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Full text of "Herrn de la Cepede's Naturgeschichte der Amphibien, oder der enerlegenden vierfussigen Thiere und der Schlangen : Eine Fortsetzung von Buffon's Naturgeschichte"

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D u ee 2 : 


Fıba, 


HARVARD UNIVERSITY. 


LIBRARY 


OF THE 


MUSEUM OF COMPARATIVE ZOOLOGY 


[0.155° 


LIBRARY OF 


SAMUEL GARMAN 


NE 6, . 


Herrn De la Cepede's | 


Raturgeſchichte 
der Amphibien 


oder der eyerlegenden vierfuͤßigen Thiere 
und der Schlangen. 


Eine Fortſetzung von Buͤffon's Naturgeſchichte. 


Aus dem Franzoͤſiſchen uͤberſetzt 
und mit Anmerkungen und Zuſaͤtzen verſehen 


‚von 


Johann Matthaͤus Bechſtein. 


Erfer Band. 


Mit Kupfer n. 


Weimar, 
im Verlage des Induſtrie⸗ Comptoir's. 
„ 8 | 
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5 333 


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24 
9 


ort 


Gewidmet 


Herrn Profeſſor Schneider 
zu | 
Frankfurt an der Oder 


aus 
reinſter Hochſchaͤtzung und Dagkbarkzit 
fur das Licht 
das er uͤber die Naturgeſchichte der Amphibien 


verbreitet hat. 


N . 


A n. de i g e. 


Da der Graf von Buͤffon jetzt an 
der Geſchichte der Wallſiſche ſo wie an 
der Vollendung ſeiner Naturgeſchichte 
der vierfuͤßigen Thiere und Voͤgel ar⸗ 

beitet, und die allgemeine und beſonde⸗ 
re Naturgeſchichte beendigt zu ſehen 
wuͤnſcht, ſeine Geſundheit aber nicht 
verſtattet, daß er ſich mit allem De⸗ 
tail dieſes großen Werks, deſſen weit⸗ 
umfaſſenden Plan er init fo viel Geiſt 
entworfen, und deſſen wichtigſte Theile 
er mit ſo viel Ruhm ausgefuͤhrt hat, 
380 en Jet 


1 


ſelbſt befchäftigen kann, fo hat er mir 
die Bearbeitung der Naturgeſchichte 
der kriechenden Amphibien und Schlan⸗ 
gen uͤbertragen, die ich jetzt bekannt 
mache. Paris den 28. Auguſt 1787. 


Gr. De la Cepede. 


Aus⸗ 


Auszug 
aus den Negiſtern der koͤniglichen Akademie 
der Wiſſenſchaften von 25. Jul. 1787. 


Die Akademie hat die Herren Fou gero ux, 
Brouſſonnet und mich zu Commiſſarien er— 
nannt, um ihr einen Bericht uͤber ein Werk zu er⸗ 
ſtatten, unter dem Titel: Naturgeſchichte der 
vierfuͤßigen Amphibien vom Grafen de 
la Cepede. 

Der Verfaſſer giebt zu Anfange ſeines Werks 
eine methodiſche Ueberſicht von allen den Amphi⸗ 
bien, von welchen er handeln will.) Die Un⸗ 
terſcheidungskennzeichen, auf welche feine Einthei⸗ 
lung ſich gruͤndet, ſind in die Augen fallend, vom 
Clima und aͤußeren Zufaͤllen unabhaͤngig, bey bey⸗ 
den Geſchlechtern und in jedem Alter der Thiere 
die naͤmlichen, und aus der Unterſuchung und Ver« 
gleichung einer Menge von Exemplaren dieſer ver⸗ 

| 74 för je⸗ 
) Dieſe foll am Ende deſſelben folgen. B. 


4 


var. Auszug aus den Regiſtern 


ſchiedenen Thierarten, und den Beſchreibungen 
vieler Autoren hergenommen. 

Die ganze Ordnung der vierfuͤßigen Ampbi⸗ 
bien theilt der Verfaſſer in zwey große Claſ— 
ſen, davon eine die geſchwaͤnzten, die an⸗ 
dere die ungeſ chwaͤnzten vierfuͤßigen Amphi⸗ 
bien begreift. 

Die erſte Claſſe enthaͤlt zwey Gat⸗ 
tungen, die Schildkroͤten und die Eidech⸗ 
ſen, von denen erſtere ſich durch den feſten, knoͤ⸗ 
chernen Panzer unterſcheiden, welcher letztern fehlt. 

Da einige Schildkroͤtenarten in Bil 
dung und Lebensart merkliche Abweichungen zei⸗ 
gen, und der Herr Graf de la Cepede einige 
neue Arten beſchreibt, fo hat er für noͤthig gefun— 
den, ſie in zwey Abtheilungen zu ordnen, 
deren jede ihre feſten, leicht zu erkennenden Merk: 
male hat, ſo daß man die Arten, die zu einer 
oder der andern Abtheilung gehoͤren, ſchon an den 
Ruͤcken⸗ und Bruſtſchildern unterſcheiden kann. 

Die e r ſte Abtheilung der Seeſchildkroͤten 
enthält ſechs Arten, von denen zwey von den Reis 
ſebeſchreibern nur fluͤchtig erwaͤhnt werden. Der 
Verfaſſer nennt ſie die eee und die 

Nas⸗ 


der königl. Akademie der Wiſſenſchaften. v 


Nashorn ⸗Schildkroͤte. Die zweyte Ab- 
theilung, welche die Schildkroͤten, die auf dem 
Lande und in ſuͤßem Waſſer leben, begreift, ent- 
haͤlt achtzehn Arten, von denen vier noch unbe⸗ 
kannt waren, und die Namen Gelbe, Chagri- 
nirte, Roͤthliche und Schwärzliche ma 
kroͤte führen, - 

Weit zahlreicher als die Schildkröten ſind die 
Eidechſen, und ihre Bildung und Lebensart 
bieten eine groͤßere Mannigfaltigkeit dar. Der 

Verfaſſer fand daher noͤthig ſie in acht Abtheilun⸗ 
gen zu bringen. Die erſte enthält das eigentli- 
che Kroko dill, das ſchwarze Krokodil, 
den Gavial oder das Ganges-Kroko dill, 
das wenig bekannt war und deſſen Größe, Dil» 
dung und Aehnlichkeit mit den andern Krokodillen 
auseinandergeſetzt wird, und acht andere Eidechſen⸗ 
arten. Die zweyte Abtheilung enthaͤlt den Le⸗ 
guan, den Baſilisken und drey andere Arten. 
In der dritten findet man die gruͤne und 
graue Eidechſe nebſt ſechs andern Arten. 
In der vierten befindet ſich das Chamaͤleon 
und zwanzig andere Arten, davon zwey noch un⸗ 
bekannt waren. Der Verfaſſer hat ihre Amerika⸗ 
9. 72 niſchen 


17 Auszug aus den Regiſtern x 


kaniſchen Namen Mabuya und Mops: Ei- 
dechſe beybehalten. In die fuͤnfte Abtheilung 
kommen drey Arten, von denen eine, der Platt- 
kopf neu iſt. Die ſechſte Abtheilung enthaͤlt 
den Seps und die Chaleide. Den letzten 
Namen giebt der Verfaſſer einer ganz neuen durch 
ihre Bildung ſehr merkwuͤrdigen Eidechſe. In der 
ſiebenten Abtheilung ſteht der fliegende 
Drache allein; und die achte endlich enthaͤlt 
die Salamander — ſechs Arten, unter denen 
der Herr Graf zwey neue bekannt macht. 

Die zweyte Claſſe, das heißt die unge⸗ 
ſchwaͤnzten vierfuͤßigen Amphibien, behandelt der 
Verfaſſer unter drey Gattungen und unter- 
ſcheidet ſie durch leicht erkennbare und feſte aͤußere 
Merkmale, die er durch Vergleichung ihrer Bil⸗ 
dung mit den Abweichungen in ihrer Lebensart ge- 
funden hat. 5 

Die erſte Gattung enthaͤlt die Seöfäe, 
zmöff Arten; die zweyte den gruͤnen Laub⸗ 
froſch und die uͤbrigen Laubfroͤſche, ſieben Arten; 
und die dritte und letzte vierzehn Arten von 
Kröten. 


Der 


der k. Akademie der Wiſſenſchaften. xı 


Der Verfaffer hat nicht allein lebende Thiere 
beobachtet, und aufbewahrte Exemplare der mei⸗ 
ſten Arten, von denen er handelt, genau unter⸗ 
ſucht, ſondern auch die vorzuͤglichſten Beobachtun⸗ 
gen anderer Schriftſteller geſammelt, und eine 

Menge handſchriftlicher Bemerkungen von Natur⸗ 
forſchern benutzt, die groͤßtentheils die Gegenden 
bereiſt haben, welche vorzüglich das Vaterland der 
Amphibien ſind. 

Er hat gegen zwanzig neue Arten bekannt ge⸗ 
wach deren zum Theil noch nirgends Erwaͤhnung 
geſchehen war, oder die noch nicht ſorgfaͤltig ver- 
glichen und im Syſtem geordnet waren, und be⸗ 
ſchreibt im Ganzen hundert und dreyzehn Arten 
vierfuͤßiger Amphibien. 5 
| Sein Hauptaugenmerk geht auf Weretnfochn 
der Wiſſenſchaft und Verminderung der Menge 
willkuͤhrlich angenommener Arten. Er ſucht ſorg⸗ 
faltig den Einfluß des Clima's und die vom Al⸗ 
ter, Geſchlecht, und der Jahrszeit herruͤhrenden 
Abaͤnderungen zu beſtimmen, um nur nach den 
bedeutenden und bleibenden Unterſchieden die Ar⸗ 
ten zu trennen, und die Varietaͤten darunter zu 
ordnen. So giebt es manchen Artikel, wo der 

Ver 


R «i;) 
der in jedem Lande gewöhnlichen, als auch der ſy⸗ 


2 Auszug aus den Regiſtern 


Verfaſſer fuͤnf bis ſechs von andern Schriftſtellern 
fuͤr eigene Arten angeſehene Thiere, . wieder zuſam⸗ 
menſtellt. 

Jeder Artikel enthaͤlt ein Berzeichniß ſewohl 


ſtematiſchen Benennungen des Thiers und auch die 
Namen unter denen es bey den Reiſebeſchreibern 


U 


vorkommt. 7101 
Man findet in dem Werke Biss großen 


Anzahl von Thieren ihr Maaß und, die, Verhält- 


niſſe ihrer einzelnen Theile angegeben. Auf die 
Beſchreibung folgt die Erzaͤhlung ihrer Lebensart, 
ihr Wohnort, Paar⸗ und Legezeit, Zahl und Ge⸗ 
ſtalt der Eyer, Dauer des Wachsthums und Le⸗ 
bensdauer, Nahrungsmittel, Waffen u. ſ. w. 
Zur genaueren Kenntniß ſind die Aehnlichkeiten in 
der Geſtalt und Lebensart, ſowohl verwandter, als 
Thiere anderer Art angemerkt. Um Wiederholun⸗ 
gen zu vermeiden, ſind aber nur die hauptſächlich⸗ 
ſten Arten weitlaͤuftiger behandelt, bey den uͤbri— 
gen nur die Abweichungen gezeigt. | | 
Was jede Gattung im allgemeinen betrifft; | 
wird bey der Auseinanderſetzung ihrer eharakteriſti⸗ 


ſchen Zuͤge a ie und an der Spitze des 


ganzen 


der k. Akademie der Wiſſenſchaften. wu 


ganzen Werks ſteht eine Abhandlung uͤber die aͤu— 
ßern, und merkwuͤrdigſten Theile der innern Bil— 
dung der vierfuͤßigen Amphibien, worin ihre Le⸗ 
bensart mit der der andern Thiere verglichen wird, 
und welche die allgemeinen Reſultate der Beobach— 
5 tungen des Verfaſſers und eine Ueberſicht ihrer all⸗ 
gemeinen Aehnlichkeiten und Verhaͤltniſſe untekeln 
ander giebt. 

Am Ende des Werks beſchreibt der Verfaſſer 
zwey Thiere, die er zweyfuͤßige Amphibien | 
nennt, und die er zwiſchen die vierfüßigen Amphi⸗ 
bien und die Schlangen, deren Geſchichte er der 
Akademie gleichfalls vorlegen wird, in die Mitte 
ſtellen zu muͤſſen glaubt. Von der erſten dieſer 
beyden Thierarten hat noch kein Schriftſteller et⸗ 
was erwaͤhnt; es wurde aus Mexico mitgebracht; 
die zweyte iſt von Hrn. Pallas beſchrieben. Der 

Verfaſſer zeigt, daß fie nicht Mißgeburten feyn 
koͤnnen, weil man ſie in ihrem Vaterlande in 
Menge findet; auch zeigt er durch die Vergleichung 
des Mexikaniſchen Thiers mit den Eidechſen und 
Schlangen, daß es vermoͤge ſeines Schwanzes, 
und der Anordnung und Geſtalt ſeiner Schuppen 
mit keiner Eidere, auch nicht mit dem Seps und 
̃ der 


sr Auszug aus den Regiſtern 


der Chaloide mit denen ſeine ganze Geſtalt uͤbri⸗ 
gens die meiſte Aehnlichkeit hat, fuͤr einerley gehal⸗ 
ten werden kann; daß es alſo keine Mißgeburt 
oder verſtuͤmmelte Eidechſe iſt. Eben fo wenig 
kann es eine mißgebohrne Schlange ſeyn, und fei- 
ne Fuͤße koͤnnen nicht als zufaͤllige Auswuͤchſe an⸗ 
geſehen werden, weil ſeine Beine mit den Zehen, 
Naͤgeln und Schuppen, die vollkommenſte Sym⸗ 
metrie zeigen, und auch keine einzige bekannte 
Schlangenart in der Anordnung der Schuppen 
mit ihm uͤbereinſtimmt. Auch Herr Pallas hat 
in den Verhandlungen der kaiſerl. Akademie zu 
Petersburg bewieſen, daß das von ihm beſchriebe— 
ne Thier weder fuͤr eine monſtroͤſe Eidechſe noch 
Schlange angeſehen werden kann. 

Der Herr Graf de la Cepede zeigt in 
dem Artikel, wo er von dieſen Thieren handelt, 
daß die beyden von ihm beſchriebenen Arten aus— 
genommen, alle uͤbrigen bis jetzt fuͤr zweyfuͤßige 
Amphibien ausgegebenen Thiere nichts als Sala— 
manderarten? oder verſtuͤmmelte und mißgebohrne 
Eidechſen, z. B. Seps und Chaleiden gewe⸗ 
fen find, 


Die - 


der k. Akademie der Wiſſenſchaften. xy 


Die vorzuͤglichſten Arten jeder Abrheilung, 
1 beſonders die noch unbekannten, oder unvollkom⸗ 
men abgebildeten, ſind mit Abbildungen verſehen. 

Was die Exiſtenz der zweyfuͤßigen Amphibien 
betrifft, fo wagen wir darüber kein Urtheil zu faͤl⸗ 
len, und glauben, daß zahlreichere Beobachtungen 
und Belege noͤthig ſeyn duͤrften, um ſie als beſtaͤn⸗ 
dige Arten in das Syſtem der EN Br 
zunehmen. 

Das Werk des Grafen de la Cepede 
ſcheint uns mit vieler Sorgfalt und Einſicht abge- 
faßt zu ſeyn. Seine Beſchreibungen ſind deutlich 
und beſtimmt; die Charaktere der Claſſen, Gat⸗ 
tungen und Arten ſind gut aufgefaßt, und der hi⸗ 
ſtoriſche Theil iſt mit Kritik gemacht. Der Ver⸗ 
faſſer hat das langweilige und oft abſchreckende 
Detail durch feine angenehme Darſtellung anzie- 
hender zu machen geſucht. 

Wir glauben, daß dieſe Geſchichte der Am⸗ 
phibien verdient von der Akademie approbirt, und 
unter ihrem Privilegium gedruckt zu werden. 

Gegeben im Louvre den 25. Jul. 1787. 

D' Aubenton. Fougeroux de Bondaroy. 

Brouſſonnet. 


Ih 


xy Auszug a. d. Regiſtern d. k. Akademie. 


Ich beſcheinige, daß gegenwaͤrtiger Auszug 
dem Original und dem Urtheile der Akademie 
gleichlautend iſt. Paris den 29. Jul. 1787. 


9 


Unterzeichnet, Marquis de Condorcet. 


Vor⸗ 


Vorrede 
des Ueberſetzers. 


/ 


Aus dem vorſtehenden Urtheile und der 
Inhalts⸗Anzeige der Pariſer Akademie 
uͤber gegenwaͤrtiges Werk iſt erſichtlich, 
was der Leſer in demſelben zu ſuchen ha⸗ 
be. Es hat uns in der That in Deutſchland 
noch an einer Schrift gefehlt, in welcher 
der Naturfreund die Geſchichte der Am⸗ 
phibien ſo vollſtaͤndig finden koͤnnte, als 
es ihm wohl von andern Zweigen der 
Zoologie möglich iſt, und zwar mit einer 

Dela Cepedes Natg d. Amph. I. Bd. Dar⸗ 


xu Vorrede 


Darſtellung, welche ihm, da doch nun 


einmal die Amphibien theils als verſteckte 


und uͤberraſchende, theils als ungeſtalte⸗ 


te oder giftige Thiere fuͤr abſchreckend, 


ja eckel und ſchauerlich gelten, nicht nur 


die Vorurtheile, die mehrentheils in die⸗ 
ſen Vorſtellungen zum Grunde liegen, 
benimmt, ſondern auch ihre Kenntniß, 
als etwas angenehmes, ja anlockendes 
zeigt. Unſer Herr Verfaſſer hat dieß auf 
eine ſehr befriedigende Art gethan, und 
ſich hierin, ſo wie in der ganzen Behand⸗ 


lung feines Gegenſtandes als ein gluͤckli⸗ 


cher Nachahmer Buͤffons gezeigt, ja 


auch ſelbſt ſeine Schrift fuͤr eine Fortſez⸗ 
zung der Werke jenes unſterblichen Man⸗ 


nes angekuͤndigt. So wie jener nicht 
ſowohl fuͤr den eigentlichen gelehrten 
Kenner, als vielmehr fuͤr jeden Verehrer 


und Freund der Natur, für den gebilde⸗ 
ten Leſer aus allen Staͤnden ſchrieb, ſo 


auch Herr La Cepede. Es iſt daher 
dieß Werk ganz dazu geeignet, der Lieb— 


haber der BIER immer mehr zu mas 


chen 


I: 


v. 


ves Ueberſetzers XIX 


chen — es hat dieß in Frankreich gethan, 
und ich hoffe dieſe Ueberſetzung ſoll in 
Deutſchland ein Gleiches bewirken. 


Die Naturgeſchichte der Amphibien 
hat der Natur der Sache nach mit mehr 
Schwierigkeiten zu kaͤmpfen, als jeder 
andere Theil dieſer Wiſſenſchaft; daher 
denn auch noch die vielen Verwirrungen, 
Irrthuͤmer und Unrichtigkeiten, ja die 
geringe Bearbeitung dieſes Gegenſtan⸗ 
des. Wenn ſich in Deutſchland zu den 
ubrigen Zweigen der Naturforſchungen 
eine Menge Schriftſteller draͤngen, um 
ſie entweder aufzuhellen oder doch weiter 
zu verbreiten, ſo finden wir bey dieſem 
nur einen Merrem, Schneider und 
Schoͤpf, denen es vorzüglich darum zu 
thun war, Licht in dieß Dunkel zu brin⸗ 
gen. Und ſo iſt es von jeher allenthal⸗ 
ben geweſen. Es waͤre daher kein Wun⸗ 
der, wenn Herr la Cepede, da er ſo 
wenig vorgearbeitet fand, nicht alle die 

chien gehoben, nicht alle den 
l | ** 2 F. or- 


Br; Vorrede 


Forderungen ein Genuͤge geleiſtet haͤtte, 
wie es wohl mancher Syſtematiker und 
gelehrte Forſcher hie und da verlangen 
wird. Genug, daß er mehr gethan als 
alle ſeine Vorgaͤnger, und uns eine 

Schrift geliefert hat, welche ihrem In⸗ 
halte und Gehalte nach fuͤr den Kenner 
ſowohl als fuͤr den bloßen Liebhaber von 
Nutzen ſeyn muß, und welche ſo ganz da⸗ 
zu gemacht zu ſeyn ſcheint, die Kenntniß 
dieſes Theils der Naturgeſchichte immer 
ey zu verbreiten. 


Ich habe aus guten Gruͤnden der 
ache Ausgabe dieſes Werks gerade 
den Zufchnitt geben zu muͤſſen geglaubt, 
den die Ueberſetzung der Buͤffonſchen 
Saͤugethiere und Voͤgel vom Herrn Prof. 
Ot to hat, deren Fortſetzung ſie ſeyn ſoll. 
Auf eben dieſe Art ſind auch meine Be⸗ 
merkungen und die Zuſaͤtze in Hinſicht 
der Beſchreibungen und Abbildungen ein⸗ 
gerichtet. Ich habe dazu alles gefammelt, 
was mir, fern von großen Bibliotheken 

| und 


des Heberfeger® xx 


und Cabinetten, zu ſammeln möglich 
war, und diejenigen Berichtigungen und 
Verbeſſerungen beygefuͤgt, die ich ent⸗ 


weder durch Anſchauung und Verglei⸗ 
chung der natuͤrlichen Koͤrper in Cabinet⸗ 
ten oder der Natur ſelbſt oder durch 
die Schriften anderer, vorzuͤglich eines 
Schneiders mit Zuverlaͤßigkeit aufzu⸗ 


ſtellen im Stande war. Der Leſer wird 


alſo hier vieles weit vollſtaͤndiger, auch 


oft genauer finden, als in dem Originale 


ſelbſt, und ich kann noch uͤberdieß das 


ſchoͤne Verſprechen machen, daß mir 


7 


mein gelehrter und wuͤrdiger Freund, 
Herr Profeſſor Schneider zu Frank⸗ 
furt an der Oder die gegruͤndetſte Hoff⸗ 
nung gemacht hat, dieß Werk mit einem 


fuͤnften Bande zu vermehren, welcher 


nicht nur neue Abbildungen, Zuſaͤtze, 
Berichtigungen und Verbeſſerungen zu 
demſelben, ſondern auch eine kurzgefaßte 
Phyſtologie, eine neue ſyſtematiſche Auf⸗ 
ſtellung, und eine Synopſis der Amphi⸗ 
bien enthalten wird. Hierdurch ſollen 
| ns hoffent: - 


n VBortene des uebert 


hoffentlich die Wuͤnſche des deutſchen Le⸗ 
ſers ſo befriedigt werden, wie er es nur 


von einem noch ſo wenig bearbeiteten 
Bun verlangen kann. 


Waltershauſen bey Gotha, 
den 2. Febr. 180. 


— 


J. M. Bechſtein. 


Inhalt 
des erſten Bandes 


— 


Einleitung. Allgemeine Bemerkungen über 
die kriechenden Amphibien 73 


Schildkroͤ en. 35 
Meerſchildkroͤten: r. Niefen:, Schild: 


kroͤte 5 er 66 
2. Gruͤnſchaalige 5 107. 
3. Rarett: 75 ; 7 110 
4. Nashorn; ** ; 4 122 
5. Schieferartige : ; : 124 
6 Lederartige 198 
Fluß- und Landſchildkroͤten: 
4 Schlamm: Schildkröte 355 
Runde : : ur 154 
Br die Europaͤiſche Schildkroͤtde. 157 
f 9. Terrapin: Schildkröte PR 165 
Zufaß aus dem Schoͤpfiſchen Werke 166 
10. Schlangen: : s 25 171. 


Zufatz aus Schoͤpf 7 171 
11. Penſylvaniſche oder roͤthliche 178 


vn 


12. Scorpion; : 2 2 187 

13. Gelbe : | 190 

14. Beißige oder weiche 11 
Zuſatz: die große weichſchaalige Schild: 


kroͤte Bertrams 197 
„„ 152 


Inhalt 


| | Seite 
15. Breitrandige oder Griechiſche La Ce⸗ 


pedie's e 17 85 200 
Zuſatz: die breitrandige Schildkroͤre 
aus Schoͤpf 7 215 
Die Griechiſche Schildkroͤte 320 
16. Geometriſche . 229 
Zuſatz * A N. 233 
17. Rauhe e 4229 
18. Gezaͤhmte 2 241 
Zuſatz: die petſchirte Schildkroͤte Wat; 
baums s 4 42 
19. Gekielte : : 248 
20. Zwerg: oder karmoiſinrothe 2 250 
Zuſatz aus Edwards s 252 
21. Caroliniſche oder kurzſchwaͤnzige — 254 
22 Chagrinirte : s VE 256 
23. Kaſtanienbraune 3 7 2 2 s 9 
24. Schchorzliche : 2 2 260 
Anhang. 
Meerſchildkroͤten: 


*. Großfuͤßige Schildkroͤte : 2 2361 
2. Gefurchte 4 


2 8 266 
3. Japaniſche NN : 275 
Flußſchildkroͤten: : 5 277 
| 4. Weichſchaalige. } % 277 
* Dreykrallige 88 : 280 
** Knorpel⸗ : : 2 280 
5. Caſpiſche 1 : 283 
6. Gemahlte : : 4. 285 


7, Gehelmte : 5 ; 293 
| 8. Drey— 


Inhalt. REN 
wi... 


| Seite 

e . Dreykiel ige 9 297 
9. Charakteren g 19 302 
zo. Warzige REN | 304 
11. Aſchfarbige n 308 
12. Getuͤpfelte | 9% 4 310 
13. Flachkoͤpfige 2 314 
14. Schoͤne 2 Br 317 
15. Laͤnghaͤlſige 2 32 r 
Landſchildkroͤten: ; 2 322 
16. Doſen⸗ : : 325 
* Doſenſchildkroͤte Sch sp fs : 323 


5 ** Caroliniſche Schildkröte Edwards 329 
17. Spengleriſche : 24 332 
18. Gefranzte : 1 338 
19. Indiſche-Perraults 9 * 345 

* Indiſche Schildkroͤde Vos maers 344 


20. Sporn⸗ 1 ENT 346 
21. Getaͤfelte 4427 
22. Areolirte : : ? 355 

23. Zierliche : aan 361 

24. Platte : 1..28.:4..368 

25. Schuppige 1 - 365 

I Gopher : : 467 
Eidechſen. 


Eidechſen mit plattem Schwanze 
und fuͤnf Zehen an den Vorder⸗ 
fuͤßen: | 
1. Gemeines Krokodill . 

e Schwimmendes Krokodill — 423 
Erg 2. Schwar; 


\ 


zur? In bal t. 


. Echwetzes 8 : 425 
3. Gavial 19 1 
Zuſatze: Ganges Krokodil 4 431 
Kaiman ; — 128 

4. Schlenderſchwan 978 ; 443 


Zuſatze: Schleuderſchwanz des Seba 447 
Schleuderſchwanz des Feuille“e 448 


E 5. Drachenkopf 4 A 450 
; Zuſatz: Drachenkopf des Seba 453 

6. Warn Eidechſe 2 46⁰ 

7. Dornaugige * 467 

8. Gabelkoͤpſige 5 „5 

9. Breitzehige ! 473 

* Zweyfleckige N „ 474 

10. Doppeltkielige . 


Ei de ehfen mit einem runden 
Schwanze, fünf Zehen an je 
dem Fuße und einen Kamm 


ar ‚von aufgerichtesen Schuppen 
auf dem Ruͤcken: 

11. Leguan 3 : „ 486 
Zuſatz: Seba's Iguana 497 
12. Gehoͤrnte Eidechſe ; 499 
13. Baſilisk : · 50 
14. Amboiniſche Eidechſe 506 

Zuſatz: Amboiniſche Eidechſe Horn: 
ftedts a 410 
15. Fecht Eideche. ; 513 
16. Stachelkoͤpfige : ; 519 


Verzeichniß der Kupfer tafeln 


zum erſten Bande. 


Taf. I. Fig. r. Die Rieſenſchildkroͤte. 

Nach La Cepede Taf. J. gezeichnet, aber nach 
Schneider (Naturgeſchichte der Schildkröoͤ⸗ 
ten Taf. I.) verbeſſert. 

— — Fig. 2. Die Karett⸗ Schildkröte. 
af. HI. Fig. 2. Die Schteſerge rig Schilde 
kröte. 

Nach Schoͤp f, Taf. XVIII. A. 

— — Fig. 2. Die Leder: iter 

Nach La Cepede, Er III. 


Taf. III. Fig. z. Die Schlamm- Sgildtröte 

Nach La Cepede, Taf. IV. 

— — Fig. 2. Die runde Schildkroͤte. 
Nach La Cepede, Taf. V 


Nah IV. Fig. 1. Die Europaäͤiſche Schild 
kroͤte. 
Nach Schoͤpf, Taf. J. 


Kr 750 Verzeichnitz SEN 


Taf. VI. Fig. 10 Die Terrapin: e 0 
Rach Schoͤpf, Taf. XV. 


0 


— Taf. V. Fig. 1. Die Schlangen Schildkröte. 
Nach Schoͤpf, Taf. VI. 
m) jene 2. Die Penſylvaniſche Schild⸗ 
e 
Nach Schopf, Taf. XXIV. 


Taf. VI. Fig. 1. Die gelbe Schildkroͤte. 
Nach La 3 Taf. VI. 

Fig. Die beißige Schildkroͤte. 7 

1 La Ebbe Taf. VII. 


Daf. vun. 80 15 Die 3 Schild⸗ 


kroͤte. 
Nach La Cepede, Taf. VIII. 
Fig : Die Griechiſche Schildkröte. 


Nach Schopf, Taf. VIII. 


Taf. VIII. Fig. 1. Die Geometriſche Sum 
- | kroͤte. 
Nach La Cepede, Taf. IX. 
— — Fig. 2. Die rauhe Schildkröte. 
Nach La Cepede, Taf. X. 2 
Taf. IX. Fig. 1. Die petſchirte Schildkroͤte. 
Nach Walbaum's Chelonographie, S. 77. 
— — Fig. 2. Die chagrinirte Schildkroͤte. 
Nach La Cepede, Taf. XI. | 


* 


Taf. 


der Kupfertafeln. 5 * 


Taf. X. Fig. 1. Die Zwerg⸗Schildkroͤte. 
Aus Seligmanns Voͤgel VI. Taf. 99. 
— — Fig. 2. Die Caroliniſche Schildkroͤte 
Aus Seligmanns Voͤgel VI. Taf. 100. 


1 0 X. Fig. 1. Die kaſtanienbraune S 
kroͤte. 
Nach La Cepede, Taf. XII. 
— — Fig. 2. Die ſchwaͤrzliche Schildkröte. 
Nach La Er Taf. XIII. 5 


Taf. XII. Fig. r. Die Hu Shildfräte 
Nach Schoͤpf, Taf. VII. 
— — Fig. 2. Die weichſchaalige Schild⸗ 
kroͤte. 
9 7 Schoͤpf, Taf. XX. 


U 


Taf. XIII. Fig. 1. Die Caſpiſche Sener e = 


Aus S. G. Gmelins Reiſen. III. S. 59. Taf. 10. 

— — Fig. 2. Die Spengleriſche Sail 
kroͤte. 8 

Aus den Schriften der Berliner naturforſchen? 

den Geſellſchaft. VI. = 122. Taf. 3. 


Taf. XIV. Fig. 1. Die gefranzte . 
Aus Schoͤpf, Taf. XXI. 
— Fig. 2. Die Indiſche Schildkroͤte. 
2. Des Perraults. b. Des Vos⸗ 
. maers. 
Nach Schoͤpf, Taf. XXI. 


Taf. 


xxx Verzeich niß 


Taf. XV. Fig. r. Die gemahlte Schildkröte. 

. Nach Schoͤpf, Taf. IV. a 

— — Fig. 2. Die gehelmte Schildkroͤte. 
Nach Schöpf, Taf. III. Fig. r. 


Taf. XVI. Fig. 1. Die getaͤfelte Schildkröte, 
— — Fig. 2. Die dreykielige Schildkroͤte. 
Nach Schöpf, Taf. II. | 


Taf. XVII. Fig. 1. Die Charakteren Schild 
kroͤte. 
Nach Schopf, Taf. III. Fig. 4. 
— — Fig. 2. Die aſchfarbige Schildkröte. 
| Nach Schoͤpf, Taf. III. Fig. 2. 


Taf. XVIII. Fig. 1. Diegetäpfelte Schildkroͤte— 
Aus Seba Thesaur. tab. 80. 
— — Fig. 2. Die areolirte Schildkroͤte. 


Taf. XIX. Fig. 1. Die zierliche Schildkroͤte. 
Nach Schopf, Taf. XXV. Fig. r. 
— — Fig. 2. Die ſlachkoͤpge Schildkroͤte. 
Aus den Schriften der Berliner Geſellſchaft. X. 
S. 271. Taf. 7. 


Caf. XX. Fig. r. Die Sporn⸗Schildkroͤte. 
Nach Schneider Zool. Abh. S. 317. *) 

Taf. 

.) Im Zeh it Taf. XX. Fig. 1. bey der ſchönen Schild- 


£rdte eitirt. Herr D. Schoͤp f hat aber noch keine Ab⸗ 
bildung geliefert, | 


der Kupfertafeln. N 


Taf. XX. Fig. 2. Die Japaniſche Schildkröte, 

| Aus den neuen Schwedifchen Abhandlung. 1787. 

- 3. S. 192. Taf. 7. Fig. 1. 

Taf. XXI. Fig. 1. Die langhälfige Schildkröte. 

Shaw New Holland. N. II. Pl. VII p. 1g. 
— — Fig. 2. Die ſchuppige Schildkroͤte. 
Aus Bontius hist, nat. Indiae orientalis. V. 

30. p. 82. 


Taf. XXII. Fig. 1. Das gemeine Krokodil.) 
Nach La Cepede, Taf. XIV. 
— — Fig. 2. Das Ganges⸗Krokodill. 
Nach La Cepede, Taf. XV. 
| \ N 
Taf. XXIII. Fig. r. Das Amerikaniſche Kroko 
dil. | ; 
Nach Seba Thes. f. tab. 106, fig. 1. 
— — Fig. 2. Der Schleuderſchwanz. 
Nach Seba Thes. II. tab. 103. 


Taf. XXIV. Fig. r. Der Drachenkopf. 

Aus Seba Thes. I. tab. 101. fig. 1. 
— — Fig. 2. Die Warn; Eidedfe 
| Nach La Cepede, Taf. XVII. 


Taf. XXV. Fig. 1. Die dor naͤugige Eidechſe. 
Nach Seba Thes. I. tab. 109. fig. 4. 

— — Fig. 2. Die gabelkoͤpfige Eidechſe. 
Nach Seba Thes, I, tab. 109, fig, 5, 


Taf. 


1 


XXXII Verzeichniß d. Kupfert. 


1 XXVI. Fig. 1. Die zwey ſtecktge Eidechſe. 


Nach den neuen Schwediſchen 9 1784. 
. Taf. 4. 


— — Fig. 2. Die doppelkkielige Eidech fe | 


Nach La Cepede, Taf. XVI. 


190 Taf. XXVII. Fig. 1. Der Leguan. 


Aus Seba Thes. I. tab. 100. fig. 1. 
— — Fig. 2. Der Baſilisk. 
| Aus Seba Thes. I. tab. 100. fig. 1. 


Taf. XXVIII. Fig. 1. Die Amboiniſche Eidechſe. 

Aus den neuen Schwed. Abhandl. VI. 2. Taf. 5. 

— 75 Fig. 2. Die Fecht⸗ Eidechſe. 

„Aus La Cepede, Taf. XIX, 

— — Fig. 3. Die ſtachelkoͤpſige Eidechſe. 
Aus Seba Thes. I. tab. 107. fig. 1. 


? 


Natur⸗ 


Naturgeſchichte 
der | 
eyerlegenden vierfuͤßigen 
Thiere 
o der der 


kriechenden Amphibien. 


De la Cepede's Naturg d. Amph. 1. Bd. A 


5 4 


5 98 n 
. * 
r 5 
75 Y N 1 
NN 
wi; 7 


* 5 


— 


* 


Naturgeſchichte 
b der 
eyerlegenden vierfuͤßigen 
Thiere 
d der der 


kriechenden Amphibien 


Einleitung. 


Allgemeine Bemerkungen. =) 


Wee man einen Blick auf die unermeßliche 
Menge organiſcher lebender Weſen, die unſern 
A 2 Erd⸗ 


a) Für uns Deutſche ſind in Anſehung der * e⸗ 
meinen Eigenſchaften der Amphibien 
uͤberhaupt vorzuͤglich merkwuͤrdig die gelehrten 
Bemuͤhungen des Herrn Profeſſor Schneiders 
zu Frankfurt an der Oder — 1) in ſeiner Allg e⸗ 
meinen Naturgeſchichte der Schildkroͤ⸗ 
ten nebſt einem ſyſtematiſchen Verzeichniſſe der 

einzel⸗ 


2 Einleitung. 


Erdball bevoͤlkern und lebendig machen, fo fallen 
uns zuerſt die verſchiedenen Arten der Saͤugethiere 
5 und 


einzelnen Arten. Leipzig 1783. Mit deſſen zweyten 
Beytrag darzu. 1789. 2) Deſſen Amphibio- 
rum Physiologiae specimen I. et II. Trajecti 
ad Viadrum. 1790, et Züllichoviae 1797. 3) 
Deffen Historia Amphibiorum naturalis et 
litterariae. Fasciculus primus continens Ra- 
nas, Calamitas, Bufones, Salamandras et Hy- 
dras in genera et species descriptos notisque 
suis distinctos. Jenae 1797. Doch erſtrecken 
ſich dieſe allgemeine Bemerkungen, wie man es aus 
den Titeln der Schriften ſieht, bis jetzt bloß uͤber 
einzelne Theile der Amphibiologie, ſind eigentlich 
fuͤr den Naturforſcher von Profeſſion beſtimmt und 
wir erwarten daher noch eine zuſammenhaͤngende 
und vollſtaͤndige Einleitung in dieſen Zweig der Na⸗ 
turgeſchichte von dieſem erſten deutſchen Amphibio— 
logen. 

Zuſammenhaͤngend, aber zu kurz gefaßt findet 
man weiter die allgemeinen Eigenſchaften der Am— 
phibien: 1) In Hrn. Profeſſor Batſch's zu Se 
na Verſuch einer Anleitung zur Kenntniß und Ge 
ſchichte der Thiere und Mineralien. Jena 1788. 
S. 430 — 444. 2) In Herrn Hofrath Blu— 
menbachs Handbuch der Naturgeſchichte. te 
Auflage. Göttingen 1797. S. 220 — 230. 3) 
In meiner gemeinnuͤtzigen Naturgeſchichte des 
Sin: und Auslandes. I. Leipzig 1792. S. 557 — 
563. 1287 - 1293. 4) In Hrn. Aſſeſſor Bork⸗ 
hauſens zu Darmſtadt Verſuch einer Erklaͤrung 
der zool. Terminologie, Frankfurt am Main 1790. 
S. 136 — 165. Am vollſtaͤndigſten hat bis jetzt (auch 

mit Benutzung des La Cepediſchen Werkes) alles 
hierhergehoͤrige zuſammengetragen und geordnet: Hr. 
Rath Donndorf in feiner Fortſetzung von Goe: 

1 85 zes 


und Voͤgel in die Augen, deren Geſtalt, Le— 
bensart, Sitten und Betragen mein Vorgaͤnger, 
der Graf von Buͤffon in feinem bekannten un- 
ſterblichen Werke beſchrieben hat. Minder auf— 
fallend, aber nach ihnen im Range die naͤchſten, 
und jenen edleren Thieren durch ihren Bau, die 
Anzahl ihrer Sinne, die Waͤrme, die ſie belebt, 
und durch ihre Lebensart am aͤhnlichſten, ſind die 
eyerlegenden vierfuͤßigen Thiere 9). 

| A 3 Schon 


ze's Europaͤiſcher Fauna oder Naturgeſchichte der 
Europaͤiſchen Thiere, in angenehmen Gefchichten 
und Erzählungen. Siebenter Band. Leipzig. 
1797. B. | 
2) In verbis simus faciles, modo in re conveniamus 
kann man auch hier anwenden. Die Franzoͤſiſchen Na: 
turforſcher find gewohnt, wie die Alten, die e er ſt e 
Ordnung der Amphibien die ey⸗ 
erlegenden Quadrupeden oder eyerle 
genden vierfüßigen Thiere zu nennen.“ 
Bey uns iſt es nun einmal gewoͤhnlich, dieſelbe 
mit dem Namen der kriechenden Amphibien 
zu belegen. Wenn nicht unſer Herr Verfaſſer 
die beyden Ordnungen nach der Beſchreibung der 
allgemeinen Eigenſchaften getrennt haͤtte, ſo wuͤr— 
de ich kein Bedenken getragen haben, unſere deut— 
ſchen Ueberſchriften mit jenen zu vertauſchen, und— 
die Naturgeſchichte der Amphibien, worunter 
wir beyde Ordnungen der l eyerlegenden Qu a⸗ 
drupeden und der Schlangen begreifen, in. 
die beyden Ordnungen der kriechenden 
und ſchleichenden Amphibien einzutheilen. 
Es iſt freylich an dem, daß dieſe Thiere im aͤußern. 
und innern Koͤrperbau gar merklich voneinander 
ö ab⸗ 


6 Einleitung. 


Schon ihr Name kuͤndigt ihr Unterſcheidungsmerk⸗ 
maal von den Saͤugethieren an; welches in der 
Hervorbringung ihrer Jungen aus Eyern beſteht. 
Sie unterſcheiden ſich ferner durch den Mangel 
der Bruͤſte; und ſtatt des Haares haben ſie eine 
horn oder beinartige Bedeckung aus harten Schil⸗ 
den, ſcharfen Schuppen, und mehr oder weniger 
hervorſtehenden Buckeln, oder eine nackte mit 

Schleim 


abweichen, auf der andern Seite iſt es aber auch 
wieder eben fo ausgemacht, daß fie in vielen wer 
ſentlichen Stuͤcken miteinander übereintreffen, Nach 
der Syſtematik, woran wir Deutſche gewoͤhnt ſind, 
haͤtte alſo der Hr. Verfaſſer erſt eine allgemeine 
Beſchreibung der Amphibien uͤberhaupt, und 
dann die abgefonderte der zwey verſchiedenen 
Ordnungen liefern ſollen. Es herrſcht zwar, 
wie bekannt, bey dieſen verſteckten Thieren noch 
ſehr viel Dunkelheit ſowohl in Ruͤckſicht der allgemeinen 
Eigenſchaften der Thierordnungen ſelbſt als auch der 
Natur und Lebensart der einzelnen Gattungen und Ar⸗ 
ten derſelben. Allein über. jenes haben wir doch 
durch die Schriften eines Batſch, Blumen. 
bachs, Borkhauſens, Schneiders u. a. m. 
ſchon fo viel vorgearbeitet erhalten, daß wir Deutz 
ſche allerdings auch hierin ſchon um etwas weiter 
vorgeruͤckt find, als die Ausländer, Da dieſe Ue⸗ 
berſetzung aber keine Umarbeitung des Plans ſelbſt 
erlaubt, ſo muͤſſen wir allerdings diejenigen, welche 
die Geſchichte der Amphibien unter einen mehr 
allgemeinen Geſichtspunkt gefaßt haben 
wollen, vorzuͤglich auf jene, oben angegebene, Schrif: 
ten verweiſen, wo ſie alles zuſammen finden werden, 
was zur allgemeinen Ueberſicht der Amphibien ges 
hoͤrt und bis jetzt bekannt iſt. B. 


Einleitung. 7 


Schleim uͤberzogene Haut. Sie kriechen mehr 
als ſie gehen und ſtrecken ihre Fuͤße nicht, wie die 
Saͤugethiere aus, ſondern tragen ſie gebogen und 
vom Koͤrper wegwaͤrts, ſo daß ihr Leib ſich nur 
ſehr wenig über den Boden erhebt. ©). 


A 4 Dieſe 


5) Der Verfaſſer ſetzt noch hinzu: x 

„C'est ce qui les a fait comprendre sous 
la denomination general de Heptiles, que 
nous ne leur donnerons cependant pas, et 
qui ne doit appartenir qu’auxserpens et aux 
animaux qui presqu’entierement depouryus 
de pieds ne changent de place qu'en appli- 
quant leur corps meme a la terre.“ (Zu 
deutſch: Man begriff ſie deshalb unter dem 
allgemeinen Namen der kriechenden Thie⸗ 
re, der ihnen uͤbrigens nicht zukommt, und den 
wir den Schlangen und denjenigen Thieren bey— 
legen werden, die ganz ohne Fuͤße ſich mit ihrem 

Körper unmittelbar auf der Erde forthelfen müf: 

ſen.) 
und citirt dazu in der Note D' Aubenton sur les 
Quadrupedes ovipares et les serpens in der 
Encyclopedie methodique. 

Da wir aber ſelbſt die Benennung kriechende 
Amphibien mit angenommen haben, theils weil ſie 
in Deutſchland allgemein angenommen iſt, theils fuͤr 
die Ueberſetzung bequemer war, als die Benennung 
eyerlegende vierfuͤßige Thiere, die Schlan: 
gen uͤberdem in dem Syſtem durch die Benennung 
ſchleichende Amphibien hinlaͤnglich davon 
unterſchieden find, fo haben wir kein Bedenken ger 

tragen dieſe Stelle in der Ueberſetzung des Textes 
ſelbſt wegzulaſſen. B. 


8 Einleitung. 


Dieſe Thiere find nicht fo zahlreich, als die 
uͤbrigen vierfuͤßigen Thiere. Wir kennen nur 
hundert und dreyzehn Arten, dahingegen Buͤf— 
fon und D' Aubenton die Geſchichte von mehr 
als dreyhundert Saͤugethieren beſchrieben haben. 
Es iſt uͤbrigens ſchwer ſie alle zu zaͤhlen, und noch 
ſchwerer nur die wirklich exiſtirenden zu zaͤhlen ohne 
falſche Arten zu machen; denn es giebt vielleicht 
keine Thierclaſſe auf die die Reiſenden weniger aufe 
merkſam geweſen wären, als die Amphibien. Ges 
woͤhnlich haben fie auf ſehr unbeſtimmte Erzaͤhlun— 
gen und einer fluͤchtigen Beobachtung ihnen neue, 
oft uͤbelpaſſende Namen gegeben, ſich ſelten genau 
genug von allem unterrichtet, und ſo oft mehrere 
Arten mit einem und eine Art mit mehreren Na— 
men belegt. Wie viele abgeſchmackte Maͤhrchen 
hat man nicht von dieſen Thieren geglaubt, weil 
man ſie gewoͤhnlich nur in der Entfernung ſah, 
ſie nur um abentheuerlicher und uͤbertriebener Be— 
ſchreibungen willen aufſuchte, ſie wirklich einige 
ganz beſondere Eigenſchaften beſitzen, und bey ſel— 
tenen und entfernten Gegenſtaͤnden leicht die Ein— 
bildungskraft ins Spiel kommt, die ſie verſchoͤnert 
und umſchafft, 4). Wie ſelten haben fi) die Rei— 
ſenden um die beſonderen Kennzeichen und die 

Haupt⸗ 


d) Ein Verzeichniß aller wahren und abgeſchmack⸗ 
ten Eigenfchaften, die man dieſen Thieren beylegte, 
kann man bey Conrad Geßnern de Quadrup. 
ovip, finden. 


Ein leitung. 9 


Hauptzuͤge jeder Art bekuͤmmert! wie felten geben 
ſie uns eine genaue und richtige Beſchreibung der 
Geſtalt, der Sitten und Eigenheiten derſelben! 
Als ich mir vornahm uͤber die Geſchichte der 
kriechenden Amphibien einiges Licht zu verbreiten, 
unterſuchte ich nicht allein forgfältig und beſchrieb 
auf das genaueſte eine anſehnliche Menge dieſer 
Thiere, welche ſich in dem Cabinette des Koͤnigs 
befanden, das mir zu dieſem Behuf offen ſtand, 
und von denen mehrere den Naturforſchern noch 
unbekannt waren; ich ſammelte nicht allein alle 
bis jetzt bekannt gewordenen Beobachtungen uͤber 
dieſe Thiere, und verband damit die Beobachtun— 
gen, die mir ſonſt von lebenden Individuen ver⸗ 
ſchiedener Arten mitgetheilt waren, oder die ich 
ſelbſt zu machen Gelegenheit hatte; ſondern ich 
verglich auch dieſe Schilderungen mit der Einrich⸗ 
tung der verſchiedenen Thiere ſelbſt, mit ihren an⸗ 
erkannten Eigenſchaften, mit dem Einfluſſe des 
Klima's, und vorzuͤglich mit den großen phyſiſchen 
Geſetzen, die die Natur nie widerruft: — und 
nur erſt nach dieſer angeſtellten Vergleichung glaub⸗ 
te ich uͤber die Wahrheit mehrerer erzaͤhlter That— 
ſachen entſcheiden, und beſtimmen zu koͤnnen, ob 
man fie als die beſtaͤndigen Reſultate der Organi⸗ 
ſation einer ganzen Art oder als voruͤbergehende 
Erſcheinungen eines individuellen Inſtinets anſehen 
duͤrfe, der durch zufaͤllige Urſachen vervollkommnet 
oder geſchwaͤcht wird. 
A 5 Aber 


r Einleitung. 


Aber ehe wir uns mit den Eigenheiten der ver⸗ 
ſchiedenen Arten ins beſondere beſchaͤftigen, wollen 
wir einen Blick auf dieſe Thierordnung 
im allgemeinen werfen, und auf ihr von der 
Sonnenhitze beguͤnſtigtes Klima, wo die groͤßten 
dieſer Geſchoͤpfe von der ihnen nothwendigen Wäre 
me der Athmoſphaͤre belebt werden; einen Blick 
auf das alte Egypten, das periodiſch von den 
Fluten eines maͤchtigen Stromes bewaͤſſert wird, 
deſſen Ufer weit mit feuchtem Schlamm bedeckt 
der Natur und der Lebensart dieſer Thiere einen 
fo angemeſſenen Wohnplatz gewähren; die Baͤu— 
me, die Waͤlder, ſelbſt die Monumente und die 
ſtolzen Pyramiden dieſes Landes liefern uns beſon⸗ 
dere Arten dieſer Thiere. Wir wollen einen Au⸗ 
genblick Afrika's heiße Kuͤſten betrachten, die 
brennenden Geſtade am Senegal und Gam— 
bia, die waſſerreichen Kuͤſten der neuen Welt, je⸗ 
ne tiefen Einficdelegen, wo dieſe Amphibien Waͤr⸗ 
me, Feuchtigkeit und Ruhe genießen; die ſchoͤnen 
Gegenden des Morgenlandes, die die Natur 
mit allen ihren Erzeugniſſen bereichert hat; alle 
die Inſeln, welche von den Meeren des heißen 
Erdguͤrtels beſpuͤlt werden; — dann wollen wir 
in Gedanken alle die Amphibien um uns verfam- 
meln, welche jene Erdſtriche bevoͤlkern, um ſie 
durch die Vergleichung deſto beſſer kennen zu lere 
nen. 


Zuerſt 


Einleitung. 5 11 


Zuerſt die Schildkroͤten, die in ihrem 
innern Baue den Saͤugethieren am aͤhnlichſten 
ſind, die Bewohner der Seekuͤſten ſowohl, als 
die, welche in ſuͤßem Waſſer, in Wäldern, und ers 
habenern Gegenden wohnen; dann die ungeheu⸗ 
ren Crocodile, welche die Gewaͤſſer großer 
Ströme bevoͤlkern, dieſe Rieſen an der Spitze der 
Legionen von Eidechſen, einer Gattung ſo man⸗ 
nigfaltig in ihrem Farbenſpiel, ihren Organen und 
ihrer Größe, die von der Länge einiger Zolle durch 
alle Stufen bis zu der Groͤße von 25 bis 30 
Fuß abwechſelt; endlich auch die kleinern Arten 
dieſer Geſchoͤpfe, welchen die Natur den Schlamm 
ihrer Moröfte zur Grenze beſchied, um überall das 
Bild des Lebens und der Bewegung anſchaulich 
zu machen. Trotz aller Verſchiedenheit in ihrer 
Bildung gleichen ſich alle dieſe Thiere untereinan⸗ 
der, und unterſcheiden ſich von den uͤbrigen durch 
auffallende Merkmaale und Eigenſchaften. Wir 
wollen damit anfangen dieſe Unterſcheidungskenn⸗ 
zeichen aufzuſuchen, und zu ſehen, welchen Grad 
des Lebens und der Thaͤtigkeit die Natur dieſen 
Bere beſchied. 

Die Thiere unterſcheiden ſich von den Pflan⸗ 
zen, und noch mehr von der rohen Materie, im 
Verhaͤltniß der Anzahl und der Thaͤtigkeit der 
Sinne, mit denen ſie verſehen ſind, und die, je nach⸗ 
dem fie fie für die Eindruͤcke der äußeren Gegen⸗ 
ſtaͤnde mehr oder weniger empfaͤnglich machen, ſie 

mit 


12 | Einleitung. 


mit ihnen hinwiederum mehr oder weniger in Ver⸗ 
bindung ſetzen. Um den Platz zu beſtimmen, den 
die eyerlegenden Quadrupeden auf der unermeßli⸗ 
chen Leiter der Dinge einnehmen, muͤſſen wir die 
Anzahl und die Stärke ihrer Sinne kennen ler- 
nen. ö 

Den Sinn des Geſichts haben dieſe Thiere 
allgemein. Die meiſten haben ſogar ziemlich auf- 
fallende und nach Verhaͤltniß ihres Förperlichen 
Umfangs ſehr große Augen. Da ſie groͤßten⸗ 
theils die Seekuͤſten und die Ufer der Stroͤme in 
dem heißen Erdſtrich bewohnen, wo die Sonne 
beynah nie durch Wolken verſchleyert iſt, und wo 
die Lichtſtralen von den Waſſerflaͤchen und den 
Sandufern beſtaͤndig zuruͤckprallen, ſo muͤſſen ihre 
Geſichtswerkzeuge ſtark ſeyn, um nicht geſchwaͤcht, 
und durch den beſtaͤndigen Lichtſtrom zerſtoͤrt zu 
werden. Ihr Auge muß alſo ziemlich ſcharf ſeyn, 
und man bemerkt wirklich, daß fie die Gegenftän- 
de in weiter Entfernung entdecken. ). Ueberdem 
5 beweiſt 


) Die Erfahrung in der freyen Natur) belehrt mich 
faſt taͤglich, daß nicht der Sinn des Geſichts, fon: 
dern das Gehoͤr, wenigſtens in der Weite, der 
ſchaͤrfſte bey dieſen Amphibien zu ſeyn ſcheine. Wer 
der Froſch, Eidechſe noch Kroͤte ꝛe. bemerkt einem fo 
wie der Haſe zuerſt durchs Geſicht, und wenn man 

faſt vor ihnen ſteht; allein durchs Gehör werden fie 
einen ſogleich gewahr und entfliehen ſobald ſie das 
geringſte Geraͤuſch bemerken. Die beſondere inne: 

5 h te 


Eiuleitung. 13 


beweiſt noch, bey mehreren unter ihnen, eine beſon⸗ 
dere Bildung ihres Auges die Zartheit und Reiz- 
barkeit dieſes Organs. Ihre Augen ſind beynah 
durchgehends, wie bey den Vögeln, mit einer Nick— 
haut verſehen, und ein großer Theil von ihnen, 
fo wie die Krocodille und die übrigen Eidechſen ha⸗ 
ben noch dazu die Faͤhigkeit ihren Augenſtern, ſo 
wie die Katzen, zu vergroͤßern und zu verkleinern, 
um gerade die noͤthige Menge von Lichtſtralen aufs 
zufaſſen , und dem übrigen Lichte, das dem Auge 
nur ſchaden würde, den Eingang zu verwehren. F) 
Dadurch unterſcheiden ſie die Gegenſtaͤnde ſowohl bey 
dunkler Nacht als beym hellſten Sonnenlichte; ihr 
Auge iſt alſo ſehr ſcharf, und um deſto feiner, da 
es nie durch zu vieles Licht geblendet wird. 


Wenn 


re Einrichtung des Auges dieſer Thiere ſcheint vor⸗ 
zuͤglich Bezug auf ihren Aufenthalt und die Naͤhe 
der Gegenſtände, die ſie angehen, zu haben. Die 
Amphibien entfliehen daher ihrem entfernten Fein⸗ 
de niemals durchs Geſicht, ſondern bloß durchs Ge: 
hoͤr. Froͤſche, Kroͤten, Eidechſen, Schlangen, und 
Schildkroͤten werden daher von Raubvoͤgeln, Raub: 
thieren und Menſchen gar zu leicht erſchlichen, und 
wenn der Menſch bey einem Vogel oder Säugethie: 
re der Flinte noͤthig hat, um ſich deſſelben zu bemaͤch⸗ 
tigen, fo iſt bey dieſen bloß ein Blasrohr und Rus 
the u. ſ. w. nöthig. B. | 


f} Man fehe die Naturgeſchichte und Beſchreibung 
der Katze beym Herrn Grafen von Buͤffon und 
D Aubenton. 


4 Einleitung · 


Wenn alle Sinne dieſer Thiere die naͤmliche 
Staͤrke haͤtten, ſo wuͤrden wir ihnen eine große 
Reizbarkeit nicht abſprechen koͤnnen, aber ihr Ge⸗ 
hoͤr iſt unſtreitig viel ſchwaͤcher als bey den Saͤu⸗ 
gethieren und Vögeln. 8) Ihr inneres Ohr hat 
nicht alle die Theile, aus welchen die Gehoͤrwerk⸗ 
zeuge der beſſer organiſirten Thiere zuſammengeſetzt 
find, „) eben fo wenig kann man ſagen, daß die 
Einfachheit dieſes Organs durch eine groͤßere Em⸗ 
pfindlichkeit erſetzt waͤre; es iſt von wenigem Um⸗ 
fange und wenig entwickelt. Ueberdem wuͤrde 
auch eine groͤßere Feinheit ſchwerlich den Mangel 
aͤußerer Ohren erſetzen, welche den Schall, wie 
ein Brennſpiegel die Lichtſtrahlen, auffaſſen, und 
ſo verſtaͤrkt zu dem innern Sitze des Gehoͤrs lei⸗ 
ten. ) Die kriechenden Amphibien haben ſtatt 
der aͤußeren Ohren nichts als kleine Oeffnungen, 
welche dem Schalle den Zugang nur ſchwach ge⸗ 
ſtatten. H. Es laͤßt ſich daraus leicht ſchließen, 

daß 


8) Dieß wohl; allein im Verhaͤltniß gen ihr So 
ſicht, wie ich glaube, ſchaͤrfer. B. 
A) Man vergleiche damit die Abhandlung von Vie g⸗ 
d'Azyr über die Gehoͤrwerkzeuge in den Me 
| moires de l’Academiede 1778. La Cep. — Fer⸗ 
5 ner uͤber dieſen Gegenſtand in Ruͤckſi Ex der Schild⸗ 
kroͤten. Schneider a. a. O. S. 15 B. 
) Muſchenbroek phyſikal. Versuche. 
) Auch dieſe find ja gewöhnlich nicht offen, ſondern 
K mit einer duͤnnen Haut bedeckt, welche aber, ſo wie 
ein Raſonanzboden den Schall verſtärken muß. In⸗ 
wendig 


Einleitun g. A 5 


daß ihr Gehoͤr bey weitem nicht ſo ſcharf als ben 
den Saͤugethieren ſeyn kann; auch iſt ein großer 
Theil von ihnen beſtaͤndig ſtumm, oder ſie geben 
nur einen heißern unangenehmen und unreinen 
Laut von ſich, )) und auch daraus laͤßt ſich ſchlie. 
ßen, daß ſie die Eindruͤcke koͤnender Koͤrper nicht 
rein und ſcharf erhalten; denn die Gewohnheit 
ſtets rein und ſcharf zu hoͤren, hat auch bald einen 
Einfluß auf die Reinheit der durch die eigenen Or⸗ 
gane hervorgebrachten Toͤne. Man wird viel- 
leicht den Einwurf machen, daß bey den mei⸗ 
ſten dieſer Thiere, die Stimmorgane zu man⸗ 
gelhaft ſind, um Toͤne, und vollends deutliche 
Toͤne oder eine Art von Sprache hervorzubringen; 
aber gerade dieß iſt ein Beweiß mehr von der 
Schwaͤche ihres Gehoͤrs, das bey einem geringen 
Grade von Empfindlichkeit den Mangel guter 
Stimmorgane gewiß fühlen würde, =) 
x Ihren Geruch darf man fih eben fo wenig 
ſehr fein vorftellen. Die Thiere, bey welchen er 
| am 


wendig am Gaumen befinden ſich vielmehr bey den 
Schildkroͤten und Froͤſchen zwey Spalten, die zu 
den Gaͤngen des Gehoͤrs gehen und vielleicht daſſelbe 
befoͤrdern helfen. S. Schneider a. a. O. B. 
2 Manche einen ſehr reinen, ſogar pfeifenden z. B. 
die Feuerkroͤte u. ſ. w. Von der Stimme der Froͤ⸗ 
ſche u. ſ. w. ſ. Schneider Hist, amph. Fasc. r. 
p- 104, und Amph, Physiol. Spec. bs: 23. B. 
m) S. Vieg -d Azyrs Abhandlung uͤber die Stim⸗ 
men der Thiere in den Memoires de Academie 


de 1779. 


16 Einleitung. 


am ſtaͤrkſten iſt, ertragen im allgemeinen ungern 
ſehr ſtarke Gerüche, und wenn fie ihnen lange aus- 
geſetzt find, fo ſtumpft ſich ihr Organ ab und ver— 
liert ſeine Reizbarkeit. Aber der groͤßte Theil die⸗ 
ſer Thiere lebt mitten in dem Moder ſchlammiger 
Ufer, deren Geruch die Luft verpeſtet, und in den 
Moraͤſten voll verweſender und verweſter organi⸗ 
ſcher Koͤrper; einige von ihnen verbreiten ſelbſt, 
wenn fie in Haufen beyſammen find, einen hefti⸗ 
gen Geruch. Der Sitz des Geruchs iſt auch bey 
ihnen, das Krokodill ausgenommen, ſehr wenig merf- 
lich, und ihre Naſenloͤcher find wenig geöffnet. *) 
Da uͤbrigens die Naſe unter ihren aͤußern Theilen 
immer noch der empfindlichſte iſt, und die Nerven, 
die dorthin laufen, bey vieleu von ihnen von au« 

K ßeror⸗ 


n) Bey den Voͤgeln hat das naͤmliche ſtatt, und doch 
riechen ſie ſehr weit. Es kommt hier auf die inne⸗ 
re Geruchsorgane an, welche bey dieſen Thieren 
gewoͤhnlich vollkommen ſind; ſo haben z. B. die 
Flußſchildkroͤten zwey Naſenhoͤhlen voll feiner übers 
einander liegender Blaͤtter, zwiſchen welchen ſich die 
Geruchswarzen ausbreiten. Auch hat die weich— 
ſchaalige Schildkroͤte u. f. w. hervorſtehende Naſen— 
röhren. Mir ſcheint auch der den Geruch abſtuͤm— 
pfende Aufenthalt dieſer Thiere keinen Beweiß von 
der Stumpfheit des Sinnes zu ſeyn, indem ſich 
aus eben dem Grunde ja gerade das Gegentheil 
beweiſen läßt. Das Auffuchen beyder Gatten zur 
Paarungszeit ſcheint auch bey vielen einen ſehr gur 
ten Geruch zu verrathen, B. 


Einleitung. 17 


ßerordentlicher Stärfe find o), fo dürfte unter ih- 
ren Sinnen der Geruch immer noch den zweyten 
Platz einnehmen. 

Der Geſchmack muß bey den Amphibien 
noch viel ſchwaͤcher ſeyn, denn er richtet ſich nach 
der Reizbarkeit des Organs, wo er ſeinen Sitz 
hat, und wir werden weiter unten bey der Be— 
ſchreibung einzelner Arten ſehen, daß ihre Zunge 
im allgemeinen klein oder mit Schleim uͤberzogen, 
und ſo gebaut iſt, daß ſie ſchwerlich die Eindruͤcke 
ſchmackhafter Körper durchlaͤßt. >). 

Ihr Gefuͤhl muß noch ſtumpfer ſeyn. Bey⸗ 
nah alle ſind mit harten Schuppen, mit einer 
bornartigen Schaale, Decke und mit feſten Schil⸗ 
den bekleidet, und koͤnnen daher durch das Gefuͤhl 
wenig deutliche Eindruͤcke erhalten. Bey den 
| meiſten 


0) Memoires pour servir à Ihistoire naturelle 
des Animaux Article: La Tortue de terre de 
Coromandel. 

p) Hier ſindet wohl ein großer Unterſchied ſtatt. So 
ſind z. B. die Zungen der Schildkroͤten meiſt fo be 
ſchaffen wie die von andern Thieren, ſind musku⸗ 

los, mit einer drüßigen Haut umkleidet, und haben 
meren, die nichts anders als Nerv: Enden 
ſind. Da ihre Nahrunsmittel einfacher ſind und 
ihre Wahl in der Speiſe noch forgfaͤltiger als bey 
manchen vierfuͤßigen Thieren und Voͤgeln geſchieht, 
ſo iſt auch daraus bey vielen auf einen 2 Geſchmack 
zu ſchließen. ſ. Schneider a. a. O. S. 226 
u. f. B. 5 


De la Cepedes Natg. d. Amph. I. Bo B 


i 


18 Einleitung. 

meiſten find die Zehen verwachſen, fo daß fie fie 
nur mit Mühe auf der Oberfläche der Koͤrper feſt— 
ſtellen koͤnnen, und bey einigen Eidechſen, deren 
Zehen ſehr lang und ſehr getrennt ſind, iſt wieder 
der untere Theil oft mit harten Schuppen beſetzt, 
die dem Gefühle faſt undurchdringlich werden. 

Die eyerlegenden Quadrupeden ſind alſo in 
der Anzahl der Sinne den edleren Thieren zwar 
gleich; aber das Geſicht ausgenommen, ſind ihre 
Sinne alle, in Vergleichung mit den lebendig ge= 
baͤhrenden, ſo ſchwach, daß ſie eine bey weitem klei⸗ 
nere Anzahl ſinnlicher Eindruͤcke erhalten muͤſſen, 
daß ihre Communication mit aͤußeren Gegenſtaͤn⸗ 
den weder ſo haͤufig noch ſo vollkommen ſeyn kann, 
und daß fie auch innerlich weder fo häufig noch 
mit der Kraft geruͤhrt werden koͤnnen; daraus enf« 
ſteht dann auch die Kaͤlte ihrer Leidenſchaften, die 
Art von Traͤgheit, ihr unentwickelter Inſtinet und 
die unbeſtimmten Begierden, die man bey vielen 
Arten dieſer Thiere antrifft. 

Vielleicht reicht die Schwaͤche ihrer Sinne 
ſchon hin, ihre innere Organiſation fo zu 
modificiren, daß die Geſchwindigkeit der Bewe— 
gungen gemaͤßigt, der Umlauf der Säfte langfa- 
mer gemacht, die Reibungen und alſo auch die in« 
nere Waͤrme, welche durch die Bewegungen des 
Lebens erzeugt wird und fie wiederum erhält, ver⸗ 
mindert wird; vielleicht iſt aber auch im Gegen— 
theile die Schwaͤche ihrer Sinne rn eine Folge 

von 


‚Einleitung. 19 
von der geringen Wärme dieſer Thiere. Dem ſey 
wie ihm wolle, ſo viel iſt wenigſtens gewiß, daß 
ihr Blut viel kaͤlter iſt, als bey den Saͤugethie— 
ren. Zwar fehlt es uns noch an genauen Beo— 
bachtungen uͤber die innere Waͤrme der Krokodille, 
der groͤßern Schildkroͤten, und anderer auslaͤndi⸗ 
ſcher Amphibienarten; doch laͤßt ſich mit Wahr- 
ſcheinlichkeit vermuthen, daß fie nicht bey allen Ara 
ten die naͤmliche iſt, da ſie unter verſchiedenen 
Graden der Breite wohnen, und da ausgemacht 
iſt, daß fie uͤberall einen geringeren Grad der Waͤr⸗ 
me beſitzen, als die uͤbrigen vierfuͤßigen Thiere und 
inſonderheit die Voͤgel. Sie wuͤrden ſonſt nicht 
bey einem Grade von Kaͤlte erſtarren, der weder 

bey den Saͤugethieren noch bey den Voͤgeln eine 
Veraͤnderung hervorbringt. 

Die Maſſe ihres Bluts iſt ebenfalls 
geringer. Haſſelquiſt zergliederte 1751 zu 
Cairo ein Krokodill und ſagt, daß aus der gro⸗ 
ßen Pulsader, als fie zerſchnitten war, nur we⸗ 
nig rothes duͤnnes Blut (sang fleuri et appauvri) 
floß. Die Gefäße der Lunge, der Muskeln und 
alle uͤbrigen enthielten beynah gar kein Blut. Die 

Maſſe dieſer Fluͤßigkeit iſt alfo bey den Krokodillen 
verhaͤltnißmaͤßig nicht ſo groß als bey den Saͤuge⸗ 
thieren, man findet dieß auch bey allen uͤbrigen 
Amphibien. 7) Eine Quantitaͤt Blut braucht 

B 2 eine 
7) Reife nach Palaͤſtina von Fr. Haffelguift, Mit⸗ 
blied der Akadem. zu Stockholm. S. 346. 


20 Einleitung. 

eine betraͤchtliche Zeit ehe es auf ſeinem Kreislaufe 
einmal durch die Lunge kommt; denn eine Schild— 
kroͤte, deren Lunge geoͤffnet und an mehreren Stel— 
len zerſchnitten war, der man die Pulsader, welche 
von dem Herzen zur Lunge fuͤhrt, unterbunden 
hatte, lebte dennoch noch vier Tage. Die Lunge 
der Amphibien ſcheint uͤberdem kein Blut, als was 
zu ihrer Erhaltung noͤthig iſt, aufzunehmen. ) 
Da ſie von der athmoſphaͤriſchen Luft, welche in 
die Lunge kommt, viel ſeltener erfriſcht und belebt 
wird als bey den Saͤugethieren, ſo iſt ſie dichter, 
die Bewegung, die ſie empfaͤngt und mittheilt, ſind 
viel langſamer, und oft ſogar unmerklich. Daß 
der Kreislauf des Bluts bey vielen Amphibien, z. 
B. bey den Froͤſchen viel langſamer ſey als bey den 
Saͤugethieren und bey den Voͤgeln, wußte man 
ſchon lange. Innere und aͤußere Urſachen verei- 
nigen ſich alſo, um die innere Thaͤtigkeit der Am⸗ 
phibien geringer zu machen. ). 

Das Knochengeruͤſt der eyerlegenden vierf⸗ 
ßigen Thiere iſt einfacher als bey den lebendig gebaͤh⸗ 
renden. Mehrere Ade fo wie die Salaman⸗ 

der, 


r) engine pour servir à Histoire nnn e 
de animaux. art. de la Tortue de Coroman- 
el 

) Wer über dieſen Gegenſtand, über Lunge, Herz, 
Blut und deſſen Umlauf eine genauere und voll- 
ſtandigere Beſchreibung verlangt, den verweiſe ich 
auf Hrn. Prof. Schneiders allgem. N. G. der 

Schildkroͤten von S. 207 — 285. B. 


Einleifung. 21 


der, Froͤſche, Kroͤten, Laubfröfche haben keine Rippen. 
Der Hals der Schildkroͤten hat zwar acht Wirbel— 
beine, aber bey allen Eidechſen, das Krokodill ausge— 
nommen, das ſieben hat, findet man nie mehr als 
vier, und allen Amphibien ohne Schwanz fehlen 
ſie ganz; da man bey allen Voͤgeln wenigſtens 
eilf, und bey allen Saͤugethieren wenigſteus ſieben 
zaͤhlt. ). Ihr Darmkanal iſt viel kuͤrzer, bleibt 
ſich in der Weite mehr gleich, und iſt weniger ge— 
kruͤmmt; 1) die fluͤßigen ſowohl als die trockenen 
Exkremente haben einen gemeinſchaftlichen Aus— 
gang. Eidechſen, Froͤſche, Kroͤten, und Laubfrö- 
ſche haben alle keine eigentliche Blaſe. !) Merk: 
wuͤrdig iſt es, daß ſie hierin nicht allein mit dem 
Biber, der einen großen Theil ſeines Lebens im 
Waſſer wohnt, ſondern auch mit den Voͤgeln 
878 Aehn⸗ 


t) Meine Beobachtungen über den Knochenbau der 
Amphibien ſtimmen in dieſer Rückſicht mit dem 
uͤberein, was der beruͤhmte Anatomiker Camper 
mir in einem Briefe vom 2gten Aug. 1786 daruͤ— 
ber mittheilte. La C. — Man vergleiche hieruͤbet 
Hrn. Schneiders N. G. der Schildkroͤten S. 
56 u. f. und ferner S. 1 u. f. 

a) Von dem Magen und Daͤrmen der Schildkröten. 
f: en G. der Schildkröten. S. 93. 
u. f 5 

x) Von den Nieren, der Harnblaſe und den Harn: 
gaͤngen der Schildkroͤtenarten findet man das merk⸗ 
wuͤrdigſte bey Herrn Schneider a. a. O. S. 116 
u. f. und von den Harnblaſen der Froͤſche, Beſchreit 
bung und Abbildung in dem beruͤhmten Röfek 
ſchen Werke von den Froͤſchen. 


22 Einleitung. 
Aehnlichkeit haben, die ein ganz anderes Element 
bewohnen. - 8 

Das Herz der kriechenden Amphibien Y) iſt 
klein, und hat nur eine Kammer, dahingegen die 
Menſchen, die Saͤugethiere, das Wallfiſchge⸗ 
ſchlecht und die Voͤgel deren zwey haben. Sie 
haben in Vergleich mit den Saͤugethieren wenig 
Gehirn. ) Ihr Athemholen iſt ſehr un⸗ 
regelmaͤßig; oft ſehr lange und in ſehr ungleichen 
Zwiſchenraͤumen ausgeſetzt. 4) 5 

Es herrſcht daher in den verſchiedenen Prin⸗ 
zipien der zum Leben nothwendigen Bewegungen 
eine große Einfachheit, die ſowohl in den erſten 
Triebfedern, als in ihren Wirkungen ſichtbar iſt. 
Die Federn in der Maſchine ſind ſparſamer ange⸗ 
bracht. Bey mehrern kriechenden Amphibien 
ſcheinen Theile an den Abſonderungswerkzeugen zu 
fehlen, die Abſonderung muß alſo auf eine einfa— 
chere Art geſchehen; 5) man bemerkt in mancher 
Ruͤckſicht weniger Anhaͤnglichkeit der verſchiedenen 
Theil⸗ 


Y Vom Herzen der Schildkroͤten. f. Schneiders 
N. G. der Schildkr. S. 233. B. 

2) Vom Gehirn der Schildfröten. ſ. Schneider 
a. a. O. S. 285. . 

a) Memoires pour serv.-a I'Hist. natur, des 
anim, Art, de la Tort. de Coromandel. 

5) ©. Anatomifche Bemerkungen (Observata ana- 

tomica) von Gerard Blaſius. S. 65, auch 

die Memoires pour serv. a I Hiss. nat. Art. 
de la Tortue de terre, du Crocodile, du Ca- 
meleon, du Tokai (Gecko), de la Salamandre. 


Einleitung. 23 


Theile voneinander, deßwegen iſt auch ihre Ein— 
wirkung aufeinander geringer, die Mittheilung 
unvollkommener, die Bewegung langſamer, und 
die Reibung ſchwaͤcher. Eine Menge Urſachen, 
warum dieſe Maſchinen einfoͤrmiger, und der Zer— 
ſtoͤrung weniger ausgeſetzt ſind, das heißt, warum 
in ihnen die Bewegungen des Lebens, deſſen Trieb- 
federn in einen weiterem Raume verbreitet ſind, 
nicht fo. leicht gehemmt werden koͤnnen, wenn fie 
nicht von mehreren Punkten zu gleicher Zeit ange⸗ 

griffen werden. | 
Diefe beſondere Organiſation der Eriechenden. 
Amphibien gehoͤrt mit unter die Urſachen ihrer ge⸗ 
ringen Reizbarkeit; und ſollte nicht die Kaͤlte ihres 
Temperaments noch durch die Verwandſchaft ihrer 
Beſtandtheile mit dem Waſſer vermehrt wer⸗ 
den? — Denn ſie ſuchen nicht allein aus Man- 
gel an innerer Wärme das Sonnenlicht, ſondern 
ihr liebſter Aufenthalt ſind auch, einer natuͤrlichen 
Verwandſchaft wegen, warme Suͤmpfe und Mo⸗ 
raͤſte. Naͤſſe in Verbindung mit Wärme, hilft 
ſtatt ihnen zu ſchaden, vielmehr zu ihrer Entwicke⸗ 
lung, vergroͤßert ihren koͤrperlichen Umfang, 
dringt in die Gefaͤße ein, und vermiſcht ſich mit 
ihren Beſtandtheilen. Daß die waͤſſerigen Theile, 
mit denen ſie angefuͤllt ſind, kein aufgedunſtes We⸗ 
ſen, keine ſchaͤdliche Anſchwellung oder mehr Krank⸗ 
heit als wirkliches Wachsthum ſind, beweiſt ſich 
hinlaͤnglich dadurch, daß fie nicht allein, wenn ihr 
B 4 Koͤrper 


24 Einleitung. 


Koͤrper von der Feuchtigkeit, in der ſie leben, 
durchdrungen iſt, keine von ihren weſentlichen Ei— 
genſchaften verlieren, ſondern, daß ihre Repro— 
ductionskraft in dem Grade zunimmt, als ſie mit 
warmen Waſſertheilen, die mit ihrer Natur ſo 

verwandt ſind, angefuͤllt ſind. 
Dieſe Uebereinſtimmung ihrer Natur mit dem 
Waſſer beweißt, wie ſehr ihre Lebensbewegungen 
an mehreren voneinander unabhaͤngigen Triebfedern 
haͤngen. Ein ſolcher Ueberfluß an Feuchtigkeit iſt 
unſtreitig Maſchinen ſehr nuͤtzlich, deren innere 
Bewegungen oft zuruͤckgehalten werden, ohne voͤl⸗ 
lig zu ſtocken, in denen die Weichheit der Beſtand⸗ 
theile ohne Nachtheil die Mittheilung der Kräfte 
vermindern kann, und deren Glieder mehr grobe 
Beſtandtheile, die nur den Raum ausfüllen, als 
thaͤtige, feiner organiſirte Theile noͤthig haben. 
Bey Körpern hingegen, die mit einer vollen Le= 
benskraft begabt find, deren Fortdauer eine gewiſ⸗ 
fe Geſchwindigkeit der innern Bewegungen, eine groͤ⸗ 
ßere Schnellkraft der einzelnen Theile, eine ſchnel⸗ 
lere Mittheilung aller äußern Eindruͤcke durch das 
Ganze verlangt, die gewiſſermaßen weniger Nah⸗ 
rung als aͤußere Anſtoͤße noͤthig haben, die mehr 
belebt als angefuͤllt ſeyn wollen; bey dieſen Koͤr⸗ 
pern wuͤrde ein Ueberfluß von waͤſſeriger Subſtanz 
ihren Untergang nach ſich ziehen. Deßwegen ar— 
teu die edferen Thierarten fo leicht an Strandlän« 
dern aus, wo ungeheure Wälder die Duͤnſte auf⸗ 
en 


Einleitung. 25 


halten und verdichten, wo eine Menge niedriger 
kriechender Pflanzen auf dem ſchlammigen Boden, 
die Feuchtigkeit zuruͤckhalten, daß die Winde ſie 
nicht zerſtreuen koͤnnen, wo die Sonnenwaͤrme, 
die einen Theil dieſer waͤſſerigen Duͤnſte erhebt, 
nur die Athmosphaͤre noch mehr mit ihnen ſchwaͤn— 
gert, und ihren ſchaͤdlichen Einfluß weiter verbreis 
tet und vervielfacht. Den Inſekten hingegen 
ſchadet die Feuchtigkeit ſo wenig, daß ſie gerade 
an moraſtigen, von dem Meere kaum verlaſſenen 
Ufern, die beſtaͤndig in dicke Nebel und in Wolken 
von Dunſt gehuͤllt ſind, an koͤrperlichem Umfange 
gewinnen, und mit viel lebhafteren Farben ſpie⸗ 
fen. ©) | 

So wenig alfo in mancher Ruͤckſicht die Eries 
chenden Amphibien von der Natur beguͤnſtigt zu ſeyn 
ſcheinen, ſo haben ſie doch noch weſentliche Vorzuͤge 
vor andern zahlreichen Thierklaſſen, und fie ver- 
dienen unſere Aufmerkſamkeit um deſto mehr, da 
ſich aus ihrer Natur, die gewiſſermaßen das Mit- 
tel zwiſchen den hoͤheren und niedern Klaſſen der 
lebenden organiſirten Koͤrper haͤlt, die Beziehung 
einer betraͤchtlichen Menge von wichtigen Erfah— 
rungen auf einander ergiebt, welche auf den erſten 
Blick keinen Zuſammenhang zu haben ſcheinen, 


deren Gruͤnde und deren Verbindung man aber | 


B 5 durch 


e) Bey den Sumpf- und Waſſervoͤgeln muß es 
wohl gleiche Beſchaffenheit haben. B. 


26 Einleitung: 


durch die Zuſammenſtellung derſelben leicht entdek⸗ 
ken wird. | 

Nicht alle Gattungen dieſer Thiere haben ih⸗ 
ren erſten angewieſenen Wohnplatz im Waſſer. 
Mehrere von ihnen wohnen in trocknen und erha— 
benen Gegenden, in Felſenhoͤhlen, oder mitten in 
den Waͤldern, und klettern behend auf die aͤußer⸗ 
ſten Zweige der hoͤchſten Baͤume; aber beynah al— 
le ſchwimmen und tauchen ſehr gut, weßwegen ih⸗ 
nen auch mehrere Naturforſcher den allgemeinen 
Namen Amphibien geben. Doch befindet ſich 
keins unter ihnen, das nicht genoͤthigt waͤre von 
Zeit zu Zeit an das Waſſer zu kommen, in wel— 
ches ſie ſich ſo gern eintauchen. | 
Alle Thiere, welche Blut haben, müffen ath⸗ 
moſphaͤriſche Luft athmen, und daß die Fiſche ſich 
lange auf dem Grunde des Meers und der Stroͤ— 
me halten koͤnnen, kommt bloß daher, weil fie be⸗ 
ſondere Werkzeuge haben, die im Waſſer befindli- 
che Luft davon zu ſcheiden, oder fie zu ihren Blut— 
gefäßen zu führen. Die Amphibien find alſo ge— 
noͤthigt, zuweilen Athem zu holen; 4) die Luft 
Mg 

* 

d) Viele Amphibien ſcheinen bey ihrem Athemholen 
nicht wie der Menſch und die vierfuͤßigen Thiere 

an ein gewiſſes Zeitmaaß gebunden zu ſeyn; allein 
ein langſames Athemholen, wie man gewöhnlich 
glaubt, kommt ihnen, wenigſtens im wachenden Zus 


ſtande nicht zu. Froͤſche und Eidechſen haben naͤm⸗ 
* lich, 


Einleitung: | 27 


dringt in ihre Lunge, erfriſcht ihr Blut, obgleich, 
wie ſchon oben bemerkt iſt, ſeltener, als bey den 
Saͤugethieren, vermindert die Dicke dieſer Fluͤßig⸗ 
keit, und unterhaͤlt ihren Kreislauf. Die Am- 
phibien ſterben daher aus Mangel an Luft, wenn 
ſie zu lange unter dem Waſſer bleiben; und nur 
in ihrem Winterſchlafe ſcheinen fie das Athemho— 
len eine lange Zeit entbehren zu koͤnnen; weil zu 
der geringen Bewegung, die ihr Blut in dem Zu— 
ſtande ihrer Erſtarrung zu haben braucht, keine 
große Fluͤßigkeit deſſelben noͤthig iſt. 

Die kriechenden Amphibien ſind bey ihrem 
Mangel an heftigen Leidenſchaften, in ſich ſelbſt 
weniger bewegt, und weniger thaͤtig nach außen, 
daher gegen Gefahren geſicherter als andere Thie— 
re. Sie ſetzen ſich ihnen weniger aus, weil ſie 
weniger heftige Triebe haben; uͤberdem find Ber 

ſchaͤdigungen bey ihnen von geringer Bedeutung. 
Sie koͤnnen betraͤchtliche Theile ihres Koͤrpers, zum 
Beyſpiel den Schwanz oder die Fuͤße verlieren, 
ohne daß ihr Leben dadurch in große Gefahr 
kommt. ) Einige von ihnen erhalten ihre verlor» 
nen 


lich, wie ſchon der Augenſchein ſogleich lehrt, in 
einer Minute weit mehrmalen Athem als irgend 
ein Saͤugethier. B. 

e) S. Plinii Hist. nat. Lib. 2. Cap. 3, und] weis 
ter unten den Artikel Plattſchwaͤnziger Su 
lamander (Salamandre'a, queue plate). 3 

| In 


28 Einleitung. 


nen Glieder wieder, f) vorzüglich wenn die Waͤr⸗ 
me der Athmoſphaͤre dieſe Reproduction befördert; 
und was denen, die nur nach dem urtheilen, was 
fie gewöhnlich vor Augen haben, noch wunderba— 
rer vorkommen muß: es giebt Amphibien, die ſich 
noch eine lange Zeit bewegen, nachdem man ihnen 
die zum Leben unentbehrlichſten Theile genommen 
bat; die Schildkroͤten leben noch mehrere Tage, 

| wenn 


In dem koͤniglichen Kabinette befindet ſich 
eine große Eidechſe von der Art, die ich die Dra— 
chenköpfige (Dragone) genannt habe, welche 
nur drey Pfoten hat. Die eine verlor fie wahr: 
ſcheinlich durch einen Zufall, als das Thier ſchon 
erwachſen war, denn die Narbe iſt ziemlich groß. 
Hr. de la Borde, koͤniglicher Arzt zu Cayenne und 
Correſpondent des koͤniglichen Kabinets 
ſandte ſie aus Suͤdamerika. Er fand eben da noch 
eine Eidechſe von einer anderen Art, die auch nur 
drey Pfoten hatte. Er erwaͤhnt ihrer in einer 
Sammlung von neuen und interreſſanten Beobach— 
tungen, die er uͤber die Naturgeſchichte von 

| Südamerika herauszugeben Willens iſt. 
Man leſe die 2 Abhandlungen des Hrn. Bonnet 
im Journal de Physique November 1777 und 
Januar 1779. La Cep. — Ferner: Hrn. Hof: 
rath Blumen bachs Specimen physiol. com- 
Paratae inter animalia calidi et frigidi sangui- 
nis im VIII. B. den Comment. soc. reg, scient, 
Goetting. und deſſen Handbuch der N. G. ste Tafel 
S. 29. Hr. Blumen bach exſtirpte faſt das ganze 
Auge eines Sumpffalamanders (Laerta la- 
custris) und binnen 1o Monaten war es ganz 
wieder reproducirt. ſ. auch Schneider Amph. 

Physiol. Spec. I. p. 9. B. | 


Einleitung | 29 


wenn man ihnen gleich den Kopf abſchneidet; 8) 
die Froͤſche ſterben nicht ſogleich, wenn man ihnen 
gleich das Herz ausgeſchnitten hat, und ſchon ſeit 
Ariſtoteles Zeiten weiß man, daß das Herz ei⸗ 
nes Cameleons noch eine Weile ſchlaͤgt wenn man 
ihn ſecirt hat ). Sollte dieſe merkwuͤrdige Er⸗ 
ſcheinung nicht hinlaͤnglich beweiſen, wie wenig die 
verſchiedenen Theile der Amphibien von einander 
abhängen. ). Sie beweiſt nicht allein, daß ihr 
Nervenſyſtem bey weitem nicht in der genauen 
Verbindung miteinander ſteht, wie bey den Saͤu⸗ 
gethieren, weil man die Nerven des Kopfs von 
denen trennen kann, die im Ruͤckenmark entſprin⸗ 
gen, ohne daß das Thier ſogleich ſtirbt, oder auch 
nur in den erſten Augenblicken viel zu leiden ſcheint; 

| | ſon⸗ 


g) S. weiter unten den Artikel Griechiſche Schild⸗ 
kroͤten. La Cep. — Siehe auch Schneiders 
N. G. der Schildkr. S. 286 und 292. B. 
A) S. Conr. Geßners Thierbuch. ates Buch 
von den Amphibien S. 5. Ausgabe von 1554. 
1) Ich habe fo eben eine gemeine Flußſchild⸗ 
kroͤte (Testuda europaea, Schneider) vor mir, 
deren Hinterleib mit Beinen und Schwanz ſchon 
ſeo abgeſtorben, abgewelkt, und in Faͤulniß! uͤberge⸗ 
gangen iſt, daß er abſcheulich ſtinkt, dahingegen die 
vordern Theile, Hals und Vorderfuͤße ſich noch leb— 
haft bewegen, ſogar die geſchloſſenen Augen bey 
einer heftigen Erſchuͤtterung ſich noch etwas 
oöoffnen. Das Abſterben, welches ſchon 14 Tage 
gedauert hat, ſchreibe ich den Zupfen der Kinder 
auf et Trocknen an Schwanz und Hinterfuͤßen 
zu. RE TER san AR 


30 Einleitung. 


ſondern daß auch ihre Blutgefaͤße nicht in der ge⸗ 
nauen Verbindung miteinander ſtehen, weil ſonſt 
da, wo die Pulsadern zerſchnitten ſind, alles 
Blut ausſtroͤmen, und das Thier ſogleich ſterben 
wuͤrde. | 
Alles dieß verträgt ſich ſehr gut mit der Lange 
ſamkeit und der Kaͤlte des Bluts der Amphibien, 
und man darf ſich nicht daruͤber wundern, daß ſie 
nicht allein nicht augenblicklich ſterben, ſobald ihr 
Kopf vom Rumpfe getrennt iſt, ſondern daß ſie 
auch noch mehrere Tage leben koͤnnen, ob ſie gleich 
die Werkzeuge zu ihrem Unterhalte verlohren has 
ben. Sie koͤnnen ihre Nahrung lange entbehren, 
und man weiß, daß Schildkroͤten und Krokodille 
uͤber ein Jahr ohne Nahrung dahingebracht ha⸗ 
ben. 0) 

Die meiſten kriechenden Amphibien ſind mit 
Schuppen oder einer hornartigen Bedeckung vers 
ſehen, und die Ausduͤnſtung ſchraͤnkt ſich daher 
nur auf einige Stellen ihres Koͤrpers ein; da ſie 
nun noch dazu kaltes Blut haben, ſo verlieren ſie 
ſehr wenig von ihrer Maſſe und duͤrfen auch weni⸗ 
ger wieder erfegen. Bey ihrer geringen Waͤrme 
erleiden ſie nie eine ſolche Austrocknung, die bey man⸗ 
chen Saͤugethieren einen brennenden Durſt erzeugt; 
und ſie haben nicht noͤthig ihre innern Gefaͤße, die 
nie ſehr erhitzt werden, durch haͤufiges Trinken an⸗ 

| zu⸗ 


Y S. die einzelnen Artikel ihrer Geſchichte. 


Einleitung. 31 


zufriſchen. Plintus und andere alte Naturfor⸗ 
ſcher haben ſchon die Bemerkung gemacht, daß 
die Thiere, die nicht ſtark ausduͤuſten, und nur eine 
geringe innere Wärme haben, ſehr wenig Nah- 
rung zu ſich nehmen. Wirklich ſteht auch der Ab⸗ 
gang an Kraͤften beſtäͤndig mit ihrem Widerſtande 
in Verhaͤltniß; der Widerſtand Hänge von der groͤ⸗ 
ßern oder geringern Reibung ab, dieſe wieder von 
der Geſchwindigkeit der Bewegungen, die ihre 
Grund in der innern Waͤrme hat. 

Ob aber gleich die kriechenden Amphibien 1 
liche Verletzungen und Stoͤße, die nur einzelne 
Theile treffen, leicht ertragen, ſo unterliegen fie 
doch bald anhaltenden aͤußeren Angriffen, die ihr 
ganzes Syſtem zu gleicher Zeit treffen, weil ſie ih⸗ 
nen nicht genug innere thaͤtige Kraft entgegenſezs 
zen koͤnnen. Da einer geringen innern Waͤrme 
nichts mehr entgegen iſt, als aͤußere groͤßere oder 
geringere Kaͤlte, ſo iſt es nicht zu verwundern, daß 
die Amphibien in einer mehr kalten als gemaͤßig⸗ 
ten Athmoſphaͤre nicht mehr ausdauern koͤnnen. 
Deßwegen trifft man die groͤßten Amphibienarten, 
Schildkroͤten, Krokodille, nur in dem heißen Erd- 
guͤrtel, oder doch nur in den zunaͤchſt angrenzenden 
Laͤudern, ſowohl der alten als neuen Welt, und 
dieſe größern Arten find nicht allein der heißen Zo- 
ne beynah ausſchließlich eigen, ſondern je weiter 
ſich Individuen oder Spielarten davon in weiter 
von dem Meauator Bene Laͤnder verlieren, und 


je 


32 ; Einleitung. 


je höher und feuchter, folglich auch je kaͤlter fie 
ſind, deſto kleiner werden ſie verhaͤltnißmaͤßig. In 
den heißen Laͤndern ſind die Krokodille groͤßer und 
zahlreicher als in den andern 2), und wenn zuwei⸗ 
len eine Ausnahme ſtatt findet, daß näher am Ae⸗ 
quator wohnende Thiere kleiner ſind, als die in 
Ländern von größerer Polhoͤhe, wie das in Ame⸗ 
rika der Fall iſt, ſo iſt entweder die Bevoͤlkerung 
des Landes oder Verfolgung Schuld, daß ſie nicht 
die zu ihrem voͤlligen Wachsthum noͤthige Ruhe 
und Nahrung finden. 

Die Waͤrme der Luft iſt den fintechenien Amphi⸗ 
bien ſo noͤthig, daß wenn in den an die heiße Zone 
graͤnzenden Laͤndern die kalte Jahrszeit eintrit, ſie 
alle ihre Thaͤtigkeit verlieren, ihre Sinne matt wer— 
den, ihr Blut noch kaͤlter wird, ihre Kraͤfte ſchwinden, 
und fie begierig dunkle Schlupfwinkel, Felſenhoͤh⸗ 
len, Sumpfloͤcher aufſuchen, und ſich im Schilf 
und dem Geſtraͤuch der Ufer verſtecken, um ſich ge⸗ 
gen die Kälte zu ſchuͤten, und den Funken der Le— 
benswaͤrme, der ſchon im Erloͤſchen iſt, noch eini— 
ge Augenblicke laͤnger zu erhalten. Aber die zu— 
nehmende Kaͤlte uͤbereilt ſie dennoch in ihren 
Schlupfwinkeln, die ſie gewoͤhnlich in tiefen Waͤl— 
dern oder an unzugaͤnglichen Kuͤſten haben, um 
ſich den Nachſtellungen ihrer Feinde zu entziehen, 
ind die ſie a der Zeit, wo e huͤlflos und erſt arrt 

liegen 


E Catesby nat. Hist. of Carolina, II. 63. 


Einleitung. | 33 


liegen, eine gefundene Beute ſeyn wuͤrden. Dort 
liegen fie in einem tiefen Schlafe, oder vielmehr 
in einem todesaͤhnlichen Zuſtande, und ihre Erſtar— 
rung iſt ſo groß, daß kein Geraͤuſch, kein Stoß, 
ſelbſt Wunden ſie nicht aufzuwecken im Stande 
ſind. In dieſer gaͤnzlichen Empfindungsloſigkeit 
bringen fie die kalte Jahrszeit hin, wo fie von ei⸗ 
nem Thiere nichts als die Geſtalt an ſich haben, 
und nur noch gerade ſo viel innere Bewegung, um 
die voͤllige Aufloͤſung des Koͤrpers zu verhindern, 
die bey organiſirten Körpern allemal auf einen voͤl⸗ 
ligen Stillſtand der Maſchine erfolgt. Man ent⸗ 
deckt nur wenige matte Merkmaale der Bewegung, 
die noch in ihrem Blute iſt, die aber deſto langſa⸗ 
mer ſeyn muß, da fie durch keinem Athemzug an 
geregt oder erhalten wird. Denn gewoͤhnlich fin— 
det man ſie im Schlamme oder laͤngs den hohlen 
Ufern der Stroͤme erſtarrt, wo das Waſſer oft 
uͤber ſie hertritt, und wo ſie folglich lange ohne ei⸗ 
nen Athemzug zubringen muͤſſen, und dennoch bey 
dem erſten warmen Fruͤhlingstage wieder zum 
Vorſchein und ins Leben zuruͤckkommen. 

Die kriechenden Amphibien ſind nicht die ein⸗ 
zigen Thiere, welche unter gewiſſen Graden der 
Breite des Winters erſtarren; die ſchleichenden oder 
die Schlangen und die Schaalenthiere thun das 
naͤmliche, ſogar edlere Thiere, wie die Murmel⸗ 
thiere, Siebenſchlaͤfer, Hamſter, Fledermaͤuſe, 
Igel, fallen in einen jährlichen Winterſchlaf, der 

De la Cepedes Natg. d. Amph. I. Bd. C aber 


34 Einleitung. 


aber unſtreitig nicht fo feſt ift als bey den Amphi⸗ 
bien. Da ihre Maſchine reizbarer iſt als der 
obengenannten kriechenden und ſchleichenden Am— 
phibien und Schaalenthiere, ſo behalten ſie mehr 
inneres Leben, das Athemholen hoͤrt trotz ihrer 
Erſtarrung nie ganz auf, und ſchon dieß, ſo 
ſchwach es auch ſeyn mag, erhaͤlt doch die innere 
Bewegungen beſſer im Gange. 

Wenn zuweilen im Winter warme Tage ein— 
fallen, ſo erwachen die Amphibien mehr oder we— 
niger aus ihrem Schlafe m); haͤlt nun die Witte 
rung an, ſo iſt es leicht zu erklaͤren, wie Reiſende 
an gelinden Wintertagen in einigen Ländern Kro— 
kodille in ihrer vollen Lebhaftigkeit finden und 
dann zu voreilig behaupten konnten, daß ſie dort 
nie erſtarrten. Zuweilen kann die Beſchaffenheit 
ihrer Nahrungsmittel die jaͤhrliche Erſtarrung ver— 
hindern. Erhitzendere, kraͤftigere (plus jsubstan- 
tielle) Nahrungsmittel vermehren die Spannkraft 
ihrer veſten Theile, die Maſſe ihres Bluts und 
den Kreislauf ihrer Saͤfte, ſo daß alsdann die da— 
durch hervorgebrachte groͤßere innere Waͤrme den 
Mangel der aͤußern erſetzen kann. 

Die Amphibien liegen oft ſechs Monate und 
drüber in dieſem todesaͤhnlichen Zuſtande, dennoch 
bekommen beym Erwachen ihre ſchlummernden 
f Kraͤf⸗ 

m) Beobachtungen über das Luiſi aniſche Kroko— 


dill vom Hrn. de la Coudrenier. Journal 
de Physique, 1782. 


Einleitung. 35 
Kraͤfte alle ihre vorige Thaͤtigkeit wieder. Man 
hat zuweilen, wie wir weiter unten ſehen werden, 
Waſſerſalamander erſtarrt in den Eisſtuͤcken ge⸗ 
funden, die man im Sommer von Eisbergen hol— 
te, wo fie wahrſcheinlich eine geraume Zeit einge 
ſchloſſen waren; aber ſobald das Eis ſchmolz und 
die Waͤrme ſie aufthaute, wurden ſie wieder lebendig. 

So wie alles in der Natur ſeine Graͤnzen hat, 
ſo wuͤrden auch die Amphibien, bey einer allzuhef— 
tigen, oder zu lang anhaltenden Kaͤlte, ohne 
Zweifel umkommen muͤſſen. Die thieriſche Ma— 
ſchine pflanzt die innere Bewegungen, die ihr von 
außen mitgetheilt werden, nur eine beſtimmte Zeit 
fort, dann muͤſſen neue Nahrungsmittel den Ver— 
luſt der zerſtreuten Beſtandtheile erſetzen, aͤußere 
Stoͤße die innere Bewegung wieder erneuern, und 
durch neue Eindruͤcke die Federn der Maſchine wie⸗ 
der geſpannt werden. 

Im Ganzen verliert der Koͤrper der Amphibi⸗ 
en, waͤhrend ſeiner langen Erſtarrung aͤußerſt we— 
nig von feiner Subſtanz, 1) nur die aͤußerſten, 

. der 
u) Den pten October 1651 wog der Ritter George 

Ent eine Landſchildkroͤte, ehe ſie ſich in die Erde 

verbarg, ſo genau als moͤglich. Sie wog 4 Pfund 

3 Unzen und 3 Drachmen. Den sten Octob. 1652 

zog man die Schildkroͤte aus der Erde, wo ſie ſich 

den Tag vorher vergraben hatte, und fand ſie 4 

Pfund 6 Unzen 1 Drachme ſchwer. Den ı6ten 


März 1653 kam fie von REN wieder aus der Erde 
und 


36 Einleitung. 


der austrocknenden Kaͤlte am meiſten ausgeſetzten, 
und von dem Mittelpunkte der matten noch uͤbri— 
gen innern Bewegung entfernteren Theile, erleiden ei⸗ 
ne Veraͤnderung. Beſteht die aͤußere Decke dieſer 
Thiere aus einem feſten hornartigen Schilde, wie 
bey den Schildkroͤten und Krokodillen, fo vertrock⸗ 
net ſie, verliert ihre Organiſation, und kann mit 
dem uͤbrigen Koͤrper, an deſſen innerer Bewegung 
und Nahrung fie keinen Theil mehr hat, nicht län» 
ger eins ſeyn. Sobald daher der Fruͤhling die 

N Thiere 


und wog noch 4 Pfund 4 Unzen. Am a4ten Octob. 
1653 wurde die Schildkroͤte aus dem Loche, das ſie 
ſich, nachdem ſie einige Tage vorher nicht gefreſſen 
hatte, gegraben hatte, herausgezogen. Sie wog 
4 Pfund 5 Unzen. Die Augen, die fie lange Zeit 
nicht aufgethan hatte, waren jetzt offen und ſehr 
feucht. Den ıgten März 1654 kam die Schild: 
kroͤte aus ihrem Loche, wurde gewogen, und hatte 
4 Pfund 4 Unzen 2 Drachmen. Den sten Oct. 
1654, als ſie den Winterſchlaf antreten wollte, 
war ihr Gewicht 4 Pfund 9 Unzen 3 Drachmen, 
und den letzten Februar 1655, als ſie erwachte, 4 
Pfund 7 Unzen 6 Drachmen. Ferner: am zten 
Oct. 1655, 4 Pfund 9 Unzen, (ſie hatte ſchon eiz 
nige Zeit nicht gefreſſen); am 25ten März 1656, 
4 Pfund 7 Unzen 2 Drachmen; den zoten Sept. 
1656, 4 Pfund 12 Unzen 4 Drachmen; den sten 
März 1657, 4 Pfund 11 Unzen 2 / Drachme. 
Man ſieht aus dieſen Beobachtungen wie wenig 
dieß Thier, und ſo wahrſcheinlich alle, waͤhrend 
feines Winterfchlafs und einem, mehrere Monate 
anhaltendem Faſten, durch Ausduͤnſtung von ſeiner 
Maſſe verlor. Collection academique, Tom, 
VII. p. irao. 121, 8 


Einleitung 37 
Thiere neu belebt, ſo wird dieſe aͤußere Haut, ſie 
ſey nackt oder ſchuppig, da ſie nun nicht mehr zu 
dem lebendigen Koͤrper gehoͤrt, und als etwas 
fremdartiges anzuſehen iſt, von den innern Bewe— 
gungen, an denen ſie keinen Theil mehr nimmt, 
allmaͤhlig zuruͤckgetrieben. Der Nahrungsſaft, 
der ſie ſonſt unterhielt, geht uͤbrigens wie vorher, 
nach der Oberflaͤche des Koͤrpers, ſtatt aber eine 
Haut auszubeſſern, die mit dem Inneren keine 
Gemeinſchaft mehr hat, fängt er an eine neue 
Haut anzulegen und auszubilden, die nun unter 
der alten fortwaͤchſt. Dieſe wird dadurch vom: 
Körper allmaͤhlig gehoben und abgeloͤſt, bis fie 
endlich alle noch übrige Verbindung mit dem Thie⸗ 
re verliert, und nun, da ſie von innen keine Nah⸗ 
rung mehr erhaͤlt, den aͤußern Urſachen, die ihre 
Zerſtoͤrung bewirken, deſto weniger widerſteht, ſo 
von beyden Seiten angegriffen, nachgiebt, zer⸗ 
bricht, und das Thier endlich aus dieſer ihm un» 
nuͤtz gewordenen Scheide neubekleidet hervorgehen 
laͤßt. 
Auf dieſe Art, duͤnkt mich, geht der jaͤhrliche 
Wechſel der Haut vor ſich. Aber der Win— 
terſchlaf iſt nicht die einzige Urſache des Häutens. 
der Amphibien, denn ſie verlieren ihre Haut auch 
in den warmen Laͤndern, wo ſie nie erſtarren. Gi: 
nige haͤuten ſich ſogar in gemaͤßigten Himmelsſtri⸗ 
chen zweymal des Sommers. Gerade entgegen— 
geſetzte Urſachen bewirken dieſe Veraͤnderung; die 
C 3 Waͤrme 


38 Einleitung; 


Waͤrme der Athmoſphaͤre thut hier, was Froſt und 
Mangel an Bewegung thaten, die aͤußere Schaa⸗ 
le vertrocknet von der Hitze, ihr Gewebe wird zer⸗ 
ſtoͤrt und ihre Organiſation vernichtet. ) 
ER | Ganz 


0) Folgende Beobachtung hat mir der Hr. v. Tow 
chy, Mitglied der koͤniglich. Societaͤt der Wiſſen⸗ 
ſchaften zu Montpellier, mitgetheilt. Sie iſt aus 
einem Werke entlehnt, das dieſer Naturforſcher uns 
ter dem Titel: Memoires pour servir al’Histoire 
des fonctions de l’äconomie animale des oi- 
seaux wird drucken laſſen. „Ich fieng, fagt der 
Hr. von Touchy, den gten May 178; eine gruͤ⸗ 
ne Eidechſe mit gelben und blaͤulichen Flecken, die 
10 Zoll lang war, ſetzte ſie lebendig in ein Glas, 
das mit einem Stuͤck loͤcherig gewebter Leinwand, 
zugebunden wurde, und ſtellte es auf einen Mar⸗ 
mortiſch in ein kuͤhles Zimmer im unteren Stock— 
werke. Das Thier lebte in dieſer Gefangenſchaft 
ohne Nahrung zwey Monate. In den erſten Ta⸗ 
gen gab es ſich viele Muͤhe aus ſeinem Gefaͤngniſſe 
zu kommen, verhielt ſich aber nachher ſehr ruhig. 
Am fuͤnfundvierzigſten Tage merkte ich, daß ſie an⸗ 
fieng ſich zu haͤuten, und fah nach und nach die alte 
Haut vertrocknen, hart werden und in kleinen, duͤr⸗ 
ren und entfaͤrbten Stuͤcken abfallen. Die neue 
Haut zeigte ſich ſchoͤn gruͤn gefaͤrbt mit ſehr artigen 
Flecken. Sie ſtarb den drey und ſechzigſten Tag 
noch während des Haͤutens; die alte Haut ſaß noch 
auf dem Kopfe, den Pfoten und dem Schwanze 
veſt. Waͤhrend ſie ſich haͤutete, und auch vorher, 
habe ich ſie nie in der Erſtarrung geſehen, ſie lief 
in dem Glaſe umher, wenn man es in die Hand 
nahm, und auch ohne das oft von ſelbſt. Zuwei⸗ 
len ſchloß ſie die Augen, that ſie aber bald ſehr 
munter 


Einleitung. 39 


Ganz verſchiedene Thiergeſchlechter kommen 
darin mit den kriechenden Amphibien uͤberein, daß 
ſie jaͤhrlich, manche ſogar noch oͤfter, ihre Haut 
ausziehen, und gewiſſe aͤußere Theile verlieren; 
vorzüglich geſchieht es bey den Schlangen, bey 
mehreren behaarten Thieren und bey den Voͤgeln. 
Selbſt von den Inſecten und den Pflanzen darf 
man in gewiſſer Ruͤckſicht ſagen, daß ſie ihre Haut 
ausziehen. Die Geſchoͤpfe, an denen wir dieß be- 
merken, moͤgen uͤbrigens Namen haben, wie ſie 
wollen, fo läßt ſich dieſe Veränderung bey allen 
aus der naͤmlichen allgemeinen Urſache herleiten. 
Sie entſpringt immer aus dem Mangel an Gleich— 
gewichte zwiſchen den inneren Bewegungen und 
den Einwirkungen von außen. Haben die letzten 
die Oberhand, ſo veraͤndern und entkleiden ſie den 

organiſchen Koͤrper ſeiner aͤußern Huͤlle, bekommt 
hingegen die Lebenskraft wieder das Uebergewicht, 
fo. ſchafft und erneuert fie wieder. Dieß Gleichge⸗ 
wicht aber kann auf hundert und tauſend Arten 
aufgehoben werden, und die Erfolge ſind immer 
E 4 nach 


munter wieder auf. Sie lag halb zuſammenge— 
kruͤmmt in dem Glaſe, deſſen Boden etwas erhoͤht 
war, was ihre Lage noch unbequemer machte. Sie 
hatte gewiß ſchon einmal gehaͤutet, ehe ich ſie fieng, 
wie Schlangen und Eidechſen gewoͤhnlich thun, wenn 
ſie im Fruͤhjahr aus ihren Loͤchern kommen, das 
bewies ihre friſche Farbe und ihre zarte Haut, als 
ich ſie bekam. 8 


19°. 7 Einleitung: 


nach der verſchiedenen inneren Einrichtung der 
Körper die fie treffen, verſchieden. 

Es geht daher mit dem Abwerfen der Haut, 
wie mit allen Eigenſchaften und Formen, welche 
die Natur den Körpern austheilt, und fo mannich- 
faltig verbindet, als wenn ſie in Allem alle moͤg⸗ 
lichen Modificationen erſchoͤpfen wollte. Oft ver» 


leitet uns die Eingeſchraͤnktheit unſerer Kenntniſſe 


N 


zu glauben, die ausſchweifendſte Phantaſie habe 


Formen und Eigenſchaften an Körpern zueinander⸗ 
geſellt, die nie beyeinander ſeyn ſollten. Wenn 
man die Natur ſorgfaͤltig nicht allein in ihren groͤ⸗ 
ßeren Erzeugnißen, ſondern auch in der unendli⸗ 
chen Menge kleiner Geſchoͤpfe ſtudirte, deren ges 
ringere Maſſe fuͤr die Verſchiedenheit innerer und 
aͤußerer Formen, und folglich auch fuͤr die daraus 
entſpringenden Eigenheiten der Lebensart, em⸗ 
pfaͤnglicher zu ſeyn ſcheint, ſo wuͤrde man natuͤrli⸗ 
che Geſchoͤpfe finden, von denen die Erzeugniſſe 
der Einbildungskraft oft nur Copien ſeyn wuͤrden. 
Dennoch bleibt immer ein großer Unterſchied zwi⸗— 
ſchen den Originalen, und den mehr oder minder 
treuen Copien; denn wenn die Phantaſie unge— 
reimte (disparates) Formen und Eigenſchaften 


vereinigt, ſo bereitet ſie dieſe Verbindung nicht 


durch die allmaͤhlige Stufenfolge ins unendliche 
vervielfaͤltigter Schattirungen vor, welche die von« 
einander entlegenſten Gegenſtaͤnde verkettet, und 
indem ſie die ſchoͤpferiſche Kraft verraͤth, das Sie⸗ 

1 5 gel 


Einleitung. 41 


gel iſt, mit dem die Natur ihre dauernden Werke 
ſtempelt, und ſie von den fluͤchtigen Producten der 
Phantaſie unterſcheidet. ‚ 

Wenn die kriechenden Amphibien ihre alte 
Huͤlle abgeworfen haben, ſo iſt ihre neue Haut oft 
noch weich genug, um fuͤr die Stoͤße von außen 
empfindlich zu ſeyn, deßwegen ſind ſie um die Zeit 
furchtſamer und, wenn ic) fo fagen darf, bedaͤchti⸗ 
ger in ihrem Weſen, und halten ſich fo viel fie koͤn⸗ 
nen, ſo lange verborgen, bis ihre neue Haut durch 
die Nahrungsſaͤfte genug geſtaͤrkt, und durch die 
Wirkung der Luft gehaͤrtet genug iſt. )) 

Die kriechenden Amphibien haben im allge⸗ 
meinen ein ziemlich ſanftes Temperament, Grau» 

ſamkeit gehoͤrt nicht zu ihren Charakterzuͤgen, und 
wenn einige unter ihnen, z. B. die Krokodille viel 
zerſtoͤren, ſo kommt es bloß daher, weil ſie eine 


E 5 große 


0 Wenn die Saͤugethiere beym Haͤaͤren, die Voͤgel 
beym Mauſern und die Raupen beym Haͤuten eine 
Art von Kraͤnklichkeit empfinden, die mehrmalen in 
eine toͤdliche Krankheit ausartet, ſo iſt es auch bey 
den Amphibien fo. Sie zeigen eine gewiſſe Unthaͤ— 
tigkeit und Schlaͤfrigkeit, legen ſich aber dabey gern 
an die Sonne. Auch geſchieht die Ablegung der Huͤlle 
gewoͤhnlich nicht eher, als bis die Sonne warm 
ſcheint und warme Witterung zu vermuthen iſt. 
Die Ottern pflegen ſich bey uns gewoͤhnlich vorher 
auf Buͤſche oder in die Gipfel kleiner Nadelbaͤume 
zu winden, damit ſie die Sonne recht anſcheinr. Oft 


haͤuten ſie ſich auch in dieſer Lage und bleiben etliche 
Tage ſo ſitzen. f f 


42 Einleitung. 
große Maſſe zu unterhalten haben. 7) Doch ich 


werde weiterhin, in den einzelnen Artikeln dieſer 
Geſchichte, deutlicher zeigen koͤnnen, wie die allge= 
meinen, allen dieſen Amphibien zukommenden 
Eigenſchaften, in jeder Art nach ihrer beſon— 
dern Organiſation modificirt find. Wir werden 
zum Beyſpiel finden, daß einige von Fiſchen leben, 
andere vorzuͤglich auf kriechende Thiere, die auf dem 
Lande ſich aufhalten, auf kleinere vierfuͤßige Thie— 
re, und ſelbſt auf Voͤgel, die ſie auf den Zweigen 
erhaſchen koͤnnen, Jagd machen; noch andere ſich 
ausſchließlich von Inſecten naͤhren, die in der Luft 
ſchwaͤrmen, oder von Pflanzen leben, unter denen 
ſie die gewuͤrzhafteſten und wohlriechendſten aus— 
waͤhlen. r) So ſehr vermannigfacht die Natur 
in allen Claſſen die Mittel zum Unterhalt, und ſo 
genau verbindet fie hinwiederum alle Weſen durch 
tauſendfache Aehnlichkeiten. Die unendliche Kette 
der Weſen, ſtatt ſich nur nach einer Seite zu ver— 
laͤngern, und wenn ich ſo ſagen darf, nur in 
einer geraden Linie fortzugehen, geht beſtaͤndig 
wieder in ſich ſelbſt zuruͤck, dehnt ſich nach allen 

Sei⸗ 


9) Man ſehe die beſondere Geſchichte des Kroko— 
d ills. 

7) Von der Nahrung der Schildkroͤten f. Schnei— 
ders N. G. der Schildkroͤten S. 191. Von dem 
was Ariſtoteles uͤber die kriechenden und ſchlei— 
chenden Amphibien ſagt ſ. Schneider Amph. Phy- 
siol. Spec. l. p. 29. B. 


Einleitung, 43 


Seiten und Richtungen aus, erhebt ſich und ſinkt 
und ſchlingt ſich zuruͤck, und bildet durch alle die 
tauſend Wege, die fie nimmt, durch alle die Kruͤm⸗ 
mungen, durch die ſie ſich windet, durch die tau— 
ſend Punkte, wo ſie ſich ſelbſt wieder beruͤhrt, ein 
veſtes Gewebe, deſſen Theile alle dicht verſchlun— 
gen und feſt verbunden ſind, von dem kein Theil 
getrennt werden kann, ohne das Ganze zu zerrei— 
ßen, wo unſichtbar das erſte Glied in das letzte 
greift, wo man die Moͤglichkeit nicht einſieht, wie 
die Natur ein ſo unermeßliches wunderbares Ge— 
webe bilden konnte. 

Man findet die kriechenden Amphibien zuwei— 
len in Haufen beyeinader, demohngeachtet kann man 
nicht ſagen, daß ſie Geſellſchaften ausmachen. 
Denn was entſteht aus ihrem Beyeinanderſeyn? 
Sie bauen nicht, ſie jagen nicht gemeinſchaftlich, 
fie fuͤhren keine Kriege, kurz, ſie thun nichts, wor- 
in ein gemeinſchaftlicher Plan ſichtbar ware, ) 
| | | Sie 


4) Wie die Bieber und Bienen wohnen fie freylich 
nicht beyſammen, aber es giebt Arten unter ihnen, 
die theils immer, theils zu gewiſſen Geſchaͤfften 
eben ſo geſellſchafftlich beyeinander ſeyn muͤſſen, 
wie mehrere Thiere aus andern Thierklaſſen, die 
Voͤgel z. B. auf ihrem Zuge. So koͤnnen z. B. 
die gruͤnen Waſſerfroͤſche, ſo wie die Feuerkroͤten 
nie ohne ihres gleichen leben, und wenn ſich eins 
von ihnen verirrt hat, ſo eilt es auf den Ruf der 
übrigen ſogleich wieder zur Geſellſchaft; ja man findet 
fogar, daß Froͤſche die vom verſchiedenen Alter bis zu 
lihrer 


44 ‚Einleitung: 


Sie bauen ſich Feine Zufluchtsoͤrter, und wenn fie 
dergleichen zuſammen an den Ufern in Felſen und 
hohlen Baͤumen, u. ſ. w. waͤhlen, ſo iſt das keine 
bequeme Wohnung, die fie für eine gewiſſe Anzahl 
vereinigter Individuen, und ihren verſchiedenen 
Beduͤrfniſſen gemaͤß eingerichtet haͤtten, ſondern 
ein bloßer Schlupfwinkel, den jedes nur fuͤr ſich 
ſucht, um ſich zu verſtecken, an dem fie nichts aͤn⸗ 
dern, den eins waͤhlt, wenn er fuͤr eins hinreicht, 
und viele, wenn er fuͤr viele groß genug iſt. 
Wenn mehrere zuſammen jagen oder fiſchen, 
ſo geſchieht das nur, weil ſie alle durch einerley 
Koͤder gereizt werden; wenn ſie zu gleicher Zeit 
ihre Beute anfallen, ſo geſchieht das, weil ſie ih⸗ 
nen zu gleicher Zeit in den Wurf kam; wenn ſie 


ſich gemeinſchaftlich vertheidigen, ſo iſt die Urſach, 


weil ſie zu gleicher Zeit angegriffen wurden, und 
wenn vielleicht einmal eins oder das andere ihnen 
bey Gelegenheit einen ganzen Trupp durch ein Ge— 
ſchrey bey vorhandener Gefahr rettete, fo geſchah 
das nicht, weil ſie, wie man von den Affen und ei— 
nigen andern Thieren erzähle, die Wache über die 

ge⸗ 


ihrer Mannbarkeit eigene Geſellſchaften' bilden, 
wie manches Wild.“ So verſammelt die Begat— 
tungszeit alle unſere Arten von Froͤſchen und Sa— 
lamandern, und auch für den Winter ſuchen kſich 
viele, wie die Fiſche, eine gemeinſchaftliche Ruhe⸗ 
ſtaͤtte aus, wie z. B. die grünen Waſſerfröſche, 
Sumpfſalamander, auch die gemeinen und Feuer— 
Ottern. B. 


— ——ñ——EZé— ——— 


Einleitung. . 


gemeinſchaftliche Sicherheit hatten, ſondern es 
war bloß eine Folge der Furcht, wie man es bey 
allen Thieren trifft, die fie beſtaͤndig zu ihrer indi— 

viduellen Erhaltung auf der Hut ſeyn laͤßt. 
Obgleich die kriechenden Amphibien weniger 
reizbar zu ſeyn ſcheinen als die Saͤugethiere, ſo 
fuͤhlen ſie dennoch nicht minder bey der Ruͤckkehr 
des Fruͤhlings den gebieteriſchen Drang der Liebe, 
der bey den meiſten Thieren, ſelbſt den ſchwaͤchſten 
Staͤrke, den langſamſten Thätigkeit, und den 
furchtſamſten Muth giebt. Obgleich die mehrſten 
dieſer Thiere gewoͤhnlich ſtumm ſind, ſo haben ſie 
doch meiſt alle beſondere Toͤne, um dieſe Begier⸗ 
den auszudruͤcken. Das Maͤnnchen lockt das 
Weibchen mit einem ausdrucksvollen Tone, den 
dieſes mit einem aͤhnlichen erwiedert. Vielleicht 
iſt die Liebe fuͤr ſie nur eine matte Flamme, von 
der ſie nie ſehr heftig gereizt werden, und die 
Feuchtigkeit, welche ihr Koͤrper im Ueberfluß hat, 
daͤmpft vielleicht die innere ſchoͤpferiſche Waͤrme, 
die man mit mehr Grund als man wohl dachte, 
mit wirklichem Feuer verglich, und die von allem, 
was dem kalten Elemente des Waſſers ähnlich iſt, 
gemaͤßigt und unterdruͤckt wird. Doch ſcheint es, 
als haͤtte die Natur bey dem groͤßten Theil dieſer 
Geſchoͤpfe, was ihnen an innerer Thaͤtigkeit ab— 
geht, durch eine ganz für den Genuß der Liebe ge— 
eignete Bildung erſetzen wollen. Die Geſchlechts⸗ 
theile des Maͤnnchens find beſtaͤndig bis zu dem 
g Be Au⸗ 


46 Einleitung. 


Augenblick der Paarung mit dem Weibchen inner⸗ 
halb des Körpers verborgen; &) die innere Wär: 
me, die ſich alſo den zur Fortpflanzung beſtimmten 
Werkzeugen bey dem männlichen Geſchlechte mit- 
theilt, muß die Lebhaftigkeit ihrer Empfindungen 
vermehren; uͤberdem fühlen fie nicht, wie die mei- 
ſten andern Thiere, den Kitzel der Liebe nur we— 
nige Augenblicke, ſondern die Vereinigung des 
Maͤnnchens mit dem Weibchen dauert Tage lang, 
und weder Furcht noch Wunden koͤnnen fie in die: 
ſem Taumel voneinander trennen. 1). 

So ungewoͤhnlich lange als die Begattung der 
kriechenden Amphibien dauert, eben fo ungewöhn- 
lich groß iſt auch ihre Fruchtbarkeit. Unter 
den lebendiggebaͤhrenden Thieren, werfen die klein— 
ſten Arten insgemein die meiſten Jungen; 
aber die fuͤr dieſe Thiergeſchlechter allgemeine und 
feſte Regel paßt auf die kriechenden Amphibien 
| nicht, 


t) Bey den männlichen Eidechſen und Schildkroͤten 
kommen die Geſchlechtstheile aus dem After, und 
ſie befruchten auch die Weibchen auf dieſem Wege. 
Froͤſche, Kroͤten und Laubfroͤſche (auch die Sala— 
mander) laſſen die Saamenfeuchtigkeit, wodurch 
ſie die von den Weibchen gelegten Eyer befruchten, 
gleichfalls durch den After gehen, wie wir in der 
Geſchichte der einzelnen Thiere ſehen werden. La C. 
— Ausfuͤhrlicher ſehe man uͤber die Geſchlechts— 
theile und Erzeugung der Schildkroͤten, Sch en ei— 

ders N. G. der Schildkr. S. 125 — 190. B. 

a) Man ſehe im Folgenden den Artikel Rieſen⸗ 
ſchildkroͤte. 


Einleitung. 47 


nicht, deren Organiſation jene Schranken uͤber— 
ſchreitet. Im Gegentheil ſind die groͤßten Am— 
phibienarten bey weitem fruchtbarer als die kleinen, 
wie man in der Beſchreibung der Meerſchildkröten 
ſehen wird. 
So empfindlich aber auch die kriechenden Am- 
phibien für den Genuß der Liebe ſeyn mögen, ſo 
wenig elterliche Liebe fuͤhlen ſie fuͤr ihre Jungen. 
Sobald die Eyer gelegt ſind, kuͤmmern ſie ſich nicht 
weiter darum. Zwar waͤhlen ſie gewoͤhnlich einen 
bequemen Platz fuͤr ihre Brut, und einige bereiten 
ihn wohl gar etwas ſorgfaͤltiger zu dieſer Abſicht 
zu, fie graben Löcher, wo fie die Eyer hineinlegen, 
und bedecken ſie mit Sand und Blaͤttern; aber 
wie wenig iſt das alles noch in Vergleich mit der 
unermuͤdeten Sorgfalt, mit der die Eyer und die 
Jungen vieler Voͤgel gepflegt ſeyn wollen? — 
Man kann auch nicht ſagen, daß ihre Bildung ſie 
hinderte die noͤthigen Materialien zu einem beſſern 
Neſt als die Loͤcher ſind, welche ſie graben, her— 
beyzuſchaffen und zu bearbeiten. Haben ſie nicht 
in ihren fuͤnf langen, bey den mehrſten Arten ge— 
theilten Zehen, in ihren vier Füßen, ihrer Schnau— 
ze und ihrem Schwanze mehr Werkzeuge dergleichen 
zu bewerkſtelligen, als die Voͤgel in 50 zwey 
Klauen und einem Schnabel? 

Die Groͤße der kriechenden Amphibien- 
eyer iſt nach der Größe der Arten verſchie— 
den und in größerem Maaße als bey andern Thie- 

ren. 


