λαλόμενος νίχεσεν Ἐπαίνετος hövexa röde (ha fälschlich wiederholt;
an unvollständigkeit zu denken kein grund), und im 5. jahrhundert CIA
IV 491, 8 ἀρετῆς oövexa. allein dies denkmal einer hetäre ist plebejisch,
und der fehler kommt wenigstens in allen sorgfältig geschriebenen docu-
menten nicht vor. mit recht wird er also trotz dem überwiegenden zeugnis
der bandschriften überall aus der litteratur dieser zeit getilgt. 210 ist
das echte überliefert. im dritten jahrhundert ist das anders. ein gebildet
geschriebener brief bei Mahaffy Flinders Petrie pap. IL p. 60 οὕνεχα
τοῦ ϑεοῦ καὶ τοῦ καλῶς ἔχοντος, Apoll. Rhod. 1 1325 οἴοπερ οὕνεκα.
157 Überliefert ist ὃς ἔσχε ὃ. dann würde aus den worten τοὺς Ἡρα-
χλείους παῖδας der name Ἡρακλῆς herausgehört werden müssen. das
ist ganz tadellos, vgl. 263. aber ein relativer anschluls ist hier unmöglich,
weil die vorigen verse nicht nur den volltönenden abschlufs eines satzes,
sondern einer ganzen gedankenreihe bilden, während hier ein neuer
abschnitt beginnt. daher ist ὃ δ᾽ herzustellen, verdorben unter dem ein-
flufs von 159. man kann durch die recitation sehr wol Ἡρακλείους
so stark hervorheben, dafs auch nach einer pause ὅς verstanden wird.
aber wenn der dichter eine pause will, so wird er nicht das relativum
setzen, d. h. die glieder ganz eng binden.
158 Eur. gebraucht ἔγχος αἰχμή δόρυ ganz im sinne von πόλεμος μάχη,
Hik. 22 τό τ᾽ ἔγχος τήν τε δυστυχεστάτην στρατείαν, wo das er-
klärende wort folgt, schon durch das ἀπὸ χοινοῦ gestellte adjectiv eng
verbunden; dafür gibt es wohl keine parallele. ἐν αἰχμᾷ unten 437.
Phoen. 1273 schreiten die feindlichen brüder zum einzelkampf αἰχμὴν
ἐς μίαν χαϑέστατον. ganz so einmal Herodot 7, 152 ἐπειδή σφι
vers 157---162. 43
πρὸς “Παχεδαιμονίοις χαχῶς ἡ αἰχμὴ ἑστήκει. andere wendungen der
tragiker oder Iyriker wie αἰχμᾶς ἀχόρεστος, παρμένοντας alyug und
vollends das in αἰχμάλωτος lebendig gebliebene αἰχμῇ ἑλεῖν stehen
anders, da die grundbedeutung noch fühlbar ist. auch δόρυ ist selbst in
den noch am ehesten vergleichbaren stellen, wie 8. Ant. 670 δορὸς ἐν
χειμῶνι, lange nicht so kühn gesetzt wie unten 1193 γιγαντοφόνον ἐς
δόρυ ἦλθεν oder Ion 997 ϑεῶν ὅτ᾽ ἦλθεν ἐς δόρυ, auch dies vom
Gigantenkampfe, leichter Kykl. 5 ἀμφὶ γηγενῆ μάχην δορός. fernzu-
halten ist der collecive gebrauch des singulars, wie Herakl. 275
ἤξω πολλὴν Ageos Agyeiov λαβὼν πάγχαλκον αἰχμήν, oder δόρυ
Archel. 248, S. OK 1525, aussi; Phoen. 78, bei späteren ἡ ἵππος die
reiterei nach ionischem vorbild, das von den alten Athenern nur Aisch.
Pers. 302. 315 befolgt.
Ähnlich wird der wert der kämpfe mit ungeheuern gegenüber dem
wirklichen kriege herabgesetzt Hik. 314, beide male von ungerechten be-
urteilern. aber es lag dies urteil dem sophistischen zeitalter recht nahe,
das die pietät für die sage verloren hatte, und Eur. würde aus sich einen
solchen kampf mit bestien nie haben verherrlichen können.
160 κάκιστον ὅπλον “eine ganz elende waffe. χάχεστον ὅπλων “die
schlechteste waffe’ würde leere übertreibung sein und voraussetzen, dals
nicht zwei ganz bestimmte waffen verglichen würden.
161 In πρόχειρος sind eigentlich zwei wörter zusammengefallen. der
ältere gebrauch ist durch eine hypostase aus πρὸ χειρῶν entstanden und
bezeichnet das was bei der hand ist, A. Prom. 54 xal δὴ πρόχειρα ψέλια
δέρκεσϑαι πάρα. das andere ist eine bildung wie πρόϑυμος πρό-
φοων und bezeichnet, dafs die hand, wie dort ϑυμός oder φρήν, in irgend
einer richtung voraus ist, also einer person oder sache entgegenkonmt.
diese bedeutung erfordert den zusatz dessen, wozu man rasch bei der hand
ist, mag das ausdrücklich gesagt werden oder sich von selbst ergänzen.
angeschlossen wird es durch die praepositionen πρός oder εἰς; natürlich
kann der infinitiv ohne jede praeposition in alter sprache stehen. an sich
ist auch der dativ gut, wie etwa τροφαῖς ἕτοιμον ἵππον Pind. Ol. 4, 16,
aber er ist ganz vereinzelt. ein ähnliches wort ist πρόφασις, das sowol
φάσις πρό τινος bedeutet “das was man für eine sache sagen kann‘,
grund, πρόφασις τοῦ πολεμεῖν, wie φάσις ἀντί τινος, rede statt
der tat’, πρύφασιν ποιεῖσϑαι, τεροφασίξεσϑαι.
162 Einen groben fehler würde begehen, wer verbinden wollte οὔχ ἐστι
τὰ τόξα ὁ ἔλεγχος εὐψυχίας ἀνδρὸς. so nahe das zu liegen scheint,
so sicher schlielst es vom sinne abgesehen schon die wortstellung aus.
44 Commentar.
οὐ τὰ τόξα ἐλέγχει τὸν ἄνδρα ὅτε εὔψυχος ἔστιν, ἀλλὰ τὸ μένειν
αὐτόν. die genetive ἀγδρὸς und εὐψυχίας stehen parallel, erst das
ganze, die person, dann der teil, die eigenschaft derselben, auf welche
es ankommt. auch diese art zu reden ist ein ausfluls der energischen
auf die hauptsache losgehenden, die logische hypotaxe verschmähenden
weise der alten sprache, fremd bis auf weniges der schulgerechten manier
der späteren, deren rhetoren sie das σχῆμα ᾿Ιωνιχόν nennen (Lesbonax
cap. 11 Müller‘), einzelnes aber auch als Kologywvıov (cap. 7) abtrennen.
das gewöhnliche wie ἅπτεσθαί τινος χερός, βάλλειν τινὰ τὸν ὦμον
ist bekannt, namentlich wenn es sich um körperteile handelt, wie das
musterbeispiel γυναῖχά re ϑήσατο ualov 2 58, unten 179 Γίγασι
ehevgoig πτήν᾽ ἐναρμόσας βέλη, doch auch da stölst man sich an
stellen wie Soph. OK 113 xal σύ μ᾽ ἐξ ὁδοῦ πόδα χρύψον (wo der
fuls genannt ist, weil seine bewegung nötig ist und niemand ἐμὸν πόδα
χρύψον beanstanden würde). eben so gut ist aber auch jede innere
eigenschaft ein teil, Plat. Prot. 311? ἀποπειρώμενος τοῦ Ἱπποχράτους.
τῆς dung, oder ein gesprochenes wort, Hel. 82 σύγγνωθε δ᾽ ἡμῖν
τοῖς λελεγμένοις, und alles was in irgend einer notwendigen beziehung
steht, El. 330 dpa σοὶ τύμβῳ ἀμύνει, Pind. Isthm. 1 68 ὅσ᾽ Ἑρμᾶς
Ἡροδότῳ ἔπορεν ἵπποις, Plat. Hipp. II 864" μή σοι ἐμποδὼν εἴην
ἐρωτῶν τῇ ἐπιδείξει. S. Trach. 109 ἀνδρὸς δεῖμα φέρουσαν ὅδοῦ.
das ist im grunde alles ganz einfach, erst die Alexandriner geben für
die künstliche figur belege. Kallim. hymn. 3, 239 φηγῷ ὑπὸ πρέμνῳ,
6, 82 Πίνδον av’ εὐάγκειαν, 4, 63 ὑψηλῆς χορυφῆς ἐπὶ Θρήικος
ααΐμου. vgl. auch zu 170.
Aulserdem erwarten wir als gegensatz zu τόξα ein zweites substantiv,
οὐ τὰ τόξα ἐλέγχει, ἀλλὰ — τὸ μένειν. aber das ist nur für unsere
starr logische betrachtung nicht vorhanden, in wahrheit genügt dem der
lebendige volle satz ὃς — μένει, und nur der relativische anschluß be-
fremdet zunächst, weil kein wort da ist, an welches angeschlossen wird,
1) Das von Lesbonax angeführte beispiel συνέβη τρωϑῆναι τὸν ᾿4λέξανδρον
ἕππον, das ich auf einen Asianer wie Hegesias zurückführen wollte, ist fiction des
grammatikers, wie die analogie der meisten capitel lehrt. Lesbonax bezeugt dort
für Homer FE 461 ein beispiel dieser figur, welches weder in unsern handschriften
noch in unsern ausgaben den verdienten platz gefunden hat, Τρῶας δὲ στίχας odlos
Aons ὄτρυνε μετελϑών. zwar haben einige alte kritiker diese lesart, die sie als
κοινή bezeichnen, gehalten, aber falsch erklärt, indem sie den einen accusativ mit
Μετελϑών verbanden. aber die alten schlimmbesserungen Tpwds oder Τρώων wogen
und wiegen vor. übrigens ist aus diesem musterbeispiel die verderbnis von σχῆμα
Ἰωνεκόν in Τρωικόν zu erklären, die in der zweiten redaction des Lesbonax vorliegt.
vers 163—169. 45
und weil wiederum unsere logik condicionale form des satzes erwartet.
282 τῷ δ᾽ ἀναγχαίῳ βροτῶν ὃς ἀντιτείνει, σχαιὸν ἡγοῦμαι τρόπον,
bis auf die reihenfolge der sätze ganz gleich. Soph. OK. 263 xduolye
ποῦ ταῦτ᾽ ἐστίν, οἵτινες βάϑρων ἐκ τῶνδέ μ᾽ ἐλαύνετε.
163 Der mut zeigt sich darin, dafs der hoplit, der in reih und glied (in
der τάξις) steht, beim anmarsch der feindlichen schlachtreibe schlufs
und richtung hält. in der tat zeigt die kriegsgeschichte, dafs überaus
oft schon beim anmarsch eine phalanx den mut verliert (οὐχ ὑπτέμειναν),
kehrt macht und sich in der flucht zerstreut, wo sie dann von den ver-
folgern mühelos niedergemacht werden. der mutige muls aushalten
(μένειν), hinsehen (βλέπειν) und seinerseits denselben furchtbaren blick
(und anblick) dem feinde bieten (ἀντεδέρχεσθϑαι), wie der ist, den er
aushält. was er sieht ist “des speeres rasche furche’; er sieht im eil-
marsche (δρόμῳ) auf sich herkommen ein ährenfeld von speeren, und
sein speer und er selbst gehört in ein anderes solches feld. das bild
ist nicht selten und wird nach verschiedenen seiten gewandt. Verg. Aen.
XI. 662 (nach Ennius Ann. 287 vgl. Scip. 6) utrimgue phalanges stant
densae strictisque seges mucronibus horret ferrea. Calderon (citirt von
Justi Velasquez I 364) y al mirarlos parecia, che espigas de acero
daba, y que al compas que marchaba el zefiro los movia. das kühne
ταχεῖα ἄλοξ ist durch μένειν, auf dem das hauptgewicht ruht, hervor-
gerufen.
165 dvaldsıay — εὐλάβειαν scharfe durch paronomasie hervorgehobene
antithese in der art der gorgianischen rhetorik. ἀναιδής ist in Lykos
munde “schonungslos, wie die alte bedeutung ist, z. Ὁ. πόντος ἀναιδής.
in wahrheit geht ihm mit der αἰδώς die scham ab, 557.
167 Die prosa mülste τοὺς ϑρόνους αὐτοῦ sagen ; die poesie ist mit diesem
pronomen so sparsam wie gerade die altattische auf das genau logische
gerichtete prosa verschwenderisch.
169 δέκην: ὥστε δίχην δοῦναι, acc. wie 59.
Amphitryons rede ist als eine rhetorische epideixis disponirt und stilisirt.
das proovemium 170 —73 entbehrt allerdings der captatio benevolentiae, die
nicht hergehört und exponirt auch nicht die person des redenden ; das per-
sönliche ist für den epilog aufgespart. es wird nur der verzicht auf eine
beleuchtung des vorwurfes 149 ausgesprochen, dessen widerlegung nur
durch ein tätliches eingreifen dessen zu erbringen wäre, dem eigentlich der
vorwurf galt. der redner will nur die ἀμαϑέα intellectueller und mo-
ralischer perversität (vgl. 347. 1254) des Lykos beweisen. er tut das
im anschluls an dessen vorwürfe, indem er «) die heldenkraft des Her.
46 Commentar.
beweist, und zwar, wie vor gericht, durch zeugenaussagen. dabei wird
ein streich gegen den vorredner geführt, dem für sich keine zeugen zu
gebote stehen. ὃ) wird der wert des bogenschützen dargelegt, und der
hoplit dabei herabgesetzt. nach einem deutlich markirten übergange
(204. 5) c) wird der aufforderung des Lykos sich willig dem tode hinzu-
geben ein anderer vorschlag entgegengestellt; zugleich werden folgerungen
aus seinem benehmen gezogen, die ihn entehren. damit ist die ἀμαϑέα
des Lykos bewiesen. nach einer pause, welche durch eine interjection
bezeichnet ist, folgt ein ganz neuer teil, d) eine strafrede wider Theben
und Hellas, weil sie den kindern nicht helfen, und das eingeständnia,
dals der redner auch nicht helfen kann. indem er so seine nur durch
das alter an jeder betätigung verhinderte überlegenheit über seinen gegner
hervorhebt, hat er für die ganze rede einen klangvollen epilog gefunden.
die ethopoeie ist mit bedacht gehandhabt. der dichter sagt selbst, dafs
der redner βραδὺς λέγειν ist (237) und lälst ihn sich selbst als οὐδὲν
sulmy γλώσσης ψόφον bezeichnen (229). die breite und umständlichkeit
soll also greisenhaft sein; auch die ohnmächtigen drohungen und prahle-
reien gehören zum typus des greises in der antiken poesie. dem dra-
matischen interesse dient einmal die anrede an Theben, denn sie ersetzt
die fehlende begrüssung des chores und bereitet dessen mutige rede
252—74 vor; zweitens wird der vorschlag, dafs Lykos sich mit der ver-
bannung der kinder begnügen solle, nur gemacht, damit ihn Megara 302
ablehnen kann, obwol sie nicht direct auf ihn bezug nimmt. Lykos igno-
rirt ihn, und in der tat ist er in einer für Lykos so verletzenden weise
vorgebracht, dafs niemand ihn ernst nehmen kann, und überhaupt ist
das gebahren des Amph., der selbst schimpfworte nicht scheut, derart,
dafs ganz unbegreiflich wird, wie der tyrann sich so viel bieten lassen
kann. sein schweigen ist eben nur erklärlich, weil der dichter seine
epideixis voll austönen lassen will, oder vielmehr der rhetor. nur als
rhetorisches schaustück ist die rede gemeint und mag sie dem dichter
allenfalls verziehen werden: mit den meisten reden des Thukydides und
Antiphons tetralogieen braucht sie allerdings die vergleichung nicht zu
scheuen.
170 Dies die antwort auf 149. τῷ τοῦ Jıög μέρει παιδός: beide gene-
tive hängen von dem einen nomen ab; ὁ Ζεὺς μέρος ἔχει τοῦ παεδός. die
nicht seltene erscheinung, dels zwei genetive bei einem nomen stehn hat
sehr verschiedene gründe. selbstverständlich sind die stellen, in denen der
eine genetiv vom andern abhängt, Aristoph. Frösch. 505 χατερειχτῶν
χύτρα ἔτνους; leicht auch die welche einen genetiv, meist den besitzer
vers 170. 47
bezeichnend, an ein nomen mit genetiv schließen, die also zu einem begriff
schon verwachsen sind, Soph. OK. 668 εὐέππου τᾶσδε χώρας τὰ χράτιστα
γᾶς ἔπαυλα, Trach. 1191 τὸν Οἴτης Ζηνὸς ὕψεστον πάγον, Hesiod.
Erg. 253 ἀϑάνατοι Ζηνὸς φύλαχες ϑνητῶν ἀνθρώπων (obwol die
wächter nur des Zeus sind, wie der beamte des königs ist, und in einem
citate Ζηνὸς πρόπολοε daraus geworden ist). wir können in solchen
fällen meist ein zusammengesetztes wort bilden, “des Zeus erhabener
Oetagipfel, des Zeus unsterbliche menschenwächter”. schwieriger erscheint
uns schon, wenn ein genetiv schmückend hinzutritt, wo wir ein adjectiv
erwarten, das meistens wirklich die sprache dem dichter nicht darbot
(denn die prosa kann nur im höchsten stile so etwas wagen), so unten
δαχρύων — ὄσσων πηγαί 450, gdov regıßolal χόμης 562, 1. T.
1266 ὕπνου κατὰ δνοφερὰς γᾶς εὐνάς, etwa gleich daxgunpal ὄσσων
σηγαί, νεχρικαὶ κόμης περιβολαί, κατὰ τὰς σχοτεινὰς χαμαὶ ἐγκοι-
μήσεις, Hik. δά τάφων χώματα γαίας. auch hier entsprechen oft
unsere composita, wie ‘der gräber erdhügel’. irreführend ist nicht selten
das σχῆμα ’Iwvınov, wo vielmehr die beiden genetive parallel steben,
unten 572 νεχρῶν ἅπαντ᾽ ᾿Ισμηνὸν ἐμπλήσω φόνου, wo νεκρῶν nicht
von φόνου abhängen kann, da die leichen selbst in den Ismenos ge-
worfen werden, A. Eum. 449 ἔστ᾽ ἂν πρὸς ἀνδρὸς αἵματος καϑαρ-
olov σφαγαὶ χκαϑαιμάξωσιν εὐθήλου βοτοῦ ἃ. h. μέχρε οὗ ἂν ἀνήρ
τις (selbst kann der befleckte es nicht) σφάξας χοῖρον γαλαϑηνὸν
χαϑήρῃ αὐτὸν τῷ αἵματι περιρράνας. Boph. Ai. 308 ἐν δ᾽ ἐρειπίοις
γεχρῶν ἐρειφϑεὶς ἕζετ᾽ dgvelov φόνου (zu welcher stelle Lobeck den
gebrauch ausführlich bespricht). aber die am häufigsten verkehrt auf-
gefalsten oder gar beanstandeten stellen sind erst die, wo, wie hier, ein
doppelter genetiv dadurch herbeigeführt wird, dafs ein satz der kürze
und der unterordnung wegen in ein nominales satzglied verwandelt wird.
Aristoph. Wesp. 1073 ἥτις ἡμῶν ἐστιν ἡπίνοια τῆς ἐγχεντρίδος d.i.
τί ἡμεῖς διὰ τῆς ἐγκεντρίδος ἐπινοοῦμεν. Aisch. Ag. 1242 τὴν
Θιέστου δαῖτα παιδείων χρεῶν. Choeph. 511 τέμημα τύμβου τῆς
ἀνοιμώχτου τύχης, ἃ. i. ὅ τύμβος τιμᾶται χάριν τῆς δυστυχίας.
E. Hik. 50 σαρχῶν καταδρύμματα χειρῶν, d.i. αἱ χεῖρες καταδρύτε-
τουσι τὰς σάρχας. Thuk. I 25 χατὰ τὴν τῶν (Φαιάχων προενοί-
χησιν τῆς Κερχύρας (Th. geht in diesem gebrauche sehr weit; fast
immer hat Krüger richtig erklärt). hierher gehört diese stelle. das sind
alles von der älteren sprache ganz unbefangen zugelassene bildungen,
die höchstens in besonderen fällen schwierigkeit machen sollten. selten
dagegen ist ee, dafs ein genetiv von einer in einem nomen befindlichen
48 Commentar.
präposition regiert wird; tritt dazu noch ein genetiv, so erscheint uns
das noch fremdartiger, aber nicht eigentlich in dem doppelten genetiv
liegt der anstols. ἄστρων ἂν ἔλθοιμ᾽ αἰϑέρος πρὸς ἀντολάς Phoen.
δ04 (τὰ ἄστρα τοῦ αἰϑέρος ἀνατέλλει, so allein möglich; αἐϑέρος
hat ein citat gerettet, codd. und schol. haben sinnlos ἡλέου dafür) Sosi-
phanes Meleager 1 ψευδὴς σελήνης αἰϑέρος χκαταιβάτις (ἡ σελήνι
χαταβιβάζεται τοῦ αἰϑέρος),
ἀμύνειν meint nicht das eintreten mit worten. wenn ein Zeus hilft,
tut er es mit der tat, das braucht nicht erst gesagt zu werden, wird aber
durch die antithese λόγοισι 172 vollends deutlich. natürlich beweist
Zeus durch die hilfe die bestrittene thesis. die vaterschaft des Amph.
ist nicht bestritten, so dals er nicht (was auch absurd sein würde) seinen
teil an Herakles hervorhebt, sondern nur das, was zu tun seine sache ist.
171 τὸ εἰς ἐμέ so viel als ὅσον eig ἐμέ. εἰς in dieser verbindung,
wofür häufiger &rl steht (ἐστέ mit dativ ist quod penes me est), erklärt
sich aus dem gebrauche, der zu 63 behandelt ist.
174 ἄρρητος schillert hier in den beiden bedeutungen, die es entwickelt
hat “was man nicht nennt’, (ἄρρητα ἱερά) und “was so abscheulich ist,
dafs man es gar nicht sagen kann’. Amph. will erst τὴν δειλίαν ἀπαλ-
AaEaı sagen, aber er bringt das wort nicht über die lippen und fügt
daher den zwischensatz ein.
177 Das praeteritum hat seine volle bedeutung. Amph. hat die zeugen
nicht zur stelle, er hat sich nur sein urteil auf ihr zeugnis hin gebildet.
seine rede befolgt die form der attischen gerichtsrede; in dieser ist es die
regel, dafs die zeugen nicht aufgerufen, sondern ihre in der verhand-
lung vor dem schiedsmann gemachten aussagen als belege vorgebracht
werden.
“ιός gehört auch zu τέϑριππα. Zeus blitze schleudernd neben dem
'bogenschiefsenden Herakles auf dem wagen ist der mittelpunkt der ver-
breitetsten darstellung der gigantomachie in der schwarzfigurigen vasen-
malerei; das ist also die vorstellung welche bis zu den Perserkriegen die
malsgebende war, und die neuen compositionen, insbesondere der schild
der Parthenos, hatten sie noch nicht aus der phantasie, wenigstens der
älteren generation, verdrängt.
179 σχῆμα Ἰωνικόν zu 162. — πλευραῖς πτήν᾽ ἐναρμόσας Bein.
er zielt so gut, dals die pfeile zwischen den rippen durchdringen. ähn-
lich Phoen. 1413 von einem tötlichen lanzenstoßse ἔγχος σφονδύλοις
ἐνήρμοσεν. hier kann also ἁρμόξω seine volle kraft haben, wie in χροὲ
κόσμον ἐφαρμόζειν Hesiod Erg. 76, σκάφος συναρμόζειν Hel. 232,
vers 171—181. 49
χαίταν στεφάνοισιν ἁρμόξζων das har um die reiser des kranzes künst-
lich ordnen Pind. Isthm. 7, 39 u. am. aber ganz scharf ward das
schwerlich noch empfunden, denn προσαρμόξειν στόμα 486 ist nur
umschreibung für ‘küssen’, Or. 1003 dreht Eris den sonnenwagen um
τὰν πρὸς ἑσπέραν κέλευϑον προσαρμόσασα εἰς ἀῶ, nur geziert für
τὴν εἰς ἑσπέραν πορδίαν τῇ Ἡμέρᾳ προσϑεῖσα. SBoph. Tr. 623 ver-
spricht Lichas das geschenk abzugeben λόγων re πίστιν ἐφαρμόσαι
d. ii und den auftrag getreulich dazu zu bestellen. 8. Tr. 494 δῶρα
προσαρμόσαιε ist nur überreichen’. Or. 233 ἐπὶ γαίας πόδας ἁρμόσαι
für den ersten gehversuch eines kranken. offenbar ist das eine aus-
artung des späteren tragischen stiles.
180 Von dem siegesfeste nach dem Gigantenkampfe wissen wir nichts,
wol aber schilderte das epos, welches unter dem titel Titanomachie öfter,
einmal unter dem der Gigantomachie angeführt wird, wie selbst Zeus
mitten unter den göttern tanzte (Athen. I 22°) die alten dichter “ver-
wechseln’ Titanen und Giganten, wie wir sagen; in wahrheit ist die
differenzürung ursprünglich identischer wesen nicht durchgedrungen.
Es läfst sich nicht entscheiden, ob hier zu τὸν xaAAlvınoy aus dem
verbum ἐχώμασεν das nomen x@uov herauszunehmen ist wie 680, oder
ob ὅ καλλίνικος substantivisch gedacht ist wie Med. 45 χαλλένικον oloe-
ται, Bakch. 1161 x. ἐξεπράξατε, weil es tatsächlich auf dasselbe hinaus-
kommt. ganz ebenso steht es bei Kallimachos hymn. 3, 241 ὠρχήσαντο
... ἐνόπλιον. der xalAlvıxoc war ein lied, so benannt nach dem re-
frain τήνελλα χαλλένεκε, zur begrülsung des siegers 2. Ὁ. in Olympia
gesungen; es war auch ein tanz, den Her. nach dem gelingen seines
letzten abenteuers getanzt haben sollte (Hesych. 8. v.), wie Zeus nach
dem Titanenkampfe tanzt. und so sehen wir am schlusse von Aristo-
phanes Acharnern den sieger mit dem chore den χαλλένεκος tanzen und
singen: das ist allerdings ein χῶμος. Eur. denkt sich die götter auf
diesem zuge zu wagen, wie man sich ja den sieger überhaupt fahrend
denkt, vgl. zu 780.
181 Die zwei mit re re verbundenen sätze 181 185 sind auch zunächst
parallel gedacht, frage die Kentauren, frage die Dirphys, wer der gröfste
mann sei: sie werden dir Herakles nennen. allein ein sehr glücklicher
einfall, der dem Amphitryon plötzlich kommt, läfst ihn den inneren paral-
lelismus verlassen, um eine viel kräftigere pointe zu gewinnen. zunächst
sollen die ungeheuer verhört werden, welche Her. bezwungen hat. die
feinde dazu aufzurufen ist eine natürliche und geläufige wendung (Hipp. 977,
Kallim. hym. 3, 221). dann sucht er für den weltenruhm des Her. irgend
v. Wilamowitz II. 4
80 Commentar.
einen beliebigen winkel, verfällt auf die von ihm verachtete heimat des
Lykos, dals aber diese auf die frage, wer ist der beste mann (denn dieser
inhalt folgt für ἐρωτῶν 185 aus ἐροῦ 183) den Her. nennen wird, ist
doch nicht so ganz einleuchtend, da Her. dort nichts besonderes getan
hat. also springt Amph. um, läfst die construction fallen und sagt nur
“nun lassen wir dahin gestellt, wen sie nennen wird, so viel ist sicher:
dich wird sie nicht nennen, denn du hast nicht einmal deine freundschaft
zum zeugen für eine tüchtige tat, geschweige deine feinde’. diese per-
sönlich aggressive wendung der deduction bereitet sich schon durch die
anrede 182 vor.
ὕβρισμα das abstractum concret wie 459, aber in activer bedeutung,
dort passiv. letzteres ist ganz gewöhnlich, aber auch z. b. πανουργέας
τέχνημα activisch für den ränkevollen 8. Phil. 928, u. dgl. unter dem
einflusse dieser stelle nennt Sophokles Tr. 1096 die Kentauren στρατὸν
ϑηρῶν ὑβριστήν.
Die hochebene Pholoe, oberhalb des eigentlichen Elis gelegen und
der ort der herakleischen Kentauromachie, hat den Kentauren Pholos,
der dem magnetischen Chiron entspricht, als eponymos erhalten, der
schon bei Stesichoros 7 vorkommt, während dies die älteste erwähnung
der Pholoe ist. aber dieser zufall darf eben so wenig als der trügliche
schein, dafs ®oAdn von (ὥΦόλος grammatisch stammen könnte, dazu ver-
leiten, den Kentauren für älter als den ortsnamen anzusehen: der epo-
nymos kann in wahrheit ganz etwas anderes als ein Kentaur gewesen
sein. er ist auch sohn des Silenos und einer eschennymphe, Apollod. II
83. wenn Lucan VII 449 u. ö. die Pholoe nach Thessalien verlegt, so
hat den in der geographie, wie die meisten Römer, erstaunlich unwissenden
poeten die Kentauromachie verführt, vgl. zu 364.
183 ἐγχρίνειν in der bedeutung “anerkennen, gelten lassen’ ist der
späten gelehrten sprache geläufig, während die alte das simplex gebraucht,
A. Ag. 471 χρίνω δ᾽ ἄφϑονον ὄλβον. οἱ ἐγκρινόμενοι ῥήτορες sind
die 10 classiker, quodsi me lyricis vatibus inseres ist ἐὰν δὲ χαὶ ἡμᾶς
ἐν τοῖς λυριχοῖς ἐγχρίνῃς. dieser gebrauch ist zwar nicht peripatetisch,
aber in anderen schulen des 3. jahrhunderts vorhanden. Chrysipp schrieb
περὶ τοῦ ἐγκχρίνειν τοὺς ἀρχαίους τὴν διαλεχτικὴν σὺν ταῖς ἀπο-
δείξεσι πρὸς Ζήνωνα Diog. Laert. VII 201. Timon streitet πρὸς τοὺς
τὰς αἰσϑήσεις μετ᾽ ἐπιμαρτυροῦντος τοῦ νοῦ ἐγχρίνοντας IX 114.
derselbe gebrauch ist aber auch platonisch, wie denn die ganze litterarisch
kritische auswahl für die lectüre auf anregungen Platons und nicht dee
Aristoteles zurückgeht. Rep. II 377° ἐπιστατητέον τοῖς μυϑοποιοῖς
vers 188---18δ. 51
καὶ ὃν μὲν ἂν χαλῶς ποιήσωσιν (nämlich μῦϑον) ἐγχριτέον, ὃν δ᾽
ἂν μή, ἀποχριτέον, ebenso Ges. VII 802". Rep. VI 486 ἐπιλήσμονα
ψυχὴν ἐν ταῖς ἱκανῶς φιλοσόφοις μή ποτε ἐγχρίνωμεν. dafs Platon
das wort nicht gebildet hat, sondern aus der ionischen philosophie ent-
lehnt, zeigt diese allerdings vereinzelte stelle (denn Beller. 285, 3 τρισσῶν
δὲ μοιρῶν ἐνχρινῶ νιχᾶν ulav ist verdorben, da das futurum keine
erklärung zuläßst). doch sagt wenigstens Demokrit (Stob. ecl. eth. II 9 2
Wachsm.) ἀνθρώποισι κακὰ ἐξ ἀγαθῶν φύεται, ἑπήν τις τἀγαϑὰ
μὴ ἐπιστῆται ποδηγετεῖν μηδὲ ὀχεῖν εὐφόρως (so zu lesen für εὐπό-
ews vgl. Hippokr. sr. δεαέτ. ö5. 29). οὐ δίκαιον δὲ ἐν χαχοῖσι τὰ
τοιάδε χρένειν ἀλλ᾽ ἐν ἀγαϑοῖσιν. dals der dichter, wie freilich der
sinn gebot, nicht ἐν ἀνδράσιν ἀρίστοις sondern ἄνδρα ἄριστον sagt,
anticipirt allerdings die entwickelung des wortgebrauches um mehr als
ein jahrhundert, wenigstens für unsere kenntnis.
184 Mit bitterkeit stellt er sich hier auf Lykos standpunkt und lälst seine
vaterschaft gelten, aber der überlieferte schluls des verses ὃν σὺ φὴς
εἶναι doxeiv kann nicht richtig sein. das würde heifsen “von dem du
behauptest, dafs er es zu sein schiene, nämlich “ταῖς &udg’. denn eine
beziehung auf οὐδὲν ὦν 157 kann nicht vorliegen; das mülste μγ δὲν
elvaı heilsen, und δοχεῖν ist überhaupt verkehrt, da der zusammenhang
höchstens ertragen würde “von dem du behauptest, dafs er nichts als
den schein der tapferkeit hätte’, was nicht dasteht, sondern erst durch
eine conjectur wie ὃν σὺ φὴς ἄλλως doxeiv hineingebracht werden
könnte. nur so viel ist an diesen erklärungsversuchen richtig, dafs die
allgemeine beurteilung des Lykos, nicht blofs die der vaterschaft des
Zeus, berücksichtigt gewesen sein muls, also ein gegensatz zu ἀγὴρ
ἄριστος sich in doxeiv verbirgt. die vermutung, welche χαχόν dafür
setzt, trifft den nagel auf den kopf, und sie ist nicht unwahrscheinlich,
denn in dieser partie sind mehrfach die versschlüsse verloren oder ver-
dorben oder falsch ergänzt 149 164 168 203 226 228.
185 Der hohe berg in Mitteleuboia hat den namen Sioyusg bis heute
erhalten, aber in Delphi geändert, oder vielmehr zurückgebildet, denn es
ist derselbe name wie fe). yol, und in dem euboeischen gotte AndAAuv
.«7Ζελφένιος ist auch die form immer gewahrt geblieben, weil sie durch
die volksetymologie, die den delphin darin fand, geschützt ward. die
Abanten gehörten ursprünglich nach Phokis, wo der name in 4ßaı,
dem alten orakel, dauerte. in Euboia kennen sie die jüngeren partieen
der Ilias und die späteren dichter. zum teil sind sie natürlich auch
weiter nach Asien gezogen, Herod. I 146.
4 “
52 Commentar.
186 Es ist freilich ein ganz gewöhnliches anakoluth, dafs nach der setzung
eines particips im nominativ die rede umschlägt und ein hauptsatz mit
anderm subject folgt (z. Ὁ. [πὸ 411 μικροῦ γὰρ ἐκ λαμπτῆρος ᾿Ιδαῖον
λέπας πρήσειεν ἄν τις, nal πρὸς ἄνδρ᾽ εἰπὼν Eva, πύϑοιντ᾽ ἄν᾽
ἀστοὶ πάντες ). besonders häufig bei Aisch.), dafs aber hier der dichter
um des rhetorischen effectes willen die construction zerreilst, ist oben
gezeigt. danach ist zu interpungiren und zu recitiren.
αἰνεῖν hat ursprünglich die bedeutung ‘sagen’, die freilich außer in
αἶνος nur noch vereinzelt anklingt, dann aber probare, Antiope 194, 2
μὴ τὰ κινδυνεύματα αἰνεῖτε, Androm. 785 ταύταν ἤἥνεσα ταύταν καὶ
φέρομαι βιοτάν, also dem ἐγχρένδιν auf das genaueste entsprechend ;
so hier. daraus hat sich dann die dem Eur. besonders geläufige bedeutung
“beschliefsen, zusagen’ entwickelt.
Dem verbreiteten gebrauche von οὐδαμοῦ entsprechend findet sich ver-
einzelt οὐχ ἔσϑ᾽ ὅπου für “in keiner weise’, οὐχ ἔσϑ᾽ ὅπως. Soph.
O.T. 448 οὐ γὰρ ἔσϑ᾽ ὅπου μ᾽ ὀλεῖς, Ai. 1069 οὐ γὰρ ἔσϑ᾽ ὅπου λόγων
ἀχοῦσαι ζῶν ποτ᾽ ἠϑέλησ᾽ ἐμῶν. E. Ion 528 ποῦ δέ μοι πατὴρ σύ.
193. 4 Diese zwei verse waren hinter 191. 2 zu rücken, weil sie die worte
δοῦλος τῶν ὅπλων erklären. der hoplit hat 1) nur eine waffe; nach deren
verlust ist er also wehrlos. 2) steht er im gliede, und wenn seine nebenmänner
feige den rücken wenden, so ist er verloren. der bogenschütze hat 1) eine
unbegrenzte masse geschosse, 2) setzt er sich nicht den feinden aus. wie
fadenscheidig die sophistische argumentation in allen stücken ist, braucht
nicht gezeigt zu werden. als die attischen hopliten bei Delion wegliefen,
worauf Eur. zielt, vgl. oben 1 8. 140, gieng der hoplit Sokrates so festen
schrittes zurück, wie er vorgegangen war, und keiner der verfolger wagte
sich an ihn.
192 οἱ πέλας, im alten attisch sehr häufig, wird dann durch ὅ πλησίον
(zuerst Theogn. 221) verdrängt, das uns aus dem N. T. geläufig ist.
beides bezeichnet die menschen, mit denen wir in keiner andern als einer
zufälligen und vorübergehenden berührung stehen, die nicht unsere οἐχεῖοι
ἐπιτήδειοι ἀναγκαῖοι φίλοι sind; das deutsche “unsere nächsten’ gibt
den sinn ganz schlecht wieder, und ein spruch wie ἀγαπήσεις τὸν
πλησίον σου ὡς σεαυτόν wird dadurch seiner ganzen kraft und be-
deutung entkleidet; meist trifft das französische autrui den richtigen sinn.
1) Bei Stobaeus folgt mit einem metrischen fehler ἃ κρύπτειν χρεών, ein zu-
satz des florilegienmachers, von dem Plutarch, der andere gewährsmann des bruch-
stückes, nichts gibt.
vers 186---19θ, 53
Die beiden dative τοῖς συνεταχϑεῖσιν οὖσι μὴ ἀγαϑοῖς und δειλίᾳ
τῶν πέλας stehen parallel, indem dieselbe sache zweimal in verschiedener
wendung, positiv und negativ, ausgedrückt wird; vgl. 257 u. dgl. dafs eine
person im instrumentalen dativ steht, ist hier nur scheinbar, denn nicht
die συνταχϑέντες sondern τὸ τοὺς συνταχϑέντας μὴ ἀγαϑοὺς εἶναι
ist der grund des unterganges; der redende empfindet also nur ein ab-
stractum.
195 ὅσοι--- ἔχουσιν — ἀφεὶς --- ύσεται. dals von einer unbestimmten
allgemeinheit, die im plural gegeben ist, zu einer ebenso unbestimmten
einzelnen person übergegangen wird, ohne dafs der wechsel des numerus
irgend wie vermittelt wird (wie es spätere prosa durch ein τίς zu tun
pflegt), ist eine ganz gewöhnliche erscheinung, z. b. Ar. Wesp. 554 τη-
ροῦσί με... ἄνδρες μεγάλοι... κἄπειτ᾽ εὐθὺς προσίοντι ἐμβάλλει μοι
τὴν χεῖρ ἁπαλήν .. ἱκετεύουσίν I’ ὑποχύπτοντες. so gut das also
hier ist, so wenig ist es möglich 208 δρῶντα-ὡρμισμένους zu vertei-
digen, denn da gehören beide participia zu demselben verbum σῴζειν,
bezweckt der wechsel nichts, ist ein anakoluth durch keine unübersicht-
liche periode entschuldigt und würde endlich der pluralaccusativ zu 7τ0-
λεμέους wenigstens zunächst bezogen werden.
196 Die in poesie und prosa gewöhnliche vorausschickung eines τὸ δὲ
δεινότατον, τὸ δὲ κεφάλαιον, wird fälschlich als ellipse erklärt, es ist
vielmehr eine apposition zu dem ganzen folgenden satze, und πρῶτον
μέν, τέλος δέ, καὶ τὸ τελευταῖον u. dgl. sind grammatisch ganz dasselbe.
τὸ λῷστον “das vorteilhafteste’. in dieser bedeutung lebt der alte
comparativ λώιον weiter, doch nur in der formel, die man beim be-
fragen der orakel und der gott in der antwort anwendet λῴον καὶ ἄμεινον
εἶναι (schon in der Telemachie 8 141 λωίτερον καὶ ἄμεινον, ein zeichen
für die jugend des gedichtes), oder doch ähnlich, wie in einem attischen
weihepigramm 6. jahrhunderts (ΟἿΑ IV p. 79) τέχνην λώιον ἕξειν. der
superlativ Aporog ist in gegenden gebildet, die den comparativ zwei-
sylbig sprachen, zuerst Theogn. 255 in einem alten spruche. das epos
kennt nur den comparativ und zwar nur den singular des neutrums
ohne casus obliqui, Aisch. und Eur. singular und plural des neutrums
im superlativ und den singular des comparativs (A. Pers. 526, E. unten
856 Med. 911), immer in der bedeutung des zuträglichen, ratsamen,
für den betreffenden erwünschten. Aisch. Kar. 100, wo λῴστα στρα-
τοῦ “das edelste schönste’ sein mülste, ist nicht nur in diesem worte
verdorben. das spätere ionisch hatte das wort aber auch persönlich ge-
braucht, λωέων γυνή Semonides 7, 30, λῴστος nennt Timokreon 1, 4
δ4 Commentar.
den Aristeides. diesem gebrauche folgt Soph. Ai. 1416 λῴονι ϑνητῶν,
der auch λῷστος ἐντόπων Phil. 1171 in lobendem sinne hat. das ist
durchaus nicht attisch; ὦ Awore hat Platon oft, aber es hat immer
einen ironischen beigeschmack (sehr deutlich Phaid. 116? ἦν ἀνδρῶν
λῴῷστος von dem gutartigen kerkermeister); dafs es vulgär war, zeigt
das ἀνθρώπειον λῷστον des satyrepiels Kykl. 185, auch fgm. 879 ge-
hört einem solchen. der vers Phrixos 832, 3 ἢ Ζεὺς d λῷστος μηδὲν
ἔνδιχον φρονεῖ ist eine jüdische oder christliche fälschung, wie denn
das bruchstück in einer schrift steht (Iustin de monarchia), die selbst
eine fälschung von fälschungen strotzt. die komödie kennt weder ον
noch Aworog (Ar. Vög. 823 ist bis zur unverständlichkeit verdorben,
Telekleides μφικε. 4 δᾷστοι für λῷστοι verbessert). die atticisten
werfen mit dem längst abgestorbenen worte töricht um sich. — λώεον
gehört zu λῆν, wie ζώς zu ζῆν; wie neben ζώς ζώεος steht, hat es
auch einen positiv λώεος gegeben, Theogn. 96 ὅς x’ εἔπῃ λῷα, φρονῇ δ᾽
ἕτερα, und man mag ihn in dem pseudotheokritischen gedichte Anvai
32 εὐσεβέων παίδεσσι τὰ λώεα anerkennen, obwol bei dem poeten
der verdacht näher liegt, dafs er den comparativ meinte'). Theogn. 853
ndsa μὲν xal πρόσϑεν ἀτὰρ πολὺ λώια δὴ νῦν ist unerträglich, denn
hier ist der comparativ erfordert, zu dem wieder der plural nicht palst.
aber es ist auch nur die lesung dieser stelle in A, ἢ νῦν O, und in der
wiederholung nach 1038 steht das einfache und echte λώεον ἤδη. 800
wird leicht geheilt: ἀνϑρώπων ἄψεκτος ἐπὶ χϑονὶ γίνεται οὐδείς " ἀλλ᾽
ὡς λώιον ῇ, μὴ πλεόνεσσι μέλοι. A hat ὡς εἰ λώιον, Ο ἀλλ᾽
ὡς Awıov ὅ. je weniger sich um ihn kümmern, desto besser: dann
tadeln ihn weniger.
197 Daß ἄλλοις instrumentaldativ ist und zu ῥύεται gehört, ergibt sich
aus dem zusammenhange. an sich könnte es mit ἀφείς verbunden werden
“auf andere abschiefsend’. aber dann entstünde eine unleidliche tauto-
logie, weil das Aporov mit dem σοφόν 202 zusammenfallen würde. nimmt
man ἄλλοις als dativus commodi, so ist zwar der anschluls an die δεελέα
τῶν πέλας unmittelbar vorher gut; aber die sorge für die andern kann
nicht τὸ λῴστον sein. dem μέν 196 entspricht das δέ hinter ἕχας
198, aber den gegensatz bildet nicht das erste glied, sondern der ganze
gedanke ‘er schielst von ferne und setzt sich nicht aus, sondern bleibt
gedeckt’.
1) Auch ῥᾷον als positiv ist durch späteres versehen entstanden und hat dann
ein dadrepo» erzeugt. schon um dieses ῥᾷον willen, aber auch sonst, ist fgm. 1044
mit unrecht dem Euripides gegeben.
vers 197—207. 55
199 οὐτάξειν verwendet der correcte epische stil nur für stich- oder
hiebwunden, wie Aristarch regelmälsig zu bemerken pflegt (Lehrs Ar.
cap. II). dafs die dramatiker sich daran nicht kehren, ist natürlich,
da ja schon die jüngsten teile des epos schwanken, die aristarchische
schule verfehlte aber nicht, die "unwissenheit der νεώτεροι anzumerken,
schol. Hipp. 684, und übertrug es sogar, um ein ζήτημα zu lösen, auf
τιτρώσχειν, das bei Homer “verletzen? bedeutet, schol. Andr. 616.
200 δέδωσε “gibt preis’. IA. 1397 δίδωμι σῶμα τοὐμὸν Ἑλλάδι.
Kykl. 296 die hellenischen tempel @gvSil» οὐ δεδώκαμεν. mit anderer
nuance Ion 575 χρόνῳ δόντες, “der zeit überlassend, abwartend’. δός
μοι σεαυτόν S. Phil. 84, "gib dich mir, meinen planen, hin’. τοῦτο
δὸς τῇ τύχῃ das setze auf das conto der εύχη L T. 501. Herodas 1, 63
μέαν ταύτην ἁμαρτίην δὸς τῇ ϑεῷ. gezierte nachahmer greifen das
auch in der prosa auf. Philostratos vit. Apoll. V 4 τὸν δὲ (Herakles)
σοφίᾳ δόντα γῆν ἀναμετρήσασϑαι πᾶσαν. auch ohne object, muster-
beispiel ἡδονῇ δοὺς Phoen. 21. sonst hilft die sprache mit präpositionen
nach, προδιδόναι ἐπιδιδόναι παραδιδόναι Evdıddvaı.
208 ὡρμισμένος, wie das schiff das an einem steine des ufers festgebun-
den ist, 1094. mit der τεύχη, dem zufall, verbunden ist das ein oxymoron.
205 τὰ καϑεστῶτα vduıua, oder ol x. νόμοι ist das geltende recht,
auch bloß τὰ χαϑεστεῶτα (Herodot I 59 am.ende). ein allgemein aner-
kannter satz heißt del χαϑεστώς Thuk. 176. das was in der öffent-
lichen meinung über uns gesagt wird heilst ö πᾶς λόγος ὅ ἐς ἡμᾶς
χαϑεστώς Thuk. 173. danach kann hier ra χαϑεστῶτα nur den ob-
jectiven tatbestand bedeuten, über welchen Lykos und Amph. subjectiv
verschieden urteilen, τὴν ἐναντίαν γνώμην ἔχουσι. man erwartet frei-
lich den begriff “über das aufgeworfene thema’, was in gewöhnlicher rede
τὰ προχείμενα heilst, also nicht χαϑεστ. sondern παρεστώτων wie
Phoen. 1309, A. Ag. 1053 und so sehr oft (danach zu erklären πρὸς τὸ
παρεστὸς Arist. Ritt, 564). es dürfte so zu ändern sein.
206 δή deutet an, dals Amph. nun endlich zu dem kommt, um das es
sich praktisch handelt.
207 Amph. macht sich einen einwand. er hat den Lykos der ἀμαϑία
geziehen (172. 189), das kann er in diesem einen falle nicht, denn der
feigling Lykos hat allerdings grund die heldenkinder zu fürchten. nur
ist es um so ungerechter, dafs die guten in der hand des elenden sind.
‘doch, wie dem auch sei (εἰ δ᾽ οὖν 213), du bist könig und willst es
bleiben’ — damit lenkt er zu seinem eigentlichen vorschlag zurück. wie
wenig ernst dieser gemeint ist, zeigt sich in der gerade hier besonders
δ6 Commentar,
rücksichtslosen grobheit, wird doch sogar das wort δειλέα gebraucht, das
in verbindung mit Herakles Amph. gar nicht in den mund nehmen wollte.
auch die senile geschwätzigkeit ist hier besonders stark; 211. 12 sind
fast überflüssig.
211 ἃ χρῆν σὲ ὑπὸ τῶν ἀμεινόνων ἡμῶν παϑεῖν würde es in prosa
lauten, denn die logik fordert, dafs ἡμῶν apposition sei. die lebendige
rede zieht das persönliche vor.
215 Das land zu meiden erbieten sie sich, so erscheint ihnen nur’ der
tod als βέαεον. das βιαίως oder πρὸς βίαν ἀποϑνήσχειν erscheint
allgemein als eine steigerung des schrecklichen, das an sich im tode liegt
(unten 550, Antiphon 1, 26), wie denn häufig einem zum tode bestimmten
der selbstmord als gnade gewährt ward. la ist die verabscheuungs-
würdige rohe gewalt geworden, während sie bei Homer einfach die körper-
kraft ist, und in Athen könnte man βέη Ἡρακχλεεείη nur noch im tadel
sagen, μεσεῖ γὰρ ὅ ϑεὸς τὴν βίαν Hel. 903') ganz wie Ps. Justin. ad
Diognet. 7 Bla γὰρ οὐ πρόσεστι τῷ ϑεῷ. dasselbe gilt von μένος Aixı-
γόοιο, denn μένος ist im attischen nur noch “zorn, wut’ Aristoph. Ach. 665
πυρὸς μένος, Wesp. 424 Eur. Hipp. 984. ebenso haben bekanntlich
ϑυμός und ὀργή ihre bedeutung verändert. darin liegt ein stück ge-
schichte hellenischer selbsterziehung zur σωφροσύνη und εὐσχημοσύνη.
aus dem naturmenschen mit seiner elementaren kraft und begierde ist
unter der lehre von μέτρον ἄριστον, καιρὸν ὅρα, παντὶ μέσῳ τὸ χράτος
ϑεὸς ὥπασε der culturmensch geworden, der ἀνὴρ μέτριος, dessen ethik
Aristoteles am vollkommsten gerade dann zusammenfalst, als eine neue zeit
diese schranken bricht: denn die überschreitung des menschlichen nach
oben durch Alexander und Demetrios Poliorketes, nach unten durch Dio-
genes und Krates ist allerdings durch die opposition gegen die demokra-
tische weltanschauung motivirt, die nur die mittelstrafse und schlielslich
nur das mittelmäfsige gelten lälst.
216 πνεῦμα μεταβάλλει “der wind schlägt um’, mit einer von dem
seevolke kaum noch empfundenen metapher. daher unten 480 uera-
βαλοῦσα δ᾽ ἡ τύχη. in ϑεοῦ πνεῦμα mischt sich aber die ebenfalls
gewöhnliche metapher ein, welche die stimmung der seele in richtung
auf jemand σγρεῦμα nennt. πρεῦμα ταὐτὸν οὔποτ᾽ οὔτ᾽ ἐν ἀνδράσιν
φίλοις βέβηκεν οὔτε πρὸς πόλιν πόλει 8. OK. 612, also “wenn die
göttliche gunst sich von dir abwendet’. vgl. 739.
1) 903. 4 sind mit unrecht verworfen; sie bilden die erklärung der vorher-
gehenden bitte, und an sie erst hat der interpolator angesetst. denn 905—24 sind
allerdings unecht.
vers 211---2 99. 57
217 xal εἰς σέ γὰρ ist zu verstehen. “ich komme nämlich bei meiner
austeilung von vorwürfen auch zu dir’. in einem solchen scheinbar
anticipirten satz mit γάρ (in wahrheit begründet er nichts, als dals der
betreffende angeredet wird, ist also gar nicht anticipirt) hat καὶ γάρ keine
stelle. dagegen wird xal im drama sehr oft von dem worte weggerückt,
zu dem es eigentlich gehört. Hipp. 390 λέξω δὲ xal σοι τῆς ἐμῆς
γνώμης ὅδόν für λέξω δέ σοι καὶ τὴν ὁδὸν τῆς γνώμης; zu der
stelle habe ich einige beispiele gegeben.
eis σ᾽ ἀφίξομαι ist überliefert und schreibt man. über εἰς zu 34.
das betonte pronomen kann aber nicht ganz verschluckt sein, vielmehr
mufs in solchem falle eine synaloephe wie im lateinischen und roma-
nischen stattgefunden haben; es ist also voll zu schreiben. die torheit,
sich den logischen hauptaccent auf einer verschluckten sylbe liegend zu
denken hat I. Bekker, hom. bl. II 229, treffend gekennzeichnet.
220 Eur. verschmäht in eigennamen den anapäst auch innerhalb des verses
durchaus nicht. El. 313 μήτηρ δ᾽ ἐμὴ Φρυγίοισιν, Ion 285 τιμᾷ σφε
Πύϑιος ἀστραπαί ve Πύϑιαι, Orest. 459 ἀπωλόμην Πενέλαε, 1535
σύγγονόν τ᾽ ἐμὴν Πυλάδην τε. die lustigen figuren des satyrspiels
und die komödie hatten die freiheit längst, also ist höchstens die selbst-
beschränkung der tragiker wunderbar. allerdings ist dies das älteste
nachgewiesene beispiel.
Der vers kann nichts anderes bedeuten als dals Her. ganz allein eine
entecheidungsschlacht mit den Orchomeniern bestanden hat. wir kennen
keine solche sagenform; vielmehr ist Her. entweder der führer einer frei-
schar (Diodor IV 10) oder geradezu der heerführer der Thebaner, und
diese tradition darf wenigstens als eine gute epichorische gelten, da Her.
πολέμαρχος ist (Apollod. bibl. II 69), d. h. den titel führt, der in den
einzelnen boeotischen städten wirklich dem feldherrn zukommt. auch
das ward gesagt, dals Her. durch verstopfung der Katabothra die frucht-
felder der Orchomenier in den Kopaischen see verwandelt hätte, was der
gewährsmann des Pausanias 9, 38 aus Homer widerlegt. dals Eur. einer
ganz andern verschollenen tradition folgt, kann nicht befremden.
221 τιϑέναι zu setzen, wo die prosa srag&ysıy braucht, ist dem drama
mit dem epos (φάος ἑτάροισιν EInxev) und der lyrik (χάρματ᾽ ἄλλοις
ἔϑηχεν Pind. Ol. 2, 99) gemeinsam. Med. 383 ϑανοῦσα ϑήσω τοῖς
ἐμοῖς ἐχϑροῖς γέλον. für den accusativ tritt der infinitiv ein, d. h. das
verbum in nominaler form, welche jeden casus vertritt, Tr. 1056 γυναιξὶ
σωφρονεῖν ϑήσει.
222 “Ich konnte Hellas nicht loben, weil es undankbar war, und ich
68 Commentar.
werde auch nicht davon schweigen. so ist der gedanke gefalst, und so
ist auch noch construirt, aber in der lebhaftigkeit der rede ist das zweite
glied zwischeneingeschoben, οὐδ᾽ Ἑλλάδ᾽ ἤνεσα — οὐδ᾽ ἀνέξομαι
σιγῶν — κακίστην λαμβάνων, so dafs der zusammenstofs der parti-
cipia, wenn man nicht richtig recitirt, verwirrend wirken kann. solche
anticipationen sind den Griechen sehr geläufig, II 322 τοῦ δὲ Θρασι-
μήδης ἔφϑη ὀρεξάμενος πρὶν οὐτάσαι, οὐδ᾽ ἀφάμαρτεν, ὦμον ἄφαρ,
wo der accus. von ὀρεξάμεγνος abhängt. _1 738 ἔλον ἄνδρα, κόμισσα
δὲ μώνυχας ἵππους, Movluov. N 476 μένεν ᾿Ιδομενεύς, οὐδ᾽ ὑπεχώρει,
Aivelay. Theogn. 461, μή ποτ᾽ ἐπ᾽ ἀπρήχτοισι νόον Eye, μηδὲ
μενοίνα, χρήμασι. Kykl. 121 σπείρουσιν, ἢ τῷ ζῶσι, Ζ“ήμητρος
στάχυν, 466 γέγηϑα, μαινόμεσϑα, τοῖς εὑρήμασιν. vgl. unten 975.
“meine ruh ist hin, mein herz ist schwer, ich finde sie nimmer:’ vgl.
Lachmann zu Properz. IV, 3.
223 Das schöne blonde har wird an Lykos hervorgehoben, weil er jung
und kräftig ist, als contrast zu seiner feigheit. Eur. scheint ξαγϑός nur
vom hare zu sagen. Aischylos sagt es auch vom öle, Sophokles vom
weine, Aristophanes vom braten, Pindar vom gold und weihrauch.
unsere litteratur gestattet nicht zu erkennen, worauf Theophrast zielt,
wenn er den Dorern nachsagt, bei ihnen würde 5a». 36; von den ἔχλευχα
μᾶλλον gesagt (de lap. 37).
225 novilwvxadaguarwy χέρσου re gesuchte und beliebte incongruenz,
da entweder beide male der genetiv oder beide male ein adjectiv erwartet
wird. 1159 σιτερωτὸς ἢ κατὰ χϑονὸς μολών. Pind. N. 11, 45 ueya-
λανορίαις ἐμβαίνομεν ἔργα ve πολλὰ μενοινῶντες, Pyth. 10, 29 vavoiv
οὔτε πεζὸς ἰών (mit ἀπὸ χοινοῦ gestelltem οὔτε). Empedokles 270
μεμδιγμένα, τῇ μὲν ἀπ᾽ ἀνδρῶν, τῇ δὲ γυναιχοφυῆ. und so sehr
häufig ähnliches.
227 Anrede der kinder lediglich aus der rhetorischen absicht, den ἔλεος
für den epilog zu erregen.
229 Ein für uns anstölsiges verweilen bei den schwächen des alters
aus derselben absicht. vgl. zum ersten chorlied.
232 Für die erste person des praeteritums wendet Eur. nicht mehr blofs
die richtig aus ἔα zusammengezogene form 7; an, sondern läfst als
erster die durch die falsche analogie der aoriste, wie ἔβην ἐστάλην, ent-
standene form ἦν zu, schon 438, Alkest, 655: es ist also in allen fällen,
wo das versmals nicht entscheidet, nicht ganz sicher, ob er auch das
richtige bewahrt hat. die byzantinischen schreiber haben aber erweislich
das falsche gegen die ältere tradition eingeschwärzt (Didymos im schol.
vers 223—236. 59
Hek. 13, Rhesos 63 im papyrus Achmin), so dafs die jetzt geltende
praxis, das sprachlich correcte herzustellen, wo es nur angeht, das vor-
sichtigste und geratenste ist.
233 ἔγχος ist unbestimmt: dafs es ein speer ist, erfährt man 239; es
könnte eben so gut ein schwert sein, vgl. 1002. — “blond’ sind Lykos
locken nur um die jugend zu bezeichnen. vgl. 362.
234 Über die grenzen des Atlas zu 394. als äufserste ferne bei Eur.
z. b. noch Hipp. 1053.
Ein weibliches nomen ἡ πέρα, das gegenüberliegende land, hat im
ionischen sich seit Homer nur noch im accusativ πέρην erhalten, der
fast durchaus nur noch als praeposition trans empfunden wird. doch
erkennt man bei Pherekydes (Schol. Apoll. Rh. 4, 1396, s. 523, 10)
διαβαίνει εἰς πέρην, leicht in πέργην verdorben. im attischen ist
auch noch einmal, im ältesten stücke des Aisch., der genetiv erhalten,
&x πέρας Ναυπαχτίας Hik. 262, und sehr oft sce&gav, das z. Ὁ. A.
Ag. 190 XaAxidog πέραν ἔχων volle nominale kraft hat. endlich πέρα.
dies schreiben wir ohne iota, weil die grammatiker es nicht mehr ver-
standen, vermutlich wider den gebrauch der dichter des 5. jahrhunderts,
denen man den unterschied des locativs und accusativs zutrauen muls,
zumal Eur. Her. 81 auch πέραϑεν hat. demnach war hier, wo das ziel
bezeichnet ist, der accusativ herzustellen, den die parallelstelle des Hipp.
bewahrt hat. man pflegt das wort nur zu brauchen, wo das scheidende
ein wasser ist. die Dorer hatten das wort auch; ein Πέραιον lag bei
Korinth, auf Thera heilst ein mann Περαεύς (Inser. Gr. Ant. 450),
Περαία heifst mit festem namen der festlandsbesitz der Rhodier, und
in nachahmung davon haben die jüdischen ethnarchen das Ostjordanland
ebenso genannt: in Athen ist der ortsname geschwunden; man dachte
nicht mehr an die etymologie der Πειραῆς, weil deren insel mit dem
festland längst verwachsen war. der unechte diphthong macht schwierig-
keit, die sich zwischen τὸ πέρας (so auch aeolisch) und πεῖραρ, πεί-
ρατα wiederholt.
235 Der consecutivsatz mit ὥστε wird noch als ein wirklicher satz
empfunden, so dals φεύγειν ἄν steht, wie ἔφευγεν ἄν notwendig stehn
mülste. ἄν könnte auch fehlen: dann würde nicht ein satz zu grunde
liegen, sondern der infinitiv ein nomen vertreten.
236 Seit die tragödie ihre festen formen hat, zu welchen der kampf
zweier personen in rede und gegenrede gehört, ist es sitte, diesen reden
beiden oder doch der ersten ein par chorverse folgen zu lassen (meist
zwei oder auch vier, einzeln drei oder fünf, nie blo[s einen) deren auf-
60 Commentar.
gabe wesentlich ist, den abschlufs zu markiren und den aufbau der scene
fühlbar zu machen. in folge dessen werden die verse immer leerer an
inhalt, zumal auch die individualität des chores immer schattenhafter wird.
festgestellt hat sich diese praxis, wie so viel ähnliches, in der zeit, aus der
wir keine dramen besitzen, 460—40, durch die damals jungen dichter.
denn Sophokles in der Antigone und Euripides in der Alkestis halten
schon die regel inne. Aischylos kennt keine solchen redegefechte, aber
den keim hat auch hier der alte meister gelegt. seine epeisodia zeigen
noch spuren davon, dafs sie aus langen reden des einen schauspielers
entstanden sind, und der dichter trägt sorge, die länge durch zwischen-
reden oder noch lieber gesänge des chores zu beleben, z. b. Choeph.
972 fig. Ag. 281 fig. Prom. 436 fig. 786 fig. und dahin gehören die
kurzen strophen, welche in den Sieben auf jede doppelrede folgen, die
einem kämpferpare gelten. ein chor von Danaiden oder Eumeniden kann
nur als partei mitreden und in der sonst ähnlich gebauten scene Ag.
1372 fig. ist der chor auch partei. an leeren solchen distichen fehlt es
nicht (z. b. Pers. 843. 44), wie auch die stichomythie von füllversen
nicht frei ist. aber erst bei Eur. ist die starre manier da, und wenig
ist für den leser so unerquicklich wie diese trivialitäten. leider haben
sie deshalb den florilegienmachern gut gepafst und füllen unsere frag-
mentsammlungen.
ἀφορμή ist im eigentlichen sinne ‘das wovon man ausgeht, also z. Ὁ.
die “operationsbasis Thuk. I 90. der krüppel sagt bei Lysias (24, 24)
“führe ich ein herausforderndes sykophanten- und junkerleben? das er-
lauben mir armem krummem teufel meine mittel nicht’ οὐ τοιαύταις
ἀφορμαῖς τοῦ βίου χρῶμαι. der Korinther des 6 jhdts bittet den Po-
seidon didov χαρέεσσαν ἀφορμάν (ISA 20, 62): das weihgeschenk soll
den grund zu seinem glücke legen, wie ein anderer bittet τὺ δὲ δὸς
xaoleooav ἀμοιβάν (20, 108"). technisch nennt man so das “anlage-
kapital’ Xen. πόρ. 4, 34. Demosth. für Phorm. 44. während Aisch.
Soph. das wort gar nicht, die komödie selten hat, wendet es Eur. öfter
an. kinder sind eine ἀφορμὴ εὐδαιμονίας Ion 474, sogar in einem
chorlied; die verbannte Medeia (342) bittet um einen tag frist, sich einen
zufluchtsort und eine ἀφορμή für ihre kinder zu suchen. aber öfter
ist es bei ihm ein technisch rhetorischer ausdruck, wie hier “der gute
mann findet für seine reden (das ist τοῖς λόγοισιν) immer ἀφορμαί᾽.
ΗΘΚ. 1238 in eben solchem zwischenspruche des chores χρηστὰ πράγ-
ματα χρηστῶν ἀφορμὰς ἐνδίδωσ᾽ del λόγων. Bakch. 266 im pro-
oemium der gegenrede “es ist für den weisen mann leicht zu reden, wenn
vers 236. 61
er τῶν λόγων χαλὰς ἀφορμὰς λάβῃ. Phoen. 199 ‘die weiber in ihrer
klatschsucht σμεχρὰς ἀφορμὰς ἢν λάβωσι τῶν λόγων πλείους ἐπεσ-
φέρουσι (nicht eigentlich ἀφορμάς, sondern was sie von sich an deren
stelle μηδὲν ὑγεές hinzutun)’. die ἀφορμή einer rede ist also das für
sie ‘gegebene’, ihre “operationsbasie’, ihre ὕλη, die materie an der sich
die inventio betätigt, das “anlagecapital”? mit dem sie wuchert. in der
aristotelischen und hermagoreischen rhetorik wird das wort nicht verwandt,
wol aber gehört es zu dem wortschatze, den Anaximenes als einen schon
fest geprägten aus älterer technik übernommen hat. er führt cap. 3 die
apogual aus, die man hat, wenn es gilt eine neuerung zu widerraten
oder zu empfehlen; 38 sagt er abschliefsend, man soll sich gewöhnen
xard τὰ πεπραγμένα τοὺς λόγους ἀποδιδόναι (das sind die euripi-
deischen πράγματα in der Hekabe), dann wird man nicht blofs in den
ἀγῶνες, sondern auch in den ἄλλαι ὁμιλίαι πλείστας καὶ τεχνιχω-
τάτας ἀφορμὰς besitzen; man soll das aber auch auf den βέος über-
tragen, was dann des breiteren ausgeführt wird: das ist die moralische
wendung, die Eur. in Hek. Her. und in sophistischer antilogie auch
Bakch. gibt. da liegt also zu tage, dafs Eur. und Anaximenes von dem-
selben alten rhetor abhängen, der sich durch die moralische wendung
als ein sophist, kein blofser techniker, ausweist. Eur. hat seine unter-
weisung früher empfangen, als von Gorgias einfluls die rede sein kann:
das führt auf Thrasymachos von Chalkedon, und wirklich, unter den
werken dieses viel zu wenig geschätzten mannes gab es ἀφορμαέ (Buid.
s. v.), die freilich niemand, der sich um die wortbedeutung gekümmert
hat, für einen generaltitel halten kann. er hat auch ἔλεοι geschrieben,
und das ist wieder eine hauptstärke der euripideischen beredsamkeit.
Theophrast, der den Thrasymachos richtig gewürdigt hatte, schreibt ihm
die begründung der μιχτὴ λέξις zu: das ist auch nach der ansicht der
peripatetiker die euripideische. übrigens wird zwischen beiden männern
eine wechselwirkung anzunehmen sein, denn Thrasymachos ist ungefähr
gleichzeitig mit Eur. gestorben und kann schon lange vor 427, wo er
zuerst erwähnt wird, tätig gewesen sein, aber für älter als Eur. oder im
eigentlichen sinne seinen lehrer kann man ihn nicht halten.
Der tyrann macht endlich dem nutzlosen wortgefecht ein ende und tut
was er von vornherein vor hatte. sein character ist durch die bomba-
stische sprache und den plumpen hohn gezeichnet. es ist ein hohler
renommist, wie die barbaren Thoas der Iph. T. und Theoklymenos der
Helene. fast lächerlich wirkt es, dals in Theben nicht holz genug für
einen scheiterhaufen vorhanden sein soll, sondern eine expedition in die
62 Commentar.
berge gemacht werden mufs, wie im !P (das allerdings wol diesen mis-
griff bewirkt hat), und man wird versucht, den opfern zu zürnen, dafs
sie den notwendigen aufschub mehrerer tage nicht benutzen. die hoch-
mütige behandlung des chores ist dazu da, den tyrannen im verhältnis
zu Theben zu kennzeichnen.
237 πυργοῦν zu 475. xaxög steht mit nachdruck am schlusse, obwol
es auch zu λέγε gehört. die antike grammatik nennt jede erscheinung,
welche ein wort, das zu zwei sätzen gehört, nur ein mal setzt, σχῆμα
χατὰ χοινόν oder ἀπὸ χοινοῦ. die modernen beschränken es auf außser-
gewöhnliche fälle verschiedener art, haben es zudem bei Römern, die
ihrerseits vou Alexandrinern abhängen, zunächst beobachtet und die
classische poesie teils nicht richtig beurteilt, teils vernachlässigt. ein fall
wie dieser ist gar nicht besonders poetisch, Ar. 1.08. 180 παντᾶ x’ ἔχοι
xal τᾷδε γὰρ λέγεις χαλῶς, wo freilich, wie unzählige male, verkehrt
geändert ist. nur die wortstellung ist nicht die gewöhnliche. darauf läuft
vieles hinaus, unten 1091, Hipp. 402 ἐμοὶ ein μήτε λανϑάνειν καλὰ
μήτ᾽ αἰσχρὰ δρώσῃ μάρτυρας πολλοὺς ἔχειν. Tro. 1210 οὐχ ἵπποισι
νιχήσαντά σὲ οὐδ᾽ ἥλικας τόξοισι. Anakreon 94, 8 Ἴ]ουσέων τε xal
ἀγλαὰ δῶρ᾽ Ayoodirng, Xenophanes bei Sext. adv. log. 149 ἀμφὶ ϑεῶν
τε xal ἅσσα λέγω περὶ πάντων. demnach ist das σχῆμα eigentlich
so zu definiren: ein satzglied, welches für zwei sätze unbedingt nötig ist,
steht erst beim zweiten. so besonders häufig bei präpositionen, Homer
μ 21 ἤ ἁλὸς ἢ ἐπὶ γῆς ... πῆμα παϑόντες Hesiod Aspis 149 7 da
γόον TE καὶ ἐκ φρένας εἵλετο φωτῶν. Alkman 22 ϑοίναις δὲ καὶ
ἐν ϑυσίαισι. Aisch. Sieb. 1082 μητρὸς ταλαίνης χἀπὸ δυστήνου
πατρός, Pers. 492 ΠΙαγνητικὴν γαῖαν ἐς τε Maxedövwv, Ag. 656
χειμῶνι τυφῶ σὺν ζάλῃ τ᾽ ὀμβροχτύπῳ, Pindar Pyth. 12, 9 παρϑε-
vloıg ὑπό τ᾽ ἀπλάτοις ὀφίων χεφαλαῖς, Soph. Ant. 366 ποτὲ μὲν
χακόν, ἄλλοτ᾽ ἐπ᾽ ἐσθλὸν ἕρπει, Eur. Herakl. 756 μέλλω τᾶς πα-
τριωτίδος γᾶς, μέλλω καὶ ὑπὲρ δόμων, 1. T. 887 βάρβαρα φῦλα
χαὶ δι᾽ ὁδοὺς ἀνόδους στείχων. es kann aber ebenso gut ein appo-
sitioneller begriff (adjectiv, abhängiger genetiv, adverb u. dgl.) sein. Aisch.
Ag. 115 ὁ κελαινὸς ὃ τ᾽ ἐξόπιν ἀργός (ἃ. i. μελάμπυγος und λευχό-
πυγος vgl. Porphyr. zu 2 315), 589 ἅλωσιν ’IAlov τ᾽ ἀνάστασιν, 1319
ἀνὴρ δυσδάμαρτος ἀντ᾽ ἀνδρὸς ϑάνῃ, Choeph. 41 μέμφεσθαι τοὺς
γᾶς ἔνερϑεν τοῖς χτανοῦσί τ᾽ ἐγχοτεῖν, Soph. El. 929 ἡδὺς οὐδὲ μητρὶ
δυσμενής, Ο. Τ. 72 δρῶν ἢ τί φωνῶν, Ο. Τ. 802 χῆρυξ τε κἀπὶ πω-
λιχκῆς ἀνὴρ ἀπήνης (nicht gut, weil es wichtig ist, dafs der herold auf dem
wagen war), Eur. Hik. 22 ἔγχος τήν τε δυστιχεστάτην στρατείαν, Med.
vers 237—241. 63
36 στυγεῖ παῖδας οὐδ᾽ ὁρῶσ᾽ εὐφραένεται, Phoen. 284 μαντεῖα σεμνὰ
AoSlov τ᾽ ἐπ᾽ ἐσχάρας, Hel. 1042 πεδίων ἄπειροι βαρβάρου τ᾽ ἐσμὲν
χϑονός, Pind. Pyth. 4, 195 νύχτας τε καὶ πεόγντου κελεύϑους ἄματα τ᾽
εὔφρονα. in prosa ist es kaum zu glauben, also z. b. derjenigen über-
lieferung, die es Herodot 7, 209 hat, zu mistrauen (πρὸς βασιλήην τε
καὶ καλλίστην πόλιν A, καὶ und πόλιν fehlt R). dafs auch die moderne
hohe poesie auf solche figur geführt wird, zeigt Goethe, Faust 1129
mir sollt!’ er um die köstlichsten gewänder, nicht feil um einen königs-
mantel sein. Hermann und Dorothea 2, 248 als du zu pferden nur
und lust nur bezeigtest zum acker. besonders auffällig sind die fälle,
wo das zweite satzglied eine correlative partikel enthält, durch welche
man erst erfährt, dafs die entsprechende zu dem ersten hinzugedacht
werden muls. eine erscheinung, die dem ähnlich ist, hat für das griech-
ische sprachgefühl nichts befremdliches gehabt, nämlich die unterdrückung
der negation bei dem ersten gliede, wenn οὐδέ beim zweiten steht. Ar.
Vög. 694 γῇ δ᾽ οὐδ᾽ ἀὴρ οὐδ᾽ οὐρανὸς ἦν. Inschrift von Teos des
3. jahrhunderts, aber in alter formel Bull. Corr. Hell. IV 115 z. 55
“εροϑεσμίᾳ μηδὲ ἄλλῳ τρόπῳ μηδενί. urkunde bei Thuk. V 47
τέχνῃ μηδὲ μηχανῇ μηδεμιᾷ. gesetz bei Isaios 6, 47 νόϑῳ μηδὲ
νόϑῃ εἶναι ἀγχιστείαν. Herodot 1, 215 σιδήρῳ δ᾽ οὐδ᾽ ἀργύρῳ χρέ-
wvraı οὐδέν. Demosth. 22, 4 ἁπλοῦν οὐδὲ δίκαιον οὐδὲν ἂν εἰπεῖν
ἔχοι. die letzten zwei beispiele sind durch die wiederholung der negation
leichter. aber die poesie wagt es, das rein correlative οὔτε nur zum
zweiten gliede zu setzen, Pind. P. 3, 30 ἔργοις οὔτε βουλαῖς, P. 6, 48
ἄδικον οὔτ᾽ ὑπέροπλον ἥβαν δρέπων, P. 10, 29 ναυσὶ δ᾽ οὔτε πεξὸς
ἐὼν ἂν εὕροις. A. Choeph. 294 δέχεσθαι οὔτε συλλύειν τινά, Ag. 532
Πάρις οὔτε συντελὴς πόλις. 8. Ο. Κ. 1561 [μήτ᾽] ἐπιπόνῳ μήτ᾽
ἐπτὶ βαρυαχεῖ ξένον ἐξανύσαι μόρῳ. Eur. Hipp. 550 δὁρομάδα vald’
ὅπως te βάχχαν. hier ändern alle, weil sie es verkennen, trotzdem
dafs derselbe doppelte vergleich Hel. 543 steht, und so häufig: in wahr-
heit liegt es auf der hand, dafs solche constructionen viel eher zerstört
als fälschlich eingesetzt sein müssen.
240 Wald ist also schon damals erst im gebirge zu finden. der Par-
nassos ist zur nachbarschaft Thebens auch 790 gerechnet. er ist weit
entlegen, und ein Thebaner würde eher an den Kithairon gedacht haben:
aber der gehörte nach attischer anschauung nicht zu Theben, vgl. 1163,
und nur in der Pentheus- und Oedipussage gibt der Athener das alte
verhältnis notgedrungen zu.
241 δρῦς ist ‘baum’, oder allenfalls ‘laubbaum’, nicht“eiche’. das ist
64 Commentar.
die ursprüngliche bedeutung, und Eur. nennt z. b. den pfahl, mit dem
der Kyklop geblendet ist, δρυὸς ἔρνος (615): der war bekanntlich von
olivenholz. die sprache differenzürt den begriff ‘baum’ in “laubholz oder
nadelholz’ δρυὸς ἤ ἐλάτης κλάδοισιν Bakch. 110, Phoen. 1515 aus
älterem formelschatze entlehnt. ἢ δρυὸς ἢ πεύκης Ψ 328, vgl A 494,
ı 186. mit den nymphen entstehen ἢ ἐλάται ἠὲ δρύες Homer hymn.
an Aphrod. 264. auch später noch, Theokrit. 7, 88. 5, 45.
243 ἀμφήρη νήσαντες gehört zusammen. die mit-jong gebildeten
adjective haben meist nur die bedeutung des stammes (χαλχήρης ueo-
σήρης χλοήρης, τοξήρης oben 188) schon bei Mimnermos ein sehr
starkes beispiel χαλεπῆρες ἄεϑλον 11, 3. man hilft sich auch mit dieser
composition, wo einfache ableitungen fehlen, ἀγχήρης Soph. fgm. 6; es
ist also nur eine steigerung desselben begriffes der fülle, für den schon
πέριξ da ist; auch dies bombast ἐν ἤϑει.
244 ἐμιπίμπρατ᾽ αὐτῶν καὶ πυροῦτε σώματα ist im grunde die-
selbe verschränkte wortstellung die in besonderen fällen ἀπὸ κοινοῦ
genannt zu werden pflegt.
246 τάδε ist nicht mülsig, sondern es ist plump höhnende beschränkung.
ἀλλ᾽ ἐγὼ τὸ νῦν ἐπὶ τοσοῦτόν γε κρατῶ --- ὦστε ὑμᾶς οὕτως διατι-
ϑέναι. deutlich beschränkend, aber mit geringerer kraft Heraklid. 641,
L A. 537.
247 πρέσβεις im sinne von πρεσβῦται ungewöhnlich, aber gesichert
durch A. Pers. 842. das participium gehört appositionell zu dieser anrede.
249 δόμων τύχας: olxslag; weil diese bedeutung notwendig ist, mufs
der plural für den überlieferten singular hergestellt werden. denn jeder
einzelne soll für sich und die seinen zittern.
250 yaoxeıv “den mund auftun, mucksen, muttire‘. 8. Ai. 1227; ge-
wöhnlich ist nur aorist und perfect. das praesens (welches in classischem
griechisch nur χάσχω ist, nie yalvw) steht dynamisch “den mund auf-
machen wollt”.
251 Auch das ist tyrannischer hohn, dafs er die untertanen als sclaven
bezeichnet.
Eine längere rede des chorführers ist überhaupt selten, weil der chor
nicht zum reden da ist, und kommt nur vor, wenn er in die handlung
eingreift, wie Hik. 263, Hel. 317. das tut er bei Aisch. immer, aber dieser
wendet längere iambische reden nur vor oder nach einem gesange des
chores an, Ag. 489, Eum. 244.
Der chor ist am meisten gereizt durch den vorwurf der δουλεέα,
denn das kränkt ihn in seinem adel. er versucht deshalb den streich
vers 243—253. 65
zu führen, den Amphitryon 235 nur aus altersschwäche unterlassen hat.
er schmäht den plebejer, weist den vorwurf ab, dafs ihm die sache
der kinder nicht ein oixeiov wäre — da läfst er ohnmächtig den
stab sinken und gesteht die schwäche wie Amphitryon. wie kommt er dazu?
es ist keine vermittelung zwischen 266. 67. warum gehn sie Lykos
nicht zu leibe? wie verhält sich der dagegen? ein wort hören wir
nicht; Lykos straft den chor überhaupt mit verachtung. mit sicherheit
wird hier also stummes spiel ergänzt: es muls etwas während der rede
des chors geschehen, was diesen zu dem verzichte 267 bringt. offen-
bar weicht Lykos nicht zurück, sondern bietet mit seinen trabanten dem
chore die spitze: und deren gefällte lanzen oder gezückte schwerter ge-
nügen für die zuschauer völlig, das zurückweichen der greise zu motiviren.
252 Die drachensaat des Kadmos, aus der die Sparten hervorgehn, pflegt
nicht dem Ares zugeschrieben zu werden, dessen sohn der drache war,
und der die masse der erdgebornen hopliten fällte Aisch. Sieb. 412
σπαρτῶν ἀπ᾽ ἀνδρῶν ὧν Aons ἐφείσατο. allein da dem Kadmos
dieser ihr selbstmord zum heile gereicht hat, so lag es nahe, dem gotte,
der den mord bewirkte, auch die aussaat zuzuschreiben. zu dieser stelle
stimmt Pherekydes im schol. Apoll. Rhod. 3, 1179, wo Ares dem Kadmos
die aussaat der drachenzähne angibt. auch Eur. sagt nicht, dafs Ares
den drachen getötet habe, sondern höchstens dafs er die zähne aus-
gebrochen oder ausbrechen gelehrt hat,
253 ἐρημοῦν zu 359. λάβρος accentuiren wir falsch, weil das littera-
risch allein noch erhaltene wort von den grammatikern für ein compo-
eitum gehalten ward (Herodian I 203 Etym. M). es ist in wahrheit Aaße-
οὐς "zupackend’: _1aßooc heilst ein hund auf der Frangoisvase, λάβραξ
ein raubfisch. so noch Theognis 634 “ überlege dirs zwei dreimal, denn dem
λάβρος ἀνήρ, dem der gleich zupackt, bekommt es übel.” davon ist die
hier vorliegende bedeutung ‘gierig’ eine fortbildung; so Pind. P. 4, 244,
λαβρόταται γένυες des kolchischen drachen. vielleicht E. Hel. 379
λάβρον ὄμμα λεαίνης (die stelle ist unverständlich). so gilt das wort
in der späteren prosa, wenn es auch von guten stilisten gemieden wird.
älter bezeugt ist die zweite bedeutung “umfassend, reichlich’, Ζέφυρος λά-
Boos Erraıyliwy Β 1417, λάβρον χῦμα Ο 625, danach unten 861, ποτα-
μὸς ... λάβρος ὕπαιϑα dewv ® 271 (so zu verbinden) im epos.
diese bedeutung galt im ionischen noch im 5. jahrhundert (vom regen
Herodot VII 12, von blutflüssen Hippokrat. epidem. L 16, wo eich stil-
widrig das später gemeine adverbium eingedrängt hat), ward von der
hohen poesie überhaupt festgehalten und drang in den homerischen ver-
v. Wilamowitz IL 5
66 Commentar.,
bindungen einzeln in die schriftsprache namentlich der halbgebildeten.
nahe lag die wendung zum übertriebenen, λαβραγόρης "reden wie ein
wasserfall’? in dem späten gedichte X (479. 474 λαβρεύομαι); auch
dies dann in der hohen poesie. λάβρος στρατός der geschwätzige
demos Pind. P. 2, 87.
257 Den vorwurf der δυσγένεια schleudern sie ihm im ärger doppelt,
positiv und negativ, ins gesicht. Ion 607 ἐλθὼν ἐς olxov ἀλλόερεον
ἔπηλυς ὦν. χάχιστος geht das moralische an und steht für sich.
258 Dals er sein landesherr ist (ἄρχει τῶν ἐμῶν), kann der chor nicht
leugnen: aber die παρρησία, die persönliche freiheit, soll er ihm nicht
nehmen. δεσπόζειν hier und 274 in der gehässigen bedeutung, vgl. 28.
259 πολλὰ χαμών gehört zusammen; es ist homerische reminiscenz;
andrerseits ἐσπτόνησα χερί.
260 ἀπέρρων (poetisch = ἀποφϑειρόμενος 1290) mülste eigentlich
partic. aor. sein: aber das drama wendet nur den praesensstamm an,
der somit aushelfen muls. ebenso wird λεύσσω behandelt, vgl. zu 725.
262 οὐ τοσόνδε: ὥστε χἀμὲ ἐπιλαϑόμενον ὧν ἐμόχϑησεν ὅ πατὴρ
τοὺς παῖδας περιιδεῖν ἀποθϑνήσκχοντας. --- aus Ἡρακλείους παῖδας ent-
nimmt man den eigennamen leicht, auf den sich &xeivog bezieht. 8. Trach.
260 πόλιν τὴν Εὐρυτείαν᾽ τόνδε γὰρ μεταίτιον ἔφασκε. schon
schwieriger Pind. Nem. 8, 21 ὄψον δὲ λόγοι φϑονεροῖσιν᾽ ἅπτεται δ᾽
ἐσθλῶν ἀεί, nämlich der φϑόνος. Ion 336 αἰδούμεϑα — ἀργὸς ἡ
ϑεός, nämlich die αἰδώς. noch härter in der altattischen (oder ionischen)
schrift, die Iamblich protr. 20 auszieht, 101, 25 τοὺς εὐτυχοῦντας ἀσ-
φαλεῖ αὐτῇ χρῆσϑαι, nämlich τῇ τύχῃ, wo allerdings eine verderbnis
durch Iamblich möglich ist, der aus der directen in die indirecte rede
überspringt.
264 διολέσας ἔχεις darf nicht als paraphrase von δεώλεσας gefalst
werden, sondern beides hat seine volle kraft; es ist χέχτησαι τὰ xdxıora
ποιήσας. das zeigt die antithese ὠφελήσας ἀξίων οὐ τυγχάνει.
266 “Und da macht man mir den vorwurf der πολυπραγμοσύνη᾽ mit
bezug auf das yaoxeıv 250. πολυπραγμονεῖν ist für die tragödie eine
zu dyogala λέξις, aber πολλὰ πράσσειν in dem sinne hat Eur. öfter,
Hipp. 785, Antiop. 193,
269 “In deiner schwäche liegt es mit, dafs dein sehnen zerstört ist’. die
logik könnte verführen statt τὸν πόϑον das ποϑούμενον zu fordern, weil
ja nicht die sehnsucht, sondern nur ihre erfüllung zerstört ist: dafs das
schief geurteilt wäre, kann der deutsche leicht einsehen, wenn er nur
“wunsch’ für πόϑος einsetzt. weit kühner sagt Soph. Tr. 196 τὸ ποϑοῦν
vers 257 --- 975. 67
ἕκαστος ἐχμαϑεῖν ϑέλων οὐχ ἂν μεϑεῖτο, πρὶν as” ἡδονὴν χλύειν.
“von seinem wunsche läfst keiner der hören will, ehe er zur genüge
gehört hat’. noch Plutarch de virt. et vi. 2 kann von den träumen
sprechen als εἰδώλοις καὶ φάσμασιν εἰς οὐδεμίαν ἡδονὴν οὐδὲ τε-
λείωσιν τοῦ ἐπιϑυμοῦντος τελευτῶσιν.
272 χαίρεις ἐντρυφᾷς ταῖς Θήβαις. χαέρειν eben so prägnant S. O.
T. 1070 von einem adelsstolzen weibe ἐᾶτε τήνδε πλουσίῳ χαίρειν
γένει. ähnlich schon _4 158, Achill an Agamemnon σοὶ ἑσπόμεϑ᾽,
ὄφρα σὺ χαίρῃς. der gewöhnliche gebrauch des particips χαέρων, 258,
ist mit diesem seltenen im grunde identisch. auch das nomen χαρά hat
A. Sieb. 442 diese bedeutung, wenn Kapaneus χαρᾷ ματαίᾳ ϑνητὸς
ὧν seine trotzreden gen himmel schleudert.
Megara hat bisher geschwiegen, aber wir wissen aus dem prologe, dals
sie weder hofft noch zu transactionen geneigt ist. so lehnt sie kurz
und würdig die hilfe des chors ab und begründet den vorschlag, gut-
willig in den tod zu gehen, mit der rücksicht auf die ehre des Her. und
die εὐγένεια, auf die sie alle anspruch machen. das würde genügen und
einen reinen eindruck machen; aber auch hier hat der dichter der rhetorik
seinen tribut gezollt: 295—306 möchte man los sein, und leicht erkennt
man, dafs diese verstandesmäfsigen erwägungen in diesen mund und an
diese stelle schlecht passen, denn plötzlich abspringend kehrt Meg. 307
genau zu dem zurück, wovon sie 295 abbog. in dem mittelstück wird die
hoffnung des Amph. 97 als illusorisch und sein vorschlag 213 als aussichts-
los und nicht einmal an sich befriedigend erwiesen; rhetorisch vortreff-
lich und mit feinen sentenzen, nur nicht dramatisch, und störend, weil es
von der vollendeten ethopoeie der umgebung um so stärker absticht.
275 ἐπαινῶ (αἰνῶ ist nur poetisch) ἐπήνεσα (unten 1235), χαλῶς
λέγεις, κάλλιστα sagt der Athener, wenn er ein compliment oder eine
einladung dankend ablehnt, z. Ὁ. Ar. Frö. 508 Xen. Symp. 1, 7 Isaios 2, 12.
Plut. quomod. adul. poet. aud. 22' zu Hesiod Erg. 643 νῇ᾽ ὀλίγην
αἰνεῖν, μεγάλῃ δ᾽ ἐνὶ φορτία ϑέσϑαι" τῷ μὲν αἰνεῖν σημαίνεται τὸ
ἐπαινεῖν" αὐτῷ δὲ τῷ ἐπαινεῖν ἀντὶ τοῦ παραιτεῖσθαι νῦν κέχρηται,
χκαϑάπερ ἐν τῇ συνηϑείᾳ καλῶς φαμὲν ἔχειν καὶ χαίρειν κελεύομεν, ᾿
ὅταν μὴ δεώμεϑα μηδὲ λαμβάνωμεν. bei καλῶς oder χάλλεστα kann
freilich wie bei unserem “danke’ eine zweideutigkeit entstehen. ‘danke
ja’ heist ed σοι γένοιτο oder εὐδαιμονοίης Ar. Ach. 457. Frö. 1417.
Eur. Alk. 1137. auch im Telephos stand es; in welcher form ist unsicher,
da εὐδαιμονοίης, εὖ σοι γένοιτο, καλῶς ἔχει μοι überliefert wird (fgm.
707). αἰνεῖν 1. Ὁ. noch Phoen. 614. 1688. L A. 506.
5 =
68 ᾿ Commentar.
276 ὀργή wendet Eur. ohne erkennbaren unterschied im sing. und
plur. an. — δικαέας “in gerechter sache’.
277 δεσπόταις: sie gibt die gewaltherrschaft als tatsächlich zu, nimmt
aber der aufforderung einem Lykos zu gehorchen das gehässige, indem
sie ihr durch den plural eine allgemeine wendung gibt.
280 Man erwartet σστῶς γὰρ οὐχ ἂν φιλοίέην, doch schmiegt sich in der
lebhaften antithese der modus auch sonst an. Phoen. 899, 900 “Bose”;
“χαὶ πῶς οὐ ϑέλω᾽. 8. El. 922 “οὐκ οἶσϑα᾽ — “πῶς δ᾽ οὐκ ἐγὼ
χάτοιδα᾽. es liegt nahe πῶς γὰρ οὔ; als ein glied für sich abzuteilen
und dann φιλῶ drıxrov ἁμόχϑησα als correlat zu φελῶ τέχνα zu fassen.
das ist wol lebhafter, aber Eur. hat es nicht so gewollt, denn er vermeidet
es vor dem letzten iambus stark zu interpungiren, und zwar weit mehr als
seine herausgeber. wesentlich dadurch, dafs er die einzelnen trimeter
möglichst in sich abgeschlossen baut, also anfang und ende jedes verses
möglichst wenig zerreilst, hat er die grolse glätte und den gleichmäfsigen
wolklang seiner verse erreicht, vollendend was Aischylos in demselben
streben begonnen hatte. Sophokles dagegen befolgt ein anderes princip;
er verwischt die trennung der einzelnen verse, der komödie darin näher
stehend, und zieht daraus die consequenzen rücksichtslos, bekanntlich
bis zur elision am schlusse des verses.
281 ἁμόχϑησα mit denen ich mich geplagt habe’, fast gleich ἄϑρεψα.
I. A 207 ᾿χιλῆα τὸν ἃ Θέτις τέχε nal Χείρων ἐξεπόνησεν, woraus
man freilich den griphos gemacht hat Ἥσσων ἀλγήσας παῖδα τὸν ἐκ
Θέτιδος, Tryphon π. τρόπων 4.
288 τῷ ἀναγκαίῳ τρόπῳ sagt nicht viel mehr als τῷ ἀναγκαίῳ,
τῇ ἀνάγχῃ. Med. 751 μεθήσειν ἑχουσίῳ τρόπῳ, Hel. 1547 ἐχβα-
λόντες δάκρυα ποιητῷ τρόπῳ, fast gleich einem ἐχουσέως und
προσποιητῶς, doch nicht ganz; die weise in diesem “verstellter weise’
wird noch als substantiv empfunden. der unterschied ist derselbe wie
unten 965 τίς ὅ τρόπος ξενώσεως von τίς ἡ ξένωσις. ein mensch
der sich mit dem τρόπος des geschickes nicht in einklang zu setzen
weils, handelt ἀπὸ τρόπου, ist σκαιός. dazu palst auch ἀντιτείνειν,
vgl. Protes. 654 δυοῖν λεγόντοιν ϑατέρου ϑυμουμένου ὅ μὴ ἀντι-
τείνων τοῖς λόγοις σοφώτερος. damit σχαιός persönlich gefalst, nicht
τρόπος ergänzt werde, ist βροτόν zugesetzt. somit ist die überlieferung
gerechtfertigt und die hübsche conjectur entbehrlich gemacht, die ich
bisher geglaubt und noch S. 45 befolgt hatte, τῴ ἀναγκαίῳ βροτῶν
ὃς ἀντιτείνει, σχαιὸν ἡγοῦμαι τρόπον, hübsch, weil sie eine besonders
griechische wendung gibt. wir sagen “wenn jemand das und das tut,
vers 276—292. 69
ist es eine torheit”; griechisch schliefst man die person relativisch an,
setzt aber dann nach dem σχῆμα ’Iwvındy einen engeren abstracten be-
griff. Alexis Ποιητής 1. ἔδει, ὅστις χρηστὸς ἦν ἡδύς τ᾽ ἀνήρ, τὰ σῦκα
προστεϑέντα δηλοῦν τὸν τρόπον. ᾿ἰοῖσθῃ im namen sykophant sollten
doch eigentlich den charakter bezeichnen, wenn einer ein guter und
liebenswürdiger mensch wäre’.
σχαιός ist auch metaphorisch der gegensatz zu δεξιός, aber es geht
mehr auf das benehmen im menschlichen verkehre, Chrysippos definirt die
σχαιότης als ἄγνοια τοῦ προσφιλῶς ἅμα xal κεχαρισμένως ἀνϑρώ-
ποις ὅμιλεῖν (bei Plutarch guomodo adul. poet. aud. 31); so entspricht
ἀπαίδευτος und lateinisch ineptus. wider die notwendigkeit zu zetern
und zu verlangen, dafs die dinge sich nach uns richten, ist allerdings
ein mangel an lebensart und bildung: aber es ist doch für die frau be-
zeichnend, dafs ihr die torheit oder bosheit (299) nicht als solche zu-
wider ist, sondern weil sie sich nicht zu benehmen weifs. das schickliche
vertritt beim weibe das sittliche.
290 Her. ruhm steht fest auch ohne zeugen. εὐχλεής ἐστι, κἂν μηδεὶς
αὐτῷ τὴν ἀρετὴν μαρτυρήσῃ. Meg. gibt dem Amph. eine verdiente
kritik seiner declamation 176. — man sagt: gewöhnlich ἀμαάρτυρος (schon
Thuk. H 41); ein verbum ἀμαρτυρεῖν existirt nicht, eine veranlassung zu
der weiterbildung ist nicht zu sehen, und dals μαρτυρεῖν existirt, gibt wol
dem wortbildner eine handhabe, wie er bilden soll, aber es kann die neu-
bildung nicht hervorrufen und ist noch weniger eine notwendige vor-
bedingung für sie. die tragödie oder vielmehr die poesie überhaupt sieht
darin einen schmuck, neben einfache bildungen wie ἄφοβος, χρυσόκχολ-
ἀος, καλλίπυργος, νυχτίφρουρος, δορυσσόος, εὔχυχλος, ὑψιγενής,
ἄπυρος scheinbare ableitungen denominativer verba zu setzen, ἀφόβητος
(S. OT 885 im sinne von ὀλέγωρος) χρυσοχόλλητος (E. Phoen. 2) καλ-
λεπύργωτος (Bakch. 19) νυχτιφρούρητος (A. Prom. 861) δορυσ-
σόητος (8. Ai. 1187) εὐκύκλωτος (Aristophon Φελωνέδης) ὑψιγέννητος
(A. Eum. 43) ἀγέννητος (8. Tr. 61 im sinne von ἀγεννής) ἀπύρωτος
(Hom. # 270) ἀριζήλωτος Ar. Ritt. 1329, und viele andere. auch
andere weiterbildungen soll man nicht beanstanden τετρώριστος 8.
fgm. 873 πελώριστος Theokr. ep. 18. einzeln ist auch nur eine solche
weiterbildung gebräuchlich, z. Ὁ. εὐόργητος (selbst Hippokrates sr. dee.
ὑδ. τόπ΄. 19), das dann edopynola erzeugt; εὔοργος sagt man gar nicht,
wol aber δύσοργος neben δυσόργητος.
292 δόξα καχή “ruf der feigheit’. so ὃ. 20947; Hipp. 432, ὃ. ἀγαϑή
Solon 13, 4, was gleich specialisirt wird ‘ruf eines ehrenmannes’. dafs
70 Commentar.
das formelhaft war, zeigt die replik in einem epigramm von Metapont
Inscr. Sic. It. 632. dem adjectiv entspricht ein genetiv ὃ. εὐψυχίας
oben 157. ὃ. ϑουρίδος ἀλκῆς Tyrt. 12, 9. dies ist die eine alte be-
deutung des wortes, die opinio der menge über jemand. die andere ist
die opinio des einzelnen; aber da ist von vorn herein das blolse “meinen ’
in der opinio betont, so dsrö δόξης im jungen epos K 324, A 344.
so Aisch. Soph., und zu dem πρὸς δόξαν im gegensatze zur ἀλήϑεια
des Parmenides stimmt der gebrauch bei Epicharm, Theognis 571 (gegen-
satz πεῖρα), Antiphon (der es sonst gar nicht hat) und in der sophistenzeit;
man möchte aber hierfür ein noch bezeichnenderes wort haben und ver-
sucht doxdg (Xenophanes), dox7; (Aisch.), δοχώ (Eur.), δόκησις (Soph.
Eur, vgl. zu 288), und döxnua ist bei Eur. “wahn’; er hat auch
δόξασμα, δοξάζω schon Aisch. eine besondere opinio ist die welche
der “eingebildete” mensch über sich selbst hat. so εὐτλήμων ὃ. ψυχῆς
A. Pers. 28, δόξαι ἀνδρῶν σεμναί Eum. 373, δόξαν φύσας He-
rodot. 5, 91. das stirbt später ab. die δόξα, in der der mensch
bei den leuten steht, wird wol meist in bonam partem genommen,
aber εὐδοξία (Simon. 4, 6) und κχλέος ist doch etwas anderes:
I. A. 566 δόξα φέρεε κλέος ἀέναον. Herakl. 624 οὐκ axlens
δόξα, Andr. 319 ὦ δόξα δόξα μυρίοισι δὴ βροτῶν οὐδὲν γεγῶσι
βίοτον ῴγχωσας μέγαν, εὔκλεια δ᾽ οἷς μέν ἐστ᾽ ἀληϑείας ὕπο
εὐδαιμονίζω zeigt, was beiden gemeinsam ist, und was sie noch schei-
det. daher die atticistenregel des Herennius Philo (Ammonius) δόξα
παρὰ πολλοῖς, χλέος παρὰ σπουδαίοις. Aisch. geht nicht einmal so
weit; Soph. verbindet auch erst O. K. 258 δόξα und χληδὼν καλή, und
Eur. erst wagt Hel. 841 ὥστε καὶ δόξαν λαβεῖν ganz im sinne von
‘ruhm’. das war dagegen dem Pindar schon ganz geläufig gewesen;
dann hat es Thukydides im gegensatze zu der attischen und ionischen
weise seiner zeit. es ist ein dorismus. für den adel liegt in dem was er
scheint, was er gilt, im renommee der ruhm. dagegen ein atticismus ist
δόξα als "beschlußs’, dann auf die δόξαι φιλοσόφων übertragen. das
kommt aus dem ἔδοξεν der psephismen, in Athen geprägt, offenbar zu
einer zeit, wo das volk nur ‘meinen’ durfte und die γνώμῃ bei der
behörde war. δόγμα in diesem selben sinne ist eine bildung des vier-
ten jahrhunderts, und der römische staat und die römische kirche haben
mit diesem worte es dem ἔδοξεν der infalliblen demokratischen ekklesie
nachgetan. sehr auffällig ist δόχημα für δόγμα im Argos, vgl
zu 112.
293 χάμνω auf das geistige gebiet übertragen “ mutlos, gedrückt sein”,
vers 292—285. 71
ἀλλαγᾷ λόγου, "durch getäuschte hoffnung’ A. Ag. 482. σοῖς κακοῖς
Med. 1138. πάϑᾳ Pind. Pyth. 8,48. dieser gebrauch ist wol auf die grofsen
dichter des 5. jahrhunderts beschränkt. ganz anders χάμγειν Uno αὐτῆς
Thuk. Π 41, für das vaterland mit anstrengung tätig sein, wo Eur. μοχ-
ϑεῖν sagen würde. er hat auch xaurw absolut “matt werden, nach-
lassen’ oben 101, mit particip der tätigkeit worin, fgm. 1073, mit dativ
Pindar P. 1, 90 un xauve δαπάναις. ἔν τινε κάμνειν in bezug auf etwas
in verlegenheit sein, ἐν ᾧπερ νῦν... ἐχάμνομεν Hek. 1144 ‘wo jetzt
für uns die schwache seite war’. εἰ πρὸς Ἴλιον ἐν τῷδ᾽ ἔχαμνε νόστος
L Α. 966, “wenn es daran lag, dals der zug nicht von statten gieng”.
in diesem falle, wie in der übertragung auf das geistige gebiet könnte
γοσεῖν dafür eintreten (vgl. 1414), und der gebrauch hat sich wol so
entwickelt, weil xauvsıy wirklich für "krank sein’ gewöhnlich war. aber
der schöne, schon bei Homer beginnende euphemismus, “die denen die
kraft einmal versagt hat’ χαμόντες, oder “die müden’, genauer mit
unserem vulgären ausdruck “die abgefallenen’ χεχμηῶτες für die toten
zu sagen, konnte dazu auch führen. dagegen kennt das classische griechisch
nichts was zu dem homerischen xaue für xaue τεύχων zurückführte,
während doch szoveiv im attischen dichterisch (289), πογᾶν im dorischen
gewöhnlich diese bedeutung erhalten kann. die stilmischerei der senilen
rhetorik greift auf das homerische zurück, z. Ὁ. Himerius ecl. 17 ende,
ol κάμνοντες τὴν ἱστορίαν. hier liegen also die vermittelnden glieder
zwischen Homer und dem modernen gebrauche, wo xauveıy zwar nicht
ποιεῖν, aber πράττειν oder ποιεῖσϑαι ist.
284 Ein guter beleg für den unterschied von praesens und aorist, der
handlung in der dauer und im einmaligen acte. »1,0xeıv ist eine linie,
ϑανεῖν ein punkt.
285 xarasalveıy wird nur metaphorisch gebraucht, während das simplex
ξαίνω in guter zeit nur technisch “wolle krempeln’ ist oder doch auf
dieser grundlage weiter entwickelt wird. die Sayrgıaı des Aischylos
sind “Kremplerinnen’, mögen sie auch im verlaufe des stückes rasend
geworden sein und den Pentheus zerrissen haben; der wortwitz Salveıy
τὸν Πενϑέα steht dem Philostratos gut zu gesicht, aber nicht dem
Aischylos. plebejisch ist πολλὰς κατὰ τοῦ νώτου ξαίνειν "etliche über-
ziehen’, Demosth. 19, 197, δάκρυσι παρειὰς ξαίνουσα Antipater Bid.