48 | Einleitung. 


ren. Die Eleinften Amphibieneyer haben kaum 
eine halbe Linie im Durchmeſſer und die groͤßten 
ſind zwey bis drey Zoll lang. Die Embryonen 
haͤngen ſich zuweilen aneinander, ehe ſie ins Ey 
eingeſchloſſen werden, deßwegen findet man un⸗ 
ter ihnen, wie unter den Voͤgeln, Mißge— 
burten. Beym Seba findet man die Abbildung 
einer kleinen Schildkroͤte mit zwey Koͤpfen, und in 
dem (ehemaligen) Cabinette des Koͤnigs findet 
man eine ſehr kleine gruͤne Eidechſe mit zwey deut⸗ 
lich abgeſonderten Köpfen und Haͤlſen. x) 

Die Schaale der kriechenden Amphibien⸗ 
eyer iſt nicht bey allen Arten gleich; bey 
den meiſten, beſonders den Schildkroͤten, iſt fie 
biegſam und weich, wie naſſes Pergament; bey 
den Krokodillen und einigen großen Eidechſen hin⸗ 
gegen iſt ſie von einer ſproͤden, kreidenartigen 
Maſſe, wie die Voͤgeleyer, doch noch duͤnner und 
zerbrechlicher. | 

Die Weibchen der Friechenden "Amphibien be⸗ 
brüten ihre Eyer nicht ſelbſt. Luft und Sonnenwaͤrme 
bruͤten ſie aus, und merkwuͤrdig iſt es, daß, ob— 
gleich die kriechenden Amphibien eine groͤßere aͤu— 
ßere Waͤrme zum Leben noͤthig haben als die Voͤ⸗ 
gel, ihre Eyer ſich dennoch in einer viel kaͤltern 
Temperatur der Luft aufſchließen. Es ſcheint als 

wenn 


&.) Der für die Beförderung der Wiſſenſchaften uner⸗ 
muͤdet thaͤtige Herzog von Roche foucault ſande 
te ſie ins koͤnigliche Cabinet. 


Einleitung. 49 


wenn die zuſammengeſetzteren thieriſchen Maſchi⸗ 
nen, wie z. B. die Voͤgel, eine lebhafte aͤußere 
Waͤrme noͤthig haben um in Bewegung geſetzt zu 
werden, hingegen ſobald ſie im Gange ſind, durch 
die Reibungen der inneren Theile einen Grad von 
Waͤrme hervorbringen, der die aͤußere Waͤrme zur 
Erhaltung ihrer Bewegung nicht ſo noͤthig macht. 
Die Jungen der kriechenden Amphibien ken⸗ 
nen daher ihre Muͤtter nie, ſie erhalten keine Nah⸗ 
rung, keine Pflege, keine Huͤlfe, keine Erziehung 
von ihnen; ſie ſehen, fie hören nichts, was ſie nach⸗ 
ahmen koͤnnten; es waͤhrt lange ehe die Noth und 
das Beduͤrfniß ſie Toͤne bilden lehrt, denn ihre 
Mutter wuͤrde ſie nicht hoͤren, ihr Geſchrey wuͤrde 
in die Luͤfte verfliegen, und ihnen weder Huͤlfe noch 
Nahrung verſchaffen. Nie antwortet die Zaͤrtlich⸗ 
keit dieſen endlich gefundenen Toͤnen, und nie kann 
ſich unter dieſen Thieren jene Art von Sprache 
des Gefuͤhls bilden, die viele Thiere ſo gut verſte⸗ 
ben, Sie find daher des groͤßten Mittels bes 
raubt, ſich ihre verſchiedenen Gefuͤhle mitzutheilen, 
und ihre Reizbarkeit zu üben, die durch die Mit⸗ 
theilung ihrer wechſelſeitigen Empfindungen härte 
vervollkommnet werden koͤnnen. 
Obgleich ihre Reizbarkeit keiner Erhöhung faͤ⸗ 
hig iſt, ſo laͤßt ſich doch ihr Naturell beugen. Man 
hat es ſo weit gebracht, Krokodille zu zaͤhmen, 
die doch die groͤßten, ſtaͤrkſten und gefaͤhrlichſten 
unter ihnen allen ſind, und die kleinern Amphi⸗ 
bien ſuchen mehrentheils ihren Aufenthalt in 
De la Cepede's Naturg. d. Amph. 1. Bd. D a der 


go Einleitung, 


der Naͤhe unſerer Wohnungen Y). Einige theilen 
ſie ſogar mit uns, weil ſie hier die Inſekten, von denen 
ſie leben, in groͤßerer Menge finden; und indem 
wir einige Arten von ihnen z. B. die kleinen 
Schildkroͤten aufſuchen, in unſere Gaͤrten bringen, 
ſie hegen, ſchuͤtzen und naͤhren, ſuchen andere un⸗ 
ſere Wohnungen von ſelbſt auf, ſo wie die grauen 
Eidechſen, und werden haͤuslich bey uns. Sind 
ſie es nicht fo ſehr wie andere Hausthiere, ſo find 
ſie dafuͤr deſto unabhaͤngiger, es iſt ihre eigene 
Wahl bey den Menſchen zu ſeyn, und ihre Geſel— 
ligkeit iſt deſto uneigennuͤtziger und fuͤr uns deſto 
nuͤtzlicher, da fie uns von laͤſtigen Inſecten befrey⸗ 
en, ohne beſondere Nahrung oder Wohnung da⸗ 
fuͤr zu erhalten. 

Beynah alle kriechenden Amphibien Velber 
einen ſtarken biſamaͤhnlichen Geruch, der 
eben nicht angenehm iſt, und daher mehr dem Ge⸗ 
ruche anderer Thiergeſchlechter, der Schlangen, der 
Marder, der Wieſel, der Iltiße und amerikani⸗ 
ſchen Stinkthiere und einiger Voͤgel, z. B. des 
Wiedehopfs gleich kommt. Dieſer ſtaͤrkere oder 
ſchwaͤchere Geruch iſt die Folge beſonderer abge— 
ſchiedener Feuchtigkeiten, deren Abfonderungs- 
Werkzeuge bey einigen, beſonders den Krokodillen, 
ſehr ſichtbar find, wie wir weiter unten bey Bes 
ſchreibung der einzelnen Arten ſehen werden. 

Die 


y) Die grüne Eidechſe wird auch fo ‚ah daß 
fie ihren Herrn kennen lernt und ihm folgt, Ninz 
gelnattern habe ich ſo zahm geſehen als man nur ir⸗ 
gend einen Vogel oder Saͤugethier machen kann. B. 


Einleitung. st 


Die kriechenden Amphibien haben im Allge⸗ 
meinen ein ſehr langes Leben. Daß z. B. 
die großen Meerſchildkroͤten, fo wie die Fluß- uud 
Landſchildkroͤten ſehr alt werden, iſt keinem Zivei« 
fel mehr unterworfen, und darf uns auch bey die— 
ſen Thieren nicht wundern, deren Blut eine ſehr 
gelinde Waͤrme hat, die ſehr unmerklich ausduͤn⸗ 
ſten, die mehrere Monate lang faſten koͤnnen, ſo 
wenig aͤußern Zufaͤllen ausgeſetzt find, und aͤußere 
Beſchaͤdigung fo leicht erſetzen. Sie leben aber 
auch nur in ſo fern laͤnger als die Saͤugethiere, als 
man ihre Lebenslaͤnge nach der Dauer ihrer Exi— 
ſtenz berechnet. Zaͤhlt man hingegen bloß die ei- 
gentlichen Augenblicke des Lebens, die einzigen, die 
billig in Rechnung kommen koͤnnen, das heißt, die 
Zeit, wo ſie ihre volle Kraft und den ganzen Ge⸗ 
brauch ihrer Faͤhigkeiten haben, fo werden wir fin- 
den, daß in Ländern, die von dem Aequator et— 
was entfernt ſind, ihr Leben wirklich ſehr kurz iſt, 
ob es gleich einen langen Zeitraum zu umfaſſen 
ſcheint. Da ſie beynah ſechs volle Monate in der 
Erſtarrung zubringen, ſo muß man zuerſt die 
Haͤlfte ihrer Lebensjahre abziehen; und wie viel 
faͤllt hiervon noch weg, wenn man die Zeit abzieht, 
wo ſie kraͤnkeln, und nach dem Abwurf ihrer al— 
ten Haut in einem Winkel warten muͤſſen, bis ih⸗ 
re neue Bedeckung ausgebildet iſt, und fie hinlaͤng⸗ 
lich vor Gefahren ſichern kann! Wie viel muß 
man nicht fuͤr den taͤglichen Schlaf abrechnen, dem 
ſie mehr als viele andere Thiere unterworfen ſind, 
D 2 weil 


a Einleitung. 


weil weniger äußere Eindrüde fie aufwecken köͤn⸗ 
nen, und vorzüglich weil der Sporn des Hungers 
fehlt! Es bleibt daher den Amphibien nur eine 
kleine Anzahl von Jahren uͤbrig, wo ſie empfind⸗ 
lich und thaͤtig find, wo fie ihre Kraͤfte gebrauchen, 
ihre Maſchine abnutzen, und ihrer Zerſtoͤrung ge= 
ſchwinder entgegengehen. Da ſie waͤhrend ihres 
Winterſchlafs fuͤr jeden Eindruck unempfaͤnglich, 
kalt, ſtarr und faſt leblos ſind, ſo naͤhern ſie ſich 
einigermaßen dem Zuſtande der rohen Materie, die 
nur deßwegen ſo lange dauert, weil fuͤr ſie die Zeit 
nichts als eine Folge paßiver Zuſtaͤnde, und une 
thaͤtiger Lagen, ohne Aeußerungen ſelbſtthaͤtiger 
Kraft, folglich ohne innere Urſachen ihrer Zerſtoͤ⸗ 
rung iſt; alſo nicht nach lebhaften inneren Ruͤh— 
rungen und thaͤtigen Aeußerungen berechnet wer⸗ 
den kann, die die Kraͤfte der Maſchine entwickeln, 

aber zu gleicher Zeit abnuͤtzen. | 
Mehrere Reiſebeſchreiber ſagen, daß einige 
Eidechſen und andere kriechende ungeſchwaͤnzte Am⸗ 
phibien, ein mehr oder minder wirkſames Gift 
enthalten. Wir werden in den einzelnen Artikeln 
der Geſchichte fehen, daß nur eine ſehr kleine An— 
zahl dieſer Thiere für giftig angeſehen werden kann. 
Wir wiſſen, daß kein Saͤugethier und kein Vogel 
Gift hat; nur unter den Schlangen, Fiſchen, 
Wuͤrmern, Inſecten und Pflanzen findet man 
mehr oder weniger giftige Arten; es ſcheint daher 
als wenn die thieriſchen Koͤrper, deren Saͤfte am 
wenigſten erhitzt werden, und deren Organiſation 
am einfachſten iſt, das meiſte Gift enthielten. | 
Wir 


Einleitung. 53 

Wir gehen jetzt von der Betrachtung der allge: 
meinen Eigenſchaften der kriechenden Amphibien 
zur naͤhern Unterſuchung ihrer verſchiedenen Arten 
uͤber. Wir wollen mit den verſchiedenen Schild— 
kroͤten⸗ Familien, den Meer- Fluß- und Land— 
ſchildkröten, den Anfang machen; dann die Kro— 
kodille und die übrigen Eidechſen folgen laſſen, des 
ren kleinen Arten, vorzuͤglich die Salamander, ſich 
an die Froͤſche und die übrigen ungeſchwaͤnzten Am⸗ 
phibien anreihen, welche die Geſchichte der kriechen 
den Amphibien ſchließen werden. Ich werde vor— 
zuͤglich bey denen verweilen, die ihres beſondern 
Baues, ihrer Größe, ihrer Kraft und ihrer aus- 
gezeichneten Eigenſchaften wegen, einer vorzüglis 
chen Aufmerkſamkeit und einer genauern Beobach— 
tung werth ſind. Um die Natur zu mahlen, will 
ich verſuchen ihr nachzuahmen, und ſo wie ſie jene 
ausgezeichneten Thiergattungen mit beſonderer 
Vorliebe behandelt zu haben ſcheint, ſo ſollen 
fie auch der vorzuͤglichſte Gegenſtand unſerer 
Aufmerkſamkeit ſeyn, weil ſie am meiſten ins Licht 
geſtellt find und das meiſte Licht über die Gegen⸗ 
ſtaͤnde um ſie her verbreiten. Wenn es darauf 
ankommt die Grenzen zu ziehen, welche die ver— 
ſchiedenen Arten voneinander trennen, und wir 
über den Werth der vorhandenen Kennzeichen zwei— 
felhaft find, fo wollen wir lieber nur eine Art an- 
nehmen, als deren zwey machen, in der Ueberzeu⸗ 
gung, daß die Individuen der Natur nichts ko— 


A en daß fie aber, tros ihrer unermeßlichen Frucht⸗ 


3 har⸗ 


54 Einleitung. 


barkeit, die Arten der Thiere nicht unnuͤtz gehaͤuft 
hat. Ihre Wirkungen ſind zahllos, aber nicht 
die Urſachen, die ſie wirken laͤßt. Wir wuͤrden die 
erhabene Einfalt ihres Plans ſchlecht darſtellen und 
ſehr unwuͤrdig von ihrer Kraft urtheilen, wenn 
wir ihr ohne Grund eine zweckloſe Vervielfaͤltigung 
der Arten ſchuld geben wollen; und glauben hin— 
gegen ihre Macht beſſer zu ehren, wenn wir an— 
nehmen, daß alle dieſe Abwechslungen die die 
Schoͤpfung verherrlichen, daß die Mannichfaltige 
keit der Abaͤnderungen (Varietés) die ſie ſchmuͤk⸗ 
ken, durch kleine Abweichungen vom gewöhnlichen 
Wege der Ausbildung verſchiedener Arten entſtan— 
den. Wir wollen die Wiſſenſchaft nicht durch eis 
nen ſcheinbaren Reichthum arm machen, und ſie 
durch Ueberladung mit willkuͤhrlich angenommenen 
Arten erdruͤcken; wir wollen nie vergeſſen, daß 
die Natur auf ihrem erhabenen Throne, wo ſie 
uͤber Zeit und Raum gebietet, nur einer kleinen 
Zahl von Kräften bedarf, um das Todte zu bele— 
ben, Weſen zu entwickeln, und in des Weltalls 
weitem Raume die Koͤrper hinrollen zu laſſen 2). 


2) Ueber die Terminologie, die bey Beſchreibung der 
einzelnen ſowohl kriechenden als ſchleichenden Am— 
phibien nöthig iſt, kann man nachſehen D. Bork— 
hauſens Verſuch einer Erklärung der zool. Ters 
minologie. S. 136. B. 


Die 


55 


Die Schildkroͤten. ) 


Bcaonab alle Thiere hat die Natur auf irgend ei— 
ne Weiſe mit einer gewiſſen Vorliebe behandelt; 
ſie gab dem einen Schoͤnheit, dem andern Kraft, 
dieſem Groͤße oder moͤrderiſche Waffen, jenem die 
Mittel der Unabhaͤngigkeit, die Kunſt zu ſchwim— 
men oder ſich in die Luft zu erheben. Aber un— 
angenehmen Wirkungen der Luft ſind ſie, von ih— 
rer Geburt an, alle ausgeſetzt; einige ſind daher 
gezwungen ſich muͤhſam tiefe unterirdiſche Behaͤlt— 
niſſe zu graben, andere ſuchen duͤſtere Felſenhoͤh— 
ten und tiefe Wälder zu ihrer Wohnung; einige 

| D 4 kleinere 


a) Die vorzuͤglichſten Werke uͤber die Schildkroͤten, 
welche wir beſitzen, ſind die ſchon mehrmalen er— 
wähnte Allgemeine Naturgeſchichte der 
Schildkroͤten von Herrn Schneider nebſt 
deſſen beyden Beytraͤgen dazu, und Herrn. 
D. Schoͤpfs Naturgeſchichte der Schild— 
kroͤten mit Abbildungen, wovon aber erſt 
5 Hefte erſchienen ſind. Das erſtere iſt vorzuͤglich 
wegen den allgemeinen Eigenſchaften dieſer Thiere, 
das andere aber wegen der beſondern Naturgeſchich— 
te derſelben, merkwuͤrdig. Weiter vergleiche man: 
Goeze's Europaͤiſche Fauna, fortgeſetzt von 
Donndorf Band VII. S. 31 bis 42. B. 


56 Schildkroͤten. 

kleinere verſtecken ſich in hohlen Baͤumen und Fel⸗ 
ſenritzen, oder fluchten ſich oft in die Wohnung ih— 
rer aͤrgſten Feinde, vor denen weder ihre Kleinheit 
noch ihre Lift fie lange verbergen kann; noch an— 
dere unvollkommener gebaut, oder weniger mit 
Inſtinct verſehen, muͤſſen ſich armſelig auf der 
nackten Erde behelfen, und haben gegen die ſtreng— 
ſte Kaͤlte und das rauheſte Wetter keine weitere 
Decke, als die Zweige eines Baums oder einen 
hervorragenden Felſen. Selbſt die, deren Woh- 
nungen die bequemſten und ſicherſten find, genie⸗ 
ßen der ſuͤßen Ae die ſie ihnen gewaͤhren, nur 
durch Arbeit und Fleiß; die Schildkroͤten allein 
erhielten gleich 5 ihrer Geburt eine dauerhafte 
Wohnung. Dieſe Schutzwehr, die den heftig 
ſten Angriffen widerſteht, iſt an keinen Ort gebun⸗ 
den; ſie ſind nicht gezwungen, wenn die Nahrung 
an dem Orte ihres Aufenthaltes ihnen ausgeht, 
eine mit Muͤhe erbaute Wohnung zu verlaſſen, 
alle Frucht ihres Fleißes verloren zu geben, und 
an entfernten Geſtaden vielleicht noch muͤhſamer 
eine neue Wohnung zu bauen; ſie tragen den 
Schild, den die Natur ihnen gab, uͤberall bey 
ſich, und von ihnen kann man woͤrtlich fagen, daß 
ſie ihr Haus mit ſich herumtragen, in welchem ſie 
deſto geſicherter gegen ihre Feinde ſind, da ſeine 
Feſtigkeit alle ihre Angriffe vereitelt. 

Die meiſten Schildkroͤten koͤnnen, wenn ſie 
wollen, Kopf, Fuͤße und Schwanz in die harte 
knochige Schaale, die ſie oben und unten bedeckt, 

zuruͤck⸗ 


Schildkröten. 37 


zuruͤckziehen, und die Loͤcher ſind klein genug, daß 
die Klauen der Raubvoͤgel und die Zähne der 
Raubthiere ihnen ſchwerlich ankommen koͤnnen. 
Wenn fie unbeweglich in dieſem Vertheidigungszu— 
ſtande bleiben, fo koͤnnen ſie ohne Furcht und ob» 
ne Gefahr die Angriffe der Raubthiere abwar— 
ten 5). Sie ſind dann nicht wie lebendige We⸗ 
fen zu betrachten, die der Kraft wieder Kraft ent- 
gegenſetzen, und durch den Widerſtand und den 
Sieg ſelbſt mehr oder weniger leiden, ſondern ſie 
ſtellen ihrem Feinde nichts als ihren dichten Schild 
entgegen, gegen den er ſeine Waffen vergeblich 
braucht. Seine Angriffe treffen einen Felſen, 
und fie find unter ihrem natuͤrlichen Schilde fo 
gedeckt, wie in der unzugaͤnglichſten Felſenhoͤhle. 
Dieſer undurchdringliche Schild oder Panzer, 
der ſie umgiebt, beſteht aus zwey knoͤchernen Blaͤt— 
tern, die mehr oder weniger zugerundet und gewoͤlbt 
ſind, das eine iſt oberhalb, das andere unterhalb 
des Koͤrpers. Erſteres vereinigt die Rippen und 
den Ruͤcken mit ſich, und heißt der Oberſchild 
(carapace) ), das andere welches mit den Kno— 
chen verbunden ib die das Bruſtbein trennen, 

D 3 nennt 


5) Hayfiſche und Jagua're find Feinde der 
Schildkröten. ſ. Schneiders N. G. der Schild: 
kroͤten. S. 190 und Erſte Beytr. dazu. S. 6. B. 


e) Auch Schaale und Schild ſchlechthin, und Ruͤcken⸗ 
ſchild. B. f 


3 Schildkroͤten. 


nennt man den Unterſchild 4). Sie ſind 
nur an den Seiten miteinander verbunden, und 
laſſen zwey Oeffnungen, eine vorn fuͤr den Kopf 
und die Vorderfuͤße, die hinten für die Hinterfuͤ— 
ße, den Schwanz und den After e). Wenn die 
Schildkroͤten laufen oder ſchwimmen wollen, ſo 
muͤſſen ſie Kopf, Hals und Beine ausſtrecken, 
die dann aͤußerlich ſichtbar werden F). Alle dieſe 
Glieder find fo, wie der Schwanz, und der Vorder— 
und Hintertheil des Koͤrpers mit einer Haut be— 
deckt, die mit dem Rande des Ruͤckenſchildes und 
des Bruſtbeins verwachſen iſt, welche, wenn das 
Thier Kopf und Fuͤße zuruͤckzieht, ſich in Falten 
legt, und weit genug iſt, um die verſchiedenen Be— 


wegungen der Koͤrpers nicht zu hindern. Sie iſt, 


wie bey den Eidechſen, Schlangen und Fiſchen 
mit kleinen Schuppen beſetzt, wodurch die Schild— 
kroͤten mit den letzteren einige Aehnlichkeit bekom⸗ 
men 8) 


Der 


d) Auch Bruſtbein ſchlechthin, oder Unterſchaale 
Bruſtſchild, Bauchſchild. Man vergleiche uͤber 
dieſen Gegenſtand Schneiders N. G. der Schild: 
fröten S. 1. u. f. B. 

Scheider g „ d S B. 

) Bey den Meerſchildkroͤten iſt der Kopf zu groß, 
als daß er ſich unter dem Panzer zuruͤckzoͤge. Auch 
die Schwimmfuͤße verbergen ſich nicht ganz darun— 
ter. B. 

8) Schneider a. a. O. S. 13. B. 


Schildkröten. 5 


Der Kopf “) iſt bey allen Schildkroͤten nach 
der Schnauze, an welcher vorn die Naſenloͤcher ) 
ſtehen, zugerundet. Der Mund ſteht unterwaͤrts 
und iſt bis hinter die Ohren geoͤffnet. Die obere 
Kinnlade geht uͤber die untere hinaus, und beyde 
find (gewöhnlich) zahnlos; aber die Knochen, aus 
denen ſie beſtehen, haben ſcharfe Raͤnder, und ſind 
hart genug um ziemlich feſte Körper zu zermal⸗ 
men „). Dieſe Stellung und Bildung ihres 
Mundes iſt zum Genuß der Seegraͤſer und ande— 
rer Gewaͤchſe, von denen fie ſich naͤhren, ſehr be— 
quem. Faſt bey allen Schildkroͤten iſt der Ort, 
wo die Ohren 2) ſtehen, nur durch die befondern 
Schildchen und Schuppen merklich, die fie bedek— 
ken. Ihre Augen m) ſind groß und hervorſte— 
hend. 

Der Unterſchild iſt beynah immer kleiner als 
der Oberſchild, deſſen Rand vorn und vorzuͤglich 
hinten über jenen hervorragt; er iſt auch nicht fo 
hart, und oͤfters ganz platt. 

Beyde Schaalen ſind aus mehreren feſten 
Stuͤcken zuſammengeſetzt, deren Raͤnder gezaͤhnelt 
ſind, und mehr oder weniger ineinander, greifen. 


Bey 


h) Schneider a. a. O. S. 14. B. 

1) Schneider a. a. O. S. 21. B. 

k) Schneider a. a. O. S. 38. H. 

) Schneider a. a. O. S. 15 — 21. B. 

a) Schneider a. a. O. S. 22 — 36; auch deſſen 
Zweyte Beytr. S. 4. Hervorſtehend find die Au⸗ 
gen an den wenigſten Arten. B. 


60 Schildkroͤten. 


Ben einigen find die Stuͤcken des Bauchſchildes et- 
was beweglich. Beyde Schaalen ſind mit Schild— 
chen oder Schuppen beſetzt, die in Groͤße, Ge— 
ſtalt und Anzahl nicht allein bey verſchiedenen Ar— 
ten ſondern auch oft bey Individuen von einerley 
Art verſchieden ſind. Zuweilen ſtimmt die Anzahl 
und Geſtalt der Schuppen mit der Anzahl und 
Geſtalt der Schaalenftüde überein, die darunter 
liegen. i 1 85 
Man unterſcheidet die Schildchen oder Schup- 
pen, die am Rande des Oberſchildes liegen n) von 
denen, die in der Mitte oder dem Mittelfelde lie— 
gen, und die Scheibe (disque) genannt werden. 

Dieſe iſt oft mit dreyzehn bis funfzehn Schildchen 
oder Schuvpen, die der Länge nach in drey Rei⸗ 
hen liegen, beſetzt. Fuͤnf liegen in der mittelſten 
Reihe, (Ruͤckenſchuppen, Ruͤckenfelder) und nes 
ben ihnen auf jeder Seite vier andere Seiten— 
ſchuppen (Seitenfelder). Der Rand beſteht ge— 
woͤhnlich aus zwey und zwanzig bis fünf und zwan⸗ 
zig Schildchen oder Schuppen. Die Anzahl der 
Felder des Bauchſchildes wechſelt bey einigen von 
zwoͤlf bis vierzehn, bey andern von zwey und zwan⸗ 
zig zu vier und zwanzigen. Oft fallen die Schup⸗ 
pen wegen großer Trockniß oder aus andern Urſa— 
chen ab. Sie ſind halbdurchſichtig, biegſam, elaſtiſch, 
haben bey einigen, z. B. der ſchieferartigen Schild— 
kroͤte, ſehr ſchoͤne Farben, weßwegen fie zu allerley 


Zier- 


5 Randſchildchen, Nandſchuppen. B. 


Schildkröten. 61 


Zierrathen verarbeitet und ſehr geſucht werden, und 
was ſie zur Verarbeitung fuͤr Kuͤnſtler vorzuͤglich 
geſchickt macht, iſt, daß ſie bey maͤßigem Feuer 
weich und etwas fluͤßig werden, ſo daß ſie ſich in 
dieſem Zuſtande verbinden und formen laſſen und 
allerley Figuren annehmen 0), 

Es giebt noch einige merkwuͤrdige innere 
Kennzeichen, wodurch ſich die Schildkroͤten 
von den andern kriechenden Amphibien unterfcheis 
den p). Ausgezeichnet iſt vorzüglich die Größe 
ihrer Blaſe, welche den Eidechſen und den unge- 
ſchwaͤnzten kriechenden Amphibien ganz fehlt. Auch 
die Zahl ihrer Halswirbelbeine 7) weicht von den 
uͤbrigen ab; ich habe bey der Rieſenſchildkroͤ⸗ 
te, der Guianiſchen und der Flußſchild— 
kroͤte, die ich gelbe genannt habe, acht gezaͤhlt, 
da die Krokodille nur fieben, die meiſten E i⸗ 
dechſen nicht über vier und die: ene, 
kriechenden Amphibien gar keine haben. 

Dieß ſind die Hauptzuͤge in der Bildung bed 
Schildkroͤten. Wir kennen vier und zwanzig 
Arten derſelben, die alle an Größe und an- 
dern leicht zu findenden Charaktern unterſchieden 
ſind. Die Schaale der groͤßten Schildkroͤten iſt 
vier bis fuͤnf Fuß lang, und drey bis vier Fuß 

breit 


o) Man behandelt ſie wie Horn und Klauen. B. 
) Dieſe find ſehr duͤrftig angegeben. Vollſtaͤndiger fin⸗ 
det man ſie in Schneiders N. G. der 8 
von S. 81 an. B. 
4) Schneider a. a. O. S. 56. B. 


62 Schildkroͤten. 


Fuß breit. Der ganze Hoͤrper iſt oft von der er⸗ 
habenſten Stelle des Ruͤckens angerechnet, vier 
Fuß dick. Der Kopf iſt ohngefaͤhr ſieben bis acht 
Zoll lang und ſechs bis ſieben Zoll breit; der Hals 
und der Schwanz ſind ohngefaͤhr eben ſo lang. 
Das Gewicht einer großen Schildkroͤte iſt gewoͤhn— 
lich über 800 Pfund, davon wiegen die beyden 
Schaalen beynah 400. Die kleinſten Arten hin⸗ 
gegen meſſen von der Spitze der Schnautze bis zum 
Ende des Schwanzes oft nur einige Zolle, ſelbſt 
wenn ſie ausgeſtreckt ſind, und das ganze Thier 
wiegt oft kein Pfund. | i 
Die vier und zwanzig Arten weichen auch in 
der Lebensart ſehr voneinander ab. Einige leben 
beynah beſtaͤndig im Meere, andere hingegen in 
ſuͤßem Waſſer, oder in hohen trockenen Gegenden. 
Nach dieſer Verſchiedenheit habe ich die ganze 
Gattung in zwey Abtheilungen oder Fami— 
lien zerſpalten. Die erſte hat ſechs Arten, die 
groͤßten von allen, die vorzuͤglich im Meere leben. 
Sie ſind von den andern leicht durch ihre viel 
längeren Füße und ungleichen Zehen zu unter— 
ſcheiden, die mit Haͤuten verbunden ſind, und alſo 
Schwimmfuͤße bilden, welche oft zwey Fuß, folg— 
lich über ein Drittheil der Schaale lang find ). 
Ibre 


7) Kuͤrzer find die Kennzeichen dieſer Familie folgen: 
de: Testudines marinae: pedibus piniformi- 
bus prioribus longioribus. Die See: oder 
W haben floſſenaͤhnliche Fuͤße, 

deren 


N 65 
Ihre beyden Schilde berühren ſich auch auf bey— 


den Seiten in einem großeren Theile ihres Um— 
fangs; die vordere und hintere Oeffnung find da— 
her kleiner, und die Klauen der Raubvoͤgel, die Zaͤhne 
der Cayman, der Tieger Cuguars, und ande⸗ 
re Feinde der Schildkroͤten ſind ihnen daher nicht 
fo gefaͤhrlich; doch koͤnnen die meiſten Meerſchild⸗ 
kroͤten ihren Kopf und ihre Füße nur halb unter 
die Schaale verbergen, und ſie nicht ganz einzie⸗ 
hen wie die Fluß- und Landſchildkroͤten. Die 
Schildchen des Bruſtbeins ſitzen nicht wie bey den 
Landſchildkroͤten in zwey, ſondern in vier Reihen, 
und ihre Anzahl iſt viel groͤßer. | 
Die Meerſchildkroͤten find unter den kriechen⸗ 
den Amphibien, was die zahlreichen Gattungen der 
Wallroſſe, Seeloͤwen, Manati's und Seekaͤlber 
unter den Saͤugerhieren ſind. Ihre Zehen find 
wie bey dieſen verwachſen, und mehr Floßen als 
Fuͤße; fie gehören wie dieſe, mehr dem Waſſer 
als der Erde, machen in der Ordnung zu der ſie 
gehoͤren, den Uebergang zu den Fiſchen, welchen 
a fie 


deren Zehen gänzlich in eine Schwimmhaut ver⸗ 
wachſen ſind; die vordern ſind laͤnger als die hin⸗ 

tern. Ihre Bedeckung iſt abſchuͤſſig und nicht uͤber⸗ 
all knochenartig; ſondern hat einige biegſame ‚Stel: 
len. Sie koͤnnen ihre Glieder auch nicht ganz un⸗ 
ter den Panzer zuruͤckziehen. Aa Linns Syst. nat. 

XIII. I. 3. p 1036. Schneider a. a. O. S. 

10. 9 Donndorfs Europ. Fauna VII. S. 
41. 3 | 


64 Schildkroͤten. 


ſie in vielen Stuͤcken ihrer Lebensart und ihres 
Baues aͤhnlich ſind. | 90 5 

Die zweyte Familie begreift alle die 
uͤbrigen Schildkroͤten in ſich, die ſowohl im ſuͤßen 
Waſſer als in Waͤldern und trockenen Gegenden 
leben. Zu dieſer Familie gehoͤrt alſo ſowohl die 
Griechiſche Schildkroͤte, die beynahe in allen war⸗ 
men Laͤndern auf dem Trocknen lebt, als auch die 
gemeine Flußſchildkroͤte, die man im mittaͤgigen 
Frankreich und in andern gemaͤßigten Laͤndern Eu⸗ 
ropens in ſuͤßen Waſſern findet. Alle Schildkroͤ⸗ 
ten in dieſer Familie haben ſehr ſtarke Füße, kurze, 
beynah gleichlange Zehen, ohne Schwimmhaut, 
mit ſtarken krummen Naͤgeln beſetzt ). Das 
2 2 | Ober⸗ 


) Dieſe Familie hätte billig aus zwey beſtehen ſollen, da 
man ſtatthafte Charaktere dazu aufgefunden hat, 
und dieſe hier angegebenen in der Folge, z. B. bey 
der Griechiſchen, den Hrn. Verf. ſelbſt nicht zu ges 
nuͤgen ſcheinen. Wir machen daher billig zur 
zweyten Familie: 15 


Die Fluß- Schildkröten: Terkudineg flu 


viatiles: pedibus palmatis testa cum ster- 
no membrana juncta et binis sterni}pro- 
cessibus in medio utrinque fulta, 

Sie haben Schwimmfuͤße, aber dabey fehr deut: 
liche Zehen. Ober- und Unterſchild find (meiſt 
ohne Knochennaͤthe) durch eine dicke Haut verbun— 
den und durch zwey Angeln in der Mitte auf bey— 
den Seiten geſtuͤtzt. Der Oberſchild ſelbſt, ſo wie 
ſeine Schildchen ſind flach und nicht ſo glaͤnzend hart, 
als bey den Landſchildkroͤten. Kopf und Fuͤße koͤn— 

nen ſie unter denſelben zuruͤckziehen. a Linne 
Syst, nat. XIII. p. 1038. Schneider a. a. O. 


* 


Schildkröten. 65 


Ober- und Unterſchild find nur an einem kleinen 
Theile ihres Umfangs miteinander verbunden; ſie 
koͤnnen ſich alſo mit mehr Freyheit bewegen, und 
das iſt ihnen auch ſehr noͤthig, da ſie viel mehr 
gehen als ſchwimmen. Ihre obere Schaale iſt 
gewoͤhnlich viel gewoͤlbter, ſo daß ſich die meiſten, 
wenn man ſie umkehrt, von ſelbſt umwenden, und 
wieder auf die Beine kommen koͤnnen; da hinge⸗ 
gen beynah, alle Meerſchildkroͤren, deren Schaale 
platter iſt, wenn man ſie auf dem Ruͤcken legt, 
vergeblich wieder in die Hoͤhe und in ihre gehoͤrige 
Lage zu kommen ſuchen. 


S. 41. und Zweyte Beytr. S. 5. Donndorfs 
Europ. Fauna a. a. O. S. 41. 
Die dritte Familie begreift 
Die Land-Schildkroͤten: Testudines ter- 
restres: pedibus clavatis unguiculatis, te · 
sta convexa cum sterno commissuris os- 
seis juncta. | 
Sie haben kolbige Füße, vorn mit fünf und hin 
ten mit vier Zehen; einen hochgewoͤlbten, ſehr fer 
ſten, mit der untern Schaale durch Knochennaͤthe ver— 
bundenen Ruͤckenſchild. Dieß zeichnet ſich durch bes 
ſondere Schoͤnheit vor den uͤbrigen aus. a Linns Syst, 
nat. XIII. p 1043. Schneider a. a. O. S. 
349. Donndorfs Europ. Fauna a. a. O. S. 
41. B. 


De la Cepede's Naturg -d. Amph. I. Bd. E Er ſte 


6 


Erſte Familie. 
Meerſchildkroͤten. 


Die Rieſenſchildkröte. 
Die freye (2) Schildkroͤte. e) La Tortue franche.) u) 
| (Taf. I. Fig. 1.) 


Eins der ſchoͤnſten Geſchenke, die die Natur den 


Bewohnern des heißen Erdſtrichs verliehen hat, 
| | eins 


6) Vielleicht Erz + oder große Schildkroͤte. B. 
er) Testudo marina und mus marinus, Lat. 

The green turtle, Engl. 

Jurucua, in Braſilien. 

Tartaruga, Portug. | 

Tortue Mydas, D’4ubenton Encyclop. me- 
thodique. 

Testudo Mydas, Lin. Syst. (XII. 1. p. 352. 
n. 3. XIII. 3. p. 3. Testudo palmarum un- 
guibus binis, plantaeum solitarüs, testa 
ovata. Von dem verſtuͤmmelten Worte Mydas, 
das von Emydes (gur) abftammt. ſ. Schneis 
ders N. G. der Schildkr. S. 74. und Ges- 
neri Hist. anim. IV, p. 1136, B.) 

Testudo marina vulgaris, Ray Synopsis Qua- 
drup. p. 254. | 

Tortue franche, Rochefort Hist. nat. des An- 
silles. p. 225. 
“ N — Tor: 


Die Rieſenſchildkroͤte. 67 


eins der nuͤtzlichſten Erzeugniſſe, die ſie an die Ge⸗ 
en des Meeres ſetzte, iſt die große Meerſchild— 
E 2 kröte, 


Tortue Francke, Du Tertre, Antill. p. 227. 

Testudo atra, Mus. Ad Fr. I. p. 50. 

— — Seba Mus, I. tab. 79, fig 4, 5, 6. 

Te green Turtle, Patrick Brown Natu ral Histo. 
ry of Jamaica, p. 465. Testudo unguibus pal 
marum duobus, plantarum singularibus. 

Hans Sloane. Reiſe nach Madera, Barbados u, 
ſ. w. mit der Naturgeſchichte dieſer Inſeln. Lon⸗ 
don 1725. Vol. 2. p. 331. 

Testudo Mydas. Osbeck it 293. (ueberſ. S. 
383. 

Testudo marina. Gerner, Quadrup. ovip. p. 
105. (Die Beſchreibung paßt auf alle Meer— 
ſchildkroͤten und die Figur Testudo marina pri- 
ma) am ſchicklichſten auf die Karettſchild⸗ 
kroͤt e. B.) 

Aldrovandi Quadrup. 712. tab 714. (Gehoͤrt 
wahrſcheinlich zur Karettſchildkroͤte. B.) 

N mus, 27, tab, 17, lig. 1. (Dieſe ſchlech⸗ 
te Figur gehört ebenfalls eher zu der Karett⸗ 
ſchildkroͤte. B. 

Bradley natur, tab. 4. fg, 4. . 

Catesby natur. Hist of Carolina II p. 38. 

Maregrave, Brasil. 241. Jurucuja Brasilien- 
sibus. (2) { 

Testudo viridis, Schneider. La Cep. 

Ich füge noch hinzu: Testudo viridis. Sch nei⸗ 
ders N. G. der Schildkr. S. 299. Die gruͤ⸗ 
ne Schildkroͤte. Deſſen zweyte Beytr. zur 
N. G. der Schildkr. S. 7. Nr. 1. 

Die Rieſenſchildkroͤte. Deſſen Zool. Abd 
handlungen. S. 304. 

Die Mydas⸗ Schildkröte. Schoͤpfs Natur⸗ 
geſchichte der Schildkr. S. 23. 91. Taf. 17. A. 

Testu- 


68 ‚Schildkröten. 


Eröte, die den Namen Rieſenſchildkroͤte 
fuͤhrt. Die große Kunſt des Menſchen, die 
Schiffarth, würde für, ihm bey weitem nicht von 

dem 


Testudo atra, Linnei Apel. acad. I. 284. 
Amphibiae Gryllenborg. n. 21. 

Die Seeſchildkroͤte. Seeligmanns Voͤ⸗ 
gel VI. Taf. 101. (9) ' 3 75 

Die Rieſenſchildkroͤte. Muͤllers Linnei⸗ 
ſches Nrkhrſpſtem: III. S. 18. Nr. 3. Taf. 1. 
Fig. 1. 2. 

— — Blumen buch Handbuch der N. G. 
ste Ausgabe S. 231. Testudo Mydas: pe- 
dibus pinniformibus, marginibus maxilla- 
rum dentatis, testa ovata. 

— — Batſch Thiere. I. 447. 

— — Borowsky Thierreich IV. 15. N. ı 
Daf. K 
— Leske Naturgeſchichte. S. 302. Nr. 3. 
— Donndorfs T hiergeſchichte. S. 441. 
Ny. 2. ® 

— — Oekonomiſche Zool. S. 105. Nr. 2 

— — Meidingers Vorleſ. S. 160. N. 3. 

— — Funke, N. G. für Schulen. 1 S. 267. 


— Meine N. G. des In und Auslandes 
I. S. 567. Nr. 4 


Der Mydas. Beckmanns Naturhiſt. S. 58. 

— — Bergmanns N. G. III. 222. Nr. 3. 

er Mydas, Herrmann tab. aflin. anim. 
p. 244 

— — Arnemann, Arzeney- Mittellehre. 1. S. 
74. 

Testudo marina. a Linné Syst. nat. Ed. II. 
p. 58. 
Die Rieſenſchildkroͤte. Donndorfs Zool. 
Beytr. zur XIII. Ausgabe des Linneiſchen Na⸗ 

turſyſtems. III. S. 6— 9. B. 


Die Rieſenſchildkroͤte. 69 


dem Nutzen ſeyn, faͤnde er nicht an den entfernten 
Kuͤſten, wohin ſeine Begierden ihn locken, eine 
überflüßige und ſchmackhafte Speiſe, und in ihr 
ein ſicheres Heilmittel gegen die traurigen Folgen 
eines langen Aufenthaltes in einem engen einge— 
ſchloſſenen Raume, mitten unter halbverfaulten 
Koͤrpern, die Feuchtigkeit und Sonnenhitze in Gaͤh— 
rung ſetzen k). Dieß koͤſtliche Nahrungsmittel 
giebt ihm die Rieſenſchildkroͤſe. Ihr Nutzen iſt 
um ſo groͤßer, da ſie vorzuͤglich in den heißeſten 
Laͤndern wohnet, wo die Waͤrme, die Entwickelung 
aller Keime der Faͤulniß, ſo ſehr beſchleunigt. 
Man findet fie in großer Menge in der heißen Zo— 
ne an allen Inſeln und Landkuͤſten ſowohl der al⸗ 
ten als neuen Welt. Die Baͤnke an den Kuͤſten 
der Inſeln und des feſten Landes ſind mit einer 
Menge von Seegraͤſern Y) und andern Gewaͤchſen 
bekleidet, die das Meer bedeckt, aber doch nahe 
genug an der Oberflaͤche find, daß man fie bey ru⸗ 
higer See leicht erkennen kann. Auf dieſen gruͤ—⸗ 
nen Triften im Grunde der See, ſieht man die 

E Rie⸗ 


x) Man macht von den Rieſenſchildkroͤten Bouillons, 
die in der Lungenſucht und dem Scorbut vortreffli— 
che Dienſte thun. Das Fleiſch hat einen das Blut 
verſuͤßenden, nahrhaften, aufloͤſenden und zerthei— 
lenden Saft, von dem ich ſehr gute Wirkungen ver- 
ſpuͤrt habe. Anmerkung des Hrn. de la Borde, 
koͤnigl. Arztes zu Cayenne. 

) ſ. Mare Cates by Naturgeſchichte von Carolina, 
Florida und den Bahama Inſeln, herausgegeben 
von Edwards. London 1754. 2. Th. S. 38. 


se Scſchildkroͤten⸗ 


Rieſenſchildkröͤten friedlich graſen 2). Sie find oft von 
der Spitze der Schnauze bis ans Ende des Schwan⸗ 
zes, ſechs bis ſieben Fuß lang, gegen drey bis 
vier Fuß breit, an der erhabenſten Stelle des Ruͤk⸗ 
kens ungefähr eben fo dick, und wiegen dann ges 
gen 800 Pfund. Man findet fie in fo großer 
Menge beyeinander, daß man glauben ſollte ſie 
waͤren zur Nahrung fuͤr die Schiffer, die ſich an 
dieſen Baͤnken vor Anker legen, in Heerden zus 
ſammengetrieben. Dieſe Heerden des Meers ges 
ben denen, die auf dem Trocknen graſen, um ſo 
weniger nach, da ihr Geſchmack vortrefflich und 
ihr Fleiſch ſehr ſaftig und nahrhaft und zugleich 
der Geſundheit ſehr zutraͤglich iſt. 

Die Rieſenſchildkroͤte iſt an der Geſtalt ihrer 
Oberſchaale ſehr kenntlich. Dieſe iſt oft vier bis 
fuͤnf Fuß lang, drey bis vier Fuß breit, und ey⸗ 
rund. Der Rand iſt aus vielen Schildchen zu⸗ 
ſammengeſetzt, die je weiter vom Kopf, deſto groͤ⸗ 
ßer werden, und deren aͤußerer Umriß eine gleich⸗ 
ſam wellenfoͤrmig ausgeſchweifte Kante bilden. 
Das Mittelfeld oder die Scheibe beſteht gewoͤhn⸗ 
lich aus funfzehn heller oder dunkler braunrothen 


(roux) 


2) Unter den großen Seegewaͤchſen, Sarigaffen ge 
nannt, die an einigen Stellen der See an der Ober— 
fläche ſichtbar find, fonft aber in großer Menge auf 
dem Grunde und an den Kuͤſten wachſen, halten ſich 
außer vielen andern Seethieren auch eine ungeheu— 
re Menge Schildkroͤten auf. Beſchreibung von 
Hiſpaniela in der c alg. Geſchichte der Reiſen. Th. 
3. Buch 5 


Die Rieſenſchildkroͤte. 7¹ 


(roux) Schuppen 4), die wie die Randblaͤtter 
zuweilen aus Trockniß oder andern Urſachen abfal— 
len 5), und in Anzahl und Geſtalt nach dem Als 
ter, vielleicht auch nach den Geſchlechtern, verſchie— 
den ſind. Ich habe mich davon uͤberzeugt, da ich 
mehrere Schildkroͤten von verſchiedener Groͤße un⸗ 
terſuchte ). Wenn das Thier im Waſſer iſt, ſo 

fiehe 


4) Gewöhnlich werden ihrer nur dreyzehn angegeben. 
ſ. Schopf a. a. O. S. 83. 91. 95. Auch die 
Abbildung des Hrn. Verf. ſelbſt ſcheint ihrer nur 
dreyzehn zu haben. Wenn die Mauſerung der 
Schildkroͤte ſeine Richtigkeit hat, ſo laͤßt ſich dar⸗ 
aus die Verſchiedenheit in der Anzahl der Schild: 
chen, wie bey den Schlangen, keicht erklaͤren; eben 
daher auch die Abwechſelung in der Farbe, die bey 
denen, die ſo eben gemauſert haben, heller ſeyn 
muß, als bey denen, deren obere Rinde abgetrock— 
net und zum Abfallen reif iſt. Deswegen ſehen 
auch die langgelegenen trockenen Schilder fo dum 
kel, gewoͤhnlich ſchwarzgruͤn aus, und werden in 
Weingeiſt ganz ſchwarz. B. 

20 Ich habe eben ſo wie Herr Schneider an einer 
gemeinen Flußſchildkroͤte bemerkt, daß 'ſich zwar 
nicht der ganze Panzer, aber wohl die obere rindi— 
ge Schaale deſſelben, ſo wie die Schuppen an den 
Beinen der Voͤgel, oder die Oberhaut an einigen 
Baͤumen, abloͤßte. Das Wachsthum iſt wohl die 
Urſache von dieſer Art von Abwerfung, und wie bey 
den Schlangen, Eidechſen und Raupen noͤthig. B. 

1) Die Zahl der Schuppen wechſelt bey einzelnen Rie: 
ſenſchildkroͤten ab, ſcheint ſich aber doch nach dem 
Alter zu richten. Anmerk. des Hrn. v. Wider⸗ 
ſpach, Officier beym Bataillon von Guiana und 
Torreſpondent des koͤuigl. Cabinets. 


72 Schildkröten. 

ſieht das Rückenſchild hellbraun aus, und iſt gelb 
gefleckt 4). Das Bauchſchild iſt nicht ſo hart und 
kleiner als die obere Schaale; es beſteht aus 23 
auch 24 Blaͤttern in vier Reihen. Dieſer zwey 
Schilde wegen hat ſie in einigen Gegenden den 
Namen Soldat bekommen 9). 

Die Fuͤße der Rieſenſchildkroͤte find ſehr lang, 
die Zehen daran find in eine Schwimmhaut ver- 
wachſen. Ueberhaupt gleichen ſie eher Floßen als 
Fuͤßen; das Thier braucht ſie auch viel ſeltener 
zum Gehen als zum Schwimmen, und erhält da⸗ 
durch eine neue Aehnlichkeit mit den Fiſchen und 
Seehunden, die eben ſo mitten im Waſſer leben. 
Ohne dieſe Bildung würde es ein Element ver— 
laſſen, in welchem es ſehr ſchlecht fortkommen 
müßte, weil feine Fuͤße dem Waſſer nicht Fläche 
genug zum W'derſtande geben koͤnnten, und lieber 
auf dem Trocknen wohnen, wo es, wie die Land— 
ſchildkroͤten, die man mitten in den Wäldern fin⸗ 
det, leichter fortkommen wuͤrde. 

Die erſte Zehe an den Hinterfuͤßen iſt die kuͤr⸗ 
zeſte, und hat einen ſpitzigen Nagel, der deutlich zu 
ſehen iſt; an der zweyten iſt er kleiner und abge— 
rundeter, und die drey übrigen haben nur haͤutige, 
wenig merkliche Naͤgelanſaͤtze; an den Vorderfuͤ⸗ 


ßen 


d) Nach handſchriftlichen Nachrichten, die Hr. de 
Fougerour de Bondaroy über die Schildkroͤ— 
ten geſammelt und mir mitgetheilt hat. t 

e) Conrad Geßner, Amphib. (de Quadruped= 

bus oviparis). Zuͤrch 15 54. S. 105. (N). 


Die Rieſenſchildkröt. 573 


ßen hingegen haben die zwey innern Zehen ſpitzige, 
und die drey uͤbrigen nur haͤutige Naͤgel. Es 
kann ſeyn, daß es hierin bey dieſer Art auch Ab— 
weichungen giebt N, doch die Hinterfuͤße haben 
nie mehr als einen ſpitzigen Nagel, der das Kenn» 
zeichen der Art iſt 8). 

Der Kopf die Fuͤße und der Schwanz ſind, 
wie der Körper der Eidechſen, Schlangen und Fi— 
ſche, mit kleinen Schuppen beſetzt; auch ſind wie 
bey dieſen Thieren, die Schuppen auf dem Schei⸗ 
tel groͤßer als an den uͤbrigen Theilen. Man be— 
hauptet, daß das Gehirn der Rieſenſchildkroͤten, 
trotz ihres Umfangs, nicht groͤßer ſeyn ſoll, als ei- 
ne Bohne A), dieß wuͤrde das beſtaͤtigen, was ich 
an einem andern Orte über die Kleinheit des Ge— 
m E 3 hirns 


F) Linn. Amphib, rept. Testudo Mydas. (XIII. 
3. p. 1037. Hier werden mehrere Varietäten ans 
geführt, von denen aber Var. 8) zu der ſchiefer⸗ 
artigen Schikdkroͤte gehört. B.) 

g) Wenn man noch ein Unterſcheidungszeichen von 
den Naͤgeln hernehmen will, ſo mag es wohl dieſes 
ſeyn. Sonſt wiſſen wir (ſ. Allgemeine Litteratur— 
Zeitung, Suppl. 1787. Nr. 19. S. 148. und 
Schoͤpf a. a. O. S. 95.), daß man Exemplare 
mit Einem Nagel an jedem Fuße (Gmelin Tin. 
XIII. „ Lin. Amoen. acad I. p. 287. n. 7.) 
mit Zwey Naͤgeln an jedem Fuße, und mit zwey 
Naͤgeln an den Vorderfuͤßen und einem an den 
Hinterfuͤßen geſehen habe. B. 

A) Man ſehe die Memoires pour servir a l’Hist, 
nat. des anım, Article de la Tortue de Coro- 
mandel, 


2 

A Schildkröten. 

birns bey den Amphibien im allgemeinen ge 
ſagt habe. | 
Der Mund der Rieſenſchildkroͤten liegt unter« 
halb des Kopfes, und oͤffnet ſich bis hinter die 
Ohren. Die Kinnbacken haben keine Zaͤhne, ſind 
aber ſehr hart und ſtark, und die Knochen, aus 
denen ſie beſtehen, ſind gezackt und ſpitzig. Mit 
dieſen kraͤftigen Kinnbacken zerſchneiden fie die 
Seegewaͤchſe, welche die Bänke der Kuͤſten bedek⸗ 
ken, und zermalmen ſelbſt Steine und die Mu⸗ 
ſcheln, von denen ſie ſich zuweilen nähren. 


Ich will hier die Ausmeſſung einer jungen, 
noch nicht ausgewachſenen Rieſenſchildkroͤte 
mittheilen, die ſich im koͤnigl. Kabinette befindet. 
Bey dieſer ſowohl als bey allen uͤbrigen, von denen 
ich in der Folge reden werde, iſt bey der Angabe 
der Laͤnge und Breite allemal die Woͤlbung der 
obern Schaale mit gemeſſen. 


| Fuß Zoll Lin. 
Laͤnge von der Spitze der Schnauze | 
bis ans hintere Ende der Ober⸗ 


ſchaale - . a 3 
Laͤnge des Kopfes . — 1 8 
Breite 2 . „ 
Länge der Oberſchaale - „ 
Breite 5 1 18 27 
Länge der Vorderfuͤße 33 


Die Rieſenſchildkroͤte. 75 


Fuß Zoll Lin 
Länge der Hinderfuͤe. — 11 — 


Rippen zählte ich an jeder Seite eilf ). 
e Wenn 


* 


Y Diefe Ausmeſſung hat unfer Verfaſſer in einer No⸗ 
te mitgetheilt. Ich habe fie aber als eine Haupt: 
ſache in den Text geruͤckt, und will ſtatt jener Note 
hier zur mehrerer Vergleichung Hrn. D. Schoͤpfs 
Beſchreibung (a. a. O. S. 83. Taf. XXVII. Fig. 
2) die Mydas Schildkroͤten ausziehen. und 
dann einige Bemerkungen beyfuͤgen. Sie iſt von 
einem jungen Thiere genommen, das aber alle eis 
genthümliche Merkmale an ſich hatte. (Lin. Am, 
acad. I. 284.) ö 
Der Schild iſt 25 Linien lang, 19 ıfz Linie 
breit, 3 Linien vom Rande und 9 Linien vom Brufts 
bein auf, hoch. Die Geſtalt iſt eyfoͤrmig, vorne 
mäßig ausgeſchweift und hochbogig, von der Seite 
bis ans Ende ſeicht ſaͤgenfoͤrmig gezaͤhnt, hinten 
ſpitzwinklich und ausgekerbt. Die Scheibe iſt nies 
drigconver, durchaus und gleich gekielt, hat 13 zart 
gegrübelte Schuppen, deren Raͤnder ſich dicht an⸗ 
einander fügen. Die Ruͤckenfchuppen find ungleich, 
breiter als lang, nach beyden Seiten abſchuͤſſig, 
ſechseckig mit gradlinigen Winkeln, mit Ausnahme 
der letzten, welche einem Quadranten mit abge— 
ſtumpfter Spitze ähnlicher iſt. Die mittelſte Ruͤk⸗ 
kenſchuppe iſt 9 Linien breit und 4 Linien lang. 
An jeder Seite ſtehn 4 ungleiche Schuppen; die 
beyden mittleren ſind ſich am aͤhnlichſten und die 
groͤßten, oben zugeſpitzt, unten abgeſtumpft, und 
haben eine ganz kleine keilfoͤrmige Erhabenheit in 
der Ecke am hintern Rande; der Rand iſt horizon⸗ 
tal, breiter und ſchaͤrfer als an der ſchieferar⸗ 
tigen Schildkroͤte meiſt mit 25 Schuppen bez 
ſetzt, welche klein, ſcharf, viereckig, platt und ziem⸗ 
lich gleich ſind, die vorderſte ausgenommen, welche 

ſchmaͤ⸗ 


A 


See im Meergraſe geweidet haben, fo gehen fie 


* 


Schildkroͤten. 


Wenn die Rieſenſchildkröten im Grunde der 
an 


ſchmaͤler und uͤber queer laͤnger iſt. Der Bauch— 
ſchild iſt 21 Linien lang, 13 Linien breit und wie 
an der ſchieferartigen beſchaffen. Die Fuͤ⸗ 
ße ſind ebenfalls wie bey dieſer, außer daß ſie im 
Verhaͤltniß des Körpers etwas größer find; daher 
fie Walbaum (Schildkröten S. 112.) die groß: 
füßige (Testudo macropus) nennt. An jedem 


Fuß ſind zwey Krallen: die eine des Hinterfußes 


iſt eyrund und ſtumpfer. Der Schwanz iſt ſpitzi⸗ 
ger als an der ſchiefer artigen. Die eigen: 
thuͤmliche Farbe des Schildes und der Gliedmaßen 


iſt ein tiefes Gruͤn, welches in Weingeiſt ſchwarz 


wird, und daher erklärt ſich der Linneiſche oben an; 
gefuͤhrte Name: Testudo atra. So weit Herr 


| Schoͤpf. 


Ich habe mehrere pan von dieſer Schild⸗ 
kroͤte geſehen und verglichen, und beym erſten An: 
blick lſollten ſie einem wegen der gar zu großen 
Aehnlichkeit, die Männchen von der ſchieferarti⸗ 
gen Schildkroͤte ſcheinen. Das Abweichen— 
de, was ich bemerkt habe, beſteht in folgendem: An 
der ſogenannten Rieſenſchildkroͤte iſt der Kopf 
etwas ſchmaͤler, und die obere Kinnlade gerader 


ausgeſchnitten und nicht ſo ſpitzig und beyde 


Kinnladen vorn etwas gezaͤhnelt; die Halshaut 
iſt glaͤtter; die Vorderfuͤße find mehr zugeſpitzt; die 
Hinterfuͤße mehr zugerundet; beyde ſind nach dem 
Ende zu unten mit ſtarken, großen, harten Schup— 
pen beſetzt; der Schwanz ſteht etwas vor, das Ober— 
ſchild iſt faſt eyrund, vorn an den Seiten, wo die 
Vorderfuͤße ſich ausſtrecken, ſeichter ausgeſchweift 
als an der ſchieferartigen Schildkroͤte; es 
iſt ſtark gewoͤlbt; ſo daß das Thier um ein Drittel 
niedriger als das Oberſchild lang iſt; die fünf Ruͤk— 


kenſchuppen ſind breiter als lang, beſonders zeigen 
die 


Die Rieſenſchildkröte. 77 


an die Mündung großer Ströme nach ſuͤßem Waſ⸗ 
fer A), in dem ſie ſich ſehr wohl zu befinden ſchei— 
nen, ſchwimmen ruhig, den Kopf uͤber dem Waſ— 
ſer, und ſchoͤpfen friſche Luft, die ſie von Zeit zu 
Zeit noͤthig haben. Doch wird ihnen dieß Ver— 
gnuͤgen, friſche Luft zu ſchoͤpfen und ſich in ſuͤßem 
fließendem Waſſer baden zu koͤnnen, weil die Kuͤ— 
ſten, die fie bewohnen, wegen der Menge von . 

| RE Fein⸗ 


die beyden mittlern einen ſpitzigern Winkel nach den 
Seitenſchuppen zu, als an jener, in der Mitte 
laͤuft eine kielfoͤrmige Erhoͤhung hin, die auf der 
zten und zten Schuppen eine Art von Zahn bildet; 
an den Seiten ſtehen nur vier Schuppen, die denen 
der Karett: Schildkroͤte ganz ahn⸗ 
lich, nur nach oben zu etwas ſpitzwinklicher find; 
das Hauptkennzeichen iſt, daß das fuͤnfte kleinere 
Seitenfeld nach den Vorderfuͤßen zu fehlt, und daß 
die vorderſte oder die Randſchuppe am Hals eine 
Trapeziumsartige Geſtalt hat. Uebrigens ſtehen die 
acht Rippen an den Seitenfeldern weiter vor und die 
knochenloſen Seitenfelder werden dadurch höher und 
ſchmaͤler; der Rand iſt in der Anzahl der Schuppen und 
der ganzen Geſtalt derſelbe, nur laufen die Schuppen 
bis zur zehnten mit den Seitenſchuppen abwärts 
und gleich abſchuͤßig, da ſie hingegen bey der 
Karett⸗ Schildkroͤte von der fünften an, 
am Rande horizontal auslaufen und von unten auf 
ſtark in die Höhe geſtuͤlpt find; und dieß halte ich 
mit für ein Hauptmerkmal. Der Unterſchild iſt 
ganz der naͤmliche. In der Farbe habe ich keinen 
Unterſchied zwiſchen dieſer und der Kar ett— 
Schildkroͤte bemerkt. Einige find heller andere 
dunkler rothbraun. B. 
k) Bomare hist. nat. des Antilles. p. 246. 
Schneider a. a. O. S. 173. B. f 


78 Schildkröten: 


Feinden, die auf ſie lauern, und der Jaͤger, die fie 
verfolgen, zu gefaͤhrlich ſind, nur ſelten zu Theil, 
und fie thun es beſtaͤndig mit der groͤßten Vorſicht. 
Kaum bemerken ſie nur den Schatten eines ver— 
daͤchtigen Gegenſtandes, fo rauchen fie unter, und 
ſuchen die Tiefe des Meeres. 

Die Landſchildkroͤte war von jeher das Sym⸗ 
bol der Langſamkeit; die Meerſchildkroͤte hingegen, 
dürfte das Sinnbild der Vorſicht ſeyn. Da dies 
ſe bey den Thieren immer die Folge von Gefah— 
ren iſt, denen ſie entgangen ſind, ſo darf ſie uns 
bey dieſer Schildkroͤte nicht befremden, der um de⸗ 
ſto mehr nachgeſtellt wird, da ihre Jagd viel ein⸗ 
bringt, und gar nicht gefaͤhrlich iſt. 

Ob man gleich aus einigen Zügen in der Ge⸗ 
ſchichte dieſer Thiere auf eine große Ueberlegenheit 
des Inſtinets vor andern ſchließen ſollte, ſo bes 
weiſen doch die meiſten dieſer Zuͤge mehr paßive 
als active Eigenſchaften. Da ſie an den Kuͤſten, 
die fie beſuchen, immer hinlaͤngliche Nahrung fine 
den, da fie von wenigem leben, und mit Seegraͤ— 
ſern zufrieden ſind, ſo ſtreiten ſie miteinander nie 
ums Futter, das ſie im Ueberfluß haben; da ſie 
überdem, wie alle Schildkroͤten und kriechende Am— 
phibien, Monate, ſelbſt Jahr und Tag faſten koͤn⸗ 
nen, ſo herrſcht ein ewiger Friede unter ihnen. 
Sie ſuchen ſich einander nicht, aber fie finden ſich 
ohne Muͤhe zuſammen, und bleiben ohne Zwang 
beyeinander. Sie verſammeln ſich nicht aus Raub— 
gier in e Haufen, um ſich einer ſchwer zu 
erlan⸗ 


Die Rieſenſchildkroͤte. 79 


erlangenden Beute leichter zu bemaͤchtigen, ſondern 
einerley Trieb fuͤhrt ſie an den naͤmlichen Ort, und 
einerley Lebensart erhaͤlt ihre Heerden in Eintracht. 
Da ihr hoͤrnerner Schild den haͤrteſten Stoͤßen 
und den ſchwerſten Laſten wiederſteht, ohne zer⸗ 
truͤmmert zu werden, ſo ſind ſie durch ihn gegen 
ihres gleichen geſchuͤtzt genug, daß ſie ſich einander 
nicht ſcheuen duͤrfen, und da ſie keine Waffen zum 
Angriff haben, ſo koͤnnen ſie den Frieden, der un 
ter ihnen herrſcht, nicht ftören. f 

Sanftmuth und Kraft zum Wiederſtande zeich⸗ 
nen daher die Rieſenſchildkroͤte aus, und vielleicht 
ſpielten die Griechen auf dieſe Eigenſchaften an, 
als fie fie der Schönheit zur Geſellſchafterin gaben, 
und Phidias fie als ein Symbol zu den Für 
ßen feiner Venus ſtellte 9). 

Ihre Lebensart hat nichts ſchimmerndes, ſo 
wenig als ihre Farbe, aber an ihren Gewohnhei⸗ 
ten halten ſie ſo feſt, als ihr Schild hart iſt. Sie 
leiden mehr als ſie handeln, und ihre Begierden 
ſind nie ſehr heftig; ſie ſind mehr klug und vor— 
ſichtig als muthig, vertheidigen ſich ſelten thaͤtig, 
ſondern ſuchen in Sicherheit zu kommen, und ſtren⸗ 
gen alle ihre Kraͤfte an, ſich an der Erde feſt zu 
halten, wenn man, da ihr Schild nicht leicht zu 
zerbrechen iſt, ſie mit demſelben umwerfen will. 


Die 


) Pausanias in eliacig, 


80 Bi. Schildkröten. 


Die Beſtaͤndigkeit in ihrem Weſen zeigt ſich 
ſelbſt in ihrem Geſchlechtstriebe 2). Das Männ- 
chen ſucht das Weibchen hitzig auf, und ihre Be— 
gattung dauert gegen neun Tage. Sie paaren 
ſich mitten in den Wellen, Bruſt gegen Bruſt *), 
halten ſich mit ihren Floſſen feſt umſchlungen, und 
ſchiffen ſo, ununterbrochen durch die Wolluſt ver— 
einigt, ohne daß die Wellen ihre Hitze daͤmpfen. 
Man ſagt ſelbſt, daß ihre natuͤrliche Schuͤchtern⸗ 
heit fie zu der Zeit verlaͤßt; fie find außer fich vor 
Begier, keine Gefahr kuͤmmert ſie, und das 
Maͤnnchen haͤlt das Weibchen noch feſt umſchlun— 
gen, wenn es ſchon von den Jaͤgern verfolgt, und 
toͤdlich verwundet, ſich verblutet 9), 


Den⸗ 


m) Hieruͤber, ſo wie uͤber das Eyerlegen und den 
Fang der Meerſchildkroͤten u. ſ. w. ſiehe was Hr. 
Profeſſor Schneider in ſeiner N. G. der Schild— 
tröten S. 166 bis 191 geſammelt und aus dl 
tern und neuern Nachrichten zuſammengeſetzt hat. 
B. | 

n) Handſchriftliche Nachrichten von den Schildkroͤten, 
geſammlet von de Fougeroux. 

o) Ich habe Maͤnnchen waͤhrend der Begattung ge— 
fangen, ſagt Dampier, und ſie ſind dann ſehr 
leicht zu bekommen, weil ſie gar nicht ſcheu ſind. 

Das Weibchen wollte beym Anblick des Kahns ent— 
fliehen, aber das Männchen hielt es mit den beyden- 

Vorderfuͤßen feſt. Wenn man ſie in der Paarung 
trifft, ſo iſt es am ſicherſten das Weibchen zu toͤd— 
ten, denn das Maͤnnchen hat man dann gewiß. 
Dampier Tom. I. p. 118. 


Die Rieſenſchildkroͤte. St 


Dennoch vergeht ihre gegenfeitige Zuneigung 
mit dem Beduͤrfniße, das fie erzeugte. Die Thies 
re verſtehen die große Kunſt des Menſchen nicht, 
moraliſche Ideen mit ſinnlichen Eindruͤcken zu ver⸗ 
knuͤpfen, ſie durch ein lebendiges Gefuͤhl zu er— 
waͤrmen, und ſo die Reize des Genußes zu ver— 
laͤngern, und in der gluͤcklichen Erinnerung der Zaͤrt⸗ 
lichkeit die Vergnuͤgungen wiederholt zu genießen. 
Gleich nach der Paarung verläßt das Maͤnn⸗ 
chen ſeine Geſpielin, die es ſo ſehr zu lieben ſchien, 
laͤßt fie allein ans Land gehen, und ſich allen Ge— 
fahren ausſetzen, um die Frucht ihrer Vereinigung 
abzulegen, die weniger vorübergehend ſeyn zu muß 
fen ſchien. 

Die Paarungszeit der Rieſenſchildkröten ſcheint 
in den verſchiedenen Laͤndern, nach der Tempera⸗ 
tur, der Lage dießeits oder jenſeits des Aequators, 
der Regenzeit u. ſ. w. verſchieden zu ſeyn. 

In den meiſten warmen Ländern des noͤr d⸗ 
lichen Amerikas, paaren ſie ſich am Ende des 
Maͤrzes oder im Anfang des Aprils, und nicht lan— 
ge darauf legen die Weibchen ihre Eper ans Ufer. 
Sie ziehen die kieſigen Ufer und die ſandigen Küs 
ſten ohne Schlamm und Seeauswuͤrfe allen übrie 
gen vor, weil da die Sonnenhitze die Eher, wel— 
che fie, fobald fie gelegt find, verlaſſen, am ge— 
ſchwindeſten ausbruͤtet 12 

Es 


p) Dieſe Beobachtung ſtreitet mit der Agb d 


De la Cepede's Naturg-d. Amph. I. Bd. 7 


1 


32 Schildkröten. 


Es ſcheint übrigens, daß die Muͤtter nicht 
aus Gleichguͤltigkeit gegen ihre zukuͤnftigen Jun. 
gen die Eyer im Sande liegen laſſen, denn ſie 
waͤhlen ſorgfaͤltig einen Platz fuͤr ſie und graben am 
Strande, noch etwas weiter landwaͤrts als die 
hoͤchſten Wellen zu gehen pflegen, mit ihren 
Schwimmfuͤßen eins oder mehrere Loͤcher in den 
Sand, die etwa einen Fuß im Durchſchnitt ha— 
ben und zwey Fuß tief find. Dahinein legen fie 
ihre Eyer, oft mehr als hundert 7). Sie find 
rund, haben zwey bis drey Zoll im Durchmeſſer, 
und ihre Schaale iſt wie naſſes Pergament, weich 
und biegſam ). Das Weiße darin ſoll ſelbſt bey 
ſehr ſtarkem Feuer nicht hart werden, das Gelbe 
hingegen wird, wie bey den Huͤhnereyern hart ). 
Keine Furcht oder Gefahr kann ſie zu dieſer Zeit, 
wo fie ſich einzig mit ihren Eyern beſchaͤftigen, 
von der muͤtterlichen Sorgfalt für dieſelben abhal⸗ 
ten “). Sie bedecken fie, als wenn fie die Ab- 
ſicht haͤtten ſie vor Nachſuchungen zu verbergen, 

mit 


Ariſtoteles und Plinius, ſie iſt aber durch die 
einhelligen Berichte aller Reiſebeſchreiber und Beo— 
bachter auſſer Zweifel geſetzt. Ueberhaupt ſcheinen 
beyde alte Naturforſcher uͤber die Amphibien, von 
denen ſie nur eine geringe Anzahl kennen, ſehr un— 
zureichende Nachrichten gehabt zu haben. 

) Fougeroux handſchriftl. Bemerkungen. 

r) Ray Synopsis animalium. 

5) 17 Reiſe nach den amerikaniſchen Inſeln. Tom. 

p. 304. 
* Cie nat, hist, of Carolina, Vol, II. p. 38. 


Die Rieſenſchildkroͤte. 83 


mit etwas Sand, doch leicht genug, daß die Sonne 
fie erwärmen und ausbruͤten kann. ö 
Sie legen öfter, gewoͤhnlich dreymal =) im 
Jahr; jede Brut vierzehn Tage &), an manchen 
Orten drey Wochen ) nach der vorigen. Aus 
Furcht vor ihren Verfolgern, die ihnen beym Tas 
geslicht nachſtellen, und vielleicht auch vor der 
Sonnenhitze, in dieſen heißen Himmelsſtrichen, 
waͤhlen ſte gewoͤhnlich die Nachtzeit um ihre Eyer 
zu legen, und wahrſcheinlich ſchreibt ſich von Dies 
ſen naͤchtlichen Wanderungen die Sage der Alten 
her, daß ſie bey Nacht bruͤteten 2), | 
Zu allen ihren kleinen Vorbereitungen zum 
Eyerlegen muͤſſen ſie einen leichten Flugſand haben, 
und ſie haben deßwegen eine gewiße Vorliebe fuͤr 
einige Kuͤſten, die ihnen beſonders bequem, eine 
ſam, und alſo fuͤr fie auch weniger gefährlich find; 
fie reifen fogar große Strecken zur See, um dort⸗ 
hin zu kommen. Die, welche jaͤhrlich auf den 
Caymans Inſeln nicht weit von der Suͤd⸗ 
„ kuͤſte 


„) „Auf den afrikaniſchen Kuͤſten legen die 
Schildkroͤten mehr als einmal, einige in allem ge 
gen 250 Eyer. Labat, Alrique occidentale, 
Vol. 2. Die Fruchtbarkeit dieſer Amphibien iſt 
oft noch groͤßer.“ 
&) Catesby am angeführten Orte. 
7 Fougeroux handſchriftl. Bemerkungen.“ 
S) Plinius Lib. IX, Cap. XII. 
4) Dieſe Inſeln ſind den Schildkroͤten ſo gelegen, daß 
die Spanier ſie bey ihrer Entdeckung wegen der 
i Menge 


23.2 Cchildeten: 


Füfte von Cuba ihre Eyer legen, weil fie da ein 
ſehr bequemes Ufer finden, kommen von hundert 
franz. Meilen weit dorthin. Die Schildkroͤten, 
welche ſich einen großen Theil des Jahrs hindurch 
auf den Kuͤſten von Gallapagos unter dem Ae⸗ 
quator in der Südfee aufhalten, gehen zur Lege- 
zeit an die weſtliche Kuͤſten von Suͤdamerika, 
die uͤber zweyhundert franz. Meilen weit iſt, und 
die, welche auf der Aſcenſtonsinſel legen, 
muͤſſen noch weiter reiſen, denn die naͤchſte Kuͤſte 
iſt dreyhundert franz. Meilen weit entfernt 2). 

Die Sonnenhitze allein iſt in den Gegenden, 
wo die Schildkroͤten wohnen, hinreichend die Eyer 
auszubruͤten. Nach zwanzig oder fünf und zwan⸗ 
zig Tagen kommen die kleinen Schildkroͤten aus 
dem Sande hervor. Sie ſind hoͤchſtens zwey oder 
drey Zoll und nicht ganz fo breit, wie ich aus eiges 
nen Meſſungen an Rieſenſchildkroͤten weiß, die 
eben aus dem Ey kamen, folglich weit von der 
Groͤße entfernt, zu der fie in der Folge gelangen 
koͤnnen. Doch muß die Zeit, in der die Jungen 

aus den Eyern kommen koͤnnen, nach der Tempe⸗ 
ratur der Luft verſchieden ſeyn. Froger „) ver: 
ſichert, daß auf Sanct Vincent, einer Inſel 


des 


Menge Schildkroͤten, womit die Ufer bedeckt waren, 
las Tortugae nannten. Allgem. Geſch. der Rei- 
ſen, 3. Th. 5. B. Reiſe Chriſt. und Barthol. 
in 
) Dampier, r. Th. 
€) Froger, Beſchreibung einer eiſe in die Suͤdſee. 
Seh. 


Die Rieſenſchildkroͤte. 85 


des grünen Vorgebirgs, nach fiebenzehn Tagen die 
Jungen. auskriechen, aber ſie muͤſſen wenigſtens 
neun Tage alt ſeyn, ehe ſie im Stande ſind das 
Meer zu gewinnen. Der Inſtinct mit dem ſie 
ſchon verſehen ſind, oder vielmehr die Aehnlich— 
keit in ihrem Bau mit Vater und Mutter, fuͤhrt ſie zu 


92 den nahen Gewaͤſſer, wo fie Sicherheit und Nah⸗ 


rung finden. Sie ſchleppen ſich langſam hin, 
ſind aber noch zu ſchwach dem Stoße der Wellen 
zu wiederſtehen, und werden wieder auf das Ge⸗ 
ſtade zuruͤckgeſchleudert, wo die großen Seevögel, 
die Tieger oder Kuguars auf fie lauern und ſie ver⸗ 
zehren 4). Auf die Art kommen nur wenige da⸗ 
von. Ueberdem zerſtoͤren die Menſchen ſchon eine 
Menge von ihnen vor ihrer Entwickelung. Man. 
ſucht auf den Inſeln, wo ihrer viel ſind, die Eyer 
im Sande auf, die eine ſehr angenehme und ge⸗ 
ſunde Speiſe ſind. 
Auf den Inſeln im Mexicaniſchen Meere 
b uf en legen die Rieſenſchildkroͤten vom April bis 
September; aber dieſe Legezeit wechſelt nach der 
Verſchiedenheit der Laͤnder; denn auf der Kuͤſte 
Iſſi ini in Afrika dauert ſie vom September bis 
zum Jaͤnner e). Waͤhrend dieſer Zeit ſucht man 
ſowohl die Eher als die jungen Schildkroͤten lauf, 
die leicht zu fangen find. Man thut ſie in größe- 
re oder kleinere Behaͤlter, die mit Palliſaden umge⸗ 
F 20 Des 


4) Froger, | edensapiß: 
e) Leyer Reiſe nach Iſſi ni auf der Gott 


86 Schildkroͤten. 


ben ſind und von der Fluth erreicht werden koͤnnen, 
dort laͤßt man ſie groß werden, um ſie, wenn man 


ſie braucht, bey der Hand zu haben ohne auf einen 


ungewiſſen Fang warten, und ſich den Unbequem⸗ 
lichkeiten, die oft damit verbunden ſind, ausſetzen 
zu muͤſſen. In dieſer Jahrszeit gehen auch die 
Fiſcher auf die Jagd der alten Weibchen, die ih- 
nen auf dem Lande weniger entgehen koͤnnen, und 
deren Fleiſch man vorzuͤglich in der Brutzeit, für 
beſſer haͤlt als das von den Maͤnnchen F). 

Trotz der Finſterniß unter deren Schutz die 
Rieſenſchildkroͤten ans Land ſteigen um ihre Eyer 
zu legen, entgehen ſie doch den Nachſtellungen ih⸗ 
rer Feinde nicht. Beym Anbruch der Nacht, vor« 
zuͤglich wenn Mondſchein iſt, lauern die Fiſcher 
ruhig am Ufer bis die Schildkroͤten ans Land ſtei⸗ 
gen, oder wenn ſie gelegt haben, ins Meer zuruͤck⸗ 
gehen, ſchlagen fie mit Keulen todt 8) oder werfen 
ſie geſchwind um, ehe die Thiere Zeit haben, ſich 
zu vertheidigen, oder ihnen nach ihrer Gewohn⸗ 
heit mit den Schwimmfuͤßen Sand in die Augen 
zu werfen. Wenn fie ſehr groß find, fo gehöre 
mehr als ein Mann dazu fie umzuwerfen %), oft 
braucht man ſogar Hebel dazu. Die Rieſenſchild⸗ 
kroͤte hat ein zu plattes Schild als daß ſie wieder 
auf die Beine kommen koͤnnte, wenn ſo das ober⸗ 


ſte 


7) Stoane am angeführten Orte. 

8) Fougeroux handſchriftl. Bemerkungen. 

4) Beſchreibung der Inſeln des grünen Vorgebirges 
in der allgem. Geſch. der Reiſen, fuͤnftes Buch. 


Die Rieſenſchildkröte. 97 


ſte zu unterſt gekehrt iſt. Um die Erzaͤhlung von 
dieſem Schildkroͤtenfange recht ruͤhrend zu machen, 
ſagt man, ſie braͤchen in laute Klagen aus, wenn 
ſie ſo umgekehrt und außer Stande waͤren ſich zu 
helfen, und vergößen ſogar Thraͤnen ). Einige 
Meer- und Landſchildkroͤten A) haben wirklich ei- 
ne ſtaͤrkere oder ſchwaͤchere ziſchende Stimme, und 
ſeufzen ſogar ziemlich deutlich, wenn Furcht oder 
Liebe ſie heftig in Bewegung ſetzt; vielleicht giebt 
die Riefenfchilofröte, wenn fie fi) vergebens an⸗ 
ſtrengt, wieder in ihre natuͤrliche Lage zu kom⸗ 
men, und die Furcht anfaͤngt ſie zu uͤberwaͤltigen, 


ahnliche Toͤne von ſich, aber jene Zeichen des 


Schmerzes ſind unſtreitig uͤbertrieben. 

Eine maͤßige Anzahl Matroſen kann auf die 
Art in weniger als drey Stunden vierzig bis funf⸗ 
zig Schildkroͤten fangen, die eine große Menge 
Eyer bey ſich haben. Am Tage zerſtuͤcken ſie die, 
welche fie des Nachts gefangen haben, und falzen 
das Fleiſch, und auch die Eyer und Eingeweide 
ein ). Eine große Schildkroͤte giebt oft 33 
Kannen gelbliches oder gruͤnliches Fett oder Oel m), 
das zum Brennen, und, wenn es friſch iſt, auch 
zu Speifen verbraucht wird. Alle Knochen die— 
ſes Thieres find wie bey dem Wallfiſchgeſchlecht 

F 4 von 


1) Ray synopsis animalium. p. 225. 

*) Man fehe unten den Artikel Caouane (oder 75 
rett⸗Schildkröte). 

D Fougeroux. 

m) Ebenderſelbe. | 668 


88 Schildkröten. 


von dieſem Oele durchdrungen. Man ſchleppt ſie 
auch wohl auf dem Ruͤcken fort und bringt ſie in 
die Behaͤlter, wo ſie aufgehoben werden. N; 

Die Fiſcher von den Antillen und den Ba⸗ 
hama-⸗Inſeln, welche an die Kuͤſten von Cuba 
und auf die benachbarten, vorzuͤglich auf die Ca y⸗ 
mans-Inſeln, kommen, haben gewoͤhnlich ihre 
Fahrzeuge binnen ſechs Wochen oder zwey Mona- 
ten geladen, und nehmen ihren Fang mit nach 
Hauſe n). Die geſalzenen Schildkröten find eine ge⸗ 
woͤhnliche Speiſe des Volks und der Sklaven, und 
in den Amerikaniſchen Colonien werden fie fo haus 
fig als der Stockfiſch in. manchen Europaͤiſchen 
Ländern gegeſſen 0), 

Man kann die Rieſenſchildkroͤten auch im Waſ⸗ 
fer fangen 0). Hierzu bedient man ſich einer Art 
von Harpune wie beym Wallfiſchfange. Man 
waͤhlt eine ruhige mondhelle Nacht bey ſtiller See. 
Ein Fiſcher beſteigt einen kleinen Kahn und nimmt 
einen Ruderer mit. Sobald fie einer großen 
Schildkroͤte nahe ſind, und das merkt man an dem 
Schaume, den ſie macht, wenn ſie in die Hoͤhe 
ſteigt, rudern fie mit aller Macht darauf zu, daß 
ſie age meien kann, und der Fiſcher wirft ſei⸗ 

ne 


) Hawkins Reiſe in die Suͤdſee. S. 29. 

©) Alle Nationen, die Beſitzungen in Amerika haben, 
und beſonders die Englaͤnder ſchicken kleine Fahr⸗ 
zeuge an die Kuͤſten von Neuſpanien und der be: 
nachbarten wuͤſten Infeln auf den Schildkroͤten⸗ 
fang. Anmerk. des Hrn. la Borde. 

#0) Catesby natur. his tor. of Carolina. II. p. ig. 


Die Rieſenſchildkröte. 09 


ne Harpune ſo ſtark, daß ſie das obere Schild 
durchbohrt, und ins Fleiſch dringt. Wenn die 
Schildkroͤte verwundet iſt, ſo ſtuͤrzt ſie ſich auf den 
Grund und man laßt ihr ein Seil, das an der 
Harpune befeſtigt iſt, nachlaufen; wenn ſie ſich 
dann verblutet hat, ſo kann man ſie leicht in das 
Fahrzeug oder auf den Strand ziehen. 

Im Suͤdmeer hat man eine andere Art fie 
zu fangen. Ein geſchickter Taucher wirft ſich in 
einiger Entfernung von dem Orte, wo waͤhrend 
der Tageshitze die Schildkroͤten oben ſchwimmen 
und ſchlafen, in die See, taucht unter, dicht nee 
ben einer Schildkroͤte kommt er wieder hervor, 
faßt ſie beym Schilde in der Gegend des Schwan⸗ 
zes und zieht fie mit dem Hintertheile ins Waſſer. 
Die Schildkroͤte wacht davon auf, arbeitet vorn 
mit den Schwimmfuͤßen, und haͤlt ſich ſo uͤber 
dem Waſſer. Der Taucher haͤlt ſie nun feſt, daß 
ſie nicht entfliehen kann, bis ſeine Gefaͤhrten dazu 
kommen und ſie auffiſchen >). 

8 5 Auf 


25 Anſons Reife um die Welt. — Dieſer beruͤhme 
te Schiffahrer wundert ſich, daß die Spanier auf 
den Suͤdſeekuͤſten in der Gegend von Panama, 
wo die Lebensmittel nicht immer im Ueberfluß find, 
ſich haben einbilden koͤnnen, das Schildkroͤtenfleiſch 
ſey ungeſund, und gewiſſermaßen giftig. Er glaubt, 
daß die ſonderbare Geſtalt des Thiers dieß Vorur— 
theil erzeugt hat. Die indiſchen Sklaven und Ne— 
ger am Bord der Eskader, die wie ihre Herren von 
dieſem Vorurtheil eingenommen waren, erſtaunten, 
als ſie die englaͤndiſchen Matroſen das Fleiſch eſſen 

ſahen 


90 Schildkroͤten. 


4 


Auf den Kuͤſten von Guiana faͤngt man die 
Schildkroͤten in Netzen, la Fole genannt. Ein 
ſolches Netz iſt funfzehn bis zwanzig Fuß breit 
und vierzig Fuß lang. Die Maſchen haben einen 
Fuß ins Gevierte, und das Garn iſt anderthalb 
Linien ſtark. Eine Maſche um die andere iſt mit 
einem Träger (lots) verſehen, der einen halben 
Fuß lang iſt und aus einem ſtachlichen Strauch ge- 
macht wird, den die Indianer Muku⸗Muku 
nennen, und der die Stelle des Korks vertritt. Un⸗ 
ten an das Netz befeſtigt man einige große Steine 
40 bis 30 Pfund ſchwer um das Netz ausge- 
ſpannt zu erhalten. An die beyden Enden, die 
oben aufſchwimmen, ſind große Stuͤcken Muku⸗ 
muku befeſtigt, die den Ort anzeigen, wo das Netz 
iſt. Man ſtellt dieſe Netze gewoͤhnlich ganz nahe 
an kleine Eylande, weil die Schildkröten vorzuͤg⸗ 


lich nach einigen Arten von Meertang (kucus) ge⸗ 


hen, die an den Felſen, welche die Inſeln umge⸗ 
ben, häufig wachſen. | 
Von Zeit zu Zeit wird das Netz unterſucht; 
ſobald es anfaͤngt ſchief zu gehen, zieht man es ge= 
ſchwind zuruͤck. Die Schildkroͤten koͤnnen ſich aus 
un: \ dieſer 


fahen, und hofften ſchon darauf, daß es ihnen übel 
bekommen wuͤrde; als ſie ſich endlich vom Gegen— 
theil überzeugten, fo machten fie es nach, und graz 
tulirten ſich zu einer Entdeckung, durch die ſie ins⸗ 
kuͤnftige mit wenigen Koſten eine beſſere Mahlzeit 
halten koͤnnten, als ihre Herren. Allg. Geſch. der 
Reifen. S. 432. Band 41. Ausgabe in 12, 1753. 


Die Rieſenſchildkröͤte. 91 


dieſer Art von Netzen nicht leicht los machen, weil 
die Wellen, die nahe an den Inſeln ziemlich ſtark 
ſind, den beyden Enden des Netzes beſtaͤndig eine 
Bewegung mittheilen, die ſie verwirrt macht. 
Wartet man zu lange die Netze nachzuſehen, ſo fin⸗ 
det man die Schildkroͤten oft ertrunken. Wenn 
die Hay⸗ und Schwerdtfiſche gefangene 
Schildkröten im Netze finden, die nicht fort koͤn⸗ 
nen, ſo freſſen ſie ſie und zerreißen das Netz 9). 
Die Zeit zu dieſem Fange iſt vom Januar bis zum 
Maͤrz ). 

Oft faͤhrt man auch nur in einem Boot ſo lei⸗ 
ſe als möglich, zu einer ſchlafenden Schildkroͤte, 
wirft ſie um und faͤngt ſie, ehe ſie aufwachen und 
entfliehen kann, dann treibt man ſie vor ſich her 
bis ans Ufer. Das war ohngefaͤhr die Art wie 
die Alten ſie in den Indiſchen Meeren fiſch⸗ 
ten 5). Plinius, ſagt, man hoͤrte fie ziemlich 
weit ſchnarchen, wenn ſie oben auf dem Waſſer 
ſchwimmen und ſchlafen. Dieß Schnarchen 
koͤnnte von der geringen Oeffnung ihrer Stimm⸗ 
ritze herruͤhren ), die, wie auch bey den Lande 
ſchildkroͤten, ſehr eng iſt „) und ihnen das Tauchen 
leicht macht, ohne daß ſie Waſſer ſchlucken. 

ö Muse, ndr Wenn 


) De la Borde. 41825 

7) Allgem. Geſch. der Reiſen. Band 54 S. 380 f. 

3) Plin. Lib. IX. Cap. XII. 

t) ſ. Schneiders N. G. der Schildkr. S. 227. B. 

#) Mem. pour servir à I Hist., nat, des anita. 
Art. Tortue de Coromandel. 


92 Schildkröten. 


Wenn die Schildkroͤten am Tage einige Zeit 
oben auf ſchwimmen, und der brennenden Son⸗ 
nenhitze in den Gegenden des Aequators aus 
geſetzt ſind, vorzuͤglich wenn die See dabey ruhig 
iſt, und die kleinen Wellen nicht uͤber ſie hinſchla⸗ 
gen, und ihren Schild naß erhalten, ſo trocknet 
die Sonne die obere Schaale, macht ſie leichter, 
und hindert ſo die Schildkroͤten gut unterzutauchen. 
So nah graͤnzt ihre ſpeeifiſche Schwere an die 
Schwere des Waſſers und ſo viel Muͤhe macht es 
ihnen ihr Gewicht zu vergrößern &), denn die 
Schildkroͤten koͤnnen ſich wirklich leichter oder 
ſchwerer machen, indem ſie wie die Fiſche, die ih⸗ 
re Luftblaſe fuͤllen, wenn ſie in die Hoͤhe ſteigen 
wollen, ihre Lunge mit mehr oder weniger Luft 
“füllen, und fo ihren koͤrperlichen Umfang vergröͤ⸗ 
ßern oder verkleinern )). Doch muß das Ges 
wicht, das ſich die Schildkroͤten durch Ausleerung 
der Lunge geben koͤnnen, nicht ſehr betraͤchtlich 
ſeyn, weil es dem Gewicht, das ſie durch das Aus⸗ 
trocknen ihres Schildes verlieren, nicht die Waage 
halten kann, welches doch, wie aus folgemdem 
Verſuche erhellt, nie 4/1 6 ihres ganzen n 
c | 
Ich habe mit moͤglichſter Genauigkeit die 
Oberfgaol einer Eleinen Schüldkröte gewogen, fi ſie 

dann 


x) Plin, . e. Schneiders N. G. ber Saint. 
220. 1 
7 S. über) dieſen Gegenſtand weitläuftiger Sch nei⸗ 
deen een B. 


* 


— 


Die Rieſenſchildkroͤte. 92 


dann anderthalb Monat in ein Gefaͤß mit Waſſer 
geſteckt, und fie fogleich, ehe das eingezogene Waſ⸗ 
ſer ausduͤnſten konnte, wieder gewogen. Das 
Waſſer hatte ihr Gewicht um 45/278 vermehrt, 
die Trockniß, welche die Sonne in der Oberſchaale 
einer ſchwimmenden Schildkroͤte verurſacht, kann 
ihr daher nicht mehr als 45/278 ihres Gewichts 
nehmen. Die Oberſchaale der größten Schildkroͤ⸗ 
ten wiegt nicht mehr als 278 Pfund, ſie kann al— 
fo nur um 45 Pfund durch die Sonnenzitze leich— 
ter werden, und das iſt noch nicht der ſechzehnte 
Theil einer großen Schildkroͤte, die 800 Pfund 
wiegt. 
In dem Falle, wenn ihr Schild ausgetrocknet 
iſt und fie nicht tauchen koͤnnen, wird es den Fi— 
ſchern ſehr leicht ſie zu fangen. Wenn ſie ſehr 
nahe am Ufer ſind, wohin man ſie ziehen will, ſo 
klammern ſie ſich ſo feſt an den Boden, daß vier 
Menſchen Muͤhe haben ſie loszureißen. Da ſie 
noch dazu keine getheilte Zehen und keine Naͤgel 


haben, alfo die Gegenſtaͤnde nicht einmal gut um⸗ 


faſſen koͤnnen, ſo laͤßt ſich daraus ein Schluß auf 
ihre erſtaunliche Staͤrke machen, die man iſchon aus 
der Staͤrke ihrer Kinnbacken ſieht, und daraus, 
daß ſie ohne Muͤhe ſo viele Menſchen auf dem Ruͤk⸗ 
ken tragen 2), als darauf ſtehen koͤnnen. Man 
ſagt ſogar, daß es im Indiſchen Ocean Schildkroͤ⸗ 

5 ten 


Bm. Syst, nat, Amphib, rept, Testudo My- 
A8, a 


94 Schildkroͤten. 

ten giebt, die ſo groß und ſtark find, daß fie vien⸗ 
zehn 2) Mann forttragen. So uͤbertrieben dieß 
ſeyn mag, ſo bleibt es doch wahr, daß die Staͤrke 
der Rieſenſchildkroͤte ſehr merkwuͤrdig iſt, vorzuͤg⸗ 
lich da ſie trotz ihrer Kraft ein ſehr friedliches Thier 


iſt. 1 
Wenn man die Schildkroͤten ſtatt ſie zu ſalzen 
lieber friſch eſſen, und nichts von dem angenehmen 
Geſchmacke ihres Fleiſches verlieren will, ſo nimmt 
man ihnen das Bruſtſchild, Kopf, Fuͤße und 
Schwanz, und kocht ſie mit der obern Schaale, die 
dann die Stelle einer Schuͤſſel vertritt. Das be— 
fie Stuͤck iſt das, was zunaͤchſt am Ruͤckenſchilde 
oder am Bruſtbein ſitzt. Das Fleiſch ſo wie die 
Eyer der Rieſenſchildkroͤte ſind vorzuͤglich in den 
Krankheiten eine ſehr heilſame Speiſe, denen die 
Seeleute am meiſten unterworfen find, man be= 
hauptet ſelbſt, daß ihre Saͤfte, wenigſtens in den 
heißen Laͤndern, ein ſehr wirkſames Arzeneymittel 
in allen den Krankheiten waͤren, wo blutreinigende 

Mittel anzuwenden find 2), 
Die 


Ray Synops. anim, p. 255. 
0 5) Barriere, essai sur I'Hist. nat. de ‚la France 
equinoxiale. La Cep. | 
Nach Brown (p. 465.) wird „die Brühe vom 
Fleiſch, das wie Rindfleiſch auf den Maͤrkten vers 
kauft wird, als ein Stärkungsmittel angeſehen und 
heilt oft ſcorbuthiſche und kraͤtzige, ja ſelbſt die hart⸗ 
naͤckigſten veneriſchen Zufaͤlle.“ Wegen der geruͤhm— 


ten Eigenſchaften ihres Fleiſches und Fettes, 1 25 
hen 


Die Nieſenſchildkrdte. of 


Die Rieſenſchildkroͤte ſcheint die naͤmliche zu 
ſeyn, welche von einigen amerikaniſchen Voͤl⸗ 
kern fuͤr heilig gehalten, und als ein beſonderes 
Geſchenk der Gottheit verehrt wird. Sie nennen 
ſie Gottes -Fiſch wegen der außerordentli— 
chen Wirkung, die, wie fie ſagen, ihr Fleiſch her⸗ 
vorbringt, wenn jemand Gift bekommen hat. 

| Das 


hen fich alle Schiffer mit einem hinlaͤnglichen Vor⸗ 
rathe von dieſem Thiere, um die Leute auf einer 
langen Seereiſe wider den Scharbock zu ſichern oder 
davon zu befreyen. Man fertigt daher ganze Schif 
fe auf den Fang aus. Ganz neuerlich aber hat der 
Verfaſſer Voyages a Isle de France dieſe Ger 
wohnheit der Seefahrer den Vorwurf gemacht, daß 
ſie auf einem bloßen Vorurtheile beruhe und be— 
hauptet, daß die Landluft nebſt friſchem Gemuͤße 
weit mehr ausrichten. Sloane ſagt in der Einleis 
tung zur Naturgeſchichte von Jamaika S. 8, daß 
bey denjenigen Perſonen, welche davon eſſen, nicht 
allein das Hemd unter den Achſeln, ſondern auch 
Haut und Geſicht ganz gelb werden. Dieß nebſt 
der Seeluft und der haͤufigen gelben Sucht, ſoll 
nach ſeiner Meynung die Urſache ſeyn, warum die 
Europaͤer in Jamaika in einiger Zeit ihre weiße 
Farbe in die gelbe verwandeln. Hernach, wo er 
allgemein von den Meerſchildkroͤten ſpricht, heißt es, 
die Bruſt nebſt der Leber und dem Fette, welches 
wie Mark ſchmecke, ſeyen die geſuchten Leckerbiſſen. 

Der haͤufige Genuß davon bringe einen gelben 

Schweiß, ſo wie der Genuß des gelben Fettes eint 
gelbe Haut hervor. Eben dieß wird Vol. II p. 
331. widerholt. Stubbes (Phil Transactions 

No. 27) ſagt, daß von dem gruͤnen Fette der Harn 

eine gelblichgruͤne und oͤhlige Farbe annehme. Ver— 

gleiche Schneider a. a. O. S. 301 — 303. B. 

[ 


96 Schildkroͤten. 


Das Fleiſch ſteht zuweilen hell⸗ oder dunfek 
gruͤn aus, und deßwegen wird ſie von einigen Rei⸗ 
ſebeſchreibern, die gruͤne Schild kroͤte genannt. 
Dieſer Name gehoͤrt aber ſchon einer andern Art 
von Meerſchildkroͤten, und kommt der Rieſen⸗ 
ſchildkroͤte deſto weniger zu, da die gruͤnliche Farbe 
des Fleiſches nur zufaͤllig iſt. Sie haͤngt von der 
Verſchiedenheit der Gegenden und Kuͤſten, die ſie 
beſuchen, und von dem Unterſchiede der Nahrung 
ab, und man trifft ſie nicht einmal bey allen Indi⸗ 
viduen in einer Gegend; denn auf den kleinen In⸗ 
ſeln an der Kuͤſte von Neu-Spanien, ſuͤdlich 
von Cuba, findet man grüne, ſchwarze und gel⸗ 
be zu gleicher Zeit. | 
Seba hatte in ſeiner Sammlung verſchiedene, 
dem Bezoar aͤhnliche Coneretionen, ſie waren grau 
mit gelb untermiſcht und die Oberflaͤche war mit 
kleinen Knoͤtchen beſetzt. Er hatte fie aus Oft- 
und Weſtindien erhalten, mit dem Beyſatz, es 
wären koͤſtliche Coneretionen, die man in den gro— 
ßen Meerſchildkroͤten faͤnde. Die Indianer 
legen ihnen, ihrer Seltenheit wegen, noch mehr 
Kraͤfte bey, als den orientaliſchen Bezoar ſelbſt, 
und brauchen ſie vorzuͤglich gegen die Blattern; 
vielleicht weil die Knoͤtchen auf ihrer Oberflaͤ⸗ 
che den Blattern aͤhnlich ſehen ©). 

Die Kraͤfte dieſes Steins ſind gewiß eben 
ſo eingebildet als die Kraͤfte des orientaliſchen 
Bezoars, aber daß ſich dieſe Coneretionen in 


dem 
9 Seba, Tom, 2. P. 141. 


Die Rieſenſchildkröte. 97 


dem Koͤrper großer Schildkroͤten haben bilden koͤn— 
nen iſt wohl moͤglich, da ſich dergleichen auch in 
andern Amphibien unleugbar erzeugt haben, wie 
wir weiter unten ſehen werden. Obgleich dieſer 
Bezoar von keinem Nutzen iſt, ſo liefern uns die— 
ſe Thiere doch noch außer ihrem Fleiſch und ihren 
Eyern andere nuͤtzliche Dinge. Ihre obere Schaa— 
le gebrauchen die Indianer um die Haͤuſer da⸗ 
mit zu decken J), und Diodorus Siculus 
ſowohl als Plinius erzählen, daß die Völker 
ſchaften, die an Aethiopien und das rothe 
Meer graͤnzten, fie zu Kaͤhnen gebrauchten, um 
an den Kuͤſten hin zu fahren. ). 

In den aͤlteſten Zeiten, als die Voͤlkerſchaften 
und die Erfindungen noch in ihrer Kindheit wa— 
ren, als die Völker die toͤdtliche Kunſt noch nicht 


kannten, ihre Pfeile mit einem Metall zu bewaff: 


nen, das haͤrter als der knoͤcherne Panzer einer 
Schildkroͤte iſt, dienten dieſe feſten und dichten 
Schaalen, die mehrere Fuß im Durchmeſſer haben, 
zu Schilden; und die halbwilden Horden, die noch 
jetzt die Gegenden um den Aequator bewohnen, 
denken an keine ſtaͤrkere Wehr. 
Da die Größe der Rieſenſchildkroͤten fo Aus 
ßerſt verſchieden iſt, und von zwey oder drey Zoll 
Laͤnge bis zu ſechs oder ſieben Fuß ſteigt; da die⸗ 
ſer große 7 in einer ie ſehr dich⸗ 
ten 
) Aelian. et Plin. Hist. nat, loc. cit. 
e) Diodor. Sicul. et Plin, loc. cit. 
Dela Cepedes Natg. d. Amph. I. Bd. G 


98 Schildkröten. 


ten und harten Schaale geſchieht, wo folglich die 
Materie gewiſſermaßen eingepreßt und gedraͤngt 
ſeyn, und der Wachsthum langſam von Statten 
gehen muß, ſo iſt es nicht zu verwundern, daß eine 

geraume Zeit dazu gehoͤrt, ehe eine Schildkroͤte ih⸗ 
sen völligen Wachsthum erreicht. 
Sie ſind nicht eher als etwa im zwanzigſten 
Jahre vollkommen ausgewachſen; dieß hat man 
an den Schildkroͤten wahrnehmen koͤnnen, die in 
den Gehegen, von denen oben die Rede geweſen 
iſt, groß gezogen find, Duͤrfte man die Lebens- 
laͤnge bey den Amphibien eben ſo wie bey den 
Saͤugethieren berechnen, fo wuͤrde man aus dieſen 
zwanzig Jahren, die ſie zur voͤlligen Entwickelung 
brauchen, leicht auf ihr ganzes Alter ſchließen koͤn⸗ 
nen; aber dieß Verhaͤltniß duͤrfte hier wohl nicht 
ſtatt finden. Die Schildkroͤten wohnen haͤufig in 
einem Elemente, deſſen Temperatur viel gleichfoͤr⸗ 
miger iſt, als die Temperatur der Luft, ſie wohnen 
beynah beſtaͤndig in einerley Elemente mit den Fi⸗ 
ſchen, und haben alſo wahrſcheinlich unter andern 
Eigenſchaften ein hohes Alter mit ihnen gemein. 
Da aber alle Thiere zu der Zeit ſterben, wenn ihre 
Knochen voͤllig dicht und hart geworden ſind, da 
die Schildkroͤtenknochen viel härter als die Kno— 
chen der Fiſche, alſo dem Zuſtande der voͤlligen 
Verdichtung von Ratur naͤher ſind, ſo darf man 
im allgemeinen das Alter der Schildkroͤten wohl 
nicht ſo hoch annehmen als bey den Fiſchen. Doch 
haben ſie mit dieſen Thieren hinwiederum ſo viele 
Aehn⸗ 


\ 


Die Rieſenſchildkroͤte. 99 


Aehnlichkeiten, daß man aus den zwanzig Jah— 
ren ihres Wachsthums wohl auf ein ſehr hohes 
Alter, ſelbſt mehr als auf hundert Jahre ſchließen 
darf. Nach dieſen Vorausſetzungen dürfen wir 
uns uͤber den Mangel genauer Beobachtungen nicht 
wundern, da dieſer Zeitraum das Leben eines Beo— 
bachters weit uͤberſteigt. 

Ob man aber gleich uͤber die Lebenslaͤnge der 
Rieſenſchildkroͤten keine voͤllig ſichere Erfahrungen 
hat, ſo weiß man doch wenigſtens von der Fluß— 
ſchildkroͤte (Bourbeuse. La Ce p. Testudo lu- 
taria. Li n.), die in ſuͤßen Waſſern wohnt, daß 
fie wenigſtens achtzig Jahre erreicht, wodurch un- 
ſere Meinungen über das Alter, das die Rieſen⸗ 
ſchildkroͤten erreichen koͤnnen, beſtaͤttigt wird. Die⸗ 
ſes hohen Alters wegen iſt die Rieſenſchildkroͤte 
bey den Japaneſen das Sinnbild des Gluͤcks, 
und man trifft deßwegen mehr oder minder ent» 
ſtellte Figuren von ihr haͤufig in den Tempeln und 
in den Pallaͤſten ihrer Fuͤrſten an 7. | 

Eine Rieſenſchildkroͤte kann in jedem Sommer 
gegen dreyhundert Junge zur Welt bringen, von 
denen jedes in kurzer Zeit wieder dreyhundert ber» 
vorbringen kann. Man erſtaunt billig, wenn 
man bedenkt, mit welcher Menge von Thieren eine 
einzige Schildkroͤte ihr Lebelang einen großen 
Strich bevoͤlkern kann. Alle Kuͤſten des heißen 
Erdſtrichs muͤßten mit dieſen Thieren bedeckt ſeyn, 

G 2 de⸗ 


] 175 Allgem. Geſch. der Reifen. Band 40, Seite 381. 


100 Scchhildkroͤten. 


deren Vermehrung vielleicht nicht einmal ſchaͤdlich, 
ſondern nuͤtzlicher ſeyn wuͤrde als die Vermehrung 
vieler anderen. Aber kaum der dreyßigſte Theil 
der Jungen kommt zu einem maͤßigen Alter, uͤber⸗ 
dem wird eine erſtaunliche Menge Eyer, ehe ſie 
ausgebruͤtet ſind, weggenommen; und ſelbſt wenn 
ſie ſchon etwas erwachſen ſind, wie viele werden 
da Feirden aller Art, die Jagd auf ſie machen, 
und den Menſchen zur Beute, die ſie zu Waſſer 
und zu Lande verfolgen! Dennoch findet man, 
trotz aller Gefahren die fie umgeben, eine erftaun= _ 
liche Menge dieſer Thiere in allen warmen 
Laͤndern der alten und neuen Welt e), 

wo 


8) Auf den Inſeln des grünen Vorgebirges 
ſind ſie in ſo großer Menge, daß Jährlich mehrere 
Schiffe dorthin kommen, ſich damit befrachten und 
ſie eingeſalzen nach den amerikaniſchen Freyſtaaten 
liefern. (ſ. Beſchreib. der Inſeln des grünen Vor— 
gebirges. Allgem. Geſch. der Reiſen. Buch 5.) 
Man ſagt, fie fraͤßen dort Bernſtein, den man zu: 
weilen an den Kuͤſten findet. Georg Roberts 
Reiſe nach dem gruͤnen Vorgebirge und den Inſeln 
dieſes Namens. 1721. | 

Bey dem weißen Vorgebirge find fie. in 
Menge und fo groß, daß 30 Perſonen von einer 
— einzigen Mahlzeit halten koͤnnen. Ihre Oberſchaa— 
le hat nicht weniger als 15 Fuß im Umfange. Les 
maire's Reiſe nach den Canariſchen Inſeln. 
Dampier ſah auf den Kuͤſten der Inſel Timor 
ganz grüne Rieſenſchildkroͤten. Wilhelm Dam 
pier's Reiſe nach den Suͤdlaͤndern. 
Cook fand ſie in großer Menge an den Kuͤſten 
von Neuhollan d. 
Zu 


Die | Rieſenſchildkröͤte. Io 


wo niedrige und ſandige Kuͤſten ſind. Man fin⸗ 
det fie im ſuͤdlichen . bis zu den 
Bahama-Inſeln, und an den Kuͤſten um das 
Cap Florida % In allen dieſen Gegen— 
den beyder Welten, 25 bis 30 Grade ſuͤdlich 
oder nördlich vom Aequator, trifft man die naͤm⸗ 
liche Art Rieſenſchildkroͤken an, nur nach Ver— 
ſchiedenheit der Temperatur der Luft, der Kraͤuter 
oder Muſcheln, von denen ſie ſich naͤhren, unmerk— 
lich verſchieden. Und ſollten dieſe Thiere nicht 
leicht von einer Inſel zur andern ſchiffen koͤnnen, 
da fie mehr See- als Landthiere find, lange unter 
dem Waſſer bleiben koͤnnen, da es ihnen ſchwerer 
wird unter zu tauchen als in die Höhe zu ſteigen, 
da fie ſehr leicht auf der Oberflaͤche ſchwimmen, 
und alſo auf ihren Reiſen die friſche Luft genießen, 
die ſie noͤthig haben; da fie ferner auf allen Baͤn— 
ken die Eräfer und Muſcheln zu ihrem Unterhalte 
finden, und dazu Monate lang ohne Nahrung zubrin⸗ 
gen koͤnnen? — Die Erfahrung beſtaͤtigt dieſe 
Reiſen wirklich; fie ſchwimmen über hundert See— 
meilen weit '), um ihre Eyer an eine bequeme 
Kuͤſte zu legen, und die Schiffer haben Schild— 

3 kroͤten, 


Zu Cayenne fängt man jährlih im April, 
May und Junius, wenn ſie dort ihre Eyer auf den 
Strand legen, etwa 300 Stuͤck. De la Borde. 

A) Catesby am angef. Orte. 
) Dampier, allgemeine Reifen XIII. S. 683. — 


Plin. IX. Sect. 12. Vergl. Schneider g. a. O. 
S. 172. B. 


12 Schildkröten 


Fröten, die von der Rieſenſchildkroͤte ſehr wenig 
verſchieden waren A), ſiebenhundert franzöfifche 
Meilen weit von irgend einer Kuͤſte gefunden; man 
hat ſie ſogar unter betraͤchtlichen Graden der Brei⸗ 
te getroffen, wo ſie ruhig auf dem Waſſer ſchwam⸗ 
men und ſchliefen. 

Die Rieſenſchildkroͤten ſind aber nicht ſo aus⸗ 
ſchließend an jenen Himmeisſtrich allein gebunden, 
daß man fie nicht zuweilen in den uns nahgelege⸗ 
nern Meeren antreffen ſollte. Vielleicht bewoh⸗ 
nen ſie ſelbſt das Mittelmeer, wo ſie dann wahr⸗ 
ſcheinlich die ſuͤblichſten Gegenden zu ihrem Auf⸗ 
enthalte haben dürften; in denen es eine Menge 
Karett⸗Schildkroͤten (Caouanes: Testu- 
do Caretta. Lin.) giebt, die den Rieſenſchildkroͤ⸗ 
ten ſehr gleichen 2). Vorzuͤglich würden fie zur 
Brut die niedrigen, ſandigen, beynah ganz wuͤſten 
und heißen Kuͤſten zwiſchen Egypten und der 
eigentlichen Barbarey wählen, wo fie Einſam⸗ 
keit, Schutz, Waͤrme, Boden und alles finden, 

wie 


) Dritte Reife des Cap. Cook. 

Cates by erzaͤhlt, daß er am 20. April 1723 
unter 30 Graden der Br. ohngefaͤhr in gleicher Ent⸗ 
fernung von den Azoren und den Buhama⸗In⸗ 
fein, eine Cauane, die auf dem Meere ſchlief, 
mit der Harpune erlegen ſah. Nat. von Carolina. 
Th. 2. S. 40. 

Hr. dela Borde ſah viele Schildkroͤten 300 
franz. Meilen weit vom Lande auf der See ſchwim— 
men. 

5) S. den Art. Cauane. (Karettſchildkroͤte.) 


Die Rieſenſchildkroͤte. 103 


wie fie es brauchen; man hat wenigſtens an den 
Kuͤſten von (ehedem) Provenze und Langue— 
doe, wo zuweilen Schildkroͤten gefangen werden, 
junge Brut gefunden m). Doch koͤnnen auch zu» 
weilen beſondere Zufaͤlle einzelne Schildkroͤten, 
ohne daß ſie umkommen, in Gegenden von hoͤhe— 
rer Breite fuͤhren. Sibbald verſichert 
von einem glaubwuͤrdigen Zeugen gehoͤrt zu 
haben, daß man auf den Oreadiſchen Inſeln n) 
zuweilen Rieſenſchildkroͤten gefangen hat; es laßt 
ſich auch vermuthen daß ſie unter einer groͤßern 
Polhoͤhe nicht allein leben, ſondern auch zu ihrer 
völligen Größe gelangen koͤnnen »). Stürme und 
andere Revolutionen koͤnnen, die ungeheuren Wall- 
fiſche, die in den Reichen des ewigen Winters 
herrſchen, oft aus ihren Eismeeren in die gemaͤ⸗ 
ßigten Zonen herabtreiben; zufällig koͤnnten alſo 

G 4 die 


1 


m) Bemerkung des Hrn. von Touchy. 

n) Sibbald, Prodrombs) Hist. 5 Edim- 
burgi 1684 

0) Hr. Bomare theilt in feinem Dictionair d' Hist. 
natur. einen Brief mit, den er im Jahr 1772 von 
Hrn. de dene Advokaten beym Oberconſeil 
am Cap, von St. Domingo aus erhielt, daß eine 
1754 in der Meerenge von Antiochien gefangene 
Schildkroͤte die naͤmliche war, die 1742 von Hrn. 
Laborie, dem Vater, ganz jung zu St. Domingo 
eingeſchifft wurde. Sie wog damals beynah 25 
Pfund, entkam in der Meerenge von Antiochien, 
wo das Schiff ſcheiterte, und wuchs auf den Kuͤſten 
von Frankreich fort. Dict. d' Hist. nat. de Val- 
mont de Bomare, Art, de Tortues de mer. 


104 Schildkröten. 5 


die Rieſenſchildkroͤten und dieſe Ungeheuer ſich begeg⸗ 
nen P) und man würde auf den Ebnen des alten Oce— 
anszwey Geſchoͤpfe nebeneinander ſehen, von denen 
das eine gewohnt war ſtets im Sonnenbrande der hei: 
ßen Zonen zu leben, und das andere in die Reiche der 
Finſterniß und des Eiſes verwieſen, beynah noch 
nie des Lichtes ſanften Einfluß genoß, und ſtatt 
der ſchoͤnen Tage der Natur nur Stürme und 
Schreckniſſe kennen lernte. 

Man ont hiervon vorzuͤglich zwey merkwuͤrdige 
Beyſpiele. Im Jahr 1732 wurde eine Rieſen⸗ 
ſchildkroͤte zu Dieppe gefangen, die ein Sturm 
in den Hafen geworfen hatte; fie wog acht bis 
neunhundert Pfund, war gegen ſechs Fuß lang 
und vier Fuß breit. Zwey Jahre nachher fiſchte 
man in der Enge von Antiochien noch eine 
groͤßere Schildkroͤte auf; ſie war 8 Fuß lang, und 
wog über 800 Pfund. Da bey den Schilöfrd- 
ten die Schaale beynah die Hälfte des ganzen Ge— 
wichts ausmacht 9), fo mußte ihr Fleiſch auf 400 
Pfund wiegen. Sie wurde in die Abtey Long⸗ 
veau bey Vannes in Bretagne geſchickt. Die 
Schaale war 5 Fuß lang. 

Doch erreichen die Schildkroͤten nur an ganz 
von Menschen verlaſſenen Geſtaden, wie z. B. an 
eini⸗ 


p) Man hat große Schildkroͤten an der Mündung der 
Loire gefangen, und erſt vor einigen Jahren wur 
den eine Menge Kachelotten auf die Kuͤſten 
von Bretagne geworfen. 

) Bemerkung des Hr. v. Widerſpach. 


Die Rieſenſchildkröͤte. 105 


einigen amerikaniſchen Kuͤſten nahe am Ae- 
quator im ſtillen Meere, die hoͤchſte Groͤße, 
zu der ſie gelangen koͤnnen, und erlangen in Ruße 

das voͤllige Alter, das die Natur ihnen beſtame 


at. 

0 Die Raubthiere ſind daher nicht die einzigen 
Geſchoͤpfe, die in der Nachbarſchaft des Menſchen 
nicht gedeihen und ſich vermehren koͤnnen; der 
Beherrſcher (roi) der Natur, wie er ſich nennt, 
wird oft ihr Tyrann, und verbannt nicht allein die 
ihm ſchaͤdlichen Raubthiere in unbewohnte Gegen— 
den, ſondern ſeine unerſaͤttliche Raubgier ſchadet oft 
ihm ſelbſt und er verſcheucht die nuͤtzlichſten und un⸗ 
ſchaͤdlichſten Thierarten in entlegene Wuͤſten, er 
vermindert ſeine Genuͤße, ſtatt ſie zu vermehren, 
und zerſtoͤrt in einem vergeblich und leichtſinnig 
hingewuͤrgten Individuum oft eine zahlreiche Nach— 
kommenſchaft. 5 

Man ſollte verſuchen, die Rieſenſchildkroͤten 

an allen Kuͤſten des gemaͤßigten Himmelsſtrichs 
einheimiſch zu machen, und ihnen an ſandigen Kuͤ— 
ſten, die hoͤher liegen als die Flut geht, Plaͤtze zu 
verſtatten, um ihre Eyer zu legen und ſie ausbruͤ— 
ten zu laſſen. Der Gewinn einer ſo fruchtbaren 
und nuͤtzlichen Thierart waͤre ein wirklicher Reich— 
thum, der ſich von ſelbſt erhielte und vermehr— 
te, und wuͤrde nicht, wie hundert andere, mit ſo 
viel Schweiß und Muͤhe den Suͤdlaͤndern entriffe- 
ne Gegenſtaͤnde der Pracht und Schwelgerey das 
gerechte Mitleiden der Philoſophie verdienen. 


G 5 Jetzt 


106 Schildkroͤten. 


Jetzt gehen wir zu den uͤbrigen Schildkroͤten 
fort, die wie die Rieſenſchildkroͤten im Meere leben, 
und ihr in ihrer Geſtalt, ihren Eigenſchaften und 
Gewohnheiten fo ähnlich find, daß wir uns begnü- 
gen koͤnnen bloß die e jeder Art aufzu⸗ 
ſuchen. 


* 


Die gruͤnſchaalige Schildkroͤte. 107 


Die gruͤnſchaalige Schildkroͤte. 


(La Tortue ecaille - verte.) 7) 


Ich gebe der Schildkroͤte, von der jetzt die Rede 
iſt, nicht den Namen der gruͤnen Schildkroͤ— 
te, wie mehrere Reiſebeſchreiber ſie nennen, weil 
man auch die Rieſenſchildkroͤte ſo genannt hat, und 
man ſich nicht genug vorſehen kann, Verwechslun⸗ 
gen in den Namen zu vermeiden; eben ſo unbe⸗ 
quem finde ich den Namen Amazone, den ſte 
nach dem Amazonenfluſſe, deſſen Ufer fie haͤu⸗ 
fig beſucht s), in vielen Gegenden von Amerika 
fuͤhrt, weil, wie mich duͤnkt, auch eine andere 
Schildkroͤte fo benannt wird, die keine Seeſchild⸗ 
kroͤte, alſo von dieſer ganz verſchieden iſt. Ich 
nenne ſie gruͤnſchaalige e wegen der Far⸗ 

* be⸗ 


7) Die grüne Schildkroͤte. Dampier Tom, I. 
(Deſſen Reife um die Welt. I. 197. Man kann 
fie, wenn ſie eine beſondere Art iſt: Testudo 
Chloronotos nennen. B.) 

5) Die grünſchaalig e Schildkroͤte iſt nicht die ein! 
zige, die an den Amazonenfluſſe wohnen. Die 
Schildkroͤten aus dem Amazonenfluſſe, heißt es 
in der Allg. Geſch. der Reiſen, werden als die 
ſchmackhafteſten zu Cayenne am meiſten 5 
Es giebt in dieſem Strome eine ſo große Menge 
dieſer Thiere von verſchiedener Groͤße, daß ſie mit 
ihren Eyern allein zum Unterhalte der Einwohner 
an den Ufern hinreichen wuͤrden.“ Allg. Geſch. 
d. Reif. Th. 53. S. 438. 


108 Schlldkröten. 


he ihrer Schuppen, die wirklich grüner als bey al⸗ 
len übrigen, dabey ſehr ſchoͤn, durchſichtig, ſeht 
duͤnn, aber doch zu vielen Arbeiten zu benutzen 
ſind. FF 
Ihr Kopf iſt klein und rund; in Geſtalt und 
Sitten gleichen ſie den Rieſenſchildkroͤten, nur 
ſind ſie nicht ſo groß, und etwa den vierten ae 
kleiner £). 

Man trifft. fa haufig in der Südſee am 
Cap Blanco in Neuſpanien an“) Es 
ſcheint auch, daß man fie im Mexicaniſchen 
Merbuſen und uͤberall an den amerikaniſchen 
Kuͤſten, im heißen Erdguͤrtel, ſowohl ober- als 
unterhalb des Aequators finde, doch hat man ſie 
an den Kuͤſten der alten Welt noch nicht bemerkt. 


She 


79 Anmerk. des Hen. v. Widerſpach. 


u) „Ich habe bemerkt, daß zu Ca p Blanco in 
Neufpanien in der Suͤdſee, die grünen Schild: 
fröten, (eben die, welche wir grünfchaalige nennen), 

welche die einzigen find, die man hier findet, groͤ— 
ßer ſind als an allen andern Orten in dieſem 
Meere. Sie wiegen hier gewoͤhnlich 280 bis 300 
Pfund. Das Fett iſt gelb, das magere weiß, und 
das Fleiſch iſt außerordentlich ſuͤß. Zu Bocca— 
To ro find fie kleiner, ihr Fleiſch iſt nicht fo weiß, 
und das Fett nicht ſo gelb. In der Handuras 
und Campeſche- Bay find ſie noch kleiner, 
das Fett iſt gruͤn, und das Fleiſch ſchwaͤrzer; doch 
fieng ein englaͤndiſcher Capitain eine zu Port 
royal die im Durchſchnitt vom Ruͤcken bis zur 
Bruſt 4 Fuß und 6 Fuß in die Breite maß. Sie 

gab 8 Galonen Fett (35 Pariſer 7 Dam- 
pier, Tom. I. p. 116. 


Die gruͤnſchaalige Shilöfröte 109 


Ihr Fleiſch iſt eben fo wohlſchmeckend und 
vielleicht auch eben fo geſund als das von der Ries 
ſenſchildkroͤte; in einigen Ländern zieht man es fo- 
gar dieſem vor. 

Ihre Eyer ſind geſalzen und an det Son⸗ 
ne getrocknet ſehr gut zu eſſen. Herr Bomare 
iſt der einzige Naturforſcher, der dieſe Schildkröte, 
die ich ſelbſt nur aus Reiſebeſchreibungen, und den 
Beobachtungen des, Herrn von e 

kenne, bis jetzt beſchrieben hat. 


N Die 


110 Schildkröten: er 
— — —ͤ bßDUꝛæ 


Die Karett⸗Schildkroͤte oder Cauane⸗ 


(La Caouane.) x) 


(Taf. I. Fig. 2.) 


Die meiſten Naturforſcher, die dieſe Schildkröte 
beſchrieben haben, geben ihr den Namen Karett⸗ 
Schild⸗ 


* Le Caret. M. D’Aubenton, Encycloped, 
Testudo Caretta, Lin. Amph. rept. n. 4. Ich 
muß hier bemerken, daß die Figur beym Seba 
die Linne“ hierbey anweiſet, nicht feine Karett— 
Schildkroͤte, ſondern die iſt, die er imbricata, 
und wir Karett-Schildkroͤte nennen. 
Testudo Cephalo. Schneider. 

Testudo marina, Cauana dicta, Ray Synops, | 
anim, p. 257. i 

The lodger head Turtle. Brown nat. hist. of 
Jamaica p. 465. Testudo 3, unguibus utrin- 
5 binis acutis, squamis dorsi quinque 

1 18. 

Tertue Caouane. Rochefort hist. des Antilles, 
p- 248. fig, p. 246. | 

Ebenfo Labat p. 308, (Labat Voyageaux Isle 
de l’Amerique. I. p. 182. 371. Ueberf. von 
Schade II. Kap. 17. 

Caouane, du Tertre, p. 228. 

Testudo marina Caouana dicta, Sloane, Reife 
nach Mad. Barbad. ꝛc. Th. 2. S. 331. Ca- 
tesby Carol. II. (p. 39. tab. 3g. 2) tab. 40. 

Testudo corticata vel corticosa. Rondelet 
hist, pes Poissons. Lyon 1558. p. 337. 8 ?) 

43 


1. 2 KT, Yon EHER ZU rote. 
/ ? 9 
2: 2 e er EC 57. . e 


Die Rarett: Schildkröte. III 


Schildk rote; aber da die Reiſebeſchreiber ſeit 
langer Zeit diejenige ſo benannt haben, welche uns 
Er; | das 


Canuaneros und Juruca auf den Antillen. Diet, 
d’Hist. nat, p. V. du Bomare, La Cep. 
Testudo Caretta. IJ. testa ovato-cordata, 
serrata; scutellis disci quindecim, dorsali- 
bus postice gibbis. Die Caret Schildkroͤte. 
Schoͤpfs N. G. der Schildkr. S. 75. 84. 88. 
Die Oberſchaale iſt ey: fat herzfoͤrmig, ſaͤgen— 
foͤrmig gezaͤhnt; die Scheibe hat 15 Felder, das 
von die auf dem Rücken hinterwaͤrts hoͤckerig find. 

Taf. XVI. XVII. Fig. 3. 