Anth. Pal. VII 464 ist nach xarasalveıy gebildet. ξαένεσϑαι = τρύ-
χεσϑαι nachchristlich, dann aber in allen kreisen gewöhnlich, aufser
den ganz atticistischen. xaraSalveosaı ist zunächst eine todesart, bei
welcher die glieder zerrissen und zerfleischt werden, also steinigung
72 Commentar.
(Hik. 503), sturz vom felsen (Ion 1267), blitzschlag (Lykophr. 561). dann
die entstellung durch dauernde oder wiederholte einwirkung, hunger
(Hipp. 274), tränen (Tro. 509), allgemein σόνοι (Tr. 760, Med. 1030).
für den feuertod mag das unzutreffend scheinen, wenn man an das
reinliche aschenhäufchen in der urne denkt: aber ein halbverbrannter
leichnam, wie die in Mykene gefundenen, verdient die bezeichnung ὡς
χατεξάνϑη δέμας wahrlich. und Megara braucht auch nur im sinne zu
haben, wie ein brennendes scheit holz χαταξαένεται, um den ausdruck
für die ihr widerliche todesart zu wählen: gerade der gegensatz der feuer-
bestattung und des feuertodes gibt ihr die kräftige und besondere wen-
dung ein.
Mehrfach ist in tragödie und komödie ein accusativ γέλων überliefert,
allein immer so, dals eine zweisylbige form nötig ist, aber über die quan-
tität des o nichts zu erkennen. γέλων würde ein sprachfehler sein, für den
keine treflende analogie vorliegt. wol aber haben die Aeoler und danach
Homer γέλος γέλον gesagt, ganz wie ἔρος ἔρον, das in der Berliner
antiken handschrift Hipp. 337 &pwy geschrieben ist. sonst ist ἔρος
bei den tragikern erhalten, γέλον aber auch bei Homer meist in γέλων
entstellt und erst von den modernen zu ehren gebracht: dasselbe wird
also auch mit γέλον hier zu tun sein.
287 δώμασιν: unserer familie verdanken wir grolse vorzüge und sind
ihr die entsprechende rücksicht schuldig.
288 δόκησις. εὐκλεής δορός “der ruf berühmter kriegstat‘, ἃ. h. des
zuges gegen die Taphier 60. die attraction des adjectivs vom nomen
rectum auf das nomen regens wie 468. δόχησις hier ganz == δόξα,
292 entspricht δόξα καχὴ ‘ruf der feigheit’. der eigentliche sinn, action
des doxeiv, wiegt sonst vor, wird aber gern im gegensatz zu dem σαφές
prägnant entwickelt, Hel. 119 geradezu “wahn’, doch wird da mit dem
worte gespielt. es ist im 5. jahrhundert nicht selten (Eur. Thuk., auch
Herodot Soph.). dann schwindet es bis auf ganz vereinzelte fälle. der
classischen prosa ist es fremd: die atticisten holen es aber wieder vor.
289 Lykos flieht 235 δειλίᾳ bis an den rand der welt. Amphitryon
darf nicht ὑπὸ δειλέας sterben. der dativ ist instrumental, die feigheit
bewirkt sein fliehen. es sagt dasselbe wie δεελὸς ὦν. vgl. Androm. 947
ἣ μὲν χερδαίνουσα συμφϑείρει λέχος... πολλαὶ δὲ μαργότητι.
ὑπό mit dem genetiv des abstractums gibt nur den umstand an “unter
welchem’ die handlung geschieht. jenes würde in prosa durch dıd τὴν
δειλίαν, dies durch μετὰ δειλίας wiedergegeben werden. ebenso z. b.
ὑπ᾽ εὐκλείας Hipp. 1299. da ist also die δειλέα außerhalb der person,
vers 287—299. 73
vgl. ὑπο αὐλητῆρος ἀείδειν: so entspricht es den beiden, Lykos und
Amphitryon. dafs auch ein abstractum gedacht werden kann wie eine
person wirkend, so dals sie jemand ‘unter sich’ bringt, also ὑπὸ τοῦ
ἀοιμοῦ drcodaveiv so gut wie ὑπ᾽ ᾿Αχιλλέως dre., ist zwar aus der-
selben vorstellung entwickelt, aber zu etwas ganz verschiedenem. so
könnte man sagen ὅ ““μφιτρύων ἀποϑνήσκει ὑπὸ τῆς Αὐκου δειλίας.
294 Für sich macht sie, der allein die wirkliche εὐγένεια von den Sparten
ber zukommt, und die allein wirklichen mut hat, nichts als die rücksicht
auf ihren gatten geltend: das ist eine charakterisirung der echten rechten
frau, die viele blasphemien bei Eur. aufwiegt. und es ist bezeichnend,
dals diese charakterisirung in dem liegt, was die frau nicht sagt, und
der flüchtige leser nicht merkt.
296 Die erde ist eine decke, die über dem toten liegt, und unter der
kommt der auferstehende hervor. daher ὑπό. Homer ὦ 56 αὖτις dva-
στήσονται ὑπὸ ζόφου ἠερόεντος. Hekabe 53 περᾷ ὑπὸ σχηνῆς πόδα.
297 xal in der antwort die ad absurdum führt, zu 509.
298 Den einwurf bezeichnet ἀλλά, und das würde ausreichen ; ὡς gibt
ihn als ein glied fremder erwägung. “aber du urteilst so, entsprechend
dem dafs —”. ὡς steht also im grunde nicht anders als 305, wo wir
es causal übersetzen. die rhetorische form genau so Hipp. 1013 ἀλλ᾽
ὡς τυραννεῖν ἡδύ — ἥχιστα. vermutlich auch Aiolos 23 ἀλλ᾽ ὡς
(7 codd.) τὸ γῆρας τὴν Κύπριν χαίρειν ἐᾷ.
299 Sie erwägt gar nicht die chancen einer’einwirkung auf Lykos, denn
sie weist es von vorn herein ab mit einem ungebildeten menschen sich
einzulassen, der seiner natur nach unempfänglich für rücksichtsvolle be-
handlung ist. dem gebildeten gegenüber macht man mit nachgiebigkeit
den anfang, und dann kommt es überhaupt zu keinem conflicte. der
gedanke kehrt bei Eur. wieder, aber minder fein pointirt, Herakl. 459,
‘der σοφός soll wünschen nur mit einem σοφός in feindschaft zu ge-
raten, weil er dann auf αἰδώς rechnen kann’. Hypsip. 759 “für die
σώφρονες soll man πειϑώ haben (d. h. xal πείϑειν xal πείϑεσϑαὴ),
τοῖς μὴ δικαίοις δ᾽ οὐδὲ συμβάλλειν χρεών, sich nicht einmal auf
eine so äulserliche berübrung einlassen, wie die συμβόλαια bewirken”.
φέλα τέμνειν freundschaft schliefsen, ebenso φέλεα μοι τεμεῖ Hik. 375.
yıldınra καὶ ὄρχια πιστὰ ταμόντες Homer I’ 73. in αἰδοῦς ὕπο-
βάλλειν ist der partitive genetiv nicht anders gesetzt als in ὑποβαλεῖτε
τῶν “Ἠιλησίων ἐρίων Eubulos Πρόκρ. 1. oder wie der genetiv bei
φϑονεῖν steht 833. man nimmt von seiner αἰδώς und legt es dem
gegner unter: darauf gründet sich seinerseits die rücksicht, ὑποβάλ-
74 Commentar.
Aeıy τινί jemandem etwas an die hand geben, technisch vom souffleur
eben so wie von dem der die rolle einstudirt, zu Eur. zeit wol noch
nicht so beschränkt. aber auch das können wir nachbilden “wenn man
sanfte töne anschlägt, tönen sie ähnlich zurück’.
302 ei 6. optat. syntaktisch hier eben so berechtigt wie 279 ἢν δοχῶ.
wir übersetzen etwas anderes als einen bedingungssatz, und es ist ja auch
keiner: 68 steht aber im griechischen dieselbe satzform, welche auch für
die bedingungssätze verwandt wird, zur bezeichnung dessen, was nur
hypothetisch in der vorstellung eines subjects besteht. und dem entspricht,
dals in diesen sätzen ganz dieselben modi erscheinen wie in denen, welche
wir allein als hypothetische sätze behandeln. der optativ mit ἄν nach εἰ
läuft also der grammatischen logik zuwider, und gute schriftsteller wenigstens
haben ihn trotz allen scheinbaren belegstellen nicht gebraucht.
303 Eur. beruft sich häufig auf sprichwörter: das hier angeführte
scheint sonst nicht vorzukommen.
307 Unwillig, dafs Amph. nicht nachgibt, bricht sie ab und wiederholt
nach weiberart ihre aufforderung zum zweiten dritten male. die asyndeta
sind also für das ethos bezeichnend.
309 ὅστις τὰ πεπρωμένγα καὶ ἐκ ϑεῶν γιγνόμενα μετὰ μόχϑου χαὶ
ταλαιπωρέας ἐχποδὼν ποιῆσαι σπουδάζει, οὐχ ὅτι δειλός ἐστι, ἀλλ᾽
ἀμαϑίαν ὀφλισχάνει διὰ τῆς ἀκαίρου ἀνδρείας. also auch wenn
es nicht feigheit sein sollte, dals Amph. nicht sterben will, so ist es
torheit, weil der widerstand vergeblich ist; seinem adel tut er aber auch
so zu nahe: ὅστις εὐγενὴς βροτῶν φέρει τὰ τῶν ϑεῶν πτώὠώματ᾽ οὐδ’
ἀναίνεται 1227. wirklich schlägt sie damit auch bei Amph. durch. ---
Heraklid. 615 μόρσιμα δ᾽ οὔτι φυγεῖν ϑέμις, οὐ σοφίᾳ τις ἀπεώσε-
ται, ἀλλὰ μάταν ὃ πρόϑυμος ἀεὶ πόνον ἔξει. LT. 910 ἤν τις πρό-
ϑυμος n (wenn einer lust und liebe zur sache hat), σϑένειν τὸ ϑεῖον
μᾶλλον εἰχότως ἔχει. --- ἐχμοχϑεῖ steht dynamisch; die bedeutung wie
ἐχπονεῖν 581.
311 Neben dem substantiv χρεών steht hier als verbum ὃ χρή ; so schon
Aisch. Cho. 930 κάνες γ᾽ ὃν οὐ χρῆν᾽ καὶ τὸ μὴ χρεὼν πάϑε. unten
828 und Hek. 260 ist ein nomen χρή oder χρῆν (so in der Hekabe die
überwiegende überlieferung und hier 828 am rande) überliefert, Temenid. 733
τὸ γὰρ χρὴ (χρεών codd.) μεῖξον 7 τὸ μὴ χρεών hergestellt. Eurip. ver-
stand seine sprache so wenig wie alle grammatiker bis auf H.L. Ahrens: er
hat zuerst (denn Pind. Nem. 7, 44 ist verdorben) das praeteritum ἐχρῆν,
während Aisch. Soph. Herodot noch χρῆν bewahren. in wahrheit ist χρή
ein substantiv, das die formen χρῇ χρῆναι χρείη χρῆν χρῆσται durch
vers 802---318. 75
zusammensetzung mit dem verbum substantivum erzeugt; es ist aber er-
starrt, und somit gibt es τὸ χρὴ ὄν χρηόν χρεών und ra χρὴ ἐόντα: so
noch erhalten bei Demokrit (Stob. ecl. II 9, 3 Wachsm,, fior. 44, 15, von
den herausgebern trotz Ahrens nicht in frieden gelassen). es ist also nicht
zu verwundern, dals Eur. etwas früher noch τὸ χρή gesagt hat. τὸ χρῆν
läfst sich sprachlich für das attische nicht rechtfertigen.
312 Wenn der chor auch seine ergebenheit von neuem furchtlos, ähnlich
wie Amph. 235, beteuert, so gibt er doch zu erkennen, dafs er nach
Megaras worten handeln, d.h. sich fügen wird, und die aufforderung
an Amph. das verhängnis von sich abzuwenden (sich der consequenz
zu entziehen), verlangt etwas so offenbar unmögliches, dafs der chor
nur eben nicht selbst sagen will ‘also gib deinen widerstand auf,
Amph. dem untergedanken dient διωθεῖσθαι, das meist von etwas
gesagt wird, das jemand von sich stölst, obwol es zu ihm gehört (ydpıv
Peliad. 608, κῆδος Andr. 869, εὔνοιαν Herodot 7, 104, so auch oben
294 ἀπωϑ.). so hört man die letzte mahnung Megaras nachklingen.
314 οὐδὲν ὧν hier einer der nichts kann, 157 einer hinter dem nichts
ist, 635 οὐδὲν ὄντες die menschen die “gar nichts sind’ im gegensatz
zu der minderzahl der irgendwie @uelvoves, der elite, Andr. 1077 οὐδέν
εἰμι, “ich bin hin’. und so in vielen andern nuancen.
316 Amph. weist die kritik Megaras (289. 307) zurück, aber er gibt
ihr das zu, wogegen er sich 92 sträubte.
317 τὸ δειλὸν ϑανεῖν ἐρύκει με. 197 ῥύεται μὴ κατϑανεῖν.
826 οὐκ ἔχομεν ἀλχὴν ὥστε μὴ ϑανεῖν. Thuk. ΠῚ 1 τὸν ὅμιλον —
εἶργον τὸ μὴ --- καχουργεῖν. A. Ῥτοπι. 920 οὐδὲν ἐπαρχέσει τὸ μὴ
οὐ πεσεῖν. Herodot, 1, 86 εἴ τες αὐτὸν ῥύσεται τοῦ μὴ χαταχαυϑῆναι.
so viele möglichkeiten des ausdrucks hatte das 5. jahrhundert und, mit
ausnahme der letzten, auch die tragödie. ihrer syntaktischen natur nach
verschieden, waren sie praktisch ganz gleichwertig geworden.
318 ἐδού zeigt dals Amph. jetzt den altar verläfst; die nächsten verse,
daß seine schutzbefohlenen dasselbe getan haben: dals sie es tun, ist
nirgend bezeichnet, das ist nicht in der weise der tragödie; noch weniger,
dafs νῷν 321 grammatisch ohne beziehung steht. zu πάρεστε δέρη φα-
σγάνῳ kann sehr gut ein epexegetischer infinitiv treten, auch zwei, wenn
erst aus ihnen beiden sich der gewünschte sinn ganz ergibt (vgl. 837), und
es mag sich ein drittes verbum anschliefsen, zu dem vielleicht nicht mehr
der hals, sondern Amphitryon ganz als object zu denken ist, trotzdem
kann das überlieferte xevreiv φονεύειν ἱέναι πετρῶν ἄπο nicht un-
mittelbar anschliefsen, einfach weil man einen hals mit dem schwerte
76 Commentar.
abhaut, nicht durchsticht. es fehlt also ein vers etwa der art πάρεστε
μήτηρ σὺν τέχνοισιν ἀϑλία. xevreiv (vgl. Hek. 387) φονεύειν gibt
jetzt den begriff ihr mögt an uns herumstechen, so lange bis wir tot sind’.
321 Da er nun einmal nachgegeben hat, redet Amph., und so auch sofort
Meg., den Lykos mit unterwürfigem respect an; und gleich bitten sie sich
bei ihm etwas aus. daran nimmt die griechische geschmeidigkeit keinen
anstols: σουλύπου ὀργὴν ἔσχε τέχνον, ist ihr wahlspruch. so wirft z. b.
Teukros in Soph. Aias mit der insinuation um eich, dals Odysseus ein
bankert des Sisyphos wäre: kaum ist jener für sein anliegen eingetreten,
so ist er ihm γεραιοῦ σπέρμα “Ἰαέρτου πατρός 1393.
323 ἀνόσιον ϑέαν apposition zur actio verbi wie 59.
πρᾶσσε, zumal als nachsatz und im anfang des verses, ist viel mehr
als "tu es’, es ist τελείωσον, διάπραξον, A. Ag. 1669 πρᾶσσε, πιαένου
1290 πράξω τλήσομαι τὸ χατϑανεῖν. Choeph. 779 ἄγγελλ᾽ ἐοῦσα,
πρᾶσσε, τἀπεσταλμένα, wo der imperativ zwischengeschoben ist in der
art die zu 222 erläutert ist. Homer X 181, und öfter danach, ἔρ δ᾽ ἀτὰρ
οὔ τοι πάντες ἐπαινέομεν ϑεοὶ ἄλλοι. mit recht steht immer der
präsentische imperativ; die bedeutung ist fast immer verkannt. Amph.
sagt also mit τἄλλα δὲ πρᾶσσε “im übrigen handle, komme zur tat‘,
und dazu pafst die bedingung εἰ πρόϑυμος εἶ (vgl. 310) “wenn du
lust dazu hast’, nicht etwa (was gewöhnlich gegen die überlieferung ein-
gesetzt wird) “handle so wie du es zu tun lust hast’, ἡ σρ. εἶ.
329 Ganz ebenso Hipp. 631 χόσμον προστιϑεὶς ἀγάλματι, und auch
an sich untadelhaft. uns moderne verletzt freilich die wiederholung des-
selben wortes an derselben stelle des verses, wo es zwei trimeter vorher
stand; aber dabei ist der wechsel der bedeutung zu bedenken, der dem,
für den die sprache lebte, die wiederholung verbarg, und überhaupt ist
die furcht vor der wiederholung eine ganz moderne stilistische empfindung.
331 ὡς ἀλλὰ ταῦτά γ᾽ ἀπολάχωσι. man mag ἀλλά in solchen wen-
dungen, die in der tragödie (doch nicht Aisch.) komödie und bei Platon
häufig sind, mit “wenigstens” übersetzen, wie unsere vulgärgrammatik lehrt,
besser mit “denn doch wenigstens’, vergesse aber nicht, dals vor ἀλλά
ein glied des gedankens fehlt, und eigentlich eine pause zu machen ist,
vielleicht auch noch gemacht ward. “öffne das haus damit die kinder —
nicht es besitzen, wie sie sollten — aber doch so viel davon haben”.
Ar. Wolk. 1364, der sohn erklärt Simonides für einen schlechten dichter;
der vater erzählt ἔπειτα δ᾽ ἐχέλευσ᾽ αὐτὸν ἀλλὰ μυρσίνην λαβόντα
τῶν Αἰσχύλου λέξαι τί μοι. das will er auch nicht. der alte bezwingt
seinen ärger nochmals σὺ δ᾽ ἀλλὰ τούτων λέξον τι τῶν νεωτέρων.
vers 321—833. 17
“ich liefe ihn — nicht was ich wollte tun, aber doch von Aischylos etwas
singen’. “nun du — magst so weit deinen willen haben — aber vortragen
mulst du mir etwas, wenn auch etwas modernes’. vor den imperativen
mag man vulgär z. Ὁ. auch sagen "nun meinethalben, aber..... ’ natürlich
ist eine ellipse nur für den gedanken vorhanden, der noch nicht in worte
gefalst ist: etwa immer einen satz mit εἰ μὴ weggelassen zu denken, ist
wider das wesen jeder sprache. man denke sich in Andromaches klage
den vorletzten vers fort, so versteht man die entstehung und bedeutung
der specifisch attischen '), praktisch sehr oft verkannten redeweise. “dich
werden nackt die würmer fressen; und doch hast du so viel schöne ge-
wande zu hause. aber die will ich alle verbrennen οὐδὲν σοί γ᾽ ὄφελος,
ἐπεὶ οὐκ ἐγκείσεαι αὐταῖς, ἀλλὰ πρὸς Τρώων καὶ Τρωιάδων χλέος
εἶναι". Χ 514.
λαγχάνω ist das technische wort für den antritt der erbschaft: es
steht also hier mit bitterstem rechte. auch die praeposition hat ihre
ganze kraft. Herodot IV 115 ἀπολαχόντες τῶν χτημάτων τὸ ἐπι-
βάλλον. Colonierecht von Naupaktos $ 8 τὸ μέρος τῶν χρημάτων ἀπο-
λαχεῖν und so häufig auf der fünften gortynischen tafel. den söhnen,
in denen der οἶχος fortlebt, standen die ganzen πατρῷα allein zu.
332 Das simplex oiyeıv ist in Athen nur noch in hoher poesie zu-
lässig, während es im volksgebrauch wahrscheinlich aller andern stämme,
sicher der verwandten Ionier, fortbestand. die jüngere flexion des präsens-
stammes, ἀνοιγνύναι, ist dagegen im 5. jahrhundert noch nicht zu der
herrschaft gelangt, die sie in der jungen atthis behauptet.
333 φϑονεῖν ist als denominatives verbum eigentlich intransitiv, “scheel
sehen’, daher das was so augesehen wird in den dativ gehört. da es
wenigstens seit der zeit, die wir übersehen, besonders von dem kargenden,
mit bösem blicke höchstens misgünstig gebenden oder verstattenden ge-
sagt wird, tritt ein scheinbares object dazu, das worauf sich das scheel-
sehen wider jemand richtet; so könnte hier οὐ φϑονῶ ὑμῖν πέπλους
stehen. σεέσελων ist der einfache partitive genetiv vgl. 301. ein Franzose
wird an keiner solchen stelle anstolsen, weil seine sprache den “teilungs-
artikel” besitzt. die attische prosa geht mit dem genet. partit. sparsamer
um als die xoıvn.
1) Das scheint nicht ganz richtig. Hippokrat. π. διαέτης I 1 "ich will keinen
meiner vorgänger tadeln, ἐπαινέσαι δὲ μᾶλλον ὅτι ἀλλ᾽ ἐπεχεέρησάν νε [γοῦν 9,
die andern lassen es weg, haben aber z.t. ὀπέχειρήσαντο) ξητεῖ;. indessen diese
einleitung ist erst in einer zeit geschrieben, wo das attische schon eine sehr be-
deutende wirkung auf das ionische ausgeübt hatte.
78 Commentar.
335 Die prosa würde ἥξω ὑμᾶς δώσων χϑονί sagen, indem sie logisch
unterordnet; die poesie nimmt in ihrem rascheren gange das sinnlich
nähere vorweg, ἥξω πρὸς ὑμᾶς, und überläßt dann dem hörer, hieraus
sich das object zu δώσων zu ergänzen. 720 χώρει πρὸς αὐτὴν κἀκχό-
μιξζε: in prosa χώρει χομιῶν αὐτήν. --- Lykos redet in bittrem hohn,
als wären sie schon leichen, Megara besorgte nur ihren schmuck für
die πρόϑεσις, und er käme dann zur ἐχφορά.
Dem befehle des Lykos folgend hat sofort einer der trabanten die siegel
vom hause entfernt und aufgeschlossen. jetzt ziehen sie alle im gefolge
des tyrannen ab: die familie des Her. bleibt also frei und ohne be
wachung. das alles ist durch dramaturgische rücksichten geboten; um
die triviale wahrscheinlichkeit kümmern wir uns nicht.
337 οὐσία “das wesen’, das was real vorhanden ist im gegensatze zu
“ὄνομα᾽, wie oft auch σῶμα gebraucht wird, hat Eur. aus der philoso-
phischen sprache seiner zeit aufgenommen, für uns als erster, und vergeb-
lich sucht man nach dem, der das wort gewagt hat: dafs es selbst
ein Ionier nur unter attischem einfluls getan hat, liegt in der form.
die sophistischen stücke der hippokratischen sammlung stimmen mit Eur.
z. Ὁ, π. τέχνης 6 τὸ αὐτόματον οὐ φαίνεται οὐσίην ἔχον οὐδεμίαν
ἀλλ᾽ ἢ ὄνομα. odala== τὰ ὄντα, das vermögen, ist in Athen geläufig,
Thukyd. Antiph. die komödie haben es, und das hat auch Herodot, ver-
mutlich eben aus Athen. gleichzeitig ist ebenda ἐξουσία aufgekommen,
und das ist auch in das drama (doch noch nicht Aisch.) gedrungen.
noch etwas früher (schon Aisch.) παρουσία und ἀπουσία, für welches
Herodot das richtige ἀπεστώ noch bewahrt; derartige bildungen (wie
εὐεστώ aleveor&) haben nur bei wenigen Athenern im 5. jahrhundert
noch eingang gefunden, um dann rasch durch die aus dem volke auf-
steigenden neubildungen ersetzt zu werden. οὐσία “vermögen” ist nicht
zulässig- in hoher poesie, denn Eur. Hel. 1253 ὡς ἂν παρούσης οὐσίας
ἕκαστος ἢ ist allerdings ein stark sophistisches spiel mit dem verbum
substantivum, entspricht aber einem ὡς ἂν ἑχάστῳ ἐχ τῶν παρόντων
ὑπάρχῃ. Erechth. 354 τὰς οὐσίας γὰρ μᾶλλον ἢ τὰς ἁρπαγὰς τιμᾶν
δίκαιον"). aber allerdings kommt das wort an allen drei stellen doch
1) ‘Das was man hat ist mehr wert als das was man sich raubt,’ d. i. ‘unrecht
gut gedeiht nicht’, und ähnlich “wie gewonnen so zerronnen’. das ἕρμαιον das UNS
mühelos in den schofs fällt und die beute, die ἅρπαγαί, werden nicht wert gehalten,
sondern im übermut vertan. Herodas 6, 30 ἢ δ᾽ ὥσπερ εὕρηκ᾽ ἁρπάσασα δωρεῖται
καὶ ταῖσε μὴ δεῖ. Paulus Philipp. 2, 7 οὐχ ἁρπαγμὸν ἡγήσατο τὸ Foor εἶναι
rc (dies mit großser feinheit gesagt, denn der messias zeigt, dafs er die göttlich-
vers 385847. 79
mit beziehung auf die habe vor. 8. Trach. 911, E. Ion 1288 ist das
wort in bis zur sinnlosigkeit entstellten versen überliefert. — mit diesen
worten geht Meg. in das haus und nimmt die kinder mit. Amph. folgt,
nachdem er einen schauspielerisch wirksamen “abgang’ durch eine in-
vective gegen Zeus bewirkt hat. seine verzweiflung ist vollkommen, aber
der zuschauer schöpft gerade daraus hoffnung, dafs an der rettung der
Herakleskinder und an der gerechtigkeit gottes verzweifeln dasselbe ist.
eine ganz ähnliche rede an Zeus hat Eur. später in der Antiope dem
Amphion in den mund gelegt, kurz nachdem er sich als sohn des Zeus
erkannt hat, und kurz ehe er den kampf wagt, in dem Zeus die seinen
errettet. aber die rede ist eine frostige nachahmung und der vorwurf
wider den gott wirkt in dem munde des sohnes abstolsend.
339 duoyauov vgl. 1. im anschlufßs hieran nennt Soph. Tr. 1149 die
Alkmene Sıds μάτην ἄχοιτιν.
340 Amph. bezweifelt nicht die vaterschaft des Zeus, obwol das nahe
liegt und selbst vom chore geschieht 354, weil Zeus nicht hilft. denn
wenn Her. nicht des Zeus sohn ist, so hat dieser keine veranlassung
einzuschreiten, und der ganze vorwurf ist hinfällig. das ἥσσων 7 δόχεις
φίλος 341 fordert für das vorhergehende etwa einen gedanken wie μάτην
δὲ παιδὸς σωτῆρα σ᾽ ἐκλήζομεν, “wir haben dich bisher als den Ζεὺς
σωτήρ betrachtet, dem Her. diesen altar gestiftet hat, und der ihn be-
schützte und bis zu ende beschützen sollte” (dies auch getan hat 829).
aber wie sich dieser oder ein anderer passender gedanke aus den über-
lieferten schriftzügen gewinnen läßt, ist bisher nicht erkannt.
345 Man sagt immer mit dem artikel τἀλλότρια πράττειν, τἀλλότρια
deırıveiv ἃ. ἀρ]. es hat immer vulgären klang, der hier recht am platze ist.
346 ἥσσων φίλος durch den parallelismus μέγας ϑέος gegen das
bequemere ἧσσον φίλος gesichert. auch sagt man φέλος μέγιστος
S. Phil. 586, μέγας φέλος unten 1252.
347 eds, obwol vor einem vocal, mit synizese zu sprechen, wie Or.
399, Hipp. 476 und schon Semonides 7, 1; denn der iambus und die
alte tragödie lassen für ein zweisylbiges wort nicht den tribrachys zu.
Die schlußreihe des in der sophistenzeit gewils gewaltig packenden
enthymems ist folgende, “wenn Zeus sich die freiheit nimmt einen sohn
zu zeugen, aber nicht die vaterpflichten auf sich nimmt, so stehen wir vor
keit als eigentum besitzt, durch seine selbsterniedrigung), x. ὕψους 8, 10 Vahl.
Timaios kann es nicht lassen, eine xenophontische phrase zu imitiren, ὡς φωρέου
τινός nadantduevos. es juckt ihn in den händen: er muls mit dem gestohlenen
schmucke rennomiren.
80 Commentar.
dem dilemma, entweder versäumt er die pflicht, weil er sie nicht begreift
(wie etwa ein barbar), oder weil er trotz besserem wissen sie unterläfst
(wie ein schurke): in beiden fällen steht er an ἀρετή (intellectueller
oder moralischer) unter dem braven menschen”. die dritte möglichkeit,
die jedem zunächst einfällt, dals er trotz wissen und wollen nicht kann,
ist vorher ausgeschlossen, denn dafs er μέγας ϑεός ist, wird so wenig
bezweifelt wie das factum. die lösung, die verwerfung der mythen, gibt
erst Herakles 1341, der auch die wirklich sonst nur noch mögliche
consequenz streift, dala Zeus kein rechter gott sei. die betonung der
ἀμαϑίέα ist für die werdezeit der auf erkenntnis gebauten ἀρετή charak-
teristisch. die ἀμαϑέα der götter, die aus den sagen folgt, hebt Ear.
oft hervor, z. Ὁ. 1. T. 386. Tr. 972. Hipp. 951. mit dem dilemma, ἢ
ἀξύνετος ἢ ἄδικος operirt auch Thuk. öfter, 2. Ὁ. III 42 in der rede
des Diodotos und VI 40 in der des Athenagoras. duale ist keineswegs
ein negativer begriff, und hat einen ganz andern wert als “unwissenheit’
oder auch inscitia: der unwissende kann nach wissen streben, αὐτὸ δὲ
τοῦτό ἐστι χαλεπὸν ἀμαϑία, τὸ μὴ ὄντα καλὸν χἀγαϑὸν καὶ φρόνιμον
δοχεῖν αὑτῷ εἶναι ἱκανόν Plat. Symp. 204. Isokrates 17, 47 ver-
bindet μανέα xal ἀμαϑία um die geistesverfassung zu bezeichnen, aus
der ein handeln hervorgeht in dem ‘kein sinn und verstand’ ist, das
wort ist in folge dessen der wählerischen demosthenischen zeit zu kräftig
und verschwindet in ihr fast ganz. E. Archel. 235 ist ganz heil, ὁ
πλοῦτος ἀμαϑία δειλόν $’ ἅμα᾽ "das capital ist eine stupidität und
feige dazu’ sagen heute die socialdemokraten auch.
Zweite gesangnummer. Stasimon.
Der inhalt des liedes ist ganz einheitlich und dem entspricht die
form. das ganze wird durch einen rhythmischen refrain zusammenge-
halten. so benennt man passend die erscheinung, dafs hinter jeder
strophe, streng auch im inhalt gesondert, ein und dasselbe rhythmische
gebilde erscheint, drei pherekrateen und ein priapeus d. h. glykoneus
und pherekrateus; hinter dem letzten strophenpar sind es vier phere
krateen vor dem priapeus. diese form hat Euripides nicht erfunden. wir
besitzen von Aischylos noch zwei lieder mit ’diesem refrain; das eine ist
ein feierliches segenslied für Argos, oder sagen wir besser für das vater-
land, nicht blofs das der Danaiden, sondern auch das der choreuten,
in den Hiketiden; es sind drei strophenpare mit dem refrain, der aus
zwei pherekrateen und priapeus besteht. ein strophenpar ohne den-
selben folgt (630—709). das andere ist ein danklied, das der chor
Zweite gesangnummer. 81
des Agamemnon nach dem falle von Troia singt (367—488) ebenfalls
drei strophen, derselbe refrain wie in den Hiketiden; auch hier folgt
ohne refrain eine strophe (epode). dies ganze lied ist iambisch; das
der Hiketiden beginnt mit einer aeolischen strophe, in welcher döchmien
auftreten, so ihre herkunft verratend, geht dann aber in iamben über,
welche in der letzten strophe unvermischt sind. dieselben rhythmen und
denselben übergang zeigt das vorliegende euripideische lied. in den Bak-
chen (862—-911) steht ein lied in glykoneen, das hinter einem strophen-
pare einen refrain, glykoneen, zuletzt priapeus hat. die epode schliefst
mit drei pherekrateen und priapeus, also wie der letzte refrain hier. dals
dort wie an alte sprüche, so auch an alte weisen mit absicht erinnert
wird, ist unverkennbar. und überall ist die nachbildung altgeheiligter
religiöser weisen unzweifelhaft. Eur. nennt sein lied selbst ein widerspiel
der apollinischen hymnen. in diesen haben wir also das vorbild zu
suchen. wo Apollon das aiAıyov zu singen pflegte, erfahren wir durch
Aischylos, denn der hat in dem ersten liede des Agamemnon den refrain
allıyov angewandt &r' εὐτυχεῖ μολπᾷ. die weise jenes liedes aber
stammt dx τῶν χιϑαρῳδικῶν νόμων, wie wir von Aristophanes (Frö,.
1282) hören, zu dessen zeit sie schon für etwas veraltet galt; wie wir
denn auch diese rhythmen (das xara δάχτυλον εἶδος), zo häufig sie
bei Aischylos gewesen sind, nur verkümmert in der späteren tragödie
antreffen. das vorbild der drei lieder mit dem rhythmischen refrain
ist natürlich nicht derselbe kitharodische nomos, aber wol auch irgend
eine der alten weisen (νόμοι), von denen wir nichts als die namen kennen.
wir haben uns zu denken, dafs in ihr die dreizahl der strophen herkömm-
lich, veramafs und melodie der schlulssätze vorgeschrieben, in den vorher-
gehenden partien dem dichter und musiker freigestellt waren. dals die
vorbilder einen wirklichen refrain enthalten hätten, ist unwahrscheinlich,
da Euripides und vollends Aischylos diesen nicht vermieden haben
würden. ganz undenkbar ist, dals etwa die gemeinde den rhythmischen
refrain gesungen hätte, wie man wol aus modernem sinne gedacht hat.
erstens ist das nicht in der antiken weise; denn der cult kennt unsern
begriff‘ gemeinde nicht (vgl. bd. I' 60). zweitens gehört das was in dem
rhythmischen refrain steht unlösbar mit dem vorhergehenden zusammen.
das euripideische lied und das des Agamemnon zeigen sogar einen ganz
besonders strengen gedankenfortschritt vom ersten bis zum letzten worte.
das der Hiketiden ist anders gebaut: dort wird derselbe segenswunsch
viermal in den vier strophenparen in immer neuer formulirung wieder-
holt: aber die worte des refrains mufs man in die strophen einbeziehen,
v. Wilamowitz II. 6
82 Commentar.
um das lied zu verstehn. es ist also der gipfel der verkehrtheit, wenn
man für die refrains, oder auch andere teile, andere sänger anzunehmen
wagt als für das ganze: es gilt das für alle refrains überhaupt. die
malse des refrains sind bei Aischylos und Euripides gleich gebaut. der
pherekrateus hat meist die form ---u.->; anlautender trochaeus bei
Eur. z. b. 375. 6, Aisch. Ag. 381, iambus hier 390. 404, A. Hik. 684, dort
ohne entsprechung. tribrachys Eur. 420. 22. 37. 39 respondirend, 396
ohne responsion'); Aisch. hat ihn nicht. der glykoneus ist -s-u.-.-
Die erste strophe besteht fast ausschliefslich aus denselben ver-
gliedern. das schema ist folgendes
=-U=Uy-y- | --- vu priap.
= -- = -uV- |v-- = uv- 2 glyk.
Vu τιν...
Vale ANY =-U-—
5 --ον-ο--
-“πτππτυυπ-πο.--[ ππΞτυω.--ο«- 2 glyk.
= —- ur =y- | -S-uvv=vu priap.
Die responsion ist überaus streng; nicht nur die formen des gly-
koneus sind in strophe und antistrophe dieselben (im zweiten verse steht
der daktylus an letzter stelle), sondern auch die indifferenten sylben
stimmen fast überall überein. versschlufs ist durch die katalexe nach
dem 1. 3.4. 5. verse gesichert; nach dem 2. und 4. durch hiatus. es
ist möglich 6 und 7 zu verbinden, möglich 1 2 7 in seine glieder zu
zerlegen. dals der schlielsende priapeus zu verbinden ist, zeigt die ans-
logie; für die übrigen ist nichts auszumachen. doch spricht für die vor-
genommene verteilung ein weiteres moment. offenbar ist nämlich inner-
lich die strophe wieder, wie das ganze lied, dreig&teilt, in der weise, dals
die vier ersten und die vier letzten versglieder in sich eine einheit bilden
und einander entsprechend ein fremdartiges umschlielsen, in ihnen selbst
aber die verse chiastisch stehn; also dies ist die form
meist ist in solchen gebilden die anordnung a a b gewählt (die pindarische
form, strophe strophe epode, ist das grofsartigste und bekannteste beispiel),
aber auch diese ist häufig zu belegen. die einfache, aab, in einfachster
gestalt stellt sich hier in dem mittelstücke v. 3—5 dar. ihr a zerfällt
1) Wenn man nicht ἄρ re aus τάν re zu machen vorzieht; vgl. unten.
Zweite gesangnummer. 83
in zwei glieder (man erkennt das in dieser versgattung, der aeolischen
an dem zusammenstolse zweier hebungen oder dem vorhandensein einer
indifferenten sylbe), „_-, im aeolischen belegt: z. Ὁ, in einer bei Alkaios
beliebten kleinen strophe als schliefsendes glied, (form ἃ ἃ Ὁ, glykon.
+ glykon. + „-- fgm. 15, 49—51; da die glieder durch synaphie ge-
bunden sind, pflegt man sie nicht abzusetzen und hält die gedichte für
stichisch gebaut), und --.-., das zweite glied des sapphischen elf-
sylblere. der schlufsvers, 5, ist der oben 8. 27 besprochene enoplios,
in verbindung mit aeolischen reihen aulser der dort citirten stelle des
Hippolytos z. b. bei Sophokles O. T. 886, auch bei Eur. 1. T. 402. man
wird endlich nicht verkennen, dafs der iambische tonfall dieser periode
einigermafsen auf die iamben der folgenden strophe vorbereitet; ja es ist
vielleicht richtiger, die verse 3 und 4 geradezu als iambische katalektische _
trimeter zu fassen. sie können das ganz gut sein, da der ersatz des
iambischen metrons durch den choriambus seit Anakreon und in den
chören, von denen diese spielart des iambus den namen hat, sicherlich
schon viel früher, legitim ist. auch den enoplios v. 5 kann als ionischer
dimeter gefalst werden, und ioniker sind den iamben nächst verwandt.
die grenze zwischen aeolischer und ionischer metrik ist eben zur zeit
noch nicht genügend sicher gestellt.
Die zweite strophe vereinigt sicher iamben mit aeolischen gliedern und
leitet so zu der dritten, rein iambischen über. der aeolische teil bildet
wahrscheinlich eine periode; doch ist im texte das erste glied abgesondert,
weil für dieses allein wenigstens dazu die möglichkeit ist. die glieder sondern
sich durch den zusammenstofs der hebungen. das erste hat die in aeolischen
reihen überaus häufige gestalt ---u- (Maecenas atavis); das zweite ist
ein glykoneus, der den daktylus an erster stelle und die zweite hebung auf-
gelöst hat. die letztere freiheit ist zwar der originalen aeolischen 1yrik
notwendig fremd, da diese die sylben zählt, aber doch schon in der chor-
lyrik vereinzelt, im drama in immer steigender häufigkeit vorhanden. das
dritte glied ist ein daktylischer heptameter, wie in dieser versgattung
normal ist, rein daktylisch gehalten. daktylische reihen sind schon in
der originalen aeolischen poesie zahlreich und zu allen zeiten in glykoni-
schen liedern zugelassen. allerdings vermeidet Pindar so lange daktylische
glieder, aber z.b. Alkman im abgesange des Partheneions und Soph. Ant. 339
gehen noch weiter darin. der rest der strophe ist iambisch. die katalexe
sondert zwei perioden, eine von 5, eine von 7 metra. in der zweiten
ist zweimal die erste, einmal die zweite senkung unterdrückt. besonders
zu bemerken "Eßpov διεϊπέρασεν ὄχίϑων — μυχοὺς εἰσϊέβαινε Ivalroic.
6 4
84 Commentar.
also ist die senkung vor einer aufgelösten länge unterdrückt: das ist
häufig genug und schliefst die erklärung dieser erscheinung aus, nach
der die auf eine unterdrückte senkung folgende länge länger sein soll
als zwei kürzen: es sei denn, dafs sich jemand zu dem widersinn ver-
steigt, eine verlängerte kürze, die doch nicht lang wird, zu glauben.
Ganz einfach ist die dritte strophe, es sind zwei iambische perioden
von 8 und 16 metra, gesondert durch, die katalexe. nur im anfang hat
der dichter eine retardirung des rhythmus gesucht, indem er die zweite
senkung des ersten, die erste des zweiten metrons unterdrückte, wie es
oft geschieht: sonst ist nur ein par mal die erste unterdrückt. durch
die responsion der auflösungen, durch den satzbau, durch lautliche an-
klänge (πολυπόταμον --- ποολυδάκρυον 409. 426) ist der paralleliamus
bis ins kleinste durchgeführt. wie die rhythmischen perioden dieser
iambischen teile des liedes immer stärker schwellen, immer majestätischer
rollen, um durch den rhythmischen refrain immer wieder zurückgeworfen
zu werden, das ist der rechte ausdruck für das gefühl von Herakles
heldenhafter herrlichkeit — die doch so jäh ihr ende gefunden haben
soll. das ganze lied ist in der form von aischyleischer fülle und erhaben-
heit, wie sie Euripides nicht oft anstrebt, selten erreicht, Sophokles auch
nicht einmal anstrebt.
Der tod des Herakles gilt als ausgemacht; der der seinen steht un-
mittelbar bevor. der chor will dem Herakles ein grablied singen, aber
in der art, daß er die taten des helden zu einem grabkranze flicht, wie
Pindar das siegeslied sehr häufig mit dem kranze oder der binde des
siegers vergleicht. die einzelnen taten sind die reiser des kranzes, aber
durch diesen inhalt wird das grablied zum loblied, der ϑρῇνος zum ὕμνος.
darin findet der chor eine analogie zu dem klagerufe allıyov, den
Apollon (d. h. der pythische nomos, den Apollon selbst erfunden hat und
singt) als epiphonema seines siegesliedes anwendet. Aristophanes von
Byzanz hat mit berufung auf unsere stelle die richtige theorie aufge-
stellt, dals der αἴλενος sowol ὕμνος wie ϑρῆνος wäre (bei Athen. XIV
619°), worin ihm die späteren folgen (z. Ὁ. schol. Orest. 1390. Hesych.
αἴλενος). er hätte sich auf Homer (3 570), wo der Alvoc bei der weinlese
gesungen wird, und auf Hesiod berufen können, der (in den scholien zu
jener stelle) von Linos Uranias sohn berichtet, ὃν δὴ ὅσοι βροτοί εἰσιν
ἀοιδοὶ καὶ χιϑαρισταὶ πάντες μὲν ϑρηνοῦσιν ἐν εἰλαπίναις τε
χοροῖς τε, ἀρχόμενοι δὲ Alvov nal λήγοντος καλέουσιν. d.h. auch
lieder zum male und reigen beginnt und schließt der ruf αἴλενον, der
in diesen sehr jungen versen schon auf einen Musensohn Linos bezogen
Zweite gesangnummer. 85
wird. solche sagen gibt es viele und schöne, aber sie sind secundär, und
in Athen ignorirt man sie im 5. jahrhundert: das primäre ist der ruf
αἴλενον, den man als klageruf deutete, obwol er auch in festlichen ge-
sängen verwandt ward; Epicharm nannte so das lied der weberinnen
(Athen. XIV 618°). Euripides nennt ihn einmal den ruf barbarischer toten-
klage (Or. 1395), was auch nur eine solche ausdeutung ist und kein zeugnis
für die herkunft. der ruf ‘linon’ αἴλενον bedeutet so wenig wie “lemon’
ἐήλεμον oder ὑμήναον etwas bestimmtes, sondern sie ahmen alle naturlaute
des jauchzens oder klagens nach, wie romanische und germanische volks-
lieder zahlreiche ähnliche verzeichnen. erst als die entwickeltere musik
mannigfaltigere töne gefunden hatte, bildeten sich einerseits aetiologische
geschichten aus, welche den sinn nachlieferten, den man vermifste, und
empfand man andererseits einen widerspruch darin, dafs die schwermütigen
weisen auch bei freudigem anlasse ertönten. der Athener euripideischer
zeit hörte die gesänge etwa dorischer winzerfeste mit ähnlichem befremden,
wie der moderne culturmensch die klagenden weisen der naturvölker, die
für sein ohr klagend tönen, während jene ganz vergnügt dabei sind. lieder
und gebräuche, welche einen Linos als person angehen, sind also relativ
jung, oder doch der Linos ist erst spät hineingezogen (dies gilt von dem
argivischen feste χυγνοφόντες, das durch ein gedicht in Kallimachos Aitia,
von Linos und Koroibos, bekannt ist), und natürlich kann die person Linos
nirgend wirklich volkstümlich sein. das angebliche volkslied, das ihn
behandeln soll (Bergk carm. pop. 2), ist nichts als die entstellung von
4 hexametern, die als solche in einer besseren redaction der Homer-
scholien stehen'). diese verse mögen wol so alt sein wie die erwähnung
des Hesiod;; sie besagen nichts mehr, als dafs Linos der erfinder der weise
“im rechten takte’ (ἐν ποδὲ δεξιτερῷ) gewesen sei und die Musen ihm
klagelieder singen. ἐν ποδὶ δεξιτερῷ wird also wol das original des
vorliegenden liedes gewesen sein, oder auch dieses selbst. die bedeutung
des musikalischen ausdruckes ist dunkel. irgend wer hat dann den Linos
als alten weisen sänger zum lehrer des Herakles gemacht; das war zuerst
ganz ernsthaft. denn da Her. das ideal des dorischen mannes ist, dieser
aber beim kitharisten lesen und singen lernt, so muls das auch Her. bei
jemand getan haben. ein vasenbild des Pistoxenos (um 500) zeigt den
Herakles mit seinem pädagogen zur schule gehend, in der der fleifsigere
bruder schon vor dem kitharisten Linos sitzt (Ann. dell’ Inst. 1871 ΕἾ; Her.
möchte sichtlich lieber mit dem speere spielen, den er trägt. wir erfahren
1) Dies ist mittlerweile genauer dargelegt von Maass Herm. 23.
86 Commentar.
die geschichte als eine ernsthafte in der litteratur erst durch spätere (Theo-
krit Hoari. 103 und mythographen, bei denen aber auch die folgende
fabel eingang findet), aus älterer zeit nur die parodie, dafs der plumpe
Boeoter Herakles seinem lehrer Her. den kopf mit der laute eingeschlagen
hätte. -wir sind gewöhnt, hierin die erfindung des satyrspiels zu sehen,
und wirklich hat Achaios von Eretria einen Linos gedichtet. allein
die boeotischen vasen haben gelehrt, dafs dort eine scurrile umformung
der heldensage volkstümlich war, mit der wir uns gewöhnen müssen zu
rechnen. und gegen unsre gewöhnliche annahme spricht die frühe ver-
breitung dieser fassung, denn nicht nur der sophist Alkidamas nimmt
sie als geschichte auf (Palamed. 25), sondern sie erscheint auch schon
auf einer attischen vase aus der zeit des Achaios (O. Jahn, Ber. sächs,.
ges. 1853 taf. 10). natürlich existirt der schwank für Eur. so wenig wie
für sein publicum: die erwähnung des Linos würde hier sonst lächer-
lich wirken,
Einen kranz von heldentaten flicht der chor dem toten helden: elf
zählt er auf, die zwölfte ist die Hadesfahrt. sie hat mit dem tode ge-
endet — doch als der chor so weit ist, da wird in ihm das gefühl über-
mächtig, dafs es wider jedes recht und jede innere wahrscheinlichkeit
ist, Herakles tot zu denken. die kinder sollen das los der vaters teilen:
o nein, vielmehr er muls sie erretten. mit directer anrede wendet sich
der chor an Her. der glaube ist stärker als die wahrscheinlichkeiterechnung
(ἡ ἐλπὶς δοχεῖ τὰ ἀδόκητα 105. 92). doch das gefühl der eignen ohn-
macht und des hilflosen alters läfst auch diesen glauben nicht kraft ge-
winnen. zwar nicht der chor, aber wol der zuschauer fordert mit seinem
glauben das erscheinen des Her.: d. h. die nächste scene.
Die 12 kämpfe sind hier löwe, kentauren, hirschkuh, rosse, Kyknos,
äpfel, Triton, Atlas, Amazonen, hydra, Geryones, Kerberos. der dichter
hat die zahl inne gehalten, obwol er sie nicht hervorhebt. nur neun
davon gehören dem alten kreise der 12 an, über den I s. 55. Triton
und Atlas sind zwar sehr bekannt, aber in der festen tradition, von der
Eur. nicht abweicht, mit der Hesperidenfahrt verwachsen, also lediglich
um der zahl willen als selbständige ausgeführt. aulserdem ist Kyknos, ein
aulserhalb des Peloponneses besonders berühmter kampf, genannt. es
fehlen die vögel, die zwar in der vasenmalerei des sechsten jahrhunderts
vorkommen, aber immer zurückgetreten sind und von der vornehmeren
poesie verschmäht werden, dann der stier und der eber; der stier, den
die Athener vielmehr ihrem Theseus zurechneten, der eber, weil er
mit der Kentauromachie (allerdings der eleischen) verbunden zu werden
vers 351—355. 87
pflegte. die ordnung hat Eur. geändert und die behandlung ganz
ungleichmälsig gehalten. der löwe dient nur dazu, dem helden seine
typische tracht zu geben, die zweite strophe zeigt ihn als beschützer der
friedensarbeit auf den feldern, die drei folgenden erzählen je einen zug,
nach Thrakien, Hesperien, Skythien. das vorletzte ephymnion macht
ganz kurz mit hydra und Geryones die zahl voll: die letzte strophe ist
dem letzten zuge, dem ohne heimkehr, gewidmet. ein bruchstück der
Temeniden (740) erzählt in anapaesten einen kampf, den mit der hindin,
und man hat vermutet, dafs dort eine ähnliche aufzählung der kämpfe
vorkam, was aber wegen der anapaeste wenig glaublich ist und durch
die nicht anzutastenden worte ἄϑλων ἕνα δεινὸν ὑποστάς ganz aus,
geschlossen wird. wol aber hatte Aischylos in den Herakleiden :74 ein
ähnliches lied, und auch dort war die not der waisen des Herakles gegen-
stand des dramas,.
351 πλήχτρῳ. das e dieses stammes ist durch brechung aus a ent-
standen, erscheint deshalb nur in den ionischen mundarten, und man
sollte an sich in chorliedern der tragödie die alte vocalisation erwarten.
sie ist jedoch auf das einzige nomen szAay& beschränkt; darin ist a häufig
überliefert, sonst überwiegt das e so stark, dafs die seltenen ausnahmen
(z.b. wereiayuevog A. Sieb. 896) zu beseitigen sind. es war also nur
in πληγή die alte form dem sprachbewulstsein noch gegenwärtig. wozu
kommt, dafs πλαγά im drama noch in der ganzen weite des begriffes
‘schlag’ vorkommt, während πληγή im leben vorwiegend im plural mit der
bedeutung “schläge, prügel’ erscheint, und auch im singular nur einen
einzelnen jener schläge zu bezeichnen pflegt.
354 Der zweifel an der vaterschaft des Zeus ist durch die lästerung des
Amphitryon 340 herbeigeführt. der chor meint, dafs das heroentum des
Her. so grofs ist, dals die herkunft dafür nicht ins gewicht fällt. vgl. 695.
— ἶψις ein verschollenes wort, das nur bei Aisch. und Eur. auftritt; woher
sie es haben, steht dahin. in gebrauch erhalten war es im kyprischen
dialekt (stein 40, 2 Deecke), da dieser aber am meisten mit dem home-
rischen sich berührt, so ist wahrscheinlich, dafs die tragödie Zvıg aus
dem epos entlehnt hat. die conjectur, welche ἦνες in dem paean des
Isylios von Epidauros hergestellt hat, kann hiernach nicht bestehen: denn
die lyrik kennt es nicht.
355 Aup. ἶνεν στεφάνωμα μόχϑων ὑμνῆσαι. hier ist es sehr deut-
lich, dafs or. u. apposition zu ὕμνος ist, d.h. dem im verbum latenten
object. grammatisch liegt also der fall ganz wie in den zu 59 erläuterten
beispielen, die erscheinung ist hier nur offenkundiger. — εὐλογέα “preis”
88 Commentar.
und εὐλογεῖν "preisen’ treten in der gesammten poesie des 5. jahrhunderts
auf (lyr. epigr. trag. kom.), erscheinen damals auch vereinzelt in der hohen
prosa (Thukyd. hat εὐλογέα im epitaphios), dann aber verschwinden sie
fast völlig. der grund ist, dafs εὔλογος in Athen seit Aischylos das
heifst, was in sich einen guten λόγος hat, "folgerichtig, logisch richtig
u. dgl. und das behauptet sich. εὐλόγως = du’ εὐλογίας in der alten
schrift bei Iamblich protr. 99, 27 Pist., ist singulär und spricht dafür, dafs
der verfasser kein Athener war. εὐλογέα bei Platon Rep. 400° ist spielend
von εὖ λέγειν “gut reden’ ad hoc gebildet. das N. T. und verwandte
literatur zeigt im englischen grulse εὐλογουμένη ἐν γυναιξί u.a. den
fortschritt, dafs das wort des segens die kraft hat “gesegnet, glücklich,
selig’ zu machen; das ist ein neuer trieb, aber aus der alten ionischen
wurzel.
356 ἄγαλμα schmuck vgl. zu 49. doch spielt der begriff‘ des vexpür
ἀγάλματα (703) hinein. der kranz des liedes wird auf ein grab gelegt.
359 Das liebliche tal von Nemea sticht noch heute stark von dem
kahlen und rauhen gebirge ab, das sich zwischen ihm und Kleonai und
Argos hinzieht. in diesem wohnte der löwe und seine verwüstung scheint
ursprünglich dem nemeischen tale, nicht dem des Inachos gegolten zu
haben. Pindar Ol. 13, 44 nennt Nemea χόρτος λέοντος (vgl. zu 371).
Phalaikos Anth. Pal. XIII 7 Νέμειον ἀν λειμῶνα. der Zeustempel
lag in einem cypressenhain (Pausan. II 15), und darum reden auch Pindar
(Nem. 2, 9) und Simonides (13) vom ἄλσος .71ιός.
ἐρημοῦν “leer machen, entblöfßsen’, doch ohne jeden nebenbegriff des
gewaltsamen oder unerwünschten, ist im drama, namentlich bei Eur, ge
wöhnlich. so auch ἐρημία 1158.
362 πυρσός ist der feuerbrand, aber πυρσός als adjectiv ist die farbe
des hares, die wir am pferde und am menschen fuchsrot nennen, und
die wenn nicht an den wirklichen löwen, so doch an den löwenköpfen
der bildenden kunst den Hellenen bekannt war. rote hare, wie sie die
Skythen hatten (Hippokr. de a. aqu. 1. 28, daher die vielen πυρρίαι
unter den sclaven), galten für häfslich, während Her. wie die meisten
heroen blond ist, weil das volk die jedesmal seltenere farbe höher schätzt.
nun trägt er in der archaischen kunst das löwenfell über dem rücken,
den rachen fest auf dem haupte; das haupt mit blondem har und bart
ist also von dem rote des löwenvliefses umrahmt. diesen farbeneflect
zu malen hat Eur. sehr kühn πυρσῴ ἀμφεχαλύφϑη ξανϑὸν χράτα
gesagt, wo jeder σπυρσῷ als feuer verstehen muß; zur erklärung folgt
die apposition δεινῷ χάσματι θηρός" — νωτίζω Phoen. 654 im sinne
vers 356 — 364. 89
von τὰ νῶτα περισχεπάζω. so hier das deutlichere compositum “vom
rücken her bedecken’. |
363 χάσμα rictus für den kopf eines tierfelles oder für seine nach-
bildung ist in später zeit ganz gewöhnlich; da heifsen auch die wasser-
speier, für die seit der urzeit der löwenkopf die herkömmliche bildung
ist, Aeovroxaouara. aber in den rechnungen des epidaurischen tempels
heifsen sie Aeovroxepalal und abgesehen von der nachahmung dieser
stelle Rhes. 209 ist der ausdruck in vorchristlicher zeit überhaupt noch
nicht nachgewiesen. χάσμα bedeutet vielmehr hiatus, und fast nur in
übertragner bedeutung, schlund, spalt in der erde u. dgl. Eur. greift
also auch hier der zukünftigen sprachentwickelung vor, gewiß indem
er aus der lebendigen rede nimmt was sonst noch verschmäht ward.
364 Eur. versetzt hier die Kentauromachie nach Thessalien, oben 182
nach Elis. in der Heraklessage ist Elis älter; aber ihre echte form ist
verschollen vgl. oben Is. 60. die thessalische Kentauromachie kennt als
ihre gegner die Lapithen, als führer Peirithoos und Theseus; Herakles
ist nur durch misverständnis oder dorischen patriotismus in sie hinein-
gezogen.
Die Kentauren werden hier wie öfter so geschildert, dafs man sie
für die mythischen vertreter eines reitervolkes halten könnte und schon
im altertum gehalten hat. das ist aber verkehrt. denn sie wohnen im
wilden waldgebirge, Pelion und Ossa (deren nördlichste kuppe die hier
zuerst erwähnte Homole ist), und ihre älteste bildung ist ganz mensch-
lich, nur dafs an den menschlichen rücken ein pferdehinterteil ansetzt.
die alte sage hebt an ihnen auch nicht das zerstampfen der fluren hervor,
sondern wüste sinnliche gier nach wein und weibern, wie sie denn auch
ihren ursprung auf solche sinnlichen verirrungen zurückführt (Pindar
Pyth. 2). sie sind also in ihrem wesen “wilde waldmenschen’, identisch
mit den Silenen, deren älteste körperbildung auch mensch und pferd
mischt, und die zuerst auch als mädchenräuber auf thasischen und ver-
wandten münzen erscheinen — wenn das nicht wirklich Kentauren sein
sollen. die alte poesie nennt auch beide direct “wilde bestien’ ϑῆρες
und φῆῇρες (dies nur thessalisch und aus dem dialect mit der sage ge-
wandert). der Kentaur Pholos ist sohn eines Silen und einer Eschen-
nymphe, Chiron des Kronos und einer Lindennymphe; völlig widersinnig
fabelt die spätere zeit, dals diese in pferdegestalt begattet wäre. sein
vater bedeutet nur, dafs er so alt wie die götter der jetzigen weltordnung
ist, natürlich, denn die elementarwesen sind “vorweltlich’. die etymologie
des namens ist unsicher, aber die verbindung mit xevreiv ganz gut mög-
90 Commentar.
lich (vgl. λάσταυρος zu λάσϑη, γα-ῦρος zu γά-γυμαι). die vergleichung
mit den indischen Gandharven ist (von der lautlichen abweichung ab-
gesehen) inhaltlich ebenso widersinnig wie die erklärung der Kentauren
als bergströme, welche scheinbar sein würde, wenn die verwüstung der
äcker, die Eur. hier schildert, nicht schon eine umbildung und ausdeutung
der fabel wäre, entstanden, als das pferd in ihrem wesen vorwog. end-
lich steht neben den K&yravgoı der Κένταυρος als einzelner, gerade in
der alten zeit (vgl. 1 45), wie SıAnvdg neben Σεληνοί, (4Ζημήτηρ) Ἐρινύς
neben Ἐρινύες und selbst neben Aoreuus Agreuudes (Inser. Boeot. 3101):
das schliefst die beiden modernen deutungen aus.
ἔστρωσεν stravit, ein sehr drastischer seltener ausdruck, vgl. 1000.
die ungeheuer galoppiren über das gefilde, er selbst kann sie nicht er-
reichen, aber er verfügt über die gefiederten vergifteten (φόνεα) pfeile,
und so werden sie dann hingestreckt, “so lang und grofs sie sind’, wie
Goliath.
369 al ἄρουραι τῆς Θετταλιχῆς πεδιάδος καρτεὸν οὐκ ἔφερον
ὑπὸ τῶν Κενταύρων καταπατούμεναι.
370 ϑεράπναε᾽ αὐλῶνες, σταϑμοί Hesych. in dieser bedeutung tritt
das wort bei Eur. öfter auf, dem es epätere entlehnen. dafs es älter
ist, zeigt der vordorische ortename Osparıya: in Lakonien.
371 σύγχορτος braucht Eur. mehrfach für ὁμοτέρμων, darin ist das wort
χόρτος (hortus, cohors, garten) in seiner ursprünglichen bedeutung er-
halten, denn es bedeutet zunächst das zum hause gehörige dem privat
eigentum überlassene, gegen das gemeindeland abgegrenzte ackerstück.
das kann zum hofe gemacht werden (αὐλῆς ἐν χόρτοισι κυλενδόμενος
κατὰ κόπρον Hom. 2 640, ähnlich _4 773), oder zum garten und ge
müseland (hortus), oder zur weide für die haustiere: so entsteht die im
griechischen gewöhnliche bedeutung “futter für's vieh’, welche der viehische
Kyklop des Eur. auf seine nahrung überträgt (507); öfter wird das den-
vatum χορτάζω, aber immer plebejisch, von menschen gesagt. — Ὀμόλη
ohne heta ist wie hier die beste überlieferung bei Theokrit. 7, 103, sichere
zeugnisse aus altboeotischer zeit für die aspiration fehlen noch; später
allerdings ist sie durch die etymologie nahe gelegt. die Thessaler selbst
aspirirten nicht.
372 6989 πεύκαισιν χέρας πληροῦντες. wenn wir sagen, dals die
verba der fülle den genetiv regieren, so heilst das eigentlich, dafs die
Griechen bei ihnen nicht das was man hat bezeichnen, sondern das
wovon man einen teil hat; der genetiv ist partitiv. ist nun dieses ver-
hältnis ausgedrückt, wie hier mit ὅϑεν, so kann der teil, durch
vers 36θ9--- 377. 91
welchen etwas voll wird, nur durch den instrumentalen dativ gegeben
werden.
374 ἐδάμαζξζον ist mehr als bezwingen, es ist “schalten und walten wie
mit einem bezwungenen’, streift also ganz nahe an ὑβρέζειν. Phoen. 563
ὄψῃ δαμασϑὲν ἄστυ Θηβαῖον --- παρϑένους πορϑουμένας, wo noch
die spielende vertauschung der verba hinzukommt, vgl. zu 883.
375 Eur. gibt hier die sage in einfachster form. die ebene von Argos
erleidet flurschaden durch eine hindin, welche von den bergen herab-
kommt, die Argos von Arkadien scheiden. diese gehören der Artemis,
die in dem bergdorfe Οἰνώα (so Oros bei Steph. Byz. unter Οἴνη
und Hesych. Olvywärıv, beide mit bezug auf diese stelle. bei Pausan.
I 25, 2 und Apollodor bibl. II 81 steht fälschlich Olvdn; der name
kehrt als Βοινώα in Elis wieder Strab. VIII 338) einen tempel hat. ihr
weiht also Her. die erschlagene jagdbeute. nur noch ein archaisches
vasenbild (Gazette archöol. II 28) stimmt zu dieser guten durchsichtigen
sagenform: auf ihm übergibt Her. das erjagte tier der Artemis. sonst
ist die geschichte durch verkehrung des verhältnisses der Artemis und
sonstige ausschmückungen fast unkenntlich gemacht. ob die hindin dem
rotwild oder (wie hier) dem damwild angehört, entscheidet die sage nicht,
gibt ihr aber immer ein geweih, was seit alter zeit eine streitfrage für
die zoologen und grammatiker geworden ist (Aristophanes v. Byzanz bei
Aelian Tiergesch. VII 39 und sonst). das geweih ist golden: das tier
kann natürlich kein gemeines gewesen sein, und die sage hat immer etwas
von seiner wunderbaren herkunft zu berichten gewulst.
377 Man würde von συλᾶν in einem liede συλάτειρα erwarten, wie
man sich umgekehrt im dialog (Εἰ. El. 23. 268) über sroıwarwe wundert.
allerdings sind das inconsequenzen, die die dichter vermieden haben
würden, wenn sie entweder ihre wörter nach grammatischen regeln ge-
bildet, oder lediglich die volkssprache befolgt hätten. allein die poesie
hat eine durch die jahrhunderte zwar in beständigem wechsel, aber doch
in beständiger continuität überlieferte kunstsprache, und wir haben zu
lernen, wie sie sich in den einzelnen fällen mit den verschiedenen ein-
flüssen abgefunden haben. ποινάτωρ ist ein altes wort; ποινᾶν ist
ausgestorben: da bleibt der alte vocal. συλήτειρα ist eine neubildung:
die folgt der lebendigen aussprache. — ἀγρῶσται, ἐργάται, ϑηρευταί
Hesych. hier gilt die erste bedeutung; hirten bedeutet es bei Sophokles
fgm. 91 (wie zu vermuten, da der vers aus dem Alexandros ist) und bei
dem nachahmer desselben, dem verfasser des Rhesos 287 (doch ist 266
überwiegend ἀγρώταις überliefert, man leitete es aber von ἀγρός ab
92 Commentar.
(Herodian zu E 158) und betonte es danach. dagegen Apollonios
Rhod. IV 175 setzt es für ϑηρευταί, und daher stammen die anderen
glossen (z. Ὁ. Bekk. An. I 213); da es so gefalst von ἀγρώσσειεν kommt,
so ist die betonung ἀγρωστής gefordert. aber die tragiker haben gegen
Apollonios die rechte bedeutung der glosse gewahrt. das zeigt das
feminium ἄγρωστις, das appellativisch ‘gras’ d.h. die pflanze welche
rasen und wiesen bildet, bezeichnet. folglich hängt das wort mit ἀγρός,
nicht mit ἄγρα zusammen. da ἄγρωστις ionisch ist, wird es auch das
masculinum sein. übrigens ist das σ anorganisch; ἀγρώτης ὡς Yreı-
ρώτης findet sich daneben Bakch. 564, θῆρας ἀγρώτας, ἀγρότειρα
El. 168, femininum zu ἀγρότης, das aber schwerlich ein richtiges wort
ist, sondern eher misbildung für das aeolische ἀγρέτης = αἱρέτης
“jäger’, aber eine alte (τ 218): somit wird man auch ἀγρώστης und
ἀγρώτης neben einander dulden müssen.
382 Eur. erlaubt sich neben dem intransitiven natürlichen gebrauche
von ϑοάξζω (schnell sein), einen transitiven sedvov Joalw Bakch. 65,
πτέρυγας ϑοάξω 1. T. 1141: so hier σῖτα γένυσι ϑοάζω; darin ist
der begriff des essens noch nicht ausgedrückt, also tritt eine adjectivische
apposition zum subject, δυστράπεζοι, dies wiederum durch den modalen
dativ ἀνδροβρῶσι χαρμοναῖς erläutert, wodurch wir erfahren, dafs die
blutige speise menschenfleisch ist, die tätigkeit des verbums erhält endlich
ganz im allgemeinen noch einen adverbiellen zusatz dyakıya, wie Tg0-
μερά 113, welcher durch den locativ φάτναις erweitert ist: denn dals
dies zu verbinden ist, zeigt die stellung und der offenbare sinn: die
pferde werden nicht wie andere mit einem halfter an die krippe ge
bunden, weil sie zu wild sind, sie stellen sich aber am futterplatze ein
und bleiben da, weil ihnen das menschenfleisch so gut schmeckt. der
ganze satz ist in jedem einzelnen gliede correct, aber die häufung macht
ihn nicht nur schwülstig, sondern auf den ersten blick schwer über-
sichtlich. — dafs die tiere δυστράπεζοι heilsen, klingt seltsam, wenn
man an den vierbeinigen tisch denkt, den die etymologie gibt. aber
vierbeinig waren die tische längst nicht mehr alle, ja meistens nicht, 50
hörte man die etymologie nicht mehr (in Boeotien sagte man τρέπεδοα
und fühlte sie), und da man den tisch ausschliefslich beim male brauchte,
so hat τράπεξα diesen sinn. τραπέζαις ἐξογχοῦν (Hik. 864) genügt
zur bezeichnung des tafelluxus. ϑῆσσα τράπεζα Alk. 2 ist dasselbe
wie δουλία μᾶζα A. Ag. 1041. καλλιτράπεζος, μιχροτράπεζος geht
auf das was auf den tisch kommt. so wird es möglich, dafs Herodot I
162 ἔδαισε ἀνόμῳ τραπέξῃ sagt, wo die speise ἄνομος ist. merk-
vers 382—389. 93
würdig ist, dals gerade auch von den rossen des Diomedes Pindar
fgm. 315 Bgk.' προβάτων τράπεζαν gesagt hat.
Der sitz des Diomedes pflegt bei den Bistonen zu sein (auch bei
Eur. Alk. 485. 1022), weil diese in der nähe von Habdera wohnen, und
Habderos als ein opfer der Thrakischen rosse galt. Eur. läfst hier den
Her. bis in das Hebrosgebiet ziehen, d.h. ihn das freie Thrakien, im
archidamischen kriege ein mächtiges königreich, bezwingen; die Bistonen
waren längst durch die berührung mit der hellenischen cultur über ihre
primitive rohheit erhoben und fielen in den bereich der attischen macht,
das abenteuer mulste also, wie so viele andere, weiter in die ferne gerückt
werden. — die ufer des Hebros heifsen “silberfliefgend’, nicht weil der
flufs silberklares wasser hat, ἀργυροδένης wie der Peneios bei Hom. Β 753,
sondern weil Thrakien eines der silberreichsten länder war, wo deshalb
auch die prägung (z. b. in Habdera, doch auch bei den Thrakern) früh
und stark geübt ward. ähnlich heifst der Tmolos χρυσόρους Bakch. 154,
weil der lydische fluls Paktolos goldsand führt, die felsen am Baetis, wo
das silberreiche Tartessos liegt, ἀργυρόρεζοι, Stesichoros 5. dals die silber-
gruben Thrakiens im gebiete des Nestos und um Krenides (das spätere
Philippoi) liegen, also nicht am Hebros, macht nichts aus: Eur. denkt
an den silberreichtum der Thraker, deren hauptstrom der Hebros ist.
389 Kyknos lauerte den wanderern auf der völkerstralse von nord nach
süd (von Tempe nach Thermopylae) am flusse Anauros (Hes. Asp. 477)
auf, an der stelle des späteren Demetrias (Strab. 436), erschlug sie und
baute seinem vater Ares von den häuptern der erschlagenen ein heilig-
tum, bis Herakles einmal von norden her (d.h. eben auf der stralse)
in das defilee kam und nach härtestem kampfe den frevler und seinen
vater bezwang. es ist eines der in poesie und bildender kunst am meisten
gefeierten abenteuer und wird in verschiedenster weise ausgeschmückt und
mit anderen zügen des Her. verknüpft. aber nirgend bedient sich Her.
der pfeile: das ist also freie erfindung des Eur., der um der debatte über
den wert der schützen willen nur diese eine waffe in diesem liede her-
vorhebt. dals Her. als überwinder des Kyknos den Achilleus verdrängt
hat, s. zu v. 110. andererseits ist Antaios ein in Kyrene aus dem thessa-
lischen Kyknos erst gemachter gegner (zeigt sich bei Pindar Isthm. 3, 73),
der repraesentant der eingebornen, mit redendem namen (“Gegner”), der
eben so gut auch einmal freundlich vorkommt (Pind. Pyth. 9, wo eine
Danaossage auf ihn übertragen wird). wie Triton und Atlas ist Antaios
später aus der Kyrenaika immer weiter westlich verschoben, schliefslich
bis Tanger.
94 Commentar.
Das Peliongebirge liegt östlich vom Anauros, aber es ist der einzige
einem jeden gleich bekannte geographische name der gegend, also ge-
eignet auch die übrigen verständlich zu machen, denn Anauros kann
als ‘bach’ verstanden werden, und Amphanaia, das Eur. als heimat des
Kyknos nennt, kommt nur noch einmal unter dem namen dugpavalor
in einer küstenbeschreibung aus demosthenischer zeit (beim 8. g. Skylax 64)
vor, wodurch wir seine lage unweit Pagasai lernen. dafs es später
verschwunden ist, liegt wol daran, dafs die gründung von Demetrias (im
jahre 293) viele kleine orte vernichtet hat; aber auch früher kann es um
so weniger auf allgemeines verständnis gerechnet haben, als ein gleich-
namiges dorf in Doris liegt. man hat die Pelionküste in die malische
geändert, weil das Pelion seitab liegt und der golf in den der Anauros
fliefst der malische heilst. aber das ist falsch: die gegend ist nicht malisch,
sondern magnetisch. ob man die überlieferung τάν re Πηλεάδ᾽ ἀχτάν
in ἄν re oder ἀνά re ändern solle, kann man schwanken. die leichtere
änderung ἄν re genügt zugleich dem versmalse besser; aber die über-
lieferung ist synkopirten formen der praepositionen nicht günstig.
390 πηγαί im plural bedeutet gewässer (unten 1287), nicht quelle.
Kyknos wohnt an der küste. so bezeichnet Aisch. Pers. 311 mit πηγαῖς
Νείλου yeırov@y die persische provinz Aegypten, nicht etwa die Nilquellen.
F 148 will der Phthiote Achilleus dem Spercheios opfern ἐς πηγάς,
ὅϑι τοι τέμενος βωμός Te ϑυήεις : natürlich in Phthia, am unteren
laufe des flusses. das e ist aus a gebrochen, kommt aber in unserer
tragikerüberlieferung eben so oft mit dem originalen wie mit dem attischen
vocalismus vor, so dals eine entscheidung über den wirklichen gebrauch
der dichter mislich ist: dafs sie geschwankt hätten, ist nicht glaublich.
σιαρά mit accus. eigentlich ‘längs’. der dativ könnte eben so gut stehen
und scheint uns natürlicher. aber der fluß ist eine linie, und wenn
wir eine handlung an ihm localisiren wollen, so können wir uns eben
so gut einen punkt dieser linie wie dieselbe als ganzes denken, indem
der einzelne punkt unbestimmt bleibt. παρ᾽ ᾿σωποῦ δοάς unten 1163,
παρ᾽ ὄχϑας Hel. 491, παρὰ πηγαῖς Ion 1075 u. 8. w.
394 Am westrande ist das meer nicht mehr fahrbar; es wohnt da der
“alte der tiefe’, ἅλιος γέρων im allgemeinen genannt, im speciellen
Porkos = Phorkys, Nereus, Aigaion, in dieser sage fast immer Triton;
doch steht ἅλιος γέρων auf dem argivischen bronzerelief aus Olympis
(Ausgrab. IV 19), und diesen namen gibt Eur. Hipp. 744 mit rsovro-
μέδων wieder. er wehrt den schiffern die fahrt. jenseits ist nämlich
ein herrlicher garten, in dem die quellen der ewigen seligkeit rinnen und
vers 390-394. 95
der baum steht, auf dem die goldenen äpfel der unsterblichkeit wachsen.
die Erde hat diese gaben gespendet, als Zeus und Hera hochzeit hielten :
in diesem garten hat ihr brautbett gestanden. die nymphen, die diesen
garten versorgen, wie das andere “mädchen” mit jedem garten tun, sind
die Hesperiden, die “mädchen des westens’, die seit Hesiod (Theog. 275.
518) immer als λεγύφωνοι, ἀοιδοί u. dgl. bezeichnet werden, obwol
sie in der sage von dieser gabe keinen gebrauch mehr machen und ihre
abstammung von der Nacht oder dem Abend (diese liegt doch in ihrem
namen) zu so anmutiger tätigkeit schlecht zu stimmen scheint. die
goldenen äpfel zu holen ist des Herakles aufgabe (und zwar die letzte).
als ihm der meergreis den weg verwehrt, bezwingt er ihn im ringkampfe
(eins der beliebtesten bilder auf vasen des sechsten jahrhunderts, aber
auch z. Ὁ. auf dem fries von Assos, also selbst in dem äufßsersten aeo-
lischen winkel bekannt: in Athen im siebenten jahrhundert in einem
giebelrelief und in gewaltigen plastischen gruppen auf der burg darge-
stellt, die zu Eur. zeit freilich längst im schutte vergraben lagen, dem
sie 1888 entstiegen sind), überwindet noch anderen widerstand, gelangt
schliefslich hin, tötet den drachen, (wobei meist die Hesperiden helfen),
und bricht die äpfel. — in dieser erzählung sind schon einige züge
(insbesondere Atlas) ausgeschieden, die seit langer zeit mit ihr verbunden
waren, im ganzen aber mag sie geben, was man als die dem Euripides
bekannte fassung betrachten kann, der in einer herrlichen strophe
(Hipp. 742) das schöne bild des abendlichen paradieses ohne die
Heraklessage gezeichnet hat. den weiten weg, den die methodische
forschung längst hätte gehen können und sollen, kann dieser commentar
den leser nicht führen. es mufs zuerst Pherekydes hergestellt werden, was
mit den mythographen (Eratosthenes, Apollodor, Servius zu Aen. IV 484
und namentlich den Apolloniosscholien) nicht schwer ist. dann mufs
motiv für motiv dieses berichtes geprüft, mit den varianten verglichen
und demgemäfs ausgesondert oder in eine ursprünglichere fassung ein-
gereiht werden, denn Pherekydes compilirt; die frage, wie viel ein hesio-
disches gedicht, auf das man stöfst (fgm. 251), wie viel Panyassis, der
auch begegnet, beanspruchen können, wird sich aufdrängen. erst nach der
erledigung der analysis unserer tradition kann es eigentlich gestattet sein,
die synthesis zu beginnen. da hier aber die resultate unumgänglich
nötig sind, müssen sie auf die gefahr einzelner misgriffe hin antieipirt
werden.
Der garten der götter mit dem baume, der die äpfel des lebens trägt,
ist seinem wesen nach ganz unabhängig von der Heraklessage, die ihn
96 Commentar.
als etwas gegebnes einführt. wenn die götter jenseits des meeres im
westen wohnen, so wohnen sie nicht auf dem götterberge Olympos (d. h.
dem höchsten berge, den die menschen gerade sehen, die an sie glauben ;
Olympos ist der eigenname des thessalischen berges, an dem die ahn-
herrn der epischen sänger wohnten, die diesen namen verbreitet haben);
die ewige jugend ist dann auch eine bewohnerin des Olympos und tochter
des himmlischen ehepares, das in der andern geschichte unter dem baume
der jugendäpfel sein lager hat. also unterscheiden wir zwei vorstellungen
vom göttersitze, den berg, wie bei dem Indern unter dem Himalaya, und
den garten, wie bei den Nordgermanen, die äpfel und weltbaum und
schicksalamädchen darunter auch kennen. da Homer die eine vorstellung
gibt, werden wir sie den echten Hellenen, den garten aber den einwan-
derern zuschreiben. das bestätigt sich durch die gegend, wo, und die
art, wie die beiden vorstellungen sich verbinden. wenn die Peloponnesier
vor der dorischen wanderung ihren götterberg bei sich hatten, so war
das die Kyllene, mit demselben rechte wie Olympos für die 'Thessaler
und Oeta für die Lokrer: die landschaft selbst lehrt so viel jeden
wanderer. wir finden aber hier nur noch die vorstellung des fortge-
schrittenen glaubens, dafs die götter im himmel sind, und der berg der
träger des himmels. das ist ein ganz ungeheurer riese, der “träger’,
“Ἄτλας oder Τάνταλος: beide namen sind der durchsichtigen bedeutung
nach identisch. dafs dieser glaube älter als die dorische wanderung ist,
zeigt sich in der übertragung des Tantalos auf den höchsten berg Lydiens,
den Sipylos. auf Lesbos ist Τάνταλος geradezu bergname (Steph.
Byz. 8. 0.). dieser bergriese ist zugleich der ahnherr der peloponnesi-
schen volksstämme, die im ganzen als Πέλοψ Ταντάλου auftreten, oder
einzeln an sieben Atlantiden angeknüpft werden. dafs die vornehmste,
die “mutter” Maia den Hermes (ἃ. h. einen gott, der nicht nur in dieser
gestalt, sondern oft mit Apollon gleichgesetzt erscheint) in einer höhle
der Kyllene gebiert, ist der hauptanhalt für die richtige auffassung der
ganzen geschichte. aber von den nordarkadischen bergen fliefßen auch
die lebenspendenden und daher so oft völkerzeugenden ströme des Pelo-
ponneses, und darunter der schöne und wasserreiche Ladon: das ist eigent-
lich ein mythischer name, mit einigen varianten weit verbreitet‘). er gehört
1) Der Ismenos heifst eigentlich Addw», Paus. IX 10, 6: Theben ist nämlich
μακάρων vijoos, Lykophr. 1204, der Ladon fliefst bei Hesperis-Berenike, trägt aber
den namen AdYo» (Strab. 836) oder Δήϑων (Ptolem. Euergetes bei Athen. II 715),
auf den münzen aber “ήτων oder Arkdor (Head Ὁ. N. 734) und die form Δηϑαξος
bezeugt Strabon 647. da ist also das schwanken der dentalen unzweifelhaft. den
vers 394. 97
auch dem drachen, der sich um den götterbaum ringelt, also dem flusse,
der den himmlischen bezirk von dem irdischen sondert, und wie der ar-
kadische Ladon die localisirung des Atlas bestätigt, so zeigt der drache
Ladon dasselbe wie die hereinziehung des Atlas in die Heraklessage,
eine verquickung zweier disharmonischer vorstellungen, die nach der
dorischen wanderung im Peloponnes ganz unvermeidlich war. wenn
die Dorer die nachkommen der Atlantiden bezwungen hatten, so hatte
ihr Herakles den Atlas überwunden, hatte es ihm an kraft gleichgetan
und den himmel getragen. das ist eigentlich ein stück für sich, und
tritt hier bei Eur. noch so auf. aber mit der götterwohnung rückten
auch Atlas und Ladon nach westen. das entstellte das ganze bild: denn
das himmelszelt kann seinen träger nur in der mitte haben. so kam
man zu der kümmerlichen vorstellung, dals Atlas nur die säulen, d.h.
die grenzsteine zwischen himmel und erde, am rande der welt bewacht,
und nur weil das schlechte stück, das die sache so darstellt, zur Odyssee
gehört (α 52), haben sich Aischylos (Prom. 430) und Euripides (Hipp. 746)
mit dieser function des Atlas abfinden müssen‘). Hesiodos (Theog. 517.
146) hatte wenigstens das tragen des himmels beibehalten, und Atlas,
den er unter die götterfeindlichen Titanen aufgenommen hatte, auf die
grenze von ober- und unterwelt gerückt, was dann freilich ein klares
bild von seiner function auch nicht mehr gestattet.
Die an sich ungleich bedeutsameren neugestaltungen, die der götter-
garten sonst erfahren hat, gehören nicht hierher. es ist das einmal seine
ansetzung jenseits des Boreas’, als seliges laud, wo Apollon die winter-
Ladon wird man von den Hesperiden und dem Triton am άϑων Adra» nicht
trennen, und das kretische A@ros mit Artemiscult und dem fluls Aarwos (Et. M.)
auch nicht. Den “ηϑαῖος aber nehmen die Magneten Thessaliens mit, die der Ar-
temis huldigen, und so können wir “ητώ unmöglich absondern, die mutter nicht der
zwillinge (das ist höchstens die lykische göttin gewesen, die sie in Araxos geboren
hat), aber wol der Artemis und des Apollon, die nichts zu tun hat, als sie zu ge-
bären, die herrin des grottendunkels, aus dem Apollon hervorgegangen ist, ein wesen
wie die mutter Maia in der höhle des götterberges. andererseits können wir den
Δα der unterwelt mit seiner wiese nicht absondern, Δήϑης ποταμός und πεδέον, der
daan als quelle des vergessens, aus der die seelen trinken, umgedeutet worden ist
und die quelle der Mynuoodsn nach sich gezogen hat, während es nur der strom
der verborgenheit war, dessen quelinymphe ganz gut And Δητώ hätte heifsen
können. — auch über Leto notire ich noch mit freuden die übereinstimmung mit
Dümmiers Delphika.
1) Dafs Euripides den Atlas für einen berg erklärt hätte (Eusebios in den
Kanones zu Abr. 378), ist eine ausdeutung der stelle des Hippolytos.
v. Wilamowitz II. 7
98 Commentar.
monate zubringt'), in der religion des delischen gottes vorwiegend aus-
gebildet, und von den Ioniern und asiatischen Dorern, sowol mit ihren
sagen (Perseus bei den Hyperboreern) wie mit ihren geographischen er-
kundungen und fabeln verbunden, schliefslich bei den mythographen
auch in die Heraklesfahrt gen westen hineinspielend. dann ist es die
geläufige vertauschung der götterwohnung mit dem wohnsitz der zum
glücke eingegangenen seelen oder, bei anderer würdigung des todes, mit
der hölle. die inseln des Kronos hat Herakles nicht betreten. das jen-
seits als hölle bezwingt er in der Kerberos- und anders in der Geryones-
sage. aber Atlas wohnt bei Hesiodos mindestens in der vorhölle, der
Triton ist von dem höllenflusse nicht zu sondern, und “άδων, fluls und
drache, sind vollends schauerlich und unterirdisch. so sind auch die
Hesperiden keinesweges ursprünglich die freundlichen Nymphen, an die
wir zu denken gewöhnt sind. Hesiodos (Theog. 215) reiht sie mit ab-
stracten übeln, die er erfindet, in die descendenz der Nacht, obwol er
noch ihren gesang rühmt. das war ihm also überliefert, aber schon für
ihn undurchsichtig. spätere bearbeitungen seiner theogonie, die auf Aku-
silaos und Epimenides namen giengen, setzten sie den Harpyien gleich,
(Philodem de relig. 43 Gomp.), andere unbenannte machten sie wie Graen
und Gorgonen zu kindern von Phorkys und Keto (schol. Apoll. Rh. IV
1399). dann müssen wir sie für solche vögel oder flügelwesen halten,
wie sie die alte kunst massenhaft zeigt, für die wirklichen wächterinnen
des baumes, geradezu für die vögel in seinen zweigen. nun ist ihr ge-
sang verständlich; nicht bloß zu den vögeln, auch zu vogelmädchen wie
den sirenen palst er’). aber Herakles scheucht sie nicht wie die Stym-
phaliden, sondern sie helfen ihm. das ist hochbedeutsam. wie die Sirenen
wissen sie wer er ist und was er soll. er ist der erwählte, der die äpfel
brechen darf. die Nornen sitzen eben an der Weltesche. wie oft er-
zählen auch unsere märchen, wie die vögel den rechten helden und die
1) Sophokles fgm. 870 läfst die Oreithyia von Boreas über das meer entführt wer-
den 'zu dem erdrande, den quellen der nacht, wo der himmel sich auftut, dem alten
garten des Apollon’. da ist der bekannte (den kritikern freilich nioht genügend be-
kannte) hyperboreische sitz des delischen gottes mit der vorstellung verbunden, die
das sonnenland Aia und die sonnentochter Kirke, aber auch die höllenpforte nach
dem nordosten setzte: von da weht Boreas dem Athener.
2) Wenn die Musen eine federkrone tragen, so ist die deutung secundär, dafs
sie die Sirenen besiegt hätten und deren federn tragen. der gefiederte dichter, der
dichter in vogelgestalt, δ] οισᾶν dowıyes, ἀηδόνων μουσεῖον, das weist alles darauf,
dafs auch die Muse, nicht von Homer, aber von seinem volke als vöglein gedacht
worden ist.
vers 394. 99
rechte braut begrülsen. als himmel und erde hochzeit machten und der
weltenbaum wuchs, da haben die vögel oder die baummädchen das lied
des weltenschicksals gesungen. Pherekydes konnte sich die zukunfts-
kundige weisheit mit den Hesperiden gar nicht mehr reimen, differenziirte
sie also, und liefs dem Herakles νύμφαι Aıds καὶ Θέμεδος prophezeien
(Apollodor II 115; irrig schol. Eur. Hipp. 742, vgl. Schwartz zu der
stelle). wie hochaltertümlich dies ganze abenteuer, wie hochbedeutsam es
für Herakles ist, sollte einleuchten; wunderlicher noch ist, wie viel mehr
germanisch als hellenisch es anmutet.
Als die Hellenen über das meer nach westen fuhren, trat ihnen die
möglichkeit nahe, den göttergarten zu suchen, woran die Dorer in den
schluchten der nördlichen Balkanhalbinsel nicht gedacht hatten. so
entstand die erste localisirung des Atlas und der Hesperiden und des
Triton im innern der grolsen Syrte'), wo die gefahren der seefahrt, die
untiefen des meeres, die wüstheit der küsten das walten des schiffahrt
wehrenden meergreises bestätigten. das ist spätestens im achten jahr-
hundert geschehen, und der Triton ist daselbst verblieben, noch jenseits
der stadt, die man aus diesem glauben heraus Ἑσπερίς nannte. ganz
verdrängt ist diese vorstellung überhaupt nie; sie wirkt in der liby-
schen geographie des Herodotos nach, und wir besitzen noch in Apol-
lonios Argonautika eine poetische darstellung, welche durchaus auf
diesem boden steht. auch hat der Herakleszug zu den Hesperiden
immer die spuren davon bewahrt. wenn Her. in dem vorliegenden liede
in die schlüfte des meeres steigt und ruhige fahrt für die ruderschiffe
der menschen erwirkt, so hat die Syrte eben so diese vorstellungen
erzeugt wie in den gleich anzuführenden pindarischen stellen. die er-
öffnung des westens durch die besiedelung Siciliens verschob aber not-
wendig wenigstens für die bewohner dieser pflanzstädte den begriff des
äufsersten westens, und die nunmehr westlichste stadt Himera brachte in
Stesichorog (um 800 oder später) einen dichter hervor, der den neuen
anschauungen das übergewicht zu verschaffen im stande war. wie der
Geryoneszug nun nach Iberien gieng, so rückte der Atlas an die stelle,
1) Es gibt eine spur davon, dafs noch früher Atlas an die westküste des Pelo-
ponnes gerückt ward. denn Maia soll den Hermes in Pylos geboren haben, und
die Hermesgrotte ist dort geblieben. auch dafs der bergname Kyllene auf einen
eleischen küstenplatz übergeht, unfern einem "schildkrötencap’ Χελωνάτας, stimmt
dazu. überhaupt ist der westrand ihrer insel den Peloponnesiern lange das ende
der welt gewesen, wo die Hadespforte, I/ulos, lag, und die rinder des Helios, dessen
haus im westen steht, oder auch des Hades grasen.
φο
nd
100 Commentar.
welche er seitdem behauptet, und wenn auch nicht der garten der götter,
so haben doch die inseln der seligen ebenfalls ihren platz dort im westen
bewahrt, vor allem aber war der Okeanos erreicht, d. h. die physikalische
theorie Ioniens, dafs die erde eine auf dem weltstrom schwimmende insel
sei, bestätigt. so gewann das “ende der schiffuhrt” und “das ende der
welt” eine ganz neue bedeutung. Triton, der zu fest localisirt war, ward
fallen gelassen (wie der ehemals so beliebte stoff denn auch der bilden-
den kunst und poesie sehr rasch im laufe des 5. jahrhunderts ent-
schwindet), seine rolle im Heraklesabenteuer Nereus zugewiesen, und die
säulen, welche dem menschlichen unternehmungsgeist das “bis hierher
und nicht weiter’ zurufen, eigentlich aber die säulen sind, die in der
Odyssee Atlas, oder bei Hesiodos Aigaion (schol. Pind. Nem. 3, 38) be-
wacht, wurden ein werk des Herakles., Pindar Isthm. 4, 55 γαέας τε
πάσας καὶ βαϑυχρήμνου πολιᾶς ἅλος ἐξευρὼν ϑέναρ vavrıklaroı
τε πορϑμὸν ἁμερώσας (nämlich Herakles), Nem. 8, 20 οὐχέτε πόρσω
ἀβάταν ἅλα κιόνων ὕπερ Ἡρακλέος περᾶν εὐμαρές, ἥρως ϑεὸς ἃς
ἔϑηχε ναυτιλίας ἐσχάτας μάρτυρας κλυτάς" δάμασε τε ϑῆρας ἐν
πελάγεϊ ὑπερόχους, διά τ᾽ ἐρεύνασε τεναγέων ῥοάς" ὅπᾶ πόμπιεμον
χατέβαινε νόστου τέλος καὶ γᾶν φράδασσε. die spätere zeit hat die
säulen zwar oft erwähnt (wirkliche ascheren in dem tempel des punischen
gottes von Gades traten bestätigend hinzu), erwähnt wol auch die wan-
derung durch die untiefen der Syrte (Seneca Herc. 319), aber sie hat
das rechte verständnis und damit das rechte interesse verloren. denn
der hellenische geist ließ sich auch durch die schrecken des Okeanos
nicht bannen, Herakles aber ward durch die philosophen aus dem ideal
der dorischen manneskraft zu dem der menschenkraft: so verkehrt sich
seine hesperische tat in ihr gerades gegenteil (wozu stellen wie die pin-
darischen anhalt boten): Her. bricht die strafse von Gibraltar und eröffnet
der schiffahrt das weltmeer. das war die ansicht des Poseidonios, die
durch ihn herrechend ward. z. Ὁ. Seneca H. O. 1240, Diodor IV 18,
Pompon. Melal 5, Plin.N.H. III 4 u. 5. w.
Man muls diese entwickelung übersehen, um die euripideische strophe
verstehen zu können, in welcher sonst die befriedung des meeres zwischen
der tötung des drachen und dem Atlasabenteuer ganz unklar ist, wie
denn auch Eur. eben so wie Pindar einen überlieferten zusammenhang
von geschichten festhält, der den dichtern selbst als ein so äußserlicher
erscheinen mufste wie die herkömmliche ordnung der abenteuer des
Odysseus, in denen die insel der sonnenrinder und die der Phaeaken
und die hölle eigentlich alle “das jenseits’ sind.
vers 394—401. 101
396 μῆλον das schaf hat ursprüngliches e, μῆλον der apfel ist aus
μᾶλον gebrochen, trotzdem steht hier und Hipp. 742 der ionische vocalis-
mus. und auch die landschaft MaAic, die von den äpfeln heilst, nennt
die tragödie IMnAlc. die von ihrer form MäAog genannte insel, die den
apfel im wappen hat, kommt nicht vor.
398 ἔλικα: κύχλον Hesych. genauer nur eine "gewundene’ linie,
ἡμιτόμου χύχλου EAı5 Herophilos bei Oribas. III 367 Dar. daneben
auch eine, die uns eher gezackt erscheint, wie die des blitzes A. Prom.
1083, und das sternbild des bären, das &Alxn nach der form hieß, ganz
unabhängig von dem bilde des wagens und der bärin, die andere darin
fanden, und das dann Helike als namen einer bärin oder heroine zu
fassen zwang. an der τοῦθ ist ὅλεξ eigentlich der seitliche schofs neben
dem blatt, der sich ringelt; sehr kühn nennt Eur. nicht nur die rebe
(Hypsip. bei Ar. Frö. 1321), sondern die wiesenblumen (Hel. 1330) und
die blume, die man sich im walde bricht (Bakch. 1170) ἔλεξ: wer die
art, wie die vasen solche blumen bilden, kennt, versteht das erst. in
der attischen gelehrtensprache hat χύχλος das ältere ionische wort er-
setzt: nur für die windungen der gedärme ist es erhalten (auch das ohr-
läppchen heilst ὅλιξ), weil die medicin vorwiegend ionisch blieb. die
astronomie hat es schon bei Aristoteles fast durchgehends durch χύχλος
ersetzt. aber in dem collegienhefte über Eudoxos astronomie aus den
jahren 193—190 v. Chr., das wir besitzen, heifst der κύχλος ζῳδίων
noch ein par mal ἡ ὅλεξ. so aus alter quelle noch Aetius (Stob. I 211
Wachsm.) ebenso ist es in der mathematik (für jede gewundene linie)
und architektur (für die volute) und in der mechanik (für die schraube)
technisch verwandt. — der accusativ wird durch das in dem adjectiv
ἀμφέλεκτος enthaltene verbum bedingt, ebenso 408 ἱππειτὰν στρατὸν
ἀμφὶ Παιῶτιν λίμναν die praeposition durch das im nomen verbale
inrcevrag empfundene verbum, und so oft. späte sprache kann nicht
einmal mehr in figura etymologica ἥλικα ἐλίττεσϑαι sagen, sondern
braucht selbst da eine praeposition, z. b. εἰς Galen II 578.
Das durch das participium aoristi xrav@y bezeichnete zeitverhältnis be-
zieht sich auf die in dem partic. futuri ἀμέρξων, nicht die in dem haupt-
verbum ἤλυϑεν bezeichnete handlung.
401 Das impf. εἰσέβαινε zeigt, dafs die befriedung des meeres ge-
legentlich der im aorist erzählten fahrt nach dem hofe des westens ein-
trat und erzählt wird. stünde der aorist, so würden wir dies abenteuer
als ein späteres verstehen; es gieng aber dem Hesperidenabenteuer voran.
das Atlasabenteuer folgte: da steht ἐλαύνει.
102 Commentar.
406 Die götterhäuser sind ἀστρωποί, weil sie im sinne des dichters
der himmel selbst sind, dieselbe vermischung, welche den berg Olympos zu
einem namen für den himmel gemacht hat, eine schwarzfigurige lekytho:
(Journal of Hell. stud. XIII t. 3) stellt dar, wie Her. den himmel trägt.
der sieht aus wie ein schwarzer balken mit stilisirten sternen und halbmond
verziert und darüber ein durch maeanderornament gekennzeichnetes architek-
turstück: das sind in der sprache der malerei die ἀστρωποὶ olxoı ϑεῶν.
εὐανορίᾳ durch menschenkraft, ἀνήρ wird in voller stärke empfunden,
weil θεῶν daneben steht.
408 Der Amazonenzug erscheint hier wie meistens in poesie und bil-
dender kunst als eine expedition vieler heroen, ähnlich dem Argonauten-
zuge. er ist dazu geworden, weil die Aegineten ihren helden Telamon
daran beteiligen wollten, vgl. Pindar Nem. 3, 38, wo das scholion verse
anführt, die in irgend einem epos Herakles sprach; man gibt sie jetzt
dem Hesiod, fgm. 174. die ältere Theseussage hatte niemals von einem
einzelzuge erzählen können, weil in ihr die Amazonen die angreiferinnen
waren. dafs die Amazonen Skythinnen sind und am nordufer des Pontos
wohnen, ist die im attischen glauben des 5. jahrh. feststehende ansicht;
dem entspricht ihre charakteristik als reitervolk. uns ist es geläufiger
sie in Kappadokien am Thermodon zu denken; das beruht auf der klein-
asiatischen sage, die im epos und dann wieder nach den Alexanderzügen
geltung hat. sie ist der niederschlag historischer erinnerungen an die
einfälle von reitervölkern aus Asien und Europa, von denen nur
die spätesten, kimmerisch-trerischen als solche im geschichtlichen gedächt-
nisse geblieben sind. als die seefahrenden Aegineten und Athener dann
völker, auf welche der Amazonencharakter zutraf, nur noch am nordufer
des Pontos fanden, wechselte natürlich auch der sitz ihrer vertreter in
der sage. speciell schildert das ἑππάξεσϑαι der weiber und sonstige
Amazoneneigenschaften, wie das ausbrennen der rechten brust, Hippo-
krates (σε. ἀέρ. ὑδ. vor. 24) von den Σαυρομάται, die περὶ τὴν λίμνην
τὴν “]αιῶτιν wohnen.
ἱππευτὰς στρατός reitervolk. das seltene wort erscheint wieder von
einem reitervolke, den Libyern, bei Pindar Pyth. 9, 123. die Hellenen
waren das nicht, höchstens ἱππῆς, wie schon die epischen helden
heilsen, die nur zu wagen fahren. und die landschaftlichen verhältnisse
haben überall höchstens einen berittenen adel aufkommen lassen.
στρατόν... ἔβα ein recht bezeichnendes beispiel für die schranken-
lose kühnheit, mit welcher die dichtersprache jedes ziel einem verbum der
bewegung im acc. beigeben kann.
vers 406---411. 108
409 πολυπόταμος ist das charakteristische für das ganze Skythenland,
nicht blofs die Maeotis, welche übrigens in der vorstellung der Hellenen
für ziemlich so grols als der Euxeinos galt.
Εὔξεινον οἶδμα Aluvag. wenn ein nomen von einem andern abhängt,
so pflegt dieses einen adjectivischen zusatz eher als das im genetiv stehende
anzunehmen, auch wenn der zusatz eigentlich dem genetiv zukommt. das
grammatisch bequemere und nähere überwiegt vor dem logischen ver-
hältnis, vgl. zu τἀμὰ πεδία γῆς 468.
411 ἁλέζω mit langem a hat Eur. noch Heraklid. 403; sonst fehlt es
dem drama und auch bei Pindar. dagegen hat Herodot ἁλέη = σύλλογος,
Empedokles 150 ἁλεσϑείς = ἀολλισϑείς, Hippokrates vw. φυσῶν 8
öxdrav δὲ ξυναλισϑῇ ἀϑροισϑὲν τὸ πλεῖστον τοῦ αἵματος. bei
Hesiod hat sichere emendation ἀλέας hergestellt, das spondeisch zu lesen
ist (fgm. 141). Kallimachos (fgm. 89) hat ἁλέες im sinne von dont.
wie schon die alten richtig verstanden haben, ist dies aus ἀολλέες
(ἀξολξέες) contrahirt; dals das wort dem ionischen sprachgebiet angehört,
zeigt sich auch darin, dafs Kallimachos es in choliamben braucht. in
Argos und Korinth (wie dessen pflanzstädte beweisen) hat man früh die
souveräne volksversammlung ἀλέα (oder ἀλέα) genannt, den act, der in
Athen ἐπεψήφεσις heilst dAlaooıg'), das ψήφισμα ἁλίασμα. neben
ἁλία findet sich im gebiete von Argos auch ἁλεαέα (Ep. ἀρχ. 87, 156),
was durch die analogie σελαναία yalavela ᾿ἀϑαναία an sich gerecht-
--αο--
1) Bronze Tyskiewicz (Monum. ant. I 586) τὸν ϑεσαυρῶν τὸν τᾶς Adavalas
al rısrıs ὃ τὰν βολὰν τὰν ἀμφ᾽ Agloorora ἤ τὸνσυναρτύοντας ἕἔ ἄλλον τινὰ
ταμέαν εὐθύνοι τέλος ἔχον E δικάξον E δικάσξοιτο τὸν zpaooudrov ένεκα τᾶς
saradsosos ἃ τᾶς ἀλιάσσιος, τρότο u.8.w. d.i. περὶ τῶν ϑησαυρῶν τῶν τῆς
Adyväs ἐάν τι τὴν βουλὴν τὴν περὲ “Τρέστωνα ἢ τοὺς συμπροόδρους ἢ ἄλλον τινὰ
τακέαν (ἄλλον abundirt) εὐθύνῃ ἢ ἀρχὴ ἤ ἡγεμὼν δικαστηρέου ἥ γράφηται τῶν
ψηφισμάτων ἕνεκα ὧν εἶπον ἢ ἐπεψήφιξον, ἀγώγεμος ἔστω. der rat hat unter sich
die schatzmeister wie der attische, er hat sich in diesem beschlusse die ἄδεια geben
lassen für irgend eine verwaltungsmafsregel in betreff der heiligen gelder; vermut-
lich hat er sie angebrochen. die attische analogie ist vorhanden. die geschäfts-
ordnung ist auch analog; denn schriftlich müfsen auch in Athen die anträge beim
volke eingebracht werden; aber die terminologie ist so alt, dafs sie das mündliche
verfahren noch voraussetzt. “ράμμα κατατιϑέναε sagt man von den antragsteller
nicht, obwol er es tut. die demokratie ist in Athen eben älter als in Argos. ro7»
correspondirt mit ποτελῆν wie φεύγειν mit διώκειν: der mann mufs sich ducken,
denn jeder kann ihn haschen und zur Athens treiben, der er rechtlich jetzt gehört;
die verpflichtung zu haschen hat der rat. factisch wird sein vermögen confiscirt
und er selbst ἄτωμος geworden sein, denn die sclaverei im tempel oder verkauf in
die solaverei ist doch wol nur noch form.
104 Commentar.
fertigt ist, neben denen allen kürzere formen stehn (die ungeheuerliche
annahme, Athena hiefse nach Athen, nicht umgekehrt, beruht auf un-
genügender sprachkenntnis). wenn dies wort mit dem ionischen identisch
ist, also von βάλες komnit, kann das attische ἡλεαέα oder besser ἠλεαέα
nichts mit ihm zu tun haben, da ein unreines a nicht gebrochen wird.
es bedeutet auch nie etwas anderes als das volksgericht und scheint von
einem bestimmten locale übertragen. die Athener haben ἥλεος darin ge-
fühlt und daher im 2 jahrhundert v. Chr. ein anstofsendes gebäude σχεάς
genannt. will man also beide worte verbinden, wofür der umstand spricht,
dals in Argos die volksversammlung richterliche functionen wie in Rom
übt, so muls man auch dort das wort von @4ıog ableiten und zufälliges
zusammenfallen mit der ionischen «Aln annehmen.