Testudo Cephalo. T. scutis dorsalibus poſti- 
ce gibbis, unguibus palmarum plantarum- 
que binis. Schneiders N. G. der Schild— 
kr. S. 303 und 53. Deſſen Beytraͤge J. S. 
9. Nr. 3. Deſſen Zool. Abh. S. 304. 

Testudo Caretta. Lin. Syst. XIII. p. 1038. 
n. 4. (Mit der Schneiderſchen Differen- 
tia specifica.) 

Testudo Caretta. T. pedibus pinmiformibus, 
unguibus palmarum plantarumque binis, te- 
sta ovata acute serrata. Lin. Syst. XII. 1. 
P. 351. n. 4. 5 

— — Die Amerikaniſche Caret⸗Schild⸗ 
kroͤte. Walbaums Chelonogr. S. 4. 95. 

Testudo marina. Caldesi observ. anatom. p. 
132. 

— — Gottwald Schildkröten p. 21. tab. a. 
I. II? tab. b. fig. III? N 

The mediteranean Tortoise. Pet. Brown 
New Illustr. of Zool. Pl. 48. fig. 3. (Ein 
Junges). 

Testudo Caouanua, pedibus pinniformibus, 
testa ovata, margine serrata, scutellis me- 
An tte gets engen e ftarum pal- 


112 Schilder bten. 


das beſte Schildplatt liefert K), fo laß ich dieſer 
lieber den Namen Cauane, unter dem ſie einzig 
bey den Eingebohrnen der Gegenden, wo man ſie 
ſindet, und auch ſonſt ſchon hinlaͤnglich bekannt iſt. 
Sie iſt noch größer als die Rieſenſchildkroͤ⸗ 
te )), und unterſcheidet ſich von dieſer hinlaͤnglich 

durch 


marumque binis, Bonaterre Erpetol, gen, 
NSS € 5 

Coret. Diet, encyclop. Planch. Vol. 2. tab, 
25. fig. 2. | 1 

Die Meerſchildkroͤte. Meyers Zeitvertr. 
Daf 38. 1. ’ 8 

Die Karett? Schildkroͤte. Donndorfs 
Thiergeſch. S. 412. Nr. 3. f 

— — Oekonom. Zool. S. 105. Nr. 3. 

— — Bergmanns N. G. III. S. 123. 


— — Beſchreibung der Laͤnder und Voͤlker von 
Amerika. II. S. 814. | ee 

— — Müllers Naturſyſt. III. S. 30. Nr. 4. 

— — Borowsky Thiere. IV. 1 Nr. 2. 


Taf. 1. B. (ſchlechte Figur). 
— — Neuer Schauplatz der Natur. VII. S. 


638. Nr. 4. n 5 
— — Batſch Thiere JI. S. 448 — 
— — Meine N. G. des In- und Auslan— 


des. I. 1. 568. Nr. 6. ’ 
— — Donndorfs Zool. Beytr. III. S. 9. 
Nr. 4. „ 5 a 
x) So iſt es in Frankreich, wo Caret bey den 
Kaufleuten die gegebene Benennung des eigentli— 
chen Schildpatts iſt, welches aber allein von der 
ſchieferartigen Schildkroͤte kommt; daher 
auch dieſe Schildkroͤte von den Franzoͤſiſchen Na: 
turforſchern gemeiniglich Caret genannt wird. B. 
5) Bem. des Hrn. v. Widerſpach. ſ. Catesby 

Carol. II. p. 40. WR 


Die Kareit- Schildkröte. 113 


durch die Dicke des Kopfes, durch die Groͤße des 
Machens, und die Länge und Staͤrke des obern 
Kinnbackens. Der Hals iſt dick und mit einer 
runzlichen Haut bekleidet, die ſich hin und her 
ſchieben laͤßt, und hier und da mit zerſtreuten 
Schuppen beſetzt iſt ). Der Körper iſt eyrund, 
die obere Schaale in der Mitte breiter, hinten und 
vorn aber ſchmaͤler, als bey den übrigen Arten ), 
der Rand der obern Schaale erhaͤlt durch die 
Stellung der Randſchildchen ein ſaͤgefoͤrmiges An 
ſehen. Im Mittelfelde liegen der Laͤnge nach 
Reihen Schuppen, unter denen die Ruͤckenſchup⸗ 
pen ſich zu einem Hoͤcker erheben und hinten in eis 
ne Spitze auslaufen. Die obere Decke ſieht im 
Waſſer gelb mit ſchwarz gefleckt aus 2), Das 
Bruſtſchild endigt ſich nach dem After zu in eine 
am Rande etwas abgerundete Art von Streiſen 
oder Band, und hat gewoͤhnlich 22 bis 24 Schild⸗ 
chen. Der Schwanz iſt kurz, die Fuͤße ſind mit 
dichten Schuppen beſetzt, die Zehen, welche eine 
Haut verbindet, ſind ſehr lang und ſehen, wie bey 
der Rieſenſchildkroͤte, Floßen aͤhnlich, die vordern 
ſind laͤnger aber ſchmaͤler als die hintern, und das 
Kennzeichen der Art ſind zwey ſcharfe Naͤgel an 
den Vorde. - nnd e 0) 
Die 
) Brown Jamaica. p- 465, 
a) Catesby a. a. O. 


2) Fougerouf handſchriftl. Bem. 
2 Sch will zur Belang die genauere Sch oͤp fe 
ſche 


DelaCepede'e Naturg. b. Amph. I. Bd. H 


114 Schildkroͤten. 


Die Cauana bewohnt die heiße Zone der 
neuen Welt, wie die Rieſenſchildkroͤte, doch etwas 
noͤrd⸗ 


ſche Beſchreibung a. a. O. S. 76. hier ausziehen. 
Die Oberſchaale iſt mehr herz- als eyfoͤrmig, hin: 
ten etwas ſpitzig ausgehend, vorn etwas ausge— 
ſchweift und rundlich, an den Seiten und hinter— 
waͤrts weitlaͤuftig und hier befonders tief und ſpiz⸗ 
zig gezaͤhnt, flach gewoͤlbt und 1/3 von der Länge 
hoch. Die Scheibe hat 15 Schuppen, und es iſt 
wie bey andern Schildkroͤten eine Ausnahme, (die 
Varietaͤt des Walbaums a. a. O. S. 19. 101. 
Gmel. Lin, I. c. p. 109, g), wenn die Schuppens 
zahl vermehrt iſt, ſo daß kleine eingeſchoben ſind, 
wie z. B. 7 Schuppen laͤngs dem Ruͤcken. Die 
fuͤnf mittlern Ruͤckenſchuppen ſind faſt ſechsek— 
kig und leicht gekielt, und dieſer Kiel iſt nach dem 
Hintertheil jeder Schuppe erhabener und hoͤckrig 
oder in einen ſcharfen Zahn ausgehend; die beyden 
flachabſchuͤſſigen Seiten find regelmäßig mit 5 über: 
zwerch liegenden, länglichen, fuͤnfeckigen, ungleichen 
Schuppen, wovon die mittelſte die größte iſt, ber 
deckt; dieſe ſind auf der Oberflaͤche uneben, oben 
platt und gleich, unten aber zwiſchen den 8 hervor— 
ſtehenden Rippen mit ſieben deutlichen Vertiefun— 
gen verſehen (f. Walbaum Gerippe der Caret— 
Schildkroͤte. S. 40. §. 28.); der Rand iſt dicker 
als die Scheibe, wulſtig und niedergedruͤckt, und beſteht 
aus 25 kleinern, ungleichen, faſt laͤnglich viereckigen, 
nach hinten zu rautenfoͤrmigen und ſpitzig auslau— 
fenden Schuppen. Der Bauchſchild iſt kuͤrzer und 
ſchmaͤler als der Ruͤckenſchild, zu beyden Seiten 
mit Fluͤgelanſaͤtzen und vorn und hinten mit einem 
graden abgerundeten Lappen verſehen, laͤngs der 
Mitte der Laͤnge nach flach vertieft und ſtumpf keil— 
foͤrmig gekantet, mit einer dicken lederartigen in 12 
und an den Seiten in 4 kleine Felder 2 

* 5 e ut 


Die Karetie Schildkröte. 115 


nördlicher als dieſe. Auf Jamaika findet man 
H 2 ſie 


Haut bekleidet. Der Kopf iſt von maͤßiger Groͤße 
und eyfoͤrmig, mit einer groͤßern Schuppe auf dem 
Scheitel und 12 darneben liegenden kleinen, einen 
kurzen, keilfoͤrmigen Schnabel, an deſſen Spitze die 
rundlichen Naſenloͤcher liegen und mit ungleichen, 
meſſerfoͤrmigen, in einander tretenden und nach der 
Spitze zu fein gekerbten Kiefern. Der Hals iſt 
kuͤrzer und dicker als der Kopf mit einer runzlichen 
Haut bekleidet. Die Fuͤße liegen horizontal auf— 
warts geſtreckt; die vordern find viel länger als die 
hintern, dieſe fo wie jene mit zwey fürzern, ſtar— 
ken, platten, wenig gekrümmten, ſpitzigen Krallen 
am Rande des erſten und zweyten Fingers beſetzt; 
an den Vorderfuͤßen iſt der Vordertheil ungetheilt, 
faſt ſichelfoͤrmig und endigt ſich in eine ſtumpfe mit 
einer großen Schuppe belegten Spitze; an den Hinz 
terfuͤßen iſt der aͤußerſte Theil ſpatenfoͤrmig und 
ſtumpf ausgekerbt, und wie an den Vorderfuͤßen 
uͤberzogen; die Spitze der unbekrallten Finger ſind 
jede mit einer großen Schuppe belegt. Der 
Schwanz iſt kegelfoͤrmig, mit einer runzlichen Haut 
bekleidet, etwas länger oder kuͤrzer als der Ober: 
ſchild. Die Farbe iſt verſchieden, oben ſchmutzig 
gelbbraun, unten weißlich, oder oben braunroth mit gel: 
ben Streifen mit oder ohne ſchwarzen Rand, und 
unten weißgelb oder pommeranzengelb u. ſ. w. 

Dieß iſt die Beſchreibung nach Schoͤpf. 

Nach meinen Unterſuchungen, die ich an vielen 
Exemplaren gemacht habe, beſteht der Unterſchied 
zwiſchen dieſer und der ſogenannten Rieſenſchildkroͤte 
in folgendem. Der Kopf iſt ſtaͤrker, die Oeffnung 
wellenfoͤrmiger gebogen, der Oberkiefer abſchuͤſſiger 
und haakenfoͤrmiger; der Hals runzlicher und bins 
ten ſtaͤrker; die Vorderfuͤße mehr eyrund, vorn mit 
einem faſt kegelfoͤrmigen, und am zweyten Gelenke 


mit einem breitern kleinern Nagel verſehen; die 
Hin⸗ 


116 Schildkröten. 


ſie ſeltener 4). Sie wohnt auch in der alten Welt, vor⸗ 
zuͤglich haͤufig im Mittellaͤndiſchen Meer, wo. 
man 


Hinterfuͤße haben eben ſolche zwey Nägel wie die 
vordern, ſind ſpatenfoͤrmig und etwas eingekerbt; 
der Oberſchild iſt mehr herz- als eyfoͤrmig, bey den 
Vorderfuͤßen mehr ausgeſchweift, und uͤberhaupt 
weit flacher; von den 5 Ruͤckenfeldern, die ſchmaͤ⸗ 
ler und nicht fo ſpitzwinklich find, als an der Hiefens 
ſchildkroͤte, find die vorderſten am hoͤchſten gekielt 
und ſo nach und nach abnehmend; die letzte gar nicht, 
hat aber wie bey jener, auf der Mitte eine erhoͤhte 
Rippe hinlaufend und auf beyden Seiten dazwiſchen 
eine knochenloſt Vertiefung wie die Seitenfelder; 
von den Seitenfeldern iſt das vorderſte nach dem 
Halſe zu das kleinſte und dadurch, und durch den 
vorderſten laͤnglichen ſechseckigen Randſchild, der 
bey einigen Exemplaren, aber nicht bey allen, nach 
der erſten Nandſchuppe an noch einen dreyeckigen 
Anſatz hat, unterſcheidet ſich dieſe Schildkroͤte haupt: 
fächlich von jener. Der Kopf hat bey dieſer ſo wie 
bey jener oben auf dem Scheitel eine große achtecki⸗ 
ge in der Mitte getheilte Schuppe, die vorn einen 
kleinen, faſt eyrunden Anhang hat, und mit lo faſt 
allzeit fuͤnfeckigen Schuppen umgeben iſt, wovon 
die nach dem Halſe zu am ſchmaͤlſten ſind, und die nach 
der Stirn zu die egalſte und achteckig iſt; vorn auf der 
Stirn ſitzen noch fuͤnf andere kleinere, und an jeder 
Seite des Kopfs noch 7 Schuppen. An den Unter— 
ſchild find an den Seiten die Fluͤgel durch ein vier⸗ 
eckiges haͤutiges Feld getheilt, und jeder Theil zeigt 
nach dem Rande zu fechs | bis acht rippenartige Erz 
habenheiten, die wie die Finger einer Hand mit den 
etwas ausgehoͤhetem Rande der Oberſchaale verbun— 
den ſind. Die knochige Erhabenheit des Mittelfel— 
des iſt an dieſer flaͤcher als an der Rieſenſchildkroͤte 
und die Farbe dunkler. B. 
d) Brown a. a, O. 


Die Karett⸗ Schildkröte. 17 


man ſie, befondersin Cagliariund Caſtel Sar- 
do in Sardinien, unter dem 41ſten Grad der Breite 
in Menge faͤngt. Sie wiegt dort oft gegen 400 
(ſardiniſche) Pfund ). 

Rondelet, der in Languedoc wohnte, er⸗ 
zaͤhlt, daß er eine Cauana einige Zeit, vermuthlich 
in einem Baſin, gehalten hat; fie war an der Kü« 
ſte feiner Provinz gefangen, gab einen leiſen un. 
deutlichen Laut von ſich, und ließ zuweilen ſolche 
Seufzer hoͤren, wie man fi ie. der Rieſenſchildkroͤte 
dusche be Ds | 

Die Schilde von der Are haben, ob fie: 
gleich groͤßer ſind als von der Karetſchildkroͤte, mit 
denen ein großer Handel getrieben wird, beynah 
gar keinen Werth. Man brauchte ſie ſonſt zu 
Spiegelrahmen und andere Prachtgeraͤthe damit. 
zu belegen 3), aber jetzt achtet man ſie nicht mehr, 
weil fie beynahe durchgehends von einer Art von 
Kraͤtze verunſtaltet ſind. Man hat ſogar Cauane 
gefunden, auf deren Oberſchaale Moofe und Mu- 


H 3 ſcheln 


e) Cetti Storia de N III. p. 12. La C. 
Ueberſ. III. S. 14. Das von Hrn. D. Schoͤpf. 
Taf. 15 abgebildete Exemplar war zu Livorno 
gefangen. Sie bewohnt uͤberhaupt das Atlanti— 
ſche und Mittellaͤndiſche Meer. 

PERS Geſchichte der Fiſche. Lyon 1588. 


g) Es iſt überhaupt noch zweifelhaft, ob. man die 
Schaalen von dieſer Schildkroͤte je zu. Kunſtwaa— 
ren verbraucht hat. Vielleicht daß bloß die Ver⸗ 
wechſelung der Namen an dieſer Benutzungsan⸗ 
gabe Schuld iſt. B. 


* 


118 Scchhildkroͤten. 


ſcheln ſaßen und deren Hautfalten voll kleiner Schaa⸗ 
lenthiere waren ). , 

Die Cauane hat ein viel wilderes Anſehen als 
die uͤbrigen Schildkroͤten, ſie iſt groͤßer und ſtaͤrker 
und daher auch dreuſter; ſie braucht ein nahrhafte— 
res Futter, und iſt weniger mit Seegraͤſern zufrie⸗ 
den; ſie iſt ſogar ein Raubthier, greift ſelbſt junge 
Krokodille an und verſtuͤmmelt fie oft 79. Man 
ſagt, ſie lauerte um die groͤßeren Amphibien mit 
mehr Vortheil anzugreifen, im Hintergrunde der 
Hoͤhlen, die laͤngs den Kuͤſten hin ſind, in welche 
die Krokodille, wenn fie ſich verbergen wollen, 
ruͤcklings hineinkriechen muͤſſen, weil ſie ſich ihrer 
Länge wegen nicht würden darin umwenden koͤn⸗ 
nen; da faßt fie fie dann Fräftig beym Schwanze, 
ohne ſich vor ihren Zaͤhnen fuͤrchten zu duͤrfen Y. 

Da ihre Nahrungsmittel groͤßtentheils aus 
dem Thierreiche genommen, alſo unreiner und der 
Faͤulniß eher unterworfen find, als bey der Rieſen— 
ſchildkroͤte, da fie ohne Unterſchied Seegewuͤrme I) 
und allerley fleiſchige Koͤrper verſchlingt, ſo ſchmeckt 
ihr Fleiſch darnach; es iſt oͤhlig, ranzig, faſerig, 
lederartig und hat einen unangenehmen Seege— 
ſchmack. Der Biſamgeruch, den alle Schildkroͤ— 

ten 


*) Brown a. a. O. La C. und Schoͤpf a. a. O. 
S. 79. 

1) Abhandl. des Hrn. dela Coudreniere. Jour- 
nal de Physique. November 1782. 

Bemerkung des Hrn. More au de Saint-Mery, 
General- Procurator des Conſeils zu St. Domingo. 

) Brown a. a. O. 


Die Karett: Schildkröte. 119 


ten haben, iſt bey der Cauane zum Eckel ſtark m), 
deßwegen wird ſie wenig geſucht, doch iſt auch ſie 
ſchon von Seefahrern ohne Nachtheil gegeſſen wor— 
den 1), und man hat ihr Fleiſch ſehr hitzig gefun— 
den. Man ſalzt es zuweilen ein, um, wie man 
ſagt, die Negerſklaven 0) damit zu fuͤttern; fo weit 
geht die Gewinnſucht, daß ſie alles, was Erde und 
Meer hervorbringt, aufbietet, um von den Un- 
gluͤcklichen einen groͤßern Vortheil zu ziehen. Oehl 
geben die Cauanen in Menge, es taucht aber nicht 
zur Speiſe, weil es aͤußerſt übel riecht )), zum 
Brennen aber, ſo wie zum Lederbereiten und zum 
Kalfatern oder Ueberziehen der Schiffe, die es des 
uͤbeln Geruchs wegen vor dem Wurme bewahren 
ſoll, iſt es ſehr brauchbar. 

Der Nutzen der Cauane ſteht daher mit der 
Rieſenſchildkroͤte in keinem Verhaͤltniß; ſie hat, 
da ſie weniger verfolgt wird, weniger Feinde zu 
fuͤrchten, und iſt daher in einigen Meeren in weit 
groͤßerer Menge anzutreffen. Da ſie von Natur 
ſtaͤrker iſt als die uͤbrigen Schildkroͤten, ſo macht 
fie auch weitere Reiſen; und man hat fie über achte 
hundert franzoͤſiſche Meilen weit in der See getrof— 
fen, wie ich ſchon oben angemerkt habe. 

1 H 4 Weil 

m) Bemerkungen des Hrn. v. Widerſpach. 

n) Brown nat. hist, Jam, p. 466. 

o) Neue Reife nach den amerikaniſchen Inſeln. Th. 

P) Aue de iſt es doch den Italiaͤniſchen Moͤnchen 
ein angenehmes Gericht. Die Eyer ſind auch eine 

beſſere Speiſe. Schöpf a. a. O. S. 79. 


10 Schildkröten. 


Weil ſie auch zuweilen von Fiſchen lebt, ſo binder 
fie ſich weniger an die Kuͤſten, wo die Seegraͤſer wach⸗ 
fen. Sie kann ohne Mühe große Schnecken, Seehoͤr⸗ 
ner und dergleichen zerbeißen, um die Schnecken 
herauszuhohlen; und die nordamerikaniſchen Fi⸗ 
ſcher erzaͤhlen, daß ſie oft große Seemuſcheln finden, 
die die Karett Schildkröte halb zerbiſſen hat 9). Ihr 
Fang iſt zuweilen gefaͤhrlich. Wenn man ihr zu 
nah kommt um ſie umzuwerfen, ſo vertheidigt ſie 
ſich mit den Fuͤßen und den Rachen, und was ſie 
einmal mit ihren Kinnbacken gefaßt hat, laͤßt ſie 
ſchwerlich wieder los. Um dieſes heftigen Wider⸗ 
ſtandes willen, den fie ihren Verfolgern entgegen⸗ 
ſetzt, hat man ihr eine Art von Bosheit Schuld 
gegeben, und ihr alſo gewiſſermaßen ihre gerechte 
Vertheidigung zum Vorwurfe gemacht, und ſie 
verurtheilt, weil ſie ihre Waffen zur Rettung ihres 
Lebens gebraucht, und das iſt denn nicht das erſte⸗ 
mal, daß der Staͤrkere es dem Schwaͤchern zum 
Verbrechen macht, daß er durch Widerſtand ſeinen 
Genuß verzögert, und feine Verfolgung mit Ges 
fahren verbindet. 

Nach Cates bn giebt es noch eine fehr große 
aber ſeltene Meerſchildkroͤte unter dem Namen des 
Koffer's, ſie iſt ſchmal aber fehr dick, und ihre 
obere Schaale iſt gewoͤlbter als bey den uͤbrigen 
Meerſchildkroͤten ). Unfireitig iſt es die naͤmli⸗ 


4 


) Catesby H. p. 40. 
r) Testudo areuata, Catesby II. p. 40. 


Die Karett⸗Schildkroͤte. 121 


che, die Dampier ) unter dem Namen der 
Dicken⸗, oder Koffer -Schildkroͤte zu feis 
ner erſten Art macht. Beyde ſind dicker als alle 
übrigen Meerſchildkroͤten, haben eine gewoͤlbtere 
obere Schaale, einen ſchlechten Geſchmack und un— 
angenehmen Geruch, und geben ein gutes Brennoͤhl. 

Ich führe dieſe Schildkroͤte unter den Caua⸗ 
nen an, zu denen ſie mir zu gehören ſcheinen, bis 
weitere Beobachtungen etwas naͤheres daruͤber ent⸗ 
ſcheiden. 


Y Allgem. Geſch. der Reiſ. 48 B. ©. 344. fl. 


9 3 Das 


122 Schildkroͤten. 


Die Nas hornſchildkroͤte. 


(La Tortue nasicorne.) 9 


Die Naturforſcher haben dieſe Art mit den Caua⸗ 
nen verwechſelt, ob ſie ſich gleich durch ein ſehr 
auffallendes Kennzeichen, das den wahren Caua⸗ 
nen mangelt und nach welchem ich dieſe Art be— 
nannt habe, von ihnen unterſcheidet. Dieß iſt 
eine weiche Erhoͤhung über der Schnauze, in wel⸗ 
cher die Naſenloͤcher ſtehen. Dieſe Nashornſchild— 
kroͤte lebt in den Meeren des neuen Welttheils um 

| den 


7) Zu dieſer Schildkröte gehört die, welche in Grono- 
vii Mus p. 85. n. 69 beſchrieben iſt, und die Lin: 
ne“ für feine Karett-Schildkroͤte (unſere Cau— 
ane) hielt. Die Schildkroͤte beym Gronovius 
hat den Hoͤcker auf der Naſe, welche unſere Nas: 
hornſchildkröte auszeichnet. La Cep. 

Hr. D. Schoͤpf zieht dieſe Stelle auf die Ka— 
rett⸗Schildkröͤte (a. a. O. S. 75. u. 89.) und 
ſo thut es auch Donndorf in den Zool. Beytr. 
III. S. 9. Genauere Unterſuchungen dieſer Schild— 
kroͤte von Kennern, beſonders in der Gegend ihres 
Aufenthalts muͤſſen hier entſcheiden. So viel iſt 
gewiß, daß die Nafenlöcher aller Karett: Schildfrör 
ten in einer etwas erhabenen runzlichen Haut liegen. 
Da nun die Beſchreibungen mehrentheils von ver— 
trockneten Exemplaren gemacht worden ſind und noch 
gemacht werden, ſo iſt natuͤrlich, daß im lebendigen 
Zuſtande dieſe Theile hoͤher ſind. Doch kann ich 

hier 


Die Nashornſchildkroͤte. 123 


den Aequator. Es fehlt uns noch an hinlaͤngli⸗ 
chen Beobachtungen uͤber dieſe Schildkroͤte, um 
ihre Merkmahle naͤher angeben zu koͤnnen, doch 
halt ich ſie von der Caua ne, mit der ſie, nach dem, 
was der Hr. von Widerſpach daruͤber ſagt, 
noch weniger Aehnlichkeit als mit der Rieſenſchild⸗ 
kroͤte hat, fuͤr ſehr verſchieden. Man ißt ſie ſo 
wie die letztere, da man die Cauane beynah nie 
zur Speiſe gebraucht. Ich wuͤnſchte, daß die Reis 
ſenden ſich um dieſe Schildkroͤte, die vielleicht die 
Baſtardſchildkroͤte der amerikaniſchen Fiſcher 
iſt, ſo wie um die uͤbrigen noch unbekannten Arten, 
etwas naͤher bemuͤhten. Es iſt um ſo mehr der 
Muͤhe werth etwas genauere Unterſuchungen anzu— 
ſtellen, da dieſe Arten bey der geringen Verſchie— 
denheit im aͤußern, ſich dennoch nicht mit einander 
begatten, alſo weſentlich voneinander getrennt ſind. 


hier nicht entſcheiden. Iſt dieſe Schildkroͤte wirk— 
lich verſchieden, ſo koͤnnte man ſie Testudo na- 
sicornis nennen. Vergl. Schneiders zweyte 
Beytr. zur N. G. der Schildkroͤten. S. 10. Nr. 
4. B. 


Die 


224 Schildkroͤten. 


Die ſchieferartige Schildkröte. 
(Die KarettSchildkroͤte. Carette.) 2) 


(Taf. II. Fig. 1.) 


Fir den Philosophen wird die Nieſenſchildkröte 
wegen der angenehmen und Beilfamen Nahrung, die 


— 


u) La Tuilee, D' Aubenton Encycl, meth. 
Testudo imbricata. Lin, amph. rept. n. 2. 
Tortue Caret. Rochefort hist. nat. des An» 

till. p. 249. f 
Testudo imbricata. Schneider. 
‚Testudo caretta. Catesby Carolin. Vol. 2. p. 
39. tab. 39. IR 
— —  Gronov. Zoophyl. p. 164. n. 72. 
Testudo pedibus pinniformibus, testa cor- 
data, margine serrato, scutellis imbricatis, 
latuisculis, 
C— — Kay, Syn. anim, quadr. p. 258, 
‚Testudo sguamata, Bont. jav. 82.) 
Beyde Synonymen fallen weg; letzteres iſt ein 
ganz anderes Thier, das vielleicht nicht einmal 
zu den Schildkroͤten gehoͤrt. ſ. unten. B. 
The hawk's-bill Turtle, Testudo 1 major, 
unguibus utrinque quatuor. Brown. Jamai- 
ca. p. 465. n. 1. 
— — Seba, mus. I. p. 130, tab, 80, fig. 9. 
Testudo marina americana. 
Testu- 


Die ſchieferartige Schildkroͤte. 125 


ſie uns giebt, immer die erſte im Range bleiben; 
wer hingegen das ſchimmernde lieber hat, wird ihr 
g un⸗ 


Testudo caretta, Sloane Voyag, aux Isle Ma- 
dere, Barbade etc. Vol, 2. 

Caret, du Tertre Antill. Tom. II. p. 229. n. 24. 
Caret, Labat. Voy. aux Isle de !’Amerique J. 
182. 311. Ueberſ. von Schad II. S. 356. 
Caret, Dict. d'Histoire nat. p. V. de Bomars, 

La Cep. 

Vergleiche, ferner: Testudo imbricata, testa el« 
liptica, subcarinata, serrata, scutellis dis 
ci imbricatim laxe incumbentibus. Die 
ſchieferartige Schildkroͤte. Das Schild iſt ellip— 

tiſch und faͤgenfoͤrmig gezaͤhnt, der Ruͤcken gekielt, 
die Schuppen liegen mit ihrem Hinterrande auf 
dem Vorderrande jeder naͤchſtfolgenden. Schoͤpf 
N. G. der Schildkr. S. 96. und 81. 86. Taf. 
18. A. B. Taf. 17. Fig. 1. 1 

Testudo imbricata, testa scutis laxis atque 
imbricatim incumbentibus, unguibus palma- 
rum plantarumque quaternis. Schneiders 
N. G. der Schildkröten. S. 309, Derſelbe 
im Leipziger Magazin zur Naturkunde. 1786. 
3. S. 258. Deflen erſte Beytraͤge zur 
N. G. der Schildkr. S. 4. Nr. 1. Deſſen 
zweyte Beytr. S. 11. Nr. 35. Deſſen Zool. 

k Abh. ©. 304. 4 

Testudo imbricata. T. pedibus pinniformibus, 
testa cordata subcarinata: scutellis imbri- 
catis, cauda squamata, Lin. Syst, nat. 
XII. 1. p. 350. n. 2. 

Testudo imbricata. J. palmarum ylantarum- 
que unguibus binis, scutis laxe atque imbri- 
catim incumbentibus. Gmelin Lin. Syst- 
XIII. 3. p. 1036, n. 2. 

Testudo Caretta. Hnorr Delic. natur. sel. 

tab. 


126 Scchildkroͤten. 


ihr unſtreitig die gegenwaͤrtige vorziehen, der ich 
den Namen Karett-Schildkroͤte laſſe, un⸗ 
ter 


i tab. 56. Eine ſchlechte Figur, die mit Unrecht 
zur Karet⸗Schildkroͤte gerechnet worden. 
Testudo Caretta, pedibus pinniformibus, te- 
sta cordata margine serrata, scutellis im- 
bricatis unguibus palmarum plantarumque 
quatuor. Bonaterre Erpet, Gen. Test. n. 

6. tab. IV. fig. 1. La Cepede's Figur. 

4 scaly Tortoise Shell. Grew Mus, soc. reg. 
P. I. c. 3. p. 38. tab. 3. g 

Testudo imbricata (ſchieferartige Schildkroͤte). 
Walbaum Chelonogr. S. 46. n. ııo. Was 
er S. 13 von der Caretta ſagt, geht meiſt auf 
die ſchieferartige Schildkroͤte. 

— — I. pedibus pinniformibus, testa cor- 
data, subcarinata, margine serrata, scutel. 
lis imbricatis latiuseulis, cauda squamasa. 
Die Caretta. Blumenbachs Handbuch der 
N. G. ste Aufl. S. 231. Nr. 2. 

Die Karet-Schildkroͤte. Schedels Waa— 
ven Lexik. II. S. 482. Kleins Claſſ. der 
vierf. Thiere. S. 297. Nr. 3. Deſſen natuͤrl. 
Ord. der vierf. Thiere. S. 107. Nr. 8. Def 
fen quadr. disp. p. 99. Meyers Ueberſ. d. 
neueſten Zool. Entd. S. 130. Fermin Su⸗ 
rinam (Ueberſ.) S. 82. Bruce Reiſen nach 
den Quellen des Nils. Anh. Taf. 42. (2) 

Das Schuppenſchild. Muͤllers Naturſyſtem. 
III. S. 17. Nr. 2. Neuer Schauplatz der Na— 
tur VII. Onomatolog. hist, nat. VII. 490. 

Die Schuppenſchildkroͤte. Leske N. G. 
S. 302. Nr. 2. N 

— — Borowsky Thierreich IV. S. 19. Nr. 


3. 
— — Batſch Thier. I. S. 447. 
Die 


Die ſchieferartige Cchildfröte. 127 


cer dem fie in ihrem Vaterlande allgemein bekannt 
iſt. Von dieſer Art erhaͤlt man vorzuͤglich die 
ſchoͤnen Schilde, die ſeit den aͤlteſten Zeiten her, 
der Schmuck der praͤchtigſten Pallaͤſte waren, in 
neuern Zeiten aber von dem Glanze des Goldes, 
und dem Feuer, das die Politur den harten und 
durchſichtigen geſchnittenen Steinen giebt, ver— 
draͤngt worden ſind. Man braucht ſie nur noch 
zum Schmuck der einfacheren aber zierlichen Geraͤ— 
the, minder beguͤterter, aber vielleicht deſto ge= 
ſchmackvollerer Perſonen. Wenn man fie noch zu— 
weilen unter dem Putze des ſchoͤnen Geſchlechts 
findet, fo find fie von blendendern und gefuchtee 
ren Zierrathen verſteckt, die man ihnen vorzieht, 
und denen ſie allenfalls zur Unterlage dienen. Was 
ſie aber durch die Vergleichung mit glaͤnzendern 
Dingen und durch die Entdeckung Amerikas, 
woher ſie in großer Menge nach Europa gebracht 
und allgemein bekannt wurden, verloren haben, 
haben ſie auf der andern Seite durch den ausge— 
breiteten Gebrauch gewonnen, der eine Folge ihres 

geringern Preißes wurde. 
Wie 
Die Schuppenſchildkroͤte. Donndorfs 

Thiergeſch. S. 411. 

— — Funks N. G. I. S. 367. 

— — Meine N. G. des Sn: und Ausl. I. S. 


568. Nr. 5. 
— — . G. III. S. 222. Nr. 2. 
— — Oekonomiſche Zool. S. 104. 


— Meidingers Vorleſ. J. S. 160. Nr. 2. 
Die ſchieferartige Schildkr. Donndorfs 
Zobl. Beytr. III. S. 3 — 6. . a 


128 2 Schildkröten. 


Wie viel kleine Geraͤthe aller Art ſteht man 
nicht mit dieſen jetzt allgemein bekannten Schild⸗ 
chen belegt, die halbdurſichtig ſind, die Farbe und 
Politur gewiſſer gefaͤrbter Kriſtalle, und dabey ei⸗ 
ne Biegſamkeit haben, die man dem Glaſe vers 
geblich mitzutheilen geſucht hat. 

Dieſe Schildkroͤte iſt an ihren glänzenden 
Schildchen, und vorzuͤglich an der Art wie ſie ge⸗ 
ſtellt ſind, ſehr kenntlich. Sie liegen dachziegel⸗ 
fürmig übereinander; und es find ihrer im Mit⸗ 
telfelde gewöhnlich dreyzehn, in drey Reihen, wie 
bey der Rieſenſchildkroͤcſte. Der Rand der obern 
Schaale, welcher ſchmaͤler iſt als bey den meiſten 
Seeſchildkroͤten, hat gewohnlich 25 Schildchen. ö 

Die obere vorn zugerundete, und hinten zuge⸗ 
ſpitzte Schaale, iſt beynah herzfoͤrmig; uͤberdem 
zeichnet ſich die ſchieferartige Schildkroͤte vor andern 
Arten ſehr merklich durch die Laͤnge des Kopfs 
und Halſes, aus. Der obere Kinnbacken ragt 
uͤber den untern hervor, ſo daß die Schnauze 
einige Aehnlichkeit mit einem Raubvogelſchnabel 
hat. Die Englaͤnder nennen ſie deßwegen auch 
(bec a faucon) Falkenſchnabel x). Dieſer Na- 
me hat aber einige Verwirrung angerichtet, weil 
man, ohne die beyden Arten gehoͤrig zu unterſchei— 
den, auch die Cauane fo genannt hat Y), und in 
der Naturgeſchichte wird man nur zu leicht ver⸗ 


fuͤhrt 


x) Catetby Carol. Vol. 2. p. 5g. (Hawsbill: Ha 


bichtsſchnabel ſagen die Engländer. V.) 
Brown a. 4. O. g 


Die ſchieferartige Schildkröte. 129 


führt, unter gleichlautenden Namen einerley Ge⸗ 
genſtaͤnde zu ſuchen ). | 


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Va Man 


) Ich will hier die genauere Beſchreibung aus 


Schoͤpfs N. G. der Schildkroͤten a. a. O. beyfüs 


gen. Das Schild iſt elliptiſch, nach vorne zu et⸗ 
was vorgezogen und mäßig ausgeſchweift, nach hins 


ten zu verengernd und ſpitzig zulaufend mit einem 
an den Seiten gekielten und nach hinten zu ſaͤgen— 


j artig gezaͤhnten Rande, zwar niedergedruͤckt aber doch 
etwas hoͤher als der Kopf, gegen den Ruͤcken erhaben 


und gekielt. Die Scheibe iſt nach Verhaͤltniß der 


Groͤße mehr oder weniger gewoͤlbt und der Rüden 
keicht gekielt. An jungen iſt die Scheibe ſtaͤrker ges 
woͤlbt, und faſt dreyeckig, wie ein gebrochenes Dach, 
weil an ihnen auch die Seitenſchuppen gebogen und 
auf der hintern Haͤlfte einer jeden mit einer kielfoͤr⸗ 
migen Erhöhung. verſehen find, deren ganze Rich— 
tung in einer parallelen Kruͤmmung bis nach dem 


hintern Rande des Schildes geht. Die Bekleidung 


beſteht aus eckigen nach hinten ſich ſchmaͤlernden 


Schuppen, welche durchaus ſchieferartig uͤbereinan— 
der oder mit den Raͤndern etwas untereinander ges 
ſchoben liegen; an Erwachſenen iſt die Vereinigung 
lockerer als an juͤngern. Dieſe Schuppen ſind an 
jungen Thieren duͤnn, zart und durchſichtig, bey er— 
wachſenen aber dick und ſtark, vorn und hinten vers 
duͤnnt, hornartig, durchſichtig, glatt, glaͤnzend und 


ber: meift aus weißlichen, roth, braun und ſchwarz flam⸗ 


mig gemiſcht. Auf der Scheibe liegen der Regel 
nach 13 Schuppen; die fuͤnf mittelſten ſind ungleich 
breiter als lang, nach beyden Seiten abſchuͤſſig mit 
einem glatten und nicht ſehr ſcharfen Kiel, nach 
hinten ſehr ſtumpfwinklich; die erſte und kleinſte 
iſt uͤberzwerg rautenfoͤrmig; die zweyte, dritte und 
vierte find einander ähnlich, ebenfalls meiſt rauten⸗ 
foͤrmig, oder genauer genommen, ſechseckig; die 


De la Cepedes Natg. d. Amph. I. Bd. J letzte 


/ 


130 


Schildkröten. 
Man findet die ſchieferartige Schildkrote, ſo 


wie die mehreſten uͤbrigen Arten in den heißen Ge⸗ 


/ N gen⸗ 


letzte iſt meiſt laͤnger, ihre erſte Haͤlfte ſchmaͤler als 
die vierte, und hat nur vier Ecken, weil ſie hinten 
zugerundet iſt. Die acht Seitenſchuppen ſind in 
Anſehung der Laͤnge des Rumpfes breiter als lang, 
verſchoben fuͤnfeckig, unten abgeſtumpft, oben ſpiz⸗ 
zig; an jungen Thieren laͤuft von der Mitte 
der Schuppe nach der hintern Ecke hin eine 
kielfoͤrmige, uͤberzwerche ſchwache Erhoͤhung. Die 
hintern Ränder der Ruͤcken - und Seitenſchuppen 
ſind ſelten ganz gleich, ſondern mehr oder weniger 
zugerundet, warzig oder gar ausgenagt. Der Rand 
iſt nach dem Umfange laͤnglich eyfoͤrmig, nach dem 
Kopfe hin etwas vorgezogen, flachbergig und aus⸗ 
geſchweift, ſteigt von da nach den Armen etwas 
ſchraͤg abwaͤrts, geht dann in einen flachen Bogen, 
der erſt gekerbt, hernach ſaͤgenartig gezaͤhnt iſt, nach 
dem Hintertheil in einen ſpitzigen Winkel zufam: 
men. Er beſteht aus 2; ſchieferartig gelegten 
Schuppen, wovon die vorderſten linienfoͤrmig, die 
vier naͤchſten laͤnglich viereckig mit ſtumpfen Kanten, 
die weiter hinterwaͤrtsliegenden flach und viereckig 
mit vorragender Spitze ſind und die ganz letzten ſich 
über dem Schwanze mit einer kielfoͤrmigen Erhoͤ— 
hung zuſammen fügen. Der Bauchfchiid tft kuͤrzer 
als der Ruͤckenſchild; der Vordertheil kuͤrzer und 
zugerundet, der hintere laͤnger und ſtumpfſpitzig, 
der mittlere platt und zweykielig. Er beſteht aus 
12 ebenfalls ſchieferartig gelegten Schuppen, die 
breiter als lang, oder weich und lederartig ſind. 
Die beyden Fluͤgelanſaͤtze haben vier aͤhnliche vier— 

eckige Schuppen. é 
Der Kopf iſt nach Verhaͤltniß feiner Breite län: 
ger und nach vorne zugeſpitzt, oben abgerundeter 
als an der Cauane, auch iſt der Hals länger ges 
N | ſtreckt 


Die ſchieferartige Schildkröte, itzt 


genden von Amerika ), aber auch in den A ſi a⸗ 
tiſchen Meeren. Von dorther kamen auch hoͤchſt— 
wahrſcheinlich die ſchoͤnen Schilde, deren ſich die 
Alten noch vor Plinius Zeiten bedienten, und 
welche die Roͤmer um deſto hoͤher ſchaͤtzten, da ſie 
ſehr ſelten waren und weit hergebracht wurden 5); 
denn es ſcheint, daß ſie vorzuͤglich auf die Dinge 
einen beſondern Werth legten, welche ein Beweis 
ihrer großen Macht und ihrer ausgebreiteten Herr⸗ 
ſchaft ſeyn konnten. 

Die ſchieferartige Schildkröte koͤmmt der Rie⸗ 
ſenſchildkroͤte an Groͤße nicht bey; ihre Fuͤße ſind 
auch floſſenaͤhnlich, und oft mit vier Nägeln vere 
ſehen. b 

Ihre Legezeit iſt im noͤrdlichen Amerika ges 
woͤhnlich im May, Junius und Julius. Sie le⸗ 
gen ihre Eyer nicht in den Sand, ſondern am lieb- 
ſten in einem mit kleinen Kieſeln vermiſchten Kies. 
Die Eyer find wohlſchmeckender als von allen ante 
dern Schildkröten, aber 1 Fleiſch iſt nicht ange⸗ 

J 2 nehm 


ſtreckt, als an den uͤbrigen Arten und mit einer kah⸗ 
len runzlichen Haut bedeckt. Der Schnabel, wel— 
chen man mit einem Falkenſchnabel vergleicht, ragt 
unter der Naſe keilförmig zugeſchaͤrft vor und iſt 
ſchraͤge abſchuͤſſig nach der Oeffnung des Mundes. 
Die Kiefer ſind ſcharf und ganz. Die Fuͤße ſind 
floſſenartig; die vordern länger und ſchimaͤler, die 
hintern kuͤrzer und runder; jeder Fuß meiſt nur mit 
einem, doch auch zuweilen mit einem zweyten, we 
niger ins Geſicht fallenden Nagel bewaffnet. B. 
a) Nach Dampier findet man in der Suͤdſee keine. 
5) Plinii hist. nat. I. g. c. 11. I. 16, c. 43. V. 


132 Sgt. 


nehm, und hat, wie man ſagt, eine purgirende 
Kraft e), es verurſacht heftiges Erbrechen, Beulen 
und Geſchwuͤre uͤber den Koͤrper und ein hitziges 
Fieber, das aber fuͤr diejenigen, die Kraft genug 
haben, der Heftigkeit des Mittels zu widerſtehen, 
eine heilſame Criſis ſeyn ſoll 45. Nach Dam⸗ 
pier ſollen die guten oder boͤſen Eigenſchaften des 
Fleiſches von den Nahrungsmitteln, und alſo von 

den Gegenden herruͤhren, wo ſie ſich aufhalten. 
Die ſchieferartige Schildkroͤte muß, ob ſie 
gleich kleiner iſt, doch mehr Staͤrke haben, als die 
Rieſenſchildkroͤte, weil man ſie fuͤr boͤsartig aus 
giebt. Sie vertheidigt ſich viel beſſer, wenn man 
ſie fangen will, und ihre Biſſe ſind ſehr heftig und 
ſchmerzhaft. Ihre obere Schaale iſt N 
und ihre Süße find, im Verhaͤltniß mit ihrer Groͤ⸗ 
ße, 


00 Mieter Vol, I. La Cep. Deshalb gehört 
auch wohl Testudo purgans, Labat Voy. en 
Guinee. Tom. III. p. 323, hierher. Schopf a. 
A O. S. 70% B. g 

4) Diejenigen, welche nach der Schildkrotinſel 
oder den andern Inſeln auf ihren Fang ausgehen, 
leben 3 bis 4 Monate bloß davon, ohne Brod, Cafs 

ſawa, oder etwas anders zu genießen. Sie duͤrfen 
aber verſichert ſeyn, dadurch von allen Krankheiten 
ihres Koͤrpers, ſogar den veneriſchen geheilt zu wer— 
den. Dieſe Speiſe bringt ihnen ſogleich einen 
Durchfall zu Wege, der ſie vortrefflich ausreinigt. 
Man vermehrt oder ſchwaͤcht ihn, je nachdem der 
Kranke bey Kraͤften iſt, oder nicht, indem man ihm 
mehr oder weniger mit dem Fleiſche der Rieſen⸗ 

ſchildkroͤte vermengt, genießen läßt. Labat a. 
. O. und Schoͤpf a. a. O. S. 101, B. 


Die ſchieferartige Schildkroͤte. 133 
ße, langer als bey andern Schildkroͤten, deßwe— 
gen kann fie, wenn man fie auf dem Ruͤcken ge» 
worfen hat, durch hin und her ſchaukeln, weit ge— 
nug auf die Seite kommen, um mit den Fuͤßen 
den Boden zu erreichen und ſich aufzuhelfen e). 
Die ſchoͤnen Schilde ihrer Schaale wiegen gewoͤhn— 
lich zufammen 3 bis 4 / zuweilen aber auch 7 
bis 8 Pfund 8). Die, welche dick, hell, durch- 
ſichtig, goldgelb, mit roth und weiß, oder ganz 
ſchwarzbraun beſprengt oder jaſpirt ſind, werden 
am meiſten geſchaͤtzt ). Wenn man fie formen 
will, ſo werden ſie in warmen Waſſer erweicht, 
und unter einer eiſernen Preſſe in die Form ge— 
druͤckt 2); dann werden fie polirt und mit dünnen, 

33 goldenen 


e) Vergl. Labat a. a. O. oder Schoͤpf a. a. O. 
S. 97. . 

pP Eben. 

g) Ray Syn. p. 258. La Cep. Auch wohl 15 bis 
20 Pfund, Schoͤpf a. a. O. S. 100. B. 

A) Fougereaux. La Cep. — Es giebt auch 
ſchwarz und weißgeflecktes, ja ſolches, das ganz weiß 
iſt, und welches man das blonde Schildkrot nennt. 
Dieß iſt aͤußerſt ſelten. B. 

1) Es wird weder geloͤthet noch geſchmolzen, und es 
iſt irrig, wenn man glaubt, daß verſchiedene Kunſt— 
ſachen von geſchmolzenen oder gegoſſenen Schildfror 
gemacht wären. Es iſt dieß nichts weiter, als ger - 
raſpeltes Schildhorn, das gepreßt worden iſt, und 
ſich durch die Waͤrme aneinander gefugt hat. Nach 
Europa wird gegenwaͤrtig das meiſte aus den 
Weſtindiſchen Inſeln und dem waͤrmern Ame— 
rika gebracht und man ſchaͤtzt, daß nach Mar 
ſeille allein jährlich gegen 1000 Pfund eingeführt 

wer 


* 


134 Schildkröten. 


goldenen oder ſilbernen Zierrathen belegt, um ihre 
Farben zu erhoͤhen. 

Man ſagt, daß in einigen Gegenden, vorzuͤg⸗ 
lich auf den naſſen oͤſtlichen Kuͤſten von Suͤdame⸗ 
rika, dieſe Schildkröten ſich mehr in uͤberſchwemm⸗ 
ten Gegenden als im Meere aufhalten, weil ſie 
dort haͤufigere und angemeſſenere Nahrung fins 
den Y. 


werden. Die Hollaͤnder ſammeln es auf der 

Inſel Timor u. ſ. w. und die Chineſen holen 

es auf der Inſel Sulu. Schoͤpf a. a. O. B. 
) v. Widerſpach. Man ſagt, die Karettſchilde 

kroͤten naͤhrten ſich vorzuͤglich von einer Art See⸗ 

ſchwamm (Fungus), den die Amerikaner en 
ohr nennen. eee a. er 


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. 


Die lederartige Schildkroͤte. 135 


Die lederartige Schildkroͤte. 
(Die Laute oder Leyer: La Luth.) 4 


(Taf. II. Fig. 2.) 


Die meiſten Seeſchildkroͤten, von denen ich bis jetzt 
gehandelt habe, findet man ſeltener außerhalb der 
4 Mendes 


D Lyra. Lat. 

Rat de mer, tortue a clin bey den Fifchern in 
einigen Gegenden. BR 

Tortue luth. D’Aubenton Encycl. meth. 

Testudo coriacea. Lin. Amph. rept. n. 1. 

Tortue couverte de cuir, ou Tortue mercuriale, 
Rondelethist, des Poiss. Lyon, 1558. (Hist. 
de piscibus, P. I. p. 445. Leyd. 1554. B.) 

Testudo coriacea, Vandelli ad Lin. Patav. 
1761. n. 4. La Cep. 

Ferner: Testudo coriacea. Schneider, N. G. 
der Schildkr. 312. Nr. 4. Testudo testa co- 
riacea, per longitudinem striata. Defel: 
ben zweyter Beytr. zur N. G. der Schildkr. S. 
12. Nr. 6. Deſſen Zool. Abhandl. S. 105. 
Gmelin Lin. Syst. Ed. XIII. I. 3. P. 1026. 
* 1. 8 

Testudo coriacea, J. pedibus pinniformibus 
muticis, testa ceriacea, cauda angulis gep- 


tem exaratis. Lin. Syst. Ed. XII. I. p. 350. 


n. 1. 

— — Pennant british Zool. 1776. III. p. 
7. 8. 

— — Gerner, de Aquatilibus. tab. VIII. p. 


1144. Mit einem Holzſchnitt aus Rondelet, 
der 


168 Schildkröten. 


Wendezirkel; doch iſt die Cauane nicht die ein⸗ 
zige, welche man auch in den Meeren, die unſerem 
Clima naͤher ſind, antrifft. Man findet im Mit⸗ 
telmeere eine Art Schildkroͤten, die an Länge 
oft die groͤßten Riefenſchildkroͤten uͤbertrifft. Sie 
heißt die Leyer (la Luth) und beſucht vorzüglich, 
wenigſtens zur Legezeit, die wuͤſten und zum Theil 
ſandigen Geſtade der Barbaren; fie geht nicht 
hoch in das Adriatiſche Meer hinauf, auch in 
das ſchwarze Meer kommt fie wegen der hoͤhe⸗ 
ren Breite und des Climas nur ſelten. Sie uns 
terſcheidet ſich von allen übrigen ſowohl See- als 
Landſchildkroͤten dadurch, daß fie. kein ſichtbares 
Bruſtbein hat. Die obere Schaale bedeckt, wie 

ein 


der aber etwas verbeſſert iſt. Zjusd. de Qua- 
eee ovip. p. 106. 
— Hermann, tab. affın. anim. p. s 
— — Hist. de Academie de Scien. d. 1765. 
44. 
ar — Molina, Naturgeſchichte von Chili. S. 
190. (Die Lederſchildkroͤte.). 
Das Lederſchild. Muͤllers Naturſyſtem III. 
S. 16. Nr. 1. 
— — Donndorfs Europ. Faun. VII. S. 42. 
Nr. 1. | 
— — Leske Naturgeſchichte. S. 302. Nr. 1. 
— — Neuer Schauplatz der Natur. VII. ©. 
Sie Schildkröte mit lederartigem Schik 
de. Onomat. hist. nat. VII. 487. 
Die Lederſchildkroͤte. Bergmanns Na 
turg. III. S, 221. Nr. 1. 
— — Donndorfs Zool. Beytr. III. 5 2. 


* 


Die lederartige Schildkroͤte. 137 


ein großer Panzer den Ruͤcken des Thiers, iſt aber 
nach vorn und hinten zu, nicht lang genug, daß 
es Kopf, Schwanz und Pfoten unter dieſer Ruͤ— 
ſtung verbergen koͤnnte. Hierin naͤhert ſich die 
Leyer den Krocodillen und den andern großen Am- 
phibien, welche die Seekuͤſten bewohnen. Die. 
obere Decke iſt erhaben, gewoͤlbt, an einem Theil 
des Umfangs zugerundet, endigt fi) aber nach hin⸗ 
ten zu in eine ſo ſcharfe und verlaͤngerte Spitze, daß 
das Thier über feinem ordentlichen Schwanze noch 
einen zweyten zu haben ſcheint. Auf der obern 
Schaale laufen den Ruͤcken entlang fuͤnf ziemlich 
erhabene ſcharfe Graͤten, von denen vorzuͤglich die 
mittelſte ſehr hervorſtehend iſt; einige Naturfor— 
ſcher zählen ihrer ſieben, dann find aber die Außer» 
ſten Raͤnder des Schildes auf beyden Seiten mit— 
gerechnet. Das Ruͤckenſchild hat nicht, wie bey 
andern Seeſchildkroͤten Schuppen, ſondern iſt wie 
der ganze Koͤrper, Kopf, Hals, Fuͤße und 
Schwanz durchaus mit einer dicken Haut uͤberzo— 
gen, die in Farbe und Conſiſtenz einem harten, 
ſchwarzen Leder gleicht. Linne!“ nennt fie deßwe— 
gen die Lederſchildkroͤte (Testudo coriacea) und 
ſie naͤhert ſich dadurch mehr als eine andere den 
Manati's und Seerobben, deren Fuͤße eben— 
falls mit einer ſchwaͤrzlichen harten Haut uͤberzogen 
ſind. Der untere Theil des Koͤrpers iſt platt; die 
Füße oder vielmehr die Floſſen haben nach den An— 
gaben der mehreſten Naturforſcher keine Naͤgel, 
doch habe ich an einem Exemplar im koͤniglichen 

| 35 Ca- 


138 Schildkröten. 


Cabinette häufige Naͤgelanſaͤtze an den Hinterfuͤ— 
ßen gefunden. Die Oberlippe iſt geſpalten, und 
die Unterlippe, die nach oben gekruͤmmt iſt, tritt 
in dieſe Oeffnung hinein. Rondelet erzaͤhlt, 
daß er eine von dieſen Schildkroͤten geſehen hat, 
die zu Frontignan an den Kuͤſten von Langue— 
doc gefangen, fuͤnf Ellen lang, zwey breit 
war, und eine betraͤchtliche Menge gutes Brenn 
oͤhl gab m). Herr Amoureur der jüngere, Mit⸗ 
glied der koͤniglichen Societaͤt zu Montpellier, hat 
eine Beſchreibung von einer andern geliefert, welche 
im Hafen von Cette in Languedoc gefangen 
wurde, und ſieben Fuß fuͤnf Zoll lang war u), 

Die, nach welcher ich gegenwärtige Beſchreibung 
gemacht habe, war beynah von der naͤmlichen Groͤ⸗ 
ße. Ihre ganze Ausmeſſung iſt folgende: 


Fuß Zoll Lin. 

Ganze Länge s „ ee, ae 2 
Breite - a EEE A — 1 
Dicke = = 1 8 — 
Laͤnge der Oberale - 1 2 
Breite 4 4 4 — 
Laͤnge des Halſes m Kopfes 1 5 — 
Länge der Kinnladen = — 8 6 

Breite 


m) Rondelet a. a. O. 

u) Journal de Physique 1778. Jan. p. 565. jet 
Suppl. 13. p 230. Die unvollkommene 2 
bung dieſes Thieres kann man ausgezogen leſen 
bey Hrn. Schneider a. a. O. S. 218. Im 
Linneiſchen Syſtem XIII. I. c, wird eine Ba: 
rietaͤt „) daraus gemacht. B. 


Die lederartige Schildkroͤte. 139 


1 5 Fuß Zoll Lin. 
Breite des Halſes = N Ai 
Großer Durchmeſſer des Auges — 2 


1 — 
6 


Länge der Vorderpfoten = 3 
Dicke S N 

Länge der Hinterpfoten Nn 

Dicke 2 . 5 I 7 IQ: ; 
Länge des Schwanzes - 3 1 — 


Die lederartige Schildkröte be wo 9 nt nicht 
allein das Mittelmeer, man findet ſie auch an 


den Kuͤſten von Peru und Mexico, und an den 


meiften Afrikaniſchen Kuͤſten im heißen Erd» 
ſtrich o), und es ſcheint auch, als wenn fie wenige 


ſtens zur Zeit der größten Hitze, noͤrdlichere Ce» 


} 


genden beſuchte. Am 4ten Auguſt 1729 fieng 
man dreyzehn franz. Meilen von Nantes, noͤrd⸗ 
lich von der Mündung der Loire, eine Schildkroͤ— 
te, die 7 Fuß 1 Zoll lang, 3 Fuß 7 Zoll breit, 
und 2 Fuß dick war. Herr dela Font, Singes 
nieurobriſter zu Nantes, ſchickte an den Herrn 
May ran eine Beſchreibung derſelben, und alle 
angegebene Merkmale paßten genau auf die Leyer, 
die ſich im koͤniglichen Kabinette befand. Zwar 
war in der Beſchreibung von Zaͤhnen die Rede, 
die man bis jetzt noch an keiner Schildkroͤtenart 
gefunden hat, aber es iſt ſehr leicht die großen her= 
vorragende Zacken der eingeſchnittenen Kinnbak— 
ken an der Leyer fuͤr Zaͤhne zu halten; auch kommt 
die Stellung und Form dieſer Zacken an der Leyer 
* a mit 
) Fougereaux geſchriebene Nachrichten. 


mann, der nicht wußte, wo ſie her war *). 


* 


110 Schildkröten. 


mit den vorgeblichen Zaͤhnen der bey Nantes 
gefundenen Schildkroͤte uͤberein. Sie erhob nach 
der Erzählung des de la Font ein entſetzliches 
Geſchrey als man ihr den Kopf mit einem eiſernen 
Haken zerſchlug; man haͤtte ihr Geheul eine Vier- 
tel Meile weit hoͤren koͤnnen, und ihr vor Wuth 
ſchaͤumender Rachen ſtank entſetzlich 5). 

Inm Jahr 1756, etwas über die Mitte des 
Sommers hinaus, fieng man ebenfalls eine große 
Leyer-Schildkroͤte an den Kuͤſten von Cornwal— 
lis in England )). Pennant hat in den 
Philos. Transact. die Beſchreibung und Figur 
einer ſehr kleinen Schildkroͤte geliefert, die 3 Zoll 
3 Linien lang und 1 7/2 Zoll breit war. Es iſt 


aus der Beſchreibung und aus der Figur klar, daß 


es eine ſehr junge Leyer-Schildkroͤte iſt, die kurze 
Zeit, nachdem ſie aus dem Ey gekommen war, 
gefangen wurde, wie auch Pennant felbft ver- 
muthet. Er ſah fie bey einem Londner Kauf— 


Die 


») Histoire de Academie des Sciences, année 
1729. 
9 British, Zoology. London 1776. 2 Vol. 
7 Transact. Philos. 1771. Vol. 61. P. I. n. 32. 
3 266. tab. 10. fig. 4.5. (Sie heißt; the tu- 
berculated: Testudo tuberculata,) Im Gme— 
lin⸗Linneiſchen Syſteme iſt fie als Var. 8 auf: 
gefuͤhrt. Hr. Prof. Schneider hat in ſeiner N. 
G. der Schildkr. die Pennantſche Stelle ausgezos 
gen. Der Kopf iſt groß und ſchuppig; der Hals 
dick und faltig; das Ende der obern Kinnlade ge— 


* 


ſpalten 


Die lederartige Schildkroͤte. 141 


Die lederartige Schildkröte gehörte mit zu de 
nen, welche die alten Griechen ſehr gut kannten, 
weil fie dort einheimiſch war. Es iſt bekannt, daß 
in Griechenland, oder uͤberhaupt an den Kuͤſten 
des Miltelmeeres, die Schaale einer großen Schild» 
Erdte den Erfindern der Muſik einſt zum muſikali⸗ 
ſchen Inſtrument dienen mußte, auf das fie Darm⸗ 
oder Metallſaiten zogen, und man ſagt, daß die 
Schaale der Leyerſchildkroͤte vorzuͤglich dazu ges 
braucht worden ſeyn ſoll; und das war denn die 
erſte rohe Laute, durch die noch halbwilde Voͤlker 
den Zauber einer Kunſt kennen lernten, die unter 
ihren Händen in der Folge fo viel Kraft gewann ). 

1 | Die 


1 


ſpalten; der Ruͤcken mit fünf vorſtehenden Laͤngs— 
rippen verſehen, die mit großen, gelben Buckeln 
bedeckt ſind, den dunkelbraunen Zwiſchenraum neh— 
men kleinere und niedrige Buckel ein; der Umfang 
des ganzen Ruͤckens mit einer aͤhnlichen erhabenen 
Rippe eingefaßt und das Ende nach dem Schwanze 
zu gabelfoͤrmig; der ganze Schild lederartig und 

biegſam; der Schwanz zugeſpitzt und vorragend; 
der Bauch mit Buckeln beſetzt und mit ſechs ſehr 
hervorragenden Streifen bezeichnet. Die vordern 
Floſſen find länger als der ganze Körper, ſehr dünn, 
dunkel und haben an der innern Seite einen weis 
ßen Saum, beyde Oberflaͤchen ſind mit niedrigen 
Buckeln bedeckt; die hintern ſind breit, erweitern 
ſich gegen das Ende und theilen ſich ganz unmerklich 
in zwey Lappen; nirgends ſieht man eine Spur 
von Fingern oder Naͤgeln. B. 

5) Daher der Name ums, der dieſer Art Inſtrumen— 
ten bey den Alten gegeben wurde. Die alten Dich 
ter erwähnen ihrer oft. 3. B. Horaz Od. III. 
II. 3. Tu- 


142 Schildkröten. 


Die Leyerſchildkroͤte war auch deßwegen gemiffer- 
maßen dem Merkur geweiht, den man fuͤr den 
Erfinder der Leyer hielt. Die Neueren haben 
dieſe Schildkroͤte nach dem Beyſpiele des Alter— 
thums auch oft die Leyer oder Laute genannt, und 

ihr Name mag immer an den edlen und glaͤnzenden 
Dienſt erinnern, den ihr Schild einſt im goldenen 
Zeitalter den Voͤlkern am ſchoͤnen Geſtade des 
mittellaͤndiſchen Meeres leiſtete. 


Tuque Testudo resonare septem 
Callida nervis | 
Nec loquax olim neque grata. Und weiter 
O Testudinis aureae 
Dulcem quae strepitum, Pieri temporas! 
O mutis quoque piscibus 
Donatum Cygni, si libeat, sonum. 
Die Alten ſetzten die Schildkroͤten unter die Fiſche, 
(Plinii hist. nat. lib. IX, c. 10), deshalb konnte 
hier geſagt werden, daß ſtumme Fiſche die 
Stimme des Schwans von ſich geben ſollten. Der 
gleiche auch Gesneri hist. animal. Lib. IV. p. 
1138. B. 


Z3wey⸗ 


Die Schlammſchildkroͤte. 143 


Zweyte Familie. 


Fluß und Land⸗ Schildkröten. 7 


Die | Schlamm: Schildkroͤte. f 
(La Bourbeuse,) z) 
(Taf. III. Fig. 1.) 


Die verſchiedenen Schildkroͤtenarten, von denen 
ich bis jetzt geredet habe, leben nicht allein mitten 
2 im 


t) Der Unterſchied, den wir Deutſchen zwiſchen Fluß 

und Land Schildkroͤten machen, iſt oben S. 
64. angegeben. B. 

u) Mus aquatilis. Lat. 

Jogame, Dogame, Doocame, In Japan. 

La Bourbeuse, D' Aubenton Encycl. meth. 
Testudo lutaria. Lin. amph. rept, n. 7. 
Testudo aguarum dulcium seu lutaria. Ray, 

Synops. p. 254. Rondelet, hist, des Poiss, 
Part. a, p. 170. La Cep. 

Siehe weiter: Testudo lutaria, pedibus Sub- 
palmatis, eauda corpore dimidio breviore, 
testa planiuscula, postice tribus scutellis 
carinata. Schneider N. G. der Schildkr. 
S. 338. Nr. 9. Deſſen zweyte Beytr. zur 
N. G. der Schildkr. S. 13. Nr. 7. Lin. Syst. 
f Natu- 


444 Schildkroͤten. 


im ſalzigen Meerwaſſer, ſondern ſuchen auch zu 
weilen das ſuͤße Flußwaſſer auf, oder gehen ans 
Land, 


naturae XII. 1. p. 351. n. 7. Ed. XIII. I. 3. 
p. 1040. n. 7. N | 
Testudo unguibus acuminatis, üb ER 

tarumque quaternis. Lin. Amoen. acad, 

I. p. 139. n 23. 

Testudo lutaria, pedibus 'subpalmatis, cauda 
corpore dimideo breviore,. testa subeonvexa 
postice tribus scutellis carinata. Lin. Syst. | 

nat. X. I. p. 198. n. 5. 

— — Schoͤpf N. G. der Schildkr. S. F. u. f. 

Die Schlamm⸗-Schildkroͤte. Müllers Nas 
turſyſt. III. S. 41. Nr. 7 

— — Donndorfs Fool. Beytr. III. S. 18. 

wo noch mehrere Synonymen befindlich ſind. 

Schon die Herren Schneider und Schoͤpf glau— 
ben, daß dieſe Schildkroͤte mit der Lin nei⸗ 
ſchen Testudo orbicularis oder der Schneis 
deriſchen Europaea (nicht Herrn La Ce— 
pede's Test. orbicularis oder la Ronde) und 
der La Cepediſchen gelben Schildkroͤte 
(la Jaune) einerley ſey; und ſo viel ergiebt ſich 
aus der ganzen Anſicht der leider ſehr unvoll— 
kommenen Beſchreibung und aus den Erzaͤhlun— 
gen, die uns Hr. La Cepede von dieſen Thie⸗ 

“fen giebt, daß fie die größte Aehnlichkeit 
miteinander haben muͤſſen. Alle drey ſollen ſich 
auch in Europa vorfinden. | 

Wenn wir annehmen dürfen, daß Hr. La Ca 

pede die Beſchreibung und Zeichnung von ſei⸗ 
ner Schlamm- Schildkroͤte von einem vers, 
trockneten Exemplare nahm, ſo laͤßt ſich daraus 
die Farbe der Schaale und des Thiers, die 

Geſtalt des Kopfs und der kuͤrzere Schwanz 

leicht erklären. Ich habe acht Europaͤiſche Schild⸗ 

kroͤten, 


Die Schlamm - Schildfröte, 145 


Land, um ihre Eyer zu legen, oder auch die Pflan- 
zen, die ſich fuͤr ſie ſchicken, aufzuſuchen. Man 
. darf 


kroͤten ( Test. europaea, Schneider.) vor mir, 
die faſt alle in etwas abweichen, allein da vier 
Exemplare davon lebendig, und drey wirklich Ita— 
liaͤniſche Schildkroͤten der Art find, fo laßt ſich 
leicht bemerken, daß ſie alle zu einer und eben 
derſelben Art gehören. Am aähnlichſten koͤmmt 
der unſrigen ein Staliänifches Mannchen, bey dem 
die ſtrahliche gelbe Zeichnung des Oberſchildes 
gaͤnzlich fehlt, an deſſen Koͤrper man auch bloß 
undeutlich durchſchimmernde gelbe Flecken bemerkt, 
und an welchen der Unterſchild faſt gaͤnzlich 
dunkel iſt. An dieſer Schildkroͤte, an welcher der 
Ruͤckenſchild 4 ı/2 Zoll lang und 4 1/4 Zoll 
breit iſt, bemerkt man die Ruͤckenkante ſehr deut: 
lich. Uebereinkommen alle vor mir habende Thie— 
re in der Geſtalt und Lage des Koͤrpers und ſei— 

8 ner Theile darin: daß die Scheibe 13, mehr oder 
— weniger, klar oder grob parallel gefurchte Felder 
und 25 eben ſo gefurchte Randſchuppen hat, daß 
die groͤßte Breite des Schildes hinter der Mitte 
iſt, daß das vierte bis ſiebente Randſchild ſich abge— 
rundet mit dem aus 12 mehr oder weniger ge— 
fürchten Unterſchilde verbindet. Die Abweichun— 
gen dieſer acht Exemplare beſtehn aber in folgen— 
dem: 1) Nach der Groͤße der Oberſchilde von 3 
Zoll bis zu 9 Zoll. 2) Nach der Geſtalt derſel— 
ben, ſo daß einige mehr rund als eyrund, und 
andere mehr eyrund als rund ſind. 3) Nach der 
Erhabenheit, ſo daß einige mehr flach und ande— 
re (nicht bloß Maͤnnchen) mehr gewoͤlbt, und ſo— 
gar an den Seiten ſehr abſchuͤßig ſind. 4) Nich 
dem Rande, ſo daß einige mehr ausgeſchweift, 
andere mehr eingezogen, einige am Schwan ze 
tief, andere nur ſeicht ausgeſchnitten, nach dem 

Dela Cepede's Naturg. d. Amph. 1. Bd. K Sale 


145 


darf daher nicht glauben, daß fie ganzlih in die. 


Schildkroͤten. 


großen Gewaͤſſer des Oceans gebannt ſind, ſo wie 


— 


N keine 


Halſe zu zugerundet, oder etwas ausgeſchweift, 
die hintern Randſchuppen zugerundet, oder an 
ihren Einfuͤgungen etwas gekerbt ſind. 5) Nach 
den Schuppen, fo daß die Winkel der Ruͤcken— 
ſchuppen mehr oder weniger ſpitzig in die Zwis 
ſchenwaͤnde der Seitenſchuppen eingreifen und 
die Seiten derſelben mehr oder weniger gerade 
oder ausgeſchweift ſind — der Kiel auf der Mitte 
der Ruͤckenſchuppen hin, weniger oder mehr be— 
merklich iſt, zuweilen gar in Geſtalt einer dreyefz 
kigen Pyramide von dem erſten bis zum letzten 
Ruͤckenſchild hinlaͤuft — die ungepaarte Rand— 
ſchuppe an der Vorderſeite ganz, oder in der 

eitte getheilt iſt — die Furchen auf allen Schup— 
pen groͤber oder klaͤrer, abſtehender oder ſeichter 
bey großen und kleinen Exemplaren verſchieden, 
allzeit aber auf den Mittelfeldern ihren Anfangs- 
punkt in der Mitte am hintern Ende haben, an 
den Seitenfeldern im hintern obern Winkel, und 
an den Randſchuppen in den hintern untern 


Winkel. Eine merkliche Abweichung an einem 


Exemplare ift dieſe, wo die zwey mittlern Seiteafel⸗ 
der von dem hintern Furchenpunkt an, durch 
eine Diagonallinie nach den untern vordern Win- 
kel zu in zwey Dreyecke getheiti werden, nach 
deren Grundlinien zu dann die farbigen Strahlen— 
linien auslaufen. 6) Nach der Farbe — ſo daß 
die Grundfarbe entweder ſchwarz, ſchwarz— 
braun, ſchwarzgruͤn, oder auch, wiewohl ſeltner, 
dunkelkaſtanienbraun iſt — die Strahlenzeichnung 
entweder ganz oder nur an den Randſchuppen 
fehlen, bald in ganzen bald in abgeriſſenen, oft 
kaum merklichen Strahlenlinien erſcheinen, ſchwe— 
felgelb, rothgelb oder weißgelb ſind. 7) 1555 

eM 


— 


Diͤ Schlamm- Schllokrdte. 147 


keine einzige von denen, die ich jetzt beſchreiben wer— 
ber eee in Flußwaſſer oder in hohen Ge 
K 2 genden 


dem Unterſchilde, welcher nach der Vorder- und 
Hinterſeite entweder faſt gerade oder mehr und 
weniger ausgeſchnitten iſt, deutliche oder undeut— 
liche Furchen und Strahlenlinien hat, welche letz⸗ 
tere auch an zweyen fehlen. 

Ich will nun noch einige Verſchiedenheiten der 
einzelnen Exemplare angeben. Die aus Ita— 
lien ſind runder als die . wie von dem 
oben angegebenen Männchen die 9 Naaſe auswei— 
ſen. An den beyden Maͤnnchen, die an dem er— 

2 habenern Ober und ausgehoͤhlten Unterſchilde zu 
erkennen ſind, ſind die hintern Nandſchilder aus: 
gekerbt, die Furchenpunkte find erhaͤben und un: 
ordentlich ausgegruͤbelt und der Kiel deutlich. Die 
Grundfarbe iſt ſchwarzgruͤn, an einem Exemplare 

die gelben Strahlen fehlend, an den andern nur 
abgebrochen, an dem Weibchen aber ſehr deutlich; 

Die vier deut ſchen Exemplare ſtimmen mit Hrn. 
D. Schöpfs Beſchreibung S. 1. u. f., über: 
ein, welcher auch mehrere von mir oben angege— 

bene Verſchiedenheiten bemerkt hat. 

Ein aus Frank reich ſtammendes Exemplar weicht 
unter allen am meiſten ab, und wenn einem 
nicht der Totaleindruck, den das ganze Anſehen 
des Thiers auf einem macht, uͤberzeugte, daß es 
zu derſelben Art gehöre, fo wuͤrde man ſich durch 
die Abweichungen leicht verleiten laſſen konnen, es 
als Art zu trennen. Die Verſchiedenheiten lies 
gen vorzuͤglich in der Oberſchaale. Dieſe iſt eye 

kund, ſtark gewoͤlbt, und an den Seiten ſehr abs 
ſchuͤſfig; auf dem Mittelfelde lauft mit der 
Spitze nach dem Schwanze zu ein erhabener py— 
ramidenfoͤrmiger Kiel; alle Schuppenwinkel ſind 
ſchaͤrfer, die Seiten deſſelben ausgeſchweifter, die 

Furchen 


148 Schildkroͤten. 


genden allein wohnt. Sie koͤnnen alle auf dem 
Lande, und eben ſowohl alle, kuͤrzere oder laͤngere 
Zeit im Fluß- oder Seewaſſer leben; daher darf 
das, was ich von dem Aufenthalte der See⸗ Fluß⸗ 
und Land- Schildkroͤten geſagt habe, und noch 
ſagen werde, nur als eine Anzeige ihres liebſten 
und gewoͤhnlichſten, nicht aber ihres beſtaͤndigen 
und ausſchließlichen Wohnorts verſtanden wer- 

| den 


Furchen krauſer und feiner; die 2 mittlern Sei: 
tenfelder, wie ich oben bey Nr. 5 angegeben ha: 
be, durch eine deutlich abgeſetzte Diagonallinie 
getheilt, die auch die Farbenſtrahlen abweichend 
macht; an dem Schwanze bilden die Randſchup— 
pen einen tiefen Einſchnitt und die vordere un— 
gepaarte Randſchuppe am Hals iſt in der Mit— 
te tief eingeſchnitten; der Bauchſchild iſt in der 
Mitte etwas hohl, vorn faſt gerade, hinten flach— 
ausgeſchnitten, alle Seitenfelder durch eine erha— 
bene Verbindung der Furchen in zwey deutliche 
Dreyecken getheilt; die Farbe iſt dunkelkaſtanien— 
braun mit rothgelben auch gelbrothen abgebroche— 
nen Strahlenlinien, die auf dem Ruͤckenkiel ſich 
abgeſondert vom Schwanze anfangen und nach dem 
Halſe zu ausſpreizen, an den in zwey Dreyecke 
getheilten Seitenfeldern verſchieden auslaufen 
und an den Randſchuppen, ſo wie auf dem dun— 
kel und hellkaſtanienbraunen gefleckten Unterſchil— 
de ganz fehlen; die Farbe der nackten Koͤrper— 
theile iſt ſchwarzbraun, einzeln rothgelb gefleckt; 
die Länge des Oberſchildes 6 /, die Breite 5 
1/2, allein, die Woͤlbung mitgemeſſen, wie die 
Laͤnge 6 ı/2 Zoll franz. Maaß. 

Was mehr von der Testudo lutaria zu merken it, 
der ſehe bey Schneider a. a. O. und auch S. 71, 
und bey Schoͤpf a. a. O. B. 


Die Schlamm: SchildFröfe. 149 


den K). Alles, was man von dieſen drey Fami— 
lien im allgemeinen ſagen kann iſt, daß man die 
erſte am haͤufigſten im Meer, die zweyte gewoͤhn— 
lich in Fluͤßen, und die dritte auf Anhoͤhen und in 
Wäldern findet, und daß dieſe Verſchiedenheit 
durch ihre verſchiedene innere und aͤußere Bildung, 
ſo wie durch ihre Nahrungsmittel verurſacht wird, 
die ſie nur an einem oder dem andern Orte finden. 
Die Schlamm Schildkroͤte findet man am 
gewoͤhnlichſten in ſuͤßen Waſſern; fie iſt kleiner als 
irgend eine Seeſchildkroͤte, denn ihre ganze Laͤnge 
von der Spitze der Schnauze bis zum Ende des 
Schwanzes, betraͤgt gewoͤhnlich nur ſieben oder acht, 
und ihre Breite drey oder vier Zolle; iſt alſo auch 
kleiner als die Griechiſche oder die Moſaiſche Schild— 
fröte. Gewoͤhnlich iſt die obere Schaale mit 25 
am Rande ſeicht gefurchten Schildchen eingefaßt. 
Das Mittelfeld beſteht aus dreyzehn eben ſo ge— 
furchten, und in der Mitte ſchwach punktirten 
Schilden. Die fuͤnf Ruͤckenſchuppen bilden in der 
Mitte den Ruͤcken entlang einen; ſtumpfen Kiel. 
Die Farbe des Ruͤckenſchildes, ſo wie der Haut 
uͤberhaupt, iſt mehr oder weniger ſchwaͤrzlich. Der 
hintere Theil des Bruſtbeins endigt ſich in gerader 
Linie. Die Zehen, deren ſich 5 an den Vorder— 
füßen und 4 an den Hinterfuͤßen befinden, find 
deutlich voneinander unterſchieden, und durch eine 
K 3 Haut 


x) Allein wie paßt dieß für die Folge. Unten bey der 
Griechiſchen Schildkroͤte ſagt er ja ausdruͤck⸗ 
lich, daß ſie nie in Fluͤſſe noch Moraͤſte gehe. B. 


150 1 i Schildkröten. 


Haut verbunden. Die aͤußerſte Zehe an jedem 
Vorderfuße hat gewoͤhnlich keinen Nagel 7). Der 
Schwanz iſt beynah ſo lang als die Haͤlfte der 
oberen Schaale, und die Schildkroͤte zieht ihn 
nicht, wie die meiſten anderen, unter die Schaale 
zuruͤck, ſondern ſtreckt ihn gerade aus, wenn ſie 
geht ), deßwegen gaben ihr die Alten den Na⸗ 
men Waſſerratte oder Waſſermaus a). Wenn 
man ſie gehen ſieht, ſollte man glauben, es waͤre 
eine Eidechſe, die unter einem Schilde ſteckt. Man 
hoͤrt, wie von den uͤbrigen Schildkroͤten, zuweilen 
ein abgebrochenes Ziſchen von ihr. 
Außer den gemaͤßigten und warmen Geher 
den Europens 2) find ſie auch in Aſien , in Japan 
und in Oſſtin d ien einheimiſch. Man trift ſie viel 
nördlicher als die Seeſchildkroͤten an, und hat fie 
ſogar in Schleſten einigemal in den Fluͤßen gefun⸗ 
den; doch wuͤrde ſie ein rauheres Clima ſchwerlich 
ertragen, wenigſtens ſich dort nicht fortpflanzen. 
Sie erſtarrt im Winter, ſelbſt in gemaͤßigten Laͤn⸗ 
dern; und bleibt indeß auf dem Lande. Schon 
gegen 
5 Dieß waͤre etwas ganz eigenes, wenn es ſich an 
mehreren Exemplaren fo fände. Ich habe keins fo 
geſehen. B. 
2) Cetti Naturgeſchichte der Amphibien und Fiſche 
Sardiniens. (Ueberſ. S. 12 und 13.) La Cep. 
— Hier iſt von unſerer gewoͤhnlichen Europaͤiſchen 
Flußſchildkroͤte die Rede. B. 
a) Rondelet a. a. O. 8 
5) Sie iſt in allen Strömen Sardiniens häufig. Ce tz 
ti's Naturg. der Amph. und Fiſche Sard. S. 12. 
c) Allg. Geſch. der Reif. B. 40. S. 382. 


Die Schlamm Schildkröte _ ıst 


gegen das Ende des Herbſtes fängt fie in Langue⸗ 
doc an, an ihr Winterlager zu denken, ſie graͤbt 
dazu ein Loch, gewoͤhnlich einen halben Fuß tief, 
und bringt damit zuweilen einen Monat zu. Oft 
muß ſie gar den Winter hinbringen, ohne daß ſie 
vollig bedeckt iſt, weil die Erde nicht immer wieder 
über fie zuſammenfaͤllt, wenn fie im Loche iſt. Mit 
den erſten Frühlingstagen kommt ſie wieder zum 
Vorſchein, und macht ſich ins Waſſer, wo ſie ſich 
dann beynah ununterbrochen aufhaͤlt. Beym 
Sonnenſchein, und wenn es warm iſt, kommt fie 
oft an die Oberflaͤche. Im Sommer iſt ſie wieder 
mehrentheile am Lande. 

In einigen waſſerreichen Gegenden von La n— 
guedoec, in der Naͤhe der Rhone, in den Suͤm— 
pfen von Arles, und an mehreren Orten der Pro— 
vence vermehrt fie ſich ſtark 5. Der Herr 
Praͤſident de la Tour d' Aygue, ein Kenner 
und Liebhaber der Natur, hat mich verſichert, daß 


man in einem Sumpfe von einer halben franzoͤſ. 


Meile, in einer Ebene am Duro, eine ſolche Men— 
ge Flußſchildkroͤten faͤnde, daß die Landleute in 
der umliegenden Gegend drey Monate lang davon 
leben koͤnnen. 

Die Schlamm⸗ Schildkröten legen ihre Eyer 
nur aufs Land, graben dazu wie die Seeſchildkroͤ— 
ten ein Loch, und bedecken ſie wieder mit Erde 
oder Sand. Die Schaale iſt nicht ſo weich, als 

| \ 84° an 
4 


1 


d) Bemerk. des Hrn. von Touchy. 


152 ge Schildkröten. | 


an den Rieſenſchildkroͤteneyer, und die Farbe ab⸗ 
wechſelnder. Die Jungen, welche eben aus dem 
Ey kommen, find oft nur ſechs Linien breit ©). 
Da dieſe Schildkroͤte getrenntere Zehen, und keine 
ſo ſchwere Laſt zu tragen hat als andere, vorzuͤg— 
lich als die Griechiſche Schildkroͤte, ſo iſt es nicht 
zu verwundern, daß fie auf ebenem Boden viel ge⸗ 
ſchwinder laufen kann. | 

Ihr Wachsthum dauert, wie bey den Meer- 
ſchildkroͤten ſehr lange; doch bilden fie ſich, ihrer 
geringen Groͤße wegen, geſchwinder aus, als 
die Rieſenſchildkroͤten, leben aber auch nicht fo lan⸗ 
ge. Doch hat man bemerkt, daß fie, wenn kei⸗ 
ne Unfaͤlle dazwiſchen kommen, achtzig Jahr und 
drüber alt werden koͤnnen. Dieſe Erfahrung be⸗ 
ſtaͤtigt ſehr die Vermuthung uͤber das hohe Alter 
der Seeſchildkroͤten. 

Weil die Schlamm- Schildkroͤte die Schnek⸗ 
ken, Wuͤrmer und ungefluͤgelten Inſekten ſehr liebt, 
die an den Ufern und auf dem Waſſer leben, ſo 
iſt ſie ein ſehr nuͤtzliches Thier in Gaͤrten, die ſie 
von ſchaͤdlichen Ungeziefer rein haͤlt, ohne daß ſie 
etwas beſchaͤdigt. Sonſt ſucht man ſie auch, wie 
einige andere Schildkroͤten, zum medieiniſchen Ge— 
brauch auf. Sie laͤßt ſich wie ein Hausthier be— 
handeln; man haͤlt ſie in kleinen Baſins, in wel— 
chen man, wenn der Rand etwas ſteil iſt, ein Brett 
vom Ufer aus legt, damit ſie leicht herausſteigen, 

er und 


e) Bemerk. des Hrn. Präf. de la Tour d'Aigue. 


Die Schlamm Schildkröte. 153 


und ihrer Nahrung nachgehen kann. Wenn man 
beſorgt, daß ſie allein nicht hinlaͤngliche Nahrung 
finden moͤchte, ſo kann man ihr Kleye und Ger— 
ſte darneben geben. Sie kann uͤbrigens, wie alle 
andere Amphibien, eine geraume Zeit ohne Nah- 
rung hinbringen, und ſelbſt wenn ſie weſentliche 
Theile ihres Koͤrpers z. B. den EM verlohren 
hat, noch eine Weile leben H. 

So nuͤtlich fie in den Gärten gegen die In⸗ 
fecten iſt, ſo ſehr muß man darauf Acht geben, 
daß ſie nicht in Teiche oder Fiſchbehaͤlter kommt. 
Sie greift ſelbſt ziemlich große Fiſche an, wie man 
verſichern will, faͤllt ſie beym Bauch an, und beißt 
fie ſo, daß fie ſich verbluten und matt werden; dann 
ſchleppt ſie ſie auf den Grund, und verzehrt ſie mit 
einer ſolchen Begierde, daß nichts als die Graͤten 
und das knorpeliche am Kopfe übrig bleibt. Zu- 
weilen wirft ſie auch die Luftblaſe weg, die denn in 
die Hoͤhe ſteigt und oben ſchwimmt; wenn dieſe 
Blaſen auf einem Teiche ſchwimmen, ſo iſt es auch 
ein ſicheres Merkmal, daß Schildkroͤten darin 
ſind 8). 


K 5 Die 


P Ray, Synops. p. 254. 

g) Alles was hier von Nahrung, Fortpflanzung, Nuz— 
zen und Betragen dieſer Schlamm-Schildkroͤte ger 
ſagt worden iſt, paßt voͤllig auf unſere Europaͤiſche 
Schildkroͤte, und es iſt daher wahrſcheinlich, daß 
hier keine andere als dieſe gemeint und die Beſchrei— 
bung vielleicht bloß nach einem vertrocknetem und 
verſtuͤmmelten Exemplare ſo verſchieden ausgefallen 


„t. B. 


154 1273 Schildkröten. 


Sie runde edit, 
La Ronde. ) h) 
(Kak. III. Fig. 20. 


OR Linne“ findet ſich dieſe Schildkröte ® im 
ſuͤdlichen Europa; ihr Schild iſt beynah 
ganz rund und deßwegen nennt er fie Testudo ore 
bicularis (die kreisrunde) 2). An zwey Exem⸗ 
plaren im koͤniglichen Kabinette hat der Rand der 
Oberſchaale drey und zwanzig Schildchen, das 
Mittelfeld dreyzehn. Die Schnppen ſind ſehr 
glatt, hell von Farbe, und mit ſehr kleinen, hellen 
und dunkeln rothbraunen oder roͤthlichen (rousses) 
Flecken beſprengt. Der Bruſtbild iſt hinten aus⸗ 
geſchnitten und hat 12 Felder. Die Schnauze 
endigt ſich in eine ſtarke ſcharfe Spitze, in Geſtalt 
eines kleinen Hornes. Die Fuͤße ſind ſtark, rund, 
die Zehen haben eine gemeinſchaftliche Haut und 
ſind 


h) La Ronde. D' Aubenton Encycl. meth. 
(Testudo orbieularis. Lin. amph. rept. n. 5. 
Testudo europaea. Schneider n. 5.) 

Beyde Synonymen gehören nicht hierher, no 
dern vielmehr zur gelben Schild kroͤte. B. 

3) Dieſe Linneiſche Schildkroͤte, deren Angabe 
zu kurz und ſchwankend iſt, gehoͤrt nicht hierher, 
ſondern iſt, wahrſcheinlich die gelbe Schildk roͤ⸗ 
te unfers Verfaſſers oder, die, Europaͤiſche 
Schildkroͤte. B. 


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5 A 40 al, las er gs; 6. Hell rote. 
a 2. e. Ah Gl, 


. run 


* 
2. 


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( 


Die runde Schildkröt. 59 


ſind nur durch die ſtarken und langen Naͤgel etwas 
merklich. Dieſer Naͤgel ſind an den Vorderfuͤ— 
ßen fuͤnf, an den Hinterfuͤßen vier. Dieſe Art 
wohnt am liebſten mitten in Fluͤßen oder Moraͤ⸗ 
ſten, und in ihrer Lebensart muß fie, je nachdem 
ſie ihr an Staͤrke gleich kommt, der e geen 
Schildkroͤte ſehr aͤhnlich ſeyn. | 

Man findet dieſe Schildkröte nicht allein im 
fuͤdlichen Europa, ſondern auch in Preu⸗ 
ßen H, wo die Bauern ſie in die Schweins⸗Spuͤlich⸗ 
faͤſſer werfen und fuͤttern, weil ſie glauben, daß ihre 
Schweine davon geſuͤnder und fetter wuͤrden; und 
eine Schildkroͤte lebt oft zwey Jahre in dieſer ſon⸗ 
derbaren Wohnung 9. 

Die runde Schildkröte muß zu einer e ee 
Groͤße gelangen koͤnnen, obgleich die beyden Exem⸗ 
plare, die ich bey der Beſchreibung vor Augen hat⸗ 
te, ſehr klein, naͤmlich 3 Zoll 9 Linien lang und 
2 Zoll 5 Linien breit waren; weil ſie beyde noch 
alle Zeichen eines ſehr geringen Alters hatten, und 
ſehr wenig ausgewachſen zu ſeyn ſchienen. Wenn 
dem fo iſt, fo möchte ich fie beynah für eine Ab⸗ 
art der Terrapene halten, von der ich fogleich 
reden werde. So lange uͤbrigens noch keine wei⸗ 

teren 


0 Ichthyologia, cum amphibiis regni Borussiz 

meth. Linnaeana disposita al Joh Christ. Muff. 

-D Wulf. La Ce p. — Hier iſt von unſerer Euro: 

paͤiſchen Schildkroͤte die Rede, und dieß Citat paßt 
alſo nicht hierher. B. 


156 Schildkröten. 


teren Beobachtungen daruͤber angeſtellt ſind, will 


ich ſie getrennt laſſen. 

Bey beyden kleinen Schildkroͤten, die ich un⸗ 
terſuchte, habe ich eine beſondere Bemerkung ge— 
macht. Die vorletzten Stuͤcken ihres Bruſtbeins 
waren getrennt und ließen die nackte Haut des 
Bauchs ſehen, die, bey der einen mehr als bey der 
andern einen kleinen Beutel machte, in deſſen 
Mitte man vorzuͤglich bey der einen den Urſprung 
der Nabelſchnur ſah. Ich fordere die Naturfor⸗ 
ſcher auf, zu unterſuchen, ob ſich dieſer Einſchnitt 
im Bruſtbein, und dieß Zeichen der Jugend, noch 
bey mehreren Schildkroͤten findet. Bey dem Kro- 
kodill und einigen Eidechſen hat man etwas aͤhnli⸗ 
ches bemerkt, und vielleicht duͤrfte das noch ben 
mehreren Amphibien der Fall ſeyn mn). 


Zuſatz 


ö m) Nach dieſer Beſchreibung, fo wie nach der Abbil: 


dung, ergiebt ſieh, daß die runde Schildkroͤte 
des Verfaſſers von der runden des Linne“ 


ganz verſchieden ſey, wozu noch kommt, daß der 


Verf. an einem 3 3/4 Zoll langen Exemplare noch 
die Nabeloͤffnung am Bauche bemerkte, da Herr 
Schneider bey der jungen Europäifchen Schild: 
kroͤte von 1 1/2 Zoll Länge fchou keine Spur mehr 
davon gewahr wurde. Vergleiche Sehneiders 
zweyte Beyrtaͤge zur N. G. der Schildkr. S. 14. 
und Schöpfs N. G. der Schildkroͤten S. 7. 


— en 


Die Enropäifche Ehildkröte. 157 


| Zuſas. 
Die Europaͤiſche Schildkroͤte. ) 


Testudo europaea. Schneider. 
(Taf. IV. Fig. 2.) 


e Kopf iſt eyfoͤrmig, oben etwas erhöht, 
an den Seiten und unten platt, mit einer ſchwuͤ— 


lich 


u) Um eine vollſtaͤndige Beschreibung von der Euro— 
paͤiſchen Schildkroͤte zu liefern, da die Be⸗ 
ſchreibung unter unſers Verfaſſers gelben und 
Schlamm Schildkroͤte verſteckt, und die Na— 
turgeſchichte bey dieſem Artikel und dem der run— 
den vermiſcht vorgetragen iſt, ſo will ich hier mit 
wenigen Abaͤnderungen die Schoͤp fi ſch e, welche nach 
meinen verglichenen Exemplare die genaueſte iſt, mit 
den gehörigen Synonymen beyfuͤgen. Man vers 
a. auch, was ich oben bey der Schlamm: 

Schildkroͤte Note 1) geſagt habe. 

Testudo europaea. T. testa ovali, planiuscu- 
la, subcarinata, fusco atra, punctis strüs- 
que albo - flavicantibus radiatis, (Rüden: 
ſchild oval, niedrig, mehr oder weniger gekielt, 
von dunkler Farbe mit lichten ſtrahlig geordne— 
ten punktirten Linien). Schoͤpfs N. G. der 
Schildkr. S. 1. Taf. 1. 

Testudo europaea, testa orbiculari planiuscu« 
la lawi,... Schneiders N. G. d. Schild⸗ 
tröten. S. 231. Nr. 5. S. 184. 

Testudo orbicularis. T. pedibus pahnatis, 
testa orbiculata planiuscula, Lin. Syst, X, 
et XII. n. 3. 

Testudo orbicularis, T. testa orbieulari pla- 

niuse 


lich⸗ ſchuppichen Haut bedeckt, von Farbe wie der 
Ruückenſchild, gelb oder weiß gefleckt. Die Augen 
ſtehen 
| zıiuscula laevi. Emelin Lin. Syst. nat. XIII. 
3. P „ | 
Testudo lutaria. Marsigli Danub, illustr. 4, 
t. 33. 34. 


— — Brunnich spol. mar. adriat. p. 90. 
Testudo aquarum dulcium et lutaria. Ray 


quadr. p. 254. Ar 
Testudo orbicularis, 11 F, ichth. Horus 
P · 5 DD. E; 
Testudo aquae duleis. Johnston quadr, 1464 
tab. 80. n. 3. 


Testuggine de fiume. Cetti storia di Sardes 
gna, T. III. p 92. (Ueberſ. III. S. 12. Die 
Fluß Schildkroͤte.) | 

Testudo punctata, Gottwald Schildkr. Taf. 
12. 

Die ſkeletirte Waſſerſchildkröte. Mey: 
ers Thiere J. Taf. 29. 

Die ee Muͤllers Naturſyſt. 
III. S. 32 

Boch Thiere. I. S. 447. 

Leske Naturgeſch. S. 303. Nr. 4. 

Bocks N. G. von Preußen. IV. S. 468. 


Bergmanns N. G. III. S. 12 


1 
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N 


Nr. 35 a i * ; 
Meidingers Vorleſ. I. S. 160. Nr. 4 
Borowsky Thiere. IV. S. 21. Nr. 5. 
Funke, N. G. für Schulen. J. S. 268. 
e gemeine Fluß ſchildkroͤte. Blumen 
na Handbuch S. 232. Nr. 4. 
Meine N. W. des Sn: und Ausl. I. S. 
566. Nr. 3. i 
— — Donndoefs Thiergefhichte. e ee. 
Nr. 4. Def 


SEN 


Die Europaͤiſche Schildfröte 159 


ſtehen ſchraͤger am vordern Theil des Kopfs (und 
haben einen dunkelbraunen, meiſt auf der obern 
Haͤlfte goldgelben Stern). Die Naſenloͤcher dicht 
beyſammen an der obern und aͤußern Spitze des 
abgeſtumpften Oberkiefers. Die Kinnladen ſind 
ſcharf und ohne Zaͤhne. Den maͤßig dicken Hals 
deckt eine ſchlaffe, runzliche Haut, an Farbe und 
Flecken den Kopf und Fuͤßen aͤhnlich. Die Vor⸗ 
derfuͤße ſind kuͤrzer als die hintern, ſaͤmmtlich von 
außen mit großen Schuppen belegt, jene mit fuͤnf 
und dieſe mit vier durch eine Schwimmhaut verbune 
denen Zehen und mit eben fo viel gekruͤmmten (uns 
ten etwas ausgehoͤhlten) und ſpitzigen Krallen be⸗ 
waffnet. Der Schwanz hat faſt die halbe Laͤnge 
des Körpers, Läuft ſpitzig zu, und iſt oben, an der 
Seite und unten an der Spishälfte ſtark beſchuppt, 
und ſchwarz mit gelben oder weißen Fleckey, wie 
der uͤbrige Leib. 

Das Ruͤckenſchild iſt (rundlich-) oval, meiſt 
um einen Drittheil laͤnger als breit, flach gewoͤlbt; 
die Woͤlbung durchaus ziemlich gleich; die Ober⸗ 
ſchaale iſt ſelten glatt, faſt allzeit durch mehrere pas 
rallel laufende größere oder kleinere nach innen vera 

. kuͤrzte 


N Deſſen Europ. Faun. VII. S. 4% 


Nr. 2. i 

Die Schild kroͤt e. Schwenkfeld, theriotr. Sie 
les. p. 164. 

— — Loniceri Kraͤuterb. S. 626 

— — Merklein, Thierreich S. 470. N 

Die gemeine Flußſchildkroͤte. Donm 
dorfs Zool. Beytr. III. S. 11. 


kuͤrzte Furchen rauh und uneben, und zwar mehr 
fo an den hintern als vordern Schuppen. Drey— 
zehn Schuppen bedecken die Scheibe; fuͤnf nach 
der Mittellaͤnge, und vier zu jeder Seite. Die 
erſte Schuppe der Mittelreihe iſt ungleichſeitig, fuͤnf 
eckig, am vordern Rande breiter und ausgebo— 
gen, abhaͤngiger als die folgenden und meiſtens 
ſtumpf gekielt. Die zweyte und dritte find vier 
eckig, oder faft ſechseckig, wenn man die kleinen 
Winkel in Anſchlag bringet, welche ſich nach den 
Naͤthen der Seitenſchuppen hinwaͤrts vorbeugen. 
Die vierte naͤhert ſich mehr der ſechseckigen, ſo wie 
die letztere der fuͤnfeckigen Figur, und dieſe beyde 
ſind auch an den meiſten Thieren etwas ſtaͤrker ge— 
kielt. Dieſe Schuppen der Mittelreihe ſind an 
aͤltern Thieren meiſt platt, an juͤngern aber etwas 
gebogener. Der Kiel am Rüden iſt niedrig, oft 
wenig bemerklich, und manchmal nur durch eine 
kleine Erhabenheit am hintern Rande der Schup— 
pen angedeutet. Von den vier Seitenſchuppen 
iſt die vorderſte von unregelmaͤßiger Geſtalt, einem 
Viertheils Zirkel (Quadranten) mit abgeſtumpf— 
ter Spitze aͤhnlich. Die zweyte iſt von oben ab— 
waͤrts laͤnglich viereckig, fo auch, aber mit abneh- 
mender Groͤße und Woͤlbung, die dritte und vierte. 

Dieſe ſtrahliche punktirte Zeichnung iſt unter 
allen bekannten Arten der europaͤiſchen Sehild— 
kroͤte ausſehließend eigen; es iſt daher kein 
Anſtand zu nehmen, ſie zum Beſtimmungsharak⸗ 
ter derſelben anzuwenden. 

Das 


Die Europäifhe Schildkröte 161 


Das Schuppenfeld (areola) der Ruͤckenſchup⸗ 
pen liegt am hintern Rande in der Mitte, an den 
Seitenſchuppen aber, an deren hintern und obern 
Winkel, und wird in beyden von mehreren paral— 
lelen Furchen umſchloſſen, deren Zahl die jaͤhrliche 
oder periodiſche Vergrößerung der Schuppen an= 
zuzeigen ſcheint. Dieſe Furchen aber ſowohl als 
die Schuppenfelder, nach welchen jene geordnet. 
ſind, werden mit der Thiere zunehmendem Alter 
allmaͤhlig unſcheinbarer, und verlieren ſich endlich 
ſo ganz, daß einige vor mir liegende groͤßere Schaa⸗ 
len, in Vergleichung zu kleinern und juͤngern, voll⸗ 
kommen (wenigſtens an den vordern Schuppen) 
glatt ſind o), und daher eine merkliche Verſchieden⸗ 
heit zwiſchen Individuen einer und derſelben Art 
veranlaſſen. Es kommen auch Schaalen vor, 
welche ſich durch eine nach der Mittellaͤnge des 
Ruͤckens hinlaufende, aus dicht zuſammengedraͤng⸗ 
ten kleinen Linien entſtehende Binde auszeichnen; 
mit einer ſolchen Binde iſt die oben angezeigte 
Gottwaldiſche Figur vorgeſtellt, und ich habe ſie 
an mehreren Schaalen bemerket. 

Der 


o) Sie ſcheinen nicht allzeit im Alter glaͤtter zu wer⸗ 
den, denn ich habe Schaalen von der hoͤchſt moͤg⸗ 
lichſten Größe vor mir liegen, an welchen die Fur— 
chen fo deutlich und deutlicher als an jungen Thie⸗ 
ren ſind. Wahrſcheinlich mauſern dieſe Thiere, wie 
fhon mehrmalen erinnert worden, die Schuppen 
aus, und dann ſehen ſie vor dem Mauſern rauher 
aus, als wenn die obere Rinde abgefallen iſt. V. 

De laCepede's Naturg d. Amph. I. Bd. L 


Ar 


162 Schlldkröten; 


Der Rand enthält 25 Schuppen; die erſte 
und ungepaarte iſt die kleinſte, ſchmal und laͤnglich; 
die übrigen find fait alle laͤnglich- viereckig; die 
drey vorderſten flach gewoͤlbt, ſcharfgeraͤndet; die vier 
mittlere an den Seiten ſchmaͤler, abſchuͤſſiger, am 
Rande ſelbſt ſtumpf und gerinnelt, nach unten und 
auswaͤrts aber erweitern ſie ſich, (beſonders die 
ste und 6te,) um die Fortſaͤtze des Bruſtſchildes 
aufzunehmen; vier hintere ſcharfgeraͤndet und mehr 
auswaͤrts gebogen; die letzte, (oder die eine von 
dem uͤber dem Schwanze liegenden Paar) wieder 
etwas gewoͤlbter und unterwaͤrts gebogen. An 
Farbe und Zeichnung kommen die Randſchuppen 
mit den uͤbrigen uͤberein; punktirte Strahlen ver— 
breiten ſich von dem hintern und untern Winkel 
nach den entgegengeſetzten Seiten. 

Der Bauchſchild iſt an Laͤnge und Breite 
dem innern Umkreis des Oberſchildes faſt gleich. 
Die Farbe iſt bey einigen ſchmuzig weiß, bey an- 
dern gelblich, in der Mitte und laͤngs der Naͤthe 
braun oder ſchwarz gefleckt. Eine Nath in die 
Laͤnge und fuͤnfe in die Quere, welche an juͤngern 
Thieren meiſt ſchwaͤrzlich ſind, theilen das Bauch— 
ſchild in zwoͤlf ungleiche Felder. Im aͤußern und 
Bintern Winkel jedes Feldes zeiget ſich (an juͤn— 
gern Thieren deutlicher) ein punktirtes Schuppen— 
feld, umgeben mit mehreren und parallelen Fur— 
chen, welche an aͤltern Thieren (vermuthlich wegen 
der beſtaͤndigen Friktion an andern Koͤrper) kaum 
oder gar nicht bemerkbar bleiben. * 
. f malte 


Die Europäifche Schildkröte. 163 


Quernath des Bauchſchildes iſt weniger feſt, und 
geſtattet einige Beweglichkeit, fo daß beyde Hälf- 
ten, doch mehr die vordere, dem Oberſchilde et— 
was naͤher gebogen werden koͤnnen; ſo bemerkte 
ich es wenigſtens an zwey lebendigen Thieren, ich 
weiß jedoch nicht, ob an allen das mahmliche ſtatt 
findet? Die vordere Haͤlfte des Bauchſchildes 
iſt kleiner, an den Seiten gerundet, vorne etwas 
ausgeſchnitten und aufwärts gebogen; die hintere 
Hälfte iſt größer, am Ende abgeſtumpft und ein= 
gekerbt. Der Bauchſchild der Maͤnnchen iſt platt, 
der Weibchen aber etwas gewoͤlbter. Der Ruͤk— 
kenſchild wird von zwey knoͤchernen aufrechtſtehen— 
den Fortſaͤtzen des Bauchſchildes getragen, deren 
kaͤrzerer auf der vordern, der längere auf der hin⸗ 
tern Haͤlfte deſſelben ſitzet, beyde aber mit ihren 
obern Enden in eine flache Vertiefung unter -und 
innerhalb des sten und öten Randſchildes eingrei= 
fen; eine dichte, aber doch biegſame Membrane 
verbindet uͤbrigens die beyden Schilder ſo, daß 
einige Beweglichkeit zwiſchen ihnen ſtatt findet. 
Das Vaterland dieſer Schildkroͤte ſind die 
füßen Waſſer der warmen und gemäßigten Gegen— 
den von Europa. Sie wird daher in Italien, 
Sardinien, Ungarn, Frankreich, 
Preußen, an der Donau und in ebenen Ge— 
genden Deutſchlands an ſumpfigen und mo— 
raſtigen Orten angetroffen. Wahrſcheinlich lebt 
fie auch in mehreren Gegenden von Aſien und 
Amerika. Ihre Nahrung machen Waſſerin- 
Ni. Er 272 ſecten, 


164 Schildfröten: 


inſecten, Gras, Pflanzen, Schnecken, Würmer 
und Fiſche aus. Gezaͤhmt haͤlt ſie ſich am beſten 
in einem Spuͤlichfaß fuͤrs Vieh bey Brod, Mehl, 
Salat, Kleye. Ja ſie frißt auch bloß Heu. Sie 
wird gegeſſen und daher in manchen Orten auf den 
Markt gebracht. Sonſt ſollte ſie in mehreren 
Krankheiten dienen, allein neuere Aerzte laͤugnen 
dieß. Sie faͤllt im Winterſchlaf und vergraͤbt ſich 
deshalb. Die den kleinen Huͤhnereyern aͤhnlichen 
laͤnglichen Eyer werden im Fruͤhjahr in den Sand 
vergraben und die Jungen ſollen erſt nach einem 
Jahre ausſchliefen. Das Wachsthum geht lang- 
ſam, daher man auf ihr Alter ſchließt. B. 


b | Die 


Die Terrapin Schildkroͤte. 165 


Die Terrapin⸗ Schildkröte. 
Ca Terrapène). y) 


Ich laſſe dieſer Flußſchildkroͤte den Namen Terra⸗ 
pene, den ihr Brown gegeben hat. Man findet 
ſie auf den Antillen, beſonders in Jamaika, wo 
ſie in Seen und Moraͤſten, unter den Waſſerpflan⸗ 
zen, die dort wachſen, ſehr häufig if. Ihr Kör- 
per, ſagt Brown, iſt im allgemeinen oval und 
flach; ſie iſt zuweilen etwas uͤber 8 oder 9 Zoll 
lang, und ihr Fleiſch wird für geſund und ſchmack⸗ 
haft gehalten 7). 

Es ſcheint, als wenn dieß die naͤmliche Schild⸗ 
kroͤte ſeyh, die Dampier Hecate nennt. Die 
ſe liebt, nach ſeiner Beſchreibung das ſuͤße Waſſer, 
ſie ſucht die Teiche und ſuͤße Seen, und kommt 
ſelten ans Land. Sie wiegt 12 bis 15 Pfund. 
Die Beine ſind kurz, die Fuͤße platt, der Hals 


lang und duͤnn, und ihr ul ſchmeckt gut *). 
L 3 Alle 


p) The Terrapin, testudo quarta minima lacu- 
stris, unguibus palmarum quinis, plantarum 
quaternis, desta depressa. Brown Hist. nat. 
Jam. p. 466. La Cep. — Ferner: Schneiders 
N. G. der Schildkr. S. 335. Deſſen zweyter 
Beytr. S. 15. Nr. 9. B. 

5) Bron a. a. O. g 

5 Dampier Reiſe um die Welt. I. S. 191. 


— 


166 Schildkröten 


Alle dieſe Kennzeichen ſcheinen auch auf die Terra⸗ 
pene zu paſſen. 


Zu ſas. 


Die Terrapin⸗ Schildkroͤte. 9 
Testudo Terrapin. Schöpf. 
| (Taf. IV. Fig. 2.) 


Dieſe Schildkroͤte wird zuweilen bis zu Fuß 
lang; hat Schwimmfuͤße, vorn vier und hinten 
fuͤnf Zehen und einen kurzen Schwanz. 

Der 


Mit obiger Schildkroͤte iſt der größten Wahr⸗ 
ſcheinlichkeit nach Hrn. D. Schoͤpfs Terrapin 
einerley, daher ich hier deſſen Beſchreibung und 

Abbildung beyfuͤge. 

Testudo Terrapin. T. testa supera depressa, 
“scutellis dorsi anterioribus carinatis, mar- 
gine laterali costato, postice crenato. (Ein 
niedriges Oberſchild, vordere Ruͤckenfelder gekielt, 
der Rand in den Seiten . nach hinter: 
wärts gekerbt). Schoͤpfs N. G. der Schildkr. 
S. 71. Taf. 15. 
Terrapin. Bonaterre. Expetol. p. 26. 
Testudo palustris. T.testa depressa, ungui- 
bus palmarum gas, plantarum quater- 
nis. Gmelin Lin. I. 2, p. 1041. n. 23. 
Die Terrapin. Donndorfs Zool. Beytr. 
III. S. 20. Nr. 23. 8 
Der Name Terrapin kommt mehreren Wilen ze 3. 
B. Der Ca roliniſchen. 


DB I yracıfehe BERND Ze 
a DI Terrapin „ krötz. 


Die Terrapin: Schildfröte: 167 


Der ablange Schild iſt ſehr flach, niedrig, 
aber ebenmaͤßig gewoͤlbt; beyde Seiten der Schei— 
be ſtellen ſchraͤge, abſchuͤſſige, kaum merklich kon⸗ 
vexe Flächen dar; der Rand iſt vorne ausgeſchweift, 
an den Flanken gerade, am Hintertheil eyfoͤrmig 
zugerundet und gekerbt. Die 13 Felder der Schei— 
be find um ihr ſehr kleines Schuppenfeld tief ges 
furcht und breit gereifet; welche Reifen (oder er⸗ 
habenen Abſtaͤnde der Furchen) nach vorne breiter 
find: Der Ruͤckenkiel it ſtumpf, und an den Fu⸗ 
gen der Felder unterbrochen. 

Das erſte Ruͤckenfeld iſt faſt fuͤnfeckig und 
ſtumpf gekielt, und deſſen vordere Seite an Brei⸗ 
te den 3 vorderſten Randfeldern gleich. Das 
zweyte und dritte ſind ſechseckig, breiter als lang, 
haben krummlinige Seiten, (beſonders die erwach⸗ 
ſenen,) und nach vorne ſtumpfe Ecken; ihr Kiel iſt 
zwar erhabener als an dem erſten, aber doch 
ſtumpf, glatt und nach hinten abhaͤngiger; das 
vierte iſt den vorigen ahnlich, aber breiter, abſchuͤ— 
ßiger, und ſeine hintere Seite gebogener; das 
fuͤnfte iſt unregelmaͤßig fuͤnfeckig, platt abſchuͤßig, 
mit einem kaum merklichen und ſehr niedrigen 
Kiel. 

Die Schuppenfelder ſind an den juͤngern Pan⸗ 
zern rauh punktirt, kleiner, und von dem Kiele 
der Laͤnge nach getheilet; an groͤßern und aͤltern 
Panzern ſind ſie abgenutzt und kaum mehr merklich. 
Der Kiel auf den vier erſtern Ruͤckenfeldern iſt er⸗ 

1 habe⸗ 


18 Schildkröten. 


habener und ausgezeichneter, und ſcheint deshalb, 
nebſt der uͤbrigen Bildung des Panzers, ein nicht 
zu verachtendes Unterſcheidungs⸗ Kennzeichen an 
die Hand zu geben. 

Die 4 Seitenfelder der Scheibe, an jeder 
Seite, ſind platter als an irgend einer andern 
Art; ihr kleines Schuppenfeld liegt nach der Mit⸗ 
te des hintern Randes, und iſt mit tiefen und brei⸗ 
teu Furchen und Reifen umgeben, ausgenommen 
an der hintern Seite, wo jene Reifen und Furchen 
ſich verſchmaͤlern. Das erſte Seitenfeld hat eine 
unregelmaͤßige viereckige Geſtalt; die untere Seite 
iſt breiter und bogig; das zweyte iſt das groͤßeſte, 
und fuͤnfeckig; das dritte iſt unregelmaͤßig und ver⸗ 
ſchoben fuͤnfeckig; das funfte iſt das kleinſte und 
von unregelmaͤßiger Geſtalt. 

Der Rand des Oberſchildes iſt vorne abge⸗ 
ſtumpft und ausgeſchweift; laͤngs der Flanken hin 
gerade, an der hintern Haͤlfte eyfoͤrmig gerundet, 
und ſtumpf gekerbet; ringsum aber iſt die aͤußerſte 
Kante in die Höhe aufgebogen, und bildet gleich⸗ 
ſam eine Leiſte um den innern Rand. Die 24 
Randfelder find beynah viereckig, ſchmal, und mit 
der Scheibe gleich abſchuͤßig; das vorderſte unge⸗ 
paarte iſt ein verkuͤrztes Viereck, und ſcharfkantig; 
die drey vordern naͤchſtliegenden haben eine aufge⸗ 
bogene ſtumpfe Kante; die fünf längs den Flan- 
ken find obenher ſchmal, erweitern ſich aber bau» 
chig unter und auswaͤrts, zumal die drey mittlern, 
welche ſich mit den, an dieſer Art hoͤhern Fluͤgeln 

des 


Die Terrapin⸗ Schildkröte. 169 


des Bauchſchildes vereinigeu; die drey naͤchſtfolgende 
find breiter, haben eine ſchaͤrfere, aber doch aufge— 
bogene Kante; die hinterſten beyden find oben ver— 
tieft und an der Fuge ausgekerbt. 

Der Schild iſt meiſtens einfarbig, aber in 
nicht immer von derſelben Farbe, ſondern entweder 
braͤunlich, bleyfarben, oder aſchfarben; an den 
jüngern Schaalen, dergleichen die abgebildete iſt, 
doch gemeiniglich lichter, und hin und wieder, be— 
ſonders um die Saͤume der Ruͤcken- und Randfel⸗ 
der, mit etwas weißgelb untermiſchet. | 

Der Bauchſchild iſt ſchmaͤler und etwas Für« 
zer als der obere; vorne abgeſtumpft und ausge⸗ 
ſchweift; hinten ſchaͤrfer ausgekerbt; platt, ſtark, 
beträchtlich und überall gleichweit von dem obern 

abſtehend. Durch die gewoͤhnlichen Naͤthe wird 
er in 12 Felder getheilt. Die mittlern Quernä- 
the ſind geradelinig. Die Fluͤgel des Bruſtſchil⸗ 
des find breit und hoch, ſchraͤge aus- und auf: 
waͤrts ſtehend; durch eine enge und feſte Nath mit 
dem Panzer vereiniget, von auſſen an den drey 
mittlern Randfeldern, nach innen aber auch an den 
beyden jenen naͤchſtliegenden. 

Die Farbe des Bauchſchildes iſt bey einigen 
ganz weiß, bey andern braͤunlich, oder, wie in 
dem abgebildeten Exemplar, weiß mit ſchwarzen 
Streifen. 

Der größte von den Panzern iſt 6 1/2 Zoll 
lang, 4 3/4 Zoll breit, und 1 1/2, vom Rande 
ab, hoch. Das abgebildete Exemplar iſt 4 4 

2 2 Zoll 


170 Schildkroͤten. 5 


Zoll lang, 3 1/4 Zoll breit, 1 Zoll, vom Rande 
ab, hoch. Die Fluͤgel des Bauchſchildes 1 Zoll 
breit, und 1/2 Zoll hoch. Es ſcheint alſo das 
gewoͤhnlichere und mittlere Verhaͤltniß der Hoͤhe 
zur Lange des Panzers zu ſeyn, wie 1 zu 4. 
Ihre Heimath iſt Nordamerika. Unter dem 
Namen Terrapins werden ſie haͤufig in Phi. 
ladelphia und andern Orten auf die Maͤrkte zum 
Verkauf gebracht. Obgleich die Beſchaffenheit 
des Kopfes und der Glieder mir nicht genau bes 
kannt ſind, ſo weiß ich doch zuverlaͤßig, daß ſie ei⸗ 
ne Waſſer⸗Schildkroͤte iſt, denn die groͤßte Schaa⸗ 
le, welche ich von dieſer Art beſitze, iſt von einem 
in den halbſuͤßen Gewaͤſſern an der Kuͤſte von Long» 
Eyland gefangenen Thiere. Zwey ſolche Pan⸗ 
zer habe ich aus Amerika mitgebracht, und zwey an⸗ 
dere kleinere ſind mir ſpaͤter durch Herrn Prof. 
Heinrich Muͤhlenberg zugeſchickt worden. 


* * 


Die 


Die Schlangen» Schilöfröte  .ıyı 


Die Schlangen: Schildkröte ) 


(Taf. V. Fig. 1.) 


Dieſe Art iſt an der Länge ihres Schwanzes ſehr 
kenntlich, der beynah fo lang als, ihre Schaale iſt. 
Die 


t) La Tortue serpentine. D' Aubenton, Encycl. 
meth. 

Testudo serpentina. Lin. amph. rept. n. 15. 

‚Testudo serpentina. Schneider Nr. 8. S. 

% 337. La Cep. a 
| Hr. La Cepede giebt von dieſer Art nur 
die unvollkommene Linneiſche Beſchreibung 
nach dem Syſtem. In dem Museum Adol- 

. pho Fridricianum II. p. 36. iſt fie etwas ge: 
nauer; am genaueſten aber finden wir ſie in dem 
Schoͤpfiſchen Werke. S. 32. Taf. VI. Deſ⸗ 
ſen Beſchreibung und Abbildung ich auch bey— 
gefuͤgt habe. 

Man kann ferner vergleichen: 

Testudo serpentina. TJ. pedibus digitatis, te- 

sta subcarinata: postice obtusa acute quin- 

cue dentata. Gmelin Lin. I. 3. p. 1042. n. 
15. Schneider a. a. O. und deſſen zweyter 
Beytr. S. 16. Nr. 10. 

Testudo serpentina. TJ. testa ovali depressa, 
trivariam convexa, squamis acuminatis, 
margine postico rotundato acute serrato, 
(Ruͤckenſchild eyfoͤrmig und niedrig, mit dreyfa— 
cher Woͤlbung und ſpitzig- erhabenen Schuppen; 
der hintere Rand zugerundet und ſcharf gezaͤhnt.) 
Schoͤpf a. a. O. 


 Testu- 


172 Schildkröten. 

Die Schaale ſelbſt iſt etwas kielfoͤrmig, und hin- 
ten in fünf ſcharfe Spitzen ausgezackt. Die Ze⸗ 
hen find wenig getrennt. Sie wohnt in China 
im ſuͤßen Waſſer 1). In ihrer Lebensart naͤhert 
fie ſich der Schlamm - Schildfröte, fie geht den In⸗ 
ſekten nach und frißt auch Fiſche. 


Zu ſ as. 
Die Schlangen⸗Schildkroͤte. 


Testudo serpentina. Lin. 


5 Sie erreicht ein Gewicht von funfzehn bis 
zwanzig, auch mehrern Pfunden. Der Kopf iſt 
groß, platt, dreyeckig, mit warzig⸗ ſchuppiger 

Haut 


Testudo serrata. Pennant Suppl. Arct. Zool. 


P- 79. 
Testudo serpentina. Bonaterre Expetol, n. 20. 
— Hermann, tab. affın. anim. p. 270. 
Die Schlangen: Schildkröte Müllers 
Naturſyſt. S. 47. Nr. 15. 
— — Neuer Schauplatz der Natur. VII. S. 
642. Nr. 15. 
— — Onomatol- hist. natur. VII. p. 503. 
— — Donndorfs Zool. Beytr. III. S. 23. 
Nr. 15 
u) Linne“ ie auch noch bey Algier. Allein Hr. 
D. Schoͤpf behauptet, daß Linne“ die ſeinige 
wohl ebenfalls aus Amerika bekommen haben 
muͤßte; welche Verwechſelung des Vaterlandes bey 
Naturalien, die auf Schiffen kommen, ſehr leicht 
ſtatt haben kann. | 


Die Schlangen: Schildkröte 173 


Haut bedeckt. Die Augenhoͤhlen ſtehen ſchraͤge. 
Die Naſenloͤcher ſind klein und enge beyſammen. 
Der Rachen iſt weit, die Kinnladen ſcharf und uns 
gezaͤhnelt. Der Hals iſt mit warzig⸗ſchuppicher 
Haut bekleidet, kurz und dick, wenn das Thier in 
Ruhe iſt, wenn es aber nach feiner Beute ſchnap— 
pet, ſo kann es ihn bis zur Drittel-Laͤnge des 
Schildes ausſtrecken. An den Vorderfuͤßen ſind 
fuͤnf, an den hintern vier deutliche, aber durch 
eine Schwimmhaut verbundene Finger, mit eben 
ſo vielen faſt geraden, zugeſpitzten Krallen bewaff⸗ 
net, welche länger als die Finger ſelbſt find. Der 
gerade Schwanz mißt 2/3 der Laͤnge des Ober⸗ 
ſchildes, iſt oben mit einem Kamm von knoͤchernen 
ſpitzigen ruͤckwaͤrts gekruͤmmten Schuppen beſetzt, 
welche ſich allmaͤhlich verkleinern; unten und an 
den Seiten iſt er mit kleinern Schuppen beleget. 
Eine rauhe, ſchlaffe, runzliche, mit Warzen und 
weicheren Schuppen verſehene Haut, umkleidet die 
uͤbrigen untern Theile zwiſchen beyden Schildern. 
Der Ruͤchenſchild iſt niedrig und flach gewoͤlbt, 
eyfoͤrmig, und ſeine Verhaͤltniſſe ſo, daß gemeinig⸗ 
lich die Breite 3/4 und die Höhe 1/3 der Länge 
halt. Die Scheibe hat 13 Felder, wovon die 
fünf mittleren faſt ganz wagereeht liegen, (denn 
das Ruͤckenſchild iſt vorne und hinten nur wenig 
abſchuͤßig,) und an Breite und Länge weniger uns 
tereinander verſchieden ſind, als bey irgend einer 
Art. Die an den Seiten der Ruͤckenfelder ziem- 
lich ſtumpfen Ecken machen, daß ſie an Geſtalt eher 
1 quer 


174 Schidkedten. 


quer uͤber liegenden Dierecken, als Secksecken glei⸗ 
chen, mit Ausnahme jedoch des erſten und fuͤnften, 
deren aͤußere Raͤnder etwas gekruͤmmter ſind. Die 
einzelnen Felder find wenig erhaben, und mit pas 
rallelen Furchen durchzogen; ſie ſind nicht im ei⸗ 
gentlichen Verſtande gekielt, aber aus dem Vor⸗ 
derrande eines jeden, und hauptſaͤchlich aus den. 
Seitenecken, erheben ſich Runzeln, (ſtumpf und 
knotig bey alten, ſcharf bey juͤngern Thieren,) 
welche ftrahlenweife nach dem hintern Rande eines 
jeden Feldes zuſammenlaufen, und daſelbſt auf den 
drey vordern Feldern ſich in einen glatten Hoͤcker 
endigen, auf dem vierten und fuͤnften aber, auf 
welchen dergleichen ſtrahlige Runzeln noch zahl— 
reicher ſind, erheben ſie ſich in eine ſtumpfe Spitze. 


Von den Seitenfeldern hat das erſte eine un⸗ 


regelmaͤßige fuͤnfeckige Figur, mit nach vorne aus⸗ 
gebogenem Rande; das zweyte und dritte ſtellen 
ablange Vierecke vor, und ſind breiter als lang; 
das letzte iſt das kleinſte und faſt ganz viereckig. 
Wie auf den Feldern der Mittelreihe, entſtehen 
auch hier am Vorderrande eines jeden Feldes aͤhn⸗ 


liche erhabene Linien, welche hin und wieder durch 


Knoͤtchen unterbrochen werden, ſich nach dem hin⸗ 
tern und obern Rande hinziehen, und ſich dort in 
eine mehr oder weniger erhabene Spitze enden, 
welche aber doch auf den beyden hinterſten Feldern 
hoͤher und ſpitziger iſt, als auf den vordern. Von 
den Runzeln der Seitenfelder iſt diejenige am aus— 
gezeichnetſten, ſchaͤrfer und weniger als die uͤbrigen 

une 


Die Schlangen» Schilöfröte, 175 


unterbrochen, welche aus der Vereinigungsnath 
der erſten Rüden -und Seitenfelder entſtehend, 
ganz gerade ſich nach der hinten befindlichen 
Spitze ziehet; und indem ſie in derſelben Rich— 
tung auch uͤber die uͤbrigen drey Felder fort— 
laͤuft, ſo entſtehet daher an dem erhabenen Theil 
der Seitenfelder gleichſam ein Seitenkiel. Die 
erhabenen Spitzen aller Seitenfelder ſtehen dem- 
nach in gerader Linie hinter einander; zwiſchen 
dieſem Seitenkiel aber und dem Rande der Mit⸗ 
telfelder bleibt noch eine ſchmale Vertiefung, 
oder eine uͤber die ganze Schaale laͤngshin ge— 
hende breite Furche, und hierdurch eigentlich er— 
haͤlt der Ruͤckenſchild ſeine dreyfache Woͤlbung. 
Uebrigens iſt die hornige Belegung duͤune, durch— 
ſichtig, glatt; glaͤtter aber und am wenigſten 
geſtreift oder gefurcht ſind die vordern Raͤnder 
der Felder. Die Farbe iſt dunkel und ſchmu⸗ 
zig, auf der Scheibe und dem Nande gleich; 
braunſchwarz an aͤltern, braungelb an juͤngern 
Thieren. 
Der Rand enthaͤlt * ſchmale Sch 
Die erſte und ungepaarte iſt die ſchmaͤlſte, breiter 
als lang, uͤberzwerch und laͤnglich viereckig und 
bogig. Die vier vordern Randſchuppen ſind 
ſchmal, etwas erhabener nach der Scheibe hin, 
die Kante ſelbſt iſt ſcharf und etwas umgebogen; 
die vier mittlern in den Flanken haben eine faſt 
fenfrechte Stellung, find oben ſchmal, nach unten 
breiter; die vier naͤchſtfolgenden hintern nehmen 
wies 


176 Scchildkroͤten. 


wieder an Breite zu, ſtehen horizontal aus, ſind 
etwas erhaben, und in eine Spitze ausgehend; da= 
her hat „der hintere zugerundete Rand ſechs bis 
acht tiefe und ſpitzige Einſchnitte.“ Der ganze 
Umkreis des Randes iſt gereifet, er erhebt ſich naͤm⸗ 
lich um ein merkliches uͤber der ihm anſchließenden 
untern Flaͤche der Scheibe, ſo daß eine ſeichte 
Zwiſchenfurche entſtehet. 