412 Der leibgurt ist bei Homer ein wesentlicher teil der bewaffnung,
da er den unterleib deckt, wo der panzer nicht mehr hinreicht (Aristarch
Lehrs? 121). Alkaios hat noch in seiner rüstkammer ζώμματα πόλλα (15);
später ändert sich die tracht, und man versteht unter dem ζωστήρ der
Amazone nur einen gürtel. da das alte beutestück zu Eur. zeit existirte
(zu v. 417), ist begreiflich, dafs er diese neubildung nicht kennt, aber
sehr befremdend ist, dafs er den ζωστήρ ein χρυσεόστολον φάρος
πέπλων nennt, sehr breit (χρυσεοτήνητα φάρῃ Or. 840) und so, dafs
man kaum etwas anderes als ein grolses, den ganzen körper deckendes
gewandstück verstehen kann. denn das veraltete wort φάρος wird zwar
von gewändern verschiedener form gesagt, aber grofse stücke zeug sind
es immer, und wenn bettdecken so heifsen (Soph. Tr. 916, Bion Adon. 3),
so deckte man sich eben mit seinen mänteln zu. aufserdem ist der vers
nicht wol zu construiren: ζωστῆρος ἄγρας 415 ist ersichtlich apposition
zu dem in dem satze ἄγορον ἁλίσας befindlichen allgemeinen tätig-
keitsobjecte, denn zu einem jagdzug sammelte Her. die gefährten. dazu
kann der accusativ πέπλων φάρος nicht gehören. aber auch zu ἔβα,
das schon den accusativ des zieles ᾿“μαξζόνων στόλον bei sich hat, palst
πέπλων φάρος nicht, und die stellung verbietet das. man kann also
nur erklären, dafs der dichter mit πέπλων φάρος so anhebt, als sollte
ἀγρεύσων folgen, dann in eine neue construction umbiegt und dabei das
undeutlich mit πέπλων gPagog bezeichnete stück bei seinem eigentlichen
namen nennt, nun aber von dem neueingeführten namen ἄγρα abhängend.
das ist sehr seltsam, und die katachrese von φώρος bleibt was sie war.
conjicirt ist viel, da aber nichts vorgebracht ist was alle anstölse be-
seitigte, hat auch das an sich ansprechende keine probabilität.
417 Dem verse ist zu entnehmen, dafs das beutestück im tempel der
vers 412—424. 105
Hera zwischen Argos und Mykenai gezeigt ward. das wird dadurch be-
stätigt, dafs der gürtel für Admeta, die tochter des Eurystheus und priesterin
der Hera, geholt werden sollte (Apollod. bibl. II 99). der tempel brannte
423 vollständig ab. doch ist das als chronologisches moment für die
abfassungszeit des dramas unverwendbar: solche reliquien sind unver-
gänglich.
419 Die häupterzahl schwankt für die Hydra wie für den Kerberos,
sowol in der poesie wie in der bildenden kunst, weil nur die vielheit
wesentlich ist. diese sage hat von alters her so feste gestalt, dals eine
andeutung wie ἐξεπύρωσε genügt, sie im detail zu veranschaulichen.
πολύφονον κύνα “έρνας ist apposition zu μυρεόχρανον ὕδραν. Lerna
ist persönlich zu verstehen, die ortenymphe, deren verhaßte dienerin die
schlange ist. der“hund’ bezeichnet zunächst nur den diener und erfordert
dann den zusatz des herren; so nennt Aisch. die greife und die adler χύνες
Jıöc, Pindar den Pan χύων P%ac (fgm. 96), Pythagoras die planeten ὥερ-
σεφόνας (des mondes) χύνες, Aristoteles ἔρτῃ, 196. die Erinyen, welche
den Orestes verfolgen, sind die κύνες μητρός (A. Choeph. 924. 1054),
im allgemeinen sind sie Κωχυτοῦ χύνες (Aristoph. Frösch. 472). das ist
ursprünglich ganz edel gedacht, wie sich denn Klytaimnestra bei Aisch.
wegen ihrer treue und wachsamkeit mit einem haushunde vergleicht (891),
ebenso bei Aristophanes Kleon gegenüber dem Demos seinem herren,
Ritt. 1023. aber es mischten sich doch sehr bald auch andere charakter-
züge des hundes ein, wie denn die meute der Erinyen ganz das wesen
der bluthunde annimmt, und dafs Aristophanes ähnlich dachte, zeigt der
hundeprocals der Wespen. so erscheint bei Soph. und Eur. das bild
nur noch für etwas verhalstes. damit schwindet die nötigung das herren-
verhältnis auszudrücken. von der Sphinx sagte Aischylos, dafs sie irgend
ein gott sendete δυσαμεριᾶν πρύτανιν χύνα, Sophokles nennt sie ohne
weiteres ῥαψῳδὸς χύων (O.T. 391), und so heilst die hier 4&ovas
χύων genannte hydra unten 1274 ἀμφέκρανος καὶ παλιμβλαστὴς χύων.
Kallimachos (an Delos 228) hat in überaus feiner weise die Iris als χύων
Ἥρης geschildert, indem er statt der alten derben symbolik ein aus-
geführtes gleichnis gesetzt hat.
424 Dals Geryones mit pfeilen getötet wird, ist zwar der ältesten er-
scheinung des Her. gemäls und findet sich unter den zahlreichen dar-
stellungen des abenteuers einzeln auch noch in späterer zeit (vgl.
F. v. Duhn un sepolcro Etrusco Bologna 1890). allein es ist unge-
wöhnlich, weil man sich Geryones völlig gewappnet zu denken gewöhnt
hatte. Eur. bevorzugt die pfeile aus demselben grunde wie bei Kyknos 391.
106 Commentar.
425 Die correlate satzverbindung δρόμους τ᾽ ἄλλους διῆλϑε καὶ εἰς
“dıdov ἔπλευσεν ist wider unsere art zu denken; es ist ein beispiel
für die im griechischen überaus häufige art ein glied dadurch besonders
hervorzuheben, dafs man in einem mit re vorgeschobenen satze aussagt,
es gebe noch vieles andere, was man nur übergehe. man täuscht sich,
wenn man in solchen fällen bei dem redenden den gedanken an irgend
etwas bestimmtes, was er weglassen wollte, voraussetzt, und wenn das
hier auch an sich zutrifft, so ist doch eben das dutzend voll und konnte
schicklicherweise nichts mehr folgen. namentlich bei den rednern ist
die praeteritio nichts als eine form der hervorhebung, und in ἄλλως
te χαὶ — τἄλλα καὶ u. dgl. fragt niemand, was denn das andere sein
sollte oder könnte. vgl. 1275. es ist also ganz verkehrt hinter διῆλθε
stark zu interpungiren.
δρόμων ἀγάλματα εὐτυχῆ διῆλϑε d.h. διῆλθε τοὺς δρόμους εὐτι-
χῶς ὥστε ἀγάλματα γενέσϑαι. ἀγάλματα 49. 358. — διελϑεῖν bis
ans gewollte ende gelangen, attisch, schon Solon 36, 15 ταῦτα διῆλθον
ὡς ὑπεσχόμην.
426 von δάκρυ bildet man richtig ἄδαχρυς πολύδαχρυς u. ἃ. von
δαχρύω ebenso richtig πολυδάχρυτος ἀδάχρυτος, in diesen wörtern
ist das v natürlich lang. beide bildungen kennen sowol Homer wie die
tragiker. σπολυδάχρυος ist zwar keine falsche bildung, weil δάχριον
besteht, aber eine secundäre und überflüssige. vermutlich ist sie niemals
aus freier absicht gebildet, sondern stammt aus einem alten fehler des
homerischen textes. P 192 haben die meisten handschriften μάχης πολι-
δαχρύτου, die beste πολυδαχρύου; so hat schon Zenodot gelesen, da
Apollonios Rhod. Π 916 πολυδάχρυον hat. und als zeuge für dieselbe
form könnte Tyrtaios 11, 7 mafsgebend sein, wenn sich nicht hier das
schwanken der überlieferung zwischen πολυδαχρύτου und πολυδακρύου
wiederholte. so bleibt diese stelle bei Eur. hier ist nun πολυδάκρυτον
überliefert und fehlt die notwendige copula, die freilich mit unbedingter
sicherheit ergänzt wird. es ist aber wahrscheinlicher, dafs ein schreiber
auf grund der falschen lesung bei Homer πολυδάκρυτος hineingebracht
hat, als dafs Eur. das wort auf grund jenes fehlers einmal mit falscher
messung gebraucht hätte (beispiele dafür gibt es sonst auch im drama).
dann ist das σολυδαχρύτου der handschrift nur ein beleg für den spä-
teren Homertext, Euripides selbst aber ein zeuge für den älteren fehler
πολυδαχρύου. denn dafs der dichter des P ohne jede veranlassung von
dem correcten und gebräuchlichen genetiv sroAvdaxpvog abgewichen wäre,
ist nicht zu glauben, dieser also bei Homer von Bentley hergestellt, bei
vers 42---438. 107
Tyrtaios herzustellen. aber der tragödie ist auch ἀδάχρυος neben ἄδαχρυς
en.
427 πόνων τελευτάν nicht zu”4uöng apposition, sondern zur action des
verbums vgl. zu 59. denn die πτόγοι sind die arbeiten des Her. deren
letzte die Hadesfahrt war; in diesem zusammenhange würde der tod ganz
verkehrt als das allgemeine ende der menschlichen mühen bezeichnet
werden.
431 Charon mit seinem schiffe ist im 5. jahrhundert populär, aber
nicht eher als in der Minyas und bei Orphikern (Serv. zu Aen. 6, 392,
ungewissen alters) nachzuweisen, insbesondere kennt die echte Herakles-
sage ihn so wenig wie die Nekyia der Odyssee. in der ältesten gestalt
des Charon wiegen ganz wie in der des Thanatos die burlesken züge
vor. dann wird er immer mehr geadelt, bis er in dem neugriechischen
glauben die rolle des todesgottes selbst übernimmt.
430 τὰν δ᾽ ἀνόστιμον βίου κέλευϑον. der artikel steht eben so wie
das adjectiv ἀνόστιμος (vgl. zu 1102) anknüpfend, “und eben diesen weg,
von dem du wie alle menschen nicht zurückgekehrt bist’. der weg heilst
kühn &dıxos ἄϑεος nicht im allgemeinen, wie er ἀγόστιμος ist, son-
dern weil sie ihn wider gott und recht gehen. der verschiedenen be-
ziehung der attribute entspricht ihre verschiedene stellung im satze. —
aus dieser erwägung, wie unverdient das schicksal der kinder ist, geht
das gefühl hervor, dafs Her. rettende hände, wenn es noch götter und
recht gibt, eingreifen müssen. aber ebenso knüpft an στέγαι ἔρημοι
φίλων das bekenntnis der eigenen ohnmacht an.
438 Der Grieche hört in σύνηβος nur aequalis, nicht die ἥβη, aber
es ist natürlich, dals die genossen auch die verjüngung teilen. so ersetzt
das wort die aufnahme des bedingungssatzes 436. denn wie die correspon-
direnden ze re zeigen, ist zu verbinden und zu verstehen, εἰ γὰρ ἐγὼ
ἥβων, καὶ αὐτὸς ἂν ἡμυνόμην τοῖς παισὶ καὶ ol ἡλικιῶται ol ἐμοί,
ὁμοίως νέοι ὄντες, προστάται αὐτῶν ἂν ἐγίγνοντο. προπαρέσταν ist
also dritte person plur. solche epischen formen sind zwar selten im
drama, aber es steht z. Ὁ. ἔσταν noch Phoen. 1246, ἔβαν unten 662 und
A. Pers. 18, von passiven aoristen ἔχρυφϑεν Hipp. 1247, κατένασϑεν gar
bei Aristophanes Wesp. 662, allerdings in anapaesten, die sich oft zu
tragischer höhe erheben.
Über αἰχμὴ für πόλεμος vgl. 158; hier ist die zusammenstellung mit
dem sinnlich gebrauchten δόρι schwülstig. Troad. 346 οὐχ ὑπ᾽ αἰχμᾶς
οὐδ᾽ ὑπ᾿ ᾿Αργείοι δορός und gar Hekab. 102 λόγχης αἰχμῇ dogı-
ϑήρατος πρὸς ᾿Αχαιῶν, periphrase von αἰχμάλωτος. danach ver-
108 Commentar.
bessert sich gut Ion 484 ἀλχά re γὰρ ἐν καχοῖς (sind die kinder) ἔν
τ᾽ eörvglaıs φίλον, δορί τε γᾷ πατρίᾳ φέρει σωτήριον alyuar
(ἀλκάν cod.).
440 εὐδαίμων ist im 5. jahrhundert in seiner echten bedeutung noch
lebendig (εὐδαίμων γέννα Pind. fgm. 87 von Apollon gesagt, liegt ganz
ab: das ist γονὴ μεγάλου δαίμονος vgl. zu 689), während χαχοδαίμων
so sehr der gemeinen rede verfallen ist, dal es nur einmal in einer
stelle, wo auch sonst vulgarismen wilden schmerz charakterisiren (Eur.
Hipp. 1362) vom drama gewagt ist. εὐδαίμων ist also ἀγαϑοῦ δαίμο-
γος τυγχάνων oder τοῦ δαίμονος ἀγαϑοῦ τυγχάνων (Ar. Ritt. 111 τοῦ
δαίμονος ---- τεύξομαι κακοδαίμονος) und bestimmt sich in seiner jedes-
maligen bedeutung nach dem deluwv, der gemeimt ist. wol ist es meist
nichts als ὄλβεος, bezeichnet den zustand ὅταν ὅ δαίμων εὖ διδῷ (m
1338), und in solchem falle ist δαέμων von τύχῃ nicht sehr verschieden.
gleichwol bleibt ein gradunterschied, denn die τύχη kommt von rı7-
xaveıy und wird also von der philosophie dem αὐτόματον gesellt.
auch in εὐτυχία hört man das "treffen’, das τυγχάνειν, Plat. Euthyd. 279,
eine stelle, welche genau interpretirt für diese worte und aufserdem εὖ
πράττειν sehr belehrend ist und namentlich mit dem scheidegrufse des
Oidipus an Athen verglichen werden mag, O.K. 1554 εὐδαέμονες γένοισϑε
χάἀπ᾽ εὐπραξίᾳ μέμνησθε τοῦ ϑανόντος εὐτυχεῖς del. dagegen ist
die εὐδαιμονία das τέλος der philosophie wie der staatskunst, vgl.
Aristoteles polit. H 1328", Sophokles läfst εὐδαέμονες sein, οἷσι κακῶν
ἄγευστος αἰών (Ant. 582), was keinem sterblichen zu teil wird, es sd
denn durch die erhebung in den stand der geweihten, μάχαρ, ὅστις
εὐδαίμων (in rechtem verhältnis zu dem gotte) θιοτὰν ἁγιστεύει
Bakch. 72; Eur. gesteht dem menschen die εὐτυχέα zu, die εὐδαιμονία
nicht (Med. 1228). die εὐδαεμονέα ist ein inneres glück, weil der dämon
ein geist ist: οὐχ ἐν βοσχήμασιν οἰκεῖ οὐδ᾽ ἐν χρυσῷ ψυχὴ οἰχη-
τήριον δαίμονος sagt Demokritos (Stob. ecl. II 7, 3 i). der dämon
aber ist nur dem gnädig, der zu ihm im rechten verhältnis steht. τοῦ
δαίμονος ἀγαθοῦ τυγχάνει 6 εὖ πρὸς τὸν δαίμονα διακείμενος.
so wird εὐδαίμων der unterscheidende vorzug von Hellas gegenüber den
barbaren (Eur. I. T. 1482), Athens gegenüber der übrigen welt (I. T. 1088,
Tr. 209). sehr hübsch sagt Isokrates 18, 46, dals die Athener während
1) Bruhn mahnt mich Platon Tim. 90° zu citiren, wo dem in rechter weise
lebenden in sichere aussicht gestellt wird dei ϑεραπεύοντα τὸ ϑεῖον ἔχοντά τε
αὐτὸν εὖ κεκοσμημένον τὸν δαίμονα ξύγοικον ἐν αὐτῷ διαφερόντως εὐδαίμονα
εἶναι.
vers 440—444. 109
der revolution ἀμαϑέστατοι xal δυστυχέστατοι waren (es gelang ihnen
nichte), nach der amnestie sind sie εὐδαιμονέστατοι καὶ σωφρονέστα-
τοι τῶν Ἑλλήνων: es gieng ihnen jämmerlich genug, aber sie waren
durch die versöhnung ἄνϑρωσοι εὐδοκίας geworden, mit dem weihnachts-
grußse geredet. den eindruck, den der sterbende Sokrates macht,
schildert Platon Phaed. 58° εὐδαίμων ἀνὴρ ἐφαίνετο — und’ εἰς
ἄδου ἐόντα ἄνευ ϑείας μοίρας ἐέναι: er besals die εὐδαιμονέα, und
sie zeigte sich am klarsten im unglücklichsten augenblicke seines lebens.
dagegen war der fehlschlufs des Kroisos, dafs er die εὐτυχέα mit der
εὐδαιμονέα verwechselte. keine sprache kann das wort nachahmen: sie
sind eben alle höchstens εὐτυχεῖς, nur die attische ist εὐδαέμων. die
ganze tiefe der sittlichkeit, welche die volksseele schon in den ahnungs-
vollen zeiten durchdrang, welche die sprache bildeten, liegt in dem worte,
das zugleich lehrt, wie die Sokratik nichts ist als die entfaltung einer
blüte, zu der der keim zugleich mit dem hellenischen volke entstanden
ist. denn es liegt in sudaluwv die einfachste und doch tiefste lösung
des weltenrätsels, dals der mensch nur so weit glücklich ist, als er gut
ist, freilich auch dals dies glück nicht erworben wird, sondern vom
dämon kommt: es ist das glück, welches Schiller in seinem wunder-
vollen gedichte geschildert hat. dadurch kann man sich von dem werte
des wortes überzeugen, dafs man versucht es mit εὐτυχής zu vertauschen ;
so würde 425 δρόμων ἀγάλματα εὐδαίμονα διῆλθε sinnlos, hier τάς
εὐτυχοῦς ἧβας lächerlich sein. ἃ εὐδαίμων ἦβα bedeutet “das höchste
gut, die jugend’, jene ἦβα, welche Her. im himmel als lohn für sein
mühevolles leben erhalten hat. das beiwort hat so starken ton, dala es
noch in der seele des hörers nachklingt, als nach einer langen scene
der chor mit dem fluche wider das alter sein lied anhebt.
Dritter auftritt, 441-0836.
Der chorführer bricht den gesang ab, weil die opfer aus dem schlosse
zurückkehren.
441 ἀλλὰ γάρ wie 138. die kinder sind mit festlichen gewändern und
namentlich mit wollbinden im hare so geschmückt, wie die toten bei der
feierlichen ausstellung, πρόϑεσις, von welcher viele vasengemälde,
namentlich λήχυϑοι, uns eine vorstellung geben. die erwachsenen haben
auf eigenen schmuck verzichtet.
444 Herakles war einst grols (μέγας δήποτε wie Hik. 1131 εὐδοχέμων
önscor ἐν υκήναις), jetzt ist seine gröfse vorbei: er kann seinen
kindern nicht helfen. und die kinder sind παῖδες τὸ πρὶν Ἡραχλέους,
110 Conımentar.
sie haben keinen vater mehr, auch dieses verhältnis ist inhaltsleer ge-
worden. sie sind “des einstmals grofsen Herakles weiland kinder’. der
chor kann sich in seinem verzweiflungsvollen schmerze nicht genug tun
mit bezeichnungen des zustandes, wo es mit allem vorbei ist, was Herakles
war und was er besals.
445 Megara kommt nur langsam vorwärts, da sich die kinder an sie
klammern und so zum teil gezogen werden müssen. sie sind und ποσὶν,
wie man in stehender formel sagt, dals die rosse ὑφ᾽ ἅρμασιν sind,
“unten an’. Megaras füßse sind für die kinder σείραιοι, weil sie mit
den eignen nicht allein vorwärts kommen. denn wenn die jochpferde
nicht genügen, so spannt man ein leinpferd, σείραιος, daneben. so tut
es Patroklos, IT 152. Orest. 1016 kommt Pylades und stützt den kranken
Orestes, ἐϑύνων νοσερὸν χῶλον Ὀρέστου ποδὲ κηδοσύνῳ παράσειρος.
447 πατέρα hängt natürlich von ὁρῶ ab, nicht von ἕλκουσαν: kaum
glaublich, dafs jemand im ernste den Amphitryon auch an die beine
seiner schwiegertochter hängen will. die verse sind doch zur aufführung
bestimmt, nicht zum grammatischen exercitium. auf der bühne existirt
die grammatische zweideutigkeit gar nicht.
450 δαχρύων γραίας ὄσσων πηγάς: ein ganz correcter, wenn auch
absonderlicher ausdruck, zunächst ist nicht die träne grau, sondern das
auge das sie weint, ist das eines greises. das epitheton ist von dem accu-
sativ attrahirt, vgl. zu 468; hier war das besonders nötig um die häufung
von genetiven zu vermeiden. der doppelte genetiv aber steht, weil ὄσσων
senyal zu einem begriffe, ähnlich wie in unsern compositis, verwachsen ist
“augenwasser der tränen’. vgl. zu 170.
451—496. M. kommt gefalst und mit sich fertig heraus und erwartet
den tod sofort. da Lykos nicht da ist, kann sie ihre empfindung noch
einmal äufsern. “so geht es zu ende, meine kinder. ich habe euch ge
boren und erzogen in der frohesten zuversicht und hoffnung, und nun
ist das alles anders. wir müssen elend sterben. lebet wol’. so würde
die rede verlaufen, wenn sie so ausgeführt wäre, wie zuerst der ge
danke in M. aufsteigt, aber, gott sei dank, hier hat Eur. zwar nicht seine
rhetorik vergessen, aber doch eingesehen, dafs ein weib in dieser lage
die gedanken nicht schulgerecht entwickelt. 458 zerbricht der unmut
den schon begonnenen satz, statt ἐτέχομεν ὑμᾶς καὶ ἐϑρεψάμεϑα εὐέλ-
γειδες sagt sie “ich gebar euch — aber erzogen habe ich euch nur als
die opfer von spott und mord der feinde. ach ja, die hoffnungen, die ich
auf Her. worte baute, haben getrogen’. und erst dann lenkt sie auf diese
hoffnungen zurück, bei denen sie verweilt, mit jener kleinmalerei der
vers 445---454. 111
kinderstube wie im prolog. “und das ist vorbei” so ruft sie sich selbst
480 zur sache und schildert nun mit conventionellen, wenn auch kräf-
tigen farben die not des momentes. dann aber wird das gefühl wieder
frei. einen um den andern schliefst sie die knaben zum abschied in die
arme, zum abschied — nein, es ist nicht möglich: Her. kann sie nicht ver-
lassen, und mit einer leidenschaftlichen beschwörung des gatten schlielst
plötzlich umschlagend die rede, also genau im gegensatze zu der stimmung
des einganges, ähnlich wie das grofse chorlied widerwillig fast auf einen
hoffnungsvollen accord ausklang. dort dämpfte ihn der chor selbst, hier
tut es Amphitryon, der wiederum als der resignirte greis neben dem heils
fühlenden weibe steht. er spricht das letzte abschiedswort. sie sind
fertig; der henker mag erscheinen: der retter kommt.
451 mit einem worte der ungeduld beginnt sie, der jeder verzug nur
peinvoll war, 94. — εἶέν, εἶα = ἔνεχεν: Evera —= ἔπειτεν: ἔπειτα:
es ist eine interjection, und in dieser ist die interaspiration wie in εὐοῖ
erhalten geblieben, wenn auch nicht in unseren handschriften, so doch
in der grammatischen tradition. deutlicher noch zeigt es ein scherz
Plutarchs (de E Delph. 20), der εἶ ἕν abteilt und deutet.
ἱερεύς wird hier erklärt durch σφαγεύς um es noch bitterer zu sagen.
aber der ἱερεὺς ist der die weihung an dem opfertiere vornimmt, d.h.
es schlachtet. so ist Thanatos der ἑερεὺς ϑανόντων Alk. 25, der die
sterbenden weiht. Agaue ist die ἱερέα ihres sohnes, dessen mord sie
beginnt, Bakch. 1114. der löwe der in die herde fallt ist ἱερεύς τις
ἄτης A. Ag. 735, und der ganze wortstamm ἱερὰ delsıw, ἱερεύειν,
ἱερεῖον hat diese blutige bedeutung angenommen, die zwar nicht ur-
eprünglich ist, aber für die uns kenntliche cultur durchaus gilt.
Dieses bild hat ein interpolator durch den albernen zusatz 452 ἢ τῆς
ταλαίνης τῆς ἐμῆς ψυχῆς φονεύς zerstört. den fremden zusatz verrät
diese störung und wol noch mehr die kümmerliche dehnung des ein-
fachen “oder mörder für mich’ zu einem ganzen verse. der interpolator
hatte bemerkt, dals Megara im allgemeinen nur an den tod der kinder
denkt, nicht an den eigenen, und wollte das hier nachtragen. der ver-
such Vahlens den vers zu retten, den er ‘rel meae miserae vitae inter-
fertor’ übersetzt, ist mir nicht verständlich geworden.
454 ἑτοιμ᾽ ἄγειν "bereit zur abführung’, mit dem activischen infinitiv,
wo wir das passiv erwarten, vgl. 1226. das wäre hier freilich sehr hart,
wenn der nächste vers, in dem ἀγόμεϑα folgt, eng anschlösse, und etwa
ἀγόμεϑα γάρ zu verstehen wäre. vielmehr zeigt die anrede der kinder
und das asyndeton, dals Megara nach 454 inne hält und sich umschaut,
112 ᾿ Commentar.
ob denn der schlächter, den sie erwartet, da wäre. erst als sie sieht,
dafs sie noch zeit hat, beginnt sie die abschiedsrede, und dabei knüpft
sie passend an ein wort an, das ihr noch in den ohren klingt.
454 ζεῦγος ist hier nicht par, sondern ganz eigentlich gespann. es ist
ein ungleiches und deshalb nicht schönes gespann, wenn alt und jung,
kind und mutter mit einander im joche gehen. mit grolser kunst ist das
wort νέοι ausgewählt, das also zu beiden ζεύγη gehört. der schrift-
steller περὶ ὕψους 23 hatte wol grund diesen vers als beleg für die
pathetische wirkung der ἐνάλλαξις ἀριϑμῶν zu loben neben Soph.
O.T. 1403 yauoı — ἐπεδείξατε πατέρας ἀδελφοὺς παῖδας, αἷμ᾽ ἐμφύ-
λιον, νύμφας γυναῖχας μητέρας U. 8. W.
456 Das pronomen steht mit recht beim relativ, nicht bei dem substantiv,
denn nicht zu der reflexion, wie schwer das geschick sei, sondern zum
anblicken gehört es. den blick aber wendet Meg. auf ihre kinder, als
sie sie nennt: daher steht τούσδε vor dem relativ. es entspricht also
in unserer kommatisch gewordenen sprache “welch ein geschick, meines
und das meiner kinder; da sind sie, und zum letzten male sehe ich sie’.
es ist mit der schlimmbesserung τῶνδ᾽, die der handschrift noch fehlt,
eine schönheit zerstört. den abschreiber hat freilich nur bestimmt, dafs
er die seit Homer bestehende freiheit nicht kannte, das relativum an den
zweiten platz im satze zu rücken.
458 ἔτεχον μὲν ὑμᾶς ist statt ἐτέχομεν ὑ. überliefert, worin nicht
blofs das correlat μὲν --- δέ an sich leer ist und den vom dichter beab-
sichtigten kühnen umschlag zerstört, sondern auch der versbau ganz
ohne not das ohr verletzt. denn einen anlautenden anapäst durch ein
augment zu erzeugen haben sich die tragiker erst in der allerletzten zeit
ihrer verwahrlosten metrik gestattet.
460 δόξα εὔελσεις wie δόξα εὐάγγελος E. Med. 1010. εὔξλσεις ist
nur in activischer bedeutung (καλὰ ἐλπίζων) gebräuchlich und anders
steht es auch hier nicht; die eigenschaft des subjectes ist nur auf seine
tätigkeit (das meinen) übertragen, und daran schliefst sich bequem ein
relativsatz, der das verbum nun aus dem adjectiv aufgreift, logisch
würde es heilsen τῆς δόξης ἐξέπεσον, δὔελσεις γενομένη ἐκ τῶν Hoa-
χλέους λόγων. übrigens könnte man δόξαν ἐλπίζειν auch ohne diese
vermittelung sagen, προσῆλϑεν ἐλπίς, ἣν φοβουμένη πάλαι τὸ μέλλον
ἐξετηκόμην γόοις Or. 869 (wo ἐξετηχόμην γόοις als paraphrase von
ὠδυρόμην den accusativ τὸ μέλλον regiert, vgl. 10). — die attraction
des relative ἣν ist lediglich um die genetive nicht zu häufen unter-
blieben.
vers 454—466. 113
462 Die verteilung der drei reiche an seine söhne und ihre symbolische
investitur mit den drei hauptstücken der väterlichen rüstung erfindet
Eur. unbekümmert darum, dafs von einem erbrechte weder auf Argos
noch auf Theben die rede sein konnte, und dafs das mythische Oichalia
von den historischen staaten stark absticht, anstößsig ward das nicht
weil Argos und Tbeben wirklich in den händen der Herakleiden sich
befanden, nach Oichalia niemand fragen konnte. des dichters zwecke
aber waren dichterische. er stellt die liebe des Her. zu seinen kindern
in das hellste licht und liefert zugleich zu dem heroischen gemälde des
chorliedes das menschliche gegenstück.
464 χαλλικάρπου Πελασγέας : gemeint ist von Eur. das peloponne-
sische Argos, oder vielmehr der ganze Peloponnes mit der hauptstadt
Argos-Mykene. auf ihn trifft die fruchtbarkeit in wahrheit sehr wenig zu
und selbst auf die argolische ebene nur in beschränktem malse. aber er
bezog den alten delphischen spruch γαέης μὲν πάσης τὸ Πελασγιχὸν
Aeyos ἄμεινον (2. Ὁ. in den scholien zu Theokrit 14, 48) ohne zweifel auf
den Peloponnes, obwol er in wahrheit dem Argos in der Pelasgiotis, der
fruchtbaren Thessalischen ebene galt. es war eben in sehr alter zeit
durch eine aus jenen ländern nach der Argolis und andern strichen des
Peloponnes einwandernde vordorische bevölkerung mit vielen anderen
namen auch Argos und Pelasgia mit sammt ihrem ruhme nach dem süden
übertragen, wo sie dann haften geblieben sind. in dem bis über Thes-
salien hinaus sich erstreckenden reiche des königs Pelasgos von Argos
in Aischylos Hiketiden ist ein bild gezeichnet, das wol nur die primitive
einheit der 4oyeioı --- Ἕλληνες rückschliefsend festhalten will und den
Peloponnes in die mitte rückt entsprechend der vormacht von Argos im
8 jhdt. aber von der zuwanderung des Bias und Melampus, und weiter
zurück des Abas und Proitos erzählt das epos oder gewährt doch ganz
sichere rückschlüsse. die homerische bedeutung -4gyog == Peloponnes,
‘Aoy&ıoı = Hellenen ist auch nur eine folge dieser völker- und macht-
verhältnisse. bei Aisch. (Prom. 860) und Eur. ist Πελασγέα auch ohne
γῆ dies reich, Argos im engeren, der Peloponnes im weiteren sinne (Hik.
367, so weit die verderbnis erkennen läfst, Or. 960), und so dann bei
Ephoros. vgl. die sachkundige behandlung der frage durch Apollodor
bei Strabon V 221: ihre volle aufklärung erfordert freilich noch eine
sehr umfassende forschung.
466 Der löwe vertritt Argos, weil er da zu hause ist, denn an den
Kithaironischen doppelgänger denkt niemand aulser Boeotien.
466 Es ist eine eigentümlichkeit altgriechischer rede den Bettungsbegrift
v. Wllamowitz II.
114 Commentar.
adjectivisch neben das individuum oder die species zu stellen, welche ihn
aın vollkommensten repräsentirt. Pind. Isth. 3, 45 τόλμᾳ ἐρεβρεμετᾶν
ϑηρῶν λεόντων. 8. Ai. 817 ἀνδρὸς Ἕχτορος. Theokrit “λέν. 51 ϑεὰ
Κύπρις (gemacht nach ὃ 236 ϑεὸς ἄλλοτ᾽ ἐπ᾽ ἄλλῳ Ζεὺς ἀγαϑόν τε
καχόν τε διδοῖ); wir müssen dann den gattungsbegriff' potenziren (untier,
held, grofßse göttin). verbindungen wie ἄνδρες στρατιῶται, ᾿Αϑηναῖοι
haben nicht die geringste verwandtschaft hiermit; da tritt vielmehr zu
ἄνδρες ein einschränkender zusatz.
467 Die vorliebe für wagen wird an Thessalern Boeotern Kyrenaeern
hervorgehoben, und speciell für Theben sind πολυάρματος (8. Ant. 149)
xovodguarog εὐάρματος (schol. Pind. Pyth. 2 einl.) gewöhnliche bei-
wörter. aus den verhältnissen historischer zeit ist das nur für Kyrene
verständlich, wo die verschollene epische sitte der streitwagen sich er-
halten hatte. die wagenkämpfe in Onchestos erwähnt im 7. jahrhundert
der homerische Apollonhymnus. aus Theben ist Pagondas, der erste
sieger mit dem wagen in Olympia, 680; in der schlacht bei Delion fochten
auf boeotischer seite 300 ἡγεόχοε καὶ παραβάται (Diodor XII 70), es
sind aber keine wagenkämpfer mehr, sondern sie führen den alten titel
wie die ἱππῆς in Sparta, die keine pferde mehr hatten. Θεσσαλὲ ποικε-
λόδεφρε hat der gott in einem verschollenen orakel als anrede gebraucht.
(Pollux 7, 112 u. ö.). also ist der schluls unvermeidlich, dafs die Thes-
saler und Boeoter, nahverwandte völker, diese sitte festgehalten hatten,
als sie in dem übrigen Hellas, wo das bergland sie auch meist verbot,
abgekommen war. weiter folgt, dafs jene einwanderer, da sie die wagen
nicht aus den schluchten der Balkangebirge mitgebracht hatten, sie bei
der bevölkerung der ebenen vorgefunden haben. diese wich vor ihnen,
aber die übung der wagenkämpfe nahm sie mit: daher erscheinen sie im
epos, keinesweges, wie man ja kurzsichtigem pragmatismus gemeint hat,
aus der berührung mit den Asisten in Asien. von den Asiaten haben
die Griechen, zuerst die Magneten, vielmehr das reiten gelernt. die my-
kenische kunst stellt denn auch die männer selbst auf der jagd zu wagen
dar: sie beweist auch darin den zusammenhang der alten cultur mit
Asien,
468 τἀμὰ πεδία γῆς “die fluren meines landes’. es ist ᾽πὶ griechi-
schen ein völlig zu recht bestehender sprachgebrauch, dafs ein adjectiv zu
dem regierenden substantiv tritt, auch wenn es dem sinne nach eigentlich
nur zu einem von jenem abhängigen genetiv gehört. die rhetyrik nennt
das enallage; in wahrheit kann eine flectirende sprache kaum anders
verfshren. man macht sich das klar, sobald man sich die substantiva
vers 467-- 469. 115
nur zu einem compositum verwachsen denkt. “himmlische lebenskraft,
australische pflanzenwelt, gesunder menschenverstand, griechische götter-
lehre’ sind wol verstattet, und die “reitende artilleriecaserne”, der “le-
derne handschuhmacher” sind ganz sprachgemäls, mögen die pedanten es
nicht verstehen und in ihrem papiernen deutsch durch reitende-artillerie-
caserne ersetzen. auch von den folgenden beispielen sind nicht wenige
misverstanden und geändert worden. γραέας ὄδσων πηγάς 450 ist nicht
anders. σὸν ἄγϑος πόλεος 876, λευχοπήχεις χτύπους χεροῖν Phoen.
1351, ϑυραῖα φρονήματα ἀνδρῶν Hipp. 395 “die gesinnung fremder
leute’. red rıud ποδῶν “der ruhm deiner fülse’ Pind. Ol. 12, 13,
πατρῷον ἄστυ γᾶς “die hauptstadt des vaterlandes’ 8, OK. 296. σχευῇ
τῶν ὅπλων ξυντεϑαμμένῃ Thuk. 1 8 “an der art (der mode, dem stil
vgl. 6 αὕτη ἡ σχευὴ κατέσχεν) der waffen, die mitbegraben waren”. τὸ
σὸν ἄγαλμα, τὸ σὸν ἴδρυμα πόλεος Hik. 631 “den schmuck, das
fundament deiner stadt’. πατρὸς φόνιον δίχην Andr. 1008 “bulse für
den mord des vaters’. χέδρου παλαιὰν κλέμαχα Phoen. 110 ‘die treppe
aus altem (duftigem) cedernholz’, nicht “die alte treppe'. ᾧΦλειοῦντος Ur’
wyvyloıg ὄρεσιν Pind. Nem. 6, 44, nicht die berge sind uralt, älter als
andere, sondern die stadt.
469 Der knabe hat seinen vater gebeten “lafs mich könig von Theben
werden”. ein zug des häuslichen lebens wie 74. Troad. 1181 ist Astya-
nax oft zu seiner grofsmutter in das bett gekrochen und hat ihr erzählt,
was er ähr liebes tun werde, wenn er erst grofs wäre. in der Hypsipyle
kam die heldin gar als kinderfrau auf die bühne, den unmündigen Ophel-
tes auf dem arme, der sie umhalste, und sie hatte eine kinderklapper
und begleitete damit ihr eia popeia: das hat Aristophanes in den Fröschen
mit der γραῦς κχροταλέστρια verhöhnt (frg. 754—56. 769, zu vergleichen
mit der scene der Frösche). «w 337 geht der kleine Odysseus mit dem
grolsvater im obstgarten spazieren und bettelt ihm junge veredelte bäum-
chen ab; der alte schenkt sie ihm und unterweist ihn über die einzelnen
und ihre pflege').
1) Ich hatte in der ersten auflage den Eur. gescholten, dafs er den kindern
unkindliches in den mund lege, wie Kallimachos, an Art. 5, das in der tat tut, aber
aus kakozelie, nicht aus mangel an gefühl. das war ein misgriff. E. Bruhn hat
Bakch. 1818, das ich auch angeführt hatte, richtig erklärt und die stelle der Troer.
mit recht verteidigt. dafs der junge seiner grolsmutter verspricht, gut für ihr grab
zu sorgen, ist nur für unser verzärteltes wesen anstößig, das den tod fürchtet und
geflissentlich ignorirt. der hellenische knabe weils, dafs er das grab der vorfahren
einst besorgen mufs und ihnen damit das beste antut. ein erwachsener sohn ver-
8*
116 . Commentar.
470 Die keule war zu Eur. zeit das wappen von Theben oder wol ge-
nauer des boeotischen bundes, sowol schildzeichen wie münzzeichen, gewifs
auch stempel.
δαίδαλον steht nicht gleichwertig neben ἀλεξητήριον;; zwei gleich-
wertige epitheta setzt Eur. überhaupt nicht zu demselben worte, sondern
ἀλεξητήρειον ξύλον ist ein begriff, erst in der vereinigung bedeutet es
die keule, daidaAo» steht nach und ist nur schmückend. das interesse
Megaras verweilt selbst einen augenblick bei dem lieblingsstück ihres ge-
mals, daher schickt sie das wort nach “die keule, die schön geschmückte”.
die keule hat man sich keineswegs so zu denken, wie sie die kunst
meistens darstellt, da sie das beiwerk als nebensache zu behandeln liebt.
es ist nicht ein nackter baumstamm, sondern mit ehernen buckeln be-
schlagen χαλχοβαρὲς ῥόπαλον, Apoll. Rh. I 1196, χαλκοῦν war es in
der Heraklee des Peisandros (schol. zu der stelle), und daher ein werk
des Hephaistos (Diodor IV 14). eine andere keule nennt Eur. σεδηρο-
βριϑὲς ξύλον (Meleag. 531). auf der schale des Aison sieht man die
ehernen buckeln, nagelköpfe, mit denen die keule des Theseus beschlagen
ist. es gehen in der schilderung von Herakles bewaffnung, wie überhaupt
in seiner geschichte, die beiden strömungen neben einander her, einmal
den helden wiirdig zu schmücken, wo denn alle götter sich um ihn be-
mühen, und er so erscheint, wie es der dorische adliche für sich selbst
wünscht. dahin gehört die kostbare geschmiedete keule. die andere
tendenz ist an sich die ältere, dafs Her. alles durch eigene kraft ist, und
da zeigt sich seine adragxeıa auch darin, dafs er sich die keule selbst
von einem ölbaume bricht (Apollod. II 71 u. ö.), die löwenhaut selbst
abzieht u. dgl. m. diese tendenz hat in der nachdorischen zeit die überhand
zurückgewonnen, und Eur. folgt ihr sonst, läfst auch die keule 993 nur
von holz sein. hier stand es Megara an, die kostbarkeit zu loben: da
folgt der dichter unbekümmert um einen widerspruch einem anderen ὧν
λόγος.
471 ψευδῆ δόσιν, denn die schenkung ist niemals wirklich geworden.
accusativ wie 59. Hel. 35 δοχεῖ u’ ἔχειν. χενὴν δόχησιν, οὐκ ἔχων.
472 Dem kleinsten verspricht er Oichalia, das er mit dem bogen er-
obert hatte, und weil dieses sein drittes stück so schon erwähnt wird,
denken wir von selbst, dafs es dem kinde mit zufallen sollte. es ist also
unberechtigt den ausfall von versen anzunehmen, welche das ausdrücklich
spricht dasselbe in ernsten und gefühlvollen worten in einem briefe (Mahaffy Flind.
Petr. pap. II 8. 45). der Heraklessohn aber fühlt sich als prinz und hat die renno-
mistische anwandlung, in der unsere buben general werden wollen.
vers 470—476. 117
hervorgehoben hätten. dals Megara für alle söhne gleich viel worte, Eur.
dreimal fünf verse hätte verwenden müssen, ist vollends nicht zu ver-
langen. vielmehr ist wirklich Oichalia den grofsen staaten nicht gleich-
artig und ganz nach verdienst kürzer behandelt.
Eur. setzt hier eine sage voraus, nach welcher Her. mit seinen pfeilen
den berühmtesten bogenschützen der vorzeit, Eurytos, sammt seinen
söhnen, bezwungen hat. von dieser älteren sage sind nur noch spuren
erhalten, keine zusammenhängende darstellung, aber sowol in der bild-
lichen wie in der schriftlichen überlieferung. Oichalia liegt bald in Thes-
salien (wo es wirklich lag Is. 76), bald in Messenien oder Nordeuboia.
wo es hier zu denken sei, ist unklar. die liebe zu Iole, die Eur. Hipp. 545
im anschlufs an das homerische epos Οἰχαλίας ἅλωσις erzählt, ist hier
natürlich fern zu halten. erst sie rückt das abenteuer an das lebens-
ende des Her. vielmehr mufs hier die sage berücksichtigt sein, nach der
Her. als bester bogenschütze die stadt des Eurytos gewann, der selbst
der bogenschütze (ἐξρύτοξος; sein sohn heilst τοξεύς) ist, als solcher
mit Her. schon 9 224 zusammengestellt und später zum lehrer des Her.
gemacht (für uns erst bei Theokrit 24 nachweisbar, aber alt, da Herodor
ihn durch einen Skythen Teutaros ersetzt hat). ebenso ist Eurytos bald
schüler des Apollon (Apoll. Rh. 1, 88), bald sein gegner, wie im 9.
er ist im grunde von Eögvrlwy nicht verschieden, der als kentaur und als
hirt des Geryones altbezeugt ist; auch der name Εὔρυτος begegnet bei
andern gegnern des Her. und als gigant, auch als einer der Molioniden.
über die primäre gestalt zu urteilen ist also kaum möglich ; sobald Oichalia
zutritt, dürfte trotz dem wechselnden locale der gehalt der sage histo-
risch sein.
4756 πυργοῦν in metaphorischem sinne ist ein wort, das dem baulu-
stigen 5. jahrhundert so gut wie ausschliefslich angehört. man sagt rug-
γοῦσϑαι sich brüsten, στολῇ A. Pers. 192, λόγοις oben 238, srugyoür
extollere Ἔρως, Τροίαν ἐπύργωσας, ϑεοῖσιν κῆδος ἀναψάμενος
Troad. 848, ἀοιδαῖς εὐδαιμονίας Hik. 990 und so hier: nie ohne einen
beigeschmack des unberechtigten übertriebenen hochmuts, der vor dem
fall kommt. ἐλπίδες ὑψίπυργοι βροτῶν A. Hik. 95. Pind. Soph. fehlt
das wort. hier dynamisches imperfect.
476 ἀχροϑινιάξζομαι nur hier und schon von den alten (Poll. 2, 161)
aus dieser stelle notirt. es steht sehr gesucht für “das beste auslesen‘.
ἀχροϑίνεον wendet Eur. nur von dem an, was einem gotte dargebracht
wird, denn das ist auch das schönste beutestück, Heraklid. 861, für
welches das wort in technischem gebrauche wol damals allein noch war
118 Commentar.
und blieb. aber als ehrengabe an einen menschen hat es Aisch. fgm. 184.
ähnlich steht λωτέσματα für ἄνϑη, dwrog, Aisch. fgm. 99 (χλέος γὰρ
ἥκειν Ἑλλάδος λωτίσματα πάσης, ὑπερφέροντας ἀλκίμῳ σϑένει,
αὐχεῖν δὲ Τρώων ἄστυ πορϑήσειν Big, so zu schreiben), Eur. Hel. 1593.
mit bewahrung des bildes ἀπολωτιεῖ Hik. 449, geziert von dem opfer
Iphigeneias τές u’ ἀπολωτιεῖ L A. 792. λωτίσασϑαι für “das schönste
wählen A. Hik. 963.
477 Das futurum συγάψουσα ist allein angemessen, denn Meg. konnte
noch keine verlobungen in aussicht nehmen, sondern höchstens, wie
mütter pflegen, sich bei allen mädchen, die eine begehrenswerte partie
einmal zu werden versprechen, im stillen denken “das könnte einmal
etwas für meinen ältesten sein’. — unbefangen nennt Eur. jetzt die haupt-
städte seiner zeit, denn diese allein geben dem hörer unmittelbar den
begriff‘ vornehmster und einflufsreichster verbindung.
479 Das bild von den ankertauen ist nur halb ausgeführt; wir ver-
langen eigentlich statt flow εὐδαέμονα ἔχοιτε wieder einen bildlichen
ausdruck, etwa θέον καλῶς ὡρμεσμένοι εἶτε. aber das ist antike sitte;
vgl. zu 729. die verwandtschaft hält den einzelnen wie die ankertaue,
oder vielmehr wie die um die steine des bollwerks geschlungenen taue
(1094) das schiff auf der rhede. genau dasselbe bild Med. 770 auch ἄγχυρα
für das, was das leben hält, ist nicht selten, z. B. Hek. 80. Κι. Phaidr. 623.
481 Sowol die vergleichung von hochzeit und tod wie der rhetorische
ersatz concreter figuren durch poetische personificationen gehört zu den
τόποι xoıvol der poesie und trägt überall für uns ein conventionelles
gepräge. die poesien, in welchen das einstmals frisch und original war,
sind verschollen, werden aber wol die ϑρῆνοι gewesen sein, eine gattung
der Iyrık, von der wir aufser stande sind, ein bild zu gewinnen; die
grabepigramme, welche naturgemäls mit diesen sich berühren, sind voll
davon. die Κῆρες, auch unten 870 als todbringende scheusale gedacht,
gehören auch in einen vorstellungskreis, den die attische cultur, wie alles
fratzenhafte, eigentlich überwunden hatte. in der archaischen zeit ganz
gewöhnlich sind sie in der Euripides gleichzeitigen kunst kaum noch
vorhanden.
483 Die ehe ist das wichtigste stück der gesittung, zu der die mensch-
heit sich erzogen hat. die religion hat sie daher als sacrament geheiligt,
der Hellene nennt sie ein τέλος, wie jede weihe, auch die des amtes.
aber die rituellen formen sind vielfach unkenntlich. zu dem τελεῖν (dem
die προτέλεια vorhergehn) gehört ein feierliches bad, zu dem das wasser
in Athen aus der heiligen stadtquelle genommen ward, es ist begreiflich,
vers 477—495. 119
dafs wir fast nur von dem bade hören, in dem die braut ihren jung-
frauenstand abwäscht; dafs dem bräutigam ebenfalls ein bad und zwar
(zum letzen male) von der mutter bereitet ward, steht hier und Phoen. 348.
unvermählt gestorbne haben die λουτροφόρος (ὑδρία) auf dem grabe:
das bestätigt dasselbe.
486 προσαρμόξω vgl. zu 179.
488 Die biene die über alle blumen fliegt, aus allen süßigkeit saugt
und so durch ihren fleifse die unvergleichliche götterspeise, für die natur-
völker eins der köstlichsten wunder, erzeugt, ist fast das einzige insect,
welches in erhabener aitischer poesie zu gleichnissen genommen wird:
denn selbst die cicade kommt nicht vor. als sammlerin des sülsen
Aristoph. Vög. 750, des sülsen aus bittren kräutern Simon. 47, so sam-
melt sich Megara hier aus abschiedsklagen den bittren genuls der tränen.
— auf der alten festen erwähnung der biene in der lyrischen poesie
beruht auch die festhaltung des schwerlich damals noch verstandenen
beiworts ξουϑός, ξουϑόπτερος; die großsen tragiker haben es alle von
der farbe verstanden. andere deuteten ‘schnell’ (Homer hymn. 33, 13.
Chaeremon 1), und noch mehr erklärungen sind aufgebracht (Hesych
8. v.). wir können um des heros Xuthos willen sagen, dafs das wort
ionischen ursprungs ist, zumal neben den Ξουϑίδαι in Asien (Herodas
am schlusse des angeblichen proovemiums) eine Ξουϑία χώρα in Leon-
tinoi steht (Diodor V 8). und da 4loAog Πελαργός (Πέλοψ Πελίας)
Φοῖνιξ von farben benannte stammheroen sind, wird auch ξουϑός eine
farbe bezeichnen, die auf den honig, die biene, die nachtigall und den
hippalektryon zutreffen muls.
492 ϑνήσχει --- ὄλλυμαι 80 lieber mit abwechslung als mit anapher,
die rhetorisch stärker is. Andr. 385 λαχοῦσά τ᾿ ἀϑλία xal μὴ λα-
10000 δυστυχὴς καϑίσταμαι ist ein unterschied zwischen den beiden
adjectiven in der bedeutung ausgeschlossen, in prosa würde das zweite
fehlen, es ist also nur zierrat. vgl. 537. 754.
494 Drei imperative, weil man die toten dreimal ruft, Homer ı 65,
Aristophanes Frö. 1176 in der erklärung des eingangs der Choephoren.
doch stehen die drei imperative nur der form nach gleich, ἄρηξον ἐλθέ
geben zusammen erst den gewollten sinn “komm zu hilfe‘, ähnlich wie
320, 837. καὶ σχιά kann aber nur zu ἐλϑέ gezogen werden, da sonst
xal, das notwendigerweise intensiv gemeint ist, copulativ werden würde.
495 ἅλις als praedicat auch für eine person ist correct, ἅλες νοσοῦσ᾽
ἐγώ 8.0.T. 1061. ἅλις --- Ἐρεχϑεὺς ἄναξ E. Ion. 723. es wird als
neutrum gedacht und hat da analogien, 2. Ὁ. Androm. 86 “‘Eguudvn οὐ
120 Commentar.
σμιχρὸν φύλαξ; wir nur vulgär Hermione als wächterin ist keine kleinig-
keit’. ἱκανός, was später für dies ἅλις gewöhnlich ist, hat zwar Soph.
OT. 377 von einer person, aber so viel ich weils, weder Aisch. noch
Eur. dafs dieser es hier neben ἅλες hätte brauchen sollen, wie die über-
lieferung gibt, halte ich für ganz undenkbar.
496 Lykos ist einem Her. gegenüber so erbärmlich, dafs nicht nur
sein geist, sondern selbst seine erscheinung im traum ihn zurückzuhalten
vermöchte, die ihm doch nichts wirkliches zu leide tun könnte. uns be-
fremdet diese unterscheidung, da für uns der geist eines verstorbenen
genau so irreal ist wie ein traum. aber für den Hellenen sind zwar
ὄναρ und ὕπαρ gegensätze und ein ὄναρ ἡμερόφαντον (A. Ag. 82), ein
δόχημα νυχτερωπὸν (111) sind bezeichnungen der äufsersten schwäche.
aber die geister der verstorbenen, die ἥρωες, sind die gespenster des
griechischen aberglaubens, vor denen sich mancher fürchtet, gerade weil
sie sich an den begegnenden tätlich vergreifen (z. Ὁ. Ar. Vög. 1490).
dafs vollends die beschwörung den schatten eines toten wirklich citiere,
liegt im bereiche der geglaubten möglichkeit, ja Megara hofft im stillen
darauf (nicht etwa auf das was sich erfüllt, die heimkehr des lebenden
gatten). nur diese uns befremdende vorstellung hat den Pindar von σχίᾶς
ὄναρ reden lassen, wo wir eher den schatten eines traumes ertragen würden.
Amphitryon teilt die hoffnung nicht. er weist Megara an die zurüstungen
für den tod, von denen sie sich hatte ablenken lassen, und seine anrufung
des Zeus ist nur eine form für das eingeständnis der rettungslosigkeit
dann will er nur dem chore lebewol sagen, ὦ γέροντες χαίρετε hat er
auf der zunge; da stölst er an diesem worte an, das für das trostlose
menschenleben so wenig zuzutreffen scheint; er gibt also eine kritik ab.
das leben ist nicht viel wert, aber wenn man sich nur resignirt und vom
morgen nichts erwartet, dann kann man des heute froh werden. denn
dafs menschenglück und ruhm keinen bestand hat, dafür ist er ein
beispiel. nachdem er so den begriff’ genauer umgrenzt hat, spricht er
den scheidegrufs χαίρετε aus. aber der zuschauer, der daran denkt, dals
Amph. seinen eignen spruch 105 verleugnet, wird die hoffnung nicht
fahren lassen.
502 Dieser vers ist hierher versetzt, weil er passend den grund angibt,
weshalb Megara sich statt nutzloser hilferufe auf den tod einrichten soll,
und weil ὡς ἔοιχε in sehr erwünschter weise andeutet, dafs auch von
dem einzigen, der allenfalls helfen könnte, nichts zu erwarten ist. wo
der vers überliefert ist, nach 501, ist weder die anknüpfung mit γάρ,
noch die restriction ὡς ἔοικεν irgendwie zu verstehen.
vers 496—506. 121
498 Beim gebete pflegt man zwar beide arme zu erheben, wie der Be-
tende knabe, aber man grülst den gott mit einem erhobenem arme, wie
die weihreliefs lehren. dals Amph. diese geberde macht, gleichsam das
gute herzuwinkend, zeigt χεῖρα : denn nur das gewöhnliche darf man in
der elision verstehen.
δικεῖν (= iacio) nur im indicat. infin. particip aoristi bei Pindar Aisch.
Eur. erhalten, bei diesem zuerst im Herakles hier und 1205, dann in
den sprachlich verwilderten dramen Or. Phoen. Bakch, nur hier und
Choeph. 99 im dialog. es ist eine aus der chorischen Iyrik geholte glosse,
wahrscheinlich dorischer herkunft, denn das einzige wort, in dem der
stamm sonst noch lebt, di(x)ozoc, findet sich zwar allgemein, schon
in den jüngsten schichten des epos, aber in leibesübungen gaben die
Dorer den ton an.
σὲ αὐδῶ te appello, nachher auvysıy imperativisch. schon die wort-
stellung führt auf diess auffassung, nicht auf χελεύω σ᾽ ἀμύνειν wie
1215, dann aber muls σέ ja den ton haben, denn Amph, verweist der
Megara die nutzlose anrufung des Her. nicht der tote, sondern der
μέγας ϑεὸς kann füglich angerufen werden. das unterlälst er denn
auch nicht; obwol es auch aussichtslos ist. gemäls diesem gedankengang
müssen die glieder abgesetzt werden.
505 Das particip μὴ λυπούμενοι hat condicionale bedeutung; daran hängt
das verständnis der ganzen gnome. es ist trübselige volksmoral, wurzelnd
eigentlich noch in der homerischen anschauung vom werte des jenseits,
den hier Eur. auf das diesseits überträgt. später gerade in grabgedichten
oft zu rohem hedonismus verzerrt. kein geringerer als der schatten des
Dareios bei Aischylos scheidet vom chore mit dem rate (Pers. 840) ὑμεῖς
δὲ πρέσβεις, χαίρετ᾽, ἐν κακοῖς ὅμως ψυχὴν διδόντες ἡδονῇ καϑ'
ἑμέραν᾽ ὡς τοῖς ϑανοῦσι τελοῦτος οὐδὲν ὠφελεῖ.
506 “Jeder tag hat seine plage”. das stammt aus Matth. 6, 34 μὴ μερι-
μνήσητε εἰς τὴν αὔριον" ἡ γὰρ αὔριον μεριμνήσει ἑαυτῆς" ἀρκετὸν
τῇ ἡμέρᾳ ἡ xaxla αὐτῆς. aber das evangelium begründet dies damit,
dafs der mensch zunächst das reich gottes und seine gerechtigkeit suchen
soll. das hatte mit andern worten Demokritos gesagt (Stob. flor. 1,47 Hense)
ἄριστον ἀνϑρώπῳ τὸν βίον διάγειν ὡς πλεῖστα εὐϑθυμηϑέντε καὶ ἐλά-
χιστα ἀνιηϑέντι᾽ τοῦτο δ᾽ ἂν εἴη, εἴ τις μὴ ἐπὶ τοῖσι ϑνητοῖσι
τὰς ἡδονὰς ποιοῖτο. Eur. redet in der form ähnlich; das morgen
hat schon das seine zu besorgen und deshalb keine zeit sich um die er-
füllung dessen zu bemühen, was wir von ihm erwarten. den sinn wieder-
holt er Antiope 196 τοιόσδε ϑνητῶν τῶν ταλαιπτώρων Blog’ οὔτ᾽
122 Commentar.
εὐτυχεῖ τὸ πάμπαν οὔτε δυστυχεῖ [εὐδαιμονεῖ δὲ καῦϑις οὐχ εὐδαι-
μογνεῖ eine törichte dittographie, vgl. zu 440]: τέ δῆτ᾽ ἐν ὄλβῳ μὴ
σαφεῖ (vgl. zu 55) βεβηχότες οὐ ζῶμεν ὡς ἥδιστα μὴ λυπούμενοι.
507 διέπτατο "legt auseinander’, “zerfliegt’, “verflüchtigt sich’. Platon
Phaed. 84” die seele im momente des todes ὑπὸ ἀνέμων διαφυσηϑεῖσα
χαὶ διαπτομένη οἴχεται. mit χρόνου διαπεσόντος (Aristot. Πολ.
AI. 35, 4) hat das nichts verwandtes: das ist etwas sinnlicher für das
gewöhnliche χρόνου διαγενομένου gesagt, und διά bedeutet “zwischen”.
wol aber ist διαπίπτειν Ähnlich gesagt von dem "zerfallenden” leichnam,
neben διαλύεσϑαι, bei Platon kurz vorher Phaed. 80°.
509 καί mögen, ja müssen wir mit “und doch’, “und da’ übersetzen,
aber damit werden wir der syntaktischen verbindung nicht gerecht. denn
diese wirkt dadurch, dafs sie lediglich copulativ ist, ἑσπέρα ἦν καὶ
ἦλθεν ὅ ἄγγελος, διενοοῦντο καὶ ἔδρασαν τοῦτο. 580 lehrt die vul-
gäre syntax, dals auf griechisch ein einfach mit χαὶ anschliefsender satz
steht, wenn im lateinischen cum mit dem indic. perf. steht, immer
gibt die sprache schlechthin nichts als die copulative verbindung, die
übrigens auch dem latein nicht fehlt. das wird am ausdrucksvollsten,
wo, wie hier, der tatsächliche parallelismus, der bezeichnet wird, der
wahrscheinlichkeit oder erwartung zuwiderläuft, diese also ganz ohne
dafs es gesagt wird, durch die tatsachen ad absurdum geführt wird, welche
copulirt werden. daher denn χαέ so oft im dialog fragen einleitet, die
eine für den gegner vernichtende tatsache constatiren oder consequenz
ziehen. ein beispiel oben 297. ein καίτοι oder auch ein xgre würde
das logische verhältnis schärfer bezeichnen, aber stilistisch ganz etwas
anderes, modernes, in wahrheit viel weniger starkes sein.
510 So leicht wie man eine feder in die luft bläst, πτερὸν πρὸς
αἰϑέρα ein sehr kühnes beispiel von dem anschlulßs eines nomens mit
praeposition an ein nomen, was der adverbiellen natur der praepositionen
an sich zuwider ist, für manche, wie σύν μετά ἄνευ ziemlich leicht ge-
stattet, dagegen von solchen, die eine bewegung bezeichnen, fast durchweg
fern gehalten wird. Homer y 293 αἰπεῖαι εἰς ἅλα πέτραι, wo das ad-
jectiv einem ἐχτρέχουσαι entspricht, Εἰ. Hel. 96 ἅλμ᾽ ἐπὶ ξίφος, wo der
verbalbegriff zu tage liegt, Troad. 1320 κόνες ἔσα καπνῷ πτέρυγε πρὸς
αἰϑέρα, in anderer weise kühner, weil πτέρυγι für ἀναπετομένη steht,
aber deshalb auch nicht ganz analog dieser stelle: das ist aber καῦρος
ἐς ἐμβολὴν unten 869. ἀναπτῆναι für “vernichtet werden ist 80 ge-
wöhnlich, dafs man darin kaum noch die metapher spürt, Jaydyz’ ἀνέ-
πτατὸ oben 69. Empedokles sagte noch ὠχύμοροι xanvoio δίχην
vers 507—517. 123
ἀρϑέντες ἀνέπταν 5. das hat zu diesen kühnen umbildungen geführt,
damit die metapher wieder als solche kräftig wirke. auf den einfall, aus
ἀφείλετο ein verbum ἀφαιρεῖται zu ergänzen, wird nicht kommen,
wer die praeposition σερός nicht vergilst und bedenkt, dafs das subject
τύχη in das bild nicht past,
511 Die logik fordert einfach ἔγνωχα ὅτι οὐ βέβαιεός ἐστε oder sonst
die constatirung der tatsache. da aber Amph. mit seinem beispiel operiert
hat, so zieht er, trotzdem er die entschiedenste negation meint und ver-
standen wissen will, die bescheidene form οὐκ οἶδα ὅτῳ βέβαιός ἐστι vor.
man muls das nur richtig recitiren, die umbiegung des ausdrucks fühlbar
machen: dann wird es schon wirken.
514 Der kommende bleibt nicht nur längere zeit für sie unsichtbar,
sondern seine person wird auch mit mehrdeutigen umschreibungen be-
zeichnet. nur dies letztere geschieht um die spannung der zuschauer zu
erhöhen. uns modernen ist im antiken drama (ganz besonders auch bei
Plautus) befremdend, dafs die handelnden personen so oft jemanden sehr
lange kommen sehen, ehe er dem zuschauer zu gesicht kommt. es liegt
das an dem bau der theater, in denen die seitlichen zugänge wirklich
dem auge der schauspieler, die in der orchestra stehen, schon lange sicht-
bar sind, ehe sie aus den εἴσοδοι hervortreten, deren hohe mauer den
zuschauerraum abschlielst. uns scheint also dramaturgische überlegung
was nur anschluls an die wirkliche bühne ist.
515 ἀφασία κἄμ᾽ ἔχει: οὐδ᾽ ἐγὼ ἔχω τί φῶ.
516 εἰσηκούομεν: ebenso ἤγγελλον 553. das impf. besagt hier nicht,
dafs das melden eine im verhältnis zu einer anderen dauernde oder
wiederholte oder nur dynamische tätigkeit gewesen wäre. es ist das prae-
teritum des praesenstammes und alle seine bedeutungen schreiben sich
daher. das praesens gibt die verbale tätigkeit absolut, und sein praeteritum
legt sie relativ in die vergangenheit. also “τὰ ἀγγελλόμενα ἦν τὰ val
td‘. in diesem sinne ist es aufzufassen, wenn Thukyd. z. Ὁ. seine reden
durch παρήνει, ἔλεγε τοιάδε einleitet. an dieser stelle könnte praesens
perfect aorist auch gesetzt sein, wenn das hören oder gehört haben ohne
jede zeitliche relation oder andererseits blols der empfang der kunde als
einmaliger act bezeichnet werden sollte. man muls sich das an concreten
beispielen klar machen, damit man sich von dem wahne frei macht, als
ließen sich die griechischen tempora mit denen irgend einer sprache syntak-
tisch gleichsetzen, und andererseits damit man die fülle der erscheinungen
auf ihre wirkliche wurzel, das griechische denken, zurückführen lerne.
5617 Vergil 66]. 8, 108 credimus, an qui amant ipsi sibi somnia fingunt
124 Commentar.
entspricht genau. sie fragt sich, ob sie nicht ein wesenloses traumbild
sähe, wie sie es 495 citirt hatte, aber sie widerlegt diesen gedanken
selbst. “er ist es, denn sonst wäre er ein traumbild, und das ist er
nicht, denn es ist heller tag’. die möglichkeit, dafs sein geist erscheine,
ist fallen gelassen, denn den geist stellt man sich nicht in der einfachen
körperlichkeit des menschen vor. es, gibt nur das dilemma, entweder
ist eg eine sinnestäuschung oder er ist es wirklich. noch einen augen-
blick stutzt sie, τέ φημί; dann weist sie alles schwanken weit von
sich: das ist kein gebilde ihrer sehnenden sorge, das ist Her. leibhaftig.
scotog in dieser weise, ein wort des vorredners als unangemessen (d7o-
coy) aufgreifend, ist aus der sprache des lebens genommen, wo es sehr
häufig ist. mit erstaunten oder entsetzten fragen wie A. Ag. 1119, Hik.
304 darf man diesen gebrauch nicht verwechseln. S. Tr. 427 hat es ein-
mal zur charakterisirung eines plebejers. Eur. noch Hel. 567 in leb-
haftestem unwillen. Megara vergilst also auch hier die εὐσχημοσύνῃ.
+ngalvw bedeutet seiner herkunft nach “schädigen’, so in dem ältesten
beispiel A. Hik. 999, verstärkt ἐχχηραένειν debilitando tollere Eum. 128,
und dann in später χοιγή (Diels doxogr. 5. 12). es stammt wol sicher
aus dem ionischen, in dem die ableitung ἀχήρατος von alters lebt (die
von stammfremden, schon von Alkman, in χρυσὸς ἀκήρατος als
ἀκέραιος misverstanden ist). Eur. hier und Hipp. 223, und danach
Soph. Tr. 29 brauchen es intransitiv von quälender sorge und sehnsucht.
auch das haben spätlinge wie Philo und belegen lexica,
520 zolurnuu :xgeu = σχίδνημε : 0280 = πίλναμαι : πελ = χίρ-
yruu:xeg. die itacistische schreibung, als ob χρημνός zu grunde läge,
kann wenigstens für die gute zeit gegenüber der analogie nicht bestehen,
ist keinesweges allein überliefert (z. b. A. Sieb. 229 hat der Medicus
das echte), und wird mit recht jetzt beseitigt. Megara gibt ihren kindern
einen befehl, der zwar am schlusse der scene 629 erfüllt ist, aber bis 535
wenigstens noch nicht vollzogen sein kann. der dichter hat das stumme
spiel nur im allgemeinen vorgezeichnet, das genaue bleibt dem δεδάσχαλος.
522 Der altar des Zeus Soter hat sie nicht geschützt (48), und die an-
rufung des Zeus war noch eben als nutzlos bezeichnet (501).
523 Her. redet erst das haus im allgemeinen, dann die tür an, ent
sprechend dem, wie er im fortschreiten das einzelne erkennt.
524 ἔα, τέ χρῆμα, worauf dann asyndetisch ὁρῶ τὸ χαὶ τό folgt, ist
bei Eur. formelhafter ausdruck der überraschung. Hipp. 905. Andr. 896.
Hik. 92. Or. 1583 u. 8. w. — er zählt die befremdlichen erscheinungen
auf, an den kindern den totenschmuck, an der gattin, dafs sie die οἐχου-
vers 520-536. 125
οἰα (1373) verletzt, indem sie mit dem chore verkehrt, amı vater die tränen.
an das letzte glied wird die frage “tränen, weshalb?” angeknüpft. na-
türlich gilt die frage nach dem grunde in wahrheit für alles.
529 Es ist zu denken, dafs er dem chore näher ist als den seinen.
sinnlos würde diese wie so viele stellen sein, wenn der bis vor kurzem
allgemein verbreitete wahn berechtigt wäre, dafs der chor auf anderem
niveau unterhalb der schauspieler stünde.
530 ἡμῖν --- δώμασιν construction ἐκ παραλλήλου, vgl.zu 179. δώ-
ματα kann nicht das haus, das er angeredet hat, sondern nur die familie
bedeuten. also war ein ausdruck des possessiven verhältnisses zu ergänzen,
nicht das deiktische τοῖσδε, wie meist geschrieben wird. in der über-
lieferung ist das wort verdrängt, weil sie durch falsche personenverteilung
zerrüttet ist,
531 φάος: Owrngia, wie die παράδοσις bei Homer umschreibt: a?
χέν τε φάος Aavaoicı γένωμαι. der ausdruck ist hier besonders sinn-
reich, weil Amph. das wort des Her. 524 aufnimmt: οὐ μόνον ἐς φάος
ἀλλὰ φάος ἔρχεται ὁ Ἡρακλῆς. Danae 316, 7 zählt der alten Akrisios
alles schönste auf, beginnend mit dem φέλον φέγγος ἡλίου, um zu
schliefsen, dafs nichts dem kinderlosen so schön wäre wie παίδων
γεογγῶν φάος. (die kritiker dulden die schönheit freilich nicht.) in
Amph, kreuzen sich die zwei empfindungen, freude über die rettung des
sohnes und hoffnung auf die eigene rettung: daher die beiden unverbun-
denen zum teil tautologischen sätze.
532 Statt ἐλϑών ist eigentlich das part. praes. erfordert; der aorist
steht durch angleichung der tempora. musterbeispiel λάϑε βιώσας “lebe
im verborgenen’.
534 Wie es den verkünstelten begriffen der attischen schicklichkeit wider-
spricht, dafs Megara mit dem chore verkehrt (ähnlich z, Ὁ. El. 343), so
soll es unschicklich sein, dafs sie statt ihres schwiegervaters zu ihrem
manne redet (ähnlich 2. Ὁ. Herakl. 665). der dichter gibt nun freilich
der natur ihr recht, aber er betont doch die abweichung von der con-
venienz, und so erhält das einfach menschliche einen stich in das naive,
naiv wirkt auch die motivirung, weshalb sie statt ihres schwiegervaters
das wort nehme 537, denn Amph. sollte ja nicht weniger sterben als
sie. aber die zwischengestellte sentenz ist wieder für diese stimmung zu
reflectirt, wie oben in der rede 275 fl.
536 Die attische feinheit liebt es entschiedene bebauptungen durch einen
zusatz zu mildern, der ihnen der form nach die schärfe nimmt. am
stärksten und für unsere art nicht selten störend üben es die Sokratiker,
126 Commentar.
zumal Aristoteles, im schroffen gegensatz zu der apodiktischen weise der
ionischen weisen. dazu gehört auch dies πτως gewissermaßen’. schon
A. Hik. 100 und öft:r bei allen tragikern.
οἰχτρόν: οἰχτιστικχόν. οἰχτρὰ ἀηδών 8. Ai. 629. gemeiniglich ist
es Οἰχτιστέον. den meisten adjectiven gleicher bildung wohnt active
‚oder passive bedeutung an sich nicht inne, sondern sie erscheinen so
oder so durch die relation.zu verschiedenen subjecten. οἐχτρός ist οἶκτον
ἔχων : ob eigenen oder von anderen, ergibt sich erst durch die verbindung
im satze. allerdings ist diese freiheit immer mehr eingeschränkt und hat
im lebendigen gebrauche das 5. jahrhundert selten überlebt.
537 Sehr deutliche dynamische imperfecta. der wechsel vou ἔϑνῃσχε
und ἀπωλλύμην ohne jeden bedeutungsunterschied, nur um zu wechseln,
wie 492, 755. ᾿
Kein teil des attischen dramas ist schwerer zu verstehen als die sticho-
mythie, einmal weil uns diese stilisirung der unterhaltung unnatürlich
erscheint, die wir nur beim “wortwechsel’, in lebhaftestem affecte, gern
hinnehmen, wie sie auch Aischylos noch fast ausschließlich anwendet, und
ähnlich die alte komödie. auch die nachbildungen der modernen behalten
besonders viel fremdartiges. man wird nicht leugnen dürfen, daß Euri-
pides, wenn er in der stichomythie erzählen lälst, z. Ὁ. Hik. 115—60,
Phoen. 389—427, Ion 262—368, wirklich in häfsliche manier verfallen
ist; leere verse fehlen freilich nirgend und bei keinem dichter. so weit
liegt die schwierigkeit in dem objecte; aber hinzu kommt, daß ein be-
sonders ausgebildetes sprachgefühl erfordert wird, um die färbung des
ausdrucks zu empfinden, die oft durch vieldeutige partikeln, oft nur durch
die wortstellung bewirkt ist. der erklärer mufs viele worte machen; doch
kann die paraphrase oft aushelfen.
538 ArcoAkov vgl. zu 820. — dieser ausdruck des entsetzens über eine
nachricht ist bei Eur. formelhaft, Tro. 714 u. ö, auch unten 1179. die
metapher in προοίμιον oder im drama lieber φροέμεον ist eine musica-
lische, praeludium ; die rhetorik hat mehrere ausdrücke aus der kunstsprache
älterer τέχναι geborgt. so gut wie man ein praeludium anstimmt, kann
man φροιμίου ἄρχεσϑαι, so steht sogar ἀρχὴ προοιμίου El. 1060. die
metapher ist A. und Eur. gewöhnlich; 8. hat sie nicht. dann verschwindet
sie aus der guten prosa, weil eben die rhetorik beschlag auf das wort
gelegt hat. aber der atticismus hat auch diesen alten flicken als schmuck
für sein kunstgriechisch nicht verschmäht.
540 Wie seit Homer (.7 313) im leben τέ παϑών, ohne dafs man
an die bedeutung von πάσχειν noch denkt, lediglich bedeutet “ wie kommt
vers 587—543. 127
er dazu?”, so im drama τέ δράσας. unten 1136. 1188, beim dichter
des Rhes. 735. so könnte man die häufigen fragen τέ δρᾷς und τί
πάσχεις nicht selten vertauschen; geradezu verbindet τί πάϑω, τί δὲ
δρῶ der fortsetzer der Sieben 1057, ähnlich 8. Tr. 973. E. Hik. 320 haben
moderne μὴ δῆτα... δράσῃς τάδε in πάϑῃς ändern wollen. Or. 849
τί χρῆμ᾽ ἔδρασε, τίς δ᾽ ἔπεισέ yıy, bedeutet die erste frage nicht “was
hat er getan’ sondern “wie kam er dazu’ u. 5. ἢ,
Daß die schwäher im kriege erschlagen sind, nimmt Her. zunächst als
das wahrscheiulichste an. |
541 Daß Her. den Lykos kennt, wird vorausgesetzt um weitläufig-
keiten zu vermeiden.
542 Bürgerzwist als krankheit des staates zu bezeichnen (34) ist dem
Hellenen so gewöhnlich, dag es kaum noch metapher ist. Demosth.
Phil. 3, 13 πυνϑάνεσϑαι γὰρ αὐτοὺς ὡς vo0odcı καὶ στασιάζουσι,
wo das erklärende wort fälschlich als glosse betrachtet wird: die rhe-
torik hat andere stilprinzipien als wir und liebt die doppelbezeichnungen.
Plat. Soph. 228 96009 καὶ στάσιν οὐ ταὐτὸν νενόμιχας; ἃ. h. v600G
ist am körper was στάσις an der seele, τοῦ φύσει ξυγγενοῦς ἔκ τινος
διαφορᾶς διαφϑορά. Ps. Plat. Menex. 243° εἴπερ εἱμαρμένον εἴη
ἀνθρώποις στασιάσαι, μὴ ἂν ἄλλως εὔξασϑαι μηδένα πόλεν Eav-
τοῦ νοσῆσαι. τυραννὶς νόσημα πόλδως ist im 4. jahrhundert ein
schlagwort, in dem sich Isokrates Hel. 34 und Platon Pol. VIII 544®
zusammenfinden. in diesem sinne kann man γοσεῖν freilich nur von
der πόλιες, dem staate, aussagen, nicht von der χϑών, deren γόσος
miswachs oder pest hervorbringt. allein die tragödie hat, wenn man
sich nicht erlaubt, an sehr vielen stellen die für den vers indifferenten
formen zu vertauschen, χϑών und πόλις ganz synonym gebraucht und
das edlere wort bevorzugt.
543 Θηβῶν ἑπτάπυλον χράτος würde sich nach der analogie von
τἀμὰ πεδία γῆς 468 leicht erklären lassen. härter ist Kaduov ἑ. xe.
ἑπτὰ πυλῶν Κάδμου. dieser name hat oft mehr eponyme als persön-
liche bedeutung, Κάδμου πύλαι Hik. 11. 589, ἑπτάστομον πύργωμα
Καδμείων Hik. 1221. ebenso steht es mit Pelops, der zum eponymen
des Peloponnes wird. den Isthmus nennt Bakchylides 7 Πέλοπος πύλαι,
Pindar N. 2, 21 IT. πτυχαί. der Peloponnes II. τόποι A. Eum. 706.
Eur. umschreibt das genauer diropov χορυφὰν Ἴσϑμιον ἔνϑα πύλας
II. ἔχουσιν ἕδραι Tr. 1098. ἑπτάπυλον χράτος wie ἐχατογχέφαλα
ὀφέων ἰαχήματα 884, καλλίπαις στέφανος 839, τέλος διωδεχάμηνον
Pind. Nem. 11,9 — δώδεκα μηνῶν τελευτήν; ττολύτεχνος ἅμιλλα
128 Commentar.
Med. 554 = ἅμιλλα περὶ πλήϑους τέχνων; 1. T. 141 χώπα yılıo-
vavg = χιλίων νεῶν, u. &.
546 Die gefahr der kinder kommt ihm erst bei ihrer erneuten nennung
zum bewulstsein. ἐπειδὴ ὀρφανοὶ ἦσαν, πῶς φοβεροὶ εἶναι ἐδόχουν;
statt des gewöhnlichen ὀρφανέα bildet sich Eur. dogavevua, weil diese
ableitung am leichtesten persönliche bedeutung annimmt, χήδευμα, παέ-
devua, δεῖμα u. a.
548 Auf die antwort kommt es dem vater nicht an; er hat die kinder
genauer betrachtet und äußert nun sein befremden über ihren leichen-
schmuck. er hat es freilich schon gehört, dafs sie sterben sollten, aber
er muls sich an das schreckliche erst gewöhnen; daher die erneuten
genaueren fragen. übrigens ist Her. überhaupt nicht rasch von begriffen,
aber sobald er begriffen hat, rasch und entschlossen zu handeln. das
ist eine schöne und wahre charakteristik.
549 Der leichenschmuck besteht wesentlich aus taenien um den kopf
(περιβόλαια) von denen die langen bänder herabhängen, wie es statuen und
gemälde so oft zeigen. daher ἀγρημμένοε hier nicht minder palst als 1038.
550 “Und wart dabei gewaltsam zu sterben?” wir können den griechi-
schen gebrauch nachahmen; denn auch hier liegt die lebhafte wirkung
darin, dals der zweite redner den satz des vorredners aufnimmt und fort-
setzt, also die consequenz zieht, die ihm entweder jetzt plötzlich klar wird
(so hier und 557) oder die er dem andern zu gemüte führen will (so 1121),
was bestätigend ebenso wol wie widerlegend geschehen kann. man sehe
z. Ὁ. Hipp. 326. 503, Or. 753. 782. in den meisten fällen wird freilich
das verhältnis durch eine partikel genauer bezeichnet, γε, μήν, εἶτα, δὴ,
und δή würde hier stehen können. σπρὸς βίαν hat nicht den ton; die
prosa würde χαὶ ἀπεϑνήσχετε ἤδη βιαίως sagen. die vergewaltigung
wird nur bezeichnet, weil in ihr das schreckliche liegt. man findet neben
ἀποθανεῖν oft solche zusätze, weil dieses das passiv zu dsroxrelver
ist und doch eben das passivische nicht zum ausdruck bringt.
651 "Gewils mufsten wir sterben, denn es half uns ja niemand und
unser bester helfer galt für tot”.
554 ἐξελείπετε für uns periphrastisch wiederzugeben. “wie konntet ihr
verlassen?” ἐχλελοιπότες νῦν εἰσίν, ἅπαξ τότ᾽ ἐκλιπόντες, τὸ δὲ ἐχ-
λείπειν “ποτὲ ϑαυμάζει. — οἶχος καὶ ἑστία ist nicht tautologisch,
denn der herd schützt durch seine heiligkeit.
565 μέν zeigt, dals sie eine längere schilderung vorhatte, die der
unwillige ausruf des Her. abschneidet, Amphitryon auf dem bette gedacht
wie 108.
vers δ46---557. 129
557 αἰδῶ γ᾽. γ8 zeigt, dafs Meg. nicht ironisch fragt (ποέαν αἰδῶ ;)
sondern bitter das wort aufgreift (ja wol, scham!). — da für das religiöse
gefühl zwischen dem abstractum αὐδώς und der göttin kein unterschied
ist (denn nur weil man die gewalt des schamgefühles concret wirksam
an sich empfand, hat man der ursache dieser wirkung göttliche persön-
lichkeit verliehen), so ist in fällen wie diesem nur für den modernen eine
vermischung von abstractum und concretum vorhanden. ja es ist gar nicht
einmal nötig, dafs das nomen genannt wird. Ion 336 sagt Kreusa αἐδού-
μεϑα, und Ion οὔ τἄρα πράξεις οὐδέν᾽ ἀργὸς ἡ ϑεός, vgl. zu 262. es
kommt in solchen wendungen nichts darauf an, ob irgendwo der cultus
ein solches abstractum schon zu göttlicher verehrung erhoben hat; z. b.
A. Sieb. 409 τὸν Aioyuvns ϑρόνον o&ßovra, Dioskorides Anth. Pal.
7,450 αἐσχύνην οὐ νομέσασα ϑεόν, obwol αἰσχύνη wol nie verehrt
ist. Hesiod. Erg. 763 φήμη δ᾽ οὔτις πάμπαν ἀπόλλυται ἥντινα
λαοὶ πολλοὶ φημίζωσι᾽ ϑεός νύ τίς ἐστι καὶ αὐτή. da ist φήμη zuerst
ganz abstract, und dann wird gar die bedingung angegeben, die sie zu
einer gottheit macht. aber wenn ein gerücht daemonische gewalt übt,
ist es auch ein daemon. daher kann selbst in etwas nicht einmal gram-
matisch personificirtem ein gott gefunden werden. A. Choeph. 60 τὸ εὐ-
τυχεῖν ἐν βροτοῖς ϑεός. Eur. Hel. 560 ὦ ϑεοί. ϑεὸς γὰρ καὶ τὸ
γιγνώσχειν φίλους (dals man die seinen kennt ist gott: so sagt einer,
der die teufelsqual der ungewilsheit empfindet). natürlich kann auch etwas
feindlich. wirkendes, weil es wirkt, ϑεός sein. Or. 399 sagt Menelaos,
als Orestes die λύπη als seine verderberin genannt hat, δεινὴ γὰρ ἡ ϑεός.
Menander (Stob. 32, 11) ὦ μεγίστη τῶν ϑεῶν νῦν οὖσ᾽ dvaldeı, εἰ
ϑεὸν χαλεῖν σε δεῖ, δεῖ δέ" τὸ κρατοῦν γὰρ τεᾶν (Artemidor, νῦν Stob.)
νομίζεται ϑεός. “die menschen sind jetzt schamlos, also regirt die scham-
losigkeit, denn was die macht hat, ist gott’. so sagt er sehr wahr: na-
türlich folgt aus allen solchen stellen höchstens, dafs der cultus solche
abstracta nicht kannte, obwol auch diese wie jede empfindung eines gött-
lichen zu seiner verehrung führen konnte — nur nicht von so etwas
wie ἀναίδεια). Aids war allerdings nicht blofs in der poetischen
speculation (Hesiod. Erg. 200), sondern auch im attischen cultus eine
1) Das spukt immer noch in den handbüchern (Pauly-Wissowa s. v.), wo nichts
hingehörte als: 4243ος ᾿Αναιδεέαο hiels auf dem Areshügel der stein des anklägers,
weil dieser keine αὐδέσες angenommen hatte oder annehmen durfte, keine schonung
und verzeihung walten liefs. ihm entsprach des mörders A/Jos Üßpews. das doppelte
misverständnis, in ἀναίδεια schamlosigkeit und in dem steine einen altar zu sehen
soll schon Theophrast begangen haben, Zenob. IV 36.
v. Wilamowitz IL 8
180 Commentar.
göttin. sie hatte einen altar neben dem alten tempel auf der burg (Hesych
4idoös βωμός u. a.), und galt für die amme der jungfräulichen göttin
(schol. A. Prom. 12), aus deren eigenschaft sie sich abgelöst hatte. Eur.
Hipp. 78 läfst sie die wiesen der Artemis Limnatis bei Trozen pflegen,
wo sie wieder nur ein praedicat der Artemis ist. das hat mit dem mangel
an rücksicht auf das alter, welchen Lykos zeigt, nichts gemein als den
namen. im Ion wieder ist es die falsche scham, welche sich scheut die
wahrheit zu sagen. bei Pindar Nem. 9, 33 αἰδὼς ἃ δόξαν φέρει ὑπὸ
κέρδει κλέπτεται, wie der schol. sagt, weil die menschen für geld
ἀναίσχυντοι werden. E. Alk. 601 τὸ εὐγενὲς ἐκφέρεται πρὸς αἰδῶ,
der adliche hat ein rücksichtsvolles benehmen, d. h. Admetos bewirtet
trotz seiner trauer den Herakles. man sieht, wie verschiedenartig die
gottheit wirkt, in der schon Hesiod Erg. 318 und nach ihm Eur.
Hipp. 354 Erechth. 365 ein doppelwesen erkannt hatten.
„559 Das ‘nein’, welches wir zu dem folgenden begründenden satze hin-
zusprechen, ist bei dem südländer durch einen gestus, etwa ἀνανεύειν,
ersetzt.
Das nächstliegende würde τένες γάρ eloıy ἀνδρὶ δυστυχεῖ φίλοι sein;
aber das ist geändert, weil Meg. das wort φέλοι aus Her. rede aufgreift
und deshalb damit beginnt.
560 Der jähzorn, dessen ausbruch folgt, kündet sich schon an. Her.
kann eigentlich nur sagen “sie haben meine woltaten vergessen, nicht
geachtet”; aber ihm erscheint die unterlassungssünde als eine freche be-
leidigung. ἀπέπτυσαν sagt er.
561 Nach diesem verse verstummt Megara. mit den racheplänen hat
sie nichts zu schaffen, und dafs sie davon hören muls, läfst sie nur in
neue angst geraten: der dichter gibt nach dieser richtung 626 für ihr
stummes spiel eine anweisung.
562 Doppelter genetiv wie 450. der gegensatz von sonnenlicht und
todesnacht kommt aus der seele des Her.: er hat diesen beseligenden
übergang ja eben ganz eigentlich an sich erfahren.
563 φῶς ἀναβλέπειν kann nicht bedeuten zum licht aufschauen, sondern
in den augen, deren blick sich aufrichtet, ist das licht, ist also auch
der todesschatten gewesen, dessen φέλας ἀμοιβάς sie jetzt im blicke
tragen. den inhalt des blickes als accusativ zu βλέπειν und gleich-
bedeutenden wörtern zu setzen ist ganz gewöhnlich, und sogar ἀναβλέ-
πεῖν poıvlav φλόγα hat Eur. Ion 1263 gesagt. A. Prom. 902 μηδὲ
ϑεῶν ἔρως ἄφυκτον ὄμμα προσδράχοι με. Danach verbessert sich
sicher E. Hik. 322 τοῖς κερτομοῦσι γοργὸν ὄμμ᾽ (ὡς codd.) ἀγα-
vers 559—571. 181
βλέπει σὴ πατρίς. der uns zunächst befremdliche sinn enthält eine
hohe schönheit. aus den augen der kinder leuchtete dem vater nicht
das liebe sonnenlicht entgegen, dessen er sich freute, sondern er fand
die finsternis des todes darin, die er eben in ihrem reiche geschaut hatte.
dafs nun für den Griechen das sonnenhafte auge ein viel köstlicheres
ding war als für uns, denen die physiker es als eine verfehlte maschine
darstellen, und dafs der Grieche in φῶς die rettung mit hört, mußs man
nachzufühlen gelernt haben, um die schönheit der verse voll zu begreifen.
565 ἐμῆς ἔργον χερός: mea manu opus est entspricht ganz genau, denn
der genetiv ersetzt den ablativ, genauer den instrumentalis (de? ἐμῆς χερός
indiget mea manu), dessen verlust die sprache gezwungen hat, da wo sie
sagen wollte, ‘hier hat meine hand zu wirken’, dieselbe nominale wen-
dung zu brauchen, die in ἔργον Avolsınov bezeichnet, dafs Lysippos
dies gewirkt hat. auch die lateinische wendung ist durch die verbale
kraft des nomens herbeigeführt, wie usus est mea manu besonders deut-
lich zeigt. gewöhnlich in diesem sinne ist nur οὐδὲν ἔργον oder sonst
negative wendungen.
566 Ob Lykos ein haus hat, ob seine demolirung zweck hat, davon weils
Her. nichts. beides ist auch gar nicht der fall. es lodert eben der jähzorn
in ihm und bringt ihn schon hier zu törichten plänen, die er in wilder
übertreibung prahlend ausruft: auch nachher, wenn der verderbliche
wahnsinn ihn beherrscht, ist die zertrümmerung des schlosses seines
feindes sein hauptwunsch: die überfülle von kraft sucht sich eine mög-
lichst gewaltige aufgabe.
568 ῥέψω κυσὶν Eixnua würde man erwarten: ἑλώρια τεῦχε κύνεσσι.
aber die leise abweichung hat ihren guten grund und ist nicht etwa von
metrischen rücksichten eingegeben. Her. wirft das haupt nicht den
hunden hin, er wirft es nur weg, und da finden es die hunde wie allen
unrat der gasse. — ἔλκημα findet sich nur hier, wird aber durch ZAxn-
ϑρον und ἑλχηδόν, daneben durch analogieen wie δέσχημα genügend
gesichert. |
569 Logisch geordnet mülste die rede lauten Καδμείων τοὺς μὲν τῷ
ῥοπάλῳ διαφϑείρων, τοὺς δὲ κατατοξεύων τόν τε ᾿Ισμηνὸν νεκρῶν
ἐμπλήσω καὶ τὴν Ζίρχην μιανῶ τῷ αἵματι. aber die wilde wut malt
sich darin, ἀδίβ statt geordneter gedanken ein bild nach dem andern dem
Her. vor der seele aufsteigt, und jedes sofort die herrschaft über den
satzbau erringt.
571 διαφορεῖν zerreilsen, zerfleischen, ist eigentlich für den erfolg der
pfeilschüsse ein zu grausames wort, das eher dem schlage der keule zu-
9 «
182 Commentar.
kommt. die phantasie des Her. labt sich am grassesten und blutigsten:
die inconcinnität ist also wohlberechtigt.
572 νεχρῶν — φόνου construction &x παραλλήλου; zu 179.
675 Die euphemistische form der verwerfung, des lossagens durch xar-
θέτω, χαίρειν λέγω ist attisch. schon A. Ag. 251 wird es geistreich
weiter gebildet: τὸ μέλλον ἐπεὶ γένοιτ᾽ ἂν κλύοις. προχαιρέτω᾽ ἔσον
δὲ τῷ προστένειν. d.h. τὸ μέλλον πρὶν ἂν γένηται οὐδέν μοι μέλει,
χαίρειν λέγω αὐτῷ, ἔσον δὲ τοῦτο τῷ λέγειν οἰμώζειν. bei Eur. hier und
Med. 1044 Hipp. 113 ganz wie im leben und in der späteren prosa ange-
wandt. dals es damals auch in ionischen kreisen galt, zeigt Pherekydes
(schol. Apoll. Rhod. IV 1896)", Hocxijg λαβὼν τὰ μῆλα χαίρειν einor
τῷ Arkavrı ἀπέρχεται ἐς Muxivas, woraus ein höfischer gelehrter
gemacht hat “ Herakles empfiehlt sich dem könige und wandert nach
hause”. bei Herodot IV 127 κλαίειν λέγω. das würde in Athen für
grob gegolten haben; aber Herodot zeigt ja besonders, dals die schick-
lichkeitsbegriffe der Ionier ganz andere als die attischen sind; auch 2. g.
unanständige, in wahrheit natürliche dinge, nennt er mit ihren namen,
während die Athener peinliche decenz üben, die in Ionien, ehe es demo-
kratisirt ward, wie das epos zeigt, auch sitte gewesen war. — die πόνοι
sind die arbeiten seines dienstes, die Her. überwunden zu haben glaubt.
577 “Ich mufs ihnen helfen: davor verschwindet alles verdienst meiner
taten, und ich muls mich für sie dem tode bieten, wie sie es für mich
getan haben; sonst würde man mit recht sagen, dafs ich nur auf com-
mando tapfer wäre und mit meinem ruhme wäre es vorbei”. woran sich
das wort des chores schliefst “allerdings ist dies ein fall, wo du aus
freien stücken zu helfen verpflichtet bist”. man mufs recitiren, wie die
interpunction es in der paraphrase bezeichnet, also δεῖ ϑνήσκχδεν an
μάτην --- ἤνυσα copulativ anschliessen. die verpflichtung ist nicht minder
für den tod wie für die hilfe vorhanden. die änderung ἔδει ist also
nicht nötig, obwol Her. den tod von Lykos nicht fürchten kann.
δεῖ μ᾽ ὑπὲρ τῶνδε ϑνήσχειν, εἴπερ τούσδε erwartet man: aber
sie hatten ja nicht die verpflichtung, und haben es doch getan: das liegt in
εἴπερ olde — ἔϑνῃσχον.
580 πομπή ist “geleit’. der gott, der jemanden sendet, ist und bleibt
bei dem, durch welchen er wirkt. so sehen wir auf den gemälden der
1) So nur die editio princeps und die Pariser interpolirten scholien. der
Laurentianus läfst yaspeıw εἰπὼν τῷ Arkayıs aus: ein schlagender beweis dafür,
dafs er nicht die einzige quelle ist. vgl. I! 187, wo ich noch zu καρ δῆ geur-
teilt habe,
vers 572—-592. 133
alten zeit Athena und Hermes bei Herakles’ taten gegenwärtig, und ist
es überhaupt sitte, die götter mit darzustellen, durch deren zoustat die
handlung geschieht. so redet man von ϑεία πομπή, oft bei Herodot,
πομπᾷ Διὸς ξενίου kam Helena nach Llios (A. Ag. 747), πομπαῖσιν
Agooötrag Paris nach Sparta (E. Hel. 1121): danach ermesse man, mit
welcher bitterkeit Her. von sich sagt, dafs er die taten Εὐρυσϑέως πομ-
παῖσεν vollbracht habe. für die einfache aussendung könnte man zwar
ἐχπεμφϑεὶς ὑπ᾽ Εὐρυσϑέως sagen, aber das nomen hat ganz anderen
klang. — so hatte ich auf grund des überwiegenden gebrauches geschlossen ;
vielleicht zu scharf, denn in dem homerischen hymnus auf Her. (15, 5)
durchzieht er land und meer πομπῇσιν ὕπ᾽ Εὐρυσϑῆος ἄνακτος.
581 Seiner stimmung gemäls läfst Her. die abhängige construction fallen,
welche ἐχπογεῖν entsprechend zu ἐλθεῖν fordern würde. ἐχπονεῖν —
πονοῦντα ἐχποδὼν ποιεῖν vgl. ἐχμοχϑεῖν 309.
582 Das starke futurum λέξομαι ist nur noch in der tragödie erhalten,
schon die archaische prosa kennt nur λεχϑήσομαι.
585 Was in der natur des Her. liegt (denn das ist πρὸς σοῦ vgl. πρὸς
γυναικὸς αἴρεσθαι κέαρ A. Ag. 592, τὸ δεδοικέναι πρὸς ἀνδρὸς οὐδὲν
ὑγεές ἐστ᾽ εἰργασμένου Ar. Plut. 355. Xenophon umschreibt es πρὸς
τοῦ Κύρου τρόπου Anab. I 2, 11), ist das grundgesetz für des rechten
mannes handeln in der volkstümlichen moral, über welche sich erst
Platon, oder vielmehr nur Platon erhebt; vgl. Bernays ges. schr. I 214.
selbst Solon betet 13, 5 εἶναι δὲ γλυκὺν ὧδε φίλοισ᾽, ἐχϑροῖσι δὲ
πικρόν. den Herakles charakterisirt auch Syl. 692 τοῖς μὲν δικαίοις
ἔνδικος, τοῖς δ᾽ αὖ καχοῖς πάντων μέγιστος πολέμιος κατὰ χϑόνα.
587 In τί δ᾽ ἐστί ist die partikel wesentlich um den hiatus zu ver-
meiden eingeschoben, welchen Euripides im gegensatze zu den übrigen
tragikern und der komödie nirgend mehr nach τί zugelassen hat.
588—92 Diese verse geben an, dafs sich Lykos auf einen starken an-
hang wahrhaft catilinarischer existenzen stützte. die schilderung entspricht
genau der, welche Platon von dem anspruchsvollen aber verarmten adel
gibt, der sich in oligarchien bildet und den umsturz in die demo-
kratie bewirkt, Pol. VIII 555° ἐν ταῖς ὀλιγαρχίαις... ἐφιέντες dxo-
λασταένειν οὐχ ἀγεννεῖς ἐνίοτε ἀνθρώπους πένητας ἠνάγχασαν
γενέσθαι. ... κάϑηνται δὴ οὗτοι ἐν τῇ πόλει κεκχεντρωμένοι. ..
οὗ μὲν ὀφείλοντες χρέα, οὗ δὲ ἄτιμοι γενόμενοι, ol δὲ ἀμφότερα,
μισοῦντές τὸ καὶ ἐπιβουλεύοντες τοῖς κτησαμένοις τὰ αὑτῶν καὶ
τοῖς ἄλλοις νεωτερισμοῦ ἐρῶντες u. 5. ἡ. in die oligarchie gehört
diese sippe, wie Platon sagt und die geschichte bestätigt, denn sie
184 Commentar.
wird gefährlich, weil sie ansprüche macht und vorrechte besitzt, die es
in der demokratie nicht gibt. also in Athen konnte Eur. diese typen
nicht wol finden. seine schilderung der attischen parteien ist denn
auch ganz anders, Hik. 2332—45. wenn er die verse gleichwol gemacht
haben sollte, so würde ein für uns uncontrollirbarer hinblick auf
auswärtige verhältnisse anzunehmen sein, und z. b. auf Thessalien
mag das bild damals zugetroffen haben. dafs die verse nur unter einer
bestimmten politischen beziehung denkbar sind, ist klar, da sie aus dem
stücke völlig herausfallen, und nicht das leiseste zeichen eines mangels
ist, wenn wir sie weglassen. ἐχϑροί 594 sind dann einfach Lykos und die
Thebaner: dafs sie ihm anhängen, ist ja vorher allseitig zu erkennen ge
geben. andererseits ist zwischen 592 und 93 keine verbindung, und man
steht somit vor der wahl, etwas zuzusetzen oder die versreihe auszu-
scheiden. nun fehlt aber nichts wesentliches. es steht also so: vers,
die mit dem drama inhaltlich nicht verbunden sind, sind auch an dem
platze, wo sie überliefert sind, nach beiden seiten unverbunden. das
spricht für die unechtheit. in den versen selbst sind zwei wendungen,
welche verdacht erregen und welche ich wenigstens nicht als euripi-
deisch zu rechtfertigen vermag. ὀλβίους τῷ λόγῳ δοχοῦντας εἶναι;
darin ist zwar nicht die tautologie anstölsig, aber τῷ λόγῳ, denn "dem
namen nach’, im gegensatz zu ἔργῳ heilst λόγῳ, da gehört der artikel
nicht hin. ἦν ἐν υκήναις τῷ λόγῳ, unten 963, heifst “nach seiner
rede’. τῷ λόγῳ μὲν εὖ διέρχῃ πάντα, τῷ δ᾽ ἔργῳ κακῶς adesp. 514
setzt die worte und die werke des angeredeten in gegensatz. diese be-
deutung verträgt sich mit doxeiv nicht. zweitens δεαφυγόνϑ᾽ ὑπ᾽
ἀργίας. διαφεύγειν im sinne von diffluere dilabi διαρρυῆναιε ist mir
nicht bekannt; es pflegt “entkommen” zu bedeuten. somit scheint δὲ
unvermeidlich hier einen zusatz anzuerkennen, der denn freilich in
alter zeit mit politischer spitze für den bühnengebrauch gemacht sein
muls. es würde in diesem drama die einzige alte interpolation sein. ich
wünsche sehr, dafs die rettung der verse gelinge; aber mit der bloßen be-
hauptung sind die anstölse nicht beseitigt.
596 οὐχ ἐν αἰσίοις ἕδραις mit vorwegnahme der negation, die zu αἰσίοις
gehört. Pind. N. 9, 19 αἰσιᾶν οὐ κατ᾽ ὀρνίχων ὅδόν. man redet mög-
lichst euphemistisch. wir wissen im allgemeinen, dafs der glaube an 'an-
günge’ und insbesondere an vogelzeichen das attische volk wie die Griechen
überhaupt beherrschte. das ältere epos hatte sich im wesentlichen darauf
beschränkt, dafs das erscheinen des adlers eine manifestation des Zeu:
ist, und wenn etwas besonderes kundgetan wird, so tut auch der adler
vers 596. 135
etwas besonderes. aber in der zwischenzeit war der aberglaube gewachsen,
und es gab offenbar schon ein ganzes system von regeln darüber, was
ein vogel, der da oder da sich gezeigt, dorther und dorthin geflogen, be-
deutete. ein stück eines solchen rituals haben wir aus Ephesos (I Οἱ
A.499). mittlerweile war jedoch das zauberwesen etwas in miscredit ge-
kommen. man darf vermuten, dals es der zuwandernden bevölkerung
angehört hat, und je mehr sich diese hellenisirte, zurücktrat, während die
Italiker, die so viele berührungen mit den Dorern haben, die vogel-
schau bis zum äulsersten treiben. die Germanen haben natürlich in
ihrer barbarei kein system, aber an “angänge” glauben sie noch heute.
im 5. jahrhundert spielen die οἐωγοσχόπτοι nur noch in der sage eine
geachtete rolle, und es gab keine officiell anerkannten augurn in Athen,
wo der μάντις vielmehr als prophet oder aus den eingeweiden des
opfers die zukunft deutet. Eur. läflst keinen geringeren als Theseus
den aberglauben der vogelzeichen verwerfen (Hipp. 1059), was ihn
natürlich nicht hindert die vogelschauer der sage in ihrer überlieferten
geltung zu lassen und auch Her. die vorurteile der Athener teilend
darzustellen. von der griechischen auguraldisciplin, der methode dieser
tollheit, wissen wir äulserst wenig, obwol es darüber sogar gedichte ge-
geben hat. denn die Ornithogonie der s.g. Boio, ein gedicht, das Philo-
choros gekannt hat, lief auf solche praktische regeln hinaus, und ein
Delier Hermon hat vor 167 (seitdem gibt es keine Delier mehr), wie es
scheint geradezu über vogelzeichen gedichtet. wir haben zwei bruchstücke
bei Porphyrios zu B 370 und K 274, von denen das letzte hier stehen
mag, weil es die alola ἔδρα erläutert. ἐρῳδιὸς ὃ πελλὸς ἐν πεδίῳ
φαινόμενος
δαπέδου μεδέοντος
ἔστι Ποσειδῶνος, {δι᾽ ἁλὸς μεμαῶσι vesodaı)
ἄρμενος ἐς πόλεμόν τε χαὶ ἐν νήεσσι μάχεσϑαι.
ἐσϑλὸς καὶ πεζοῖσι καὶ ἱππήεσσιν ἄριστος
ἐν πεδίῳ ϑεμένοισε μάχην (ἐν ὄρει δέ γε χείρων
φαινόμενος)" μάλα γὰρ πέλεται νεχηφόρος ὄρνις.
ἔς τε βοηλασίην ὁρμωμένῳ ἢ ἐπὶ λείην
ἄρμενος᾽" ὄηελίτην κεν ἄγων οἴχονδε νέοιτο.).
1) Die ersten worte gehören dem berichterstatter an. die lücke des zweiten
verses war so zu ergänzen, dafs man am dritten nicht zu ändern brauchte, dann so zu
interpungiren, dafs jedes praedicat zu ἐρῳδιός seine beziehung erhielt, und aus dem
vorletzten verse, der so verstümmelt überliefert ist ἔς re βρομέην ὀρμένω ἀπειλέην,
irgend etwas zu gewinnen, was der paraphrase ἀγαϑὸν λέαν τὸ σημεῖον τοῖς dve-
un
186 Commentar.
in der kaiserzeit hat es zahlreiche bücher über vogelflug gegeben (Galen
XV 444), die aber verloren gegangen sind, weil diesen aberglauben die
christen ausnahmsweise wirklich abgelegt haben.
598 Hier würde man auch πτόλιν eher als χϑόνα erwarten; vgl. zu 542.
599 καλῶς “gut”; aus der sprache des lebens, 2. b. Ar. Frö. 898. bei Eur.
z.b. Ion 417. Amph. hat die list sich ausgedacht, durch die Lykos fällt,
aber er weis, dals Her. nicht für heimlichkeit ist, sondern für’s drein-
schlagen, kein πολυμήχανος wie Odysseus, sondern ein ϑρασυμήχανος
(Pind. Ol. 6, 67). so lockt er ihn durch den vorwand, erst die götter des
hauses zu begrülsen, hinein. wenn er drinnen nur warten wollte (603),
würde sich ganz in sicherheit alles von selbst machen. Her. wird in der
tat nur durch diesen vorwand bestimmt. für Amph. aber kommt es
darauf an, dals Her. hineingeht. das ist in der überlieferung verwischt,
weil ἐσελϑών unter dem einfluls des folgenden zgöcsırre eine falsche
praeposition erhalten hat.
601 αὐτός “von selbst”, ohne dafs du etwas dazu tust,
602 Nur ganz als nebensache erwähnt er seinen eigenen tod; wie 41
und immer betrachtet er sich als nebensache.
604 Das was man gewinnt, pflegt bei χερδαένω im acc. zu stehn (zuerst
bei Pind. Isthm. 4, 24), allein das ist nur eine erweiterung des eigentlich
adverbiellen d. h. als apposition zu dem verbalobject gedachten gebrauchs
des neutrums wie μὴ κακὰ xeodalveıy Hesiod. OD. 350, τὰ χέρδη χερ-
δανεῖ δικαίως 8. OT 889. denn das wort ist seiner natur nach intran-
sitiv und heifst “profit haben’. dieser gebrauch hat denn auch zu allen
zeiten vorgewaltet. das wodurch man profit hat, kann dann neben prae-
positionalen constructionen (meist &7z0 &x) im instrumentalen dativ stehn.
ganz deutlich Or. 789 τῴ χρόνῳ κερδανεῖς “du wirst durch den verzug
vorteil haben’. Herodot 8, 60 gegen ende Meyaooıcı δὲ κερδανοῦμεν
. περιεοῦσιεν wir werden dadurch vorteil haben, dafs Megara erhalten bleibt‘.
so auch hier τῇ ἀσφαλείᾳ κερδανεῖς, nicht etwa “und die sicherheit
gewinnst du dabei‘. es ist also nicht blofs grammatisch falsch von einer
vertauschung von accus. und dativ zu reden.
δρεύουσεν einigermaßen genügt und den letzten vers wieder schont. also der vogel
der dem Poseidon gehört ist ein gutes vorzeichen, 1) wenn man zu wasser in den
krieg zieht oder auch zu schiffe kämpft, 2) wenn man auf der ebene kämpft, weil
Poseidon ἔπσπιος danddov μέδει, 3) wenn man auf rinderraub oder sonstige beute
auegeht: dann kann man sogar einen kämpfer erbeuten, durch den man ἀπερείσια
ἄποινα gewinnt. erst dieser dritte fall machte das citat für die Nyktegresie passend:
denn da erjagen die helden ja den Dolon.
vers 598—610. 137
605 πρὸὶν als adverbium so zu setzen, dafs ein zweites scolv als con-
junction folgt, ist im drama ein anbequemen an die sitte des epos, und
kommt nur noch vereinzelt vor (z. b. Kresph. 453). aber andere adverbia,
5. Ὁ. πρότερον sind auch noch in prosa zugesetzt worden.
Amph. redet so allgemein, damit Her. nach belieben unter τόδ᾽ εὖ
ϑέσθϑαι die huldigung gegen die götter und die beseitigung des Lykos
verstehen kann.
606 Her. ist jetzt wieder ruhig und entschlossen. daher die kurzen
und bestimmten sätze.
608 “Da ich aus dem reiche der götter, die keinen loslassen, zurück-
gekehrt bin, will ich die verehrung derer, welchen ich im leben angehöre,
nicht vernachlässigen’. so muls man verstehen, also τὸ προσειπεῖν ϑεούς
als object zu druuaow. μὴ ἀτιμάσωμεν εἰπεῖν Plat. Lach. 182°. ϑεούς
als object und der infinitiv epexegetisch dabei ist nicht gemeint, denn
sonst würde μὴ προσειπεῖν stehen. bei Soph. OK. 49 μή u’ ἀτιμάσῃς
ὧν σε προστρέπω φράσαι hängt von ἀτιμάσω der genetiv, φράσαι
von προσερέπω ab.
609 Die ϑεοὶ κατὰ στέγας sind der herd und der altar im hofe, der
Ζεὺς ἐρχεῖος, vgl. die vorbemerkungen zum botenberichte. es ist nicht
mehr als jeder hausbesitzer in Athen auch hat, die geister der ahnen,
die Ζ. Ὁ. im schlofse der Atreiden wohnen, A. Choeph. 800, kann der
Argeier in Theben nicht aufsuchen.
610 ὄντως ist eine bildung der attischen sophistenzeit: denn 2ovrwg ist
überhaupt nicht wirklich gebildet worden. der älteste beleg ist bei Anti-
phon tetr. I ß 10 εἰκότως μὲν ὄντως δὲ μὴ ἀπέχτεινα τὸν ἄνδρα, und
er gibt gleich auf das trefflichste die bedeutung, vgl. οὐσέα 337 ; ebenso d 10,
das wort spricht dafür, dafs ein Athener iin Athen die tetralogien geschrieben
hat: Thukydides, der außerhalb schreibt, hat das wort nicht. Eur. zwar
nicht unten 1345, aber aulser dieser stelle Ion 222, Archel. 248 und
vollends Aristopbanes mindestens 9 mal, und schon in den Wespen 997,
also der junge mann eher als Eur, so dafs man recht das wort einer
neuen zeit sieht. dann bei Xen. und Plat. etwa gleich häufig, bis
letzterer in gewissen begriffsphilosophischen untersuchungen natürlich ein
solches wort ganz besonders häufig anzuwenden in den fall kommt. ob
er das mit 20 oder 70 jahren getan hat, kann man aus dem worte
nicht abnehmen, das lag ihm zu jeder zeit parat, würde er übrigens sich
auch zu jeder zeit zu schaffen manns genug gewesen sein, und fallen
zu lassen, wenn er’s nicht mehr brauchte. die versuche die entwickelung
Platons aus dem buchstaben und nicht aus dem geiste zu verstehen,
188 Commentar.
würden also scheitern, auch wenn sie an eine bessere statistik ihr urteil
verkauft hätten als die ist, welche ὄντως vor 400 nur ein par mal bei
Eur. kennt').
611 γε sagt ja, καί schlielst das an, wonach Amph. zunächst fragen
würde.
612 Eur. deutet auf die sage, dafs Persephone zu Her. gunsten inter-
venirt hatte, die wir Diod. IV 26 erzählt finden und aus den apu-
lischen unterweltsvasen erschliefsen. da merkt man auch, dafs diese
dem ursprünglichen sinne der sage widersprechende fassung mit der
eleusinischen weihung des Her. zusammenhieng, die Eur. 613 erwähnt
er vermittelt also: die weihung nimmt er an, aber sie hat dem Her. nur
die kraft zu siegen gegeben, kämpfen hat er trotzdem gemufst. ähnliches
schimmert in der erzählung der apollodorischen bibliothek II 122—125
durch. die etappen der entwickelung sind 1) kampf mit dem Tode in
gestalt des höllenhundes 2) kampf um den hund mit dem Tode in gestalt
des titanen Menoitios oder des ianitor orci, der seit Kritias Aiakos heifst
3) kampf unter genehmigung der guten götter des jenseits 4) gnade
dieser götter.
615 Der sehr bedeutende und seltsame hauptcult der Dryoperstadt
Hermion war der der Χϑογία, die man schon in Eur. zeit Ζ“αμάτηρ
nannte (IGA 47. 48), die aber natürlich auch von Kore manche züge
trägt. es war ohne zweifel die erde, aber so dafs sich eine höhere als
die elementare potenz dahinter barg; wie der syrische theologe Phere-
kydes die Χϑονέη seiner heimat erst zur Γῆ werden lälst. die
Kykladen zeigen viele verwandtschaft mit den Dryopern von Euboia
und der argolischen küste. nach Hermion gehört notwendig die höllen-
fahrt des Trozeniers Theseus und des Peirithoos, und diese sage wird dem
Eur. das local gegeben haben, das auch für den Her. von Argos das
ursprünglichste sein wird, aber längst durch Tainaron verdrä war.
doch hat sich die tradition erhalten, dafs Her. in Trozen emporgestiegen
wäre (Apoll. bibl. Paus. II 31).
617 ἦλϑον- εἰδέναι. in prosa würde sicher partic. fut. stehen, das
auch im drama weit überwiegt. infinitiv noch z. Ὁ. Phaeth. 773, 54
σεροσέβαν ὑμέναιον deioaı, Soph. OK. 12 μανϑάνειν ἥκομεν. der infin.
bezeichnet hierin, so gut wie der accusativ eines nomens, das ziel, deckt
sich also nicht mit dem part. fut.
1) Für Aristophanes haben mehrere, seit dies geschrieben ward, die statistik
genauer geliefert: aber für euripideische erfindung gilt ὄντως noch.
vers 611—625. 139
old« hat keinen aorist, also müssen seine modi auch für aoristische
bedeutung aushelfen. Ar. Wesp. 86 ei ἐπιϑυμεῖτ᾽ εἰδέναι “erfahren.
8. ΕἸ. 40 ἔσϑι πᾶν τὸ δρώμενον, ‘erfahre’. E. Eurysth. 376 εἰδέναι
τὰ δραστέον “erkennen’, Thuk. 5, 46 πέμψαε ὡς αὐτοὺς καὶ εἰδέναι
ὅ τε διανοοῦνται, durch die copulirung der verschiedenen infinitive sehr
bezeichnend, ζν᾿ εἰδῶσε oben 245 und unzählige male in den motiven
attischer volkebeschlüsse. auch S. Trach. 987 de’ ἐξήδησϑα, ist von dem
scholiasten mit de’ ἔγνως “hast du’s nun gemerkt’, ganz richtig erklärt
und darf nicht zerstört werden.
619 Θησέα ist mit synizese zu sprechen, denn das « ist lang. Eur.
hat sich zwar die später vulgäre verkürzung in φονέα ein par mal er-
laubt, aber ebenso oft ist die contraction sogar in der schrift bezeichnet,
schon Zeej Alk. 25, βασιλῆῇ Phaeth. 781, 24. in zweideutigen fällen
müssen wir das sprachlich correcte annehmen.
Die vorbereitung auf das erscheinen des Theseus war notwendig für
das drama; aber es geschieht so kurz wie möglich. deshalb fragt Amph.
nicht weiter, so befremdlich ihm die sache sein mufs, und wird Peirithoos
gar nicht erwähnt.
624 ἀλλά. die adversativpartikel hat hier ihre kraft so gut wie 622,
wo sie die aufforderung in gegensatz zu dem gedanken setzt, der fallen
gelassen wird. nur ist hier mit worten nicht bezeichnet, wogegen der
adversative charakter sich wendet. das liegt in der handlung: die kinder
gehorchen nicht. also ist hier eine pause im vortrag nötig, welche der
dichter nicht, wie die längere 629, durch eine interjection bezeichnet hat,
die tragödie wendet ϑάρσος und ϑράσος, ϑρασύς neben ϑαρσεῖν
an, sowol in gutem wie in üblem sinne. das leben kennt nur ϑρασύς
ϑράσος ϑαρρεῖν ϑαρραλέος, die ionisirende älteste prosa zieht ϑάρσος
ϑαρσαλέος neben ϑρασύς vor. das nomen ward aber nunmehr ganz
überwiegend in üblem sinne verwandt, den das altertum nicht gekannt
hatte, und der in folge derselben sittlichen entwickelung entstanden war,
über die zu v. 215. wenn noch hie und da jemand das wort ohne tadel
verwandte, so war das ein archaismus, und den steigerten die spätlinge,
indem sie auch die ältere form wider die sprachentwickelung aufnahmen.
daraus machten dann die atticisten die verkehrte regel ϑράσος ἄλογος
ὁρμή, ϑάρσος εὔλογος z. Ὁ. Ammonius (d.h. Herennius Philo aus Ha-
drians zeit) s. 71. schol. Med. 469.
625 νᾶμα ist von einer früh abgestorbenen, aber ehemals kräftigen wurzel
abgeleitet. vaw fliefsen gehört einzig dem epos an und ist selbst da selten,
besitzt auch lediglich den praesensstamm. in der religion sind die ναεάδες,
140 Commentar.
jonisch γηέδες νύμφαι, die wassermädchen, und (vornehmlich in Dodona)
Ζεὺς Νάιος und 4“ιώνα Nal« erhalten, die mit ναός nichts zu tun
haben können, weil kein haus da war. Eimpedokles wird, auch wenn
das jetzt nicht nachweislich ist, seine Νῆστις, ἡ δαχρύοις τέγγεε κρού-
γωμα βρότειον (35), aus irgend welchen ionischen speculationen ge-
nommen haben, denn der vocalismus würde sonst befremden. väua,
das sein « nie gebrochen hat, und γαρός (aus va-spög, nicht zu ver-
wechseln mit vnonlöeg νηρεύς νερόν) sind ausschließlich attisch. das
adjectiv ist nur bei Aisch. Soph. als lebendig bezeugt; Soph. hat auch
die singularität νάτωρ, Inach. 248; νᾶμα gestattet ein besseres urteil.
es fehlt den Ioniern Aeolern Dorern, wie es scheint, ganz und ist nur
von Athenern bis in späte zeit gebraucht. Parmenides Empedokles
Epicharm, die lesbischen, die keischen lyriker kennen es nicht. dagegen
ist es der attischen erhabnen prosa nicht fremd, und selbst Aristoteles
und Theophrast wenden es unbedenklich an, letzterer allerdings lieber
das deminutiv vaudrıov, wovon ὕδωρ ναματιαῖον abgeleitet ist, das
in der wiedergabe einer eidesformel (die, wenn delphisch, freilich dies
wort ursprünglich nicht enthalten hat) sogar Aischines der redner zulälst
(2, 115). auch in einer alten schwurformel, μὰ γῆν, μὰ κρήνας, μὰ
ποταμούς, μὰ νάματα soll Demosthenes das poetische wort gebraucht
haben (Plut. Dem. 9). Die bedeutung hat sich aber von dem ver-
schollenen verbum ganz gesondert. νᾶμα ist das netzende, nicht das
rinnende wasser, vauarıaloy ὕδωρ ist brunnenwasser, im gegensatze
zum flulswasser. und man kann zusammenstellen vauara xal ῥεῖϑρα
(Xenoph. Kyneg. 5, 34) “stehendes und fliefsendes wasser’ (der gegensatz
zu regenwasser, den der atticist bei Phot. Bekk. An. 283 angibt, ist aus
der Aischinesstelle erträumt). dazu kommt es nur, weil dem worte eben
der begriff jeder bewegung fehlt, es nur den stoff bezeichnet. flüsse und
quellen bleiben dieselben, sagt Aristoteles (polit. Γ' 3) χαίπερ del τοῦ
μὲν ἐπιγινομένου νάματος, τοῦ δ᾽ ὑπεξιόντος. ein ort der νάματα
ἔχει wird oft quellen haben, aber in der bezeichnung liegt nicht mehr
als in εὔυδρον. Plat. Kritias 112° bleiben nach verschüttung der quelle
Urathens τὰ νῦν νάματα σμικρά, “die kleinen wasseradern’, die man
in der nähe der burg hie und da ergraben hatte. in diesen verwendungen
hat das wort sich erhalten, doch nur in der obersten schicht der schrift
stellerei. von den nachahmern bedienen sich seiner auch mit vorliebe
solche, welche hohen stil anstreben.
626 Das drama drückt in der anrede das possessive verhältnis bei ver-
wandtechaftswörtern durch den dativ aus, ϑύγατέρ μοι, τέχνον μοι,
vers 626—628. 141
γύναι μοι. der genetiv ist überhaupt nicht üblich; sein eindringen, z. Ὁ.
in der jüdisch-christlichen litteratur vielmehr ein zeichen des plebejer-
tums (nicht etwa ein hebraismus, denn die erscheinung greift weit über
diese kreise hinaus), ein zusatz aber schien im drama besonders geboten,
wo dieselben wörter so oft ohne verwandtschaftliche bedeutung in der
anrede verwandt werden. in anderer poesie z. b. auf einem grabstein
unbekannten fundortes aus dem 4. jhdt. (wahrscheinlich attisch) 4yynis
τ᾿ ἐνθάδε οἱ ϑυγάτηρ ganz gleich αὐτῆς. Kaibel. Ep. 86.
σύλλογον ψυχῆς λαβέ und 833 συλλαβοῦσα καρδίαν sind für den
deutschen sehr leicht verständlich, weil wir “sich fassen, sich zusammen-
nehmen” in den beiden nuancen der bedeutung auch sagen. aber im
griechischen ist beides eine dichterische lebhaft empfundene metapher.
Homer O 240 νέον δ᾽ ἐσαγείρατο ϑυμόν, ® 417 μόλις δ᾽ ἐσαγ. $.;
aber das ist sinnlich: der ohnmächtige sammelt sich neuen odem und
damit neues leben durch den ersten schlag der lunge. ebenso e 458
ἀλλ᾽ ὅτε δή ῥ᾽ ἄμπνυτο καὶ ἐς φρένα ϑυμὸς ἀγέρϑη. aber in nach-
bildungen kommt es dem euripideischen gleich, Apollonios Rhod. I 1233
aungavin δὲ μόλες ovvayelgaro ϑυμόν von einem durch plötzlich
erweckte leidenschaft aufser sich geratenen mädchen. derselbe III 634
von Medeia die erschreckt aus schwerem traume auffährt μόλες δ᾽ dva-
γείρατο ϑυμὸν ὡς πάρος ἐν στέρνοις. Theokrit Adwvial. 57 καὐτὰ
ovvayelgoucı ἤδη. auch Platon deutet den anschluls an Homer an,
wenn er Protag. 328° μόγις πως ἐμαυτὸν ὡσπερεὶ συναγεέρας sagt,
oder Phaed. 67° zu συναγείρεσϑαι zusetzt xal ἀϑροίζεσϑαι. dals die
euripideischen wendungen von Homer beeinflulst wären, ist wenig wahr-
scheinlich; vergebens sucht man bei anderen nach analogien. Eur. selbst
hat noch Phoen. 850 συλλέξαι σϑένος καὶ πνεῦμ᾽ ἄϑροισον. dagegen
ist allerdings ἀναλαμβάνειν ἑαυτόν, ἀναχτᾶσϑαι τὴν ψυχήν ganz ge-
wöhnlich, aber zu συλλαβοῦσα καρδέαν 833 führt von da kein weg.
628 “Ich habe weder die möglichkeit noch den willen mich euch zu
entziehen’. die auslassung des verbum substantivum in erster person ist
hier durch das unmittelbar folgende verbum in gleicher person doppelt
unanstößsig; ähnlich gleich nachher 635. 6.
Die begründung gilt natürlich dem ungerechtfertigten verhalten der
Megara gegenüber nicht minder als dem der kinder. der ruf "lafst mich
doch los’, der unmittelbar vorhergeht, läfst sich aber nicht wol auch auf
Megara beziehen: eine frau am busen ihres gatten ist auf der attischen
bühne nicht zu denken. also sind die worte καὶ μέϑεσϑ᾽ ἐμῶν πέπλων
als ein halb ärgerlicher zwischenruf zu sprechen, den Her. mitten
142 Commentar.
im satze ausstölst, weil die kinder, weit entfernt ins haus zu gehen, ihm
selbst bei der bewegung hinderlich werden. er vollendet nun seinen satz
und nimmt dann den in jenem ersten zwischenrufe angesponnenen faden
auf. der dichter hat nicht nur die gruppe, welche sich auf der bühne
dem auge darstellen soll, ganz lebhaft selbst geschaut, sondern die innere
bewegung der stummen personen viel deutlicher gemacht, als irgend eine
rede von ihnen vermöchte.
630 τοσῷδε μᾶλλον: ὅσῳ ἀφιέναι κελεύω. mit ἀφιέναι und we-
ϑίεναι ist lediglich um des wechsels willen gewechselt. vgl. zu 755.
ὧδε: ὥστε οὐδαμῶς ἀφιέναι.
“Auf dem rasirmesser gehen’ ist eine durch den gebrauch fast bis
zur unverständlichkeit abgekürzte form der sprüchwörtlichen redensart,
die eigentlich ein dilemma angeht, zwischen dem die entscheidung mit
einem schlage rasch erfolgen mufs, weil sie auf der schmalsten denk-
baren fläche ruht und nach der einen oder andern seite notwendig
fallen muß. K 173 ἐπὶ ξυροῦ ἵσταται ἀχμῆς ἢ μάλα λυγρὸς ὄλε-
ϑρος ᾿Αχαιοῖσ᾽ ἠὲ βιῶναι. indem man nur die eine schlimme seite
ins auge falste, wobei zum teil sicher ein ganz anderes bild (vom messer
an der kehle) mittätig war, ist ἐπὶ ξυροῦ εἶναι oder βεβηκέναι “in
unmittelbar dringender lebensgefahr” geworden. im drama gewöhnlich,
dann bei nachahmern wie Theokrit (‚/ıdox. 6) wenig schön ἀνδρῶν ἐπὶ
ξυροῦ ἤδη ἐόντων. den χαιρός, der eigentlich selbst die schnittlinie
bedeutet, auf dem rasirmesser immer weiter laufen zu lassen, womöglich
mit einer keule als balancirstange, bis ihn ein beherzter beim schopfe
falst, ist eine unsagbare geschmacklosigkeit, und Lysippos, der dies in
erz ausgeführt hat, hat sich schwerer versündigt als alle rhetoren und
dithyrambiker, von denen Aristoteles und Dionysios sprachliche sünden
verzeichnet haben.
631 γε gehört nicht blos zu dem particip λαβών, sondern zu ἄξω
λαβών. es hebt freilich nur wie immer einen begriff’ hervor, und dieser
ist durch keine conjunction mit dem vorigen satze verbunden. gleichwol
bewirkt die hervorhebung des begriffs ἄξω λαβών den eindruck einer
gewissen verbindung. “ihr lafst nicht los, nun, so will ich euch mit
nehmen”, müssen wir übersetzen. aber das lehrt nur, dafs ye sich wol
zu einer satzverbindenden partikel hätte entwickeln können. geschehen
ist das nicht. γε ist in der sprachentwickelung bald abgestorben und
nur die imitation und die schullektüre erhielt es. da hat denn freilich
einmal in der barbarischen zeit Gordians ein schulmeister eines make-
donischen dorfes hoch elegant zu schreiben gemeint, als er ye etwa für
vers 6830---638. 148
rolvvy oder μὲν οὖν setzte (Mitteil. Athen. XVI 275ffg.). dafs ἄξω γε
nicht minder und in demselben sinne stehen würde, wenn der dichter
hypotaktisch ἐπειδὴ οὐχ μεϑέεσϑε gesagt hätte, zeigt 861. in prosa
würde etwa τοίνυν stehen.
Während er die kinder mit sich fortzieht, kommt ihm das gleichnis in
den mund, das er dann in einem parallelsatz vollendet: daher die ver-
schränkung der worte, denn eigentlich gehört ἐφολκέδας als object in
den satz γαῦς ὃς ἐφέλξω. die ἐφολκέδες sind kleine fahrzeuge, welche
mit tauen an dem hinterteil des kriegs- oder lastschiffes befestigt von
diesen mitgeschleppt werden. in dem inventar der attischen marine
kommen sie nicht vor, was wol nur bedeutet, dafs sie wenigstens im
4. jahrhundert, aus dem unsere zeugnisse stammen, nicht vom staate
gestellt wurden: wol aber zählt Moschion (Athen. 208°) in der beschrei-
bung des für Hieron von Syrakus erbauten riesenschiffes als ἐφόλκεα
einen χέρχουρος und eine anzahl ἁλιάδες und σχάφαι auf. Eur. hat
das bild aufser der wiederhbolung unten 1424 noch Androm. 199, wo
Andromsche ihre kinder eine ἀϑλέα ἐφολκίς nennt. dasselbe bild in
demselben munde hier und am schlusse des dramas schärft dem hörer
den entsetzlichen umschwung des geschickes ein, dafs Her. hier γαῦς,
dort ἐφολκίς ist, hier in vollen tönen seine kindesliebe ausspricht, dort
von ihren leichen als ihr mörder scheidet.
632 dvalvouaı eigentlich “nein zu etwas sagen’, vgl. αἰνῶ 275, (ἀνά
wie in dyeiyouaı) also “ablehnen” “abweisen’, mit persönlichem und sach-
lichem object schon im epos. im attischen meist wie hier “etwas ab-
lehnen, weil man sich zu gut dafür hält’; seltener weil man es zu gut
für sich hält (E. El. 311); im gewöhnlichen leben technisch für die ab-
lehnung eines heiratsantrages, Harpokrat. s. v., also aus der sprache des
gesetzes, der solonischen zeit, erhalten. Eur. liebt das wort, und dies
stück liefert mehrere belege für die bedeutung sowol in der richtung
auf αἰσχύνομαι wie auf ἀγαναχτῶ, 1124. 1228. 1235. 1400. in letzterem
falle kann auch ein particip dazu treten, 1235, I. A. 1502; dies ist wol
Eur. eigentümlich. das wort ist fast ausschliefslich im praesensstamm
gebräuchlich, zu dem nur vereinzelt der aus dem epos entlehnte aorist tritt.
633 πάντα τἀνϑρώπων ἔσα kann Eur. nur geschrieben haben, wenn
er ihm den sinn beilegte “ alles was dem menschen als solchem zukommt”.
denn die allgemeinheit der liebe zu den kindern ist im folgenden durch zwei
parallele sätze geschildert, von denen der verständliche zweite lautet “ die
menschen sind an vermögen verschieden: die kinder liebt jeder stand”;
der erste aber umgekehrt “gleichheit gilt in allem .... .: hoch und
144 Commentar.
niedrig liebt seine kinder”. folglich ist an der offenen stelle das genus
einzusetzen, von welchem die kinderliebe eine species ist, das worin im
gegensatze zum gelde gleichheit unter den menschen herrscht. das würde
in späterem griechisch unter dem einflufs der philosophie τὰ xara φύσιν͵
τὰ πρὸς ἡμᾶς, lateinisch wol humana, deutsch “das menschliche” sein
können: τἀνϑρώπων ist eigentlich überhaupt unstatthaft; denn das bloß
posseesive verhältnis gilt auch von den χρήματα. auch τὰ ἀνθρώπεια be-
zeichnet zwar sehr oft namentlich bei Thukyd. das was in der menschlichen
natur liegt, aber nach der seite ihrer beschränktheit und schwäche, und im
drama ist es vollends viel mehr das irdische als das menschliche. eben des-
halb aber wird Eur. τἀνϑρώπων gewagt haben. man vergleiche ΗΘΚ, 805
und fgm. 1048, wo es gleichlautend heilst οὐδὲν ἐν ἀνϑρώποις ἴσον,
wenn oder weil das und das so ist; auch Hik. 432 καὶ τόδ᾽ οὐχέτ᾽
ἔστ᾽ ἔσον. diesem offenbar geläufigen spruche von der ungleichheit alles
irdischen widerspricht Her. indem er die gleichheit alles menschlichen
betont. dafs die pointirte wendung dem misverständnisse ausgesetzt ist,
muls man zugeben und ertragen. Eur. hat deshalb den gedanken doppelt
ausgedrückt. vgl. auch Diktys 346 εἷς γάρ τις ἔστι χκοενὸς ἀνϑρώποις
γόμος καὶ ϑεοῖσι ταὐτὸ δόξαν, ὡς σαφῶς λέγω, ϑηρσίν τε πᾶσιν,
τέχνα τίχτουσαν φιλεῖν᾽ τὰ δ᾽ ἄλλα χωρὶς χρώμεϑ᾽ ἀλλήλων νόμοις.
635 οὐδὲν ὄντες durch den gegensatz bestimmt, vgl. 314. χρήμασιν δὲ
διάφοροί εἰσιν, φιλότεκνοε δὲ πάντες war intendirt; davon ist im
zweiten satze abgewichen, nachdem die ausführung ἔχουσιν, ol δ᾽ οἵ
dazwischen trat. es ist ganz gewöhnlich, dafs, wenn auf einen ausdruck,
der gleichsam eine summe bezeichnet, die einzelposten folgen, erst der
zweite als solcher markirt wird, also wie man wol sagt, das einem τὸ δέ
entsprechende glied mit μέν weggelassen wird oder vielmehr scheint
ältestes beispiel X 157 παραδραμέτην, φεύγων, ὃ δ᾽ ὄπιεσϑε διώχων.
Xenophanes 1, 2 ἀμφιτιϑεῖ στεφάνους, ἄλλος δὲ... μύρον πορσύνει.
Pindar Nem. 8, 87 χρυσὸν εὔχονται, πεδίον δ᾽ ἕτεροι ἀπέραντον (dies
dem ἀπὸ κοινοῦ 281 ähnlich), Isthm. 5, 60 νέκας τρεῖς, ἀπ᾽ ᾿Ισϑμοῦ,
τὰς δ᾽ ἀπ᾽ εὐφύλλου Νεμέας. Platon politikos 291° τὴν μοναρχίαν
δύο παρεχομένην εἴδη δυοῖν ὀνόμασιν, τυραννίδι, τὸ δὲ βασιλείᾳ,
Phileb. 86 ψευδεῖς αἱ δ᾽ ἀληϑεῖς οὐκ eiolv ἡδοναί; Aristoteles ροθέ, 1.
ἐλεγειοποιούς, τοὺς δὲ ἐποποιοὺς ὀνομάζουσιν, fgm. 58 (von Rose
verdorben) ἐπεὶ ἀνθρώπους μιμουμένους γύναια καὶ δούλους, τοὺς
δὲ μαχομένους καὶ ϑύοντας und so sehr häufig in poesie und pros.
noch Himer. or. III 13 εὐπατρίδαι πάντες, χρυσοῖς οἵ δὲ ἀγϑίνοις
ἐστεφανωμένοι τοῖς στέμμασιν, wo man ändert oder falsch deutet.
vers 685. 636. dritte gesangnummer. 145
636 γένος" “stand’, im 5. jahrhundert durchgehend, bei Eur. häufig.
bei Platon wechselt es mit &3vog. später tritt es zurück, doch heilsen
z. b. die aegyptischen und indischen kasten so.
Dritte gesangnummer.
Auch in diesem liede entspricht einheitlichem inhalte einheitliche form.
beide strophen sind aus ionikern und glykoneen gemischt, beide drei-
teilig mit einem einfachen an die längst volkstümlich gewordenen ana-
kreontischen weisen anklingenden glykoneischen schlufsteile.
Die erste strophe zerfällt in drei perioden, ionisch die erste, dann
je zwei zu 6 glykoneischen gliedern. also schema a ὃ ὃ; die beiden
stollen sind freilich in der einzelbildung nicht so symmetrisch wie die
der ersten strophe des vorigen liedes. der zweite besteht aus 6 zusammen-
hängenden glykoneen, deren letzter katalektisch ist (pherekrateus). die
responsion ist ganz streng; nur einmal (in dem pherekr.) ist eine sylbe _
als indifferent behandelt. die 6 glieder des ersten stollen sind folgende:
---ὠὧ-υ-
Delay.
--ν»-ὦω.--
da die beiden letzten disticha einander gleich sind, haben wir in diesem
teil wieder ein in sich abgeschlossenes gebilde der form a ab. synaphie
ist nirgend wahrscheinlich, da die vereinigung von 664. 65 die messung
=-u-1u-0- | -u-uu- ergeben würde: man mülste so abteilen, weil
in glykoneen für die abteilung der zusammenstols der betonten sylben
entscheidend ist. alle einzelnen glieder sind in glykoneischen gedichten
gewöhnlich. der abgesang, in diesem falle der erste teil, ist ionisch.
Yu LEW Zn ““ὧἦκἍᾷψῳ - Vo
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VYooo Yyela ΚΑ en
der erste vers ein katalektischer tetrameter, dessen erste drei metra als
choriamben auftreten; das katalektische ist, wie sehr oft, aus der ana-
klastischen form entwickelt. der vers stammt aus Anakreon, der ihn
stichisch verwandt zu haben scheint (24. 28). Eur. hat ihn öfter zum ein-
gange von liedern genommen, Med. 643, wo ein enoplios mit ithyphallikos
den übergang zu glykoneen bildet. Heraklid. 353.
INS NN muy Va a
v. Wilamowitz II. 10
146 Commentar.
es folgen 4 glykoneen, der letzte katalektisch. ähnlich steht IA 1036
ein ionischer trimeter vor glykoneen, ebenso Hipp. 732
Ne ὧὦ--- VVU-_
worauf nach der überlieferung in der strophe folgt u -u-- ww. --, ἃ
der antistrophe vu-u -— u -—-, der zweite vers unserer strophe ist
ein ionischer dimeter. er steht in den angeführten liedern der Herakleiden
und des Hipp. an derselben stelle. dann folgt, einmal durch synaphie
sicher verbunden, in dreifacher wiederholung ein glied, welches sich in der
strophe des Hipp. zweimal, in den Her. hinter zwei ionikern einmal vor-
findet ; als abschluls einer vorwiegend ionischen strophe z. b. Alk. 910.
eine sichere erklärung ist für dieses wie für manche andere in ionischen
reihen auftretende glieder noch nicht gefunden; wahrscheinlich gehört es
zu dem Reizianum, von dem zur sechsten gesangnummer gehandelt ist,
Auch die zweite strophe ist dreigeteilt. aber hier ist der schluß
eine längere durch synaphie gebundene reihe glykoneischer glieder. es
sind drei glykoneen, dann das glied --u- und ein pherekrateus.
jenes kürzere glied ist uns geläufig als schlußglied der asklepiadischen
und alkaischen zeile (edite regibus, stet nive candidum); es ist auch eine
der primitiven formen des dochmius. die responsion ist frei, da die
strophe mehrere längen durch zwei kürzen ersetzt: was zwar ionischem
aber nicht aeolischem, sylbenzählendem, principe entspricht. außerdem
hat der letzte glykoneus in der strophe den daktylus an zweiter, in der
antistrophe an letzter stelle.
Die zweite periode besteht aus einem ionischen tetrameter der katalek-
tisch und im zweiten metron anaklastisch ist. es folgt ein katalektischer
ionischer dimeter und ein pherekrateus. denn es läßt sich zwar die zelle
der antistrophe τοῖς ὕμνοισιν ὑπάρχει ---- -w-- als ionischer dimeter
fassen, aber nicht die strophische xa4Alvıxov deldw. die verschiedene
behandlung der irrationalen sylbe ist im pherekrateus natürlich; ver-
kürzung vor u», gar in der stammaylbe eines wortes, in Athen unerhört,
ob die dichter äußerlich so ähnliche glieder verschiedener herkunft ein-
ander gleich gesetzt haben, mag bei dem gegenwärtigen stande der
metrischen forschung noch dahin gestellt bleiben: ich glaube es jetzt be-
weisen zu können.
Die erste periode hat folgendes schema
---w- | u “» | mn om wg u
Dritte gesangnummer. 147
glykon.; das glied Maecenas atavis-+-gl.; gl.; abschliefsende reihe, nicht
verkürzt, sondern erweitert über den glykoneus, wie das in dem aeolischen,
nicht auf der wiederholung desselben metrons beruhenden, versbau ge-
wöhnlich ist. dafs diese verse so aufzufassen sind, dafür spricht der wechsel
zweier formen des glykoneus im dritten verse: denn das scheint nur diese
erklärung zuzulassen. es sei aber nicht verschwiegen, dafs die ersten beiden
verse ein untadeliger ionischer hexameter eben so gut sein können, und
die folgenden worte der strophe, wenn man die anfangssylbe von del kurz
milst, ebenfalls sich diesem malse fügen ----u-0--u-.--, wo
denn der abschluls durch das aus der ersten strophe bekannte glied er-
folgen würde. in der antistrophe aber ist behufs der responsion eine
änderung vorgenommen, nämlich παιᾶνας für den singular herge-
stellt, die sich von seiten des sinnes alles andere als empfiehlt. es ist
hier also noch ein bedenken. solche schwierigkeiten wiederholen sich
in vielen ersichtlich verwandten liedern, wofür schon die strophe und
die dort angeführte stelle des Hipp. belege sind, und das verhältnis, in
das die attischen dichter die aeolischen und ionischen verse überhaupt,
und speciell die formen, die wir glykoneisch und ionisch nennen, gesetzt
haben, ist vielleicht das schwierigste problem der attischen metrik.
Das gedicht gehört in seiner art eben so zu den vollendetsten des
Euripides wie das vorige. es war das lieblingstück von R. Porson'). jede
strophe ist für sich ein abgeschlossenes ganze, die respondirenden pare
schlielsen sich auch zusammen, und doch wird das ganze ebensowol durch
rhythmus wie durch gedanken zusammengehalten. ganz anders steht z. b.
gleich das folgende dreistrophige chorlied.
Der chor knüpft an das schlulswort des vorigen liedes, die evdaluw»
3a, an; die erscheinung von Her. heldenkraft hat ihm die wehr- und
wertlosigkeit seines greisenalters doppelt empfindlich gemacht. so beginnt
er mit einer verherrlichung der jugend und einem fluche auf das alter
(str. 1). aber das höchste gut, die jugend, und das ärgste übel, das alter,
wird den sterblichen nicht nach verdienst verliehen. wenn die götter
gerecht wären, so mülsten die guten menschen sich ein doppeltes leben
verdienen. dann würden sich die guten, die neu geboren würden, vor
den schlechten auszeichnen, und würde der menschliche unverstand be-
greifen, dafs bleibenden wert im wechsel der dinge die tugend und nicht
1) Als ich im jahre 1867 Jakob Bernays gegenüber von Euripides in der gelb-
schnäbeligen manier redete, die Schlegel aufgebracht hat, holte er einen text her und
las den anfang dieses liedes. “werden Sie nur erst älter, dann werden Sie merken, was
das bedeutet.”
10*
148 Commentar.
das geld hat, das sie jetzt als höchstes ansehen (antistr. 1). aber wenn
wir auch alt sind: liebe und fähigkeit zum gesange ist nicht gealtert.
das herz ist jung, und die Muse bleibt treu (str. 2). und so singen wir
dem Her. ein danklied, der sich durch seine taten die göttlichkeit, also
auch die ewige jugend, verdient hat (ant. 2).
Eur. spricht hier tief und wahr ein wesentliches stück der Herakles-
religion aus, und erst wenn man das στεφάνωμα μόχϑων oben und
dies lied von der ewigen jugend als lohn der tugend zusammennimmt,
versteht man beide recht, vgl. I s. 56. Pindar denkt sich Her. im
himmel mit Hebe vermählt, in ewigkeit die weisheit des weltenregiments
preisend, die nach den sauren wochen des erdenwallens die frohen feste
im himmelssale bereitet hat für den, der τᾶς εὐγενίας πλέον ὑπερέ-
Bailey ἀρετᾷ. die hochzeit mit der Jugend ist der eine mythische aus-
druck für den glauben an den himmlischen lohn für irdische mühen und
irdische tugend. aber auch das gegenstück existirt, dafs Herakles ds»
häfsliche Alter, das hier vom chore verwünscht wird, überwunden hat.
wir lesen freilich nirgend mehr, wie “Alter mit seinem schleichenden tritt
hat ihn gepackt mit der faust', der held aber des krummnasigen spitz-
kinnigen scheusals sich erwehrt hat. aber wir sehen es inschriftlich be-
zeugt auf einer attischen vase aus der zeit um 480 (Journal of Hell.
stud. IV t. 30. Löschcke Arch. Zeit. 1881, 40 Hauser Philolog. 52),
und man hat danach andere darstellungen verstehen gelernt, insbesondere
eine in Olympia gefundene bronzeplatte argivischer fabrik (Friederichs
Wolters Bausteine 341), in der litteratur ist dieser mythos freilich ganz
verschollen, und ohne die kunstwerke würde die schönheit dieses liedes
uns halb verborgen: sein, denn Eurip. vermeidet es auf den kampf mit
Geras oder die hochzeit mit Hebe direct hinzuweisen, weil er seine ge
danken emporhebt über die regionen, welche das ewige nur in mythischen
bildern zeigen; aber hier hat er in der tat einmal empfunden wie das
volk, das jene bilder geschaffen hatte, und ist der rechte kündiger des
gedankens geworden, der sich in jenem mythos verkörpert hatte.
Aber noch mehr. der chor huldigt dem Herakles; der graue sänger
bleibt sich treu (er weist ja auf seine ersten worte 110 durch die auf-
nahme des stichwortes zurück), und dazu hat ihm das alter noch nicht die
kraft genommen: das hält sich im rahmen des stückes und ist nicht mehr
als der chor im ersten liede des Agamemnon auch sagt, an das Eur. auch
hier, wie 110, gedacht hat. wenn er aber sagt, dafs beim schalle von
flöte und laute und bei Dionysos gaben er den Musen, die ihn zum
choreuten gemacht haben, noch nicht valet sage, so ist das innerhalb
Dritte gesangnummer. 149
des stückes nicht mehr verständlich, da ist es der attische bürgerchor,
der am Dionysosfeste zum klange der musik den reigen tritt. gerade wo
so ernste allgemeine worte fallen, wird die maske am ehesten fallen ge-
lassen. Sophokles redete auch in heiligem ernste zu seinem volke, als
er seinen chor aussprechen liefs “wenn die schlechtigkeit belohnt wird,
und die sittlichen begriffe sich verwirren, wie es im archidamischen kriege
begann, τέ δεῖ μὲ χορεύειν; dann hat auch dieser feierliche gottesdienst
keinen zweck mehr” O.T. 896. wir modernen sind darauf erpicht, im
theater immer in ängstlich gehüteter illusion gehalten zu werden, nicht
weil wir uns lieber und vollkommener in das reich der phantasie ent-
rücken lielsen, im gegenteil, wir tun das nie, sondern treiben ein spiel
des verstandes und stellen den poeten auf die probe, ob er die selbst-
gewählten voraussetzungen festhalten kann. davon: ist in Athen keine
spur. da sind sie bei der sache, nehmen die handlung als wahrheit und
vergessen die wirklichkeit nicht, dafs der chor ihr chor ist und das fest
ihrem gotte gehört. 8. Tr. 205 ist frohe botschaft gekommen. die
herrin heilst ihr gesinde in und vor dem hause jubeln. der chor, dem
die hälfte des befehles galt, wiederholt ihn umschreibend (205—15).
dann sagt er: “die flöte ist mir willkommen, die mich zum jubeltanze
zwingt” das ist die flöte des chorpfeifers, der auf der bühne steht: in
Trachis ist keiner. “sieh da, der epheu regt mich zu bakchischem reigen”:
das ist der kranz, den die attischen choreuten zum Dionysosfeste tragen:
in Trachis ist kein Dionysosfest. auch das Dionysoslied der Antigone
1115 ist nur so erklärlich, gerade Soph., bei dem beabsichtigte an-
spielungen seltener sind, geht hierin weiter als Eur. dafür geht dieser
hier mit dem gelübde, trotz dem alter Musen und Chariten zu dienen
und niemals der duovola zu verfallen, auch darüber noch hinaus;
dafür genügt nicht der gedanke an den attischen chor, der doch schliefs-
lich als greis immer noch eine maske trägt: das ist die ganz individuelle
empfindung des dichters, der uns in seine seele einmal einen blick ver-
stattet. und selbst das seltsame verlangen nach einem doppelten leben
gerade für den, der seine zeit nicht vergeudet hat, verliert von dem
geistig ringenden und strebenden manne, der die tyrannei der leiblich-
keit schwerer empfindet, ausgesprochen viel von seiner befremdlichkeit.
als G. Hermann 1843 sein jubiläum feierte, hat er den wunsch nach
einem doppelten leben fast genau so vorgetragen und motivirt, wie Eur.
es zwar nicht hier, aber in der parallelstelle Hik. 1084 tut: dafs man
eines zweiten lebens bedürfte um die fehler des ersten nach der reiferen
erfahrung wieder gut zu machen (brief bei Belger, Haupt als akadem.
150 Commentar.
lehrer 22). ohne frage ist also in diesen strophen eine individuelle
äulserung des tragikers anzuerkennen und als ein zuverlässiges zeugnis
für sein leben und seine gesinnung zu verwerten. vgl. L s. 132.
Die erste strophe schlägt wie im versmalse so im inhalt volkstüm-
Hche weisen an. jeder Athener kannte aus der schule die elegie des
Mimnermos (fgm. 5) öAsyoxgdvıovy γένεται ὥσπερ ὄναρ ἥβη τιμήεσσα᾽
τὸ δ᾽ ἀργαλέον καὶ ἄμορφον αὐτίχ᾽ ὑπὲρ χεφαλῆς γῆρας ὑπερχρέ-
μαται, ἐχϑρὸν ὁμῶς καὶ ἄτιμον, ὅ τ᾿ ἄγνωτον τιϑεῖ ἄνδρα, βλάπτει
δ᾽ ὀφθαλμοὺς καὶ νόον ἀμφιχυϑέν. wenn Mimnermos das alter über
dem haupte hängen lälst, so gibt ihm die sage vom steine über Tantalos’
haupt (Eur. Orest. 6 und da Porson) das bild ein. Eur. wählt dafür den
Aetna, der auf Typhoeus liegt. so ähnlich die bilder sind, so ist doch
ihr inhalt, ewig drohende gefahr und unerträgliche schwere, verschieden,
und da hier ein vom alter bereits belasteter redet, war die umformung
auch nötig. volkstümlich ist ferner die vergleichung des wertes mit
gold und Perserherrschaft; vgl. Ion 485 πλούτου πάρος βασελεχῶν
te ϑαλάμων. die stellung des Perserkönigs erschien den ὀλεγοτράτπεεζοι
Ἕλληνες als das höchste, nicht sowol an macht als an sinnlichem lebens-
genufse, und die eddaruovia des grofskönigs wird unzählige male erwähnt,
(vgl. 2. Ὁ. Platon Euthydem 274°, Lysis 211° u.s.w. Ζιαλέξ. oxerer. 212
Or, Demokrit bei Euseb. pr. ev. XIV 781°, besonders Aristoxenoe bei
Athen. XH 545 fig). in der form geht aber was hier und so oft ähn-
lich gesagt ist zurück auf den iambos, den Archilochos einem zimmer-
manne Charon in den mund gelegt hatte, οὔ uoı τὰ Γύγεω τοῦ πο-
λυχρύσου μέλει — μεγάλης δ᾽ οὐκ ἐρέω τυραννίδος. endlich ist
auch der fluch auf das Alter in der form den skolien verwandt, die
die Athener beim weine sangen und zum teil improvisirten, z. b. dem
des Timokreon ὥφελες δ᾽, ὦ τυφλὲ Πλοῦτε, μήτε γῇ μήτ᾽ ἐν ϑαλάσσῃ
μήτ᾽ ἐν οὐρανῷ φανῆμεν᾽ ἀλλὰ Τάρταρόν τε valsıy κἀχέροντα᾽
διὰ σὲ γὰρ πάντ᾽ ἐν ἀνθρώποις καχά.
638 νεότας steht hier, ἥἦβα folgt gleichbedeutend 646; es soll eben
jeder gedanke an die zu einer bestimmten person, zur tochter der Hera
u. 5. w. gewordene Hebe fern gehalten werden. ähnlich in einem wunder-
vollen epigramm aus Acharnai CIA II 2718 τοὺς ἀγαϑοὺς ἔστερξεν
“Ἄρης, ἐφίλησε δ᾽ Ἔπαινος καὶ Γήρᾳ Νεότης οὐ παρέδωχ᾽ ὑβρέσαι"
ὧν καὶ Γλαυχκιάδης Önlovs ἀπὸ πατρίδος εἴργων ἦλϑ᾽ ἐπὶ πάν-
Öextov Φερσεφόνης ϑάλαμον. Glaukiades ist etwa im korinthischen
kriege gefallen.
639 Dals Eur. von σχόπελοι des Aetna redet, zeigt, dals er keine vor-
vers 638---647. 151
stellung von dem aussehen eines vulcanes, geschweige des Aetna hatte.
er ist nie in Sicilien gewesen, und sein Kyklop, der am Aetna spielt,
entbehrt jedes localcolorites. wie wahr dagegen nennt aus eigener an-
schauung Pindar (Pyth. 1, 20) die χέων οὐρανέα, eben auch in verbindung
mit Typhoeus, der seinen druck empfindet, was auch hier zur nennung
des Aetna geführt hat. denn davon kann keine rede sein, dals er
exemplificatorisch für einen hohen berg überhaupt hätte genannt werden
können: diese inhalteleere verwendung geographischer namen, die die
römische poesie (um so ungenirter als sie auch die entsprechende geo-
graphische ignoranz zu entfalten pflegt) und auch schon die hellenistische
für einen schmuck hält, ist der classischen fremd. nur der Ida wird als
typus eines waldgebirges genannt Hipp. 1253 und Ino 411. Homer war
schon im 5. jahrhundert fundgrube des poetischen ausdrucks. Didymos
hat Ἴδη von jedem hohen berge (ἀπὸ τοῦ κατιδεῖν πάντα) verstanden,
schol. Homer / 475, Theokr. IIroA. 9, verführt durch solche stellen.
Soph. Tr. 119 bat freilich schon das πέλαγος Κρήσιον ganz wie Horaz
das mare Crelicum, wo die πολύφλοισβος ϑάλασσα 2. Ὁ. eben so viel
oder besser mehr bedeutet hätte. bei Eur. El. 1347 sind wir verpflichtet,
den πόντος Σικελός auf eine bestimmte flotte in jenen gewässern zu
beziehen. Theognis 672 redet der dichter in einer rätselrede von einer
fahrt durch den ήλιος πόντος : darin verbirgt sich etwas bestimmtes,
denn die melische see ist gar kein gewöhnlicher geographischer begriff.
Simonides fgm. 30 nennt in einem gleichnis das “ώτιον ἀνϑεμόεν
πεδέον : aber er dichtete vielfach in Thessalien; das ist also vielmehr
ganz individuell. wenn er nicht gar für einen Thessaler dichtet, so
berichtet er aus eigener anschauung, wie Dante so manche ganz beson-
ders schöne geographische gleichnisse hat. das berührt sich mit der
geographischen ἑστορέη, vgl. bd. 1' 31, von der die schwäne am Kaystros
im homerischen gleichnis B 461 schon eine probe sind.
641 σχοτεινόν steht praedicativ: was man mit stumpfer terminologie
proleptisch zu nennen pflegt.
642 ᾿“΄σσιῆτις : ionischer vocalismus wie 109.
645 μήτε, das ausnahmlos correlat ist, kann im zweiten gliede in der
poesie durch μή aufgenommen werden; μή μήτε aber ist unerhört. z. Ὁ.
Med. 1348 οὔτε λέχτρων ὀνήσομαι — οὐ παῖδας ἔξω προσειπεῖν.
647 χαλλίστα steht in der anapher mit verändertem versaccent.
Hekab. 165 ὦ κάκ᾽ ἐνεγχοῦσαι Τρῳάδες, ὦ κάχ᾽ ἐνεγκοῦσαι in
anapaesten. Bakch. 1242 μαχάριος γὰρ εἶ] μακάριος in iamben.
Herakl. 755 wie hier in glykoneen μέλλω τᾶς πατριωτέδος γᾶς,
102 Commentar.
μέλλω καὶ ὑπὲρ pliwv. die für Alexandriner und Römer anerkannte
tatsache solcher gesuchter klangwirkungen gilt auch für die ältere zeit.
649 Das neutrum Γῆρας ist als person männlich, ebenso wie Κράτος
im Prometheus, Ἔρεβος bei Hesiod, der bei seinem οὐλόμενον Γῆρας,
Theog. 225, gewils auch an etwas männliches gedacht hat. die dar-
stellungen des Γῆρας zeigen keine flügel, aber die beflügelung ist eine
nahe liegende vorstellung für wesen, die im himmel wohnen, und das
tut das Γῆρας (Aristoph. Vög. 606), und über alle welt hin wirken; 80
haben Ὕπνος und Φϑόνος, Alan und Νίκη flügel, Φροντίδες Theo-
gnis 729, und auch eine Ὁσία, die der dichter eben erfindet, erhält
sie, Bakch. 371 Ὁσία, ἃ κατὰ γᾶν χρυσέαν πτέρυγα φέρεις. hier
wird also zunächst das alter, das den chor drückt, von ihm weggewünscht,
χατὰ κυμάτων ἔρροι ist nur die formelhafte einkleidung. dann er
weitert sich das zu dem allgemeinen wunsche, dafs die verhalste gewalt
nimmer auf erden ihr wesen begonnen hätte. da sie einmal da ist, soll
sie bleiben, wo sie nicht schaden kann. die nächste strophe setzt den
verzicht auf diesen äulsersten wunsch voraus und macht einen besche-
deneren vorschlag.
Der φϑόνος ist für das greisenalter in doppelter weise bezeichnend,
einmal weil das alter dem gealterten alle lebensgenüsse misgünstig ent
zieht, zum andern, weil der greis die welt und zumal die anspruchs-
volle jugend misgünstig ansieht. der neunzigjährige Sophokles sagt
vom menschenleben OK 1231 τίς οὐ χαμάτων ἔνε; φόνοι στάσεις,
ἔρις μάχαι, καὶ φϑόνος, τό τε χατάμεμπτον ἐπιελέλογχε πύματον
ἀχρατὲς ἀπροσόμιλον γῆρας ἄφιλον" ἵνα πρόπαντα καχὰ κχαχῶνγ
ξυνοικεῖ. hier ist φϑονερόν in φόνεον verdorben, aber gerade blutige
gewalt ist dem Γῆρας nicht vorzuwerfen, und offenbar mufste hier etwas
stehen, was der greis an sich als einen erfolg des Γῆρας empfindet.
652 δώματα καὶ scoAsıc “familie und staat’, gewöhnliche zusammen-
fassung, wie in xoıyfj re χαὶ ἰδίᾳ in der prosa, z. Ὁ. Hipp. 486.
654 Die construction gibt die abhängigkeit von ὥφελεν auf, wei
dieser allgemeine wunsch nicht als irrational ausgesprochen werden soll
655 ξύνεσις hat zwar schon Pindar in dem gewöhnlichen sinne der
“vernunft” im gegensatze zur vis consili expers; bei A. 8. fehlt es. Eur.
aber liebt es und wendet es sehr besonders an, wie sein feind Ariste-
phanes wol bemerkt hat, der ihn zu dieser seiner göttin, der “Raison ,
beten läfst (Frö. 893). und es wirkt fast komisch, wenn Aischines, der
eine sehr lückenhafte bildung gern mit erborgten glänzenden lapper
verbrämt, am schlusse der kranzrede ὦ γῇ καὶ ἥλιε xal ἀρετὴ καὶ
vers 649662. 153
σεαιδεία καὶ σύνεσις ausruft. ξύγνεσις und sprache fehlen dem tiere,
Tro. 672, sie verlieh gott dem menschen, als er die welt ordnete, Hik.
203. sie möchten wir gern durch die ἐλπές zum schweigen bringen,
d. h. die vernunft durch den glauben, Hipp. 1105. sie wird schliefslich,
weil sie uns erkennen lehrt, was wir getan haben, geradezu zum ge-
wissen, Or. 396. sonst bedeutet das wort auch in der sophistenzeit nur
“verstand’. Herodot ὅστις γε σύνεσιν ἔχοι von dem “urteilsfähigen’
beobachter II 5 VH 49. Demokrit (der das wort öfter hat) bei Stob.
ecl. Π 31, 59 Wachsm. συνέσει xal ἐπιστήμῃ ὀρϑοπραγέων τις
ἀνδρεῖος ἅμα καὶ εὐθύγνωμος γίγνεται. da ist es “einsicht’, im gegen-
satz zum zwange; vernunft im gegensatz zum dunklen drange liegt aber
nabe. Hippokrates u. τέχνης 1 τὸ μέν τι τῶν μὴ εὑρημένων ἐξευ-
ρέσχειν ξυνέσιος ἐπιϑύμημα τε xal ἔργον. das ist nicht mehr als
“verständiges streben und unternehmen’; νόμος 2 ἑητρικῆς ξύνεσιν
ἁρμόζεσϑαι = ἰητριχὴν ξυνιέναι. π. ἱερῆς νοῦσου 19. 20 das gehirn
ist das ἑρμηνεῦον τὴν ξύνεσιν: dies ist ganz der euripideische gebrauch ;
aber das ist auch eine seltenheit. übrigens scheint das wort in den
bippokratischen schriften ein kennzeichen für den einflufs der sophistik
zu sein. die schrift sv. ἄρϑρων (III 149 K) bildet auch παραξύνεσις
= παραλογισμός. Thukyd. hat es oft und gesellt gern ἀρετὴ xal
ξύγεσις, “energie und intelligenz”. Dionysios Chalkus in seinen gri-
phosähnlichen versen sagt χατάϑεσθϑε τὴν ξύνεσιν παρ᾽ ἐμοὶ für προ-
σέχετέ μοι τὸν νοῦν (Athen. XV 6695). dabei bleibt es im wesentlichen.
659 ἀρετᾶς so gestellt, dals es zu den beiden sätzen gezogen werden
kann, zu denen es dem sinne nach gehört. — ausmalen darf man sich diesen
vorschlag zur weltverbesserung nicht, sonst gerät man in das absurde,
Eur. pflegt es auch sonst nicht besser zu gehn, wenn er seiner phantasie
gestattet, solche blasen zu werfen. z. b. Hipp. 616, wie sich die welt ohne
weiber fortpflanzen sollte, Hipp. 925, dafs es eine doppelte sprache geben
sollte. die beispiele von verjüngungen, welche die sage bot, wie Aison
oder Iolaos, oder eine redewendung wie die des Phoinix, / 445 “ich würde
dich nicht verlassen, οὐδ᾽ εἴ χεν μοι ὑποσταίη ϑεὸς αὐτὸς γῆρας
ἀποξύσας ϑήσειν νέον ἡβώοντα, haben ihn nicht bestimmt, sondern
die ganz abstracte speculation und eigene empfindung.
662 Der δέαυλος ist der lauf, bei welchem man am ziele des stadions
umkehrt und zum ausgangspunkte zurückläuft. vgl. 1102. A. Ag. 344,
die heimkehr von Troia ist für die Achaeer Jaregov διαύλου χῶλον.
Phokion sagt nach dem siege des Leosthenes χαλὸν τὸ στάδιον εἶναι"
δεδιέναι δὲ τοῦ πολέμου τὸν δίαυλον, Plutarch r. p. ger. praec. 6.
154 Commentar.
hier steht also δισσούς pleonastisch. denn es bedeutet viel häufiger
die zweizahl als die verdoppelung. — ἔβαν: zu 439.
664 [da ist die einzige form welche die tragödie kennt, denn an allen
stellen, wo {wa überliefert ist, gestattet, wie hier, das metrum die kürze
oder fordert sie gar.
667 Um das zutreffende einer vergleichung hervorzuheben, pflegt der
Athener ein 2009 ὅμοιον u. dgl. im singular oder plural vorauszuschicken.
musterbeispiel ὅμοιον ὥστε ποντίαις oldua οἷο. 8. Ant. 586.
668 ἀριϑμός für das abstraetum ἀρέϑμησις wie El. 1054 οὐδ᾽ εἰς
ἀριϑμὸν τῶν ἐμῶν ἥχει λόγων. Ps. Theokr. 25, 92 von den wolken
οὔτις ἀριϑμὸς ἐν ἠέρι γένετ᾽ ἰόντων οὐδ᾽ ἄνυσις, ἃ. h. οὐχ ἀνύομεν
ἀριϑμοῦντες. der schiffer fährt nach den sternen, ἐκ τῶν ἄστρων
ὁρέζεται τὸν πλοῦν. am bewölkten himmel aber hat er mühe und muß:
lange spähen, bis er die sieben sterne der bärin findet, es ist dem ein-
fachen bilde “danach könnte man sich richten, wie der schiffer nach den
sternen’ durch ἐν νεφέλαις ein zug anderer art beigefügt, um zugleich
zu bezeichnen, dafs die guten eine geringe minderzahl sind.
669 ὅρος bezeichnet auch hier zwar noch “grenzlinie’, nicht viel ander:
als fgm. 916, wo die βιοτὰ angeredet wird τὰ μὲν αὔξεις τὰ δ᾽ ἀπο-
φϑινύϑεις, κοὐκ ἔστιν ὅρος κείμενος οὐδεὶς εἰς ὅν τενα χρὴ τελέσαι
ϑνητοῖς, πλὴν ὅταν ἔλϑῃ — ϑανάτου τελευτή. aber es ist doch die
sokratische bedeutung der logischen definition fast erreicht. es könnte eben
auch χαρακτήρ stehen wie oben. das eben angeführte bruchstück erläutert
auch den sinn der folgenden worte und den gebrauch von αὔξει, das
nicht “vermehren’ in sinnlicher bedeutung ist, sondern, wie oft in der
poesie (z. b. IT. 412, S.O. T. 1094, in prosa sehr selten, “wegen de:
neides τὰ μὲν οὐχ αὔξουσιν οὐδὲ εὐλόγως (d.i. δι᾿ εὐλογίας 355)
μηνύουσιν", der sophist bei Iamblich protr. 20, 96, 9 Pist.) “extollere
verherrlichen. “gut und schlecht sind schwankende begriffe, denn die
moralischen vorstellungen sind dem wechsel unterworfen: nur in der
wertschätzung des geldes bleibt sich die menschentorheit consequent'.
der αἰών τις ist der βιοτά jenes bruchstückes auch nah verwandt.
denn αἰών, obwol mit als! verwandt und in ableitungen wie aları):
αἰώνιος, im späten gebrauche erst richtig ἐξ αἰῶνος εἰς αἰῶνα (& b.
Sext. adv. phys. I 62), dann ἐξ αἰώνων εἰς αἰῶνας, in der neu
platonischen terminologie (αἐὼν περὶ τὴν dldıoy φύσιν, χρόνος περὶ
τὸ γινόμενον χαὶ τόδε τὸ πᾶν Plotin Enn. ΤΠ 7 1') für die ewigkeit
1) Hymnos des Leydener zauberpapyrus p. 818 Dieterich τίς δ᾽ αἰὼν αἰῶνα
τρέφων aldcıw ἀνάσσει.
vers 664---669. 155
verwandt, ist zunächst nur aevum, von dem auch aeviternus stammt.
Aristoteles de caelo I 279" αἰὼν — ϑείως ἔφϑεγχται παρὰ τῶν
ἀρχαίων" τὸ γὰρ τέλος τὸ περιέχον τὸν τῆς ἑχάστου ζωῆς χρόνον,
οὗ μηϑὲν ἔξω κατὰ φύσιν, αἰὼν ἑχάστου κέχληται. κατὰ τὸν
αὐτὸν δὲ λόγον καὶ τὸ τοῦ παντὸς οὐρανοῦ τέλος καὶ τὸ τὸν πάντα
χρόνον καὶ τὴν ἀπειρέαν γτεριέχον τέλος αἰών ἐστιν. das zweite
wird hier durch die etymologie ὅ dei ὧν begründet; das erste ist die
seit Homer geläufige bedeutung, die jedoch nicht etwa die ursprüngliche ist,
denn lebenszeit ist αἰών nicht eigentlich, sondern erst in der häufigsten
relation zu einem lebendigen subject. es ist vielmehr die zeit relativ,
während χρόνος dieselbe absolut ist. der χρόνος hat gar keine relation und
kann sie nicht eingehen: Zag καὶ Χρόνος ἦσαν αἰεί, hat Pherekydes von
Syros seinen λόγος begonnen. man kann ihn sich ebenso, wie Heraklit tut
oder doch der Herakliteer Skythinos von Teos, ein geschlechtsgenosse des
dichters Anakreon (bei Stob. ecl. I 8,43), in der entgegengesetzten bewegung
vorstellen wie aller einzelwesen und dinge αἰῶνες. überaus schönes und
tiefes haben die philosophen und dichter von ihm ausgesagt; auch Eur.
im Her. aber der αἰών ist gar nichts für sich; die eintagsfliege hat ihn
und die krähe und die nymphe und gott: nur bei dem fällt er mit dem
Χρόνος zusammen. jeder einzelne mensch hat seinen, aber auch ein
volk, und so kann er eine ‘weltperiode’, eine “culturentwickelung” sein.
man kann sagen ὑπερβάλλειν τὸν αἰῶνα, etwa von Homer, εὐδοχεμῆσαι
πρὸς τὸν αἰῶνα von einem schauspieler, dem die nachwelt keine kränze
flicht, und von dem dichter, dessen wort klingt, so lange es verstanden
wird. αἰὼν παῖς ἐστι παίζων πεσσεύων, παιδὸς ἡ βασιλήη sagt
Herakleitos 79 um das regellose spiel des werdens und vergehens zu
schildern, das jeder moment des weltenlebens darzubieten scheint. hier
liegt das tiefsinnige nicht in der speculation, sondern in der sprache
selbst, der man nur nachdenken muß. gespielt hat mit dem gegensatze
Platon (Anth. Pal. IX 51) “ἰὼν πάντα φέρει" δόλιχος Χρόνος older
ἀμείβειν οὔνομα xal μορφὴν καὶ φύσιν ἠδὲ τύχην. dem Aion ver-
danken wir alles, was an uns individuell ist, namen und gestalt, alles
wofür wir requxauev, alles ὧν τυγχάνομεν. aber der δολιχοδρόμος
Χρόνος weils alles zu wandeln, τὴν ἐναντίην ὅὁδὸν πορευόμενος.
φέρειν sagt Platon wie Sappho ἕσπερε πάντα φέρεις. wenn also Vergil
(ecl. 9, 51) übersetzt omnia fert aetas, animum quoque, so hat er das gedicht
misverstanden, wie die welche es für witzlos erklären: aber dafs es ein
berühmtes gedicht war, bezeugt er auf jedem fall. verstanden hat auch
Eur. seine sprache ganz, denn er läfst Χρόνος nicht nur den vater der
186 Commentar.
tage sein Hik. 787, sondern auch des “ἐών Herakl. 897. und so redet
er hier von ἑλεσσόμενός τις αἰών, worin das indefinitum besonders
schön ist, unnachahmlich in jeder sprache, die den begriff der zeit nicht
so wie die griechische differenzürt hat, aber verständlich, sobald man
das relative in al&»y erkannt hat. am ähnlichsten redet noch Pindar
Isthm. 7, 14 δόλιος αἰὼν Er’ ἀνδράσε χρέμαται (dies bild, weil er
eben den stein des Tantalos erwähnt hat) ἑλέσσων βίου πόρον. “ein
tückischer aeon dreht der menschen leben und hat eben Theben ins leid,
Kleandros in die siegesfreude gebracht’. aber die ähnlichkeit ist nur
äufserlich.
674 Die Chariten unter die Musen mischen heifst zunächst nur ein
danklied singen, den ««aAAlvıxog. und Mnemosyne bedeutet zunächst
nur, dafs das alter den chor noch nicht vergelslich gemacht hat. aber
der oft schon im altertum angeführte spruch ist vom dichter darauf be-
rechnet im weitesten sinne gefalst zu werden: das zeigt 676. 7.
677 Die bekränzung ist für den Hellenen eigentlich immer ein zeichen
der weihung. die sitte ist dem epos fremd, hat aber schon von anfang
des 6. jahrhunderts das ganze leben durchdrungen und sollte dann auch
von Prometheus herrühren. geweiht ist 1) wer dem gotte wirklich ge-
hört: so trägt Prometheus den kranz von λύγος oder ἐλάα als erinne-
rung an die fesselung, und haben wir uns z. b. die delischen hierodulen
bekränzt zu denken. 2) wer träger göttlicher machtfülle ist: so der
beamte, das ἱερὸν τέλος, und für den civilbeamten ist der kranz das
einzige abzeichen. deshalb trägt auch der ϑεωρός einen kranz, der
vom gotte botschaft bringt, und auch der dichter hat deshalb den kranz
verdient, der ihm in der vorstellung der antike immer gehört hat. 3) kränzt
sich auch jeder mensch für den gottesdienst; so jetzt der attische chor,
der an den Dionysien tanzt, so die teilnehmer an dem symposion, das
ja mit gottesdienst, σπονδή, beginnt. auch der liebende, der seinem
mädchen einen kranz darbringt, huldigt dem göttlichen. die wollbinde,
στέμμα, darf mit dem στέφανος nicht verwechselt werden. sie trägt
der bittflehende, der immer durch seine not, oft durch blutschuld unrein
ist. sie trugen auch die kinder oben als totenschmuck:: den kranz setzt
man bekanntlich in der trauer selbst bei der heiligen handlung ab. —
eine reinigende bedeutung, wie Diels, Sibyll. Bl. 120 will, wohnt dem
kranze nicht inne, er ist vielmehr ein zeichen der reinheit seiner träger,
in so fern, als das geweihte rein ist.
681 τὰν Ἡρακλέους καλλίνικον ἀείδω. man erwartet τόν so gut
wie 180, weil der χαλλένιχος ein gebräuchlicher name ist und der
vers 674—683. 157
artikel dabei steht. allein der dichter hat es anders gemeint. der artikel
steht als ersatz für das nomen, welches aus dem verbum zu ergänzen ist,
ἀοιδή. (καλλένιχον ὠδάν El. 865) Soph. El. 1075 τὸν ἀεὶ πατρὸς
στενάχουσα, Ar. Frö. 191 νεναυμάχηχε τὴν περὶ τῶν χρεῶν. Aisch.
Ag. 1640 ζεύξω βαρείαις (ζεύγλαιες). Plat. vou. 5, 734° τῇ τῶν ἡδονῶν
ἑχάτερος ἑχάτερον ὑπερβάλλων. Theokrit. Adwv. 95 μή usv κενεὰν
ἀπομάξῃς, schol. μή μὸὲε xevdv τὸ μέτρον ἀποψήσῃς. Aristoph.
Thesm. 86 χαὲ δικαίαν ἂν πάϑοις, Wesp. 1231 ἑτέραν ἄσομαι, beides
jetzt, wie so vieles, von dem stumpfen messer der conjectur beseitigt.
Pindar N. 6, 42 Borava νιν λέοντος νικάσαντ᾽ ἤρεφε δασχίοις (so
zu schreiben und zu verstehen). schon in manchen der angeführten stellen
ist die im griechischen sehr weit gehende verwendung des femininums für
unbestimmte abstracta vielleicht besser zu statuiren, die meist schlecht
und unzureichend auf eine ellipse von ὅδός zurückgeführt wird. z. b.
Plat. Euthyd. 273° ἄλλην καὶ ἄλλην ἀποβλέποντες εἰς ἡμᾶς. Ar.
Ritt. 121 ἑτέραν ἔγχεον. Plat. νόμ. 5, 727 δευτέραν παρακελεύομαι.
A. Eum. 638 ταύτην τοιαύτην εἶπον. Choeph. 640 διανταέαν οὐτᾷ.
Ag. 219 πνέων τροπαέαν (wo πνοήν falsch sein würde; nur σερεῦμα
hat den geforderten sinn). Hesiod Theog. 972 Plutos elo’ ἐπὶ γῆν re
καὶ εὐρέα νῶτα ϑαλάσσης πᾶσαν (wo ὅδόν falsch sein würde: es ist
ja das ziel im accusativ bezeichnet, πάντοσε). auch im plural Plat.
polit. 272 τῷ ῥηϑέντι κατὰ πρώτας, Theogn. 492 πολλὰς πίνων,
Ar. Ekkl. 886 ἐρήμας τρυγήσειν u.dgl.m. hinzutreten wirkliche ellipsen
der umgangssprache, ἡ γεχῶσα (γνώμη) Xen. Anab. 6, 2,12. τὴν μείζον᾽
ἥτουν (φιάλην) Sophilos der Komiker bei Athen. X 431", es ist eine
specialuntersuchung wert.
683 Βρόμιος ist bei Eur. wirklich name und zwar der häufigste name
des gottes, nicht mehr ein adjectiv, das ihm nur besonders zukäme,
was es ursprünglich gewesen ist. Bodum: νύμφαι = al περὶ τὸν
Διόνυσον xogevovoaı in dem attischen skolion 5. βρομία Χάρις
neben den chören und der Ποῦσα βαρύβρομος αὐλῶν bezeichnet bei
Aristophanes (Wolk. 311) die Dionysien, wie Ζ“εωνύσου Χάριτες σὺν
Bonlare 4ιϑυράμβῳ den korinthischen dithyrambos bei Pindar (Ol.
13,18). ein solches epitheton statt des unbequemen .Ζεόνυσος zu wählen
veranlalste das iambische mals. zuerst hat es Aischylos (Eum. 24) einmal
gesagt. βέχχος kommt als eigenname nur vereinzelt vor; lieber βάχχεος
βαχχεύς βαχχεώτας. und erst in den letzten dramen des Eur. ist die
adjectivische bedeutung verflüchtigt. dann hat es in immer steigendem
malse βρόμιος verdrängt.
158 Commentar.
685 Alßvc heifst die flöte gewöhnlich, weil sie aus λωτός ist, v. 11.
686 χορεύειν ist eigentlich “tänzer sein’, und kann deshalb als object
den oder das erhalten, welchem der tanz gilt, einen gott S. Ant. 1153,
γάμους E.I A. 1057, und ein passiv bilden gleich χορῷ τιμᾶσϑαι S.OT.
1094. aber hier und 871 und 879 im passiv bedeutet es "zum tänzer
machen’. das ist sonst ohne beispiel, denn ἐξεχορεύσατο Hel. 381 ist
unverständlich; aber ein analogon ist βαχχεύειν, eigentlich ein Aaxxoc
sein, und so 898, aber auch zum βάχχος machen 966. beides auch
sonst häufig.
687 Über die delischen hierodulen vgl. Is. 140. wie dem ᾿“πόλλων
der paean gesungen wird als dem unheilsabwender zum gedächtnis an die
überwindung der schlange von Pytho, so dem Ἡρακλῆς ἀλεξίκακος
wegen der vertilgung der ungeheuer: beide sind die begründer der ge-
sittung. — sie tanzen vor dem tempel, wie natürlich, weil dort der altar
steht und platz ist; dem entspricht der tanzplatz des chores vor dem
hause des Her. so schützt auch der parallelismus ἐπεὶ. σοῖς μελάϑροις
die überlieferung ἀμφὶ πύλας. --- Ankıades ist hier und Hek. 402 Ion
167 mit n überliefert, die jüngere ableitung ward eben nicht in den
alten vocalismus zurückübersetzt, der in folge der alten ]yrischen lieder,
die Delos feierten, in 4ἅλος und Ζ2άλεος bei Pindar Sophokles Euri-
pides (Ion 919) bewahrt ist, auch in boeotischen namen Ζαλέων u. dgl,
und sicher stellt, dals die herleitung des namens von δῆλος nicht nur
falsch, sondern jung ist, denn in δῆλος ist das ἡ nicht aus a entstanden;
dieses wort scheint allerdings den sprachen des festlandes aufser Athen
zu fehlen und erst durch die ionische litteratur verbreitet zu sein.
689 εὔπαις γόνος mit abundirendem zweitem bestandteil des adjectivs.
ebenso I. T. 1234. das ist der poesie ganz geläufig. χαλλέπαις Fed (die
Κόρη), Or. 964, καλλέπαις Φαῖδρος Plat. Phaidr. 261, μονόπαες κόρος
Alk. 906. εὐπάρϑενος Algxa Bakch. 520, μεγακήτης δελφίς ® 22
ist anders und seltener: das ist “die schöne jungfrau Dirka’ μεγαλο-
πόλιες ᾿ϑᾶναι Pind. P. 7,1 die große stadt Athen’ u.s.w. also
ähnlicher dem folgenden εἑλέσσουσαι καλλίχοροι “in schönem reigen
sich drehen’, χοραγὲ δελφίνων xallıydewv Hel. 1454.
690 Ob der accusativ τὸν «Ζατοῦς γόνον zunächst mit παεᾶνα ὑμνοῦσι
oder mit eiAlooovoaı zu verbinden sei, zwischen welchen worten er
steht, ist nicht zu sagen, da er mit beiden verbunden werden kann, in-
dem sie die construction eines χορείᾳ τιμᾶν übernehmen. IA. 1468
ἐπευφημήσατε παιᾶνα ... Jıös κόρην. 1480 ἑλέσσετ᾽ ἀμφὲ ναὸν
Aoreuw. ἑλίσσω ist, wie Aristophanes auch nicht verfehlt hat in
vers 685---606. 159
seinen ien aufzustechen, ein lieblingswort des Eur. er braucht es
transitiv ‘im kreise herumbewegen’ 926 und dazu das passiv 671, und
intransitiv, I T. 1145 IA. 1480.
692 γέρων ἀοιδὸς nimmt zunächst dasselbe wort aus der strophe auf.
durch den klang, den hier der rhythmus mächtig ins ohr fallen läfst, die
responsion des versmalses und des gedankens hervorzuheben ist ein allen
dichtern umfänglicher respondirender gedichte wolbekanntes und nur
von denen die blofs mit den augen lesen oft übersehenes kunstmittel.
hier aber ist der γέρων ἀοιδός das stichwort, welches zugleich auf die
parodos zurückweist. denn dort war der schwan nur ein bild des greisen-
alters, an dessen farbe wieder erinnert wird: hier in verbindung mit
Apollon und Delos ist er zugleich der geweihte sänger des gottes, den
er bei seiner geburt in Delos einst begrülst hat (Kallim. hymn. 4, 249)
und bei jeder epiphanie von neuem begrülst. und ein bedeutsames licht
fallt auch auf das vorige grolse lied zurück. das war ein Alvoc, dies ist ein
paean. jene klagende weise tönt zwar auch ἐπ᾿ εὐτυχεῖ μολττᾷ: alkıvov
atlıyov eine‘ τὸ δ᾽ εὖ νιχάτω. jetzt triumphiren wir: τὸ γὰρ εὖ
τοῖς ὕμνοισιν ὑπάρχει, d.h. τὸ εὖ ὑπόκειταε τῷ παιᾶνι. dort be-
zweifelten wir die vaterschaft des Zeus: jetzt ist sie sicher; und doch
steht die ἀρετή noch höher als sie.
693 πολιᾶν ἐκ γενύων ist so gestellt, dals man schwanken mag, ob
die kehle des schwanes oder greises gemeint ist. die erste ist im farb-
sinne grau, die andere metaphorisch als die eines greises, vgl. 450. 1209,
Dioskorides Anth. Pal. IX 568 πολιᾶς ἔργα χερός"). es ist also für die
kehle des greises, an die man zunächst denken muls, weil sie jetzt
κελαδεῖ, ein beiwort gewählt, das die vergleichung mit dem schwane
rechtfertigt.
696 πλέον ὑπερβάλλει ὅ Ἡραχλῆς τῇ ἀρετῇ ἢ τῇ κατὰ τὸ γένος
ὑπερβολῇ, Aıös @v. der artikel vor δὐγενέα hat stark demonstrativische
bedeutung: sonst würde er zumal im liede nicht stehen. der genetiv
neben dem comparativ ist völlig correct, da dem dativ ἀρετᾷ der dativ
ἢ τᾷ εὐγενίᾳ entsprechen würde. der sinn aber fordert gebieterisch, dafs
der vorzug, welchen dem Her. seine eigene tüchtigkeit gibt, dem nunmehr
auch dem zweifel entrückten vorzuge der geburt entgegengestellt wird.
1) Bei Pindar Pyth. 4, 98 ist πολεὰ γαστήρ gegensatz zu pasdsnos: sordida
mater. der adelsstolze Aegide schrickt nicht vor dem häfslichen zurück. Alkaios
42 stellt sein πολιὸν στῆϑος neben die πολλὰ παϑοῦσα xegald. er hätte die epitheta
vertauschen können; aber hier liegt keine künstelei vor (zu 883), sondern er hatte
auf der brust so gut graue hare wie auf dem kopfe.
160 Commentar.
698 ἀκύμων hier wie γαληνός == ἥμερος ; die metapher wird kaum
gefühlt. später in philosophischer rede häufig; aber ‘ruhig von den
stürmen der leidenschaften’, wie auch eödıog und γαληνός mit ab-
leitungen gern gebraucht werden.
700 Das zweite participium steht appositionell zu dem ersten, welches
es erläutert,
Vierter auftritt 701—34.
Die vollziehung der strafe an Lykos hat für den dichter und hörer
geringes interesse; der mensch ist gleichgiltig, und dafs Her. mit ihm
ohne mühe fertig werden wird, ist selbstverständlich. darum tut der
dichter diese sache kurz ab. nur die schlechtigkeit des tyrannen wird
noch kurz gezeichnet, damit auch der mattherzige nicht zum mitleid ver-
führt werde, obwol die Hellenen von dieser modernen schwäche sehr
frei sind. wesentlich ist dagegen, dals die gerechtigkeit, die theodicee,
gebührend an diesem exempel hervorgehoben werde, nicht an sich, son-
dern als contrast zu dem folgenden. der reflex der tatsache, nicht sie
selbst hat wert: da das im liede sich besser tun liels, ist der dialog nur
eine brücke von dem vorigen liede zu dem grofsen folgenden. die
dramaturgie ist völlig frei bei Eur.: Aischylos, der sich an die Zsre«-
σόδια, die regel dals eine neue person kommen muls, bindet, hätte so
nicht dichten können. als Euripides später den älteren Lykos, Dirkes
gatten, durch die Zeussöhne überwältigen liels, ist er auf diese scene
zurückgekommen, hat auch den tyrannen vergeblich die Kadıneer um
hilfe rufen und den chor dazwischen einige dochmische betrachtungen
ähnlichen inhalts singen lassen, hastig und wenig erfreulich. dort
geht aber alles, trotzdem vier schauspieler nötig sind (wenn auch einer
der zwillinge schweigt) auf der bühne vor sich.
701 Man ist nicht berechtigt χατὰ τὸ σιωπώμενον anzunehmen, dals
Amph. im hause aufgepalst habe, bis er Lykos kommen sähe, und nun
hervortrete um den tyrannen zu überlisten. diese motivirung hätte aller-
dings für Eur. parat gelegen, aber er würde es gesagt haben, wenn er
gebrauch von ihr machen wollte. - in wahrheit erscheint Lykos erst jetzt,
kommt Amph. jetzt heraus εἰς καιρόν für den fortgang der handlung,
für das drama. es gehört zum stile des griechischen schauspiels, die
motivirung des gleichgültigen zu verschmähen, und zum wesen des antiken
publicums, adiaphora als solche hinzunehmen und sich bei ihnen nicht
aufzuhalten.
705 φαίνεσθαι aus der umgangsprache. πόϑεν ὦ Σώχρατες φαίνῃ
vers 698---713. 161
fängt Platons Protagoras an. bei Eur. noch Bakch. 646 Ph. 1747. er
sagt auch in kühner neubildung φαντάξεσϑαι dafür Andr. 876.
Phoen. 93.
706 “laßse sie erscheinen auf grund des vertrages, durch den ihr euch
zu stellen versprochen habt’. also ganz logisch ἐπεὶ τῷ οὕτως ὕπο-
στῆναι ὑμᾶς. Lysias 23, 10 ἐφ᾽ οἷς ἐξηγγυήϑη, οὔτε ἀδελφὸς —
ἦλθεν. d.i. ἐπὶ τῷ ἀδελφὸν παρέσεσθαι ἐξηγγυήϑη᾽ οὐ μὴν ἦλϑεν
οὐδείς.
107 ὕβριν ὑβρίζειν gehört zu den ganz wenigen formeln, in welchen
ein verbum das nomen desselben stammes lediglich zur steigerung des
begriffes zu sich nimmt. nur uavlag μαένῃ und λῆρον ληρεῖς ist gleicher
art, gehört aber dem gemeinen leben, der komödie, an. aus derselben
sphäre hat Eur. diese wendung genommen, die er allein, aber öfter, an-
wendet. die ganze gruppe von spracherscheinungen, die nach dem vor-
gange später grammatiker als figura etymologica unpassend bezeichnet
wird, ist in erschöpfender weise mit musterhafter methode erläutert von
Lobeck paralipom. 500 fig.
709 σπουδὴν ἔχειν = σπεύδειν, daher sowol adverbium μετρέως
wie object & dabei. eben so steht gleich ἀνάγχην προστιϑεῖς ϑανεῖν
construirt wie ἀναγκάζεις.
710 Amph. hat die überlegene ruhe, die ihm verstattet mit den worten
zu spielen. in dvayxıny προστιϑεῖς ist ἀνάγχῃ Zwang, in στέργειν
dyayın ist es notwendigkeit, aber durch das wortspiel wird dies letztere
zu einem oxymoron. dann macht er eine pause, und spricht kurz die
bereitwilligkeit aus, dals so zu recitiren ist, zeigt die adversative partikel;
denn wäre auch dies noch nachsatz zu dem satze mit Zrrei, so könnte
nur die copula stehn. die leise nuance erhöht aber das ethos.
713 ὡς εἰχάσαι == κατὰ τὸ εἰχός. die wendung ist dem Eur. ge-
läufig und hat in der rede des 5. jahrhunderts zahlreiche, in der des 4.
einzelne analogien. ausgedehnt ist der gebrauch zumal in der ionischen
prosa des Herodot. ὡς ist darin keinesweges final zu fassen, wie die
deutschen leicht wähnen (“um zu vermuten”), denn es kann auch fehlen,
z.b.8.OT. 82 ἀλλ᾽ εἰχάσαε μὲν ἡδύς, oft ἐμοὶ doxeiv. es steht also
ganz wie neben praepositionen, vgl. 1416, und auch hier erscheint einzeln
ὅσον. erklärt wird der absolute gebrauch des infin. lediglich dadurch,
dafs er das verbum zu einem nomen macht, das indeclinabel ist und für
alle casus eintritt, selbst den genetiv, πόϑῳ Javeiv Andr. 824 ganz
gleich Javarov. so hier für den locativ. neben &uol δοχεῖν steht ἐμῇ
δόξῃ; der gegensatz von ἔπος εἰπεῖν kann oft τῷ ὄντε sein.
v. Wilamowitz II. 11
162 Commentar.
714 Amph. mufs etwas erfinden er redet langsam und mit doppelter
reserve, δοχῶ, εἰχάσαι, das ärgert den tyrannen, der ihn anfährt ‘zive
δόξαν τεχμαίρῃ; was sind das für umschweife?” überliefert ist δόξης
τῆσδ᾽ ἔχεις τεχμήριον. aber da noch gar keine δόξα geäulsert ist, so
ist das leer, und der grad der probabilität ist für Lykos gleichgiltig.
716 “ἀλλ᾽ οὐδὲν περανεῖ, εἴπερ σῴζεσθαι δοκεῖ δεὰ τῆς ἕχε-
τηρέας".
717 καὶ τὸν Ἡρακλέα ἀναχαλεῖ, ἀλλὰ μάταιον τοῦτο ὀρϑῶς λέγεις"
τέϑνηχε γάρ. nur die partikel so an der rechten stelle gesetzt gibt den
versen die weitere bedeutung, welche die paraphrase angibt.
718 Noch einmal stellt sich die ganze vertrauensseligkeit des Lykos
dar, die durch die antwort des Amph., gerade weil sie bedingt ist, wächst:
denn an die realisirbarkeit dieser bedingung glaubt der gottesleugner nicht.
720 Vgl. zu 335.
122 ἐνθύμειος bedeutet mehr als was die etymologie gibt ὅτε ἐν ϑυμῷ
ἐστιν, während das verbum ἐνθυμεῖσθαι fast immer nur so viel besagt,
und davon der rhetorische terminus ἐνθύμημα fortgebildet ist. das woran
man immer denken muls wird zur ‘sorge’. so zuerst in einem der jüngsten
schicht angehörigen Homerverse » 421, den spätere nachahmen. Eur.
Ion 1347 ἐνθύμιόν μοι τίϑησιν ὅ ϑεός “er bindet mir auf die seele’,
“legt die verantwortung auf mich’. Soph. Tr. 109 ἐνθυμίοις ἀνανδρώ-
τοις εὐναῖς τρύχεσϑαι. "sich in sorge um den gatten verzehren, der
auf dem bette fehlt’. aber ganz besonders wenden die Athener des ὅ. jahr-
hunderts, die δεισιδαιμονέστατοι τῶν Ἑλλήνων, das wort für das an
was religionem habet, was gewissensscrupel macht. Soph. Ο. T. 739, der
auch ἐνθύμημα so zu setzen wagt O.K. 292, 1199. Thuk. 7, 50, der
auch ἐγθυμία bildet 5, 16 und gar ἐνθυμεῖσθαι so verwendet 5, 32,
Antiphon tetr.Iy’ 10,11 α΄ 2. von Ioniern hat es Herodot 8, 54 ; Demokrit
(Stob. 46, 44) im selben sinne ἐγκάρδιον, wo καρδία in dem archaischen
sinne steht, über den zu 853. dann schwindet das wort mit der frömmig-
keit und hält sich nur im aberglauben (bleiplättchen von Knidos Gött. Dial.
Inschr. 3541 ἐνθύμιον ἔστω ΖΦάματρος καὶ Κόρας), oder archaisten
greifen, zum teil misverständlich, darauf zurück.
723 Die aufklärung rühmt sich den menschen von den δεέματα, den
wahnvorstellungen einer vergeltung, frei zu machen. so kämpfen die Epi-
kureer später gegen die φόβοι τῆς διανοίας, Lucrez gegen die terrores
religionis. Lykos ist darüber erhaben. zum ausdruck z. Ὁ. Timon von
Phleius 5, die Eleaten sind πολλῶν φαντασμῶν μὲν ἄνω, παύρων γε
μὲν εἴσω.
vers 714---799. 168
725 Mit dem tode der praetendenten kann sich der tyrann sicher fühlen.
Tro. 1264 sagt Talthybios “Troia muß verbrannt werden, ὡς ἂν — orel-
λώμεϑ᾽ οἴκαδ᾽ ἄσμενοι. Lykos ‘sieht’ in dem morde σχολὴν πόνων,
wie Euadne gegenüber der leiche ihres gatten, ὁρῶ τελευτάν Hik. 1012.
man kann geneigt sein, statt des coni. praes. den coni. aor. zu erwarten,
und es würde allerdings wol Ydwus» eher als ὁρῶμεν stehen: aber λεύσσω
hat nur den praesensstamm, dessen functionen deshalb erweitert werden
müssen.
726 Amph. sagt diese worte nicht mehr zu Lykos, der sich auf die tür
zu bewegt, aber doch noch in hörweite ist, so dafs die drohung auch
eine allgemeine deutung auf göttliches strafgericht zulassen muls. erst
wo er den chor anredet, kann Amph. unverblümt sprechen.
728 ἐς καλόν familiäre redeweise. Xenoph. Symp. 1, 4 εἰς καλόν γ᾽
ὑμῖν συντετύχηκα, auch bei Soph. Ο. Τ. 78. ähnlich ἐν χαλῷ. — in
βρόχοισι γενήσεται ist nicht sowol der locativ an sich anstölsig, als
dafs er scheinbar auf die frage wohin steht. aber nur scheinbar; wir
mögen übersetzen “er wird in das netz gelangen’, der Grieche sagt “er
wird sich im netze befinden’. ebenso Hipp. 732 ὑπὸ χκευϑμῶσι γενοί-
μαν. LT. 989 τὸ πρόϑυμον ἔχω Aoysı γενέσϑαι.
729 Die gewöhnliche jagd ist mit stellnetzen, in welche das wild von
den hunden getrieben wird. die daher genommene metapher ist so ge-
wöhnlich geworden, dafs man von einem listigen mordanschlage den eigent-
lich widersinnigen ausdruck wagen kann “in die schlingen des schwertes
getrieben werden‘. ἄρχυς ξίφους Med. 1278. man soll solche ver-
mischungen nicht loben, und tut gut sich selbst ihrer zu enthalten. heut
zu tage corrigiren sie die heraus, die sich selbst nicht scheuen etwa von
“einer quelle’ zu reden, die man “herausschälen muls’, auf die man sich
dann aber 'felsenfest verlassen kann’. ob Eur. in diesen fällen bewulst
ein bild misbraucht hat, steht dahin. aber es fehlen nicht beispiele, wo
nur in einem zuge ein bild angedeutet ist, weil für den, dem die sprache
lebendig ist, nicht mehr von nöten ist. Or. 68 ἐπ᾽ ἀσϑενοῦς ῥώμης
ὀχούμεϑα, das bild ist ἐπ᾿ ἀγκύρας ὀχεῖσθαι, für den anker tritt das
eigentliche wort ein. daraus macht man dorf, als ob es bei dem, worauf
man leicht umkippt, auf stärke und schwäche ankäme. 1. T. 1396 πρὸς
κῦμα λακτίζοντες. jetzt wie zu Eur. zeit kann jeder schulknabe sehen,
dafs λαχτίζειν um des sprüchworts πρὸς κέντρα Aaxrileıy gesetzt ist,
weil ‘wider die wogen mit den fülsen ausschlagen’ nichts ist; loben will
ich den dichter nicht, der das bild aufgriff, weil die ruderschläge wider
die strömung nicht helfen: aber ohne die bildermischung wird der aus-
11*
164 Commentar.
druck leer, und wenn x&yroa statt χῦμα überliefert wäre, mülste man
ändern. Kratinos Πυτίν. 7 Mein. εἰ μὴ γὰρ ἐπιβύσει τις αὐτοῦ
τὸ στόμα, ἅπαντα ταῦτα χκαταχλύσει ποιήμασιν. wenn es nicht ge-
dichte sind, die das theater überschwemmen (wie vorher vom £rrör
deüua die rede war), sondern etwa τοῖς δεύμασι für ποιήμασι gesetzt
wird, so wird der alte Kratinos etwa der wassertragende besen des Zauber-
lehrlings, nicht der in der liebe zu seiner alten flamme ἄωμῳ δέα verse-
sprudelnde poet: nur die mischung des bildes mit dem verglichenen
macht den vers verständlich. Ar. Ekkl. 107 τῆς πόλεως τὰ πραγ-
ματα παραλαβεῖν. freilich nimmt man eigentlich nicht die geschäfte,
sondern die zügel in die hand, aber dals Ar. nicht geredet haben soll,
wie wir alle tun, ist doch eine starke zumutung. Eur. Hik. 520 ἄνω
ἂν δέοι τὰ πράγματα, freilich flielsen die verhältnisse nicht bergauf,
sondern kehren sich um, aber das sprüchwort heifst ἄγω srorauol, und
das wird mit einem worte gut genug bezeichnet. wie das nackte sprüch-
wort in dieser form passen sollte, “wenn man uns befehlen wird, dann
möchte wol der fluß zu berge rinnen”, kann keiner sagen. νάματα
aber für πράγματα ist ein starker verstols wider den sprachgebrauch
vgl. zu 625. man mag die dichter tadeln, aber das concept ihnen zu
corrigiren ist ein übles unterfangen. es hat sogar weise leute gegeben,
die in Lessings vers “der großse mann braucht überall viel schatten’
‘baum’ für ‘mann’ conjicirt haben.
730 τοὺς πέλας hier nichts als ‘andere’ vgl. zu 194.
Vierte Gesangnummer. 785—815.
Die drei aufeinander folgenden strophenpare sind ein jedes in sich
selbständig, aber unter einander ohne zusammenhang. es war das not-
wendig, weil das lied nicht einen ruhepunkt bezeichnet, wie die beiden
vorigen, sondern in der ersten strophe das geschehen einer haupthandlung
begleitet, in den beiden folgenden die durch dieses erlebnis angeregten
stimmungen, und zwar nach zwei verschiedenen seiten zum ausdruck
bringt. das erste strophenpar besteht aus je zwei dochmischen perioden,
die der chor singt, und iambischen trimetern, die der chorführer spricht,
wozu’ in der antistrophe noch die wehrufe des Lykos treten. der wechsel
der vortragsart fällt mit dem personenwechsel zusammen, und die an-
rede des ganzen chores 747. 760 ist unverkennbar, so dafs die störungen
der überlieferung sich leicht entfernen lassen. dals rufe aus dem innern
des hauses in eine respondirende partie so eintreten, dals sie für die
responsion nicht vorhanden sind, ist nicht gewöhnlich, aber an sich ver-
vers 730. vierte gesangnummer. 165
ständlich; ein ganz analoges beispiel gibt die Elektra des Sophokles,
1400—21, wenn man die überlieferung befolgt').
Die erste dochmische periode (735—39 = 75053) zeigt zunächst
vier dochmien, dann nach einem hiatus (738) zwei unverkennbare doch-
mien mit einem iambischen worte davor. die ersten vier gibt die über-
lieferung als monometer; die worte erlauben dies, erlauben aber auch
synaphie. die responsion ist auch in den indifferenten sylben vollkommen.
da die dochmien sonst sehr frei respondiren dürfen und meist nicht χατὰ
μέτρον abgesetzt sind (wie anapaeste, bakcheen und zum teil paeone und
ioniker), so ist die versabteilung, wie sie überliefert ist, zu billigen: die über-
lieferung selbst kann allerdings nach keiner seite eine wirksame instanz
sein. auch der vor den beiden dochmien des schlusses stehende iambus
kann abgesondert werden, zumal er in der strophe durch eine interjection
gebildet ist’). tun wir das, so haben wir auf eine metrische benennung
dieses gliedes zu verzichten, denn wir können solche par vereinzelte sylben
nicht in ein metrisches schema pressen, zumal sie in den verschiedensten
liedern erscheinen. im grunde wird aber das verhältnis auch nicht viel
anders, wenn wir die worte mit dem folgenden dochmius vereinen. wir
erkennen damit nur ein beispiel einer erscheinung mehr an, welche in
den dochmischen liedern besonders häufig ist, aber auch in anderen nicht
selten, z. b. in daktyloepitriten, ionikern, glykoneen; doch nie in iamben,
trochaeen, anapaesten. empirisch stellt sie sich so dar, dafs vor einer
summe vollständiger metra einer gattung eine anzahl sylben stehen, welche
an metrischen einheiten die grölse eines metrons der folgenden art nicht
erreichen. so hebt also ein dochmisches gedicht oder eine dochmische
periode sehr oft mit --ο- an oder auch mit vier kürzen oder mit zwei
sylben, spondeus oder iambus, oder gar mit einer länge'). verstehen kann
1) Nur 1412 sind die worte οὐϑ᾽ ὁ γεννήσας πατήρ zu streichen, und es ist
abzuteilen HA. ἀλλ᾽ οὐκ ἐκ σέϑεν
ῳκτίρεϑ᾽ οὗτος ΧΟ. ὦ πόλες, ὦ γενεά
τάλαινα, νῦν σε μοῖρα καϑαμερέα
φϑίνεε φϑένει
und so in der antistrophe. die versformen finden sich zu der fünften nummer erläutert.
2) Um dieses wortendes willen scheint die oben gegebne erklärung richtiger
als die sylben „-u—-—u-u-—u-— als 2 iamb. 4 δ zu fassen. die hoffnung muls
doch jeder, der sich an den texten selbst in die metrik hineinarbeitet, als illusorisch
lahren lassen, dafs wir für jeden concreten fall eine erklärung als die einzig mög-
liche erweisen könnten.
3) -u]| v-—v- ist ein unding, denn kein glied kann auf eine kürze ausgehen,
da die schlufssylbe indifferent ist, und der zusammenstols von metrisch unbetontem
166 Commenter.
man die erscheinung nur als ein analogon der katalexe. das erste metron
der reihe ist unvollständig; wer will kann sich ja die pause bezeichnen,
obgleich das ein sehr äußerliches veranschaulichungsmittel ist und nicht
immer sicher durchgeführt werden kann. denn es gehört in die musik,
die wir nun einmal nicht besitzen.
Die zweite dochmische periode ist in der überlieferung von strophe
und antistrophe so zerrüttet, dafs sich nicht mehr sagen läfst, als dafs es
dochmien waren, ungewils wie viele und in welcher form. nur scheint
es, als ob sie mit dem vorschlag einer sylbe, wie es eben bezeichnet ist,
anhoben.
Die zweite strophe ist iambisch und eins der vollendetsten stücke,
die Euripides in diesem, ihm sehr lieben, malse verfalst hat. denn die
responsion ist nicht blofs in dem sylbenwerte, sondern auch in den wort-
schlüssen, in den gedanken und in der klangwirkung durchgeführt. dabei
ist das versmals von durchsichtigster einfachheit, 5., 6., 3, 3, 8., ἃ, i. kata-
lektischer pentameter, katalektischer hexameter und drei trimeter, der letzte
katalektisch. die drei trimeter halten den iambischen rhythmus rein ; nur in
dem vorletzten metron ist die anlautende senkung unterdrückt, wie das
an dieser stelle in den tragischen liedern ganz besonders beliebt ist. die
indifferenten sylben sind fast durchgehends kurz, die auflösungen stehen
zwar nicht an derselben stelle, aber sie sind an zahl gleich und fallen
gleich ins ohr. in den beiden ersten versen sind die einzelnen metra so
wie es in anapaesten und bakcheen die regel ist durch wortschlufs ge-
sondert, wodurch die anaphern ganz besonders hervorgehoben werden.
das zweite und vierte metron jedes verses ist anaklastisch, hat also die
form des choriambus. diese anaklasis ist den antiken metrikern unbe-
kannt, und war es fast ganz bis vor kurzem. sie ist in wahrheit ganz
gewöhnlich, und die schönsten lieder der tragödie sind wesentlich durch
sie belebt. im verse des dialoges kommt sie aufser in eigennamen (IIag-
ϑενοπαῖος Akyeolßora) nur ganz vereinzelt vor (φαεοχέτωνες A.Choeph.
1049. el&v ἀκούω A. Choeph. 657, Arist. Fried. 662). nun haben sich
in den choriamben des Herodas mehrere beispiele gefunden (1, 67. 3, 8.
68. 4,20), und der schlußs, dals dieser dem alten iambus folge, bestätigt
auslaut mit metrisch unbetontem anlaut fast überall gemieden wird. dafs nur eine
kürze vor dem doohmius steht, kommt vor; aber dann hebt dieser selbst anapaestisch
an; man sieht das daran, dafs die erscheinung auch in mitten einer dochmisohen reihe
gefunden wird. vgl. 878. steht Ὁ ---. -- vor dem dochmius, so wird man nicht
anstehen, das für ein iambisches metron zu halten; S-—- ist selbst eine form des
dochmius, vgl. zu 1024.
Vierte gesangnummer. 167
sich durch Semonides 17: ὀρσοϑύρης geht nur so in den vers'). wahr-
scheinlich verkennen wir die freiheit noch häufig.
Die dritte strophe sticht von dieser schlichten klarheit sehr ab; sie
besteht aus den zerfahrenen glykoneen, die Euripides und Sophokles so
viel verwenden. die einzelnen glykoneischen glieder, die sich absondern,
und die das charakteristische haben, dals je einmal eine zweisylbige
senkung (ein daktylus) darin ist, sind nicht gleich unter sich, und da
auch die regeln über die katalexe sich auf diese ursprünglich aeolischen
malse nicht voll übertragen lassen, so ist schwer zu sagen, in wie weit
wir dasselbe metron anzuerkennen haben: doch ist ausdrücklich bezeugt
und für jeden, der die lieder unbeirrt durch die moderne theorie liest,
unverkennbar, dafs das metron, der πούς, wie die dichter und ältesten
metriker sagten, eben der glykoneus in allen seinen spielarten ist, wie
das in dem vorigen liede ohne weiteres in der analyse vorausgesetzt ist.
die anordnung der glieder zur strophe ist hier so geschehen, dafs 6 drei-
gliedrige perioden die höhere einheit bilden, vermutlich variationen der
bekannten volkstümlichen kleinen strophe, die am anfange steht.
1 periode. 2. glyk. + pherekr.
2. zwei glykoneen und adoneus.
3. vor glyk. und pherekr. steht das glied Maecenas atavis, oben 380,
so stellt es sich, wenn man synaphie annimmt; wie es nach den wort-
enden gedruckt ist, steht zwischen zwei pherekrateen ein vorn um eine
sylbe verkürzter glykoneus.