Der Bruſtſchild dieſer Art iſt im Verhaͤltniß 
der Groͤße des Thieres klein, und beſonders ge— 
ſtaltet. Er iſt lanzetfoͤrmig; ſeine Laͤnge betraͤgt 
nur 2/3, und feine größte Breite nur 1/3 der 
Laͤnge des Oberſchildes. Die hornige Belegung 
iſt duͤnne und von weißlicher Farbe. Eine lange 
Nath und fünf gebogene Queernaͤthe theilen es in 
zwoͤlf ungleiche Felder; wovon die erſten und leg» 
ten die kleinſten find, Der Körper des Bruff- 
ſchildes iſt meiſtentheils flach, und wenig hoͤher 
als der Rand des Ruͤckenſchildes. In der Mitte 
des Bauchſchildes iſt eine eyfoͤrmige Grube, wel— 
che an juͤngern Thieren mit einer Membrane be» 
deckt iſt. Ein ſchmaler knoͤcherner Fortſatz er— 
ſtreckt ſich von der Mitte des Bauchſchildes beyder- 
ſeits nach dem Rande des Oberſchildes, in deſſen 
Naͤhe er etwas breiter, und mittelſt eines dichten 
und zaͤhen Ligaments mit den ſechſten und ſieben⸗ 
ten Randſchuppen verbunden wird. 

Das Vaterland dieſer Schildkroͤte iſt Nor d— 
amerika, wo die ſich in füßen, hauptſaͤchlich ſte⸗ 
henden Gewaͤſſer aufhaͤlt. Sie iſt ſchaͤdlich und 

4 raus 


Die Schlamm: Schildfrdte. 177 


raͤuberiſch, ſtellt jungen Enten und Fiſchen nach, 
und beißt ſich auch mit ihres Gleichen herum. Zu⸗ 
weilen ſtreift ſie auf trockenem Boden umher und 
ſchnappt halb ſpringend und ziſchend mit ſchnell 
verlaͤngertem Halſe nach ihrer Beute. Sie beißt 
ſic in einem vorgehaltenen Stock ein und kann ſo 
in die Hoͤhe gezogen werden. In dem Schlamm 
wuͤhlt ſie ſich ſo ein, daß nur der Ruͤcken vorſteht. 
Wenn man ſie im Zimmer hat, ſo ſuchen ſie ſich 
immer die verborgenſten Winkel auf, und diejeni⸗ 
gen, welche Hr. D. Schoͤpf in Amerika in 
der Stube hatte, verbargen ſich am liebſten in 
Aſchenhaufen im Camine. B. 


De la Cepedes Narg: d. Amph. I. Bd. M Die 


178 5 Schildkröten, 


Die Penſylvaniſche oder röthliche Schildkröte. =) 
La Rougeatre.) 
(Taf. v. Big. 20 


Ich fuͤhre hier noch eine Schildkroͤte an, die un⸗ 
ter dem Namen der Sumpfſchildkroͤte aus 
| | A; 


x) Ht. La Cepede giebt hier nur eine ſehr unvoll⸗ 
kommene Beſchreibung aus Edwards Glanurus 
an. Eine vollkommnere mit einer ſehr auffallen— 
den Varietaͤt hat uns Hr. D. Schoͤpf in feinem 
bekannten Werke gegeben, die ich unten anfuͤh⸗ 
ren werde. Hier ſind die fehlenden Synonymen: 
Testudo pensylvanica. T. testa elliptica, lae- 
vi, unicolore, dorso planiusculo, scutellis 
äntermediis rhomboideis subimbricatis; pri- 
mo subtriangulo: marginis XXIII. (Ober⸗ 
ſchaale elliptiſch, glatt, einfärbig, auf dem Ruͤk⸗ 
ken platt, die mittelſten Felder rautenfoͤrmig, das 
vorderſte dreyeckig und alle ſchieferartig gefugt; 
23 Randfelder). Schoͤpfs N. G. der Schildkr. 
S. 125. Taf. 24. 

Testudo pensylvanica. T. palmarum ungui- 
bus quinque, plantarum quatuor, caudae api- 
ce corneo acuto. Gmelin Lin. I. 5. p. 1042. 
n. 26 Nach Seligmann. | 

Testudo lutaria pensylvanicaa Edwards, 
Ir, 

Die kleine Moraſt-Schildkroͤte. Selig⸗ 
mann a. a. O. (unten). Gentleman’s Magazine. 
Januar 1758. (ſchleche Figur). 

i TR ‚Testu- 


* 


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3 Heeg, 5 ,, 
2. Dr ei 2 75 Hence, 5 0 ler. g 


Die Penſylvaniſche Schildkröte. 179 


Penſylvanien geſchickt, und von Edwards 
beſchrieben )) iſt. Ihr Schwanz hat am Ende 
eine ſcharfe hoͤrnerne Spitze, wie mehrere Grie— 
chiſche, und die Seorpion-Schildkroͤte. 
Die Zehen find durch eine Haut verbunden. Ih— 
re Farbe iſt im Ganzen braun, aber die Blaͤtter 
an den Seiten und die Schuppen am Rande der 
Kinnbacken und um die Augen ſind e 
eben ſo das Bruſtſchild. 


M 2 Zuſatz. 


Testudo subrubra, digitis fissis, testa ellip. 
tica, scutellis fusco - luteis: postice brevio. 
ribus, cauda unguiculata. Bonaterre Er- 
petolog. n. 19, tab. 5, fig. 1. (nach Edwards). 

Die Moraſt⸗Schildkroͤte aus Penſylva— 
nien. Schneiders N. G. der Schildkr. S. 
347. Deſſen zweyt. Beytr. S. 16. Nr. 11. 

Die Penſylvaniſche Schildkroͤte. Donn— 
dorfs Zool. Beytr. III. S. 22. Nr. 26. i 

a) Mit beweglichem a Schöpf 
. . D. S. 128. Sale „. 
5 85 5 Vaude Schoͤpf 
. S. 129. B. Taf. 2 B. 
90 Edwar. * lannres de Phist. natar; Londres 
1764, Part. II. cap. 77. planch, 287. La Cep- 
5 Vögel VII. Taf. 77. 3 Figuren. 


180 Schildkröten. 
3 u ſ a tz. 
Die Penſylvaniſche Schildkroͤte. 


(Testudo pensylvanica, Schöpf.) 


A. Mit beweglichem Bauchſchilde. 


Die Oberſchaale iſt 3 Zoll 3 Linien lang, 2 
Zoll 3 Linien breit und 1 Zoll hoch, elliptiſch und 
mäßig convex. Das Verhaͤltniß der vordern und 
hintern Haͤlfte der Schaale iſt ungleich, von der 
Mitte naͤmlich des mittelſten Ruͤckenfeldes und 
den ihr entſprechenden beyderſeitigen Naͤthen zwi— 
ſchen dem zweyten und dritten Seitenfelde iſt der 
Vordertheil der Schaale laͤnger als der hintere; 
zugleich iſt jener Vordertheil von jenem Mittelpunf- 
te aus langſam und ſchraͤg abfallend, der Hinter— 
theil hingegen bey feiner Kuͤrze converer und nach 
hinten ſchroff abfallend. Von einer Seite zur 
andern der Schaale erhaͤlt ſich durchaus eine ziem- 
lich gleiche Woͤlbung. Der Ruͤcken iſt platt und 
ohne Spur von einem Kiel. Die Scheibe hat 13 
durchaus glatte, faſt glaͤnzende Felder, ohne Fur⸗ 
chen und Runzeln, wenn man einige, wie es 
ſcheint zufaͤllige Rauhigkeiten naͤchſt dem Rande 
einiger Felder, abrechnet. Sie ſind uͤbrigens 
durchaus einfaͤrbig, blaß oder vielmehr gelblich— 
braun, doch iſt die Farbe des Hintertheils weder 
ſo gleich, noch ſo ſchoͤn. 

Die 


Die Penſplvaniſche Schildkröte. 181 


Die hornige Belegung der Felder ſcheint duͤn— 
ner und ſproͤder, und dem Knochenſchilde weit fe— 
ſter aufzuliegen, als an andern Arten. Auch 
zeichnet ſich die Geſtalt der Felder auf der Scheibe, 
zumal der Mittelreihe vor vielen Arten, gar ſehr 
aus, und auch noch dadurch, daß ihre Naͤthe nicht 
bloß aneinander gefuͤget, ſondern einigermaßen 
mit dem Hinterrande einer jeden Schuppe, dem 
der naͤchſtfolgenden aufliegend, folglich ziegelartig 
gelagert find. | | 

Das erſte Feld der Scheibe ftellet ein zwar 
gleich- aber nicht geradeſchenkliches Dreyeck, mit 
hinterwaͤrts gekehrter Spitze dar, davon jede Sei— 
te 10 Linien lang iſt. Mit ſeiner vordern etwas 
bogigen Baſis fuͤllt es die Breite der drey vorder- 
ſten Randſchilder; die Schenkel ſind etwas ein⸗ 
waͤrts gekruͤmmt, und die Spitze iſt ſtumof, mit 
der ſie dem naͤchſtfolgenden, oder zwoten Ruͤcken⸗ 
feld, uͤber deſſen Rand hinaus aufliegt. Dieſes 
erſte Feld iſt wohl nach ſeiner Laͤnge in der Mitte 
ein klein wenig conver, aber doch ohne eigentli⸗ 
chen Kiel. 5 

Das zweyte iſt laͤnger als breit, 11% bey 
sl; die volle Länge wuͤrde eigentlich 127%“ 
ſeyn, aber eine Linie breit deckt es die uͤberragende 
Spitze der vorhergehenden Schuppe. Die Figur 


itt laͤnglich rautenfoͤrmig, deren vordere Spitze un⸗ 


ter dem Ende der erſten Schuppe verſteckt, die hin⸗ 
tere zugerundet iſt; die Seiten fügen ſich in einem 
M 3 ſtum⸗ 


182 Schildkröten, 


ſtumpfen Winkel; die Naͤthe ſind nicht gerade⸗ 
linig; die Oberflaͤche iſt ganz platt und glatt. 
Das dritte Feld bildet ebenfalls eine kurze 
Raute, denn ein Sechseck koͤnnte man es nur 
dann nennen, wenn man die vorne ein- und hin- 
ten auswärts gebogenen runden Raͤnder als gera- 
delinig annaͤhme. Es iſt 9““ breit, und faſt eben 
ſo lang; ganz platt und eben. 5 
| Das vierte Feld iſt eine unregelmäßige Figur; 
vorne ausgeſchweift, und an den Seiten bis zur 
Math des Zten und 4ten Seitenfeldes gerade hin⸗ 
gehend, der übrige und hintere Theil iſt faſt halb— 
zirkelfoͤrmig gerundet; es it 6% lang und 7“ 
breit; und nach hinten zu abhaͤngig. 

Das fuͤnfte Feld iſt das kleinſte?; 6““ lang 
und 8““ breit; und naͤhert ſich am meiſten einem 
Fuͤnfeck; und ſtehet faſt ſenkrecht. 

Die Seitenfelder ſind weniger von der ge⸗ 
woͤhnlichen Bildung abweichend, auſſer daß fie, 
wegen der kleinern Breite der Ruͤckenfelder, ver- 
haͤltnißmaͤßig viel breiter als lang ſind. Ihre Fi⸗ 
gur ergiebt ſich aus der Abbildung. Das zweyte, 
welches das größte iſt, hat 10“ Laͤnge und 15.“ 
Breite. Sie ſind von oben herab gleich gebogen, 
wie die uͤbrigen glatt, ihre Raͤnder uͤberragend 
(ziegelartig), und ihre Naͤthe wie alle übrige ein— 
fach, vertieft und nicht ganz geradelinig. 

Der Rand iſt ringsumher ganz, am Vorder— 
theil ziemlich gerade zugeſtuzt; überall der Woͤl⸗ 
bung der Be entſprechend; die vorderſten 

Felder 


Die Penſolvaniſche Schildkröte, 183 


Felder ſchraͤg abſchuͤſſig und ſcharfkantig; von dem, 
sten. an ſenkrecht angedruͤckt, und bis zum Sten, 
zur Verbindung mit dem Bauchſchild, nach unten 
erweitert: die vier letztern beyder Seiten ſenkrecht, 
ſchmal und ſcharfkantig. Es find der Randfel⸗ 
der 23; nehmlich eilf an jeder Seite, nebſt einem. 
vorderſten ungepaarten, welches das kleinſte iſt. 
Der Bauchſchild iſt kuͤrzer und ſchmaͤler, als 
der innere Umkreis des Oberſchildes. Es iſt in. 
drey Lappen getheilt; der mittelſte iſt der breiteſte, 
aber kuͤrzeſte, und zu beyden Seiten mittelſt zwo 
eingeſchalteter Felder an das ste — Ste (von dem 
ungepaarten an gezaͤhlt) Randfeld durch eine ein« 
fache Nath feſt und unbeweglich verbunden. Dies 
ſes Mittelſtuͤck iſt platt, und etwas über den Ho⸗ 
rizontalrand des Oberſchildes hervorragend. Der. 
vordere Lappe ſtellet ein Dreyeck mit bogigen gan⸗ 
zen Raͤndern und ſtumpfer Spitze vor. Der hin⸗ 
tere Lappe erweitert ſich erſt von ſeiner Baſi aus 
mit gekruͤmmten Seiten, verengert ſich aber wie⸗ 
der an der hintern Hälfte, und iſt ganz hinten ſpiz⸗ 
zig ausgekerbt. Der vordere ſowohl als der hin⸗ 
tere Lappen ſind durch ein feſtes ſenniges Band an 
das Mittelſtuͤck verbunden, welches beyden dieſen 
Lappen einige, doch dem vordern mehrere, Beweg⸗ 
lichkeit geſtattet; zwiſchen ihnen aber und dem 
Rande des Oberſchildes bleibt noch hinlaͤnglicher 
Raum für die Füße und den Schwanz; und dieſe 
Art kann ihr Gehaͤuſe keinesweges fo ganz ver⸗ 
ſchließen, wie die Doſen⸗ Schildkroͤte. Der 
M 4 Bauch⸗ 


184. Schildkröten, 


ſchild iſt durch eine Längsnath, und auffer den zwey bee 

weglichen und geraden Quernathen, noch durch vier 
andere ſchraͤge am Vorder-und zwey ſchraͤge am 
Hinterbogen, in eilf Felder getheilt. Zunaͤchſt den 
Märhen finden ſich Spuren von mehrern Furchen, 
welche vermuthen laſſen, daß dieſes obſchon kleine 
Exemplar doch ſchon mehrere Jahre alt ſey, und 
dieſe Art folglich zu keiner betraͤchtlichen Größe an— 
wachſen moͤge. Die Hauptfarbe ſcheint braun 
geweſen, und die lichteren gelblichen Stellen, wel— 
che zugleich die glaͤtteſten ſind, nur durch Abreiben 
entſtanden zu ſeyn. 

Nach Ed war ds iſt der Kopf um die Kinnbacken 
und Augen herum gelbroͤthlich; der obere Theil des 
Kopfs, die Kehle und der Hals ſind braun; die 
vordern Füße haben 5 Zehen mit ſpitzigen Klauen, 
die hintern nur vier; alle vier haben floſſenaͤhnli⸗ 
che Auswuͤchſe; Schenkel und Fuͤße ſind mit ei⸗ 
ner rauhen Haut bedeckt. Die obere Schaale iſt 
in 13 braune Schuppen getheilt; dieſe ſind (am 
Rande) mit noch kleinern umgeben, davon die, 
welche ſich am Kopf und Schwanze befinden, braun, 
und die, welche an den Seiten ſtehen, gelbroͤth— 
lich find. Die untere Schaale iſt anders abge- 
theilt als die obere; ſie haͤngt mit dieſer an den 
Seiten vermittelſt zweyer Gelenke oder Angeln zu— 
ſammen, welche die beyden Schaalen gaͤnzlich 
ſchließen, wenn das Thier Kopf und Füße einge⸗ 
zogen hat. Der untere Theil iſt dunkelbraun und 
an den Raͤndern der Schaale roͤthlich ſchattirt. 

| Der 


Die Penſplvaniſche Schildkröte 185 


Der Schwanz ift klein und dunkel mit einer fchar= 
fen hornigen Spitze, womit das Thier, wie er 
vermuthet, ſeine Bewegung nach Belieben hem— 
met, wenn es auf abſchuͤſſig ſteilen Schlammbaͤn⸗ 
ken fortſchreitet. Lebendig ſoll es einen ſehr ſtar⸗ 
ken Muskus⸗Geruch von ſich geben. 


B. Mit unbeweglichem Bauchſchilde. 


Die obere Schaale iſt eben ſo geſtaltet und 
gezeichnet, nur iſt fie an den Seiten etwas gedruck— 
ter, und ſcheint daher etwas laͤnglicher. Der 
Hauptunterſchied liegt in der Geſtalt, Fuͤgung und 
Einrichtung des Bauchſchildes. Dieſes iſt ver— 
haͤltnißmaͤßig zur Oberſchaale ſchmaͤler, und fuͤr 
einen Theil ſeiner Laͤnge faſt gleichbreit. Es iſt 
2" 9, lang, und in der Mitte, ohne die Fort: 
ſaͤtze 1“ 3/4 breit. Es entſteht daher ein größe- 
rer Abſtand zwiſchen dem Bauchſchilde und dem 
Oberſchilde, welches größere und ſtaͤrkere Glied- 
maßen zu vermuthen erlaubt. Die Verbindung 
zwiſchen dem Bauch- und Oberſchilde iſt eben fo 
feſt und unbeweglich als an der vorigen. Das 
Merkwuͤrdigſte aber iſt, daß an dieſer der 
Bruſtſchild nicht, wie an der vorigen, einen be— 
weglichen Vorder- und Hinterlappen hat, ſondern. 
aus einem unzertheilten und ganz unbeweglichen 
Knochenſtuͤcke beſtehet. Die braune Oberfläche 
davon iſt aber gleichwohl, wie an der vorigen, 
durch weiße Naͤthe, von einer ziemlich jener ähn- 
lichen 


186 . Schildkröten. 


lichen Richtung, auch nur in eilf Felder Ba 
theilt. 

Vielleicht geht dieſe abweichende Bildung des 
Bauchſchildes nur auf die Geſchlechtsverſchieden⸗ 


| heit. 
B. 


Die Scorpion Schildkröte, 187 


Die Scorpion = Schildkröte, 
Ta Tortue Scorpion.) 2) 


Dieſe Schildkroͤtenart iſt in Surinam zu Hau⸗ 
ſe, ihre Schaale iſt eyrund, von dunkler Farbe 
und 


2) La bortue scoxpion, D Aubenton Encycl. 
meth. 

Testudo scorpioides, Lin. amph rept. n. 8. 

Testudo fimbriata. Schneider N. G. der 
Schildkr. S. 349. Nr. 12. (Gehört. nach 
ebendemſelben in den erſten Beytr. S. 5. 
Nr. 2. nicht hierher, ſondern iſt wirklich von 
T. scorpioides, Lin. verſchieden. ſ. auch def 
ſen zweyt. Beytr. S. 16. B.) 

Man vergleiche ferner: 

Testudo scorpioides, T. palmarum unguibus 
quinis, plantarum quaternis fronte colloso 
triloba, cauda unguiculata., Gmel. Lin. I. 
9. p. 1041. n. 8. f 0 

Testudo scorpioides. T. pedibus subdigitatis, 
Fronte colloa. Lin. Syst, XII. p. 352 n. 8. 

Testudo gcorpioides. Hermann, tab. aflın. 

anim. p. 270, 
Die Scorpion Schildkroͤte. Schoͤpf R. 
G. der Schildkr. S. 116. 

— — Schneider N. G. der Schildkr. S. 66. 

— — Muͤllers Naturſyſt. III. S. 42. Nr. 8. 

— — Neuer Schauplatz der Natur. VII. S. 
640. 

— — Ondmat. hist. nat. VII. p. 503. 

— — Donndorfs Zool. Beytr. III. S. 19. 
Nr. 8. B. *. N 


188 Schildkroͤten. 


und hat laͤngs uͤber dem Ruͤcken hin 3 Graͤten. 
Das Mittelfeld hat dreyzehn Schuppen, von denen 
die fuͤnf mittelſten ſehr lang gezogen ſind, und der 
Rand gewoͤhnlich drey und zwanzig. Der Bruſt⸗ 
ſchild deſſen Rand beynahe ganz iſt, hat dreyzehn 
Felder. Der Kopf iſt vorn mit einer ſchwuͤli— 
chen Haut bedeckt, die ſich auf der Stirn in drey 
Lappen theilt. Jeder Fuß hat fünf, wenig ge— 
trennte Zehen; welche, die aͤußerſten Zehen an den 
Hinterfuͤßen ausgenommen, Nägel haben 4). Ih— 
ren Namen hat ſie von einem beſondern Merkmaal 
erhalten; der Schwanz endigt ſich naͤmlich in eine 
ſcharfe, hoͤrnerne, wie ein Nagel gekruͤmmte 
Spitze, die mit dem Stachel eines Scorpions 
Aehnlichkeit hat. Linne! hat dieſe Schildkroͤte 
zuerſt bekannt gemacht. Im koͤniglichen Kabi- 
nette habe ich mehrere Ober- und Unterſchaalen von 
ihr gefunden, die mit der Nachricht eingeſandt 
worden waren: ſie waͤren von einer Sumpfſchild— 
kroͤte in Guinea, die nicht größer würde als die 
beygefuͤgten Schaalen auswieſen. Die groͤßten 
Schaalen hatten ſechs bis ſieben Zoll in die Lange 
und vier bis fuͤnf in die Breite. 

So 


a) Linne ſetzt noch hinzu: die Zehen an den Füßen 
ſind nur zur Haͤlfte mit einer Schwimmhaut ver— 
wachſen. Der Schild iſt ganz ſchwarz, der Geſtalt 
nach laͤnglich oval, auf dem Ruͤcken mit drey un— 
merklichen Winkeln; die Blaͤtter deſſelben ſehen den 
Wappenſchildern nicht ungleich. B/. 


Die Scorpion » SchildEröfe. 189 


So hätten wir alſo auch eine Fluß- vder- 

Sumpfſchildkroͤte mit einem bewaffneten Schwan— 
ze. Etwas aͤhnliches findet ſich bey den mehrſten 
Griechiſchen oder gemeinen Land- Schildkröten, 
vorzüglich den völlig ausgewachſenen. 


Die 


190 Schildkroͤten. 


Die gelbe Schildkröte. 
(La Jaune.) 5) 


(Taf. VI. Fig. 1.) 


Von dieſer Fluß⸗Schildkroͤtenart habe ich mehre⸗ 
re lebendige Exemplare geſehen, und ſie noch bey 
keinem bekannten Naturforſcher beſchrieben gefun⸗ 
den. Man hatte ſie in Tonnen mit Waſſer aus 
Amerika kommen laſſen, um ſie zu Arzeneymitteln 
zu gebrauchen. Gewoͤhnlich wird dieſes niedliche 
Thier noch einmal ſo groß als die Schlamm ⸗Schild⸗ 
kroͤte. Eine Schaale im koͤniglichen Kabinette, 
die von einem Thiere dieſer Art iſt, iſt ſieben Zoll, 
neun Linien lang. Seine Farbe iſt ein ſchoͤnes 
dunkles Grasgruͤn, mit Goldgelb gezeichnet. Dies 
ſe Farben ſind nicht nur auf der Schaale, ſondern 
auch auf dem Kopfe, den Pfoten und dem Schwan— 


ze 


2) Ich habe es ſchon oben bey der Schlamm : und 
Europäifchen Schildkroͤte bemerkt, daß diefe Schild⸗ 
kroͤte dieſelbe iſt, die ſich nach Abbildung und Bez 
ſchreibung auch faſt durch gar nichts auszeichnet. 
Denn auch unſere Europaͤiſche hat zuweilen einen 

dunkelgrasgruͤnen Grund, welches das einzige Un? 
terſcheidungszeichen dieſer Amerikaniſchen Va⸗ 
rietat der gemeinen Fluß-Schildkroͤte etwa wär 
re. Man vergleiche Schoͤpfs Schildkr. S. 7. 8. 
Schneiders zweytr. Beytr. S. 13. und Donn⸗ 
dorfs Zool. Beytr. III. S. 15. 9 


Die gelbe Schildkroͤte. 191 


ze die herrſchenden. Der Grund iſt gruͤn und auf 
demſelben iſt eine Menge kleiner ſehr ſchoͤngelber, 
dichter Flecken, die oft ineinander fließen und ſtrah— 
lenaͤhnlich aneinander ſtehen; überhaupt für das 
Auge eine ſehr angenehme Miſchung machen. Das 
Mittelfeld hat gewoͤhnlich 13 Schilde und der 
Rand 25. Das Bruſtbein beſteht aus zwoͤlf 
Schilden, und iſt hinten in gerader Linie abge— 
ſchnitten, wie bey der Schlamm ⸗Schildkroͤte, mit 
welcher das Thier uͤberhaupt viel Aehnlichkeit hat. 
Der Kopf hat im Ganzen eine angenehme Geſtalt; 
die Beine haben getrennte, nur mit einer Haut et— 
was verbundene Zehen, und jede Zehe einen lan⸗ 
gen krummen und ſcharfen Nagel. Der Schwanz 
iſt duͤnn, faſt halb ſo lang als die Oberſchaale, 
und wenn das Thier geht, fo trägt es ihn ausge» 
ſtreckt, wie die Schlamm - Schilöfröte, Seine Bes 
wegungen find behender als bey den Land- Schild- 
kroͤten, uͤberhaupt iſt ſein Weſen ſo angenehm als 
ſeine Farben. Beym Paaren verrathen ſie ihre 
Begierden durch halblaute Seufzer. 

Ein Exemplar von dieſer Art wurde unter dem 
Namen einer Land-Schildkroͤte an das koͤnig⸗ 
liche Kabinet geſchickt. Zu dieſem Irrthum 
hat unſtreitig das Anlaß gegeben, daß alle Fluß— 
Schildkroͤten einen Theil des Jahrs auf dem Lan— 
de beben, wie ich bey der Schlamm- Schildkroͤte 
ſchon angemerkt habe. 


Man 


192 Schildkröten. 


Man findet dieſe gelbgefleckte Schildkröte nicht 
allein in Amerika; auch auf der Aſcenſions— 
Inſel, woher das koͤnigliche Kabinet ein Exem— 
plar erhielt, und in einigen Europaͤiſchen Gegen— 
den ſind ſie zu Hauſe, nur ſind die Farben hier oft 
matter. 


Die 


TU u 


: g zuge 
1 CH 2 AR 0 BR RE 


9 


2 beifsege IB 1 e 
. 


Die beifige Schildfröte: 179; 


Die beißige Schildfröte, 
(Weiche Schildkröte: La Molle.) e) 
J (Taf. VI. Fig. 2.) 


Dieß iſt unter den Fluß⸗Schildkroͤten die größte 
Art, und kommt den kleinen See Schildkroͤten 
nach. Pen nant iſt der erſte, der ihrer er⸗ 

Feen ger u waͤhnt 


€) Testudo curtilaginea, Petr. Boddaert episto- 
5 la de testud, cartil. ex mus. Joan. Albert. 
Schlosseri. Amsterdam 1772. (Dieß Sy 
| nonym gehört nicht hierher, ſondern en weich⸗ 
ſchaaligen Schildkröte. ſ. unten. B.) 
Tiectudo ferox. Schneiders N. G. d. Schild⸗ 
. kroͤten S. 330. Nr. 6. La Cem 
Man vergleiche ferner: 
Testudo ferox. T. testa cartilaginea ovata, 
poedum unguibus tribus, naribus tubulatis 
prominentibus. Gmelin Lin. I. 3. p. 103g. 
120. 51 | | 
"Testudo ferox: T. testa cartiliginea ovata, 
pedum unguibüs trıbüs, naribus tabulatis 
prominentibus. Schoͤpf N. G. der Schildkr. 
S. 102, Taf. 19. (Pennants Figur). 
Testudo mollis, digitis membrana ulis, bes 
ta monophylla, in medio oe, margins 
cartilaginea, scabra, naribus tubulosis. Bos. 
naterre Expetolog. n. 15. Beſchreibung und 
Abbild. nach La Cepede— 
iver · Wortoiss, Pennant; Supplem, of 
. Arctic Zoology. p. 78. | 
De la Cepede's Naturg. d. Amph. 1. Bh. N Te- 


14 Schildkroͤten. 


waͤhnt 4); er erhielt ſie aus Suͤdkarolina. 
Der Doctor Garden, dem man zwey Thiere 
der Art brachte, ſchickte eins an Hrn. Ellis, das 
andere an Pennant. Man findet ſie in den 
Fluͤßen im ſuͤdlichen Theile von Carolina, und 
nennt ſie dort weichſchaalige Schildkroͤten; 
da ſie aber keine eigentliche Schaale oder Schup— 
pen hat, ſo habe ich die Benennung weiche 
Schildkroͤte vorgezogen. Sie wohnt in Menge 
in den Stroͤmen von Savanah und Alata— 
maha, und iſt auch, wie man dem Doctor Gar⸗ 
den verſicherte, in dem oͤſtlichen Florida nicht 
ſelten. | 

Sie erlangt eine betraͤchtliche Groͤße und wiegt 
oft ſiebenzig Pfund. Eine davon, die Doctor 
Garden beſaß, war 25 bis 30 Pfund. Er 
hatte ſie beynah ein Vierteljahr, aber bemerkte in 
der ganzen Zeit nicht, daß ſie das geringſte von 
den vielerley Nahrungsmitteln, die man ihr vor⸗ 
warf, genoſſen haͤtte. 

Die Oberſchaale dieſes Thieres war 20 Zoll 
lang und vierzehn breit. Die Hauptfarbe war 
dunkelbraun, etwas ins gruͤnliche ſpielend, die 

| Mitte 


Testudo ferox. Schneiders erſt. Beytr. S. 10. 

Die weiche Schildkroͤte. Deſſen zweyter 
Beytr. S. 17. Nr. 14 

Die beißige Fluß: Schildkröte Donn⸗ 
dorfs Thiergeſchichte S. 413. Nr. 5. 

Die beißige Schildkroͤte. Deſſen Zool. 
Beytr. III. S. 16. Nr. 20. B. 

d) Philosoph, Wen 25 Vol. 6. I. n. 32. 
fig. 1 — 


Die beißige Schildkroͤte. 195 


Mitte der Schaale war hart, ſtark und knochig, 
aber der Rand vorzüglich am Hintertheile Enorpes 
lich, weich und biegſam, gleich gegerbtem Leder, 
ließ ſich nach allen Seiten biegen, war aber dabey 
dick und ſtark genug, um das Thier hinlaͤnglich zu 
decken und zu beſchuͤtzen. Gegen den Schwanz 
zu war die Schaale mit kleinen, glatten, laͤngli⸗ 
chen Buckeln oder Knoͤpfen beſetzt, die nach dem 
Kopfe zu etwas groͤßer und erhabener wurden. 
Der Bruſtſchild hatte eine ſchoͤne weißliche 
Farbe, und gieng zwey bis 3 Zoll weiter vor als 
die Oberſchaale, ſo daß 5 Thier ſeinen Kopf, 
wenn es ihn zuruͤckzog, auf den vordern weichen 
und knorpelichen Theil deſſelben legen konnte. Der 
hintere Theil deſſelben war hart, knochenartig er- 
haben und war nach Doct. Garden wie ein 
Sattel geſtaltet. 
Dier Kopf war etwas dreyeckig, im Verhaͤlt⸗ 
niß gegen das Thier klein, erweiterte ſich aber nach 
dem Halſe zu, welcher dick, 13 1/2 Zoll lang 
war, und leicht unter die Schaale zuruͤckgezogen 
werden konnte. Die Augen ſtanden im Vorder— 
theile des Kopfs nach oben zu, nicht weit vonein— 
ander; die Augenlieder waren groß und beweg— 
lich; der Augenſtern klein; die Iris ganz rund und 
ſehr ſchoͤn gelb, und gab dem Auge ein ſehr leb⸗ 
haftes Anſehen. Das Auge war uͤberdem mit 
einer Nickhaut verſehen, die ſich ſchloß, wenn das 
Thier furchtſam wurde oder ſchlief. 


N 2 5 Das 


196 2. Schildkröten. 


Das Maul war, wie bey den übrigen Schild⸗ 
kroͤten, unten am Kopf; jeder Kinnbacken beſtand 
aus einem Knochen, aber eine Eigenheit dieſer 
Art war die Geſtalt und Stellung der Naſenloͤcher. 
Der obere Theil des oberen Kinnbackens endigte 
ſich in einem knorpelichen, etwas eylindriſchen, we⸗ 
nigſtens 3/4 Zoll langen Auswuchs, welcher ei⸗ 
nem Maulwurfsruͤſſel ähnlich, ‚aber zart, dünn 
und etwas durchſichtig war. Am Ende deſſelben 
ſtanden die Nafenlöcher, die ſich auch in den Gau⸗ 
men oͤffneten. 

Die Beine waren dick und ſtark, die vorderen 
hatten 5 Zehen, von denen die drey erſten kuͤrzer 
und ſtaͤrker als die andern und mit krummen Naͤ⸗ 
geln verſehen waren ). Neben der fuͤnften ſtan⸗ 
den noch zwey falſche oder Schein-Zehen, die eine 
große Haut ausdehnen helfen, durch die alle uͤbri⸗ 
gen verbunden waren. Die Hinterfuͤße waren 
eben fo. wie die vordern, ausgenommen, daß fie 
ſtatt zweyer Scheinzehen nur eine hatten. Vor⸗ 
der⸗ und Hinterfuͤße waren mit einer runzlichen 
dunkelgruͤnen Haut bekleidet. 

Die beißige Schildkroͤte iſt ſtark und wild; 
wenn ſie angegriffen wird, hebt ſie ſich auf ihre 
Hinterpfoten, ſpringt wuͤthend gegen ihren Seind, 
und beißt heftig. 

8 Die 


) Die zwey letzten hatten mehr Glieder, waren aber 
kleiner und ohne Klauen, und mit der Schwimm— 


haut bis über ihre Ecken hinaus bedeckt und ver⸗ 
bunden. Be ; 


Die beißige Schildkroͤte. 197 


Die Schildkroͤte des Doet. Garden hatte 
einen dicken, breiten und kurzen Schwanz. Es 
war ein Weibchen, ſie legte funfzehn Eyer, und 
nach ihrem Tode fand man beynah noch eben ſo 
viele bey ihr. Die Eyer waren völlig rund, und 
hatten beynah einen Zoll im Durchmeſſer. 

Dieſe Schildkroͤte iſt ſehr gut zu eſſen, und 
man haͤlt ſie ſelbſt fuͤr ſchmackhafter als die Nene 

Schildkroͤte. 

Ich glaube, wenn man die Naturgeschichte 
des neuen Welttheils erſt beſſer kennen wird, ſo 
dürfte die beißige Schildkroͤte, die man in Caroli⸗ 
na und Florida geſehen hat, wohl in mehreren 
Fluͤſſen im ſuͤdlichen und nördlichen Amerika gefun- 

den werden. Als der Hr. v. Widerſpach, Cor- 
reſpondent des koͤniglichen Kabinets ſich an den 
Ufern des Oyapoke in Suͤd- Amerika be⸗ 
fand, brachten ſeine Neger ihm den Kopf und ei— 
nige andere Theile von einer Fluß- Schildkroͤte, 
die fie ſchon zerſtuͤckt hatten, und die er hernach in- 
der wilden Schildkroͤte, die Hr. Pennant be⸗ 
ſchrieben hat, wieder zu finden glaubte. 


| 3 u ſ a tz. 
Die große weichſchaalige Schildkroͤte.«⸗ 
N 7 Dieß: 


ge) The great softshelled Tortoise. Bartram 
travels trough Nord and South- Carolina. 
„ 1791. 8, p. 177. Ueberſ. S. 171. 

af. | 
Testa- 


198 Schildkröten. 


Dieß von Bartram beſchriebene Thier, def- 
fen Panzer 2 1/2 Fuß lang und 1 1/2 Fuß breit 
war, trifft darin mit dem vorhergehenden uͤberein, 
daß Geſtalt und Bildung des Panzers, weiche 
Beſchaffenheit deſſelben, die hornigen Knoten auf 
den Enden, die rüffelfürmige Naſe, Lebensart, 
Sitten und Vaterland gleich ſind. Verſchieden 
iſt es 1) durch die in der Abbildung nur bemerkli⸗ 
che Vorragung des Ruͤckgrats und der Rippen. 

2) Durch die ebenfalls in der Abbildung an— 
gezeigten mit fünf Fingern und eben fo viel Kral- 
len beſetzten Vorder- und Hinterfuͤße, die über die 
Schwimmhaut hinausreichen. | 

3) Vorzüglich aber durch die warzigen Zoͤpfe, 
die die Lippen und Winkel des Mundes umgeben 
und an der Figur auch an Kinn und Hals ſich be⸗ 
finden. 

Wahrſcheinlich iſt es einerley Thier, und nur 
die Zeichnung von einem vertrockneten Exemplare 
genommen, wodurch die 10 Wirbelbeine des Ruf. 
kens und die eben fo viel Rippen u. ſ. w. ſehr ſicht⸗ 
bar werden. 

Dieß Thier bewohnt die ſchlammigen Stellen 
der Fluͤſſe und Suͤmpfe unter den Wurzeln und dem 
Laub der Waſſerpflanzen, und uͤberfaͤllt aus dieſem 
Hinterhalt, wenn es hungrig iſt, ſeinen ſichern 
und unbeſorgten Raub. Es kann naͤmlich ſeinen 


Hals 


Tesstudo (ferox?) verrucosa. Bartram. 


Schoͤpf N. G. der Schildkröten S. 105. 


Die beißige Schildkröte. 199 


Hals auf eine unglaubliche Laͤnge vorſtrecken, und 
ſo mit blitzaͤhnlicher Geſchwindigkeit ſorglos 
umherſchwimmende Thiere, vorzuͤglich junge Waſ— 
ſervoͤgel anfallen und erſchnappen; denn dieſe Art 
iſt fleiſchfreſſend und verzehrt auch Froͤſche und klei- 
ne Fiſche. Zuweilen erhebt es den Kopf uͤber das 
Waſſer, und giebt, indem es athmet und blaͤßet, 
einen ſchwachen ziſchenden Laut von ſich. Sie 
wohnen an allen Fluͤſſen, Seen und Lachen des oͤſtli⸗ 
chen Florida, und werden 30 — 40 Pfund 
ſchwer. Ihr Fleiſch iſt fett und wohlſchmeckend, 
allein ungewohnten, oder uͤbermaͤßig davon genie— 
ßenden Perſonen verurſacht es einen leichten 
Durchfall. | | 


N A Die 


200 Schildkrdten. 


Die breitrandige Schildkroͤte. ) 


(Die Griechiſche oder gemeine Land Schildkroͤte. La 
Grecque, ou la Tortue de terre commune.) g) 


anf VII. Fig. 1.) 


So nennt man die Land ⸗Schildkroͤte, a rie⸗ 
chenland, und in den meiſten gemäßigten Laͤn⸗ 
| dern 

J 


>) Hier beginnen die Beſchreibungen der ei gentlis 
chen Landſchildkroͤten. 

Ich habe hier die Benennung briitrandige 

Schildkroͤte nach Schoͤpf gewählt, weil die 

Abbildung und Hauptbeſchreibung, die 330 angegez 

ben worden, auf diefe gehen, wie Hr. D .Shöyf 

| hinlaͤng⸗ 


8) Griechiſch; vA vegraie. 

Tortuga de Garriga in Languedoc. Kr 

Isicame oder Sanki in Japan. 

Le Grecque. D' Aubenton Ency cl. meth. 

Testudo terrestris vulgaris, Hay Synops. p. 
253. 

Testudo graeca pedibus subdigitatis, testa pa. 
tice gibba, margine laterali obtusissimo, gcu- 
tellis planiusculis. Lin. Syst. nat. edit, XIII. 
P. 352. 

Testudo gracca. Schneider. (Die vier letz 
ten Synonymen gehoͤren nicht zu der Abbildung 
und Hauptbeſchreibung die Hr. La Cepede hier 
aufſtellt, ſondern zu der eigentlichen Griechi— 
ſchen oder Moſaiſchen Scllderdte e die ich 
im Anhange beſchreihen werde. B. 


* 


Die breitrandige Schildkroͤte. 201 


dern Europens zu Haufe iſt. Man nannte fie 
lange Zeit bloß Landſchildkroͤte, aber da dieſer Name 
bloß ihren Wohnort, den ſie mit mehrern andern 
Arten gemein hat, anzeigt, fo habe ich die Benen— 
nung vorgezogen, die ihr neuere Naturforſcher 
geben. Man findet ſie in Waͤldern und auf 

N 3 | Ans 


hinkaͤnglich gezeigt hat. Hr. La Cepede wirft 
hier mehrere Landſchildkroͤten untereinander, und 
was er 1155 die Naturgeſchichte ſeiner Amphibien 
ſagt, gehört allerdings der Griechiſchen Schild⸗ 
kroͤte, paßt aber nicht auf ſeine Hauptbefchreiz 
bung. Es wird daher noͤthig ſeyn, die Griechi 
ſche Schildkroͤte im Anhang genauer zu beſchrei— 
ben und die Synonymen nach dieſen beyden getrenn— 
ten Arten zu ordnen. Hierher gehoͤrt demnach: 
Testudo marginata. TI. testa oblonga, gibba ; 
lateribus retusa, margine postico explana- 
to-depressa, scutellis XXI. 

(Die breitrandige Schildkroͤte; das Ruͤckent 
ſchild ablang, hochgewoͤlbt, mit ſtark eingezoge: 
nen Flanken; der aus 24 Schuppen beſtehende 
Rand iſt hinterwaͤrts flach auswärts gebreitet.) 
Schoͤpf N. G. der Schildkr. S. 58. Taf. XI. 
und XII. Fig. r. 

Die Pfuhl⸗Schildkroͤte. Meyers Thiere. 
II. Taf. 61 —63. 

Testudo graja, testa postice explanato - de- 
pressa, lateribus retusa, scutellis subgibbis, 
glabris ; marginali F lineari. Her- 
mann. 

Die gemeine oder Griechiſche Landſchild⸗ 
kroͤte. Schneiders zweyter Beytr. S. 17. 
Nr. 15. 

Die breitrandige Schildkroͤte. Donn 
dorfs Zool. Beytr. III. S. 33. Nr. 7. 


ei 


— 


202 a Schildkröten. | 


Anhoͤhen, und es iſt wohl niemand, der fie nicht 
geſehen hat, oder wenigſtens dem Namen nach 
kennt. Ihre Langſamkeit war von jeher un» 
ter Philoſophen und Dichtern in Schluͤßen und 
Bildern und in den Spruͤchwoͤrtern des Volks 
beruͤhmt; und ſie iſt wirklich eins der langſamſten 
Thiere unter allen Amphibien. Sie braucht ſehr 
lange Zeit zu dem kleinſten Wege; ob ſie aber 
gleich langſam von der Stelle kommt, ſo ſind doch 
die Bewegungen ihrer einzelnen Theile oft ſehr leb— 
haft, ich habe ſie Kopf, Beine und Schwanz ſehr 
munter bewegen ſehen. Vielleicht iſt die Schwe- 
re ihres Schildes, den ſie zu tragen hat, und die 
Stellung ihrer Fuͤße, die ſehr auf der Seite, und 
weit voneinander ſtehen, allein an der Langſam— 
keit ihres Ganges Schuld. Denn ihr Blut iſt 
eben ſo warm als bey andern Amphibien, die mit 
Leichtigkeit auf die hoͤchſten Baͤume klettern; und 
ob gleich ihre Finger wie bey den Eidechſen, die 
ſehr behend laufen koͤnnen, getrennt ſind, ſo iſt 
doch auch ihre Bildung allein einem leichten und 
geſchwinden Gange nicht hinderlich. 
Unnſere Griechiſchen Schildkroͤten haben in vie⸗ 
len Stuͤcken Aehnlichkeit mit den gemeinen Fluß— 
Schildkroͤten; ihre Groͤße iſt nach dem Alter, und 
der Gegend, die ſie bewohnen, verſchieden. Es 
ſcheint als wenn die, welche in Gebirgsgegenden 
wohnen, groͤßer wuͤrden, als die Schildkroͤten der 
Ebenen. Die, welche ich nach dem Leben beſchrie— 
ben babe, maß, die e der Schaale mitge⸗ 
rechnet, 


* 1 


Die breitrandige Schildkroͤte. 203 


rechnet, vierzehn Zoll in die Laͤnge und zehn in 
die Breite ). Der Kopf war einen Zoll und 
zehn Linien lang, und 1 Zoll 2 Linien breit. Der 
obere Theil war platt und dreyeckig. Die Augen 
hatten eine Nickhaut; bloß das untere Augenlied 
war beweglich, wie ſchon Plinius bemerkt hat, der 
dieſe Eigenheit aber faͤlſchlich den Krokodillen und 
Amphibien uͤberhaupt zuſchreibt. Die Kinnbacken 
waren ſehr ſtark und gezaͤhnelt; und auch die inne= 
re Seite war rauh, welche hervorſtehende Spitzen 
man faͤlſchlich fuͤr wirkliche Zaͤhne gehalten hat. 
Die Ohroͤffnung iſt mit einer Haut bedeckt; der 
Schwanz iſt ſehr kurz, nur zwey Zoll lang. Die Vor⸗ 
derfuͤße ſind bis an die Spitze der Zehen drey Zoll 
ſechs Linien, und die Hinterfuͤße zwey Zoll fed)s 
Linien lang. Kopf, Beine und Schwanz ſind 
mit einer koͤrnigen Haut und ungleichen harten, 
mehr oder weniger braunen Schuppen bedeckt. 
Einige von den aͤußerſten Schuppen an den Zehen, 
waren ziemlich groß, ſtanden etwas von der Haut 
ab, und waren ſo ſpitzig, daß man ſie auf den er— 
ſten Blick fuͤr Naͤgel haͤtte halten koͤnnen. Die 
Fuͤße waren ſtark, und da die Zehen alle in eine 
Haut verwachſen find, fo kann man fie nicht an= 
ders als an den Nägeln am Ende unterſcheiden ). 

| Diefe, 


A) So groß wird keine Griechiſche Schild: 
kot e, 
3) Ich muß hier bemerken, daß bey dieſer Bildung 
der Fuͤße Linne“ den Ausdruck pedes e 
| 9 | nicht 


® 
204 Schildkröten. 


Dieſe Schildkroͤte hat gewöhnlich ſtumpfere 
Nägel als die Fluß⸗Schildkroͤte, weil fie fie durch 
den haͤufigern Gebrauch mehr abnutzt. Wenn ſie 
geht, ſo ſetzt ſie ihre Naͤgel einzeln einen nach den 
andern auf den Boden, ſo daß wenn ſie einen 
Vorderfuß auf die Erde ſetzt, zuerſt der innere 
Nagel den Boden beruͤhrt, dann der zweyte und 
die folgenden einer nach dem andern. Dadurch 
macht ſie mit dem Fuße gewiſſermaßen die Bewe⸗ 
gung eines Rades. Es ſcheint als wenn ſie die 
Beine ſo wenig als moͤglich vom Boden aufheben 
moͤchte, um durch viele kleine aufeinanderfolgende 
Schritte, die ſchwere Laſt, die ſie zu tragen hat, mit 
weniger Mühe fortzuſchleppen. Dreyzehn geraͤn⸗ 
dete Schilde bedecken die Oberſchaale und vier 
und zwanzig den Rand. Die letztern find ver- 
haͤltnißmaͤßig größer als bey allen andern Schild⸗ 
kroͤten, und geben durch ihre Lage dem Rande ein 
gezaͤhntes Anſehen. Der Bruſtſchild hat gewoͤhn⸗ 
lich 12 oder 13 Schilde; die welche ich beſchreibe, 
hatte 13. Die Felder der Oberſchaale ſind mit 
zwey Farben marmorirt, wovon die eine mehr 
oder weniger dunkel (foncee) und die andere weiß⸗ 
lich iſt. 
Die obere Schaale iſt ſehr gewoͤlbt; die Schild⸗ 
kroͤte, welche ich ſelbſt maß, war 4 Zoll 3 Linien 

/ dick 

0 8 b 

nicht hätte brauchen ſollen, wie ſchon Cetti in ſei⸗ 

ner Naturgeſch. der Amph. und Fiſche Sardiniens 

angemerkt hat. (Linne beſchreibt Nas breitrandi“ 

ge Schildkroͤte nicht. B.) 


Die breitrandige Schildkroͤte. 205 
dick; deßwegen kann ſie auch, wenn ſie auf den 
Ruͤcken gelegt wird, ſich wieder umwenden, und 
bleibt nicht, wie die Rieſen-Schildkroͤte, ein Raub 
ihrer Feinde. Wenn ſie ſich umwenden will, ſo 
kann ſie das mit den Beinen, die zu kurz ſind, 
um auf den Boden zu reichen, nicht allein; ſie 
braucht bloß Kopf und Hals dazu, mit dem ſie 
ſich gegen die Erde ſtemmt, um ſich gewiſſermaßen 
in die Hoͤhe zu heben. So ſchaukelt ſie hin und 
her, bis fie die Seite gefunden hat, wo das Erd: 
reich am abhaͤngigſten iſt, und ihr die leichteſte 
Arbeit macht. Alsdann ſtrengt fie alle Kräfte an, 
ſich auf dieſe Seite zu legen, bis ſie die Erde mit 
den Füßen erreichen und ſich ganz umwenden kann. 
Es ſcheint als wenn man die Maͤnnchen von den 
Weibchen daran unterſcheiden koͤnnte, daß der 
Bruſtſchild der letzten beynah platt, bey den Maͤnn⸗ 
chen hingegen immer etwas eingebogner iſt Y. 

Den See- und Fluß-Schildkroͤten macht das 
Element, in dem fie leben, ihre Laſt beträchtlich 
leichter, denn jedermann weiß, daß ein Koͤrper im 
Waſſer merklich von ſeinem Gewichte verliert; den 
Land ⸗Schildkroͤten kommt dieß nicht zu ſtatten. 
Das Gewicht, welches die Griechiſche Schildkroͤte 
zu tragen hat, iſt ein Beweis von ihrer Staͤrke. 
Man kennt dieſe Dan aus der Leichtigkeit, mit der 


ſie 


Y Cetti. Im Dugi S. io. in der Ueherſ. S. 
11.) Hier iſt aber von der Griechiſchen Schild— 
kroͤte die Rede. Dieſe Bemerkung paßt aber wohl 
auf alle Land: und Sluß; Schildkroͤtenn. B,. 


206 ‚Schildkröten. 


fie ſehr N Soner zerbeißen kann. Ihre Kinn⸗ 
backen-Muskeln find jo Eräftig, daß von einer 
kleinen Schildkroͤte, der man den Kopf abgefchnit- 
ten hatte, die Kinnbacken noch eine halbe Stunde 
nachher ziemlich laut zuſammenklappten; und 
ſchon ſeit Ariſtoteles hielt man die Schildkröte 
fuͤr das Thier, das verhaͤltnißmaͤßig die meiſte 
Staͤrke in den Kinnbacken hat. 

Aoͤ.ber dieſe Erſcheinung iſt bey dieſer Schild— 
kroͤte nicht die einzige, welche beweiſt, wie ſchwer 
die Amphibien zu toͤdten find. Franz Redi 
hat in dieſer Ruͤckſicht in Toſcana Verſuche ange- 
ſtellt, deren bauptjächlichfte Reſultate ich hier mit⸗ 
theilen will 2). 

Er nahm im Anfang des Rovembers eine ge⸗ 
meine Land ⸗Schildkroͤte, machte eine große Oeff— 
Uung in die Hirnſchaale, nahm alles Gehirn her— 
aus, und räumte die ganze Hirnhoͤhle völlig rein 
auf. Sobald das Gehirn ausgenommen war, 
ſchloßen ſich die Augen des Thieres um ſich nie 
wieder zu oͤffnen. Dennoch bewegte es ſich, als 
es in Freyheit geſetzt wurde, nach wie vor, kroch, 
als wenn ihm nichts geſchehen waͤre, und half 
fc, ine es nicht ſchen konnte, gewiſſermaſſen 

a mit 


* 
* B 


h Osservazioni di Francisco Rede intorno aglı 
animali viventi, che si troVono negli animali 
viventi. Napoli 1687. p 126. (Dieſe Verſuche 
ſind an der Griechiſchen Schildkroͤte gemacht wor⸗ 
den. Be a ders N. S. d. Re 


u ZZ 


Die breitrandige Schildkröte 207 


mit Tappen fort. Nach drey Tagen wuchs eine 
neue Haut uͤber die Hirnſchaale her, und die 
Schildkroͤte lebte und bewegte ſich ganz wie ge— 
woͤhnlich, bis in die Mitte des Mays, das heißt, 
beynah noch ſechs Monate. Als fie todt war, un« 
terſuchte Redi die Hirnſchaale wieder, und fand 
nichts darin als ein Tropfchen zuſammengelaufenes 
trocknes ſchwarzes Blut. Er wiederholte dieſen 
Verſuch mit mehreren ſowohl Land- als Fluß ⸗ 
und See⸗Schildkroͤten, und alle lebten ohne Ge⸗ 
hirn eine mehr oder minder betraͤchtliche Zeit hin- 
durch. 

Darauf hieb er einer großen Griechiſchen 
Schildkröte den Kopf ab, ließ alles Blut, was 
aus den Halsadern fließen konnte, verlaufen, und 
die Schildkroͤte lebte, wie ſi ch aus ihren Bewe⸗ 
gungen an den Vorder- und Hinterfuͤßen deutlich 
ſehen ließ, noch mehrere Tage. Dieſer Natur⸗ 
forſcher hieb noch vier andern Schildkroͤten den 
Kopf ab; zwoͤlf Tage nach dieſer Operation oͤffne⸗ 
te er ſie, und fand das Herz noch klopfen; das 
Blut, was zuruͤckgeblieben war, gieng noch ein 
und aus, und die Thiere lebten alſo noch. 

f Beweiſen dieſe Verſuche, die ſeitdem von meh⸗ 
rern Naturforſchern angeſtellt ſind, nicht augen— 
ſcheinlich, was ich oben von der Organiſation der 
Amphibien im Allgemeinen geſagt habe? m), 

6 5 Die 


3) Man ſehe oben die Einleitung uͤber die Natur der 
Amphibien. 


208 Schildkröten. 

Die Nahru ng der Griechiſchen Schildkröte 
beſteht in Fruͤchten, Wuͤrmern, Schnecken und 
Inſerten. Da fie keine Thiere angreift, die Blut 
haben, auch keine Fiſche wie die Schlamm ⸗Schild⸗ 
krdoͤte, welche in Teiche und Moraͤſte geht, wo 
man dieſe nie findet, ſo iſt ſie ein ſehr gutartiges 
friedſames Thier. Sie it fo ruhig als ihr Gang 
langſam iſt, wird leicht haͤuslich, laͤßt ſich mit 
Kleyen und Mehl futtern, und man hat ſie gern 
in den Gaͤrten, wo fie die Inſecten verfolgt. *). 

Sie kann, wie alle uͤbrigen Schildkroͤten und 
Amphibien, eine lange Zeit ohne Nahrung leben. 
Gerard Blaſtus hatte eine Land-Schildkroͤte, 
die zehn Monate lang keine Art von Speiſe 

oder Getraͤnk annahm. Am Ende des zehnten 
Monats ſtarb ſie; aber nicht vor Hunger, denn 
man fand ihre Eingeweide noch voll Ereremente, 
von denen einige ſchwaͤrzlich, andere gruͤn und gelb 
waren; fie ſtarb bloß vor Kälte o). 

Die Griechiſchen Schildkroͤten werden ſehr 
alt. Cetti ſah in Sardinien eine, die vier 
Pfund wog, und ſchon ſeit ſechzig Jahren 
in einem Hauſe war, wo ſie wie ein alter Bedien⸗ 
ter angeſehen wurde ). In etwas nördlichen 

1 Gegen⸗ 
u) Geht auf die unten von mir beſonders beſchriebene | 

Griechiſche Schildkroͤte. B. 

00 Anatomiſche Bemerkungen von Gerhard Bla 
us. 

0 ett S. 3 9 (Ueberſ. S. 11. Hier iſt nicht 


von J. marginata, ſondern von 2, . die 
ede 


. 


verſchieden. In Sardinien legen ſie zu Ende 


Die breitrandige Schildkroͤte. | 209 


Gegenden bringen die Landſchildkroͤten den Win⸗ 
ter unter der Erde in Löchern zu, die fie ſich zuwei— 
len ſelbſt graben, und wo fie, je nachdem die Wit⸗ 
terung ſtreng iſt, mehr oder weniger erſtarren. So 
verbarg ſie ſich in Sardinien ſchon zu Ende des 
Novembers 7). 

Im Fruͤhling kommen ſie wieder aus ihren 
Loͤchern hervor und paaren ſich, je nachdem das 


Clima heiß iſt, kuͤrzere oder längere Zeit nachher. 
Man hat uͤber die Paarung dieſer Schildkroͤten 


viel Maͤhrchen geſchrieben “) und nacherzaͤhlt; 
über die Brunſt der Maͤnnchen, die Schamhaftig⸗ 
keit der Weibchen u. d. m. Das einzige, was da— 
von geſagt werden kann, iſt, daß die Maͤnnchen 
ein ſehr großes Zeugungsglied haben, alſo ihre 
Hitze, wenn ſie die Weibchen ſuchen, ſehr auffal— 
lend iſt. In den Gegenden von Afrika, wo 
fie häufig find, ſollen die Männchen ſogar um die 
Weibchen kaͤmpfen. Sie ſollen ſogar von dem 
gebieteriſcheſten aller Triebe beherzt gemacht, ob— 
gleich langſam, doch muthig aufeinander losgehen 


und ſich mit derben Kopfſtoͤßen begruͤßen H. 


Die Legezeit iſt nach der Waͤrme der Laͤnder 
des 


Rede,) ſo auch in dem, was in der Folge erzaͤhlt 
wird. ? 

g) Ebenderf. ebendaſ. 

r) Conrad Gesner. 

s) Linne“ a. a. O. 


De la Cepedes Natg. d. Amph. I. Bd. 


210 Schildkröten: 


des Junius vier bis fünf Eyer, weiß wie Tauben: 
eyer. Das Weibchen legt ſie in ein Loch, das ſie 
mit den Vorderbeinen graͤbt, und bedeckt ſie mit 
Erde. Die Sonnenwaͤrme bruͤtet die Eyer aus, 
und im Anfange des Septembers ) kommen die 
Jungen ſo groß wie eine Nußſchaale hervor ). 

Die Griechiſche Schildkroͤte geht nie ins Waſ⸗ 
fer, dennoch iſt ihr innerer Bau wie bey den See— 
Schildkroͤten *), und wenn ſie gleich in ihrer Le— 
bensart kein Amphibium iſt, ſo iſt ſie es doch ver⸗ 
moͤge ihrer Organiſation. 

Man findet ſie beynah in allen warmen und 
‚gemäßigten Ländern der alten Welt, im füdli- 
chen Europa, Macedonien, Griechen— 
land, auf Amboina und Ceylon in Oſtin- 
dien, Japan )), auf der Inſel Bourbon D, 

5 der 
5) Cetti, von welchen dieß entlehnt iſt, ſagt, beym 
Eintritt des erſten September-Regens. Deſſen 


N. G. von Sard. (ueberſ.) S. 11. B. 

1) Cetti. 

x) Gerhard Blaſius fand bey einer Landſchild—⸗ 
kroͤte, die er zergliederte, das Perikardium voll hel— 
les Waſſer. Anat. Bemerk. S. 63. Sloane 
fand eben das bey einem Alligator, wie wir unten 

ſehen 9 (Beweißt nichts fuͤr das Angefuͤhr— 

te. 

Allgem. Geſch. der Reifen. Th. 40. S. 382. 

) Auf der Inſel Bourbon gab es ſonſt eine Men— 
ge Landſchildkroͤten; aber die Schiffe haben ſie ſo 
duͤnn gemacht, daß man uur auf dem weſtlichen 
Theil derſelben noch welche antrifft, wo die Ein— 
wohner ſelbſt fie jetzt nur in der Faſten fangen duͤr— 
fen. Barbinais le Gentil Reife um die Welt. 


Die breitrandige Schildkroͤte. 211 


der Aſcenſtons-Inſel, und in den Afrika— 
niſchen Wuͤſten. In Libien und in In— 
dien iſt ihr Fleiſch vorzuͤglich ſchmackhaft und ges 
ſund; und man begreift nicht, warum den Neu— 
Griechen und Tuͤrken der Genuß deſſelben unter— 
ſagt iſt. 
Es fehlt uns noch an Beobachtungen um zu 
beſtimmen, ob die SuͤdamerikaniſchenLand⸗— 
Schildkroͤten 4) von der Griechiſchen verſchie— 
den 5), ob fie dort einheimiſch, oder von andern 
Orten hin verpflanzt ſind. Sie ſind dort ſehr 
haͤufig und man ſucht ſie mit Hunden auf, die da— 
zu abgerichtet ſind, ſie an der Faͤhrte zu erkennen, 
und anzuſchlagen, wenn fie fie gefunden haben, 
bis der Jaͤger kommt. Man nimmt ſie lebendig 
mit, ſetzt ſie in einen Garten oder in beſondere Ge— 
hege, und fuͤttert ſie mit Pflanzen und Fruͤchten. 
Ihre Vermehrung iſt ſtark. Sie wiegen 5 auch 
6 Pfund und druͤber. Ihr Fleiſch ſoll, ob es 
gleich etwas zaͤh iſt, ſehr gut ſchmecken. Die 
. 2 Jun⸗ 


a) Die breitrandige Schildkroͤte gehoͤrt 
wahrſcheinlich nach Suͤdamerika zu Hauſe, denn 
ein Panzer, den Hr. D. Schoͤpf in Holland 
ſah, ſollte von daher gekommen ſeyn. B. 

5) Es giebt Landſchildkroͤten, die im Braſilianiſchen 
Sabutis heißen, und die Einwohner von Para alı 
len andern vorziehen. Sie koͤnnen ſich alle einige 
Monate lang ohne merkliche Nahrung außer dem 
Waſſer halten. Allg. Geſch. der Reiſen. Th. 53. 
S. 438. (So wird die Geometriſche Schildkroͤte 
genannt. ſ. Pisces americ, p. 106. tab, 109. 
n. 5, B.) 


212 Schildkröten. 


Jungen wachſen ſechs bis acht Jahre. Die Weib- 
chen paaren ſich ſchon, wenn fie erſt halb ausge» 
wachſen ſind, die Maͤnnchen hingegen nie, bis ſie 
ihren groͤßten Wachsthum vollendet haben. Schon 
hieraus ſcheint einzuleuchten, daß die Weibchen 
hitziger find als die Maͤnnchen „), und daß die 
Sage der Alten, von der Brunſt der Maͤnnchen, 
und der Zuruͤckhaltung der Weibchen, eine 
Sage iſt. N a 
Im noͤrdlichen Amerika und den nahge⸗ 
legenen Inſeln ſcheinen fie durch das Clima einige 
kleine Veraͤnderungen erlitten zu haben, im Grun— 
de aber unſere gemeine Land-Schildkroͤten zu ſeyn. 
In unſerm gemaͤßigten Europa gelangen ſie 
bey weitem nicht zu der Groͤße als in den heißen 
Gegenden Indiens. Man hat eine Griechiſche 
Schildkroͤte von der Kuͤſte Coromandel ge— 
bracht 4), die von der Spitze der Schnauze bis 
zum Ende des Schwanzes vier und einen halben 
Fuß lang und vierzehn Zoll dick war. Der Kopf 
war ſieben Zoll lang, und vier breit. Das Ge— 
hirn war im Ganzen ſechzehn Linien lang, neun 
Linien breit; die Zunge einen Zoll lang, vier Li— 
nien breit, eine Linie dick; die Oberſchaale drey 
Fuß lang, zwey Fuß breit. Es war ein Maͤnn— 
chen und hatte ein eingebogenes Bruſtbein. Die 
Ruthe gieng in den After und war 9 Zoll lang 
und 1 1/2 Zoll dick. Die Blaſe war außeror- 
dent⸗ 


c) Bemerkung des Hrn. la Borde. 
d) S. unten die Indiſche Schildkroͤte. B. 


Die breitrandige Schildkroͤte. 213 


dentlich groß, und man fand 12 Pfund hellen 
und klaren Urin darin. | 

Der Schwanz war ſehr dick, hatte an der 
Wurzel ſechs Zoll im Durchmeſſer und war vier: 
zehn Zoll lang. Als das Thier todt war, war er ſo 
ſteif geworden, daß es unmoͤglich war ihn zu bie— 
gen; es laͤßt ſich daraus ſchließen, daß ſie ziemlich 
ſtark damit muß ſchlagen koͤnnen. Die Spitze 
war hornartig e) und glich der Spitze am 
Schwanze der Scorpion-Schildkroͤte. Die gro⸗ 
ßen Land - Schildfröten haben alſo außer ihren 
Schilden noch Waffen zum Angriff; ſehr ſtarke 
und ſcharfe Kinnbacken und Beine und Schwanz, 
die ſie wohl zum Angriff brauchen koͤnnten. Da 
ſie ſie aber nicht mißbrauchen, und bloß zu ihrer 
Vertheidigung anzuwenden ſcheinen, ſo beſtaͤtigt 
dieß was wir oben von ihrer friedlichen Lebensart 
geſage haben. 

Im koͤniglichen Kabinette befinden ſich ds 
zwey ſehr große Griechiſche Schildkroͤten; die eine 
Oberſchaale iſt beynah zwey Fuß fuͤnf Zoll, und 
die andern zwey Fuß vier Zoll lang. Die erſte 
hat am Ende des Schwanzes eine ähnliche Ver— 
haͤrtung wie die von Coromandel, doch glaube 
ich nicht, daß dieß Kennzeichen ſich nur bey großen 
Schildkroͤten findet. Ich habe einen aͤhnlichen, 
Berne Anſatz auch an einer lebenden Schild— 

O 3 kroͤte 


e) Memoires pour servir à l’hist, nat. Art. la 
Tortue de Coromandel. 


214 Schildkroͤten. 


kroͤte bemerkt, die nicht größer war als die im Ar 
fang dieſes Artikels beſchriebene. Sie unterſchied 
ſich freylich etwas durch die helle und gruͤnliche 
Farbe ihrer Schilde von den gewoͤhnlichen Schild⸗ 
kroͤten, und es koͤnnte ſeyn, daß das Exemplar über 
das ich keine weiteren beſondern Nachrichten einziehen 
konnte, vielleicht eine beſtaͤndige Abart geweſen 
waͤre, welche das Horn fruͤher als die andern 
Griechiſchen Schildkroͤten bekommt H. 

Noch befindet ſich in dem Kabinette der Kopf 
einer Land⸗Schildkroͤte von der Inſel 97 rigo, 
der beynah 5 Zoll lang ift. 


Varietaͤt der Griechiſchen Schildkroͤte, aus 
dem Nachtrag Vol. II. p. 488. uͤberſetzt. 

Herr Arthand, beſtaͤndiger Secretair der 
Geſellſchaft der Philadelphen, hat mir von St. 
Domingo eine große Land-Schildkroͤte zugeſchickt, 
die der unter dem Namen Griechiſche Schild— 
kroͤte (Tortue grecque) beſchriebenen vollig 
gleicht, ausgenommen an den Schuppen auf dem 
Kopfe, den Beinen und dem Sichen die größe 
e hellrot ſind. 


? | Zuſaͤtze. 


Man ſehe Schneiders Naturgeſch. der Schild⸗ 
kroͤten. Leipzig 1785. S. 348, und die dort an⸗ 
gefuͤhrte Beobachtung des Prof. Hermanns zu 
Strasburg. (An den eigentlichen Griechiſchen 
Schildkroͤten bemerkt man nur eine hornartige 
Schwanzſpitze, hier iſt auch von dieſer die Rede.) B. 


Die breitrandige Schildkroͤte. 215 


Zu ſaͤ tz e. 


Um fo viel als möglich Deutlichkeit und Volle 
ſtaͤndigkeit in dieß Werk zu bringen, will ich noch 
die genaue Beſchreibung der breitrandigen- 
Schildkroͤte aus dem Schoͤpfiſchen Werke 
hier einruͤcken, und darauf eben daher die Grie⸗ 


chiſche folgen laſſen. 


Die breitrandige Schildkröte 
Testudo marginata. Schöpf. 


Kopf und Gliedmaßen hat Hr. D. Schoͤpf 
nicht geſehen. Der hochgewoͤlbte Panzer iſt laͤng— 
lich, fo daß deſſen nach der Länge gemeſſener Bo» 
gen, den Querbogen um ein Viertheil uͤbermißt; 
die Hoͤhe iſt ein Drittheil, die Breite der Woͤlbung 
aber der halben Laͤnge des Panzers gleich. Die 
Scheibe hat 13 Felder. Die fünf mittlern find 
flach erhaben, fo naͤmlich, daß das Mittel des 
Feldes an einer bejahrtern Schaale etwas uͤber ſei⸗ 
nen plattern Umkreis erhaben iſt; fie ſind meiſt 
glatt, oder mit Parallel - Linien nur leicht gefurcht. 
Das vorderſte Feld iſt fuͤnfeckig, mit krummlini⸗ 
gen Seiten, abhaͤngig, und nach unten niedrig ge⸗ 
kielt; das vorragende Schuppenfeld lieget nach 
oben und iſt mit parallelen Furchen umgeben. Das 
zweyte naͤhert ſich einem Sechsecke, deſſen vordere 
Schenkel kuͤrzer und gekruͤmmt, die hintern breiter 

e und 


216 Schildkröten 


und gerader, die mittlern aber ebenmaͤßig und ger 
bogen find. Das dritte oder mittelſte liegt wage⸗ 
recht, iſt wenig erhaben, ſechseckig, die vordern 
und hintern Raͤnder ſind breiter und geradliniger, 
als die an den Seiten. Das vierte iſt ungleich— 
ſeitig ſechseckig, nach hinten ſchmaͤler und abſchuͤſ⸗ 
ſig, das in der Mitte liegende Schuppenfeld vor« 
ragender. Das fuͤnfte ungleichſeitig fünfeclig, 
flaͤcher und ſtark abhaͤngig. 

Die vier Seitenfelder haben die obere Hälfte, 
in deren Mitte das Schuppenfeld lieget, converer, 
die untere ſehr glatt abſchuͤſſig und leicht gefurcht. 
Das erſte hat eine unregelmaͤſſige Geſtalt, der un» 
tere Rand iſt bogig. Das zweyte und dritte ſind von 
oben abwärts ablang - viereckig, und an Größe 
wenig unterſchieden; ihnen an Geſtalt ziemlich aͤhn⸗ 
lich, aber kleiner iſt das vierte. 

Die Hauptfarbe der Schuppen iſt braun⸗ 
ſchwaͤrzlich, bis auf die mittlern mehr gewoͤlbt vor— 
ſtehenden Schuppenfelder, welche mit Gelb, aber 
ungleich bezeichnet ſind. 

Der Rand beſtehet aus 24 Schuppen; davon 
die vorderſte ungepaarte die kleinſte, gleichbreit und 
etwas vorragend iſt; die drey naͤchſtliegenden zu 
beyden Seiten ſind mit dem vordern Theil der 
Scheibe gleich abhaͤngig und ſcharfkantig. Von 
der fuͤnften aber bis zur neunten ſind ſie alle viel 
abſchuͤſſiger, und des Oberſchildes Flanken erſchei⸗ 
nen einwaͤrts gebogen und verengt, beſonders bey 
der 6ten, ten und sten Schuppe, welche bey 

drey 


Die breitrandige Schildkroͤte. 217 


drey Linien einwaͤrts ſtehen, ſo daß bey der Anſicht 
des Panzers von oben her von dem Mittel der 
darunter gelegene Rand gedeckt wird; auch in der 
Gegend die Kante des Randes am meiſten abge— 
ſtumpft. Der hintere Theil des Randes begreift 
ſleben Schuppen, (naͤmlich die über dem Schwanze, 
und drey ihr an jeder Seite zunaͤchſt liegende,) 
welche ungewoͤhnlich breit, und flach auswaͤrts ge— 
bogen find; die an den hintern Naͤthen vorſprin— 
genden Ecken bilden an jeder Seite drey deutliche 
ſaͤgefoͤrmige Einſchnitte; die letztern find die fief- 
ſten. Das hinterſte uͤber dem Schwanze liegende 
Feld iſt das breiteſte, zugerundet, flach, und nie— 
derwaͤrts gebogen, ſo daß es ſich tiefer, als die 
uͤbrigen, herabſenkt. Dieſes letzte Feld iſt einfach, 
und ſcheint auch nie getheilt geweſen zu ſeyn, in⸗ 
dem nur ein einfaches Schuppenfeld am aͤußerſten 
Rande zu ſehen iſt, und nach dieſem einzigen die 
parallelen Furchen umher geordnet ſind. 
Es hat demnach der Rand am Panzer bey die— 
fer Art feine eigene und von den meiſten Arten arg» 
gezeichnete Bildung; es ſind naͤmlich von den 24 
Randfeldern 
I vorderſtes, das ſchmalſte, gleichbreit, vorne 
ſpitzig. | 
1 hinterſtes, das breitefte, breitgeſtreckt, zuge— 
rundet. 
11 zu beyden Seiten, 
3 vordere, der Scheibe gleich abhaͤngig, 
mit wogiger und ſcharfer Kante. 
O 5 5 


28 Scghhitlendkroͤ. 


5 in den Flanken, ſenkrecht, ſtumpfkantig, 
und von dieſen die drey mittlern ſtark ein⸗ 
E waͤrts gebogen. 

Z hintere, breit auswaͤrts geſtreckt, mit ſaͤ— 

gefoͤrmigen Einſchnitten. 

Die Schuppenfelder find viereckig, aber die⸗ 
fe ſowohl, als die fie umgebenden parallelen Zur- 
chen, erſcheinen an der ſchon bejahrten Schaale 
nur ganz wenig. 

Die Farben des Randes verhalten ſi ch folgen 
dermaßen. Die Schuppen in den Flanken, von 
der vierten bis zur achten, haben die vordere Haͤlf⸗ 
te ſchraͤge abwärts, ſchwarz, das Übrige gelb. Die 
vordern und hintern Randfelder ſind dunkelfarbig, 
(ſchwaͤrzlich-braun) und nur an der Stelle des 
kleinen Schuppenfeldes mit einen gelben Fleck von 
unbeſtimmter Groͤße und Figur bezeichnet. Die 
Farbenſtellung an den Schuppen der Flanken aber 
bildet bey der Anſicht des Panzers von der Seite 
und in einiger Entfernung zwiſchen dem 4fen bis 
zum gfen Randfelde, ſechs dreyeckige gelbe, mit 
eben ſo vielen ſchwarzen abwechſelnden Streifen; 
jene haben ihre breitere Baſin oberwaͤrts und die 
Spitze nach unten, der Gegend des Schuppenfel— 
des zugekehrt; dieſe find unten breiter und veren— 
gen ſich nach o ben. Die untere Seite des Ran— 
des iſt blaß. 

Der Bauchſchild theilt ſich in drey Theile, und 
zwölf Felder. Der Vordertheil iſt dem obern Ran— 
de an Laͤnge gleich und ausgekerbt; der hintere 

kuͤrzer 


Die breitrandige Schildkröte 219 


kuͤrzer als der Oberrand und zwieſpaltig. Die 
Felder des Mittelſtuͤckes ſind ungleich; das vorde— 
re iſt kuͤrzer, beyde aber ſchließen ſich durch ihre 
aufgebogenen Fluͤgel an das Oberſchild. Dieſe 
Verbindung geſchiehet durch eine feſte, gewundene 
Knochennath, von dem vierten bis zum neunten 
Randfelde; aber nur das ste, 6fe, 7te und ste 
ſtehen in ganzer und unmittelbarer Verbindung; 
das 4te und gfe nur zum Theil und mittelſt eines 
eingeſchobenen Knochens. Die Farbe des Bauch— 
ſchildes iſt groͤßtentheils weißlich oder ins Gelbe 
fallend, mit ſchwarzen dreyeckigen Flecken, deren 
Grundflaͤchen an den Quernaͤthen anſtehen. Der 
Bauchſchild des hier beſchriebenen Exemplars war 
nach der Mitte hin tiefer. 

Dieſer von Hrn. Profeſſor Hermann uns 
mitgetheilte Panzer if 10 ı/2 Zoll lang; das 
Oberſchild 3 / Zoll, mit dem Bauchſchilde aber 
41/2 Zoll hoch; an der eingezogenen Stelle der 
Flanken 5 Zoll, am hintern breitern Rande faſt 
6 17/2 Zoll breit. Jede der einzelnen hintern 
Randſchuppen waren 2 Zoll breit. 

Der ganze Panzer iſt ſehr ins Gewicht fallend. 
Er ſchien von einem bejahrten Thiere zu ſeyn, denn 
er war hier und da an der Oberflaͤche abgerieben. 


Die 


220 Schildkröten. 


Die Griechiſche Schildkröte, 


Testudo graeca. Sehöpf. g) 
(Taf. VII. Fig. 2.) 


Beſchreibung und Abbildung find nach! dem 
Exemplar der Hermanniſchen Schildkroͤte 
(Te- 


8) Testudo graeca. T. testa hemisphaerica, 
seutellis disci subconvexis, flavis, nigro ein- 
ctis, margine laterali obtuso, postice gibbo. 
(Der Oberſchild halbrund; die Felder der Scheibe 
mehr oder weniger erhaben, gelb mit ſchwarzer Ein- 
faſſung; der Rand in den Flanken ſtumpf, am Hin— 
tertheile gewoͤlbt. Schoͤpf N. G. der Schildkr. 
S. 43. Taf. VIII. A. VIII. B. — 

Testudo graeca, pedibus subdigitatis, testa po- 
stice gibba, margine laterali obtusissimo, scu- 
tellis planiusculis. Lin. Syst. X, et XII. Gme- 
lin Lin, XIII. p. 1043. n. 10. Schneiders 
Schildkr. S. 358. Nr. 16. 

Testudo Hermanni, pedum unguibus, quaternis 
caudae apice unguiculato, Gmelin Lin. I. c. 
II. 22. a 

Testudo &raeca. Knorr delic. Natur. T. II. tab. 
BR, fig. I. P. 109, 

Testudo geometrica, testa gibba tessellata, sub- 
tus postice acute emarginata, pedibus fissis, 
cauda brevissima. Brunnich Spol. mar. adri- 
at. p. 92. { | 

Testudo terrestris vulgaris, Ray quadr,p. 243. 

Testugine di Terra. Cetti storia. III. p. g. 10. 
Ueberſ. Die Land- Schildkroͤte S. 8 — 11. 

Lands Schildkröte von oben und unten. 
Meyers Thiere. J. Taf. 28. 

| Die 


£ 
L 2 
TI), e 

1. 


„„ 
ech 2 
| 2 Dee . 


Die Griechiſche Schildkroͤte. 221 


(Testudo Hermanni. Gmelin Li n. . 
3. p. 1041. n. 22. und Schneiders Schild— 
kroͤten S. 348.) ſelbſt gemacht. Des Thiers 
ganze Laͤnge von der Naſe bis zur Schwanzſpitze 
betraͤgt 7 Zoll; die des Ruͤckenſchildes allein nur 
4 Zoll 10 Linien; deſſen Breite 3 Zoll 6 Linien, 
und die Höhe mit dem Bauchſchilde 2 Zoll 9 Li— 
nien 2). Der Kopf iſt 1 Zoll lang, 9 Linien 
breit und 7 Linien hoch. Der inwendig gewoͤlbte 
Schaͤdel iſt mit etwas groͤßern Schuppen belegt. 
Die Stirn iſt abſchuͤſſig. Die Naſenloͤcher (fe 

hen 


Die gemeine Schildkroͤte. Klein, Claſſific. 
der vierf. Thiere. 295. Nr. 1. f 
Testudo terrestris. Arab. Zolhafae. Lohajae 
Buzi vel Sukar. Forskal. faun. orient. p- 12. 
Die Moſaiſche Schildkroͤte. Donndorfs 
Europ. Fauna. VII. S. 48. Deſſen Thiergeſch. 
. Ain, a 
— — Müllers Naturſyſt. III. S. 44. Nr. 10. 
— — Leske Naturgeſch. S. 303. Nr. 5. 
— — Neuer Schauplatz der Natur. VII. S. 640. 
Nr. 10. i f | 
Onomatol. hist. natur. VII. p. 489. 
Borowsky Thierreich IV. S. 22. Nr. 6. 
Batſch, Thiere. J. S. 446. 
Eberts Naturlehre. 1. S. 298. 
Funke, N. G. fuͤr Schulen. J. S. 368. 
Meidingers Vorleſ. . S. 160. N. 5. 
deine N. G. des In- und Auslandes 
N a 
Donndorfs, Zool. Beytr. III. S. 26. 
Nr. 10. B. ER ei 


Sen 


Boldt 


| — 
+ 


Ah) Ein vor mir liegendes Exemplar iſt gerade 4 Zoll 
lang, 3 Zoll breit und 2 Zoll hoch. B. 


4 


222-0 &childkröten: 


ben nahe beyſammen, und nichts vor. Die 
Spitze des Schnabels hat an jeder Seite einen 
zahnfoͤrmigen Einſchnitt. Die Kinnladen ſind 
am Rande zwar ſehr zart, aber doch deutlich ge— 
zahnelt, wie man dieſes, wenn man ſie ſeitwaͤrts 
anſiehet, am beſten gewahr wird. Der Hals iſt 

ungefähr 9 Linien lang, mit einer ſchlaffen ſchup⸗ 
pigen Haut bezogen. Die Arme find kurz; der 
Vorderarm bis an die Nägel nur etwa einen Zoll 
lang und einen halben Zoll breit. Auf dem Ruͤk⸗ 
ken der Vorderbeine liegen vier groͤßere eyfoͤrmige 
Schuppen; die uͤbrigen ſind alle kleiner. Der 
aͤußerſte Fuß iſt kolbig, die Finger nicht zu unter— 
ſcheiden, aber doch vier Krallen; ſtark, gerade, 
kurz und abgeſtumpft. Die Laͤnge der Schenkel 
betraͤgt im Ganzen 1 1/2 Zoll, aber nur 2/3 da- 
von ragen uͤber das Oberſchild vor. Ihre Yan 
hat kleinere Schuppen; Finger find an den Hin- 
kerfuͤßen ebenfalls keine, aber doch vier K rallen, 
die ſtark, gerade, kurz und abgeſtumpft ſind. Doch 
iſt meiſt noch eine fuͤnfte Kralle vorhanden, aber 
um die Hälfte kuͤrzer, geſchmeidiger, und der vier- 
ten oder aͤußerſten Kralle dicht angedruͤckt, daher 
ſie denn auch leicht uͤberſehen wird. Die Laͤnge 
der Schenkel und die Hoͤhlen haben groͤßere und 
ſtaͤrkere Schuppen. Der Hals, die Schultern 
und die uͤbrigen Theile, kleinere, und wie es ſcheint, 
weichere. Die Farbe an den Kopf und den Extre⸗ 
minäten iſt oben dunkler, unterhalb aber mehr ins 
Gelbe Bar 


Der 


Die Griechiſche Schildkröte. 223 


Der Ruͤckenſchild iſt oval, hoch, gleich und 
auch an den Seiten gewoͤlbt; die Höhe iſt gemei— 
niglich der halben Laͤnge gleich, und es gleichen 
ſich auch der Bogen uͤber den Ruͤcken gemeſſen, nach 
der Queere und nach der Laͤnge; daher iſt der Ab— 
hang aus dem Mittelpunkt des Schildes ſich faſt 
nach allen Seiten gleich. Der Rand iſt vorne 
ſcharf und ausgeſchnitten, in den Flanken ſtumpf 
und angezogen, hinten hoͤckerig. 955 

Die Scheibe hat 13 Felder, bald flach, bald 
mehr oder weniger gewoͤlbt; in der Mitte ei— 
nes jeden ') find die Merkmale des platten punk⸗ 
tirten Schuppenfeldes, welches von mehrern ſeichten 
conzentriſchen Furchen umſchloſſen iſt. — Das 
vorderſte und hinterſte der Mittelreihe haben eine 
unregelmäßige fuͤnfeckige Geſtalt, letzteres iſt brei⸗ 
ter und erhabener als jenes Y); die drey mittlern, 
oder das zweyte, dritte und vierte, find weder ge— 
nau viereckig noch ſechseckig, und ihre Seiten ſind 

wie 


5) An meinen zwey vor mir habenden Exemplaren 
nicht bey jedem Felde gerade in der Mitte; in der 
Mittelreihe naͤmlich bey der erſten und zweyten 
nahe am Ende des Hinterrandes; und bey den 
Seitenfeldern allzeit uͤber der Mitte nach oben zu, 
und weit von der Mitte nach der hintern Seite zu 

geruͤckt. B. f 

7) An meinem Exemplare iſt das vorderſte das breites 
ſte und erhabenſte, ſo daß es ein ſehr erhabenes 
Kreuz hat und kielfoͤrmig erſcheint; in der Groͤße 
folgt dann das zweyte Feld, und die drey uͤbrigen 
ſind darin einander gleich. B. 


224 A Schildkröten. 


wie die der uͤbrigen, etwas bogig 0. Meiſt an 
jeder Schuppe find diejenigen Linien, wel— 
che von den Ecken des Schuppenfeldes nach den 
Randecken der Schuppe ſelbſt ſich hinziehen, ein 
klein wenig erhaben. — Dieſe vorſtechenden Queer— 
linien ſind aber in der oben angezeigten Meyeri— 
ſchen Figur zu ſtark und grell ausgedruͤckt; daß je⸗ 
nes Bild daher ein ganz anderes Thier vorzuſtellen 
ſcheinet. — Die Felder der Mittelreihe ſind am 
Vorder- und Seitenrande ſchwarz, und ein ſchwar— 
zer laͤnglicher Fleck erſtreckt ſich auf dem 2ten, Zten 
und Aten Felde vom vordern Rande bis in und 
uͤber die Mitte derſelben, durchſchneidet ſelbſt das 
kleine Schuppenfeld, erreicht aber niemalen den 
hintern Rand, welcher, nebſt dem uͤbrigen Theile 
der Felder, gelb iſt. *). 

Seitenfelder find an jeder Seite vier; entwe— 
der flach, oder nur wenig erhaben, und gleich ab- 
haͤngig; an ihrem obern und mittlern Theile zeigt 
ſich das etwas vertiefte und punktirte Schuppen— 
feld, mit ſeichten Linien umfurchet. Das erſte 
und vierte haben eine unregelmaͤßige Geſtalt, das 
zweyte und dritte find ablang- viereckig, alle aber 


haben bogige Seiten *). Auch fie find mit ſchwarz 
und 


9) An meinen Exemplaren find fie deutlich ſechseckig. 
B 


m) An meinen Exemplaren iſt die dunkle Farbe fa: 
ſtanienbraun, rothbraun auslaufend, und erhebt 
ſich vom Rande aus nach der Mitte in Strahlen. B. 

n) Bey mir ſtellt das erſte Schuppenfeld 1 

uns 


Die Griechiſche Schildkröte. 225 


und gelb bemahlet, ſo daß der hintere Rand ganz 
gelb, der vordere und obere ganz ſchwarz, der 
mittlere Raum aber ſchwarz mit gelb unterbro— 
chen iſt. 

Der Rand des Oberſchildes hat 25 Schup— 
pen ); die vorderſte ungepaarte iſt die kleinſte 
und nur wenig vorragend, die beyden hinterſten 
ſind hoͤtzer gewoͤlbt, und reichen mit ihrer einwaͤrts 
gekruͤmmten Spitze tief unter die Horizontallinie 
der uͤbrigen herab. Die uͤbrigen 22 ſchließen ſich 
mit faſt gleich abſchuͤßiger Woͤlbung an die Schei— 
be an; doch ſind die fuͤnfe, (das vierte bis zum 
achten) in den Flanken etwas ſenkrechter geſtellt, 
und ihre Kante ſtumpfer; die drey vordern und 
drey hintern, welche über den Vorder- und Hin— 
terfüßen liegen, haben ſchaͤrfere Kanten und an 
den Fugen leichte Einſchnitte, und die Kante der 
letzten und vorletzten iſt uͤberdieß noch ein wenig 
aufwärts gekruͤmmt. An den vorerwaͤhnten Schup- 
pen in den Flanken iſt, obgleich, wie geſagt, ihre 

Kante ſtumpfer iſt, als die der übrigen, die Fort 


ſetzung 


Quadraten mit abgeſtumpfter Spitze war; das vier; 
te iſt ungleich viereckig und die beyden mittlern ſind 
deutlich fuͤnfeckig; die Zeichnung iſt wie bey der 
Mittelreihe. B. 

0) An meinem Exemplar nur 24, denn die hinterſte 
Schuppe macht nur ſcheinbarlich zwey aus, indem 
dieſelbe durch eine ſeichte Furche getheilt wird, die 
aber nicht den vierten Theil durchgeht, und alſo 
nicht zwey Felder bildet. B. 

Dela Cepede's Naturg. d. Amph I. Bd. P 


226 Schedler 


oe der 5 von vorne nach hinten, 
nicht ganz vertilget. An Laͤnge, Breite, Geſtalt 
und Farben ſind die Schuppen des Randes wenig 
unter ſich verſchieden. Nach der hintern und uns» 
tern Ecke eines jeden derſelben zeigen ſich mehr 
oder minder deutliche Spuren des viereckigen mit 
Parallelfurchen umgebenen Schuppenfeldes. Der 
vordere und groͤßere Theil derſelben iſt ſchwarz, der 
übrige und obere Theil gelb 7). Die vorderſte 
ungepaarte Schuppe iſt ganz gelb. 

Die Vereinigung des Ruͤcken⸗ und Baud)- 
ſchildes geſchiehet unmittelbar durch die ste, Ete, 
te und Ste (von dem ungepaarten an gezaͤhlet) 
Randſchuppe, mittelſt einer feſten bogigen Kno⸗ 
chennath; hierzu kommen aber noch zwey von un= 
ten ſichtbare eingeſchaltete Knochen, welche ſich zum 
Theil noch an die vierte und neunte Randſchuppe 
anſchließen. 

Der Bauchſchild iſt 3 1/2 Zoll lang. Die 
Breite feines Vordertheiles iſt 2“ 1% Das 
hintere 2“ 3 /. Das mittlere 3“ 34 Eine 
Laͤngs⸗ und 5 Quernaͤthe durchkreuzen es. Der 
Vordertheil iſt wenig, der hintere tief und ſcharf 
ausgekerbt. Das Mittelſtuͤck des Bauchſchildes 
iſt zwiſchen der zweyten und vierten Quernath ent« 

halten, 


p) An meinen Exemplaren erhebt ſich von dem Win; 
kel des Schuppenfeldes ein breites kaſtanienbrau— 
nes Dreyeck, deſſen einer Schenkel nach vorne oben 
in der Ecke und der andere unten an der Vor— 
derſeite ſich endigt. B. 


Die Gricchiſche Schildkroͤte. 226 


balten, und wird durch die dritte oder mittelſte 
Quernath wieder in zwey ungleiche Felder abge— 
theilt, und beyderſeits durch ſeine etwas aufwaͤrts 
gebogene Fluͤgel dem Oberſchilde angeheftet. Die 
mittelſte Ouernath trifft genau auf die Nach zwi- 
ſchen der öten und 7ten Randſchuppe. Der Vor— 
dertheil des Bauchſchildes iſt maͤßig aufwaͤrts ge⸗ 
bogen, das Mittelſtuͤck iſt bey den Maͤnnchen et- 
was vertiefter als bey den Weibchen, das Hinter- 
theil iſt ganz flach. In der Mitte durch, neben 
der ganzen langen Nath herab, und an beyden 
Fluͤgeln, iſt das Bauchſchild gelb, die zwiſchenge— 
legenen Seiten ſind ſchwarz. Von den Schup⸗ 
penfeldern und ihnen zupaſſenden Furchen ſind 
meiſt nur ſchwache Spuren uͤbrig. 5 

Dieſe Schildkroͤte wohnt in den meiſten von 


dem mittellaͤndiſchen Meere beſpuͤlten Laͤn⸗ 


dern. Von Griechenland hat ſie den Namen. 
In Dalmatien, Languedoc, Sardinien, 
und Afrika findet man ſie ebenfalls. Im obern 
Italien iſt ſie aber uͤbrigens ein Fremdling, wie 
in Deutſchland; man haͤlt ſie dort nur in Gaͤrten, 
wo ſie ſich auch fortpflanzt, im Winter aber, von 
October an, verbirgt. 


BVarietaͤt. Schoͤpf a. a. O. S. 54 
Taf. IX. B. 


Sie zeichnet ſich 1) aus: durch die groͤßere 


Convexitaͤt aller Ruͤckenſchuppen, beſonders der 


P 2 fuͤnf⸗ 


228 Schildkröten. 


fünften; 2) durch die nach hinten gelegenen brei⸗ 
ten, auswärts und aufwärts geſtuͤlpten Randſchup— 
pen, welche, wenn man das Schild von unten an— 
ſieht, es in einer eyfoͤrmigen Geſtalt erſcheinen laf- 
fen, da es von oben anzuſehen, doch nur ablang 
iſt. Schoͤpf. | 

B. 


Die 


Die Geometriſche Schildkroͤſe. 229 


Die Geometriſche Schildkröte. 
(La Geometrique.) ) 


(Taf. VIII. Fig. 1.) 


Dieſe Art hat mit der vorigen viel Aehnlichkeit; 
ihre Zehen ſind nicht getrennt, ſondern mit einer 
| P 3 ſchuppi⸗ 


) La Geometrique. D’Aubenton Encycl. meth. 

Testudo geometrica. Lin. amph, rept, n. 13. 

Testudo picta seu stellata. M orm. mus.3ı7. 

Testudo tessellata minor. Ray Syn. quadr. 

4259. 5 

T IE testa tessellata major. Grew, Mus, 
36. tab. 3 pg. ı et 2. Seba, Mus. I. tab. 80. 
lig. 3 et 8. 

Testudo geometrica. Schneider N. G. S. 
3 2% Nr. 13, Na Tepe 9 

Vergleiche ferner: 

Testudo geometrica. T. scutellis testae ova- 
tae omnibus elevatis superne planis, strüs 
flavis velut e centro ‚stellatim concurrenti- 
bus. Schneider a. a. O. und deſſen zweyt. 
Beytr. S. 19. Gmelin Lin. I. 3. p. 1040. 
n 13. Schoͤpf N. G. der Schildkr. S. 51. 
zur. 

Testudo unguibus acuminatis: palmarum 3, 
plantarum 4. Lin. Mus. Adolph. Frid,; I. 
50. Amoen, acad. I. 139. n. 24. 

Testudo geometrica, pedibus posticis palma- 
tis, testae scutellis elevatis truncatis. Lin. 
Syst. nat. X. I. p. 199. n. 9. XII. I. p. 353. 
n. 13. Hnorr, delic. nat. T. II. tab., 52. 


lig. 


230 Schildkröten. 


ſchuppigen Haut überzogen, fo daß der ganze Fuß 
dick und rund iſt, und die Zehen nicht voneinan⸗ 
der zu unterſcheiden, und nur an den Nägeln kennt— 
lich ſind. An jedem Vorderfuße find fünf, und 
an jedem Hinterfuße vier Naͤgel. Die Fuͤße ſind 
auch unten mit ziemlich großen Schuppen bedeckt, 
die nur mit einem Ende in der Haut feſt ſitzen, 
dick, an der Spitze zuweilen zugerundet ſind, und 

| 10 alſo 


4 lig. 3. Blumenbachs Handb. der N. G. 
S. 242. Nr. 5. | 
Testudo nigricantibus et flavescentibns figuris 
geometricis. Jaboti (Sabuti). Pisc, Americ, 
p. 106. t. 106. n. 5. f. Piso hist. nat. utri- 

usque Indiae. p. 105. f 1. 

Die geſternte Schildkroͤte. Gottwald, 
Schildkr. Taf. K. Fig. 13. 16. Thunberg 
Reiſen, (deutſche Ueberſ.) S. 166. 266. , 

Die geometriſche Schildkroͤte. Müllers 
Natueſyſt. UI S. 45. Nr. 13. 

— — Leske Naturgeſchichte. S. 303. Nr. 6. 

— — Borowsky Thierreich IV. 23. N. 17. 
Ne. 5 

— — Batſch Thiere. I. 446. 

— — Neuer Schauplatz der Natur. VII. S. 
612. Nr. 641. x | 
— — Eberts Naturlehre. J. S. 199. 
— — Funks N. G. l. S. 368. 
— — Meidingers Vorleſ. J. S. 160. Nr. 6. 
— — Donndorfs Thiergeſchichte. S. 414. 
Nr. 8. 


— — Deſſen Zool. Beytr. III. S. 28. Nr. 13. 

— — Meine N. G. des In und Auslandes 
J. S. 566. Nr. 1. 

Die Schildkroͤte mit geometriſchen Fi⸗ 
guten, Onomatol, hist, nat. VII. S. 489, 


Die geometriſche Schildkroͤte. 231 


alſo wie Naͤgel ausſehen, die hier und dort auf der 
Haut ſitzen. Das Exemplar, das ich bey der Be— 
ſchreibung vor Augen hatte, maß 10 Zoll in der 
Laͤnge, 8 Zoll in der Breite und beynah 4 Zoll 
in der Dicke. Die Oberſchaale der geometri— 
ſchen Schildkroͤte gehört mit zu den gewoͤlbte⸗ 
ſten. Die darauf abwechſelnden Farben machen 
ſie ſehr ſchoͤn. Die Schuppen der beyden Schaalen, 
deren gewoͤhnlich dreyzehn im Mittelfelde, drey 
und zwanzig auf dem Rande, und zwoͤlf auf ver 
Bauchſchaale ſind, ſind in der Mitte erhaben, am 
Rande ſtark geſtreift, von einander durch ziemlich 
tiefe Furchen abgeſondert, und mehrentheils fechs- 
eckig. Sie ſind ſchwarz, in der Mitte iſt ein gel⸗ 
ber ſechseckiger Flecken, von dem nach allen Seiten 
Stralen von derſelben Farbe ausgehen, die alfe 
zuſammen eine Art von Netz bilden, das aus lau— 
ter gelben, ſehr ſcharfen Linien auf einem ſchwar⸗ 
zen Grunde beſteht, und geometriſche Figuren 
bildet; daher ihr Name. 

Man findet fie in Aſten, auf Madagaf- 
ear, der Aſcenſtonsinſel, von woher ſie in 
das koͤnigl. Kabinet geſchickt wurde, und auf dem 
Cap, two fie zwölf bis funfzehn Eyer legt *). 

Mehrere geometriſche Schildkroͤten weichen in 
Ruͤckſicht der Anzahl und Richtung der gelben 
Stralen auf den Schuppen, in der Erhabenheit der 

P 4 Schup⸗ 


7) Bemerkung des 1 Bruyère, Mitglied der So: 
cietaͤt zu Montpellier. 


232 Schildkroͤten. 


Schuppen ſelbſt, in der gelben mehr oder weniger 
gleichförmigen Farbe des untern Schaalenbkuſt⸗ 
beins und der Erhabenheit der Blaͤtter darauf, 
von der oben beſchriebenen ab. Ich weiß nicht, 
ob dieß beſtaͤndige Varietaͤten oder Unterſchiede 
des Alters und Climas ſind. Dem ſey wie ihm 
wolle, ſo muß ich, bis naͤhere Beobachtungen et— 
was darüber feſtſetzen, zu einer dieſer Varietaͤ— 
ten auch die Hecate des Brown rechnen 3). 
Sie iſt dieſem Reiſebeſchreiber zufolge auf dem 
feſten Lande in Amerika einheimiſch aber auch auf 
Jamaika, wohin ſie haͤufig gebracht wird, ſehr 
gemein. Ihre Oberſchaale iſt dick und oft 1/2 
Fuß lang. Die Oberfläche iſt in laͤngliche Sechs- 
ecke getheilt, von der Seite gehen gelbe feine Strah— 
len bis in den Mittelpunkt, der auch gelb iſt. 

Ich glaube, daß dieſe Hecate ſo wie vielleicht 
die geometriſche Schildkroͤte mit der Terrapene 
des Dampier eine Art ausmacht. Die Terra— 
pene dieſes Reiſenden iſt kleiner im Umfange als 
ſeine Hecate, welche die Terrapene des Brown 
iſt, wie ich ſchon bemerkt habe. Ihr Ruͤcken iſt 
gewoͤlbter, ob ſie ihn gleich ſonſt ſehr aͤhnlich iſt. 
Ihre Schaale iſt von Natur wie geſchnitten, fährt 
er fort; ſie lieben naſſe und moraſtige Gegenden. 
Ihr Fleiſch wird ſehr geſchaͤtzt, und man findet ſie 
haͤufig a der Pinien-Inſel zwiſchen dem fe⸗ 

ſten 
s) Brown, nat, hist. of Jamaica. p. 466. n. 5. 


(Scheint wegen ihrer Größe nicht hierher zu gehoͤ⸗ 
ren. B.) 


Die Geometriſche Schildkröte. 223 


ſten Lande von Amerika und Cuba. Sie hal⸗ 
ten ſich in tiefen Waͤldern auf, wo ihr Fang den 
Jaͤgern viel Muͤhe macht. Sie tragen ſie in ihre 
Huͤtte, zeichnen ſie auf der Oberſchaale und laſſen 
ſie wieder ins Holz gehen; denn ſie ſind verſichert, 


daß ſie ſie nicht weit von dem Orte wieder finden 


werden. Nach einer Monat langen Jagd, kennt 
jeder die ſeinigen wieder, und bringt fie nach Cu— 
ba 9. 

Ich kann es nicht oft genug wiederholen, daß 
in der Naturgeſchichte der Schildkroͤten noch viel 
zu beobachten iſt, um ſie gehoͤrig aufzuklaͤren; ich 
kann nichts als die Luͤcken anzeigen, und die Art, 
wie ſie zu ergaͤnzen ſind, und die feſten Punkte an— 
geben, an die ſich die neuen Beobachtungen bequem 
anreihen laſſen. 


1% 3 u % a . 
Die Geometriſche Schildkroͤte. 


Ich will hier aus dem Schoͤp fiſchen Werke, 
und von fuͤnf Panzern, die ich vor mir habe, eine 
etwas genauere Beſchreibung entwerfen. Der 
Panzer iſt eyfoͤrmig; die Oberſchaale hochgewoͤlbt, 
die untere nur an den Seiten und in der Mitte 
eben; die Hoͤhe betraͤgt ſaſt die Haͤlfte der Laͤnge. 

P 5 Nach 


1) Beſchreibung von Neuſpanien. Allgem. Geſch. d. 
Heil. Th. 3. Buch. 5. | 


234 Schildkroͤten. 


1 

Nach vorne iſt der Oberſchild abhaͤngiger, hinter⸗ 
waͤrts und an den Seiten ſtark abſchuͤſſig. Ge— 
woͤhnlich iſt der hoͤchſte Punkt des Schildes, auf 
dem dritten Felde der Mittelreihe, doch habe ich 
auch eine Schaale vor mir, wo er auf dem vierten 
iſt, und von da an laͤuft alsdann die Schaale nach 
dem Halſe ſehr flach herab. Nach Verhaͤltniß 
des Thiers iſt der Panzer dick und ſchwer. Die 
Scheibe beſteht aus 13 Feldern. Die fuͤnf mitt⸗ 
lern ſind meiſtens ſehr hoch gewoͤlbt, und oben, bey 
aͤltern ſchmaͤler, bey jüngern breiter, platt abge- 
ſtumpft; zwiſchen ihnen ſelbſt und den Seitenfel⸗ 
dern entſtehen daher ſtarke Vertiefungen; die ein— 
zelnen Felder umgeben feine und regelmaͤßige 
Rippen und Furchen, die nach der Mitte zu am 
ſtaͤrkſten ſind, und deren Anzahl ſich bey jedem 
Felde von 6 bis zu 10 belaͤuft, ohne Ruͤckſicht auf 
Groͤße und Alter In jedem einzelnen Felde ift 
oben und mitten eine bald groͤßere bald kleinere 
ſeichte Vertiefung mit chagrinirten Puncten, welche 
im Mittelpunkt eine glatte, laͤngliche, ſeltner run— 
de, nur auf der erſten Schuppe meiſt kreuzfoͤrmige 
Erhoͤhung ziert. Das erſte und letzte Feld der 
Mittelreihe iſt unregelmäßig fuͤnfeckig nach Ver- 
tiefung und Furchen gerechnet, das zweyte und 
dritte laͤnglich und regelmaͤßig ſechseckig und das 
vierte nach hinten zu verkuͤrzt ſechseckig; im Um⸗ 
fang ſind ſie faſt alle gleich groß, mehrentheils iſt 
aber das dritte und vierte hoͤher als die uͤbrigen, 
ſeltner das dritte, vierte und fünfte, und am ſel⸗ 

tenſten 


Die Geometriſche Schildkröte, 255 


tenſten das vierte allein. Von den vier Seiten— 
feldern iſt das vierte das kleinſte und die beyden 
mittlern ſind gleich groß und gleich geſtaltet; das 
erſte hat eine unregelmaͤßige, faſt dreyeckige, ſelt— 
ner fuͤnfeckige Geſtalt mit einer abgerundeten Ba⸗ 
ſis, die zwey folgenden find abwaͤrts laͤnglich ſechs— 
eckig und das vierte unregelmaͤßig fuͤnfeckig. Der 
breite Rand iſt am Vordertheil abhängig, an den 
Seiten und nach hinten aber mit der Scheibe gleich 
abſchuͤſſig, an der Kante etwas aufgebogen und 
ſcharf, und nach vorne tief ausgeſchnitten. Die 
gewoͤhnlichſte Zahl der Randfelder iſt 26, ſeltner 
24 (man muß ſie von unten zaͤhlen, oben ſind die 
Theilungsſchnitte oft undeutlich); das vorderſte 
ungepaarte iſt außerordentlich klein und laͤnglich 
viereckig; das hinterſte ebenfalls ungepaarte, iſt 
das größte, undeutlich und ungleich ſechseckig, baus 
chiger und tiefer herabgehend als die uͤbrigen, ein⸗ 
waͤrts - nur an der Kante ſehr wenig auswärts 
gekruͤmmt; alle, zumal an den Seiten, ſind laͤng⸗ 
lich, viereckig, wie die obern Felder gefurcht, und 
haben das punktirte Feldchen in der hintern und 
untern Ecke, nicht vertieft, ſondern meiſt gleich, 
auch wohl etwas erhabener. Die Farbe dieſer 
Oberſchaale iſt dunkelkaſtanienbraun, oder ſchwaͤrz⸗ 
lich kaſtanienbraun auslaufend; die punktirte Fel⸗ 
derflaͤche mit den erſten daraufſtoßenden Furchen iſt 
gelb; von hieraus laufen vier aus einem Mittel- 
punkte aus jedem Ruͤcken⸗ und Seitenfelde 8 bis 
13 gelbe, einer Linien breite Streifen nach dem 

5 Rande 


236 Schildkroͤten. 


Rande der Felder, wo ſie ſich in der Vertiefung 
mit den aͤhnlichen Streifen der naͤchſtliegenden Felder 
zuſammenſtoßen; die Randſchuppen haben meiſt nur 
zwey, ſeltner drey ſolcher Streifen, die hinterſte aber 
vier bis ſechs. Ueberhaupt haben das vierte und 
fünfte Ruͤckenfeld und das erſte und vierte Seiten» 
feld die meiſten gelben Strahlen. Der Bauch— 
ſchild hat fünf Quernaͤthe und eine vertiefte Laͤngs⸗ 
nath, die wie bey allen Fluß- und Landſchildkroͤ⸗ 
ten gezaͤhnelt, wie an allen Thierſchaͤdeln, ineinan— 
der greifen. Er iſt hinten und vorn ausgeſchnit⸗ 
ten, macht an den Seiten fuͤr die Fuͤße mit dem 
Rande, ziemlich enge eyfoͤrmige Oeffnungen, und 
enthaͤlt 12 Felder, wovon die beyden mittelſten 
die groͤßten ſind, und alle nach hinten zu ein glat⸗ 
tes oder geringeltes Mittelfeldchen haben, um 
welches deutliche oder undeutliche Rippen und Fur— 
chen herumlaufen. Eine enge Knochennath verei— 
nigt beyde Schaalen etwas gewoͤlbt von dem fuͤnf⸗ 
ten bis zum neunten Randfelde; aber die inwen— 
digen Fortſaͤtze des Bauchſchildes ſchließen ſich auch 
noch an die jenen aͤußerſten zunaͤchſt liegenden Rand» 
felder an. Die Farbe des Bauchſchildes iſt gelb, 
um die Felder herum mehr oder weniger kaſtanien— 
braun, und nur bey den wenigſten Exemplaren fin- 
det man von dem Vereinigungsfelde der Furchen 
aus, ſolche, obgleich An Strahlen, wie 
auf den Oberfeldern. 


Der 


| 


Die Geometriſche Schildkrdte. 237 


Der Kopf, Schwanz und die Füße find gelb, 
die Schuppen auf der Mitte des erſtern hellkaſta⸗ 
nienbraͤunlich. Die Gliedmaßen gehen wenig vor. 


Varietät: Noch einen etwas abweichenden 
Panzer habe ich vor mir, den ich etwas näher an» 
geben muß. Die Oberſchaale iſt etwas breiter als 
bey andern, daher ſie nicht ſo eyrund erſcheint; das 
vierte Feld der Mittelreihe iſt das hoͤchſte, daher 
von da aus die Schaale nach vorne zu nach und 
nach abhaͤngig wird; die Felder erheben ſich alle 
nicht merklich, haben breitere und regelmaͤßigere 
Punktfelder, worunter ſich vorzuͤglich das zweyte 
und dritte Mittelfeld durch ihren laͤngern, ſechsecki⸗ 
gen Mittelpunkt auszeichnet; die Rippen und Fur— 
chen ſind feiner und erhabener; die Randfelder 
laufen nicht bloß ſcharf, ſondern deutlich gezaͤhnelt 
aus, das vorderſte ungepaarte ſteht merklich vor; 
die mittelſten, welche das Unterſchild verbinden, 
haben einen deutlichen, breiten, ausgehoͤhlten und 
gezaͤhnelten Rand, und das letzte iſt nicht bauchig, 
ſondern laͤuft gerade aus, und der untere Rand 
ſteht ausgeſchweift vor. Die Farbe iſt glaͤnzend 
kaſtanienbraun, die naͤchſten Rippen nach dem gel- 
ben Mittelpunkte zu rothbraun, und die Strei— 
fen alle ſchmaͤler und glaͤnzend goldgelb. Der Un⸗ 
terſchild iſt deutlich gefurcht, nach vorne zu aber 
ausgebrochen. 75 

Sie hat einige Aehnlichkeit mit der zierlichen 
Schildkroͤte. ſ. unten. 


Noh 


238 Schildkröten. 


Noch habe ich einen 5 Zoll langen Panzer 
vor mir, deſſen Mittelfelder ſehr hoch gethuͤrmt, 
oben ſehr ſchmal nur wenig abplatirt und kaſtanien⸗ 
braun ſind, und deſſen hinterer Randſchild unge— 
mein bauchig ausgebogen, und am Rande eben 
fo weit eingezogen iſt; am Bauchſchild läuft der 
Laͤnge nach eine ſtarke und breite Vertiefung hin. 


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Die rauhe Schildkröte. 230 


— ———— ———1üäü =. 


Die rauhe Schildkroͤte. 
(La Raboteuse,) u) 


(Taf. VIII. Fig. 2.) 


Dieſe kleine Schildkroͤtenart gehoͤrt nach Seba 
unter die Land⸗Schildkroͤſen. Ihre Schnauze 
| } endigt 


u) La Tortue raboteuse. D' Auben:on Encycl, 
meth. | 
Testudo scabra. Lin. Ä 
Testudo pedibus palmatis testa planiuscula, _ 
seutellis omnibus intermediis dorsatis. Lin. 
amph. rept. XII. J. p. 35. (Man kann nicht 
mit voͤlliger Gewißheit behaupten, ob die hier 
angeführte Linneiſche Schildkroͤte dazu gezählt 
werden darf, doch iſt es wahrſcheinlich. Linne“ 
ſagt: das Ruͤckenſchild iſt ziemlich flach, vorne 
ausgeſchweift, und ſeine mittleren Felder ſind ge— 
kielt; der Bauchſchild iſt vorne abgeſtumpft; die 
Fuͤße ſind floſſenartig mit ſcharfen Naͤgeln ver— 
ſehen. Der Panzer iſt zur Seite und unten 
weiß und ſchwarz gefleckt. Sie wohnt in Oſtin⸗ 
dien und Carolina. Man vergleiche: 
Schopf N. G. der Schildkr. S. 17. und 
Schneider N. G. S. 325. B.) g 
Gronov. Zoophyl n. 74. 

Seba, mus. 1. tab. 79. fig. 1 et 2. Testudo 
terrestris amboinensis minor. La Cep. 
Vergleiche ferner: Schneiders zweyt. Beytr. 
S. 20. Donndorfs Zool. Beytr. III. S. 14. 
7. und wenn die Linneiſche rauhe en 

Ä | iecg 


4 


240 Schhildkroͤten. 


endigt ſich in eine Spitze; die Augen liegen, wie 
bey den uͤbrigen Schildkroͤten, ſchief im Kopfe; 
die Oberſchaale iſt beynah ſo breit als lang, der 
Rand deſſelben iſt vorn und an den Seiten ganz, 
nach hinten zu aber ungleich gezackt. Die Felder 
ſind glatt und flach, ausgenommen die Ruͤcken— 
ſchuppen, die in der Mitte einen erhabenen Rand 
bilden. Die Farbe iſt weißlich, unregelmaͤßig, 
mit ſchwarzen Streifen geaͤdert, die ihr ein mar— 
morirtes Anſehen geben. Das Bruſtſtuͤck iſt vorn 
ausgeſchweift (kestonné); und war in der Mitte, 
an dem Exemplar, das ich beſaß, etwas eingedruͤckt. 
Von der Spitze der Schnauze bis zum Ende des 
Schwanzes maß ſie nahe an drey Zoll in die Brei— 

te «). Nach Seba wird dieſe Art nie groͤßer. 
Sie hat an den Vorderfuͤßen fuͤnf, an den 
Hinterfuͤßen vier Naͤgel, denn die fuͤnfte Zehe iſt 
unbewaffnet; der Schwanz iſt kurz; die Farbe 
des Kopfs, der Beine und des Schwanzes iſt 
mit der Oberſchaale uͤberein weißgelblich mit brau— 
nen 


hierher gehört, fo koͤnnen noch folgende Synonp— 
men verglichen werden: 

Die Land⸗Schildkroͤte. Müllers Naturſy⸗ 
ſtem. III. S. 34. Nr. 6. 

— — Neuer Schauplatz der Natur. VII. S. 
639. Nr. 6. ® 

— — Onomatol- hist. natur. VII. p. 507. 

Linne“ nennt fie wegen des Ruͤckenkiels scabra 

’ (hoͤckerige). B. 

x) Dieß Exemplar befindet ſich im koͤniglichen Kabi: 
nette. 


Die rauhe Schildkröte. 241 


nen Bändern und Flecken, die an manchen Stel⸗ 
len, z. B. auf dem Kopfe groͤßer und breiter ſind 
als auf der Schaale. Man findet ſie in Oſtin— 
dien, vorzuͤglich auf Amboinaz ſie iſt aber auch 
in Amerika und namentlich in Carolina zu 


Hauſe. 


De la Cepedes Natg. d. Amph. I. Bd. Q Die 


241 Schildkroͤten. 


Die gezaͤhnelte Schildkroͤte. 
(La Dentelee,) 5) 


Dieſe Art iſt nur aus der Beſchreibung des Lin— 
ne“ bekannt; ſie hat an den Vorderfuͤßen fuͤnf, 
und an den Hinterfuͤßen vier ungetrennte Zehen, 
die ſich in ein ſtarkes, rundes Fußblatt vereinigen, 
wie bey vielen Land-Schildkroͤten. Die Ober— 
ſchaale iſt gewoͤhnlich etwas herzfoͤrmig, hat einen 
oder zwey Zoll im Durchmeſſer, und der Rand iſt 
gezaͤhnt oder mehr ausgenagt. Die Felder, wel— 


che 


y) La Dentelee, D Aubenton, Encycl. meth. 

Testudo denticulata. Lin. Syst. XII. p. 252. 
n. 9. (Testudo denticulata. T. pedibus 
subdigitatis, testa orbiculato - cordata, mar- 
gine eroso. — Gmelin Lin. I. 3. p. 1043. 
ne 9. B.) 

Testudo denticulata. Schneiders Schildkr. 
S. 360. Nr. 17, La Cep. 

Man kann noch nachſehen: Die gezaͤhnelte 
Schildkroͤte. Muͤllers Naturſyſtem III. S. 
43. Nr. 9. Dieſer ſetzt hinzu, daß dieſe Schild— 
kroͤte auch in Hudſons bay wohne, und man 
nehme das ganze Schild, wenn es ſchoͤn gelb ſey, 
um Schnupftabacksdoſen daraus zu machen. 

— — Neuer Schauplatz der Natur. VII. S. 
640. Nr. 9. 

— — Onomatolog. hist. nat. VII. p. 488. 

— — Donndorfs Zool, Beptr. III. S. 25. 
Nr. 9. B. 


Die petſchirte Schildkröte. 243 


che ſie bedecken, ſind ſechseckig mit erhabenen Punk⸗ 
ten beſetzt und ſchmutzigweiß. 
Man findet ſie in Virginien. 


Zu ſa tz. 
Die petſchirte Schildkroͤte. 
(Testudo signata. Walbaum.) z) 
(Taf. IX. Fig. 1. Var.) 5 


Wegen des ſaͤgenfoͤrmig gezaͤhnelten Randes 
kommt dieſe Land -Scildfröte mit der gezaͤhn⸗ 
ten uͤberein, daher ſie einige zu derſelben zaͤhlen. 
Allein es iſt dieß noch nicht gewiß; deshalb auch 

hier die ganze Beſchreibung mit der Abbildung zu 
fernerer Vergleichung eingeruͤckt iſt. Nach Hrn. 
D. Walbaum ſoll fie ſowohl mit der Grie— 
chiſchen Schildkroͤte, wie ſie Muͤller im 
Linneiſchen Naturſyſtem beſchreibt, oder mit 
der Zwerg⸗Schildkroͤte des Linne“ Aehn⸗ 
lichkeit haben, doch von beyden vorzuͤglich in der 
Form des Umfangs verſchieden ſeyn. Die Schaa⸗ 
le fiſt 2 Zoll 11 Linien lang, 2 Zoll breit, zo Li⸗ 
nien hoch, im Umfange oval, ſcharfkantig und ge« 
zaͤhnt; bey den Hinterfuͤßen etwas breiter als vorn, 
2 oben 


8) Deſſen Schildkröten. S. 71. 120. 
Schneiders Schildkroͤten. S. 360. a Nr. 17. 
Gmelin Lin. I. 3, p. 1043. n. g 8. 

Donndorfs Fool. Peytr. III. D. 25. Nr. 9. 6. 


24 Schildkröten: 
oben nach allen Gegenden niedrig gewoͤlbt, und 
mit geraͤndelten, faſt gleichen Schuppen bedeckt, 
unten groͤßtentheils platt und vorn aufwoͤrts ge⸗ 
kruͤmmt; an Farbe gelblichweiß, oben mit ſchwar⸗ 
zen Punkten wie mit Fliegenkoth gefleckt und uns 
ten kaſtanienbraun in die Laͤnge und Queere ge— 
ſtreift. Den Oberſchild decken 39 unebene Schup⸗ 
pen, wovon 23 auf der Scheibe in drey Reihen 
wechſelsweiſe und die uͤbrigen rund um den Rand 
fisen, und welche durch tiefe Naͤthe getrennt ſind. 
Die Schuppen find von einem wulſtigen und ge— 
ſtreiften Rande umſchloſſen, in deren Mitte ſich ein 
8 tief eingedruͤcktes unebenes Feld befindet; daher 
ſie einem abgedruckten Pettſchafte gleichen. Die 
erſte iſt nagelfoͤrmig mit drey graden und einer vor— 
dern bogigen Seite und in der Mitte mit einem 
kielfoͤrmigen Felde; die zweyte und dritte ſind 
ſechseckig vorn und hinten abgeſtutzt, etwas grö« 


ßer als die erſte und vierte, und in der Mitte mit 


einer geringen kielfoͤrmigen Erhoͤhung verſehen; 
die vierte iſt ebenfalls ſechseckig, an der hintern 
5 Seite aber enger als vorn; die fuͤnfte iſt nagel⸗ 
foͤrmig d. h. hinten abgerundet und breiter als 
vorn. Zuweilen ſitzt auch zwiſchen der vierten und 
fünften Schuppe noch eine kleine laͤngliche, vierecki— 
ge als uͤberzaͤhlige (ſ. Taf. IX. Fig. 1.), wodurch 
die Schaale als eine Varierät anzuſehen iſt. Die 
Seitenſchuppen haben einerley Groͤße mit den 
Ruͤckenſchuppen, nur iſt die letztere kleiner und rau⸗ 
tenfoͤrmig. Die erſte hat die Form eines Qua- 
dran⸗ 


Die petſchirte Schildkröte, 245 A 


dranten, liegt an der erſten und zweyten Rand- 
ſchuppe, und it etwas länger als die zweyte; Dies 
ſe hat vier gleiche Seiten, wovon die obere ſich et- 
was gegen die zweyte und dritte Randſchuppe biegt; 
die dritte iſt enger als die vorhergehende, hat 5 
Ecken und ſtoͤßt gegen die dritte und vierte Rüf- 
kenſchuppe; die vierte tritt mit einer Ecke in den 
ſpitzigen Winkel der vierten und fuͤnften Ruͤcken⸗ 
ſchuppe. Der Rand hat eine anſehnliche Breite, 
iſt wulſtig, vorn ausgeſchweift, in der Gegend des 
Halſes mit einem graden, ausgekerbten Zahn, und 
nicht weit davon ſeitwaͤrts mit vier andern fägen- 
artigen Zähnen verfſehen; an den Seiten des 
Schildes ragt er in Form eines gekerbten Kiels her⸗ 
vor, und endigt hinterwaͤrts mit einem ſtumpfen, 
abgenutzten Winkel, neben welchen zehn aufwaͤrts⸗ 
gebogene, ſaͤgenfoͤrmige Zacken, naͤmlich fuͤnf an 
jeder Seite ſitzen. Er hat verſchiedene Biegun— 
gen; vorn uͤber dem Halſe macht er einen flachen 
Bogen aus, der aber niedriger als die Scheibe des 
Schildes iſt; an den Seiten geht er in gerader Lie 
nie fort bis an die Hinterfuͤße, wo er ſich in die 
Hoͤhe kruͤmmt; hinter den Fuͤßen ſteigt er ſchief 
gegen ſein ſtumpfwinkliches Ende herab, und neigt 
ſich gegen das Hinterende des Bruſtſchildes, uͤber 
welches er ein wenig herabtritt; feine Oberfßnaͤche 
iſt uneben und ſchuppig; die Schuppen haben fei⸗ 
ne Streifen und Furchen, welche an der obern 
Haͤlfte uͤberzwerch, und an der untern der Laͤnge 
nach bis an das Ende laufen; die meiſten ſind un⸗ 


23: gleich- 


246°.» Schildkröten. 


gleichfeitig viereckig, nur die vorderſte kleine na⸗ 
gelfoͤrmige und ausgekerbte, und die hinterſte größe. 
te fuͤnfeckige ausgenommen. Der Bauchſchild iſt 
faſt fo lang als der Oberſchild mit zwey Fortſaͤtzen 
und Fluͤgeln. Er iſt durch fuͤnf geſtreifte, braune 
Queerbinden und eine dergleichen lange, welche zu 
beyden Seiten der mittelſten Nath von vorn nach 
hinten laͤuft, in acht punktirte, braͤunliche Felder 
eingetheilt. Die Scheibe deſſelben iſt beynahe 
platt, und bey der mittelſten Nath wie eine flache 
Rinne eingedruͤckt. Die Fortſaͤtze ſind im Grunde 
breiter als lang; der vordere aufwaͤrts gekruͤmmte 
erreicht den vordern Rand des Oberſchildes, iſt auf 
beyden Seiten flachbogig, vorn abgeſtutzt, und et— 
was eingedruͤckt, und hat daſelbſt nach beyden Sei— 
ten einen kleinen Abſatz, auch auf demſelben eine Eur- 
ze, hervorragende Spitze, welche wie ein Stachel ſchief 
und ſeitwaͤrts herausſtehet. Der hintere Fortfatz 
uͤbertrifft den vordern in der Groͤße, reicht an das 
e des Oberſchildes, iſt an beyden Seiten 
des Randes flachbogig und hat daſelbſt ungefaͤhr 
um die Mitte einen ſaͤgenfoͤrmigen Zahn. Er en- 
digt ſich mit zwey gleichen ſtumpfwinklichen Spiz- 
zen, zwiſchen welchen eine große und weite Kerbe 
iſt, worin der Schwanz ſeinen Platz hat. Er 
ſteigt allmaͤhlig etwas tiefer herab, als die Ober⸗ 
fläche der Scheibe iſt; feine beyden Spitzen aber 
kruͤmmen ſich ein wenig aufwaͤrts gegen das Hin— 
terende des Schildes. Die Fluͤgel ſind breit, kurz, 

aus- 


Die petſchirte Schildkroͤte. 247 


auswaͤrts gewoͤlbt, und vermittelſt einer Nath an 
dem Schilde befeſtigt. Zwiſchen dem vordern 
Fortſatze des Bruſtbeins und dem Vordertheil des 
Randes am Oberſchild iſt eine große bogige Luͤcke 
für Kopf und Vorderfuͤße; hingegen find drey en— 
gere, ungleiche, zuſammenſtoßende Luͤcken zwiſchen 
dem hintern Fortſatze und dem Hintertheil des Ran— 
des am Schilde; die zwey zu beyden Seiten ſind 
ablang, und oben bogiger als unten, und die drit— 
te unter dem Ende des Schildes iſt viel kleiner und 
rautenfoͤrmig. 
Das Vaterland iſt unbekannt. 
B. 