4. glykon. glyk. vorn um eine sylbe verkürzt. kretiker, d.h. ein drei-
sylbiges kleines glied, wie deren namentlich die chorische lyrik sehr gern
in ihre glykonischen strophen einmischt. v. 790 ist ein doppelter dak-
tylus zugelassen, eine anomalie, welche in der späten tragödie häufig ist,
1) Et. M. 8. v. Asyas δέ καὶ Σημωνέδης κακοσχόλως (ἃ. i. mit obscönem sinne,
gewöhnliche terminologie der grammatiker, wie Bergk natürlich wulste; damit er-
ledigen sich die ausführungen von Schenkl Anal. Graec. 77) καὶ τῆς ὄπισϑεν ὀρσο-
ons ἡλσάμην. jede conjectur, die ὀρσοϑύρης ändert, steht mit dem zeugnisse der
grammatiker in widerspruch, die ja nur dies wort belegen, das zudem für sich selbst
spricht, da doch ὀρσός ὀρρός ars darin steckt. weil es das tut, hat die spätere zeit
diesen namen für die ‘hintertür’ fallen gelassen. der sinn des verses καϑηλάκην
τῆς πυγῆς ist klar, und κατά schon von Hemsterhuys erkannt. nur das metrum
macht schwierigkeit, und den unerträglichen verstofs gegen die Porsonsche regel,
den die willkürliche verlängerung des stammvocals von ϑύρα mit sich führt, hätte
W. Schulze (gu. ep. 5) nicht mit den zur zeit beliebten vexirstückohen der sprach-
vergleichung erkaufen sollen. καττῆς ὄπεισϑεν ἡλσάμην)] ὀρσοϑύρης ist einfach und
unanstölsig.
1608 Commentar.
5. unsicher, da die überlieferung in strophe und antistrophe gestört ist.
das erste glied, ein glyk., ist noch beide male heil, dann folgt in der
strophe „u wu υ---, worin die auflösung an sich nicht befremdet; es
entspricht aber ---u--, ohne daktylus, scheinbar ein katalektischer
iambischer dimeter. solche glieder sind auch im drama ganz berechtigt
in glykoneen, aber die responsion befremdet; man kann freilich leicht
799 re beseitigen. das dritte glied ist wegen der sinnlosigkeit der über-
lieferung unbestimmbar.
6. 3 glykoneen, der erste vorn um eine sylbe verkürzt, wie 4, der letzte
katalektisch. so, wenn man synaphie zuläfst; nach den wortenden
zwei vorn um eine sylbe verlängerte pherekrateen + reizianum, vgl.
zu 1050.
Das erste strophenpar begleitet nur den abgehenden Lykos, der seine
ganze niedrigkeit und irreligiosität noch eben offenbart hat, und seinen
jähen sturz mit den gefühlen, die für den chor selbstverständlich sind:
erst als er tot ist, wird mit dem hohnrufe, dafs er doch noch eben die
göttliche gerechtigkeit geleugnet hätte, das thema des folgenden liedes
angeschlagen. der chorführer fordert zu einem reigentanze ausdrücklich
auf (760), und so sondert sich das folgende ab.
Die zweite strophe spricht die tatsachen aus, welche dem chor die
veranlassung zu diesem tanze geben; die antistrophe zieht das facit. es
gibt eine göttliche gerechtigkeit: auf die dauer können sich glück und
macht, wenn sie wider das recht sind, nicht halten.
Ähnlich ist die verteilung im dritten pare, dessen strophe die berge
und gewässer und gassen von Theben auffordert an dem preise des alten
Thebaneradels teilzunehmen, während die antistrophe ohne directe ver-
knüpfung erklärt, in wie fern dieser alte adel sich nun bewährt hat: indem
der Zeussohn den gemeinen eindringling überwunden hat.
Was schon bei dem vorigen liede bemerkt ist, tritt hier noch mehr
hervor: die strophen verselbständigen sich so, dafs das lied sich kaum noch
als ein ganzes darstellt. und doch soll es ein ganzes sein und sind die
verweisungen zahlreich (736, 770, 808 ist die eine, 758, 774, 813 die
zweite reihe). ganz besonders auffällig ist der abstand des letzten von
dem mittleren strophenpare. die anrufung der Thebanischen localgötter
ist nicht viel mehr als phrase, die behandlung der abkunft des Herakles
von Zeus und die abwägung des adels steht so tief unter den entgegen-
gesetzten freimütigen äulserungen 351, 696, dals man wünschen möchte,
Euripides hätte dies strophenpar nicht verfaßst. der moderne leser wird
von der prachtvollen zweiten strophe unendlich mehr ergriffen, wenn die
vers 735—740. 169
erscheinung der Iris und Lyssa unmittelbar daran stölst, und Euripides
hat den contrast dieser frommen zuversicht auf die göttliche gerechtig-
keit zu dem verbrechen Heras gewils gewollt: erst dadurch hebt sich die
auflösung des widerspruches in Herakles’ letzter rede zu ihrer ganzen
höhe. aber es ist unverkennbar, dafs an die aufforderung zu tanzen,
761, eben so gut auch das letzte strophenpar ansetzen könnte, und das
mittlere fehlen, und dafs auch die betrachtungen über den Spartenadel
und den euböischen eindringling genugsam vorbereitet sind. die strophen-
pare stehn also parallel und ergänzen einander. Eur. hat seine mehr-
strophigen lieder sehr oft so angelegt.
735 σεάλιν ὑποστρέφειν gehört zusammen; man pflegt sich an der
bezeichnung der umkehr durch die praeposition nicht genügen zu lassen,
sondern ein adverbium zuzusetzen. ὑποστρέφειν pflegt absolut gebraucht
zu werden (δεῦρ᾽ ὑποστρέψας πάλιν Alk. 1019): hier ist ein object
beigesetzt, weil es sich um die wiederkehr nicht blofs aus dem Hades
nach Theben, sondern aus dem tode ins leben handelt. μέγας steht
praedicativ “als ein mächtiger’. die schreiber haben es nicht verstanden,
dafs der chor hier den umschlag des geschickes feiert, den er allein feiern
kann, und der ihm die gewähr gibt, dafs auch der nächste umschlag ein-
treten wird; sie haben daher ὑποστρέφει ἐς Aldav gesetzt: als ob
Lykos schon einmal unten gewesen wäre.
739 El. 1155 παλέρρους δὲ τάνδ᾽ ὑπάγεται δίκα. die Rache sucht
dort K’lytaimnestra, hier Lykos heim, indem die gegenströmung eingetreten
ist‘. hier das bild vom wasser, wie 216 vom winde, 95 von der schiff-
fahrt. ϑεῶν πότμος wie ΒΟ oft τύχη δαιμόνων, .71ιός oder auch einzelner
götter gesagt wird: ὅπερ συμπίπτει, σιντυγχάνει, ἐκ ϑεῶν. denn
“πότμος kommt von der wurzel er.
740 Der chorf. bringt nur worte in erinnerung, die vorher gefallen sind
vgl. 211, 708, 733. — die brachylogie, mit welcher χρόνῳ μέν einge-
schoben ist (χρόνῳ μὲν ἦλθες, ἀλλ᾽ ἦλθές γε τοι. den anfang der
Piccolomini mülste man übersetzen ἦλθες χρόνῳ μέν, Ἰσόλαε χαῖρ᾽
ἄναξ, πρόσωϑεν ἐλϑὼν ὑστέρησας εἰκότως), ist gewöhnlich. Pindar
01. 10, 85 (μέλει) τὰ παρ᾽ εὐκλέι .ΤΖίρχᾳ χρόνῳ μὲν φάνεν. χρόνῳ
ist einfacher locativ, und die nuance der bedeutung ergibt. sich immer
erst durch den zusammenhang; es kann eben so gut “mit der zeit be-
deuten, El. 597, Herodas 4, 33. in diesem sinne gehört τῷ χρόνῳ der
sprache des lebens an, Ar. Wolk. 66. 865. 1242, u. ö. während χρόνῳ
‘spät’ nur dichterisch ist, und bei den dichtern wiederum auch τῴ χρόνῳ
dafür vorkommt 8. Phil. 1041 τεέσασϑ᾽ ἀλλὰ τῷ χρόνῳ ποτέ. --- ὑβρί-
170 Commentar.
ζων gehört zu ἦλθες, denn zu ϑανγνών könnte nur ὑβρέσας subjungirt
werden.
745. 6 Die unverständlichen worte scheinen bedeutet zu haben “ich hatte
auf die heimkehr meines alten fürsten (Herakles) nicht mehr gerechnet‘.
sie harren aber bisher der heilung vergeblich.
747 Der chorf. hat noch furcht und hält den chor zurück von dem jubel,
so lange die entscheidung aussteht. εἰ πράσσει τις ὡς ἐγὼ ϑέλω ist
eine furchtsame umschreibung von εἰ ἀποϑνῇσχει 6 Auxos. Elektra,
nach Sophokles die incarnation des gerechten hasses, sagt βοᾷ τις 1406,
als ihre eigne mutter unter dem mordstahl aufschreit. das ist hohn;
ebenso in der komödie χαχὸν ἧἦχει τενέ Ar. Frösche 552 u. ὅ.
751 φίλιεος hat sich Eur. erlaubt (schon Alk. 876 Med. 1399) synonym
mit φίλος zu verwenden. das ist ein fehler; ein μέλος φέλεον könnte
eigentlich nur ein lied sein, welches freunde singen oder welches in
freundlichem sinne für den redenden gemeint ist. Aisch. u. Soph. sind
von dem fehler frei.
754 ἀπόλλυμαι --- δειώλλυς. da mit den compositis gewechselt wird,
Β0 ist zwischen ihnen kein bedeutungsunterschied;; das erstere ist nur ge-
wöhnlicher. gewechselt wird blofs um zu wechseln, Oid. 555 ἀπώλεσ᾽
αὐτὸν χἀμὲ συνδιώλεσεν, oben 492. 537. hätte Eur. geschrieben ὦ πᾶσα
Κάδμου γῇ, διόλλυμαι δόλῳ, so würde er zwar keinen falschen, aber
einen mislautenden vers gemacht haben, wie er es nie getan hat. denn
es klang dem Griechen hälslich, wenn der trimeter in der mitte zerrissen
wird. für die Römer, die sich in der nachbildung fremder maße mit
kümmerlichen surrogaten behelfen müssen, würde freilich eine caesur
(hinter Kaduov) vorhanden sein: aber ein Grieche hört den vers und
skandirt ihn nicht. der vers des Euripides mit der elision γαῖ᾽ ἀπόλλυμαι
δόλῳ hat gar keine caesur, denn durch die elision verwachsen die wörter
fast zu einem. aber es ist nicht nötig, dafs ein trimeter eine caesur hat,
sondern nur nötig, dals er keine falsche hat, d.h. für die tragödie, dal:
er nicht mitten zerreilst und auch nicht in die drei gleichen stücke zer-
fällt, aus denen er gebildet ist. Eur. hat keinen solchen fehler, denn wenn
jemand z. b. Hik. 303 σφάλλῃ γὰρ ἐν τούτῳ μόνῳ, τἄλλ᾽ εὖ φρονῶν
in die eine oder andere kategorie rechnet, so versteht er nur zu skan-
diren. nach uovp ist pause, vorher nirgend, und den trimeter durch
eine pause in 1 + 2 oder 2 + 1 metra zu zerlegen, ist ebenso legitim im
drama, wie nach einer der beiden senkungen des zweiten metrons einen
ruhepunkt eintreten zu lassen. die komödie des 5. jahrhunderts hat sich
überhaupt nicht um pausen und caesuren gekümmert. Aisch. und Soph.
vers 745---770. 111
haben einzelne mislautende trimeter, nur zum teil als beabsichtigte disso-
nanzen. bei Eur. ein ganz gleich gebauter vers z. b. Kresph. 452, 1
ἐχεῖνο γὰρ πέπονθ᾽ ὅπερ πάντες βροτοί; Andr. 373 hat gar keinen
einschnitt ἀνδρὸς δ᾽ ἁμαρτάνουσ᾽ ἁμαρτάνει βίου.
755 δεώλλυς: 264, δόλῳ ist nicht zu ergänzen. “schick dich darein,
dafs du bülsen mufst, es ist ja nicht mehr als recht”. das eine particip
gibt die begründung des andern, und ye verweist darauf, dafs auch hier
der chorf. nur früher gefallene worte aufnimmt. 733.
757 Hohn gegen Lykos, der δειμάτων ἔξωϑεν war, 723, und die
heiligkeit des altars und herdes nicht respectirte. die ἀνομέα liegt nicht
in dem sonstigen moralischen handeln, sondern οὐ νομίζει ϑεούς, es
ist in unserer rede “unglauben’. aber die werke dieser dvoula sind
natürlich unmoralische, ungesetzliche, 779.
758 Die feierlichen namen μάχαρες und οὐράνιοι werden angemessen
hier vorgebracht, aber ϑεοί hinter σθϑέγνουσιν ist ganz mülsig und ver-
mutlich zusatz. aber 758 hat kein versmaßs, und die zerrüttung der strophe
macht die heilung mislich, so leicht z. ἢ. ἄφρονα μακαρίων οὐρανίων
λόγον χατέβαλ᾽ ὡς ἄρ᾽ οὐ σϑένουσιν ist, vier dochmien, der letzte
katalektisch.
761 σεγᾷ μέλαϑρα steht zwischen den sätzen, von denen der zweite
die folge des ersten ist, die recitation muls also das logische verhältnis
zum ausdruck bringen οὐχέτε ἔστιν ὅ ,“ύχος (τὰ γὰρ μέλαϑρα σιγᾷ),
ὥστε πρὸς χοροὺς τραπώμεϑα.
762 Ein alberner aus 748 verfertigter zusatz, in dem φέλοι unsinnig
und die furchtsame umschreibung der vollendeten tatsache grundlos ist.
764 Lediglich der responsion wegen hat Eur. die persönliche con-
struction von μέλω hier und 773 gewählt, die selten und ihm vollends
nicht gewöhnlich ist. ϑεοὶ μέλουσε τῶν ἀδίκων ἐπᾷειν für τοῖς ϑεοῖς
μέλει τῶν ἀδίκων ἐπᾷειν (ϑεοὺς βροτῶν μέλειν A. Ag. 370) hat eine
nicht ganz sichere parallele Teleph. 717 σὺ τῷδε πείϑεσθαι μέλεις
(μέλλεις überliefert, wo ϑέλεις neben unbrauchbarem vermutet ist).
χοροὶ μέλουσι κατὰ Θηβῶν ἄστυ für χοροὶ μέλουσι Θηβαίοις (ἀρχαὶ
μέλουσί σοι Hel. 1580) hat überhaupt keine parallele.
765 μετήλλαχται τὰ δάχρυα᾽ πρότερον μὲν γὰρ δαχρύων οὐκ ἐδυ-
γάμην κατέχειν πηγάς 449, νῦν δὲ χαρμοναὶ δακρύων ἐχβολὰς ἔδο-
σαν 742.
770 Den hafen nennt er, weil in dieser bezeichnung das endziel aus-
gedrückt ist, also das wunder der heimkehr zum ausdruck kommt: dies
ἦϑος hervorzuheben dient ye.
172 Commentar.
771 Die ἐλπίς in dem sinne von 105, wo sie dem “glauben” ent-
spricht, ist aus dem zustand herausgetreten, wo sie dem doxnue ent
spricht, 92. 460. 804. gewollt und äulserst wirksam ist der parallelismus
771 und 780, dafs ohne jede verbindung das hinter die längere vor-
bereitung tritt, was als ihr facit betrachtet wird. “die hoffnung ist er-
füllt’. “der frevler ist gestürzt’. es steht beidemale der aorist: bezeichnet
ist also nur der eintritt dieser handlung, aber das ist das überwältigende.
“Christ ist erstanden’ rufen die Griechen in der osternacht, Χριστὸς
ἀνέστη. das ist ein gutes musterbeispiel für die viel verkannte bedeu-
tung des aoristes. “ der aorist gehört zur seele der griechischen sprache und
verleiht ihr ein besonderes, erhöhtes leben”. J. Grimm kl. schr. II 452.
776 ἐφέλκων folgt im genus dem entfernteren nomen χρυσός, weil
das maskulinum überwiegt; Eur. hat sogar die participia auf -wy femi-
ninisch verwendet, z. b. Hipp. 1105. 1120. die bedeutung ist ganz unser
“nach sich ziehen’; wie denn auch das medium gewöhnlich ist. dagegen
ist das hier vorgezogene medium ἐξάγεται ungewöhnlich gegenüber dem
activ (zu 1212). es liegt also eine art von enallage vor.
779 νόμον παρέμενος ἀνομίᾳ χάριν διδούς. das sind keine alle
gorien; man sagt Jvup χαρίζεσϑαι gewöhnlich, ἦρα φέρειν ϑυμῷ
Ξ 132, ὀργῇ χάριν δοὺς Boph. O.K. 855, tun wozu der zorn treibt.
zu grunde liegt allerdings jene sinnliche auffassung der seelischen regungen,
welche in der epischen sprache vorwaltet und die personification des
ϑυμός bei Archilochos und in Eur. Medeia bewirkt hat.
Das wundervolle bild ist aus der empfindung und der symbolik der
Griechen unmittelbar verständlich, aber man muls freilich dazu griechisch
empfinden können. Glück und Gold verleiten den menschen, dafs er die
selbstbeherrschung fahren läfst und nach der macht greift, die nicht mehr
mit der gerechtigkeit besteht: die ὕβρες kommt über ihn, und so fährt er
dahin auf dem stolzen wagen der irdischen herrlichkeit. aber das nimmt
kein gutes ende. die Zeit, die allgewaltige, erhebt ihre keule, und der
blick des bösen gewissens scheut vor ihr. der glanz des güldenen wagens,
der gleifsende schein der erlogenen herrlichkeit verlischt. unerbittlich
fährt die keule der zeit nieder. wagen und glück, ehre und leben ist
zerschmettert. ohne die besondern bilder steht der gedanke Andr. 777
χρεῖσσον δὲ νίχαν μὴ καχόδοξον ἔχειν ἢ ξὺν ρϑόνῳ σφαλλειν δυνά"
μει ve δίκαν (d.h. σὺν δυνάμει ἐπιφρϑόνῳ)" ἡδὺ μὲν γὰρ αὐτίκα τοῦτο
βροτοῖσιν, ἐν δὲ χρόνῳ τελέϑει ξηρόν. die νίκη, die da genannt Ist,
gehört derselben sphaere an, wie die wagenfahrt des hoffärtigen hier. denn
der sieg fährt zu wagen, und der glückliche, ruhmvolle, mächtige, prächtige
vers 771—779. 173
erscheint dem Griechen nicht “stolz zu ro[ls’ wie uns, sondern auf dem
wagen. die vornehmsten götter führen als solche den wagen, auch im
gigantenkampf, und Nike lenkt ihn: nicht zum zeichen eines sieges, son-
dern als stäte begleiterin. auch der siegreiche sterbliche besteigt Nikes
wagen (Simonid. 80. 145), und ihrer wagenfahrt geben auf einer Berliner
vase des vierten jahrhunderts Plutos und Chrysos das geleit (Furtwängler
2661). als eine wagenfahrt stellt sich auch der dichter die entrückung
seiner phantasie vor, nicht als einen ‘ritt ins alte romantische land’. so
Parmenides in seinem wundervollen prooemium, an das die noch schönere
wagenfahrt der menschenseele im platonischen Phaidros ansetzt. das lied
des dichters ala ἅρμα Πιερίδων τέτρωρον (Pyth. 10, 65. Isthm. 7, 67)
ist conventionelle formel der Pindarischen poesie. zu fahren aber ist
entweder eine besondere bevorzugung, oder eine überhebung, immer eine
ausnahme. “wie von unsichtbaren geistern gepeitscht gehen die rosse der
zeit mit unsers schicksals leichtem wagen durch’ sagt Egmont, und er
könnte so auch griechisch reden, auf der höhe des lebens und auf dem
wagen der εὐτυχία entgegen dem ῥόπαλον Χρόνου. quem tulit ad
scaenam ventoso Gloria curru sagt Horaz (ep. II, 1,177), fulgente trahit con-
strictos Gloria curru non minus ignotos generosis (Bat. 16, 23). der grölsen-
wahnsinn spiegelt die bilder irdischer herrlichkeit wieder; Lyssa und
Herakles unten geben die belege: sie fahren beide. der wagen des ruhmes
ist gleilsendes gold: aber der des ungerechten glückes ist χελαινός, ater.
diese bedeutung des epischen wortes ist zwar in den tragikern jetzt nicht
sicher nachweisbar (8. Trach. 856 ist verdorben), allein Lykophron schwelgt
förmlich darin, und derSophoklesscholiast glossirt gut ϑανατοποιός, μέλας
γὰρ ὅ ϑάνατος. dals der wagen umstürzt, ist eine nahe liegende aus-
führung des bildes. ähnlich sagt Aisch. Pers. 163 “ich fürchte dafs der
πλοῦτος mit seinem fulse (im eiligen laufe) den staub des bodens auf-
wirbelnd den ὄλβος umstürzt μὴ μέγας πλοῦτος κονίσας οὖδας ἀντρέψῃ
ποδὶ ὄλβον᾽. da ist der πλοῦτος der euripideische χρυσὸς ἀνομίᾳ χάριν
διδούς, die macht des Xerxes, der ὄλβος des Dareios dagegen die ge-
segnete gerechtigkeit; aber der ausdruck ist schwülstig, weil das bild ver-
schwommen ist. hier könnte zu ἔϑραυσεν an sich das subject des vorigen
satzes bleiben, denn ϑραύειν τι sagt man auch von dem was einem zer-
bricht (ϑραύσας λόγχην 193), aber das ist unmöglich des dichters wille
gewesen, weil er den Χρόνος als den hingestellt hat, der die execution
der gerechtigkeit vollführt. es heilst aber nicht einfach Χρόνον εἰσορᾶν,
sondern rd πώλιν Χρόγου ist überliefert, unsinnig überhaupt. es ist arg,
dafs man es immer wieder hat erklären wollen durch Pind. Ol. 10, 86
174 Commentar.,
ὧτε παῖς ἐξ ἀλόχου πατρὶ ποϑεινὸς lxovrı veorarog τὸ πάλεν ἤδη
“ersehnt, wie ein kind dem vater der schon in die zweite kindheit (das
greisenalter) eingetreten ist”. die verbesserung war gefunden und ist
völlig sicher, ῥόπαλον Χρόνου. die Zeit führt hier die keule wie die Ge-
rechtigkeit Hipp. 1171, die tochter der Zeit (Antiop. 222)'). solche aus-
drücke bewegen sich auf der grenzlinie zwischen metapher und religiöser
symbolik. sie sind vielleicht nur das erste, und sind es sicher bei dem
gewesen, der sie zuerst einmal aussprach, aber die religiöse symbolik ist
δυνάμει darin, denn sie stammt aus solchen metaphern. hat Chronos
wirklich eine keule als attribut, wie die todesgötter Apollon und Artemis
bogen und pfeile? für Euripides nicht; wo es etwas zu zerschmettern
gibt, führt ein personificirtes abstractum das geeignete instrument, wie
Dike ein messer wetzt, um zu schlachten (A. Ag. 1524), die letzte blüte
des Labdakidenhauses eine vegz&pa xorrlg abschneidet (8. Ant. 602), wie
Eros den verliebten ἔκοψεν ὥστε χαλχεὺς μεγάλῳ πελέχει (Anakr. 47),
Zeus mit einem grabscheit den boden, wo Troia stand, umgräbt (A. Ag. 526)
und unzähliges der art. Chronos war aber auch noch kein gott; die zeit
ist etwas viel zu abstractes für den lebendigen glauben. aber wol hatte
man seit Pherekydes von Syros Herakleitos und den Pythagoreern sehr
viel über sie gedacht, und Pindar Sophokles Euripides personificiren sie
oft und sinnreich. und die alles vernichtende gewalt forderte allerdings
zu einem ähnlichen sinnbilde heraus. Simonides redet wie wir vom ‘zahne
der zeit’ (fgm. 176): der gott _4l6»v der spätsynkretistischen Orphiker
hat ein zähnefletschendes löwenhaupt. die sense, welche in unserer vor-
stellung wenigstens seit der renaissance die zeit wie der tod führt, ist
auch ohne die kurzsichtige identification von Κρόνος und Χρόνος ver-
ständlich, und wol ohne sie gefunden. die auf gute stoische quellen zu-
rückgehende neuplatonische theologie hat sie (Macrob. I 8 9), und sie
findet sich auch in einem ziemlich späten epigramme (Anth. Pal. VII 225
μιῇ πάντ᾽ ὀλέχει δρεπανῃ). wie nahe der übergang von Zeit zu Tod
ist, zeigt aulser Horaz ep. II 2, 178 metit Orcus grandia cum parvis,
das δρέπανον, welches in der Apokalypse 14, 17 ein engel führt, um
die ernte der reif gewordenen welt zu schneiden. aus diesen apokalyp-
tischen bildern, welche ja schon von anbeginn den malern des trevento
geläufig waren, hat der tod (oder vielmehr la Morte) die sense auf dem
1) Auf dem borghesischen Lykurgosssarkophage (Zoega Abh. t. I), berührt Dike
das haupt des frevlers mit einem stabe, während sie das schwert an der seite trägt.
sie ist ῥαβδοῦχος, daßdowduos (vgl. S. Trach. 515), richterin, nicht vollstreckerin
des urteils. das symbol ist also ein ganz anderes.
vers 77θ---Ἴ81. 175
Pisaner trionfo della Morte. aber die sichel oder sense ist im altertume
nicht häufiger als die keule der Zeit, denn diese führt der Aiov der
Orphiker ebenfalls (Zoöga Bass. II tav. 69)'), und mit ehernen keulen
kämpfen die Moiren in der Gigantenschlacht (Apollodor bibl. I 38).
so kann diese vorstellung sogar voreuripideisch sein. nur die χάλχεα
δόπερα, die Ide und Adresteia (ἃ. h. die nymphe des Ida und des
᾿Αδρήστου πεδίον der Troas) neben einem τύμπανον λιγυηχές (das
steckt in aöynxes Prokl. Theol. Plat. IV. 216, Lobeck Agl. 515) zur
belustigung des Zeuskindes brauchen, sind rasseln aus der kinderstube,
und ein vers Ἴδη δ᾽ εὐειδής ist erst gemacht, als es monophthongisch
war: das hat in keiner weise mit der keule oder den Moiren etwas zu tun.
781 Die aufforderung an die localgötter ist auch nur durch die bil-
dende kunst der classischen attischen periode recht verständlich. es ist
ein fortschritt gegenüber der archaischen kunst, dafs die landschaft an
jeder handlung teil nimmt, berg wald wasser in seinem vertreter, das ge-
birge mit seinen bequem gelagerten greisen, die nicht vom fleck können (diese
bildung scheint allerdings so früh nicht nachweisbar), der wald mit seinen
silenen satyrn mädchen, das wasser mit seinen tritonen greisen mädchen.
der fortschritt ist aber nur ein gradueller, denn der glaube an die be-
soelte, also teilnahmsvolle natur, ist alt, und einzelnes versucht auch die
archaische kunst. Ismenos setzt sich nur einen kranz auf, die vornehme
Dirke und die menge der geringeren Asoposnymphen singen das sieges-
lied. dem Asopos würde Eur. nicht so zahlreiche nymphen gegeben
haben, wenn nicht die sage seit Hesiod und Eumelos voll von ahn-
müttern gewesen wäre, die Asopostöchter waren, freilich töchter des siky-
onischen flusses (denn jene sagen sind korinthisch), aber die veränderten
politischen verhältnisse hatten in der vorstellung der menschen den boeo-
tischen fiufs über den sikyonischen gehoben; es ist fraglich ob nicht
Pindar, der dieser genealogien oft gedenkt, den heimischen flufs im auge
gehabt oder beide identificirt hat. der ferne apollinische Parnafs ist
herangezogen wie 240; doch auch dort der in der tat benachbarte Heli-
1) Ob dieser typus den Aion darstellt, wird jetzt nach Layard bezweifelt, und
χρόνος könnte es auch sein: dieser unterschied ist eben verloren (vgl. zu 669),
dafs aber wirklich Als» nicht blofs in Mithraeen, sondern auch in Eleusis geweiht
ward, lehrt der merkwürdige stein von dort Ἐφ. dex. 87, 113 Κόεντος Hounrıos
Adlov υἱὸς ἐποίεε καὶ ἀνέϑηκο σὺν ἀδελφοῖς Αὔλονε καὶ Ziforas Aläva εἰς κρά-
τος Ῥώμης καὶ διαμονὴν μυστηρέων" Δέὼν ὁ αὐτὸς ἐν τοῖς αὐτοῖς αἰεὶ φύσει
ϑείαε μένων, κόσμιος Te εἷς κατὰ τὰ αὐτὰ ὁποῖος ἔστε καὶ ἦτ καὶ ἔσται, ἀρχὴν
μεσότητα τέλος οὐκ ἔχω, μεταβολῆς ἀμέτοχος. ϑείας φύσεως ἔργα τῆς αἰωνίου
πάντα.
176 Commentar.
kon. die scheinbar farblose bezeichnung ουσῶν Ἑλικωνιάδων δώματα
wirkt als gegensatz zu dem homerischen Ὀλύμπια δώματ᾽ ἔχουσαι, nach
Hesiod, dessen Theogonie mit den helikonischen Musen ihre selbständig-
keit bezeichnet. all das ist einfach: aber etwas besonderes ist die belebung
der ξεσταὶ dyvıal; es gibt wol aus Athen keine parallele, und sieht man
näher zu, auch bei Pindar nicht. P. 9, 83 sagt er von den strafsen Thebens
λεύκεππσοι dyvıal, aber das ist nur ein starkes beispiel der enallage, über
die zu 543; Pyth. 2, 58 redet er von δὐστέφανοι ayvıal, aber das sind
pinnatae urbes. auch der grund der erscheinung ist klar. die individuali-
sirung der strafse, wie sie etwa die vici in Rom oder die modernen straßsen-
namen zeigen, ist den Griechen fremd. nicht blofs Athen, sondern auch
der Peiraieus hat keine strafsennamen. auch die namen der wege und tore
sind dort nicht alt oder individuell. in dem geschichtlichen Theben sind
die sieben tore nicht nachweisbar gewesen, da die attischen dichter und
die nach der wiederholten zerstörung Thebens schreibenden grammatiker
widersprechendes berichten. die Thebais mufs da frei fingirt haben'), auf
ältere sitten hin; hat doch Ilios sein “linkes” tor (porta decumana?), und
Mykene ein so geschmücktes, dafs man es nicht leicht namenlos denken
mag. aber das sind längst verschollene dinge für die attische cultur.
den hausfrieden schützt der Apollon Agyieus, den wanderer Hermes,
und beider religion sind die prellsteine und die meilenzeiger und weg-
weiser geweiht. an kreuzwegen und vor den toren steht auch ein altar
der spukgöttin Hekate, die draulsen ihr wesen treibt und beschwichtigt
wird. das haus oder besser das gehöft, die ummauerte gefriedete stadt,
ist für die menschen im leben des tages und darum für die religion
und die symbolik vorhanden: das trägt auch einen individualnamen. aber
so wenig wie es stralsennamen und quartiermeister und stralsenwärter
gibt, so wenig gibt es personificirte ddol oder ἀγυεαί. aber der römische
und moderne gebrauch kann doch nur im griechischen wurzeln: die
nationalrömischen lares compitales wie die magistri υἱοὶ oder pagi können
nicht bewirken, dafs man hier ein erzeugnis der phantasie für römisch
halten dürfte. und in der tat, die diadochenstädte, z. b. Alexandreia
und das Arsinoe des Faijum, haben strafsennamen, und nicht erst sie:
die gründung, in welcher der schöpferische geist der sophistischen theorie
seine praktische probe hat machen wollen, Thurioi, hat auch straßen-
namen (Diodor XII 10). zu diesem werke des Protagoras und Hippo-
damos tritt also das zeugnis des sophistischen dichters. ξεσταὶ ἀγνεαί
1) Dies habe ich mittlerweile Herm. 26 genauer ausgeführt.
vers 784---804. 177
ist auf die athenischen berechnet, für welche meist nur der felsboden
zu glätten war: in Thebens gartenlande war das anders. man klagt
noch um 250 über den unergründlichen schmutz. straßsenpflaster hat
Theben wol niemals, in Athen wenigstens Euripides nicht gekannt.
784 καλλιρέεϑρος stammt aus x 107, aber der attische dichter, der
die vorletzte sylbe verkürzt, kann die zweite in regelmäfsiger weise durch
verdoppelung des e verlängern.
787 ovvaoıdol steht praedicativ, und deshalb kann βᾶτε συναοιδοί
das object τὸν ἀγῶνα erhalten, wie 10 ἣν ὑμεναίοισιν λωτῷ συνη-
λάλαξαν, 690 τὸν “ατοῦς γόνον εἱλίσσουσαι καλλίχοροι.
788 νύμφαι sind die töchter des Asopos so gut wie die Dirke, das wort
ist aber schon erstarrt; ‘Nymphen’, nicht mehr “mädchen’.
790 devögörıg ist nur noch in devdewrng bei grammatikern (Hero-
dian I 74) belegt; δενδρέτης ist häufiger. die ableitungen auf “τῆς
-τῆς -wrng wechseln viel. den schnee des Parnassos, seine quellen
und felsen, die reben seiner abhänge schildert Eur. gern, 2. Ὁ. LT. 1243,
Phoen. 226. den nadelwald, der noch jetzt zum teil die höhe bedeckt,
erwähnt er Hypsip. 762 und oben 240. die landschaft hat ihm offenbar
eindruck gemacht.
792 Der dichter erinnert an Hes. Theog. 42. wenn die Musen singen,
ἠχεῖ κάρη νιφόεντος Ὀλύμπου δώματά τ᾽ ἀϑανάτων.
194 γένος neben λόχος ist unerträglich; die χαλχάσπιεδες bilden
passend einen λόχος, also ist dieses wort echt: sehr ansprechend ist in
γένος γάιος gesucht worden (praedicativ für γῆϑεν ἐφάνη), aber so
lange die antistrophe nicht geheilt ist, bleibt alles zweifelhaft.
797 φῶς ist apposition zu λόχος: Thebens σωτηρία, glück und ehre,
beruht darin, dafs die adlichen Sparten regieren, nicht der eindringling.
und dies φῶς ist lego», weil die wunderbar erzeugten Sparten durch be-
sondere einwirkung der götter entstanden und erhalten sind, 252.
798 συγγενής activisch, “mit zeugend’; ebenso ὁμογενής Soph. OT.
1363. — λέχτρων edval weder pleonastisch noch von dem wirklichen
bette, wie A. Pers. 543 λέχτρων εὐναὶ ἁβροχίτωνες, "die weichen schlaf-
polster des bettes’, sondern pulvinaria concubitus. dagegen 800 “bett”,
sonst würde der dativ νύμφᾳ stehen. 803 λέχος wieder abstract,
804 “Ich habe es geglaubt, aber ich hatte nur die ἐλπές, die jetzt der
χρόνος δοχημάτων ἔξω χατέστησεν᾽. Demosth. 2, 10 τὰ τοιαῦτα (eine
auf unrecht gebaute macht) εἰς μὲν ἅπαξ καὶ βραχὺν χρόνον ἀντέχει
καὶ σφόδρα γ᾽ ἤνϑησεν ἐπὶ ταῖς ἐλπίσιν, ἂν τύχῃ" τῷ χρόνῳ δὲ
φωρᾶται. das ist das gewöhnliche, wie es auch Amph. 506 ausgesprochen
v. Wilamowitz II. 12
178 Commentar.
hat. aber die stelle ist im ausdruck ähnlich; sie ist verkehrt beanstandet:
hier bat jemand οὐχ ἐπ᾽ ἐλπίδι eingeschwärzt und den ganzen sinn
zerstört. ἐπί steht wie in ἐπὶ xaxw τινός τι γίγνεται u.dgl. οὐχ ἐπ᾽
ὀνείδεσιν οὐδ᾽ ἐπιχάρμασιν ἀλλ᾽ ὀδύναισε λέγω Phoen. 1555. ἐπ᾽
ἀγαϑῇ ἐλπίδι πονεῖν Xenoph. Mem. 11 1,18. φαένεσϑαι, zumal im
aorist und zwar der aus dem epos entlehnten schwachen form, ist von
doxeiv ganz verschieden. es heilst “in erscheinung treten’, entspricht
also dem λαμπρὰν ἔδειξε des nächsten satzes. aber was dort ‘hell’
ist, war zuvor nur “glaublich auf grund der ἐλπές᾽.
806 Aus der ἀλκή folgt die εὐγένεια, 696. man fühlt hier, wie gut
dem wesen des Herakles der name AAxeldns, Aixatog palst, oben I a. 49.
809 Dafs Herakles plötzlich direct angeredet wird, ist sehr auffallend;
schon hier dürfte die corruptel beginnen.
810 δυσγένεια ἀνάχτων bildet wie στύγος δεσποτῶν A. Ch. 770 in
höhnischer weise die damals veraltete‘) homerische umschreibung ßir
‚Akxıvooro, is Τηλεμάχοιο um.
811 Der letzte satz mit εἰ kann nicht allgemein ausgesprochen sein
(ἐφάνη εἰ τὸ δίκαιον τοῖς θεοῖς ἔτ᾽ ἀρέσχει), so dafs man den sinn
zu suchen hätte τῴ ἀποβλέποντι εἰς τὴν τῶν ἀγώνων ἅμιλλαν.
denn die entscheidung hat dieser frage die bedingtheit genommen; da
könnte nur ὅτε stehen. aber dem Lykos war das fraglich, und er hat
sich über seinen lästerlichen unglauben durch die tat belehren lassen
müssen, folglich kann man etwa ᾧ χατερχομένῳ eis τὴν ἅμιλλαν
ἐφάνη, εἰ — ἀρέσχει erwarten. aber das lälst sich der überlieferung
nicht entlocken, und es gibt auch andere möglichkeiten.
Fünfter auftritt 815—73.
In der luft erscheinen die beiden göttinnen und verschwinden ebenso.
über die scenische darstellung vgl. I s. 149.
816. 7. Die beiden ersten verse mit der anrede des chores gehören
offenbar dem chorführer: darin ist nichts anders als 138. 442. 747.
aber den folgenden ruf (iamb. monometer und trimeter) muls jemand
anders sprechen, was durch den wechsel des numerus (ἤχομεν — ἔλα)
angedeutet ist. und ebenso sondert sich der dritte ruf (iambischer mono-
1) Übrigens hatte sie sich in anderen kreisen bis ans ende des 6. jahrhunderts
gehalten. der korinthische maler Timonidas hat sich auf einem allerdings besonders
schönen täfelchen verewigt Τιμονέδα ἔγραψε βέα Inser. Gr. ant. 20, 1, besser ver-
öffentlicht, aber auch falsch gelesen ‘Antike Denkmäler’ I 8, 13. allerdings zeigen die
korinthischen gemälde, dafs die dortigen maler den Homer gut kannten.
vers 806--17. 179
meter und dochmischer dimeter) von dem vorigen ab. man könnte ihn
allenfalls dem sprecher von 816. 17 geben und von zwei halbchorführern
reden, wenn sie nur etwas zu führen hätten. aber der chor sondert sich
nicht in gruppen, er stiebt auseinander, und das malt der dichter durch
die anomalie, dals er drei einzelne leute als solche reden läfst; drei
machen ein collegium, d. h. sind der kleinste ausdruck für eine menge.
welche choreuten die par worte sagten oder sangen, kann niemand sagen,
ist auch gleichgiltig, da es jeder von ihnen tun konnte die beiden
letzten ausrufe oder besser alle drei sind symmetrisch in ihrem umfang
und ihrer anlage, aber sie respondiren nicht: natürlich, weil die be-
wegungen, der tanz, nicht entsprechend sein durften, sonst hätten sie die
verwirrung nicht veranschaulicht. das merke man für andere fälle, wo
das gleiche mals die fiction einer zwecklosen responsion gestattet.
πέτυλος ist ein omomatopoetisches attisches wort für das klatschen
(man sagt wol auch pitschen) des ruders, wenn es ins wasser fällt. das
geschieht auf der galeere von zweihundert rudern auf einen schlag und
geschieht im takte. deshalb entwickeln sich zwei übertragene bedeutungen.
einmal bezeichnet rirulog, ähnlich wie eigeoie, die summe der ruder
und der ruderer: das fahrtbereite schiff. leicht verständlich νεὼς πέτυλος
εὐήρης πάρα “die ruder des schiffes sind in bereitschaft im takte los-
zuschlagen’ I. T. 1060, ebenda 1345 verkünstelt ὁρῶμεν νεὼς σχάφος,
ταρσῷ κατήρει πέτυλον ἐτπττερωμένον, ναύτας τε — ἐπὶ σχαλμῶν
“τλάτας ἔχοντας, wo der zweite satz das bild erläutert; der rumpf des
schiffes ist befiedert mit abwärts ragenden ruderblättern, und die art der
befiederung, d.h. der ordnung dieser ruder ist die, wie sie zum regel-
mälsigen einschlagen nötig ist. Tr. 1123 veog πίέτιυλος εἷς = ulu ναῦς.
der andere weg der metapher geht von der gleichmäßsigkeit des schlagens
aus, dadurch wird πέτυλος ganz zum takte, ῥυϑμός. bei Aischylos ist
die metapher noch als solche empfunden Sieb. 856 ἐρέσσετ᾽ ἀμφὶ κρᾶτα
πόμπεμον χεροῖν πέτυλον u. 8. w. der chor schlägt im takte das haupt,
und dieser “ruderschlag im rhythmus’” pflegt den toten das geleit zu
geben. Pers. 975 zappeln die ertrinkenden schiffbrüchigen am ufer πάντες
ἐνὶ πιτύλῳ. da könnte geradezu ῥυϑμός dafür stehn, wie auch an
dieser stelle. Melan. 495, 11 οἱ δ᾽ εἰς τὸν αὐτὸν ulrvlov ἤπειγον
δορός, sehr ähnlich in der form; inhaltlich anders. es heilst "sie gaben
wieder eine salve’, ist also der vorigen bedeutung ähnlicher, Eur. ist
aber weiter gegangen. er sagt unten 1189 μαινομένῳ πιτύλῳ πλαγχϑείς,
da hat der wahnsinn einen takt, der den kranken in die irre führte;
er lenkte ihn wol, wie der rirvAoc das schiff, aber in die irre. er ist also
12 *
180 Commentar.
der rhythmus der disharmonie. und noch weiter geht LT. 307 πέστει
μανίας πίέτυλον μεϑείς, da ist es nur noch periphrase von uarie,
deren πέτυλος vorher den kranken trieb, der jetzt fällt. '"Soph. hat das
wort und bild gar nicht.
819 Die praeposition πεδά gehört nur Aeolern und einem teile der
Dorer (z. b. in der Argolis mit colonieen); Aischylos hat sie in mehreren
zusammensetzungen aus der lyrik geborgt, Eur. hat nur πεδαέρω hier
und wieder 873, Phoen. 1027. ueralew ist nicht gebräuchlich und
heifst “von seinem platze rücken’ L T. 1157; dem πεδαέρω würde viel-
mehr uerewollw entsprechen. natürlich zeichnet die glosse den ge-
hobenen lyrischen ton. auch die homerische vocabel γωϑής (. 559,
Aisch. einmal, Prom. 62) würde nicht im dialog stehen. das wort be-
deutete damals nicht mehr körperliche langsamkeit, sondern geistige
schwäche, und war ionisch, Herod. 3, 53; aus der ionischen naturwissen-
schaftlichen litteratur dann bei gleichartigen schriftstellern wie den peri-
patetikern.
820 Die erste sylbe in Παιάν ist kurz wie oft. z. b. A. Ag. 145
S. Trach. 221 Ar. Ach. 1213.
821 In plötzlichem schrecken ruft der Athener drroAloy ἀποτρόπαιε,
z. b. Ar. Vög. 61 Plut. 359, oben 538. dem entspricht dies in künstlich
gehobener rede; so sagt Epikur fg. 143 Παιὰν ἄναξ, olov χροτοϑορύβοι
ἡμᾶς ἐνέπλησας. aber er hat durch solchen schwulst mit recht scharfen
tadel wachgerufen.
822 Iris orientiert zunächst chor und zuschauer gleichermafsen über
die überraschende erscheinung. da nichts den zuschauer auf diese per-
sonen vorbereitet hat, so steht der dichter vor derselben aufgabe wie
in den prologen und löst sie ganz ebenso. über das ἦϑος ihrer rede
vgl. bd. I 122.
823 λάτρις (nur im nom. acc. gebräuchlich, wie viele ähnliche wörter ;
λάτρεισι 'Theogn. 302 ist vereinzelt, formen mit d haben nur spätlinge
und grammatiker) λατρεία λατρεύω werden auf λάτρον ὅ μισϑός
(A. Hik. 1011 die miete) zurückgeführt. der λάτρες leistet dienste gegen
entgelt, sei es unterhalt oder geld. so gilt das wort in Thessalien von
den σπενέσται (Eur. Phrix. 830. Pind. N. 4, 54. Bekk. An. 1095), Solon
(13, 48) überträgt es auf die attischen σσελάται. die δημιουργοέ, zb.
die herolde (E. Tr. 424), haben diese stellung, und ihnen entsprechen im
himmel Hermes und Iris. Pindar (Ol. 10, 28) nennt den lohn οὗ ἐλά-
τρευσε τῷ Auyea 6 Ἡρακλῆς einen λάτριον μισϑόν, aber Sophokles
nennt den Herakles einen λάτρες der Omphale (Tr. 70), deren sclave
vers 819—831. 181
er doch war. und so wird das wort öfter misbraucht, während Theognis
302 richtig dus und λάτρις scheidet. der findling Ion wird im tempel
unterhalten und leistet dafür dienste, also λατρεύει Φοίβῳ (124), mit
gerechtem stolze und hohne gegen den λάτρις Talthybios nennt sich die
seherin Kassandra eine λάτρις Arcdilwvog (Eur. Tr. 450), wie Teiresias
sich einen “οξίου δοῦλος. Sokrates ist vom gotte zu seinem amte be-
rufen und sagt, nicht ohne einen bitteren seitenblick auf den λάτρις
πενέστης Thessaliens, ἐν πολλῇ πενίᾳ εἰμὶ διὰ τὴν τοῦ ϑεοῦ λατρείαν
(Pl. Apol. 23°). so wird λατρεία der freiwillig dem göttlichen, dem man
sich innerlich zu eigen gegeben hat, geleistete dienst, A. rw χάλλει
(Isokr. Hel. 57), τοῖς νόμοις (Xen. Ag. 7, 2). von hier aus geht der
weg zu der λατρεία ϑεοῦ bei Juden und Christen, die ebenso δουλεέα
sagen. es muls aber auch der lohn λάτρον geheilsen haben, den man
dem gotte für seine dienste zahlt. so verbindet" Platon Phaidr. 244°
ϑεῶν εὐχὰς καὶ λατρείας, begehrt Apollon die πολύχρυσα λατρεύ-
ματα des delphischen orakels (Eur. L Τὶ 1275), und heifst in Olympia
die dem gott durch vertrag zufallende conventionalstrafe λατρειόμενον
(Gött. Dial. Inschr. 1149, vgl. 1147, das geht auf λατρεύς λατρήιον
zurück, und λατρεύς hat Lykophr. 393. in anderen inschriften steht
χατϑυτός dafür). der ganze wortstamm fehlt den Aeolern und Ioniern;
auch in Athen ist das wort fremd, da es der komödie und gerichtsrede
fehlt. lebendig finden wir es in Thessalien und Elis: es ist also sicher
ein wort der einwanderer, wenn auch schwerlich der Dorer im eigent-
lichen sinne. das lateinische latro = mercennarius gehört dazu, wie schon
Varro gesehen hat. die etymologie ist dunkel.
824 ἥχειν βλάβος wie ἐλθεῖν ἀγγελίην vgl. zu v. 59.
825 στρατδύειν mit eben so starker metapher wie unser "zu felde
ziehen’.
826 Für Hera und ihren kreis ist natürlich die vaterschaft des Zeus
ein on dit.
827 πιχρούς kann ein flickwort scheinen, und an der qualität der
ἄϑλοι liegt allerdings nichts. aber wenn kein epitheton zuträte, so
könnte der artikel bei ἄϑλους auch in der tragödie nicht fehlen, da die
bekannten 12 gemeint sind.
828 τὸ χρή vgl. zu 311.
831 χοενὸν αἷμα parricidium schon A. Choeph. 1038, αἷμα συγγενές
E. Hik. 148 Oin. 562. kühner sagt Oidipus vom blute seines vaters τοὐμὸλ
αἷμα 8. OT. 1400. 8. Ant. 1 xoınd» αὐτάδελφον κάρα, wo erst die
vereinigung beider adjectiva den gewollten sinn gibt, dann gar xoıyal
182 Commentar.
πατρὸς ἀδελφεαί OK 535, wo xowal nur den begriff der schwester-
schaft steigert: allerdings würde Sophokles das ohne hinblick auf den
ersten vers der Antigone schwerlich gesagt haben, den er so selbst
bezeugt.
832 Partic. aor.,, weil der act des mordes der befleckung vorhergeht.
συνϑέλω συμβούλομαι (Hek. 373) sind keine im sprachbewulstsein
lebendigen composita, wie sie sich denn auch nicht gehalten haben. man
empfindet in ihnen die praeposition noch ganz als ein selbständiges adverb
und hat wol auch doppelten accent gesprochen, wenigstens tritt ganz
leicht ein wort dazwischen, Empedokles 242 ὅτε ξὺμ πρῶτ᾽ ἐφύοντο,
oder man sagt gar σὺν xaxög ποιεῖν Thuk. III 13. oft legt sie die
nähe des simplex nahe Heraklid. 26 σὺν φεύγουσι συμφεύγω τέχγοις
καὶ σὺν καχῶς πράσσουσι συμπράσσω χαχῶς. Platon Krat. 4145
βουλοίμην ἄν. “᾿χἀγώ σοι συμβούλομαι᾽. oft in der sprache des lebens
xduol συνδοχεῖ.
833 Homer 1 572 Ἐρινὺς ἀμείλιχον ἧτορ ἔχουσα. Bekk. An. I 458.
ἄτεγχτος᾽ ἄπειστος καὶ ἀναίσϑητος ἄγνϑρωπος οἷον μήτε παραινέσει
μήτε φόβῳ τὴν πώρωσιν χαὶ τὸ τοῦ ἤϑους σκληρὸν τεγγόμενος καὶ
μαλαττόμενος. --- συλλαβεῖν τὰ 626.
χαρδέα ist, wie so oft φρένες, nicht mehr concret empfunden, sondern
gleich ϑυμός. aber auch in der eben citirten Homerstelle steht das herz.
Soph. Ant. 1105 x. ἐκστῆναι, noch kühner E, Hek. 1026 λέχριος ἐχπεσῇ
φίλης καρδίας, wo es vielmehr λογισμός ist. dies ist im griechischen
selten, das nicht so gern wie das latein den intellect in das herz
verlegt, sondern mut und willen. der feige hat χραδέην ἐλάφοιο, der
mutige ist xagding πλέως (Archil. 58). aber in wahrheit sondert die
alte zeit die seelenkräfte nicht. neben xgadinv ἠνίπαπε μύϑῳ steht
πρὸς ὃν μεγαλήτορα ϑυμόν u. 8. f.
834 Jungfräulichkeit liegt im wesen aller solcher fürchterlichen wesen,
weil sie über jede milde regung und jeden zwang erhaben sind. aus
demselben grunde ist Artemis in allen erscheinungen ihres wesens jung-
,. fräulich. bei Athena und Hestia ist der grund ein anderer, die αὐτάρχεια.
svag#Evog bezeichnet wie νύμφη und virgo das mannbare mädchen ;
die physische jungfräulichkeit liegt nicht darin (besonders bezeichnend
S. Tr. 1219 von Iole gesagt, die unmittelbar darauf πλευροῖς ὁμοῦ χλε-
ϑεῖσα heist) und kann also noch daneben bezeichnet werden. die gött-
lichen elementarwesen, die man meist νύμφαι nennt, heilsen bei Ibykos
1, 3, Rhes. 930 παρϑένοι. Νείλου καλλιπάρϑενοι goal Hel. 1, sehr
kühn für die fluten, welche die schönen Niltöchter, Nilnymphen be-
vers 832—839. 183
wohnen. σπαρϑένοι heilsen in Psophis die bäume auf Alkmeons grabe,
Pausan. 8, 24. Eur. verbindet 71. mit einem genetiv, ganz wie χόρη,
seien es die eltern wie hier oder Phoen. 160, Meleagr. 515, oder der dem
die παρϑενία gehört, Tro. 253. nach ihm Apoll. Rh. ΠῚ 86. das tun
die beiden andern tragiker nicht; dafür wagt Soph. weit kühner ἐμαὶ
παρϑένοι, was Oidipus von seinen unmündigen töchterchen sagt, OT.
1462, Tript. 736 τῆς σῆς παρϑένου μυστήρεα von Kora zu Demeter
gesagt. χόρα für diese göttin bedeutet zuerst dasselbe wie φαρϑένος
oder Παλλάς für Athena. so wird auch das weibliche anathem, das
pendant zum ἀνδριάς, das xden heilst, χαλχῆ παρϑένος genannt, in
dem homerischen epigramm auf das Midasgrab. die jungfräulichkeit gilt
zuerst auch nicht in παρϑενεία, παρϑενεύειν, das nur den mädchen-
stand’ bedeutet (so bei Sappho, deren keusche poesie erst die ausleger
und historiker mit ihrem schmutze füllen). aber in alles dringt sie all-
mählich ein, der gegensatz von παρϑένος und νύμφη wol zuerst in
dem verse des volksliedchens παρϑένε τὰν χεφαλὰν τὰ δ᾽ ἔνερϑε
νύμφα, das man gewohnt ist Praxilla zuzuschreiben.
837 Die beiden ersten imperative sind complementär, daran reiht sich
der dritte mit einem neuen object wie 320. ταραγμοὺς ἐπί τινι ἐλαύ-
yeıy sagt man nicht, allenfalls ἐπελαύνειν τινί, wie ὅρκους σφίσιν
ἐπήλαυνον Herod. 1146; in ᾿Ιλίῳ χῆδος ἤλασε A. Ag. 701 ist ἐλαύ-
yeıy noch sinnlich “hintreiben’. auch xıveiv würde man schwerlich so
sagen. aber eben deshalb stehen beide verba, weil keins von beiden
dem erforderten sinn ganz entspricht.
Das bild der schiffersprache “alle segel loslassen’ gehört dem gewöhn-
lichen leben an. Plat. Protag. 338°, Aristoph. Ritt. 756. bei Eur. noch
Med. 278 in ausgeführtem bilde ἐχϑροὶ γὰρ ἐξιᾶσι πάντα δὴ κάλων,
χοὐκ ἔστιν ἡμῖν εὐπρόσοιστος ἔκβασις die feindliche flotte geht mit
vollen segeln gegen mich los, und mein schiff kann nirgends auf einen
sicheren leicht zugänglichen strand auflaufen’. solche bilder findet frei-
lich nur ein an seekämpfe gewöhntes volk, und so der Salaminier Eur.
er hat χάλως noch in dem bilde 478. χάλως ἐξιέναι im eigentlichen
sinne Tr. 94. A.8. haben keines von beiden. späte stillosigkeit setzt
dann die phrase an einen falschen platz; besonders pervers Krinagoras
A.P.IX 545 von Kallimachos Hekale, dem τορευτὸν ἔπος δὴ γὰρ ἐπ᾽
αὐτῷ ὡνὴρ τοὺς ῆουσέων πάντας ἔσεισε κάλως.
889 αὐθέντης (αὐτοέντης bei Boph.) αὐτουργός, vgl. συνέντης συν-
εργός Hesych (Schulze gu. ep. 158), dann ‘mörder, αὐτόχειρ᾽ in ionischer
und altattischer prosa und in der tragödie. dann verschwindet es, um
184 Commentar.
in nachchristlicher zeit in der bedeutung αὐτοχράτωρ “herr” aufzutreten,
welche zwar die atticisten (Lobeck zu Phryn. 120) verbieten, aber gerade
Eur. Hik. 442 vorgreifend belegt. das verbot hat auch nichts geholfen,
als “effendi’” lebt das wort noch heute.
841 οὐδαμοῦ ist gewissermalsen praedicat “dei nikili erunt’. so sagt
man οὐδαμοῦ νομίζειν A. Pers. 498, λέγειν 8. Ant. 183, τεϑέναι
E. Andr. 210. zwar fragt man in gleichem sinne d δ᾽ Οἰδίπους τεοῦ
(Phoen. 1688) dennoch wird nicht “οὐδαμοῦ nusguam zu grunde liegen,
sondern der genetiv des preises οὐδ᾽ ἁμοῦ = οὐδὲ τοὐλαχίστου.
842 μὴ δόντος δίχῃην kann überflüssig scheinen, da ja mit ἢ “sonst”,
schon die bedingung bezeichnet ist. aber solche fülle der rede ist über-
haupt antik, und zumal der tragödie steht sie so gut zu wie die doppel-
bezeichnung desselben dinges positiv und negativ. unten 1308. sonst
z. Ὁ. Bakch. 30 ὧν vıy eivexa xraveiv Ζῆνα — ὅτι γάμους ἐψεύ-
σατο, Hik. 196 οὗ χρείᾳ πόλεις ἀπώλοντο, ἐνδεεῖς στρατηλάτου;
Ar. Fr. 108 ἀλλ᾽ ὧνπερ ἔἕνεχα.. ἦλθον... ἵνα uoı τοὺς ξένους
... φράσειας..... τούτους φράσον μοι. Plat. Gorg. 457? οὐδέν τι
μᾶλλον τούτου ἕγεχα δεῖ οὔτε τοὺς ἑατροὺς τὴν δόξαν ἀφαιρεῖσθαι,
ὅτι δύναιντ᾽ ἂν τοῦτο ποιῆσαι, οὔτε... Kritias 111 @v.... ἔστι
σημεῖα, ὅτι περὶ αὐτῆς ἀληϑῆ λέγεται τὰ νῦν. Thuk. 7,19 al δὲ
νῆες... ἀνϑώρμουν, ἕωσπερ... ol ὅπλῖται ἀπῆραν, οὗπερ ἕνεχα
καὶ τὸ πρῶτον ἐπληρώϑησαν, ὅπως πὴ οἱ ᾿4ϑηναῖοι πρὸς τὰς
ὅλχαδας.... τὸν νοῦν ἔχωσι».
843 Lyssa ist eine so alte und vornehme göttin wie nur irgend eine
andere, aber ihr beruf macht sie den. göttern selbst verhafst. von der
Nacht stammen nach Hesiod Theog. 235 ff. allerhand böse abstracta,
auch Οιζύς Ἔρις ᾿Δπάτη; er hätte die Lyssa dort gut unterbringen
können. aber von Uranos und Gaia stammen die Erinyen 185, mit
denen sie auch verwandt ist. doch überwog die vorstellung, auch diese
als kinder der Nacht zu denken, wie bei Aischylos, und die symbolik
lag nahe. Euripides hat die genealogie gewils nicht erfunden, aber er
hätte es tun können und würde sich dabei nicht einmal einer neuerung
bewulst gewesen sein.
845 Hier sollte der name folgen; ihn ersetzt τιμὰς τάσδε: ihr name
ist nur ein sxponent ihres berufes, und den zeigt ihre gestalt und hat
auch Iris bezeichnet. aber das deiktische pronomen ist nur so erklär-
lich, dafs eine selbstvorstellung vorliegt, wie in allen prologen. zıuad als
bezeichnung der von Zeus den göttlichen gewalten verliehenen wirkungs-
sphaere, für welche sie geehrt werden, seit Hesiod (Theog. 885, vgl.
vers 841---858. 185
A. Prom. 229) stehend. der beruf ist den göttern verhalst, wie der der
Erinyen A. Eum. 350. 366. es liegt im wesen der göttlichen reinheit,
dals sie die berührung mit solchen nächtigen wesen verabscheuen, nicht
mit ihnen zusammen wohnen noch essen. für jene ist der Hades das
haus. daher kommen die Keren 870, und auf diesem verhältnis beruht
der hohn 871. 2.
846 Da Eur. die Lyssa wider ihre natur empfinden lälst, müssen ihr
ihre τεμαὲὶ selbst verhafst sein, wenigstens wenn es gegen die φέλοι
τῶν ἀνθρώπων geht. partitiver genetiv neben einem adjectiv im positiv
ist im altattischen häufig, nicht blofs bei udvog u. dgl. dem sinne nach
superlativischen begriffen. τέμεος ϑεῶν Andromeda 136, ἀβάχχειτοι βρο-
τῶν Bakch. 472, οἱ σοφοὶ βροτῶν fgm. 944 u. dgl. besonders häufig bei
Thukydides, auch gerade mit ἀνθρώπων und ähnlich allgemeinen wörtern.
847 σφαλεῖσαν, Hera, auf die es ankommt, und die sie zunächst im
auge hat. da Iris angeredet ist, fügt sie jedoch σοί re zu, und dann tritt
das verbum πέϑησϑε bequemer in den plural.
852 Durch die aufnahme von ἐξημερῶσαι wird der hörer an 20 er-
innert und erfährt, daß die lebensaufgabe des helden erfüllt ist. die
sorge für den dienst der götter, den wilde frevler wie Buseiris Kyknos
Diomedes in frage stellten, wird sonst oft als motiv der taten des Her.
hervorgehoben (z. Ὁ. Pind. Nem. 1, 65; ὑπερφιάλους ἀδίχους τε dv-
ὁρας ἴδ᾽ ὠμηστὰς ϑῆρας ἐναιρόμενος Kaibel epigr. 831, 8). an die
giganten ist wegen ἀνδρῶν nicht zu denken.
864 Dals vor diesem verse einer ausgefallen ist, zeigt nicht nur das
beziehungslose ze, sondern es mulste neben Iris Hera bezeichnet werden
wie jedesmal vorher, und es fehlt auch eine bezeichnung der folgerung.
also etwa ἀνθ᾿ ὧν δάμαρτι τῇ βαρυξήλῳ «1ιός.
856 ἐμβιβάζω dynamisch. “ich meistere nicht, ich versuche nur euch
von dem wege, wo ihr strauchelt (847), auf das hinzuführen was zu-
träglicher ist’. Med. 911 eig τὸ λῷον σὸν μεϑέστηκεν κέαρ, wonach
hier der comparativ hergestellt ist. vgl. zu 196.
857 σωφρονεῖν γε. die partikel, weil σωφροσύνη an einer Lyssa
ein widersinn ist.
858 Die tochter der Nacht ruft die Sonne zum zeugen für den zwang,
den ihr die himmelskönigin antut, nicht nur weil die Sonne, allgegen-
wärtig, der gewöhnlichste schwurzeuge ist, sondern weil sie (freilich eben
aus diesem grunde) auch die frevel der götter nicht beschönigt (3 270,
hymn. an Demeter 64). auch lag es einer mit dem probleme des poly-
theismus bereits ringenden zeit nahe, das element an sich als etwas
186 Commentar.
göttliches erhaben über die πάϑη der in personen gespaltenen götter
anzusehen; ob Sonne oder Wasser oder Erde, das macht wenig aus. Pro-
metheus ruft alle elemente in der einöde an. Ἥλιος πάντων ϑεῶν
πρόμος 8. OT. 660, γεννητὴς ϑεῶν καὶ πατὴρ πάντων Soph. ἔστι. 1017.
Orestes lälst nach dem muttermord das gewand, mit dem Agamemnon
berückt ist, ausbreiten ὡς ἔδῃ πατήρ, οὐχ οὑμὸς ἀλλ᾽ ὅ πάντ᾽ Eno-
πτεύων τάδε “Ἥλιος Choeph. 386. Menander fgm. inc. 132 Mein. gibt
dafür eine fade erklärung Ἥλιε, σὲ γὰρ dei προσκυνεῖν πρῶτον
ϑεῶν, δι᾿ ὃν ϑεωρεῖν ἔστι τοὺς ἄλλους ϑεούς.
860 ῥοῖβδος ist das durch heftige bewegung hervorgebrachte geräusch
“sausen’. davon ῥοιβδεῖν und das adv. ῥοίβδην, für dolßd -δην. Phot.
Hesych.; das compositum nur hier. von grammatikern und grammatiker-
poeten öfter mit δοιζεῖν "zischen’ verwechselt. so setzt Quintus 5, 381
ῥοιβδη δὸν vom zischen des kochenden wassers, und steht hier die falsche
erklärung δοιξηδὸν an rande der handschrift. andererseits hat die aus
sprache verschuldet, dafs sich für ῥοίβδην ein grammatisch ganz unmög-
liches ῥύβδην eindrängte, bei Ps. Aristoteles . ζῴων ἠϑῶν 624" 24
(aus Theophrast), und bei Hipponax 35 (überliefert ῥύδην, δύβδην Bergk)
und bei grammatikern (Hes. Suid. aber Photius hat δοέβδην). --- der
plural χύνας kann auffallen, und ein moderner dichter würde ihn nicht
setzen; aber die alten jagen mit der meute.
861 Der kurze nachsatz (ibo quidem; die prosa würde statt γε δὴ oder
τοέγυν setzen), noch dazu am anfange des verses mit starker interpunction
entspricht nicht nur dem plötzlichen entschlusse, sondern auch dem plötz-
lichen umschlage: von jetzt ist Lyssa erst wirklich sie selbst. dem dient
das asyndeton, die erst unter der fülle der bilder den faden der grammatik
verlierende, dann in lauter gleiche kommata zerlegte orakelhafte rede,
endlich die apostrophe. man empfindet beim rechten lesen, wie wilde
gesticulationen die darstellung erfordert. — die construction würde sein
οὔτε πόντος οὕτως... οὔτε σεισμός... μαίνεται ὡς ἐγὼ ἐπιοῦσα τῷ
Ἡρακλεῖ. dies letzte zieht sich zu einem sinnlicheren bilde zusammen;
die einzelnen anfälle des wahnsinns sind die einzelnen “stadien’, welche
Lyssa durchmifst um ihr ziel zu erreichen. und nun fordert wieder das
nomen statt der vergleichungspartikel ein pronomen, οἷα στάδια. die
krämpfe der drei reiche, meer, erde, himmel werden mit denen des wahn-
sinnigen verglichen, das meer im sturm, vgl. zum ausdruck Or. 344 ὡς
πόντου λάβροις ὀλεϑρίοισιν ἐν κύμασιν, das beben der erde, und
das gewitter, in dem die natur in wehen zuckt, “als wollte die welt
noch eine welt gebären’.
vers 860---860. 187
864 μέλαϑρα und δόμοι sind nicht scharf zu unterscheiden. das
ist von Lyssa zu viel verlangt: der parallelismus der glieder wirkt er-
haben wie in der hebräischen poesie, und ἐπ-εμβαλῶ gibt den schein
eines fortschrittes.
865 “Der mörder wird nicht merken, dafs er seine kinder erschlagen
hat, bis er meine λύσσαι los ist”. Her. ist von ihrer einwirkung noch
lange nicht frei, auch nach der tat selbst, ganz wie die Agaue der
Bakchen verkennt er in den leichen seine kinder. von ihren λύσσαι
redet Lyssa, eben durch den sonst ungebräuchlichen plural die äußgerungen
des affectes differenzürend. sie hat ihr opfer wol losgelassen, als Athena
intervenirte, aber es dauerte noch lange, bis er die λύσσαι aus seiner
seele loslassen konnte: daher sind diese object. das epische ἐναέρειν
hat Eur. im dialoge nicht mehr, wie noch A. S., auch &vagi-eıv hat er
nicht mehr. aber in den lyrischen partien, zu denen diese trochaeen
sprachlich gehören, hat er das praesens und den aorist, durch dessen
herstellung ich diese früher von mir falsch behandelte stelle geheilt habe.
867 ἢν, en, ist der komödie gewöhnlich, auch in der verbindung ἤν
ἐδού, 1. Ὁ. Pratinas im hyporchem, Ar. Fried. 327, Herodas 1, 4. seit
der Alexandrinerzeit ἢν ide in daktylischen versen. die sophistische
stillosigkeit greift ἢν ἰδοὺ auf, Lukian Totengespr. 10, 10. Anachara. 1.
Alkiphron p. 80 Mein. das blofse ἤν steht in dem pseudotheokritischen
gedichte 8, 26. in der tragödie ist diese stelle die einzig überlieferte.
doch ist es A. Prom. 63 für πλήν herzustellen. auf die aufforderung
den Prometheus an den felsen zu fesseln sagt dort Kratos, indem er
den befehl ausführt, 77° τοῦδ᾽ ἂν οὐδεὶς ἐνδίκως μέμψαιτό μοι.
übrigens ist die betonung ungewils; hier bietet die handschrift den cir-
cumflex, meist ist die interjection misverstanden oder „vide ἡγνγιδοῦ zu-
sammengeschrieben. es scheint, dals die antiken grammatiker sie über-
haupt nicht verstanden haben.
An den schranken stehen die wettläufer beim beginn des rennens: da
steht jetzt Her. das bild der στάδεα hat sich etwas verschoben; nicht
‘der wahnsinn’ sondern der “wahnsinnige’ ist der läufer. — dies ist der
moment, der im botenberichte 930 geschildert wird. dem wilden unstäten
atmen entspricht 934. πνεῦμα μέγα ἀγαπνεόμεγον χαὶ διὰ πολλοῦ
χρόνου παραφροσύνην δηλοῖ Hippokr. prognost. 8. das schütteln des
hauptes und der rollende blick trifft auf das bild des wilden stieres ebenso
zu wie das schnauben und brüllen.
869 σωφρονέξειν pflegt transitiv zu stehn. aber so ist es hier nicht
gemeint, sondern steht für σωφρονεῖν. οὐκέτι σώφρων ἐστὶ τὰς dya-
188 Commentar.
πνοάς, im gegensatz zu παράφρων, nicht zu ἀχρατής. umgekehrt steht
Tro. 350 σωφρονεῖν für σωφρονίζειν, οὐδέ σ᾽ al εὐχαε σεσωφρο-
γήχασι. und bei dem tragiker Aristarchos 8 braucht σωφρόνημα nicht
in σωφρόνισμα geändert zu werden.
ταῦρος ἐς ἐμβολήν ist grammatisch aufzufassen wie πτερὸν πρὸς
αἰϑέρα 510. es ist der zum stolse sich rüstende stier, καῦροι ἐς χέρας
ϑυμούμενοι Bakch. 743. dagegen ist Syl. 689 zwar auch von Her. gesagt
ὄμμα πυρὸς γέμεις, ταῦρος λέοντος ὡς βλέπων ἐς ἐμβολήν, aber
nur äulfserlich anklingend, denn dort ἐμβάλλει ὅ λέων, hier ὁ ταῦρος.
Her. ruft nicht die Keren: aber das wüste gebrüll ist für sie die ein-
ladung zu kommen, wie das fromme gebet für die lichten gewalten des
aethers.
871 φόβος activisch, das was in schrecken setzt; wie (Φόβος neben
leiuog trabant des Ares ist. hier ist der φόβος das instrument, anf
welchem Lyssa dem Her. den takt zu seinen ῥυϑμός, πέτυλος μανίας
spielt. um das bild verständlich zu machen tritt χαταυλεῖν zu χορεύειν
hinzu, ein wort, mit dem Eur. der spätern sprache vorgreift. seit
dem 4. jahrhundert ist es für ‘sich musik machen lassen, sich durch die
melodieen anregen, besänftigen, stimmen lassen’ geläufig. wenn eine müde
truppe durch den klang der querpfeifen rasch wieder tritt und haltung
findet, dann χαταυλοῦνται. eine kurze wiedergabe in deutscher oder
lateinischer sprache ist unmöglich.
872 Schon redet sie Her. an, im begriff in das haus einzutreten: da
wendet sie sich noch einmal um, der verführerin den hohn entgegen zu
schleudern, dafs der ort, wo die geister der hölle toben für reine himmels
götter kein platz wäre. die epische form Οὔλυμστος und der aeolismus
πεδαίρω (819), beide gleich unerhört in euripideischen dialogversen,
heben die trochaeen in die sphaere Iyrischer erhabenheit.
γενναῖος stammt von einem verschollenen worte y&yva, welches das
geschlecht in scharf rechtlichem sinne, die gens, bedeutete, erhalten in
yeyvntal gentiles, sonst ersetzt durch γένος, dessen scharf von gens g*
sonderte bedeutung im lateinischen bewahrt ist. aufßserdem existirt eine
hochaltertümliche bildung, die auch den alten vocalismus nicht einbüfst,
γεννάδας, eigentlich das glied einer γέννα dynamisch genau so bezeich-
nend wie patrieius, aber in der demokratie aus ernsthafter rede verbannt
und nur im volksmunde in der bedeutung “ein rechter ker!’ erhalten;
denselben bedeutungswandel hat das adjectiv yevvıxög durchgemacht. ΜᾺ
bei den Aeolern γέννα (nicht ganz sicher, ob lautlich = γέννα oder —
£vea) bedeutete, ist nicht sicher. das wort ist mit den andern aeolismen
vers 871—872. Fünfte gesangnummer. 189
in die lyrik und das drama gekommen und bedeutet hier γενεά (eigentlich
generation, aber dann auch gens genus progenies); Parmenides (62) und
nach dessen vorgang häufig Empedokles verwenden es in noch weiterem
sinne, so dafs man es meist mit dem späteren φύσες, besser noch dem
dorischen gva ersetzen kann. das « ist kurz: für den sinnlosen voca-
lismus γέννᾳ sind nur die herausgeber, nicht die überlieferung der bruch-
stücke jener epiker verantwortlich. aus Empedokles hat es der ionische
sophist, der die ersten capitel des "Hippokrates’ περὶ φύσεως ἀνθρώπου
verfalst hat 3, γέννα οὐδ᾽ ἂν ula συντελέοιτο. seltsamerweise taucht das
wort in der apokryphen zauberlitteratur auf (Dieterich Abraxas 174, 9
u. ö.), wol aus der sprache epischer katharmoi, wie die des Empedokles
waren. in Athen erwachte durch dies γέννα wieder die erinnerung an
das. alte wort, und deshalb findet sich die schlufssylbe einzeln lang.
γενναῖος ist also ganz eigentlich “adlich’, und so steht es hier und noch
ein par mal im drama, z. Ὁ. A. Ag. 613 E. Alk. 1097, häufig doppel-
sinnig, z. b. Andr. 837 Ion 237 mehrfach hinter einander, meist aber
ganz auf das moralische übertragen "edel’, so dafs Soph. O. T. 1471 den
begriff “von geburt ein edler mensch’ durch γονῇ γενναῖε bezeichnen
kann. die geschichte des wortstammes ist die des adelstandes.
Fünfte gesangnummer.
Über die eigentümliche spielart des dochmischen mafses, in welchem
diese und die folgenden lyrischen partieen gehalten sind vgl. I 8. 146,
wo ihr von einer häufig darin befindlichen zeile der name enoplische
dochmien gegeben ist. die zum teil sehr dunkele und in unserer metrischen
tradition überhaupt nicht berührte theorie des malses kann hier nicht ge-
geben werden; somit ist vielfach die selbstbeschränkung notwendig, nur
die je vorliegende versform aus anderen ähnlichen liedern zu belegen,
ohne auf ihre entstehung einzugehen. charakteristisch für diese lieder ist
der häufige personenwechsel, selbst mitten im verse, und die starke be-
teiligung der schauspieler; an dem in die exodos eingelegten liede ist
sogar der chor ganz unbeteiligt. wahrscheinlich trug der chorführer die
in der überlieferung dem chore zugeteilten partieen vor. denn es ist
erstens im allgemeinen nicht wahrscheinlich, dafs z. b. die eine hälfte
eines dochmius ein sänger auf der bühne, die andere die 15 choreuten
vorgetragen hätten ; sodann gibt es keine stelle, wo wie z. Ὁ. oben 138.442
ein gegensatz von chor und chorführer zu fühlen wäre, im gegenteil, die
entsprechende ankündigung des Amphitryon 1039 ist grammatisch mit
den lyrischen malsen unlöslich verbunden, und auch Bakch. 1200. 1
190 Comuientar,
muls derselbe vorgetragen haben, dem die lyrischen verse gehören'). end-
lich erklärt sich durch diese verschiedene vortragsart, dafs den freieren
enoplischen dochmien hier wie 1016—27 strenger gebaute vorhergeben,
die sich auch im tone absondern und den stasima völlig entsprechen. se
haben einfach für solche zu gelten und sind dem ganzen chore zuzuteilen.
auch dies ist in den Bakchen 1153 ganz deutlich, denn auf ein solches
dochmisches chorlied folgen 1165—68 trimeter des chorführers, die in
gewohnter weise eine auftretende person vorstellen. die zerrissenheit der
verse und die sprünge der gedanken haben vielfach dazu verlockt eine
verteilung unter mehrere choreuten anzunehmen. es ist die aufgabe der
erklärung in jedem einzelnen falle den zusammenhang zu ermitteln. das
ergebnis ist, dals eine solche hypothese nirgend auch nur zulässig ist.
in den ausnahmefällen, wo der dichter halbchöre oder vielmehr halb-
chorführer eingeführt hat (wie Or. 1258), ist die sache klar bezeichnet
und versagt auch die überlieferung nicht ganz. ebenso muls in jedem
einzelnen falle erwogen werden, ob responsion vorliegt oder nicht. die
dochmischen reihen lassen sich, wenn sie rein sind, sehr leicht zur re-
sponsion zwingen, und die fremdartigen glieder kehren recht häufig an
mehreren stellen sehr ähnlich oder auch identisch wieder, so dafs die
versuchung sehr grols ist, responsion zu erzwingen. allein das ist un-
zulässig. das zeigt schon der erfolg; denn man ist entweder gezwungen
ganz gewaltsame umstellungen zu machen oder stücke respondiren zu
lassen, die nicht unmittelbar auf einander folgen, was nur zulässig ist,
wenn es dadurch entsteht, dafs respondirende stücke verschiedener sänger
sich verschränken?). positiv beweisend ist, dafs bei Sophokles die re
sponsion unzweifelhaft, aber auch keine änderungen nötig sind. ent-
scheidend ist endlich, dafs für die dochmischen chorlieder, die diesen
wechselgesängen vorhergehen, responsion überhaupt nicht zu ermöglichen
1) Daraus folgt freilich, da das lied antistrophisch ist, dafs am ende der strophe
(1184) zwei trimeter des chores fehlen. aber das ist an sich notwendig, da sonst
kein personenwechsel am strophenende eintreten würde, und aus dem sinne kann
jeder die lücke mit einigem nachdenken entnehmen. vgl. jetzt die ausgabe der
Bakchen von E. Bruhn.
2) Die einzige ausnahme, die Kirchhoff in der kleinen ausgabe noch zugeb
(jetzt hat er falsch umgestellt), Andr. 1197—1225, löst sich no, dals 1197-1212
— 1213—25 ist. es sind die ersten reihen der einzigen strophe, zwei ismbischt
hexameter mit mehrfach unterdrückten senkungen, fälschlich als selbständige strophen
gefafst worden. wenn man die interjectionen drrorororo/ nicht Ändert, ist die re
sponsion vorhanden. auf diesen tatbestand hat mich vor jahren ein Greifswalder
schüler aufmerksam gemacht.
Fünfte gesangnummer. 191
ist, obwol sie da doch mehr am platze wäre. solche lieder finden sich
aber auch sonst und schon bei Aischylos (Choeph. 152, Prom. 687,
Eur. Hipp. 1268) ohne responsion. deutlich ist dagegen in chorliedern
wie in wechselgesängen eine gliederung in perioden, nach der denn im
folgenden abgeteilt werden soll: es dürfte hier klar werden, wie nützlich
die hilfszeichen sind, welche in dieser ausgabe nach dem vorbilde der
Alexandriner eingeführt sind.
Stasimon 875—86. 1) 875—79. auf einen vorschlag von zwei kürzen,
über den zur ersten strophe des vorigen chorliedes (746) gehandelt ist'),
folgen 8 δίόχμεοι) und 2 bakcheen. synaphie ist möglich und wahrschein-
lich. die bakcheen sind seit alter zeit und für alle zeit mit den dochmien
verbunden, hängen freilich kaum genetisch mit ihnen zusammen. die
dochmien zeigen nur einfachste formen bis auf den letzten, der die ano-
malie eines zweisylbigen vorschlags bietet __----. die erscheinung
ist durch nicht ganz wenige belege gesichert, allein es ist eine anomalie,
da die erste wie die vierte sylbe des dochmius zwar als indifferent be-
handelt werden, also eine länge zulassen, eine solche irrationale länge aber
aufzulösen in sich widersinnig ist. schwerlich hat die entsprechende
anomalie der iambischen und trochaeischen verse die dichter verführt;
denn sie pflegten diese für den gesang rein zu bauen, und in recitativen
malsen war der anlals auch ein ganz anderer. vielmehr hat der enoplios,
der sprüchwortvers und ähnliches volkstümliche die vorbilder geliefert.
ein weiteres beispiel 1057 ἀδύνατ᾽ ἀδύνατά μοι, durch die häufung
der kürzen noch auffälliger; wie hier z. Ὁ. Bakch. 989 τίς ἄρα νιν
ἔτεκεν οὐ, 998 ὄριγια ματρὸς τε σᾶς.
2) 880---84. die periode besteht aus einem iambischen trimeter, den syllaba
anceps abgrenzt; 2 d, von welchen der zweite katalektisch ist, d. h. die
form des bakcheus hat; und sechs dochmien, von denen der letzte ebenso
katalektisch ist. aber die ersten drei treten als gleich viele anapaestische
metra auf, mit den zusammenziehungen, die den anapaesten zustehen, und
mit dem wortabschnitt zwischen den einzelnen metra, wie er ebenfalls
in anapaesten beliebt ist. dieser ersatz (beruhend auf der gleichen zahl
(8) der metrischen einheiten) ist legitim, seitdem es dochmische lieder gibt.
3) 885. 86 4 ὁ.
Nun beginnt der wechselgesang, und die einzelnen rufe des Amph.
— m m —
1) Es liegt auf der hand, dafs man den vorschlag leicht beseitigen kann, man
braucht ja nur zwei τὸ zu entfernen: aber in solchen dingen kann man nur die
überlieferung befolgen, so lange sie möglich ist, ohne sich die unsicherheit zu ver-
hehlen. man darf sich aber hoffentlich eingestehen, dafs nicht viel darauf ankommt.
192 Commentar.
gliedern die perioden; da seine worte zuweilen in synaphie mit denen des
chores stehen, sind sie in das veramals mit einzubeziehen.
1) 887 —90 ὃ + 2 bakcheen + 6, 2 ὁ, enoplios der form Vlwey,
wahrscheinlich fehlt hinter ihm ein glied, denn der sinn fordert einen
zusatz, und auch das ohr vermilst etwas. man wünscht einen trochaeischen
dimeter wie 899. die fermate sowol wie der bakcheische dimeter in der
dochmischen reihe befremden etwas; aber das berechtigt noch nicht zur
änderung.
2) 890’—92 iambisches metron (Amph.); iambischer trimeter; dakty-
lischer tetrameter. daktylische reihen in verschiedenster zahl der metra
sind häufig in diesen liedern; belege bietet z. b. die teichoskopie der
Phoenissen.
3) 893—95 iambisches metron (Amph.); iambelegus, die am häufigsten
in diesen liedern neben den dochmien erscheinende zeile; enoplios der
form vu -w-,
4) 896—99 iambischer trimeter (bis zur caesur des vierten fulses Amph.);
durch syllaba anceps gesondert; 2 d, doch der erste unvollständig in der
gewöhnlichsten weise (als creticus); iambischer dimeter -+- enoplios +
-u---, dieses letzte kolon ist sicher als trochaeischer (epitritischer)
dimeter zu fassen, katalektisch mit zwei unterdrückten senkungen. denn
es findet sich in verbindung eben mit dem enoplios als abschluls eine:
daktyloepitritischen liedes z. Ὁ. ’Irıe Φοῖβε σοὶ δὲ ταῦτ᾽ ἀρέστ᾽ εἶ!
Soph. Ο T. 1096. sein vorkommen und das des iambelegus scheint zu
beweisen, dafs diese ganze spielart von dochmien dadurch entstanden ist,
dafs man mit ihnen zunächst die daktyloepitriten, oder vielmehr deren
volkstümliche vorstufe, vereinigt hat.
5) 900—-903. iamb. metron (Amph.); 5 ὃ; synaphie möglich und wahr-
scheinlich,
6) 904---8. iamb, metron ; iamb. trimeter; (Amph.) interjection:: 3 bakcheen;
iamb. dimeter -+- enoplios + epitritischer dimeter, ganz wie 899.
7) 910—21. "bier tritt an die stelle des Amphitryon der bote. dieser
singt nicht; seine worte sind also durchaus nur teile von iambischen
versen, aber nichts desto weniger mit denen des chores zu denselben
metrischen gebilden vereinigt. dieses seltsame verhältnis wiederholt sich
unten in dem wechselgesange zwischen Theseus und Amphitryon, sonst
z. Ὁ, Soph. O T. 679—84. E. Ion 763 ff. 1445 ff.
910—13. 6 iambische metra + 6.
914 trimeter. 915 2 ὃ, der erste katalektisch wie 897. 916 iambischer
trimeter. 917—21 706.
Fünfte gesangnummer. 193
Der chor gibt zunächst den eindruck der göttlichen erscheinung in
keiner andern weise wieder, als das in jedem stasimon geschehen würde. wie
im stasimon die strophe eine einheit für sich ist, so ist es hier die periode.
die erste spricht das bedauern über den verlust des Her. erst für den
chor, d. ἃ. Theben, dann für Hellas aus. die zweite schildert Lyssa, zwar
unter dem eindruck ihrer erscheinung, aber doch so, wie sie sich der
chor in ausübung ihres berufes vorstellt, wie sie also jetzt im hause auf-
tritt. die dritte macht von dem allgemeinen die specielle anwendung.
da ertönt ein wehruf von drinnen; man erfährt nirgend sicher (auch 900
ist mehrdeutig), wer ihn ausstölst, was ein sehr wenig in Euripides weise
liegender mangel ist. doch findet sich dasselbe bei einem ruf von innen
Hipp. 776, und hier, wo nur Amphitryon singt, ist noch leichter darauf
zu rechnen, dafs die zuschauer die stimme erkennen. aus dem klage-
rufe schliefst der chor zunächst nur, dafs die ausführung der untat nahe
ist. als sich die rufe aber wiederholen, kann er nicht anders als an-
nehmen, daß das ungeheure nun vollbracht wird; aber seine bilder und
betrachtungen begleiten in wahrheit den fortschritt der drinnen ge-
schehenden handlung, und für den hörer hat das schon etwas visionäres.
als nun aber Amph. ruft, dafs das haus zusammenstürzt (was im munde
des chores lächerlich wäre, da die zerstörung des hauses von aulsen
unsichtbar ist), erschlielst der chor die anwesenheit und wirkung Athena».
das ist in keiner weise verständlich, wenn man nicht wirklich eine visio-
näre erleuchtung des chores zugibt. bei einem modernen dichter würde
man vollauf berechtigt sein, unter diesen umständen eine bühnenan-
weisung zu ergänzen “in der luft erscheint Athena in der 1003 be-
schriebenen haltung und verschwindet im innern des hauses. darauf
hört man das getöse eines einsturzes”, und auf der modernen bühne
würde man wirklich die scene so geben können. bei Eur. ist daran
nicht zu denken, weder äußerlich, denn es fehlen die conventionellen
formeln, mit denen er das erscheinen von göttern ankündigt, z. b. oben
das der Iris; noch auch innerlich: er legt auf das überkommene motiv der
intervention Athenas gar keinen wert, vgl.I s. 85. da aber die drinnen
geschehende tat draulsen von dem chore und dem zuschauer mitempfunden
werden sollte, so mulste der dichter sich irgendwie mit Athenas er-
scheinung abfinden. und so hat er den ausweg gewählt, den chor mehr
wissen zu lassen, als er wissen kann. mag der zuschauer immerhin die
anrede nicht verstehen: wenn er vernimmt, dafs Pallas im hause ist,
so weils er, dafs das nicht im sinne Heras geschieht. damit wird eine
neue spannung erregt und zugleich eine das grälsliche mildernde hoffnung.
v. Wilamowitz 11. 18
194 Conımentar.
da die geschichte, die er dramatisirte, Athenas erscheinung bereits ent-
hielt, so kann man zweifeln, in wie weit dem dichter sein verstolßs gegen
die wirklichkeit und wahrscheinlichkeit zum bewulstsein gekommen ist,
und auch für sein publicum gilt das. jedenfalls hat er so die wahrlich
schwere aufgabe erfüllt, dafs eine handlung, die wir nicht sehen, doch
mit der ganzen stärke der gegenwart auf unsere empfindung wirkt, ja
stärker, aber minder sinnlich roh, weil das wunderbare hinzutritt, und
wenn wir dann die ausführliche erzählung hören, so vergleichen wir
gewissermalsen die auflösung mit dem rätsel, und unser verstand fühlt
sich ebenso befriedigt wie vorher unser gefühl. äufserlich vergleichbar
(innerlich freilich arg contrastirend) ist es, wenn der chor des Hippo-
lytos, der doch nur weils, dafs Phaidra sterben will, genau schildert, wie
sie sich erdrosselt, während sie das drinnen wirklich tut, 767—75.
Sophokles ersetzt im Ὁ. K. kunstvoll und schön einen bericht über die
befreiung der beiden töchter durch ein chorlied, das nur vermutungen
gibt, aber die phantasie völlig befriedigt. Bakch. 580 ist eine sonst mit
der vorliegenden verwandte scene; aber da sehen und hören wir, wie
sich wirklich ein wunder begibt.
Der bote, der dann auftritt, findet den chor zunächst noch nicht in
der verfassung, ihn ruhig anzuhören, sondern wird von klagerufen des-
selben unterbrochen, endlich aber zum bericht aufgefordert, den er aus
führlich erstattet. er ist die längst in Athen conventionelle bühnen-
figur. der dichter setzt voraus, dafs wir weder danach fragen, wie das
gesinde des Her. sich schon zusammengefunden haben kann, noch wes
halb der bote den chor aufsucht, noch wo er bleibt, als er seine ge
schichte erzählt hat. in wahrheit kommt er um dem publicum zu er-
zählen, tut das und geht, als er seine schuldigkeit getan hat. —
Es ist notwendig um die bilder, welche im folgenden für den mör-
derischen wahnsinn gewählt sind, zu würdigen, etwas weiter umzublicken.
der dichter und sein volk besafsen in ihrer phantasie eine fülle von sinn-
lichen vorstellungen, welche zum teil tief im religiösen glauben wurselnd
schon auf eine kurze andeutung hin ein vollbild aus sich erzeugten. unsere
phantasie ist kahl und durch die dürre des verstandes unfruchtbar ge
worden, so dafs sie nicht nur nichts aus sich dem dichter entgegenbringt,
sondern zunächst mit den einzelnen zügen, die in verschiedene bilder
gehören, nichts anfangen kann.
1) Lyssa ist jägerin, 898. der tod wird ja selbst als jäger gedacht,
und drunten in der hölle schweifen seine hunde (Ar. Frö. 472, nach des
Kritias Peirithoos, I s. 157). jäger sind die todesgötter Apollon und
Fünfte gesangnummer. 195
Artemis, und Hekates meute ist ja allbekannt. Lyssa ist jetzt die jägerin,
weil sie nun selbst wirkt; 860 war sie der bund des jägers, weil sie
nicht aus eigener initistive handelte. so ward im cultus unterirdischer
götter, 2. Ὁ. des Asklepios, ein Κυγνηγέτης neben den Κύνες eingeführt,
der doch im grunde der jäger Tod selbst war (CIA II 1651. Platon
kom. bei Athen. X 441°). die hunde Lyssas sind dann die Keren, 870,
die daemonen, welche den tod selbst bringen, von denen eine eigentlich
auch Lyssa ist. Apoll. Rhod. IV 1666 singt Medeia ein zauberlied wider
Taloe, μέλπεε δὲ Κῆρας ϑυμοβόρους, Aldao ϑοὰς κύνας, al περὶ
πᾶσαν ἠέρα δινεύουσαι ἐπὶ ζωοῖσιν ἀγῶνται. Theodoridas Anth.
Pal. VII 439: die Moira hat einen jüngling dahingerafft (abgemäht wie
hier 875) Κῆρας ἐπισσεύασα βίου χύνας" ὦ πόποι, ἀνὴρ οἷος ἀμει-
δήτῳ χεῖται ἕλωρ ᾿Αἰδῃ. (leider ist hier βέου verdorben: dafs es nicht
aldov, oder vielmehr ἀέξδεω ist, zeigt der pentameter). den Pontheus
verfolgt Lyssa durch die maenaden: da werden diese die Joal Avcoag
κύνες Bakch. 977. Aisch. Eumeniden sind dieser bilder voll. aber die
Erinyen darf man mit Lyssa nicht vermischen: sie sind grofse göttinnen,
sittliche mächte, Lyssa eine personification. wenn sie hunde sind, so
sind sie schweilshunde: sie jagen nur den blutbefleckten. Ibykos 2
schildert, wie Eros der Aphrodite den menschen in die stellnetze treibt:
schildert ihn also als «uw» _4poodlzng. die liebe ist ja selbst ein wahn-
sinn, und so wiederholen sich dieselben bilder in der erotischen poesie.
2) Lyssa fährt zu wagen, und Herakles ist davor gespannt. da liegt
zu grunde die anschauung, die wir in “besessen sein’ haben. es kommt
ja auch einzeln das bild vom reiter vor (1001). Sieg und Ruhm, die den
menschen zu sich auf den wagen nehmen, sind zu v. 780 vorgeführt. das
ist der mensch in seiner hoffart; daneben steht auch Bellerophontes,
der auf dem flügelrosse in den himmel strebt. es ist ein kurzer schritt,
die beherrschende gottheit fahrend, den menschen im joch gehend zu
denken. so geht Orestes im joche des leides, A. Choeph. 795, und Zeus
soll ihm den weg weisen. wie viel mehr palst das auf den wahnsinnigen,
der sich des weges und zieles nicht bewulst ist, ihn ἀγασειράξει ϑεός
Hipp. 237'); Eur. Or. 36 τὸ μητρὸς αἷμά νιν τροχηλατεῖ uavlauoıy,
und ebenso I. T. 82. El. 1253. Io ruft Prom. 884 ἔξω δρόμοι φέρο-
1) ὥσπερ ξὺν ἵπποις ἡνεοστροφῶ δρόκου ἐξωτέρω" φέρουσε γὰρ νικώμενον
φρένες δύσαρκτοι, Choeph. 1022, hatte ich falsch angeführt. hier vergleicht sich
Orestes, dessen geist zu schwindeln beginnt, mit einem wagenlenker, dem die pferde,
scheu gemacht durch den φόβος, nicht mehr gehorchen wollen, sondern aus der
bahn brechen. die rosse der seele sind uns aus Platons Phaidros noch geläufig.
13*
196 Commentar.
μαι λύσσης πνεύματι μάργῳ. dem τροχήλατος entspricht φοιταλέος,
das die tragiker von “ύσσα (Eur. Or. 826) und ihrem stachel (A. Prom.
597) brauchen. der stachel des wahnsinns, von dem man freilich in
viel weiterem sinne redet, vgl. zu 20, pafste in dieses bild so vortreff-
lich, daß er wesentlich zu seiner ausgestaltung beigetragen hat. auch
von der liebe sagt Theognis 371 μή u’ ἀέκοντα βίῃ κεντῶν ὑπ᾽ ἄμα-
Say ἔλαυνε. wie der geliebte die seele des liebhabers am zügel führt,
Anakr. 4. A. Eum. 155 sagen die Erinyen von sich selbst, dafs sie der
vorwurf Klytaimnestras ἔτυψεν δίχαν διφρηλάτου μεσολαβεῖ κέντρῳ
ὑπὸ φρένας ὑπὸ λοβόν. so erscheint hier Lyssa zu wagen ihr gespann
antreibend. sie führte ja auch wirklich auf der bühne den stachel,
3) Lyssa macht musik, nach welcher Her. tanzt. da die Hellenen
für die musik so stark empfänglich waren, wie es der moderne überhaupt
nicht begreift, so lag dieses bild nahe, das freilich nichts mythisches an
sich hat. besonders Aischylos ist gewöhnt, die regungen der seele als
eine melodie zu denken: und sein δέσμιος ὕμνος ist der vollendetste
beleg für diese vorstellung. Choeph. 1024 fährt Orestes nach den eben
in der anmerkung angeführten worten fort πρὸς δὲ χαρδίᾳ φόβος
ἄδειν ἕτοιμος, ἣ δ᾽ ὑπορχεῖσϑαι κότῳ. also φόβος singt das lied,
und das herz tanzt zu seinem grimme (ὑπὸ τῷ κότῳ ὀρχεῖται). für
Lyssa ist φόβος das instrument, auf dem sie Her. die höllische melodie
spielt 871. es ist flötenmusik, auch 879, 897, weil diese in den augen
der Hellenen einen viel leidenschaftlicheren orgiastischeren charakter
hatte; weshalb sie Platon ebenso wie Athena verworfen hat. über den
πίέτυλος μανίας, der auch hierher gehört, zu 816.
4) der wahnsinn ist ein rausch. das empfinden auch wir und sagen
es ebenso von jeder die ruhige besinnung überwältigenden leidenschaft.
Lyssa übt also dieselbe einwirkung wie Dionysos, nur nicht beseligend
sondern vernichtend. wol ist in wahrheit auch im wesen des Dionysos
die nächtige seite vorhanden (denn er ist ein gott der beiden welten
angehört), und die ekstase selbst erscheint als etwas krankhaftes. es kann
also für die raserei βαχχεύειν so gut wie ualveodaı gesagt werden.
aber es ist doch ein unterschied. Her. ist “Aıdov Baxyog 1119, und die
Erinyen haben einen ἀβάχχευτος ϑίασος Or. 319. ähnliche oxymora
lieben alle dichter; die dissonanzen der höllenlieder, von denen eben
die rede war, gehören eben dahin. die Bakchen des Eur. vereinigen
eigentliche mit höllischer βαχχεία. auf diesem widerspiele beruhen hier
die vergleiche 891—95. auch dieses bild läfst sich auf andere raserei als
die des wahnsinns übertragen. z. Ὁ. der kampf, βρομίου παράμουσος
vers 876---881. 197
ἑορταῖς, singt nicht bekränzt zur flöte, sondern χῶμον ἀναυλότατον
προχορεύει, trägt nicht thyrsos und nebris, sondern führt ἀσπειδοφέρ-
μονα ϑίασον Evorchoy wider die mauern, Phoen. 785. alle diese bilder,
zu denen dann noch einzelne gelegentliche metaphern treten, werden
durch das zergliedern ihres reizes entkleidet; wer sie geniefsen will, muls
sich in die antike sinnesart versenken. und selbst das genügt nicht:
denn der stachel des wahnsinns, die meute der unterwelt, die dionysische
höllenraserei sind ja keine blofsen bilder, sondern dabei empfindet der
Hellene den religiösen schauer: grauen mufs einem davor, als ob man
das wilde heer über sich ziehen hörte.
876 σὸν ἄνϑος πόλεος wie τἀμὰ πεδία γῆς 468. die beziehung
gibt der angeredete, d. h. der chor selbst. die handschrift gibt die variante
σὸν ἄνϑος, πόλις, auch gut, aber offenbar erleichternde erklärung,
übrigene durch das versmals ausgeschlossen. &y oc steht sonst collectiv
von der jugend, Tro. 809, A. Pers. 59 und sogar Thukyd. IV 133. so
auch ἄωτος, aber einmal hat es Pindar von einer einzelnen person
OL 2, 8.
877 μέλεος ist praedicativ, also das verbum substantivum ausgelassen.
879 ἔναυλος ist gewöhnlich in übertragnem sinne “in den ohren
klingend”, wie ein schriller flötenton noch lange im gehöre bleibt.
Aischines 3, 191 ἔναυλον ἔτι πᾶσιν ἦν ὅτι ὅ δῆμος κατελύϑη, Pseudo-
plat. Menex. 235°. danach viele nachahmer, die nichts lehren (aufge-
führt bei Ruhnken zu Tim. s. 100). der echte Platon hat aber noch
eine stelle vou. 678°. für die menschen, die sich aus der sintflut auf
die berge gerettet hatten, ἐκ τῶν ὑψηλῶν εἰς τὰ πεδία καταβαίνειν
φόβος ἔναυλος ἐγεγόνει. das ist eine “schrille furcht’, die überstandene
not klingt auch in ihren herzen nach, darin liegt die verwandtschaft mit
den obigen stellen, aber es ist doch eben der schrecken, der wie der
flötenton in die glieder fährt, und das ist gesagt wie von Eur. hier die
μανέαι ἔναυλοι. auch hier ist ja φόβος der flötenbläser 871. zuzu-
geben ist, dafs die grammatische vermittelung des begriffes von dem was
“in der flöte” ist, unklar bleibt.
880 “πτολύστονος stammt aus _7 73, wo. Ἔρις 80 heilst; Hik. 835
Erinys,
881 Sie stachelt ihr gespann, gleich als ob das nicht so schon wild
genug wäre, also gleichsam nur zum hohne. Zr} λώβᾳ ebenso S. Ant,
792. ἅρματα das gespann ebenso 947 und öfter, aber wie es scheint, nur
bei Eur. ἐνδίδωσι erscheint uns farblos. Eur. verwendet eben δεδόναι
im compositum eben so verschwenderisch wie im simplex, vgl. 1402.
198 Commentar.
883 γοργών ist keinesweges das eine scheusal, welches Perseus über-
wunden hat, obwol an das zumeist gedacht wird und auch hier das
epitheton μαρμαρουτεός diesem eigentlich gehört. die Athener glaubten
gar nicht, dafs das gorgoneion, welches ihre göttin auf der aegis und
sie selbst auf den schilden führten, von Perseus herrührte, der sie als
Argeier auch gar nichts angieng; und sie hatten recht. denn das
apotropaion, eine bleckende fratze, ist zunächst nichts als das. es ist
eine γοργώ oder γοργών, eine wild blickende’; das war ja auch ein
menschenname, und Athena hiefs selbst γοργῶπις. wenn ein mensch
tötlich blickt, so hat er auch ein gorgonenauge, die höchste steigerung
des mal’occhio. so Her. selbst im wahnsinn 990, oder Hektor bei dem
späten rhapsoden © 349. jede Κήρ oder auch Lyssa oder Ate konnte
γοργώ sein, und deshalb gibt es in der hölle wie Keren so yopyoves
Arist. Frö. 477, und auch Odysseus fürchtete eine yogyeln κεφαλή (nicht
das haupt der Gorgo, sondern ein solches durch den blick schadendes un-
geheuer) drunten zu erblicken / 634, auch Herakles hat sie selbst gesehen,
Apoll, bibl. Π 123. die attische sage liefs ganz richtig Athena selbst
die γοργώ erschlagen, deren haupt sie auf ihre aegis oder ihren schild
nahm. aber die einreihung dieser geschichte in den gigantenkampf ist
deutlich secundär (Εἰ. Ion 987 fig, daher die mythographen). übrigens ist
auch die gegnerin des Perseus in der mykenischen sage, wie sie ja auch
einen eigennamen hat, ein wesen ganz der nämlichen art wie die andern
scheusäler, und es entspricht völlig, dals in argivischer sage Koroibos eine
Ποινὴ oder Κήρ erschlägt. es ist ein unding, von natursymbolik zu
fabeln (wie schon im altertum der vollmond bemüht ist); die γοργώ des
Perseus wohnte auch zuerst in Tegea, nicht in einem mythischen reiche.
für Euripides ist aber natürlich die Gorgo ein anderes wesen als Lyass,
und er unterscheidet sie dadurch daß er sie eine “Gorgo der nacht’
nennt, von dieser stammt eben Lyssa, nicht Gorgo, die tochter der Keto
(Hesiod Theog. 274).
μαρβαρωπός ist dem sinne nach eigentlich dasselbe wie γοργωπός.
denn 80 hat es der gemeint, der μαρμαρῶπεις κατὰ γλῶσσαν für Athens
gesagt hat; wir kennen das nur durch Tryphon σε. τρόπων III 195 Speng.
auch hat μαρμάρεος μαρμαρόεις nur die bedeutung des glanzes. allein
Eur. hat das wort wol als ἀπολιϑῶσα "steinblickend” verstanden wissen
wollen, da er es von Gorgo sagt, und so denn auch Lykophron 843
von derselben μαρμαρωπίς γαλῇ. gebildet ist das wort nach dem vor-
bilde der γοργὼ βλοσυρωπίς A 36. aber man hat nicht nötig trots
diesem vorbilde und den anderen zeugnissen die form auf ἐς bei Eur.
vers 883. 199
herzustellen. es existirt auch βλοσυρωπός, und viele ähnliche doppel-
bildungen. — Exaroyxspakoıcıy Ööpewv ἰαχήμασι, vgl. 543. durch die
schlangen, die leiden gemeinsam sind, ist Lyssa eine Gorgo.