2 4 Die 


248 Schildkröten: 


Die gekielte Schildkröte, 
(La Bombee.) 4 


Die zu den Land Schildkröten gehören muß, iſt 
nach Linne“ in den warmen Laͤndern zu Hauſe, 
und zeichnet ſich durch ihre ganz getrennten Zehen, 
ohne Haut, ihre kielfoͤrmige Oberſchaale, deren 
vier erſten Schilde ſich kammartig erheben, und 
durch den Bruſtſchild aus, der keine Einſchnitte 
hat. Ich habe in der Sammlung des Hrn. von 
der Marck einen Panzer von dieſer Art geſehen. 


Die Oberſchaale war 6 Zoll ae und 6 12 Zoll 
breit. 


a) La Bombèee. D' Aubenton, Encycl. metz. 
 Testudo carinata. Lin. Syst. XII. p. 353. n. 2. 
(Testudo pedibus digitatis, testa gibbosa; 
scutcllis dorsalibus quatuor inferioribus ca- 
rinatis, sterno integro. — Gmelin Lin. I. 3. 
p 1043. n 12. B.) 
Testudo carinata. Schneiders Schildkr. S. 
361. Nr. 18. La Cep | 
S. ferner: Die Kielſchildkröte. Müllers 
Naturſyſtem III S. 45. Nr. 12. 
— — Neuer Schauplatz der Natur. VII. S. 
641. Nr. 12. 


— — Onomat. hist nat. VII. p. 486. 
— — Donndorfs Zool. Beytr. III. S. 27. 
Nr. 12. 


Testudo carinata. Schneiders zweyt. Beytr. 
S. 12. Nr. 19. B. 


Die gekielte Schildkroͤte. 249 


breit. Das Thier mußte 2 Zoll 7 Linien dick ges 
weſen ſeyn. Die Scheibe beſtand aus drey— 
zehn leicht geſtreiften Schuppen, der Rand aus 
fuͤnf und zwanzigen, und das Bruſtbein aus zwoͤlfe. 
Die Schaale war gruͤnlichbraun mit gelben, nach 
allen Seiten laufenden Strichen. In den Far- 
ben kommt fie beynah mit der gelben Schild— 
kroͤte uͤberein, nur daß ſie ſtatt der Flecken, Stri⸗ 
che hat. Der Bruſtſchild war gelblich. 


250 | ‚Schildkröten. 


Dee awerg = oder Barmeifinothe Schildkröte. 
Vermillon.) 60. 


Auf dem Cap giebt 14 eine Act kleiner Land⸗ 
Schildkroͤten, von denen Worm eine lebendig 
geſehen 


5) La ande Manche, e Encycl meth, 
Testudo pusilla. Lin. Syst. XII. p 353. n. 14. 
Testudo terrestris pusilla, ex India orientali. 

Norm, Mus 313. N 

Testudo virginea. Grew, Mus. 38. tab. 3. 
fig. 2. Dieß Citat wird von Schoͤpf S. 36. 
zu feiner Doſen-Schildkroͤte, welche mit 
der Caroliniſchen einerley iſt, gezogen. B.) 
Ray, Synops. quadr. p 259. 

Testudo tessalata minor africana, the Afri- 
can land Tortoise. Edwards hist, nat. 
des Oiseau. London 1751. tab, 204. 

Testudo pusilla. Schneiders N. G. der 
Schildkr. S. 356. Nr. 15. La Cep. 

Vergleiche ferner: Die kleine Schildkroͤte. 
Schneiders zweyt. Beytr. S. 21. Nr. 20. 

Die Afrikaniſche Landſchildkroͤte. Se— 
ligmanns Voͤgel. VI. Taf. 99. 

Die Zwergſchildkroͤte. Muͤllers Naturfyft. 
III. S. 46. Nr. 14. 

— — Batſch Thiere J. S. 446. 

— — Borowsky Thiere. IV. S. 24. Nr. 9. 

— — Neuer Schauplatz der Natur. VII. S. 
641. Nr. 14. 

— — Onomat. hist. nat. VII. p. 450. 

Testudo pusilla, Beckmanns phy. oͤkonom. 
Bibl. XIV. S. 582. 

Die kleine Schildkroͤte. Donndorfs Zool. 
Beytr. III. S. 29. Nr. 14. B. 


Die Zwerg ⸗Schildkroͤte. 251 


geſehen und einige Zeit in feinem Garten gehalten 
hat. Die Kaufleute, von denen er fie erhielt, ga— 
ben ſie fuͤr eine Oſtindiſche aus, wo ſie vielleicht 
wirklich zu Hauſe iſt. Die Oberſchaale dieſer klei— 
nen, ſehr niedlichen Schildkroͤte iſt kaum vier Fin— 
ger lang; die Felder ſind ſehr ſchoͤn ſchwarz, weiß, 
purpurfarben, gruͤnlich und gelb gefleckt; und 
wenn fie ſich abblaͤttern, fo ſieht die Schaale dar: 
unter ſchwaͤrzlichgelb aus. Das Bruſtſchild iſt 
weißlich; den Kopf hat man mit einem Papas 
geyenkopfe verglichen, und auf dem Scheitel ſteht 
ein kleiner, karmoiſinrother, mit gelb gemiſch— 
ter Auswuchs, wodurch ſie einige Aehnlichkeit mit 
der Nashorn- Schilöfröte erhält, und wovon ich 
ihr den Namen karmoiſinrothe Schildkroͤte ge— 
geben habe. Die Fuͤße haben vier Naͤgel und ſehr 
harte Schunk; Die Schenkel find mit einer lederar⸗ 
tigen Haut bekleidet, und der Schwanz iſt ſehr duͤnn 
und kurz. An dem Putze dieſer Schildkroͤte hat 
die Natur nichts verſaͤumt, aber durch ihre Klein: 
heit verliert ſie beynah allen Vortheil, den ihr ſonſt 
ihr Schild, unter dem ſie ſich verbergen kann, ge— 
waͤhren wuͤrde. Auf ſie ſcheint das zu paſſen, 
was Kolbe von den Landſchildkroͤten auf dem 
Cap ſagt. Er erzaͤhlt, daß die großen Seeadler, 
die man Beinbrecher nennt, nach dem Fleiſche die⸗ 
fer Schildkroͤten ſehr luͤſtern ſind. Trotz der Stär- 
ke ihres Schnabels und ihrer Klauen wuͤrden ſie 
aber doch die Schaale der Schildkroͤte nicht zer— 
brechen koͤnnen, aufheben hingegen koͤnnen ſie ſie 

leicht; 


252 Schildkroͤten. 


leicht; ſie nehmen ſie deßwegen mehrere Male mit 
in die Luft, und laſſen ſie von der Hoͤhe auf eine 
Klippe niederfallen. Die Hoͤhe des Falls und die 
daraus folgende Geſchwindigkett machen den Stoß 
ſo gewaltſam, daß die Schaale zerſchmettert, und 
dem Adler ſeine Beute zu Theil wird, die er, 
wenn fie ſchwerer geweſen wäre, hätte unangerührt 
laſſen muͤſſen. 9. 

Man hat den europäifchen Adlern von jeher 
eben dieſen Kunſtgriff Schuld gegeben, um die 
griechiſche Schildkroͤte zu bekommen, und 
die ſonderbare Todesart, die die Alten vom Eſchy⸗ 
Ius erzählen, iſt bekannt. Eine Schildkroͤte, vie 
ein Adler aus der Luft fallen ließ, traf, erzaͤhlt 
man, fein bloßes Haupt, und erſchlug ihn. J). 

Die karmoiſinrothe Schildkroͤte ſcheint nicht 
bloß das Vorgebirge der guten Hoff— 
nung, ſondern den ganzen füdlichen Theil von 
Afrika zu bewohnen. Edwards beſchrieb ein 
Thier dieſer Art, das er von Sancta - Crux er⸗ 


hielt ). 


Zu ſ aß. 
t 
Ich will hier die etwas abweichende Edwar⸗ 
diſche Beſchreibung nach Seeligmann a. a. O. 
zur Vergleichung beyfuͤgen. 


1 


Das 
e) Kolbe’ 5 Reiſe. Th. 2. S. 198. 
d) Conrad Geßner, Buch 2. von den Gate 
e) Adwards, hist, nat, des Ois. p. 104. 


Die Zwerg⸗Schildkrdte. 253 


Das Thier iſt 3 1/2 Zoll lang und die Schaa— 
le 3 3/4 Zoll. Die Augenringe find roͤthlichnuß— 
farben; die Lippen fo hart, wie ein Vogelſchna— 
bel; der Kopf mit gelblichen Schuppen bedeckt; 
Hals, Hinterbeine und Schwanz mit einer ſchmuz- 
zigfleiſchfarbenen Haut uͤberzogen, die ſich zuſam⸗ 
menſchiebt und das Thier in den Stand ſetzt, aus 
ſeiner Schaale aus und einzuziehen; die Vorder— 
füße außen mit gelblichen Schuppen bedeckt, die 
man auch ſieht, wenn die Fuͤße hineingezogen ſind; 
die Schaale rund, oben ſehr hochgewoͤlbt, unten 
flach. Sie hat viele Abtheilungen oder beſondere 
Schuppen, von denen eine jede eine Furche um ſich 
herum hat, und eine jede ſolche Furche wird gegen 
die Mitte der Schuppe zu, unmerklicher. Die 
Schaale iſt gelblich und hat große und kleine un» 
regelmäßige, ſchwarze Flecken. An den Vorder— 
fuͤßen ſind fuͤnf und an den hintern vier Klauen. 

Zwey dieſer Thiere, ein Maͤnnchen und ein 
Weibchen, waren in dem Medieiner-Garten zu 
London drey Jahre lang lebendig, und begatte— 
ten ſich, wie die andern vierfuͤßigen Thiere. Al— 
lein es wurden keine Eyer entdeckt. B. 


Die 


24 Schildkröten. 


Die Caroliniſche oder kurzſchwaͤnzige 
Schildkroͤte. 


(La courte queue.) 5 


In Carolina findet man eine Landſchildkröte, 
die am Kopf und an den Fuͤßen mit harten, ſchwuͤ— 
ligen Schuppen bedeckt iſt. Ihre Zehen find un- 
getrennt, an den Vorderfuͤßen hat ſie fuͤnf, an den 
Hinterfuͤßen vier Naͤgel. Eins ihrer Unterſchei⸗ 
dungsmerkmaale iſt ihr ſehr kurzer Schwanz; ſie 
iſt aber nicht ganz ungeſchwaͤnzt, wie Lin ne— 
ſagt. Die obere Schaale iſt vorn halbmondfoͤr— 
mig ausgeſchnitten, an den Seiten glatt, und 
die Felder darauf groß, an den Seiten geſtreift 
in der Mitte punktirt. Sie ſcheint ziemlich groß 
zu werden. Eine Schaale von ihr, im koͤnigli⸗ 


chen 


) La courte- queue. D' Aubenton Enc. meth, 
Testudo carolina. Lin. amph. rept. n. 11. 
Testudo tessalata minor carolinensis. Ed. 

wards hist, nat. p. 205. 

Testudo pedibus digitatis calloso- squamosis, 
testa ovali. subconvexa, scutellis planis 
striatis, medio punctatis, Gnonov. Zooph. 
17. B. 77. 

Testudo terrestris major americana. Seba, 
Mus. I. tab. 80. ig. 1. 

Testudo carolina. Schneider, Nr. 7. S. 334, 


Die Caroliniſche Schildkroͤte. 255 


chen Cabinette mißt 10 Zoll 6 Linien in die Laͤn⸗ 
ge, 8 Zoll 10 Linien in die Breite ). 


8) Es können bey dieſer Schildkroͤte bloß die Citate 
aus Gronow, Seba und Schneider ſtehen 
bleiben, obgleich auch dieſe in etwas abweichen. 
Die übrigen gehören, wie Hr. D. Schoͤpf hin— 
laͤnglich dargethan hat, zu der Dofen:S childs 
kroͤte. ſ. unten. Der Vergleichung halber fuͤge 
ich dort die Edwardiſche Abbildung aus See 
ligmann bey, nebſt der Beſchreibung, da ſie 
von der gegebenen etwas abweicht. Es waͤ⸗ 
re zu wuͤnſchen geweſen, Hr. La Cepede hätte 
feine kurzſchwaͤnzige Schildkroͤte genau be 
ſchrieben, wo ſich denn aus der Beſchreibung des 
Bauchſchildes bald haͤtte ergeben muͤſſen, ob er auch 
die Doſen-Schildkroͤte meynt, deren er doch 

im Nachtrag als einer eigenen Art aus der Blo— 
chiſchen Beſchreibung erwähnt. . 


Die 


256 Schildkröten. 


Die chagrinirte Schildkroͤte. 
(La Chagrinee.) 7) 
(Taf. IX. Fig. 2.) 


Wie geben dieſen Namen einer neuen Akt von 
Schildkroͤten, die Sonnerat aus Oſtindien 
brachte. Sie iſt durch die Bildung ihrer obern 
Schaale merkwuͤrdig, die von allen bis jetzt bekann⸗ 
ten Arten abweicht. Dieß Schild iſt 3 Zoll 9 
Linien lang und 3 Zoll 6 Linien breit, und ſcheint 
aus zwey übereinander gelegten Schaalen zu befte- 
hen, von denen die oberſte kleiner und kuͤrzer iſt. 
Dieſe kleinere Schaale, welche die Scheibe vor: 
ſtellt, iſt 2 Zoll 8 Linien lang, 2 Zoll breit, et» 
was hervorfpringend, knochig und mit einer Men— 
ge kleiner Punkte, wie Chagrin beſaͤt, wovon wir 
dem Thiere den Namen gegeben haben. Sie be⸗ 
ſteht aus drey und zwanzig Stuͤcken, iſt aber unbe« 
ſchuppt. Sechszehn derſelben, etwas breiter als 
die übrigen, ſitzen auf beyden Seiten in der Mitte, 
ſind ſie von dem Kopfe an durch eine Reihe von 


ſechs 


A) Die Chagrinirte Schildkröte. Schnei 

ders zweyt. Beytr. S. 22. Nr. 22. mit der 
Cepediſchen Abbildung. 

Testudo granoloso, scuti disco granuloso. 


Donndorfs Zool. Beytr. U, S. 34. Nr. tr. 
V. 


— 


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2 


Die chagrinirte Schildkroͤte. 257 


ſechs kleinern Stuͤcken getrennt; alle dieſe drey 
Reiben ſchließen ſich hinten an ein größeres Stuͤck, 
das den Hintertheil des Mittelfeldes ausmacht. 
Die Randſtuͤcke, acht auf jeder Seite, find knor⸗ 
pelich und halbdurchſichtig, ſo daß die acht Rip⸗ 
pen, an welchen der knorpliche Theil der Laͤnge 
nach erhaben iſt, durchſcheinen. Hinten iſt der Rand 
beynahe ſo breit als die Scheibe. 


Der Bruſtſchild geht weiter vor- und hinter⸗ 
waͤrts als die obere Schaale, es iſt vorn etwas 
ausgeſchnitten, knorplich, durchſichtig, und mit 
ſieben knochigen, chagrinartigen Platten beſetzt, 
die den Stuͤcken des Mittelfeldes aͤhnlich, aber un⸗ 
tereinander an Groͤße und Geſtalt verſchieden ſind. 
Drey von ihnen ſind vorn, zwey in der Mitte, 
und drey nach hinten zu. 


Der Kopf iſt wie bey den Flußſchildkroͤten ge⸗ 
ſtaltet, und aus den Runzeln der Haut am Halſe 
ſieht man, daß ſie ihn nach Gefallen ausſtrecken 
kann. | 73 


Da wir von der Lebensart dieſer Schildkroͤte 
weiter nichts wiſſen, und an dem Exemplare, nach 
dem dieſe Beſchreibung gemacht iſt, Beine und 
Schwanz fehlten, ſo wagen wir nicht zu beſtim— 
men, ob fie zu den Fluß- oder Land-Schildkroͤten 
gehoͤrt. Da aber ihr Oberſchild beynah gar nicht 

De la Cepede's Naturg-d, Amph. I. Bd. R ge⸗ 


* 


258 Schildkroͤten. 


gewoͤlbt if, fo iſt zu vermuthen, daß fie eher zu 
den Fluß als Land -Schildkroͤten ‚gehört. . 9152 


i) Hr. Schneider ſagt a. a. O.: Dieſe Art ver: 
dient alle Aufmerkſamkeit, weil ſie, wie ich glaube, 
auf eine deutliche Art die Meer- und Fluß⸗ 
Schildkroͤten miteinander verbindet. Das be— 
ſondere an dieſer neuen Art iſt, daß die knöcherne 
Scheibe ohne Bedeckung von Leder oder Horn iſt. 


. 


Die kaſtanienbraune Schildkroͤte. 259 


Die Eaftanienbraune Schildfröte. 
(Die rothbraͤunliche Schildfröte. La Roussatre) A) 


(Taf. XI. Fig. 1.) 

Dieſe neue Art iſt, ſo wie die vorige, durch Hrn. 
Sonnerat aus Oſtindien gebracht worden. Ihre, 
Oberſchaale iſt platt, fuͤnf Zoll ſechs Linien lang und 
eben ſo breit. Die Scheibe hat 13 Felder, der 
Rand 12. Sie ſind ſehr dünn, matt geftveift, 
an der Mitte glatt, und roͤthlichkaſtanienbraun, 
wovon ſie den Namen hat. Der Bruſtſchild iſt 
hinten ausgeſchnitten und hat 13 Felder; der 
Kopf iſt platter als bey den meiſten andern Schild— 
Feöten, und die fünf Zehen an den Vorder - und 
Hinterfuͤßen haben lange und ſpitzige Naͤgel. An 
dem Sonneratſchen Exemplare fehlte der 
Schwanz, uͤber deſſen Geſtalt ſich daher nichts be— 
ſtimmen laͤßt. Ich glaube aber, nach der platten 
Ruͤckenſchaale und den Naͤgeln zu urtheilen, die 
zwar nicht abgenutzt waren, daß fie eher eine Fluß- 
als Landſchildkroͤte iſt. Das Exemplar, was ich 
vor mir hatte, war ein Weibchen, und das Bruſt— 
ſchild platt. Ich fand bey ihr mehrere Eyer, die 
weich, eyrund und einen Zoll lang waren. 


N 2 Die 
0 Die roͤthliche Schildkroͤte. Schneiders 
zweyt. Beytr. S. 24. Nr. 23. 
Testudo badia, J. scuto depresso badio, ca- 
pite complanato, Donndorfs Zool. Beytr, 
III. S. 34. Nr. 120 1 f 


260 Schildkroͤten. 


Die ſchwaͤrzliche Schildkroͤte. 
(La Noiratre.) I 
Taf. XI. Fig. 2.) 


Ich gebe dieſen Namen einer Schildkroͤte, deren 
keiner von den bekannteſten Naturforſchern und 
Reiſebeſchreibern erwaͤhnt, und von der auch ich 
nur eine unvollſtaͤndige Beſchreibung geben kann, 
weil ich nur die Schaalen von ihr geſehen habe, 
die in dem koͤnigl. Cabinette aufbewahrt werden. 
Die Schaale iſt 5 Zoll 4 Linien lang und beynah 
eben ſo breit, nur wenig gewoͤlbt, und von ſehr 
dunkler, ſchwaͤrzlicher Farbe. Die Scheibe hat 
dreyzehn dicke Felder, die am Rande geſtreift und 
in der Mitte ſo glatt ſind, daß es ſcheint, ſie muͤß⸗ 
ten fettig anzufuͤhlen ſeyn. Die fuͤnf Felder in 
der mittleren Reihe ſind etwas erhaben und bilden 
laͤngs dem Ruͤcken eine Schaͤrfe oder Kiel. Der 
Rand hat 24 Felder; der Bruſtſchild iſt hinten 
ausgeſchnitten und hat 13 Felder. 

Ob fie eine Land- oder Fluß⸗ Schildkrö⸗ 
teiſt, und wo ſie ſich aufhält, weiß ich nicht. 


An⸗ 


J Die ſchwaͤrzliche Schildkroͤte. Schneit 

ders zweyt. Beytr. S. 23. Nr. 24. a 
Testudo nigricans. T. scuto suborbiceulari 
e een nigricante. Donndorfs Zeol. 

Beptr. III. S. 34. Nr. 33 B. Ä 


2 „„ Ir! 


a a | 


ee 


Die großfuͤßige Schildkroͤte. 261 


* 


Ann hann g. *) 


Meer ⸗ Schildkröten. 


1. Die großfuͤßige Schildkröte. 


Testudo macropus. Malbaum. n) 


Sie gehort unter die Meer- Schildkroͤten und iſt 
nach Schoͤpf weiter nichts als eine Rieſen⸗ 
Schildkroͤte, welches ich ebenfalls durch ein Exem⸗ 
plar, das ich vor mir habe, beſtaͤttigen kann; denn 

R 3 auf 


m) In dieſem will ich noch die von Hr. La Cepede 
unberuͤhrten Arten, die theils beſtimmt, theils un⸗ 
beſtimmt, theils auch nur Varietaͤten von vorherge— 
henden find, nach den hieruͤber bekannten Nachrich— 
ten anfuͤhren, damit dieß Werk ſo vollſtaͤndig als 
moͤglich werde, und zum weitern Nachforſchen in 
dieſem Zweige des Wiſſenswuͤrdigen, Anlaß geben 


moͤge. B. 
m) Deſſen Beſchreibung einiger Schildkr. 53. S. 
112. 


Testudo macropus, stuto ovato carinato emar- 
ginato, pedibus maximis bifariam unguicu= 
lalis. Gmelin Lin. I. 3. p. 168. n. 16 — 
Donndorfs Zool. Beytr. III. S. 11. Nr. 16. 


162 Schildkröten. 


auf daſſelbe paßt Herrn Walbaums Befchreie 
bung woͤrtlich. Mein Exemplar iſt 1 Fuß 4 


Zoll lang; die Oberſchaale 10 ıf2 Zoll; die 


Höhe von Bauchſchild bis zur hoͤchſten Kielerhoͤ— 
hung auf der dritten Schuppe des Ruͤckenfeldes 
faſt 5 Zoll; das Floſſengelenk des Vorderfußes 
6 Zoll lang und 2 Zoll breit. Das Walbau— 
miſche Exemplar war, von der Kopfſpitze bis 
zum Schwanzende, 2 Zoll 10 1/2 Linie lang, 
und 1 Zoll 4 Linien breit, ein kaum aus dem Ey 
gekrochenes Thier, welches der anhaͤngende Nabel- 
ſack anzeigt. Der Kopf iſt an demſelben groß, im 
Durchſchnitt rund, vorn mit einem kurzen Schna— 


bel verſehen, oben und zu den Seiten gewoͤlbt, an 


der Stirn abſchuͤſſig, unten verengt und faſt flach, 
auf den Seiten mit einer ſiebeneckigen Schuppe und 
mit daran ſtoßenden vieleckigen kleinern verſehen; 
der Schnabel iſt kielfoͤrmig zuſammengedruͤckt, und 
endigt ſich mit einer ſchief vorwaͤrts aufſteigenden 
ſtumpfen Kante, die oben eine ſehr kurze, etwas 
vorſtehende Spitze hat; die ungleichen Kiefern ſind 
meſſerfoͤrmig, und die obere nimmt die untere faſt 
ganz auf, und bedeckt ſie; uͤber der Spitze des 
Schnabels ſtehen die runden Naſenloͤcher; die Au— 
gen liegen neben der Stirn, ſind mittelmaͤßig groß, 
ragen hervor, und haben aufgeſchwollene und ſchie— 
fe Augenlieder, wovon Das obere größer ſchuppig— 
und das untere nach dem Rande zu, weiß warzig 
iſt. Der Hals iſt kurz, ſo dick als der Kopf, 
runzlich, warzig und oben mit zerſtreuten kleinen 

5 e Schup⸗ 


Die großfuͤßige Schildkroͤte. 263 


Schuppen beſetzt. Die Vorderfuͤße ſind floſſenar— 
tig und in Anſehung des Rumpfes groͤßer als bey 
andern Meer- Schildkroͤten, ausgeſtreckt bis fait 
an das Ende des Rumpfes reichend, von Geſtalt 
wie bey der Rieſen-Schildkroͤte, am vordern Rand 
des Handgelenks mit zwey pfriemenfoͤrmigen Kral— 
len verſehen und am hintern gezaͤhnt, hinten runz— 
lich und vorn geſchuppt; die Hinterfuͤße ſind um 
die Haͤlfte kuͤrzer, am Ende beilfoͤrmig, am aus— 
wendigen ſtumpfen Rande gerade und mit zwey 
pfriemenfoͤrmigen kurzen Krallen bewaffnet, am in» 
wendigen aber bogig und wellenfoͤrmig ausſchweift. 
Der kurze Schwanz iſt kegelfoͤrmig, etwas nieder— 
gedruͤckt, nahe an der Spitze mit etlichen Schup⸗ 
pen beſetzt. 

Der Oberſchild iſt im Umfange eyfoͤrmig und 
geraͤndelt, vorn über dem Halſe etwas ausge— 
ſchweift und bogig, an den Seiten hinter den Vor— 
derfuͤßen bis zum Ende mit ſehr niedrigen, ſaͤgen⸗ 
artigen Zähnen beſetzt, hinten ſpitzwinklich und aus— 
gekerbt, oberwaͤrts gewoͤlbt und uͤber der Mitte der 
Laͤnge nach etwas kielfoͤrmig und bogig, uͤberhaupt 
mit 36 aneinander ſtoßenden Schuppen bedeckt, 
wovon 13 auf der Scheibe in drey Reiben wech⸗ 
felsweiſe und 23 auf dem Rande liegen. In der 
mittelſten Reihe der Scheibe findet man fünf uns 
gleiche Schuppen, welche breiter als lang, in der 
Mitte wenig kielfoͤrmig, an den Seiten abſchuͤſſig, 
und im Umfange ſechseckig ſind; nur die letzte ſieht 
einem Quadraten mit abgeſtutzter Spitze ähnlich. 

N An 


264 Schildkroͤten. 


An jeder Seite dieſer Reihe liegen 4 ungleiche 
Seitenſchuppen, wovon zwey und zwey einander 
aͤhnlich ſind; die beyden mittelſten uͤbertreffen die 
andern in der Groͤße, haben s ungleiche Ecken, 
ſind oben gegen die Ruͤckenſchuppen zwiſchen deren 
Spitzen ſie etwas hineintreten, ſpitzig und unten 
abgeſtutzt, und die vordern und hintern an jeder 
Seite hat nur vier ungleiche Ecken. Die Rand⸗ 
ſchuppen find klein, flach und einander ahnlich, die 
erite lange und ſchmale in der Halsgegend ausge: 
nommen; von den Armen an bis zum Ende ſteht 
die hintere Ecke etwas vor. Der Unterſchild hat 
auf beyden Seiten einen breiten, abgeſtutzten, auf⸗ 
ſteigenden Fluͤgel, womit er am Oberſchild ange- 
fugt iſt, und vorn und hinten einen großen abge— 
rundeten Fortſatz. Er iſt inwendig ausgehöhlt, 
auf der Oberfiäche ungleich, bauchig, zweyeckig 
und dreyſeitig, wie ein Sarg: Dedel, doch fo, daß 
der mittlere Theil flach ausgehoͤhlt iſt und die Fluͤ. 
gel ſchraͤg nach dem Rande des Oberſchildes in die 
Hoͤhe ſteigen. Ueber die Mitte des Bruſtſchildes 
geht eine tiefe Queerfurche, hinter welcher ein Ab— 
ſatz ohngefaͤhr eine Linie tief herabtritt, deſſen Ober- 
flaͤche oben ſo eckig, wie die vordere Haͤlfte des 
Bruſtbeins iſt. In dieſem Abſatze befand ſich 
nahe bey der Furche ein rundes Loch, welches mit 
einem runden, weichen Koͤcher oder Sack von der 
Groͤße einer Kirſche bedeckt war, an welchem eine 
größere leere geoͤffnete Blaſe hieng. Die auswen⸗ 
dige Flaͤche des Bruſtbeins iſt mit einer pergament⸗ 

ar⸗ 


Die großfuͤßige Schildkrote. 265 


artigen, glatten Haut überzogen, welche durch fei— 
ne Laͤngs- und Queerſtrichen in runzliche, laͤnglich— 
viereckige, ungleichſeitige Felder abgetheilt wird. 

Dieß in Weingeiſt aufbewahrte Thier iſt oben 
kohlſchwarz, welche Farbe ſich in der Mitte der 
Schuppen in rußſchwarz verwandelte, wenn es 
trocken wurde. Den Rand des Schildes und der 
Fuͤße umgiebt ein ſchmaler, ſtrohgelber Streifen, 
und der Unterleib iſt gelb; an dem kohlſchwarzen 
Kopf haben die Seitenſchuppen einen feinen gelben 
Rand; Augenlieder, Naſenloͤcher, Unterrand des 
Oberkiefers find ſtrohgelb; der Oberrand des Un⸗ 
terkiefers ſtrohgelb; die Kehle, der Unter- und 
Seitenhals ſtrohgelb, oben aber etwas braͤunlich— 
ſchwarz; die Unterflaͤche der Fuͤße hat von der 
Mitte bis an den Leib eine blaßgelbe, und in der 
vordern Haͤlfte eine ſchwaͤrzliche Haut, die am 
Rande gelb ausſieht. 


R 5 Die 


266 Schildkroͤten. 


2. Die gefurchte Schildkroͤte. 
Testudo Gigas. Walbaum. o) 


Sie iſt gefurcht, hat floſſenartige 
zweykrallige Füße und einen abgerun- 
deten, graden, zahnloſen Schnabel, 
auf deſſen Rande erhabene Punkte 


ſitzen. 
Herr P. Walbaum hat die Beſchreibung 
dieſer Meerſchildkroͤte nach einem in feinem Kabi⸗ 
nette befindlichen ausgeſtopften Exemplare gemacht. 
Sie hat einen ſehr großen, eyfoͤrmigen, oben und 
unten gewoͤlbten Körper, der 3 Fuß 3 Zoll lang, 
2 Fuß 9 / Zoll breit, faſt 11 Zoll hoch, und 
mit einem gezaͤhnten Rande umgeben iſt. Der 

| Kopf 


o) Die gefurchte Rieſenſchildkroͤte. Testu- 

Ao Gigas, sulcata, pedibus pinniformibus, 
binis unguibus, rostro obtuso, edentulo. 
Walbaum in den Schriften der Berliner Ge: 
ſellſchaft naturf. Freunde. XI. S. 248. 

Testudo Gigas, fulcata, pedibus pinniformi- 
bus biunguieulatus, rostro obtusiusculo, eden- 
£ulo, punctis in margine elevatis scabro. 
Walbaum in den neuen Schriften der Geſell— 
fchaft naturforſchender Freunde zu Berlin. I. S. 
630. (Die naͤmliche, nur etwas genauere Be— 
ſchreibung, die aber manche den Sinn entſtellen— 
de Druckfehler enthaͤlt.) 

Jurucua et Tartarugu. 
Brasiliae. p. 421? 


Marcgravf hist, nat. 


Die gefurchte Schildkroͤte. 267 


Kopf iſt mittelmäßig, faſt eyfoͤrmig, in die Queere 
abgeſtutzt⸗ viereckig, oben niedrig gewoͤlbt, unten 
und an den Seiten meiſt flach, an der Stirn bis 
auf die Naſenloͤcher etwas abſchuͤſſig, vorn keilfoͤr⸗ 
mig zuſammengedruͤckt, und von den Naſenloͤchern 
ſteil abſchuͤſſig, allwo er ſich mit einem ſtumpfen 
Schnabel endigt. Der Schnabel iſt ſehr ſtark, 
gerade und halb ſo lang als der Kopf, zahnlos, 
keilfoͤrmig zuſammengedruͤckt, vorn ſteil abſchuͤſſig, 
abgerundet, und ſteht nur wenig von den Naſen— 
loͤcher hervor. Die Kiefern find runzlich, uns 
gleich, faſt gerade geſtreckt, greifen ineinander, und 
beſtehen aus dicken, harten Knochen, welche an 
der vordern Hälfte mit einer hornigen Scheide, 
und an der hintern mit vieleckigen Schuppen bes 
kleidet find, Der Oberkiefer iſt paraboliſch, oben un» 
ter den Naſenloͤchern in der Form eines lateiniſchen 
Wausgeſchweift, von da ſteil abſchuͤſſig, und en- 
digt ſich mit einer abgerundeten und unterwaͤts ein 
wenig ausgeſchweiften Spitze. Der untere ſcharfe 
Rand iſt meſſerfoͤrmig, mit hervorragenden Punks 
ten rauh gemacht. Er hat beynah eine gerade 
Richtung, iſt aber dabey an dem untern Rande et» 
was ſchlangenfoͤrmig auf und niedergebogen. Statt 
der Zaͤhne dienen ihr zwey ſcharfe, hervorſtehende, 
bogenfoͤrmige Rippen, welche an der inwendigen 
Flaͤche dieſes Kiefers hintereinander ſitzen. Der 
Unterkiefer iſt kuͤrzer und ſchmaͤler, als der Ober— 
kiefer, meiſt gerade geſtreckt, und endigt ſich mit 
einer etwas abgenutzt winklichen, aufgekruͤmmten 

Spitze. 


268 Schildkroͤten 


Spitze. Er beſteht aus einem dichten und feſten 
Knochen, der nach hinten wie ein lateiniſches U 
in zwey Armen getheilt, vorn am Kinne gewoͤlbt 
und auf beyden Seiten platt iſt. Der obere ſchar— 
fe Rand iſt meſſerfoͤrmig, aber bey der Spitze ſehr 
fein gekerbt und faſt gerade; ſteigt aber gekruͤmmt 
gegen den Mundwinkel in die Höhe. Hinter dies 
ſem Rande an der inwendigen Flaͤche liegt eine 
mondfoͤrmige Grube, und nach derſelben eine ſtar⸗ 
ke hervorſtehende bogige Rippe, welche bey geſchloſ⸗ 

ſenem Munde zwiſchen die Rippen des Oberkiefers 
tritt. Die Mundſpalte iſt mittelmaͤßig, faſt ge⸗ 
rade, dabey aber ein wenig auf- und niedergebo— 
gen; die Naſenloͤcher ſind oval, nahe beyeinander, 
und ſitzen in einem weichen niedrigen Hoͤcker über - 
der Spitze des Schnabels. Die mittelmaͤßigen 
Augen ſitzen hoch und nahe am Schnabel, haben 
dicke, runzliche und ſchuppige Augenlieder, die ei— 
ne ſchraͤge Richtung, von vorn nach hinten in die 
Hoͤhe haben. Unter den Schlaͤfen zeigt ſich eine 
flache, mit einer ſchuppigen Haut bedeckte Grube 
fuͤr die Ohren. Der Hals iſt eben ſo dick und 
lang als der Kopf und mit einer runzlichen Haut 
bedeckt. Der Rumpf mit ſeinem Harniſch iſt oben 
mehr als unten gewoͤlbt, im Umkreiß eyfoͤrmig, an 
beyden Seiten gezaͤhnt, und hinten uͤber dem 
Schwanze ausgekerbt. Der Ruͤckenſchild iſt ſtark 
gewoͤlbt, faſt eyfoͤrmig, oben uͤber der Mitte des 
Ruͤckgrats beynahe gerade und flach, hinten aber 
uͤber dem Kreuzbeine und vorn bey dem Halſe ab— 
genutzt 


Die gefurchte Schildkröte: 269 


nutzt kielfoͤrmig und dabey abſchuͤſſig, und umher 
mit einem breiten Rande umgeben, welcher eine 
gleiche abſchuͤſſige Richtung mit der Scheibe hat. 
Dieſer Rand iſt bey dem Halſe und den vordern 
Fuͤßen ſtumpf und ſchwach ausgeſchweift. Von 
bier an wird er platt, an der aͤußerlichen Kante 
ſcharf und abgenutzt gezaͤhnt, und ſteigt in einem 
flachen Bogen herab bis in die Mitte des Schildes, 
als dann ſteigt er auf gleiche Weiſe wieder in die 
Höhe mit größeren und ſcharfen ſaͤgenartigen Zaͤh⸗ 
nen bis uͤber den Schwanz, wo er ſich mit einem 
kielfoͤrmigen Ausſchnitte endigt. Der ganze Ruͤk⸗ 
kenſchild iſt mit einer duͤnnen hornigen Rinde uͤber⸗ 
zogen, die aus verſchiedenen vieleckigen, zuſammen⸗ 
gefuͤgten ungleich geſtalteten Stuͤcken oder Schup⸗ 
pen beſteht. Dieſe ſind in der Mitte eben, gegen 
den Rand aber ein wenig gewoͤlbt, und daſelbſt 
mit zwey Furchen umgeben. Funfzehn derſelben 
liegen in drey Reihen auf der Scheibe, und ſieben 
und zwanzig auf dem Rande. Sie ſtoßen mit ih» 
ren Raͤndern an die benachbarten dicht an, und 
ſind nur durch ſchmale Naͤthe oder tiefe Furchen 
von einander abgefondert. Die Mittelſchuppen 
ſind kleiner als die Seitenſchuppen. Die erſte iſt 
faͤcherfoͤrmig, breiter als lang, nach hinten aus 
gebreitet, oben abgenutzt kielfoͤrmig, hat im Umfange 
ſechs ſtumpfe Winkel, und eben fo wiel ungleiche 
Seiten, wovon die vordere bogig, und die hintere 
ausgeſchweift if. Die zweyte und dritte Nüden- 

ſchuppe find faſt platt, viel ſchmaͤler aber laͤnger 
| ale 


20 Schildkroͤten. 


als die erſte, haben auch verſchiedene Ecken, wo⸗ 
von diejenigen an den Seiten ſehr kurz und ſtumpf 
ſind. Die vierte iſt der dritten aͤhnlich, aber brei— 
ter und kuͤrzer, und hat an der rechten und linken 
Seite weiter hervorſtehende Ecken. Die fuͤnfte 
iſt faͤcherfoͤrmig, kuͤrzer und viel breiter als die 
vierte, oben kielfoͤrmig, hat im Umkreiſe ſechs 
ſtumpfe Winkel, und eben fo viel ungleiche, et⸗ 
was bogige Seiten, wovon die vordern ausge— 
ſchweift und die kuͤrzeſte iſt. Die Seitenſchuppen 
ſind zweymal breiter als lang, von zunehmender 
Laͤnge und Breite. Die erſte auf jeder Seite iſt 
die kleinſte, unordentlich-vieleckig und hat im Um⸗ 
kreiſe beynah die Geſtalt eines Quadranten. Die 
zweyte, welche etwas laͤnger und zweymal breiter 
als die erſte iſt, hat vier ungleiche Ecken, und an 
der Vorderſeite unterwaͤrts einen bogigen Rand. 
Die dritte uͤbertrifft alle an Groͤße und iſt einem 
laͤnglichen Vierecke faſt gleich. Die vierte iſt der 
dritten ähnlich, aber etwas kleiner. Die fünfte, 
welche an die vierte und fuͤnfte Ruͤckenſchuppe ſtoͤßt, 
hat vier ungleiche Seiten und eben ſo viel Ecken. 
Die Schuppen, welche den Rand bedecken, ſind un— 
ordentlich viereckig, naͤmlich theils verſchoben, theils 
ungleichſeitig, nur die erſte ſechseckige und die vier 
letzte ausgenommen, welche fünf Ecken haben. 
Der Bruſtſchild, welcher aus knoͤchernen und 
knorplichen Theilen beſteht, iſt laͤnger als breit, 
ſchmaͤler und kuͤrzer als der Ruͤckenſchild, hat vorn 
und hinten einen graden halben runden Lappen, 

fait 


Die gefurchte Schildkrote. 271 


faſt wie ein Griechiſches a geſtaltet, wovon der 
vordere breiter und kuͤrzer als der hintere iſt, an 
beyden Seiten breitet er ſich mit zwey Fluͤgeln aus, 
in der Form eines Schwalbenſchwanzes der Bau- 
kunſt, welche an dem untern Rande des Ruͤcken⸗ 
ſchildes gefuͤgt ſind. Die Oberflaͤche deſſelben iſt 
uneben, der Laͤnge nach faſt platt, in der Mitte 
etwas eingedruͤckt, und mit einer langen Furche 
durchzogen, an den Flügeln aber gewoͤlbt und auf⸗ 
ſteigend. Auswendig iſt er mit einem harten, 
wachsgelben Leder uͤberzogen, welches vermittelſt 
drey laͤnglicher Furchen, und einiger andern ſchie⸗ 
fen und in die Queere laufenden, in 18 unglei- 
che, theils dreyeckige, theils viereckige und theils 
fuͤnfeckige Felder abgetheilt wird. Der Schwanz 
iſt ſehr kurz, ſchuppig, halbkegelfoͤrmig, unter⸗ 
waͤrts platt, und ragt kaum uͤber den Rand des 
Ruͤckenſchildes hervor. Die Fuͤße ſitzen horizon⸗ 
tal an der Unterflaͤche des Harniſches, gleichen dem 
Ruͤcken, ſind floſſenartig, mit verſchiedenen viel⸗ 
eckigen Schuppen groͤßtentheils bedeckt. Die vor⸗ 
dern ſind im Umfange faſt walzenfoͤrmig, gegen 
das Ende niedergedruͤckt und reichen bis in die 
Mitte des Rumpfes. Der Oberarm, welcher ne— 
ben dem Halſe hervorgeſtreckt liegt, iſt kurz und 
mit einer nackten Haut bekleidet, welche das Thier 
nur allein in den Harniſch zuruͤckziehen kann; der 
Unterarm iſt zweymal länger und mit dem Ober— 
arm durch einen hervorſtehenden Ellenbogen unter 
einen ſpitzigen Winkel verbunden und nach hinten 
i gerich⸗ 


272 Schlldkrdten. 


gerichtet. Die ſogenannte Hand iſt ablang, 
ungetheilt, oben und unten platt, am En⸗ 
de ſehr duͤnn und abgerundet. Der auswendige 
Rand iſt bogig, ſehr hart und dick, wird aber ge⸗ 
gen das Ende duͤnner, woran zwey dicht anliegen⸗ 
de Krallen ſitzen. Der inwendige Rand iſt haͤu⸗ 
tig, und wellenfoͤrmig gekraͤußelt. Die fünf Fine 
ger von ab- und zunehmender Laͤnge ſind in einer 
ebenen Flaͤche zuſammen gewachſen und liegen un⸗ 
ter den großen Schuppen der Hand verborgen. 
Die Hinterfuͤße, welche auch fünf Zehen und zwen 
Krallen an dem auswendigen Rande haben, ſind 
in der Bekleidung und Dicke den Armen gleich, 
aber auf die Hälfte kurzer. Der Plattfuß iſt ey⸗ 
foͤrmig, breiter und kuͤrzer als die Hand. Die 
Krallen oder Klauen find ſtark, kurz, niederge⸗ 
druͤckt, etwas ſpitzig, von weißlichen Horn, fiz« 
zen auf dem erſten und zweyten Finger, ſowohl 
an der Hand als an dem Plattfuße, und liegen an 
dem auswendigen Rande dicht angedruͤckt. Die 
Bekleidung am Kopf, Hals, Schwanz und Fü- 
ßen beſteht aus einer zaͤhen Haut, welche mit ver— 
ſchiedenen kleinen und groͤßern, theils harten theils 
rauhen Schuppen bedeckt iſt, dergleichen aber an 
den Schultern, der Kehle und der Unterflaͤche des 
Halſes fehlen. 

Die Farbe uͤberhaupt iſt oben ſchmutzig braun 
und unten gelb. Die Theile beſonders betrachtet, 
ſo iſt der Kopf oben kaſtanienbraun mit greiſen 
Punkten beſchneyt, an den Seiten und unten aber 

gelb; 


Die gefurchte Schildkroͤte. 273 


gelb; die Fuͤße und der Hals oben gelblich ſchwarz, 
unten gelb; der Ruͤckenſchild ſchwarzbraun mit hell— 
gelb gefleckt, auch an dem Rande der Felder mit 
ausgebleichten gelben Furchen geziert, und endlich 
der Bruſtſchild, wie oben ſchon erwaͤhnt, wachs⸗ 
gelb mit braun eingedruckten Punkten beſprengt. 
Die Heimath iſt unbekannt, vermuthlich 
aber iſt fie in den Weſtindiſchen Meere gefan— 
gen und von da nach Deutſchland gebracht werden 
Ob dieß Thier eine neue Art, oder nur eine Spiel— 
art der dunkel beſchriebenen Meerſchildkroͤten ſey, laͤßt 
Hr. D. Wal baumunentſchieden. In vielen Stuͤk⸗ 
ken ſoll fie Aehnlichkeit mit der Rieſen-Schild— 
kroͤte (Testudo Mydas. Lin.) haben. Weil ſie 
aber in der Hoͤhe des Harniſches, in der Bildung 
der Schuppen, welche umher gefurcht ſind, und in 
der Zahl der Krallen an den Fuͤßen von jener, wie 
auch von allen uͤbrigen abweicht, ſo hat er kein 
Bedenken getragen ihr einen neuen Namen zu ge— 
ben. So weit Hr. D. Walbaum. N 
Ich will eben ſo wenig wie Herr Walbaum 
ganz beſtimmt uͤber dieſe Schildkroͤte entſcheiden; 
doch ſcheint fie mir gar nicht zur Rieſen-Schild— 
kroͤte zu gehoͤren, aber auch eben ſo wenig eine 
neue Art zu ſeyn. Mir iſt es nach der Verglei— 
chung, die ich mit einem Exemplare, von der 
Hälfte der Größe, im Schnepfenthäler Na— 
turalienkabinette gemacht habe, eine Karett— 
Schildkroͤte (Testudo Caretta. Lin.) zu 
De la Cepedes Natg. d. Amph. I. Bd. S ſeyn 


274 | Schildkroͤten. 


ſeyn. Alles paßt bis auf die Kleinigkeiten, daß 
die Furchen auf den Ruͤckenfeldern (die aber dieſer 
Art nicht bloß eigen ſind, ſondern die ich auch, 
wiewohl ſchwach, an einer Rieſen-Schildkroͤte ge⸗ 
funden habe), die bey meinem Exemplar bloß ans 
gedeutet ſind, und wie Runzeln ausſehen, und 
daß die erſte Schuppe der Mittelreihe auf den 
Oberſchild ſich nicht nach hinten ausbreitet, ſon— 
dern vielmehr nach vorne zu etwas breiter iſt, als 
auf der Hinterſeite. Letzteres waͤren daher, wenn 
es kein Verſehen in der Beſchreibung iſt, der al— 
leinige Hauptunterſchied dieſer neuen Art; ſonſt iſt 
es eine muſterhaft genaue Beſchreibung der Ka— 
rett⸗Schildkroͤte, wie man ſogleich bey der 
Vergleichung finden wird. 


3. Die 


FRA 2) 
1 Neo 7 G. e, 


[4 


Die Sapanifche- Schildfröte. 275 


3. Die Japaniſche Schildkroͤte. 
Testudo japanica. Thunberg. y) 


(Taf. XX. Fig. 2.) 


Eine Meer ⸗Schildkroͤte. Sie iſt von mittelmaͤ⸗ 
ßiger Größe, ohngefaͤhr ı/4 Elle lang. Die 
Schaale iſt rundlich eyfoͤrmig, auf dem Ruͤcken 
ſcharf kielfoͤrmig, gekerbt, vorne faſt herzfoͤrmig, 
hinten vierlappig, glatt, oben ſchwarz, unten weiß 
und faſt eine Spanne lang. Die Ruͤckenſchuppen 
find faſt viereckig, laͤnglich und klein; die dazwi⸗— 
ſchenliegenden obern irregulaͤr, die untern fuͤnfeckig 
und die groͤßten, und die Randſchuppen laͤnglich— 
viereckig. Die Fuͤße ſind floſſenartig und zuſam— 
mengedruͤckt; die vordern laͤnger und gegen die 
Mitte mit einem Nagel beſetzt, oben ſchwarz, un« 
ten weißlich. Der Schwanz iſt ſehr kurz und 
geht nicht vor. | 

Da die Schuppen dieſer Schildkroͤte dünn, 
klein und undurchſichtig find, fo dienen fie zu kei— 

8 | 8 2 nem 


\ * 


p) Testudo japanica. T. pedibus pinniformi- 
bus uniunguiculatis, testa carinata, erenata, 
postice quadriloba. Thunberg in den neuen 
Schwediſchen Abhandlungen auf das Jahr 1787. 
VIII. S. 171. Taf. 7. Fig. 1. — Donndorfs 
Zool. Beytr. III. S 32. Nr. 4. 


* 


276 Schildkröten. 


nem Gebrauch, fie ſelbſt aber wird in Japan ge⸗ 
geſſen. | | 
Sie wohnt in kleinen Seen und Gewaͤſſern, 
und wird von den Einwohnern zum Vergnügen un⸗ 
terhalten. Sie ſuchen ſie zu fangen, indem ſie 
ihr Lockſpeiſen ins Waſſer werfen, nach welchen ſie 
geht. | 5 


ae —— 


Fluß⸗ 


Safe 


ü N NN | m) ) 
J. CI, CD / „ 
2. e, aue. 0 , Zorg 


Die weichſchaalige Schildkroͤte. 277 


Fluß ⸗Schildkroͤten. 


4. Die weichſchaalige Schildkröte. 


Testudo rostrata. Thunberg. q) 


(Taf. XII. Fig. 2.) 


3 iſt eine Fluß-Schildkroͤte, und wie ſchon Hr. 
D. Schopf bemerkt hat und die Vergleichnng 


— 


S 3 ſogleich 


9) Testudo rostrata, pedibus palmatis, testa in- 

tegra, carinata, elevato striata, scabra. 

Thunberg nova Acta acad suec. Vol. VIII. 
(Ueberſ.) S. 172. Taf. VII. Fig. 2. 3. 

Testudo rostrata, testa orbiculari ovata, mo- 
nophylla, coriacea, carinata, rugis obliguis 
e punctis elevatis striata, scabra. Die 
weichſchaaliche Schildkröte des Thun: 
berg. Der Ruͤckenſchild tellerförmig, gekielt; 
die tellerfoͤrmige Bedeckung des Ruͤckens beſteht 
aus einer ungetheilten Haut, beſetzt mit erhabe— 
nen Warzen in ſchraͤge laufenden Reihen.) 
ST N. G. der Schildkr. S. 108. Taf. 


Testudo membranacea. T.ypedibus palmatis; 
unguiculis tribus testa orbieulari ovata, 
membranacea grisea, striata, scabra. Blu: 
menbachs Handbuch der N G. S. 231. Nr. 1. 

Testudo membranacea. T. pedum unguiculis 
tribus, testa dorsali membranacea ovata gri- 
sea siriata. Gmelin Lin. 1,3. p. 1039. Nr. 


37; 


278 Schildkröten: 


ſogleich zeigt, mit den folgenden beyden einerley. 
Ich gebe die Beſchreibung aus dem Schoͤp fi⸗ 
ſchen Werke. 

Das Thunbergiſche Exemplar war einer 
Hand groß. Der Kopf iſt niedrig gewoͤlbt und 
glatt; die Augen find nach Verhaͤltniß des klei⸗ 
nen Koͤrpers groß; die Lippen ſind breit, die obe⸗ 
re etwas auf- die untere abwaͤrts gebogen. Die 
Naſe verlängert ſich in einen ſtumpfen Ruͤſſel. Die 
ſehr kurzen Vorder und Hinterfuͤße ſind mit einer 
breiten Schwimmhaut, nicht nur zwiſchen den Fin⸗ 
gern, ſondern auch nach ihrer ganzen Fläche ver⸗ 
ſehen; ſie haben fünf Finger, aber nur die drey 
erſten davon ſind mit Krallen bewaffnet. Der 
Schwanz iſt kurz und erreicht den Rand des Schil— 
des nicht. Der Ruͤckenſchild iſt ey- oder vielmehr 
tellerfoͤrmig; er iſt etwas gekielt, und beſteht aus 
einem biegſamen, lederartigen Ueberzuge, ganz 
und einfoͤrmig, ohne Abtheilungen im Rand und 
Felder; uͤber den Ruͤcken hin aber laufen ſchraͤge 
und gebogene Reihen, von meiſt enge aneinander 
ſtehenden, theils laͤnglichen, theils rundlichen er— 
habenen Warzen oder Punkten, welche nach hin— 
ten zu meiſt unmerkbarer werden, uͤberhaupt aber 
dem Ruͤckenſchild ein runzliches Anſehen Be 

Der 
17. — Schneiders Schildkr. Wörbede S. 
XLVI. und 45. Taf. IJ. Deſſelben erſter 
Beytr. S. 10. Schriften der Berliner naturf. 
Geſellſch. X. S. 267. 


Die weichſchaaliche Schildkroͤte. Donn⸗ 
dorfs Zool. Beytr. III. S. 15. Nr. 17. 


Die weichſchaalige Schildkröte. 279 


Der Ruͤckenſchild iſt, in feinem natürlichen 
Zuſtande, ſeicht erhaben und nach ſeinem ganzen 
Umfange flach ausgebreitet; etwas gewoͤlbter iſt 
die vordere Haͤlfte nach der Mitte hin, platter und 
niedriger aber die hintere Haͤlfte. Der Rand iſt 
durchaus ganz, nirgends eingekerbt, und nur an 
den Seiten, (vielleicht auch hier nur zufällig etwas 

aufgeſtuͤlpet. 
| Der Bauchſchild iſt nach vorne dem Rücken» 
ſchild an Länge und Breite faſt gleich; nach hin— 
ten aber viel kuͤrzer und ſchmaͤler; nur der mittle— 
re laͤngliche Haupttheil, mit den beyden Seiten— 
fortſaͤtzen, welche zur Vereinigung der beyden 
Schilder dienen, ſind hart und knochig, das uͤbri— 
ge weich und knorplich; er iſt rund umher ganz 
wenig erhaben, glatt, und haͤutig ohne Abtheilung 
in Felder; die Farbe weißlich. 

Die Hauptfarbe iſt graubraun, bald heller 
bald dunkler; ob aber dieß die natuͤrliche bey ei— 
nem ausgewachſenen vollkommenen Exemplare 
ſey, iſt noch ungewiß, da diejenigen, die bey uns 
bekannt ſind, nur junge in Weingeiſt aufbewahrte 
ſind. i | 

Zum Vaterlande giebt Hr. Hofrath Blumen 
bach Guiana an. | 

Vielleicht daß gar nach Hrn. D. Schoͤpfs 
Muthmaßungen die beißige Schildkroͤte 
Pennants (f. oben) auch zu dieſer Art gehört, 
und daß dieß bloß die jungen und jenes die alten 
Thiere ſind. Schoͤpf. 

| S 4 Die 


20 Schildkröten. 
Die dreykrallige Schildkröte. 


Testudo triunguis. Forskal. 7) 


Nach der kurzen Beſchreibung kann man nicht 


anders als ſie zur vorhergehenden zaͤhlen. Sie 
hat an jedem Fuß drey Krallen; der Oberſchild iſt 
tellerfoͤrmig und runzlich mit niedergedruͤckten glat— 
ten Rande; die Naſe ſteht cylindriſch W 
uͤber den Kopf hinaus. 

Im Nil. 


Die Knorpel ⸗Schildkroͤte. 


° 
Testudo cartilaginea. Boddaert. s) 


Auch dieſe Schildkroͤte gehört der größten 
e nach zu der vorhin beſchriebenen 
weich⸗ 

4 

7 ee, triunguis pedum_unguieulis tribus, 
dorsi disco rugoso orbic sulato, limbo depres- 
siore laevi, naribus in cylindro elevato et 
ultra caput prominente. Forskal Fauna 
arab. p g. — Gmelin Lin. 1.3. p. 1039. n. 
18. — Schneiders Schildkr. . 333. Der 
ſelbe in den Schriften der Berliner naturforſch. 
Geſellſch. X. S. 280. — Schoͤpf, N. G. der 
Schildkr. S. 117. ' 

! Teriſe; Ludſchjat. Abdalatif, Merkwuͤr— 
digkeiten von Egypten. S. 154. 

3) Testudo cartilaginga: T. testa orbieulari 
membranacea, striata in dorso, pedum un- 
guibns tribis, naso cylindrico prolongato. 
Boddaert in den Schriften der Berlin. naturf⸗ 

Geſellſch. 


6 * 
E Dane Dach a ma ne el 2 


Die weichſchaalige Schildkröt, 281 


weichſchaaligen, wie die in den Noten angegebe— 

nen Citate ausweiſen. An dem von Herrn 
Schneider beſchriebenen und abgebildeten Exem— 
plare iſt der Kopf rund gewoͤlbt, da er an der 
Boddaertiſchen plattgedruͤckt ſeyn ſolls 
der Rand des Oberſchildes iſt nicht wie nach Bo d— 
daert, niedergedruͤckt, wenn dieß eine eigene Be— 
deutung haben ſoll, ſondern mit dem Rüden gleich 
abſchuͤſſig, und glatt, d. h. ohne die erhabenen 
Rüͤckenſtreifen; die Schnauze verlängert ſich oben. 
in einem eylindriſchen Ruͤſſel; die Lippen ſind breit, 
die Oberlippe nach oben, die untere nach unten zu⸗ 
ruͤckgeſchlagen; beyde Kiefern ſehen gelblich aus; 
die Oeffnung der Augen iſt horizontal; das obere 
Augenlied breiter als das untere; der Hals mit ei⸗ 
ner angheichen Haut bekleidet; vorn und hinten 


SA n 


Geſellſch. III. S. 265. Deſſen epistola de 
festudine cartiliginea ex Museo J. As 
Schlosseri. Amsterd. 1772. — Gmelin Lin» 
I. 3. p. 1039. n. 19. — Schneiders Zool. 
Abhandl. S. 309. 310. 

Testudo Boddaerti, T. testa orbiculari, mem- 
branacea, striata in dorso, pedum anterio- 
rum posticorumque palmatorum, unguibus 
ternis, naso cylindrico prolongato. Schnei: 
ders erſte Beytr. S. 9. Nr. 7. Mit einer Ab: 
bildung von oben und unten. Derſelbe im 
Leipziger Magazin. zur Naturgeſch. und Oekon. 
1789. 3. S. 263. Taf. 2. Derſelbe in den 
Schriften der Berliner naturf. Freunde. IV. 3. 
S. 3 8..©.265. | 

Die Knorpel: Schildkröte. Donndorfs 
Zool. Beytr. III. S. 16. Nr. 19. 


282 Schildkröten. 


fünf Finger an den großen Füßen ; fie find mit ei⸗ 
ner Schwimmhaut verbunden; haben 3 Krallen, 
zeigen aber keine Spur von falſchen Fingern zur Un⸗ 
terſtuͤtzung der Schwimmhaut, wie bey der beißi- 
gen Schildkroͤte (T. ferox) Auch iſt es 
wahrſcheinlich ein Zeichnungsfehler, wenn Bo d— 
daerts Abbildung vorn vier und hinten drey 
Krallen hat. Der Schwanz iſt ſehr kurz und zu— 
geſpitzt und ragt nicht vor. Der Ruͤckenſchild iſt 
wellenfoͤrmig; der oberſte Theil deſſelben vorn 
uͤber dem Halſe etwas in die Hoͤhe zuruͤckgebogen 
und bildet daher an feiner Bafis auf dem Rüden 
eine krumme tiefe Linie und iſt dicht mit erhabenen 
Koͤrnern beſetzt; an den Seiten dieſes Theils laͤuft 
der Rand des Theiles vom Schilde, welches aus— 
geſchweift iſt, etwas umgebogen oder umgefchla- 
gen bis an den vollen Cirkelbogen herab; doch 
ſieht man dieſe ſcharfe umgebogene Kante deutlich. 
Die vordere Haͤlfte des ganzen Ruͤckens iſt in der 
Mitte convex; hinterwaͤrts aber iſt er ganz gleich⸗ 
foͤrmig, platt und niedergedruͤckt. Laͤngs dem 
ganzen Ruͤcken hin laufen erhabene Streifen. An 
dem Bauchſchilde wird man fo wenig als am Ruͤk— 
kenſchilde eine Abtheilung oder Feld gewahr. Er 
iſt vorn ſo lang als der Ruͤckenſchild, nur an den 
Seiten unter den Vorderfuͤßen iſt er etwas mehr 
ausgeſchnitten, als der Oberſchild und mit einer 
runzlichen Haut in der Hoͤhlung ausgefuͤllt. Dieſe 
Hoͤhlung mit der runzlichen Haut iſt fuͤr die Fuͤße, 
wenn ſie ſich im Gehen nach hinten ausſtrecken. 
—— — 1, 


s. Die 


Die Caſpiſche Schildkröte. 283 


5. Die Caſpiſche Schildkroͤte. 


Testudo caspica. Gmelin. .) 


(Taf. XIII. Fig. 1.) 


Schon Herr Profeſſor Schneider ſagt in der 
unten angefuͤhrten Stelle, daß dieſe Schildkroͤte 
nach Beſchreibung und Abbildung unſerer Euro» 
paͤiſchen Schildkroͤte gar ſehr gleiche, und nur 
darin verſchieden ſey, daß in der Zeichnung der 
Kopf oben nicht platt, ſondern gewoͤlbt, und am 
Hintertheile, fo wie über den Augen geſchuppt, 
und der Schwanz an beyden Zeichnungen geringelt 
und durch Punkte wie chagrinirt vorgeſtellt ſey, 
da unſre Art hingegen den ganzen Schwanz mit 
kleinen harten Schuppen bedeckt habe. 

Die obere Schaale hat 8 Zoll und 7 Linien 
in der Laͤnge, und in ihrer Mitte, wo ſie am brei⸗ 
teſten iſt, beträgt fie 7 Zoll und 8 Linien; die un- 
tere Schaale iſt 7 Zoll 6 Linien lang, und 5 Zoll 
3 Linien breit. Doch ſoll ſie auch manchmal ſo 

ö groß 


t) S. G. Gmelins Nufifhe Reiſe III. S. 59. 
Taf. ro von oben und Taf. 11 von unten. 
Testudo caspica. TJ. testa orbiculari, palma- 
rum unguibus quinis, plantarum quaternis, 
capite squamato, cauda nuda. Sch ne i⸗ 
ders N. G. der Schildkroͤten. S. 344. Nr. 11. 
Gmelin Lin. I. 3. p. 1041. n. 24. — Don 
dorfs Zool. Beyer III. S. 21. Nr. 24. 


84. Schildkröten, 


groß werden, daß einige Menſchen auf ihrer obern 
Schaale ſtehen und ſich von dem Thiere fortſchlep⸗ 
pen laſſen koͤnnen. Der Rumpf iſt ungemein err 
haben, halb ſchwarz und halb gruͤn, rings an dem 
Rande herum in 25 Schildchen abgeſondert, wo— 
von das erſte das kleinſte iſt, alle aber die Geſtalt 
eines Parallelogramms haben. Die Mitte der 
Scheibe theilt ſich in 5 Schildchen, die ziemlich 
gleich viereckig find, die Naͤthe, welche die Schild⸗ 
chen bilden, find bald gerad - bald krummlinig, 
und anaſtomoſiren miteinander. Die drey erſten 
Schildchen uͤbertreffen die drey letzten etwas an 
Groͤße. Auf der vordern Seite beobachtet man 
‚ fünf, und auf der untern vier Schildchen; von 
denſelben haben einige die Geſtalt eines Rhombus 
und andere die von einem Quadrate. Der Bruſt⸗ 
ſchild iſt ſehr glatt, ſchwaͤrzlich, weiß gefleckt, nach 
hinten zu zweyfach geſpalten, ſtumpf, vorwaͤrts 
mit einer dreywinklichen Furche bezeichnet, auf 
beyden Seiten mit vier Queerfurchen und einer an— 
dern in die Länge laufenden verſehen, welche letz— 
tere viele ſchneckenfoͤrmige Gaͤnge macht. Die 
Süße ſowohl als die Hände find halbſchwimmfoͤr⸗ 
mig, jene haben vier und dieſe fuͤnf Zehen. 

Sie haͤlt ſich im Bache Puſahat bey der 
Stadt Schachamir und in den 1 Gil a⸗ 
nifhen ſuͤßen Waſſern auf. 


6. Die 


Die gemahlte Schildkröte. 285 


6. Die gemahlte Schildkroͤte. 
Testudo picta. Hermanni. u) 


(Taf. XV. Fig. 1.) 


Dieſe ſchoͤne Schildkröte gehöre unter die Fluß⸗ 
Schildkroͤten, obgleich die enge und knoͤcherne Ver⸗ 
bindung beyde Schilder die angenommenen Kenn⸗ 
zeichen der Land⸗Schildkroͤten aufzuweiſen haben. 
Der Kopf iſt nach Verhaͤltniß des Thiers klein, 
platt und deſſen runzlich-ſchuppige Haut ſchwaͤrz⸗ 
lich mit eingemiſchtem Gelb oder gelben Punkten; 
die Kinnladen ſind ungezaͤhnelt. Die Vorderfuͤße 
bus 1 „ ſind 


de) Testudo pieta, T. testa depressa' glaberri- 
ma, scutellis disci medii subquadrangulis, 
flavo marginatis; sterno scüto longitudine 
. aequali. (Rückenſchild niedrig und ungemein 
glatt; mittler Felder der Scheibe faſt viereckig 
a mit gelben Einfaſſungen. Bauchſchild von glei— 
gl cher Länge mit dem Schoͤpf N. G. 
f der Schildkr. S. 23. Taf. 1 
Testudo picta, testa e e macula 
duplici ex atro coerulessente notata, scutel- 
lis margine Jlavo cinctis, collo per longitu- 
dinem flavo nigroque striato. Gmelin Lin. 
J. 3. p 1045. n. 30. — Schneiders N. G. 
der Schildkr. S. 348. N 
Testudo novae Hispaniae, Seba Thes. I. tab. 
80. lig. 5. 
Die gemahlte Schildkroͤte. Donndorfs 
Zool. Beytr. III. S. 30. Nr. 30. 


286 Schildkroͤten. 


find halb floßartig mit fünf, die hintern ganz floß- 
artig mit vier Zehen, zuweilen mit blutfarbigen 
Striemen bemahlt, alle mit langen, gebogenen, 
ſcharfen Naͤgeln verſehen; doch die hintern laͤnger 
und ſtaͤrker. Der Schwanz iſt ein Viertheil ſo 
lang als die Schaale, ſchuppig, ſchwarz und der 
Laͤnge nach gelb geſtreift. 

Die Laͤnge des abgebildeten Schildes betraͤgt 
5 1/2, die Breite in der Mitte 3 5/4, über den 


* 


Schenkeln 4 und die Hoͤhe 1 1/2 Zoll. Der 


Ruͤckenſchild iſt niedrig, aber ſanft und gleich ge: 
woͤlbt, durchaus glatt und von ablanger Figur. 
Seine Hauptfarbe iſt ſchwer durch Worte auszu— 
druͤcken, und iſt ein eigenes mit Gelb gemiſchtes 
lichtes Braun. Dreyzehn wenig convexe Felder 
bedecken die Scheibe; ſie ſind ſehr und faſt glaͤn⸗ 
zend glatt, ohne die mindeſte Spur von Furchen 
oder Schuppenfeldern; faſt alle naͤhern ſich der 
viereckigen Geſtalt, mit Ausnahme der drey vor- 
derſten, und der zwey letzten in der Mittelreihe; 
die Seiten der Felder find mehr gebogen als gera— 
de, ihre Ecken meiſt ſtumpf, und die Vereinigung 
und Naͤthe nur leicht gefurcht. Das erſte Feld 
der Mittelreihe iſt einfarbig, bis auf eine gelbe 
innerhalb zwey ſchwarzen, uͤber die Mittellaͤnge hin⸗ 
laufende Linie, durch welche es in zwey gleiche Haͤlf⸗ 
ten getheilt wird; uͤbrigens iſt es von unregelmaͤ— 
ßiger, fuͤnfeckiger Geſtalt, und nach vorne etwas 
breiter; der Vorder- und Hinterrand ſind in ent— 
gegengeſetzten Richtungen aus- und eingebogen ; 

die 


Die gemahlte Schildkroͤte. 287 


die Seiten krummlinig. Das naͤchſtfolgende Feld 
iſt groͤßer als die uͤbrigen, und deſſen vorderer 
Rand, mittelſt welchem es ſich an die ihm vorlie— 
genden anſchließet, iſt in der Mitte mehr vorwaͤrts 
gezogen, und mit einem breiten, gelben, hinten 
durch eine ſchmale ſchwarze Linie begraͤnzten Saum 
bemahlet; der uͤbrige Theil dieſes Feldes iſt faſt 
viereckig, mit etwas gebogenen Seitenlinien, und 
wird durch die über den Ruͤcken laufende Linie wie 
der in zwey lange Vierecke abgetheilt. Das drit⸗ 
te neiget ſich nach hinten abwaͤrts, iſt an ſich brei⸗ 
ter als das vorhergehende, aber nach vorne mit 
einem ſchmaͤlern gelben Saum verſehen, doch eben 
ſo mittelſt der gelben Ruͤckenlinie in zwey gleiche 
Vierecke abgetheilt, welche nach vorne in ſpitzigen, 
nach hinten aber in ſtumpfen Winkeln fi) aneinan⸗ 
der ſchließen; die Seiten dieſes Feldes find eben- 
falls geſchweift. Das vierte Feld iſt nach ſeinem 
vordern Rande wieder breiter als das dritte und 
geſchweifte, deſſen hinterer Rand aber ſchmaͤler und 
geradelinig; die Seitenraͤnder laufen in fcharfer 
und gekruͤmmter Richtung nach hinten; der vorde— 
re gelbe Saum iſt ſchmal, und die gelbe Ruͤcken⸗ 
linie theilet dieſes Feld in zwey abgeſtumpfte Drey— 
ecke. Das fuͤnfte Feld iſt das kleinſte, von faſt 
ſechseckiger Geſtalt und geradelinigen Raͤndern, 
mit gelben Vorderſaum und Mittellinie. Einen 
eigentlichen Kiel hat dieſes ganz glatte Schild nicht, 
an deſſen Stelle aber durchlaͤuft die in der Be— 
ſchreibung der einzelnen Felder mehrmals erwaͤhnte, 

gelbe 


288 Schildkröten. 


gelbe Ruͤckenlinie, die volle Länge des Oberſchildes, 
von der vorderſten und kleinſten Randſchuppe bis 
zur hinterſten nach der Mitte; und wird an jeder 
Seite von einer ſchmaͤlern ſchwarzen Linie begleitet. 

An jeder Seite der Scheibe liegen vier Felder; 
das erſte von unregelmaͤßiger Geſtalt, und einfar⸗ 
big; das zweyte, dritte und vierte ſind viereckig, 
aber von nach hinten zu abnehmender Groͤße, und 
von ſtumpfen Winkeln; der vordere gelbe Saum 
eines jeden iſt gerade und breit, der obere ge 
kruͤmmt und ſchmal, aber ebenfalls durch eine zarte 
ſchwarze Linie von der Hauptfarbe der Felder ab⸗ 
geſchieden. 

Die ſo bemahlten vordern Saͤume der Felder 
bilden durch ihre Vereinigung ſechs gelbe Streifen 
von ungleicher Breite, wovon drey quer uͤber die 
Scheibe, und die drey ſchmaͤlern nach der Laͤnge 
hin laufen. Nur allein die mittelſte oder Nuͤcken⸗ 
linie läuft gerade; die übrigen find derte en 
gebogen. 

Von Schuppenfeldern und Furchen ſind auf 
der erwachſenen Schaale keine Spuren. 

Des Oberſchildes Rand iſt mit der Woͤlbung 
deſſelben faſt gleich abſchuͤſſig und ſcharf, nur in 
den Seiten iſt er etwas angezogener und ſtumpf. 
Er hat 25 Schuppen, wovon die erſte und unge» 
paarte die kleinſte und ſchmalſte, ein wenig an der 
Spitze ausgezackt, und nach der Laͤnge durch einen 
gelben Strich getheilet iſt; die drey vordern an je— 
der Seite [ ind ſcharf, ganz und horizontal auslau- 

8 fend; 


Die gemahlte Schildkroͤte. 289 


laufend; die vier nächitfolgenden jeder Seite find 
von oben herab abſchuͤſſiger, enger, angezogener, 
unterwaͤrts ausgewoͤlbter und breiter, und vereini— 
gen ſich mit dem Bauchſchilde, welches mit feinen 
kurzen Fluͤgeln unmittelbar an die ste und öte 
Randſchuppe anſchließet; die vierte und ſiebente 
aber find an dieſen znnaͤchſt liegenden Randhaͤlfcen 
ſtumpf, an den abgekehrten aber, wie der übrige 
Rand, ſcharf; mit den ſtumpfen Haͤlften ſtehen 
ſie gleichfalls, mittelſt zwiſchen eingeſchalterer Kno— 
chen, mit dem Bauchſchilde in Verbindung; die 
fuͤnf hinterſten Randſchuppen erweitern ſich wieder, 
ſind ſcharf, ganz, und horizontal ausſtehend. Den 
Rand ſchließen zwo uͤber dem Schwanze liegende 
Schuppen, welche aber dem abgebildeten Exem— 
plare mangelten, wahrſcheinlich nur aus Alter oder 
durch Zufall, weil auf einer Seite noch Ueber— 
bleibſel davon zu ſehen ſind. 
Die Farbe der Randſchuppen iſt dieſelbe mit 
| der Hauptfarbe des Ruͤckens, doch etwas mehr ins 
Schwarze ziehend; den mittlern Theil einer jeden 
nimmt ein gelber oder orangefarbiger Fleck ein, 
und dieſen umgiebt in einigem Abſtande eine Bo— 
gen = oder dem Buchſtaben i aͤhnliche Linie von derſel⸗ 
ben Farbe; dieſe Bezeichnung iſt auf verſchiedenen 
Exemplaren mehr oder weniger deutlich ausgedruͤckt. 
Die untere Flaͤche des Randes hat aͤhnliche Ver⸗ 
zierungen, und ein laͤnglich- runder Fleck von hel⸗ 
lerer Farbe ſtehet immer in der Mitte jeder 
Schuppe. 
Dela Cepedes Natg. d. Amph. I. Bd. T Der 


290 Schildkrdten. 


Der Bauchſchild kommt an Laͤnge, und zu⸗ 
mal vorne, dem Oberſchilde faſt immer gleich; er 
iſt von ablanger Figur, der vordere Theil abge- 
rundet, der hintere abgeſtumpfet, beyde leicht ge 
zackt und etwas aufwaͤrts gebogen. Durch eine 
Nath in die Laͤnge und fuͤnfe in die Queere, (von 
welchen letztern das vorderſte und hinterſte Paar 
ſich in ſcharfen Winkeln ſchließen) iſt er in zwoͤlf 
ungleiche Felder getheilet. Der Mitteltheil des 
Bauchſchildes hat kurze und wenig aufgebogene An— 

ſaͤtze, welche durch eine enge, feſte und knoͤcher ne 
Nath an das Oberſchild anſchließen; dieſen Mit⸗ 
teltheil des Bauchſchildes bezeichnen die zweyte 
mehr gerade und die vierte gebogene Quernath; 
ihn ſelbſt aber theilet die dritte oder mittelſte, auch 
gebogene Queruath in zwey ungleiche Hälften, 
Auſſer dieſen erwaͤhnten Naͤthen, welche eigentlich 
nur die hornigen Belegungen des Bauchſchildes 
verbinden, wird man an dieſer Schildkroͤte auch 
noch andere drey queer uͤber laufende Linien ges 
wahr; naͤmlich a) eine, welche in meiſt gerader 
Richtung den Bauchſchild durchſchneidet; in der 
Gegend ihres Zufammenfluffes mit der langen 
Mittelnath iſt ein Fleck bemerklich, welcher das 
Anſehen eines ehemals da befindlichen Nabels er- 
regt, aber doch nicht bey allen angetroffen wird; 
b) zwey Linien auf dem vordern Theil laufen zwi— 
ſchen der erſten und zweyten Nath vom Rande nach 
der Mitte, und endigen ſich an einem ihm gleich⸗ 
ſam eingeſchalteten eyrunden Flecke; o) eine Quer- 
linie 


. Die gemahlte Schildkröte, 291 


nie zwiſchen den beyden hinterſten Quernaͤthen. 
Dieſe Linien aber ſind die eigentlichen Knochen— 
naͤthe des Bauchſchildes ſelbſt, (denn der Knochens 
bau aller Schildkroͤtenpanzer hat ſeine eigene Fuͤgun— 
gen, und dieſe treffen faſt niemalen mit den Naͤ— 
then der aufliegenden hornartigen Schuppen zu— 
ſammen,) welche nur an dieſer Art durch die ſehr 
zarte und duͤnne Schuppenbelegung zum Vorſchein 
kommen. 

Die Farbe des Bauchſchi des iſt blaßgelb oder 
weiß, hier und da dunkel gewoͤlkt; nur der aͤußer— 
ſte Theil ſeiner dem Ruͤckenſchilde anſchließenden 
Fluͤgel hat mit deſſen unterem Rande gleiche 
Farben. 

In der Farbe variiren ſie etwas. So iſt 
das Sebaiſche Schild von bloß gelbroͤthlicher, 
faſt Orangefarbe, und die Schuppen ſind durch 
blaßgelbe Streifen, faſt in geometriſchen Abthei⸗ 
lungen bezeichnet. Kopf, Fuͤße und Schwanz 
ſind tief orangefarbig. 

Zuweilen iſt die untere Seite des Randes mit 
aſchgrau, orange und gelbroth bemahlt. 

An jungen Thieren iſt die Schaale ganz glatt, 
ohne Eindruͤcke von Schuppenfeldern und mit nur 
ſehr dunkeln Spuren von Runzeln am Umkreiſe 
der Felder. 

Das Vaterland dieſer Schildkroͤte iſt Nor d⸗ 
amerika und Neufpanien, Sie liebt ſtille 
und tiefe Fluͤſſe, und einſame Oerter. An hei⸗ 
tern Tagen ſonnt ſie ſich in Geſellſchaft auf Staͤm⸗ 
je T 2 men 


. 


292 Schildkroͤten⸗ 


men oder aus dem Waſſer erhabenen Steinen, iſt 
aber ſehr ſcheu, und taucht ſchnell unter, wenn ſich 
ihr jemand naͤhert. So ſchnell ſie ſchwimmt, ſo 
langſam kriecht ſie auf dem Trocknen. Unter dem 
Waſſer kann ſie ſich ſtundenlang aufhalten, außer 
und ohne Waſſer aber dauert ſie nicht lange. Sie 
ſoll ſehr gefraͤßig und den jungen Enten, die ſie 
an den Fuͤßen unter das Waſſer zieht, gefaͤhrlich 
ſeyn. 4 
Man ißt ſie. S ch d p f. 


/ 8 7. Die 


5 Dr = gemaklte Fe SE rt 2. 
Dr N 4 2 2 Wr LK EKZ. 


7 


* ey 
2 


3 


—— — 


2 


Die gehelmte Schildkroͤte. 293 


1 


7. Die gehelmte Schildkroͤte. 


Testudo galeata. Schöpf. &) 
Testudo scabra. Retzii. 


(Taf. XV. Fig. 2) 


Dieſe Fluß ⸗Schildkroͤte ſoll nach des Hrn. Profeſſor 
Retzius in Lund Beſchreibung und Abbildung, 
die er an Hrn. D. Schoͤpf ſchickte, und welche 
wir hier bloß wiederholen muͤſſen, die wahre raus 
he Schildkroͤte des Linne! ſeyn. 

Der Kopf hat 5/8 Zoll Länge und 172 Zoll 
in der groͤßten Breite, iſt glatt und wie mit einem 
Harniſche verſehen; der Schnabel kurz und unge⸗ 
zaͤhnt; die Naſenloͤcher eylindriſch; die Augenhoͤh⸗ 
len groß, rund, ſchraͤge und dem Schnabel nahe 

liegend. Die Gehoͤrwerkzeuge liegen unterhalb 
des auf dem Kopfe bemerklichen Helms (welcher 
T 3 mit 


) Testudo galeata. T. testa depressa ovali, 
dorsi scutellis tribus intermediis acute ca- 

rinatis, marginis scutellis XX. Schoͤp f 
N. G. der Schildkr. S. 14. Taf. III. Figt 1. 

— Donndorfs Zool. Beytr. III. S. 32. Nr. 2. 

) St. auch die rauhe Schildkröte La Cepede's 
und die warzige Walbaums. S. 239 u. 304. 
Nicht eher wird man mit voͤlliger unbezweifelter 

Gewißheit die Sache entſcheiden koͤnnen, als bis 

man das Exemplar ſelbſt auffindet, von welchem 
Linne“ den Namen und die Kennzeichen feis 

ner rauhen Schildkroͤte genommen hat. a 


294 Schildkroͤten. 


mit dem Ruͤcken gleiche Farbe hat) und ſind durch 
einen weißen eyfoͤrmigen Fleck bedeckt, der eine ver= 
tiefte Einfaſſung hat. Ueber jedem Auge iſt eine 
beſondere Nath ſichtbar, von welcher aus noch ei= 
ne andere ſich zwiſchen dem Auge 0 dem Schna⸗ 
bel hin erſtrecket. 

Der Kopf iſt unten weißlich, ſo wie auch die 
Kehle und der ganze Hals unterhalb weißlich und 
zart gerunzelt find; die obere Kinnlade iſt am Kane 
de ebenfalls weiß. 

Zwey kurze, bewegliche, ben rng Anhaͤng⸗ 
ſel (Cirri) oder Warzen ſtehen an jedem Rande 
des untern Kiefers. 

Der Hals iſt von ungefaͤhr gleicher Laͤnge mit 
dem Kopfe, aber doch ſchmaͤler, und von jenem 
durch eine nach vorne gekehrte Falte, zumal wenn 
er nicht ausgeſtreckt iſt, unterſchieden. 

Die Fuͤße ſind floſſenartig; oben braun, un⸗ 
ten ſchmutzig weiß, am obern Theile runzlich, an 
den Schenkeln ſchuppig; alle haben fuͤnf Finger, 
und eben ſo viele zugeſpitzte Naͤgel, welche jeder 
aus einer eigenen mit einer ſpitzigen Schuppe be» 
legten Scheide hervorgehen. Die Hinterpfoten 
ſind abgeſtumpft, die vordern ſchraͤge zugerundet; 
die Naͤgel nach vorne geſtreckt. Der Schwanz iſt 
koniſch, ſpitzig, und raget nur wenig uͤber den 
Ruͤckenſchild hervor. 

Die Länge des Panzers beträgt kaum 2 12, 
die Breite 2 und die Hoͤhe 1 Zoll. Von den 
dreyzehn Feldern der Scheibe find die drey mittel. 

ſten, 


Die gehelmte Schildkröte. 295 


ſten, nemlich die 2te, Zte und 4te der mittlern 
Reihe, ſcharf gekielt, obgleich der Kiel ſelbſt we— 
nig erhaben iſt. Von derſelben Reihe iſt das 
vorderſte Feld durch eine erhabene Linie halb und 
ſeicht gekielt; das hinterſte etwas merklicher. Alle 
dreyzehn Felder ſind dunkel aſchfarben; ſie ſind wie 
mit ſchwarzen Punkten beſtreuet; dieſe, und 
ſchwarze erhabene gegen der Felder Mittelpunkt 
gezogene Linien, geben der Oberflaͤche ein rauhes 
Anſehen, welches aber bloß im trockenen Zuſtande 
deutlich iſt, im friſchen aber nicht eher bemerkt 
wird, bis der Schild von dem anhaͤngenden 
Schleime gereinigt worden. Der Saum der 
Felder iſt laͤngſt der Naͤthe glaͤnzend ſchwaͤrzlich 
und ſchwach geſtreift. An einigen Stellen erſtrek. 
ken ſich jene erwaͤhnte erhabene Linien auch bis 
durch den Saum der Felder, an andern wieder 
nicht. Von der ſchwer zu beſchreibenden Geſtalt 
der Felder giebt die Zeichnung eine deutlichere Vor— 
ſtellung. 

Der Rand des Ruͤckenſchildes hat 24 Felder, 
von gleicher Farbe mit denen der Scheibe, uͤbri— 
gens aber ſind ſie glatt, am Saum weiß und die 
Naͤthe ſchwarz; die 10 hintern (s letzten jeder 
Seite) und 6 vordern (3 erſten jeder Seite) ſind 
ſcharf geraͤndet, die mittlern laͤngſt der Seite gele- 
genen aber ſtumpf, und, wie es aus der Zeichnung 
erhellet, abſchuͤſſiger. 

Der Bauchſchild iſt in der Mitte etwas ein. 
gedruͤckt; beſtehet aus en und 3 (2) kleine 

ren, 


206 | Schlldkroͤten. 


ren, nach vorne gelegenen Feldern; iſt glatt, hin⸗ 
ten abgeſtumpft, weiß und braun gewoͤlkt, und 
hat ſchwarzbraune Naͤthe. 

Sie wohnt in Oſtindien. Hr. Metzius hat- 
te ſie zwey Jahre lebendig. Sie wurde, ſagt er, in ſuͤ⸗ 
fem Waſſer unterhalten, doch mochte fie auch zu— 
weilen gerne im Trocknen ſeyn, ob ſie gleich bey 
mir niemalen uͤber einige Stunden auſſer dem 
Waſſer war. Nur einmal hoͤrte ich ſie einen 
ſchwachen und rauhen Ton von ſich geben, und 
zwar im Winter, zu welcher Jahrszeit das fie ent— 
haltende Glas und Waſſer in der Naͤhe des Ofens 
geſtellt blieb. Ihre Nahrung war Weizen - oder 
Roggenbrod. Fliegen, denen man Fluͤgel und 
Fuͤße abgeriſſen hatte, verſchlang fie zuweilen be⸗ 
gierig, anderemale verſchmaͤhte fie ſolche; Pflan— 
zen ruͤyrte fie niemals an. Vom Anfang des Ok— 
tobers bis zur Mitte des Mayes nahm ſie keine 
Nahrung, erhob dann nur ſelten den Kopf uͤber 
das Waſſer, und warf keinen Unrath aus, wel— 
cher in der uͤbrigen Zeit weiß, wie Maͤuſekoth ge⸗ 
bildet und zuſammenhaͤngend war. Am Sonnen- 
ſchein ergoͤtzte ſie ſich; ſie pflegte dann ſich auf die 
Hinterfuͤße ſtuͤtzend, an den Seiten des Glaſes zu 
lehnen, öffnete und ſchloß mit traͤgem Wohlbeha— 
gen die Augen wechſelsweiſe. 5 

Ein anderes in Stock hol m, im Cabinet der 
koͤnigl. Academie der Wiſſenſchaften aufbewahrtes 
Exemplar hat mit dieſem auch in Ruͤckſicht der 
Groͤße Aehnlichkeit, nur ſcheint der Ruͤcken etwas 
hoͤher gekielt zu ſeyn. 8. Die 


| 
5 / RE 
,. gelte, e S. . 22 . 
= / 7 EN 
2. Ne Oreghectegte . 7 El. note. 
2 I, 


7 — 7 
— N 
* * * 


4 — 
run 
** 


Die dreykielige Schildkroͤte. 297 


8. Die dreykielige Schildkroͤte. 
Testudo tricarinata. Schöpf. 20 


(Taf. XVI. Fig. 2.) 


Es ik eine Fluß- Schildkröte, von der man bis 
jetzt nur zwey Exemplare kennt, das eine im Bes 
fig des Hrn. Profeſſor Hermanns zu Strasburg, 
wovon die gegebene Schoͤpfiſche Beſchreibung 
und Abbildung iſt, und das zweyte in Lund, 
wovon Hr. Profeſſor Retzius die aͤhnliche Be⸗ 
ſchreibung Hrn. D. Schopf zugeſendet hat. Die 
Groͤße des erſten Panzers iſt 17 Linien Laͤnge, 
13 in der Breite und 7 in der Hoͤhe; des zwey⸗ 
ten 2 1/4 Zoll in der Länge, 1 374 Zoll in die 
Breite und 7/8 Zoll in die Höhe, Es ſind viel 
leicht bloß junge Thiere. 

Der Kopf des Thiers iſt verhaͤltnißmaͤßig 
groß, von braunſchwarzer, zur Seite und untere 
waͤrts weiß gemengter Farbe. Die Stirn iſt 
glatt. Die Augenhoͤhlen eyförmig. Die Na⸗ 
fenlöcher etwas vorragend. Die Kinnladen ſcharf 

8 zn“ und 

x) Testudo tricarinata. T. testa evali demisse 
convexa, margine integra, scutellis disci 
omnibus carinatis, (Ruͤckenſchild iſt oval, nie? 
drig, gewoͤlbt; am Rande ganz; alle Felder der 
Scheibe find gekielt.) Schoͤpfs N. G. der 
Schildkr. S. 10. Taf. !! — Donndorfs 
Zool. Beytr. III. S. 32. Nr. x. 


— 


208 Schildkröten. 5 
und ungezaͤhnelt. Die Haut am Halſe iſt faltig, 


warzig und nicht ſchuppig, braunſchwarz und un— 
ten weißgeſtreift. Die kurzen und ſtarken Vor— 
derfuͤße deckt eine warzig-ſchuppige Haut, und an 


dem Ruͤcken der Pfoten ſind nur hie und da einige 
breitere Schuppen bemerklich; ſie haben 5 mittelſt 
einer Schwimmhaut durchaus verbundene Finger, 


und eben ſo viele ſcharfſpitzige und gekruͤmmte Naͤ—⸗ 


— 


gel. Die Hinterfuͤße find ebenfalls ſtark, und et 


was laͤnger als die vordern; ſie haben nur 4 deut⸗ 


liche und gleichfalls durch eine Schwimmhaut ver> 
bundene, mit ſcharfen Naͤgeln bewaffnete Finger; 
doch ſcheint noch ein unvollkommener und une 
bewaffneter fuͤnfter Finger da zu ſeyn. Der mit 
Schuppen belegte Schwanz iſt zugeſpitzt und kurz, 
ſo daß er nur wenig über des Nückenſchites Rand 
hinausraget. 

Die Scheibe des Ruͤckenſchildes bat 13, 
ſaͤmmtlich runzlich rauhe, und gekielte Schuppen 
oder Felder. Die fuͤnf Ruͤckenfelder ſind zwar 
ſtaͤrker als die übrigen, aber ſtumpf gekielt, und 
nach beyden Seiten abſchuͤſſig; das vorderſte iſt 


das groͤßeſte, fo wie das hinterſte das kleinſte, bey- 
de von faſt fuͤnfeckiger Geſtalt; die drey mittlern 
dieſer Reihe, das zweyte, dritte und vierte, ſind 


ſechseckig. Ihre Schuppenfelder (areolae) find 
verhaͤltnißmaͤßig groß, zunaͤchſt dem hintern Rand 
anliegend, und daſelbſt mit erhabenen Punkten 
und Warzen beſetzt, von welchen aus ſich bogige 


Runzeln nach dem Vorder-und Seitenrande hin 
ver⸗ 


Die dreykielige Schildkröte. 299 


verbreiten. Ein ſchmaler, leicht geſtreifter Saum 
ſcheidet den eigentlichen Rand von dem Schuppen⸗ 
felde mittelſt einer zarten gefurchten Linie, welcher 
Saum in der Figur am erſten und dritten Rüden» 
felde nur (deutlicher aber an den Seitenfeldern) 
ausgedruͤckt werden konnte, und ein noch unvollen- 
detes Wachsthum des Panzers anzeiget. Die 
Krümmung des Kiels iſt zwar ziemlich gleichfoͤr⸗ 
mig, doch abſchuͤſſiger am hinterſten Ruͤckenfelde, 
als vorne, welches eine andere Anzeige eines noch 
jungen Thieres iſt, nach Beobachtung naͤmlich 
ähnlicher Verhaltniſſe an den Panzern anderer 
Arten von ungleichem Wachsthum und Alter. 

Die hintern Raͤnder der Ruͤckenſchuppen find 
um etwas weniges über den Rand jedes naͤchſt⸗ 
folgenden erhoͤhet, ohne daß jedoch die Fortſetzung 
des Kiels dadurch ungleich oder unterbrochen wuͤr⸗ 
de. Die Seitenſchuppen find platt - abſchuͤſſig. 
Die erſte und groͤßte iſt von unregelmaͤßiger Ge⸗ 
ſtalt; die zweyte und dritte ſind von oben nieder⸗ 
waͤrts ablang⸗ fuͤnfeckig; die vierte iſt die kleinſte 
und naͤhert ſich der Geſtalt eines verſchobenen Vier⸗ 
ecks. Ihre Schuppenfelder liegen nach der Mitte 
des hintern Randes und ſind warzig; eine ſeichte 
Linie, die mit dem obern, vordern und untern 
Rande jeder Schuppe in kleinem Abſtande paral- 
lel laͤuft, beſchreibt einen ſchmalen und zart ge— 
ſtrichelten Saum, zwiſchen welchem und dem ei« 
gentlichern Schuppenfelde ſich mehrere dorther kom⸗ 
mende und dem Rande zulaufende Runzeln befin- 

den. 


300 Schildkroͤten. 


den. Ein erhabener und gerade laufender Sei: 
tenkiel iſt an den Seitenfeldern deutlich bemerklich; 
er theilet ſie ſo, daß der obere Abſchnitt ein Drey— 
(wenigſtens am 2fen und Zteu) der untere hinge— 
gen ein Viereck bildet. Es beginnt dieſer Geiten- 
kiel vorne und zunaͤchſt an der Fuge der 2ten und 
Aten Randſchuppe, und endiget ſich hinten bey der 
Fuge der 11ten und ı2ten. Gegen dem hintern Ran⸗ 
de jeder Schuppe iſt dieſer Kiel jedesmal um etwas 
ſchwuͤlſtiger, nach dem vordern Rande hin aber verklei⸗ 
nert er ſich, ohne doch unbemerklich zu werden. Zwi— 
ſchen den angezeigten Warzen und dkunzeln iſt der uͤbri⸗ 
ge Zwiſchenraum der hornigen Oberflaͤche ganz glatt. 
Der Rand des Oberſchildes wird von der 
Scheibe durch eine bogige Furche geſchieden, iſt 
ſcharf und ganz, nämlich nirgends weder gezaͤhnelt 
noch gekerbt. Er enthaͤlt 23 kleine Schuppen, 
deren vorderſte die kleinſte iſt; die uͤbrigen ſaͤmmt— 
lich ſind ziemlich gleichfoͤrmig, vierſeitig, wenig 
gewoͤlbt, und mit der Scheibe gleich abhängig; 
doch ſind die vier hintern etwas breiter und ange— 
zogener, als die vordern. Die Randſchaͤrfe ſelbſt 
iſt etwas aufgeſtuͤlpet, fo, daß die gelbe Farbe ſei⸗ 
ner untern Flaͤche oben um etwas zum Vorſchein 
kommt. Die ste, 6te, 7fe und ste Schuppe 
find am Rande ſelbſt ſcharf, erweitern ſich aber baue 
chig nach unter- und auswaͤrts, und durch fie geſchieht 
die Vereinigung des Ruͤcken- und Bauchſchildes. 
Die Farbe des ganzen Ruͤckenſchildes iſt durch— 
aus gleich und dunkelbraun. 
Der 


Die dreykielige SchildEröte, 30 


Der Bauchſchild iſt betraͤchtlich ſchmaͤler, als 
das Ruͤckenſchild, ablang, flach, doch nach der 
Mitte ein wenig vertieft, vorne bogig, hinten 
abgeſtumpft. Die Laͤnge betraͤgt 14 Linien, die 
Breite in der Mitte und mit Einſchluß der beyden 
Fluͤgel 11, ſonſt aber an der Baſis des vordern 
und hintern Anſatzes nur 6 Linien. Durch eine 
Nath in die Laͤnge, und fuͤnfe in die Quere, wird 
es in 12 ungleiche Felder getheilet, oder nur in 
11, wenn das vordere dreyeckige Segment, wel⸗ 
ches zwiſchen den beyden erſten Queernäthen ent» 
halten iſt, nur fuͤr eines gezaͤhlet wird, da die 
durchhingehende Nath nicht ſehr deutlich erſcheinet. 
Das Mittelſtuͤck des Bauchſchildes wird durch 
zwey ziemlich gerade laufende Queernaͤthe einge⸗ 
ſchloſſen, iſt ungetheilt, (naͤmlich nicht, wie in der 
europaͤiſchen Schildkroͤte, durch die mittelſte Quer— 
nath in zwey Haͤlften abgetheilt) und wird mit dem 
Ruͤckenſchilde mittelſt anderer kleinerer zwiſchenge⸗ 
legener Felder, welche eigentlich die Fluͤgel des 
Bauchſchildes ausmachen, verbunden; dieſer Zivi- 
ſchenfelder fanden ſich an dem abgebildeten Exem— 
plare 3 an der einen, und nur 2 an der andern 
Seite. Die Naͤthe ſind einfach, ſchmal geſtreift 
und ſchwaͤrzlich. Die Farbe des Bauchſchildes iſt 
wie die der untern Flaͤche des Randes gelblich, hie 
und da braun gefleckt. 

An dem Lundiſchen Exemplar ſind nur 22 
Randſchuppen. 
Das Vaterland iſt unbekannt. S choͤpf. 


9. Die 


322 ee 


9. Die Charakteren: Schildkröte, 
Testudo scripta. Schöpf. 
Testudo scabra. Thunberg. a) 


Taf. XVII. Fig. 1.) 


Dieſe Hrn. D. Schoͤpf von Hrn. Ritter Thun⸗ 
berg mitgetheilte Abbildung ſoll auch die Lin⸗ 
neiſche rauhe Schildkroͤte vorſtellen. Als 
lein da Linne“ die ſchriftaͤhnlichen Zuͤge in ſeiner 
Angabe nicht bemerkt, ſo iſt ſie wohl nicht dafur zu 
nehmen. Es iſt eine Fluß Schildkroͤte, allein 
die naͤhere Beſchreibung fehlt. Der Umriß des 
Panzers naͤhert ſich dem kreisfoͤrmigen am meiſten 
und ſcheint ſehr niedrig oder gedruͤckt und am Ran⸗ 
de gekerbt zu ſeyn. Die Vereinigung des Ruͤcken⸗ 
und Bauchſchildes geſchieht nicht bloß durch den 
mittlern Theil des letztern, ſondern auch noch durch 
erweiterte Anſaͤtze der vordern und hintern Lappen; 
auch iſt zwar der Bauchſchild, wie in den meiſten 
Arten, an die vier mittelſten (des sten bis zum 


gten 


a) Testudo seripta. T. testa orbieulari, de 
pressa: seutellis omnibns superne characte- 
ribus notatis ; marginis XX ünferne eut- 
tatis. (Rüdenfchild kreisfoͤrmig und niedrig; 
oben durchaus mit Ichriftahnlichen Zügen bezeich⸗ 
net; die 25 Randfelder haben unten jedes einen 
ſchwarzen Fleck. Schopf N. G. der Schildkr. 
S. 19. Taf. Ul, Fig. 4. 


Die Charakteren: Schilöfröfe.e 303 


sten) Randſchilde befeſtigt, welche ſich aber an 

dieſen Arten nicht, wie bey andern, nach unten 
und bauchig zu dieſer Abſicht zu erweitern ſcheinen. 

Ob die ſchriftaͤhnlichen Zuͤge des Oberſchildes nur 

ſeicht oder tief eingegraben ſind, iſt nicht bekannt, 

eben ſo das Vaterland des Thieres und was ſonſt 

zu ſeiner Geſchichte gehoͤrt. 


10. Die 


304 Schildkröten: 


10. Die warzige Schildkrdte. 


Testudo verrucosa, Malbaum. b) 


Das Thier, welches hier Walbaum beſchreibt, 
iſt jung, welches aus ſeiner Kleinheit und dem of— 
fenen Nabelloche erhellet, es läßt ſich alſo nicht 
mit Gewißheit behaupten, ob es eine beſondere 
Art ſey. So viel aber ſcheint ſicher, daß es nicht 
die Linneiſche rauhe Schildkroͤte (T. sca- 
bra) ©) iſt. Es iſt ohngefaͤhr fingerlang, aber 
nicht fo breit, der Oberſchild 1 Zoll 10 Li⸗ 
nien lang, und 1 Zoll 3 1/2 Linie breit. Der 
Kopf iſt laͤnglicheyfoͤrmig, mit einem kurzen, faſt 
eyfoͤrmigen Schnabel, auf deſſen ſtumpfer Spitze 
die rauhen Naſenloͤcher ſtehen; die glatte Haut 
deſſelben iſt bunt, und hat weder Naͤthe noch 
Schuppen; die Augen liegen hoch, neben der 
Stirn, ragen etwas hervor, und haben glatte, ge— 
raͤndelte und ſchief liegende Augenlieder; die Fuͤße 
8 ſind 
S Testudo verrucosa. Walbaum Schildkr. S. 
61. und 116. 
Testudo scabra. T. capite glabro discolore, 
scuto ovali demisse convexo excelse carina- 
to scabro. Gmelin Lin, I. 3. p. 1040. n. 6. 
— Schneiders N. G. der Schildkr. S. 327. 
Schoͤpfs N. G. der Schildkr. S. 17. 
6) Lin. Syst- XII. I. p. 357. n. 6. Vergleiche 


oben die rauhe Schildkroͤte (La Rabo- 
teuse.) S. 239% 


Die warzige Schildkröte. 305 


ſind kurz, und kolbig, haben vorn fuͤnf, und hin⸗ 
ten vier kurze egale Zehen, wovon die mittelſte die 
groͤßte iſt, ſind mit einer kurzen Schwimmhaut und 
ſpitzigen, zuſammengedruͤckten Krallen verſehen, 
oben ſchuppig und unten warzig; der Schwanz iſt 
dünn, kurz, kegelfoͤrmig, zugeſpitzt, am Grunde 
warzig, an der Spitze ſchuppig. Alle weiche Thei⸗ 
le haben eine durch unzählige feine Warzen 305 
werdende Haut. f 
Der Oberſchild iſt oval, vorn ein wenig aus- 
geſchweift, an den Seiten des Randes flachbogig 
und eben, hinten abgerundet, dabey auch etwas 
ſaͤgenartig gezabne und endlich uͤber dem Schwan⸗ 
ze ausgekerbt; feine Oberfläche iſt niedrig gewoͤlbt, 
und durch einen ſtark hervorſtehenden, halbſtock⸗ 
foͤrmigen Kiel erhoͤht, welcher von der erſten bis 
zur letzten Ruͤckenſchuppe ſich hinzieht; er iſt mit 
pergamentartigen, eckigen, ungleichen, warzigen 
aneinanderſtoßenden Schuppen bedeckt, wovon 13 
in drey Reihen der Laͤnge nach wechſelsweis auf der 
Scheibe, und 25 auf dem Ronde dicht nebenein⸗ 
ander liegen, fo daß fie durch eine feine Nath zus 
ſammengefuͤgt find. Fuͤnfe derſelben von unglei— 
cher Geſtalt und Größe befinden ſich in der mittel— 
ſten Reihe, welche in Form eines aufgeſperrten @ 
‚über dem Kiel getrennt liegen. Die erſte und letz⸗ 
te Schuppe, welche groͤßer und etwas niedriger als 
die andern ſind, haben 5 und die mittlere 6 Ecken. 
Die 8 Seitenſchuppen find faſt flach, ungleichſei⸗ 
tig, wovon die vier mittelſten als die groͤßten 3, 
De la Cepedes Natg. d. Amph. I. Bd. u und 


306 Schildkroͤten. 


und die uͤbrigen 4 Ecken an ſich haben. Die 
Randſchuppen ſind viereckig und faſt einander gleich, 
nur die erſte beym Halſe ausgenommen, welche klei⸗ 
ner und verkehrt herzfoͤrmig iſt. Don den Füßen, 
bis an das aͤußerſte Ende des Randes ſtehet die. 
hintere rechtwinklige Ecke der drey letzten Schup⸗ 
pen hervor. Der Bruſtſchild wird uͤberall vom 
Ruͤckenſchilde bedeckt. Er iſt ganz platt, nur der 
äußere Rand der Flügel ausgenommen, welcher 
gegen den Rand aufwaͤrts gekruͤmmt, und unter 
demſelben angefuͤgt iſt. Vorn und hinten endigt 
er ſich mit einem breiten, halbtellerfoͤrmigen, gera— 
den Fortſatz wie ein aufgeſperrtes a, wovon der 
vordere ausgekerbt und etwas ausgeſchweift iſt, 
der hintere aber am Rande gekerbt, und am Ende 
ausgekerbt, auch laͤnger als der vordere iſt. Zwi⸗ 
ſchen den Fortſaͤtzen und dem Schilde ſind zwey 
große Luͤcken für Hals, Vorder- und Hinterfuͤße. 
Aus wendig iſt er mit einer pergamentartigen Haut 
überzogen, welche durch eine lange Mittellinie und 
durch fünf theils Queer -theils Schiefnärke in 
zwoͤlf ungleiche Felder abgetheilt wird. 

Im allgemeinen war die Farbe des Thiers, 
welches lange in Weingeiſt gelegen hatte, oben 
greißnußbraun, unten kaſtanienbraun, am Rande 
mit dunkelgelb eingefaßt. Einzeln betrachtet ſah 
der Kopf bunt aus; naͤmlich am Grunde hatte er 
eine ſchwarzbraune Farbe, welche von zwey weißen, 
auseinander gehenden Streifen, die von den Sei- 
ten der Stien neben den ngenbrennet und 
| - Schlaͤ⸗ 


Die warzige Schildkroͤte. 307 


Schlaͤfen weg nach dem Hinterkopfe hin hiengen, 
und von zwey weißen Punkten auf dem Hinterkopfe 
erleuchtet wurde; die Seiten des Kopfs waren 
braun, auf den Schlaͤfen mit einem weißen Fleck 
geziert; die Kehle weißlich; der Hals greiß und 
oben braͤunlich; der Oberſchild greiß nußbraun, 
ausgenommen die Naͤthe zwiſchen den Randſchup⸗ 
pen, welche dunkelbraun ausſahen. Der Bruſt⸗ 
ſchild war kaſtanienbraun mit einem pommeranzs 
gelben Rande umgeben; Fuͤße und Schwanz kamen 
in der Farbe mit dem Oberſchilde uͤberein. 

Zwey Exemplare waren bloß dadurch unter— 
ſchieden, daß der Rand des Oberſchildes in der 
Halsgegend bey dem einen gerade ausgeſtreckt und 
beym andern etwas abſchuͤſſig war. 

Das Vaterland iſt nicht bekannt. 


\ 


Na. 2 11. Die 


/ | * 


388 Schildkröten 


11. Die aſchfarbige Schildkroͤte. 
Testudo cinerea. Brown. d) 
(Taf. XVII. Fig. 2.) * 
Es if‘ eine Fluß- Schildkröte, wie die Geſtalt 
und Beſchaffenheit der Fuͤße und die zwey Angeln 
auf beyden Seiten des Bruſtſchilds, die durch ei⸗ 
ne ſehnige Haut mit dem Oberſchilde verbunden 
werden, zeigen. Sie hat eine artige Zeichnung. 
Alles was in dem abgezeichneten Browuſchen 
Exemplar weiß gemahlt iſt, die Einfaſſung und 
Schattirung der Ruͤcken- und Randfelder, iſt an 
dem von Hrn. Schneider unterſuchten Exem⸗ 
plare ſtrohgelb. Deshalb mußten die unten angege⸗ 
benen Charaktere der Art „laͤngs dem Kiele und 
den Naͤthen der Schuppen weiß geſtreift“ entweder 
allgemein: hell geſtreift, oder beſſer nach dem, was 
bis 

d) The einereous Tortoise. Brown’s new Illu- 
strations of Zoology. London 1776. 4. 
tab. XLVIIl, fig. ı et 2. 

Testudo cinerea. T. testa ovata, depressa, 
integerrima, laevi; carina et scutellorum 
suturis albo faseiatis. Guͤckenſchild eyfoͤr— 
mig, niedrig, glatt und am Rande ganz; längs 

dem Kiele und den Naͤthen der Schuppen weiß 
geſtreift.) Schoͤpfs N. G. der Schildkr. S. 
2 1. Taf. 3. Fig. 2. 

Die aſchfarbige Schildkroͤte (des Brown's). 
Schneider in den Schriften der Berliner Ge— 
ſellſchaft naturf. Freunde. X. S. 268. 

‚Tortue cendrse. T. cinerea, digitis membrana 
unitis, testa elliptica, cinerea depressa, lu 

ulis albidis margine variegata, ‚Bonaterre 

Erpetolog. n. 14. a ; 


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* / 


Die afchfarbige Schildkröte. 309 


bis jetzt bekannt iſt: ſtrohgelb oder weiß ge— 

ſtreift, ausgedrückt werden. Die Geſtalt der Fel— 
der iſt nach dem Schneiderſchen Exemplar auch 
nicht ſo eckig. Der eyfoͤrmige Ruͤckenſchild hat 
15 Felder, 5 in der Mitte und auf jeder Seite; 
doch zeigt das Schneiderſche Exemplar auf der 
linken Seite ſechs und auf der rechten vier. Der 
Rand iſt ganz und hat 24 Schuppen. Die Haupt- 
farbe iſt aſchgrau, die Einfaſſung der Ruͤcken- und 
Randfelder ſtrohgelb oder weiß (wenn letzteres nicht 
eine verblichene Farbe iſt); die Abtheilungen der 
Felder ſchwarz geſaͤumt; die Mittelfelder des Ruͤk⸗ 
kens laͤngs der Mitte mit einem ſtrohgelben oder 
weißen Strich verſehen. Der Schwanz mittel⸗ 
maͤßig lang. Die Vorder- und Hinterfuͤße haben 
5 Zehen mit Nägeln bewaffnet, find aſchgrau, un- 
ten mit ſtrohgelben oder weißen Tuͤpfeln. Herr 
Schneider meynt, daß die ſechs weißen Flecken 
auf dem Kopfe, zwey gleich hinter den Augen und 
zwey groͤßere dahinter, mehr nach der Mitte zu 
und zwey ſehr kleine Punkte zwiſchen den Augen, 
alle mit ſchwarzer Einfaſſung, in der Natur wohl 
ſtrohgelb ſeyn wuͤrden, ſo wie der weiße Strich 
zwiſchen den Augen und die zwey weißen Punkte. 

Wir haben von Hrn. Prof. Schneider noch 
eine genauere Beſchreibung und. Abhilzung. zu er⸗ 
warten. 

Das von demſelben angegebene Eyempfar iſt 
aus dem Bloch iſch en Cabinette zu Berlin, und foll 
aus dem St. Lorenzofluſſe in Amerika ſeyn. 

U 30 12. Die 


310 Schildkröten.‘ 


12. Die getüpfelte Schildkröte. 
Testudo punetata. Schöpf. ) 
(Taf. XVIII. Fig. 1.) 


Eine Fluß Schildkroͤte, deren ausgewachſenen 
Schaalen 45 Linien lang, 32 Linien breit und 
13 Linien hoch ſind. Geſtalt, und Bildung des 
Kopfes, der Fuͤße, Anzahl der Finger und ihrer 
Naͤgel, ſind wie bey der Europaͤiſchen Schildkroͤte. 
Der Schwanz iſt ziemlich lang. Dieſe Theile ha⸗ 
ben mit dem Schilde einerley Farbe und der Kopf 
iſt auch gelb gefleckt. Die Schoͤpfiſche Be— 
ſchreibung iſt folgende: Der Ruͤckenſchild iſt laͤng— 
licher Figur, glatt, niedrig, aber doch gleich ge: 
woͤlbt. Die Scheibe hat fuͤnf Felder nach der 
Mitte und viere an jeder Seite. Die drey mitt⸗ 

lern 


e) Testudo punetata, testa oblonga, modice con- 
vexa, laevi, fusca, guttis flavis sportis, 
(Ruͤckenſchild ablang, niedrig gewoͤlbt, glatt, dun 
kelfarbig, mit zerſtreuten gelben runden Flecken.) 
Schoͤpfs N. G. der Schildkroͤt. S. 28. Taf. V. 

‚Testudo terrestris Amboinensis. Seba Thes, 

"1. tab. 80, fig. 7. 

Testudo guttata, Die getuͤpfelte Schild⸗ 
kroͤte. Schneider in den Schriften der 
Berliner naturf. Freunde. X. S. 264. Def: 
fen zweyt. Beytr. zur N. G. der Schildkr. S. 
Be — Donndorfs Zool. Beytr. III. ©. 33 

. i 


Die getuͤpfelte Schildkroͤte. 311 


lern Felder des Ruͤckens, naͤmlich das zweyte, drit— 
te und vierte, ſind in erwachſenen Schaalen mehr 
flach als erhaben; alle uͤbrige, um jene auf der 
Scheibe herum liegende, ſind abſchuͤſſiger und da⸗ 
bey mehr erhaben als flach. Von der Mittelreihe 
ſind das erſte und fuͤnfte unregelmaͤßige Fuͤnfecke; 
jenes zugleich laͤnger und ſchmaͤler, dieſes kuͤrzer 
und breiter. Die drey Mittelfelder find faft. vier 
eckig, doch naͤhern ſie ſich, wegen eines zur Seite 
etwas vorſpringenden Winkels, welcher den Naͤ— 
then der Seitenfelder entgegen ſtehet, auch in ete 
was der ſechseckigen Figur. Das mittelſte Feld 
auf der Scheibe iſt breiter und laͤnger, als die ihm 
zunaͤchſt liegenden in derſelben Reihe. Der Ruͤk⸗ 
ken iſt durchaus ohne Kiel. Von den Seitenfel⸗ 
dern hat das erſte eine unregelmaͤßige Geſtalt; das 
zweyte und dritte iſt von oben abwärts laͤnglich⸗ 
viereckig; das vierte iſt das kleinſte, und faſt vier⸗ 
eckig. Die Oberfläche des ganzen Schildes iſt un- 
gemein glatt, fo daß auch an vollwuͤchſigen Erem- 
plaren gar keine, an andern nur ſchwache Spuren 
von concentriſchen Runzeln wahrzunehmen ſind. 
Die Vereinigungsnaͤthe der Felder ſind nur leicht 
eingefurcht, und meiſt alle bogig. Die Hauptfar- 
be der Scheibe und des Randes iſt braunſchwarz; 
an den meiſten ſchwarz, an andern dunkelbraun; 
immer aber iſt der Schild mit gelben und rundli— 
chen Flecken gezieret, von verſchiedener Zahl, Groͤ⸗ 
er und Stellung; auf re Grunde ſind dieſe 

1 4 Flecken 


— 


312 Schildkröten. 


Flecken meiſtens citronengelb, auf braunen Schaut 
len aber mehr orangefarbig. 

Der Rand hat 25 Schuppen, wovon 12 an 
jeder Seite, und ein ungepaartes kleinſtes vorne 
uͤber dem Halſe, liegen; die uͤbrigen ſind faſt alle 
mehr oder weniger viereckig. Die drey vordern 
an jeder Seite haben mit der Scheibe gleiche Woͤl⸗ 
bung, ſind breit und ſcharfkantig; die vier naͤchſt⸗ 
folgenden jeder Flanke find oben enger und ſtumpf⸗ 
kantig, unterwaͤrts mit den Fluͤgeln des Bauch⸗ 
ſchildes durch eine feſte knoͤcherne Nath verbunden; 
die vier hintern werden wieder breiter als die vor⸗ 
hergehenden, ſind abwaͤrts gebogen und haben 
ſcharfe Kanten; die letzte jeder Seite iſt wiederum 
enger aber etwas erhabener. Ueberhaupt aber iſt 
der Umkreis des Randes ziemlich gleich foͤrmig und 
ganz, auch vorne nur wenig ausgeſchnitten. 

Der Bauchſchild iſt nach vorne hin dem Ober⸗ 
ſchilde an Laͤnge gleich, nach hinten aber iſt es um 
einige Linien kuͤrzer und ausgekerbt; der Mittel⸗ 
theil iſt flach, der vordere und hintere Anſatz aber 
meiſt etwas aufwaͤrts gebogen. Die lange Nath 
und fuͤnf Queernaͤthe, (wovon die erſten und letz⸗ 
ten in ſpitzigen Winkeln zuſammenlaufen, die uͤbri⸗ 
gen aber etwas gebogene Linien beſchreiben) theilen 
ſeine Oberfläche in 12 gefurchte Felder; die Win⸗ 
kel dieſer Furchen vereinigen ſich an der Seite der 
langen Nath, an der entgegengeſetzten Ecke aber 
bemerkt man die Spuren der Schuppenfelder. 

ö Des 


Die getuͤpfelte SchildEröte: 313 


Des Bauchſchildes Hauptfarbe iſt meiſt ſchwaͤrz— 
lich, und hat zuweilen Weiß, zuweilen Roth eins 
gemiſcht. 

Die ſchmalen Fluͤgel des Bauchſchildes biegen 
ſich etwas aufwaͤrts, und ſchließen ſich mittelſt ei⸗ 
ner engen Knochennath an die vier Randfelder der 
Flanken an, vom fuͤnften naͤmlich bis zum achten. 

Das Vaterland dieſer Schildkroͤte iſt Nord— 
amerika. Seba giebt auch Amboina an, 
welches aber wohl unrichtig iſt. Sie liebt ſumpfi⸗ 
ge Gegenden. 

Der Farbe nach giebt es Abweichungen. Die 
jungen ſind z. B. glaͤnzend ſchwarz, mit ſaffran⸗ 
gelben Flecken. Weiter giebts hellkaſtanienbrau— 
ne mit gelben Flecken; dunkelbraune mit Woge 
ien kt u. ſ. w. 


1 5 5 13. Die 


— 


314 5 Schildkröten. 


13. Die flachkoͤpfige Schildkröte. 
Testudo platyeephala. Schneider. N | 
Caf XI. gig. 20 


— 


Die Abbildung dieſer Fluß⸗Schildkroͤte zeigt von 
der Kopf ⸗ bis zur Schwanzſpitze 7 7/2 Zoll Laͤn⸗ 
ge, wovon der Panzer 8 1/2 Zoll wegnimmt. 
Die vorzuͤglichſten Merkmahle ſind nach Hrn. 


Schneiders Angabe folgende: Der Kopf iſt 


wieder die Gewohnheit platt gedruͤckt und ſehr nie⸗ 
drig und flach, da er ſonſt erhaben und ziemlich 
hoch iſt. Nur an den Seiten erkennt man über 
der Trommeloͤffnung, in einer ſanften Vertiefung, 
Spuren von laͤnglichen Schilderabtheilungen; ſonſt 
iſt der ganze Kopf glatt. Die Fuͤße haben vorn 
fuͤnf, hinten vier deutliche Finger mit ſpitzigen und 
langen Krallen, und deutlicher, aber ſchmalen 
Schwimmhaut. An den Hinterfuͤßen ſteht in ei⸗ 

ner ziemlichen Entfernung ein Anſatz wie eine 


fuͤnf⸗ 


) Testudo ylatycephiala, eapite depresso, plano, 
seuto supra plana, ad latera infracto. (Der 
Kopf iſt platt und flach, der Ruͤckenſchild oben platt 
und an den Seiten gebrochen.) Schneider in d. 
Schr. d. Berl. naturf. Freunde. X. S. 271. Taf. 7. 

Testudo planiceps. T. testa elliptica; scu-. 
tellis disci mediis concavis, lateralibus in- 
fractis; margine reflexo, Schopf N. ©. 
der Schildkr. S. 136. Taf. XXVII. 

Die flachkoͤpfige Schildkroͤte. Donndorfs 

Zool. Beytr. lb. S. 34. Nr. 14. 


Die flachkoͤpfige Schildfröte: 315 


fünfte äußere oder hintere Zehe hervor, welche aber 
vielleicht nur eine am trocknen Thiere ſpitzig hervor— 
ſtehende Randſchuppe iſt. Der Panzer iſt oben 
platt niedergedruͤckt, und an den Seiten wie ein 
zerbrochenes Dach eingedruͤckt, fo daß an den Geis 
ten zwey ſcharfe Kanten zu ſehen find, welche ne⸗ 
ben den mittelſten Ruͤckenfeldern weggehen. Unter 
der Kante ſind die vier Seitenfelder ſehr vertieft, 
und laufen abſchuͤſſig nach dem Rande zu. Das 
zweyte und dricte Mittelfeld haben eine ſtarke Ver⸗ 
tiefung. Der Rand läuft nicht mit den Seiten 
in einer Linie und abſchuͤſſig fort, ſondern iſt vom 
dritten Randfelde bis an das vorletzte umgebogen. 
Der ganze Panzer iſt elliptiſch, und hinten etwas 
höher gewölbt als vorn. Der Rand beſteht aus 25 
Feldern; am achten Felde biegt er ſich merklich 
aus; der zehnte macht mit dem eilften in der Fur 
ge einen Zacken, und uͤberhaupt laͤuft der Rand 
vom Ende des neunten Feldes nach hinten ſchmaͤ⸗ 
ler und bey jedem Felde ausgeſchweift zu. Die 
beyden hinterſten Felder haben, wie gewoͤhnlich, zwi⸗ 
ſchen ſich eine ſtarke Kerbe, ſind aber nicht merklich 
heruntergebogen. Der Bruſtſchild iſt merklich län« 
ger als der Oberſchild, vorn zugerundet, hinten in 
der Mitte tief eingekerbt. Statt der gewoͤhnlichen 12 
Abtheilungen des hornigen Ueberzuges finden ſich hier 
13; denn die 2 vorderſten Felder find in 3 getheilt 
und das mittelſte ſieht faſt wie ein Herz aus und 
iſt das groͤßte. Die Grundfarbe iſt hellbraun; 

f doch 


ei Schildkröte. 


doch laſſen ſich keine Miſchungen und Flecken erken⸗ 
nen, da das Exemplar, von welchem die Abbildung 


genommen worden, ſtark mit Firniß uͤberzogen und 
ſchmutzig geworden war. 


Das Vaterland iſt Oſtindien. 


14: Die 


Die ſchöne Schldkröte. zy 


—— a 


14. Die ſchoͤne Schildkroͤte. 
Testudo Pulchella. Schöpf. g) 


(Taf. XX. Fig. I.) \ 


Bloß Hrn. Geheimen Hofrath Schoͤpf vers 
danken wir die Abbildung und Beſchreibung dieſer 
neuen Art Fluß⸗Schildkroͤte. Er hatte ein klei⸗ 
nes Thier und eine groͤßere Schaale vor ſich; das 
Schild des erſteren maß 1 Zoll 8 Linien in die 
Laͤnge, 1 Zoll 6 Linien in die Breite und 6 Linien 
in die Hoͤhe. Der größere Schild war 3 Zoll 6 
Linien lang, 2 Zoll 11 Linien breit und 1 Zoll 
boch. 

Der Kopf iſt eyfoͤrmig, oben platt und mie 
einer glatten Haut bedeckt, an welcher, an dem klei⸗ 
nen Thiere, keine Schuppen bemerklich ſind, von 
blaßbrauner Farbe, und weißgelb punktirt. Der 
Schnabel iſt kurz und ſtumpf. Die Fuͤße haben 
eine Schwimmhaut; vorne 3, hinten nur 4 deut⸗ 
liche Finger und eben fo viele Krallen. Eine grö- 

ßere 


5 Testudo Pulchella, T. testa ovata, ERBEN 
sa, obtuse earinata, scutellis areolatis, late 
costatis, eleganter striatis. (Oberſchild ey⸗ 
foͤrmig, niedrig, ſtumpf gekielt; die Schuppen 
mit Feldern, breiten Streifen und niedlich ges 
ſtrichelt.) Schoͤpf N. G. der Schildkr. S. 134. 

Taf. XXVI. — Wenne enk Zool. Vence 
S. 33. Nr. 10. 


318 Schildkroͤten. 


ßere und vorragende Schuppe ſcheint die Stelle des 
fünften Fingers an den Hinterfuͤßen zu bezeichnen. 

Die Farbe der Fuͤße iſt braun, mit weißgel⸗ 
ben Schuppen, beſonders nach der Laͤnge der Sir 
gur untermiſchet. 

Der Schwanz einen Zoll lang, duͤnne, ſpitzig, 

ſchuppig; oben braun, längs den Seiten und un» 
ten, weißgelb geſtreift. 
Dier Panzer iſt eyfoͤrmig, niedrig gewoͤlbt, 
ſtumpf gekielt, nach vorne und zu beyden Seiten 
gleich mit faſt unmerklicher Woͤlbung abſchuͤſſig; 
bis an die Kante nach hinten abhaͤngiger; vorne 
nur wenig ausgeſchweift. 