Der ausdruck ist von raffinirter künstlichkeit. uapuapwrrog steht
neben “ύσσα, obwol es eigentlich zu Γοργών gehört, Νυχτός dagegen
bei jenem, und dazwischen ὀρέων ἐαχήμασι, was auch nur zur Gorgo
in eigentlichem sinne gehört. durch die vertauschung der attribute wird
die vollkommene einheitlichkeit eines bildes erzielt. die sprache ver-
mag der empfindung nur gerecht zu werden, indem sie über sich selbst
hinausgeht. nur ein dichter, der sich seiner sprachschöpfenden gewalt
bewufset ist, aber auch bewulst mit der sprache experimentirt, kann so
etwas wagen, und die erklärungen des verstandes bleiben ohnmächtig.
gelingt es, so ist das gefühl überwältigt, mislingt es, so ist der galli-
mathias da. Phoen. 563 ὄψῃ δαμασϑὲν ἄστυ --- ὄψῃ δὲ πολλὰς aly-
μαλωτίδας κόρας βίᾳ πρὸς ἀνδρῶν πολεμίων πορϑουμένας. die
verba δαμάζω und πορϑῶ sind vertauscht “eroberung der jungfräu-
lichen ehre und schändung der stadt” um durch die complementären
züge ein vollbild zu liefern. Hik. 902 οὐκ ἐν λόγοις ἦν λαμπρὸς ἀλλ᾽
ἐν ἀσπίδε δεινὸς σοφιστής, τῶν δ᾽ ἀγυμνάστων σφαγεύς. hier ist
ein antithetisches spiel, indem σοφιστής und ἀγύμναστος eigentlich zu
der redeschlacht gehören ; Aaurcpog ist ein indifferentes wort, statt dessen
man etwas wie ‘mörderisch’ sehen möchte, um die vertauschung voll zu
machen. Med. 1123 φεῦγε μήτε valay λιποῦσ᾽ ἀπήνην μήτ᾽ ὄχον
πδδοστιβῆ. hier ist wieder ὄχος ein zu wenig bezeichnendes wort, so
daß nur in dem ersten gliede die vertauschung voll ist. übrigens ist
dies beispiel durch die neigung erzeugt, in disjunctivem ausdruck die
grölste vollständigkeit zu erzielen, “versuche jeden weg der flucht’ vgl.
zu 1106. löblich ist dieser schwulst gewils nicht. Alkmeon 67 ὅ φόβος
— τό τὸ στόμ᾽ εἰς ἔχτεληξιν ἀνθρώπων ἄγει τὸν νοῦν τ᾽ ἀπεέργει
μὴ λέγειν ἃ βούλεται. Pindar Ol. 7, 68 πολύβοσχον γαῖαν ἀνϑρώ-
ποεσι χαὶ εὔφρονα μήλοις. Soph. Ai. 666 εἰσόμεσϑα μὲν ϑεοῖς
εἴχειν, μαϑησόμεσϑα δ᾽ ᾿Ατρείδας σέβειν, dies insofern anders, als
absichtlicher hohn in der vertauschung von εἴχεεν und σέβειν liegt, wie
schon der scholiast bemerkt hat. Dion v. Prusa 12, 46 in der ver-
gleichung der künstler mit den dichtern, ὡς ἐκεῖνοι δι᾿ ἀχοῆς ἐπι-
δεικνύντες, ἀτεχνῶς χαὶ αὐτοὶ δι᾿ ὄψεως ἐξηγούμενοι τὰ Hein.
Horat. carm. I 34 tonantes egit equos volucremque currum, bei diesem
dichter sicher das einzige beispiel, und eine wirklich dichterische kühn-
heit der art dürfte sonst von Römern nur Vergil zuzutrauen sein. von
200 Commentar.
Goethe hat mir vor vielen jahren Leo angeführt “da erklingt es wie
von flügeln, da bewegt sichs wie gesang”, aber ein zweites beispiel
hat sich mir die vielen jahre her nicht gezeigt. aber mit vergnügen
habe ich mir aus einem romane von V. Cherbuliez notirt use »par
l’exces du plaisir et les debauches du travail. der französische
prosastil hat sich den vorrang bewahrt, als kunstprosa mit der an-
tiken und nicht blofs der römischen kunstprosa verglichen werden zu
können.
887 Aus den ersten rufen des Amph. erschliefst der chor nicht mehr als
der zuschauer, dafs nämlich Lyssa ihr werk beginnt.
889 Her. leidet strafe, das hat Iris gesagt 842. aber diese ist ungerecht.
so suchen ihn ἄδιχοι Ποιναί heim; das sind wesen desselben schlages
wie die Keren, ὠμοβρῶτες, wie die Erinyen des Aischylos ihre gier nach
frischem blute schauerlich schildern, oder der daemon des Pelopiden-
hauses einen ἔρως αἱματολοιχὸς im bauche hat, πρὶν καταλῆξαι τὸ
παλαιὸν ἄχος, νέον ἰχώρ Ag. 1479. und siersind von Lyssa gesandt,
wirken im wahnsinn, also sind sie λυσσάδες. eine solche epische häufung
von beiwörtern, auch wenn sie alle ihre besondere beziehung haben, ist nur
im höchsten stile noch im drama gestattet. IIoıval ist eine in späterer
zeit häufige, auch auf den apulischen unterweltvasen, die I s. 83 anm. 159
erwähnt sind, bezeugte bezeichnung für die ’EgıyVeg; zuerst in der ein-
zahl A. Choeph. 935. 947, bei Eur. z. Ὁ. Hik. 490, hier ist in der hand-
schrift ἀποιγόδιχοι δέχαι überliefert, indem die verbesserung für die
dittographie an falscher stelle in den text geraten ist. ἀσοινόδικος
könnte nur stehen, wenn von einer wirklichen vergeltung, von ἄποινα,
die rede sein könnte, und /lxaı sagt man nicht: Dike ist zu früh ein
himmlisches wesen und beisitzerin des Zeus geworden, um in solche
sphaere gezogen zu werden.
890 Die Poinai werden den Her. bald als einen kinderlosen “hinstrecken’.
offenbar ein technischer ausdruck der ringerschule Kykl. 496 βοτρύων
πηγαῖς Erclxwuog (so für ἐπὶ χῶμον, vgl. Hesych. ἐπίκωμος : d ἐπᾷάδων
τῇ φίλῃ, ἢ ἀπὸ οἴνου ᾷδων) ἐχπετασϑείς. ‘vom weine bezwungen’;
am boden liegt er gar nicht, sondern geht im komos singend auf einen
genossen gestützt vor liebchens tür. Kykl. 678 heifst der wein, der solches
bewirkt, παλαέεσϑαι βαρύς. ein ähnlicher vereinzelter ringerausdruck
ist ἐχτείνειν Med. 585, intransitiv Andr. 93 ϑρήνοισι πρὸς αἰϑέρ᾽ &x-
τενοῦμεν, in prosa σχεαμαχήσομεν; καταβάλλειν Bakch. 202, auch oro-
θέσαι 1000 ist verwandt, χαχοῖσιεν erscheint aber zu farblos dabei; man
kann nicht einmal sehen, ob es leiden oder verbrechen sind. also wird
vers 887—-903. 201
ein beiwort fehlen: vortrefflich würde z. Ὁ. sinn und vers füllen χαχοῖσιν
ἐκπετάσουσιν ἀπροβουλήτοις.
891 Der tanz nach Lyssas melodie ist kein dionysischer; es fehlt das
tamburin, das in diesen dienst aus dem der Kybele aufgenommen ist,
Bakch. 59. 124, und der thyresos, vgl. Phoen. 792, Bakch. 1386. dies wird
so ausgedrückt, dafs dem thyrsos nicht zu liebe getanzt wird. der plural
des adjectivs wie πρόϑυμα 113. das attribut für den gott genannt wie
Jıös κεραυνόν 177, gorgo und dreizack Erechth. 360, 46.
ἄτερ (lautlich = sonder) ist den meisten Ioniern, doch nicht Herodot
und einem teile der hippokratischen schriften, geläufig, während es den
Aeolern und Hellenen des mutterlandes fehlt. Iyrik und tragödie danken
es dem epoe. bei Eur. fast immer wie hier nachgestellt. aus dem ioni-
schen ist es in den apokryphen zauberbüchern erhalten geblieben (Dieterich
Abraxas 175, 16).
894 Zu πρὸς αἵματα ist ein allgemeiner begriff des gehens zu ergänzen.
das ist in diesen fast respondirenden versen nicht schwer, denn jeder fühlt,
dafs es zu dem zweiten acte von dem ersten (xazaeyeraı) fortgeht. Hipp.
1070 steht ala πρὸς ἧπαρ weit kühner. den plural αἵματα für das
blut mehrerer personen hat auch Soph,, für “blutströme wendet es daneben
Aisch. an, und dieser hat es auch für “blutige taten’ Choeph. 650. diesen
gebrauch befolgt Eur. hier und öfter in seinen letzten dramen. im dio-
nysischen taumel wird auch blut vergossen, auch da gibt es eine λωβά
(ἀλλά τε καὶ χλεύης οἶνος ἔχειν ἐϑέλει unbekannter elegiker bei Athen.
1 825): die maenaden zerreilsen zicklein (ἀγρεύων αἷμα τραγοχτόνον
ὠμοφάγον χάρεν Bakch. 137) hirschkälber und anderes wild, wenn sie
gereizt werden auch herdenvieh, Bakch. 735; die monumente geben
unzählige belege. aber Her. begeht eine viel entsetzlichere λωβά als die
Jıovvoıdg. in prosa würde man dafür etwa ὕζρες καὶ παροινία sagen.
896 Jetzt ist die situation die welche 970 erzählt wird. als der chor
den mahnruf hört, sagt er “ein furchtbares lied wird auf der flöte vor-
getragen” ; was es bedeutet, hat er eben gehört: den begleitenden tanz
erschlieist er, die jagd Lyssas nach den kindern,
900 Nun sind die kinder tot. dafs so der chor schliefst, zeigen seine
worte; dafs er richtig schlielst, der botenbericht.
903 Verba die die abstammung bezeichnen stehen oft im praesens, wo
wir das perfectum erwarten. es haben also die Athener darin nicht den
einmaligen act von zeugung oder geburt, sondern, auch in gewissem sinne
dynamisch, das dauernde verhältnis des ursprungs der existenz empfunden.
τίχτουσα ebenso gut wie τεχοῦσα heilst die mutter.
202 Commentar.
904 Amph. ruft in dem momente den 1004 schildert. den sturm und
den einsturz des hauses bewirkt Lyssa; sie hat es 864 in aussicht ge-
stell. was Her. tut, das aufbrechen einer tür, kann den einsturz des
peristyls auch gar nicht hervorrufen,
906 ἢ ἢ ruft man unwillig über das tun eines andern, damit er aufhöre.
Ar. Wolk. 105 ἢ ἢ σιώπα. --- μελάϑρῳ einfachster locativ; zu 116. —
die anrede fıdc παῖ ist zunächst misverständlich, weil sie auch auf Her.
gehen kann, erhält aber durch die nennung der Pallas sofort ihre er-
klärung. man ist gewohnt, gleichwol Her. zu verstehen, also Athena, die
in wahrheit gleichzeitig im hause erscheint, nur in einer vergleichung ge-
nannt zu glauben. aber worauf soll diese vergleichung gehen? hat
Athena so etwas getan wie Her. jetzt? schickt es sich, den rasenden
mit der göttin zu vergleichen? auch weils der chor so gut wie wir, dals
Her. kein τάραγμα ταρτάρειον erregen kann. und mit τί ὁρᾷς ὦ Jiös
παῖ μελάϑρῳ wird doch wol jemand angeredet, für den das haus nicht
der angemessene aufenthalt ist. endlich ist es zwar rationeller als ein
wunder, aber allzu geschmacklos, dafs Athena in dem augenblicke, wo
sie leibhaft im hause erscheint, vor dem hause in einer vergleichung ge-
nannt werden soll.
907 ταρτάρειος mit diphthong in der vorletzten sylbe, wie hier über-
liefert und vom veremals gefordert ist, ist ausdrücklich für Eur. bezeugt;
fgm. 380, und es ist correcter als Ταρτάριος, vgl. 15. es steht für
χϑόνιος, denn da ein erdbeben die erscheinung der Pallas begleitet, so
schreibt der chor ihr seine erregung zu; das ist ein fehlschluß, da ja
Lyssa die urheberin ist, aber der chor fragt ja auch nur.
908 Dafs Athena im kampfe mit Enkelados ein erdbeben erregt hätte,
ist nicht überliefert; man kann allenfalls hierher ziehen, dafs sie auf ihn
Sicilien geschleudert haben soll (Apollod. bibl. 137). allein die reiche
bildliche tradition kennt diesen zug nicht, und er ist offenbar eine
übertragung von Poseidon, der Nisyros auf seinen gegner schleudert.
wir wissen also nicht, worauf Eur. anspielt, haben aber auch keinen
irgendwie zusammenhängenden bericht über die gigantomachie aus
älterer zeit.
909 λευχὰ γήρᾳ σώματα ein seltsamer ausdruck für die grauen
häupter. die seltsamen wendungen und verbindungen häuft der dichter
um die fremdartigkeit der situation und die gewaltige erregung der
personen zu versinnlichen. auch darin ist die scene Bakch. 576 ff.
ähnlich.
911 ἄλαστος ist freilich der ableitung nach “unvergelslich’, gebildet
vers 904—918. 203
von λαϑ- wie ἄπιστος von πιϑ-; aber es ist im wirklichen gebrauche
durchaus nur ein sehr starkes synonymon von δεινός. auch Aldorwe
ist nicht mehr der “immer gedenkende’ vergeltungsdaemon, sondern der
‘Auch’. der übergang der bedeutung ist dadurch bewirkt, daß ἄλαστος
in der richtung verstanden ward, die später ἐνθύμιος annahm (722).
als Achilleus es ablehnt sich mit dem mörder seines freundes zu ver-
tragen, nennt er ihn "Exzog ἄλαστε: er kann ihm keine ἀμνηστεία ge-
währen. ἀλαστεῖν (M 163 Ο 21) ist geradezu mit ἐνθύμιον ποιεῖσϑαι
wiederzugeben.
912 “Wir sind uns selbst prophet genug’. ähnlich der chor zu Kas-
sandra A. Ag. 1099 προφήτας οὔτινας uarevouev. allein da handelt
es sich um etwas altes: hier gesteht der chor gewissermalsen seine über-
natürlich vermittelte kunde ein. ἄξομαι “kommen lassen’, wie man ja
allerdings seher zur aufklärung über ein ἄγος beruft. σοφιστὴν δ᾽
ἄλλον οὐκ ἐπάξομαε Rhes. 949.
916 “Deine bezeichnung der hände als δάεοι trifft zwar zu, aber sie
sind es doch noch in höherem grade als sich aussprechen läfst’. Hek. 667
ὦ παντάλαινα χἄτι μᾶλλον ἢ λέγω, ähnlich Alk. 1082.
918 Das streben nach parallelismus hat zu einer kühnen construction
geführt; ἄτῃ ist sowol activ das verbrechen das jemand begeht wie passiv
das unheil das jemand erleidet. der chor will sagen, daß diese tat für
den täter in demselben malse ein unheil, eine ἄτη, war wie für die opfer,
sowol eine στεγαχτὴ ἄτη πατρός wie eine στεναχτὴ ἄτη — παίδων
könnte er zwar sagen, aber das würde nicht deutlich sein und die anti-
these des täters und der leidenden verwischen, daher wagt er den da-
tivus commodi Gtolv. vgl. 1. T. 387 τὰ Ταντάλου ϑεοῖσιν Eoric-
ματα. Plat. Ges. 4, 717 ἡ τοῖς βέλεσιν ἔφεσις, wo der dativ instru-
mental ist,
πῶς dvagalveıg ist nur der form nach eine frage an den boten,
dem sinne nach eine aufforderung zu sagen, wie die ἄτη war. deswegen
tritt eine directe frage, “wie stürzte dies leid auf das haus (das es zer-
stört hat) und das leben der kinder’ dahinter. dieses verhältnis der
fragen verkennend hat ein leser λέγε vor der zweiten eingeschoben.
ἐπέσυτο braucht Eur. hier und Hel. 1162, Phoen. 1065 im sinne eines
plötzlichen feindlichen “überfalles’, so auch φήμα φρένας ἐπίσσυτος
Hipp. 572 (wo das verbaladjectiv verbale kraft bewahrt. und auch
Hel. 1133 ἔσυτο πατρίδος ἀπόπρο χειμάτων πνοᾷ... Ἥενέλας ist es
wenigstens = ἀπελαϑῆναι. die homerische bedeutung “sich eilig be-
wegen” ist auf den passiven aorist ἐσύϑην übergegangen.
204 Commentar.
Sechster auftritt, Botenbericht 833—1015.
Die erzählung ist von vollendeter anschaulichkeit und epischer ob-
jectivität. die stimmung des erzählers, der den hörern gleichgiltig ist, hat
auf ihre färbung kaum einfluls. der inhalt ist: Her. ist mit seiner familie
und seinem gesinde beim reinigungsopfer auf dem hofe, als ihn plötzlich
der wahnsinn überfällt, dessen erste symptome genau zu den ersten
worten Lyssas stimmen. seine wahnvorstellung ist, dafs er nach Mykene
ziehen und Eurystheus töten müsse: er glaubt das zu erleben und tanzt
nun vor den seinen gleichsam eine pantomime, zu der ihm (Φόβος den
ἰδοὺ pfeift; die erklärung geben seine begleitenden ausrufe. er macht
zunächst die geberde als führe er, während er im joche Lyssas geht (880).
so geht er im hause hin und her. als er im sale ist, meint er die erste
station des weges nach Mykene erreicht zu haben, geht in eins der an-
stofgenden kleinen zimmer und tut als äfse er. dann geht er weiter,
zur nächsten station, dem im osten von Korinth am wege gelegenen
isthnischen heiligtum. da, meint er, wären gerade die kampfspiele, und
den sieg in ihnen nimmt er bei wege mit (wie er ähnliches Alk. 1026
erfindet). endlich kommt er in Mykene an. er ist nun wieder auf dem
hofe, hält seinem wahne gemäls die eigene familie, die er hier antrifit,
für die des Eurystheus und richtet gegen sie die tötlichen waffen. die beiden
älteren söhne flüchten sich, der eine hinter den altar, der andere hinter eine
säule. aber es gelingt dem vater den einen zu erschielsen, den anderen, der
ihm erbarmen flehend entgegenkommt, zu erschlagen. den dritten hat
die mutter in ein zimmer gerettet, das sie verschlossen hat. aber nun
erscheint die geschlossene tür dem Her. als die kyklopische mauer, die
er brechen wollte, er sprengt sie, erschiefst die geflüchteten, sucht nun
den vater — da kommt eine erscheinung, in Pallas gestalt, sie schleudert
einen stein gegen ihn, er bricht zusammen, schlägt nieder auf eine säule,
die gleichzeitig mit dem ganzen peristyle durch ein erdbeben zusammen-
gebrochen ist. so liegt er besinnungslos und wird von Amph. und dem
gesinde an diese säule festgebunden.
Die erzählung ist im altertum sehr stark bewundert worden, wirkt
auch jetzt noch gewaltig, aber es ist nicht zu bestreiten, dafs der dichter
die anschaulichkeit bis zur kakozelie getrieben hat. die beiden stationen
auf der fahrt nach Mykene werden lächerlich, zumal wenn man sich Her.
mit der luft faustkämpfend vorstellt: oder wo wäre dieses blinde kinder
spiel bei einem tobsüchtigen? und wer es so genau nimmt, dem versagen
wir die freiheit des epikere, die er sich nimmt, und fragen 979, wo hat
Sechster auftritt. 205
Her. die waffen her? hat sie ihm denn einer auf den befehl 942 gegeben ?
wo hat er die brechstangen her 999? hat sie ihm denn einer auf den
befehl 945 geholt, oder konnte er sie anderswie erhalten? wir rechnen
die zeit nach und finden das betragen des Amph. und des gesindes
verächtlich, werden geneigt ihnen nicht geringe schuld beizumessen, da
sie längst mindestens die kinder entfernen konnten. Eur. ist hier in
den fehler verfallen, den Lessing am botenbericht des Ion tadelt, der
aber von vielen seines alters gilt (ähnliches ist in der stichomythie zu
bemerken): er hat die üppigkeit seiner phantasie wild wachsen lassen.
es ist diese seite, durch welche er mit Ovid ähnlichkeit zu haben scheinen
könnte. allein bei Ovid ist das verderbliche die rhetorische manier, und
die Heroiden sind nicht anders gemacht als die Tristien. richtiger wird
Euripides mit Shakespeare verglichen. μέγάλης φύσεως ὑποφερομένης
ἤδη ἴδιόν ἐστιν ἐν γήρᾳ τὸ φιλόμυϑον — εἰς λῆρον ἐνίοτε δᾷστον
χατὰ τὴν ἀπαχμὴν τὰ μεγαλοφυᾶ παρατρέπεται sagt der schrift-
steller vom erhabenen (cap. 9).
Die symptoıne des wahnsinns hat Eur. hier und in den Bakchen mit
einer sachkenntnis und einer wahrheit dargestellt, dals er auch darin den
vergleich mit Shakespeare nicht zu scheuen hat. das gilt von den ersten
anzeichen, schaum um den mund, veränderung der augen und des blickes,
lachen, schütteln des hauptes bis zu dem schweren atem des schlafes und
der zerschlagenheit des erwachten. die beobachtung des lebens hat ihn
gelehrt; benutzung der blühenden medicinischen litteratur, die er sonst
kennt, ist hier nicht sicher zu erweisen, und keinesweges hat er die später
Ἡραχλήη νοῦσος genannte epilepsie gemeint. es ist vielmehr μανία,
die tobsucht’. sehr befriedigend hat jüngst H. Harries (tragici Graeci
qua arte usi sint in describenda insania Kiel 1891) den gegensatz seiner
pathologisch wahren schilderung von der der beiden andern tragiker dar-
gestellt und die hippokratischen schriften herangezogen. dals Sophokles
kein solches ziel sich gesteckt hat, sieht man an seinem (in anderem stile
so wahren und schönen) Philoktet, der einfach einen schmerzensanfall
hat, den seltsamerweise ein blutfluls aus der eiternden wunde heilt, und
seinem Herakles. aber das psychologische überwog doch auch in Eur. der
wahnsinn ist nicht etwas fremdes, sondern es ist ein paroxysmus der in
der seele liegenden krankhaften regungen. bei Pentheus regt sich eitel-
keit, sinnlichkeit, dünkel, bei Her. himmelstürmende αὐθάδεια und mord-
lust, zerstörungswut. daher trifft auf beide nicht zu was Harries aus einem
modernen mediziner als kennzeichen der tobsucht anführt “verworrenheit
der vorstellungen, unmöglichkeit einer vollständigen ausbildung der vor-
206 Commentar.
stellungen, wechsel der stimmungen. Her. hat vielmehr eine fixe idee,
Pentheus auch. und diese bis in das äufserste auszumalen gefällt sich
Euripides hier; das ist die kakozelie, die ich tadeln muls. dem epiker und
auch einem typisch stilisirenden tragiker rechnen wir nicht nach, weder
zeit noch ort, und nehmen vieles xara τὸ σιωπώμενον hin. aber wer die
wirklichkeit wiedergeben will, den nehmen wir beim worte.
Für das verständnis ist eine klare vorstellung von dem inneren des
palastes nötig, der natürlich die anlage eines attischen hauses hat. die
lehre, welche unsere handbücher von dem privatbau vortragen, ist ver-
kehrt und veraltet, da sie einmal von einem 8. g. homerischen hause fabeln,
das aus den zufällig in den erhaltenen epen vorkommenden erwähnungen
zusammengeflickt ist, ohne rücksicht darauf, dafs die gedichte aus mehreren
jahrhunderten und ganz verschiedenen gegenden stammen, und zweitens
von der theorie des Vitruv und grammatikerstellen ausgegangen wird.
auszugehen ist aber nur von den monumenten, die nur der architekt
richtig benutzen wird, und von den zeugnissen erster hand. die angaben
des Eur. erläutert genügend schon der palast von Tiryns, wie er sich bei
den ausgrabungen gezeigt hat: dafs man ihn vergleichen kann, liegt
nicht daran, dafs Euripides Herakles in einem “homerischen’ hause ein-
führen wollte, sondern daran, dafs der tirynthische palast und das attische
haus dieselbe grundanlage haben. das haus besteht aus zwei hauptteilen,
dem hofe (αὐλή), welchen säulenstellungen umgeben, die längs der aulsen-
wände stehen: das ist der spätere s. g. peristyl. dieser säulengang ist über
den ungepflasterten hofraum erhoben durch einen unterbau (χρηπείς); er
ist so schmal, dafs der knabe, welcher hinter einer säule steht, als er hinten-
über fällt, an die wand schlägt (979), und zwar ihren unteren teil, die
ὀρϑοστάται (980), d. h.“hochkantig gestellte steinplatten, welche meist zu
zweien die stärke der mauer bilden und bei fast allen griechischen bauwerken
vorkommen” (Dörpfeld in den Mitteil. des archaeol. Inst. in Athen VIII
151). auf dem freien raume des hofes steht der altar, der dem "Zeus des
gehöftes’ Z. &gxeiog geweiht ist, ein steinerner bau mit mehreren stufen
(974), der ἐσχάρα heilst (922), weil auf ihm brandopfer gebracht werden.
(dafs ἐσχάρα ein altar aus erde und rasen gewesen wäre, ist die lehre
der grammatiker, Apollon. lex. Hom. s. 78, aber der wortgebrauch stimmt
dazu nicht; diese stelle ist allerdings als incorrect notirt worden schol. B
zu Homer K 418). deshalb steht er auf dem hofe, wo zudem sich die
ganze schar der hausbewohner (οἰκέται 976) versammeln konnte: denn
da der schutz dieses Zeus alle angeht, die in seinem ἄρχος wohnen, so
hat das gesinde an dem gottesdienste auch seinen anteil (A. Ag. 1038).
Sechster auftritt. 207
ein ganz entsprechender altar ist in Tiryns auf dem hofe gefunden. auf
einer seite des hofes stölst an ihn der ἀγδρών (954), die große halle, in
welcher der herd steht, und die bewohner den tag über sich aufhalten, so-
bald sie unter dach sein wollen. an ihn stolsen in unbestimmter anlage
kleinere räume, namentlich schlafzimmer (δωμάτεα im leben genannt,
cubicula, wofür die tragödie, da sie keine deminutiva anwendet, δώματα
sagen muls, 955), wie deren auch oft an oder in die säulenhallen des
hofes gebaut sind. ob man von der stralse zuerst auf den hof kommt,
wie in Tiryns, oder in das eigentliche haus, so dafs der hof dahinter
liegt, ist um so weniger für die anlage von bedeutung, als diese eine
sehr bedeutende tiefe hatte, also oft von stralse zu stralse reichte. türen
verschliefsen sowol das £oxos (1030), wie"den ἀνδρών, wie die dwuadrıa
(997). die geschilderten ereignisse tragen sich vorwiegend auf dem hofe
zu, dessen säulenstellung zuletzt zusammenbricht; der hof wird auch
durch das ekkyklema dem publicum gezeigt.
Die im eingang geschilderte situation ist die sühnung und weihung
des hauses und der familie von der befleckung, die durch den totschlag
des Lykos über die δώματα, die eben beides bedeuten, gebracht ist:
denn der tod (wie die entbindung) entweiht den ort, wo er stattfindet
und jeden, der die leiche (und wöchnerin) schaut oder berührt. eine
solche weihung, welche wie die meisten rituellen handlungen der haus-
vater oder wer in ähnlicher stellung steht vorzunehmen berechtigt und
verpflichtet ist, kam also in Athen alle tage vielfach vor. die religiöse
scheu des volkes weihte z. b. die zur volksversammlung zusammentretende
menge jedesmal vor beginn der sitzung, weil doch ein befleckter unter
ihr sein konnte, und in den heiligtümern pflegte man vor dem opfer einen
ähnlichen act aus gleichem grunde vorzunehmen. die ceremonieen kannte
damals also jeder. aber die zeiten änderten sich, und es ist eine ganz
unberechtigte annahme, dals die ceremonieen des cultus davon aus-
genommen gewesen wären. Didymos schon hat sich mühe geben müssen,
um die hier in betracht kommende zu erläutern, und hat es wesentlich
mit unserer stelle und der opferscene des aristophanischen Friedens getan
(im schol. des Friedens 956 und bei Athen. IX 4095). da die stellen
erhalten sind, lehrt er nur wenig, denn sie sind unzweideutig. die cere-
monie ist folgende. auf dem altar des Ζεὺς ἐρχεῖος wird feuer gemacht,
dessen reine flamme die eigentliche trägerin der entsühnung ist (937 und
I. T. 1332 ἀπόρρητον φλόγα ϑύουσα xal xadagudyv). ein scheit davon
wird von dem sühnenden in ein becken (χερνέβιεον) mit wasser, das tech-
nisch χέρνειν mit altem ausdruck heifst, getaucht, und mit diesem weih-
208 Commentar,
wasser werden die zu entsühnenden räume und personen besprengt. das
ist die sühnung mit wasser. ganz analog schildert Iphigeneia in Aulis
das opfer (auch ein sühnopfer), dem sie entgegengeht. 1469 frw Ζαναί-
δαις εὐφημία. κανᾶ δ᾽ ἐναρχέσϑω τις, αἰϑέσϑω δὲ πῦρ προχύταις
χαϑαρσίοισι καὶ πατὴρ ἐμὸς ἐνδεξιούσθω (gehe von rechts nach
links herum) βωμόν; die χέρνιβες folgen 1480. Apollon. Rh. 4, 1721
ὁπτεότε δαλοῖς ὕδωρ αἰϑομένοισιν ἐπιλλείβοντας ἔδοντο, vor einem
dankopfer. oft geschieht auch die sühnung mit blut. es werden dazu
die opfertiere (meist ferkel), und die in einem korbe befindlichen opfer-
gerätschaften um den altar geführt oder getragen, dann das opfer ge-
schlachtet und mit dem blute die besprengung vollzogen. so geschah
es in der volksversammlung (Aischin. 3, 120). an anderen orten galt
andere sitte. z. Ὁ. auf Keos entsühnte man das sterbehaus mit seewasser
und hysop (Dittenberger syll. 468). Vergil Aen. 6, 230 lälfst mit reinem
wasser und einem olivenzweige entsühnen.
924 ἐξέβαλε ist ganz eigentlich zu verstehen; die leiche, das ἀῦμα, ist
beseitigt. mehr ist Lykos weder für die handelnden noch für die zu-
schauer.
927 ellıxro “war im kreis herum getragen’ vgl. zu 690. Herakles
hatte εὐφημεῖτε gerufen (vgl. Arist. Ach. 237. Thesm. 295), und sie
schwiegen, vgl. zu 1184. φϑέγμα ὅσιον εἴχομεν d.i. χατείχομεν vgl.
ἔσχε στόμα 1244. noch gewählter paraphrasirt Bakch. 69 στόμα εὔφη-
μὸν ἅπας ἐξοσιούσϑω.
930 ἔστη “blieb stehen’ in kräftigster aoristbedeutung, ebenso σπερο-
σέσχον ὄμμα. “richteten ihr auge auf ihn’.
932 ἐφϑαρμένος corruptus nicht in dem sinne gesagt wie vavziioı
ἐφϑθαρμένοι LT. 276, Kykl. 300, was zu φϑείρεσθαι “elend herum-
getrieben worden’ gehört, sondern wie man von farben oder den ingre-
dientien, aus denen medicamente, essenzen, auch speisen gemacht werden,
p3elgovraı, συμφϑείρονται, weil sie sich verändern, in etwas schein-
bar ganz anderes übergehn. die chemie ist die kunst des φῳϑεέρειν.
so war Her. “verändert”. die sphäre, in der die φϑορά sich vollzogen
hatte, waren die augen, die art der veränderung war dıaorgogrn. so
etwa kann man sich ἐν erklären; aber der dichter hat wol eher einen
gebrauch von ἐν erweitert, der an sich und vollends in fortbildungen
anstofs erregen kann. wo man sich eine person oder eine handlung in
etwas befindlich denken kann, das sie gleichsam wie eine sphäre umgibt,
ist ἐν am platze; man sagt da auch ösrd c. gen. und denkt sich dann
das was eigentlich ein begleitender umstand ist über der handlung, ἐν
vers 994--940. 209
τεέϑειν, ἐν λιταῖς στέλλειν, ἐν ξηροῖς τρέφειν (Bakch. 277),
'oı ζῆν, ὑπ᾽ αὐλῶν πορεύεσθαι, ὑπ᾽ εὐκλείας ϑανεῖν; aber
weiter Bakch. 1166 ἐν διασερόφοις ὄμμασιν ὁρμωμένην,
« ὄφεσιν ἐν χρυσηλάτοις τρέφειν τέχνα (die nur eine halskette
ragen), Hik. 593 xaıvög ἐν καινῷ δορί. 8. Tr. 886 ἀνύσασα ἐν τομᾷ
σιδάρου. Kallimachos fgm. 37 paraphrasirt den namen χρύσοφρυς mit
χρύσειον ἐν ὀφρύσιν ἱερὸν ἐχϑύν. die rede von zeiten, denen mit
dem dativ auch seine präpositionen in wahrheit fremd geworden waren,
und die entweder stammeln oder eine geflickte sprache reden, möchte ich
dafür nicht heranziehen.
933 ῥέζα kann nicht die wurzel des auges, das innerste, sein, wie bei
Homer « 390, sondern es tritt im weilsen des auges blutrotes geäder
hervor, das sich mit feinen saugwurzeln sehr gut vergleicht. um dieser
vergleichung willen ist das verbum ἐχβάλλειν gewählt, das für das
“treiben” der vegetation der eigentliche ausdruck ist. σέτου ἐκβολή be-
zeichnet bei Thukyd. 4, 1 die zeit, wo der weizen in halme schielst (vgl.
Phot. Hesych. olrov ἐχβολή). ganz ebenso χαρπὸν ἐχβάλλειν in einer
schönen erklärung des vegetativen lebens bei Hippokrates sv. φύσεως
παιδέου 8 (1 404 K.). Eur. selbst sagt Bakch. 750 von den feldern
ἐχβάλλουσι στάχυν.
935 Die beiden auflösungen in diesem verse im gegensatze zu den
spondeenreichen, die vorhergehen, geben prächtig den contrast des ge-
lächterse zu der stimmung der situation wieder.
938 μιᾶς χειρός ein seltener gebrauch des genetivs. τῆς αὐτῆς ὁδοῦ
Arist. Fried. 1154. Antiphon 1 16. ἡμερεύοντας ξένους μαχρᾶς χαλεύϑου
A, Choeph. 710. ἀπελθεῖν τῆς δεῦρ᾽ ὅδοῦ 8.OK 1165') (nicht von
der präposition regiert). σπηδήματος εὐπετοῦς ἀνάσσων A. Pers. 94.
τίνειν χρέος δούλης ϑανούσης εὐμαροῦς χειρώματος A. Ag. 1326.
verständlich wird all das in wahrheit nur dadurch, dafs der genetiv einen
teil der pflichten des alten ablativs geerbt hat. die s. g. genetive der
zeit, ϑέρους χειμῶνος, und ähnlich βορέου γαλήνης sind nicht anders
zu beurteilen: und schliefslich selbst der genetivus absolutus.
939. 40 Her. falst während seiner rede den entschlufs; daher steht
erst die verwunderte frage 936—39. dann sagt er, wie er es halten will
1) Usener, der heil. Theodosios 122, führt diese stelle an, vergleicht unser “des
weges kommen’ und verweist auf Krüger zu Thuk. IV 47,2, wo viele ungehörige
beispiele stehn, die wie ὑπαποκενεῖν ὁδοῦ, προτερεῖν ὁδοῦ vom verbum regierte
genetive zeigen oder partitiv sind. der gebrauch geht eben über das eine nomen
v. Wilamowitz IL 14
210 Commentar.
“erst wenn ich mit dem haupte des Eurystheus heimkehre, will ich das
reinigungsopfer für Lykos bringen”. und dann gibt er die durch den
neuen entschlufs nötig gewordenen befehle. diese gelten dem gesinde,
die erste frage dem vater, was dazwischen steht ist an keine adresse,
d. h. an alle gerichtet. weil ich den logischen zusammenhang dieser
teile, der natürlich durch keine partikeln kenntlich gemacht ist, nicht
begriff, habe ich 939. 40 früher verworfen.
942 Örıhov χερός die waffe, mit der man ἐν χειρῶν νόμῳ, cominus
ficht, die keule.
943 λάζυσϑαιε hat seltsamerweise Eur. (nach ihm der verf. des Rhesos)
allein mit einer anzahl hippokratischer schriften gemeinsam; in wie weit
dort das homerische λάζομαι daneben zu recht besteht, müssen die hand-
schriften lehren. bei Theokrit λέν. 46 ist das homerische λαζόμεναι
besser bezeugt (trotz Hesych.) und von der analogie des epischen stiles
gefordert. dem homerischen hymnus an Hermes 316 kann man ἐλάξζυτο
lassen. bei Eur. liegt also ein ionischer vulgarismus vor.
945 Die Kyklopenmauern von Tiryns und Mykene lagen damals so gut
in schutt und trümmern wie bis duf Schliemann. die ohnmächtige zeit nach
der völkerwanderung, die sie gebrochen hatte, staunte die riesenwerke an
und schrieb sie riesen zu. so lebten sie in der sage, und darum feiern sie
die tragiker, aber ohne ortskenntnis und ohne archaeologisches interesse
an ihren resten. eine reise zu topographisch-historischen studien ihnen
zuzutrauen ist kindisch, so oft auch ihre verse so gedeutet werden und
gedeutet werden müssen, da die dilettanten nun mal jede poesie real fassen.
das zeigt auch dieser vers. denn die mauern, welche Eur. in wahrheit im
auge hat, die nach dem lot und der richtschnur, deren geröteter (μεμελ-
τωμένος) faden an den bausteinen abgeschnellt ward, mit den scharf an
einander gepalsten stofskanten zusammengefügt sind (ohne mörtel), sind
die unvergleichlich gearbeiteten marmormauern seiner zeit, nicht die selten
τύχοις, nie φοίνικι xavdyı gefügten wirklich "Kyklopischen’. an den
schiffshäusern in Zea hat man die mennigstriche noch gefunden: ἐφαί-
vero ζωηρότατα τὸ ἐρυϑρὸν χρῶμα τοῦ νήματος, ὅπερ μετεχειρέσϑη
ὅ ἀρχαῖος λεϑοξόος εἰς ἀπεύϑυνσιν τῶν γραμμῶν αὐτοῦ, ἐπεὶ τοῦ
λίϑου (πραχτιχὰ τῆς ἀρχαιολ. ἕταιρ. 1885, 65). ein anderer tragiker
oder auch Eur. ein andermal hat von Τιρύνϑιον πλίνϑευμα geredet,
adesp. 269'), also gar von lehmziegeln.
1) Falsch hat Meineke und Nauck nach ihm mit dieser Hesychglosse eine
andere verbunden, Κυκλώπων &dos. denn diese wird erklärt ἐπειδὴ Κύκλωπες
ἐτεέχεσαν τὰς Μυκχήναρ: Mykene ist nicht Tiryns,.
vers 942—950. 211
φοῖνεξ, nebenform von φοινός φοένιος, hat Eur. oft, wie auch Pindar
(im femininum) und die 49a ἐπὶ Πατρόκλῳ 454 als adjectiv; nicht
Aisch, Soph. substantivisch für die rote (purpur)farbe und in compositis
ist es häufiger. zur bezeichnung der ‘roten männer’, der Phoeniker, ist
es schon früh gewählt, weil die endung für ethnika gewöhnlich war. und
von dem volk hat der "phoenikische’ baum, die palme, den namen er-
halten. Poenus ist so gut lehnwort wie puniceus.
946 στρεπτὸς σίδηρος ein gewählter ausdruck “mit eisenhaken’.
στρεπτὸς (χρυσός) für goldene halskette ist gewöhnlich. sonst pflegt
es von metall nicht gesagt zu werden: denn ein byzantinischer poet
(Theaetet der scholastiker Anth. Pal. VI 27, 6 στρεπτῶν ἀγκίστρων)
beweist nichts für Eur. verständlich wird es durch das verbum ovr-
ToLaıyoöy, in dem das instrument selbst genannt ist, das aus “gewun-
denem eisen’ besteht. — die praeposition σύν entspricht in solchen zu-
sammensetzungen unserm zusammen’; das gegliederte und geordnete ge-
bilde wird in eine unförmliche masse durch einander geworfen. so
συναράσσειν 1142 und schon ı 498, συγχεραυνοῦν Archilochos 77.
947 Das erste glied nimmt das allgemeine voraus, die wahnvorstellung,
welche die ganze folgende handlung des Her. beherrscht; die einzelheiten,
und zwar auch die vorbereitenden handlungen, das besteigen des wagens
und das antreiben der pferde, d.h. die abfahrt, schliefsen sich daran,
durch die copula scheinbar coordinirt. es ist dies die weise griechischer
erzählung, von welcher das sog. hysteron proteron (eluara 7’ ἀμφιέσασα
καὶ λοέσασα) nur eine gattung ist: musterhaft dargestellt von 1. Classen
(beobachtungen über den homer. sprachgebrauch, anhang). die beiden
participia βαίνων douar’ οὐκ ἔχων stehen nicht parallel, geschweige dafs
sie tautologisch wären “und dann gieng er und sagte er hätte einen
wagen, den er doch nicht hatte”. ebenso 949 “und schlug zu, mit der
hand, als ob er mit der peitsche schlüge”’. die richtige recitation macht
diese verse nicht nur verständlich, sondern gibt ihnen eine schauerliche
lebendigkeit, und ihr hat die interpunction zu hülfe zu kommen. dafs
man sie schon im altertum unbewulst verdarb, weil man sie nicht richtig
zu betonen wulste, zeigt die fassung, in welcher Dion von Prusa (32, 94)
sie anführt αὐτοῦ δὲ βαίνων ἄρματ᾽ οὐχ ἔχων ἔχειν ἔφασχε᾽ δίφρου
δ᾽ εἰσέβαινεν ἄντυγας κἄτεινε κέντρον δῆϑεν ὡς ἔχων χερί.
960 οἱ δὲ οἰχέται ἀμφίβολόν τε ἔπαϑον" ἅμα γὰρ καὶ ἐγέλων καὶ
ἐφοβοῦντο. διπλοῦς steht brachylogisch: es gehört nicht zu einem von
beiden substantiven, auch nicht zu beiden, sondern für διπλοῦν τι ἦν
τοῖς ὀπαδοῖς καὶ τὸ καὶ τό.
145
212 Commentar,
951 Der dichter gesteht durch diese paraphrase des homerischen ὧδε
δέ τις εἴπεσχε ἰδὼν eig πλησίον ἄλλον, dals er eine epische erzählung
liefert, ähnlich Hel. 1589 Andr. 1104.
953 ἄνω χάτω ist nur "auf und ab’, nicht etwa “trepp auf, trepp ab.
956 ὡς ἔχει “wie er war “ohne weiteres gehört zu oxevaleraı For-
γήν und bezeichnet, dafs Her. auch diesen act seines spieles nur “wie er
war durchführte. er hat keine zehrung, deckt keinen wirklichen tisch,
aber er macht ein frühstück “blind’ durch, indem er die einzelnen ‘griffe
markirt'.
958 Das heiligtum des isthmischen Poseidon liegt in einer schlucht
der isthmischen niederung, — das heta von IoJuos ist für die
zeit des Eur. inschriftlich gesichert; Pindar hat sogar hiatus davor zu-
gelassen.
959 πόρπη fibula kommt mit ähnlichen worten für goldschmuck im
homerischen schilde vor Σ 401. nach der grammatikertradition (Pollux
VD 54) ist es die fibel, welche auf der brust den chiton zusammenhält,
Eur. hat es öfter, aber er von den Athenern allein, die περόνη sagen. das
davon gebildete verbum πορπᾶν προσπορπίᾶν hat Aischylos (Prom. 61.
113), vermutlich aus Sicilien eingeführt. davon wieder kommt πόρπαμα,
das was man mit zrögsra: zusammenhält, nur von Eur. hier und El. 820,
danach von dem verfasser des Rhesos 442 angewandt. dals er es aus
fremdem sprachgebiet geborgt hat, folgt aus dem vocalismus. wie es der
nachahmer damit gehalten hat, ist nicht zu sagen, da bei ihm πόρπασμα
und πόρπημα neben einander überliefert ist. die entsprechende bildung
περονάματα hat Theokrit (JdwvıaL. 79) von dem homerischen περονᾶν,
das er auch hat (Kvv. ἔρ. 65), fortgebildet. so lesen wir ein dorisches
wort nur bei einem Athener, ein ionisches nur bei einem Dorer.
961 Her. ruft ἀκούετε λεώ" νικᾷ Ἡρακλῆς Θηβαῖος. aber er redet
“das gehör von niemand’ an. überliefert ist 960 αὐτὸς πρὸς αὑτοῦ
961 ἀχοὴν ὑπειπών. das erste untadelig, das zweite unmöglich, denn
ὑπειπεῖν ist “leise sagen’ “andeuten’ oder auch “jemanden bedeuten,
ihm eine directive geben’. die heilung der stelle ergibt sich durch die
vertauschung der praepositionen, die jemand versetzt hat, weil er die
richtige verbesserung von αὐτὸς ὑπ᾽ αὐτοῦ nicht fand. auch da war
nur die ordnung der wörter zu ändern. ὑπ᾽ αὐτὸς αὑτοῦ ist ein hyper-
baton, welches den schreibern unbekannt war, und es wird durch das
gewöhnliche wol oft verdrängt sein, da wir es nur herstellen dürfen, wo
das vermals dafür zeugt. so ist es bei Eur. auch nur an einer stelle
noch nachweisbar, wo es auch erst sichere conjectur gefunden hat, fgm. 862
vers 951-- 961. 218
ἐνιαυτός heifst das jahr ὀϑούνεχα ἐν αὐτὸς αὑτῷ πάντα συλλαβὼν
ἔχει. bei den andern beiden tragikern sind die beispiele häufiger. selbst
die komödie wagt ähnliches, aber bezeichnender weise vor dem 8, jahr-
hundert nur Timokles, der auch tragiker war (bei Athen. VI 2234 τὰς
αὐτὸς αὑτοῦ συμφοράς). bei classischen prosaikern ist die wortstellung
nur einmal bezeugt oder beobachtet, Aischines 3, 233, freilich neben dem
regelmäfsigen überliefert. der unter Platons schriften überlieferte kleinere
Alkibiades trägt nicht nur in dieser wendung eine spur von unattischem
(keineswegs aber ionischem) ursprung (Usener Gött. Nachr. 1892, 48).
dagegen haben sie die anspruchvollsten stilisten der kaiserzeit als ein
besonderes licht aufgesetzt. so Aristides häufig, der schriftsteller vom
erhabenen cap. 15 τὴν αὐτὸς αὑτοῦ φύσιν, Synesios orat. I 6 (p. 14
Krab.) τὰς αὐτὸς αὑτοῦ πάσας ὀρέξεις, Athenagoras suppl. 7 χινη-
ϑέντες --- ὑπὸ τῆς αὐτὸς αὑτοῦ ψυχῆς ἕκαστος, Gregor v. Nazianz
comp. vit. (AIX) 67 τὴν δεξιὰν τὴν αὐτὸς αὐτοῦ. noch Theodoros
Metochita (403. 468) gefällt sich darin. herzustellen auch Ps. Iustin.
orat. ad Graecos 3 aus πυρὰν κατ᾽ αὐτοῦ αὐτὸς ποιήσας. auch bei
dem sophisten, der die ἔρωτες verfalst hat, die unter Lukians werken
stehn, belegt; in augusteischer zeit bei dem gänzlich stillosen Parthenios.
die Dorer im norden sind es, welche das reflexivpronomen durch ver-
doppelung gebildet haben, bald mit dem constanten nominative selbst, bald
durch umformungen wie αὐσαυτοῦ, bald durch wirkliche composition αὐὖ-
ταυτοῦ; und diese dorische bildung greift weit in Nordhellas, aber auch in
den Peloponnes hinüber (wo sich die hauptmundarten aber gesträubt haben)
und in die colonien (Blass gr. Gramm. I 600, Wackernagel Kuhns Zeitschr.
33). aber auch auf einem boeotischen steine aus der mitte des 4. jahr-
hunderts steht ὑπὲρ αὐτὸς αὐτῶ ἀνέϑεικχε (Inser. Boeot. 3055, 9 Ditten-
berger). auf einem ionisch geschriebenen, aber mit recht auf Halikarnass
zurückgeführten papyrus, der noch in das 4. jahrhundert gehört, εἰ —
ἐποίησε — τὰ τέχνα ταὐτοσαυτοῦ δίχαια und μηδὲ αὐτὸν γονέας
τοὺς αὐτοσαυτοῦ ϑάψαι (Philol. 41, 748). die tragiker haben also
diese wendung sei es von Dorern oder Boeotern, aber aus dem leben,
nicht der litteratur übernommen. das ist sehr merkwürdig. die Dorer
kennen das ionisch -attische reflexivum ἑαυτοῦ nicht und haben natür-
lich αὐτοῦ nicht aspirirt. aber daraus folgt für die Athener nicht das
mindeste, die immer so reden, dafs der nominativ αὐτός als solcher steht,
also auch das reflexiv. übrigens sollten wir uns eingestehn, dafs sie in
solchem falle sich selbst nicht klar gewesen sind, ob sie heta, das sie
nicht schrieben, sprechen sollten oder nicht. der spiritus stammt doch
214 Commentar.
von uns, und dafs das a in αὑτοῦ lang, in αὐτοῦ kurz ist, haben sie
nicht differenzürt und können wir nicht differenzüren.
965 ξενοῦν heilst ξένον ποιεῖν, ξενοῦσϑαι also "sich vergasten’. die
tragiker brauchen aber das passiv ein par mal im sinne von ἐπὲ ξένης
εἶναι, ἀποδημεῖν (Eur. Hipp. 1085, Aigeus 1, Soph. Trach. 65) und so
steht ἐσπειξενοῦσϑαι in dem vielleicht ächten sechsten briefe des Isokrates 2,
während es sonst auch “sich vergasten’ heifst. davon hat Eur. hier das
nomen gebildet.
966 Dals die tötung eines menschen den sinn verwirrt, ist allgemeiner
glaube; diese gewalt ist es, welche die sühnung brechen soll. A. Choeph.
1055 ποταένιον αἷμά σοι χεροῖν ἔτε" ἐκ τῶνδέ τοι ταραγμὸς ἐς
φρένας πέτνει. --- das praesens χαένεες neben ἄρτε ist uns auffällig:
es ist nicht das s. g. historische, das hier keinen platz hat, sondern die
stämme des verbums (praesens, aorist, perfect) sind eigentlich begrifflich
nicht zeitlich geschieden, und der praesensstamm bezeichnet absolut die
tätigkeit, ὧν νεωστὶ σφαγεύς εἶ. die anomalie liegt also darin, dafs die
absolute, nicht die vollendete handlung bezeichnet ist. das ist also eigent-
lich auch dynamisch wie ἡ rixrovoa, vgl. 903.
Die s. g. attraction des relativs würde hier einen ganz falschen sinn
geben: es würden die eben getöteten von anderen getöteten unterschieden,
während der relativsatz bedeutet ἄρτε γὰρ πεφόνευχας.
967 Der vater des Eurystheus, Sthenelos, ist in der sage gegeben, aber
das ist hier irrelevant, der vater kann sogar nicht einmal leben, da
Eurystheus könig ist. die poesie läfst nebenfiguren auftreten und ver-
schwinden, je wie es für ihre zwecke dienlich ist. mit den söhnen des
Eurystheus ist es im grunde nicht anders, obwol die mythographen natär-
lich auch namen für sie wulsten. ganz so verfährt die bildende kunst,
und Euphronios hat auf seiner Eurystheusschale (Klein Euphron. 89) den
vater Sthenelos (und die tochter Admete) mit gleicher freiheit der über-
bringung des ebers beiwohnen lassen.
968 ἐπειδὴ προὐτάρβει, ἱκέτευεν: das ist das verhältnis der prae-
dicativen zusätze.
970 Die tragiker, zumal Eur., verschmähen die längeren formen ἑαυτοῦ
σεαυτοῦ. hier und Alk. 461') ist das längere pronomen gewählt, weil
es ganz besonders betont ist, Hipp. 978, weil αὐτόν misverständlich sein
würde; das heta ward nicht mehr bezeichnet und unsicher gesprochen.
das sind die einzigen belege. Heraklid. 635 gehört dem Eur. nicht,
ΠῚ ἢ Es ist vorher zu verbessern σὺ γάρ, ὦ σὺ μόνα, φίλα γυναικῶν, τὸν davräs
ἔτλας πόσεν ἀντὶ σᾶς ἀμεῖψαι, φυχᾶς BE Atda.
vers 965992. 215
973 oxıa deckung, abri. wohin das licht nicht dringt, dringt auch der
blick nicht. Aristoph. Ekkles. 496. Andokid. 1, 38 ὑπὸ τὴν σχεὰν καϑέ-
ἕεσϑαι μεταξὺ τοῦ κίονος καὶ τῆς στήλης. deutlicher παλένσκεον
Archilochos 84.
974 σ“ττήσσω (inselgriechisch πτώσσω Archil. 106; das gemeingriechi-
sche zzrwxöc ist in der bedeutung abgebogen) sagt man nur vom ducken
des vogels. Kykl. 408. Ar. Wesp. 1490 πτήσσει Φρύνιχος ὥς τις
ἀλέκτωρ. die vergleichung gilt also von beiden knaben.
975 Die sich überstürzende leidenschaftlichkeit der handlung malt sich
in den kleinen sätzchen und dem zerreilsen des verses, da vor dem letzten
und nach dem ersten fulse des folgenden interpungirt ist. Megara schiebt
τέ δρᾷς in den bereits im sinne geformten satz, denn nur in der ver-
bindung mit τέχνα χτείνεις kann sie ihren mann τεχών anreden.
977 Her. muß dem knaben gegenübertreten, um auf ihn zu schufs zu
kommen. da sich der hinter der säule birgt, so läuft er vor ihr hin
und her, springt bald rechts, bald links, so dafs der knabe die entgegen-
gesetzten wendungen machen muls. endlich ist eine solche wendung
nicht rasch genug, die seite bleibt ungedeckt, Her. kommt ihm gegenüber
zu stehen (ἔστη ἐναντίος), schielst und trifft ins herz. ἐξελίσσειν
xlovoc durch EAloosır (690) herausbekommen, wie ἐχμοχϑεῖν 22, ἐχ-
πονεῖν 681. πόδα κυχλοῦν El. 561. Her. beschreibt aber keinen
kreis, sondern macht furchtbar rasche wendungen, δεινὸν τόρνευμα
ποδὸς κυχλοῖ.
981 Erst ein wilder schrei des triumphes, ἀλαλά, dann worte.
985 Der aorist ist für unser gefühl plusquamperfect; er steht in zeit-
licher beziehung zu dem impf. ἐπεῖχε, und dieses steht, weil Her. schon
während er jene worte sagt, nach dem zweiten opfer zielt. ἐπέσχε lag
viel näher, aber in dem imperf. liegt eine grofse schönheit, weil es die
sinnliche anschaulichkeit um einen zug bereichert,
987 χεῖρα βαλὼν πρὸς γένειον καὶ deeny. natürlich greift er nicht
nach dem halse, sondern nach dem kinn, denn das ist der gestus des
bittflehenden. aber er reicht an dem vater nicht so hoch.
990 Gorgo zu 882.
992 Dieser satz erscheint schwülstig, weil vielerlei zusammenkommt,
was einzeln alles der tragischen rede angemessen ist, vereint aber schwer
verständlich wird. μέμημα ist apposition zu der ganzen handlung.
μέμημα μυδροχτύπον ist sehr kühn für μέμημα μυδροκτυποῦντος,
in nachahmung eines der glühendes eisen hämmert” (das verbum steht
L Prom. 366). in τετράπουν uiuov ϑηρὸς Res. 255 ist vielmehr das
216 -Commentar.
adjectiv attrahirt wie oben 468. Her. kann den knaben nicht erschielsen,
deshalb schwingt er die keule hoch über sein haupt, wie der schmied,
wenn er das glühende eisen hämmert, und lälst sie auf das haupt des
knaben fallen, der vor ihm steht. die wiederholung von χάρα 992. 93 ist
nur modernem gefühle anstößig. ἀλεξητήρεον ξύλον hiels die keule 470,
hier wird bloß ihr stoff’ hervorgehoben im gegensatze zu dem eisenhammer
der vergleichung. ganz ähnlich in einer viel mishandelten stelle Hik.
716 von Theseus im kampfe mit den Boeotern, die lederkappen statt
der attischen erzhelme trugen. ὅπλισμα τοὐπιδαύριον λαβὼν δεινῆς
χορύνης, διαφέρων ἐσφενδόνα ὅμοῦ τραχήλους κἀπιχείμενον χάρα,
er haut mit der keule die hälse ab, dafs sie sammt den köpfen herum-
fliegen, χυνέας (zweisylbig zu sprechen) ϑερέζων κἀποχαυλίζων ξύλῳ;
die kappen sind die ähren, die dieser schnitter vom halme schneidet, aber
seine sichel ist von holz.
996 ἔσω δόμων in das haus aus dem hofe.
998 δή hebt hier die wahnvorstellung noch besonders hervor; 985 war
das wegen doxeiv nicht nötig.
999 ϑύρετρα sind die flügel, σταϑμα die pfosten. man sieht am
Parthenon Propylaeen und andern erhaltenen gebäuden, dafs selbst die
schönsten marmorwände eine holzbekleidung, so zu sagen hölzerne pfosten
hatten, an denen die angeln (στροφῆς) befestigt waren. es war das selt-
saıner weise aus der zeit des lehmziegelbaues, wo natürlich hölzerne tür-
pfosten nicht entbehrt werden konnten, beibehalten. erst wenn man diese
kaum begreifliche sitte kennt (ich habe sie von W. Dörpfeld vor den
monumenten gelernt), versteht man, wie Her. σεταϑμὰ ἐχβάλλει: er bricht
die holzbekleidung der steinernen anten ab, wobei dann die ganze türe
in stücken geht. nicht einmal sicher war dieser verschlufs: aber die
wand hat Her. nicht zerstört. unvermeidlich war, dafs in älteren häusern
die hölzerne verschalung löcherig ward, und die mäuse hatten es dann
bequem. so war es in Amphitryons hause, wo die schlangen durch die
geschlossene tür eindrangen ὅϑε σταϑμὰ xoila ϑυράων Theokr. 24, 15,
ein vers, der auch erst jetzt verständlich wird.
1000 Weil die Römer sternere, wir "niederstrecken’ vom töten sagen,
scheint uns χατέστρωσεν gewöhnlich, aber es ist ein in epos lyrık drama
guter prosa unerhörter ausdruck für χατέβαλεν. dagegen ist es vulgär,
παραστορῶ σε droht Kleon. in den Rittern 481 (daher Poll. 9, 154),
vornehmlich ionisch, Herodot IX 69 χατεστόρεσαν; das passiv öfter.
Xenophon Kyrop. III 3, θά κατεστρώννυσαν, dann in dem auf ionischer
grundlage erwachsenen judengriechisch. mit bildern die auf das glätten
vers 996—1014. 217
der meereswogen deuten (z. b. Pseudosimonides 90) darf dieser gebrauch
nicht verwechselt werden.
1001 ἐπιπεύειν ist ebenso ungewöhnlich. (byzantinische absurditäten
wie χρόνου διιππεύοντος oder παριππεύοντος, vita Theodos. 35 Us.
lehren für altes griechisch nichts). Her. ist nicht mit einem reiter,
sondern mit einem rosse verglichen, von dessen gang unter dem reiter
das wort technisch ist (Xenophon im ἱσεπεχός öfter. Eur. wendet es
noch Phoen. 212 an, aber von den winden, die ja rofsgestalt haben. eben
so eigentümlich sagt Horaz Carm. IV, 4, 44 equitare (erklärt von Kießling).
wir sagen wol "galoppiren’ vom menschen, aber auf die gangart kommt es
nicht an, vielmehr ist Her. “besessen’: Lyssa reitet ihn. ähnlich Hipp. 214
μανέας ἔποχον ἔπος, auch ganz singulär.
1002 Neben φαένεσϑαι ‘sich zeigen’, erscheint oft ein scheinbar abun-
dirender 8. g. epexegetischer infinitiv, wie hier ὁρᾶν Bakch. 1017 payndı
πολύχρανος ἰδεῖν δράχων, Platon Phaid. 84° ὡς ideiv ἐφαίνετο.
Theognis 216 “der polyp ποτὶ πέτρῃ τῇ προσομιλήσῃ τοῖος ἰδεῖν
ἐφάνη. dies beispiel zeigt gut, dals es dieselbe epexegese ist wie in
χαλὸς λευκὸς ἰδεῖν; d.h. das verbum im infinitiv, seiner nominalen
form, tritt nicht anders zu dem adjectiv, wie wenn ἀευχὸς τοῖος τὴν
ὄψιν stünde. und das geht auch auf das adverbium über, ὡς ὁρᾶν
ἐφαίνετο wie τοῖος ἰδεῖν ἐφάνη. dafs das activ steht, wo wir das
passiv erwarten würden, ist griechische weise, vgl. 1126.
1003 Da ἔγχος jede waffe bedeutet, tritt zur genaueren bezeichnung des
speeres ZrclAoyxog hinzu; ganz ebenso &rriAoyyov βέλος Hipp. 221, unten
1098 σετερωτὰ £yyn die pfeile. Bakchyl. 13, 8 ἔγχη re λογχωτὰ ξίφη
τ᾿ ἀμφάκεα.
χραδᾶν κραδαίνειν von χράδος χράδη, zweig, welches wort selber
im attischen nur für den zweig der feige in geltung geblieben ist, die
allgemeine bedeutung hat χλάδος. — dafs Athena, während sie einen
steinblock wirft, ihren speer, also in der linken hand, schaukelt, würde
auffallend sein, wenn es erfindung des dichters wäre. aber die Parthenos
des Pheidias hielt den speer so, und das ist die normale erscheinung
seiner göttin für den Athener.
1009 σεέραιοι βρόχοι sind die stränge in denen das leinpferd (445)
geht, also besonders feste.
1013 Der schlaf ist an sich eine gabe des guten daemons, aber für Her. ist
selbst dieser “alte getreue freund” kein segen mehr: er ist ὀλόμενος 1061.
1014 μὲν οὖν abschließend. “ich wenigstens urteile so, denn — und
damit ist mein bericht zu ende’.
218 Commentar.
Sechste gesangnummer 1016-87.
Über den ganzen character des versmaßes und der vortragsweise
vgl. zur vorigen nummer.
a) lied des ganzen chores, einem stasimon ähnlich oder vielmehr wirklich
stasimon 1016—27, drei perioden.
1) 1016—21 4 δ(όχμεοι) -+ iamb. metron. die beiden letzten dochmien in
der anapaestischen form. gerade diese mit einem folgenden iambischen
metron zu verkoppeln ist beliebt. z. Ὁ. derselbe vers Ion 1466 ὁ δὲ
γηγενέτας δόμος οὐκέτι νύχτα δέρκεται, hinter bakcheen, vom folgenden
durch hiat gesondert, hier durch syllaba anceps. es folgten wahrschein-
lich 5 ὃ: der dritte durch ausfall zerstört.
2) 1022—24 7 δ, der letzte mit unterdrückung der letzten senkung.
diese erscheinung ist eigentlich eine anomalie, denn sie ist aus den iam-
bischen liedern und ihren verwandten in dieses rhythmengeschlecht über-
tragen. sie findet sich aber mehrfach, z. Ὁ. Ion 1494 ἀνὰ δ᾽ ἄνερον
ἔρημον οἰωνῶν, Bakch. 1037 ὁ Jıovvoog 6 Jıös οὐ Θῆβαι, Hel. 657
ἀδόχητον ἔχω σε πρὸς στέρνοις.
3) 1025—27 2 bakcheen, 8 ὁ.
b) vortrag des chorführers, während das ekkyklema erscheint.
1) 1028—-30 interjection und
Von | “πα -
2) 1031—33 interjection und
VW WU U [πιὰ Ve
der enoplios ist unverkennbar; die auflösung der länge bei zweisylbiger
senkung kommt vielleicht nicht wieder vor; für dieselbe bei einsylbiger
senkung steht ein beleg zu 136: wunderbar ist sie nicht, da sie ja in
glykoneischen versgliedern mindestens zu dieser zeit zulässig war, und
diesen ist das zweite glied zum mindesten äulserlich gleich. es ist schwer
zu bestimmen, weil die vorletzte sylbe indifferent erscheint: wo es sonst
steht, 1037. 1075, Andr. 826. 830, ist sie kurz. übrigens kann man 1033
auch als -u-ıv- | -— deuten, wie 1185.
3) 1034—38 iamb. trim,, 2 d., iambischer katalektischer dimeter; er mag
mit den dochmien in synaphie stehen. übrigens ist der text nicht ganz
sicher. dann die beiden glieder von 1029. 30 in umgekehrter ordnung.
4) 1039—41 3 iamb. trim.
c) Wechselgesang des Amphitryon und des chors oder vielmehr chor-
führere. der letztere hat nur einfache dochmien oder iamben.
1) 1042—46 5 ὃ Amph. 4 ὃ Chor.
Bechste gesangnummer. 219
2) 1047—53 iambischer tetrameter durch synaphie, welche das proklitische
μὴ zeigt, verbunden mit einem verse, der so aussieht υ.-- νὐ---- |v-u--|
v-u-, das letzte glied ist ein iambisches metron; die beiden ersten sind
gleich: es ist das im Plautus von Reiz entdeckte, das seinen namen
führen mag. es stammt ohne zweifel aus dem volksliede, aus denselben
regionen wie der enoplios. in der komödie tritt es stichisch auf, auch
als klausel von iamben. πεινῶν τριάκονθ᾽ ἡμέρας τοῦ μηνὸς ἐχά-
στου Ar. Ach. 859. Sophokles schliefst eine dochmische strophe Ἔλλα-
νίδος, τὰ νῦν δ᾽ ἄτιμος ὧδε πρόκειμαι Ai. 427, derselbe O K. 1048
μεέξουσιν ἢ πρὸς Πυϑίαις ἢ λαμπάσιν ἀκταῖς : das ist derselbe vers,
und wieder derselbe Plaut. Aulul. 443 ego te faciam miserrimus mor-
talis uti sis. es ist eine überaus häufige clausel. noch Theokrit hat in
dem epigramm auf Epicharm dieses glied als ἐπῳϑδϑός verwandt, und
zwar nicht blols mit indifferentem sondern auch zweisylbigem anlaut,
τελεῖν ἐπίχειρα neben μεγάλα χάρις αὐτῷ. auch Pindar hat Ol. 4 die
strophe beendet mit dem verse Ὁ--ὐ---- | o-wu-u | ποτ πο, zwei Rei-
zana und ithyphallicus: man muls nur die überlieferung bestehen
lassen. dasselbe lied hat enoplier und kola, die den 1029—33 ver-
wandt sind.
8 ὃ + spondeus. dieser, als abschlufs in vielen liedern gebräuchlich,
in dieser gattung besonders häufig, unten 1185ff. und z. Ὁ. in der tei-
choskopie der Phoenissen. zweimal hat der dochmius die form -- uw,
deren existenz eine metrik leugnet, welche auf einer sehr kümmerlichen
statistik und auf dem noch kümmerlicheren glauben fulst, dals was sie
selten gefunden hat, weil selten, auch falsch wäre. in wahrheit steht
gleich in der oft wiederholten ersten strophe Pindars Κρόνου παῖδ᾽
ἐς ἀφνεὰν ἱχόμενος μάχαιραν Ἱέρωνος ἑστίαν, 8 ὃ + iamb. metron.
und in der tragödie A. Eum. 791 io μεγάλα τοι κόραι δυστυχεῖς,
Sieb. 127 σύ τ᾽ ὦ Ζιογενὲς φιλόμαχον σέβας. Eur. L T. 840 πρόσω
rad ἐπέβα, Bakch. 982 λευρᾶς ἀπὸ πέτρας, Ion 1486 κύκλῳ κρύφεον
ὠδῖν᾽ ἔτεκες Φοίβῳ u. 8. w.
8) 1054—-64. iambischer katalektischer tetrameter. die anlautende senkung
des dritten metrons unterdrückt.
2 Reizianische kola + iamb. metron = 1050, wenn man sich dazu herbei-
läfst abzuteilen --u-u | uv-w-u | v-u-; aber es ist schwer, die dak-
tylen durch den zusammenstols von indifferenten, nur zufällig kurzen
sylben zu erklären. teilt man ab ---u u | -wu—u- oder -- τυ]
-us-wu-u-, so ergeben sich glieder wie 1029. 30; man hat nur einen
daktylischen ausgang zuzugeben, der analogieen hat, vgl. 1196. auch
220 Commentar.
wird man sich nicht leicht getrauen, die möglichkeit zu leugnen, dafs
das ganze eine reibe sei.
katalektischer iambischer trimeter; μέλαϑρα ist als amphibrachys zu
messen. — man könnte 1055. 56 vereint ganz anapaestisch lesen (μέλαϑρα
als tribrachys), allein die anapaeste sind in diesen liedern ersatz der
dochmien, ertragen also keine katalexe.
4 dochmische monometer, der erste mit anapaestischem (prokeleusma-
tischem) anlaut, vgl. zu 878. dafs es monometer sind, zeigt der zweimal
. zugelassene hiatus.
4 ὃ.
4) 1065—71 4 katalektische iambische dimeter. die katalexe malt, wie
kurz vorher die gelöste synaphie: der sinn zeigt das innehalten und
unterbrechen.
Reizianum + glied 1030.
4 ὁ.
5) 1072—1080 iambischer pentameter verbunden (wie das proklitische
οὐ zeigt) mit den beiden gliedern 1029. 30.
Reizianum -+ adoneus: dieser ist als abschlufs vielen gattungen gemein;
auch er war volkstümlich und gehört in dieselbe sphaere wie enoplios
und Reizianum.
6 ὁ.
6) 1081—87 iambischer trimeter, nach der analogie der vorigen perioden
verbunden zu denken mit dem nächsten, enoplios + iambischer kata-
lektischer trimeter (ἐλεγεῖον). dieses glied im iambelegus schon oben 894,
unten 1199. hinter zwei Reiziana Hel. 693. 4, hinter dem enoplios
Hipp. 756.
4 δ. der vorletzte in anapaestischer form.
zum abschlufs zwei iambische trimeter.
Die perioden sind ganz besonders deutlich zu unterscheiden. denn
auf die erste einführende, welche rein dochmisch ist, folgt in allen die
verbindung von iamben, enoplischen oder verwandten gliedern, dochmien,
in dieser reihenfolge. entsprechend ist auch der inhalt gegliedert, so dafs
dies auf den ersten blick so schwierige lied wol als muster für die analyse
der verwandten dienen kann und wird.
Das chorlied gibt die empfindung des chors wieder, der nun so viel
ruhe hat, dals er reflectiren kann. er versucht vergeblich, sich die tat
des Her. durch vergleichung mit den gräfslichsten der vergangenheit
minder schrecklich zu machen. aber kein beispiel der geschichte hilft
mehr. die form des trostes ist seit Homer (E 382) geläufig, auch im
Sechste gesangnummer. vers 1016. 221
drama (A. Choeph. 603 8. Ant. 944). an solche stasima erinnert dies lied,
und so ist es inhaltlich auch noch ganz antistrophisch-epodisch componirt.
“a) fürchterlich war die tat der Danaiden, aber dies ist mehr. a) fürchter-
lich ‘die der Prokne, aber dies ist mehr. b) ich habe keinen genügenden
ausdruck meiner teilnahme”. dann wird durch das ekkyklema das gräfsliche
selbst den augen geboten. der chorführer gibt die beschreibung, auch
diese in ähnlicher disposition: “ a) seht die tür geht auf, a) seht da liegen
die kinder, b) da schläft der vater gefesselt”. die responsion der gedanken
hat die metrische responsion überdauer. Amphitryon, der nicht mit
herausgerollt ist, sondern irgendwoher auftritt, wird mit ein par trimetern
eingeführt, und der wechselgesang mit den lebhaftesten bewegungen dient
dazu, durch die widerstreitenden gefühle der fürsorge und der furcht
unser teilnahmvolles interesse für den moment auf das höchste zu spannen,
wo Her. erwachen wird. diese scene ebenso wie ihre nachbildungen im
Orestes und den Trachinierinnen (I s. 153) würden schlechterdings nicht
darstellbar sein, wenn der chor auf einem etliche fuls tieferen platze
stünde als die schauspieler. dafs Amph. der doch eigentlich bei Her.
im hause sein muls, auf die bühne kommt, liegt offenbar daran, dafs
für ihn auf dem ekkyklema kein platz war.
1016 Die Danaiden zieht der chor wegen der grolsen zahl der opfer
heran. der mord eines verhalsten aufgezwungenen gatten ist an sich
kein exemplarisches verbrechen; die übertragung der höllenstrafe, wasser
in ein durchlöchertes fals zu tragen, auf die Danaiden, ist erst in dem
späten Dialoge Axiochos nachweisbar. aber sie ist nicht schlecht. denn
die wassertragenden seelen, z. b. bei Polygnot, sind die von menschen,
die vor der ehe gestorben sind; es ist dieselbe symbolik wie in den
wasserkrügen auf den gräbern von unverheirateten. die ehe ist ein τέλος
des lebens; προτέλεια sind hochzeitsopfer; darum ist wirklich der vor
der ehe gestorbene ἀτέλεστος, und seine seele hat keinen frieden, wie
die βιαεοϑάνατοι, den ihr ein besonderer cult geben muß. ὥρεα heilsen
die totenopfer: die grabsteine beklagen gar oft die ἄωροι Yavaroı.
χούρη χεχλήσομαι αἰεὶ ἀντὶ γάμου παρὰ ϑεῶν τοῦτο λαχοῦσ᾽
ὄνομα sagt Phrasikleia auf ihrem grabstein (Kaibel Ep. 6). die Danaiden
haben sich wider die natur vergangen, da sie die ehe verschmähten. so hat
Aischylos selbst die sage gefalst, ihren sinn (sie sind versiegende quell-
nymphen) in das menschlichsittliche umdeutend').
1) Dümmler, auf dessen schöne Delphika 17 ich noch nachträglich verweisen
kann, hält die strafe der Danaiden für aischyleisch und gar für ursprünglich. mit
dem ersten kann er recht haben; das zweite ist nur mit willkürlichen fictionen möglich.
222 Commentar.
πέτρα: die burg, Τρωάδος ἀπὸ πέτρας Tr. 522. πέτρα Παλλάδος
Hipp. 20. der burgberg von Argos beherrscht die ebene noch viel im-
posanter als der von Athen: Troia bildet die phantasie nach diesen ana-
logien. — φόνον ἔχει: der berg, auf dem das blut geflossen ist, ist sein
besitzer. ähnlich A. Pers. 587 Balamis αἱμαχϑεῖσα ἄρουραν ἔχει τὰ
Περσᾶν. darin ist das verhältnis, wie man es gemeiniglich falst, um-
gedreht. denn der tote, also auch das blut des gemordeten, besitzt das
land, wo er liegt. Pind. P. 5, 81 πόλιν, ἔχοντι τὰν... ᾿Αντηνορέδαι.
A. Ag. 453 ἐχϑρὰ δ᾽ ἔχοντας ἔχρυψεν, Troia die Achaser. sehr hübsch
der grabstein eines kleruchen, der auf seinem acker in Imbros stand
(Bull. Corr. Hell. XIII 432) ἐχτήσατ᾽ ἀπέλαυσ᾽ ἐνετάφη κρατεῖ πάλεν.
hier ist die wendung ohne besondere pointe gewählt, correspondirend mit
ἔχω 1022. die wiederholung des wortes an gleicher versstelle, wenn
auch nur um der äußserlichen klangwirkung willen, ist auch ein erbteil
der älteren antistrophischen poesie.
1019 Hellas wollte den mord nicht glauben, weil es den Danaostöchtern
ihn nicht zutrauen konnte. ursprünglich waren die landesnymphen
natürlich keine verbrecherinnen;; so klingt hier der widerstreit der älteren
und jüngeren tradition nach. — der genetiv ist ans ende gestellt, um
das entscheidende wort bis zuletzt zu sparen.
1021 Es fehlt ein participium passivi im sinne von τὰ εἰργασμένα
γῦν. der erforderte sinn liegt auf der hand, und nur so wird der dativ
κόρῳ erklärt.
1022 Weshalb der mord, den Prokne an ihrem sohne Itys begieng, den
Musen geopfert heilst, ist unbekannt, denn dafs die nachtigall ihn ewig
besingt, rechtfertigt den seltsamen ausdruck nicht. die sagenform, die
Eur. voraussetzt, rührt von Sophokles her, dessen tragödie Tereus (die
also älter als der Her. ist) den namen Prokne für die früher anders
benannte nachtigall festgestellt hat. sie hiels meist einfach Aedon, bei
Homer r 518, Pherekydes, und auch bei dem vasenmaler Panaitios
(vor 480), Klein, Meistersignaturen 8. 145. ᾿δηδόνη bei Aischylos Hik.
60 ffg., wo sie neben der Metis, also der schwalbe, steht, die von dem
attischen königsgeschlechte der Metioniden den namen hat; er kennt auch
schon Tereus, der in Megara gewohnt haben wird; die sage muls ganz
anders gelautet haben, als sie uns vertraut ist; Tereus ward zum falken.
Sophokles versetzte diesen um des königs Teres von Thrakien willen nach
dem norden und brachte die namen auf. in diesem verglichenen bei-
spiel stimmt der kindermord, aber Prokne hatte nur einen sohn.
1024 Der ausdruck ist nicht löblich, weil ee am nächsten liegt, den
vers 1019 ---1039. 223
dativ von σύν abhängen zu lassen und zu verstehen “du hast die kinder
in verbindung mit der Avoodg μοῖρα umgebracht’, wie Guyxaraxreivw
Or. 1089, συγκατεργάξεσϑαι selbst Or. 33 steht. das gibt keinen sinn.
also ist συγχατεργάζεσϑαι "mit einander umbringen’ so συγκαταχτείνω
Lykophr. 738. Avooadı μοίρᾳ aber ist wenig mehr als dıd μανέας.
Med. 1281 αὐτόχειρε μοίρᾳ: δι᾽ αὐτοχειρίας.
1025 Die grammatikerüberlieferung hat das gedächtnis an die inter-
jection £ & verloren, und sehr oft ist die möglichkeit einer entstellung
aus αἰαῖ (was meist a? αἴ fälschlich geschrieben wird) zuzugeben, manch-
mal zu erweisen. aber das berechtigt nicht dazu, die existenz von ἔ ἔ
zu leugnen, welches vielmehr öfter (z. b. Soph. El. 827) durch das vers-
mals gesichert wird. wo möglich noch sicherer ist es hier, wo es unter
der corruptel ἐς verborgen ist.
“Ich weiß nicht mit welchem klagelaut oder ruf oder grabgesang oder
Hadestanz ich mich äulsern soll’. gesang und tanz treten einfach deshalb
zu, weil der tragische chor seine gefühle in liedern und tänzen äußert.
es ist also eine unbefangene durchbrechung der illusion, wie 686. ebenso
Hik. 74 ἔτ᾽ ὦ ξυναλγηδόνες χορὸν τὸν Aröng σέβει, (geht in einem
takte den Hades gern hat). vexo@v ἔαχχος Tr. 1230, νόμῳ νερτέρων
Andr. 1199. in ganz anderem sinne nennt der komiker Phrynichos einen
schwindsüchtigen musiker Movo®» σχελετός, ἀηδόνων ἠπίαλος, ὕμνος
“Διδου (inc. 1).
1029 Die beiden türflügel gehen auseinander und lehnen dann auf den
beiden seiten; die tür geht nach aufsen auf, wie in Athen gewöhnlich
war. die tragiker pflegen das aufgehen der tür mit vielen worten zu
beschreiben, um die zeit zu füllen, während das ekkyklema hervor-
gerollt wird.
1035 περί adverbial wie bei Homer, attisch gewöhnlich πέριξ. so
noch Tr. 818, ἀμφέ Hipp. 770. Thuk. 3, 3 τά τ᾽ ἄλλα (und im übrigen)
λεμένων περὶ (== πέριξ) τὰ ἡμιτέλεστα φάρξαντες : so ohne änderung
verständlich. auch im Apollon des Simias (Hermes 25, 437) ist ἐλά-
τῃσι περὶ χλωρῇσιν ἐρεμνὰς νήσους ganz richtig.
1086 ἐρεέσματα sind im wortsinne stützen (254), und so liegt der ans
land gezogene nachen ἐσ ἐρείσμασι (Pseudotheckrit 21, 12). mit einem
sicher angebundenen schiffe ist Her. wol zu vergleichen (1055), aber es
ist geziert, deshalb die taue, welche ihn festhalten, stützen zu nennen,
um so mehr, als zur erklärung die ‘vielen fäden der stricke’ mit ge-
nannt werden müssen.
1039 Eben so geziert ist ἄπτερος ὠδὶς τέχνων, mag man nun das ei,
224 Commentar.
das noch nicht zum vogel geworden ist, oder den unflüggen vogel darunter
verstehen. ὠδές bedeutet nun einmal zunächst den schmerz und erst
praegnant die geburtswehen, welche den vogel nichts angehen. Eur.
berührt sich hier in der tat mit dem geschmacklosesten griechischen
dichter, Nikander, der Alexiph. 165 das ei ὀρταλέχων ἁπαλὴν ὠδῖνα
nennt. Plutarch hat sich durch seine manier möglichst jeden begriff
durch ein par von synouymen zu bezeichnen verführen lassen von ὕπη-
veuıoı Aoysiaı καὶ ὠδῖνες der hühner zu reden (de audiend. 3). Eur.
hat aber wol vielmehr den jungen vogel gemeint, denn seit Homer (πε 216)
ist dies gleichnis herkömmlich.
1040 Auch ὑστέρῳ ποδὲ πιχρὰν ἤλυσιν διώκων ist eine überladene
wendung, nur dadurch erträglich, dals die einzelnen substantive je ihr
epitheton erhalten. ὕστερον πόδα διώχων, ὑστέραν ἤλυσιν διώχων
liefs sich eben so gut sagen. ähnlich Hek. 67 βραδύπουν ἥλυσιν ἄρϑρων
προτιϑεῖσα. — ἤλυσις scheint sprachwidrig, denn das anlautende e
mülste kurz sein. das episch gedehnte ἠλύσιον πεδίον und ἤλυϑον,
das nur im indicativ existirt, hat die dichter verführt. — - δεώχω vgl.
zu 1082.
1050. Der logik nach mülste das letzte μή final sein, denn sie sollen
fern bleiben und schweigen, damit sie den schlafenden nicht wecken. aber
die erregung redet nicht logisch, sondern zieht das, was ihr das wesent-
lichste ist, in den hauptsatz “ruft nicht, weckt ihn nicht’ — laveı εὔδια καὶ
ὑπνώδεα. εὔδιος (hier leicht entstellt) ist in der poesie erst bei Alexan-
drinern, da aber häufig, belegt. offenbar fehlen uns mit der altionischen
poesie ihre vorbilder. denn ionische prosa hat das schöne dem attischen
fehlende wort, in dem der stamm, der dem Zeus seinen namen gegeben hat,
noch seine elementare bedeutung hat. auch den Dorern fehlt es nicht;
Sophron hat das nomen und davon abgeleitet εὐδεαῖος (Athen. 324°).
das nomen εὐδέα (ὥρα) haben die tragiker (A. Sieb. 795. E. Andr. 1145,
beide metaphorisch) von den Ioniern entlehnt. die metapher, in der Eur.
das wort verwendet, ist in alter zeit so selten, wie uns, die wir von dem
gesunkenen altertum die serenissimi überkommen haben, geläufig, vgl. 698.
aber das verbreitete χειμάζεσϑαι, κακῶν τρικυμία, κλύδων u. dgl. be-
reitete sie vor, und Aristippos (bei Aristokles Euseb. pr. ev. XIV 764®)
führt das gleichnis breit aus. und Protagoras (consol. ad Apollonium 118°)
charakterisirt die seelenstärke des Perikles prächtig mit den worten ev-
δίας εἴχετο. Eur. verwendet so γαληγός (z. Ὁ. LT. 345), und ganz
ähnlich von dem nach dem sturme des wahnsinns aufgeheiterten sinne
Or. 279 ἐκ χυμάτων γαλήν᾽ ὁρῶ. — ἰαύειν, das die dichter aus Homer
vers 1040---1061. 225
als glosse aufnehmen, bezeichnet nicht das physische πάϑος des schlafes,
so dals es fast nie mit χαϑεύδειν vertauscht werden kann (ἐννυχίαν
reowıy laveıy 8. Ai. 1204, δεμνέοις δύστανος ἑαύων E. Phoen. 1538),
deshalb tritt hier, wo der genufs des tiefen schlafes bezeichnet werden
soll, ὑπνώδεα hinzu.
1052 φόνος ἐπαντέλλει, die blutige röte des bodens und der leichen
geht auf’ vor den augen des trotz der warnung näher tretenden chores,
wie ein meteor oder ein feuerschein. das ist ein kühner, aber ein dich-
terisch schöner, weil sinnlicher und deshalb verständlicher ausdruck.
1053 ἀπολεῖς, ἀττοχτείνεις ue ruft der ungeduldige dem zu, der nicht
tut was er will. so redet man im leben sehr oft, z. b. Ar. Wesp. 1202.
Plut. 390, und dasselbe besagt hier der nur durch das tragische compo-
situm δεολλύναι und die tmesis geadelte ausdruck.
1054 ἀτρεμαῖος hat Eur. von dem der volkssprache angehörigen
ἀτρέμα (das auch nur er hat) weitergebildet, wie er solche derivate liebt,
λεπαῖος ἡσυχαῖος δρομαῖος u. a. es steht noch Or. 147, in der nach-
bildung dieser scene. auch Thuk. hat ähnliches, 2. b. ἐξαπιναίως.
1056 ἀπὸ δέ nämlich ὀλεῖ. dafs in der anapher eines verbums nur
die praeposition wiederholt wird, ist bei Homer und noch bei Herodot so
gewöhnlich, dafs wol nur zufällig in der tragödie kein weiters beispiel
dafür zu gebote steht. natürlich war es aber für einen Athener eine
sprachliche kühnheit, die den ton der rede ebenso zu steigern diente,
wie im Lyssas trochaeen σπεδαέρω und Οὔλυμπος. demselben zwecke
dient hier auch die häufige tmesis, vgl. 63.
1056 ἀράσσω ist der eigentliche ausdruck für “einschlagen” von türen,
1143, Hek. 1044. ἡ ϑύρη κατήρακται Herodas 2, 43. es ist unerlaubt
ein minder passendes καταρρῆξαι, wenn es auch angeht (Hek. 1040),
um des versmalses willen einzudrängen.
1057 ἀδύνατά μοι ἀτρεμεῖν.
1059 Amph. geht also ganz sacht an Her. heran; dazu mufs er auf
das herausgerollte gerüst steigen, das er 1066 verlälst, um sich so zu ver-
bergen, wie er es 1085 wirklich tut, während ihn hier der chor noch
zurückruft. die lebhafte action der schauspieler stimmt zu den con-
trasten der rhythmen.
1060 hiatus nach va auch in der nachbildung Or. 148.
1061 “er schläft zwar, aber... das besagt dAduevog, eine aus dem epos
überkommene hochaltertümliche verwendung des particips: denn die be-
deutung läfst nur die eine erklärung zu, “etwas wozu man ὄλοιο sagt’.
es erklärt hier die bedeutung von ἄυπνος, was ja den begriff schlaf
v. Wilamowitz II. 15
c
226 Commentar.
nach den verschiedensten seiten hin negieren kann. 8. Phil. 848 ist es
der leise schlaf des kranken, Εἰ. Tro. 1188 (wo es wie hier durch sichere
verbesserung hergestellt ist), der der wärterin; hier gibt der relativaatz
die erklärung. Her. schläft zwar sehr fest, aber er röchelt, ala ob der
wahnsinn in schweren träumen fortwirkte, 1092.
1064 ψάλλειν und ψαλμός (ebenso Ion 173) palst der wortbedeutung
nach (von ψῆν wie ἔἕαλλω, besser ἑάλλω, vgl. ἐφιάλτης, von Inu, ἀγάλλω
von ἄγαμαι, βδύλλω von βδέξομαι) zu der sehne des bogens so gut wie
zu der der laute, aber es wird nur von dieser gesagt, also hier als
metapher empfunden. daher hat ein leser die erklärung τοξεύσας zu-
geschrieben.
1068 Was in dem unterbrochenen satze folgen sollte, ist nicht zu raten.
1069 παλίντροπος στρέφεται gehört zusammen; das sieht Amph.
und vermutet fälschlich, dafs Her. es ἐξεγειρόμενος täte. Eur. wechselt
mit den compositis, hier &5ey., 1055 avey., 1083 ἐπεγ. das darf die
conjectur nicht stören um das metrum bequemer zu machen.
1070 Er will an die wand treten, wo Her., der ja eigentlich im hause
zu denken ist, ihn nicht sehen kann.
1071 ἔχει: κατέχει, daher der dativ neben βλέφαρα statt des pro-
eaischen genetivs.
1072 ὁρᾶτε "seht euch vor’. so steht gewöhnlich ὅρα μή. Α. ΟἿ, 924
ὅρα, φύλαξαι.
1074 Die drei glieder sind alle von εἰ abhängig, stehen also correlat,
wie sie denn dasselbe von verschiedenen seiten aus bezeichnen. die apo-
dosis fehlt, weil sie sich von selbst versteht, δεενότατον ἔσται. Phoen.
1684 ἀλλ᾽ εἰ γαμοίμην, σὺ δὲ μόνος φεύγοις, πάτερ. Ion 961 εἰ
παῖδα γ᾽ εἶδες. in demselben sinne hätte Eur. auch sagen können
τί δ᾽ εἴ us xavei, wie Phoen. 732 τέ δ᾽ ei καϑεσπεύσαεμεν Apyslor
στρατόν.
1076 Ἐρινύες und αἴμα σύγγονον (wie αἷμα κοινόν 831) sind identisch,
denn die Ἐρινύες σύγγονοι (A. Ag. 1190) rächen das vergossene ver-
wandtenblut, mag es von ascendenten oder descendenten stammen. sachlich
ist der ausdruck also correct, aber die sprache verlangt, dals die oorrelation
durch die wiederholung desselben wortes deutlich gemacht sei, wie im
vorigen verse: der ausdruck verdient also tadel.
1078 Die “blutschuld’ ποινή, vom selben stamme wie τένω, welche
durch den rächer eingetrieben wird, führt dazu, dafs man geradezu φόνον
πράσσειν sagt (A. Eum. 624); die person, für welche Amph. πράχξωρ
ist, kann dabei nur im dativ correct bezeichnet werden. Amph. zog gegen
vers 1064—1082. 227
Taphos um die ermordung der söhne des Elektryon, der brüder der
Alkmene, zu rächen. dies allgemeine ist allbekannt, weil die erzählungen
der hesiodischen Eoeen am anfang des Heraklesschildes erhalten sind;
die mythographen der alten zeit, von denen wir hier manches wissen,
weichen in bedeutenden einzelheiten ab (Lütke Pherecydea 51 -- 56).
aber diese allgemeinheit erklärt die vorliegende stelle nicht ganz. nach
der eroberung von Taphos, als er den mord seiner schwäger rächen wollte,
hätte Amph. sterben sollen: also hatte er ihn durch die zerstörung noch °
nicht gerächt. das fordert den zug der sage anzunehmen, dals er erst
nach dem sturme die oder den mörder erschlug. die genauere erzählung
jenes zuges ist nun durch eine jüngere wendung für uns verdunkelt, indem
die alte geschichte von Nisos und Skylla auf den Taphierkönig Pterelaos
und seine tochter Komaitho übertragen ist (Lykophron 943 ff. mit schol.,
Apollodor bibl. II 60); davon ist hier abzusehen. nun gibt aber der
plautinische Amphitruo als die haupttat des Amphitryon an, dafs er den
Pterelaos erschlägt, und so wird man für die von Eur. vorausgesetzte sage,
die also in Athen bekannt war, einen zweikampf nach dem sturme an-
setzen dürfen. das original des plautinischen stückes hatte zwar die
details frei umgestaltet, und gerade die schlacht wird mit grolser anschau-
lichkeit so erzählt, dals sie eine feldschlacht der diadochenzeit wird, welche
nach Alexanders vorbild ein cavallerieangriff auf dem rechten flügel unter
persönlicher führung Amphitryons entscheidet (wodurch für das stück ein
terminus post quem gegeben ist): aber die ganze komödie hatte nur auf
dem hintergrund der bekanntesten sage sinn, und selbst ein scheinbar
so äulfserliches πιοῦν wie der becher, den Zeus der Alkmene gibt, gehört
der echtesten sage an (I s. 54. anm. 34). da nun Euripides selbst die
erzeugung des Her. in seiner Alkmene behandelt hatte, so liegt weitaus
am nächsten anzunehmen, dafs er hier mit seiner eigenen darstellung
stimmt, welche andererseits auch für das original des Amphitruo male-
gebend geworden ist. doch wird der zweikampf mit Pterelaos zu dem
urbestande dieser sage gerechnet werden dürfen.
1082 δεώκω gehört zu dem homerischen δέω δέδμαε; unaufgeklärt ist
das wie, und fraglich auch das verhältnis zu διωχή bei Homer und
Fıdne neben φεύγε auf einer korinthischen schale, Gött. Dial. Inschr.
3133. “verfolgen, in die flucht jagen’ ist nicht die ursprüngliche be-
deutung, wenn sie auch später ausschliefslich gilt und selbst hier die
zusammenstellung von διώχετε φεύγετε zur folge gehabt hat, die doch
rein äufßserlich ist. die grundbedeutung mufs vielmehr sein in rasche
bewegung setzen’. so hat es häufig ein concretes object, γῆα ἅρμα
15*
228 Commenter. ς
βέλος, ποδῶν χνόας A. Sieb. 371, πόδα E. Or. 1344, aber auch ein
abstractes, nämlich die durch das dıwxeıv bewirkte handlung, so hier
φυγάν, 1041 ἤλυσιν, Andromeda 114 ἔππευμα. A. Sieb. 90 scheint
zu schreiben zu sein διώχων βοὰν ὑπὲρ τειχέων u. 8. w. Soph. schon
hat diesen gebrauch nicht mehr. seltsam lebt er wieder auf in ἐργο-
διώκτης, wie in dem ptolemäischen Aegypten (Flinders Petrie Pap. H p. 6)
und daher bei den LXX der aufseher frohndender arbeiter heifst, δὲ
διώχει τὴν ἐργασίαν.
μάργος vom wahnsinnigen auch A. Prom. 884, wie oben 1005 μαρ-
γᾶν u.ö. eigentlich liegt darin wüste gier nach sinnlichen genüssen.
den übergang in den begriff, der hier vorliegt, verdeutlicht es, dafs z. Ὁ.
die nach menschenblut lüsternen Erinyen so heilsen A. Eum. 67. das
wort hat im jüngeren epos bedeutet, was im attischen μωρός ist, dumm
bis zum blödsinn, so μαργέίτης, und ἀχρατής ins besondere gegenüber
sinnlichen genüssen (was μωρός und μωρέα im drama meist ist), z. ὃ.
γαστὴρ μάργη Hom. σ 62 (später γαστριμαργία), Theogn. 581 Herod.
VI 75. so falst Apollonios III 120, den μάργος Ἔρως “gierig’ in diesem
falle nach spielgewinn, den er von Alkman 38 nimmt, bei welchem es
jedoch nicht so stark gemeint ist, u. Ἔρως οἷα παῖς παίζει, also einem
γήπιος ähnlich. die entwickelung des begriffes nach der seite des wahn-
sinns ist in wagyalveıy ἐπὶ ϑεοῖσε vorgebildet, was Ares E 882 von
Diomedes sagt, der seine wilde kriegslust an göttern selbst betätigt, gehört
aber sonst der tragödie an.
Das was eintreten muls, wenn sie dem befehle nicht folgen, wird durch
einen satz mit ἢ wie 1055 angeschlossen : ohne diese verbindung würde die
verkehrtheit entstehen, dafs Her. trotz ihrer flucht sie doch morden würde.
1087 τὸν σόν hat den ton, da es nachsteht. “deinen eigenen sohn’.
καχῶν πέλαγος “die see von plagen’ Hamlet im selbstmordmonolog.
Griechen und Engländer sind seevölker, und daher sind ihnen metaphern
aus ihrem reiche, die uns landratten etwas ausgezeichnetes und seltenes
sind, ganz abgegriffen, und sie merken sie kaum. πέλαγος ist nicht viel
mehr als πλῆϑος. ausgeführt zu einem wirklichen gleichnis Hipp. 822.
— mit diesen nichts sagenden worten begleitet der chor seine bewegung:
denn sie gehen wirklich auf die seite, in eine der εἴσοδοι, und treten
erst 1109. 10 mit Amphitryon vor.
Siebenter auftritt. Exodos.
In die trimeter ist der kurze bühnengesang 1178—1212 eingelegt;
das auftreten einer neuen person ist nicht mehr zu der abgrenzung einer
vers 1089---1094. 229
neuen scene verwandt, wie das in der ältesten zeit bühnenpraxis ge-
wesen war.
Her. erwacht, gewinnt aber erst allmählich seine körperlichen und
geistigen functionen, und selbst das bewulstsein dämmert nur allmählich
auf. das gedächtnis an alles, was er nicht nur während des wahnsinns
sondern auch zuletzt davor erlebt hat, ist ihm zunächst noch ganz ent-
schwunden. noch wiegt die körperliche affeetion vor. der atem geht
rasch. er kann nur kurze abgerissene sätze vorbringen ; verweilt aber bei
den einzelnen gedanken und bildern, weil er noch langsam denkt und
sich das einzelne erst wieder klar machen mufs. μέν 1089 erhält kein
entsprechendes glied. dafür tritt der ausruf der verwunderung über sein
befinden ein 1091. und auch davon springt er ab, als er seine fesseln
beinerkt.
1089 δέδορχ᾽ ἅπερ μὲ dei: ich sehe die dinge in ihrem richtigen
lichte, mein auge deckt kein nebel. auch Agaue sagt, als sie aus dem
wahnsinn zur besinnung erwacht, dafs sie das himmelslicht plötzlich rein
und hell sähe, Bakch. 1267. metaphorisch für “die dinge im rechten
licht sehen’ Ion 558. Her. täuscht sich im ersten augenblick: das ge-
steht der letzte vers seiner rede ein.
1090 τόξα ἡλίου: ϑερμὰ ἡλίου τοξεύματα adesp. 546, 8 (euri-
pideisch,. Ἥλιος χρυσέᾳ βάλλων φλογί Phaeth. 771, ἄστρων βέλος
Hipp. 531, πάγων δύσομβρα βέλη Boph. Ant. 356. ja sogar τόξοις
ἀμπελίνοις δαμέντες “berauscht’ Pindar fgm. 218. für seine sprache
noch weit kühner nennt Lucrez die sonnenstralen lucida tela diei. die
verbreitung der metapher (italienisch lo strale der pfeil) zeigt, dals an
den gott Helios nicht zu denken ist. dieser führt auch niemals einen
bogen, und diese metapher kann ihn so wenig wie die pindarische den
weinstock zu einem schützen machen. Apollon, der bogenschütze, hat
mit Helios so wenig zu tun wie mit der sonne oder dem feuer.
1091 χλύδωνε καὶ φρενῶν ταράγματι: φρενῶν gehört zu beiden
substantiven, eine sehr seltene form des ἀπὸ κοινοῦ. doch ganz analog
A, Prom. 1015 χειμὼν καὶ καχῶν τριχυμία. ὡς gehört zum ganzen
satze, keinesweges zu δεινῷ, wie die wortstellung zeigt.
1094 Er ist an die säule gebunden, wie ein schiff im hafen an die
dafür bestimmten, im Peiraieus zum teil noch erhaltenen pfeiler des boll-
werks. dasselbe bild braucht Prometheus im eingang des λυόμενος nach
Ciceros übersetzung aspicite religatum asperis vinctumque saxis, navem
ut horrisono freto noctem paventes timidi adnectunt navitae (fgm. 193).
Ar. Thesm. 1106 gebraucht dieselben worte wie Eur. hier, vermutlich
230 Commentar.
nach einer parallelstelle der Andromeda, vgl. Is. 137. “hilflos wie ein
ruderloses boot in der brandung” Androm. 854, vgl. Pindar Pyth. 4, 40.
“γαῦς ὅπως mit vollen segeln ins verderben fahren” Hek. 1081
u. dgl. m.
1096 Die periphrase zeigt, dafs Her. nicht einmal den hof seines
eigenen hauses erkennt. auch die leichen erkennt er nicht nur nicht,
er fragt auch gar nicht, wer sie wol sein mögen; die nachbarschaft von
leichen ist ihm eben nichts befremdliches. aber um sein treues gewaffen
sorgt er sich, denn dafs das so unordentlich herumliegt, ist etwas aulser-
ordentliches. — ἔγχος vgl. zu 1003.
1099 Während die homerischen helden als einzelne fechten und des-
halb so grolse schilde tragen, dafs sie sich ganz mit ihnen decken können
(die Dipylonvasen zeigen sie), ist seit dem aufkommen der dorischen ge-
schlossenen schlachtreihe der mann für seine rechte, die “speerseite’, auf
den schutz durch den schild des rechten nebenmannes, des παρασπιστής,
angewiesen. Her. überträgt dies verhältnis äufserst kühn auf seine an-
griffswaffen, die “guten kameraden’, die ihm den feind vom leibe hielten.
diese personification bereitet den conflict 1377 vor.
1102 Die furcht, der dienstbarkeit noch nicht quitt zu sein, stellt eich
sofort ein, das widerspiel zu dem übermut des wahnsinns. dafs er aus
der unterwelt einmal zurückgekehrt war, weils er noch; wenn er also
jetzt wieder unten wäre, so hätte er einen δέαυλος gelaufen vgl 662.
den Hades, unde negant redire quemquam, wohin die ἀνόστιμος κέλευϑος
431 führt, hat Eur. für uns zuerst ἀδέαυλος genannt fgm. 868. spätere
haben das vielfach nachgeahmt, — von χατῆλθϑον kann δέαυλον nicht
abhängen, denn man kehrt nur zum ausgangspunkte zurück. Her. aber
denkt sich, er sei auf einen δέαυλος geschickt wie Schillers Taucher.
folglich braucht man ein particip, und das war schwerlich ein anderes
als δραμών. das überlieferte μολών palst zu schlecht zu δέαυλον und
hat hinter einem notorisch eingeschwärzten worte zu geringe gewähr.
1103 οὔτε — οὐ verbindet die zwei glieder wie μήτε μή oben 643.
das zweite ist aber selbst zweigeteilt, δώματα καὶ σχῆπερα, für die
positive copula mufs also die durch οὐ bestimmte negative οὐδέ ein-
treten. — οὐ δώματ᾽ οὐδὲ σχῆπερα ist ein begriff, herrscherhaus; zuerst
steht das sinnliche, der palast Persephones, der den mittelpunkt des Hiades
bildet (wie es z. b. auf der bühne der aristophanischen Frösche und den
apulischen unterweltsvasen ist), dann σχῆπττρα, was nicht sinnlich ge-
nommen werden kann. ähnliches hendiadyoin Soph. OT. 236 γῆς χράτος
χαὶ ϑρόνους νέμω. überliefert ist Πλούτωνά τ᾽ οὐδὲ σχῇπερα I. x.
vers 1096---1106. 281
aber darin ist die copula nicht zu verstehen, und den anblick des Pluton
selber kann Her. so wenig wie den des scepters der Persephone erwarten.
1105 “Welches ist der ort, wo ich ἀμήχανος bin?” der χαλλένεχος
empfindet ein ganz fremdes gefühl, er weils sich nicht aus noch ein und
sieht sich also auf fremde hilfe angewiesen. in unbekannter gegend ist
er oft genug gewesen; die frage nach dem orte hat also nur in soweit
eine bedeutung, als es ein ganz besonderer ort sein muls, der Her. rat-
loser macht als selbst die hölle. das pathologische symptom des wahn-
sions ist von dem dichter zugleich als psychologisches verwandt.
1106 “Wer kann mich belehren, sei er nah oder fern’. wer fern ist
kann es nicht: so kann der pedant erwidern. es ist aber gesagt ent-
sprechend einem weit reichenden gebrauche der griechischen sprache, die
im streben nach fülle und anschaulichkeit einen allgemeinen begriff in
irgend einer disjunctiven form ausspricht, um seine ganz uneingeschränkte
geltung zu bezeichnen und dabei über den kreis des wirklich denkbaren
häufig hinausgeht. Soph. Ant. 1108 ὀπάονες ol τ᾿ ὄντες ol τ᾽ ἀπόντες
"kommt alle’. Eur. El 564 τί τῶν ἀπόντων ἢ τί τῶν ὄντων πέρι
‘worüber in aller welt’. hier ist die stimmung, aus der geredet wird,
unwillige verwunderung über eine befremdliche zumutung. Aristoph.
Plat. 420 τόλμημα τολμᾶτον οἷον οὐδεὶς πώποτε οὔτε ϑεὸς οὔτ᾽
ἄνϑρωτσεος, Frö. 486 ὦ δειλότατε ϑεῶν σὺ χἀνϑρώπων : das erste an
einen menschen, das zweite an einen gott gerichtet. Homer Hermeshymn.