Die Scheibe hat 13 Felder, die mittlern find 
ſich an Breite ziemlich gleich, und gleich vom Kiel 
aus plattabſchuͤſſig. In ihren Figuren, welche 
die Abbildung deutlicher macht, haben ſie nichts 
auszeichnendes. | 

Die Felder haben, jedes an feinem hintern 
Rande, ein dem Umriſſe aͤhnliches, etwas vertief⸗ 
tes, rauhpunktirtes Schuppenfeld, welches an dem 
kleinen Exemplare nur mit einem, etwas erhabe⸗ 
nern, nach Verhaͤltniß des Feldes breiten, glei= 
chen, glatten und weiß geſtrichelten Saum oder 
Reif umfaſſet iſt. An dem groͤßern Schilde aber 
ſiehet man dieſer Reifen mehrere, drey bis vier; 
als ſo viele verſchiedene Anſaͤtze des Wachsthums, 
das vielleicht ſich noch auf eine groͤßere Zahl mit 
den Jahren er hoͤhen kann. Es iſt aber auch hier 
bey der Vergleichung brtneselih, daß das Schuppen- 

feld 


Die ſchoͤne Schildkröte. 319 


feld an den kleinſten Thieren ſchon ſeine beſtimmte 
Groͤße habe, und durch das zunehmende Wachs⸗ 
thum und Erweiterung der Felder nicht weiter ver— 
aͤndert werden. Die auf dem Saume der Felder 
des kleinen Thieres dicht zuſammenſtehenden Linien 
ſind an den innern Reifen der groͤßern Schaale 
nicht mehr ſo deutlich, wohl aber auf den aͤußern. 

Der Kiel ſaͤmmtlicher Ruͤckenfelder iſt glatt, 
ſtumpf, gleich, und an dem jungen Thiere zuſam⸗ 
menhaͤngend, wenigſtens nur durch die Naͤthe un- 
terbrochen. 

Die Geſtalten der vier Seitenfelder lehret die 
Abbildung; in den übrigen Verhaͤltniſſen find fie. 
den vorigen gleich. i 

Der Rand, welcher mit der Scheibe gleich ab⸗ 
ſchuͤſſig, aber doch etwas erhabner iſt, hat 25 Fel⸗ 
der, deren vorderſtes das kleinſte, kurz, faſt vier⸗ 
eckig iſt und mit den beyden ihm naͤchſten keilformi⸗ 
gen, die Breite des erſten Ruͤckenfeldes ausfüller ; 
die uͤbrigen ſind meiſt viereckig, vom sten bis zum 
Sten etwas ſchmaͤler, weiterhin wieder breiter, und 
mehr auswaͤrts gekehrt, mit etwas vorragenden 
Spitzen; die beyden hinterſten ſind faſt regelmaͤ— 
ßig viereckig und abſchuͤſſiger. Sie haben alle 
auch ihre deutliche Schuppenfelder und von da aus— 
gehende kleine gelbliche Striche. 

Die Kante iſt ganz ſcharf, laͤngſt den Seiten 
etwas aufgeſtuͤlpet, hinterwaͤrts etwas gekerbt. 
Die Naͤthe ſind durchaus einfach und meiſt 
gerade. 


Die 


320 Schildkröten. 
Die Farbe des Panzers if ſchwarzbraun, und 


wie ſchon erinnert, auf den Reifen der Felder mit 
weißgelblichen, (an dem jüngern Thiere mehr in 


die Augen fallenden.) Strichen gezieret. 
Der platte Bauchſchild iſt an dem kleinen 


Thiere 15% lang, und 11““ breit, ablanger Ge. 


ſtalt, vorn dem Panzer gleich, hinten etwas kuͤr⸗ 
zer, und an beyden Enden ſtumpf, doch am gro« 
ßen Exemplare hinten ein wenig gekerbt. Er iſt 


in 12 Felder getheilt, weißgelb und braun gefleckt, 
und haͤngt durch zwey von den mittelſten Feldern 


ausgehende und gemach aufgebogene Fortſaͤtze, un⸗ 
mittelbar mit dem öten und 7ten, mittelbar aber 


auch mit dem sten und Sten Randfelde zufammen, 


durch einfache Naͤthe. | 
Das Vaterland iſt unbekannt. 


1. Die 


* 


Die lanshaͤlſige Schildkroͤte. 321. 


15. Die langhaͤlſige Schildkroͤte. 
Testudo longicollis. Shaw. A) 


(Taf. XXI. Fig. I.) 


Eine Fluß ⸗ Schildkröte. Der Hals if lang, wohl 
immer ausgeſtreckt, und von ovalen Koͤrnern rauh; 
der Kopf iſt glatt; ſie iſt oben dunkelolivenbraun, 
unten blaß weißlichgelb; die Schaale iſt nur etwas 
gekoͤrnt, oben wie ſchwarzes Leder, unten dunkel— 
gelb, an den Einſchnitten dunkelbraun ſchattirt; 
die Vorderfuͤße ſind kurz, mit vier rauhſchuppigen 
Zehen, die wie an die Hinterfuͤße mit einer 
Schwimmhaut verbunden ſind; die Klauen wie 
id een der Schwanz kaum merklich. 
In Neu: Holland. 


Ah) Testudo longicollis. Shaw, New Holland, 
II. Pl. VII. S. 19. — Goͤttingiſches e der 
Naturwiſſenſch. 2. Heft. S. 146. 


Dela Cepede's Naturg.d. Amph. 1. Bd. 7. Land⸗ 


322 Schildkroͤten. 


1. 


Land ⸗Schildkroͤten. 


16. Die Doſen⸗Schildkroͤte.) 


La Tortue à boite. 


Ueber dieſe von Hrn. Bloch bekannt gemachte 
Schildkroͤte, habe ich von Hrn. Camper genaue» 
re Nachrichten erhalten ). Sie wohnt in Suͤd— 
amerika, iſt 4 Zoll 3 Linien lang, und 3 Zoll 
breit. Der Ruͤckenſchild beſteht aus 14 Stuͤcken, 
die der Laͤnge nach in drey Reihen ſtehen. In 
der mittelſten find 5, in jeder der beyden andern 
4 Stuͤcke. Der Rand beſteht aus 25 andern 
Stuͤcken. Die obere Schaale iſt ſehr gewoͤlbt, 


wie bey den meiſten Land-Schildkroͤten, und zur 


freyeren Bewegung des Kopfs vorn ausgeſchnitten; 
eben ſo hinten zur freyer Bewegung der Fuͤße. 
Die untere Schaale iſt nicht ausgeſchnitten, fon= 
dern hat vorn und hinten zwey Klappen, die an 
einer Art von knorplichen, mit einer ſehr elafti- 


ſchen 


7) Aus den Zuſaͤtzen Vol. II. p. 459, — S. Abhand. 
der Geſellſch. Naturf. Freunde zu Berlin. 7. Th. 
Art d t Taf. „ 9.) | 

k) Lettre de M. Camper, Membre des Etats 
generaux etc. à Mr. le Comte de la Cepede, 


datee de Leeuwarden de 30 Oct. 1787. 


Die Doſen⸗Schildkroͤte. 323 


ſchen Haut überzogenen Scharniere, beweglich find, 
das an der Vereinigung des Ruͤcken- und Bauch— 
ſchildes angebracht iſt. Die Schildkroͤte kann 
dieſe Klappen nach Gefallen oͤffnen und verſchlie— 
ßen, indem es fie an dem Rande der Schaale an» 
druͤckt. Sie iſt dann wie in eine Dofe verfchlof- 
ſen, wovon ihn Bloch den Namen gegeben hat. 
Die vordere Klappe iſt kleiner als die hintere. 
Bloch hat das Thier ſelbſt nicht geſehen. Die 
Farbe des Rückenſchildes iſt braun und gelb; des 
Bauchſchildes blaßgelb mit ſchwarzen Flecken. Die: 
fe Farben, fo wie ihre Geſtalt, geben ihr viel Aehn⸗ 
lichkeit mit der gekielten Schildkroͤte (Bom- 
bee), deren Bruſtſchild auch nicht ausgeſchnit— 
ten iſt. La Cep. 


Ich fuͤge hier noch die genaueren und etwas 
abweichenden Beſchreibungen aus dem Schoͤp fi— 
ſchen und Seligmanniſchen Werke bey. 


a) Die Doſen⸗Schildkroͤte. Schoͤpf. D 
(Taf. XII. Fig. 1.) 


Sie wird aufs hoͤchſte 3 bis 6 Zoll lang. Der 
Kopf iſt laͤnglich⸗ oval; die Kinnladen ſind ſcharf, 
+ 2 aber 


Testudo elausa, testa ovali gibba, dorsi scu- 
tellis carinatis, sterno bivalvi, loricam oc- 
cludente. (Der Ruͤckenſchild oval, hochgewoͤlbt, 

die Mittelfelder gekielt; der Vauchſchild zwey— 
klappig 


224. Schildkröten. 
aber ungezaͤhnelt; Kopf, Vorder-und Hinterfuͤ⸗ 
ße von brauner und gelbgefleckter Farbe, der Schaa— 
le aͤhnlich; die Vorderfuͤße ſind undeutlicher, die 
hintern deutlicher gefingert, jene mit fuͤnf, dieſe 
mit vier langen gekruͤmmten Krallen bewaffnet. 
Der Schwanz iſt ſehr kurz, damit er ſich deſto fuͤg⸗ 
licher mit den Fuͤßen in die Schaale verbergen laſſe. 
Der Ruͤckenſchild iſt oval, hoch, aber gleich⸗ 
foͤrmig gewoͤlbt. Die 13 Felder der Scheibe ſind 
durch meiſt gerade, aber ſeichte Naͤthe, unterſchie— 
den. Die fuͤnf Ruͤckenfelder vergroͤßern ſich nach 
der Mitte der Scheibe. Das erſte ſcheint vier— 
eckig zu ſeyn, aber durch den am untern Rande 
vor⸗ 


klappig und die Schaale verſchließend.) Schoͤpf 
N. ©. der Schildfröt. S. 36. Taf. VII. 

Testudo clausa, disci scutellis carinatis, ter- 
no vi repando, valvularım A; ad scutum 
apprimendo. Gmelin Lin. 1.3, p, 1042. U. 25. 

Testudo virginiana. Grew Mus. 38. t 3. fie.2, 

Die Doſen-Schildkroͤte. Bloch, Schrif— 
ten der Berliner naturf. Geſellſch. VII. S. 18. 
Schneider ebendaſelbſt X S. 270. Schnei⸗ 
ders erſte Beytr. S. 8. Nr. 6. 

Testudo incarcerata (Pr isonniere) digitis fis 
sis, testa elliptica, admodum convexa, Scu- 
tellis laevibus fuseis, faseüs luteis rivula- 
tis. Bonaterre Erpetol. n. 24. 

Testudo incarcerato - striata (Prisonniere- 
striee) digitis fissis, testa elliptica, convexa, 
scutellis striatis, Juseis luteo - maculatis. 
Bonaterre ibid. n. 25. 

Courte- queue. Cepede ſ. oben. 

Die Dofen: n Donndorfs ae. 
e Ill. S. 2 


Die Doſen⸗ Schildkröte. 325 


vorſpringenden ſtumpfen Winkel naͤhert es ſich der 
fuͤnfeckigen Geſtalt; es iſt flachgewoͤlbt, abſchuͤſ— 
ſig und ſtumpf gekielt; das vertiefte und punktirte 
Schuppenfeld liegt am obern und mittlern Theile, 
und iſt mit mehreren gedraͤngten und ſeichten und 
parallelen Furchen umzogen, ſie erſtrecken ſich bis 
an den Rand des Feldes, deſſen Umriß fie nach 
bilden, und werden nur durch den Kiel und eine 
ſchwache, von den vordern Ecken des Schuppen— 
feldes nach den gegenuͤberſtehenden Ecken des Fel⸗ 
des ſtreichenden Linie, unterbrochen. Das zweyte 
iſt breiter als das vorhergehende, ſechs eckig planer und 
weniger abſchuͤſſig; auch iſt deſſen hinterer Rand 
wieder breiter als der vordere; das Schuppenfeld 
liegt nach hinten, und iſt eben wie am erſten Felde, 
mit Furchen umzogen. Das dritte Feld iſt feche- 
eckig, die Vorder- und Hinterraͤnder ſind breiter, 
als die an den Seiten; es iſt ſehr flach gewoͤlbt; 
Schuppenfeld und Furchen wie am zweyten. Das 
vierte iſt wenig gewoͤlbt, nach hinten abſchuͤſſig, 
ſechseckig, am Vorderrande breiter, das Schup— 
penfeld liegt faſt in der Mitte und der Kiel dieſes 
Feldes iſt in deſſen Mitte ſcharf abgeſchnitten. Das 
fuͤnfte, ungleichſeitig fuͤnfeckig, ſchmaͤler und ab⸗ 
ſchuͤſſiger als der vorhergehende; das Schuppen⸗ 
feld liegt mehr nach der untern Haͤlfte; iſt uͤbri⸗ 
gens wie die vorigen, aber unmerklicher gekielt. 
Der Kiel auf den Ruͤckenfeldern iſt auf den 
vier erſten am deutlichſten, etwas breit und ſtumpf; 
er be ſich ganz niedrig am Vorderrande jedes 
2 3 Feldes, 


— 


326 Schildkröten. 


Feldes, erreichet aber nicht den hintern Rand der» 
ſelben, ſondern ſchneidet ſich am hintern Rand des 
Schuppenfeldes kurz ab. 

Von den vier Seitenfeldern der Scheibe bat 
das erſte eine irreguläre Geſtalt, unten naͤmlich 
bogig, oben abgeſtumpft, die Seitenraͤnder gera— 
de; das Schuppenfeld liegt nach oben und hinter» 
waͤrts, und iſt, wie in den folgenden, mit paral⸗ 
lelen Furchen umgeben. Das zweyte iſt das groͤ⸗ 
ßeſte, von oben ablang viereckig, doch, daß der 
obere Rand winklich, der untere bogig iſt; das 
Schuppenfeld liegt in der oberen und gewoͤlbteren 
Mitte; das dritte iſt dem vorigen gleichgeſtal— 
tet, aber kleiner und etwas ſchraͤge gebogen; das 
vierte iſt das kleinſte, viereckig, mit ungleichen 
und ſchraͤgen Seiten. An allen iſt die obere Hälf- 
te etwas erhabener, die untere platter und abſchuͤſ⸗ 
ſiger; die Furchen uͤbrigens wie bey den Ruͤcken⸗ 
feldern beſchaffen. 

Die gewoͤhnlichere Hauptfarbe der Scheibe iſt 
braun, oder braunſchwarz, mit lichtgelben oder 
gelben wogigen Flecken und Streifen ſchoͤn durch— 
mahlet. Die Schuppenfelder ſind ganz braun 
oder faſt ſchwaͤrzlich; der Kiel groͤßtentheils gelb; 
die uͤbrigen gelblichen Flecken aber ſind um dieſes 
Schuppenfeld her mit einer ſcheinbaren, doch nicht 
genau zu beſtimmenden Regelmaͤßigkeit geordnet. 

Des Oberſchildes Rand iſt vorne ausgeſchnit⸗ 
ten, ſcharfkantig und leicht gekerbt; mit dem Ruͤk⸗ 
ſchilde gleich abſchuͤſſig, und aus 25 Feldern be⸗ 

\ ſtehend. 


Die Dofen = Schildkröte, 327 


ſtehend. Das erſte ungepaarte iſt das kleinſte, 
laͤnglich und mit etwas vorragender Spitze; die 
uͤbrigen ſind einander faſt alle, an Groͤße und 
meiſt viereckiger Geſtalt, ziemlich aͤhnlich; das 
rauh -punftirte und umfurchte Schuppenfeld lieget 
in jedes Feldes hintern und untern Winkel; an 
Farbe ſind ſie der Scheibe gleich, naͤmlich braun 
mit untermiſchtem Gelb. Die vorderſten und hin— 
terſten Felder haben ſchneidend ſcharfe und durch— 
ſichtige Kanten; die zwiſchengelegenen ſind von 
oben herab etwas fenkrechter geſtellt, an der un— 
tern Seite erweitern ſie ſich, find bauchig und mit— 
telſt eines ſehr dichten Bandes mit dem Bauch— 
ſchilde vereinigt. 

Der Bauchſchild dieſer Art iſt vor allen an- 
dern an Größe, eigenthuͤmlicher Geſtalt und Ein- 
richtung gaͤnzlich ausgezeichnet. Die Bildung iſt 
nach dem Umkreiſe der innern Randſeite des Ober— 
ſchildes geformet, und ihm genau anpaſſend. Wie 
gewoͤhnlich, iſt es durch eine lange, und fünf Quer— 
naͤthe in 12 ungleiche Felder abgetheilt, wovon die 
mittlern Parallelogrammen, die uͤbrigen aber mehr 
dreyeckige Figuren vorſtellen. Die mittelſte Quer 
nath faͤllt in gerader Linie mit der Nath ein, wel⸗ 
che zwiſchen dem sten und Eten Randfelde iſt, und 
durch ſie wird das Bauchſchild in zwey Klappen ge— 
theilet; ein ſehniges Band vereiniget ſie, und giebt 
ihnen Beweglichkeit. Die hintere Klappe ift grö- 
ßer als die vordere; beyde aber ſind von elliptiſcher Fi⸗ 
gur, mit faſt durchaus gleichem Rande, ſo daß 

EA der 


228 Schildkroͤten. 


der ganze Bauchſchild nach ſeinem voͤlligen Umfan⸗ 
ge genau dem innern Rande des Oberſchildes an- 
paſſet, und das Thier mit eingezogenem Kopf und 
Fuͤßen in vollkommene Sicherheit ſich innerhalb 
ſeine, durch jene Klappen geſchloſſene Panzer, ver— 
bergen kann. Die hintere Klappe iſt platt, und 
auf ihr ruhet die ganze Schaale; welche, wenn ſie 
geſchloſſen auf der Erde lieget, die vordere kleine 
Klappe von der Horizontallinie ab- und aufwärts 
darſtellet. 
Man trifft noch folgende Abaͤnderungen an: 

An einigen Exemplaren haͤngt der Kiel zu⸗ 
ſammen, an andern iſt ein Zwiſchenraum da; ei= 


nige, beſonders die kleinern haben eine deutlichere 


punktirte Vertiefung als die groͤßern; der vordere 
Ausſchnitt des Randes iſt auch bey größeren Schaa— 
len betraͤchtlicher als bey kleinern; bey einigen iſt 
die Hauptfarbe ſchwarz, bey andern braunſchwarz, 


es giebt aber auch Exemplare, wo die gelbe Farbe 


die Oberhand zu haben ſcheint. 


Nordamerika iſt das Vaterland. Sie 


liebt ſumpfige Gegenden, geht aber auch aufs trok— 
kene, ſo daß man ſie auch in den heißeſten Tagen 
auf dürren Hügeln antrifft. Zum Schwimmen 


ſcheint fie nicht wohl gebildet zu ſeyn, und damit 


trifft denn der Umſtand uͤberein, daß einige ſie zu 


den Land- Schildkroͤten rechnen, wofuͤr auch die 


hohe Woͤl ing der Schaale und die Bildung der 
Fuͤße ſprechen. Das Thier iſt durch einen fo fe= 
ſten Panzer geſchert, daß ihm ein aufgelegtes Ge⸗ 


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Die Caroliniſche Schildkröte 320 


wicht von 4 — 300 Pfund nicht nur nicht ſchaden, 
ſondern auch ſein Fortſchreiten nicht einmal hindern 
fol. Das Fleiſch wird von einigen für. wohl- 
ſchmeckend, von andern fuͤr ranzig angegeben. Die 
Eyer aber werden durchgaͤngig als ſchmackhaft ge— 
ruͤhmt; die groͤßten ſind den Taubeneyern gleich 
und werden aufgeſucht. Sie naͤhrt ſich vom Pfer— 
demiſt, Ratten und Kaͤfern, und kann ſogar 4 
bis 5 lange Schlangen verzehren; um ſich dieſer 
zu bemaͤchtigen, packt ſie ſie in der Mitte und 
quetſcht ſie zwiſchen den Klappen ihres Panzers 
todt. In der Begattung haͤngen beyde Geſchlech— 
ter 14 Tage zuſammen. Man hat Beyſpiele, daß 
ſie auf 46 Jahre gelebt haben. Sie werden hier 
und da in Kellern gehalten, um wach fie Schnek⸗ 
ken und Maͤuſe zu vertilgen. 5 


b) Die Caroliniſche Schildkroͤte. Edwards. m) 
(Taf. X. Fig. 2.) 


Sie iſt 5 3/4 Zoll ans und der Panzer 3 
1/2 Zoll. Der Kopf iſt mit einer harten und 


on 


e horn» 


Hi) Testudo tesseleta minor Carolinensis. Ed- 
wards Av. 205. 

Die Land: Schildfräöte von Carolina. 
Seligmanns Vögel Taf. roco. 

Testudo Carolina, pedibus digitatis, teste 

gibba, cauda nulla. Lin. Syst. XII. p. 352. 

n. 11. — Gmelin Lin. I. 5, p. 1041. n. 11. 

Testu- 


330 Schildkröten. 


hornigen Haut bedeckt, die oben auf der Platte 
dunkelbraun, an der Seite aber und an der 
Kehle gelb und mit kleinen ſchwarzen Flecken beſetzt 
iſt. Die Naſenloöcher liegen an der Spitze des 
Mundes. Die Augen ſind gelb. Der Hals iſt 
mit einer leeren dunkelpurpurfleiſchfarbenen Haut 
bedeckt, ſo wie die Hinterbeine; die Vorderfuͤße 
haben gelbe harte Schuppen; an dieſen find 5 und 
an jenen vier Zehen, alle mit ſehr ſtarken Klauen 
bewaffnet. Sie hat keinen Schwanz, obgleich 
ein Anſatz zu denſelben vorhanden if, Der uns 
tere Theil der Schaale iſt in zwey Theile getheilt. 
Sie theilet ſich queer uͤber den Bauch heruͤber und 
iſt an den Seiten mit der obern Schaale durch eine 
Haut verbunden, die biegſam iſt, und durch dieß Mit⸗ 
tel kann das Thier, wenn es ſeinen Kopf und die Beine 
hineingezogen hat, ſeine Schaale ſo feſt wie eine Au— 
ſter, anſchließen. Die Oberſchaale iſt ſehr hoch 


und 


i Testudo carolina. Bonaterre Erpetol. n. 23. 

Schneiders Schildkr. S. 337. Nr. 7. 

Die Cäroliniſche Schildkroͤte. Müllers 
Naturſyſtem. II. S. 4% Nr. Ir. 

— — Batſch, Thiere. I. S. 446. 

— — Borowsky Thierreich IV. S. 23. Taf. 
II. 

— — Neuer Schauplatz der Natur. VII. S. 


— — . Onomat. hist. nat. VII. p. 486. 

— — Donndorfs Zool. Beytr. III. S. 72. 
Nr. 11. | 
Die kleine Land: Schildkröte. Bertram 

Reiſe durch Carolina. ©. 269. 


Die Caroliniſche Schildkröte. 331 


und rund, und theilt ſich in viele Schuppen und 
iſt hornartig. Es ſieht nicht anders aus, als 
wenn eine jede ſolche Schuppe um ihren Rand her— 
um geſtochen und ihre Ringe eingegraben waͤren, 
welches aber gegen den Mittelpunkt zu aufhört. 
Oben iſt die Schaale dunkelbraun und hat gelbe 
Flecken von verſchiedener Form, unten aber iſt ſie 
flach, gelb und hat ſchwarze Flecken. 

Dieſe kleine Schildkroͤte nennen die Englaͤn— 
der in Amerika Terrapins. Edwards ſtand 
vorher in der Meynung, daß nur gemaͤßigte und 
heiße Himmelsſtriche die Land-Schildkroͤten erzeug- 
ten. Allein er ſah nachher eine Tobacksdoſe, in 
Silber gefaßt, wovon die obere Schaale der 
Schildkroͤte der Deckel, und die untere die Buͤchſe 
war. Der obere Theil war gewoͤlbt, der untere 
flach, beyde waren hellgelb-hornfarbig, ohne 
Flecken, und dem Baue nach haͤlt er ſie fuͤr die 
oben beſchriebene. Sie war aus der Hudſons— 
bay, wo ſie einheimiſch iſt, gebracht worden. 


17. Die 


332 Schildkröten. 


) 


17. Die Spengleriſche Schildkroͤte. 
Testudo Spengleri. Malbaum. 1) 


(Taf. XIII. Fig. 2.) 


Von dieſer Land-Schildkroͤte iſt nur der Panzer 
beſchrieben, den Hrn. D. Walbaum von Hrn 
Kunſtverwalter Spengler zu Karben nden, zu 
dieſem Zwecke erhalten hat. Sie koͤmmt Linnels 
Schlangen⸗ Schildkröte (Testudo serpen- g 
tina) am naͤchſten, hat einen ovalen, gelben, glat⸗ 
ten Harniſch, der oben drey Rippen, und faſt zie- 
gelartige, vier- fünf- und ſechseckige Schuppen, 
an den Seiten einen ſcharfen Rand, und hinten 
zehn lange gekruͤmmte Zacken hat. | 
Er iſt dünn und ohngefaͤhr einer Fauſt groß, 
3 1/2 Zoll lang, und bey den Hinterfuͤßen, wo 
er am breiteſten iſt, 2 Zoll 7 Linien breit. Er 
hat einen faſt eyfoͤrmigen, hinten und vorn ge— 
zaͤhnten Umfang, an beyden Seiten eine gerade 
und ſcharfwinkliche gekerbte Kante, iſt oben glatt, 
niedrig gewoͤlbt, hinten bey den Fuͤßen breiter als 
vorn, 


) Testudo Spengleri. T. testa flava subeari-, 
nata: postice obtusa acuta 10 dentata, 
sguamis imbricatis. Gmelin Lin. I. 3. p. 
1043. n. 27. Walbaum in den Schriften der 
Berlin. naturf. Freunde. VI. S. 122. Taf. 3. 
Schneiders erſte Beytr. S. 8. Nr. 6. — 
Donndorfs Zool. Beytr. III. S. 24. Nr. 17. 


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— 


Die Spengleriſche Schildkroͤte. 333 


vorn, der Laͤnge nach dreyfach gereift, vorn höher 


als hinten, unten aber platt mit einem aufſteigen— 
den Vorderende. Der Oberſchild hat drey erha— 
bene und voneinander ſtehende Rippen oder Reifen, 
wodurch er etwas eckig wird. Die mittelſte und 
größte derfelben iſt eine Linie breit, und ſteht eben 
ſo viel empor. Sie gehet von dem vordern Rande 
bis an den hintern Rand der Scheibe; die beyden 


uͤbrigen ſind halb ſo lang, duͤnner und nicht ſo 


hoch, und laufen queer uͤber die Mitte der erſten, 


zweyten und dritten Seitenſchuppe, reichen aber 
nicht bis an die auswendige Seite der erſten und 
dritten Schuppe. Der Rand iſt ziemlich breit, 
vorn und hinten aber am breiteſten, iſt glatt und 
flacher als die Scheibe, an den Seiten der Schei- 
be abſchuͤſſig kielfoͤrmig und ſcharf, vorn wie der 
Buchſtabe B ausgeſchweift, hat aber daſelbſt uͤber 
dem Halſe einen kleinen abgeſtutzten Zahn, und 
nicht weit davon an jeder Seite zwey andere ſaͤ— 
genartige nidrige Zaͤhne; hinterwaͤrts iſt er ſpitz— 
winklich, und uͤber dem Schwanze ausgekerbt, 
hat darneben nach beyden Seiten hin zehn lange, 


fäͤgenartige, ſpitzige Zähne, welche eine horizonta— 
le. Richtung und eine aufwärts gebogene Spitze 


haben; vorn uͤber dem Halſe macht er einen ge— 


druͤckten Bogen aus, an den Seiten und hinten 


geht er in einer horizontalen Richtung fort, doch 
ſo, daß er uͤber den Hinterfuͤßen ſich etwas erhebt, 


und darauf ſich ein wenig wieder ſenket. Der 


Wesch bat beynah eben die Laͤnge als der 
Ober⸗ 


34 Schildkröten. 


Oberſchild, aber von geringerer Breite, zwey ſehr 
große Fortſaͤtze und zwey aufſteigende kleine Fluͤgel, 
welche durch eine knochige Nath an der Mitte des 
Randes feſt gewachſen find. Die Unterflaͤche deſ⸗ 
ſelben iſt meiſt platt und gerade ausgeſtreckt, doch 
in der Mitte etwas eingedruͤckt, und vorwärts et— 
was gekruͤmmt in die Höhe ſteigend. Ueber die 
Mitte laͤuft der Laͤnge nach eine feine Furche, wel⸗ 
che fuͤnf andere, etwas gekruͤmmte Queerfurchen 
durchſchneiden, und alſo die ganze Unterflaͤche in 
6 Paar ungleiche, viereckige Felder abtheilen, wo⸗ 
von das kleinſte Paar, wie ein Halskragen un- 
ter dem Halſe des Thieres liegt. Die Fortſaͤtze 
ſind weit laͤnger als die Scheibe oder der mittlere 
Theil des Bruſtbeins, halb oval, und am Grun— 
de breiter als an ihren Enden. Der vordere hat 
mit dem Oberſchilde gleiche Laͤnge, iſt an beyden 
Seiten flachbogig, und vorn abgebiſſen. Der 
hintere uͤbertrifft dem vordern an Laͤnge, ſteht von 
dem Schilde weit ab, iſt an der Unterflaͤche gerade 
ausgeſtreckt, an den Seiten flachbogig und hat 
daſelbſt ohngefaͤhr um die Mitte einen ſaͤgenartigen 
Zahn. Er endigt ſich mit zwey ſpitzwinklichen 
breiten Spitzen, zwiſchen welchen eine große recht— 
winkliche Kerbe ſich befindet, woraus der Schwanz 
geſtreckt wird. Die kleinen Fluͤgel ſteigen ſchraͤge 
gegen den Seitenrand des Schildes in die Hoͤhe, 
und find daſelbſt unterwaͤrts durch eine knochige 
Nath feſt gewachſen. Die ide Luͤcke zum Aus⸗ 

| ſtrecken 


Die Spengleriſche Schildkröte, 335 


ſtrecken der Hinterfuͤße iſt länger und enger als die 
zu den Vorderfuͤßen. 

Der Oberſchild beſteht aus 38 ungleichen, 
eckigen Schuppen, welche mit ihrem hintern Ran« 
de, wie Dachziegeln übereinander liegen, 13 ans 
dere ſitzen abwechſelnd in 3 Reihen auf der Scheibe, 
und 25 auf dem Rande. Ihre Oberfläche iſt 
glatt. Sie haben aber viele feine ausgehoͤhlte 
Striche, die mit dem vordern und Geitenrande 
Parallel laufen, an dem hintern Rande aber ein 
kleines, ebenes, punktirtes Feld übrig laſſen, wel» 
ches ſie vorn und an den Seiten einſchließen. Die 
fuͤnf Ruͤckenſchuppen ſind faſt gleich groß, aber 
ſchmaͤler als die drey erſten Seitenſchuppen der 
Scheibe, in der Mitte wegen der erhabenen Rip— 
pe keilfoͤrmig, an den Seiten flach, hinten und 
vorn abgeſtutzt, außer der letzten, deren Ende in 
einen ſpitzigen Winkel auslaͤuft. Die erſte iſt et« 
was bucklich und hat Ecken, wovon die vordere 
einen rechten Winkel gleicht; die zweyte, dritte 


und vierte, welche in der Breite nach und nach 


zunehmen, haben ſechs Ecken. Die fünfte ift faſt 
der erſten gleich aber ein wenig laͤnger, vorn abge— 
ſtutzt und hinten ſpitzig, wie ein krummliniger ſpiz— 
ziger Winkel. Die erſte Seitenſchuppe iſt groͤßer 
als die übrigen, gleicht im Umfange einen Qua— 
dranten, deſſen rechter Winkel ſchief abgeſtutzt er— 
ſcheint. Sie graͤnzt an die erſte und zweyte Ruͤk— 
kenſchuppe, von der Mitte ihrer Oberflaͤche faͤngt 
die oben beſchriebene kielfoͤrmige Rippe an, welche 

uͤber 


33 Schildkroͤten. 


uͤber die zweyte und dritte Schuppe queer hinlaͤuft. F 
Die zweyte Seitenſchuppe iſt kuͤrzer und breiter als g 
die erſte, hat fuͤnf ungleiche Ecken, wovon die 

ſtumpfeſte gegen die Fuge der zweyten und dritten 
Ruͤckenſchuppe tritt. Die dritte hat eine faſt aͤhn⸗ f 
liche Form mit der zweyten, welche fie aber in den 
Länge uͤbertrifft; ihr hinterer Rand iſt etwas auge 
gehoͤhlt, und um die Hälfte kuͤrzer als der vorde . 
re. Die vierte iſt klein und auf die Hälfte ſchmaͤ⸗ 
ler als die dritte. Sie hat vier ungleiche Seiten 
und eben ſo viel verſchobene Ecken, wovon die 
ſpitzigſte hinterwaͤrts auf dem Rande des Schildes 

liegt. Sie ſtoͤßt an die vierte und fünfte Ruͤcken⸗ 
ſchuppe. Die Schuppen, welche auf dem Rande 
liegen, ſind groͤßtentheils ungleich, doch kommen 
diejenigen, welche auf der einen Hälfte des Ran⸗ 
des ſich befinden, mit denen auf der gegenuͤberſte⸗ 
henden Haͤlfte in der Form und Groͤße uͤberein, 
außer der erſten, welche einzeln und über dem Hal— 
ſe des Thiers ſitzt. Sie haben auch auf ihrer 
Oberflache feine Striche, welche auf den mehre— 
ſten mit der hintern und vordern Seite derſelben 
parallel laufen. Die erſte Schuppe iſt klein, laͤn⸗ 
ger als breit, pfeilfoͤrmig, und an der hervorra- 
genden Spitze abgeſtutzt. Sie zweyte auf jeder 
Seite uͤbertrifft die uͤbrigen in der Groͤße, hat 8 
ungleiche Seiten und eben ſo viel Ecken, wovon 

die ſpitzigſte wie ein Saͤgezahn anderthalb Linien 
uͤber der dritten Schuppe hervor ſteht; die dritte, 
welche Fürger iſt, hat nur ungleiche Seiten, wovon 

die 


j 
1 N 
DEE erh. 


Die Spengleriſche Schildkröte. 337 


die vordere und groͤßeſte etwas abgerundet iſt, und 
auch mit der untern Ecke etwas uͤber die vierte her— 
vorragt. Die vierte hat gleiche Form mit der 
dritten, iſt aber kuͤrzer; die vier folgenden ſind die 
kuͤrzeſten und laͤnglich viereckig, und liegen auf dem 
ſcharfen kielfoͤrmigen Seitentheil des Randes. Die 
letzten 3 Schuppen von zu- und abnehmender 
Laͤnge, worin ſie die vorhergehenden uͤbertreffen, 
haben eine ungleich rautenfoͤrmige Geſtalt, deren 
zugeſpitzte und etwas aufwärts gekruͤmmte Enden 
nach hinten gerichtet ſind und weit voneinander 
fahren. Die 6 Paar Schuppen, welche den 
Bruſtſchild bekleiden, ſind ungleich viereckig, von 
zu- und abnehmender Länge und Breite, das erſte 
Paar das kleinſte und das vierte das groͤßte. 

Die Farbe des ganzen Oberſchildes iſt wachs— 
gelb, mit vielen ſehr kleinen unregelmäßigen, edi= 
gen, braͤunlichgreiſen Flecken marmorirt; am 
Bruſtſchild groͤßtentheils kaſtanienbraun, am Ran— 
de zu beyden mit einer eitrongelben Binde einge— 
faßt. | | 

Die Heymath iſt ungewiß; wahrſcheinlich 
Oſtindien. % 


Dela Cepede' s Naturg d. Amph. 1. Bd. P 13. Die 


338 


\ 


Schildkröten: | 


ne u 


19. Die gefranzte Schildkröte. 
Testudo fimbriata. Bruguiere. o) 


(Taf. XIV. Fig. 1.) 


Mit der Scorpion-Schildkroͤte des Lin⸗ 
ne‘ p) hat fie die größte Aehnlichkeit, daher man 
auch auf die Vermuthung fallen koͤnnte, daß Li n⸗ 


ne! 


00) Testudo Matamata, 


ein unvollſtaͤndiges Exemplar von dieſer Art 
beſchrie⸗ 


T. testa ovali subcon- 
vexa trifariam carinata, pedibus subdigita- 
tig, naso eylindrico proboscideo, callo utrin- 
que fimbriato, Bruguiere Journ- hist, nat. 
Paris 1792. T. I. 4. p. 253, tab. 13. Mey 

ers Zool. Annal. J. S. 169. Nr. . 

Testudo fimbriata, testa ovali depressa, pone 
angustioraintegra trifariam convexa, squa- 
mis acuminatis, sterno obovato, acute emar- 
ginato. Schoͤpf N. G. der Schildkr. S. 113. 
Taf. XXI. | 

Testudo fimbriata, testa sriata et echinata, 
fronte callosa triloba. Schneiders Schild; 
kr. S. 349. Nr. 12. — 

Testudo terrestris major, putamine echinato 
et striato seu Raparapa. Barrere hist. de 
la France Equinox. p. 163. Fermin hist. 
nat. de la Hollande Equinox. Deffen Be 
ſchreibung von Surinam. II. S. 226. Hart— 
finks Beſchreibung von Guiana. JI. S. 114. 

Die gefranzte Schildkroͤte. Donndorfs 
Zool. Beytr. III. S. 24. Nr. 28. 


*) S. oben S. 187. 


) 


Die gefranzte Schildkröte, 339 


beſchrieben habe. Allein hieruͤber laͤßt ſich nichts 
gewiſſes ausmachen. Wir theilen daher dieſe 
Schildkroͤte nach Bruguiere mit, der fie in den 
angezeigten Werke am vollkommenſten beſchrieben 
und abgebildet hat. 

Die Laͤnge des Thiers iſt 2 Fuß 3 Zoll 8 Li⸗ 
nien. Der Kopf iſt groß, platt, vorn halbeirkel⸗ 
foͤrmig zugerundet, auf der Oberftaͤche runzlich 
und warzig, nach den Seiten mit horizontalen 
haͤutigen, 5 Zoll breiten Fluͤgelanſaͤzen verſehen 
und nach dem Halſe zu mit einer vorragenden nach 
hinterwaͤrts dreyklappigen Schwiele bedeckt. Die 
cylindriſch ruͤſſelfoͤrmige Naſe iſt 10 Linien lang, 
vorn abgeſtumpft, und von zwey mittelſt einer 


knorplichen Scheidewand getheilten Naſenloͤchern 


durchbohrt. Die Augen ſtehen an der Wurzel 
des Ruͤſſels etwa 10 Linien weit auseinander. 
Das Maul iſt groß und ſtark geſpalten, beyde 
Kiefer an Laͤnge gleich, einfach ausgezaͤhnelt; der 
untere hat unten einen doppelten, haͤutigen, nach 
vorne gekehrten Anſatz. Der ſehr vorgeſtreckte 
Hals iſt 7 Zoll lang, 4 7/2 breit, oben platt und 


warzig, an jeder Seite aber und der Laͤnge nach 


mit ſechs abwechſelnd groͤßern oder kleinern, haͤuti⸗ 
gen und gefranzten Fluͤgelanſaͤtzen verſehen; vier 
ähnliche haͤutige Anſaͤtze hat auch die untere Seite 
des Halſes, welche den vorhin erwaͤhnten beyden 
Anſaͤtzen am Kiefer entgegen ſtehen und ſich in zwey 


in die Laͤnge laufende Runzeln verlieren. Die 


re find mie . und nn be: 


340 Schildkröten. 


deckt, haben fuͤnf ſeicht geſpaltene Zehen, an je— 
dem eine ſtarke, 10 Linien lange, ſpitzige, oben 
convexe, unten platte Kralle. Die Hinterfuͤße 
ſind ſchuppig, haben vier mit Krallen verſehene, 
aber noch weniger geſpaltene Zehen, als an den 
Vorderfuͤßen; der fuͤnfte und innere Finger oder 
Daumen iſt klein und ohne Krallen, welche uͤbri— 
gens denen der Vorderfuͤße gleich ſind. Der 
Schwanz iſt nur einen Zoll lang, etwas gekruͤmmt, 
und mit einer koͤrnigen Haut bedeckt. 

Der Panzer iſt 15 Zoll lang und 11 Zoll 
breit. Die 13 Scheibenfelder des niedrig gewoͤlb⸗ 
ten Ruͤckens, fuͤnf in der Mitte und vier an jeder 
Seite, ſind unter ſich ungleich, faſt kegelfoͤrmig; 
fie bilden der Laͤnge nach eine dreyfache Reihe er— 
habener Spitzen, wovon die hinterſten etwas laͤn— 
ger ſind als die vordern. Es ſind dieſe Felder 
vom Umfang gegen die Mitte runzlich und am 
Hinterrand etwas gezaͤhnelt. Die 25 viermal kleinern 
Felder des Randes find faſt viereckig, haben ſchraͤ⸗ 
ge ausſtrahlende Runzeln auf der Oberflaͤche und 
find am innern Rande gezaͤhnelt. Die Unterſchaa⸗ 
le iſt um einen Zoll kuͤrzer als die Oberſchaale und 
nur halb fo breit; fie iſt dabey laͤnglich-eyfoͤrmig, 
platt, hinten ſtark ausgekerbt, und in 13 Fel⸗ 
der getheilt, wovon 12 in doppelten Reihen und 
ein ungepaartes vorne an liegen. 

Die Hauptfarbe iſt braun, auf der Oberſchaa⸗ 
le ins ſchwaͤrzliche ſich ziehend, und auf der Unter: 
ſchaale heller. 

Dieſe 


Die gefranzte Schildkroͤte. 341 
Dieſe Schildkroͤte wohnt in Guiana. Ehe— 


dem war ſie in den Fluͤſſen der Inſel Cayenne 
ſehr haͤufig, weil ihr aber wegen ihres geſunden 
und wohlſchmeckenden Fleiſches ſehr nachgeſtellt 
wurde, ſo iſt ſie ſeltner geworden, und jetzt 
wird ſie kaum noch in einiger Menge in dem See 
Mayacara und in den Fluͤſſen Routomine 
und Houeſſe“ angetroffen. Sie naͤhrt ſich von 
den an den Ufern der Fluͤſſe wachſenden Pflanzen, 
geht des Nachts bloß hervor, entfernt ſich aber 
nicht weit vom Ufer. Herr Gout tier ehemals 
Director der Senegal-Compagnie in Cayenne be— 
ſitzt das hier beſchriebene und abgebildete wohlbe— 
haltene Exemplar. Es war ein Weibchen; er be— 
kam es lebendig, und erhielt es einige Zeit ſehr 
leicht mit Gras und Brod. Vor ſeinem Tode 
legte es 5 Eyer, von denen eins, wieder alle Er— 
wartung in der Schublade, worin ſie aufbewahrt 
waren, auskroch. 


2 19. Die 


„ Schildkröten; 


19. Die Indiſche Schildkroͤte. 
Testudo indica. Perrault. 9) 


(Taf. XIV. Fig. 2. a.) 


5 Die Laͤnge des von Perrault beſchriebenen und 
abgebildeten Thieres betrug von der Naſen- bis 
zur 


99 Tortue des Indes. Description anatomique 
Par Mr. Perrault. Memoires de PAcad. 
des Sciences depuis 1666 — 1699. Tom, Hl: 
Part. 2. 

Die große Schildkroͤte aus Indien. Per⸗ 
rault, Charras und Dodart Abhandlung 
aus der Naturgeſch. II. S. 131. Taf. sg. die 
Schildkröte und Taf. 60 die Zergliederung der⸗ 

ben. 

1 8995 indica. T. testa supra collum refle- 
xa, sceutellis tribus “primoribus tuberosis. 
(Der Oberſchild über dem Hals auf- und ruͤck⸗ 
waͤrts gebogen, die drey vorderſten Felder der 
Scheibe jedes mit einem Hoͤcker beſetzt.) Sehnei⸗ 
ders N. G. der Schildkroͤten S. 355. Nr. 14. 
— Schoͤpfs N. G. der Schildkr. S. 118. Taf. 
XXII. A, — Gmelin Lin. Syst. I. 3. p. 1035, 
n 29 

Tortue des Indes. Recueil des Planches sur 
les Sciens et les Arts liberaux, Vol. VI. 
Planche XXV. fie. ı 

Die Indiſche Schildkröte Donndorfs 
Zool. Beytr. III. S. 29. Nr. 29. 

S. auch Tortue grecque de la Cöte de Coro- 
mandel. La Cepede p. 154. Ueberſ. oben 
S. 212. ö 7 


Die Indiſche Schildkröte. 343 


zur Schwanzſpitze 4 1/2 Fuß und die Höhe 14 
Zoll. Der Panzer war 3 Fuß lang und 2 Fuß 
breit. Kopf, Hals und Fuͤße find mit einer ſchlaf— 
fen, runzlichen und faſt koͤrnigen Haut bedeckt. 
Der Kopf iſt 7 Zoll lang und 5 Zoll breit, und 
deſſen Haut zaͤrter als die der uͤbrigen Theile. Die 
Kiefer ſind geſaͤget, und uͤberdieß mit einer dop⸗ 
pelten Reihe Zähne verſehen. 
Die Vorderfuͤße ſind 9 Zoll lang; die Pfo⸗ 
ten kolbig, ungetheilt und mit 5 Krallen bewaffe 
net. Die Hinterfuͤße 1 Zoll lang, die Pfoten 
gleichfalls kolbig, und mit vier Krallen verſehen. 
Die Krallen find 1 7/2 Zoll lang, oben und un= 
ten conver, abgenutzt und ſtumpf. Der Schwanz 
iſt an der Wurzel ſechs Zoll dick, vierzehn Zoll 
lang, und endigt ſich in eine hornige Spitze. Der 
Oberſchild iſt aus mehrern Feldern von verſchlede— 
ner, doch meiſt fuͤnfeckiger Figur zuſammengeſetzt; 
ſtatt des ſonſt ausgeſchnittenen Vorderrandes, iſt 
uͤber den Hals der Rand in die Hoͤhe und zuruͤck⸗ 
gebogen, damit der Hals einen deſto größeren 
Spielraum bekommt. Die drey vorderſten und 
größten Felder, nämlich zwey zu den Seiten und 
eins in der Mitte, haben in ihrer Mitte einen run⸗ 
den, 3 — 4 Linien hohen und einen halben Zoll 
breiten Hoͤcker. Der Oberſchild iſt mit dem Bauch⸗ 
ſchild durch feſte und harte Baͤnder vereinigt, doch 
fo, daß einige freye Bewegung ſtatt findet. Die: 
ee des Panzers ſowohl, als die übrigen 
Y 4 Theile 


344 Schildkrdten. 


Theile des Thieres iſt ein ſtark ins Braune gehen 
des Graue. 

Das Vaterland iſt Oſtindien und ei die 
Kuͤſten von Coromandel. 


Varie tat. 


Die Indiſche Schildkroͤte des Vosmaers. 


Testudo indica. Fosmaeri. r) 
(Taf. XIV. Fig. 2. b.) 


Ein Panzer, welcher Hrn. D. Schoͤpf von 
Hrn. Vosmaer abgezeichnet geſchickt wurde. 
Beyde Abbildungen, dieſe und die vorhergehende, 
ſind ſich an Groͤße und Verhaͤltniß, Geſtalt und 
aufgebogenem Rande, der in den Flanken ſtumpf 
und convex iſt, gleich, auch die Farbe iſt wenig 
verſchieden; nur daß dieſer Vos maerſchen die 
Hocker auf den vordern Feldern mangeln und 
daß der Rand mehr gekerbt if. Wahrſchein⸗ 
lich iſt dieß eine bloße Geſchlechts- Alters- oder 
Climas⸗Verſchiedenheit. Der Panzer kam vom 
Vorgebirge der guten Hoffnung. Die 
Laͤnge des Oberſchildes iſt 2 Fuß 8 Zoll, die 

Breite 


Testudo indica; testa supra eollum reflexa, 
disci scutellis anterioribus laevibus; mar- 
gine crenato. (Der Oberſchild über den Hals 
auf und ruͤckwaͤrts gebogen; die vorderſten Felder 
der Scheibe glatt; der Rand gekerbt.) Schoͤpfs 
N. G. der Schildkr. S. 120. Taf. XXII. B. 


7 
. 65 


Ale ge ante , Ve- 
22 Der Naehe, 0 Lell, , | 


2 


rn. ar EEE Fe . TE ach 


— 


Die Indische Schildkröte 345 


Breite 18 ıf2 Zoll und die ſenkrechte Höhe 14 
Zoll. Die Scheibe hat 13 und der Rand 23 
Felder. Die zwey Mittelfelder des Bauchſchildes 
find die größten, und vor ihnen find 5 und dahin 
ter 7; zwey den Randſchildern zunaͤchſt liegende 
ſind kleiner als die uͤbrigen. Die Farbe des Ober— 
ſchildes iſt ſchwaͤrzlich; des Bauchſchildes aſch— 
farbig. 
Schoͤpf. 


Y 5 : 20. Die 


* 


346 Schildkröten. 


20. Die Sporn » Schildkröte. 


Testudo sulcata. Miller. s) 


Der Oberſchild iſt eyrund, erhaben und höckerig 
und hat geſtreifte und mit einer Furche umgebene 
Felder. Der Bauchſchild iſt vorn und hinten 
zweyſpaltig und ragt vorn wie eine Gabel uͤber den 
Sand des obern hervor. Die Vorderfuͤße haben 


fuͤnf und die hintern vier Naͤgel und an den Schen⸗ 


keln befinden ſich zwey Sporne. Die Stirn iſt 
eckig und der Schwanz kurz und kegelfoͤrmig. 

Das Vaterland find die Sudamerifani- 
ſchen Inſeln. 


a s) Testudo suleata. T. eaudata, pedibus digi- 
tatis, testa gibba: seutellis lineatis gulco 
eircumscriptis. Gmelin Lin, I. 3. p. 1045. 
n. 31. Miller on var. subj. t. 26. A. B. C. 
Schneiders Zool. Abhand. S. 315. 

Testudo calcarata, testa ovata convexa, sSter- 
no antice, et postice biſido, anterius ultra 
marginem testae prominente furca, palma- 
rum unguibus quinis, plantarım quaternis, 
femorum calcaribus binis, fronte angulata, 
Schneider a. a. O. S. 317. | 

Die gefurchte Schildkroͤte. Donndorfs 
Zool. Beytr. III. S. 30. Nr. 31. 


b un 


21. Die 


— 


4 


Die getäfelte Schildkroͤe. 347 


421. Die getaͤfelte Schildkroͤte. 
Testudo tabulata. 7 ulbaum. t) 


(Taf. XVI. Fig. 1.) 


Der Oberſchild iſt laͤnglich-eyrund 
und hochgewoͤlbt; die Felder der Schei— 
be find ſcharfwinklich, fein und gleich 


gr 


£) Testudo tabulata. Malbaum Chelonogr. p. 
728 et 122. | | 
Testudo tabulata. J. testa ovali gibba, scu- 
tellis disei medio flavis, margine nitente 
‚atris, sulcatis, lateralibus polygonis. Ge- 
lin Lin. I. 3. p. 1045, n. 33. et p. 1041. 

n. 7. 6. | 

Testudo oblonga gibba, scutellis disci rectan- 
gulis, sulcatis, areolis subsibberis; margo 
aeqgualis seutellis XXIII. (Oberſchild ablang 
und hochgewoͤlbt; Felder der Scheibe rechtwink— 
lich, gefurcht, mit vorſtehenden Schuppenfeldern; 
Rand gleichfoͤrmig mit drey und zwanzig Feldern.) 
Schöpfs N. G. der Schildkr. S. 63. Taf. XIII. 
und Taf. XII. Fig. 2 8 


892 m. 
S \ 


Testudo terrestris Bräasiliensis. Seba Thes. I. 
tab, 80. fig. 2. g 
Testudo americana terrestris, forte Jabo ti 
Brasiliensibus, Ca gado de Terra Lusi- 
tanis dietaee Marggravii. Hil. Sto- 
baeus act. litt, et scient Suec. 1730. p. 
59. — Schneiders N. G. der Schildkr. ©.3 62. 
Testudo terrestris squamis aureis desselata, 
Plumier. Goutier Observ. sur Ihistoire na- 
turell. T. I. Par, III. p. 150. Tabl. c. 
8 8 f Testu- 


348 Schildkroͤten. 


gefurcht, mit kaum etwas vorſtehen— 
den Schuppenfeldern: der Rand iſt 
faſt gleichfoͤrmig, das hinterſte Feld 
ſehr bauchig und das ſtebente an jeder 
Seite eingezogen. 2). 

Die größten Panzer von dieſer Land-Schild— 
kroͤte, die wir kennen, find 10 bis 11 Zoll lang, 
6 bis 6 1/2 Zoll breit und 5 bis 3 1/4 Zoll hoch. 

Die Beſchreibungen des Stobaͤus und 
Walbaum, ſowohl was die äußern Theile der 

Decke 


Testudo tessellata. Schneider in din Schrif⸗ 
ten der Berliner naturforſch. Freunde. X. S. 
262. 

Die getaͤfelte Schildkroͤte. Donndorfs 
Zool. Beytr. IH. S. 31. Nr. 33. 

u) So möchte ich die Kennzeichen dieſer Schildfrd: 
te, von welcher ich mehrere Exemplare unterſucht 
habe, angeben, und zur mehreren Deutlichkeit noch 
zuſetzen: Der ganze Rand jeder Schuppe 

der Scheibe iſt auf beyden Seiten gleich— 
gefaͤrbt und in der Mitte ungefleckt. 
Auf dieſe Art wuͤrde ſich vielleicht dieſe Schildkroͤte 
von den aͤhnlichen, naͤmlich der areolirten und 
griechiſchen, auch wohl dem flachen Exemplar 
der geometriſchen, gleich beym erſten Anblick 
unterſcheiden laſſen. Denn daß die Felder der 
Scheibe rechtwinklich waͤren, davon habe ich wenig— 
ſtens kein Exemplar geſehen, auch habe ich einen 
ſehr ſchoͤnen Panzer aus dem Meiningiſchen 
Naturalien-Kabinette vor mir, welcher 24 Rand— 
ſchuppen hat, naͤmlich ein ſchmales ungepaartes 
vorderes, ſo deutlich als es nur die vor mir liegen— 
den geometriſchen, areolirten und griechiſchen Schaa— 
len immer haben moͤgen. Ich werde unten von 
dieſem Exemplare mehr reden. 


Die getäfelte Schildkröt, 349 


Decke ſelbſt als ihre Farbe betrifft, ſtimmen im 
Ganzen mit den mehreſten uͤberein, die ich zu ſehen 
Gelegenheit gehabt habe. Die meinige wird da» 
her ſehr wenig abweichen. | 

Der Kopf iſt wie bey der gemeinen Fluß Schild- 
kroͤte, nur etwas gewoͤlbter und laͤnglich - eyrund, 
Auf dem Scheitel liegt eine große, rundliche, un— 
merklich achteckig eingezogene Schuppe, die 
mit mehrern kleinern vorn und hinten umgeben 
iſt, und welche ſich nach dem Hals zu in Runzeln 
verlaufen; der Mund iſt abgeſtumpft, hat etwas 
vorſtehende eyrunde Naſenloͤcher, eine weite gera— 
de Oeffnung und fein und flachgezaͤhnelte Kiefern. 
Die Augen ſind ſchwarz. Der Hals ziemlich lang 
und ſchuppenartig gerunzelt. Oberkopf und Ober— 
hals find kaſtanienbraun, hellgelb, auch roͤthlich— 
braun gefleckt; der Unterhals ſchmutzig hellgelb. 
Die kurzen platten Vorderfuͤße ſind großſchuppig, 
haben s breite, abgenutzte Nägel, aber keine ein« 
geſchnittene Zehen; die Hinterfuͤße find faſt Drey- 
eckig, kolbig, kleinſchuppig und haben vier gleich- 
mäßige Krallen; der Schwanz iſt kurz, kegelfoͤr— 
mig, ſieht nicht weit vor, und iſt ſo wie die Fuͤße 
ſchmutzigbraun, gelb oder gelbroth gefleckt. 

Der Panzer iſt ſchwer und ſtark hochgewoͤlbt, 
vorn ſtark ausgeſchnitten, an den Seiten am ſtaͤrk⸗ 
ſten, und faſt ſenkrecht abſchuͤſſig, weniger nach 
hinten, und nach vorne zu mehr ſchief ablaufend. 
Die 13 Scheibenfelder ſitzen wechſelsweiſe in drey 
Reihen; die Seitenſchuppen greifen mit ihrem obern 
8 Win⸗ 


30 Schildkrdten. 


Winkel in die Enden der Ruͤckenſchuppen und bil— 
den dadurch an den Seiten hin eine flache, aber 
ſcharfe Zickzack-Nath, unten aber mit den Rand— 
ſchuppen eine ſeichte Schlangenlinie. Wenn man 
die Schuppen nach der Länge des Schildes betrach— 
tet, ſo ſind ſie alle breiter als lang, und ſtehen 
ben jungen Schildkroͤten höher als die Naͤthe, bey 
alten aber wenig oder gar nicht. Die Schuppen 
der Scheibe werden von ſehr vielen gleichlaufenden, 
feinen und regulaͤren Reifen und Furchen, oder 
mit breiten Rahmen umgeben und uͤber die Haͤlfte 
bedeckt, die ſchaͤrfern Winkel bilden als bey irgend 
einer Art und wo der breiteſte Reif gewoͤhnlich, 
wie bey allen gereiften Schildkroͤten, der vorletzte 
nach dem Mittelſtuͤck zu iſt. Auf der Mitte der 
Scheibe liegt ein ungereiftes und ungefurchtes 
Feld, das etwas gewoͤlbt, mit erhabenen Punkten 
dicht ehagrinirt, im Mittelpunkt gewoͤhnlich abge⸗ 
rieben und glatt iſt, und die Form der Umfangs— 
Linien hat, und von einem ausgezeichnet regulaͤren und 
erhabenen Reifen eingefaßt iſt. Das erſte Ruͤk— 
kenfeld iſt in Geſtalt eines undeutlichen Kreuzes 
etwas kielfoͤrmig erhaben, von fuͤnfeckiger Geſtalt, 
nach vorn mit zwey Seiten, die einen ſehr ſtum— 
pfen Winkel bilden, etwas breiter als hinten und 

in dieſem Winkel bis zur Haͤlfte der Reifen et⸗ 
was eingeknickt. Das zweyte und dritte iſt ſechs— 
eckig, breiter als lang und regelmaͤßig; das vierte 
iſt unregelmaͤßig ſechseckig und nicht ſo breit, und 
das fuͤnfte gleicht einigermaßen dem erſten, iſt aber 
| | kleiner, 


— 


Die getaͤfelte Schildkröte, 351 


kleiner, hat in der Mitte einen erhabenen Fleck, 
ſcheint ein ungleichſeitiges Viereck, wovon die vor— 
dere Seite die kuͤrzeſte und die hintere die breiteſte 
iſt, doch ſind die vordere und hintere Seite etwas 
bogenfoͤrmig, und letztere hat ſogar bey den mei— 
ſten zwey auch drey Seiten mit ſehr ſtumpfen Win— 
keln, ſo daß ein undeutliches Sechseck, ja auch ein 
Siebeneck daraus wird. Die Seitenſchuppen ſind 
nicht groͤßer als die Ruͤckenſchuppen, denn was ih⸗ 
nen in der Laͤnge abgeht, iſt durch die Breite er— 
ſetzt. Die erſte hat einigermaßen die Form eines 
Quadranten, nur iſt die untere Bogenſeite nicht 
ganz regulaͤr und nach vorne zu etwas eingedruͤckt 
und die Spitze nach oben zu abgeſtumpft; die zwey⸗ 
te iſt fuͤnfeckig, oben naͤmlich mit 2 ſchmalen und, 
unten einer etwas gebogenen Seite; die dritte iſt 
ebenfalls fuͤnfeckig, doch ſind die zwey den Seiten 
nicht gleich, ſondern die eine nach hinten und oben 
zu macht mit der hintern Seite einen weit ſtumpfern 
Winkel als an der vordern, und die untere Seite 
iſt auch mehr abgerundet; in dem untern hintern 
Winkel entſteht auch eine Vertiefung; die vierte 
iſt die kleinſte und ſtellt ein irregulaͤres Viereck vor, 
wovon die obere Seite die kleinſte iſt, und nach 
dem untern Vorwinkel iſt das Mittelfeld vertieft 
und die darauf folgenden Streifen ſind merklich 
erhabener. Der Randſchuppen find an der Zahl. 
gewoͤhnllch 23, doch auch 24, machen unten bey 
jungen Thieren einen ſcharfen gekerbten, bey alten 
aber einen abgeſtumpften, und hinten und vorn 

einzeln 


352 Schildkroͤten. 


einzeln ſeicht gezahnten Rand. Sie ſind faſt alle 
einander gleich und bilden laͤngliche Vierecke, doch 
ſehn die beyden vorderſten mehr einem Quadranten 
gleich, und die fuͤnfte, neunte und eilfte auf jeder 
haben oben einen ſtumpfen Winkel und ſtellen da» 
her einigermaßen Fuͤnfecke vor; ihre Ausbreitung 
richtet ſich nach der Geſtalt der Scheibe, ſo daß die 
drey erſtern nach vorne ſchief ablaufen, die fuͤnf 
mittlern ſenkrecht ſtehen, und die neunte bis eilfte 
ſich etwas bauchig wieder herauswoͤlben, uͤberdem iſt 
die ſiebente ſehr eingezogen und die hinterſte ſehr ges 
woͤlbt und unten weit nach dem Bruſtſchild gebo» 
gen; das punktirte Mittelfeld ſteht am Rande 
mehr nach dem hintern als nach dem vordern Wine 
kel, Furchen und Streifen find nicht fo regelmaͤ— 
ßig und die lange Vorderſeite iſt gewöhnlich in drey— 
eckig pyramidenfoͤrmiger Geſtalt etwas eingezogen; 
wenn eine vordere ungepaarte Randſchuppe da iſt, 
ſo iſt ſie laͤrglich viereckig, klein, und halb eirkel⸗ 
foͤrmig gefurcht und gereift. Die gewoͤhnliche 
Farbe der Scheibenfelder iſt regelmäßig, am Ran⸗ 
de dunkelkaſtanienbraun, rothbraun auslaufend 
und in der Mitte hoͤher oder tiefer gelb. Doch 
findet man auch welche, die am Rande ſchwarz— 
braun und in dem Mittelpunkte rothgelb ſind; auch 
ſolche die am Rande hellkaſtanienbraun und nach 
der Mitte zu gelbroͤthlich find. Die Randfelder 
haben entweder die naͤmliche Farbe, oder ſind ganz 


entweder hoch⸗ oder blaßgelb und haben auf der 
| | | vor⸗ 


Die getäfelte Schildkroͤte. 353 


vardern Seite eine kaſtanienbraune, rothbraun aus⸗ 
laufende Pyramide ſtehen. | 
Die Unterſchaale ift ſchmaͤler als die Ober⸗ 
ſchaale, nur wenig kuͤrzer, flach, in der Mitte und 
den Seiten etwas gewoͤlbt, vor und beſonders hin- 
ter der Mitte eingedruͤckt, mit breiten, aber kurzen 
Fluͤgeln, hinten ausgeſchnitten, vorn aber gerade 
oder etwas abgerundet; in der Mitte laͤuft eine 
lange Nath durch und an den Seiten fuͤnf andere, 
wodurch ſie alſo in 12 Felder getheilt wird, von 
welchen das vierte auf jeder Seite breiter, als die 
beyden hinterſten und das dritte das ſchmaͤlſte iſt; 
das zweyte hat in der Mitte eine Beugung und 
zieht ſich mit den langen, ſchmalen erſten etwas in 
die Hoͤhe gebogenen in einer ebenen Flaͤche nach 
vornen. Die Fluͤgel ſtehen gegen den Rand in 
die Hoͤhe, ſind auswaͤrts gewoͤlbt und an dem 
Rande durch eine Nach unterwaͤrts befeſtigt. Die 
Felder ſind eben ſo, doch ungleicher und flaͤcher 
gereift und gefurcht wie die obern, und das runz⸗ 
liche, auch wohl punktirte Feldchen ſteht an der 
hintern Ecke jeder Schuppe. Gewoͤhnlich iſt die 
Farbe laͤngs der Mitte hin kaſtanienbraun und 
nach den Seiten und vorne hin hoch- oder matt⸗ 
gelb. Doch giebt es auch Exemplare die ganz 
ſchwarzbraune Schuppen haben und in der Mitte 
nur mit einem hochgelben Feldchen, auch ganz 
gelbe. An jungen Thieren ſind die Furchen, wel— 
che die Schuppenfelder umgeben weniger, als an 
alten. 
De la Cepedes Natg. d. Amph. I. Bd. 3 Nun 


354." Cchilbfrdten. 


Nun noch ein Paar Worte von dem ſchoͤnen 
Exemplar, das ich aus dem Meiningiſchen 
Cabinette vor mir habe. Es iſt 4 1/2 Zoll lang, 
3 Zoll breit, 2 1/ Zoll hoch. Der Rand iſt 
vorn und hinten ſcharf gezaͤhnelt, in der Mitte 
aber gekerbt, bey der ſechſten, fuͤnften und achten 
Schuppe ſtark eingezogen (am ſtaͤrkſten bey der fies 
benten) und bey der neunten ſehr herausgebogen; das 
vorderſte ungepaarte Feldchen, welches das 24te 
macht, iſt 3 Linien lang, 1 Linie oben, und un⸗ 
ten von vorne nach hinten zunehmend 3 Linien 
breit; die uͤber den Fuͤßen, Schwanz und Kopf 
unzuſammenhaͤngenden Raͤnder ſind durchſichtig, 
eben ſo wie die freye Raͤnder des Bauchſchildes. 
Alle Mittelpunkte der Scheibenfelder find etwas 
gekielt und glatt, das zweyte und dritte des Mit⸗ 
telruͤckens am erhabenſten. Alle Scheibenfelder 
ſind den vierten Theil noch ſchoͤn kaſtanienbraun 
ins braunrothe ſich ziehend, eingefaßt, das uͤbrige 
nach der Mitte zuwachsgelb; an den Randſchil⸗ 
dern erheben ſich an jeder vordern Seite bis an 
die Seitennath ſchoͤne kaſtanienbraune Pyramiden, 
das uͤbrige iſt wachsgelb; die Bauchſchaale iſt in 
der Mitte hellkaſtanienbraun, uͤbrigens hellgelb. 

Das Vaterland dieſer Schildkroͤte iſt das 
ſuͤdliche Afrika. Mit Unrecht ſcheint Suͤd⸗ 
arte dafuͤr ausgegeben zu werden. | 


22, Die 


7 
EEE 


7 A e 
4 ce e, 22 , BRETT. 
ER; . N 8 
2. He are er N 24 . e, 


di 


Die areolirte Schildkroͤte. 355 


22. Die areolirte Schildkroͤte. 


Testudo areolata, Thunberg. u) 


(Taf. XVII. Fig. 2.) 


Eine Land- SchildEröte., Der Kopf iſt fchlangen« 
artig, oben kaum etwas gewoͤlbt, in der Mitte 
mit einer großen fuͤnfeckigen Schuppe und daneben 
mit kleinern viereckigen beſetzt; die Füße find Fol« 
big, ſtark beſchuppt, o ohne merkliche Zehenabthei⸗ 

| 3 2 lung, 


u) Testudo areolata, pedibus digitatis, testae 
gibbosae seutellis elevatis subquadrangulis 
striatis medio depressis scabris. Thunberg, 
nov. Act. Acad, suec. VIII. p. 180. (Ueberſ. 
S. 173.) 

Testudo areolata. T. testa ablonga modice 
gibba; scutellis subquadrang g ulis, elevatis, 
profunde sulcatis; areolis depressis sca- 
Brig. (Oberſchild laͤnglich, maͤßig gewoͤlbt, mit 
erhabenen, parallel gerippten, faſt viereckigen 
Feldern und vertieften und rauhpunktirten a 
penfeldern.) anal s N. G. der Schildkr. S 
121. Taf. X 

Testudo EIER Brasiliensie, Seba Thes, 
I. tab. 80. fig. 6. | 

Die areolirte Schildkröte. Donndoerfs 

Zool. Beytr. III. S. 33. Nr. 8. 

Ich wuͤrde zum Kennzeichen der Art nicht die ver— 
tieften Schuppenfelder ſetzen, welche Vertiefung 
man bey groͤßern Exemplaren kaum gewahr wird, 
ſondern: der Rand iſt durch eine vertiefte Fur; 
che von der Scheibe getrennt und feine Schup⸗ 
pen ſind alle viereckig 


356 Schildkroͤten. 


lung, vorn mit fuͤnf und hinten mit vier ſtarken, 
vorn etwas abgeſtumpften Krallen beſetzt; der 
Schwanz iſt kegelfoͤrmig zugeſpitzt, nur wenig uͤber 
den Oberſchild vorragend. Die Farbe aller die— 
ſer Theile iſt gelb, auf der Mitte des Kopfs etwas 
braͤunlich. Die bekannten Panzer von dieſem 
Thiere ſind 3 1/4 Zoll lang; ich habe aber ein Exem— 
plar aus dem Meiningiſchen Cabinette vor 
mir, woran derſelbe gerade die angegebene S e- 
baiſche Figur bedeckt, wenn ich ihn darauf lege, 
der alſo 4 Zoll lang, 3 Zoll breit und faſt 2 Zoll 
hoch iſt. Er hat eine mehr eyrunde als laͤngliche 
Geſtalt, iſt allenthalben faſt gleich breit, vorn und 
hinten ſtumpf angerunder. Die Woͤlbung der 
Oberſchaale iſt faſt uͤberall gleichmaͤßig und regulaͤr, 
vorne ſeicht ausgeſchweift, mit kaum merklich vor⸗ 
ragender erſter Randſchuppe, an den Seiten ziem- 
lich geradlinig und mit ſenkrechten Randſchuppen 
bis zur untern auf jeder Seite, die ſich bis zur letz— 
ten etwas abſchuͤſſig auswaͤrts beugt, ſo wie von 
der dritten bis zur erſten, die ſich ebenfalls vor— 
waͤrts beugen und am unterſten Rande aufgeſtuͤlpt 
erſcheinen, beſetzt. Die Scheibe hat in drey Rei— 
hen drepzehn Felder &), welche ſehr wenig erha— 
ben, am Ruͤckenfelde durch eine ſeicht zickzackfoͤrmi— 
ge und am Rand und an der Seite und hinten 

| durch 


x) Doch giebt es auch hierin Ausnahmen; denn die 
Schoͤpfiſche Figur hat deren 15, in der Mit: 
telreihe eine vierte und in der linken Seitenreihe 
eine vierte Schuppe uͤberzaͤhlig eingeſchaltet. 


Die areolitte Schildkröt. 357 


durch eine gleiche und tiefe Nath abgeſondert find, 
Schon dieſe Abſonderungslinien davon geben zu er— 
kennen, daß ſie ſich im Ganzen, mii den aͤhnlich 
gezeichneten Schildkroͤten verglichen, mehr oder 
weniger der viereckigen Geſtalt naͤhern. Vom 
aͤußerſten Umfang jedes Feldes erheben ſich ſtufen— 
weile 5 bis 9 concentriſche, mehr flache als erha- 
bene, auch wohl in der Mitte noch fein durchfurch— 
te Rippen, wovon die innere die durch eine tiefe 
Furche abgeſondertſte und erhabenſte, nicht immer 
aber die breiteſte iſt. Dieſe gerippte Einfaſſung 
iſt gewoͤhnlich von allen Seiten gleich breit, doch 
macht davon bey groͤßeren Exemplaren das erſte 
bis dritte Feld der Mittelreihe eine Ausnahme, 
wo die Rippen am hintern Rande ſchmaͤler ſind als 
am vordern, ſo daß das chagrinirte gleichgeſtaltete 
Schuppenfeldchen nicht allzeit in der Mitte des 
Feldes liegt. Die Schuppenfeldchen liegen an 
kleinern Exemplaren merklich niedriger, bey groͤ— 
ßern aber weniger merklich als die Randrippen. 
Bey einigen Exemplaren hat das erſte und zweyte, bey 
andern auch das dritte und vierte Schuppenfeld 
der mittlern Reihe einen deutlichen Kiel, bey den 
wenigſten hat ihn das erſte und vierte Feld; alle 
aber haben, fo wie auch die Seitenfelder, in der 
Mitte eine irreguläre Erhöhung meiſt in der dun— 
keln Form eines Kreuzes. Die größten Felder find in 
der Mitte und auf den Seiten das zweyte und drit— 
te, dann folgen die beyden erſten auf den Seiten, 
die übrigen find ſich dann in der Größe faſt gleich. 
| 9: Das 


\ 


358 Schildkröten. 


Das erſte Mittelfeld iſt fuͤnfeckig, und da die 
obere Seite, wiewohl undeutlich, in der Mitte 
eine Beugung zeigt, auch wohl ſechsechig; das 
zweyte iſt undeutlich ſiebeneckig, die untere Seite iſt 
naͤmlich in vier ungemein ſtumpfwinkliche Seiten ge⸗ 
theilt; das dritte iſt ſechseckig und die vordere und 
hintere Seite gleich; das vierte ebenfalls fechsek⸗ 
kig, doch die hintere Seite ſchmaͤler, und das fuͤnf⸗ 
te ungleich viereckig, wenn man aber die untere 
Seite in drey Theile theilt, wie die ſehr ſtumpfen 
Winkel andeuten, auch fechseckig. Das erſte 
Seitenfeld iſt ein Quadrant, oben mit ſtark abge⸗ 
ſtutzter Spitze, das zweyte und dritte iſt fuͤnfeckig 
und das vierte ungleich viereckig. Die Rande 
ſchuppen ſind alle etwas verſchoben viereckig, nur 
die zwey vorderſten (ovalen und ungepaarten kiel⸗ 
foͤrmigen) fuͤnfeckig; ſie haben einen geraden und 
ganzen Rand, der neben den drey erſten Schuppen 
auf jeder Seite etwas ſcharf und in die Höhe ge⸗ 
zogen auslaͤuft, an der Seite ſich aber ſehr ſtumpf 
mit dem Oberſchilde vereinigt, doch zeigen die juͤn⸗ 
gern Schaalen uͤberall einen ſcharfen Rand; die 
erſte Schuppe auf jeder Seite an der kleinen unge⸗ 
paarten, fo wie die hinterſten find die größten, die 
übrigen find alle gleich und die hinterſte hat an mei⸗ 
nem Exemplar keine Spur einer Theilung, wie es 
bey andern angegeben wird; die Rippen der Nand- 
felder find nicht fo ſchoͤn regelmäßig, ſondern ge— 
wohnlich noch mit feinen Adern durchzogen, das 

merk⸗ 


f 


Die areolirte Schildkroͤte. 359 


merklich vertiefte Schuppenfeldchen liegt unten in der 
hinteren Ecke, nur wie ſich von ſelbſt verſteht, bey 
dem letztern in der Mitte. Der Bauchſchild iſt ganz 
platt, an den Seiten der Fluͤgel etwas gewoͤlbt, 
hinten merklich kuͤrzer als die Oberſchaale und maͤ 
ßig eingeſchnitten, vorn abgeſtumpft und an mei— 
nem Exemplare dreymal flach ausgekerbt; er iſt 
durch die mittlere Laͤngsnath und durch die fuͤnf 
Seitennaͤthe in 12 Felder getheilt, von welchen 
die beyden vorderſten ſehr klein und das vierte auf 
jeder Seite ſehr groß iſt. Die ſtarken Fluͤgel ſind 
durch eine ſehr enge und feſte Knochennath an das 
halbe vierte bis zum halben neunten Randfeld ge⸗ 
bunden. Der ausgeſchnittene Raum für den 
Kopf und den Vorderfuͤßen iſt ſehr weit und hat 
eine Backofenloch⸗Geſtalt, der zu den Hinterfuͤ⸗ 
ßen und den Schwanz iſt klein. An meinem Exem⸗ 
plare iſt die Farbe der aͤußern Einfaſſung der Fel⸗ 
der gewoͤhnlich nur auf den drey aͤußern Seiten 
ſchmal rothbraun und der innere Raum hellgelb; 
an dem Rande iſt gewöhnlich bloß die äußere Sei⸗ 
te rothbraun und das ganze uͤbrige Feld hellgelb. 
Die Unterſchaale iſt ſtrohgelb und hat ſechs auf 
den mittlern Schuppen vertheilte dreyeckige kaſta⸗ 
nienbraune Flecken. Andere Schaalen ſind ganz 
gelb; und an dem Schoͤpfiſchen Exemplare 
war die Farbe der Schuppenfelder rothgelb, die 
innern Rippen der Felder weiß, und der tiefere 
Raum zwiſchen den erhabenen Theilen der Felder 


3 4 | ſchmuz⸗ 


360 Schildkroͤten. 
ſchmutzig braun; die Unterſchaale durchaus ſtroh⸗ 
oder ſehr blaßgelblich. 

Das Vaterland iſt Oſtindien. Seba 
ſagt, ſein Exemplar ſey aus Braſilien. Es 
it alſo die Heymath noch nicht ganz ausgemacht. 


23. Die 


e A 


N 


lee. A le / * 


Die zierliche Schildkröte. 361 


23. Die zierliche Schildkröte. 
Testudo elegans. Sebae. ) 


(Taf. XIX. Fig. 1.) 


Es iſt eine Land⸗Schildkroͤte. Man Hält fie 
beym erſten Anblick fuͤr eine geometriſche. Wenm 
Commenſons Schildkroͤte hierher gehört, wo⸗ 
ran faſt nicht zu zweifeln iſt, fo wird die Schaale 8 Zoll. 
lan g. An dem von Hrn. D. Schoͤpf abgebildeten 
und beſchriebenen Exemplare, hat die Oberſchaale 2 
Zoll 8. Linien Laͤnge, 2 Zoll 3 Linien Breite und r 


3 3 Zoll 


y) Testudo terrestris ceilonica es minor. 
Seba, Thes. I. tab, 79. fig, 3. 

Testudo elegans. T. testa hemisphaerica, 
scutellis suleatis convexis quadrifariam Bir- 
gatis; areolis planis punctatis, latioribus 
quam longis. (Die Oberſchaale halbkugelich- 
gewoͤlbt, mit erhabenen gefurchten, vierftreifigen: 
Feldern; die Schuppenfelder platt, punktirt, 
breiter als lang. Schoͤpf, N. G. der Schildkr. 
S. 131. Taf XXV. 

La jolie tortue terrestre de Madagascar s. Te- 
studo alte fornicata, dorsi scutis subpentago-: 
ne striatis nigris, centro punctato radiisque 
luteis. Commensen, in XXV. labore Zoo- 
logico in Madagascari exantlato Mser. (2 

Die zierliche Schildkroͤte. Donndetes 
Zool. Beytr. IV. S. 23. Nr. 9 

S. oben auch eine Varietaͤt 14 Geometriſchen 
Schildkroͤte. 


362 Schlildkroͤten. 


Zoll 5 oder 6 Linien Hoͤhe. Dabey mißt der 
Bogen von Rand zu Rand, der Laͤnge nach und 
über die Queere faſt 4 Zoll. Der Kopf it klein 
mit kleinen Schuppen belegt; die Naſe ſtumpf; 
der aͤußere Rand des Oberkiefers von oben herab 
geſtreifelt. Die Vorder- und Hinterfuͤße ſind 
kolbig, erſtere laͤnger, mit ſtarken laͤnglichen 
Schuppen belegt und mit fuͤnf Krallen bewaffnet; 
die hintern mit kleinen Schuppen und vier Krallen 
verſehen. Der Schwanz iſt kegelfoͤrmig und kurz. 
Kopf, Schwanz und Fuͤße haben die gelbe Farbe 
des Schildes zur Hauptfarbe. 

Die Scheibe hat 13 Felder, welche die den 
meiſten Arten gewoͤhnlichen fuͤnf und ſechseckigen 
Geſtalten haben. Sie erheben ſich nach der Mitte 
zu mittelſt mehrerer paralleler Reife und Furchen. 
Die Umriſſe der Felder find. meiſt geradelinig und 
geradewinklich; fo auch ihre Verbindungsnaͤthe, 
einfach, gerade und ſo genau gefuͤget, daß ſie vor 
den uͤbrigen Furchen kaum anders, als nach ihrer 
tiefſten Lage zu unterſcheiden find, 
| So wie die aͤußern Reife undeutlich und 

ſchmal ſind, ſo werden ſie nach innen deutlicher; 
der innerſte um das Schuppenfeld pflegt jedesmal 
der breiteſte zu ſeyn, und folgt genau dem N 
Umriſſe des Feldes. 

Das Schuppenfeld iſt platt, 1 (uicht 
eingedruͤckt oder vertieft, wie an der Geometriſchen) 
rauh punktirt, im Verhäaͤltniſſe zu ſeinem Felde 


groß, und uͤberhaupt breiter als lang; durch 1 — 
in, 


Die zierliche Schildkröte 363 


che Umſtaͤnde fi ch dieſe Art ſchon fer von der Geo⸗ 
metriſchen unterſcheidet. 

Die Hauptfarbe des Oberſchildes iſt glaͤnzend 
ſchwarzbraun; die Einfaſſung der Schuppenfelder 
lichtbraun; die Schuppenfelder ſelbſt ſtrohgelb, 
und von der nehmlichen Farbe ſind die ſchoͤn ge— 
ordneten breiten Streifen, welche ſich aus den 
Ecken der Schuppenfelder auswaͤrts verbreiten, 
und indem ſie ſich mit andern ihnen begegnenden 
verbinden, zwiſchen ſich ziemlich regelmäßige Sechs⸗ 
ecke, Rauten und Triangel bilden. 

Der Rand des Oberſchildes haͤlt ringsum mit 
der Scheibe gleiche Woͤlbung, und iſt an den 
Seiten faſt ganz ſenkrecht. Vorn iſt er ſtark aus: 
geſchnitten; ringsum ſehr ſcharfkantig; nach hin- 
ten mehr oder weniger gekerbt. Die Felder ſind 
alle ziemlich viereckig. Das Schuppenfeld, nebſt 
der obern hintern, und untern vordern Haͤlfte ſind 
blaßgelb, der übrige Theil ſchwarzbraun. Der 
Rand hat aber nur 23 Felder; ein vorderſtes fehl- 
te; das hinterſte iſt das breiteſte und ungepaart. 

Der Bauchſchild iſt um weniges kuͤrzer als 
der Oberſchild; er iſt nach der Mittellaͤnge herab 
flach vertieft, und in zwoͤlf Felder abgetheilt, gelb 
von Farbe, und an der innern Seite der Quernaͤ⸗ 
the braun gefleckt. Der vordere Fortſatz iſt vorne 
zugerundet und doppelt ausgekerbt; der hintere iſt 
ſcharf und tief ausgeſchnitten. 

Als Vaterland dieſer Schildkröte wird O ſt i n⸗ 
dien angegeben. Schoͤpf. 


25. Die 


364 Schildkroͤten. 


24: Die platte Schildkroͤte. 


Testudo planitia. Gronov. 2) 


Es iſt eine noch nicht ganz beſtimmte Land - Schild« 
Fröten - Art. | BE | 

Der Kopf iſt eyrund, vorn ſpitzig, oben ges 
woͤlbt und niedergedruͤckt; die großen runden Au⸗ 
gen liegen vorn am Kopf nahe beyſammen; der 
Schnabel hat eine ſtumpfe, etwas vorragende 
Spitze; die Kinnladen ſind ungezaͤhnelt; die un⸗ 
tere endigt ſich mit einer krummgebogenen Spitze; 
die runde Zunge liegt looſe. Der eyrunde ges 
woͤlbte Oberſchild beſteht aus erhabenen gleichen 
und breiten Blaͤttern; der Unterſchild iſt an den 
Seiten ſchmal und zieht ſich daſelbſt in eine ſcharfe 
ganze Kante zuſammen. Die vier Fuͤße ſind kurz 
und dick, mit fünf ſpitzigen krummen Krallen bes 
waffnet. 

Sie wohnt in Surinam. 


Z) Testudo planitia. T. pedibus digitatis, te- 
sta ovali convexa laevi. Gronov. Zooph. n. 
76. — Gmelin Lin. Syst. I. 3. p. 1045 n. 32. 
Testudo pedibus cursoriis, unguibus acumina- 
tis quinis palmarıım plantarumgue, Gronov. 
Mus Ichth II p. 36. n. 70. — Schneiders 
N. G. der Schildkr. S. 361. 
Die flachkoͤpfige Schildkroͤte. Donndorfs 
Zool. Beytr. III. S. 31. Nr. 32. 


25. Die 


2 9 N 8 5 e ee 
e ge eG N ee 


Die ſchuppige Schildkroͤte. 365 


25. Die ſchuppige Schildkroͤte. 


Testudo squamata, Bontü. a) 


Ich habe dieß zweydeutige Thier, das nach Bon⸗ 
tius niemand wieder weder geſehen noch beſchrie⸗ 
ben hat, mit Fleiß bis zum Ende der Naturge— 
ſchichte der Schildkroͤten verſpart, weil es hier als 
ein natuͤrliches Bindeglied zwiſchen dieſer und der 
folgenden Gattung ſtehen kann. Linne“ hat es 
zur ſchieferartigen Schildkroͤte gerechnet, 
allein dahin gehoͤrt es gewiß nicht; es gehoͤrt viel⸗ 
leicht gar nicht zu den Schildkröten. Doch iſt es 
auch kein Schuppenthier (Manis) ob es ſich gleich 
auch dieſer Geſtalt nähert, Wir laſſen es alſo un« 
ter den Schildkroͤten ſtehen, wohin es Bontius 


N ſe tt. 


a) Testudo squamata, Tamach (unten ſteht Tau- 
8 nah), alüs Larii dieta Jacobi Bontii hist. 
nat. et med. Lib. V. c. XXX. p. 82. in Guil. 
Pisonis Indiae utriusque re naturali et me- 
dica. Walbaums Chenologr. S. 4. — 
Schoͤpfs N. G. der Schildkr. S. 87. 
Testudo squamata. T. corpore ovato super- 
ne una cum callo cauda et pedibus squama- 
to inferne laevi et molli. Schneiders N. 
G. der Schildkr. S. 340. Nr. 10. — Gmelin 
Lin. Syst. I. 3. p. 1040 n 21. | 
Die weichbaͤuchige Schildkröte Don 
dorfs Thiergeſch. S. 413. Nr. 6. Ra 
Die ſchuppige Schildkröte. Deſſen Zool 
Beytr. III. S. 18. Nr. 21. 


366 Schildkroͤten. 
ſetzt. Er hat zwey Exemplare davon geſehen und 
eins davon eine Zeitlang im Waſſer unterhalten. 
Der Kopf iſt klein, und wie an einer Schlange 
geſtaltet; die Augen find klein und nach allen Sei⸗ 
ten beweglich; die Zaͤhne ſehr ſpitzig, womit das 
Thier kleine Fiſche faͤngt und zerfleiſcht. Der gan⸗ 
ze Koͤrper iſt oben mit Schuppen, wie bey dem 
Karpfen, nur daß ſie dicker ſind, bedeckt. Der 
Schwanz iſt lang und ebenfalls mit Schuppen be= 
deckt. Der Bauch glatt, weich und daher leicht 
zu verwunden. Er nennt es ein Amphibium; 
mußte es alſo zu den Flußſchildkroͤten zaͤhlen. An 
der Figur ſieht man die Schuppen an den Fuͤßen 
deutlich, nicht aber die Anzahl der Finger oder 
Naͤgel, auch nicht die Schwimmhaut; die hintern 
Fuͤße ſind etwas laͤnger als die vordern; der Kopf 
iſt langgeſtreckt, und die obere ungezaͤhnte Kinnla⸗ 
de ragt vorn etwas gebogen weit uͤber die untere 
hervor. Die Schuppen ſind kleiner, zahlreicher 
und liegen nicht in der Ordnung neben- oder viel⸗ 
mehr uͤbereinander, wie bey den uͤbrigen Schild— 
kroͤten; das hinterſte vorſtehende Ende iſt drey— 
eckig. Sie laufen in gleicher Groͤße und Richtung 
uͤber den langen Schwanz hin; gegen den Kopf 
zu aber werden ſie kleiner. u | 
Die Ja van er nennen dieß Thier Taunah, 
welches ſo viel als Erdgraͤber heißt, weil es 
ſich an den Ufern der Fluͤſſe Hoͤhlen in die Erde 
graͤbt, um ſich darin zu verbergen. Bey den Chi— 
neſen heißt es Lary, welches einen Läufer be⸗ 
5 deu⸗ 


Die ſchuppige Schildkröte. 367 


deutet, im Öegenfaße (per antiphrasin) feiner Lang⸗ 
ſamkeit, da keine Schildkroͤte langſamer geht als 
dieſe. Ueberhaupt iſt es von Natur ein kaltes, 
ſchlaͤfriges und traͤges Thier. Sein Fleiſch hat ei⸗ 
nen vortrefflichen Geſchmack. Auch brauchen die 
chineſiſchen Aerzte die Schuppen getrocknet, zu Pul⸗ 
ver gerieben und mit ihren gebrannten Waſſer oder 
Reißwaſſer vermiſcht, in choleriſchen Zufaͤllen und 
in der Dyſenterie, und Bontius will ihre ſchmerz— 
ſtillende Kraft in der Kolik erfahren haben. 5) 


B. 


5) Zum Schluß der Schildkroͤten will ich noch det 
Landſchildkroͤte erwähnen, deren in Bertram's 
Reiſen durch Nord- und Suͤdcarolina, Ueberſetzung 
von Zimmermann. Berlin 1793. S. 175 er 

5 waͤhnt wird, deren Beſchreibung aber zu unbe— 
ſtimmt iſt, als daß man entſcheiden koͤnnte, ob ſie 
zu einer der vorhergehenden Arten, z. B. der plat⸗ 

ten (Nr. 24) gehört, oder eine neue Art iſt. Sie 
wird Gopher genannt. Voͤllig ausgewachſen iſt 

die Oberſchaale faſt 18 Zoll lang und zo bis 12 

Zoll breit und der Ruͤcken ſehr hoch; ſie beſteht aus 
vielen regelmäßigen, durch Naͤthe vereinigten Abz 
theilungen und iſt mit dünnen hornartigen Schup⸗ 
pen bedeckt; die Unterſchaale iſt in fuͤnf Theile der 

Queere nach getheilt, vorn ſpatelfoͤrmig, hinten 

ausgeſchnitten; beyde Schaalen haͤngen an den 

Seiten durch einen hohen hornartigen Knorpel zu: 

ſammen. Der Kopf iſt maͤßig groß; die obere 

Kinnlade ein wenig gekruͤmmt, mit harten ſcharfen 

Ecken; die Augen groß; die Naſe geſpitzt; die Vor— 
derbeine mit breiten hornartigen Schuppen bedeckt, 
ohne Zehenabtheilungen mit fünf langen etwas fla⸗ 
chen 


368 


Schildkröten. 


chen Naͤgeln; die Hinterbeine ſcheinen gleichſam abge⸗ 
ſtumpft zu ſeyn, und haben breite, ſtumpfe Naͤgel, 
deren Anzahl unbeſtimmt, und nicht allzeit dieſelbe 
iſt. Die gewoͤhnliche Farbe des Thiers iſt hellafch 


grau, ſo daß man es in einiger Entfernung fuͤr einen 


Stein oder Baumſtrunk anſieht. Es lebt auf duͤr— 
ren Sandhuͤgeln, worein es ſich große und tiefe 
Höhlen graͤbt, und eine erſtaunliche Menge Erde 
auswirft. Die Eyer find größer als eine Muske⸗ 
tenkugel, vollkommen rund und die Schaale hart. 
Dieſe Schildfröte wird für eine vortreffliche Speiſe 
gehalten. B. . 


Die 


369 


Die Eidechſen. 


Nie Eidechſen machen unter allen Friechenden 
Amphibien die zahlreichſte Gattung aus. Nach 
einer genauen Vergleichung ſowohl meiner eigenen 
als fremder Naturforſcher und Reiſebeſchreiber Beo⸗ 
bachtungen über dieſe Thiere, glaube ich ſechs und 
funfzig in der Lebensart und den aͤußern Merk⸗ 
maalen verſchiedene Arten zaͤhlen zu muͤſſen. 
Sie ſind leicht von den andern kriechenden 
Amphibien zu unterſcheiden; an dem Mangel der 
knoͤchernen Schaale von den Schildkroͤten, und an 
dem Schwanze von den Froͤſchen, Laubfroͤſchen 
und Kroͤten, die keinen haben. Ihr Koͤrper iſt 
mit dickeren oder duͤnneren Schuppen, oder mehr 
oder weniger hervorſtehenden Warzen bedeckt. Ihre 
Groͤße wechſelt von zwey oder drey Zolle bis zu 
ſechs und zwanzig bis dreyßig Schuhen Länge, 
Die Geſtalt und das Verhaͤltniß ihres Schwanzes 
iſt ebenfalls abwechſelnd; man findet ihn platt und 
rund, zuweilen ſo lang wie der Koͤrper, zuweilen 
ganz kurz; durchgehends aber ſteht er horizontal 
und iſt an ſeiner Wurzel beynahe ſo dick als der 
Hintertheil des Koͤrpers, an dem er ſteht. f 
Die Hinterfuͤße der Eidechſen ſind laͤnger als 
die vordern. Sie haben fuͤnf, vier, auch nur 
Dela Cepede's Naturg d. Amph. I. Bd: Aa drey 


5 


379. | Eidechſen. | 


drey Zehen vorn und hinten. Ben den meiſten 
find die fünf Zehen an den Hinterfuͤßen von uns 
gleicher Laͤnge, die dritte und vierte find die läng- 
ſten und die aͤußere iſt wie ein Daumen von den 
andern getrennt, da im Gegentheil bey den leben— 
dig gebaͤhrenden vierfuͤßigen Thieren die Zehe, wel 
che den Daumen vorſtellt, nach innen ſteht. 
Die Zahl der Finger ⸗Gelenke ſchraͤnkt ſich 
nicht wie bey den Saͤu gethieren auf zwey oder drey 
ein, man findet zuweilen vier, wie bey den Vöo⸗ 
geln, dadurch koͤnnen ſie beym klettern ſich leicht 
an den Zweigen der Baͤume feſt halten. 
Die Lebensart dieſer Thiere iſt eben fo ver⸗ 
ſchieden wie ihre aͤußere Bildung; einige leben im 
Waſſer oder an den wuͤſten Ufern großer Stroͤme, 
und Moraͤſte; andere hingegen waͤhlen gerade die 
bewohnten Gegenden am liebſten zu ihrem Aufenk⸗ 
halte. Einige wohnen in den Gehoͤlzen und Elet- 
tern ohne Mühe auf die hoͤchſten Zweige der Baͤu⸗ 
me, andere haben haͤutige Fluͤgel an den Seiten, 
womit ſie ſich eine betraͤchtliche Weite durch die 
Luft forthelfen koͤnnen, und verbinden fo mit dem 
Talente zu ſchwimmen und zu klettern zugleich die 
Faͤhigkeit von Aſt zu Aſt zu fliegen. 
UUm in der Aufzaͤhlung der großen Menge von 
Thieren, welche die Eidechſen⸗ Gattung ausma⸗ 
chen, einige Ordnung zu beobachten, habe ich die⸗ 
jenigen, welche ſich in ihrer Groͤße, aͤußeren Bil⸗ 
dung und ihrer Lebensart am naͤchſten kommen, 
in acht Webeilpnsten oder Familien 
a zuſam⸗ 


Eidechſen. 3571 
zuſammengeſtelt ). Die erſte von eilf Arten, 
begreift die Krokodille, Schleuderſchwaͤn⸗ 
ze, Drachenköpfe und die übrigen Eidechſen, 
die einen platten Schwanz und eine Groͤße von 
mehrern Schuhen haben. In der zweyten Ab- 
theilung ſind die Leguane und andere kleinere 
(obgleich oft 4— 5 Fuß lange) Eidechſen, die 
ſich durch einen Kamm von in die Höhe ſtehenden 
Schuppen laͤngs dem Ruͤcken auszeichnen. Dieſe 
Abtheilung enthaͤlt fuͤnf Arten. In die dritte 
Abtheilung ſtelle ich die bey uns gemeine graue 
und im füdlichen Frankreich häufige grüne Ei⸗ 
dechſe mit noch fuͤnf andern Arten, die ſich alle 

| Aa 2 durch 


6) Andere machen aus dieſen Familien, wenigſtens 
aus mehrern derſelben, beſondere Gattungen. 
Es kommt hier darauf an, wie man die hierherge— 
hoͤrigen Thierordnungen beſtimmt. So tren: 
nen z. B. Laurenti und Herr Batſch die Ei⸗ 
dechſen und Froͤſche als Ordnungen und vertheilen 
alsdann meiſt nach den Familienkennzeichen 
unſers Verfaſſers dieſelbe in Gattungen. Eben ſo 
nimmt Hr. Schneider in ſeinen critiſchen Abhand— 
lungen über die Amphibien, mehrere Gattungen ſ. 
deſſen Amphib. Physiol. Spec. II. und hist. 
amphib nat. et lit. Fasciculus II) und ſetzt be⸗ 
ſonders ſtatthafte Kennzeichen fuͤr die Gattungen 
Stellio und Salamandra feſt. Man vergleiche 
uͤber dieſe Eintheilung der Eidechſen und ihre Ein⸗ 
theilung: Laurenti Synops. reptil p. 36 63. 

Ordo Il. — Batſch, Anleitung zur Kenntniß 
der Thiere. J. S. 437 441. 454 — 457. Genus 
CXIX — CXXXI. Aleyers Synops. rept. p. 
15 — 32. Ueberhaupt wegen der hierhergehoͤrigen 
Schriften: Donndorfs Zool. Beytr. II. S. 69. B. 


STR: Eichdechſen. 


durch den fehlenden Kamm auf den Ruͤcken, den 
runden Schwanz und ziemlich große in Queerbaͤn— 
der getheilte Bauchſchuppen unterſcheiden. 

Die Queerbaͤnder und der Kamm auf dem 
Ruͤcken fehlen der vierten Abtheilung. Dieß 
und der runde Schwanz find ihre Unterſcheidungs⸗ 
merkmaale. Sie begreift 21 Arten, von denen 
ich nur den Chamäleon und den Stink, den 
man faͤlſchlich das Landkrokodil nennt, anfuͤhre. 
Der Gecko, Geckotte und noch eine 
dritte neue Art machen die fuͤnfte Abtheilung 
aus. Ihr Kennzeichen ſind dachziegelfoͤrmig uͤber— 
einanderliegende breite Schuppen auf der untern 
Seite der Zehen. 

Die ſechſte Abtheilung begreift die Sepe 
und Chaleide, die an den Vorder- und Hinter- 
fuͤßen nur drey Zehen haben. 

Die ſiebente Abtheilung unterſcheidet ſich 
durch die flügelähnlichen Haͤute, deren oben Er⸗ 
waͤhnung geſchah. Ich zaͤhle in dieſer Abtheilung 
nur eine Art, zu der ich alle die gefluͤgelten 
Eidechſen rechne, die bey den Reiſebeſchreibern 
vorkommen. Die Gruͤnde davon wird man unter 
dem Artikel fliegender Drache finden. 

Die achte Abtheilung endlich begreift ſechs 
Arten, zu denen ich den Erd- und Waſſer— 
Salamander zähle, Dieſe ſechs Arten un⸗ 
terſcheiden ſich dadurch, daß fie drey oder vier Ze» 
hen an den Vorderfuͤßen und vier oder fuͤnf an den 
Hinterfuͤßen haben. Ich laſſe dieſen Thieren aus- 

ſchließ · 


Eidechſen. 373 
ſchließlich den Namen Salamander, mit dem 
man oft mehrere unter ſich ſelbſt und von den aͤch— 
ten Salamandern ſehr verſchiedene Eidechſen be» 
nannt hat. Sie haben alle viele Aehnlichkeit mit 
den Froͤſchen und andern ungeſchwaͤnzten Amphi⸗ 
bien, nicht allein wegen ihrer ſchuppenloſen Haut, 
ſondern auch in ihrer Lebensart, ihren Verwand⸗ 
lungen, ehe ſie zum voͤlligen Wachsthum gelangen, 
und ihrem laͤngern oder kuͤrzern Aufenthalte im 
Waſſer⸗ Auch im Bau der inneren Theile, und 
der Form und Zahl der Knochen naͤhern ſie ſich 
denſelben. Sie haben zwar Halswirbelbeine wie 
die andern Eidechſen, aber beynah alle haben keine 
Rippen wie die Froͤſche, und ſie machen alſo den 
Uebergang von den geſchwaͤnzten zu den unge— 
ſchwaͤnzten Amphibien. Beynahe alle Eidechſen 
haben nicht mehr als 2 — 4 Halswirbelbeine, aber 
das Krokodill, das durch ſeine Groͤße und Kraft 
an der Spitze diefer Thiere ſteht und auf der ent- 
gegengeſetzten Seite, wie hier die Salamander, 
das letzte Glied in der Reihe iſt, hat acht Wirbel⸗ 
beine am Halſe, wie alle Saͤugethiere. So ver- 
bindet es die Eidechſen mit den vollkommner orga- 
niſirten Geſchoͤpfen, und ſchließt ſich zugleich durch 
mehrere Stuͤcke in ſeiner Lebensart und Bildung 
an die Seeſchildkroͤten an. 


Aa 3 Erſte 


374 Eidechſen. 


. : yy ß . EEE TEE 


Erſte Abtheilung. 
id e 
mit plattem Schwanze und fünf Zehen an 
den Vorderfuͤßen. 


Die Kroko di lle. 


Vergleicht man die Berichte der Reiſebeſchreiber, 
die Beobachtungen der Naturforſcher und die Der 
ſchreibungen der Nomenelatoren miteinander, um 
zu beſtimmen, ob es mehrere Arten von Krokodil⸗ 
len giebt, oder ob die an den Individuen bemerk⸗ 
ten Verſchiedenheiten nur vom Alter, Geſchlecht 
oder Klima herruͤhren, ſo ſtoͤßt man in Abſicht 
auf die Geſtalt, Farbe, Größe, Lebensart, Woh⸗ 
nung dieſer großen Amphibien auf eine Menge 
von Widerſpruͤchen. Die Reiſebeſchreiber ſchrei— 
ben dieſem Thiere Eigenſchaften zu, die anderen 
in Sitten und Bildung ganz verſchiedenen Eidech⸗ 
ſen gehoͤren. Sie geben ihm ſogar die Namen 
dieſer Thiere. Sie ſagen, es hieße bald Ligar, 
bald Guan 9 beydes Abkürzungen des Worts 
Igu⸗ 


4) Allgem. Geſch. der Reifen. ytes Buch. 


1 


Eidechſen. 1 
Igua ne (Leguan), das eine ganz andere Eidechſe iſt. 
Nach dieſen Abweichungen des Namens, der Geſtalt 
und Lebensart machen ſie denn mehrere Arten von 
Krokodillen. Alle wirklichen Krokodille aber ha— 
ben fuͤnf Zehen an den Vorderfuͤßen, und vier mit 
einer Schwimmhaut verbundene Zehen an den 
Hinterfuͤßen, und nur an den drey innern Zehen 
jedes Fußes Naͤgel. Nach Unterſuchung aller 
großen Eidechſen, die dieſes Unterſcheidungskenn— 
zeichen haben, und genauer Bemerkung aller Wer: 
ſchiedenheiten an den Individuen, die ich felbft ge⸗ 
ſehen, oder bey Schriftſtellern und Reiſebeſchrei— 
bern gefunden habe, glaube ich nicht mehr als 
drey Arten dieſer ungeheuern Geſchoͤpfe anneh- 
men zu duͤrfen. 

Die erſte Art iſt das gemeine oder aus⸗ 
ſchließlich ſogenannte Krokodill, das die Ufer 
des Nils bewohnt, vorzüglich in Afrika den Na- 
men Alligator führt, und das gruͤne Kroko⸗ 
dill, wie man es auch ſchon genannt hat, heißen 
koͤnnte. Die zweyte Art iſt das ſchwarze 
Krokodill vom Senegal, wo es Adanſon ſah, 


und die dritte das Krokodill, das an den Ufern 
des Ganges wohnt, und dem wir feinen Indiſchen. 


Namen Gavial laſſen. Dieſe drey Arten kom⸗ 
men in den angezeigten Hauptkennzeichen uͤberein, 
ſind aber durch andere Merkmaale verſchieden, die 

ich weiter unten anfuͤhren werde. 
Man giebt gewoͤhnlich den Amerikaniſchen 
Krpkodilen den Namen Kaymans, den fie in 
Aa 4 8 ihrem 


376 ö Elidechſen. 


ihrem Vaterlande fuͤhren; ich habe mehrere von 
ihnen, von verſchiedenem Alter ſorgfaͤltig mit den 
Aegyptiſchen Krokodillen verglichen, und nicht den 
mindeſten Unterſchied, der nicht vom Einfluffe des 
Kluma's herruͤhren konnte, unter ihnen finden 
koͤnnen; alſo mich zu keiner Trennung der Arten 
berechtigt gefunden. Wenn ihre Kinnbacken zu⸗ 
weilen etwas kuͤrzer ſind, ſo iſt dieſer Unterſchied 
doch viel zu unbedeutend, und nicht beſtaͤndig ges 
nug, um die Kaymans fuͤr eine beſondere Art 
zu halten, um ſo mehr, da ſie in der Zahl der 
Zaͤhne ſo ſehr mit den Aegyptiſchen uͤberein kommen, 
als die Individuen dieſer letztern untereinander 
ſelbſt. Man ſagt das Geſchrey der Kaymans 
ſey ſchwaͤcher, ſie haͤtten weniger Muth, und waͤ⸗ 
ren kleiner; aber das iſt hoͤchſtens nur von den 
Krokodillen einiger Gegenden, beſonders um Gui⸗ 
ana, wahr e). Die Kaymans von Luiſia⸗ 
na bruͤllen wenigſtens eben ſo ſtark als die Kroko⸗ 
dille der alten Welt, und find zuweilen noch groͤ— 
ßer und kuͤhner; im Gegentheil giebt es hier Laͤn⸗ 
der, wo die Krokodille beynah ſtumm und fo furcht⸗ 
ſam und gutmüthig find, als die in Guiana. 
Das 


e) Um den Unterſchied zwiſchen dem Nil-Kroko⸗ 
dill uud den Amerikaniſchen näher kennen zu 
lernen, werde ich unten zur Vergleichung die Be— 
ſchreibung des Amerikaniſchen Krokodills 
beyfuͤgen, da überdem die Sache noch nicht fo aus- 
gemacht ſcheint, daß ſie beyde zu einer Art gehoͤren, 
als fie hier Hr. La Cepe de vortraͤgt. B. 


Eidechſen. 5 | 377 


Das Nilkrokodill und der Kayman find 
daher nur Eine Art, die in beyden Welttheilen, 
je nachdem das Klima mehr oder weniger warm iſt, 
je nachdem ſie mehr oder weniger Nahrungsmittel 
und Gewaͤſſer finden, in der Groͤße und Lebensart 
einige Veraͤnderungen leidet. Dieſe erſte Art 
waͤre alſo beyden Welttheilen gemein, da man hin⸗ 
gegen das ſchwarze Krokodill nur noch in 
Afrika, und den Gavial an den Ufern des 
Ganges gefunden hat. 

Reiſende, welche die oͤſtlichen Kuͤſten von 
Suͤdamerika beſucht haben, ſagen, man finde 

dort eine große Eidechſe die ſie fuͤr eine kleinere, 
von der gewoͤhnlichen deutlich unterſchiedene Art 
Kaymans ausgeben. Aber dieſer vorgebliche 
Kayman iſt der ſogenannte Drachenkopf 
(Lacerta Drocoena, Lin.) der oft 5 — 6 
Schuh lang wird. Meine Vermuthung daruͤber 
wurde durch einen aufmerkſamen Beobachter, der 
aus Guiana kam, beſtaͤtigt; ich zeigte ihm die 
obengenannte Art, und er erkannte ſie gleich fuͤr 
die Eidechſe, die man dort fuͤr die kleinere Gat⸗ 
tung des Kaymans ausgiebt. 

Dampier hält auch eine große Art Eidechſen, 
die in Neuſpanien und einigen andern Gegen— 
den Amerikas gefunden wird, und die die Spas 
nier auch Kaymans nennen, fuͤr eine neue 
Art Krokodille f). Ich glaube aber, daß dieſe 

Thiere vielmehr die ſogenannten Schleuder— 
Aa 3 ſch waͤn⸗ 
5 Dampier, Tom, Ill. p. 287, u. f. 


385 Eäidechſen. 


ſchwaͤnze find, denn fie haben ganz das Inter: 
ſcheidungsmerkmaal dieſer Art: wenn ſie laufen, 
ſagt Dampier ſelbſt, ſo tragen ſie das Ende des 
Schwaͤnzes hoch und wie ein Bogen gekruͤmmt, 
da die Krokodille hingegen ihn immer mehr hinter 
ſich her ſchleppen. Ueberdem haben die Krokodille 
aller Laͤnder vier Druͤſen, die einen ziemlich ſtar⸗ 
ken Biſam⸗ Geruch verbreiten, auch dieſe fehlen 
ihnen nach Dampier's Bericht; ein neuer 
Grund ſie nicht unter die Krokodille zu zaͤhlen. 
Jetzt wollen wir die hiehergehoͤrigen drey Arten 
von Rieſen unter den Eidechſen naͤher betrachten, 
und mit der anfangen, die an den Ufern des Nils 
wohnt, und ſchon ſeit den aͤlteſten Zeiten be⸗ 
Fang iſt. 


Das 


Das gemeine Krokodil, 379 


‚I 


Das gemeine Krokodill. 
(Le Crocodile proprement dit.) g) 


Wie die Natur dem Adler die Herrſchaft in die 
hoͤheren Regionen der Atmoſphaͤre, und dem Loͤ⸗ 
| wen 


g) Keen und Ne. ax gendes. Gr. (Aristote- 

les, hist. anim. II. c. 91 — Aelianus, higt. 
anim II. c. 33. II. 11. V. 52. VIII. 4. IX 2. 
58. XII. 15. XVII. 6. B.) 

Crocodilus, Lat. (Plinius hist, nat. VII. c. 
1 50 | | 

Alligator, auf den afrikaniſchen Kuͤſten. 

Diasik, bey den Negern am Senegal. 

Cayman, in Amerika. 5 

Takaie, in Siam. 1705 

Lagartor, in Indien bey den Portugieſen. 

Jakara, in Braſilien. . 

Kimbuta, auf Ceylon nach Ray. 

Leviathan, in der Bibel nach Scheuch zer. 

Champsan, in Aegypten. 

FKimsak, in einigen tuͤrkiſchen Provinzen. 

Le Crocodile. D’Aubenton Eneycl. meth. 

Lacerta Crocodilus. L. cauda compressa Ser- 
rata, pedibus triunguiculatis, palmis pen- 
tadactylis, plantis tetradactylis palmatis. 
Lin. amph. rept, XII. p. 359. n. 1. 

Orocodilus. Gronev. mus p. 74. n. 47. 

Conrad Gesners Thiergeſch. ater Band. von 

den Amphib. Crokodil. 

Aldrov. aquat. 677. Crocodilus. 

Seba. I. tab. 103 und 104. 

Bellon. aquat, 41. Crocodilu s. 


„„ Eidechſen. 


wen die ungeheuren Wuͤſten des heißen Erdſtrichs 
anwieß, ſo theilte ſie dem Krokodill die Ufer des 
Meers 


Crocodilus. Bron, p. 461. 
Crocodilus. Jobi Ludolphi commentarius. 
Crocodilus, Pros. Alpin. Lugd. Bat. 1735. 


Tom. J. cap. 5. 
Jonston Quadr. tab. 79. fig. 3. Crocodilus. 
Crocodilus niloticus. C. americanus. C. 


africanus. C. terrestris. Laurenti speci- 
mien medicum etc. Viennae. 1768. p. 53 
et 54. (Der gelehrte Naturforſcher Herr Lau- 
renti, der wiehkere neue Amphibienarten be: 
kannt gemacht hat, wuͤrde gewiß die vier oben 
benannten Arten zu einer einzigen gemacht ha— 
ben, wenn er nicht dem Seba gefolgt waͤre.) 
Ray, Quadr, 201. Lacertus maximus. 
Bont. Jav. tab. 55. Crocodilus cayman. 
Olear. mus, 8. tab 7 fig. 8. Crocodilus. 
F alisni Nat t. tab. 43. 
Catesby Carol. Tom. II. Lacertus maximus. 
La Ce». 
Ich will hier noch einige Synonymen beyfuͤgen, die 
vorzuͤglich auf das Nilkrokodill paſſen. 
Lacerta Crocodilus. IL. capite cataphracto, 
nucha carinata, cauda superne eristis binis 
lateralibus horrida. Blumenbachs Hand⸗ 
buch der N. G. S. 237. Nr. 1. — Gmelin. 
Lin. Syst. I. 2. p. 1057. Nr. 1. 
Das Krokodill. Muͤller Naturſyſtem 1. 9-8 
79. Nr. 1. Taf. 12. Fig. 3. 
— Neuer Schauplatz der Natur. IV. S. 
77 
Onomatol. hist. nat. II. S. 469. 
Kruͤnitz, Encyklopaͤd. LIll. S. 571. 
Jablonsky, allgem. Lexikon. S. 252 
Leske Naturgeſchichte. S. 307. Nr. 1. 
Borowsky Thierreich IV. 42. 


e 


FEE 


Das 


* 
Das gemeine Krokodil. 381 


Meers und der großen Stroͤme dieſer Gegenden 
zu. Wies Ungeheuer, das auf den Grenzen des 
* | Meers 


Das Krokodil. Seckov's N. G. der Thiere. 
Il. Von den Amphibien. S. 90. Nr. 1. 

Eberts Naturlehre. J. S. 306. 

Funks N. G. I. S. 362. 

Klein, Claſſific. S. 299. 

Eberhard, Thiergeſ. S. 49. \ 

Bergmanns N. G. III. S. 227. Nr. r. 

Meidingers Vorleſ. l. S. 163. Nr. 1. 

Perault, Chanras und Dodarts 

Abhandlung. aus der N. G. III. S. 53. nebſt 
Zergliederung. Taf. 95. 96. 97. 

— — Loniceri Kraͤuterb. ©. 627. 5 

— — Lobo, Reife nach Habeſſinien. I. S. 
227. II. S. 48. 

— — Dampier, Reiſ. um d. Welt. II. S. 416. 

— — Norden, Reiſen durch Egypten und 
Nubien. S. 293. 302. 334. 444. | 

— — Donndorfs Thiergef. S. 423. Nr. 1. 

— — Manigfaltigkeiten. II. S. 575 — 382. 

— — Neue Mannigfaltigk. III. S. 759 — 764. 


BEZIES 


Hamburger Magazin. VI. S. 596. 
— Goeze's Nuͤtzliches Allerley. 2te Aufl. 
I. S. 105. Deſſen Naturalienkabinet. S. so. 


— — Anmerkungen uͤber alle Theile der Nas 
turlehre. II. S. 435. 
— — Sammlung allgem. Reiſen. III. S. 349. 
VI. S. 133. 


Das Nilkrokodill. Batſch, Thiere I. S. 459. 

— — Meine N. G. des Sn: und Ausl. I. S. 
582. Nr. . 

Lacerta Crocodilus. Haſſelquiſt Reiſe nach 
Palaͤſt. Ueberſ. S. 344. Nr. 53. 

— — Hermann, tab. affın, anim. p. 244. 
245. 256. 

Le Crocodile. Bonaterre Erpetol. 35, n. 
Pl. I. f. 3. | Cre, 


BER. Eidechfen. 
Meers und des feſten Landes wohnt, uͤbt feine 
Herrſchaft an den Bewohnern beyder Elemente 
aus. Da es allen uͤbrigen Geſchoͤpfen ſeiner Ord⸗ 
nung bey weitem überlegen iſt, und feinen Unter⸗ 
halt nicht mit dem Geyer und Tieger, wie der 
Adler und der Lowe zu theilen braucht, fo herrſcht 
es viel unumſchraͤnkter als dieſe, und feine Herr⸗ 
ſchaft iſt viel dauernder, da es zwey Elementen ge⸗ 
hoͤrt, ſich Nachſtellungen leicht entziehen kann, bey 
geringerer Waͤrme des Bluts, weniger Abgang 
ſeiner Kraͤfte hat, und weniger bedarf um ſie zu 
erſetzen, 
Crocodilus nilotieus. Schneider, amph. phys. 
Spec. I. p. 32. 
— — Meyer, Synops. rept. p. 1. n. 1. 
Crocodilus aquaticus. lein, quadr. disp, 
P. 101. | 
' Orocodilus. Schwenkfeld, theriotr. Siles. p. 
ad 9 
— — Krahe, dis. de Crocodilo, Lips. 
1662. 4. | 
— — ‚Link, de Sceleto Crocodili inseissi=- 
li lapite. Lips 1718. 4. Acta erud. Lips. 
A. 1718. M. Apr. p 188. Mylii Saxonia 
subter. II 88. a 
— — Syeneri disquisitio de Crocodilo in 
lapide scissili expresso in Miscell Berolin. 
I. 1710, in Muͤnters Ueberſ. 1781. S. 5. 
— — Arduin, des dents de Crocodile 
trouvées dans la montagne de la Favorite 
etc, Journal encycl. 1763. Januar p. 146. 
— — Walch, vom verſteinerten Kopfſcelet ei⸗ 
nes Krokodils. Naturforſcher X. S. 279. Taf. 
4. Fig. 8. a We e 
— — Poigt, de lacrymis Crocodili, in de- 
lic. physicis, Rost, 1671. 8, p. 89. B. 


Das gemeine Krokodill. | a 383 


erſetzen, da es lange ohne Nahrung leben kann, 
und alſo ſeltner ſich in zweifelhafte Kaͤmpfe einzulaſ⸗ 
ſen e hat. 

Es iſt größer als der Adler und Loͤwe, die 
ſtolzen Koͤnige der Luft und der Erde; und mit 
Ausnahme einiger ſehr großen Saͤugethiere z. B. des 
Elephanten und des Nilpferdes und einiger unge⸗ 
heuren Schlangen, an welche die Natur mit Wohle 
gefallen ihre Koͤrpermaſſe zu verſchwenden ſcheint, 
würde es das groͤßte lebendige Geſchoͤpf ſeyn, 
wenn die Natur nicht in das Meer, deſſen Ufer 
das Krokodill bewohnt, das Wallfiſchgeſchlecht ss) 
geſetzt haͤtte. Es iſt merkwuͤrdig, daß die Koͤr⸗ 
permaſſen der Thiere in dem Maaße zunehmen, 
als fie zum Fluge, zum Gange oder zur Bewe⸗ 
gung im Waſſer beſtimmt ſind. Die Adler und 
Geyer find weit kleiner als Löwen, Tieger und 
Kameele, und je mehr die Landthiere zu Uferbe⸗ 
wohner beſtimmt ſind, deſto groͤßer wird ihr Um⸗ 
fang, wie bey dem Elephanten und dem Nilpfer⸗ 
de, und immer bleiben noch die mehreſten Saͤu⸗ 
gethiere hinter dem Krokodil, wenn es ſeinen voͤl⸗ 
ligen Wachsthum erreicht hat. Es ſcheint der 
Natur ſchwer geworden zu ſeyn, Thieren von gro⸗ 
ßen Maſſen, hinlaͤnglich kraͤftige Werkzeuge zu 
geben, um ſie in einem ſo leichten Elemente, wie 
die Luft iſt, zu erhalten, oder ſie nur zu erhalten, 
oder ſie nur auf dem Lande zu bewegen; deswegen 
ſparte ſie die Thiere mit Rieſenkoͤrpern fuͤr das 
N Sg | Waſ⸗ 
gg) Cetacees: ſaͤugende Seethiere. B. 


* 


384 Eidechſen. 


Waſſer auf, das ſeiner Fluͤſſigkeit wegen ihnen 
ausweicht, und durch feine Schwere fie trägt, Die 
menſchliche Kunſt, die nichts als geſchickte Anwen 
dung der Naturkraͤfte iſt, mußte ihn auf dieſem 
Wege folgen. Nur minder betraͤchtliche Maſſen 
bewegt der Menſch auf dem Lande fort, noch klei⸗ 
nere kann er in die Luft erheben; er größeſten 
Laſten aber traͤgt das Meer. 

Da aber das Krokodill nur ſehr heiße Laͤnder, 
der Wallfiſch hingegen die Polargegenden bewohnt, 
fo giebt es in den Gegenden, wo ſich das Kroko⸗ 
dill aufhaͤlt, immer nur wenige Thiere, denen es 
an Groͤße nachſteht. Gewoͤhnlich alſo genießt es 
der Herrſchaft uͤber ſeine ſchwaͤchern Nachbarn ohne 
Stoͤrung, und unfaͤhig ſehr heftiger Begierden, 
kennt es eigentliche Wildheit nicht ). Es lebt 
zwar vom Raube, verſchlingt Thiere, greift zuwei⸗ 
len gar den Menſchen an, aber nicht aus Mord⸗ 
luſt, wie der Tieger, der unerſaͤttlich nach Blute 
lechzt, ſondern lediglich aus Beduͤrfniß, das bey 
ihm deſto dringender iſt, da es eine große Koͤrper— 
maſſe zu unterhalten hat. Als Koͤnig in ſeinem 
Reich, wie der Adler und Loͤwe in dem ihrigen, 
vereinigt es ihre Kraft und ihren Adel. Die 
Wallfiſche, die erſten unter den ſaͤugenden See— 
thieren (Cetacdes), mit denen wir das Krokodill 
vorher verglichen, gleichen ihm hierin, daß ſie nur 

N ö u 


A) Ariſtoteles iſt 75 Fate Naturforſcher, der dieß 5 
bemerkte. 


Das gemeine KRroFodif. 385 


zu ihrer Erhaltung und Fortpflanzung zerſtöͤren; 
und das waͤren denn die vier großen Beherrſcher 
der Gewaͤſſer, der Wuͤſten und der Lüfte, die Uñe⸗ 
bergewicht an Kraft mit einer gewiſſen Sanftheit 
des Inſtinkts verbinden, und den niedrigern Ge— 
ſchlechtern und den untergeordneten Tyrannen Grau⸗ 
ſamkeit ohne Beduͤrfniß uͤberlaſſen. 

Die Geſtalt des Krokodills gleicht, im Gans 
zen genommen, den uͤbrigen Eidechſen, wenn man 
aber die einzelnen Merkmaale, die es unterſchei⸗ 
den, heraushebt, ſo findet man, daß ſein Kopf 
geſtreckter, platter, und voll ſtarker Runzeln iſt. 
Die Schnauze iſt dick und etwas gerundet. Druͤ⸗ 
ber iſt eine runde Hoͤhlung mit einer ſchwaͤrzlichen, 
weichen und ſchwammigen Materie ausgefuͤllt, wo⸗ 
rin ſich die Naſenlöͤcher befinden. Sie ſind halbmond⸗ 
foͤrmig und ihre Spitzen nach hinten gekehrt. Der 
Rachen iſt bis hinter die Ohren geſpalten, und 
die Kinnbacken ſind oft mehrere Fuß lang. Die 
untere Kinnlade iſt auf beyden Seiten gerade ab⸗ 
geſchnitten, die obere hingegen iſt wellenfoͤrmig 
ausgerandet, nach der Kehle zu iſt ſie weiter und 
geht uͤber den Rand der untern hinaus, von da 
ſchmaͤlert fie ſich allmaͤhlig und laͤßt die untere her⸗ 
vorgehen, bis zur Spitze der Schnauze, wo ſie 
wieder weiter wird, und die untere gewiſſermaßen 
einſchließt. Daher kommts, daß die Zähne an 
den Stellen, wo eine Kinnlade über die andere heim 
ragt, wie Haken oder Hundszaͤhne ausſehen. So 
ſtehen die zehn vordern Zähne der obern Kinnlade. 

Belacepede 2 Raturg d. Amph. I. Bd. Bb Die 


386 Eidechſen. 


Die beyden vorderſten Zaͤhne der Unterkinnlade 
hingegen gehen nicht allein, wenn das Maul ge— 
ſchloſſen iſt, in die obere hinein, ſondern ſogar 
hindurch und ihre Spitzen ſtehen über der Schnau⸗ 
ze wie zwey kleine Hoͤrner hervor. So habe ich es 
bey allen etwas großen Krokodillen gefunden, die 
ich unterſuchte. Sogar bey einem jungen Krofo- 
dill vom Senegal, das ſich im koͤniglichen Ca— 
binette befindet, und 4 Fuß und 3 — 4 Zoll lang 
iſt, iſt es ſchon merklich. Dennoch iſt niemand 
auf dieß beſondere Kennzeichen aufmerkſam gewe— 
ſen als einige Mathematiker, die Ludwig XIV. 
nach den Orient ſchickte und die im Koͤnigreiche 
Siam ein Krokodill beſchrieben ). 

Die 


ö) Memoires pour servir a Ihist. nat. des anim, 
Tom. 3. La Cepede. 

Dieſe die obere Kinnlade bürchſtöchende Vorder⸗ 
zaͤhne der Unterkinnlade ſind an dem Indiſchen 
Krokodill angegeben, das Hr. Schneider als 
eine neue Art angeſehen wiſſen will, und welches 
er in feinen Amphib. phys. Spec. I. p. 33. ge; 
nauer beſchreibt. 

Außer den von La Cepede auch bemerkten gro— 
ßen untern Vorderzaͤhnen, giebt er noch, nach dem 
Berichte oͤer nach Siam geſchickten Jeſuiten, zwey 
zwiſchen den Augen und etwas daruͤber ſtehende 

knoͤcherne, zwey Zoll hohe, und faſt einen Zoll dicke 
Kiele, die man Kaͤmme nennt, als Unterſcheidungs— 
Kennzeichen an, die aber an jungen Thieren noch 
nicht ſo auffallend find. Eben fo hat es 6 Hals 

wirbel, 11 Ruͤckenwirbel, 8 Lendenwirbel, 11 wah⸗ 

re und 7 falſche Rippen auf jeder Seite, dahinge— 
gen das tee 7 Halswirbel, 11 Ruͤckenwir⸗ 
bel, 


Das gemeine Krokodil. 287 

Die Zahl der Zähne iſt in der oberen Kinnfa- 

de oft 36, in der unteren 30; doch giebt es dar— 
in Ausnahmen. Sie ſind ſtark, etwas hohl, ge— 
ſtreift, kegelfoͤrmig, ſpitzig, nicht alle gleich lang x), 
haben ſtarke Wurzeln, ſtehen auf jeder Seite nur 
in einer Reihe, und ſind etwas nach hinten zu ge— 
bogen, vorzuͤglich vorn an der Schnauze. Sie 
ſtehen ſo, daß ſie ineinandergreifen, wenn das 
Maul geſchloſſen iſt, und mehrere von den unteren 
treten in Höhlen des oberen Zahnfleiſches ein, und 
fo umgekehrt. Die Herren von der Akademie, 
die ein ganz junges Krokodill, das im Jahr 1681 
nach Frankreich gebracht wurde, zergliederten, riſ— 
ſen ihm einige Zaͤhne aus, und fanden auf dem 
Grunde der Zahnhoͤhlen, ſchon andere ganz kleine 
Zähne, woraus man ſieht, daß die Krokodille fo 
wie die Saͤugethiere, ihre Schneidezaͤhne verlieren 
und andere dafür bekommen ). Die untere 
Kinnlade allein iſt, wie bey anderen Thieren, be— 
weglich. Man darf nur einen Blick auf ein Ske— 
lett werfen um ſich davon zu überzeugen, Trotz als 


lem was darüber geſchrieben iſt *). 
Bb 2 Die 


bel, 5 Lendenwirbel, 2 Heiligenbeinwirbel und 12 
wahre und falſche Rippen auf jeder Seite zaͤhlt. 
Aelianus hist. anim, XII. 41. B. 