525 μή τινα φίλτερον ἄλλον ἐν ἀϑανάτοισι γενέσϑαε μήτε ϑεὸν μήτ᾽
ἄνδρα Aıös γόνον. Herakleitos 20 κόσμον τόνδε... οὔτε τις ϑεῶν
οὔτς ἀνθρώπων ἐποίησεν. auch πατὴρ ἄνδρων τὲ ϑεῶν τε, ϑεῶν
τύραννος κἀνθρώπων will nicht diese beiden kategorien zusammen-
zählen, sondern ist “allvater’ “herrscher des weltalls’: gerade des Eros
macht, dem die anrufung gilt (Eur. Andromed. 136) ist in allen ge-
schlechtern der tiere zu spüren und wird so durch die reiche der welt
in analoger weise bezeichnet (Hipp. 447. 1277). wenn also Xenophanes
sagt εἷς ϑεὸς ἔν τε ϑεοῖσι καὶ ἀνϑρώποισι μέγιστος, 80 ist es un-
kenntnis der sprache, wenn man darin einen widerspruch zu seinem
monotheismus sucht; sagt doch der Jude Philon zu seinem gotte ὦ uE-
γιστε βασιλεῦ ϑνητῶν καὶ dIavarwy. die sprache geht nun noch
weiter und greift nach noch befremdlicherem, weil sich diese wendung
abgenutzt hat. Eur. Hel. 1137 ὅτε ϑεὸς ἢ μὴ ϑεὸς ἢ τὸ μέσον.
LT. 896 τές ἄρ᾽ οὖν ϑεὸς ἢ μὴ ϑεὸς ἤ τι τῶν ἀδοχήτων (etwas
unvorstellbares), Aisch. Sieb, 197 ἀνὴρ γυνή τε χῶτι τῶν μεταίχμιον.
Hesiod Erg. 3 (danach Timon v. Phleius 32) ἄνδρων ἄφατοι ve φατοί
232 Commentar.
te ῥητοί τ᾽ ἄρρητοί τε. man gliedert aber auch die summe aler
menschen anders, freund und feind, alt und jung, grofs und klein,
Plat. Protag. 316° οἰχείων xal ὀθνείων, πρεσβυτέρων καὶ γειτέ-
ρων. Homer 2 202 ἐπ᾽ ἀνθρώπους ξείνους ἠδ᾽ οἷσι ἀνάσσεις.
A. Ag. 358 ὡς μήτε μέγαν μήτ᾽ οὖν νεαρῶν τινα das netz
überspringe. Soph. O.K. 702 τὰν οὔτις οὔτε νεαρὸς οὔτε γήρᾳ ση-
μαένων, wo man in verkennung des sprachgebrauches von versteckten
anspielungen gefabelt oder geändert hat. Ps. Lysias (Meletos) 6, 32 οὔτε
πρεσβύτερον ὄντα οὔτε νεώτερον. überaus oft wird so "bei freund
und feind’ für überall gesagt. aber eben so passend ist “weder sclave
noch freier’ Thuk. II 78, wo wieder nur moderne unkenntnis den sclaven
als solchen nachfragt, die in wahrheit nicht vorhanden waren. und so
reicht derselbe gebrauch immer weiter. Ps. Demosthen. 33, 13 ἐμοὶ μὲν
οὔτε μεῖζον οὔτ᾽ ἔλαττον πρὸς αὐτὸν συμβόλαιον γέγονεν. Plat.
Phileb. 66" πάντη φήσεις, Und τε ἀγγέλων πέμπων καὶ παροῦσι
φράζων: den ἀπόντες und ὄντες verkündigend. Antiph. tetr. II βὶ θ οἱ
τε ἐχούσιόν τι δρῶντες ἢ πάσχοντες, wo an ein freiwilliges erleiden’
als solches nicht gedacht werden kann noch soll. E. Bakch. 801 οὔτε
πάσχων οὔτε δρῶν, “auf keine weise”. Alkman im partheneion οὔτ᾽
ἐπαινῆν οὔτε μωμῆσϑαι ἐῇ, wo an einen tadel ebenso wenig gedacht
ist, sondern der begriff μνήμην ποιεῖσθαι erschöpft werden soll.
A. Choeph. 154 πρὸς ἔρυμα τόδε κεδνῶν καχῶν: im glücke braucht
man keinen schutz. Bakch. 326 οὔτε φαρμάχοις ἄχη λάβοις ἄν οὔτ᾽
ἄνευ τούτων νόσου. Pindar Nem. 6, 6 ἐφαμερίαν οὐκ εἰδότες οὐδὲ
μετὰ νύχτα (so für γύχτας zu schreiben) ἄμμε πότμος olav τιν᾽
ἔγραψε δραμεῖν ποτὶ στάϑμαν. ob wir das bestimmte ziel bei tag oder
nacht erreichen, ist gleichgiltig: der dichter will nur einschärfen, dal
wir nicht wissen, wann.
1108 “Denn ich habe keine klare vorstellung von allem mir sonst ge
wohnten’. τὰ εἰωθότα ist so im 5. jhdt. gewöhnlich. Ar. Frö. 1
εἴπω τι τῶν εἰωϑότων. Thuk. 3, 38 δοῦλοι τῶν del ἀτόπων, Ureo-
inter τῶν εἰωϑότων. Her. bezeichnet seine ἀμηχανία ganz ähnlich
wie der mediciner seinen zustand schildern würde die schrift περὶ
ἱερῆς νούσου 17 nennt dies symptom des wahnsinns ἀγνωσίη τῶν
χαϑεστεώτων καὶ ἀηϑίη καὶ ἀπειρίη.
1109. 10 Diese verse dienen nur dazu, dem schauspieler und dem
chore die weisung für ihr spiel zu geben; sie treten aus dem verstecke
(des εἴσοδος) hervor, in das sie 1085 getreten sind; nur Amph. komm!
dem Her. zu gesicht.
vers 1108---1118. 238
1111 σύν in der composition des ἅπαξ εἰρημένον συναμπίέσχειν wie
in συγχαλύπτειν durch das zusammenlegen oder schlagen der hülle
motivirt, also im wesentlichen nur verstärkend. συναμπέχειν = συγχρυ-
πετόμενον ἔχειν A. Prom. 521.
κόρη braucht Eur. ohne jede nuance der bedeutung für ὀφϑαλμός.
den kosenamen für den augapfel haben die Athener aufgebracht, die
Römer haben ihn übersetzt und die modernen sprachen verwenden das
lateinische lehnwort ohne empfindung seiner bedeutung. die Ionier hatten
ein eigenes bezeichnendes wort, yAriyn, besessen.
1113 Amph, verleugnet den sohn auch da nicht, wo der himmlische
vater ihn vergessen hat, 1086.
γάρ begründet nicht die anrede ὦ τέχνον, sondern die begleitende
handlung, dafs nämlich der vater aus liebe sich an den sohn heranwagt,
trotz der gefahr, dafs die tobsucht wieder hervorbreche, welche sein leben
schon einmal bedroht hat,
1114 H. verwundert sich darüber, dafs er die ursache für Amph. tränen
sein soll. also hat ἐγώ den ton, und kann τὸ nicht interrogativ sein.
οὗ δαχρύεις zeigt den genetiv, der in der poesie häufig ist, in der prosa
eine stütze, περί ἕνεκα χάριν, erhält. es könnte eben so gut auch der
dativ stehen, der in prosa meist durch ἐστέ gestützt wird (ursprünglich
locativ), und endlich auch der accusativ, ὃ daxgveıg, der einfache objects-
casus. da οὗ das am meisten poetische ist, so ist nicht zu bezweifeln,
dafs die überlieferung sich für die richtige deutung des zeichens ὁ ent-
schieden hat, das Eur. allein gebraucht hatte, ohne zwischen genetiv und
accusativ unterscheiden zu können.
1115 ‘Freilich weine ich um dich; aber an dem vater ist das nicht
wunderbar. selbst ein gott würde weinen, wenn er davon erführe: so
großs ist das unheil’. EI. 1327 δεινὸν τόδ᾽ ἐγηρύσω καὶ ϑεοῖσι
κλύειν.
1116 τύχη = ὅ τι μοι συντετύχηχε»ς.
1118 ὑπογράφειν und ohne fühlbare nuance des sinnes das medium
bedeutet “vorzeichnen, den rifs machen’, dazu gehören als nomina Urvo-
γραφή und ὑπογραφεύς. ein schlagendes zeugnis älterer zeit Isokrat,
5, 85 ὑπογράψειν οἶμαι χαριέντως τοῖς ἐξεργάζεσθαε καὶ διαπονεῖν
δυναμένοις. davon gehen zwei wege der entwickelung. einmal gibt die
vorzeichnung das wesentlichste, so dals ὑπογράφειν einem ὁρέζεεν ähn-
lich wird, seit Aristoteles in der philosophischen sprache häufig, z. b. bei
Sext. Emp., der den sprachschatz seiner quellen (ἃ. ἢ. der jahrhunderte 2. 1
v. Chr.) bewahrt. andererseits ist die skizze nichts als eine andeutung,
294 Commentar.
entbehrt des abgeschlossenen und entschiedenen. Plat. Ges. 737° σχή-
ματος Evera καὶ ὑπογραφῆς. und so setzt die stoische logik einen
scharfen unterschied zwischen ὅρος und ὑπογραφή fest. Diogenes VI
60, Galen V 811, schol. Dionys. Thrac. II 660 Bekk. aufserhalb der
wissenschaftlichen rede ist das wort nur in wenigen wendungen gewöhn-
lich. ὑπογράφεσϑαι ἐλπέδα, spem sibi formare, stehend bei Polybios
und seinen stilgenossen. ὑπογραφή, in der technischen sprache der bau-
kunst “der grundrißs’, wird schließlich ganz zu unserer “andeutung
ὑπογραφαὶ καὶ παιδιαέ Herodian IV 9, 2. das scheint freilich ein
ziemlich so vereinzelter beleg wie die vorliegende stelle. am ehesten
versteht man sie durch die analogie sixaleıy, das im attischen nicht
nur jedes urteilen χατὰ τὸ eixdg bedeutet, sondern geradezu verspotten,
d. h. eine karikirende ähnlichkeit angeben. 1120 lehrt deutlich, wie
ὑπογράφειν aufzufassen ist. Her. sagt also, eloquere si novam forman
υἱέας meae adumbras, el τὸν ἐμὸν βίον καινῷ τινε δἐκάζεις, "wenn
du meinem lebensplane neue richtungslinien ziehst’, nur daß wir dies
von der zukunft verstehen würden, während das griechische von der
vergangenheit gilt, also würde “wenn du für mein leben einen neuen
augenpunkt hast”, eher entsprechen. auf den singulären ausdruck ist
Eur. wol gekommen, weil er eine parallele zu ἠνέξω 1120 suchte. denn
πάλεν dort lehrt, dafs jener vers diesen genau so aufnimmt, wie el
βεβαίως sd φρονεῖς ἤδη 1121 das ei φρονεῖς ἤδη 1117. diese beob-
achtung und der offenbare zusammenhang von βάχχος 1119 und βαχ-
χεύσας φρένας 1122 lehrt die richtige anordnung der verse, die in der
überlieferung durch vertauschung von 1121 und 1119 gestört ist; aber
nur in diesem einen punkte,
1119 “LHıdov βάχχαι nennt Polymestor (Hek. 1077) die rasenden
weiber, die seine kinder getötet haben. ähnliche ausdrücke gibt es viel;
hier legten sie die weit kühneren bilder des liedes 891 nahe.
1122 φρένας ist zugefügt, weil βακχεύειν (ἃ. h. βάχχον εἶναι) allein
nicht den wahnsinn bezeichnen kann.
1123 Mit diesem verse löst Amph. die fesseln. der dichter läfst ihn
spreehen, um die scenische anweisung zu geben.
1126 γάρ zeigt, dal Her. einen gedanken unterdrückt, d. h. dal ihm
die erinnerung an eine furchtbare tat aufdämmert. ἄλλο τι ἢ τοιοῦτόν
ἐστιν, ὅπερ εὐφημοῦντα οὐχ ἔστι δηλῶσαι; — die spätere prosa, die
dem grammatischen subjecte den vorzug gibt, würde nicht μαϑεῖν sagen,
sondern δηλῶσαι, aber die poesie läfst wie die lebendige rede das per-
sönliche subject, den redenden, vorwiegen. so Ai. 1046 ὁρῶ᾽ μαϑεῖν
vers 1119—1131. 235
γὰρ ἐγγὺς ὧν οὐ δυσπετής. ähnlich ὡς ὁρᾶν ἐφαένετο oben 1002
und sehr oft.
1127 Der attische zuschauer hört den anklang an O 4 ἔγρετο δὲ Ζεὺς
. παρὰ χρυσοϑρόνου Ἥρης, denn ohne dieses vorbild würde Eur.
schwerlich ϑρόνων, keinesfalls παρὰ (für ἀπό) gesagt haben. Amph.
deutet also an, dals Zeus sich von Hera wieder einmal hat berücken lassen
und nun erwachen und seinem sohne helfen soll, und er gibt zugleich
dem Her. durch die nennung seiner feindin eine andeutung, worauf er
sich gefalst zu machen hat,
1129 Das δοῦν περιστέλλειν wird ganz gewöhnlich von der ursprüng-
lichen bedeutung “bekleiden’ zu der ‘vorsorglich pflegen’ erweitert. hier
fordert das medium die eigentliche bedeutung tibi tua mala indue, suche
nicht in Hera ein πρόσχημα.
1130 Her. kann nun sicher erkennen, dafs er etwas verbrochen hat.
daher der ruf des entsetzens, ἀπωλόμεσϑα. aber er will nicht das gräfs-
liche selbst aussprechen, und selbst die eigene ahnung hält er zurück.
daher sagt er nicht συμφορὰν λέξεις ἄλαστον, sondern das ganz farb-
lose rıya, wie man τὶς sagt, wo man einen bestimmten namen ge-
flissentlich verschweigt, 748. τίνα interrogativ zu fassen geht wegen
ἀπωλόμεσϑα nicht an.
1131 In ἐδού voilä ist der verbalbegriff so verblafst, dafs die
aufforderung hinzusehen daneben ausdrücklich hervorgehoben werden
mußs, selbst durch ein anderes verbum, Ion 190 ἐδοὺ τάνδ᾽ ἄϑρη-
σον; Ar. Ach. 366 idod ϑεᾶσθϑε τὸ μὲν ἐπέξηνον τοδέ; 8. Tr.
1079 u. ö. die grammatiker haben sich das mülsige vergnügen ge-
macht, dies ἐδού durch den accent von dem imperativ ἐδοῦ zu unter-
scheiden, dieselbe torheit, welche im deutschen wider und wieder er-
funden hat.
πεσήματα “leichen’ ebenso Phoen. 1701, kurz vorher 1697 πτῶμα
im selben sinne. das ist bei den anderen Attikern ungewöhnlich und
demgemäfs auch bei den atticisten, aber es herrscht in der xoıy7) in
breitester ausdehnung. nur ein beispiel, wo es verkannt ist; in einem
beschlufs der makedonischen stadt Lete wird erzählt, wie ein römischer
propraetor Sex. Pompeius in einer schlacht fällt, aber sein quaestor
M. Amnius treibt die feinde zurück xal τοῦ πτώματος ἐχράτησεν, d.h.
der leiche des Pompeius (Dittenberger syll. 247, 18). Κόδρου πέσημα
ebenso auf einer attischen inschrift (Kaibel epigr. 1083). in anderem
sinne, aber ebenso abstractum pro concreto heilst das vom himmel ge-
fallene Artemisbild οὐρανοῦ πέσημα I. T. 1384.
286 Commentar.
1133 πόλεμος “kampf” in homerischer bedeutung. er ist ἀπόλεμος"
οὐ γὰρ δορός γε παῖδες ἵστανται πέλας 1176. das oxymoron hat
schon A, Prom. 904, als kampf, der in folge der ungleichheit der kräfte
keiner ist.
1136 τέ δράσας = τέ παϑών 540.
1137 Der zweite satz wendet sich gegen den vorwurf des χαχαγγελεῖν.
ἑρμηνεύειν mit seinen ableitungen ist ein lieblingewort des Eur.
1139 In schauerlichem widerspiele nimmt der dichter die prahlerischen
worte des Her. 938 wieder auf. ähnliches kunstmittel 1004: schwerlich
gibt es einen dichter, der sich desselben lieber bedient als Eur. man
merkt die liebe des künstlers zu seinem werke: freilich bemerkt so etwas
nur der, welcher gleiche liebe mitbringt.
1140 Die wolke ist für das hellenische empfinden zunächst die trägerin
der finsternis. νέφος oxdrov unten 1216, Hipp. 192, Soph. OT. 1313.
der zweite Clemensbrief schildert im anfang den zustand der menschen vor
der bekehrung ἀμαύρωσιν περιχείμενοι nal τοιαύτης ἀχλύος γέμοντες
ἐν τῇ ὁράσει ἀνεβλέψαμεν, ἀποϑέμενοι ἐκεῖνο ὃ περιεχείμεϑα γέφος:
es ist das eine rede, welche hohe stilistische aspirationen hat. daher nun
nennt das epos den tod, der finsternis bringt, νέφος Savarov, und 80
erklären sich composita wie χελαινεφὲς αἷμα, die den grammatikern rätzel
blieben: νέφος verstärkt den begriff des dunkels; aber man empfindet
in diesem dunkel die wolke des todes. aber die schwarze wolke ist die
sturm- und gewitterwolke, aus der regen und schnee, schlofsen und blitze
niederfahren. daher πτολέμοιο νέφος (schon P 243) mit seinen χάλαξαι
γιφάδες u. dgl. ebenso wie δορὸς χειμών (8. Ant. 670) gewöhnlich
wird. Pindar z. b. führt das ins einzelne aus (Isthm. 6, 27 Nem. 9, 38, der
hagel der geschosse oben zu v. 164), derselbe nennt einmal in absurder
weise den Amphiaraos πολέμοιο νέφος (N. 10, 9): aber da ist er be
rückt von einem törichten rhapsoden, der P 244 eingeflickt hat, so dal
πολέμοιο νέφος durch Ἕχτωρ erklärt scheint. diese metapher hat noch
Aisch. Sieb. 212, nicht Soph., der aber des Nessos gift in gezierter weise
eine “blutige wolke’ nennt Tr. 831, weil es διὰ φόνου dem Her. das
unwetter des verderbens brachte. rein hat auch Eur. diese metapber
nicht, denn wenn das eroberte Troia “Ἑλλάνων νέφος ἀμφικρύπτει δορὶ
πέρσαν (Hek. 907), so zeigt das verhüllen, dafs an die wetterwolke nicht
gedacht ist, nur an die hülle; der ausdruck ist nach IT 66 geformt, xva-
veov Τρώων νέφος ἀμφιβέβηχε vnvolv, von hier aus ist die eigen-
tümliche bezeichnung vep£An für das garn das vogelstellers entstanden:
von demselben Troia sagt Aisch. Ag. 358, dafs ein στέγανον δίκτυον
vers 1133—1140. 237
es umgebe. wenn ferner Phoen. 250 ἀμφὶ πτόλιν νέφος ἀσπίδων
πυκνὸν φλέγει σχῆμα φοινίου μάχης, 80 ist das alte bild überboten,
denn νέφος φλέγει ist ein oxymoron, und der ausdruck von wahrhaft
calderonscher kühnheit. wenn die Acta Theclae 34 (s. 261 Lips.) über
der heiligen, Philostrat. /mag. 1, 14 über Semele eine vepe&in πυρὸς
schweben lassen, so ist das unantik und soll eine “feurige wolke’ bedeuten.
eine andere vergleichung hat Eur. über das jetzt geltende ziel fortgeführt;
“wolke des unmuts’, “umwölkte stirn’ “trübe stimmung” ist uns geläufig.
der art ist Hipp. 172 στυγνὸν ὀφρύων νέφος, und ähnliches haben auch
die alten sehr viel. mit unschöner ausführlichkeit sagt Soph. Ant. 528
γεφέλη δ᾽ ὀφρύων ὕπερ aluardev ῥέϑος αἰσχύνει τέγγουσ᾽ εὐῶπα
παρεεάν. Homer hat auch hierzu den keim ἄχεος νδφέλη in einem
alten stücke 3 22, schol. erklärt λύπης χειμών; Boph. Ai. 207 sagt von
dem rasenden ϑολερῷ χειμῶνε νοσήσας manche wendungen von πγεῦμα
αὔρα u. dgl. schliefsen an. davon ist nun Eur. fortgeschritten, indem
er das bild der wetterwolke mit hineinzog. Med. 107 ἀρχῆς ἐξαιρόμενον
vepog οἰμωγῆς ὡς ray ἀνάξει uellovı ϑυμῷ. das gewitter kündet
sich an durch wehrufe: das ist das wetterleuchten; dann steigt es auf
und entlädt sich schlielslich über das haus, alles vernichtend. so ist
denn auch hier νέφος στεναγμῶν μὲ περιβάλλει zu fassen. späte
flache nachahmungen helfen nichts, und als bild der fülle ist γέφος in
alter zeit nicht zu belegen; das würde etwa πέλαγος στεναγμῶν sein.
vergleichbar, aber weit schöner, weil ein volles bild ergebend, ist Bakchyl. 36
“nicht menschenwille erzeugt segen oder krieg oder revolution, ἀλλ᾽ &mı-
χρέμτετει vepog ἄλλοτ᾽ ἐπ᾽ ἄλλαν γαῖαν & πάνδωρος αἶσα; “das schick-
Β81 macht das wetter und läfst die wolke über die lande ziehn’. aber
diese wolke ist nur die aus welcher der stral zuckt, nicht auch die aus
welcher der segen quillt. Phoen. 1310 hat Eur, als sein stil immer mehr
zur manier ward, sogar gesagt ποτέρ᾽ ἐμαυτὸν ἢ πόλεν στένω δαχρύ-
σας, ἣν πέριξ ἔχει νέφος, ohne dieses bild zu erläutern, so dals ein
interpolator einen törichten vers eingeschoben hat. es bedeutet “die stadt
ist von einem unwetter, einem γέφος στεναγμῶν oder δαχρύων um-
geben, da Menoikeus in all dem kriegselend sich getötet hat’. endlich
hat Eur. einmal sehr schön und sehr besonders von einem durch viele
schicksalsschläge hin und hergeworfenen weibe gesagt srAayxra δ᾽ ὡσεί
τις vepela πνευμάτων Und δυσχέμων dloow Hik. 961. in ganz anderm
sinne braucht ein ähnliches bild die schmutzige Judasepistel 12 von den
ἑαυτοὺς ττοιμαένοντες (qui se ipsi pascunt Petron 39) νεφέλαι ἄνυδροι
ὑπὸ ἀνέμων παραφερόμεγοι.
238 Commentar.
1141 τούτων &Karı = did ταῦτα. der vers ist leer, und füllt nur
in der stichomythie seinen platz.
1143 Die erwähnung des altars, der nur der &pxeiog sein kann, lenkt
den blick des Her. auf den ort, wo er sich jetzt befindet: das ist der
hof, wo der altar gestanden hat, aber jetzt von trümmern bedeckt oder
zerschlagen ist. so zeigt sich der notwendige anschlufs dieses verses an
1145 und bestätigt sich die umstellung des verspares 1144. 45, welches
zwischen 1143. 6 überliefert aber dort ganz unerträglich ist.
1145 Mit dem ersten satze, einer zumal bei Eur. gewöhnlichen formel,
schneidet Amph. alle weiteren fragen ab. da der zuschauer über alles
genau unterrichtet ist, durfte Her. nur das notdürftige in knappster form
mitgeteilt werden.
1146 ἐμῆς hat den ton: sonst würde gar kein possessiv stehen.
1148 Das leben will er sich nehmen, indem er sich entweder in das
schwert stürzt oder sich von einer klippe stürzt. χαταχρημγνέζειν ἕαυ-
τόν ist im altertum ein so häufiger weg des selbstmordes, dafs er typisch
genannt wird, z. Ὁ. Andr. 848. fgm. 1070, Horaz C. ΠῚ 27, 61. “ihr habt
ja χρημνὸς ἢ βρόχος, wozu sucht ihr den märtyrertod’ ruft man den
christen zu, Tertullian ad Scapulam 5, während ertränken kaum vor-
kommt. in Italien nahmen sich noch jetzt sehr viele menschen beiderlei
geschlechtes das leben, indem sie sich aus dem fenster stürzen.
Da die poesie an den genetiv ohne zusatz eines ortsadverbiums (4750) auf
die frage woher bei verben der bewegung anwendet (weil er die function
des ablativs geerbt hat), so überträgt sich das auf das verbalnomen. wie
hier dAue πέτρας, so Iph. T. 1384 οὐρανοῦ πέσημα, Tr. 1121 πύργων
δέσχημα.
An drei oder vielmehr zwei stellen der Odyssee (ce 412 == x 4 und
y 293, wo die lesart bestritten aber nicht anzuzweifeln ist) erscheint der
ausdruck λεσσὴ πέτρη, μ 79 πέτρη — Ale, θά gar λὲς πέτρῃ metrisch
als ein wort behandelt, der dann bei nachahmern fortwirkt. bei den tra-
gikern erscheint λεσσὰς πέτρα, offenbar nach einem anderen epischen
vorbild; auch das wird später nachgeahmt. die grammatiker schwanken,
ob die bedeutung “glatt” oder “schroff’” zei (schol. Apoll. Rh. II 382 und
im Et. M. Hesych. 414000»); Aristarch entschied sich für das erste (schol.
y 293 Hesych λεσσή). so hatte schon Theokrit das wort gefalst (./soox. 37),
und schon Duris von Samos, der den zug des Ophellas von Kyrene nach
Karthago mit bewufster kunst als märchen stilisirt hat und die höhle der
Lamia, die er an die Syrte versetzt, mit homerischer reminiscenz be-
schreibt ὑπῆρχεν ὅρος ἐξ ἀμφοτέρων τῶν μερῶν ἀπόχρημνον, ἐν
vers 1141—1150. 239
μέσῳ δ᾽ ἔχον φάραγγα βαϑεῖαν, ἐξ ἧς dversıve λισσὴ πέτρα πρὸς
ὀρϑὸν ἀνατείνουσα σχόπελον, an ihrem fuls eine von epheu und smilax
überwachsene höhle (Diodor XX 41). aber Apollonios Rhod. (II 382)
deutete λεσσή schroff, und dafs die tragiker dasselbe getan haben, zeigt
aufser dieser stelle A. Hik 695. ein schöner beleg, dafs sie eine epische
vocabel in der falschen bedeutung verwenden, welche sie bei den yAwo-
0oygdgpoı gelernt haben, denn von den homerischen stellen ist wenigstens
u 92 unzweideutig für glatt, πέτρη λὲς περιξεστῇ &ıxvia, und dasselbe
fordert die etymologie, den λεσσός für Auzjdc gehört zu λιτός für λετός,
welches im attischen in übertragener bedeutung “schlicht einfach’ vor-
kommt, offenbar von “glatt” weitergebildet, bei Homer τὰ Arra “schlichtes
ungefärbtes zeug’ (deutlich x 353), aber nicht von τὸ λιτόν, da der dat.
sing. λετέ lautet. der stamm ist also λὲτ- und darf nicht mit Aef (λεῖος
ἀευρός, als aeolisches lahnwort auch im drama, levis) verwechselt werden,
obwol die bedeutung dieselbe ist, und die falsche schreibung Asırog in
später zeit nicht selten. ähnlich steht λέϑος neben Asdw und Ad(F)ac.
1149 ἀκοντίζω heifst im epos ‘zielen’, später meist “mit dem ἀχόντιον
und dann überhaupt werfen’; hier wirkt der epische gebrauch: ἐξ ändert
die bedeutung nicht. ähnlich χεῖρας ἐξακοντίξζειεν von dem hilfeflehenden
LT. 362. anders wegen des von ἐξ regierten genetivs γῆς olorgoicı
χῶλον ἐξηκόντισαν Bakch. 665 “sie haben im wahnsinn die fülßse zum
lande hinausgerichtet, sind fortgeeilt‘, ein ubter ausdruck. Hel.
1587 αἵματος ἀπορροαὶ ἐς oldu’ ἐσηκόντιζον impersonal, ‘sie spritzten’,
ähnlich im ionischen. Hippokr. sr. αἱμορρ. I (III 340 K). die haemorr-
hoiden ἐξακοντεέζουσιν αἷμα.
Einen tötlichen stols bezeichnen die tragiker ganz gewöhnlich als die
leber treffend, während wir nur vom herzen reden. vorangegangen war
Homer ı 301 οὐτάμεναι πρὸς στῆϑος ὅϑι φρένες ἧπαρ ἔχουσι. später
schwindet dieser ausdruck, der nur dem volke nahe lag, das selbst häufig
das opfertier zerlegte, um gerade die leber zu suchen und sich trotz
seiner feinfühligkeit gegenüber allem ekelerregenden nicht scheute, selbst
plastisch eine leber darzustellen (Bull. de Corr. Hell. XII t. 4).
1150 δικαστής ist nicht richter (χρετής) sondern rächer. diese ur-
sprüngliche bedeutung lebt noch in dem attischen rechte des 5. jahr-
hunderts, schwindet aber durch das heliastische unwesen. das drama hat
die echte bedeutung oft festgehalten, z. Ὁ. 8.OT. 1214 Χρόνος δικάζει
τὸν ἄγαμον γάμον πάλαι == δίχην πράττει τοῦ φόνου, Antiphon
1,28 ὅπως διδῶσι δίκην οἱ ἀδικοῦντες, τούτου γε ἕνεκα δικασταὶ
zal ἐγένεσϑε καὶ ἐκλήϑητε; 5,47, leute haben einen sclaven getötet
240 Commentar.
und berufen sich jetzt auf dessen zeugenaussage, τῶν μὲν λόγων τῶν
ἐχείνου τουτουσὶ χριτὰς ἠξιώσατε γενέσθαι, τῶν δὲ ἔργων αὐτοὶ
διχασταὶ ἐγένεσϑε. E. Hik. 253 οὔτοι διχαστήν σ᾽ εἱλόμην ἐμῶν
χαχῶν οὐδὲ... κολαστήν.
1161 Die manneskraft des körpers hier wie 1095, 1270 hervorgehoben
im gegensatze zu dem innerlich vernichteten dem tod verfallenen dasein.
hier ist νεᾶνιν in ἐμὴν verdorben, scheinbar sehr schlimm. aber da die
unversehrt erhaltenen und unentbehrlichen umgebenden wörter ein drei-
sylbiges femininum mit kurzer endsylbe fordern, so würde es sich auf-
drängen, auch wenn es ferner läge, als es in antiker buchschrift in wahr-
heit liegt.
1153 Die zwischenkunft des Theseus hindert ihn am βουλεύεσϑαι πῶς
δεῖ Faveiv. was ‘zwischen die fülse kommt’, hindert ihre bewegung.
der oder das, dem es zwischen die fülse kommt, steht natürlich im dativ
(locativ oder casus des entfernten objects ist beides denkbar. es kann
80 gut eine handlung wie eine person sein (Zur. ἐμοῖς γάμοις Hel. 183).
wenn aber der gehinderte von dem unterschieden wird, woran er gehindert
wird, so ist die vorstellung dieselbe wie bei den verben des hinderns,
kann also der genetiv stehen, d. h. jener genetiv, der den alten ablatıv
ersetzt. wie hier Hik. 395 λόγων ἐμποδὼν dd’ ἔρχεταε, wo sich der
dativ der person von selbst ergänzt, der hier dabei steht. möglich war
durch σχῆμα ’Iovırdy der doppelte genetiv. vgl. die zu 162 citirte pla-
tonische stelle.
1155 Überhaupt gesehen zu werden ist ihm schrecklich, schrecklicher,
dafs gerade Thes. ihn seben mufs. also keine tautologie. μύσος εἰς
ὄμμαϑ᾽ ἥξει bedeutet auch nicht blols, dafs Theseus die frevel sehen,
sondern auch, dafs er durch ihren anblick befleckt werden wird.
1158 Her. der die ganze welt bis in die tiefen der hölle durchmessen
hat, ‚weils, dals es für ihn keinen fleck geben kann, der ohne leiden
wäre. es kommt ihm wol der wunsch, entrückt zu werden, und er kleidet
ihn in die conventionellen formen, mehr andeutend als ausführend: ἢ
“᾿ἀναπτάμενος ἐς Ὄλυμπον πτερύγεσσι aodpaıg” (Anakr. 24, wo dies
geläufige bild zuerst belegt ist) ἢ “εἴ μοι χάνοι εὐρεῖα χϑών᾽᾿. aber
eine frage weist diesen wunsch bereits als eitel ab. für den sünder, der
das schuldbewulstsein im gewissen trägt, gibt es keine χαχῶν ἐρημέα.
so geht diese stelle hinaus über die ähnliche Hipp. 1290, wo Artemis
zu dem schuldigen Theseus sagt πῶς οὐχ ὑπὸ γῆς τάρταρα χρύπτεις
δέμας αἰσχυνϑεὶς ἢ πτηνὸς ἄνω μετάβας βίοτον πήματος ἔξω πόδα
τοῦδ᾽ ἀνέχεις. Ion 1241 tritt an diese beiden idealen wünsche der
vers 1151---1161. 241
sehr reale nach einem wagen oder einem schiffe, welche letzteren allein
erscheinen Med. 1122. — πτερωτὸς μολών neben χατὰ χϑονὸς μολών
wechsel von adjectivischem und adverbialem zusatze, vgl. 225. die eben
angeführte stelle des Ion gibt gleich einen beleg φυγὰ πτερόεσσα ἢ
χϑονὸς ὑπὸ μυχῶν.
1159 Die ergänzung des lückenhaften verses φέρ᾽ ἀλλὰ πέπλων
κρατὶ περιβαλῶ oxdrov, die ich früher für sicher hielt, ist es nicht,
weil die nennung des mantels nicht nötig ist; der gestus begleitete ja
den vers, so daß “dunkel um das haupt verbreiten’ völlig ausreichend
war. und Eur. konnte zwar diese handlung mit dem vorigen gedanken
durch eine restringirende partikel verbinden, wie sie die conjectur ἀλλά
gibt, aber seitdem vorher die überlieferung wieder hergestellt ist, rücken
die gedanken nicht so nah aneinander heran, dafs diese verbindung dem
asyndeton, also einer pause der unschlüssigkeit, vorzuziehen wäre. auch
diese stelle hat Eur. im Orestes); nachgeahmt. als Or. den vater seiner
mutter kommen sieht, sagt‘er 459 Τυνδάρεως ὅδε στείχει πρὸς ἡμᾶς,
οὗ μαλιστ᾽ αἰδώς μ᾽ ἔχει εἰς ὄμματ᾽ ἐλϑεῖν τοῖσιν ἐξειργασμένοις
οὐ ν τένα σχότον λάβω προσώπῳ, ποῖον ἐπίπροσϑεν νέφος ϑῶμαι;
er verhüllt sich aber nicht, sondern tritt nur zur seite,
1160 Her. verhüllt sich erstens aus schamgefühl, zweitens weil er den
unschuldigen nicht beflecken will; das entspricht genau dem ὀφϑησό-
μεσϑα καὶ μύσος εἰς ὄμμαϑ᾽ ἥξει φιλτάτῳ ξένων 1156.
1161 Das haus ist befleckt erstens ganz sinnlich durch das blut, so
dals es entsühnt werden mulste, wie oben 924, zweitens sind die οἐἰχεῖοι
befleckt, insbesondere Amphitryon (an den chor denkt Her. überhaupt
nicht mehr), die aber müssen sich, so unschuldig sie sind, z. b. bei jedem
todesfalle das wialveodar (Keissches gesetz in Dittenb. Syllog. 468, 35)
gefallen lassen').
1161 προστρόπαιος ist eigentlich, wer einen anderen srg00Tg&neras
(Plat. Ges. 866») um sich von der befleckung mit blut sühnen zu lassen ;
es ist 4180 == ἐναγής. Antiphon IV 3° 8. jedes vergossene blut erfordert
sühne (vgl. 923), und die reinigung des προστρόπαιος macht den ἐναγής
nur in so weit rein, dafs ein unbeteiligter mit ihm ohne befleckt zu
werden verkehren darf: die rache für die tat, mag sie als blutrache oder
als staatliches gericht auftreten, ist dadurch in keiner weise praejudicirt.
1) Für die heilung dieser früher von mir falsch behandelten stelle ist ent-
scheidend, dafs man erstens das überlieferte προσλαβών aufgibt, da in προσλαει-
βάνειν die praeposition notwendig "hinzu’ bedeuten mülste, zweitens den fehler in
καὶ τῷδε so beseitigt, dafs ein gegensatz zu dem folgenden verse erzielt wird.
v. Wilamowitz II. 16
242 Commentar.
am deutlichsten werden diese anschauungen durch A. Eumeniden, welche
Orestes zwar von Apollon gesühnt, aber doch von den Erinyen verfolgt
darstellen, vgl. besonders 238, 283. aber der blutbefleckte empfand
natürlich seine verfehmung ganz anders, wenn ihn sein gewissen belastete,
als wenn er nur φόνος Ölxaıog begangen hatte, wie Her. oben an Lykoa,
und so wird προστρόπεαιος vorwiegend im ersteren falle gesagt, und
ist eine pointe möglich wie Ion 1259 “setze dich auf den altar, χἂν
ϑάνῃς γὰρ ἐνθάδ᾽ οὖσα, τοῖς ἀποχτείνασί σε προστρόπαιον αἷμα
ϑήσεις". an profanem orte begangen würde der mord φόνος δί-
xaLoc sein.
1162 xaxoöy ist ein sehr starkes wort, χεχαχωμένος dlun erscheint
Odysseus σμορδαλέος ζ 137: da ist es die äulsere häfslichkeit, zweifellos
die urbedeutung von καχός ; so setzt Soph. öfter χαχοῦσϑαι, z. Ὁ. Tr. 1069.
von der zauberin Kirke fürchtet Odysseus, dafs sie ihn xaxöv καὶ ἀνή-
voga ϑείῃ, x 341, vgl. Kaminos 16. von der zauberin Medeia fürchtet der
chor τε χαχῶσαι τοὺς εἴσω, 182. dann sagt man es gern von der ein-
wirkung der götter auf das menschenschicksal (IT 212, A. Niob. 156),
und passivisch, ohne an den urheber zu denken, von heer flotte staat,
die heruntergekommen sind. das blofse “schädigen’ ist selten. hier nun
ist die ganz sinnliche bedeutung anzunehmen, die befleckung, die der
mörder überträgt, macht die betroffenen hälslich, widerlich, in wahrheit
weil sich jeder von ihnen abwendet. ich hatte die kraft des wortes ganz
verkannt.
1163 Der Asopos war die boeotische grenze in der Thebais (danach
K 287), und wieder seitdem Plataiai im attischen schutzverhältnisse stand.
natürlich hält Eur. dieses grenzverhältnis fest, obwol tatsächlich seit der
eroberung Plataiais durch Sparta und rechtlich seit dem Nikissfrieden
der Kithairon die grenze gebildet hat,
1164 ἔνοπλοι praedicativ, in prosa ἐν ὅπλοις “unter waffen’, in ge-
fechtsbereitschaft.
1170 ἦλθον, εἴ τε δεῖ ist eine leichte anakoluthie, denn ἦλϑον er-
zählt, würde also δέοι oder ἔδει fordern, da die mtention in der ver-
gangenheit liegt. δεῖ fordert ein ἐλήλυϑα. die anakoluthie ersetzt also
ein ἦλθον εἴ τι ἔδει, καὶ νῦν πάρειμι, εἴ τε δεῖ.
1171 ἢ τῆς ἐμῆς χερὸς ἢ τῆς τῶν συμμάχων, d.h. ἢ μάχης ἢ πο-
λέμου 1168.
1173 νεωτέρων ἢ ὧν ἤχουσα, allein mit übler nebenbedeutung wie
Hipp. 1160, Or. 1327 u. ὅ.
1175 Dals es eine verheiratete frau ist, sieht Thes. an der tracht der
vers 1162—1178. 243
leiche; dafs er aber nicht nach ihrem namen fragt, sondern nach dem
ihres gatten, zeigt, dals er merkt, wer die leichen sind; nur hält er Lykos
für den mörder.
1176 “Es kann kein ehrlicher kampf gewesen sein, denn —”,
1177 καινόν ist nur recens, quod ad ea quae expeciaveram accedit,
gegensatz παλαιόν. man kann also sehr gut χαενὰ xal νέα verbinden,
etwas das eben eingetreten ist, und etwas, das unerhört ist, Aisch. Pers. 667.
entsprechend ἀρχαῖα καὶ παλαιά Demosth. 93, Andr. 14, Aristoteles
Eudemos 44, 12 Rose.
In dem folgenden wechselgesange spricht Thesens; seine worte sind
in iamben gehalten, aber mit lyrischen malsen verkoppelt, vgl. oben 192.
die malse sind aufser den trimetern des 'Thesens
1178 und 1180 je 2 δ. 1182. 83 4 ὁ.
1185—89 Dreimal iambelegus -+ spondeus, vgl. 894. 1033.
1190 Dies versprengte stück ist nicht sicher zu deuten, weil der συ-
sammenhang fehlt; vermutlich war es ein daktylischer vers durch spon-
deus abgeschlossen.
1192— 94: 6. ὁ.
1196 -v-- |-w- ww -w-w-1u.|-v-- ein epitrit, daktylischer
pentameter, epitrit. dals das daktylische glied daktylisch ausklingt ist eine
anomalie, die aber in den ganz in daktyloepitriten gehaltenen tragischen
liedern nicht selten ist. Andr. 864 durch syll. anceps von den vorher-
gehenden dochmien gesondert ἃ διὰ χυανέας ἐπέρασεν ἀχτάς d. i.
- Vvyv=-wv-w|=-v--. vgl Ion 1504
δεινὰ δὲ καὶ rad’, ἑλισσόμεσϑ᾽ ἐκεῖϑεν
ἐνθάδε δυστυχίαισεν
εὐτυχίαις τε πάλιν, μεϑίσταται δὲ πνεύματα
d..i. -w-w-u | -v-v] -w-w- υῇ} - w-weu]|l-vu-vljlev-,
auf daktyloepitriten läfst sich der iambelegus und der spondeus auch gut
zurückführen.
1199 —1201 Drei daktylische trimeter, der letzte katalektisch. vgl.
Tr. 256 dinte τέχνον ζαϑέους κλῇδας καὶ ἀπὸ χροὸς ἐγδυεῶν σεε-
φέων ἱεροὺς aroluoigd.i.- ww -w-- | -w-w-u]-w-w-|--
1203—5 6 ὃ + spond. der erste dochmius ist unvollständig, in der
form des creticus, die beiden letzten haben anapaestische form. hiatus
sondert die periode.
1207—9 4 din anapaestischer gestalt + iambisches metron -4- spondeus.
‚1210-13: 76.
1178 Theseus ist der herr des burghügels, der den ersten ölbaum getragen
j 16*
244 Commentar.
hat und trägt. Ion 1480 heifst die burg ἐλαεοφυὴς πάγος. die attische
olive ist für Eur. das symbol der gesittung, wie sie Athena im attischen
Reiche entfaltet, so hat er die sage vom streite der götter um Athen im
Erechtheus umgebildet. die anrede erhebt also die person des Theseus
zum vertreter Athenas.
1179 Nicht die worte der anrede sind o/xrea, sondern der ton, den
für uns nur das lyrische mafs kenntlich macht.
1188 Mit εὔφημα φώνει, εὔφημος ἔσϑε gibt die jüngere tragödie
(8. E.) das wort des gewöhnlichen lebens εὐφήμει (z. Ὁ. Plat. Staat 329.)
wieder, im sinne “sage, denke doch so etwas nicht, schweig stille’. Aisch.
wählte noch paraphrasen, die aber den sinn erläutern εὔφημον κοέμεσον
στόμα Ag. 1247, γλῶσσαν εὔφημον φέρων Ch. 581. der ausdruck
stammt von dem gebote des opfernden an die umstehenden εὐφημεῖξε
(schon in den Litai 171, öfter bei Aristophanes), der zunächst nur jedes
entweihende wort (die βλασφημέα) verbietet, dem man aber aus vorsicht
durch schweigen nachkommt. im 4 der Dias 22 ist ἐπευφημεῖν noch
das beifällige zurufen der volksversammlung; Eur. IT 1403 παεᾶνα
ἐπευφημεῖν λιταῖς, ist“ in παιάν als bona verba dem gebet nachrufen’.
mit höchster kühnheit nennt Soph. Tr. 783 das ausstofsen eines wehe-
rufs beim opfer, also eine βλασφημία, ἀνευφημεῖν οἰμωγῇ.
βουλομένοισιν ἐπαγγέλλῃ: εὐφήμουν ἄν, εἰ οἷός τ᾽ ἦν. das medium
ἐπαγγέλλεσθαι in der bedeutung "befehlen’ ist ein ionismus, da es im
attischen vielmehr "sich zu etwas erbieten’ zu bedeuten pflegt, aber
Herodot hat es öfter.
1187 πτανοΐ vgl. zu 510.
Vor 1188 fehlt etwas, da τέ δράσας (zum ausdruck vgl. 540) das sub-
ject Her. haben mufs, und dieses nicht ergänzt werden kann. ferner
ist 1190, wo er überliefert ist, verkehrt, denn der dativ kann nur instru-
mental sein und hat kein verbum neben sich noch ein object; aufserdem hat
Her. gar nicht alle kinder erschossen. offenbar hat Thes. gefragt, “wie
hat er das getan?’ nicht um eine beschreibung zu hören, sondern aus
erstaunen, und darauf hat Amph, die mörderischen waffen natürlich beide
genannt. z.b. OH. καὶ πῶς νιν Era; AMD. χαλχοβαρεῖ ῥοπάλοι
πλαγᾷ ἐχατογχεφάλου τε βαφαῖς ὕδρας. OH. πῶς φής; τί dea-
σας, U. 8. W.
1188 πλάνος φρενῶν heilst oft der wahnsinn, στοῖ πεαρεπλάγχϑην
γνώμης ἀγαϑῆς Hipp. 240, gar ὀρϑομαντείας πόνος στροβεῖ μὲ
A. Ag. 1216. über πέτυλος zu 816. also “in die irre geführt durch
wahnsinnsanfälle”.
.
vers 11790---1105. 245
1191 Aus dem wahnsinn schliefst Theseus auf die einwirkung Heras,
vgl. 20.
1193 δόρυ ganz gleich πόλεμος, vgl. zu 158, aber Or. 688 ἥχω
γὰρ ἀνδρῶν συμμάχων χενὸν δόρυ ἔχων, πόνοισι μυρίοις ἀλώμενος
σμικρᾷ σὺν ἀλχῇ τῶν λελειμμένων φίλων bedeutet, dafs das schiff
keine bundestruppen mehr mitführt, wie auf dem zuge nach Troia, sondern
nur den letzten rest seiner getreuen. δόρυ einfach für schiff Kykl. 19
(wa der wind Zurvei δορί, und das steuerruder ἀμφῆρες δόρυ 15
vorhergeht), Tro. 1148, A. Ag. 1618.
1194 Die eigentlich ganz mythischen gefilde der “brandstätte” DA&yoa,
wo die götter die giganten überwunden haben, sind auf den vulcanischen
boden am neapolitaner golf erst verlegt, als man die sage aus falscher
physiologie auf vulcanische erderscheinungen deutete; doch wird dies bei
den Chalkidiern, die dort wohnten, früh geschehen sein. populär in
weiten kreisen ward es erst durch Timaios. zu Eur. zeiten ist das local
der gigantenschlacht, also Phlegra, auf der halbinsel Pallene (Herodot
VH 123), und die beteiligung des Herakles an der gigantomachie ist eben
dadurch populär geworden, dafs auf Pallene die korinthische pflanz-
βίδα τ Poteidaia lag. dafs Her. gewaffnet in diesem kampfe aufgetreten ist,
ist gewils, zumal von Dorern, erzählt worden. in der archaischen kunst
wie bei Hesiod Theog. 186 sind ja die Giganten selbst hopliten. auch
Eur. konnte den Her. so gut beschildet einführen, wie ihn Soph. Phil. 726
χάλκασπις ἀνὴρ ϑεός nennt, obgleich in jenem drama der bogen keine
geringere rolle spielt als hier. aber Eur. hat 179 Her. als bogenschützen
gerade in jenem kampfe eingeführt, und die ganze debatte mit Lykos
verbietet ee uns ihn als hopliten zu denken. hier ist also eine nach-
lässigkeit des dichters anzuerkennen.
1195 Hekab. 785 φεῦ φεῦ" τίς ὧδε δυστυχὴς ἔφυ γυνή; ER. οὐκ
ἔστιν, εἰ μὴ τὴν Τύχην (ἃ. h. Svorvglav) αὐτὴν λέγοις. unabhängig
von einander sind die verse nicht, aber es ist nicht sicher zu entscheiden,
welcher das urbild des andern ist. denn denken wir uns den des Her.
erst gedichtet, so mulste für die Hekabe das geschlecht geändert werden,
und dadurch rückte δυσδαίμων an eine stelle, welche es nicht ertrug;
δυστυχής tat nur dem verse genug, bedurfte aber für den sinn einer
fortführung, die in der gesuchten pointe liegt. andererseits ist jene stelle
eine mit bewulstsein gekünstelte, die deshalb in dem gedächtnis ihres
urhebers leicht haften mochte, so dafs er hier, an einer gleichgiltigen
stelle, sich einer ganz ähnlichen, nur nach bedarf geänderten, wendung
bediente, während nicht recht zu sehen ist, weshalb er in der Hekabe
246 Commentar.
auf diese stelle, sie gleichsam zu übertrumpfen, zurückgegriffen hätte.
wahrscheinlicher ist also, dafs die Hekabe eher gedichtet ist. dafs dem
wirklich so ist, steht aus andern gründen fest. solche selbsteopieen sind
von wert für die fragen nach der interpolation im drama und der priorität
im epos. hier zeigt sich der wirkliche dichter in der vertauschung von
δυστυχής durch δυσδαίμων: das würde ein nachdichter schwerlich aus-
einander gehalten haben.
1196 εἰδέναι aoristisch, vgl. zu 617. Hik. 662 εἰδεέης ἂν φέλων
τύχας, wo es ebenso dem sinne nach durch ἔδοις ersetzt werden könnte
wie hier.
πολύπελαγκτος heilst eigentlich “viel umhergetrieben’, so heifst Odys-
seus als bettler o 425 und Io A. Hik. 571, und so könnte auch Her.
heifsen. aber hier ist es nicht von dem zu verstehen, der von land zu
land, sondern von dem der von leid zu leid verschlagen wird. so nennt
der chor des Aias die jahre seines kriegerlebens vor Troia πολύπλαγχτα
1186, und sagt Sophokles auch im allgemeinen vom menschen, dafs,
wenn er alt wird, τίς πλάγχϑη πολύμοχϑος ἔξω τίς οὐ καμάτων
ἔνι OK 1232, das ist zu paraphrasiren αὐ πολλαὶ καὶ μοχϑηραὶ πλάναι
οὐχ ἄλλοσε τὸν ἄνθρωπον καταφέρουσιν ἤ εἰς χαμάτους ; das νοτ-
liegende also οὐχ ἂν ἄλλον ἔχοις εἰπεῖν διὰ πλειόνων μόχϑων
σελανηϑέντα. Parmenides 149 nennt die glieder des menschlichen
körpers πολύπλαγχτα, weil in ihnen die mischungsverhältnisse der ele-
mente warm und kalt verschieden sind, und danach ihr empfindungs- und
erkennungsvermögen (Theophrast bei Diels Doxogr. 499).
1199 “Er schämt sich vor dir, dem chore und den leichen’.
. 1203 “Wenn ich euch denn nichts mehr helfen kann, so kann ich euch
doch trauern helfen, εἰ μὴ συμμαχῶν ἀλλὰ συναλγῶν γε πάρειμι.
Ion 935 sagt der paedagoge, dem sein alter das handeln verwehrt, ὡς
ovosevaLeıy γ᾽ οἶδα γενναίως φίλοις.
1206 ῥέϑος ist ein aeolisches wort unbekannter abkunft, bedeutet dort
antlitz und ist durch vermittelung der lyrik in dieser bedeutung zu
Sophokles (Ant. 529) und Eur. gekommen. im epos (X 362 daraus ent-
lehnt X 68 und II 866) im plural in der bedeutung “glieder”. den unter-
schied hebt Aristarch hervor, aber nach früheren, da schon Apollonios
Rhod. II 68 zwar den homerischen plural, aber in der bedeutung “gesicht
gesetzt hat,
1206 ἁμιλλᾶσϑαι τινε “es mit etwas aufnehmen’, Hipp. 426 μόνον
τοῦτό φασιν du. βίῳ. so seit dem 4. jahrhundert ἐνάμελλος gewöhn-
lich, Amph. sagt also χαὶ ἐνθάδε βάρος ἐστὶν ἐσόρροπον τοῖς σοῖς
vers 1196—1218. 247
δαχρύοις᾽ ἐγὼ γὰρ χαὶ ἱκέτης εἰμὶ καὶ δαχρύω xal αὐτός. ähnlich
erklärt der scholiast 2 509: ᾿“χιλλεῖ ἀναδιπλασιασϑεὶς ὅ ϑρῆνος
ἀντισηχωϑήσεται τοῖς δάκρυσι Πριάμου.
1208 Veberliefert ist προσπέτνων; aber so häufig das wort mit acc.
und dat. verbunden ist, und so natürlich z. b. ΗΘΚ. 273 ἥψω ... χερὸς
καὶ τῇσδε γραίας προσπεσὼν παρηΐδος der genetiv von ἥψω abhängt
und das particip selbständig steht, so wenig ist ἱχεσεύομεν ἀμφὶ...
χέρα προσπίέτνων glaublich, da die beiden verba dasselbe bedeuten und
das zweite, wenn ἔχετ. ἀμφί steht, nichts neues hinzufügt. dagegen
stellt die änderung rroorcirvwv neben die greise träne passend das
rührende moment, dals der alte vater am boden liegt, denn es bedeutet
“prostratus’. Hik. 63 steht es ebenso von dem bittflehenden. neben-
her erlangen wir so ein passendes versmals mit einer leichten um-
stellung vorher: die überlieferung sträubt sich gegen jede metrische
deutung.
1209 πολεὸν δάχρυον, "träne eines greisee, vgl. zu 450. die tränen
haben für Her. mehr gewicht, weil der alte vater sie weint.
1210 ϑυμολέων heilst Her. schon E 639.
1211 d ϑυμὸς ἐξάγει intransitiv, Alk. 1080 ἔρως εἰς ἐξάγει, Theogn.
414 οἶνος ἐξάγει ὥστε... Thuk. 3, 45 συντυχίαε.. ἐξάγουσιν ἐς
τοὺς κινδύνους. ähnlich oben φρενῶν βροτοὺς ἐξαγεται 775, Dei-
narchos 1, 15 absolut ἐξάγομαι scil. τοῦ δέοντος.
1214 Die bitten des vaters haben nichts erreicht; der freund erreicht
mit seiner zurede auch nichts, aber er greift tätig ein; er enthüllt 1228
den Herakles, und zwingt ihn so zum reden.
1215 αὐδῶ: κελεύω. zu 498.
1216 νέφος: zu 1140 — ὅστις an eine partikel angeschlossen ist ge-
wöhnlich, Heraklid. 414 τίς κακῶς οὕτω φρονεῖ ὅστις ... dx χερῶν
δώσει τέκνα. Thuk. ΠῚ 57 ἐς τοῦτο ξυμφορᾶς προχεχωρήχαμεν οἷ-
τινες... ἀπολλύμεϑα.
1218 Die hand zu schütteln ist auch noch heute im süden die geberde
der abweisung. Hel. 445 sagt Menelaos zu der pförtnerin, die ihn ab-
weist, d un πρόσειε χεῖρα. Her. aber schüttelt die hand so lebhaft
(diesen gestus schreibt der dichter indireet vor), dals Thes. schliefst, er
fürchte sich vor etwas. den inhalt dieser furcht gibt der satz mit μή,
und ὡς tritt dazu, weil es nichts als eine vermutung des Theseus ist.
überliefert ist σημαένεις φόνον, wo man denn ὡς final nehmen mülste:
aber wer die hand schüttelt, kann im eigentlichen sinne nichts zeigen
noch durch diese geberde zu verstehen geben, dafs er ein mörder wäre.
248 Commentar.
— die vielen kurzen sätze, weil Thes. immer wieder inne hält und eine
antwort erwartet.
1221 εὐτύχησα ohne augment, denn die mit εὖ zusammengesetzten
verba werden im attischen nicht augmentirt, so lange die wirkliche rede
ev und nv unterscheidet,
ἀναφέρειν τινί oder εἴς rıya in bezug auf eine person ist bei Eur.
häufig im sinne von ‘auf jemand zurückführen, jemandem zuschieben
referre ad aliquem’ τὸ καλλιστεῖον εἰς ἔμ᾽ ἀναφέρων LT. 23 “er
bezog die bezeichnung χαλλεστεῖον auf mich’. den gebrauch teilt die
gute attische prosa des vierten jahrhunderts, nicht die ältere oder gleich-
zeitige poesie; aus der archaischen prosa ist er wol zufällig nicht belegt.
mit sächlichem object oder auch, wie hier, einem pronominaladverb der
richtung, ist er dem Platon gewöhnlich. τὰ &x τῶν αἰσϑήσεων ἔσα
ἐκεῖσε ἀνοίσειν Phaed. 75, εἰς τὸ ἀληϑέστατον ἀποβλέποντες xd-
χεῖσε ἀεὶ ἀναφέροντες Staat 484°, beide male sind die εἴδη gemeint.
vermutlich hat auch Eur. den gebrauch aus der philosophischen sprache.
hier wird nun £xeice durch einen satz erklärt, der durch eine zeit-
partikel eingeleitet ist, und auch das subject ist nicht ausgedrückt, son-
dern mufs aus dem vorigen satze ergänzt werden. χρὴ τὴν ἐμὴν 7ερο-
ϑυμίαν εἰς τὴν πρὸς σοῦ more εἰς ἡμᾶς γεγενημένην ἀναφέρειν.
ἐχεῖσε --- ὅτε ist wirklich reciprok, denn die sprache hat die bezeich-
nungen von zeit und raum ursprünglich nirgend gesondert, und wo sie
keine secundären rein zeitlichen bezeichnungen geschaffen hat, da .bleibt
die alte weitere geltung der ortsbezeichnungen in kraft.
1223 Hik. 1178 χάριν τ᾽ ἀγήρων ἥξομεν. wir hören bei alt werden’
die dauer und fassen es demnach in bonam partem. “alte liebe rostet
nicht’. der Grieche empfindet umgekehrt. ἀλλὰ παλαιὰ γὰρ εὕδει
χάρις sagt Pindar mit bezug auf ein sprichwort (Isthm. 6, 16). daher
der hübsche spruch (z. b. Diogen. V 18) τέ ynodoxsı τάχιστα; χάρις.
zumal γηράσχειν ist ziemlich dasselbe wie μαραένεσϑαι, und wird ge-
radezu von früchten gesagt, 7 120, und in nachbildung dieser stelle
Ὀαριστύς 9 (in den handschriften).
1225 Wieder eine metapher, die das seevolk nicht als solche fühlt,
σύμπλους πάϑους 8. Ant. 541. “geführte” ist eben für den Athener in
den meisten fällen ὅστις συμπλεῖ; ovvodlens, συνέμπορος würde da-
gegen stark metaphorisch wirken. hier ist das wort freilich besonders
passend, weil man mit dem unglücklichen, also den göttern verhalsten,
nicht auf demselben schiffe fahren mag.
1227 εὐγενής nicht wie 696 ἐξ ἀγαϑῶν γεγονώς, sondern εὖ πεεφυχώς.
vers 1221—1230. 249
1228 τὰ ϑεῶν πτώματα ist ein singulärer ausdruck. für τὰ γῦν
ovyrervydra sagt Eur. τὰ νῦν πεπτωχότα Hipp. 718, für πρὸς τὸ
παρεστός oder συντυχόν sagt er πρὸς τὸ τεῖπτον εὐλόφως φέρει
τὸν δαίμονα Antig. 175, also im sinne ähnlich wir hier; Oinom. 572
φέρειν τὰ συμπίπτοντα μὴ παλιγχότως, und συμπίπτει wird zuerst
von einem mit eintretenden factum gebraucht, aber im vierten jahrhundert
hat es schon ganz die bedeutung accidit. Thukydides hat als kühne
neuerung ξύμπτωμα einmal gesagt (4, 36) was dann erst am ende des
vierten jahrhunderts wieder auftritt, bald vulgär wird und von den atti-
cisten (Phryn. 244 Lob.) verpönt. er sagt ylyveodaı ἐν συμπτώματι
für eine situation, wo leute zwischen zwei feuer kommen, empfindet also
die praeposition, aber die metapher empfindet er nicht mehr. sie stammt
aus dem würfelspiel und ist der im lateinischen und deutschen gewöhn-
licheren vom lose ganz analog. die götter aber sind es, die über den
menschen die würfel fallen lassen. “gottes würfel fallen immer gut’, ist
ein spruch des Sophokles (fgm. 809), den der scholiast zu Eur. Or. 603
notirt hat, wo εὖ πέπτειν einfach für "gut ausschlagen’ steht. ἔργον ἐν
κύβοις “Ἄρης κρινεῖ A.Sieb. 414. ἐν κύβοισι δαίμονος Rhes. 183.
das ist den ϑεῶν πτώματα am ähnlichsten, und wie der zufall und der
gott, die gegensätze sind, dennoch mit einander wechseln können, so
redet man auch von einer τύχη δαιμόνων, Κύπριδος u. dgl., und ist
auch σύμπτωμα τύχης gesagt worden (Hippokr. epist, 16 p. 298 Herch.).
1229. Her. sagt das vorwurfsvoll “wie konntest du mich enthüllen, wo
hier doch meine opfer liegen’. der aufforderung aufzustehen kommt er
nicht nach; wenigstens ist es nicht bezeichnet, und unwahrscheinlich,
da er das herausgerollte gerüst nicht verlälst, vgl. zu 1367.
ἀγών = ἄγυρις συναγωγή, wie 839 στέφανος, 925 χορός. die be-
deutung ist homerisch (Lehrs Aristarch? 149), war aber damals veraltet;
z. b. noch in Pindars jugendgedicht (Pyth. 10, 30).
1230 Thes. erwidert “die gröfßse deines unglücks ermesse ich wol, aber
sie berechtigt dich nicht zu deinem jetzigen handeln und planen’. der
aufbau der stichomythie ist in dieser partie ganz besonders vortrefflich ;
aber weil der dichter wirklich aus der seele seiner personen heraus
redet, muls der leser sich erst in dieselbe versenken, um die gedanken-
zusammenhänge und empfindungen zu verstehen, die sich in den ein-
zelnen äufserlich nicht verbundenen worten um so weniger ganz aus-
sprechen, je tiefer die personen bewegt sind. eine gute recitation kann
solche scene mit einem schlage erläutern, ein commentar höchstens auf
die gefahr hin pedantisch zu werden.
250 Commentar.
1232 τὰ ϑεῶν ist die elementare natur, sonnenlicht (an das hier zu-
nächst gedacht ist) erde wasser u. dgl. Simonides tadelt 57 den Kle-
bulos, dafs er von einem grabsteine ausgesagt habe, er werde so lange
dauern, als die flüsse rinnen, die blumen blühen, sonne und mond scheinen:
ἅπαντα γάρ ἐστι ϑεῶν ἥσσω" aber einen stein kann auch menschen-
hand zerstören. da sind die sol das element in seiner trotz allam
wechsel ewigen stätigkeit. in dieser bezeichnung steckt nichts von philo-
sophie, das ist die echte ewige religion, die dem menschen eingeboren ist:
die natur die uns umgibt ist keine seelenlose materie, und sie ist noch
weniger etwas teuflisches: πάνεα πλήρη ϑεῶν. diese natur ist aber
etwas absolut göttliches, das also den individualisirten götterpersönlich-
keiten als etwas echteres gegenübersteht; darauf beruht die stärke des
wortes der Lyssa 858, die bei jeder gelegenheit, wo man tiefer erregt ist,
übliche anrufung von erde und sonne, darauf beruht es auch, dafs
Prometheus in der einöde mit den elementen verkehrt. sehr schön und
bezeichnend spricht sich der aufgeklärte aber fromme verfasser der hippo-
kratischen schrift περὶ ἱερῆς νούσου aus; cap. 4 bestreitet er den zauber
als gottlos, δὲ γὰρ σελήνην τὸ χαϑαιρεῖν καὶ ἥλιον ἀφανέξζειν χαὶ
χειμῶνά τὸ χαὶ εὐδίην ποιεῖν χαὶ ὄμβρους καὶ αὐχμοὺς xal ϑάλασ-
σαν εὔπλοον (εὔφορον vulg.) καὶ γῆν εὔφορον (ἄφορον vulg.) zei
τἄλλα τὰ τοιουτότροπα πάντα ὑποδέχονται ἐπίστασϑαι.... δυσσε-
βεῖν ἔμοιγε δοχέουσι καὶ ϑεοὺς οὔτε εἶναι νομίζειν οὔτ᾽ ἐόντας
ἐσχύειν οὐδέν, οὐδὲ εἴργεσθαι ἂν οὐδενὸς τῶν ἐσχάτων ποιεῦντας
ἕνεχά γε τῶν ϑεῶν. der zauber ist macht über das element. und 21
αὕτη ἡ νοῦσος ἡ ἱερὴ καλεομένη ἐκ τῶν αὐτῶν προφασίων γίνεται
ἀφ᾽ ὧν καὶ αἱ λοιπαί, ἀπὸ τῶν προσιόντων καὶ ἀπεόντων οἷον ψύ-
χεος καὶ ἡλίου (attisch ἀλέας, aber ἡλίου steht so auch π. ἐγνυπρέων
am ende) χαὶ πνευμάτων μεταβαλλομένων τὲ xal μηδέποτε ἀτρε-
μιζόντων᾽" ταῦτά δ᾽ ἔστι ϑεῖα. weil aber das element göttlich ist,
so wird es durch das unreine befleckt, sowoi das physische, die leiche,
die wöchnerin, wie das moralische. daher die sühngebräuche, und darüber
ist der hippokratische schriftsteller nicht erhaben; 4 am ende sagt er,
dals es die gottheit ist, welche uns rein macht und der wir deshalb
nicht ohne symbolische reinigung uns nahen: τὰ γοῦν μέγιστα τῶν
ἁμαρτημάτων καὶ ἀνοσιώτατα τὸ ϑεῖόν ἐστι τὸ χαϑαῖρον καὶ ἁγνέξον
καὶ ῥῦμα γινόμενον ἡμῖν, αὐτοί τε ὄρους τοῖσι ϑεοῖσι τῶν ἱερῶν
χαὶ τῶν τεμενέων ἀποδείχνυμεν, οἵους ἂν μηδεὶς ὑπερβαίνῃ ἢν μὴ
ἁγνεύῃ, ἐσιόντες τε περιρραινόμεϑα οὐχ ὡς μιαινόμενοι, ἀλλ᾽ εἴ τι
καὶ πρότερον ἔχοιμεν (ἔχομεν vulg.) μύσος, τοῦτο ἀφαγνιούμενοι.
vers 1232—1237. 251
über diesen frommen aber beschränkten standpunkt erhebt sich allerdings
erst die philosophie; oder genauer, die menschen, welchen ihre reflexion
sagt, dals die befleckung des elementes oder der gottheit nur in unserer
vorstellung und in unserem gewissen vorhanden ist, sind zu philoso-
phischem denken reif. das war Euripides: aber Sophokles war es nicht,
sondern beharrt auf dem standpunkte volkstümlicher anschauung und
legt in folge dessen eben diese gesinnung einem frevler, dem Kreon,
in dem mund, Ant. 1043.
1233 ταλαίπωρε, ϑνητέ, ὧν οὐδὲν ὀιζυρώτερον ἄλλο. in diesem
worte liegt die begründung, weswegen Theseus wenigstens die berührung
mit dem unreinen sünder meiden soll, was er wieder mit der entsühnenden
kraft der freundesliebe abwehrt. dafs die liebe sich über die schranken des
γόμος in allen formen, auch den religiösen, hinwegsetzen kann und soll,
ist dem grolsen sinne des grolsen jahrhunderts eine heilige wahrheit:
sie wird für die gattenliebe von Euadne und der gattin des Alkmeon,
die schwesterliebe von Antigone, von derselben später auch für die kindes-
liebe illustriert: lauter conceptionen von Athenern dieser zeit. für die
freundesliebe ist uns Pylades der typus; allerdings als solcher auch eine
schöpfung des Euripides, aber doch nur als nebenperson.
1234 Der vers ist auch für uns ein schöner spruch, so dafs man sich
verwundert, dafs er im altertum nicht populär geworden ist. das liegt
aber daran, dafs er die eigentlich antike anschauung so ganz durchbricht,
φέλοι als wahlverwandte freunde sind schon ein ersatz der alten bluts-
verwandten oder doch durch vertrag (wie ehe oder gastrecht und clientel)
gefreundeten. und dann vererbte sich ja der ἀλάστωρ, nicht blofs
Oedipus und Orestes, auch Perikles und Alkibiades sind zeugen dafür.
die schönen geschichten von Euadne und Antigone, deren eben gedacht
ist, zeugen nicht nur für die liebe, sondern auch für die ansteckende
kraft des unheils und der sünde: also hebt sich Euripides hier weit hinaus
über die vorstellungen seines volkes.
1235 Die ablehnungsformel vgl. 275. “ich kann deine ansicht nicht
teilen, aber ich danke dir dafür, und wenn du mich gemahnt hast (1228)
das geschehene ohne murren zu tragen, so lasse ich das wenigstens von
deiner rettung gelten”.
1236—8 “ Allerdings hast du damit erreicht, daß ich zum entgelt jetzt
um dein leid so viel schmerz empfinde, als ob es das meine wäre”.
χάριεν in seiner ganzen stärke empfunden.
1237 Her. greift οἰχτίρω auf: “ja ich verdiene und bedarf οἶχτος᾽.
das ist ihm etwas neues. so lenkt er von der sorge um Theseus zu der
252 Commentar.
betrachtung seiner eigenen lage allmählich ein. es ist das erste was
Thes. erreicht, dafs Her. überhaupt von sich spricht.
1240 οὐρανομήκης (selbst bei Isokr. 15, 134), durn οὐρανὸν ἵχει
u. dgl. sind von altere her gewöhnliche bezeichnungen für die grölse,
für das ungeheure. ein besonderer beleg für die verbreitung des aus-
druckes, auch wo er uns fremd ist, steht bei Plutarch Demetr. 21, “die
gemälde des Apelles besitzen χάριτας, di’ ἃς οὐρανοῦ ψαύει"). aber
die menschengröfse, die an den himmel reicht, ist auch das menschen-
glück, Aisch. Niobe 159 οὑμὸς δὲ πότμος οὐρανῷ κυρῶν ἄνω ἔραξε
scinteı. es liegt also ein bitteres ἦϑος in der verbindung mit δυσ-
πραξία. die auffassung, welche etwa an eine ὑπερηφανέα denken wollte,
die mit trotzigem haupte den himmel einstofsen möchte, ist fern zu halten,
da sie schwerlich in älterer zeit existirt hat. so redet Synesius ep. 79
von einem hochfahrenden menschen aloydveodal μοι δοχεῖ xal τοὺς
ϑεοὺς τιμῆσαι" οὕτως ἀράσσει τῇ κεφαλῇ τὸν οὐρανόν, worin frei-
lich E. Bruhn nicht ohne schein einen komischen vers findet.
1241 Her. meint mit seinem χρατεῖν, dals er durch den tod die qual
1) Bei Aelian V. H. 12, 41 sagt Protogenes von Apelles, wenn er die χεερουρ-
ylas χάρες erwirbt, ὅ πόνος αὐτοῦ τοῦ οὐρανοῦ yavoeı. also dieselbe form des
kunsturteils für eine andere pointe. vielleicht hat Protogenes das wirklich gesagt,
jedenfalls ist das schlagwort alt. Herodas (4, 72) läfst ein weib zu einem andern
sagen “über die lebenswahrheit des gemäldes verwundere dich nicht, dafür ist es
von Apelles aus Ephesos (sie belehrt über den künstler, daher der volle name).
von dem kann man nicht sagen, das eine übernahm er (εἶπε für εἶδε Drachmann),
das andere lehnte er ab, sondern wenns ihm einfiel, machte er sich auch daran, die
götter anzupacken (ἀλλ ei ’ni νοῦν γένοιτο, καὶ ϑεῶν ψαύειν ἠπείνετο; überliefert
ist ᾧ᾽ πὶ νοῦν; vielleicht ist das vielmehr 8 ἐπὶ, quidquid in mentem veniebat;
was zum vorigen gezogen werden könnte. doch stört das blofßse relativ, und das
arge asyndeton dahinter. dr’ ἐπὲ ist auch denkbar. der infinitiv gehört natürlich zu
beiden verba finita), wer ihn oder seine werke nicht mit dem gebührenden ent-
zücken betrachtet — der mag gehn und sich aufbügeln lassen (der ist ein filziger
schmieriger flausch, der zum walker geschickt werden mufs; in Thüringen schickt
man einen solchen menschen zu den strumpfwirkern nach Apolda, mitspielt bei
Herodas die asiatische art des räderns dr! κνάφου ἕλκειν, Herodot 1, 92”. das weib-
lein des Herodas hat die nötige allgemeine bildung und das nötige kunstgefühl, die
“ähnlichkeit und wahrheit” macht die kunst, und man weils den namen des künstlers
(gott weils, ob den richtigen) und hat von dem schlagworte der kritik etwas läuten
hören. aber aus οὐρανοῦ ψαύειν ist ϑεῶν ψαύειν geworden: Apelles ist auf den
olymp gegangen, Aphrodite zu porträtiren, darum ist sie so ähnlich. es würde den
poeten höchlich belustigen, wenn er erführe, dafs man auf grund seiner schwätzerin
(trotz dem imperfect ἠττεέγετο) die lebenszeit des Apelles verrückt und das kunst-
urteil ernst genommen hat. ähnlich läfst er seinen Battaros reinen gallimathias reden.
vers 1240—1244. 253
bezwingen könne, er spricht das aber mit finsterem trotze, so dafs
Theseus versteht, er plane revolte gegen die götter, himmelssturm, um sich
an Hera zu rächen. Seneca hat diesen gedanken aufgegriffen (quaerit ad
superos viam sagt seine Iuno schon im prolog 74) und zu den absurdesten
rodomontaden aufgebauscht.
1243 αὔϑαδες (αὐτοξάδης, im asiatischen ionisch αὐτώδης) wird am
besten dadurch erklärt, dafs es die gesinnung des Prometheus ist und wie
ein stichwort in der tragödie des Aischylos wiederkehrt. auch Medeias
verhängnis ist ihre αὐϑαδέα (1028). das wort ist im sophistenzeitalter, wo
jeder “wie es ihm gefiel’ zu leben für recht hielt, gebräuchlich; Gorgias im
Epitaphios nennt das "striete recht” αὔϑαδες δίκαιον und lälst die echten
männer αὐθάδεις πρὸς τὸ συμφέρον (nicht darüber hinaus), εὐόργητοι
πρὸς τὸ τιρέπον sein. dann schwindet das wort. die redner meiden es, je
sorgfältiger sie schreiben, desto mehr, auch in der komödie nimmt es ab.
nur Platon zeigt auch hier wieder tragische sprache, Politikos 294° ἄν-
ϑρωπὸον αὐϑάδη καὶ ἀμαϑῆ καὶ μηδένα μηδὲν ἐῶντα ποιεῖν παρὰ
τὴν ἑαυτοῦ τάξιν, μηδ᾽ ἐπερωτᾶν μηδένα, μηδ᾽ ἄν τι νέον ἄρα τῳ
ξυμβαένῃ βέλτιον παρὰ τὸν λόγον ὃν αὐτὸς ἐπέταξεν. für Aristoteles
(rhet. I 9, 1867 37) ist es nur noch die übertreibung des μεγαλοπρεπὲς
καὶ σεμνόν, so ziemlich unser ‘selbstgefällig, hoffärtig’. in der nächsten
generation bedeutet es schon nichts als ein äufserlich rücksichtsloses be-
nehmen, so bei Theophrast (char. 15) und ähnlich bei Ariston von Chios.
der alte αὐθάδης heifst jetzt αὐθέκαστος. der welcher “jedes ding bei
seinem namen nennt’ (Ar. Lysist. 1100 αὖϑ᾽ &xaora χρὴ λέγειν) war
dem Aristoteles noch der ehrliche mann, die mitte zwischen εἴρων und
ἀλαζών (Nik. eth. IV 13); aber die demagogie und die rhetorik im bunde
hatten das binnen eines menschenalters als αὐθϑαδία erscheinen lassen.
so reden die damaligen komiker, und die atticisten wissen sich nicht zu
helfen (Phryn. in Bekk. An. 17, 24 vgl. 462), weil eine historische ent-
wickelung der wortbedeutung ihnen so fern lag wie den heutigen lexiko-
graphen. ein jahrhundert nach Aristoteles definirt auf seinem lehrstuhle
Ariston den αὐθέχαστος ganz so, dals er den hier gemeinten αὐθάδης
trifft (bei Philodem de vitiis X. p. 26 Sauppe) ὁ δ᾽ αὐθέχαστος δι᾽ οἴησιν
τοῦ μόνος φρονεῖν ldıoyywuovßy καὶ πειϑόμενος ἐν ἅπασι κατορ-
ϑώσειν, ἁμαρτήσεσθαι δ᾽ ἄν ἑτέρου κρίσει προσχρήσηται, μετέχων
δὲ καὶ ὑπερηφανίας... χἂν προσερωτήσῃ τις ὅ τι μέλλει ποιεῖν
“οἶδ᾽ ἐγώ" λέγειν, κἂν μέμφηταί τις, ἐπιμειδιῶν “ἐμὲ 00” υ. 8. w.
1244 ἔσχειν᾽ χατέχειν, so auch ἔχε στόμα Hik. 513. es haben
moderne den Eurip. getadelt, weil er solch eine vulgäre wendung wie
264 Commentar.
“halte den mund” in das drama aufgenommen hätte — als ob er aus dem
deutschen übersetzt hätte. im griechischen ist die wendung alles andere
als vulgär.
1245 Der schriftsteller vom erhabenen 40 urteilt von diesem verse,
σφόδρα δημῶδες τὸ λεγόμενον, ἀλλὰ γέγονεν ὑψηλὸν τῇ πλάσεε
ἀναλογοῦν (weil erfindung und ausdruck im richtigen verhältnis stehen),
ei δ᾽ ἄλλως αὐτὸ συναρμόσεις, φανήσεταί σοι dıdrı τῆς συνϑέσεως
ποιητὴς ὅ Εὐριπίδης μᾶλλόν ἔστιν ἢ τοῦ νοῦ. das urteil gilt nur
vom stil und ist so weit im allgemeinen treffend, aber das beispiel ist
nicht gut gewählt, denn der ausdruck und die wortstellung entfernen sich
nicht von dem allereinfachsten. das liefs sich gar nicht anders sagen.
aber den alten fiel hier etwas besonderes auf (der vers wird öfter an-
geführt), was wir von Lessing {auf den jenes urteil völlig zutrifit), dem
jungen Goethe, Kleist her mehr gewöhnt sind, dafs der einfachste aus-
druck die stärkste wirkung erzielt. das hat Aristoteles eben so scharf
erkannt wie ausgesprochen (rhet. III 2) χλέπτεταε εὖ, day τις ἐκ τῆς
εἰωθυίας διαλέκτου ἐκλέγων συντιϑῇ. ὅπερ Εὐριπίδης ποιεῖ καὶ
ὑπέδειξε πρῶτος. man vergleiche Soph. O.K. 1269 τῶν γὰρ ἡμαρ-
τημένων ἄχη μὲν ἔστε προσφορὰ δ᾽ οὐκ ἔστ᾽ ἔτι: das einfache hat
ihm nicht genügt, aber die wirkung ist deshalb nur geringer.
1247 Jetzt begeht Her. dasselbe misverständnis wie Theseus kurz zu-
vor. jener meint “wohin verführt dich die leidenschaft’. Her. fafst die
frage ganz sinnlich auf und antwortet “in den Hades’. — ὅπαξ κατῆλ-
Hov εἰς ἄδου, ἀλλ᾽ ὥστε κἀπανελϑεῖν᾽ νῦν δὲ νεκρὸς κείσομαι.
1248 ὅ τυχὼν 6 ἐπιτυχῶὼν nennt gewöhnliche, nicht blofs attische
rede den ersten besten. das adelt der dichter durch weglassung des
artikels. ganz so Pindar Pyth. 4, 35 προτυχὸν ξένιον μάστευε δοῦναε.
Der selbstmord war im 5. jahrhundert und schon früher (Semon. 1, 18)
etwas häufiges (aber in die Dias I 34 hat ihn erst ein interpolator hinem-
getragen), der Spartiat sogar stirbt um seine ehre nicht zu überleben,
oft entzieht man sich durch selbstmord dem drohenden tode durch die
hand verhafster feinde, aber auch franen nehmen gift aus verschmähter
liebe und selbst bei sclaven kommt selbstmord vor. besser als die not-
wendig vereinzelten historischen beispiele belehrt das spiegelbild, das die
tragödie darbietet. Sophokles hat in den erhaltenen 7 dramen den selbst-
ποτὰ von Haimon Eurydike Iokaste Aias Deianeira, und sein chor
wundert sich, dafs Oidipus nicht auch sich das leben genommen hat
(1368), Philoktet wird gewaltsam daran verhindert, bei Aischylos drohen
nur die Danaiden unter ganz besonderen umständen mit ihrem tode an
vers 1245—1254. 265
geweihter stätte (465). Euripides läfst nur Phaidra Euadne lokaste
sterben; sonst spielen aufser dem todwunden Hippolytos und dgl. vor-
nehmlich weiber mit dem gedanken. er δ [δὲ die durchschnittsmeinung
der zeit, die Sophokles teilt, den chor aussprechen Hek. 1107, συγγνώσϑ᾽,
ὅταν τις κρείσσον᾽ ἢ φέρειν χαχὰ πάϑῃ, ταλαίνης ἐξαπαλλάξαι
ζόης. aber auch da ist es ihm nur verzeihlich. das geschieht nicht
aus dem religiösen gesichtspunkte, aus dem der staat den selbstmördern
das ehrliche begräbnis verkümmert, wie in Theben, Aristoteles fgm. 502,
oder gar, wie nach solonischem gesetze, ihnen die mörderhand abhackt
(Aischines 3, 244). diese gedanken lebten wol in den kreisen der Or-
phiker und dann bei Platon (Phaed. 61, Gesetze 873) und denen die
ihn besser verstanden als Kleombrotos und Cato. aber Euripides denkt
nicht 80. τὸ ἀπορεῖν ἀνδρὸς καχοῦ, das leben nimmt sich der erste
beste, aber nicht der σοφός, es ist eine dummheit, welche die sophisten-
zeit wie das premier empire mehr verabscheut als das verbrechen. selbst
ein Menelaos sagt Or. 415 μὴ ϑάνατον εἴπῃς" τοῦτο μὲν γὰρ οὐ
σοφόν. und fgm. 1070 ὅσεις δὲ λύπας φησὶ πημαένειν βροτοὺς δεῖν
δ᾽ ἀγχονῶν τε καὶ πετρῶν dintew ἄπο, οὐκ ἐν σοφοῖσίν ἐστιν, εὐ-
χέσϑω δ᾽ ὅμως ἄπειρος εἶναι τῆς νόσου ταύτης ἀεί"). sie wollen
starke geister sein und den kopf kühl behalten. eine gesellschaft, die
das individuum so hoch schätzt, opfert eher die ehre als das leben. das
sind die verbreiteten keinesweges edlen motive: Heräkles zeigt uns freilich
unten tiefere und wahrhaft sittliche.
1249 μᾶλλόν ἐστι τοῦ τυχόντος τὸ Ex τοῦ ἀχινδύνου νουϑετεῖν,
der gedanke gewöhnlich, A. Prom. 263 u. s. w.
1250—52 Tbes. führt die ruhmestitel an, die Her. verhindern sollen
zu handeln wie der erste beste. den contrast zu seinem jetzigen plane
zeigt das ironische δή.
1251 ταῦτα πέρα τοῦ μετρίου, ὥστε μηκέτι τλητὰ εἶναι, knüpft
an πολλὰ τλάς an, wobei μοχϑεῖν in dem doppelsinn “arbeiten” und
“leiden” für uns unnachahmlich ist. ἐν μέτρῳ wie ἐν μέτροεσι Homer
hymn. an Herm. 47. die prosa sagt ἐμμέτρως oder μετρίως.
1254 οὔχουν ἐάσω σ᾽ ἀφροσύνῃ τῇ σῇ ϑανεῖν sagt Achill (L A
1430) zu Iphigeneia, die sich freiwillig aus den motiven der ehre in den
1) “Wer meint, der kummer täte so weh, dafs man um seinetwillen sich das
leben nehmen müfste, ist nicht weise. trotzdem wünsche er sich nicht, die erfahrung
zu machen, die ihn seiner torheit überführe, d. h. solches leid zu erleben, wie ich ”
es spricht also jemand in verzweifelter lage, bewulst seiner vog/a, die ihn nicht den
tod suchen lälst wie τὸν τυχόντα.
256 Commentar.
tod geben will: selbst der hochsinnige teilt die anschauungen der zeit. —
der dativ wie 235.
1255 Der vorwurf der ἀμαϑία ist dem Her. doch so schmerzlich
(vgl. 347), dafs er in einer längeren rede von seinen beweggründen
rechenschaft gibt. das ist das zweite, was Thes. erreicht, denn wer mit
gründen ficht, wird nicht mehr nach dem impulse der leidenschaft handeln.
das moderne gefühl hat ganz recht, wenn es diese lange rede in diesem
munde und in dieser situation anstölsig findet. der dichter hat auch
hier seine freude an sophistik und rhetorik unbillig vorwalten lassen.
wie es seine art ist, bezeichnet er das schaustück einer ἅμελλα λόγων
ausdrücklich als solches; diese bezeichnung ist bei ihm fast formelhaft;
ähnlich nur in der unter Gorgias namen überlieferten Helene 13 gı4o-
σόφων λόγων ἁμίλλας, andere reden von σοφιστῶν dyrıloylaı, beides
im anschluls an die älteste rhetorische terminologie, die wir fast gar
nicht kennen. auch die disposition gibt Her. ganz scharf an. thema:
ἀβίωτον εἶναι 1) πάλαι, beweis aus der vita ante acta, bis v. 1280
2) vöy, denn er kann nicht leben a) in Theben b) in Argos c) noch
sonst wo, folgt: quod erat demonstrandum 1301. 2; endlich die ἐπέλογοε.
1256 ἀναπτύσσω von der schriftrolle auf die entwickelung durch
worte übertragen seit A. Pers. 254. aber die construction nach δεέξω
δηλώσω ist eine weiterbildung. — dafs das particip statt des später
allein gebrauchten infinitives steht, ist die weise des 5. jahrhunderts,
Ζ. Ὁ. Thuk. VII 77,7 γνῶτε ἀναγκαῖον ὄν. in der bedeutung ist kein
unterschied.
1258 Dafs Her. die schuld des Amphitryon auf sich vererbt glaubt, zeigt
am deutlichsten, dals Eur. wie Herodot die vaterschaft des Zeus, obgleich
er doch fortwährend mit ihr rechnet, als nichts materielles ansieht. hier
wirkt das für uns ganz anstölsig, weil über den punkt sofort unter den
voraussetzungen des mythos debattirt wird.
ὅστις mit beziehung auf eine bestimmte person ist nicht gleich dem
relativ, ein fehler der im nachclassischen griechisch gewöhnlich ist, sondern
ganz scharf, “der ein solcher ist welcher’, ebenso Hipp. 943 σχέψασϑε
δ᾽ ἐς τόνδ᾽ ὅστις... ἤσχυνε τἀμὰ λέχτρα. Ψ 48 οὐ μὰ Ζῆν᾽ ὅστις
τε ϑεῶν ὕπατος καὶ ἄριστος" “nein bei Zeus: ich schwöre bei dem
gotte, der der allerhöchste ist, und das ist ja Zeus’. bei Homer tut man
recht daran, die beiden pronomina als selbständig anzusehen und danach
zu accentuiren.
1259 προστρόπαιος hier nur ein harter ausdruck für φεύγων διὰ
φόνον vgl. 16 und 1161. der φόνος war ἀχούσιος, würde also nach
vers 1255---1267. 257
dem milderen attischen rechte nur eine befristete verbannung nach sich
gezogen haben.
1261 Das bild, das hier mit καταβάλλειν χρηπῖδα anhebt, kehrt in
δῶμα ϑριγχῶσαι 1280 und αὐτοῖσιν βάϑροις 1306 durch die ganze
rede wieder. — xenreig bedeutet nicht eigentlich das fundament, sondern
den steinernen unterbau, auf welchem sich die lehmwand der häuser, oft
(wie z. b. in Mantineia) der stadtmauer, oder auch die säulenstellung der
tempel erhebt. erst übertragen bezeichnet es den dicksohligen schuh,
auf welchem der mann fest und trocken einhergeht. zufällig tritt es
zuerst in derselben metapher wie hier auf, Pindar ἔρτῃ, 77 ὅϑι παῖδες
Asavalur ἐβάλοντο φαεινὰν κρητεῖδ᾽ ἐλευϑερίας. die metaphern
und bilder aus der baukunst gehen bei den Athenern über das uns ver-
traute und gefällige mals weit hinaus (Hipp. 469. Soph. Oinom. 433.
im ersten canticum der Mostellaria von Plautus gröblich verzerrt): bau-
lust und bauverstand war in dem volke des Iktinos und Philon all-
gemein verbreitet.
1263 Her. bezweifelt nicht die existenz des Zeus. er will nur nicht
entscheiden, ob der Zeus, der τἀλλότρια λέχτρα δόντος οὐδενὸς λαμ-
βάνει der rechte Zeus ist, und noch weniger, ob ein solcher Zeus auf
seinen sohn anderes als unheil, den fluch der sünde, vererben kann.
aus einer vermischung dieses verses und des anfanges der weisen Mela-
nippe (481) Ζεύς, ὡς λέλεχται τῆς ἀληϑείας Örco, hat sich im altertum
die sage gebildet, die auch heute noch geglaubt wird, Eur. habe einmal
gesagt Ζεὺς ὅστις ὅ Zeig, οὐ γὰρ olda πλὴν λόγῳ. man versetzte
ihn in die weise Melanippe, und da man ihn da nicht fand, so erfand man
eine umarbeitung (Plutarch Erotik. 756°). die stellen der alten vereinigt
von Nauck zu fgm. 480. wir können die sage aber lügen strafen, denn
Kritias hat den echten vers in seinen Peirithoos übernommen (591) und
Aristophanes Frösch. 1244 citirt ihn ebenfalls.
1266 re knüpft an den durch die parenthese getrennten satz an und
gibt seine begründung. das geschieht im archaischen griechisch ebenso
oft durch die schwache copula re wie im lateinischen durch que, nicht
aber weil diese partikeln plötzlich eine andere bedeutung erhielten, sondern
weil die einfache parataxe in der alten sprache da mit einer schwachen
verbindungspartikel eintritt, wo wir ebenfalls die parataxe, aber asynde-
tisch haben.
1267 Das altattische hat ein par formen (imperf. 1, und 2 aorist), die
von einem verbum φιρέῃμε zu kommen scheinen, conjugirt wie ζημε und
in der bedeutung identisch. man hat an eine composition {προίημὴ) ge-
v. Wilamowitz Π.
258 Commentar.
dacht, die aber längst vergessen gewesen sein mülste, da man ja noch
zwei präpositionen davor setzt. es ist noch keine wirkliche erklärung
gefunden.
1269 Den leib als kleid anzusehen, ist eine aus orphischen kreisen
stammende metapher; in feierlichem ernste bei Pindar N.11,15. Empedokl.
402 σαρχῶν χιτῶνα. bei Eur. hier und σαρχὸς ἔνδυτα Bakch. 746 nur
periphrastisch. — das eigentlich zum genetiv gehörige adjectiv atirahirt
wie 486.
1272 Typhon als gegner des Herakles ist in der litteratur bis auf diese
stelle so gut wie verschollen. er erscheint zwar bei Vergil Aen. VIII 298,
aber nicht auf grund besonderer sage, sondern nur als ein besonders
furchtbarer gigant. nachahmer Vergils haben dann ohne verständnis
weiter gefabelt (M. Mayer Giganten und Titanen 217). ganz singulär
ist die bezeichnung Typhons als τρισώματος, was die modernen fast
mit notwendigkeit dazu verführen mulste, Geryones hinein zu bringen.
im altertum hat man an dem adjectiv geändert, wie das von M. Mayer
entdeckte citat lehrt, Plutarch de fort. Alex. Il 10 ποίους γὰρ Τυφῶ-
νας ἢ πελωρίους Γίγαντας οὐκ ἀνέστησεν ἀνταγωνιστὰς ἐπ᾽ αὐτὸν
(die Tyche auf Alexander). die überraschende bestätigung der über-
lieferung in einem giebelrelief der burg von Athen, das zu Eur. zeiten
bereits im schutte vergraben lag, trat gerade, während die letzten bogen
der ersten auflage gedruckt wurden, ans licht und veranlafste mich zu
einem nachtrage, der eher ein excurs ist. ich mufs ihn nun wol oder
übel hier einrücken, da er gestrichen zu werden an sich nicht verdient
Auf dem giebelrelief, das A. Brückner zuerst veröffentlicht hat
(Athen. Mitteil. XIV taf. II III und beilage zu s. 74), sehen wir links
Herakles eine gewaltige schlange, rechts Zeus den dreileibigen Typhon
bekämpfen. folglich hat die sage bestanden, dafs die himmlischen xa4-
Alvıroı “vater und sohn’ das scheußliche par Typhon und Echidns
bezwungen haben. Euripides weicht darin ab, daß er den Typhon
zum gegner des Herakles macht. wie die sage lautete, auf die er an-
spielt, wo er sie her hat, das vermögen wir nicht zu ermitteln, aber
die überlieferung seines verses ist glänzend gerechtfertigt, und es ergeben
sich einige folgerungen für Herakles, für Typhon, und insbesondere für
Hesiodos.
Typhon, der vertreter der vulcane, kann hier nicht gemeint sein.
und in der tat, wenn er ein althellenisches wesen ist, so kann er nicht
diese bedeutung vom ursprung an haben, da es in Hellas keine vulcane
vers 1269. 72. Nachtrag. 269
gibt, wol aber Τυφώνεια. vielmehr haben die auswanderer unter dem
überwältigenden eindruck der vulcane Lydiens (des epischen Kilikiens)
im osten, des Aetna und Epomeo im westen, das wesen Typhons um-
geformt, und diese umbildung hat das ursprüngliche verdrängt. sie tritt
uns entgegen im Schiffskatalog und in der eindichtung der Theogonie,
dem schlechten Typhonkampf, der sogar jünger ist als das attische relief
(vgl. Partsch Phil. Abh. für Hertz 105). neben diesem Typhon stehn
andere vertreter bestimmter vulcanischer berge, mögen sie alte krater sein
oder nur centra von erdbeben, Mimas und Polybotes, und es ist nur in
der ordnung, dafs dieser Typhon entweder mit in die reihen der Giganten
tritt oder mit ihnen wechselt, wie mit Enkelados. nur die Theogonie des
wirklichen Hesiodos hat die erinnerung an den echten Typhon bewahrt,
wie sich vor allem in seiner verbindung mit Echidna zeigt. aber auch
diese partie hat durch einschwärzung der jüngeren vorstellung gelitten,
und da sie aufserdem von A. Meyer beanstandet ist, so muls sie erst
gesichert und gesäubert werden, ehe sie verwandt werden kann.
Es heilst da von Echidna, sie wäre halb schöne jungfrau, halb scheuß-
liche schlange gewesen‘,
301 ἔνϑα δέ οἱ σπέος ἐστὶ xarw χοΐλῃ ὑπὸ πέτρῃ
τηλοῦ ἀπ᾽ ἀϑανάτων τε ϑεῶν ϑνητῶν τ᾿ ἀνθρώπων,
ἔνϑ᾽ ἄρα οἱ δάσσαντο ϑεοὶ κλυτὰ δώματα valeır.
1) 298 ἥμισυ μὲν νύμφην ἐλικώπιδα καλλιπάρῃον, ἥμεσν δ᾽ αὖτε πέλωρον
ὄφιν δεινόν τὸ μέγαν τε [ποικέλον ὁμηστήν, ξαϑέης ὑπὸ κεύϑεσε yalns). diese
törichte interpolation habe ich aus unachtsamkeit nicht gerügt, wo ich es hätte tun
müssen, Isyli. 108, weil ich sie längst durchgestrichen hatte. denn der ganze zu-
sammenhang erträgt den zweiten halbvers nicht, der zudem aus 483 stammt, aus
eben der interpolation, die ich an jenem orte beseitigte. die füfse der schlange kann
Hesiodos aber wahrlich nicht ®unora/ genannt haben: einen rachen haben sie wol
in der pergamenischen gigantomachie, aber nicht in so alter zeit. übrigens ist die
schilderung der doppelnatur 299 fertig, und jeder auch an sich erträgliche zusatz
würde vom übel sein. die interpolation aber hat dem verfertiger des reliefs bei Zoega
bassir. II 64 vorgelegen, der Herakles Echidna oder Hydra bezwingend darstellt,
deren beine in schlangenköpfe auslaufen. Zoega verweist auf analoge münzdar-
stellungen und bemerkt mit recht die seltenheit der darstellung, welche er auf die
skythische Echidna bezieht. es wird in wahrheit Hydra wenigstens von den ver-
fertiger der späten reliefs und sonstigen darstellungen gemeint sein, über die mittler-
weile sehr viel mehr bekannt geworden ist, vgl. L. Urlichs Verhandl. der 40 Philo-
logenversammlung und in den Jahrbüchern des rhein. Alt. Ver. 1894, Svoronos ’Ey.
ἀρχ. 89, 45. aber dafs sie die Hydra so in der gestalt der hesiodischen Echidna
bildeten, wird in einer übertragung des archaischen typus beruhen. dafs in urzeiten
beide wesen identisch waren, ist schwerlich jemandem im altertum zum bewulstsein
gekommen.
17"
260 Commentar.
der dichter kennt den wohnsitz Echidnas nicht genau; er weils nur daf;
er fern von allen andern wesen und im innern der erde ist. das zweite
ist für die schlange selbstverständlich; in einer höhle hat sie auch Keto
dem Phorkys geboren, aber diese ist im meere zu denken, da die eltern
meerwesen sind. unbekannt aber muls der wohnsitz sein, da ja die
götter dies scheusal verstofsen haben. dazu stimmt denn auch auf das
trefflichste, dals es weiter geht τῇ δὲ Τυφάονα φασὶ μιγήμεναι, also
auch diese verbindung nur ein gerücht ist, selbst die Musen künden
nur auf hörensagen, wo das bette der unheimlichen urgewalten steht,
dem so viele scheusale entsprossen sind. dies alles ist sehr wol überlegt;
aber es ist allerdings schlechthin unvereinbar mit dem zwischensatze 304
ἣ δ᾽ ἔρυτ᾽ εἰν ᾿Αρίμοισιν ὑπὸ χϑόνα λυγρὴ Ἔχιδνα, ἀϑάνατος νύμφη
χαὶ ἀγήραος ἤματα πάντα. natürlich haben die kritiker eingesehen,
.dals diese verse grammatisch neben den vorigen nicht bestehen können;
aber ihre kritik ist irrgegangen, weil sie die veranlassung der einschwärzung
nicht erkannten. wer diese verse verfalste, der meinte die zweifel des
Hesiodos heben zu können; er kannte eben aus der jungen Typhonsage
die heimat Echidnas bei den Arimern').
In der ganzen genealogie, welche von Keto und Phorkys anhebt,
ist häufig der übergang zu einer neuen geburt blofs mit ἣ δὲ gemacht,
und man kann einen augenblick zweifelhaft sein, wem das demonstrativ
gilt. aber doch nur einen augenblick, und mit recht haben die alten
sich nicht irre machen lassen. denn der zusammenhang ist klar. von
Keto und Phorkys stammen Γραῖζαι und Γοργοῖ; unter diesen ist Medusa,
die Perseus erschlägt; sie bringt sterbend Pegasos und Chrysaor hervor;
Chrysaor zeugt mit Kallirrhoe den Geryones, welchen Herakles erschlägt.
1) Dals sie später wirklich in der gegend der lydischen vulcane verehrung fand,
zeigt Brückner in dem umsichtigen aufsatz, der seine herstellung des reliel;
begleitet. aber da hat unhellenisches eingewirkt: denn die teufelsanbetung, d.h.
die wendung der religion, die bösen feinde der götter sich selbst freundlich zu
stimmen, ist zwar ein notwendiger schritt, sobald das vertrauen auf die allmscht
der götter geschwunden ist, aber diesen schritt haben eben die Hellenen nicht getan.
ihr weg führte sie, als die götter ihnen nicht mehr genügten, zu gott, zur phile
sophie, oder genauer, sie machten wol auch den versuch, das hell in der offenbarung
und theologie zu suchen, wobei sie denn auch in häfslichen aberglauben gerieten,
aber dieses orphisch-pythagoreische treiben ist von der sonne ihrer frommen und
unfrommen wissenschaft immer in die tiefe gebannt geblieben, so lange diese sonne
leuchtete. bei den Orphikern findet sich dann auch Echidna als tochter des Phanes,
und es mögen sich in dieses chaos auch traditionen der alten sage verloren habea.
Ophion ist ein guter gatte für sie; aber der name verbietet ihn mit Typbon aus
zugleichen,
Nachtrag. 261
nun geht es weiter ἣ δ᾽ ἔτεκ᾽ ἄλλο πέλωρον... Ἔχιδναν. deren
mutter kann weder Kallirrhoe sein, die in dieses stemma ja gar nicht
gehört, noch Medusa, deren tod schon erzählt ist, sondern ausschliels-
lich Keto. es ist ganz natürlich, dafs zu dem im anfange des abschnittes
genannten pare zurückgekehrt wird, nachdem ihre descendenz durch die
T'oeyol erschöpft ist, und eben so natürlich, dafs sich an ihre tochter
Echidna deren descendenz schliefst. sie gebiert dem Typhon zunächst
drei von Herakles überwundene wesen, Orthos, Hydra, Kerberos, die aus-
drücklich gezählt werden. geht es dann fort τὴν μὲν Yon»)... ἐνή-
ρατο.. Ἡρακλέης ... ἣ δ᾽ Erexe... Χίμαιραν, 80 ist soviel sofort klar,
dals hier zwei weibliche wesen unterschieden sind, und da das erste
Hydra ist, kann das zweite eben nur Echidna sein'). genau ebenso wird
das letzte glied dieser reihe, Sphinx und Löwe, angeschlossen, das also
ebenso zu beurteilen ist. hier ist auch ein neuer vater, Orthos, genannt’).
nun ist die descendenz Echidnas fertig, also geht es zurück zu Keto und
Phorkys. weil diese aber allzulange vorher genannt waren, so werden
die namen wiederholt, ihr letztes kind, der drache, welcher die goldenen
äpfel bewacht’), aufgeführt, und dann sehr sachgemäßs mit einem zu-
sammenfassenden verse der ganze abschnitt abgeschlossen. aber auch
inhaltlich gehört all dieses zusammen, Chimaira mit dem Pegasos, Geryones
mit Orthos, Hydra und Löwe, Kerberos und Drache. überschüssig könnte
allein die Sphinx erscheinen, weil sie nur vorübergehend erwähnt wird und
in eine andere sage gehört; aber was Hesiodos alles erwähnen mochte
und wie genau, das ist nicht a priori zu sagen: das boeotische untier
wird man gerade dem Boeoter nicht verübeln. formelle anstöfse, die
| u
1) Das ist allerdings anstölsig, dafs die drei kinder des Typhon gezählt werden,
und doch das nicht besonders gezählte vierte, Chimaira, demselben gehören muls,
wie man auch im altertum angenommen hat, weil kein anderer vater erwähnt ist.
es dürfte wol in früher zeit ein vers vor 320 ausgefallen sein, der einen vater
nannte. die stelle ist wie die von Echidna durch einen zusatz entstellt, den man
längst getilgt hat, weil er direkt homerische verse gibt, 323. 4.
2) Diesen bestien darf man ruhig zutrauen, dals der sohn die mutter beschläft.
am wenigsten wird etwas gebessert, wenn für die mutter die grofsmutter eintritt.
3) 334. 35 ist eine corruptel, der drache ἐρεμγῆς κεύϑεσε γαίης πεέρασεν ἐν
μεγάλοις παγχρύσεα μῆλα φυλάσσει. denn was sind πεέρατα μεγάλα, und was soll
die doppelte ortsbestimmung? hier hat die stelle über Atlas, 518, unheil gestiftet.
der steht πεέρασιν ἐν γαίης πρόπαρ Ἑσπερέδων λεγυφώνων. Hesiodos hatte von
dem drachen gesagt σπεέρῃσιν μεγάλαις παγχρύσεα μῆλα φυλάσσει. er denkt sich also
hier die äpfel nicht im garten des westens, sondern im innern der erde und zwar da,
wo ursprünglich Atlas und Ladon zu hause sind, an ihrem mittelpunkt, vgl. zu v. 394.
262 Commentar.
man genommen hat, wiegen nicht schwer'): das geschlecht der Keto
darf für Hesiodos von Askra in anspruch genommen werden.
Hesiodos weils also von dem pare Echidna und Typhon, aber er
berichtet nur von ihnen, dals eine reihe scheusale der sage ihre kinder
wären. sie trägt einen durchsichtigen namen, und die bedeutung der
schlange als vertreterin der Erde, und zwar mehr der χϑών als der γῇ
(zu v. 1295), steht fest. Typhon aber ist als wind ausdrücklich bezeichnet,
und seine umgestaltung zum vulcan hat nicht vermocht, den ὑβρεστὴς
ἄνεμος überall in ὑβρεστὴς ἄνομος zu wandeln. auch die winde wohnen
in den schlüften der erde nach griechischem glauben, und diese unstäten
gesellen denkt man sich vielköpfig; Boreas hat ja einen doppelkopf, und
so die windigen sophisten bei Parmenides (55) und Kratinos (Panopt 2;,
Typhon hat hundert köpfe bei einem dithyrambiker (Arist. \Volk. 336),
und wenn später von seiner gestalt, wie sie der giebel zeigt, nur die
schlangen übrig geblieben sind, sowol beim falschen Hesiod wie in der
kunst, so ist das eben wieder umgestaltung. aber wenn so Hesiodos zu
dem relief gut stimmt, so erzählt er doch von keinem kampfe er
konnte es nicht, denn das was das relief darstellt ist nicht eine episode,
sondern viel eher eine dublette der titanomachie?), durch welche Hesiodos
das regiment der götter und damit die bestehende weltordnung begründet
denkt. denn wenn Herakles Echidna bezwingt, was ist ee anders, als in
1) Dals unsere ausgaben noch die dative Ddoxvi und Φόρκυ neben einander
haben, ist ihre schuld. Hesiodos sprach u, und ui steht ebenbürtig neben ai ei oi,
mag der erste vocal lang oder kurz sein. in den casus obliqui ist das u kurz, aber
sehr wol kann seine länge von nominativ accusativ auf diese casus übertragen sein,
so dals man Ddpxvos für Φόρκυνος 336 setzen könnte — wenn es nötig wäre. aber
neben dem genetiv Φόρκυνος steht der dativ Ddpxı, genau so gut wie Θέτε neben
Θέτιδος, μάστε neben udorıyos. somit dürften alle anstößse, die Arthur Meyer an
dieser partie genommen hat, erledigt sein.
2) Als parallele zur gigantomachie hat sich der Typhonkampf in den nesio-
tischen sagen entwickelt, die Pherekydes von Syros erzählte. denn sein Ophion ist
ersichtlich ein wesen wie der Typhon des giebels. leider ist die sage nicht mehr
kenntlich: aber sage ist es, so gut wie die hesiodische. ich traue den versuchen
nicht, welche Pherekydes zwischen die milesischen philosophen einreihen, noch mehr
scheint mir A. Dieterich (Abraxas 130) mit seiner skepsis über das ziel zu schielsen,
wenn er Pherekydes für eben so trügerisch hält wie Orpheus. dafs die grammatiker
das buch für dialektisches anführen, darunter eine so echte form wie Pi, über die
Dieterichs entsetzen sehr übel angebracht ist (gerade die falsche Ias distrahirt, die
echte oontrahirt) beweist, dafs es ein altes buch gab, und dafs der Syrier die 77
χϑονία einführt, die wir aus dem mykonischen culte kennen, wiegt auch nicht leicht.
zuzugeben ist nur, was nicht neu ist, dafs man manchmal zwischen den verschiedenen
Pherekydes schwanken kann.
Nachtrag. 263
einem kampfe zusammengedrängt der teil seiner lebensaufgabe, den Pin-
daros und Euripides ἐξημερῶσαι γαῖαν nennen? es ist das rechte
gegenstück zu dem kampfe mit dem vertreter des meeres, der Triton,
Acheloos, Nereus heilst. auf der erde wird so der göttliche sohn fertig;
im luftraum braucht der himmlische vater seine donnerkeile. offenbar
ist dabei der Typhonkampf seiner natürlichen bedeutung etwas entfremdet.
denn die hundert häupter der windsbraut fahren alljährlich aus den
schlüften und müssen mit blitz und donner auf die erde zurückgeworfen
werden, damit der unbewölkte Zeus lache. tritt aber Herakles neben
Zeus wider Typhon auf, so handelt es sich um einen entscheidenden
kampf, auch für die weltordnung und um die herrschaft des universums.
es ist allerdings eine parallele zu der beteiligung des Herakles an der
gigantomachie, oder besser ein vorläufer derselben, denn Herakles ist
unseren ältesten bildlichen darstellungen des gigantenkampfes der götter
noch fremd.
Wir müssen auch diese sage, so viel einfacher als das grofse epos
der gigantomachie sie ist, zerlegen um sie zu verstehen. auch sie ist
ein compromiss zwischen den vorstellungen der einstigen Hellenen und
den zuwandernden Dorern. Typhon ist hellenisch ; beweis, dafs die vor den
Dorern ausziehenden völker ihn nach dem innern von Lydien und an die
küsten des westmeeres mitnahmen, so dafs er nur eben noch in verlorenen
winkeln des mutterlandes nachweisbar ist. Echidna ist ein erzeugnis dori-
scher phantasie ; den Hellenen erschien die erde nie als etwas so arges, weder
Γῇ die mütterliche, noch selbst Χϑογνέα. wir finden denn auch Echidna,
so selten sie ist, an peloponnesische eltern angeschlossen'), sie wird in der
antidorischen sage von Argos dem eponymen getötet (vgl. I 62, anm. 113),
und gebiert dem Herakles die ahnherrn der Skythen in der ersichtlich
auf Herakleoten, also Megarer, zurückzuführenden sage bei Herodot
(IV 8). am letzten ende ist der inhalt beider geschichten derselbe. der
hohe himmelsgott hat den gräfslichen sturmgott bezwungen: das ist in
dem physischen bilde, das das naturleben dem menschen bietet, die be-
gründung der weltordnung. der gottmensch hat die scheußliche erd-
schlange bezwungen, ἐξημέρωσε γαῖαν: ϑνατοῖς ἀκύμον᾽ ἔϑηκε βίοτον.
beides können wir den kämpfen Indras und Thors vergleichen — ohne
daß dadurch irgend ein gewinn für das verständnis erzielt würde. dafs
wir aber vater und sobn vereinigt und die scheusale verdoppelt finden, ist
ein sinnfälliger beleg dafür, dafs in den Griechen zwei völker stecken.
1) Πεέρας, gehörig zu Πειρήν Πειρήνη Ilsipaoos, und Styx, Epimenides bei
Pausan. VIII 18.
264 Commentar.
Der dichter des Dodekathlos hat den Echidnakampf mit rücksicht
auf das lernäische local zu dem Hydrakampfe degradirt, und der über-
wältigende einflufs seines gedichtes hat Echidna in den schatten ge-
drängt, vgl. Is. 62. dafs sie zu Solons zeit den Athenern noch geläufig
war, ist nicht wunderbar. aber wenn Eur. auf Typhon anspielen konnte,
so ist sie auch damals noch nicht verschollen gewesen. und doch gibt
es keine weitere spur in den uns erhaltenen texten: so arm sind wir
in allem unserm reichtum.
In der gesichtebildung des Herakles hat Brückner bewulste absicht
des häfslichen angenommen, und ich bin ihm gefolgt. ich wollte, ich
könnte es noch, denn ich würde mich freuen, wenn auch die kunst den
Herakles häfslich gebildet hätte, wie ihn Pindar ὀνοτὸς ἰδέσϑαε nennt
(vgl. I 105). es liegt merkwürdigerweise der volksphantasie gar nicht
fern, ihre helden unansehnlich von gestalt zu denken. so sagt es der
Alexanderroman (Ps. Kallisth. 3, 4 u. ö.), hat es die Thebais von Tydeus
ausgeführt, manche ketzer gefallen sich darin, den irdischen leib Christi
häfslich zu machen, und man findet dessen mehr: Herakles ist selbst
unter die ‘däumlinge’ δάχτυλοι, aufgenommen. aber die bildung seines
profils im Typhongiebel kann ich nicht mehr so beurteilen; namentlich
die reste der weihgeschenke des Kroisos aus Ephesos stehen dieser bildung
zu nahe. die alten Ionier haben von der menschengestalt für uns sehr
wenig ansprechende vorstellungen gehabt; wir haben ja ihre bemalten vasen
sehr lange für etruskisch gehalten. das ideal des schönen mannes und
jünglings, das wir hellenisch nennen, ist wirklich ein erzeugnis des dori-
schen und attischen ξηραλοιφεῖν καὶ παιδεραστεῖν.
1273 Zu dem begriff rergaoxeAng πόλεμος (ἃ. i. πόλεμος πρὸς
τετρασχελεῖς wie γηγενὴς μάχη Ion 987, Kykl. 5) tritt genauer be-
stimmend χενταυροπληϑής, ἐν ᾧ πληϑύουσι χένταυροι wie γυναιχο-
πληϑεῖς ξύλλογοι Alk. 961 (ἀνδροπλήϑεια schon A. Pers. 235). ein
ganz barocker ausdruck, wie sie Eur, mit steigendem alter immer mehr
sich erlaubt; das geht im dithyrambus weiter, den die mittlere komödie
verspottet, und Aristoteles nennt solche wendungen δεϑυραμβώδη.
ähnlich z. Ὁ. Archel. 228 μελαμβρότοιο AlYıorsldog γῆς. dafs hier
die bestien mit solchem bombast geschildert werden, ist freilich berechtigt.
hinzu kommt aber, dafs πόλεμον ἐξήνυσα eintritt, wo doch die accu-
sative λέοντας Γίγαντας u. 8. w. ein einfaches χατδπολέμησα erwarten
liefsen. dieses anakoluth erweckt den eindruck der überfülle ebenso wie
die rhetorischen plurale, über die zu 455.
vers 1273—1283. 265
1274 dugpixgavos und παλιμβλαστής sind neubildungen, die erste
kühn, da ἀμφί in zusammensetzungen meist nicht “rings” sondern “auf
beiden seiten’ bedeutet, und so muls es auch an einer tragischen stelle
gestanden haben, da Hesych. dupixgavov' ἀμφοτέρωθεν ἔχον κεφαλάς
verzeichnet (was auf diese stelle zu beziehen sowol das geschlecht wie
die bedeutung verbietet); auch ἀμφικέφαλος für ἀμφοτέρωϑεν κεφαλὰς
ἔχων kommt vor. Eur. hat ἀμφίχρυσος Hek. 543, dupixenuvos
Bakch. 1051, ἀμφέπυρος Hipp. 559, wo ἀμφί rings bedeutet,
χύων 420. dadurch dafs die hydra weder in einem selbständigen satze
noch als glied der vorigen aufzählung eingeführt wird, sondern participial
mit dem satze verbunden, der in einem allgemeinen ausdruck alles zu-
sammenfafst, entsteht der ausdruck der überfülle des erwähnenswerten.
1275 μυρίων τ᾽ ἄλλων πόνων ἀγέλας διῆλϑον καὶ... ἐς νεχροὺς
ἀφικόμην, construction wie 425. ἀγέλῃ τεόνων ist eine metapher, welche
im altertum aufgefallen ist (Bekk. An. 336); es wäre freilich sehr albern
sie nachzuahmen, denn die rudel der ungeheuer bringen den Her. auf
diese metapher. Platon Ges. 694° (auf den jener grammatiker auch
deutet) sagt vom Perserkönig, dals er σσοίμνια καὶ πρόβατα καὶ ἀγέλας
ἀνδρῶν τε καὶ ἄλλων πολλῶν πολλὰς ἐχτᾶτο. das ist auch mit be--
sonderer absicht gesagt: für den barbaren sind die untertanen herdenvieh.
1277 Audov πυλωρόν ist apposition.
1279 Der kindermord gehört zwar nicht zu den ἐντολαὶ Εὐρυσϑέως,
den 12 πόνοι, aber Her. rechnet ihn als den dreizehnten, weil seine
lebensaufgabe war, den bau des elendes, zu dem der grund mit seiner
erzeugung gelegt war, also zu krönen. er meint, statt des einganges in
den himmel, der ihm nach vollendung der 12 versprochen war, warte
seiner höchstens der Tartaros. — ἄτας ϑριγκῶσαι schon A. Ag. 1283.
1281 φέλαις steht nicht in der abgegriffenen bedeutung, wie so oft seit
Homer, wo es vom possessivum kaum verschieden ist, deshalb tritt dieses
hinzu. die liebe des Her. zu Theben wird uns hier erst fühlbar, wo er
es verlassen soll. — auf οὔτε Θήβαις sollte folgen οὔτε Apyeı, das zeigt
die vorbereitende correlative negation. aber da schielst Her. der gedanke
durch den kopf, er könnte trotz dem γόμος in Theben zu bleiben ver-
suchen, und er zerreilst die construction, um auch diese ausflucht zu
widerlegen.
1283 Ahndung seines verbrechens befürchtet er nicht, aber er ist da-
durch geächtet, dafs keiner den blutbefleckten anreden kann, ohne sich zu
beflecken. es ist diese verfehmung, welche auch ohne richterliches urteil
den mörder aufser landes treibt; ja, so lange das religiöse gefühl stark
266 Conmentar.
blieb, reichte die scheu hin, die befleckung überall hin zu tragen. Anti-
phon 6, 4 τοσαύτην γὰρ ἀνάγχην ὁ νόμος ἔχει, ὥστε χαὶ ἦν τις
χτείνῃ τινὰ ὧν αὐτὸς χρατεῖ χαὶ μή ἐστιν ὅ τιμωρήσων, τὸ γομιξό-
μενον χαὶ τὸ ϑεῖον δεδιὼς ἀγγεύσει τὸ ἑαυτὸν καὶ ἀφέξεται ὧν
εἴρηταε ἐν τῷ γόμῳ. was zu meiden war, hat der redner unmittelbar
vorher aufgezählt, εἴργεσθαι πόλεως (der burg) ἱερῶν ἀγώνων ϑυσιῶν:
dafür sagt Eur. ἱερόν und σ“πταγήγυρις, die die beiden letzten zusammen-
fafst, und da er hier nur den fall bespricht, dafs Her. in Theben bliebe,
also nur thebanische orte gemeint sind, setzt er φέλων hinzu. verboten
waren dem besudelten bis zur reinigung natürlich alle ἑδρά.
1287 ὑποβλέπειν, ὑπόδρα, von unten, d.i. scheel ansehen. ähn-
liches fürchtet Sokrates, wenn er aus dem gefängnis entwiche. die
fremden staaten ὑποβλέψουσίέ σε διαφϑορέα ἡγούμενοι τῶν γόμων
(Kriton 53°). das wort gehört dem gewöhnlichen leben an und fehlt
bei A.S.
1288 xAndovgeiv heifst “schlielser sein’ und hat kein passiv. man
verlangt den begriff ‘vertreiben’ in einem zu κέντροις passenden bild-
lichen ausdruck. aber die heilung ist bisher vergeblich versucht.
1290 ἀποφϑείρεσϑαι: εἰς φϑορὰν ἀπελϑεῖν. dies ist gar ein nie-
driger, nur der komödie angehöriger ausdruck, den Her. mit absicht für
die schimpfreden der menschen wählt.
1294 τοῦτο συμφοράς: τὸ ἀποφϑαρῆναι γῆς.
1295 χϑὼν und γῆ sind nicht identisch, so oft sich auch das eine für
das andere setzen lälst. χϑών ist die öde dumpfe schauerliche tiefe,
γῆ die lebenspendende nährerin von pflanzen und tieren. also aus der
erdtiefe, wo grab und hölle ist, schallt die stimme, die dem Her. wehrt
die männererde zu beschreiten. auch legte die folgende differenziirung
des wassers die abwechselung nahe, obwol sie ganz anderer natur ist
1296 Dem lande stellt der Hellene nicht einfach das meer entgegen,
sondern meer und ströme. Herodot 5, 49 beschreibt die milesische land-
karte πίναξ ἐν τῷ γῆς ἁπάσης περίοδος ἐνετέτμητο xal ϑάλασσά
τε πᾶσα χαὶ ποταμοὶ πάντες. Theokrit. Πτολ. 91. ϑάλασσα πᾶσα
χαὶ ala καὶ ποταμοὶ χελάδοντες ἀνάσσονται Πεολεμαίῳ. Dionysios
beginnt seine erdbeschreibung ἀρχόμενος γαῖάν τὸ καὶ εὐρέα πόντον
ἀείδειν καὶ ποταμοὺς πόλιάς τε καὶ ἀνδρῶν ἄχριτα φῦλα: ibm war
die formel unverständlich. sie liegt zuerst in einer dittographie der hesio-
dischen Theogonie vor‘), 108 ὡς τὰ πρῶτα ϑεοὶ καὶ γαῖα γένοντο
1) Es sind 108—11 und 115, zum teil mit hilfe der überlieferung, auszusondern.
vers 1287—1297. 267
xal ποταμοὶ καὶ πόντος ἀπείριτος, und in seinem system stammen
von Pontos Nereus und aus dessen verbindung mit Doris die meer-
mädchen, die flüsse und die quellmädchen stammen dagegen von Okeanos
und Tethys. in Boeotien ist diese anschauung nicht gewachsen, Hesiod
muls sich auch in ärmlichster weise die namen für seinen flufßskatalog
zusammensuchen. Griechenland hat keine schiffbaren, das leben be-
herrschenden ströme. aber in Kleinasien, Thrakien, am Pontos und in
Aegypten haben die Ionier gesehen, dafs die flußläufe die lebensadern
des landes sind. die Athener der zeit des Reiches wurden andererseits
der besonderen bedeutung inne, welche der inselreichtum des aegeischen
meeres für ihre nation hat: da sondert sich der landbegriff in ἤπειρος
und γῆσοι (A. Eum. 75). noch spät schildert der rhetor Aristides die
mittlerrolle, welche inseln und ströme zwischen den elementen erde und
wasser spielen (I p. 4 Dind.).. Vahlen (ind. lect. aest. 90, 19) hat auch
bei Livius 29, 27, 2 terra marique amnibusque aufgezeigt: das dürfte
eher römische formel als griechische reminiscenz sein; es ist weiterer for-
schung wert. — μὴ περᾶν ist auch auf πηγαὶ ποταμῶν zu beziehen.
1297 ἐν δεσμοῖσιν ἁρματήλατον. der volksglaube ist, dafs Ixion auf
ein feurigee rad geflochten in ewigem wirbel über die erde hin durch
die lüfte treibt. so straft Zeus das entsetzlichste verbrechen. die für uns
mafsgebende darstellung Pindar Pyth. 2. rastlos und unstät, aber gefesselt
an die foltern seines gewissens wird auch Her. von land zu land getrieben
werden. Ixion ist das antike gegenbild zum ewigen juden. Euripides
hat die sage erst nach dem Her. bearbeitet; danach berührt sie ziemlich
oberflächlich Soph. Phil. 677.
Zu dieser ganzen stelle hat ein antiker leser folgende parallelstelle bei-
geschrieben. χαὶ ταῦτ᾽ ἄριστα μηδέν᾽ Ἑλλήνων ὁρᾶν, ἐν οἷσιν εὐτυ-
χοῦντες ἦμεν ὄλβιοε᾽ χεχλημένῳ δὲ φωτὲ μακαρίῳ ποτὲ al μετα-
βολαὶ λυπηρόν᾽ ᾧ δ᾽ αἰεὶ κακῶς ἐστ᾽, οὐδὲν ἀλγεῖ, συγγενῶς δύστηνος
ὦν. die beiden ersten verse sind als 1298. 9, die drei letzten als 1291—93
in den text gekommen. mit Her. haben sie nichts zu schaffen; es ist ja
gerade die aufgabe dieser rede zu zeigen, dals er συγγενῶς δύστηνος
ist, und es ihm deshalb immer schlecht gegangen ist. rückt man die
verse zusammen und scheidet sie aus, so ist nicht nur ihr eigner gedanke
gut, sondern auch aus dem zusammenhange der rede jeder anstols ent-
fernt. die verse werden wol auch euripideisch sein, vgl. das citat aus
dem Orestes 1338. aber wie jenes sind sie im gedächtnis dessen, der
sie zuschrieb, entstellt. denn Euripides hat ein enklitisches wort wie
hier ἐστί nie an den anfang eines verses gestellt.
268 Commentar.
1301 Die erste hälfte ist bei Eur. fast formelhaft. — οὐ χερδανῶ ζῶν,
ἀνωφελὴς γὰρ ἔσομαι, ἐπειδὴ ἀνόσιός εἰμι. überliefert ist βίον
ἀχρεῖον ἀνόσιον, aber der ganze gedanke geht verloren, wenn die beiden
adjective copulirt, oder vielmehr nicht einmal copulirt stehen, von denen
das zweite, selbst wenn es zu log palste, nur das erste begründen könnte,
1302 Wie Pindar und der etwa von Kroton oder einer andern ite-
lischen Achaeerstadt gestiftete helm aus Olympia IGA 123 fleetirt auch
die tragödie Ζηνὸς Ζηνὶ Ζῆνα (den nominativ Ζήν hat Aisch. Hik.
162, wo er fremdartig wirken soll; die Ionier hatten Ζής neben Zas
Ζάντος), auch in chorliedern mit derselben vocalisation: das lehrt die
beste überlieferung in der überwiegenden menge der belegstellen. die
abweichende praxis der herausgeber, die wie gewöhnlich « vorziehen,
ist verwerflich und grundlos,.
1303 In bitterem contraste zu der macht der himmelskönigin lalst
Her. sie ihre freude äufsern, wie es nur ungebildeten zukommt, sie springt
in die höhe, wie der wächter im Agamemnon (31) Silenos im satyrspiel
(Kykl. 156), der bote E. Hik. 719, die choreuten der komödie (z. b. Fried.
325. Plut. 289), wie Goethes Gutweib “drei sprünge, als wär’ sie reich.
und dafs sie mit dem modischen hohen schuh (Bakch. 638. Theokrit
Θαλύσ. 26) dabei aufklappt, erhöht nicht nur die drastische schilderung,
sondern erinnert den hörer an Hesiod Theog. 11 πότνεαν Ἥρην Ag-
γεΐην χρυσέοισι πεδίλοις ἐμβεβαυΐζαν.
1305 ἔπραξε: in prosa διέπραξε, vgl. zu 326.
1308 Über die doppelte begründung, γυναικὸς εἵνεκα, λέχτρων φϑο-
νοῦσα Ζηνί zu 842.
1310 Her. kehrt zu dem gedanken zurück, von dem er ausgieng 1253
ol δ᾽ οὐδὲν ὠφελοῦσί u’, ἀλλ᾽ Ἥρα χρατεῖ.
1311.12. Die beiden verse, in denen die tatsache constatirt wird,
die nur dem chore als solche bekannt ist, werden wol besser dem chore
zugeteilt, vgl. zu 236. ganz sicher ist es aber nicht, weil der folgende
vers ohne‘ sinn und construction ist und keine leichte heilung zuläßst.
ist aber eine lücke anzuerkennen, so kann ein ganzer abschnitt von Theseus
rede verloren sein. wir lesen nur noch das letzte argument, dafs Her. seine
verschuldung zu schwer nehme; dann folgen die praktischen vorschläge des
Theseus. die erwiderung des Her. gilt nur diesen beiden teilen, so dal
sich über das ausgefallene mit sicherheit nicht mehr aussagen läßt, als
dafs darin die behauptungen des Her. widerlegt wurden. dafs der wert
der leistungen des Her. und die würde seiner heroischen lebensaufgabe
im contraste zu dem sralaı ἀβίωτον ὄν dargelegt war, scheint aus der
vers 1301—1321. 269
situation zu folgen. hatte doch Theseus auch vorher mit seiner stellung
als woltäter der welt operirt. andererseits würden wir doch nur entbehr-
liches ergänzen, und dafs der dichter hier in rhetorischer form gesagt
haben müsse, was die chorlieder poetisch ungleich wirksamer sagen, lälst
sich schwerlich sicher stellen. somit schien es geraten, text und über-
setzung ungleich zu behandeln, hier die wunde offen zu zeigen, dort
möglichst wenig von eigner ergänzung zu geben.
1315 Thes. bezieht sich auf das sprichwort πολλὰ ψεύδονται ἀοιδοί,
das z. b. von Solon (fgm. 29) angeführt war. in wahrheit bezweifelt also
schon Theseus die geschichten, auf die er anspielt. um des citates willen
steht εἴχσερ οὐ ψευδεῖς. μή würde falsch sein, denn nicht “wenn die
dichter nicht lügen’, sondern “wenn die dichter die wahrheit sagen’, ist
das geforderte: aber ohne die rücksicht auf das sprichwort würde dıyev-
δεῖς stehen.
1317 xnAlg ist schmutz, wird aber häufiger in metaphorischem als in
eigentlichem sinne gesagt. das denominative verbum ist im eigentlichen
sinne einmal aus Aristoteles (460" 12) belegt, kehrt dann nur in spätester
sprache wieder, mit persönliehem objecte, metaphorisch nie. es ist also
ein sehr starker ausdruck, ein wort das der gebildete sonst nicht braucht,
geadelt durch die metapher, aber mit absicht als ein entwürdigendes für
die tat des Zeus gewählt. also wieder ein beleg dafür, dafs Eur. der
späteren sprache vorgreift. die atticisten mögen das wort noch anderswo
aufgegriffen haben; der gezierteste unter ihnen, Phrynichos, hat xara-
κηλιδοῦν τὴν χωμῳδίέαν (durch ein unattisches wort) 417 Lob. er hielt
das schmutzwort für ein schönheitspflästerchen.
1318 Ganz ähnlich verwendet die dialektik der sünde die mythologie
Hipp. 455, wo mit berufung auf die bücher einige göttliche fehltritte
aufgezählt werden, ἀλλ᾽ ὅμως ἐν οὐρανῷ ναίουσι χοὺὐ φεύγουσιν
ἐκποδὼν ϑεούς, στέργουσι δ᾽ οἶμαι συμφορᾷ νικώμενοι, σὺ δ᾽ οὐχ
ἀνέξῃ u. 8. w. den vorwurf, dafs er seinen vater gefesselt habe, erheben
schon die Eumeniden des Aisch. wider Zeus: aber sie erfahren herbe
zurechtweisung, trotzdem die tatsache zugegeben wird. Aisch. vermag
es die sittlichkeit der götter zu wahren, indem er die sage vertieft ohne
sie doch aufzugeben. Eur. muls die sage und mit ihr eigentlich auch
die götter preis geben, um die sittlichkeit zu erhalten.
1321 ὑπέρφευ" ὑπερβαλλόντως, ἐχπληχτιχῶς᾽ τὸ γὰρ φεῦ ἐπὶ
ἐχτελήξεως κεῖται Bekk. An. 69. das wort hat Aisch. gebildet, und er
erklärt eu Ag. 378, indem er es überbietet, φλεόντων δωμάτων ὑπέρφευ,
ὑπὲρ τὸ βέλτιστον.
270 Commentar.
1323 μὲν οὖν leitet von dem allgemeinen teile zu dem concreten vor-
schlage über. τοῦ νόμου, um jenes νόμος willen, dessen macht zu 1282
geschildert ist. für Thes. ist diese macht keine innerlich berechtigte,
sondern eine conventionelle, über welche er sich hinweggesetzt. so sieht
man wie γόμου χάριεν allmählich zu der bedeutung “um der form genug
zu tun dicis causa geworden ist. ähnlich hat sich ἀφοσιοῦϑαι ent
wickelt.
1326 Die belobnung verdienter männer durch gemeindeland wird von
Homer öfter erwähnt (I 576 Z 194, danach /M 313 Y 184); sie ist wahr-
scheinlich ein wesentlicher factor gewesen, welcher auf die bildung von
privatem grundeigentume geführt hat. dieselbe praxis galt aber in Athen
noch in historischer zeit, gleich nach den Perserkriegen (Herod. 8, 11)
und am ende des archidamischen (Plutarch. Arist. 27). die überlassung
der Onoeia an Herakles setzt Eur. natürlich als bekannt voraus; sie war
allgemeiner glaube und ist es geblieben; vgl. Is. 110.
1327 ταῦρον Κνώσιον ist gleich Mlvw ταῦρον. ἸΠινώταυρος als
ein wort (Catull 64, 79 im versausgange) ist vielleicht überhaupt nicht
griechisch, sicher nicht alt. die schale des Aison (Ant. Denkm. Π 1)
schreibt neben das bild des stiermenschen blofs Mivw: den stier sieht
man. der gedanke ist fern zu halten, dafs Eur. an die stelle des fabel-
wesens einen stier gesetzt hätte. er hatte in den Kretern gewagt selbst
die geburt des zwitterwesens zu behandeln und hätte hier nicht mit einen
worte eine rationalistische umbildung verständlich machen können.
übrigens hat der rationalismus nicht einen stier, sondern einen menschen
namens Stier eingeführt.
1331 ϑανόντα ist nicht etwa aus dem folgenden satze attrahirt, so dals
ὅταν ϑανὼν ἐς Aıdov μόλῃς zu verstehen wäre, denn Eur. sagt auch
ζῶν καὶ ϑανών, ὅταν ϑάνῃς Herakl. 320. uns klingt das tauto-
logisch; es ist aber ein gewisser euphemismus: man will die zweite even-
tualität deutlich als eine zunächst nicht praktische bezeichnen: wir
können mit einem adverbium nachhelfen, “wenn du einmal gestorben
sein wirst’.
1332 Eur. läfst Theseus undeutlich reden, weil er jetzt nur von totencult
reden kann (Adıya ἐξογκώματα sind dann das grab, vgl. Orest. 402),
während tatsächlich die göttliche verehrung des Her. in tempeln be
zeichnet wird, |
1333 τίμιον γεραίρειν Hik. 553, rluov εἶναι = τιμᾶσθαι An-
dromed. 136. ἀνάγειν eigentlich zu verstehen “emporheben’ τὸ ἀγάγῃ
ἀντὶ τοῦ αὔξῃ schol, Pind. Pyth. 5, 1. dynyuevov: ἠυξημένον Hesych.
vers 1323—1344. 271
Suid. ὑψηλὸν αἴρειν Heraklid. 322 und ähnliches oft. τιμεώτερον
ἄγειν Thuk. 8, 81, ἄτιμον ἄγειν u. dgl. ist anders gemeint, da ist ἄγειν
einem ἡγεῖσϑαι ähnlich. für das vorliegende ist wol nur zufällig keine
genaue parallelstelle gefunden.
1334 στέφανος ‘preis Hik. 315. Antiop. 219 (von den modernen
abscheulich verdorben) χόσμος δὲ σιγῆς στέφανος ἀνδρὸς οὐ καχοῦ.
zu schweigen ist χόσμεον; γυναιξὶ χόσμον ἡ σιγὴ φέρει sagt Aias bei
Soph. Eur. sagt, dals für einen gebildeten mann dieser schmuck des
schweigens ein ruhmestitel ist, mögen die ungebildeten es auch für γυναι-
κῶδες oder δουλοπρεττές halten. — Ἑλλήνων ὕπο weil εὐχλείας τυχεῖν
passivisch empfunden wird gleich ἐπαινγεϑῆναι.
1338. 39 Orestes 667 ὅταν δ᾽ ὅ δαέίμιων εὖ διδῷ, τί dei φίλων ἀρχεῖ
γὰρ αὐτὸς ὅ ϑεὸς ὠφελεῖν ϑέλων. das hat in dem gedächtnis des
lesers, der es hier beigeschrieben hat, die gestalt angenommen ϑεοὶ δ᾽
ὅταν τιμῶσιν οὐδὲν δεῖ φίλων, ἅλις γὰρ ὅ ϑεὸς ὠφελῶν, ὅταν ϑέλῃ.
auch hier mit einem verstofse gegen Euripides metrik, der das wortende
im spondeischen fünften fulse selbst bei οὐδὲν meidet.
1340 Her. ist jetzt mit sich im reinen. der seufzer οἴμοι gilt den
widerwillen, dals er sich noch mit allgemeinen fragen abgeben muls.
denn was fragt der unglückliche nach allen metaphysischen problemen ;
sie sind ihm “nebensache’. Orestes auf dem wege des todes beantwortet
der priesterin ihre fragen ὡς ἐν παρέργῳ τῆς ἐμῆς δυσπραξίας (LT.
514), den ausdruck haben Eurip. und Agathon (11) aus der ionischen
rhetorik und epideixis aufgenommen. Hippokrates σσερὲ φυσῶν (eines
der vortrefflichsten stücke dieser epideixis) schliefst die einleitung ταῦτα
μὲν οὖν ἐν παρέργῳ τοῦ λόγου τοῦ μέλλοντος εἴρηται. Zur. nennt
eine seiner personen, die statt auf das concrete loszugehen lauter all-
gemeine probleme aufwirft, σπταρεργάτης λόγων (Hik. 426). auch bei
Platon in dem dialoge, der die sophistische technik besonders persifflirt,
kehrt das spiel mit πάρεργον wieder, Euthyd. 273°.
Die partikeln μὲν — δὲ zeigen, dafs eine leichte brachylogie die sätze
zusammengezogen hat, die eigentlich lauten sollten, πάρεργα μέν, λέξω
δέ, νομίζω γάρ.
1848 ἀξιοῦν ist in der alten sprache immer ἄξεον ἡγεῖσθαι; so steht
es auch mit δεικαεοῦν. namentlich bei Thuk. und Antiphon darf man das
nie vergessen. das ergibt gemäls der bedeutung des adjectivs verschiedene
nuancen der bedeutung; hier οὐ xara τὴν τῶν ϑεῶν ἀξίαν εἶναι Nyn-.
σάμην.
1344 Dieser vers steht nach, weil er eine neue negation hinzufügt, die
272 Commentar.
noch zu den vor dem alles regierenden verbum ‚rocapitulirten behaup-
tungen des Theseus hinzugefügt wird.
1345 ὀρϑῶς: zu 56. dies ist hier durch antike citate erhalten, die
hdschr. hat ὄντως im sinne der späteren begriffsphilosophie, vgl. 620.
1346 δύστηνος tristis in den verschiedenen bedeutungen des wortes
bis zu der italienischen hin. ἄϑλια καὶ δεινὰ καὶ δύστηνα 8. OT.
790. δύστηνα λογάρια nennt Demosthenes eine kraftstelle des aischi-
neischen pathos 19, 255. E. Aiol. 36 “wer die weiber nicht schilt, dv-
ornvos ἄρα κοὺ σοφὸς κεκλήσεται᾽. δύστηνος κάκα gehört Hipp. 164
zu den symptomen der schwangerschaft. δύστηνος ist Hik. 362 wer
sich nicht für seine eltern plagt, “denn es lohnt sich durch die ver-
geltung der kinder”. τυφλόν γε καὶ δύστηνον ἔστιν ἡ τύχῃ Menander
IV 195 Mein. (welchen hübschen vers man aus verkennung dieses sprach-
gebrauchs ändern will). die anrede ὦ δύστηνε ist in der komödie ge-
wöhnlich und bezeichnet einen der aus dummheit oder ungeschicklich-
keit seine sache selbst verdirbt, ganz wie die τύχῃ bei Menander und
hier die homerische theologie.
Die polemik gegen die Jeol ἀνθρωποπαϑεῖς und die praecisinung
eines geläuterten gottesbegriffes klingt der polemik christlicher apologeten
(die sich diese stelle auch nicht haben entgehen lassen) und neutestament-
lichen stellen ähnlich, insbesondere die bedürfnislosigkeit der gottheit
ist Act. ap. 17,25 ganz ähnlich ausgesprochen, οὐδὲ ὑπὸ χειρῶν ἀγϑρω-
πένων ϑεραπεύεται δεόμενός τινος. das hat äufserlich seinen grund
darin, dafs die apologeten und ebenso jene einlage der Apostelgeschichte
(des Paulus predigt auf dem Areopag) von der philosophischen predigt der
Hellenen abhängig sind: und selbst ein sehr untergeordneter geist hat zu
Euripides zeit dasselbe in Athen gepredigt, der sophist Antiphon in der
᾿4λήϑεια, 98 Spp.: (die gottheit) οὐδενὸς δεῖται οὐδὲ προσδέχεται
οὐδενός τι, ἀλλ᾽ ἄπειρος καὶ ἀδέητος. sodann aber ist die überein-
stimmung nur in der negation vorhanden. denn das christentum hat seine
lebendige kraft durch den glauben an einen persönlichen gott, der durch
dies praedicat mehr oder minder die ἀνθϑρωποπάϑεια erhalten muls: der
gott des Euripides und der philosophie, welche er wiedergibt, ist ἄπειρος,
also unpersönlich, und kann zu keiner menschenseele in ein persönliches
verhältnis treten. auch für ihn gilt, was Her. wider die ϑεοὶ aydgw-
ποπαϑεῖς sagt: τοιούτῳ ϑεῷ τίς ἂν προσεύχοιτο. es ist aber der
hier ausgeführte gottesbegriff der des Xenophanes, und die ganze stelle
paraphrasirt verse des grofsen monotheisten. allbekannt ist seine polemik
wider die dichter οὗ πλεῖστ᾽ ἐφϑέγξαντο ϑεῶν ἀϑεμίστια ἔργα κλέ-
vers 1345—1353. 273
TTTELIV μοιχεύειν τε xal ἀλλήλους ἀπατεύειν (bei Bextus Emp. adv.
gramm. 289); das folgende ist nur in einer paraphrase erhalten drro-
φαένεται καὶ περὶ ϑεῶν ὡς οὐδεμιᾶς ἡγεμονίας ἐν αὐτοῖς οὔσης"
οὐ γὰρ ὅσιον δεσπόξεσθϑαέ τινα τῶν ϑεῶν, ἐπιδεῖσθαί τε μηδενὸς
αὐτῶν μηδένα μηδόλως (Ps. Plutarch bei Diels doxogr. 580). Eur.
hat auch im Autolykos verse des Xenophanes nachgebildet, wie schon
im altertume bemerkt worden ist.
1348 ἐχλιπών hat nicht die bedeutung des praeteritums, sondern es
steht das particip des aorists, weil ὄφλω aorist ist, z. Ὁ. Hik. 302 μὴ
σφαλῇς ἀτιμάσας, du irrst dadurch, dafs du verachtest. A. Sieb. 754
σπείρας... ἔτλα, er wagte zu zeugen. vgl. 532.
1351 ἐγκαρτερεῖν Javarov “dem tode trotzen’ steht Androm. 262.
auch hier ist ἐγχαρτερήσω ϑάνατον überliefert; man hat das verbum
geändert, um es dem vorigen satze unterzuordnen. allein dann wird der
anschlufs des nächsten satzes unklar, und man vermilst in der ganzen
rede die praecise äufserung des entschlusses zu leben, von dem die
übersiedelung nach Athen nur die ausführung ist. somit war Javaroy
in βίοτον zu ändern. das ist kein schreibfehler: da hat vielmehr die
gemeine menschenansicht geändert, die es zwar für schwer hält zu sterben,
aber nicht begreift, dafs zu leben unendlich viel schwerer ist.
1353 ἀλλὰ καίπερ μηδέποτε δαχρύσας ἐπὶ μηδενὶ ἐκείνων τῶν
πόνων ὧν ὑπέστην νῦν εἰς τοῦτο βεβίασμαι ὑπὸ τῆς τύχης ὥστε
δϑαχρῦσαι. dies ist der gedanke, den Her. hat, als er mit einer adver-
sativpartikel fortfährt. da drängt sich der eigentlich subjungirte teil vor,
was durch den äufßserlichen anschlufs des μυρίαν xagıy motivirt ist.
an ihn lehnt sich relativisch ὧν οὔτ᾽ ἀπεῖπον οὐδέν᾽ οὔτ᾽ ἀπ᾽ ὀμμά-
των ἔσταξα πηγάς, und nun wird notwendig, dals das adversative in
einem neuen satze (γῦν δέ) zu seinem rechte kommt. die erklärung
muls mit dem tiefen affecte des redenden rechnen, dem logische strenge
übel anstehen würde. — ein bescheidenes δή, das die σεόγνοι als bekannt
bezeichnet, genügt jetzt gegenüber der pomphaften aufzählung in der
früheren rede. γεύεσθαι in dieser übertragung ist Eur. geläufig; es ist
nicht vornehme metapher, sondern volkstümlich, denn die komödie hat
es. in χαχῶν ἄγευστος αἰών (8. Ant. 582) ist der ausdruck tragisch
geadelt, und ἐμπύρων ἐγευόμην 8. Aut. 1005 ist vollends anders, tropus
für πειρᾶσθαι. aber Sophokles Tr. 1101 hat eben diesen vers seinem
Herakles in den mund gelegt ἄλλων τε μόχϑων μυρέων &yevoaunv.
das erste weinen hat er mit der häfslichen wendung ὥστε παρϑένος
βέβρυχα κλαίων überbieten wollen. hübsch läfst ein guter dichter des
v. Wilamowitz II. 18
274 Commentar.
2. jahrhunderts (vielleicht Alkaios von Messene, Kaibel epigr. 790) den
Her. die ersten tränen wegen eines gefallenen lieblings vergielsen. παρ᾽
ὄσσων οὐ πάρος δεδευμένων.... ἦλθε δάκρυ καὶ γοηρὸν Tayer
(und das har) ἐσχύϑιξε φασγάνῳ: das ist die spielende kleinmalerei
der hellenistischen poesie, hier die grofse menschliche einfalt Athens.
1357 δουλεύειν bitter für "gehorchen’. die κένερα Ἥρας (20) sind
mythos: so bleibt also die andere alternative τοῦ χρεὼν μέτα. der
mensch soll aber nicht wider den stachel löcken (1228): gehorchen muls
er ja doch. — der vers gilt nicht blofs dem zwange der ersten tränen,
sondern dem des unglücks überhaupt. diesen vers hat der Kyniker
überbieten wollen, der den sterbenden Herakles zu der ἀρετὴ sagen ließ
σὺ ἄρ᾽ ἐδούλευσας τύχῃ, adesp. 374.
1358 εζέν, "nun denn’. der entschlußs ist gefafst: nun müssen seine
consequenzen gezogen werden.
1360 vexgovg praedicativ zu περέστειλον. das hysteron proteron ist
echt griechisch, zuerst das wesentliche, die bestattung, dann die vor-
bereitenden nebenumstände,
1361 τιμᾶν ist das eigentliche wort für totencult, noch in später prosa
häufig in dieser praegnanten bedeutung. um so bitterer ist der be-
schränkende zusatz δαχρύοισι. der vater darf die kinder nicht bestatten,
der grofsvater hat nichts als tränen.
1362 Gretchen “und das kleine mir an die rechte brust: niemand wird
sonst mehr bei mir liegen”. man kann in der antiken poesie lange
suchen, ehe man solchen zug wiederfindet: dafür treten die grabsteine
ein, welche des lebens εὔχολος xoırwvla darstellen.
1363 xoıwwvla bedeutet nicht wie gewöhnlich und wie 1377 den zu-
stand des xosrwveiv, denn die gemeinschaft Megaras mit ihren kindern
hat Her. nicht zerstört. sondern das abstractum ist collectivisch zu ver-
stehen wie ξυμμαχία “die bundesgenossenschaft’, δουλεία “die sclaven-
schaft” u. dgl. m. dafs diese bedeutung später nicht vorkommt, liegt
daran, dals τὸ xoımdv für sie allgemein geworden ist.
1366 ψυχὴν βιάζου "zwinge dich zum leben’, nicht etwa “tue deiner
seele (also deinem willen) gewalt an’. Tro. 1171 wird zu einem kinde,
das noch ehe es zum bewulstsein der güter dieser welt kommen konnte ge-
storben ist, gesagt ἐδὼν γνοὺς τὸ τῇ ψυχῆ οὐχ οἶσϑα. d.h. im leben, in der
animalischen existenz hast du sie gekannt, bei Homer, ψυχὴ δ᾽ ἐχ ῥεϑέων
ἔπτατο, ist sie auch nur das leben. ψυχῆς ἀφειδεῖν, ψυχῆς ὠνεῖσϑαι
(Heraklit 103) zeigt denselben nie ausgestorbenen gebrauch. Plat. Staat
353° τί δ᾽ αὖ τὸ ζῆν; ψυχῆς φήσομεν ἔργον εἶναι. der infinitiv
vers 1357—1381. 275
συμφέρειν steht also epexegetisch, d. h. er gibt das ziel an, auf welches
die actio verbi in ψυχὴν βιάζου hinstrebt.
1367 Man kann sich die nächsten versreihen nur 80 gesprochen denken,
dafs Her. aufsteht, an die leichen einzeln herantritt um abschied zu
nehmen, und dann seine waffen, bogen und keule, aufnimmt. da er nun
von Thes. 1394 wieder zum aufstehen aufgefordert wird, so hat der dichter
implicite vorgeschrieben, dals Her. vom schmerze überwältigt am schlusse
seiner rede zusammenbricht. ist so die bewegung dem schauspieler vor-
geschrieben, so gibt ihm die durchgehende anapher des wortes ἄϑλιος
(zuerst 1365) die entscheidende weisung für die recitation.
Da rixreıv auch vom manne ganz gewöhnlich gesagt wird, so kann
die tragödie das verwandtschaftsverhältnis durch tautologischen ausdruck
besonders stark bezeichnen. wie bier, auch Hik. 1092 φυτεύσας καὶ
τεχὼν νεανίαν (so zu schreiben). A. Choeph. 329 πατέρων καὶ Texor-
των, ähnlich 8. El. 12 ὁμαίμου καὶ κασιγνήτης.
1368 ὠνάμην verbieten die atticisten (Phrynichus p. u Lob.), es ist
aber durch eine attische inschrift (CIA I 494) bestätigt, und offenbar steht
Hipp. 517 ὀνάσϑαι μὴ uadelv, 718 εὐκλεᾶ παισὶ προσϑεῖναι βίον,
αὐτή τ᾽ ὀνάσϑαι derselbe aorist, obgleich ὄνασθαι überliefert ist. so
wird auch bei Platon Staat 528 εἰ τίς τε δύναιτο ἀπ᾽ αὐτῶν ὀνάσϑαι
zu betonen sein. Platon hat zwar sonst das ionische ὠγήμην, aber bei
Eur. Alk. 335 kann ὠνήμεϑα perfect sein.
1369 εὔχλεια βίου wie 1152 δύσχλεια B. und in einem attischen
epigramm 29 Kaib. er denkt nicht an die arbeit für ihr irdisches wol,
an die Megara 461 erinnert, sondern an den segen der eltern, der
den kindern häuser baut. das gegenteil, den fluch der elternschande,
führt Phaidra ergreifend aus Hipp. 424.
1373 Von Sophokles Tr. 542 aufgenommen und umgebildet, wo Deia-
neira, der H. eine kebse ins haus bringt, sagt τοιάδ᾽ Ἡραχλῆς...
οἰχούρι᾽ εἰσέπεμψε τοῦ πολλοῦ χρόνου.
1381 παιδοχτόνους σούς: das adjectiv gehört nur zu dem ersten teile
des compositums; es ist eine attraction ähnlich der zu τἀμὰ πεδία γῆς
468 erläuterten. uns mag es seltsam anmuten, dals Her. den mord
scheinbar auf die waffen abwälzt, weil er ihn ἄχων begangen hat. aber
wie sehr sie für ihn leben, zeigt auch 1099, und dieselbe anschauung
lebt in der δίκη ἀψύχων. wie die phylenkönige am prytaneion über
die ὄργανα zu gericht salsen, die einen ἄδηλος φόνος begangen hatten,
so ward alljährlich das beil verurteilt, mit dem der Thaulonide an den
Dissien den stier geopfert hatte, und debattirte Protagoras mit Perikles
18"
276 Commentar.
in dem rechtsfalle, den Antiphon in der zweiten tetralogie behandelt, ob
nicht der speer ἀχουσίου φόνου αἴτιος wäre (Plut. Per. 36). deshalb
ist es keine leere redensart, wenn Her. diese “mörder seiner kinder’ zu
berühren sich scheut, und es ist so wenig eine rhetorische figur, dals sie
reden, wie dals χϑὼν φωνὴν Naeı 1295.
ὠλένη für χείρ zu brauchen ist eine speciell euripideische katachrexe,
die nur Lykophron mit freuden aufgenommen hat, χείρ hat dagegen den
ganzen arm ursprünglich mit einbegriffen.
1382 τί φάσκων; in prosa ἐπὶ τένε προφάσει.
1386 Die erwähnung der feinde führt Her. darauf, dals er seines dienstes
bei Eurystheus noch gar nicht einmal wirklich ledig ist. auch dazu
bedarf er der freundeshilfe.
ἄγριος heilst der höllenhund wie die kentauren 364 und der löwe 1211.
das wort hat eine viel stärkere bedeutung als unser ‘wild’; es ist der
gegensatz von ἥμερος, 80 in ἀγρεέλαεος u. dgl. die culturlosen menschen
nennt Pherekrates Aygıoı. Aristoteles (Pol. 4 2) nennt den menschen
ohne ἀρετὴ das wildeste tier ἀνοσεώτατον καὶ ἀγρεώτατον. besonders
hübsch ist das spiel Anakreons (1), der Artemis anredet ἀγρέων δέσποινα
ϑηρῶν und dann sagt, dals sie auf die Magneten gern herabschaue, οὐ
γὰρ ἀνημέρους ποιμαένεις πολιήτας, weil in der tat Artemis zwar
das wild im walde beschirmt, aber zugleich an den märkten thronend
die städtische cultur (Kallim, an Art. 12). in all diesem ist ἄγρεος ganz
gleich ἀνήμερος. die ableitung von &yoog ist so sehr verdrängt, dafs
dafür dypeiog neu gebildet werden mufste. aber die dichter bezeichnen
gern die wesen, welche in dem ἥμερος βίος, dem leben, das wir kennen,
nicht vorkommen können, als ἄγρεα, wo die bedeutung einem “ungeheuer’
ähnlich wird. so ist die delphische schlange (Homer hymn. an Apoll. 302)
und der trozenische stier ἄγριον τέρας (Hipp. 1214), so die giganten
(n 206): so dann auch die kentauren und der höllenhund. dafs Her. dem
ungetüm, das er doch bezwungen hat, ein solches beiwort gibt, ist für
die veränderung seiner stimmung überaus bezeichnend. überliefert ist
sinnlos ἀϑλίου, was man in ἀϑλίῳ ändert: aber dann muls man wider
die verskunst des Euripides vor dem letzten fußße interpungiren. vgl.
zu 280. auch reicht das blofßse χύων ohne artikel für den Kerberos
nicht aus,
1387 συγχατάστησον μολών: die praeposition gilt für das zugesetzie
particip mit, "begleitend’. — xouıorga singulär für κομιδή, gemeinig-
lich ist es die bezahlung für das κομέζειν. ähnlich λύτρον düreor
σῴῷστρον. aber das letzte buch der Ilias heilst “Exropog λύερα “Hektors
vers 1382—1401. 277
lösung’. auch in dem grofsen gesetze von Gortyn (3, 37) ist die des näheren
unbekannte bedeutung (schenkung beim χομέζεσθϑαι, der hochzeit) hier-
aus entwickelt.
1390 τάφος "begräbnis’ bomerisch (letzter vers der Ilias mit schol.),
attisch das grab. dem homerischen gebrauche folgt auch S. OT. 1447.
die Athener sagen ταφαί, was wiederum bei Ioniern grab bedeutet
Herodot. 5, 63.
1391 Er ordnet sein eigenes begräbnis mit an: für Theben ist er tot,
so falst es auch der chor 1427, dem diese anrede zunächst gilt. — ἐγὲ
λόγῳ ἅπαντας ‘alle unter einem begriffe, in einem atem’. oft so bei
Platon, ähnliches bei Hippokrates, d. h. die quelle des ausdrucks ist die
wissenschaftliche ionische prosa. natürlich fehlt dieser gebrauch bei den
beiden andern tragikern.
1393 ἄϑλιοι yeyeriueda, ἐπειδὴ πάντες ὑφ᾽ Ἥρας ἐπλήγημεν.
1394 Es war intendirt ἀνέστασο μηδὲ δαχρύσῃς περιττότερον;
δαχρύων δ᾽ ἅλις tritt dafür als das schonendere ein. aber die adversativ-
partikel ist nur durch dieses umspringen der rede herbeigeführt.
1396 Hier ist nicht γάρ durch poetische freiheit von seinem zweiten
platze im satze gerückt, sondern χαὲὶ γὰρ τοὺς σϑένοντας würde einen
falschen sinn geben. xal ist intensiv und von dem begriffe den es
intendirt nicht zu trennen. der gedanke den Theseus mit γάρ begründet
ist ‘ich begreife deine lähmung”.
1397 Das erstarren, eben noch ganz sinnlich von der unfähigkeit die
glieder zu regieren gesagt, legt dem Griechen den gedanken der unem-
pfindlichkeit um so näher, als er λέϑος als sprüchwörtliches bild für
teilnahmlosigkeit verwendet (2 611 mit schol, Theokrit Xöu. 18). wir
modernen sind geneigt bei solchem ausdruck an Niobe zu denken, die
vor schmerz zu stein ward, allein man hat sich vor dieser keinesweges
ursprünglichen oder richtigen auffassung der sage zu hüten. Niobe ist
das bild ewiger trauer (Soph. Ant. 824 und danach EI. 150), nicht weil
sie ganz stein ist; das würde für den Griechen einen widersinn geben,
sondern weil sie ewig weint. Shakespeare hat recht ‘wie Niobe ganz
tränen”.
1399 Her. steht auf, geht auf Thes. zu, will ihm die hand reichen, da
sieht er das blut daran kleben, und der physische ekel überkommt ihn.
an die metaphorische übertragung der blutschuld (1233) ist nicht mehr
zu denken.
1401 Wortspiel mit παῖς, das sohn und sclave bedeutet. vgl. die
ähnliche situation Or. 221.
278 Commentar.
1403 διδόναι in allen möglichen verbindungen statt bezeichnender
verba ist ein euripideischer idiotismus El. 678 Γαῖα χεῖρας ἡ δίδωμ᾽
ἐμᾶς, 1. A. 1221 γόνασι σοῖσι σῶμα δοὺς ἐμόν, Bakch. 621 χείλεσιν
διδοὺς ὀδόντας, Or. 42 οὐ λούτρ᾽ ἔδωχε χρωτί u. dgl. m.
1404 ζεῦγος ganz eigentlich. Her. schlingt seinen arm um den nacken
des freundes, und vergleicht diese gruppe mit einem gespann ungleicher
zugtiere, von denen das stärkere auch die last des gefährten ziehen muls.
dies kann aber zu dem lobe des Thes, welches der folgende vers aus-
spricht, keine veranlassung gegeben haben, und überdies ist in ihm zouw»de
beziehungslos. folglich ist ein vers ausgefallen, in welchem Theseus dieses
misverhältnis irgendwie auszugleichen versprach. also etwa ἀλλ᾽ εὐτυ-
χήσεις μεταλαβὼν ἐμῶν καλῶν.
1405 Die beistimmung zu einem allgemeinen lobe Athens erweitert.
1407 ὡς δή ironisch, A. Ag. 1633 ὡς δὴ σύ μοε τύραννος ἔσῃ.
E. Andr. 594 ὡς δὴ γυναῖχα σώφρον᾽ ἐν δόμοις ἔχων. 8. OK. 809
ὡς δὴ σὺ βραχέα λέγεις. Plat. Euthyd. 293° ὡς δή, εἴπερ ὃν ἐπί-
σταμαι, ἅπαντα ἐπίσταμαι --- φίλτρον, seiner ableitung nach das
womit man φελεῖν bewirkt, ist vor Eur. nur liebeszauber. er wendet es
im weitesten sinne an, und ihm folgt die spätere praxis der dichter.
Androm. 540 σοὶ οὐδὲν ἔχω φίλτρον “ich stehe zu dir in keiner liebe
bewirkenden beziehung”. Alkmene 103 δεινόν τε τέκνων φίλτρον,
Danae 323 fürchtet Akrisios die liebkosungen seiner tochter ταῦτα yap
πατρὶ Ylirgov μέγιστον (so zu lesen: überliefert ταῦτα γὰρ φ. N.
αἱ ξυνουσίαι πάτερ), in den beiden letzten fällen können selbst wir
noch von dem “zauber’ reden, den die kinder auf die eltern ausüben,
die sich der liebe nicht erwehren können. hier ist das schwerer; denn
Her. verlangt nach einem φέλτρον, und Thes. fragt ihn, ob dem kranken
das wonach er verlangt nicht schaden werde. da ist vielmehr das medi-
cament gedacht, der liebestrank, was das φέλερον meist war, und be-
zeichnet wird der erneute abschied von den kindern deshalb so, weil er
als excitatorium amoris den schmerz erhöhen, also dem en schaden
wird. — δάων ἔσῃ ähnlich Diktys 332 Ion 875. es stammt aus der
vulgären rede, wie z. Ὁ. in hippokratischen krankheitsgeschichten, und
kommt so wenig in den höheren stil, dafs es die redner mit einem eni-
schuldigenden ὡσπερεί vorbringen (Demosthenes 45, 57). Thuk. 6, δ᾽
οὐ ῥᾳδίως διετέϑη ist anders, wenn auch die wortbedeutung dieselbe
1) Der auf ὡς δή folgende satz τοῦτο ἀδύνατόν ἔστιν ταὐτὸ εἶναί τε καὶ
μή ist unecht, schon weil er σὰ ὡς δή nicht pafst. aber vornehmlich, weil er den
ganzen syllogismus verdirbt. deutlich eine randglosse.
vers 1403—1416. 279
ist. — Thes. meint also “es kann für deinen zustand unmöglich eine er-
leichterung sein, wenn du so deine liebe anregst”.
1408 Nicht sowol der persönliche dativ ἐμοί als στέρνοις ist zu er-
gänzen, wobei sich die beziehung auf den redenden von selbst gibt.
1410 Als Thes. den Her. in Amph. armen sieht, mahnt er ihn, dafs
sich solche gefühlsäußerungen für den xaAAlvıxog nicht schicken: er
will dem freunde den peinlichen abschied kürzen. freilich mufs der apell
an seine taten für den wirkungslos sein, der die nichtigkeit irdischen
ruhmes so ganz empfindet,
1413 σοί gewöhnlich in dieser bedeutung mit der stütze einer prae-
position ἐν oder παρά. 8. OT 435 ἔφυμεν, ὡς μὲν σοὶ δοκεῖ, μωροί,
γονεῦσι δ᾽ ἔμφρονες, auch darin ähnlich, dafs ein benachbartes δοχεῖν
das verständnis erleichtert. IT. 575 ὄλωλεν ὡς ὄλωλε τοῖσιν εἰδόσιν.
Bakch. 200 οὐδὲν σοφιζόμεσϑα τοῖσι δαίμοσι “vor gott sind wir in
gar nichts weise, sind unsere σοφέσματα μωρία᾽ jetzt meist zerstört,
obwol der sinn vortrefflich, der ausdruck unanstößig ist (was man hin-
stellt, ist keins von beiden), und Eur. des Herakleitos ἀγὴρ νήπιος
ἤχουσε πρὸς δαίμονος (97) im sinne hat,
ζῶ ist mit absicht gewählt, denn darin dals er lebt, liegt die gröfse
des Her., liegt zugleich die übereinstimmung mit seinem früheren leben,
von dem ihn Thes. abgefallen wähnt. daher der trumpf dox& "sollt’
ich meinen’,
1414 Thes. bestreitet das, denn er verlangt in Her. den typischen
heros zu sehen. — νοσεῖν ist jeder anomale zustand. Andromed. 141
heilst es von den nur durch ein vorurteil der sitte zurückgedrängten
bastarden νόμῳ νοσοῦσιν. Oineus 566 χέρδους &xarı καὶ τὸ συγγενὲς
γοσεῖ “das geld macht selbst die verwandschaft unzuverlässig’. also
wenn man an Her. als dem allsieger erst zu zweifeln anfängt, so ist es
um seinen ruhm getan. vgl. χάμνω 293. hier kommt hinzu, dals jede
innere regung, welche den menschen bemeistert, dem Eur. wie seiner zeit
“krankhaft” erscheint.
1415 Her. widerlegt ihn durch die berufung auf Thes. ratlose ver-
zweiflung im Hades, während er selbst seinen endgiltigen entschluls ge-
falst hat.
1416 Thes. wendet den streit so, dals der kranke freund zum schein
recht behält, aber an den aufbruch mit erfolg gemahnt wird. er gibt
seine eigene mutlosigkeit zu, aber nicht um sie hatte es sich gehandelt,
sondern um den gefühlsausdruck.
λῆμα bat niemals die etymologische bedeutung “willen , sondern be-
280 Commentar.
deutet ‘mut’, παράστημα τῆς ψυχῆς (so Ammonius) φρόνημα, mit
welchem prosaischen worte man es immer vertauschen kann; hier könnte
auch ψυχή stehn. so sagt der redner für Polystratos (Lysias 20, 29)
μηδενὸς ἥττω εἶναι ἀνθρώπων τὴν ψυχήν; Herodot 5, 124 nennt
den Aristagoras ψυχὴν οὐκ ἄχρος, d.i. feige. dals λῆμα so sehr seine
bedeutung verändert hat, liegt daran, dafs der verbalstamm, von dem es
abgeleitet ist, nur auf specifisch dorischem sprachgebiete erhalten war,
und da die Doris auf die bildung der litteratursprache geringen einflufs
gehabt hat, in epos lyrik drama fehlt und nur in epichorischer poesie
(Epicharm) oder künstlicher nachahmung derselben (Aristophanes, Theokrit)
vorkommt. bei Herodas ist es einer der wenigen dorismen. der ver-
einzelten angabe eines grammatikers, dafs Eur. λῆς sogar im dialog ge-
sagt hätte (ἔστη. 629) kann man also keinen glauben schenken. λῆμα
selbst scheint erst in der chorischen Ilyrik aufgekommen zu sein, ist dem
Pindar und der tragoedie gewöhnlich, in der komoedie, auch wenn sie
davon weiterbildet (ληματιᾶν) immer als wort eines fremden stiles ge-
braucht. Herodot hat es wol in Athen aufgegriffen und sagt χεῖρες
xal λῆμα 5, 72 A. x. ἀνδρεία 7, 99, A. xal δώμη 9, 62, immer um die
virtus nach der physischen und psychischen seite voll zu bezeichnen.
so auch λῆμα καὶ ἀρετή in dem epigramm bei Demosth. 18, 289. der
alten elegie scheint es eben so zu fehlen wie der hellenistischen poesie
(Lykophron Arat Kallimachos, den Bukolikern) und natürlich der prosa.
erst die stillosigkeit des Josephus und dann die ganz späten, Synesius,
Heliodor greifen es auf.
ὡς vor praepositionen im drama ganz gewöhnlich, Bakch. 454 οὐχ
ἄμορφος ὡς ἐς γυναῖχαρ. Soph. OK 14 πύργοι ὡς ἀπ᾽ ὀμμάτων
πρόσω. auch wendungen wie ὡς ἄγος μόνον 8. Ant. 775 sind ähnlich.
die prosa sagt ὅσον oder ὅσον γε.
1419 In Amphitryons frage liegt mehr als der lebensüberdruls des greises,
nämlich eine schwere mahnung ihn nicht zu verlassen. denn da der
tote ohne würdige bestattung keine ruhe findet, diese aber nur von dem
nächsten leibeserben vollzogen werden kann, so wird Her. im eigent-
lichsten sinne an die cardinalpflicht γονέας τιμᾶν gemahnt. so versteht
er es denn auch und verspricht sie zu halten. das erregt die ver-
wunderung des Amph., da sie ja doch getrennt werden, wird aber durch
das versprechen aufgeklärt, ihn, sobald die kinder bestattet sind, nach-
kommen zu lassen. den ausweg wählt Eur. um so lieber, als er die
aussicht erweckt, dals auch Amph. in der gastlichen erde Athens frieden
finden solle.
vers 1419—1426. 281
1422 Der accus: &yn ist nicht apposition zu τέχνα, sondern zur actio
verbi, vgl. zu 59. Phoen. 1046 Οἰδέπους ἔβα τάνδε γᾶν, τότ᾽ ἀσμένοις,
πάλιν δ᾽ ἄχη, 807 οὔρειον τέρας Σφιγγὸς ἐλθεῖν πένϑεα γαίας,
Tro. 1226 πικρὸν ὄδυρμα γαῖα σε δέξεται. — der anfänger mag sich
hier fragen, weshalb nicht aus δυσχόμιστα γῇ das näher liegende &yn
gemacht ist; er wird sich die antwort selbst geben, sobald er sich um
den sprachgebrauch umtut. dals ein leidlich umsichtiger herausgeber das
näher liegende mit bedacht verschmäht hat, wird jeder ehrliche und ge-
sunde verstand sich selbst sagen. wer also mit einer ‘leichteren’ ver-
besserung kommt, attestirt sich selbst noch anderes als die unkenntnis
des sprachgebrauches.
1423 αἰσχύνη (vgl. zu 557), ist erst ein wort des 5. jahrhunderts, das
an stelle von αἦσχος tritt. Demosth. 19, 252 übersetzt so geradezu das
solonische αἶσχος dnwoaduevo: (1, 8) mit αἰσχύνην ἀπήλλαξεν. es
bezeichnet gewöhnlich das, dessen man sich zu schämen hat. das kann
eine handlung sein (Ion 288), eine person (Tro. 172, Aischin. 3, 241 vgl.
auch Thuk. 8, 73, Hyperbolos ist vertrieben δεὰ πονηρίαν καὶ αἰσχύνην
τῆς πόλεως), eine gesinnung (Antiphon. 6, 1). für den plural steht kein
anderes beispiel zu gebote, doch gibt es die weit kühnere reflexive (empfin-
dungen der scham) Hik. 164, S. Tyro 598, und nur in der nuance der
bedeutung ist verschieden Isokrates Plat. 50 οἶμαι δ᾽ ὑμᾶς οὐδὲ τὰς
ἄλλας αἰσχύνας ἀγνοεῖν τὰς διὰ πενίαν καὶ φυγὴν γιγνομένας ἃς
... παραλείπομεν αἰσχυνόμενοι λίαν ἀχρειβῶς τὰς ἡμετέρας αὐτῶν
ἀτυχίας ἐξετάζειν. αἰσχύνη “schändung’ gehört nicht her und ist weit
seltener, S. OT. 1284.
1424 Wie der gebeugte von Thes. geleitete Her. das widerspiel dessen
ist, der seine kinder, die er gerettet hatte, in das haus fortzieht, so ver-
weist der dichter mit demselben bilde auf jene gruppe (631). die blofsen
worte, die wir lesen, mögen nur zufällig anzuklingen scheinen: sobald
man das stück sich gespielt denkt, kann der parallelismus der actschlüsse
nicht mehr dem zufalle zugeschrieben werden. jene scene schlofs eine
gnome über die vaterliebe, hier wird ein anderes gut verherrlicht, das
über macht und reichtum steht. inhaltlich aber correspondirt dieses lob
der freundschaft mit dem schlusse von Amphitryons erster rede (58):
sein dortiger wunsch hat sich ganz anders als er erwartete erfüllt. Her.
ist in das unglück geraten: aber des Thes. freundschaft hat die prüfung
bestanden.
1426 πεπᾶσϑαι ist ein wort, das den Ioniern ganz fehlt und für die
Aeoler nur in dem namen Πασίχυπρος zu belegen ist. bei guten pro-
282 Commentar.
saikern wird es überhaupt gemieden, aber die Athener haben es schon
sehr früh von ihren nachbarn, Megarern und Boeotern, geborgt, die es
für χεχτῆσϑαι verwenden. so steht es schon bei Solon (13, 7) und
einzeln im drama. namen wie Ilaoı@dng Πασίας gehören metoeken '
oder weisen auf herkunft aus diesem stande. das nomen πάτωρ haben
die grolsen tragiker nicht, wol aber Kritias (Rhadam. 659, 4).
1427 Der chor greift das letzte wort des scheidenden auf. wenn denn
die freundschaft ein so hohes gut ist, wie schwer muls der verlust des
μέγας φίλος (1252) sein.
Thes. und Her. gehen nach der seite ab, von der sie gekommen sind,
der chor nach der anderen, und zwar gieng der pfeifer, der ihren gesang
begleitet hatte, voran (schol. Ar. Wesp. 582), Amphitryon tritt zu den
leichen auf das ekkyklema, das dann hineingerollt wird. es wäre albern,
wenn er mit dem chore fortgienge, von seinem eigenen hause und den
ihm anvertrauten leichen weg. was in den zwischenacten zwischen je
zwei dramen vorgieng, wissen wir nicht. in der ältesten zeit nahm der
chor die maske ab und erhielt vom choregen einen trunk credenzt.
NACHTRÄGE.
123 Wieder zwingt mich ein attischer fund zu einem nachtrage,
aber ich kann den gegenstand nicht, wie früher bei Typhon, in die tiefe
verfolgen. am Ilisos, wo wir Achelooscult kannten, sind jüngst zwei sehr
zerstörte reliefs gefunden worden, von denen das eine Herakles zeigt,
stehend vor einer sitzenden bärtigen gestalt, die man geneigt ist für einen
Zeus der unterwelt zu halten; nur pafst der krug dazu nicht, den er hält.
hinter ihm steht oder sfand ein weib mit füllhorn; im hintergrund der
geleiter des Herakles Hermes; auch er bält einen krug. der sitz des frag-
lichen gottes ist das von den nymphenreliefs bekannte haupt eines flufs-
gottes, ᾿χελώιος bezeichnet. (Ep. ἀρχ. 1894 t. 7.) die thronende figur
kehrt auf einem anderen votivrelief wieder (s. 133); die reste der inschrift
sind von Skias zu ἀγνζέϑηκεν Nal/wı unsicher ergänzt. so viel zweifel-
haftes auch bleibt, scheint doch die deutung in der richtung zu liegen,
dafs fortschreitender zeit die universale potenz des wassergottes nicht mehr
genügte, und sich aus dem elementarwesen Acheloos eine höher gewertete
potenz wie Ζεὺς Nauog erhob, oder auch ein Acheloos, dessen sitz nur
noch das haupt, die conventionelle darstellung des flulsgottes, blieb. das
füllhorn übernahm eine ‘freundlichere tochter. was Herakles will, muls
ich auch dahin stehn lassen: aber die erwerbung des füllhorns, auf
friedliche weise hier, etwa bei einem besuche des in Agrai geweihten
Herakles, scheint der religiöse inhalt der dargestellten scene.
1101 Hier hätte ich auch des Aristarchos gedenken sollen. wie
68 seiner ganzen art und seinem anschlusse an Aristoteles entspricht,
hat er den Herakles rationalistisch aufgefalst und in seiner Homerexegese
den beweis dafür gefunden. zu Σ 118 bemerkt Aristonikos ἡ διπλῆ,
ὅτι οὐκ oldev ἀϑάγνατον τὸν Ἡρακλέα. ich habe früher den entsprechen-
den schlufs auf den heros Asklepios zu besprechen gehabt (Isyll 44), wo
wir die lehre Aristarchs nicht kennen. wie dort wird auch hier zugegeben
werden müssen, dafs dem ionischen dichter der dorische gott so gut wie
284 Nachträge.
der thessalische nur ein sterblicher ahn der geschlechter war, die sich
nach ihm nannten. aber deutlicher noch offenbart sich hier die beschränkt-
heit der methode: denn Aristarch notirte den vers des Y nur, um mit
seiner hülfe das unzweideutige zeugnis für den gott Herakles A 602 zu
athetiren, worin ihm denn leider noch heute selbst solche noch folgen, die
doch selbst nicht mehr Σ᾽ und A demselben dichter zuschreiben.
I 58 Die mit 223 bezeichnete bemerkung gehört zu 233 auf der
nächsten seite.
REGISTER.
I. Eigennamen.
Äbantn -. . . . ως. DöstlDaser -. . 2. 2 2 2 2 mn 17
Achaeer . . . .. 20'Dansidden . . . . 2... HT 221
Acheloos.. . . . .- 11. 98. 4δ IT 283|Deladen . . . . . . 140, DI 158
Admets . . ... 48. 52 Delphi . . . 2. 2 2 2 02.20. . 14
Adresteia . . . Ὁ. . .„ TI 175!Demeter von Hermion . . . . II 138
Aetns. . » » 2 2 22000. Π 151|Demokritos.. . . » 2... ‚DI 8. 22
Aetoler . . © . » 2 2... 11. 23|Demophilos Onagos . . . . . . O7
Aids. . -» 2 2 2°... DI 130| Dieuchidas . een. 86
Alon . . ον τς ἢ 195 | Dikaia in Thrakien een. 74
Aischylos, chorreden . . . .. ἢ 64|Dion von Pruss . . . ». . . . 102
— ionismen. . ἪΠ 43|Dionyien . . . 2.0.0.0. 0.TI1
— Orestie personenverkeilung . . 150] Dioskuren . .. ..DIi3
Akarnanen . . 14 | Diotimos von Adramyision 20.87
Alkathoos . . 2 2.22.49. 86 Ἢ Dodekathlos, epos .. . . 57ER.
Alkestis . . . 2 2... .. Dodona . . 20... 1
Alkibisdes . . ... .. 155 Doloper . . . 2 2 2 2 20020 9
Alkmene. . . . - 2.2.2 ...52. 53 Dorer. . . ee... 14
Amazonen . » 2 2.2... nie nenn. 29. 66
Amphitryon. . . .2 0... DH 21. 227 |
Anaideis. . . . 2». 00. M 129! Echidns . . . . . . . 1682. Π 266
Anteils . » 2. 2.00. 0. OB|Eler. . 222.222 11
Antikleides . . .ο. 9. . . . .-ο. .ος 159 Epicharm . . . . « . . . . 99
.. 32
Ares und Aphrodite. . . . . . 78 Euripides' anklänge an Herakleitos II 25.
— hilft dem Kadmo . . . . [165 279
Argonauten . . . . 801-- — an Hesiod.. . II 177. 235. 268
Ar 2... . 11. m. 41 1 118 — — an Homer II 177. 197. 212. 235
— der heroes . . . σον 62|— — an sprüchwörter. . . II 74. 269
Aristophnes . . . x 2 :2.. 186 — — an Xenophanes. . . . . II 272
Assteas “0... 851 biographisches. . . . . » . 133
Athens und Enkelados . . ... ἢ 202, _ bilder . : 2 2 2 22.2.1083
— des Pheidias . . . . . . HI 217 _ botenberichte . . ... Π 203
Als... “00000. . I196'_ charakterisirung der frau 119. Π 20.
67. 69. 110. 124. 130.
Boeoter . - 2. 2 2 22 2 0% 18 — — des greises . II 28. 31. 46. 152
But. . » 2. 2. 2202020000 421— —der kindee . . 119. Π 22. 115
Buttmam . . 2. 22.2000. 106; — —— des wahnsinnes “0... ἢ 205
'— chöre. . . . . 115
Charon - . 2 2.2.2.2 0.35. Π 107. — chorlieder . . . „143 IT 168. 221
Choer 2 = 2222... 101 prolge . νων .1[9
Chronos . -. . . . .. DH 155. 173|— rhetorik . . . .. IL 45. 60. 256
286 Register.
Euripides trimeter II 12. 215. "61. 271 | Herakles Typhon. . oo. II 258
— Antiope . . . .. 137 |— beinamen: Alefıs . 37
— Bakchen. . . . 2 22.2. 141 — — Aka . .. . 48
— Erechtheus. . - . 2... ... 134| — — βονφάγος . ΧΙ
— Hekabe ΓῚ . Φ . . a Γ . Γ 121 “-ο:ι:τ:--- νυ δ . . 37
— BHerakles titel. . . . . . . 166 — — nalasum» . 34
— — überlieferung . . . . . . 164|— — ydpoy . . . 34
— Hiketiden -. . - » » . . ..134|— beiname für menschen. . 94
— Hypeipyle . . . . ». . . TI 115 | — bogenschütse . . 44
— Melanippe dem. . 00.0... 10|— coult in Agyrion 2...
— Orestes Φ Φ .- . Φ . . 137 — in Athen Φ . . . . . 36. 111
— Palamedes - . - ..0Ὸ .0ῦϑ ἡ.ϑὃ. 115) -- — bei barbaren . . . 2.2. 86
— Syleus . . © 2 2 2 2.2...74|— — in Beotien . . . . . 29
— Troerinnen . Φ Φ Φ . Γ Φ Φ 133 — in Bura. Φ 20
a ref . οὗ. 170
bers . ... .. II 148. 1560| — — in Eryx . .. . 82
Gergither . . 2 2 2 2200. 8- τ in Massalis .. 27
Gigantomachie. . . . . . II 49. 3245| — — in Rom. . . 25
Glaukos Potnieus. . . . . . . 65|— — in Sparta . . 29
Goethe . . 2» 2 2202.89. 105|— — in Ten . . 20
Goncourt. ern. 1085| — in Thorakin . . . εν 20
Gorg. . Π 198 -- ao μού . . . δι
—kele. .. ..... ἢ 118
Hebe . 56 |__ körperbildung . . 105. II 268
Hellenen 1|_ _ in der plastik 96
Hera . 48 kyniker . 22202102
Herakleen . 2 Bug nehayyohöy ΠΝ u?
Herakleia am Pontos er Er > 5 Bu m 98. 101. II 283
Herakleitos . . . I 25 — säulen [ut ᾿ " I 100
Herakles abenteuer: (vgl. die einzelnen — φιλήδονος " ΚΟΥ"
Amazo 64 nn) Hercules. . . . .» X. 25
" ht Ze ᾿ 31 Hermon von Delos Ἢ 135
— Argo ΟΦ Χ{0Ψ(ᾳΚὌΚ.,, Herodas dorismen . Π 380
-- dodekathlos . u Φ 55. ou 86 Herodotos . . 100
zu Sreifafgranb 8 Φ 8 . . . . 13 Hosiodos . . 90. U 258
. . . .- [Ὶ “ “ 2 ΓῚ Φ DSF eri en . . .
— guerod . et II δ Hieronymos von Rhodos . 105
" πόας riden.. " 58. II 94 Homer Kyprien . . . . 8Β8
_ hindin nn... ΣΤ οι τ θέχαλέας dlwos. . .. 71
-- Hippokoontiden 0. 29
, — hydra. ΠΣ 51. Π 41. 450 [δου Aus . . . 7
— Geryones . IX. 45. 65. Π 105 |Iardanos fluss . . ἘΝ 70
— Kentauren . . 45. 56. Π 50. 89 | Iberer in Sicilien . .. 32
— Kerberos ‚56. m ısg|lde. .. . . oO 175
— kindermord 81 Ambros . 2.0. . ὁ I
_ Ixyknos ᾿ ᾿ u 2 Ion, Omphale . . 72
- Nessos . een... 45|lphikle . . . . 50
— Omphale . 2... Ὁ 71|Istros Kallim. . οτος Οἱ
— ÖOrchomenoss . . . Io 57 0 0.0. ..
--- re... 65. II 93 | Iustin gnostiker τα ΝΘ
— schlangenwürgung . δὲ Ixion . \ . .
— Β er Φ Φ . . 9 Φ
— Stymphaliden π 63 | Kadmos ‚I 65. 127
— Triton ΠῚ . Φ 43. 99 Karer . Γ . . . .
--- Troiafahrt . .831'Kentauren . ... I 8
Keren
Kerkopen
Kinaithon . .
Kratinos Ζηλιάδες
Kreophylos .
Kritias Peirithoos
Kyklopen
Leleger . oo.
Lessing Laokoon .
— Nathan . . . .
Lokrer ..
Lykos.
Lyssa .
Makedonen .
Megara . .
— das gedicht”
Melanippe . .
Meles, Melier .
Metis . .
Orchomenos .
Palaiphatos 0.
Pamphyler . .
Panyassis . . „
Parnassos
Parrhasios
Pausaniss .
Peisandros von "Rhodos.
Pelanger .
Phaidimos von "Bisanthe
Pherekydes . . . .
"193. Π 184.
112
194
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91
τς 67
‚58. II 94. 99
Phryger .
Pindaros. .
— Neem. 1.
— Isthm. 3 .
Plautus Amphitryon . .
Polystratos von Dyme ᾿
Poseidonios .
Pratinas . .
Prodikos. .
Prokne .
Protagoras
— bau des trimeters
— religion . .
— Antigone
— Elektra .
— Niptrae .
— Tereu . .
- Trachinierinum
Stymphaliden .
Sthenelos
Syleus
Tantalos .
Tegyrios .
Temenos .
Theseus .
Thessaler
Thoer. .
Thraker . . .
Thrasymachos .
Tod ....
Tremilen .
Troer . . . ..»
Typhon . . .,
Unterweltsvasen .
Welcker. . .
Winckelmann .
Xenophanes
Zioega
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ΠΗ 194
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57
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II 231. 272
57
288
Augen sitz der αὐδώς.
biondes har .
blutsühne . .
€lementargötter
fahren und reiten
flüsse und inseln .
gemeindeland .
Bausanlage .
herolde . .
heroische eultur .
jungfräulichkeit der göttinnen
Π 58. 88.
II 185. 250
Begister.
2. Sachliches.
II 36 | Feligion recht sitte . II 10. 17. 56. 76.
129. 130. 266. 272
II 207 | Scenische darstellung II 1—8.29. 38. 123.
| 125. 291. 225. 228. 275. 282
I stummes spiel 65. 130. 142. 232. 247
'selbstmord . . . . .180. II 238. 254
. 2173 strafßsennamen . . . - . . . DM 176
II 266 |streitwagen . . -» © 2... 1114
een. Π 288
122 | Hergentalt der götter . TI 14. 98. 138
al _ maske der chöre. . . . . . 135
II 188, ehorreden . . . . «ἢ 64
1 168) chortellung. . . „II 164. 179. 188
| chorführer, zwischensprüche U 37. 59
Ehancher ae Ä Π 491 pinderollen © 2 τ 2 2» 118
Krane ΠΣ 158. I paffenweriatlung > 1 > > > [49
lebe a? Π 290 | Gurptosten 02011216
Mythologie . , ὝΠΠ Vogelschau.. . . . . .. . IM 135
Personificationen . . .II 152. 175. 275 , Wahnsinn 20000. .D 12. 195
8. Sprachliches.
Accusativ ‚ ΠῚ 109 jattische vocalisirung II 87. 91. 94. 101
— apposition zur "actio "verbi I 19. 103. |attraction des adjeotivs vom nomen rectun:
activ scheinbar für pasaiv.
280 auf nomen regens II 114. 127
II 111. 234 |— des relative. . . . . I 128. 225
adiectiva auf aus . . II 32. 225 |— des particips . . . . 11125. 273
— auf nens ον. ἢ β4
— auf ἐος 06 . . . . . II 11. 202 |bilder und vergleichungen . . .
— mit abundirendem zweiten gliede Π 80. | --- form . . . U 21. 24. 36
weiterbildungen .
158 | — übergang in religiöse symbolik DI 173.
II 69 194
— mehrere bei einem nomen II 264 | — vermischung . ...0. N 16
— statt blosser privation . II 32 | — hergenommen vom bauwesen [1 257
— statt nomens mit genetiv. . II 127 --- — biene. . . . .... D119
seolismen . . . . . II 35. 180. 246 |— — fahren . . . . . U 102. 195
anakoluth . . „ . Π 49. 52. 186. 229. --- — himmelhoch . . . . . 11252
aofist. » ». 2... 0. DH 71. 172. 2115| — —jad. . . . . . U 163. 19%
artikel . . I 41. 107I— — leib ein kleid. . . . . II 258
Register. 289
bilder hergenommen von musik II 195 |genetiv doppelt . . . . . DI 46. 110
— — Perserkönig . . . II 150 |— partitiv.. . . . . DB 77. 185
— - pferd . . . . . .. ἢ 32 | geographische gleichnisse 0. DO 151
— — pfele. . . . ..... TI 229
— τ΄ resirmesser . . . . . ἢ 142 |fmperfetum . . . . . II 123. 128
— τ᾿ rauch . . . ..... . 4196 infnitiv . . . . . Π 188. 161. 217
— — ringen . . ... . II 68. 200 |ionismen . . 2... DB 21. 29. 48. 277
— — stachel . . 0... DH 12. 194
— — see und seewesen 11 56. 118. 143. ı Praepositionen . 200.0. ἢ 15 21
183. 228. 229. 248 - mit nomen neben einem nomen II 21.
— — schwan . . . . . .ἢΠ 30. 159, 122. 188
— — speere und ähren . . . U 4 _ inversion . .. 212
— — unflügger vogel . . . . II 224 __ in der anapher statt des ganzen ver-
— — wolke . . . 1 237 bums II 225
— — wunsch entrückt zu werden II 240 _ tmesis . . . . „MH 17. 225
— — würfelspil . . . . . II 249 praesensstamm dynamisch II 11. 201. 214
— ersetzt andere stämme II 66. 163. 346
"danke’ sagen . . „167,
dativ II 18. 33. 53. 72. 141. 183. 208. ' 'Synizese ... 2%
|
262. 279 | syntax, apodosis unterdrückt. . II 226
dorismen 22002. ἢ 121. 180. _ hedingungssätse . . . . . II 74
, — bezeichnung des ganzen durch corre-
Ollipse, wahr und scheinbar II 144. 156. late hälften II 231
225 _ doppelbezeichnung . II 52. 184. 275
epische formen . . . II 35. 107. 188. einschub eines satzgliedes ohne störung
— vocabeln II 29. 87. 119. 177. 188. | der construction II 58. 215
197. 249 _ gattungsname neben dem eigennamen
erainingm „0 ««--«.. I11B7. Π 113
figuren, /mawındv . . . . . II 44 — verba des binden. . . . .U 7
— ἀπὸ κοινοῦ. . . . u 62. 280 2 | — inoongruenz um zu wechseln ἔτ δ8.
— paronomasie . II 8 170. 241
— periphrasis. . u 10. 158. 181. ΛΗ — vertauschung der praedicate neben zwei
correlaten ‚ subjecten II 199
Beonetiv . . . II 15. 36. 46. 209. 238. --- wortstellun . . . .ἢ 90
4. Metrisches.
&doneus . . . . . 2. . . TI 220 |iamben trimeter 144. II 68. 79. 112. 138.
anaklasis . . u 166° 139. 144. 170
b ᾿ 'ioniker . . . 2... . 1145
au nach μέτρα. . uU 26
— nach stollen und abgesang II 82. 145 | Feizianum . . . . 2 2... HI 219
| responsion . . 0... 22190
daktyloepitriten 165 2 rhythmischer refrain. . . . . D08
dochmien . . . 2...
— enhoplische . . 146. II 190. 218|Bpondeus. . . .... . . II 219
trochaeen Π 27
Glision - . . 2 2... ..H 57. 170 et
enboplios. . . . . . ἢ 87. 88, 1905. eirameter . 0 0... 145
Unterdrückung der senkung . II 26. 84
Biykoneen . . . . . II 82. 146. 17 | anvollständigkeit des ersten metrons II 165
Diss . .. 2.2.2... Π 985 ‚Vocalverkürzung vor voal . . . 144
lambn . . . 2 . ...Π 88. 166 , Wort- und versaccent . . . . II 151
m .Κ.Κ.ΚΦ.Ξ...-.-.
v. Wilamowitz 11. 19
290
Adespot. trag. 269 .
— 3714...
Aischyl. Ag. 115.
[{{{{{|Π{{1Π{{1{|{1{{|{{1|1{|11{|
1
Wa
Na
&
— 94, 3 ..
Andokides 1, 72.14. .
Anthol. Pal. 7, 49. . .
Antiphon 1, 23
— tetr. I 86
6,4...
Apollodor bibl. II 81
— — I 132...
Apollonios Rhod. I 1325 .
Aristarchos trag. 3
Aristophanes Ritt. 564.
— — 139 . ..
— Wolk. 811.
— Wesp. 554.
— — 1073
— — 1231
— Vög. 823
— Lys. 180
Register.
5. Stellenregister.
103.
Π 210
Aristophanes Thesm. 86
— Ekkles. 107
Aristoteles ITol. 49. 85, 4 1.
— fgm. 58.
-- — 68...
Arnobius IV 25
Bakchylides 36 .
Catull 64, 79 .
Cioero Cato 14
Cornutus 31
Demokrit, Stob. ecl. II, 9, 2
IH, 9, 3. δον. 44, 14.
Demosthenes 2, 10 .
—9, 12 ..
Dio v. Prusa 8, a.
— 12,46 .. .
- 34 schluss .
Diodor 20, 41.
Dionysios Chalkus 1
Epikur fgm. 143 .
Etym. M. Aotiıva .
Eupolis Alyes 1. .
Euripides Alk. 461 .
— Andr. 86 .
— 86. .
— 1107— 1205
Bakch. 9
— 326 .
— 1165
— 1184
-
38
ΓΠΠΠΠΠΠῚῚῚῚῚ
[11{1{}1{1{11{{Π11{11|1{1{1|1{1111{1111{1{1{1{111{1]Ὶ}1{11{11{11{Τ1}11Τ11}1}1{11Ὶ1|
Euripides Hippol. 1362
460 .
Iphig. Aul. 907.
— 79...
Iphig. Taur. 410
— δ...
— 089 .
— 1345.
— 1396.
— 1482.
Ion 285.
— 356 .
— Ἠφ 44.
- 1504.
Kykl. 19
— 465 .
— 416 .
Med. 107
— 278 .
— 1123.
Orest. 68
— 326 .
— 688 .
— 859...
Troad. 256
Register. 291
II 108 | Euripides fgm. 811 . 145
UI 36|— — 832.... ou 54
Π 68. ----- 89 . Π 28
I 22 --- — 1022. 123
u 19 --- — 1044. Π 54
U 40 | — — 1070. Π 255
u 163 |
Π 1790| Herodas 1, 63 . II 55
U 163: — 4,72. Π 252
U 109 Herodotos 1, 58--58 1
1571-712 . 0... II 42
u 129 | — 7, 209 . Π 63
II 108 | Hesiod Aspia 149° Π 62
II 243 | — Erga 253 I 47
U 2455| — — 768. . . Π 129
Π 58 | — Theog. 108—16 . Π 266
U20|— — 215... II 98
I 2371 — — 270-336 . I 258
u 188 -- — 736-955 . 90
Π 199 -- — 921)... .. 1Π 157
I 163 | Himerius or. 3, 13. 1I 144
II 196 | Hippokrates de artio. 6 Π 39
DB 245|— lex . . II 8
ΠῚ 112 --- epidem. 18. . II 65
lI 243) — de morb. saer. 4. 21 I 250
ΠῚ 188|— de νἱο I1 . u 77
122 |Hipponax 35 . II 186
II 18| Homer E 461. Η 44
I 57|— 0 739 ne II 37
1274|- Pı® ..... I 106
uU 115|— P 244 II 236
I 122) — Σ 34 I 254
u55|— T 99 52
u63|— Φ 271 u 65
II 201 — 27743 II 256
U 217|— βὶ 141 I 53
uU 237 |— y 293 Π 122
Π 25|— δ 824 II 35
I 48. --- /i 634 I 198
0199| — u 27 ... U 62
1197| —» 421... II 162
I 237 | — π 218 I 92
Π 73| — hymn. 33, 13. . IH 119
U 32 | Hygin poet. astr. II 14 75
145
II 199 | Iamblich protr. 20 . . 1 66. 154
116 |Ibykoa 2 . . . U 195
II 121 | Inschriften IGA 20, 1... U 178
U 2711| — CIA IV 422,4. 491, 8 U 42
Π 125 |— Bull. Corr. Hell, 13, 432. II 222
II 278 --- Dittenberger syll. 247, 18 U 235
ΗΠ 52| — Bronze Tyskiewicz . II 103
II 257 |Isyllos paean 17. Π 87
II 31 |Iudas ep. 12 . . II 237
. 115! Ps. Iustin or. ad gent. 8. . 72. II 213
II 280
Π 74 | Kallimachos hymn. 8, 389, 4, 68
UI 73: 6,82... II 44
292 Begister.
Kallimachos fgm. 37 II 209 | Semonides 17 .
Kleobulina 2 . . . 97 |Simias Apollon
Kratinos Πυτέν. 7 Π 164 | Simonides 30 .
Skolion 18. . .
Lesbonax 11 . . IT 44 |Sophokles Aias 427 .
Longin x. ὕψους 8, 10 Vahl. I 79|— — 666 .
— — cap. 40... . IL 254 | Sophokles Ant. 1
Lucan 7, 449 . 580] - — 782...
Lykophron 843 u 198 | — — 1048.
— El. 1412 . .
Menander IV 144 Mein. II 129 |— Oid. Kol. 49 .
— W195 .... Π 272|— — 118.
-- — 72.
Nikander Alex. 165 II 224 |— — 1232. .
— — 1561.
Oinomsios (Euseb. pr. ev. V 214) 80 | — Oid. Tyr. 802 .
Orpheus(Procl.theol.Plat.IV216) II 175|— — 896 .
— — 1070.
Paradoxograph. Rohdii 33 . 28 --- — 1364. .
Paulus ad Phil. 2, 7 I 18 --- Trach. 119
Pausanias II 25, 2... Π 91--- — 19% .
Pherekydes (schol. Apoll. Rh. — — 205 .
4, 1396) . . . . . . .1189. 1322|— — 78 .
Philostratus vit. Apoll. 5,4 1855| — — 83 .
— vit. soph. 2, 23. . . II 33}-- — 987 .
Pindar Ol. 4, 8.9. . II 219 |— — 1264-74
— — 7,63 II 299 | — ἔστη. 198
— — 10, 86 ΤΠ 178 -- — 74
-- -- 18, 18 Π 157 -- — 870
— Pytb. 4, 98 Π 159) — — 873
— — 10,29 . Π 58 | Sosiphanes 1 -
— Nem. 6,6. Π 232 | Strabon 265 en
——642 . HB 157 |Symesius ep. 9 . . . .. =
— 6,4 . I 115
_——8,21 . Π 66] Theomis 62... . . . -
— -- 10,9. DB 236] -- 863. 880... . .ὄὄ . .ὄ
— — 11,45. Π 58 | Theokrit. 17, 1 . . . ...
— fgm. 81. 169 . 97| — 18, 46 ee.
Platon Euthyd. 993 ἃ I 278| --- 18, 51
— Ges. 734° .. Hu 157| — 24, 15... .
— Phaidr. 267° . II 18 |Ps, Theokrit 25, 92.
— epigramm 19 . I 155) — 26, 32 oo...
Plautus Rud. 56. . 54 | Thuk. 1, 8
Plutarch de aud. 8. II 224 | — 2, 78.
— de virt. etvit.2 . 167) — 3,3.
Porphyrios zu X 274 . . u 1356| — 4, 36.
Pratinas 1, 5 Bk. . . . . „ TE 30|— 5, 38.
— 5, 46. .
Quintus Smyrn. 5, 381 II 186 | Tryphon π. τρόπ. 4
Tyrtaios 11, 9
Schol. Arist. Fr. 564 . 137
— Hom. 0 639 . . 68 X enopbanes bei Sext.adv. Iog 149
-- > Σ 570 (arm. pop. 2 Bgk) 1858| — Clem. Υ͂ ΤΙ4.. ον
— —- Tı19..
— Pind. Isthm. 8, 68 . 105 | relief Zoega bass. II 64
48
112
Prob. zu Verg. buc. 7, 61
Stat. Theb. 4, 570 .
schale des Aison . .
vase, Wiener Vorlegebl. I 8, 5. .
AAn
ἐν δὴ ἧς
se RER
SBAUISERESE
ἀκήρατος
ἀκοντέζω
ἀκροϑένιον.
ἀχύμων.
ἄλαστος.
“Αλεξις
ἁλίξζω.
— in compositis .
ἀναβλέπειν.
ἀνάγειν.
ἀναιδής.
ἀναένεσϑαε.
ἀναπτύσσειν
ἀναφέρειν.
ἀνήρ. ..
ἄνϑος
ἀνϑρώπε;»ος
ἀξιῦν . .
ἀπελαύνεσθαει.
ἀπολαχεῖν .
Anollov
ἀπολωτέζει»
ἀποφϑεέρεσϑαι
ἀράσσειν .
ἀριϑμός.
ἄρματα . .
ἁρμόζειν und amp.
ἄρρητος .
Apreuls .
ἄτερ
Alnıns Ἱππότου ᾿
6. Wortregister.
II 16
U 257
Π 276
u 91
Π 32
II 130
Η 84
Π 52
Ἢ 180. 281
ἐπ 42. 107
II 154
298
ἀτιμά u 137
αὐθάδη, ον ἢ 258
αὐθέκαστος . . U 258
αὐϑέντης . . TI 188
αὔξειν II 154
αὐτοσαυτοῦ II 213
ἀφεόναε τινί τι II 54
ἀφορμή . I 59
Ayasol . 29
Aytins 75
Ba .. I 56
Bedusos . Π 157
Γάρ ... ΠΩ17
γε. . II 129. 138. 142. 171. 185
ydlos . . U 142
γένος. . . .. U 146
γέννα, γενναῖος. I 188
γεύεσϑαε u 273
γηράσκειν Η 248
γοργών.. U 148
γύναι nos u. dgl. ΗΠ 141
Δάλος.. Π 168
δενδρώτης. u 177
δεσπόζειν. u 12
dianinrew . ΗΠ 122
ϑέαν I 153. 280
διαφέρειν II 23
διαφεύγειν. I 184
διδόναι. u 55. 278
Gulden . Ἢ 1%
“καστής
διχεῖν . I 121
JIlogvs . . . D5i
διωθεῖσθαι u 75
διώκειν u 224. ἢ
a
Fra . u 72
δόξα. . ... 02 8
δόμος δῶμα II 64. 152. 209
ddpv . II 45. 245
δρᾶν Π 127
δρῦς. Π 63
ϑύστηνος u 272
“Ιωρεεῖς 16
Er. Π 228
davrof . II 214
ἐγκάρδιος Π 162
ἐγκρένεε» 11 50
ἔνχος. 11 42. 59. 217
ec...
εἰωθότα.
in...
Exarduvas .
dnuoydeiv .
dnnerarviövar .
BE .
Free
ἕ a.
Eldgves .
änt .
vr...
dvalgew .
Bwavlos .
ἐνδιδόναι
ἐνθύμιος
ἐξάγειν.
ὁπαινεῖν.
ἐπέ
ἐπετυχών . .
ἔπος --- λόγος.
ἔργον. ..
ἐργοδιώκτης
ἐρημοῦν..
dpgew
ἐσχάρα
ἕτοιμον.
draspoı
sddalunv
εὔδιος
v.
Fa ® ΓῚ . φΦ .
“Ἡρακλεέα νόσος.
Ἡρακλῆς.
ϑάρσος .
ϑέλειν
ϑεός .
ΠῚ 18. 11. 41. 215
Register.
u 11
II 40. 74
ον DI 29
II 139. 246
. IE 111
Η 15. 21
U 232
0.2
Π 68. 74
Π 200
I 101
Π 159
Η 131
|
. ἢ 25. 172. 177
0... ἢ 208
u 187
ID 197
UI 197
Π 162
Π 247
U 67
U 178
I 254
II 32
Η 131
Ἢ 208. 244
.. ΚΠ 148
II 222
Η 268
I 154
Π 104
ϑεράπνα
ϑοάξω
ἐππεύειν
ἡ ἵππος.
᾿Ισθαός.
Ἴων.
τὰ καϑεστῶτα
ad . -
samwös καὶ νέος .
κακοδαίμων
καχοῦν
κακοτυχής.
εἰς καλό
καλῶς
κάκψειν.
καρδία
καταξαένεν .
καταστορεννύναε.
καταυλεῖν
κελαινός. .
Κέντανρος.
κσρδαώρειν .
κηλεδοῦν .
κηραένεεν
κοενός
κοενωνέα ;
κόμεστρα
κὸ oo.
κραϑᾶν .
πρηπές ..
xolusmue . -
εὔκνος .
κύων .
HERE’ ΕἸ un
ΘΝ ΟΝ 88
fe
any
Bu
un
“,Σ: τὸ ὦ ὦ “.
Η 55
- U 57. 192. 128
II 243
RB . 4 . Φ Φ ΓῚ . . .Φ . 4 Φ . [) . U)
{}
BER
elei-ieiei-
SERSSEE
εἰν
88
-jei-ie
BESEN
Register.
λώτισια.. » » x... . Η 118) οὐ πέλας
λωτός I 10| Πελασγοί
πελώριστος
βάργος. .. . . ... U 228] πέραν
Fr Vi en uU 198] περέὲ . .
. Π 171 περιστέλλειν
μένου . ee nn. ἢ δθ] περόνη
Μεσσάπιον. . . ». .» 2... . 10] πέσημα.
ned.» » >» 0 20000000. ἢ 12] πηγαί
Μήλς . 2 2 2 2 2 200. 7δ]πόττειν.
μήτρως. een... DM 16|πάυνλος.
lvo ταῦρος. I 270] πλη
μοῖρα. . .- . U 228] οὗ π ἡσίον.. .
αὔϑος, uvdedew . I 22 | πόϑος
of
Däua. . » > 2 22000. 0. ἢ 139 ποιναί
Nörros . . . 2 2 2 nenn. 4δ]|ποῖοο..
νέφος. een... ἢ 287 πόλεμος .
νόμος. » >» 2 2 2. 200. ἢ 2710] πολιός .
vooelv . II 127. 278 πολυδάκρυος
νωϑής II 180] Πολυδευκής .
σπολύπλαγκτος.
ξανϑός. U 58 | πομπή
ξενοῦν II 214 | πονᾶν
Eovdd . Η 119 | πόρπη
Eiveos . I 152 | πότωος
ἐπὶ ξυροῦ Π 142] πρέσβεις.
σράσσεεν
Οἴγειν U 77] προοέμεον
Οἰνώα U 91|πρός.
diduswos . . II 225 | προστρόπαιος.
Ὄλτος 'Oltioxos 99 | πρόφασις
Ὀμόλ . 2 2 2 2. 00. DI θ0] πρόχειρος
Ὀμφαάη > 2222. 3δ͵,ίπτήσσω.
ὄντω . 2.» 2.2020. 0. 2 1837)πτῶμα
ὀργή . een ee... DI 68 πυργοῦν
ὀρϑοέπεια . . I 18 |rveods
ὀρϑοστάτα:ι . 206
ὀρϑῶς U 18
ὄρνις. IT 21 ῥάδιος
ὅρος . . U 154 ῥέϑος
ὀρσοϑύρη . . ἢ 167 ῥίξα
ὅστις. II 241. 256 δοέβδην
οὐδαμοῦ. . U 52. 184
οὐδὲν ὧν . 1%
οὕνεκα . . . . II 42 | δαφής
οὐρανοῦ ψαύειν . . ἢ 252 | σεέραιος
οὐσία . . - rn . Ἢ 78 σκαιός
οὐτάξεν . . . .ὄ -ε . ἢ δδ|σκι. .
οὔτε . . . II 63. 230 | στερεῖσϑαε.
στέφανος
Παιάν Π 180] στρεπτός
παρά... .. II 94 | συγγενής
ragafivsas .. I 153 | oVuntroua .
πάρεργον . I 271] σύν .
παρϑένος II 182 συναγεέρειν.
πεπᾶσϑαι U 281] dovro .
nedd . Π 180 | σωφρονέζεειν
295
II 52
0.0. 2
... ἢ 69
II 59
. .„ ἢ 223
II 235. 274
. Π 212
Π 235
002020... 1192
2200000. ἢ 249
un . 1179
Π 87
I 52
U 269
u 22
I 200
Ι 124
II 236
ΗΠ 159
II 106
U 13
ΠΗ 246
Η 133
II 71
II 212
U 169
ον, ἢ 64
. Π 16. 226
II 126
ΗΠ 133
I 241
U 48
II 43
.. ἢ 215
II 235. 249
Η 117
Π 88
. I 23. 278
Π 246
Η 209
Π 186
‚Hu 182. 211. 223. 233
0.0. DD 14
II 203
U 187
296
τάφος
Te δ .Φ «4 ΓῚ
τεκρνοῦν . .
τέμνειν φίλα ᾿
Τενθεύς.
τετρώρεστος
τιϑέναε.
ἡ τέκτουσα.
τιμᾶν
τὸ...
τράπεξα.
τρόπος
τροφός
τύραννοῦ
ager ὁβοίξειν
ς Ὕλη
ὑπόρφεν.
ὑπό .
ὑποβλέπειν
ὑπογράφειν
(φαίνεσθαι.
φάος.
. Register.
ον DI 277
u 106. 257. 265
ον. 210
π 72. 73. 110. 233
II 266
u 233
II 160. 178
II 125. 130
os.
δ ϑερεσῆαις
φϑονεῖν.
φέλιος
φίλτρον.
φοῖνιξ
χαέειν. ..
χαέρεεν λέγειν
χαλκοάρης.
ydaxeıv .
χάσμα
IV .
χορεύειν.
χόρτος
χρεῖοῦ
χρή - .- u
χρόνῳ, τῷ χρόνῳ
Druck von J. B. Hirschfeld in Leipzig.
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BAHR
τ ὦ ὦ
Π 176
u 40. 73. 111. 280
. ..... HI 278
8.5
᾿ 3. 6105 045 015 497
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CECIL H. GREEN LIBRARY
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