) Die laͤngſten nennt Plinius Hundszaͤhne. Hist. 
nat lib. XI. c. 61. 

i) Memoires pour servir a Thist. nat, des anim. 
Tome 3, Art, Crocodile. 

m) Labat vol, 2. p. 344, Ray Synops. anin, 
P. 262, a a 


388 ka sa? ar Eidechſen. 

Die meiſten Saͤugethiere koͤnnen die Kinnla⸗ 
den nicht allein von oben nach unten, ſondern 
auch feitwärts, rechts und links bewegen, um die 
Speiſen zu zerreiben, dieß kann das Krokodill 
nicht, das uͤberhaupt nur ſchwer kauen kann, weil 
feine Zähne nicht aufeinander, ſondern zwiſchen 
einander faſſen; zerreiſſen und feſthalten kann es 
deßwegen ſeine Beute ſehr gut, aber gewoͤhnlich 
ſchluckt es fie, ohne zu kauen n). Es hat darin 
Aehnlichkeit mit den Fiſchen und mehreren Hay⸗ 
fiſchen, deren Zaͤhne viel Aehnlichkeit mit den 


Krokodillzaͤhnen haben. f 


Die Alten 0) und auch einige Neuere ) fer 
ben geglaubt, das Krokodill Hätte keine Zunge; es 
hat aber wirklich eine ſehr breite, und verhaͤltniß⸗ 
mäßig noch größere Zunge als der Ochs; es kann 
ſie nur nicht ausſtrecken und aus dem Maule brin⸗ 
gen, weil ſie an beyden Seiten durch eine Haut, 
die ſie bedeckt, an die untere Kinnlade befeſtigt iſt. 
Dieſe Haut hat mehrere Oeffnungen die zu den 
Druͤſen auf der Zunge führen )). 

2 Das 


1) Obgleich das Krokodil feine Nahrung, ohne fie 
zu kauen und mit ſeinem Speichel zu vermiſchen, 
verſchlingt, ſo verdaut es ſie dennoch leicht, weil 
kein Thier verhaͤltnißmaͤßig ſo viel Galle und Ver— 
dauungsſaͤfte hat. S. Haſſelquiſt Neife nach 
Palaͤſtina. S. 346. 

o) Plin. lib. XI. c. 65. 

5) Naturgeſch. von Jamaika. S. 461. 


9) Memoires pour servir a Phist, nat, des aniq. 
Art, Crocodile, 


Das gemeine Krokodil, 380 


Das Krokodill hat keine Lippen, daher weiſt 
es beſtaͤndig, es mag noch ſo ruhig gehen oder 
ſchwimmen, die Zähne, als wenn es im Zorn waͤ⸗ 
re. Was dieſes fuͤrchterliche Ausſehen noch ver⸗ 
mehrt, ſind die funkelnden, nahe beyeinander und 
ſchraͤg ſtehenden Augen, die ihm ein widerliches, 
wildes Anſehen geben. Sie haben zwey Aus 
genlieder die beyde beweglich 1) und fehr gerunzelt 
ſind. (Dabey auch eine Nickhaut wie die Vögel, 
welche das Auge ſtaͤrkt und erhaͤlt) ). Ueber 
dem Auge ragt ein zackiger Rand, wie ein Paar 
duͤſtere Augenbraunen hervor. Dieß fuͤrchterliche 
Anſehen mag nicht wenig zu dem boͤſen Rufe von 
ſeiner unerſaͤttlichen Grauſamkeit, von der manche 
r. uhren erzaͤhlen, beygetragen haben. 

Die Ohren ſitzen ſehr nahe uͤber den Augen 

ud find mit einer wenig hervorragenden aufge— 
ſchlitzten Haut bedeckt, die wie ein Paar geſchloſ⸗ 
ſene Augenlieder ausſehen. Weil bey mehreren 
anderen Eidechſen die Ohroͤffnung ſichtbarer iſt, ſo 
haben manche Naturforſcher geglaubt, das Kroko⸗ 
dill haͤtte gar Feine Ohren. Das obere Stuͤck der 
Haut iſt beweglich, und wenn es zuruͤckgezogen iſt, 
kann man das Trommelfell im Ohre ſehen. Wahr⸗ 
ſcheinlich haben einige Reiſende dieſe Haͤute fuͤr 

| N RE“ und daher kommt denn die 
use u, Bib Sage 


N — 


» Plinius fagt, nur das untere Augenlied wäre 
am Krokodill beweglich, genauere Beobachtungen 

aber haben dieß widerlegt. 

5) Brown, nat. hist, of Jamaica, p. 467. 


390 Eidechſen. 


Sage von Krokodillen mit vier Augen ). So 
wenig dieſe Ohren hervorragen, ſo erzaͤhlt doch 
Herodot, daß die Einwohner von Memphis 
den gezaͤhmten Krokodillen, die ſie hielten, Ohren- 
gehaͤnge anhiengen. | 

Das Gehirn der Krokodille iſt ſehr klein )). 

Der Schwanz iſt ſehr lang, und an feiner 
Wurzel ſo dick als der Koͤrper, von dem er eine 
Fortſetzung zu ſeyn ſcheint. Seine platte ruder⸗ 
aͤhnliche Geſtalt macht, daß es ihn ſehr gut als 
Steuer gebrauchen, das Waſſer ſchlagen, und 
ſchnell ſchwimmen kann. Auſſerdem ſind die vier 
Zehen an ſeinen Hinterfuͤßen noch durch eine 
Schwimmhaut verbunden. An den Vorderfuͤ⸗ 
ßen hat es fuͤnf Zehen. Nur die drey innern Ze⸗ 
hen an jedem Fuße haben 1 bis 2 Zoll lange Raͤ⸗ 
gel. it kuss. 

Zur Sicherheit gab ihnen die Natur einen 
beynah undurchdringlichen Harniſch; ihr ganzer 
Koͤrper, der Scheitel allein ausgenommen, wo le⸗ 
diglich eine Haut die Hirnſchaale bedeckt, iſt mit 
Schuppen beſetzt; die in den Seiten, an den Bei⸗ 
nen und dem größten Theile des Halſes rund, un⸗ 
gleich groß, und unregelmaͤßig geſtellt ſind. Auf 
dem Ruͤcken und dem Schwanze ſind ſie hingegen 
viereckig und laufen in Queerbinden über den Koͤr⸗ 
per. Um das Krokodill zu verwunden iſt es da⸗ 


her 


| ) Histoire des Moluques, Liv. II. p. 116. 
a) Memoires pour seryir-a.l'hist, nat. Art. Cro⸗ 
codile. BEP 


* 


Das gemeine Krokodil. 391 


her nicht rathſam, es von hinten zu ſchießen, wie 
wenn die Schuppen dachziegelfoͤrmig aufeinander 
ſchloͤßen, ſondern von der Seite und in die Fugen 
der Schuppenbinden, wo nur Haut iſt. Mehrere 
Naturforſcher ſagen, die Zahl der Binden ſey 
unbeſtimmt, ich habe ſie aber ſorgfaͤltig an fie 
ben, ſowohl Afrikaniſchen als Amerikaniſchen Kro— 
kodillen, von verſchiedener Groͤße gezaͤhlt; das 
erſte war mit Kopf und Schwanz 13 Fuß 9 Zoll 
6 Linien lang, das zweyte 9 Fuß, das dritte und 
vierte 8, das fuͤnfte 4, das ſechſte 2 Fuß, und 
das ſiebente war geſtorben wie es aus dem Ey 
kam, und ſie hatten eins ſo viel Binden als das 
andere, ausgenommen das 2 Fuß lange, welches 
genau beſehen, eine mehr zu haben ſchien. 

Die viereckigen Schuppen ſind erſtaunlich feſt, 
und dabey biegſam, ſo daß ſie nicht brechen. Sie 
ſind kugelfeſt wenn der Schuß nicht ſehr nahe auf ſie 
geſchieht, oder das Gewehr ſehr ſtark geladen iſt. 
Die Neger machen ſich Muͤtzen oder vielmehr Hel— 
me davon, die die Axt aushalten &). Uebrigens 
muß die Härte der Schuppen wohl nach dem Als 
ter und Geſchlechte des Thiers verſchieden ſeyn. 
Herr de la Borde verſichert, daß der Panzer 
völlig kugelfeſt iſt, ausgenommen unter den Schul— 
tern. Nach Herrn de la Coudreniere koͤn— 
nen u auch unter dem Bauche und um die Augen 

Bb 4 herum 


dec) Labat, vol. 2. p. 34%. Alkins Reiſe in der 
allg. Gefch. der Reiſen, Buch 7. 


302 Eidechſen. 


herum angeſchoſſen werden )). Mitten auf jeder \ 
Schuppe iſt eine harte, kammfoͤrmige Erhöhung,‘ 
die ſie noch feſter macht. Daß dieſe Hoͤcker auf 
den Seitenfchuppen hoͤher ſeyn, und alſo der Ku⸗ 
gel mehr widerſtehen ſollten, wie man geſagt hat, 
iſt nicht ſo; ich habe mich durch den Augenſchein 
an mehreren Krokodillen davon uͤberzeugt. Mit⸗ 
ten auf dem Halſe ſind zwey Queerreihen, eine 
von 4, die andere von 2 Stuͤcken mit Hoͤckern be⸗ 
ſetzt, und an dem Schwanze laufen auf jeder Seite 
zwey andere Reihen ſo gehoͤckerter Schuppen ent⸗ 
lang, die ihm ein rauhes Anſehen geben, und 
gegen das Ende zu in eine Reihe zuſammen lau⸗ 
fen. Die Schuppen am ganzen unteren Theile 
des Koͤrpers, unter dem Bauche, Kopfe, Halſe, 
Schwanze, den Beinen, und im inneren der Pfo⸗ 
ten, deren Rand haͤufig ausgezackt iſt, machen 
auch Queerbinden, ſind viereckig und biegſam, wie 
die auf dem Ruͤcken, aber nicht ſo hart, und ohne 
Erhabenheiten. An dieſen ſchwaͤchern Theilen 
pflegen die Raubfiſche das Krokodill anzugreifen, 
auch der Delphin verwundet es dort, wie Pli⸗ 
nius ſagt, und wenn der Hay, der unter dem 
Namen Saͤgefiſch bekannt iſt, ſich mit ihm in 

einen Kampf einlaͤßt, wo fie bende mit vieler Hart⸗ 
8 15 naͤckig⸗ 


) Observations sur le Crocodile de Louisiane 
par Mr. de la Coudreniere. Journal de Phy- 
sique 1782. (S. Lichtenbergs Magazin fuͤr 
das neueſte aus der Naturgeſchichte. B. II. 2. S. 
39. >, | 


Das gemeine Krokodill. N 393 


naͤckigkeit auf einander losgehen, fo reißt ihm die⸗ 
ſer, weil er den hoͤckerigen Ruͤckenſchuppen nichts 
anhaben kann, den Bauch auf 8). 
Die Farbe des Krokodills iſt grunlichgelb, hin 
und wieder fleckig und ſtreifig, gruͤn angelaufen 
wie etwas roſtige Bronze. Unter dem Leibe, dem 
Schwanze und den Pfoten iſt die Farbe weißgelb⸗ 
lich. Man leitet den Namen des Krokodills von 
der Aehnlichkeit ſeiner Farbe mit dem Safran (lat. 
Crocus, griechiſch Lees) her; auch von Keaxos und 
deıras, welches furchtſam bedeutet, weil man vor⸗ 
gab, er ſcheue ſich vor dem Safran 4). Ariſto⸗ 
teles ſcheint die Krokodille fuͤr ſchwarz zu halten, 
und es giebt wirklich am Senegal ſehr braune 
Krokodille, aber dieſe konnte der Philoſoph wobk 
nicht kennen. 
Die Krokodille haben oft 49 Wirbelbeine, 7 
im Halſe, 12 im Ruͤcken, s an den Lenden, 2 
an der Stelle des Schaambeins und 23 im 
Schwanze, aber dieſe Zahlen ſind ſehr veraͤnder⸗ 
lich. Ihr Schlund iſt ſehr weit, und laͤßt ſich er⸗ 
ſtaunlich ausdehnen, die Blaſe fehlt ihnen, ſo wie 
den Schildkroͤten, die Harngänge gehen in den 
Maſtdarm. Der After iſt unten am hinterſten 
Theile des Leibes, und die maͤnnlichen Geſchlechts⸗ 
theile ſind wie bey den Schildkroͤten und den uͤbri⸗ 
gen Eidechſen bis zur Begattung, im Koͤrper ver 
ſchloſſen, und kommen nur durch den After zum 
B95 3 Vor⸗ 


2) Allgem. Geſch. der Reifen. Band 39. S. 35. 
a) Gesner de Quadrup, ovip. p. 18. 


394 Eidechſen. 


Vorſchein. Sie haben unter den Kinnbacken und 
neben dem After zwey Druͤſen oder kleine Saͤck— 
chen, die ein fluͤchtiges Weſen, das einen ſtarken 
Biſamgeruch hat, enthalten. Beym Sloane 5) 
findet man eine Beſchreibung der inneren Theile 
des Krokodills, die ich hier zum Theil einruͤcke. 
Es war ein großes Thier, ein ſechszehnfüßiget 
Alligator. 

„Die Luftroͤhre war gebogen und theilte ſi 0 
ehe ſie in die Lunge trat, die aus Blaͤschen, mit 
Blutgefaͤßen untermiſcht, beſtand. Sie beſtand 
aus zwey großen Fluͤgeln, von denen an jeder 
Seite des Ruͤckgrads einer ſaß. Das Herz war 
klein, und der Herzbeutel enthielt eine Menge 
Waſſer. Das Zwergfell beſtand aus Haͤutchen 
oder vielmehr aus Sehnen und Nerven. Die 
Leber war lang und dreyeckig; und hat eine große 
Gallenblaſe voll heller gelber Galle. Eine Milz 


fand ich nicht. (Das find noch immer Slo a⸗ 


nen's Worte). Die Nieren nahe am After wa- 
ren breit, und ſaßen am Ruͤckgrade feſt. Das 
Krokodill hatte keine Zunge (das heißt nur keine 
freye mit keiner Haut verwachſene Zunge). Der 
Magen war ſehr weit und inwendig mit einer har— 
ten Haut gefuͤttert. Ich fand einige runde, ab- 
geſchliffene Kieſel, wie man fie im Kieſe am Ufer 
findet, und einige Graͤten darin. Die Augen 

waren 


I 


b) Voyages aux Isles Madere, Barbade, de la 
Jamaique etc. par Sloane Tom. II. p. 332. 


* 


— 


Das gemeine Krokodil, 395 


waren kreisfoͤrmig, und hatten beyde eine Nick— 
haut. Die Pupille war laͤnglich wie bey den 
Katzen.“ Man kann hiermit das vergleichen was 
Haſſelquiſt in feiner Reife nach Palaͤſtina ſagt J. 

Die Größe der Krokodille iſt nach der Tem⸗ 
peratur der Himmelsſtriche, unter denen ſie leben, 
verſchieden. Die groͤßeſten ſind in dem Klima, 
das ihnen am zutraͤglichſten iſt, nicht uͤber 25 bis 
29 Fuß lang ). In einigen Gegenden, wo 
das Klima ihnen nicht ſo guͤnſtig iſt, wie z. B. 
auf den Kuͤſten von Guiana, ſcheinen fie ge- 
woͤhnlich nicht über 13 bis 14 Fuß lang zu wer 
den. Nach Brown werden fie oft 14 bis 24 
Fuß lang e). Auf Jamaika, erzaͤhlt Slo a⸗ 
ne, ſind ſie an den Kuͤſten und in den tiefen 
Stroͤmen gar nicht ſelten. Man fieng eins von 
19 Fuß, und brachte ihm die Haut davon als eine 
Geltendeit Dissen 

Im Senegal, nicht weit von cen 
giebt es ihrer in Menge, die viel groͤßer und ge⸗ 
fährlicher find, als, die an der Mündung des 
Stroms. Die Leute des General Bruͤn ſchoſſen 
eins, das 25 Fuß in die Laͤnge maaß. Die Ein⸗ 
wohner waren ſehr froh daruͤber; ſie glaubten, das 
| | muͤſfe 


e S. 344. f. 
d) Vom Nil: Krokodill ſagen Einige, daß es 23 
bis so Fuß lan in werde. B. 
e) Natur. hist. of Jamaica. p. 461. 
„PD Sloane's Reiſe a. a. PR Sr 


306 SEidechſen 


muͤſſe der Vater von allen den andern ſeyn, und 
nun wuͤrde ſich die ganze Brut fuͤrchten 8). 8 

Einige Reiſebeſchreiber machen fie noch groͤ— 

ßer. Barbot erzaͤhlt, man haͤtte am Sene⸗ 
gal und Gambia welche gefangen, die wenig» 
ſtens 30 Fuß lang geweſen waͤren. Jobſon er 
zaͤhlt auch von einem 30 Fuß langen Krokodill, 
da er aber das Thier nicht ſelbſt geſehen, ſondern 
nur ſeine Faͤhrte im Sande gemeſſen hat, ſo kann 
ſeine Ausſage nicht in Anſchlag kommen 2), 
In Jamaika und in einigen Gegenden des 
feſten Landes von Nordamerika findet man 
nach Cates by uͤber 20 Fuß lange. Bey Geß. 
ner kann man im 2ten Buche unter den Artikel 
Ktokodill alles nachleſen, was die Alten von der 
Groͤße dieſer Thiere geſchrieben haben. einige 
machen fie 26 Ellen lang. 

Haſſelquiſt ſagt in feiner Reife nüch Palä⸗ 
ſtina, daß die Krokodill⸗Eyer, die er dort beſchreibt, 
von einem 30 Fuß bangen eee ee 
waͤren. 

Auf Mabagasbe r, an dem ufer eines 
Fluſſes, der ſich in die St. Auguſtins Bay 
ergießt, ſchoſſen die Leute des Kapitaͤns Keeling 

einen 


2) Brün's zweyte Reiſe nach = Senegal, in der 
Allgem. G. der Reifen. (De B BDtyns Oftinbifthe 
Reiſebeſchr. VI. S. 79. B.) 
A} Smith Voyage en Guinée. Reiſe des Cepitan 
Jobſon in der allgem. Geſch. der Reiſen. Buch 
7. (S. auch Smith, neue Reiſe nach Guinea. 
S. 46. B.) 


Das gemeine Krokodill. 397 | 


einen Alligator, den fie ganz langſam am Ufer ge» 
hen ſahen. Ob er gleich mit vielen Kugeln erlegt 
war, ſo waren ſeine convulſiviſchen Bewegungen, 
die noch lange fortdauerten, dennoch im Stande 
Furcht einzujſagen. Er war 16 Fuß lang, und 
feine Kehle fo weit, daß es gar nicht zu verwun⸗ 
dern war, daß er einen Menſchen verſchlingen konn⸗ 
te. Keeling ließ das Ungeheuer bis an ſein 
Schiff bringen, um es allen feinen Leuten zu zei⸗ 
gen. Es wurde geoͤffnet; der Geruch des Flei⸗ 
ſches war ſehr angenehm, und es ſah auch fehe 
appetitlich aus, dennoch wagten die dreuſteſten 
Matroſen nicht es zu koſten ). In dem koͤnig⸗ 
lichen Kabinette iſt eine vierzehn Fuß lange Haut, 
die an der dickſten Stelle des Koͤrpers 4 Fuß im 
Umfange hat, daraus laͤßt ſich bey den groͤßten 
Krokodillen auf einen Umfang von 8 — 9 Fuß 
ſchließen. Um uͤber die Verhaͤltniſſe dieſer Thiere 
urtheilen zu koͤnnen, will ich die Ausmeſſung ehen 
dieſes Exemplars herſetzen: 


Die ganze Länge beträgt = 1345 9, 6% 
Länge des Kopfes = a 
Fänge von der Mitte der Augen a 
bis an die Spitze der Schnauze T 6 6 
Länge der obern Kinnlade - ı 10 — 
Laͤnge des Theils der mit Zaͤhnen 
beſetzt iſt 5 5 I — 
Fr Ent⸗ 


2 Reiſe des Capitaͤn aun nach Bantam und 
Banna. 


398 5 2 Eidechſen. 


e ig voneinan⸗ 2 
Wer the Due, Yet 

Größter Durchmeſſer des Auges — 1 

Größter Umfang des Korpers 4 4 6 


Breite des Kopfes W den 


Augen «X, 1 I 6 
Breite der Sni an der 
ſchmalſten Stelle 5 — 8 — 


Laͤnge der Vorderfuͤße bis an die 


Spitze der Zehen 5 19 — 
Laͤnge der Hinterfuͤße bis an die 
Spitze der Zehen - 2 ⁹.ᷓ N = 


Länge des Schwanzes = 6 — 3 
. des Schwanzes an der | 
ae - « 92 962 10 — 


Mit dem An un des Frühlings regt fü ſich bey dem 
Krokodill der Geſchlechtstrieb. Das Weib— 
chen liegt, wie die übrigen Eidechſen bey der Der 
gattung auf dem Ruͤcken, und ihre Vereinigung 
ſcheint ſehr innig zu ſeyn. Wie lange der eigent« 
liche Akt der Begattung dauert, weiß man nicht, 
aber nach den Beobachtungen zu ſchließen, die ſich 
an unſern einheimiſchen Eidechſen machen laſſen, 
muß ihre Paarung zwar ungleich kuͤrzere Zeit als 
bey den Schildkroͤten, aber doch immer viel laͤn— 
ger dauern, und oͤfter wiederholt werden, als bey 
den meiſten Saͤugethieren; und wenn ſie voruͤber 
it, hört das Männchen nicht auf ſich um das 
Weibchen zu bekuͤmmern, ſeine Aufmerkſamkeit 

dauert 


Das gemeine Krokodil. 399 


dauert fort, und er hilft ihm auch wieder auf die 
Fuͤße. 

Man hat lange geglaubt, die Krokodille leg— 
ten nur einmal, aber Hr. de la Borde verfis 
chert, daß im ſuͤdlichen Amerika die Weibchen 
zwey⸗ zuweilen dreymal mit einer Zwiſchenzeit von 
wenigen Tagen legen. Jede Brut hat 20 bis 24 
Ener; fo kann alſo ein Krokodill in allem auf 72 
Eyer legen. Dieß nähert fi auch der Angabe 
des Ritters Linne, welcher ſagt, daß ihre Zahl 
ſich zuweilen auf hundert belief. 

Das Weibchen legt die Eyer auf den Sand 
laͤngs den Kuͤſten, die es bewohnt. In einigen 
Gegenden, zum Beyſpiel um Cayenne und in 
Surinam ) macht es neben dem Waſſer, wo 
es ſich aufhaͤlt, eine kleine Erhoͤhung mit einer 
Hoͤlung in der Mitte, rafft Blatter und Stop— 
peln zuſammen, legt die Ener hinein und deckt fie 
wieder mit Laube zu. In dieſem Haufen entſteht 
dann von der Faͤulniß eine Gährung, und dieſe 
Waͤrme mit der Sonnenwaͤrme verbunden, bruͤtet 
die Eyer aus. Die Legezeit fängt in den Gegen— 
den von Cayenne mit der Legezeit der Schild— 
kroͤten, das iſt, mit dem April an, dauert aber 
laͤnger. ; | 

Sonderbar iſts, daß das Ey, aus dem ein 
Thier ſo groß wie ein Alligator kommen ſoll, nicht 
größer iſt als ein Truthennen -Ey 1). Im koͤ⸗ 
nig⸗ 
Y De la Borde. | 
) Catesby Carolina II. p. 63. 


400 Eeidechſen. 


niglichen Kabinet iſt ein Ey von einem 14 Fuß 
langen Krokodill, das in Ober- Aegypten ges 
fangen wurde, als es eben gelegt hatte. Das 
En iſt laͤnglich rund, weißlich; die Schaale iſt 
kreidenartig, und wie an den Huͤnereyern, nur 
nicht ſo hart. Das innere Haͤutchen, womit die 
Schaale gefuͤttert iſt, iſt dicker und ſtaͤrker als an 
den meiſten Vogeleyern. Der große Durchmef 
fer beträgt nur 2 Zoll 5 Linien, und der kleinere 
1 Zoll 11 Linien. Einige Amerikaniſche, die ich 
maaß, waren laͤnglicher und hatten 3 Zoll 7 Li⸗ 
nien zum großen und 2 Zoll zum kleinern Durch⸗ 
meſſer. 977 | 
Die kleinen Krokodille liegen zuſammengebo⸗ 
gen in den Eyern und find nicht länger als 6 bis 
7 Zoll, wenn ſie die Schaale zerbrechen. Man 
hat bemerkt, daß ſie die Schaale nicht immer mit 
dem Kopfe, ſondern zuweilen mit den Hoͤckern auf 
dem Ruͤcken zerſprengen. Wenn ſie aus dem Ey 
kommen, fo ziehen fie den übrigen Eydotter mit 
einem Haͤutchen umgeben, und eine Art von Nach— 
geburt, die Haut, in der ſie gelegen haben, an der 
tabelſchnur hinter ſich her. Ich habe dieſe Be— 
merkung an einem jungen Krokodille gemacht, das 
wie es aus dem Ey kam, gefangen wurde, und 
im koͤniglichen Kabinette aufbewahrt wird. Ei⸗ 
nige Zeit nach der Geburt bleibt der Dabelein- 
ſchnitt am Bauche noch merklich *), verſchwindet 
| aber 


m) Seba Tom. I, P- 62, 1. ff 


Das gemeine Krokodil, 408 


aber nachher, die Schuppenbinden ſchließen fich 
allmaͤhlich und der Einſchnitt, durch den der Na⸗ 
bel hervortrat, verliert ſich. Dieß kommt mit 
dem überein, was ich an der runden Schild- 
kroͤte bemerkt habe, deren Bruſtbein eingeſchnit⸗ 
ten war und noch die Stelle am Bauche zeigte, wo 
die Nabelſchnur geſeſſen hatte. 

Die Krokodille bruͤten alſo ihre Eyer nicht 
ſelbſt aus. Dieß ließ ſich ſchon aus ihrem Natu⸗ 
rell ſchließen, und das Vorgeben des Plinius, 
daß Maͤnnchen ſowohl als Weibchen uͤber den 
Eyern ſaͤßen, verdiente ſchon an ſich, auch ohne 
das ausdruͤckliche Zeugniß der Reiſenden, keinen 
Glauben 1). Wenn man die eyerlegenden Thiere 
beobachtet, welche einiger Zaͤrtlichkeit fuͤr das an⸗ 
dere Geſchlecht empfaͤnglich ſind, und denen man 
eine Art verliebter Sorgfalt anmerkt, wenn wir 
auf die Vögel Achtung geben, fo ſehen wir, daß 
die Arten, bey denen der Geſchlechtstrieb am we⸗ 
nigſten heftig iſt, ſich auch nach der Begattung 
nicht weiter um einander bekuͤmmern; dann kom⸗ 
men die Arten, wo das Maͤnnchen dem Weibchen 
das Neſt bauen, und die Materialien dazu zuſam⸗ 
mentragen hilft, waͤhrend das Weibchen bruͤtet, 
daſſelbe nicht verlaͤßt, und ihm durch ſeinen Ge⸗ 
ſang ſeine Muͤhe verſuͤßen zu wollen ſcheint; die 
endlich, bey a der es ſich am 

ſtark 0 


1) Plin. lib. 1 0 82, 
De la Cepedes Narg.d. Amph. Z. Bd. Ce 


402 Be Eidechſen. 


ſtaͤrkſten zeigt, find die Arten, wo Maͤnnchen und 
Weibchen wechſelsweiſe brüten. Das Krofodill 
müßte alſo nach dieſen Beobachtungen für ſehr 
zaͤrtlich verliebt angenommen werden, wenn das 
Maͤnnchen, fo wie das Weibchen die Eyer bebruͤ⸗ 
ten ſollte; wie laͤßt ſich aber eine fo ſtarke, innige 
und dauernde Anhaͤnglichkeit von einem Thiere er⸗ 
warten, das bey ſeinem kalten Blute beynah nie 
von heftigen Leidenſchaften und tiefen Gefuͤhlen 
geruͤhrt werden kann? — Die Waͤrme der Luft 
allein, oder einer Art von Gaͤhrung bruͤtet daher 
die Krokodillen⸗Eyer aus, und die Jungen wif 
ſen bey ihrer Geburt von ihren Eltern nichts. Ue⸗ 
brigens erzaͤhlt Hr. de la Borde, daß in Su⸗ 
rinam das Krokodillweibchen ſich nie weit von 
den Eyern entfernt, gewiſſermaßen Wache dabey 
haͤlt, und ſie wuͤthend vertheidigt, wenn man ſich 
daran vergreifen will. Die Jungen haben aber 
vom erſten Augenblicke ihres Lebens an ſchon 
Staͤrke genug, um fremde Huͤlfe entbehren zu 
koͤnnen. Sobald ſie aus dem Ey kommen, eilen 
ſie von ſelbſt dem Waſſer zu, wo ſie mehr Schutz 
und Nahrung finden ). Doch wird, fo lange 
ſie noch jung ſind, ein großer Theil von ihnen, 
theils von Raubfiſchen, oft auch von den alten 
Krokodillen ſelbſt gefreſſen, die dann bloß aus 
Hunger thun, was andere reißende Thiere nur aus 

Grauſamkeit zu thun ſcheinen. 
| Man 


o) Catosby, Carolina,. Tom, U. p. 63. 


gm 


Das gemeine Krokodill. 403 


Man hat noch nicht Beobachtungen genug 
uͤber die Krokodille geſammelt um genau beſtimmen 
zu koͤnnen, wie lange fie leben; daß fie aber ſeht 
lange leben muͤſſen, laͤßt ſich aus folgender Beo— 
bachtung ſchließen, die mir der Hr. Vicomte 
von Fontange, Commandant van St. Do⸗ 
mingo mitgetheilt har. Der Herr von Fon 
tange fieng zu St. Domingo junge Krokodil— 
len, die er aus dem Ey kommen ſah, er zog ſie 
auf, und wollte verſuchen fie lebendig nach Frank⸗ 
reich zu bringen, ſie ſtarben aber unterwegs vor 
Kaͤlte. Sie waren ſchon 2 Jahr und 2 Mona⸗ 
the alt, und maaßen noch nicht mehr als beynah 
20 Zoll. Wuͤchſen nun die Krokodille immer in 
dem naͤmlichen Verhaͤltniß fort, ſo muͤßte man 
bey großen Krokodillen fuͤr jede 20 Zoll Laͤnge, 2 
Jahre 2 Monathe rechnen; aber beynah bey allen 
Thieren iſt die Entwickelung in der Jugend ſchnel— 
ler, man duͤrfte alſo wohl fuͤr jede 20 Zoll eine 
betraͤchtlich laͤngere Zeit in Anſchlag bringen; doch 
wir wollen nur bey 26 Monathen bleiben, weil 
man ſagen koͤnnte, daß ein Thier, das ſich nicht 
in völliger Freyheit befindet, an feinem Wachs- 
thum gehindert wird, und ein Krokodill von 25 
Fuß Laͤnge wird ſonach nicht unter 32 Jahr alt 
ſeyn koͤnnen. Dieſe Langſamkeit in ihrem Wachs⸗ 
thum bemerkten auch die Miſſionarien, die Lu d— 
wig XIV. nach dem Orient ſchickte. Sie fiengen 
ein ganz junges Krokodill, und fuͤtterten es zwe) 
Monath lang, ohne daß es indeß merklich groͤße 

N Ce 2 gewor · 


404 Eidechſen. 


größer geworden wäre ). Dieſe langſame Ent⸗ 
wickelung hat auch wohl den Ariſtoteles und 
Plinius zu dem Irrthum verleitet, daß die Kro— 
kodille ihr ganzes Leben hindurch wuͤchſen. Sie 
beweiſt uͤbrigens, welch ein außerordentlich hohes 
Alter ein ſolches Thier erreichen muß. Da das 
Krokodill beynah eben fo viel als die Seeſchildkroͤ⸗ 
ten im Waſſer wohnt, mit einem eben ſo feſten 
Panzer bekleidet iſt, und noch längere Zeit zu ſei⸗ 
nem Wachsthum braucht, als die Rieſenſchildkroͤ⸗ 
te, die mit dem zwanzigſten Jahre ausgewachſen 
zu ſeyn ſcheint, und uͤber ein Jahrhundert lebt, 
ſollte da das Krokodill nicht noch ein hoͤheres Alter 
erreichen muͤſſen? — 

Das Krokodill bewohnt vorzuͤglich die Ufer 
großer Stroͤme, die oft austreten, und an deren 
ſchlammigen Ufern die Schaalenthiere, Wuͤrmer, 
Froͤſche und Eidechſen, von denen es ſich naͤhrt, 
im Ueberfluß ſind. Nach Cates by halten ſich 
aber die Nordamerikaniſchen Krokodille nicht allein 
nahe an der Muͤndung der Stroͤme, ſondern auch 
in den Stroͤmen tiefer im Lande und in ſalzigen 
und ſuͤßen Seen auf. Sie verſtecken ſich am Ufer 
unter dem Schilfe, um die Heerden und andere 
Thiere anzufallen )). In Suͤdamerika hal— 
ten ſie ſich am liebſten in ſchlammigen Seen und 

uͤber⸗ 


2) Memoires pour seryir à P’hist, nat, des anim, 
Tome 3. 


(7 Catesby a. a. O. 


Das gemeine Krokodill. 405 


uͤberſchwemmten Gegenden auf ). Cates by 
beſchreibt in ſeiner Naturgeſchichte von Caroli— 
na 9), die moraſtigen von der See uͤberſchwemm— 
ten Ufer mit dicken Waͤldern von Banianen und 
Geſtraͤuch bedeckt, unter denen ſich die Krokodille 
verſtecken. Die kleineren verkriechen ſich in das 
dickſte Gebuͤſch, wo die großen nicht hineindringen 
koͤnnen, und wo fie vor ihren moͤrderiſchen Zaͤhnen. 
ſicher ſind. Dieſe uͤberſchwemmten Waͤlder wim⸗ 
meln von Raubfiſchen und andern gefraͤßigen Thie⸗ 
ren, die ſich unter einander bekriegen. Man 
trifft auch oft große Schildkroͤten unter ihnen an, 
die aber gemeiniglich von Raubfiſchen gefreffen 
werden, welche wieder den Krokodillen, die maͤch— 
tiger als ſie alle ſind, zur Beute werden. Die 
Spuren dieſer Kaͤmpfe, Gerippe halbgefreſſener 
Thiere ſchwimmen haͤufig in dieſen Waͤldern umher. 
Hier im Moraſte mit Schlamm uͤberzogen, liegt 
das Krokodill einem umgeſtuͤrzten Baum aͤhnlich, 
und erwartet unbeweglich mit einer Geduld, wie 
ſie von ſeinem kalten Blute zu erwarten iſt, auf 
den guͤnſtigen Augenblick, wo es ſeine Beute ha⸗ 
ſchen kann. Seine Farbe und Geſtalt taͤuſcht die 
Fiſche, Eeevögel und Schildkroͤten, nach denen 
es ſehr luͤſtern if. Es fallt aber auch Schaafe, 

Schweine und ſelbſt Stiere an “)). Wenn es zu— 
weilen in einem großen Strome abwaͤrts ſchwimmt, 
N Ce 3 ſo 

r) De la Borde. 

s) Catesby a. a. O. 
N 4) Ebend. 


406 Eidechſen. 

fo ſieht es nur mit dem halben Kopfe aus dem Wafſ⸗ 
ſer hervor und lauert ſo auf ein Thier, das ſich 
dem einen oder andern Ufer naht. Koͤmmt dann 
eins zur Traͤnke, ſo taucht es unter, ſchwimmt un⸗ 
ter dem Waſſer nahe heran, haſcht es bey den 
Beinen, zieht es mit in den tiefen Strom und er⸗ 
ſaͤuſt es. Bey großem Hunger frißt es auch Men⸗ 
ſchen 2). Vorzuͤglich ſoll es auf die Neger Jagd 
machen ). Die ſehr großen Krokodille, welche 
leicht in die Augen fallen, denen alſo die kleinen 
Thiere leichter ausweichen koͤnnen, muͤſſen oft und 
hart von Hunger geplagt werden und alſo ſehr ges 
faͤhrlich ſehn, beſonders im Waſfer. In dieſem 
Elemente kann das Thier ſeine ganze Kraft ge⸗ 


brauchen, und bewegt ſich trotz ſeiner ſchweren 


Maſſe mit vieler Leichtigkeit, indem es mitunter 
ein dumpfes Gemurmel von ſich hoͤren laͤßt. Ob 
es ſich gleich, ſeiner Laͤnge wegen nicht gut ſchnell 
umwenden kann, ſo iſt ſeine Geſchwindigkeit hin⸗ 
gegen außerordentlich, wenn es das Waſſer durch- 
ſchneidet, und auf ſeine Beute losſtuͤrzt. Es 
wirft fie mit einem Schlage feines hoͤckerigen 
Schwanzes um, packt fie mit feinen Klauen, zer— 
reißt ſie, oder zerſtuͤckt ſie mit ſeinen ſtarken ſpitzi⸗ 

gen 


u) In Ober- Aegypten verſchlingen fie oft Weis 
ber die am Nil Waſſer ſchoͤpfen, und Kinder, die 
am Ufer ſpielen. Haſſelquiſt Reiſe nach ii 
ſtina. S. 347. 

x‘ Observations sur le Crocodile de la . 
siane par Mr, de la Coudreniere. Journal de 
Physique 1782. 


Das gemeine Krokodill. 407 


gen Zaͤhnen, und wuͤrgt ſie den ungeheuern Schlund 
hinab, der ſich bis hinter die Ohren öffnet, Auf 
dem Lande findet es bey weitem mehr Schwierig 
keiten ſich fortzuhelfen, und iſt daher den Thieren, 
die es verfolgt, nicht gefaͤhrlich. Dennoch laͤuft es 
auf geradem Wege und ebenem Boden ziemlich 
ſchnell. Wenn man ihm daher entgehen will, 
ſo muß man nicht gerade aus, ſondern im Kreiſe 
oder im Zickzack laufen. In der Beſchreibung 
von Neuſpanien ) wird erzaͤhlt, daß ein rei 
fender Engländer von einem ungeheuern Krokodill, 
das aus dem See Nikaragua kam, ſo ſchnell 
verfolgt wurde, daß es ihn erhaſcht haben wuͤrde, 
wenn die Spanier die ihn begleiteten, ihm nicht 
zugerufen haͤtten, den geraden Weg zu verlaſſen, 
und im Kreiſe herumzulaufen. In Suͤdameri⸗ 
ka kommen nach Herrn de la Borde die gro- 
ßen Krokodille ſeltener aus den Strömen hervor, 
als die kleineren. Wenn die Seen, in denen ſie 
ſich aufhalten, zuweilen austrocknen, ſo bleiben fie 
mehrere Monathe auf dem Trocknen, ohne wieder 
einen Strom erreichen zu koͤnnen, und leben indeß 
von Wildprett oder hungern, und find dann ſehr 

gefährlich 
Es giebt wenige Gegenden, i in denen ſich etwas 
große Krokodillen aufhalten, wo es nicht mit Le⸗ 
bensgefahr verknuͤpft waͤre, ins Waſſer zu fallen. 
In dem großen Strome auf der Inſel Celebes, 
Cc 4 om 


Allgem. Geſch. der Reiſen. Fter Theil. 


408 Eidechſen. 


ſind die Krokodille gefährlicher als in irgend einem 
andern Strome des Orients. Die Ungeheuer be- 
gnuͤgen ſich nicht damit gegen die Fiſche zu Felde 
zu ziehen. Sie verfammeln ſich in Haufen und 
lauern auf dem Grunde des Waſſers auf voruͤber— 
fahrende Kaͤhne. Sie halten ſie an, werfen ſie 
mit dem Schwanze wie mit einem Haken um, fal⸗ 
len dann uͤber die Menſchen und Thiere her, und 
ſchleppen fie in ihre Schlupfwinkel 3). Man hat 
Faͤlle, daß ſie des Nachts in die Kaͤhne geklettert 
oder geſprungen ſind und alle die darauf waren ge⸗ 
freſſen haben. Man muß große Vorſicht anwen⸗ 
den, wenn man ſich an Ufern aufhält, welche von 
dieſen Thieren bewohnt ſind. Herr dela Borde 
ſah fie felbit ſich an kleinen Fahrzeugen in die Höhe 
richten. 8 
| Vergleicht man alle dieſe Erzählungen der 
Reiſebeſchreiber miteinander, ſo ergiebt ſich daraus, 
daß die Gefraͤßigkeit und Kuͤhnheit der Krokodille 
nach der Verſchiedenheit des Klimas, der Groͤße, 
des Alters, der Lage des Thiers, der Beſchaffen⸗ 
heit und der Menge ſeiner Nahrungsmittel ſich 
vermehrt, vermindert oder gar verſchwindet. Oft 
kann der Hunger ſie zwingen, ſich untereinander 
ſelbſt aufzuzehren, wie ich ſchon bemerkt habe, und 
wenn Noth ſie zwingt, ſo muß der Schwaͤchere 
dem Staͤrkeren unterliegen; aber nach allem dem, 
„ ne | was 

20 Beſchreibung der Inſel Celebes oder Mac aſ⸗ 


ſar in der allgem. Geſch. der Reiſen. Th. 39. 
S. 248. 


Das gemeine Krokodill. 00 


was ich- bis jetzt erzähle habe, iſt es klar, daß die 
Berichte einiger Naturforſcher, daß das Krokodill⸗ 
weibchen die ausgebruͤteten Jungen ins Waſſer 
fuͤhrte, und daß die Maͤnnchen und Weibchen die⸗ 
jenigen fraͤßen, welche nicht folgen koͤnnen, falſch 
ſind. Wir wiſſen nun, daß die Sonnenwaͤrme die 
Eyer ausbruͤtet, daß die Jungen allein ins Waſ⸗ 
ſer gehen, daß die Krokodille nur aus aͤußerſter 
Noth ſich an ihrer eigenen Brut vergreifen, und 
kein Inſtinkt der Grauſamkeit ſie dazu treibt. 

Trotz der Mannigfaltigkeit der Nahrungsmit⸗ 
tel, die dem Krokodill angewieſen ſind, muß es 
doch zuweilen Monathe lang faſten, weil viele 
Thiere wegen ſeiner Langſamkeit ihm leicht aus⸗ 
weichen koͤnnen. Es verſchlingt dann kleine Stei⸗ 
ne und Stuͤckchen Holz, damit ſeine Eingeweide 
nicht zuſammenſchrumpfen. Brown verſichert, 
daß man mehreremal beobachtet habe, daß Kroko⸗ 
dille Monathe lang ohne die mindeſte Nahrung zu 
brachten 2. Man hat den Verſuch gemacht ih⸗ 
nen die Schnauze mit einem Metalldrate zu vor- 
binden und ſie ſo in die Tiefe gehen zu laſſen, wo 
ſie ſich dann von Zeit zu Zeit an der Oberflaͤche 
ſehen laſſen um Athem zu holen. 

Nach den Berichten der Reifebefchreiber ſcheint 
es, als wenn die Krokodille nah am Aequator das 
ganze Jahr hindurch nie erſtarrten; die hingegen, 
welche näher an den Wendezirkeln oder unter noch 

> Ec groͤße⸗ 


a) Bron nat. hist, of Jamaica. p. 462. 


410 Eidechſen. i 


größeren Graden der Breite ſich aufhalten, ver⸗ 
bergen ſich beym Anfange des Froſtes in tiefe Höh- 
len am Ufer und bringen den Winter in der Er— 
ſtarrung zu. Plinius fagt, die Krokodille braͤch— 
ten die vier Wintermonathe in Hoͤhlen und ohne 
Nahrung zu, daraus läßt ſich ſchließen, daß die 
Nilkrokodille, welche den Alten am beſten bekannt 
waren, in der kalten Jahrszeit erſtarrten 5). In 
den Gegenden Amerika's, die mit Aegypten 
unter einerkey Graden der Breite liegen, die alſo, 
da der neue Welttheil uͤberhaupt ein kaͤlteres Kli⸗ 
ma hat, als die alten, nicht fo warm find als Ae⸗ 
gypten, ſchlafen die Krokodille den Winter hin- 
durch. Wenn fie in Karolina aus dieſem Schla— 
fe erwachen, fo ſtoßen fie, nach Catesby's Er: 
zahlung, ein fuͤrchterliches Gebruͤll aus, das man 
ſehr weit hoͤren kann ). Vielleicht verſtaͤrken die 
Echo's der Ufer die dumpfen Töne dieſer Thiere 
und rechtfertigen Cates by's Erzählung. Uebri⸗ 
gens ſagt Herr de la Coudreniere von den 
Krokodillen in Luiſiana; ihr Geſchrey ſey immer 
nur ein einzelner abgebrochener Ton, den ſie nicht 
wiederholen, gleiche aber an Staͤrke dem Gebruͤll 


eines Stiers 4). Der en Jobſon erzaͤhlt 
eben⸗ 


5) Plin. lib. VI. cap. 38. Den Winterſchlaf der 
Krokodile ſcheint Plinius im ııten Buch, Kap. 
91 zu beruͤhren. 

c) Catesby nat. hist, of Carolina. Vol. 2. p. 65. 

J) Observations sur le Crocodile de Lonisiane, 
Wa de Phys. 1782. 


Das gemeine Krokodil. ‚Alk 
ebenfalls, daß die Afrikaniſchen Krokodille am 
Gambia, wo fie ſich in großer Menge aufhal— 
ten, und bey den Regern Bumbos heißen, ſo 
laut ſchreyen, daß man ſie ſehr weit hoͤren kann. 
Man ſollte glauben, ſetzt er hinzu, die Stimme 
kaͤme aus einem tiefen Brunnen; dieß ſetzt ſehr 
tiefe Toͤne in ihrer Stimme voraus, die ſie einem 
dumpfen erſtickten Gebruͤll aͤhnlich machen ). 
Das Zeugniß des Herrn de la Borde, das ich 
ſchon angeführt habe, beſtaͤtigt gleichfalls Cates⸗ 
by's Erzaͤhlung. 

Wenn das Krokodill in Fälteren Gegenden, 
wie die uͤbrigen Amphibien, erſtarrt, ſo ſchadet die 
Kaͤlte und das Faſten ſeiner Haut nicht, und es 
haͤutet ſich nicht ſo wie dieſe. 

In den Laͤndern, wo die Menſchenzahl die 
Krokodille nicht zwingt zerſtreut zu leben, gehen 
ſie immer in zahlreichen Haufen zuſammen. Herr 
Adanſon ſah im Senegall Heerden von mehr 
als zweyhundert beyſammen, die mit dem Kopfe 
uͤber dem Waſſer daher ſchwammen, einer Menge 
von Baumſtaͤmmen gleich, die von der Fluth fort⸗ 
getrieben werden. Aber dieſes Zuſammenleben iſt 

bey den Krokodillen nicht die Folge eines gluͤcklichen 
Inſtinkts; fie verfammeln ſich nicht, wie etwa die 
Biber, zu gemeinſchaftlichen Arbeiten; Nachah⸗ 
mung ſchaͤrft ihre Talente, und gemeinſames Wir⸗ 
ken 


* 


e) Kapitän Jobſon's Reiſe nach dem Gambia. 
Alloem. Geſch. der Reiſen. tes Buch. 


412 Eidechſen. 
ken ihre Kraft nicht; ſie ſuchen ſich nicht, wie die 


Robben und Seekuͤhe (Lamantins), aus gegen- 


ſeitiger Zuneigung auf, ſondern einerley Beduͤrf— 
niß führe fie an einen Ort zuſammen. Dieſes Zu⸗ 
ſammenſeyn giebt uͤbrigens einen neuen Beweis 
ab, daß man den Krokodillen keine Grauſamkeit 
zuſchreiben kann. Auch die Nachgiebigkeit ihres 


Naturells beweiſt, daß ſie nicht zu den reiſ⸗ 


ſenden Thieren gehören, denn man hat fie fo- 
gar gezaͤhmt. Auf der Inſel Bourbon und 
den Molucken maͤſtet man zuweilen Krokodille, 


die auf die Art gewiſſermaßen Hausthiere werden. 


In andern Laͤndern fuͤttert man ſie der Pracht 
wegen. Der König von Saba auf der SEla- 
venkuͤſte in Afrika, haͤlt zwey Teiche voll Kroko⸗ 
dille zur Pracht. Am Rio-San-Domingo 
und an den weſtlichen Kuͤſten Afrika's werden ſie 
von den Einwohnern gefuͤttert, und die Kinder 
ſogar ſpielen, wie man ſagt, mit dieſem Unge⸗ 
heuer. — Mit Erſtaunen ſieht man, ſagt Brun 
in feiner Reife nach Biſſao ꝛc., daß im Rio⸗ 


> 


San=- Domingo die Krokodille, die fonft fo 


ſchreckliche Thiere ſind, niemanden etwas zu Leide 
thun. Die Kinder ſpielen mit ihnen, fegen ſich 
ihnen auf den Ruͤcken und pruͤgeln ſie ſogar, ohne 
im mindeſten von ihnen beſchaͤdigt zu werden. 
Vielleicht kommt dieß von der guten Pflege her, 
welche dieſe Thiere bey den Einwohnern finden. 
In allen uͤbrigen Theilen von Afrika fallen ſie ohne 
Unterſchied Thiere und Menſchen an. Doch ſind 

zuwei⸗ 


— 


Das gemeine Krokodill. 43 


zumeilen Neger dreuſt genug ſich mit ihnen zu mefe 
fen, und fie mit Dolchen anzugreifen. Ein Mes 
ger von Fort St. Louis machte ſich taͤglich ein 
Vergnügen daraus, und kam lange glücklich durch. 
Endlich aber ſchlug es ihm fehl und er wurde einſt 
ſo ſtark verwundet, daß er ohne die Huͤlfe ſeiner 
Gefaͤhrten von einem Ungeheuer gefreſſen worden 


ſeyn würde H. 


Die Alten wußten recht gut, daß das Kroko— 
dill ſich zaͤhmen ließe, und Ariſtoteles raͤth, 
nur es hinlaͤnglich zu fuͤttern, um von ihm nichts 
zu fuͤrchten zu haben; denn der Hunger allein 
macht es gefaͤhrlich. Herr de la Borde ſah 


zu Cayenne Krokodille, die mik Schildkroͤten 
zu gleicher Zeit in einem Behaͤlter waren. Sie 
lebten lange in dieſer Geſellſchaft ohne ſich an den 


Schildkröten zu vergreifen. Man fuͤtterte fie mit 


den Ueberbleibſeln aus der Kuͤche. 


Wenn das Ktokodill nicht fo grauſam iſt als 
die Haye und andere Raubfiſche, mit denen es 
den Aufenthalt und einige Adobe, Eigenſchaften 


gemein hat, fo hat es auf der andern Seite, we— 


gen der Kälte feines Bluts, auch den Muth dieſer 
Thiere nicht. Plinius ſagt, es floͤhe, wenn 


man es verfolgte, es ließe ſich ſogar lenken, wenn 


jemand dreuſt genug waͤre, ihm auf dem Ruͤcken 


zu ſpringen, und nur dann ſey es gefaͤhrlich, wenn 


man vor ihm liefe 8). Auch Proſper Alpie 
a nus 


Allgem. Geſch. der Reifen. 
g) Plin. lib. VIII. a 38. 


414 Eidechſen. 


nus erzaͤhlt, wie Aegyptiſche Landleute ein Kroko⸗ 
dill fiengen, ihm Rachen und Pfoten banden, es 
zu den Leuten trugen, die es kaufen wollten, es 
dort losbanden und ein Weilchen vor ihnen herum— 
gehen ließen, ihm den Rachen und Pfoten wieder 
verbanden und es endlich erdroſſelten, um ihn die 
Haut abzuziehen ). Das mag wohl von den 
Krokodillen wahr ſeyn, die Plinius nicht kann⸗ 
te, denn in den kaͤltern und naͤſſern Amerikaniſchen 
Gegenden haben die Krokodille, wie alle große 
Thiere uͤberhaupt weniger Kraft und Muth, aber 
mit ihren Repraͤſentanten in den trockneren Laͤn— 
dern der alten Welt, dürfte ſich ſchwerlich fo ſpie⸗ 
len laſſen. In den Gegenden von Cayenne in 
Südamerika, fangen die Neger zuweilen klei⸗ 
ne, 5 bis 6 Schuh lange Kʒaymans. Sie bin- 
den ihnen die Pfoten und koͤnnen dann mit ihnen 
machen was ſie wollen, ohne daß das Thier ſich 
zur Wehr ſetzt. Will man recht vorſichtig ſeyn, 
fo bindet man ihnen auch die Kinnladen zuſam⸗ 
men, oder ſteckt ihnen ein dickes Blech in den 
Rachen. In einigen Stroͤmen von St. Domin⸗ 
go hingegen, wo die Krokodille oder Kaymans 
ziemlich unſchaͤdlich ſind, werden ſie von den Wil⸗ 
den verfolgt. Das Thier flieht und verſteckt ſich 
gewoͤhnlich mit dem Kopfe und einem Theile des 
Koͤrpers in ein Loch; dann legt man ihm eine 
Schlinge von einem ſtarken Seile an einen Hin⸗ 
' | terfuß 
A) Proſper Alpin's Naturgeſch. von Aegrpten. 
Leyden 1755. Th. 1. Kap. 5. i 


8 


Das gemeine Krokodil. 415 


terfuß und einige Neger fpannen ſich daran und 
ziehen es bis in ihre Huͤtte, ohne daß das Thier 
Miene macht, ſich zu vertheidigen ). 

Die Krokodille haben ein warmes Klima noͤ— 
thig. In gemaͤßigten Himmelsſtrichen gedeihen 
ſie nicht A), und bleiben immer kleiner je weiter 
ſie vom Aequator entfernt leben. Man findet ſie 
uͤbrigens noch in allen Welttheilen einige Grade 
über die Wendezirkel hinaus. Man trifft fie zu- 
weilen in- den Strömen von Korea, achtzehn 
bis zwanzig Ellen lang ). Auch im Lande der 
Papus find fie einheimiſch n). Dampier 
traf fie an den Kuͤſten der Inſel Timor n). Auf 
dem feſten Lande von Amerika noch zehn Grade 

- über den Wendezirkel des Krebſes hinauf, vorzuͤg⸗ 
lich fo weit als der Neusſtrom in Nordkar o- 
ling hinauf geht, ohngefaͤhr bis zum 33ſten 
Grad der Breite giebt es viele Krokodille. Wei⸗ 
ter hinauf habe ich nie von dieſen Thieren reden 
hören, ſagt Cates by. Dieſe Breite trifft ohn⸗ 
gefaͤhr mit den noͤrdlichſten Gegenden von Afrika 
überein, wo fie zu finden find ). Im Amazo⸗ 

nen⸗ 


) De la Borde, 

k) Memoires pour servir a hist, nat, ‚des anim. 
Art, Crocod. 

D In Hamels Beſchreibung von Corea. Allgem. 
Geſch. der Reiſen. Th. 24. S. 244. 

m) Reiſe des Fernand Mendez Pinto. Allg. 
Geſch. der Reiſen. Th. 2. Buch. 2. 

n) Dampiers Reiſe nach den Suͤdlaͤndern. 

0) Catesby nat. hist. of Carolina. Tom, . p. 63. 


1 


416 ne Eidechſen. 


nenfluſſe und den meiſten Fluͤſſen, die er auf 
nimmt, ſind die Krokodille zahlreich. Man ver⸗ 
ſicherte dem Herrn de la Coudreniere, daß 
man ſie zwanzig Fuß und laͤnger finde. Im 
Guzaquil hatte er ſchon viele von 12 bis 15 
Fuß lang geſehen. Da fie im Umazonenfluf- 
ſe den Nachſtellungen weniger ausgeſetzt ſind, ſo 
fuͤrchten ſie ſich vor den Menſchen eben nicht. Bey 
Ueberſchwemmungen kommen ſie zuweilen in die 
Hütten der Indianer ). 

In Thuͤringen und auch in England 
hat man in Schachten über 30 Fuß tief unter der 
Erde Verſteinerungen von Krokodillen, und in der 
Provinz Norting ham ein ganzes Gerippe ge⸗ 
funden )). Doch hier iſt nicht der Ort zu unter> 
ſuchen, was fuͤr Revolutionen auf verſchiedenen 
Theilen unſeres Erdkoͤrpers dieſe Verſteinerungen 
vorausſetzen. 

So furchtbar uns das Krokodill vorkommen 
mag, fo fürchten ſich doch die Neger am Sene— 
gal nicht es im Schlafe, oder an Orten, wo es 
nicht genug Waſſer hat um ſchwimmen zu koͤnnen, 
zu überfallen. Sie gehen dreuſt darauf los, ba» 
ben den linken Arm mit Leder umwunden und grei« 
fen es mit ihren Haſſageyen an. Sie ſuchen ihm 

die 


5) Allgem. Geſch. der Reiſen. Th. 53. S. 439. 

9) Englaͤndiſche Bibliothek. Th. 6. S. 406. (Man 
ſehe auch oben die von mir angefuͤhrten Stellen 
95 verſteinerten Krokodillen und ihren Theilen. 


2 


Das gemeine Krokodill. 417 


die Augen und den Schlund mit mehrern Stichen 
zu durchbohren, reißen ihm dann die Kehle auf, 
ſtecken ihre Haſſagey zwiſchen die Kinnbacken, daß 
es ſie nicht ſchließen kann, und halten es ſo lange 
unter Waſſer, bis es von der Menge Waſſer, die 
es verſchlucken muß, erſtickt iſt '). Einer meiner 
Neger, erzaͤhlt Adanſon, erlegte einſt ein ſieben 
Fuß langes Krokodill. Er ſah es am Ufer unter 
einem Baume im Geſtraͤuche ſchlafen. Leiſe, um 
es nicht aufzuwecken, ſchlich er hinzu und gab ihm 
ſo geſchickt einen Saͤbelhieb in den Hals zwiſchen 
den Schuppen und den Knochengelenken durch, daß 
er es bis auf etwas weniges morſch durchhieb. Das 
Krokodill, das tödlich verwundet war, kruͤmmte ſich, 
obgleich mit Mühe zuſammen, und gab dem Ne— 
ger mit dem Schwanze einen Schlag an die Bei⸗ 
ne, daß er zu Boden ſtuͤrzte. Ohne ſeine Beute 
fahren zu laſſen, ſprang dieſer wieder auf, und um 
vor den moͤrderiſchen Zaͤhnen des Thiers ſicher zu 
ſeyn, umwickelte er ihn den Rachen mit der 
Schaam- Schürze (pagne), indeß fein Ka- 
marad den Schwanz des Thiers hielt. Ich ſelbſt 
ſprang ihm auf den Ruͤcken um es feſt zu halten, 
und der Neger hieb ihm nun vollends mit ſeinem 
Saͤbel den Kopf vom Rumpfe ). 

In Aegypten macht man auf dem Wege 
des Ungeheuers einen tiefen Graben, und bedeckt 


ihn 
) Labat. Th. 2. S. 337. 
5) Voyage au Senegal par M. Adanson. p. 148. 


De la Cepedes Natg. d. Amıpp- 1. Bd. D d 


4 3 


418 Eidechſen 


ihn mit Laubwerk und Erde; dann jagt man mit 
einem großen Geſchrey das Krokodill auf, welches, 
um wieder ins Waſſer zu kommen, auf ſeinem vo— 
rigen Wege zuruͤckeilt, über den Graben muß, 
hineinſtuͤrzt, und dort todgeſchlagen oder in Schlin⸗ 
gen gefangen wird. Andere binden ein ſtarkes 
Seil mit einem Ende an einen Baum und an das 
andere befeſtigen ſie ein Lamm und einen Haken. 
Auf das Geſchrey des Lammes kommt das Kroko— 
dill, und faͤngt ſich, indem es ſeine Beute faſſen 
will, an der Angel. Je mehr es ſich loszumachen 
ſucht, deſto tiefer dringt der Haken ins Fleiſch; 
man läßt dann das Seil nach, folgt ihm und zieht 
es endlich daran todt aus dem Waſſer. 5 

Die Wilden in Florida haben noch eine 
andere Art ſie zu fangen. Zehn oder zwoͤlf von 
ihnen ruͤcken gegen ein Krokodill an, das am Ufer 
auf Beute lauert. Sie haben einen Baum, der 
an der Wurzel abgehauen iſt, bey ſich. Kommt 
nun das Krokodill mit offenem Rachen auf ſie los, 
ſo ſtoßen ſie ihm die Stange in den offenen Schlund, 
werfen es um, und toͤdten es. 

Manche Wilden ſollen ſogar dreuſt genug ſeyn, 
bis unter das Krokodill zu ſchwinmen, und ihm 
den Bauch aufzureiſſen, beynah der einzige Ort, 
wo es verwundbar iſt. 

Die Menſchen ſind aber nicht die einzigen 
Feinde des Krokodills, auch die Tiger und Wil 
pferde machen Jagd darauf. Die letzten find 
deſto gefährlicher für fie, da fie ihnen bis auf den 

4 Grund 


* 


Das gemeine Krokodill. 419 


Grund des Meers folgen koͤnnen. Auch die Ku 
guars, ob ſie gleich ſchwaͤcher ſind als die Tiger, 
toͤdten eine große Menge von ihnen. Sie lauern 


an dem Ufer der Stroͤme verſteckt auf die jungen 


Krokodille, haſchen ſie, wenn ſie den Kopf aus dem 


Waſſer ſtecken und verzehren ſie. Treffen ſie aber 
auf groͤßere und ſtaͤrkere Krokodille, ſo iſt die Reihe 


angegriffen zu werden, an ihnen. Vergebens ha— 
ken ſie dem Krokodill ihre ſcharfen Klauen in die 
Augen, ſeine Staͤrke iſt zu uͤberwiegend und es 
zieht fie mit auf den Grund hinab ). | 
Ohne dieſe vielen und mächtigen Feinde wuͤr⸗ 


de ein Thier, das fo furchtbar iſt, wie das Krofo- 


dill, ſich entſetzlich vermehren. Alle Ufer der gro— 
ßen Stroͤme in dem heißen Erdſtrich wuͤrden von 
ihnen bevoͤlkert werden, und die Unmoͤglichkeit bey 
ihrer Menge hinlaͤngliche Nahrung zu finden, 


‚würde fie bald wild und grauſam machen. Furcht— 
bar durch ihre Waffen und noch furchtbarer durch 
ihre Menge wuͤrden ſie bald den Menſchen aus 


dieſen neuen und fruchtbaren Laͤndern vertrieben 
haben, die er zuweilen nur mit Muͤhe gegen ſie 


behauptet. Denn wie ſollte er alle die Vorthei— 


le, die ihnen ihre Groͤße, ihre Waffen, ihre 
Staͤrke und Anzahl gaͤben, beſiegen? — Pro 
Did 2 ſper 


4) Allgem. Geſch. der Reiſen. Th. 53. S. 440, 
(Pennant zieht dieß in feinerHistory of Quadru- 
peds (ſ. meine Ueberſ. davon B. I. S. 297. N; 
186.) auf dem Braſiliſchen Tiger (Felis On⸗ 

an, Lin. B.) 8 ö 


420 | Eidechſen. 
ſper Alpin ſagt, daß die groͤßten Krokodille in 
Aegypten die Naͤhe der Menſchen fliehen, und 
ſich an den Ufern des Nils über Memphis aufhal⸗ 
ten, wo man ſie zuweilen dreyßig Ellen lang fin— 
det u). In den weniger bevoͤlkerten Ländern iſt 
der Fall aber umgekehrt. In dem Amazonen⸗ 
flu ſſe und dem Oyapoc, der Bay St. Vin⸗ 
cent, und den Seen, die mit ihr zuſammenhaͤngen, 
ſind ſie in ſo großer Menge, daß ſie die Pirogen 
aufhalten. Sie folgen dieſen leichten Fahrzeugen 
nach, doch ohne es zu verſuchen ſie umzuwerfen, 
oder die Menſchen anzugreifen. Zuweilen, wenn 
ſie nicht zu groß ſind, kann man ſie mit den Ru⸗ 
dern verjagen K). Herr de la Borde hingegen 
erzaͤhlt, als er auf ſeiner Reiſe in einem Boote 
an den Oſtkuͤſten von Suͤdamerika hinfuhr, traf 
er an der Muͤndung eines kleinen Stroms, den er 
hinauffahren wollte, ein Dutzend große Krokodille, 
die ihm den Paß verlegten. Er feuerte einigemal 
auf ſie, um ſie fortzujagen, aber ſie wichen nicht 
von der Stelle. Er gerieth beynah in Verſu— 
chung uͤber ſie hin zu fahren, nur die Beſorgniß 
hielt ihn zuruͤck, ſie moͤgten ſein kleines Fahrzeug 
umwerfen und ihn verſchlingen. Er ſah ſich da— 
her genoͤthigt, zwey volle Stunden zu warten, wor⸗ 
auf ſich die Krokodille entfernten, und ihm 00 
e e 

Zum 


u) Naturgeſch. von Aegypten von Proſper Alpin. 
1 Th. Cap. 5. 
&) v. Widerſpach. 


Das gemeine Krokodill. 42¹ 


Zum Gluͤck geht ein großer Theil der jungen 
Brut, noch ehe ſie aus dem Ey kommt, verloren. 
Auſſer jenen groͤßeren Feinden, von denen ich ſchon 
geredet habe, ſucht eine Menge kleinerer Thiere, 
die ſonſt bey dem Anblick des Krokodills fliehen, ſei⸗ 
ne Eyer am Ufer auf. Die Manguſte, die 
Affen, Sagoins, Sapajus und eine Menge 
Seevoͤgel find ſehr luͤſtern darnach Y). Viele zerbre⸗ 
chen ſie auch nur aus Spielerey. 

Auch die Neger in Afrika und einige Indiſche 
und Amerikaniſche Völker 2) eſſen die Eyer und 
das Fleiſch des Krokodills, vorzuͤglich vom Schwan— 
ze und Bauche. Es iſt ſehr weiß und jene Voͤl⸗ 
ker finden es ſehr ſchmackhaſt, beynah alle Euro— 
paͤer hingegen, die es koſten wollten, wurden durch 
ſeinen ſtarken Biſamgeruch abgeſchreckt. Indeſſen 
erzaͤhlt Adanſon, daß er von einem Krokodill, 
das unter ſeinen Augen am Senegall getoͤdtet 
wurde, gegeſſen, und das Fleiſch nicht ſchlecht 
gefunden habe. Die Schmackhaftigkeit des Flei⸗ 
ſches muß übrigens nach dem Alter und der Nah 
rung des Thieres ſehr verſchieden ſeyn. 

Zuweilen findet man Bezoars bey den Kroko— 
dillen, ſo wie bey manchen andern Eidechſen. Se— 
ba hatte in ſeiner Sammlung verſchiedene Stuͤcke, 
die er aus Amboina und Ceylon bekommen 
hatte. Die größten waren von der Größe eines 

| D d 3 Enten⸗ 


) Beſchreibung der Inſel Hip e Allgem. 3 
der Reiſen. 3. Th. 5. Buch 
72 de Carolina, II. 55 65. 


422 Eidechſen. 


Enten⸗Eyes, nur etwas länger, und die Ober— 
fläche hatte kleine Erhabenheiten von der Größe 
eines Pfefferkorns. Dieſe Coneremente beſtan⸗ 
den, wie alle Bezoars, aus duͤnnen uͤbereinander⸗ 
liegenden Rinden; die Farbe war dunkelgrau mar⸗ 


morirt mit mehr oder weniger Weiß eingeſprengt a). 


Die Roͤmer kannten die Krokodille lange 
Zeit nicht ſelbſt: erſt 38 Jahre vor der ehriſtli⸗ 
chen Zeitrechnung zeigte der Evil Seaurus 
fünf dergleichen dem Volke 5). Auguſt brachte 
ihrer noch mehrere lebendig nach Rom, und ließ 
Menſchen mit ihnen kaͤmpfen. Heliogabal un⸗ 
terhielt einige. Dieſe Tyrannen der Welt ließen 
mit ungeheuern Koſten Krokodille, Tiger, Löwen 
u. d. gl. aus Afrika kommen, und hatten ihre Freu⸗ 
de daran, alle Ungeheuer, die die Erde hervor⸗ 
bringt, um ſich zu verſammeln. 

Die Krokodille waren daher fuͤr die Roͤmer 
und andere alte Voͤlker ſehr furchtbare Thiere. Sie 
kamen aus fernen Laͤndern und es iſt daher nicht 
zu verwundern, wenn man ihnen auſſerordentliche 
Kräfte zuſchrieb. Es giebt beynah kein Stuͤck 
am Krokodill, dem man nicht beſondere Heilkraͤfte 
in irgend einer Krankheit zugeſchrieben haͤtte. Die 


Zähne 2), die Schuppen, das Fleiſch, die Ein⸗ 


geweide, alles hatte wunderbare Wirkungen. In 

Haſſelquiſts Reife nach Palaͤſtina H) findet 
8. man 
a) Seba. Tom. II. p. 13g. 
5) Plin. lib. VIII. cap. 40. 
o) Plin. lib. XXVII. cap. 28, 
d) p. 57. 


— 


— 


Das gemeine Krokodill. 423 


man mehrere wahre oder eingebildete Eigenſchaf⸗ 
ten aufgefuͤhrt, die die Araber und Egyptier 
noch jetzt der Galle, dem Fette und den Augen 
des Krokodills zuſchreiben. 
| In ihrem Vaterlande war man damit noch 
nicht zufrieden. Sie floͤßten durch ihre Verheerun⸗ 
gen oft Schrecken ein, die Furcht benebelte die; 
Vernunft, man machte ſie zu Goͤttern, gab ihnen 
Prieſter, die Stadt Areinoe wurde ihnen ges 
weiht e), und man verehrte ihre Aeſer andaͤchtig 
in hohen Pyramiden neben den Gräbern der Koͤ— 
nige. Jetzt iſt in eben den Laͤndern, wo man ſie 
ſonſt anbetete, ein Preiß auf ihren Kopf gefetzt. 
So aͤndern ſich die Meynungen. 


Zu ſa ß. 
Das ſchwimmende Krokodill. ) 


Dieß Krokodill wird von den meiſten als eine 
Vorietaͤt des gemeinen oder Nil-Krokodills 
D d 4 betrach⸗ 


e) Eneyclopedie methodique. Dictionaire d’an- 
tiquites, par Mr. Abbé Mongez l’aine, Garde 
du Cabinet d' Antiques et d Histoire naturelle 
de St. Genevieve, de Academie des Inscript, 
etc, 

pP Crocodylus natans. C. nucha nuda, dorsi 
scutis quadratis planis, plantis semipalmatis, 
digitis duobus exterioribus palmatis; palmis 
pentadactylis, plantis tetradactylis. Meyer 

Synops. rept. P. 20. . 2. 
’ ro- 


4 


424 Eeiodcchſen. 


betrachtet; der ſelige Meyer macht es aber unter 
obigem Namen zu einer beſondern Art. Es iſt 
aus dem ſo verſchieden angegebenen Beſchreibun— 
gen und Abbildungen nichts gewiſſes zu behaupten. 
Es ſcheint ſich durch den gedruͤcktern, kuͤrzern, Ee- 
gelfoͤrmigen Kopf, den nackten Nacken und die 
Fuͤße, deren Zehen alle mit Krallen bewaffnet ſind, 
auszuzeichnen. Außerdem ſoll noch der Ruͤcken mit 
ebenen viereckigen Schuppen bedeckt ſeyn, die vier⸗ 
zehigen Hinterfuͤße follen nur eine halbe Schwimm- 
haut haben, mit Aus nahme der zwey aͤußeren Zehen, 
die durch eine ganze Schwimmhaut ausgeſpannt ſind. 

Es ſoll vorzuͤglich Ceylon bewohnen. 

. | B. 


Das 


Orocodylus maxillis depressis conicis, plan- 
tis semipalmatis, digitis duobus exteri- 
oribus palmatis. Gronoviü Zoophyl. Fasc. 
I. p. 10. n 39. | 1 45 

Crocodylus africanus. C. dorso scutis qua- 
dratis planis tessellata; lateribus, abdo- 
mineque squammis ovatis imbricatis; cauda 
Supra una alterave crista carinarumz pedi- 
bus anticis. pentadaetylis, posticis tetrada- 
etylis natatoriis, omnibus unguiculatis. 

Taurenti Specim. p. 54. n. 85. | 

Crocodylus africanus, recens natus. Seba 
Mus l. p. 161 tab 103. fig. 2. Hat hinten 
5 Zehen. Vorder- und Hinterfuͤße find hands 
foͤrmig. Crocodili africani, recens nati al- 
sera speeies. fig. 3. Crocodilus americanus 
€x Curassoa. hg. 4. Auf der Wurzel des 

fl Schwan⸗ 


— 


Das ſchwarze Krokodil. 425 


Das ſchwarze Krokodill. 


(Le Crocodile noire.) | 


Zweyte Art. 


Dieſe Art unterſcheidet ſich von der erſten durch 
ihre viel dunklere, beynah ſchwarze Farbe, da das 
Nilkrokodill gruͤnlich, oder wie Bronze aus— 
ſieht. Adanſon hat dieſes Thier zuerſt am S e— 
negal gefunden und beſchrieben. 8 ). Es hat 
längere Kinnladen als das eigentliche Krokodill, 
iſt raubgieriger und koͤnnte daher auch wohl im in⸗ 
neren Bau verſchieden ſeyn, der haͤufig bey der 
verſchiedenen Lebensart der Thiere zum Grunde 
liegt. Daß dieſes Thier mit dem Nil- Krofo- 

Ded 5 dill 


Schwanzes ſtehen 2 Reihen Schuppen, die aber 
in der Mitte zuſammenlaufen. Fig 3 und 4 
haben hinten nur 4 Zehen, die aber, wie ge— 
woͤhnlich, mit einer Schwimmhaut verbunde 
ſind. ö 5 
Lacerta Crocodylus. Var. ß, Gmelin. Lin. 
Syst. I. 5. p. 1057. | 
Der Caiman. Kleins Hiſtorie der vierf. Thier 
re. S. 109 Nr. 3. (ganz unbeſtimmt). 
Der afrikaniſche Caiman. Deſſen Claſ—⸗ 
ſification der vierf. Thiere. S. 304. Nr. 2 u. 3. 
Donndorfs Zool. Beytr. III. S. 73. Nr. 1. 


B. 
3) Adanson’s Voyage au Senegal. p. 73. (Ueber: 
feß. S. 107. Eine zweyte Gattung von Krofo: 
dillen. B.) 5 


a 


426 Eidechſen. 8 


dill zu einer Gattung gehoͤren, und daß ſeine Ab⸗ 
weichungen im Bau und in der Farbe bloß vom 
veraͤndertem Klima herruͤhren ſollten, iſt nicht wohl 
glaublich, da Adanſon in eben dem Strome 
auch eine Menge grüner, den Aegyptiſchen völlig 
ähnlicher Krokodille fand. In Amerika hat 
man dieſe Gattung noch nicht angetroffen, und 
Adanſon iſt auch der einzige Naturforſcher, der 
ſie im Senegal gefunden, und ihrer erwaͤhnt 


hat ). 


A) Aus dieſer kurzen und unvollſtaͤndigen Beſchreibung 
laͤßt ſich nicht abſehen, warum Hr. La Cepede 
dieß Krokodill von dem folgenden getrennt hat, da 
doch Adanſon der verlaͤngerten Schnauze aus— 

druͤcklich erwähnt. (Schneider amph. physiol. 
Spec. I. p 33.) Es wäre daher bloß, nach den 
jetzigen Angaben zu urtheilen, eine Farbenvarietaͤt 
des Gavials. Wir muͤſſen von reiſenden Natur- 
forſchern noch nähere Aufklaͤrung hieruͤber abwar— 
ten. Vergl. Donndorfs Zool. Beytr. III. S. 
74. Nr. 50. 6. — Meyer Synops. 9 p. 21. 


« 


Der 


8 A 2 2 Beh 5 


N, 


* 


Das langſchnauzige Krokodill. 427 
— ———— ee een 
Der Gavial, oder das langſchnauzige 
Krokodill. 


(Gavial ou le Crocodile a machoires alongées). i) 


Dritte Art. 
(Taf. XXII. Fig. 2.) 


Do letzte Art von Krokodillen wohnt in In⸗ 
dien an den Ufern des Ganges, wo ſie den 
. | Na- 


) Dieß Krokodill iſt hauptſaͤchlich unter dem Nas 
men des Ganges: Krokodills bekannt. 
Lacerta gangelica. L. maxillis elongatis 
teretibus subeylindri icis, eauda superne cris- 
sis binis in unam confluentibus horrida, 
Gronovii Gazoph. Fasc. II. p- 11. n. 40. — 
Gmel. Lin. I. 3. p. 1057. n. 30. Merk, 
Heſſiſche Beytr. zur Gelehrſamkeit und Kunſt. 
Frankf. am Main 1787. B. II. Th. 1. S. 73 
bis 87. (Hier iſt vorzuͤglich der Scheidel mit 

dem des Nilkrokodills verglichen.) 

Lacerta Crocodilus, ventre marsupio donatus 
(Anzeige eines Jungen 13 faucibus merganse- 
ris rostrum aemulantibus,. Edwards Phil, 
Transact. Vol. 49. P. II. p. 639. tab. 19. 

Crocodylus terrestris. C. capite subgloboso, 
corio communi obtecto, antice in rostrum 
cylindrico conicum longum attenuato; gcu- 
lis convexiformibus. Corpore subtus scu- 
tis guadratistesselato, supra callis subrotun- 
dis seutiformibus tecto, Cauda supra ca- 
rinarum crista duplici, mox. confluente in 
unam. Pedibus omnibus peniadaetylis quin- 


que 


. Eidechſen. 
Namen Gavial fuͤhrt. Sie gleicht den Nil⸗ 
Krokodillen an Farbe und in ven übrigen 
Hauptunterſcheidungszeichen. Der Gavial hat, 
wie der Alligator, fuͤnf Zehen an den Vorder— 
und vier an den Hinterfuͤßen, aber nur an den 
drey innern Zehen jedes Fußes Naͤgel; in eini⸗ 
gen beſondern Kennzeichen hingegen weicht er 
merklich vom Aegyptiſchen Krokodill ab. Seine 
Kinnladen ſind viel laͤnger und viel ſchmaͤler, ſo 
daß ſie wie ein langer Schnabel ausſehen, der ſehr 
gegen den dicken Kopf abſticht. Die Zaͤhne ſind 
nicht, wie bey dem gemeinen Krokodill ungleich an 
Länge und Dicke, auch find ihrer mehr. Im 
koͤniglichen Cabinette iſt ein Exemplar dieſer Gate 
5 tung 


que unguiculatis figsis. Taurenti Spec. 
amph. p. 54. n. 86. 

Kooxoltiros » Tayyn. Aelianus de natur. anim. 
X, c. 414. | 

Goc gang etteus. C. maxillis elongatis 
teretibus subeylindrieis, cauda superne cri- 
stis binis in unam confluentibus horrida, 
pedibus pentadactylis fissis. Meyer, Syn. 
rept, p. 20 n. 3. 

Crocodilus gangetieus, Schneider amph. phys. 
spee. I. p. 32. 

Le Gavial. Bonaterre Erp. 35. n. 2. Pl. 1 fig. 4. 
Das Krokodill mit dem langen Schna⸗ 
bel. Kruͤnitz. Encyclop. LIII. S 577. 

Adanſon, Senegal. S. ro2, 212, 218,220, 221. 

Afrikaniſches Krokodill. Berlin. Samml. 
V. S. 264. 

Die Gavial-Sidechſe. Suckov's N. G. III. 
S. 93. Nr. 2. 

Das Ganges-Krokodill. Donndorfs Zool. 
Beytr. III. S. 73. Nr. 50. B. 


— 


Großer Durchmeſſer des Auges — 2 


Das langſchnauzige Krokodill. 429 


tung von etwa 12 Fuß Laͤnge, das in der obern 
Kinnlade 58 und in der untern 30 Zähne hat. 
Die Zahl der queeruͤberlaufenden hoͤckerichen Streis 
fen auf dem Ruͤcken iſt um den vierten Theil groͤßer 
als beym gemeinen Krokodill die viereckigen Schup— 
pen, woraus ſie beſtehen, beruͤhren ſich alle, und ſind 
am Rande erhabener, in der Mitte aber nicht ſo 
ſehr als beym Nil-Krokodill. Dieſe Abweichun⸗ 
gen ſind mehr als hinreichend fi e als eine eigene 
Art zu betrachten. 

Der Gaival erreicht, wie der Alligator, eine 


betraͤchtliche Groͤße. Im koͤnigl. Kabinette iſt 
ein Stuͤck von der Kinnlade eines Gavials, der, 


nach dieſem Stuͤcke zu urtheilen 30 Fuß 10 Zoll 


lang geweſen ſeyn muß. Ich kann dem Leſer kei⸗ 
ne deutlichere Vorſtellung von dieſe ungeheuren 
Thiere geben, als wenn ich ihn auf die Abbil— 
dung und die folgende Tabelle verweiſe, welche 


die vornehmſten Ausmeſſungen des . 


me. zwölffüßigen Thieres liefert. 


— 


Die ganze Laͤnge betrug =» 11“ 10% 6% 
Laͤnge des Kopfes = 2 1 1 


Von der Spitze der Schnauze bis 
zwiſchen die Augen 5 1 0 


Laͤnge der obern Kinnlade? 2 — 6 
Laͤnge des Theils der mit Zaͤhnen 

beſetzt iſt . - 1 a ,- 
Abſtand der Augen voneinander — 3 3 


Groͤß⸗ 


439 Eidechſen. 


Größter Umfang des Leibes 3“ 6 1. 
Länge des Kopfes hinter den 


Augen 4 5 22 — — 
Laͤnge der Schnauze wo ſie am 
duͤnnſten iſt 5 e ee 


Laͤnge der Vorderpfoten bis an 
die Nagelſpitze⸗ > 1 
Länge der Hinterpfoten = 1 
Länge des Schwanzes = 5 
2 


> 
8 
1 
Sein Umfang an der Wurzel 8 


„ 


Die Krokodille, welche Tavernier am 
Ufer des Ganges von Tutipur bis nach Ace 
rat, einer Strecke von 25 Coſſen, antraf, gehoͤr⸗ 
ten unſtreitig zu dieſer Art. Er ſah eine Menge 
von diefen Thieren zuſammen auf dem Sande lie⸗ 
gen und ſchoß auf ſie. Der Schuß traf in die 
Kinnlade eines großen Thieres und gab Blut, 
aber es entkam und gieng ins Waſſer. Am an⸗ 
dern Tage traf Tavernier, da er den Gan— 
ges weiter hinunter fuhr, wieder eine Menge von 
ihnen, wie die vorigen, am Ufer. Er ſchoß auf 
zwey mit drey Kugeln, und in dem Augenblick legs 
ten ſie ſich auf den Ruͤcken, ſperrten den Machen 
auf und verendeten Y. 

Es ſcheint, als wenn die Alten ſchon den 
Gavial gekannt haͤtten, denn Aelian erzaͤhlt, 
daß w man an den Ufern des Ganges Krokodille mit 

N einer 


Y Vovage de REN Allgem. Geſch. der 
Reiſen. 3. Th. 3. Buch. > 


Das langſchnauzige Krokodill. 431 


einer Art von Horn an der Spitze der Schnauze 
gefunden haͤtte. Edwards iſt unter den neuern 
Naturforſchern der erſte, der den Gavial im Jahr 
1756 unter dem Namen des langſchnaͤbeli— 
chen Krokodills beſchrieb und ſeinen langen 
ſchmalen Kinnbacken mit dem Schnabel einer 
Tauch⸗-Ente verglich 7). Sein Exemplar war 
augenſcheinlich noch nicht ausgewachſen. Es hatte 
am Bauch einen offenen Sack oder Beutel, von 
dem ich weder an dem vorher beſchriebenen, noch 
an einem andern juͤngeren, das im koͤnigl. Cabi⸗ 
nette aufbewahrt wird und 2 Fuß 3 Zoll lang iſt, 
habe eine Spur finden koͤnnen. Vielleicht verliert 
ſich dieſe Oeffnung, wenn das Thier größer wird, 
und iſt nichts anders als der Einſchnitt von der 
Nabelſchnur, oder es iſt ein Geſchlechtsunterſchied. 
Noch befindet ſich im koͤnigl. Kabinette ein halb⸗ 
verſteinertes Stuͤck von einem Kinnbacken mit Zaͤh⸗ 
nen in Kalkſtein, das in der Gegend von Dax 
in Gaſcogne gefunden und von Herrn von 
Borde eingeſchickt iſt. Es ſcheint mir nach an⸗ 
geſtellter Unterſuchung einen Gavial gehoͤrt zu ha⸗ 
ben. 
3 u ſatz e. 
Beſchreibung des Ganges⸗Krokodills. 
Vielleicht wird es manchem meiner Leſer nicht 
unangenehm ſeyn, wenn ich ihm hier eine ſo genau 


a als 
9 Philos, Transact. 1756. 


— 


432 Eidechſen. 

als moͤgliche Beſchreibung von dem Ganges— 
Krokodill gebe, das ich ſelbſt beſize. Es wird 

ſich daraus manche Verſchiedenheit in Beſchreibung 
der einzelnen Theile bey andern Schriftstellern er er⸗ 
e 


i | | (Pariſer Maaß.) 
Die ganze Laͤnge betraͤgt e u 


Die Länge des Kopfs = N SE: 
— — des Halſes = 2 8 3 
— — des Schwanzes 2. 2 


— — der Vorderfuͤße bis 
zu der Nagelſpitze 7 
— — der Hinterfuͤße Lee 

Breite des Kopfs hinter den 


| 


Ohren — 17 10 
Der Umfang daſelbſt = T1 8 
Breite der Schnauze wo ſie am 

duͤnnſten iſt 0 „r 2 
Umfang daſelbſt E «„ — ER 


Breite des Leibes, wo er am 
2 Fickſten IE 1 n 
Umfang daſelbſt 5 — — 2 3 
Umfang der Schwanzwurzel — 1 6 
Umfang der Vorderbeine an der . 
Wurzel » 8 38 — 

— — hinter den Zehen — 3 — 
Umfang der Hinterbeine an der 
Wurzel « n 1 
— — hinter den Zehen — 


Das Ganges Krofodill, 433 


Im Ganzen hat dieß Krokodil die Geſtalt des 
Nil- Krokodills, und nur die langgeſtreckte Schnau— 
ze, die etwas kleinern Fuͤße und der zugeſpitztere 
Schwanz ſcheinen es auszuzeichnen. Edwards 
hat die Schnauze ganz richtig mit der des Säge 
tauchers verglichen, denn ſo nimmt ſie ſich von 
der Seite und von oben aus. Der Rachen oͤffnet 
ſich bis hinter die Ohren; die Zaͤhne der obern 
Kinnlade fangen ſich aber erſt in der Mitte des 
Auges, und die der untern vor denſelben an. 
Die obere Kinnlade iſt in ihrer Mitte von dem 
hinterſten Zahn angerechnet, nach oben, und nach 
innen zu ſeicht ausgeſchweift, beugt ſich dann bo⸗ 
genfoͤrmig wieder etwas aus- und unterwaͤrts, zieht 
ſich von da wieder auf- und ſtark einwaͤrts, fo daß 
hier vor der loͤffelfoͤrmig abgerundeten Spitze, auf 
welcher die 2 rundlichen Naſenloͤcher ſtehen, der 
ſchmalſte Theil deſſelben iſt. Die Mitte dieſer 
Kinnladen iſt flach und rund, wenig abſchuͤſſig; 
die Spitze iſt aber nach vorne und nach den Sei⸗ 
ten abgerundet, wie der Nagel an einem Gaͤnſe⸗ 
oder Saͤgetaucherſchnabel. Die untere Kinn⸗ 
lade iſt da, wo die obere von der Mitte ſich unter⸗ 
waͤrts beugt, am eingezogenſten, ſchmaͤlſten und 
eingebogenſten, erhebt ſich nach der Spitze zu et⸗ 
was, laͤuft nach hinten zu faſt gerade aus, denn 
ſie zieht ſich erſt uͤber den Ohren etwas aufwaͤrts, 
in der obern ſtehen auf jeder Seite 18 und in der 
untern 15 Zaͤhne, alſo oben zuſammen 36 und 
unten 30, fie find alle kegelfoͤrmig, vorn an der 

De la Cepede's Naturg. d. Amph. I. Bd. Ee Seite 


434 Ei.dechſen. 


Seiten am ſpitzigſten, hinten am ſtumpfſten und 
in der Mitte am laͤngſten; die laͤngſten von unten 
paſſen in die Ausſchweifungen der obern Kinn⸗ 
lade, und die laͤngſten von oben in die Aus⸗ 
ſchweifung der untern Kinnlade; oben iſt der eilf⸗ 
te der laͤngſte und ſtaͤrkſte an jeder Seite. Der 
Scheitel iſt zwiſchen den Ohren flach und vier⸗ 
eckig, zwiſchen den 1 104 Zoll im Durchmeſſer ha⸗ 
benden Augen verſchmaͤlert und nach der Form 
der Augen ausgerundet, vor den Augen etwas er⸗ 
haben, dann niedergedruͤckt und platt bis zur ab⸗ 
gerundeten Spitze; von den Augen bis hinter die 
Ohren geht eine Vertiefung; die Seiten des 
Kopfs find hinten eckig, und der Unterkopf iſt 
flach. Das obere Augenlied hat rundliche War⸗ 
zen und das untere iſt an der Kante ausge— 
zackt. Die ganze Oberflaͤche des Kopfs iſt rund 
gerunzelt und uͤber den Ohren findet man zwey gro⸗ 


ße, runde, ſchuppenartige Vertiefungen. Der 


Hals iſt dick und ſtark; im Genick ſtehen in halb» 
mondfoͤrmiger Stellung vier hornartige, gekielte, 
abgerundete Erhöhungen, wovon die beyden mitte 
lern die groͤßten ſind und als eine Schwiele zuſam⸗ 
menhaͤngen, die zwey zur Seiten aber iſolirt ſtehen. 
Mitten auf dem Halſe ſtehen noch 5 ſolcher Kie— 
le, wovon die beyden mittlern, je zwey und zwey⸗ 
ſchwielig zuſammen haͤngen, und die groͤßten ſind, 
neben ſich zur Seite, in der Mitte aber 2 kleine- 
re haben, die allein ſtehen. 277 uͤbrige Oberhals hat 

einige 


€ 
— 
4 


7* 


Das Ganges⸗ Krokodil. 435 


einige warzenaͤhnliche und zuſammengedruͤckte Er- 
bödungen, kleine, runde und eyrunde Schuppen, 
die an den Seiten groͤßer und regelmaͤßiger, und 
an dem Unterhals in Queerſtreifen getheilt ſind und 
diereckig ausſehen. Die Vorderfuͤße haben fünf 
gekruͤmmte Zehen, wovon die drey innern nur wei— 
ße kegelfoͤrmige Naͤgel haben; an den Seiten nach 
außen ſtehen nach vorne zu drey hochgekielte Schup⸗ 
pen, eben ſo oben nach der Wurzel zu drey weniger 
hohe Kiele; an der Wurzel ſind die Schuppen 
viereckig, dann verſchoben und ungleich viereckig, 
nach der Spitze zu aber wieder in regelmaͤßige 
Streifen geſtellte Vierecke. Ueber den Vorderfüs 
ßen iſt auf den Schultern oder dem Anfang des Ruͤk⸗ 
kens eine glatte ungekielte Stelle. Von da an 
bemerkt man auf dem Ruͤcken 10 Reihen neben⸗ 
einanderſtehender, kielfoͤrmiger Erhoͤhungen; mit⸗ 
ten auf denſelben laufen naͤmlich 15 in Queerbaͤn⸗ 
der geſtellte Schwielen hin, davon jedes nach au⸗ 
ßen zwey große, nach innen aber zwey niedrige 
Kiele hat, und wovon nur der dritten und zehnten 
die aͤußeren großen Hoͤcker fehlen; naͤchſt dieſen 
Schwielenſtreifen ſtehen noch eine Reihe hoher 
Schwielenhoͤcker und zwey Reihen kleinerer und 
ſchwaͤcherer auf jeder Seite, wovon die letztern aber 
uͤber der Mitte des Bauchs auslaufen; zwiſchen 
dieſen Seitenreihen ſtehen kleinere und groͤßere, 
eyrunde und runde Schuppen; unter den Seiten 
aber fangen Queerſtreifen an, die in lauter vierek⸗ 
kige, aneinanderhaͤngende Schuppen unter dem 
„ Bauche 


* 
1 


436 0 Eidechſen. 


Bauche getheilt ſind. Die Hinterfuͤße haben vier 
Zehen, die mit einer halben Schwimmhaut beklei⸗ 
det ſind, an welchen die aͤußere kleine Nagel hat 
und auch mit weniger Schwimmhaut vereinigt iſt; 
an der Hinterſeite nach der Spitze ſtehen 9 kiel⸗ 
foͤrmige Erhabenheiten, die aber nicht knochig ſind; 
die Schuppen ſind wie an den Vorderfuͤßen, nur 
daß einige ſtumpfe Kiele auf der Oberſeite, nicht 
wie an jenen der Laͤnge nach, ſondern nach der 
Queere ſtehen. Der kegelfoͤrmige, nur an der 
Spitze durch die vereinigten großen kielfoͤrmigen 
Erhöhungen zuſammengedruͤckt ſcheinende Schwanz 
hat rund herum deutliche Schuppenſtreifen, die 
oben auf bis zu einem Drittheil von der Wurzel 
an, in der Mitte mit zwey niedrigen und an jeder 
Seite mit einem erhabenen hornartigen Kiele oder 
Fortſetzung der Ruͤckenhoͤcker, doch ohne zuſam⸗ 
menhaͤngende Bandſchwielen, beſetzt ſind; von da an 
hoͤrt die mittlere niedrige Reihe auf, und nur an 
den Seiten gehen die zwey Kielreihen, doch in 
weicherer und floſſenaͤhnlicherer Geſtalt bis ſieben 
Zoll vor der Schwanzſpitze hin, wo ſie ſich verei- 
nigen und bis zur Spitze, nur gabelfoͤrmig ge— 
theilt oder zuſammenhaͤngend bis ans Ende als 
eine ſcharfe ausgehende Kante fortlaufen. Die 
ganze Unterſeite iſt in viereckigen zuſammenhaͤngen— 
den Schuppen getheilt, die von gleicher Groͤße mit 
den Bauchſchuppen, nur zwiſchen dem Hinterbeine 
noch einmal ſo klein ſind. An den Seiten des 

ö | Schwan⸗ 


4 


Das Ganges: Krokodil. 437 


Schwanzes bemerkt man Spuren von kielfoͤrmigen 
Erhoͤhungen, die der Laͤnge nach laufen. 
Die Farbe iſt uͤberhaupt, und vorzuͤglich auf 
den ungeſchwielten Stellen ſchwarzgruͤn, auf den 
erhoͤhten Schwielen ſchmutzig braunroͤthlich und 
am Unterleibe ſchmutzig gelb. 

Genauer laͤßt ſich die Beſchreibung an mei⸗ 
nem Exemplare nicht machen. 


Ee 3 Das 


43 ee 


Der Kaiman oder das Amerikaniſche 
Krokodill. *) 
(Taf. XXIII. Fig. 1.) 


Dieß Thier, das unſer Herr Verfaſſer mit dem 
Nil⸗Krokodill fuͤr einerley hält, und nach 
| ‚welcher 


m) Lacerta Alligator. T. capite imbricato plas 
no, nucha nuda, cauda superne binis lineis 
lateralibus a ; Blumenbahs Handb. 
der N. G. S. 237. — Gmelin Es Syst. J. 
3. P. 1058. n. 51. 

Croeodillus americanus, Laurenti Spec. amph. 
P · 54. N. 84. 

Crocodylus Alligator. C. capite imbricate - 
plano, nucha nuda, cauda superne binis li- 
neis bateralibus aspera, pedibus pentada- 
ctylis, plantis natatorüs. Meyer, Synops. 
rept, p 21. n. 4. 

Crocodylus maxillis depressis conicis, plantis 
vix semipalmatis. Gronovü Zoophyl, I. p. 
10. n. 38. 

Alligator. Milliam Bertram's travels through 
North and South Carolina. Philadelphia 
1791. 8. (Ueberf. S. 91. 120.) 

a Kaiman. Batſch Thiere. S. 450, 

— Kruͤnitz, Eucyklopad. XXVIII. D. II, 
a II. S. 575. 

— — Donndorfs Thiergeſ. S. 424. Nr. 2. 

— — Borowsky Thierreich IV. S. 45 
Taf. 4. 

— — Funks N. G. I. S. 364. 

— — Neuer Schauplatz der Natur. II. ©. = 

| et 


Das Amerikaniſche Krokodill. 439 


welchen alſo jene Stellen, die auf fein gem ei⸗ 
nes Krokodill, das ſich in Amerika aufhaͤlt, 


Ee 4 paßen, 
Der Kaiman. Hartfinks Beſchr. von Guiana. 
I. S. 138. 
— — Dobrizhoffer, Geſch. der Abiponer. 
I. S. 392. 
— — Eharlevoir. Geſch. von Paraguay. 
S. 22. 23. 


— — Beckmanns phyſ. öfonom. Bibl. XV. 
S. 474 

— — Allgem. Beſchr. der Laͤnder und Voͤlker 
von Amerika. II. S. 553. 562. 610. 698. 

Crocodylus americanus, Seba Thes. I. p. 169. 


tab. 106. 
Lacertus maximus. Catesby Carolina. II. 
p. 63. s 
Der Alligator. Schoͤp f, Reife durch Amerika. 
| II. S 213. 
— — Dampier, Reiſe um die Welt. S. 497. 


g 500. 

Krokodill der neuen Welt. Goeze Na 
turalienkabinett. S 51. 

Crocodile de „ Rechefort, hist, 
des Antill, P. 241, lig. 1. 

Lacertus egregius. Barrere, Franc, equinox. 

5 154. 

Le Cayman, Bonnaterre Erpetolog, p. 35. 
2.9, PI, 1. her 2 

Die Kaiman⸗Eidechſe. Suckow's Naturg. 
III. S. 93. Nr. 3. 

Amerikaniſches Krokodill. Klein, quadr. 
disp p. 100. Deſſen Claſſif. S. ae Def 
fen natuͤrliche Ordn. S. 169. Nr. 2. — Le 
Page, Reiſen um die Welt. S. 41. 7 — 
Labat, Reiſe nach Weſtindien. II. S. 151. 
228. 347. 10 

Bon: 


440 Eidechſen. 


paſſen, ſoll nach denen, welche es trennen, kleiner 
als jenes ſeyn, nur 12 — 30 Fuß groß werden. 
Es hat einen flachen, beſchuppten Kopf, der ſich 
nach und nach in eine duͤnne Schnauze verliert, 
einen nackten Nacken, der ganze Leib iſt in band— 
foͤrmige Streifen abgetheilt, die oben auf dem 
Rücken eine doppelte Reihe keilfoͤrmiger Erhöo⸗ 
hungen bilden, die nicht ſo hoch ſind, als am 
Nilkrokodill, und wovon die aͤußerſte Reihe in der 
Gegend der Hinterfuße ſich endigt, die andere aber 
auf jeder Seite bis vor das Schwanzende fortgeht; 
auf den Hinterbeinen ſteht auf der Hinterſeite ein 
keilfoͤrmiger Rand; die Vorderfuͤße und Hinter⸗ 
fuͤße haben fuͤnf mit Naͤgeln verſehene Zehen, und 
letztere ſind mit einer Schwimmhaut verbunden. 
Der Bauch hat lauter viereckige Einſchnitte auf 
den Queerbaͤndern. Der Oberleib iſt dunkel faf- 
frangelb, auf den Schwielen dunkelkaſtanienbraun, 
eben ſo die Fuͤße; der Bauch iſt blaßgelb. 
Dieſes Krokodill, das im mittlern Amerika 
lebt, ſoll ſcheuer und furchtſamer feyn als das Nil⸗ 
Krokodill. Seine Nahrung machen vorzuͤglich 
Fiſche aus. Man hat aber auch Stuͤcken Holz, 


Leder und Eifen in feinem Magen gefunden. Es 


legt nur etwa dreyßig Eyer, denen die Raubvoͤgel 


ſehr 


Bontius Java. tab. 455 
Jacare. Mareg rav, Bras. Dr 5 
Crocodilus. Sloane Jam. 
Der Kaiman. Donndorfs * Beytr. 1, 
S. 74. Nr. 31. 


— 


Das Amerikaniſche Krokodil. 440 


ſehr nachſtellen, und welche daher ſeiner groͤßeren 
Vermehrung Graͤnzen ſetzen. 


Aus den bisher gegebenen Beſchreibungen der 
bekannten Krokodillen ergiebt ſich, daß noch viel 
von reifenden Naturforſchern ins Licht zu ſtellen iſt. 
Der Indiſchen neuen Art, deren die nach Sia m 
geſchickten Jeſuiten gedenken, haben wir oben S. 
386 nach Hrn. Schneiders Angabe (Amph. 
phys. Spec. I. p. 33.) erwähnt, 


Ich bemerke hier nur noch zum Schluß, was 
Pennant in feinen View of Hindooston. 
London 1798. Vol, II. ſagt ). Man muß 
dreyerley Arten von Krokodillen unterſcheiden, den 
gemeinen Oſtindiſchen (der dem Nil-Kro— 
kodill am naͤchſten kommt); dann den Gavial 
mit dem Gaͤnſeſchnabel, und drittens einen klei— 
nern, der nie uͤber 12 Fuß lang wird, deſſen 
Kopf und Hals halb ſo lang ſind als der Leib, und 
der einen ungeheuern Rachen hat, mit zwey Vor— 
derzaͤhnen im Unterkiefer, die in ein Paar Deffnun« 
gen des Oberkiefers paflen ). Dieſer letztere 

Ee 3 fälle 


1) S Litteratur-Zeitung. 1799. Nr. 385. 
183 

9) Ich weiß nicht, was es mit dem Durchgreifen ſol— 

cher Zaͤhne des Unterkiefers fuͤr eine Bewandniß 

hat. 


442 Eidechſen. 


fälle nie Menſchen an, und wird auch nie im 
Ganges gefunden. B. 


hat. An einigen Krokodillen, die ich geſehen habe, 
reichte ein großer Zahn auf jeder Seite in ei⸗ 
ner Ausſchweifung des Oberkiefers uͤber dieſen 
hinaus, durchſtach ihn aber nicht. An andern 
Exemplaren, an welchen vorn, auf der runden 
knöchernen Schnauze, die Oberhaut abgenutzt war, 
giengen die zwey runde Naſenloͤcher ganz durch, 
und durch dieſe ſtachen dann, wenn die untere 
Kinnlade etwas zuruͤckgezogen war, zwey untere 
ſpitzige Vorderzaͤhne. Allein dieß war nicht von 
Natur ſo, ſondern nur ein Machwerk des Aus⸗ 
. 


Der 


Der Schleuderſchwanz. 443 


— —— SD CEEEREETEETEREEETE EEE EEE TREE TE TEE. 


Der Schleuderſchwanz. 


(Fouette- queue.) ) 


Water diefem Namen kommen bey mehrern Natur⸗ 
forſchern einige Arten von Eidechſen vor, die ihrem 
Schwan⸗ 


ʒ) Le Fouette- queue. D Aubenton F 
meth. (Bonnaterre Erpet. 55. n. 4. Pl. 3 
lig 1. B.) 

1 RE e Lin. Amph. rept. X. 
P- 200. n. 2. Gmelin Lin 1. S. p. 1058. n. 2, 
Lacerta cauda depressa- plana pinnatifida, 
pedibus palmatis. 

Seba. Mus. 1. tab. 106. fig. 1. (Gehört nicht 
hierher ſondern zu den Krokodillen. B.) 

Coudiverbera peruviana. Laurenti specimen 
medicum. Vienna® 1768. p 37. 

Feuillee. Diarium Bot. II p. 319. La Cep. 

J DR die hierher gehörige Figur aus Seba Thes, - 

I. tab. 103 lig. 2. genommen. Dieß Thier 
aber hat feine paſſende Stelle unten hinter der 
plattkoͤpfigen Eidechſe (La Tete- plate). 
S. Schneideri Amph. phys. Spec. II. P-. 41. 

Man vergleiche ferner: 

Der ſchwarze Wafferfalamander. Moli- 
na hist. nat Chil p. 197. 

Der And erſchuenk . Natur- 
ſyſtem Ill. S. 84. Nr. 2. Taf. 2. Fig. 

— Borowsky Thierreich V. S. 40 Nr. 2. 

— — Donndorfs a S. 425. Nr. 30 

Bergmanns N. G. III. S. 228. 

Die Schlen der⸗ Eidechſe. Suckow' s N. G. 
MI. S. 94. Nr. 4. a. 

Se 


444 Ei.idechſen. 


Schwanze die Bewegung einer Peitſche geben koͤn⸗ 
nen. Beſonders kommt die Eidechſe, von der 
ich jetzt reden werde, und der Drachenkopf in dem 
folgenden Artikel unter dieſem Namen vor. Dieß 
hat zu allerley Verwirrungen in den Erzaͤhlungen 
der Reiſebeſchreiber, in Betreff dieſer Eidechſen 
Anlaß gegeben, um ſo mehr, da der Drachenkopf 
auch unter dem Namen Cordyle vorkommt, den 
man auch dem Schleuderſchwanze gab, fo 
daß nun nicht allein der Drachenkopf, der ſeinen 
Schwanz wirklich ſo bewegen kann, ſondern auch 
ganz andere Gattungen von Eidechſen, die es nicht 
koͤnnen, unter einerley Namen erſcheinen. Um 
aller dieſer Verwirrung auszuweichen, behalte ich 
den Namen Schleuderſchwanz bloß der einzi- 

gen Art vor, von der ich jetzt reden werde 9). 
Der Schleuderſchwanz wohnt in den heißen 
Gegenden von Suͤdamerika, vorzuͤglich in Pe— 
ru. Er wird oft mehrere Fuß lang. Der Rüf- 
ken iſt, ſo wie die Seiten, mit viereckigen und 
ovalen Schuppen beſetzt. Der Schwanz, welcher. 
am 


Geſtirnter Geck. Kleins Hiſtorie der vier— 
füßigen Thiere. S. 121. Nr. 3. Deſſen 
Quadr. disp. p. 112. Deſſen Clafſif. S. 
350. Nr. 4. 

Der Schleuderſchwanz. Donndorfs Zool. 
Beytr. S. 76. Nr. 2 

9) Wie die Folge ausweiſt, ſo hat der Hr. Ver faſ⸗ 

ſer die Sache noch verwirrter gemacht als 5 e war, - 


Der Schleuderſchwanz. 445 


zam Rande gezaͤhnt iſt, und den er wie eine Peit⸗ 
ſche bewegen kann, giebt ihm Aehnlichkeit mit dem 
Drachenkopf, ſo wie die platte Geſtalt des Schwan⸗ 
zes und die breiten Fußblaͤtter mit dem Krokodill, 
von welchem er uͤbrigens leicht zu unterſcheiden iſt, 
da das Krokodill an den Hinterfuͤßen nur vier, der 
Schleuderſchwanz aber an jedem Fuße fuͤnf Zehen 
hat. Ich halte deßwegen auch das Thier auf der 
10ö6ſten Tafel des erſten Theils beym Seba für 
einen Schleuderſchwanz. Linne“ zieht es zu den 
Krokodillen 7), das kann es aber der Zahl der 
Zehen wegen ſo wenig ſeyn als ein Drachenkopf, 
der keine ſo breite Fußblaͤtter hat. Seba giebt 
Amerika fuͤr das Vaterland dieſes Thieres an, 
und das trifft ſehr gut mit dem zuſammen, was 
Linne ſelbſt von dem Schleuderſchwanze 
ſagt ). Zugleich muß ich bemerken, daß das 
Thier auf der 103 Platte, Theil 1, Fig. 2, beym 
Seba, das Linne fuͤr den Schleuderſchwanz 
Hält: 0), ein Drachenkopf iſt; denn ob ihm gleich 
der Zeichner an den Hinterfuͤßen eine Schwimm⸗ 
haut gegeben hat, fo ſteht doch im Texte ausdruͤck⸗ 
lich, daß es keine habe. A 5 wie ich ſchon 
9 oben 


„ 


Fer 7.4 4 ) 1 

| 3 Und das mit Recht. Es iſt das Am erikaniſche 

Krokodill. B. r 

) Linne“ a. a. O. \ 

£) Linne“! meynt ja dieß Thier gar nicht, ſondern 

Seba Thes. II. tab. 103, fig. 2. wovon unſere 
Abbildung genommen ii B. 0 
381 22, 


2 


446 Eidechſen. N 
oben geſagt habe u), daß der Schleuderſchwanz 
die Eidechſe iſt, welche Dampier fuͤr eine Art 
des amerikaniſchen Krokodills hielt. 

Auf Ceylon giebt es eine große Eidechſe, die 
dem Krokodille ſehr aͤhnlich iſt, aber ſich durch ihre 
blaue und geſpaltene Zunge, die ſie beym Ziſchen 
oder Athemholen fuͤrchterlich ausſtreckt, unterſchei⸗ 
det. Die heißt Kobbera-Guion. Gewoͤhn⸗ 
lich iſt ſie ſechs Schuh lang; ihr Fleiſch ſchmeckt 
ſchlecht; ſie geht haͤufig ins Waſſer, lebt aber 
groͤßtentheils auf dem Lande von Vögeln und an⸗ 
dern Thieren, die ſie haſchen kann. Vor dem. 
Menſchen fuͤrchtet fie ſich, und nimmt es nicht mit 
ihm auf, Hunde hingegen und andere Thiere, die 
ſie angreifen wollen, jagt ſie mit dem Schwanze 
fort, mit dem ſie ſich wie mit einer Peitſche wehrt. 
Ob ihre Zehen durch Haͤute verbunden find, weiß 
ich nicht. Sind ſie es, ſo gehoͤrt ſie zu den Perua⸗ 
niſchen Schleuderſchwaͤnzen, die durch das Klima 
vielleicht einige Abaͤnderungen erlitten haben; im 
andern Falle wuͤrde ſie zu den ene zu 
zahlen ſeyn. 


Zu ſa tz. 


Da unſer Verfaſſer hier alles untereinander 
gewirrt hat, fo will ich die eigentliche Beſchreibung 
des Schleuderſchwanzes Cacerta caudi- 
as Lin,) bier beyfügen, 

Der 


an) Artikel Krokodil, 


> 7 


2 5 
5 de n d z ene ., ae 8 
x GL 1 ech, | G 
y x 7 73030 2 . . 


LENZ 


» 


2 
7 * 
. 

us 


Der Schleuderſchwanz. 447 


Der Schleuderſchwanz des Seba. 


Salamandra Cordylus. Seba Thes, II. p. 108. 
tab. 109, fig. 2 


(Taf. XXIII. Fig. 2.) 


Nach der Sebaiſchen Abbildung iſt dieß 

Thier 14 3/4 Zoll lang, wovon der Schwanz 8 
1/2 Zoll mißt. Der Leib iſt eydechſenartig; allein 
der Schwanz weicht ſowohl durch die Duͤnnheit ſei— 
nes Strunkes, als auch durch die faͤcherfoͤrmige 
und ausgeſchnittene Ausbreitung auf beyden Sei⸗ 
ten ſehr merklich ab. Der Kopf iſt einem Eidech— 
ſenkopfe gleich, groß, oben etwas platt und mit 
klaren Schuppen beſetzt, welche auf der Naſe et 
was groͤßer ſind. Die Zunge iſt dick und breit 
und ſitzt feſt im Munde, welcher mit ſehr viel klei⸗ 
nen Zaͤhnen bewaffnet iſt; die Ohrhoͤhlen ſtehen 
hinter den Kinnladen und gehen tief in den Kopf hin⸗ 
ein. Der Hals iſt kurz und dick und hat einen 
Kropf. Der Oberleib iſt ohne Schuppen, glatt 
und weich wie feines Tuch, dunkelgelb mit weißli— 
chen, gleichſam ſechsblaͤtterigen Bluͤmchen, die in 
der Mitte etwas roͤthlich ſind, und bis zum 
Schwanze in einer gewiſſen Ordnung auf den 
Körper ſtehen, gefleckt. Der Schwanz iſt blaß 
fer gelb, und allenthalben mit roͤthlichen Flek— 
ken bezeichnet. Er iſt an den Seiten gleich“ 
ſam mit einer in viele Einſchnitte getheilten, 
5 dortzontalen Floſſe beſetzt, welche an dem dickern 
% Ende 


448 Eeidechſen. 


Ende deſſelben kuͤrzer, gegen das Ende zu aber 
laͤnger und breiter wird, und corallenroth iſt, wie 
die Paͤrſchfloſſen. Die Beine und Fuͤße haben 
gefäfelte Schuppen, welche, wie der Oberleib ge. 
faͤrbt, aber wie der Schwanz roth gefleckt ſind. 
Die Vorderfuͤße haben 5 runde Zehen, welche am 
vorderſten Ende ſehr ausgebreitet ſind, und lange, 
gelbe, krumme Naͤgel haben; die Hinterfuͤße ſind 
größer, breiter und laͤnger, habe eine reine Mennig- 
farbe und wie die Gaͤnſe eine Schwimmhaut, damit 
ſich das Thier deſto beſſer im Waſſer forthelfen kann. 
Seba giebt zum Vaterland des Schleuder— 
ſchwanzes Aegypten und Arabien an. Al⸗ 
lein es iſt bekannt, daß man ihn in Angabe der 
Wohnplaͤtze feiner Thiere nicht recht trauen kann. 


Der Schleuderſchwanz des Feuillele. 


Feuillee Journal d Observations physiques et bo- 
ene T. II. p. 319. 


Dieß von Feuillele beſchriebene Thier, wel— 
ches im letzten Line iſchen Syſtem als Varietaͤt 
zu dem obigen Sebaiſchen gezogen wird, hat, 
wie Seba ſelbſt a. a. O. ſagt, viel Aehnlichkeit 
mit dem obigen, wenn man die Farbe und die 
Geſtalt des Schwanzes ausnimmt; wozu man 
noch die kammfoͤrmige Erhoͤhung ſetzen kann, die 
von Kopf an bis zum Schwanze laͤuft. Viel⸗ 
leicht daß dieß von Feuille'e beſchriebene Thier, 
wie bey dem Waſſerſalama nder, das Maͤnn⸗ 


chen 


Ion 


Der Schleuderſchwanz. 449 


chen und das Sebaiſche das Weibchen if. Es 
iſt ebenfalls 14 Zoll 7 Linien lang, ſchwarz, ins 
Blaue uͤbergehend, die Farbe uͤber den Augen und 
unter dem Bauch ſchieferfarben. Die Haut iſt 
ohne Schuppen, aber wie beym Chamaͤleon 
gekoͤrnt; der Kopf hoch; die Schnauze ſpitzig; 
von der Stirn oben auf den Kopf faͤngt ein wel— 
lenfoͤrmig ausgezackter Kamm an, der bis an die 
Schwanzſpitze geht, und am Schwanze weit hoͤ— 
her wird; die offenen Nafeniöcher find mit einer 
fleiſchigen Haut umgeben; die Augen groß, Tan» 
ger als breit, hochgelb mit blauer Pupille; der 
Mund hat zwey Reihen ſehr kleiner, ſpitziger und 
etwas gebogener Zaͤhne; die Zunge iſt breit, dick, 
roth, am Gaumen angewachſen; unter der Kehle 
iſt ein Kropf, der ſich aufblafen laͤßt. Vorder⸗ 
und Hinterzehen ſich durch eine Haut ver— 
bunden, und das letzte Glied hat eine runde, brei⸗ 
te Haut, auf welcher ein Kiel (cröte) ſteht, der 
die Stelle des Nagels vertritt, und welches aus— 
ſieht als wenn auf dem letzten Gelenke die Nägel 
in Scheiden verborgen waͤren. Der Schwanz, 
welcher an der Wurzel rund iſt, wird wie ein 
Spatel oder Ruder immer nach und nach breiter, 
fo daß er 2 Zoll breit iſt; er iſt am Ende abge⸗ 
rundet, und on dem Seitenrande eingeſchnitten, 
oben darauf laͤuft aber der ſchon erwähnte Kamm hin. 
Dieß Thier wohnt in Chili und Peru. Das 
& euilleeifche Exemplar wurde in einem Quell- 
waſſer gefunden. B. | 

Dela Cepede's Naturg. d. Amph J. Bd. Ef Das 


/ 


4j Eidechfem 


Der Dcachenkopf. 
{La Dragonne.) x) 


(Taf. XXIV. Fig. 1.) 0 


Er gleicht im aͤußern dem Krokodill ſehr. Er hat, 
ſo wie dieſer, eine weite Kehle, Hoͤcker auf dem 
Ruͤcken 


> 


x) La Dragonne. D’Aubenton Encycl. meth. 
Hist, nat. des Quadr, ovipar, (Bonaterre 
Erpetolog. 36. n. 1. Pl. 3. ig. 2. B.) 

Lacerta Dracaena. Lin. Syst. XII. p. 360. 
n. 3. 

Lacertus indieus. Ray Synops. p. 270. 
Seba, locupletissimi rerum naturalium the= 
sauri acurata descriptio, tom. I. tab, ıor, 

fig, 1. Lacerta maxima caudi - verbera, 
Cordylus. 

Musaeum Wormianum, Cap. XXII. p. 318. 
Lacertus indicus. La Cepede. 

Man vergleiche ferner: 

Lacerta Dracaena. L. cauda supra denti- 
culata longa, digitis ubaequalibus, corpo- 
re laevi. Gmelin Lin. Syst. I. 3. p. 1059 

. 3 8 

Stellio salvaguardia. St. corpore sguammu- 
lis minutissimis saturate spadiceo, pedibus 
croceo alboque tessellatis, capite tenni, in 
rostrum elongato. Laurenti Syn. rept. p. 
57. n. 92. | 

Lacerta 


7) Ich gebe hier die Abbildung aus Sebae Thesau- 
rus, weil unſers Verfaſſers Figur keinen Dras 
chenkopf, ſondern die doppelkielige Eidech— 
fe des Linne vorſtellt. Schneider l. o. B. 


Der Drachenkopf. ası 


Ruͤcken, einen platten Schwanz, und iſt oft fo 
groß als ein junges Krokodill. Auf. feine dunkel 
rothgelbe Farbe, die oft mehr oft weniger gruͤnlich 
uͤberlaufen iſt, traͤgt zu der Aehnlichkeit bey; deß⸗ 
wegen hielt man ihn auf den oͤſtlichen Kuͤſten von 
Suͤdamerika für eine kleine Art des Kai— 
mans ). Der Unterſchied beſteht aber darin, 
daß er, wie die meiſten Eidechſen, fünf ganz ge= 
trennte Zehen an jedem Fuße hat, ſtatt daß ſie bey 
dem Krokodill durch eine Schwimmhaut vereinigt 
ſind. Alle Zehen haben krumme ſcharfe Naͤgel. 
Der Kopf iſt oben platt und an den Seiten zu— 
ſammengedruͤckt, fo daß er die Geſtalt einer vier. 
ſeitigen Pyramide hat, von der die Schnauze die 
Spitze ausmacht. Dieß und die getheilte Zunge, 
die nicht wie bey dem Krokodill verſteckt und 
; Ff 2 unbe⸗ 


Lacerta Dracaena. Schneider, Amph. phy- 
siol. Spec. Il, p. 40. 

Die Drachen-Eidechſe. Suckow's N. G. 
III. S. 95. Nr. 5. | | 

Der Drachenkopf. Müllers Naturſyſt. III. 

S. 85. Nr. 3. 

— — Borowsky Thierreich. IV. S. 47. 
Nr. 3. 

— — Bergmanns N. G. III. S. 228. 

— — Donndorfs Zool. Beytr. III. S. 77. 

Lacerta caudiverbera Wedelſchwanz. Klein, 
quadr disp p. 101. Deſſen Claſſiſic. S. 30 f. 

Nr. 1. Deſſen Hiſt. der vierf. Thiere. S. 
11. Nr, . 


=) v. Widerſpach. 


452 Eidechſen. 15 


unbeweglich iſt, ſondern ſehr leicht und ſchnell her⸗ 
vorſchießt, giebt dem Kopfe des Thiers Aehnlich— 
keit mit einem Schlangenkopfe. Die Augen ſind 
hervorſtehend und funkelnd; die Ohroͤffnung iſt 
groß, und mit einem Rande von Schuppen einges 
faßt. Der Körper iſt ſtark, rund und wie das 
Krokodill mit harten, knochigen Schuppen beſetzt, 
die faſt alle in der Mitte einen ſcharfen vorſprin— 
genden Rond haben. Auf dem Ruͤcken find eini- 
ge groͤßer als die andern, und bilden durch ihre 
Erhabenheiten eine Art von Kamm, der nach dem 
Schwanze zu hoͤher wird. Hier ſchließen ſich zwey 
Reihen anderer ſpitzigerer Schuppen, die zwey Saͤ⸗ 
gen bilden, an, und laufen gegen das Ende des 
langen Schwanzes in eine Reihe zuſammen. Das 
Thier kann ſeinem Schwanze eben die Bewegung 
geben, wie der Schleuderſchwanz; deßwegen 
kommt es auch unter dieſem Namen vor, den ich 
aber um Verwechſelung zu vermeiden, bloß jenem 
Thiere beygelegt habe. Es führt auch den Na— 
men Cordyle, der auch fihon einer andern Ei— 
dechſe gehört, die ich unter dieſem Namen beſchrei— 
ben werde. | | 

Der Drachenkopf haͤlt ſich vorzüglich im ſuͤd— 
lichen Amerika auf. Herr de la Borde 
ſandte ein Exemplar von Cayenne aus ins koͤ— 
nigliche Cabinet; nach dieſem habe ich vorliegende 
Beſchreibung gemacht. Seine Verhaͤltniſſe ſind 
folgende: 


Ganze 


x 


Der Drachenkopf. 453 


Ganze Laͤnge . - 260 5% gu 
Umfang der Kehle — 4 4 
Entfernung der Augen voneinan- _ 

der 5 = = — 1 — 
Größter Umfang des Körpers — 7 6 
Laͤnge der Vorderfuͤße bis an 

die Nagelſpitze 8 
— — der Hinterfuͤße — 5 6 
— — des Schwanzes 5 
Umfang des Schwanzes an der 

Runge KR. — 5 8 a) 

Ff 3 Worm 


a) Wie Abbildung und Beſchreibung ausweiſen, ſo 


hat hier unſer Verfaſſer geirrt und nicht den ge: 
woͤhnlichen Drachenkopf (Lacerta Dracaena. 
Lin.) den wir aus Seba ua. a. O. kennen, be 
beſchrieben und abgebildet, ſondern aller Wahrſchein— 
lichkeit nach Linne“!s doppeltkielige Eidech 


ſe (Lacerta bicarinata), wie ſchon Hr. Schnei: 
der a. a. O. angezeigt hat. Er kann unmöglich 
Sebas Figur und Beſchreibung, auf die er ſich 


beruft, vor ſich gehabt haben, ſonſt wuͤrde er ſeinen 
Fehlgriff ſogleich, beſonders bey Betrachtung des 


ſehr langen Schwanzes, eingeſehen haben. Hier: 


durch faͤllt auch die große Aehnlichkeit weg, die er 


zwiſchen dem Drachenkopf und den Krokodillen findet, 


die wohl in Figur und Beſchreibung feiner Dra- 
gonne ftatt hat, nicht aber fo beym eigentlichen 
Drachenkopf. 

Ich will alſo die hierhergehörige Beſchreibung, 
auf die ſich auch unſere Abbildung bezieht, hier ein: 
ruͤcken, und auf dieſe Art unſers Verfaſſers Be— 
ſchreibung zu verbeſſern und zu vervollſtaͤndigen 


ſuchen. 
b Wenn 


454 Eidechſen. 


Worm beſaß eine große Eidechſe, vier roͤmi⸗ 
ſche Schuh lang 5), die der Beſchreibung nach 
mit dieſer ziemlich uͤbereinſtimmt. Cluſtus kaante 

| daſſelbe 


Wenn man das Thier, das wahrſcheinlich Seba 
in natuͤrlicher Groͤße abgebildet hat, mißt, ſo hat 
es faſt 6 Fuß Lange, wovon bloß 1 Fuß 4 Zoll auf 
Kopf und Rumpf, und die übrige Lange auf den 
Schwanz gehen. Der Kopf iſt im Verhaͤltniß des 
Leibes klein, duͤnn, ſchmal, rund, nach der Schnau— 
ze zu ſpitzig auslaufend, einem Schkangenkopfe ahn⸗ 
lich mit großem Rachen, der gelb eingefaßt iſt. 
Die außern Ohren fehlen, doch ſind weite Gehoͤr— 
gange da, welche mit einem ſchmalen Saum einge 
faßt ſind. Die Augen ſind ſehr groß, glaͤnzend und 
blitzend; die Zunge iſt lang und wie bey den Schlanz 
gen geſpalten ſind, die Kinnladen mit feinen Zaͤhnen 
beſetzt; der Leib iſt rund und dick; an jedem Fuß ſtehen 
fünf ganz getrennte und mit langen, ſcharfen und 
gekruͤmmten Naͤgeln verſehene fingerfoͤrmige Zehen, 
der Schwanz hat oben auf dem ganzen Ruͤcken 
hin, bis zur Spitze einen erhaben ſaͤgenfoͤrmig 
ausgezackten Kiel. Der ganze Leib iſt mit ſehr 
kleinen Schuppen bedeckt und dunkelbraunroth, nur 
die Beine find überall mit ſaffrangelben Flecken ges 
ziert. ö 

Es iſt eine Amerikaniſche Amphibie, die beſtaͤn⸗ 
dig den Schwanz krauſelt und ſchlaͤngelt, und das 
her auch Schleuderſchwanz genannt wird, wel— 
ches Hr. La Cepede gewiß nicht von feiner ber 
ſchriebenen und abgebildeten Eidechſe ſagen kann. 
Sie hält ſich an den Kuͤſten auf und ihr Fleiſch 
wird von den Eingebohrnen ſehr gern gegeſſen. Es 
wird mit Huͤhnerfleiſch verglichen. B. 


5) Musaeum Wormianum de pedestribus, Cap. 
22. Fol. 310. 


Der Drachenkopf. 455 


daſſelbe Thier ), und Seba hatte es in feiner 
Sammlung. 

Worm redet von der Anzahl und von der 
Geſtalt der Zaͤhne des Drachenkopfs, und ſagt, 
er haͤtte 17 auf jeder Seite der untern Kinnlade; 
die vordern waͤren klein und ſpitzig, die hinteren 
dick und ſtumpf.“ Ich habe in dem Exemplar, 
das ich beſchreibe, das naͤmliche gefunden. Man 
hat dem Plinius vorgeworfen, daß er ſich in 
Abſicht der Geſtalt der Zaͤhne des Krokodills ge— 
irrt hätte, weil er fie in Schneidezaͤhne, und Ba: 
kenzaͤhne eintheilt J). Was er unter Hundszaͤh— 
nen verſteht, haben wir ſchon oben unter dem Ar— 
tikel Krokodill geſehen, und in Betreff der Baf- 
kenzaͤhne koͤnnte ſein Irrthum wohl von einem 
Verſehen derer herruͤhren, die ihm ihre Beobach— 
tungen mittheilten. Der Drachenkopf kann wirk⸗ 
lich in den Morgenlaͤndern, welche die Alten kann⸗ 
ten, zu Hauſe ſeyn, man kann ſeine ſtarken Zaͤhne 
für Backenzaͤhne und das Thier ſelbſt für ein wirf- 
liches Krokodill angeſehen haben. So hat in 
neuern Zeiten die Verwirrung, die einige Meifebe- 
ſchreiber unter den mit dem Krokodill verwandten 
Eidechſenarten angerichtet haben, mehr als einen 
Irrthum in die Geſchichte des Krokodills gebracht. 

Aus der großen Aehnlichkeit des Drachenkopfs 
mit dem Krokodille, die man auf dem erſten Au⸗ 
a 4 gen⸗ 


c) Clusius, Lih. V. Cap. 20. 
d) Memoires pour servir & Phist, nat. des anim, 


456 + Eidehfen 


genblick gewahr wird, ſollte man fchließen, bende 
Thiere müßten ſich in ihrer Lebensart ſehr aͤhnlich 
ſeyn; aber fie find gerade in einem Stuͤcke vonein» 
ander unterſchieden, das den groͤßten Einfluß auf 
die verſchiedene Lebensart der Thiere hat. Der 
Herr v. Buͤff on hat in feiner Naturgeſchichte der 
Voͤgel gezeigt, wie ſehr die Geſtalt des Schnabels 
allein die Nahrungsmittel dieſer Thiere, und da⸗ 
durch den Ort ihres Aufenthaltes, und ihre übrige Les 
bensart beſtimmt. Da fie fliegen, alſo ihren Aufen⸗ 
thalt ſehr leicht veraͤndern koͤnnen, ſo ſind ſie von der 
Geſtalt ihrer Fuße nicht fo abhängig, und doch giebt 
es ganze Ordnungen dieſer Thiere, deren Lebensart 
bloß durch ihre mit Haͤuten verbundene Zehen, die 
zum Schwimmen tauglich ſind, oder durch ihre 
ſcharfen und ſtarken Klauen, die zum Angriff und 
zur Vertheidigung geſchickter ſind, beſtimmt wird. 
Bey den vierfuͤßigen Thieren, den eyerlegenden 
ſowohl als den lebendig gebaͤhrenden, iſt das nicht 
jo. Nicht allein die Geſtalt ihrer Kehle und ih⸗ 
rer Zaͤhne, ſondern auch die Form ihrer Fuͤße, je 
nachdem ſie zum Feſthalten ihrer Beute oder zum 
Laufen oder Schwimmen, zum Aufenthalt an den 
Ufern oder in Ebenen, oder in Waͤldern geſchickt 
find, beſtimmen nothwendig die Art ihrer Nah— 
rungsmittel. Ein mehr oder weniger geſpaltener 
Rachen, einige Zaͤhne mehr oder weniger, ſtumpfe 
oder ſcharfe Klauen, verbundene oder getrennte 
Zehen, ſind allein mehr als hinreichend ihre Le— 
bensart voͤllig voneinander abweichend zu machen. 

fi Bey⸗ 


% 


Der Drachenkopf. 457 | 


Beyſpiele davon findet man unter den Gäügethin 
ren, unter denen gewoͤhnlich die, welche einerley 
Lebensart fuͤhren, an einem Ort wohnen, und 
ſich von einerley Nahrungsmitteln naͤhren, fo ver= 
ſchieden ſonſt ihr ganzer Koͤrperbau, ihre Groͤße 
und Staͤrke ſeyn mag, doch in der Bildung des 
Rachens, der Zähne und der Füße ſehr nahe über» 
einkommen. Der Drachenkopf und das Kroko— 
dill ſind ein neuer Beweiß davon. Im ganzen 
ſind ſie ſich ſehr aͤhnlich, der Unterſchied beſteht 
bloß in den Zehen, die bey dem Drachenkopf ge= 
trennt find, und Damit ändert ſich feine ganze Le— 
bensweiſe. Er kann deßwegen nicht ſo gut ſchwim— 
men, aber deſto beſſer laufen, Dinge feſthalten, 
klettern, und alſo ſich von Thieren naͤhren, die in 
den Waͤldern leben. Dieß alles ſtimmt auch ge— 
nau mit den Beobachtungen uͤberein, die wir ge— 
ſammelt haben. 

Herr de la Borde nennt ihn Krokodill⸗ 
Eidechſe, weil er, und mit Recht, glaubt, daß 
dieſe Thiere den Uebergang von den Krokodillen zu. 
den kleineren Eidechſen machen, und erzaͤhlt von 
ihm, daß er die uͤberſchwemmten Gegenden und 
moraſtigen Orte beſuche; ſich aber immer mehr 
auf dem Lande und in der Sonne als im Waſſer 
aufhalte. Er iſt ſchwer zu fangen, weil er in alle 
Loͤcher kriecht. Er beißt gefaͤhrlich und zuͤngelt 
beynah beſtaͤndig wie die Schlangen. Er hielt 
eine Zeitlang eins von dieſen Thieren lebendig, es 
hielt ſich ſtundenlang im Waſſer auf und verſteckte 

Ff 3 ſich 


458 Eidechſen. 


ſich darin, wenn es ſich fuͤrchtete, kam aber oft her⸗ 
aus, um ſich zu ſonnen. 

Der große Unterſchied in der Lebensart des 
Drachenkopfs und des Krokodills kommt alſo nicht 
etwa von einem neuen Sinne her, ſondern von 
einem Haͤutchen am Fuß weniger, und einigen Ze⸗ 
hen mehr. Aehnliche Wirkungen ſieht man bey» 
nah bey allen Thieren, und es wuͤrde mit dem 
Menſchen eben fo gehen, beynah unmerkliche Ver 
aͤnderungen in feiner Bildung wuͤrden eine Aende— 
rung in ſeiner ganzen Lebensart bewirken, wenn 
ſein Verſtand, durch Geſelligkeit geſchaͤrft, nicht 
die Kunſt verſtaͤnde durch aͤußere Dinge den Man⸗ 
gel natuͤrlicher Kraͤfte zu erſetzen. e 

Eben die Thiere, welche die Krokodille verfol— 
gen, ſtellen auch dem Drachenkopf nach, der viel 
ſchwaͤcher iſt als jene, und oft von dem großen 
Krokodill ſelbſt gefreſſen wird. Veraͤnderte Le⸗ 
bensmittel koͤnnen ſein Fleiſch leicht ſchmackhafter 
machen als das Krokodillfleiſch, und es iſt daher 
leicht zu glauben, wenn die Bewohner der An— 
tillen es für ſehr ſchmackhaft und ſaftig ausge» 
ben, und es mit Huͤhnerfleiſche vergleichen. In 
Cayenne ſucht man auch ſeine Eyer auf, und 
auch in Ruͤckſicht der Fruchtbarkeit hat er Aehn⸗ 
lichkeit mit dem Krokodille, denn das Weibchen 
legt Fuente mehrere Dutzend Eyer ©), 

In Braſilien, beſonders am St. Fran⸗ 
eiſeus Strome, giebt es eine 25 Eidechſen, die 

Igna⸗ 
) De la Borde: 


Der Drachenkopf. 450 


Ignaraeu heiſſen, dem Krokodill ſehr ähnlich 
ſehen, und ſehr gut klettern. Nur die dunkle 
Farbe und kleinere Nägel Y) ſcheinen zwiſchen ihr 
und dem Drachenkopf einen Unterſchied zu machen, 
und wenn die Reiſebeſchreiber ſich nicht geirrt has 
ben, fo duͤrfte das Ignaracu nur als eine 
Spielart des Drachenkopfs angeſehen werden. 


D S. Dictionaire d'Histoire naturelle de Mr. 
Bomare. Article Ignaracu. 


Die 


460 Eidechſen. 


Die Warn ⸗Eidechſe. 
a (Der Tupinambis: Le e 8 
(Taf. XXIV. Fig. 2) 


Auch dieſe Eidechſe wohnt in den heißen Ländern 


der alten und neuen Welt. Man hat behauptet, 
| der 


g) Tupinambis, in Amerika. 

Galtabe“, am Senegal. 

Cayman, Guana, Ligan, Ligans, bey eini⸗ 
gen Reiſebeſchreibern, woher auch ihre Verwech— 
felung mit den oe und dem Kroko— 
d ill e. 

Tileunty Pallin, in Neufpanzen 

Lezard mouchete. D' Aubenton Encycl. meth. 

Lacerta monitor. Lin. Amph. rept. n. 6. 

Seba, Thes. I. tab. 94, lig I, 2, 3. Tab. 6, 
ls. 1, 2, 3. Tab. 97. lig. 2. Tab. 99, fig. 

Tab. 100, fig. 3. II. Tab. 30, lig. 2. 
Tab. 49. lig. 2. Tab. 86, fig. 2. Tab. 105. 
fie. 1. 

Skellio saurus. Laurenti specim. medic. p. 
56. n. 89. | 

Stellio salvator. Laurent; specim, med, p. 
56. n. 90. La Cepede. 

Unſer Verfaſſer hat hier die Synonymen recht 
gut geordnet. Im Gmeliniſch-Linnei⸗ 
ſchen Syſteme I. 3 p. 1059. werden 6 Varie⸗ 
taͤten angegeben, von welchen aber die mehreſten, 
wenn man ſie mit den Sebaiſchen Figuren 
vergleicht, woher ſie entlehnt ſind, nicht hierher 
gehoͤren koͤnnen. Daher ſie auch von Laurenti 
mit Recht als Arten Aar ſind. Wenn 5 

noch 


DE as £ 256 


f 2 ZH EL 
10) 
x 


5 N W (N 


NE 


U * 


Die Warn: Eidechſe. 461 


der Tupinambis erreichte in der Gegend des 
Amazonen -Fluſſes, in Surinam und in 
8 den 


noch eine annehmen wollte, ſo würde es vielleicht 
Var. 3 ſeyn : Stellio saxatilis, cinereus ni- 
gro maculatus, cauda. crassissima. Lan- 
renti Spec. p. 57. n. gt. Seba. Mus. I. tab. 
79. lig. 4. Man muß nämlich annehmen, daß 
es ein von Natur verſtuͤmmeltes Eremplar iſt, 
welches die Geſtalt des Schwanzes deutlich zeigt. 

Daraus muͤßten denn freylich auch die vierzehi⸗ 
gen Vorderfuͤße erklaͤrt werden. 

Le 55 Bonnaterre Erpet. p. 37. n. 
2. Pl. 3. fig. 4. 

Lacerta 1 L. cauda carinata, corpo- 
‚re mutico, maculis ocellatis. Gmelin. Lin. 

- Syst. I. 3. p. 1059. n. 6. — Blumenbachs 
Handb. der N. G. S. 237. Nr. 4. 

Lacerta caudu ancipiti integra, pedibus pen- 
tadactylis, digitis omnibus unguieulatis. 
Mus, Ad. Frid. J. p. Ar. 

Lacerta monitor. Gmelin. Lin. I. c. 6. Stel- 
lio saurus, eoerulleus albo- e Lau- 

renti Spec p. 56. n. 8g. 

Lacerta monitor. Gmelin. Lin. l. c. d. Stel. 
lio saxatilis (?) | | 

Lacerta monitor. Hermann tab. affin. anims 


P- 247: 

Cordylus monitor. Meyer Syn. rept. p. 18. 
I. 9. \ 

Der Warner. Barowsky, Thierreich. IV. S. 
49. Nr. 6. | 

Die Warn- Eidechſe. Bergmann, N. G. 
III. S. 228. 

— — Suckow's N. ©. III. S. 96. Nr. 7, 

Der Wachthalter. Müllers Naͤturſyſtem. 


III. S. 87. Nr. 6. 
Der 


462 Eidechſen⸗ 


den benachbarten Laͤndern eine Groͤße von 12 
Schuhen; hoͤchſtwahrſcheinlich hat man aber Kro⸗ 
kodille für dieß Thier angeſehen, und die Nach— 
richt gehoͤrt in die Zahl der vielen Maͤhrchen, die 
die Naturgeſchichte der Amphibien entſtellt haben. 
Der Tupinambis erreicht in den Gegenden, wo 
er die reichlichſte Nahrung und das guͤnſtigſte Kli⸗ 
ma hat, hoͤchſtens eine Laͤnge von ſechs bis ſieben 

? Schuhen. 


Der Wachthalter. Leske Naturgeſchichte. S. 


40 Nr.. 
— — Funke N. G. für Schulen. I. S. 364, 
— — Donndorfs Zool. 7 55 III. S. 78. 


Nr. 6. Deſſen Thiergeſch. S. 425. Nr 4. 
Der Waͤchter. Meidingers Vorleſ. I. S. 
ener. 5 
Lacerta, Tejuguacu americana maxima, & a u- 

vesarde dicta, marmorei coloris. Klein 

quadr. disp. p 204 Deſſen Claſſif. S. 3 10. 

Nr. 2. Deſſen Hiſtorie der ne Thie⸗ 

re. S. 111. Nr. 20 
Lacerta amboinensi 5 foemina et mas. Flein, 

quadr. disp p. 103. Deſſen Claſſif. S 320. 

Nr. 22. Deſſen Hiſt. der vierf. Thiere. S. 

112. Nr. 23. 

Lacerta amboinensis altera, foemina. Hlein 
quadr. disp. p. 104 Deſſen Claſſif. S. 320. 
Nr. 23. Dieſſen Hiſtorie der vierf. Thiere. 
S. 112. Nr. 24. 

Lacerta mevicana, Klein quadr disp p. 106. 
Deſſem Claſſif. S. 329. Nr. 46. Deſſen 
Hiſtorie der vierf. Thiere. S. 114. Nr. 46. 

Lacerta eximia ceylonıca. Hlein quadr. disp. 
p 106 Deſſen Claſſif. S. es Nr. 49. 
Deſſon N der vierf. Thiere. S. 114. Nr. 
49: . 


=> 


Die Warn⸗Eidechſe. 463 


Schuhen. Das Exemplar das ich beſchreibe, und 
das vom Vorgebirge der guten Hoffnung 
eing ſchickt wurde, iſt mit dem Schwanze 3 Fuß 
8 Zoll lang. 


Folgendes find feine übrigen Ausmeſſungen; 
Umfang der Kehle = EEE A Nr. 
Größter Umfang des Koͤrpers ı 1 3 
Laͤnge der Vorderfuͤße bis an die 

Spitze der Naͤgel 5 — 5 
Länge der Hinterfuͤße 5 — 6 
Länge des Schwanz = al 
Sein Umfang an der Wurzel — 2 10 


* 


OY 


Ich habe noch ein anderes Exemplar aus S es 
neg al geſehen, das 4 Fuß 10 Zoll lang war. Au⸗ 
ßerdem iſt in dem koͤniglichen Cabinette noch ein 
Maͤnnchen, das in der Begattung getoͤdtet wurde. 
Die Geſchlechtstheile liegen noch außerhalb des 
Afters, und die 2 ganz voneinander getrennten 
Ruthen ſind 1 Zoll 3 Linien, das ganze Thier 
aber 2 Fuß 8 Zoll lang. | 

Der Schwanz des Tupinambis iſt Bo and 
beynah ſo lang als der Koͤrper. Jeder Fuß hat 
5 ziemlich lange, ganz getrennte Zehen mit ſchar⸗ 
fen krummen Naͤgeln. Der Schwanz hat keinen 
Kamm wie bey dem Drachenkopf, aber die Schup⸗ 
pen am Ober- und Untertheil des Leibes, am 
Kopfe, am Schwanze und an den Pfoten geben 
ein eharakteriſtiſches Merkmaal, das dieß Thier 

von 


454 Eidechſen. 

von allen andern plattſchwaͤnzigen Eidechſen unter⸗ 
ſcheidet. Sie find oval, hart, etwas erhaben 
und beynah alle mit einem Kreiſe kleiner, harter 
Körner eingefaßt, die in kreisfoͤrmigen und Queer— 
ſtreifen aneinandergereiht ſind. Ihr großer Durch— 
meſſer iſt an dem Capſchen Exemplare beynah 
eine halbe Linie. Die Farbe der Schuppen giebt 
dem Thiere ein recht artiges Anſehen. Der Koͤr⸗ 
per iſt mit blendend weißen Flecken und unregel⸗ 
mäßigen Streifen bedeckt, die ihm ein marmorar⸗ 
tiges Anſehen geben, und an den Seiten wie ges 
zackte Spitzen (dentelle) ausfallen 7). Aber die 
Natur gab ihm mit dieſem Putze ein trauriges Ges 
ſchenk, da es in der Naͤhe des Krokodills, ſeines 
Todfeindes lebt, der es dadurch ſchon von weitem 
erkennen kann. Es iſt zu ſchwach um ſich gegen 
groͤßere Thiere vertheidigen zu koͤnnen. Es greift 
den Menſchen nicht an; lebt von Voͤgeleyern U), 
kleinen Eidechſen und Fiſchen, die es aus dem 
Waſſer holt. Da es nicht ſo groß iſt, nicht ſo 
gute Waffen und daher auch nicht die Kraft hat, 
wie das Krokodill, ſo verfehlt es ſeine Beute oft, 
und darf daher in der Wahl feiner Nahrungsmit⸗ 
tel nicht fo edel ſenn. Es muß uͤberdem auf ſei⸗ 
N ner 


A) Die Hauptfarbe iſt ſchwarzbraun. Doch werhfelt 

ſſie ſo wie die Zeichnungen, fo daß fie auch blau 
und grau iſt mit groͤßeren oder kleineren weißen 
Flecken. | 

Mlle. Merian faud mehreremal einen Tupinam⸗ 
bis der ihr die Eyer vom Hofe ſtahl. Allgem. Gef 
der Reiſen. N n 


Die Warn⸗Eidechſe. 465 


ner Jagd in beſtaͤndiger Furcht vor den Krokodillen 
leben, die in eben den Gegenden ſehr zahlreich 
find. Die Gegenwart eines Krokodills erregt, 
wie man ſagt, ein ſo großes Schrecken bey ihm, 
daß es laut an zu pfeifen faͤngt. Dieß Pfeifen 
iſt zugleich eine Warnung fuͤr Menſchen, die in 
ſolchen Gegenden baden, weil ſie ſich dann vor eis 
nem Krokodill in Acht zu nehmen haben. Der 
Tupinambis heißt deßwegen auch in manchen Na⸗ 
turgeſchichten und Reiſebeſchreibungen der Waͤch— 
ter oder Wachhalter (Sauvegarde ou Sau- 
veur). Er legt feine Eher, wie das Krokodill, 
in den Sand, und laͤßt fie von der Sonne aus⸗ 
bruͤten. Sie ſind ziemlich groß und eyrund. Die 
Indianer eſſen fie ohne Nachtheil ) und auch 
das Fleiſch des Tupinambis wird von den India— 
nern und von mehrern Europaͤern, die es in Afri⸗ 
ka und Amerika gegeſſen haben, für ſehr ſchmack— 
haft ausgegeben. 7 
Man findet bey dieſem Thiere, wie bey dem 
Krokodille und anderen Eidechſen, Bezoar. Er 
gleicht, dem aͤußern nach, ganz dem Bezoar der 
Krokodille, iſt von der Größe eines Taubeneyes 
und hellaſchgrau mit ſchwarzen Flecken, und man 
ſchreibt ihm eben die eingebildete Kraͤfte zu, wie 
andern Bezoars, vorzuͤglich dem vom len 
und dem Leguan 9). 
Der 
5 Allgem. Geſch. der Seifen, Band 54. S. 430. 
) Seba, Tom. II. p. 140. 
De la Cepedes Natg. d. Amph. I. Bd. Gg 


466 ER Eidechſen. 


Der Hunger, den der Tupinambis oft leiden 
muß, zwingt ihn zu den ſchlechteſten Nahrungs— 
mitteln ſeine Zuflucht zu nehmen; er frißt Aas 
und halbfaule todte Koͤrper, und wenn er auch das 
nicht mehr hat, ſo ſucht er Fliegen und Ameiſen. 
Er faͤngt ſich Inſekten in den Waͤldern, die er, 
wie die Ufer, oft beſucht, und da er vermoͤge ſei⸗ 
ner getrennten Zehen gut klettern kann, ſo ſucht er 
die Vogelneſter auf, muß ſich aber oft kuͤmmerlich 
behelfen, da die Thiere, die er verfolgt, behender 
ſind als er. So muß das Thier, das die Ehre 
hat bey den Menſchen den Namen des Wächters 
zu fuͤhren, oft bey der elendeſten Nahrung, die es 
muͤhſam erlangt, den ſchrecklichſten Hunger leiden, 
und wird am Ende gewoͤhnlich ein Raub des 
Staͤrkeren. 

Der Tupinambis iſt eben das Thier, das in 
Braſilien Tejugugeu uud Temapara Tus 
pinambis heißt und deſſen Ray und andere 
Schriftſteller Erwähnung thun my). Markgraf 
ſah einen Tupinambis 7 Monat lang ohne die 
mindeſte Nahrung hinbringen.“ Als ihm jemand 
auf den Schwanz trat, brach ein Stuͤck davon ab, 
und ſchnellte zwey Finger lang fort. 

Noch muß ich anmerken, daß der Name Tu⸗ 
juguacu und Temapara auch andern Eidech— 
fen beygelegt iſt, welches manche Verwirrung vers 
urſacht hat. | 

neu 
Die 


ın) Ray, Syn, anım, P- 265. 


Die dornaugige Eidechfe: 467 


Die dornaugige Eidechfe oder die Eidechfe mit 
| Augenbraunen. 


(Le Sourcilleux.) 1) 


(Taf. XXV. Fig. 1.) 


Auf Ceylon, Amboina und wahrſcheinlich 


noch auf andern Oſtindiſchen Inſeln, die 


gleiches Clima haben, giebt es eine Eidechſe, die 
den Namen Augenbraunen-Eidechſe fuͤhrt, 
weil ſie auf dem Kopfe uͤber den Augen einen vor— 
ſtehenden mit kleinen Schuppen beſetzten Rand in 

; Gg 2 Geſtalt 


n) Le Soureilleux. D' Aubenton Encycl. meth, 
(Bonnaterre Erp. 37. n. 3. Pl. 4 fig. 1. B.) 
Lacerta superciliosa. Lin. amph. rept. n. 4. 

Seba, Mus tom, 1. tab. 109. fig. 4. Didem 
tab. 94. fig. 4. (7). La Cepede. 

Man vergleiche ferner: Lacerta superciliosa. L. 
cauda carinata, dorso supereiliisgue qua- 
mis eiliatis. Gmelin Lin. I. 3 p. 1063. n. 
4. Mus. Ad. Frid. I. p. 40. | 

Lacerta superciliosa. Hermann tab. affın, 
anim, p. 254. 

Iguaua superciliosa, Meyer, Syn. rept. p. 


16. 1. 4, 5 
Der Kam ruͤcken. Müllers Naturſyſt. III. S. 
86. Nr. 4. 


Das Augenlied. Barowsky, Thierr. IV. 


Die dornaugige Eidechſe. Suck o ws 
Naturgeſch. Ul. S. 108, Nr. 22. 

Der Kielſchwanz. Donndorfs Zool. Veytr. l. 
S. 8. Nr. 4. B. 


468 Eidechſen. 


Geſtalt der Augenbraunen hat. Auch iſt das 
Thier durch einen Kamm von kleinen geraden 
Schuppen oder Blaͤttern kenntlich, der wie eine 
Saͤge vom Hinterkopfe an bis an die Spitze des 
Schwanzes geht. Die Augen und die Ohröff- 
nungen ſind groß; die Schnauze zugeſpitzt, die 
Kehle weit; der Schwanz platt und viel laͤnger als 
der Koͤrper. Die Zehen ſind ganz getheilt und 
ſehr lang, vorzuͤglich an den Hinterfuͤßen. Die 


vierte Zehe an den Hinterfuͤßen iſt ſo lang als der 
KRNopf. Die Nägel find ſtark und krumm. Die. 
Schuppen auf dem ganzen Koͤrper ſind klein, un⸗ 
gleich groß, liegen uͤbereinander wie Fiſchſchuppen, 


und jede hat einen erhabenen Rand in die Laͤnge. Die 
Farbe des Thiers iſt hellbraun, hell- und dunkel⸗ 
roth gefleckt. Die ganze Laͤnge des Exemplars 
im koniglichen Cabinette, das ich beſchrieben, be— 
traͤgt einen Fuß. Da die Zehen dieſer Eidechſe 
ſehr lang und ganz getheilt ſind, ſo muß ſie in ih⸗ 
rer Lebensart in vielen Stuͤcken mit dem Dra— 
chenkopf uͤbereinkommen. Man ſagt, ſie ſchrie⸗ 
en, um ſich zuſammen zu halten 7). 

Das ſehr in die Augen fallende Merkmal die⸗ 
ſer Thiere, die aufgerichteten Schuppen, dieſe Art 
von Ruͤſtung, die dem Geſchoͤpfe ein ausgezeich- 
netes Anſehen giebt, und hier ſchon zum zweyten⸗ 
male vorkommt, findet ſich an dieſer Eidechſe und 


dem Drachenkopf nicht allein. Es geht damit, 
wie faſt mit allen Merkmalen, die ſich immer, ſtaͤr⸗ 


. 45 ker 
6) Seba, Tom. I. p. 173. 


1 


Die dornaugige Eidechſe. 469 


ker oder ſchwaͤcher ausgedruͤckt, bey mehrern Ar- 
ten zugleich finden. Der Kamm, deſſen wir oben 
erwaͤhnt haben, kommt auch bey dem Gabel⸗ 
kopfe, Leguan und Baſiliſken dor. Aber 
er ändert nicht nur feine Geſtalt bey jeder dieſer 
Eidechſen, und beſteht bald aus langen Stralen, 
bald aus kurzen breiten und ſpitzigen Schuppen, 
ſondern auch die Stellung deſſelben wechſelt bey 
den verſchiedenen Arten ab. Bey dem Baſilisken 
verbreitet er ſich ſtrahlenfoͤrmig uͤber den ganzen 
Körper vom Scheitel bis an die Schwanzppitze; 
bey der Amboiniſchen Eidechſe (Porte - erte) 
geht er eben fo über den Schwanz, und läuft ſaͤ⸗ 
gefoͤrmig den Ruͤcken hinauf; bey den Leguan be⸗ 
deckt er nicht bloß den Koͤrper, fondern auch zum 
Theil die Haut am Halſe; an dem Maͤnnchen vom 
plattſchwaͤnzigen Salamander laͤuft er 
uͤber den Ruͤcken, eben ſo in feinen Zaͤckchen bey 
der Runzel⸗Eidechſe (plisse); bey der mar⸗ 
morirten Eidechſe iſt er unter der Kehle kaum 
etwas merklich; bey der Fecht-Eidechſe (Ga- 
leote) ſteht er am Kopf und dem Vorderruͤcken, 
eben fo bey der Ag ame; und bey dem Stellio, 
der agurblauen Eidechſe und dem Teg ui⸗ 
rin iſt er gewiſſermaßen auf jeder Schuppe ſicht⸗ 
bar; er geht uͤber den Kopf und den Koͤrper des 
Chamaͤleons, und ſitzt bey der Cordyle an 
der Schwanzſpitze. Aber um nicht noch mehr 
Amphibien aufzuzaͤhlen, merk ich nur noch an, 

| 2 das 


4760 Eidechſen. 


daß er bey der gabelkoͤpfigen Eidechſe aus 
duͤnngeſaͤeten Schuppen beſteht, bey der Augen⸗ 
braunen⸗Eidechſe, den Obertheil des Kopfes, 
Koͤrpers und Schwanzes einnimmt, und bey dem 
Drachenkopf, wie wir geſehen haben, ſich bloß 

uͤber den Schwanz e 


Die 


AT r 


ige, eg e 
ft aeg, : 5 De ZEN 4 fo ne. „PV / 
, / ” 4 > 5 


Die gabelkoͤpfige Eidechſe. 471 


Die gabelkoͤpfige Eidechſe. 
(La ene, pP) | 


U: EV I aid zu 


Huf Amboina, alfo eben da wo die Age 
braunen ⸗Eidechſe ſich aufhaͤlt, findet man 
| Gg 4 eine 


v) E Besebub fourchu. D’Aubenton Encyelop, 
meth, 

Lucerta scutata. Lin. amph. rept. n. 85 

Iguara clamosa. Laurenti spec. medic. 

Seba, J. tab. 10g. fig. 3. La Cepede. 

Siehe ferner: Lacerta scutata.' L. cauda sub- 
compressa mediocri, utura dorsali denta- 
ta, 1 bimucronato. Gmelin Lin. I. 3. 
1063. n. 5. 5 

La Töte- ‚for chue. Bonnaterre Erp. 38. n. 
4. Pl. 4. fig. 2. ö 5 

Der Perlentraͤger. Muͤllers Naturſyſt. III. 
S. 86. Nr. 5. 

Die gabelkoͤpfige Eidechſe. Suckow's N. 
G. III. S. 108. Nr. 23. 

Der Schildtraͤger. Borowsky, Thierreich. 
IV. S. 48. Nr. 5. 

Die Perl: Eidehfe. Bergmanns Naturg. 
III. S. 228. 

Die Eidechſe mit einem Schilde. Ono- 
mat. hist. natur. IV. p. 617. 

Lacerta Salamandrina; salamandra prodigio= 
sa scutata, Amboinensis. Klein, quadr. 
disp. p. 109. Deſſen Claſſif. S. 842. Nr. 7. 
Deſſen Hiſtorie der e Thiere. S. 117. 
Nr. 7. 


Lacer- 


47 = Eidechſen. 


eine andere Eidechſe, die ihr ſehr ähnlich iſt. Sie 
har gleichfalls vom Kopfe bis zum Schwanze einen 
kurzen ſtachlichen Kamm, mit dem Unterſchiede 
nur, daß die Schuppen einzelner ſtehen als bey 
jener. Der Schwanz iſt platt, wie am Krokodill, 
und hoͤchſtens ſo lang als der Leib. Auf dem 
Kopfe, der ſehr kurz und gewoͤlbt iſt, traͤgt fie zwey 
Erhoͤhungen wie Hoͤrner. Nach Seba iſt an 
der Spitze der Schnauze eine große Warze (ta- 
percle) mit kleineren weißlichen Warzen eingefaßt. 
Der Hals. it aufgeblaſen und der Körper mit 
weißen runden Knoͤtchen, wie mit Perlen beſetzt, 
die man auch unter den Augen, und der unteren 
Kinnlade findet. Lenden, Beine und Zehen ſind 
lang und duͤnn 9). 

Diüeſe und die vorige Edechſe haben fo viel 
Aehnliches in ihrer Bildung, daß auch ihre Les 
bensart ziemlich dieſelbe ſeyn muß, um fo mehr 
da ſie beyde das heiße Oſtin diſche Klima gemein 
haben; man erzähle auch von beyden, daß fie ſich 
durch ihr Geſchrey wieder zuſammen riefen ). 


Lacerta reutata. Hermann tab. affin. anim, 
p- 254. N 
Iguana scutata. Meyer Syn. rept. p 16. n 6. 
Der Perlen-Leguan. Donndorfs Zool. 
Beytr. III. S. 89. Nr. 5. B. 
5) Nach Seba iſt die Hauptfarbe blaßgelb, blaͤulich 
uͤberlaufen; an einigen der Schwanz blaͤulich gerinz 


gelt; auch die Beine ſind mit blaßblauen Schup⸗ 
pen bedeckt. B. 


1 Seba, J. p. 173. 


Die 


Die breitzehige Eidechſe. 473 


Die breitzehige Eidechſe. 
(Le Large - doigt.) ) 


Das Wee dieſes Thiers, das 
ſich u in Indien aufhaͤlt, beſteht darin, daß 
ER N Fein 


) Le Large-doigt. D’Aubenton Encycl. meth. 
“ E Erpet. P. 38. n. 5. Pl. 6. n. 2. 
lig. 2. B. 
Laterta principalis, Lin. amph, rept. n. 7. 
La Cepede. a 
Lacerta principalis. L. subcarinata, erista 
gulae integerrima, dorso laevi. er Ad, 
Fr. I. p. 43. Amoenit. acad. I. 1. p. 286. 
Gmelin Lin. Syst. I. 3, p. 1062. n 7. 
Lacerta principalis. Schneider, amph. phy- 
siol. spec. II. p. 37. 
Iguana prineipalis, Meyer, Syn. rept. p. 17. 


— 11. 


Der Buͤrgermeiſter. Müller, Naturſyſtem 
III. S. 88. Nr. 7. 

Der Fuͤrſt. Borow'sky, Thierreich. IV. S. 

49. Nr. 7. 


Die breitzehige Eidechſe. Donndorfs 
Zool. Beytr. III. S. 35. Nr. 7. 
Die blaue Eidechſe. 1 Voͤgel. 
VII. Taſ. 35. 
Die gliederſchwaͤnzige Eidechſe. Suk⸗ 
kow's Naturgeſch. III. S. 104. Nr. 17. 
Tacerta ceylonica, maculis albis et nigris no- 
tata. Seba Thes. II. 35. fig. 3. Ich 
wuͤrde a ſchoͤne Figur, die allerdings hierher 


s 


474 Eidechſen. 


ſein Schwanz zweymal ſo lang als der Körper, zu⸗ 
ſammengedruͤckt, oben etwas kielfoͤrmig erhoͤht, un- 


ten geſtreift und in mehrere Felder abgetheilt iſt, 
deren jedes aus fuͤnf Ringen zarter Schuppen be— 
ſteht. Unter dem Halſe hat es eine Haut wie der 
Leguan, die aber nicht gezaͤhnt iſt. An jeder Zehe 
ſowohl an den Vorder- als Hinterfuͤßen iſt das 
vorletzte Gelenk unten breiter als die andern, deß⸗ 
wegen gab ihm Herr d Aubenton den Namen, 
den ich auch beybehalten habe. Der Kopf iſt platt, 
an den Seiten zuſammengedruͤckt, die Schnauze 
ſehr dünn, und die Naſen- und Ohrenloͤcher ſind 
ſehr klein. 


Die zweyfleckige Eidechſe. 
(Le Bimacule), ) 
(Taf. XXVI. Fig. 1.) 


Die Kenntniß dieſer neuen Art verdanken wir 


Herrn Sparrmann, der mehrere Exemplare da- 


von 


gehört, haben abcopiren laſſen, wenn das Thier 
nicht unter dem folgenden Namen der zwey— 

fle ckiggen Eidechſe noch einmal vorkaͤ— 

me und dort abgebildet waͤre. Die Farbe giebt 
Seba ſo an: Die duͤnnen Schuppen ſind blaß— 
grau, und haben ſchwarze Flecken, auf dem ein— 
gedrückten Kopf ſtehen weißliche Puͤnktchen. B. 

£) Herr Profeſſor Schneider hält fie mit Recht 
mit der vorhergehenden fuͤr einerley und glaubt, 


Herr Sparrmann hätte ſich durch Linne‘s 
5 n 


Die zweyfleckige Eidechſe. 475 


von beſchrieben hat, welche der Herr Doctor 
Aerelius aus Suͤdamerika an den Herru 
Baron von Geer ſandte 2), Einige dieſer 
Thiere waren am Untertheile des Koͤrpers mit 
ſchwarzen Fleckchen beſaͤet, aber alle hatten zwey 
große ſchwarze Flecken auf den Schultern; daher 
der Name, den ihnen Hr. Sparrmann gegeben 
hat. Der Kopf iſt an den Seiten platt; der 
Schwanz zuſammengedruͤckt und zweymal ſo lang 
als der Koͤrper. Alle Zehen an den Vorder- und 
Hinterfuͤßen, die aͤußerſten ausgenommen, ſind 
mit Ballen oder Haͤutchen verſehen, die ihre Flaͤ⸗ 
che vergrößern. Dieß giebt dem Thiere eine Aehn— 
lichkeit mit der vorherbeſchriebenen Art. Nach 
der Erzählung des Doctors Acrelius find die 
Thiere gar nicht boͤsartig. Sie halten ſich haͤu— 
fig in den Gehoͤlzen auf, wo man fie zuweilen 
pfeifen hoͤrt. Man faͤngt ſie leicht in einer Stroh— 
ſchlinge, die man auf ſie zutraͤgt und dabey pfeift; 
ſie ſpringen hinein, und fangen ſich ſelbſt. Das 
Weibchen legt feine Eyer in die Erde. Man fin» 
det fie auf St. Euſtachius und in Penſylva— 
nien. Ihre Grundfarbe iſt abwechſelnd, oft 
ſchwaͤrzlich blau. 


Zu- 


ſchlechte Figur in den Amoenitat. acad. I. tab. 
14. fig. 2. irre führen laſſen, fie für eine neue Art 
zu ni S. deſſen Amph, Physiol. Spec. Il. 
P. 
1) Acta Halmiens. Noy. 1 84. Vol. V. p. 173. 
tab. IV. fig. 4. ? 


476 Eidechſen. 5 


Z u ſ a tz. age 


5 


Da ich die Sparrmanniſchs Abbildung 
hier mitgetheilt habe, ſo finde ich fuͤr noͤthig auch 
die ganze Beſchreibung beyzufügen. 700 


Lacerta e L. eh carinata. ee 
culata, corpore duplo longiore, digit is p alma- 
rum ylantarumque lobatis. Sparrmann, 
Schwediſche . Gleberſ.) 1784. B. V. inf 
Taf. 4. Fig. 1. x) 

Die Abgezeichnete hat ohngefaͤhr die Länge 

von 8 ıf2 Zoll, und der Schwanz iſt faſt noch 

einmal ſo lang als der Leib. Es giebt aber auch 
großere. 

An Geſtalt gleicht fi 5 der grünen Eidechſe, 

nur iſt der Kopf etwas ſtaͤrker; die Schnauze iſt 

etwas dick, indem auf jeder Seite ein ſcharfer 

Rand von dem obern Rande der Augenhoͤhlen ge 

bildet, bis zur Naſenſpitze laͤuft; der Schwanz hat 

die doppelte Laͤnge des Koͤrpers, iſt ſcharf und auf 
der obern Kante gleichſam ausgezackt. An jedem 

Fuß find fünf Zehen, die an den vordern kleiner 

als an den hintern ſind, alle ſind am vorderſten 

Gelenke lange außer dem kleinſten fuͤnften und 


haben 

*) Man vergleiche: Gmelin. Lin. I. 3. p. 1069. 
ln 

Cordylus bimaculatus. Meyer Syn.|rept. p. 


18. n. 10. 
Die zweyfleckige Stach el— Eidechſe. Donw 
dorfs Zool. Beytr. III. S. 77. Nr. 8 55 


Die zweyfleckige Eidechſe. 477 


haben unbedeutende Queerſtreifen und oben eine 
kleine erhabene Vorragung. Der ganze Koͤrper 
iſt mit rundlichen Schuppen beſetzt, unten mehr 
oder minder weiß, oben und an den Seiten hellblau, 
hin und wieder ins gruͤne ſpielend, mit mehr oder 
minder ſchwarzen Flecken beſtreut, die auch feh— 
len, ausgenommen einem großen Fleck auf jeder 
Schulter, weshalb eben dieſe Art die z weyflecki⸗ 
ge genannt worden iſt. Die Hauptfarbe ſoll auch 
verſchieden ſeyn, ſo daß in Penſylvanien, wo 
ſie unter der Erde, in Waſſerleitungen und hohlen 
Baͤumen lebt, Exemplare gefunden werden, die 
dunkelblau ſind mit gelben Mundwinkeln. Auf 
St. Euſtach ſind ſie gemein, leben zwiſchen gruͤ— 
nen Buͤſchen, ziſchen, ſind aber unſchaͤdlich. Ihre 
Eyer legen fie in die Erde. Wenn man fie fan— 
gen will, nimmt man einen Grashalm, macht da= 
von eine Schlinge, geht ſchnell auf ſie zu, haͤlt 
ihr, waͤhrend daß ſie ziſcht, dieſelbe vor den Kopf, 
fo wird fie von ſelbſt hineinſpringen und ſich aufs 
haͤngen. B. 


Die 


Die doppelkielige oder gefurchte Eidechſe. 7) 
(La Sillonnee.) 2 


In Oſtindien giebt es eine kleine graue Ei⸗ 
dechſe ), die ich hier mit anfuͤhre, weil fie an den 
Seiten 


Y Le Sillone. D’ Aubenton, Encyclop. meth. 
(Bonnaterre Erp. 3g. n 7. B.) 
Tacerta bicarinata. Lin. amph, rept. n. 8. 
La Cepede. 

Lacerta bicarinata. L. cauda compressa gu- 
pra bicarinata medioeri, dorso quadrifari- 
am carinato-striato. Gmelin Lin. Syst. I. 
3. Pp. 1060. n. 8. 

Die zweykielige Eidechſe. Suckow's N. 
G. lll S 98. Nr. 8. 

Cordylus ee Meyer, Syn. rept. p. 
17 n. 8. 

Der Doppelkiel. Müllers Naturſyſtem II. 
S, 88. Nr. 8. 4 

— — Borowsky N IV. S. 50. 
Nr. 8. 

— — Donndorfs Zool. Betr. ill. S. 79. 
Nr. 8. B. 

2) 1 85 gehoͤrt des Herrn Verfaſſers Abbildung 
Tab. XVI. die er für den Drachenkopf (Dra- 
Sonne) ausgegeben hat. Da uns bisher eine treue 
Abbildung von dieſem F Thiere ge: 
fehlt hat, ſo haben wir Urſach Hrn. La Cepede 
dafuͤr zu danken, ohngeachtet er ſich geirrt hat. 
Man vergleiche oben unter dem Artikel Drachen— 
kopf ſeine genauere hierhergehoͤrige e 
Schneider Amph. Phys. Spec. II. p. 40. B. 

a) Sie wohnt auch im füdlihen Amerika, und 
den gegenuͤberliegenden Inſeln. VB. 


Die doppeltkielige Eidechſe. 479 


Seiten erhaben gewoͤlbte, warzenfoͤrmige Schup— 
pen und einen an der Seite breitgedruͤckten Schwanz 
hat, wie die vorhergehenden Arten. Der Koͤrper 
hat keine Stacheln und unter dem Halſe iſt kein 
Kamm befindlich; aber auf dem Ruͤcken ſind zwey 
merkliche Streifen. Die beyden Seiten ſind wie 
in Faͤltchen gelegt und machen einen erhabenen 
Rand. Der Bauch hat 24 Queerbinden, und 
jede davon beſteht aus ſechs Stuͤcken. Der 
Schwanz iſt kaum halb ſo lang als der Koͤrper, 
unten geſtreift, an den Seiten glatt, und hat 
oben einen doppelten Rand. 


Zwey⸗ 


. Eäidechſen. ER 


Sweyte Abtheilung. 
Eidechſen 


mit einem runden Schwanze, fuͤnf Zehen an 
jedem Fuße, und einem Kamme von aufge⸗ 
richteten Schuppen auf dem Rüden, 


Der Leguan oder die Kamm⸗Eidechſe. 
(L’Iguane.) 5) 


(Taf. XXVII. Fig. 1.) 


In jenen Gegenden von Suͤdamerika, wo die 
Natur in voller Kraft wirkt, und vom Gipfel der 
Cor⸗ 5 


) Lezuana. 

The Guana, Engliſch. 

Senembi. 

„ Tamaeolin, in Amerika, nach Seba. 

L’Iguane. D’Aubenton Ene yclop. method, 
(Bonnaterre Erp. 39. n. 8. Pl. 4. fie, 3 B.) 

Lacerta Iguana. Lin. amph. rept. n. 26. 

Hay Synops. quadr. p. 265. Lacertus indi- 
cus Senembi et Iguana dictus. 

Igitana delicatissima, 71. Jguana tubercula- 
ta, 72. Laurenti Spec. meth, (Es ift noch 
nicht ausgemacht, ob die Luang tuberculata 

> des 


— 


| Kamm ⸗Eidechſe. 481 


Cordilleras unzaͤhlige Stroͤme herabgießt, die 
ee noch nicht in enge Betten zwan— 
f gen, 


des Laurenti hierher, oder wie andere wollen, 
zur Iguana Calotes (Lacerta Calotes, Lin.) 
gehört, ob fie gleich von beyden ähnliche Eigen— 
ſchaften aufzuweiſen hat. Ich will zur Verglei—⸗ 
chung Laurenti Diagnoſe herſetzen. Igua- 
na delicatissima (Lacerta Iguana, Lin.) 
Gula pendula, sgquammulis minutissimis te- 
eta antice; dorso vero longitudinaliter, pe- 
ctinatis lamellis lonstssimis acutis, gengim 
per caudam decrescentibus; capite postice 
tuberoso, anticegibbo collo, supra nudo: Ex 
Mus. Comitis Turriani. ; 

Iguana tuberculata (Lacerta Calotes, Lin. 
Var. ). Gula pendula, squammis minutis- 
simis tecta antice, dorso vero longitudina- 

liter pectinatis, lamellis longissimis acutss, 
sensim per caudam decrescentibus; nucha- 
libus imbricatis;.capite supra plano; colle 
aculeis latis obtusissimis duris supra undi- 
que tecto. Ex Mus. Turriano. 

Juana Calotes (Lacerta Calotes, Lin.) Gula 
tumida, squammis magnis imbricata nuda;_ 
dorso longitudinaliter, et occipite. utrinque 

 transversaliter longissimis dentibus pectina- 
ta; colore coeruleo. In India orientali. B.) 

Leguaua. Diction. d’Hist. nat. par, Valmont 
de Bomare. 

Seba, Thes. I > tal 95. fig. 1. 2. tab. g6. fig, 
4. tab. 97. tie 3 tab 98. ig 1. 

The Guana, S rown, Naturgeſch. von Jamaika. 
Lacerta, 1. Major sgammis dorsi lanceo- 
latis erectis e nucha ad extremitatem cau- 
dae porreetis. 


Dela Cepede s Naturg. d. Ampp.t. Bd. 9 b RT 


482 Eidechſen. 


gen, die unaufhörlich die Gefilde üͤberſchwem⸗ 
Men, ſchießen an den immer befruchtenden Ufern 
weite 


Grand lezard und Cuanas. Catesby nat. hist. 
of Carolina. Tom. 2. p. 64. 
Grand lezard. Du Tertre Antill. p. 308. 
Gros lezard, nomme Iguane. Hochefort An- 
till. p. 144. tab. p. 131. 
‚Gros lezard, Labat. Tom. I. p- 314. 
Guaua. Sloane, Vol. a. 
Iguana, Gronovi. Mus. 2. p. 82. n. 60. 
Marcgr. Bras. 236, fig. 236. Senembi seu Igu- 
ana. 
. Jonston quadr. tab. 77, ig. 5. 
Olear. Mus. tab, 6. tig. 1. Jana. 
Bont. Java. 56. tab. 56. Lacerta Leguan. 
Nieremberg nat. 271. tab. 271. 
Norm Mus. 313. 
Clus. exot. 116. Yvana. La Cepede. 
Es kann ferner verglichen werden: 
Lacerta Iguana, IL. cauda teriti longa, sutu- 
ra dorsali dentata, crista gulae denticula- _ 
ta. Gmelin Lin. Syst. I. 3. p. 1062. n. 26. 
Lacerta cauda teriti, pedibus pentadactylis, 
crista dorsi longitudinali, gula pendula an- 
tice dentata. Amoenit. acad. I. p. 123. 
287. Mus. Ad. Frid. I. p. 43. 
Bedi, Exper. 100. t. 101. N 
Ovied. Americ. I. 13. c. 3. 
Die Leguan⸗Eidechſe. Suckow's Naturg. 
III. S. 104. Nr. 19. 
Der Kamm Leguan. Müller, ad 
1. S. 103. Nr. 26. Taf. 3. Fig. 2. 
— Bergmanns Naturgeſch. III. S. 230. 
Der Er gunn. Leske Naturg. S. 309. Nr. 9. 
a Blumenbachs Handb. 2 G. S. 
2 m Nr. 5. 
Der 


wer 


Die Kamm⸗Eidechſe. 483 


weite dichte Waͤlder auf. Die warmen Gewaͤſſer, 
die fie unaufhoͤrlich traͤnken und beleben, erhalten 
| a in 


Der Leguan. Botowsky Thierreich. IV. S. 
59. Nr. 26, Taf. 4. 

Eberts Naturlehre. I. S. 315. 

Funks N. G. l. S. 364. 

Donndorfs Thiergeſ. S. 426. Nr. 8. 

Wolfs Reiſe nach Zeulon. S. 104. 

Kruͤnitz, Eneyklopäd. LXIX. S. 42. 

Meine N. G. des In und Auslandes. 


i 
3 #113 


I. ©. 585. Nr. 6. 
Der eßbare Leguan. Batſch Thiere. L. 
461. 


Die Kamm⸗Eidechſe. Neuer Schauplatz der 
Natur. IV. S. 363. | | 
Iguana. Onomatol. hist. nat. IV. p. 526. 

— — Beckmann, Naturhiſt. S. 60. 

Iguana Leguan. Meyer, Syn. rept. p. 16. 
n. 2. 

Lacerta maximus, viridis, dentatus, inglu- 
vie magna, pendula. Barrere Franc. equi- 
nox. p. 154. | 

Lacerta Leguana, Senembi. Klein quadr. 
disp. p 107, — Lacerta Ig ua a Pectina- 
ta et strumosa. it. — Lacertus america- 
ug pectinatus.et strumosus, Leguanas. 
Juana dietus. it. == Lacerta s. Leguana 
surinamensis pectinata et strumosa. it. — 
Lacertus indicus, Senembi et Iguana 
dietus. p. 108. — Lacertus amboinensis, 
pectinatus et strumosus, maximus P 109. 

1 Senembi. Kleins Claſſifi. S. 

2. Nr. 2. — Leguana, daf. Nr. 3. — 

Tu ertianiſche bekaͤmmte Eidechſe mit 

einem Kropf. S. 333. Nr. 4. — Ame⸗ 

rikaniſche bekammte Eidere mit ei 
nem 


in den dichten Gebuͤſchen ein ewig junges Grün, 
ein Bild der unerſchoͤpflichen Fruchtbarkeit der Na- 
tur, die hier in voller jugendlicher Kraft wirkt und 
Keime auf Keime haͤuft. Nicht die Pflanzen al⸗ 
lein gedeihen in dieſen weiten menſchenleeren Ge— 
genden. Bewegung und mannigfaltiges Leben 
herrſcht überall, Bis einſt der Menſch die Herr⸗ 
ſchaft dieſer weiten Waͤlder uͤbernimmt, ſind ſie 
der Wohnplatz mannigfaltiger Geſchoͤpfe, von denen 
einige durch glaͤnzende Schuppen, blendendes Far⸗ 
benſpiel, Munterkeit und ſchnellen Lauf, andere durch 
den Schmuck ihres glaͤnzenden Gefieders und ihren 
reiſſenden Flug, alle aber durch die unerſchoͤpfliche 

Mannigfaltigkeit, 1 und Bildung das Auge 


ergoͤtzen, 
nem Kropf. daf. Nr. 5. — Surinam⸗ 
ſche bekaͤmmte, dee Eidexe, 
oder Leguana. daſ. Nr. 6. — India ni⸗ 


ſche-Eidexe. S. 337. Nr. 14. — Größte 
Amboiniſche Eidechſe. S. 340. Nr. 3 
Tamaeolin, Sen embi in Neuſpanien. Kleins 
natuͤrliche Ordnung oder vermehrte Hiſtorie der 
vierfuͤß. Thiere. S. 115. Nr. 60. — A ſiati⸗ 
ſche Kammeidechſe. S. 116. Nr. 61. — 
Surinamſche Kammeidechſe. daſ. Nr. 
64. — Soa Agor. daf. Nr. 65. — In di⸗ 
- aniſche gruͤnliche Kammeideichſe. daſ. 
N. 72. — Aboiniſche Salamandrine. 
NS. ai Nr. 3. 5 
Ivana. Beſchreib. der Länder und Völker von 
Amerika. II. S. 11. 610. — Leiſten, Brittiſch. 
| Amerika. ©. 377. 
Der Leguan. i e Beytr. III. S. 
5. M. 26, . 


74 


1 


Die Kamm⸗Eidechſe. 495 


ergoͤtzen, und jene dem Menſchen neue Gegenden 
zu einem lebendigen, unendlich mannigfaltigen und 
prächtigen Gemäide machen. Hier rollen rau— 
ſchend majeſtaͤtiſche Stroͤme, dort ſtuͤrzt ſich ein 
ſchuͤumendes Gewaͤſſer von hohen Felſen, und wir— 
belnde Wolken von Duͤnſten ſchimmern im Son— 
nenglanz; und ſtreuen ihre Strafen umher. Hier 
ſtickt der Schmelz der Blumen den glaͤnzenden 
Teppich von Gruͤn, aber das blendende Gefieder 
der Voͤgel verdunkelt beyde. Mit Erſtaunen ſieht 
man jene großen Amphibien, jene große Eidechſen, 
an deren bunten glaͤnzenden Harniſch die Sonnen 
ſtrahlen funkeln, die Wipfel der Baͤume zieren, 
und ihren Aufenthalt mit den Bewohnern der Luͤfte 
theilen. 
| Unter dieſen (enge Zierrathen, deren (hd 
ne Geſtalten der Blick in den dichten Wäldern 
gern durchirrt, und deren Bewegungen er mit 
Vergnuͤgen durch Aeſte und Blumen folgt, zeich— 
nen ſich der Drachenkopf (Dragonne) und 
der Tupinambis aus, aber noch auffallender 
durch die Schoͤnheit ihrer Farben, den Glanz ih— 
rer Schuppen und ihre ausgezeichnete Bildung, if 
die Eidechſe, von der ich jetzt reden werde. | 
Man erkennt den Leguan leicht an den gro⸗ 
ßen Sack unter dem Halſe und vorzuͤglich an dem 
gezaͤhnten Kamm, der vom Kopfe uͤber den Ruͤcken 
und Schwanz laͤuft, und auch den Vordertheil der 
Kehle ſchuͤtzt. Ihre Länge von der Spitze der 
nge bis ans Ende des Schwanzes betraͤgt 
2b 3 off 


486 Eidechſen. 


oft 5 bis 6 Fuß. Die, welche ich beſchreibe, und 
die Herr Sonini von Cayenne ins königliche 
Cabinett ſandte, iſt 4 Fuß lang. Die Maaßen 
aller Theile ſind folgende: 


Ganze ne = 4 ———¹ 
Groͤßter Umfang des Koͤrpers 1 — 4 
Umfang der Schwanzwurzel ! — 5 9 
— — obern Kinnlade⸗ — 3 3. 
Laͤnge der groͤßten Schuppe an 
der Seite des Kopfes — 1 — 
Länge des Sacks unter dem Halſe— 3 4 
Breite deſſelben E „ — 1 10 
Laͤnge der groͤßten Kammſchuppen — 1 10 
Laͤnge des Schwanzes BE 221 
Ganze Länge der Vorderfuͤße — 2 * 
— — der Hinterfuͤße — 9 9 
Länge des groͤßten Nagels? — — 8 


Der Kopf iſt an den Seiten zuſammengedruͤckt 
und oben platt; die Zaͤhne ſind ſcharf und wie 
die Zaͤhne der gruͤnen Eidechſen, die in den 
mittaͤgigen Gegenden Frankreichs bekannt ſind, 
geſtaltet. Die Schnauze, der Raum zwiſchen den 
Augen, und der Umfang der Kinnladen iſt mit 
ſehr glatten, glaͤnzenden, breiten und ſtark gefaͤrb⸗ 
ten Schuppen bedeckt. Drey Schuppen, groͤßer 
als die andern, ſitzen an jeder Seite des Kopfes 
unter den Ohren; die groͤßte von ihnen iſt eyrund, 
hat eine Politur wie Metal, und hebt die uͤbrigen 

Farben 


+ 


Die Kamm⸗Eidechſe. 487 


Farben ſehr. Die Augen ſind groß, ſo wie die 
Ohroͤffnungen. Kleine Knoͤtchen, wie Diaman⸗ 
ten zugeſpitzt, bedecken die Gegend ber den Na- 
ſenloͤchern, den Scheitel und die beyden Seiten 
des Halſes. Eine Art von Kamm aus großen in 
die Hoͤhe gerichteten, lanzenfoͤrmigen Schuppen 
gehen von den unteren Kinnbacken bis unter die 


Kehle und beſetzen den Vordertheil des großen 


Sacks, den das Thier nach Gefallen aufblaſen 
kann. Koͤrper, Schwanz und Füße find mit fei⸗ 


nen Schuppen bedeckt; die auf dem Ruͤcken haben 


eine erhabene Kante. 

Der ſonderbare Kamm, welcher, wie ſchon 
geſagt ill, vom Scheitel an über den ganzen Kör- 
per geht, beſteht aus ſehr langen, ſpitzigen, ſenk⸗ 
rechtſtehenden Schuppen. Die laͤngſten ſind auf 
dem Ruͤcken, von da nehmen ſie allmaͤhlig bis zur 
Schwanzſpitze ab, wo ſie kaum noch merklich ſind. 

Der Schwanz iſt rund. Zehen ſind an jedem 
Fuße fuͤnf; ſie ſind getrennt und haben ſtarke, 
krumme Naͤgel. An den Vorderfuͤßen hat die er⸗ 
ſte, oder innere Zehe nur ein Glied, die zweyte 
zwey, die dritte drey, die vierte vier, die fuͤnfte 
nur zwey Glieder; eben fo die Hinterfuͤße mit Aus- 
nahme der fuͤnften Zehe, die wie ein Daumen ab⸗ 
geſondert iſt und drey Glieder hat. 

Unter den Lenden befindet ſich auf jeder Seite 
eine Schnur von funfzehn hohlen, auf der Spitze 
durchbohrten Waͤrzchen, die vielleicht zu gewiſſen 
Abſonderungen beſtimmt find. Wir werden fie 

254 bey 


8.0 Eidechfen, 


bey mehrern Eidechfen « Arten antreffen. Es waͤ. 
re der Muͤhe werth zu wiſſen, zu welchem beſtimm⸗ 


ten Zweck ſie da ſind. 
Die Hauptfarbe des Leguans iſt gewöhnlich 


gruͤn, mit gelb oder einem hellern oder dunkleren 


Blau gemiſcht. Der Bauch, die Pfoten und der 


Schwanz ſind oft bunt geflammt. Der Schwanz 
des Exemplars, das ich beſchrieben habe, hatte 


mehrere Farben, die in ringfoͤrmigen, ziemlich 


breiten Streifen nebeneinander lagen; aber dieſe 


Farben aͤndern nach dem Alter, dem Geſchlechte 
und dem Vaterlande des Thiers. Ich habe mich 
davon durch den Augenſchein an einer Menge von 


dieſen Thieren von verſchiedenem Alter und Ge⸗ 


ſchlecht, und aus verſchiedenen Laͤndern uͤberzeugt; 
und daraus erklaͤren ſich die Abweichungen, die 
man in den Beſchreibungen der Naturforſcher von 
dem Leguan findet. Bruͤe ſah waͤhrend ſeines 
Aufenthaltes zu Kayor am Senegal eine Gu— 
ana (Leguan), die von der Schnauze bis zum 
Schwanze 3 Fuß maaß, und der Schwanz hatte 
auch gegen 2 Fuß. (Wahrſcheinlich war der 
Schwanz durch einen Zufall verſtuͤmmelt, denn 


gewöhnlich iſt er langer als der Körper), Die 


Haut war mit kleinen Schuppen von allerley Far— 
ben, gelb, gruͤn, ſchwarz, beſetzt, und glaͤnzte, 
wie mit dem ſchoͤnſten Firniß uͤberzogen. Sie 
hatte große, weitgeoͤffnete, rothe Augen, die wie 
Feuer brannten, wenn das Thier zornig wurde. 

| Seine 


— — 


Die Kamm Eidechſe. 450 


Seine Kehle bließ ſich dann auf wie ein Tauben— 
kropf e). 
Dieß Thier iſt ſehr gutmuͤthig und unſchadlich, 
und lebt von Inſekten und Pflanzen. Es iſt 
uͤbrigens nicht zu verwundern, daß manche Reiſen⸗ 
de ſeinen Anblick fürchterlich fanden, denn wenn 
es zum Zorn gereizt iſt, ſo funkeln, wie ſchon er— 
waͤhnt, feine Augen, es ziſcht, ſchuͤttelt den lan⸗ 
gen Schwanz, blaͤßt den Kropf aus, ſtraͤubt die 
Schuppen, und ſtreckt den mit Schwielen gefträub- 
ten Kopf in die Höhe, 

Das Weibchen iſt gewöhnlich kleiner als das 
Männchen, ſchoͤner von Farben, ſchlanker gebaut, 
ſein Blick iſt ſanfter, und ſeine Schuppen ſind oft 
ſehr ſchoͤn glaͤnzend gruͤn. Es hat auch dieſen 
Putz nicht vergebens, denn man kann beynah ſa— 
gen, daß das Maͤnnchen leidenſchaftlich für daffel- 
be eingenommen iſt. Es fucht feine Gefaͤhrtin in 
den erſten Fruͤhlingstagen nicht nur hitzig auf, ſon— 
dern vertheidigt ſie auch mit einer Art von Wuth. 
Sein ganzes Naturell wird dann veraͤndert, ſeine 
Sanftmuth, die ſo groß iſt, daß man ſie oft Dumm⸗ 
heit genannt hat, verwandelt ſich in Wuth. Es 
ſtuͤrzt blindlings auf alles los, was ſeinem Weib⸗ 
chen zu nahe kommt; ſein Biß iſt zwar nicht gif⸗ 
tig, aber wenn es loslaſſen foll, was es einmal ge— 
faßt hat, fo muß man es todtſchlagen, oder ihm 
einen derben Schlag auf die Naſe geben H. 

H 5 Etwa 
c) Allgem. Geſch. der Reiſen. 7. Buch. Kap. 18. 
d) Catesby Carolina. Tom, Mi P- Ar 


490 Eidechſen. 


Etwa zwey Monate nach dem Ende des Win- 


ters kommen die Weibchen aus den Gebirgen und 
Waͤldern und legen ihre Syer in den Sand am 
Seeufer. Die Zahl derſelben iſt gewoͤhnlich un⸗ 
gleich, von 13 bis zu 25. Sie ſind nicht dicker, 
aber länger als Taubeneyer. Die Schaale iſt 
weiß und biegſam wie an den Seeſchildkroͤten⸗Ey⸗ 
ern, denen fie ähnlicher find als den Krokodill-Ey⸗ 
ern. Das Innere iſt weißlich ohne Eyerklar. Alle 
Reiſende, die in Amerika geweſen ſind, verſichern, 
daß ſie an allen Saucen vortrefflich ſchmecken, und 
bey weitem beſſer ſind als Huͤhnereyer. 

Das Schwimmen wird den Leguanen, wie 
mehrere Schriftſteller verſichern, ſauer, ob ſie gleich 
am häufigiten an den Ufern der Seen und Strö- 
me wohnen. Sie bewegen ſich, nach Cates by, 
wenn fie im Waſſer find, bloß mit dem Schwan- 
ze, und halten die Füße feſt an den Leib). Dar- 
aus iſt ihre Unbehuͤlflichkeit im Waſſer ſehr erklaͤr⸗ 
lich, und ergiebt ſich zugleich die Richtigkeit der 
obigen Bemerkung, daß die Amphibien mit ge 
trennten Zehen uͤberhaupt ſchlecht ſchwimmen, und 
der Einfluß den dieſe Bildung auf die Abaͤnderung 
ihrer Lebensart haben muß. 

Im Fruͤhjahr freſſen die Leguane haͤufig die 
Blumen und Blaͤtter der Mahots-Baͤume, die 
an den Ufern wachſen, auch der Ano nen (Flaſchen⸗ 
baͤume) und mehrerer anderer Pflanzen; dabey bes 
merkt Cat es by, daß ihr Fett allemal die Farbe 
| IR der 

e) Ebenderſ. 


Die Kamm ⸗Eidechſe. 491 


der Fruͤchte hat, die ſie zuletzt gefreſſen haben. 
Das kommt mit dem überein, was bey den See⸗ 
ſchildkroͤten von der Farbe des Fleiſches, die nach 
ihren hauptſaͤchlichſten Nahrungsmitteln abwech⸗ 
ſelt, geſagt iſt. 

Oft ſteigen die Leguane von den Baͤumen, um 
an der Erde Wuͤrmer, Fliegen und andere Inſekten 
zu fangen 8). Ob ſie gleich ſtarke Kinnladen haben, 
ſo verſchlucken ſie doch meiſt alles ohne es zu 
kauen A). Sie verſtecken ſich in Felfenlöchern ynd 
bohlen Bäumen 3). Sie ſchwingen ſich mit un 
glaublicher Behendigkeit auf die oberſten Zweige 
der Bäume, ſchlingen ſich um den Aſt und verſtek⸗ 
ken den Kopf in den Windungen des Koͤrpers. Ei⸗ 
ne Art von ſehr wohlriechendem Jasmin, der in 
Surinam überall ſtrauchartig waͤchſt, iſt der ge⸗ 
woͤhnliche Aufenthalt der Schlangen und Eidech⸗ 
fen, vorzuͤglich des Leguans, Es iſt bewunderns⸗ 
wuͤrdig anzuſehen, wie dieß Thier ſich unter dem 
Strauch zuſammenwindet und feinen Kopf in ſich 
ſelbſt verſteckt A. Wenn ſie gefreſſen haben, fez- 
zen ſie ſich auf einen Aſt, der uͤber das Waſſer 
haͤngt, um zu ruhen. Dieſe Zeit waͤhlt man in 
Braſilien um fie zu fangen. Ihre natuͤrliche 
Gutmuͤthigkeit mit der Art von Erſtarrung ver⸗ 
bunden, in der die Schlangen ſowohl als die Ei⸗ 


dechſen 


g) Anmerk. des Hrn. de la Borde. 
h) Cates by. 

1) Ebenderſelbe. 

k) Allgem. Geſch. der Reifen. 


Br | 2 
402 Eidechsen. | 
dechſen liegen, wenn fie viel gefreffen haben, bringe 
dann die Traͤgheit und Unthaͤtigkeit hervor, welche 
die Reiſenden bemerkt haben, und in der ſie die 
Gefahr nahe kommen ſehen, ohne ſich die Muͤhe 
zu geben, zu entlaufen, ob ſie gleich behend genug 
dazu find. Sie find ſonſt ſchwer zu tödren, ſelbſt 
mit dem Schießgewehr, wenn man ihnen aber nur 
etwas ſpitziges, nur einen Strohhalm in die Naſe 
ſtoͤßt, ſo kommen einige Topfen, Blut und br 
Thier ſtirbt /. 

Die Dummheit, die man dem Leguan Gabi 
oder vielmehr ihre große Argloſigkeit, die man 
beynah immer bey den Thieren antrifft, die keinen 

Schaden thun, geht fo weit, daß man ſie mit leich⸗ 
ter Mühe lebendig haſchen kann. In einigen Ges 

genden von Amerika faͤngt man ſie mit Hunden, 

die zu dieſer Jagd abgerichtet ſind, man kann ſie 
aber auch leicht in Schlingen fangen ). 

Der Jaͤger, der auf dieſe Eidechſen- Jagd 
geht, hat eine lange Stange, an der vorn eine 
Schlinge von einer Schnur . it =). Wenn 
er einen Leguan auf einem Zweige ſitzen und ſich 
ſonnen ſieht, fo fängt er an zu pfeifen. Die Ei⸗ 
dechſe, die das gern zu hören fcheint, ſteckt den 
Kopf etwas hervor. Der Jaͤger geht ihr immer 

naͤher und pfeifft und faͤngt endlich an, ſie mit der 
Spitze der Stange am Halſe und in den Seiten 
zu 


/ 


7) Allgem. Geſch. der Reifen. Buch 7. Kap. 17. 
m) De la Bord. 
„n) Labat's Reifen nach Afrika und Amerika. 


Die Kamm Eidechſe. 493 


zu kitzeln. Das Thier leidet das nicht allein ge⸗ 
duldig, ſondern windet ſich ganz ſanft hin und ‚ber 
als wenn ihm das Streicheln gefiel. Der Jaͤ⸗ 
ger bringt es endlich mit Kitzeln und Pfeifen ſo 
weit, daß es den Kopf weit genug aus den Zwei— 
gen hervorſteckt um ihm die Schlinge uͤber den 
Hals zu bringen. Dann giebt er ihm einen der⸗ 
ben Stoß und wirft es zur Erde, faßt es bey der 
Schwanzwurzel und ſetzt ihn einen Fuß auf den 
Leib. Daß die Dummheit des Leguans nicht ſo 
groß ſeyn muß als man vorgiebt, ſieht man dar⸗ 
aus, daß, ſobald er merkt, daß er betrogen und ge= 
fangen iſt, er Zuflucht zu ſeinen Kraͤften nimmt, 
die er vorher nicht gebrauchen wollte. Er bewegt 
fi) heftig, ſperrt die Kehle auf, feine Augen rol⸗ 
len wie Feuer, er blaͤßt den Kropf auf, aber ſeine 
Muͤhe iſt vergeblich, der Jaͤger, der ihn unter dem 
Fuße feſthaͤlt, bindet ihm nun ohne Gefahr Pfo- 
ten und Schnauze, ſo daß ſich das arme Thier 
weder wehren noch davon laufen kann 0), 

Man kann es mehrere Tage ohne Nahrung a 
am Leben erhalten. Anfangs macht der Zwang 


es boͤſe, es iſt wild und tuͤckiſch, aber es wird bald 


zahm, bleibt in den Gaͤrten und den groͤßten Theil 
des Tages ſelbſt im Hauſe, laͤuft aber des Nachts 
umher, weil fein Augenſtern ſich wie bey den Kaz⸗ 
zen erweitern kann, ſo daß das ſchwaͤchſte Licht fuͤr 
ſie hinreichend iſt, und weil ſie dann die Inſekten 
leichter fangen. Wenn es laͤuft ſteckt es oft die 
5 8 Zunge 
0) Cates by. 


404 Eidechſen. 
Zunge hervor. Es iſt ein ſehr ruhiges Thier und 
wird mit dem Menſchen bald vertraut P). 

Bro wn erzaͤhlt, daß er einen ausgewachſenen 
Leguan zwey Monat lang bey ſich gehabt hat. Im 
Anfang war er wild und boͤsartig, aber nach eini⸗ 
gen Tagen wurde er gediegſam, endlich brachte er 
den groͤßten Theil des Tages auf einem Bette zu, 
lief aber des Nachts immer umher. Ich habe nie 
bemerkt, faͤhrt er fort, daß das Thier etwas an⸗ 
ders genoſſen hätte, als die unmerklichen Koͤrper⸗ 
chen, die es aus der Luft ſchnappte. (Dieſe Koͤr⸗ 
perchen waren gewiß ſehr kleine Inſekten). Wenn 
es umherlief, leckte es immer mit der Zunge, wie 
das Chamaͤleon. Das Fleiſch wird von vielen 
Leuten ſehr geſucht, und als Fricaße“ ſchmeckt es 
beſſer als das ſchoͤnſte Fluͤgelwerk. Wenn der Le» 
guan jung iſt, iſt er noch leichter zu zaͤhmen, er iſt 
dann ein harmloſes ſchoͤnes Thierchen 9). 

Man darf ſich nicht wundern, daß ein ſo un⸗ 
ſchaͤdliches, friedliches Thier ſo heftig verfolgt 
wird, da es doch nichts frißt als einige unbrauch⸗ 
bare Blätter und ſchaͤdliche Inſekten, und zu ſei⸗— 
ner Wohnung an einer Felſenritze oder einigen 
duͤrren Reiſern genug hat, noch dazu in weiten ent= 
legenen Waͤldern wohnt, denen es zum Schmuck 
dient; denn ſein Fleiſch, vorzuͤglich das von den 
Weibchen, das zaͤrter und fetter iſt, ſchmeckt vor⸗ 


freff- 


pP) 4 nat. hist. of Jamaica. London 1756. 


P. 462. 
5) De la Borde. 


Die KRamm-Eidechfe, 495 


vortrefflich '). Die Einwohner der Bahamas 
Inſeln trieben ſogar einen Handel damit, führten 
fie lebendig nach Karolina und in andere Öegen« 
den und ließen fie zu ihrem Gebrauch einſalzen »), 
und auf einigen Inſeln, wo ſie ſelten ſind, ſpart 
man fie für die reichſten Tafeln auf ). Der 
Menſch hat ſich nie ſo viel Muͤhe gegeben, die 
ſchaͤdlichen Thiere auszurotten, als die zu fangen, 
die ihm gut ſchmecken. \ 
Auch bey dem Leguan findet man zuweilen, 

wie beym Krokodill und dem Tupinambis, Be⸗ 
zoar, der dem occidentaliſchen aͤhnlich iſt. Herr 
Dom bey brachte aus Suͤdamerika einen Les 
guan⸗Bezoar für das koͤnigliche Cabinet mit. Er 
hat genau die Geſtalt eines halben, etwas ausge⸗ 
hoͤhlten Eyes, beſteht aus glatten Lagen übereinan« 
ander, die aus kleinen Nadeln zuſammengeſetzt 
ſind, an denen, wie faſt an allen Bezoars, eine 
Art von Kryſtalliſation merklich iſt. Er iſt auf 
einer Seite hohl auf der andern gewoͤlbt. Man 
darf aber nicht glauben, daß er etwa ein Stuͤck von 
einem groͤßern Bezoar ſey, denn die Lagen ſind 
auf dem Rande eben ſo regelmaͤßig wie auf dem 
gewoͤlbtem Theile. Der Kern, um den ſich die- 
ſer Stein gebildet hat, muß beynah die naͤmliche 
Form 


1) Man ſagt, das Fleiſch ſey den Leuten ſchaͤdlich die 
keine geſunde Saͤfte haben; und Hr. dela Borde 
glaubt, es ſey ſchwer zu verdauen. 

s) Cates by. f 

) De la Borde. 


496 | 5 Eidechſe. 2 


Form gehabt haben. Die Oberfläche feiner Hoͤh ⸗ 
lung iſt nicht ſo polirt wie die andere Theile, die 
mehr Reibung erlitten haben. Der große Durch— 
meſſer dieſes Steins beträge 15 Linien und der 
kleine beynah 14. Seba hatte in feiner Samm— 
lung mehrere Bezoars der Art, von der Dicke eis 
nes Taubeneyes, gelblich aſchgrau mit dunklern 
Flecken. Man nennt dieſe Konkretionen bey den 
Indiern Beguan und ſchaͤtzt fie höher als viele 
andere Bezoars 1). Sie konnten den Alten ſchon 
bekannt ſeyn, da das Thier in Oſt- und Weſtin— 
dien lebt; und da es weder beym Ariſtoteles 
noch beym Plinius beſonders vorkommt, ſo ha— 
ben ſie es wahrſcheinlich unter dem Namen der 
gruͤnen Eidechſe mit begriffen. Dann duͤrfte 
wohl der Stein, den Plinius Sauritis nennt, 
(von Labees, Eidechſe) und den man zu feiner 
Zeit bey einer gruͤnen Eidechſe fand, nichts anders 
als der Bezoar des Leguans ſeyn, den man den 
eingebildeten Kräften wegen hochſchaͤtzte !). Was 
mich in dieſer Vermuthung beſtaͤrkt, iſt, daß der 
Name Sauritis weder bey den Alten noch bey den 
Neueren irgend einem andern Produkte aus dem 
Thier- oder Mineralreiche beygelegt iſt. 
Die Leguane ſind in Surinam in den Waͤl— 
| dern von Guiana, in den Gegenden von Ca— 


: yen⸗ 


u) Seba Th. 2. S. 140. 

x) Sauritin in ventre viridis laeerti arundine 
dissecti tradunt inyenire, Plin. lib. XXX VII. 
Sen. N 


Die Kamm Eidechfe, 407 


Cayenne Y) und in Neuſpanien gar nicht 
ſelten; ſeltener hingegen auf die Antillen, wo fie 
der Leckerbiſſen wegen beynah ausgerottet ſind 7). 
An der Seehundsbay in Reuholland fand 
Dampier auch Guano's oder Leguane, die 
wenn man ihnen nahe kam, an zu pfeifen fiengen, 
aber nicht flohen 2). Auch in Aſien und Afri⸗ 
ka find fie zu Haufe, aber überall nur in den wär» 
mern Himmelsgegenden. Ihre Farbe wechſelt 
nach Alter, Geſchlecht und Vaterland ab, aber 
ihre Lebensart, Geſtalt und der Schmelz ihrer 
Schuppen 30 ſie überall aus. i 


8 


Im Linneiſchen Syſteme wird eaurente 
Iguana chamaeleontina &) für eine Varietaͤt 
des Leguans ausgegeben. Abbildung und Be⸗ 

ſchrei⸗ 


5) De la Borde. 
2) Ebenderf, ' 
a) Guillaume Dampier, Voyages aux terres Au- 
strales. Amsterdam 1705. (Dampiers 
Reiſe um die Welt. I. S. 111. 190. Ki 25 
5) Deſſen Synop. rept. p. 4. n. 65. 
Lacerta Iguana. Gmelin Lin. I. c. £. a 
Lacerta tigrina peetinata, Asculabos di- 
cta. Klein, quadr. disp. p. 107. Deffen 
Claſſif. S. 331. Nr. 1. Deſſen natuͤrlichs 
Ordn. S. 115. Nr. 59. f 


De ſa Cepedes Natg. d. Amph. I. Bd J i 


498 Eidechſen. 


dene von dieser Eidechſe findet man in Sehä)- 
Thes. I. p. 157. tab. 100. fig. 2. %) 

| Im 8 hat dieſelbe wohl mit dem Leguan 
einige Aehnlichkeit, allein genauer betrachtet, ſo 
weicht ſie doch merklich von demſelben ab; der 
Schwanz iſt naͤmlich kuͤrzer, der Halskamm ganz 
anders geſtaltet, ſo wie der Kopf, die Finger ſind 
dicker und der Kehlkropf iſt nicht gezaͤhnelt. 
Wenn die Abbildung in natuͤrlicher Groͤße ge⸗ 
macht iſt, ſo iſt ſie r Fuß 4 1/2 Zoll, wovon der 
Schwanz 9 1½ Zoll wegnimmt. Der Kopf hat 
eine ganz eigene keilartige Form und ſieht dem des 
Chamaͤleons aͤhnlich; die Stirn iſt ganz einge- 
druͤckt, und dreyeckig, auf beyden Seiten mit ei- 
nem erhabenen Rande, wie mit Augenbraunen ge— 
ſaͤumt; die Augen liegen tief und ihre Kreiße find 
mit feinen perlnaͤhnlichen Schuppen geziert; die 
Ohren: find mit einer Haut bedeckt; die Zunge iſt 
tief geſpalten; die Haut der untern Kinnlade, und 
der Kehle haͤngt ſchlaff wie ein Kropf herab. Auf 
den Nacken erhebt ſich ein hoher Kamm, der un— 
ten auf einer doppelten Reihe hoher Schupppen 
geſtuͤtzt iſt, damit er deſto feſter ſtehe. Dieſer hohe 
Kamm verſchwindet allmaͤhlich auf der Mitte des 
Ruͤckens, und laͤuft nur bis zur Schwanzſpitze in 
einer erhabenen, geſchuppten Zaͤhnelung hin. Der 
Leib iſt mit runden, dunkelbraunen Schuͤppchen 
beſetzt und a“ weiße, tiegerartig geftellte Flecken. 
| | lle 


c) Lacerta, tigrina, pectinata, Americana, ds- 
calabos dicta. 


Die gehörnte Eidechſe. 499 


Alle Schuppen des Unterleibes ſind erhaben wie 
Perlen. Die Schuppen der Beine und Fuͤße ſind 
größer und marmorartig gefleckt. Vorder und 
Hinterfuͤße haben fuͤnf Zehen mit kurzen Naͤgeln. 
Der Schwanz hat auch etwas groͤßere Schuppen 
als der Leib, und iſt weitlaͤuftig dunkelbraun und 
weiß geringelt. Auch die Bauchſchuppen ſind groͤ⸗ 
ßer und weißlich. Das Thier ſieht ſehr ſchoͤn aus. 
Die Amerikaner nennen es Ascala- 
bos, weil es ſtille und ſchleichend den Menſchen 
in den Weg tritt, allein dabey nichts boͤſes Wil⸗ 
lens hat, ſondern ihm gleichſam nur gerne ſieht. 


Die gehoͤrnte Eidechſe. 4) 


Sie befindet ſich auf St. Domingo und 
hat viel Aehnlichkeit mit dem Leguan. Sie kommt 
mit ihr in der Größe, den Verhaͤltniſſen des Kör- 
pers, der Pfoten, des Schwanzes, in der Ge 
ſtalt der Schuppen und beſonders der großen 
Schuppen, die auf dem Ruͤcken und dem Obertheile 
des Schwanzes einen Kamm bilden, uͤberein. Der 
Kopf iſt wie bey dem Leguan geſtaltet und hat auch 
an der Seite große, ſehr erhabene ſpitzige War- 
zen e). Der Rand der Zähne iſt in kleine Spiz⸗ 
| ; 23 zen 


d) Wenn fie eine eigene Species ausmacht, fo kann 
man fie Lacerta cornuta nennen. 

2 Ich habe zwey Exemplare der gehoͤrnten Eidechſe 
geſehen. An dem einen fehlten dieſe Warzen. 


500 N Eidechſen 


zen getheilt, wie bey etwas alten Iguanen. Nur 
in folgendem unterſcheidet ſie ſich. Sie hat keinen 
Beutel unter der Kehle. Auf dem Kopfe, zwi⸗ 
ſchen der Naſe und den Augen ſtehen, vor einem 
knoͤchernen, koniſchen, mit einer einzigen Schup— 
pe uͤberzogenem Horne, vier große ſchuppige Wer 
zen H. 

Der Liebhaber, von dem wir dieſe Art oder 
Abart erhielten, verſicherte, daß fie auf Domin- 
go haͤufig ſey. Wir haben ihr einſtweilen den 
Namen gehoͤrnte Eidechſe gegeben, bis ſich 
aus weiteren Beobachtungen ergiebt, ob fie wirk— 
lich eine eigene Art ausmacht oder nur ne 
des Leguans ift. 

Der Abbe“ Bonnaterre, dem ich die 573 
Nachricht darüber verdanke, wird fie in der Ency- 
clopedie Bag beſchreiben und abbilden 
laſſen 8). 


2 Das eine von den beyden jetzt im tönigl. Sabinette 
befindlichen Exemplar mißt 3 Fuß 7 Zoll ganze Laͤn⸗ 
ge und das Horn iſt 6 Linien hoch. 

8) Macht dieſe Eidechſe eine eigene Art aus, fo bus 
ſie in der dritten Abtheilung auf den Leguan fol⸗ 
gen. (Sie iſt aus den Supplementen lluͤberſetzt. 
Rt Bonnaterre 1 40. n. 9, Pl. 4. fig 4. 

9 


Der 


7 
Der Baſilisk. 50 


Der Baſilisk. 
(Le Basilic.) A) 


Der Aberglaube hat dieſen Namen gebraucht um 


ein fuͤrchterliches Thier zu bezeichnen, das man 


| Ji 3 bald 


2) Le Basilie. - D’Aubenton Eneycl. ae 
(Bonnaterre Erpet. A1. n. 10. Pl. 3. fig. 1. B.) 

Lacerta Basiliseus. Lin. amph. rept. n. 25. 

Dragon d Amerique, Amphibie qui vole, Ba- 
silic, Seba Thes. I. tab. too. lig. T. 

Basiliscus amer icanıs,  Laurenti Specimen 
medicum. n. 73. La Cepede. 

Vergleiche weiter: Lacerta Basilicus. Ir cau- 
da teritilonga, pinna dorsali radiata, oc. 
pite cristato. Gmelin Ein. I. 3. P. 1062. 
n. 25, — Johnston de serpentibus. Libr. II. 
pi 33. — Herrmann tab. affin. anim. p. 249. 
259. 355. 

Der Baſilisk. M allers Naturf. ll, S. oz. 

Taf. 3. Fig. T. ö | i 

Borowsky Thierreich. IV. ©. 58. 

— 7 


Leske R. G. S. 309. Re. 8. 
Eberts Naturlehre. J. S. 313. 

Batſch Thiere. I. 460. 

Funke N. G. fuͤr Schulen. I. S. 372. 
Neuer Schauplatz der Natur. IV. S. 364. 
Onomat. hist. nat. VII. . 142. 
Go eze, nuͤtzlich. Allerley. J. S. 61. 
Bergmanns N. G. III. S. 230. 
Meidingers Vorleſ. I. S. 165. Nr. 7. 
Donndorfs Thierg. S. 426. Nr. 7. 
Meine N. G. des In- und Auslandes. 
85, Nr. . Die 


+ I 


> 


nn. 


134134714 1 


S. 


* 


7 


L 


502 Eidechſen. 

bald wie eine Schlange bald wie einen kleinen Dra⸗ 
chen vorſtellt, deſſen Blicke ſchon toͤdtlich ſind. 
Von keinem Thiere trug man ſich mit ſo viel aben⸗ 
theuerlichen Maͤrchen und wunderbaren Kraͤften, 
und noch jetzt machen Charlatane mit feinem Na⸗ 
men das unwiſſende leichtglaͤubige Volk durch eine 
getrocknete, wunderlich zuſammengerunzelte Ro⸗ 
chenhaut, der man den Namen des Baſilisken 
giebt, fuͤrchten. Der Baſtilisk, den Marktſchreyer 
und Gaukler mit fo viel Lerm dem Volke zeigen, 
um es an ſich zu locken und zu betruͤgen, iſt nichts 
als eine kleine Art von Rochen, die man im mit⸗ 
tellaͤndiſchen Meere findet, und die man in die fon- 
derbare Figur zufammendorren läße ). 

Ich würde aus Furcht, daß ſich jemand durch 
die Exiſtenz einer Eidechſe dieſes Namens koͤnnte 
verfuͤhren laſſen, an die Maͤrchen zu glauben, an 
welche der Name erinnert, dieſen gemißbrauchten 
Namen bey dem wirklichen Thiere, von dem wir 
jetzt reden, nicht beybehalten haben, wenn jene 

Raͤr⸗ 


Die Bafilisten: Eidechſe. Suckow's N. 
G. III. S. 103. Nr. 16. | 

Iguana Basiliscus. Meyer, Syn. rept. p. 16. 
N. 1. 

Chamaeleo larvatus, Draco arboreus volans, 
americanus, amphibius sine Bastliscus. Rlein 
quadr. disp p. 116. Deſſen Claſſif. S. 362. 
Nr. 4. Deſſen natuͤrliche Ordnung. S. 125. 
Nr. 6. 

Der Baſilisk. Donndorfs Zool. Beytr. I. 
S. 84. Nr. 25 B. 

5 N Hist. nat par Falmont do Bomarc. 


Der Bafılisf, 503 


Märchen nicht fo abgeſchmackt wären, daß ich nicht 
befürchten darf, daß jemand ſich verleiten laſſen 
wird, ſie fuͤr wahr zu halten. Auch hat die Eidechſe, 
von der ich reden werde, ſchon bey allen Natur— 
forſchern einſtimmig dieſe Benennung erhalten. 
Der Baſilisk bewohnt das ſuͤdliche 
Amerika. Keine Eidechſenart iſt fo leicht zu 
erkennen als dieſe, wegen des außerordentlich ho— 
hen Kammes, der aus ſtralenfoͤrmigen getrennten 
Schuppen beſteht und vom Kopfe bis zur Schwanz: 
ſpitze geht. Außerdem hat das Thier eine Art 
von Kappe oder Krone auf dem Kopfe, wovon es 
den Namen Baſilisk führt, der fo viel als 
kleiner Koͤnig bedeutet. Das Thier wird ziem⸗ 
lich groß, und mißt oft, den Schwanz mitgerech⸗ 
net, 3 Fuß in die Laͤnge. Seine Zehen, an der 
Zahl fuͤnf an jedem Fuße, find durch keine Haut 
miteinander verbunden. Es lebt auf Baͤumen, 
wie beynah alle Eidechſen die getrennte Zehen ha— 
ben und klettern koͤnnen. Es kann nicht allein ge⸗ 
ſchwind auf den Aeſten laufen, ſondern wenn es 
den Kamm ſtraͤubt und die Kappe aufblaͤſt, wo⸗ 
durch es ſeinen Umfang vergroͤßert und ſich leichter 
macht, fo kann es ſich auch behend von Zweig zu Zwei⸗ 
ge ſchwingen. Es iſt aber nicht an den Aufente 
halt im Walde gebunden, es geht auch zu Waſſer, 
und wenn es ſchwimmen will, fo blaͤſt es gleich— 
falls ſeine Kappe auf und ſpannt die floſſenartige 
Haͤute auseinander Y. | 
Ji 4 Der 
Ak) Da unſer Verfaſſer dieß Thier nicht genau gen g 
e; 


504 Eidechſen. 


Der Kamm, der den Baſilisken auszeichnet, 
und der ibm zur Vertheidiguug dienen kann, iſt 
zu⸗ 


ſchreibt, fo will ich die Beſchreibung aus Seba's 
Thesaurus nachholen. 

Das Thier ſieht, ohne die Kappe und den ſtoſ⸗ 
ſenartigen Kamme, einer Eidechſe gleich, und der 
Schwanz iſt noch einmal ſo lang als der Leib. Der 
Kopf iſt nach der Stirn zu erhaben und an dem 
Munde zugeſpitzt, und letzterer geſaͤumt; die Zunge 
kurz und dick, wie bey dem Salamander; auf dem 
Hinterkopf ſteht eine haͤutige, inwendig hohle und 
auswendig ſchuppige Kappe; uͤber den Augenbrau— 
nen ſieht man zwey knoͤcherne, weißliche Halbeirkel, 
an welchen die haͤutigen fein geſchuppten, die Au⸗ 
gen ſchuͤtzenden Augenbraunen haͤngen. Von dem 
Nacken an bis zur Schwanzwurzel laͤuft eine dem 
großen Paͤrſch aͤhnliche Floſſe, welche durch zuge— 
ſpitzte, knotenartige Knoͤchelchen aufgerichtet wird, 
die geſchuppte Haut ausſpannt und auf der Mitte 
des Ruͤckens am breiteſten iſt. Auf den Schwanz 
ſteht bis zur Mitte eine ähnliche noch breitere Floſ— 
ſe, die nach beyden Seiten beweglich iſt, und nach 
hinten in Wellenlinien abnimmt. Das Thier mag 
nun fliegen oder ſchwimmen, ſo ſpannt es jene 
Kappe und dieſe Floſſen als Seegel aus. Der gan— 
ze Oberleib iſt reihenweis mit kleinen Schuppen be— 
ſetzt, und dunkelaſchgrau; auf dem Ruͤcken, Bauch 
und Kamm ſind einige weißliche Flecken geſtreut, 
welche dieſe Theile einigermaßen marmorirt machen. 
Auf Huͤften, Fuͤßen, Zehen und dem duͤnnen 

Schwanzende ſtehen verhaͤltnißmaͤßig die groͤßteit 
Schuppen. Der Bauch iſt bloß aſchfarben. Die 
Fuͤße haben fuͤnf ſehr lange Zehen, mit krummen, 
ſpitzigen Krallen bewaffnet; die vordern ſind aber 
weit langer als die hintern. Das Schwanzende 
iſt ungleich und beſteht gleichſam aus knotigen Glie— 
dern. Das uͤbrige zeigt die Abbildung. B. 


* 


Der Baſilisk. Fos 


zugleich ein artiger Pußz. Die Blick des Thie ⸗ 
res find wohl nichts weniger als toͤdtlich, wie man 
von jenem fabelhaften Thiere erzählt, deſſen Na⸗ 
men es fuͤhrt, es muß vielmehr ein angenehmer 
Anblick ſeyn zu ſehen, wie das Thier in den Wild⸗ 
niſſen, die es belebt, ſchnell von Zweig zu Zweige 
ſpringt, oder wenn es ruhig ſitzt, ſeine natuͤrliche 


Lebhaftigkeit maͤßigt, und ſich mit Wohlgefallen 


betrachten laͤßt, ſeine Krone aufſetzt, ſanft den 


ſchoͤnen Kamm bewegt, niederlegt und aufrichtet 


und Wellen ſanften Lichts von den ſpielenden Schup⸗ 


pen in die Augen des Bewunderers ſendet. 


SR 7 — 5 


e is Die 


Die Amboiniſche Eidechſe oder der Kammtraͤger. 
(Le Porte - crète.) ) 


Ich laſſe dieſer Eidechſe den Namen, den ihr Herr 
d' Aubenton gegeben hat. Sie traͤgt wirklich einen 
Kamm, der vom Kopfe bis zur aͤußerſten Schwanz⸗ 
ſpitze geht. Gewöhnlich beſteht er auf dem Ruͤk⸗ 
ken aus 70 kleinen, platten, langen und ſpitzigen 


Schup⸗ 


) Bin jawacok jancur eckor, bey den Malayen 
nach Hornſtedt. 
Le Harte crete. D' Aubenton Eneycl, meth. 
(Bonnaterre Erp. 41. n. 12. Pl. 5. fig. 2. B.) 
Lacerta Amboinensis, Schlosser, epist. ad 
Dejean de Lacerta Amboinensi. Amst. 1768. 
4to tab. 1. (Illuminirt und in Lebensgroͤße). 
| La Cepede. 
Vergleiche ferner: Tacerta amboinensis, L. 
caudai compressa longa, pinna caudali ra- 
diata, sutura dorsali dentata. Gmelin Lin. 
Syst. I. 5. p. 1364. n. 54. 
Lacerta Schlosseriana. Hermann, tab, affın. 
anim. p. 255. 
Iguana amboinensis, Meyer, Synops. rept. 
iG. un. / 
Buchoz in 880 Cent. Dec. I. Pl. VIII. Die 
Schloſſerſche Figur verkleinert. 
Bod da ert in den Schriften der Berliner Geſellſch. 
III. S. 459. 
Clev. Encycl. Journ. p. 141. ; 
Die Amboiniſche Eidechſe. Donndorfs 
Zool. Beytr. III. S. 89. Nr. 54. 


Die Amboiniſche Eidechſe. 507 


Schuppen. Aa der Schwanzwurzel erhebt er ſich 
wie eine lange und breite Floſſe, die aus 14 bis 
15 knorpelichen Stralen beſteht und am obern 
Rande mit kleinen ſpitzigen, oft ruͤckwaͤrts geboge⸗ 
nen Schuppen beſetzt iſt. | ; 

Man findet fie auf Java und Ambo ina ) 
Herr Schloſſer iſt der erſte Naturforſcher, der 
ihrer erwaͤhnt 1). Dieſe Eidechſe iſt das in Aſien, 
was der Baſilisk in Amerika iſt. Sie hat auch 
Aehnlichkeit mit dem Drachenkopf (Dragonne) 
und andern plattſchwaͤnzigen Eidechſen mit gezack⸗ 
tem Ruͤcken, darin, daß ihr Kopf beynah vierek⸗ 
kig und mit Warzen und großen Schuppen beſetzt 
if. Sie hat große Augen und erhöhte Naſenloͤ⸗ 
cher. Durch die Ohroͤffnungen ſieht man die 
Haut der Trommel. Unter dem Kopfe hat fie ei- 
ne platte, ſehr gefaltete Taſche oder Sack, die 
man das Halsband nennt. Die Zunge iſt dick, 
fleiſchig und leicht geſpalten. Die Zähne find ſaͤ⸗ 
gefoͤrmig und werden nach hinten zu immer größer, 
Vorn bat fie aber acht und unten ſechs kurze, run- 
de, ſpitzige, ſchief auswaͤrts ſtehende Zaͤhne, die 
durch einen kleinen Zwiſchenraum von den hinte⸗ 
ren oder Backenzaͤhnen abgeſondert find ). Der 
Kammtraͤger hat alſo zweyerley Zaͤhne, wie der 

| Kamm⸗ 


m) N es nova Act. Stockh. VII. 1785. 2. 


1) Schloſſer a. a. O. 
o) Hornſtedt a. a. O. 


— 


508 A Ebdechſen. 6 


Drachenkopf v), dem er noch überden an Geſtalt 
und Stellung derſelben aͤhnlich iſt. 
Die fuͤnf Zehen haben Naͤgel und an jeder 


Seite einen ſcharfen, fägeförmig ausgezackten Rand. 


Der Schwanz iſt beynah dreymal ſo lang als der 
Hoͤrper. Die Farbe des Kopfes und des Halsban— 
des iſt gruͤnlich mit weißen Streifen; Kamm und 
Ruͤcken ſind heller oder dunkler rothgelb, der Bauch 
iſt weißlichgrau und an jeder Seite des Leibes ſind 
weiße Flecken oder Streifen, die auch uͤber die Fuͤ⸗ 
ße laufen. Bey andern Exemplaren ſcheint hinge 
gen die Hauptfarbe gruͤnlich mit ſchwarzen Strei⸗ 
fen und der Bauch weißlich zu ſeyn 7). Das 
Maͤnnchen unterſcheidet ſich durch einen hoͤheren 
Kamm und lebhaftere Farben. 


Dieß Thier iſt nicht nur ſchoͤn, es if auch 
ziemlich groß, zuweilen 3 bis 4 Fuß lang. Sein 


Rachen und ſeine Fuͤße ſind gut bewaffnet, auch 
ſein Ruͤcken und Schwanz haben eine Art von 
Wehr, und da es Kletterfuͤße hat, fo koͤnnte feine 
Beute ihm nicht leicht entgehen; auch fein ſchwie⸗ 


licher, mit Schuppen bedeckter Kopf ſcheint gegen 


Wunden geſichert zu ſeyn. Nach allen dieſen Eis 


genſchaften ſollte man den Kammtraͤger fuͤr ein 
Raubehier halten, das kleineren Thieren gefährlich 
werden koͤnnte; aber wir haben hier wieder ein 


Beyſpiel, daß man nicht zu voreilig aus aͤußern 

Merkmalen auf die Lebensart eines Nhe ſchlie⸗ 

ßen 

5) Nämlich unſers Verfaſſers a oder Lin; 
ne“ 's Lacerta bicarinata. 6 i 


7 Hornſted k. € 


Die Amboiniſche Eidechſe. 509 


ßen darf, die innere Bildung und das Zuſammen⸗ 
treffen mehr oder minder beſtaͤndiger aͤußerer Ver⸗ 
haͤltniſſe bewirken darin gar leicht eine Abaͤnderung. 
Der Kammtraͤger wohnt am liebſten an den 
Ufern großer Stroͤme, aber er legt ſich dort nicht 
in den Hinterhalt um ſchwaͤchere Thiere zu belau— 
ern, ſondern faͤngt hoͤchſtens einige Wuͤrmer, lebt 
ruhig an den wenig beſuchten Ufern, und legt ſeine 
Eyer auf Sandbaͤnke oder kleine Inſeln um ſie 
deſto ſicherer zu verwahren. Seine vornehmſte 
Nahrung ſind Fruͤchte und Saamenkoͤrner, die er 
von den Bäumen am Ufer holt. Er macht da» 
ber rie von feiner Staͤrke, die auch nicht betraͤcht⸗ 
lich iſt, Gebrauch, geraͤth leicht in Furcht und 
flieht bey dem mindeſten Geraͤuſch. Es ſcheint 
als wenn die Gewohnheit anzugreifen und ſich zu 
vertheidigen zu genau zuſammenhienge. Wenn er 
einen Feind beſorgt, ſo ſpringt er ins Waſſer, 
ſchwimmt fort, wozu ihm die Haut auf dem 
Schwanze, die er als ein Ruder gebraucht, ſehr 
befoͤrderlich iſt, und verſteckt ſich unter den Klip⸗ 
pen. 

Die Fruͤchte, von denen er ſich ar geben ihm 
das ruhige friedliche Temperament, und feinem 
Fleiſche einen angenehmern Geſchmack als wenn er 
von andern weniger reinen Nahrungsmitteln lebte. 
Ungluͤcklicherweiſe kennt man in feiner Heimath 
ſein Fleiſch, das noch beſſer ſchmecken ſoll als das 
des Leguans, zu gut, und verfolgt es bis ins 
Waſſer unter die vorragenden Klippen, die ſein 


Zu⸗ 


16) Eidechſen. 

Zuftuchtsort find, "Er läßt ſich dort mit der Hand 
fangen, ohne nur zu ſchreyen, oder die mindeſte 
Bewegung zu machen, als ob er ſich wehren wolle 
te. Dieſe Verleugnung des Lebens kommt viel⸗ 
leicht nur von dem ruhigen Naturell dieſes pflan⸗ 
zenfreſſenden Thieres her, das nie ſeine Waffen 
verſucht hat und nicht weiß was es fuͤr ſeine Erhal⸗ 
tung thun kann. Man hat dieſe Sanftmuth 
Dummheit genannt; aber wie oft werden nicht in 
der Welt friedliche, wenig ſchimmernde Eigenſchaf⸗ 8 
ten mit . gt Namen belegt! — N 

| Z u ſ a 53. 
Die Amboiniſche Eidechſe. 


Lacerta amboinensis. 1 in den Schwedi⸗ 
ſchen Abhandlungen vom Jahr 1785. (Ueberſ.) 
VI. S. 130. Taf V. Maͤnnchen und Weibchen. ; 

Lacerta cauda compressa, longa, basi Pinna ra- 
diata,.dorso dentato. _ 

Le Lezard de Java. Bonnaterre Erp. At. n. 11. 


Hornſteds Eidechſe weicht in Abſicht der 
Flecken etwas von der Schloſſerſchen ab; dun 
hat letzterer das Weibchen nicht gekannt. n 

Das Maͤnnchen (Taf. V. Fig. 1.) Die | 
ganze Fänge von der Mund- bis zur Schwanzſpitze 
iſt 3 Schwediſche Fuß 8 Zoll; von der Mundfpizs 
ze bis zum After kaum 1 Fuß; der Floſſe 8 Zolk 
Die größte Breite 4 7/2 Zoll; der Schwanzwur⸗ 
zel 1 7/2 Zoll und der Floſſe 2 Zoll. 8 d 

1 


Die Amboiniſche Eidehfe.- 511 


iſt viereckig, zugeſpitzt, auf dem Scheitel flach 
mit ſehr kleinen, eckigen, ſpitzigen Erhabenhei⸗ 
ten; eine runde, erhabene Schuppe ſteht in 
der Mitte nach dem Halſe zu; der Mund iſt zu⸗ 
ſammengedruͤckt; die Kinnladen ſind gleich; die 
Zaͤhne ungleich, ſpitzig, in einer Reihe auf dem 
Rand hingeſtellt, an der Zahl ohngefaͤhr 64, al⸗ 
fo in jeder Kinnlade 32, die Backenzahne etwas 
ſtaͤrker; die Zunge fleiſchig und dick; die Naſen⸗ 
loͤcher an den Seiten des Kopfs mit einem Deckel 
etwas verſchloſſen; die Augen mehr nach dem 
Scheitel als nach der Kehle zu; die Augenkreiſe 
laͤnglich, am Oberrande ſtark überftehend; die Ohr» 
löcher am Hintertheil des Kopfs, fo groß wie die 
Augen und mit einer Haut uͤberzogen; der Hals 
zuſammengedruͤckt, gezaͤhnelt, von der Laͤnge des 
Kopfs, mit ſchlaffer Haut und runden Schuppen; 
die Kehle mit zufammengedrüdten Sack; der 
Sumpf laͤnglich, zuſammengedruͤckt mit viereckigen, 
verſchiedentlich geordneten, an dem Bauche genau⸗ 
er aufgeſtellten Schuppen; der Rücken gekielt, ohn⸗ 
gefaͤhr mit 60 lanzetfoͤrmigen Zähnen beſetzt; der 
After ein großer eckiger Queerritz; der Schwanz 
faſt dreymal laͤnger als der Leib, nach und nach 
verduͤnnt, an der Spitze viereckig, mit gekielten 
abgeſtumpften Schuppen; der Obertheil des 
Schwanzes doppelt gekielt, gefurcht, ſaͤgenartig 
gezaͤhnt, an der Wurzel mit einer Floſſe von der 
Laͤnge des Rumpfs und Breite des Halſes, die 
am Rande gefügt iſt und 14 Ae hat; unten 


iſt 


5¹² Eoydchſen. 


iſt der Schwanz winklich, und zwar bemerkt man 
gegen den Rumpf zu mehr Winkel als gegen die 
Spitze hin. Die Vorderfuͤße ſind geſpalten und 
fünfzehig; die erſte und fuͤnfte Zehe ſind faſt gleich, 
der zweyte etwas laͤnger, die dritte und vierte 
gleich und laͤnger als die zweyte; die Hinterfuͤße 
ſind ebenfalls fuͤnfzehig, die Zehen laͤnger als an 


den Vorderfuͤßen; die erſte die kleinſte, die zweyte 


laͤnger, die dritte und fuͤnfte faſt gleich und laͤnger 
als die zweyte, die fuͤnfte aber tiefer und abgeſon⸗ 
dert wie ein Daumen, die vierte die laͤngſte. Die 
Naͤgel an beyden Füßen ſpitzig und zuſammenge⸗ 
druͤckt. Die Farbe des ganzen Thiers iſt gruͤn 
(virescens) mit ſchwarzen unregelmäßigen Stri⸗ 
chen, am Bauche weißlich. 

Das Weibchen (Fig. 2.) hat einen kaum 
ſaͤgenartig gezaͤhnten Ruͤcken; die Schwanzfinne - 
iſt kaum halb ſo breit; der Schwanz hat am En⸗ 
de einen zugerundeten Anſatz. Das en: iſt 
wie beym Maͤnnchen. 5 

Das Vaterland iſt Oſtindien. B. 


— 


Die Fecht ⸗Eidechſe. 513 


Die Fecht⸗ Eidechſe oder Galeote. 
(Le Galeote-) r) | 5 
(Taf. N Fig. 2.) 


— 


Dieſe Edechſe hat vom Kopfe bis in die Mitte 
des Ruͤckens einen Kamm, der aus großen, von- 
anein⸗ 


1) Ralotes und e bey den Griechen. 
Ophiomacus. Lat. 


Le Galeote. D'Aubenton Encycl. method. 
(Bonnaterre 1 42. n. 18. Pl. 6. fig. 1. B.) 


Galiote. Dict. d’Hist,. nat. par Valmont de 
Bomare. 


Seba, Thes. I. 3. tab. 89. fig, 2. tab. 93. fig. 2. 
tab. 95. fig. 3. 4. Tom. Il. tab. 76. fig. 5. 


Iguana calotes. Laurenti specimen medic, 
n. 78. ö | a 
Iguana chalcidica. Ebendaf. Nr. 69. 
Lacerta calotes. Lin. amph. rept. n. . 
Edwards av. 74. t. 245.) La 5 e. 


Man vergleiche noch: Lacerta Calotes. L. cau- 
da teriti longa, dorso antiee capiteque po 


De laepede s Naturg⸗ d. Amph. I. Bd. KE stice 


— 


514 Eidechſen. 


einander getrennten, duͤnnen, ſpitzig zulaufen⸗ 
den Schuppen beſteht. Einige aͤhnliche Schup— 
R pen 


stice dentato. Amoen. Acad. 1. p- 289. 
Mus. Ad. Frid. I. p. 289. Gmelin Lin. 
Syst. I. 3. p. 1063. n. 27. 


Iguana Calotes. - Meyer Syn. rept, P · 16. n. 3. 


Der Fechter. Muͤllers Naturſyſtem. III. S. 
105: Ni. 2 | 


Die Kampf: Eidedhfe. Suckow's Naturg, 


III. S. 107. Nr. 21. % 
Lacertus eeylonieus, amphibius, So Ager. 
Hlein, quadr. disp. p. 108. Deſſen Claſſif. 
S. 334. Nr. 7. Deffen natürl. Ord. S. 116. 
Nr. 65. Mi 
Lacerta ceylonica lemniscata et pectinata 
coerulea, HKalotes et Ascalabotes 
Graetis dicta. Klein, quadr. disp. p. 108. 
Deſſen Claſſif. S. 335. Nr. 9. Deſſen na⸗ 
tuͤrl. Ordnung. S. 116. Nr. 67. 8 


Lacertus ophiomachus pectinatus et aculea- 
tus. Hlein, quadr. disp. p. 108. Deffen 


Claſſif. S. 335. Nr. 10. Deſſen natuͤrliche 
Ordnung S. 116. Nr. 68. 


Lacerta mexicana strumosa altera saxicola, 
Tecoixin dicta. Klein, quadr. dis 8 p 
108. Deſſen Claſſif. S. 336. Nr. 13. 
ſen natuͤrl. Ordnung. S. 116. Nr. 71. 


Der Fechter. Donndorfs Zool. Beytt. III. 
S. 87. Nr. 27. B. 


Die Fecht⸗Eidechſe. 515 
pen ſtehen am Hinterkopfe unter den Ohr⸗ 
Öffnungen ). Aber der Kamm geht nicht wie 
bey dem Leguan uͤber die Kehle und den uͤbrigen 
Leib. Alle uͤbrige Schuppen der Galeote haben 
in der Mitte einen erhabenen ſcharfen Rand, der 
macht, daß das Thier uͤberall mit kleinen, der 
Laͤnge nach Wee re bedeckt iſt. 


Der Kopf iſt platt, hinten ſehr breit und alſo 
dem Chamaͤleonskopfe ſehr aͤhnlich. Die Augen 
ſind groß, wie die Ohroͤffnungen; die Kehle iſt 
etwas aufgeblaſen, wodurch ſie einige Aehnlichkeit 
mit dem Leguan bekommt; die Beine ſind lang, 
ſo wie die Zehen, die ganz getrennt ſind, und der 
Ruͤcken der Naͤgel iſt ſchwarz. Der Schwanz iſt 
ſehr duͤnn und uͤber dreymal ſo lang als der Koͤr⸗ 
per. Das Exemplar, das ich beſchreibe, iſt von 
der Spitze der Schnauze bis zum After, 3 Zoll 
10 Linien lang, und der Schwanz hat 14 Zoll. 
Zuweilen iſt der Ruͤcken azurblau und der Bauch 
weißlich N, 


Kk 2 Die 


4) Einige variiren darin, daß eine doppelte Reihe 
Zaͤhne auf den Ruͤcken hinlaufen, naͤmlich an der 
Seite des großen noch eine Reihe kleiner; . Seb 
I. tab. 95. lig. 4. B. 


| t) Gewoͤhnlich iſt die Farbe himmelblau, bald heller 
bald dunkler und mit weißen oder weißlichen nad 2 


& 


516 | , Eidech eu 


Die Galeote iſt im ſüdlichen A ſi en zu AU 
vorzuͤglich auf Ceylon, in Arabien und auch 
in Spanien. Sie laͤuft in den Haͤuſern und 
auf den Daͤchern herum, wo ſie Spinnen haſcht. 
Man ſagt ſelbſt, fie mache auf kleine Ratten Jagd, 
gegen deren Biß ſie durch ihre ſcharfen Schuppen 
und ihren Kamm wohl geſichert ſeyn koͤnnte. So 
viel iſt ausgemacht, daß ſie wegen ihren langen 
Zehen ſehr gut auf den Daͤchern herumklettern und 
das Ungeziefer verfolgen kann. Sie kaͤmpft auch 
zuweilen mit kleinen Schlangen, fo wie die grüs 
ne, und mehrere andere Eidechſen. 0 


Zu ſ as. 


Unſer Herr Verfaſſer eitirt oben des Seba 
Lacerta fusca, nigris maculis ex Gallaecia 
(Thes, II. tab. 76. fig. 5. p. 79.) als hierher ge- 
hoͤrig, welche Laurenti als beſondere Art unter 
dem Namen Iguana chalcidica, getrennt, und 
das Linneiſche Syſtem als Varietaͤt des 
Fechters aufgefuͤhrt hat. Aus der Beſchreibung 1 

2 laͤßt 


baͤndern uͤber den ganzen Leib, oder auch mit Aus: 

nahme der Beine geziert. Der Kamm iſt auch 

weißlich; der Bauch aber allzeit heller als die Ruͤk⸗ 
kenfarbe. B. 


— 


laßt ſich nicht viel abnehmen, da fie zu kurz if, 
aus der Anſicht der Figur, des kuͤrzern Schwan— 
zes, des ganz anders geſtalteten Kopfes, und der 
ſehr verſchiedenen Farbe, ſollte man freylich glau— 
ben, es ſey eine beſondere Art; auf der andern 
Seite hat ſie aber auch wieder Aehnlichkeit mit der 
Fecht⸗Eidechſe. Mir ſieht fie aus, wie ein ver⸗ 
dorbenes Exemplar von der folgenden ſtachel kd p⸗ 
figen Eidechſe. Man vergleiche damit Seba 
I. tab. 10%. fig. 1, 2, 3. freylich ſteht die geſpal⸗ 
tene Zunge und der Ruͤckenkamm im Wege; al- 
lein man weiß ja, wie ſehr dieſe Thiere in Anfe- 
hung des letztern variiren, und wie oft in Anſe⸗ 
hung der Zunge bey den Amphibien von Urfundie 
gen Veraͤnderungen entſtehen. So beſttze ich ein 
Krokodill, das eine ſehr große, lange, nachge⸗ 
machte Zunge im Rachen hat. 


Die Farbe iſt ſchwarzblau mit baten Punk- 
ten beſtreut; auf den Ruͤcken ſteht ein gezaͤhnter 
Kamm; der Kopf bekommt durch die erhabene 
vorwärts gezaͤhnte Schuppen ein rauhes Anſehen; 
an der Seite des Genicks ſtehen drey vorzuͤg— 
lich auszeichnete ſtachliche Plaͤße; die Ohren 
ſind ſchmal geſaͤumt; mitten auf der Stirn ſteht 
eine große Schuppe, wie eine weiße Roſe; uͤber den 
großen Augen, die mit einem ſchuppigen Ring um— 
geben ſind, ragen zwey ſchuppige Hoͤcker in die 
Hoͤhe; auch an der Naſe ſieht man ausgezeichnete 

a Kk 3 weiß⸗ 


518 Eidechſen. 


weißliche Schuppen. Im Rachen ſind viele ſpiz⸗ 
zige Zaͤhne und an der Kehle ein kleiner Kropf; 
der Bauch iſt blaß aſchgrau, ſo wie der lange, 
duͤnne und zugeſpitzte Schwanz. Die Beine und 
Fuͤße kommen mit der vorhergehenden uͤberein. 


! 


Im Linneiſchen Naturſyſtem werden 
noch folgende zwey Arten des Laurenti als hier; 
hergehoͤrende Varietäten angeführt: 


Iguana minima. Taurenti amphib. p. 48. 
— n. 70. . N? ö 


An der Kehle haͤngt ein etwas haͤutiger Sack, 
der vorn mit himmelblauen Linien geziert iſt; der 
Ruͤcken und der Schwanz find der Länge nach ge— 
zaͤhnelt; der Leib iſt oben ſchwarzblau (Rvides) 
unten gruͤn. 


Iguana tuberculata. Laurenti 1. c. p. 49. 
n. 72. 


An der Kehle ein Sack, der mit ſehr kleinen 
Schuppen bedeckt iſt; auf dem Ruͤcken der Laͤnge 
nach noch ein Kamm von langen ſpitzigen Schup⸗ 
pen, die nach und nach auf dem Schwanze abneh⸗ 

ji men; 


Die Fecht ⸗Eidechſe. 519 
men; auf den Nacken liegen ſie dachziegelfoͤrmig 


uͤbereinander; der Kopf iſt oben gleich, und der 


ganze Oberhals mit breiten, ſehr Impfen har⸗ 
ten Schuppen bedeckt. 


Aus dem Museo Turriano. B. 


| / Die 


520 Eidechſen. 


Die ſtachelkdpfige Eidechſe oder die Agame. 
(L’Agame.) 2) N 


(Taf. XXVIII. Fig. 3.) 


In Amerika findet man eine Eidechſe, die viel 
Aehnlichkeit mit der Galeote hat. Der Hin⸗ 
Kk 4 ter⸗ 


u) L’Agame. D' Aubenton Encyclop. method. 
(Bonnaterre Erp. 42. n. 14. Pl. 5. fig. 3. B. 


Lacerta Ag ama. Lin. amph. rept. n. 28. 
“ Gronov. Zeoph. 13. n. 54. 
Seba Thes T. 1. tab. 107. fig. I. 2. 3. 


Iguana Cordylina. n. 67. und Iguana Sala- 
mandrina. n. 68. Laurenti Spec. med. 


La Cepede. 


Lacerta Agama. L. cauda teriti longa, col. 
lo supra capiteque postice aculeato, occipi- 
tis squammis reversis. Amoenit. acad, I. 
p. 288. Mus. Ad. Frid. I. p. 44. Gmelin 
Lin. I. 3. p. 1064. n. 28. | 

Iguana Agama. Meyer, Syn. rept. p. 16. 
n. 8. 1 

Der Stachel-Leguan. Muͤllers Naturſyſt. 
III. Sed. Nr. 28. | 

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4 Die ſtachelköpfige Eidechſe. 521 


terkopf und der Hals ſind mit ſpitzigen Schuppen 
beſetzt. Die Ruͤcken - und Schwanzſchuppen find 
kielformig erhoͤht und endigen ſich in einen Sta- 
chel; das giebt dem Schwanze, der ſonſt lang und 
dünn iſt, ein winkliches Anſehen. Der Vorder— 
ruͤcken hat einen Kamm, der aus geraden, plat— 
ten und ſpitzigen Schuppen beſteht. Die Kehle 
hat unten eine ſchlaffe Haut wie ein Faͤhnchen. 
Von der Galeote, mit der fie ſonſt leicht zu 
verwechſeln iſt, unterſcheidet fie ſich vorzüglich da— 
durch, daß ihre Farben matter, ihr Bauch weni- 
ger geſtreift, und die Schuppen hinten am Kopf 
wie umgekehrt find und nach der Schnauze zu ſte⸗ 
hen. Das Männchen unterſcheidet ſich vom Weib- 
chen durch die groͤßern Kammſchuppen, auch geht der 
Kamm den Ruͤcken weiter hinunter. Das Weibchen 
hat an der Seite des Halſes keine Stacheln, am 
Leibe aber ſehr kleine, und die am Schwanz und 
| | auf 


Der Stachel: Leguan. Donndor fs Zool. 
Beytr. III. S. 90. Nr. 28. | 


Die Agam-Eidechſe. Suckow's Naturgef. 
III. S. 110. Nr. 25. 
Salamandrina americana, posteriore parte, 
pedibusque Lacertam referens. Klein quadr. 
disp. p. 109. Deſſen Claſſif. S. 341. Nr. 
5. Deſſen natuͤrl. Ordn. S. 117. Nr. 5. 
Salamandrina americana, Lacerta emula, al- 
tera. Klein, quadr. disp. p. 109. Deſſen 
Claſif. S. 341. Nr. 6. Deſſen natuͤrl. Ordn. 
S. 117. Nr. 6. B. 


* 


522 Eidechſen. 


auf dem Verdener ſind ſpitiger wie 100 dem 
Maͤnnchen 0. 


Rach Se ba's Erzaͤhlung haͤlt ſich dieſe Ei⸗ 
dechſe gern im Waſſer auf. 


5 


Ich glaube, daß die beym Sonne auf der 
de Platte, Wan 2 ck Art hieher zu 
| zaͤh⸗ 


05 Seba ſagt: Kopf und Leib ſchen d dem Seloemhns 
n der, Beine und Fuͤße aber den Eidechſen gleich. 
In der Farbe find fie verſchieden. Seba's ſoge⸗ 
nanntes Männchen (Fig. 1.) iſt auf den Kopf dun⸗ 
kelkaſtanienbraun, der uͤbrige dunkle Oberleib hat 
rauhe ſchwaͤrzliche Hoͤcker und weiße Punkte; Bauch 
und Schwanz ſind aſchgrau. Am ſogenannten 
Weibchen (Fig. 2.) hat der Kopf weiße Schuppen; 
der Oberleib iſt dunkel aſchfarben, auf dem Ruͤcken 
mit fuͤnf weißen in die Queere ſtehenden seem. 
der Unterleib ift blaß aſchfarben. N 


Des Laurenti Iguana Salamandrina (Se- 
5 l. C. fig. 3) die im Linneiſchen Syſtem als 
eine hierhergehoͤrige Varietaͤt aufgefuͤhrt und 
auch von unſern Hrn. Verfaſſer hierher gerechnet 
wird, aͤhnelt dem Chamaͤleon in Ruͤckſicht des 
Kopfs, welcher bis zum Halskamm nicht nach vor— 
ne gekehrte, ſondern lauter gleichfoͤrmige Schuppen 
hat; den Hals umgiebt eine loſe, weite, faſt haͤn— 
gende Haut; an den Seiten des Nackens ſtehen 
hinter den Ohren fpPBige, ſternartig geſtaltete Sta: 
cheln; eben ſo ſieht man oben nach dem Nacken 
dergleichen Stacheln. Der Oberleib iſt aſchgrau⸗ 
gelb und hat lauter ſtachliche Schuͤppehen; der 
Bauch iſt bloß afehgrau und der Schwanz oben 
weiß geſchuppt. B. 


Die babe Eidechſe. 523 


zählen iſt Y), ſo wie Br own's fuͤnfte Art 2), 
die auf Jamaika häufig ſeyn fol, Auch Ed- 
wards blaue Eidechſe 2) halte ich für eine Ag a- 
me, und glaube, daß alle dle dreh Arten wahr⸗ 

ſchein⸗ 


) Lacertus major e viridi cinereus, dorso eri- 
sta breviori donato. Dieſe Eidechſe findet fich 
häufig in den Wäldern von Jamaika; fie unter: 
ſcheidet ſich wenig von dem Leguan, iſt aber kleiner 
und grüner und hat längs dem Ruͤcken einen klei⸗ 
nen Kamm. Ihre Eyer ſind kleiner als Tauben⸗ 
Eyer. Sloana Jamaica II. p. 35, 

x) Tacerta, 3, minor viridis cauda sguammis 

erectis cristata. The guana lizard, and blue 
Liard of Edwards. Sk iſt in Jamaika 
ſehr gemein, und ſieht ſehr ſchoͤn und gruͤn aus. 
Die Farbe aͤndert ſich aber, wie bey mehrern 
Thieren der Art nach der Stellung des Thiers, ſie 

ſcheint noch veraͤnderlicher zu ſeyn als bey den an— 
dern Arten und ſich nach dem Orte zu richten, wo 
das Thier iſt. Der Koͤrper iſt mit leichten Schup— 
pen bedeckt die uͤber dem Schwanze einen Kamm 
bilden und ihm Aehnlichkeit mit dem Lezuan geben. 
Es iſt ſelten uͤber 9 bis 10 Zoll lang und ſehr zahm. 
Br own Jamaica p. 463. 


a) Die blaue Eidechſe zeichnet ſich durch die 
Bildung ihrer Zehen aus, die an jeder Seite klei⸗ 

ne Haͤutchen haben, doch nicht fo wie einige Waſ— 
ſervoͤgel, ſondern vielmehr wie einige Arten von 
Fliegen, die ſich damit anſaugen. So glaube ich 
auch, daß dieſe Eidechſe ſich auf der glatten Ober: 
flaͤche der großen Baumblaͤtter mit dieſen Haͤuten 
feſthalten. Sie hat einen kleinen erhöhten Rand 
auf 


ſcheinlich nur Varietäten von der eben bes 
ſchriebenen ſind. 


auf dem Ruͤcken, der auf dem Schwanze ausge⸗ 
zackt iſt. Der Obertheil des Koͤrpers iſt blau mit 
abwechſelnden helleren und dunkleren Queerſtreifen; 
der Untertheil iſt blaß fleiſchfarben. Edtbards 
Glanures p. 74. tab. 245. (Setigmann's 
Voͤgel VII. Taf. 35.) — Da die hier beſchriebene 
Eidechſe in Weingeiſt von der Inſel Nevis in 
Weſtindien nach England gebracht iſt, fo wär 
re es kein Wunder, wenn die Farbe ſich veraͤndert 
und aus gruͤn blau geworden wäre, Ich habe die: 
ſe Veraͤnderung an verſchiedenen gruͤnen Eidechſen, 
die in Weingeiſt 3 wurden, bemerkt. 
La Cepede. 


Mir ſcheint dieſe Eidechſe wegen der charakteri⸗ 

ſchen Ausbreitung an den Zehen, doch mehr zu der 

breitzehigen oder zweyfleckigen Eidechſe 
S. 473, als hierher zu gehoͤren. B. 


Ende des erſten Bandes. 


re 


8 
2 Zoe